Covenants als Alternative zum institutionellen Gläubigerschutz: Eine rechtsvergleichende und ökonomische Analyse [1 ed.] 9783428530113, 9783428130115

Auf der Agenda der Reform des Kapitalgesellschaftsrechts steht europaweit die Deregulierung des Kapitalschutzsystems, de

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Covenants als Alternative zum institutionellen Gläubigerschutz: Eine rechtsvergleichende und ökonomische Analyse [1 ed.]
 9783428530113, 9783428130115

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Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 228

Covenants als Alternative zum institutionellen Gläubigerschutz Eine rechtsvergleichende und ökonomische Analyse

Von Stefan Heinrich

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

STEFAN HEINRICH

Covenants als Alternative zum institutionellen Gläubigerschutz

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 228

Covenants als Alternative zum institutionellen Gläubigerschutz Eine rechtsvergleichende und ökonomische Analyse

Von Stefan Heinrich

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin hat diese Arbeit im Jahre 2008 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2009 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 978-3-428-13011-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

A lawyer who has not studied economics . . . is very apt to become a public enemy. Justice Louis D. Mason Brandeis (zitiert bei Alpheus, Thomas: Brandeis, A Free Man’s Life, New York 1946, S. 246).

Vorwort Diese Untersuchung wurde im Februar 2008 von der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin als Dissertation angenommen. Wesentliche Rechtsprechung und Literatur sind bis zum Juli 2008 berücksichtigt. Die Untersuchung betrifft ein Gebiet großer Dynamik mit anhaltendem Veränderungsdruck aus den unterschiedlichsten Richtungen. Der Beginn der Arbeit Ende 2005 fiel in eine Zeit, in der die Debatte um die Zukunft des Kapitalschutzmodells kontinentaleuropäischer Provenienz und damit der Gläubigerschutzproblematik insgesamt bereits voll entbrannt war. Sie wurde angestoßen durch die liberale Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit, die die nationalen Rechtsordnungen einem intensiven Wettbewerb um flexiblere Kapitalschutzverfassungen aussetzte. Seitdem befindet sich das Kapitalschutzsystem, Herzstück des institutionellen Gläubigerschutzes, in einem Prozeß der schrittweisen Deregulierung. Gleichzeitig rückten alternative Gläubigerschutzinstrumente in den Mittelpunkt der Diskussion, darunter die vertragliche Selbstabsicherung der Gläubiger durch Covenants, mit denen sich diese Arbeit schwerpunktmäßig befaßt. Auch die Praxis der Covenants befindet sich im Fluß. Covenants-Typen, die jahrelang kaum anzutreffen waren, erleben seit Beginn der Finanzmarktkrise im Jahr 2007 eine unverhoffte Renaissance; und auch insgesamt wird die Bedeutung der Covenants durch den Rückbau des Kapitalschutzrechts und ein verändertes bankaufsichtsrechtliches Umfeld stark zunehmen. Besonders danken möchte ich meiner Doktormutter, Frau Professor Dr. Christine Windbichler, die nicht nur das Thema angeregt und anfänglich unruhiges Fahrwasser beruhigt hat, sondern die Arbeit auch hervorragend betreut hat. Großer Dank gebührt auch meinem Zweitgutachter, Herrn Professor Richard Buxbaum, dessen Bürotür im wahrsten Sinne des Wortes immer für mich offen stand und der durch viele fruchtbare Debatten und Anregungen meinen Forschungsaufenthalt an der Boalt Hall der University of California, Berkeley, zu einer sehr angenehmen Erfahrung machte und die Arbeit an vielen Stellen bereicherte. Schließlich möchte ich mich bei der Rechtsreferendarin Marianne Sieker für ihre Hilfe bei der Endfassung der Arbeit bedanken. Gewidmet ist die Arbeit meinen Eltern, ohne deren stete Unterstützung das Projekt nicht möglich gewesen wäre. Frankfurt am Main, im Januar 2009

Stefan Heinrich

Inhaltsübersicht Einführung: Institutioneller Gläubigerschutz – ein Auslaufmodell? . . . . . . . . . . . . . . . .

29

1. Kapitel Die Entwicklung des institutionellen Gläubigerschutzes

35

§ 1 Theoretische Rechtfertigung eines legislativen Gläubigerschutzes . . . . . . . . . . . . .

35

A. Normrechtfertigung im verfassungsrechtlichen oder ökonomischen Sinn? . . . . .

35

B. Anforderungen der Rechtsökonomik an gesetzliche Gläubigerschutzregeln . . .

38

C. Das besondere Schutzbedürfnis der Gläubiger von Kapitalgesellschaften . . . . . .

41

D. Systemimmanente Grenzen des institutionellen Gläubigerschutzes . . . . . . . . . . . .

51

§ 2 Gläubigerschutz im Kapitalgesellschafts- und Bilanzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

A. Das deutsche System des institutionellen Gläubigerschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

B. Institutioneller Gläubigerschutz im amerikanischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

C. Vorläufige Bewertung des institutionellen Gläubigerschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 § 3 Vom institutionellen Gläubigerschutz zum informationellen Selbstschutz . . . . . 106 2. Kapitel Funktion und Praxis der Covenants

119

§ 4 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 A. Begriff und Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 B. Regelungsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 C. Klassifizierung der Regelungsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 D. Abgrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 E. Personaler und sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 F. Struktur und Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

10

Inhaltsübersicht

§ 5 Funktionale Analyse der Verwendung von Covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 A. Funktionale Betrachtung der grundlegenden Wirkungsmechanismen . . . . . . . . . . 143 B. Funktionale Analyse der wichtigsten Covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 C. Sanktionsmechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 D. Einfügung in die gesellschaftsrechtliche Verfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 E. Schuldrechtliche Simulation des gesetzlichen Kapitalschutzes? . . . . . . . . . . . . . . . 206 F. Ergebnis der Funktionsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 3. Kapitel Das Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

210

§ 6 Kategorien einer ökonomischen Bewertung von Gläubigerschutzsystemen . . . 210 A. Grundlagen der ökonomischen Analyse des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 B. Effizienz als Maßstab von Gläubigerschutzsystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 C. Indikatoren der Effizienz von Gläubigerschutzsystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 § 7 Das Kapitalschutzsystem aus Sicht der ökonomischen Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . 228 A. Kapitalregulierungen und ihr Einfluß auf den Unternehmenswert . . . . . . . . . . . . . 228 B. Ansätze einer ökonomischen Rechtfertigung von Kapitalschutzsystemen . . . . . . 231 § 8 Ökonomische Analyse von Covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 A. Ökonomische Erfassung der Funktion von Covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 B. Effizienz von Covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 C. Zusammenfassung und Effizienzvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 4. Kapitel Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

276

§ 9 Symbiotische Natur des Covenants-gestützten Finanzierungsvertrages . . . . . . . . 277 A. Symbiotische Verträge im allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 B. Symbiotische Finanzierungsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 C. Determinanten der symbiotischen Natur des Covenants-gestützten Finanzierungsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284

Inhaltsübersicht

11

D. Anwendbares Recht: Entwicklung eines passenden Regulierungsrahmens . . . . . 287 E. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 § 10 Abschichtung zum Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 A. Vorüberlegungen zur rechtlichen Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 B. Covenants zwischen Satzungsstrenge und Verbandsautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . 294 C. Konflikte mit gesellschaftsrechtlicher Binnenordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 D. Covenants und das Eigenkapitalersatzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 § 11 Abschichtung zum Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 A. Anwendbares Schuldrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 B. Zum (vermeintlichen) AGB-Charakter von Covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 C. Covenants und die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Schuldners . . . . . . . . . 350 D. Covenants unter der Rechtsprechung zur Gläubigergefährdung . . . . . . . . . . . . . . . . 364 E. Rechtslage in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 F. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 5. Kapitel Abschichtung zum Konzernrecht

372

§ 12 Covenants und das Recht der Unternehmensverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 A. Beherrschungsvertragliche Dimension von Covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 B. Covenants als sonstiger Unternehmensvertrag? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 § 13 Faktische Konzernierung auf der Grundlage von Covenants? . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 A. Abhängigkeitsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 B. Nachteilszufügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 C. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410 D. „Control“ des Covenants-Berechtigten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410 § 14 Schutz des Schuldners vor schädigender Einflußnahme des Gläubigers . . . . . . . 411 A. Konsequenzen aus der Aufgabe der Rechtsprechung zum qualifizierten faktischen GmbH-Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 B. Covenants und die Rechtsprechung zum qualifiziert faktischen Konzern . . . . . . 412

12

Inhaltsübersicht C. Schutz des Schuldners durch die Lehre vom existenzvernichtenden Eingriff . . . 413 D. Verbot schädigender Einflußnahme nach § 117 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422

§ 15 Bedürfnis nach einem weitergehenden Schutz des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 A. Schutz durch das Konzept der Treuepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 B. Angemessenheit des zivilrechtlichen Schutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 Zusammenfassung: Leistungsfähigkeit von Covenants als alternatives Gläubigerschutzinstrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 428 A. Gegenüberstellung von Covenants und Kapitalschutzsystemen nach funktionaler Verwirklichung des Gläubigerschutzzieles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 B. Gegenüberstellung von Covenants und Kapitalschutzsystemen unter Effizienzgesichtspunkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 C. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462

Inhaltsverzeichnis Einführung: Institutioneller Gläubigerschutz – ein Auslaufmodell? . . . . . . . . . . . . . . . .

29

1. Kapitel Die Entwicklung des institutionellen Gläubigerschutzes

35

§ 1 Theoretische Rechtfertigung eines legislativen Gläubigerschutzes . . . . . . . . . . . . .

35

A. Normrechtfertigung im verfassungsrechtlichen oder ökonomischen Sinn? . . . . .

35

B. Anforderungen der Rechtsökonomik an gesetzliche Gläubigerschutzregeln . . .

38

C. Das besondere Schutzbedürfnis der Gläubiger von Kapitalgesellschaften . . . . . .

41

I. Das kapitalgesellschaftsrechtliche Trennungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

II. Gefahr des opportunistischen Verhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

III. Das Schutzbedürfnis einzelner Gläubigergruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

1. Vertragsgläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

a) Kreditgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

b) Sonstige Großgläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

c) Kleingläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

2. Unfreiwillige Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

D. Systemimmanente Grenzen des institutionellen Gläubigerschutzes . . . . . . . . . . . .

51

I. Erhalt einer adäquaten Eigenkapitalausstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

II. Verhinderung opportunistischen Verhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

§ 2 Gläubigerschutz im Kapitalgesellschafts- und Bilanzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

A. Das deutsche System des institutionellen Gläubigerschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

I. Gläubigerschutz im Kapitalgesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

1. Gläubigerschutzfunktionen des Nenn- und Mindestkapitalsystems . . .

56

a) Fernhalten „unseriöser“ Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

14

Inhaltsverzeichnis b) Sicherstellung einer angemessenen Kapitalausstattung? . . . . . . . . . . .

58

c) Reduzierung des Insolvenzrisikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

2. Gläubigerschutzfunktion der Kapitalaufbringungsvorschriften . . . . . . . .

60

3. Gläubigerschutzfunktion des Kapitalerhaltungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . .

62

a) Kein Erhalt einer angemessenen Eigenkapitalausstattung . . . . . . . . .

63

b) Verhinderung opportunistischen Verhaltens der Anteilseigner . . . . .

64

4. Sonstige Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

II. Gläubigerschutz im Bilanzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

III. Entwicklungstendenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

1. Nationales Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

2. Europäisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

B. Institutioneller Gläubigerschutz im amerikanischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

I. Entwicklungsgeschichte des amerikanischen legal capital-Systems . . . . . .

74

1. Mindestkapitalerfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

2. Par value als zentrale Kapitalaufbringungsvorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

3. Prinzipien realer Kapitalaufbringung: Consideration und watered stock

78

4. Mechanismen der Kapitalerhaltung: Legal capital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80

a) Stated capital / surplus statutes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

b) Stated capital / earned surplus statutes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

c) Stated capital / net profit statutes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

d) Insolvency tests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

II. Heutige Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

1. Revised Model Business Corporation Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

2. State corporate law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86

a) Delaware . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86

b) New York . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

c) Kalifornien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

d) Minnesota . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

3. Kapitalherabsetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

4. Kapitalerhöhungen und Aktiendividenden (dividend stock) . . . . . . . . . . .

91

5. Rückkauf eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

Inhaltsverzeichnis 6. Sanktionsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15 93

a) Haftung für nicht oder nicht vollständig geleistete Einlagen . . . . . . .

93

b) Haftung für unzulässige Einlagenrückgewähr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

III. Gläubigerschutzgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

IV. Das Recht der equitable subordination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

V. Bedeutung des Bilanz- und Kapitalmarktrechts für den Gläubigerschutz . .

97

VI. Gründe für die amerikanische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

VII. Bedeutung des amerikanischen Rechts für die deutsche Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 C. Vorläufige Bewertung des institutionellen Gläubigerschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 I. Befriedigung des Gläubigerschutzbedürfnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 II. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 § 3 Vom institutionellen Gläubigerschutz zum informationellen Selbstschutz . . . . . 106 I. Größere Rolle des informierten Selbstschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 II. Alternative Sicherungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 1. Durchgriffshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 2. Haftung wegen Insolvenzverschleppung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 3. Solvenzschutz statt Kapitalschutz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 4. Sonstige Schutzinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 III. Bedürfnis nach einer Umkehrung der Privilegierung von Fremdkapitalgegenüber Eigenkapitalgebern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 IV. Vorteile einer Trennung von Gesellschafts- und Gläubigerschutzrecht . . . 116 V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 2. Kapitel Funktion und Praxis der Covenants

119

§ 4 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 A. Begriff und Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 I. Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 1. Positive vs. negative Covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 2. Incurrence vs. maintenance Covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 II. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

16

Inhaltsverzeichnis B. Regelungsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 I. Begrenzung des Ausfallrisikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 II. Begrenzung des Konflikts zwischen Fremdkapitalgeber- und Eigenkapitalgeberinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 C. Klassifizierung der Regelungsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 D. Abgrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 I. Sonstige Kreditsicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 II. AGB-Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 III. Representations and warranties . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 E. Personaler und sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 I. Kreditgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 II. Unternehmensanleihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 III. Projektfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 IV. Akquisitionsfinanzierungen – private equity-Geschäftsmodell . . . . . . . . . . . 139 V. Venture capital-Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 F. Struktur und Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

§ 5 Funktionale Analyse der Verwendung von Covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 A. Funktionale Betrachtung der grundlegenden Wirkungsmechanismen . . . . . . . . . . 143 I. Disziplinierungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 II. Covenants als Ergänzung des gesellschaftsrechtlichen Frühwarnsystems

144

1. Wirksamkeit des gesellschaftsrechtlichen Frühwarnsystems . . . . . . . . . . 144 2. Beurteilung der Wirksamkeit des Covenants-gestützten Frühwarnsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 III. Covenants als Ergänzung des Insolvenzrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 IV. Ausgleich unzureichender gesetzlicher Ausschüttungssperren . . . . . . . . . . . 149 V. Begrenzung des Kollektivhandlungsproblems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 VI. Faktische Steuerung der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 VII. Covenants als Einbruchstelle der Gläubigerkontrolle in die Corporate Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

Inhaltsverzeichnis

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B. Funktionale Analyse der wichtigsten Covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 I. Financial Covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 1. Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 2. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 3. Vorgaben zur Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 4. Eigenkapitalausstattung – net worth minimum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 5. Verschuldung – leverage ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 6. Ertrag – interest coverage ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 7. Liquidität – current ratio, working capital minimum . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 II. Negative Covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 1. Ausschüttungsbegrenzende Covenants – dividend restrictions . . . . . . . . 164 a) Verhältnis zu gesetzlichen Ausschüttungsschranken . . . . . . . . . . . . . . . 166 b) Verhältnis zu indirekten Dividendenrestriktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 2. Beschränkungen der Neuverschuldung – restrictions on indebtedness

168

3. Beschränkungen von Investitionen – restrictions on investments . . . . . . 169 4. Beschränkungen der Veräußerung von Gesellschaftsvermögen – asset disposition restrictions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 a) Wirkung und Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 b) Verhältnis zum aktienrechtlichen Vermögensschutz . . . . . . . . . . . . . . . 172 5. Negativklausel – negative pledge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 a) Gestaltungsvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 b) Funktionale Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 c) Rechtliche Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 6. Pari passu-Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 7. Sale and leaseback-restrictions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 8. Fusionsverbote – restrictions on mergers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 9. Änderungen des Geschäftsgegenstands – change in nature of business 181 III. Positive (affirmative) Covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 1. Informationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 2. Sonstige maintenance Covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 IV. Event risk-Covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 1. Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 2. Rolle bei der Abwehr von leveraged-buyouts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185

18

Inhaltsverzeichnis 3. Typen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 4. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 V. Einbindung von Tochtergesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 1. Umgehungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 2. Verbot von upstream restrictions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 C. Sanktionsmechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 I. System der Auslösetatbestände (events of default) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 1. Material adverse change-Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 2. Cross default-Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 3. Change of control-Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 II. Sanktionsformen (default remedies) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 1. Erfüllungsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 a) Keine Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 b) Rechtliche Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 2. Schadensersatzansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 3. Beschlußanfechtungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 4. Recht zur vorzeitigen Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 5. Rechtslage in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 III. Beschränkende Anspruchsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 1. Keine subjektiven Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 2. Beschränkung auf wesentliche Verstöße (materiality) . . . . . . . . . . . . . . . . 204 D. Einfügung in die gesellschaftsrechtliche Verfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 I. Verhältnis zur Finanzverfassung der AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 II. Organisationsverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 1. Leitungsmacht des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 2. Zuständigkeiten der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 3. Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 E. Schuldrechtliche Simulation des gesetzlichen Kapitalschutzes? . . . . . . . . . . . . . . . 206 F. Ergebnis der Funktionsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 I. Zielrichtung der Covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 II. Funktionale Wirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208

Inhaltsverzeichnis

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3. Kapitel Das Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

210

§ 6 Kategorien einer ökonomischen Bewertung von Gläubigerschutzsystemen . . . 210 A. Grundlagen der ökonomischen Analyse des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 I. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 II. Neue Institutionenökonomik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 B. Effizienz als Maßstab von Gläubigerschutzsystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 C. Indikatoren der Effizienz von Gläubigerschutzsystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 I. Kosten- / Nutzen-Analysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 II. Transaktionskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 III. Informationsasymmetrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 IV. Signalfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 V. Prinzipal-Agenten-Konflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 VI. Kollektivhandlungs- und free rider-Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 VII. Externe Effekte und Verhandlungslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 VIII. Pfadabhängigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 § 7 Das Kapitalschutzsystem aus Sicht der ökonomischen Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . 228 A. Kapitalregulierungen und ihr Einfluß auf den Unternehmenswert . . . . . . . . . . . . . 228 I. Irrelevanz-Hypothese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 II. Unternehmenswertsteigerung durch Ausgleich von Marktversagen . . . . . . 230 B. Ansätze einer ökonomischen Rechtfertigung von Kapitalschutzsystemen . . . . . . 231 I. Verringerung nachteiliger Investitionsanreize . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 II. Standardvertrag-Hypothese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 III. Signalfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 1. Der Signalwert des Nennkapitals aus Sicht der Gläubiger . . . . . . . . . . . . 234 2. Auswirkungen auf den Signalwert von Ausschüttungen und Aktienrückkäufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 IV. Begrenzung des Kollektivhandlungs- und free rider-Problems . . . . . . . . . . . 237

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Inhaltsverzeichnis V. Ex ante- oder ex post-Regulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 VI. Pfadabhängigkeit des Kapitalschutzrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240

§ 8 Ökonomische Analyse von Covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 A. Ökonomische Erfassung der Funktion von Covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 I. Verringerung von Agenten-Kosten durch eine Kontrolle des Konflikts zwischen Anteilseignern und Gläubigern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 II. Haftungsrechtlicher Ansatz – Kompensation fehlender Sorgfaltspflichten im Vorfeld der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 1. Das Fehlen organschaftlicher Pflichten gegenüber den Gläubigern . . . 244 2. Bestehende Schutzlücken im Stadium drohender Insolvenz . . . . . . . . . . . 246 III. Verbindung der Begründungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 B. Effizienz von Covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 I. Auswirkungen auf den Unternehmenswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 II. Costly Contracting Hypothesis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 III. Effizienz ausgewählter Covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 1. Restrictions on investments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 2. Asset disposition restrictions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 3. Restrictions on fundamental changes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 4. Dividend restrictions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 5. Negativklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 6. Sanktionsmechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 IV. Allgemeine effizienzbeeinflussende Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 1. Externalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 a) Unfreiwillige Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 b) Unberechtigte Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 2. Spill over-Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 a) Gegenläufige Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 b) Koordinierung der Schuldnerkontrolle durch die Gläubiger? . . . . . . 263 3. Signalfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 a) Exkurs: Publizitätspflichten nach deutschem und amerikanischem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 aa) Amerikanisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265

Inhaltsverzeichnis

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bb) Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 cc) Anforderungen der ProspVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 b) Rolle der Informationsintermediäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 4. Vertragliche „network externalities“ und Pfadabhängigkeit . . . . . . . . . . . 269 a) Das Potential der Covenants für pfadabhängigkeitsbedingte Effizienzgewinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 b) Das Potential der Covenants für pfadabhängigkeitsbedingte Effizienzverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 C. Zusammenfassung und Effizienzvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 4. Kapitel Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

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§ 9 Symbiotische Natur des Covenants-gestützten Finanzierungsvertrages . . . . . . . . 277 A. Symbiotische Verträge im allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 B. Symbiotische Finanzierungsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 I. Der gesetzestypische Darlehensvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 II. Gründe für den Abschluß symbiotischer Finanzierungsverträge . . . . . . . . . 281 1. Zusätzliches Regelungsbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 2. Disparitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 a) Vertragsspezifisches Kapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 b) Agenten-Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 c) Transaktionskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 C. Determinanten der symbiotischen Natur des Covenants-gestützten Finanzierungsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 D. Anwendbares Recht: Entwicklung eines passenden Regulierungsrahmens . . . . . 287 E. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 § 10 Abschichtung zum Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 A. Vorüberlegungen zur rechtlichen Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 I. Abgrenzung zur BGB-Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 1. Außengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 2. Innengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291

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Inhaltsverzeichnis II. Abgrenzung zur stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 III. Abgrenzung zum partiarischen Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 B. Covenants zwischen Satzungsstrenge und Verbandsautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . 294 I. Folgen der Satzungsautonomie für die Wirksamkeit von Covenants . . . . . 296 1. Grenzen der Verbandsautonomie bei korporativer Verbindlichkeit der Covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 2. Covenants als satzungsergänzende „Nebenabreden“? . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 a) Fehlende Bindung der Gesellschafter an Covenants . . . . . . . . . . . . . . . 298 b) Ausstrahlungswirkung des zwingenden Gesellschaftsrechts auf Covenants? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 3. Keine Unwirksamkeit wegen satzungspflichtigen Inhalts oder Verstoßes gegen zwingendes Gesetzesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 a) Verpflichtungen zur Beibehaltung des Geschäftsgegenstandes . . . . 302 b) Verpflichtungen zur Beibehaltung der Geschäftsleitung . . . . . . . . . . . 302 c) Weisungsrechte in Geschäftsführungsangelegenheiten . . . . . . . . . . . . 305 II. Folgen der Verbandssouveränität für die Wirksamkeit von Covenants . . . . 306 1. Grenzen eines schuldrechtlich begründeten Dritteinflusses auf das Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 a) Begrenzung der Einflußnahme durch Orientierung am Vertragszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 b) Qualität des Einflusses im Vergleich zum Beherrschungsvertrag . . 310 c) Bindung der Geschäftsführungsorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 2. Vereinbarkeit von Covenants mit dem Grundsatz der Verbandssouveränität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 a) Souveränität des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 b) Souveränität der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 c) Anwendung der Ergebnisse auf einzelne Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . 316 3. Nichts als „leere Versprechen“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 III. Rechtslage in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 C. Konflikte mit gesellschaftsrechtlicher Binnenordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 I. Verpflichtungsfähigkeit der AG im Zuständigkeitsbereich der Hauptversammlung und des Aufsichtsrates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320

Inhaltsverzeichnis

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II. Verpflichtungen der Gesellschaft im Zuständigkeitsbereich der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 1. Festlegung auf den Unternehmensgegenstand (line of business) . . . . . . 321 2. Dividendenrestriktive Covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 a) Unwirksamkeit mangels Vertretungsmacht des Vorstands? . . . . . . . . 324 aa) Beschränkung der Vertretungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 bb) Mißbrauch der Vertretungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 b) Zustimmungsrecht der Hauptversammlung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 c) Unmöglichkeit der Erfüllbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 d) § 174 AktG als Verbotsnorm im Sinne von § 134 BGB? . . . . . . . . . . 329 3. Verpflichtungen im Bereich von Strukturmaßnahmen (fundamental changes) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 a) Analoge Anwendung des § 119 AktG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 b) Initiativrecht des Vorstands oder der Hauptversammlung? . . . . . . . . . 332 c) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 4. Sonstige Verpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 III. Verpflichtungen der Gesellschaft im Zuständigkeitsbereich des Aufsichtsrates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 1. Change of control-Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 2. Rechtslage in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 D. Covenants und das Eigenkapitalersatzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 I. Problemaufriß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 II. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 1. Rechtsprechung und herrschende Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 2. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 III. Eigene Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 1. Innerer Geltungsgrund: Verminderung des „moral hazard“ der Fremdkapitalfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 2. Kein Interessengleichlauf zwischen Covenants-berechtigten Gläubigern und Gesellschaftern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 § 11 Abschichtung zum Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 A. Anwendbares Schuldrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 B. Zum (vermeintlichen) AGB-Charakter von Covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347

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Inhaltsverzeichnis C. Covenants und die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Schuldners . . . . . . . . . 350 I. Übertragbarkeit der Judikatur zur Schuldnerknebelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 II. Sittenwidrigkeitsbegründende Umstände auf der Tatbestandsseite . . . . . . . 352 1. Informationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 2. Financial Covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 3. Negativklauseln, pari passu-Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 4. Verbote im Bereich der Investitionspolitik und der strategischen Ausrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 5. Maintenance-Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 6. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 III. Sittenwidrigkeitsbegründende Umstände bei der Rechtsausübung . . . . . . . 360 1. Schranken des Kündigungsrechtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 a) Konkretisierung der gesetzlichen Kündigungstatbestände? . . . . . . . . 361 b) Besonderes vertragliches Kündigungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 2. Zweifelhafte Kündigungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 D. Covenants unter der Rechtsprechung zur Gläubigergefährdung . . . . . . . . . . . . . . . . 364 I. Neugläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 II. Faktische Geschäftsführung / sonstige Einflußnahmen durch den Kreditgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 E. Rechtslage in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 F. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 5. Kapitel Abschichtung zum Konzernrecht

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§ 12 Covenants und das Recht der Unternehmensverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 A. Beherrschungsvertragliche Dimension von Covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 I. Gesetzestypischer Beherrschungsvertrag? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 II. Atypischer Beherrschungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 1. Grenzen der Gestaltungsfreiheit im Bereich der Beherrschungsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 a) Die Lösung Dierdorfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378

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b) Flexibilität des Weisungsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 c) Flexibilität des Leitungsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 2. Leitungsmachtpotential der Covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 a) Keine Möglichkeiten zur Entfaltung von Unternehmensinitiative . . 383 b) Kündigungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 c) Verhaltenspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 d) Faktische Zustimmungsrechte als Grundlage der Leitungsmacht? . . 385 e) Teleologische und ökonomische Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 B. Covenants als sonstiger Unternehmensvertrag? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 I. Abgrenzung zu gesetzestypischen Unternehmensverträgen . . . . . . . . . . . . . . 389 II. Offenheit des Unternehmensvertragsrechts für atypische Kreditverträge . . 390 1. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 a) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 b) Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 aa) Die Ansicht Veils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 bb) Die Ansicht Martens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393 2. Eigene Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 a) Fehlender Strukturänderungscharakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 b) Funktionales Verständnis des Unternehmensvertrages . . . . . . . . . . . . . 396 c) Austauschvertrag im Gegensatz zum Organisationsvertrag . . . . . . . . 397 III. Methodische Grenzen der Öffnung des § 292 AktG für atypische Gestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 1. Öffnung des § 292 AktG nur im Wege der Analogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 2. Grenzen der Analogiefähigkeit des § 292 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 § 13 Faktische Konzernierung auf der Grundlage von Covenants? . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 A. Abhängigkeitsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 I. Keine gesellschaftsrechtlich vermittelte Abhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 II. Abhängigkeit auf vertraglicher Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 III. Abhängigkeit auf tatsächlicher Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405

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Inhaltsverzeichnis B. Nachteilszufügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 I. Unausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 II. Sonstige Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409 C. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410 D. „Control“ des Covenants-Berechtigten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410

§ 14 Schutz des Schuldners vor schädigender Einflußnahme des Gläubigers . . . . . . . 411 A. Konsequenzen aus der Aufgabe der Rechtsprechung zum qualifizierten faktischen GmbH-Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 B. Covenants und die Rechtsprechung zum qualifiziert faktischen Konzern . . . . . . 412 C. Schutz des Schuldners durch die Lehre vom existenzvernichtenden Eingriff . . . 413 I. Konzeptionelle Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 II. Möglichkeiten der Anwendung auf Covenants-berechtigte Gläubiger . . . . 415 1. Konzeption als Haftungsdurchgriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 2. Rechtsprechungsmodell – Konzeption als Fall des § 826 BGB . . . . . . . . 417 a) Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 b) Haftungsadressat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 c) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 3. Anwendung auf Covenants-berechtigte Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 4. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 D. Verbot schädigender Einflußnahme nach § 117 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 § 15 Bedürfnis nach einem weitergehenden Schutz des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 A. Schutz durch das Konzept der Treuepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 B. Angemessenheit des zivilrechtlichen Schutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 Zusammenfassung: Leistungsfähigkeit von Covenants als alternatives Gläubigerschutzinstrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 428 A. Gegenüberstellung von Covenants und Kapitalschutzsystemen nach funktionaler Verwirklichung des Gläubigerschutzzieles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 B. Gegenüberstellung von Covenants und Kapitalschutzsystemen unter Effizienzgesichtspunkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430

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C. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 I. Gestiegene Bedeutung der Ermittlung und Steuerung des individuellen Ausfallrisikos durch Basel II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 II. Eckpunkte für eine Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462

Einführung: Institutioneller Gläubigerschutz – ein Auslaufmodell? Es ist ein Grundanliegen des deutschen Kapitalgesellschaftsrechts, Gläubiger von Kapitalgesellschaften durch ein System von gesetzlicher Kapitalbindung und bilanzieller Ausschüttungssperre vor den mit der Haftungsbeschränkung einhergehenden Risiken zu schützen.1 Das Zusammenspiel zahlreicher Vorschriften zur Aufbringung eines Mindestkapitals, Bewertung der erbrachten Einlagen, Kapitalerhaltung sowie strenger Sanktionsvorschriften soll ein „Kissen“ schaffen, das die Gläubiger im Falle eines Verfalls des Gesellschaftsvermögens auffangen soll. Dieses Modell des institutionellen Gläubigerschutzes2 gerät zunehmend ins Wanken. Es sieht sich Angriffen sowohl von nationaler als auch von europäischer und internationaler Ebene ausgesetzt.3 Auf europäischer Ebene scheint das Ziel der Festigung und Harmonisierung des Kapitalschutzrechts, das mit der Verabschiedung der zweiten gesellschaftsrechtlichen EU-Richtlinie4 („Kapitalrichtlinie“) erreicht werden sollte, zumindest für die kleine Kapitalgesellschaft aufgegeben worden zu sein. Die Richtlinie beschränkte sich auf Aktiengesellschaften (marketable share companies) und ließ damit die GmbH und ihre Pendants in den anderen Mitgliedsstaaten außen vor. Dies wurde zum Einfallstor für den Siegeszug der englischen private limited company, die mit ihrer flexiblen Finanzverfassung zum Exportmodell für andere Staaten wurde und einen Wettbewerb unter den Gesellschaftsrechtsystemen entfachte. Es darf angenommen werden, daß nicht zuletzt dieser Anpassungsdruck dazu führte, daß Frankreich bereits im Jahr 2004 sämtliche Vorschriften zur Aufbringung eines 1 Diese Funktion des Kapitalschutzes hat der Arbeitskreis „Kapital in Europa“ jüngst noch einmal bekräftigt und gegen Angriffe verteidigt, vgl. die Zusammenfassung von Lutter (2006), S. 1 ff. 2 Der Begriff des institutionellen Gläubigerschutzes wird im folgenden zur Umschreibung eines im Gesellschafts- und Bilanzrechts „institutionalisierten“ Gläubigerschutzes verwandt. Er wird u.a. bei Kübler, ZHR 1995, S. 550 ff. und Böckmann, S. 4 f. gebraucht. Der institutionelle Gläubigerschutz ist dadurch gekennzeichnet, daß er der Gesellschaft und ihren Gläubigern den Rahmen für eine bestimmte Risikoverteilung vorschreibt. Damit steht er im Gegensatz zum Modell des informationellen Selbstschutzes, bei dem sich Gläubiger auf informierter Grundlage selbst absichern. 3 Überblick bei Merkt, ZGR 2004, 305 ff.; Assmann in GroßkommAktG, Einl. Rdn. 480 ff.; zu dem von der Fortentwicklung des Bilanzrechts ausgehenden Reformdrucks Schön / Osterloh-Konrad, S. 893, 936 ff. 4 Zweite gesellschaftsrechtliche Richtlinie 77 / 91 / EWG des Rates vom 13. Dezember 1976, Abl. EG Nr. L 026 vom 31. 01. 1977, S. 1 – 13.

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Mindestkapitals für die französische GmbH (S.A.R.L.) ersatzlos gestrichen hat. Die Dynamik dieses Wettbewerbs wird auch daran deutlich, daß die Bundesregierung die seit längerem geplante Herabsetzung des Mindestkapitals für die GmbH auf 10.000 Euro am Ende offenbar selbst nicht mehr für ausreichend hielt. Nach der jüngsten GmbHG-Novelle durch das MoMiG ist künftig die Gründung einer GmbH ohne die Aufbringung eines Mindestkapitals als sog. „haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft“ möglich.5 Auch auf europäischer Ebene wird der Gedanke an ein Mindestkapital für Kapitalgesellschaften inzwischen preisgegeben. Obwohl es noch vor einiger Zeit zum erklärten Ziel der Europäischen Kommission gehörte, in einer Folgerichtlinie die Kapitalrichtlinie 6 auf weitere Kapitalgesellschaften zu erstrecken und damit den Anwendungsbereich der Vorschriften zum Garantiekapital weiter auszudehnen, ist nunmehr von einem Verzicht auf Mindestkapitalregeln die Rede. Die Kommission hat als Reaktion auf entsprechende Empfehlungen der mit der Reform des Gläubigerschutzes im Kapitalgesellschaftsrecht befaßten SLIM-Gruppe und der High-Level-Group einen Aktionsplan vorgelegt, der eine Vereinfachung der Kapitalrichtlinie zum kurzfristigen Ziel erklärt und als mittelfristige Maßnahme die Prüfung von Alternativen zum Kapitalschutzsystem in Aussicht stellt.7 Unter starken Druck ist das kontinentaleuropäische Garantiekapitalmodell in den letzten Jahren auch durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Niederlassungsfreiheit geraten. Danach kann das Ziel des Gläubigerschutzes Zuzugsbeschränkungen für in der Europäischen Union (EU) gegründete Gesellschaften durch Vorschriften über die Aufbringung eines Mindestkapitals nicht rechtfertigen. Stattdessen weist der EuGH den Weg zu einem auf dem informierten Selbstschutz der Gläubiger beruhenden Gläubigerschutzsystem, wenn er feststellt, daß Gläubiger hinreichend durch die Offenlegung der Rechtsform der Gesellschaft geschützt seien.8 Weiterer Widerstand erwächst dem herkömmlichen Kapitalschutzmodell aus der zunehmenden Internationalisierung des Bilanzrechts. Diese Entwicklung droht dem von der bilanziellen Ausschüttungssperre abhängigen Garantiekapital die Grundlage zu entziehen. Während das HGB-Bilanzrecht mit seinem dominanten Vorsichtsprinzip vor allem Gläubigerschutzgesichtspunkte verfolgt, steht bei der Bilanzierung nach IFRS9 mit dem „true and fair view“-Prinzip ein Regelungsziel 5 Siehe den neuen § 5 a des GmbHG, eingefügt durch das am 26. 06. 2008 beschlossene und voraussichtlich am 01. 11. 2008 in Kraft tretende Gesetz zur Modernisierung des GmbHRechts und zur Bekämpfung von Mißbräuchen (MoMiG). 6 Siehe oben S. 29, Fn. 4. 7 Kommission, Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance in der Europäischen Union – Aktionsplan (21. Mai 2003), abrufbar unter www. eur-lex.europa.eu/LexUriServ/site/de/com/2003/com2003_0284de01.pdf. 8 „Inspire Art“, ZIP 2003, 1885, 1892 f. 9 „IFRS“ (International Financial Reporting Standards) sind internationale Rechnungslegungsstandards, die vom International Accounting Standards Board (IASB) entwickelt wurden.

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im Vordergrund, das sich mit der „Kissenfunktion“ des deutschen Bilanzrechts nur schwer vereinbaren läßt.10 Aber auch national nimmt die Zahl derer zu, die die Effizienz des Kapitalschutzsystems in Zweifel ziehen. Vor allem wird seine mangelnde Fähigkeit angeprangert, den sich selbst als Ziel gesetzten Gläubigerschutz auch tatsächlich zu verwirklichen.11 In der Diskussion wird immer häufiger das angelsächsische Modell eines individuellen Gläubigerschutzes ohne Garantiekapital als Vorbild genannt.12 Auch die oben angesprochenen Entwicklungstendenzen im europäischen Gesellschaftsrecht weisen in diese Richtung. Dieses Modell zeichnet sich dadurch aus, daß es den Gläubigerschutz und das materielle Gesellschaftsrecht voneinander trennt.13 Das Gesellschaftsrecht befaßt sich allein mit der Binnenordnung der Gesellschaft, während der Gläubigerschutz in andere Rechtsmaterien, vor allem aber in die Sphäre der Privatautonomie verlagert wird. Diese Trennung ist letztlich die Konsequenz eines auf umfassende Information gerichteten Bilanzrechts, das die Bildung eines als Absicherung der Gläubiger dienenden „Kissens“ gar nicht erst zuläßt. Vor dem Hintergrund eines gesetzlichen Minimalschutzes müssen sich Gläubiger, gestützt auf eine gesetzlich erzwungene Publizität der Finanzlage der Gesellschaft, grundsätzlich durch geeignete Maßnahmen selbst schützen.14 Die Rechtswirklichkeit ist selbst in den kontinentaleuropäischen Ländern, in denen das Kapitalschutzsystem immer noch vorherrschend ist, längst von alternativen Gläubigerschutzmaßnahmen geprägt. Warenlieferanten und Erbringer von Dienstleistungen bedienen sich einer großen Palette moderner Sicherungsrechte. Unfreiwillige Gläubiger wie Unfallopfer werden in weiten Teilen durch Haftpflichtversicherungen abgesichert. In Erkenntnis der Unzulänglichkeit des gesellschaftsrechtlichen Gläubigerschutzes entwickelt die deutsche Rechtsprechung den deliktsrechtlichen Gläubigerschutz kontinuierlich weiter, wie auch der nationale und europäische Normgeber Bestrebungen erkennen läßt, den Gläubigerschutz außerhalb des Gesellschaftsrechts zu stärken. Schließlich pflegen sich insbesondere Finanzgläubiger schon seit längerem durch sog. Covenants mit der kreditsuchenden Gesellschaft abzusichern. Covenants sind komplexe Vertragswerke, die den Schuldner statt einer Belastung mit dinglichen Sicherheiten Verhaltenspflichten unterwerfen und dem Gläubiger weitgehende Kontrollrechte einräumen. Diese Arbeit befaßt sich mit den Covenants als „Prototyp“ der vertraglichen Selbstabsicherung der Gläubiger und stellt sie dem 10 Als besonders pronouncierter Kritiker der HGB-bilanzrechtlichen Säule des deutschen Kapitalschutzsystems hat sich Kübler hervorgetan, vgl. ZHR 1995, S. 550, 552 ff.; ders., EBLR 2004, 1031 ff. 11 Vgl. neben anderen Fleischer, ZGR 2001, 1, 12. 12 Kübler (1989), S. 59 ff.; Bauer, S. 331 ff.; Mülbert / Birke, EBOR 2002, 695 ff. 13 Merkt, ZGR 2004, 305, 312 f. 14 Bratton, EBOR 2006, 39, 44.

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Kapitalschutzsystem als Inbegriff des institutionellen Gläubigerschutzes gegenüber. Sie versucht damit einen Beitrag zur Diskussion um die Zukunft und Richtung des europäischen Kapitalgesellschaftsrechts zu leisten. Im Mittelpunkt steht der Vergleich zwischen dem institutionellen Kapitalschutzsystem und Covenants unter Effizienzgesichtspunkten. Ob Covenants ihren Anspruch als alternatives Gläubigerschutzinstrument einlösen können, hängt entscheidend von ihrer Fähigkeit ab, die durch den Rückbau des traditionellen Kapitalschutzes entstehenden Schutzlücken zu schließen. Bestätigt sich diese Fähigkeit, wäre dies ein gewichtiges Argument für eine Reform des Kapitalsicherungsmodells, während im Fall einer Widerlegung der Effektivität von Covenants die Verteidigung des institutionellen Gläubigerschutzes argumentativ abgestützt werden könnte. Dabei wird auch der Frage nach der Behandlung der Covenants im deutschen Recht nachzugehen sein. Hier sollen Einblicke in die amerikanische Rechtslage einen weiterführenden Beitrag zur Debatte leisten. Covenants sind ein Produkt der US-amerikanischen Kautelarjurisprudenz, das inzwischen weltweite Verbreitung gefunden hat. Wie zu zeigen sein wird, verbinden Covenants und das amerikanische Recht jedoch nicht nur der rechtsgeschichtliche Ursprung, sondern auch die moderne Vertragsgestaltung. Die amerikanische Vertragspraxis hat einen großen Einfluß auf die Ausgestaltung entsprechender Verträge in Europa, was nicht nur in der häufig anzutreffenden Vereinbarung amerikanischen Rechts in internationalen Kreditverträgen und den Bedingungen von Unternehmensanleihen zum Ausdruck kommt, sondern auch in der Orientierung der Praxis an amerikanischen Vertragsmustern.15 Die Bedeutung von Covenants wird nicht zuletzt daran sichtbar, daß es Covenants waren, die sich als Alternative zu dinglichen Sicherheiten anboten und damit der Praxis langfristiger, unbesicherter Kredite und Anleihen zum Durchbruch verhalfen.16 Dadurch tragen sie entscheidenden Anteil an der Erschließung dieses wichtigen Marktes für Unternehmensfinanzierungen. Nach wie vor dominieren sie dort die Kautelarjurisprudenz, in der sie jüngst für viel Bewegung sorgten. Insbesondere der Markt für Akquisitionsfinanzierungen war bis Mitte 2007 von einer äußerst freigiebigen Kreditvergabepraxis mit günstigen Konditionen und wenig restriktiven Covenants geprägt.17 Seine Angebotsseite ist infolge der im Sommer 2007 einsetzenden Krise der internationalen Finanzmärkte, ausgelöst durch den Niedergang des Marktes für verbriefte amerikanische Hypotheken (der sog. subprime-crisis), eingebrochen. Es ist zu erwarten, daß die Weigerung der Banken, zu unveränderten Bedingungen weiterhin Kredite in Milliardenhöhe zu gewähren, Auswirkungen auf das Verhandlungsgleichgewicht zwischen Kreditnehmer und Kreditgeber haben wird, das zu15 Auch die von der Loan Market Association („LMA“) herausgegebenen Musterkreditverträge und insbesondere die in ihnen enthaltenen Covenants sind stark von der US-Praxis geprägt; an diesen Musterverträgen orientiert sich u.a. auch die deutsche Vertragspraxis (siehe dazu auch unten § 4 E. I.). 16 Bratton, EBOR 2006, 39, 42. 17 Diese Praxis wurde schlagwortartig mit dem Begriff der „covenant-light deals“ belegt.

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letzt aufgrund des großen Liquiditätsüberschusses deutlich zugunsten der Kreditnehmer verschoben war. Die Stärkung der Verhandlungsposition der Banken dürfte sich kurz- bis mittelfristig in der flächendeckenden Vereinbarung restriktiverer Covenants niederschlagen. Die andauernde und intensiv geführte Diskussion über die Zukunft des Gläubigerschutzes in Europa ist vor allem durch den Streit von Befürwortern und Gegnern des Kapitalschutzsystems geprägt. Eine vorverständnisfreie und allein dem Gläubigerschutzgedanken verpflichtete Debatte wird dadurch erschwert, daß die Befürworter des Kapitalschutzsystems – seinem tradierten Verständnis folgend – dieses als ein unverzichtbares Korrelat der Haftungsbeschränkung in der juristischen Person hinstellen, jedenfalls aber als ein bewährtes Institut des materiellen Gesellschaftsrechts, das Gläubigern eher nutzt als schadet.18 Damit jedoch weichen sie mehr oder weniger bewußt der Frage aus, ob der Kapitalschutz neben seiner angeblichen Verwurzelung im materiellen Gesellschaftsrecht auch ein effektives Gläubigerschutzinstrument ist. Auch die häufig anzutreffende Argumentation mit dem Prinzip der Haftungsbeschränkung als ein mit Mitteln des Kapitalschutzes zu korrigierendes Privileg verschleiert die tieferliegende Verwurzelung einer vielschichtigen Gläubigerschutzproblematik, die, wie immer wieder übersehen wird, kein Spezifikum der Haftungsbeschränkung ist. Diese Arbeit holt das Nennkapitalsystem aus seiner dogmatischen Verschanzung heraus und begreift es als ein denkbares Gläubigerschutzsystem unter vielen. Seine Rechtfertigung wird auf die Fähigkeit zur Befriedigung systematisch herausgearbeiteter Gläubigerschutzanliegen zurückgeführt. Der Erkenntniswert einer Kritik am Nennkapitalsystem ist jedoch begrenzt, wenn unklar bleibt, ob andere Systeme zu einer effizienteren Bewältigung der Gläubigerschutzproblematik in der Lage sind. Bisherige Arbeiten befaßten sich im wesentlichen mit einem der vorhandenen Modelle. So war das traditionelle Nennkapitalschutzsystem bereits wiederholt Gegenstand einer kritischen Hinterfragung19, während jüngst die Rechtsprobleme von Covenants nach deutschem Recht untersucht wurden.20 Was diese Arbeiten offenließen, ist eine Gegenüberstellung beider Systeme unter Effizienzgesichtspunkten. Diesen Versuch unternimmt die vorliegende Arbeit. Diese Arbeit ist in fünf Kapitel unterteilt. Das erste Kapital befaßt sich mit der Entwicklung des deutschen Kapitalschutzsystems und stellt ihm die amerikanische Rechtsentwicklung gegenüber. Damit wird der Kapitalschutz zweier Systeme beleuchtet, die von ihrer Grundphilosophie her an gegenüberliegenden Enden des Spektrums gesetzlicher Gläubigerschutzsysteme liegen: Das deutsche Gläubigerschutzmodell mit seinem Schwerpunkt auf einer institutionellen, gesellschaftsrechtlichen Gläubigerabsicherung, und das amerikanische System des individuel18 Vgl. Lutter (2006), S. 1, 3; Karsten Schmidt (2002), § 18 IV 1; Bezzenberger (2005), S. 16 f. 19 Vgl. statt vieler Bauer; aus der jüngeren Literatur Armour, EBOR 2006, 5 ff. 20 Vgl. die Arbeit von Kästle.

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len und informationellen Gläubigerschutzes. Die Herausarbeitung der Grundlagen der verschiedenen Paradigmen im Bereich von Gläubigerschutzsystemen erscheint sinnvoll für die Aufzeigung von Schutzdefiziten und Entwicklungstendenzen. Des weiteren wird damit die Grundlage für die Analyse der Covenants in den folgenden Kapiteln gelegt. Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit den rechtlichen Grundlagen der Covenants sowie einer funktionalen Analyse ausgewählter Klauseltypen. Die funktionale Analyse ist der erste Teil einer umfassenden Bewertung von Covenants unter funktionalen, rechtlichen und ökonomischen Gesichtspunkten. Sie versucht herauszuarbeiten, wie Covenants in funktionaler Hinsicht das Gläubigerschutzziel umzusetzen vermögen. Das Ergebnis dieser Analyse ist ein wichtiger Baustein für die im dritten Kapital anzustellende ökonomische Analyse, wo es insbesondere um die Effizienz der verschiedenen Methoden der Gläubigersicherung geht. Das vierte und fünfte Kapitel bemühen sich darum, einen Weg aufzuzeigen, über den einerseits die tragenden Elemente des Covenants-Systems als wichtiger Errungenschaft der Finanzierungspraxis erhalten bleiben können und andererseits zwingende Normanwendungsgebote und Schutzkonzepte des deutschen Rechts respektiert werden. Covenants unterwerfen den Schuldner eines Finanzierungsvertrages einem einseitig belastenden Leistungsstörungsrecht und geraten damit in ein Spannungsfeld mit dem auf einen äquivalenten Leistungsaustausch angelegten BGB; ferner ermöglichen sie einen weitreichenden Einfluß des durch sie berechtigten Gläubigers in der Gesellschaftsschuldnerin, was sie in potentiellen Konflikt mit den Regelungsansprüchen des Gesellschaftsrechts bringt. Dieser Konflikt relativiert sich, wenn man sich das Ziel der Parteien vergegenwärtigt, mithilfe der Covenants einen bewußt asymmetrisch ausgestalteten Steuerungsrahmen zur Lösung spezifischer Probleme innerhalb einer langfristigen Vertragsbeziehung einzurichten. Dabei handelt es sich um eine feinjustierte vertragliche Risikoallokation, bei der der Preis der Finanzierung – bestehend aus Zins, Risikoprämie und sonstigen Gebühren – eine Funktion des vereinbarten Gläubigerschutzniveaus ist. Es wird gezeigt, daß die Parteien eines Covenants-gestützten Finanzierungsvertrages eine Organisationsform wählen, die bewußt jenseits der herkömmlichen Kategorien „Vertrag“ und „Gesellschaft“ steht und sich am besten mit der von Erich Schanze entwikkelten Kategorie der „symbiotische Vereinbarung“ beschreiben läßt. Der Schwerpunkt des vierten und fünften Kapitels besteht darin, den Regelungsanspruch des Zivil- und Gesellschaftsrechts im Rahmen des rechtlich Möglichen soweit zurückzunehmen, daß den besonderen Interessen im Rahmen einer solchen Vertragsbeziehung Rechnung getragen werden kann und die starren Dogmen des deutschen Rechts nicht dazu führen, dieses erfolgreiche Vertragssystem in Deutschland unmöglich zu machen. Dazu muß eine Umkehrung des typischen Argumentationsmusters deutscher Juristen und eine Rückbesinnung darauf stattfinden, daß dem Recht nicht nur eine Begrenzungs-, sondern auch eine Ermöglichungsfunktion zukommt.

1. Kapitel

Die Entwicklung des institutionellen Gläubigerschutzes Das deutsche Modell des gesellschaftsrechtlichen Gläubigerschutzes sieht sich zunehmend ökonomisch und durch den internationalen Wettbewerb der Gesellschaftsrechtssysteme in Frage gestellt. Es wird behauptet, daß andere – vor allem vertragliche Instrumente – ein besseres und effektiveres Mittel der Gläubigersicherung darstellen.1 Bevor auf die Eignung von Covenants als alternatives Mittel des Gläubigerschutzes eingegangen wird, erscheint es sinnvoll, die Legitimation des Kapitalschutzsystems als wichtigstem Pfeiler des institutionellen Gläubigerschutzes zu untersuchen. In den folgenden Abschnitten sollen zunächst die verschiedenen Facetten des Gläubigerschutzbedürfnisses herausgearbeitet werden, um im Anschluß daran zu untersuchen, inwieweit dieses gerade der Regelung durch zwingendes Gesetzesrecht bedarf. Die Feststellung des Bedürfnisses nach gesetzlichem Schutz ist die logische Voraussetzung für die Beantwortung der Frage, wie gerade das geltende Kapitalschutzsystem als eines von verschiedenen denkbaren Gläubigerschutzsystemen zu rechtfertigen ist. Damit wird zugleich eine einheitliche konzeptionelle Grundlage für die Bewertung von Gläubigerschutzsystemen in funktionaler und ökonomischer Hinsicht und damit für die Beantwortung der Frage gelegt, inwieweit Kapitalschutznormen durch das Mittel der individuellen Vertragsgestaltung ersetzt werden können.

§ 1 Theoretische Rechtfertigung eines legislativen Gläubigerschutzes A. Normrechtfertigung im verfassungsrechtlichen oder ökonomischen Sinn? Leitfaden dieser Arbeit ist die Hypothese, wonach der gesetzliche Gläubigerschutz nicht gerechtfertigt ist, da Gläubiger sich ebenso gut selbst schützen kön-

1

Vgl. etwa Kübler, ZHR 1995, 550, 559; Mülbert / Birke, EBOR 2002, 696, 722 f.

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1. Kap.: Die Entwicklung des institutionellen Gläubigerschutzes

nen. Zunächst ist zu klären, was unter der „Rechtfertigung“ normativer Regelungen zu verstehen ist. Dabei kommt einem schnell die verfassungsrechtliche Dimension des Begriffs der Normrechtfertigung in den Sinn, die ihren Ausdruck in dem im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Übermaßverbot findet. Danach hat jedem gesetzgeberischen Handeln die Feststellung eines mit ihm verfolgten legitimen Zweckes sowie seiner Geeignetheit und Erforderlichkeit vorauszugehen.2 Die Rechtfertigung des legislativen Eingriffs ist jedoch nicht nur ein aus der verfassungsrechtlichen allgemeinen Handlungsfreiheit abzuleitendes Gebot, sie ist selbstverständliche Maxime guter Ordnungspolitik überhaupt. Auch ökonomisch läßt sich die Erforderlichkeit als Maßstab für legislative Regelungen mit dem Effizienzziel begründen: „Effizienz ist keine Sekundärtugend, sondern ein elementares Gebot für jegliches Staatshandeln und für die Konstruktion aller gesellschaftlichen Institutionen. Eine Gesellschaft ist effizient, wenn sie bei gegebener Vermögensverteilung einen Zustand herbeiführt, bei dem niemand mehr besser gestellt werden kann, ohne daß ein anderer schlechter gestellt wird, wenn diejenigen Leistungen, die die Gesellschaftsmitglieder haben möchten und die bei knappen Ressourcen erstellt werden können, auch tatsächlich erbracht werden, wenn die Ressourcen am Ort ihrer sozial nützlichsten Verwendung eingesetzt werden.“3

Aus ökonomischer Sicht besteht die Aufgabe des Rechts darin, alles zu tun, was erforderlich ist, um dieses Ergebnis sicherzustellen.4 Beide Facetten der Normrechtfertigung – die verfassungsrechtliche und die ökonomische – scheinen nur auf den ersten Blick unabhängig voneinander zu sein. Bei genauerer Betrachtung wird deutlich, daß sie nicht gänzlich ohne die Argumentationskategorien der jeweils anderen auskommen und bis zu einem gewissen Grad miteinander verwoben sind.5 2 BVerfGE 19, 342, 349; umfassend zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Eingriffsrechtfertigung Maunz / Dürig, Art. 2 Abs. 1, Rdn. 40 ff. 3 Schäfer / Ott, S. 6. 4 Eidenmüller (2005), S. 63. 5 Diese Aussage nötigt nicht zu einer Stellungnahme zu der Frage, ob dem Effizienzziel Verfassungsrang zukommt. Sie ist von Eidenmüller (2005), S. 443 ff. mit guten Gründen verneint worden. Diese Sichtweise schließt jedoch nicht aus, daß sich das Effizienzziel nicht in gewisser Weise im verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzip widerspiegelt. Die Kriterien der Geeignetheit und Erforderlichkeit arbeiten zwar nicht in den Terminologien des ökonomischen Effizienzkriteriums und verpflichten den Gesetzgeber nicht dazu, sein Handeln stets am Effizienzkriterium auszurichten. Nicht zu leugnen ist allerdings eine gewisse Nähe der in beiden Fällen angewandten Argumentationsmuster und ein Zusammenhang insofern, als kaum effizient sein kann, was sich aus verfassungsrechtlicher Sicht ungeeignet oder nicht erforderlich erweist. Umgekehrt ist ein Zusammenhang freilich weitaus schwieriger herzustellen, da der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz viel umfassender als das auf die effiziente Allokalisierung von Ressourcen verengte Effizienzkriterium ist. Einen vergleichbaren Standpunkt nimmt Ruffner ein, wenn er feststellt, daß sich in Rechtsprechung und -dogmatik zahlreiche Rechtsprinzipien finden, die einen engen Bezug zu Effienzienzkriterien aufweisen, vgl. Ruffner, S. 42, 120 f.

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Nur vordergründig steht diesem Zusammenhang der Grundsatz der wirtschaftlichen Offenheit des Grundgesetzes entgegen.6 Aus den Freiheitsrechten des Grundgesetzes, insbesondere dem Schutz der Vertragsfreiheit und der Privatautonomie durch Art. 2 Abs. 1 GG, folgt vielmehr die grundsätzlich marktwirtschaftliche und staatsfreie Wirtschaftsverfassung des Grundgesetzes.7 Der einzelne soll als homo oeconomicus seine Rechtsverhältnisse nach seinem Willen selbst und eigenverantwortlich gestalten können.8 Gesetzliche Vorschriften, die diese Freiheit begrenzen, indem sie der Möglichkeit freier Rechtsgestaltung Grenzen setzen, bedürfen daher der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung.9 Auf der anderen Seite lehnt sich die ökonomische Analyse mit ihrer Prämisse des methodologischen Individualismus an eine Wertvorstellung an, die auch mit der Wertordnung des Grundgesetzes im Einklang steht.10 Dennoch ist nicht zu verkennen, daß beide Disziplinen an den Begriff der Normrechtfertigung unterschiedliche Vorstellungen und Erwartungen knüpfen. Das Verfassungsrecht hat den vom Souverän legitimierten Handlungsspielraum des Gesetzgebers zu respektieren und zu schützen; ihm wird daher bei der Beurteilung der Geeignetheit einer Regelung zur Erreichung des mit ihr verfolgten Zweckes eine weitgehende Einschätzungsprärogative zugebilligt, die selbst Aktivitäten auf ungesicherter oder gar experimenteller Basis einschließt. Die Grenze ist erst dort erreicht, wo ein Gesetz evident ungeeignet ist.11 Die Rechtsökonomik unterliegt diesen Beschränkungen nicht. Ihre Freiheit, Normen ohne jede Rücksicht auf Prärogative und verfassungsrechtlichen Auftrag der Legislative hin überprüfen zu können, macht sie als analytisches Instrumentarium zur Bewertung von Rechtsfolgen von ungleich größerem Wert. Für den Fortgang dieser Arbeit soll daher vom rechtsökonomischen Begriff der Normrechtfertigung ausgegangen werden.

6 Davon aber scheint Eidenmüller (2005), S. 444 f. auszugehen. Nach dem BVerfG hat sich das Grundgesetz nicht für eine bestimmte Wirtschaftsverfassung entschieden, weshalb dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsraum zur Umsetzung seiner Wirtschaftspolitik eröffnet ist, vgl. BVerfGE 4, 7, 17 f. 7 Vgl. BVerfGE 18, 315, 327; 32, 311, 317; Maunz / Dürig, Art. 2 Abs. 1, Rdn. 76. 8 BVerfGE 81, 242, 254; 89, 214, 231. Eingehend zum Verhaltensmodell des homo oeconomicus aus ökonomischer Sicht und der dahinter stehenden wirtschaftswissenschaftlichen Hypothese des sog. rationalen egoistischen Menschens (REM), der seinen Nutzen maximiert, Ruffner, S. 58 ff., der auch zur Kritik an diesem Modell Stellung nimmt. 9 Vgl. Maunz / Dürig, Art. 2 Abs. 1 Rdn. 101 f.; BVerfGE 89, 48, 61. 10 Vgl. Behrens, S. 34 ff. 11 BVerfGE 39, 210, 230; 78, 249, 287 f.

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B. Anforderungen der Rechtsökonomik an gesetzliche Gläubigerschutzregeln Aus ökonomischer Sicht kann die Rechtfertigung einer legislativen Regelung allein in einer mit der Maßnahme erzielbaren Effizienzsteigerung bestehen, die die mit der zu regulierenden Aktivität der Marktakteure verbundenen Kosten minimiert. Ausgangspunkt ist die Vorstellung der ökonomischen Analyse, daß die Vertragsfreiheit in einem funktionierenden Markt effiziente Ergebnisse hervorbringt.12 Ist der Markt als selbstregulative Einheit daher grundsätzlich am besten geeignet, effiziente Ergebnisse hervorzubringen, so ist es in der Regel ein Marktversagen, das gesetzgeberisches Eingreifen erforderlich macht.13 Das Marktversagen kann dazu führen, daß die Kosten für das Zustandekommen eines bestimmten Austauschgeschäfts (Transaktionskosten) höher als der durch dieses Geschäft erzielte Kooperationsgewinn sind; die Folge ist, daß eine an sich aus volkswirtschaftlicher Sicht wünschenswerte Transaktion unterbleibt.14 An dieser Stelle soll die Rechtsordnung aus Sicht der ökonomischen Analyse des Rechts ein hypothetisches Verhandlungsergebnis simulieren und damit ein effizientes Ergebnis sicherstellen; dies wird die Regelung sein, auf die sich rational handelnde Marktakteure geeinigt hätten, wären die Transaktionskosten Null gewesen.15 Letztlich ist es also das Scheitern einer privatautonomen Vereinbarung auf dem Verhandlungsweg, die den staatlichen Eingriff durch zwingende Normen rechtfertigt.16 Für die Rechtfertigung zwingender Gläubigerschutzregeln bedeutet dies, daß die Parteien eines Vertrages grundsätzlich frei sind in der Entscheidung, auf vertraglichem Wege Schutzregelungen zugunsten des Gläubigers zu vereinbaren. Gesetzliche Gläubigerschutzregeln greifen in diese Freiheit ein, indem sie ein bestimmtes Schutzniveau und bestimmte Schutzinstrumente vorschreiben und damit der Disposition der Parteien entziehen. Dieser Eingriff ist nur durch das Vorhandensein eines Regelungsbedürfnisses zu rechtfertigen, dem der Markt nur unzureichend Rechnung tragen kann. Gesetzliche Vorschriften lassen sich daher nicht allein mit dem Bestehen eines Regelungsbedürfnisses rechtfertigen. Aus dem Bedürfnis nach einer Regelung kann zunächst ihr Regelungsziel sinnvoll abgeleitet und begrenzt werden; damit steht allerdings noch nicht fest, daß das ausgemachte Regelungsbedürfnis gerade einer Regelung Vgl. Richter / Furubotn, S. 148 f. Armour, Mod. L. Rev. (2000), 355, 357; umfassend Ruffner, S. 18 ff.; siehe ferner unten § 6 C. II. 14 Dies ist die Konsequenz aus der Grundaussage des Coase-Theorems, wonach die Aufgabe der Rechtsordnung vor allem darin besteht, die dem vertraglichen Austausch entgegenstehenden Transaktionskosten zu senken, siehe unten § 6 C. VII. 15 Dies ist der sog. „mimic the market“-Ansatz, vgl. Schäfer / Ott, S. 113; Ruffner, S. 19. 16 Siehe dazu umfassend unten § 6 C. VII. und § 7. 12 13

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durch gesetzliche Vorschriften bedarf. Diese Annahme ist nur gerechtfertigt, wenn das Versagen marktmäßiger Regelungen belegt ist. Haftungsbeschränkung als kompensationsbedürftiger Eingriff? Einen konträr zu dieser Sichtweise verlaufenden Begründungsansatz vertritt Bezzenberger.17 Er sieht in gesetzlichen Gläubigerschutzvorschriften die Rechtfertigung des „Privilegs“ der Haftungsbeschränkung, die er als gesetzgeberischen Eingriff auffaßt. Die Haftungsbeschränkung sei „Werk des Gesetzgebers“ und von diesem „von oben her gesetzlich verfügt“; nicht die Haftungsbeschränkung, sondern vielmehr das Fehlen einer solchen entspreche dem privatautonomen Idealzustand eines freien Aushandelns von Risikobereitschaft und Risikoentgelt.18 Daraus leitet er eine „Verantwortung des Gesetzgebers für den Gläubigerschutz“ ab.19 Diese Aussage ist mutig, setzt sie doch letztlich eine personelle Identität zwischen der Gesellschaft als Rechtsträgerin und ihren Gesellschaftern voraus, ohne sich mit den dogmatischen Grundlagen der Haftungsverfassung der juristischen Personen zu befassen. Denn erkennt man die Gesellschaft einmal als rechtsfähige juristische Person an, so kommt man schwerlich umhin, in ihr den richtigen und primären Haftungsträger zu sehen. Es ist umgekehrt die zusätzliche Haftung der Gesellschafter neben der unbeschränkten Haftung der Gesellschaft als Rechtsträgerin, die der dogmatischen Rechtfertigung bedarf.20 Der Eingriff des Gesetzgebers in den privatautonomen Idealzustand findet, wenn überhaupt, bereits mit der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der juristischen Person als solcher statt. Doch auch dieses Verständnis ist fragwürdig, denn immerhin stellt die Rechtsordnung dem Verkehr mit der juristischen Person nicht nur einen weiteren Rechtsträger, sondern auch einen gegenüber der Einzelperson oft weitaus potenteren Haftungsträger zur Verfügung.21 Unter ökonomischen Gesichtspunkten, zumal denen der Institutionenökonomik, erfordert die Qualifizierung der Bereitstellung einer Institution durch den Gesetzgeber als Eingriff jedoch einen ungleich höheren Begründungsaufwand als deren Nichtzulassung.22 Bezzenberger (2005), S. 84 ff. So Bezzenberger (2005), ebd., der zum Beleg auf die ständige Rechtsprechung des BGH verweist, derzufolge „nach allgemeinen Grundsätzen des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts derjenige, der als Einzelperson oder in Gemeinschaft mit anderen Geschäfte betreibt, für die daraus entstehenden Verpflichtungen haftet. Dieser Grundsatz gilt solange, wie er nicht durch das Gesetz abgeändert wird ( . . . ) oder die Gesellschafter mit dem Vertragspartner keine vertragliche Beschränkung der Haftung herbeiführen.“ BGHZ, 134, 333, 335. 19 Bezzenberger (2005), ebd. 20 So ausdrücklich Karsten Schmidt (2002), § 18 IV 1. 21 Es mutet widersprüchlich an, den Zweck der Aktiengesellschaft auch und gerade in ihrer „Kapitalsammelfunktion“ zu sehen, ihr andererseits durch das Verlangen nach zusätzlichen Haftungsträgern nicht die Bildung einer ausreichenden Haftungsmasse zuzutrauen. 17 18

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Eine ganz andere Frage ist es, ob und wie die Haftungsbeschränkung rechtspolitisch zu rechtfertigen ist. Die typischen Gläubigergefahren gehen nicht unmittelbar von der Haftungsbeschränkung auf das Vermögen des Rechtsträgers aus, sondern erst von der mit der Haftungsbeschränkung verbundenen Anreizstruktur und Mißbrauchsgefahr.23 Über den richtigen Weg zum Umgang mit diesen Mißbrauchsgefahren läßt sich trefflich streiten; nicht jedoch sollte man das Prinzip der Haftungsbeschränkung unter dem Tarnmantel eines angeblich mit ihr verbundenen Eingriffs in die Privatautonomie als im Kern interventionistisches Argument für zwingende Gläubigerschutzregelungen anführen. Die Eröffnung einer Debatte darüber, welcher Zustand – Haftungsbeschränkung oder persönliche Haftung – im ökonomischen Sinn gewissermaßen der vorgesetzliche Idealzustand ist, und der Versuch, daraus eine Verantwortung des Gesetzgebers für Gläubigerschutzregeln abzuleiten, gliche durch seine Verstrickung mit der Theorie der juristischen Person dem Öffnen der Büchse der Pandora. Aus diesem Grund ist auch die pauschale Behauptung, der gesetzliche Gläubigerschutz sei Korrelat oder Ausgleich für „das Privileg“ der Haftungsbeschränkung, gefährlich.24 Eine solche Debatte wäre für den Untersuchungsgegenstand auch gar nicht weiterführend. Die Diskussion über den gesetzlichen Gläubigerschutz sollte sich auf seine effiziente und nutzbringende Gestaltung konzentrieren. Um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen: Es soll hier nicht in Abrede gestellt werden, daß die Ursache des Gläubigerschutzbedürfnisses auch und gerade im Prinzip der Haftungsbeschränkung wurzelt.25 Die Androhung der persönlichen Haftung der Gesellschafter würde die Gläubigerschutzproblematik – zum Großteil, nicht insgesamt – entfallen lassen. Es ist jedoch wichtig, sich den unterschiedlichen Argumentationsstrang zu vergegenwärtigen: Bezzenberger begreift die Haftungsbeschränkung als kompensationsbedürftigen Eingriff in die Privatautonomie, nicht zuletzt mit dem Ziel der Legitimierung des geltenden Kapitalschutzsystems. Das verstellt den Blick auf die vielen Facetten der Gläubigerschutzproblematik und ihrer Lösungsmöglichkeiten. Der hier vertretene Ansatz sieht die Rechtfertigung gesetzlicher Gläubigerschutzregeln in einem Versagen des privatautonomen Gläubigerschutzes und damit in einem Marktversagen; Gläubigerschutzregeln wer22 Dies gilt völlig unabhängig von der klassischen Debatte um die Theorie der juristischen Person und die Frage, ob diese quasi „vorrechtliche“ Gebilde sind oder ein Konstrukt des objektiven Rechts, vgl. dazu Karsten Schmidt (2002), § 8 II. 23 Siehe unten § 1 C. II. 24 So Bezzenberger (2005), S. 89; Karsten Schmidt (2002), § 18 IV 1 c) geht noch weiter und konstatiert ein Wechselspiel von beschränkter Haftung und Kapitalsicherung. Diese Festlegung auf ein bestimmtes Modell des Gläubigerschutzes, die nicht mit dem konkreten Gläubigerschutzbedürfnis, sondern dogmatisch mit der Haftungsverfassung der juristischen Person begründet wird, verstellt indes den Blick auf die wichtige Frage, wie der Gläubigerschutzauftrag am effizientesten umgesetzt werden kann. Weder überzeugt die Behauptung eines Legitimationsverhältnisses zwischen Haftungsbeschränkung und Kapitalsicherung, noch ist damit für den Gläubigerschutz viel gewonnen. 25 Siehe dazu die folgenden Ausführungen unter § 1 C.

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den allein im Hinblick darauf bewertet, wie sie dieses Marktversagen ausgleichen. Das Modell der Kapitalsicherung wird aus seiner dogmatischen Verschanzung herausgeholt und als ein Gläubigerschutzmodell unter vielen verstanden. Dadurch wird sein Eingriff in die Finanzierungsfreiheit und die Freiheit zu privatautonomem Gläubigerschutz offengelegt und hinterfragt. Im folgenden ist das spezielle, aus der Haftungsbeschränkung erwachsende Gläubigerschutzbedürfnis zu erörtern und daran anschließend der Frage nachzugehen, inwieweit dieses gerade einer legislativen Regelung bedarf. Schließlich gilt es zu erörtern, inwieweit bestehende gesetzliche Regelungen wie das Kapitalschutzsystem auch tatsächlich zur Gewährleistung des Gläubigerschutzes geeignet sind. Nur bei Vorliegen aller drei Voraussetzungen kann ein legislativer Gläubigerschutz tatsächlich als gerechtfertigt angesehen werden.26

C. Das besondere Schutzbedürfnis der Gläubiger von Kapitalgesellschaften I. Das kapitalgesellschaftsrechtliche Trennungsprinzip Das Bedürfnis eines Schutzes der Gläubiger von Kapitalgesellschaften durch gesetzliche Regelungen wird vor allem mit dem das Kapitalgesellschaftsrecht charakterisierenden Trennungsprinzip begründet.27 In diesem drückt sich die Regel aus, daß für die aus der unternehmerischen Tätigkeit entstehenden Verbindlichkeiten allein das Gesellschaftsvermögen haften soll. Diese Haftungstrennung ermöglicht es den Gesellschaftern, ihre Haftung auf einen planmäßig limitierten Kapitaleinsatz zu beschränken und ihr übriges Vermögen dem Zugriff der Gesellschaftsgläubiger zu entziehen.28 Auf den Sinn und Nutzen, ja die Notwendigkeit der Haftungsbeschränkung soll hier nicht weiter eingegangen werden. Insoweit sei auf die zahlreichen Arbeiten zu diesem Thema verwiesen.29 Das Trennungsprinzip wird für korrekturbedürftig gehalten, da es die einseitige Überwälzung des unternehmerischen Risikos erlaube und damit den Gleichlauf So auch Armour, Mod. L. Rev. (2000), 355, 356 f. Vgl. statt vieler Bezzenberger (2005), S. 84 ff. 28 Sog. „defensive asset partioning“, vgl. Hansman / Krakmann, 110 Yale L. J. (2000), 387, 393 ff. 29 Hervorzuheben ist, daß die Haftungsbeschränkung überwiegend mit ihrem ökonomischen Nutzen gerechtfertigt wird, vgl. insbesondere Easterbrook / Fischel (1991), S. 41 ff., Easterbrook / Fischel, U. Chi. L. Rev. (1985), 89, 93 ff. Grundlegend auch Hansmann / Krakman, Yale L. J. (2000), 387, 390, 395 f., 423 ff., nach denen die Haftungsbeschränkung im Dienst einer allgemeinen Trennung von Privat- und Gesellschaftsvermögen im Sinne einer Vermögenszuordnung steht („asset partitioning“). Zur Haftungsbeschränkung als notwendiger Voraussetzung für die Kapitalsammelfunktion der Aktiengesellschaft auch Bezzenberger (2005), S. 81. 26 27

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von wirtschaftlicher Entscheidungsbefugnis und Verantwortung störe.30 Der Ausschluß der persönlichen Haftung sei auch ökonomisch fragwürdig, da er die Gefahr von „Externalitäten“ (externalities) berge; sie ermögliche die Verlagerung des Unternehmensrisikos auf die Gläubiger der Gesellschaft mit der Folge, daß die Kosten der wirtschaftlichen Tätigkeit nicht, wie ökonomisch wünschenswert, von der Person getragen werden, der die Vorteile des Wirtschaftens zugute kommen; daher müßten die auf die Gläubiger abgewälzten Kosten nicht in die Produkte eingepreist werden, die deshalb „zu billig“ angeboten werden könnten. Diese Kosten seien sozial schädlich, da ihnen kein gesellschaftlicher Gewinn gegenüberstehe (deadweight loss) und daher zu korrigieren.31 Diese Betrachtung des Trennungsprinzips sieht sich mit der Ansicht konfrontiert, die in ihm ein Instrument planmäßiger Risikoverteilung erblickt.32 Sie geht davon aus, daß die Gläubiger die Haftungsbeschränkung nicht nur erkennen, sondern die sich daraus ergebenden Risiken einschätzen und durch eine entsprechende Vertragsgestaltung eine risikoangemessene Vergütung erzielen können. Dort, wo Gläubiger und Schuldner zu einer privatautonomen Risikoallokation gelangen könnten, seien Externalitäten deshalb nicht denkbar. Wäre eine Haftungsbeschränkung nicht gesetzlich angeordnet, würde sie vertraglich vereinbart werden, wo dies aus Sicht der Parteien Sinn mache. Diese Überlegungen treffen allerdings nur dort zu, wo die Vertragspartner tatsächlich zu einer vertraglichen Risikoverteilung in der Lage sind. Sie gelten durchweg nicht dort, wo die Haftungsbeschränkung Gläubigern die Art von Schutz verweigert, auf dem sie bei Kenntnis aller Umstände normalerweise in Vertragsverhandlungen bestanden hätten.33 Eine gesetzliche Bestimmung aber, die von den Parteien abbedungen worden wäre, sofern sie die Möglichkeit dazu gehabt hätten, ist ineffizient; denn in diesem Fall hätte sie unnötige Transaktionskosten verursacht.34 Dies spricht dafür, die Frage nach dem Gläubigerschutzbedürfnis differenziert zu beantworten. Nach vorstehenden Ausführungen macht es keinen Sinn, ein für alle Gläubigertypen gleich großes Schutzbedürfnis anzunehmen. Ebenso eindeutig ist indes, daß auch eine auf dem Prinzip der Privatautonomie beruhende Rechtsordnung auf gesetzliche Gläubigerschutzinstrumente nicht verzichten kann. Denn die Möglichkeit zur vertraglichen Risikovorsorge setzt voraus, daß Gläubiger ihr Risiko hinreichend genau bestimmen können, um für die Übernahme des durch die Lehmann, ZGR 1986, 345, 357; Bezzenberger (2005), ebd. Zum ganzen: Easterbrook / Fischel, U. Chi. L. Rev. (1985), 89, 103 f.; Enriques / Macey, Corn. L. Rev. (2000), 1165, 1168 ff.; Manning / Hanks, S. 11 ff. 32 Vgl. statt anderer Posner, Chi. L. Rev. (1976) 499, 501 ff.; Easterbrook / Fischel, U. Chi. L. Rev. (1985), 89, 104 f.; allgemein zur „vertraglichen Risikovorsorge“ Eidenmüller (1997), S. 43 ff. 33 Ähnlich Mülbert, EBOR 2006, 357, 360. 34 Posner, Chic. L. Rev. (1976), 499, 506. 30 31

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Haftungsbeschränkung bedingten Zusatzrisikos eine angemessene Vergütung durchzusetzen.35 Das trifft, wenn überhaupt, nur auf Vertragsgläubiger zu; „unfreiwillige“ Gläubiger, worunter insbesondere Deliktsgläubiger fallen, sind dagegen nicht zur Erzielung eines Ausgleichs in der Lage.36 Aber auch Vertragsgläubiger können ihr Risiko nur im Idealfall vollständig antizipieren. Denn ein umfassender Risikoausgleich ist nur unter der fiktiven Annahme einer Welt perfekter Informationsvermittlung denkbar; trotz zunehmender Kapitalmarkttransparenz besteht mit der strukturellen Informationsasymmetrie zwischen Gläubiger und Schuldner ein Marktversagen, das Gläubigerschutzregelungen prinzipiell rechtfertigen kann.37

II. Gefahr des opportunistischen Verhaltens Die Problematik des Schutzes der Gläubiger von Kapitalgesellschaften wäre nur unzureichend erfaßt, wenn man sie auf die unmittelbare Gefahr der Haftungstrennung reduzierte, die darin besteht, wegen Vermögenslosigkeit der Gesellschaft und fehlender Rückgriffsmöglichkeit gegen die Gesellschafter mit einem Anspruch auszufallen. Strenggenommen ist es nämlich nicht die Haftungstrennung als solche, die die Gläubiger gefährdet. Besteht das allgemeine Risiko aller Gläubiger darin, mit ihrem Anspruch gegen den Schuldner wegen dessen Insolvenz auszufallen, so ist dies kein spezifisch den Gläubigern von Kapitalgesellschaften anhaftendes Risiko. Denn das Vermögen von Privatpersonen ist (mindestens) ebenso erschöpflich.38 Aus Gläubigersicht schwerwiegender ist vielmehr der durch die Haftungsbeschränkung hervorgerufene, fundamentale Interessenkonflikt zwischen Gesellschaftsgläubigern und Gesellschaftern.39 Gesellschaftsgläubiger haben ein prioritäres Zugriffsrecht auf das Gesellschaftsvermögen zur Bedienung ihrer fixen, bei Vertragsschluß begründeten Forderung. Die Anteilseigner haben demgegenüber einen nachrangigen Anspruch auf den nach Bedienung sämtlicher Verbindlichkeiten verbleibenden, nach oben jedoch unbegrenzten, Residualgewinn der Gesellschaft; ihrer unbegrenzten Teilhabe am Gewinn steht ein auf ihre Einlage begrenztes Verlustrisiko gegenüber. Sie sind an einem möglichst hohen Gewinn auf ihre Einlage interessiert, während die Gläubiger lediglich ein Interesse an der fristgerechten Bedienung ihrer fixen Forderung haben. Aufgrund ihres GewinnmaximieBezzenberger (2005), S. 108 f. Eidenmüller (1997), S. 46 f. 37 Dazu Armour, Mod. L. Rev. (2000), 355, 357; Bezzenberger (2005), S. 106 ff.; siehe auch oben § 7 A. II. 38 Ebenso Mülbert, EBOR 2006, 357, 369 f. Dies übersieht Bezzenberger (2005), S. 84 ff., wenn er die Notwendigkeit gesetzlicher Gläubigerschutzregeln in erster Linie im Prinzip der Haftungsbeschränkung sucht. 39 Zum ganzen Miller (2000), S. 66 f.; Bezzenberger (2005), S. 90 f.; Eidenmüller (1999), S. 22 f.; Klaus Schmidt, EBOR 2006, 89 ff. 35 36

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rungsinteresses bei gleichzeitig begrenztem Verlustrisiko sind Gesellschafter eher bereit, höhere Risiken in der Geschäftstätigkeit einzugehen als Gläubiger, die zwar Verluste mittragen müssen, am Gewinn der Gesellschaft jedoch nicht teilhaben und damit eher risikoscheu sind. Diese Risikoverteilung zieht Anreize für die Herstellung einer Finanzierungsstruktur der Gesellschaft mit einem möglichst hohen Fremdkapitalanteil nach sich, die den bestehenden Interessengegensatz weiter verschärfen.40 Eine hohe Fremdkapitalquote bewirkt eine Erhöhung der allein den Gesellschaftern zugute kommenden Gewinnchancen bei gleichzeitiger überproportionaler Beteiligung der Gläubiger am Verlustrisiko (sog. Leverage). Es ist das Interesse an der Erzielung eines möglichst hohen Leverage, der die Neigung der Gesellschafter erklärt, die Gesellschaft mit möglichst wenig Eigenkapital auszustatten.41 Dieser Interessengegensatz spitzt sich zu, wenn sich die Gesellschaft der Insolvenz nähert. In dieser Situation fallen das Eigenkapital im Verhältnis zum Gesamtvermögen gering und das Fremdkapital hoch aus. Dann kann es für Gesellschafter rational sein, gänzlich auf eine zusätzliche Kapitalzufuhr zu verzichten, da diese bei einem Scheitern der Sanierung in erster Linie den Gläubigern zugute kommen würde. Gleichzeitig erhöht sich der Anreiz zu einer riskanteren Geschäftstätigkeit, da in dieser Phase dem hohen Verlustrisiko der Gesellschafter überproportionale Gewinnchancen gegenüber stehen.42 Demgegenüber haben Gläubiger ein naturbedingtes Interesse an einer möglichst reichhaltigen Kapitalausstattung der Gesellschaft. Das Eigenkapital dient als Risikopuffer, der Verluste auffängt; je höher der Eigenkapitalanteil am Gesellschaftsvermögen ist, desto länger kann eine Insolvenz hinausgezögert und damit das Ausfallrisiko reduziert werden. Zudem sinkt mit höherem Eigenkapitalanteil der Anreiz der Gesellschafter zu einer riskanten Geschäftstätigkeit; insoweit kann von einer disziplinierenden Funktion des Eigenkapitals gesprochen werden.43 Das Interesse der Gesellschafter an einem möglichst niedrigen Eigenkapitalanteil hat nicht nur potentiell nachteilige Auswirkungen auf die Größe der Eigenkapitaldecke, die den Gläubigern aus ex ante Sicht als Sicherheit für ihre Forderung zur Verfügung steht. Problematischer, da nur schwer antizipierbar, ist die Gefährdung der Gläubigeransprüche durch eine nach dem Vertragsschluß erfolgende Ausdünnung der Kapitaldecke durch einen Transfer des Gesellschaftsvermögens an die Gesellschafter. Obwohl den Gesellschaftern nach der oben beschriebenen Risikoverteilung nur das nach Bedienung sämtlicher Schulden verbleibende Residualvermögen der Gesellschaft zugewiesen ist, stehen ihnen verschiedene Möglichkeiten zu Gebote, sich bereits vor Auflösung der Gesellschaft am GesellschaftsvermöWeiterführend Rudolph, S. 176 ff. Mülbert / Birke, EBOR 2002, 696, 710 f. 42 Miller (2000), S. 69; Bezzenberger (2005), S. 103 ff. 43 Dazu umfassend Jensen / Meckling, J. Fin. Econ. (1976), 305, 334 f.; Klaus Schmidt, EBOR 2006, 89 ff.; Wilhelmi, GmbHR 2006, 13, 14. 40 41

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gen zu „bedienen“ und damit die Rangordnung der Ansprüche umzukehren.44 Zu den denkbaren Formen dieses sog. opportunistischen Verhaltens gehören nicht nur offene oder verdeckte Ausschüttungen an die Gesellschafter, sondern auch die Verwässerung des Wertes der Gläubigeransprüche durch die Aufnahme weiterer Schulden (claim dilution), die Gefährdung des Gesellschaftsvermögens durch den Übergang zu einer riskanteren Geschäftstätigkeit (asset substitution) oder die Auslassung von Investitionsmöglichkeiten mit positivem Nettobarwert (under-investment).45 Die Gefahr opportunistischen Schuldnerverhaltens wird allerdings durch gegenläufige Faktoren gemindert. So unterziehen größere Vertragsgläubiger den Schuldner einer Kontrolle, die sogar in Vermögensverschiebungen zugunsten des Gläubigers münden kann.46 Zudem kann sich der Schuldner den mit einer systematischen Ausbeutung von Gläubigern verbundenen Ansehensverlust oft nicht leisten, da er ihn zukünftig in Form höherer Risikoprämien bezahlen muß.47 Diese Korrektur versagt indes völlig in der Endphase einer in der Krise befindlichen Gesellschaft (last period-Problem).48 Aufgrund der zwischen Gläubiger und Schuldner bestehenden Informationsasymmetrie können die Gefahr und die Tragweite opportunistischer Verhaltensweisen jedoch selbst von Vertragsgläubigern nicht umfassend antizipiert werden.49 Ohne vertragliche oder gesetzliche Schutzmaßnahmen bleibt ihnen nur die Möglichkeit, das Risiko über die Höhe der Gegenleistung zu steuern. Eine adäquate Kompensation wird jedoch im Hinblick auf das Informationsdefizit nur in seltenen Fällen gelingen; sie wird entweder zu niedrig ausfallen oder aber prohibitiv hoch sein. Im ersten Fall käme es zu einer Externalisierung des Unternehmensrisikos, im zweiten Fall bestünde die Gefahr, daß eine Vertragsbeziehung erst gar nicht zustande kommt.50 Beide Ergebnisse sind mit Effizienzverlusten verbunden und rechtfertigen daher vertragliche bzw. gesetzliche Regelungen zum Schutz der Gläubiger.

Mülbert / Birke, EBOR 2002, 696, 709. Vgl. dazu die grundlegende Arbeit von Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 118 f.; Rudolph, S. 176 ff.; Klaus Schmidt, EBOR 2006, 98, 90 f.; Nash / Netter / Poulsen, J. Corp. Fin. (2003), 201, 203 ff.; Kalay, J. Fin. Econ. (1982), 211 ff. 46 Easterbrook, Am. Econ. Rev. (1984), 650, 653. 47 Posner, U. Chi. L. Rev. (1976), 499, 504 Fn. 14. 48 Mülbert / Birke, EBOR 2002, 696, 712 f. 49 Umfassend dazu Bezzenberger (2005), S. 108 ff. 50 Posner, U. Chi. L. Rev. (1976), 499, 504 f.; vgl. auch Eidenmüller (1997), S. 48 ff. 44 45

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III. Das Schutzbedürfnis einzelner Gläubigergruppen Die vorstehenden Überlegungen haben ergeben, daß in einer privatautonom verfaßten Gesellschaft mit der Möglichkeit der Selbstabsicherung das Schutzbedürfnis von Gläubigern durch gesetzliche Instrumente nicht in allen Fällen gleich hoch ist. Das Schutzbedürfnis ist dort am geringsten, wo Gläubiger zu einem vertraglichen Selbstschutz in der Lage sind, und dort am höchsten, wo diese Möglichkeit aus bestimmten Gründen versperrt ist.51 1. Vertragsgläubiger Es sollte angenommen werden, daß Vertragsgläubiger am besten in der Lage sind, sich vor dem Risiko eines Forderungsausfalls zu schützen und damit eines zusätzlichen gesetzlichen Schutzes am wenigsten bedürfen. In einer privatautonomen Gesellschaft sind Vertragsgläubiger grundsätzlich frei in ihrer Entscheidung, ob und zu welchen Bedingungen sie mit der Gesellschaft kontrahieren wollen. Die ökonomische Modellannahme ist, daß sie sich umfassend über den Schuldner informieren und damit etwaige Kreditrisiken vollständig erkennen können; diese können sie dann durch eine angemessene Vergütung bzw. höhere Zinsen vollständig kompensieren (Risikoprämie).52 Wie im folgenden zu zeigen sein wird, besitzt diese Annahme jedoch keine uneingeschränkte Gültigkeit. Genaugenommen müßte eine Analyse des von Vertragsgläubigern getragenen Risikos nochmals zwischen verschiedenen Arten von Verträgen differenzieren. Das Risiko kann anders ausfallen, je nachdem ob es sich um Lieferverträge, Darlehensverträge oder sonstige Leistungsverträge handelt. Im Hinblick auf das Hauptthema dieser Arbeit, den Covenants, konzentrieren sich die folgenden Ausführungen auf die typische Risikolage bei Darlehensverträgen. Sie sollen stellvertretend für alle Arten von Dauerschuldverhältnissen stehen, bei denen aufgrund der Länge der Vertragsbeziehung und des Wertes der vertraglichen Leistung ein erhöhtes Ausfallrisiko besteht. a) Kreditgeber Es muß zwischen zwei Arten von Risiken unterschieden werden, denen Kreditgeber typischerweise unterliegen. Das Auswahlrisiko betrifft das Risiko, zwischen 51 Die englischsprachige Literatur unterscheidet zwischen den „adjusting creditors“, womit im wesentlichen Vertragsgläubiger gemeint sind, und der Gruppe der kleinen und unfreiwilligen Gläubiger („non-adjusting creditors“). 52 Posner, U. Chi. L. Rev. (1976), 499, 501 f.; Easterbrook / Fischel, U. Chi. L. Rev. (1985), 89, 104 ff. Kritisch dagegen Engert (2005), S. 113, mit der Erwägung, daß Banken oft selbst dann nicht zu einer Kreditvergabe bereit sind, wenn sie sich gesteigerte Risiken durch höhere Zinsen abgelten lassen können.

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bonitätsmäßig „guten“ und „schlechten“ Kreditnehmern einen schlechten auszuwählen. Es kann minimiert werden, wenn es dem Darlehensgeber gelingt, zwischen beiden Schuldnertypen präzise zu unterscheiden.53 Aufgrund der zwischen den Vertragspartnern bestehenden Informationsasymmetrie ist diese Unterscheidung jedoch schwierig.54 Kann eine solche Differenzierung nicht zuverlässig vorgenommen werden, so kann der Kreditgeber einen Zinssatz verlangen, der das durchschnittliche Auswahlrisiko widerspiegelt (ein Fall der sog. Kreditrationalisierung). Da dieser Zinssatz nur für Schuldner schlechter Bonität interessant ist, für gute hingegen nicht, kann es zur adversen Selektion kommen, d.h. einer überproportionalen Steigerung der Nachfrage schlechter Schuldner.55 Diesem Problem wird in der Praxis vor allem durch die Bonitätsprüfung begegnet. Sie unterzieht den Schuldner einer umfassenden Untersuchung seiner Finanzlage und reduziert damit das Informationsgefälle. Mit diesem Instrument kann das Auswahlrisiko von Kreditgebern auf vertragliche Weise gut beherrscht werden.56 Im Gegensatz zum Auswahlrisiko, das dem Vertragsschluß vorgelagert ist, besteht das Risiko einer Wertminderung des Rückzahlungsanspruchs während der gesamten Vertragslaufzeit (Ausfallrisiko bzw. Delcredere-Risiko). Es ist umso größer, je länger die Vertragslaufzeit ist. Problematisch ist, daß selbst eine effektive Minimierung des Auswahlrisikos das Ausfallrisiko nicht vollständig beseitigen kann. Kreditgeber sind insbesondere durch zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht vorhersehbare opportunistische Verhaltensweisen des Schuldners gefährdet, welche die vertragliche Risikoverteilung nachträglich einseitig zugunsten der Gesellschafter verändern und damit den Wert der Gläubigerforderung mindern.57 Ob die Gefahr opportunistischen Schuldnerverhaltens einen gesetzlichen Schutz von Vertragsgläubigern rechtfertigt, ist jedoch zweifelhaft. Denn diese Gefahr kann effektiv durch den Einsatz von Covenants beherrscht werden, wie im zweiten Kapitel zu zeigen sein wird. b) Sonstige Großgläubiger Diese Ausführungen gelten eingeschränkt auch für sonstige Großgläubiger. Hierzu zählen große Zulieferer, Anbieter von Finanzdienstleistungen und Leasingunternehmen. Auch diese Gläubiger sind grundsätzlich in der Lage, eine RisikoEidenmüller (1997), S. 48. Eingehend zur Informationsasymmetrie auf dem Kreditmarkt und ihren Folgen Engert (2005), S. 14 ff. 55 Eidenmüller (1997), S. 49; Engert (2005), S. 20 ff. 56 Eidenmüller (1997), S. 51. 57 Walter, AG 1998, 370 f.; Posner, U. Chi. L. Rev. (1976), 499, 504; Easterbrook / Fischel (1991), S. 50 f.; siehe oben § 1 C. II. 53 54

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1. Kap.: Die Entwicklung des institutionellen Gläubigerschutzes

prüfung vorzunehmen und deren Ergebnis in die Vertragsgestaltung einfließen zu lassen.58 Anders als Kreditinstitute sind sie jedoch nicht auf diese Art von Kontroll- und Überwachungstätigkeit spezialisiert. Dies gilt gleichermaßen für eine laufende Covenants-gestützte Überwachung des Schuldners zur Vorbeugung opportunistischen Verhaltens. Würden sie einen vergleichbaren Aufwand wie Kreditinstitute betreiben, entstünden ihnen ungleich höhere Überwachungskosten (monitoring costs). Ein besonderer Schutz durch gesetzliche Vorschriften erscheint dennoch nicht gerechtfertigt. Die Spezialisierungsvorteile der Banken bei der Überwachung des Schuldners werden indirekt auch von anderen Gläubigern genutzt, denen die damit verbundene Disziplinierung des Schuldners mittelbar zugute kommt.59 Es gibt empirische Belege für die Annahme, daß sonstige Großgläubiger die Bonitäts- und Überwachungstätigkeit bewußt den Banken überlassen, obwohl sie – wenn auch zu höheren Kosten – zu einer vergleichbaren Tätigkeit durchaus in der Lage wären.60 Diese Aufteilung ist effizient, da die Überwachungstätigkeit von dem Gläubiger übernommen wird, der sie am kostengünstigsten durchführen kann. c) Kleingläubiger Für besonders schutzbedürftig werden „kleine“ oder „schwache“ Gläubiger wie Lieferanten, Werkunternehmer und Dienstleister gehalten.61 Im Rahmen derartiger Vertragsbeziehungen ist vor allem aus praktischen Gründen eine Prüfung des Schuldners durch den Gläubiger und ein daran anknüpfender vertraglicher Risikoausgleich so gut wie ausgeschlossen.62 Ein Handwerker wird sich nicht erst Bilanzen vorlegen lassen, um zu entscheiden, ob er den Auftrag annimmt oder nicht. Ein solches Vorgehen würde aus ökonomischer Sicht auch keinen Sinn machen, da die damit verbundenen Transaktionskosten in keinem Verhältnis zum Auftragswert stünden. Deshalb ist für diese Gläubigergruppe die Fähigkeit zur vertraglichen Risikovorsorge grundsätzlich zu verneinen.63 Dem korrespondiert jedoch ein deutlich reduKübler (1991), S. 409. Dazu eingehend Engert (2005), S. 92 ff. Engert entwickelt diesen Gedanken weiter zu der Problemstellung des Vertrauens innerhalb der „Kreditkaskade“ am Kreditmarkt. Zu dieser kommt es, wenn Gläubiger nacheinander vor die Entscheidung gestellt werden, dem Unternehmen Kredit zu gewähren, und sich dabei auf positive Kreditentscheidungen ihrer Vorgänger stützen statt eine eigene Kreditwürdigkeitsprüfung anzustellen. Banken besitzen aufgrund ihrer Spezialisierungsvorteile dabei eine besondere Vertrauensstellung (S. 83 ff., ebd.). Zu diesem spill over-Effekt siehe auch unten § 8 B. IV. 2. 60 Triantis / Daniels, Calif. L. Rev. (1995), 1073, 1082 ff., 1088 ff.; Enriques / Macey, Corn. L. Rev. (2000), 1165, 1172, 1193. 61 Bezzenberger (2005), S. 125 f.; Kübler (1991), S. 407 f. 62 Dazu Bezzenberger (2005), S. 125 ff. 63 Kübler (1991), S. 408. 58 59

§ 1 Theoretische Rechtfertigung eines legislativen Gläubigerschutzes

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ziertes Schutzbedürfnis. Denn charakteristisch für Austauschbeziehungen dieser Art ist die kurzfristige Kreditierung kleinerer Beträge.64 Das Risiko, durch opportunistisches Verhalten des Schuldners geschädigt zu werden, ist für diese Gläubiger daher weitaus geringer als für Gläubiger langfristiger Kreditverträge.65 Die dingliche, d.h. am Leistungsgegenstand selbst ansetzende Absicherung der Forderungen von Kleingläubigern ist in der Regel ausreichend und wird durch die Bereitstellung einer Vielzahl von gesetzlichen und vertraglichen Sicherungsmitteln gewährleistet (vgl. etwa § 647 BGB). Einer darüber hinausgehenden Bindung des Schuldnervermögens bedürfen sie nicht. Darüber hinaus kommt der Schutz von vertraglichen Gläubigerschutzklauseln wie Covenants mittelbar auch diesen Gläubigern zugute.66 2. Unfreiwillige Gläubiger Innerhalb der Gruppe der unfreiwilligen Gläubiger ist zu unterscheiden zwischen den zahlen- und größenmäßig wichtigsten unfreiwilligen Gläubigern, dem Staat und öffentlichen Ämtern, und den Deliktsgläubigern. Erstere sollen hier nicht weiter interessieren. Der Staat schützt sich regelmäßig selbst durch die Anordnung der persönlichen Haftung von Organen, wie etwa für Steuer- und Abgabenschulden der Gesellschaft.67 Dagegen wird Opfern unerlaubter Handlungen die Gläubigerposition aufgezwungen. Sie sind folglich nicht in der Lage, einen angemessenen Risikoausgleich zu verlangen.68 Entgegen einer verbreiteten Einschätzung in der Literatur69 ist ihr Schutzbedürfnis dennoch zurückhaltend zu beurteilen. Das spezifische Risiko der Deliktsgläubiger besteht darin, daß der Wert ihrer Forderung bereits zum Zeitpunkt ihrer Entstehung durch die Insolvenz der Gesellschaft gemindert ist.70 Dagegen unterscheidet sich das Risiko nachfolgender Wertminderungen durch opportunistisches Verhalten des Schuldners nicht von dem der Vertragsgläubiger. Das Insolvenzrisiko wiederum ist, wie erwähnt, kein Risiko, das spezifischerweise den Gläubigern von Kübler (1991), S. 409; Mülbert / Birke, EBOR 2002, 696, 713 f. Das auf praktischen Erwägungen beruhende Gegenargument Bezzenbergers (2005), S. 125 f., daß viele dieser Gläubiger immer wieder für dieselben Schuldnergesellschaften tätig werden und daher in eine Art Abhängigkeit geraten, überzeugt dagegen nicht. Es übersieht den strukturellen Unterschied zwischen der Gruppe der Großgläubiger und der der Kleingläubiger, der in der Dauer der Vertragsbeziehung und der Höhe der kreditierten Beträge liegt, und das daraus resultierende unterschiedliche Schutzbedürfnis. 66 Vgl. unten § 8 B. IV. 2.; ebenso Merkt, EBOR 2006, 95, 108 f., 110; zweifelnd dagegen Wilhelmi, GmbHR 2006, 13, 15 f. 67 Mülbert, EBOR 2006, 357, 366. 68 Easterbrook / Fischel, U. Chi. L. Rev. (1985), 89, 107 ff.; Posner, U. Chi. L. Rev. (1976), 499, 505. 69 Vgl. etwa Bezzenberger (2005), S. 127 ff.; Kübler (1991), S. 407 f. 70 Mülbert, EBOR 2006, 357, 369. 64 65

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1. Kap.: Die Entwicklung des institutionellen Gläubigerschutzes

Gesellschaften mit beschränkter Haftung anhaftete. Die Situation ist nicht grundsätzlich verschieden von der, bei der eine unerlaubte Handlung von einer Privatperson begangen wurde. Vielmehr erhalten Gesellschaftsgläubiger mit der Person, die die unerlaubte Handlung verübt hat, sogar einen zusätzlichen Haftungsträger.71 Das spezifische Risiko besteht darin, daß es sich bei dieser Person um einen vermögenslosen Angestellten einer Gesellschaft handelt, die ein hochriskantes Unternehmen betreibt.72 Strukturell höher erscheint das Risiko der auf einen Anspruch gegen die Gesellschaft beschränkten Deliktsgläubiger allerdings, wenn man in der Haftungsbeschränkung einen Anreiz für besonders gefährliche Geschäftstätigkeiten ohne ausreichende Kapitalbasis erblickt. In diesem Fall könnten die Kosten der riskanten Tätigkeit auf unfreiwillige Gläubiger verlagert werden.73 Zwar bestehen ökonomische Anreize für Unternehmen, sich ausreichend gegen Haftungsrisiken zu versichern.74 Auch diese können das Risiko von Externalitäten75 indes nicht restlos beseitigen. Ferner gibt es Grund zu der Annahme, daß die Haftungsbeschränkung Anreize für eine materielle Unterkapitalisierung der Gesellschaft schafft, weil durch sie die unbeschränkte Haftung von Privatpersonen vermieden werden kann. Damit kann es zu der aus Sicht der unfreiwilligen Gläubiger besonders gefährlichen Situation einer Kumulation von riskanter Geschäftstätigkeit und materieller Unterkapitalisierung kommen. 3. Zwischenergebnis Zusammenfassend ist festzustellen, daß grundsätzlich alle Gläubiger ein schützenswertes Interesse an einem Ausgleich des Interessenkonflikts besitzen, in dem sie mit den Anteilseignern stehen. Dieser Konflikt manifestiert sich jedoch je nach Gläubigertyp in unterschiedlichen Risikolagen. Vertragsgläubiger sind grundsätzlich zu einer ex ante-Bewertung der Bonität des Schuldners in der Lage. Eine Wertminderung ihrer Forderung im Entstehungszeit71 Wenn in der Diskussion wie so häufig unscharf vom besonderen Schutzbedürfnis der Deliktsgläubiger von Kapitalgesellschaften die Rede ist (vgl. statt anderer Bezzenberger (2005), S. 129), ist damit wohl eher an Ansprüche im Bereich des Produkthaftungs- und Umweltrechts gedacht, die sich in der Tat in erster Linie gegen die Gesellschaft richten (vgl. § 1 ProdHaftG). Dagegen ist die persönliche Haftung des Täters einer unerlaubten Handlung im Sinne des BGB der Regelfall, während eine Zurechnung an die Gesellschaft nur unter den Voraussetzungen der § 31 BGB (ggf. analog) und § 831 BGB erfolgt. Dazu Karsten Schmidt (2002), § 10 IV 1. Für den Bereich des BGB-Deliktsrechts von einer Schutzlücke zu sprechen, ist daher verfehlt. 72 Kübler (1991), S. 408. 73 Easterbrook / Fischel, U. Chi. L. Rev. (1985), 89, 107; Bezzenberger (2005), S. 128. 74 Easterbrook / Fischel, U. Chi. L. Rev. (1985), 89, 106 ff. 75 Zu diesem Begriff vgl. die Ausführungen unten unter § 6 C. VII.

§ 1 Theoretische Rechtfertigung eines legislativen Gläubigerschutzes

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punkt ist entweder auf eine unterlassene oder fehlerhafte Auswahlkontrolle oder aber auf falsche oder gar betrügerische Informationen durch den Schuldner zurückzuführen.76 Das spezifische Risiko der Vertragsgläubiger, insbesondere der Gläubiger langfristig kreditierter Forderungen, besteht in einer Wertminderung ihrer Forderung durch opportunistische Vermögensverschiebungen der Gesellschafter nach der Valutierung. Unfreiwillige Gläubiger sind diesem Risiko zwar ebenfalls ausgesetzt; in noch stärkerem Maß sind sie jedoch vom Insolvenzrisiko betroffen und besitzen daher im Vergleich zu Vertragsgläubigern ein höheres Interesse an einer für die jeweilige Geschäftstätigkeit ausreichenden Kapitalausstattung der Gesellschaft aus ex ante-Sicht. Ferner hat sich ergeben, daß Gläubiger nicht durchweg zur Beherrschung dieser Risiken auf vertraglichem Wege in der Lage sind. Dies gilt zum einen für Gläubigergruppen, die in keinem vertraglichen Kontakt mit dem Schuldner stehen oder deren Verhandlungsstärke eine Ausbedingung von Covenants nicht erlaubt. Darüber hinaus besteht auch für Vertragsgläubiger die Schwierigkeit, sich vor opportunistischem Verhalten des Schuldners zu schützen. Damit läßt sich zwar ein gewisses Bedürfnis nach gesetzlichen Regelungen zum Schutz der Gläubiger konstatieren. Damit ist jedoch noch nicht die Frage beantwortet, ob, und wenn ja, welche der aufgezeigten Risiken sinnvoll durch ein gesetzliches Kapitalschutzsystem begrenzt werden können, und welche Risiken besser mit anderen Instrumenten oder der vertraglichen Selbstabsicherung in den Griff zu bekommen sind. Dieser Frage soll im folgenden nachgegangen werden.

D. Systemimmanente Grenzen des institutionellen Gläubigerschutzes Bevor auf die Fähigkeit des Kapitalschutzsystems eingegangen wird, die aufgezeigten spezifischen Schutzbedürfnisse der unterschiedlichen Gläubigertypen zu befriedigen, erscheint es angebracht, abstrakt das Schutzniveau zu ermitteln, das durch ein institutionelles Gläubigerschutzsystem sinnvollerweise geleistet werden kann. Die vorstehende Untersuchung hat gezeigt, daß Gesellschaftsgläubiger vor allem an einer zur Bedienung ihrer Forderung ausreichenden Kapitalausstattung der Gesellschaft aus ex ante-Sicht (unfreiwillige Gläubiger) sowie an einem Schutz vor opportunistischem Verhalten der Gesellschafter, das den Forderungswert ex post zu mindern droht (Vertragsgläubiger), interessiert sind. Wie im folgenden gezeigt werden wird, setzen grundlegende gesellschaftsrechtliche Prinzipien der Adressierung dieser Schutzziele durch ein System des institutionellen Gläubigerschutzes allerdings immanente Grenzen.

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Mülbert, EBOR 2006, 357, 367.

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1. Kap.: Die Entwicklung des institutionellen Gläubigerschutzes

I. Erhalt einer adäquaten Eigenkapitalausstattung Dies wird bereits daran deutlich, daß das aus Gläubigersicht vorrangigste Ziel der Sicherstellung einer jederzeit adäquaten Kapitalausstattung der Gesellschaft mit vorhandenen gesetzlichen Regelungen nicht nur nicht erreicht, sondern gar nicht erst bezweckt wird.77 Ein solches Regelungsziel setzte nämlich die Pflicht der Gesellschafter voraus, Gesellschaften nur mit ausreichender Kapitalausstattung zu gründen und bei Bedarf frisches Kapital nachzuschießen. Abgesehen von den praktischen Schwierigkeiten, das für den jeweiligen Gesellschaftszweck ausreichende Kapital zu bestimmen, wird eine solche Forderung mit Recht für unvereinbar mit tragenden Prinzipien des Gesellschaftsrechts gehalten. Sie stünde nämlich im Widerspruch zum Privileg der Haftungsbeschränkung, das seinen Sinn verlieren würde, wenn Gesellschafter jederzeit für eine ausreichende Kapitalisierung der Gesellschaft Verantwortung trügen und bei Bedarf Kapital nachschießen müßten.78 Unterhalb dieser Schwelle existieren prinzipiell zwei Wege, mit denen ein Kapitalschutzsystem das Ziel einer Mindesteigenkapitalausstattung adressieren kann: Die Statuierung eines anfänglichen Mindestkapitals als Gründungsvoraussetzung sowie laufende Verpflichtungen zum Erhalt eines Mindestkapitals während des Lebens der Gesellschaft.79 Ein anfängliches Mindestkapitalerfordernis vermag eine bestimmte Eigenkapitalhöhe prinzipiell nur für die kurze Phase der Gründung einer Gesellschaft zu garantieren. Es adressiert das Bedürfnis nach ausreichender Eigenkapitalausstattung daher nur unvollkommen. Sein Sinn wird mehr in der Schaffung eines „Schutzkissens“ zur Reduzierung des Insolvenzrisikos gesehen, bzw. in einem Seriositätstest80, der von vornherein aussichtslose Unternehmensgründungen vom Markt fernhält. Auch diesem Ziel sind jedoch enge Grenzen gesetzt. Mindestkapitalerfordernisse können nicht so weit gehen, daß sie ökonomisch vorteilhafte Gesellschaftsgründungen verhindern oder übermäßig erschweren.81 Eine Mindestkapitalhöhe, die diese Gefahr ausschließt, wird jedoch so gering sein, daß sie weder ein nennenswertes „screening“ leisten noch das Insolvenzrisiko entscheidend senken kann. Dies ist erkannt worden, und der Trend geht denn auch zu einem Verzicht auf ein Mindestkapitalerfordernis.82 Das Ziel der Erhaltung einer ausreichenden Kapitalausstattung über das Leben der Gesellschaft hinweg kann auf gesetzlichem Wege entweder durch eine – von Mindestkapitalerfordernissen unabhängige – Bindung von Rücklagen in der Ge77 Das räumen selbst die Fürsprecher des Kapitalschutzsystems ein, vgl. Bezzenberger (2005), S. 132 f. m.w.N. 78 Bezzenberger (2005), S. 17 f.; Miller (2000), S. 70. 79 Mülbert, EBOR 2006, 357, 385 ff. 80 Vgl. dazu unten § 2 A. I. 1. a). 81 Vgl. Eidenmüller / Grunewald / Noack, S. 27. 82 Siehe auch unten § 2 A. I. 1. und § 2 A. III.

§ 1 Theoretische Rechtfertigung eines legislativen Gläubigerschutzes

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sellschaft oder durch Rekapitalisierungserfordernisse erreicht werden. Der gesetzlichen Kapitalbindung sind allerdings ebenfalls enge Grenzen gesetzt. Eine zu hohe Kapitalbindung würde mit dem Gebot der freien Ressourcenallokation in Konflikt geraten, da sie die Ausschüttung von überschüssigem Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter erschwerte und damit einen effizienten Kapitaleinsatz verhinderte.83 Es besteht das Dilemma, einerseits eine zu geringe Kapitalisierung der Gesellschaft zu verhindern, andererseits aber auch nicht zuviel Kapital in der Gesellschaft zu binden.84 Darüber hinaus fungiert die gesetzliche Kapitalbindung nur als Ausschüttungssperre und kann nicht verhindern, daß das Kapital durch operative Verluste aufgezehrt wird.85 Rekapitalisierungsverpflichtungen auf der anderen Seite, wie sie in manchen Ländern bestehen, zwingen die Gesellschafter beim Unterschreiten einer bestimmten, relativen Eigenkapitalhöhe dagegen zur Wahl zwischen einer Rekapitalisierung oder Auflösung der Gesellschaft.86 Im Unterschied zu den bisher erörtern Konzepten stellt diese Verpflichtung den ernsthaften Versuch der Regelung einer bestimmten Eigenkapitalhöhe im Unternehmen dar. Sie setzt jedoch stark negative Anreize im Hinblick auf die Bereitschaft der Aktionäre, die Gesellschaft anfänglich mit ausreichend Kapital auszustatten und im Krisenfall neues Kapital nachzuschießen.87 Insgesamt erweisen sich Versuche, eine adäquate Eigenkapitalausstattung auf gesetzlichem Wege anzuordnen, als denkbar schwierig und letzten Endes unmöglich. Ein solches Ziel wäre bereits angesichts der Vielfalt an Unternehmungen mit höchst unterschiedlichem Kapitalbedarf vermessen und gesetzestechnisch kaum zu bewerkstelligen.88

83 Mülbert / Birke, EBOR 2002, 695, 721 f.; Enriques / Macey, Corn. L. Rev. (2000), 1165, 1196. Bedenklich daher die Ansicht Bezzenbergers (2005), S. 122 f.: Er weist darauf hin, daß trotz einer durchschnittlichen Bindung von 70 % (!) des Eigenkapitals in deutschen Aktiengesellschaften offenbar kein Ausschüttungsbedürfnis bestehe, da Gesellschaften „gesamtstatistisch“ viel mehr Eigenkapital belassen werde als erforderlich. Die gesamtstatistisch ermittelte Rechtswirklichkeit ist jedoch ein höchst zweifelhafter Maßstab. Nicht nur wirft die Statistik alle Gesellschaften in einen Topf, egal ob klein, groß oder krisengeschüttelt; sie läßt auch die bestehenden Anreize des geltenden Kapitalschutzsystems zur Theasaurierung von Gewinnen als mögliche Erklärung für diesen Befund außer Acht (siehe dazu unten § 3 III.). 84 Armour, EBOR 2006, 5, 13. 85 Siehe unten § 2 A. I. 1. b). 86 Dazu Miller (2000), S. 73; vgl. Mülbert, EBOR 2006, 357, 387; Enriques / Macey, Corn. L. Rev. (2000), 1165, 1183 f. 87 Vgl. Mülbert, EBOR 2006, 357, 387; Enriques / Macey, Corn. L. Rev. (2000), 1165, 1201 f. 88 Mülbert / Birke, EBOR 2002, 696, 718 f.; vgl. auch Eidenmüller / Grunewald / Noack, S. 27 f.

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1. Kap.: Die Entwicklung des institutionellen Gläubigerschutzes

II. Verhinderung opportunistischen Verhaltens Sind aber der Statuierung eines absoluten Kapitalisierungsgrades systembedingte Grenzen gesetzt, so folgt daraus, daß der gesetzliche Gläubigerschutz vor allem das nach dem Vertragsschluß liegende, d.h. opportunistische Schuldnerverhalten im Auge haben muß.89 Diese Feststellung hat auch Konsequenzen für die Risikoverteilung zwischen Gesellschaftern und Gläubigern: So herrscht weitgehend Einigkeit darüber, daß sich der gesetzliche Gläubigerschutz auf den Transfer von Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter beschränken muß, während das Risiko des Vermögensverlustes im Rahmen des operativen Geschäfts von den Gläubigern (mit)zutragen ist.90 Dabei geht von der Schädigung des Gesellschaftsvermögens durch Ausschüttungen an die Gesellschafter für die Gläubiger die größte Gefahr aus, erschöpft sich jedoch nicht darin. Die naheliegende Lösung eines generellen Verbots von Ausschüttungen verbietet sich jedoch bereits schon aufgrund der vorstehenden Erwägungen zum Gebot der freien Allokalisierbarkeit nicht benötigter Ressourcen.91 Sie wäre auch für die Gesellschafter, die auf die Gewinne aus ihrer Investition nicht bis zur Liquidation der Gesellschaft warten wollen, inakzeptabel. Das Regelungsziel sollte deshalb – auch mit Rücksicht auf die unterschiedlich ausgeprägte Risikobereitschaft von Aktionären und Gläubigern – die Verhinderung schwerwiegender Maßnahmen des Schuldners sein, die die ex ante bestehende Risikoverteilung nachträglich zu Lasten der Gläubiger verändern und damit zu ineffizienten Vermögensverschiebungen von Gläubigern zu Gesellschaftern führen.92 Aus letzterem folgt zugleich, daß das Ziel des gesetzlichen Gläubigerschutzes nur die Sicherung der bei Eingehung der Vertragsbeziehung bestehenden Risikolage sein kann, nicht jedoch eine Verbesserung derselben. Gläubiger sind Inhaber einer fixen Forderung, die am Unternehmenserfolg grundsätzlich nicht partizipieren. Zugleich nehmen sie aufgrund der Haftungsbeschränkung teilweise am Unternehmensrisiko teil. Wenn das Recht in dieses Interessengleichgewicht eingreift, so wird damit die ausgehandelte und mit Risikoprämien bezahlte Risikolage zugunsten der Gläubiger verschoben; es fände eine Vermögensverschiebung von den Gesellschaftern zu den Gläubigern statt, die den Gläubigern einen „windfall profit“ verschaffte.93 Daher darf den Gläubigern das typische Unternehmensrisiko nicht durch ein Übermaß an gesetzlichem Gläubigerschutz wieder abgenommen werden.94 Ziel des gesetzlichen Gläubigerschutzes kann es folglich nicht sein, Armour, Mod. L. Rev. (2000), 355, 367; Mülbert, EBOR 2006, 357, 370 f. Armour, Mod. L. Rev. (2000), 355, 367; Mülbert, EBOR 2006, 357, 371, 374 f. 91 Armour, EBOR 2006, 5, 13. 92 Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Mülbert, EBOR 2006, 357, 372, 374, der mit Blick auf diese Risikoverteilung und Anreizstruktur nur „extreme“ Fälle opportunisten Verhaltens für regelungsbedürftig hält und die weniger einschneidenden Fälle der privatautonomen Regelung durch Covenants vorbehalten will. 93 So zutreffend Roth, ZGR 1986, 371, 374. 89 90

§ 2 Gläubigerschutz im Kapitalgesellschafts- und Bilanzrecht

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sicherzustellen, daß Gläubigern im Insolvenzfall ihre Forderungen erfüllt werden.95

§ 2 Gläubigerschutz im Kapitalgesellschafts- und Bilanzrecht In diesem Kapitel sollen kurz die wesentlichen Elemente des gesetzlichen Kapitalschutzsystems dargestellt werden, um sodann zu bewerten, inwieweit diese den oben herausgearbeiteten Gläubigerschutzanliegen Rechnung tragen. Im Anschluß daran wird auf die Entwicklung des institutionellen Gläubigerschutzes in den USA eingegangen. Der Vergleich zum amerikanischen Recht erscheint für das Anliegen dieser Arbeit, die Grenzen der Ersatzfähigkeit herkömmlicher Kapitalschutzvorschriften durch ein System individueller Absicherung auszuloten, sinnvoll; wie zu zeigen sein wird, kommt dem amerikanischen Recht insofern in gewisser Weise eine Vorbildfunktion zu, als es den Wechsel von einem System des institutionellen zu einem System des individuellen Gläubigerschutzes bereits vollzogen hat, während das europäische Recht noch am Beginn dieser Entwicklung steht.

A. Das deutsche System des institutionellen Gläubigerschutzes Der Gläubigerschutz ist traditionell ein zentrales Anliegen des deutschen Kapitalgesellschaftsrechts. 96 Grund für die Stellung des Gläubigerschutzes im Gesellschaftsrecht ist die Idee, daß die Bildung und Erhaltung eines Kapitalstocks das notwendige Korrelat einer Marktteilnahme mit beschränkter Haftung bilde.97 Die tragende Rolle, die der Kapitalschutzgedanke im deutschen Gesellschaftsrecht spielt, wird sichtbar, wenn man sich die Eigendynamik seiner Entwicklung vergegenwärtigt. Regelmäßiger Bekenntnisse zum Gläubigerschutzgedanken zum Trotz hat sich das Kapitalschutzsystem längst verselbständigt und vom Gläubigerschutzgedanken entkoppelt.98 Es ist ein Stück weit zum Selbstzweck geworden, Vetter, ZGR 2005, 788, 790. So jedoch Zöllner, GmbHR 2006, 1, 12. 96 Der ursprüngliche Zweck des Kapitalschutzsystems – die Gleichbehandlung der Aktionäre und der Schutz gegen eine Verwässerung ihrer Einlage – ist längst hinter die Gläubigerschutzfunktion zurückgetreten, vgl. Bezzenberger (2005), S. 69 und Lutter (2006), S. 1, 2. Es wird daher auch kein ernsthafter Versuch mehr unternommen, das Kapitalschutzrecht mit anderen als Gläubigerschutzerwägungen zu rechtfertigen. 97 Vgl. die Ausführungen des BGH in der „GbRmbH“-Entscheidung, BGHZ 142, 315, 322; Lutter (1964), S. 40 f.; Karsten Schmidt (2002), § 18 IV 1; Bezzenberger (2005), S. 16 f. 98 Ähnlich Hopt (2002), S. 1019. 94 95

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1. Kap.: Die Entwicklung des institutionellen Gläubigerschutzes

denn trotz zunehmender Zweifel an seiner gläubigerschützenden Wirkung wird mit kaum veränderter Rigidität an ihm festgehalten. Noch stärker als das Aktienrecht ist das GmbH-Recht von einer unübersehbaren Zahl an Gerichtsentscheidungen und wissenschaftlichen Abhandlungen geprägt, die sich um die Frage ranken, ob die Gesellschafter ihre Pflicht zur Aufbringung eines Mindestkapitals erbracht und die Bindung dieses Kapitals in der Gesellschaft beachtet haben.99 Gemessen daran beschäftigt sich ein vergleichsweise kleiner Teil der Gerichtsentscheidungen mit Fragen der Corporate Governance. Es liegt nicht fern, hierin ein Mißverhältnis und eine Fehlleitung von Ressourcen zu sehen, die nicht zuletzt durch die Kompliziertheit des gesetzlichen Kapitalschutzes bedingt sein könnte. Dabei zeigt ein Blick in den US-amerikanischen Rechtskreis, daß die Vorstellung, Gläubigerschutz sei Sache des Gesetzgebers, nicht selbstverständlich ist; noch weniger ist es seine Stellung im Gesellschaftsrecht. Und dieser Unterschied kann nicht einfach auf verschiedene kulturelle Grundanschauungen geschoben werden. Vielmehr hat sich das amerikanische Recht im letzten Jahrhundert kontinuierlich weiterentwickelt, während die Entwicklung hierzulande stagnierte.100 Da das Kapitalschutzsystem zwar im Gesellschaftsrecht wurzelt, aber im Bilanzrecht seine zweite wichtige Säule findet, erscheint es sinnvoll, zwischen beiden Regelungsmaterien zu unterscheiden. Eine vertiefte funktionale Analyse kann hier nicht geleistet werden. Für sie wird auf die grundlegende Arbeit von Bezzenberger verwiesen. Aussagen über die Effizienz des Kapitalschutzsystems aus Sicht der ökonomischen Analyse bleiben dem dritten Kapitel vorbehalten. I. Gläubigerschutz im Kapitalgesellschaftsrecht 1. Gläubigerschutzfunktionen des Nenn- und Mindestkapitalsystems Im Mittelpunkt der aktienrechtlichen Finanzverfassung steht das Nennkapitalsystem. Die Aufbringung, Bewertung und Erhaltung des Nennkapitals wird durch ein aufwendiges Gründungsverfahren und eine enge Begrenzung der Ausschüttungsmöglichkeiten gesichert. Das Nennkapitalsystem in Deutschland ist trotz einiger Reformen vor allem im Aktienrecht im Kern unangetastet geblieben. Das Aktienrecht verzichtet nach Zulassung der Stückaktie zwar mittlerweile auf einen Zwang zur sog. Nennbetragsaktie, § 8 Abs. 1 AktG. Es basiert jedoch nach wie vor auf einem aufzubringenden Grundkapital, das auf einen bestimmten Nennwert lauten muß (§§ 6, 7 AktG). Damit unterscheidet es sich von der sog. „echten“ nennbetragslosen Aktie, die nicht nur keinen Nennbetrag der einzelnen Aktien, sondern auch nicht die Bildung eines Nennkapitals als solches vorsieht.101 Dazu im folgenden. Kübler, ZHR 1995, 550, 558, der dies mit der gegenüber den USA unterschiedlichen Finanzierungspraxis deutscher Unternehmen erklärt, die sich überwiegend mit Fremdkapital finanzierten. 99

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§ 2 Gläubigerschutz im Kapitalgesellschafts- und Bilanzrecht

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In Zusammenspiel mit der Pflicht zur Aufbringung eines Mindestkapitals (vgl. § 7 AktG) soll das Nennkapital in erster Linie der Bildung und Bewahrung eines Finanzpolsters als Sicherheit für die Gläubiger der Gesellschaft dienen, das durch die flankierenden Kapitalerhaltungsvorschriften und die bilanzielle Ausschüttungssperre „garantiert“ wird.102 Ferner dient es nach traditioneller Auffassung zugleich der Erhaltung des Unternehmens, indem das Insolvenzrisiko durch eine Vermeidung völlig unzureichender Eigenkapitalausstattung begrenzt wird.103 Eine weitere Funktion wird im sog. „Ernstlichkeitstest“ gesehen, dem die Gesellschaftsgründer unterzogen werden sollen. Durch die empfindliche Höhe des aufzubringenden Kapitals würden unseriöse Unternehmensgründer vom Markt ferngehalten.104 a) Fernhalten „unseriöser“ Unternehmen In der Tat ist eine gewisse selektive Wirkung des Mindestkapitalerfordernisses nur schwer zu bestreiten. Indem es Gesellschafter dazu zwingt, einen Teil des mit dem Unternehmen verbundenen Risikos zu übernehmen, kann es unvorsichtige Gründer zum Nachdenken darüber veranlassen, ob sich der Kapitaleinsatz überhaupt lohnt.105 Zweifelhaft ist jedoch bereits, ob das System frivole oder betrügerische Geschäftsgründer vom Markt abzuhalten vermag.106 Eine effektive Begrenzung des Auswahlrisikos der Gläubiger durch ein Fernhalten schlechter Schuldner leistet es jedenfalls nicht. Eine solche Funktion würde nämlich voraussetzen, daß anhand des Überspringens einer Kapitalhürde zuverlässig auf die Bonität der Gesellschaft geschlossen werden kann, was nicht der Fall ist. Soll die wirtschaftliche Solidität der Unternehmensgründer als Indiz gemessen werden, so kann nur an die konkret bestehenden Leistungspflichten der Gesellschafter bei der Gründung angeknüpft werden. Diese betragen für die GmbH – mit sinkender Tendenz – 25.000 A und für die AG 50.000 A. Die im deutschen Recht bestehende Hürde ist damit zwar signifikant, jedoch nicht gerade hoch. Eine Erhöhung ist keine gangbare Lösung, da sie die Kosten der Unternehmensgründung noch weiter erhöhen würde.107 Dar101 Zum ganzen Bezzenberger (2005), S. 33 f.; zur rechtspolitischen Diskussion Pentz / Priester / Schwanna, S. 67 ff. 102 Lutter / Hommelhoff, ZGR 1979, 31, 59; Lutter (1964), S. 50. 103 Bezzenberger (2005), S. 16, 132 ff.; Lutter / Hommelhoff, ZGR 1979, 31, 59; Lutter, AG 1998, 375. 104 Vgl. Fromm, S. 75 ff.; Lutter (2006), S. 1, 4 f.; der Gesetzentwurf des MoMiG vom 25. 07. 2008 (abgedruckt unter www.bmj.de/files/09077a24226ae527a80b78bbb6588e68 /2601/Gegenäußerung%20Bundesregierung%20MoMiG.pdf) rechtfertigt die Beibehaltung eines Mindestkapitals ebenfalls mit dieser „Seriositätsschwelle“ (S. 29, 31). 105 So A. Teichmann, NJW 2006, 2444, 2446; zweifelnd Haas, DStR 2006, 993 f. 106 Zweifelnd Pentz / Priester / Schwanna, S. 52. 107 So besonders nachdrücklich Haas (2006a), 127 ff.; Davies, AG 1998, 345, 353.

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1. Kap.: Die Entwicklung des institutionellen Gläubigerschutzes

über hinaus ist die finanzielle Solidität der Gründer kein zuverlässiges Maß für die künftige Bonität der Gesellschaft. Mit zunehmender Dauer der Unternehmung hängt diese in weitaus größerem Maß von der Qualität des Geschäftskonzepts als von der Fähigkeit zur Aufbringung eines Anfangskapitals ab. b) Sicherstellung einer angemessenen Kapitalausstattung? Das Nennkapitalsystem will in Verbindung mit Mindestkapitalvorschriften das Risiko der Gläubiger durch eine unzureichende Kapitalausstattung der Gesellschaft reduzieren, indem durch eine Kombination von formeller Nennkapitalziffer und einem Mindestkapital eine gewisse Mindestkapitalisierung erreicht wird.108 Die tatsächlich erzielte Schutzwirkung ist indes außerordentlich beschränkt. Im Hinblick auf die oben stipulierte immanente Grenze des Kapitalschutzsystems, die Haftungsbeschränkung nicht durch eine faktische Verlustdeckungspflicht zu unterlaufen, können die Gesellschafter nicht verpflichtet werden, für die permanente Einhaltung einer ausreichenden Mindestkapitalquote zu sorgen.109 Das System garantiert das Vorhandensein eines der Kapitalziffer entsprechenden Vermögens daher nur für den kurzen Zeitraum der Gründungsphase. Danach schützt es nur vor einer Schädigung des Gesellschaftsvermögens durch Ausschüttungen an die Gesellschafter.110 Dagegen kann es nicht verhindern, daß das Vermögen durch Verluste aus der Geschäftstätigkeit aufgezehrt wird. Darüber hinaus vermögen Mindestkapitalvorschriften in den meisten Fällen selbst eine angemessene Anfangskapitalausstattung nicht herzustellen, die den effektiven Finanzbedarf und die Risiken einer bestimmten Unternehmung berücksichtigt.111 Vielmehr handelt es sich beim Mindestkapital um eine willkürliche absolute Größe, die keinen Bezug zum Unternehmensgegenstand hat und damit bereits vom Ansatz her nicht darauf ausgerichtet ist, eine adäquate Kapitalausstattung sicherzustellen.112 In vielen Unternehmen ist die gesetzliche Mindestkapitalhöhe gemessen am tatsächlichen Geschäftsumfang marginal und ermöglicht ferner keine Aussagen über das aus Gläubigersicht entscheidende relative Verhältnis des Eigenkapitals zur Bilanzsumme bzw. zum Fremdkapital.113 Diese Schwächen wer108 Umfassend Bezzenberger (2005), S. 16 ff.; Lutter, AG 1998, 375, spricht von einer „Pufferzone“, die gerade in der Anfangsphase von Unternehmen von Bedeutung sei. 109 Oben § 1 D. 110 Siehe unten § 2 A. I. 3. 111 Dies räumt auch Bezzenberger (2005), S. 30 f. ein. Lutter als vehementer Fürsprecher eines Mindestkapitals sieht dessen Funktion vor allem im Auffangen von Anlaufverlusten in der Startphase eines Unternehmens. Nur so könne es vermieden werden, daß die Gesellschaft bereits nach kurzer Zeit technisch insolvent sei, Lutter, AG 1998, 375. 112 Vgl. Brändel in GroßkommAktG, § 1, Rdn. 75 ff.; Bezzenberger (2005), S. 119 f.; Miller (2000), S. 78; Enriques / Macey, Corn. L. Rev. (2000), 1165, 1185 f. 113 Eidenmüller / Engert, AG 2005, 97 ff. weisen jedoch auf den faktisch bestehenden „Typenzwang“ zur Zuführung von Eigenkapital in der Form von gebundenem (Nenn)kapital

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den offensichtlich, wenn man die qualitativ vergleichbaren, jedoch deutlich strengeren bankaufsichtsrechtlichen Vorschriften zum Vergleich heranzieht. Diese verpflichten Kreditinstitute zur Bereithaltung einer zu jedem Zeitpunkt risikoadäquaten Kapitalausstattung, die bei Verlusten notfalls auch durch Aufstockungen herbeigeführt werden muß.114 c) Reduzierung des Insolvenzrisikos Dem Mindestkapitalsystem wird ferner die Fähigkeit zugeschrieben, das Insolvenzrisiko einer Gesellschaft durch die Schaffung eines „Risikopuffers“ zu reduzieren und damit ein wichtiges Gläubigerschutzanliegen zu erfüllen.115 Eine Reduzierung des Insolvenzrisikos ist dabei auf zweierlei Weise denkbar. Zum einen könnte das Nennkapitalsystem die Gefahr einer Insolvenz wegen unzureichender Kapitalausstattung durch eine umfängliche Bindung von Eigenkapital in der Gesellschaft („Kapitalpuffer“) verringern.116 Dies ist im Hinblick auf die Ausführungen oben unter b) allerdings nur unter der Annahme denkbar, daß die Gesellschaft Nennkapital oder gebundene Rücklagen in einem Umfang besitzt, der weit über den Betrag des Mindestkapitals hinausgeht und somit eine das Mindestkapital weit übersteigende Vermögensbindung erreicht wird.117 Selbst im Falle eines hohen (gebundenen) Eigenkapitals ist eine Reduzierung der Insolvenzgefahr jedoch nicht sicher belegt. Diese Erwägung impliziert einen direkten Zusammenhang zwischen der Höhe der Eigenkapitalquote und dem Insolvenzrisiko, der nicht mit Sicherheit angenommen werden kann.118 Vor allem kann das Nennkapitalsystem selbst in einem Unternehmen mit anfänglich hoher Eigenkapitalausstattung seine spätere Aufzehrung durch Verluste nicht verhindern. Es bietet auch keinen Schutz gegen typische Insolvenzursachen wie exogenen Marktfaktoren oder Mißmanagement.119 bei der AG hin; ob dadurch im Zusammenspiel mit Marktkräften bei großen Gesellschaft tatsächlich eine angemessene Höhe des Grundkapitals gewährleistet ist (S. 106 ebd.), erscheint jedoch fraglich, da diese Marktkräfte je nach Unternehmen und Finanzstruktur höchst unterschiedlich sein können. Für kleinere Gesellschaften kann sich ein solcher Mechanismus ohnehin nicht entfalten, S. 107 f. ebd. 114 Walter, AG 1998, 370, 371. 115 Vgl. Lutter (2006), S. 1, 5; Bezzenberger (2005), S. 16 ff., der jedoch in der über das Mindestkapital hinausgehenden Bindung der gesetzlichen und Kapital-Rücklage die eigentliche Schutzleistung des Nennkapitalsystems erblickt. 116 Pentz / Priester / Schwanna, S. 46 ff. 117 Die Bedeutung der gebundenen Rücklagen (d.h. die Kapitalrücklage i.S.v. § 272 Abs. 2 HGB und die gesetzliche Rücklage gem. § 150 Abs. 1 und 2 AktG) und des Nennkapitalzuwaches bei der Ausgabe neuer Aktien für den aktienrechtlichen Vermögensschutz betont insbesondere Bezzenberger (2005), S. 30 ff. 118 Für einen solchen Zusammenhang argumentiert etwa Easterbrook, Am. Econ. Rev. (1984), 650, 653; dagegen D. Schneider, S. 91 ff., 99 ff. 119 Bauer, S. 114.

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Daneben ist denkbar, daß das Nennkapitalsystem das Insolvenzrisiko in zweifacher Weise senkt, indem es vermöge seiner „Kissenfunktion“ die Überschuldung der Gesellschaft hinauszögert und andererseits mittels seiner Ausschüttungssperre den Zeitpunkt für die Notwendigkeit von Sanierungsmaßnahmen nach vorne verlagert.120 Während eine solche Wirkung theoretisch durchaus nahe liegt, ist sie praktisch bestenfalls gering. Eine spürbare Wirkung würde voraussetzen, daß das gebundene Eigenkapital in einem nennenswerten Verhältnis zum Geschäftsumfang steht, was in der Welt großer Publikumsgesellschaften oftmals nicht der Fall ist. Darüber hinaus stellt sich die Frage, worin der Wert der Verlagerung des Insolvenzzeitpunktes nach hinten aus Sicht der Gläubiger bestehen soll. Wenn die Insolvenz nicht gerade durch eine verbotene Ausschüttung herbeigeführt wurde, ändert der Zeitpunkt der Insolvenz an dem durch sie verursachten Schaden für die Gesamtheit der Gläubiger nichts; zwar mag der Schaden jeweils andere Gläubiger treffen, doch ist der Zeitpunkt der Insolvenz aus gesamtwirtschaftlicher Sicht irrelevant.121 2. Gläubigerschutzfunktion der Kapitalaufbringungsvorschriften Notwendige Ergänzung eines Nennkapitalsystems mit Mindestkapitalvorschriften sind Kapitalaufbringungsregeln, die gewährleisten, daß der Gesellschaft im Zeitpunkt der Gründung Vermögenswerte in Höhe der gezeichneten Aktien bzw. der übernommenen Stammeinlagen zugeführt werden. Gesetzestechnisch umgesetzt wird dieses Ziel u.a. durch das Verbot der Unterpari-Emission (§ 9 Abs. 1 AktG), Vorschriften zur Sacheinlageerbringung (§ 27 AktG), zur Gründungsprüfung (§§ 32 ff. AktG), zur Einlageleistung (§§ 36 f. AktG) und zur Gründerhaftung (§§ 46 ff. AktG).122 Das Regelungsproblem der Sacheinlagevorschriften besteht darin, die Leistung von Gegenständen auszuschließen, die nicht einlagefähig oder überbewertet sind. Dem dient das Prinzip der Satzungspublizität sowie der Prüfungspflicht (§ 33 Abs. 2 Nr. 4 AktG) und Registerkontrolle (§ 38 AktG). Es handelt sich dabei um eine vorgelagerte Bewertungskontrolle, die von Systemen zu unterscheiden ist, die wenn überhaupt nur eine nachträgliche Kontrolle der Einlagenerbringung vorsehen.123 120 Davies, AG 1998, 345, 353; Wilhelmi, GmbHR 2006, 13 f.; Bezzenberger (2005), S. 135 f. 121 Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Überschuldung der Gesellschaft Insolvenzgrund ist, vgl. Pentz / Priester / Schwanna, S. 46; Mülbert, EBOR 2006, 357, 390. Als alleinige Funktion bleibt damit die Bildung eines „Schutzkissen“, durch das „exogene Schocks“ aufgefangen werden können. Auch diese Funktion scheint durch empirische Studien allerdings nicht bestätigt zu werden, siehe Mülbert, ebd. 122 Überblick bei Pentz / Priester / Schwanna, S. 54 ff. 123 Dazu umfassend Pentz / Priester / Schwanna, S. 58 ff., 70 ff. Vgl. zur amerikanischen Rechtslage unten § 2 B. Zur Unterscheidung zwischen präventiver und nachträglicher Bewertungskontrolle aus ökonomischer Sicht unten § 7 B. V.; ferner Bauer, S. 174.

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Das in den Kapitalaufbringungsvorschriften zum Ausdruck kommende Prinzip der realen Kapitalaufbringung findet eine wichtige Ergänzung in weiteren, von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen. Die Rechtsprechung zur verdeckten Sacheinlage, die einer Umgehung der Sacheinlagevorschriften durch eine Aufspaltung des wirtschaftlich einheitlichen Vorgangs der Sacheinlage in zwei rechtlich getrennte Geschäfte vorbeugen soll, ist nicht nur durch ein hohes Maß an Komplexität und Unübersichtlichkeit gekennzeichnet, sondern auch durch einschneidende Konsequenzen für den Einleger. Folge einer verdeckten Sacheinlage ist nämlich die Fortdauer der Einlageverpflichtung in voller Höhe.124 Mit der Figur der verdeckten Sacheinlage wird zudem über den Mindeststandard der Kapitalrichtlinie 125 hinausgegangen, was Zweifel an ihrer Berechtigung weiter genährt hat.126 Weiter abgesichert wird das Prinzip der realen Kapitalaufbringung durch den Rechtsprechungskomplex zur Vorbelastungshaftung der mit dem vorzeitigen Geschäftsbeginn einverstandenen Gesellschafter für eine zum Eintragungszeitpunkt bestehende Unterbilanz. Scheitert die Eintragung, wandelt sich diese Haftung in eine unbeschränkte Verlustdeckungshaftung um, die bei Vermögenslosigkeit der Gesellschaft direkt von den Gläubigern geltend gemacht werden kann.127 Aus Sicht des Gläubigerschutzes ist die Wirksamkeit der deutschen Kapitalaufbringungsregeln zur Sicherstellung der Mindestkapitalausstattung – im Unterschied zum amerikanischen Recht – positiv zu beurteilen. Trotz des hohen Aufwands, insbesondere bei der Bewertung von Sacheinlagen, bleiben jedoch Zweifel, ob mit ihnen eine korrekte Bewertung der Einlagegegenstände in jedem Fall sichergestellt werden kann.128 Die Komplexität des Kapitalaufbringungsrechts läßt es zudem fraglich erscheinen, ob die damit verursachten Kosten noch in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem Wert aus Gläubigersicht stehen.129 Die durch das Aktiengesetz und die Kapitalrichtlinie untersagte Einbringung künftiger Dienstoder Werkleistungen erschwert Unternehmensgründungen möglicherweise unnötig stark.130 124 Zum ganzen Hüffer, § 27, Rdn. 9 ff.; Röhricht in GroßkommAktG, § 27, Rdn. 188 ff. Durch die Änderungen des MoMiG in § 19 GmbHG wird die bisherige Rechtsprechung, die im Ergebnis dazu führen konnte, daß der Gesellschafter die Einlage zweimal erbringen mußte, durch eine Differenzhaftung ersetzt, vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf, S. 39 ff. 125 Siehe oben S. 29, Fn. 4. 126 Vgl. BGHZ 110, 47, 68 ff., der jedoch mit der Begründung an der von ihm entwickelten Rechtsfigur festhält, die Richtlinie stehe höheren Anforderungen nationalen Rechts nicht entgegen. Vgl. auch Meilicke (1989), S. 37 ff., 97 ff. Die Lehre befürwortend dagegen Pentz / Priester / Schwanna, S. 77 ff. 127 Zum ganzen Hüffer, § 41, Rdn. 8 ff. 128 Bauer, S. 174. 129 Bejahend Pentz / Priester / Schwanna, S. 70 ff., 84 ff., die jedoch zu sehr vernachlässigen, daß die durch die präventive Kontrolle des Kapitalaufbringungsrechts verursachten Kosten generell jede Gesellschaftsgründung treffen, unabhängig davon, ob im Einzelfall eine absolute Richtigkeitsgewähr bei der Einlagenbewertung aus Sicht der Gläubiger oder Aktionäre überhaupt geboten ist.

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3. Gläubigerschutzfunktion des Kapitalerhaltungsrechts Die Kapitalaufbringungsvorschriften werden ergänzt durch die Kapitalerhaltungsregeln, die verhindern sollen, daß das zum Schutz der Gläubiger aufgebrachte Gesellschaftsvermögen wieder an die Gesellschafter ausgekehrt wird. Das Kapitalerhaltungsrecht ruht, neben den Vorschriften zur Bilanzierung des Grundkapitals, auf drei Säulen: Dem Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 Abs. 1 und 2 AktG), dem Verbot des Erwerbs eigener Aktien durch die Gesellschaft (§§ 71 ff. AktG) und dem Verbot, vor Auflösung der Gesellschaft eine den Bilanzgewinn übersteigende Dividende auszuschütten (§ 57 Abs. 3 AktG). Dieser Ausschüttungssperre unterliegen auch die in die Kapitalrücklage (§ 272 Abs. 2 HGB) und die gesetzliche Rücklage (§ 150 Abs. 1 und 2 AktG) einzustellenden Beträge. Die Bindung dieser Rücklagen ist zwar schwächer als die des Grundkapitals; allerdings ist der Anteil der Kapitalrücklage am gesamten gebundenen Eigenkapital oft erheblich, so daß sie ein wichtiger Bestandteil des Kapitalschutzsystems ist.131 Insbesondere das Verbot der Einlagenrückgewähr wird durch wichtige Rechtsprechungsgrundsätze konkretisiert und ergänzt, namentlich das Verbot der verdeckten Gewinnausschüttung und das eigenkapitalersetzende Aktionärsdarlehen.132 Wohl als noch nicht abschließend geklärt anzusehen ist die Frage, ob die Kapitalerhaltungsvorschriften das Gesellschaftsvermögen in bilanzieller Hinsicht oder in materiell-vermögensrechtlicher Hinsicht schützen. Bislang vorherrschend war die Auffassung, daß eine für die §§ 30, 31 GmbHG relevante Minderung des Stammkapitals dann nicht vorliege, wenn es infolge eines bilanzneutralen Austauschgeschäfts mit einem Gesellschafter zu einem Liquiditätsabfluß aus dem Gesellschaftsvermögen kommt.133 Daher wurde die Gewährung eines Darlehens der Gesellschaft an einen Gesellschafter auch bei bestehender Unterbilanz für zulässig gehalten, wenn der Rückzahlungsanspruch werthaltig war und ein marktüblicher Zins vereinbart wurde.134 Dieser bilanziellen Betrachtungsweise hat der BGH unlängst den Rücken gekehrt, indem er die Darlehensgewährung an einen GesellVgl. § 27 Abs. 2 AktG und Art. 7 der Kapitalrichtlinie (S. 29, Fn. 4). Umfassend zur Bedeutung der Kapitalrücklage im System der Kapitalerhaltung Bezzenberger (2005), S. 20 ff., 55 ff. 132 Zur verdeckten Gewinnausschüttung Hüffer, § 57, Rdn. 8 ff.; MüKoAktG / Bayer, § 57, Rdn. 25 ff. Umfassend zu den jüngsten Bestrebungen nach einer Reform des Eigenkapitalersatzrechts mit einem guten Überblick über die aktuelle Rechtsentwicklung Huber / Habersack (2006), S. 370 ff. Das MoMiG (siehe oben S. 30, Fn. 5 und Fn. 104) sorgt u.a. für eine starke Deregulierung des Eigenkapitalersatzrechts bei der GmbH. Vorgesehen ist eine rechtsformneutrale Behandlung des eigenkapitalersetzenden Darlehens im Insolvenzrecht und eine generelle Absenkung der Kleinbeteiligungsgrenze auf 10%. Zur Eigenkapitalersatzproblematik von Covenants oben § 10 D. 133 KK / Lutter, § 57, Rdn. 28; Karsten Schmidt (2002), § 29 II 2 a), § 37 III 1 c). 134 Vgl. U. Schneider (1988), S. 543 f. 130 131

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schafter unabhängig von seiner bilanziellen Neutralität als verbotene Auszahlung im Sinne von § 31 GmbHG wertete.135 Die Entscheidung ist als Paradigmenwechsel zu bewerten. Indem die Rechtsprechung den realen Vermögensabfluß aus der Gesellschaft zum entscheidenden Maßstab für die Feststellung einer verbotenen Auszahlung macht, nähert sie sich damit einem materiellen Kapitalschutz an, bei dem die Solvenz der Gesellschaft im Mittelpunkt steht.136 Auch die Rechtsprechung zum existenzvernichtenden Eingriff weist in diese Richtung.137 Entgegen diesem Trend favorisierte der Gesetzgeber die bilanzielle gegenüber der gegenständlichen Betrachtungsweise und schrieb diese jüngst im Zuge der Modernisierung des GmbHG ausdrücklich fest.138 Damit ist der vom BGH eingeschlagene Weg zu einer Abkehr von der aus Gläubigersicht zu Recht als problematisch angesehenen bilanziellen Betrachtungsweise vorerst versperrt. a) Kein Erhalt einer angemessenen Eigenkapitalausstattung Das Kapitalerhaltungsrecht ist von vornherein nicht auf den Erhalt eines Gesellschaftsvermögens in bestimmter Höhe als Zugriffsobjekt für die Gläubiger angelegt.139 Vielmehr ist das Nennkapital nicht mehr als eine satzungsmäßig fixierte Bilanzziffer, die im Zusammenwirken von Gesellschaftsrecht und Bilanzrecht eine Sperre für Ausschüttungen an die Gesellschafter bildet. Das bilanziell gebundene Vermögen dient der Gesellschaft wie das sonstige Eigenkapital als Betriebskapital und kann durch Verluste aufgezehrt werden. Die Folge ist, daß das Nennkapital mit 135 BGH ZIP 2004, 263 ff., der sich auf bereits in der Literatur entwickelte Begründungsansätze stützen konnte: Vgl. Schön, ZHR 1995, 351, 352, 357 ff.; Stimpel, S. 335 ff. 136 Nach dem BGH ist nicht nur der bilanzielle Wert des Gesellschaftsvermögens zu wahren, sondern auch dessen reale Substanz zu erhalten und vor einem Tausch in schuldrechtliche Ansprüche gegen die Gesellschafter zu schützen, BGB ZIP 2004, 263 f.; vgl. auch die Besprechung bei Wessels, ZIP 2004, 793 ff. 137 Trotz der jüngsten Rechtsprechungsänderung („Trihotel“, BGH ZIP 2007, 1552 ff.) wird diese Haftung nach wie vor als Ersatzhaftung für die durch den Entzug von Gesellschaftsvermögen herbeigeführte Insolvenzreife der Gesellschaft oder die Vertiefung ihrer Insolvenz begriffen, die eingreift, wenn die §§ 30, 31 GmbHG versagen. Nach dem BGH handelt „es sich dabei namentlich um solche Eingriffe des Gesellschafters, die als solche oder deren Folgen in der für § 30 GmbHG maßgeblichen Stichtagsbilanz zu fortgeführten Buchwerten nicht oder nur ungenügend abgebildet werden, so daß die Schutzfunktion der Kapitalerhaltungsvorschriften von vornherein versagt.“ (BGH ZIP 2007, 1552, Rz. 24). Siehe auch unten § 14 C. und § 3 II. 3. 138 Vgl. den durch das MoMiG eingeführten § 30 S. 2 GmbHG, wonach das Auszahlungsverbot nicht bei Leistungen gilt, „die ( . . . ) durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt sind.“ Damit will der Gesetzgeber vor allem im Bereich der Einrichtung sog. cash-pools für mehr Rechtssicherheit sorgen, vgl. die Begründung des Gesetzesentwurfs zum MoMiG, S. 41. 139 Bezzenberger (2005), S. 119 f. So aber Lutter (1964), S. 50.

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zunehmender Dauer, die das Unternehmen am Markt tätig ist, seine Bedeutung als Garantiekapital verliert.140 Bei aller Kritik darf allerdings nicht übersehen werden, daß das Mindestkapital auch im Laufe des Unternehmenslebens seine Bedeutung nicht ganz einbüßt: Seine Ausweispflicht in der Bilanz hat im Zusammenspiel mit der bilanziellen Ausschüttungssperre zur Folge, daß Ausschüttungen an die Gesellschafter bereits früher unzulässig werden; dies könnte die Entscheidung über Sanierungsmaßnahmen oder eine Liquidation der Gesellschaft zu einem früheren Zeitpunkt erzwingen, als wenn eine solche Pflicht nicht bestünde.141 Der Grad dieser prophylaktischen Wirkung hängt allerdings ganz entscheidend von der Höhe des Nennkapitals und der gebundenen Rücklagen ab. Ist der Umfang des gebundenen Eigenkapitals gering, entspricht dieses vielleicht sogar nur dem Mindestkapital, so liegen der Auslösezeitpunkt der Ausschüttungssperre und die Insolvenzreife dicht zusammen und trägt das Kapitalerhaltungsrecht somit kaum etwas zur Insolvenzvermeidung bei.142 b) Verhinderung opportunistischen Verhaltens der Anteilseigner Für den Wert des Kapitalschutzsystems aus Gläubigersicht ist ferner von Bedeutung, wie es auf das Problem des opportunistischen Schuldnerverhaltens reagiert. Hier sieht das deutsche Kapitalerhaltungssystem mit seiner strengen Vermögensbindung einen theoretisch durchaus wirksamen Schutz gegen Schädigungen der Gläubiger durch Ausschüttungen von Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter vor. Umgehungen des Ausschüttungsverbots wird durch eine ausdifferenzierte Rechtsprechung zur verdeckten Gewinnausschüttung wirkungsvoll begegnet.143 Ein effektiver Schutz ist damit allerdings nur verbunden, wenn mit dem Nennkapital, der gesetzlichen Rücklage sowie der Kapitalrücklage ein nennenswerter Teil des für Gläubiger relevanten Eigenkapitals der Vermögensbindung unterliegt, wozu es widersprüchliche Aussagen gibt.144 140 Nach Manning / Hanks, S. 39, können sich Gesellschaftsgläubiger schon unmittelbar nach Entstehung der Gesellschaft nicht mehr auf die formelle Nennkapitalziffer verlassen; Micheler, ZGR 2004, 324, 335 geht sogar so weit, das Nennkapital eine „historische“ Größe zu nennen. 141 Bezzenberger (2005), S. 120, 135 f.; Wilhelmi, GmbHR 2006, 13 f.; Lutter, AG 1998, 375 f. 142 Vgl. Haas (2006a), S. 127. 143 Für Nachweise siehe oben Fn. 132. Damit werden nicht nur offene, sondern auch verdeckte Vermögensverlagerungen an die Aktionäre im Rahmen von Austauschgeschäften außerhalb einer förmlichen Gewinnausschüttung erfaßt. Die konsequente Anwendung dieses Grundsatzes unterscheidet das deutsche Recht von anderen Rechtsordnungen, die nur offene Ausschüttungen als Verstoß gegen Kapitalerhaltungsvorschriften ansehen. Einen europäischen Rechtsvergleich bietet Fleischer, EBOR 2006, 114 ff.

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Vor allem aber beschränkt das Kapitalschutzsystem nur Ausschüttungen an die Gesellschafter und bietet damit keinen Schutz gegen die sonstigen Formen opportunistischen Verhaltens.145 So bleibt es dem Unternehmen unbenommen, bei unverändertem Eigenkapital durch die Aufnahme weiterer Kredite die Eigenkapitalquote zu senken und damit nachträglich das Risiko der Gläubiger zu erhöhen. Ferner vermag es die Risiken nicht zu erfassen, die von einer Änderung der Investitions- und Geschäftspolitik des Schuldners nach Entstehung der Gläubigerforderung ausgehen. Von allen denkbaren Formen opportunistischen Verhaltens schützt das Kapitalerhaltungsrecht damit nur vor einer Beeinträchtigung des Eigenkapitals durch direkte Vermögensausschüttungen an die Gesellschafter, und dort auch nur insoweit, als diese das gebundene Vermögen berühren. 4. Sonstige Vorschriften Von den sonstigen Vorschriften zum Schutz des Gesellschaftskapitals verdient insbesondere § 71 a AktG nähere Betrachtung. Diese Vorschrift geht zurück auf Art. 23 Abs. 2 der Kapitalrichtlinie und erklärt bestimmte Geschäfte zwischen einer Aktiengesellschaft und einem Dritten für nichtig, die der Finanzierung des Erwerbs von Anteilen an dieser Gesellschaft dienen. Die Regelung ist tatbestandlich auf die Verhinderung des finanzwissenschaftlichen Phänomens des leveragedbuyout („LBO“) zugeschnitten, bei dem für die Finanzierung des Erwerbs einer Gesellschaft vollständig oder zum Großteil deren eigene Mittel eingesetzt werden (financial assistance).146 Da bei einem LBO im Ergebnis Eigenkapital durch Fremdkapital ersetzt wird, ist die Regelung systematisch korrekt dem Kapitalerhaltungsrecht zugeordnet.147 Obwohl die Vorschrift lediglich Rechtsgeschäfte der Gesellschaft mit Dritten betrifft, ist auch sie Ausdruck des oben dargestellten Interessenkonflikts zwischen Gläubigern und Anteilseignern.148 Die Finanzierung der Übernahme der Gesellschaft mit einem hohen Fremdkapitaleinsatz, bei der zur Sicherheit Vermögensgegenstände der Gesellschaft eingesetzt werden, bewirkt einen beträchtlichen Leverage-Effekt; dieser kommt jedoch vor allem den Gesellschaftern in Form einer Wertsteigerung ihres Anteils zu. Dagegen besteht aus Gläubigersicht die Gefahr, daß die Gesellschaft die hohen Verbindlichkeiten nicht bedienen kann und es zu einer Verwertung des als Sicherheit dienenden Gesellschaftsvermögens kommt. 144 Walter, AG 1998, 370, 372, hält den Umfang des gebundenen Eigenkapitals für irrelevant für die Kreditentscheidung von Banken. Für die durchschnittliche Kapitalstruktur der Aktiengesellschaften kommt Bezzenberger (2005) allerdings zu dem Ergebnis einer fast 70prozentigen Kapitalbindung (Stand 1993 / 94), S. 67. 145 So auch Bezzenberger (2005), 17 f., 115 f. 146 Vgl. MüKoAktG / Oechsler, § 71 a, Rdn. 2. 147 Zum ganzen MüKoAktG / Oechsler, § 71 a, Rdn. 1 ff. 148 Siehe oben § 1 C.

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1. Kap.: Die Entwicklung des institutionellen Gläubigerschutzes

Letztlich handelt es sich dabei um einen Fall opportunistischen Verhaltens, bei dem durch eine Ausbeutung der Vermögensgegenstände der Gesellschaft (asset stripping) und der Begründung neuer Verbindlichkeiten (claim dilution) eine Vermögensverlagerung von den Gläubigern zu den Aktionären stattfindet. Hiergegen bietet § 71 a AktG den Gläubigern einen wirkungsvollen Schutz. Eine ganz andere Frage ist, ob die Vorschrift in ihrer Reichweite nicht deutlich zu weit geht und auch Sachverhalte erfaßt, bei denen es zu einer derartigen Vermögensverschiebung nicht kommt.149 In diesem Fall gewährte die Regelung Gläubigern einen nicht gerechtfertigten „überschießenden“ Schutz und es käme zur umgekehrten Situation einer Bereicherung der Gläubiger auf Kosten der Gesellschafter.150 Ferner läßt sich auch ein gutes Argument für den Nutzen von LBOs anführen: Infolge der gestiegenen Verschuldung erwächst der Geschäftsleitung mit den neuen Kreditgebern eine weitere Kontrollinstanz, die opportunistischem Verhalten vorbeugen kann.151 In den USA existieren keine Vorschriften, die eine financial assistance der Gesellschaft zum Zwecke des Erwerbs ihrer Anteile verbieten. Dort ist es Sache der Gläubiger, durch die Ausbedingung spezieller Covenants auf vertraglichem Weg einen Schutz vor den negativen Folgen solcher Transaktionen zu erzielen.152

II. Gläubigerschutz im Bilanzrecht Der institutionelle Gläubigerschutz ist nicht nur im materiellen Gesellschaftsrecht zu suchen. Das Gesellschaftsrecht regelt vor allem den Umfang der Vermögensbindung und die Rechtsfolgen seiner Verletzung. Dem Bilanzrecht kommt im Rahmen des deutschen Kapitalschutzsystems die nicht minder wichtige Aufgabe zu, dafür Sorge zu tragen, daß das von der Gesellschaft aufgenommene Fremdkapital nicht als Gewinn ausgewiesen und an die Gesellschafter ausgeschüttet werden kann.153 Diesem Zweck dient die bilanzielle Ausschüttungssperre. Sie prägt das deutsche ebenso wie das amerikanische Bilanzrecht. Große Unterschiede bestehen jedoch zum einen hinsichtlich des Umfangs des gebundenen Vermögens, der vom 149 Siehe die Empfehlung der SLIM-Gruppe zur Einschränkung der Vorschrift auf ein „praktikables Minimum“, S. 14, Proposal 5. Die High-Level-Group empfiehlt etwa, finanzielle Unterstützungen bis zur Höhe des ausschüttungsfähigen Gewinns zuzulassen, S. 92. 150 Vgl. Armour, Mod. L. Rev. (2000), 355, 368 f., der darauf hinweist, daß die Vorschrift das Vorhandensein ausschüttungsfähigen Vermögens nicht berücksichtigt; Enriques / Macey, Corn. L. Rev. (2000), 1165, 1197 f., der auch auf mögliche Beeinträchtigungen des Marktes für Unternehmensübernahmen (market for corporate control) hinweist. 151 Siehe oben § 5 A. VII. Vgl. auch MüKoAktG / Oechsler, § 71 a, Rdn. 2; Brealey / Myers, S. 908 f. 152 Diesem Zweck dienen insbesondere die in bonds anzutreffenden event risk-Covenants. Siehe dazu umfassend unten § 5 B. IV. 153 Bezzenberger (2005), S. 17 f.

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materiellen Gesellschaftsrecht geregelt wird und Gegenstand späterer Betrachtungen sein wird. Zum anderen bestehen Unterschiede bei der Bewertung des Vermögens in der Bilanz. Das deutsche Bilanzrecht zeichnet sich durch eine sehr vorsichtige und konservative Bewertung mit einer Überbetonung erfolgsmindernder und einer Untergewichtung erfolgserhöhender Beiträge aus, was im Ergebnis eine strukturell asymmetrische Darstellung der Vermögenslage der Gesellschaft zur Folge hat.154 § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB normiert den das Bilanzrecht überragenden Grundsatz des Vorsichtsprinzips und konkretisiert dieses weiter durch das Imparitäts- und das Realisationsprinzip.155 Während vorhersehbare Risiken und Verluste sofort zu veranschlagen sind, dürfen Wertsteigerungen nur berücksichtigt werden, wenn sie durch ein Umsatzgeschäft realisiert worden sind. Ferner eröffnet das deutsche Bilanzrecht dem Bilanzierenden weite Ermessensspielräume beim Ansatz und bei der Bewertung der Vermögensgegenstände. Auch diese werden jedoch vom Vorsichtsprinzip überlagert, so daß etwa für die Bewertung der Aktiva ein Niederstwertprinzip gilt, während die Bewertung der Schulden dem Höchstwertprinzip folgt.156 Damit läßt das Bilanzrecht nicht nur eine Überbewertung von Risiken und eine Unterbewertung von Chancen zu, sondern fördert diese sogar im Interesse der Bildung „stiller Reserven“, die dem Unternehmen und den Gläubigern im Falle wirtschaftlicher Schwierigkeiten ein zusätzliches Sicherheitspolster verschaffen sollen.157 Ohne an dieser Stelle tiefer auf die Zwecke des Bilanzrechts einzugehen, wird bereits aus dieser Grundanlage deutlich, daß es dem deutschen Bilanzrecht – entgegen den Anforderungen der vierten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie158 – nicht primär um eine wirklichkeitsnahe Information über die tatsächliche Vermögenslage der Gesellschaft geht, sondern um eine zusätzliche Vermögensbindung im vermeintlichen Interesse der Gläubiger.159 Das true and fair view-Prinzip des ameri154 Zum ganzen Bezzenberger (2005), S. 142 ff. und Kübler, ZHR 1995, 550, 552 ff. Diese asymmetrische Darstellung, d.h. die Überbetonung von ungünstigen Erfolgsbeitragen, wird durch die für bestimmte Steuervorteile angeordnete umgekehrte Maßgeblichkeit der Steuerfür die Handelsbilanz noch weiter verschärft, Bezzenberger (2005), S. 147 f. 155 Vgl. Hüffer, in GroßkommBilanzR, § 243, Rdn. 15. 156 Vgl. Hüffer, ebd. 157 Kübler, ZHR 1995, 550, 552 f.; Bezzenberger (2005), S. 142 ff. 158 „Bilanzrichtlinie“ der EU, 78 / 660 / EWG, Abl. EG Nr. L 222 v. 14. 08. 1978, S. 11 ff. Nach Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie muß der Jahresabschluß „ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft“ vermitteln („true and fair view“). 159 So unverhohlen Beisse, S. 78, der von einem Gegensatz zwischen dem Grundsatz der „true and fair view“ und des Gläubigerschutzes spricht. „Gesichtspunkte des Gesellschafterschutzes und der Kapitalmarktinteressen haben keinen Platz im allgemeinen Bilanzrecht. ( . . . ) Es bleibt dabei, daß die GoB vom Gläubigerschutzprinzip regiert werden.“ (S. 90). Zu

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kanischen Bilanzrechts spiegelt sich zwar auch ansatzweise im deutschen Recht wider (vgl. §§ 264 Abs. 2, 289 Abs. 1 HGB), wird aber vom Vorsichtsprinzip überlagert und verdrängt und ist weit entfernt von der Leitbildfunktion, die ihm im angelsächsischen Rechtskreis zukommt.160 Diese Verknüpfung des deutschen Kapitalschutzsystems mit dem HGB-Bilanzrecht hat sich durch die sog. IAS-Verordnung der EU161 und deren Umsetzung im deutschen Recht durch das Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG)162 nicht geändert. Diese schreibt, allerdings nur für die konsolidierten Abschlüsse von kapitalmarktorientierten Unternehmen, die Bilanzierung nach dem internationalen Rechnungslegungsstandard (IFRS163) vor, der den Grundsätzen der Kapitalmarkttransparenz und des „true and fair view“-Prinzips folgt.164 Für nicht-kapitalmarktorientierte Unternehmen stellt § 315 a Abs. 3 HGB die Anwendung dieser Standards frei. Der Ausschüttungsbemessung dient der IFRS-Abschluß im Unterschied zum HGBEinzelabschluß nicht.165 Die Erstellung des für Zwecke der Ausschüttungsbemessung maßgeblichen HGB-Einzelabschlusses bleibt den Unternehmen weiterhin vorgeschrieben.166 Der Einsatz des deutschen Bilanzrechts als Mittel des Gläubigerschutzes ist fragwürdig. Die Verknüpfung mit den gesellschaftsrechtlichen Kapitalschutzvorschriften setzt die Gläubiger unweigerlich den Schwächen des Bilanzrechts aus. Schon die Bezugnahme auf eine historische Bilanzkennziffer ist aus Gläubigersicht problematisch. Denn diese vermag die aktuelle Vermögenslage der Gesellschaft nicht korrekt wiederzuspiegeln.167 Dies wirkt sich vor allem nachteilig auf die Ausschüttungsbegrenzung aus. Bei einem gegenüber dem Wertansatz in der Bilanz zwischenzeitlich gesunkenen Wert des Gesellschaftsvermögens wären zu hohe Ausschüttungen möglich, während eine Wertsteigerung eine den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechende zusätzliche Dividendenrestriktion bewirkte. Gegen Recht kritisch zu dieser Sichtweise Bezzenberger (2005), S. 142 ff.; Merkt, EBOR 2006, 95, 103 f.; Kübler, ZHR 1995, 550, 552 ff. 160 Dazu unten § 2 B. V. 161 Verordnung Nr. 1606 / 2002 vom 19. Juli 2002, ABl. EG Nr. L 243, S. 1 ff.; abgedruckt in NZG 2002, 1095 ff. 162 Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlußprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz) vom 04. 12. 2004 (BGBl. I 2004 Nr. 65 v. 09. 12. 2004). 163 „International Financial Reporting Standards“ (bis zum 31. 03. 2001 „International Accounting Standards“ (IAS)), entwickelt vom „International Accounting Standards Board“ (IASB). 164 Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1606 / 2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards. Die Grundsätze der Kapitalmarkttransparenz und -effizienz ergeben sich aus Art. 3 Abs. 2. 165 Bohl / Riese / Schlüter, § 2, Rdn. 6. 166 Eingehend zu den unterschiedlichen Zielrichtungen der Bilanzierung nach HGB bzw. IFRS und ihrer Eignung als Mittel des Gläubigerschutzes Pellens / Sellhorn (2006), S. 451 ff. 167 Rickford, EBOR 2006, 135, 166 f.

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diese Verzerrung bietet die Pflicht der Geschäftsführung, vor einer Ausschüttung die Auswirkungen auf die Vermögenslage der Gesellschaft zu prüfen, nur unzureichenden Schutz. Denn eine solche „Zwischenbilanz“ ist nur mit großem Aufwand zu erstellen und orientiert sich daher meist am letzten Jahresabschluß.168 Unabhängig davon eröffnet das Bilanzrecht der Gesellschaft Bewertungsspielräume, die seine Rolle als Informationsquelle für die Gläubiger und damit als Mittel der Begrenzung der Informationsasymmetrie zwischen Gläubiger und Schuldner in Frage stellen.169 Die Anreize zur Bildung stiller Reserven bieten den Gläubigern nur einen scheinbaren Schutz. So wie sich ihre Bildung der Kenntnis der Gläubiger entzieht, so still können sie von der Gesellschaft auch wieder aufgelöst werden, um Verluste auszugleichen.170 Damit wird die tatsächliche finanzielle Entwicklung der Gesellschaft verschleiert, zum Schaden der Funktion des Kapitalmarktes, eine informierte Investitionsentscheidung für Aktionäre und Gläubiger zu ermöglichen.171

III. Entwicklungstendenzen 1. Nationales Recht Das gesetzliche Kapitalschutzsystem befindet sich in einer Phase schrittweiser Deregulierung. Dies gilt vor allem für das Recht der GmbH, das sich aufgrund der liberalen Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit einem starken Wettbewerb zu ausländischen Gesellschaftsrechtssystemen, insbesondere zur englischen „Private Limited Company“ (Ltd.), ausgesetzt sieht.172 Da das im materiel168 Lutter / Hommelhoff, § 30, Rdn. 14 ff.; in der AG existiert die Möglichkeit einer Anpassung an die gegenwärtige Vermögenslage wegen der Kopplung der Ausschüttungsbemessung an den ausgewiesenen Bilanzgewinn (§ 57 Abs. 3 AktG) ohnehin nicht. 169 Vgl. Kübler, ZHR 1995, 550 ff. 170 Kübler, ZHR 1995, 550, 565; Bezzenberger (2005), S. 149 f. 171 Bezzenberger (2005), S. 149 f. Der lange Zeit vernachlässigte Wert der Informationsfunktion des Bilanzrechts auch und gerade für Gläubiger rückt zunehmend in den Blickpunkt der Diskussion über die Zukunft des Gläubigerschutzes, vgl. nur Kübler, ZHR 1995, 550 ff. und Merkt, EBOR 2006, 95 ff. Zwar besitzen Fremd- und Eigenkapitalgeber ein unterschiedliches Informationsbedürfnis: Fremdkapitalgeber sind im wesentlichen an der Fähigkeit des Schuldners interessiert, die Forderung bei Fälligkeit zu bedienen, während Eigenkapitalgeber zur Abschätzung der Renditeerwartung sehr viel detailliertere und regelmäßigere Informationen benötigen. Dies ändert jedoch nichts daran, daß beide Investorgruppen zuverlässige und richtige Information benötigen. Zum ganzen Merkt, EBOR 2006, 95, 112 f. 172 Vgl. Eidenmüller / Grunewald / Noack, S. 25. Aufgrund der EuGH-Urteile Rs C-212 / 97, ZIP 1999, 438 ff. (Centros), Rs C-208 / 00, ZIP 2002, 2037 ff. (Überseering) und Rs C-167 / 01, ZIP 2003, 1885 ff. (Inspire Art) steht heute fest, daß die bislang geltende Sitztheorie auf in EU-Mitgliedsstaaten oder EWR-Staaten gegründete Gesellschaften mit beschränkter Haftung nicht anzuwenden ist. Das Gesellschaftsstatut richtet sich nach dem Recht des Gründungsstaates und nicht nach dem Recht des Zuzugsstaates (Gründungstheorie). Zu dem

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1. Kap.: Die Entwicklung des institutionellen Gläubigerschutzes

len Gesellschaftsrecht verankerte Kapitalschutzrecht, anders als etwa delikts- und insolvenzrechtliche Gläubigerschutzbestimmungen, dem Gesellschaftsstatut unterfällt, kommt es auf im EU-Ausland gegründete Gesellschaften wie etwa die englische Ltd., die ihren Verwaltungssitz nach Deutschland verlegen, nicht zur Anwendung.173 Die vollständige Abschaffung des Mindestkapitals für das französische Pendant zur GmbH, der SARL174, ist auch als Reaktion auf die Konkurrenz zu liberaleren Gesellschaftsrechtssystemen in anderen Mitgliedsstaaten zu sehen.175 Bislang wenig Beachtung geschenkt wird dem Völkerrecht als weiterer möglicher Triebfeder eines Wettbewerbs der Gesellschaftsrechtsordnungen. Deutschland hat sich gegenüber den USA verpflichtet, amerikanische Gesellschaften wie etwa die Delaware corporation mit Verwaltungssitz in Deutschland als rechtsfähig anzuerkennen.176 Mit der Rechtsform der Corporation erhielte erstmals das monistische boardSystem in Deutschland Einzug. Die noch im Referentenentwurf des MoMiG vorgesehene Absenkung des Stammkapitals der GmbH auf 10.000 A177 war bereits bei seiner Vorstellung durch weitergehende Forderungen von Lehre und Praxis überholt.178 Der Gesetzgeber hat darauf mit der Ermöglichung der Gründung einer GmbH ohne Mindestkapital reagiert.179 Der Abbau des Mindestkapitalerfordernisses sowie Deregulierungen im Eigenkapitalersatzrecht sind wohl nur ein erster Schritt auf dem Weg zu weiteren Reformen. Damit ist noch keine Axt an die Wurzeln des Nennkapitalsystems gelegt; dieses ist nicht nur von der Existenz eines Mindestkapitals, sondern auch von unnötig komplizierten Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsvorschriften unabdurch diese Rechtsprechung entfachten „Wettbewerb der Regelungsgeber“ Grundmann, ZGR 2001, 783 ff. und Enriques / Gelter, EBOR 2006, 417 ff. 173 Lutter / Hommelhoff, § 4a, Rdn. 17; Riegger, ZGR 2004, 517, 522 f., 525 f.; Eidenmüller / Rehm, ZGR 2004, 159, 181. 174 Société à résponsabilité limitée. 175 Die Aufhebung des § 4 a Abs. 2 GmbHG bzw. des § 5 Abs. 2 AktG durch das MoMiG ermöglicht zwar einen vom Satzungssitz abweichenden Verwaltungssitz und hebt damit die bislang geltende Wegzugsbeschränkung für deutsche Kapitalgesellschaften auf. Den Wettbewerbsdruck wird dies jedoch kaum verringern, solange das materielle Gesellschaftsrecht in seiner Flexibilität hinter ausländischen Rechtsordnungen zurückbleibt. Allgemein zum Wegzug einer GmbH ins Ausland nach geltendem Recht Lutter / Hommelhoff, § 4 a, Rdn. 20 ff. 176 Vgl. dazu ausführlich unten § 2 B. VII. 177 Vom 29. 06. 2006, abgedruckt unter www.bmj.de / files / - / 1236 / RefE%20MoMiG. pdf. 178 Vgl. Haas, DStR 2006, 993 ff.; Möllring, Leiter Abteilung Recht im DIHK, in einer Stellungnahme vom 06. 06. 2006, abgedruckt unter www.polixea-portal.de/index.php/Main /Artikel/id/127342/ . 179 Vgl. den durch das MoMiG eingeführten § 5 a GmbHG, der die Gründung einer GmbH als „haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft“ ohne die Aufbringung eines Mindestkapitals zuläßt. Allerdings muß jeweils ein Viertel der künftigen Jahresüberschüsse solange in eine zu bildende gesetzliche Rücklage eingestellt werden, bis durch Kapitalerhöhungen im Ergebnis die nach § 5 GmbHG fortgeltende Mindestkapitalhöhe von 10.000 Euro erreicht wird.

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hängig. Der Gesetzgeber und die überwiegende Zahl an Stimmen in der Literatur sprechen sich derzeit noch für seine grundsätzliche Beibehaltung aus.180 Weiter aufgeweicht zu werden droht das Kapitalschutzsystem aus Richtung des Bilanzrechts. Hier haben längst internationale Rechnungslegungsstandards, deren vorrangiges Regelungsziel die Kapitalmarktpublizität ist, Einzug in das deutsche Recht gehalten (vgl. oben § 2 A. II.). Eine Verpflichtung zur Bilanzierung nach diesen Standards besteht bislang zwar nur für die Konzernabschlüsse kapitalmarktorientierter Unternehmen. Nicht zu unterschätzen ist jedoch die Sogwirkung der IAS-Verordnung. Die Verordnung erlaubt es den Mitgliedsstaaten, auch nicht-kapitalmarktorientierten Unternehmen die Anwendung dieses Standards vorzuschreiben, und zwar auch für Einzelabschlüsse.181 Es ist nicht zu erwarten, daß der Gesetzgeber die in der Verpflichtung zur Bilanzierung nach unterschiedlichen Regelwerken liegende Doppelbelastung für deutsche Unternehmen noch lange bereit ist, hinzunehmen.182 Auch führt die Bilanzierung nach IFRS insgesamt zu einer deutlich positiveren Darstellung der Vermögenslage eines Unternehmens, was gerade für kapitalmarktorientierte Unternehmen von Wert ist.183 Da mit der Umsetzung der neuen Baseler Eigenkapitalrichtlinien Ende 2006 die Eigenkapitalausstattung der Unternehmen ein stärkeres Gewicht bei der Bonitätsprüfung bekommen hat, wird sich eine Bilanzierung nach IRFS für viele Unternehmen durch eine höhere Kreditwürdigkeit auszahlen.184 Angesichts dieses Anpassungsdrucks werden die Stimmen, die sich für eine Anerkennung eines IRFS-Einzelabschlusses als Ausschüttungsbemessungsgrundlage aussprechen, immer lauter.185 Die Tendenz zu größerer Kapitalmarktpublizität ist auch in anderen Bereichen zu beobachten. So brachte etwa die Marktmißbrauchsrichtlinie Verschärfungen des Insiderrechts sowie der Ad-hoc-Publizität mit sich.186 Beide Regelungsmaterien 180 Vgl. den Gesetzentwurf zum MoMiG, S. 31; Lutter (2006), S. 1 ff.; Bezzenberger (2005), S. 159 ff. 181 Art. 5 der IAS-Verordnung. 182 Skeptisch insofern Pellens / Sellhorn, S. 454 ff., 458, und Bezzenberger (2005), S. 142. Diese Doppelbelastung ist eigentlich eine Dreifachbelastung, denn neben die Handelsbilanz gesellt sich aufgrund der zunehmenden Durchlöcherung des sog. Maßgeblichkeitsprinzips auch noch eine gesondert aufzustellende Steuerbilanz. 183 Vgl. Baetge / Thiele, S. 21 f. 184 Merkt, ZGR 2004, 305, 308. Vgl. umfassend zu den „Basel II“-Eigenkapitalrichtlinien unten § 16 C. I. 185 Der Arbeitskreis „Kapital in Europa“ spricht sich für ein „duales“ System aus. Nach diesem sind Unternehmen von der Pflicht zur Aufstellung eines HGB-Einzelabschlusses befreit, wenn sie sich für die Aufstellung einer IFRS-Bilanz entscheiden und als zusätzliche Ausschüttungsbegrenzung ein Solvenztest erfüllt ist, vgl. Lutter (2006), S. 11; ferner Pellens / Sellhorn (2006), S. 484 f. und Veil (2006), S. 112 f. Vehement spricht sich auch Bezzenberger (2005), S. 142 ff. für die allgemeine Einführung der IFRS aus. 186 Richtlinie 2003 / 6 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch), Abl. EG Nr. L 096 vom 12. 04. 2003 S. 16 – 25.

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1. Kap.: Die Entwicklung des institutionellen Gläubigerschutzes

verfolgen das Ziel, Informationsasymmetrien zwischen den Marktteilnehmern abzubauen. Insgesamt ist festzustellen, daß der Gedanke der Kapitalmarkttransparenz auch im deutschen Recht Einzug gehalten hat und Druck auf die bilanzielle Komponente des Kapitalschutzes ausübt. Deshalb eine Erosion des gesamten institutionellen Kapitalschutzes zu konstatieren, wäre sicherlich übertrieben; schließlich ist die Ausschüttungssperre als Dreh- und Angelpunkt des Kapitalschutzrechts von den beschriebenen Entwicklungen unabhängig. Allerdings kann die Entwicklung im Bereich des Bilanzrechts ein Umdenken fördern, das sich letztlich auch in den gesellschaftsrechtlichen Kapitalschutzvorschriften niederschlägt. 2. Europäisches Recht Auch auf europäischer Ebene sind Bestrebungen nach einer weiteren Harmonisierung des Gesellschafts- und Bilanzrechts zu beobachten. Allerdings hat sich das Vorzeichen, unter dem die Debatte geführt wird, gewandelt. Der früher immer wieder unternommene Versuch, die Kapitalrichtlinie gegenständlich und sachlich auszuweiten und damit Mindestkapital- und Kapitalschutzvorschriften zu verschärfen, ist als gescheitert anzusehen.187 Die Gefahr einer wettbewerbsbedingten Harmonisierung des gesetzlichen Gläubigerschutzes auf unterstem Niveau im Sinne eines „race to the bottom“, deren Vermeidung die Kapitalrichtlinie dienen sollte, wird nicht länger in gleicher Weise als problematisch angesehen.188 Zwar gibt es deutliche Anzeichen für einen Wettbewerb der Regelungsgeber, der sich zur Zeit im gemeinschaftsweiten Abbau der Mindestkapitalerfordernisse niederschlägt.189 Daraus eine Gefahr für das Gläubigerschutzniveau abzuleiten, wäre jedoch verfehlt: Zum einen konnte eine nennenswerte gläubigerschützende Wirkung des Mindestkapitals gerade nicht belegt werden. Zum anderen geht der Trend zum Abbau des Mindestkapitals einher mit einem Ausbau alternativer Sicherungsformen.190 Vielmehr erwägt die EU-Kommission auf der Grundlage ihres „Aktionsplanes“191 eine Änderung der Kapitalrichtlinie in Richtung einer stärkeren Flexibili187 Grundmann (2004), S. 142 ff.; vgl. aber noch die EU-Kommission in ihrer „Studie über die Erweiterung des Anwendungsbereichs der 2. Richtlinie auf Gesellschaften anderer Rechtsform“, Brüssel 1993, S. 25, B) 3) und Schön, ZGR 2000, 706, 728, der sich für eine Erweiterung der Kapitalrichtlinie auf die GmbH ausspricht. 188 Vgl. den Bericht der Hochrangigen Gruppe (High-Level-Group) auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über moderne gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen in Europa, Brüssel 04. 11. 2002, S. 29 f., abrufbar unter http: //ec.europa.eu/internal_market/company/ docs/modern/report_de.pdf; ferner Enriques / Gelter, EBOR 2006, 417, 428 f., die in Erwägung ziehen, ob die Möglichkeit zur freien Wahl des Gesellschaftsrechts zu einem höheren Schutzniveau führen kann, wenn die Einpreisung des jeweils geltenden Gesellschaftsrechts in die Verträge durch die Gläubiger insgesamt zu einer positiven Selektion führt. Sie schränken allerdings ein, daß dies von vornherein nicht für unfreiwillige Gläubiger gilt (S. 429 f.). 189 Enriques / Gelter, EBOR 2006, 417, 429 f. 190 Siehe dazu unten § 3 II. 191 Vgl. S. 20 f. des Aktionsplans vom 21. 05. 2003 (siehe oben S. 30, Fn. 7).

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sierung des Kapitalschutzrechts.192 Dafür maßgeblich waren einerseits die Vorschläge der SLIM-Gruppe, die nach Möglichkeiten zur Deregulierung der Binnenmarktverfassung suchte193, und der High-Level-Group, die Vorschläge zur Modernisierung des Europäischen Gesellschaftsrechts erarbeitet hat.194 Beide Gruppen haben Vorschläge zu einer Reform der Kapitalrichtlinie von 1976 gemacht. Allgemein zeichnet sich ein grundlegender Wandel im Verständnis des Gläubigerschutzes ab. An die Stelle eines institutionellen Gläubigerschutzes mit strikter Vermögensbindung und konservativen Rechnungslegungsvorschriften tritt ein System, das sich vorrangig am Ziel der Informationsbeschaffung für finanzielle Entscheidungen orientiert.195 Dieser Wandel im Gläubigerschutzverständnis spiegelt sich auch in der oben zitierten Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit. Der Gläubigerschutz wird vom EuGH in ständiger Rechtsprechung als ein zwingendes Allgemeininteresse anerkannt, der Eingriffe in die Niederlassungsfreiheit grundsätzlich rechtfertigen kann.196 Mindestkapitalerfordernisse zählten jedoch nicht dazu; sie seien zum Zwecke des Gläubigerschutzes nicht erforderlich, da sich Gläubiger durch ausreichende Information über die Haftungsstruktur der Gesellschaft selbst schützen könnten.197 Damit scheint der EuGH künftig von einem Modell des informierten Selbstschutzes auszugehen. In die gleiche Richtung deuten die Ausführungen im Bericht der von der Kommission beauftragten High-Level-Group.198

B. Institutioneller Gläubigerschutz im amerikanischen Recht Den Grundzügen des deutschen Kapitalsicherungssystems mit seiner kohärenten und zielgerichteten Entwicklung gilt es nunmehr die vergleichsweise diffuse Ent192 Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 77 / 91 / EWG des Rates in bezug auf die Gründung von Aktiengesellschaften und die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vom 21. 09. 2004. Er sieht Erleichterungen bei der Bewertung von Sacheinlagen sowie Lockerungen des Verbots des Erwerbs eigener Aktien vor. Ob darüber hinaus auch das System der Kapitalaufbringung und -erhaltung reformiert wird, ist noch nicht abzusehen. 193 „Simpler Legislation for the Internal Market“, EG-Dok. SEK(98), 1944 endg., KOM(2000) 56 endg., abgedruckt unter www.ec.europa.eu/internal_market/company/docs /official/6037en.pdf. 194 Siehe oben Fn. 188. 195 Umfassend Merkt, EBOR 2006, 95 ff. 196 Vgl. „Centros“, ZIP 1999, 438, 441, Nr. 32 ff.; „Inspire Art“, ZIP 2003, 1885, 1892, Nr. 132 f. 197 ZIP 2003, 1885, 1892 f., Nr. 135 f.; die Eignung von Mindestkapitalvorschriften zum Gläubigerschutz ließ der EuGH offen. Die Generalanwälte äußerten jedoch erhebliche Zweifel, vgl. die Schlußanträge vom 30. 01. 2003 Rs C-167 / 01 (Inspire Art), NZG 2003, 262, 273 (Nr. 142). Diese Stellungnahme dürfte auf Vorschriften über Kapitalerhaltung und Kapitalersatz übertragbar sein, vgl. Eidenmüller / Rehm, ZGR 2004, 159, 181. 198 Bericht der High-Level-Group (Fn. 188) S. 47 ff., 94 ff.

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1. Kap.: Die Entwicklung des institutionellen Gläubigerschutzes

wicklung des amerikanischen Kapitalschutzrechts gegenüberzustellen. Diese Entwicklung vollzog sich evolutionär und, für das common law typisch, zunächst weitgehend im Bereich des case law. Im Unterschied zum europäischen Recht wurden die zentralen Komponenten voneinander unabhängig entwickelt, um sodann in einem längeren Prozeß „getestet“ und schließlich verworfen zu werden. Obwohl das Kapitalschutzsystem in seiner Hochform insgesamt als beseitigt angesehen werden kann, blieb die Rechtslage in den dem state law zuzurechnenden corporate acts der einzelnen Bundesstaaten lange Zeit sehr uneinheitlich. Bis heute existiert kein einheitlicher Stand des Kapitalschutzrechts.199 Anders als in Deutschland fällt das materielle Gesellschaftsrecht in den USA in die Gesetzgebungskompetenz der Bundesstaaten. Aus diesem Grund gibt es keinen einheitlichen Stand des „amerikanischen Gesellschaftsrechts“; dieses findet sich vielmehr in den einzelnen corporate acts der Bundesstaaten. Dennoch existiert mit dem Model Business Corporation Act („MBCA“), der 1950 nach jahrelangen Beratungen von der American Bar Association verabschiedet wurde und 1989 mit dem Revised Model Business Corporation Act („RMBCA“) letztmalig bedeutenden Änderungen unterworfen wurde, ein unverbindliches Mustergesetz, das die unterschiedlichen Rechtslagen und Strömungen aufzugreifen und zu einem übergreifenden Meinungsstand zusammenzufassen sucht; es wurde bislang von 24 Bundesstaaten übernommen. Im folgenden soll die Entwicklung des amerikanischen Kapitalschutzsystems nachvollzogen werden. Dies erscheint zum einen deshalb sinnvoll, weil der jeweilige Stand des common laws am besten mit Blick auf seine historische Entwicklung verstanden werden kann. Zum anderen können die im Zuge einer solchen Untersuchung zu Tage geförderten Ursachen für die Entwicklung wichtige Erkenntnisse für die hier vorzunehmende Analyse von Gläubigerschutzsystemen liefern. Im Anschluß daran soll die derzeitige Rechtslage in ausgewählten Bundesstaaten kurz dargestellt werden.

I. Entwicklungsgeschichte des amerikanischen legal capital-Systems Im Zentrum des amerikanischen Kapitalschutzsystems steht das Konzept des legal capital („gesetzliches Kapital“). Seine Geschichte reicht bis in die Anfänge des 19. Jahrhunderts zurück. Es hatte – anders als das deutsche Recht, das die Pflicht zur Aufbringung eines Stammkapitals vornehmlich als Preis für die Haftungsbeschränkung versteht – zwei ganz pragmatische Ziele: Zum einen sollte es den Konflikt zwischen den Gläubigern und Anteilseignern an seinen „Brennpunkten“ kontrollieren, nämlich bei der Einbringung von Vermögensgegenständen in die Gesellschaft oder der Ausschüttung der Vermögensgegenstände an die Anteils199 Umfassend zur Entwicklung des US-amerikanischen Kapitalschutzrechts Manning / Hanks, S. 20 ff.

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eigner.200 Während Anteilseigner bestrebt sind, Transaktionen der ersten Kategorie zu minimieren und die der zweiten Kategorie zu maximieren, haben Gesellschaftsgläubiger genau gegenteilige Interessen.201 Der zweite, als mindestens ebenso wichtig angesehene Zweck des legal capital Systems bestand im Aktionärsschutz. Es galt zu verhindern, daß einzelne Aktionäre ihre Einlage nicht vollständig erbrachten und damit die Beteiligung anderer Gesellschafter verwässerten. Dieses equitable contribution genannte Regelungsziel war neben dem Gläubigerschutz der entscheidende Grund für die Entwicklung der Nennwertaktien, deren Nennwert (par value) in der Summe das Nennkapital (legal capital) bildete.202 Die Gedanken einer geordneten Kapitalaufbringung und eines Erhaltes des eingezahlten Kapitals waren mithin auch dem amerikanischen corporate law nicht fremd. 1. Mindestkapitalerfordernisse Mindestkapitalanforderungen waren in den corporate acts einzelner Bundesstaaten bis vor einigen Jahren anzutreffen, wenn auch nicht annähernd in der in Deutschland und im kontinentaleuropäischen Raum üblichen Höhe. Bis heute sind diese entweder vollkommen abgeschafft oder auf einen symbolischen Betrag reduziert worden.203 Am Beispiel des MBCA läßt sich die herrschende Meinung zum Institut des Mindestkapitals ablesen. Ein ernsthaftes Mindestkapital verlangte der MBCA nie. Selbst die noch in § 51 des MBCA von 1950 enthaltene Mindesteinlageverpflichtung von insgesamt $ 1.000 stellte nach deutschen Maßstäben kein echtes Mindestkapital dar, da es auch aus dem über-pari geleisteten und damit nicht dem legal capital zuzurechnenden Kapital aufgebracht werden konnte und keine Vorschrift seine umgehende Rückzahlung an die Aktionäre verbot.204 Es wurde 1960 endgültig gestrichen. 2. Par value als zentrale Kapitalaufbringungsvorschrift An keiner Stelle wird das Schicksal des amerikanischen Kapitalerhaltungsrechts so deutlich wie am Konzept des par value (Nennwert).205 Dieses ging ursprünglich Manning / Hanks, S. 5. Manning / Hanks, ebd. 202 Manning / Hanks, S. 17, 22 ff. 203 Die Beträge schwankten zwischen $ 500 – $ 1000, vgl. Hackney / Benson, U. Pitt. L. Rev. (1982), 837, 852 f. 204 Manning / Hanks, S. 21; 1 Model Bus. Corp. Act Annot., § 6.21. 200 201

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1. Kap.: Die Entwicklung des institutionellen Gläubigerschutzes

weiter als das deutsche Nennwertprinzip. Maßgeblich für die Einlageverpflichtung eines Aktionärs war das Verhältnis zwischen dem Gesamtwert der Emission und der Zahl der ausgegebenen Aktien. Aus diesem Verhältnis ergab sich für jede Aktie der par value, ein fixer Dollarbetrag, der von jedem Aktionär zu erbringen und als sog. face value auf dem Wertpapier aufgedruckt war. Dieses Konzept diente ursprünglich der Gewährleistung eines gerechten Beteiligungsverhältnisses der Aktionäre und damit der equitable distribution.206 Erst später verlagerte sich die Bedeutung des par value-Prinzips auf die Durchsetzung der Einlageverpflichtungen der Aktionäre im Interesse der Gläubiger. Diese Rechtslage führte zu praktischen Problemen, die letztlich zur Erosion des Prinzips führten. Durch das Verbot, Aktien zu einem geringeren Preis als dem Nennbetrag auszugeben, erschwerte es die Kapitalaufnahme in der Krise oder zu Zeiten, in denen der Marktwert der Aktie unter ihrem Nennbetrag lag.207 Dem lag eine Besonderheit des common law zugrunde: Im Gegensatz zum deutschen Recht und zum Recht in den meisten kontinentaleuropäischen Ländern, die dem Grundsatz der Vollübernahme folgen208, unterscheidet das common law zwischen genehmigtem und ausgegebenem Kapital (authorized bzw. issued capital).209 Das authorized capital ist in der Satzung anzugeben und bestimmt die Zahl der Aktien, welche die Gesellschaft maximal ausgeben darf; sie liegt zumeist deutlich über der Zahl der tatsächlich emittierten Anteile und dient als eine Art Reserve, vergleichbar dem deutschen genehmigten Kapital. Authorized capital kann jederzeit ohne Satzungsänderung durch einfachen Beschluß des board of directors210 ausgegeben werden.211 Diese Rechtslage konnte zu der prekären Situation führen, daß aufgrund eines zwischenzeitlichen Preisverfalls der Aktien der Gesellschaft der Wert junger Aktien den par value unterschritt. Die Folge war eine Diskussion darüber, ob Aktionäre, die zum Kurswert gezeichnet hatten, für den Differenzbetrag zwischen Nennwert und Zeichnungspreis der Gesellschaft oder sogar Dritten gegenüber hafteten.212 Dies verneinte der Supreme Court – allerdings nur für den besonderen Fall, in dem eine insolvenzreife Gesellschaft eine Anleihe gegen Gewährung von Aktien der Gesellschaft aufnahm. In einer finanziellen Notlage sei es einer Gesellschaft gestattet, ohne Haftungsrisiken junge Aktien zum bestmöglichen Preis auszugeben, auch unter-pari.213 205 Einen guten Überblick über die Entwicklung des par value-Konzepts bietet Cox / Hazen, §§ 16.15 ff. 206 Manning / Hanks, S. 17, 24 ff. 207 Cox / Hazen, § 16.15. 208 Vgl. § 29 AktG. 209 Cox / Hazen, § 16.13. 210 Im folgenden „board“ gennant. 211 Cox / Hazen, § 16.13; van Ommeslaghe, S. 4 f., S. 25. 212 So noch die Entscheidung Jackson v. Traer, 64 Iowa 469, 476 ff. (1884), für den Fall eines debt-equity swaps. 213 Handley v. Stutz, 139 U.S. 417, 435 ff. (U.S. 1891).

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Die corporate acts kodifizierten das par value-Prinzip und schrieben vor, daß die zu leistende Einlage (consideration) nicht niedriger als der par value der gezeichneten Aktien sein durfte. Die Kodifizierung konnte allerdings nicht verhindern, daß das Prinzip von der Praxis mehr und mehr unterlaufen wurde. Es kam zum Auftreten von „low par stock“, also Aktien mit einem extrem niedrigen Nennbetrag, wodurch das praktische Problem einer Divergenz zwischen Marktpreis und Nennwert bei späteren Kapitalerhöhungen vermieden werden konnte.214 Davon war der Schritt nicht weit zur Einführung nennwertloser Aktien („no par stock“).215 Die Gerichte hielten die Ausschüttung nennwertloser Aktien überwiegend für rechtmäßig, wenn das board in der Satzung zur Festsetzung der Gegenleistung ermächtigt wurde.216 1912 wurde no par stock erstmals im New York Business Corporation Law legalisiert und fand schnell in den Gesetzen anderer Staaten Verbreitung. Weiter aufgeweicht wurde das par value-Prinzip durch die in der Lehre erhobene Forderung, wonach Ausschüttungen unter-pari generell zulässig sein sollten, wann immer der Marktwert unter dem Nennbetrag liege.217 Diese Regel wurde in vielen Bundesstaaten kodifiziert.218 Inzwischen kann das par value-Prinzip als aufgegeben gelten. Vorreiter war der California Corporations Code von 1975, dessen Beispiel bis heute 29 weitere Bundesstaaten gefolgt sind. Sie erlauben die generelle Ausgabe von Aktien zu einem beliebigen, vom board festzulegenden Preis. Kalifornien und Minnesota erlauben darüber hinaus die Festsetzung durch die Aktionäre, wenn dies in der Satzung vorgesehen ist.219 Diese Rechtsentwicklung wurde 1979 im MBCA nachvollzogen.220 Die übrigen Bundesstaaten erlauben die wahlweise Festsetzung von Nennwertaktien oder nennwertlosen Aktien, mit Ausnahme von Nebraska und North Dakota, die keine nennwertlosen Aktien erlauben.221 Die Aufgabe des Prinzips der Nennwertaktie bedeutete zunächst noch nicht die Aufgabe des Nennkapitalsystems als solches: Die corporate acts verlangten nach wie vor den Ausweis eines Nennkapitals in der Satzung als sog. stated capital.222 Mußte dieses jedoch früher dem Nennwert aller ausgeschütteten Aktien entspreManning / Hanks, S. 28 ff.; Cox / Hazen, § 16.15. Cox / Hazen, § 16.17. 216 G. Loewus & Co. v. Highland Queen Packing Co., 125 N.J. Eq. 534, 536 f. (N.J. Ch. 1939). Triplex Shoe Co. v. Rice & Hutchins, Inc., 17 Del. Ch. 356, 363 ff. (Del. 1930) hielt sie dagegen für unzulässig. 217 Ballantine, S. 470, no. 200. 218 Fletcher, no. 5207. 219 Vgl. Cal. Corp. Code, § 209(a)(1), (b). 220 MBCA § 18. 221 Siehe die Übersicht in 1 Model Bus. Corp. Act Annot., § 6.21, 6 – 80A. 222 Erst der neue Cal. Corp. Code und der RMBCA gaben das Nennkapitalprinzip gänzlich auf. 214 215

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chen (legal capital), so bestimmte es sich im Falle der Ausschüttung nennwertloser Aktien nach dem vom board oder den Aktionären festgesetzten Emissionspreis der Aktien.223 Insofern das stated capital die untere Grenze für Ausschüttungen repräsentierte, diente es dem gleichen Zweck wie das par value System, verschaffte den Unternehmen jedoch eine größere Flexibilität bei der Ausgabe von Aktien.224 3. Prinzipien realer Kapitalaufbringung: Consideration und watered stock Das Verbot der Unter-pari-Emission als Gewährleistung der Gleichbehandlung der Aktionäre und als Gläubigerschutzinstrument wäre obsolet, stünde die Bewertung von unbaren Einlageleistungen allein zur Disposition der Gesellschaft und den Investoren. Daher beschäftigte die Gerichte die Frage nach der für die Zeichnung von Aktien zu verlangenden Gegenleistung (consideration). Die aus dem Vertragsrecht des common law stammende Rechtsfigur der consideration postuliert, daß jedes vertragliche Versprechen nur insoweit wirksam ist, als ihm eine Gegenleistung gegenübersteht; diese muß sich in einem realen Vorteil für den Versprechensempfänger bzw. einem Nachteil für den Versprechenden äußern.225 Die wirksame Übertragung von Aktien setzt somit eine gewisse Gegenleistung des Erwerbers voraus, auf deren Höhe oder Angemessenheit es allerdings nicht ankommt.226 Ließ sich mit dem consideration-Konzept daher zwar ein Aktienerwerb ohne jegliche Einlageerbringung für unwirksam erklären, so erforderte die Sicherstellung der Werthaltigkeit der versprochenen Einlage einen höheren Begründungsaufwand.227 Das Gebot der Gleichbehandlung der Aktionäre (equitable distribution) bedingte zunächst, daß die erbrachte Einlage dem nominellen Wert der gezeichneten Aktien zu entsprechen hatte, also dem par value im Falle von Nennwertaktien oder dem stated value im Falle der Festsetzung der für nennwertlose Aktien zu erbringenden Einlage durch das board.228 Nur langsam setzte sich die – im deutschen Recht selbstverständliche – Einsicht durch, daß auch den Gläubigern der Gesellschaft ein Anspruch auf die Werthaltigkeit der versprochenen Einlage zuVgl. 1 Model Bus. Corp. Act Annot., § 6.21, 6 – 76. Peterson / Hawker, Akron L. Rev. (1997), 175, 181; die Freiheit zur Ausgabe nennwertloser Aktien wurde allerdings zunächst dadurch beeinträchtigt, daß sich die Festsetzung des Nennkapitals nunmehr am Emissionsvolumen orientieren mußte, das häufig höher lag als im Falle der Ausgabe von low par stock. 225 („legal detriment or legal benefit to the promisor“), vgl. Arledge v. Gulf Oil Corp., 578 F.2d 130, 132 (5th Cir. 1978). Anders als im deutschen Recht sind reine Schenkungen daher nicht einklagbar. Instruktiv zum consideration-Konzept Farnsworth, § 2.2. 226 Coast Nat’l Bank v. Bloom, 113 N.J.L. 597, 601, 602 (E. & A. 1934). 227 Vgl. Gevurtz, S. 123 ff. 228 Manning / Hanks, S. 22 f., 24. 223 224

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stand. Begründet wurde dies mit dem Vertrauen der Gläubiger auf die Nennkapitalfestsetzung in der Bilanz, dem seinerzeit tatsächlich noch die Bedeutung eines Garantiekapitals zukam.229 Die Ausgabe von Aktien gegen eine geringere Leistung als dem Nennwert wurde als watered stock qualifiziert und löste eine Differenzhaftung der Aktionäre aus.230 Der Wert der Einlage wurde unterschiedlich entweder nach seinem true value bemessen, d.h. im Sinne einer realen, objektiven Bewertung231, oder aber es wurde ein subjektiver Maßstab im Sinne einer Bewertung nach Treu und Glauben („valuation by the board in good faith“) angelegt.232 In der Praxis waren die Unterschiede zwischen beiden Konzepten allerdings gering, da der gute Glauben durch das Vorliegen einer „exzessiven Bewertung“ widerlegt werden konnte.233 In den corporation acts der Bundesstaaten verdrängte das subjektive Bewertungssystem zwischen 1933 und 1976 zunehmend das objektive System, da die objektive Bewertung insbesondere von Sacheinlagen als große Last empfunden wurde.234 Diese Schwierigkeiten resultierten sicherlich nicht zuletzt daraus, das dem amerikanischen Recht eine dem deutschen Gesellschaftsrecht vergleichbare vorgelagerte registergerichtliche Bewertungskontrolle fremd ist und lediglich eine indirekte, nachträgliche gerichtliche Kontrolle anläßlich von Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen einer Differenzhaftung stattfindet.235 Zur Vereinfachung des Bewertungsverfahrens sahen die Gesetze der Bundesstaaten häufig vor, daß einer in gutem Glauben vorgenommenen Einlagenbewertung durch das board die Vermutung der Richtigkeit zukam.236 Dieser Trend steht im Gegensatz zur Entwicklung im deutschen Kapitalgesellschaftsrecht: Auch im deutschen GmbH-Recht galt lange Zeit der Grundsatz, daß Gesellschafter bei der Bewertung von Sacheinlagen Siehe unten § 2 B. II. 6. a). Dieser Anspruch kann bei Insolvenz der Gesellschaft oder, wenn eine Klage auf Leistung an die Gesellschaft aus sonstigen Gründen untauglich wäre, direkt von den Gläubigern gegen den Aktionär geltend gemacht werden, vgl. Providence State Bank v. Bohannon, 426 F. Supp. 886, 890 (E.D. Mo. 1977); umfassend Cox / Hazen, § 17.01 ff., 17.07. Siehe auch unten § 2 B. II. 6. a). Eine Differenzhaftung besteht allerdings nur für Aktien mit einem par value; die Inhaber nennwertloser Aktien unterliegen dieser Haftung nicht, auch dann nicht, wenn die für sie vereinbarte Einlage den vom board festgesetzten Wert der Aktien nicht erreicht, G. Loewus & Company v. Highland Queen Packing Company, 6 A.2d 545, 546 f. (N.J. Ch. 1939). 231 Leading case: Van Cleve v. Berkey, 143 Mo. 109, 136 (Mo. 1898); Lattin, S. 478 f., Ballantine, no. 347. 232 Vgl. Donald v. American Smelting & Refining Co., 62 N.J. Eq. 729, 732 f. (N.J. 1900); instruktiv Cox / Hazen, § 16.19. 233 Fletcher, no. 5214, 5214.1, 5220. 234 Lattin, S. 465 f. 235 Buxbaum (1974), S. 25 f.; Miller (2000), S. 73. 236 Der MBCA von 1950 übernahm das subjektive System und maß der Bewertung vorbehaltlich des Vorliegens einer arglistigen Täuschung abschließende Bedeutung zu, vgl. § 18 („in the absence of fraud in the transaction“ the judgement „shall be conclusive“). 229 230

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frei sind, und nur der Gegenstand sowie die Höhe der Bewertung kundgegeben werden müssen. Dieser Grundsatz ist erst später in den dreißiger Jahren zugunsten der Differenzhaftung aufgegeben worden.237 An Formen der Einlageerbringung unterschieden die corporate acts die auf Sacheigentum und Eigentum an Immaterialgütern beschränkte Sacheinlage (payment in property oder auch payment in kind), die Einlage des Werts erbrachter Dienstleistungen bzw. noch zu erbringender Dienstleistungen und von Schuldverschreibungen. Während Sacheinlagen und Einlagen erbrachter Dienstleistungen schon relativ bald als zulässig erachtet wurden, ist die Einlage künftiger Leistungen und von Schuldverschreibungen bis heute in vielen Bundesstaaten unzulässig.238 Der Zeichner einer nennwertlosen Aktie war nur verpflichtet, im Austausch gegen die vereinbarte Zahl von Aktien die vereinbarte Gegenleistung zu erbringen, ungeachtet der tatsächlichen Wertfestsetzung der Gegenleistung als stated capital in der Gründungsbilanz. Selbst bei einer exzessiven Bewertung der Gegenleistung durch das board in der Bilanz unterlag der Aktionär keinerlei Differenzhaftung.239 4. Mechanismen der Kapitalerhaltung: Legal capital Nachdem die Mechanismen des frühen amerikanischen Kapitalaufbringungsrechts aufgezeigt wurden, soll nun auf die Entwicklung des Kapitalerhaltungsrechts eingegangen werden. Das legal capital-Konzept diente im Unterschied zum kontinentaleuropäischen Recht nicht in erster Linie der Aufbringung eines Mindestkapitals, sondern der Errichtung einer Ausschüttungssperre als solcher. Die Entwicklung des legal capital vollzog sich weniger als Ausdruck induktiven Systemdenkens; anders als in Kontinentaleuropa wurde der Gedanke eines festen, in die ausgeschütteten Anteile zerlegbaren Nennkapitals wohl kaum je als konstitutives Element einer Kapitalgesellschaft verstanden240, sondern vielmehr aus dem unmittelbaren Bedürfnis abgeleitet, Gläubiger vor einer Schmälerung des Gesellschaftsvermögens durch unbegrenzte Ausschüttungen an die Aktionäre zu schützen. Das legal capital diente aber auch dem Aktionärsschutz: So wie das par value dem Schutz der Aktionäre vor einer Verwässerung ihrer Beteiligung dienen sollte, gewährleistete das Nennkapital den tatsächlichen dauerhaften Einsatz ihrer Einlagen zur Verfolgung des Gesellschaftszwecks.241 Vgl. A. Teichmann (1970), S. 104. Zum ganzen Manning / Hanks, S. 45 f. Eingehend zum Problem der Einbringung künftiger Dienstleistungen (future services) Cox / Hazen, § 16.18. 239 Ballantine, S. 816 no. 354. 240 van Ommeslaghe, S. 4 f. 241 Ballantine, S. 572 no. 243. 237 238

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In den USA haben sich über die Zeit im wesentlichen drei verschiedene Systeme des Kapitalerhaltungsrechts herausgebildet, die mit unterschiedlichen Konzepten die Ausschüttung von Dividenden an die Aktionäre zu begrenzen suchten:242 a) Stated capital / surplus statutes Die Frühzeit des amerikanischen Gesellschaftsrechts war beherrscht von einer unterschiedlich als surplus-, impairment of capital- oder balance sheet-Test bezeichneten Ausschüttungssperre. Heutzutage ist sie nur noch in wenigen Bundesstaaten anzutreffen. Das surplus entspricht nach deutschem Recht dem Eigenkapital abzüglich des gezeichneten Kapitals (capital stock) und umfaßt damit das die Verbindlichkeiten und das gezeichnete Kapital übersteigende Vermögen der Gesellschaft. In den Bundesstaaten, die auf das surplus abstellten, durften Ausschüttungen nur aus diesem Überschuß vorgenommen werden.243 Die noch unscharfe, wirtschaftliche Verwendung der Begriffe capital stock und surplus wich später in Kombination mit dem Prinzip des par value dem in Kontinentaleuropa geläufigen Konzept einer bilanziellen Ausschüttungssperre. Diese beruhte auf zwei Maximen: Den Maßstab für die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit von Ausschüttungen an die Aktionäre bildet das capital; dieses Kapital bezieht sich nicht auf aktive Vermögensgegenstände, sondern auf eine abstrakte Ziffer, die durch die Multiplikation der Anzahl der ausstehenden Aktien mit ihrem Nennbetrag ermittelt wird und auf der Passivseite der Bilanz erscheint. Später, nach Aufkommen des low par und no par stock, wurde dieser Kapitalbegriff um das stated capital oder auch legal capital erweitert, das sich auf das variable, vom board festzusetzende Nennkapital bezog. b) Stated capital / earned surplus statutes Das relativ weite surplus, das außer dem gezeichneten Kapital kein gebundenes Eigenkapital vorsah, wurde in einigen Bundesstaaten durch die Begrenzung des ausschüttbaren Gewinns auf das sog. earned surplus ersetzt. Dieses war deutlich restriktiver und umfaßte den Teil des Eigenkapitals, der auf „verdiente“ Gewinne zurückzuführen ist. Von den „freien“ ausschüttungsfähigen Gewinnrücklagen waren die durch interne Bilanzierungsmaßnahmen wie z. B. Wertaufholungen, Entnahmen aus der Kapitalrücklage oder nominelle Kapitalherabsetzungen erzielbaren Gewinnerhöhungen zu unterscheiden, die nicht ausgeschüttet werden durften (das sog. capital surplus). Die Funktion und Behandlung des capital surplus war in 242 Eine gute Übersicht über die verschiedenen Konzepte findet sich bei Manning / Hanks, S. 68 ff., 78 ff. 243 Vgl. die Leitentscheidung zur sog. „trust-fund“-Theorie, Wood v. Dummer, 30 F. Cas. 435, 436 ff. (U.S. Court of Appeals 1824).

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den einzelnen Bundesstaaten äußerst unterschiedlich und reichte von seiner völligen Freigabe für Ausschüttungen bis hin zu restriktiven Systemen, die Ausschüttungen aus dem capital surplus untersagten. Das am earned surplus orientierte System bietet Gesellschaftsgläubigern den vergleichsweise stärksten Schutz. Seine Bindungswirkung geht über § 30 GmbHG hinaus, ohne jedoch die des deutschen Aktienrechts zu erreichen. Auch die Ausschüttungssperre des AktG ist an den Bilanzgewinn gekoppelt; seine Vermögensbindung geht mit der Kapitalrücklage und der gesetzlichen Rücklage allerdings noch weiter als der durch das stated capital gesperrte Teil. Der MBCA von 1950, der noch an der am earned surplus orientierte Ausschüttungssperre festhielt244, sah bereits weitgehende Ausnahmen von dieser relativ strikten Vermögensbindung vor. So konnte das Management binnen 60 Tagen nach Ausgabe der Aktien die Gegenleistungen ganz oder teilweise dem capital surplus zuführen.245 Ferner erlaubte der MBCA unter bestimmten Voraussetzungen Ausschüttungen außerhalb des Bilanzgewinns. Möglich war etwa die Auflösung von Rücklagen in bestimmten Energieunternehmen mit dem Ziel, das dadurch freiwerdende Kapital an die Aktionäre auszuschütten.246 Auch war der Rückkauf eigener Aktien bis zur Überschuldungsgrenze mit Zustimmung der Hauptversammlung möglich.247 Schließlich konnten Ausschüttungen aus der durch Über-pari-Emissionen gespeisten Kapitalrücklage (dem sog. capital surplus) vorgenommen werden, wenn dies entweder in der Satzung vorgesehen war oder zwei Drittel der Aktionäre zustimmten.248 Berücksichtigt man, daß das capital surplus sehr einfach durch eine Herabsetzung des stated capital oder des par value mit einfachem Beschluß des Managements erhöht werden kann, so erlaubte diese Vorschrift faktisch die Ausschüttung des Jahresüberschusses selbst bei Bestehen einer Unterbilanz.249 c) Stated capital / net profit statutes Demgegenüber erlaubten einige Bundesstaaten, darunter Delaware, schon früh ganz offen die Ausschüttung von Gewinnen des laufenden oder abgeschlossenen Geschäftsjahres trotz negativen Eigenkapitals, indem es den sog. current net profit als Maßstab des ausschüttungsfähigen Betrages zugrundelegte. Delaware folgte zwar dem Grundsatz nach einem stated capital / surplus System, ließ jedoch AusVgl. MBCA (1952) §§ 2, 40. Vgl. MBCA (1950) § 19. Grundsätzlich mußte auch bei der Ausgabe nennwertloser Aktien die für die Zeichnung der Aktien festgelegte Gegenleistung dem Nennkapital zugeschrieben werden (MBCA § 17). 246 MBCA (1950) § 40(b). 247 1 Model Bus. Corp. Act. Annot., § 5 (1952). 248 MBCA (1950) § 41. 249 Manning / Hanks, S. 81; MBCA 1952, § 64. 244 245

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schüttungen aus dem Gewinn des laufenden oder des abgeschlossenen Geschäftsjahres trotz bestehender Unterbilanz zu.250 Sinn und Zweck dieser nimble dividends war es, eigenkapitalschwachen Unternehmen auch ohne eine vorherige Kapitalherabsetzung die Chancen einer Refinanzierung durch eine Kapitalaufnahme zu erhalten. Dies konnte nur gelingen, wenn das Unternehmen künftige Dividendenausschüttungen in Aussicht stellen konnte. Dafür existiert im deutschen Recht allein die Möglichkeit der nominellen Kapitalherabsetzung. d) Insolvency tests Der sog. insolvency test („Insolvenztest“) kann als der kleinste gemeinsame Nenner der verschiedenen Kapitalschutzvorschriften der Bundesstaaten bezeichnet werden: Er bildet die unterste Grenze dessen, was an Gesellschaftsvermögen an die Aktionäre ausgeschüttet werden darf. Die Aktiengesetze sämtlicher Bundesstaaten verbieten eine Dividendenausschüttung bei Insolvenz der Gesellschaft oder wenn die Ausschüttung die Insolvenz der Gesellschaft zur Folge hätte.251 Wie im deutschen Insolvenzrecht werden zwei Tatbestände unterschieden, die Überschuldung (bankruptcy test) und die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft (equity insolvency test).252 Die Überschuldung tritt ein, wenn die Verbindlichkeiten größer als das Vermögen der Gesellschaft sind, wobei das Nennkapital außer Betracht bleibt. Eine Gesellschaft ist zahlungsunfähig, wenn sie nicht in der Lage ist, fällige Verbindlichkeiten zu bedienen. Bei einer Kombination des Insolvenztests mit einem balance sheet-Test vermag der Doppeltatbestand Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Gewinn- und Kapitaldefinitionen in bestimmten Grenzen auszugleichen.253 Hat die Gesellschaft beispielsweise ein positives earned surplus, so kann eine Ausschüttung unter Umständen dennoch unzulässig sein, wenn die Gesellschaft zahlungsunfähig ist. Umgekehrt erlaubt das Bestehen eines Jahresüberschusses (net profit) noch nicht zwangsläufig eine Ausschüttung, wenn die Gesellschaft überschuldet ist. Die Vorschriften zur Ausschüttungsbegrenzung der Bundesstaaten folgen überwiegend dem equity insolvency test, aber auch Kombinationen mit dem bankruptcy test sind nicht unüblich. Als einzige Bundesstaaten sehen Massachusetts, Minnesota und North Dakota einen reinen equity insolvency test als Ausschüttungsbegrenzung vor, mit dem Erhalt der Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft als einziger Ausschüttungsbedingung.254 250 Manning / Hanks, S. 81 f.; zur derzeitigen Rechtslage in Delaware siehe unten, § 2 B. II. 2. a). 251 Manning / Hanks, S. 64. 252 Manning / Hanks, S. 63 f. 253 Lattin, S. 1291. 254 Mass. Gen. Laws Ann. ch. 156B, §§ 45, 61; Minn. Stat. Ann. § 302A.551 Subdivision 1; N.D. Cent. Code § 10 – 19.1 – 92.1.

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Nicht in allen Bundesstaaten existiert ein Insolvenztest als untere Ausschüttungssperre. In diesen Staaten erzielen die allgemeinen konkursrechtlichen Vorschriften, die sich mit dem Gläubigerschutz befassen, den gleichen Effekt. Etwa die Hälfte der Bundesstaaten hat den Uniform Fraudulent Conveyance Act übernommen, der die Gesellschaftsgläubiger vor offenen oder auch verdeckten Gewinnausschüttungen schützt, soweit diese zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen.255

II. Heutige Rechtslage Beginnend mit der Neufassung des California Corporations Code setzte eine völlige Neuorientierung des amerikanischen Kapitalschutzrechts ein, die sich schließlich im RMBCA von 1984 und der ersatzlosen Beseitigung der verbliebenen zentralen Elemente des Kapitalschutzsystems wie den Prinzipien des par value, des stated capital und des legal capital niederschlug. Die Reformierung ging noch weit über das Maß an Flexibilität hinaus, das die früheren Fassungen des MBCA bereits vorsah. Im aktuellen Kommentar zum MBCA heißt es zu dieser Entwicklung256: „Practitioners and legal scholars have long recognized that the statutory structure embodying „par value“ and „legal capital“ concepts is not only complex and confusing but also fails to serve the original purpose of protecting creditors and senior security holders from payment to junior security holders. Indeed, to the extent security holders are led to believe that it provides this protection, these provisions may be affirmatively misleading. The Model Act has therefore eliminated these concepts entirely and substituted a simpler and more flexible structure that provides more realistic protection to these interests.“

Es gibt wohl kaum einen Kommentar, der die Haltung der amerikanischen Rechtswissenschaft zum institutionellen Gläubigerschutz besser und prägnanter zum Ausdruck bringt als dieser. 1. Revised Model Business Corporation Act Der RMBCA verzichtet vollständig auf die Konzepte der Nennwertaktie und des Nennkapitals; es sieht ein echtes nennwertloses System vor. Zwar kann weiterhin wahlweise ein Nennwert in der Satzung der Gesellschaft (den articles of incorporation) festgesetzt werden.257 Verbindlich vorgeschrieben ist jedoch nur noch die An255 Vgl. § 4 des Uniform Fraudulent Conveyance Act. Die Anwendbarkeit des Act auf Dividendenausschüttungen bejahten u.a. die Gerichte in Petition of Powers v. Heggie, 268 Mass. 233, 238 ff. (Mass. 1929) und In re Kettle Fried Chicken of America, Inc., 513 F.2d. 807, 810 ff. (6th Cir. 1975). Siehe ferner unten § 2 B. III. 256 1 Model Bus. Corp. Act Annot., § 6.21, 6 – 64 f. 257 RMBCA § 2.02(b)(2)(iv).

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gabe der Zahl der ausgeschütteten Aktien in der Satzung.258 Der gesetzliche Regelfall ist somit die echte nennwertlose Aktie, die weder einen Mindestnennwert kennt noch eine feste Beteiligung am (nicht mehr vorhandenen) Grundkapital der Gesellschaft verbrieft. Damit wird auch den auf dem Nennwertprinzip aufbauenden sonstigen Kapitalschutzprinzipien wie der consideration als zentralem Kapitalaufbringungselement und den am stated capital orientierten Ausschüttungsbegrenzungen die Grundlage entzogen. Infolgedessen kann es nicht mehr zum Auftreten von watered stock und einer daran anknüpfenden Differenzhaftung kommen.259 Allein dem Schutz der Altaktionäre vor einer Verwässerung ihrer Beteiligung dient das Erfordernis einer adäquaten Einlageleistung, deren Bewertung jedoch dem board obliegt.260 Frühere Beschränkungen hinsichtlich der Form der Einlageleistung wie etwa das Verbot der Einlage von Schuldverschreibungen oder künftiger Dienstleistungen wurden ebenfalls ersatzlos gestrichen.261 Die Art und Höhe der Einlage ist im Regelfall vom board zu bestimmen, wobei sich die Gesellschafter das Recht zur Festsetzung vorbehalten können.262 Als einzige verbleibende zentrale Kapitalerhaltungsvorschrift sieht RMBCA § 6.40 einen Insolvenztest vor, der alternativ bei Vorliegen oder dem drohenden Eintritt von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft Ausschüttungen an die Aktionäre verbietet. Ausschüttungen sind als „direkte oder indirekte Übertragung von Geld oder anderen Sachwerten oder die Übernahme von Schulden durch die Gesellschaft zugunsten ihrer Aktionäre“ definiert. Sie können in Form einer Dividendenzahlung, eines Aktienrückkaufs, einer Schuldübernahme oder auf sonstige Weise vorgenommen werden.263 Die Überschuldung kann – in den Grenzen der „reasonableness“ – vom board wahlweise durch Erstellung einer Überschuldungsbilanz auf der Basis „situationsgerechter Rechnungslegungsgrundsätze“ (balance sheet-Test) oder durch eine „faire Bewertung oder sonstige Methoden“ ermittelt werden. Die Anwendung der generally accepted accounting principles („GAAP“) ist mithin nicht vorgeschrieben – ein wesentlicher Unterschied zum deutschen Recht, dessen bilanzrechtliche Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung auch für die Erstellung einer Überschuldungsbilanz maßgeblich sind.264 Hierin kommt das grundverschiedene Systemverständnis zum Ausdruck: Während in Deutschland die zwangsweise RMBCA §§ 2.02(a)(2) und 6.01(a). Vgl. RMBCA § 6.21(d). Verpflichtet sind Aktionäre nur noch zur Leistung der individuell vereinbarten Einlage, RMBCA § 6.22(a). 260 RMBCA § 6.21(c). 261 Vgl. RMBCA § 6.21(b). Hierin ist ein bedeutsamer Unterschied zur Kapitalrichtlinie der EG zu sehen, die die Einbringung künftiger Dienstleistungen verbietet (vgl. Art. 7 der Richtlinie). 262 RMBCA § 6.21(a). 263 RMBCA § 1.40(6). 264 Siehe oben § 2 A. II. 258 259

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Kopplung von Bilanz- und Kapitalschutzrecht im Zusammenspiel mit dem Vorsichtsprinzip ein zusätzliches Sicherheitspolster für die Gläubiger schaffen soll, zielt der RMBCA durch die Erlaubnis situationsgerechter Bewertungsverfahren vor allem auf die Vermittlung möglichst wirklichkeitsnaher Informationen und damit auf einen eher informationellen Gläubigerschutz ab. Diese Wahlfreiheit darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Bewertung nach GAAP jedenfalls bei größeren Publikumsgesellschaften die Regel ist und bei börsennotierten Gesellschaften sogar gesetzlich durch den Securities Exchange Act of 1934 vorgeschrieben ist.265 2. State corporate law Was das geltende Recht in den Bundesstaaten anbetrifft, haben 29 Bundesstaaten das par value-Prinzip gestrichen. Die übrigen Bundesstaaten erlauben die wahlweise Ausgabe von Nennwertaktien oder nennwertlosen Aktien mit Ausnahme von zwei Staaten, die keine nennwertlosen Aktien vorsehen. Die Rechtslage hinsichtlich der zulässigen Form der Einlageerbringung ist dagegen völlig zersplittert. Bei den Kapitalerhaltungssystemen ist nach wie vor die volle Bandbreite möglicher Formen vertreten. Als einziger Bundesstaat wendet Massachusetts einen reinen Solvenztest mit Zahlungsunfähigkeit als alleinigem Tatbestand an. Eine Reihe von weiteren Bundesstaaten hat MBCA § 6.40 komplett oder leicht verändert übernommen. Ferner finden sich sowohl am earned surplus als auch am net income orientierte impairment of capital tests. Trotz mannigfaltiger Unterschiede in den Detaillösungen der corporation acts haben sich im wesentlichen vier verschiedene Grundansätze der Kapitalerhaltung gehalten, von denen drei in den Bundesstaaten mit der größten Bedeutung im „corporate America“ vertreten sind. Neben Delaware als dem gemessen an der Zahl der Gesellschaftsgründungen mit Abstand bedeutsamsten Bundesstaat sind dies New York und Kalifornien, die neben ihrer großen wirtschaftlichen Bedeutung ebenfalls ein sehr eigenständiges und hochentwickeltes Gesellschaftsrecht haben. Ferner soll auf die Rechtslage in Minnesota als Vertreter eines reinen Solvenztests eingegangen werden. a) Delaware §§ 154, 170(a) des Delaware General Corporation Law („DGCL“) statuieren einen capital impairment Test, der Ausschüttungen auf das surplus begrenzt, welches dem Überschuß des Gesellschaftsvermögens über Verbindlichkeiten und (soweit vorhanden) Nennkapital entspricht. Ist kein surplus vorhanden, so kann aus dem Nettogewinn des laufenden oder vorangegangenen Geschäftsjahres eine sog. 265

Vgl. Exchange Act (1934) Section 13(b)(2)(B) und Regulation S-X, Rule 4 – 01(a)(1).

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nimble dividend gezahlt werden, vorausgesetzt, das danach verbleibende Vermögen deckt die Rechte der Inhaber von Vorzugsaktien. Nach DGCL § 151 können sowohl Nennwertaktien als auch nennwertlose Aktien ausgegeben werden, wobei im Falle der Ausgabe von Nennwertaktien zumindest deren par value als Nennkapital angesetzt werden muß (DGCL § 154). Die Form der Einlageleistung unterliegt keinen Beschränkungen und wird vom board festgelegt, ebenso wie die Höhe, die im Falle der Ausgabe von Nennwertaktien allerdings zumindest dem Nennwert entsprechen muß (DGCL §§ 152 f.). Der dabei anzustellenden Bewertung des board oder der Aktionäre kommt vorbehaltlich des Nachweises von arglistiger Täuschung bindende und abschließende Bedeutung zu. Bei der Ausgabe nennwertloser Aktien entscheidet das board darüber, welchen Teil der Einlageleistung es dem Nennkapital zuschreiben will. Der DGCL verzichtet generell auf die Bildung eines capital surplus, was dazu führt, daß Ausschüttungen nicht auf erwirtschaftete Überschüsse (earned surplus) begrenzt sind, sondern das gesamte Eigenkapital einschließlich etwaiger Rücklagen für Ausschüttungen zur Verfügung steht (surplus). Der DGCL schreibt keine bestimmte Bewertungsmethode für die Ermittlung des Überschuldungsstatus vor, sondern räumt dem board insoweit einen breiten Ermessenspielraum ein. Jenseits von arglistiger Täuschung wird eine nach Treu und Glauben vom board vorgenommene Bewertung von den Gerichten nicht nachgeprüft. Ferner kann das board nach seinem pflichtgemäßen Ermessen eine Neubewertung des Vermögens auf der Basis aktueller Werte vornehmen oder auf vorhandene Buchwerte zurückgreifen.266 b) New York Das New York Business Corporation Law („NYBCL“) folgt dem klassischen System eines surplus basierten Kapitalschutzes. Nach NYBCL § 102(a)(12) können entweder Nennwertaktien oder nennwertlose Aktien ausgegeben werden, wobei im Falle der Ausgabe von Nennwertaktien der Nennwert aller Aktien als par value in die certificates of incorporation aufzunehmen ist (NYBCL § 402(4)). Das par value sämtlicher Nennwertaktien oder die Summe sämtlicher für die Ausgabe nennwertloser Aktien empfangenen Gegenleistungen bildet nach NYBCL § 102(a)(13) das stated capital der Gesellschaft, wobei im letzteren Fall nach NYBCL § 506(b) ein Teil der Gegenleistung innerhalb von 60 Tagen nach der Ausgabe der Aktien dem surplus zugeschrieben werden kann. NYBCL § 510 ordnet einen kombinierten insolvency- und impairment of capital Test an. Die unterste Grenze jeder Ausschüttung bildet der bekannte Insolvenztest. Im übrigen dürfen Ausschüttungen nur aus dem surplus vorgenommen werden, das NYBCL 266 Klang v. Smith’s Food & Drug Centers, Inc., Supreme Court of Delaware, 702 A.2d 150, 155 ff. (Del.1997).

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§ 102(a)(12), (13) als Überschuß des Nettovermögens über das stated capital definiert. c) Kalifornien Der California Corporations Code („CCC“) nahm unter den corporation acts mit „modernem“ Kapitalschutzsystem eine Vorreiterrolle ein. Als erstes Gesetz brach es mit den traditionellen Prinzipien des par value, der consideration und des legal bzw. stated capital. Das Kapitalerhaltungssystem des Codes sieht eine innovative und bislang beispiellose Ausschüttungssperre vor, das einerseits ohne die Festsetzung eines Nennkapitals auskommt, sich andererseits aber nicht auf einen reinen Insolvenzschutz beschränkt. Anders als Nennkapitalsysteme bildet es einen flexiblen Kapitalpuffer, der mit zunehmender Größe des Gesellschaftsvermögens steigt und sich an der jeweiligen Finanzlage der Gesellschaft orientiert. Nach CCC § 500 bestehen zwei Alternativen für die Ausschüttung von Dividenden. Immer möglich ist nach CCC § 500(a) die Vornahme von Ausschüttungen aus den thesaurierten Gewinnen (retained earnings). Im übrigen ist eine Dividendenausschüttung nach CCC § 500(b) auch dann möglich, wenn zwei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: Das Gesellschaftsvermögen beträgt nach Vornahme der Ausschüttung mindestens 125 % des Gesamtbetrages aller Verbindlichkeiten, und das Umlaufvermögen deckt die laufenden Verbindlichkeiten. Wenn die durchschnittlichen Gewinne vor Zinsausgaben der letzten zwei Geschäftsjahre unter dem Durchschnitt der Zinsausgaben in diesem Zeitraum lagen, muß das Umlaufvermögen sogar mindestens 125 % der laufenden Verbindlichkeiten betragen. Als zusätzliche Schranke sieht CCC § 501 einen equitable insolvency test vor, der Ausschüttungen bei drohender Zahlungsunfähigkeit verbietet. Ferner verlangt CCC § 507 den Hinweis der Gesellschaft an die Aktionäre auf die Quelle der Ausschüttung, wenn diese nicht aus dem earned surplus vorgenommen wird. Damit erlegt das kalifornische Gesellschaftsrecht Dividendenausschüttungen deutlich höhere Restriktionen auf als die dem MBCA folgenden Bundesstaaten, bei denen die Finanzlage der Gesellschaft jenseits der Insolvenz keine Rolle spielt. Beachtung verdient auch, daß die restriktiven Bestimmungen des CCC § 500 entsprechenden Beschränkungen in den von Großkreditgebern verwandten Covenants nachgebildet sind.267 Ferner existieren die in anderen Bundesstaaten geltenden Ausnahmen für den Rückkauf eigener Aktien und für die Zahlung von nimble dividends nicht.

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Ackerman / Sterrett, UCLA. L. Rev. (1976), 1052, 1053, Fn. 7.

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d) Minnesota Der Minnesota corporation act sieht einen reinen equity insolvency test als Ausschüttungssperre vor und bleibt damit in seiner Reichweite deutlich hinter den vorstehend dargestellten Systemen zurück. Selbst der liberale MBCA wendet einen doppelten Insolvenztatbestand an. Der Ausschüttungsbegriff entspricht dem des aktuellen MBCA.268 Ausschüttungen durch die Gesellschaft sind durch ein am Erhalt der Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft orientiertes System objektiver und subjektiver Schranken beschränkt. Das board darf danach eine Ausschüttung nur beschließen, wenn es zuvor festgestellt hat, daß die Gesellschaft nach der Ausschüttung zahlungsfähig bleibt; für die Unrichtigkeit einer solchen Feststellung haften die directors, sofern sie diese positiv kannten.269 Die Feststellung der Ausschüttungsfähigkeit durch das board hat die Vermutung der Richtigkeit für sich, wenn sie im Einklang mit den Sorgfaltspflichten des Vorstands sowie auf der Basis von Finanzinformationen getroffen wurde, die gemäß Rechnungslegungsprinzipien oder sonstigen fairen Bewertungsmethoden nach Treu und Glauben erstellt wurden.270 3. Kapitalherabsetzungen Auch das US-Gesellschaftsrecht sieht sich dem Grunde nach mit dem Regelungsproblem einer Herabsetzung des Nennkapitals und der damit verbundenen Gläubigergefährdung konfrontiert.271 Ein entsprechendes Regelungsbedürfnis existiert freilich nur in Gesetzen, die den Ausweis eines Nennkapitals vorschreiben oder erlauben. Im aktuellen MBCA, der vollständig auf die Bildung eines Nennkapitals verzichtet, existieren daher keine Vorschriften zur Kapitalherabsetzung. Nach dem MBCA von 1959 und den Gesetzen der Bundesstaaten mit einem legal capital führt der einfachste Weg zu einer Kapitalherabsetzung über eine schlichte Änderung der articles of incorporation durch Herabsetzung des par value oder eine Umwandlung von Nennwertaktien in nennwertlose Aktien.272 Dies ist durch einfachen Beschluß des board und Zustimmung der Hauptversammlung mit absoluter273 bzw. Zwei-Drittel-Mehrheit 274 möglich. Minnesota. State. Annot. 302A.011(10). Minnesota State Annot. 302A.551, Subdivision 1 (a), (b). 270 Minnesota State Annot. 302A.551, Subdivision 2. 271 Cox / Hazen, § 21.14. 272 Model Bus. Corp. Act Ann. § 53(e), (h) (1959); Del. Gen. Corp. Law § 242(a)(3); NY Bus. Corp. Law § 801 (b)(10),(11), § 802(a); Minnesota 302A.131; siehe auch Cox / Hazen, § 21.16. 273 Del. Gen. Corp. Law § 242(b)(1); NY Bus. Corp. Law § 803(a); Minnesota 302A.135, Subd. 4. 274 Model Bus. Corp. Act Ann. § 54(c), (1959). 268 269

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Eine weitere Möglichkeit ist die Herabsetzung des stated capital in den articles of incorporation infolge einer Kraftloserklärung eingezogener (redeemed) oder zurückgekaufter Aktien.275 Ferner kann ein über dem Nennwert sämtlicher ausgegebener Aktien liegendes Nennkapital bis zur Höhe des Nennwertes aller Aktien herabgesetzt werden; im Falle nennwertloser Aktien kann ein freiwillig gebildetes Nennkapital unbegrenzt reduziert und zum Ausgleich von Fehlbeträgen eingesetzt werden.276 Gläubigerschutzvorschriften finden sich nur vereinzelt. In Delaware muß das nach Durchführung der Kapitalherabsetzung verbleibende Vermögen zur Bedienung der Verbindlichkeiten ausreichen277, während der RMBCA und das New Yorker Recht die Sicherstellung der Erfüllung vorrangiger Rechte der Inhaber von Vorzugsaktien sowie die Abdeckung des Nennwertes der außenstehenden Aktien zur Bedingung macht.278 Letzteres erscheint aus Sicht des deutschen Gesellschaftsrechts selbstverständlich, ist doch das Nennkapital der Gesellschaft nichts anderes als die Summe des Nennwertes der außenstehenden Aktien. Im US-Recht verbietet sich jedoch diese Gleichsetzung angesichts seiner Möglichkeiten, das Nennkapital nach oben hin unabhängig vom Nennwert der Aktien zu bestimmen. Ein gewisser Schutz ergibt sich ferner aus der in manchen Bundesstaaten anzutreffenden Pflicht, das durch die Kapitalherabsetzung freiwerdende Eigenkapital (reduction surplus) in die Kapitalrücklage einzustellen (capital surplus). Das earned surplus muß aufgezehrt sein, bevor Kapital aus dem capital surplus in das earned surplus überführt werden kann.279 Insgesamt bleibt das Niveau des Gläubigerschutzes, das von diesen Regelungen ausgeht, deutlich hinter dem des deutschen Rechts zurück. Zwar werden der Rückkauf von Aktien zur Einziehung sowie die nominelle Kapitalherabsetzung im wesentlichen gleich behandelt. Auch darf das zum Rückkauf eingesetzte Vermögen nur aus ausschüttungsfähigem Vermögen stammen, womit ein dem deutschen Recht vergleichbarer Schutz des Gesellschaftsvermögens bewirkt wird. Zusätzliche Gläubigerschutzvorschriften wie Beschränkungen bei der Gewinnausschüttung in Folgejahren oder die Pflicht zur Bildung von Reserven existieren jedoch nicht.280 Vor allem aber wird durch die Möglichkeit, per Satzungsänderung das Nennkapital in beliebigem Umfang zu reduzieren, die Garantie- und Schutzfunktion des Nennkapitals aus Gläubigersicht vollständig zur Makulatur. Indem es zur freien Disposi275 Vgl. Model Bus. Corp. Act Ann. §§ 61, 62; Del. Gen. Corp. Law § 244(a)(2); NY Bus. Corp. Law § 802(3). 276 Vgl. Model Bus. Corp. Act Ann. § 63; Del. Gen. Corp. Law § 244(a) (4); NY Bus. Corp. Law § 516(a)(2), (3). 277 Del. Gen. Corp. Law § 244(b). 278 Model Bus. Corp. Act Ann. § 63(e); NY Bus. Corp. Law § 516(b). 279 Vgl. die entsprechenden Regelungen des MBCA von 1959 in § 40, 41. 280 Vgl. §§ 225, 230, 233 AktG.

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tion des Vorstands und der Aktionäre gestellt wird, büßt das Nennkapitalsystem selbst in den noch dem traditionellen System verpflichteten Bundesstaaten weitgehend die Gläubigerschutzfunktion ein, zu der es ursprünglich geschaffen wurde. 4. Kapitalerhöhungen und Aktiendividenden (dividend stock) Kapitalerhöhungen lassen sich in den USA auf mehrfache Weise erreichen. Zu unterscheiden sind die effektive Kapitalerhöhung durch die Neuausgabe von Aktien sowie nominelle Kapitalerhöhungen durch die Ausschüttung von Aktiendividenden oder die bilanzielle Umschichtung von surplus in stated capital. Bei der effektiven Kapitalerhöhung führt die Unterscheidung im US-Gesellschaftsrecht zwischen den authorized (genehmigten) und den issued (ausgegebenen) stock in der Satzung zu Besonderheiten im Vergleich zum deutschen Recht. Eine Erhöhung des authorized capital wird im Wege einer Änderung der articles of incorporation vorgenommen. Die Erhöhung des issued capital geschieht demgegenüber durch die schlichte Ausgabe von Aktien und steht regelmäßig in der alleinigen Kompetenz des board, das sie ohne die Pflicht zur Einhaltung wesentlicher Verfahrens- und Formvorschriften beschließen kann.281 Nominell kann das Kapital durch eine bilanzielle Umwandlung jeglicher Arten von surplus in stated capital erhöht werden. Eine größere Rolle spielen in diesem Zusammenhang die Aktiendividenden (share dividends). Die unentgeltliche Ausschüttung von Aktien der Gesellschaft wird von den Aktiengesetzen als eine Dividendenausschüttung behandelt, obwohl ein Kapitalfluß von der Gesellschaft an die Aktionäre bei dieser Art von „Ausschüttung“ nicht stattfindet, sondern lediglich die Beteiligungsrechte der Aktionäre verwässert werden. 5. Rückkauf eigener Aktien Kauft eine Gesellschaft eigene Aktien von ihren Aktionären zurück, so stellt dies eine Ausschüttung von Gesellschaftsvermögen dar, die nicht durch eine entsprechende Gegenleistung gedeckt ist. Dies führt aus Gläubigersicht zu einer Verminderung der Haftungsmasse.282 Beim Rückerwerb eigener Aktien (reacquisition of stock) sind in den USA zwei Varianten zu unterscheiden: Der „freie“ Rückkauf (repurchase) und die redemption von Aktien.283 Anders als beim repurchase findet der Rückerwerb von Aktien im Rahmen der redemption gemäß einer vorab getroffenen vertraglichen Vereinbarung zwischen Aktionär und Gesellschaft statt.284 Eine Gesellschaft kann sich etwa in den articles 281 282 283

Cox / Hazen, § 16.13. Cox / Hazen, § 21.01. Gevurtz, S. 167 ff.

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of incorporation das Recht vorbehalten, Vorzugsaktien einer bestimmten Gattung zurückzukaufen. Nach dem Recht sämtlicher Bundesstaaten stellt der Aktienrückkauf eine Ausschüttung von Gesellschaftsvermögen an die Aktionäre dar, die dem jeweiligen Ausschüttungsbegrenzungsregime oder vergleichbaren Beschränkungen unterliegt.285 Im Gegensatz zur entsprechenden Regelung in § 71 AktG, die den Rückkauf eigener Aktien grundsätzlich verbietet, erklärt der RMBCA den Erwerb eigener Aktien grundsätzlich für zulässig.286 Da die Ausschüttungssperre aufgrund des umfassenden Ausschüttungsbegriffs unterschiedslos auf alle Varianten von Ausschüttungen anwendbar ist, unterliegt jedoch das zum Aktienrückkauf eingesetzte Gesellschaftsvermögen den einschlägigen Ausschüttungsbeschränkungen.287 In Delaware erklärt DGCL § 160(a) parallel zur zentralen Ausschüttungssperre des DGCL § 170 Aktienrückkäufe bei bestehender bzw. dadurch entstehender Unterbilanz für unzulässig. Kalifornien hat aufgrund des einheitlichen Ausschüttungsbegriffs ebenfalls kein Problem, den Rückkauf eigener Aktien sonstigen Ausschüttungen gleichzustellen. Folglich unterliegt er den Beschränkungen des CCC § 500. In New York dürfen eigene Aktien nach NYBCL § 513(a) nur aus einem vorhandenen surplus heraus erworben werden und auch nur dann, wenn dadurch nicht die Insolvenz der Gesellschaft herbeigeführt wird. Das Schicksal der zurückerworbenen Aktien ist unterschiedlich geregelt. Früher konnten die Aktien nach den Gesetzen der Bundesstaaten entweder für verfallen erklärt oder als treasury stock behandelt werden. Treasury shares gehören zu den ausgegebenen, aber nicht ausstehenden Aktien und können von der Gesellschaft jederzeit wieder verkauft werden, und zwar ohne die Beschränkungen, denen die Ausgabe junger Aktien unterliegt. Beispielsweise haben Aktionäre beim Wiederverkauf keine Bezugsrechte (preemptive rights). Ferner können treasury shares auch unter ihrem Nennwert veräußert288 oder als stock dividends unabhängig von der Vermögenslage der Gesellschaft ausgeschüttet werden.289 Der RMBCA behandelt zurückgekaufte Aktien schlicht als genehmigte, nicht ausgegebene Aktien (RMBCA § 6.31(a)). In den Bundesstaaten, die dem Konzept des stated capital folgen, sind treasury shares dagegen nach wie vor geregelt.290 Festzuhalten ist, daß das amerikanische Recht den Rückkauf eigener Aktien keinen besonderen Schranken unterwirft, sondern wie eine normale Ausschüttung behandelt; dies macht es im Vergleich zum deutschen Recht sehr viel liberaler. 284 285 286 287 288 289 290

Cox / Hazen, § 21.07. Cox / Hazen, §§ 21.02, 21.04. RMBCA § 6.31(a). RMBCA § 1.40(6), § 5.40. Vgl. Del. Gen. Corp. Law § 153(c). Model Bus. Corp. Act Annot., § 6.31, 6 – 184. NY Bus. Corp. Law § 515(a); § 153(c) Del. Gen. Corp. Law.

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6. Sanktionsvorschriften Der Wert eines Kapitalschutzsystems bemißt sich vor allem nach der Qualität der Durchsetzung seiner Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften. Wird dem Kapitalschutzgedanken in den USA auch relativ wenig Bedeutung beigemessen, so sind die für eine Verletzung der spärlichen, aber vorhandenen Kapitalschutzvorschriften angeordneten Sanktionen mit denen des deutschen Rechts vergleichbar und stehen ihnen nur unwesentlich nach.

a) Haftung für nicht oder nicht vollständig geleistete Einlagen Die Herleitung der Haftung von Aktionären wegen Verletzung ihrer Einlageverpflichtung stellte amerikanische Gerichte vor die Schwierigkeit, die Durchsetzung eines der Gesellschaft gegebenen Einlageversprechens auf Betreiben der Gesellschaftsgläubiger rechtlich zu begründen.291 Nach der „trust fund“-Theorie ist das Gesellschaftsvermögen treuhänderisch zugunsten der Gläubiger gebunden, so daß die Gesellschaft und im Insolvenzfall die Gläubiger selbst Anspruch auf Leistung der Einlagen haben.292 Gegen diese Theorie wurde eingewandt, daß das Gesellschaftsvermögen keines der typischen Merkmale einer Treuhand aufwies.293 1892 wurde sie daher vom Supreme Court von Minnesota verworfen und durch die „holding out theory“ ersetzt.294 Danach war die Grundlage der Haftung der Aktionäre gegenüber den Gläubigern für nicht geleistete Einlagen die Täuschung der Gläubiger über das (nicht vollständig vorhandene) Gesellschaftsvermögen. Sie wurde als abstrakter Vertrauensschutz konstruiert mit der Konsequenz, daß die Haftung erst mit der Insolvenz der Gesellschaft entstand und Altgläubiger, deren Ansprüche vor der Abgabe des Einlageversprechens entstanden waren, nicht geschützt waren.295 Nach heutiger Rechtslage besteht eine generelle Verpflichtung des Aktionärs zur Leistung des stated value der übernommenen Aktien bzw. des vom board individuell festgesetzten Zeichnungspreises.296 In den Bundesstaaten, die die Nennwertaktie abgeschafft haben, gibt es freilich nur noch eine vertragliche Verpflichtung zur Leistung der versprochenen Einlage und keine gesellschaftsrechtlich begründete Einlageverpflichtung mehr.297 Die Gesetze verhalten sich allerdings zumeist nicht zur Frage eines eigenen Klagerechts der Gläubiger. Dieses wird von den Gerichten in richterlicher Rechtsfortbildung unter der Voraussetzung zugelassen, daß die 291 292 293 294 295 296 297

Vgl. Cox / Hazen, §§ 17.03 ff. Lattin, S. 483 – 488. Manning / Hanks, S. 50 f. Hospes v. Northwestern Mfg. & Car Co., 48 Minn. 174, 192 ff. (Minn. 1892). Manning / Hanks, S. 51. Vgl. RMBCA § 6.22; Cox / Hazen, § 17.05. Vgl. Cal. Corp. Code §§ 409(b), 410, MBCA Ann. § 6.21(a), Ann. 6 – 94.

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1. Kap.: Die Entwicklung des institutionellen Gläubigerschutzes

Gesellschaft insolvent ist oder eine Klage der Gesellschaft aus anderen Gründen aussichtslos erscheint.298 b) Haftung für unzulässige Einlagenrückgewähr Haftungsregeln für eine unzulässige Rückgewähr von Einlagen bzw. unzulässige Dividendenzahlungen sind sowohl in den Aktiengesetzen als auch in den Gläubigerschutzgesetzen zu finden.299 Zu unterscheiden sind die Haftung des Vorstands, der die Ausschüttung beschlossen hat, und die Haftung der empfangenden Aktionäre. Während die Aktiengesetze in der Regel die Haftung der Mitglieder des board (directors) anordnen, geht es in den Gläubigerschutzgesetzen um die Haftung der Aktionäre. Die Aktiengesetze und der RMBCA ordnen eine gesamtschuldnerische Haftung der einer unzulässigen Ausschüttung zustimmenden directors gegenüber der Gesellschaft an.300 Die directors sind einander zum Ausgleich verpflichtet (contribution). Den in Anspruch genommenen directors stehen Rückgriffsansprüche gegen die Empfänger der Ausschüttung zu, sofern diese positiv von der Unzulässigkeit der Ausschüttung wußten.301 Einem director stehen als Einwände neben der business judgment rule die Berufung auf guten Glauben in die Richtigkeit der Bilanz und das sorgfältige Verhalten anderer directors zu.302 Ein dem § 93 Abs. 5 AktG vergleichbares Klagerecht der Gläubiger existiert in den meisten Bundesstaaten nicht.303 Eine Ausnahme bildet der DGCL, der sowohl die Gesellschaft als auch deren Gläubiger im Insolvenzfall für anspruchsberechtigt erklärt.304 Der Umfang der Erstattungspflicht variiert: Die älteren Gesetze und der NYBCL305 sehen eine der Höhe nach unbegrenzte Schadensersatzverpflichtung der directors gegenüber der Gesellschaft bzw. den Gläubigern vor, während heutige Gesetze die Erstattungspflicht überwiegend auf die Höhe des Betrages der unzulässigen Ausschüttung begrenzen.306

Kilpatrick Bros. V. Poynter, 205 Kan. 787, 795 f. (Kan. 1970); Cox / Hazen, § 17.07. Zu letzteren siehe unten § 2 B. III. 300 MBCA Ann. § 8.33(a); § 174(a) Del. Gen. Corp. Law; NY Bus. Corp. Law § 719(a). 301 Vgl. M.B.C.A Ann. § 8.33(b). 302 MBCA Ann. § 8.30. Zur business judgment rule vgl. Cox / Hazen, § 10.02. 303 Vgl. Planned Consumer Marketing, Inc. v. Coats & Clark, Inc., 127 A.D.2d 355, 369 (N.Y. App. Div. 1987). 304 Vgl. Del. Gen. Corp. Law §§ 162(a), 325. 305 Vgl. NY Bus. Corp. Law § 719(a). 306 MBCA Ann. § 8.33(a); Del. Gen. Corp. Law § 174(a). 298 299

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III. Gläubigerschutzgesetze Die zweite Säule des amerikanischen institutionellen Gläubigerschutzes sind die Gläubigerschutzgesetze (creditor protection laws).307 Sie sind thematisch dem Insolvenzrecht zuzuordnen, gehen in ihrer Reichweite durch die Anknüpfung an vor Eintritt der Insolvenz liegende Tatbestände jedoch darüber hinaus und sind damit den Anfechtungstatbeständen der deutschen Insolvenzordnung sowie des Anfechtungsgesetzes vergleichbar. Bei der Verhinderung übermäßiger Vermögenszuwendungen aus dem Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter kommt ihnen insofern Bedeutung zu, als sie vorhandene Schutzlücken in den corporation acts teilweise zu schließen vermögen. Insbesondere gewähren sie Gläubigern ein eigenes, unmittelbares Klagerecht gegen Aktionäre wegen unrechtmäßiger Ausschüttungen.308 Hervorzuheben sind die fraudulent conveyance acts der Bundesstaaten, die häufig auf dem Uniform Fraudulent Conveyance Act („UFCA“) basieren. Die fraudulent conveyance acts ermöglichen Gläubigern die Anfechtung bestimmter, typisierter Vermögenstransaktionen durch den Schuldner. Der Typisierung liegt eine gesetzliche Wertung zugrunde, wonach bestimmte Transaktionen unwiderleglich als betrügerisch (fraudulent) vermutet werden. Die Kategorien ähneln weitgehend den deutschen Anfechtungstatbeständen. Nach dem Grundtatbestand des UFCA § 4 können Gläubiger die Vermögenstransaktion eines Schuldners anfechten, die im Zustand der Insolvenz vorgenommen wird oder die Insolvenz des Schuldners herbeiführt, wenn sie nicht ohne faire Gegenleistung vorgenommen wird. Deutlich sichtbar ist seine Überschneidung mit den Insolvenztatbeständen der gesellschaftsrechtlichen Kapitalschutzregeln.309 Allerdings geht der UFCA noch einen Schritt weiter und begründet einen Sondertatbestand für Handelsgeschäfte (business transactions): UFCA § 5 erklärt Vermögenstransaktionen von Schuldnern im Rahmen ihres Gewerbes ohne faire Gegenleistung für anfechtbar, wenn das danach verbleibende Schuldnervermögen ein „unreasonable small capital“ darstellt. Die Ausfüllung dieses normativen Begriffs ist den Gerichten vorbehalten und ermöglicht damit eine flexible Entscheidung darüber, was im Einzelfall eine angemessene Vermögensausstattung darstellt. Die Vorschrift stellt der Sache nach eine Kodifikation des aus dem Recht der Durchgriffshaftung stammenden Gedankens der Unterkapitalisierung dar, angewendet auf den Spezialfall einer Einzeltransaktion. Der Vorteil dieser Vorschrift Vgl. Buxbaum, Am. J. Comp. L. (2002), 249, 252 f.; Merkt / Göthel, Rdn. 388. Cox / Hazen, § 20.26. 309 Clark, Harv. L. Rev. (1977), 505, 554 f. Dividendenzahlungen fallen unproblematisch unter diesen Tatbestand; subjektive Kenntnis der Aktionäre von der Insolvenz oder Bösgläubigkeit im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der Dividende sind keine Voraussetzungen, vgl. Cox / Hazen, § 20.26. 307 308

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gegenüber den corporation acts, die auf dem Schutz eines legal capital beruhen, wird aus Gläubigersicht schnell deutlich, wenn man sich die unterschiedliche Methodik der Systeme vergegenwärtigt. Die materiellen Kapitalschutzvorschriften gründen auf manipulationsanfälligen Bilanzierungsregeln; zudem schreiben sie keine Mindestkapitalausstattung vor und sichern nicht gegen Unterkapitalisierungen. Dagegen hat UFCA § 5 gerade die Sicherstellung einer materiell ausreichenden Kapitalausstattung im Blick. Das angesichts dieses Wertungskonflikts ins Blickfeld geratende Verhältnis zwischen beiden Rechtsmaterien ist noch nicht eindeutig geklärt. Teilweise werden Wertungswidersprüche befürchtet, die sich zu Lasten der mit den reformierten corporation acts angestrebten Flexibilisierung des Kapitalschutzrechts auswirken könnten, und somit ein Vorrang des Gesellschaftsrechts postuliert.310 Überzeugender erscheint es, im UCFA einen zusätzlichen Schutz zu sehen, der allen Gläubigern unabhängig davon zukommt, ob es sich bei der in Frage stehenden Transaktion um eine Dividendenauszahlung oder eine sonstige vermögensschädigende Maßnahme handelt.311 Es darf jedoch nicht übersehen werden, daß auch die Gläubigerschutzgesetze die Finanzierungsfreiheit der Gesellschafter unangetastet lassen und eine hinreichende Mindestkapitalausstattung der im Verkehr operierenden Gesellschaften nicht garantieren können.312 Eine Pflicht zur Zuführung frischen Kapitals ist eben nicht vorgesehen.313

IV. Das Recht der equitable subordination Das Recht der equitable subordination vermag Forderungen von Gesellschaftern aus Austauschgeschäften mit der Gesellschaft im Insolvenzfall in bestimmten Fällen den Forderungen der Gläubiger unterzuordnen und kommt damit dem deutschen Eigenkapitalersatzrecht nahe.314 Unterschieden wird zwischen unschädlichen bona fide Geschäften der Gesellschaft mit einzelnen Gesellschaftern und solchen Geschäften, die entweder den fairness standard verletzen oder aber die Gesellschaftsform zur Vermeidung persönlicher Haftung mißbrauchen („mere instrumentality with disregard of the corporate entity“). Der leading case zum fairness standard betraf einen Fall, in dem eine Muttergesellschaft versuchte, Forderungen gegen ihre Tochtergesellschaft aus konzerninternen Geschäften im Rahmen des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der TochGevurtz, S. 167. Clark, Harv. L. Rev. (1977), 505, 558. 312 Clark, Harv. L. Rev. (1977), 505, 560. 313 Clark, Harv. L. Rev. (1977), 505, 560. 314 Dies gilt insbesondere für die Neuregelung des Rechts der eigenkapitalersetzenden Darlehen durch das MoMiG, siehe dazu unten § 10 D. III. 2. 310 311

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tergesellschaft durchzusetzen.315 Der US Supreme Court sah die Forderung nur als nachrangig an, da die Tochtergesellschaft bewußt mit unzureichender Kapitalausstattung gegründet und allein im Interesse der Muttergesellschaft geführt worden war. Dieser Fall veranschaulicht, wie sehr die Konzepte des Haftungsdurchgriffs, des Eigenkapitalersatzes und der Einlagenrückgewähr im amerikanischen Recht ineinander übergehen. Dies ist darauf zurückzuführen, daß diese Institute dem Recht der equity und damit einem Teilgebiet des Rechts zuzuordnen sind, das auf die Bereitstellung des im Einzelfall gerechten Anspruchsinhalts zielt. So besitzt die Fallgruppe der Unterkapitalisierung Schnittstellen sowohl zum Haftungsdurchgriff316 als auch zum Recht der equitable subordination: Je nach dem Ausmaß der Unterkapitalisierung können die Gerichte das Privileg der Haftungsbeschränkung verweigern oder aber, als milderes Mittel, Gesellschafterforderungen im Rang hinter die Forderungen außenstehender Gläubiger zurückstufen. Dabei kann die Gewährung von eigenkapitalersetzenden Darlehen sogar als ausreichende Kapitalzufuhr angesehen werden, die die Aufrechterhaltung der Haftungsbeschränkung rechtfertigt.317 In diesen Zusammenhang gehört auch die Praxis amerikanischer Gerichte, die Rechtspersönlichkeit einer Muttergesellschaft aufzugeben, wenn diese zusammen mit ihrer Tochtergesellschaft in Insolvenz fällt. Unter bestimmten Voraussetzungen können in diesem Fall beide, sonst getrennte, Vermögensmassen konsolidiert und als einheitliche Haftungsmasse behandelt werden.318 Dem deutschen Recht ist diese Art der horizontalen Konzernhaftung durch die Konsolidierung der Vermögensmassen miteinander verbundener Unternehmen fremd.319

V. Bedeutung des Bilanz- und Kapitalmarktrechts für den Gläubigerschutz Die Bedeutung des amerikanischen Bilanzrechts für das in manchen Bundesstaaten verbliebene Kapitalschutzrecht erschöpft sich in der Errichtung der Ausschüttungssperre; dies ist eine der wenigen Gemeinsamkeiten mit dem deutschen Recht. Im übrigen ist es eine wichtige Grundlage für die Durchsetzung des Prinzips der Kapitalmarkttransparenz, die das gesamte amerikanische Unternehmensrecht beherrscht. Taylor v. Standard Gas & Electric Co., 306 U.S. 307, 315 ff. (U.S. 1939). Eingehend zum Haftungsdurchgriff im amerikanischen Recht („piercing the coporate veil“ oder „disregard of the coporate entity“) Cox / Hazen, § 7.08. 317 Hackney / Benson, U. Pitt. L. Rev. (1982), 837, 879 f. 318 Landers, U. Chi. L. Rev. (1975), 589, 629 – 51. 319 Vgl. aber die Rechtsprechung zum existenzvernichtenden Eingriff, nach der sowohl die Muttergesellschaft als auch deren Geschäftsführer für rechtswidrige Vermögensverschiebungen zu Lasten der Tochtergesellschaft einzustehen haben, BGH NJW 2005, 145 ff. und unten § 14 C. 315 316

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1. Kap.: Die Entwicklung des institutionellen Gläubigerschutzes

Im Gegensatz zum deutschen Recht besteht für die amerikanischen Handelsgesellschaften allerdings keine generelle gesetzliche Pflicht zur einheitlichen Bilanzierung nach dem im folgenden dargestellten amerikanischen Bilanzierungsstandard GAAP.320 Eine entsprechende Verpflichtung kann sich entweder aus der Satzung der Gesellschaft, aus Covenants-Vereinbarungen mit Gläubigern oder, für börsennotierte Gesellschaften, aus den amerikanischen Börsengesetzen ergeben.321 Für den besonderen Zweck der Ausschüttungsbemessung schreibt von den bedeutenden corporate acts lediglich der kalifornische die Anwendung von GAAP zwingend vor.322 Die übrigen corporate acts sowie der RMBCA stellen die Wahl der Bilanzierungsmethode in das Ermessen des board.323 Besteht somit in den USA keine einheitliche Bilanzierungspflicht als Grundlage der Ausschüttungsbemessung, so ist dennoch davon auszugehen, daß jedenfalls die meisten größeren amerikanischen Unternehmen, die ohnehin nach GAAP bilanzieren, diesen Standard auch für die Ausschüttungsbemessung verwenden. Dies ist wohl darauf zurückzuführen, daß sich die Gerichte bei der Frage nach der Zulässigkeit einer Ausschüttung meistens an GAAP orientieren.324 Die GAAP sind nicht kodifiziert. Die maßgeblichen Rechnungslegungsgrundsätze werden von der bundesstaatlichen Kapitalmarktaufsichtsbehörde SEC vorgegeben und von der nichtstaatlichen Organisation des Financial Accounting Standard Board (FASB) konkretisiert. Primäres Regelungsziel ist die Marktinformation: Nach dem „Statement of Financial Accounting Concepts No. 1“ ist das oberste Ziel der Rechnungslegung, zu einer effizienten Funktion des Kapitalmarktes und damit zu einer adäquaten Allokation knapper Ressourcen beizutragen.325 Zur Erreichung dieses Ziels soll die Rechnungslegung die für wirtschaftliche Entscheidungen relevanten Informationen liefern (decision usefulness).326 Nutznießer der Information sollen vor allem diejenigen Kapitalgeber sein, die selbst nicht die wirtschaftliche Macht besitzen, um die von ihnen benötigten Informationen vom Unternehmen zu verlangen und daher auf die vom Management zur Verfügung gestellte Information angewiesen sind.327 Dies seien insbesondere Publikumsaktionäre und Kleingläubiger mit geringer Macht zur unternehmerischen Einflußnahme.328 Anle320 Generally Accepted Accounting Principles, vgl. dazu umfassend Haller, S. 12 ff. Diese haben eine den deutschen „Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung“ entsprechende Funktion. 321 Haller, S. 20. 322 Cal. Corp. Code 500(b)(2). 323 Siehe die obigen Ausführungen zum RMBCA und den einzelnen Bundesstaaten. 324 Leutz / Deller / Stubenrath, Accounting and Business Research (1998), 111, 114. 325 Financial Accounting Standards Board, Statements of Financial Accounting Concepts (FASC) No. 1: Objectives of Financial Reporting by Business Enterprises, 1978 (CON 1 – 7), in: Original Pronouncements, Volume III, CON 1 – 1 ff. 326 FASB, FASC No. 1 CON 1 – 11. 327 FASB, FASC No. 1 CON 1 – 9 f. 328 FASB, FASC No. 1 CON 1 – 10.

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ger und Gläubiger werden damit nicht als verschiedene Gruppen mit gegensätzlichen Interessen betrachtet; vielmehr wird das gemeinsame Bedürfnis nach akkurater Information als wichtige Grundlage der Investitionsentscheidung herausgestellt. Der Gedanke, das Rechnungslegungsrecht zu Zwecken der Kapitalerhaltung zu instrumentalisieren, ist dem amerikanischen Recht fremd. Vielmehr werden sämtliche Bilanzzwecke dem Ziel der Ermöglichung informierter Investitionsentscheidungen untergeordnet.329 Dies gilt auch für den dem Vorsichtsprinzip entsprechenden Grundsatz des conservatism.330 Fair presentation ist das oberste Ziel, mit dem bilanzrechtliche Wahlrechte, die übermäßige Bildung stiller Reserven und Rücklagen konfligieren.331 Dem deutschen Imparitätsprinzip stehen die Prinzipien der reliability und neutrality gegenüber, die einer Verzerrung der Vermögenslage durch einseitige Über- oder Unterbewertung entgegenwirken.332 Diese Tendenz zu optimistischer Bewertung wird allerdings von manchen Bundesstaaten für die Erstellung der Ausschüttungsbilanz wieder korrigiert. In Kalifornien sind beispielsweise Wertaufholungen nur für handelbare Wertpapiere erlaubt333, und die Aktivierung des Firmenwertes und der Kosten für Forschung und Entwicklung ist ausgeschlossen.334 Ergänzt wird das Rechnungslegungsrecht durch eine Vielzahl strenger Publizitäts- und Insiderrechtsvorschriften für börsennotierte Unternehmen, die in dem Securities Act 1933 und dem Securities Exchange Act 1934 enthalten sind. Diese Vorschriften gehen weit über die Publizitätspflichten des WpHG hinaus. Im Zentrum steht die Generalklausel der Section 10(b) des Exchange Act und die dazu ergangene Rule 10b-5, der die doppelte Funktion eines Insiderhandelsverbots und einer zentralen Verbotsnorm gegen Anlegertäuschung zukommt. Sie verbietet Emittenten und Insidern die falsche Darstellung oder das Verschweigen wesentlicher Informationen.335 VI. Gründe für die amerikanische Entwicklung Das US-Gesellschaftsrecht besaß in seiner Frühzeit ein institutionelles Kapitalschutzsystem, das denen kontinentaleuropäischer Provenienz in Struktur und Wirkung weitgehend entsprach.336 Das gilt insbesondere für das Kapitalaufbringungs329 330 331 332 333 334 335 336

FASB, FASC No. 2 CON 2 – 1 f. FASB, FASC No. 1 CON 2 – 24. Baetge / Roß, S. 41 ff. FASB, FASC No. 1 CON 2 – 18 ff., 24 ff. Leutz / Deller / Stubenrath, Accounting and Business Research (1998), 111, 114. Cal. Corp. Code 500(c). Instruktiv Cox / Hazen, § 27.19. Diesen Befund stellt auch Bezzenberger (2005), S. 159 ff. heraus.

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recht mit seinen Prinzipien par value und consideration, die die Durchsetzung der Einlageverpflichtungen im Gläubiger- wie im Aktionärsinteresse ermöglichten. Positive Kapitalisierungsvorschriften, wie die Pflicht zur Aufbringung eines nennenswerten Mindestkapitals, waren dem amerikanischen Recht dagegen schon immer fremd. Die unzureichende Verankerung und dogmatische Fundierung der Kapitalaufbringungsvorschriften im amerikanischen Recht ermöglichte eine von der Rechtsprechung geduldete Praxis der Ausschüttung von low par und schließlich no par stock, die erst zur faktischen und endlich formalen Abschaffung dieser Stütze des Nennwertprinzips führte. Mit der Erosion des Kapitalaufbringungsrechts wurden die Weichen im US-Gesellschaftsrecht früh in Richtung eines nennkapitallosen Systems gestellt, das nicht nur auf die Pflicht zur Bildung eines Kapitalkissens zum Schutz der Gläubiger verzichtete, sondern mit der Aufgabe des legal capital-Prinzips auch die Erhaltung eines freiwillig gebildeten Nennkapitals nicht mehr konsequent verfolgte. In den Bundesstaaten, die weiterhin am legal capital-Konzept festhalten, ist dieses durch die Schaffung zahlreicher Ausnahmetatbestände und durch den Wegfall der Kapitalaufbringungssäule stark aufgeweicht worden. An die Stelle des Nennkapitalsystems trat eine das amerikanische Gesellschaftsrecht zunehmend durchdringende Publizitätsphilosophie, die auf Bundesebene mit den Securities Acts ihren Anfang nahm und sich später in den „blue sky laws“ der Bundesstaaten fortsetzte. Das Scheitern des amerikanischen Kapitalschutzrechts ist auch darauf zurückzuführen, daß ihm kein rechtspolitisches Gesamtkonzept zugrunde lag. Dies mag der Grund für seine plan- und richtungslos erscheinende Entwicklung sein. Umso bemerkenswerter ist es, daß der vorläufige Endpunkt der Entwicklung, die Preisgabe des Nennwertprinzips, in der amerikanischen Literatur einhellig begrüßt wurde. Heutzutage besteht Konsens darüber, daß das legal capital Gesellschaftsgläubigern bestenfalls einen fragwürdigen Schutz bietet, der durch die Vorzüge einer flexiblen Kapitalverfassung eindeutig überwogen wird.337 Am häufigsten wurde gegen das legal capital-Konzept eingewandt, daß es sein selbstgestecktes Ziel des Gläubigerschutzes verfehle, dabei jedoch Management und Aktionären signifikante Transaktionskosten aufbürde.338 Vor allem wurde auf die Unzulänglichkeiten eines im materiellen Gesellschaftsrecht angesiedelten Gläubigerschutzes hingewiesen. Als Mangel wurde die Leichtigkeit angesehen, mit der die durch das legal capital-System erzeugte Kapitalbindung durch die Aktionäre und das board umgangen werden konnte, deren Interessen konträr zu denen der Gläubiger verlaufen.339

337 338 339

Enriques / Macey, Corn. L. Rev. (2000), 1165, 1167. Peterson / Hawker, Akron L. Rev. (1997), 175, 197 f. Manning / Hanks, S. 28; Cox / Hazen, § 21.17.

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Das amerikanische Recht konnte sich den Verzicht auf das Kapitalschutzrecht auch deshalb leisten, weil es parallel zu seiner Abschaffung eine Reihe alternativer Gläubigerschutzinstrumente hervorgebracht hat.340 Die Einbußen an Aktionärsschutz durch den Wegfall der aktionärsschützenden Seite der Kapitalschutzvorschriften wurden durch den Ausbau der Publizitätsvorschriften sowie der fiduziarischen Pflichten des Managements kompensiert. Von amerikanischen Gerichten zuerkannte Schadensersatzansprüche wegen Verletzungen der Sorgfaltspflicht (duty of care) und der Loyalitätspflicht (duty of loyalty) sind zwar aufgrund des Schutzes des unternehmerischen Ermessensspielraums durch die business judgment rule selten, doch weitaus häufiger als auf Verletzungen des § 93 AktG gestützte Ansprüche in Deutschland. Kritiker der amerikanischen Entwicklung weisen allerdings darauf hin, daß die mit dem Wegfall des legal capital-Regimes entstandene finanzielle Flexibilität in der Praxis durch Zusatzvereinbarungen bilanztechnischer Art mit den Gläubigern oder in den corporate acts selbst wieder eingeschränkt werde, und das Niveau der faktisch bestehenden Ausschüttungsbegrenzung nicht weit von der des deutschen Kapitalschutzrechts entfernt sei.341 Diese Sichtweise springt indes zu kurz. Entscheidend ist die Erkenntnis, daß die verschiedenen Gläubigerschutzinstrumente des amerikanischen Rechts in der Summe im Ergebnis einen verglichen mit dem europäischen System ausreichenden, wenn nicht gar besseren Gläubigerschutz gewährleisten; dies belegt, daß ein effektiver Gläubigerschutz von der Existenz eines Kapitalschutzsystems europäischer Art unabhängig ist und insbesondere außerhalb des Gesellschaftsrechts gewährleistet werden kann.342 VII. Bedeutung des amerikanischen Rechts für die deutsche Rechtsentwicklung Die Bedeutung des amerikanischen Rechts für die deutsche und europäische Entwicklung im Bereich des Gesellschafts- und Gläubigerschutzrechts ergibt sich zum einen aus seiner möglichen Vorbildrolle. Den Protagonisten der Reformbewegungen in Europa bietet sich die seltene Chance, die geschichtliche Entwicklung des amerikanischen Rechts quasi im Zeitraffer betrachten zu können und damit einen möglichen Entwicklungspfad für das europäische Recht vorzuzeichnen. Wenig überzeugend ist die Auffassung, daß das Pfadabhängigkeitsphänomen einer parallelen Entwicklung entgegensteht und das europäische Recht dazu zwingt, seine besondere Richtung unverändert beizubehalten. 343 Vgl. Engert (2006), S. 743, 792 f.; Kübler (1989), S. 31 f. und unten § 3. Merkt, ZGR 2004, 305, 318 f.; Schön, ZGR 2000, 706, 727. 342 Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Engert, EBOR 2006, 789, 792 ff. nach einer Zusammenschau der verschiedenen institutionellen Gläubigerschutzinstrumente im amerikanischen Recht. 343 Siehe dazu unten § 7 B. VI. 340 341

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Zum anderen sollte in der Diskussion über den EU-weiten Wettbewerb der Regelungsgeber344 nicht vergessen werden, daß zumindest theoretisch auch von den USA ein unmittelbarer Anpassungsdruck auf das deutsche Gesellschaftsrecht ausgehen kann. Deutschland und die USA haben sich gegenseitig zur sog. Inländerbehandlung und Meistbegünstigung verpflichtet345; Gesellschaften, die im Gebiet eines Vertragsteils wirksam errichtet worden sind, sind im Gebiet des anderen Vertragsteil als Rechtssubjekt anzuerkennen.346 Der BGH hat daraus unter Berücksichtigung der in der Präambel vereinbarten Grundsätze der Meistbegünstigung und Inländerbehandlung schon vor der Aufgabe der Sitztheorie im Inland gefolgert, daß für in den USA gegründete und registrierte Gesellschaften beim Zuzug nach Deutschland die Gründungstheorie anzuwenden ist und diese Gesellschaften nach ihrem Gründungsrecht fortleben.347 Dieses Heimatrecht ist unter Berücksichtigung der ausländischen Rechtsprechung zu ermitteln.348 Ist damit beispielsweise eine Delaware corporation oder limited liability company mit Verwaltungssitz in Deutschland als rechtsfähig anzuerkennen, so hält das amerikanische Gesellschaftsrecht unmittelbar in Deutschland Einzug.

C. Vorläufige Bewertung des institutionellen Gläubigerschutzes I. Befriedigung des Gläubigerschutzbedürfnisses Das deutsche Kapitalschutzsystem läßt sich unter funktionalen Gesichtspunkten nur in Teilen als wirksames Gläubigerschutzinstrument rechtfertigen.349 Die Analyse in § 1 C. hat ein Bedürfnis nach gesetzlichem Schutz solcher Gläubiger zutage gefördert, die sich nicht selbst auf vertraglichem Weg schützen können. Damit war jedoch noch nicht die Erforderlichkeit gerade des Kapitalschutzsystems als Gläubigerschutzinstrument der Wahl belegt. Dazu mußte untersucht werden, ob und inwieweit dieses die herausgearbeiteten Schutzinteressen der Gläubiger adressiert und bewältigt. Es mußte sich insbesondere an seiner Fähigkeit messen lassen, das Bedürfnis nach der Sicherstellung einer adäquaten Eigenkapitalausstattung sowie der Verhinderung opportunistischer Verhaltensweisen des Schuldners zu befrieDazu bereits oben § 2 A. III. 2. Deutsch-Amerikanischer Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag vom 08. 10. 1923, wieder in Kraft gesetzt durch Gesetz vom 3. Juni 1953, BGBl. II 721 ff. 346 Vgl. Art. XXV Abs. V S. 2 des Abkommens. 347 BGH ZIP 2002, 1155 f. 348 Vgl. BGH NJW 2003, 2685 f. 349 Ein Rückgriff auf andere denkbare Rechtfertigungsgründe kommt daneben nicht in Betracht. Zwar diente das Kapitalschutzrecht historisch auch dem Aktionärsschutz; dieser ist jedoch in seiner Bedeutung längst hinter den Gläubigerschutzzweck zurückgetreten, siehe oben Fn. 96. Es scheint daher auch Einigkeit darüber zu bestehen, daß der Kapitalschutz wenn überhaupt nur als Gläubigerschutzinstrument zu rechtfertigen ist. 344 345

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digen. Es wurde gezeigt, daß der Fähigkeit des Kapitalschutzsystems dazu von vornherein enge Grenzen gesetzt sind, da diese Schutzziele in einem starken Spannungsfeld zu den immanenten Grenzen eines institutionellen Gläubigerschutzsystems liegen. Dies hat zur Konsequenz, daß das Ziel einer ausreichenden Eigenkapitalausstattung vom Kapitalschutzrecht nur ansatzweise durch das Mindestkapitalerfordernis und die gesetzliche Kapitalbindung verfolgt und insgesamt verfehlt wird. Bereits der grundsätzliche Ansatz des Kapitalschutzrechts – die Erhaltung einer betragsmäßig fixierten Mindesteigenkapitalziffer – ist nicht kongruent mit dem Gläubigerinteresse an der laufenden Sicherstellung einer risikoangemessenen Eigenkapitalquote. Eine Reform im System scheitert daran, daß dieses Interesse grundlegenden Prinzipien des Kapitalgesellschaftsrechts zuwiderläuft. Trotz vorhandener Erfahrungen mit gesetzlichen Rekapitalisierungspflichten in anderen Ländern wird dieses Konzept aus guten Gründen hierzulande nicht in Erwägung gezogen.350 Diskutiert wird allein eine Erhöhung des Mindestkapitals, der jedoch, wie erkannt wird, enge Grenzen gesetzt sind.351 Nicht zuletzt aufgrund ihrer mangelnden Fähigkeit zur Erhaltung einer jederzeit ausreichenden Kapitalausstattung wird auch das Insolvenzrisiko durch Kapitalschutzvorschriften nicht entscheidend gesenkt. Sie können die Insolvenz bestenfalls verzögern, greifen jedoch regelmäßig erst zu einem Zeitpunkt im Leben der Gesellschaft ein, in dem die Insolvenz ohnehin nicht mehr zu vermeiden ist. Einen wirkungsvollen Schutz bietet das Kapitalschutzsystem allein gegen eine Schädigung des Gesellschaftsvermögens durch übermäßige Ausschüttungen an die Gesellschafter; dieses auf der bilanziellen Ausschüttungssperre basierende Schutzsystem ist von der Existenz eines Mindestkapitalerfordernisses unabhängig.352 Dabei schießt es jedoch stellenweise, wie im Falle des § 71 a AktG, über das Ziel hinaus. Ferner erfaßt es nur einen von mehreren denkbaren Fällen opportunistischen Verhaltens.353 Die an eine vergangene bilanzielle Vermögenslage anknüpfenden Ausschüttungsvorschriften vernachlässigen zudem das Interesse der Gläubiger an der Solvenz der Gesellschaft. Insgesamt erweisen sich damit das Schutzniveau des geltenden Kapitalschutzsystems und das tatsächliche Schutzbedürfnis der Gläubiger als nicht kongruent. Mit seiner Ausschüttungssperre adressiert es einen Teil des spezifischen Risikos der Gruppe der Vertragsgläubiger, die eines gesetzlichen Schutzes am wenigsten bedürfen. Dagegen bietet es der besonders schutzbedürftigen Gruppe der unfreiwilligen Gläubiger nur einen geringen Schutz. Für die Legitimation dieses sehr breit angelegten, komplizierten und kostenintensiven Systems ist dies eine zu schmale Basis.354 350 351 352 353 354

Siehe dazu bereits oben § 1 D. I. Eidenmüller / Grunewald / Noack, S. 36 ff. Eidenmüller / Grunewald / Noack, S. 20. Ebenso Bezzenberger (2005), S. 291 f. Ähnlich Kuhner, ZGR 2005, 753, 761 f.

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1. Kap.: Die Entwicklung des institutionellen Gläubigerschutzes

Ist die Befriedigung der Gläubigerschutzziele durch zwingende kapitalschutzrechtliche Vorschriften jedoch von vornherein nur eingeschränkt möglich, so stellt sich die Frage, ob alternative Sicherungsinstrumente, für die diese Grenzen nicht gelten, nicht einen besseren Schutz bieten können.355 II. Kosten Den vergleichsweise geringen Vorteilen des Kapitalschutzsystems stehen hohe Kosten für die Gesellschaften und ihre Aktionäre gegenüber.356 Die Mindestkapital- und Kapitalaufbringungsvorschriften behindern und verteuern die Phase der Unternehmensgründung.357 Komplizierte Sacheinlagevorschriften mit ihrem Verbot der Einbringung künftiger Dienst- und Werkleistungen erschweren vor allem die Finanzierung von „start-up“-Unternehmen im Bereich der „new economy“, deren wichtigstes Kapital oftmals immaterielle Leistungen von beträchtlichem Wert sind.358 Im Gegensatz dazu erlaubt etwa der RMBCA die Einbringung derartige Gegenstände.359 Das Kapitalerhaltungsrecht verteuert und erschwert ferner sinnvolle Ausschüttungen von Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter. So können Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufe dem Kapitalmarkt wichtige Informationen vermitteln360, den Aktienkurs stabilisieren und überschüssige Liquidität an die Gesellschafter zurückgeben.361 Das an bilanzielle Buchwerte anknüpfende Kapitalschutzrecht steht Ausschüttungen jedoch selbst dann entgegenstehen, wenn das Unternehmen aktuell über eine Ausschüttungslage verfügt.362 § 71 AktG beschränkt Aktienrückkäufe trotz der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit der Vorgänge noch stärker als Dividendenausschüttungen und diskriminiert damit unnötig diese Form der Vermögensausschüttung.363 Dazu umfassend unten § 3 II. Bezzenberger (2005), S. 124 f., spricht demgegenüber von nur geringen Eingriffen in die Finanzierungs- und Handlungsfreiheit der Gesellschaft und ihrer Aktionäre, was in Widerspruch zu der von ihm festgestellten durchschnittlichen Bindung des Eigenkapitals von ca. 70% (!) und der Befunde dieser Untersuchung steht. Entgegen der Aussage Bezzenbergers (a.a.O., S. 124) ist das Kapitalschutzsystem wegen seiner strukturellen Defizite als Gläubigerschutzinstrument auch nicht in der Lage, seine Kosten durch die Erleichterung der Aufnahme von Fremdkapital zu kompensieren. Das für eine signifkante Senkung von Transaktionskosten erforderliche Maß an „Vertrauen“ in der Kreditbeziehung vermag es gerade nicht herzustellen. 357 Eidenmüller / Grunewald / Noack, S. 27 ff.; Mülbert / Birke, EBOR 2002, 696, 721 f., 731; Enriques / Macey, Corn. L. Rev. (2000), 1165, 1195. 358 Kübler (2000), S. 11.; Enriques / Macey, Corn. L. Rev. (2000), 1165, 1195 f. 359 Siehe oben § 2 B. II. 1. 360 Siehe unten § 7 B. III.; ferner Kübler (2000), S. 7; Enriques / Macey, Corn. L. Rev. (2000), 1165, 1196 f. 361 Davies, AG 1998, 345, 348; Enriques / Macey, 86 Corn. L. Rev. (2000), 1165, 1196. 355 356

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Funktional bietet das Kapitalschutzrecht ein für alle Gläubiger prinzipiell gleichwertiges Schutzniveau. Damit ist es zwar weniger anfällig für gewisse free rider- und Kollektivhandlungsprobleme.364 Diese undifferenzierte Gleichbehandlung vernachlässigt jedoch den Befund höchst unterschiedlicher Gläubigertypen mit einem mehr oder weniger großen Schutzbedürfnis und ist nur mit der Erwägung zu rechtfertigen, daß eine gesetzliche Differenzierung zwischen verschiedenen Gläubigergruppen nur schwer möglich ist. Sie ist mit Kosten verbunden, da die Vorteile des teuren Kapitalschutzsystems Gläubigergruppen zugute kommen, die ihrer nicht wirklich bedürfen. Diese Kosten könnten durch ein Gläubigerschutzsystem, das sich aus der Grundsicherung einer situativen, solvenzbasierten Ausschüttungssperre zusammensetzt und einen darüber hinausgehenden Schutz der individuellen Absicherung anheim stellt, vermieden werden. Auch wenn man das Nennkapitalsystem grundsätzlich beibehalten möchte, ist zu fragen, ob der präventiv-regulatorische Ansatz des deutschen Rechts, bei dem die Kontrolle der Kapitalaufbringung bereits in der Gründungsphase der Gesellschaft erfolgt, nicht unnötig hohe Kosten bei der Unternehmensgründung verursacht.365 Als Alternative bietet sich ein ex post-System mit nachträglichen Kontrollelementen an, bei dem Gesellschaften auch ohne Gründungskontrolle gegründet und eingetragen werden können. Die Kontrolle der Einhaltung der Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsvorschriften erfolgt dann erst nachträglich anläßlich von Nachforderungsprozessen vor oder in der Insolvenz. Im internationalen Vergleich finden sich präventive Gründungsprüfungen immer seltener.366 Die Praxis hat zudem ein Bedürfnis nach einer schnellen und einfachen Gründung und droht in Länder mit unkomplizierteren Verfahren auszuweichen.367 Erinnert sei an ein Enriques / Macey, 86 Corn. L. Rev. (2000), 1165, 1196. Enriques / Macey, 86 Corn. L. Rev. (2000), 1165, 1178 ff., 1197. Der RMBCA dagegen unterwirft Aktienrückkäufe den für Dividenden geltenden Beschränkungen und weist die alleinige Entscheidungskompetenz darüber dem board zu, vgl. oben § 2 B. II. 5. 364 Siehe unten § 7 B. IV. 365 Vgl. Kallmeyer, GmbHR 2004, 377, 379 f.; Bauer, S. 174; Eidenmüller / Grunewald / Noack, S. 29 f.; A. Teichmann, NJW 2006, 2444 ff. Zurückhaltend dagegen Pentz / Priester / Schwanna, S. 42, 69 f. 366 Auch das US-Recht kennt keine vorgelagerte Gründungsprüfung. Die Aufbringung der Einlagen ist keine Eintragungsvoraussetzung; soweit eine Pflicht zur realen Kapitalaufbringung überhaupt besteht, wird diese anläßlich von Nachforderungsprozessen durchgesetzt, siehe oben § 2 B. VI. 367 Vgl. A. Teichmann, NJW 2006, 2444, 2445. Dieses Bedürfnis hat auch der Gesetzgeber erkannt und stellenweise mit dem MoMiG aufgegriffen, vgl. S. 25 ff. des Gesetzesentwufs zum MoMiG (siehe oben Fn. 104). Kritisch dagegen Pentz / Priester / Schwanna, S. 84 ff. Unter Hinweis auf die höheren Haftungs- und Prozeßrisiken des nachträglichen Kontrollsystems halten sie das präventive System, bei dem Kosten nur einmal anfallen, für überlegen. Diese Bedenken verlieren allerdings mit dem Abbau der Mindestkapitalvorschriften an Gewicht und wären in einem nennkapitallosen System gänzlich hinfällig. Zur Unterscheidung zwischen ex ante- und ex post-regulatorischen Ansätzen aus rechtsökonomischer Sicht siehe unten § 7 B. V. 362 363

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1. Kap.: Die Entwicklung des institutionellen Gläubigerschutzes

historisches Beispiel für einen erfolgreichen Wechsel von einem System präventiver zu einem System nachträglicher Kontrolle in Deutschland: Im Jahre 1990 hob der Gesetzgeber die bis dahin geltende Genehmigungspflicht für inländische Unternehmensanleihen auf.368 Der Gesetzgeber erkannte, daß den Anleihegläubigern das Zahlungsrisiko nicht durch eine auf den Emissionszeitpunkt beschränkte Prüfungspflicht abgenommen werden kann.369 Es dürfte kein Zweifel daran bestehen, daß die an die Stelle der staatlichen Kontrolle getretene Kapitalmarktpublizität den Gläubigerschutz erheblich besser zu gewährleisten vermag. Vor einer ähnlichen Richtungsentscheidung steht auch der Gläubigerschutz: Auch hier drängt sich die Frage auf, ob ein präventiv-regulatorisches Kapitalschutzsystem mit seinem Schwerpunkt auf dem Gründungszeitpunkt angesichts der vielfältigen Möglichkeiten einer laufenden Kapitalkontrolle durch den Markt noch sinnvoll ist. In der Zusammenschau muß man feststellen, daß der Kosten-Nutzen-Vergleich gegen das geltende Kapitalschutzrecht ausfällt.

§ 3 Vom institutionellen Gläubigerschutz zum informationellen Selbstschutz Das amerikanische Recht hat in einem langen Prozeß viele der kapitalschutzrechtlichen Vorschriften beseitigt und statt ihrer alternative Sicherungsformen entwickelt. Daraus zu schließen, das amerikanische Recht räume dem Gläubigerschutzgedanken einen geringeren Stellenwert ein oder vernachlässige diesen gar, wäre jedoch verfehlt. Dieser Schluß wäre nur zulässig, wenn erwiesen wäre, daß sich effektiver Gläubigerschutz im wesentlichen nur mit den Mitteln des Kapitalschutzes bewerkstelligen ließe. Dieser Nachweis ist noch nicht gelungen. Vielmehr wird zunehmend zur Kenntnis genommen, daß durch andere Instrumente ein mindestens vergleichbares Schutzniveau erreicht werden kann, ohne die Gesellschaften mit einem komplizierten System von Mindestkapitalerfordernissen und Vermögensbindung zu überziehen.370 Auch innerhalb der EU hat sich im Zuge der EuGH-Rechtsprechung zur Niederlassungsfreiheit längst der Grundsatz durchgesetzt, daß nationale Schutzvorschriften grundsätzlich gegenseitig als gleichwertig anzuerkennen sind, unabhängig vom Ort ihrer Verankerung. Es kommt auf eine Gesamtschau der Schutzsysteme an.371 Schließlich findet sich in der amerikanischen Praxis nicht der geringste Hinweis für Probleme, die auf eine Beseitigung des Kapitalschutzmodells zurückgehen könnten.372

Weiterführend Baums, S. 970 ff. Vgl. die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung der Ausgabe von Schuldverschreibungen, BT-Drucks. 11 / 5830, S. 4 f. 370 Vgl. Kübler (1989), S. 30 ff.; Mülbert, EBOR 2006, 357 ff.; Engert (2006), S. 743 ff. 371 Riegger, ZGR 2004, 510, 523. 368 369

§ 3 Vom institutionellen Gläubigerschutz zum informationellen Selbstschutz

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I. Größere Rolle des informierten Selbstschutzes Hält man sich die amerikanische Entwicklung vor Augen, so erkennt man, daß mit dem Rückgang kapitalschutzrechtlicher Vorschriften eine kontinuierliche Weiterentwicklung sonstiger Gläubigerschutzinstrumente einherging. Darüber, ob diese Kompensation Bedingung für den Rückbau des Kapitalschutzrechts war373 oder nur aus der Not der Praxis nach alternativen Gläubigerschutzmodellen heraus geboren war, läßt sich trefflich streiten. Fest steht, daß sich das amerikanische Gesellschaftsrecht inzwischen in den meisten Bundesstaaten vollständig aus der Rolle des Gläubigerschutzes zurückgezogen und auf den Anlegerschutz beschränkt hat, so daß ein Bedürfnis nach alternativen Gläubigerschutzinstrumenten entstand.374 Einen hohen Stellenwert hat dabei der individuelle Selbstschutz der Gläubiger. Gläubiger, die sich vor einem opportunistischen Verhalten ihrer Schuldner schützen wollen, müssen dafür in den USA regelmäßig selbst auf vertraglichem Wege sorgen.375 Diese Art der Gläubigersicherung ist Gegenstand dieser Arbeit und könnte auch für die europäische Rechtsentwicklung vorbildhaft sein. Für ihre Entwicklung waren zwei Voraussetzungen notwendig. Zum einen mußte das Prinzip der Kapitalmarkttransparenz konsequent verwirklicht werden, was in den USA im wesentlichen geschehen ist.376 Damit wurde die notwendige informationelle Basis für einen effektiven Selbstschutz der Vertragsgläubiger geschaffen. Diese können ihre Entscheidung, mit dem Unternehmen zu kontrahieren, auf qualitativ wie quantitativ sehr viel verläßlichere Informationen stützen und auf informierter Basis selbst darüber entscheiden, in welchem Umfang sie Sicherheiten bedürfen. Der Wert, den die Vermittlung eines zutreffenden Bildes über die Vermögenslage der Gesellschaft aus Gläubigersicht besitzt, wird auch hierzulande immer stärker wahrgenommen.377 Mit der Lockerung des Kapitalschutzes nimmt diese Bedeutung weiter zu. Sieht man eine Funktion des Kapitalschutzes darin, durch die Schaffung eines „Schutzkissens“ Gläubigern die Untersuchung der Finanzlage des Schuldners zu ersparen und damit ihre Informationskosten zu senken378, so muß ein Abbau dieser Funktion durch eine Verbesserung der Kapitalmarkttransparenz ausgeglichen werden. 372 Kübler (1989), S. 57, der daraus schließt, daß der Kapitalschutz in den USA weitgehend überflüssig geworden ist. 373 Diese Erklärung scheint Kübler zu favorisieren, ZHR 1995, 550, 559. 374 Vgl. Engert (2006), S. 743, 792 ff. 375 Easterbrook / Fischel (1991), S. 25. 376 Allerdings bestehen auch hier noch Defizite, man bedenke nur das Fehlen einer generellen Rechnungslegungspflicht nach einem einheitlichen Bilanzierungsstandard. 377 Neben vielen Kübler, ZHR 1995, 550 ff. und Merkt, EBOR 2006, 95 ff. Für eine Verbesserung der Informationsqualität im System des Kapitalschutzrechts tritt Bezzenberger (2005), S. 142 ff. ein. Siehe auch oben § 2 A. II. 378 Zu dieser Funktion Miller (2000), S. 68 f.; Bezzenberger (2005), S. 108 ff.

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1. Kap.: Die Entwicklung des institutionellen Gläubigerschutzes

Ferner mußten die Vertragsparteien in den Stand gesetzt werden, auf der Grundlage der vorhandenen Informationen eine vertragliche Risikoallokation vornehmen zu können. Dafür wurden in der amerikanischen Finanzierungspraxis umfangreiche vertragliche Schutzklauseln, die Covenants, entwickelt, die eine individuelle Risikoverteilung zwischen Schuldner und Gläubiger und damit eine genaue Kontrolle des Ausfallrisikos ermöglichten; derartige Vereinbarungen finden auch hierzulande zunehmende Verbreitung. Die vertragliche Justierbarkeit des Ausfallrisikos ist letztlich die Voraussetzung dafür, daß die in den Kreditkonditionen enthaltene Risikoprämie von den Vertragsparteien in ein angemessenes Verhältnis zum verbleibenden Ausfallrisiko gesetzt werden kann und der Gläubiger somit eine risikoangemessene Vergütung erhält.379 Eine weitere Voraussetzung für den Durchbruch des vertraglichen Gläubigerschutzes in den USA war, daß sich die von der Praxis entwickelten vertraglichen Schutzklauseln einigermaßen reibungslos in die bestehende Rechtsordnung einfügen ließen und auch von der Rechtsprechung ohne große Hindernisse akzeptiert und durchgesetzt wurden. Auch diese Bedingung war in den USA gegeben. Zwar läßt sich nicht sagen, daß Covenants von der Rechtsordnung aktiv gefördert wurden; sie wurden aber jedenfalls nicht als ein Fremdkörper im System angesehen, den es zu bekämpfen galt. Entscheidend war, daß die Gerichte einer Inhaltskontrolle derartiger Schutzklauseln sehr zurückhaltend gegenüberstanden und sich ihrer Durchsetzung selten in den Weg stellten. Die für die Zukunft des informierten Selbstschutzes in Deutschland wichtige Frage, ob Covenants auch hierzulande auf den fruchtbaren Boden einer ihnen wohlgesonnenen Rechtsordnung fallen, ist noch nicht abschließend geklärt.380 Einen Beitrag dazu soll die vorliegende Arbeit leisten.

II. Alternative Sicherungsformen Soweit das Informationsmodell wegen der Natur des Anspruchs oder der Zugehörigkeit der Gläubiger zu einer Gläubigergruppe, die diese Informationen nicht verwerten kann, scheitert, muß damit noch nicht auf Elemente des Kapitalschutzes zurückgegriffen werden. Auch hier offenbart der Blick in die USA eine Vielzahl alternativer Gläubigerschutzinstrumente.

379 Allgemein zur vertraglichen Steuerung von Vertragsrisiken Eidenmüller (1997), S. 43 ff. 380 Eine eher kritische Bilanz zieht Eidenmüller (1997), S. 63 f. Er verweist auf die zivilrechtlichen Verhaltenspflichten von Kreditinstituten in der Krise des Schuldners, die sinnvolle Sanierungsstrategien der Gläubiger beeinträchtigen können.

§ 3 Vom institutionellen Gläubigerschutz zum informationellen Selbstschutz

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1. Durchgriffshaftung Erwogen wird ein Ausbau der Durchgriffshaftung mit dem Ziel einer Stärkung des Gläubigerschutzes insgesamt und als Alternative zum Kapitalschutzrecht. 381 Für eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Thema ist hier kein Raum382; im folgenden werden nur einige kurze Anmerkungen gemacht. In Fällen, in denen das Haftungsprivileg von Gesellschaftern mißbraucht und dadurch Gläubiger geschädigt werden, erscheint es naheliegend, den Gläubigerschutz durch eine konsequentere Anwendung der Rechtsfigur der Durchgriffshaftung durchzusetzen.383 Diese vermag negative externe Effekte des Haftungsprivilegs mindestens ebenso effektiv zu internalisieren wie der begrenzte Schutz des Kapitalschutzsystems.384 Des weiteren kommt ihr nach Ansicht vieler eine verhaltenssteuernde, prophylaktische Wirkung zu, da Gesellschafter aufgrund der Androhung persönlicher Haftung im Falle der Insolvenz zu einer ausreichenden Kapitalausstattung angehalten werden.385 Im Gegensatz zu Kapitalschutzvorschriften setzt diese Lösung gezielt am Grund des Gläubigerschutzbedürfnisses an, nämlich opportunistischen Verhaltensweisen des Schuldners. In den USA kommt Deliktsgläubigern eine hochdifferenzierte Durchgriffshaftung zugute, die in bestimmten Bereichen weit über die im deutschen Recht anerkannten Fallgruppen hinausgeht.386 Dazu gehört auch die in Deutschland umstrittene und von der Rechtsprechung bislang nicht anerkannte Fallgruppe der Unterkapitalisierung.387 Es sind gerade Fälle der Unterkapitalisierung, in denen die als besonders schutzbedürftig geltenden Deliktsgläubiger von Kapitalgesellschaften mit ihren Ansprüchen ausfallen. Weniger Hürden bestehen nach amerikanischem Recht auch beim Durchgriff der Gläubiger einer insolventen Muttergesellschaft auf das Vermögen der Tochtergesellschaft. Hier kann das Gericht eine Konsolidierung der Vermögensmassen anordnen, wobei allerdings die Interessen der Gläubiger der Tochtergesellschaft nicht beeinträchtigt werden dürfen.388 381 Vgl. insbesondere Hansmann / Kraakman, Yale L. J. (1991), 1879 ff., 1931 ff. m.w.N., die sich im Ergebnis sogar für eine unbegrenzte persönliche Haftung der Aktionäre für Deliktsansprüche aussprechen. 382 Nach Merkt / Spindler, S. 207 ff., ist die Durchgriffshaftung ein notwendiges Korrektiv der Haftungsbegrenzung, das aber mit einem Ausbau anderer Instrumente des gesellschaftsrechtlichen Gläubigerschutzes an Bedeutung verliere (S. 221). 383 Vgl. Hansman / Kraakman, Yale L. J. (1991), 1879, 1931 ff. 384 Vgl. zur ökonomischen Begründung der Durchgriffshaftung Lehmann, ZGR 1986, 345, 357 ff., 362. 385 Merkt / Spindler, S. 209. Daran zweifelt Mülbert, EBOR 2006, 357, 392 ff. angesichts der unsicheren Rechtslage. Eingehend zum verhaltenssteuerenden Moment der Durchgriffshaftung Schäfer / Ott, S. 99 m.w.N. 386 Vgl. Cox / Hazen, § 7.08; Merkt / Göthel, Rdn. 376 ff.; Merkt / Spindler, S. 207, 261 f. Einen Vorsprung des US-Rechts auf diesem Gebiet konstatiert auch Mülbert, EBOR 2006, 357, 392 ff. 387 Cox / Hazen, ebd.; Hackney / Benson, U. Pitt. L. Rev. (1982), 837, 883 ff.; vgl. zum deutschen Recht KK / Kraft, § 1, Rdn. 51; Hachenburg / Ulmer, Anh. § 30, Rdn. 4 ff.

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1. Kap.: Die Entwicklung des institutionellen Gläubigerschutzes

Dagegen steht der BGH dem Modell der Durchgriffshaftung sehr zurückhaltend gegenüber und hat es jüngst für den Fall des existenzvernichtenden Eingriffs wieder zugunsten eines deliktischen Haftungsmodells aufgegeben.389 Dies erscheint umso fragwürdiger, als der BGH in seiner Urteilsbegründung mehrfach auf die Schutzlücken des geltenden Kapitalschutzrechts und das dringende Bedürfnis nach einem weitergehenden Schutz des zur Befriedigung der Gläubiger erforderlichen Gesellschaftsvermögens hinweist.390 Dennoch verweist er die Gläubiger nunmehr auf einen deliktsrechtlichen Anspruch, der noch dazu als reine Innenhaftung ausgestaltet ist. Gegenüber der bisherigen Rechtsprechung bedeutet dies einen Rückschritt für den Gläubigerschutz. Ob nach diesem Urteil noch Raum für eine Durchgriffshaftung wegen Unterkapitalisierung der Gesellschaft bleibt, erscheint nun noch zweifelhafter denn je. 2. Haftung wegen Insolvenzverschleppung Ein weiterer wichtiger Unterschied zwischen dem deutschen und angelsächsischen Rechtskreis besteht im Hinblick auf den Zeitpunkt des Eingreifens von fiduziarischen Geschäftsführerpflichten zugunsten von Gläubigern im Vorfeld der Insolvenz. Im deutschen Recht ist dieser Zeitpunkt durch die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrages spätestens drei Wochen nach Eintritt der Insolvenz markiert; darüber hinaus bestehen keine besonderen Sorgfaltspflichten der Geschäftsführer gegenüber den Gläubigern in der Nähe zur Insolvenz.391 Dagegen schulden nach amerikanischem Recht die directors Gläubigern eine allgemeine Pflicht zur Rücksichtnahme auf ihre Interessen in oder bereits im Vorfeld der Insolvenz,392 und auch im englischen Recht gibt es mit der wrongful trading rule eine Insolvenzverschleppungshaftung, die zeitlich bereits vor dem Eintritt der Insolvenz einsetzt.393 In der deutschen Literatur wird bereits über eine zeitliche Vorverlagerung dieses Schutzes diskutiert.394 388 Vgl. aus der amerikanischen Rechtsprechung Stone v. Eacho, 127 F.2d 284, 288 (4th Cir. 1942); Merkt / Göthel, Rdn. 411. Das deutsche Recht ist dagegen zurückhaltend mit dem Durchgriff auf Tochtergesellschaften. Vgl. aber die oben zitierte Entscheidung des BGH NJW 2005, 145 ff. 389 Urteil vom 16. 07. 2007, II ZR 3 / 04, BGH ZIP 1552 ff. Siehe dazu die Ausführungen unten unter § 14 C. 390 BGH ZIP 2007, 1552, Rz. 19. 391 Siehe unten § 8 A. II. Eine Ausnahme bildet der in seinen Anforderungen an den subjektiven Tatbestand deutlich restriktivere § 826 BGB. Inwieweit sich dieser Zeitpunkt durch die geplante Neuregelung des § 64 Abs. 2 GmbHG in der Praxis nach vorne verlagert, bleibt abzuwarten (vgl. dazu im folgenden unter § 3 II. 3.). 392 „In the vicinity of insolvency“, vgl. umfassend mit Rechtsprechungsübersicht Sheinfeld / Pippitt, Bus. Law. (2004), 79, 88 ff. (2004). Der genaue Zeitpunkt der Beginn der Haftung ist indes unklar und strittig, vgl. unten § 8 A. II. 1. Kritisch daher Eidenmüller, EBOR 2006, 239, 246 f. 393 Geregelt in Section 214 des Insolvency Act 1986. Diese Art der Insolvenzverschleppungshaftung kann theoretisch bereits vor Eintritt der Insolvenz eingreifen. Geschäftsführer

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3. Solvenzschutz statt Kapitalschutz? Nicht zuletzt aufgrund der aufgezeigten Nachteile einer an einem Nennkapital orientierten bilanziellen Ausschüttungssperre erscheinen Ansätze vielversprechend, die stattdessen die Erhaltung der Solvenz, d.h. den Erhalt der Fähigkeit der Gesellschaft zur Begleichung fälliger Verbindlichkeiten, als Ausschüttungsbemessungsgrundlage in den Blick nehmen.395 Sie können sich auf positive Erfahrungen mit den in vielen US-Bundesstaaten geltenden solvency tests nach dem Muster des RMBCA stützen.396 Diese verhindern Ausschüttungen in für die Gläubiger besonders gefährlichen Zeiten eines Liquiditätsengpasses, ohne die Unternehmen mit zu hohen Kosten zu belasten und fallen auf den fruchtbaren Boden eines auch in Deutschland zu beobachtenden Trends zu einer Verbesserung des materiellen Kapitalschutzes gegenüber dem bilanziellen Kapitalschutz. Auch die Rechtsprechung stellt zunehmend materielle Finanzierungsregeln in den Vordergrund. Zu nennen ist hier nicht nur die Rechtsprechung zum existenzvernichtenden Eingriff, die geschädigten Gläubigern Ansprüche gegen den die Bestandsinteressen der Gesellschaft nicht respektierenden Gesellschafter gewährt.397 Haftungsgrund ist hier letzten Endes die schuldhafte Herbeiführung der Insolvenz der Gesellschaft.398 Auch der Wandel im Verständnis des durch §§ 30, 31 GmbHG geschützten Vermögens zeigt in diese Richtung.399 Allgemein ist ein Trend zugunsten situativer Ausschüttungsbegrenzungen zu beobachten, die das ausschüttbare Vermögen nach der aktuellen Vermögenslage in einer bestimmten wirtschaftlichen Situation bemißt.400 Für diese Art der Ausschüttungssperre spricht auch, daß die insolvenzprophylaktische Funktion der bilanziellen Ausschüttungssperre mit sinkenden Mindestkapitalvorschriften zunehmend an haften, wenn sie zu einem Zeitpunkt vor der Liquidation erkannt haben oder hätten erkennen müssen, daß es keine vernünftige Aussicht auf Vermeidung der Insolvenz gab (Abs. 2). Weitere Nachweise siehe unten Fn. 394. 394 Als Vorbild genannt wird das englische „wrongful trading“ Konzept (siehe oben Fn. 393), dessen gemeinschaftsweite Einführung von der EU-Kommission angestrebt wird (vgl. Aktionsplan v. 21. 05. 2003, Nr. 3.1.3); Mülbert, EBOR 2006, 357, 381 ff., 400 ff.; Eidenmüller, EBOR 2006, 239, 251. Es ist jedoch nicht eindeutig, ob dieses Konzept in der praktischen Anwendung tatsächlich zu einem früheren Zeitpunkt als das deutsche Recht eingreift, vgl. Karsten Schmidt (2006), S. 188, 201 f.; Wilhelmi, GmbHR 2006, 13, 17 ff. Karsten Schmidt (2006), S. 201 f., 206, spricht sich daher für eine Weiterentwicklung zu einer allgemeinen Insolvenzverschleppungshaftung aus. Kritisch gegenüber der Ausweitung der insolvenzbezogenen Haftung Wilhelmi, ebd. 395 Gute Übersichten über den Diskussionsstand bei Veil (2006), S. 91 ff.; Pellens / Sellhorn, S. 451 ff.; Schön, EBOR 2006, 181 ff. 396 Dazu bereits unten § 2 B. I. 4. und § 2 B. II. 1. 397 In „Trihotel“, BGH ZIP 1552, Rz. 24, hat der BGH ausdrücklich das Versagen des bilanziellen Kapitalschutzes nach den §§ 30, 31 GmbHG als Haftungsgrund betont. 398 Dazu unten § 14 C. 399 Vgl. dazu die Ausführungen oben § 2 A. I. 3. 400 Kuhner, ZGR 2005, 753, 776 f.

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1. Kap.: Die Entwicklung des institutionellen Gläubigerschutzes

Bedeutung verliert, der Schutz vor opportunistischem Verhalten der Gesellschafter aber genauso gut oder effektiver durch situative Ausschüttungssperren geleistet werden kann.401 Im Mittelpunkt der Diskussion steht das Modell eines Solvenztestes, das 2004 – als Gegenentwurf zum Kapitalsicherungsmodell – von einer britischen Expertengruppe vorgeschlagen wurde.402 Dieses ist jüngst noch einmal präzisiert worden.403 Nach dem Entwurf sollen das Nennkapital, das Agio und andere gebundene Kapitalrücklagen nicht mehr als Ausschüttungssperre fungieren, sondern können nach Maßgabe eines zweistufigen Solvenztestes grundsätzlich frei an die Gesellschafter ausgeschüttet werden. Als erste Voraussetzung muß zu erwarten sein, daß die Gesellschaft für die voraussehbare Zukunft in der Lage sein wird, ihre Verbindlichkeiten zu begleichen. Zweitens muß die Gesellschaft mit Blick auf ihre Vorhaben und Ressourcen, mit denen nach Einschätzung der Geschäftsleitung wahrscheinlich zu rechnen ist, in dem der Ausschüttung folgenden Geschäftsjahr in der Lage sein, ihre Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen. In beiden Tests ist der gewöhnliche Gang der Geschäfte zugrunde zu legen. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist von der Geschäftsleitung in einer Solvenzbestätigung (solvency certificate) zu erklären. Abgesichert wird dieser Solvenztest durch eine vergangenheitsbezogene bilanzielle Kontrolle; soweit die Gesellschaft danach über kein Nettovermögen verfügt, ist eine Ausschüttung an das weitere Erfordernis geknüpft, daß die Geschäftsleitung die Ausschüttung besonders begründet. Auch die von der EU-Kommission eingesetzte High-Level-Group hat einen Solvenztest als alternative Ausschüttungsbegrenzung zum Nennkapitalsystem angeregt.404 In der deutschen Literatur wird situativen Ausschüttungssystemen dagegen immer noch starke Skepsis entgegengebracht.405 Trotz der bestehenden Vorbehalte, und wohl in erster Linie als Reaktion auf die vielfach kritisierte Doppelbelastung deutscher Unternehmen durch die Pflicht zur Bilanzierung nach HGB und IFRS, soll nach einem an Boden gewinnenden Reformvorschlag ein Solvenztest ergänzender Bestandteil einer auf einem IFRS-Abschluß basierten Ausschüttungsbemessung sein.406 Die Novellierung des § 92 AktG und des § 64 Ausführlich Haas (2006a), S. 127 ff., 141. Rickford (2004a), S. 59 ff. 403 Rickford, EBLR 2004, 916 ff. und ders., EBOR 2006, 135, 171 ff. 404 Bericht der High-Level-Group (siehe Fn. 188), S. 94 ff. 405 Vgl. etwa die Kritik Bezzenbergers (2005), S. 191 ff., der hauptsächlich auf die Unsicherheiten verweist, die mit den im Rahmen eines Solvenztests anzustellenden Bewertungen und Prognosen verbunden sind. Kritisch zum Vorschlag der Rickford-Gruppe auch A. Teichmann, NJW 2006, 2444, 2447. Skeptisch auch Veil (2006), S. 91 ff. Vgl. aber Haas (2006a), S. 133 ff., der dem Argument einer größeren Unwägbarkeit situativer Ausschüttungssperren im Vergleich zu bilanziellen entgegentritt. 406 Hierfür spricht sich der Arbeitskreis „Kapital in Europa“ aus. Danach sollen Ausschüttungen auch auf der Grundlage einer IFRS-Bilanz erlaubt sein, wenn die Ausschüttung zusätzlich neben dem herkömmlichen bilanziellen Ausschüttungstest auch einen Solvenztest 401 402

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GmbHG durch das MoMiG greift diese Anregungen zum Teil auf und führt eine Haftung des Vorstands bzw. Geschäftsführers für Vermögensausschüttungen ein, die zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mußten.407 Im Ergebnis bedeutet dies, daß Geschäftsführer geplante Ausschüttungen künftig zunächst einem Solvenztest unterziehen müssen. 4. Sonstige Schutzinstrumente Für Warenlieferanten und Erbringer von Dienstleistungen steht in den USA eine große Palette an modernen Sicherungsinstrumenten zur Verfügung, deren Effektivität und Flexibilität von den hierzulande vorhandenen Sicherungsmitteln wie dem Eigentumsvorbehalt, der Sicherungsübereignung und dem Pfandrecht nicht erreicht werden dürfte.408 Im übrigen ist zu fragen, ob dem Ausfallrisiko von Deliktsgläubigern nicht besser mit Pflichtversicherungen in besonders riskanten Branchen begegnet werden kann als mit Mindestkapitalerfordernissen.409 Für Gläubigergruppen, die typischerweise einem hohen Ausfallrisiko unterliegen und sich nur schwer durch eigene Anstrengungen schützen können, existieren darüber hinaus auch im deutschen Recht Schutzinstrumente wie Insolvenzvorrechte (vgl. §§ 49 ff. InsO) und gesetzliche Pfandrechte (z. B. §§ 647 f. BGB).

III. Bedürfnis nach einer Umkehrung der Privilegierung von Fremdkapital- gegenüber Eigenkapitalgebern Es entspricht einer verbreiteten Meinung, daß das deutsche Recht dem Gläubigerschutz eine tendenziell größere Bedeutung beimißt als dem Schutz von (Eigenkapital-)Investoren.410 Auch wenn diese Aussage in ihrer Pauschalität angesichts

erfüllt, vgl. Lutter (2006), S. 11; ausführlich Veil (2006), S. 112 f. und Pellens / Sellhorn (2006), S. 484 ff. Mit dem Festhalten an einer bilanziellen Ausschüttungssperre bleibt dieser Vorschlag jedoch hinter der von der Rickford-Gruppe vorgeschlagenen Deregulierung des Ausschüttungsregimes zurück. Die grundsätzlichen Bedenken gegen eine bilanzielle Ausschüttungssperre treffen – wenn auch in verminderter Form – auch bei einer IFRS-basierten Ausschüttungsbegrenzung zu. 407 Siehe S. 46 f. des Gesetzesentwurfes des MoMiG (siehe oben Fn. 104). 408 Das ist das Recht der sog. Secured Transactions, vgl. dazu ausführlich White / Summers, UCC, Chapter 30. 409 Grundmann, ZGR 2001, 783, 819 etwa sieht in dieser Form der Gläubigerabsicherung ein milderes Mittel. Insgesamt ist der Bereich der Haftpflichtversicherungen in den USA stärker ausgebaut als in Deutschland, vgl. Kübler, ZHR 1995, 550, 559. Mülbert, EBOR 2006, 357, 391, weist zudem auf vorhandene Pflichtversicherungen im deutschen Arbeits- und Bankrecht hin; hier vertraue der deutsche Gesetzgeber offensichtlich nicht auf den Kapitalschutz als Gläubigersicherung.

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1. Kap.: Die Entwicklung des institutionellen Gläubigerschutzes

der Komplexität der dafür maßgeblichen Faktoren nur schwer zu belegen sein dürfte, sprechen zumindest schwerwiegende Indizien für die Unterentwicklung des Anlegerschutzes und der Kapitalmarkteffizienz in Deutschland.411 So ist der Kapitalmarkt in Deutschland im Vergleich zu anderen Industrienationen immer noch relativ klein, da Unternehmen sich hauptsächlich durch Thesaurierungen und Fremdkapital refinanzieren und der Bankensektor nach wie vor über großen Einfluß in den Unternehmen verfügt.412 Ferner ist der Anteil der im Streubesitz befindlichen Unternehmen vergleichsweise gering und die Konzentration von Anteilsbesitz hoch.413 In die gleiche Richtung deuten die relativ geringe Börsenkapitalisierung börsennotierter deutscher Unternehmen und der statistisch gesehen niedrige Anteil des Eigenkapitals an der Bilanzsumme (Eigenkapitalquote). 414 Eine mögliche Erklärung für diese Phänomene ist ein vergleichsweise unterentwikkelter Aktionärsschutz.415 Man mag sich fragen, was ein schwacher Schutz der Eigenkapitalgeber mit dem hier auf dem Prüfstand stehenden Kapitalschutzmodell zu tun hat. Es liegt der Ein410 Rudolf in Habersack / Mülbert / Schlitt, § 1, Rdn. 1 ff.; La Porta / López-de-Silanes / Schleifer / Vishny, J. Polit. Econ. (1998), 1113, 1116, 1151, führen anhand einer selektiven Auswahl an Schutzinstrumenten den Nachweis, daß der Schutz von Anlegern im angelsächsischen Rechtskreis stärker ausgebaut ist, während kontinentaleuropäische Länder einen relativ größeren Gläubigerschutz besitzen. 411 Überblick bei Assmann in GroßkommAktG, Einl. Rdn. 480 ff. Einen Wandel der deutschen Finanzierungskultur und eine tendenzielle Verbesserung der Kapitalmarktbedingungen konstatiert jedoch Rudolf in Habersack / Mülbert / Schlitt, § 1, Rdn. 1 ff. 412 Rudolf in Habersack / Mülbert / Schlitt, § 1, Rdn. 1 ff.; 30 ff. Edwards / Fischer, S. 49 ff., 228 ff.; speziell zur Stimmrechtsmacht der Banken Baums / Fraune, AG 1995, 97, 101 ff., 109 ff. Seit dem Rückzug der Banken aus dem Depotstimmrecht und der Einführung des „proxy-voting“ durch von der AG benannte Vertreter in § 134 III 3 AktG dürfte die Stimmrechtsmacht jedoch deutlich zurückgegangen sein, vgl. den Bericht des BMJ über die Stimmrechtsausübung in börsennotierten Aktiengesellschaften in Deutschland seit Inkrafttreten des NaStraG, abgedruckt unter www.bdi-online.de / Dokumente / BMJ(1).pdf. 413 Roth / Wörle, ZGR 2004, 565, 594 f.; Edwards / Fischer, S. 194 f.; vgl. auch Roe, S. 241, 249 ff., der zur Begründung neben rechtlichen auch auf die besonderen politischen Rahmenbedingungen in Deutschland verweist. 414 Eingehend zur Entwicklung der Kapitalstruktur in deutschen Unternehmen und der Schwäche des deutschen Kapitalmarktes als möglichem Erklärungsfaktor Bezzenberger (2005), S. 39 ff., 50 ff. Er weist allerdings zu Recht darauf hin, daß die Qualität des Kapitalmarktes den Trend zu immer niedrigeren Eigenkapitalquoten allein nicht erklären kann (S. 51 ff.). Eine entscheidende Rolle spielt auch, daß die Unternehmen durch die verstärkte Aufnahme von Fremdkapital ihre Finanzstruktur planmäßig in Richtung eines höheren Leverage zu beeinflussen suchen, um damit ihre Ertragschancen zu steigern. Die hohe Nachfrage nach Fremdkapital wurde in den letzten Jahren – bis zum Aufkommen der Finanzmarktskrise 2007 – durch ein kaum zu sättigendes Angebot an günstigen Krediten weiter befördert. 415 La Porta / López-de-Silanes / Schleifer / Vishny, J. Polit. Econ. (1998), 1113, 1116. Nicht vergessen werden darf aber die Rolle der Unternehmensstruktur in Deutschland, die vor allem von mittelständischen Unternehmen mit nur eingeschränktem Zugang zum Kapitalmarkt geprägt ist, vgl. Hutter in Habersack / Mülbert / Schlitt, § 1, Rdn. 31 ff.

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wand nahe, daß wenn das deutsche Kapitalschutzmodell Gläubigern nicht viel nützen mag, es ihnen und anderen Akteuren auch keinen Schaden zufügt.416 Das ist indessen zweifelhaft. Vielmehr zeigt sich, daß institutioneller Gläubigerschutz und Anlegerschutz in einem Spannungsfeld zueinander stehen und der gesetzliche Schutz der Interessen der einen Gruppe auf Kosten der Interessen der jeweils anderen Gruppe geht.417 Das strikte Regime der Kapitalaufbringung und -erhaltung beeinträchtigt die Interessen der Gesellschaft und ihrer Anteilseigner, indem es die Aufbringung von Eigenkapital erschwert und verteuert. Darüber hinaus behindern die komplizierten Ausschüttungsbeschränkungen und das Verbot des Erwerbs eigener Aktien sinnvolle Rückzahlungen an die Aktionäre.418 Dadurch wird nicht nur die Attraktivität des Unternehmens aus Aktionärssicht gemindert, sondern auch dem Entstehen eines liquiden Marktes für rasche Refinanzierungen entgegengewirkt. Dieser Kreislauf führt zu einer relativ geringen Attraktivität der Eigenkapitalfinanzierung und begünstigt eine Kultur der Unternehmensfinanzierung durch die Aufnahme von Fremdkapital und der Thesaurierung von Gewinnen.419 Demgegenüber regt das amerikanische Gesellschaftsrecht durch die hohe Flexibilität seiner Finanzverfassung auf vielfältige Weise zur Aufnahme von Neukapital und zu Dividendenausschüttungen an. Diese Flexibilität sorgt zwar für einen vitalen Kapitalmarkt, kann aber zu Lasten der Gläubiger gehen, die sich nicht uneingeschränkt auf die Erhaltung der Substanz der von den Aktionären eingebrachten Einlagen verlassen können.420 Die Wechselbeziehung zwischen Gläubiger- und Aktionärsschutz bringt den Gesetzgeber in einen Regelungszielkonflikt. In den USA wurde dieser zugunsten der Kapitalmarkteffizienz und eine Verlagerung des Schwerpunkts auf den Anlegerschutz gelöst.421 Neben der Aussicht auf eine Stärkung des unterentwickelten Eigenkapitalsektors sprechen gute Gründe für eine ähnliche Richtungsentscheidung in Deutschland. Zum einen steht den großen Vorteilen einer flexiblen und effizienten Unternehmensfinanzierung ein vergleichsweise geringer Verlust an Lutter (2006), S. 1, 3; Matschke, DBW 1981, 553, 556. In diesem Sinne Engert (2006), S. 743, 792 ff., der zwischen zwei Regelungsansätzen unterscheidet: Dem „europäischen“ einer Unternehmensverfassung, die den Interessen der Gläubiger Rechnung trägt; und dem „amerikanischen“ Ansatz, der die Unternehmensorganisation ausschließlich auf die Gesellschafterinteressen ausrichtet und den Gläubigerschutz anderen Rechtsgebieten überläßt. 418 Bezzenberger (2005) führt dagegen an, daß im Durchschnitt „nur“ etwa 70 % des Eigenkapitals der deutschen Aktiengesellschaften gebunden sind und 30% für Ausschüttungen an die Aktionäre zur Verfügung stehen (S. 67, 122 f.). Er räumt jedoch selbst ein, daß die gesetzliche Kapitalerhaltung im Einzelfall zu einer Bindung überflüssigen Eigenkapitals führen kann, die nur durch eine aufwendige und komplizierte Kapitalherabsetzung nach den §§ 222 ff. AktG aufgehoben werden kann (S. 123 f.). 419 Dazu umfassend Kübler (1989), S. 55 ff. 420 Kübler (1989), S. 56 f. 421 Kübler (1989), S. 57; ebenso Engert (2006), S. 743, 792 ff. 416 417

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1. Kap.: Die Entwicklung des institutionellen Gläubigerschutzes

Gläubigerschutz gegenüber.422 Zum anderen spricht einiges für die Annahme, daß Anleger ein generell größeres Schutzbedürfnis aufweisen als Gläubiger.423 Während die Forderungen der Gläubiger zeitlich „befristet“, der Höhe nach begrenzt und im Insolvenzfall bevorzugt sind, sind Beteiligungsrechte unbefristet, auf Gewinnbeteiligung angelegt und mit einem höheren Insolvenzrisiko behaftet. Dies hat einen wesentlich ausgeprägteren Prinzipal-Agenten-Konflikt zur Folge als zwischen Gläubigern und Managern.424 Großgläubiger besitzen darüber hinaus ein größeres Interesse an einer Überwachung des Schuldners und können diese weitaus kostengünstiger leisten als die Aktionäre. Dies liegt darin begründet, daß ihnen die Vorteile einer solchen Überwachung unmittelbar zugute kommen, während Aktionäre wegen des Kollektivhandlungsproblems keinen solchen Anreiz haben.425 Das Potential für eine mit Mitteln des Gesellschaftsrechts erzielbare Senkung der Agenten-Kosten dürfte daher innerhalb des Konflikts zwischen Aktionären und Geschäftsleitern höher sein als im Verhältnis zwischen Geschäftsleitung und Gläubigern.

IV. Vorteile einer Trennung von Gesellschaftsund Gläubigerschutzrecht Hält man sich das amerikanische Recht vor Augen, so erscheint die Ansiedelung zwingenden Gläubigerschutzrechts im deutschen Gesellschaftsrecht alles andere als selbstverständlich. In den USA werden das materielle Gesellschaftsrecht und das Gläubigerschutzrecht weitgehend getrennt voneinander behandelt. Aufgabe des materiellen Gesellschaftsrechts ist die Regelung der Binnenordnung der Gesellschaft. Gläubigerschutz hat damit nichts zu tun und wird von anderen Rechtsgebieten wahrgenommen. Wichtige Gläubigerschutzinstitute wie das Recht der equitable subordination sind im Insolvenzrecht bzw. dem Uniform Fraudulent Transfer Act geregelt. Dagegen sind im deutschen Recht die innere Verfassung und Organisation der Gesellschaft eng mit dem Schutz ihrer Gläubiger verknüpft. Besonders augenfällig wird dies am systematisch eigentlich dem Insolvenzrecht zuzuordnenden, aber in den §§ 32 a, b GmbHG geregelten Eigenkapitalersatzrecht. 426 Auch das komplexe Haftungssystem für die unzulässige Rückgewähr von Einlagen und die im VerA.A. Bezzenberger (2005), S. 124 f. So Kübler (1989), S. 58. 424 Dazu umfassend unten § 8 A. Zum Prinzipal-Agenten-Konflikt im allgemeinen siehe § 6 C. V. 425 Eidenmüller / Engert, GmbHR 2005, 433, 434; Posner, Chic. L. Rev. (1976), 499, 501 f.; Easterbrook / Fischel, U. Chi. L. Rev. (1985), 89, 100 f. Dieser Unterschied relativiert sich freilich in dem Maße, in dem sich der Anreiz für Gläubiger zur Kontrolle des Schuldners wegen Kollektivhandlungsproblemen verringert. Dazu unten § 6 C. VI. und § 8 B. IV. 2. 426 Diese Rechtslage wird sich freilich durch das MoMiG ändern, siehe unten § 10 D. 422 423

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gleich dazu eher unterentwickelten fiduziarischen Pflichten des Managements gegenüber den Aktionären sind Ausdruck dieses grundsätzlich unterschiedlichen Ansatzes. Die Nachteile der Bündelung so unterschiedlicher Aufgaben im Gesellschaftsrecht sind unübersehbar. Ein Beispiel ist die gescheiterte Rechtsprechung zum qualifizierten faktischen Konzern, die die Grenzen des Versuchs offenbart hat, vorhandene Lücken im Gläubigerschutz effektiv mit Mitteln des Gesellschafts- bzw. Konzernrechts zu schließen.427 Der BGH hat sich mit seinem neuen Modell der Existenzvernichtungshaftung aus guten Gründen dafür entschieden, diese konzernrechtliche Haftung nicht durch eine rein gesellschaftsrechtliche Haftung zu ersetzen, sondern als deliktische Haftung auszugestalten.428 Im Wettbewerb der Gesellschaftsrechtssysteme hat ein gesellschaftsrechtlich verwurzelter Gläubigerschutz den gravierenden Nachteil, daß die geltende Gründungstheorie den Gläubigerschutz letztlich zur Disposition der Unternehmen stellt, indem sie den Gesellschaftern den Wechsel des Gesellschaftsrechts durch eine Neugründung im Ausland erlaubt.429 Dagegen folgen im Delikts- oder Vertragsrecht verankerte Gläubigerschutzmechanismen anderen Kollisionsregeln und sind daher vom jeweils geltenden Gesellschaftsstatut unabhängig. Sie können daher auch dann zur Anwendung kommen, wenn das Gesellschaftsrecht des Sitzstaats der zugezogenen Gesellschaft durch das des Gründungsstaats verdrängt wird.430

V. Ergebnis Wie auch immer man sein Kosten-Nutzen-Verhältnis einschätzen mag, eine gewisse gläubigerschützende Wirkung des Kapitalschutzsystems läßt sich nur schwer bestreiten. Allerdings bleibt diese deutlich hinter dem tatsächlichen Schutzbedürfnis zurück. Die Entwicklungen im amerikanischen und europäischen Recht nötigen daher mehr denn je zur Auseinandersetzung mit der Frage, ob der Gläubigerschutz nicht auf andere Weise besser, weil effektiver und mit weniger Regelungsaufwand, betrieben werden kann. Die vorstehende Betrachtung hat die Eckpunkte der derzeitigen Entwicklung des Gläubigerschutzes aufgezeigt. Aus guten Gründen ist eine Abkehr von abstrakten Kapitalschutzregelungen und eine Tendenz zu einem mehr Siehe dazu unten § 14 B. Allerdings hat der BGH in seiner jüngsten „Trihotel“-Entscheidung die Voraussetzungen für diese Haftung wieder verschärft, um das Trennungsprinzip zu stärken. Dazu unten § 14 C. II. 2. Eine gesellschaftsrechtliche Lösung favorisiert dagegen etwa Altmeppen, ZIP 2001, 1837, 1842 ff. 429 Merkt, ZGR 2004, 305, 316. 430 Merkt, ZGR 2004, 305, 323. Voraussetzung ist jedoch, daß sie die vom EuGH aufgestellten sog. Gebhard-Kriterien erfüllen, also insbesondere durch zwingende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt sind. Vgl. Armour, EBOR 2006, 5, 24 f.; Enriques / Gelter, EBOR 2006, 417, 420 f., 449 ff. 427 428

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1. Kap.: Die Entwicklung des institutionellen Gläubigerschutzes

am tatsächlichen Gläubigerbedürfnis orientierten, materiellen Kapitalschutz zu beobachten. Längerfristig sind Gesellschafts- und Gläubigerschutzrecht noch stärker voneinander zu trennen. Unter der Geltung der Gründungstheorie erweisen sich alternative Sicherungsformen außerhalb des Gesellschaftsrechts als kollisionsrechtlich durchsetzungsfähiger. Schließlich ist mit der Neujustierung des Gläubigerschutzes die Schieflage zu Lasten der Eigenkapitalgeber zu korrigieren und dem Eigenkapitalgeberschutz ein größerer Stellenwert einzuräumen. Dies alles ist nur um die teilweise Preisgabe des Schutzes zu bekommen, den Gläubiger durch institutionelle Kapitalschutzregeln erfahren. Die Einbußen an Gläubigerschutz sind durch eine Stärkung anderer Mechanismen zu kompensieren. Vor gesetzlichen Maßnahmen sollte an erster Stelle eine Stärkung der Fähigkeit der Marktteilnehmer stehen, sich auf informierter Basis selbst abzusichern. In dieser Hinsicht sollte dem gegenwärtigen Trend einer größeren Markttransparenz weiter gefolgt werden. Wo strukturelle Schwierigkeiten für den Investor bestehen, an aussagekräftige Information über den Schuldner zu gelangen, sind diese zu beseitigen. Sodann ist zu untersuchen, inwieweit sich vertragliche Schutzinstrumente wie Covenants in das gegenwärtige Rechtssystem implementieren lassen und dort die ihr zugedachte Funktion tatsächlich entfalten können. Ein Beitrag dazu soll mit dieser Arbeit geleistet werden. Damit ist nicht die Aussage verbunden, daß individueller und informationeller Gläubigerschutz in jedem Fall anderen Instrumenten überlegen ist. Vielmehr ist auch dieser mit Schwächen verbunden. Der Gläubigerschutz beruht nach der Vorstellung dieser Arbeit jedoch auf vielen Säulen, von denen einzelne weniger tragfähig als das deutsche Kapitalschutzmodell sein mögen, die in ihrer Gesamtheit jedoch einen überlegenen Schutz bieten könnten. Um die Stärkung einer dieser Säulen geht es in dieser Arbeit.

2. Kapitel

Funktion und Praxis der Covenants Im Zusammenhang mit der Diskussion über Zukunft und Richtung des gesetzlichen Gläubigerschutzes werden zunehmend vertragliche Gläubigerschutzklauseln als alternative Gläubigerabsicherung in die Diskussion gebracht.1 Covenants, die umfangreichen und elaborierten Standardklauselwerke in amerikanischen Finanzierungsverträgen, sind die prominentesten Vertreter vertraglicher Schutzklauseln. Sie stehen stellvertretend für ein System des individuellen Gläubigerschutzes, welches die Selbstabsicherung der Gläubiger betont und auf gesetzliche Vorschriften zur Kapitalausstattung von Gesellschaften weitgehend verzichtet. In jüngster Zeit hat die Auffassung an Boden gewonnen, die die Selbstabsicherung der Gläubiger auf informierter Basis nicht nur als eine Alternative zum Kapitalschutzmodell sieht, sondern dem deutschen Modell des gesetzlichen Kapitalschutzes für überlegen und vorzugswürdig hält.2 Die Tragfähigkeit dieser Einschätzung und die von ihr vorausgesetzte Alternativität beider Systeme soll in diesem und den folgenden Kapiteln näher untersucht werden. Die These, daß sich Gläubiger besser und effektiver selbst schützen können, ist bislang den Nachweis für ihre Richtigkeit schuldig geblieben. Das Ziel dieser Arbeit ist es, diesen noch fehlenden Nachweis zu erbringen. Covenants sind nur eines von vielen Instrumenten, mit denen sich Gläubiger in Eigeninitiative absichern können. Weitere Beispiele sind dingliche Sicherungsrechte wie Sicherungseigentum, Eigentumsvorbehalte, Pfandrechte, Sicherungsabtretungen, Hypotheken bzw. persönliche Sicherungsrechte wie Bürgschaften, Garantien, etc. Im modernen Waren- und Kreditverkehr haben diese Sicherungsrechte eine große Bedeutung. Die Gründe, warum sich diese Arbeit vorrangig mit Covenants beschäftigt, sind zum einen ihre noch vergleichsweise geringe wissenschaftliche Durchdringung, zum anderen ihre besonderen Charakteristika, die sie von den klassischen Kreditsicherungsmitteln abheben und ihnen die Rolle eines Prototyps im Bereich der vertraglichen Gläubigerschutzklauseln zuweisen. Während die klassischen zivilrechten Sachsicherheiten Gläubiger durch die sicherungs1 Umfassend zuletzt Bratton, EBOR 2006, 39 ff.; Mülbert, EBOR 2006, 357, 374 ff.; Mülbert / Birke, EBOR 2002, 695, 722 ff.; Bezzenberger (2005), S. 114 ff.; Kübler (1989), S. 30 ff., 55 ff.; Bauer, S. 307 ff.; Fleischer, ZIP 1998, 313 ff.; Schön, ZGR 2000, 706, 726 f.; Mankowski, S. 488 ff. 2 Vgl. Bauer, S. 307 ff.; Kübler (1989), S. 30 ff. 55 ff.; Enriques / Macey, 86 Corn. L. Rev. (2000), 1165, 1184 f.; Armour, Mod. L. Rev. (2000) 355, 373 f.

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

halbe Übertragung bestimmter Vermögensgegenstände des Schuldners schützen, versuchen Covenants die Gläubiger durch gezielte Eingriffe in die Entscheidungsprozesse der Gesellschaft zu schützen. Sie binden die Gesellschaft bereits auf ihrer Leitungsebene und verfolgen so das Ziel, die Handlungsmöglichkeiten der Gesellschaft im Interesse der Gläubiger zu beschränken. Diese Funktion ist in ihrem Ansatz und ihrer potentiellen Reichweite weitaus umfassender als die nur sehr begrenzt wirkenden zivilrechtlichen Sicherungsmittel. Darüber hinaus finden Covenants aufgrund ihres besonderen Wirkungsmechanismus ausschließlich in Fällen Anwendung, in denen die Schuldnerin eine Kapitalgesellschaft ist. Zwar wäre es theoretisch denkbar, daß sich auch Privatpersonen bestimmten in Covenants enthaltenen Restriktionen unterwerfen, wie etwa einer Neuverschuldungsbegrenzung. Nicht nur ihre hohen Transaktionskosten, vor allem aber ihr erstrangiges Anliegen, Gläubiger vor den Gefahren der Haftungsbeschränkung in Kapitalgesellschaften zu schützen, prädestinieren sie jedoch für die Anwendung auf Kapitalgesellschaften und dort als Substitut des gesetzlichen Kapitalschutzes. Damit jedoch eignen sich Covenants in besonderer Weise für die hier abzuhandelnde These der Ersatzfähigkeit des institutionellen Gläubigerschutzes durch vertragliche Absicherung. Zudem wirft die Anknüpfung ihres Wirkungsmechanismus an der Steuerung der Finanzverfassung und Finanzpolitik der Gesellschaft Rechtsprobleme auf, die bei sonstigen Sicherungsmitteln nicht oder jedenfalls nicht in dieser Tragweite auftreten. So wird niemand auf die Idee kommen, die (prinzipielle) Berechtigung des Vorstands einer Aktiengesellschaft zur Verpfändung einzelner Vermögensgegenstände in Frage zu stellen, wohl aber seine Berechtigung zur langfristigen Bindung der Gesellschaft an Vorgaben zur Finanz- und Organisationsstruktur im Rahmen von Kreditverträgen. Der Fokus dieser Arbeit ist daher nicht auf eine grundsätzliche Gegenüberstellung des institutionellen Kapitalschutzes und der Gesamtheit der individuellen Sicherungsmittel gerichtet, sondern konzentriert sich auf die Leistungsfähigkeit der für den individuellen Schutz von Gesellschaftsgläubigern als paradigmatisch erkannten Covenants.

§ 4 Grundlagen A. Begriff und Rechtsnatur I. Terminologie Für den aus dem Englischen stammenden Begriff „Covenants“ gibt es im Deutschen keine genaue Übersetzung, die den Bedeutungsgehalt ohne Verluste umfassend wiedergeben könnte. Dies liegt an den Besonderheiten des amerikanischen Vertragsrechts: Im Vergleich zum deutschen Recht ist es mehr induktiv als deduktiv veranlagt und will Verträge nicht bis in die letzten Bestandteile einer Willenser-

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klärung „aufdröseln“. Daher besitzt es eine mehr funktional orientierte Terminologie. Aufgrund der Schwierigkeiten einer akkuraten Übersetzung ist es sinnvoll, zunächst den Bedeutungsgehalt des Begriffs im amerikanischen Recht zu erfassen und sodann eine möglichst erschöpfende Einstufung im deutschen Recht vorzunehmen. Unter Covenants im rechtstechnischen Sinn werden im amerikanischen Recht allgemein vertragliche Nebenbestimmungen verstanden, die einem Vertragsteil bestimmte Pflichten auferlegen; sie sind in der Regel untergeordneter Bestandteil des übergeordneten Vertragswerkes (contract).3 Darüber hinaus hat sich der Begriff Covenants in der amerikanischen rechts- und finanzwissenschaftlichen Literatur schlagwortartig für die besonderen, in Anleihen und Kreditverträgen enthaltenen Restriktionen eingebürgert, die dem Schuldner während der Laufzeit des Finanzierungsinstruments zum Schutz des Rückzahlungsinteresses des durch sie berechtigten Gläubigers auferlegt werden.4 Bei diesen protective oder restrictive Covenants handelt es sich um äußerst umfangreiche Kautelen, denen regelmäßig ein eigener Abschnitt im Finanzierungsvertrag gewidmet ist. Diese bei weitem bedeutsamste Gattung von Covenants steht im Blickpunkt dieser Arbeit. In der deutschen finanz- und rechtswissenschaftlichen Literatur wird der Begriff der Covenants – wenn überhaupt – nur uneinheitlich verwandt. Verpflichtungserklärungen des Schuldners zur Absicherung des Gläubigers werden zur begrifflichen Unterscheidung von herkömmlichen Kreditsicherheiten vielfach pauschal als „Ersatzsicherheiten“5 oder „Zusicherungen“6 bezeichnet. Teilweise wird nur eine Untergattung der Covenants, die financial Covenants, unterschieden, die der Gruppe der Ersatzsicherheiten zugeordnet wird.7 Die ebenfalls zu den Covenants zählende pari passu-Klausel, die Negativklausel und die Positivklausel werden ohne weitere begriffliche Unterscheidung den sonstigen Ersatzsicherheiten zugeordnet.8 Diese uneinheitliche, deutsch- und fremdsprachlich kombinierte Begriffsbildung erklärt sich vor dem Hintergrund, daß einzelne der Gruppe der Ersatzsicherheiten zugeordnete Klauseltypen bereits seit längerer Zeit auch im deutschen Finanzierungsgeschäft gebräuchlich sind, bevor die aus dem angelsächsischen Raum stammenden Covenants als Gesamtsystem in Deutschland Einzug hielten. Sie läßt indes nicht nur terminologische Klarheit vermissen, sondern ist aufgrund des suggerierten funktionalen Unterschiedes zwischen „Covenants“ und „Zusicherungen“ auch irreführend. 3 4 5 6 7 8

Vgl. die Definition im Black’s Law Dictionary, 8th edition, 2004, S. 391. Vgl. die kommentierten Klauselbeispiele bei Wood, § 6. Vgl. Kümpel, Rdn. 6.568 ff.; Schimansky / Bunte / Lwowski, § 98, Rdn. 1 ff. Hartwig-Jacob, S. 469 ff. Vgl. Kümpel, Rdn. 6.592 ff.; Hartwig-Jacob, S. 517. Kümpel, Rdn. 6.575 ff.

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Im folgenden wird der Begriff „Covenants“ im Interesse terminologischer Klarheit in dem im angelsächsischen Raum vorherrschenden Sinn verwandt, nämlich als ein zusammenhängendes Klauselwerk mit Verhaltenspflichten des Schuldners, die nicht klassische Kreditsicherheiten sind. Dieser Sprachgebrauch sieht sich im Einklang mit jüngeren Arbeiten, die sich um eine Verortung der Covenants im deutschen Recht bemühen.9 Ferner trägt er dem Umstand Rechnung, daß Covenants inzwischen einen hohen Standardisierungsgrad erreicht haben und als Komplettsystem beinahe jedem Konsortialkreditvertrag und den Bedingungen der meisten Unternehmensanleihen zugrunde liegen.10 Soweit im folgenden „kollektiv“ von Covenants gesprochen wird, geschieht dies deshalb, weil nur eine Gesamtbetrachtung aller Verhaltenspflichten den Zugang zum Verständnis der Covenants öffnet und eine adäquate rechtliche Beurteilung ermöglicht. Werden einzelne Covenants gesondert dargestellt, wird überwiegend der englische Begriff verwandt. Denn zum einen ist die Vertragssprache im Anwendungsbereich der Covenants selbst dann häufig englisch, wenn deutsches Recht gewählt wurde. Zum anderen läßt sich aus den o.g. Gründen eine passende Übersetzung oftmals nur schwer finden. 1. Positive vs. negative Covenants Covenants lassen sich nach verschiedenen Gesichtspunkten klassifizieren. Gängig und auch in der deutschen Literatur verbreitet ist die Unterscheidung zwischen „positiven“ Covenants, die den Schuldner zu einem bestimmten Tun (positive oder affirmative covenants), und „negativen“ Covenants, die den Schuldner zum Unterlassen bestimmter Handlungen verpflichten (negative covenants).11 Diese Unterscheidung besitzt in erster Linie semantischen Erkenntniswert, lassen sich doch negative Covenants ohne weiteres in positive Covenants umformulieren und umgekehrt.12 2. Incurrence vs. maintenance Covenants Wesentlich bedeutsamer vor allem aus Sicht des Schuldners ist die Unterscheidung zwischen maintenance und incurrence-Covenants.13 Incurrence Covenants knüpfen die Zulässigkeit einer bestimmten Transaktion des Schuldners an die Erfüllung eines bestimmten „Tests“ oder an das Vorliegen einer Ausnahmebestimmung. Schuldenbegrenzende Covenants können beispielsweise so formuliert sein, daß der Schuldner nur so lange neue Schulden aufnehmen darf, als nicht ein VerVgl. neben anderen Kästle, S. 27 f. Zum Anwendungsbereich siehe unten § 4 E. 11 Vgl. statt vieler Bratton, EBOR 2006, 39, 49 ff.; Alberth, WPg 1997, 744, 745. 12 Webb, S. 15 (Fn. 30). 13 Instruktiv Webb, S. 15 ff.; Kusserow / Dittrich, WM 2000, 745, 759. 9

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hältnis von Fremdkapital zum EBITDA14 von 2:1 überschritten wird. Dagegen würde ein entsprechender maintenance Covenant dem Schuldner die Pflicht auferlegen, ein bestimmtes Verhältnis von Fremdkapital zu EBITDA während der Vertragslaufzeit aufrechtzuerhalten, also unabhängig von einem konkreten Transaktionsvorhaben. Fällt das EBITDA unter die vereinbarte Mindestgrenze, so begeht der Schuldner im Falle des genannten incurrence Covenants nur dann eine Vertragsverletzung (default), wenn er dennoch neue Schulden aufnimmt. Im Falle des maintenance Covenants befände er sich dagegen automatisch im vertragswidrigen Zustand und müßte mit einer Kreditkündigung rechnen. Die wichtigste Untergattung der maintenance Covenants ist die der financial Covenants, die dem Schuldner die Einhaltung bestimmter Finanzkennzahlen vorschreiben.

II. Rechtsnatur Im deutschen Recht entsprechen Covenants am ehesten dem Institut der vertraglichen Nebenpflicht. Es ist jedoch umstritten, ob Covenants als selbständige, d.h. einklagbare, oder unselbständige, nicht einklagbare Nebenpflichten einzuordnen sind.15 Die Entscheidung dieser Streitfrage hat erhebliche Konsequenzen für die Sanktionsmöglichkeiten, die dem Gläubiger im Falle einer Verletzung von Covenants durch den Schuldner zur Verfügung stehen. Lassen sich in Covenants niedergelegte Verhaltenspflichten auch im Klageweg gegen die Gesellschaft und ihre Organe durchsetzen, was für eine Einstufung als selbständige Nebenpflichten spräche, oder können an ihre Verletzung nur Sekundäransprüche, wie das Recht zur Kündigung des Kreditvertrages oder Schadensersatzansprüche, anknüpfen? Eine abschließende Beantwortung dieser Frage läßt sich erst nach Klärung der damit zusammenhängenden Rechtsprobleme sowie der Funktionsweise der Covenants vornehmen; ihnen wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit nachzugehen sein. Abzulehnen ist die Ansicht, derzufolge Covenants als bloße Obliegenheiten einzustufen sind.16 Obliegenheiten sind Verpflichtungen im eigenen Interesse, deren Verletzung weder einen Anspruch auf Erfüllung noch auf Schadensersatz begründet.17 Eine solche Klassifizierung wird jedoch weder dem Interesse der Parteien an einer Sanktionierbarkeit von Verstößen gegen Covenants noch dem Bild einer typischen Obliegenheit gerecht. Obliegenheiten werden nämlich regelmäßig gesetzlich begründet. Ein typisches Beispiel ist die Annahmeobliegenheit des Gläubigers 14 „Earnings before interest, taxes, depreciation and amortization“, zu deutsch: „Ertrag vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände.“ 15 Kästle, S. 73, sieht Covenants als selbständige Nebenpflichten an, während Kusserow / Dittrich, WM 2000, 745, 751 f. von nicht einklagbaren unselbständigen Nebenpflichten ausgehen. 16 Diese Ansicht vertritt Wittig, WM 1996, 1381, 1385. 17 Vgl. MüKoBGB / Kramer, Einl. § 241, Rdn. 49 f.

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nach § 293 BGB.18 Im Gegensatz dazu stellen Covenants vertragliche Vereinbarungen dar, die mit dem Ziel ihrer Erfüllung getroffen werden.19 Unabhängig davon, ob man einen primären Erfüllungsanspruch bejaht oder nicht, widerspräche dieser Interessenanlage eine Einordnung, die im Falle eines Verstoßes lediglich ein Kündigungsrecht nach sich zöge (Obliegenheit), nicht jedoch einen Schadensersatzanspruch, der die Verletzung einer Neben(leistungs-)pflicht voraussetzte. Wäre der Kreditgeber im Falle der Verletzung von Covenants auf eine Kündigungsmöglichkeit beschränkt, so wäre der Kreditnehmer theoretisch in der Lage, die Kündigung des Kredits durch die bewußte Verletzung von Covenants zu provozieren, was dem Parteiwillen widerspräche.20

B. Regelungsziele Allgemein sollen Covenants die Werthaltigkeit des Rückzahlungsanspruchs des Kreditgebers schützen und sein Ausfallrisiko verringern. Kreditverträge sind Dauerschuldverhältnisse, die sich durch eine Vorleistung des Kreditgebers sowie eine gegenüber sonstigen Austauschverträgen typischerweise längere Vertragsdauer auszeichnen. Bei ihnen ist daher die Gefahr eines Forderungsausfalls durch eine zwischenzeitliche Verschlechterung der Finanzlage des Kreditgebers besonders groß. Es können zwei grundsätzliche Arten von Risiken im Rahmen von Kreditverträgen unterschieden werden, denen Kreditgeber ausgesetzt sind. Das Auswahlrisiko betrifft das aus der vorvertraglichen Informationsasymmetrie zwischen Schuldner und Gläubiger herrührende Risiko, einen Kreditnehmer mit schlechter Bonität auszuwählen und begegnet dem Kreditgeber im Vorfeld der Kreditvergabe.21 Dieses Risiko wird regelmäßig durch eine Bonitätsprüfung begrenzt.22 Da es die Phase der Vertragsanbahnung betrifft, in der eine vertragliche Beziehung noch nicht vorhanden ist, kann dieses Risiko durch die vertragsgebundenen Covenants nicht unmittelbar erfaßt werden. Ihre disziplinierende Wirkung vermag allerdings die späteren Folgen einer fehlerhaften Auswahlentscheidung zu lindern. Ihren eigentlichen Wert entfalten Covenants jedoch in der Phase der Vertragsdurchführung, wo sie vor allem der Begrenzung des Ausfallrisikos dienen.

18 19 20 21 22

MüKoBGB / Kramer, Einl. § 241, Rdn. 49 f. So auch Kästle, S. 72 f. Darauf weisen zutreffend Kusserow / Dittrich, WM 2000, 745, 751 f. hin. Dazu bereits oben § 1 C. III. 1. a). Vgl. etwa Eidenmüller (1997), S. 48 ff.

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I. Begrenzung des Ausfallrisikos Als Ausfallrisiko kann allgemein das Risiko eines Gläubigers bezeichnet werden, mit seiner Forderung gegen den Schuldner infolge einer mit den Mitteln der Bonitätsprüfung nicht vorhersehbaren, nachträglichen Veränderung der finanziellen Situation des Schuldners auszufallen. Dieses Risiko ist umso größer, je länger die Laufzeit des Kredites ist. Kreditgeber sind regelmäßig versiert genug, das Risiko einer falsch eingeschätzten Bonität zu erkennen und bei ihrer Kreditentscheidung zu berücksichtigen. Dabei stehen sie vor zwei Handlungsalternativen: Zum einen können sie generell einen erhöhten Zins verlangen, der das durchschnittliche Ausfallrisiko widerspiegelt.23 Damit verteuern sich jedoch die Kapitalkosten des Schuldners. Zum anderen können sie durch den Einsatz von Covenants gezielt die Gefahr einer Veränderung der Risikolage und eines daraus resultierenden Forderungsausfalls reduzieren. Zu einer Änderung der Risikolage kann es aus zweierlei Gründen kommen. Zum einen können außerhalb der Kontrolle des Schuldners liegende Umstände, wie etwa allgemeine Marktveränderungen, Währungsschwankungen oder Forderungsausfälle die finanzielle Situation des Schuldners nachteilig beeinflussen. Derartige exogene Faktoren können nur schwer beherrscht werden. Dies gilt für den Schuldner, aber erst recht für Gläubiger, die diese Risiken aufgrund der nachvertraglichen Informationssymmetrie zwischen Schuldner und Gläubiger normalerweise erst spät oder überhaupt nicht erkennen können.24 Covenants können diese Not lindern, indem sie durch die Begründung von Informationspflichten den Informationsvorsprung des Kreditgebers abbauen und Marktrisiken damit auch für den Gläubiger frühzeitiger erkennbar machen. Zum anderen können endogene, in der Kontrolle des Schuldners liegende Umstände für eine Verschlechterung der Vermögensverhältnisse maßgeblich sein. Dies kann schon ein schlechtes Management sein, das Geschäftschancen verspielt oder notwendige Anpassungen an ein verändertes wirtschaftliches Umfeld unterläßt. Die Verschlechterung der Risikolage aus Gläubigersicht kann aber auch auf eine Geschäftspolitik zurückzuführen sein, die die Risikostruktur gezielt zum Nachteil der Gläubiger und zugunsten der Gesellschafter verändert (sog. opportunistisches Verhalten).25

23 24 25

Sog. Kreditrationierung, vgl. Eidenmüller (1997) S. 48; Engert (2005), S. 21. Zum Begriff der Informationsasymmetrie vgl. unten § 7 A. II. Dazu bereits oben § 1 D. II.

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II. Begrenzung des Konflikts zwischen Fremdkapitalgeber- und Eigenkapitalgeberinteressen Covenants eignen sich vor allem zur Kontrolle derartiger endogener Risiken. Ihrem originären Zweck nach verfolgen Covenants das Ziel, dem aus dem klassischen Interessenkonflikt zwischen Fremdkapital- und Eigenkapitalgebern entspringenden Risiko eines opportunistischen Verhaltens des Schuldners durch eine präventive Disziplinierung seines Finanzgebarens vorzubeugen.26 Die verschiedenen Formen opportunistischen Verhaltens sind durch einen vom Gläubiger nicht antizipierten Transfer von Teilen des Gläubigervermögens zu den Gesellschaftern des Schuldners gekennzeichnet und sollen zur Erinnerung nochmals kurz wiederholt werden: Die Anteilseigner können Gesellschaftsvermögen bzw. die Erlöse einer Liquidation von Vermögensgegenständen an sich auskehren und damit den Wert des Gesellschaftsvermögens als Sicherheit für die Gläubigeransprüche schmälern; sie können durch die Aufnahme weiterer Kredite oder eine Belastung des Gesellschaftsvermögens mit dinglichen Sicherungsmitteln den Rang der Forderung des Gläubigers verwässern; und sie können durch die Vornahme besonders riskanter Investitionsprojekte, die Finanzierung von Projekten mit negativem Nettobarwert oder die Nichtfinanzierung von Projekten mit positivem Nettobarwert das Risiko eines Forderungsausfalls der Gläubiger nachträglich erhöhen. Fremdkapitalgeber sind sich der Gefahr derartiger Vermögensverschiebungen bewußt, was sich ohne weitere Vorkehrungen im Verlangen nach einer höheren Risikoprämie27 niederschlagen würde.28 Auf die Verringerung dieser Kosten (den sog. Agenten-Kosten des Fremdkapitals oder agency costs of debt29) zielt der Einsatz restriktiver Covenants, die den Schuldner mit verschiedenen Mitteln an für die Gläubiger nachteiligen Vermögensverschiebungen zu hindern versuchen.30 Da Trägerin der Risikoprämie letztlich die Gesellschaft selbst ist, hat auch oder gerade die Gesellschaft ein Interesse an der Vereinbarung restriktiver Covenants.31 Dieses Interesse besteht solange, als die durch die Covenants verursachten Kosten die durch sie vermiedenen Kosten nicht überschreiten. Covenants besitzen also einen reziproken Charakter, da sie ein Kostenproblem lösen, welches sich aus Sicht bei26 Vgl. zu diesem Konflikt bereits die Ausführungen oben § 1 C. II. Eingehend auch Klaus Schmidt, EBOR 2006, 89 ff. 27 Diese setzt sich aus den Refinanzierungskosten der Bank, einem diese übersteigenden „spread“ sowie Gebühren (fees) zusammen. Der spread ist die Stellschraube, über die sich die Bank ihr Risiko vergüten läßt. Je höher das Ausfallrisiko, desto höher der spread. 28 Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 119; Drukarczyk / Schmidt, S. 761 f.; vgl. auch Eidenmüller (1999), S. 141; Engert (2005), S. 21. 29 Zu den Agenten-Kosten und der Rolle von Covenants bei ihrer Vermeidung siehe unten § 9 B. II. 30 Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 121; Nash / Netter / Poulsen, J. Corp. Fin. (2003), 201, 203 f. 31 Dies ist die Kernaussage der costly contracting hypothesis, siehe unten, § 8 B. II. Ebenso Klaus Schmidt, EBOR 2006, 89, 91.

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der Vertragsparteien für ein Zustandekommen der Finanzierung hinderlich auswirkt. Mit dieser Erwägung sehen Smith und Warner in Covenants daher ganz allgemein ein Instrument zur Reduzierung der Agenten-Kosten des Fremdkapitals.32 Der Nachteil dieser abstrakten, auf ökonomische Gesichtspunkte verengten Betrachtungsweise ist jedoch, daß sie die vermiedenen Agenten-Kosten weder inhaltlich noch der Höhe nach genau benennen kann. Der Versuch, die Wirkung von Covenants allein von ihrer Auswirkung auf die Kostenseite des Kreditgeschäfts her zu erklären, ist somit zwangsläufig generalisierend und geht über wichtige Details der durch Covenants bewirkten Feinsteuerung hinweg; die Bedeutung von Covenants scheint sich in der amorphen Masse der agency costs zu verlieren. Die im vorstehenden in abstrakter Form dargestellte Interessenlage zwischen Fremdkapitalgebern und Anteilseignern kristallisiert sich in bestimmten konkreten Anforderungen, die Kreditgeber an die Kapitalstruktur der Gesellschaftsschuldnerin stellen. Nachdem der Kreditgeber sich von der hinreichenden Bonität des Kreditnehmers überzeugt hat, geht es für ihn darum, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorgefundene Risikolage zu „fixieren“ und damit auch während der Vertragslaufzeit kein Risiko zuzulassen, das nicht in einem vernünftigen Verhältnis zur vereinbarten Risikoprämie steht. Insbesondere ist ihm daran gelegen, daß haftende Vermögensgegenstände in der Gesellschaft verbleiben und nicht an die nachrangig anspruchsberechtigten Anteilseigner ausgeschüttet werden; ferner hat er ein Interesse daran, die Zahl gleich- oder höherrangiger Gläubiger möglichst gering zu halten. Schließlich – im Hinblick auf den aus der Haftungsbeschränkung resultierenden „moral hazard“33 – will er erreichen, daß die Eigenkapitalquote eine bestimmte Mindestgröße nicht unterschreitet, um damit sicherzustellen, daß die Anteilseigner der Gesellschaft in gleichem oder noch stärkerem Maß als die Gläubiger dem Geschäftsrisiko ausgesetzt sind. Das gleiche Ziel bezwecken Maßnahmen, mit denen nicht die Gesellschafter, sondern die Geschäftsleiter an die Gesellschaft gebunden werden sollen, deren in die Gesellschaft investiertes Humankapital diese tendenziell risikoscheuer macht. Mögen Covenants auch weitere Aspekte der Beziehung zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer regeln, so werden sie doch immer Klauseln enthalten, die sich gerade diesen besonderen Anliegen des Kreditgebers widmen.

C. Klassifizierung der Regelungsbereiche Der kautelarjuristischen Ausgestaltung von Covenants sind innerhalb des in den folgenden Kapiteln abgesteckten rechtlichen Rahmens kaum Grenzen gesetzt. 32 33

Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 121. Vgl. dazu die Ausführungen oben § 1 C. II.

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

Die Praxis hat eine große Vielfalt an möglichen Vertragsgestaltungen hervorgebracht, von denen in den folgenden Abschnitten die für die hier vorzunehmende Analyse bedeutsamsten Klauseln vorgestellt und analysiert werden sollen.34 Zuvor erscheint es sinnvoll, einige der wichtigsten Regelungsbereiche der Covenants darzustellen. Covenants lassen sich von den Parteien maßgeschneidert nach der von ihnen gewünschten Kontrolldichte ausgestalten. Sie eröffnen Gläubigern der Gesellschaft die seltene Möglichkeit, auf einer vertraglich sanktionierten Grundlage Unternehmensbereiche zu steuern und zu kontrollieren, die normalerweise autonom und dem Zugriff Dritter entzogen sind. Über Covenants können Gesellschaftsgläubiger nicht nur Einfluß auf die Finanzpolitik der Gesellschaft und damit einen Bereich der strategischen Unternehmensplanung nehmen, sondern auch ihr operatives Geschäft beeinflussen. Dadurch unterscheiden sie sich signifikant von allen sonstigen Formen der Kreditsicherheiten, die streng objektbezogen sind. Dabei wird das Sicherheitsbedürfnis des Gläubigers im Verhandlungsprozeß mit dem Interesse des Schuldners an größtmöglicher Flexibilität abgewogen.35 Covenants lassen sich in drei Klassen von Regelungsbereichen einteilen, die den oben unter B. dargestellten Gläubigerschutzzielen auf vertragliche Weise Rechnung zu tragen suchen:36 – die Erhaltung der Verwertungsposition des Gläubigers relativ zu nachfolgenden Gläubigern; – die Erhaltung der Solvenz des Schuldners durch den Schutz seiner Vermögensgegenstände in quantitativer und qualitativer Hinsicht; und – die Erhaltung der Identität des Schuldners.

In funktionaler Hinsicht lassen sich bestimmte Klauseltypen zusammenfassen, die diese Regelungsziele funktional umsetzen sollen. Der Erhaltung der Verwertungspriorität des Gläubigers dienen – die Beschränkung oder das generelle Verbot der Aufnahme höherrangigen Fremdkapitals (Negativklausel, pari passu-Klausel), – die Einräumung von Vorrangrechten im Insolvenzfall sowie – die Einräumung besonderer Informationsrechte.

Der Erhaltung der Solvenz und Liquidität des Schuldners dienen – Beschränkungen hinsichtlich der Aufnahme weiteren Fremdkapitals (Neuverschuldungsbeschränkungen),

34 Vgl. die kommentierten Musterklauseln aus der amerikanischen Kreditpraxis bei: American Bar Foundation, Commentaries on Model Debenture Indenture Provisions, 1971. 35 So zutreffend Bratton, EBOR 2006, 39, 45. 36 Nach Köndgen, S. 131 f.

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– die Beschränkung der Möglichkeit, nach Vertragsschluß zu einer riskanteren Geschäftspolitik überzugehen (insbesondere durch das Verbot der Vornahme bestimmter risikoreicher Investitionen), – Dividendenausschüttungsbeschränkungen und das Verbot der Veräußerung wesentlicher Teile des Betriebsvermögens, – die Verpflichtung zur Einhaltung bestimmter Finanzkennzahlen sowie – Verpflichtungen zur Instandhaltung und Erneuerung von Gegenständen des Anlagevermögens.

Die Erhaltung der Identität des Schuldners, die den Gläubiger quasi gegen die wirtschaftliche Substitution durch einen Gläubiger minderer Bonität schützen soll, wird angestrebt durch – das Verbot bestimmter Strukturänderungsmaßnahmen, insbesondere von Fusionen und sonstigen Umwandlungsmaßnahmen sowie des Verkaufs wesentlicher Teile des Gesellschaftsvermögens, – das Verbot von Änderungen des Geschäftsgegenstandes und die Beschränkung der Veräußerung von tragenden Gegenständen des Anlagevermögens sowie – Sanktionen, die an einer Veränderung der Kontrollmehrheit auf Aktionärseite und / oder der personellen Zusammensetzung des Managements anknüpfen (change of control- bzw. management maintenance-Klauseln).

Diese Restriktionen werden durch die Einräumung weitgehender Informationsund Offenlegungspflichten ergänzt. Ohne laufende periodische Informationen über die wirtschaftliche und finanzielle Verfassung des Unternehmens wären die materiellen Restriktionen ein stumpfes Schwert und bliebe der Gläubiger über die Verletzung von Covenants im Ungewissen. Darüber hinaus hat die Einräumung von Informationspflichten, die zum Teil weit über das gesetzliche Niveau hinausgehen, die Funktion eines „Frühwarnsystems“.37 Dieses soll den Gläubiger in die Lage versetzen, Gefahren für die Solvenz und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Schuldners rechtzeitig zu erkennen und präventive Maßnahmen zu ergreifen. Dies wird teilweise für die wichtigste Funktion von Covenants überhaupt gehalten, was sicherlich überzogen ist.38 Denn ohne seine Flankierung durch sanktionsfähige, materielle Verhaltenspflichten bliebe auch das beste Früherkennungssystem nur eine lex imperfecta.

37 38

Siehe unten § 5 A. II. Dieser Ansicht scheint jedoch Thießen, ZBB 1996, 19 f. zu sein.

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D. Abgrenzungen I. Sonstige Kreditsicherheiten In großvolumigen Kreditverträgen sind Covenants zunehmend anzutreffen und verdrängen dort klassische Formen der Kreditsicherheit; oftmals fungieren sie als wichtigstes oder sogar alleiniges Sicherungsmittel.39 Trotz ihrer weitreichenden funktionellen Unterschiede im Vergleich zu sonstigen Kreditsicherheiten verbindet sie mit diesen das Ziel, den Rückzahlungsanspruch des Gläubigers zu sichern. Sind Covenants auch phänomenologisch unschwer von den „traditionellen“ Formen der Kreditsicherheiten zu unterscheiden, rechtfertigt das in einem Vergleich mit klassischen Formen der Kreditsicherheiten liegende Erkenntnispotential für die Rechtsnatur und Wirkungsweise der Covenants eine nähere Abgrenzung. Unterschiede bestehen vor allem in funktionaler Hinsicht. Herkömmliche Kreditsicherheiten beschränken den Gläubiger auf das Recht zur Verwertung zuvor übertragener Sicherungsgegenstände im Falle des Eintritts der Pfandreife. Damit unterscheiden sie sich von Covenants nicht nur durch ihre Objektbezogenheit, sondern insbesondere durch das Fehlen eines präventiven Steuerungsmoments.40 Sie stellen gewissermaßen die nachträgliche Sanktion des Ereignisses dar, dessen Eintritt Covenants gerade zu verhindern suchen. Ihr Schwerpunkt liegt auf nachträglicher Sanktion, der von Covenants dagegen auf Prävention. Zu diesem Zweck statten Covenants den Gläubiger mit weitreichenden Kontrollrechten aus, die bei den objektbezogenen Kreditsicherheiten grundsätzlich fehlen. Aus rechtsökonomischer Sicht besteht der Unterschied zwischen beiden Formen der Kreditsicherheit vor allem in der zeitlichen Differenz ihres Wirkungseintritts. Herkömmliche Kreditsicherheiten gewähren dem Gläubiger mit dem Eintritt des Sicherungsfalles Ansprüche und ermöglichen so – ggf. mit richterlicher Hilfe – eine ex post-Kontrolle des schuldnerischen Verhaltens. Covenants dagegen zielen auf eine ex ante-Kontrolle des Schuldnerverhaltens durch ein System von Indikatoren und Auslösetatbeständen ab. Diese Differenzierung ist bedeutsam. Beide Systeme führen theoretisch zum gleichen Ziel und sind grundsätzlich austauschbar. Eine Veränderung des Kontrollzeitpunkts kann jedoch Transaktionskosten und Anreizwirkungen beeinflussen. Die Effektivität von Covenants hängt von der Überwachung des Schuldners durch den Gläubiger ab, was zu relativ hohen Überwachungskosten (monitoring costs) führt.41 Andererseits schaffen sie Anreize zur laufenden Überwachung des Schuldners durch einen darauf spezialisierten Kreditgläubiger und sorgen damit für eine Verbesserung der Corporate Governance insgesamt.42 Objektbezogene 39 40 41 42

Köndgen, S. 130; vgl. für Eurokonsortialkredite Hinsch / Horn, S. 10. Vgl. Köndgen, S. 137. Köndgen, S. 137. Vgl. unten § 5 A. VII.

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Kreditsicherheiten hingegen ermöglichen es dem Gläubiger, auf relativ kostengünstigem Weg zu einer Befriedigung seines Anspruchs zu gelangen, was jedoch Anreize zur Überwachung des Schuldners entfallen läßt. Aus Gläubigersicht besteht keine Notwendigkeit, das schadensstiftende Ereignis der Pfandreife zu verhindern. Dies verringert die monitoring costs, da dem Schuldner nur die Kontrolle des Sicherungsgutes abverlangt wird.43 In der Praxis ist die Bestellung von Sachsicherheiten allerdings oftmals unzweckmäßig, weil entweder nicht genügend werthaltige Vermögensgegenstände vorhanden sind oder die mit Sachsicherheiten verbundenen Kosten vermieden werden sollen.44 Deshalb werden Großkredite häufig ohne dingliche Besicherung gewährt; umso wichtiger ist hier die Absicherung durch Covenants.

II. AGB-Banken Der Zielrichtung der Covenants verwandt sind die besonderen allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken (sog. AGB-Banken), die von inländischen Banken regelmäßig gewerblichen Krediten zugrunde gelegt werden. Im Vergleich zum einfachen BGB-Darlehensrecht sehen diese besondere Kündigungsrechte, Informationspflichten und Pflichten zur Sicherheitenbestellung vor. Trotz mancher Überschneidungen dürfen AGB-Banken nicht mit Covenants auf eine Stufe gestellt werden, da sie sich in mehrfacher Weise von diesen unterscheiden. Zunächst sind die in den AGB-Banken enthaltenen Gläubigerschutzklauseln durchweg allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB, während eine Anwendung der §§ 305 ff. BGB auf Covenants in der Regel schon an ihrem individualvertraglichen Charakter scheitert.45 Namensgebendes Merkmal dieser Bankenbedingungen ist ihr AGB-Charakter und nicht der Covenants auszeichnende Gläubigerschutzgedanke. So lassen denn auch die wenigen in den AGB-Banken vorkommenden Klauseln, die isoliert betrachtet Covenants nahe kommen, ein den Covenants vergleichbares, planmäßiges Gesamtkonzept vermissen. Sie beschränken sich auf einen kleinen Teil der gesamten Regelungsbreite von Covenants und sind – anders als Covenants, die einen klar umrissenen Auslösetatbestand besitzen – generalklauselartig gehalten. Sie stellen daher keine Covenants im hier verstandenen Sinn eines systematischen, vertraglichen Gläubigerschutzes dar.

43 Vgl. zu diesem Aspekt Hopt, ZfB 1984, S. 743, 748. Köndgen, S. 137 weist jedoch zutreffend auf die zum Teil erheblichen Kosten hin, denen Sachsicherheiten unterliegen. 44 Vgl. Kästle, S. 38 f.; Eidenmüller (1999), S. 140 f. 45 Die Nichtanwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB auf Covenants beruht jedoch auf grundsätzlichen Erwägungen und stützt sich nicht allein auf ihren individualvertraglichen Charakter, siehe dazu die Ausführungen unter § 11 B.

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

III. Representations and warranties Covenants sind ferner von den üblicherweise in anglo-amerikanischen Verträgen und insbesondere Finanzierungsverträgen enthaltenen sog. representations and warranties abzugrenzen, in denen sich die Parteien gegenseitig und verschuldensunabhängig eine Reihe von Umständen zusichern, die für den Vertragserfolg wichtig sind.46 Representations and warranties haben keinen eigenständigen Verpflichtungsoder Regelungsgehalt, sondern enthalten Zusicherungen der Vertragsparteien über die rechtlichen Voraussetzungen eines wirksamen Zustandekommens des Vertrages sowie über sonstige tatsächliche Umstände, die damit von den Vertragsparteien quasi zur Geschäftsgrundlage gemacht werden.47 Die Richtigkeit der in den representations gemachten Zusicherungen in allen wesentlichen Punkten („shall be true in all material respects“) zum Zeitpunkt des Vertragsvollzugs (closing) ist zum einen Bedingung für die Wirksamkeit der Verpflichtungen der Gegenseite (closing condition). Zum anderen bilden die representations neben den Covenants einen weiteren Anknüpfungspunkt im Rahmen des Sanktionsmechanismus: In wesentlicher Hinsicht unrichtige Angaben werden als Vertragsverletzung (event of default) definiert und lösen Schadensersatzansprüche und, im Falle von Kreditverträgen, das Recht zur vorzeitigen Kündigung aus.48 Von den representations and warranties unterscheiden sich Covenants sowohl durch ihre unmittelbare Verpflichtungsqualität als auch durch ihre Dynamik. Während Covenants den Schuldner über die gesamte Vertragsdauer zu bestimmten Handlungen oder Unterlassungen verpflichten, erschöpfen sich die representations and warranties in der Regel in der Zusicherung der Richtigkeit einer Tatsachenbehauptung zum Zeitpunkt ihrer Erklärung.49

Dazu umfassend Simmons, Bus. Law. (1972), 179, 185 ff. Vgl. Dalhuisen, S. 283. Beispiele sind etwa Erklärungen zur rechtlichen Existenz des Kreditnehmers, seiner Rechtsform, seiner Vereinbarkeit mit geltendem Recht und dem Bestehen von Vertretungsmacht; ferner zu dem Fehlen finanziell folgenreicher Rechtsstreitigkeiten oder Vertragsverletzungen, dem unbelasteten Recht des Kreditnehmers an seinen Vermögensgegenständen, der ordnungsmäßigen Bedienung von Steuerschulden und der Einhaltung gesetzlicher Offenlegungspflichten. Vgl. die Klauselbeispiele in Article V im Anhang. 48 Vgl. Hinsch / Horn, S. 88 f. Vgl. unten § 5 C. sowie das Klauselbeispiel in Section 9.01(d) im Anhang. 49 Dalhuisen, ebd. Oftmals wird jedoch die Fortdauer (survival) einzelner representations and warranties für eine bestimmte Periode nach dem closing oder sogar für die gesamte Laufzeit des Vertrages angeordnet. Die Angaben müssen dann während der gesamten Zeit zutreffend bleiben. 46 47

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E. Personaler und sachlicher Anwendungsbereich Obwohl Covenants prinzipiell ein universell einsetzbares Gläubigerschutzkonzept darstellen und theoretisch in jeder Vertragsbeziehung Anwendung finden könnten, werden sie in der Praxis in personeller Hinsicht nur zwischen bestimmten Marktakteuren und in sachlicher Hinsicht nur im Rahmen bestimmter Vertragstypen vereinbart. Covenants finden sich, ihrer Natur als Gläubigerschutzinstrument entsprechend, zum einen ausschließlich in Vertragsbeziehungen, bei denen auf der einen Seite ein Fremdkapitalgeber steht. Dies kann ein typischer Kreditgeber sein, der neben seinem Rückzahlungsinteresse keine sonstigen Interessen im Schuldnerunternehmen verfolgt, oder ein atypischer Fremdkapitalgeber, dessen Position der eines Eigenkapitalgebers angenähert ist50 oder der sonst besondere wirtschaftliche Interessen im Schuldnerunternehmen verfolgt, weil er entweder über eine Beteiligung an diesem verfügt oder auf schuldrechtlicher Grundlage seine unternehmerischen Geschicke beeinflußt. Beispielhaft hierfür sind Verträge im venture capital-Bereich, in dem ebenfalls Covenants zum Einsatz kommen.51 Auf Schuldnerseite befinden sich beinahe ausschließlich Kapitalgesellschaften, da es nur dort zu dem oben beschriebenen, aus der Haftungsbeschränkung resultierenden Konflikt zwischen Gläubigern und Anteilseignern kommen kann, der durch die Vereinbarung von Covenants gelöst werden soll. Aufgrund der hohen, mit ihrer Ausarbeitung und Implementierung verbunden Kosten sind Covenants des weiteren nur für Vertragsbeziehungen mit hohem Vertragswert interessant. Es handelt sich um Größenordnungen, die den Anwendungsbereich von Covenants drastisch verkleinern und etwa kleine Familienunternehmen von vornherein aus ihrem Anwendungsbereich ausschließen. Die hohen Transaktionskosten und das zur Anwendung von Covenants erforderliche Fachwissen bedingen, daß auf der Gläubigerseite in der Regel Fremdkapitalgeber mit hoher Fachkompetenz und Kapitalausstattung stehen. Dies sind bei Krediten in erster Linie Banken. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz sind Anleihen, die nicht nur an institutionelle, sondern auch an private Anleger begeben werden. Auch hier werden die Gläubiger jedoch von erfahrenen Emissionsbanken bei den Vertragsverhandlungen quasi vertreten. 50 Hierzu zählt insbesondere Mezzanine-Kapital, das eine Zwitterstellung zwischen Eigenund Fremdkapital besitzt. Charakteristisch für diese Finanzierungsform ist die Kombination aus wirtschaftlicher Eigenkapitalqualität, die sich häufig auch bilanzrechtlich in der Bilanzierung als Eigenkapital niederschlägt, und fremdkapitaltypischen Merkmalen, wie der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Zinsausgaben. Die Eigenkapitalqualität wird durch verschiedene Maßnahmen erzielt, insbesondere durch die Vereinbarung der nachrangigen Befriedigung der Kapitalgeber im Liquidationsfall im Verhältnis zu sonstigen Fremdkapitalgebern. Beispiele für Mezzanine-Kapital sind Genußscheine, Nachrangdarlehen mit Wandeloption und Hybridanleihen. Vgl. dazu umfassend Habersack / Mülbert / Schlitt, § 20. 51 Vgl. Winkler, S. 36 ff., 107 ff.

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

I. Kreditgeschäft Covenants sind seit langem regelmäßiger Bestandteil amerikanischem oder englischem Recht unterliegender Unternehmenskredite. Deutschen Banken begegneten Covenants früher nur im Geschäft der internationalen Groß- und Konsortialkredite (syndicated loans).52 Insbesondere die Konsortialkreditpraxis, in der standardisierte Verträge mit Covenants nach anglo-amerikanischem Vorbild wegen der größeren Akzeptanz bei Banken von großem Vorteil bei der Vermarktung des Kredits sind, beförderte die zunehmende Verbreitung von Covenants auch im deutschen Firmenkreditgeschäft. 53 Besonders häufig sind sie in den sog. Eurokonsortialkreditverträgen zu finden (eurocurrency loans).54 Dagegen kommen Covenants im deutschen Privatkundengeschäft oder im Bereich der kleineren gewerblichen Kredite bislang nicht zur Anwendung. Es ist jedoch anzunehmen, daß unter Geltung der neuen Baseler Eigenkapitalvereinbarung („Basel II“) der Einsatz von Covenants auch im sonstigen nationalen Kreditgeschäft stark zunehmen wird.55 Eine Ausnahme bilden Kreditverträge mit Hoheitsträgern (sovereign loans), in denen sich Covenants bislang noch nicht durchsetzen konnten. Dies ist wohl vor allem mit dem traditionellen Widerwillen von Staaten zu erklären, ihre Finanzpolitik in Verträgen mit Privaten Beschränkungen und Bindungen zu unterwerfen. Rechtlich begründen läßt sich dieses Mißtrauen indes nicht. Zwar steht die Selbstbindung von Staaten im Hinblick auf künftiges Handeln nach dem Verfassungsrecht vieler Länder in Widerspruch mit Prinzipien wie dem Demokratieprinzip, dem Diskontinuitätsgrundsatz und der Gewaltenteilung; dies gilt jedoch ausnahmslos nicht für die Bindungen, denen sich ein Staat im Rahmen kommerzieller Verträge in seiner Eigenschaft als privater Teilnehmer am Wirtschaftsleben unterwirft.56 Dennoch begegnet es vor allem praktischen Schwierigkeiten, die besonde52 Bei der Gewährung größerer Kredite wird häufig ein aus mehreren Kreditinstituten bestehendes Konsortium gebildet, wodurch die Risiken solcher Kredite auf mehrere Banken verteilt werden. Dazu ausführlich Rösler / Mackenthun / Pohl, S. 185 ff. 53 Zur Bedeutung der Covenants in Eurokonsortialkreditverträgen Hinsch / Horn, S. 87 f.; zur Bedeutung im mittelständischen Firmenkundengeschäft Lutz. Die Standardisierung von Konsortialkreditverträgen nach anglo-amerikanischem Vorbild wird im europäischen Raum massiv durch die Loan Market Association (LMA), einer Handelsvereinigung zur Förderung der Konsortialkreditgeschäfts mit Sitz in London, gefördert; sie entwickelt und publiziert Musterkreditverträge, an denen sich u.a. auch die deutsche Vertragspraxis orientiert und die das Fehlen einer vergleichbaren precedents-Praxis wie in den USA kompensiert (vgl. dazu unten § 11 B.). 54 Die Eurokonsortialkredite sind ein wichtiges Segment des internationalen Marktes für Unternehmensfinanzierungen. Die Bezeichnung ist irreführend: Unter ihr sind nicht etwa auf Euro lautende Kredite zu verstehen, sondern ganz allgemein Kredite, die aus Beständen einer bestimmten Währung finanziert werden, die außerhalb des Landes liegen, welches die Währung herausgibt. Vgl. weiterführend Buchheit; Kümpel, Rdn. 7.276 ff.; Hinsch / Horn, S. 3 ff., 7 ff. 55 Siehe dazu umfassend unten § 16 C. I.

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ren Bedürfnisse von Staaten, etwa im Hinblick auf ihre längerfristige Finanzplanung oder politische Ziele, im Rahmen von Covenants zu berücksichtigen. So kommt es, daß in Krediten an Hoheitsträgern unter Beteiligung des Internationalen Währungsfonds („IWF“) derartige Auflagen lediglich begleitend in rechtlich unverbindlichen letters of understanding enthalten sind.57 Überdies sind im Hinblick auf die besondere Rechtspersönlichkeit von Hoheitsträgern viele der üblichen Covenants, wie etwa Fusionsbeschränkungen, ohnehin nicht anwendbar.58

II. Unternehmensanleihen Unternehmensanleihen (bonds oder notes) sind das klassische Anwendungsfeld von Covenants, wo sie der Begebung von langfristigen Anleihen ohne dingliche Besicherung zum Durchbruch verholfen und damit ein wichtiges Segment des Marktes für Unternehmensfinanzierungen erschlossen haben.59 Ferner war die Entwicklung der Covenants eine wichtige Voraussetzung dafür, daß sich auch Unternehmen ohne investment-grade-Status, denen bis weit in die 70er Jahre der Zugang zum Kapitalmarkt versperrt war, am Anleihemarkt mit sog. high-yield bonds refinanzieren konnten.60 Eine Unternehmensanleihe ist ein Finanzierungsinstrument, das als ein in Teilbeträge aufgeteiltes, langfristiges Großdarlehen auf einheitlicher Grundlage (hinsichtlich Zinssatz, Ausgabepreis, Laufzeit, Zeichnungsfrist und Liberierungsdatum) definiert werden kann.61 Anleihen werden heutzutage regelmäßig in Form der sog. Fremdemission begeben, bei der eine Bank, vielfach aber ein Bankenkonsortium die Anleihen für den Emittent emittiert.62 Damit kann der Emittent von der höheren Sachkunde und des großen Distributionsapparates der Kreditinstitute profitieren. Ferner verpflichten sich die beteiligten Banken im Übernahmevertrag (underwriting agreement) regelmäßig zur Übernahme des Absatzrisikos gegen Zahlung einer Vergütung. Anleihen können zum Handel an der Börse zugelassen werden; die damit verbundene Bildung eines Marktpreises eröffnet einerseits zusätzliche Gewinnmöglichkeiten für Anleihegläubiger, birgt andererseits aber auch zusätzliche Risiken, da sich bestimmte Ereignisse wertmindernd auf den Markt56 Vgl. Hartwig-Jacob, S. 499 f., der von der Unterwerfung der Republik Venezuela unter einer Negativklausel im Rahmen einer Staatsanleihe berichtet (Fn. 730 ebd.). 57 Wood, S. 4 – 1. 58 Vgl. Wood, S. 4 – 1; vgl. Böhlhoff, S. 151, 157. 59 Bratton, EBOR 2006, 39, 44. 60 High-yield oder auch junk bonds sind langfristige, üblicherweise festverzinsliche Wertpapiere, die von den führenden Ratingagenturen Standard & Poors und Moody’s in der Ratingstufe „Spekulationsgrad“ (d.h. unterhalb von investment-grade) bewertet worden sind oder bewertet werden würden, vgl. Webb, S. 1. 61 Hartwig-Jacob, S. 20. 62 Dazu Diekmann in Habersack / Mülbert / Schlitt, § 18 Rdn. 1 ff.

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

preis auswirken können. Hier besteht ein wichtiges Einsatzfeld für event-risk Covenants, die den Eintritt bestimmter, typischerweise wertmindernder Ereignisse verhindern sollen.63 Bei der Fremdemission sind wenigstens drei Vertragsbeziehungen zu unterscheiden.64 Das Verhältnis zwischen Banken und Emittent wird durch den Übernahmevertrag geregelt, in dem die Bank die Anleihen für eigene Rechnung oder aber eine Absatzgarantie übernimmt, in der sie eine bedingte Erwerbszusage für nicht platzierte Anleihen abgibt.65 Das Verhältnis zwischen den an der Emission beteiligten Banken bildet eine weitere Gruppe von Rechtsbeziehungen. Geregelt wird dieses insbesondere durch den sog. Konsortialvertrag, dessen Hauptzweck die Verteilung des Absatzrisikos ist.66 Im Mittelpunkt der Rechtsbeziehung zwischen den Anlegern und dem Konsortium steht die Zeichnung der Anleihen durch die Anleger bei einer Emissionsbank. Sie ist als Kaufvertrag zu qualifizieren.67 Das Verhältnis zwischen Emittent und Anleihegläubigern schließlich wird durch die Anleihebedingungen (indenture) und ergänzend die §§ 793 ff. BGB geregelt.68 Die Anleihebedingungen werden ohne Mitwirkung der Anleihegläubiger bereits im Vorfeld der Platzierung zwischen Emittent und Emissionsbanken ausgehandelt und von den Anlegern konkludent durch den Erwerb der Anleihen anerkannt. Angesichts der fehlenden Beteiligung der Gläubiger am Verhandlungsprozeß ist es auf den ersten Blick verwunderlich, daß die Anleihebedingungen neben den Zinsund sonstigen Zahlungsbedingungen regelmäßig auch umfangreiche Covenants zum Schutz der Anleihegläubiger enthalten. Der Grund dafür ist in der erforderlichen Akzeptanz der Anleihen bei den Anlegern sowie dem positiven Einfluß der Covenants auf das Rating der Anleihen und damit die Kapitalkosten des Emittenten zu suchen.69 Der Einsatz von Covenants in Unternehmensanleihen bereitet größere Probleme als in Kreditverträgen, was dazu führt, daß Anleihebedingungen dem Schuldner vergleichsweise schwächere Verhaltenspflichten auferlegen als Kreditverträge.70 Dies liegt an den Besonderheiten dieses Finanzierungsinstruments: Während im Rahmen eines zweiseitigen Kreditvertrages der Kreditgeber einen starken ökonoSiehe dazu unten § 4 E. IV. und § 5 B. IV. Vgl. die Darstellung bei Hutter in Habersack / Mülbert / Schlitt, § 14, Rdn. 56 ff. 65 Dazu im einzelnen Diekmann in Habersack / Mülbert / Schlitt, § 18 Rdn. 22 ff. 66 Dazu eingehend Schücking in Habersack / Mülbert / Schlitt, § 19, Rdn. 1 ff., 36 ff. 67 Hutter in Habersack / Mülbert / Schlitt, § 14, Rdn. 59. 68 Kümpel, Rdn. 9.195 ff. 69 Zum positiven Einfluß der Covenants auf das Rating von Anleihen vgl. ausführlich Moody’s Indenture Covenant Research & Assessment Framework, September 2006, Moody’s Approach to Evaluating Indenture Covenants and Assigning Covenant Quality Assessments, November 2006 und Moody’s Approach Towards the Analysis of Indenture Covenants, October 1999. 70 Eidenmüller (1999), S. 136. 63 64

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mischen Anreiz zur Überwachung des Schuldners und zur Durchsetzung der Covenants besitzt, zieht die unüberschaubare Zahl anonymer Gläubiger im Rahmen von Unternehmensanleihen ein ausgeprägtes Kollektivhandlungsproblem nach sich.71 Aufgrund der Schwierigkeit der Gläubiger, die Anreize zur Passivität zu überwinden und einen mehrheitsfähigen Willen zu formulieren, begegnet es großen praktischen Schwierigkeiten, die in Covenants enthaltenen Restriktionen gegen den Schuldner durchzusetzen. Dieses Problem wird in der Praxis durch eine Kollektivierung der Rechtsdurchsetzung mittels Zwischenschaltung eines Treuhänders zu lösen versucht, der für die Wahrung der Interessen der Anleihegläubiger verantwortlich ist.72 Für börsennotierte Anleihen ist in den USA die Bestellung eines Treuhänders vorgeschrieben.73 Das Gesetz schließt eine individuelle Geltendmachung der Covenants-Rechte durch einzelne Gläubiger unter Umgehung des Treuhänders aus. Ein entscheidender Grund für die Verabschiedung dieses Gesetzes war das bei Unternehmensanleihen auftretende Kollektivhandlungsproblem.74 Im deutschen Recht fehlt eine gesetzliche Pflicht zur Einsetzung eines Treuhänders. Bei internationalen Anleihen, die deutschem Recht unterstehen, ist die Bestellung eines Treuhänders daher selten anzutreffen.75 Dafür existiert mit dem Schuldverschreibungsgesetz ein Instrument für eine Mindestorganisation der Gläubiger von Schuldverschreibungen, das die fakultative Bestellung eines Treuhänders sowie insbesondere Änderungen der Anleihebedingungen durch Mehrheitsentscheid erlaubt.76 Der Geltungsbereich dieses Gesetzes ist allerdings dahingehend begrenzt, daß der Emittent seine Niederlassung im Inland haben muß und die Schuldverschreibungen im Inland ausgestellt sein müssen (§ 1 Abs. 1 SchVG). Damit gilt das Gesetz insbesondere im Rahmen von Auslandsanleihen als wichtigem Anwendungsfall von Covenants nicht.77 Die Zwischenschaltung von Treuhändern kann jedoch nur das im Rahmen der Durchsetzung von Covenant-Rechten gegenüber dem Schuldner auftretende Kollektivhandlungsproblem lösen. Das gleiche Problem begegnet jedoch auch dann, Vgl. Eidenmüller (1997), S. 67 ff.; ders. (1999), S. 197. Dazu Hutter in Habersack / Mülbert / Schlitt, § 14, Rdn. 81 ff. 73 Trust Indenture Act von 1939, 15 U.S.C. §§ 77 aaa-77bbbb. 74 Levmore, Yale L.J. (1982), 49, 72 f.; siehe auch Buljevich, S. 334 f. 75 Hartwig-Jacob, S. 583. 76 Schuldverschreibungsgesetz v. 04. 12. 1899 mit späteren Änderungen, BGBl. III 4134 – 1. Vgl. insbesondere §§ 11, 12 SVG, die in bestimmten Grenzen eine Änderung der Anleihebedingungen durch qualifizierten Mehrheitsbeschluß der Gläubigerversammlung erlauben. Nach § 14 SVG kann einem Treuhänder die Wahrnehmung bestimmter Befugnisse übergetragen werden. Die Bundesregierung plant, das SchVG zu modernisieren und internationalen Standards anzupassen, vgl. den Referentenentwurf der Bundesregierung vom 09. 05. 2008. Weiterführend zu den jüngsten Reformbestrebungen Baums, S. 973 ff. 77 Eidenmüller (1997), S. 70. Die Bundesregierung beabsichtigt, im Rahmen der geplanten Neuregelung des SchVG diese Einschränkung des Geltungsbereiches aufzuheben. 71 72

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

wenn Zahlungsschwierigkeiten des Anleiheschuldners eine Restrukturierung der Anleihe erforderlich machen. Die Anleihebedingungen amerikanischem Recht unterliegender Unternehmensanleihen lassen Änderungen der Zahlungsbedingungen, die die Höhe und den Fälligkeitstermin des Rückzahlungsanspruchs oder den Zinsanspruch der Gläubiger betreffen, in der Regel nur auf der Grundlage eines einstimmigen Gläubigerbeschlusses zu.78 Da ein solcher in der Realität kaum zu erlangen ist, hat die Praxis die Technik der sog. exit consents hervorgebracht, bei der den Gläubigern neue Anleihen mit modifizierten Zahlungsbedingungen zum Umtausch gegen ihre alten Anleihen angeboten werden. Mit der Annahme des Angebots stimmen die Gläubiger zugleich bestimmten Änderungen in den Bedingungen der alten Anleihe zu, die mit einfacher Mehrheit beschlossen werden können und die ausstehenden Gläubiger (holdouts) zur Annahme des Umtauschangebots bewegen sollen.79 Ebenfalls mit Mehrheitsentscheid möglich ist in der Regel eine Änderung von Covenants (sog. amendment) bzw. ein befristeter Verzicht auf Rechte oder Einwendungen, die aus Covenants hergeleitet werden können (sog. waiver). Dies kann notwendig werden, wenn sich in den Umständen des Schuldners Veränderungen ergeben, die eine Verletzung einzelner Covenants unausweichlich machen. Wie auch bei Kreditverträgen stellt die Kündigung der Anleihe aus Sicht der Parteien oft keine gangbare Reaktion dar, da es die Probleme des Schuldners noch verschärfen und damit seine Fähigkeit zur Bedienung der Rückzahlungsansprüche gefährden würde.

III. Projektfinanzierung Unter Projektfinanzierung versteht man die Fremdfinanzierung eines Projektes in der Weise, daß die Rückzahlung des Kredites weitgehend aus dem künftigen wirtschaftlichen Ertrag des Projektes erfolgen soll.80 Die Besonderheit dieser Finanzierungsart im Vergleich zum klassischen Kreditgeschäft besteht zum einen in der Zweckbindung des Kredites, die sich strukturell in der Vergabe des Kredites 78 Für börsennotierte US-Anleihen ist dies durch den Trust Indenture Act von 1939 sogar gesetzlich vorgeschrieben, 15 U.S.C. § 77 ppp; zum ganzen siehe auch Buljevich, S. 315, 341. 79 Umfassend zur Restrukturierungstechnik der exit consents, die erstmals im Rahmen der Schuldenkrise in Lateinamerika in den achtziger und neunziger Jahren in großem Stil zum Einsatz kam, siehe Buchheit / Gulati, UCLA L. Rev. (2000), 59 ff.; Buljevich, S. 325 ff.; Jochnick / Preston, S. 278 ff. Diese Technik nutzt die Möglichkeit zur Änderung sonstiger (d.h. nicht die Zahlungsbedingungen betreffender) Anleihebedingungen durch Mehrheitsentscheid aus; durch die Annahme des Umtauschangebots werden, bei Erreichen der erforderlichen Mehrheit, bestimmte Anleihebedingungen mit dem Ziel abgeändert, den Wert der alten Anleihe für außenstehende Gläubiger (holdouts) unattraktiv zu machen und diese damit zur Annahme eines Umtauschangebots zu bewegen. 80 Zum ganzen Kümpel, Rdn. 7.259 ff.; Sester, S. 1 ff.

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an eine wirtschaftlich und rechtlich selbständige Projektgesellschaft äußert. Zum anderen führt diese Strukturierung dazu, daß als Kreditsicherheit im wesentlichen nur die häufig sehr begrenzten und schwer verwertbaren Vermögenswerte der Projektgesellschaft zur Verfügung stehen.81 Die Schuldenbedienung erfolgt überwiegend aus dem durch die wirtschaftliche Tätigkeit der Projektgesellschaft generierten Cash Flow. Weiteres Kennzeichen der Projektfinanzierung ist der bewußt hohe Fremdkapitalanteil, der den von den Investoren gewünschten Leverage herstellt. Als Ausgleich für das damit verbundene Risiko des Fremdkapitalgebers wird von den Initiatoren ein gewisser Eigenkapitalbetrag verlangt. Ihre Risikostruktur macht die Projektfinanzierung zu einem Paradefall für den Einsatz von Covenants.82 Insbesondere die Frühwarnfunktion der Covenants kommt hier durch das gesteigerte Bedürfnis der Kreditgeber an frühzeitigen Informationen über die Entwicklung des Projektes zum Tragen. Zu diesem Zweck werden umfangreiche Kontroll- und Überwachungsvorschriften vereinbart. Die Kontrolle der Zahlungsströme in der Gesellschaft zur Sicherstellung der Schuldenbedienung aus dem Cash Flow wiederum ist ein wichtiges Anwendungsfeld von financial Covenants. IV. Akquisitionsfinanzierungen – private equity-Geschäftsmodell Die Finanzierung von Unternehmenskäufen und -übernahmen wird häufig mit einem hohen Fremdkapitalanteil finanziert, der zu einem hohen Leverage und damit hohen Ertragsaussichten für die Anteilseigner führt.83 Daher hat sich auch der Begriff des leveraged-buyout für diese Art des Unternehmenskaufs eingebürgert. Von einem leveraged-buyout im engeren Sinn spricht man dann, wenn Schuldentilgung und Kreditsicherung aus dem Vermögen der Zielgesellschaft vorgenommen werden.84 Das Geschäft der privaten Kapitalbeteiligungsgesellschaften (private equity), das in den vergangenen Jahren einen Boom erlebt hat, hat sich auf diese Art der Akquisitionsfinanzierung spezialisiert.85 Ihre Anlagestrategie ist die Auswahl von Unternehmen mit einem hohen Cash Flow, der zur Bedienung der Fremdkapitalzinsen benötigt wird, und einer hohen Eigenkapitalquote, die später systematisch durch die Aufnahme von Fremdkapital reduziert wird. Der hohe Fremdkapitaleinsatz bewirkt einerseits den gewünschten Leverage, und erlaubt andererseits die Zahlung eines hohen Kaufpreises an die Altaktionäre. Ziel ist es, den Unternehmenswert durch den Leverage-Effekt, Rationalisierungsmaßnahmen und eine Geschäftsoptimierung zu steigern und das Unternehmen nach einigen Jahren mit hohem Gewinn zu verkaufen.86 81 82 83 84 85

Kümpel, Rdn. 7.264. Umfassend Sester, S. 45 ff., 64 ff. Brealey / Myers, S. 905 ff. Lehn / Poulsen, J. Corp. L (1990), 199, Fn. 1; MüKoAktG / Oechsler, § 71 a, Rdn. 2. Allgemein zur Akquisitionsfinanzierung Diem.

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

Kapitalintensive Akquisitionen können in der Regel nur finanziert werden, wenn es gelingt, so viel Fremdkapital wie möglich am Markt zu platzieren. Dazu ist es erforderlich, verschiedene Schuldtitel mit unterschiedlicher Risikostruktur und unterschiedlichen Zinskosten anzubieten und damit möglichst viele Anlegertypen mit verschiedenen Risikoaversionsklassen anzusprechen.87 Zugleich wird damit die Finanzierung unter betriebswirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Gesichtspunkten optimiert. Üblich sind kombinierte Finanzierungen durch eine Aufteilung des erforderlichen Kapitals in eine relativ geringe Eigenkapitalleistung der Beteiligungsgesellschaft (des sog. sponsor) und einen hohen Fremdkapitalanteil, der häufig in syndizierte Kredite und Unternehmensanleihen aufgeteilt wird.88 Sowohl die Kredit- als auch die Anleiheseite kann wiederum in verschiedene „Tranchen“ mit unterschiedlicher Risikostruktur aufgesplittet werden. Üblich – jedoch nicht zwingend – ist die Finanzierung durch einen dinglich besicherten Kreditvertrag (senior secured loan), eine gleichrangige, jedoch dinglich unbesicherte Anleihe (senior notes) und eine nachrangige, dinglich unbesicherte Anleihe (subordinated notes).89 Im Kreditvertrag werden Covenants vereinbart, um die allgemeinen, aus dem hohen Fremdkapitaleinsatz und die besonderen, aus der gewählten Finanzierungsstruktur resultierenden Risiken für die Kreditgeber (lenders) zu begrenzen und den Zins für den Kreditnehmer niedrig zu halten.90 Die Unternehmensanleihen werden ebenfalls durch Covenants besichert. Sie dienen zum einen, wie im Kreditvertrag, der Reduzierung des Ausfallrisikos. Zum 86 Dieser exit geschieht entweder im Wege eines Börsengangs („IPO“) oder eines Verkaufs an einen strategischen Investor oder eine andere Beteiligungsgesellschaft. Die Zielrendite der private equity-Gesellschaften beträgt zwischen 15 – 20%, und die durchschnittliche Investitionszeit bis zum exit drei bis sieben Jahre. 87 Eingehend Diem, S. 18 ff. Es ist zu bedenken, daß gerade im Falle großvolumiger Akquisitionsfinanzierungen die Aufnahmefähigkeit am Markt begrenzt ist. Daher wird durch die Bildung von Tranchen mit unterschiedlicher Zins- und Risikostruktur versucht, die gesamte Marktbreite möglichst effizient zu nutzen. 88 Syndizierte Kredite bzw. Konsortialkredite ermöglichen höhere Volumina und größere Flexibilität in der Tilgungsstruktur, da das Risiko auf mehrere Banken verteilt wird. Anreize für eine breite Syndizierung ergeben sich in Deutschland aus §§ 13 a, b KWG. In den USA werden die Anleihen werden häufig nach Rule 144A des Securities Exchange Acts von 1934 ausschließlich an institutionelle Investoren begeben, für die deshalb das Registrierungserfordernis des Securities Act von 1933 entfällt. 89 Auch auf der Kreditvertragsseite kann es weitere Risikoabstufungen in Form von secured / unsecured und senior / subordinated loans geben; eine Neuentwicklung ist etwa die Finanzierungstechnik der „second lien loans“: Dabei werden zwei, hinsichtlich Zins- und Rückzahlungsanspruch i.d.R. gleichrangige Kreditverträge durch den gleichen Pool an Sicherungsgegenständen besichert, wobei der eine Vertrag ein vorrangiges Zugriffsrecht im Verwertungsfall gewährt. Auf der Bondseite kommen zunehmend sog. PIK-notes zum Einsatz, die dem Emittenten die Option einräumen, die fälligen Zinsen in Form einer Erhöhung des Nennwerts oder einer Ausgabe weiterer Anleihen im Gegenwert der fälligen Zinsen zu leisten und damit faktisch die Zinszahlungen zu stunden. 90 Zu diesen Risiken siehe die Ausführungen unter § 5 B. IV. 2.

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anderen verfolgen sie das darüber hinausgehende Ziel, bestimmte Strukturänderungen oder Ereignisse (sog. event risks) zu verhindern, die Wertminderungen der Anleihen am Anleihemarkt zur Folge haben können.91 Besonderes Interesse gilt dabei einem buyout des Emittenten nach Begebung der Anleihe, der in der Regel einen starken Wertverfall der Anleihe zur Folge hat.92 Die Mehrzahl der jüngeren Studien belegen die Gefahr eines Vermögenstransfers von den Anleihegläubigern zu den Aktionären des Emittenten bzw. der Übernahmegesellschaft infolge einer solchen Transaktion.93 In Reaktion auf Fälle dieser Art hat die amerikanische Vertragspraxis besonders restriktive Covenants entwickelt, die sich speziell gegen eine signifikante Veränderung der Kontrollmehrheit (change of control) oder Umstrukturierungen und Fusionen des Emittenten richten.94

V. Venture capital-Vereinbarungen Die Beteiligungsfinanzierung durch Risikokapital (venture capital) hat in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung genommen und ist nach wie vor durch starkes Wachstum gekennzeichnet. Bei dieser Form der Unternehmensfinanzierung werden einem meist jungen Unternehmen mit hohem Wachstumspotential (start-ups) von einem Investor Eigenkapital oder eigenkapitalverwandte Mittel für die Gründungs-, Aufbau- oder Ausbauphase auf begrenzte Zeit zur Verfügung gestellt; darüber hinaus wird das Management beratend unterstützt oder sogar teilweise mit Vertrauensleuten des Investors besetzt.95 Der Investor partizipiert so am möglichen Erfolg des Unternehmens, aber auch am unternehmerischen Risiko. Die Beteiligung des venture capital-Investors dient in erster Linie der Verbesserung der Eigenkapitalausstattung des Unternehmens durch die Gewährung langfristig haftenden Eigenkapitals. Im Unterschied zur Fremdkapitalfinanzierung stehen dem Investor dafür weder klassische Kreditsicherheiten zur Verfügung, noch erhält er eine laufende Verzinsung. Seine Ertragschance liegt vielmehr in der Erzielung eines Gewinns aus der Veräußerung seiner Beteiligung nach Ablauf einer bestimmten Zeit.96 Das Bedürfnis nach einer Sicherstellung dieses „exits“, aber auch nach einer fortlaufenden Kontrolle des Managements, hat zur Entstehung komplexer Vgl. Asquith / Wizman, J. Fin. Econ. (1990), 199 ff. und unten § 5 B. IV. Siehe dazu die Fallstudie in § 5 B. IV. 2. 93 Lehn / Poulson, J. Corp. L. (1990), 199; relativierend Coffee, Geo. L.J. (1990), 1495, 1518; Nachweise zu abweichenden Auffassungen bei Asquith / Wizman, J. Fin. Econ. (1990), 199. 94 Dazu umfassend unten § 5 B. IV. 95 Schäfer / Stephan, S. 1. 96 Winkler, S. 25. 91 92

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

Vertragswerke geführt. Wichtigster Bestandteil der venture capital-Vereinbarung ist eine Gesellschaftervereinbarung; diese enthält neben spezifisch auf die Bedürfnisse der Risikokapitalfinanzierung zugeschnittenen Klauseln zahlreiche aus dem Fremdfinanzierungsbereich bekannte Covenants, die dem Investor trotz einer Minderheitsbeteiligung den erforderlichen Einfluß in der Geschäftsführung sichern sollen. Darin lassen sich Investoren z. T. weit über den gesetzlichen Umfang hinausgehende Mitsprache-, Informations- und Kontrollrechte einräumen, die sich auch auf Fragen der Binnenordnung der Gesellschaft beziehen.97 Der Einflußnahme auf Beschlußfassungen dienen Stimmbindungsvereinbarungen mit den Gesellschaftern bzw. die Begründung von Zustimmungsrechten.98 Die in venture capital-Vereinbarungen enthaltenen Möglichkeiten zur Einflußnahme auf die Gesellschaft gehen über die typischen, in Finanzierungsverträgen enthaltenen Covenants weit hinaus. Insbesondere sehen Covenants in sonstigen Finanzierungsverträgen – anders als im Rahmen mancher venture capital-Vereinbarungen – keine Mitentscheidungsbefugnisse des Kreditgebers im operativen Geschäft und auch keine Rechte zur Benennung oder Abberufung von Mitgliedern des Aufsichtsrates oder der Geschäftsführung vor.99 Auf die besonderen, bei venture capital-Vereinbarungen auftretenden Rechtsfragen soll daher hier nicht weiter eingegangen werden.

F. Struktur und Aufbau Covenants nehmen einen breiten Raum im Kreditvertrag (loan agreement) oder in den Bedingungen einer Unternehmensanleihe (indenture) ein und sind dort regelmäßig in drei eigenständigen Abschnitten im Anschluß an die representations and warranties geregelt, unterteilt nach positive (affirmative), negative und financial Covenants.100 Im Anschluß an die Covenants folgen die sog. events of default, die nicht Covenants im eigentlichen Sinn sind, sondern bestimmte Tatbestände beschreiben, die als Leistungsstörung definiert werden; tritt ein solches Ereignis ein, wird der Sanktionsmechanismus in Gang gesetzt.101

Winkler, S. 107 ff.; Weitnauer, ZIP 2005, 1443 f. Aufgrund der Strukturunterschiede sowie der Existenz des § 23 Abs. 5 AktG unterscheiden sich das Niveau und die Mittel der Einflußnahme in AG und GmbH zum Teil deutlich voneinander, vgl. Winkler, S. 107 ff. 99 Vgl. Winkler, S. 115 ff. 100 Vgl. dazu den Auszug aus einem typischen US-amerikanischen Kreditvertrag im Anhang. 101 Siehe dazu ausführlich die Ausführungen unten unter § 5 C. 97 98

§ 5 Funktionale Analyse der Verwendung von Covenants

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§ 5 Funktionale Analyse der Verwendung von Covenants Nachdem im vorstehenden die Grundlagen des Rechts der Covenants entwickelt worden sind, geht es nun um die Bewertung ihres Wirkungsmechanismus in funktionaler Hinsicht; dabei sollen, soweit möglich, die damit zusammenhängenden ökonomischen und rechtliche Fragestellungen ausgeklammert werden. Diese sind Gegenstand der folgenden Kapitel.

A. Funktionale Betrachtung der grundlegenden Wirkungsmechanismen I. Disziplinierungsfunktion Eine wichtige Funktion der Covenants ist ihre Disziplinierungswirkung im Hinblick auf das schuldnerische Geschäftsgebaren. Sie beschränken das unternehmerische Ermessen des Schuldners und halten ihn zu finanzieller Disziplin an, um damit das Ausfallrisiko zu reduzieren.102 Dieses Ziel wird von Covenants in der Praxis weitgehend erreicht, was sich nicht zuletzt in dem heftigen Ringen der Vertragsparteien um ihre Ausformulierung widerspiegelt. Dazu brauchen noch nicht einmal handfeste Sanktionen auf Covenants-Verletzungen im Raum zu stehen, denn es ist anzunehmen, daß die bloße Existenz restriktiver Vertragsbestimmungen bereits eine signifikante psychologische Bindungswirkung erzeugt.103 Covenants legen der Gesellschaftsschuldnerin mehr oder weniger weitreichende Handlungs- und Unterlassungspflichten auf, die das Management bei seinen wirtschaftlichen Entscheidungen zu berücksichtigen hat. Zu den Restriktionen, die zumindest mittelbare Auswirkungen auf die strategische Unternehmensplanung und die Geschäftspolitik des Schuldners haben, zählen etwa die Pflicht zur laufenden Einhaltung verabredeter Finanzkennzahlen (financial Covenants), Beschränkungen bei der Aufnahme neuer Schulden oder der Belastung des Gesellschaftsvermögens mit Sicherheiten, Unterlassungspflichten im Bereich von Strukturentscheidungen, sowie die Erhaltung der betrieblichen Vermögenswerte. Damit wird ein Handlungsund Entscheidungsrahmen geschaffen, an dem sich das Management bei seinen Entscheidungen orientieren muß, wenn es keine Vertragsverletzung begehen will. Je nach Ausgestaltung mindern Covenants dabei mehr oder weniger stark die Anreize für eine besonders riskante Geschäftstätigkeit.

102 103

Vgl. neben anderen Köndgen, S. 127, 129, 145. So zutreffend Köndgen, S. 138.

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

II. Covenants als Ergänzung des gesellschaftsrechtlichen Frühwarnsystems Besonders hervorgehoben wird die Frühwarnfunktion von Covenants, und dabei sogar von ihrer wichtigsten Eigenschaft überhaupt gesprochen.104 Damit wird vor allem an die umfangreichen Informationspflichten gedacht, denen sich der Kreditnehmer gegenüber dem Kreditgeber in Covenants unterwirft. Sie sollen einen Ausgleich zu der zwischen Schuldner und Gläubiger bestehenden Informationsasymmetrie schaffen und es dem Kreditgeber ermöglichen, rechtzeitig Maßnahmen zur Sicherung seines Rückzahlungsanspruches zu ergreifen. Ein wichtiger Teil des Frühwarnsystems sind die Rechtsfolgen, die an die Verletzung von Covenants anknüpfen. Sie verschaffen dem Kreditgeber im Einzelfall die Möglichkeit, auf der Grundlage der vom Schuldner zur Verfügung gestellten Informationen die adäquaten Maßnahmen zur Abwehr von Vermögensgefährdungen zu treffen. Im folgenden soll untersucht werden, inwieweit die Frühwarnfunktion der Covenants bestehende gesellschaftsrechtliche Präventivvorschriften ergänzt und erweitert. 1. Wirksamkeit des gesellschaftsrechtlichen Frühwarnsystems Dem deutschen Gesellschaftsrecht sind präventive Elemente im Sinne eines „Frühwarnsystems“ mit dem Ziel der Insolvenzvermeidung nicht fremd. Bereits aus den allgemeinen Buchführungspflichten (§§ 91 Abs. 1 AktG i.V.m. §§ 238 ff. HGB) ergibt sich eine Pflicht der Geschäftsführung zu einer fortlaufenden wirtschaftlichen Selbstprüfung im Interesse der Gläubiger.105 Darüber hinaus verpflichtet § 91 Abs. 2 AktG die AG zur Einrichtung eines Überwachungssystems mit dem Ziel der Früherkennung von Entwicklungen, die den Bestand der Gesellschaft gefährden.106 Die Wirksamkeit dieser haftungsrechtlich über § 93 Abs. 1 AktG sanktionierten Pflichten ist jedoch zweifelhaft. Insbesondere ist der Umfang der Selbstkontrolle und der Gegenstand unklar, auf den sich die Einrichtung des Überwachungssystems gem. § 91 Abs. 2 AktG beziehen soll.107 Die zweite Säule des gesellschaftsrechtlichen Früherkennungssystems bildet die Pflicht zur Einberufung der Hauptversammlung im Falle eines Verlustes in Höhe Vgl. Kästle, S. 34 f.; Thießen, ZBB 1996, 19, 19 f.; Eidenmüller (1999), S. 142. Hüffer, § 91, Rdn. 2; Lutter / Hommelhoff, § 43, Rdn. 19. 106 Für die GmbH existiert keine vergleichbare ausdrückliche Pflicht; aus §§ 43, 41 GmbHG läßt sich jedoch eine Organisationspflicht dahingehend ableiten, gefährdende Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und adäquat auf sie zu reagieren, vgl. Lutter / Hommelhoff, § 43, Rdn. 19. 107 Hüffer, § 91, Rdn. 5; Haas (2006a), S. 106 f. 104 105

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der Hälfte des Grundkapitals (§ 92 Abs. 1 AktG).108 Die Effektivität der von dieser Pflicht ausgehenden „Warnlampenfunktion“ muß wegen ihrer Anknüpfung an das Nennkapital indes bezweifelt werden. Im Hinblick auf die geringe Bedeutung der Nennkapitalziffer für den Gläubigerschutz ist die Anzeige eines hälftigen Verlusts für die Gläubiger ohne große Aussagekraft. Dies gilt erst Recht, wenn das Nennkapital nur dem Mindestkapital entspricht; dann kommt jede Warnung ohnehin zu spät.109 Darüber hinaus dient die Anzeigepflicht des § 92 Abs. 2 AktG in erster Linie der Unterrichtung der Aktionäre. Nur sekundär dient die Vorschrift im Zusammenspiel mit dem für die Hauptversammlung geltenden Öffentlichkeitsprinzip (§ 121 Abs. 3 AktG) auch den Informationsinteressen der Gläubiger, denen im übrigen ein rechtlich geschütztes Interesse an der Einhaltung der Verpflichtung nicht zusteht.110 Lediglich für börsennotierte Unternehmen sieht § 15 WpHG eine Publizitätspflicht („Ad-hoc-Mitteilungspflicht“) vor, die speziell den Interessen des Kapitalmarktes an einer frühzeitigen Information dient.

2. Beurteilung der Wirksamkeit des Covenants-gestützten Frühwarnsystems Im Vergleich dazu wirken die äußerst weitreichenden Informationspflichten der Covenants im Zusammenwirken mit den in ihnen enthaltenen Verhaltens- und Sanktionsvorschriften auf eine deutlich frühzeitigere Information der Gläubiger hin. Im Unterschied zum gesellschaftsrechtlichen Präventionssystem, das auf das Eigeninteresse des Managements am Erhalt des Unternehmens angewiesen ist und sich zudem nur an die Gesellschafter richtet (§ 92 Abs. 2 AktG), erzwingen Covenants eine direkte Information der unmittelbar betroffenen Gläubiger. Damit wird die Kontrollfunktion der Fremdkapitalgeber im Rahmen der Corporate Governance gestärkt.111 Anders als die gesellschaftsrechtlichen Informationspflichten dient das durch Covenants geschaffene Frühwarnsystem in erster Linie der Sicherung des Rückzahlungsinteresses des Kreditgebers. Die vom Schuldner bereitgestellten Informationen sollen den Gläubiger über Verstöße gegen Covenants in Kenntnis setzen und ihn so befähigen, seine vertraglichen Rechte durchzusetzen. Wenn die Ausübung dieser Rechte durch den Kreditgeber dazu führt, daß die Schuldnerkrise vermieden oder überwunden werden kann, so geschieht dies mittelbar als Reflex der Ausübung von Covenants-gestützter Kontrollmacht zur Sicherung des Gläubigeranspruchs. Das Ingangsetzen des Präventionsmechanismus liegt in der Hand des berechtigten Gläubigers. Hierin zeigen sich die Grenzen eines vertraglichen Frühwarnsystems. Dennoch besitzt ein solches System gegenüber einem von der Ge108 109 110 111

Für die GmbH existiert mit § 49 Abs. 3 GmbHG eine entsprechende Verpflichtung. Haas (2006a), S. 111 f. KK / Mertens, § 92, Rdn. 10; MüKoAktG / Hefermehl / Spindler, § 92, Rdn. 2. Vgl. dazu die Ausführungen unter § 5 A. VII.

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

schäftsleitung der Schuldnerin kontrollierten Warnsystem aus Gläubigersicht eindeutige Vorzüge.

III. Covenants als Ergänzung des Insolvenzrechts Thießen112 sieht die Funktion von Covenants primär in einer Art vorbeugendem bzw. alternativem Insolvenzschutz. Beide Systeme – Covenants und Insolvenzverfahren – zeichneten sich durch den Übergang der Kontrolle von Leitungsmacht in kriselnden Unternehmen auf fremde Entscheidungsträger aus, hier die Covenantsberechtigten Gläubiger, dort der Insolvenzverwalter. Dieser Erklärungsansatz ist im Grunde eine Weiterentwicklung der eben dargestellten Frühwarnfunktion. Denn es ist die frühzeitige Information des Kreditgebers vermöge von Covenants, die im Idealfall die Prävention der schuldnerischen Insolvenz und damit die Vermeidung von Insolvenzkosten ermöglicht. Gegenüber dem Insolvenzrecht verlagern Covenants die Auslösung des Sanktionsmechanismus nach vorne auf einen Zeitpunkt, zu dem eine Abwendung der Insolvenz des Schuldners noch aussichtsreicher ist. Einen weiteren Vorteil gegenüber dem staatlichen Insolvenzverfahren sieht Thießen in der Möglichkeit, den Auslösezeitpunkt flexibel zu bestimmen.113 Die Anknüpfung des Insolvenzrechts an Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit sei verglichen mit der Variabilität vertraglich vereinbarter Klauseln starr und oftmals eine ungeeignete Methode, die Insolvenzreife des jeweiligen Unternehmens korrekt zu bestimmen. Ferner könnten mittels Covenants effiziente Entscheidungsträger Einfluß im Unternehmen gewinnen, die nach empirischen Studien eher als Insolvenzverwalter zur Betriebsfortführung geneigt seien. Dieser Erklärung des Wirkungsmechanismus kann gefolgt werden, soweit in der Covenants-gestützten Krisenfrüherkennung ein Beitrag zur Insolvenzvermeidung gesehen wird. Das deutsche Insolvenzrecht beschränkt sich auf die Auslösetatbestände der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO), Überschuldung (§ 19 InsO) sowie der drohenden Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO).114 Der Zahlungsunfähigkeit, die das mangelnde Schuldendeckungspotential des Schuldners relativ spät indiziert, steht mit dem regelmäßig vorgelagerten Tatbestand der Überschuldung ein Auslösetatbestand gegenüber, der ein Prognoseelement beinhaltet und daher zu einer frühzeitigeren Indikation der Krise imstande ist.115 Das Gesetz versucht damit einerseits Thießen, ZBB 1996, 19 ff., 29 ff. Thießen, ZBB 1996, 19, 30. 114 Die drohende Zahlungsunfähigkeit gem. § 18 InsO ist nur ein sog. „fakultativer“ Auslösetatbestand, auf den sich nach h.M. nur der Schuldner selbst berufen kann, vgl. MüKoInsO / Drukarczyk, § 18, Rdn. 2. 115 Vgl. § 19 Abs. 2 S. 2 InsO, der bei der Erstellung der Überschuldungsbilanz den Ansatz von (niedrigeren) Liquidationswerten verlangt, wenn die Fortführungsprognose negativ aus112 113

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den Interessen an einem leicht erkennbaren und justiziablen Auslösezeitpunkt, andererseits an einem möglichst frühen Eingreifen Rechnung zu tragen.116 Dagegen hat sich das Ziel des Gesetzgebers, mit dem Tatbestand der drohenden Zahlungsunfähigkeit ein noch früheres Eingreifen des Insolvenzrechts zu ermöglichen, in der Praxis nicht verwirklicht. Die nach § 18 InsO gestellten Anträge betreffen überwiegend Gesellschaften, die bereits zahlungsunfähig oder überschuldet sind.117 Lediglich dem Überschuldungstatbestand kommt damit theoretisch eine präventiv-gläubigerschützende Funktion zu. Die für die Überschuldungsbilanz anzustellende Fortführungsprognose kann dabei als Element eines gesetzlichen Krisenfrüherkennungssystems angesehen werden.118 Im Zusammenwirken mit der Insolvenzantragspflicht sind die Geschäftsleiter verpflichtet, beständig die Vermögenslage der Gesellschaft im Interesse der Gläubiger zu beobachten.119 Selbst wenn eine positive Fortführungsprognose objektiv nachvollziehbar sein und bei Zweifeln bewiesen werden muß120, ist sie allerdings durch einen stark subjektiven Einschlag gekennzeichnet. Dies zeigt sich schon daran, daß ein Unternehmen auch dann als fortführungsfähig gelten kann, wenn es keine Gewinne mehr erwirtschaftet.121 Eine positive Fortführungsprognose hängt somit entscheidend von der Selbsteinschätzung der Eigentümer ab, wie auch ihre Grundlagen, beispielsweise ein aussagefähiges Unternehmenskonzept, von diesen beizubringen sind.122 Wird mit dieser Rechtslage der insolvenzrechtlich vermittelbare, präventive Gläubigerschutz in zeitlicher Hinsicht für ausgereizt, ein frühzeitigeres Eingreifen für nicht machbar gehalten123, so kommt dem Präventivschutz durch vertragliche fällt. Eingehend zur Rolle des Überschuldungstatbestandes beim präventiven Gläubigerschutz Klaus Schmidt, EBOR 2006, S. 196 ff. Vgl. auch Haas (2006a), S. 22. 116 Haas (2006a), S. 22. 117 Karsten Schmidt (2006), S. 188, 191 f. 118 Fischer, ZIP 2004, 1477, 1482; Jaeger / Müller, § 19, Rdn. 27. 119 Jaeger / Müller, § 19, Rdn. 4. Karsten Schmidt (2006), S. 198 ff., spricht von „unternehmerischer Selbstprüfungspflicht“ und stellt klar, daß der Überschuldungstatbestand mehr betriebswirtschaftlich und weniger stichtagsbezogen auszufüllen ist, wenn er seine präventivgläubigerschützende Funktion erfüllen können soll. 120 Die Fortführung ist nach § 19 Abs. 2 S. 2 InsO der gesetzliche Ausnahmefall. 121 Jaeger / Müller, § 19, Rdn. 34. 122 Jaeger / Müller, ebd. Auf die bestehenden Bewertungsspielräume der Geschäftsleitung bei der Fortführungsprognose und die damit verbundene Beeinträchtigung des Gläubigerschutzpotentials des Überschuldungstatbestands weist auch Bezzenberger (2005), S. 186 ff. hin. 123 Vgl. insbesondere Drukarczyk, WM 1994, 1737 ff.; Fischer, ZIP 2004, 1477, 1482. Mülbert, EBOR 2006, 357, 382 f. weist zu Recht darauf hin, daß der insolvenzrechtliche Gläubigerschutz durch eine zeitliche Vorverlagerung der Insolvenzantragspflicht nicht weiter gesteigert werden kann, ohne die Chancen des Unternehmens auf eine Abwendung der Krise aus eigener Kraft zunichte zu machen. Vgl. aber die Überlegungen zur Einführung eines am wrongful trading-Konzept orientierten Gläubigerschutzes oben § 3 II. 2.

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

Regelungen umso größere Bedeutung zu. Zum einen ist die Überschuldung trotz ihres prognostischen Einschlags verglichen mit dem Auslösezeitpunkt der Covenants ein Spätindikator; zum anderen ist aus Gläubigersicht der große Einfluß der Schuldnerin auf den Ausgang der Fortführungsprognose grundsätzlich unbefriedigend. Gegen die insolvenzprophylaktische Funktion von Covenants läßt sich nicht einwenden, daß ihre Verletzung die sofortige Fälligstellung der Verbindlichkeit zur Folge hat und damit die Krise noch verschärft wird.124 Zum einen machen Kreditgeber empirisch gesehen von diesem Recht nur selten Gebrauch125; in der Regel dient es der Durchsetzung von Neuverhandlungen, die ein wichtiges Element im Rahmen des Präventivschutzes sind, da sie den Schuldner zur Anpassung an veränderte Umstände und eine Disziplinierung seines Finanzgebarens zwingen.126 Zum anderen zeichnen sich Covenants ja gerade dadurch aus, daß bei ihnen dieses Druckmittel besonders frühzeitig eingesetzt werden kann, während die dem gesetzlichen Leitbild oder den AGB-Banken folgenden Kreditverträge ein solches Recht erst relativ spät gewähren, nämlich regelmäßig erst bei einer wesentlichen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse.127 Die Tatsache, daß Covenants das Kündigungsrecht an weniger schwerwiegende Umstände knüpfen, spricht somit umgekehrt für ihren präventiven Charakter. Darüber hinaus ist der Gläubiger von Covenants-gestützten Finanzierungsverträgen meistens nicht dinglich am Schuldnervermögen abgesichert und ist somit stärker auf das Überleben des Unternehmens im Interesse der Rückzahlung seiner Forderung angewiesen als Inhaber klassischer Kreditsicherheiten. 128 Das Postulat Thießens einer Alternativität zwischen Insolvenzrecht und Covenants geht indessen zu weit.129 Es basiert auf der Annahme, daß Covenants-berechtigte Gläubiger in der Unternehmenskrise faktisch die Stellung eines Insolvenzverwalters einnehmen oder jedenfalls einen vergleichbaren Einfluß ausüben. Diese Annahme ist jedoch durch nichts belegt. Zwar mag es durchaus Fälle geben, in denen die Kombination aus rechtlich zulässigen Sanktionsmitteln und dem Einsatz wirtschaftlicher Druckausübung eine hohe Beherrschungsdichte zuläßt.130 Wie im Verlauf dieser Arbeit gezeigt werden wird, begegnet ein derart weitreichender Einfluß allerdings unüberwindbaren praktischen wie rechtlichen Hindernissen und ist daher von den Parteien im Regelfall nicht gewollt. Jedenfalls ist das rechtliche So aber Wilhelmi, GmbHR 13, 16. Böhlhoff, S. 151, 157; Eidenmüller (1999), S. 139. 126 Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 151. 127 Vgl. § 490 Abs. 1 BGB und Nr. 19 Abs. 3 AGB-Banken, wonach ein wichtiger Grund zur Kündigung insbesondere vorliegt, wenn eine wesentliche Verschlechterung des Vermögens eintritt oder zu besorgen ist. 128 Baird / Rasmussen, Private Debt and the Missing Link of Corporate Governance, S. 25. 129 Vgl. Thießen, ZBB 1996, 19, 30. 130 Bachmann / Veil, ZIP 1999, 348, 354. 124 125

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Fundament derartiger fremder Leitungsmacht sicherlich nicht so fest wie die Rechtsposition des mit amtlicher Verfügungsmacht agierenden Insolvenzverwalters. Die Erlangung einer vergleichbaren Stellung durch den Gläubiger ist ohne die Ausübung extremen wirtschaftlichen Drucks nicht denkbar. Die Ausübung wirtschaftlicher Macht als Mittel der Einflußnahme auf Unternehmen ist indes kein Phänomen, das typischerweise Covenants anhaftete.

IV. Ausgleich unzureichender gesetzlicher Ausschüttungssperren Eine weitere Funktion von Covenants könnte in einer Kompensation der Schwächen gesetzlicher Ausschüttungsschranken zu sehen sein. Als Schwäche der bilanziellen Ausschüttungssperre ist vor allem ihre Anknüpfung an wenig aussagekräftige Bilanzkennziffern und ein „historisches“ Nennkapital herausgearbeitet worden, während die Schwäche des Solvenztestes in seinem Verzicht auf einen insolvenzprophylaktischen Kapitalpuffer besteht.131 Der Wert der Covenants besteht darin, daß sie nicht die Schwächen der bilanziellen und Solvenztest-basierten Ausschüttungssperren schuldrechtlich simulieren, sondern eine situative Ausschüttungssperre schaffen, die funktional wie zeitlich weit über sämtliche existierende Ausschüttungsbegrenzungssysteme hinausgeht und überdies flexibel auf die Bedürfnisse der Vertragsparteien zugeschnitten werden kann.132 Anders als die bilanzielle Ausschüttungssperre orientiert sich die in Covenants typischerweise enthaltene Ausschüttungsbeschränkung in der Regel an dem seit dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses erwirtschafteten Nettogewinn, kann Ausschüttungen aber auch gänzlich untersagen. Damit kommt sie einerseits den Bedürfnissen der Finanzierungspraxis nach einer stärkeren Berücksichtigung der Eigenkapitalquote entgegen133, unterscheidet sich andererseits mit der Bildung eines Kapitalkissens aus erwirtschafteten Nettogewinnen aber auch grundlegend vom Solvenztest.134 Im Vergleich zu den Varianten gesetzlicher Ausschüttungsbeschränkungen zeichnet sie sich ferner durch ein weit früheres Eingreifen aus, ohne jedoch das Gesellschaftsvermögen einer zu starken Bindung auszusetzen. Angesichts dieser generellen Vorteile gegenüber einer gesetzlichen Ausschüttungssperre würde es der Funktion von Covenants nicht gerecht, wenn man ihr Vorkommen überwiegend als eine Reaktion von Kreditgebern auf die als zu niedrig empfundenen gesetzlichen Ausschüttungsschranken in den USA interpretierte und Covenants damit vor allem als amerikanischen Phänomen einstufte.135 Dieser Schluß wäre allerdings naheliegend, wenn sich nachweisen ließe, daß vertragliche 131 132 133 134 135

Dazu ausführlich oben § 2 A. I. 3. und § 3 II. 3. Siehe umfassend unten § 5 B. II. 1. Zu diesem Bedürfnis aus Sicht der Banken vgl. Walter, AG 1998, 370 ff. Zu diesem Bedürfnis Kübler (1989), S. 31; Armour, Mod. L. Rev. (2000), 355, 374. So aber Alberth, WPg 1997, S. 744; ähnlich Merkt, ZGR 2004, 305, 318 f.

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

Ausschüttungssperren in Ländern mit einer strengeren gesetzlichen Vermögensbindung als in den USA weniger verbreitet sind. Eine empirische Studie zur Häufigkeit dividendenrestriktiver Covenants in den USA, Deutschland und Großbritannien meint genau diesen Nachweis erbracht zu haben.136 Sie schließt aus der geringen Verbreitung direkter vertraglicher Ausschüttungsbegrenzungen in Deutschland und Großbritannien auf die Zufriedenheit der Praxis mit den vorhandenen gesetzlichen Schranken.137 Eingeschränkt wird die Aussagekraft dieser Studie jedoch dadurch, daß sie allein direkte, nicht aber die ähnlich wirksamen indirekten Ausschüttungsbegrenzungen erfaßt.138 Letztere werden auch in Deutschland und England vereinbart. Der These eines Zusammenhangs zwischen dem Umfang der gesetzlichen Vermögensbindung und der Vereinbarung vertraglicher Ausschüttungsbegrenzungen widersprechen auch empirische Befunde, wonach das Bestehen nationaler Kapitalschutzvorschriften wie auch die jeweilige Höhe des Nennkapitals für die Kreditvergabeentscheidung von Banken eine – wenn überhaupt – untergeordnete Rolle spielt.139 Diese Studien lassen den Schluß zu, daß die Kreditvergabeentscheidung unabhängig von der Schärfe der gesetzlichen Ausschüttungsbestimmungen erfolgt. Darüber hinaus trifft die These Alberths, die gesetzlichen Ausschüttungsschranken gerade der USA seien unzulänglich und deshalb vertraglich korrekturbedürftig140, aus funktionalen Erwägungen nicht zu. Alberth spielt damit auf den in den amerikanischen Bundesstaaten vorherrschenden Solvenztest als gesetzliche Ausschüttungsschranke mit der vermeintlich schwächeren Vermögensbindung an. Im ersten Kapitel ist jedoch aufgezeigt worden, daß der situative Solvenztest zeitlich und funktional deutlich enger am Gläubigerschutzbedürfnis orientiert ist als bilanzielle Ausschüttungssperren.141 Der besondere Wert der bilanziellen Ausschüttungssperre, die vor allem in der Vorverlagerung des Auslösezeitpunkts relativ zur Insolvenz und der dadurch bewirkten Insolvenzprophylaxe besteht, ist in einer Zeit sinkender Mindestkapitalvorschriften nur mehr theoretischer Natur.142 Es besteht also keine Austauschbarkeit zwischen den gesetzlichen und Covenants-rechtlichen Ausschüttungsschranken.143 Diese Aussage wird erhärtet durch die zunehmende Verbreitung von Covenants auch im deutschen Kreditgeschäft, ein Trend, der einerseits in Veränderungen der Unternehmensfinanzierungspraxis, an136 137

Leutz / Deller / Stubenrath, Accounting and Business Research (1998), 111 ff. Leutz / Deller / Stubenrath, Accounting and Business Research (1998), 111, 122, 124,

126. 138 Damit sind vor allem Verpflichtungen zur Einhaltung von Finanzkennzahlen, insbesondere einer bestimmten Eigenkapitalquote, gemeint, vgl. unten § 5 B. II. 1. b). 139 Walter, AG 1998, 370, 371 f. 140 Alberth, WPg 1997, 744. 141 Haas (2006a), S. 130 f. und oben § 3 II. 3. 142 Haas (2006a), S. 125 ff. 143 A.A. jedoch Kuhner, ZGR 2005, 753, 784 f. unter Hinweis auf die geringe Verbreitung dividendenrestriktiver Covenants in Deutschland und Großbritannien.

§ 5 Funktionale Analyse der Verwendung von Covenants

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dererseits in der verschiedenen Wirkungsweise der Covenants begründet liegen dürfte. Ausschlaggebender Faktor für die Vereinbarung von Covenants ist nicht die Höhe der jeweiligen Ausschüttungsschranken, sondern vielmehr die Erkenntnis, daß die kapitalschutzrechtliche Ausschüttungsschranke nur eine eingeschränkte gläubigerschützende Funktion besitzt.

V. Begrenzung des Kollektivhandlungsproblems Thießen144 hat auf die Funktion der Covenants bei der Lösung des bei Eintritts einer Unternehmenskrise drohenden Kollektivhandlungsproblems unter den Gläubigern hingewiesen. Damit ist die Neigung der Gläubiger gemeint, auch im Angesicht der sich anbahnenden Krise untätig zu bleiben und stattdessen auf Sanierungsbemühungen anderer Gläubiger oder auf die Zerschlagung des Unternehmens in der Insolvenz zu warten.145 Die Ursache dafür kann zum einen im Fehlen von Anreizen und Möglichkeiten einer Kontrolle des Schuldners vor Eintritt der Insolvenz liegen. Zum anderen ist vor allem für besicherte Gläubiger die durch eine Unternehmensfortführung zu erwartende Verbesserung ihrer Insolvenzquote oftmals zu gering, um den hohen Aufwand von privaten Sanierungsbemühungen zu rechtfertigen. Weitere Gründe für die Neigung zur Passivität sind Informationsdefizite sowie die Hoffnung auf Sanierungsbemühungen anderer Gläubiger.146 Dies kann zu der paradox erscheinenden Situation führen, daß gänzlich auf rechtzeitige Sanierungsbemühungen verzichtet wird, obwohl diese für die Gesamtheit der Gläubiger durchaus lohnenswert wären. Covenants verringern dieses Kollektivhandlungsproblem, indem sie dem durch sie berechtigten Gläubiger die Aussicht auf eine Überwindung der Krise durch frühzeitiges Eingreifen bieten und so einen Anreiz zu persönlichem Engagement schaffen.147 Dieser Anreiz wird durch den verbesserten Informationsfluß und die in Covenants investierten Kosten nochmals verstärkt. Sollte der Covenants-berechtigte Gläubiger allerdings im Einzelfall kein wirtschaftliches Interesse an Sanierungsbemühungen haben, etwa weil seine Forderung ausnahmsweise zusätzlich dinglich abgesichert ist, so ist für die Lösung des Kollektivhandlungsproblem nichts gewonnen. Thießen meint nun, daß sich dieser Gläubiger seine Eingriffsrechte von nichtberechtigten Gläubigern abkaufen lassen könne, wenn diese Thießen, ZBB 1996, 19, 25. Dazu auch Eidenmüller (1999), S. 163 ff., 282 ff. 146 Zu diesem „free rider“-Effekt siehe die Ausführungen unter § 6 C. VI. 147 A.A. offenbar Eidenmüller (1999), S. 163 unter Hinweis auf das Kollektivhandlungsproblem der Covenants im Verhältnis zu nichtberechtigten Drittgläubigern. Es ist war richtig, daß Covenants gewisse negative Externalitäten im Verhältnis zu Drittgläubigern mit sich bringen (siehe umfassend unten § 8 B. IV. 1). Dies schließt jedoch nicht aus, daß sie insgesamt positive Anreize zur Überwindung des Passivitätsproblems im Rahmen privater Sanierungsbemühungen schaffen. 144 145

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

Rechte für sie einen höheren Wert besitzen.148 Existieren mehrere Covenants-berechtigte Gläubiger, so könne auf dem Verhandlungsweg ein koordiniertes Zusammenwirken der Gläubiger und damit ein effektiver Einsatz der Covenants mit dem Ziel der Wertmaximierung herbeigeführt werden. Ob ein solches Szenario in der Praxis realistisch ist, darf bezweifelt werden. Insbesondere erscheinen die zur Koordination der einzelnen Gläubiger anfallenden Transaktionskosten hoch und können daher entsprechende Bemühungen verhindern.149 Ferner setzt das Modell Thießens voraus, daß die von den Gläubigern angestrengte Kooperation nicht von Neugläubigern des Schuldners unterlaufen wird, die quasi auf den Bemühungen der Altgläubiger „trittbrettfahren“. Eine Abschirmung gegen Neugläubiger bzw. kooperationsunwillige Gläubiger erscheint jedoch ausgeschlossen, da diese eine Mitwirkung des Schuldners voraussetzt, die seinerseits nur unter hohen Kosten und Überwachungsanstrengen denkbar wäre.150 Die Schwierigkeiten einer Koordination der Gläubiger schließen dennoch nicht aus, daß auch nichtberechtigte Gläubiger von Covenants mitgeschützt werden. Trotz der Relativität der Covenants als schuldrechtlicher Vereinbarung zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer sind aufgrund der mit ihnen verbundenen Anreize zur Schuldnerkontrolle positive Effekte auch für dritte Gläubiger zu erwarten. Die gegenteiligen Stimmen in der Literatur151 konzentrieren sich zu sehr auf diese formale Relativität und lassen außer Acht, daß Covenants den durch sie berechtigen Gläubigern eine ökonomisch werthaltige Position verschaffen, die sie unter Berücksichtigung des Verhaltens der anderen Gläubiger am effektivsten auszunutzen suchen.

VI. Faktische Steuerung der Geschäftsführung Teilweise wird der Eindruck erweckt, Covenants seien ein Mittel, eine in die Krise geratene Gesellschaft der vollständigen Kontrolle durch die Gläubiger zu unterwerfen. Covenants würden den Schuldner der umfassenden Direktive der risikoaversen Gläubiger unterwerfen152 oder der Geschäftsleitung die alleinige Entscheidungsgewalt über die Gesellschaft entziehen.153 Demgegenüber sehen Covenants keine unmittelbaren Eingriffsrechte des Gläubigers in die operative Geschäftstätigkeit vor.154 Enumerierte Zustimmungs- oder Vetorechte des Kreditgebers bei der Vornahme bestimmter Geschäftsentscheidungen sind in Covenants amerikani148 149 150 151 152 153 154

Thießen, ZBB 1996, 19, 25. Dazu im einzelnen Eidenmüller (1999), S. 246 ff. Levmore, Yale L.J. (1982), 49, 54 f. Vgl. etwa Kästle, S. 33; Wilhelmi, GmbHR 2006, 13, 15 f. Köndgen, S. 145. Thießen, ZBB 1996, 19, 22. So zutreffend Bratton, EBOR 2006, 50.

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scher Provenienz nicht enthalten. Die Leitungsmacht der Geschäftsleitung bleibt nicht nur formal unangetastet, sie wird auch nicht etwa im Falle der Verletzung von Covenants auf den Gläubiger übergeleitet.155 Insbesondere verbleibt das Initiativrecht, d.h. die positive Entscheidungsgewalt, bei der Geschäftsführung.156 Dennoch können Covenants dem durch sie geschützten Gläubiger im Einzelfall auf faktischem Wege weitreichenden Einfluß auf die Geschäftsführung vermitteln. Insbesondere kann der Gläubiger eine Covenants-Verletzung dazu ausnutzen, unter Androhung der Kündigung bestimmte Maßnahmen zu verlangen. Bei hinreichender Abhängigkeit des Schuldners vom Kredit kann dies weitreichende Einflußnahmemöglichkeiten eröffnen.157 Eine solche Ausnutzung wirtschaftlicher Abhängigkeit ist freilich nicht unproblematisch und kann rechtliche Konsequenzen für den Gläubiger haben. Von diesen rechtlichen Implikationen wird noch später die Rede sein. Hier ging es zunächst nur um die Darstellung des funktionalen Aspekts von Covenants.

VII. Covenants als Einbruchstelle der Gläubigerkontrolle in die Corporate Governance Im Rahmen der Corporate Governance158 könnte Covenants ferner die Funktion zukommen, Gläubiger besser in die Kontrolle der Geschäftsleitung einzubeziehen. Die Corporate Governance in deutschen Gesellschaften leidet nach verbreiteter Ansicht darunter, daß die Kontrolle der Geschäftsleitung durch die Aktionäre und den Aufsichtsrat nur wenig effektiv ist.159 In der Annahme, der Prinzipal-AgentenKonflikt160 sei im Verhältnis zwischen Management und Aktionären besonders ausgeprägt, konzentrierte sich die Corporate Governance Debatte daher bislang auf eine Stärkung der Aktionärsrechte161 und der Effektivität des Aufsichtsrates.162 In einer im Streubesitz befindlichen Gesellschaft sind der Kontrolle durch die Aktionäre jedoch immanente Grenzen gesetzt; selbst das periodische Recht zur Wahl der Mitglieder des Aufsichtsrates und damit zur indirekten Bestimmung der In diesem Sinne aber Thießen, ZBB 1996, 19, 29. Bratton, EBOR 2006, 50. 157 Thießen, ZBB 1996, 19, 25; Bratton, EBOR 2006, 50 f. 158 Zum Begriff siehe Grundmann / Mülbert, ZGR 2001, 215 f. 159 Der Grund besteht in der Passivität der Publikumsaktionäre mangels unmittelbaren Einflusses. Umfassend dazu Servatius, S. 196 ff., der zu dem Ergebnis kommt, daß das Prinzip der Selbstregulierung bei der Publikums-AG aus systembedingten Gründen gestört ist (S. 238). 160 Dazu ausführlich unten § 6 C. V. und § 8 A. 161 Vgl. etwa den Bericht der High-Level-Group (siehe S. 72, Fn. 188), S. 45 ff., 50 ff. 162 Lutter, ZGR 2001, S. 224 ff. 155 156

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Mitglieder des Vorstands kann nicht verhindern, daß sich der Vorstand einer im Streubesitz befindlichen Publikumsgesellschaft de facto „selbst perpetuiert“.163 Anders als in den USA, in denen sich die meisten größeren Unternehmen im Streubesitz befinden, ruhte die Corporate Governance in Deutschland bislang hauptsächlich auf der Kontrollfunktion zwingenden Gesetzesrechts sowie den sog. blockholders, d.h. Großaktionären mit besonderen, wirtschaftlichen Interessen in der Gesellschaft.164 Bis vor einigen Jahren spielte auch der Einfluß der Banken in den Aufsichtsräten eine wichtige Rolle bei der Corporate Governance.165 Allerdings verliert die Kontrolle durch blockholders in modernen, im Streubesitz befindlichen Publikumsgesellschaften auch in Deutschland zunehmend an Bedeutung.166 Auch der Einfluß der Banken nimmt mit ihrem Rückzug aus der Stimmrechtsvertretung und dem Abbau vorhandener Eigenbeteiligungen ab.167 Positive Effekte für die Corporate Governance könnten daher von einer stärkeren Einbeziehung der Gläubiger als – neben den Aktionären – zweite wichtige Gruppe der sog. stakeholders168 bei der Überwachung des Managements ausgehen.169 Die Partizipation der Gläubiger an der Unternehmenskontrolle befindet sich auf einem Niveau, der ihren Interessen und Risiken nicht entspricht. Obwohl sie einen Teil des Unternehmensrisikos tragen, werden sie nach geltendem Recht Zu diesem Phänomen aus amerikaninscher Sicht Bebchuk, Bus. Law. (2003), 43, 45 f. Vgl. Hopt (1998), S. 227, 231 f. 165 Hopt (1998), S. 233 ff., 245 der von einer „Vernetzung“ zwischen Banken und Unternehmen spricht. Nach Baums / Fraune, AG 1995, 97, 101 ff. kamen die Banken 1990 in 24 mehrheitlich im Streubesitz befindlichen Großunternehmen in Deutschland auf einen durchschnittlichen Stimmrechtsanteil von 84 %. Aus dem Umstand, daß die Banken beinahe ausschließlich entsprechend den Vorschlägen der Verwaltung abstimmen, schließen sie auf Absprachen über die Beschlussgegenstände im Vorfeld der Hauptversammlung (S. 111). Eine sehr kritische Bilanz zur Rolle der Banken bei der Corporate Governance ziehen Wenger / Kaserer, S. 499 ff. Ihnen zufolge können Banken den Prinzipal-Agenten Konflikt zwischen Eigentümern und Geschäftsleitung nicht entscheidend reduzieren, da sie selbst durch zahlreiche Kreuzbeteiligungen und eine mangelnde Kapitalmarkttransparenz von einer Kontrolle durch ihre eigenen Anteilseigner „abgeschirmt“ sind. 166 Grundmann / Mülbert, ZGR 2001, 215, 222 f. Eine differenzierte Sicht zur Entwicklung des Einflusses der Banken hat Hopt (1998), S. 252 f. m.w.N. Bebchuk / Roe, S. 69, 76 f. machen einen rückläufigen Trend beim Beteiligungsbesitz der Banken aus, der mit einer Zunahme der im Streubesitz befindlichen Publikumsgesellschaften einhergeht. 167 Dazu beigetragen haben dürften die Einschränkungen des § 135 AktG sowie die Einführung des „proxy-voting“ in § 134 III 3 AktG, vgl. den Bericht des BMJ zur Entwicklung der Stimmrechtsausübung in der AG (S. 114, Fn. 412). 168 Zum Begriff der „stakeholders“ vgl. Coffee, Geo. L.J. (1990), 1495, 1499. Zur „shareholder-“ im Gegensatz zur „stakeholder-philosophy“ vgl. Hopt (1998), S. 236 f. 169 Umfassend Triantis / Daniels, Cal. Law. Rev. (1995), 1073, 1077 ff. Nach ihnen ist ein System, das Gläubiger an der Unternehmenskontrolle beteiligt, „far more effective in disciplining and correcting managerial slack than the traditionally conceived model in which shareholders act as the sole principals for management.“, S. 1080 ebd. Ferner Drukarczyk / Schmidt, S. 759 ff. und Engert (2005), S. 4 m.w.N. 163 164

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so gut wie nicht an der Kontrolle der Geschäftsführung beteiligt. Dies widerspricht dem rechtsökonomischen Prinzip, nach dem die Kontrolle dort anzusiedeln ist, wo die Risikotragung liegt.170 Vorherrschend ist immer noch das Bild des Gläubigers, der sich mit der Einräumung einer klassischen Sicherheit aus der Schuldnerkontrolle verabschiedet und erst wieder im Insolvenzfall zurückmeldet, um seine Sicherheit zu verwerten. Damit indes scheint das Potential der Gläubiger für die Corporate Governance bei weitem nicht ausgeschöpft. Ohnehin ist der faktische Einfluß der Gläubiger auf die Kontrolle der Unternehmensführung schon heutzutage stark ausgeprägt, ohne daß bislang ein ernsthafter Versuch unternommen worden wäre, diese wichtige Dimension der Corporate Governance rechtlich zu erfassen.171 So gibt es viele Beispiele aus dem Unternehmensalltag für Umstrukturierungen des Managements, die auf den Einfluß großer Gläubiger zurückgehen.172 Gegenüber der passiven, langsamen und wenig effektiven Kontrolle der Unternehmensführung durch Aktionäre zeichnet sich die Kontrolle der Gläubiger durch ihr schnelles und effektives Handeln aus; entscheidender Grund dafür ist die Tatsache, daß die meisten der rechtlichen und praktischen Hindernisse für eine effektive Unternehmenskontrolle durch die Anteilseigner bei Gläubigern nicht bestehen.173 Im Rahmen einer Corporate Governance, die Gläubiger in die Kontrolle des Managements einbezieht, kommt Covenants die Funktion der Vermittlung des dafür erforderlichen Einflusses zu.174 Insbesondere das weit gefaßte Recht des Kreditgebers zur vorzeitigen Kündigung im Falle einer Covenant-Verletzung gewährt diesem ein oftmals weitreichendes faktisches Mitspracherecht in wichtigen Strukturentscheidungen.175 Durch die Androhung der Kündigung steht ihm auch die Durchsetzung von Neuverhandlungen zu Gebote. Diese führen mit Rücksicht auf die drohende Insolvenzgefahr nur relativ selten zu einer Erhöhung der Zahlungsverpflichtungen des Kreditnehmers; häufiger kommt es zu einer Verschärfung der Covenants im Austausch gegen einen Verzicht auf die Ausübung des Kündigungsrechts.176 Drukarczyk, WM 1994, 1737, 1740. Auch bei der Darstellung der verschiedenen Einflußfaktoren der Corporate Governance bei C. Teichmann, ZGR 2001, 645 ff., fehlt diese wichtige Gruppe. Statt vieler dagegen Triantis / Daniels, Cal. Law. Rev. (1995), 1073, 1077 ff.; Drukarczyk / Schmidt, S. 759 ff.; auch Hopt (1998), S. 252 f. scheint davon auszugehen, daß der Einfluß der Banken unabhängig von ihrer Vertretung im Aufsichtsrat ist und Banken ihre Kontrollfunktion mit anderen und besseren Mitteln ausüben können. 172 Einen eindrucksvollen Beleg für entsprechende Ereignisse in der amerikanischen Unternehmswelt bieten Baird / Rasmussen, S. 25 ff. 173 Zu nennen sind vor allem das geringere Informationsdefizit und die stärkeren Kontrollanreize der Gläubiger sowie die zeitlich unbegrenzte Möglichkeit, mit der Unternehmensleitung in Kontakt zu treten und die Rechte aus dem Kreditvertrag auszuüben. 174 Drukarzyk / Schmidt, S. 759 ff. 175 Drukarzyk / Schmidt, S. 764 f. sprechen von einer „Option“ des Kreditgebers für Neuverhandlungen, die er zur Schuldnerdisziplinierung einsetzen könne. Zu Beispielen für Covenants-gestützte Einflußnahmen von Gläubigern auf wichtige Unternehmensentscheidungen in den USA siehe Baird / Rasmussen, S. 26 ff. 170 171

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

B. Funktionale Analyse der wichtigsten Covenants Vorstehend wurden die Ziele und grundlegenden Regelungsbereiche der Covenants erläutert. Im folgenden sollen die wichtigsten Covenants vorgestellt und einer funktionalen Analyse unterzogen werden. Die grobe Unterteilung zwischen positiven (affirmative), negativen (negative) und financial Covenants läßt sich weiter verfeinern. I. Financial Covenants Im Rahmen von financial Covenants verpflichtet sich der Schuldner zur Einhaltung einer anhand von Finanzkennzahlen (ratios) mehr oder weniger detailliert vorgegebenen Kapitalstruktur und ggf. auch zur Schaffung einer bestimmten Ertragslage während der Laufzeit des Vertrages.177 Diese Pflichten sind selbständig, d.h. sie sind nicht an die Vornahme bestimmter Handlungen geknüpft. Damit gehören sie zur Gruppe der maintenance Covenants.178 Verhältniszahlen ermöglichen dem Kreditgeber eine Risikoabschätzung, indem sie ein Urteil darüber erlauben, wie sich eine Änderung der verschiedenen Kapitalzuflüsse (inputs) auf die Sicherheitsmarge des Kredits auswirkt.179 Anders als incurrence Covenants, wie z. B. Dividendenrestriktionen oder Neuverschuldungsbeschränkungen180, bieten sie dem Kreditgeber auch eine gewisse Sicherheit gegen eine Aufzehrung des Gesellschaftsvermögens durch operative Verluste.181 Im internationalen Kredit- und Anleihengeschäft waren financial Covenants lange Jahre weit verbreitet. Die Vereinbarung von financial Covenants konnte dem Schuldner ansonsten versperrte Refinanzierungschancen eröffnen182 und förderte insbesondere die Akzeptanz von high-yield-Anleihen an den Kapitalmärkten. In den letzten Jahren, die von einem „Schuldnermarkt“ mit einem Boom des private equity-Geschäfts und einem vom Markt kaum zu sättigenden Angebot an günstigen Krediten geprägt waren, ist ihr Einsatz jedoch stark zurückgegangen. In den letzten großen Akquisitionsfinanzierungen bis zum Beginn der Krise am amerikanischen Hypothekenmarkt Mitte 2007 waren sie fast vollständig aus den Finanzierungsverträgen verschwunden, da sie von den Banken in den VerhandlunTriantis / Daniels, Cal. L. Rev. (1995), 1073, 1096. Umfassend Wittig, WM 1996, 1381 ff.; Hartwig-Jacob, S. 517; Thießen, ZBB 1996, 19, 21. Eine Übersicht mit vielen gängigen Klauseltypen findet sich im Financial Covenants Reference Manual des Private Placement Enhancement Projects, S. 15 ff. 178 Zur Unterscheidung zwischen maintenance und incurrence Covenants siehe bereits oben § 4 A. I. 2. 179 Sester, S. 24. 180 Dazu unten § 5 B. II. 181 Vgl. Baums, S. 973, 983. 182 Hartwig-Jacob, S. 517. 176 177

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gen nicht mehr durchgesetzt werden konnten. Die Finanzmarktkrise hat den Markt der Akquisitionsfinanzierungen zunächst zum Erliegen gebracht. In der Kautelarpraxis deutet sich bereits eine Verschiebung der Verhandlungsmacht zugunsten der Banken und eine Renaissance der financial Covenants als Folge der Krise an. Im kontinentaleuropäischen wie im deutschen Kreditgeschäft wurden financial Covenants bislang vergleichsweise selten vereinbart.183 Eine Ausnahme bildet die Konsortialkreditpraxis. Dies könnte mit dem traditionell großen Einfluß zu erklären sein, den Banken in Europa im industriellen aber auch im mittelständischen Sektor auf die Unternehmen ausüben, wenn dadurch zusätzliche Restriktionen durch financial Covenants entbehrlich sind.184 Für die Richtigkeit dieses empirischen Zusammenhangs zwischen der Rolle der Banken und dem Einsatz von Covenants spricht, daß der beobachtbare Rückzug der Banken aus strategischen Kapitalbeteiligungen mit einem verstärkten Einsatz von financial Covenants auch im inländischen Kreditgeschäft einhergeht.185 Des weiteren wird die Bedeutung der financial Covenants im Kreditgeschäft unter der neuen Baseler Eigenkapitalvereinbarung stark zunehmen, da diese stärker als Basel I den Einsatz moderner Kreditrisikosteuerungsmethoden bei der Berechnung der Eigenkapitalunterlegung berücksichtigen.186

1. Funktionen Financial Covenants geben dem Schuldner einen Rahmen vor, an dem er seine geschäftlichen und finanziellen Entscheidungen auszurichten hat.187 Das Ziel dieses Handlungs- und Entscheidungsrahmens ist es, die jederzeitige Liquidität der Gesellschaft sicherzustellen, so daß Verbindlichkeiten ohne den Zwang zur Veräußerung von Vermögensgegenständen bedient werden können. Ferner soll ein ungebremstes und zu schnelles Wachstum des Kreditgebers verhindert werden, das auf Kosten der Nachhaltigkeit und Stabilität der Finanzverfassung des Kreditnehmers gehen kann. Schließlich sollen die Klauseln als Krisenindikatoren zur Früherkennung von Vermögensverschlechterungen beim Schuldner dienen, die sich oft frühzeitig in der Verletzung von Finanzkennzahlen äußern.188 Die Vielzahl gebräuchlicher financial Covenants und die verschiedenen Gestaltungsvarianten189 machen eine Systematisierung auf den ersten Blick schwierig. 183 184 185 186 187 188

Hartwig-Jacob, S. 517. So Wood, S. 6 – 29. Vgl. Kleinmann, Business & Law 2006, 48 f.; Wand, WM 2005, 1932 ff. Siehe dazu umfassend unten § 16 C. I. Vgl. Wittig, WM 1996, 1381 f. Wittig, WM 1996, 1381, 1382; Thießen, ZBB 1996, 19.

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

Eine genauere Betrachtung fördert indes fünf Grundformen von financial Covenants zutage, in denen Mindestanforderungen für – die Eigenkapitalausstattung, – die Verschuldung, – den Ertrag sowie – die Liquidität

vereinbart werden.

2. Bewertung Der Vorteil von financial Covenants besteht in ihrer Klarheit und Eindeutigkeit. Der nach allgemeinem Zivilrecht (§ 490 BGB) oder den AGB-Banken (Nr. 13 Abs. 3) gegebene Einwand drohender Vermögensverschlechterung kann mit der Präzision der numerisch bestimmten financial ratios nicht konkurrieren; damit erhöht sich die Rechtssicherheit für die Vertragsparteien bei der Feststellung, ob der Schuldner gegen eine Klausel verstoßen und damit eine Vertragsverletzung (event of default) begangen hat. Financial Covenants legen die Finanzierungsstruktur und die Finanzierungspolitik des Schuldners in der Weise fest, daß bei Einhaltung der Covenants die Solvenz des Unternehmens nicht gefährdet und daher die Sicherheit der Gläubigerforderung gewährleistet ist.190 Die Einhaltung der Finanzkennzahlen ist jedoch nur begrenzt von der Geschäftsleitung beherrschbar und hängt stark vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens ab. Soweit konkrete Geschäftsmaßnahmen in Rede stehen, können sie zu einer Disziplinierung des schuldnerischen Geschäftsgebarens beitragen. Externe Ereignisse, auf die das Management keinen oder nur einen geringen Einfluß besitzt, können Finanzkennzahlen dagegen schnell aus dem Ruder laufen lassen. Insbesondere im Falle einer Vermögensverschlechterung infolge schlechterer wirtschaftlicher Rahmenbedingungen können Covenants dem Ziel einer Unternehmensgesundung eher abträglich sein, wenn sie dem Kreditgeber eine vorzeitige Fälligstellung erlauben und damit die Insolvenz des Schuldners beschleunigen.191 Diese theoretische Gefahr spielt jedoch in der Praxis eine relativ unbedeutende Rolle, da Kreditgeber von ihrem Kündigungsrecht erfahrungsgemäß nur selten Gebrauch machen und stattdessen versuchen, über die Kündigungsandrohung Neuverhandlungen durchzusetzen.192 Darüber hinaus führt die Auslegung 189 Dazu gehört vor allem die Frage, ob die Kennzahlen durch absolute Beträge oder Relationen festgelegt werden sollen. 190 So zutreffend Wittig, WM 1996, 1381, 1385. 191 In diesem Sinne Wilhelmi, GmbHR 13, 16 und Wood, S. 6 – 30. 192 Köndgen, S. 140.

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des Kündigungsrechts durch die Gerichte und ihre Begrenzung durch zivilrechtliche Vorschriften zu einer Ausübungskontrolle, die Mißbräuchen effektiv vorbeugt.193

3. Vorgaben zur Rechnungslegung Die Effektivität der financial Covenants wird häufig mit dem Hinweis auf ihre Kopplung an ein nicht oder nur wenig aussagekräftiges Rechnungslegungsrecht mit seinen vielfältigen Wahlrechten in Zweifel gezogen.194 Ferner vermittele die Anknüpfung an periodisch zu erstellende Bilanzen oft kein zutreffendes Bild von der aktuellen Finanzlage der Gesellschaft.195 Essentiell für die Wirksamkeit von financial Covenants sind daher detaillierte Vorgaben zur Rechnungslegung des Schuldners, wenn dieser nicht schon von Gesetzes wegen einem strengen Bilanzierungsstandard unterworfen ist. In den USA, wo eine generelle Bilanzierungspflicht nach einem einheitlichen Standard nicht besteht196, wird der Schuldner zumeist zur Bilanzierung nach den GAAP197 verpflichtet. Da die GAAP eine Tendenz zu einer großzügigeren Bewertung des Gesellschaftsvermögens aufweisen, werden diese häufig durch den Ausschluß bestimmter Aktivierungs- oder Wahlrechte in Richtung einer konservativeren Bewertung abgeändert.198 In internationalen Finanzierungsverträgen wird heutzutage auch immer häufiger IFRS als Bilanzierungsstandard vereinbart.199 Ferner enthalten die Kreditverträge meist umfangreiche Definitionen der verwandten Rechnungsgrößen sowie die Verpflichtung des Schuldners zur Beibehaltung der bei Abschluß des Vertrages angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden.200 Schließlich läßt sich in Covenants der Gebrauch von bilanzrechtlichen Wahlrechten ausschließen.201

Siehe dazu die Ausführungen unter § 11 C. und § 11 D. Eidenmüller (1999), S. 143 f.; Köndgen, S. 133. 195 Wood, S. 6 – 33; Wittig, WM 1996, 1381, 1386. 196 Siehe oben § 2 B. V. 197 Siehe die Klauselbeispiele in Sections 1.02 und 6.01 im Anhang. Weitere Ausführungen zu den GAAP oben unter § 2 B. V. 198 Leutz / Deller / Stubenrath, Accounting and Business Research (1998), 111, 127; Alberth, WPg 1997, 744, 747. 199 Vgl. Alberth, WPg 1997, 744, 747. 200 Wittig, WM 1996, 1381, 1384. 201 Leutz / Deller / Stubenrath, Accounting and Business Research (1998), 111, 115. 193 194

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

4. Eigenkapitalausstattung – net worth minimum In bilanzieller Hinsicht ist das Eigenkapital (net assets) der nach Abzug des Fremdkapitals einschließlich passiver Rechnungsabgrenzungen verbleibende Vermögenssaldo.202 Bei Kapitalgesellschaften ist es untergliedert in das gezeichnete Kapital (Nennkapital), die gesetzliche Rücklage (§ 150 Abs. 1 AktG), die Kapitalrücklage sowie Gewinnrücklagen, die aus den nicht ausgeschütteten Gewinnen gebildet werden (§ 272 HGB). Betriebswirtschaftlich ist das Eigenkapital die Arbeitsgrundlage der Gesellschaft; es stellt denjenigen Betrag dar, der den Gläubigern als Haftungsgrundlage dient und den Anteilseignern idealerweise nach der Liquidation der Vermögenswerte zu Buchwerten und anschließender Begleichung sämtlicher Verbindlichkeiten verbleibt.203 Die Bereithaltung ausreichenden Eigenkapitals ist von unmittelbarer Aussagekraft für die Fähigkeit des Schuldners, den Kredit zum vereinbarten Fälligkeitstermin zurückzuzahlen. Net worth Covenants verpflichten den Schuldner zur Erhaltung eines betragsmäßig bestimmten bilanziellen Mindest-Nettovermögens.204 Bisweilen wird statt des Eigenkapitals das ohne Berücksichtigung immaterieller Wirtschaftsgüter ermittelte Reinvermögen der Gesellschaft zugrunde gelegt (net tangible assets), was zu einem deutlich geringeren Wertansatz und damit höheren Restriktionen für den Schuldner führt.205 Grund für die Zugrundelegung der tangible assets ist, daß diese die im Wert zweifelhaften immateriellen Wirtschaftsgüter ausklammern, wie etwa den Firmenwert (goodwill).206 Dient der Kredit als Finanzierung expandierender Unternehmen oder start-ups, wird der vereinbarte Mindestbetrag oftmals jährlich stufenweise um einen bestimmten Betrag erhöht (step-up provision).207 Damit sichert der Gläubiger nicht nur die Rückzahlbarkeit des Kredits, sondern verschafft sich indirekt auch Einfluß auf die Geschäftspolitik des Unternehmens, indem die Fortdauer der Kreditgewährung an die Erreichung der vom Management gestellten Wachstumsprognosen geknüpft wird.208 Die Effektivität der net worth Covenants leidet allerdings darunter, daß das Eigenkapitalniveau kurzfristigen Schwankungen unterliegen kann, die vom Gläubiger aufgrund der Periodizität der Rechnungslegung des Schuldners manchmal zu spät erkannt werden.209 Daher ist die flankierende Vereinbarung effektiver, zeitnaher Informations- und Rechnungslegungsregelungen besonders wichtig. MüKoAktG / Kropff, § 272 HGB, Rdn. 2. Wood, S. 6 – 31; MüKoAktG / Kropff, § 272 HGB, Rdn. 2. 204 Wittig, WM 1996, 1381, 1382; Klauselbeispiele im Financial Covenants Reference Manual, S. 54 ff. 205 Siehe das Klauselbeispiel in Section 8.02 im Anhang. Vgl. zu den Unterschieden von net tangible assets und capitalization die Kommentierung in den Commentaries on Indentures (siehe Fn. 34), S. 373 f. 206 Wood, S. 6 – 31. 207 Vgl. Wittig, WM 1996, 1381, 1382. 208 Wood, S 6 – 31. 209 Vgl. Wittig, WM 1996, 1381, 1386. 202 203

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Net worth Covenants haben den Vorteil, daß sie den Schuldner zur jederzeitigen Erhaltung des für den Gläubiger wichtigen Eigenkapitals verpflichten. Hinter diesem Schutz bleiben Kapitalschutzsysteme, deren Funktion sich darauf beschränkt, einen Teil des Eigenkapitals einer Ausschüttungssperre zu unterwerfen, weit zurück; damit bleibt die Möglichkeit von Kapitalverlusten in sonstiger Weise bestehen.210 Eine existenzbedrohende Verringerung des Eigenkapitals wird dem Gläubiger oftmals gar nicht, jedenfalls aber mit großer zeitlicher Verzögerung angezeigt. Hingegen spielt bei net worth Covenants die Ursache der Eigenkapitalaufzehrung keine Rolle. Sie indizieren dem Gläubiger – je nach Umfang der vereinbarten Informationspflichten des Schuldners mehr oder weniger frühzeitig – jedwede Beeinträchtigung der vereinbarten Eigenkapitalziffer. 5. Verschuldung – leverage ratio Der Verschuldungsgrad des Kreditnehmers (leverage) ist für die Sicherheit des Rückzahlungsanspruchs des Gläubigers von großer Bedeutung. Mit zunehmenden Finanzverbindlichkeiten (indebtedness) steigt nicht nur die Gefahr der Überschuldung und damit eines Kreditausfalls in der Insolvenz, sondern auch der Anreiz für den Schuldner, zu einer riskanteren Geschäftspolitik überzugehen.211 Die Covenants-gestützte Steuerung der Fremdkapitalquote kann auf verschiedene Weise erfolgen.212 Verbreitet sind Fremdkapital- / Eigenkapital-Quoten, die festlegen, daß das Verhältnis zwischen den gesamten Fremdkapitalverbindlichkeiten zum Eigenkapital eine bestimmte Verhältniszahl nicht überschreiten darf (consolidated total debt / net worth, z. B. 3.5 zu 1.0).213 Alternativ wird häufig anstelle auf das net worth auf das consolidated EBITDA Bezug genommen.214 Bisweilen wird statt der Festlegung einer Verhältniszahl auch ein absoluter Höchstbetrag vereinbart, bis zu dem sich der Schuldner verschulden darf. Mit einem solchen Covenant sichert sich der Gläubiger erheblichen Einfluß auf die Finanzierungspolitik des Schuldners zu. Mit wachsendem Eigenkapital bzw. EBITDA ermöglicht er dem Schuldner eine entsprechende Ausweitung seiner Verschuldung, während umgekehrt eine Verringerung der jeweiligen Bezugsgröße eine Reduzierung des Schuldenniveaus erfordert. Die Fremdkapitalquote ist ein Karsten Schmidt (2002), § 29 II 3; siehe oben § 2 A. I. 1. b). Vgl. oben § 1 C. II.; Jensen / Meckling, J. Fin. Econ. (1976) 305, 334 f. 212 Klauselbeispiele in den Commentaries on Indentures, S. 373 ff. und im Financial Covenants Reference Manual, S. 21 ff. 213 Das Fremdkapital ist typischerweise definiert als consolidated total debt und umfaßt neben Finanzverbindlichkeiten (borrowed debt), gestundete Verbindlichkeiten (deferred purchase price) und Verbindlichkeiten aus Finanzierungs-Leasing-Verträgen (capitalized leases). 214 Siehe das Klauselbeispiel in Section 8.01 im Anhang. Zur Definition von „EBITDA“ siehe Fn. 14. 210 211

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wichtiger Indikator für die wirtschaftliche Fähigkeit des Schuldners, den Kredit bei Fälligkeit zurückzuzahlen. Dennoch wird dieser Indikator von dem auf unzulässige Ausschüttungen fixierten gesetzlichen Kapitalschutzsystem so gut wie nicht genutzt. Der Zeitpunkt, in dem die Verschuldung vom AktG zum ersten Mal im Leben der Gesellschaft ins Visier genommen wird, ist der des § 92 Abs. 1 AktG. In vielen Fällen zwingt jedoch erstmals die Insolvenzantragspflicht des § 92 Abs. 2 AktG zu einem entsprechenden Vermögenstest. Bis dahin wird eine Aufzehrung des Gesellschaftsvermögens durch Verluste vom Kapitalschutzsystem sanktionslos hingenommen. 6. Ertrag – interest coverage ratio Interest bzw. fixed charge coverage ratios (sog. Zinsdeckungsklauseln) sollen die Fähigkeit des Schuldners sicherstellen, aus seinem Gewinn laufende Verbindlichkeiten aus Finanzierungsverträgen zu bestreiten. Sie legen fest, daß das Verhältnis zwischen dem gesamten Zins- und Tilgungsaufwand zum Ertrag (EBITDA) innerhalb einer bestimmten Periode eine bestimmte Verhältniszahl nicht übersteigen darf.215 Im Unterschied zu den leverage ratios, die die langfristige Fähigkeit des Schuldners zur Kreditrückzahlung erhalten sollen, zielen Zinsdeckungsklauseln auf die Erhaltung der Fähigkeit zur Bedienung laufender Zinsverpflichtungen ab.216 Sie reagieren besonders sensibel auf Veränderungen in der Finanzstruktur des Schuldners, da es sich bei den beiden ins Verhältnis gesetzten Bezugsgrößen um Ausschnitte aus dem Eigenkapital bzw. den Verbindlichkeiten handelt. Mit ihrer Hilfe lassen sich drohende Kündigungen in anderen Finanzierungsverträgen wegen nicht geleisteter Zinszahlungen frühzeitig aufdecken.217 Ferner fehlen einem Kreditnehmer, dessen Gewinn den Zinsaufwand nicht deutlich übersteigt, auf Dauer die Mittel für Neuinvestitionen und für Kredittilgungen.218 Im Kapitalerhaltungsrecht finden Zinsdeckungsklauseln keine Entsprechung. Der insolvenzrechtliche Tatbestand der Zahlungsfähigkeit ist deutlich gröber und vor allem ein gegenüber der Zinsdeckungsklausel verzögerter Indikator, da er die dauerhafte Unfähigkeit der Gesellschaft voraussetzt, im Großen und Ganzen fällige Geldschulden zu bedienen.219 Die Verletzung einer interest coverage ratio setzt hingegen nicht voraus, daß die Gesellschaft bereits außerstande ist, ihre Zinsver215 Wittig, WM 1996, 1381, 1383. Der Umfang der Deckung ist von der Definition der fixed charges im Vertrag abhängig. Typischerweise umfaßt er die in einer Bilanzperiode zu leistenden Zins- und Tilgungsverpflichtungen aus Kredit- und Leasingverträgen. Siehe das Beispiel in Section 8.04 im Anhang. Weitere Klauselbeispiele im Financial Covenants Reference Manual, S. 15 ff. und in den Commentaries on Indentures, S. 377 f. 216 Wittig, WM 1996, 1381, 1382. 217 Kästle, S. 68. 218 Wittig, WM 1996, 1381, 1383. 219 Hüffer, § 92, Rdn. 8.

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pflichtungen zu erfüllen. Vielmehr löst die Klausel den Sanktionsmechanismus bereits vor diesem Zeitpunkt aus, wenn das Verhältnis zwischen Zinsaufwand und Ertrag eine kritische Größe überschreitet, und soll so gerade die Zahlungsunfähigkeit vermeiden helfen. 7. Liquidität – current ratio, working capital minimum Die Liquidität ist ein weiterer Indikator für das vom Gläubiger zu tragende Kreditrisiko. Sie wird durch einen Vergleich des kurzfristig realisierbaren Umlaufvermögens (current assets) und der Summe der kurzfristig fällig werdenden Verbindlichkeiten (current liabilities) bestimmt. Liquiditätsklauseln (current ratios) schreiben vor, daß das Verhältnis zwischen Umlaufvermögen und kurzfristigen Verbindlichkeiten eine bestimmte Verhältniszahl zu jeder Zeit überschreiten muß.220 Eine Variante sind working capital requirements, bei denen die Einhaltung eines in absoluten Zahlen ausgedrückten Mindest-Nettoumlaufvermögens vereinbart wird.221 Den Liquiditätsklauseln liegt die Erwägung zugrunde, daß zur Begleichung der kurzfristig fällig werdenden Verbindlichkeiten dem Schuldner ausreichende Zahlungsmittel zur Verfügung stehen sollten; er soll in der Lage sein, Vermögensgegenstände erforderlichenfalls schnell zu liquidieren, um kurzfristige Verbindlichkeiten zu tilgen und damit eine drohende Zahlungsunfähigkeit abzuwenden.222 Dabei ist diese Möglichkeit natürlich keineswegs sicher. Auch benötigt der Schuldner zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes ein gewisses Umlaufvermögen. Dennoch kann die Klausel den aus Gläubigersicht bedenklichen Einsatz kurzfristiger Mittel für langfristig gebundene Aktiva einschränken.223 Current ratios sollen den Schuldner vor der Zahlungsunfähigkeit bewahren, indem gefährliche Liquiditätsengpässe bereits im Ansatz erkannt und vermieden werden. Anders als der insolvenzrechtliche Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit setzt ihre Verletzung nicht voraus, daß der Schuldner seine fälligen Verbindlichkeiten bereits nicht mehr bedienen kann. Die in Current ratios vorgeschriebene Deckung der kurzfristigen Verbindlichkeiten durch Umlaufvermögen soll vielmehr genau dies vermeiden; insofern können sie als eine Art abstrakter Gefährdungstatbestand begriffen werden.

220 Wood, S. 6 – 32; Hartwig-Jacob, S. 521. Siehe das Praxisbeispiel in Section 8.03 im Anhang. 221 Vgl. die Ausführungen und Klauselbeispiele in den Commentaries on Indentures, S. 450 ff. und im Financial Covenants Reference Manual, S. 19. 222 Wittig, WM 1996, 1381, 1383; dies ist die „goldene Bilanzierungsregel“. 223 Wood, S. 6 – 32.

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II. Negative Covenants Negative Covenants untersagen dem Schuldner die Vornahme bestimmter Maßnahmen, die sich typischerweise wertmindernd auf die Forderung des Gläubigers auswirken. Diese betreffen vor allem Grundlagengeschäfte und andere, über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehende Maßnahmen. Sie sind aber nicht darauf beschränkt. Einige Klauseln reichen auch unmittelbar in das operative Geschäft des Schuldners hinein, wie etwa Investitionsbeschränkungen (restricted investments bzw. restricted payments). Denn hier werden Entscheidungen getroffen, die für den Erfolg des Unternehmens, seine künftige finanzielle Entwicklung und damit auch für die Sicherheit des Rückzahlungsanspruchs des Gläubigers von entscheidender Bedeutung sind. 1. Ausschüttungsbegrenzende Covenants – dividend restrictions Von großer Bedeutung für den Ausgangspunkt dieser Arbeit sind verteilungswirksame Covenants, also solche Klauseln, die den Vermögenstransfer von der Gesellschaft zu den Gesellschaftern im weitesten Sinn beschränken; die These der Ersatzfähigkeit des deutschen Kapitalschutzsystems durch Covenants kristallisiert sich letztlich an der Gegensätzlichkeit zwischen gesetzlichen und vertraglichen Ausschüttungsbeschränkungen. An keiner anderen Stelle sind der gesetzliche Kapitalschutz und Covenants im Hinblick auf das Ziel einer Vermeidung von Vermögensverschiebungen zu den Gesellschaftern so dicht beieinander wie beim Ausschüttungsbegrenzungssystem, dem Herzstück eines jeden Kapitalschutzsystems. In Literatur und Praxis am meisten Beachtung gefunden haben die Dividendenrestriktionen (dividend oder distribution restrictions), die zumeist im Abschnitt des Vertrages über restricted payments geregelt sind.224 Sie beschränken Ausschüttungen aus dem Gesellschaftsvermögen an die Aktionäre und wollen sicherstellen, daß das Eigenkapital der Gesellschaft nicht durch Ausschüttungen unter den Stand zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme absinkt. Erfaßt sind in der Regel nicht bloß Dividenden im rechtstechnischen Sinne, sondern sämtliche Arten der Vermögensausschüttung wie gegenständliche Ausschüttungen, verdeckte Gewinnausschüttungen, Aktienrückkäufe oder die im Zuge von Kapitalherabsetzungen vorgenommenen Ausschüttungen.225 Lediglich die Bedienung der Ansprüche von Inhabern von Vorzugsaktien ist regelmäßig von dem Ausschüttungsverbot ausgenommen, da die Gesellschaft hierzu vertraglich verpflichtet ist. 224 Vgl. Alberth, WPg 1997, 744, 745 f.; Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 131 ff.; Kalay, J. Fin. Econ. (1982), 211 ff.; Webb, S. 22 f.; Bratton, EBOR 2006, 54 f. Klauselbeispiele im Financial Covenants Reference Manual, S. 59 ff., 110 f. Siehe auch das Klauselbeispiel aus der Praxis in Section 7.06(c) im Anhang. 225 Vgl. Webb, S. 22.

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Während es für das Eingreifen von dividendenrestriktiven Covenants also grundsätzlich unerheblich ist, in welcher Form die Ausschüttung von Gesellschaftsvermögen erfolgt, unterscheiden sie sehr wohl nach der Finanzierungsquelle der Ausschüttung. Es findet eine Differenzierung nach den finanzwirtschaftlichen Effekten unterschiedlicher Finanzierungsvarianten statt, was den pragmatischen Ansatz der Covenants unterstreicht. Entscheidendes Kriterium ist, ob es durch die Ausschüttung zu dem aus Gläubigersicht gefährlichen Vermögenstransfer von den Gläubigern zu den Gesellschaftern kommt.226 Finanzwissenschaftlich kann zwischen drei verschiedenen Arten der Ausschüttungsfinanzierung unterschieden werden.227 Am gefährlichsten für die Gläubiger sind sog. investment financed dividends, d.h. Ausschüttungen, die durch Entnahmen aus dem Gesellschaftskapital oder durch die Veräußerung von Gegenständen des Gesellschaftsvermögens finanziert werden. Großes Gefährdungspotential besitzen auch die schuldenfinanzierten Ausschüttungen (debt financed dividends), die durch die Aufnahme neuer, mitunter sogar vorrangiger Schulden finanziert werden. In beiden Fällen wird der Rückzahlungsanspruch des Gläubigers durch eine Schmälerung des Gesellschaftsvermögens gefährdet. Dagegen bergen Ausschüttungen, die mit der Aufnahme neuen Eigenkapitals finanziert werden (equity financed dividends), nicht die Gefahr eines Vermögenstransfers von Gläubigern zu den Gesellschaftern. Ihrem eigentlich Schutzzweck nach zielen Dividendenrestriktionen nur auf die Beschränkung der ersten beiden Ausschüttungsvarianten. Die für Gläubiger ungefährliche Ausschüttung von der Gesellschaft frisch zugeführtem Eigenkapital soll dagegen nicht behindert werden.228 Da Investitionsmöglichkeiten mit positivem Nettobarwert begrenzt sind, besteht für Unternehmen das Bedürfnis, nicht benötigtes Eigenkapital an die Gesellschafter auszuschütten, um nicht gezwungen zu sein, in Projekte mit negativem Nettobarwert zu investieren.229 Hierin liegt ein wichtiger Unterschied zum Effekt des Kapitalschutzsystems auf verschiedene Finanzierungsarten. Dieses beschränkt Ausschüttungen vollkommen unabhängig von ihrer Finanzierung und unterwirft insbesondere auch das aus Kapitalerhöhungen stammende Kapital der Vermögensbindung.230 Wenn Ausschüttungen an die Gesellschafter nicht gänzlich verboten werden, was selten ist, beschränken dividend restrictions typischerweise die Auszahlung von Dividenden durch die Festlegung des Umfangs des ausschüttbaren Gesellschaftsvermögens.231 Für summenmäßig beschränkte Ausnahmen dieser Art in Kalay, J. Fin. Econ. (1982), 211 f. Differenzierung nach Kalay, J. Fin. Econ. (1982), 211 f. 228 Kalay, J. Fin. Econ. (1982), 212 f.; Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 132; vgl. die Musterbeispiele in den Commentaries on Indentures, S. 417 ff. 229 Kalay, J. Fin. Econ. (1982), 226 f. 230 Siehe die Ausführungen im folgenden unten § 5 B. II. 1. a). 226 227

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

Covenants hat sich der Begriff „baskets“ eingebürgert. Es wird ein variables „Ausschüttungsreservoir“ gebildet, das sich aus den akkumulierten, einbehaltenen Jahresüberschüssen (abzüglich von Jahresfehlbeträgen der Gesellschaft und zuzüglich neuem Eigenkapital aus Kapitalerhöhungen) seit Kreditaufnahme speist (consolidated net income).232 Der Vorteil eines Ausschüttungsreservoirs besteht darin, daß einerseits Ausschüttungen auch in Verlustjahren möglich bleiben, wenn das Reservoir durch angehäufte Verluste noch nicht vollständig aufgezehrt ist. Andererseits werden die Einnahmen aus Kapitalerhöhungen dem Gewinn hinzugerechnet und erhöhen damit den ausschüttbaren Betrag. Dies führt zu der angesprochenen Privilegierung der Finanzierung von Ausschüttungen durch Kapitalerhöhungen.233 Insgesamt orientieren sich dividend restrictions damit deutlich stärker an den Bedürfnissen des Schuldners nach einer flexiblen Finanzierungspolitik als das Kapitalschutzsystem. Die Diskriminierung der Eigenkapitalfinanzierung durch die kapitalschutzrechtliche Ausschüttungsbegrenzung und ihr Anreiz zur Selbstfinanzierung wird vermieden.234 Während das Kapitalschutzrecht faktisch alle Eigenkapitalleistungen in das Gesellschaftsvermögen einer Bindung unterwirft und damit über die Dauer eine zunehmende Kapitalbindung bewirkt235, zielen Covenants nur auf den Erhalt des zum Zeitpunkt der Kapitalaufnahme vorhandenen Eigenkapitals und der dadurch gekennzeichneten Risikolage ab. Die vertraglichen Ausschüttungsbeschränkungen zwingen die Gesellschaft faktisch – im Umfang des gesperrten Vermögens – zur Vornahme von Investitionen, und reduzieren damit die Unterinvestitionsgefahr.236 Andererseits läßt eine sorgfältige und vorausschauende Vertragsgestaltung der Gesellschaft meist genügend Spielraum für Ausschüttungen und vermeidet so die Gefahr von Überinvestitionen, also die Bindung nicht benötigten Eigenkapitals in der Gesellschaft.237 a) Verhältnis zu gesetzlichen Ausschüttungsschranken Als individuelle Schutzvereinbarungen können Covenants von gesetzlichen Ausschüttungsbestimmungen abweichende Regelungen treffen, solange diese nicht im Widerspruch zu zwingenden aktienrechtlichen Grundsätzen stehen.238 Die vertrag231 Umfassend zum Mechanismus des Ausschüttungsreservoirs Kalay, J. Fin. Econ. (1982), 214 ff.; Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 131 ff.; Webb, S. 22 f.; Alberth, WPg 1997, 744, 745 f.; Bratton, EBOR 2006, 54. 232 Vgl. das Klauselbeispiel in Section 7.06(c) im Anhang. 233 Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 132. 234 Vgl. dazu § 3 III. 235 Zu diesem Effekt der aktienrechtlichen Vermögensbindung Eidenmüller / Engert, AG 2005, 97, 101 ff. 236 Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 134; Bratton, EBOR 2006, 54. Zum Unterinvestitionsproblem bereits oben § 1 C. II. 237 Vgl. Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 134.

§ 5 Funktionale Analyse der Verwendung von Covenants

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lichen Ausschüttungsregelungen weichen in zweierlei Hinsicht von der maßgeblichen aktienrechtlichen Regelung des § 57 Abs. 3 AktG, die Ausschüttungen auf den Bilanzgewinn beschränkt, ab: Einerseits können Covenants Ausschüttungen in stärkerem Maß beschränken als die strengen Bestimmungen des AktG.239 Dies gilt jedenfalls für ein generelles Verbot jedweder Ausschüttungen an die Aktionäre. Aber auch Gestaltungsvarianten, die Ausschüttungen nicht grundsätzlich verbieten, können einen stärkeren beschränkenden Effekt haben, wenn sie zusätzlich zum Vorhandensein eines kumulierten, positiven Gewinns ein Mindesteigenkapital als Sicherheitspolster verlangen. Dieses kann im Einzelfall den Effekt des Grundkapitals plus den nach § 150 AktG zu bildenden Rücklagen übersteigen. Ferner verbieten sie Ausschüttungen selbst im Falle eines Jahresüberschusses, wenn das Reservoir infolge von akkumulierten Verlusten vergangener Jahre noch im Soll steht. Andererseits ermöglichen sie Ausschüttungen auch in Verlustjahren, wenn das Reservoir noch nicht aufgezehrt ist. Grundsätzlich unproblematisch sind solche vertraglichen Ausschüttungsbegrenzungen, die restriktiver als die aktienrechtlichen Vorschriften sind. Denn zwingend ist das Aktienrecht nur insofern, als es keine vertragliche Abbedingung der Vermögensbindung nach unten hin erlaubt. Dies folgt mittelbar aus Sinn und Zweck der Kapitalerhaltungsregelungen als vorrangig dem Ziel des Gläubigerschutzes dienendes Regelungsregime.240 Die §§ 150 Abs. 2, 58 Abs. 2 AktG lassen die gesetzgeberische Wertung erkennen, daß die Gesellschaft auch freiwillig eine restriktivere Ausschüttungspolitik verfolgen darf. Von der Vereinbarkeit restriktiverer Covenants mit dem aktienrechtlichen Ausschüttungsbegrenzungsregime zu trennen ist die Frage nach ihrer Vereinbarkeit mit der Kompetenzordnung in der AG, der an späterer Stelle nachzugehen sein wird.241 Soweit Covenants hingegen im Einzelfall höhere Ausschüttungen als die jeweils anwendbaren gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen erlauben, können sie nicht losgelöst von ebendiesen Vorschriften betrachtet werden. Die entsprechenden Bestimmungen des AktG wie auch die der corporation acts der USA sind zwingende Gläubigerschutzvorschriften, die durch vertragliche Vereinbarungen nicht unterlaufen werden dürfen.242 Die im AktG enthaltene Ausschüttungssperre bleibt von den Covenants insofern unberührt, als eine nach den Covenants zulässige Ausschüttung unzulässig ist, wenn sie nicht aus dem Bilanzgewinn vorgenommen wird (§ 57 Abs. 3 AktG). Dies behindert nicht nur die Funktion des variablen Ausschüt238 MüKoAktG / Bayer, § 57, Rdn. 4. Die Rechtsfolge wäre eine Nichtigkeit ipso iure, einer Anwendung des § 134 BGB bedürfte es aufgrund des unmittelbar zwingenden Charakters der gesetzlichen Regelung nicht, vgl. Noack, S. 123 f. 239 Vgl. §§ 57, 150 AktG. 240 Vgl. MüKoAktG / Bayer, § 57, Rdn. 1. 241 Siehe die Ausführungen unter § 10 C. II. 2. 242 MüKoAktG / Bayer, § 57, Rdn. 4.

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

tungsreservoirs, sondern auch die nach Covenants häufig zulässige Ausschüttung der aus Kapitalerhöhungen stammenden Beträge. Der positive Effekt, den Kapitalerhöhungen auf das Ausschüttungsreservoir haben, ist davon abhängig, ob bzw. in welcher Höhe das frisch zugeführte Kapital der gesetzlichen Kapitalbindung unterliegt. Nach deutschem Aktienrecht ist der aus einer effektiven Kapitalerhöhung stammende Betrag vollständig und zwingend gegen Ausschüttungen gesperrt: Das gebundene Nennkapital erhöht sich um den Nennwert der ausgegebenen Aktien, und die über den Nennbetrag hinaus erzielten Beträge (Über-pari-Emissionen) sind vollständig in die ebenfalls ausschüttungsgesperrte gesetzliche Rücklage bzw. Kapitalrücklage einzustellen (§§ 150 Abs. 1 AktG, 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB). In Covenants enthaltene Klauseln, die die Ausschüttung der aus einer Kapitalerhöhung stammenden Mittel mit dem Ziel einer Begünstigung der Eigenkapitalfinanzierung erlauben, laufen somit im deutschen Recht leer. Voll entfalten können sie sich dagegen in denjenigen Rechtsordnungen, die einen Solvenztest als alleinige Ausschüttungssperre vorschreiben. b) Verhältnis zu indirekten Dividendenrestriktionen Einen indirekten ausschüttungsbeschränkenden Effekt besitzen auch diejenigen Covenants, die dem Schuldner die Einhaltung bestimmter Finanzkennzahlen vorschreiben.243 Sie können den Effekt der Ausschüttungsbegrenzung verstärken. Liquiditätsklauseln beschränken durch ihren Zwang, ein bestimmtes Verhältnis von Umlaufvermögen zu kurzfristigen Verbindlichkeiten einzuhalten, insbesondere die durch die Veräußerung von Gesellschaftsvermögen finanzierten Ausschüttungen (investment financed dividends). Leverage ratios beschränken dagegen sowohl investment financed als auch debt financed dividends. Diese Kumulation von Ausschüttungsbegrenzungen scheint auf den ersten Blick überzogen zu sein. Dennoch behalten beide Typen von Covenants ihre eigenständige Funktion. Ist das Reservoir an ausschüttbarem Vermögen nämlich erschöpft, und steigt demzufolge das Interesse der Aktionäre an einer riskanteren Geschäftspolitik mit möglichst hohem Einsatz von Fremdkapital, so vermögen insbesondere leverage ratios die Aktionäre daran zu hindern. 2. Beschränkungen der Neuverschuldung – restrictions on indebtedness Von den oben besprochenen, zu den maintenance Covenants gehörenden leverage ratios, die den Schuldner passiv dazu verpflichten, einen bestimmten Verschuldungsgrad nicht zu überschreiten244, sind die incurrence-type Covenants zu unterscheiden, die die aktive Aufnahme weiteren Fremdkapitals durch den Schuld243 244

Siehe dazu die folgenden Abschnitte. Siehe oben § 5 B. I. 5.

§ 5 Funktionale Analyse der Verwendung von Covenants

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ner beschränken.245 Typisch ist eine Klauselstruktur, die die Aufnahme neuen Fremdkapitals, sei es in Form von Darlehen, Anleihen oder sonstigen Instrumenten, grundsätzlich untersagt; um den Finanzierungsbedürfnissen des Schuldners Rechnung zu tragen, werden dann mehr oder weniger weitreichende Ausnahmen von diesem Grundsatz zugelassen.246 Häufig ist die Vereinbarung eines baskets, d.h. eines bestimmten Höchstbetrages, bis zu dem sich der Schuldner neu verschulden darf.247 Eine Variante ist die Vereinbarung einer leverage oder fixed charge ratio, die erfüllt sein muß, wenn der Schuldner weiteres Fremdkapital aufnehmen will. Die Funktion der restriction on indebtedness – die Verhinderung einer Verwässerung der Werthaltigkeit der Gläubigerforderung und einer Erhöhung der Insolvenzgefahr – entspricht der der entsprechenden maintenance Covenants.248 Dennoch sind maintenance Covenants für den Schuldner deutlich einschneidender, da sie ihn zur jederzeitigen Einhaltung einer Verschuldungsobergrenze verpflichten und damit bei ungünstiger Geschäftsentwicklung auch zum aktiven Schuldenabbau zwingen können. Sie waren in den letzten Jahren vor der 2007 beginnenden Finanzmarktkrise fast verschwunden, während die entsprechenden incurrence Covenants schon immer in beinahe jedem Finanzierungsvertrag zu finden waren. 3. Beschränkungen von Investitionen – restrictions on investments Investment restrictions beschränken das Ausmaß, in dem sich der Schuldner als Investor an dritten Unternehmen beteiligen kann.249 Die Beschränkungen betreffen sowohl Eigenkapital- als auch Fremdkapitalinvestitionen und umfassen den Erwerb von Beteiligungsrechten an dritten Unternehmen, den Erwerb von Anleihen oder sonstigen Schuldtiteln (debt securities), die Vergabe von Krediten, die Gewährung von Zahlungsaufschub und die Einräumung von Kontokorrentkrediten. Etwas außerhalb dieser beiden Kategorien steht das häufig vereinbarte Verbot, die Vermögensgegenstände des Geschäftsbereichs (business unit oder auch line of business) eines anderen Unternehmens zu erwerben. Üblicherweise sehen die Klauseln mehr oder weniger weitreichende Ausnahmen vor, deren wichtigste die Vereinbarung eines Höchstbetrages für zulässige Investi245 Dazu Webb, S. 20 f.; Bratton, EBOR 2006, 51 f. Siehe das Klauselbeispiel in Section 7.03 im Anhang. Weitere Klauselbeispiele im Financial Covenants Reference Manual, S. 21 ff. 246 Diese werden im Kreditvertrag häufig als permitted debt bezeichnet. 247 Siehe das Klauselbeispiel in Section 7.03(e) im Anhang. 248 Vgl. dazu Bratton, EBOR 2006, 51, und die Ausführungen oben § 5 B. I. 5. 249 Dazu umfassend Bratton, EBOR 2006, 56 f.; Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 125 f. Siehe das Klauselbeispiel in Section 7.02 im Anhang. Weitere Klauselbeispiele in den Commentaries on Indentures, S. 458 ff. und im Financial Covenants Reference Manual, S. 57 ff.

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

tionen (basket) ist.250 Eine weitere typische Ausnahme ist die Zulassung von Investitionen mit der Maßgabe, daß das Nettovermögen der Gesellschaft unter Berücksichtigung der Investition eine bestimmte Mindestgröße überschreitet.251 Üblich ist die Vereinbarung weiterer Ausnahmen wie etwa Investitionen in Geld oder geldähnliche Wertpapiere im investment-grade, wie z. B. festverzinsliche Bundesanleihen.252 Ferner werden Ausnahmen für Investitionen in Tochtergesellschaften des Schuldners vereinbart. Ausgenommen von den Beschränkungen sind schließlich nach anderen Covenants ausnahmsweise zulässige Maßnahmen, wie etwa bestimmte Fusionen oder Veräußerungen von Vermögensgegenständen.253 Sinn und Zweck von Investitionsbeschränkungen ist zum einen die Sicherung des Rückzahlungsanspruchs des Gläubigers gegen die Gefahren einer zu starken Diversifikation der Geschäftstätigkeit des Schuldners. Der Schuldner soll sich auf seine Kerntätigkeit konzentrieren und sein Vermögen nicht unnötig in Nebentätigkeiten binden.254 Ferner sollen investment restrictions, auch im Zusammenspiel mit financial Covenants, eine zu große Bindung des Gesellschaftsvermögens in Sachwerten mit der Folge einer Gefährdung der Rückzahlbarkeit des Kredits verhindern. Zugleich beugen sie der Gefahr vor, daß der Schuldner nach der Kreditaufnahme bzw. Anleiheemission zu einer riskanteren Geschäftstätigkeit übergeht. Sie verhindern beispielsweise, daß ein mit der gegenwärtigen Rendite seines Unternehmens unzufriedener Schuldner sein Risikoprofil durch den Erwerb eines HighTech-Unternehmens ändert, oder der Schuldner eines in der Krise befindlichen Unternehmens dessen Vermögensgegenstände liquidiert und den Erlös in riskante Finanzanlagen investiert.255 Schließlich beugen sie im Zusammenspiel mit Dividendenrestriktionen effektiv der Unterinvestitionsgefahr vor, gegen die das Kapitalschutzsystem keinen wirksamen Schutz bietet.256 Mit Investitionsbeschränkungen sind allerdings auch Kosten für den Schuldner verbunden, vor allem wenn sie einen Verzicht auf lukrative Anlagemöglichkeiten erzwingen; es besteht dann umgekehrt die Gefahr einer durch sie bewirkten Überinvestition.257 4. Beschränkungen der Veräußerung von Gesellschaftsvermögen – asset disposition restrictions Das Verbot, Gegenstände aus dem Gesellschaftsvermögen zu veräußern oder zu belasten, ist ein weiterer wichtiger Regelungsbereich der das operative Geschäft 250 251 252 253 254 255 256 257

Siehe das Klauselbeispiel in Section 7.02(c) im Anhang. Commentaries on Indentures, S. 458 ff. Simpson, Bus. Law. (1972), 1161, 1189. Siehe dazu die folgenden Ausführungen und § 5 B. II. 8. Bratton, EBOR 2006, 54; Commentaries on Indentures, 458. Beispiele nach Bratton, EBOR 2006, 57. Bratton, EBOR 2006, 57; vgl. auch Baums, S. 988 f. Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 126.

§ 5 Funktionale Analyse der Verwendung von Covenants

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betreffenden Covenants (restrictions on the disposition of assets).258 Sie verbieten dem Schuldner einerseits, außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs einzelne Vermögensgegenstände zu veräußern. Da sich dieses Verbot sehr einschneidend auswirken kann, werden regelmäßig zahlreiche Ausnahmen vereinbart, wie etwa die Veräußerung von Vermögensgegenständen, deren Gesamtwert einen bestimmten Höchstbetrag nicht überschreitet (der von den Parteien ausgehandelte basket)259, oder die Veräußerung von Finanzanlagen, Gegenständen aus dem Inventar oder abgenutzten Gegenständen des Anlagevermögens. Üblicherweise werden ferner Vermögensübertragungen auf andere Gesellschaften im Konzernverbund unter der Voraussetzung zugelassen, daß diese – entweder direkt als Vertragspartner oder indirekt als „beschränkte“ Tochtergesellschaft260 – ebenfalls den Bindungen der Covenants unterliegen. Im Rahmen der fundamental changes-Klausel, die auch das Fusionsverbot umfaßt, wird dem Schuldner andererseits untersagt, wesentliche Teile seines Betriebsvermögens zu veräußern oder mit Sicherheiten zu belasten.261 Dieses Verbot ist wesentlich strikter; die wenigen Ausnahmen entsprechen denen, die für Fusionsverbote gelten.262 a) Wirkung und Zweck Ein Verbot der Veräußerung eines wesentlichen Teils des Betriebsvermögens erscheint aus Gläubigersicht deshalb geboten, weil eine solche Transaktion die faktische Stillegung des Betriebes bedeuten würde, dessen Fortexistenz vom Gläubiger bei Vertragsschluß als Sicherheit für seinen Rückzahlungsanspruch vorausgesetzt wurde. Die Veräußerung eines unter dieser Schwelle liegenden Teils des Schuldnervermögens ist aus einem anderen Grund problematisch. Zweck ist hier die Erhaltung des Unternehmens als wirtschaftliche Einheit und die Verhinderung eines systematischen Austauschs von Vermögensgegenständen gegen riskantere Anlageformen (asset substitution).263 Auch ist die Veräußerung einzelner Gegenstände des Betriebsvermögens regelmäßig mit einem Verlust verbunden, da sich 258 Bratton, EBOR 2006, 55 f.; Kusserow / Dittrich, WM 2000, 745, 754 f.; Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 126 f. Siehe das Klauselbeispiel aus der Praxis in Section 7.05 im Anhang; weitere Beispiele im Financial Covenants Reference Manual, S. 52 ff. 259 Vgl. Section 7.05(f) im Anhang. 260 Siehe zur Einbindung von Tochtergesellschaften in Covenants die Ausführungen unter § 5 B. V. 261 Vgl. Bratton, EBOR 2006, 55 f.; Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 126 f.; Kusserow / Dittrich, WM 2000, 745, 750. Funktionsunterschiede und Klauselbeispiele in den Commentaries on Indentures, S. 422 ff. und im Financial Covenants Reference Manual, S. 45 ff. Siehe ferner das Klauselbeispiel aus der Praxis in Section 7.04 im Anhang. 262 Siehe dazu unten § 5 B. II. 8. 263 Bratton, EBOR 2006, 55 f.; Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 127.

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

mit dem Verkauf einer wirtschaftlichen Einheit als going concern ein höherer Preis erzielen läßt als mit dem Verkauf einzelner Teile davon, für die regelmäßig Zerschlagungswerte angesetzt werden.264 Ein unterhalb der Wesentlichkeitsschwelle angesiedeltes Veräußerungsverbot kann auch auf wirkungsvolle Weise besonders gläubigergefährdende Transaktionen wie etwa spin-offs verhindern.265 Bei dieser Transaktionstechnik wird ein Unternehmensteil zur Aufnahme durch ein neugegründetes Unternehmen abgespalten oder ausgegliedert. Diese Technik wird vom Umwandlungsgesetz im Rahmen des Abschnitts über „Spaltungen“ erfaßt (vgl. insbesondere § 123 Abs. 2 und 3 UmwG). Anders als das deutsche schreibt das amerikanische Recht Gläubigerschutzmaßnahmen als Voraussetzung für die Spaltung von Unternehmen nicht vor.266 Daher sind die Gläubiger dort in stärkerem Maß auf vertragliche Sicherungen angewiesen. In rechtlicher Hinsicht haben die die Veräußerung von Vermögensgegenständen beschränkenden Covenants rein schuldrechtliche Wirkung ohne dingliche Wirkung gegenüber Dritten.267 Die Gesellschaft kann weiterhin wirksam über ihre Gegenstände verfügen (vgl. § 137 Abs. 1 BGB). Auch beschränken sie, anders als § 179 a AktG, nicht die Vertretungsmacht des Vorstands.268 Rechte wegen der Verletzung der Covenants bestehen daher nur gegenüber dem Schuldner, wenn nicht ausnahmsweise ein Fall der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung im Sinne von § 826 BGB vorliegt. b) Verhältnis zum aktienrechtlichen Vermögensschutz Das Aktienrecht enthält mit der Regelung der „Vermögensübertragung“ in § 179 a AktG eine vergleichbare Beschränkung der Veräußerbarkeit von Vermögensgegenständen der Gesellschaft. Diese Regelung schreibt die Zustimmung der Hauptversammlung zu einem Vertrag vor, in dem sich die AG zur Übertragung ihres gesamten Vermögens verpflichtet, und entzieht diesen damit der alleinigen Zuständigkeit des Vorstands. Eine ohne Zustimmung der Hauptversammlung vereinbarte Vermögensübertragung ist mangels Vertretungsmacht des Vorstands unwirksam.269 Die Vorschrift greift nach Sinn und Zweck auch dann ein, wenn das Gesellschaftsvermögen nur nahezu vollständig übertragen wird und einzelne, unwesentliche Teile davon bei der Gesellschaft zurückbleiben; Maßstab ist, ob die Gesellschaft nach der Transaktion noch in der Lage ist, ihre satzungsmäßigen Unternehmensziele zu verfolgen.270 264 265 266 267 268 269 270

Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 127. Stark / Rahl / Seegers, Colum. Bus. L. Rev. (1994), 503, 545. Vgl. §§ 125, 22, 25 UmwG. Kusserow / Dittrich, WM 2000, 745, 754 f. Siehe dazu sogleich die Ausführungen unter b). MüKoAktG / Stein, § 179 a, Rdn. 40. BGHZ 83, 122, 128.

§ 5 Funktionale Analyse der Verwendung von Covenants

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Von asset disposition Covenants unterscheidet sich § 179 a AktG in mehrfacher Weise. Im Unterschied zu Covenants, die dem Schutz der Gläubiger vor einem Verlust des als Haftungssubstrat dienenden Betriebsvermögens dienen, bezweckt § 179 a AktG den Schutz der Aktionäre vor einer Beeinträchtigung ihrer Mitgliedschaftsrechte.271 Ein gläubigerschützender Effekt geht von dieser Vorschrift allenfalls indirekt aus, indem die Hürden einer Vermögensübertragung auch den Gläubigern zugute kommen. Hinzu kommt, daß Covenants in gegenständlicher Hinsicht deutlich restriktiver sind als § 179 a AktG, wenn – wie regelmäßig – auch die Übertragung einzelner Vermögensgegenstände vertraglich beschränkt wird. Dies gilt auch im Vergleich zur Rechtsprechung des BGH zu ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenzen: 272 Danach kann über die im Gesetz vorgesehenen Mitwirkungsbefugnisse hinaus die Hauptversammlung zur Mitwirkung bei Geschäftsführungsmaßnahmen des Vorstands berufen sein. Eine solche Kompetenz besteht jedoch nur in engen Grenzen, namentlich dann, wenn die Maßnahme an die Kernkompetenz der Hauptversammlung, über die Verfassung der Gesellschaft zu bestimmen, rührt und damit Veränderungen herbeiführt, die denjenigen nahekommen, welche allein durch eine Satzungsänderung beschlossen werden können.273 Diese Veränderungen müssen in ihrer Bedeutung die Ausmaße der Ausgliederung eines wesentlichen Betriebsteiles erreichen.274 Im Gegensatz zu § 179 a AktG läßt die Rechtsprechung des BGH die Vertretungsmacht des Vorstands unberührt; eine unter Verletzung der Mitwirkungsbefugnisse der Hauptversammlung beschlossene Maßnahme ist daher gleichwohl wirksam.275 Insgesamt bietet das Aktienrecht Gläubigern damit gegenständlich einen deutlich geringeren Schutz vor einer Verlagerung von Vermögensgegenständen aus der Gesellschaft als die üblichen asset disposition Covenants. Dies wird insbesondere daran deutlich, daß Covenants zwar üblicherweise die Auslagerung von Vermögensgegenständen auf Tochtergesellschaften zulassen; diese Ausnahme ist jedoch an die Bedingung geknüpft, daß die Tochtergesellschaft ebenfalls den Restriktionen der Covenants unterliegt und somit ihr Vermögen dem Gläubiger als zusätzliche Sicherheit zur Verfügung steht.276 Dem umfassenderen Tatbestand von Covenants stehen allerdings engere Rechtsfolgen gegenüber. Wie erwähnt, vermögen MüKoAktG / Stein, § 179 a, Rdn. 5. Die frühere „Holzmüller“-Rechtsprechung des BGH, vgl. BGHZ 83, 122, 133 ff., ist mit der „Gelatine“-Entscheidung aufgegeben worden. Danach sind ungeschriebene Hauptversammlungskompetenzen auf Fälle wesentlicher Strukturänderungen begrenzt; die Kompetenz selbst wird nicht mehr auf § 119 Abs. 2 AktG gestützt, sondern auf eine „offene Rechtsfortbildung“ (BGHZ 159, 30, 42 ff.). Weiterführend Habersack, AG 2005, 137 ff. und Raiser / Veil, § 16, Rdn. 9 ff. 273 „Gelatine“-Entscheidung des BGH in BGHZ 159, 30, 44 f. 274 BGH in BGHZ 159, 30, 41, 45, auf die frühere „Holzmüller“-Rechtsprechung in BGHZ 83, 122, 13 ff. bezugnehmend. 275 Vgl. BGHZ 159, 30, 40 f. 276 Üblicherweise garantieren die Tochtergesellschaften die Verpflichtungen des Schuldners oder verpfänden ihr Vermögen zugunsten des Gläubigers. 271 272

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

Covenants weder die dingliche Verfügungsmacht noch die Vertretungsmacht des Vorstands zu beschränken. Eine nach Covenants unzulässige Veräußerung von Vermögensgegenständen ist daher – anderes als bei § 179 a AktG – gleichwohl wirksam, berechtigt den Kreditgeber allerdings zur Kündigung. Diese Gefahr wird den Schuldner in den meisten Fällen von einer Covenants-Verletzung abhalten, so daß die fehlende dingliche Wirkung die Wirksamkeit der Covenants nicht grundsätzlich mindert. 5. Negativklausel – negative pledge Die Negativklausel (negative pledge) verbietet dem Schuldner, bis zur vollständigen Rückzahlung des Kredits anderen Gläubigern Sicherheiten oder Nutzungsrechte an seinem Vermögen zu bestellen (restrictions on the incurrence of liens).277 Sinn dieses Belastungsverbotes ist die lastenfreie Erhaltung des Schuldnervermögens als Verwertungsmasse und zugleich die Verhinderung der vorrangigen Befriedigung der Gläubiger dinglicher Sicherheiten, wenn der Covenants-berechtigte Gläubiger, wie häufig, auf die Bestellung von Sachsicherheiten verzichtet.278 a) Gestaltungsvarianten In gegenständlicher Hinsicht verbietet die Negativklausel in erster Linie Belastungen des Schuldnervermögens zu Sicherungszwecken, also insbesondere Sicherungsübereignungen und -abtretungen, sowie die Begründung von (Grund-)Pfandrechten. Wird neben der Erhaltung der Lastenfreiheit des Vermögens und der Verwertungspriorität des Gläubigers auch das Ziel der Erhaltung der Werthaltigkeit des Schuldnervermögens verfolgt, so können sich Negativklauseln auch auf Belastungen durch Nutzungsrechte erstrecken, wie etwa Dienstbarkeiten, Nießbrauch, etc.279 Um den Schuldner nicht zu sehr in seiner Handlungsfähigkeit zu beschränken und um Kollisionen mit gesetzlichen Sicherungsrechten vorzubeugen, sind fast immer Ausnahmen vom generellen Belastungsverbot vorgesehen.280 Dazu gehören jedenfalls die Belastungen des Schuldnervermögens, die bereits bei Vertragsschluß bestanden. Ferner werden in der Regel die im gewöhnlichen Geschäftsbetrieb vereinbarten oder gesetzlich begründeten Pfandrechte und Eigentumsvorbehalte aus277 Bratton, EBOR 2006, 52 ff.; Köndgen, S. 131 f., 144 f.; Baums, S. 985 ff. Zur großen Bedeutung der Negativklausel in Eurokreditverträgen Hinsch / Horn, S. 104 f.; ferner Hutter in Habersack / Mülbert / Schlitt, § 14, Rdn. 40. Siehe das Klauselbeispiel in Section 7.01 im Anhang; weitere Beispiele im Financial Covenants Reference Manual, S. 31 ff. 278 Hartwig-Jacob, S. 479; Bratton, EBOR 2006, 51. 279 Harries, WM 1978, 1146, 1148. 280 Siehe umfassend Commentaries on Indentures, S. 350 ff., ferner Buchheit, S. 92 ff. So auch im Klauselbeispiel in Section 7.01 im Anhang.

§ 5 Funktionale Analyse der Verwendung von Covenants

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genommen.281 Ein wichtiger typischer Ausnahmetatbestand von der Negativklausel ist die sog. pari passu-Klausel.282 Diese beläßt dem Schuldner die Möglichkeit, sein Vermögen mit Sicherungsrechten zu belasten, solange diese im gleichen oder im Rang unter der Forderung des Gläubigers stehen. Im Falle einer Sicherheitenbestellung zugunsten eines Drittgläubigers ist der Schuldner damit verpflichtet, den Covenants-berechtigten Gläubiger entweder anteilsmäßig am Sicherungsrecht zu beteiligen oder ihm andere, gleichwertige Sicherheiten zu beschaffen.283 Der Sicherungswert dieses Gleichstellungsanspruchs wird jedoch dadurch geschmälert, daß er eine rein schuldrechtliche Wirkung besitzt. Sowohl die deutsche als auch die amerikanische Rechtsordnung lassen eine automatische Besicherung aufgrund dieser Klausel nicht zu, sondern verlangen einen gesonderten, dinglichen Bestellungsakt durch den Schuldner.284 b) Funktionale Bewertung Negativklauseln sollen einer nachträglichen dinglichen Belastung des Schuldnervermögens und damit einer Verschlechterung der Verwertungspriorität des Gläubigers im Vergleich zu anderen Gläubigern vorbeugen. Keinen Schutz gewähren sie dagegen vor Belastungen des Schuldnervermögens durch die Eingehung weiterer ungesicherter Verbindlichkeiten. Da mit jedem späteren Kreditgeber der Anteil am Schuldnervermögen abnimmt, der dem Covenants-berechtigten Gläubiger als Verwertungsmasse im Insolvenzfall zusteht, erhöht sich dessen DelcredereRisiko.285 Der Kreditgeber kann diese Möglichkeit antizipieren und von vornherein eine höhere Risikoprämie verlangen, womit sich die Kapitalkosten für das Unternehmen verteuern; vermieden werden können diese Kosten, wenn sich die Schuldnerin Neuverschuldungsbegrenzungen in maintenance (financial) oder incurrence Covenants unterwirft.286 Da mit dem Überschreiten eines bestimmten Verschuldungsgrades spätere Kreditgeber nur noch gegen die Bestellung von Sicherheiten zur Kreditvergabe bereit sein werden, kommt allerdings auch der Negativklausel eine Schuldenbegrenzungsfunktion zu.287 Künftige Gläubiger werden deshalb entweder überhaupt auf Geschäfte mit dem Schuldner verzichten oder aber in andere Sicherungsformen ausweichen, wenn ihnen der Schuldner keine herkömmlichen Sicherheiten bietet. Zu diesen alternativen Sicherheiten gehören sicherlich Personalsicherheiten wie Zu diesen und anderen Ausnahmen siehe Simpson, Bus. Law. (1972), 1161, 1182 ff. Dazu ausführlich Hartwig-Jacob, S. 503 ff.; Wood, S. 6 – 12; Köndgen, S. 131. Siehe das Klauselbeispiel aus der Praxis in Section 7.01(c) im Anhang. 283 Vgl. Hartwig-Jacob, S. 504 ff.; Wood, S. 6 – 12. 284 Hartwig-Jacob, S. 510; Buchheit, S. 87. 285 Schäfer / Ott, S. 593 f. 286 Dazu bereits oben § 5 B. I. 5. und § 5 B. II. 2. 287 U. Schneider (1985), S. 894. 281 282

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

Garantien, die von der Negativklausel nicht erfaßt werden. Um diese Schutzlücke zu schließen, werden Garantien, die vom Schuldner oder seinen Tochtergesellschaften für neue Kredite übernommen werden, als indebtedness definiert und damit von den incurrence- und maintenance-type restrictions on indebtedness erfaßt. Denkbar ist auch, daß künftige Gläubiger sich ihrerseits durch entsprechend restriktive Covenants zu sichern suchen. Dann käme es zum Fall der Parallelgeltung gleichartiger Covenants. Auf den ersten Blick scheinen die Gläubiger von dieser zusätzlichen Disziplinierung zu profitieren; es besteht jedoch die Gefahr einer Überbeanspruchung des Schuldners bzw. einer mangelnden Abstimmung der Gläubiger im Hinblick auf das Kollektivhandlungsproblem.288 Trotz dieser Schwächen besitzen Negativklauseln eindeutige Vorteile gegenüber dem Kapitalschutzsystem. Einen vergleichbaren Schutz der Verwertungsposition des Gläubigers leistet das Kapitalschutzsystem nicht.289 Der Schutz der Gläubiger vor einer Verschlechterung der vertraglich eingeräumten Verwertungsposition liegt von vornherein außerhalb seines Schutzbereichs, was die Gläubiger geradezu in die Nachfrage nach dinglichen Sicherheiten drängt. Die Ungleichbehandlung zwischen Gläubigern mit und ohne dinglichen Sicherungsrechten wird durch das Insolvenzrecht fortgesetzt: Dieses nimmt mit seiner Privilegierung der dinglichen Sicherungsrechte ebenfalls keine Rücksicht auf die Erhaltung der Verwertungspriorität des Gläubigers, obwohl diese neben dem Erhalt der Vermögenssubstanz des Schuldners eine schutzbedürftige Erwartung der Gläubiger ist. Erlaubt das Kapitalschutzsystem damit eine beliebige Verwässerung der Verwertungsposition des Gläubigers durch eine schrankenlose Belastung des Vermögens mit Sicherungsrechten, so liegt darin ein erhebliches Transaktionskostenpotential. Denn die Vertragsparteien sind – jedenfalls jenseits der Fälle erstklassiger Schuldnerbonität – beinahe zwingend auf die Bestellung von Sachsicherheiten angewiesen, wenn sich der Gläubiger nicht mit einer erheblichen Risikoprämie abfindet. Daher besteht für vertragliche Alternativen, mit denen sich die Verwertungspriorität auch ohne die Vereinbarung von Sachsicherheiten schützen läßt, ein großes praktisches Bedürfnis. c) Rechtliche Grenzen Die Negativklausel ist auch im deutschen Recht innerhalb gewisser Grenzen grundsätzlich zulässig.290 Wegen § 137 BGB besitzt sie allerdings nur schuldrechtliche, nicht aber dingliche Wirkung. Verfügungen zugunsten nachfolgender Gläubiger sind damit – jenseits der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung des Gläubigers nach § 826 BGB – grundsätzlich wirksam, auch wenn der begünstigte Dritte die Negativklausel kannte.291 288 289 290

Dazu eingehend unten § 8 B. IV. 2. Vgl. Baums, S. 986. Vgl. allgemein zur rechtlichen Zulässigkeit Hartwig-Jacob, S. 481 ff.

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Der Zulässigkeit der Klausel steht nicht § 311 b Abs. 2 BGB entgegen, wonach ein Vertrag, durch den sich der Schuldner zur Übertragung seines künftigen Vermögens verpflichtet, nichtig ist. Diese Vorschrift wird auch auf die Eingehung einer Unterlassungsverpflichtung angewandt, sein künftiges Vermögen nicht zur Sicherheit zu übereignen.292 Keine Anwendung findet die Vorschrift jedoch auf Verpflichtungen, sein künftiges Vermögen nicht mit einem Pfandrecht zu belasten.293 Richtigerweise ist § 311 b Abs. 2 BGB dahin auszulegen, daß Verfügungen zu Sicherungszwecken generell von der Vorschrift nicht erfaßt sind. Denn Sinn und Zweck des § 311 b Abs. 2 BGB ist nur die Verhinderung einer übermäßigen Beeinträchtigung der Bewegungsfreiheit des Schuldners.294 Ferner ist jedenfalls bei Klauseln, die, wie üblich, einen angemessenen Ausnahmekatalog vorsehen, eine Verletzung von § 138 BGB nicht zu besorgen. Ohne diese Erleichterungen für den Schuldner, also im Falle unbedingter Negativklauseln, kann die Klausel allerdings mit der Erwägung für nichtig erklärt werden, daß sie dem Schuldner jegliche Freiheit für eigene wirtschaftliche Entscheidungen nimmt (Knebelung).295

6. Pari passu-Klausel Mit der vorstehend dargestellten Form der pari passu-Klausel als Ausnahmetatbestand von der Negativklausel nicht zu verwechseln ist die selbständige pari passu-Klausel.296 Beide Klauseln verfolgen zwar das Ziel der Gleichbehandlung aller Gläubiger des Schuldners. Anders als die pari passu-Ausnahme von der Negativklausel soll die eigenständige pari passu-Klausel jedoch sicherstellen, daß die Forderung des begünstigten Gläubigers generell und nicht nur anläßlich der Bestellung von Sicherheiten am Schuldnervermögen im gleichen Rang mit anderen gegenwärtigen oder künftigen unbesicherten Verbindlichkeiten des Schuldners steht.297 Es geht vor allem um die Verhinderung der Bevorzugung anderer unge291 Harries, WM 1978, 1148. In den USA ist die Rechtslage weniger eindeutig. Eine Bank, die einem Unternehmen einen besicherten Kredit in Kenntnis eines negative pledge zugunsten eines anderen Gläubigers gewährt, kann ihrer Sicherheiten für verlustig erklärt werden und im Rang hinter den Covenants-berechtigten Gläubiger zurücktreten, vgl. Simmons, Bus. Law. (1972), 179, 186; Douglas-Hamilton, Bus. Law. (1975) 343, 363 f. 292 U. Schneider (1985), S. 903. 293 Vgl. MüKoBGB / Krüger, § 311 b, Rdn. 91. 294 So zutreffend U. Schneider (1985), S. 903. 295 Hartwig-Jacob, S. 483; siehe eingehend zum Problemkreis der Schuldnerknebelung unten § 11 C. 296 Dazu ausführlich Buchheit, S. 82 ff.; Wood, 6 – 23; Hartwig-Jacob, S. 512; Eidenmüller (1999), S. 137. 297 Wood, 6 – 23; Hartwig-Jacob, S. 512; Eidenmüller (1999), S. 137. Der Regelungsgehalt der pari passu-Klausel ist in Kreditverträgen häufig auf eine entsprechende Erklärung in den representations and warranties und einen Covenant verteilt, vgl. Buchheit, S. 82 f. In der representation sichert der Kreditnehmer zu, daß das Darlehen im gleichen Rang mit seinen

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sicherter Gläubiger in Liquidation, Insolvenz und bei Reorganisationsverhandlungen, soweit nicht eine gesetzlich vorgegebene, zwingende Rangordnung entgegensteht. Kredite und Anleihen können im amerikanischen Recht durch vertragliche Vereinbarung einer bestimmten Rangfolge unterworfen werden.298 Man unterscheidet zwischen vorrangigen Schulden (preferred oder senior debt), Schulden mit gleichem Rang und nachrangigen Verbindlichkeiten (subordinated debt). Die Vereinbarung eines Ranges dient dazu, die Rangstellung des Gläubigers im Verhältnis zu dritten Gläubigern im Insolvenzfall des Unternehmens oder bei vorzeitiger Fälligstellung der nachrangigen Verbindlichkeit festzulegen. Die Festlegung der Rangfolge geschieht mithilfe einer subordination provision, die im wesentlichen der deutschen Forderungsrücktritts- bzw. Rangrücktrittserklärung entspricht.299 In ihr erklärt der Gläubiger eines Rückzahlungsanspruchs, daß er seine Ansprüche nur im Rang nach bestimmten anderen Kreditgläubigern des Schuldners geltend machen wird.300 Im Falle einer vorzeitigen Fälligkeit der nachrangigen Verbindlichkeit, etwa infolge einer Vertragsverletzung, müssen dann zuerst die vorrangigen Verbindlichkeiten befriedigt werden.301 Die Möglichkeit der Errichtung einer Rangordnung von Forderungen besteht freilich nur, soweit diese nicht gesetzlich vorgegeben ist und damit Raum für vertragliche Vereinbarungen verbleibt. Diese Freiheit besteht, entgegen mancher Literaturansicht 302, grundsätzlich auch nach deutschem Recht. Das deutsche Insolvenzrecht sieht zwar in § 39 InsO eine bestimmte Rangfolge von Forderungen im Insolvenzfall vor; gem. § 39 Abs. 2 InsO kann diese Rangfolge jedoch durch vertraglich vereinbarte Rangrücktrittserklärungen zwischen Schuldner und Gläubiger abbedungen werden, und zwar auch innerhalb der Gruppe der privilegierten Gläubiger in § 39 Abs. 1 InsO.303 Von der Rangrücktrittserklärung, deren Hauptziel die Vermeidung der Überschuldung des Schuldners ist304, zu unterscheiden ist der zwischen zwei Gläubigern vereinbarte sog. Forderungsrücktritt, der eine nur zwischen den Gläubigern wirkende schuldrechtliche Verpflichtung des einen Gläubigers darstellt, seine Forderung nur nach Erfüllung der Forderung des anderen Gläubigers geltend zu machen.305 Beide Foranderen Finanzverbindlichkeiten steht. Im Covenant verpflichtet er sich dazu, daß er diesen Gleichrang auch zukünftig beibehalten wird (vgl. das Klauselbeispiel bei Kästle, S. 243). 298 Vgl. umfassend zu Rangrücktrittserklärungen im amerikanischen Recht mit Klauselbeispielen Wood, S. 17 – 4 ff.; Everett, Bus. Law. (1967), 41 ff. und Webb, S. 4 ff., 30 ff., 41 ff. Vgl. auch das Klauselbeispiel in Section 5.07 im Anhang. 299 Vgl. Wood, S. 17 – 15 f., 17 – 57 ff.; Everett, Bus. Law. (1967), 41 ff. 300 Wood, S. 17 – 15 f. 301 Everett, Bus. Law. (1967), 44. 302 Hartwig-Jacob, S. 515 f., hält den vertraglichen Forderungsrücktritt nur zwischen nicht privilegierten Gläubigern für möglich. Diese Ansicht ist jedoch unzutreffend, da § 39 Abs. 2 InsO systematisch auch für die in Abs. 1 genannten Gläubigergruppen gilt. 303 Vgl. MüKoInsO / Ehricke, § 39, Rdn. 45. 304 Zur Rangrücktrittserklärung vgl. Peters, WM 1988, 685 ff. 305 Dazu Peters, WM 1988, 641, 642 ff.

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men des Forderungsrücktritts können zur Herstellung eines Rangverhältnisses von Forderungen genutzt werden. Auch darüber hinaus behalten pari passu-Klauseln ihren Sinn dort, wo eine nachträgliche Besicherung neuer Gläubiger den durch die Klausel berechtigten Gläubiger faktisch im Rang zurücksetzen würde.306 Der Sicherheitswert der pari passu-Klausel für die Gläubiger ist, verglichen mit der Negativklausel, relativ schwach. Isoliert vereinbart verwehrt sie dem Schuldner nicht, weitere, besicherte Verbindlichkeiten einzugehen. Dies kann zur Folge haben, daß im Insolvenzfall nicht genug Vermögenswerte für die ungesicherten Gläubiger zur Verfügung stehen.307 Es empfiehlt sich daher für den Gläubiger, die pari passu-Klausel nur in Verbindung mit einer Negativklausel oder weiteren schuldenbegrenzenden Covenants zu vereinbaren. 7. Sale and leaseback-restrictions Sale and leaseback-Transaktionen, d.h. Transaktionen, bei denen der Schuldner Gegenstände aus seinem Vermögen an eine Leasinggesellschaft verkauft und diese dann anschließend von ihr „zurückleast“, sind das funktionale Äquivalent zur Verpfändung von Vermögensgegenständen.308 Eine Negativklausel ohne ein gleichzeitiges Verbot der Veräußerung von Vermögensgegenständen kann durch sale and lease back-Geschäfte leicht umgangen werden. Die asset disposition restrictions, die diesen Transaktionstyp erfassen, sehen häufig einen basket vor, um dem Schuldner eine gewisse Flexibilität zu belassen.309 8. Fusionsverbote – restrictions on mergers Anti merger-Klauseln richten sich gegen eine spezielle Form von Identitätsänderungen des Schuldners, nämlich einen faktischen „Schuldnerwechsel“ infolge der Verbindung des Schuldners mit einem anderen Unternehmen.310 Von diesem Covenant erfaßt sind die Verschmelzungsvarianten nach deutschem Recht sowie der statutory merger und die consolidation nach amerikanischem Recht.311 Beim statutory merger, der der Verschmelzung durch Aufnahme entspricht, geht das Vermögen des einen Rechtsträgers im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den überHinsch / Horn, S. 106. Hartwig-Jacob, S. 516. 308 Ausführlich Bratton, EBOR 2006, 52 ff. 309 Vgl. das Klauselbeispiel in Section 7.05(d) im Anhang. Weitere Klauselbeispiele im Financial Covenants Reference Manual, S. 65 ff. 310 Dazu umfassend Bratton, EBOR 2006, 55 f.; Kusserow / Dittrich, WM 2000, 745, 751 ff.; Baums, S. 989 ff. Klauselbeispiele im Financial Covenants Reference Manual, S. 45 ff. 311 Vgl. Kusserow / Dittrich, WM 2000, 745, 754. 306 307

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nehmenden Rechtsträger über; der übernehmende Rechtsträger besteht fort, während der übertragende Rechtsträger untergeht. Bei der consolidation, dem Äquivalent der Verschmelzung durch Neugründung, übertragen die beteiligten Rechtsträger ihr Vermögen als Ganzes auf einen neugegründeten Rechtsträger und gehen in ihm auf.312 Neben der direkten Verschmelzung des Schuldners mit der Zielgesellschaft werden auch solche Transaktionsvarianten erfaßt, bei der die Zielgesellschaft mit einer Tochtergesellschaft des Schuldners fusioniert wird (sog. triangular merger). Durch diese Technik wird vermieden, daß die Aktionäre des Schuldners der Transaktion zustimmen müssen.313 Fusionsverbote werden oftmals zusammen mit dem Verbot der Veräußerung des gesamten Gesellschaftsvermögens oder eines wesentlichen Teils davon (asset deal) in der sog. fundamental changes-Klausel geregelt.314 Die Ausnahmen, die für Fusionsverbote gelten, sind dann auch auf diese Art der Identitätsänderung des Schuldners anwendbar. Eine weitere denkbare Form der Identitätsänderung, die Akquisition anderer Unternehmen, wird dagegen von den Investitionsbeschränkungen geregelt.315 Die Gefahr negativer Veränderungen der Haftungsgrundlage durch Akquisitionen des Schuldners kann auch durch den Einsatz solcher financial Covenants begegnet werden, deren Restriktionen im Hinblick auf die Aufnahme neuer Schulden oder Veränderungen der Finanzstruktur eine indirekte Barriere für die Finanzierung derartiger Transaktionen darstellen.316 Ebenfalls nicht vom Fusionsverbot erfaßt sind Kontrollwechsel in der Eigentümerstruktur des Schuldners durch die Übernahme von Anteilen durch ein fremdes Unternehmen. Gegen derartige Kontrollwechsel (change of control) durch share deals kann sich der Schuldner trotz des Umstands, daß Covenants nur den Schuldner und nicht gegenwärtige oder zukünftige Gesellschafter binden, wirksam durch sog. change of control-Klauseln schützen.317 Anders als share deals sind Verschmelzungen einer Beschränkung durch Covenants unmittelbar zugänglich, da diese nach den meisten Rechtsordnungen eine Beteiligung des Vorstands bzw. board voraussetzen, mithin eines Organs, das der Bindungswirkung der Covenants unterliegt.318 312 Umfassend zu den Fusionsvarianten im amerikanischen Recht Cox / Hazen, § 22.10. und Merkt, ZGR 2004, 305, 560 ff.; vgl. zum Recht in Delaware Del. Gen. Corp. L § 251 (a)-(e). 313 Im Anschluß kann die fusionierte Tochtergesellschaft mit dem Schuldner verschmolzen werden. Ausführlich zu dieser Technik Cox / Hazen, § 22.15. 314 Vgl. dazu die Ausführungen oben unter § 5 B. II. 4. Siehe das Klauselbeispiel in Section 7.04 im Anhang. 315 Siehe dazu die Ausführungen oben unter § 5 B. II. 3. 316 Wood, S. 6 – 26. 317 Dazu unten § 5 C. I. 2. 318 Vgl. § 4 Abs. 1 UmwG, der den Abschluß eines Verschmelzungsvertrages durch die Vertretungsorgane der beteiligten Rechtsträger vorschreibt; das amerikanische Äquivalent des statutory merger erfordert ein von den boards der beteiligten Rechsträger ausgehandeltes merger agreement, vgl. Del. Gen. Corp. Law § 251 (b). Zu den Kompetenzproblemen im deutschen Recht siehe unten § 10 C. II. 3.

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Typischerweise sind folgende Sachverhalte vom generellen Fusionsverbot ausgenommen319: – Die Fusion einer Tochtergesellschaft mit dem Schuldner, wenn dieser der überlebende Rechtsträger ist; und – sonstige Verschmelzungen des Schuldners, wenn (a) der Schuldner entweder überlebender Rechtsträger ist oder der überlebende Rechtsträger sämtliche Verbindlichkeiten des Schuldners gegenüber dem Gläubiger übernimmt, und (b) alle sonstigen Covenants eingehalten werden und auch sonst kein event of default als Folge der Fusion eintritt.

Fusionsbeschränkungen verfolgen das Ziel, den Gläubiger vor nicht antizipierten Veränderungen der Finanzstruktur der Schuldnerin infolge der Verbindung mit einem fremden Unternehmen zu schützen.320 Zu einer für den Wert der Gläubigerforderung nachteiligen Veränderung der Finanzstruktur kann es vor allem dann kommen, wenn das fremde Unternehmen einen besonders hohen Leverage oder ein deutlich riskanteres Geschäftsmodell besitzt.321 Dabei besteht für diese Art von vertraglichem Gläubigerschutz ein geringeres Bedürfnis in Rechtsordnungen, die wie das deutsche UmwG die Zulässigkeit einer Verschmelzung von der Einhaltung umfangreicher Gläubigerschutzvorschriften abhängig machen.322 Die corporate acts der US-Bundesstaaten sehen derartige Gläubigerschutzvorschriften nicht vor. Die Gläubiger müssen sich daher selbst vertraglich gegen Gefahren für die Sicherheit ihres Rückzahlungsanspruchs absichern. Mit der Möglichkeit, den Kredit im Falle einer Mißachtung eines Fusionsverbots zu kündigen oder aber der Möglichkeit, im Austausch gegen einen Verzicht auf dieses Recht den Entscheidungsprozeß zu beeinflussen, verfügt der Kreditgeber über weitreichende Mittel der Einflußnahme auf eine strategische Strukturentscheidung des Schuldners. Damit wird einmal mehr die Frage nach den Grenzen der zulässigen Einflußnahme Dritter in der Gesellschaft aufgeworfen.323 9. Änderungen des Geschäftsgegenstands – change in nature of business In den negative Covenants wird dem Schuldner regelmäßig untersagt, sich in einem Geschäftsfeld zu betätigen, das von der zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme ausgeübten Geschäftstätigkeit wesentlich abweicht (change in nature of business oder line of business).324 Die Festlegung des Schuldners auf die zur Zeit des Ver319 Simpson, Bus. Law. (1972), 1161, 1190 f. Siehe das Klauselbeispiel in Section 7.04(c) im Anhang. 320 Zu den Auswirkungen einer Fusion auf den Firmenwert und den Wert der Gläubigeransprüche vgl. Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 128 f. 321 Bratton, EBOR 2006, 55; Baums, S. 989 f. 322 Vgl. § 22 UmwG. 323 Dazu umfassend die Ausführungen im vierten Kapitel.

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

tragsschlusses verfolgte line of business bezweckt wie alle übrigen maintenanceKlauseln die Wahrung der wirtschaftlichen Identität und Stabilität des Schuldners, und schützt den Gläubiger damit vor nicht antizipierten, einseitigen Veränderungen der Geschäftsgrundlagen. Der Begriff der line of business ist nicht mit den gesellschaftsrechtlichen Begriffen des Unternehmensgegenstands oder -zweckes gleichzusetzen. Er stammt ursprünglich aus der corporate opportunity doctrine, die dem Institut des Wettbewerbsverbots im deutschen Gesellschaftsrecht nahekommt.325 Danach macht sich ein Gesellschafter oder Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft schadensersatzpflichtig, wenn er in deren line of business tätig wird, worunter die übliche Geschäftstätigkeit der Gesellschaft verstanden werden kann. Davon sind der satzungsmäßig festgelegte Gesellschaftszweck (business purpose) bzw. in Deutschland der gem. § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG festzulegende Unternehmensgegenstand326 zu unterscheiden, die deutlich weiter sind. Auch in den USA wird der Gesellschaftszweck in den articles of incorporation regelmäßig äußerst weit gefaßt.327 Während ein Verlassen der line of business keine faktische Änderung dieses Satzungsgegenstandes zur Folge haben muß, ist eine Änderung des Unternehmensgegenstandes auf jeden Fall mit einer Änderung der line of business verbunden. Demzufolge schützen Covenants die Gläubiger bereits vor unterhalb der Schwelle der Satzungsdurchbrechung liegenden Änderungen der Unternehmenstätigkeit, die sonst jederzeit ohne Zustimmung der Aktionäre vorgenommen werden können.328

III. Positive (affirmative) Covenants 1. Informationspflichten Wichtigster Bestandteil der positiven (affirmative) Covenants ist die detailliert geregelte Verpflichtung des Schuldners zur regelmäßigen und umfassenden Information des Gläubigers über den Zustand und die Entwicklung seiner Vermögens324 Klauselbeispiele im Financial Covenance Reference Manual, S. 43 f. Siehe das praktische Klauselbeispiel in Section 7.07 im Anhang. 325 Vgl. die Leitentscheidung Guth v. Loft, Inc., 5 A.2d 503, 510 (Del.1939); Cox / Hazen, § 11.08. Vgl. im deutschen Recht § 112 HGB. 326 Zum Begriff des Unternehmensgegenstandes siehe Hüffer, § 23, Rdn. 21 f. 327 Üblich sind Formulierungen wie „enganging in any lawful business“, vgl. Cox / Hazen, § 4.01. 328 Der satzungsmäßig festgelegte Unternehmensgegenstand bindet die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands nur insoweit, als es um die Abgrenzung desjenigen wirtschaftlichen Gebiets geht, auf dem das Unternehmen die für sie charakteristische volkswirtschaftliche Tätigkeit ausübt; in diesem Umfang ist der Vorstand frei, die für die Erreichung des Unternehmenserfolgs erforderliche Geschäftspolitik zu bestimmen, vgl. KK / Mertens, § 82, Rdn. 14 ff.

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lage. Informationspflichten sind unabdingbarer Bestandteil jedes Covenants-Systems, da dieses seine Aufgabe nur erfüllen kann, wenn der Gläubiger rechtzeitig über Veränderungen in den Finanzverhältnissen des Schuldners informiert wird. Als Mindestanforderung wird in den Covenants die unverzügliche Vorlage der Viertel- und Jahresbilanzen vereinbart, und zwar unabhängig von etwaigen kapitalmarktrechtlichen Reporting-Verpflichtungen des Schuldners.329 Damit reichen die Informationspflichten in vielen Fällen weit über das gesetzliche Niveau an Informations-, Rechnungslegungs- und sonstigen Publizitätsvorschriften hinaus.330 Daneben werden sog. compliance oder officers’ certificates verlangt, in denen der Vorstand die Einhaltung der Covenants bestätigen muß sowie detaillierte Schuldenstandübersichten (borrowing base certificates). Ferner verpflichtet sich der Schuldner, dem Gläubiger unverzüglich über Vertragsverletzungen (defaults) zu unterrichten.331 2. Sonstige maintenance Covenants Bereits oben wurde auf den Unterschied zwischen incurrence und maintenance Covenants eingegangen und mit den financial Covenants die wichtigste Gruppe der maintenance Covenants dargestellt. Die Bezeichnung maintenance (zu deutsch: Beibehaltung, Aufrechterhaltung) bringt das Verlangen nach Stabilität und Identitätswahrung zum Ausdruck. Die Entscheidung über die Kreditvergabe ist das Ergebnis einer eingehenden Bonitätsprüfung und wird – von besonderen Fällen etwa im Bereich der Akquisitionsfinanzierung abgesehen – unter der Annahme getroffen, daß der Schuldner in der Form, die er zum Zeitpunkt der Vergabeentscheidung besitzt, fortexistiert. Nach Vollzug (closing) des Vertrages ist der Gläubiger der Gefahr einseitiger Änderungen der vertraglichen Grundlagen durch den Schuldner ausgesetzt. Dementsprechend besteht ein Interesse daran, die Verfassung des Schuldners zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme vertraglich zu fixieren. Während die incurrence-type Covenants, wozu die meisten negative Covenants gehören, dem Schuldner zu diesem Zweck die Vornahme bestimmter Maßnahmen verbieten, verpflichten maintenance Covenants den Schuldner zur Aufrechterhaltung eines bestimmten Zustands. Der preservation of existence Covenant verpflichtet den Schuldner, jederzeit seine Rechtsfähigkeit im Einklang mit einschlägigen Vorschriften zu wahren und alles für die Erhaltung dieser Rechtsfähigkeit erforderliche zu veranlassen, insbe329 Sind die Aktien des Schuldners zum Handel an einer US-amerikanischen Börse zugelassen, so ist der Schuldner nach den Vorschriften des Securities Exchange Acts von 1934 zu einer umfänglichen periodischen Finanzberichterstattung verpflichtet, wozu insbesondere die Veröffentlichung von Viertel- und Jahresberichten gehört, vgl. ausführlich Cox / Hazen, § 27.17. Ein Beispiel für einen sehr weitreichenden reporting-Covenant findet sich in Section 6.01 im Anhang. 330 Kästle, S. 53 f. 331 Vgl. die Übersicht bei Simmons, Bus. Law. (1972), 190 f.

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

sondere die für den Geschäftsbetrieb erforderlichen Lizenzen, Genehmigungen, Patente, Markenrechte, Namensrechte usw. zu erwerben, zu sichern bzw. zu erneuern.332 Im maintenance of properties Covenant verpflichtet sich der Schuldner im Interesse der Unternehmensfortführung zur Erhaltung und Pflege der Gegenstände des Anlagevermögens.333 Oftmals existiert auch eine Verpflichtung zur adäquaten Versicherung versicherungsfähiger Gegenstände.334 Als besondere Form der property maintenance Covenants können die asset disposition-restrictions verstanden werden, auf die bereits oben eingegangen wurde.335 Weiterhin verpflichtet sich der Schuldner in affirmative Covenants zur Einhaltung einschlägiger Gesetze, Umweltschutzvorschriften sowie zur Zahlung von Steuerschulden und sonstigen staatlichen Abgaben.336 IV. Event risk-Covenants 1. Bedeutung Die Bezeichnung „event risk“-Covenants hat sich schlagwortartig für einen vor allem in Anleihebedingungen enthaltenen Klauseltypus eingebürgert, der bestimmte, wesentliche Ereignisse in der Person des Schuldners (event risks), die sich typischerweise mindernd auf den Wert der Anleihe auswirken, zu einer Vertragsverletzung (event of default) erklärt.337 Ihr wichtigster Anwendungsbereich sind Unternehmensanleihen, da für diese ein Marktpreis gebildet wird, der besonders sensibel auf event risks reagiert.338 Event risk-Covenants sind keine Covenants im engeren Sinn, da sie nicht als eigenständige Handlungs- oder Unterlassungsverpflichtung formuliert sind, sondern als event of default. Event risks sind Ereignisse, die in einer plötzlichen Veränderung der Kreditwürdigkeit des Schuldners resultieren und nicht mit den Mitteln der Finanzanalyse vorausgesagt werden können.339 Darin stehen sie den material adverse changes sehr nahe.340 Der wesentliche Unterschied besteht darin, daß material adverse change-Covenants nicht nur wesentliche Veränderungen im Bereich des SchuldSiehe das Klauselbeispiel in Section 6.03 im Anhang. Siehe das Klauselbeispiel in Section 6.04 im Anhang. 334 Siehe das Klauselbeispiel in Section 6.05 im Anhang. 335 Siehe oben § 5 B. II. 4. 336 Siehe die Klauselbeispiele in Sections 6.02 und 6.06 im Anhang. 337 Umfassend Asquith / Wizman, J. Fin. Econ. (1990), 199 ff.; Stark / Rahl / Seegers, Colum. Bus. L. Rev. (1994), 503, 566 ff. 338 Vgl. dazu bereits die Ausführungen oben unter § 4 E. II. 339 Kahan / Klausner, UCLA L. Rev. (1992), 931, 934. 340 Dazu unten § 5 C. I. 1. 332 333

§ 5 Funktionale Analyse der Verwendung von Covenants

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ners, sondern auch in seinem wirtschaftlichen Umfeld erfassen, während event risk-Klauseln hauptsächlich auf die von Übernahmesituationen für den Wert des Gläubigeranspruchs ausgehenden Risiken zugeschnitten sind.341 2. Rolle bei der Abwehr von leveraged-buyouts Der Einführung der event risk-Klauseln liegen negative Erfahrungen der Gläubiger von Unternehmensanleihen in der Zeit der Übernahmewelle in den 80er und 90er Jahren zugrunde, in der viele Anleiheschuldner Ziel sog. leveraged-buyout Transaktionen (LBOs) waren.342 Im Rahmen eines LBO wird das Zielunternehmen (target) mit hohem Fremdkapitaleinsatz durch eine Investorengruppe aufgekauft.343 Der hohe Leverage erlaubt einerseits die Zahlung eines deutlich über dem Börsenpreis liegenden Kaufpreises an die Altaktionäre (premium), belastet jedoch andererseits stark das Vermögen der Zielgesellschaft, das den zur Bedienung der Fremdkapitalzinsen benötigten Cash Flow aufbringen muß und den Finanzierungsinstrumenten als Sicherheit haftet. In der Folge eines LBO kommt es deshalb fast immer zu einem Kurseinbruch der Anleihen der aufgekauften Gesellschaft, weshalb von einem Vermögenstransfer von den Gläubigern zu den Aktionären gesprochen wird.344 Die verheerende Wirkung eines LBO auf den Wert einer Anleihe kann anhand des buyout der Gesellschaft Nabisco veranschaulicht werden, eines der größten LBOs aller Zeiten.345 Nabisco wurde von der Beteiligungsgesellschaft KKR346 übernommen. Der Kaufpreis wurde, wie in solchen Fällen üblich, zum weit überwiegenden Teil mit Fremdkapital finanziert, dessen Zinsen von Nabisco zu bedienen waren und als dessen Sicherheit das Vermögen von Nabisco diente. Nabisco hatte Anleihen im sog. investment-grade-Status emittiert, die unmittelbar nach Verkündung des buyouts von den Ratingagenturen zum „junk-bond“-Status herabgestuft wurden.347 Während die Aktionäre für den Verkauf ihrer Anteile eine hohe

Vgl. Stark / Rahl / Seegers, Colum. Bus. L. Rev. (1994), 503, 509. Instruktiv zur Entwicklung Coffee, Geo. L.J. (1990), 1495, 1505 ff. 343 Instruktiv zur Technik des levereged-buyout Brealey / Myers, Corporate Finance, S. 905 ff. Während LBOs früher in der Regel kleinere, nicht-börsennotierte Unternehmen betrafen, waren in den letzten Jahren mehr und mehr große, börsennotierte Unternehmen Ziel solcher Transaktionen. Eine wichtige Folge des buyouts eines börsennotierten Unternehmens ist das delisting (taking private), d.h. die Beendigung des Börsenhandels mit den Aktien des betreffenden Unternehmens. 344 Kahan / Klausner, UCLA L. Rev. (1992), 931, 940 f. Zugespitzt formuliert wird bei einem LBO absichtlich ein „fallen angel“ produziert. Als fallen angels werden Unternehmen bezeichnet, deren Anleihen im investment-grade-Status durch ein plötzliches Ereignis zum junk-bond-Status herabgestuft werden (junk bonds, auch high-yield bonds genannt, sind Anleihen, deren Rating unterhalb des investment-grade Bereichs liegt). 345 Metropolitan Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc., 716 F. Supp. 1504 ff. (D.N.Y. 1989). 346 Kohlberg Kravis Roberts & Co. 341 342

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Prämie im Verhältnis zum Börsenpreis erhielten, brach der Kurswert der Anleihen ein. Die gewählte Finanzierung durch unbesicherte Schulden war nach den in den Anleihebedingungen enthaltenen Covenants, die nur die weitere Aufnahme besicherter Schulden untersagten (negative pledge), zulässig. Die von institutionellen Anleiheinhabern gegen Nabisco erhobene Klage machte geltend, Nabisco habe durch die Transaktion eine gegenüber den Anleihegläubigern bestehende Rücksichtnahmepflicht zum Handeln nach Treu und Glauben verletzt („implied covenant of good faith and fair dealing“). Eine solche Inhaltskontrolle lehnte das Gericht angesichts des eindeutigen Wortlauts des Klauselkatalogs jedoch ab. Es wies darauf hin, daß sowohl eine event risk-Klausel als auch eine Verschuldensbegrenzungsklausel eine andere Entscheidung hätten herbeiführen können.348 Das Urteil hatte außerordentlich große Auswirkungen auf die Vertragspraxis, war es doch als Mahnung und Auftrag zu verstehen, Schutzklauseln sorgfältig und bedarfsgerecht auszuhandeln, da Gerichte nicht explizit vereinbarte Klauseln nicht im Wege ergänzender Vertragsauslegung konstruieren werden.349 Event risk-Klauseln füllten die Schutzlücke, die daraus entstand, daß sich in den 70er Jahren in öffentlichen Anleihen im investment-grade-Status klassische financial Covenants kaum noch durchsetzen ließen und sich auf Privatplatzierungen und high-yield bonds beschränkten.350 Der LBO Boom in den 80er Jahren führte zum ersten Auftreten von event risk-Klauseln, die einen Kompromiß zwischen dem Schutzbedürfnis der Gläubiger und dem schuldnerischen Interesse an finanzieller Flexibilität darstellten.351 Im Unterschied zu financial Covenants ließen diese „gesunde“ Restrukturierungen zu und versuchten sich auf diejenigen Ereignisse zu beschränken, die typischerweise einen drastischen Wertverfall der Anleihen zur Folge hatten. Ende der 80er Jahre waren langfristige Anleihen ohne event riskCovenants wenn überhaupt nur noch mit einem deutlichen Zinsaufschlag verkäuflich.352 In den letzten Jahren ist die Zahl der event risk-Klauseln in investmentgrade-Anleihen dagegen wieder rückläufig.353

347 Nach Moody’s gingen im Jahr 2005 46 % aller derartiger Fälle von „fallen angels“ auf LBOs, Fusionen oder Aktienrückkäufe zurück, vgl. Moody’s Indenture Covenant Research & Assessment Framework, September 2006, S. 2. 348 Metropolitan Life Ins. Co. v. RJR Nabisco, Inc., 716 F. Supp. 1504, 1519 ff. (D.N.Y. 1989). 349 Coffee, Geo. L.J. (1990), S. 1507 ff. 350 Vgl. Stark / Rahl / Seegers, Colum. Bus. L. Rev. (1994), 503, 554 ff. 351 Stark / Rahl / Seegers, Colum. Bus. L. Rev. (1994), 503, 566. 352 Stark / Rahl / Seegers, Colum. Bus. L. Rev. (1994), 503, 567 f. 353 Umfassend zur geschichtlichen Entwicklung der event risk-Klauseln Kahan / Klausner, UCLA L. Rev. (1992), 966; Stark / Rahl / Seegers, Colum. Bus. L. Rev. (1994), 503, 566 ff., 577 ff.

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3. Typen Die erste Generation von event risk-Klauseln, die sog. poison puts, erlaubte es den Anleihegläubigern, die Anleihen vorzeitig zu kündigen und ihren Rückkauf vom Schuldner zum Nennwert zu erzwingen, wenn es zu einer vom Vorstand des Schuldners nicht gebilligten feindlichen Übernahmesituation kam (change of control).354 Sie enthielten üblicherweise einen oder beide der folgenden Auslösetatbestände: – der „feindliche“ Erwerb von 20 – 30% der Aktien der Gesellschaft und – die Initiierung eines sog. proxy contests, d.h. der Einberufung der Hauptversammlung und der Werbung um Stimmrechtsvollmachten (proxies) durch den feindlichen Übernehmer mit dem Ziel der Auswechslung des Managements.

Der Nachteil dieser Klausel bestand darin, daß auch feindliche Übernahmeversuche oftmals letztlich vom Vorstand gebilligt werden und die Klausel deshalb vielfach leerlief. Sie spielte daher vor allem den Interessen des Managements an einer Abwehr feindlicher Übernahmen in die Hände, woraus sich Bedenken gegen ihre Wirksamkeit ergaben.355 Als Reaktion auf diese Unzulänglichkeiten wurden sog. superpoison puts entwickelt, die deutlich weiter sind und auch bei vom Management gebilligten Transaktionen greifen. Typischerweise erfassen diese die folgenden Ereignisse: – Änderungen in der Anteilseignerschaft über einem bestimmten Schwellenwert (20 – 50%); – wesentliche personelle Veränderungen im Vorstand infolge eines proxy contests; – substantielle Aktienrückkäufe durch den Schuldner; – außergewöhnlich hohe Dividendenzahlungen; sowie – die Beteiligung der Gesellschaft an Akquisitionen oder Fusionen.

Allein an eine Herabstufung des Ratings der Anleihen knüpfen die sog. credit sensitive notes an. Im Falle einer Herabstufung der Anleihe durch die Ratingagenturen erhöht sich automatisch der Zinsanspruch nach einer vorher festgelegten Formel.356 Die credit sensitive-Klausel ist von allen drei Klauseltypen diejenige mit der höchsten Schutzwirkung für Anleihegläubiger, da sie eine zwingende Kompensation im Falle eines Wertverlustes der Anleihen vorsieht; gleichzeitig beläßt sie dem Schuldner mehr Flexibilität für strategische Entscheidungen, da sie die den Eintritt typischer event risks nicht mit einem put-right der Anleihegläubiger bestraft.357 354 Zu diesem und den folgenden Klauseltypen umfassend Stark / Rahl / Seegers, Colum. Bus. L. Rev. (1994), 503, 568 ff. und Coffee, Geo. L.J. (1990), 1519 ff. 355 Marko, J. Corp. L. (1995), 475 ff. 356 Stark / Rahl / Seegers, Colum. Bus. L. Rev. (1994), 503, 575; Coffee, Geo. L.J. (1990), 1495, 1520.

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4. Bewertung Event risk-Covenants können einen von den Anleihegläubigern nicht antizipierten Vermögenstransfer zu den Aktionären des Emittenten infolge von Umstrukturierungsmaßnahmen beschränken, ohne den Emittent zu sehr in ihrer Handlungsfähigkeit einzuschränken. Darin unterscheiden sie sich von financial Covenants, deren starre ratios oft ein unüberwindbares Hindernis für sinnvolle Strukturmaßnahmen darstellen, nicht zuletzt weil Nachverhandlungen bzw. eine Zustimmung der Gläubiger zu Änderungen der Anleihebedingungen im Bereich der öffentlichen Unternehmensanleihen aus praktischen Gründen ausscheiden.358 Dabei ist indes zu bedenken, daß es sich bei den „Vermögenseinbußen“ der Gläubiger in der Regel um unrealisierte Kursverluste handelt. Die in der Anleihe verbrieften Zinsansprüche und das Rückzahlungsversprechen werden durch den Eintritt eines erfaßten events nicht notwendig beeinträchtigt. 359 Die Funktion der event risk-Covenants liegt daher wohl eher im präventiven Bereich, nämlich in der Vermeidung von Situationen, die sich potentiell nachteilig auf die Kreditwürdigkeit des Schuldners auswirken. Ein nicht unbedeutender Anwendungsbereich der event risk-Covenants ist ihr Einsatz als poison pill. Darunter sind Maßnahmen der Zielgesellschaft zur Abwehr gegenwärtiger oder künftiger feindlicher Übernahmen zu verstehen. Diese zeichnen sich dadurch aus, daß sie die Kosten der Transaktionen für die übernehmende Gesellschaft prohibitiv in die Höhe treiben. Dem Einsatz von Covenants zur Abwehr feindlicher Übernahmen sind indes rechtliche Grenzen gesetzt, sowohl nach amerikanischem als auch nach deutschem Recht.360 In der amerikanischen Literatur wird argumentiert, die Vereinbarung derartiger Klauseln diene vor allem dem Ziel, Übernahmen prohibitiv zu verteuern, so daß die von der Rechtsprechung zu poison pills entwickelten Grundsätze anzuwenden seien.361 Da derartige Klauseln nicht durch die konkrete Gefahr einer unternehmensschädlichen Übernahme Stark / Rahl / Seegers, Colum. Bus. L. Rev. (1994), 503, 575 f. Stark / Rahl / Seegers, Colum. Bus. L. Rev. (1994), 503, 554 f., 577 ff. 359 So war auch das Unternehmen Nabisco letztlich trotz der massiven Schuldenlast noch in der Lage, die Anleihen fristgerecht zu bedienen. 360 Eine nähere Untersuchung der mit dem Einsatz von Covenants als poison pill verbundenen Rechtsfragen kann hier nicht geleistet werden. Nach amerikanischen Recht geht es vor allem um die Frage, ob der Einsatz in einem angemessenen Verhältnis zu einer der Gesellschaft drohenden Gefahr steht (sog. „Revlon-Doktrin“). Im deutschen Recht sind poison pills am Maßstab des § 33 WpÜG zu messen; hier geht es vor allem um die Frage, ob der Vorstand mit der Vereinbarung von event risk- oder material adverse change-Klauseln mit dem Ziel der Verhinderung des Erfolgs von Übernahmeangeboten seine Neutralitätspflicht verletzt (vgl. § 33 Abs. 1 WpÜG) bzw. diese von einer Ermächtigung der Hauptversammlung gedeckt ist (§ 33 Abs. 2 WpÜG). Vgl. speziell zum Einsatz von change of control und material adverse change-Klauseln als „poison pill“ KK-WpÜG / Hirte, § 33, Rdn. 59. 361 Eingehend Marko, J. Corp. L. (1995), 475 ff.; Kahan / Klausner, UCLA L. Rev. (1992), 943 ff.; Coffee, Geo. L.J. (1990), 1519 f. 357 358

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gerechtfertigt werden könnten, verletze der Vorstand durch ihre Vereinbarung möglicherweise seine Sorgfaltspflichten. V. Einbindung von Tochtergesellschaften Covenants verpflichten in erster Linie die kreditnehmende Konzern-Muttergesellschaft. Die Bindungswirkung der Covenants wird von den Parteien jedoch regelmäßig auch auf die Tochtergesellschaften des Schuldners erstreckt. Ob und in welchem Umfang dies geschieht, ist Verhandlungssache.362 Von der Einbindung der Tochtergesellschaften in Covenants zu unterscheiden ist die in der Praxis übliche Übernahme von Garantien für die Kreditverbindlichkeiten des Schuldners durch seine Tochtergesellschaften.363 Die Schutzrichtung ist in beiden Fällen verschieden: Die Garantien, die regelmäßig selbständige Zahlungsverpflichtungen auf erstes Anfordern begründen, vergrößern den Kreis der unmittelbar Verpflichteten und damit die Haftungsmasse des Gläubigers im Falle eines default. Die Erstrekkung von Covenants auf Tochtergesellschaften soll hingegen verhindern, daß der Kreditnehmer die übernommenen Verpflichtungen dadurch unterläuft, daß er Tochtergesellschaften zur Vornahme ihm selbst verbotener Maßnahmen veranlaßt. Aufgrund der wirtschaftlichen Verflechtungen und Abhängigkeiten zwischen Schuldner und Tochtergesellschaft können Maßnahmen in der Tochtergesellschaft einen ähnlichen negativen Effekt auf das Vermögen des Schuldners haben, wie wenn der Schuldner die Maßnahmen in eigener Person vornimmt. Die Einbindung von Tochtergesellschaften in Covenants soll aber nicht nur Gefahren für den Gläubiger bannen, sondern ihm auch die Vorteile eines solchen Konzernverhältnisses sichern, zu denen insbesondere die Verbreiterung der Haftungsmasse gehört. Der Schuldner soll den Gläubiger nicht von den Früchten der Kontrolle der Tochtergesellschaften „abschneiden“ dürfen. Daher wird es ihm üblicherweise verwehrt, Zahlungsströme von seinen Tochtergesellschaften zur Muttergesellschaft durch konzerninterne upstream restrictions zu unterbrechen. 1. Umgehungsschutz Prinzipiell lassen sich sämtliche Arten von Covenants auch auf Tochtergesellschaften des Schuldners erstrecken.364 Die Einbindung wird – ohne daß die Tochtergesellschaften selbst zum Vertragspartner gemacht werden müßten – durch zwei kautelarjuristische Maßnahmen erreicht.365 Erstens wird der Schuldner im Rahmen Commentaries on Indentures, S. 312 ff. Die Garantie (guaranty) entspricht im deutschen Recht der Garantie oder Bürgschaft auf erstes Anfordern. 364 Vgl. Commentaries on Indentures, S. 357 ff., 387 ff., 426 ff., 461 ff.; speziell zur konzernweiten Negativklausel Hartwig-Jacob, S. 497 ff. 365 Vgl. Webb, S. 15 ff. 362 363

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von positiven und negativen Covenants verpflichtet, bei seinen Tochtergesellschaften auf die Einhaltung der Covenants hinzuwirken.366 Covenants-Verletzungen der Tochtergesellschaft werden dem Schuldner damit zugerechnet. Zweitens werden die in financial oder sonstigen Covenants enthaltenen Finanzkennzahlen auf den konsolidierten Konzernverbund bezogen, also beispielsweise der Verschuldungsgrad aller konsolidierten Gesellschaften zum Maßstab genommen (consolidated net debt / consolidated net income).367 Ohne eine Erstreckung der Negativklausel und der schuldenbegrenzenden Klausel auf Tochtergesellschaften könnten diese ihr Vermögen ungehindert mit Schulden und Sicherheiten belasten und damit – wegen der strukturellen Vorrangigkeit der Ansprüche der Gläubiger der Tochtergesellschaften – den Residualanspruch des Schuldners als Eigentümer der Tochtergesellschaft schmälern, was wiederum die den Gläubigern der Muttergesellschaft zur Verfügung stehende Haftungsmasse reduzieren würde. Die Erstreckung der asset disposition-restriction auf Tochtergesellschaften ist deshalb sinnvoll, weil der Kreditnehmer die Beschränkung ansonsten dadurch umgehen könnte, daß er Vermögensgegenstände auf die Tochtergesellschaft überträgt und diese anschließend zur Veräußerung dieser Gegenstände veranlaßt, wenn die Übertragung von Vermögensgegenständen auf Tochtergesellschaften, wie üblich, vom Verbot der asset disposition ausgenommen ist. Auch ohne diese Ausnahme werden Tochtergesellschaften häufig einem entsprechenden Verbot unterworfen, um ein asset stripping zu Lasten des Gewinnanspruchs der Muttergesellschaft zu vermeiden.368 Dem Ziel der Erhaltung der Tochtergesellschaft als zusätzlicher Haftungsmasse für den Gläubiger dient auch die Erstrekkung des Fusionsverbots auf Tochtergesellschaften. 2. Verbot von upstream restrictions Ferner wird es der schuldnerischen Muttergesellschaft untersagt, Verträge mit ihren Tochtergesellschaften zu schließen, in denen die Fähigkeit der Tochtergesellschaften zur Ausschüttung von Dividenden, zur Übernahme von Garantien oder zur Bestellung von Sicherheiten zugunsten der Muttergesellschaft beschränkt wird (upstream restrictions oder burdensome agreements).369 Damit wird vermieden, daß sich der Schuldner seiner Vermögensansprüche gegen die Tochtergesellschaft zu Lasten des Gläubigers begibt oder sonst vertraglich auf die Nutzung des Vermögens der Tochtergesellschaft kraft seiner Beherrschungsmacht verzichtet, und somit den Wert des Rückzahlungsanspruchs des Gläubigers indirekt schmälert.

Siehe die Klauselbeispiele in Articles VI und VII im Anhang. Siehe die Klauselbeispiele in Article VIII im Anhang. 368 Vgl. Webb, S. 19; Commentaries on Indentures, S. 426. 369 Commentaries on Indentures, S. 387 ff. Siehe das Klauselbeispiel in Section 7.08 im Anhang. 366 367

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C. Sanktionsmechanismus Nachdem vorstehend die Tatbestandsseite der Covenants behandelt wurde, soll nun näher auf ihren Sanktionsmechanismus eingegangen werden. Dabei steht neben dem Inhalt möglicher Kompensationsansprüche die Frage nach der rechtlichen Durchsetzbarkeit der in den Covenants enthaltenen Verpflichtungen im Vordergrund. Ohne einen wirkungsvollen Sanktionsmechanismus wären die Covenants ein stumpfes Schwert und könnten ihre Funktion nicht effektiv erfüllen.

I. System der Auslösetatbestände (events of default) Den Dreh- und Angelpunkt des Sanktionssystems von Covenants bilden die events of default, die bestimmte Tatbestände als Leistungsstörung (default) definieren.370 In diesem Abschnitt des Vertrages wird auch das Verfahren zur Feststellung eines default geregelt. Typischerweise wird dem Schuldner eine Frist nach Anzeige des event of default durch den Gläubiger eingeräumt, innerhalb derer der vertragsgemäße Zustand wiederherzustellen ist (grace period).371 Wird diese Frist nicht eingehalten, liegt ein default vor, dessen Sanktionen bzw. Rechtsfolgen in einer separaten Klausel geregelt werden (default remedies). Die amerikanische Kautelarpraxis begnügt sich also nicht damit, abstrakt die Rechtsfolgen einer CovenantVerletzung zu beschreiben. Die Vorschaltung eines weiteren Klauselkatalogs mit tatbestandlich definierten Leistungsstörungen hat den Vorteil der Übersichtlichkeit und ermöglicht es zudem, weitere Ereignisse, die unabhängig von Vertragsverletzungen des Schuldners sind, als Leistungsstörung zu definieren. Events of default lassen sich in zwei Gruppen einteilen. Die erste Gruppe setzt sich zusammen aus der Verletzung von Covenants oder einzelnen representations and warranties sowie sonstigen Vertragsverletzungen, deren wichtigste der Verzug mit Zins- oder Tilgungszahlungen ist. Die zweite Gruppe umfaßt externe Ereignisse, die nicht mit einer Verletzung des Kreditvertrages einhergehen müssen. Dies sind vor allem die Insolvenz des Schuldners oder gebundener Tochtergesellschaften, die vorzeitige Fälligstellung von anderen Krediten des Schuldners infolge einer Vertragsverletzung (Drittverzugs- bzw. cross default-Klausel), wesentliche Verschlechterungen der Grundlagen des Kreditvertrages (material adverse changes), Zwangsvollstreckungen in das Schuldnervermögen, Enteignungen sowie die Liquidation des Schuldners oder gebundener Tochtergesellschaften. Die drei bedeutendsten „externen“ events of default, ein material adverse change, cross default oder change of control, sollen im folgenden näher dargestellt werden. Umfassend Wood, S. 7 – 1 ff. Siehe das Klauselbeispiel in Section 9.01 im Anhang. Simpson, Bus. Law. (1972), 1161, 1194 f.; Wood, S. 7 – 4. Vgl. das Klauselbeispiel in Section 9.01(c) im Anhang. 370 371

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1. Material adverse change-Klauseln Klauseln, die die Loslösung vom Vertrag aufgrund eines material adverse change372 (zu deutsch: wesentliche nachteilhafte Veränderung) ermöglichen, sind vor allem aus dem Transaktionsgeschäft bekannt und dort zuletzt in der Welle von Bilanzskandalen, Unternehmenszusammenbrüchen und den Ereignissen um den 11. September in den USA zu großer Bedeutung gelangt.373 Im Fall des untergegangen US-Konzerns Enron beispielsweise war die Weigerung des Käufers von Enron unter Berufung auf eine derartige Klausel, den schon vertraglich vereinbarten Kauf von Enron durchzuführen, Auslöser des Dominoeffektes, der Enron letztlich zum Einstürzen brachte.374 Während es früher gängige Marktpraxis war, die Kaufpreisverpflichtung des Käufers eines Unternehmens unter einen Finanzierungsvorbehalt zu stellen, wurde die Finanzierung des Kaufpreises in den letzten Jahren vom Käufer häufig bedingungslos zugesichert. Vor allem in solchen Fällen ist es für den Käufer unabdingbar, das Risiko unerwarteter Fehlentwicklungen der Zielgesellschaft in der Phase zwischen der Unterzeichnung des Kaufvertrages und dem closing auf den Verkäufer abzuwälzen. Dazu sichert ihm der Verkäufer zu, daß in seinem Unternehmen seit einem bestimmten Zeitpunkt kein material adverse change eingetreten ist375; stellt sich diese Zusicherung als unrichtig heraus oder tritt ein material adverse change nachträglich ein, so kann der Käufer den Vertrag kündigen.376 Eine entsprechende Entwicklung ist in den begleitenden Finanzierungsverträgen zu beobachten. Früher stand die Finanzierungszusage seitens der Banken, die durch einen sog. commitment letter der Konsortialbanken dokumentiert wird, unter dem Vorbehalt einer umfassenden material adverse change-Klausel, die der Bank die Loslösung von der Finanzierungszusage unter Berufung auf eine wesentliche Verschlechterung der allgemeinen Marktbedingungen oder der Verhältnisse der Zielgesellschaft erlaubte. Heutzutage orientiert sich die MAC-Klausel in den Finanzierungsverträgen streng an der engeren MAC-Klausel im zugrundeliegenden Kaufvertrag, so daß im Ergebnis die Deckung der Finanzierungsverpflichtung des Käufers gewährleistet ist.377 Auch jenseits des Bereichs der Akquisitionsfinanzierungen werden MAC-Klauseln regelmäßig in Finanzierungsverträgen zugunsten der Kreditinstitute vereinbart und berechtigen diese, sich vom Vertrag zu lösen, wenn die Fähigkeit des SchuldKurz „MAC“ gennant. Umfassend Hall, U. Cin. L. Rev. (2002), 1061 ff. mit Klausel- und Fallbeispielen. Vgl. ferner Buchheit, S. 108 ff. 374 Vgl. Hall, U. Cin. L. Rev. (2002), 1061, 1089 f. 375 Z. B.: „Since October 31, 2006, there has been no Material Adverse Change“. 376 Vgl. zu material adverse change-Klauseln im Akquisitionsgeschäft Hall, U. Cin. L. Rev. (2002), 1061 ff. 377 Zu material adverse change-Klauseln in Kreditverträgen Christenfeld / Melzer, New York Law Journal v. 03. 10. 2002, S. 5; Wood, S. 7 – 10 f.; Hinsch / Horn, S. 97. 372 373

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ners, den Kredit zurückzuzahlen, durch unerwartete Entwicklungen beeinträchtigt zu werden droht.378 Ihr Zweck besteht in der Begründung einer Ausstiegsmöglichkeit für den Gläubiger im Falle von Ereignissen, die von Covenants oder representations and warranties nicht erfaßt werden, weil sie vom Schuldner nicht oder nur eingeschränkt kontrolliert werden können. Anders als Covenants zielen MACKlauseln folglich nicht auf die Steuerung des Schuldners durch die Statuierung von Verhaltenspflichten ab. Ähnlich wie maintenance Covenants richten sie sich im weitesten Sinne gegen Identitätsveränderungen des Schuldners, diesmal jedoch vor allem gegen Veränderungen in dessen wirtschaftlichem Umfeld. Die Frage, was im Einzelfall eine „wesentliche nachteilhafte Veränderung“ darstellt, ist aufgrund der Unbestimmtheit dieses Begriffs oft Anlaß von Rechtsstreitigkeiten.379 Zur Begrenzung der daraus resultierenden Rechtsunsicherheit bedienen sich die Vertragsparteien verschiedener Mittel, wie des Ausschlusses bestimmter Arten von Ereignissen aus dem Tatbestand der Klausel.380 Ereignisse von weltwirtschaftlicher Tragweite werden häufig ausgeschlossen. Speziell in Kreditverträgen hat sich eine zweistufige Klausel durchgesetzt, nach der ein „material adverse change“ dann besteht, wenn sich die Finanz- oder Wirtschaftslage des Kreditnehmers gravierend verschlechtert und sich diese Verschlechterung nachteilig auf die Fähigkeit des Schuldners zur Rückzahlung des Kredits auswirkt.381 2. Cross default-Klauseln Anders als diejenigen events of default, die an die Verletzung bestimmter Vertragspflichten wie Covenants anknüpfen, knüpft die cross default- bzw. Drittverzugsklausel ganz offen an Umstände an, die nicht mit der Rechtsbeziehung zwischen den Vertragsparteien, sondern mit Verbindlichkeiten des Schuldners gegenüber Dritten zusammenhängen. Sie ist eine Standardbestimmung in Konsortialkreditverträgen und erklärt die vorzeitige Kündigung eines anderen Darlehens bzw. einer anderen Anleihe des Schuldners infolge einer Vertragsverletzung (default) des Schuldners nach den dortigen Vertragsbedingungen als eigenständigen event of default, ohne daß es auf eine Verletzung des Vertrages mit dem Berechtigten der Drittverzugsklausel ankäme.382 Faktisch werden damit die in anderen Kreditverträgen enthaltenen Verhaltenspflichten in den Vertrag mit dem Gläubiger „inkorporiert“, so daß der Kreditgläubiger automatisch in den Genuß der jeweils 378 Umfassend Buchheit, S. 108 ff. Allgemein zur Nutzung des Kündigungsrechts für Neuverhandlungen Eidenmüller (1999), S. 139. Vgl. das Klauselbeispiel in Section 9.01(i) im Anhang. 379 Zu aktuellen und jüngeren Streitfällen Hall, U. Cin. L. Rev. (2002), 1061, 1065 ff. 380 Hall, U. Cin. L. Rev. (2002), 1061, 1063 f. 381 Christenfeld / Melzer, New York Law Journal v. 03. 10. 2002, S. 5. 382 Eingehend Hinsch / Horn, S. 95; Wood, S. 7 – 6 f.; Hutter in Habersack / Mülbert / Schlitt, § 14, Rdn. 44; Buchheit, S. 102 ff. Vgl. das Klauselbeispiel in Section 9.01(f) im Anhang.

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

schärfsten Covenants kommt, denen der Schuldner unterliegt.383 Eine schärfere Variante der Klausel läßt bereits das Vorliegen eines default genügen, also die bloße Befugnis eines anderen Kreditgebers zur Kreditfälligstellung.384 Funktion der Drittverzugsklausel ist – wie schon bei der Negativ- und pari passu-Klausel – die Sicherstellung der Gleichbehandlung des Gläubigers mit anderen Kreditgläubigern des Schuldners.385 Dem Gläubiger soll kein Schaden daraus erwachsen, daß der Schuldner zur vorzeitigen Rückzahlung eines anderen Kredits verpflichtet ist, der Gläubiger aber mangels einer Verletzung seines Vertrages mit dem Schuldner keine eigene Ausstiegsmöglichkeit besitzt. Daneben dient die Drittverzugsklausel auch der Krisenfrüherkennung, da der Verzug des Schuldners mit Finanzverbindlichkeiten ein Warnzeichen für drohende finanzielle Schwierigkeiten ist. Die cross default-Klausel stellt eine besonders wirkungsvolle Waffe des Gläubigers gegen undiszipliniertes schuldnerisches Geschäftsgebaren dar. Der Gläubiger kann bei einem Verzug des Schuldners mit Drittverbindlichkeiten glaubwürdig mit der Kündigung des Kredits drohen, mit drastischen Folgen für den Schuldner. Im schlimmsten Fall kann es zum Dominoeffekt kommen, wenn die Klausel zu einer lawinenartigen Fälligkeitsstellung aller Kredite des Schuldners führt.386 Es ist auf der anderen Seite diese Gefahr, die den Wert der Klausel in der Praxis schmälert. Denn Gläubiger scheuen das Risiko, den Schuldner durch eine Inanspruchnahme der Klausel in den Ruin zu treiben und werden eher Nachverhandlungen verlangen. Die durch die Klausel bewirkte Kollektivierung der Gläubigerrechte kann daher dazu führen, daß entweder überhaupt kein default erklärt wird, oder sich die Gläubiger untereinander auf ein gemeinsames Vorgehen verständigen müssen, was den individuellen Sicherungswert für den einzelnen Gläubiger mindern dürfte.387 3. Change of control-Klausel Ebenfalls regelmäßig in den events of default geregelt und insoweit nicht Covenant im engeren Sinn ist die sog. change of control-Klausel, die einen Kontrollwechsel auf der Eigentümerseite oder im Aufsichtsrat (board) nach Vertragsschluß zu einem event of default erklärt.388 Da dabei die Identität des Schuldners in rechtlicher Hinsicht nicht verändert wird, liegt kein Schuldnerwechsel vor, für den nach allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften die Zustimmung des Gläubigers erforEidenmüller (1999), S. 144; Hartwig-Jacob, S. 532 f. Vgl. Eidenmüller (1999), S. 139 und Hinsch / Horn, S. 96 mit weiteren Varianten der cross default-Klausel. 385 Wood, ebd. 386 Hartwig-Jacob, S. 540. 387 Vgl. Eidenmüller (1999), S. 144 f. 388 Eine typische change of control-Klausel findet sich in Section 9.01(j) im Anhang (vgl. die dazugehörige Definition von Change of Control in Section 1.01). 383 384

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derlich wäre, obwohl bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise von einem Schuldnerwechsel gesprochen werden kann.389 Auch läuft das Fusionsverbot leer, wenn die Eigentümerstruktur durch Anteilsübertragungen verändert wird. Die Gewährleistung der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden Kontrollmehrheit durch Covenants ist problematisch, weil eine Unterlassungsverpflichtung der Gesellschaft Anteilsübertragungen nicht verhindern kann. Ein entsprechendes Verbot entfaltete nur im Verhältnis zur Gesellschaft Bindungswirkung. Für ein durchsetzbares Verbot von Kontrollwechseln müßte der Vertrag die Gesellschafter mit einbeziehen.390 Einer solchen Unterlassungsverpflichtung käme überdies wegen § 137 BGB nur schuldrechtliche Wirkung zu. Daher verpflichten change of control-Klauseln nur die Gesellschaft391 und berechtigen den Gläubiger im Falle eines Kontrollwechsels „nur“ zur Kreditkündigung. Neben der Übertragung einer kontrollierenden Aktienmehrheit auf eine andere Person oder Gruppe wird üblicherweise auch ein Kontrollwechsel im board als change of control definiert. Sinnvoll ist eine solche Erweiterung vor allem dann, wenn die Vertragsbeziehung im Vertrauen auf die besonderen Qualitäten der Personen eingegangen wird, mit denen das board bzw. der Vorstand besetzt ist. Diese können einen beträchtlichen wertbildenden Faktor darstellen, den zu sichern ein wichtiges Gläubigeranliegen sein kann.392

II. Sanktionsformen (default remedies) Den events of default folgt in den Vertragsbedingungen der Abschnitt über die im Falle eines defaults bestehenden Rechte des Gläubigers (default remedies).393 Regelmäßig enthält dieser Vertragsabschnitt den Hinweis, daß der Gläubiger berechtigt ist, die ihm nach allgemeinem Leistungsstörungsrecht zustehenden Ansprüche geltend zu machen.394 Diese Erklärung hat mehr deklaratorischen Charakter, denn der Verstoß gegen Covenants ist nichts anderes als die Verletzung einer Vertragspflicht. Welche konkreten Rechtsfolgen hier zur Anwendung kommen können, hängt neben der von den Parteien getroffenen Rechtswahl insbesondere von der Art des verletzten Covenant ab.

389 390 391 392 393 394

U. Schneider (1999), S. 541. Zu dieser sog. „Versteinerungsklausel“ U. Schneider (1999), S. 545. Vgl. U. Schneider (1999), S. 544 f. Vgl. Kästle, S. 61. Vgl. das Klauselbeispiel in Section 9.02 im Anhang. Vgl. das Klauselbeispiel in Section 9.02(c) im Anhang.

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1. Erfüllungsansprüche Bei der Anwendbarkeit deutschen Rechts ist die Klage auf Erfüllung eines bestimmten Covenants sicherlich der nächstliegende Anspruch. Sie ist der direkteste Weg, ihnen zur Durchsetzung zu verhelfen. Die Möglichkeit dazu hängt zum einen von der Rechtsnatur der Covenants ab. Zum anderen setzt ein einklagbarer Erfüllungsanspruch voraus, daß eine Erfüllung überhaupt möglich und der begehrte Anspruchsinhalt rechtlich zulässig ist, d.h. insbesondere mit zivil- und gesellschaftsrechtlichen Vorschriften im Einklang steht. Was die Frage nach der Rechtsnatur von Covenants angeht, so ist bereits oben festgestellt worden, daß Covenants als prinzipiell einklagbare Nebenleistungspflichten einzustufen sind.395 Dem Interesse der Parteien an der Begründung echter Verpflichtungen des Schuldners kann nur dadurch Rechnung getragen werden, daß ihre Einklagbarkeit nicht von vornherein ausgeschlossen wird. Würde man nur sekundäre Ansprüche anerkennen, so wären Manipulationsmöglichkeiten des Schuldners Tür und Tor geöffnet, was den Parteiwillen konterkarieren würde. Der Parteiwille ist auf eine möglichst effektive Kontrolle des Schuldners gerichtet, da nur so das beiderseitige Interesse an einer Minimierung der Transaktionskosten erreicht werden kann. a) Keine Unmöglichkeit Der Erfüllungsanspruch setzt zunächst voraus, daß er nicht auf eine unmögliche Leistung gerichtet ist (vgl. § 275 Abs. 1 BGB). Diese Voraussetzung ist bei gewissen incurrence Covenants, die an eine bestimmte Maßnahme des Schuldners anknüpfen, gegeben. Die Klage ist auf Erfüllung der in diesen Covenants übernommenen Verpflichtungen bzw. auf Unterlassung verbotener Handlungen gerichtet. Bestimmte Covenants lassen sich dagegen nicht mittels eines Erfüllungsanspruchs einklagen, da der begehrte Anspruch vom Klagegegner, der Gesellschaft, nicht erfüllbar wäre. Dies gilt namentlich für die Regelungsinhalte der change of control-Klauseln, also dem Verbot eines Kontrollwechsels bzw. einer Veränderung der personellen Besetzung des board bzw. Vorstands. Wollte man aus dieser Klausel eine einklagbare Unterlassungsverpflichtung der Gesellschaft ableiten, so wäre diese Klausel auf eine unmögliche Leistung gerichtet: Sowohl die Beteiligungen der Gesellschafter als auch die Zusammensetzung des Geschäftsführungsorgans sind innergesellschaftliche Angelegenheiten, auf die die Gesellschaft keinerlei Einfluß besitzt. Eine entsprechende Verpflichtung der Gesellschaft wäre gem. § 275 Abs. 1 BGB unmöglich und eine entsprechende Klage als unbegründet abzuweisen. Die Unmöglichkeit steht der Wirksamkeit der Klausel nach § 311 a Abs. 1 BGB allerdings nicht entgegen, so daß sie als Grundlage anderer Ansprüche weiterhin in Betracht kommt (vgl. auch § 311 a Abs. 2 BGB).

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§ 4 A. II.

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b) Rechtliche Zulässigkeit Eine weitere Hürde für die Geltendmachung eines Erfüllungsanspruchs ist die rechtliche Zulässigkeit des begehrten Anspruchsinhalts. Ansprüche auf Erfüllung bestimmter Covenants stehen generell unter dem Vorbehalt, daß die Erfüllung zwingende gesellschaftsrechtliche Grundprinzipien und insbesondere die innergesellschaftliche Zuständigkeitsordnung wahrt.396 Beispielsweise sind dividendenrestriktive Covenants nur insoweit einklagbar, als sie nicht in das Recht der Hauptversammlung eingreifen, über die Gewinnverwendung zu beschließen.397 Auch financial Covenants, die direkt oder über weitere Bezugsgrößen die Eigenkapitalquote messen, sind nur insoweit erfüllbar, als das Management den vereinbarten Zustand im Rahmen seiner Kompetenzen herstellen kann. Ist zum Beispiel zur Einhaltung eines financial Covenant die Zuführung frischen Eigenkapitals notwendig, ist dies von den Gesellschaftern in ausschließlicher Zuständigkeit zu beschließen; der Beschluß kann weder vom Gläubiger noch von der Geschäftsführung erzwungen werden.398 Einige Covenants können dagegen theoretisch mit der Leistungsklage geltend gemacht werden. Dies gilt insbesondere für typische positive und incurrence Covenants, wie z. B. Informationspflichten, die Negativklausel und asset disposition restrictions. Letztere können ggf. auch im Wege der einstweiligen Verfügung (§§ 935 ff. ZPO) und dem Erlaß eines Veräußerungsverbotes geltend gemacht werden. Allerdings ist die Erzwingung in Covenants enthaltener Leistungsrechte im Klageweg selten. Bei einer beharrlichen Verletzung von Covenants wird es für den Kreditgeber in den meisten Fällen sinnvoller sein, Neuverhandlungen anzustreben oder den Kredit fällig zu stellen, anstatt durch die Einklagung von Nebenpflichten die Vertragsbeziehung noch weiter zu verschlechtern. 2. Schadensersatzansprüche Schadensersatzansprüche kommen in Betracht, wenn die in den Covenants enthaltenen Verpflichtungen durch den Schuldner nicht eingehalten werden und dem Gläubiger daraus ein Schaden erwächst. Im Falle von Kreditverträgen besteht das Problem, daß die Schadensberechnung vor einem Totalausfall des Rückzahlungsanspruchs relativ schwierig ist und der Anspruch regelmäßig voraussetzt, daß der Gläubiger aus dem Schuldnervermögen nicht mehr vollständig befriedigt werden kann.399 Dieser Zeitpunkt wird zumeist mit der Insolvenz des Schuldners zusammenfallen, so daß ein Schadensersatzanspruch nicht weiterhilft.400 Auf Covenants396 397 398 399 400

Dazu umfassend die Ausführungen im vierten Kapitel. Siehe unten § 5 D. I. und § 10 C. II. 2. Kästle, S. 73. Vgl. Wood, S. 7 – 14.2. Hartwig-Jacob, S. 476.

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

Verletzungen gestützte Schadensersatzansprüche profitieren daher, anders als der Anspruch auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung oder der vorzeitigen Kündigung, nicht von der mittels Covenants bewirkten Vorverlagerung des Auslösezeitpunktes in bezug auf den Zeitpunkt der Insolvenz. Anders sieht die Lage bei Anleihen aus, deren Kurs infolge eines LBOs oder eines sonstigen Ereignisses, das in den Anleihebedingungen als event of default definiert ist, eingebrochen ist. Das in solchen Fällen bestehende Recht der Anleihegläubiger, die Anleihe vom Schuldner zum Nennwert zurückkaufen zu lassen, stellt keine adäquate Kompensation dar, wenn der Kurswert der Anleihe vor dem Ereignis über dem Nennwert lag.401 Hier ist zu erwägen, ob die Anleihegläubiger den durch den Kurswertverfall entstandenen Schaden ersetzt verlangen können.402 Der insbesondere bei Verletzung der Negativklauseln naheliegende Schadensersatz in Form der Naturalrestitution ist regelmäßig ausgeschlossen. Die Bestellung einer Sicherheit am Schuldnervermögen zugunsten eines Dritten ist nämlich trotz entgegenstehender Covenants wirksam und damit ein Anspruch auf Rückgängigmachung ausgeschlossen.403 3. Beschlußanfechtungsrechte Soweit ein Beschluß der Gesellschafter- bzw. Hauptversammlung der Covenants-gebundenen Gesellschaft gegen einzelne Covenants verstößt, stellt sich die Frage nach einer Anfechtbarkeit dieses Beschlusses durch den berechtigten Gläubiger. Diese Möglichkeit ist grundsätzlich zu verneinen, und zwar sowohl für die GmbH als auch für die AG. Die Anfechtungsbefugnis ergibt sich für die AG aus § 245 AktG; danach steht das Recht zur Anfechtung ausschließlich den Aktionären, dem Vorstand und in bestimmten Fällen einzelnen Mitgliedern des Aufsichtsrates und des Vorstands zu. Eine ganz andere Frage ist, ob der nach § 245 AktG anfechtungsbefugte Personenkreis einen Beschluß mit der Begründung anfechten kann, dieser verletze einzelne in einem Vertrag der Gesellschaft enthaltene Covenants. Auch diese Frage ist zu verneinen. Die Anfechtungsgründe sind abschließend in § 243 AktG geregelt, deren wichtigsten die Verletzung des Gesetzes oder der Satzung sind (§ 243 Abs. 1 AktG). Bloße Vertragsverletzungen, die hier in Rede stehen, stellen nach unbestrittener Auffassung grundsätzlich keine Gesetzesverletzung in diesem Sinne dar.404 401 In Anleihen tritt an die Stelle der Fälligstellung zum Teil das Recht der Anleihegläubiger, die Anleihen vom Schuldner zum Nennwert zurückkaufen zu lassen (sog. put-right), so etwa im Falle eines change of control. 402 Gerichtsentscheidungen zu dieser seltenen Fallkonstellation sind nicht bekannt. Ein Kurswert über par ist nur bei Schuldnern guter Bonität denkbar, die kaum in Versuchung geraten werden, ihren guten Ruf bei Anleihegläubigern durch einen vorsätzliche Vertragsverletzung aufs Spiel zu setzen. 403 Vgl. Wood, S. 6 – 35 und oben § 5 B. II. 5. c).

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Eine anerkannte Ausnahme ist die Verletzung eines in die Satzung aufgenommenen Stimmbindungsvertrages, die damit gerechtfertigt wird, daß in solchen Fällen regelmäßig auch die Satzung verletzt ist.405 Vereinzelt wird unter Hinweis auf die Nähe zur Satzungsverletzung allgemein bei Verletzung schuldrechtlicher Vereinbarungen mit korporationsrechtlichem Charakter durch einen Beschluß die Anfechtbarkeit des Beschlusses befürwortet.406 Mangels korporationsrechtlichen Charakters der Covenants läßt sich ein Anfechtungsrecht allerdings auch nicht auf diese Erwägung stützen.407 4. Recht zur vorzeitigen Kündigung Die wichtigste Rechtsfolge einer Covenants-Verletzung oder allgemein eines event of default ist das Recht des Kreditgebers bzw. der Anleihegläubiger, den Kredit bzw. die Anleihe vorzeitig fällig zu stellen.408 Sind im Falle revolvierender Kredite einzelne Tranchen des Kredits, zu deren Gewährung sich der Kreditgeber verpflichtet hat, noch nicht valutiert, so kann der Kreditgeber auch sein „commitment“ hinsichtlich des noch nicht ausgezahlten Teils kündigen.409 Ferner wird dem Kreditgeber häufig auch das Recht eingeräumt, vom Schuldner die Bestellung von Sicherheiten in Höhe des ausstehenden Kreditbetrages zu verlangen (sog. Positivklausel410). Dieses Recht ähnelt der Verpflichtung des Schuldners zur nachträglichen Bestellung von Sicherheiten nach Nr. 13 Abs. 2 S. 1 AGB-Banken. Im Unterschied zum detaillierten Tatbestand der events of default stellt Nr. 19 Abs. 3 AGB-Banken jedoch relativ unbestimmt auf eine drohende Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Schuldners ab. Aufgrund der aufgezeigten Schwierigkeiten bei der Durchsetzung alternativer Ansprüche ist das Recht zur Fälligstellung in der Praxis das bei weitem bedeutsamHüffer, § 243, Rdn. 6. MüKoAktG / Hüffer, § 243, Rdn. 23 f. 406 Vgl. Noack, S. 156 ff., insbes. S. 163 ff.; die von Noack vertretene Aufgabe des Trennungsprinzips soll grundsätzlich auch für die AG gelten, vgl. S. 168 ff. ebd. 407 Siehe die Ausführungen unten unter § 10 B. I. 1. Die Rechtslage bei der GmbH weicht in diesem Punkt von der AG insoweit ab, als die Rechtsprechung auch die Verletzung schuldrechtlicher Gesellschaftervereinbarungen als Anfechtungsgrund zuläßt, sofern sich sämtliche Gesellschafter derart gebunden haben, vgl. BGH NJW 1987, 1890, 1892; BGH NJW 1983, 1910 f. Da Covenants jedoch keine Gesellschaftervereinbarungen sind (siehe unten § 10 B. I. 2.), gilt auch im Falle einer GmbH als Covenants-Verpflichteter nichts anderes als bei der AG. 408 Bei Anleihen, die von einem Treuhänder verwaltet werden, kann das Kündigungsrecht entweder vom Treuhänder (trustee) nach eigenem Ermessen oder von einer Gruppe von Anleihegläubigern, deren Anleihen einen bestimmten Mindestanteil am Gesamtvolumen der Anleihe erreichen (häufig 25 %), ausgeübt werden, vgl. Wood, S. 9 – 62 f. Vgl. das Klauselbeispiel in Section 9.02(b) im Anhang. 409 Vgl. das Klauselbeispiel in Section 9.02(a) im Anhang. 410 Dazu näher Kümpel, Rdn. 6.575 ff. 404 405

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

ste Sanktionsmittel des Kreditgebers. Nach deutschem Recht kann die Kündigung von Kreditverträgen jedoch besonderen Schranken unterliegen, die über die vorstehend dargestellten allgemeinen Schranken der Ausübung der Rechte von Covenants hinausgehen. Auf sie wird im vierten Kapitel besonders eingegangen.411 5. Rechtslage in den USA Ist die Anwendung amerikanischen Rechts vereinbart worden, lassen sich die Ansprüche wegen Vertragsverletzungen grob in Schadensersatz (damages als right in law), Unterlassung und Erfüllung (injunction und specific performance als rights in equity) unterteilen.412 Die Klage auf specific performance (Erfüllung) ist, anders als im deutschen Recht, nach amerikanischem Vertragsrecht nur ausnahmsweise möglich. Dies gilt allgemein und unabhängig von sonstigen etwaigen rechtlichen Schwierigkeiten, auf Erfüllung eines bestimmten Covenants zu klagen. Der specific performanceAnspruch ist ein right in equity, das im Ermessen des Gerichts steht und nur dann gegeben ist, wenn andere Ansprüche (insbesondere Schadensersatz oder eine vorzeitige Kündigung) eine „inadäquate“ Kompensation der Verletzung wären.413 Eine gerichtliche Anordnung der Einhaltung von financial ratios oder von sonstigen maintenance Covenants durch den Schuldner ist daher äußerst unwahrscheinlich.414 Für Informationspflichten ist ein Anspruch auf specific performance hingegen grundsätzlich gegeben, da kein geeigneterer Anspruch zur Verfügung steht. Auch kann der Gläubiger eine sog. injunction415, die der deutschen einstweiligen Verfügung entspricht, erwirken, wenn seine Ansprüche schwer und unwiederbringlich gefährdet erscheinen. Mit ihr kann dem Schuldner beispielsweise untersagt werden, entgegen einer Negativklausel Sicherheiten an seinem Vermögen zu bestellen oder einem Fusionsverbot zuwider ein merger agreement abzuschließen.416 Anders als im deutschen Recht ist nach amerikanischer Rechtslage ein Anspruch auf Wiederherstellung des Zustands vor der Covenant-Verletzung auch dann denkbar, wenn die Verletzung in der Begründung von Sicherheitsrechten zugunsten Dritter bestand (also vor allem im Falle der Verletzung der Negativklausel). Voraussetzung dafür ist, daß der Dritte positiv von der entgegenstehenden Vertragsbestimmung wußte.417 411 412 413 414 415 416 417

Vgl. § 11 C. III. Vgl. Farnsworth, § 12.1. Farnsworth, § 12.4; Wood, S. 6 – 34. Vgl. Wood, S. 6 – 34. Vgl. dazu Farnsworth, § 12.5. Vgl. Wood, S. 6 – 34. Douglas-Hamilton, Bus. Law (1975), 343, 363 f.

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III. Beschränkende Anspruchsvoraussetzungen 1. Keine subjektiven Anforderungen Im Gegensatz zu den allgemeinen zivilrechtlichen Ansprüchen wegen Leistungsstörungen setzen die Ansprüche wegen einer Verletzung von Covenants keine wie auch immer gearteten subjektiven Elemente voraus. Weder braucht der Schuldner Kenntnis von den in Rede stehenden Verstößen zu haben noch muß ihm diesbezüglich ein Verschulden zur Last fallen. Bei den externen events of default, d.h. solchen Ereignissen, auf die der Schuldner keinen Einfluß hat, wären solche Erfordernisse ohnehin sinnlos. Für Vertragsverletzungen wären entsprechende Anforderungen zum Schutz des Schuldners vor unbemerkten oder unverschuldeten Verstößen jedoch denkbar. Im Interesse der Effektivität der Covenants wird auf solche schuldnerschützenden Beschränkungen jedoch verzichtet. Es kommt allein auf das objektive Vorliegen eines event of default an, ohne Rücksicht auf seine Ursachen. Auch das Vorliegen „höherer Gewalt“ (force majeure) scheidet als Einwendung gegen einen Verletzungsanspruch des Gläubigers aus.418 In diesem Sinne kann beim Covenants-basierten Sanktionssystem von der vertraglichen Begründung einer Gefährdungshaftung (strict liability) gesprochen werden. 2. Beschränkung auf wesentliche Verstöße (materiality) Gelegentlich wird das Kündigungsrecht auf das Vorliegen wesentlicher Vertragsverletzungen beschränkt.419 Damit werden Bagatellverstöße des Schuldners, wie etwa ein kurzzeitiges oder geringes Abweichen von vereinbarten Finanzkennzahlen, als mögliche Auslösetatbestände ausgeschlossen. Der Schuldner soll nicht unverhältnismäßig und ohne Vorliegen einer realen Gefahr für den Rückzahlungsanspruch des Gläubigers in seiner Handlungsfreiheit eingeschränkt werden. Aber auch ohne eine ausdrückliche Beschränkung wird eine am Maßstab von Treu und Glauben orientierte Auslegung der Covenants durch Gerichte zum gleichen Ergebnis führen. Nach dem Recht einiger US-Bundesstaaten setzt die Ausübung des Kündigungsrechts wegen eines Verstoßes gegen Covenants voraus, daß die Verletzung wesentlich (material) ist.420 Im deutschen Recht führt eine Anwendung von § 242 BGB zum gleichen Ergebnis.421

418 419 420 421

Wood, S. 7 – 13. Dazu näher Wood, S. 7 – 3. Lloyd, Tenn. L. Rev. (1991), 335, 361; Wood, S. 7 – 13 ff. Siehe die Ausführungen unter § 11 C. III.

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D. Einfügung in die gesellschaftsrechtliche Verfassung Im vorstehenden Abschnitt wurden typische Covenants in funktionaler Hinsicht analysiert. Im folgenden sollen Covenants in den gesellschaftsrechtlichen Funktionszusammenhang eingeordnet werden. Damit wird die Grundlage für die Analyse der gesellschaftsrechtlichen Implikationen der Covenants gelegt. I. Verhältnis zur Finanzverfassung der AG Die Finanzverfassung der Aktiengesellschaft ist determiniert durch die gesetzlichen Strukturvorgaben einer zwingenden Vermögensbindung, strikter Kompetenzabgrenzungen zwischen Vorstand, Hauptversammlung und Aufsichtsrat im Rahmen der Feststellung und Verwendung des Bilanzgewinns sowie einem weitreichenden Ermessen des Vorstands bei der Wahl der Finanzierung der Gesellschaft.422 Covenants greifen in mehrfacher Weise in dieses System ein. Dividendenrestriktionen etwa beschränken den für Ausschüttungen an die Aktionäre maximal zur Verfügung stehenden Betrag und ragen damit in die Regelungsmaterie der §§ 58 Abs. 4, 174 AktG hinein. Danach beschließt die Hauptversammlung über die Verwendung des Bilanzgewinns und haben die Aktionäre einen Anspruch auf einen nicht anderweitig verwandten Bilanzgewinn. Nach den Vorschriften des AktG ist das Dividendenbezugsrecht der Aktionäre nur beschränkt durch die Vorschriften zur Bildung einer gesetzlichen Rücklage (§ 150 Abs. 1 AktG), der Befugnis des Vorstands, im Rahmen seiner Feststellungskompetenz die Hälfte des Jahresüberschusses in andere Rücklagen einzustellen (§ 58 Abs. 2 AktG) sowie der Kompetenz der Hauptversammlung, eine andere Verwendung des Bilanzgewinns als die Verteilung unter die Aktionäre zu beschließen (§ 58 Abs. 3 AktG). Modifikationen dieses gesetzlichen Regelfalls sind nur durch entsprechende Satzungsbestimmungen möglich, vgl. § 58 AktG. Dagegen ist die Möglichkeit der Eingehung vertraglicher Verpflichtungen zu Thesaurierungen, wie sie Covenants-basierte Dividendenrestriktionen darstellen, nicht vorgesehen. Ebenfalls nicht vorgesehen ist die vertragliche Bindung der Gesellschaft an die Einhaltung bestimmter Finanzkennzahlen, wie etwa eines maximalen Verschuldungsgrades, eines Mindest-Nettovermögens oder Mindest-Umlaufvermögens. Jenseits der Vorschriften über die Aufbringung eines Mindestkapitals und einer gesetzlichen Rücklage (vgl. § 150 AktG) ist die Gesellschaft nach dem Leitbild des AktG in der Wahl ihrer Finanzstruktur weitgehend frei. Die Entscheidung über die Aufnahme von Fremdkapital oder die Tätigung von Investitionen unterfällt der Leitungsmacht des Vorstands; die Entscheidung über die Verwendung des Bilanzgewinns sowie eine Erhöhung oder Herabsetzung des Nennkapitals ist Sache der Hauptversammlung. 422

Eingehend Bezzenberger (2005), S. 201 ff.; Raiser / Veil, §§ 17, 18.

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II. Organisationsverfassung Die Organisationsverfassung der Aktiengesellschaft ist geprägt durch die umfassende Leitungsmacht des Vorstands in Geschäftsführungsangelegenheiten, der Kontrollfunktion des Aufsichtsrates sowie der Zuständigkeit der Hauptversammlung in Grundsatzfragen (§ 119 AktG). Es herrscht eine strikte Kompetenzverteilung zwischen den drei Hauptorganen der Gesellschaft. 1. Leitungsmacht des Vorstands Der Vorstand der Aktiengesellschaft ist nach § 76 AktG Inhaber der Leitungsmacht. Darunter ist die umfassende Befugnis zur Entscheidung über einen herausgehobenen Teilbereich der Geschäftsführung zu verstehen.423 Diese Befugnis wird nur durch die Kompetenzen der anderen Organe beschränkt, insbesondere die Kompetenz der Hauptversammlung zur Entscheidung über bestimmte Maßnahmen im Sinne von § 119 AktG und die Rechte des Aufsichtsrats gem. § 111 AktG. Sie ist unveräußerlich und kann nur innerhalb der im AktG vorgesehenen Grenzen auf Dritte übertragen werden.424 Covenants greifen in dieses Kompetenzgefüge ein, indem sie die AG in bestimmten Maßnahmen binden und damit insbesondere die Leitungsmacht des Vorstands berühren.425 Die Möglichkeit einer Beschränkung der Leitungsbefugnis des Vorstands durch vertragliche Bindungen ist dem AktG allerdings nicht fremd, wie die Existenz der §§ 291 ff. AktG zeigt, und damit nicht von vornherein mit seinem Leitgedanken unvereinbar.426 Letztlich bringt jeder Vertrag, den die Gesellschaft eingeht, nicht nur Rechte sondern auch Pflichten mit sich, die die Leitungsmacht des Vorstands entsprechend binden.427 Die Besonderheit der Covenants besteht darin, daß sie sowohl qualitativ als auch quantitativ über die übliche, in Verträgen enthaltene Bindungswirkung hinausgehen. Die in normalen Austauschverträgen der Gesellschaft enthaltenen Pflichten sind regelmäßig synallagmatischer Natur und stehen in engem Zusammenhang mit den der AG im Vertrag gewährten Rechten; es sind dies regelmäßig Zahlungs- oder Lieferverpflichtungen im Rahmen von Austauschverträgen. Dagegen stellen Covenants gewissermaßen „abstrakte“ Verpflichtungen der AG dar, die dieser losgelöst von den typischen Rechten und Pflichten eines Kreditvertrages Bindungen in innergesellschaftlichen Angelegenheiten auferlegen. Die Frage, inwieweit dieser qualitative Unterschied von CoveMüKo / Spindler, § 76, Rdn. 15 ff.; Hüffer, § 76, Rdn. 7 f. KK / Mertens, § 76, Rdn. 40. 425 Vgl. Kästle, S. 106 ff.; vgl. auch Eidenmüller (1999), S. 154 f. 426 Vgl. Kort in GroßkommAktG, § 76, Rdn. 158. 427 Der entscheidende Unterschied besteht in der Art der Bindung: Eine korporationsrechtliche Bindung ist weitaus problematischer als eine lediglich schuldrechtlich wirkende Verpflichtung, vgl. umfassend unten § 10 B. 423 424

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

nants eine unterschiedliche rechtliche Behandlung rechtfertigt, ob insbesondere die Leitungsmacht des Vorstands unzulässig beschränkt wird, ist Gegenstand des vierten und fünften Kapitels. 2. Zuständigkeiten der Hauptversammlung Die Hauptversammlung ist der Ort, an dem die Aktionäre ihre Rechte ausüben. Ihre Entscheidungszuständigkeit ergibt sich aus § 119 AktG und den sonstigen im Gesetz geregelten Fällen. Zu den Kompetenzen der Hauptversammlung gehören die Entscheidung über die Verwendung des Bilanzgewinns (§ 174 AktG), die in § 119 Abs. 1 AktG genannten Maßnahmen428, die Bestellung der Mitglieder des Aufsichtsrates sowie bestimmte Strukturänderungsmaßnahmen im Sinne der „Gelatine“-Rechtsprechung. 429 Ferner fallen die Umwandlungsmaßnahmen nach dem UmwG sowie die Zustimmung zum Abschluß von Unternehmensverträgen in die Hauptversammlungskompetenz. Die in Covenants enthaltenen Regelungen entfalten ihre Wirkung an mehreren Stellen in diesen der Zuständigkeit der Hauptversammlung unterfallenden Bereichen. So kann die Freiheit der Hauptversammlung zur Entscheidung über die Verwendung des Bilanzgewinns durch dividendenrestriktive Covenants beeinträchtigt werden. Zwar ist die Hauptversammlung an den festgestellten Jahresabschluß gebunden, muß also insbesondere eine nach § 58 Abs. 2 AktG vom Vorstand getroffene Entscheidung über die Bildung von Rücklagen hinnehmen. Im Rahmen seiner Aufstellungskompetenz und der Kompetenz zur Bildung von Rücklagen kann der Vorstand rechtmäßig einen Teil der Gewinne in Rücklagen einstellen und insoweit Covenants-Verpflichtungen der AG nachkommen. Im Einklang mit den aktienrechtlichen Vorschriften befinden sich dividendenrestriktive Covenants allerdings nur dann, wenn der Vorstand dabei nicht die Grenzen des § 58 Abs. 2 AktG überschreitet, insbesondere also nicht einen größeren Teil als die Hälfte des Jahresüberschusses in Rücklagen einstellt. Ein dividendenrestriktiver Covenant kann, insbesondere wenn er Ausschüttungen generell verbietet, deutlich weiter reichen als die im AktG enthaltenen Begrenzungen des Dividendenbezugsrechts und dadurch mit der Gewinnverwendungskompetenz der Hauptversammlung in Konflikt geraten.430 Darüber hinaus ragen die in Covenants enthaltenen Verpflichtungen des Schuldners zur Nichtvornahme bestimmter Strukturänderungen (vor allem die Beschränkungen von Fusionen und Vermögensübertragungen) in die Zuständigkeit der Hauptversammlung in Strukturänderungsfragen hinein. Darauf wird später noch vertieft einzugehen sein. Wichtig ist an dieser Stelle die Feststellung, daß Covenants in dieser Frage keinerlei ausdrückliche Weisungs- oder Zustimmungs428 Der Zuständigkeitskatalog des § 119 Abs. 1 AktG umfaßt bestimmte laufende Maßnahmen und Strukturmaßnahmen, vgl. Hüffer, § 119, Rdn. 5. 429 Siehe dazu § 5 B. II. 4. b). 430 Siehe umfassend unten § 10 C. II. 2.

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rechte des Gläubigers begründen; dieser ist also nicht etwa befugt, vor einer geplanten Fusion seine Zustimmung zu erteilen. 3. Aufsichtsrat Die Rechte des Aufsichtsrates scheinen Covenants auf den ersten Blick nicht zu tangieren. Die Regelungsgegenstände der Covenants betreffen in erster Linie den Bereich der Geschäftsführungsmaßnahmen; da nach § 111 Abs. 4 S. 1 AktG – vorbehaltlich der Begründung von Zustimmungsvorbehalten gem. § 111 Abs. 4 S. 2 AktG – Geschäftsführungsmaßnahmen nicht an den Aufsichtsrat übertragen werden dürfen, besteht auf diesem Feld von vornherein keine Möglichkeit einer Kollision mit Covenants. Auch in die Kontroll- und Beratungsfunktion431 des Aufsichtsrates greifen Covenants jedenfalls nicht unmittelbar ein. Soweit Covenants, insbesondere durch die Statuierung von Informations- und Rechenschaftspflichten, eine weitere Kontrollinstanz in der Person des Covenants-berechtigten Gläubigers begründen, beschneiden sie dadurch nicht in unzulässiger Weise die Kontrollrechte des Aufsichtsrates. Vielmehr ist die Überwachung der Geschäftsführung durch unternehmensexterne Institutionen und Personen im AktG selbst angelegt. So ermöglichen die Rechnungslegungsvorschriften die Überwachung der Gesellschaft durch den Kapitalmarkt und die Gläubiger, und das Auskunftsrecht der Aktionäre eine Kontrolle durch die Hauptversammlung (vgl. § 131 AktG). Kapitalmarktrechtliche Vorschriften enthalten noch weitgehendere Informations- und Rechnungslegungspflichten. Daraus läßt sich ableiten, daß ein Mehr an Kontrolle durch externe Dritte nicht von vornherein mit den Prinzipien des Aktienrechts in Widerspruch steht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 111 Abs. 5 AktG, wonach Aufsichtsratsmitglieder ihre Aufgaben nicht durch andere Personen wahrnehmen lassen dürfen. Diese Vorschrift bringt den Grundsatz der persönlichen Amtsausübung zum Ausdruck, der es jedoch nicht verbietet, neben dem Aufsichtsrat weitere Personen (wie z. B. Beiräte) mit Kontrolltätigkeiten zu betrauen.432 Ausgeschlossen im Hinblick auf die zwingende aktienrechtliche Zuständigkeitsordnung (§ 23 Abs. 5 AktG) ist lediglich die Betrauung dieser Personen mit organschaftlichen Funktionen oder eine Veränderung der Zuständigkeiten der Gesellschaftsorgane.433 Die Begründung besonderer organschaftlicher Befugnisse bezwecken Covenants jedoch gerade nicht.434 431 Die Aufgabe des Aufsichtsrates erschöpft sich nicht nur in der Überwachung des Vorstands, sondern auch in seiner Beratung in Fragen künftiger Geschäftspolitik, vgl. BGHZ 114, 128; Semler, S. 267, 272 ff. 432 Vgl. BGHZ 114, 127, 129, der selbst Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern für wirksam hält, soweit sie Tätigkeiten außerhalb seiner Tätigkeit im Aufsichtsrat und nicht die Aufsichtsratstätigkeit als solche betreffen. 433 Vgl. KK / Mertens, § 111, Rdn. 89 ff.; speziell zur Zulässigkeit von Beiräten in der AG KK / Mertens, Vorb. § 76, Rdn. 28; KK / Kraft, § 23, Rdn. 85.

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

Dagegen können change of control-Klauseln das Recht des Aufsichtsrates zur Bestellung und Abberufung der Mitglieder des Vorstands (§ 84 AktG) berühren, wenn diese den Schuldner im Ergebnis zur Beibehaltung eines bestimmten Managements verpflichten. Allerdings werden auch für diesen innergesellschaftlichen Bereich weder Weisungs- noch Zustimmungsrechte zugunsten des Kreditgebers in Covenants begründet. Diese Feststellung ist für die im folgenden Kapitel vorzunehmende rechtliche Prüfung der durch Covenants begründeten Rechte des Gläubigers von grundlegender Bedeutung.

E. Schuldrechtliche Simulation des gesetzlichen Kapitalschutzes? Die vorstehende Analyse hat gezeigt, daß Covenants den Schuldner in manchen Regelungsbereichen nach ähnlichen Gesichtspunkten und mit vergleichbarer Zielrichtung wie das Kapitalschutzsystem einschränken. Zu nennen sind beispielsweise Verpflichtungen des Schuldners, seine Ausschüttungen zu begrenzen, eine bestimmte Eigenkapitalquote einzuhalten und, jedenfalls in den USA, die für die Ausschüttung maßgebliche Bilanz nach ähnlichen Vorsichtsgesichtspunkten zu erstellen, wie sie in Deutschland gelten. Sind Covenants am Ende „nur“ eine schuldrechtliche Simulation des gesetzlichen Kapitalschutzes?435 Entspricht das „kollektive Vertragsangebot“, welches das Kapitalschutzsystem den Akteuren aus rechtsökonomischer Sicht macht436, dem hohen Standardisierungsgrad bei Covenants mit ihren Kommentierungen und Auslegungshilfen im Stile abstrakter Normen?437 Der Erkenntnisgewinn dieses Vergleichs ist fragwürdig. Er ist insoweit tendenziös, als in ihm das Postulat einer angeblichen Überlegenheit des Kapitalschutzsystems mitschwingt, die es dort zu simulieren gelte, wo das Kapitalschutzniveau unter das deutsche absinkt. Käme Covenants überdies die gleiche „kollektive“ Wirkung wie dem Kapitalschutzsystem zu, so wären seine Vorteile hinsichtlich der Flexibilität seines Einsatzes je nach Gläubigerschutzbedürfnis ad absurdum geführt. Das Kapitalschutzsystem hätte triumphiert, da auch die Praxis zu einem flexiblen Gläubigerschutz auf vertraglichem Wege nicht imstande wäre. Dieser Vergleich wird der tatsächlichen Bedeutung der Covenants nicht gerecht. Zum einen bestehen gravierende Unterschiede zwischen beiden Systemen. Die rechtsökonomische Erfassung des Kapitalschutzsystems als „kollektives Vertragsangebot“ vermag nicht darüber hinwegzutäuschen, daß es wesentlichen Prinzipien der Vertragsfreiheit nicht genügt: Ihr zwingender Charakter beläßt der Gesellschaft 434 435 436 437

Vgl. dazu die eingehenden Ausführungen unter § 10 B. So Schön, ZGR 2000, 706, 727. Siehe dazu unten § 7 B. II. Vgl. Merkt, ZGR 2004, 305, 319.

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keine Gestaltungsfreiheit und gesetzlichen Gläubigern keine Abschlußfreiheit. Demgegenüber werden Covenants von der Vertragspraxis flexibel an die Bedürfnisse der Gesellschaft und ihrer Gläubiger angepaßt; die Gefahr eines „Über-denKamm-scherens“ der Gläubiger ist weitaus geringer.438 Der Vergleich suggeriert zum anderen, daß die Instrumente des Kapitalschutzsystems eine den Covenants ebenbürtige Funktion und Wirkung entfalten, so daß sie es wert sind, von der Vertragspraxis nachgeahmt zu werden. Auch dies trifft indessen nicht zu. Die vorangegangenen Überlegungen zu Funktion und Wirksamkeit der Elemente des Kapitalschutzsystems auf der einen und der Covenants auf der anderen Seite belegen einen klaren Vorteil der Covenants im Hinblick auf die Umsetzung des Gläubigerschutzzieles. Dies wird nirgends so deutlich wie daran, daß das aus Gläubigersicht wichtige Ziel einer dauerhaften Erhaltung einer gesunden Eigenkapitalquote nur durch die Covenants adressiert wird. Es geht bei Covenants also keineswegs um eine Simulation des gesetzlichen Kapitalschutzsystems, sondern um einen Ausgleich der Defizite des gesetzlichen Gläubigerschutzes durch – und nur insoweit ist der Vergleich richtig – die Fortentwicklung und Effektuierung einzelner Prinzipien des Kapitalschutzsystems, aber eben auch um die konzeptionelle Neuentwicklungen, die nur durch einen im Vertragsrecht verankerten Gläubigerschutz möglich werden.

F. Ergebnis der Funktionsanalyse I. Zielrichtung der Covenants Die vorstehende Funktionsanalyse hat ergeben, daß Covenants Risiken für den durch sie berechtigten Gläubiger zu erfassen vermögen, gegen die das Kapitalschutzsystem keinen Schutz bietet. Im Gegensatz zu den gesetzlichen Kapitalschutzvorschriften, die das Vermögen der Gesellschaftsschuldnerin nur punktuell vor Ausschüttungen an die Gesellschafter schützen, unterwerfen Covenants das Gesellschaftsvermögen einem umfassenden Sicherungsnetz. Dieses schützt die Werthaltigkeit des Rückzahlungsanspruchs des berechtigten Gläubigers vor den unterschiedlichsten Facetten opportunistischen Verhaltens und aus allen denkbaren Richtungen: – Negativklauseln und Dividendenrestriktionen schützen das den Gläubigern zur Verfügung stehende Haftungsvermögen unmittelbar vor den Gefahren, die aus einer ungezügelten weiteren Kreditaufnahme und Ausschüttungen an Gesellschafter herrühren. – Über den Erhalt des unmittelbar als Haftungsmasse dienenden Schuldnervermögens hinaus zielen financial Covenants insgesamt auf eine Disziplinierung des schuldnerischen Finanzgebarens und damit auf die Befähigung des Schuldners 438

Dies gilt trotz bestehender Pfadabhängigkeit, siehe unten § 8 B. IV. 4. a).

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2. Kap.: Funktion und Praxis der Covenants

ab, den Kredit aus eigener Kraft zurückzuzahlen. Dies wird erreicht durch die Forderung nach einer angemessenen Eigenkapitalausstattung, der Verhinderung eines zu raschen Wachstums, dem Verlangen nach einer risikoadäquaten Finanzierung (insbesondere dem Gebot, kurzfristig gebundenes Vermögen durch kurzfristig fällig werdende Kredite zu finanzieren und umgekehrt) und dem Verlangen nach der Bereithaltung jederzeit ausreichender Liquidität. – Maintenance Covenants und das Verbot gewisser fundamentaler Veränderungen schützen das Vertrauen des Gläubigers in den Erhalt der wirtschaftlichen Identität des Schuldners und das Gesellschaftsvermögen vor den mittelbaren Gefahren, die aus Umstrukturierungen erwachsen können. Sie sichern die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehende Risikoverteilung zwischen Gläubiger und Schuldner und damit eine wesentliche Grundlage der Vertragsbeziehung. – Das Zusammenwirken von Negativ- und pari passu-Klausel sichert die Verwertungsposition des Gläubigers und dient damit gleichfalls dem Schutz des Gläubigervertrauens in den Fortbestand der Vertragsgrundlage.

Zusammenfassend kann die Wirkungsweise der Covenants als Funktions-Dreiklang aus Vermögensschutz, Erhaltung der Finanzkraft und Schutz der Vertragsgrundlagen beschrieben werden. Damit sind sie dem Kapitalschutzsystem, dessen Schutzrichtung auf die Erhaltung des bilanziell ermittelten Vermögens verengt ist, jedenfalls von ihrem funktionalen Anspruch her weit voraus. II. Funktionale Wirksamkeit Diesen Anspruch vermögen Covenants in funktionaler Hinsicht weitgehend – wenn auch nicht uneingeschränkt – einzulösen. Die Effektivität von Covenants leidet zwar unter ihrer fehlenden Verankerung im Aktienrecht. Infolgedessen profitieren sie nicht von dessen Rigorosität und drohen dennoch an manchen Stellen von zwingenden aktienrechtlichen Bestimmungen ausgehebelt zu werden. So besitzen Covenants keine dingliche Wirkung und schlagen daher – anders als § 57 AktG hinsichtlich verbotener Ausschüttungen439 – nicht auf die Wirksamkeit vertragswidriger Transaktionen durch. Auch die Dividendenrestriktionen, die sich gegenüber dem Kapitalschutzsystem durch eine größere Effektivität auszeichnen, zugleich aber dem Schuldner eine größere finanzielle Flexibilität belassen, können ihre Wirksamkeit aufgrund der starren aktienrechtlichen Vermögensbindung nur eingeschränkt entfalten. Ferner sind Covenants in den seltensten Fällen auf dem Klageweg „erzwingbar“, so daß ihre Effektivität wesentlich auf der Verfügbarkeit von Sekundäransprüchen beruht. Diese Rechtsfolgenlastigkeit reicht jedoch in den meisten Fällen aus, einen effektiven Gläubigerschutz zu gewährleisten, da zu ihr jedenfalls im klassischen Anwendungsfeld der Covenants eine Kontrolle durch die Kapitalmärkte sowie ein 439

Vgl. Hüffer, § 57, Rdn. 23 ff.

§ 5 Funktionale Analyse der Verwendung von Covenants

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starker Anreiz zu vertragstreuem Verhalten tritt. Vor allem bei Schuldnern mit Zugang zu den Kapitalmärkten besitzt der eigene Ruf einen großen Wert, dessen Verlust sich in hohem Maße nachteilig auf die Refinanzierungskosten auswirken kann. Darüber hinaus läßt sich insbesondere das Kündigungsrecht als ein äußerst flexibles Sanktionsmittel einsetzen, mithilfe dessen der Kreditgeber Neuverhandlungen mit dem Schuldner durchsetzen und damit eine flexible Anpassung der Vertragsbedingungen an veränderte Umstände erreichen kann. Demgegenüber sind die Sanktionen des Kapitalschutzsystems starr; sie erschöpfen sich in Rückzahlungsansprüchen der Gesellschaft, deren Durchsetzbarkeit durch die Gläubiger mit mehr oder weniger großen Risiken behaftet ist. Insgesamt besitzen Covenants trotz der aufgezeigten Schwächen eine deutlich höhere funktionale Wirksamkeit als das herkömmliche Kapitalschutzsystem. Anders als das nicht verhandelbare Kapitalschutzsystem ermöglichen sie den Parteien eine selbstbestimmte, vertragliche Risikoverteilung, indem durch die Vereinbarung mehr oder weniger restriktiver Covenants die Ausfallwahrscheinlichkeit flexibel gesteuert werden kann.440 Damit schaffen sie die Voraussetzung dafür, daß die in den Kreditkonditionen enthaltene Risikoprämie in ein angemessenes Verhältnis zum verbleibenden Ausfallrisiko gesetzt werden kann und der Gläubiger damit nicht mehr, aber auch nicht weniger als eine risikoangemessene Vergütung erhält.441 Auf diese Weise können die Kosten des Prinzipal-Agenten-Konfliktes im Interesse beider Parteien gesenkt werden. Sie dienen daher nicht nur den Gläubigerinteressen, sondern reziprok auch den Interessen des Schuldners an einer kostengünstigen Finanzierung. Damit sind Covenants ein einzigartiges Angebot an die Praxis, das individuelle Ausfallrisiko mit der Konditionsgestaltung in einen dynamischen Zusammenhang zu bringen und damit den abstrakten ökonomischen Zusammenhang zwischen den Kosten des Fremdkapitals und dem Niveau der Kreditrisikominderung auch in der Vertragspraxis nutzbar zu machen. Zugleich kommt Covenants das Verdienst zu, diesen Zusammenhang unmittelbar sichtbar gemacht und damit gezeigt zu haben, daß die Gläubigerschutzproblematik eben nicht eindimensional, sondern mehrdimensional ist, was in der Debatte um die Zukunft des Gläubigerschutzes oft nicht genügend gewürdigt wird.

440 Allgemein zur vertraglichen Steuerung von Vertragsrisiken Eidenmüller (1997), S. 43 ff. 441 Diese Fähigkeit zahlt sich insbesondere unter der Geltung der neuen Basel II-Eigenkapitalrichtlinien aus, vgl. unten § 16 C. I.

It is rather a problem of how to secure the best use of resources known to any of the members of society, for ends whose relative importance only those individuals know. Friedrich August von Hayek1

3. Kapitel

Das Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen § 6 Kategorien einer ökonomischen Bewertung von Gläubigerschutzsystemen A. Grundlagen der ökonomischen Analyse des Rechts Rechtsnormen müssen sich in der Rechtswirklichkeit bewähren, in der sie als konkrete Folgen gesetzgeberischen Handelns oder ihrer Anwendung durch die Gerichte in Erscheinung treten. Die Schaffung von Recht geschieht nicht ohne Rücksicht auf ihre Folgen.2 Es ist unbestritten, daß das Recht vor allem außerrechtlichen Zwecken dienen soll.3 Steht somit fest, daß der Rechtsetzungsprozeß – der Bereich der Rechtsanwendung sei hier dahingestellt – kein Selbstzweck, sondern final, d.h. auf die Setzung bestimmter Folgen in der Rechtswirklichkeit gerichtet ist, so liegt es nahe, die Qualität von Rechtsnormen anhand ihrer Folgenseite zu beurteilen. Qualitätsmaßstab ist dann vor allem die Funktion und Wirkung einer Norm im Hinblick auf das von ihr verfolgte Regelungsziel. Für eine Funktionsund Wirkungsanalyse bietet die rechtswissenschaftliche Methodik jedoch kein geeignetes Instrumentarium. Insbesondere kann sie nur begrenzt Aussagen über die Notwendigkeit oder Erforderlichkeit einer Regelung treffen.4 An dieser Stelle empfiehlt sich die ökonomische Analyse des Rechts als analytisches Bewertungsinstrumentarium. Eine fundamentale Aussage der ökonomischen Analyse des Rechts lautet, daß Rechtsnormen, die Auswirkungen auf die Allokation von Verfügungsrechten haben, ausschließlich nach ihrer (Allokations-)Effizienz beurteilt werden sollen.5 Dem liegt die Annahme zugrunde, daß sich das Zivilrecht grundsätzlich The Use of Knowledge in Society, 1945. Engisch, S. 80; Ruffner, S. 116. 3 Vgl. Cooter, S. 341, 351. 4 Siehe dazu bereits oben § 1 A. 5 Vgl. Ruffner, S. 15 f. Ausgangspunkt dieses „Verfügungsrechtsansatzes“ bzw. der Theorie der property rights ist die Betrachtung von Gütern als ein Bündel von Verfügungs- und 1 2

§ 6 Kategorien einer ökonomischen Bewertung von Gläubigerschutzsystemen

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nicht für „soziale“ oder redistributive Zwecke eigne, da ihm eine inhärente Tendenz zur Herstellung eines allokationseffizienten Zustands innewohnt.6 Zivilrechtliche Normen, die der Allokationseffizienz entgegenlaufen, werden in einem Selektionsprozeß durch privatautonome Vereinbarungen umgangen oder durch wiederholte Klagen zu Fall gebracht.7 Effizienz wird dabei im Sinne der Wohlfahrtsökonomik verstanden. Effizient sind Rechtsfolgen, die den gesellschaftlichen Wohlstand mehren, ineffizient solche, die ihn verringern.8 Die ökonomische Analyse des Rechts vermag dabei sowohl positive als auch normative Aussagen über die Beschaffenheit von Rechtsnormen zu treffen.9 In positiver Hinsicht untersucht sie die Auswirkungen, die eine gegebene Rechtsstruktur auf das Ziel der Allokationseffizienz hat. Normative Qualität kommt ihr dagegen zu, wenn sie danach fragt, wie die Rechtsstruktur im Hinblick auf das Ziel der Allokationseffizienz beschaffen sein sollte.10 Die ökonomische Analyse des Rechts verfolgt einen Ausschließlichkeitsanspruch, da das Effizienzpostulat keine alternativen Bewertungskriterien neben sich duldet.11 Kriterien wie Rechtssicherheit, Verkehrssicherheit und Verteilungsgerechtigkeit stehen zwar nicht notgedrungen mit dem Effizienzprinzip in Widerspruch. Sie finden jedoch nur insoweit Berücksichtigung, als sie die Allokationseffizienz fördern.12 Insofern sind sie Teilaspekte eines am Maßstab der Effizienz ausgerichteten Bewertungsprogramms und müssen sich selbst an diesem messen lassen. I. Kritik Die ökonomische Analyse des Rechts als Maxime für die Bewertung von Rechtsnormen ist nicht zuletzt aufgrund dieses Ausschließlichkeitsanspruches umstritten.13 Diese Kritik mag auch an einer gewissen Unsicherheit im Umgang mit Nutzungsrechten, die von der Rechtsordnung zugeteilt oder neu verteilt werden. Umfassend dazu Richter / Furubotn, S. 87 ff. 6 Ruffner, S. 35, 46 f. 7 Ruffner, S. 35. 8 Es wird darauf verzichtet, auf die verschiedenen Effizienzkriterien einzugehen, die diesen Grobmaßstab konkretisieren. Weiterführend Ruffner, S. 38 ff. Besonders häufig wird auf das sog. Kaldor-Hicks-Kriterium rekurriert, welches besagt, „daß ein Zustand x dem Zustand y überlegen ist, wenn es möglich ist, vom Zustand x ausgehend alle durch den Übergang von x zu y benachteiligten Personen zu entschädigen, und danach mindestens ein Gesellschaftsmitglied den Zustand y dem x vorzieht und niemand den Zustand x dem von y vorzieht“. (zitiert bei Ruffner, S. 39). 9 Posner (2003), S. 23; Ruffner, S. 36. 10 Schäfer / Ott, S. 10; umfassend zum normativen Gehalt der ökonomischen Analyse Ruffner, S. 69 ff., 74 ff. 11 Vgl. Eidenmüller (2005), S. 8, 68 ff. 12 Schäfer / Ott, S. 7.

212 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

ökonomischen Begriffen liegen. Trotz grundlegender Arbeiten zu ihrem Stellenwert in der Rechtsordnung ist das Verhältnis von Recht und Ökonomie noch nicht so gut durchdrungen, daß die häufige Anrufung der „wirtschaftlichen Betrachtungsweise“ als Ausdruck einer gewissen Orientierungslosigkeit entbehrlich geworden wäre.14 Es kann jedoch heutzutage als gesicherter Bestand der Rechtswissenschaft angesehen werden, daß die Rechtsökonomik wertvolle Beiträge zur Bewertung der Folgen von Rechtsnormen zu leisten imstande ist und in Teilbereichen des Rechts sogar maßgebliches Bewertungsinstrumentarium sein sollte. Sie ist als einzige der verschiedenen Rechtstheorien in der Lage, in sämtlichen Rechtsgebieten konkrete Antworten auf Fragen nach der Qualität von Rechtsnormen anhand eines einheitlichen, methodischen Grundansatzes zu geben. Sie besitzt daher einen universellen Gültigkeitsanspruch.15 Damit ist nicht gesagt, daß jeder ihrer Schlußfolgerungen oder dem Effizienzziel als vorrangigem rechtspolitischen Ziel zuzustimmen wäre.16 Dessenungeachtet ist ihr zumindest in Teilgebieten des Rechts ein hoher Erkenntniswert nicht abzusprechen. Ihre – der Theorie nach – abstrakte, weitgehend wertneutrale und ideologiefreie Methodologie prädestiniert sie in besonderem Maße zur Herausarbeitung und Veranschaulichung von Regelungsproblemen und einer zumindest vorläufigen Bewertung der zu ihrer Lösung geschaffenen Rechtsnormen.17 II. Neue Institutionenökonomik Der Gegenstand dieser Arbeit – die Bewertung von Gläubigerschutzsystemen – bringt es mit sich, daß auch die „Neue Institutionenökonomik“ in ihr Blickfeld gerät. Dieser Forschungsansatz untersucht die Wirkung von Institutionen, die im Sinne von Regeln oder Rechtsystemen einschließlich der Vorkehrungen zu ihrer Durchsetzung verstanden werden18, auf das Verhalten bestimmter Marktakteure, 13 Kirchner (1993), S. 66 f. weist zutreffend darauf hin, daß der ökonomische nur einer von verschiedenen Aspekten ist, unter denen Rechtsnormen betrachtet werden können. 14 Behrens, S. 8. 15 So jedenfalls ist ihr konzeptioneller Grundansatz formuliert, der insbesondere den Arbeiten von Posner (2003) zugrundeliegt, vgl. S. 3: „This book is written in the conviction that economics is a powerful tool for analyzing a vast range of legal questions ( . . . )“; vgl. auch Eidenmüller (2005), S. 8, 68 f.; Schäfer / Ott, sehen den Hauptanwendungsfall der ökonomischen Analyse dagegen im Privatrecht unter Ausschluß insbesondere des Strafrechts und des öffentlichen Rechts (S. 10 f.). 16 Eidenmüller (2005), S. 12 f.; auf den Zielkonflikt der Rechtsökonomik und Rechtspolitik hat v.a. Kirchner (1993), S. 62 ff. aufmerksam gemacht. 17 Ähnlich Ruffner, S. 7 ff. Behrens, S. 4, 8 weist allerdings darauf hin, daß auch das Effizienzkriterium der ökonomischen Analyse nicht gänzlich wertfrei ist, sondern von der Wertordnung des Ordoliberalismus ausgeht. Dieser geht von der dezentralen Steuerung des Marktes durch individuelle Marktteilnehmer aus. Innerhalb dieses – recht weiten – Ordnungsrahmens kommt das Effizienzkriterium indes ohne weitere Wertungen aus. 18 Richter / Furubotn, S. 7.

§ 6 Kategorien einer ökonomischen Bewertung von Gläubigerschutzsystemen

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wie etwa Gläubigern oder Unternehmen.19 Es kann sich dabei um marktförmig geschaffene Institutionen, wie etwa Standardvertragstypen aus der kautelarjuristischen Praxis, oder um öffentlich-kollektivistisch entwickelte Institutionen wie dem Gesellschafts- oder Bilanzrecht handeln.20 Ihren Aussagen kommt insbesondere im Bereich des Gesellschaftsrechts große Bedeutung zu. Nach der klassischen Rechtsökonomie der Chicago School of Law stellt eine Gesellschaft nichts anderes als den nexus dar, an den die zahlreichen Vertragsbeziehungen der beteiligten Akteure anknüpfen (nexus of contracts).21 Das Gesellschaftsrecht wird demzufolge als (im Idealfall dispositiver) „Mustervertrag“ begriffen, der die Parteien von der Notwendigkeit einer individuellen Vertragsaushandlung befreit und damit Transaktionskosten senkt. Diesen Ansatz führt die Institutionenökonomik weiter: Sie versteht das Gesellschaftsrecht als ein System von Rechtsnormen, das dem Rechtsverkehr einen numerus clausus an Formen der Unternehmensorganisation zur Verfügung stellt und damit das Verhalten der Marktakteure in bestimmter Weise beeinflußt. Der „kollektiven“ Lenkungswirkung des Rechts der Unternehmensorganisation steht das individuelle „Produkt“ Covenants in der Kautelarpraxis gegenüber: Auch dieser Vertragstyp kann als Institution begriffen werden, da sein Standardisierungsgrad den wahrgenommenen Handlungsspielraum der Akteure und damit ihr Verhalten verändert.22 Die Bewertung dieser Lenkungswirkungen durch Institutionen unter Effizienzgesichtspunkten ist der eigentliche Forschungsgegenstand der Neuen Institutionenökonomik. Der Effizienzgedanke als Bewertungsmaßstab verbindet sie mit der engeren, klassischen Rechtsökonomie. Während letztere das Effizienzprinzip zur individuellen Beurteilung einzelner Rechtssätze heranzieht, versucht die Institutionenökonomik mit seiner Hilfe die besonderen Effekte zu bewerten, die von geschlossenen Rechtssystemen ausgehen. Dies macht sie in besonderem Maße zur Bewertung des Kapitalschutzsystems geeignet, indem sie dieses als eine Art kollektives Vertragsangebot an die Praxis begreift und somit einer individuellen vertraglichen Vereinbarung vergleichbar macht.23 Aber auch für Covenants als Bestandteil eines standardisierten Klauselwerks verspricht diese Lehre wichtige Erkenntnisse.

Vgl. einführend Fleischer, ZGR 2001, 1 ff.; Richter, EBOR 2005, 161 ff. Kirchner (1997), S. 269 ff. 21 Vgl. Easterbrook / Fischel (1991), S. 15 ff., 34 f.; Jensen / Meckling, J. Fin. Econ. (1976), 305 ff.; Sester, S. 150 ff.; Ruffner, S. 127 ff., 155 ff. 22 Starke „Sogwirkungen“ gehen insbesondere von Pfadabhängigkeiten aus, dazu eingehend unten § 8 B. IV. 4. 23 Vgl. unten § 7 B. II. 19 20

214 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

B. Effizienz als Maßstab von Gläubigerschutzsystemen Diese Arbeit will das Instrumentarium der Rechtsökonomik nicht kritiklos übernehmen. Im folgenden wird der Frage nachgegangen, ob dem Effizienzziel im Bereich des Gläubigerschutzes überhaupt normative Qualität zukommen sollte, oder anders gewendet, ob es zu rechtfertigen ist, die Qualität eines Gläubigerschutzsystems allein unter Effizienzgesichtspunkten zu beurteilen. Eine generelle Systemkritik kann hier freilich nicht geleistet werden; für sie sei auf die Arbeit von Eidenmüller verwiesen, die den grundsätzlichen Platz des Effizienzprinzips in Rechtsetzung und Rechtsanwendung untersucht sowie insbesondere der Frage nachgeht, inwieweit die ökonomische Analyse als normatives Programm rechtspolitisch zu rechtfertigen ist.24 Problematisch erscheint vor allem die Legitimation des Anspruchs der ökonomischen Analyse, nicht nur positive Aussagen über die Qualität bestehender, sondern auch normative Aussagen über zu entwickelnde gesetzliche Regelungen zu machen. Ungeachtet der Frage nach ihrer Legitimation als Handlungsmaßstab für den Gesetzgeber bestehen gegen den Einsatz der ökonomischen Analyse als Bewertungsprogramm bestehender Regelungen jedoch weit weniger Bedenken. Diese Arbeit verfolgt nicht so sehr das Ziel, anhand der ökonomischen Analyse normative Aussagen über ein optimales Gläubigerschutzsystem zu machen. Im Vordergrund steht ihr Einsatz als Instrument zur Ermittlung der spezifischen Regelungsprobleme im Bereich des Gläubigerschutzes und zur Bewertung bestehender Gläubigerschutzregelungen.25 Daher liegt ein wesentlicher Schwerpunkt dieser Arbeit auf der funktionalen Analyse. Anhand des Effizienzkriteriums sollen ergänzende Aussagen über die Effektivität der Systeme getroffen werden, die die gefundenen Ergebnisse absichern oder in die eine oder andere Richtung verändern können. Während sich die Kritik an der ökonomischen Analyse vor allem gegen ihren Einsatz in bestimmten, stark rechtspolitisch beeinflußten Rechtsgebieten richtet, bestehen gegen ihren Einsatz im Bereich des vom Grundsatz der Vertragsfreiheit geprägten Privatrechts auch weit weniger Bedenken.26 Die ökonomische Analyse des Rechts hat sich hier insbesondere im Zusammenhang mit Untersuchungen im Bereich des Gesellschaftsrechts bewährt.27 Die Förderung von Allokationseffizienz ist anerkanntermaßen ein vorrangiges Ziel des Verbandsrechts.28 Unabhängig von der Frage, inwieweit die ökonomische Analyse ihren universellen GültigkeitsEidenmüller (2005). Insoweit werden auch von den Kritikern der ökonomischen Analyse Rationalitätsgewinne hervorgehoben, vgl. Oetker, S. 35. 26 Roth, ZGR 1986, 371; Kirchner (1993), S. 76 f. 27 Lehmann, ZGR 1986, 345, 349; Ruffner, S. 10. 28 Vgl. Coffee, Colum. L. Rev. (1989), 1618, 1685 („The basic purpose of corporate law is to reduce agency costs“). 24 25

§ 6 Kategorien einer ökonomischen Bewertung von Gläubigerschutzsystemen

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anspruch einzulösen vermag, kommt ihr daher bei der hier vorzunehmenden Analyse von Gläubigerschutzsystemen überragende Bedeutung zu. Dies gilt gleichermaßen für die Bewertung institutioneller wie individueller Gläubigerschutzsysteme. Da für die Begründung der Haftungsbeschränkung bei Kapitalgesellschaften neben rechtsdogmatischen schon immer ökonomische Überlegungen tragend gewesen sind29, liegt es nahe, entsprechende Überlegungen auch für die Bewertung von Systemen anzustellen, die dem aus der Haftungsbeschränkung entspringenden Schutzbedürfnis der Gläubiger Rechnung tragen sollen. Dies gelingt jedoch nur, wenn sich auch das Gläubigerschutzziel selbst als effizient im Sinne der ökonomischen Analyse erweist. Anders als die Verfassungsdogmatik, die die Tauglichkeit von Normen induktiv anhand eines vorgegebenen, normimmanenten Regelungsziels untersucht und damit im Dienst der Normverwirklichung steht, begnügt sich die ökonomischen Analyse nicht mit dem Ziel einer effizienten Umsetzung eines beliebigen Regelungsziels. Vielmehr ist die Effizienz selbst das Ziel.30 Wie im weiteren Verlauf dieses Kapitels zu zeigen sein wird, steht jedoch auch das mit Gläubigerschutzsystemen verfolgte rechtspolitische Anliegen des Gläubigerschutzes mit dem Effizienzziel der ökonomischen Analyse nicht in Widerspruch, sondern läßt sich umgekehrt überzeugend mit diesem begründen.31 Damit ist die eingangs aufgeworfene Frage wie folgt zu beantworten: Die ökonomische Analyse erhebt als universell einsetzbares Bewertungssystem von Rechtsnormen den Anspruch, auch im Bereich des Gläubigerschutzes Aussagen über die Effizienz seiner Umsetzung zu treffen. Zweifel daran, ob das Effizienzkriterium zuverlässige Aussagen über die Qualität eines Gläubigerschutzsystems treffen kann, entspringen der Befürchtung, daß andere Interessen, wie etwa der Schutz Schwächerer, bei einer allein am Maßstab der Effizienz orientierten Bewertung „unten durch fallen“ könnten. Diese Befürchtung erweist sich jedoch bei näherer Betrachtung als grundlos. Der ökonomische Effizienzbegriff ist nicht mit der im allgemeinen Sprachgebrauch geprägten Bedeutung gleichzusetzen; er ist keine Sekundärtugend, sondern eine alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens umfassende Wertungskategorie, die auch außer-ökonomische Fakten, Verhaltensweisen und Interaktionen erfaßt.32 Das Effizienzkriterium läßt keine Interessen, denen ein 29 Vgl. Hansmann / Krakman, Yale L. J. (2000), 387, 390, 395 f., 423 ff., nach denen die Haftungsbeschränkung im Dienst einer allgemeinen Trennung von Privat- und Gesellschaftsvermögen im Sinne eines Vermögenszuordnungsprinzips steht (asset partitioning); Lehmann, ZGR 1986, 345, 349 ff. 30 Eidenmüller (2005), S. 55 f. 31 Die Bedeutung ökonomischer Argumentation im Bereich des Gläubigerschutzes verkennt Wilhelmi, GmbHR 2006, 13 f., der die seiner Ansicht nach „nicht hinreichend anspruchsvollen“ und empirisch nicht bewiesen Marktmodelle der ökonomischen Analyse kritisiert und ihr die Fähigkeit abspricht, verbindliche Aussagen zu treffen. 32 Vgl. Kirchner (1993), S. 62 ff. Nach Kirchner ist die ökonomische Analyse indes nicht in der Lage, auch solche außer-ökonomischen Faktoren einzubeziehen, die nicht „explizit zur

216 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

wirtschaftlicher Wert zukommen kann, unberücksichtigt und ist in der Lage, vielfältige, auch konfligierende Interessenlagen aufzugreifen. Wenn es Ergebnisse hervorbringt, die einzelne rechtspolitische Anliegen auszublenden scheinen, so liegt das daran, daß diesen Anliegen andere, aus gesamtgesellschaftlicher Sicht höherwertigere Interessen gegenüberstehen. In einer paternalistisch veranlagten Rechtsordnung mag es jedoch befremdlich erscheinen, verschiedene Interessen gegeneinander aufzurechnen. Ihr widerstrebt es selbst dann, einzelne Interessen schutzlos zu lassen, wenn die Kosten die Vorteile ihres Schutzes übersteigen. Derart rechtspolitisch motivierte Entscheidungen lassen den Wert der ökonomischen Analyse indes unberührt. Sie versteht sich als Angebot zur effizienten Ausgestaltung von Rechtssystemen. Wenn dieses Angebot aus rechtspolitischen Gründen abgelehnt wird, bleibt ihr immer noch das Verdienst, der geltenden Rechtsordnung einen Idealzustand im Effizienzsinne gegenübergestellt und damit rechtspolitische motivierte Effizienzverluste sichtbar gemacht zu haben. Keinen Bedenken begegnet schließlich die Anwendung der ökonomischen Analyse auf Covenants im besonderen. Die Interdependenz zwischen Ökonomie und Vertragsrechtsordnung ist seit langem anerkannt.33 In einer auf dem Grundsatz der Privatautonomie ruhenden Rechtsordnung ist die vorrangige Aufgabe des Vertragsrechts aus ökonomischer Sicht, infrastrukturelle Rahmenbedingungen für einen ungehinderten vertraglichen Güteraustausch zu schaffen.34 Dabei erhalten ökonomische Aussagen umso mehr Gewicht, je länger die Phase des Leistungsaustausches andauert und sich der Vertrag damit einer Langzeitbeziehung mit seinen spezifischen Konfliktlagen und Transaktionskosten annähert.35 Für den Gegenstand dieser Arbeit ist das Effizienzkriterium damit in zweierlei Hinsicht hilfreich: Zum einen können existierende Kapitalschutzvorschriften unter dem Blickwinkel des Effizienzkriteriums betrachtet und bewertet werden, um sodann mit der Effizienz von Covenants als vertraglichem Gläubigerschutzinstrument verglichen zu werden. Zum anderen erlaubt die Anwendung des Effizienzkriteriums im Sinne eines normativen Programms auch Aussagen darüber, wie Kapitalschutzvorschriften de lege ferenda ausgestaltet werden können, um das Regelungsziel des Gläubigerschutzes effektiver umzusetzen. Das Ziel dieser Arbeit ist dabei jedoch nicht der Entwurf eines umfassenden alternativen Gläubigerschutzsystems, was ihren Rahmen sprengen würde. Vielmehr soll versucht werden, über

rechtlichen Regelung gehören“ (S. 65). Problematisch an dieser Aussage ist, daß sie einen nicht nachprüfbaren Gegensatz zwischen Ökonomie und einer nicht näher definierten „außer-ökonomischen“-Sphäre konstruiert. Ziel der ökonomischen Analyse ist es gerade, alle gesellschaftlichen Bereiche auf ökonomische Begriffe zurückzuführen und damit einen einheitlichen Bewertungsmaßstab zu schaffen. 33 Sie liegt insbesondere der bahnbrechenden Arbeit von Coase zugrunde, vgl. dazu unten § 6 C. VII. und weiterführend Ruffner, S. 15 ff., 18 ff. 34 Oetker, S. 30; Ruffner, S. 18 ff. 35 Vgl. unten § 9 A.

§ 6 Kategorien einer ökonomischen Bewertung von Gläubigerschutzsystemen

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den Vergleich mit alternativen Gläubigerschutzinstituten, insbesondere den Covenants, prinzipielle Aussagen über die Anforderungen an ein effektives gesetzliches Gläubigerschutzsystem zu treffen. Im Rahmen der folgenden Effizienzanalyse wird immer wieder an das im ersten Kapitel herausgearbeitete Gläubigerschutzbedürfnis anzuknüpfen sein. Dies ist aus folgendem Grund erforderlich: Der Effizienzbegriff beurteilt Rechtsnormen nach ihren Folgen, die sie für die Normadressaten haben, und ist insofern konsequentialistisch.36 Die Folge einer Rechtsnorm umfaßt nicht nur die Regelung eines konkreten individuellen Interessenkonflikts, also im Beispielsfall einer zwingenden Gläubigerschutznorm die Vorgabe einer bestimmten Risikoverteilung zwischen Gläubiger und Schuldner. Die ökonomische Analyse versucht darüber hinaus die „Fernwirkungen“ von Normen zu erfassen, also insbesondere die wirtschaftlichen Anreizwirkungen einer Regelung, die von der konkret bezweckten Regelung eines Interessenkonflikts quasi unintendiert ausgehen.37 Zwingende Rechtsnormen können nur dann effizient sein, wenn ihre Folgen insgesamt mit ihrem Zweck zur Dekkung gebracht werden können. Mit anderen Worten, stehen die Folgen, die eine Norm äußert, nicht oder überwiegend nicht in einer Legitimationsbeziehung zum Regelungszweck, so ist dies zwangsläufig mit Ineffizienzen verbunden, da die Norm dann nicht nur am tatsächlichen Regelungsbedürfnis „vorbeigeht“, sondern u.U. negative, unintendierte Fernwirkungen besitzt. Logische Voraussetzung für die Bewertung von Gläubigerschutzinstrumenten unter Effizienzgesichtspunkten ist somit die ständige Rückbeziehung der zu untersuchenden Regelungen auf das ihnen zugrunde liegende Regelungsproblem, da nur auf diese Weise das Verhältnis von Aufwand und Nutzen des Instrumentes bewertet werden kann. Nachdem es im ersten Kapital vor allem um die Frage der Rechtfertigung legislativer Gläubigerschutzsysteme ging, befaßt sich dieses Kapitel mehr mit transaktionskostenökonomischen Fragen. Im Vordergrund der Betrachtung steht die Fähigkeit der beiden Systeme – hier institutioneller Kapitalschutz, dort individuelle Selbstabsicherung –, Transaktionskosten für die Parteien zu vermeiden und damit zu einer vertraglichen Lösung zu gelangen, die zwingende Vorschriften entbehrlich macht.

C. Indikatoren der Effizienz von Gläubigerschutzsystemen Im folgenden sollen verschiedene Modelle der ökonomischen Analyse des Rechts vorgestellt werden, mit deren Hilfe sich Aussagen zur Effizienz sowohl einzelner Elemente des gesetzlichen Kapitalschutzsystems als auch der Covenants machen lassen.

36 37

Schäfer / Ott, S. 2; Ruffner, S. 35. Ruffner, S. 116 f.

218 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

I. Kosten- / Nutzen-Analysen Im Vordergrund der Bewertung von Rechtsvorschriften unter Effizienzgesichtspunkten stehen naturgemäß Analysen, die dem Nutzen einer Norm im Sinne der Verwirklichung ihres Regelungszieles die mit ihr verbundenen gesellschaftlichen Kosten gegenüberstellen.38 Ist diese Bilanz negativ, d.h. überwiegen die Kosten den Nutzen der Vorschrift, so ist die Vorschrift wegen des damit verbundenen Wohlstandsverlustes ineffizient. Diese Bewertung ist abschließend: Da die Kosten- / Nutzen-Analyse sämtlichen Nutzen sowie sämtliche Kosten einer Vorschrift eskomptiert, ist eine Vorschrift bei negativer Bilanz selbst dann ineffizient, wenn sie sich unter bestimmten Aspekten als nützlich herausstellen sollte. Die im folgenden dargestellten Indikatoren sind insofern gewissermaßen der Kosten- / NutzenAnalyse untergeordnet. Sie sind lediglich einzelne Posten, die in die Gesamtrechnung eingestellt werden, aus Gründen der Anschaulichkeit und Argumentation jedoch gesondert untersucht werden. Der Nutzen einer Gläubigerschutzregelung ist gleichzusetzen mit dem Maß, in dem eine Vorschrift das Regelungsziel des Gläubiger- bzw. Aktionärsschutzes erreicht. Die Kosten einer solchen Regelung sind gleichzusetzen mit dem gesamtgesellschaftlichen Verlust an Wohlfahrt, wobei es aus Sicht der ökonomischen Analyse für die Kosten- / Nutzen-Bilanz zunächst unerheblich ist, bei wem die Kosten anfallen.39 Aufgrund der zentralen ökonomischen Zielvorgabe einer effizienten Allokation von Ressourcen liegt das Hauptaugenmerk der ökonomischen Analyse auf den Kosten bzw. den Nutzwerten, die im Rahmen freiwilliger Austauschbeziehungen entstehen. Sie fragt also danach, wie groß der Nutzen einer Gläubigerschutzregelung für den Gesellschaftsgläubiger oder die Gesellschaftsschuldnerin ist, und ob dieser Nutzen die in diesem Verhältnis für die Parteien anfallenden Kosten übersteigt. Sie berücksichtigt darüber hinaus aber auch Kosten oder Vorteile, die außerhalb einer konkreten Austauschbeziehung entstehen. Externe Effekte sind Phänomene, die auftreten, wenn Kosten oder Vorteile einer Entscheidung bei anderen Personen als dem Entscheidungsträger eintreten. Sie haben sowohl einen Kosten- als auch einen Nutzenaspekt, der mit in die gesamtgesellschaftliche Kosten- / Nutzen-Rechnung einzustellen ist. Campen, S. 30 f. Dem sog. Pareto-Effizienzkriterium würden dagegen nur solche Regelungen genügen, deren Kosten und Nutzen bei denselben Personen eintreten, da dieses bedingt, daß in dem Alternativzustand kein Individuum schlechter gestellt wird. Der rechtsökonomischen Kosten- / Nutzen-Rechnung liegt allerdings das sog. Kaldor-Hicks-Kriterium zugrunde, das von einer Gesamtbetrachtung ausgeht; danach können Regelungen auch dann effizient sein, wenn die Kosten bei einer Gruppe und die Vorteile bei einer anderen Gruppe anfallen, der Gesamtnutzen aber höher als die Gesamtkosten ist, vgl. Eidenmüller (2005), S. 51 ff.; Ruffner, S. 38 ff. Zum Pareto-Kriterium siehe Schäfer / Ott, S. 24 ff. 38 39

§ 6 Kategorien einer ökonomischen Bewertung von Gläubigerschutzsystemen

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II. Transaktionskosten Vorstehend ist dargelegt worden, daß die ökonomische Analyse vor allem die Wertschöpfung im Rahmen von Austauschprozessen analysiert. Für die Bewertung der Kostenseite von zentraler Bedeutung ist daher das Transaktionskostenmodell.40 Unter Transaktionskosten werden allgemein die Kosten verstanden, die im Zusammenhang mit der Ordnung ökonomischer Aktivitäten durch freiwillige Austauschprozesse entstehen.41 Genauer gesagt geht es um jene Kosten, die potentielle Vertragspartner an Information und Koordination aufbringen müssen, um den Vertrag abzuschließen oder durchzusetzen.42 Der hohe Stellenwert, den das Transaktionskostenmodell im Rahmen der ökonomischen Analyse des Rechts besitzt, erklärt sich zum einen aus der bereits erwähnten Bedeutung der Transaktionskosten für die Erreichung des Ziels der Allokationseffizienz. Hohe Transaktionskosten sind grundsätzlich ineffizient, da sie die Möglichkeit einer effizienten Ressourcenallokation durch Austauschgeschäfte behindern. Zum anderen spielt das Transaktionskostenmodell eine zentrale Rolle bei der ökonomischen Rechtfertigung staatlicher Interventionen, indem es die Senkung der Transaktionskosten zwecks Förderung der privaten Austauschprozesse zur entscheidenden Maßgabe für gesetzliche Regelungen erhebt.43 In diesem Sinn ist das Transaktionskostenmodell Grundlage der ökonomischen Rechtfertigung legislativen Eingreifens, gewissermaßen also das Gegenstück zum verfassungsrechtlichen Gebot der Verhältnismäßigkeit. Für diese Arbeit besitzt das Transaktionskostenmodell damit in dreierlei Hinsicht Erkenntniswert. Zum einen kann das bestehende institutionelle Gläubigerschutzsystem unter dem Aspekt beleuchtet werden, ob und inwieweit es Transaktionskosten für die Vertragsparteien senkt. Daran schließt sich zwangsläufig die normative Frage an, wie die Rechtsordnung ausgestaltet sein muß, um, ggf. im Zusammenspiel mit individuellen Lösungen, Transaktionskosten in noch stärkerem Maß zu senken. Schließlich eignet sich das Transaktionsmodell besonders zur Bewertung von Covenants; die Tatsache ihrer häufigen Vereinbarung ist ein Indiz dafür, daß den durch sie verursachten Kosten Vorteile in mindestens gleicher Höhe gegenüberstehen. Hier gilt es neben den Kosten also insbesondere den Nutzen solcher vertraglicher Regelungen herauszuarbeiten.

Umfassend Ruffner, S. 15 ff. Posner (2003), S. 391; vgl. auch Richter / Furubotn, S. 55 ff. mit zahlreichen Beispielen für Transaktionskosten. 42 Schäfer / Ott, S. 5. 43 Vgl. Ruffner, S. 18 ff. 40 41

220 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

III. Informationsasymmetrien In einer Welt, in der Gläubiger ein vollständiges und zutreffendes Bild von den Finanzen der Gesellschaftsschuldnerin sowie ihrer zukünftigen Entwicklung besitzen, gäbe es praktisch kein Bedürfnis für eine gesetzliche Absicherung von Gläubigern. Gläubiger wären im Besitz sämtlicher für die Bonitäts- und Kreditvergabeentscheidung relevanter Informationen und könnten ihr Risiko vollständig durch vertragliche Regelungen absichern bzw. durch das Verlangen einer angemessenen Risikoprämie abgelten. Dieser Idealzustand entspricht indes nicht der Realität. Tatsächlich gibt es keine vollkommene Transparenz der für die Kreditentscheidung erforderlichen Informationen. Vielmehr besitzt der Schuldner einen großen Vorsprung hinsichtlich der für die Kreditentscheidung relevanten Informationen, ist er doch über seine Finanzen und die zukünftige Geschäftsentwicklung selbst am besten informiert. Dies bedingt ein Ungleichgewicht der Informationsverteilung zwischen Schuldnern und Gläubigern, das allgemein als Informationsasymmetrie bezeichnet wird.44 Informationsasymmetrien wirken sich ökonomisch nachteilig aus, da sie die Gläubiger zur Beschaffung von Informationen unter Inkaufnahme von Informationskosten zwingen, was die Transaktionskosten in die Höhe treibt. Ferner sind sie ein wesentlicher Grund für das Problem opportunistischer Verhaltensweisen in Vertragsbeziehungen.45 Kostenerhöhend wirkt auch die Absicherung des Informationsdefizits. Damit sind nicht die Absicherungen gemeint, die sich Gläubiger bei erkanntem Risiko gewähren lassen, sondern solche, die im Hinblick auf einen Mangel an relevanten Informationen hin versprochen werden. Hierzu zählen etwa die laufende Überwachung der Geschäftstätigkeit des Schuldners und Sicherheiten, die aus Sorge vor opportunistischem Verhalten der Schuldnerin verlangt werden. Alle diese Maßnahmen bringen mehr oder weniger hohe Kosten mit sich, die letztlich vom Schuldner getragen werden müssen und je nach Gesamtgröße der Investition lohnen oder aber eine prohibitive Wirkung entfalten. Ein großes Forschungsfeld der ökonomischen Analyse beschäftigt sich mit der Frage nach den Ursachen von Informationsungleichgewichten und damit, wie die durch sie bedingten Informationskosten gesenkt werden können.46 Eine Erkenntnis dieser Informationsökonomie ist, daß strukturelle Informationsasymmetrien in bestimmten Grenzen durch gesetzgeberische Maßnahmen verringert werden können. Die Eignung von Kapitalschutzvorschriften als Mittel des Gläubigerschutzes kann mithin auch daran gemessen werden, inwieweit sie Informationsasymmetrien abbauen und damit eigene, kostenintensive Informationsbeschaffungsmaßnahmen 44 Umfassend Rudolph, S. 163 ff.; Engert (2005), S. 14 ff.; Stigler, J. Polit. Econ. (1961), 213 ff. 45 Vgl. neben vielen Richter / Furubotn, S. 100 f. 46 Umfassend Stigler, J. Polit. Econ. (1961), 213 ff.

§ 6 Kategorien einer ökonomischen Bewertung von Gläubigerschutzsystemen

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der Gläubiger überflüssig machen. Auf der anderen Seite ist die Senkung von Informationskosten auch ein Kriterium für die Qualität von Covenants als vertraglichem Gläubigerschutzinstrument.

IV. Signalfunktionen Rechtliche Regelungen können als Signalgeber fungieren, wenn die Tatsache der Bindung der Adressaten an diese Regelungen Informationsgehalt besitzt und von den Adressaten an Dritte übermittelt werden kann. Dadurch können Informationsungleichgewichte abgebaut und Informationskosten gesenkt werden (signalling). Mit der Betrachtung von Rechtssystemen unter dem Aspekt ihrer Fähigkeit, den Informationsfluß zwischen den individuellen Marktakteuren zu verbessern, ist der Anwendungsbereich der Institutionenökonomik eröffnet. Sie zeigt, daß sich Marktteilnehmer institutionelle Rechtsstrukturen zunutze machen können, um mit ihrer Hilfe ökonomisch wertvolle Informationen an andere Marktteilnehmer zu übermitteln.47 Große Aufmerksamkeit wird vor allem der Signalfunktion des Kapitalschutzsystems gewidmet.48 Aber auch von vertraglichen Regelungen, wie Covenants, können prinzipiell Signalwirkungen an Marktteilnehmer ausgehen.49 Diese Möglichkeit der Informationsvermittlung durch die Bindung an ein vertragliches System steht jedoch unter einem zweifachen Vorbehalt, was sie im Vergleich zur gesetzlichen Variante weniger bedeutsam macht. Zum einen muß gewährleistet sein, daß die betreffenden vertraglichen Regelungen dem Markt publik gemacht werden. Hierfür kann die Rechtsordnung durch geeignete gesetzliche Publizitätsvorschriften sorgen. Transparenz kann aber auch durch Eigeninitiative der Marktteilnehmer oder andere nichtstaatliche Intermediäre hergestellt werden (z. B. durch ein Rating des Schuldners bzw. seiner Schuldtitel durch Ratingagenturen).50 Zum anderen ist der Wert der übermittelten Information durch die Stärke der Bindung des Adressaten an die fragliche Regelung bedingt, da nur ein effektiv gebundener 47 Allgemein zur Überwindung von Informationsdefiziten durch gesellschaftliche Institutionen Schäfer / Ott, S. 506 ff. 48 Siehe dazu unten § 7 B. III. 49 Siehe dazu unten § 8 B. IV. 3. 50 Schäfer / Ott, ebd. Standard & Poors bewertet sämtliche in den USA öffentlich gehandelten Schuldtitel (debt securities), einschließlich Unternehmensanleihen, automatisch und unabhängig von einer Beauftragung durch den Emittent, außerhalb der USA dagegen zumeist nur auf Anfrage, vgl. Standard & Poors, Corporate Ratings Criteria, S. 10. Abweichend davon behält sich Moody’s grundsätzlich das Recht vor, auch ohne Beauftragung Ratings zu vergeben, sofern ein hinreichendes Interesse der Marktteilnehmer an einem Rating besteht und Moody’s über ausreichende Informationen für eine adäquate Bewertung verfügt, vgl. Moody’s Report on the Code of Professional Conduct December 2007, S. 12.

222 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

Adressat die Existenz des vertraglichen Regelungsgegenstandes glaubwürdig signalisieren kann. Diese Bindung kann durch materielle Verhaltenspflichten und ein effektives Sanktionssystem sichergestellt werden. Der Erkenntniswert des ökonomischen Phänomens des signalling für diese Arbeit besteht darin, daß es zum einen aufzeigen kann, inwieweit das Kapitalschutzsystem ein effizienzsteigerndes signalling ermöglicht oder aber behindert. Zum anderen kann das Signal-Potential von Covenants untersucht werden und mit ihm die Frage, ob die dafür erforderlichen Rahmenbedingungen bestehen.

V. Prinzipal-Agenten-Konflikte Ein breites Forschungsfeld der ökonomischen Analyse widmet sich den Prinzipal-Agenten-Konflikten (principal-agent conflicts) und den damit verbundenen Kosten (Agenturkosten oder agency costs).51 In der Grundkonstellation tritt eine Prinzipal-Agenten-Beziehung auf, wenn eine Person (der Prinzipal) eine andere Person (den Agenten) mit einer Geschäftsführung in eigenen Angelegenheiten beauftragt, und dazu Entscheidungsbefugnisse an den Agenten delegiert.52 Der Prinzipal erwartet vom Agenten, daß sich dieser voll und ganz für die Auftragserfüllung einsetzt, also nicht eigene Ziele, sondern die Ziele des Prinzipals verfolgt. Kennzeichnend für derartige Vertragsverhältnisse ist, daß der Fremdgeschäftsführer schnell einen Wissensvorsprung gegenüber dem Prinzipal erwirbt, da der Prinzipal das Engagement seines Agenten nur eingeschränkt erkennen und, wenn überhaupt, nur das Ergebnis seiner Bemühungen sehen kann.53 Der Agent kann diese Informationsasymmetrie und seinen Entscheidungsspielraum zu Lasten des Prinzipals für eigene Zwecke durch opportunistisches Verhalten ausnutzen. In Kapitalgesellschaften, die eine Fremdorganschaft zulassen, ist eine derartige Konfliktlage bereits früh im Verhältnis zwischen Gesellschaftern und Geschäftsleitern erkannt worden.54 Spätere Arbeiten wiesen nach, daß auch zwischen den Gesellschaftern und den Gläubigern der Gesellschaft ein entsprechender Konflikt besteht, der sich letztlich in dem bereits oben entwickelten Gläubigerschutzbedürfnis niederschlägt.55 Die Rechtsökonomik fragt nach geeigneten Vorkehrungen gegen ein eigennütziges Abweichen des Agenten von den Interessen des Prinzipals, um den Kontroll51 Grundlegend Jensen / Meckling, J. Fin. Econ. (1976), 305 ff.; Fleischer, ZGR 2001, 1, 7 ff.; Rudolph, S. 163 ff.; Ruffner, S. 131 f., 216 ff.; Richter / Furubotn, S. 173 ff. 52 So die Definition bei Jensen / Meckling, J. Fin. Econ. (1976), 305, 308. 53 Vgl. Rudolph, S. 163, 165 ff. 54 Diese Konfliktlage ist erstmals bei Berle / Means, S. 112 ff., 219 ff., 244 ff. unter dem Stichwort Trennung von Eigentum und Kontrolle (separation of ownership and control) beschrieben worden. 55 Insbesondere Jensen / Meckling, J. Fin. Econ. (1976), 305, 333 ff.

§ 6 Kategorien einer ökonomischen Bewertung von Gläubigerschutzsystemen

223

aufwand des Prinzipals möglichst gering zu halten. Der innergesellschaftliche Konflikt, der durch das Kollektivhandlungsproblem der Aktionäre bei der Überwachung des Managements im Rahmen von Publikumsgesellschaften verschärft wird, wird vor allem durch zwingende gesellschaftsrechtliche Institute wie Treuepflichten, Organpflichten und Haftungsregeln zu lösen versucht.56 Im Unterschied dazu kann der Konflikt zwischen Gläubigern und Anteilseignern neben gesetzlichen auch durch private Regelungen kontrolliert werden. Diese Konfliktlage scheint einerseits zwar ausgeprägter zu sein, da das Management im Zweifel vorrangig auf die Aktionärsinteressen Rücksicht nehmen wird. Andererseits besitzen Gläubiger gegenüber den Aktionären einen größeren Anreiz und bessere Möglichkeiten zur Kontrolle des Managements, was sie nach mancher Ansicht weniger schutzbedürftig macht.57 VI. Kollektivhandlungs- und free rider-Probleme Die Probleme kollektiver Handlungen und des Trittbrettfahrertums sind klassische Denkmodelle der Ökonomik.58 Das Kollektivhandlungsproblem (collective action problem) beschreibt den fehlenden Anreiz für das einzelne Mitglied eines „Kollektivs“ von Personen gleichgerichteter Interessen, aktiv an einer im Interesse des Kollektivs liegenden Handlung teilzunehmen, weil die dabei entstehenden persönlichen Kosten den zu erwartenden individuellen Gewinn übersteigen. Für den in einer Kollektivhandlungssituation befindlichen Akteur ist es ökonomisch rational, sich eigener Anstrengungen zu enthalten und vom Tätigwerden anderer Gruppenmitglieder ohne eigene Kosten zu profitieren (free riding): Erkennt ein rational handelnder Mensch, daß die Kosten der Inanspruchnahme eines Rechtes außer Verhältnis zu dem damit erzielbaren persönlichen Gewinn stehen, so wird er von seinem Recht nicht Gebrauch machen. Im Falle von Rechten mit Kollektivwirkung ist der Anreiz zu ihrer Durchsetzung umso geringer, je größer die Wahrscheinlichkeit ist, daß andere Gruppenmitglieder von dem Recht Gebrauch machen und damit eine kollektive Wirkung zugunsten der Untätigen (Trittbrettfahrer) entfalten. Die Kehrseite des free riderEffektes ist der spill over-Effekt, der das Phänomen beschreibt, daß die Vorteile einer individuellen, kostenbehafteten Handlung auch anderen zugute kommen, also gewissermaßen eine Inkongruenz der Träger von Kosten und Nutzen der Handlung besteht. Free rider-Effekte sind ineffizient, da sie das Kollektivhandlungsproblem verstärken, indem sie einer Koordination der Handlungen der Gruppenmitglieder entgegenwirken und zu passivem Verhalten anreizen.59 56 Vgl. Ruffner, S. 216 ff., der freilich auch auf die sonstigen Kontroll- und Selbstbindungsinstrumente hinweist, die zur Lösung dieses Konflikts bereitstehen (S. 132, ebd.). 57 Kübler (1989), S. 58; Posner, U. Chi. L. Rev. (1976), 499, 501 f.; Ruffner, S. 135, 165 ff. 58 Vgl. für das Kollektivhandlungsproblem der Aktionäre einer Publikumsgesellschaft Ruffner, S. 441 ff.

224 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

Im Zusammenhang mit Fragen des Gläubigerschutzes tritt dieser Problemkreis zutage, wenn man davon ausgeht, daß in einer Gesellschaft mit mehreren Gläubigern dem einzelnen Gläubiger die Wirkung von Gläubigerschutzregelungen unabhängig davon zugute kommt, ob sie von ihm oder anderen Gläubigern in Anspruch genommen werden. So besteht beispielsweise ein geringer persönlicher Anreiz für die Stellung eines Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, das dem Antragsteller selbst wenig verspricht, dafür aber allen anderen Gläubigern ebenfalls zugute kommt. Das gleiche gilt, in noch stärkerer Form, für die Überwachung des Schuldners (monitoring). Hier kann der free rider-Effekt dazu führen, daß von den Gläubigern insgesamt zu wenig Anstrengungen (undermonitoring) unternommen werden, oder es aber zu Vervielfachungen der Überwachungsmaßnahmen kommt (overmonitoring), weil jeder Gläubiger bemüht ist, die Erfolge seiner Anstrengungen für sich zu behalten.60 Kapitalschutzvorschriften werden vielfach als ein Mittel angesehen, das dem Kollektivhandlungsproblem beim Auftreten mehrerer Gläubiger abhelfen kann.61 Die Alternative des individuell-vertraglichen Gläubigerschutzes durch Covenants bedeutet nämlich für den berechtigten Gläubiger zumeist, daß er die Kosten dieser Form der Absicherung zu tragen hat, während ihr Nutzen auch anderen Gläubigern zugute kommt.62 Ein System des gesetzlichen Gläubigerschutzes mit Vorschriften zur Bildung und Erhaltung eines Garantiekapitals könnte dieses Problem der nachteiligen Anreizwirkung vermeiden, indem es die Kosten der Absicherung für jeden einzelnen Gläubiger niedrig hält und auf den Schuldner verlagert.

VII. Externe Effekte und Verhandlungslösung In engem Zusammenhang mit free rider-Effekten und dem Kollektivhandlungsproblem stehen externe Effekte (externalities). Externalitäten sind Kosten, die von einem Entscheidungsträger durch eine bestimmte Handlungsentscheidung verursacht werden, jedoch nicht bei diesem, sondern bei Dritten anfallen; die Folge ist, daß sie vom Entscheidungsträger im Rahmen seines Entscheidungsprozesses nicht berücksichtigt werden.63 Den externen Kosten steht kein gesamtgesellschaftlicher Gewinn gegenüber (deadweight loss); sie sind daher grundsätzlich ineffizient. Externalitäten können „internalisiert“ werden, indem der Gesetzgeber den Verursacher Haftungsregeln unterwirft oder umgekehrt dem Geschädigten das Recht Levmore, Yale L.J. (1982), 49, 53 ff. Levmore, Yale L.J. (1982), 49. Vgl. auch Eidenmüller (1999), S. 126 f., 346 ff. 61 Miller (2000), S. 79; Armour, Mod. L. Rev. (2000), 355, 362, 367; Mülbert / Birke, EBOR 2002, 696, 729 f. 62 Ausführlich Klaus Schmidt, EBOR 2006, S. 89, 91 ff.; Mülbert / Birke, EBOR 2002, 696, 729 f. 63 Posner (2003), S. 81; Ruffner, S. 20. 59 60

§ 6 Kategorien einer ökonomischen Bewertung von Gläubigerschutzsystemen

225

auf Abwehr der kostenverursachenden Handlung zuweist. Das Coase Theorem postuliert nun, daß unter bestimmten Bedingungen die unterschiedliche Zuweisung handelbarer Rechtspositionen ohne Einfluß auf das Zustandekommen eines effizienten Ergebnisses ist, da sich über Markttransaktionen allokationseffiziente Lösungen durchsetzen werden.64 Dem liegt die Prämisse zugrunde, daß den Kosten externer Effekte Vorteile für den Verursacher gegenüberstehen.65 Deshalb besteht für die Parteien ein Anreiz, auf dem Verhandlungsweg zu einer den Nutzen beider Parteien maximierenden Lösung zu gelangen, und zwar unabhängig davon, wem das Handlungsrecht anfänglich zugewiesen ist. Das Handlungsrecht endet immer bei der Partei, für die es den größten Nutzen besitzt. Dem Zustandekommen einer solchen Allokation können jedoch Transaktionskosten entgegenstehen. Da diese in der Realität niemals gleich Null sind, ist nach dem Coase Theorem der Gesetzgeber gehalten, diese möglichst niedrig zu halten.66 Er wird dies in der Regel durch die Zuweisung des Rechts an denjenigen erreichen, für den es voraussichtlich den höchsten Wert besitzt, da damit eine kostenträchtige Allokation auf dem Verhandlungsweg vermieden werden kann.67 Im Zusammenhang mit dem Interessenkonflikt zwischen Gläubigern und Gesellschaftern wird diskutiert, ob die Haftungsbeschränkung der Gesellschaft zu Externalitäten führen kann, wenn durch sie die Kosten einer besonders risikoreichen Geschäftstätigkeit der Gesellschaft auf die Gläubiger abgewälzt werden.68 Gläubigerschutzregelungen können daher auch unter dem Aspekt beleuchtet werden, inwieweit durch sie derartige Externalitäten internalisiert werden. Während Kapitalschutzsysteme dies dadurch zu erreichen versuchen, daß sie Gesellschafter mit einer Mindesteinlage für die Folgen ihrer Entscheidungen haften lassen, um damit die Anreize zu riskanter Geschäftstätigkeit zu reduzieren, versuchen Covenants die Entstehung von Externalitäten präventiv zu vermeiden. Für den Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist das Coase Theorem insofern von Bedeutung, als dieses argumentativ und methodologisch den Weg zu einem effizienten Gläubigerschutzsystem ebnen kann. Mit seiner zentralen Aussage, daß die Markteilnehmer unter bestimmten Bedingungen durch Verhandlungen ein effizientes Ergebnis hervorbringen werden (sog. Verhandlungslösung oder Tauschprinzip), dient es der ökonomischen Analyse als gedanklicher Ausgangspunkt für die Lösung der Frage, wann staatliches Eingreifen in den Verhandlungsprozeß erforderlich ist. Nach ihm setzt die Legitimation gesetzlicher Regelungen 64 Coase, J.L. & Econ. (1960), 1 ff.; abgedruckt in Assmann / Kirchner / Schanze, S. 129 ff. Weiterführend Ruffner, S. 15 ff. 65 Ruffner, S. 17 f. 66 Eidenmüller (2005), S. 81. 67 Coase, J.L. & Econ. (1960), 1, 19 ff. Vgl. auch die Darstellungen des Coase Theorems bei Posner (2003), S. 55 f.; Schäfer / Ott, S. 100 ff.; Ruffner, S. 15 ff. 68 Dazu bereits oben § 1 C. I.

226 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

dort ein, wo die Verhandlungslösung an ihre Grenzen stößt.69 Das ökonomische Modell der Verhandlungslösung liegt mehr oder weniger explizit den im ersten Kapitel angesprochenen Forderungen nach einem Ersatz des institutionellen durch einen individuellen Gläubigerschutz zugrunde. Die ökonomische Analyse sieht die vorrangige Aufgabe der Rechtsordnung damit in der Förderung und Erleichterung von Markttransaktionen durch den Abbau von Verhandlungshindernissen.70 Letztere bestehen regelmäßig in einem Marktversagen. Einige Formen des Marktversagens sind bereits zur Sprache gekommen: Strukturelle Informationsasymmetrien, externe Effekte, Anreize zu opportunistischem Verhalten, Transaktionskosten etc. Alle diese Umstände erschweren einen effizienten vertraglichen Austauschprozeß. Marktversagen bedingt folglich nicht nur das Gläubigerschutzbedürfnis als solches; es erschwert auch individuelle Maßnahmen zu seiner Überwindung. Die Lösung scheint in der Schaffung eines gesetzlichen Rahmens zu bestehen, der dem Marktversagen entgegenwirkt und Transaktionskosten minimiert. Dort, wo Markttransaktionen an prohibitiv hohen Kosten scheitern, sieht die ökonomische Analyse die Aufgabe der Rechtsordnung darin, eine marktmäßige Lösung zu simulieren (mimic the market).71 Institutionellen Regelungen wie dem Kapitalschutzsystem wird mit dieser Argumentation häufig die Fähigkeit einer Reduzierung von Marktversagen zugeschrieben.72 Diese Auffassung übersieht, daß das Kapitalschutzsystem nach obiger Ausführung im Grunde schon die zweite Stufe einer staatlichen Intervention darstellt, ohne daß die Nutzlosigkeit der ersten Stufe erwiesen wäre: Es versucht gar nicht erst, Verhandlungen über Gläubigerschutzbedingungen zu erleichtern, sondern gibt bereits ein zwingendes Gläubigerschutzniveau vor. Aus Sicht der ökonomischen Analyse setzt dieser Schritt jedoch ein Scheitern der Verhandlungslösung voraus. Und selbst wenn dies aufgrund prohibitiv hoher Transaktionskosten der Fall wäre, bliebe immer noch die Frage, ob eine zwingende Kapitalregulierung die Simulation einer marktmäßigen Lösung darstellt. An dieser Stelle fragt sich, ob nicht andere Instrumente geeigneter sind. Fällen unterschiedlicher Marktmacht zwischen den Parteien, die einem optimalen Verhandlungsergebnis entgegenstehen, kann etwa effektiver mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts als mit dem sachfremderen Kapitalschutzrecht begegnet werden.73 VIII. Pfadabhängigkeiten Pfadabhängigkeiten sind ein ökonomisches Modell, mit dessen Hilfe erklärt werden kann, warum Institutionen über einen längeren Zeitraum stabil bleiben, 69 70 71 72 73

Grundlegend Ruffner, S. 15 ff. 18 ff.; ferner Eidenmüller (2005), S. 63 ff. Ruffner, S. 18 ff. Eidenmüller (2005), S. 65; Ruffner, S. 18 ff. Armour, Mod. L. Rev. (2000), 355, 357. Vgl. Armour, Mod. L. Rev. (2000), 355, 358.

§ 6 Kategorien einer ökonomischen Bewertung von Gläubigerschutzsystemen

227

obwohl sie aus objektiver Sicht vergleichsweise ineffizient erscheinen und deshalb – nicht zuletzt aufgrund einer durch den Wettbewerb der Gesellschaftsrechtsordnungen bewirkten Konvergenz zum „effizientesten“ System74 – hätten angepaßt werden müssen.75 Die Ursache dafür ist letztlich die Bindung der Ressourcen einer Rechtsordnung an ein bestimmtes, im Laufe vieler Jahre evolutionär entstandenes Rechtssystem. Je länger ein bestimmtes Rechtssystem in einer Rechtsordnung vorherrschend gewesen ist, desto größer ist die Ausrichtung von Wissenschaft, Rechtsprechung und Praxis auf dieses System.76 Die Feststellung einer solchen Abhängigkeit hat für sich genommen allerdings noch keinen großen Erkenntniswert. Aus ökonomischer Sicht entscheidend sind die Kosten, die entstehen, wenn von einem solchen „Pfad“ abgewichen werden soll (switching costs).77 Diese Kosten können bei entsprechender Höhe einen Systemwechsel erschweren oder gänzlich ineffizient erscheinen lassen, selbst wenn das angestrebte gegenüber dem bestehenden System Effizienzvorteile besitzt. Während die zuvor dargestellten Kategorien auf Kosten innerhalb eines Systems rekurrieren, dienen Pfadabhängigkeiten als Analyserahmen für die zur Überwindung eines Systems aufzubringenden switching costs. Die Figur der Pfadabhängigkeit besitzt verschiedene Implikationen, je nachdem ob man sie auf gesetzliche oder vertragliche Institutionen anwendet. Im erstgenannten Fall versucht sie insbesondere die Widerstände herauszuarbeiten, die einem Systemwechsel entgegenstehen können78, wie etwa dem Wechsel von einem System des institutionellen Gläubigerschutzes zu einem System des informationellen Selbstschutzes. Im Falle vertraglicher „Institutionen“, wie etwa von Covenants, richtet sich der Blickpunkt dagegen weniger auf die Widerstände der individuellen Marktakteure gegen eine Umstellung des Vertragssystems. Vielmehr wird das Vertragsrecht grundsätzlich als Möglichkeit begriffen, ineffiziente gesetzliche Regelungen zu umgehen und damit der Pfadabhängigkeit gesetzlicher Institutionen entgegenzuwirken.79 Im Mittelpunkt stehen dort die mit einer Standardisierung von Vertragsbedingungen einhergehenden Lerneffekte, die eine Anpassung des Vertragssystems an veränderte Umstände erschweren und damit ihrerseits zu Ineffizienzen führen können.80

74 So eindringlich für den Markt der Gesellschaftsrechtssysteme Hansmann / Kraakman (2004), S. 33 ff., 45 ff. Vgl. zur effizienzorientierten Konvergenz auch Bebchuk / Roe, S. 74 ff. 75 Heine, S. 197; umfassend Bebchuk / Roe, S. 69 ff. 76 Dies sind die sog. complementarities, vgl. auch unten Fn. 151. 77 Vgl. Bebchuk / Roe, S. 96 f.; Schmidt / Spindler, S. 114, 116. 78 Dazu insbesondere Bebchuk / Roe, S. 69 ff. 79 Vgl. Bebchuk / Roe, S. 101 f.; Hansmann / Krakman (2004), S. 66. 80 Dazu eingehend unten § 8 B. IV. 4.

228 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

§ 7 Das Kapitalschutzsystem aus Sicht der ökonomischen Analyse Im folgenden gilt es, das Kapitalschutzsystem als Gläubigerschutzkonzept mit dem Instrumentarium der ökonomischen Analyse zu erfassen und zu bewerten. Dabei kann zum Teil an die im ersten Kapitel gefundenen Ergebnisse angeknüpft werden, in dem es um die Frage ging, ob das Kapitalschutzsystem dem Gläubigerschutzziel in funktionaler Hinsicht gerecht wird. Der Frage nach der Eignung einer Regelung zur Erreichung des mit ihr verfolgten Zweckes kommt bei der Effizienzanalyse entscheidende Bedeutung zu: Nicht zweckdienliche Normen führen potentiell zu einer Fehlallokation von Ressourcen, da sie Ressourcen an Stellen binden, wo sie nicht gewinnbringend eingesetzt werden können.

A. Kapitalregulierungen und ihr Einfluß auf den Unternehmenswert Kapitalschutzvorschriften können rechtsökonomisch als ein Regelungsregime verstanden werden, welches die Höhe des Eigenkapitals in einer Gesellschaft im weitesten Sinne reguliert.81 Dabei ist der Begriff des Eigenkapitals vom ökonomischen Kapitalbegriff zu unterscheiden, der sämtliche Vermögensgegenstände und Schulden einer Gesellschaft umfaßt. Eigenkapital dagegen bedeutet das auf der Passivseite der Bilanz verbuchte, den Gesellschaftern zustehende residuale Gesellschaftsvermögen, das in Nennkapital und Kapital- bzw. Gewinnrücklagen unterteilt ist.82 Ein so verstandenes Kapitalschutzrecht greift zum Schutz der Gläubiger durch zwingende Regelungen nicht nur in die Finanzverfassung, sondern auch in die Finanzierungsentscheidungen einer Gesellschaft ein. Durch die Pflicht zur Aufbringung und Erhaltung eines Mindestkapitals und eine gesetzliche Kapitalbindung werden Ausschüttungen erschwert, was die Eigenkapitalfinanzierung am Kapitalmarkt verteuert und die Fremdkapitalfinanzierung sowie die Selbstfinanzierung durch Thesaurierungen fördert.83 Ferner greift es in die Freiheit der Akteure ein, ihre Rechtsbeziehung selbst zu regeln, indem es – bis zu einem gewissen Grad – eine zwingende Risikoverteilung zwischen Gesellschaftsschuldnerin und Gläubiger vorgibt.84

81 82 83 84

Diese Definition liegt der Arbeit von Miller (2000), S. 67 zugrunde. MüKoAktG / Kropff, § 272 HGB, Rdn. 2. Siehe bereits die Ausführungen oben unter § 3 III. Böckmann, S. 4 f.

§ 7 Das Kapitalschutzsystem aus Sicht der ökonomischen Analyse

229

I. Irrelevanz-Hypothese Die Frage ist, ob dieser gesetzliche Eingriff in die Kapital- und Risikostruktur mit einer dadurch bewirkten Steigerung des Unternehmenswertes zu rechtfertigen ist. Dazu kann auf die Irrelevanz-Hypothese von Modigliani und Miller zurückgegriffen werden.85 Danach soll unter den Bedingungen von Marktransparenz und einem effizienten Kapitalmarkt86 die jeweilige Kapitalstruktur einer Gesellschaft ohne Auswirkung auf ihren Wert sein.87 Eine Gesellschaft besitzt demzufolge unabhängig davon den gleichen Wert, ob sie zu 100% mit Eigenkapital, zu 100 % mit Fremdkapital oder einer Kombination von beidem finanziert ist. Die bedeutsame Frage, ob durch die Wahl einer bestimmten Kapitalstruktur die Kapitalkosten verringert und damit der Unternehmenswert gesteigert werden kann, beantworten Modigliani und Miller damit, daß jede Kapitalstruktur gleich gut ist, und Marktwertsteigerungen nur durch Dispositionen im leistungswirtschaftlichen Bereich (also auf der Aktivseite der Bilanz) des Unternehmens möglich sind. Diese Aussage läßt sich mithilfe des Arbitragearguments begründen, wonach eine bestimmte Finanzierungsentscheidung der Unternehmensleitung von den Investoren jederzeit durch eine spiegelbildliche Anlagenmischung oder private Verschuldung neutralisiert werden kann.88 Die logische Schlußfolgerung aus dieser Theorie ist, daß auch die auf der Passivseite stattfindende Kapitalregulierung den Wert des Unternehmens unbeeinflußt läßt.89 Ihre Vorschriften binden zwar Eigenkapital in der Gesellschaft und schränken so ihre finanzielle Flexibilität ein. Die jeweilige Eigenkapitalquote ist aber gerade irrelevant für den Unternehmenswert. Dieses Ergebnis leuchtet auch ein, wenn man sich die zugrunde liegenden Prämissen eines perfekten Marktes mit niedrigen Transaktionskosten vergegenwärtigt: In diesem Fall wären die Gläubiger in der Lage, Kreditrisiken vollständig zu antizipieren und diese durch die Aushandlung eines entsprechenden Zinssatzes zu amortisieren. Die Gesellschafter auf der anderen Seite wären nicht in der Lage, die Gläubiger durch eine Unterkapitalisierung der Gesellschaft auszubeuten. Die Folge wären niedrige Informations- und Agenten-Kosten, und damit entsprechend niedrige Fremdkapitalkosten. Folgt man dieser Argumentation, so stellt sich – aus ökonomischer Sicht – die Frage, warum es überhaupt einer gesetzlichen Kapitalregulierung bedarf. Die 85 Modigliani / Miller, Am. Econ. Rev. (1958), 261 ff.; ausführlich zu dieser Theorie aus finanzwirtschaftlicher Sicht Rudolph, S. 57 ff., 97 ff. 86 Zu dieser finanzwissenschaftlichen Modellannahme Rudolph, S. 85 ff. und Sester, S. 100 ff. 87 Modigliani / Miller, Am. Econ. Rev. (1958), 261, 268; eingehend zu den Annahmen des Theorems auch Rudolph, S. 98. 88 Dazu Rudolph, S. 57 ff.; Ruffner, S. 145. 89 Vgl. Miller (2000), S. 67.

230 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

Rechtfertigung kann jedenfalls, die Richtigkeit der Irrelevanz-Theorie vorausgesetzt, nicht in einer Steigerung des Unternehmenswertes durch die Festschreibung einer bestimmten Finanzstruktur liegen. Dies gilt jedoch nur, solange die idealisierten Annahmen der These tatsächlich zutreffen. Im Falle eines Versagens des vorausgesetzten idealen Marktzustandes kann der Kapitalschutz ökonomisch gerechtfertigt sein, wenn er dem Ausgleich dieses Marktversagens dient.

II. Unternehmenswertsteigerung durch Ausgleich von Marktversagen Der Markt für einen Ausgleich von Gläubiger- und Schuldnerinteressen kann in mehrfacher Hinsicht als gestört angesehen werden90: Erstens besteht eine Informationsasymmetrie zwischen Gläubigern und den im Besitz der relevanten Informationen befindlichen Gesellschafter. In der Realität haben Gläubiger nur selten perfekte Informationen über die finanzielle Lage der Gesellschaft sowie die Risikopräferenzen der Gesellschafter und können somit etwaige Kreditrisiken nicht effizient einschätzen.91 Zweitens sind die Transaktionskosten durchweg höher als in dem von Modigliani und Miller angenommen Idealzustand eines unbehinderten Kapitalmarktes. Sie steigen mit Größe und Komplexität der Transaktion und können eine Vertragsgestaltung verhindern, die die Agenten-Kosten effizient senkt.92 Beide Störungen – Informationsasymmetrie und Transaktionskosten – versucht eine Kapitalregulierung in gewissem Umfang auszugleichen, indem sie Gesellschaften die Bildung eines „Eigenkapitalkissens“ vorschreibt. Wenn dadurch das Vertrauen der Gläubiger in die Bonität der Unternehmen insgesamt gestärkt wird, reduzierten sich damit die Transaktionskosten, da Vertrauen aus ökonomischer Sicht ein Äquivalent für die Aufwendung von Informationskosten darstellt.93 Die Frage, ob es dem geltenden Kapitalschutzsystem gelungen ist, dieses Vertrauen tatsächlich herzustellen, darf allerdings nach den Ausführungen des ersten Kapitels bezweifelt werden. Drittens schützt ein gesetzliches Kapitalschutzsystem die Gesellschaft – der Theorie nach – vor der Insolvenz und die Allgemeinheit vor den damit einhergehenden Kosten.94 Wäre das Gesellschaftskapital effektiv reguliert, so könnte damit eine Insolvenz der Gesellschaft dauerhaft verhindert werden.95 Verluste werden zunächst vom Kapitalpolster getragen, und bei einer Aufzehrung des Garantiekapitals 90 91 92 93 94 95

Überblick bei Miller (2000), S. 68 f. Bezzenberger (2005), S. 108 ff. Vgl. Bezzenberger (2005), S. 114 ff. Ruffner, S. 82. Siehe oben § 2 A. I. 1. c). Miller (2000), S. 68.

§ 7 Das Kapitalschutzsystem aus Sicht der ökonomischen Analyse

231

hat die Geschäftsführung die Wahl zwischen einer Liquidation oder der Zuführung frischen Kapitals. Damit zwänge ein Kapitalschutzsystem kein unwirtschaftliches Unternehmen, im Markt zu bleiben, sondern verlagerte schlicht den Zeitpunkt, von dem an eine Umstrukturierung des Gesellschaftskapitals erfolgen muß, nach vorne.96 Eine weitere Marktstörung, die mithilfe einer Kapitalregulierung behoben werden soll, ist die von der Haftungsbeschränkung ausgehende negative Anreizwirkung für die Gesellschafter (moral hazard). Mit zunehmender Ausdünnung der Kapitaldecke einer Gesellschaft steigt der Anreiz für die Anteilseigner, riskante Geschäfte vorzunehmen.97 In der Krise der Gesellschaft, wenn ihr Scheitern aus Sicht der Gesellschafter unausweichlich erscheint, ist der Anreiz zur Veränderung der Risikostruktur und damit die Gefahr höherer Insolvenzkosten besonders hoch. An dieser Stelle soll ein garantiertes Mindestkapital gewissermaßen den Einsatz für die Gesellschafter erhöhen und damit ihren Anreiz zur Risikofreude dämpfen.98 Diese Fälle von Marktversagen führen über eine Erhöhung der Transaktionsund Informationskosten unmittelbar zu einer Erhöhung der Kapitalkosten für die Gesellschaft und damit zu einem sinkenden Unternehmenswert, wenn sich die Gesellschaft mit Fremdkapital finanziert.99 Eine Kapitalregulierung, die diese Marktdefizite effektiv reduziert, könnte sich also positiv auf den Unternehmenswert auswirken. Die für die Bewertung eines Kapitalschutzsystems entscheidende Frage lautet daher, inwieweit dieses die spezifischen Transaktions- und AgentenKosten für Schuldner und Gläubiger zu reduzieren vermag.

B. Ansätze einer ökonomischen Rechtfertigung von Kapitalschutzsystemen I. Verringerung nachteiliger Investitionsanreize Die Effizienz des Kapitalschutzsystems ist nunmehr daran zu messen, wie sie die vorgenannten Marktstörungen bewältigt. Zur Rechtfertigung von Mindestkapital- und Kapitalerhaltungsvorschriften wird immer wieder auf den Prinzipal-Agenten-Konflikt zwischen Gläubigern und Gesellschaftern hingewiesen; letztere neigen bei steigendem Fremdkapitalanteil (Leverage) zur Investition in riskantere Projekte und unter bestimmten Umständen auch dazu, Zahlungsüberschüsse direkt auszuschütten und nicht in InvestiZu dieser Argumentation bereits oben § 2 A. I. 1. c). Siehe oben § 1 C. II. 98 Miller (2000), S. 69; Bezzenberger (2005), S. 119 f. 99 Diese der Gefahr opportunistischen Verhaltens geschuldete Prämie ist Teil der agency costs of debt, vgl. Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117. 96 97

232 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

tionsprojekte mit positivem Nettobarwert zu investieren (Unterinvestitionsproblem).100 Das Kapitalschutzsystem vermag diese negative Anreizstruktur indes nicht entscheidend umzukehren. Zwar entfaltet das Mindestkapitalerfordernis eine gewisse positive Wirkung auf den moral hazard der Gesellschafter, da mit zunehmender Höhe des Kapitaleinsatzes die Risikoaversion der Gesellschafter steigt.101 Es kann allerdings nicht verhindern, daß der „Einsatz“ der Gesellschafter durch spätere Verluste aufgezehrt wird und damit schnell seine Funktion als „Risikobremse“ verliert.102 Dafür schafft das Kapitalschutzsystem jedoch negative Anreize in Richtung einer Überinvestition: Je näher das Scheitern der Gesellschaft rückt, desto größer ist der Anreiz für die Gesellschafter, auch in Projekte mit geringer Erfolgswahrscheinlichkeit zu investieren.103 Das Kapitalschutzsystem verstärkt diesen Anreiz noch, da es das Kapital in der Gesellschaft bindet und die Gesellschaft damit zur Reinvestition zwingt.104 II. Standardvertrag-Hypothese Das Gläubigerschutzbedürfnis hat sich als real und damit korrekturbedürftig erwiesen, eine Welt ohne Transaktionskosten dagegen als fiktiv. Ein Selbstschutz der Gläubiger im Sinne der Verhandlungslösung ist nur dort möglich, wo die Transaktionskosten nicht prohibitiv hoch sind. Nach den oben entwickelten Kategorien einer ökonomischen Bewertung von Gläubigerschutzsystemen läßt sich das Kapitalschutzsystem daher als der Versuch rechtfertigen, Transaktionskosten für die Parteien durch die Vorgabe von Standardbedingungen zu senken. Man interpretiert den Kapitalschutz als „kollektives Vertragsangebot“ des Gesetzgebers, das den Parteien ein kostenträchtiges Aushandeln vertraglicher Gläubigerschutzregelungen erspart.105 In der Tat scheint dies ein tragfähiger Ansatz zur ökonomischen Rechtfertigung eines gesetzlichen Kapitalschutzsystems zu sein. Denn wie oben ausgeführt wurde, sieht die ökonomische Analyse des Rechts eine wichtige Aufgabe des Gesetzgebers darin, durch die Schaffung dispositiver Standardregelungen Transaktionskosten für die Parteien zu senken und damit einen geeigneten Rahmen für eine unbehinderte Güterallokation zu schaffen. 100 Dazu Rudolph, S. 176 ff. Zu den verschiedenen Möglichkeiten opportunistischen Verhaltens siehe Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 118 ff.; Enriques / Macey, Corn. L. Rev. (2000), 1165, 1168 ff. und oben § 1 C. II. 101 Easterbrook / Fischel, U. Chi. L. Rev. (1985), 89, 115. 102 Siehe bereits oben § 1 D. 103 Umfassend Bezzenberger (2005), S. 103 f. 104 Kuhner, ZGR 2005, 769. 105 So insbesondere Schön, ZGR 2000, 727 f.; ders., EBOR 2004, 429, 438 ff.; Kirchner (1997), S. 279; Armour, Mod. L. Rev. (2000), 355, 368, 373 f.

§ 7 Das Kapitalschutzsystem aus Sicht der ökonomischen Analyse

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Die Vertreter dieses Ansatzes müssen sich allerdings über seine Grenzen im klaren sein. In seiner Formulierung vermag er zwar die Frage des „ob“ eines gesetzgeberischen Eingreifens im positiven Sinne zu beantworten: So läßt sich nach den Feststellungen des ersten Kapitels das generelle Bedürfnis nach gesetzlichen Regelungen zum Schutze der Gläubiger nur schwerlich leugnen. Damit ist aber noch lange nicht gesagt, daß er gerade eine gesetzliche Kapitalregulierung als Mittel des Gläubigerschutzes trägt. Eine solche wäre nur dann gerechtfertigt, wenn sie in nennenswertem Umfang Transaktionskosten für die Parteien senkt. Eine effiziente Senkung von Transaktionskosten läßt sich mit zwingenden Regelungen jedoch nur dann erreichen, wenn diese dem hypothetischen Parteiwillen entsprechen. Anders ausgedrückt: Das Kapitalschutzsystem kann seinen Anspruch als „Standardvertragsangebot“ nur dann einlösen, wenn sein Inhalt dem entspricht, was die Vertragsparteien ohne entgegenstehende Transaktionskosten vereinbart hätten.106 Für das Vorliegen dieser Prämisse scheinen die in der Praxis zu beobachtenden vertraglichen Gläubigerschutzregelungen zu sprechen. So vollziehen die in Covenants enthaltenen Regelungen Kapitalschutzvorschriften stellenweise nach, wenn sie Ausschüttungen an die Gläubiger begrenzen oder ein bestimmtes Eigenkapitalniveau vorschreiben.107 Dies wird von manchen als empirischer Hinweis auf die Effizienz der gesellschaftsrechtlichen Ausschüttungssperre gewertet.108 Bereits oben sind allerdings die Schwächen dieses Vergleichs offengelegt worden.109 So bestehen auch in funktionaler Hinsicht deutliche Unterschiede zwischen vertraglichen und gesetzlichen Ausschüttungssperren. Hinzu kommt, daß das zwingende Kapitalschutzrecht den Parteien gerade keine Vertragsgestaltungsfreiheit beläßt, wie es der Terminus des „kollektiven Vertragsangebots“ suggeriert. Dazu müßten diese Regelungen dispositiv ausgestaltet sein, den Parteien also ein „opting-out“ ermöglichen. Eher läßt sich aus der Vertragspraxis die gegenteilige Schlußfolgerung ziehen, daß die Akteure das Kapitalschutzsystem nicht als so effizient ansehen, daß eine Simulation lohnenswert erschiene. Hiergegen mag man argumentieren, daß die Existenz des Kapitalschutzrechts eine schuldrechtliche Simulation gerade entbehrlich mache. Dennoch läßt sich mit diesem Begründungsansatz die häufige Vereinbarung von Covenants und anderer vertraglicher Schutzklauseln auch in Ländern mit Kapitalschutzsystemen nur schwer erklären. Würde das Kapitalschutzsystem von den Parteien tatsächlich als Standardvertrag geschätzt, so ist ebenso unerklärlich, warum gerade Kreditinstitute der Nennkapitalziffer eine so geringe Bedeutung für die Finanzierungsentscheidung beimessen.110 Schließlich Easterbrook / Fischel (1991), S. 34 f. Merkt, ZGR 2004, 305, 318 f. 108 Vgl. Schön, ZGR 2000, 706, 726 f.; Kuhner, ZGR 2005, 753, 784 ff.; Merkt, ZGR 2004, 305, 318 f. 109 Siehe oben § 5 E. 110 Nach einer englischen Studie stellt das Nennkapital keinen relevanten Faktor für die Finanzierungsentscheidung der Banken dar, Berry / Faulkner / Hughes / Jarvis, British Ac106 107

234 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

wird die Standardvertragshypothese als Legitimationsgrundlage des Kapitalschutzrechts in dem Maß entkräftet, in dem Covenants von der Praxis standardisiert werden und damit eine alternative, marktmäßige Institution besteht, die die Akteure von der Notwendigkeit der privaten Regelfindung entlastet.111

III. Signalfunktionen 1. Der Signalwert des Nennkapitals aus Sicht der Gläubiger Ein häufig vorgebrachtes Argument für die Effizienz des Kapitalschutzsystems ist der Informationswert, der einer gesetzlich geschützten Nennkapitalziffer hinsichtlich der Unterscheidung zwischen „guten“ und „schlechten“ Schuldnern beigemessen wird.112 Die Institution des Nennkapitals ermögliche es gesunden Unternehmen, durch die Wahl eines hohen Nennkapitals Gläubigern gegenüber ihre Solidität zu signalisieren; weniger finanzstarke oder risikoreichere Unternehmen würden dagegen aus Kostengründen auf dieses Signal verzichten. Damit könnten Unternehmen das angesprochene Informationsungleichgewicht zu den Gläubigern positiv beeinflussen und ihren Unternehmenswert steigern.113 Die Möglichkeit, über die Kapitalstruktur unternehmenswertsteigernde Informationen an den Kapitalmarkt zu senden, widerspricht zwar der Irrelevanztheorie; da diese jedoch, wie dargelegt, von der praxisfernen Annahme einer perfekten Information der Marktteilnehmer ausgeht, treffen ihre Aussagen dort nicht mehr zu, wo die Kapitalstruktur als Signalgeber zur Verringerung tatsächlich bestehender Informationsdefizite eingesetzt wird.114 Eine solche Signalfunktion der aktienrechtlichen Vermögensbindung wird vordergründig durch die Rechtswirklichkeit bestätigt. So besitzen große deutsche Publikumsgesellschaften durchweg ein zum Teil deutlich über dem Mindestkapital liegendes Grundkapital, obwohl die Ergebnisse des ersten Kapitels eher die Vermutung rechtfertigen, daß Unternehmen ein möglichst geringes Nennkapital wählen.115 Die Tatsache, daß Gesellschafter dennoch freiwillig weitaus mehr Eigenkapital der gesetzlichen Vermögensbindung unterwerfen, könnte die These stützen, wonach Unternehmen damit Signale an die Kapitalmärkte aussenden wollen. Dieser empirische Befund läßt sich jedoch auch damit erklären, daß das Aktiengesetz den Gesellschaftern bei der Finanzierung der Gesellschaft mit Eigenkapital counting Rev. (1993), 131, 140 ff.; zum gleichen Befund kommt Walter, AG 1998, 370, 372 für deutsche Banken. 111 Zum Standardisierungsgrad von Covenants siehe ausführlich unten § 8 B. IV. 4. 112 Vgl. Mülbert / Birke, EBOR 2002, 696, 727 ff.; Kuhner, ZGR 2005, 765 f. 113 Mülbert / Birke, ebd. 114 Vgl. Ross, Bell J. Econ. (1977), 23 ff. 115 Vgl. Bezzenberger (2005), S. 22 ff., 55 ff.

§ 7 Das Kapitalschutzsystem aus Sicht der ökonomischen Analyse

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kaum eine andere Wahl läßt, als dieses in Form von Nennkapital zuzuführen, da die Alternativen in der Regel einer ähnlichen Vermögensbindung unterliegen.116 Überdies ist fraglich, ob einem hohen Nennkapital von den Gläubigern tatsächlich die Signalwirkung beigemessen wird, die ihr teilweise unterstellt wird. Genauso gut könnte ein hoher Fremdkapitalanteil von Gläubigern als ein positives Signal dahingehend verstanden werden, daß das Unternehmen aus Sicht von Fremdkapitalgebern als gesund und fähig eingestuft wird, größere Schulden zu begleichen.117 Letzteres kann zudem Ausdruck eines Vertrauensbeweises des Managements sein, das von der durch einen hohen Fremdkapitalanteil ausgehenden Insolvenzgefahr persönlich betroffen wäre.118 Gläubiger könnten Kapitalerhöhungen folglich weniger als Vertrauensbeweis der Aktionäre, sondern vielmehr als Zeichen fehlenden Vertrauens der Fremdkapitalgeber verstehen. Auch vermag die These von einer positiven Signalwirkung des Nennkapitals nicht zu erklären, weshalb das Nennkapital für die Kreditentscheidung von Banken kaum eine Rolle spielt.119 Stattdessen gibt es andere Gründe, weshalb ein Unternehmen eine Kapitalstruktur mit einem hohen Eigenkapitalanteil wählt. So kann das Management den mit hohen Schulden einhergehenden, steigenden Einfluß der Gläubiger im Unternehmen scheuen.120 Allerdings ist dem Kapitalschutzsystem zugute zu halten, daß es als Medium der Information über eine bestimmte Eigenkapitalausstattung grundsätzlich besser geeignet ist als schuldrechtliche Vereinbarungen, wie auch immer man den Informationsgehalt eines hohen Nennkapitals aus Gläubigersicht bewerten mag. Zum einen macht seine strenge, haftungsbewehrte Vermögensbindung, deren Durchsetzung nicht im Belieben eines einzelnen Gläubigers steht, entsprechende Signale glaubwürdiger. Zum anderen ist nicht jedes Unternehmen an Covenants, die ebenfalls als Signalgeber dienen könnten, gebunden. 2. Auswirkungen auf den Signalwert von Ausschüttungen und Aktienrückkäufen Positive Signalisierungseffekte könnte das Kapitalschutzsystem im Hinblick auf seine Differenzierung zwischen Aktiendividenden (stock dividend) und Aktiensplits (stock split) entfalten.

116 Dies gilt für Über-pari-Emissionen, Genußrechte und vertragliche Zuzahlungspflichten, vgl. Eidenmüller / Engert, AG 1995, 97, 101 ff., die von einem faktischen „Typenzwang“ zur Zuführung gebundenen Kapitals sprechen. Kapitalerhöhungen führen wegen der Verknüpfung des Grundkapitals mit den einzelnen Aktien (§ 1 Abs. 2 AktG) zwingend zu einer Erhöhung des Nennkapitals, vgl. Bezzenberger (2005), S. 33 ff. 117 Vgl. Ross, Bell J. Econ. (1977), 23, 37; ebenso Ruffner, S. 145 f. 118 Ross, Bell J. Econ. (1977), 23, 37; Ruffner, S. 146. 119 Vgl. Walter, AG 1998, 370, 371. 120 Modigliani / Miller, Am. Econ. Rev. (1958), 261, 292 f.

236 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

Bei der Aktiendividende werden Aktien, die aus einer nominellen Kapitalerhöhung stammen, als Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet. Bei einem Aktiensplit werden existierende Aktien in eine größere Anzahl neuer Aktien mit einem geringeren Nennwert umgewandelt. In beiden Fällen findet ein realer Vermögenszufluß zu den Aktionären bzw. ein Vermögensabfluß von der Gesellschaft nicht statt und bleiben die Beteiligungsverhältnisse unverändert.121 Trotzdem gibt es empirische Anhaltspunkte dafür, daß der Kapitalmarkt die Ausschüttung von Aktiendividenden durch US Gesellschaften höher bewertet als Aktiensplits, sofern die Gesellschaft der Bindung durch ein legal capital-System unterliegt.122 Eine mögliche Erklärung für diese unterschiedliche Wertschätzung besteht darin, daß eine der Bindung durch ein Kapitalschutzsystem unterliegende Gesellschaft durch Aktiendividenden positive Geschäfts- und Wachstumsaussichten signalisieren kann. Denn während Aktiendividenden nach vorheriger nomineller Kapitalerhöhung den Anteil des gebundenen Vermögens erhöhen123, verändern Aktiensplits das gebundene Vermögen nicht, was sie aus Sicht der Gesellschaft billiger macht. Durch die Entscheidung für teurere Aktiendividenden vermag sich die Gesellschaft offenbar in positiver Weise von Gesellschaften, die diese Kosten scheuen, abzuheben. Ein solches Signal ist freilich nur dann möglich, wenn die Gesellschaft der Vermögensbindung eines Kapitalschutzsystems unterliegt. Allerdings beschränkt sich diese positive Signalwirkung des Kapitalschutzrechts auf die relativ seltene Form der Aktiendividende. Auch die in der Praxis weitaus bedeutsamere Ankündigung einer Bardividende durch die Unternehmensleitung kann dem Kapitalmarkt Insider-Informationen über die erwartete Cash Flow-Entwicklung der Gesellschaft übermitteln und damit den Unternehmenswert steigern.124 Diese Möglichkeit der Informationsvermittlung wird durch das Kapitalschutzsystem mit seiner generellen Tendenz, Ausschüttungen zu erschweren und stattdessen die Selbstfinanzierung des Unternehmens zu fördern, stark behindert.125 Die dadurch entstehenden Opportunitätskosten dürften den vergleichsweise geringen Signalwert bei der Gewährung von Aktiendividenden kaum ausgleichen.126 Peterson / Hawker, Akron L. Rev. (1997), 175, 202 ff. Peterson / Hawker, Akron L. Rev. (1997), 175, 206 ff. 123 In Deutschland kommen zwei Möglichkeiten für die Ausgabe von Aktiendividenden in Betracht: Die Gesellschaft kann gem. § 71 Nr. 8 AktG zurückerworbene Aktie als sog. Sachausschüttung gem. § 58 Abs. 5 AktG ausschütten, vgl. Hüffer, § 58, Rdn. 32; Lutter / Leinekugel / Rödder, ZGR 2002, 204, 210 ff. Oder sie kann durch eine nominelle Kapitalerhöhung gem. § 207 AktG Rücklagen in Grundkapital umwandeln und (fakultativ) junge Aktien in entsprechender Höhe gem. § 212 AktG anteilig an die Aktionäre ausgeben. In beiden Fällen bedarf es der Zustimmung der Hauptversammlung. 124 Fischel, Va. L. Rev. (1981) 699, 708 f.; Rudolph, S. 449. 125 Kuhnert, ZGR 2005, 753, 773 f.; Enriques / Macey, Corn. L. Rev. (2000), 1165, 1196. 126 Unter Opportunitätskosten versteht man den entgangenen Ertrag, den ein wirtschaftliches Gut in der bestmöglichen alternativen Verwendung schaffen könnte, vgl. Schäfer / Ott, S. 81. 121 122

§ 7 Das Kapitalschutzsystem aus Sicht der ökonomischen Analyse

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Entsprechendes gilt für den Rückkauf eigener Aktien als besondere Form der Vermögensausschüttung. Mit der Ankündigung eines Rückkaufs eigener Aktien zu einem, wie häufig, deutlich über dem Kurswert liegenden Preis kann das Management den Anlegern signalisieren, daß es das Unternehmen für unterbewertet hält.127 Da eine solche Ankündigung regelmäßig überproportionale Kurssteigerungen zur Folge hat, kann das Management auf diese Weise offenbar wertvolle Insider-Informationen an die Aktionäre weitergeben.128 Die starke Beschränkung des Rückkaufs eigener Aktien durch § 71 AktG verringert auch den ökonomischen Wert dieses Informationskanals.129

IV. Begrenzung des Kollektivhandlungs- und free rider-Problems Ein auf vertraglicher Selbstabsicherung basierender Gläubigerschutz sieht sich mit dem Problem konfrontiert, daß ihm ein System zur kollektiven Durchsetzung der Gläubigerrechte im Interesse aller Gläubiger nicht zur Seite steht. Die Folge sind Kollektivhandlungs- und free rider-Probleme. Während der spill over-Effekt einer Covenants-gestützten Vereinbarung noch dafür sorgen mag, daß auch andere Gläubiger in den Genuß der darin enthaltenen Verhaltenspflichten des Schuldners kommen130, gilt dies für das Sanktionssystem der Covenants nicht mehr uneingeschränkt.131 Hierin wird eine Stärke des Kapitalschutzsystems gesehen, dessen Haftungsregeln die Rückgewähr unzulässig ausgeschütteten Gesellschaftsvermögens an die Gesellschaft im Interesse aller Gläubiger vorsehen.132 Damit soll eine eigennützige Rechtsdurchsetzung einzelner Gläubiger auf Kosten der Gläubigergesamtheit vermieden und damit das bei privaten Regelungen auftretende Kollektivhandlungsproblem reduziert werden.133 Übersehen wird allerdings oft, daß das Sanktionssystem des Kapitalschutzrechts in der Mehrzahl der Fälle erst in der Insolvenz der Gesellschaft vom Insolvenzverwalter in Anspruch genommen wird. In dieser Phase gilt ohnehin der Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger, während die der Gesellschaft zustehenden Ansprüche nur noch von zweifelhaftem Wert für die Gläubiger sind. Die Durchset127 Kübler (1989), S. 48; Bezzenberger (2002), S. 65 f., 69 ff., 133; Rudolph, S. 462; Vermaelen, J. Fin. (1981), 139, 159 ff. 128 Vermaelen, J. Fin. (1981), 139, 154 kommt zu dem Ergebnis, daß Aktienrückkäufe zu einer nachhaltigen Steigerung des Kurswertes führen können. 129 Kübler (2000), S. 7; Kuhner, ZGR 2005, 753, 774. Kritisch zum Signalwert in Deutschland auch Bezzenberger (2002), S 67 ff., mit Hinweis auf die unterschiedlichen Beteiligungsstrukturen der Aktionäre in den USA und Deutschland. 130 Vgl. Enriques / Macey, Corn. L. Rev. (2000), 1165, 1194. 131 Siehe dazu die Ausführungen unter § 8 B. III. 6. und § 8 B. IV. 2. 132 Miller (2000), S. 79; Armour, Mod. L. Rev. (2000), 355, 362, 367. 133 Mülbert / Birke, EBOR 2002, 696, 729 f.

238 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

zung der Haftungsansprüche zu einem Zeitpunkt im Leben der Gesellschaft, in dem diese noch von wirklichem Nutzen für alle Gläubiger sind, geschieht häufig nicht, da hierfür – abgesehen von den Fällen der §§ 62 Abs. 2, 93 Abs. 5 S. 1 AktG – das im Lager der Gesellschafter stehende Management bzw. der Aufsichtsrat zuständig ist, dessen Durchsetzungswillen immer wieder bezweifelt wird.134 Die Kollektivierung der Rückgewähransprüche im Interesse der Gläubiger wird also faktisch durch die Verlagerung ihrer Durchsetzung in die Insolvenz erkauft; Grund dafür ist die – systembedingte, aber ökonomisch fragwürdige – Zuweisung der Anspruchsinhaberschaft und der Zuständigkeit für die Rechtsdurchsetzung an einen Personenkreis, dessen Interessen mit denen der Gläubiger konfligieren. Indem jedoch Anspruchsberechtigung und geschützter Personenkreis auseinanderfallen, wird ein neues Kollektivhandlungsproblem geschaffen. Es fehlt an ökonomischen Anreizen für den geschädigten Gläubiger, auf eigene Kosten eine Klage in Prozeßstandschaft für die Gesellschaftsschuldnerin zu führen (vgl. § 62 Abs. 2 AktG), wenn der Erfolg zuerst der Gesellschaft, und nur mittelbar ihm und anderen Gläubigern zugute kommt. Demgegenüber besteht der Wert individuell-vertraglicher Gläubigerschutzinstrumente darin, daß deren Durchsetzung nicht mehr primär den Gesellschaftsorganen oder dem Insolvenzverwalter obliegt, sondern in den Händen der unmittelbar durch sie berechtigten Gläubiger liegt. Diese Art der individuellen Rechtsdurchsetzung schafft erst den erforderlichen ökonomischen Anreiz zur Überwindung des Kollektivhandlungsproblems, das in der Neigung der Gläubiger zur Passivität bei der Kontrolle des Schuldners besteht und letztlich von der aus ökonomischer Sicht problematischen Aufspaltung von Anspruchsberechtigung und geschütztem Personenkreis durch das Kapitalschutzrecht herrührt. Die vereinfachte Möglichkeit der individuellen Rechtsdurchsetzung fördert das Eigeninteresse der Gläubiger an der Kontrolle des Schuldners und stärkt damit die Rolle der Gläubiger als zusätzliche Kontrollinstanz.135 Dies ist ein Gewinn für die Corporate Governance, der wohl nur um den Preis eines gewissen Interessenkonflikts zwischen berechtigten und unberechtigten Gläubigern zu haben ist.

V. Ex ante- oder ex post-Regulierung Es sind vielfältige Möglichkeiten der Kapitalregulierung denkbar, doch lassen sich zwei verschiedene Grundansätze unterscheiden: Ex ante und ex post-Regulierungen. Bei dem ex ante-Modell überwacht der Staat das Gesellschaftskapital entweder laufend oder bei Gründung der Gesellschaft und kann damit auf kapital134 Haas (2006a), S. 18, der auf die zentrale Rolle der Haftungsregeln für den Gläubigerschutz hinweist, und zugleich konstatiert, daß die Durchsetzung dieser Haftung in der Praxis „massiv beeinträchtigt“ ist. 135 Ähnlich Sester, S. 221 f.; Drukarczyk / Schmidt, S. 766 f.

§ 7 Das Kapitalschutzsystem aus Sicht der ökonomischen Analyse

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schädliche Verhaltensweisen im Vorfeld durch eine Versagung der Eintragung der Gesellschaft oder sonstige Strafmaßnahmen reagieren. Eine ex post-Regulierung verzichtet auf eine derartige Gründungskontrolle und beschränkt sich stattdessen auf die nachträgliche Kontrolle der Einhaltung der Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsvorschriften anläßlich von Nachforderungsprozessen vor oder in der Insolvenz. Ex post-Regulierungen in diesem Sinne sind etwa die Haftung für die unzulässige Rückgewähr von Einlagen, aber auch Institute wie der Haftungsdurchgriff. Beide Systeme lassen sich freilich miteinander kombinieren. Das deutsche Kapitalschutzsystem mit seiner registergerichtlichen Gründungsprüfung und Sanktionsvorschriften für den Fall der Verletzung von Kapitalschutzvorschriften ist hierfür beispielhaft. Das traditionelle legal capital-Regime in den USA verzichtet dagegen weitgehend auf ex ante-regulative Elemente, was mit dem Fehlen einer zentralen Aufsichtsbehörde zu erklären ist.136 Den hohen Kosten der ex ante-Kontrolle – insbesondere bei der Bewertung von Sacheinlagen137 – stehen gewisse Vorteile bei der Bewältigung des Kollektivhandlungsproblems und der Senkung von Transaktionskosten gegenüber. Die „Verstaatlichung“ der Kapitalkontrolle entlastet Gläubiger von den Kosten der individuellen Rechtsverfolgung und stellt sicher, daß die Kapitalregulierung allen Gläubigern zugute kommt.138 Darüber hinaus ist sie Bedingung dafür, daß das Mindestkapital seine Funktion als „Ernstlichkeitstest“ auch tatsächlich erfüllen kann. Ein auf einem garantierten Mindestkapital aufbauendes Kapitalschutzsystem ohne eine effektive Kapitalaufbringungskontrolle hätte keinen rechten Sinn. Dies zeigt nicht zuletzt der Blick auf die amerikanische Rechtsentwicklung, wo das Fehlen einer effektiven Kontrolle der Kapitalaufbringung letztlich zum Untergang des gesamten Kapitalschutzsystems führte.139 Wenn sich der Gesetzgeber zur Streichung des Mindestkapitals entschließen sollte, dürften indes die Vorzüge einer ex post-Kontrolle überwiegen.140 Es gibt bereits Vorschläge, das gesetzliche Stammkapital für die GmbH abzuschaffen und stattdessen eine auf ein satzungsmäßiges „Soll-Eigenkapital“ begrenzte Ausfallhaftung der Gesellschafter im Insolvenzfall vorzusehen.141 Dieser Vorschlag stellt im Grunde nichts anderes dar als die Beseitigung der ex ante-Gründungskontrolle zugunsten eines ex post-regulativen Ansatzes. Die Unterscheidung zwischen ex ante- und ex post-Kontrollmechanismen kommt aber nicht nur bei der Durchsetzung der Kapitalschutzvorschriften zum Siehe bereits oben § 2 B. I. 2. Vgl. die Nachweise oben S. 105, Fn. 365. 138 So tendenziell Pentz / Priester / Schwanna, S. 69 f. 139 Siehe oben § 2 B. VI. 140 Befürwortend für den Bereich der Gründungsprüfung (§ 34 Abs. 1 Nr. 2 AktG) Eidenmüller / Grunewald / Noack, S. 29 f.; kritisch dagegen Pentz / Priester / Schwanna, S. 69 f. 141 Kallmayer, GmbHR 2004, 377, 379. 136 137

240 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

Tragen, sondern auch bei der Bewältigung von Prinzipal-Agenten-Konflikten im allgemeinen. Während die eine Strategie versucht, opportunistisches Verhalten durch zwingendes Gesellschaftsrecht bzw. zwingende Kapitalmarktregulierung präventiv einzudämmen, verfolgt die andere Strategie das gleiche Ziel durch nachträglich eingreifende Haftungsregeln.142 Im Rahmen der Corporate Governance Diskussion zeichnet sich ein Vorsprung des ex post-Ansatzes ab. Dem ex ante-Ansatz mit seiner sichtbarsten Ausprägung in § 23 Abs. 5 AktG haftet der Nachteil der Inflexibilität an; die Diskussion über eine Deregulierung nach US-amerikanischem Vorbild ist in vollem Gange.143 Die Zurücknahme zwingenden Rechts muß begleitet werden von einer Stärkung der ex post-wirksamen Elemente der Corporate Governance. Hier tragen Banken und große Mehrheitsaktionäre immer noch die Hauptlast der Corporate Governance, ein Zustand, der unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Minderheitsaktionäre problematisch ist.144 Der Rückzug der Banken aus der Corporate Governance muß durch eine Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine Kontrolle der Geschäftsführung durch andere Gruppen begleitet werden. Die Kontrollfunktion der Aktionäre könnte durch eine Ausweitung der Organhaftung145 und die der Gläubiger durch eine Verbesserung der Implementierbarkeit vertraglicher Schutzinstrumente gefördert werden. Insgesamt dürften die Effizienzvorteile eines ex post-regulatorischen Gläubigerschutzsystems überwiegen, da es die Gründungskosten gering hält und – abgesehen von Nachteilen bei der Sicherung der Aufbringung eines Mindestkapitals – einen effektiveren Gläubigerschutz bietet. VI. Pfadabhängigkeit des Kapitalschutzrechts Im Rahmen einer Kosten- / Nutzen-Analyse nicht außer Betracht gelassen werden dürfen die in einem pfadabhängigen System enthaltenen Effizienzvorteile, die sich erst bei einem Verlassen des „Pfades“ durch einen Systemwechsel in Form von Umstellungskosten äußern. Das deutsche Kapitalschutzrecht gilt, vor allem im Hinblick auf den großen Anteil an hochkomplexer Rechtsprechung, als besonders pfadabhängig und ein Systemwechsel mithin als besonders kostenträchtig.146 Über die Höhe dieser Kosten läßt sich jedoch nur spekulieren. Ein wichtiger Faktor dürfte die traditionelle Bevorzugung der Selbst- und Fremdkapitalfinanzierung in der deutschen Unternehmenskultur sein.147 Solange der Eigenkapitalsektor relativ Schäfer / Ott, S. 647 ff. Eingehend zur Diskussion um die Satzungsstrenge Spindler (2007), S. 995, 1025 f. und Mertens, ZGR 1994, 426, 431 f. 144 Vgl. die empirische Studie von La Porta / López-de-Silanes / Shleifer / Vishny, J. Fin. Econ. (2000), 3, 17 f. 145 Vgl. Kübler (1989), S. 57. 146 Eingehend Kübler (2000), S. 8 ff. und S. 10; Kuhner, ZGR 2005, 753, 781 ff. 147 Dazu bereits oben § 3 III. 142 143

§ 7 Das Kapitalschutzsystem aus Sicht der ökonomischen Analyse

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schwach ausgeprägt ist, scheint das Kapitalschutzsystem mit seiner strengen Kapitalbindung und seinen – auf der Verknüpfung mit dem HGB-Bilanzrecht beruhenden – Anreizen zur Bildung stiller Reserven den Finanzierungspräferenzen der Unternehmen entgegenzukommen; entsprechend könnte es an einem Bedürfnis der Praxis nach den Vorteilen einer flexiblen Finanzverfassung fehlen, wie etwa der Möglichkeit, durch umfangreiche Dividendenausschüttungen oder Aktienrückkäufe junges Eigenkapital anzuziehen.148 In einem solchen Umfeld könnte eine Umstellung auf ein Gläubigerschutzsystem, das stärker an den Interessen der Kapitalmärkte und der Eigenkapitalgeber orientiert ist, mit hohen Kosten verbunden sein. Möglicherweise werden die Kosten eines Systemwechsels jedoch überschätzt. Die Warnung vor den hohen Kosten eines „abrupten Systemwechsels“149 unterstellt fälschlich, daß es in der gegenwärtigen Reformdebatte um eine ersatzlose Beseitigung des Kapitalschutzrechts zugunsten eines rein vertraglichen Gläubigerschutzsystems geht. Tatsächlich geht es um die Lenkung der Entwicklung eines Rechtsgebiets, das sich längst in einem von Legislative, Rechtsprechung und Praxis angestoßenen Prozeß der Neuausrichtung befindet.150 Angesichts der hohen Kosten des gegenwärtigen Kapitalschutzrechts ist nicht damit zu rechnen, daß die mit einer allmählichen Umstellung verbundenen Kosten die Vorteile einer Deregulierung übersteigen. Dies gilt umso mehr, als die deutsche Tradition der Unternehmensfinanzierung keinem rationalen Eigeninteresse entspringen dürfte; vielmehr könnte die Privilegierung bestimmter Arten der Unternehmensfinanzierung durch das Gesellschafts- und Bilanzrecht für die Unattraktivität des Eigenkapitalmarktes verantwortlich sein und damit der Pfadabhängigkeit Vorschub leisten.151 Problematisch ist es auch, in dem gegenwärtigen Kapitalschutzsystem kontinentaleuropäischer Provenienz den „stabilen Endzustand“ eines bestimmten Entwicklungspfades zu sehen.152 Die dargelegten Unterschiede zum amerikanischen Recht wären danach nicht Ausprägung eines unterschiedlichen Entwicklungsstadiums, sondern Resultat der dynamischen Prozesse, die unter unterschiedlichen anfänglichen Umfeldbedingungen in verschiedenen Rechtssystemen zu einem gegenläufigen Endzustand geführt haben.153 Nicht nur läßt sich ein einheitlicher Stand des kontinentaleuropäischen Gesellschaftsrechts heutzutage nicht mehr ausmachen, Kübler (2000), ebd. So die Formulierung bei Fleischer, ZGR 2001, 1, 13. 150 Dazu bereits oben § 2 A. III. 151 Diese Quelle der Pfadabhängigkeit, die auf dem durch eine Anpassung „komplementärer“ Institutionen, Praktiken und Berufsbilder an bestehende Rechtssysteme geschaffenen Mehrwert beruht, wird in der Literatur unter dem Begriff der complementarities diskutiert, vgl. Bebchuk / Roe, S. 80, 96 und Schmidt / Spindler, S. 114, 119 ff. 152 In diesem Sinne Kuhner, ZGR 2005, 753, 781 f. 153 Vgl. Kuhner, ZGR 2005, 753, 781 f. 148 149

242 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

der auf einen spezifischen europäischen Entwicklungspfad zurückzuführen wäre.154 Selbst wenn man in dem in der Kapitalrichtlinie verankerten Nennkapitalsystem das übergreifende Prinzip eines europäischen Gläubigerschutzmodells erblicken wollte, wird der anhaltende Erosionsprozeß dieses Modells außer Acht gelassen. Richtig ist zwar, daß die europäische Rechtsentwicklung anderen Gesetzmäßigkeiten als die vielfach ungeordnete und auf Zufälligkeiten beruhende amerikanische Entwicklung folgt; insbesondere läßt sich auch die amerikanische Rechtslage nicht unbedingt als das Ergebnis eines evolutionären Prozesses hin zu größerer Effizienz beschreiben.155 Kaum zu leugnen ist indes, daß der dortige Entwicklungsstand weitaus stabiler als der hiesige ist, was sich daran ablesen läßt, daß dort die Diskussion um das Nennkapitalsystem völlig verstummt ist, während sie hierzulande unvermindert anhält.

§ 8 Ökonomische Analyse von Covenants A. Ökonomische Erfassung der Funktion von Covenants Nähert man sich dem Phänomen Covenants unter rechtsökonomischen Gesichtspunkten, so stellt man fest, daß es verschiedene Betrachtungswinkel gibt. Im weitesten Sinne sind Covenants dasjenige vertragliche Instrumentarium, mithilfe dessen der Gläubiger den Schuldner zu verpflichten sucht, sein Geschäft in einer Weise auszuüben, die die Rückzahlung seines Anspruchs sicherstellt.156 Im folgenden werden verschiedene Erklärungsmodelle für das in der Praxis offenbar bestehende Bedürfnis einer solchen Disziplinierung aus ökonomischer Sicht vorgestellt, um im Anschluß aufzuzeigen, daß sich sämtliche Begründungsansätze zu einer einheitlichen ökonomischen Theorie der Covenants zusammenfassen lassen.

154 Dafür spricht schon die Konvergenz der nationalen Gesellschaftsrechtsordnungen zu einem als überlegen erkannten, shareholder value-basierten „Standardmodell“, das in den angelsächsischen Ländern vorherrscht, vgl. Hansmann / Krakman (2004), S. 33 ff. Die europäischen Rechtsordnungen lassen sich im übrigen weder dem Standardmodell noch einem der von Hansmann / Krakman diskutierten Alternativmodelle (S. 36 ff., ebd.) eindeutig zuordnen. Insbesondere zählt das englische Recht eher zu den Vertretern eines am shareholder valueorientierten Systems (vgl. S. 42 ff., ebd.), während das deutsche Recht eher dem stakeholderorientierten System zuzuordnen ist (vgl. S. 40 f., ebd.). 155 Vgl. die Darstellung unter § 2 B. I. Zu den Unterschieden der Pfadabhängigkeiten in den Gesellschaftsrechtsordnungen der USA und Europa sowie ihrer Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des Regulierungswettbewerbs siehe Heine, S. 225 ff. 156 Vgl. Stark / Rahl / Seegers, Colum. Bus. L. Rev. (1994), 503, 544 f.

§ 8 Ökonomische Analyse von Covenants

243

I. Verringerung von Agenten-Kosten durch eine Kontrolle des Konflikts zwischen Anteilseignern und Gläubigern Von grundlegender Bedeutung für die ökonomische Analyse von Gläubigerschutzsystemen ist die Erkenntnis, daß es einen Prinzipal-Agenten-Konflikt nicht nur im Verhältnis der Anteilseigner und der Geschäftsleitung, sondern auch im Verhältnis der Gläubiger und der Geschäftsleitung gibt.157 Jensen und Meckling unterscheiden zwischen der Gruppe der Prinzipale, wozu sie die Gesellschafter als Eigenkapitalgeber (outside equity holders) und die Gläubiger als Fremdkapitalgeber (outside debt holders) zählen, und der Gruppe der Agenten, der Geschäftsleitung.158 Die Prinzipale sind vereint in dem Ziel, geschäftlichem Fehlverhalten der Geschäftsführung vorzubeugen.159 Ausgehend von der Annahme, die Geschäftsleitung vertrete die Interessen der Aktionäre bzw. sei selbst an der Gesellschaft beteiligt, sehen Jensen und Meckling den spezifischen Agenten-Konflikt zwischen Gesellschaftsschuldnerin und Gläubigern (agency-conflict of debt) in dem bereits oben dargestellten Anreiz der Gesellschafter zu opportunistischem Verhalten auf Kosten der Gläubiger.160 Diese – von Vertragsgläubigern gesehene und antizipierte Gefahr – führt zu einer je nach Bonität des Schuldners niedriger oder höher ausfallenden Verteuerung der Kreditaufnahme für die Gesellschaft. Diese sog. Agenten-Kosten des Fremdkapitals (agency costs of debt) setzen sich aus Kosten für die Überwachung der Geschäftsleitung (monitoring costs), Kosten für eine Verpflichtung des Managements auf das Gläubigerinteresse (bonding costs) sowie eines residualen Verlusts aufgrund nicht verhinderter Vermögensverschiebungen zu den Gesellschaftern (residual loss) zusammen.161 Der Einsatz von Covenants, die dem Schuldner Maßnahmen zur Ausbeutung der Gläubiger untersagen und ihn einer engen Kontrolle durch den Gläubiger unterwerfen, kann diese Kosten und damit die Kapitalkosten insgesamt senken.

157 Jensen / Meckling, J. Fin. Econ. (1976), 305, 310; Triantis / Daniels, Cal. L. Rev. (1995), 1073, 1077; Sester, S. 134 ff. 158 Jensen / Meckling, J. Fin. Econ. (1976), ebd. 159 Nach Triantis’ / Daniels’ Theorie der „interactive corporate Governance“ besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Kontrollverhalten von Gläubigern und Aktionären, bei dem die Kontrolle des Managements durch eine Interessengruppe auch der jeweils anderen zugute kommt, Cal. L. Rev. (1995), 1073, 1077 ff. 160 Jensen / Meckling, J. Fin. Econ. (1976), 305, 334 ff. 161 Jensen / Meckling, J. Fin. Econ. (1976), 305, 308 f.; McDaniel, J. Corp. L. (1988), 205, 234.

244 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

II. Haftungsrechtlicher Ansatz – Kompensation fehlender Sorgfaltspflichten im Vorfeld der Insolvenz 1. Das Fehlen organschaftlicher Pflichten gegenüber den Gläubigern Covenants lassen sich aber auch haftungsrechtlich beschreiben, nämlich als den Versuch, das Fehlen einer Sorgfaltspflicht der Geschäftsführung gegenüber den Gläubigern zu kompensieren.162 Während alle großen Rechtsordnungen eine Sorgfaltspflicht der Geschäftsführung gegenüber der Gesellschaft (fiduciary duty) vorsehen, fehlt eine solche organschaftliche Pflicht regelmäßig im Verhältnis zu Gläubigern der Gesellschaft und mit ihr ein Anspruch der Gläubiger wegen der Verletzung dieser Pflicht.163 Im Unterschied zum deutschen Recht erkennt das common law eine Rücksichtnahmepflicht der directors gegenüber den Gläubigern ausnahmsweise dann an, wenn die Gesellschaft insolvent ist oder sich in der Nähe der Insolvenz befindet.164 Trotz bestehender Unklarheit über ihren genauen Auslösezeitpunkt ermöglicht diese Pflicht in Einzelfällen einen früher einsetzenden Schutz als die Insolvenzantragspflicht des deutschen Rechts, dessen Eingriffsschwelle in der Praxis durch die Überschuldung markiert ist.165 Einigen geht dieser Schutz noch nicht weit genug; sie fordern die Anerkennung einer generellen Pflicht zur angemessenen Rücksichtnahme auf die Gläubigerinteressen.166 Der Vorteil einer

Vgl. Commentaries on Indentures, S. 2. Vgl. für das amerikanische Gesellschaftsrecht Del.Ch., 863 A2d. 772, 787 (2004) und Cox / Hazen, §§ 10.18, 18.17. 164 Umfassend Sheinfeld / Pippit, Bus. Law. (2004), 79, 88 ff.; vgl. auch Mülbert, EBOR 2006, 357, 401. 165 Vgl. oben § 5 A. III. Zwischen den amerikanischen Gerichten herrscht Einigkeit darüber, daß eine Sorgfaltspflicht im Verhältnis zu den Gläubigern dann entsteht, wenn die Gesellschaft insolvent ist (bestätigt durch Del.Ch., 863 A2d. 772, 790 f. (2004)). Insoweit vermag sie allerdings nur das Fehlen einer der deutschen Insolvenzantragspflicht vergleichbaren Pflicht auszugleichen. Uneinigkeit besteht darüber, zu welchem Zeitpunkt eine solche Pflicht im Vorfeld der Insolvenz entsteht. Eine Sorgfaltspflichtverletzung wurde u.a. in Fällen bejaht, in denen die Finanzierung eines leveraged-buyout die zuvor gesunde Zielgesellschaft an den Rand der Insolvenz brachte oder ohne ausreichende Kapitalausstattung ließ (In re Healthco International, Inc., 208 B.R. 288, 300 ff. (Bankr. D. Mass. 1997); In re Buckhead America Corporation, 178 B.R. 956, 968 (Bankr. D. Del. 1994)). Sorgfaltspflichten im Vorfeld der Insolvenz dagegen ablehnend Del.Ch., 863 A2d. 772, 789 ff. Einen guten Überblick über die amerikanische Rechtsprechung bietet Sheinfeld / Pippit, Bus. Law. (2004), 79, 88 ff. Das deutsche Recht gewährte den Gläubigern dagegen in einem solchen Fall wohl keinen Schadensersatz. Die bisher als besonderer Fall der Durchgriffshaftung ausgestaltete Existenzvernichtungshaftung ist jüngst vom BGH (Urteil vom 16. 07. 2007, II ZR 3 / 04) wieder eingeschränkt worden (siehe unten § 14 C.). Weniger denn je wird sie in ihrer derzeitigen Form den Fall erfassen, in dem eine Gesellschaft durch eine exzessiv riskante Geschäftspolitik zugrunde gerichtet wird, vgl. auch Mülbert, EBOR 2600, 357, 401 f. 166 Vgl. aus der amerikanischen Literatur McDaniel, J. Corp. L. (1988), 205, 265 ff.; in Deutschland ist diese Forderung, soweit ersichtlich, noch nicht erhoben worden. Nach MüKoAktG / Hefermehl / Spindler, § 93, Rdn. 19; § 76, Rdn. 56 schuldet der Vorstand der 162 163

§ 8 Ökonomische Analyse von Covenants

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solchen Pflicht bestünde aus ökonomischer Sicht in einer drastischen Reduzierung der Agenten-Kosten und machte die Aushandlung vertraglicher Schutzklauseln weitgehend überflüssig; damit könnten die Kapitalkosten entscheidend gesenkt werden.167 Ferner sei es aufgrund der ökonomischen Irrelevanz zwischen Eigenkapital- und Fremdkapitalleistungen gerechtfertigt, daß organschaftliche Sorgfaltspflichten im Verhältnis zu beiden Kapitalgebern bestehen.168 Allerdings konnte sich diese Auffassung bislang nicht durchsetzen. Das deutsche Recht ist in dieser Frage eindeutig: Organschaftliche Sorgfaltspflichten bestehen nur der Gesellschaft gegenüber, vgl. § 93 AktG. Gläubiger werden auf die nur schwer begründbaren deliktischen sowie durchgriffsrechtlichen Ansprüche verwiesen.169 Diese Rechtslage verändert sich nicht entscheidend, wenn man dem Geschäftsführungsorgan auch eine gewisse Verantwortung für die Interessen anderer stakeholder, einschließlich die der Gläubiger, auferlegt.170 Diese Verantwortung wird eher dahin verstanden, daß der Vorstand im Rahmen seines Leitungsermessens auch aktionärsfremde Interessen berücksichtigen kann.171 Dieser freiwillige „Sozialschutz“ ist qualitativ von einer eigenständigen Sorgfaltspflicht verschieden. Denn ihm korrespondiert kein Anspruch der Gläubiger bzw. allgemein sonstiger stakeholder auf Schadensersatz.172 Das Wohl der Gesellschaft, das durch den satzungsmäßig festgelegten Aktionärswillen konkretisiert wird (vgl. § 82 Abs. 2 AktG), und nicht das der Gläubiger bleibt Bezugspunkt der Sorgfaltspflicht des § 93 Abs. 1 S. 1 AktG.173 Gesellschaft im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht auch eine Rücksichtnahme auf Gläubigerinteressen, was aber mit einer echten Sorgfaltspflicht gegenüber Gläubigern nicht vergleichbar ist. 167 McDaniel, J. Corp. L. (1988), 205, 246 f. 168 McDaniel, J. Corp. L. (1988), 205, 246 f. 169 Der BGH ordnet seine Existenzvernichtungshaftung nunmehr ausdrücklich als besondere Fallgruppe des § 826 BGB ein (Urteil vom 16. 07. 2007, II ZR 3 / 04). Haftungsgrund ist die „schuldhafte Verletzung der Rücksichtnahmepflicht des Gesellschafters in bezug auf das der Zweckbindung der vorrangigen Gläubigerbefriedigung unterliegende Gesellschaftsvermögen.“ Das Urteil bedeutet gegenüber dem bisher geltenden Modell der Durchgriffshaftung eine Verschlechterung des Gläubigerschutzes. Nach dem vom BGH vertretenen Modell einer Innenhaftung ist die Gesellschaft unmittelbar Geschädigte, während die Gläubiger nur als „mittelbar“ Geschädigte wahrgenommen werden. Dazu ausführlich unten § 14 C. 170 Vgl. MüKoAktG / Hefermehl / Spindler, § 93, Rdn. 19; dies. § 76, Rdn. 56; Hüffer, § 76, Rdn. 12 f.; KK / Mertens, § 76, Rdn. 16 ff. 171 Eingehend Servatius, S. 51 ff., 71 ff., 82 ff., 100 f., der allerdings zu Recht einen Vorrang der Eigentümerinteressen annimmt; vgl. auch Hüffer, § 76, Rdn. 12. Abweichend davon wird teilweise eine mehr oder weniger ausgeprägte Pflicht des Vorstands zur Berücksichtigung der Interessen weiterer „stakeholder“ angenommen, vgl. insbesondere KK / Mertens, § 76, Rdn. 11 ff., 16 ff. und Kort in GroßkommAktG, § 76, Rdn. 52 ff., der immerhin anerkennt, daß das Gesellschaftsinteresse nicht „wesensverschieden“ von den gebündelten Aktionärsinteressen ist, und daher eine Orientierung am shareholder value geboten ist (Rdn. 53 f. ebd.). 172 Insoweit besteht Einigkeit, vgl. besonders nachdrücklich Servatius, S. 64 ff., 79, 82; Ruffner, S. 168.

246 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

Die Beschränkung der Sorgfaltspflichten auf das Verhältnis Management / Gesellschafter wird von der Institutionenökonomik damit erklärt, daß in diesem Verhältnis das Prinzipal-Agent-Problem besonders ausgeprägt ist.174 Die Sorgfaltspflicht des Managements soll hier dafür sorgen, daß das Management seinen Wissensvorsprung gegenüber den Aktionären nicht in opportunistischer Weise auszunutzen versucht. Im Unterschied dazu sind Gläubiger aufgrund der zeitlichen Begrenzung ihres Investments in der Gesellschaft und ihrer Beschränkung auf einen fixen Rückzahlungsanspruch weniger anfällig für variantenreiches opportunistisches Verhalten des Managements.175 Die Gefahren, die Gläubigern aus dem Konflikt mit den Anteilseignern und ihrer Kontrolle des Managements erwachsen, lassen sich zudem auch durch vertragliche oder allgemeine gesetzliche Vorkehrungen in den Griff bekommen.176 Schließlich ist das unter Gläubigern bestehende Kollektivhandlungsproblem weit weniger ausgeprägt als dasjenige unter Gesellschaftern. Die Anerkennung einer generalklauselartigen Sorgfaltspflicht des Managements ist zur Lösung des Problems daher nicht zu empfehlen. 2. Bestehende Schutzlücken im Stadium drohender Insolvenz Diese Rechtslage aber hat zur Folge, daß Gläubiger von der Geschäftsführung keine Rücksichtnahme auf ihre Interessen erwarten können, die über die Einhaltung der unmittelbaren vertraglichen Verpflichtungen der Gesellschaft hinausgeht. Die Informationsasymmetrie zwischen Gläubiger und Geschäftsleitung eröffnet letzterem die Möglichkeit, den Interessen der Gläubiger durch opportunistische Verhaltensweisen zu schaden, ohne eine Vertragsverletzung zu begehen. Vor allem dann, wenn sich die Gesellschaft der Insolvenz nähert, erhöhen sich die Anreize der Aktionäre und Manager, auf Kosten der Gläubiger zu einer übermäßig riskanten Geschäftstätigkeit überzugehen oder in Projekte mit negativem Nettobarwert zu investieren.177 Das System des gesetzlichen Kapitalschutzes, aber auch das zu spät eingreifende Insolvenzrecht, erweisen sich nicht nur in dieser Situation als für die Belange der Gläubiger unzureichend. Gefordert wird daher zunehmend die zeitliche Ausdehnung des insolvenzrechtlich vermittelten, präventiven Gläubigerschutzes.178 Die zeitliche Vorverlagerung gesetzlicher Instrumente auf das Vorfeld der Insolvenz sieht sich allerdings unweigerlich mit dem Problem konfrontiert, 173 Vgl. KK / Mertens, § 93, Rdn. 29, 34; Hopt in GroßkommAktG, § 93, Rdn. 12; Servatius, S. 64 ff. 174 Umfassend Ruffner, S. 135, 165 ff.; Posner (2003), S. 114. 175 Posner, U. Chi. L. Rev. (1976), 499, 501 f. 176 Vgl. Ruffner, S. 167. Neben der Möglichkeit zur Absicherung durch Covenants können die fixen Ansprüche der Gläubiger auch durch sonstige Haftungsregeln abgesichert werden. 177 Siehe oben § 1 C. II. 178 Siehe oben § 3 II. und § 5 A. III.

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einen praxisgerechten Auslösungszeitpunkt zu definieren. Insbesondere muß vermieden werden, daß eine zu früh eingreifende Organhaftung oder Offenlegungspflichten private Sanierungsbemühungen konterkarieren.179 Angesichts der offensichtlichen Schwierigkeiten, das Problem der negativen Anreizstruktur im Vorfeld der Insolvenz durch gesetzliche Maßnahmen zu erfassen, stellen sich Covenants als vertragliche Kompensation dieser Schutzlücke dar. Sie vermögen zwar kein haftungsrechtliches Äquivalent zur fehlenden organschaftlichen Sorgfaltspflicht zu schaffen, gefährden aber dafür nicht private Sanierungsbemühungen, sondern fördern diese. Mit ihrem umfangreichen und detaillierten Pflichtenkatalog können sie als Begründung einer besonderen vertraglichen Sorgfaltspflicht der Gesellschaft gegenüber dem durch sie berechtigten Gläubiger verstanden werden.180 Insofern weisen Covenants eine gewisse Nähe zu den Schutz- und Nebenpflichten auf, die sich aus dem allgemeinen Schuldrecht ohnehin ergeben. Stellenweise mag sich der Pflichtenkatalog der Covenants sogar mit den aus § 242 BGB abgeleiteten Schutz- und Nebenpflichten decken. Insgesamt kann jedoch nicht bezweifelt werden, daß Covenants erheblich über das aus § 242 BGB ableitbare Rücksichtnahmeniveau hinausgehen.181 Gegen eine Einstufung von Covenants als vertragliche Begründung einer Sorgfaltspflicht spricht allerdings, daß Covenants nur die Gesellschaft verpflichten, während die aktienrechtlichen Sorgfaltspflichten direkt das Management adressieren. Diese Relativität schwächt die Wirksamkeit von Covenants im Vergleich zu organschaftlichen Sorgfaltspflichten in der Tat erheblich. Wie bereits an früherer Stelle ausgeführt wurde, läßt sich zwar aus der Sorgfaltspflicht des Managements eine ansatzweise Pflicht zur Vertragstreue und zur Einhaltung von Verträgen der Gesellschaft ableiten, und damit eine mittelbare Verpflichtung des Managements zur Einhaltung der Covenants.182 Diese Pflicht steht jedoch unter dem Vorbehalt, daß die Vertragserfüllung dem Interesse der Gesellschaft entspricht.183 Gerade in Krisenzeiten, in denen Covenants besondere Bedeutung erlangen, besteht die 179 Das wrongful trading-Konzept des englischen Rechts mag zur Lösung dieses Dilemmas noch am ehesten geeignet sein, da es eine öffentliche Antragspflicht und damit einen drastischen Wertverfall des Unternehmens vermeidet, vgl. Eidenmüller, EBOR 2006, 239, 252 ff.; Mülbert, EBOR 2006, 357, 402 f. Dennoch besteht auch hier die Gefahr, durch ein Übermaß an Abschreckung (over-deterrence) die für effektive Sanierungsbemühungen wichtige Eigeninitiative des Managements zu untergraben. Wilhelmi, GmbHR 2006, 13, 19, kritisiert die Unbestimmtheit und die Kosten einer am wrongful trading-Konzept orientierten insolvenzbezogenen Haftung. 180 Die Commentaries on Indentures, S. 2, stellen dazu fest: Bondholder rights „are largely a matter of contract law. ( . . . ) There is no body of statutory or common law that protects the holder of unsecured debt securities against the harmful acts of the debtor except in the most extreme situations.“ 181 Zu dem durch die allgemeinen Schutz- und Treuepflichten vermittelten Schuldnerschutz siehe unten § 15 A. 182 Siehe § 8 A. II. 183 Vgl. Veil (2003), S. 201 f.

248 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

Gefahr, daß die Geschäftsleitung Vertragspflichten dem übergeordneten Gesellschaftsinteresse unterordnet.

III. Verbindung der Begründungsansätze Die hier vorgestellten Erklärungsmodelle stehen nicht miteinander in Widerspruch, sondern bedingen sich zu einem gewissen Grad sogar. Zu dem auf Seiten der Aktionäre bestehenden moral hazard im Sinne des Anreizes zur Verfolgung einer gläubigerfeindlichen Finanzierungspolitik kann es überhaupt nur kommen, wenn auch die die Geschicke der Gesellschaft bestimmende Geschäftsleitung mit den Aktionären an einem Strang zieht. Der hypostasierte Konflikt zwischen Anteilseignern und Gläubigern setzt also voraus, daß die Geschäftsleitung quasi im Lager der Aktionäre steht und allein ihre Interessen und nicht die Interessen der Gläubiger verfolgt. Aufgrund des in den Aktiengesellschaften vorherrschenden Prinzips der Trennung von Anteilseigentum und Unternehmenskontrolle ist dies jedoch alles andere als eindeutig.184 Da Geschäftsleiter mit ihrem Vergütungsanspruch überdies selbst Gläubiger des Unternehmens sind, liegt die Annahme nicht fern, daß sie ohne weitere Anreize eher eine gläubigerfreundliche als eine aktionärsfreundliche Geschäftspolitik betreiben werden.185 Das Gesellschaftsrecht versucht daher, das weisungsfreie und vom Willen der Aktionäre unabhängige Management auf das Aktionärsinteresse zu verpflichten. Dies geschieht durch die Begründung einer Sorgfaltspflicht in diesem Verhältnis, und damit einer gesetzlichen Wertentscheidung: Der Prinzipal-Agent-Konflikt zwischen Management und Aktionären wird als korrekturbedürftig angesehen. Er wird korrigiert durch ein Instrument, das den Konflikt an anderer Stelle im Verhältnis der Gesellschaft und den Gläubigern aufbrechen läßt. Beide Konflikte stehen letztlich in einem Exklusivitätsverhältnis: Da der Interessenkonflikt zwischen Anteilseignern und Gläubigern inhärent im Gesellschaftsrecht verwurzelt ist, kann der Vorstand im Grunde nur auf das Aktionärsinteresse oder auf das Gläubigerinteresse verpflichtet sein, aber kaum auf beide zugleich. Auch dies spricht gegen eine Erstreckung der Sorgfaltspflichten auf das Gläubigerinteresse; sie würde den Vorstand letztlich in eine Interessenkollision bringen. Beide Begründungsansätze lassen sich also zu der Aussage vereinheitlichen, daß Covenants bei rechtsökonomischer Betrachtungsweise ein Instrument zur Reduzierung des Konflikts zwischen dem Lager der Anteilseigner und Geschäftsleiter auf der einen und der Gläubiger auf der anderen Seite sind. 184 Zum Prinzip der Trennung von ownership and control und dem daraus resultierenden Interessenkonflikt zwischen Anteilseignern und Management vgl. Berle / Means, The Modern Corporation and Private Property. 185 Jensen / Meckling sehen in der Beteiligung des Managements am Eigenkapital des Unternehmens den entscheidenden Anreiz zur Verfolgung einer Politik im Sinne der Aktionäre und damit zur Reduzierung der Agenten-Kosten, J. Fin. Econ. (1976), 305, 312 f.

§ 8 Ökonomische Analyse von Covenants

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Die Frage, ob dieses Postulat durch Covenants effizient umgesetzt wird, ist Gegenstand des folgenden Abschnitts. Sollte sich dies bestätigen, wäre die Aussage zulässig, daß Covenants ein effizientes Mittel des Gläubigerschutzes sind, da sich das Gläubigerschutzbedürfnis vollständig auf den Agenten-Konflikt zurückführen läßt. Ebenso berechtigt wäre die Folgerung, daß Covenants die Fremdkapitalaufnahme verbilligen und damit auch im Interesse des Schuldners sind.

B. Effizienz von Covenants Covenants haben einen festen Platz in den Vertragswerken von Großkrediten und internationalen Anleihen. Ihre Verbreitung läßt bereits bei vordergründiger Betrachtung den Schluß zu, daß sich ihr Einsatz für die Parteien wohl lohnen müsse, anderenfalls sie die mit dem Einsatz von Covenants verbundenen Kosten nicht auf sich nehmen würden.186 Die ökonomische Analyse des Rechts geht davon aus, daß die Parteien eines Vertrages die mit ihm verbundenen Transaktionskosten nicht in Kauf nehmen würden, wenn damit keine Effizienzvorteile verbunden wären.187 Die Verbreitung der Covenants in der Kreditpraxis ist natürlich nur ein Indiz für ihre Effizienz; ein Beweis ist sie noch nicht. Stellt man sich aber Covenants als eine marktgängige Institution vor, über deren Verwendung die Parteien bei umfassender Information frei entscheiden, so besagt die efficient market hypothesis188, daß der Markt eine effiziente Vereinbarung hervorbringen wird. Ein effizienter Markt stellt sicher, daß die Kapitalkosten jederzeit die vertraglichen Grundlagen der Kreditbeziehung und insbesondere die Risiken für die Vertragspartner reflektieren.189 Am Markt werden sich in einem Selektionsprozeß daher diejenigen Vertragsbedingungen durchsetzen, die in der Lage sind, das Gläubigerrisiko auch während der Dauer der Vertragslaufzeit in einem angemessenen Verhältnis zur vereinbarten Risikoprämie zu halten. Mit anderen Worten: Nimmt man das Bestehen eines effizienten Marktes für Covenants an, so kann ihre Verwendung ihrerseits nur effizient sein. 186 Vgl. Eidenmüller (1997), S. 62. Empirische Studien zur Häufigkeit von Covenants gibt es vor allem für Unternehmensanleihen. Nach Iskandar-Datta / Emery, J. Banking & Fin. (1994), 93 ff., enthielten über den Zeitraum von 1979 – 1982 ca. 75 % der amerikanischen Unternehmensanleihen ohne Wandlungsrecht restriktive Covenants. Für die Häufigkeit von Covenants in privaten Kreditverträgen gibt es aufgrund laxerer Publizitätsvorschriften weniger verlässliche Studien; vgl. aber die Übersicht bei Leutz / Deller / Stubenrath für amerikanische Unternehmen, Accounting and Business Research (1998), 111, 116, aus der sich ähnlich hohe Werte für Kreditverträge ergeben. 187 Eidenmüller (1999), S. 131 f. 188 Dazu Ruffner, S. 349 ff.; KK-WpHG / Hirte / Heinrich, Einl., Rdn. 20. 189 Vgl. Easterbrook / Fischel (1991), S. 18 ff.

250 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

Das Bestehen eines solchen effizienten Marktes ist freilich alles andere als zweifelsfrei. Phänomene wie die Pfadabhängigkeit, auf die an späterer Stelle einzugehen sein wird, können der Effizienz dieses Marktes zuwiderlaufen. Sie liefern eine andere Erklärung für die Verbreitung von Covenants als die Effizienzhypothese und zeigen, warum es zum Einsatz von Vertragsklauseln trotz möglicher Ineffizienz kommen kann. Auf eine weitere Einschränkung der Aussagekraft der empirischen Häufigkeit von Vertragsklauseln hat Miller hingewiesen: Der selektive Marktprozeß, in dem sich über die Zeit effektive Vertragsklauseln herausbilden, sorgt nur für die Ausmerzung schädlicher Klauseln, deren Kosten ihren Nutzen übersteigen. „Neutrale“ Klauseln, die weder nutzbringend noch kostenträchtig sind, können jedoch zeitlich unbegrenzt fortbestehen.190 Die bloße Freiheit der Vertragsparteien, sich für eine bestimmte Vertragsgestaltung zu entscheiden, ist also selbst dann noch kein sicheres Kriterium für ihre Effizienz, wenn es sich bei den Beteiligten um – wie zumeist – erfahrene und gut informierte Akteure handelt. Darüber hinaus kann aus der Verbreitung der Covenants nur auf die Effizienz aus Sicht der Vertragsparteien geschlossen werden. Aus ihrer Sicht macht eine Regelung Sinn, wenn ihr Nutzen größer ist als ihre Kosten. Damit ist noch nicht gesagt, daß die Gestaltung für alle von ihr Betroffenen, also auch für Dritte, mit einem Nettonutzen verbunden ist.191 Daher erscheint eine genauere Effizienzanalyse angezeigt. Als Maßstab bietet sich dazu das ökonomische Kriterium der Kosten- / Nutzen-Effizienz an: Danach ist eine vertragliche Regelung an den Kosten und Nutzen für alle von ihr Betroffenen zu messen. Da nach klassischer Rechtsökonomie die Gesellschaft eine Fiktion ist, die sich in einen „nexus“ vielfältiger Vertragsbeziehungen zwischen den einzelnen Akteuren auflösen läßt192, besteht eine enge Wechselbeziehung zwischen den individuellen Wertschöpfungen im Rahmen der einzelnen Vertragsbeziehungen und dem Unternehmenswert. Daher liegt es nahe, die Auswirkungen von Covenants auf den Unternehmenswert zum Maßstab zu nehmen. Covenants dienen bei dieser Betrachtungsweise in erster Linie der Steigerung des Unternehmenswertes; diese käme sowohl Aktionären als auch Gläubigern zugute. Wird damit der im Mittelpunkt dieser Arbeit stehende Gläubigerschutzgedanke als ein Wirtschaftsgut unter anderen in den gesamtökonomischen Kontext gestellt und damit seine Bedeutung relativiert, so ist dies der hier vorzunehmenden ökonomischen Betrachtung geschuldet. Die Ökonomik kennt keine absoluten Werte, sondern nur das einheitliche Effizienzkriterium, wonach effizient solche Regelungen sind, die die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt mehren.

Miller, J. Fin. (1977), 261, 273. Eidenmüller (1999), S. 132. 192 Jensen / Meckling, J. Fin. Econ. (1976), 305, 310; Hansmann / Kraakman, Yale L. J. (2000), 387, 391 ff.; Ruffner, S. 155 ff. 190 191

§ 8 Ökonomische Analyse von Covenants

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I. Auswirkungen auf den Unternehmenswert Nach der oben dargestellten Irrelevanz-Theorie ist die Wahl der Finanzierungsart durch ein Unternehmen für seinen Wert unter der Annahme eines vollkommenen Kapitalmarktes irrelevant.193 Mit zunehmendem Verschuldungsgrad steigt zwar die Eigenkapitalrendite der Anteilseigner; diese wird aber durch das damit verbundene höhere systematische Risiko vollständig aufgezehrt. Somit bleibt der Unternehmenswert letztlich unverändert. Nach der Irrelevanz-Hypothese kann sich eine vorteilhafte Kapitalstruktur nur aufgrund von Marktimperfektionen oder Prinzipal-Agenten-Konflikten im Rahmen unvollständiger Verträge ergeben. Auch solche Vertragsprobleme werden durch die Annahme einer fixen Investmentpolitik des Unternehmens ausgeklammert; es wird hypostasiert, dieses ändere seine Zahlungsströme (Cash Flow) nicht, und nehme insbesondere keine Dividenden- oder sonstigen Vermögensausschüttungen an die Gesellschafter vor, die zu Vermögensverschiebungen zu Lasten der Fremdkapitalgeber führen könnten. Ferner wird unterstellt, daß das Management jederzeit im Interesse der Anteilseigner agiert.194 Unter diesen fiktiven Annahmen der Irrelevanz-Hypothese hätte der Einsatz verteilungswirksamer Vertragsbedingungen, wie sie Covenants darstellen, in der Tat keine Auswirkungen auf den Unternehmenswert: Durch die Annahme einer fixen Investmentpolitik stehen die Gewinnerwartungen der Vertragsparteien von vornherein fest; durch den Einsatz von Covenants kann eine Erhöhung der Gewinnerwartung zugunsten der einen Partei nur auf Kosten der jeweils anderen Partei erzielt werden. In der Summe verändern sich die Kapitalkosten für die Gesellschaft nicht, da die Gefahr eines opportunistischen Verhaltens des Schuldners nicht besteht. Die Annahme eines im Interesse der Aktionäre handelnden Managements schließt ferner die Gefahr einer Beeinträchtigung des Unternehmenswertes durch Prinzipal-Agenten-Konflikte im Binnenbereich der Gesellschaftsschuldnerin aus, so daß die disziplinierende Wirkung der Covenants auch in diesem Verhältnis leerläuft.195 Allerdings entspricht die Annahme einer fixen Investmentpolitik sowie eines ausschließlich im Aktionärsinteresse handelnden Managements nicht der Realität. Vielmehr sind die konkreten Finanzierungsentscheidungen von Unternehmen häufig Ausdruck eines ausgeprägten Prinzipal-Agenten-Konfliktes sowohl im Verhältnis zwischen Management und Anteilseignern als auch im Verhältnis zwischen Eigen- und Fremdkapitalgebern. Da letztere um die Unsicherheiten der künftigen Investmentpolitik des Unternehmens wissen, würde ein rationaler Kreditgeber einen höheren Zins für den Kredit verlangen. Nach Modigliani und Miller sind 193 194 195

Siehe bereits oben § 7 A. I. Modigliani / Miller, Am. Econ. Rev. (1958), 261, 266 ff. Vgl. Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 120.

252 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

zwar die aus einem gestiegenen Kreditrisiko entspringenden höheren Fremdkapitalkosten des Schuldners ebenfalls irrelevant für den Unternehmenswert, da die Gesamtkapitalkosten unverändert bleiben.196 Diese Aussage ist jedoch auf den besonderen Fall beschränkt, daß der Zins allein infolge des höheren Schuldenanteils der Gesellschaft (Leverage) steigt. Keine Berücksichtigung finden die agency costs of debt, also der Teil der Kapitalkosten, dessen Ursache die Gefahr opportunistischen Verhaltens der Anteilseigner ist. Die fiktive Annahme eines im Interesse der Anteilseigner handelnden Managements berücksichtigt ferner nicht, daß der Unternehmenswert auch durch ein Fehlverhalten des Managements beeinträchtigt werden kann. Schließlich läßt die Irrelevanz-Hypothese den unternehmenswertsteigernden Effekt von Signalen außer Acht, die von der Wahl einer bestimmten Kapitalstruktur ausgehen können. Sowohl eine gesetzliche als auch eine vertragliche Determinierung der Kapitalstruktur eignet sich grundsätzlich zu Signalisierungseffekten.197 Daraus folgt, daß Kapitalkosten gesenkt und der Unternehmenswert gesteigert werden könnten, wenn Covenants tatsächlich in der Lage wären, die Unsicherheit der Gläubiger im Hinblick auf die künftige Finanzierungspolitik des Schuldners zu beseitigen und das Management auf eine unternehmenswertsteigernde Geschäftspolitik zu verpflichten. Damit ist die Irrelevanz-Hypothese insoweit widerlegt, als sie Covenants ihre prinzipielle Fähigkeit zur Steigerung des Unternehmenswertes abspricht. Die Theorie besitzt ihren unbestreitbaren Wert im Nachweis der Irrelevanz der Finanzstruktur einer Gesellschaft unter vollkommenen Bedingungen und macht damit auf die Gründe aufmerksam, warum unter den Bedingungen eines unvollkommenen Marktes die Wahl einer bestimmten Kapitalstruktur eben doch relevant ist. Damit läßt sie die Möglichkeit offen, daß es zu einer Steigerung des Unternehmenswertes durch die Vereinbarung von Covenants kommen kann, falls diese ihren Anspruch einlösen, das Marktversagen wirksam auszugleichen.

II. Costly Contracting Hypothesis Die Costly Contracting Hypothesis, die den Arbeiten von Smith / Warner und Jensen / Meckling zugrunde liegt, schließt daraus, daß die Parteien mit der Aushandlung von Covenants bewußt hohe Transaktionskosten in Kauf nehmen, auf eine durch sie bewirkte Steigerung des Unternehmenswertes. Anders als die Irrelevanz-Hypothese berücksichtigt sie den negativen Einfluß des Prinzipal-AgentenKonflikts zwischen Gläubigern und Aktionären auf den Unternehmenswert und hält es daher für möglich, den Unternehmenswert durch eine vertragliche Kontrolle dieses Konfliktes und eine Reduzierung der agency costs of debt zu steigern.198 Modigliani / Miller, Am. Econ. Rev. (1958), 261, 273 f. Zur Signalwirkung des Kapitalschutzsystems siehe die Ausführungen oben § 7 B. III.; zu der von Covenants siehe unten § 8 B. IV. 3. 196 197

§ 8 Ökonomische Analyse von Covenants

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Gläubiger werden einen niedrigeren Zins akzeptieren, wenn der Einsatz von Covenants eine wirkungsvolle Kontrolle des Prinzipal-Agenten-Konflikts gewährleistet. Der Schuldner wird Covenants dann in den Vertrag aufnehmen, wenn der damit verbundene Zinsvorteil die Kosten des Einsatzes von Covenants übersteigt. Der Unternehmenswert läßt sich jedoch nicht nur durch eine Kontrolle des Konflikts mit den Gläubigern, sondern auch durch eine Kontrolle des klassischen Konflikts zwischen Anteilseignern und Geschäftsleitung steigern. Wertmindernd wirken sich in diesem Verhältnis insbesondere Opportunitätskosten aus, die entstehen, wenn das Management des schuldenfinanzierten Unternehmens keine strikt wertorientierte Politik verfolgt. Die Disziplinierungswirkung der Covenants kann auch hier positive Wirkungen entfalten. Wo Aktionäre die ihnen zugedachte Kontrollfunktion im Unternehmen aufgrund praktischer und struktureller Widrigkeiten nicht mehr wahrnehmen können, eröffnen Covenants Gläubigern die Möglichkeit, in dieses Vakuum vorzustoßen und das Management zu einer wertsteigernden Geschäftspolitik anzuhalten.199 Die Costly Contracting Hypothesis stützt den bisherigen Befund dieser Arbeit, indem sie insbesondere dem Konflikt zwischen Schuldner und Gläubiger Bedeutung für die Kosten der Fremdkapitalfinanzierung beimißt. Sie zeigt, daß in dem Maße, in dem dieser Konflikt begrenzt wird, eine Steigerung des Unternehmenswerts möglich ist. Sie läßt andererseits nicht zwingend den Schluß zu, daß gerade Covenants ein derartiges effizienzsteigerndes Potential besitzen. Sie schließt aus den Kosten der Covenants auf einen unternehmenswertsteigernden Effekt und sieht darin die Erklärung für die empirische Häufigkeit der Covenants. Diese Logik kann jedoch nicht sicher ausschließen, daß nicht die Effizienz, sondern andere Faktoren für die Verbreitung der Covenants ursächlich sind. Ferner beschränkt sie sich auf das Verhältnis der Covenants-berechtigten Gläubiger zum Schuldner, und läßt mögliche Ineffizienzen im Verhältnis zu Dritten außer Acht. Auch diese Kosten sind jedoch in eine Effizienzanalyse von Covenants einzustellen. Die Gültigkeit der Costly Contracting Hypothesis setzt somit zunächst den Nachweis voraus, daß Covenants den Agenten-Konflikt zwischen Gläubigern und Gesellschaftern wirkungsvoll kontrollieren können, wozu zum Teil auf die Ergebnisse aus der Funktionsanalyse zurückgegriffen werden kann. Ferner ist zu untersuchen, ob ihr Einsatz Kosten für Dritte verursacht, die externalisiert werden und somit nicht unmittelbar aus der Analyse des Agenten-Konflikts hervorgehen.

198 199

Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 121 f. Umfassend Drukarzyk / Schmidt, S. 761 ff.; Ruffner, S. 146 ff.

254 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

III. Effizienz ausgewählter Covenants Bei der im folgenden vorzunehmenden Analyse der Effizienz von Covenants erscheint es zweckmäßig, zwischen einer generalisierenden Betrachtungsweise und einer Analyse ausgewählter Typen von Covenants zu unterscheiden. Gewisse effizienzbeeinflussende Faktoren sind der Gesamtheit von Covenants gemein und lassen sich daher nur sinnvoll für die Vereinbarung eines standardisierten Katalogs von Covenants untersuchen. Daneben existieren Faktoren, die nur bestimmten Covenants anhaften. Im folgenden sollen zunächst einzelne Klauseltypen näher untersucht werden. 1. Restrictions on investments Covenants, die dem Schuldner die Vornahme bestimmter Investitionen untersagen, sollen verhindern, daß der Schuldner nach Valutierung des Kredits dazu übergeht, das Gesellschaftsvermögen in riskantere Anlagen zu investieren (asset substitution).200 Zugleich beugen sie den Gefahren für den Rückzahlungsanspruch des Gläubigers vor, die aus einer zu starken Diversifizierung der Geschäftstätigkeit des Schuldners resultieren. Insofern sind sie prinzipiell zur Verhinderung opportunistischen Verhaltens des Schuldners geeignet. Die Klauseln können aber auch zu Ineffizienzen führen, wenn sie dem Schuldner im Einzelfall die Vornahme sinnvoller und wertsteigernder Investitionen untersagen, die auch im Interesse des Gläubigers liegen können (Gefahr einer Unterinvestition). So hindern sie den Schuldner beispielsweise am Erwerb von Beteiligungen an einer Gesellschaft, die der Schuldner zu übernehmen beabsichtigt, selbst wenn die Übernahme aus Gläubigersicht insgesamt vorteilhaft ist. Bei zu restriktiven Investitionsbeschränkungen besteht somit die Gefahr, daß die mit ihnen verbundenen Kosten für den Schuldner die Vorteile aus Gläubigersicht überschreiten. Sie sollten daher umfangreiche Ausnahmen zulassen.201 2. Asset disposition restrictions Auch asset disposition restrictions beugen der Gefahr opportunistischen Schuldnerverhaltens vor. Sie dienen der Erhaltung der wirtschaftlichen Identität des Schuldners und verhindern eine Beeinträchtigung des Unternehmenswertes durch die Veräußerung von Gegenständen des Anlagevermögens zu ZerschlagungspreiBratton, EBOR 2006, 39, 56 f.; Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 127 f. Siehe dazu oben § 5 B. II. 3. Bratton, EBOR 2006, 56, weist jedoch auf die besonderen Schwierigkeiten der Kautelarjurisprudenz hin, „positive“ von „negativen“ Investitionen im Vertrag zu unterscheiden. 200 201

§ 8 Ökonomische Analyse von Covenants

255

sen bzw. eine Investition der Veräußerungserlöse in neue, riskantere Geschäfte.202 Andererseits können sie auch zu Ineffizienzen führen, nämlich dann, wenn der Wert dieser Gegenstände für den Käufer größer ist als für den Schuldner. Diese Opportunitätskosten können reduziert werden, wenn dem Schuldner der Verkauf von Anlagegegenständen unter der Bedingung erlaubt wird, daß er den Erlös in den Kauf neuer Anlagegegenstände investiert.203 3. Restrictions on fundamental changes Die Beschränkungen von Strukturänderungen, insbesondere von Fusionen, dienen gleichfalls dem Erhalt der wirtschaftlichen Identität des Schuldners. Insbesondere sollen sie die für die Werthaltigkeit des Rückzahlungsanspruchs besonders wichtige Kapitalstruktur des Schuldners zum Zeitpunkt der Kreditvergabe erhalten, die im Zuge einer Fusion gravierenden Änderungen unterworfen sein kann.204 Es ist anzunehmen, daß der Unternehmenszusammenschluß von den Aktionären der beteiligten Gesellschaften nicht gebilligt werden würde, wenn er den Wert ihrer Beteiligung nicht steigern würde.205 Aber eine Steigerung des Börsenwertes bedeutet nicht zwangsläufig, daß auch der Wert der Gläubigeransprüche von dem Zusammenschluß profitiert. So kann sich eine hohe Fremdkapitalquote des neuen Unternehmens positiv auf den Beteiligungswert auswirken, den Wert der Gläubigeransprüche jedoch beeinträchtigen.206 Auch anti merger-Klauseln begegnen also der Gefahr eines opportunistischen Verhaltens des Schuldners. Sofern durch diese Art von Covenants mögliche Synergieeffekte vereitelt werden, stehen diesem Nutzen allerdings wiederum Opportunitätskosten auf Seiten des Schuldners gegenüber. Deshalb sehen Covenants häufig Ausnahmen vom generellen Fusionsverbot vor, wenn sichergestellt ist, daß die nach der Fusion bestehende Kapitalstruktur des neuen Unternehmens sich nicht zum Nachteil der Gläubiger verändert.207 4. Dividend restrictions Dividendenrestriktionen können eine Minderung des Wertes des Gläubigeranspruches durch übermäßige Ausschüttungen von Gesellschaftsvermögen an die Aktionäre verhindern. Zugleich wirken sie einer Liquidation des Gesellschaftsvermögens zum Zwecke der Ausschüttung an die Aktionäre entgegen. Bratton, EBOR 2006, 39, 55 f. Siehe die Ausführungen unter § 5 B. II. 4. 204 Vgl. Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 128 f. 205 Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 128 f. 206 Bratton, EBOR 2006, 39, 55. Nach Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 129, kann eine Fusion den Wert der Gläubigeransprüche durch eine Erhöhung der Varianz der Risikostruktur und eine Erhöhung der Fremdkapitalquote beeinträchtigen. 207 Siehe oben § 5 B. II. 8. 202 203

256 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

Ihnen stehen aber auch Kosten entgegen. So kann der Schuldner durch sie gezwungen sein, liquide Mittel selbst dann zu investieren, wenn keine rentablen Investitionsmöglichkeiten existieren (Gefahr einer Überinvestition).208 Die Gefahr einer solchen Situation wird noch vergrößert, wenn dem Schuldner zugleich durch Investitionsbeschränkungen die Investition in Wertpapiere untersagt wird. Je schärfer die Restriktionen sind, desto größer ist der Anreiz für den Schuldner, in besonders riskante Projekte oder gar solche mit einem negativen Nettobarwert zu investieren.209 Die üblichen Covenants verbieten daher nicht generell Dividendenausschüttungen, sondern ermöglichen dem Schuldner in der Regel die Bildung eines Reservoirs an ausschüttungsfähigem Kapital.210 5. Negativklauseln Die Vereinbarung einer Negativklausel bedeutet Opportunitätskosten für den Schuldner, da es ihm untersagt wird, sein Vermögen zur Absicherung und damit Verbilligung weiterer Kredite einzusetzen; unter Umständen ist er sogar gezwungen, auf Investitionsvorhaben ganz zu verzichten.211 Aus der weiten Verbreitung der negative pledge Klausel läßt sich jedoch schließen, daß die Kosten einer Einräumung dinglicher Sicherheiten zugunsten späterer Gläubiger für den Covenants-berechtigten Gläubiger höher sein müssen als die damit verbundenen Vorteile für den Schuldner.212 Insgesamt scheint sich daher mit dieser Klausel der „Kuchen“ für beide Parteien vergrößern zu lassen. Dafür spricht auch der bei dieser Klausel besonders ausgeprägte spill overEffekt. Beide Parteien vereinnahmen die Vorteile dieser Klausel nämlich nicht vollständig, da sie auch zugunsten anderer Gläubiger wirkt, deren Ausfallrisiko sich durch eine Belastung des Gesellschaftsvermögens mit weiteren Sicherheiten ebenfalls erhöhen würde.213 Der dem Covenants-berechtigten Gläubiger zufließende Teil des Gesamtnutzens muß folglich größer sein als die allein vom Schuldner zu tragenden Gesamtkosten der Klausel.214 Allerdings verbietet sich unter ökonomischen Gesichtspunkten ein generelles Verbot der Bestellung von Sicherheiten für künftige Verbindlichkeiten. Bieten sich Vgl. Bratton, EBOR 2006, 39, 54 f. Bratton, EBOR 2006, 39, 54 f., weist jedoch zu Recht darauf hin, daß selbst eine Investition mit negativem Nettobarwert aus Sicht der Gläubiger attraktiver als eine Ausschüttung des Vermögens an die Aktionäre ist, da auch schlechte Investitionen die Kapitalbasis vergrößern und damit die Sicherheit für den Gläubiger erhöhen. 210 Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 134. 211 Vgl. Bratton, EBOR 2006, 39, 51 f. 212 Bebchuk / Fried, Cornell L. Rev. (1997), 1279, 1311. 213 Eidenmüller (1999), S. 148. Ausführlich zum spill over-Effekt unten § 8 B. IV. 2. 214 Bebchuk / Fried, Cornell L. Rev. (1997), 1279, 1312. 208 209

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257

dem Schuldner nämlich Investitionsmöglichkeiten mit positivem Nettobarwert, so müßten diese Investitionen durch andere Quellen finanziert werden, insbesondere durch Kapitalerhöhungen oder Thesaurierungen. Dies wiederum hätte eine Vermögensverschiebung zu den Gläubigern zur Folge, da die Verwertungsmasse nachträglich vergrößert wird. Dies kann die Gesellschafter von der Ergreifung von Investitionschancen abhalten (Problem der Unterinvestition).215 Vor allem aber steht eine Refinanzierung durch Eigenkapital nicht immer zu Gebote. Die Gefährlichkeit einer strengen Negativklausel zeigte sich am Fall des früheren amerikanischen Unternehmens Chrysler, das sich einer solchen Klausel unterworfen hatte und infolgedessen beinahe in den Ruin getrieben worden wäre.216 Empirische Studien stehen mit diesem Befund im Einklang. Danach besitzen Negativklauseln, die Belastungen des Gesellschaftsvermögens bis zu einem Höchstbetrag zulassen (basket), die größte Verbreitung, was dafür spricht, daß diese Variante ein Gleichgewicht zwischen Schuldner- und Gläubigerinteressen darstellt.217 6. Sanktionsmechanismus Im zweiten Kapitel sind die Grenzen des Sanktionssystems der Covenants dargestellt worden. Im Rahmen der ökonomischen Analyse muß hierbei zwischen zwei Problemlagen unterschieden werden. Aus Sicht des Covenants-berechtigten Gläubigers erscheint es problematisch, daß einzelne Klauseln nicht selbständig eingeklagt werden können. Es liegt der Einwand nahe, daß Covenants ihre Funktion als Gläubigerschutzinstrument nicht effektiv erfüllen können, wenn ihre Durchsetzbarkeit aus Sicht der Vertragsparteien fraglich erscheint.218 Dem ist zu entgegnen, daß die Grenzen des Sanktionssystems Gläubiger nicht davon abzuhalten scheinen, in großem Stil Covenants zu vereinbaren. Dies ist nur damit zu erklären, daß Covenants aus Sicht der Gläubiger einen von ihrer Einklagbarkeit unabhängigen Wert besitzen. Dafür spricht, daß es in den seltensten Fällen zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung über die Wirksamkeit bzw. Durchsetzbarkeit einer Klausel kommt. In den meisten Fällen kommt es in der Folge einer Vertragsverletzung durch den Schuldner zu Neuverhandlungen.219 Der Wert der Covenants scheint für den Gläubiger mithin vor allem in ihrer tatsächlichen Bindungswirkung und ihrem Druckpotential bei Neuverhandlungen zu liegen. Darüber hinaus besteht angesichts des Umfangs mancher Klauselwerke Grund zu der An215 216 217 218 219

Vgl. Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 137. Vgl. McDaniel, Bus. Law. (1983), 867, 880. Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 137. Vgl. Easterbrook / Fischel (1991), S. 25. Eidenmüller (1999), S. 139.

258 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

nahme, daß Covenants bewußt überdimensioniert werden.220 Damit wird zweierlei erreicht: Zum einen ermöglicht dies dem Gläubiger eine noch umfassendere und frühzeitigere Kontrolle des Schuldners. Zum anderen könnte hierin eine Kompensation der Schwächen des Sanktionsmechanismus gesehen werden. Als effizienzbeeinträchtigend könnte sich ferner die Überbetonung des Kündigungsrechts im Rahmen des Sanktionsmittelkatalogs erweisen. Da häufig weder Erfüllungs- noch Schadensersatzansprüche gegeben bzw. nur schwer durchsetzbar sind, bleibt dem Gläubiger oft nur das Recht zur vorzeitigen Kündigung. Dieses aber, so wird argumentiert, gewährleiste weder, daß der Gesellschaft noch ausreichendes Vermögen verbleibt, noch daß die Covenant-Verletzung korrigiert wird. Folge sei eine Beschleunigung der Krise auf Kosten der ungeschützten Gläubiger.221 Dies beeinträchtige die Effizienz von Covenants als Krisenpräventionsinstrument. Gegen diese Sichtweise sprechen jedoch die bereits im zweiten Kapitel aufgeführten Gründe. Das Kündigungsrecht ist das wirtschaftliche Druckmittel des Kreditgebers, auf dem die Präventionswirkung der Covenants zu einem wesentlichen Teil beruht. Die These, daß dieses Recht zu einer Beschleunigung der Krise führt, ist durch nichts belegt; der empirische Befund stützt vielmehr die Aussage, daß das Kündigungsrecht regelmäßig zur Durchsetzung von Neuverhandlungen eingesetzt wird.222 Sein Einsatz wird darüber hinaus durch materiell-rechtliche Beschränkungen sowie den wirtschaftlichen Anreiz des Kreditgebers zu Sanierungsbemühungen kontrolliert.

IV. Allgemeine effizienzbeeinflussende Faktoren Im folgenden sollen verschiedene ökonomische Phänomene untersucht werden, die sich auf die Effizienz von Covenants im allgemeinen auswirken können. 1. Externalitäten Als Externalität wurde oben eine Form von Marktversagen bezeichnet, die auftritt, wenn die Kosten oder Vorteile einer Handlung nicht vollständig den Entscheidungsträger treffen, sondern teilweise auf Dritte verlagert werden.223 Die Folge ist die potentielle Ineffizienz der Entscheidung, weil der Entscheidungsträger nicht mehr alle Konsequenzen seiner Handlung berücksichtigt.224

Vgl. Sester, S. 81, 208; Köndgen, S. 140. Wilhelmi, GmbHR 2006, 13, 16. 222 Vgl. Böhlhoff, S. 151, 157; Smith / Warner, J. Fin. Econ. (1979), 117, 151; Eidenmüller (1999), S. 139. 223 Vgl. oben § 6 C. VII. 224 Vgl. Posner (2003), S. 71. 220 221

§ 8 Ökonomische Analyse von Covenants

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Beim Einsatz von Covenants könnte es unter zwei Gesichtspunkten zu Externalitäten kommen. Zum einen wird argumentiert, daß ein auf individuell-vertraglicher Absicherung beruhender Gläubigerschutz die Kosten von Unternehmungen auf unfreiwillige Gläubiger verlagere.225 Zum anderen werden negative Auswirkungen der Covenants auf andere, ungesicherte Vertragsgläubiger des Schuldners befürchtet, die keine Kenntnis von der Vereinbarung der Covenants haben.226 a) Unfreiwillige Gläubiger Der vertragliche Gläubigerschutz durch Covenants steht naturgemäß nur Vertragsgläubigern zur Verfügung. Daher liegt die Befürchtung nahe, daß insbesondere unfreiwilligen Gläubigern, aber auch kleinen Vertragsgläubigern, in einem auf freiwilliger vertraglicher Selbstabsicherung basierenden Gläubigerschutzsystem die Kosten der Haftungsbeschränkung aufgebürdet werden.227 Die Externalisierung von Kosten unternehmerischen Handelns entspringt aber letztlich der Knappheit des für unternehmerische Zwecke eingesetzten Vermögens, und ist daher ein allgemeingültiges Phänomen, das auch bei Privatpersonen existiert. Wie bereits ausgeführt, beruht die Gefahr einer Externalisierung von Kosten auf unfreiwillige Gläubiger nicht auf der Haftungsbeschränkung als solcher, sondern auf der mit ihr verbundenen Anreizwirkung zu opportunistischem Verhalten.228 Diese zentrale Ursache des Gläubigerschutzbedürfnisses wird von Covenants aber gerade gezielt adressiert. Wenn die Gesellschaft überdies zu dem Kreis von Schuldnern gehört, die typischerweise Verträge mit Covenants abschließen, kommen unfreiwillige Gläubiger auch in den Genuß des positiven externen Effekts (spill over-Effekt) von Covenants, der insofern zu einem gewissen Grad kompensatorisch wirkt.229 Wenn auch dem nichtberechtigten Gläubiger aus Covenants anderer Gläubiger keine unmittelbaren Rechte zustehen, kommt ihre unspezifische Disziplinierungswirkung grundsätzlich auch ihm zugute. Insgesamt läßt sich nicht bestreiten, daß in einem auf vertraglicher Selbstabsicherung basierenden System Personengruppen Nachteile aufgrund der Haftungsbeschränkung erleiden können, weil sie entweder nicht mit dem Schuldner kontrahieren oder aber aus anderen Gründen auf die Aufnahme von Covenants in ihre Verträge verzichten müssen. Diese strukturell bedingte Benachteiligung gegenüber Vertragsgläubigern stellt die Effizienz eines vertraglichen Gläubigerschutzes allerdings nicht in Frage. Gläubigerschutzsysteme sind nur der Versuch, die nachteiligen Folgen der Haftungsbeschränkung zu korrigieren. Sie sind nicht die Ursache 225 226 227 228 229

Vgl. dazu bereits oben § 1 C. I. Vgl. Eidenmüller (1999), S. 146 f.; Köndgen, S. 143 f. So Wilhelmi, GmbHR 2006, 13, 15 f. Siehe oben § 1 C. Dazu unten § 8 B. IV. 2.

260 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

von Externalitäten. Die Verlagerung von Kosten auf Dritte wohnt letztlich dem Prinzip der Haftungsbeschränkung inne; der Versuch, diese Kosten vollständig zu vermeiden, würde letztlich dazu führen, die Haftungsbeschränkung durch die Hintertür aufzuheben. b) Unberechtigte Gläubiger Eidenmüller sieht durch die Vereinbarung von Covenants die Gefahr von Externalitäten im Verhältnis von Covenants-berechtigten und unberechtigten Gläubigern des Schuldners. Da unberechtigte Gläubiger oft nicht über das genaue Ausmaß der Verstrickung des Schuldnervermögens durch Covenants informiert seien, bestehe die Gefahr, daß diese Vermögenseinbußen erlitten, wenn sie infolgedessen keine Anpassung ihrer Kreditbedingungen vornähmen.230 Auch Köndgen befürchtet, daß Schuldner aufgrund der Publizitätslosigkeit von Covenants neuen Gläubigern das Ausmaß der Vermögensbindung verheimlichen könnten.231 Indes ist fraglich, ob diese in der Tat bestehende Informationsasymmetrie zwischen berechtigten und unberechtigten Gläubigern wirklich zu einer Externalisierung von Kosten führt. Unklar ist nämlich, worin diese Kosten bestehen sollen. Köndgen und Eidenmüller haben vor allem die für die Verschuldensfähigkeit und damit für Neugläubiger besonders bedeutsame Negativklausel im Auge. Diese bewirkt eine faktische „Neuverschuldungssperre“, falls Neugläubiger auf dinglichen Sicherheiten bestehen.232 Die Vereitelung der Aussicht von Neugläubigern auf eine Vertragsbeziehung mit dem Schuldner auf besicherter Basis kann mangels Schutzwürdigkeit dieser Expektanz jedoch schwerlich als Externalität bezeichnet werden. Selbst wenn der Schuldner dem Neugläubiger das Ausmaß der Vermögensbindung verschweigt, was Covenants im übrigen nicht als Nachteil anzulasten wäre, wird eine Schädigung des Neugläubigers meistens an der fehlenden dinglichen Wirkung der Covenants scheitern. Denn auch eine unter Verletzung von Covenants bestellte Sicherheit ist wirksam.233 Insgesamt besteht daher auch das von Eidenmüller befürchtete Bedürfnis nach höheren Überwachungsanstrengungen der ungesicherten Gläubiger nicht.234 Dazu muß nicht einmal unterstellt werden, Covenants-berechtigte Gläubiger werden von ihren Rechten im Interesse aller Gläubiger Gebrauch machen, da jedenfalls eine Rechtsdurchsetzung zum Schaden der unberechtigten Gläubiger – jenseits des extremen Falls einer zur Insolvenz führenden Kreditkündigung – nur

230 231 232 233 234

Eidenmüller (1999), S. 146 f. Köndgen, S. 143 f. Siehe oben § 5 B. II. 5. b). Siehe die Ausführungen oben unter § 5 B. II. 5. c). Vgl. Eidenmüller (1999), S. 146.

§ 8 Ökonomische Analyse von Covenants

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schwer vorstellbar ist. Im Gegenteil, mit ihrer unspezifischen Disziplinierungswirkung können Covenants ungesicherten Gläubigern eher nützen als schaden.235 2. Spill over-Effekte In der Literatur ist wiederholt auf den Umstand hingewiesen worden, daß Covenants zwar nur den Vertragsparteien Rechte und Pflichten auferlegen, die in ihnen enthaltenen Schuldnerverpflichtungen aber u.U. auch nichtberechtigten Gläubigern zugute kommen.236 Haben letztere keine eigenen Maßnahmen zur Sicherung ihres Anspruchs getroffen, so „reiten“ sie quasi „frei“ auf den Covenants des berechtigten Gläubigers mit, ohne jedoch einen Teil ihrer Kosten zu tragen; denn es kann unterstellt werden, daß sie einen Zinssatz in der für ungesicherte Kredite üblichen Höhe verlangen. Dieses Phänomen wird als spill over-Effekt bezeichnet. Genausogut läßt sich von einem positiven externen Effekt sprechen. Die Relativität des Schuldverhältnisses wird damit teilweise durchbrochen, da es im Hinblick auf seinen erweiterten Wirkungsbereich zu einer personellen Inkongruenz der Träger von Kosten und Vorteilen kommt. Im Zusammenhang mit Covenants kann man diesem Effekt eine positive Seite, aber vor allem eine negative Seite abgewinnen. Der positive Aspekt besteht in der bereits erwähnten Entfaltung einer allgemeinen disziplinierenden Wirkung auf den Schuldner, die sämtlichen Gläubigern zugute kommt. Zum einen werden Gläubigergruppen, die wie Kleingläubiger auf eine vertragliche Absicherung verzichten, durch von Banken und Großgläubigern vereinbarte Covenants mittelbar ebenfalls geschützt.237 Zum anderen wirken Covenants nicht nur in positiver Weise auf den Konflikt zwischen Fremd- und Eigenkapitalgebern, sondern auch auf den Konflikt zwischen Eigenkapitalgebern und Management ein.238 Nachteile sind jedoch zu befürchten, wenn der spill over-Effekt Gläubiger im Einzelfall davon abhält, die Kosten, die mit der Aushandlung und Durchsetzung von Covenants verbunden sind, auf sich zu nehmen. Während sich in dem Vertragsverhältnis zwischen dem Covenants-berechtigten Gläubiger und dem Schuldner nur ein Teil des Nutzens der Covenants realisiert, fallen dort andererseits die vollen Kosten an. Dies gilt nicht nur für die Transaktionskosten für die Ausarbeitung und Aushandlung der Covenants. Insbesondere die Phase der Überwachung des Schuld235 Triantis / Daniels, Cal. L. Rev. (1995), 1073, 1077 f.; siehe auch die folgenden Ausführungen. 236 Vgl. Chen u.a., J. Banking & Fin (1995), 1419 ff., die Anhaltspunkte dafür sehen, daß das monitoring des Schuldners von den Anleihegläubigern an die Banken delegiert wird, denen die Vereinbarung restriktiver Covenants überlassen wird. 237 Hopt (2002), S. 1019. 238 Triantis / Daniels, Calif. L. Rev. (1995), 1073, 1078; siehe dazu bereits oben § 8 B. I.

262 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

ners und die anschließende Durchsetzung der Covenants ist für den Gläubiger mit hohen Kosten verbunden, während potentiell alle Gläubiger in die Vorteile einer sorgfältigen Überwachung des Schuldners kommen. Dieser Umstand äußert sich nach mancher Ansicht in einem geringeren Anreiz für den Gläubiger, laufend die Geschäftspolitik des Schuldners zu überwachen (monitoring).239 Dieser Effekt kann noch verstärkt werden, wenn die Forderungen des durch Covenants berechtigten Gläubigers im Verhältnis zu den Forderungen nichtberechtigter Gläubiger nachrangig sind. In diesem Fall kämen nämlich die Vorteile eigener Überwachungsanstrengungen des Gläubigers in erster Linie anderen Gläubigern zugute.240 Mit dieser unspezifischen Kollektivwirkung drohen sich Covenants dem gleichen Vorwurf auszusetzen wie das Kapitalschutzsystem, dessen mangelnde Fähigkeit zur differenzierten Behandlung von Gläubigern mit unterschiedlichem Schutzbedürfnis beanstandet wird.241 Dies wird noch deutlicher, wenn das durch Covenants entfaltete Sicherheitsniveau mit einem geringeren Schutzbedürfnis anderer Gläubiger in Konflikt gerät; so mögen bestimmte Gläubiger, wie etwa Wagniskapitalgeber, ein größeres Risiko im Austausch gegen eine höhere Risikoprämie bevorzugen.242 Die Vertragspraxis zeigt jedoch, daß bei der Gestaltung von Covenants flexibel auf die Bedürfnisse des Schuldners, wie auch seiner Gläubiger, Rücksicht genommen wird. So haben Wachstumsunternehmen, aber auch in der Krise befindliche Unternehmen, ein besonders großes Interesse an einer Wahrung ihrer finanziellen und geschäftspolitischen Flexibilität.243 Insbesondere schuldenbegrenzende Covenants können hohe Kosten für diese Unternehmen verursachen, wenn ihretwegen auf Expansionsvorhaben verzichtet werden muß. Daher unterwerfen sich diese Unternehmen den besonders einschneidenden Dividenden- oder Schuldenrestriktionen nur selten.244

Bebchuk / Fried, Cornell L. Rev. (1997), 1279, 1317. Vgl. Park, J. Fin. (2000), 2157, 2158 f., der aus diesem Grund nur bei senior lenders Anreize zur Überwachung des Schuldners sieht, da deren Ansprüche vorrangig zu befriedigen sind. Zugleich liefert diese These eine Erklärung dafür, warum in den USA überwiegend Banken die senior lender-Position innehaben: Nach zutreffender Ansicht sind sie auf die Überwachung des Schuldners spezialisiert und haben daher von allen Gläubigergruppen die geringsten montoring-Kosten. Mit Blick auf den spill over-Effekt ist es aus Sicht aller Parteien effizient, wenn die Ansprüche der Banken erstrangig sind und sie damit die Vorteile der Überwachung vollständig vereinnahmen. Von diesem Anreiz profitieren dann auch die junior lenders, die ohne eigenen Anreiz zur Überwachung des Schuldners diese quasi auf senior lenders delegieren. 241 Vgl. Enriques / Macey, Corn. L. Rev. (2000), 1165, 1198 f. und oben § 2 C. 242 Merkt, ZGR 2004, 305, 321. 243 Bratton, EBOR 2006, 39, 72 f. 244 Nash / Netter / Poulsen, J. Corp. Fin. (2003), 201 ff. 239 240

§ 8 Ökonomische Analyse von Covenants

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a) Gegenläufige Faktoren Ferner wird die Tragweite des spill over-Effekts wohl überschätzt. Die allgemeine disziplinierende Wirkung, die Covenants auf den Schuldner haben und in deren Genuß sämtliche Gläubiger kommen, ist nur ein Teil des Gesamtnutzens. Weitaus stärker als eine unspezifische Disziplinierungswirkung dürfte der durch sie berechtigte Gläubiger die Informations- und Kontrollrechte sowie die Kündigungsrechte schätzen. Einerseits erlaubt ihm der damit verbundene Informationsvorsprung, schneller als andere Gläubiger auf negative Entwicklungen zu reagieren und damit frühzeitige Maßnahmen zur Sicherung seines Anspruchs zu ergreifen. Andererseits eröffnet ihm die Möglichkeit der Ausübung wirtschaftlichen Drucks auf den Schuldner, Neuverhandlungen mit dem Ziel verbesserter Kreditkonditionen durchzusetzen. Beide Möglichkeiten stehen ungesicherten Gläubigern nicht zu Gebote und bringen den Covenants-berechtigten Gläubiger in eine bevorzugte Lage. Ferner dürfte der spill over- und free rider-Effekt bei Covenants in Deutschland eine geringere Bedeutung haben als etwa in den USA. Dies ergibt sich aus der im Vergleich zum amerikanischen Recht mangelnden Reichweite der deutschen kapitalmarktrechtlichen Publizitätsvorschriften, auf die unten näher eingegangen wird245: Da sich die Gläubiger eines deutschen Unternehmens regelmäßig nicht „in die Karten“ sehen können, fehlt es an dem für diese Art von Gruppeneffekten essentiellen Zugang zu Informationen über finanzielle Verträge des Schuldners mit anderen Gläubigern.246 Lückenhafte Publizitätsvorschriften sorgen hier für die Aufrechterhaltung der Informationsasymmetrie zwischen berechtigten und unberechtigten Gläubigern. b) Koordinierung der Schuldnerkontrolle durch die Gläubiger? Die fehlende Publizität von Covenants könnte auf der anderen Seite zu einer Vervielfältigung des monitoring-Aufwands führen, weil alle Gläubiger den Schuldner unabhängig voneinander kontrollieren.247 Einen Weg aus diesem Dilemma hat Thießen aufgezeigt.248 Er hält es für möglich, daß sich im Krisenfall oder auch schon ex ante sämtliche Gläubiger auf eine gemeinsame Strategie zur Überwachung des Schuldners verständigen und damit die Kosten des Kollektivhandlungsproblems reduzieren. Er nimmt einen Anreiz für

Siehe § 8 B. IV. 3. a). Vgl. Eidenmüller (1999), S. 147, der wegen dieser Informationsaysmmetrie zwischen gesicherten und ungesicherten Gläubigern Kostenverlagerungen auf ungesicherte Gläubiger befürchtet. 247 Köndgen, S. 136. 248 Thießen, ZBB 1996, 19, 25. 245 246

264 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

die Gläubiger an, untereinander eine Regelung darüber zu treffen, wie und durch welchen Gläubiger die Durchsetzung von Covenants am kostengünstigsten bewerkstelligt werden kann. Indes ist zweifelhaft, ob die Praxis eine derart komplexe Abstimmung zwischen einer Vielzahl von Gläubiger erlaubt. Dagegen sprechen schon die prohibitiv hohen Transaktionskosten einer solchen konzertierten Aktion. Ferner ist nicht ersichtlich, woraus sich für die Covenants-berechtigten Gläubiger aus ex ante-Sicht ein Anreiz zur Einbeziehung anderer Gläubiger ergeben sollte.249 Das Bedürfnis nach einer Koordination der Gläubiger dürfte auch deshalb gering sein, weil es zum Auftreten von Gläubigern mit gleicher Rechtsausstattung und damit zu einer Verdopplung der Überwachungsanstrengungen in der Praxis nur selten kommt. Trotz Informationsdefizits sind Gläubiger in der Lage, ihre unterschiedlichen Fähigkeiten zur Überwachung des Schuldners zu signalisieren; dies gilt insbesondere im Verhältnis zwischen Kredit- und Anleihegläubigern. Es gibt empirische Anhaltspunkte dafür, daß die in Anleihebedingungen enthaltenen Covenants deutlich weniger restriktiv ausfallen, wenn der Anleiheschuldner gleichzeitig größere Darlehen aufgenommen hat.250 Die Existenz solcher Kredite signalisiert den anderen Gläubigern, daß die dazu besonders befähigten Banken die Kontrolle des Schuldners ausüben; es findet quasi ein stillschweigender Transfer der Kontrolltätigkeit auf den Gläubiger statt, der dazu am besten in der Lage ist.251 3. Signalfunktion Ein zusätzlicher Effekt unter Effizienzgesichtspunkten kann sich aus der Signalwirkung der Vereinbarung von Covenants ergeben. Covenants könnten die zwischen Gläubigern und Schuldnern bestehende Informationsasymmetrie reduzieren, wenn sie es dem Kapitalmarkt erlauben, zuverlässig zwischen Schuldnern guter und schlechter Bonität zu unterscheiden. Mithilfe von Covenants kann der Schuldner dem Rechtsverkehr signalisieren, daß er sein Finanzgebaren disziplinieren will, um damit seine Kapitalkosten zu reduzieren.252 Ein weiteres Signal, das der Implementierung von Covenants entnommen werden kann, ist die Kontrolle des unternehmensinternen Prinzipal-Agenten-Konfliktes zwischen Eigentümern und Managern. Covenants können dem Kapitalmarkt eine Verminderung von Fehlanreizen für das Management signalisieren.253 Nicht geringzuschätzen ist schließlich eine weitere Informationsfunktion, 249 250 251 252 253

Eidenmüller (1999), S. 131. Triantis / Daniels, Calif. L. Rev. (1995), 1073, 1089 f. Triantis / Daniels, Cal. L. Rev. (1995), 1073, ebd. Triantis / Daniels, Calif. L. Rev. (1995), 1073, 1078. Levine / Hughes, J. Corp. Fin. (2005), 832 ff.

§ 8 Ökonomische Analyse von Covenants

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die in der Krise der Gesellschaftsschuldnerin zum Tragen kommen kann. Ermöglichen Covenants einem Kreditgeber einen frühzeitigen „Ausstieg“ aus dem Vertrag, so ist dies – die Existenz geeigneter Publizitätsvorschriften vorausgesetzt – ein weithin sichtbares Zeichen für ein Versagen der Unternehmensführung, das andere Akteure der Corporate Governance auf den Plan rufen kann.254 Adressat dieser Signale ist der Kapitalmarkt. In den modernen, zunehmend informationseffizienten Kapitalmärkten werden Unternehmen in einem nie dagewesenen Maß von den Finanzakteuren unter die Lupe genommen. Damit eröffnet sich Unternehmen aber zugleich die Möglichkeit, Signale an die Öffentlichkeit zu senden und damit Stärken der Unternehmensführung herauszustellen. Allerdings gibt es zwischen den Rechtsordnungen große Unterschiede bei der Verwirklichung der Kapitalmarkttransparenz. Insbesondere ist die Publizität wesentlicher Vertragsbedingungen, wie Covenants, nicht immer sichergestellt. Anders als in den USA, wo börsennotierte Unternehmen durch strenge Publizitätsvorschriften zur Offenlegung wesentlicher Verträge gezwungen werden, ist die Rechtslage in Deutschland deutlich weniger streng, wie die folgenden Ausführungen zeigen. a) Exkurs: Publizitätspflichten nach deutschem und amerikanischem Recht aa) Amerikanisches Recht In den USA besteht im Rahmen der laufenden Verpflichtung zur kurzfristigen Veröffentlichung wesentlicher Ereignisse in börsennotierten Unternehmen (sog. Form 8-K Berichterstattung) auch eine Pflicht der Unternehmen, die Eingehung wesentlicher finanzieller Verbindlichkeiten (material financial obligations) zu veröffentlichen (Rule 15d-11, Form 8-K Sec. 1 Item 2.03 (a)). Hierzu gehört insbesondere die Eingehung langfristiger Kreditverträge und Anleihen (Item 2.03 (c)). Inhaltlich umfaßt die Publizitätsverpflichtung nicht nur die Mitteilung der wesentlichen Kreditkonditionen, sondern vor allem auch eine kurze Beschreibung sonstiger, für das Unternehmen wesentlicher Vertragsbedingungen (Item 2.03 (a) (3)), zu denen jedenfalls auch besonders restriktive Covenants gehören. In der Praxis werden die Kredit- und Anleiheverträge häufig sogar vollständig veröffentlicht, um Schwierigkeiten bei der Abgrenzung von wesentlichen und unwesentlichen Vertragsbedingungen zu umgehen. Im Rahmen der 8-K Berichterstattung veröffentlichungspflichtig sind auch Änderungen dieser Verträge im Rahmen von Neuverhandlungen. Allgemein trifft die Unternehmen die Pflicht, vollständig und prompt über Veränderungen ihrer finanziellen Lage zu berichten.255 Triantis / Daniels, Calif. L. Rev. (1995), 1073, 1086. Umfassend Block / Barton / Garfield, Bus. Law. (1985), 1243, 1244 ff., die auch auf die zentrale anti-fraud rule 10b-5 als weitere Grundlage der Veröffentlichungspflicht eingehen (S. 1248 ff., ebd.). 254 255

266 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

Darüber hinaus besteht im Rahmen der Pflicht zur Viertel- und Jahresberichterstattung (Form 10-Q und 10-K) eine Verpflichtung zur Beifügung aller wesentlichen Verträge, die der Schuldner im Berichtzeitraum abgeschlossen hat, als Anlagen (sog. exhibits, vgl. Item 601 (b) (10) Regulation S-K). Nach gängiger Praxis fallen großvolumige Kredit- und Anleiheverträge in diese Kategorie.256 Publizitätspflichtige Unternehmen kommen dieser Verpflichtung häufig bereits im Rahmen der 8-K Berichterstattung nach. Für ausländische Unternehmen, deren Aktien in den USA für den Handel zugelassen sind, besteht mit der Pflicht zur Erstellung eines Reports nach Form 20-F eine der Form 10-K entsprechende Veröffentlichungspflicht. bb) Deutsches Recht In Deutschland könnte sich eine Verpflichtung zur Offenlegung des Kreditvertrages einschließlich der darin enthaltenen Covenants zum einen aus der Ad-hocMitteilungspflicht gem. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG ergeben. Danach hat ein börsennotiertes Unternehmen Insiderinformationen, die es unmittelbar betreffen, unverzüglich zu veröffentlichen. Eine Insiderinformation betrifft den Emittent insbesondere dann unmittelbar, wenn sie sich auf Umstände bezieht, die in seinem Tätigkeitsbereich eingetreten sind (§ 15 Abs. 1 S. 2 WpHG). Eine Insiderinformation ist nach § 13 Abs. 1 WpHG eine konkrete Information über nicht öffentlich bekannte Umstände, die sich auf einen oder mehrere Emittenten von Insiderpapieren oder auf die Insiderpapiere selbst beziehen und die geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen. Eine solche Eignung ist gegeben, wenn ein verständiger Anleger die Information bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde. Eine dem US-Recht vergleichbare detaillierte Regelung der veröffentlichungspflichtigen Tatsachen fehlt somit im deutschen Recht. Nach Ansicht der Literatur und auch der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, die einen nicht abschließenden Katalog von kursrelevanten Tatsachen entwickelt hat, ist jedoch der Abschluß bedeutender Verträge eine veröffentlichungspflichtige Tatsache; dies gilt auch für die Veränderung oder Kündigung derartiger Verträge.257 Jedenfalls großvolumige Kreditverträge dürften diese Definition erfüllen. In der Praxis wird daher die Begebung einer Anleihe oder die Aufnahme eines syndizierten Kredites auch regelmäßig veröffentlicht. 256 Als „exhibit 4“ („instruments defining the rights of security holders including indentures“) müssen die in den Anleihebedingungen enthaltenen Rechte von Anleihegläubigern veröffentlicht werden, wenn das Volumen der Anleihe 10 % des Gesellschaftsvermögens überschreitet. 257 Vgl. den Emittentenleitfaden der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), (Stand 15.07.2005) S. 43 f.; Schwark, § 15, Rdn. 174; Kümpel, Rdn. 16.299.

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267

Dies gilt allerdings nur für das Ereignis als solches. Die zugrunde liegenden Verträge werden dagegen in der Regel nicht veröffentlicht. Diese Praxis steht im Einklang mit der aufgrund des § 15 Abs. 7 WpHG ergangenen Verordnung zur inhaltlichen Reichweite der Mitteilungspflicht.258 Nach § 4 Abs. 1 der WpAIV ist die Mitteilung knapp zu halten; eine Veröffentlichung von Vertragsbedingungen wird nicht verlangt. Eine Pflicht zur Veröffentlichung wesentlicher Verträge besteht auch nicht im Rahmen der Zwischenberichtserstattung gem. § 40 BörsG. Die für dessen Inhalt maßgeblichen §§ 53 ff. BörsZulV sehen eine Pflicht zur Beifügung von Verträgen, die berichtspflichtigen Ereignissen zugrunde liegen, nicht vor. Das gleiche gilt für die in § 63 der Börsenordnung der Frankfurter Wertpapierbörse geregelte Pflicht zur Erstellung eines Quartalsberichts. cc) Anforderungen der ProspVO Covenants könnten jedoch notwendiger Inhalt des nach § 3 Abs. 1 WpPG beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren zu veröffentlichenden Prospekts sein. Dessen Mindestinhalt ergibt sich aus §§ 5, 7 WpPG in Verbindung mit Art. 3, 4, 6 der Prospektverordnung (ProspVO), die als EG-Verordnung unmittelbar geltendes Recht ist.259 Ein Prospekt, der dem § 7 WpPG in Verbindung mit den Bestimmungen und Anhängen der Prospektverordnung entspricht, gilt im Regelfall als vollständig.260 Die Mindestangaben des Prospektes ergeben sich aus den Anhängen der ProspVO. Für die Publizität von Covenants bedeutsam könnten insbesondere die Ziffern 10.4, 20.7 und 22 des Anhangs I sein. Nach Ziff. 10.4. müssen Angaben über „jegliche Beschränkungen des Rückgriffs auf die Eigenkapitalausstattung“ gemacht werden, „die die Geschäfte des Emittenten direkt oder indirekt wesentlich beeinträchtigt haben oder beeinträchtigen können.“ Darunter könnten bestimmte financial Covenants fallen, die wie debt- / equity-ratios einen bestimmten Eigenkapitalanteil vorschreiben. Nach Ziff. 20.7 müssen Angaben zur Dividendenpolitik und etwaiger diesbezüglicher Beschränkungen gemacht werden. Beschränkungen in diesem Sinne könnten die in Covenants enthaltenen Dividendenrestriktionen sein. Schließlich ist nach Ziff. 22 eine Zusammenfassung jedes in den letzten zwei Jahren vor der Registrierung der Aktien vom Emittent abgeschlossenen „wichtigen Vertrages“ beizufügen. Daraus wird sich im Zweifel keine Pflicht zur Wiedergabe sämtlicher Vertragsbedingungen ableiten lassen, u.U. jedoch ein Hinweis auf wesentliche Covenants-Restriktionen. Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung – WpAIV. Verordnung (EG) Nr. 809 / 2004 der Kommission vom 29.4.2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003 / 71 / EG (Prospektrichtlinie), abgedruckt in Abl. EG Nr. L 215 vom 16.6.2004, S. 3. 260 Groß, § 7, Rdn. 2. 258 259

268 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

Insgesamt lassen sich die Auswirkungen der ProspVO auf die Publizität von Covenants mangels zu ihr ergangener Interpretationshinweise und Entscheidungen noch nicht genau abschätzen. Das Informationsniveau dürfte jedoch über dem der bisherigen nationalen Prospektanforderungen liegen. b) Rolle der Informationsintermediäre Im Hinblick auf eine fehlende Praxis in Deutschland zur Veröffentlichung wesentlicher Vertragsbedingungen entbehrt es folglich bislang der notwendigen Grundlage für eine effektive Signalwirkung der Covenants. Zwar läßt sich aus der zu veröffentlichenden Tatsache des Abschlusses eines wichtigen Kreditvertrages mit Wahrscheinlichkeit auf die Existenz gewisser gängiger Covenants schließen; ihr genauer Umfang und Inhalt bleibt den interessierten Verkehrskreisen jedoch verborgen. Inwieweit sich diese Rechtslage entscheidend durch die ProspVO verändern wird, bleibt abzuwarten. Wenn auch im Bereich der gesetzlich angeordneten Publizität Defizite bestehen, die der vollen Ausschöpfung der Signalwirkung von Covenants abträglich sind, so sollte doch das Maß an freiwillig hergestellter Transparenz nicht unterschätzt werden.261 Die meisten großen Aktiengesellschaften unterwerfen sich freiwillig der Bewertung ihrer eigenen Kreditwürdigkeit (sog. issuer credit ratings) und der Sicherheit bzw. Ausfallwahrscheinlichkeit ihrer Schuldtitel und syndizierten Kredite (sog. issue-specific credit ratings) durch Ratingagenturen.262 Wenn die Ratingagenturen auch nicht direkt in die Aushandlung des Kreditvertrages bzw. der Anleihebedingungen eingebunden sind, so verfügen die beteiligten Banken doch über eine gute Einschätzung der von den Ratingagenturen für ein bestimmtes Rating verlangten Covenants. Auf diesem Wege beeinflußt die Aussicht auf ein bestimmtes Rating – neben der Marktüblichkeit – mitunter signifikant den Verhandlungsprozeß. Der Schuldner wird eher bereit sein, sich restriktiven Covenants zu unterwerfen, wenn damit ein investment-grade Rating verbunden ist, was die Kosten der Kapitalaufnahme deutlich senkt. Besondere Aufmerksamkeit widmen die Ratingagenturen der Qualität des Schutzes der Anleihegläubiger vor opportunistischen Maßnahmen des Schuldners durch die Anleihebedingungen. Je strenger die verein261 Kritisch zur Rolle der rating agencies bei der Herstellung von Transparenz auf diesem Gebiet jedoch Coffee, Geo. L.J. (1990), 1495, 1510 f., der als Beispiel die z. T. große zeitliche Verzögerung der Anpassung eines Ratings nach der Reaktion des Marktes auf die Ankündigung eines LBOs nennt. 262 In vielen Fällen erfolgt eine Bewertung jedoch auch ohne entsprechende Beauftragung durch den Schuldner. Standard & Poors etwa bewertet grundsätzlich alle öffentlich in den USA gehandelten Schuldtitel, auch ohne Beauftragung, vgl. Corporate Ratings Criteria, S. 10. Die damit verbundene Machtstellung der Ratingagenturen wurde in jüngster Zeit kontrovers diskutiert. Insbesondere Moody’s wurde vorgehalten, Gesellschaften, die sich weigerten, Moody’s mit einem Kreditrating zu beauftragen, bewußt ein schlechteres Rating gegeben zu haben, vgl. Schwarcz, U. Ill. L. Rev. (2002), 1, 16 f.

§ 8 Ökonomische Analyse von Covenants

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barten Covenants sind, desto besser – ceteribus paribus – die Bewertung der Anleihe und desto günstiger damit die Verzinsung aus Sicht des Schuldners.263 Andererseits kann sich eine Bindung des Schuldners an besonders restriktive Covenants auch nachteilig auf das issuer credit rating auswirken.264 Hier wird von den Ratingagenturen im Rahmen der auf das gesamte Unternehmen bezogenen Untersuchung der Ausfallwahrscheinlichkeit und des zu erwartenden Ausfallschadens insbesondere Liquiditätsrisiken besondere Beachtung geschenkt. Restriktive financial Covenants und frühzeitig auslösende events of defaults können das Risiko einer Vorfälligstellung des Kredits erhöhen und damit das Unternehmen in einen Liquiditätsengpaß bringen.265 4. Vertragliche „network externalities“ und Pfadabhängigkeit Nach klassischer ökonomischer Theorie des Vertragsrechts versuchen kontrahierende Parteien im Prozeß der Vertragsgestaltung vor allem den gegenseitigen Nutzen zu maximieren.266 Auswirkungen auf den Wert von Verträgen Dritter bleiben dabei zunächst berücksichtigt. Mit anderen Worten, es wird durch einen individuellen Vertrag zwischen zwei Parteien nach klassischem ökonomischem Verständnis kein Wert geschaffen, der über den in diesem Vertrag verkörperten Wert hinausginge. Daraus folgt, daß der Wert einer bestimmten Vertragsgestaltung davon unabhängig ist, wie viele andere Parteien die gleiche Vertragsgestaltung wählen.267 Diese atomistische Sichtweise läßt Externalitäten außer Acht, die auftreten können, wenn der Wert einer konkreten Vertragsgestaltung von ihrer Verwendung in einer Vielzahl weiterer Verträge zwischen Dritten beeinflußt wird (sog. Netzwerkeffekte oder network externalities). Ebenso wie der Wert eines Produktes für den einzelnen Benutzer zunehmen kann, wenn viele andere Personen das gleiche Produkt nutzen (ein Beispiel sind Telefonnetze), kann auch der Wert bestimmter Vertragsklauseln oder ganzer Vertragsgestaltungen zunehmen, wenn sie von einer unbestimmten Vielzahl von Vertragsparteien verwandt werden und es damit zu einer Standardisierung kommt.268 Daher liegt es nahe, den Begriff „network externalities“ auf den Bereich der Standardverträge auszudehnen.269 263 Vgl. umfassend Moody’s Indenture Covenant Research & Assessment Framework; Standard & Poors, Corporate Ratings Criteria, S. 36 f.; Iskandar-Datta / Emery, J. Banking & Fin. (1994), 93 ff. Dieser Studie zufolge besitzen vor allem Dividendenrestriktionen, Negativklauseln und sale-leaseback Beschränkungen einen großen Einfluß auf das Rating, vgl. S. 94 ebd. 264 Vgl. Standard & Poors, Corporate Ratings Criteria, S. 36 f. 265 Ausführlich Standard & Poors, Corporate Ratings Criteria, S. 36 f.; Moody’s Approach Toward the Analysis of Indenture Covenants, S. 3. 266 Schäfer / Ott, S. 341 f.; Easterbrook / Fischel (1991), S. 17; Kahan / Klausner, Wash. U.L.Q. (1996), 347 f. 267 Klausner, Va. L. Rev. (1995), 757 f. 268 Zu diesem Begriff Heine, S. 205 f., 217 f.

270 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

Der durch die Standardisierung von Vertragsgestaltungen geschaffene Wert besteht vor allem in den sog. „Lerneffekten“, wozu die größere Erfahrung und Vertrautheit mit einer Standardbestimmung in Rechtsprechung und Praxis sowie geringere Unsicherheiten hinsichtlich ihrer Wirksamkeit zählen.270 Das Spiegelbild dieser Vorteile sind die Kosten, die entstehen, wenn von einer Standardbestimmung abgewichen werden soll (switching costs).271 Neben dem Verlust an Lerneffekten ist eine abweichende Bestimmung, da sie nicht am Markt getestet wurde, mit dem Risiko der Fehlerhaftigkeit behaftet und muß daher umso sorgfältiger ausgearbeitet werden.272 Die Vorteile bewährter und die Nachteile individualisierter Vertragsklauseln setzen einen sich selbst verstärkenden Prozeß zunehmender Standardisierung in Gang, der schließlich in der Abhängigkeit des Marktes von den im Rahmen dieses Prozesses hervorgebrachten Vertragsgestaltungen münden kann (sog. Pfadabhängigkeit).273 Im Widerspruch zur efficient market hypothesis, die in der Verbreitung bestimmter Klauseltypen ein Indiz für ihre Effizienz erblickt274, kann bei bestehender Pfadabhängigkeit auch eine ineffiziente Vertragsklausel den Selektionsprozeß der Praxis überdauern. Dafür maßgeblich ist, daß die konkrete Vertragsgestaltung weniger durch Effizienzerwägungen, als vielmehr durch eine bestimmte Übung bei der Gestaltung von Verträgen determiniert wird. Treibende Kraft ist dabei nicht notwendig die Effizienz einer Gestaltung, sondern vor allem die Tendenz einer risikoscheuen Rechtspraxis, an bekannten Vertragsmustern festzuhalten.275 Wäre die große Verbreitung von Covenants mit der Pfadabhängigkeit der Praxis zu erklären, würde dies nicht nur den Schluß von ihrer Verbreitung auf ihre Effizienz verbieten. Sie würde selbst bei nachweislicher Effizienz von Covenants Zweifel daran bestehen lassen, ob die konkrete Vertragsgestaltung ein Höchstmaß an Effizienz für die betroffenen Parteien darstellt. Grundsätzlich sind zwei Arten suboptimaler Vertragsgestaltung zu unterschieden, die aus dem Auftreten von network externalities resultieren können.276 Zum einen kann in Bereichen, in denen aufgrund der network externalities ein hoher Standardisierungsgrad wünschenswert wäre, eine zu große Diversität von Vertragsgestaltungen vorherrschen. Wo hingegen individuelle Unterschiede zwischen den 269 Diesen Vergleich ziehen Klausner, Va. L. Rev. (1995), 757, 762 f. und Kahan / Klausner, Wash.U.L.Q. (1996), 347 ff. 270 Vgl. Heine, S. 205; Kahan / Klausner, Wash.U.L.Q. (1996), 347 f. 271 Vgl. Klausner, Va. L. Rev. (1995), 757, 785. 272 Kahan / Klausner, Va. L. Rev. (1997), 713, 727 f. 273 Vgl. Klausner, Va. L. Rev. (1995), 757, 789 ff. 274 Vgl. etwa Eidenmüller (1999), S. 131 f.; Kahan / Klausner, Wash.U.L.Q. (1996), 347 f. 275 Umfassend Kahan / Klausner, Wash.U.L.Q. (1996), 347, 348 ff., 352 ff. 276 Klausner, Va. L. Rev. (1995), 757, 813.

§ 8 Ökonomische Analyse von Covenants

271

Verwendern von Klauseln eine individuellere Gestaltung der Klauseln nahe legen, kann eine Pfadabhängigkeit und eine auf ihr beruhende hohe Standardisierung die gebotene Flexibilität verhindern. Über das genaue Ausmaß der Pfadabhängigkeit im Bereich der Vereinbarung von Covenants kann keine abschließende Aussage getroffen werden. Allerdings lassen sich die Anfälligkeit von Covenants für Pfadabhängigkeitsprozesse im allgemeinen sowie dadurch bedingte Effizienzvorteile und -verluste untersuchen, was im folgenden getan werden soll. a) Das Potential der Covenants für pfadabhängigkeitsbedingte Effizienzgewinne Sowohl empirische Studien als auch die praktische Erfahrung des Verfassers deuten auf ein hohes Maß an Standardisierung von Covenants hin.277 Der Standardisierungsgrad spiegelt sich etwa in der Existenz von Handbüchern mit Musterverträgen278 und der Vielzahl wissenschaftlicher Abhandlungen wieder, vor allem aber in der großen Bedeutung von precedents für die Vertragspraxis.279 In der amerikanischen Praxis basiert der erste Entwurf eines loan agreement oder eines indenture fast immer auf dem Vertrag einer früheren, vergleichbaren Transaktion der mit dem ersten Entwurf betrauten Kanzlei. Diese über viele Jahre bestehende Praxis hat zur Folge, daß die in der Frühzeit der Covenants bestehende Vielfalt an Vertragsgestaltungen inzwischen einer homogenen Klauselpraxis gewichen ist. Das Potential für Effizienzgewinne aus Lerneffekten ist zunächst dort besonders groß, wo die Standardisierung Unsicherheiten hinsichtlich der Interpretation normativer Vertragsklauseln oder unbestimmter Rechtsbegriffe beseitigt.280 Mit zunehmender Verwendung gleicher oder ähnlicher Klauseln über einen längeren Zeitraum geht eine zunehmende Vertrautheit der Kautelarjurisprudenz und der Rechtsprechung mit diesen Klauseltypen einher.281 Obwohl die meisten Covenants eher deskriptiven Charakter aufweisen und an präzise Kennzahlen oder Begriffe anknüpfen, enthalten auch sie unbestimmte Rechtsbegriffe mit Potential für Netzwerkeffekte. Ein Beispiel sind material adverse change-Klauseln, die der Konkretisierung durch Rechtsprechung und Praxis in hohem Maße zugänglich sind. Auch die Verwendung von Begriffen, die auf 277 Vgl. Kahan / Klausner, Wash.U.L.Q. (1996), 746 f., die ihre Untersuchung allerdings auf den Standardisierungsgrad von event risk-Covenants beschränken. 278 Hierzu sind die Commentaries on Indentures der American Bar Foundation und die von der Loan Market Association („LMA“) herausgegebenen Musterkreditverträge zu zählen. 279 Zu Begriff und Bedeutung der precedents siehe ausführlich unten § 11 B. 280 Klausner, Va. L. Rev. (1995), 757, 775 ff. 281 Klausner, ebd.

272 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

eine Praxis oder geschäftliche Übung rekurrieren, ist eine Quelle von network externalities.282 Beispielhaft dafür sind asset disposition restrictions, die häufig auf Veräußerungen „beyond the ordinary course of business“ („außerhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs“) abstellen, oder Negativklauseln, die als Ausnahme die Bestellung von Sicherheiten im Rahmen der „ordinary course of business“ zulassen.283 In allen diesen Fällen ist es für die Rechtspraxis von Vorteil, Klauseln mit einem hohen Bekanntheitsgrad zu verwenden. Das Potential der Covenants für derartige Lerneffekte ist auch deshalb besonders groß, weil es sich bei ihnen um besonders komplexe und umfangreiche Klauselwerke handelt, deren Ausarbeitung enorm zeitaufwendig und schwierig ist. Entsprechend groß ist der Kostenvorteil, wenn diese Klauseln nicht jedes Mal neu ausgearbeitet werden müssen, sondern auf precedents zurückgegriffen werden kann. Ein weiterer Effizienzgewinn erwächst Covenants aus marketing externalities. Darunter ist der Wert zu verstehen, der aus der besseren Vergleichbarkeit und Fungibilität standardisierter Klauseln aus Sicht ihrer Adressaten erwächst.284 Insbesondere bei Unternehmensanleihen und syndizierten Krediten besitzt diese network externality einen großen Wert, da der Erfolg der bei diesen Finanzinstrumenten erforderlichen Vermarktung unter Anlegern bzw. Banken die Marktüblichkeit der Vertragsbedingungen voraussetzt. Garant der Marktüblichkeit ist neben dem Rückgriff auf precedents während der Vertragsverhandlungen in der letzten Instanz die screening-Funktion der mit dem Rating dieser Finanzinstrumente beauftragten Ratingagenturen. Der Konservatismus der Ratingagenturen und ihre typisierende Bewertungstätigkeit fördern die Verwendung bewährter Klauseln und bestrafen die Verwendung innovativer Klauseltypen. Bei letzteren besteht die Gefahr, daß sie keinen Eingang in das Rating finden und daher aus Sicht der Parteien nur unnötige Kosten verursachen. Die Verwendung von Standard-Covenants macht dagegen ein positives Rating der Anleihe wahrscheinlicher und wirkt sich damit positiv auf die Kapitalkosten des Unternehmens aus.285 b) Das Potential der Covenants für pfadabhängigkeitsbedingte Effizienzverluste Wie oben ausgeführt wurde, kann die massenhafte Verwendung von Vertragsklauseln in manchen Lebensbereichen erhebliche Effizienzvorteile besitzen, die die mit einem geringen Individualisierungsgrad verbundenen Nachteile überwiegen. Zu die282 283 284

Vgl. Klausner, Va. L. Rev. (1995), 757, 780 ff. Siehe oben § 5 B. II. 5. a). Klausner, Va. L. Rev. (1995), 757, 785; Kahan / Klausner, Wash.U.L.Q. (1996), 347,

350. 285

Klausner, Va. L. Rev. (1995), 757, 785.

§ 8 Ökonomische Analyse von Covenants

273

ser Einschätzung mag das Corporate Trust Indenture Project gekommen sein, das in der Ausarbeitung der „Model Debenture Indenture Provisions“ der American Bar Foundation mündete. So war die ursprünglich bestehende Zersplitterung der Vertragspraxis der maßgebliche Grund für die Schaffung dieses Projektes.286 Effizienzverluste auf der anderen Seite drohen dort, wo der Standardisierungsgrad dazu führt, daß Anpassungen an die individuellen Bedürfnisse der Parteien nicht mehr stattfinden und die Uniformität von Covenants die Besonderheiten einer Transaktion nivelliert. Diese Gefahr erweist sich bei näherer Betrachtung allerdings als mehr theoretischer Natur. Der Blick in die Vertragspraxis zeigt, daß Covenants trotz der Bedeutung von precedents im Verhandlungsprozeß durchaus verhandelt und individuell ausgestaltet werden. Auch empirisch lassen sich Unterschiede hinsichtlich der Art und Häufigkeit bestimmter Covenants zwischen Schuldnern mit unterschiedlichen Finanzierungsbedürfnissen nachweisen.287 Andere Covenants, wie etwa die an den finanziellen Verhältnissen des Schuldners orientierten financial Covenants, setzen sogar eine individuelle Ausgestaltung voraus.288 Die große Variation an Ausnahmetatbeständen in den incurrence Covenants sorgt für zusätzliche Flexibilität. Dieser Befund kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß in der Praxis überwiegend typisierte Covenants vereinbart werden. Die Entwicklung völlig neuer Klauseltypen findet eher selten statt. Auf pfadabhängigkeitsbegründete Ineffizienzen deutet zudem das seltene Auftreten einiger an sich hocheffizienter Klauseln in der Vertragspraxis hin. Ein Beispiel dafür sind bestimmte event riskCovenants in Anleihen, die nachweislich die Risiken der Anleihegläubiger vermindern.289 Bis zum Fall Nabisco wurden diese Klauseln kaum verwandt, obwohl man sich auch schon vor diesem Ereignis durchaus der Gefahren eines leveragedbuyouts für die Gläubiger bewußt war. Nach dem Abebben des Übernahmebooms in den frühen 90ziger Jahren verschwanden die Klauseln trotz fortbestehenden Schutzbedürfnisses der Gläubiger dagegen wieder auffallend schnell.290 Die Kosten ihrer Vereinbarung müssen also so hoch gewesen sein, daß selbst die Gläubiger von potentiellen targets eines leveraged-buyouts ihre Vereinbarung nicht durchsetzen konnten. c) Zwischenergebnis Insgesamt läßt sich feststellen, daß sowohl Effizienzgewinne als auch Effizienzverluste bei Covenants nicht aus einer zu großen Zersplitterung resultieren, son286 287 288 289 290

Rodgers, Bus. Law. (1965), 551, 556. Bradley / Roberts, S. 1 ff. Köndgen, S. 149. Vgl. Klausner, Va. L. Rev. (1995), 757, 818 ff. Siehe oben § 5 B. IV. 1.

274 3. Kap.: Effizienzkriterium als Bewertungsmaßstab von Gläubigerschutzsystemen

dern aus ihrem hohen Standardisierungsgrad. Die Standardisierung hat zur Folge, daß Covenants in Kreditverträgen heutzutage in vielen Fällen nicht mehr allein das Ergebnis der Aushandlung einer individuellen, auf die speziellen Bedürfnisse der Parteien zugeschnittenen Vertragsgestaltung sind, sondern aufgrund ihrer Marktüblichkeit vereinbart werden. Dies aber hat Auswirkungen auf ihre Effizienz im konkreten Fall, auch dann, wenn ihre Effizienz wie in diesem Kapitel abstrakt nachgewiesen wurde. Zusammenfassend lassen sich jedoch mehr positive als negative Auswirkungen der Pfadabhängigkeit von Covenants feststellen. Der Wert des standardisierten Klauselkatalogs besteht insbesondere in den hohen Lerneffekten im Umgang mit den Klauseln und ihrer guten Vergleichbarkeit als Voraussetzung für die Vermarktung syndizierter Kredite und Anleihen. Darüber hinaus verhindert die Anpassungsfähigkeit auch standardisierter Klauseln an Besonderheiten der Vertragsbeziehung eine übermäßige Standardisierung, die zu größeren Effizienzeinbußen führen könnte.

C. Zusammenfassung und Effizienzvergleich Die ökonomische Analyse hat ein zwiespältiges Ergebnis zutage gefördert. Covenants weisen im Vergleich zum Kapitalschutzsystem Vor- und Nachteile auf. Insgesamt überwiegen die Vorteile der Covenants jedoch deutlich. Maßstab für ein effizientes Gläubigerschutzsystem ist zum einen die Fähigkeit, den beiderseitigen Nutzen für die Parteien zu maximieren und die Transaktionskosten zu minimieren. Hier fällt die Kosten- / Nutzen-Bilanz der Covenants günstiger aus: Einem funktional höherwertigem Gläubigerschutz stehen insgesamt geringere Kosten als bei Kapitalschutzsystemen gegenüber. Zwar vermeidet das Kapitalschutzsystem bestimmte Kosten, die mit Covenants einhergehen: So entbindet es durch seinen zwingenden Charakter in bestimmten Grenzen von der Notwendigkeit kostenträchtiger Individualvereinbarungen. Aus dem gleichen Grund reduziert es das bei Covenants auftretende Kollektivhandlungsproblem. Dem stehen jedoch erhebliche Kosten für den Schuldner in Form von Flexibilitätsverlusten bei Finanzierungsentscheidungen gegenüber. Ein weiterer Kostenfaktor ist in der mangelnden Fähigkeit des Kapitalschutzes zu sehen, nach verschiedenen Gläubigergruppen zu differenzieren. Eine solche Differenzierung scheitert daran, daß sich die für bestimmte Gläubigergruppen typischen Risiken gesetzlich nicht erfassen und klassifizieren lassen. Daher kommt der gesetzliche Kapitalschutz auch solchen Gläubigern zugute, die seiner nicht wirklich bedürfen. Insoweit zwingt er dem Schuldner nicht nur eine bestimmte Kapitalstruktur auf, sondern schreibt den Parteien eine Risikoverteilung vor, die sie bei vertraglicher Dispositionsbefugnis nicht vereinbart hätten. Dies ist eine zwangsläufig mit Kosten verbundene Ineffizienz. Covenants auf der anderen Seite sind in der Lage, durch die Gewährung des individuell benötigten Schutzniveaus den Konflikt mit den Anteilseignern zu kon-

§ 8 Ökonomische Analyse von Covenants

275

trollieren, damit die Kapitalkosten zu senken und den Unternehmenswert zu steigern. Ihre Flexibilität leidet indes ein Stück weit unter dem Phänomen der Pfadabhängigkeit. Ferner steht ihr Schutz nicht allen Gläubigergruppen offen. Dieser Nachteil wird jedoch durch positive Externalitäten weitgehend ausgeglichen. Ferner kompensieren Covenants in bestimmten Grenzen das Fehlen einer organrechtlichen Verpflichtung der Geschäftsführung auf die Interessen der Gläubiger. Sie laufen jedoch Gefahr, im Zweifel dem Unternehmensinteresse untergeordnet zu werden. Ist damit weder ein rein vertraglicher noch ein rein gesetzlicher Gläubigerschutz wünschenswert, so könnte die Lösung in einer Mischung beider Systeme liegen. Der Akzent ist jedoch auf eine Stärkung des insgesamt effizienteren, individuellen Gläubigerschutzes zu legen. Zusätzlich kann ein gesetzlicher Auffangschutz für Gläubiger vorgesehen werden, denen die Schutzwirkung der Covenants systematisch versagt bleibt. Dieser muß jedoch nicht notwendig in einem Kapitalschutzsystem bestehen.

4. Kapitel

Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants Nachdem im zweiten und dritten Kapitel die Eignung von Covenants als Ersatz von Kapitalschutzfunktionen unter funktionalen und ökonomischen Gesichtspunkten untersucht wurde, geht es nun um die rechtlichen Grenzen ihres Einsatzes, und damit um die Integrationsfähigkeit von Covenants in das deutsche Recht. Die im Zusammenhang mit der Verwendung von Covenants auftretenden Rechtsfragen wurden bisher in der Literatur, mit Ausnahme der Arbeit von Kästle, nur punktuell und lückenhaft beleuchtet. Eine vollständige rechtliche Durchdringung, die sich insbesondere mit der rechtlichen Einordnung der Covenants sowie den von ihnen aufgeworfenen Fragen der Verbandsautonomie und der gesellschaftsrechtlichen Kompetenzordnung befaßt, steht noch aus. Zudem fehlt es bislang an Versuchen einer konzernrechtlichen Erfassung von Covenants und ihrer Abgrenzung zu Unternehmensverträgen.1 Den mit dem Einsatz von Covenants auftretenden Rechtsfragen liegt letztlich ihre besondere Rechtsnatur zugrunde. Sie sind einerseits Nebenbestimmungen in einem Kreditvertrag, oktroyieren der Gesellschaft andererseits ein vom Standpunkt des AktG fremdes, geschlossenes Gläubigerschutzsystem auf, das in die Binnenordnung der Gesellschaft durch eine langfristige, asymmetrische Steuerungsstruktur eingreift. Damit stehen Covenants-gestützte Finanzierungsvereinbarungen nicht nur in Widerspruch zum Idealbild des BGB eines äquivalenten Leistungsaustausches zweier durchgängig gleichberechtigter Partner, sondern werfen auch spezifische gesellschaftsrechtliche Fragen auf. Für den Gegenstand dieser Arbeit ist die Untersuchung dieser Probleme deshalb erforderlich, weil sich aus ihnen potentielle Grenzen des Einsatzes von Covenants als alternatives Gläubigerschutzinstrument ergeben können. Während das Kapitalschutzsystem vollständig im AktG integriert und verankert ist, muß sich die rechtliche Wirksamkeit von Covenants und ihrer Durchsetzung erst erweisen. Die Beantwortung dieser Frage entscheidet mit darüber, ob und in welchem Umfang Covenants ihren Anspruch auf einen effektiveren Gläubigerschutz auch tatsächlich einlösen können. Es ist z. B. denkbar, daß potentielle Einsatzbereiche von Cove1 Kästle geht auf dieses Thema nur am Rande ein, vgl. S. 198 ff. Eine grundlegende Aufarbeitung der zugrunde liegenden Wertungsgesichtspunkte fehlt.

§ 9 Symbiotische Natur des Covenants-gestützten Finanzierungsvertrages

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nants aus rechtlichen Gründen ausscheiden müssen, obwohl sie in funktionaler Hinsicht hervorragend für den Einsatz von Covenants geeignet wären.2 Das Ziel der folgenden Abschnitte besteht darin, einen Weg aufzuzeigen, über den Covenants im deutschen Recht in der Weise integriert werden können, daß einerseits ihre tragenden Elemente nicht beschädigt werden und andererseits grundlegende Rechtsprinzipien des deutschen Rechts respektiert werden. Eine undifferenzierte Anwendung zivil- und gesellschaftsrechtlicher Inhaltskontrollen und Haftungsregeln drohte die mühsam ausgehandelte, feinabgestimmte Risikoallokation der Covenants aus den Angeln zu heben. Das vom Grundsatz der Privatautonomie geprägte Zivilrecht hat als Motor der Marktwirtschaft und rechtlichen Innovation jedoch die Aufgabe, von der Praxis entwickelte neue Vertragstypen wie die Covenants innerhalb eines stabilen Ordnungsrahmens zu ermöglichen.3 Ein solcher könnte die Theorie der symbiotischen Vereinbarungen bilden, eines dritten Unternehmenskonzepts zwischen Austauschvertrag und gesellschaftsrechtlicher Organisation. Im folgenden wird versucht, Covenants als konstituierenden Bestandteil eines symbiotischen Finanzierungsvertrages zu beschreiben. Bestätigt sich die symbiotische Natur des Covenants-gestützten Finanzierungsvertrages, so kann dies nicht ohne Konsequenzen für die anschließenden zivil-, gesellschaftsund konzernrechtlichen Fragestellungen bleiben, da sich symbiotische Vereinbarungen herkömmlichen Wertungskategorien des Vertrags- und Gesellschaftsrechts bis zu einem gewissen Grad entziehen.

§ 9 Symbiotische Natur des Covenants-gestützten Finanzierungsvertrages A. Symbiotische Verträge im allgemeinen In jüngerer Zeit haben in der rechtsökonomischen Literatur zunehmend Formen der Kooperation von Unternehmen Beachtung gefunden, die zwischen den beiden gegenüberliegenden Punkten des Spektrums möglicher Kooperationsformen – Vertrag und Organisation – angesiedelt sind. Theoretischer Ausgangspunkt dieses Phänomens ist die Überlegung, daß sich die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen nicht immer nur in den klassischen Formen des Austauschvertrages einerseits und der Organisation durch Hierarchienbildung andererseits vollziehen muß, sondern auch flexible Zwischenformen möglich sind, sog. Hybride.4 Im folgenden sollen 2 Drukarczyk / Schmidt, S. 766 ff. weisen auf mögliche rechtliche Hindernisse wie eine zu strenge Kreditgeberhaftung oder ein Eigentümer-orientiertes Insolvenzrecht hin, die Kreditgeber von einem Einsatz von Covenants abhalten könnten. Die Folge sei, daß Kreditgeber dann auf andere Instrumente, wie etwa den Aufsichtsrat, zur Entfaltung ihrer Kontrollbedürfnisse auswichen. 3 Sester, S. 11.

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4. Kap.: Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

die verschiedenen Formen der Unternehmenskooperation beschrieben werden, um sodann die Stellung von Covenants in diesem System auszuloten. Im Rahmen eines „normalen“ Austauschvertrages tauschen die Parteien typischerweise einmalig bestimmte Leistungen aus, und es tritt eine schnelle, im Extremfall der sog. Spotmarkttransaktion5 sofortige, Beendigung des Vertrages ein. Den Gegenpol bildet der vor allem im Gesellschafts- und Konzernrecht zu findende Organisationsvertrag, durch den sich die Parteien langfristig aneinander binden und der deshalb notwendig „offen“ gestaltet sein muß, um Anpassungen an veränderte Umstände zu erlauben. Dies ist der klassische relationale Vertrag, bei dem an die Stelle genau spezifizierter Eventualitäten (Kontingenzen) interne Steuerungs- und Anpassungsmechanismen treten; im Extremfall kommt es zu einer vollständigen vertikalen Integration.6 Daneben kennt das Gesetz auch Dauerschuldverhältnisse wie Darlehens- und Gesellschaftsverträge, deren Vertragsdauer sie den Organisationsverträgen annähert, die ansonsten aber wegen des Fehlens einer organisatorischen Interessenkoordination den Austauschverträgen gleichstehen.7 Die Rechtswirklichkeit ist gekennzeichnet durch ein differenziertes Bild von Vertragstypen, die in dem breiten, zwischen den beiden Polen liegenden Spektrum 4 Als hybrids bzw. hybride Verträge werden in der rechtsökonomischen Literatur allgemein Langzeitverträge beschrieben, die sich durch ihre Integration von anreizkompatiblen Steuerungsstrukturen von schnell abgewickelten Austauschverträgen unterscheiden und sich der hierarchischen (integrierten) Organisation annähern, also eine Zwischenform darstellen. Vgl. grundlegend Sester, S. 116 ff., 148 ff., 159 ff. m.w.N.; Schanze (1991), S. 67 ff.; Schäfer / Ott, S. 635; Windbichler in GroßkommAktG, § 17, Rdn. 41; dies. vor § 15, Rdn. 18 f. Wenn im folgenden von „Organisationsvertrag“ oder organisationsvertraglichen Elementen die Rede ist, liegt dem das von Oetker geprägte ökonomischen Verständnis des Organisationsvertrages zugrunde, welches das Spezifikum dieses Vertrages in seiner Leistungskoordination sieht, vgl. Oetker, Das Dauerschuldverhältnis und seine Beendigung, S. 226. Es geht hier nicht so sehr um den verbandsrechtlichen Organisationsvertragsbegriff, der sich durch seinen korporativen Einschlag auszeichnet und etwa den Arbeiten von Würdinger und Ballerstedt zugrunde liegt, vgl. Würdinger, DB 1958, 1447, 1451 f.; Ballerstedt, DB 1956, 813, 815 (im Anschluß an Flume, DB 1956, 455 ff.). 5 Vgl. Eger, S. 19. 6 Grundlegend zur ökonomischen Theorie des relationalen Vertrages Richter / Furubotn, S. 167 ff., 202 ff., 319 ff.; Ruffner, S. 162 f.; Sester, S. 123 f. Nach Coase (1990), S. 37, entscheidet der Marktmechanismus über den Wechsel von dezentralen Leistungsbeziehungen zur hierarchischen Organisationsform. Der Unternehmer wird die Integration in einem Unternehmen dann wählen, wenn ihre Kosten geringer sind als die Alternative vieler Einzelverträge mit ihren jeweiligen Transaktionskosten. 7 Buxbaum, J. Inst. & Theoretical Econ. (1993), 698, 703, sieht in dem Bedürfnis der Parteien nach Vertrauen (trust) eine der drei entscheidenden Voraussetzungen für die Entstehung von Netzwerken (networks), denen er eine Mittelstellung zwischen Vertrag (contract) und Organisation (firm) zuschreibt; zum Konzept des networks siehe auch Teubner (1991), S. 105, 115 ff. Die Figur der Netzwerke ist für die Erfassung des Phänomens Covenants freilich nicht unbedingt passend; sie setzt eine wesentlich längere, strategische Beziehung zwischen den Vertragsparteien voraus als dies bei Finanzierungsverträgen der Fall ist. Die Entstehungsgründe von Netzwerken liegen jedoch auch dem Einsatz von Covenants zugrunde.

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angesiedelt sind und von einer kreativen Vertragspraxis zur Verbindung der Vorteile beider Vertragstypen geschaffen wurden. Besonders bedeutsam ist ein immer wiederkehrendes Vertragskonzept, mit dem Produktionen durch eine enge, langfristige Kooperation zwischen selbständigen, aber ungleich berechtigten Partnern organisiert wird.8 Diese Vertragsform rechtlich zu erfassen hat sich die von Schanze begründete Theorie der symbiotischen Vereinbarungen zur Aufgabe gemacht.9 Symbiotische Vereinbarungen begründen einen Organisations- und Kooperationsrahmen für die Leistungserbringung, ohne die Unabhängigkeit der Vertragsparteien aufzuheben. Damit verbinden sie die Vorteile von Austauschverträgen mit denen von Organisationsverträgen und können dadurch besondere Probleme in Langzeitbeziehungen bewältigen. Langzeitverträge zeichnen sich durch eine hohe Unsicherheit der Vertragsparteien in das bei Vertragsschluß aufzustellende Nutzenkalkül aus, dem ein besonders hohes Informationsbedürfnis der Parteien korrespondiert.10 Diese Ungewißheit bezieht sich vor allem darauf, ob sich der Vertragspartner während der Laufzeit loyal verhalten wird, und die langfristige Bindung (locking-in) nicht dazu ausnutzt, einen im Rahmen der vertraglichen Risikoverteilung nicht vorgesehenen Vorteil zu erlangen (opportunistisches Verhalten).11 Die denkbare Möglichkeit, diese Unsicherheit durch eine detaillierte Regelung aller denkbaren Formen opportunistischen Verhaltens in einem sog. „vollkommenen“ oder „Kontingenzvertrag“ zu beseitigen, wird durch das Informationsdefizit der Parteien und die hohen Transaktionskosten einer solchen Regelung erschwert.12 Deshalb beschränken sich Vertragsparteien auf den Abschluß „unvollkommener“ (relationaler) Verträge, bei denen an die Stelle einer genauen Spezifikation aller Erwartungen und Risikozuordnungen ein prozeduraler Anpassungs- bzw. Ordnungsrahmen tritt. Nach dem Vorbild des relationalen Vertrages versuchen symbiotische Vereinbarungen die Unsicherheiten im Rahmen offener Verträge durch prozedurale Mechanismen, die eine flexible Anpassung des Vertrages an sich verändernde Umstände erlauben, zu reduzieren, ohne den Vertrag mit zu starren und kostenträchtigen Detailregelungen zu überfrachten.13 Informationsdefizite und -asymmetrien werden dadurch reduziert, daß sich die Parteien gezielt in eine wechselseitige Abhängigkeit begeben. Dabei ordnet sich einer der Beteiligten, der dem anderen in der VerSester, S. 148 f. Das Paradebeispiel ist das Franchise-System, vgl. Schanze (1991), S. 67. Vgl. Schanze (1991), S. 67 ff.; ders., JITE 1993, 122 ff.; ders., JITE 1993, 691 ff.; Spindler, JITE 1993, 756 ff. 10 Vgl. Ruffner, S. 84. 11 Oetker, S. 45 f. 12 Vgl. dazu insbesondere Klaus Schmidt, EBOR 2006, 89, 91 ff. Kontingenzverträge sind ein ökonomisches Gedankenkonstrukt, das helfen soll, die ökonomische Funktion des Vertragsrechts besser zu begreifen; unter ihnen versteht man spezifizierte Verträge, die für jede denkbare Konfliktsituation die Risiken und Leistungsmodalitäten der Parteien genau festlegen, vgl. Eger, S. 33 ff. 13 Vgl. Eidenmüller (1997), S. 44 ff. 8 9

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handlungsphase noch gleichberechtigt und gleichstark gegenüberstand, freiwillig seinem Partner unter; das Ziel der angestrebten Kooperation besteht in der Begründung einer asymmetrischen Steuerungsstruktur, die anderen denkbaren Organisationskonzepten wirtschaftlich überlegen ist.14 Trotz dieser Asymmetrie lassen symbiotische Vereinbarungen die unternehmerische Selbständigkeit des untergeordneten Teils unangetastet, wohingegen Organisationsverträge eine diese Unabhängigkeit aufhebende oder untergrabende Integration bewirken.15 Die Erhaltung der Selbständigkeit – mit ihrem sichtbarsten Ausdruck im Anreiz zu konsequenter Gewinnmaximierung – ist in ökonomischer Hinsicht wünschenswert, da sie die Nutzung des Marktmechanismus zum Zwecke der Leistungskontrolle erlaubt, während eine unselbständige Vertragspartei aufgrund fehlender marktmäßiger Leistungsanreize vom Partner kontrolliert werden muß.16

B. Symbiotische Finanzierungsverträge Im Mittelpunkt der folgenden Betrachtung steht der symbiotische Finanzierungsvertrag, der den dauerschuldrechtlichen Darlehensvertrag um kooperationsund organisationsrechtliche Komponenten erweitert, um damit die erwähnten Probleme im Rahmen von Langzeitbeziehungen zu lösen.17

I. Der gesetzestypische Darlehensvertrag Der gesetzestypische Gelddarlehensvertrag gem. § 488 BGB beschränkt sich im wesentlichen auf die Regelung der Hauptpflichten der Vertragsparteien, also der Verpflichtung des Darlehensgebers zur zeitweiligen Überlassung der Darlehensvaluta auf der einen sowie der Rückzahlungs- und Verzinsungspflicht des Darlehensnehmers auf der anderen Seite. Ergänzt werden diese Hauptpflichten durch teils gesetzlich geregelte, teils ungeschriebene Nebenpflichten, wie z. B. der Pflicht des Darlehensnehmers zur Stellung von Sicherheiten (vgl. §§ 232 ff. BGB) sowie der in bestimmten Fällen aus § 242 BGB abgeleiteten Pflicht gewerblicher Darlehensgeber zur Risikoaufklärung.18 Auffällig ist die statische Natur des Darlehensvertrages. Obwohl er die Parteien als Dauerschuldvertrag mitunter über lange Zeit aneinander bindet, beschränkt er Schanze, JITE 1993, 691, 693; Sester, S. 162. Schanze (1991), S. 67, 95. 16 Vgl. Sester, S. 172 ff. und unten § 9 B. II. 2. b). 17 Zum Charakter des Darlehensvertrages als Dauerschuldverhältnis vgl. Oetker, S. 148 ff. Er dürfte heute jedenfalls für den hier in Rede stehenden Konsensualvertrag allgemein anerkannt sein, vgl. MüKoBGB / Berger, Vor § 488, Rdn. 12. 18 Vgl. MüKoBGB / Berger, Vor § 488, Rdn. 70 ff. 14 15

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sich im wesentlichen auf die Regelung der Hauptleistungspflichten zum Zeitpunkt des Vertragsbeginns und der Vertragsbeendigung, also auf die Regelung des Leistungsaustausches. Für die dazwischen liegende Zeitspanne des Vertrages, die durch einen signifikanten Interessengegensatz der Parteien beherrscht ist, sieht das Gesetz dagegen kaum einen Regelungsrahmen vor. Die Parteien des gesetzestypischen Darlehensvertrages versprechen sich gerade nicht, die Interessen der anderen Partei zu wahren.19 Die Risiken dieser Langzeitbeziehung werden durch den unterschiedlichen Fälligkeitszeitpunkt der Leistungspflichten von Darlehensnehmer und Darlehensgeber noch verstärkt: Für den Darlehensgeber als Vorleistenden besteht ein erhebliches Risiko, daß der Schuldner bei Fälligkeit des Kredits nicht zur Rückzahlung imstande ist.20 Trotz dieser Asymmetrie geht das Gesetz davon aus, daß die darlehenstypische Risikolage allein durch die Festlegung der Hauptleistungspflichten aus ex ante-Sicht erfaßt werden kann und es eines weiteren Kooperations- oder Organisationsrahmens für die Phase zwischen Valutierung und Darlehensrückzahlung nicht bedarf. II. Gründe für den Abschluß symbiotischer Finanzierungsverträge 1. Zusätzliches Regelungsbedürfnis Diese Gesetzeslage wird allerdings wenn überhaupt nur der Interessenlage im Rahmen eines kurzfristigen Darlehensvertrages mit einfach strukturiertem Leistungsaustausch gerecht. Je unsicherer die Vertragsbeziehung im Hinblick auf Dauer und Ausfallrisiko wird, desto bedeutsamer ist die zwischen den Hauptleistungspflichten liegende Zeit für den Vertragserfolg. So kann nach Gewährung des Darlehens eine plötzliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers den Rückzahlungsanspruch des Gläubigers gefährden. Die Praxis hat sich daher schon früh mit zusätzlichen vertraglichen Vereinbarungen beholfen, die, wie etwa die AGB-Banken, zusätzliche Auskunftspflichten des Darlehensnehmers sowie Kontroll- und Kündigungsrechte vorsehen. Bereits diese rudimentären Zusatzvereinbarungen sorgen dafür, daß sich die Beziehung zwischen den Parteien verdichtet. Die Hauptpflichten der Parteien werden durch Verpflichtungen erweitert, die dem Darlehensgeber eine stärkere Kontrolle des Darlehensnehmers erlauben und auf diese Weise den Vertragserfolg sicherstellen sollen. Durch die Verknüpfung des Austauschzweckes des Vertrages mit den Sicherheitsinteressen des Darlehensgebers wandelt sich der interessengegensätzliche Charakter des Vertrages und nähert sich einem Interessenwahrungsvertrag an. 19 In der Terminologie Oetkers handelt es sich um einen sog. Interessengegensatzvertrag, dessen Zweck sich im Leistungsaustausch erschöpft; eine Verknüpfung der Interessen der Parteien mit dem Vertragsinhalt unterbleibt, so daß die Parteien ihre eigenen Interessen egoistisch verfolgen, S. 235 f., 237 f. 20 MüKoBGB / Berger, Vor § 488, Rdn. 7 f.

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2. Disparitäten In einem Austauschvertrag stehen sich die Parteien im Normalfall auf gleicher Augenhöhe gegenüber, es herrscht eine gewisse „Parität“. Ganz allgemein sind es die aus einer Disparität zwischen den Parteien resultierenden Transaktionskosten, die die Parteien von einer rein austauschvertraglichen Ausgestaltung einer Vertragsbeziehung abhalten.21 Disparitäten (oft wird auch von Asymmetrien gesprochen22) können im Vorhandensein sog. vertragsspezifischen Kapitals, besonderen Schwierigkeiten bei der Kontrolle der Leistungen eines Vertragspartners sowie den sonstigen für eine längerfristige Vertragsbeziehung typischen „moral hazard“-Problemen wie Anreizen zu opportunistischem Verhalten bestehen.23 Daneben können Schwierigkeiten bei der Definition der vertraglich geschuldeten Leistung oder vertraglich eingeräumte Leistungsbestimmungsrechte ein Agency-Verhältnis hervorrufen, dessen Probleme besser durch die im Rahmen eines symbiotischen Vertrages mögliche Zusammenarbeit der Vertragspartner bewältigt werden können.24

a) Vertragsspezifisches Kapital Unter vertragsspezifischem Kapital versteht man Investitionen, die speziell für den Vertragszweck getätigt werden und deren Wert vom Fortbestand des Vertrages abhängt; die Folge ist ein „lock-in“ des Leistenden, der damit anfällig für opportunistisches Verhalten des Partners wird.25 Derartige Investitionen werden im Rahmen von Finanzierungsverträgen nur vordergründig nicht getätigt. Löst man sich von der Vorstellung eines einfachen Darlehensvertrages und richtet den Blick auf großvolumige oder hochriskante Finanzierungsverträge wie etwa syndizierte Kredite oder high-yield bonds, so kann in der Investition des Fremdkapitalgebers eine Art vertragsspezifisches Kapital gesehen werden. Die Darlehensvaluta werden dann nicht mehr, wie beim typischen Interessengegensatzvertrag, ohne Rücksicht auf den Verwendungszweck gewährt; indem sich der Kreditgeber bewußt für eine Investition in ein besonders riskantes Unternehmen entscheidet und ihm im Umfang des eingegangenen Risikos die Berufung auf eine drohende Vermögensverschlechterung als Kündigungsgrund abgeschnitten ist, tritt eine gewisse Bindung des Kapitals an den Verwendungszweck ein. Der Kreditgeber partizipiert nun am Verwendungsrisiko des Kreditnehmers. Diese Sichtweise sieht sich durch die Tatsache bestätigt, daß riskante high-yield-Anleihen Vgl. Schanze, JITE 1993, 691, 693. Vgl. Schanze, JITE 1993, ebd. 23 Umfassend Sester, S. 167 ff. Zu den Möglichkeiten opportunistischen Verhaltens im Austauschverhältnis Schäfer / Ott, S. 108 f. 24 Schanze (1991), S. 67, 93. 25 Schäfer / Ott, S. 636; Sester, S. 167 ff. 21 22

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und großvolumige syndizierte Kredite die Hauptanwendungsfelder von Covenants sind.

b) Agenten-Kosten Die im Rahmen eines gesetzestypischen Darlehensvertrages zu erbringenden Leistungen erscheinen auf den ersten Blick genau spezifiziert. Sieht man allerdings neben der Rückzahlung des Darlehens und den Zinszahlungen auch die Erhaltung der Werthaltigkeit des Rückzahlungsanspruches als vom Kreditnehmer geschuldete Leistung an, so verändert sich diese Bewertung. Die Sicherheit des Rückzahlungsanspruches wird zwar auch im Darlehensrecht insofern als Teil der geschuldeten Leistung angesehen, als ihre Gefährdung Leistungsstörungsregeln eingreifen läßt.26 Von einer genauen Definition des vom Gläubiger zu beanspruchenden Sicherheitsumfangs ist das Gesetz jedoch weit entfernt. Die gesetzlichen Leistungsstörungsregeln greifen erst dann ein, wenn die Hauptleistungspflicht bereits in deutlich sichtbarer Weise gefährdet ist. Die gesetzlichen Leistungsstörungsregeln stehen in ständigem Bezug zum Substrat des Austauschverhältnisses; für den Gläubiger relevante Aspekte, die sich nicht unmittelbar auf das Substrat des Leistungsaustausches beziehen, werden vom Gesetz ausgeklammert, um die Symmetrie der Rechtspositionen nicht zu gefährden.27 Besonders deutlich wird dies bei der Frage, ob sich der Schuldner im Rahmen anderer Vertragsbeziehungen korrekt verhält. Während sich die cross default-Klausel dieses Gläubigerinteresses annimmt28, wird ihm vom Gesetz keine Bedeutung beigemessen. In dem Maß, in dem für den Forderungswert relevante Aspekte vom Gesetz negiert werden, ist die Sicherheit der Gläubigerforderung jedoch mehr oder weniger der Willkür des Schuldners ausgesetzt, in dessen Händen insbesondere das dafür maßgebliche Finanzierungsverhalten der Gesellschaft liegt. Die bestehende Informationsasymmetrie sorgt dafür, daß der Gläubiger unter normalen Umständen nur schwer und kostenintensiv an Informationen über die Vermögensverhältnisse des Schuldners gelangen kann. Der Dauerschuldcharakter des Finanzierungsvertrages macht ihn zudem anfällig für opportunistisches Verhalten des Schuldners während der Laufzeit des Kredits.29 Die daraus resultierenden Kosten treffen entweder den Gläubiger, wenn sie von diesem nicht antizipiert werden oder aber den Schuldner, wenn sie vom Gläubiger auf ihn in Form höherer Zinsen abgewälzt werden. Insoweit läßt sich also in der Tat von einem Agency-Verhältnis zwischen Kreditnehmer

26 Vgl. das Recht zur außerordentlichen Kündigung bei einer wesentlichen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Schuldners in § 390 Abs. 1 BGB. 27 Sester, S. 234. 28 Siehe bereits oben § 5 C. I. 2. 29 Zu den möglichen Formen opportunistischen Verhaltens in einer Kreditbeziehung siehe oben § 1 C. II.

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4. Kap.: Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

und Kreditgeber sprechen, das im Rahmen eines symbiotischen Finanzierungsvertrages kontrolliert werden kann.30 c) Transaktionskosten Durch die Aufnahme organisations- und kooperationsrechtlicher Elemente in den Darlehensvertrag können diese zu den Transaktionskosten zählenden AgentenKosten entscheidend gesenkt oder vermieden werden. Das im Hinblick auf die verschiedenen Möglichkeiten der nachträglichen Risikoveränderung durch opportunistisches Verhalten bestehende Kontingenz-Bedürfnis entfällt durch eine prozedurale Ausgestaltung des Vertrages: Statt die Varianten opportunistischen Verhaltens im einzelnen zu regeln, wird ein System aus Pflichten und Kooperationselementen geschaffen, das ein frühzeitiges Erkennen und damit eine rechtzeitige Anpassung an eine Veränderung der Risikolage erlaubt. Diese Wirkung läßt sich veranschaulichen, wenn man den Organisationsgrad gedanklich weiter verdichtet und sich einen reinen Organisationsvertrag oder gar die vollständige Integration der Vertragspartner durch Fusion oder Konzernierung vorstellt. Eine derartige Organisation vermiede die aufgeführten Transaktionskosten vollständig. Auf der anderen Seite können durch zunehmende Organisation jedoch an anderer Stelle Agenten-Kosten entstehen, weil die Qualität der Leistungserbringung dann nicht mehr wie im Rahmen eines reinen Austauschvertrages durch Marktprozesse bewertet wird, sondern stärker vom Leistungsempfänger selbst überwacht werden muß.31

C. Determinanten der symbiotischen Natur des Covenants-gestützten Finanzierungsvertrages Im folgenden wird untersucht, inwieweit Covenants die vorstehend herausgearbeiteten, typischen Merkmale symbiotischer Vereinbarungen erfüllen. Oben ist das Vorhandensein von Disparitäten als zentrales Regelungsproblem der symbiotischen Vereinbarung im allgemeinen und des symbiotischen Finanzierungsvertrages im besonderen aufgezeigt worden. Die Vereinbarung von Covenants nun läßt sich, wie ausführlich in den vorangegangenen Kapiteln dargestellt, auf einen ausgeprägten Prinzipal-Agenten-Konflikt zwischen Gesellschaft und Fremdkapitalgeber zurückführen. Die Lösung dieses Regelungsproblems wird durch Covenants in einer für symbiotische Verträge typischen Weise angegangen. Sie unterwerfen den Schuldner einer asymmetrischen Steuerungsstruktur und einem einseitig belastenden Leistungsstörungsrecht und unterscheiden sich damit signifikant vom Idealbild des 30 31

Siehe bereits oben § 6 C. V. Schäfer / Ott, S. 643 f.

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BGB-Austauschvertrages zwischen zwei durchgängig gleichberechtigten Partnern. Dieses Bild relativiert sich zwar, wenn man in der Vereinbarung von Covenants die vertragliche Fixierung einer ausgewogenen Risikoverteilung erblickt. Das Ziel der Interessenkooperation wird jedoch durch eine asymmetrische Verteilung der vertraglichen Eingriffsrechte hergestellt. Die asymmetrische Struktur der symbiotischen Vereinbarungen bezieht sich nicht auf das Ziel der Kooperation, sondern auf den Weg dorthin.32 Das dichte Netz an Kontrollrechten und früh auslösenden Leistungsstörungen bewirkt eine asymmetrische Verhandlungsmacht des Gläubigers bei den ersten Anzeichen einer Krise; anders als beim normalen Darlehensvertrag wird damit die Sicherheit des Rückzahlungsanspruches selbst zum Bestandteil der vom Schuldner geschuldeten Leistung gemacht, ja fast schon in die Primärleistungsebene gehoben. Dies entspringt dem beiderseitigen Interesse, die für einen komplexen Finanzierungsvertrag typischen Transaktionskosten im allgemeinen und die agency costs of debt im besonderen zu senken. Die asymmetrische Steuerungsmacht des Kreditgebers ist im Rahmen des Covenants-gestützten Finanzierungsvertrages das Spiegelbild der im normalen Darlehensvertrag bestehenden asymmetrischen Risikoverteilung zugunsten des Kreditnehmers. Organisationsrechtliche Elemente finden sich in Covenants in den verschiedenen Möglichkeiten des Gläubigers zur Beeinflussung der Binnenordnung des Schuldners. Kooperationsrechtliche Elemente stellen die zahlreichen Verhaltensund Informationspflichten des Schuldners dar, die ihn zur Mitwirkung an der Sicherung des Rückzahlungsanspruchs des Gläubigers verpflichten. Die Einräumung von Informations- und Kontrollrechten an den Gläubiger reduziert die Informationsasymmetrie und im Zusammenwirken mit den Verhaltenspflichten die Anreize des Schuldners zu opportunistischem Verhalten. Die monitoring-Kosten steigen durch die erhöhte Kontrolldichte nur vordergründig: Auch in einem normalen Darlehensvertrag ist der Gläubiger um die Überwachung des Schuldners bemüht. Durch die Vereinbarung von Covenants wird diese allerdings erleichtert und kostengünstiger, indem der Schuldner vertraglich zur Kooperation verpflichtet wird. Der durch Covenants berechtigte Gläubiger braucht sich weniger um die Kontrolle des Schuldners zu kümmern als in einem „normalen“ Darlehensvertrag, der diese weitreichenden Mitwirkungspflichten nicht vorsieht.33 Der Sanktionsmechanismus der Covenants stellt sicher, daß eine Verletzung der Mitwirkungspflichten durch den Schuldner nicht ohne Folgen bleibt und schafft so einen zusätzlichen Anreiz für den Schuldner, die Covenants auch ohne Zutun des Gläubigers einzuhalten.34 Ein Anstieg der Agenten-Kosten wäre nur dann zu beEingehend Sester, S. 148 f., 172 ff. So ausdrücklich Kleinmann, Business & Law 2006, 48. 34 Damit wird die Eigenschaft des Vertrages gestärkt, sich selbst durchzusetzen (self-enforcing contract), vgl. Eger, S. 160. 32 33

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4. Kap.: Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

fürchten, wenn der Schuldner seine Unabhängigkeit verlöre und vollständig der Herrschaftsmacht des Gläubigers untergeordnet werden würde. In diesem Extremfall der Integration würde es an Anreizen für den Schuldner fehlen, durch eine Disziplinierung seines Finanzgebarens seine Kapitalkosten zu senken; damit stiegen die Agenten-Kosten drastisch, da nicht mehr, wie bei Austauschverträgen, Marktprozesse für die Disziplinierung des Schuldners sorgten. Daher entspricht es regelmäßig nicht dem Willen der Parteien von Kreditverträgen, die Unabhängigkeit des Kreditnehmers zu stark einzuschränken. Prüfstein für die Qualität von Covenants als symbiotisches Vertragselement ist ihre Fähigkeit, den Kreditvertrag effektiv durch prozedurale Mechanismen an sich nachträglich verändernde Umstände anzupassen. Hier scheinen Covenants vergleichsweise schlecht abzuschneiden. Sie umfassen nur wenige prozedurale Mechanismen, die den Vertrag einer veränderten Risikolage anpassen könnten, ohne ihn gleich zu beenden. Eine Ausnahme sind Zinsanpassungsklauseln, die den Zins bei Eintritt bestimmter Bedingungen automatisch erhöhen.35 Wie im zweiten Kapitel ausgeführt wurde, ist das Sanktionssystem der Covenants zwar insgesamt nicht auf eine vorzeitige Vertragsbeendigung, sondern auf die Erzwingung von Neuverhandlungen ausgerichtet; der empirische Befund zeigt, daß der Einsatz von Covenants zu Neuverhandlungen in der Praxis bei weitem im Vordergrund steht.36 Würde sich die Anpassungsfähigkeit von Covenants jedoch in der Ermöglichung von Neuverhandlungen erschöpfen, so bestünde faktisch kein Langzeitvertrag mehr, sondern nur eine Sequenz kürzerer Verträge.37 Das Qualitätsmerkmal eines symbiotischen Vertrages, Anpassungen im Rahmen und unter Wahrung der Identität der laufenden Vertragsbeziehung zu ermöglichen, schiene preisgegeben.38 Diese Betrachtung wird Covenants allerdings nur vordergründig gerecht. Zwar beinhalten Covenants nur wenige prozedurale Gestaltungsmechanismen, um den Vertrag aktiv veränderten Umständen anzupassen. Es ist jedoch nicht gesagt, daß dem Anpassungsmechanismus in jedem Fall Gestaltungsrechte oder Automatismen zugrunde liegen müssen.39 Covenants vermögen den Vertrag auf andere Weise anzupassen, indem sie dem Schuldner ein Netz an Verhaltenspflichten auferlegen, die zu unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlichen Phasen des Unternehmens flexibel auslösen. Insgesamt wird dadurch auf eine Steuerung des Schuldners 35 Siehe zu Zinsanpassungsklauseln Schimansky / Bunte / Lwowski, § 78, Rdn. 61 ff. Nach dem BGH dürfen bei der Neufestsetzung des Zinssatzes aufgrund dieser Klauseln nur Änderungen der Refinanzierungsbedingungen der Bank berücksichtigt werden; Risikozuschläge sind nur möglich, wo dies individuell vereinbart wurde, BGHZ 97, 212, 222. 36 Siehe oben § 5 C. II. 4. Zur angeblichen Unzulänglichkeit von Neuverhandlungen als Mittel der Vertragsanpassung und der Erhaltung der Effizienz der Investition vgl. Klaus Schmidt, EBOR 2006, 89, 91 ff. 37 Vgl. Eger, S. 149 f. 38 Vgl. Sester, S. 120, 242 ff. 39 Vorbild hierfür wäre der sich selbst durchsetzende Vertrag (self-enforcing contract). Dazu Richter / Furubotn, S. 182 ff.

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mittels Einwendungsverzichten (waivers) und Neuverhandlungen hingewirkt.40 So wird einer Veränderung der Risikoverteilung im Rahmen des Finanzierungsvertrages präventiv vorgebeugt, ohne daß es weiterer Mechanismen bedürfte, die eine aktive Umgestaltung des Vertrages ermöglichen. Die Fähigkeit symbiotischer Langzeitverträge zur nachträglichen Anpassung an veränderte Risikolagen ist nur ein Wesensmerkmal dieser Vertragsart; wichtiger ist ihre Eigenschaft, zu verhindern, daß es überhaupt zu einer von den Parteien nicht antizipierten Veränderung der Risikolage kommt.

D. Anwendbares Recht: Entwicklung eines passenden Regulierungsrahmens Während symbiotische Verträge aus ökonomischer Sicht eine Kategorie sui generis bilden, tauchen sie im geltenden Recht nicht als besonderer Vertragstyp auf. Dies wirft die Frage auf, welches Recht auf diese Gebilde anzuwenden ist. Der naheliegende Weg, symbiotische Vereinbarungen in den bipolaren Regulierungsansatz der Rechtsordnung „typischer, atypischer oder typengemischter BGBVertrag versus Gesellschaft oder Unternehmensvertrag“ zu zwängen41, liefe aus den in diesem und im fünften Kapitel dargelegten Gründen Gefahr, solche Vertragsformen faktisch unmöglich zu machen. Covenants unterwerfen den Schuldner einer asymmetrischen Steuerungsstruktur und einem einseitig belastenden Leistungsstörungsrecht, und stehen damit in einem gewissen Gegensatz zum Idealbild des BGB durchgängig gleichberechtigter Partner und eines äquivalenten Leistungsaustausches. Aufgrund der durch sie geschaffenen Interessenkoordination und -kooperation geraten sie darüber hinaus an mehreren Stellen mit dem Regelungsanspruch des Gesellschaftsrechts in Konflikt. Gefahren für die Wirksamkeit von Covenants gehen einerseits von einer zivilrechtlichen Inhaltskontrolle am Maßstab des typischen, äquivalenten Austauschvertrags und andererseits von einer gesellschaftsrechtlichen Inhaltskontrolle am Maßstab der Verbandsautonomie sowie des Unternehmensvertragsrechts aus. Weitere Gefahr erwächst den Covenants aus einer rigorosen Anwendung zivil- und gesellschaftsrechtlicher Haftungsregeln. Aus Sorge vor Haftungsrisiken könnten die Akteure vom Gebrauch dieses Gläubigerschutzsystems selbst dann absehen, wenn dieses von der Rechtsordnung grundsätzlich als wirksam angesehen wird. Auch symbiotische Verträge unterliegen zunächst grundsätzlich den Regeln des allgemeinen Schuldrechts. Sodann gilt auch für symbiotische Verträge die Grundregel, wonach sich das jeweils anwendbare besondere Schuldrecht nach Sinn und Zweck des Vertrages richtet. Im Zweifel ist das Recht heranzuziehen, das für die 40 41

Sester, S. 81. So eindrucksvoll pointiert Sester, S. 160.

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4. Kap.: Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

den Schwerpunkt des Vertrages bildende Leistung gilt.42 Bei den hier in Rede stehenden symbiotischen Finanzierungsverträgen kommt daher – soweit die Parteien keine davon abweichenden Regelungen getroffen haben – grundsätzlich Darlehensrecht zur Anwendung. Im übrigen darf der grundsätzliche Regelungsanspruch des Zivil- und Gesellschaftsrechts nicht dazu führen, daß die Institution des symbiotischen Finanzierungsvertrages durch eine undifferenzierte Anwendung zivil- und gesellschaftsrechtlicher Inhaltskontrollen und Haftungsregeln letztlich zerstört wird. Nach dem Grundsatz der schuldrechtlichen Typenfreiheit verfügen Privatrechtssubjekte über die Kompetenz, neue Vertragstypen zu erfinden; sie sind nicht an einen der gesetzlich geregelten Vertragstypen gebunden.43 Es gehört zur Aufgabe einer auf dem Grundsatz der Privatautonomie beruhenden Rechtsordnung, den Akteuren symbiotische Verträge innerhalb eines stabilen Ordnungsrahmen zu ermöglichen.44 Diese Schuldigkeit besteht schon deshalb, weil die Entwicklung dieser Vertragstypen durch die Praxis nicht zuletzt Folge der systembedingten Unfähigkeit des Gesetzgebers ist, das Recht kontinuierlich an sich wandelnde Umstände und Bedürfnisse anzupassen.45 Symbiotische Verträge sind aus den oben dargelegten Gründen in ihren Anwendungsfeldern anderen Organisationskonzepten überlegen.46 Namentlich am Markt der Unternehmensfinanzierungen öffnet die Vereinbarung von Covenants oft den einzigen Weg, eine konkrete Geschäftschance zu nutzen. Eine Einschränkung der Typenfreiheit durch Institutionalisierung im Sinne Teichmanns kommt für den symbiotischen Finanzierungsvertrag nicht in Betracht.47 Die Vertragstypen, für die Teichmann eine Institutionalisierung bejaht, zeichnen sich durch ihre massenhafte Verwendung, eine weitgehende Standardisierung sowie fehlende Parität in der Vertragsabschlußsituation aus.48 Ein weiteres Kennzeichen ist die bereits vor der Institutionalisierung stattfindende Fixierung durch die Existenz zwingender Normen.49 Demgegenüber ist der BGB-DarlehensVgl. MüKoBGB / Emmerich, § 311, Rdn. 46. MüKoBGB / Kramer, Vor § 145, Rdn. 19; MüKoBGB / Emmerich, § 311, Rdn. 4; Sester, S. 226 ff. Auch für das Gesellschaftsrecht ist, trotz ausgeprägter Typengesetzlichkeit und jenseits zwingender Normen, vom Grundsatz der Typenfreiheit auszugehen, vgl. Karsten Schmidt (2002), § 5 II, III. Im Grundsatz bejaht auch A. Teichmann (1970), S. 46 die Freiheit, neue Vertragstypen zu erfinden, wenn auch seine Arbeit insgesamt auf die Herausarbeitung der Grenzen der Typenfreiheit abzielt. 44 Eingehend Sester, S. 148 f., 177 f., 212 ff. 45 Vgl. Ruffner, S. 74 f. 46 Sester, S. 160. 47 Nach A. Teichmann (1970), S. 46 ff., 53 ff. können die vom Gesetzgeber vorgegebenen Strukturen und Vertragstypen in einem Prozeß der Institutionalisierung zu einer Einschränkung der Vertragsfreiheit führen. 48 Sester, S. 228; A. Teichmann (1970), S. 53 ff. untersucht insbesondere Arbeits-, Versicherungs- und Mietverträge sowie Publikumsgesellschaften. 49 Sester, ebd. 42 43

§ 9 Symbiotische Natur des Covenants-gestützten Finanzierungsvertrages

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vertrag, auf dem der Covenants-gestützte Kreditvertrag beruht, weitgehend dispositiv. Vor allem aber sind Covenants das Ergebnis eines intensiven Verhandlungsprozesses zwischen auf gleicher Augenhöhe stehenden Vertragspartnern. Dem muß das Recht dadurch Rechnung tragen, daß es bei der Wirksamkeitskontrolle die besondere Interessenlage im Rahmen einer solchen Vertragsbeziehung berücksichtigt. Wie zu zeigen sein wird, weist der symbiotische Finanzierungsvertrag als dritte Kategorie zwischen Austausch- und Gesellschaftsvertrag Besonderheiten auf, die eine Anwendung des zivil- und gesellschaftsrechtlichen Regulierungsrahmens als nicht passend erscheinen lassen. Die dem Zivil- und Gesellschaftsrecht zugrunde liegenden Regelungsprobleme und Regelungsziele sind von der Interessenlage in einem symbiotischen Finanzierungsvertrag verschieden. Von dieser Prämisse wird die folgende rechtliche Untersuchung geleitet sein. Die Gefahren für grundlegende Wertungsprinzipien der Rechtsordnung liegen bei Covenants vor allem im Innenverhältnis, wo im Einzelfall eine Überdehnung der asymmetrischen Eingriffsstruktur die wirtschaftliche Freiheit des Schuldners sittenwidrig einschränken kann.50 Es wird gezeigt, daß sich die Rechtsordnung bei der Beurteilung der Covenants im Ergebnis auf eine zivilrechtliche Kontrolle der Ausübung dieser Eingriffsbefugnisse zum Schutz des Schuldners zurückzieht. Die durch symbiotische Verträge bewirkte Verdichtung der Beziehungen zwischen den Partnern läßt darüber hinaus Schnittstellen zu anderen Rechtsgebieten auftreten, namentlich zum Wettbewerbs- und Kartellrecht. 51 Diese Anknüpfungspunkte sollen hier nicht untersucht werden, da sie bei Kreditverträgen fern liegen.52

E. Zwischenergebnis Covenants-gestützte Finanzierungsverträge lassen sich als symbiotische Form des Darlehensvertrages mit organisations- und kooperationsrechtlichen Elementen einordnen. Durch sie wird eine engere Zusammenarbeit zwischen Gläubiger und Schuldner (bonding) im Vergleich zum regulären Darlehensvertrag und in der Folge eine Senkung der darlehenstypischen Transaktionskosten erreicht. Der infolge des steigenden Organisationsgrades zu befürchtende Anstieg der AgentenKosten bleibt aus, da die Selbständigkeit des Schuldners als Marktakteur gewahrt bleibt und somit sichergestellt ist, daß die Leistungserbringung durch Marktprozesse bewertet werden kann.

So allgemein für symbiotische Vereinbarungen Sester, S. 278 f. Schäfer / Ott, S. 638 f. 52 Kästle, S. 109 ff. nimmt zu der Frage Stellung, ob Covenants als vertragliche Wettbewerbsbeschränkungen i.S.v. §§ 16, 19 GWB aufgefasst werden können. Die dafür erforderlichen Voraussetzungen einer Wettbewerbsbeeinträchtigung bzw. einer marktbeherrschenden Stellung des Kreditgebers liegen jedoch ersichtlich nicht vor. 50 51

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4. Kap.: Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

Der symbiotische Finanzierungsvertrag fügt sich in die Reihe symbiotischer Vereinbarungen ein, die als Organisationskonzept sui generis zwischen Austauschvertrag und gesellschaftsrechtlicher Organisation angesiedelt sind. Diese Einordnung hat Konsequenzen für die Durchsetzung des Regelungsanspruchs der für die anderen zwei Kategorien bestehenden Regulierungsrahmen, das Zivil- und Gesellschaftsrecht. Die Normen dieser Rechtsgebiete passen auf die besondere Interessenlage in einem symbiotischen Finanzierungsvertrag nicht ohne weiteres. Dem muß die rechtliche Beurteilung angemessen Rechnung tragen.

§ 10 Abschichtung zum Gesellschaftsrecht Mit der durch Covenants geschaffenen Interessenkoordination zwischen den Vertragsparteien einerseits und der durch sie begründeten Abhängigkeit der Gesellschaftsschuldnerin vom Gläubiger in zentralen Fragen der Unternehmensführung andererseits rücken diese an das Gesellschaftsrecht heran. Die sich daraus ergebenden rechtlichen Probleme lassen sich grob in die Bereiche Verbandsautonomie, Kompetenzordnung und Abhängigkeit einteilen. Der Abschluß von Covenants allein durch die Geschäftsleitung birgt potentielle Konflikte mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung. Da Covenants satzungsrelevante Gegenstände in schuldrechtlicher Form enthalten, könnten sie zudem in Konflikt mit dem Gebot der Satzungsstrenge geraten, die den Grundsatz der Satzungsautonomie für die AG empfindlich einschränkt. Die durch Covenants errichtete asymmetrische Steuerungsstruktur wiederum macht eine Auseinandersetzung mit grundlegenden gesellschaftsrechtlichen Prinzipien wie der Verbandssouveränität, dem Eigenkapitalersatzrecht und der Haftung für schädigende Einflußnahmen erforderlich. Die Berührungspunkte mit dem Gesellschaftsrecht geben Anlaß zu der grundsätzlichen Frage nach der Reichweite des Geltungsanspruchs des Gesellschaftsrechts. Kann sich ein Fremdkapitalgeber, der keine Beteiligung an der Gesellschaft hält, durch Covenants ebenso weitgehende oder noch stärkere Einflußrechte einräumen lassen, wie sie einem Gesellschafter zustehen, ohne vom Regelungsanspruch des Gesellschaftsrechts erfaßt zu sein?

A. Vorüberlegungen zur rechtlichen Einordnung I. Abgrenzung zur BGB-Gesellschaft Schuldrechtliche Vereinbarungen, die der Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen Personen dienen, die einen gemeinsamen Zweck verfolgen, werden im allgemeinen als BGB-Gesellschaftsvertrag im Sinne des § 705 BGB verstanden. Unverzichtbare Voraussetzung für das Vorliegen einer solchen Gesellschaft ist die gegenseitige Verpflichtung der Gesellschafter auf die Förderung eines gemeinsa-

§ 10 Abschichtung zum Gesellschaftsrecht

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men, überindividuellen Zwecks; hierin grenzt sich die Gesellschaft gegen sonstige Schuldverhältnisse ab.53 Im Hinblick auf die symbiotische Natur des Covenants-gestützten Kreditvertrages54 kann erwogen werden, in der durch dieses Vertragsverhältnis hergestellten Interessenkonvergenz mit dem Ziel der Vermeidung von Agenten-Kosten die erforderliche gemeinsame Zwecksetzung zu sehen.55 Die Parteien hätten sich nach diesem Verständnis im Wege von Covenants zu einer Interessengemeinschaft verbunden, um damit die Sicherheit des Rückzahlungsanspruchs des Kreditgebers zu gewährleisten und die Kosten der Kreditaufnahme für den Schuldner zu reduzieren. 1. Außengesellschaft Zunächst ist festzustellen, daß diese Zwecksetzung nicht auf die Errichtung einer nach außen in Erscheinung tretenden Außengesellschaft gerichtet ist. Voraussetzung einer Außengesellschaft ist die Bildung eines Gesamthandsvermögens und die Teilnahme am Rechtsverkehr; dazu muß eine mitgliedschaftliche Organisation begründet werden, die über bloß schuldrechtliche Bindungen hinausgeht.56 Diese Voraussetzungen liegen im Rahmen Covenants-gestützter Finanzierungsverträge nicht vor. Weder wird ein gemeinsames Gesellschaftsvermögen begründet, noch sind die organisatorischen Voraussetzungen, zu der insbesondere die gemeinsame Vertretung gehört, sowie der Wille für ein Auftreten im Rechtsverkehr vorhanden. Schließlich wird durch den Covenants-gestützten Finanzierungsvertrag auch nicht der Eindruck einer gesellschaftsrechtlichen Haftungsgemeinschaft zwischen Bank und Schuldner im Rechtsverkehr erweckt.57 Die Verbindung der Parteien durch Covenants betrifft vielmehr nur das Innenverhältnis und ist im Normalfall für den Rechtsverkehr unsichtbar. 2. Innengesellschaft Auch ohne die Begründung einer Außengesellschaft kann eine Gesellschaft in der Form einer Innengesellschaft vorliegen, wenn die Gesellschafter – ohne nach außen als Gesellschaft am Rechtsverkehr teilnehmen zu wollen – gleichgerichtete Individualinteressen verfolgen. In Betracht kommt eine BGB-Innengesellschaft oder eine stille Gesellschaft nach §§ 230 HGB. Die dafür notwendige Zweckbe53 54 55 56 57

Dazu Karsten Schmidt (2002), § 59 I 3 b. Dazu oben § 9. So mit ähnlicher Begründung für die Projektfinanzierungsvereinbarung Sester, S. 248. Karsten Schmidt (2002), § 7 I 2; § 58 II 2. Ebenso Sester, S. 250 f.

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stimmung dient zugleich der erforderlichen Abgrenzung zu nichtgesellschaftsrechtlichen, schuldrechtlichen Austauschverträgen sowie den partiarischen Rechtsverhältnissen.58 Um die Innengesellschaft von einem normalen Austauschvertrag abzugrenzen, ist zu fragen, ob sich die Vertragsparteien zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks verbunden haben, oder ob die Parteien lediglich ihre eigenen Interessen verfolgen und die Beziehung ausschließlich durch die Verschiedenheit ihrer eigenen Interessen bestimmt wird.59 Dieser Unterschied äußert sich bei der Innengesellschaft typischerweise in wirtschaftlichen Zielen der Parteien, die über einen reinen Austausch von Leistungen hinausgehen, einer längeren Dauer des Vertragsverhältnisses sowie dem Fehlen dinglicher Sicherheiten des kapitalgebenden Gesellschafters. Das höhere Risiko des kapitalgebenden Gesellschafters wird typischerweise durch Kontroll- und Mitspracherechte flankiert.60 Einige dieser Kriterien treffen auch auf Covenants-gestützte Finanzierungsverträge zu. Insbesondere die Einräumung von Kontrollrechten und der Verzicht auf sonstige Kreditsicherheiten könnten, als Charakteristika der stillen Gesellschaft im Gegensatz zum einfachen Darlehensvertrag (vgl. § 233 HGB)61, für das Vorliegen einer Innengesellschaft sprechen. Anders als bei der stillen Gesellschaft fungieren die dem Kreditgeber gewährten Kontrollrechte jedoch als Ersatz für die klassischen Kreditsicherheiten. Auch besitzen die vorgenannten Kriterien nur Indizwirkung und können das Vorliegen eines gemeinsamen Zwecks nicht ersetzen.62 Als solcher könnte zwar die Sicherung des Rückzahlungsanspruchs des Kreditgebers angesehen werden; in dieser Zielsetzung unterscheidet sich der symbiotische Finanzierungsvertrag allerdings nicht grundlegend vom normalen Darlehensvertrag. Auch im Falle eines Covenants-gestützten Kreditvertrages besteht der Vertragszweck, wie oben ausgeführt, primär im Ausgleich des Interessengegensatzes zwischen den Vertragsparteien. Es erscheint jedoch unangebracht, in Regelungen, die allein auf den zwischen den Parteien bestehenden Interessenkonflikt zurückgehen, den für eine Innengesellschaft konstitutiven gemeinsamen Zweck zu sehen.63 Damit bleibt als möglicher gemeinsamer Zweck noch die Unterwerfung des Schuldners unter die Kontrolle des Kreditgebers zum Zwecke der Reduzierung Karsten Schmidt (2002), § 59 I 3 b; Blaurock, Rdn. 8.30. Vgl. BGHZ 127, 176, 177 f. 60 BGHZ 127, 177 f.; Blaurock, Rdn. 8.33. 61 Vgl. Blaurock, Rdn. 8.34. 62 Blaurock, Rdn. 8.35. 63 Vgl. BGH ZIP 1994, 1847, wonach es zur Abgrenzung zum partiarischen Darlehen entscheidend darauf ankommt, ob die Parteien einen gemeinsamen Zweck verfolgen oder ob sie lediglich ihre eigenen Interessen wahrnehmen und ihre Beziehungen zueinander ausschließlich durch die Verschiedenheit ihrer eigenen Interessen bestimmt werden. 58 59

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der Agenten-Kosten; dieser Effekt kommt auch dem Schuldner in Form niedrigerer Kapitalkosten zugute.64 Das Kostensenkungsinteresse ist jedoch nicht primärer Zweck der Vereinbarung von Covenants und tritt hinter das Sicherungsinteresse des Kreditgebers zurück. Die Mittelpunktstellung des Sicherungsinteresses des Kreditgebers steht im Gegensatz zu der für die Gesellschaft notwendigen gemeinsamen Zweckverfolgung. Auch der symbiotische Finanzierungsvertrag dient ausschließlich der Finanzierung der Gesellschaft; zu keinem Zeitpunkt besteht ein Interesse des Kreditgebers an fortwährender oder dauerhafter unternehmerischer Beteiligung, wie es für die stille Gesellschaft kennzeichnend ist. Dagegen spricht schon die vergleichsweise kurze Dauer des Kreditverhältnisses.

II. Abgrenzung zur stillen Gesellschaft Eine stille Gesellschaft im Sinne der §§ 230 ff. HGB wird durch Covenants-gestützte Finanzierungsverträge – abgesehen von der fehlenden gemeinsamen Zweckbestimmung der Parteien – schon deshalb nicht begründet, weil es an dem zwingenden Erfordernis einer Gewinnbeteiligung des Covenants-berechtigten Gläubigers fehlt (§ 231 Abs. 2 Hs. 2 HGB). Die Gewinnbeteiligung zeichnet sich durch ihre Abhängigkeit von den wechselnden Ergebnissen des Handelsgewerbes aus; der stille Gesellschafter muß also das Risiko, daß kein Gewinn erzielt wird, mittragen.65 Daran fehlt es jedoch in den Fällen einer gewinnunabhängigen Verzinsung, wie sie für Covenants-gestützte Finanzierungsverträge typisch ist.66

III. Abgrenzung zum partiarischen Darlehen Nachdem das Vorliegen einer Innengesellschaft zwischen den Parteien des Kreditvertrages wegen Fehlens eines dafür notwendigen gemeinsamen Zwecks ausgeschlossen wurde, ist zu erwägen, ob sich der Covenants-gestützte Kreditvertrag nicht als partiarisches Darlehen einordnen läßt. Unter partiarischen Rechtsverhältnissen versteht man Austauschverträge nichtgesellschaftsrechtlicher Art, durch die jemand einem anderen eine Leistung gegen einen Anteil am Gewinn, den der andere erzielt, verspricht.67 Das partiarische Darlehen unterliegt ebenso wie ein normaler Darlehensvertrag den §§ 488 ff. BGB, mit dem Unterschied, daß als Gegenleistung für die vom Darlehensgeber zu erbringende Leistung dieser am Siehe oben § 8 A. I. Blaurock, Rdn. 7.4. 66 Blaurock, Rdn. 8.31; a.A. Sester, S. 253 ff. für die Projektfinanzierungsvereinbarung, ohne auf das Erfordernis einer Gewinnbeteiligung der Bank einzugehen. Die Frage, worin diese besteht, bleibt unbeantwortet. 67 Blaurock, Rdn. 8.16. 64 65

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4. Kap.: Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

Gewinn des Darlehensnehmers beteiligt wird.68 Anders als bei der stillen Gesellschaft soll der partiarisch Beteiligte jedoch keinen Einfluß auf die Herbeiführung des erstrebten wirtschaftlichen Erfolgs haben.69 Im Unterschied zur Gesellschaft vereinigen sich die Parteien nicht zu dem Zweck gemeinsamer Tätigkeit mit dem Ziel von Erwerb und Gewinn; vielmehr soll der wirtschaftliche Ertrag allein durch die Tätigkeit des Darlehensnehmers hervorgebracht werden.70 Eine Einordnung des Covenants-gestützte Kreditvertrages als partiarisches Rechtsverhältnis scheitert auch hier am Fehlen einer Gewinnbeteiligung des Darlehensgebers. Wie der BGB-Darlehensgeber erhält auch der Covenants-berechtigte Gläubiger eine feste Verzinsung. Der enge Zusammenhang zwischen dem Kreditrisiko, dessen Begrenzung durch Covenants und der Höhe der Risikoprämie mag zwar anders als beim normalen Darlehensvertrag für eine stärkere Berücksichtigung des Unternehmensrisikos bei der Zinsfestlegung sorgen. Spätere Änderungen des Unternehmensrisikos bleiben jedoch ohne Einfluß auf den Zinsanspruch. Schließlich versucht der Kreditgeber mithilfe der Covenants gerade, sein Risiko zu senken. Typisch für eine Gewinnbeteiligung ist dagegen die Inkaufnahme des Risikos, daß kein Gewinn erzielt wird.71

B. Covenants zwischen Satzungsstrenge und Verbandsautonomie Zu den immer wieder an die Oberfläche des gesellschaftsrechtlichen Diskurses tretenden Grundproblemen des Gesellschaftsrechts gehört die Frage, ob und inwieweit sich eine Gesellschaft absichtlich der Fremdsteuerung durch gesellschaftsfremde Dritte unterwerfen kann. Während sich Einzelpersonen ohne weiteres durch Verträge in ihrer Handlungsfreiheit binden können, gilt dieses für Verbände nicht uneingeschränkt. Es ist unbestritten, daß einem Verband ein gewisses Maß an Autonomie zukommt, die ihm und seinen Mitgliedern zum einen positiv einen Bereich autonomer Gestaltungsfreiheit garantiert, und ihn zum anderen negativ vor den Gefahren der Einflußnahme durch Dritte schützt (sog. Verbandsautonomie).72 Inwieweit diese allgemeine gesellschaftsrechtliche Verbandsautonomie auf die in Art. 9 Abs. 1 GG geschützte Vereinigungsfreiheit selbst gestützt werden kann, ist umstritten.73 Nach dem Bundesverfassungsgericht gewährleistet Art. 9 Abs. 1 GG, daß die Vereinigung einen Mindestgehalt an Freiheit zur Selbstbestimmung über Blaurock, Rdn. 8.16 ff. Blaurock, Rdn. 8.18. 70 Blaurock, Rdn. 8.17. 71 Blaurock, Rdn. 7.4. 72 Karsten Schmidt (2002), § 5 I 3; Steinbeck, S. 17 ff., 22 ff.; Wiedemann, S. 105 ff. 73 Diese Ansicht vertrat – für die Satzungsautonomie – das LG Aachen, DVBl. 1976, 914 f. Steinbeck, S. 15 ff. sieht in Art. 9 GG die verfassungsrechtliche Grundlage der Vereinsautonomie. Kritisch dazu Karsten Schmidt (2002), § 5 I 3. 68 69

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die eigene Organisation, das Verfahren ihrer Willensbildung und die Führung ihrer Geschäfte besitzt.74 Diese Selbstbestimmungsfreiheit setzt der Einflußnahme außenstehender Dritter Grenzen, schließt aber ein gewisses Maß an Fremdbestimmung nicht aus.75 Letztlich kann die Frage nach der verfassungsrechtlichen Verankerung der Verbandsautonomie dahinstehen, da seine Geltung im einfachgesetzlichen Gesellschaftsrecht vorausgesetzt wird und als tragendes Prinzip des privatrechtlichen Organisationsrechts begriffen wird.76 Die Verbandsautonomie besitzt zwei Ausprägungen.77 Die negative Seite der Verbandsautonomie, hier als Verbandssouveränität bezeichnet78, betrifft die Frage nach den Grenzen des Einflusses Dritter in der Gesellschaft. Sie verbietet es, das Schicksal einer Gesellschaft in die Hände Außenstehender zu legen, die nicht die gleichen Interessen wie die Gesellschafter verfolgen und deren Rechtsausübung deshalb nicht ausreichend kontrolliert werden kann.79 Die Grenzziehung zwischen zulässiger und unzulässiger Einflußnahme ist jedoch strittig und im einzelnen ungeklärt. Für das Phänomen Covenants fehlt es bisher an einer Bestimmung ihres Verhältnisses zur Verbandssouveränität. Die positive Ausprägung der Verbandsautonomie (Satzungsautonomie) schützt die Freiheit der Organe des Verbandes und seiner Mitglieder, die inneren Angelegenheiten der Gesellschaft auch in Abweichung gesetzlicher Vorschriften autonom gestalten zu können.80 Für die im Blickpunkt dieser Arbeit stehende AG ist diese Freiheit durch § 23 Abs. 5 AktG jedoch stark eingeschränkt.

BVerfGE 50, 290, 354 (Mitbestimmung); BVerfGE 83, 341, 359 („Bahà i“). Vgl. BVerfGE 50, 290, 360 ff.; BVerfGE 83, 341, 360. 76 Steinbeck, S. 29, 32 f.; Teubner, ZGR 1986, 565, 567; vgl. insbesondere §§ 25, 32 Abs. 1 S. 1 BGB, § 45 GmbHG und § 23 Abs. 5 AktG. 77 Überwiegend wird der Begriff der Verbandsautonomie einheitlich verstanden; eine begriffliche oder systematische Differenzierung zwischen den hier herausgebildeten Varianten wird selten vorgenommen. Bei Steinbeck, S. 11 ff., 19 ff., 22 ff., entsprechen die beiden Facetten der Bestimmung des Inhalts der Vereinsautonomie (die im wesentlichen, aber nicht nur, die Satzungsautonomie umfassen soll) und ihren Grenzen (die entlang einer verbotenen „Selbstentmündigung“ verlaufen). Die Problematik wird jedoch nur unzureichend erfaßt, wenn man in zwei so unterschiedlichen gesellschaftsrechtlichen Problemlagen wie Satzungsautonomie und Fremdbestimmung nur das Verhältnis zwischen Inhalt und Grenzen der einen Kategorie sieht. Zwar ist es zutreffend, daß die Satzungsautonomie dort ihre Grenzen findet, wo diese Gestaltungsfreiheit zu einer „Selbstentmündigung“ des Verbandes führt. Das Problem der Bestimmung des zulässigen Maßes an Fremdeinfluß erschöpft sich allerdings nicht in der Bestimmung des Umfangs der Satzungsautonomie, sondern ist eine darüber hinausgehende, eigenständige gesellschaftsrechtliche Problemlage, die auch begrifflich und dogmatisch unterschieden werden sollte. Die Gefährdung der Selbständigkeit der Gesellschaft durch die Ausübung der Satzungsautonomie ist nur ein Teilbereich der vom Begriff der Verbandssouveränität insgesamt erfaßten Problematik. Eine dem hier vertretenen Ansatz vergleichbare Differenzierung nimmt Schockenhoff, AcP 1993, 35 ff. vor. 78 So auch die Terminologie bei Karsten Schmidt (2002), § 5 I 3; Flume (1983), § 7 I 3; Schockenhoff, AcP 1993, 35 ff.; Wiedemann, S. 105. 79 Wiedemann, S. 105, 111. 74 75

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Covenants werfen auch Fragen unter dem Gesichtspunkt der Satzungsautonomie auf, wenn auch die Verbandssouveränität in einem größeren Maß betroffen scheint. Da sie Regelungen enthalten, die das Organisationsgefüge der Gesellschaft selbst betreffen, stellt sich die Frage, inwieweit vom gesetzlichen Leitbild der Aktiengesellschaft abweichende Regelungen von der Satzungsautonomie gedeckt sind bzw. wo sie mit dem Gebot der Satzungsstrenge in Konflikt geraten. Beide Seiten der Verbandsautonomie stehen in einer Wechselbeziehung: Zum einen beschränkt die Verbandssouveränität zugleich die Satzungsautonomie, indem sie dem privatautonomen Recht der Gesellschafter zur Begründung von Dritteinflüssen in der Gesellschaft Grenzen setzt. Zum anderen kann die von der Satzungsautonomie geschützte inhaltliche Gestaltungsfreiheit nur von einem Rechtssubjekt ausgeübt werden, das im wesentlichen frei von Fremdbestimmung ist.81

I. Folgen der Satzungsautonomie für die Wirksamkeit von Covenants Im Spannungsfeld zwischen Satzungsautonomie und dem Gebot der Satzungsstrenge (§ 23 Abs. 5 AktG) steht die Frage, wieviel Gestaltungsfreiheit den Gesellschaftern bei der Ausgestaltung der Binnenorganisation der AG zukommt. Während das aus der Verbandsautonomie abgeleitete Schutzbedürfnis der Gesellschaft vor beherrschendem Außeneinfluß gerade in Beziehungen mit Dritten zum Tragen kommt, spielt der der Satzungsautonomie zugehörige Selbstbestimmungsgedanke vor allem in den Binnenbeziehungen der Gesellschaft eine Rolle. Auch Verträge mit Dritten können jedoch Regelungen enthalten, die über die normale Kontrolldichte in Austauschverträgen hinausgehen und nicht nur die Austauschbeziehung mit der Gesellschaft betreffen, sondern auch deren Organisation. Diese „Innenwirksamkeit“ weist Parallelen zu schuldrechtlichen Nebenabreden der Gesellschafter mit satzungsergänzendem Charakter auf. Der typische Fall, in der die Herstellung eines Einflusses Dritter im Unternehmen unter dem Aspekt der Organisationsautonomie diskutiert wird, ist der des Beirats. Dieser ist gewissermaßen an der Schnittstelle beider Ausprägungen der Verbandsautonomie angesiedelt und wirft sowohl Fragen der Organisationsautonomie als auch des Schutzes vor Fremdeinfluß auf.82

80 Zu diesem Aspekt der Verbandsautonomie Mertens, ZGR 1994, 426 ff.; vgl. auch Wiedemann in GroßkommAktG, § 179, Rdn. 5 ff., der den Schutzaspekt der Verbandsautonomie bei der Sicherung der ausschließlichen Zuständigkeit der Gesellschafter zur Satzungsänderung hervorhebt. 81 Vgl. Schockenhoff, AcP 1993, 35, 40 und Steinbeck, S. 30. 82 Dazu eingehend Wiedemann, S. 105 ff.

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1. Grenzen der Verbandsautonomie bei korporativer Verbindlichkeit der Covenants Der Wirksamkeit von Covenants entgegenstehen könnte zunächst § 23 Abs. 5 S. 1 AktG, wenn Covenants vom AktG abweichende Reglungen treffen, ohne daß dies im AktG ausdrücklich zugelassen wäre. Mit dem darin zum Ausdruck kommenden Gebot der Satzungsstrenge in Konflikt geraten können Vereinbarungen jedoch nur dann, wenn die Parteien eine korporativ verbindliche Abrede begründen wollten. Unterhalb der Ebene korporativer Regelungen, also in einem rein schuldrechtlich bindenden Vertrag, sind dagegen auch solche Regelungen möglich, die in der Satzung nicht zulässigerweise hätten vereinbart werden können.83 Schuldrechtliche und satzungsrechtliche Ebene sind folglich voneinander zu trennen.84 Wollen die Parteien eines Vertrages eine korporative Verbindlichkeit begründen, so ist diese nur dann zulässig, wenn der Gegenstand der Abrede auch in die Satzung hätte aufgenommen werden können.85 Soweit die Vereinbarung zulässige Modifikationen der Satzung vorsieht, ist sie überdies an den gesetzlichen Formerfordernissen über Satzungsänderungen zu messen, bedarf also insbesondere eines Beschlusses der Hauptversammlung und einer Aufnahme in die Satzung (§§ 23 Abs. 1, 179 ff. AktG). Dies schließt nicht aus, daß die Vereinbarung Bestand haben kann, sofern der Parteiwille nicht gerade auf die Begründung korporativer Pflichten gerichtet war. Bei korporationsrechtlicher Einordnung wären Covenants damit wegen Verstoßes gegen § 23 Abs. 5 AktG bzw. wegen Formmangels unwirksam, da sie im AktG nicht zugelassene Abweichungen von aktienrechtlichen Bestimmungen enthalten bzw. die Vorschriften über Satzungsänderungen nicht einhalten. Dies gilt namentlich für Dividendenrestriktionen, Verpflichtungen zur Beibehaltung der Geschäftsführung und Verbote bestimmter Strukturmaßnahmen. Bereits aus dieser Rechtsfolge ergibt sich, daß der Wille der Parteien eines Finanzierungsvertrages nicht auf eine korporative Wirkung von Covenants gerichtet sein kann. Dies zeigt auch die fehlende Einhaltung der Formvorschriften über Satzungsänderungen. Gegen einen korporativen Charakter spricht im übrigen die fehlende Bindung der Gesellschaftsorgane an die in Covenants enthaltenen Verpflichtungen, wie die folgende Untersuchung zeigen wird. Schließlich würde eine korporationsrechtliche Einordnung von Covenants auch an anderen Stellen zu unüberwindbaren rechtlichen Problemen führen, die die Wirksamkeit von Covenants in Frage stellten; dies widerspräche offensichtlich dem Gebot, einen Vertrag im

83 84 85

Vgl. Röhricht in GroßkommAktG, § 23, Rdn. 258; KK / Lutter, § 54, Rdn. 22. MüKoAktG / Pentz, § 23, Rdn. 192. Westermann (1994), S. 42.

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Zweifel in der für die Parteien günstigsten Weise bzw. so auszulegen, daß die Wirksamkeit des Vertrages gewahrt bleibt.86 2. Covenants als satzungsergänzende „Nebenabreden“? Nachdem Covenants keinen korporationsrechtlichen Charakter aufweisen, fragt sich, ob auf sie die Regeln über schuldrechtliche Nebenabreden zwischen Gesellschaftern anwendbar sind. Schuldrechtliche Nebenabreden, die Gesellschafter untereinander außerhalb der Satzung treffen, um diese zu ergänzen oder abzuändern, unterscheiden sich von korporativen Regelungen durch ihren schuldrechtlichen Charakter und werden heute allgemein nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit für zulässig erachtet.87 § 23 Abs. 5 AktG ist auf diese Verträge grundsätzlich nicht anzuwenden, da schuldrechtliche Nebenabreden außerhalb der Satzung stehen und keinen formellen Satzungscharakter besitzen. Daher können diese Vereinbarungen Regelungen treffen, die nach § 23 Abs. 5 AktG in der Satzung nicht möglich wären.88 Dabei darf die schuldrechtliche Ebene jedoch nicht verlassen werden, d.h. es dürfen keine korporationsrechtlichen Pflichten und Rechte begründet werden.89 Aus den Nebenabreden berechtigt und verpflichtet können nur die beteiligten Gesellschafter sein, nicht aber Organe, die Gesellschaft selbst oder nachfolgende Aktionäre aufgrund ihrer Aktionärseigenschaft. Unternehmen Gesellschafter den Versuch, im Rahmen von schuldrechtlichen Vereinbarungen korporative Regelungen zu treffen, sind diese als materiell der Satzung zugehörige Bestimmungen formnichtig.90 Jenseits korporativer satzungsergänzender Regelungen sind der Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter allerdings nur wenige Grenzen gesetzt. a) Fehlende Bindung der Gesellschafter an Covenants Im Unterschied zur Rechtsfigur der satzungsergänzenden Nebenabrede werden Covenants indes zwischen einem Dritten und der Gesellschaft geschlossen und nicht von den Gesellschaftern untereinander. Zwar bestehen auf den ersten Blick keine Anhaltspunkte dafür, daß der Status der Vertragsparteien der Nebenabrede zwingendes Merkmal dieser Rechtsfigur wäre. Ein Beispiel für die Einbeziehung Dritter in Satzungen oder Nebenabreden sind etwa Beiräte oder sog. Gläubigerräte. Die Vereinbarung über die Einsetzung eines Beirates wird, wenn sie nicht in der Satzung selbst erfolgt, regelmäßig als satzungsergänzende Nebenabrede angese86 87 88 89 90

Palandt, § 157, Rdn. 7, 8 f. Röhricht in GroßkommAktG, § 23, Rdn. 256; Hüffer, § 23, Rdn. 45 ff. Röhricht in GroßkommAktG, § 23, Rdn. 258. Röhricht in GroßkommAktG, § 23, Rdn. 259. Röhricht in GroßkommAktG, § 23, Rdn. 259 f.

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hen.91 Die Ausstattung Dritter mit Kontrollrechten in der Gesellschaft kann also nicht ausschlaggebend für die rechtliche Einordnung dieser Vereinbarungen sein. Der Grund dafür, warum Covenants grundsätzlich nicht als Nebenabrede in diesem Sinne angesehen werden können, ist vielmehr der gänzliche Verzicht auf eine Einbeziehung der Gesellschafter. Die Beteiligung der Gesellschafter an der Vereinbarung ist nicht nur begriffsnotwendig, sondern ist Bedingung für die satzungsähnliche Wirkung der Nebenabrede; nur einer Vereinbarung, der alle Gesellschafter zugestimmt haben, vermag eine der Satzung vergleichbare Bindungswirkung zu entfalten.92 Daher können Covenants nicht als satzungsergänzende Nebenabreden angesehen werden, und zwar völlig unabhängig von ihrer Kontrolldichte. b) Ausstrahlungswirkung des zwingenden Gesellschaftsrechts auf Covenants? Fraglich ist jedoch, ob die Schranken der Verbandsautonomie nicht aus anderen Gründen einem übermäßigen Einfluß Dritter in der Covenants-gebundenen Gesellschaft Grenzen setzen. Es könnten analog die Wertungen heranzuziehen sein, die auf Gesellschaftervereinbarungen Anwendung finden. Für diese wird zwar, wie dargelegt, grundsätzlich eine Trennung zwischen schuldrechtlicher und korporativer Ebene angenommen; da sie lediglich schuldrechtliche, aber keine korporativen Wirkungen entfalten, unterliegen sie nicht unmittelbar § 23 Abs. 5 AktG und den sonstigen aktienrechtlichen Grundsätzen.93 Es scheint sich allerdings die Auffassung durchzusetzen, wonach eine Interdependenz zwischen korporativer Ebene und schuldrechtlichen Gesellschaftervereinbarungen besteht.94 Diese kann sich in Form einer Ausstrahlungswirkung zwingenden Gesellschaftsrechts auf schuldrechtliche Abreden und damit einer stellenweisen Aufgabe des Prinzips der Trennung zwischen Vertrag und Satzung auswirken.95 Damit soll verhindert werden, daß durch schuldrechtliche Abreden die zwingenden aktienrechtlichen Vorschriften etwa zum Schutz der Gläubiger oder zum Ausgleich des Interessengegensatzes zwischen Mehrheits- und Minderheitsaktionären faktisch ausgehebelt werden. Eine Anwendung zwingenden Gesellschaftsrechts auf schuldrechtliche Vereinbarungen ohne Gesellschafterbeteiligung wäre jedoch nur dann gerechtfertigt, Vgl. Wiedemann, S. 105, 107 f. Vgl. Noack, S. 33 f. 93 Röhricht in GroßkommAktG, § 23, Rdn. 265; kritisch zu diesem Trennungsprinzip Noack, S. 122 ff., 146 ff. 94 Noack, S. 111, 117 f.; kritisch zu diesem „Einheitsdenken“ Ulmer (2005), S. 633, 645 f. 95 Vgl. Röhricht in GroßkommAktG, § 23, Rdn. 256; auch der BGH erkennt bei der GmbH Stimmbindungsverträgen unmittelbare korporative Wirkung zu, indem er die Anfechtbarkeit von Beschlüssen, die im Widerspruch zu Stimmbindungsverträgen stehen, zuläßt, vgl. BGH NJW 1983, 1910 f. 91 92

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wenn die Vereinbarung Wirkungen auf Verbandsebene erzeugt, die denen von Gesellschaftervereinbarungen gleichen; nur dann ist die gesetzlich verankerte Verbandsordnung in Gefahr, unterlaufen zu werden. Vergleicht man Covenants mit schuldrechtlichen Vereinbarungen, die wie die Einrichtung von Beiräten oder Gläubigerräten96 ebenfalls Dritten Rechtspositionen im Unternehmen einräumen, so muß man zunächst feststellen, daß sie deren Stellung zwischen schuldrechtlicher und korporationsrechtlicher Natur nicht teilen. Anders als Beiräte, die sowohl auf schuldrechtlicher als auch auf gesellschaftsrechtlicher Basis errichtet werden können97, kommen Covenants nicht in die Nähe gesellschaftsrechtlicher Regelungen.98 Eine solche Regelung zeichnet sich dadurch aus, daß sie mitgliedschaftsrechtliche Wirkung entfaltet, d.h. nicht nur die an der Verabredung Beteiligten für die Dauer der Verabredung bindet, sondern satzungsgleich die Organisationsstruktur der Gesellschaft sowie die Rechte einzelner Organe dauerhaft festlegt. Dieses Ziel ist bei Covenants nach den vorstehenden Ergebnissen ausgeschlossen. Der Parteiwille ist hier vielmehr auf die rein schuldrechtliche Verpflichtung der Gesellschaft für die Dauer des Vertragsverhältnisses gerichtet. Dies schließt nicht aus, daß Covenants faktisch die Organisationsstruktur der Gesellschaft beeinflussen können, doch ist dies anders als bei Organisationsverträgen nicht Selbstzweck, sondern dient allein der Sicherung des Gläubigeranspruchs. Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, daß die in Covenants enthaltenen Pflichten in engem Zusammenhang mit ihrem Sanktionssystem stehen, in dessen Mittelpunkt das Recht zur Kündigung des Vertrages steht. Allerdings sind Fälle denkbar, in denen die über Covenants vermittelte Kontrolldichte ein Niveau erreicht, das ihr Ziel einer Förderung des Austauschzweckes in den Hintergrund treten läßt und bei dem die faktische Steuerung des Schuldners durch den Dritten dominiert. Mit anderen Worten, ab einem gewissen Punkt vermag die faktische Kontrolle des Unternehmens durch Dritte nicht mehr allein damit gerechtfertigt zu werden, diese sei nicht Ziel sondern bloßes Mittel zum Zweck. Insbesondere Kontrollmöglichkeiten in organisatorischen Kernbereichen wie der Besetzung des Vorstands, der Ausrichtung des Geschäftsgegenstands und die Begründung von Verboten in satzungsrelevanten Fragen wie einer Fusion könnten die Grenze einer dem Hauptzweck der Kreditgewährung untergeordneten Hilfsfunktion überschreiten. Anders als bei Gesellschaftervereinbarungen besteht im Falle schuldrechtlicher Vereinbarungen der Gesellschaft jedoch gerade nicht die Gefahr einer Interdependenz der Regelungsebenen. Während es etwa bei Stimmbindungsvereinbarungen darum geht, den internen Willensbildungsprozeß der Gesellschaft zu beeinflussen, Dazu Wiedemann, S. 117; Hüffer, § 23, Rdn. 38. Wiedemann, S. 107 f. Die Begründung eines Beirates mit Organfunktion ist freilich in der AG wegen § 23 Abs. 5 AktG nicht möglich. Die Ausführungen Wiedemanns beschränken sich daher auf die sonstigen Handels- und Personengesellschaften. 98 Siehe die umfassende Analyse im 5. Kapitel. 96 97

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soll ein Vertrag mit der Gesellschaft diese unmittelbar zu einem Tun oder Unterlassen anhalten. Die Verpflichtungserklärung der Gesellschaft ist sozusagen Ergebnis der freien, internen Willensbildung und ist von ihr gedeckt. Dies gilt jedenfalls solange, als die gesellschaftsrechtliche Binnenordnung von der Geschäftsführung eingehalten wird. Die spezifische Gefahr von Verpflichtungserklärungen der Gesellschaft besteht darin, daß diese Binnenordnung unterlaufen wird, wenn die Verpflichtung den Entscheidungsbereich anderer Organe betrifft.99 Gesellschaftervereinbarungen und Vereinbarungen der Gesellschaft mit organisationsrechtlichem Einschlag müssen daher – trotz mancher Parallelen in der Argumentation – jeweils anderen Regeln folgen.100 Eine Ausstrahlungswirkung des zwingenden Verbandsrechts ist auch insoweit abzulehnen, als in Covenants die Grundlage für einen schuldrechtlich begründeten Einfluß Dritter im Unternehmen gesehen wird. Dieser ist, wie dargelegt, dem Aktiengesetz nicht fremd101: Mit dem Grundsatz der Satzungsstrenge können rein schuldrechtliche Vereinbarungen der Gesellschaft selbst dann nicht in Konflikt treten, wenn diese weitgehende Abweichungen von der Satzung vorsehen. Die Grenzen der Satzungsautonomie beginnen erst da, wo auf korporationsrechtlichem Weg von der Satzung abgewichen werden soll. 3. Keine Unwirksamkeit wegen satzungspflichtigen Inhalts oder Verstoßes gegen zwingendes Gesetzesrecht Die vorstehende Untersuchung hat ergeben, daß Covenants als nicht-korporative Regelungen grundsätzlich nicht den für Satzungen geltenden Einschränkungen der Verbandsautonomie unterliegen und insbesondere auch im Widerspruch zu zwingendem Satzungsrecht stehen können. Eine Ausnahme könnte allerdings für solche Covenants zu machen sein, die satzungspflichtige Inhalte betreffen, und die daher nur in korporativer Form getroffen werden können, oder die gegen zwingende aktienrechtliche Grundsätze mit Verbotscharakter auch für Schuldverträge verstoßen.102 Als Rechtsfolge eines Verstoßes käme entweder Formnichtigkeit (§ 23 Abs. 1 AktG) oder eine Nichtigkeit gem. § 134 BGB in Betracht.

Dazu unten § 10 C. So auch Fleck, ZGR 1988, 104, 106 f. 101 Siehe oben § 10 B. I. 2. 102 Vgl. für schuldrechtliche Vereinbarungen der Gesellschafter Röhricht in Großkomm AktG, § 23, Rdn. 256 ff.; kritisch Noack, S. 128, der sich gegen eine „Exklusivität“ des Gesellschaftsvertrages ausspricht. 99

100

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a) Verpflichtungen zur Beibehaltung des Geschäftsgegenstandes Als zwingender Satzungsbestandteil, und damit einer Regelung in schuldrechtlichen Vereinbarungen nur in Grenzen zugänglich, wird regelmäßig der Unternehmensgegenstand angesehen (§ 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG). Covenants, die den Schuldner zur Beibehaltung seiner zum Zeitpunkt der Kreditvergabe ausgeübten Geschäftstätigkeit verpflichten, könnten vor diesem Hintergrund problematisch sein, wenn sie tatsächlich den Unternehmensgegenstand festlegen sollten.103 Allerdings werden ergänzende Gründervereinbarungen über das nähere Tätigkeitsfeld des Unternehmens seit jeher als zulässig angesehen.104 Davon unabhängig soll § 23 AktG im Interesse der Publizität und Fungibilität der Aktien Dritte davor schützen, daß Gesellschafter außerhalb der Satzung und damit quasi im Verborgenen Regelungen über Satzungsgegenstände mit satzungsgleicher Wirkung treffen.105 Dieser Schutzzweck wird jedoch von vornherein nicht berührt, wenn im Interesse des Schutzes des Covenants-berechtigten Gläubigers nachteilige Folgen an die Nichteinhaltung einer Verpflichtung zur Beibehaltung des Geschäftsgegenstandes geknüpft werden. Es geht in diesem Fall gar nicht um eine nach § 23 AktG zu behandelnde positive Festlegung des Unternehmensgegenstandes, sondern lediglich um schuldrechtliche Sekundäransprüche, wenn vom satzungsgemäßen Geschäftsgegenstand abgewichen wird. b) Verpflichtungen zur Beibehaltung der Geschäftsleitung Ein Beispiel für die Unwirksamkeit schuldrechtlicher Vereinbarungen wegen einer Verletzung zwingender aktienrechtlicher Grundsätze ist die Abänderung der gesetzlich festgelegten Organzuständigkeiten.106 Um eine solche Vereinbarung im Bereich zwingenden Gesetzrechts könnte es sich etwa bei change of control-Klauseln handeln, die die Gesellschaft zur Beibehaltung des im Zeitpunkt der Kreditvergabe amtierenden Managements verpflichten.107 Diese Verpflichtung könnte in unzulässiger Weise das Recht des Aufsichtsrates beschneiden, die Mitglieder des Vorstands zu bestellen oder diese aus wichtigem Grund abzuberufen (§ 84 Abs. 1, 3 AktG). Die h.M. hält schuldrechtlich eingeräumte Vorschlags- oder Zustimmungsrechte Dritter bei der Bestellung der Vorstandsmitglieder überwiegend für unvereinbar mit der Entschließungsfreiheit des Aufsichtsrates und damit für unzulässig.108 103 104 105 106 107 108

1278.

Vgl. zu den maintenance Covenants diesen Typs die Ausführungen unter § 5 B. II. 9. Röhricht in GroßkommAktG, § 23, Rdn. 258. Röhricht in GroßkommAktG, § 23, Rdn. 78. Röhricht in GroßkommAktG, § 23, ebd. Zu diesem Covenant-Typ siehe bereits die Ausführungen oben unter § 5 C. I. 3. KK / Mertens, § 84, Rdn. 9; Hüffer, § 84, Rdn. 5; BGHZ 8, 348, 360; BGH NJW 1957,

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Auch dürfe das Abberufungsrecht nicht eingeschränkt werden.109 Dieser Ansicht ist zu folgen, da § 84 Abs. 1, 3 AktG insoweit keine Öffnungsklauseln im Sinne des § 23 Abs. 5 S. 1 AktG enthalten. Auch sog. Gläubigerräte dürfen folglich keine Mitspracherechte Dritter bei Bestellung und Abberufung des Vorstands begründen, die über eine bloße Beratungsfunktion hinausgehen.110 Der Einfluß, der Covenants-berechtigten Gläubigern aus der Verknüpfung des Schicksals des Kreditvertrages mit der Beibehaltung des Managements erwächst, liegt allerdings weit unterhalb der Schwelle des Einflusses, der durch gesellschaftsrechtliche Mitspracherechte begründet wird. Die typische, rechtsfolgenorientierte Struktur der Covenants vermittelt dem durch sie berechtigten Gläubiger allenfalls ein negatives, nicht jedoch positives Mitspracherecht. Ihr Regelungsgehalt erschöpft sich darin, den Austausch des Vorstands bzw. einzelner Vorstandsmitglieder als Vertragsverletzung (event of default) zu definieren. Damit aber ermöglichen sie es den Gläubigern allenfalls auf faktischem Wege, durch die Drohung mit der Kreditkündigung, auf die Besetzung des Managements Einfluß zu nehmen; nicht aber normieren sie ein bindendes Vorschlags- oder gar Ablehnungsrecht des Gläubigers. Die Kompetenzverteilung in der AG, insbesondere das Recht des Aufsichtsrates zur Bestellung der Vorstandsmitglieder, wird nicht angetastet. Dem Aufsichtsrat bleibt unbenommen, unter Verletzung der Covenants neue Vorstandsmitglieder zu bestellen.111 Bedenken bestünden allerdings, wenn die möglichen Folgen einer Covenant-Verletzung den Aufsichtsrat im Einzelfall von einer solchen Entscheidung abhalten sollten. Der auf das Unternehmensinteresse und damit regelmäßig auf die Einhaltung der Verträge der Gesellschaft verpflichtete Aufsichtsrat könnte mit dieser Art von Covenants in eine Art Pflichtenkollision gesetzt werden: Zum einen ist er gehalten, den durch eine vorzeitige Kreditkündigung entstehenden Schaden von der Gesellschaft abzuwenden, zum anderen muß er sein Recht zur Bestellung des Vorstands gewissenhaft und weisungsfrei ausüben. Beide Pflichten treten in Widerspruch, wenn der Aufsichtsrat eine nach der Vereinbarung mit dem Kreditgeber ausgeschlossene Auswechslung des Managements für erforderlich hält. Mit der Vereinbarung solcher Covenants könnte der Vorstand diese Pflichtenkollision ausnutzen und sich in seinem Amt „verschanzen“.112 Karsten Schmidt (2002), § 28 II 2 c); BGHZ 8, 348, 349. Vgl. A. Teichmann (1970), S. 196 f.; Beuthien / Gätsch, ZHR 1993, 483, 502; anders ist die Rechtslage dagegen im GmbH- und Personengesellschaftsrecht, wo das Fehlen einer dem § 23 Abs. 5 AktG entsprechenden Norm die Begründung von Mitspracherechten Dritter bei der Bestellung von Geschäftsführern erlaubt, vgl. Wiedemann, S. 117 und Steinbeck, S. 130 ff. 111 Davon zu unterscheiden sind statutarische Rechte Dritter, deren Ausübung bindend für die betroffenen Organe ist und die deshalb wegen eines Verstoßes gegen die zwingende aktienrechtliche Kompetenzordnung unwirksam sind. Anders ist die Rechtslage in Verein und GmbH, vgl. Steinbeck, S. 64 ff. 112 Dies wäre ein Beispiel für eine Verbündung der Geschäftsleitung mit Gläubigern als sog. „stakeholders“ gegen die Gesellschafter als Prinzipale. Eingehend zu den Implikationen 109 110

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4. Kap.: Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

Die Lösung dieses Konflikts kann nicht darin bestehen, entsprechende Covenants wegen eines faktischen Verstoßes gegen die Zuständigkeitsordnung der AG für nichtig zu erklären. Die Verbandsautonomie muß auch die Fähigkeit der Gesellschaft einschließen, sich im Rahmen schuldrechtlicher Vereinbarungen zu bestimmten Maßnahmen bzw. Unterlassungen im internen Bereich zu verpflichten. Hieran kann ein anerkennenswertes wirtschaftliches Interesse bestehen. Change of control-Klauseln besitzen vor allem für start-up Unternehmen im Rahmen der Risikokapitalfinanzierung eine große Bedeutung; ihr generelles Verbot könnte dazu führen, daß sich solche Unternehmen nur zu erheblich schlechteren Bedingungen refinanzieren können. Eine Anwendung des § 134 BGB wäre im übrigen nur dann gerechtfertigt, wenn Klauseln dieser Art in die zwingende gesellschaftsrechtliche Binnenordnung eindrängen und sie gefährdeten.113 Dies ist nach dem oben Gesagten nicht der Fall. Schlimmstenfalls führt ein Verstoß gegen diese Art von Covenants zur Kreditkündigung; damit wird auch auf der Sanktionsebene der schuldrechtliche Bereich nicht verlassen. Nicht zu folgen ist daher der Ansicht, die für Fälle dieser Art ein Zustimmungsrecht des „unfrei“ gewordenen Organs verlangt. Nach Beuthien und Gätsch greift schon die faktische Bindung durch eine drohende Vertragsverletzung in die Kompetenzen des an sich zuständigen Organs ein; daher bedürfe es der Zustimmung des Organs zu der fraglichen Vereinbarung.114 Ließe man bereits jede faktische Bindung von Organen an Verträge der Gesellschaft für eine Begründung von im AktG nicht vorgesehenen Zustimmungsrechten ausreichen, würde dies die Autonomie des Vorstands sowie die Handlungsfreiheit der Gesellschaft in empfindlicher Weise einschränken. Vielmehr ist sicherzustellen, daß der Aufsichtsrat sein Recht und seine Pflicht zur Bestellung und ggf. Abberufung des Vorstands weisungsfrei und ermessensfehlerfrei ausüben kann. Dies kann über eine genaue Zuordnung der Sorgfaltspflichten der betroffenen Organe im Zusammenhang mit der Vereinbarung der Covenants bzw. dem Bestellungsoder Abberufungsvorgang erreicht werden. Kommt der Aufsichtsrat zu dem Schluß, daß eine Abberufung des Vorstandes aus wichtigem Grund erforderlich ist, so kann ihm eine Sorgfaltspflichtverletzung im Sinne der §§ 116, 93 AktG wegen der dann drohenden Kreditkündigung nicht vorgeworfen werden. Vielmehr ist zu untersuchen, ob dem Vorstand nicht ein entsprechender Vorwurf zu machen ist, weil er diese Klausel vereinbart hat. Es sind jedoch Fälle denkbar, in denen dem Gläubiger das derzeitige Management-Team so wichtig ist, daß er die Kreditvergabe von einer change of control-Klausel abhängig macht. Hier bedarf es einer gewissenhaften Abwägung des Vorstands zwischen dem Interesse der Gesellschaft derartiger Dreiecksbeziehungen für die corporate governance Coffee, Geo. L.J. (1990), 1495 ff. 113 In diesem Fall ergibt sich die Nichtigkeit nach Noack, S. 123 f., allerdings nicht aus § 134 BGB, sondern unmittelbar aus der zwingenden gesellschaftsrechtlichen Norm. 114 Beuthien / Gätsch, ZHR 1993, 483, 488.

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an der Kreditgewährung einerseits und einer schädlichen Selbstbindung andererseits, die je nach geschäftlicher Situation des Unternehmens in die eine oder andere Richtung ausfallen muß. Die Lage des Unternehmens sowie die Bedingungen am Kreditmarkt können es im Einzelfall gerechtfertigt erscheinen lassen, mithilfe einer solchen Vereinbarung günstige Kreditkonditionen zu „erkaufen“. c) Weisungsrechte in Geschäftsführungsangelegenheiten Aus der kautelarjuristischen Praxis sind dem Verfasser keine Covenants bekannt, die dem Gläubiger das Recht zur Erteilung von Weisungen gegenüber dem Vorstand in Geschäftsführungsangelegenheiten einräumen bzw. die Gesellschaft zur Vornahme bestimmter Geschäftsführungsmaßnahmen verpflichten. Mit einem Weisungsrecht nicht zu verwechseln ist die Haftung der Gesellschaft als Vertragspartei dafür, daß ihr Vorstand sich vertragsgemäß verhält und die in den Covenants enthaltenen Verhaltenspflichten einhält. Mangels organisationsrechtlicher Wirkung läßt diese Verpflichtung die Leitungsmacht des Vorstands von vornherein unberührt.115 Es ist aber vorstellbar, daß individuell ausgehandelte Covenants ein explizites Weisungsrecht enthalten. Die Begründung eines unmittelbar gesellschaftsrechtlich wirkenden Weisungsrechtes gegenüber dem Vorstand ist, jedenfalls in der AG, unzulässig. Es wäre unvereinbar mit dem Prinzip der Unveräußerlichkeit der Leitungsmacht des Vorstands, die allein im Rahmen eines Beherrschungsvertrages abbedungen werden kann.116 Auch können Entscheidungen des Vorstands in Geschäftsführungsangelegenheiten nicht von der Zustimmung eines Gläubigers abhängig gemacht werden. Nach § 111 Abs. 4 S. 2 AktG kann ein solches Recht nur für den Aufsichtsrat vorgesehen werden. Und auch für diesen ist anerkannt, daß der Zustimmungsvorbehalt im Sinne des § 111 Abs. 4 S. 2 AktG nicht auf Maßnahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes erstreckt werden darf, sondern lediglich auf solche Geschäfte, die nach Gegenstand und Umfang aus dem routinemäßigen Geschäftsgang herausfallen.117 Von diesen unzulässigen, gesellschaftsrechtlich wirkenden Mitspracherechten in Geschäftsführungsangelegenheiten zu unterscheiden sind rein schuldrechtlich begründete Weisungsmöglichkeiten. Entscheidender Unterschied ist hier, daß sie der Gesellschaft und ihren Organen die Freiheit belassen, sich vertragswidrig zu verhalten und der Verpflichtung nicht nachzukommen.118 Derartige Rechte sind Vgl. MüKoAktG / Altmeppen, § 308, Rdn. 64. Vgl. Beuthien / Gätsch, ZHR 1993, 483, 504; A. Teichmann (1970), S. 198 f.; näher dazu unten, § 10 B. II. 1. b). 117 MüKoAktG / Semler, § 111, Rdn. 399 f. 115 116

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4. Kap.: Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

wirksam, da sie der Leistungsbestimmung in einem Schuldverhältnis dienen und die Geschäftsleitung jederzeit gegen sie verstoßen kann.119 Da mangels Rechtsfähigkeit der Organe nur die Gesellschaft, nicht aber deren Organe verpflichtet werden können, müßte eine Klage auf Erfüllung oder Schadensersatz gegen die Gesellschaft gerichtet werden.120 Diese verfügt jedoch mangels organisationsrechtlichen Weisungsrechts gegenüber ihren Organen über kein Mittel zur Erfüllung dieses Anspruchs.121 Insgesamt wären Covenants-rechtliche Mitspracherechte in Geschäftsführungsangelegenheiten daher zwar zulässig, jedoch nicht durchsetzbar.

II. Folgen der Verbandssouveränität für die Wirksamkeit von Covenants Die Verbandssouveränität setzt der Privatautonomie wie die positive Verbandsautonomie Grenzen, jedoch aus einer anderen Richtung: Es geht hier um die Begrenzung des Einflusses Dritter im Unternehmen um seiner selbst willen und nicht, wie bei der Satzungsautonomie, um die Begrenzung eines solchen Dritteinflusses im Interesse der Satzungshoheit der Aktionäre. Die Souveränität und Unabhängigkeit des Verbandes ist ein ungeschriebenes, aber in einer Vielzahl aktienrechtlicher Vorschriften zum Ausdruck kommendes Grundprinzip. Sie gebietet die Verpflichtung der geschäftsführenden Organe auf das Gesellschaftsinteresse sowie die Kontrolle und Durchsetzung dieser Pflicht. Damit nicht vereinbar ist die Ausstattung Dritter, die sich nicht in einer vergleichbar kontrollierten Position befinden, mit Dispositionsbefugnissen gegenüber der Körperschaft.122 Sichtbarster Ausdruck des Einflusses Dritter im Unternehmen ist eine Verkleinerung des Handlungsspielraums des Vorstands. Da der Vorstand die Gesellschaft in allen geschäftlichen Angelegenheiten leitet und vertritt, stellt im Grunde jegliche Verpflichtung der Gesellschaft – gleich welcher Art – gleichzeitig eine Beschränkung des Entscheidungsspielraums des Vorstands dar. Die Leitungsmacht des Vorstands ist daher gewissermaßen der „Seismograph“ des Fremdeinflusses im Unternehmen. Aus diesem Grunde erscheint es zweckmäßig, die schwer faßbare Verbandssouveränität anhand ihrer konkreten Ausprägung der Leitungsmacht in § 76 AktG zu testen.123

118 So zutreffend Steinbeck, S. 64 f., die zwischen einem „statutarischen“, d.h. satzungmäßig verankerten, und einem vertraglich begründeten Dritteinfluß unterscheidet. 119 Vgl. A. Teichmann (1970), S. 199. 120 Beuthien / Gätsch, ZHR 1993, 483, 489. 121 Beuthien / Gätsch, ZHR 1993, 483, 489; MüKoAktG / Altmeppen, § 308, Rdn. 66 f. 122 Zum ganzen Wiedemann, S. 111; Teubner, ZGR 1986, 565, 567 f.; unter dem Gesichtspunkt der Reichweite der Satzungsautonomie auch Steinbeck, S. 53 ff. 123 Ähnlich wie hier KK / Mertens, § 76, Rdn. 45.

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Im Rahmen seiner Geschäftsführungsbefugnis kann der Vorstand für die Gesellschaft Verträge eingehen und diese damit in vielfältiger Weise binden. Austauschverträge verpflichten die Gesellschaft etwa zu Geld-, Sach- oder Dienstleistungen und binden somit, wenn auch meist nur kurzfristig, Ressourcen der Gesellschaft. Langfristige Dauerschuldverhältnisse wie etwa Mietverträge, Leasingverträge oder Bauverträge binden das Vermögen der Gesellschaft in noch stärkerem Maße. Darüber hinaus kann die Gesellschaft auch in bloß faktischer Weise wirtschaftlich besonders stark von einzelnen Verträgen abhängen, was sie anfällig für Einflußnahmen ihrer Vertragspartner macht. Jenseits extremer Fälle wie der Schuldnerknebelung würde niemand auf die Idee kommen, die sich daraus ergebende Einengung des Gestaltungsspielraums des Vorstands als unzulässigen Dritteinfluß oder unzulässige Beschränkung seiner Leitungsmacht anzusehen. Es gilt somit zunächst herauszufinden, wann Verpflichtungen der Gesellschaft, die letztlich allen Austauschverträgen gemein sind, die Grenze zur unzulässigen Beschränkung der Leitungsmacht des Vorstands überschreiten und damit die Verbandssouveränität verletzen. Anschließend ist zu untersuchen, ob die typischen in Covenants enthaltenen Bindungen diese Grenze überschreiten. In Literatur und Rechtsprechung wird dagegen vor allem das ausschließliche Recht der Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung zur Vornahme von Satzungsänderungen als vornehmster Gegenstand der Verbandsautonomie betont.124 Dieses Rechts dürften sich die Gesellschafter nicht zugunsten Dritter begeben. Insbesondere sei es mit der Verbandssouveränität unvereinbar, wenn sich die Gesellschaft, vertreten durch den Vorstand, zur Vornahme bzw. Nichtvornahme von Satzungsänderungen verpflichte.125 Dies soll auch für entsprechende schuldrechtliche Vereinbarungen gelten, die allenfalls Schadensersatzansprüche gegen die Gesellschaft nach sich ziehen könnten.126 Im folgenden wird daher auch beleuchtet, ob und inwieweit Covenants in dieses Recht eingreifen. 1. Grenzen eines schuldrechtlich begründeten Dritteinflusses auf das Unternehmen Zunächst ist festzustellen, daß das AktG den Einfluß Dritter im Unternehmen im Sinne eines „Hineinregierens“ in die Geschäftsführungstätigkeit des Vorstands nicht von vornherein ausschließt. Die Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht des Vorstands gem. § 82 AktG besagt nur, daß sich die Gesellschaft ihrer Verpflichtungs- und Verfügungsbefugnis nicht bindend entäußern kann. Diese wird 124 Priester (1984), S. 662 f.; Wiedemann in GroßkommAktG, § 179, Rdn. 6; Karsten Schmidt (2002), § 5 I 3; Schockenhoff, AcP 1993, 35, 40; Flume (1983), § 7 I 2, 3. 125 Wiedemann in GroßkommAktG, § 179, Rdn. 7 f., der allerdings eine schuldrechtliche Verpflichtung auf der Grundlage eines zustimmenden Beschlusses der Hauptversammlung für möglich hält; Bachmann / Veil, ZIP 1999, 348, 349. 126 MüKoAktG / Stein, § 179, Rdn. 153.

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von schuldrechtlich begründeten Einflußrechten auch nicht in Frage gestellt. Es handelt sich dabei lediglich um „innenwirksame“ Mitwirkungs- oder Zustimmungsrechte. Aus der Existenz des § 111 Abs. 4 S. 2 AktG, der in Geschäftsführungsfragen einen Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrates ermöglicht, läßt sich jedenfalls nicht im Umkehrschluß die Unzulässigkeit schuldvertraglicher Zustimmungsvorbehalte Dritter gegenüber der AG ableiten. Bestimmte Schuldvertragstypen, die auch der AG offen stehen, sehen nämlich derartige Vorbehalte des Vertragspartners ausdrücklich vor.127 Allerdings zeigt die Existenz der §§ 291, 26 AktG, daß das Aktienrecht die Begründung vertraglicher Einflußrechte Dritter im Unternehmen nicht schrankenlos zulassen will.128 Um die Folgerungen der Verbandssouveränität für die Wirksamkeit von Verträgen mit schuldrechtlichen Handlungsverpflichtungen der Gesellschaft von anderen Rechtsinstituten abzugrenzen, welche die Privatautonomie im Interesse der Erhaltung der Handlungsfreiheit des Schuldners begrenzen, bedarf es handhabbarer Entscheidungskriterien. Die Rechtsprechung zur sittenwidrigen Schuldnerknebelung setzt an einer zu starken wirtschaftlichen Einengung des Schuldners an.129 Der besondere Akzent der Verbandssouveränität liegt demgegenüber weniger auf dem Erhalt wirtschaftlicher Handlungsfreiheit des Schuldners als solcher, sondern vielmehr auf der Erhaltung der strukturellen Unabhängigkeit der Gesellschaft als Grundlage der Verpflichtung der Organe auf das Gesellschaftsinteresse.130 Die in der Literatur entwickelten Entscheidungskriterien für die Feststellung der Unzulässigkeit eines schuldrechtlich begründeten Dritteinflusses lassen indes die nötige Klarheit und Trennschärfe vermissen. Als obere Grenze des zulässigen Maßes an Dritteinfluß wird regelmäßig die Unveräußerlichkeit der Leitungsmacht des Vorstands angegeben: Der Vorstand dürfe sich seiner Leitungsmacht nicht schuldrechtlich zugunsten Dritter begeben.131 Zugleich werden jedoch über den Abschluß eines Beherrschungsvertrages hinaus weitgehende Ausnahmen von diesem Grundsatz für zulässig gehalten. Vielfach wird auf eine Art Kernbereich oder „organgebundenen“ Leitungsbereich verwiesen, der den Umfang der zulässigen Verlagerung von Entscheidungskompetenzen auf Dritte markieren soll.132 Einigkeit besteht offenbar auch darüber, daß rein faktische Einflußnahmemöglichkeiten Dritter auf der Grundlage von Verträgen die Verbandssouveränität nicht berühren.133 Sodann wird zumeist zwischen Einflußnahmen auf die Organisationsstruktur und die Unternehmenspolitik unterschieden. Mertens differenziert zwischen 127 128 129 130 131 132 133

Bachmann / Veil, ZIP 1999, 348, 350. Bachmann / Veil, ZIP 1999, 348, 350. Siehe dazu unten § 11 C. Vgl. Steinbeck, S. 44 ff., 48 f.; Teubner, ZGR 1986, 565, 567 f. KK / Mertens, § 76, Rdn. 40. Hefermehl / Spindler, § 76, Rdn. 18. Karsten Schmidt (2002), § 5 I 3 b); vgl. auch Dierdorf, S. 147.

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dauervertraglichen, langfristigen Festlegungen der Unternehmenspolitik, die er für zulässig hält, und Verpflichtungen im Hinblick auf organisatorische Strukturen oder die Besetzung von Führungspositionen, die die Grenze zur zulässigen Selbstbindung überschritten. Im übrigen dürfe die Gesellschaft ihre Geschäftspolitik nicht über das Versprechen eines konkreten Verhaltens hinaus der Entscheidungsgewalt eines Dritten unterwerfen.134 Zuzustimmen ist der Literatur zunächst in ihrer Grundüberzeugung, daß Vertragsbestimmungen nicht allein deshalb für unvereinbar mit der Verbandssouveränität erklärt werden können, weil sie faktische Einflußnahmen Dritter ermöglichen. Unter „faktischer Einflußnahme“ ist wohl in erster Linie an die Ausübung wirtschaftlichen Drucks gedacht, etwa durch Ausnutzung besonders harscher Sanktionsbestimmungen. Diese untere Grenze des zulässigen Maßes an Dritteinfluß erscheint bereits aus Gründen der Rechtssicherheit geboten. Kritik ist allerdings an den von der Literatur entwickelten Entscheidungskriterien zu üben, die die Obergrenze eines zulässigen Dritteinflusses markieren sollen. So richtig das Postulat der Unveräußerlichkeit der Leitungsmacht des Vorstands ist, so untauglich ist es für die Bewältigung der facettenreichen Problematik einer schuldrechtlichen Verlagerung von Entscheidungsbefugnissen auf Dritte. Es ist völlig ungeklärt, wann genau die Grenze zu einer Veräußerung der Leitungsmacht überschritten ist. Kaum vorstellbar sind Fälle, in denen die Übertragung der Leitungsmacht des Vorstands expressis verbis vereinbart wird und damit Zweifeln an der Unzulässigkeit keinen Raum läßt. Es ist unklar, was den unveräußerlichen „Kernbereich“ der Leitungsmacht ausmacht, wenn man wie die Lehre davon ausgeht, daß ein Teil der Leitungsmacht durchaus auf Dritte verlagert werden kann. Wenn das Wesen der Verbandssouveränität in der Sicherstellung der Fähigkeit ihrer Organe zur unabhängigen Verfolgung des Gesellschaftsinteresses besteht, so kann auch nicht überzeugen, warum langfristige Festlegungen der Geschäftspolitik unter dem Gesichtspunkt der Verbandssouveränität weniger problematisch sein sollen als das Hineinregieren Dritter in die Besetzung von Führungspositionen. Während im ersten Fall die Handlungsfreiheit des Vorstands konkret betroffen ist, bleibt im letzteren Fall seine Entscheidungshoheit, jedenfalls rechtlich, unangetastet. a) Begrenzung der Einflußnahme durch Orientierung am Vertragszweck Sach- und interessengerecht erscheint vielmehr eine stärkere Berücksichtigung des konkreten Vertragsverhältnisses und seines Zweckes. Dritteinflußbegründende Vertragsklauseln, die sich am Vertragszweck orientieren und seiner Förderung dienen, sind weit weniger bedenklich als solche, die – ohne durch den Vertragszweck veranlaßt zu sein – die Gesellschaft weitgehenden Restriktionen unterwerfen. 134

KK / Mertens, § 76, Rdn. 45.

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4. Kap.: Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

Grundsätzlich muß es den Parteien erlaubt sein, im Rahmen ihrer Austauschbeziehung Klauseln zur Sicherung und Förderung des Austauschzweckes zu vereinbaren; aus Gläubigersicht wird es sich dabei durchweg um solche Klauseln handeln, die der Gesellschaft zur Sicherung der Rückzahlung Restriktionen auferlegen. Es geht um eine Art Verhältnismäßigkeitsprüfung: Vertragsbestimmungen, die ohne jeden nachvollziehbaren Anlaß hinaus die Entscheidungsfreiheit der Gesellschaft beschränken, bringen sich in potentiellen Widerspruch zur Verbandssouveränität. b) Qualität des Einflusses im Vergleich zum Beherrschungsvertrag Als weiteres Kriterium für die Übertragbarkeit von Entscheidungsbefugnissen sollte die Qualität des Einflusses herangezogen werden.135 Entscheidendes Gewicht kommt dabei einer Abgrenzung des fraglichen Klauselwerkes zum Beherrschungsvertrag zu. An dieser Stelle geht es nicht um eine genaue Einordnung der Covenants in das System der Unternehmensverträge, die dem 5. Kapitel vorbehalten bleibt, sondern um die Gewinnung von Kriterien für die Bestimmung des Maßes an Dritteinfluß, der unter dem Aspekt der Verbandssouveränität zulässigerweise in Austauschverträgen vereinbart werden kann. Der Beherrschungsvertrag im Sinne von § 291 AktG ist – neben der Eingliederung (vgl. §§ 319, 323 AktG) – das exklusive Mittel, mittels dessen eine Gesellschaft in Durchbrechung des § 76 AktG ihre Leitung einem fremdem Unternehmen unterstellen kann. Er bildet die einzige vom AktG bereitgestellte Möglichkeit einer vollständigen Abbedingung der Leitungsmacht des Vorstands. Aufgrund seiner einschneidenden Wirkung für das abhängige Unternehmen stellt das AktG hohe Hürden für den Abschluß eines solchen Vertrages auf, die dem Schutz der außenstehenden Aktionäre und der Gläubiger der abhängigen Gesellschaft dienen. Im Beherrschungsvertragsrecht findet die Verbandssouveränität gewissermaßen insoweit ihren gesetzlichen Niederschlag, als es um die Grenzen der Veräußerung der Leitungsmacht des Vorstands geht. Es wäre jedoch ein Widerspruch, wenn sich die Leitungsmacht des Vorstands nur im Verfahren nach §§ 293 ff. AktG einschränken ließe, die Kompetenzen anderer Gesellschaftsorgane aber formlos und ohne weitere Sicherungen aufgegeben werden könnten. Daraus läßt sich der Schluß ziehen, daß die Wertungsgesichtspunkte des Beherrschungsvertragsrechts für eine Bestimmung der Grenzen der Verbandssouveränität insgesamt fruchtbar gemacht werden können.136 Neben der Unterwerfung der Leitungsmacht des Vorstands unter den Willen der herrschenden Gesellschaft137 weisen Beherrschungsverträge zwei weitere Charakteristika auf, die als Determinanten der Verbandssouveränität dienen können. We135 136 137

Im Ansatzpunkt ähnlich Steinbeck, S. 53 ff. Im gedanklichen Ausgangspunkt ebenso Steinbeck, S. 51 f., 188 f. Dazu und zum Begriff der Leitungsmacht vgl. die Ausführungen unten § 12 A. II. 1. c).

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sentliches Kennzeichen einer beherrschungsvertraglichen Beziehung ist ihr Organisationscharakter im Unterschied zu einer rein austauschrechtlichen Beziehung.138 Organisationsrechtliche Regelungen zielen auf eine Veränderung der Organisationsstrukturen im Unternehmen um ihrer selbst willen ab, stehen also nicht in einer synallagmatischen Beziehung zu sonstigen schuldrechtlichen Regelungen des Vertrages.139 Dieser Charakter fehlt Regelungen, die zwar Eingriffe in Organisationsstrukturen enthalten, die jedoch in einer eindeutig untergeordneten Beziehung zum austauschrechtlichen Hauptzweck des Vertrages stehen. An dieser Stelle besteht eine Verbindung zu dem oben gefundenen Kriterium der Orientierung am Vertragszweck.140 Weiteres Kennzeichen für eine Beherrschung im Sinne von § 291 Abs. 1 S. 1 AktG ist die Möglichkeit zur Entfaltung eigener unternehmerischer Initiative des Dritten im abhängigen Unternehmen. Mithilfe des Beherrschungsvertrages soll der herrschende Vertragspartner in die Lage versetzt werden, eine auf den Verbund ausgerichtete Zielkonzeption zu entwickeln und gegenüber dem Vorstand der beherrschten Gesellschaft durchzusetzen.141 Davon zu unterscheiden sind Einflußrechte Dritter, die anläßlich einer konkreten Austauschbeziehung begründet werden und in teleologischer Hinsicht auf die Förderung des Vertragszweckes begrenzt sind. Regelungen, die einen solchen Einfluß erlauben, sind auch dann nicht als unternehmerisch zu bezeichnen, wenn sie die Organisation oder Unternehmenspolitik zum Gegenstand haben.142 Sobald sich ein Gläubiger im Rahmen eines Austauschvertrages Entscheidungsbefugnisse einräumen läßt, die über eine bloße Hilfsfunktion im Verhältnis zum Austauschzweck hinaus die Entfaltung eigener, unternehmerischer Initiative in der Gesellschaft ermöglichen, wäre die Verbandssouveränität nach diesem Maßstab in Gefahr. c) Bindung der Geschäftsführungsorgane Eine weitere Trennlinie für die Bestimmung des Maßes an Dritteinfluß in der Gesellschaft, der zulässigerweise in schuldrechtlichen Verträgen vereinbart werden kann, ergibt sich aus der Fähigkeit der Gesellschaft, Geschäftsführungsorgane zu binden. Für Gesellschaftervereinbarungen wird zwischen GmbH und AG differenziert. Während für die GmbH eine Bindungswirkung durch eine Analogie zum einstimmigen Gesellschafterbeschluß angenommen wird (vgl. § 37 Abs. 1 GmbHG), wird eine solche für die AG wegen der zwingenden Weisungsfreiheit des Vorstands Dazu ausführlich unten § 12 A. II. 1. c) und § 12 B. II. 2. c). Dies ist im einzelnen streitig, vgl. den Überblick über den Meinungsstand bei MüKoAktG / Altmeppen, § 291, Rdn. 36. 140 § 10 B. II. 1. a). 141 Vgl. Hüffer, § 291, Rdn. 10 und unten § 12 A. II. 1. c). 142 Hüffer, § 291, Rdn. 10, spricht aus diesem Grund Zustimmungsvorbehalten die beherrschungsvertragliche Qualität ab. 138 139

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zu Recht abgelehnt.143 Erst Recht muß daher eine entsprechende Bindungswirkung schuldrechtlicher Verträge zwischen der AG und Dritten verneint werden. Zwar kann sich die Gesellschaft schuldrechtlich gegenüber Dritten zu Geschäftsführungsmaßnahmen und Organbesetzungen verpflichten, da sie insoweit selbst handlungsfähig ist.144 Sie vermag mangels eines organisationsrechtlichen Weisungsrechts gegenüber ihren Organen diese allerdings nicht zu bestimmten Geschäftsführungsmaßnahmen oder Wahlvorschlägen gegenüber der Hauptversammlung zu zwingen.145 Vor allem kann sie die Hauptversammlung nicht zur Vornahme bestimmter Beschlüsse zwingen. Ein Vertrag, der auf die Begründung einer entsprechenden Bindungswirkung zielt, läuft rechtlich an dieser Stelle leer. Wirtschaftlich oder praktisch kann es jedoch dennoch zu einer Durchsetzung dieses gesellschaftsrechtswidrigen Vertrages kommen und damit die Verbandssouveränität beeinträchtigt werden. Daher müssen sich schuldrechtliche Verträge auch an dieser Vorgabe messen lassen. 2. Vereinbarkeit von Covenants mit dem Grundsatz der Verbandssouveränität a) Souveränität des Vorstands Die Handlungsfreiheit des Vorstands wird durch zahlreiche Covenants begrenzt. Insbesondere financial Covenants und negative Covenants greifen tief in die Freiheit des Vorstands zur Gestaltung der Finanzstruktur der Gesellschaft ein, und legen ihm darüber hinaus auch im operativen Geschäft Zügel an. Investitionsbeschränkungen und schuldenbegrenzende Covenants schränken die Gesellschaft stark in Investitions- und Expansionsvorhaben ein. Fusionsverbote und asset disposition restrictions erschweren strategische Vorhaben mit strukturänderndem Gewicht. Maintenance-Klauseln schließlich binden den Vorstand an die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ausgeübte Geschäftstätigkeit (line of business). All dies zusammengenommen führt zu einer starken Beschränkung seiner Macht, die Gesellschaft nach seinen Vorstellungen zu leiten. Kästle sieht die Leitungsmacht des Vorstands deshalb nicht durch Covenants gefährdet, weil die gesellschaftsrechtliche Kompetenzordnung eine Fremdbestimmung der Organe ausschließe und Covenants die Entscheidungen der zuständigen Gesellschaftsorgane nicht binden.146 Als weiteren Beleg führt sie an, daß Covenants lediglich „innenwirksam“ seien und die Vertretungsmacht des Vorstands nicht beschränken könnten. Schließlich sieht sie durch Covenants lediglich die Vgl. Hoffmann-Becking, ZGR 1994, 442, 453 f. Vgl. Fleck, ZGR 1998, 104 ff.; Beuthien / Gätsch, ZHR 1993, 483, 488; Steinbeck, S. 199 f. 145 Beuthien / Gätsch, ZHR 1993, 483, 489. 146 Kästle, S. 107 f. 143 144

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Geschäftsführungsbefugnis, nicht aber die Leitungsbefugnis des Vorstands berührt.147 Dies erscheint jedoch zur Begründung der Zulässigkeit von Covenants unter dem Aspekt der Verbandssouveränität unzureichend. Zum einen ist es gerade die Kompetenzordnung, die durch Covenants umgangen zu werden droht. Zum anderen ist nicht erkennbar, wie die Kompetenzordnung als Ordnungsprinzip für das Innenleben der Gesellschaft vor einem übermäßigen Außeneinfluß schützen soll. Die Tatsache, daß Covenants nicht auf die Vertretungsmacht des Vorstands durchschlagen und auch sonst die betroffenen Organe nicht binden, ist zwar richtig, kann jedoch nach den Ausführungen in diesem Kapitel die Gefahr eines übermäßigen Dritteinflusses nicht beseitigen. Eine Anwendung des oben gefundenen Maßstabes für die Bestimmung der Grenzen der Verbandssouveränität führt dennoch zu dem Ergebnis, daß die typischen in Covenants begründeten Rechte des Gläubigers die Grenzen eines zulässigen Dritteinflusses wahren. Allerdings können Covenants ein faktisches Mitspracherecht des Gläubigers in wichtigen finanziellen, wirtschaftlichen und strukturellen Fragen der Geschäftsführung begründen, indem sie ihm erlauben, auf die Einhaltung der Covenants zu bestehen oder aber darauf zu verzichten (z.B. mittels eines waiver). Jedenfalls der von der anti merger-Klausel, aber auch von Akquisitionsverboten oder dem Verbot der Vermögensübertragung betroffene Bereich der strategischen Unternehmensplanung ist zu den Kernbereichen der Geschäftsführung und damit zur Leitungsmacht des Vorstands zu zählen.148 Soweit es um die Durchsetzung einzelner Covenants in der Krise der Gesellschaft geht, wobei insbesondere an financial Covenants zu denken ist, ist der Bereich der Krisenreaktion betroffen, der ebenfalls zu den klassischen Leitungsaufgaben zählt.149 Damit aber stellen Covenants typische beherrschungsvertragliche Regelungsbereiche unter die Mit-Kontrolle des durch sie berechtigten Gläubigers, ohne freilich die Leitungsmacht des Vorstands im Ganzen zu delegieren.150 Auch die Möglichkeit zur Entfaltung eigener unternehmerischer Initiative des Gläubigers in der Gesellschaftsschuldnerin erscheint, zumal auf der Grundlage der maintenance oder change of control-Covenants, nicht von vornherein ausgeschlossen. Es ist durchaus vorstellbar, daß der Dritte durch die Einflußnahme auf strategische Strukturveränderungen der Gesellschaft oder auf die Besetzung des Managements bzw. des Aufsichtsrates auch versuchen könnte, eigene unternehmerische Ziele zu verfolgen. Allerdings ist fragwürdig, ob dieses Einflußpotential ausreicht, über punktuellen unternehmerischen Einfluß hinaus eine breit angelegte, auf das Gesamtinteresse der verbundenen Unternehmen gerichtete Unternehmerinitiative

147 148 149 150

Kästle, ebd. Kort in GroßkommAktG, § 76, Rdn. 36. Kort in GroßkommAktG, § 76, ebd. Zum Leitungsmachtpotential der Covenants ausführlich unten § 12 A. II. 2.

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in der Gesellschaftsschuldnerin zu entfalten, wie sie für Beherrschungsverträge gefordert wird.151 Jedenfalls ist Covenants ihr Charakter als Organisationsvertrag abzusprechen.152 Sie sind – soweit aus dem Beleg der Praxis ersichtlich – streng an der Kreditseite des Vertrages orientiert und diesem als Nebenbestimmungen untergeordnet. Es geht nicht um ein Hineinregieren in Organisationsstrukturen des Schuldners um seiner selbst willen. Damit erfüllen Covenants auch das erste, oben entwickelte Kriterium für eine Vereinbarkeit des schuldrechtlich begründeten Dritteinflusses mit der Verbandssouveränität, die Unterordnung unter den Vertragszweck. Wie diese Arbeit zeigen wird, sind Covenants ein legitimes und effektives Mittel der Sicherung des Rückzahlungsanspruchs des Gläubigers gegen opportunistisches Verhalten des Schuldners. Mit ihrer Hilfe können die Kreditkonditionen signifikant im Interesse des Schuldners beeinflußt werden; es bestehen deutliche Anhaltspunkte dafür, daß sich mit restriktiven Covenants günstigere Kreditkonditionen erzielen lassen. Dieser Umstand ist ein starkes Indiz für eine Orientierung der Covenants am Vertragszweck, zu dem nicht nur die Valutierung des Kredits gehört, sondern auch die Rückzahlung desselben. Nicht auszuschließen ist freilich das Auftreten besonders restriktiver Covenants, die unverhältnismäßig in die Organisationsstruktur des Schuldners eingreifen und in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Sicherung des Rückzahlungsanspruches stehen. Für diese „Ausbrecher“ gibt es jedoch in der Praxis kaum einen Beleg. Vielmehr führt die Tendenz der Praxis zur Verwendung standardisierter Klauseltypen (boilerplate provisions) zu einer gewissen Homogenität der Vertragspraxis, in der Übertreibungen nicht oder nur selten vorkommen.

b) Souveränität der Hauptversammlung Damit steht fest, daß Covenants die Verbandssouveränität jedenfalls insoweit nicht verletzen, als diese die Leitungsmacht des Vorstands gewährleistet. Noch unbeantwortet ist indes die Frage, wie sich Covenants zum ebenfalls von der Verbandssouveränität geschützten Grundsatz der ausschließlichen Zuständigkeit der Hauptversammlung in Fragen von Satzungsänderungen verhalten.153 Insoweit ist anerkannt, daß sich die Gesellschaft nicht zur Vornahme, aber auch nicht zur Nichtvornahme von Satzungsänderungen verpflichten darf.154 Vgl. Hüffer, § 291, Rdn. 10; Schürnbrand, ZHR 2005, 35, 41 f. und unten § 12 A. II. 2. Vgl. die Ausführungen unten § 12 B. II. 2. c). 153 Eingehend zur Nichtübertragbarkeit der Befugnis zur Satzungsänderung MüKoAktG / Stein, § 179, Rdn. 55 ff., 212 ff.; vgl. auch Hüffer, § 179, Rdn. 10, 32; Flume (1983), § 7 I 2, 3; Steinbeck, S. 84 ff. 154 MüKoAktG / Stein, § 179, Rdn. 55, 212; Hüffer, § 179, Rdn. 3; Flume (1983), § 7 I 3; Bachamnn / Veil, ZIP 1999, 348 f. 151 152

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Während keine Covenants bekannt sind, in denen sich die Gesellschaft positiv zur Änderung ihrer Satzung verpflichtet, gibt es verschiedene Covenants, die die Gesellschaft negativ zur Beibehaltung ihres satzungsmäßig festgelegten Status verpflichten. Dies entspricht dem konservativen, auf Sicherung des status quo angelegten Charakter der Covenants. Darunter fallen das Verbot, die „line of business“ zu verlassen155, das es der Gesellschaft verwehrt, ihren satzungsmäßig festgelegten Unternehmensgegenstand beliebig abzuändern; das Fusionsverbot, das die Freiheit zur Vornahme einer bestimmten satzungsrelevanten Strukturänderung einschränkt; sowie financial Covenants und Ausschüttungsbegrenzungen, die die Freiheit der Gesellschaft zu bestimmten finanziellen Maßnahmen mit satzungsänderndem Gewicht, wie etwa Kapitalherabsetzungen, einschränken. Damit könnte das Primat der Hauptversammlung für Satzungsänderungen und somit die Verbandssouveränität selbst beeinträchtigt sein. Das Schrifttum sieht in der bloß schuldrechtlichen Verpflichtung der Gesellschaft zu einem bestimmtem Verhalten oder Unterlassen allerdings selbst dann keinen Verstoß gegen die Verbandssouveränität, wenn dieses Verhalten im Widerspruch zur Satzung steht oder eine faktische Satzungsänderung nach sich zieht; entscheidend ist, daß der Vertrag nicht die Gesellschafter selbst zu Satzungsänderungen bzw. zur Nichtvornahme solcher Änderungen verpflichten darf.156 Daran gemessen begegnen Covenants keinen Bedenken: Wie bereits gezeigt wurde, verfolgen diese weder das Ziel, die Organe der Gesellschaft zu verpflichten, noch wollen sie in erster Linie eine einklagbare Verpflichtung begründen. Vielmehr knüpfen Covenants im wesentlichen Sekundäransprüche an Vertragsverletzungen der Gesellschaft. Aber selbst die klageweise Durchsetzung einzelner Covenants, insbesondere im Wege der einstweiligen Verfügung, steht mit der Verbandssouveränität im Einklang, solange dadurch nicht in eine ausschließliche Zuständigkeit der Hauptversammlung eingegriffen wird. In Bereichen, in denen die Zuständigkeit zwischen Verwaltung und Hauptversammlung aufgeteilt ist, kann der Grundsatz, wonach eine Verpflichtung zur Nichtvornahme von Satzungsänderungen ausgeschlossen ist, nicht uneingeschränkt gelten.157 Vielmehr ist ein Initiativrecht des Vorstands zur Einleitung einer solchen Strukturveränderung anzuerkennen, über welches er im Rahmen von Covenants disponieren kann.158

Siehe dazu die Ausführungen oben unter § 5 B. II. 9. MüKoAktG / Stein, § 179, Rdn. 55 f., 212 f.; Wiedemann in GroßkommAktG, § 179, Rdn. 155 f. 157 Ähnlich wie hier Wiedemann in GroßkommAktG, § 179, Rdn. 7. 158 Siehe unten § 10 C. II. 3. 155 156

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4. Kap.: Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

c) Anwendung der Ergebnisse auf einzelne Klauseln Die maintenance-Klausel, die den Schuldner auf die Beibehaltung der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ausgeübten Geschäftstätigkeit verpflichtet, engt den Handlungsspielraum des Vorstands stärker ein als die satzungsmäßige Bindung an den Unternehmensgegenstand.159 Nach oben Gesagtem läßt sich daraus jedoch keine unzulässige Beeinträchtigung der Leitungsmacht des Vorstands ableiten, da es sich nur um eine Verpflichtung der Gesellschaft handelt. Hinsichtlich der Zuständigkeit der Hauptversammlung zur Abänderung des Unternehmensgegenstands ist zu ergänzen, daß dieser als Teil des Verbandszwecks das verselbständigte Verbandsinteresse konstituiert, das nur unter den engen gesetzlichen Voraussetzungen verändert werden können soll.160 Damit unvereinbar wäre es, den Unternehmensgegenstand schuldrechtlich zur Disposition Dritter zu stellen. Auch diese Gefahr droht indes bei Covenants nicht. Zum einen dienen diese gerade der Verstetigung des Unternehmensgegenstands. Zum anderen wäre mangels korporativer Verbindlichkeit der Covenants wohl selbst eine schuldrechtliche Verpflichtung wirksam, in der sich die Gesellschaft zur Veränderung ihres Gegenstands verpflichtete. Die Gefahr einer damit einhergehenden Verpflichtung der Gesellschafter zur Vornahme oder Nichtvornahme einer Satzungsänderung besteht in beiden Fällen nicht. Die gleichen Erwägungen gelten für alle anderen Klauseln, die den Entscheidungsspielraum des Vorstands in geschäftspolitischer, finanzpolitischer, strategischer oder sonstiger Hinsicht einengen. Der maßgebliche Grund dafür ist in allen Fällen darin zu sehen, daß die Verbandssouveränität die Gesellschaft nicht vor den bloß mittelbaren, wirtschaftlich nachteiligen Folgen einer Ausübung der Organbefugnisse schützt. Mit anderen Worten: Die Verbandssouveränität verbietet es der Gesellschaft nicht, sich durch den Abschluß von Verträgen mit Dritten dergestalt zu binden, daß an bestimmte Entscheidungen ihrer Organe nachteilige wirtschaftliche Folgen für die Gesellschaft geknüpft werden.161 Genauso verhält es sich aber bei Covenants: Den Organen bleibt es unbenommen, ihre Befugnisse weiterhin weisungsfrei auszuüben. Nur müssen sie die Konsequenzen tragen, die aus einer Verletzung von Covenants in Form von Sanktionen für die Gesellschaft resultieren. 3. Nichts als „leere Versprechen“? Nach den vorstehenden Ausführungen kann sich die Gesellschaft nahezu unbegrenzt schuldrechtlich gegenüber Dritten verpflichten, auch in Bereichen, in denen entsprechende gesellschaftsrechtliche Vereinbarungen an den Prinzipien der SatSiehe oben § 5 B. II. 9. Zöllner (1963), S. 25 ff. 161 In diesem Sinne differenziert Steinbeck, S. 64 f., zwischen einem „statutarischen“, d.h. satzungsmäßig verankerten, und einem vertraglich begründeten Dritteinfluß. 159 160

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zungsstrenge und der Verbandssouveränität scheitern würden. Möglich ist dies deshalb, weil eine Bindung der Organe weder bezweckt noch erreicht wird. Dieses Ergebnis leuchtet unmittelbar dort ein, wo die Binnenordnung der Gesellschaft zum Vertragsgegenstand gemacht wird. Es wäre jedoch seltsam, wenn dieses Ergebnis dazu führt, daß effektive Bindungen der Gesellschaft auch im Bereich der Geschäftsführungsangelegenheiten an der fehlenden Bindung des Vorstands scheitern.162 Können Covenants also selbst dann nicht gegen die Gesellschaft durchgesetzt werden, wenn sie ausschließlich den Bereich der Geschäftsführungsmaßnahmen betreffen? Dann wäre beispielsweise auch eine Negativklausel nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durchsetzbar, weil die Nichtbestellung von Sicherheiten von der Mitwirkung des Vorstands abhängt, der jedoch als Nicht-Vertragspartei nicht selbst zur Unterlassung verpflichtet ist und auch nicht von der Gesellschaft zur Unterlassung angewiesen werden kann.163 Entsprechendes hätte für eine Klage auf Erfüllung der Informationspflichten zu gelten. Die Fähigkeit der AG zur Teilnahme am Rechtsverkehr wäre jedoch erheblich eingeschränkt, könnte sich die AG – anders als natürliche Personen – auf eine fehlende Verpflichtung ihrer Organe berufen. Diese scheinbare Konsequenz beruht auf einer irrtümlichen Vermengung des Inhalts materieller Leistungsansprüche mit ihrer Vollstreckbarkeit. Solange sich eine Gesellschaft wirksam zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet hat, das nicht den Bereich von Strukturangelegenheiten oder innerkorporativen Akten betrifft, ist davon auszugehen, daß das Recht auch die Mittel bereitstellt, diese Verpflichtung notfalls gerichtlich zu erzwingen. Das bedeutet, daß die Gesellschaft vom Gericht zur Vornahme der versprochenen Handlung selbst dann verurteilt werden muß, wenn diese von der Mitwirkung des Vorstands abhängt.164 Dieses Urteil ist gegen die Gesellschaft nach allgemeinen Grundsätzen vollstreckbar.165 Die Tatsache, daß die Gesellschaft nun über kein organrechtliches Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand verfügt, um diesen zur Mitwirkung zu zwingen, ist zwar richtig, aber nur ein Scheinproblem; auf ein solches Recht kommt es nicht an. Ist die Erfüllung des Urteils von der Mitwirkung einzelner Mitglieder des Vorstands abhängig, so sind die Vollstreckungsmaßnahmen, insbesondere § 890 ZPO, gegen das sich weigernde Mitglied zu richten.166 Damit löst sich die scheinbare Diskrepanz zwischen der Verpflichtungsfähigkeit der Gesellschaft und dem Umfang der Durchsetzbarkeit vertraglicher Versprechen weitgehend auf.

162 Zu diesem Schluß kommen Beuthien / Gätsch, ZHR 1993, 483, 489 f., die ihr Unbehagen darüber angesichts der praktischen Konsequenzen nur schwer verbergen können. 163 Beuthien / Gätsch, ZHR 1993, 483, 489. 164 Vgl. Fleck, ZGR 1988, 104, 115 f. 165 Brändel in GroßkommAktG, § 1, Rdn. 51. 166 Zöller, ZPO, § 890, Rdn. 12; Brändel in GroßkommAktG, § 1, Rdn. 51.

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Was Beuthien und Gätsch tatsächlich gemeint haben dürften ist das Fehlen einer Möglichkeit, das Geschäftsführungsorgan in einem Vertrag mit der Gesellschaft abstrakten Weisungsrechten zu unterwerfen. Die Gesellschaft kann sich zwar in weitem Umfang vertraglichen Leistungspflichten unterwerfen, Dritten jedoch keine schuldrechtlichen Weisungsrechte einräumen, da sie über keine binnenrechtliche Möglichkeit besitzt, diese gegenüber ihren Organen durchzusetzen.167 Im übrigen ist daran festzuhalten, daß der Vorstand in den Grenzen der zulässigen Selbstbindung durch Verträge über einen Teil seines unternehmerischen Ermessens disponieren kann.168

III. Rechtslage in den USA Dem amerikanischen Recht ist eine dem deutschen Recht vergleichbare Verselbständigung des Verbandes von den gesellschaftsrechtlichen Akteuren fremd. Ein von den Akteuren losgelöstes Verbandsinteresse, das durch Grundsätze wie die Verbandssouveränität vor einem übermäßigen Dritteinfluß zu schützen wäre, ist unbekannt. Soweit das Recht vor einem solchen Einfluß schützt, dient dieser Schutz primär den Interessen der Akteure, also vor allem den shareholders, dem board oder den Gläubigern. Nach der Vorstellung der corporation acts der Bundesstaaten ist der Träger der Leitungsmacht grundsätzlich das board of directors.169 Von diesem lange Jahre geltenden statutory scheme hat sich die Praxis allerdings längst durch die zunehmende Verlagerung der Leitungsmacht auf leitende Angestellte, den sog. officers, entfernt. Die Tagespolitik wird von den officers erledigt, während das board für die Festlegung der Grundzüge der Geschäfts- und Unternehmenspolitik zuständig ist. Während die Verlagerung von Managementaufgaben auf leitende Angestellte eine Rechtstatsache war, die bald in den Aktiengesetzen der Bundesstaaten nachvollzogen wurde170, warf die Delegation von Leitungsbefugnissen auf Dritte dem deutschen Recht vergleichbare Probleme auf.171 Lange vorherrschend war der Grundsatz, daß Leitungsbefugnisse im Rahmen sog. management contracts nur äußerst begrenzt auf Dritte übertragen werden konnten. Die Leitungsmacht war als solche unveräußerlich: „The board of directors is the supreme authority in matters of management of the regular and ordinary business affairs. Contracts by which the board of directors delegates the power of supervision and management to another person or corporation for a specified

167 168 169 170 171

Siehe bereits oben § 10 B. II. 1. c) und § 10 B. I. 3. c). Davon geht auch Fleck aus, ZGR 1988, S. 105 ff. Gevurtz, S. 190. Vgl. Cox / Hazen, § 9.16. Vgl. Cox / Hazen, §§ 9.20, 9.22.

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period are invalid if they involve a surrender or abdication by the board of its power and duty of supervision and control.“172

Ausgehend von diesem Grundsatz erklärten die Gerichte die vertragliche Übertragung der Managementaufgaben auf einen Dritten über einen längeren Zeitraum für unwirksam.173 Ebenso streng verfuhren die Gerichte, wenn das board durch Vereinbarungen der shareholders, die die Ausübung von Managementfunktionen durch shareholders außerhalb des board vorsahen, „sterilisiert“ wurde.174 Inzwischen wird die Übertragung von Leitungsaufgaben, den Bedürfnissen der Praxis nachkommend, jedoch großzügiger gehandhabt. Die meisten corporation acts erlauben eine Delegation, wenn diese in den articles of incorporation vorgesehen ist, ohne ausdrückliche Grenzen der Übertragung der Leitungsmacht zu statuieren.175 Der MBCA erlaubt eine Delegation von Leitungsaufgaben auf Dritte unter der Aufsicht des board.176 Mit der Übernahme von Managementaufgaben gehen die für die directors geltenden Sorgfaltspflichten auf den Dritten über.177 Weitaus höher sind die Schranken, die sich für den Einfluß von Gläubigern in der Gesellschaftsschuldnerin unter dem Gesichtspunkt der Gläubigergefährdung ergeben. Ein zu großer Einfluß eines Gläubigers im Unternehmen (creditor overinvolvement) kann im Insolvenzfall zu einer Subordination der Ansprüche des Gläubigers oder seiner Mithaftung führen.178 Der positiven Verbandsautonomie entspricht im amerikanischen Recht eine sehr weitgehende Freiheit zur privatautonomen Gestaltung der inneren Angelegenheiten der corporation, die weit über die in den engen Grenzen der Satzungsstrenge vorhandenen Gestaltungsmöglichkeiten nach deutschem Recht hinausgeht.179 Bereits bei der Gestaltung der business corporation sind die Akteure ausgesprochen frei. Für die closed corporation erlauben u.a. Delaware und der MBCA sogar eine Bindung des board an Stimmrechtsvereinbarungen und sonstige Gesellschaftervereinbarungen (shareholder agreements) mit einer entsprechenden Einschränkung seiner Leitungsmacht, bis hin zu einem vollständigen Verzicht auf ein board und seiner Ersetzung durch ein Management der shareholders.180

Ballantine, S. 119, 136. Sherman & Ellis, Inc. v. Indiana Mutual Casualty Co., 41 F.2d 588, 590 f. (7th Cir. 1930). 174 Long Park v. Trenton-New Brunswick Theatres Co., 297 N.Y. 174, 177 ff. (N.Y. 1948). 175 Vgl. Del. Gen. Corp. Act § 141 (a). 176 MBCA § 8.01 (b). 177 Del. Gen. Corp. Law § 141 (a); vgl. auch § 351, der eine Ersetzung des board durch ein Management der shareholders in der closed corporation erlaubt. 178 Siehe unten § 11 E. 179 Dazu eingehend Cox / Hazen, § 2.06. 180 Del. Gen. Corp. Law §§ 350, 351; MBCA § 7.32 (a) (1). Die „closed corporation“ entspricht einer nicht-börsennotierten AG mit bis zu 30 Gesellschaftern (vgl. Del. Gen. Corp. Law § 342). 172 173

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Im Hinblick auf die fehlende gesellschaftsrechtliche Fundierung eines der Verbandssouveränität vergleichbaren Prinzips auf der einen Seite und der weitgehenden Organisationsautonomie auf der anderen Seite ist es nicht verwunderlich, daß der Abschluß auch äußerst restriktiver Covenants nach amerikanischem Recht unbedenklich ist. Er ist, soweit ersichtlich, weder in Gerichtsentscheidungen noch in wissenschaftlichen Abhandlungen je Angriffen aus dieser Richtung ausgesetzt gewesen.

C. Konflikte mit gesellschaftsrechtlicher Binnenordnung Im vorstehenden ist untersucht worden, ob sich die in Covenants enthaltenen Eingriffe in die Organisationsstruktur der Gesellschaft in den Grenzen der Verbandsautonomie bewegen. Während sich die Kategorien der Verbandsautonomie mit der Abgrenzung der Gesellschaft und der Rechte ihrer Organe nach außen befassen, geht es in diesem Kapitel um die Frage, ob Covenants die binnenrechtliche Kompetenzordnung wahren. In der Literatur wurde bereits auf eine mögliche Diskrepanz zwischen der Macht des Vorstands, die Gesellschaft durch Verträge mit Covenants zu binden, und dem die Verfügungsmacht des Vorstands möglicherweise überschreitenden Regelungsinhalt der Covenants hingewiesen.181 Im folgenden geht es um die Frage, ob diese Diskrepanz tatsächlich besteht oder aber nur ein Scheinproblem ist. Unterstützend soll ein Vergleich mit der parallelen Rechtslage in den USA zu einer dogmatisch überzeugenden und sachgerechten Lösung beitragen.

I. Verpflichtungsfähigkeit der AG im Zuständigkeitsbereich der Hauptversammlung und des Aufsichtsrates Zunächst ist die grundsätzliche Frage zu beantworten, ob und auf welche Weise eine Gesellschaft in Angelegenheiten, die dem Entscheidungsbereich anderer Organe als der Geschäftsführung angehören, überhaupt schuldrechtliche Verpflichtungen eingehen kann. Eine äußere Grenze bilden auch hier die Schranken der Verbandsautonomie. Die Verpflichtungsfähigkeit der Gesellschaft kann nicht so weit gehen, daß sie Bindungen erlaubte, die die zwingende Zuständigkeitsordnung des Aktiengesetzes unterlaufen. Dies schließt eine Verlagerung der körperschaftlichen Willensbildung von den dafür zuständigen Organen auf Dritte im Wege schuldrechtlicher Verpflichtungen aus.182 Daher können die Geschäftsleiter einer Gesellschaft keinen schuld181 182

Kusserow / Dittrich, WM 2000, 745, 752 f.; Kästle, S. 102 f.; Baums, S. 984 f. Fleck, ZGR 1988, 104, 109; KK / Mertens, § 76, Rdn. 48.

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rechtlichen Anspruch Dritter begründen, der unmittelbar auf eine Änderung der Satzung gerichtet ist.183 Eine solche Verpflichtung ist, wenn überhaupt, nur auf der Grundlage eines Zustimmungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung möglich, der sämtliche Voraussetzungen eines satzungsändernden Beschlusses erfüllt.184 Von diesen Fällen abgesehen ist jedoch davon auszugehen, daß die AG als Trägerin eigener Rechtspersönlichkeit (§ 1 Abs. 1 S. 1 AktG) grundsätzlich unbegrenzt verpflichtungsfähig ist.185 Nur so ist gewährleistet, daß die vom AktG eröffnete Möglichkeit, den Gesellschaftszweck frei zu bestimmen, auch wirklich genutzt werden kann.186 Die Verbandsautonomie schließt nach den vorstehenden Ausführungen die Möglichkeit ein, die Gesellschaft auch in Bereichen zu verpflichten, für die nach der internen Zuständigkeitsordnung die Gesellschafter oder der Aufsichtsrat zuständig sind. Die Frage kann daher nur sein, welche binnenrechtlichen Anforderungen an eine wirksame Verpflichtung der Gesellschaft im Zuständigkeitsbereich anderer Organe zu stellen sind; darüber hinaus ist zu klären, ob es Angelegenheiten gibt, die ihrer Natur nach einer Regelung in Covenants prinzipiell entzogen sind.

II. Verpflichtungen der Gesellschaft im Zuständigkeitsbereich der Hauptversammlung Einige Regelungsbereiche der Covenants reichen gegenständlich in den Zuständigkeitsbereich der Hauptversammlung hinein.187 An vorderster Stelle stehen dabei Dividendenausschüttungsbegrenzungen und Strukturentscheidungen wie etwa Entscheidungen über Kapitalerhöhungen, Fusionen oder Akquisitionen. Darüber hinaus ist zu erwägen, ob nicht die ausschließliche Zuständigkeit der Hauptversammlung für Satzungsänderungen dazu führt, daß sämtliche Gegenstände von Covenants mit Satzungsbezug in einem entsprechenden Konflikt stehen. 1. Festlegung auf den Unternehmensgegenstand (line of business) Covenants verpflichten den Schuldner, die zum Zeitpunkt der Kreditvergabe ausgeübte Geschäftstätigkeit beizubehalten und nicht zu verändern.188 Damit wird Wiedemann in GroßkommAktG, § 179, Rdn. 155. Hüffer, § 179, Rdn. 32; für die GmbH insbesondere Fleck, ZGR 1988, 104, 110 ff.; Ulmer (2005), S. 911, 928. 185 Brändel in GroßkommAktG, § 1, Rdn. 36. 186 Brändel in GroßkommAktG, § 1, Rdn. 35; zu den Grenzen der Betätigungsfreiheit der AG Röhricht in GroßkommAktG, § 23, Rdn. 80. 187 Siehe bereits oben § 5 D. II. 2. 188 Siehe oben § 5 B. II. 9. 183 184

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der (weiter gefaßte) Unternehmensgegenstand zumindest insoweit positiv festgelegt, als er die zum Zeitpunkt der Kreditvergabe ausgeübte Geschäftstätigkeit vorgibt: Änderungen des Unternehmensgegenstandes, für die die Hauptversammlung zuständig ist (§ 119 Abs. 1 Nr. 5 AktG), sind ohne eine Verletzung dieses Covenants nur insoweit möglich, als sie die jeweils ausgeübte Geschäftstätigkeit dekken.189 Dies aber könnte eine unzulässige Einschränkung des Rechts der Hauptversammlung zur Änderung des Unternehmensgegenstands darstellen. Damit ist nicht die – zu verneinende – Frage einer Verpflichtungsfähigkeit der Gesellschaft zu Satzungsänderungen berührt.190 Der hier in Rede stehende Fall, in dem eine bestimmte Satzungslage schuldrechtlich festgeschrieben werden soll, betrifft vielmehr die Zulässigkeit eines Ausschlusses der Abänderbarkeit der Satzung. Es ist anerkannt, daß die Gesellschaft das positive Recht der Hauptversammlung zur Satzungsänderung nicht wirksam in der Satzung ausschließen kann. Dies ergibt sich aus der Verbandsautonomie, mit der es unvereinbar wäre, wenn die Gesellschafter sich und ihre Rechtnachfolger an eine einmal beschlossene Satzung binden könnten.191 Erst Recht muß daher eine Entäußerung dieser Befugnis durch eine schuldrechtliche Unterlassungsverpflichtung der Gesellschaft gegenüber Dritten für unwirksam gehalten werden. Eine derartige Verpflichtung wäre von der Vertretungsmacht des Vorstands nicht mehr gedeckt. Dies gilt allerdings nur insoweit, als mit der fraglichen schuldrechtlichen Vereinbarung tatsächlich eine entsprechende Unterlassungsverpflichtung der Aktionäre geschaffen werden soll. Da Covenants, wie bereits festgestellt, als rein schuldrechtliche Vereinbarungen die in Gesetz und Satzung festgelegten Organrechte nicht berühren oder aufgeben können, kann die Frage nicht lauten, ob dieser Konflikt zu Lasten des Rechts der Hauptversammlung oder aber zu Lasten der Wirksamkeit der Covenants zu lösen ist. Das Recht der Hauptversammlung zur Vornahme von Satzungsänderungen und damit zur Änderung des Unternehmensgegenstandes bleibt durch die in Rede stehenden Covenants unangetastet. Die Frage kann nur sein, ob entsprechende Covenants eine wirksame Verpflichtung der Gesellschaft begründen können. Dies ist zu bejahen: Es wird allgemein für zulässig gehalten, wenn sich eine Gesellschaft in Verträgen mit Dritten zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen verpflichtet, das im Widerspruch zur Satzung steht oder faktisch eine Satzungsänderung erforderlich macht.192 Erst recht muß es daher zulässig sein, wenn sich die 189 Vgl. die „Smart“-Entscheidung des BGH, NZG 2006, 790 f., nach der eine von der Hauptversammlung angestrebte Satzungsänderung, die nicht auf eine Veränderung des Unternehmensgegenstands im Sinne einer allgemein gehaltenen Rahmenvorgabe gerichtet ist, sondern allein auf die Beschränkung der konkreten Geschäftstätigkeit zielt, einen unzulässigen Eingriff in die Leitungsbefugnis des Vorstands darstellt. 190 Dazu bereits oben § 10 B. II. 2. b). 191 MüKoAktG / Stein, § 179, Rdn. 55 f.; Wiedemann in GroßkommAktG, § 179 Rdn. 3. 192 Wiedemann in GroßkommAktG, § 179, 155.

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Gesellschaft dazu verpflichtet, die bei Vertragsschluß geltende Satzung auch künftig beizubehalten. Bei einer Verletzung dieser Verpflichtung kann der Dritte zwar nicht die Gesellschafter, wohl aber die Gesellschaft mit Sekundäransprüchen in Anspruch nehmen.193

2. Dividendenrestriktive Covenants Bereits im zweiten Kapitel, das sich mit der Funktion der dividendenrestriktiven Covenants befaßte, wurde das Problem der Kollision dieser Covenants mit dem Gewinnverwendungsrecht der Hauptversammlung gestreift. Im Rahmen derartiger Covenants verpflichtet der Vorstand die Gesellschaft zur Nichtvornahme von Ausschüttungen an die Gesellschafter, obwohl der Entscheidungsspielraum des Vorstands in dieser Frage begrenzt ist.194 Nicht ausgeschüttete Gewinne kann der Vorstand nur nach Maßgabe des § 58 AktG im Rahmen seiner Aufstellungskompetenz in Gewinnrücklagen einstellen. Der aufgestellte Jahresabschluß bedarf dann nach § 172 S. 1 AktG der Billigung durch den Aufsichtsrat, womit er festgesetzt ist.195 Sodann ist nach § 174 Abs. 1 AktG die Hauptversammlung zur Entscheidung über die Verwendung des Bilanzgewinns berufen; der Vorstand kann hierauf lediglich mittelbar Einfluß nehmen, indem er kraft seiner durch § 58 AktG begrenzten Aufstellungskompetenz einen Teil des Jahresüberschusses in Gewinnrücklagen einstellt und damit der Verfügungsgewalt der Hauptversammlung entzieht (vgl. § 58 Abs. 2 AktG und § 174 Abs. 1 S. 2 AktG).196 Nur innerhalb dieser Grenzen kann er die gegenüber dem Gläubiger eingegangene Verpflichtung – vorbehaltlich der Mitwirkung des Aufsichtsrates – aus eigener Kraft erfüllen. Im übrigen beschränkt sich sein Einfluß auf die Gewinnverwendung darauf, der Hauptversammlung gem. § 170 Abs. 2 AktG einen Vorschlag zur Gewinnverwendung zu machen und insbesondere die Einstellung weiterer Beträge in die Rücklagen vorzuschlagen. Verpflichtete der Vorstand die Gesellschaft dazu, entgegen § 58 Abs. 1, 2 und 4 AktG den gesamten Jahresüberschuß in Gewinnrücklagen einzustellen, geriete er unweigerlich in Konflikt mit dem Recht der Hauptversammlung aus § 174 Abs. 1 AktG.197

193

MüKoAktG / Stein, § 179, Rdn. 213 ff.; Wiedemann in GroßkommAktG, § 179, Rdn.

155. 194 Trotz der bestehenden Beschränkungen kann der Vorstand durch die Kombination bilanzpolitischer Ermessensentscheidungen und Rücklagenbildung erheblich auf die Höhe des verteilungsfähigen Bilanzgewinns Einfluß nehmen, vgl. Servatius, S. 130 f. 195 Dazu Hüffer, § 172, Rdn. 1 f. 196 Nach § 58 Abs. 2 AktG können Vorstand und Aufsichtsrat vorbehaltlich einer abweichenden Satzungsbestimmung nur die Hälfte des Jahresüberschusses in Gewinnrücklagen einstellen. Nach § 174 Abs. 1 S. 2 AktG ist die Hauptversammlung an den festgestellten Jahresabschluß gebunden. 197 So auch Baums, S. 984.

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4. Kap.: Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

Das Recht der Hauptversammlung zur Entscheidung über die Gewinnverwendung kann aber nicht durch einen Vertrag eingeschränkt werden; vielmehr muß die Hauptversammlung weiterhin uneingeschränkt über die Verwendung des Bilanzgewinns entscheiden können.198 Covenants können daher kein gesellschaftsrechtlich bindendes Verbot, Dividendenausschüttungen vorzunehmen, begründen; dieses besäße organisationsrechtliche Qualität und würde Covenants damit einen korporativen Charakter verleihen, den sie gerade nicht besitzen. Wie aber ist eine schuldrechtliche Vereinbarung zwischen der Gesellschaft und einem Dritten zu behandeln, deren Einhaltung von der Gesellschaft nicht gewährleistet werden kann und die die Hauptversammlung dem Dilemma aussetzt, daß es das ihr zustehende Recht der Gewinnverwendung im Einzelfall nur unter Inkaufnahme der Gefahr der Kreditkündigung ausüben kann? Können schuldrechtliche Vereinbarungen Bestand haben, die in einem solchen offenen Widerspruch zu der vom Aktiengesetz vorgesehenen Kompetenzordnung stehen? a) Unwirksamkeit mangels Vertretungsmacht des Vorstands? Es ließe sich argumentieren, daß dem Vorstand für den Abschluß einer Dividendenausschüttungsbeschränkung bzw. gar eines entsprechenden Verbots die Vertretungsmacht fehle. Die Kompetenzordnung der Aktiengesellschaft weist die Entscheidung über die Verwendung des Bilanzgewinns und damit über die Ausschüttung von Dividenden der Hauptversammlung zu, § 174 Abs. 1 AktG. Der Vorstand könnte sich beim Abschluß derartiger Covenants deshalb außerhalb der Grenzen seiner Vertretungsmacht bewegen. Ausgangspunkt ist die Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht des Vorstands, § 82 Abs. 1 AktG. Als Rechtsfolge ergibt sich daraus, daß vom Vorstand eingegangene Verpflichtungen auch dann gegen die AG wirken, wenn der Vorstand damit seine internen Befugnisse überschritten hat.199 aa) Beschränkung der Vertretungsbefugnis § 82 Abs. 1 AktG schützt den Rechtsverkehr allerdings nicht, soweit der Vorstand die AG nach der internen Zuständigkeitsverteilung nicht vertreten kann. Das Prinzip der Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht reicht nur so weit, als der Vorstand tatsächlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt ist.200 Die Literatur verneint im Ergebnis zu Recht, daß dem Vorstand die Befugnis zum Abschluß von Dividendenrestriktionen fehlt. Allerdings gehen die dafür ange198 199 200

I.E. ebenso Kusserow / Dittrich, WM 2000, 745, 752 f.; Kästle, S. 103 f. Hüffer, § 82, Rdn. 3. Hüffer, § 82, Rdn. 4.

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führten Gründe fehl. Kästle unterscheidet bei der Beurteilung dividendenrestriktiver Covenants zwischen dem Verhältnis der Gesellschaft und den Gesellschaftern auf der einen und dem Verhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Kreditgeber auf der anderen Seite.201 Während im ersten Verhältnis die Vertretungsmacht des Vorstands wegen § 174 AktG fehle und daher die Gesellschafter nicht an ein Dividendenverbot gebunden seien, sei im zweiten Verhältnis von einer Vertretungsmacht des Vorstands und damit einer Bindung der Gesellschaft auszugehen. Unter Hinweis auf die interne Zuständigkeit der Hauptversammlung für Gewinnverwendungsbeschlüsse wird in der Literatur sodann die Frage eines Mißbrauchs der Vertretungsmacht erörtert.202 Kusserow und Dittrich gehen davon aus, daß §§ 58, 174 AktG nicht geeignet seien, die Vertretungsmacht des Vorstands einzuschränken. Allerdings halten sie einen Mißbrauch der Vertretungsmacht für möglich, wenn der Vorstand die interne Kompetenzverteilung mißachtet und durch die Begründung einer potentiellen Schadensersatzpflicht der Gesellschaft bewußt zum Nachteil der AG handelt.203 Eine Unterscheidung zwischen den verschiedenen Wirkungsebenen des Covenants erscheint jedoch dogmatisch schwer begründbar. Vertretungsmacht äußert ihre Wirkungen naturgemäß allein im Außenverhältnis, d.h. zwischen Gesellschaft und Kreditgeber. Etwaige Beschränkungen im Innenverhältnis lassen die Vertretungsmacht grundsätzlich unberührt, können jedoch ggf. einen Mißbrauch der Vertretungsmacht begründen. Es erscheint indes verfehlt, die Zuständigkeit der Hauptversammlung für die Verwendung des Bilanzgewinns lediglich als Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands anzusehen und die Problematik daher allein unter dem Stichwort des Mißbrauchs der Vertretungsmacht zu diskutieren. Die Literatur geht zu leicht über Beschränkungen der Vertretungsbefugnis des Vorstands hinweg, die das AktG selbst vorsieht. So erstreckt sich die Vertretungsbefugnis des Vorstands von vornherein nicht auf sozialrechtliche Akte, für die nach der Binnenordnung der Gesellschaft die Zuständigkeit anderer Organe begründet ist.204 Auszugehen ist von der Feststellung, daß § 174 Abs. 1 AktG die Zuständigkeit für die Gewinnverwendung ausschließlich der Hauptversammlung zuweist. Dem Vorstand fehlt folglich die Befugnis, die Gesellschaft bei der Entscheidung über die Gewinnverwendung zu vertreten, und zwar nicht nur nach innen, sondern auch nach außen gegenüber Dritten.205 Träfe die von der Literatur angenommene Verletzung des § 174 Abs. 1 AktG durch vom Vorstand abgeschlossene Dividendenrestriktionen zu, so fehlte es folglich schon aus diesem Grund an der Vertretungsbefugnis des Vorstands. Kästle, S. 103 f. Kästle, S. 104; Kusserow / Dittrich, WM 2000, 745, 752; Wiedemann in Großkomm AktG, § 179, Rdn. 155. 203 Kusserow / Dittrich, WM 2000, 745, ebd. 204 MüKoAktG / Hefermehl / Spindler, § 82, Rdn. 14. 205 Vgl. MüKoAktG / Hefermehl / Spindler, § 82, Rdn. 14, 20. 201 202

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4. Kap.: Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

Die allein entscheidende Frage ist daher, ob die in Covenants enthaltenen Dividendenrestriktionen die Kompetenzzuweisung des § 174 AktG verletzen. Eine unmittelbare Kollision von Dividendenrestriktionen und der Zuständigkeit der Hauptversammlung nach § 174 AktG ist aber zu verneinen. Der Vorstand nimmt mit der Verpflichtung der Gesellschaft, den Jahresüberschuß ganz oder teilweise in Gewinnrücklagen einzustellen, nicht das originäre Recht der Hauptversammlung nach § 174 AktG wahr. Es ist nämlich die Vereinbarung eines Ausschüttungsverbots mit dem Kreditgeber nicht als Entscheidung über die Gewinnverwendung zu verstehen, die nur von der Hauptversammlung getroffen werden kann, sondern als das bloß schuldrechtliche Versprechen, daß eine solche Gewinnausschüttung nicht vorgenommen werde.206 Eine Entscheidung über die Gewinnverwendung ist darin schon deshalb nicht zu sehen, weil Covenants in der Regel ohne Rücksicht auf das Vorliegen eines festgestellten Jahresabschlusses, dessen ausgewiesener Bilanzgewinn zur Verteilung anstünde, vereinbart werden. Ferner müßte es überhaupt einen verteilbaren Bilanzgewinn geben; und dessen Ausweis zu vermeiden besitzt der Vorstand, wie an früherer Stelle ausgeführt, einen erheblichen Einfluß. Anders wäre nur dann zu entscheiden, wenn die Parteien ein klag- und vollstreckbares Verbot der Ausschüttung eines künftigen Bilanzgewinns begründen wollten. Diesem Verbot würde § 174 AktG unmittelbar entgegenstehen. Eine solche Auslegung widerspräche jedoch offenkundig dem Parteiwillen.207 Dividendenrestriktive Covenants werden als Mittel der Risikoprävention zu dem Zweck vereinbart, dem Kreditgeber im Falle einer durch Ausschüttungsmaßahmen bewirkten Verschlechterung der Vermögensverhältnisse der Gesellschaft Sanktionsmaßnahmen an die Hand zu geben, und dadurch seinen Rückzahlungsanspruch zu sichern. Sollte der Kreditgeber dennoch auf Erfüllung klagen oder eine auf den Covenant gestützte einstweilige Verfügung beantragen, so ginge diese Klage mangels Erfüllbarkeit ins Leere.208 bb) Mißbrauch der Vertretungsmacht Steht somit fest, daß der Vorstand zum Abschluß dividendenrestriktiver Covenants befugt ist und auch die dazu erforderliche Vertretungsmacht besitzt, so fragt sich als nächstes, ob er diese Befugnis nicht unter Verletzung interner Beschränkungen mißbraucht. Von Teilen der Literatur wird in der Zuständigkeit der Hauptversammlung für die Gewinnverwendung eine Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands zum Abschluß ausschüttungsbegrenzender Covenants gesehen (vgl. § 82 Abs. 2 AktG).209 206 Ähnlich Baums, S. 985, mit dem Hinweis, daß es dem Vorstand nicht darum gehe, sich über die Kompetenzregel des § 58 AktG hinwegzusetzen. 207 So auch Baums, S. 984. 208 So zutreffend Kästle, S. 104. 209 Kusserow / Dittrich, WM 2000, 745, 752.

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Fraglich ist indes, woraus sich eine solche Beschränkung des rechtlichen „Dürfens“ ergeben sollte. Eine unmittelbare Verletzung des § 174 Abs. 1 AktG, die gem. § 82 Abs. 2 AktG die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands beschränken könnte, ist gerade verneint worden. Eine Beschränkung im Innenverhältnis ließe sich daher nur mit der Begründung rechtfertigen, daß sich aus dem AktG ein Verbot des Tätigwerdens des Vorstands in Fragen der Gewinnverwendung überhaupt ergibt. Ein derart weitreichendes Verbot kann dem AktG jedoch nicht entnommen werden. Es kann sich jedenfalls nicht daraus ergeben, daß wegen § 58 AktG nicht gewährleistet ist, daß der Vorstand die eingegangene Verpflichtung einhalten kann. Dem Vorstand ist es nicht verwehrt, die Gesellschaft der Gefahr einer Kreditkündigung für den Fall auszusetzen, daß die Hauptversammlung gleichwohl eine Gewinnausschüttung beschließt.210 Hier kommt dem Vorstand der breite, in Grenzen gerichtsfeste Ermessensspielraum zugute: § 93 Abs. 1 S. 2 AktG statuiert einen unternehmerischen Ermessensspielraum, der – orientiert an der amerikanischen business judgment rule211 – durch die unwiderlegliche Vermutung sorgfaltsgemäßen Handelns geschützt wird, wenn der Vorstand bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Erforderlich ist, daß der Vorstand die einzubeziehenden Faktoren in seiner Entscheidung berücksichtigt und die Grenzen eines am Unternehmenswohl orientierten unternehmerischen Handelns nicht überschreitet.212 Ohne hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß der Vorstand bei der Entscheidung zum Abschluß von Dividendenrestriktionen bewußt zum Nachteil der Gesellschaft gehandelt hat, muß davon ausgegangen werden, daß er bei der Abwägung zwischen der Belastung der Gesellschaft mit einer sanktionsbewehrten Verpflichtung und einer Verbesserung der Kreditkonditionen eine vertretbare unternehmerische Entscheidung getroffen hat. Könnte der Vorstand eine solche Verpflichtung nicht eingehen, würde sich dies ceteris paribus zinserhöhend auswirken oder gar ein Zustandekommen des Finanzierungsvertrages unmöglich machen.213 b) Zustimmungsrecht der Hauptversammlung? Fraglich ist, ob dividendenrestriktive Covenants zu ihrer Wirksamkeit nicht wenigstens der Zustimmung der Hauptversammlung bedürfen. Derartige Zustimmungserfordernisse in Bereichen, für die grundsätzlich eine Abschluß- und Verpflichtungskompetenz des Vorstands besteht, sind dem AktG nicht fremd. Eine Zustimmung der Hauptversammlung mit Wirkung für das Außenverhältnis ist etwa erforderlich in den Fällen der §§ 50, 52, 179 a, 293 AktG. Insbesondere das 210 211 212 213

So auch Baums, S. 985. Vgl. dazu Cox / Hazen, § 10.02 und für das deutsche Recht Servatius, S. 177 ff. BGH 135, 244, 253 f.; Hopt in GroßkommAktG, § 93, Rdn. 81 ff. So zutreffend Baums, S. 985.

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4. Kap.: Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

Zustimmungsbedürfnis der Hauptversammlung bei der Ausgabe von Wandel- und Gewinnschuldverschreibungen gem. § 221 AktG zeigt das Anliegen des Aktienrechts, die Aktionäre vor Eingriffen der Geschäftsleitung in ihre mitgliedschaftlichen Vermögensrechte zu schützen.214 Vor diesem Hintergrund fragt sich, ob ausschüttungsbegrenzende Covenants, die ohne Zustimmung der Hauptversammlung vereinbart wurden, nicht in rechtswidriger Weise das Dividendenbezugsrecht der Aktionäre beeinträchtigen. 215 Nach § 119 Abs. 1 AktG beschließt die Hauptversammlung in den in Gesetz und Satzung ausdrücklich bestimmten Fällen; über Geschäftsführungsangelegenheiten kann sie nach Abs. 2 nur auf Verlangen des Vorstands entscheiden. Im Hinblick auf § 119 Abs. 1 AktG, der die Machtbalance zwischen Vorstand und Hauptversammlung bestimmt und die Vorstandsautonomie gegen die Hauptversammlung schützt216, wird eine Ausweitung der Hauptversammlungskompetenzen um ungeschriebene Zustimmungsrechte nur ausnahmsweise in Fällen besonders einschneidender Maßnahmen mit Strukturänderungscharakter zugelassen.217 Bei den im Gesetz geregelten Zustimmungserfordernissen handelt es sich um Maßnahmen, die mit besonderen Gefahren für die Mitglieds- und Vermögensrechte der Aktionäre verbunden sind. Eine Analogie der Dividendenrestriktionen zu den §§ 50, 52, 179 a, 221 AktG scheitert jedoch an der erforderlichen Gleichwertigkeit der Interessenlage: Während die Aktionärsrechte dort unmittelbar durch eine Schmälerung des Gesellschaftsvermögens oder eine Verwässerung ihres Vermögensanteils (bei § 221 AktG) betroffen sind, beeinträchtigen ausschüttungsbegrenzende Covenants aufgrund der fehlenden Bindung der Hauptversammlung nicht unmittelbar die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre. Die Ableitung eines Zustimmungserfordernisses aus einer direkten oder analogen Anwendung des § 293 AktG, der für Unternehmensverträge als Grundtypus des strukturverändernden Vertrages ein Zustimmungserfordernis der Hauptversammlung mit Außenwirkung normiert, kommt ebenfalls nicht in Betracht, wie im fünften Kapitel zu zeigen sein wird.218 Schließlich bewirken Covenants keine tiefgreifenden Veränderungen in der Gesellschaft, die sonst nur im Wege einer Satzungsänderung beschlossen werden können und für die deshalb eine Mitwirkungskompetenz der Hauptversammlung nach Vgl. zum Regelungszweck Hüffer, § 221, Rdn. 1. Zum Dividendenbezugsrecht siehe MüKoAktG / Bayer, § 58, Rdn. 99; Veil (2003), S. 103 f. 216 Mülbert in GroßkommAktG, § 119, Rdn. 7; Hüffer, § 119, Rdn. 1. Zum Verhältnis der Kompetenzen von Vorstand und Hauptversammlung auch Lutter (1985), S. 830 ff., die Kompetenz der Hauptversammlung für Grundlagenentscheidungen betonend. Dagegen weist Servatius, S. 257 ff., überzeugend die Schlüsselrolle des Vorstands bei Vorbereitung und Begleitung der Beschlüsse der Hauptversammlung nach. 217 Vgl. Hüffer, § 119, Rdn. 18 sowie das „Gelatine“-Urteil des BGH. Dazu bereits oben § 5 B. II. 4. b). 218 Dazu KK / Mertens, § 76, Rdn. 46 und eingehend unten § 12 B. 214 215

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den Grundsätzen des „Gelatine“-Urteils des BGH in Betracht zu ziehen wäre. Der mit Covenants verbundene Eingriff in die Rechtsstellung der Aktionäre ist weit von der Eingriffsschwelle dieser Rechtsprechung entfernt. Diese orientiert sich an den Voraussetzungen der früheren „Holzmüller“-Rechtsprechung 219, die ausnahmslos Konzernbildungssachverhalte zum Gegenstand hatte: In diesen Fällen wurden große Teile des Gesellschaftsvermögens aus dem Kontrollbereich der Aktionäre verlagert.220 Demgegenüber sind Covenants insgesamt auf einen Erhalt des Gesellschaftsvermögens gerichtet. Was den durch sie begründeten Einfluß Dritter im Unternehmen angeht, so stellt dieser keine so signifikante Abweichung zu anderen Abhängigkeitsbeziehungen im Wirtschaftsleben dar, als daß er die Annahme einer ungeschriebenen Mitwirkungsbefugnis der Hauptversammlung rechtfertigen könnte. c) Unmöglichkeit der Erfüllbarkeit Der Wirksamkeit der Dividendenrestriktion könnte dennoch entgegenstehen, daß ihre Erfüllung wegen der Letztzuständigkeit der Hauptversammlung in dieser Frage im Einzelfall unmöglich ist. Denn wenn die Höhe der Ausschüttungsbegrenzung ein Maß erreicht, das vom Vorstand vermöge seiner Aufstellungskompetenz nicht erfüllt werden kann, so ist der Gesellschaft die Erfüllung dieser Verpflichtung (anfänglich) unmöglich. Diese Unmöglichkeit führt jedoch nach § 311 a Abs. 1 BGB nicht zur Unwirksamkeit der Klausel. Der Covenant ist damit nicht deshalb unwirksam, weil der Gesellschaft seine Erfüllung unmöglich wäre. Obwohl Dividendenrestriktionen somit unter bestimmten Umständen leerlaufen, verlieren sie dennoch nicht vollkommen ihren Sinn. Denn gem. § 311 a Abs. 2 BGB ist die Gesellschaft im Falle einer Verletzung des Covenants zum Schadensersatz verpflichtet, wenn der Vorstand die Unmöglichkeit kannte oder zu vertreten hat. Dies dürfte jedoch für den mit der Binnenordnung der AG vertrauten Vorstand immer der Fall sein.221 d) § 174 AktG als Verbotsnorm im Sinne von § 134 BGB? Zu erwägen ist ferner, ausschüttungsbeschränkende Covenants gem. § 134 BGB für nichtig zu erklären. Sofern wie hier eine Verletzung zwingender aktienrechtlicher Grundsätze wie der Kompetenzordnung im Raume steht, bedarf es eines 219 BGHZ 159, 30, 44 f. verweist auf das „Holzmüller“-Urteil BGHZ 83, 122, 128, in dem rund 80 % der Aktiva verlagert wurden. Vgl. Hüffer, § 119, Rdn. 18 a, b. 220 Vgl. Mülbert in GroßkommAktG, § 119, Rdn. 30, der verschiedene weitere, allerdings in der Literatur entwickelte Fallgruppen aufzählt. Der Abschluß einschneidender, schuldrechtlicher Verträge zählt nicht dazu. 221 So auch Kästle, S. 105 f.

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4. Kap.: Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

Rückgriffs auf § 134 BGB allerdings nicht; in diesen Fällen sanktioniert die verletzte gesellschaftsrechtliche Norm unmittelbar die versuchte Umgehung ihres Anwendungsbereichs.222 Die schuldrechtliche Vereinbarung wird nämlich nicht in ihrer schuldrechtlichen, sondern in ihrer gesellschaftsrechtlichen Aussage sanktioniert. Eine Verletzung zwingender aktienrechtlicher Grundsätze ist aber nicht zu erkennen: Zwar ist die Finanzverfassung der AG weitgehend zwingend und der Satzungsautonomie entzogen.223 Ihr Zweck besteht jedoch nicht darin, jeder schuldrechtlichen Vereinbarung mit einem Dritten, die in potentiellem Konflikt mit ihr steht, den wirtschaftlichen Erfolg zu versagen; vielmehr handelt es sich bei ihr um einen binnenrechtlichen Ordnungsrahmen, dem nur begrenzte Außenwirkung zukommt. Nach außen soll die Gesellschaft einen größtmöglichen Handlungsspielraum besitzen, was in ihrer umfassenden Verpflichtungsfähigkeit auch in satzungswidrigen Fragen sowie in der Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht des Vorstands zum Ausdruck kommt.224 Diese Vertretungsmacht ist, wie oben ausgeführt, auch nicht ausnahmsweise durch das binnenrechtliche „Dürfen“ des Vorstands begrenzt. Dieses Ergebnis, die rechtliche Wirksamkeit dividendenrestriktiver Covenants, ist auch sach- und interessengerecht. Es gibt keinen allgemeinen aktienrechtlichen Rechtsgrundsatz dergestalt, daß dem Vorstand generell Vereinbarungen mit Dritten untersagt wären, die die Gesellschaft der Gefahr der Haftung aussetzen, wenn andere Organe von ihren Rechten uneingeschränkt Gebrauch machen. Mit solchen Vereinbarungen wirkt der Vorstand nicht in unzulässiger Weise in die Rechtssphäre anderer Organe hinein, sondern nimmt seinen großen, durch § 93 AktG abgesteckten Handlungsspielraum wahr. Er ist im Falle eines Beschlusses der Hauptversammlung gem. § 83 Abs. 2 AktG verpflichtet, diesen Beschluß umzusetzen, muß also eine von der Hauptversammlung beschlossene Gewinnverwendung trotz entgegenstehender Covenants respektieren.225 3. Verpflichtungen im Bereich von Strukturmaßnahmen (fundamental changes) Im Rahmen des fundamental changes-Covenants unterwirft sich die Gesellschaft dem Verbot, Fusionen oder sonstige Unternehmensverbindungen einzugehen.226 Die Möglichkeit zu Vermögensübertragungen in sonstiger Weise wird ferner durch Noack, S. 123 f. Dazu bereits oben § 10 B. I. 224 Vgl. auch BGHZ 159, 30, 42 ff., der auf die Konzeption des AktG hinweist, dem Vorstand die alleinige Verantwortung für die Geschäftsführungsangelegenheiten zuzuweisen. 225 Vgl. MüKoAktG / Hefermehl / Spindler, § 83, Rdn. 9. 226 Zu diesem Klauseltyp siehe die Ausführungen oben unter § 5 B. II. 8. 222 223

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asset disposition restrictions eingeschränkt.227 Beide Klauseln werden vom Vorstand ohne Beteiligung der Hauptversammlung mit dem Gläubiger vereinbart, obwohl §§ 13, 65, 73 UmwG Verschmelzungsverträge, §§ 125, 13 UmwG Spaltungsverträge und § 179 a AktG umfängliche Vermögensübertragungen einem Zustimmungsvorbehalt der Hauptversammlung unterstellen. Derartige Covenants könnten nach den oben dargestellten Überlegungen unwirksam sein, weil die Gesellschaft durch sie eine Verpflichtung im Bereich der Zuständigkeit der Hauptversammlung eingeht, ohne daß diese der Verpflichtung zugestimmt hätte. Fraglich ist wie schon bei den zuvor erörterten Dividendenrestriktionen, ob dem Vorstand hierfür die Vertretungsbefugnis fehlt bzw. die Klauseln zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der Hauptversammlung bedürfen. Dies wäre von vornherein dann nicht der Fall, wenn eine Zuständigkeit der Hauptversammlung gar nicht gegeben wäre. Die die Zuständigkeit der Hauptversammlung begründenden Vorschriften des UmwG sind unmittelbar nur auf den Fall anwendbar, in dem eine Unternehmensverbindung positiv beschlossen werden soll; die typische Fallkonstellation, die der Gesetzgeber vor Augen gehabt hat, ist demnach die Aushandlung eines Verschmelzungsvertrages durch den Vorstand (vgl. § 4 UmwG) mit der übernehmenden Gesellschaft (merger agreement), dem dann durch die Hauptversammlung zur Erlangung rechtlicher Wirksamkeit zugestimmt werden muß (§ 13 UmwG). Weder im AktG noch im UmwG findet sich jedoch eine Bestimmung, die die Eingehung einer Verpflichtung der Gesellschaft, nicht zu fusionieren, einem Zustimmungsvorbehalt der Hauptversammlung unterstellt.228 a) Analoge Anwendung des § 119 AktG? Eine solche Unterlassungsverpflichtung fällt auch nicht unmittelbar in den Anwendungsbereich des § 119 AktG. Fraglich ist aber, ob sich aus der grundsätzlichen Zuständigkeit der Hauptversammlung für Grundlagenentscheidungen 229 eine Zu diesen Klauseln siehe die Ausführungen oben § 5 B. II. 4. Zutreffend Kusserow / Dittrich, WM 2000, 745, 754. 229 Vgl. Raiser / Veil, § 16 Rdn. 13. Die Frage, ob die Hauptversammlung über die gesetzlich geregelten Fälle hinaus eine ungeschriebene Kompetenz für sämtliche grundlegenden Entscheidungen besitzt, ist streitig, vgl. Mülbert in GroßkommAktG, § 119 Rdn. 17 ff. Ablehnend Hüffer, § 119, Rdn. 17 f. Teilweise wird aus einer Gesamtanalogie zu den normierten Kompetenzen eine generelle Zuständigkeit für Grundlagenentscheidungen abgeleitet, vgl. Raiser / Veil, § 16 Rdn. 13 ff.; MüKoAktG / Hefermehl / Spindler, § 76, Rdn. 32. Der Begründungsansatz der „Gelatine“-Entscheidung, der die Zuständigkeit der Hauptversammlung in satzungsnahen Sachverhalten betont, scheint nur vordergründig für diese Annahme zu sprechen (vgl. BGHZ 159, 30, 44). In dieser Entscheidung lehnt der BGH eine allgemeine Gesetzesanalogie ab und spricht sich für eine fallgruppenweise Lösung aus (S. 43). Im Zusammen227 228

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4. Kap.: Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

Zuständigkeit auch für Unterlassungsverpflichtungen in diesem Bereich herleiten läßt. Konkret ist zu klären, ob das Initiativrecht zur Verschmelzung in derartigen Fällen allein beim Vorstand liegt oder eine negative Selbstbindung der Gesellschaft in dieser Frage gem. § 119 Abs. 1 AktG eines zustimmenden Beschlusses der Hauptversammlung bedarf. In der Literatur wird erwogen, § 119 AktG analog auch auf den Fall einer Verpflichtung der Gesellschaft gegenüber Dritten, sich nicht zu verschmelzen, anzuwenden.230 Hier sei das durch § 119 AktG geschützte Recht der Hauptversammlung berührt, die Strukturen der Gesellschaft mitzugestalten. Dagegen spricht jedoch, daß der in § 119 AktG enthaltene Katalog von Zuständigkeiten abschließenden Charakter besitzt, was eine Allzuständigkeit der Hauptversammlung gerade ausschließen soll; damit dient die Vorschrift der Kompetenzabgrenzung im Verhältnis zum Vorstand.231

b) Initiativrecht des Vorstands oder der Hauptversammlung? Entscheidende Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Frage zu, ob der durch § 119 AktG begrenzte und zugleich geschützte Bereich der eigenverantwortlichen Leitungsmacht des Vorstands auch die vorbereitenden Maßnahmen einer Umstrukturierung umfaßt. Dies scheint die Existenz des § 4 UmwG nahezulegen, der die Kompetenz zum Abschluß eines Verschmelzungsvertrages dem Vorstand zuweist.232 Dieser kann auch vor der erforderlichen Zustimmung der Hauptversammlung geschlossen werden.233 Daraus könnte zu schließen sein, daß die Initiierung eines Unternehmenszusammenschlusses Geschäftsführungsmaßnahme ist, über die der Vorstand im Rahmen eines schuldrechtlichen Vertrages insoweit disponieren kann, als er die Grenzen der zulässigen Selbstbindung wahrt.234 Die h.M. geht jedoch davon aus, daß die Hauptversammlung im Rahmen ihrer Zuständigkeit für Strukturänderungen über eine Verschmelzung beschließen kann, spiel mit der Beschränkung seiner Rechtsprechung auf das Innenverhältnis will der BGH so den Handlungsspielraum des Vorstands erhalten und ihn gerade nicht, wie Teile der Literatur dies nahelegen, einschränken (S. 42 ff.). 230 Kusserow / Dittrich, WM 2000, 745, 754; i.E. ebenso Baums, S. 992 f. 231 Mülbert in GroßkommAktG, § 119, Rdn. 5 ff.; Hüffer, § 119, Rdn. 1, 18. 232 Lutter / Winter, UmwG, § 4, Rdn. 7. 233 So zutreffend Servatius, S. 274, auf die §§ 4 Abs. 1, 9 Abs. 1 Alt. 1, 13 Abs. 3 S. 2 Alt. 1 UmwG hinweisend, die zulassen, daß neben dem Vertragsentwurf auch der geschlossene Vertrag der Hauptversammlung zur Prüfung und Zustimmung vorgelegt wird. 234 Auf dieser Linie Servatius, S. 257 ff., 263 ff., 274 ff., der zutreffend auf den großen Einfluß des Vorstands auf die Willensbildung der Hauptversammlung hinweist und daraus ein Initiativrecht des Vorstands „zur Vorbereitung von Maßnahmen, die in die Zuständigkeit der Hauptversammlung fallen“, ableitet (S. 274). Bedauernswert ist, daß dieser Erkenntnis nur der Rang einer Randnotiz zugebilligt wird.

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der Vorstand an diesen Beschluß gebunden und gem. § 83 Abs. 1 S. 2 AktG zur Umsetzung des Beschlusses durch Vorbereitung und Abschluß des Verschmelzungsvertrages verpflichtet ist.235 Sein Leitungsermessen sei im Strukturbereich dem Willen der Hauptversammlung vollständig untergeordnet; in diesem Bereich bestehe ein Initiativrecht der Hauptversammlung in dem Sinne, daß der Vorstand auch gegen seinen Willen zum Abschluß von Verträgen verpflichtet werden kann.236 Die Entscheidung über eine Verschmelzung könne folglich ausschließlich von den Aktionären beschlossen werden und sei nicht von der Mitwirkung des Vorstands abhängig.237 Auch nach dem BGH liegt das Schwergewicht der Willensbildung beim Zustandekommen von Unternehmensverträgen auf der Hauptversammlung, die verbindlich entscheide, ob und mit welchem Inhalt der Vertrag zustande kommt.238 c) Kritik Die h.M., die aus der grundsätzlichen Zuständigkeit der Hauptversammlung für Strukturänderungen und der Existenz des § 83 AktG ein Initiativrecht der Hauptversammlung zur Vornahme von Verschmelzungen ableitet, fordert zu Kritik heraus. Eine Verschmelzung ohne eine Mitwirkung des Vorstands, wie dies Lutter vorzuschweben scheint, ist schon aus praktischen Gründen schlechterdings nicht vorstellbar. Anders als bei rein innergesellschaftlichen Strukturentscheidungen wie Kapitalmaßnahmen oder sonstigen Satzungsänderungen, die die Hauptversammlung theoretisch auch ohne Zutun des Vorstands beschließen kann, spielt der Vorstand im Rahmen einer Verschmelzung eine herausragende Rolle, da er die Maßnahme vorbereiten, die Verhandlungen führen und die Gesellschaft beim Vertragsschluß nach außen vertreten muß. Eine Entscheidung der Hauptversammlung quasi im Alleingang scheitert nicht zuletzt daran, daß die Aktionäre regelmäßig gar nicht im Besitz der für eine solche Entscheidung erforderlichen Informationen sind. Dieses Informationsdefizit wird durch den Verschmelzungsbericht auch nur unvollkommen ausgeglichen, da dieser erst in einem viel späteren Stadium zu erstatten 235 Lutter / Winter, UmwG, § 4, Rdn. 29; § 13, Rdn. 18; KK / Mertens, § 83, Rdn. 3; MüKoAktG / Hefermehl / Spindler, § 83, Rdn. 5 f.; Hommelhoff, ZGR 1993, 452 f. 236 So ausdrücklich Habersack in GroßkommAktG, § 83, Rdn. 8; Lutter / Winter, UmwG, § 4, Rdn. 29 nimmt sogar eine einklagbare Verpflichtung an. 237 Lutter / Winter, UmwG, § 13, Rdn. 4. Lutter läßt offen, wie dies zu bewerkstelligen sein soll. Der Weg dazu führt wohl nur über die Erzwingung einer Hauptversammlung nach § 122 Abs. 1 AktG bzw. einer Ergänzung der Tagesordnung um einen weiteren Beschlußgegenstand gem. § 122 Abs. 2 AktG. 238 BGHZ 122, 211, 217. Dieser verneinte jedoch letztlich die streitgegenständliche Frage, ob das vom Vorstand vereinbarte Kündigungsrecht den Vertrag entgegen den Kompetenzen der Hauptversammlung zur Disposition der Verwaltung stelle. In nicht widerspruchsfreier Weise erkennt der BGH indirekt das nicht zu leugnende Initiativrecht des Vorstands an, wenn er die Hauptversammlung auf die Möglichkeit verweist, dem Vertrag insgesamt die Zustimmung zu verweigern (S. 217 f.).

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4. Kap.: Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

ist (§ 8 UmwG). Die Sachzwänge einer Verschmelzung, insbesondere die langwierigen Vertragsverhandlungen, das Geheimhaltungsbedürfnis, das Timing, etc. machen die Entscheidung über die Vornahme einer Verschmelzung daher zumindest auch zu einer Geschäftsführungsangelegenheit, in der das unternehmerische Leitungsermessen des Vorstands eine wichtige Rolle spielt.239 Damit unvereinbar wäre es, ein Initiativrecht der Hauptversammlung dergestalt anzunehmen, daß sie jederzeit die Aufnahme von Verschmelzungsverhandlungen erzwingen können soll.240 § 119 AktG will gerade einem Hineinregieren der Hauptversammlung in Geschäftsführungsangelegenheiten vorbeugen. Deshalb geht die h.M. auch zu Recht davon aus, daß bei Maßnahmen von grundlegender Bedeutung im Sinne der früheren „Holzmüller“-Rechtsprechung das Initiativrecht allein beim Vorstand liegt. Hier soll es der Hauptversammlung deshalb verwehrt sein, durch ein Vorgehen über § 122 AktG einen Beschluß über das Ob einer solchen Maßnahme zu erzwingen.241 Es erscheint jedoch widersprüchlich, das Initiativrecht im einen Fall – entgegen der Rechtspraxis – bei der Hauptversammlung, und im anderen Fall beim Vorstand anzusiedeln. An dieser Rechtslage dürfte sich auch mit der „Gelatine“-Entscheidung nichts geändert haben.242 Ihr Begründungsansatz läßt zwar die Deutung zu, daß der BGH nunmehr von einer allgemeinen Zuständigkeit der Hauptversammlung in grundlegenden, „satzungsnahen“ Maßnahmen ausgeht.243 Aus der Entscheidung läßt sich jedoch nicht ableiten, daß dieser Kompetenz auch ein Initiativrecht korrespondiert. Hinzuweisen ist auch auf die konträre Rechtslage in den USA.244 Unabhängig davon, ob man mit der h.M. eine ausschließliche Zuständigkeit der Hauptversammlung bei Fusionsvorhaben anerkennt, bleibt die Wirksamkeit eines Fusionsverbots von dieser Frage unberührt. Dazu kann auf die Ausführungen zu Dividendenrestriktionen verwiesen werden. Es handelt sich um eine Verpflichtung der Gesellschaft, die selbst ein Initiativrecht der Hauptversammlung nicht in Frage stellen könnte. Geht man entgegen der hier vertretenen Ansicht von einem solchen Recht aus, so könnte die Hauptversammlung den Vorstand daher entgegen des vertraglichen Verbots zur Aufnahme von Verschmelzungsverhandlungen zwingen, wenn dieser Fall auch aus praktischen Gründen kaum vorstellbar sein dürfte. Selbst dann behielten Fusionsverbote insofern einen Sinn, als sie den Vorstand jedenfalls bei Abwesenheit eines entgegenstehenden Beschlusses der Hauptversammlung von Verschmelzungsvorhaben abhalten können.

239 I.E. ebenso Servatius, S. 274 ff., der aus einer Reihe von Vorschriften des AktG und einer Pflicht zur Unternehmensplanung eine allgemeine Pflicht des Vorstands zur Vorbereitung von Maßnahmen im Zuständigkeitsbereich der Hauptversammlung ableitet. 240 So aber i.E. Lutter / Winter, UmwG, § 13, Rdn. 4. 241 MüKoAktG / Kubis, § 122, Rdn. 15; Werner in GroßkommAktG, § 122, Rdn. 29. 242 Vgl. dazu oben § 5 B. II. 4. b). 243 So etwa Raiser / Veil, § 16, Rdn. 13. 244 Siehe unten § 10 C. III. 2.

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4. Sonstige Verpflichtungen Für die sonstigen, dem Kreditgeber in Covenants eingeräumten Informations-, Einsichts- und Kontrollrechte gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Diese sind unproblematisch, da durch sie die gesetzlichen oder satzungsrechtlich festgelegten Rechte anderer Organe nicht geschmälert werden. Insbesondere bedarf es zur Wirksamkeit der Vereinbarung von Informationspflichten selbst dann keiner besonderen Ermächtigung der Geschäftsführung im Außenverhältnis, wenn diese den gegenständlichen Umfang des Informationsrechts der Aktionäre nach § 131 AktG, wie üblich, weit überschreiten. Jenseits der Verschwiegenheitspflicht des Vorstands nach § 93 Abs. 1 S. 2 AktG kennt das AktG keine Beschränkung für die Gewährung von Informationsrechten.245

III. Verpflichtungen der Gesellschaft im Zuständigkeitsbereich des Aufsichtsrates 1. Change of control-Klauseln Die Zuständigkeitsordnung innerhalb der Aktiengesellschaft ist ferner tangiert, wenn der Vorstand im Rahmen von Covenants Verpflichtungen eingeht, deren Regelungsgegenstand in die Zuständigkeit des Aufsichtsrates fällt. Dazu gehören insbesondere solche change of control-Klauseln, die in mehr oder minder stringenter Weise die Beibehaltung des zum Zeitpunkt der Kreditvergabe amtierenden Managements verlangen und eine Auswechslung desselben als event of default deklarieren.246 Anders als das Verfahren zur Wahl des Aufsichtsrates, das in der Satzung in Grenzen gestaltbar ist und nach vielfacher Ansicht Mitspracherechte Dritter zuläßt, ist das Recht des Aufsichtsrates zur Wahl und Bestellung der Vorstandsmitglieder (§ 84 Abs. 1 AktG) unveräußerlich.247 Die umfassende und unbeschränkbare Vertretungsmacht des Vorstands kann für die Gesellschaft mit beträchtlichen Gefahren verbunden sein, weshalb auch die Befugnis zum Widerruf der Bestellung aus wichtigem Grund gem. § 84 Abs. 3 S. 1 AktG nicht eingeschränkt werden kann.248 Die Begründung von Mitsprache- oder Vorschlagrechten Dritter, die die autonome Entschließungsfreiheit des Aufsichtsrates in dieser Frage einschränken, verstößt gegen zwingendes Aktienrecht und ist damit nichtig.249 Vgl. Ulmer (2005), S. 930; siehe im übrigen unten § 11 C. II. 1. Vgl. die Ausführungen oben unter § 5 C. I. 3. 247 Beuthien / Gätsch, ZHR 1993, 483, 502; KK / Mertens, § 84, Rdn. 9. 248 KK / Mertens, § 84, Rdn. 93. 249 Die relevanten Vorschriften enthalten insoweit keine Öffnungsklauseln i.S. des § 23 Abs. 5 AktG. 245 246

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4. Kap.: Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

Angesichts dieser zwingenden Kompetenzverteilung ist es zunächst ausgeschlossen, in Covenants eine schuldrechtliche Bestellungsverpflichtung der Gesellschaft zu sehen, die im Rahmen der gerichtlichen Prüfung des Widerrufs einer Bestellung nach § 84 Abs. 3 S. 1 AktG beachtlich sein und nach § 84 Abs. 3 S. 4 AktG den Widerruf unwirksam machen könnte.250 Eine derartige Verpflichtung wäre wenn überhaupt nur unter der Voraussetzung der Beteiligung des Aufsichtsrates und dessen Zustimmung denkbar, mithin unter Voraussetzungen, die Covenants nicht unbedingt erfüllen. Selbst wenn der Verpflichtung zur Beibehaltung des Managements zuvor vom Aufsichtsrat zugestimmt worden ist, ist zweifelhaft, ob ein derartiger Ermächtigungsbeschluß eine rechtlich durchsetzbare Bindungswirkung entfaltet. Ihm stünde das Verbot der Selbstbindung des Aufsichtsrates entgegen.251 Fraglich ist, ob Covenants dieser Art in sonstiger Weise in die Autonomie des Aufsichtsrates eingreifen. Wenn Covenants auch kaum jemals einen ausdrücklichen Zustimmungsvorbehalt des Gläubigers in Fragen der Wahl des Vorstands vorsehen, geschweige denn ein formales Initiativ- oder Bestimmungsrecht252, so könnte sich jedoch bereits aus der sanktionsbewehrten Verpflichtung zur Beibehaltung des Managements eine Art faktisches Mitspracherecht ergeben, das einem ausdrücklichen Zustimmungsrecht gleichzustellen ist. Denn der Gläubiger ist dann imstande, einen Verzicht auf die Ausübung seines Kündigungsrechts von seiner Beteiligung an der Wahl des Managements abhängig zu machen. Ein solcher Einfluß könnte mit der Entschließungsfreiheit des Aufsichtsrates kollidieren. Diese Gefahr relativiert sich, wenn man berücksichtigt, daß der Kreditgeber dem Aufsichtsrat die Wahl von Vorstandsmitgliedern nicht vorschreiben oder ihre Abberufung durch den Aufsichtsrat verhindern kann. Die Klausel verschafft ihm lediglich ein wirtschaftliches Druckmittel, dessen Androhung gegenüber der Gesellschaft sich dem Aufsichtsrat mitteilen kann, jedoch nicht muß. Es kann erwartet werden, daß sich ein unabhängiger, professionell agierender Aufsichtsrat dem wirtschaftlichen Druck nicht beugt und seine Entscheidungen allein am Unternehmenswohl ausrichtet. Dies schließt nicht aus, daß er im Einzelfall Empfehlungen des Kreditgebers bei der Auswahl von Aufsichtsratsmitgliedern folgt, sofern er diese für eine geeignete Wahl hält253 oder trotz Vorliegens eines wichtigen Abberufungsgrundes im Sinne von § 84 Abs. 3 AktG den amtierenden Vorstand im Amt beläßt.254 Die Möglichkeit einer rein faktischen Einflußnahme auf ein Gesellschaftsorgan rechtfertigt für sich genommen noch nicht den Schluß, daß ein unzulässiger Eingriff in die Rechte dieses Organs vorliegt. Dementsprechend greift 250 Anders die Rechtslage bei der GmbH: Fleck, ZGR 1988, 104, 122, hält bei der GmbH eine solche Verpflichtung für wirksam, sofern ihr ein entsprechender Gesellschafterbeschluß zugrunde liegt. 251 Roth in GroßkommAktG, § 111, Rdn. 745; KK / Mertens, § 111, Rdn. 90. 252 Vgl. zu diesen Fällen Ulmer (2005), S. 911, 920 ff. 253 Vgl. Möllers, S. 156. 254 KK / Mertens, § 84, Rdn. 93.

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auch der Vorstand bei der Eingehung einer solchen Verpflichtung nicht in den Zuständigkeitsbereich des Aufsichtsrates ein. Dieser Befund steht im Einklang mit den zuvor gefundenen Ergebnissen in Bereichen mit ähnlicher Problemstellung. Das durch vertragliche Sekundäransprüche vermittelte Potential einer Einflußnahme Dritter auf das Innenleben der Gesellschaft ist grundsätzlich nicht unter dem Gesichtspunkt von Rechtsprinzipien zu beanstanden, die die Wahrung der Autonomie der Gesellschaft und seiner Organe zum Gegenstand haben. Insoweit sollte auch der wirtschaftliche Aktionsradius des Vorstands nicht beschnitten werden. 2. Rechtslage in den USA Die Kompetenz des board of directors bzw. der officers zum Abschluß von Covenants-gestützten Kreditverträgen steht im amerikanischen Recht im Hinblick auf die Leitungsstruktur der corporation außer Zweifel. Diese ist durch eine klare Trennung der Kompetenzen des board und der shareholders sowie einer, verglichen mit den Rechten der deutschen Hauptversammlung, sehr begrenzten Zuständigkeit der shareholders gekennzeichnet. Zudem bedarf es aufgrund der monistischen Leitungsstruktur der corporation regelmäßig keiner weiteren Kompetenzabgrenzung zwischen dem Management und einem Kontrollorgan. Träger der Leitungsmacht ist das board of directors.255 Neben der Kontrolle, Bestellung und Abberufung der officers gehört die Bestimmung der Leitlinien der Unternehmenspolitik zu den wesentliche Aufgaben des board. Die vom board vorgegebene Politik wird von den officers umgesetzt, deren Vertretungsmacht sich vom board ableitet. Der Abschluß von Kreditverträgen mit Covenants wird danach im Regelfall in die Geschäftsführungs- bzw. Vertretungsmacht der officers fallen. Die officers besitzen eine sog. inherent authority für gewöhnliche Geschäftstransaktionen (ordinary business transactions).256 Je nach Größe des Kreditgeschäftes wird es sich entweder um eine solche gewöhnliche Geschäftstätigkeit handeln oder aber, bei besonders bedeutsamen Verträgen, um eine extraordinary transaction, für die ein Zustimmungsvorbehalt des board besteht.257 Ist der Kreditgeber im Zweifel darüber, ob die Vertretungsmacht des chief executive officer (CEO), etwa bei einem besonders großvolumigen Kredit, ausreichend ist, so kann er zur Sicherheit einen Beschluß des board über den Abschluß des Vertrages verlangen. Damit ist in jedem Fall eine ausreichende Vertretungsmacht sichergestellt.258

255 256 257 258

Cox / Hazen, § 9.04; siehe oben § 10 B. III. Gevurtz, S. 183. Gevurtz, S. 183. Merkt / Göthel, Rdn. 617.

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4. Kap.: Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

Das amerikanische Recht kennt eine ausschließliche Zuständigkeit der shareholders in Strukturänderungsfragen nicht. Bestimmte Strukturmaßnahmen, insbesondere der statutory merger, setzen zwar einen zustimmenden Beschluß der shareholders voraus. Das Initiativrecht liegt jedoch auch hier allein beim board.259 Eine das board bindende Initiierung eines merger durch die shareholders, wie sie nach h.M. im deutschen Recht möglich wäre, ist ausgeschlossen.260 Verschmelzungsvorhaben, wie auch alle anderen grundlegenden Maßnahmen, können nur vom board zur Abstimmung durch die shareholders gebracht werden.261 Die shareholders sind darauf beschränkt, durch eine Auswechslung der directors Entscheidungen indirekt zu beeinflussen oder aber im Rahmen eines sog. shareholder proposal im Sinne der Rule 14a-8 des Securities Exchange Acts 1934 einen nicht bindenden Vorschlag zur Fusionierung machen (non-binding recommendation).262

D. Covenants und das Eigenkapitalersatzrecht Wiederholt ist in der Literatur die Frage diskutiert worden, unter welchen Voraussetzungen der mit Covenants verbundene Einfluß des Kreditgebers eine Anwendung des Eigenkapitalersatzrechts und damit eine Umqualifizierung des Kredits in haftendes Eigenkapital rechtfertigen kann. Im Hinblick auf die vorhandenen Arbeiten zu dieser Frage soll der gesamte Problemkreis hier nicht vertieft dargestellt werden.263 Es bestehen jedoch noch Unsicherheiten hinsichtlich der Grundsatzfrage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen Covenants-berechtigte Gläubiger überhaupt als Normadressat der Eigenkapitalersatzregeln in Betracht kommen.264 Zu dieser Frage soll im folgenden nach einer kurzen Einführung in den Problemkreis Stellung genommen werden.

259 „A central and well-settled principle of U.S. corporate law is that all major decisions must be initiated by the board.“ Bebchuk, Harv. L. Rev. (2005), 833, 836, 843 ff. 260 Siehe oben unter § 10 C. II. 3. 261 Bebchuk, Harv. L. Rev. (2005), 833, 843 ff.; vgl. aber Bebchuk / Hart, S. 4, 25, indem für die Einführung der Möglichkeit der shareholders plädiert wird, mergers und andere Strukturmaßnahmen unmittelbar zu initiieren. 262 Diese Regelung entspricht der des § 122 Abs. 2 AktG. Ein bindender Beschlußvorschlag zur Initiierung einer Strukturänderung wäre nach den state corporate acts unzulässig und kann daher gem. Rule 14a-8(i)(1) von der Gesellschaft ausgeschlossen werden. 263 Fleischer, ZIP 1998, 313 ff.; vgl. Kästle, S. 151 ff. 264 Insoweit stehen sich speziell für den Fall der Covenants die Positionen von Kästle, S. 153 ff., 164 ff., 178 ff. und Fleischer, ZIP 1998, 313 gegenüber.

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I. Problemaufriß Das Eigenkapitalersatzrecht befaßt sich mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein einer Gesellschaft gewährtes Darlehen in haftendes Eigenkapital umzuqualifizieren ist.265 Mit ihm sollen die für eine ordnungsgemäße Finanzierung der Gesellschaft Verantwortlichen daran gehindert werden, eine Krise der Gesellschaft dadurch zu verschleppen, daß sie ihr Fremdkapital zu einem Zeitpunkt gewähren, als sie ihr eigentlich Eigenkapital hätten zuführen müssen.266 Für die GmbH finden sich die Voraussetzungen dieser Haftung in den §§ 32 a, b GmbHG.267 Sie werden durch weitere von der Rechtsprechung entwickelte Regeln ergänzt. Entsprechende gesetzliche Vorschriften für die hier interessierende Aktiengesellschaft fehlen; die für die GmbH entwickelten Eigenkapitalersatzregeln sind aber nach einer Grundsatzentscheidung des BGH unter bestimmten Voraussetzungen auch auf die AG anwendbar.268 Das erste Szenario, für das eine Anwendung dieser Regeln auf Covenants-gestützte Kredite in Betracht kommt, stellt sich folgendermaßen dar: Der Gesellschaft wird von einer Bank ein Kredit gewährt, wobei sich die Bank in Covenants weitreichende Einflußrechte im Unternehmen zusichern läßt, die als Grundlage einer Finanzierungsverantwortung in Betracht kommen können. Später gerät die Gesellschaft in die Krise. Dessenungeachtet verzichtet die Bank auf die mögliche Kündigung des Kredits aus wichtigem Grund und entschließt sich dazu, den Kredit „stehenzulassen“. Möglicherweise tut sie dies unter weiteren Auflagen oder gegen die Gewährung zusätzlichen Einflusses. Es geht also vor allem um die Fallgruppe des „stehengelassenen“ Darlehens, das unter bestimmten Voraussetzungen dem „Gewähren“ eines Darlehens nach § 32 a Abs. 1 GmbHG gleichzustellen ist.269 Das zweite Szenario ist der Fall des § 32 a Abs. 1 GmbHG, also die Gewährung eines Darlehens an eine bereits in der Krise befindliche Gesellschaft. Auch dieser Fall ist praxisrelevant. Zwar sollen Covenants gerade der Vorbeugung einer solchen Krise dienen. Dennoch ist anzunehmen, daß sich Banken auch in Sanierungskrediten zusätzlich durch Covenants absichern. 265 Instruktiv Hommelhoff in v. Gerkan / Hommelhoff, S. 1 ff., 29 ff. Mit dem Inkrafttreten des MoMiG wird eine Umqualifizierung von Gesellschafterdarlehen in haftendes Eigenkapital allerdings gesetzlich ausgeschlossen sein. Die Problematik wird vollständig in das Insolvenzrecht verlagert (vgl. unten § 10 D. III. 2.). 266 Vgl. BGH NJW 1984, 1893, 1895; Hommelhoff in v. Gerkan / Hommelhoff, S. 2 ff., 27 ff.; Lutter / Hommelhoff, § 32 a / b, Rdn. 2 ff.; aus rechtsökonomischer Sicht Engert, ZGR 2004, 813 ff. 267 Mit dem Inkrafttreten des MoMiG werden die §§ 32 a, b GmbHG aufgehoben. 268 BGHZ 90, 381, 385 ff. Umfassend Bayer in v. Gerkan / Hommelhoff, S. 373 ff. 269 Vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des BGH, WM 1987, 284, 285 f.; zum Streit über die Einordnung dieser Fallgruppe in 32 a Abs. 1 oder 3 GmbHG Hachenburg / Ulmer, § 32 a,b, Rdn. 27 ff.

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4. Kap.: Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

In beiden Fällen scheidet eine direkte Anwendung des § 32 a Abs. 1 GmbHG aus, da der Kreditgeber in der Regel nicht Gesellschafter im Sinne der Vorschrift ist. Eine Anwendung der Eigenkapitalersatzregeln auf Gesellschaftern gleichzustellende, sog. „mittelbare Unternehmensbeteiligte“ oder „Quasi-Gesellschafter“ ist nur im Rahmen des § 32 a Abs. 3 GmbHG möglich, der Rechtshandlungen „Dritter“ ausdrücklich in den Adressatenkreis einbezieht, wenn diese der Darlehensgewährung durch einen Gesellschafter wirtschaftlich entsprechen.270 Die Auseinandersetzung darüber, ob die Eigenkapitalersatzregeln auf Covenants-berechtigte Kreditgeber anwendbar sind, entzündet sich an der Frage, wie weit der Kreis der von der Vorschrift erfaßten „Dritten“ zu ziehen ist.271 II. Meinungsstand 1. Rechtsprechung und herrschende Lehre Die h.L. geht davon aus, daß sich die materiellen Wesensmerkmale des Gesellschafterstatus aus seiner Teilhabe am Unternehmensvermögen und eines unternehmerischen Einflusses auf die Geschicke der Gesellschaft zusammensetzen. 272 Über diese beiden Kriterien kann die wichtige Abgrenzung zu Personen wie der des stillen Gesellschafters oder des partiarischen Darlehensgebers geleistet werden. Diese materiell-rechtliche Dimension der Gesellschafterstellung wird als Maßstab für die Frage herangezogen, welche Personen als „Dritte“ in den Adressatenkreis des § 32 a Abs. 3 GmbHG einbezogen werden können. Die Rechtsprechung hat den § 32 a Abs. 3 GmbHG schrittweise für die Anwendung auf solche Dritte geöffnet, die, ohne Gesellschafter zu sein, eine „gesellschaftergleiche“ Rolle im Unternehmen wahrnehmen. Die letzten bedeutsamen Stationen dieser Entwicklung betrafen die Einbeziehung atypischer stiller Gesellschafter273 und atypischer Pfandgläubiger274 in den Adressatenkreis des § 32 a Abs. 3 GmbHG. In beiden Fällen wurde das kumulative Vorliegen weitreichender Einflußmöglichkeiten und einer Vermögensbeteiligung verlangt. Hinsichtlich der stillen Beteiligung wird von der Rechtsprechung der Grundsatz betont, wonach stille Gesellschafter keine Gesellschafter, sondern qualifizierte 270 Vgl. v. Gerkan in v. Gerkan / Hommelhoff, S. 51 f. und Lutter / Hommelhoff, § 32 a / b, Rdn. 55, die den Begriff des Quasi-Gesellschafters verwenden. 271 Dazu umfassend m.w.N. Johlke / Schröder in v. Gerkan / Hommelhoff, S. 144 ff. 272 Hachenburg / Ulmer, § 32 a, b, Rdn. 125; vgl. auch Johlke / Schröder in v. Gerkan / Hommelhoff, S. 148, 155; allein auf die Gewinn- oder Verlustbeteiligung des Dritten stellen dagegen Roth / Altmeppen, § 32 a, Rdn. 177 f. ab, die in der Bereitstellung von Risikokapital das entscheidende Zuordnungskritierium sehen. 273 Vgl. die Leitentscheidung BGH ZIP 1989, 95 ff. im Anschluß an BGH ZIP 1982, 1077, 1078 f. Zuletzt BGH ZIP 2005, 82, 84, für den Fall einer Umwandlung eines eigenkapitalersetzenden Darlehens in eine stille Einlage nach Ausscheiden des Gesellschafters. 274 BGH ZIP 1992, 1300 ff.

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Darlehensgeber sind, auf die die Eigenkapitalersatzregeln grundsätzlich keine Anwendung finden.275 Dies ergibt sich unmittelbar aus § 236 HGB, wonach stille Gesellschafter im Insolvenzfall den Anspruch auf Rückgewähr ihrer Einlage als Insolvenzgläubiger geltend machen können. Dieser für das gesetzliche Leitbild der stillen Gesellschaft geltende Grundsatz soll nach der h.L. dann nicht mehr gelten, wenn die stille Beteiligung in atypischer Weise der Stellung eines Gesellschafters so weit angenähert ist, daß auch ihn die in den Eigenkapitalersatzregeln zum Ausdruck kommende Finanzierungsverantwortung trifft. Maßgeblich sei insofern, ob der Stille in einer dem Gesellschafter vergleichbaren Weise auf schuldrechtlicher Grundlage die Geschicke der Gesellschaft beeinflussen könne sowie an Vermögen und Ertrag beteiligt sei.276 Weiter ausgeweitet wurde der Adressatenkreis der Eigenkapitalersatzregelungen durch die Pfandgläubiger-Entscheidung des BGH. Diese betraf die Verpfändung eines GmbH-Anteils an die kreditgewährende Bank zu Sicherungszwecken; zusätzlich wurden der Bank Mitspracherechte in innergesellschaftlichen Angelegenheiten eingeräumt. Auch hier betonte der BGH zunächst, daß das Pfandrecht an einem Gesellschaftsanteil grundsätzlich noch keine gesellschaftergleiche Stellung vermittele, da nach dem gesetzlichen Leitbild alle Mitgliedschaftsrechte und -pflichten beim Verpfänder verblieben. Lasse sich der Pfandgläubiger jedoch durch weitergehende Nebenabreden eine Position einräumen, die nach ihrer konkreten Ausgestaltung im wirtschaftlichen Ergebnis der Stellung eines Gesellschafters nahe komme, so sei er in den Adressatenkreis der Eigenkapitalersatzregeln einzubeziehen.277 Maßgeblich sei insofern, ob dem Gläubiger neben seiner Beteiligung am Gewinn der Gesellschaft in atypischer Weise weitreichende Befugnisse zur Einflußnahme auf die Geschäftsführung und die Gestaltung der Gesellschaft eingeräumt sind.278 Auch die dem BGH folgende h.L. geht nach wie vor davon aus, daß die Stellung des gesellschaftergleichen Dritten durch Mitspracherechte und eine wenigstens mittelbare Vermögensbeteiligung geprägt sein muß. Die mittelbare Beteiligung am Unternehmensvermögen und der unternehmerische Einfluß müßten zusammenkommen, um das Darlehen dem Eigenkapital zuzuschlagen.279 Nach dieser herrschenden Auffassung scheiden Covenants-berechtigte Kreditgeber von vornherein aus dem Adressatenkreis aus, da sie am Vermögen des Kreditnehmers regelmäßig nicht beteiligt werden.280 BGH ZIP 1989, 95, 96; Hachenburg / Ulmer, § 32 a, b, Rdn. 124. BGH ZIP 1989, 95, 96 f.; Hachenburg / Ulmer, § 32 a, b, Rdn. 125. 277 BGH ZIP 1992, 1300, 1301. 278 Äußerst kritisch zur Pfandgläubiger-Entscheidung des BGH im Hinblick auf den weitgehenden Verzicht auf das Erfordernis eines gesellschaftsrechtlich vermittelten Einflusses Sester, S. 262 ff. 279 Kohlhosser, WM 1985, 929, 933 f. 280 So ausdrücklich Habersack, ZGR 2000, 384, 395. 275 276

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2. Literatur Einige Stimmen in der Lehre halten das Erfordernis einer Vermögensbeteiligung für entbehrlich, sofern die fehlende Vermögensteilhabe durch besonders weitreichende Mitspracherechte kompensiert wird.281 Dafür wird u.a. angeführt, daß die Gesellschafter einer GmbH satzungsmäßig von der Gewinnbeteiligung und der Beteiligung am Liquidationserlös ausgeschlossen werden könnten, die Vermögensteilhabe somit nicht zwingende Voraussetzung der Verbandszugehörigkeit sei.282 Was Art und Umfang des zu verlangenden Einflusses des Dritten angeht, herrscht auch unter Vertretern dieser Meinungsrichtung Uneinigkeit. Zum Teil wird Gestaltungsmacht im Hinblick auf strukturändernde Maßnahmen gefordert283, nach anderer Ansicht wird die Erheblichkeitsschwelle dann überschritten, wenn der Dritte über die Macht verfügt, eine Entscheidung über die Liquidation der Gesellschaft herbeizuführen.284 Nach einer weiteren Auffassung ist entscheidend, daß der Dritte über ein bloßes Sicherungsinteresse hinaus ein eigenes unternehmerisches Interesse mit der Kreditvergabe verknüpft.285 III. Eigene Stellungnahme Eine klare Absage ist all den Auffassungen zu erteilen, die mit unterschiedlicher Begründung auf das Merkmal der Vermögensbeteiligung des gesellschaftergleichen Dritten verzichten wollen. Das Argument, daß auch Gesellschafter von den Vermögensrechten ausgeschlossen werden können und es sich deshalb bei der Vermögensteilhabe nicht um ein strukturbildendes, jedenfalls aber nicht um ein im Rahmen der Gleichstellungsfrage entscheidendes Merkmal handeln könne286, verkennt, daß es auf die tatsächliche Ausgestaltung des Mitgliedschaftsverhältnisses gerade nicht ankommt, sondern auf die abstrakte Rechtsträgerschaft. Mit der gleichen Argumentation könnte auch dem Einfluß des Dritten auf die Geschäftsführung die Erheblichkeit abgesprochen werden, denn auch dieser Einfluß ist – in Grenzen – abdingbar, wenn er nicht schon, wie etwa in einer großen Publikumsgesellschaft, bereits aus tatsächlichen Gründen marginal ist. Für das Mitspracherecht wird aber allgemein angenommen, daß es nur auf die abstrakt bestehende Möglichkeit zur Ausübung von Einflußrechten ankommt, der tatsächliche Einfluß mithin außer acht zu lassen Fleischer, ZIP 1998, 313, 316 ff. m.w.N.; Lutter / Hommelhoff, § 32 a / b, Rdn. 55. So etwa Priester (1994), S. 728. 283 Fleischer, ZIP 1998, 313, 320. 284 Priester (1994), S. 731 ff., der jedoch einräumt, daß die bloße wirtschaftliche Abhängigkeit der Gesellschaft von dem Dritten die von ihm als entscheidend angesehene Liquidationsmacht nicht vermittelt (S. 732 f., ebd.). 285 Vgl. Schneider (1999), S. 544. 286 Fleischer, ZIP 1998, 313, 316. 281 282

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ist.287 Ist dies so und will man den Begriff des gesellschaftergleichen Dritten nicht in Beliebigkeit auflösen, so ist nicht einzusehen, warum für das Erfordernis der Vermögensteilhabe etwas anderes gelten soll. 1. Innerer Geltungsgrund: Verminderung des „moral hazard“ der Fremdkapitalfinanzierung Das Erfordernis der Vermögensbeteiligung ist auch aus dem Zweck der Eigenkapitalersatzregeln abzuleiten. Unbestritten ist, daß nur solche Personen in den Anwendungsbereich der Eigenkapitalersatzregeln einzubeziehen sind, die eine besondere Finanzierungs(folgen)verantwortung für die Gesellschaft trifft, denn nur damit ist die Umqualifizierung von Fremd- in haftendes Eigenkapital überhaupt zu rechtfertigen.288 Entscheidende Bedeutung kommt somit der Antwort auf die Frage zu, wer die Träger dieser Verantwortung für eine ordnungsgemäße Finanzierung der Gesellschaft sind. Dies können nur solche Personen sein, die an der Finanzierung der Gesellschaft durch Fremdkapital in einer Weise profitieren, daß sie zugunsten dieser Finanzierungsart auf eine zureichende Eigenkapitalausstattung der Gesellschaft verzichten.289 Dies impliziert eine Wahlmöglichkeit zwischen den beiden Finanzierungsformen, wie sie nur solche Personen haben können, die am Vermögen der Gesellschaft, insbesondere an ihrem Gewinn, beteiligt sind.290 Denn nur diesen Personen kommt der für die Gläubiger gefährliche Leverage-Effekt einer Fremdkapitalfinanzierung der Gesellschaft zugute.291 Ferner äußert sich bei den vermögensbeteiligten Personen ein weiterer, innerer Geltungsgrund des Eigenkapitalersatzrechts, nämlich die Gefahr einer Umkehrung der Nachrangigkeit ihres Residualanspruchs zu Lasten der Gläubiger.292 Der Geltungsgrund für die Subordination eigenkapitalersetzender Darlehen besteht gerade auch in der Vermeidung dieses aus der Vermögensbeteiligung resultierenden moral hazards, oder anders gewendet, in der Verletzung der Risikozuordnung zwischen Gesellschaftern und Gläubigern.293 Letztlich ist das entscheidende Kriterium für die Zuordnung der Finanzierungsverantwortung eine Chancen- und Risikoteilhabe, die der eines Gesellschafters entspricht.294 Vgl. Hommelhoff, WM 1984, S. 1105, 1115; Junker, ZHR 1992, 394, 404. Hachenburg / Ulmer, § 32a, b, Rdn. 8; Lutter / Hommelhoff, § 32a / b, Rdn. 3 f. 289 Vgl. Hommelhoff in v. Gerkan / Hommelhoff, S. 29 ff. 290 Nach Roth / Altmeppen, § 32 a, Rdn. 178, soll eine Verlustbeteiligung aber schon ausreichen. 291 Siehe oben § 1 C. II. 292 Vgl. Cahn, EBOR 2006, 287, 297. 293 Fleischer, ZGR 2001, 1, 11 f.; ähnlich Engert, ZGR 2004, 813, 819, 822 ff., 824 f. und Sester, S. 268. 294 Im Ansatz ebenso Engert, ZGR 2004, 813, 819 ff. und Roth / Altmeppen, § 32 a, Rdn. 154 f., 177 f., die auf die Bereitstellung von „Risikokapital“ abstellen. 287 288

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4. Kap.: Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

Fremdkapitalgeber ohne Vermögensbeteiligung besitzen nicht nur diese Wahlmöglichkeit nicht; sie profitieren von der Fremdkapitalfinanzierung auch nicht in der oben beschriebenen Weise, und zwar unabhängig vom Umfang ihres Einflusses auf den Schuldner. Ihnen steht von Anfang an nur ein vom Gewinn unabhängiger Festanspruch zu. 2. Kein Interessengleichlauf zwischen Covenants-berechtigten Gläubigern und Gesellschaftern Die besondere Finanzierungsverantwortung findet daher letztlich ihre Legitimation in dem atypischen Fall eines Gleichlaufs zwischen dem Interesse der Gesellschafter und dem des Fremdkapitalgebers. 295 Damit einem Kreditgeber die Verantwortung für die ordnungsgemäße Finanzierung der Gesellschaft aufgebürdet werden kann, muß sein Interesse an der Gesellschaft den oben beschriebenen Finanzierungsinteressen eines Gesellschafters entsprechen. Covenants im besonderen sind nun allerdings gerade nicht Ausdruck eines solchen Interessengleichlaufs, sondern vielmehr des natürlichen Interessengegensatzes zwischen Kreditnehmer und Kreditgeber.296 Sie versuchen diesen Interessengegensatz nicht dadurch aufzulösen, daß sie die Stellung des Kreditgebers der eines Gesellschafters annähern; vielmehr bezwecken sie, die Position des Fremdkapitalgebers durch eine Verpflichtung des Schuldners auf das Gläubigerinteresse zu stärken. Zu widersprechen ist auch der ökonomischen Rechtfertigung für eine Anwendung der Eigenkapitalersatzregeln auf Covenants-berechtigte Gläubiger, wonach es durch den Einsatz von Covenants zu einer Funktionenvermischung kommen könne, bei der sich die Rolle eines Darlehensgebers mit der eines Unternehmers verbindet.297 Dabei wird das tatsächlich von Covenants vermittelte Einflußnahmepotential weit überschätzt. Weder räumen Covenants dem Kreditgeber die Möglichkeit zu eigener unternehmerischer Initiative ein, noch vermitteln sie – jedenfalls in ihrer standardmäßigen Form – die von Fleischer angenommene Gestaltungsmacht in Strukturänderungsfragen.298 Es ist gerade das Ziel der Covenants, die gesellschaftsrechtliche Struktur des Schuldners zu erhalten. Selbst Covenants, die innergesellschaftliche Angelegenheiten betreffen, können wegen der damit verbundenen Rechtsprobleme nicht einseitig vom Gläubiger durchgesetzt werden, so daß sich seine Handlungsmöglichkeiten regelmäßig auf die Kündigung oder Neuverhandlungen beschränken.299 Wo bindende Eingriffsbefugnisse fehlen, kann von beson295 296 297 298 299

Habersack, ZGR 2000, 384, 396. Ähnlich Habersack, ZGR 2000, 384, 397. Fleischer, ZIP 1998, 313, 317. Vgl. Fleischer, ZIP 1998, 313, 320. Vgl. oben § 10 C.

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ders ausgeprägten Mitspracherechten, die als Kompensation mangelnder Vermögensbeteiligung gefordert werden300, jedoch nicht gesprochen werden. Dies gilt umso mehr im Hinblick auf das von der Rechtsprechung für eine Anwendung der Eigenkapitalersatzregeln auf die AG geforderte Maß an Einfluß. Wegen der im Vergleich zur GmbH größeren Unabhängigkeit der Geschäftsführung der AG ist hier ein weitaus größerer Einfluß des Darlehensgebers vorauszusetzen. Für den Gesellschafter verlangt die Rechtsprechung eine Beteiligung von ca. 25%, was einer Sperrminorität gleichkommt.301 Der Einfluß eines gesellschaftergleichen Dritten muß dieser Marke zumindest nahe kommen. Das Einflußpotential der Covenants ist jedoch von der Machtfülle, die eine Sperrminorität vermittelt, weit entfernt. Diese Sichtweise wird durch die jüngste Novellierung des AktG und GmbHG erhärtet. Mit Inkrafttreten des MoMiG wird eine Umqualifizierung von Gesellschafterdarlehen in haftendes Eigenkapital gesetzlich ausgeschlossen sein.302 Die Problematik wird vollständig in das Insolvenzrecht verlagert, wo Gesellschafterdarlehen generell und rechtsformunabhängig als nachrangige Forderungen behandelt werden.303 Rückzahlungen werden grundsätzlich und nur dann als anfechtbare Handlung angesehen, wenn sie im Jahr vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens stattfinden.304 Bemerkenswert ist, daß die Neuregelung auf „Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen“ beschränkt ist.305 Die noch in § 32 a Abs. 3 S. 1 GmbHG enthaltene Bezugnahme auf entsprechende Rechtshandlungen eines „Dritten“ fehlt. Es bleibt abzuwarten, ob insbesondere diese letzte Neuregelung die Auseinandersetzung um die Bestimmung des Adressatenkreises verstummen lassen wird. Jedenfalls läßt sich kaum leugnen, daß der Gesetzgeber mit der Novelle den Normadressatenkreis eher verkleinern, jedenfalls aber nicht über den gegenwärtigen Stand der Rechtsprechung hinaus ausdehnen wollte. Die ausdrückliche Bezugnahme auf das „Gesellschafterdarlehen“ ist als Bekenntnis zur Finanzierungsverantwortung als maßgeblichem Auslegungsprinzip zu werten.

Fleischer, ZIP 1998, 313, 316 f. BGHZ 90, 381, 390 f. 302 Vgl. § 57 Abs. 1 S. 3 AktG n.F. und § 30 S. 3 GmbHG n.F. sowie die Begründung des Gesetzentwurfes des MoMiG (siehe oben S. 57, Fn. 104), S. 42. 303 Vgl. § 39 Abs. 1 Nr. 5 n.F. 304 Vgl. § 135 Abs. 2 InsO n.F. 305 Vgl. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO n.F. 300 301

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4. Kap.: Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

§ 11 Abschichtung zum Zivilrecht Covenants unterwerfen den Schuldner durch eine Kombination zahlreicher Verhaltenspflichten und einem früh auslösenden Sanktionssystem einem einseitig belastenden Leistungsstörungsrecht und einer stark asymmetrischen Steuerungsstruktur. Demgegenüber geht das BGB vom Idealbild durchgängig gleichberechtigter Partner eines äquivalenten Leistungsaustausches aus.306 Der folgende Abschnitt beschränkt sich auf die Darstellung der wesentlichen zivilrechtlichen Probleme, die sich aus diesem Widerspruch ergeben. Hier sind von anderer Seite bereits umfassende Vorarbeiten geleistet worden307; diese sollen hier nicht erneut tiefgreifend erörtert werden, sondern zusammenfassend dargestellt und, wo erforderlich, vertieft werden, um den Stand der Integrationsfähigkeit der Covenants in das deutsche Recht aufzuzeigen. Diese Arbeiten sind durch das offensichtliche Bemühen gekennzeichnet, der Falle der zivilrechtlichen Wertungsmaßstäbe zu entkommen und ihre Anwendung, die fatale Folgen für Covenants hätte, zu vermeiden. Man ist sich einig in dem Ziel, einem überaus erfolgreichen Produkt der internationalen Vertragspraxis nicht gerade in Deutschland den Garaus zu machen. Diese Ergebnisorientiertheit braucht aber nicht durch juristische Argumentationskünste kaschiert werden; sie kann auch offen und systematisch als der Versuch gerechtfertigt werden, der im Zivilrecht geltenden Typenfreiheit zur Geltung zu verhelfen, indem gezeigt wird, warum die auf Austauschverträge zugeschnittenen Wertungsmaßstäbe des BGB aus prinzipiellen Gründen nicht auf den neuen Typus der Covenants passen.

A. Anwendbares Schuldrecht Covenants-gestützte Darlehensverträge können als atypische Form des Darlehensvertrages gem. § 488 BGB begriffen werden. Auf atypische Verträge ist neben dem allgemeinen dasjenige besondere Schuldrecht anwendbar, das nach Sinn und Zweck des Vertrages am besten paßt.308 Im Zweifel ist dies das Recht desjenigen Vertragstyps, der den Schwerpunkt der Vertragsbeziehung bildet.309 Damit sind auf den Covenants-gestützten Kreditvertrag grundsätzlich die Vorschriften über Darlehensverträge anwendbar (§§ 488 ff. BGB). Covenants vermögen als vertragliche Nebenpflichten den Gesamtcharakter des Vertrages – aus schuldrechtlicher Sicht – nicht derart zu ändern, daß das Darlehensrecht nicht mehr grundsätzlich auf dieses Verhältnis passen würde. Dies schließt nicht aus, Vgl. Sester, S. 11, 276 f. Kästle, S. 84 ff.; Eidenmüller (1999), S. 151 ff.; Köndgen, S. 140 ff.; Fleischer, ZIP 1998, 313 ff. 308 MüKoBGB / Emmerich, § 311, Rdn. 39, 46; Palandt, Überbl. v. § 311, Rdn. 15, 24 ff. 309 Vgl. Palandt, Überbl. v. § 311, Rdn. 25 f. 306 307

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daß einzelne dispositive Vorschriften des Darlehensrechts nicht durch Covenants abbedungen werden können. Die Anwendung des BGB-Darlehensrechts sowie des allgemeinen Leistungsstörungsrechts hat den symbiotischen Charakter des Covenants-gestützten Finanzierungsvertrages zu berücksichtigen.

B. Zum (vermeintlichen) AGB-Charakter von Covenants Eine wichtige Grenze für den Einsatz von Covenants im deutschen Recht ergäbe sich aus einer möglicherweise vorzunehmenden Inhaltskontrolle gem. §§ 305 ff. BGB. Eine solche setzt zunächst eine gewissenhafte Prüfung voraus, ob es sich bei den in der Finanzierungspraxis vereinbarten Covenants um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB handelt. Hier wird häufig zu leichtfertig ein entsprechender Charakter der Covenants bejaht und über kontraindikative Umstände hinweggegangen.310 § 305 Abs. 1 S. 1 BGB definiert Allgemeine Geschäftsbedingungen als die für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Partei bei Abschluß des Vertrages stellt. § 305 Abs. 1 S. 3 BGB stellt klar, daß im einzelnen zwischen den Vertragsparteien ausgehandelte Vertragsbedingungen nicht als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu werten sind. Bereits das erste Kriterium, „vorformuliert“, ist bei Covenants alles andere als zweifelsfrei gegeben. Zwar weisen Covenants einen hohen Standardisierungsgrad auf (in der amerikanischen Vertragspraxis hat sich dafür der Begriff boilerplate language eingebürgert); daraus ist jedoch nicht zwingend abzuleiten, daß Covenants auch „vorformuliert“ im Sinne der Definition sind. Der Blick auf die amerikanische Vertragspraxis zeigt, daß die Standardisierung Folge eines von beiden Vertragsparteien betriebenen Rückgriffs auf Präzedenzfälle (precedents), d.h. auf in der Vergangenheit vereinbarte Verträge, ist. Die Aufnahme eines bestimmten Covenants in den Kreditvertrag ist stark davon abhängig, daß dieser Covenant in einem früheren, vergleichbaren Fall ebenfalls vereinbart worden ist. Im europäischen Kreditgeschäft wird das Fehlen einer entsprechenden precedents-Praxis teilweise durch die von der Loan Market Association (LMA) veröffentlichten Musterverträge ersetzt. Precedents und LMA-Musterverträge dienen den Parteien als Orientierung für die Verhandlungsführung und liefern Argumente sowohl für die Einbeziehung, als auch für die Nichteinbeziehung bestimmter Covenants. Diese 310 Vgl. neben anderen Kästle, S. 84 ff.; Baums, S. 983; Eidenmüller (1999), S. 151. Differenzierter und zurückhaltender dagegen Köndgen, S. 149 f. und Wittig, WM 1996, 1381, 1387 ff. Zu den Besonderheiten der AGB-rechtlichen Prüfung der Anleihebedingungen von Unternehmensanleihen Kümpel, Rdn. 9.203 ff. und Hartwig-Jacob, S. 204 ff. Nach Kümpel sind Anleihebedingungen zum Schutz der Anleger selbst dann als AGB zu qualifizieren, wenn sie zwischen Emittent und Konsortium ausgehandelt wurden, Rdn. 9.209 f.

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4. Kap.: Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

Praxis erhöht die Wahrscheinlichkeit, daß bestimmte Covenants in den Vertrag aufgenommen werden, was vordergründig für eine „Vorformulierung“ spricht. Zwei Gründe sprechen jedoch gegen diese Sichtweise: Zum einen finden nur wenige Covenants aus precedents bzw. Musterverträgen unverändert Eingang in den Vertrag. Zum anderen fällt es schwer, von einer „Vorformulierung“ seitens des Kreditgebers zu sprechen, wenn, wie in der Praxis so oft, der Kreditnehmer den ersten Vertragsentwurf erstellt.311 Noch größere Zurückhaltung ist bei der Feststellung geboten, daß Covenants vom Kreditgeber „gestellt“ werden.312 Aus diesem Teil der Definition in § 305 Abs. 1 S. 1 BGB wird gefolgert, daß die Vertragsbedingungen vom Verwender einseitig vorgegeben werden müssen, also nicht ernsthaft zur Disposition gestellt werden dürfen.313 Ein Individualvertrag (vgl. § 305 Abs. 1 S. 2 BGB) kann daher auch dann vorliegen, wenn vorformulierte Klauseln in den Vertrag aufgenommen werden, ihr Inhalt jedoch ernsthaft zur Disposition gestellt wurde.314 Dafür, daß viele Covenants in ihrer konkreten Form das Ergebnis individueller Vertragsverhandlungen sind, bestehen nun allerdings zahlreiche Anhaltspunkte. Im typischen Anwendungsbereich von Covenants stehen auf der Schuldnerseite Unternehmen, die die erforderliche Verhandlungsstärke besitzen, um Covenants individuell auszuhandeln. Insbesondere die financial Covenants müssen, um überhaupt wirkungsvoll zu sein, individuell für jeden Schuldner bestimmt werden.315 Darüber hinaus wird auch auf die Vereinbarung typischer Covenants häufig verzichtet, um besonderen Finanzierungsinteressen des Schuldners Rechnung zu tragen.316 Die Praxis ist nicht nur von einer ernsthaften Verhandlungsbereitschaft der Kreditgeber geprägt, sondern auch von tatsächlichen Verhandlungen auf gleicher Augenhöhe. Nur wenige Covenants überdauern den Verhandlungsprozeß unbeschadet und werden in nahezu unveränderter Form immer wieder neu vereinbart. Dazu gehören etwa Fusionsverbote und gewisse event risk-Covenants. Selbst dort, wo eine vom Schuldner angegriffene Standardklausel in unveränderter Form in den Vertrag aufgenommen wurde, kann davon ausgegangen werden, daß ihm an anderer Stelle vom Kreditgeber ein Zugeständnis gemacht wurde.317 Eine AGB-rechtliche In-

311 Zwar ist es nicht erforderlich, daß der Verwender die Vertragsbedingungen selbst vorformuliert hat, vgl. MüKoBGB / Basedow, § 305, Rdn. 14. In den in der Literatur diskutierten Fallgruppen steht der Entwurfsverfasser allerdings durchweg im Lager des Verwenders, vgl. Basedow, ebd. 312 Vgl. aber Kästle, S. 84; Eidenmüller (1999), S. 151; a.A. Köndgen, S. 149 f. 313 MüKoBGB / Basedow, § 305, Rdn. 20 f., 34. 314 Palandt, § 305, Rdn. 21 f.; Weitnauer, ZIP 2005, 1443, 1445 f. 315 Schimansky / Bunte / Lwowski, § 98, Rdn. 255; Köndgen, S. 149 f. Zwar stellen individuelle Ergänzungen die AGB-Qualität einer Klausel nicht in Frage, vgl. MüKoBGB / Basedow, § 305, Rdn. 14. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn sich die Frage der Unangemessenheit gerade im Hinblick auf die Ergänzung stellt, vgl. Basedow, ebd. 316 Siehe oben § 8 B. IV. 4. b).

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haltskontrolle würde dieses mühsam von den Parteien geschnürte Gesamtpaket in nicht hinnehmbarer Weise aufdröseln. Ist der AGB-Charakter der Covenants im Einzelfall dennoch zu bejahen, so ist § 307 BGB Maßstab der Inhaltskontrolle, da §§ 308, 309 BGB gem. § 310 Abs. 1 S. 1 BGB auf Verträge mit einem Unternehmer keine Anwendung finden. Die Unternehmereigenschaft dürfte in den für die Vereinbarung von Covenants in Frage kommenden Verkehrskreisen regelmäßig erfüllt sein, vgl. §§ 14 BGB, 3 Abs. 1 AktG. Im Mittelpunkt der Prüfung steht dann die Frage, ob Covenants den Kreditnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB benachteiligen. 318 Eine Anwendung des § 307 Abs. 2 BGB hätte jedoch zur Konsequenz, daß der dispositive BGB-Darlehensvertrag und das allgemeine Leistungsstörungsrecht zum Bewertungsmaßstab eines komplexen Finanzierungsvertrages werden. Dies darf nach den obigen Ausführungen nicht sein.319 Der Covenants-gestützte Finanzierungsvertrag wird von professionellen Akteuren bewußt als geschlossenes, autonomes Transaktionsregime konzipiert, das ohne Rückgriff auf Gesetzesrecht als Durchsetzungs- oder Auslegungshilfe auskommt und quasi selbstdurchsetzend ist.320 Die Parteien stellen sich damit bewußt jenseits des einfachen Darlehensvertrages, eine Möglichkeit, die ihnen die Privatautonomie und schuldrechtliche Typenfreiheit garantiert.321 Die Tatsache des Vertragsschlusses selbst trägt die Vermutung des gerechten Vertrages in sich.322 In jedem Fall ist bei der Angemessenheitsprüfung Zurückhaltung zu fordern.323 Die wichtige Funktion der Covenants bei der Reduzierung der Agenten-Kosten darf nicht durch eine überzogene Angemessenheitsprüfung, die an den Interessen der Vertragsparteien vorbeigeht, ausgehebelt werden. Die Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist zu dem Zweck eingeführt worden, ein partielles Marktversagen auszugleichen, welches darin besteht, daß sich Kunden im Einzelfall aus Unerfahrenheit oder fehlender Verhandlungsstärke widerspruchslos den AGB des Unternehmers unterwer-

317 Eine realistische Schilderung der Praxis der Aushandlung von Covenants findet sich bei Simpson, Bus. Law. (1972), 1161 ff. Simpson unterstreicht, daß die jeweiligen Restriktionen der Covenants nicht schematisch auf eine Absicht des Kreditgebers zurückgeführt werden dürfen, den Schuldner einer größtmöglichen Kontrolle zu unterwerfen. Vielmehr bestehe ein hohes Maß an Verhandlungsbereitschaft auf Seiten des Kreditgebers, S. 1162 f., ebd. 318 So der Untersuchungsgang bei Kästle, S. 84 ff.; Eidenmüller (1999), S. 151. Differenzierter und zurückhaltender dagegen Köndgen, S. 149 f. und Wittig, S. 1387 ff. 319 Kritisch insoweit auch Eidenmüller (1999), S. 159, mit der Aussage, der „normale“ Darlehensvertrag könne nicht der Klauselkontrolle eines internationalen Konsortialkreditvertrages als „gesetzliches Leitbild“ zugrunde gelegt werden. Diese Erkenntnis wird allerdings nicht konsequent durchgehalten. 320 So sehr anschaulich und zutreffend Sester, S. 238. 321 Sester, S. 238. 322 Sester, ebd. 323 So ausdrücklich Eidenmüller (1999), S. 152 f. Ebenso Köndgen, S. 149 ff.

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4. Kap.: Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

fen.324 Diese Gefahr besteht im typischen Anwendungsbereich von Covenants nicht. Der Markt der Covenants funktioniert, da sich Kreditgeber und Kreditnehmer im wesentlichen gleich stark gegenüber stehen und ein allgemeiner, fortwährender Anpassungsprozeß durch den Markt sowie eine individuelle Aushandlung vieler Klauseln dafür sorgen, daß sowohl Schuldner- als auch Gläubigerinteressen angemessen berücksichtigt werden. Entgegen der verbreiteten Einschätzung besteht daher – jedenfalls im Anwendungsbereich der Covenants – keine strukturelle Unterlegenheit der Kreditnehmer. Vielmehr waren die letzten Jahre von einer ausgesprochen großzügigen Kreditvergabepraxis mit immer laxeren Schuldnerrestriktionen gekennzeichnet, die umgekehrt eine Übermacht der Kreditnehmer nahelegen. Zu berücksichtigen ist, daß die §§ 305 ff. BGB unabhängig von der AGB-Qualität der Covenants aus kollisionsrechtlichen Gründen ohnehin nur selten Anwendung finden dürften: Zum einen ist die Anwendung der Regelungsmaterie ausgeschlossen, wenn die Parteien – wie häufig im Anwendungsgebiet der Covenants – die Anwendung ausländischen Rechts vereinbart haben (Art. 27 EGBGB). Haben die Parteien eine solche Rechtswahl nicht getroffen, so ist wegen Art. 28 EGBGB im Zweifel das Recht des Darlehensgebers, und im Falle eines syndizierten Kredits das des Konsortialführers (lead arrangers) anzuwenden.325

C. Covenants und die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Schuldners Oben wurde die Problematik des Übergreifens der Covenants in die gesellschaftsrechtliche Binnenordnung unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung eines autonomen Freiheitsraumes der Gesellschaft, soweit er in gesellschaftsrechtlichen Prinzipien verankert ist, behandelt. Im folgenden geht es um die zivilrechtlichen Implikationen einer durch Covenants bewirkten Einengung des wirtschaftlichen Freiraums des Schuldners. Wie konventionelle Kreditsicherungsinstrumente schränken auch Covenants die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Schuldners ein und erfordern daher eine Erörterung der zivilrechtlichen Kategorien, die die Rechtsprechung zur Bewältigung dieser Problematik geschaffen hat.326 Die Wirkungen von Covenants äußern sich jedoch nicht nur im Verhältnis des durch sie berechtigten Gläubigers zum Schuldner, sondern auch im Verhältnis zu dritten Gläubigern. Damit ist die Problematik der Gläubigergefährdung angesprochen, die im nachfolgenden Abschnitt behandelt werden soll. In beiden Fällen fragt sich, ob und inwieweit die vornehmlich zu herkömmlichen Methoden der KreditMüKoBGB / Basedow, Vor § 305, Rdn. 4 ff. Weitnauer, ZIP 2005, 1443, 1446. 326 Vgl. Wittig, WM 1996, 1381, 1390; Kästle, S. 100 f.; Köndgen, S. 140 ff.; Eidenmüller (1999), S. 156 ff. 324 325

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sicherung entwickelte Rechtsprechung auf Covenants als einem – in Deutschland – relativ jungen Phänomen übertragen werden kann. Soweit ersichtlich, sind Covenants von der Rechtsprechung noch nicht an den von ihr entwickelten Kriterien gemessen worden. Sie dürfen daher nicht vorschnell ohne den Versuch einer Differenzierung auf Covenants angewandt werden. Sinnvollerweise sollte bei der zivilrechtlichen Beurteilung der Covenants zwischen deren Tatbestands- und Rechtsfolgenseite unterschieden werden. Bei einer Betrachtung der Tatbestandsseite geht es um die Beurteilung der abstrakten Verpflichtungen des Schuldners, während es bei der Betrachtung der Rechtsfolgenseite vor allem um die Untersuchung der Rechtsprobleme geht, die durch eine Ausübung der dem Gläubiger im Falle eines Covenant-Verstoßes eingeräumten Rechte aufgeworfen werden. Diese Aufteilung kann die Umstände sichtbar machen, unter denen die Durchsetzung einer bei abstrakter Betrachtung unbedenklichen Klausel im Einzelfall unzulässig ist.327

I. Übertragbarkeit der Judikatur zur Schuldnerknebelung Nach ständiger Rechtsprechung sind Verträge, die den einen Vertragspartner stark in seiner Bewegungsfreiheit einengen, an § 138 BGB zu messen. Bewirkt ein Rechtsgeschäft eine so weit gehende Beschränkung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit, daß der Schuldner seine geschäftliche Selbständigkeit verliert, so verstößt der Vertrag bzw. die rechtsgeschäftliche Handlung gegen die guten Sitten.328 Die von der Rechtsprechung beurteilten Kreditverträge sahen meist die Gewährung umfangreicher Personal- oder Sachsicherheiten vor. Dies legt den Verdacht nahe, daß die Bestellung klassischer Kreditsicherheiten durch den Schuldner bei der Annahme einer sittenwidrigen Knebelung eine ausschlaggebende Rolle spielt. Eine Stütze für diese Vermutung bieten die einschlägigen Entscheidungen allerdings nicht. Vielmehr stellte der BGH in einer Entscheidung ganz allein auf den Zustimmungsvorbehalt des Kreditgebers ab, der nach dem Vertrag sämtliche Rechtsgeschäfte betraf, die der Schuldner überhaupt vornehmen konnte.329 In einem anderen Fall sah es das OLG Hamm als sittenwidrig an, daß der Schuldner praktisch unter einer ständigen, jede einzelne Phase seiner betrieblichen Tätigkeit erfassenden Geschäftsaufsicht stand.330 Es ist nicht ersichtlich, daß die zusätzlich gewährten, traditionellen Kreditsicherheiten für das in den Entscheidungen gefällte Sittenwidrigkeitsurteil eine tragende Rolle gespielt hätten. 327 328 329 330

Diese Unterscheidung trifft auch Eidenmüller (1999), S. 149. BGH WM 1993, 1587 ff.; MüKoBGB / Armbrüster, § 138, Rdn. 71 f. BGH WM 1993, 1587, 1588 f. OLG Hamm, BB 1970, 374.

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4. Kap.: Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

Daraus ist zu schließen, daß es sich bei der Rechtsprechung zur sittenwidrigen Schuldnerknebelung um einen allgemein dem Erhalt der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit des Schuldners dienenden Grundsatz handelt, der unabhängig davon zur Anwendung kommt, auf welche Weise der Schuldner in Abhängigkeit vom Gläubiger gebracht wird. Diese dem Schutz eines Freiraums wirtschaftlicher Betätigung dienende Rechtsprechung ist zu unterscheiden von der speziellen, wenn auch verwandten Rechtsprechung zur sittenwidrigen Übersicherung. Letztere bezieht sich in der Tat auf Fälle dinglicher Kreditsicherung durch Globalzessionen und Sicherungsübereignungen.331 Die Übersicherung ist jedoch nur eine, wenn auch in der Praxis besonders bedeutsame, Weise, auf die der Schuldner unzulässig in seiner Freiheit eingeschränkt werden kann. Sie ist zwar auch im Kontext der Covenants prinzipiell vorstellbar, würde jedoch eine umfängliche dingliche Besicherung des Kredites voraussetzen, was in der für Covenants typischen Finanzierungspraxis kaum der Fall ist.332 Die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Schuldners ist auch in Verträgen betroffen, in denen der Schuldner zur Sicherung des Rückzahlungsanspruchs anstelle von Sachsicherheiten umfangreichen vertraglichen Bindungen und Kontrollrechten eines Dritten unterworfen wird, wie dies bei Covenants der Fall ist.333 Hier ist zum wiederholten Male auf die besondere Funktion der Covenants als Alternative zur herkömmlichen Kreditsicherung hinzuweisen: Anders als klassische Sachsicherheiten, die den Gläubigerschutz über den objektbezogenen Zugriff auf einzelne Vermögensgegenstände des Schuldners herzustellen suchen, verfolgen Covenants das Ziel eines präventiven Gläubigerschutzes durch eine umfassende, subjektbezogene Kontrolle des Schuldnerverhaltens. Dies aber erscheint nur möglich durch ein Netz umfassender Verhaltenspflichten des Schuldners, das an der Einschränkung seiner wirtschaftlichen Freiheit keinen Zweifel läßt. Damit ist festzuhalten, daß die Judikatur zur Schuldnerknebelung grundsätzlich auch auf eine durch Covenants bewirkte Beeinträchtigung der Bewegungsfreiheit des Schuldners anzuwenden ist.334

II. Sittenwidrigkeitsbegründende Umstände auf der Tatbestandsseite Von der Rechtsprechung als sittenwidrig eingestufte Kreditverträge beinhalteten vorwiegend Klauseln, in denen die gesamte Geschäftspolitik des Schuldners einem Zustimmungsvorbehalt des Kreditgebers unterworfen wurde, so daß dem SchuldVgl. MüKoBGB / Armbrüster, § 138, Rdn. 98 ff. Siehe oben § 4 E. I. sowie Eidenmüller (1999), S. 152, 157; Köndgen, S. 130, 147. 333 Vgl. dazu die Ausführungen Engerts (2005), S. 77 ff., zur „stillen Inhaberschaft“; Kästle, S. 125 ff. 334 So i.E. ebenso Köndgen, S. 140 ff.; Eidenmüller (1999), S. 156; Kästle, S. 100 f. 331 332

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ner ein vom Kreditgeber unabhängiger Handlungs- und Entscheidungsspielraum nicht verblieb335, oder in denen in „unerträglicher Weise“ die geschäftliche Dispositionsfreiheit des Schuldners durch einen am Kreditvertrag unbeteiligten Dritten beeinträchtigt wurde.336 Kennzeichnend sind die finanzielle Abhängigkeit des Schuldners oder eine intensive Kontrolle der Unternehmensführung.337 Grundsätzlich hält die Rechtsprechung eine Kontrolle der Geschäftsführung des Schuldners oder gar den Erwerb einer intensiven Machtstellung durch den Kreditgeber für zulässig, wenn dafür ein berechtigtes Interesse besteht.338 Allerdings müsse dem Schuldner stets noch ein ausreichender wirtschaftlicher Bewegungsfreiraum verbleiben.339 Im Gegensatz zu dem vom BGH entschiedenen Fall begründen Covenants zwar in der Regel keine ausdrücklichen Zustimmungs- oder Mitspracherechte. Nach einer Entscheidung des OLG Celle stellen schlichte Vorgaben zur Geschäftspolitik, die mit einem Kündigungsrecht des Kreditgebers bewehrt sind, allerdings einen vergleichbaren Eingriff in die Schuldnerfreiheit dar.340 Unter diesem Gesichtspunkt wecken insbesondere die folgenden, typischerweise in Covenants enthaltenen Klauseln Bedenken: Die Negativklausel verbietet dem Schuldner die Aufnahme weiterer Schulden oder schränkt ihn darin ein. Ferner werden häufig umfangreiche Informations- und Rechnungslegungsvorschriften vereinbart. Maintenance Covenants schließlich fixieren eine Art status quo und können somit ein faktisches Zustimmungsrecht des Kreditgebers zu Änderungen der Geschäftspolitik des Schuldners begründen. Während es damit keinen Zweifeln begegnet, daß Covenants in die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit des Schuldners eingreifen, ist jedoch fraglich, ob sie den in den zitierten Entscheidungen anzutreffenden Grad an Eingriffsintensität erreichen. Es besteht ein weiterer entscheidender Unterschied, der in den Entscheidungen unausgesprochen mitschwingt: Der Umfang der Freiheitsbeschränkung erschien in beiden Fällen nicht durch Besonderheiten des Kreditvertrages veranlaßt, sondern war ein extremer Auswuchs des „marktüblichen“ Maßes an Schuldnerkontrolle.341

BGH WM 1993, 1587, 1588. OLG Hamm, BB 1970, 374. 337 Engert (2005), S. 77 ff. m.w.N. 338 BGH WM 1993, 1587, 1588; BGH WM 1964, 671, 673. 339 BGH WM 1993, 1587, 1588. 340 OLG Celle, ZIP 1982, 942, 950. 341 An dieser Stelle zeigt sich die enge Verbindung des Tatbestands der sittenwidrigen Knebelung zur Kreditgeberhaftung wegen Gläubigergefährdung. Der Erhalt der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit des Schuldners ist Voraussetzung dafür, daß sich das Unternehmen weiter am Markt mit Kredit versorgen kann. Nur wenn diese Voraussetzung gewährleistet ist, können sich nachfolgende Kreditgeber auf die Kreditprüfung eines „dominierenden“, mit umfangreichen Informationsvorteilen ausgestatteten Kreditgebers verlassen, und es kommt 335 336

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4. Kap.: Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

Die Prüfung hat sich daher auf die Frage zu konzentrieren, ob die durch Covenants bewirkte Restriktion des Schuldners in einem angemessenen Verhältnis zum übernommenen Kreditrisiko steht.342 Dabei ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen, nach der eine sittenwidrige Knebelung dann nicht vorliegt, wenn die unternehmerische Entschließungsfreiheit des Schuldners im weitesten Sinne gewahrt bleibt.343 Nicht nur bei der Angemessenheitsprüfung im Rahmen des § 307 BGB, sondern auch im Rahmen der Prüfung des § 138 BGB, darf das Ausfallrisiko des Kreditgebers, das stark variieren kann, dabei nicht unberücksichtigt bleiben.344 Zwar ist der Prüfungsmaßstab des § 138 BGB einer Abwägung zwischen ansonsten unzulässigen Freiheitsbeschränkungen mit Interessen des Gläubigers unzugänglich345; indes können schon allein im Hinblick auf die subjektive Komponente des § 138 BGB Besonderheiten des Einzelfalles, wozu auch das Kreditrisiko gehört, nicht außer Acht gelassen werden.346 Dafür spricht auch, daß es anderenfalls zu Wertungswidersprüchen mit § 307 BGB käme. Bei der im Rahmen des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB zu prüfenden unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders bedarf es einer Gesamtwürdigung der Interessen beider Parteien; danach ist eine Benachteiligung unangemessen, wenn der Verwender durch eine einseitige Vertragsgestaltung mißbräuchlich eigene Interessen durchzusetzen versucht, ohne die Belange seines Vertragspartners zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen.347 Andererseits ist anerkannt, daß die Wirksamkeitsschranke des § 307 BGB erheblich vor der des § 138 BGB einsetzt.348 Ließe man das Gläubigerinteresse im Rahmen von § 138 BGB gänzlich unberücksichtigt, so führte dies zu dem sinnwidrigen Ergebnis, daß Klauseln, die der Prüfung anhand des § 307 BGB standhalten, als sittenwidrig zu behandeln wären. Auch Köndgen weist zu Recht auf den engen Zusammenhang zwischen Ausfallrisiko und dem Umfang der Kontrollrechte hin. Da der Gläubiger bei besonders hohem Ausfallrisiko unmittelbar vom Erfolg der Unternehmung abhängt, rücke seine Stellung in die Nähe eines atypischen oder „symbiotischen“ Eigenkapitalgebers, vergleichbar der eines partiarischen Darlehens. Die Vertragsfreiheit gebiete es, daß das gesamte Spektrum zwischen Fremd- und Eigenkapitalfinanzierung benicht zu der von Engert (2005), S. 159 ff., analysierten Gefährdung des Vertrauens innerhalb der Kreditkaskade. 342 So auch Köndgen, S. 127, 141; ähnlich Eidenmüller (1999), S. 156. 343 Vgl. BGH NJW 1958, 457 f. 344 Vgl. zur Bedeutung des Ausfallrisikos im Rahmen der Unangemessenheitsprüfung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB Kästle, S. 93 ff. 345 RGZ 128, 251, 257. 346 BGH WM 1981, 186, 187; ähnlich OLG Stuttgart, NJW 1964, 666, 667. 347 BGHZ 90, 280, 284. 348 BGH NJW 1997, 3372, 3374; Eidenmüller (1999), S. 156. 349 Köndgen, S. 147 f.

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darfsgerecht gestaltet werden könne. Entsprechend dicht könne das Netz der Covenants bei hohem Kreditrisiko geknüpft werden.349 Diese Analyse deckt sich mit den zu Beginn dieses Kapitels gemachten Ausführungen zum symbiotischen Charakter des Covenants-gestützten Finanzierungsvertrages. Im folgenden soll auf einzelne Covenants vertieft eingegangen werden.

1. Informationspflichten Covenants verpflichten den Schuldner, den Gläubiger in regelmäßigen Abständen über seine Finanz- und Vermögenslage zu unterrichten. Sie gehen mitunter weit über die kapitalmarktrechtlichen Publizitätsvorschriften und die gesellschaftsrechtlichen Informationsrechte der Aktionäre hinaus (vgl. §§ 51 a GmbHG, 131 AktG). Die vorhandene Judikatur zur Frage der Sittenwidrigkeit der Vereinbarung von Informationsrechten zugunsten Dritter ist spärlich. Sie läßt sich dahingehend zusammenfassen, daß der Schuldner durch die Informationspflichten nicht derart weitgehend in seiner wirtschaftlichen Handlungsfreiheit beeinträchtigt werden darf, daß praktisch eine ständige Geschäftsaufsicht eingerichtet wird.350 Dabei mißt sie den Sicherungsinteressen des Gläubigers allerdings große Bedeutung bei; je größer diese sind, desto unbedenklicher ist die Einflußnahme des Gläubigers auf den Schuldner.351 Größeren Bedenken begegnen intensive Informationspflichten dann, wenn sie einem Dritten eingeräumt werden, der nicht Gläubiger des Schuldners ist und daher nicht mit dem Kreditrisiko belastet ist.352 Problematisch ist die Vereinbarung weitgehender Informationspflichten dann, wenn diese Pflichten den Vorstand im Einzelfall dazu verpflichten, Unternehmensgeheimnisse zu offenbaren, zu deren Stillschweigen der Vorstand gem. § 93 Abs. 1 S. 3 AktG verpflichtet ist.353 Mit ihrer Weitergabe kann sich der Vorstand gem. § 93 Abs. 2 AktG der Gesellschaft gegenüber schadensersatzpflichtig machen. Keine Probleme werfen die Covenants auf, die typischerweise mit börsennotierten Gesellschaften vereinbart werden. Diese verpflichten die Gesellschaft nur zur Vorlage der ohnehin veröffentlichungspflichtigen Unternehmensberichte und Mitteilungen. Häufig muß der Schuldner den Gläubiger aber auch über solche Ereignisse informieren, die selbst börsennotierte Unternehmen nach kapitalmarktrechtlichen Vorschriften nicht veröffentlichen müssen. Dazu gehört etwa die Pflicht, jederzeit von sich aus über bestimmte aktuelle Entwicklungen, drohende Vertragsverletzungen, Kommunikationen mit Aktionären sowie beabsichtigte Kapitalmaßnahmen zu

350 So die tragenden Erwägungen der oben zitierten Entscheidung des OLG Hamm BB 1970, S. 374. 351 BGH WM 1981, 186, 187. 352 So lag der der Entscheidung des OLG Hamm, BB 1970, 374 zugrunde liegende Fall. 353 Vgl. dazu Hüffer, § 93, Rdn. 6.

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unterrichten. Hier kann die Grenze zur Preisgabe von Unternehmensgeheimnissen schnell überschritten werden. Auch die Weitergabe derartig vertraulicher Informationen an den Gläubiger wird man jedoch als durch berechtigte Interessen des Schuldners gerechtfertigt ansehen müssen.354 Die Mitteilungen dienen den legitimen, häufig sogar durch gesetzliche Verpflichtungen (vgl. § 18 KWG) begründeten Informationsinteressen des Kreditgebers und damit letztlich dem Finanzierungsinteresse des Schuldners.355 Zudem ist die Gefahr eines Schadens für das Unternehmen aufgrund der Geheimhaltungspflicht der Bank gering.

2. Financial Covenants Financial Covenants engen die Möglichkeiten des Schuldners zur freien Gestaltung seiner Finanzstruktur ein. Sie schreiben ihm die Einhaltung bestimmter Bilanzkennzahlen, wie beispielsweise eines maximalen Verschuldungsgrades, vor, und verpflichten ihn damit mittelbar zu den zur Aufrechterhaltung dieser Kennzahlen erforderlichen Maßnahmen, wie etwa Kapitalerhöhungen oder eine Veräußerung von Anlagevermögen zur Erhöhung der Liquidität.356 Tiefgreifende Bedenken unter dem Gesichtspunkt der Schuldnerknebelung wekken sie dennoch nicht. Financial Covenants machen der durch sie gebundenen Gesellschaft relativ weitgespannte Vorgaben zu ihrer Finanzstruktur mit dem Ziel der Erhaltung der Haftungsmasse; innerhalb dieses Rahmens bleibt ein großer Freiraum für unternehmerische Entscheidungen des Schuldners.357 Dabei braucht nicht so weit gegangen werden, dieses Gläubigerziel mit einem angeblichen „wohlverstandenen“ Interesse des Schuldners gleichzusetzen.358 Im Verlauf dieser Arbeit ist wiederholt auf den Konflikt zwischen dem Interesse der Anteilseigner an weitgehender Finanzierungsfreiheit auf der einen Seite und dem Gläubigerinteresse an konservativer Finanzierungs- und Investitionspolitik auf der anderen Seite hingewiesen worden. Beide Interessen sind legitim, keines kann eine größere Berechtigung für sich in Anspruch nehmen. 354 Zur Bedeutung des Unternehmensinteresses bei der Frage nach der Berechtigung der Informationsverbreitung Hopt in GroßkommAktG, § 93, Rdn. 191, 209 ff. Vgl. zu den Informationsquellen als Grundlage der Kreditprüfung allgemein Engert (2005), S. 83 ff. 355 Hopt in GroßkommAktG, § 93, Rdn. 212. Auch die Rechtsprechung verweist in diesem Zusammenhang auf die gesetzliche Verpflichtung der Kreditinstitute zur Informationsbeschaffung zwecks Risikoprüfung gem. § 18 KWG, vgl. BGH WM 1994, 838, 839. Zum (fehlenden) Schutzgesetzcharakter des § 18 KWG im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB für andere Gläubiger Engert (2005), S. 25 ff. 356 Siehe oben § 5 B. I. 357 Zutreffend Eidenmüller (1999), S. 145. 358 So aber Eidenmüller (1999), S. 154, der financial Covenants unter dem Blickwinkel des § 138 BGB für völlig unbedenklich hält.

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Wenn Gläubiger- und Schuldnerinteressen in der Regel auseinanderfallen, so kommt financial Covenants die wichtige Aufgabe zu, diese Interessen auszugleichen. Dies geschieht durch eine enge Anpassung der Klauseln an das jeweils übernommene Kreditrisiko. Von allen Covenants sind sie diejenigen, deren Inhalt sich am stärksten von Schuldner zu Schuldner unterscheidet. Sie sind das Ergebnis intensiver Verhandlungen, bei denen unterstellt werden kann, daß sowohl Gläubigerals auch Schuldnerinteressen angemessenen Raum finden. Dies ist der Grund dafür, daß sich in ihnen nicht nur das vom Gläubiger zu tragende Kreditrisiko niederschlägt, sondern auch das Interesse des Schuldners an größtmöglicher Finanzierungsfreiheit. Angesichts dieses fein austarierten Kompromisses sollte jede Art von Inhaltskontrolle dieser Klauseln, auch eine auf § 138 BGB gestützte, mit Zurückhaltung betrieben werden. Es genügt nicht der Hinweis auf die augenscheinliche „Gesundheit“ eines Unternehmens, um die Restriktionen in financial Covenants in Frage zu stellen.359 Vielmehr befinden sich auch in einem gesunden Unternehmen Schuldner- und Gläubigerinteressen in einem Widerstreit und können in Gestalt derartiger Klauseln zum Ausgleich gebracht werden. Ferner haben die letzten Jahre gelehrt, daß finanzstark erscheinende Unternehmen im nächsten Augenblick Sanierungsfälle werden können. Es besteht gerade auch bei diesen Unternehmen ein berechtigtes Interesse des Kreditgebers, die Finanzierungspolitik des Schuldners für die Zukunft zu disziplinieren. 3. Negativklauseln, pari passu-Klauseln Während die Negativklausel in ihrer Grundform dem Schuldner Belastungen seines Vermögens mit dinglichen Sicherheiten untersagt und damit als faktische Neuverschuldungssperre in seine Finanzierungs- und Investitionsfreiheit eingreift, wird die freiheitsbeschränkende Wirkung dieser Klausel in aller Regel dadurch abgemildert, daß dem Schuldner die Eingehung weiterer Schulden erlaubt ist, wenn er zugleich eine Ranggleichheit mit dem Rückzahlungsanspruch des Gläubigers sicherstellt (pari passu-Klausel). Daß der Gläubiger ein berechtigtes Interesse an dieser Verwertungsparität hat, ist unverkennbar; es ist auch nicht von vornherein geringer zu bewerten als das Neuverschuldungsinteresse des Schuldners.360 Zusätzliche Legitimität beziehen pari passu-Klauseln aus dem Umstand, daß durch sie nur die im Rahmen des Insolvenzverfahrens ohnehin angeordnete Gleichbehandlung aller Gläubiger vorgezogen wird.361 Die Gefahr einer nachträglichen Übersicherung infolge einer auf die pari passu-Klausel gestützten Nachbesicherung des Kreditgebers besteht im übrigen nicht, da dies voraussetzen würde, daß der Kreditgeber bereits in erheblichem Umfang dinglich gesichert war; dazu wird 359 360 361

So aber Kästle, S. 89. So zutreffend Eidenmüller (1999), S. 156. Vgl. Köndgen, S. 152.

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es im typischen Anwendungsbereich der Covenants kaum kommen.362 Die prekäre Kumulation von dinglicher Übersicherung und Gläubigerkontrolle wird durch den Einsatz von Covenants gerade vermieden.363 Unter § 138 BGB ist diese Klausel deshalb unbedenklich. Ohne Vereinbarung eines pari passu-Vorbehalts werden Negativklauseln in der Literatur dagegen als problematisch angesehen.364 Eidenmüller sieht solche Klauseln nur dann als gerechtfertigt an, wenn mittels eines ausdrücklichen Dispensvorbehalts dem Schuldner eine im Einzelfall ökonomisch vorteilhafte Finanzierungsentscheidung möglich bleibt.365 Allerdings dürfte ein solcher Vorbehalt auf unüberwindbare praktische Hindernisse stoßen. Denn es bleibt die Frage, wann eine weitere Verschuldung ökonomisch vorteilhaft ist. Dies ist eine Wertungsfrage, über die die Ansichten zwischen Schuldner und Gläubiger häufig auseinandergehen werden; macht man mit Eidenmüller eine entsprechende Einschätzungsprärogative des Schuldners zur Wirksamkeitsvoraussetzung, droht sich das in Covenants hergestellte Kräftegleichgewicht empfindlich zu Lasten des Gläubigers zu verschieben. In der Praxis kommen Negativklauseln ohne Ausnahmetatbestände ohnehin nur selten vor.366 Auch Klauseln ohne jede Ausnahme können im Einzelfall durch ein besonders hohes Kreditrisiko gerechtfertigt sein.367 Die Notwendigkeit eines Ausnahmevorbehalts für eine vermeintlich oder tatsächlich ökonomisch vorteilhafte Verschuldung ist daher zu verneinen. 4. Verbote im Bereich der Investitionspolitik und der strategischen Ausrichtung Besonders stark scheint die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Schuldners durch Restriktionen eingeschränkt zu werden, die den Bereich der Investitionspolitik und damit die strategische Ausrichtung des Unternehmens betreffen. Hierzu zählen insbesondere Covenants, die dem Schuldner Investitionen in Finanzanlagen oder Unternehmensbeteiligungen verbieten.368 Auch hier sprechen sich Stimmen in der Literatur für die Notwendigkeit eines Dispensvorbehalts aus, der dem Schuldner die fragliche Entscheidung dann erlaubt, wenn er ihre ökonomische Vorteilhaftigkeit darlegt.369 Eidenmüller (1999), S. 152. Diesem Aspekt wird von der Rechtsprechung bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit eine entscheidende Bedeutung zugemessen, vgl. BGH WM 1981, 186, 187. 364 Eidenmüller (1999), S. 154 f.; Kästle, S. 58 ff. 365 Eidenmüller (1999), S. 154 f. 366 Siehe bereits oben § 5 B. II. 5. 367 Merkel, Die Negativklausel, S. 186 ff.; Köndgen, S. 145. 368 Siehe oben § 5 B. II. 3. 369 Eidenmüller (1999), S. 154 f. 362 363

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Dagegen sprechen wiederum die Einwendungen, die vorstehend gegen einen entsprechenden General-Vorbehalt bei negative pledges vorgebracht wurden. Es werden wohl auch die Nachteile dieser Verbote für den Schuldner überschätzt. Die drohende Kreditkündigung wird er häufig durch Neuverhandlungen abwenden können, wenn er sie nicht sogar im Rahmen einer größeren Umstrukturierung bewußt in Kauf nimmt.370 Ein übermäßiger Eingriff in die Selbständigkeit des Schuldners ist darin jedenfalls nicht zu erkennen. Derartige Klauseln sind immer noch weit entfernt von den Gängelungen des Schuldners, die Gegenstand der oben zitierten Gerichtsentscheidungen waren und dort teilweise zum Sittenwidrigkeitsverdikt führten. Legt man den Maßstab der Rechtsprechung an, wonach der Erwerb auch einer intensiven Machtstellung allein keinen Sittenverstoß begründet, solange dem Schuldner ein vom Gläubigerwillen unabhängiger Handlungs- und Entscheidungsspielraum verbleibt371, so muß man zum Ergebnis kommen, daß diese Klauseln den Schuldner zwar in wichtigen Teilbereichen der Geschäftspolitik einer strengen Kontrolle unterwerfen, den Kernbereich der Unternehmensleitung sowie die Unabhängigkeit der Gesellschaft insgesamt jedoch nicht antasten. Schließlich sind es diese Teilbereiche der strategischen Unternehmensplanung, Umstrukturierungen und Investitionspolitik, die für den Schutz der Vermögensbasis besonders wichtig sind und an deren Kontrolle der Gläubiger deshalb ein berechtigtes Interesse besitzt. 5. Maintenance-Klauseln Auch sonstige maintenance Covenants, wie etwa die Verpflichtung des Schuldners auf die Beibehaltung der zum Zeitpunkt der Kreditvergabe ausgeübten Geschäftstätigkeit, greifen nicht derart tief in die wirtschaftliche Freiheit des Schuldners ein, daß von einem Verstoß gegen die guten Sitten gesprochen werden könnte. Soweit sie für den Fortbestand und die Erhaltung der Finanzkraft des Schuldners wesentliche Umstände fixieren, können sie schon deshalb nicht als sittenwidrige Knebelung des Schuldners angesehen werden, weil diese Umstände dann von den Vertragsparteien zur Geschäftsgrundlage gemacht wurden. Dies gilt, wie das OLG Celle in einer Entscheidung dargetan hat, insbesondere für den Fall der Festlegung des Geschäftsgegenstands.372 Maintenance Covenants sind aber auch deshalb in der Regel unbedenklich, weil sie dem Gläubiger niemals die Möglichkeit einräuVgl. Eidenmüller (1999), S. 139. Dazu bereits oben § 11 C. II. 372 OLG Celle, ZIP 1982, 942, 950. Der Gefahr einer Beeinträchtigung des Freiraums zur wirtschaftlichen Betätigung wegen einer zu engen Festlegung des Unternehmensgegenstands hat der BGH jüngst aus einer anderen Richtung Grenzen gesetzt, vgl. BGH NZG 2006, 790 f. Danach stellt eine von der Hauptversammlung angestrebte Satzungsänderung, die nicht auf eine Veränderung des Unternehmensgegenstands im Sinne einer allgemein gehaltenen Rahmenvorgabe gerichtet ist, sondern allein auf die Beschränkung der konkreten Geschäftstätigkeit zielt, einen unzulässigen Eingriff in die Leitungsbefugnis des Vorstands dar. 370 371

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men, die Geschicke der Gesellschaft aktiv zu beeinflussen. Vielmehr verbleibt das Initiativrecht ausschließlich beim Schuldner. Allerdings muß dem Schuldner ein Freiraum verbleiben, innerhalb dessen er nicht durch maintenance Covenants von der Notwendigkeit abgehalten wird, die Gesellschaft an Neuentwicklungen anzupassen und neu auszurichten. Dies ist jedoch bei den in der Praxis vorherrschenden Klauselkatalogen gewährleistet. Maintenance-Klauseln sollen die Kontinuität der Gesellschaft in bestimmten Bereichen mit längerfristiger Bedeutung sicherstellen, wie beispielsweise bei der Besetzung des Managements, der Geschäftspolitik und der Eigentümerstruktur. Die Freiheit des Schuldners zu gewissen Veränderungen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes wird davon nicht berührt. Dies beläßt dem Schuldner ausreichend Flexibilität für notwendige Anpassungsmaßnahmen. 6. Zwischenergebnis Berücksichtigt man die Besonderheiten internationaler Konsortialkredite und Unternehmensanleihen, in denen Covenants vorzugsweise zum Einsatz kommen, so kann von einer sittenwidrigen Schuldnerknebelung insgesamt nicht gesprochen werden. Nicht nur zeichnen sich diese Verträge durch lange Laufzeiten und große Volumina aus; sie werden auch häufig ohne dingliche Besicherung vergeben. Um das Risiko des Kreditgebers und damit auch die in der Zinszahlungspflicht enthaltene Risikoprämie für den Schuldner in erträglichen Grenzen zu halten, darf die Freiheit des Schuldners durch ein Netz aus Kontrollbefugnissen des Kreditgebers und Verhaltenspflichten des Schuldners eingeschränkt werden. Letztlich erweisen sich Covenants als ein fein abgestimmtes Gesamtsystem, mithilfe dessen Kreditrisiko und schuldnerische Freiheit in ein angemessenes Verhältnis gebracht werden sollen. Wie im weiteren Verlauf der Arbeit aufgezeigt werden wird, gewähren Covenants dem Kreditgeber dabei keine Rechte zur Entfaltung eigener unternehmerischer Initiative, sondern versuchen lediglich die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehende Risikolage zu fixieren. Dem Schuldner bleibt damit deutlich mehr als das zu verlangende Mindestmaß an unternehmerischer Freiheit.

III. Sittenwidrigkeitsbegründende Umstände bei der Rechtsausübung Auf der Rechtsfolgenseite steht naturgemäß das Kündigungsrecht des Kreditgebers im Vordergrund, mit dem nicht nur bereits ausgereichte Kredite fälliggestellt, sondern auch etwaige Verpflichtungen des Kreditgebers zur Bereitstellung weiterer Beträge gekündigt werden können.373

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Vgl. Eidenmüller (1999), S. 139.

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1. Schranken des Kündigungsrechtes Bei der Beurteilung der in Covenants vereinbarten Kündigungsrechte verdient ihr Verhältnis zu allgemeinen oder speziellen gesetzlichen Regelungen besondere Beachtung. Inwieweit schafft sich der Kreditgeber mit Covenants Kündigungsmöglichkeiten, die nach der Gesetzeslage nicht bestehen, und sind diese zulässig? a) Konkretisierung der gesetzlichen Kündigungstatbestände? In der Literatur wird gemeinhin angenommen, daß es sich bei dem Covenantrechtlichen Kündigungsrecht um eine Konkretisierung des Rechts zur Kündigung aus wichtigem Grund handelt. Der Katalog der events of default, auf dem das Kündigungsrecht basiert, wird als Abrede über wichtige Kündigungsgründe angesehen.374 Dabei wird nach Art einer petitio principii die Richtigkeit der zu beweisenden These jedoch einfach unterstellt und das Vorliegen einer Kündigung aus wichtigem Grund behauptet, um sodann ausgehend von dieser Behauptung die besonderen, für eine Kündigung aus wichtigem Grund geltenden Voraussetzungen an die Covenant-rechtliche Kündigung anzulegen.375 Es wird nicht der Frage nachgegangen, ob es sich bei dem Kündigungsrecht der Covenants um eine deklaratorische Wiederholung der gesetzlichen Kündigungsgründe oder eine vertragliche Abbedingung der gesetzlichen Regelungen handelt. Ein spezielles Recht des Darlehensgebers zur Kündigung aus wichtigem Grund sieht § 490 Abs. 1 BGB vor, der als Nachfolger des alten § 610 BGB a.F. nunmehr auch ausdrücklich die Loslösung vom Vertrag nach der Valutierung ermöglicht. Die Vorschrift setzt voraus, daß in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht.376 Der Kreditgeber muß den tatsächlichen Eintritt der wesentlichen Vermögensverschlechterung nicht abwarten; die Kündigung ist nach dem Wortlaut des § 490 Abs. 1 BGB schon dann zulässig, wenn eine solche Verschlechterung droht.377 Zwar wird das Erfordernis einer wesentlichen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse in der Regel nicht explizit in die Covenants aufgenommen. Dies ist aber auch nicht erforderlich. Erforderlich ist, daß sich die Vermögensverschlechterung aufgrund objektiv verifizierbarer Indizien abzeichnet.378 Insoweit deckt sich 374 Eidenmüller (1999), S. 157; Kästle, S. 93. Entsprechende vertragliche Konkretisierungen des Kündigungsrechts aus wichtigem Grund werden von der Rechtsprechung allgemein für zulässig gehalten, vgl. BGH WM 1986, 605, 606. 375 Vgl. Eidenmüller (1999), S. 157 ff. 376 Der zweite Fall, eine Verschlechterung der Werthaltigkeit der für das Darlehen gestellten Sicherheiten, spielt in den Covenants-typischen unbesicherten Kreditverträgen keine große Rolle. 377 MüKoBGB / Berger, § 490, Rdn. 7. 378 Vgl. BGH WM 1985, 604, 605; MüKoBGB / Berger, § 490, Rdn. 7.

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der Zweck des § 490 Abs. 1 BGB, den Kreditgeber vor einem durch die Insolvenz des Kreditnehmers verursachten Vermögensverlust zu schützen379, mit dem der Covenants. Beispielsweise kann in der Verletzung der negative pledge-Klausel ein Indiz für eine Vermögensverschlechterung gesehen werden, falls der Verstoß darauf beruht, daß der Schuldner Neukredite nur noch gegen Sicherheiten erhält.380 Eine weitere Parallele besteht darin, daß sowohl die Regelung des § 490 BGB als auch Covenants im Grunde den Grundsatz der clausula rebus sic stantibus für den Darlehensvertrag einführen und konkretisieren.381 Allerdings indiziert nicht jede zur Kündigung berechtigende Covenant-Verletzung eine drohende Verschlechterung der Vermögensverhältnisse.382 Nach ihrem Sinn und Zweck sollen Covenants ihre Wirkung bereits vor dem Stadium einer drohenden wesentlichen Vermögensverschlechterung entfalten können. Soweit die Kündigung damit nicht auf Umstände gestützt wird, die eine drohende wesentliche Vermögensverschlechterung indizieren, kann sich das Covenants-gestützte Kündigungsrecht nicht auf die Existenz des § 490 BGB berufen. In diesen Fällen kann die Kündigung immer noch auf § 314 Abs. 1 BGB gestützt werden, der als allgemeine Regelung des Kündigungsrechts aus wichtigem Grund selbständig neben § 490 BGB steht.383 Erforderlich ist hier, daß dem Kreditgeber das Festhalten am Vertrag nach Treu und Glauben unzumutbar ist. Hier kommen auch Gründe in Betracht, die nicht mit der Bonität des Schuldners zusammenhängen, aber dennoch so schwerwiegend sind, daß eine Fortsetzung des Kreditvertrages unzumutbar erscheint. Ein derartiger Grund kann gerade auch in schwerwiegenden Vertragsverletzungen bestehen, wie sie im Falle bestimmter Covenant-Verletzungen gegeben sind.384 Insoweit sind bei gewerblichen Krediten seit jeher wichtige Ereignisse im Schuldnerunternehmen, wie etwa Änderungen in der Kontrollinhaberschaft, als außerordentliche Kündigungsgründe anerkannt worden, wenn diese Zweifel an der künftigen Bonität des Schuldners wecken.385 Mit dieser Rechtslage im Einklang stehen somit maintenance- und event risk-Klauseln, die an entsprechende Ereignisse anknüpfen. Damit dürften unter §§ 314 Abs. 1, 490 Abs. 1 BGB bereits zahlreiche Covenant-Verletzungen subsumierbar sein. Dies gilt jedoch nur insoweit, als nach den events of default wesentliche und nicht völlig unwesentliche Vertragsverletzungen zur Kündigung berechtigen. MüKoBGB / Berger, § 490, Rdn. 7. Wood, S. 6 – 13. 381 Möller, Kreditkündigung, S. 8; Köndgen, S. 149 f. 382 Eidenmüller (1999), S. 160. 383 Kümpel, Rdn. 5.49. 384 MüKoBGB / Berger, § 490, Rdn. 49, 53 f., 57; auch der von der Rechtsprechung als Konkretisierung des Kündigungsrechts aus wichtigem Grund anerkannte Nr. 19 Abs. 3 AGBBanken knüpft an bestimmte Vertragsverletzungen an, dazu BGH WM 1979, 1176, 1179. 385 Zöllner (1979), S. 60 ff.; U. Schneider (1999), S. 551. 379 380

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b) Besonderes vertragliches Kündigungsrecht Von den gesetzlichen Regelungen einer Kündigung aus wichtigem Grund nicht gedeckt sind Kündigungsrechte wegen Covenant-Verletzungen, die weder eine schwerwiegende Vertragsverletzung darstellen noch eine drohende Vermögensverschlechterung indizieren. Übersehen wird jedoch vielfach, daß § 490 BGB dispositiv ist und die Parteien individualvertraglich sehr viel großzügigere Kündigungsgründe vereinbaren können.386 Die obere Grenze bildet auch hier § 138 BGB, so daß nicht bereits völlig unwesentliche Umstände zur Kündigung berechtigen.387 Ferner kann ein solches Kündigungsrecht gem. § 307 BGB unwirksam sein, wenn es AGB-Charakter besitzt und den Kreditnehmer unangemessen benachteiligt. 388 Zu beachten ist, daß § 490 BGB in diesem Zusammenhang Leitbildcharakter zukommt.389 2. Zweifelhafte Kündigungsrechte Bedenken erwecken danach solche Klauseln, die eine Kündigung des Kreditvertrages wegen „unwesentlicher“ Vertragsverletzungen ermöglichen. Berücksichtigt man allerdings, daß Covenants dem Schuldner regelmäßig Nachbesserungsfristen einräumen, so sind unwirksame Kündigungsrechte in Covenants kaum vorstellbar.390 Denn stellt der Schuldner auch innerhalb der Nachbesserungsfrist den vertragsgemäßen Zustand nicht wieder her, wird darin eine beharrliche Verletzung von Vertragspflichten zu sehen sein; selbst wenn diese für sich genommen unwesentlich sein mag, läßt sie dennoch den Schluß auf ein deutlich gesteigertes Ausfallrisiko zu, da der Kreditnehmer zur Vertragserfüllung entweder nicht willens oder nicht in der Lage ist.391 In diesem Fall läßt sich sowohl eine schwerwiegende Vertragsverletzung als auch eine drohende Vermögensverschlechterung überzeugend dartun.

386 Langenbucher in Dauner-Lieb / Konzen / K. Schmidt, Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 569; Palandt, § 490, Rdn. 4; MüKoBGB / Berger, § 490, Rdn. 22. 387 MüKoBGB / Berger, § 490, Rdn. 61; Wittig, WM 1996, 1381, 1387; Eidenmüller (1999), S. 161. 388 Kästle, S. 96. 389 MüKoBGB / Berger, § 490, Rdn. 22. Eidenmüller (1999), S. 158 f., plädiert jedoch zu Recht dafür, bei der AGB-Kontrolle von Covenants nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB mit Rücksicht auf die Besonderheiten des Konsortialkreditvertrages keine zu strengen Maßstäbe anzulegen und insbesondere nicht zu sehr an § 490 Abs. 1 BGB als gesetzlichem Leitbild zu verhaften. 390 Mit der Einräumung einer Frist zur Abstellung der Verletzung (grace period) kommen Covenants der für eine Kündigung wegen Vertragsverletzung geforderten Nachbesserungsfrist nach, vgl. dazu MüKoBGB / Berger, § 490, Rdn. 49, 53 f., 57. 391 I.E. ebenso Eidenmüller (1999), S. 158 ff.

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Es verbleiben damit Klauseln, die weder im Zusammenhang mit Vertragsverletzungen des Schuldners noch einer drohenden Vermögensverschlechterung stehen. Zu denken ist hier insbesondere an die cross default-Klausel sowie an event riskund material adverse change-Klauseln, die auch vom Schuldner nicht zu vertretende Ereignisse oder Veränderungen erfassen. Meistens werden allerdings auch diese Sachverhalte ein Indiz für ein erheblich gestiegenes Ausfallrisiko sein.392 Dies muß jedoch im Rahmen von § 314 BGB auch unter Berücksichtigung von §§ 242, 138 BGB als ausreichender Kündigungsgrund angesehen werden: Ein deutlich gestiegenes Ausfallrisiko läßt aus Sicht des Kreditgebers, insbesondere bei Fehlen von weiteren Sachsicherheiten, ein dringendes Bedürfnis nach Neuverhandlungen oder der Beendigung des Kreditverhältnisses entstehen; die Interessen des Schuldners werden dadurch nicht unbillig benachteiligt, da er den Kreditgeber bei gestiegenem Risiko redlicherweise nicht zu unveränderten Bedingungen am Vertrag festhalten darf.393 Dies gilt umso mehr, als Covenants von den Parteien bewußt als Instrument der vertraglichen Risikoverteilung und Krisenfrüherkennung vereinbart werden. Insgesamt bestehen gegen ein an die Verletzung von Covenants anknüpfendes Kündigungsrecht daher keine Bedenken.394

D. Covenants unter der Rechtsprechung zur Gläubigergefährdung Die Einschränkung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit geht häufig einher mit einer Beeinträchtigung der Interessen dritter Gläubiger. Insbesondere in der Krise des Schuldners kann der Gläubiger versucht sein, den Schuldner an seine persönlichen Interessen zu binden, um die Befriedigung seiner Forderung vor den anderen Gläubigern zu sichern. Maßstab der Sittenwidrigkeitsprüfung ist hier, daß dem Schuldner so viel wirtschaftliche Freiheit gelassen werden muß, daß er in der Lage ist, „in einem seinen Verhältnissen angemessenen Rahmen auch andere Gläubiger zu befriedigen“.395 Die Grenze zur Sittenwidrigkeit verläuft da, wo sich der Kreditgeber so große Teile des Schuldnervermögens als Sicherheit übertragen läßt, daß dem Schuldner praktisch kein freies Vermögen als Haftungsmasse für die anderen Gläubiger verbleibt.396 Kennzeichnend für diese Fallgestaltung ist, daß Gläubiger über die Kreditwürdigkeit des am Markt auftretenden Unternehmens getäuscht werden und dadurch Schaden erleiden.397 So für cross default-Klauseln Eidenmüller (1999), S. 160. Eidenmüller (1999), S. 159. 394 So im Ergebnis auch Wittig, WM 1996, 1381, 1387. 395 BGHZ 19, 12, 18. Umfassend zur sittenwidrigen Gläubigergefährdung und seiner rechtsökonomischen Begründung Engert (2005), S. 67 ff. 396 Vgl. BGHZ 20, 43, 49. Eingehend m.w.N. Engert (2005), S. 68 f. 392 393

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Fraglich ist erneut, ob diese Rechtsprechung ohne weiteres auf Covenantsgestützte Kreditverträge übertragen werden kann. Die Judikatur hat fast ausnahmslos dingliche Sicherungsverträge zum Gegenstand.398 Im Zentrum steht das Phänomen der Übersicherung, bei der eine übermäßige Belastung des Schuldnervermögens mit dinglichen Sicherheiten in Konflikt mit den Interessen dritter Gläubiger gerät. Im Gegensatz zu dinglichen Sicherheiten, die ihrem Inhaber ein prioritäres Zugriffsrecht auf Vermögensgegenstände des Schuldners gewähren, begründen Covenants keine dinglichen Sonderrechte am Schuldnervermögen, die nur den einen, aber nicht den anderen Gläubigern zugute kommen. Damit ist aber bereits der wichtigen Fallgruppe der Übersicherung die Grundlage entzogen. Aus dem gleichen Grund können ungesicherte Altgläubiger, d.h. solche Dritte, die bereits zum Zeitpunkt der Vereinbarung der Covenants Gläubiger des Schuldners waren, kaum negativ von Covenants betroffen sein.399 Die Wirkung der Covenants kann ihnen zugute kommen, aber nicht zum Schaden gereichen, da die Interessen der Altgläubiger mit denen des Covenants-berechtigten Gläubigers gleichlaufen: Beiden ist an einer Konservierung des Schuldnervermögens zur Sicherung ihrer Rückzahlungsansprüche gelegen. Zu einer „Täuschung“ von Altgläubigern über die Kreditwürdigkeit des Schuldners kann es durch die Vereinbarung von Covenants im Grunde nicht kommen, auch dann nicht, wenn der Kreditgeber mit ihrer Hilfe nur versucht, seinen Kredit zu retten.400 Allerdings gibt es auch Fallgestaltungen, bei denen der Schuldner vom Gläubiger zum Schaden dritter Gläubiger „gesteuert“ wird.401 Covenants sind daher nicht von vornherein gegen den Vorwurf der Gläubigergefährdung gefeit. Auch sie versuchen den Schuldner auf das persönliche Interesse des durch sie berechtigten Gläubigers zu verpflichten und ihm die Rücksicht auf die Interessen anderer Gläubiger unterzuordnen.

I. Neugläubiger Der „protektionistische“ Charakter der Covenants macht sie zu einer Gefahrenquelle für Neugläubiger. Zum einen deshalb, weil der Schuldner sein Vermögen BGHZ 10, 228, 233; Engert (2005), S. 70 f. Siehe Engert (2005), S. 67 m.w.N.; vgl. auch Köndgen, S. 146 f. 399 So ist auch Eidenmüller (1999), S. 146 ff. zu verstehen, der negative externe Effekte von Covenants vor allem mit dem bei Neugläubigern bestehenden Informationsdefizit begründet. 400 Vgl. Engert (2005), S. 174. Auch Engerts Begründung der Haftung wegen Gläubigergefährdung mit der Interessendivergenz zwischen informierten und uninformierten Gläubigern läuft auf eine Konzentration des Kreises der Anspruchsberechtigten auf Neugläubiger hinaus, vgl. S. 75 f., 162 ff. ebd. 401 Dazu ausführlich Engert (2005), S. 77 ff. 397 398

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nicht mehr uneingeschränkt zu ihren Gunsten mit Sicherheiten belasten darf. Zum anderen besteht die Gefahr, daß Neugläubiger in Unkenntnis des wahren Ausmaßes der Vermögensbindung dem Schuldner neuen Kredit gewähren und dadurch Schaden erleiden.402 Ein schützenswertes Interesse daran, daß der Schuldner sein Vermögen jederzeit und unbeschränkt zur Bestellung von Sicherheiten einsetzen kann, haben Neugläubiger jedoch nicht. Vielmehr steht es ihnen im Falle der Bindung des Schuldners an eine Negativklausel frei, Kredite entweder auf ungesicherter Basis zu gewähren, oder aber auf die Kreditvergabe zu verzichten.403 Dies setzt allerdings voraus, daß der Neugläubiger in Kenntnis der durch Covenants bewirkten Vermögensbindung seine Entscheidung trifft und sich nicht in der irrigen Annahme zur Kreditvergabe verleiten läßt, das Schuldnervermögen sei frei von solchen Bindungen. Dies ist nicht nur dann nicht gewährleistet, wenn das Unternehmen die Bindung aktiv verhehlt.404 Daher muß eine Haftung des Covenants-berechtigten Gläubigers aus § 826 BGB grundsätzlich in Betracht kommen, falls ein entsprechender Schädigungs- bzw. Täuschungsvorsatz besteht. Maßstab ist insoweit, ob wegen der besonderen Verhältnisse die Möglichkeit, daß Dritte geschädigt werden, so nahe liegt, daß sie sich den Vertragsparteien aufdrängen mußte.405 Allerdings ist die Gefahr einer Schädigung von Neugläubigern durch Covenants gering. Die Negativklausel entfaltet keine dingliche Wirkung und vermag daher einmal gewährte Sicherheiten nicht zu gefährden.406 Eine Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs des Neugläubigers durch Covenants würde überdies den unwahrscheinlichen Fall voraussetzen, daß die Gesellschaft gerade aufgrund des durch den Zweitkredit in Gang gesetzten Sanktionsmechanismus stark geschädigt wird. Schließlich sichert sich der Covenants-berechtigte Gläubiger vor der Gefahr einer Mithaftung wegen Gläubigertäuschung in der Regel dadurch ab, daß er den Schuldner in den Covenants zu einer Offenlegung gegenüber Neugläubigern verpflichtet.407 Ferner kann eine Gläubigergefährdung nicht mit dem Argument angenommen werden, der durch Covenants berechtigte Gläubiger müsse bei der Kreditgewährung damit rechnen, daß der Schuldner für die Geschäftsfortführung weitere KreVgl. Köndgen, S. 144 f.; Engert (2005), S. 75 f. Zutreffend Köndgen, S. 145. 404 An das Merkmal der Täuschung sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Insbesondere kommt es nicht darauf an, daß sich Gläubiger falsche Vorstellungen gemacht haben, vgl. Engert (2005), S. 70 f. Andererseits muß es überhaupt Gläubiger geben, die getäuscht werden können, vgl. Engert, ebd. 405 Vgl. die ständige Rechtsprechung RGZ 136, 247, 254 ff.; BGH NJW 1984, 728 f.; BGH WM 1998, 968, 970. 406 Siehe bereits oben § 5 B. II. 5. c). 407 Köndgen, S. 145. 402 403

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dite von Dritten benötigt, die ihm in Kenntnis der Vermögensbindung nicht gewährt würden.408 Kredite mit Covenants werden in aller Regel zu einem Zeitpunkt gewährt, in dem das Vermögen des Schuldners noch nicht in Gefahr und deshalb eine Schädigung Dritter fernliegend ist. In der Praxis kommt eine Haftung wegen Gläubigergefährdung nur in der Krise des Unternehmens in Betracht und werden Kreditgeber allenfalls dann haftbar gemacht, wenn sie die Krise in besonders mißbräuchlicher Weise ausnutzen.409

II. Faktische Geschäftsführung / sonstige Einflußnahmen durch den Kreditgeber In der Literatur wird gelegentlich angenommen, daß dem Covenants-berechtigten Gläubiger Risiken unter dem Gesichtspunkt der Gläubigergefährdung erwachsen können, wenn er den in die Krise geratenen Schuldner auf Grundlage der Covenants in Abhängigkeit bringt und ihn zum Nachteil anderer Gläubiger aus eigennützigen Motiven steuert.410 Hieran ist richtig, daß der Einfluß auf einen abhängigen und in die Krise geratenen Schuldner nicht zu Maßnahmen genutzt werden darf, die andere Gläubiger täuschen oder gefährden.411 Jedoch ist dieses ein allgemeines und nicht Covenants-spezifisches Problem. Denn sie selbst vermitteln dem Gläubiger den dazu notwendigen Grad an Einfluß nicht; so sind die bei Kästle beispielhaft aufgeführten Maßnahmen, wie etwa eine Übertragung von Entscheidungsbefugnissen auf Vertrauensleute des Kreditgebers, nicht in Covenants vorgesehen.412 Was Kästle im Blick zu haben scheint, ist die Erzwingung zusätzlicher, nicht in Covenants vorgesehener Rechte durch eine Kündigungsandrohung in der Krise des Schuldners. An dieser Stelle jedoch wird der unmittelbare Wirkungskreis der Covenants verlassen und begibt sich der Gläubiger in den Bereich der Ausnutzung eines wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses, ein in vielen Vertragsbeziehungen denkbares Verhalten. Dieses Vorgehen mag zwar rechtlich zu mißbilligen sein, ist aber nicht selbst in den Covenants angelegt und vermag diese daher nicht zu diskreditieren. Gegenstand dieser Arbeit sind jedoch nicht alle denkbaren Verhaltensweisen eines Gläubigers anläßlich einer Verletzung von Covenants. Fernliegend ist auch, daß Covenants mit der Rechtsprechung zur Haftung wegen faktischer Geschäftsführung in Berührung kommen.413 Danach kommt es auf das Vgl. OLG Zweibrücken, WM 1985, 86, 88. Vgl. Engert (2005), S. 131 f., der diese „Schutzlücke“ mit dem Bedürfnis der Kreditgeber nach Rechtssicherheit begründet. 410 Köndgen, S. 148 f.; Kästle, S. 125 ff., 140 ff. Allgemein zur „sittenwidrigen stillen Inhaberschaft“ Engert (2005), S. 77 ff. 411 Vgl. BGH WM 1956, 527, 529. 412 Kästle, S. 124 f. 408 409

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4. Kap.: Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

Gesamterscheinungsbild des Einflußnehmenden an; nicht erforderlich ist, daß der Handelnde die Geschäftsführung völlig verdrängt. Entscheidend ist, „daß der Betreffende die Geschicke der Gesellschaft – über die interne Einwirkung auf die satzungsmäßige Geschäftsführung hinaus – durch eigenes Handeln im Außenverhältnis maßgeblich in die Hand genommen hat.“414 Covenants vermitteln dem Gläubiger bereits im Ansatz nicht die für eine derartige Außenwirkung erforderliche Position im Unternehmen.415 Eine solche ist vielmehr wiederum nur durch eine Ausnutzung der prekären wirtschaftlichen Lage eines in die Krise geratenen Schuldners denkbar.416 Daher stellt sich das Problem der faktischen Geschäftsführung auch nicht in einer Form, die einer Behandlung im Rahmen der Erörterung der rechtlichen Probleme von Covenants bedürfte.417

E. Rechtslage in den USA Das Prinzip der Bankenhaftung (lender liability) ist, gestützt durch eine Fülle von Fallrecht, fest im amerikanischen Recht verankert.418 Neben der Haftung des Kreditgebers gegenüber dem Schuldner wegen treuwidrigen Verhaltens („violation of the duty of good faith and fair dealing“) kennt das amerikanische Recht auch eine Haftung wegen sonstiger schädigender Einflußnahme.419 Als Rechtsfolge kommt nicht nur eine Verpflichtung zur Schadensersatzleistung gegenüber dem Schuldner oder dritten Gläubigern, sondern auch die Rückstufung des Rückzahlungsanspruches der Bank im Rang hinter die Ansprüche anderer Gläubiger in Betracht (equitable subordination).420 Wie das deutsche Eigenkapitalersatzrecht knüpft auch das Prinzip der equitable subordination an die Unterscheidung des Status des Darlehensgebers als gesellschafterähnlich (insider) oder unbeteiligt (noninsider) an. Voraussetzung für die Rangrückstufung ist, daß der Darlehensgeber in dominanter und gläubigerschädigender Weise Einfluß auf die Geschäftsentscheidungen des Schuldners nimmt.421 Insgesamt wird die Schwelle des Einflusses des Kreditgebers auf den Schuldner, jenseits derer der Kreditgeber für eine Schädigung des Schuldners haftbar gemacht 413 Umfassend dazu mit Rechtsprechungsübersicht Engert (2005), S. 30 ff.; Eidenmüller (1999), S. 377 ff. und speziell für Covenants Köndgen, S. 145 ff. und Kästle, S. 144 ff. 414 BGH NZG 2005, 816. 415 In diese Richtung auch Engert (2005), S. 34. 416 So auch Wittig, WM 1996, 1381, 1390. 417 Vgl. aber Kästle, S. 144 ff. 418 Fischel, Yale L. J. (1989), 131 ff.; Bartlett / Lapatin, Mercer L. Rev. (1976), 639 ff.; Douglas-Hamilton, Bus. Law. (1975), 343 ff. 419 Zum Control-Konzept siehe auch die Ausführungen unten unter § 13 D. 420 Für Gesellschafterdarlehen siehe dazu bereits oben § 2 B. IV. 421 Matter of Clark Pipe & Supply Co., 893 F.2d. 693, 699 ff. (5th Cir. 1990).

§ 11 Abschichtung zum Zivilrecht

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werden kann, von der Rechtsprechung relativ hoch angesiedelt. Es wird das Recht eines jeden Darlehensgebers betont, die Schuldneraktivitäten nicht nur sorgfältig zu kontrollieren, sondern dem Schuldner auch Handlungsvorschläge zur Geschäftspolitik zu machen.422 Ferner wird erkannt, daß jeder Darlehensgeber durch die ihm nach dem Darlehensvertrag mögliche Kündigung ein gewisses Maß an Kontrolle über den Schuldner ausübt: „There is generally no objection to a creditor’s using his bargaining position, including his ability to refuse to make further loans needed by the debtor, to improve the status of his existing claims.“423

Die Gerichte verlangen daher eine darüber hinausgehende „total control“424, die den Schuldner in die Nähe der aus dem Durchgriffsrecht stammenden Figur der „mere instrumentality“ bringt.425 Erforderlich ist danach „the overwhelming ability to command the debtor’s obedience to his policy directives (the creditor’s) (in such a way) that there has been, to some extent, a merger of identity. Unless the debtor has become, in effect, the alter ego of the creditor, he will not be held to an ethical duty in excess of the morals of the marketplace.“426

Das danach für eine Kreditgeberhaftung zu fordernde Einflußpotential wird durch Covenants offenkundig unter normalen Umständen nicht vermittelt. Denkbar ist allenfalls, daß der Kreditgeber die Krise des Schuldners zu weiteren, faktischen Einflußnahmen ausnutzt, die die Schwelle zur „total control“ überschreiten.

F. Fazit Das vierte Kapitel hat gezeigt, daß den typischen, aus der amerikanischen Vertragspraxis stammenden Covenants nach deutschem Recht keine wesentlichen rechtlichen Hindernisse entgegenstehen, sofern man den Regulierungsanspruch des Zivil- und Gesellschaftsrechts auf eine deliktsrechtliche Ausübungskontrolle zurücknimmt und damit nicht nur den Interessen der Vertragsparteien Rechnung trägt, sondern auch der Rechtsnatur der Covenants als symbiotischer Vereinbarung zwischen Vertrag und Gesellschaft. Dies gelingt weitgehend im Rahmen des geltenden Rechts, ohne daß dazu auf Kunstgriffe wie teleologische Reduktionen oder gar umfassendere Bereichsausnahmen für symbiotische Vereinbarungen zurückgegriffen werden müßte. Klare Grenzen werden Covenants durch das Prinzip der Ver422 In re Teltronics Services, Inc., 29 B.R. 139, 172 (Bankr.E.D.N.Y. 1983): „There is nothing wrong with a creditor carefully monitoring his debtor’s financial situation or with suggesting what course of action the debtor ought to follow.“ 423 In re W.T. Grant Co., 699 F.2d. 609, 610 (2d Cir. 1983). 424 Matter of Clark Pipe & Supply Co., 893 F.2d. 693, 699 f. 425 Vgl. matter of Clark Pipe & Supply Co., 893 F.2d. 693, 699. 426 In re Teltronics Services, Inc., 29 B.R. 139, 171.

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4. Kap.: Rechtliche Schranken der Verwendung von Covenants

bandsautonomie und die zwingende gesellschaftsrechtliche Binnenordnung gesetzt. Davon betroffen ist sowohl die Möglichkeit des durch sie berechtigten Gläubigers, uneingeschränkt auf Erfüllung einzelner Covenants zu klagen, als auch die Möglichkeit, dem Kreditgeber in Covenants echte bzw. organschaftliche Weisungsoder Zustimmungsrechte in Bereichen einzuräumen, die in die Zuständigkeitshoheit der Gesellschaftsorgane fallen. Von diesen Ausnahmen abgesehen begegnen Covenants selbst dann keinen Bedenken, wenn diese ihre Wirkungen im zwingenden Zuständigkeitsbereich von Gesellschaftsorganen in der Weise entfalten, daß sie an die Wahrnehmung bestimmter Rechte durch die dafür zuständigen Gesellschaftsorgane weitgehende Sekundäransprüche knüpfen. Das durch vertragliche Sekundäransprüche vermittelte Potential einer Einflußnahme Dritter auf das Innenleben der Gesellschaft ist grundsätzlich nicht unter dem Gesichtspunkt von Rechtsprinzipien zu beanstanden, die die Wahrung der Autonomie der Gesellschaft und seiner Organe zum Gegenstand haben. In zivilrechtlicher Hinsicht genügen Covenants im Regelfall den Wirksamkeitsanforderungen, die sich unter dem Aspekt der Schuldnerknebelung und Gläubigergefährdung ergeben. Dafür entscheidend ist, daß sie die wirtschaftliche Handlungsfreiheit nicht übermäßig beeinträchtigen, neben den Interessen des Kreditgebers auch den Schuldner- und Drittgläubigerinteressen genügend Raum geben und vor allem in einem angemessenen Verhältnis zu dem vom Kreditgeber übernommenen Kreditrisiko stehen. Darüber hinaus vermeiden sie die prekäre Kumulation von dinglicher Sicherung und Gläubigerkontrolle. Im übrigen unterliegt auch der Covenants-berechtigte Gläubiger den allgemeinen zivilrechtlichen Haftungsrisiken, die sich aus einer übermäßigen faktischen Einflußnahme auf den Schuldner in Krisen- und Sanierungsfällen ergeben. Mit Rücksicht auf die symbiotische Natur der Vertragsbeziehung beschränkt sich diese Ausübungskontrolle jedoch auf Fälle evidenten Mißbrauchs der durch Covenants errichteten asymmetrischen Steuerung. Damit wandelt sich die Blickrichtung: Diese „Ausbrecher“ überschießender Eingriffsintensität sind nicht als ein genuin Covenants-spezifisches Problem aufzufassen, sondern fügen sich in die klassischen Fallgruppen der Kreditgeberhaftung ein. Diese beschränken vor allem die Einflußnahme des Gläubigers in Krisen, wo sie den Gläubiger umso stärkeren Haftungsrisiken aussetzen, je engagierter dieser Sanierungsbemühungen betreibt.427 Darunter kann im Einzelfall auch die Effektivität von Covenants leiden, wenn Haftungsrisiken den Gläubiger vorschnell zur Kreditkündigung veranlassen und ihn davon abhalten, Covenants gezielt zu einer förderlichen Einwirkung auf den in der Krise befindlichen Schuldner zu nutzen. Diese Erschwerung privater Sanierungsbemühungen ist ein Indiz dafür, daß das Potential einer stärkeren Gläubigerkontrolle des Managements durch Covenants in Deutschland noch nicht in dem Maße ausgeschöpft ist, wie dies aus Sicht der Corporate Governance wünschenswert wäre. Der Gesetzgeber ist aufgefordert, hier die erforderlichen Rahmenbedingungen zu 427

Thießen, ZBB 1996, 19, 31 f.

§ 11 Abschichtung zum Zivilrecht

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schaffen, um die Gläubiger zu einem stärkeren Engagement bei Sanierungsbemühungen im Vorfeld der Insolvenz zu ermutigen und damit die „Insolvenzlastigkeit“ der Sanierungstätigkeit zu reduzieren. Das Ergebnis der rechtlichen Implementierbarkeit von Covenants in Vertragsbeziehungen, die deutschem Recht unterliegen, ist allerdings ein vorläufiges; es steht unter dem Vorbehalt, daß sich auch aus der folgenden konzernrechtlichen Beurteilung keine rechtlichen Schranken ergeben.

5. Kapitel

Abschichtung zum Konzernrecht Die vorstehenden Kapitel haben die symbiotische Natur der Covenants offenbart. Es ist festgestellt worden, daß Covenants die schuldrechtliche Ebene zwar nicht verlassen, insbesondere nicht satzungsgleich in die Organisation der Gesellschaft eingreifen. Von normalen Austauschverträgen unterscheiden sie sich dennoch durch ihr Ziel, die interne Organisation und Geschäftspolitik des Schuldners auf das Gläubigerinteresse auszurichten und zu verpflichten. Sie stehen daher zwischen reinem Austauschvertrag und gesellschaftsvertraglicher Organisation. In diesem Kapitel wird den Konsequenzen nachgegangen, die daraus aus konzernrechtlicher Sicht folgen. Wird die Grenze zwischen Austausch- und Unternehmensvertrag überschritten? Wird durch die asymmetrische Steuerungsmacht des Covenants-berechtigten Gläubigers und die damit verbundene Einengung des unternehmerischen Freiraums des Schuldners eine konzernrechtlich relevante Abhängigkeitslage geschaffen? Sind symbiotische Finanzierungsverträge nach Sinn und Zweck des Unternehmensvertragsrechts überhaupt von dessen Regelungsanspruch erfaßt? Neben einer Betrachtung von Covenants unter unternehmensvertragsrechtlichen Gesichtspunkten sind daher auch die an eine Abhängigkeit des Schuldners anknüpfenden Institute des Konzernrechts, insbesondere das des faktischen Konzerns, näher zu untersuchen. Die Möglichkeiten des Gläubigers, unter Ausnutzung des Einflußpotentials der Covenants schädigend in die Gesellschaft einzugreifen, rechtfertigen zudem ein Eingehen auf die frühere Rechtsprechung zum qualifiziert faktischen Konzern und die an ihre Stelle getretene neue Rechtsprechung zum existenzvernichtenden Eingriff.

§ 12 Covenants und das Recht der Unternehmensverträge A. Beherrschungsvertragliche Dimension von Covenants Im vierten Kapitel ist die Vereinbarkeit von Covenants mit der Verbandssouveränität untersucht worden, wobei auch kurz auf einige Wesensmerkmale des Beherrschungsvertrages eingegangen wurde.1 Damit sollte einer vertieften Auseinander1

Siehe oben § 10 B. II. 1. b).

§ 12 Covenants und das Recht der Unternehmensverträge

373

setzung allerdings weder vorgegriffen, noch eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob Covenants beherrschungsrechtliche Qualität aufweisen. Die Frage, welche Mindestanforderungen an den Inhalt des Beherrschungsvertrages zu stellen sind, ist streitig.2 Muß die Übertragung der Leitungsmacht in der Form des Weisungsrechts im Sinne von § 308 AktG geschehen oder sind auch atypische Gestaltungen denkbar? Und wenn man im Bereich des Weisungsrechts Raum für privatautonome Gestaltungen zuläßt, gilt dies auch für den Umfang, in dem das beherrschte Unternehmen der Leitung des herrschenden unterstellt wird, mit anderen Worten, muß der Leitungstransfer umfassend sein oder ist es ausreichend, wenn einzelne Leitungsfunktionen übertragen werden? Diese Auseinandersetzung entzündet sich gerade an solchen schuldrechtlichen Verträgen, die, wie Covenants eine Einflußnahme Dritter im Unternehmen begründen, ohne weder der Form nach noch inhaltlich einem typischen Beherrschungsvertrag zu entsprechen. Läßt man auch im Bereich der Beherrschungsverträge privatautonome Gestaltungsfreiheit zu, so kommt man nicht umhin, auch symbiotische Finanzierungsverträge von Beherrschungsverträgen abzugrenzen.

I. Gesetzestypischer Beherrschungsvertrag? Durch den Beherrschungsvertrag unterstellt eine Aktiengesellschaft die Leitung ihrer Gesellschaft einem anderen Unternehmen (§ 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG). Das Gesetz begnügt sich mit dieser sehr abstrakten Definition des Beherrschungsvertrages und enthält im übrigen keinen konkreten Hinweis auf seine inhaltlichen Mindestanforderungen. Lediglich das Verfahren seines Abschlusses, das Weisungsrecht in § 308 AktG sowie der Leitungsbegriff des § 18 AktG können als Eckpunkte einer Typisierung herangezogen werden. In der Literatur wird ausgehend von diesem Datum zwischen „typischen“ und „atypischen“ Beherrschungsverträgen unterschieden.3 Diese, auf den ersten Blick begriffliche Diskussion erscheint schwer nachvollziehbar, sind doch bereits die notwendigen inhaltlichen Bestandteile des gesetzestypischen Beherrschungsvertrages ungeklärt und heftig umstritten.4 Die terminologische Differenzierung zwischen typischem und atypischem Vertrag läßt sich noch am ehesten am Merkmal des Weisungsrechts festmachen. Der gesetzestypische Beherrschungsvertrag sieht vor, daß das herrschende Unternehmen berechtigt ist, dem beherrschten Unternehmen Weisungen zu erteilen (§ 308 AktG). Jeder Vertrag, der dieses Recht nicht ausdrücklich vorsieht oder gar ausschließt, wäre danach ein „atypischer Beherrschungsvertrag“.5 2 Überblick zum Meinungsstand bei Hüffer, § 291, Rdn. 10; eingehend Veil (2003), S. 12 ff., 232 ff. 3 Hüffer, § 291, Rdn. 14; KK / Koppensteiner, § 291, Rdn. 24 ff. 4 Ähnlich Hüffer, § 291, Rdn. 10, 14.

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5. Kap.: Abschichtung zum Konzernrecht

Eine entsprechende Kategorisierung wird teilweise auch für Modifikationen der gegenständlichen Reichweite der Leitungsmacht vorgenommen. Die Vertreter, die eine umfassende Leitung des gesamten Unternehmens verlangen, sehen jede Gestaltung, die nur einzelne Teilbereiche der fremden Leitung unterstellt, als „atypisch“ oder gar unzulässig an.6 Ungeachtet der im Einzelfall bestehenden, sich aus Mittel und Umfang der Einflußnahme ergebenden Einflußdichte, werden sich äußerlich nicht als Beherrschungsverträge darstellende Schuldverträge wenn überhaupt nur als atypische Beherrschungsverträge diskutiert.7 Auch phänomenologische Kriterien spielen für die Abgrenzung somit eine wichtige Rolle. Hinzu kommt, daß die Vertragspartner der hier in Rede stehenden Vertragsbeziehungen i.d.R. voneinander unabhängige Unternehmen sind. Zwar ist eine bereits bestehende Abhängigkeit des beherrschten vom herrschenden Unternehmen im Sinne von § 17 AktG keine tatbestandliche Voraussetzung eines Beherrschungsvertrages; dieser kann vielmehr auch dazu dienen, auf vertraglichem Wege die Leitungsmacht über ein unabhängiges Unternehmen zu begründen.8 Letztere Konstellation ist allerdings mehr von theoretischer als von praktischer Bedeutung, ist doch schon im Hinblick auf das Mehrheitserfordernis des § 293 AktG kein Grund dafür zu erkennen, warum sich ein unabhängiges Unternehmen freiwillig der fremden Leitung durch ein anderes Unternehmen unterstellen sollte.9 Vielmehr dient der gesetzestypische Beherrschungsvertrag in erster Linie der rechtlichen Absicherung bereits bestehender Herrschaftsmacht.10 Danach steht jedoch bereits fest, daß Covenants-gestützte Kreditverträge die Anforderungen des gesetzestypischen Beherrschungsvertrages im engeren Sinne nicht erfüllen. Denn neben der Tatsache, daß Covenants – jedenfalls im Regelfall – zwischen unabhängigen Unternehmen vereinbart werden, liegt ein solcher aus einer Reihe von Gründen bereits der Form nach nicht vor: Zunächst fehlt es an einer Kennzeichnung des Vertrages als Beherrschungsvertrag. Wenn auch mittlerweile weitgehend Einigkeit darüber besteht, daß die Bezeichnung des Vertrages nicht entscheidend für seine Einordnung sein kann11, pflegen Beherrschungsverträge oft als solche bezeichnet zu werden. Ferner ist das Beherrschungsverträgen wesensmäßige Weisungsrecht im Sinne von § 308 AktG nicht zu erkennen. Auch wenn ein ausdrückliches Weisungsrecht Vgl. KK / Koppensteiner, § 291, Rdn. 24. KK / Koppensteiner, § 291, Rdn. 49. 7 Vgl. KK / Koppensteiner, § 291, Rdn. 24. 8 Vgl. Windbichler, ZIP 1987, 825, 828; Emmerich / Habersack, § 291, Rdn. 10. 9 Windbichler in GroßkommAktG, § 17, Rdn. 35; skeptisch auch Emmerich / Habersack, § 291, Rdn. 10. 10 Bayreuther, S. 355. 11 Hüffer, § 291, Rdn. 12 f.; Emmerich / Habersack, § 291, Rdn. 17; MüKoAktG / Altmeppen, § 291, Rdn. 44 f. 5 6

§ 12 Covenants und das Recht der Unternehmensverträge

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nach h.M. nicht zu verlangen ist, wird zumindest eine vergleichbare direkte Einwirkungsmöglichkeit des herrschenden auf das beherrschte Unternehmen vorausgesetzt.12 Bei den hier in Rede stehenden symbiotischen Kreditverträgen wird ein Weisungsrecht weder ausdrücklich vereinbart noch läßt sich ein Äquivalent in den auf viele Klauseln verstreuten, verschiedenen Formen der Eingriffsmöglichkeiten des Gläubigers sehen. Das typische Weisungsrecht des § 308 AktG sieht nicht nur eine potentielle Weisungsmöglichkeit in prinzipiell allen Unternehmensbereichen vor, sondern vor allem auch zu jeder Zeit.13 Selbst wenn man in Covenants potentielle Eingriffsmöglichkeiten in die zentralen Unternehmensbereiche sehen will, ermöglichen sie aufgrund der Bindung ihrer Rechtsfolgen an vorher festgelegte events of defaults jedenfalls keine zeitlich unbeschränkte Weisungsbefugnis. Vielmehr gewähren sie abstrakte Einflußnahmemöglichkeiten anläßlich von vertraglich festgelegten Ereignissen, deren tatsächlicher Eintritt ungewiß ist. Darüber hinaus ist Weisungsempfänger der Vorstand der abhängigen Gesellschaft, der zur Befolgung der Weisungen verpflichtet ist (§ 308 Abs. 2 S. 1 AktG). Damit schränkt das Weisungsrecht den Vorstand mit organisationsrechtlicher Wirkung in seiner Leitungsmacht ein und bindet ihn als Organ.14 Diese Wirkung steht im Gegensatz zu der von Covenants, die mangels korporativen Charakters keine Organbindung besitzen und dem Vorstand die Freiheit belassen, sich vertragswidrig zu verhalten.15 Ferner wird der symbiotische Finanzierungsvertrag allein vom Vorstand und nicht, wie für den Beherrschungsvertrag vorgeschrieben, unter Beteiligung der Hauptversammlung abgeschlossen (vgl. § 293 AktG). Schließlich enthalten die in Rede stehenden Kreditverträge keine der in §§ 300 Nr. 3, 304, 305 AktG für den Beherrschungsvertrag vorgesehenen Regelungen zum Schutz der außenstehenden Aktionäre und Gläubiger. Für den gesetzestypischen Beherrschungsvertrag sieht § 304 Abs. 3 AktG aber für den Fall der Nichtaufnahme einer Abfindungsklausel die Nichtigkeit des Vertrages vor. Dieser Folge kann nur dann entgangen werden, wenn man symbiotische Finanzierungsverträge nicht als gesetzestypische Beherrschungsverträge, sondern allenfalls als atypische Beherrschungsverträge ansieht.16 Diese phänomenologischen Argumente leiden zwar unter einer gewissen Zirkelschlüssigkeit, sollen aber an dieser Stelle nur dazu dienen, das Vorliegen eines dem KK / Koppensteiner, § 291, Rdn. 22, 23. Dies wird zwar nirgends explizit ausgesprochen, ergibt sich jedoch implizit aus der Natur des Weisungsrechts als einem Recht zur Veranlassung des Weisungsempfängers zu einem Tun oder Unterlassen, um damit die Gesellschaft in eigener Initiative zu beeinflussen, vgl. KK / Koppensteiner, § 308, Rdn. 22 f. 14 MüKoAktG / Altmeppen, § 308, Rdn. 32. Die persönliche Haftung des Vorstands für die Erfüllung der Weisung ist freilich umstritten, vgl. MüKoAktG / Altmeppen, § 308, Rdn. 64 ff. 15 Siehe oben § 10 B. I. 1. und § 10 B. II. 1. c). 16 Vgl. Emmerich / Habersack, § 291, Rdn. 10, § 304, Rdn. 12. 12 13

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5. Kap.: Abschichtung zum Konzernrecht

gesetzlichen Leitbild entsprechenden Beherrschungsvertrages zu verneinen. Dies schließt das Vorliegen eines atypischen Beherrschungsvertrages noch nicht aus. Damit werden die aktienrechtlichen Vorschriften über den Beherrschungsvertrag auch nicht in unzulässiger Weise umgangen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die für Beherrschungsverträge vorgeschriebenen aktionärs- und gläubigerschützenden Sicherungsregeln nach ihrem Zweck auch auf symbiotische Finanzierungsverträge anzuwenden wären, worauf an späterer Stelle einzugehen ist.17 Sollte sich jedoch ihre Entbehrlichkeit erweisen, so besteht kein Grund, symbiotische Finanzierungsverträge nicht als atypische Beherrschungsverträge oder sonstige Unternehmensverträge zuzulassen. Das Unternehmensvertragsrecht gibt mit seinen verschiedenen Graden unternehmerischen Fremdeinflusses und damit korrespondierenden Schutzmechanismen zu erkennen, daß es auf vertragliche Abstufungen des Fremdeinflusses durchaus flexibel reagieren will.18

II. Atypischer Beherrschungsvertrag Nachdem das Vorliegen eines typischen Beherrschungsvertrages abgelehnt worden ist, fragt sich, ob Covenants-gestützte Finanzierungsverträge als atypische Beherrschungsverträge erfaßt werden können. In dem Bestreben, die vielfältigen Vertragsgestaltungen der Praxis in das Konzernrecht einzubinden, sind Lehre und Rechtsprechung um eine Ausweitung des Beherrschungsbegriffs bzw. um analoge Anwendungen auf vergleichbare Konstellationen bemüht. Insbesondere die Möglichkeit atypischer Gestaltungen des Weisungsrechts sowie die – bestrittene – Möglichkeit seiner Begrenzung auf Teilbereiche des Unternehmens läßt Raum für die Einbeziehung schuldrechtlicher Verträge mit beherrschungsrechtlichem Charakter in das System der §§ 291 ff. AktG.19 Für die Frage nach der Anwendbarkeit beherrschungsvertraglicher Regelungen auf Covenants sind somit folgende Punkte entscheidend. Zunächst ist zu klären, ob die im Rahmen von Beherrschungsverträgen bestehende Organisationsautonomie so flexibel ist, daß sie die Einbeziehung der Covenants als Gestaltungsvariante in das System der Beherrschungsverträge erlaubt. Erst wenn diese Frage bejaht wird, ist zu entscheiden, ob Covenants die materiellen Mindestvoraussetzungen eines Beherrschungsvertrages erfüllen. Gegebenenfalls ist zu erörtern, ob die Anwendung der für Beherrschungsverträge vorgeschriebenen Regelungen zur Beteiligung der Hauptversammlung sowie zur Sicherung der Gläubiger und Aktionäre auf Covenants verzichtbar ist.20 Wird dies verneint, kann nur eine Anwendung der GrundDazu Veil (2003), S. 227 ff., 284 ff. Vgl. Veil (2003), S. 228 f. 19 Vgl. KK / Koppensteiner, § 291, Rdn. 24 ff.; Emmerich / Habersack, § 291, Rdn. 24 ff. 20 Veil (2003), S. 227 ff. plädiert dafür, über die Anwendbarkeit der Schutzregeln im Einzelfall anhand von Schutzzweckerwägungen zu entscheiden. 17 18

§ 12 Covenants und das Recht der Unternehmensverträge

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sätze des fehlerhaften Beherrschungsvertrages Covenants vor der Nichtigkeitsfolge bewahren.21 1. Grenzen der Gestaltungsfreiheit im Bereich der Beherrschungsverträge Nach verbreiteter Meinung vor allem im älteren Schrifttum stellen die beherrschungsvertraglichen Regelungen ein im wesentlichen geschlossenes System dar, das der privatautonomen Gestaltungsfreiheit der Parteien Grenzen setzt. Danach kann ein Unternehmen nur aufgrund eines Beherrschungsvertrages fremder Leitung unterstellt werden. Andere Vertragsarten kommen hierfür grundsätzlich nicht in Frage. Diese Exklusivität soll der Gesellschaft ein Mindestmaß an Eigenständigkeit garantieren und eine Aushöhlung der in § 76 AktG verorteten Autonomie der Gesellschaft vermeiden.22 Hingewiesen wird auch auf die drohende Rechtsunsicherheit, die mit einer großzügigen Zulassung atypischer Gestaltungen einhergeht.23 Die Rechtsprechung und der überwiegenden Teil der Literatur erkennen jedoch auch im Bereich der Beherrschungsverträge atypische Gestaltungen an, wenn auch die Meinungen über den Umfang der Disponibilität auseinandergehen.24 Die hier interessierende Frage, inwieweit sich äußerlich als schuldrechtliche Austauschverträge darstellende Vertragsverhältnisse als Beherrschungsverträge aufgefaßt werden können, wird allerdings äußerst zurückhaltend beantwortet. Die h.M. scheint Gestaltungsfreiheit grundsätzlich nur im Rahmen solcher Vertragsbeziehungen zu erlauben, deren Zweck darauf gerichtet ist, daß die Gesellschaft ihr Unternehmen nicht mehr selbst oder nach Weisungen des anderen Vertragsteils betreibt. Die Anwendung der §§ 291 ff. AktG auf Verträge, die sich nicht nur äußerlich als Austauschverträge darstellen, sondern auch von den Parteien als solche gewollt sind und keinen Übergang der Betriebsführung bezwecken, wird dagegen überwiegend für ausgeschlossen gehalten.25 21 Dazu grundlegend KK / Koppensteiner, § 297, Rdn. 51 ff.; Emmerich / Habersack, § 291, Rdn. 28 ff. 22 Vgl. Ballerstedt, ZHR 1973, 388, 392 f.; Dierdorf, S. 152. 23 KK / Koppensteiner, § 291, Rdn. 25. 24 Vgl. BGH BB 1979, 1735, 1737; KK / Koppensteiner, § 291, Rdn. 24 ff.; Emmerich / Habersack, § 291, Rdn. 19 ff. 25 Das scheint auch der Stand der Rechtsprechung zu sein, vgl. die unten näher dargestellte SSI-Entscheidung des BGH, BGHZ 122, 211 ff. In Sachen „Autokran“ wies der BGH darauf hin, daß eine ausgeprägte Abhängigkeitsbeziehung nicht als konkludenter Abschluß eines Beherrschungsvertrages verstanden werden könne, weil dies den Förmlichkeiten der §§ 293 f. AktG sowie den Interessen der Parteien widerspreche, BGHZ 95, 330, 342. Bayreuther, S. 246 f. hält eine Anwendung beherrschungsvertraglicher Regelungen auf Schuldverträge nur in Extremfällen und nur dann für möglich, wenn man dem Aktienkonzernrecht einen sehr engen Rechtsformzwang unterstellen würde; vgl. auch KK / Koppensteiner, § 291, Rdn. 41.

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5. Kap.: Abschichtung zum Konzernrecht

Im Schrifttum findet sich jedoch auch die gegenteilige Auffassung, wonach komplexe Vertragsgestaltungen mit hohem Organisationsgrad als Beherrschungsverträge in Betracht zu ziehen sind.26 a) Die Lösung Dierdorfs Für die Möglichkeit einer beherrschungsvertraglichen Qualifikation eines atypischen Kreditvertrages hat sich bislang lediglich Dierdorf ausgesprochen.27 Voraussetzung sei jedoch, daß sich der Einfluß des Kreditgebers in Form von Zustimmungsrechten nahezu auf die gesamte Geschäftsführung erstrecke. Dieser Fall läge vor, wenn die Gesellschaft in mindestens einem wesentlichen Unternehmensbereich keine Entscheidungen mehr ohne die Zustimmung des Kreditgebers treffen kann. Als Beispiel nennt Dierdorf eine Vereinbarung, nach der die Gesellschaft ihre Entscheidungen über Art und Umfang der Produktion nur im Einvernehmen mit dem Kreditgeber treffen kann.28 Veil lehnt die Argumentation Dierdorfs mit der Begründung ab, der Kreditgeber sei auch bei einer entsprechenden atypischen Vertragsgestaltung weder berechtigt noch in der Lage, die Gesellschaft in nachteiliger Weise zu leiten.29 Er hält daher allenfalls eine Einordnung des atypischen Kreditvertrages als sonstigen Unternehmensvertrag für denkbar.30 Eine beherrschungsvertragliche Qualifikation kann allerdings wegen § 308 Abs. 1 S. 2 AktG nicht schon damit verneint werden, daß der Kreditgeber nicht zu einer nachteiligen Leitung imstande ist. Gesteht man mit Veil den Parteien auch im Bereich des Beherrschungsvertrages weitgehende Vertragsfreiheit zu31, so läßt sich mit dieser Begründung eine Unanwendbarkeit des Beherrschungsvertragsrechts auf Kreditverträge nicht rechtfertigen. Vielmehr sind die Grenzen einer Organisationsautonomie anhand der strukturbildenden Merkmale des Beherrschungsvertrages auszuloten. b) Flexibilität des Weisungsbegriffs Der Beherrschungsvertrag berechtigt den herrschenden Vertragsteil, dem abhängigen Unternehmen Weisungen im Sinne des § 308 AktG zu erteilen. Covenants 26 Vgl. für Just-in-Time Verträge Nagel, DB 1988, 2291, 2293 f.; Martens, S. 13 ff.; Dierdorf, S. 117 ff.; Emmerich / Habersack, § 291, Rdn. 24, der eine beherrschungsvertraglichen Qualifikation von Covenants für denkbar hält. 27 Dierdorf, S. 147 ff. Andeutungen für eine entsprechende Qualifikation finden sich noch bei Emmerich / Habersack, § 291, Rdn. 24 f., die diese Frage jedoch offenlassen. 28 Dierdorf, S. 149 f. 29 Veil (2003), S. 284 f. 30 Veil (2003), S. 284 f. 31 Vgl. Veil (2003), S. 233 f., 235 ff., 243 f.

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sehen ein dem § 308 AktG vergleichbares formales Weisungsrecht nicht vor. Fraglich ist daher, ob und inwieweit das Weisungsrecht der Gestaltungsfreiheit der Parteien zugänglich ist. Unproblematisch ist zunächst das Fehlen eines ausdrücklichen Weisungsrechts, da die h.M. und die Rechtsprechung nicht die ausdrückliche Vereinbarung eines formalen Weisungsrechts im Sinne von § 308 AktG verlangen.32 Allerdings müßten sich aus dem Vertrag zumindest indirekte Einwirkungsmöglichkeiten ergeben, die dem des formalen Weisungsrechts im Sinne von § 308 AktG gleichkommen.33 Ob die in Covenants bestehenden Einwirkungsmöglichkeiten dem Weisungsrecht solchermaßen gleichkommen, ist allerdings fraglich. Hervorzuheben ist insbesondere, daß das dem Weisungsrecht eigentümliche Initiativrecht des Weisenden bei Covenants völlig fehlt, ein Eingreifen auf der Grundlage von Covenants vielmehr ein vorheriges Fehlverhalten des Schuldners als auslösendes Moment voraussetzt. Das Fehlen eines dem § 308 AktG entsprechenden Weisungsrecht in Covenants wäre dann unproblematisch, wenn die Vertragsparteien es vollständig abbedingen könnten. Diese Möglichkeit wird von Geßler unter Hinweis auf die in § 308 Abs. 1 S. 2 AktG vorgesehene Möglichkeit des Ausschlusses nachteiliger Weisungen bejaht; daraus sei zu schließen, daß das Gesetz das Weisungsrecht insgesamt zur Disposition stelle.34 Es sei mit Sinn und Zweck des Unternehmensvertragsrechts vereinbar, den Parteien bei unverändertem Schutzumfang der außenstehenden Aktionäre den Ausschluß des Weisungsrechts zu gestatten, wenn diese daran ein Interesse besäßen. Ein praktisches Bedürfnis dafür bestehe etwa dort, wo die Vorschriften über die Vermögensbindung und die Erstellung eines Abhängigkeitsberichts vermieden werden sollen (§ 291 Abs. 3 AktG). Der Ansicht Geßlers ist zu widersprechen. Steht nach oben Gesagtem fest, daß die Übertragung von Leitungsmacht zum Wesen des Beherrschungsvertrages gehört, so bedarf es auch eines Ventils, durch das sich diese fremde Leitungsmacht im Unternehmen entfalten kann. Schließen die Parteien ein Weisungsrecht generell aus, so geben sie damit zu erkennen, daß eine Unterstellung des Unternehmens unter fremde Leitung nicht gewollt ist. Schon um Abgrenzungsschwierigkeiten zu den sonstigen Unternehmensverträgen zu vermeiden, kann eine solche Gestaltungsvariante nicht einem Beherrschungsvertrag gleichgestellt werden. Veil hat auch zu Recht darauf hingewiesen, daß es sich bei dem Eingriff in die Leitungsund Finanzverfassung (vgl. § 291 Abs. 3 AktG) um zwei korrespondierende Bestandteile des Beherrschungsvertrages handelt.35 Da der Eingriff in die Finanzverfassung auf der Leitungsmacht des fremden Unternehmens beruhe, könne § 291 Abs. 1 AktG keinen Vertrag legitimieren, der isoliert die Kapitalbindungsvorschrif32 33 34 35

KK / Koppensteiner, § 291, Rdn. 23. KK / Koppensteiner, § 291, Rdn. 23. Geßler / Hefermehl, § 291, Rdn. 53. Veil (2003), S. 235 f.; ebenso Emmerich / Habersack, § 291, Rdn. 23.

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ten außer Kraft setzen soll, also allein dem Zweck dient, § 291 Abs. 3 AktG zur Anwendung zu bringen.36 Andererseits müssen die Vertragsparteien auch nicht zwingend ein vollumfängliches Weisungsrecht vereinbaren, das dem des § 308 AktG gleichkommt. Die Regelung des § 308 AktG, die nur die Rechtsfolge eines Beherrschungsvertrages normiert, taugt nicht dazu, die inhaltlichen Voraussetzungen des Beherrschungsvertrages festzulegen.37 Vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, daß die Parteien Abstufungen des Weisungsrechtes vereinbaren können.38 Steht fest, daß das Weisungsrecht zwar nicht vollständig ausgeschlossen, das herrschende Unternehmen aber auch nicht gezwungen werden kann, das Potential der Konzernleitungsmacht voll auszuschöpfen, muß die Lösung in der Mitte liegen. Dabei sollte die konkrete Form des Weisungsrechts oder seines Substituts nicht überbewertet werden. Es ist zu berücksichtigen, daß das Weisungsrecht nur das Mittel ist, durch das sich der Leitungstransfer vollzieht. Entscheidendes Gewicht kommt im Hinblick auf § 18 Abs. 1 S. 2 AktG der Frage zu, ob der in Rede stehende Vertrag die Durchsetzung fremder Leitung in einem Ausmaß ermöglicht, die die unwiderlegliche Konzernvermutung des Beherrschungsvertrages rechtfertigt.39 Für den weiteren Gang der Untersuchung ist zunächst festzuhalten, daß das Weisungsrecht grundsätzlich der vertraglichen Ausgestaltung durch die Parteien zugänglich ist und insbesondere auch eingeschränkt werden kann. c) Flexibilität des Leitungsbegriffs Der Begriff der „Leitung“ wird in § 291 Abs. 1 S. 1 AktG nicht eigenständig definiert, woraus gefolgert wird, daß er an den Leitungsbegriff des § 76 AktG anknüpft.40 Leitung wird regelmäßig umschrieben als ein herausgehobener Teilbereich der Geschäftsführung, der insbesondere die Bereiche der Unternehmensplanung und -koordination, sowie die Besetzung der Führungsstellen umfaßt.41 Im Rahmen der Finanz- und Investitionsplanung sowie der sonstigen Geschäftspolitik sind Entscheidungen von einigem Gewicht zu den Leitungsaufgaben zu zählen.42 Veil (2003), S. 235 f.; a.A. Geßler / Hefermehl, § 291, Rdn. 53. Vgl. MüKoAktG / Altmeppen, § 291, Rdn. 54 ff. 38 Veil (2003), S. 236 f.; MüKoAktG / Altmeppen, § 291, Rdn. 94 ff.; zu eng daher KK / Koppensteiner, § 291, Rdn. 23 ff. 39 Ähnlich KK / Koppensteiner, Rdn. 29. 40 Hüffer, § 291, Rdn. 10. 41 Dies ist nicht ganz unstrittig: Teilweise wird die Leitungsmacht auch mit der „Geschäftsführung“ im Sinne von § 77 AktG gleichgesetzt, so etwa Geßler / Hefermehl, AktG, § 76, Rdn. 10. Die h.M., der hier gefolgt wird, nimmt jedoch unter Hinweis auf den bewußt unterschiedlichen Wortlaut in §§ 76, 77 AktG den hier vertetenen Standpunkt ein, vgl. Hüffer, § 76, Rdn. 7 ff., Kort in GroßkommAktG, § 76, Rdn. 28 f. 36 37

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Umstritten ist die Frage nach der für einen Beherrschungsvertrag zu verlangenden gegenständlichen Reichweite der fremden Leitung. Teilweise wird nur die umfassende Leitung sämtlicher Unternehmensbereiche als ausreichend angesehen.43 Dies wird mit der unwiderleglichen Vermutung des § 18 Abs. 1 S. 2 AktG begründet, wonach die Parteien eines Beherrschungsvertrages unter „einheitlicher Leitung“ zusammengefaßt anzusehen sind. Diese Auffassung schränkt eine Ausdehnung der beherrschungsvertraglichen Regelungen auf atypische Vertragsgestaltungen stark ein. Nach h.M. setzt der Begriff der einheitlichen Leitung dagegen voraus, daß zumindest ein wesentlicher Unternehmensbereich einheitlich gesteuert wird, und damit eine auf das Gesamtinteresse der Unternehmen ausgerichtete Zielkonzeption verwirklicht werden kann.44 Richtigerweise läßt sich der vagen gesetzlichen Begriffsbestimmung ein derart enges Verständnis des Leitungsbegriffs jedoch nicht entnehmen. Zweck des § 18 AktG ist in erster Linie die Definition des Konzernbegriffs, um im zweiten Schritt eine Anwendung all derjenigen Vorschriften zu ermöglichen, die an das Bestehen eines Konzerns anknüpfen.45 Schon aus seiner Stellung im Abschnitt über Abhängigkeit folgt, daß es nicht Zweck der Vorschrift ist, inhaltliche Aussagen über einen Beherrschungsvertrag zu machen.46 Durch Abweichungen vom gesetzlichen Leitbild werden die Aktionäre des herrschenden Unternehmens auch nicht unzulässig benachteiligt. An dem von Koppensteiner zum Schutz der Aktionäre des herrschenden Unternehmens propagierten Synallagma zwischen Konzernleitungsmacht und Schutzinstrumenten fehlt es schon deshalb, weil § 308 AktG ausdrücklich den Ausschluß nachteiliger Weisungen erlaubt, das herrschende Unternehmen aber auch in diesem Fall den Schutzvorschriften zugunsten der Gläubiger und außenstehenden Aktionäre unterworfen bleibt .47 Vielmehr scheint § 18 Abs. 1 S. 2 AktG umgekehrt sogar die Möglichkeit offen zu lassen, daß an den Leitungsbegriff des Beherrschungsvertrages höhere Anforderungen zu stellen sind als an den des § 18 Abs. 1 S. 1 AktG48, was allerdings zu einer vom Gesetzgeber kaum intendierten Verengung des Schutzbereiches der §§ 291 ff. AktG führen würde. Insgesamt erscheint die Norm zur Bestimmung des Mindestmaßes des Leitungsumfanges daher untauglich. Nichtsdestotrotz ist davon auszugehen, daß die Leitung einen gewissen Umfang erreichen muß, um einerseits die unwiderlegliche Vermutung des § 18 Abs. 1 S. 2 AktG, andererseits die umfangreichen Schutzvorschriften zugunsten der Gläubiger

42 43 44 45 46 47 48

Kort in GroßkommAktG, § 76, Rdn. 36. KK / Koppensteiner, § 291, Rdn. 49. Geßler / Hefermehl, § 291, Rdn. 51; Hüffer, § 18, Rdn. 10 f. Veil (2003), S. 234. Veil (2003), ebd. Veil (2003), S. 233. So Dierdorf, S. 108.

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und außenstehenden Aktionäre zu rechtfertigen. Diese Voraussetzung ist jedenfalls bei der von der h.M. für zulässig gehaltenen Beschränkung der Leitungsmacht auf einzelne, wesentliche Teilbereiche des Unternehmens erfüllt.49 Für eine weitere Erhellung vielversprechend erscheinen vor allem die in der Literatur anzutreffenden Ansätze, die aus dem Schutzzweck des Beherrschungsvertragssystems und seiner Sicherungsregeln einerseits und aus der Abgrenzung zu den sonstigen Unternehmensverträgen und Austauschverträgen andererseits Kriterien für die gegenständliche Leitungsdichte abzuleiten zu suchen.50 Kennzeichnend für den Beherrschungsvertrag sind danach insbesondere Rechte des herrschenden Vertragspartners zum Eingriff in die Organisationsstruktur des abhängigen Vertragsteils, die nicht den Regeln schuldrechtlicher Austauschgerechtigkeit folgen, sondern um ihrer selbst willen vereinbart werden.51 Es ist diese überschießende Eingriffsbefugnis, die die den Austauschverträgen eigene Austauschgerechtigkeit aufbricht und die typische, nicht vertraglich kompensierte Gefährdungslage für das abhängige Unternehmen herbeiführt, die durch die gesetzlichen Schutzregelungen zugunsten der besonders gefährdeten Personenkreise aufgefangen werden soll. Aus dieser organisationsrechtlichen Natur des Beherrschungsvertrages ergibt sich zugleich die Abgrenzung zu den Austauschverträgen.52 Während Austauschverträge die Autonomie der Vertragsparteien nur in den Grenzen der vertraglichen Erfüllungspflichten tangieren, die Unabhängigkeit außerhalb des Vertragsverhältnisses jedoch unangetastet bleibt, erschöpfen sich Beherrschungsverträge nicht in der Verteilung von Rechten und Pflichten, sondern verändern den rechtlichen Status einer Partei. Im Mittelpunkt steht nicht der Austausch von Leistung und Gegenleistung, sondern die Änderung des rechtlichen Status des Unternehmens selbst.53

2. Leitungsmachtpotential der Covenants Fraglich ist, ob Covenants die vorstehend beschriebenen Voraussetzungen an den Mindestinhalt eines Beherrschungsvertrages erfüllen und damit als atypischer Beherrschungsvertrag den Regelungen der §§ 291 ff. AktG unterstellt werden können.

49 Str.; Übersicht zum Streitstand bei MüKoAktG / Altmeppen, § 291, Rdn. 85; bejahend Veil (2003), S. 232 ff.; Dierdorf, S. 111; Hüffer, § 291 Rdn. 10. A.A. KK / Koppensteiner, § 291, Rdn. 47 ff. 50 Martens, S. 17 ff.; eingehend Veil (2003), S. 184 ff., 200 ff., 215 ff., 232 ff.; KK / Koppensteiner, § 291, Rdn. 27 ff. 51 Vgl. Martens, S. 19 f. 52 Zur organisationsvertraglichen Natur des Beherrschungsvertrages vgl. KK / Koppensteiner, Vorbem. § 291, Rdn. 156. 53 Schürnbrand, ZHR 2005, 35, 41 f.

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Das fehlende ausdrückliche Weisungsrecht steht nach oben Gesagtem nicht von vornherein entgegen, solange es wie bei Covenants nicht ausgeschlossen ist. Die entscheidende Frage ist, ob die vorhandenen Einwirkungsmöglichkeiten für die Entfaltung fremder Leitungsmacht ausreichend sind; ein Indiz dafür ist die Übertragung von Rechten an den Dritten, die in keinem Zusammenhang mit dem Austauschzweck des Vertrages stehen. a) Keine Möglichkeiten zur Entfaltung von Unternehmensinitiative Der Leitungsmacht des Covenants-berechtigten Kreditgebers in der Gesellschaftsschuldnerin sind bereits insofern deutliche Grenzen gesetzt, als dieser keine eigene, unternehmerische Initiative entfalten kann.54 Seine Einflußnahmemöglichkeiten sind – im Unterschied zum Weisungsrecht des § 308 AktG – vielmehr sowohl in zeitlicher als auch in inhaltlicher Hinsicht stark beschränkt. In zeitlicher Hinsicht setzt ein Eingriff des Kreditgeber aufgrund von Covenants regelmäßig einen event of default des Schuldners voraus. Inhaltlich beschränken sich die Eingriffsmöglichkeiten auf die Ausübung der in Covenants vorgesehenen Rechtsfolgen eines solchen Verstoßes. Verbindliche, d.h. gerichtlich durchsetzbare Weisungen kann der Kreditgeber nicht erteilen; eine Folgepflicht des Vorstands wie die des § 308 Abs. 2 AktG besteht gerade nicht.55 Ansprüche bestehen nur gegenüber der Gesellschaft als Verpflichteter. Und auch gegenüber der Gesellschaft kann auf Erfüllung bestimmter Covenants nur ausnahmsweise dann geklagt werden, wenn die Erfüllung nicht von der Mitwirkungspflicht anderer Organe als der Geschäftsführung abhängt.56 b) Kündigungsrecht Die Kündigung selbst kann nicht als Entfaltung von Leitungsmacht angesehen werden. In ihr manifestiert sich zwar die wirtschaftliche Macht des Kreditgebers und eine ggf. vorhandene wirtschaftliche Abhängigkeit des Schuldners, sie ist echten vertraglichen Eingriffsrechten in die Organisationsstruktur des Schuldners jedoch nicht gleichzusetzen. Dies gilt auch dann, wenn das Kündigungsrecht vom Kreditgeber zur Durchsetzung seines Einflusses in der Weise eingesetzt wird, daß er der Gesellschaft für den Fall, daß sie sich seinen Anordnungen widersetzt, mit dem Abzug für sie lebenswichtigen Kapitals droht. Es spielt auch keine Rolle, ob seine Anordnungen wesentliche Leitungsbereiche des Schuldners betreffen. Die Durchsetzungsmöglichkeit des Kreditgebers beruht 54 Die Möglichkeit des herrschenden Unternehmens zur Entfaltung eigener unternehmerischer Initiative in der abhängigen Gesellschaft wird zum Teil als unabdingbarer Bestandteil des Beherrschungsvertrages angesehen, vgl. Hüffer, § 291, Rdn. 10. 55 Siehe oben § 12 A. I. 56 Beuthien / Gätsch, ZHR 1993, 483, 489 f.; und bereits oben § 10 B. I. 3. c).

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nämlich nicht auf dem Vertrag, sondern auf tatsächlichen Umständen: Der Vorstand des Schuldners wird sich zum einen Angriffen auf seine Autonomie nur im Extremfall der Existenzgefährdung beugen. Zum anderen setzt eine Realisierbarkeit der Forderungen des Kreditgebers voraus, daß die Gesellschaft auf den Kredit des Gläubigers angewiesen ist und nicht auf andere Kapitalgeber ausweichen kann. Für die Annahme eines Beherrschungsvertrages müssen sich die Einflußrechte jedoch unmittelbar aus dem Vertrag ergeben.57 An dieser Voraussetzung ist auch für den atypischen Beherrschungsvertrag festzuhalten. Anderenfalls wäre eine Abgrenzung zum faktischen Konzernverhältnis nicht mehr möglich. Außervertragliche, lediglich faktische Einflußnahmen kommen damit nur als Grundlage einer Abhängigkeit im Sinne von § 311 AktG in Betracht. c) Verhaltenspflichten Ebenfalls nicht als Grundlage für die Ausübung fremder Leitungsmacht in Betracht kommen die zahlreichen in Covenants enthaltenen Verhaltenspflichten des Schuldners, wie beispielsweise die Verpflichtung zur Einhaltung von Bilanzkennzahlen, das Verbot einer Belastung des Vermögens mit Sicherungsrechten, die Verpflichtung zur Beibehaltung der ausgeübten Geschäftstätigkeit, etc. Zwar betreffen diese Pflichten mitunter Bereiche des Unternehmens, die von der h.M. zu den wesentlichen Leitungsbereichen gezählt werden und damit grundsätzlich als Inhalt eines Beherrschungsvertrages in Frage kommen.58 Zu denken ist etwa an die umfassende Regulierung der Finanzplanung durch ein Korsett an Bilanzkennzahlen und Ausschüttungsverboten oder auch die maintenance-Klauseln mit Verpflichtungen zur Beibehaltung des gegenwärtigen Unternehmensgegenstandes. Allerdings handelt es sich hierbei um konkrete Pflichten, zu denen sich die Gesellschaft bei Vertragsschluß freiwillig verpflichtet hat; da der Kreditgeber diese Pflichten im Einzelfall weder näher ausgestalten noch von sich aus abändern kann, bestimmt sich das Verhalten der Gesellschaft auch während der Vertragslaufzeit nach ihren eigenen, bei Vertragsschluß getroffenen Entscheidungen. Sie mögen den Handlungsspielraum des Schuldners stark einschränken; diese Einschränkung kann jedoch allenfalls eine Folge, nicht aber die Ursache einer Fremdbestimmung sein.59 In jedem Fall fehlt es an der für eine Fremdbestimmung erforderlichen willkürlichen und unvorherbestimmten Steuerung durch ein fremdes Unternehmen während der Vertragslaufzeit und damit an der Risikolage für das beherrschte Unternehmen, der die Regelungen der § 291 ff. AktG begegnen sollen.60 Dierdorf, S. 153, 163 ff. Vgl. KK / Koppensteiner, § 291, Rdn. 46 f.; MüKoAktG / Altmeppen, § 291, Rdn. 76. 59 Dierdorf, S. 151. 60 Martens, S. 20, der das Wesen der beherrschungsvertraglichen Abhängigkeit in einer nicht programmierbaren und vorher messbaren Unterlegenheitssituation sieht. A.A. wohl Emmerich / Habersack, § 291, Rdn. 24 f.; ähnlich Veil (2003), S. 284 f. 57 58

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Die flankierenden Kontroll- und Informationsrechte, die dem Kreditgeber zur Überwachung der Verhaltenspflichten eingeräumt werden, taugen ebenfalls nicht als Grundlage für die Entfaltung von Leitungsmacht. Denn sie dienen nicht der Steuerung des Schuldners durch den Kreditgeber, sondern lediglich der Überwachung bereits vorher festgelegter Verhaltenspflichten, deren fehlender Leitungscharakter bereits festgestellt wurde. d) Faktische Zustimmungsrechte als Grundlage der Leitungsmacht? In der Literatur werden jedoch auch Zustimmungsrechte Dritter als mögliche Grundlage der Entfaltung von Leitungsmacht im Unternehmen diskutiert; diese zeichnen sich ebenfalls durch das Fehlen eines Initiativrechtes des Kreditgebers aus.61 Dierdorf hat die Möglichkeit eines Ersatzes des Weisungsrechtes durch Zustimmungs- oder Kontrollrechte explizit für Darlehensverträge untersucht.62 Er unterscheidet danach, ob der Gesellschaft noch ein autonomer Gestaltungsfreiraum verbleibt oder ob sich die Zustimmungsbefugnisse des Kreditgebers auf nahezu die gesamte Geschäftsführung des Schuldners erstrecken. Letzterer Fall sei gegeben, wenn die Gesellschaft in einem ihrer wesentlichen Unternehmensbereiche keine Leitungsaufgaben mehr ohne die Zustimmung des Kreditgebers wahrnehmen kann.63 In diesem Fall seien die Zustimmungsbefugnisse entsprechend wie ein umfängliches Weisungsrecht zu behandeln und der Darlehensvertrag damit den Wirksamkeitsvoraussetzungen des Beherrschungsvertrages zu unterstellen.64 Veil hält einen Beherrschungsvertrag für möglich, der anstelle des Weisungsrechts einen Katalog von abstrakt definierten Maßnahmen der Geschäftsführung enthält, für die der Vorstand die Zustimmung des herrschenden Unternehmens benötigt.65 Eine entsprechende Organisationsautonomie der Parteien könne aus der erwerbsrechtlichen Konzeption der §§ 291 ff. AktG abgeleitet werden.66 Die Parteien seien befugt, ein geringeres Maß an Herrschaftsrechten zu vereinbaren.67 Insbesondere seien Fälle denkbar, in denen ein Dritter an einem begrenzten, organisationsrechtlich sanktionierten Einfluß interessiert ist, um in einem bestimmten Bereich eigene unternehmerische Vorstellungen durchzusetzen.68 Ein derartig begrenzter unternehmerischer Einfluß rechtfertige es zudem, die Sicherungsregeln 61 62 63 64 65 66 67 68

Dierdorf, S. 148 ff.; Veil (2003), S. 236 ff. Dierdorf, S. 148 ff. Dierdorf, S. 149. Dierdorf, S. 150 f. Veil (2003), S. 236 ff. Veil (2003), S. 237. Veil (2003), S. 237. Veil (2003), S. 240.

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zugunsten der Gläubiger sowie die Verlustausgleichspflicht nicht auf Verträge dieser Art anzuwenden.69 Diese Auffassung, die Zustimmungsvorbehalten unter bestimmten Voraussetzungen beherrschungsvertragliche Qualität beimessen will, ist schon aus grundsätzlichen Erwägungen fragwürdig. Der Begriff „Leitung“ impliziert ein primäres Tätigwerden des Leitenden aus eigenem Antrieb und verträgt sich nur schlecht mit einem Begriffsverständnis, das auch ein abhängiges Tätigwerden auf zweiter Stufe ausreichen läßt. Es würde die Wortlautgrenze strapazieren, wollte man auch die bloße Verhinderung eines Tätigwerdens des Unternehmens als Leitung ansehen. Das zeigt sich auch an § 111 Abs. 4 S. 2 AktG, wonach dem Aufsichtsrat Zustimmungsvorbehalte zustehen können, obwohl dieser von der Leitung der Aktiengesellschaft ausgeschlossen ist.70 Darüber hinaus läßt sich ein Zustimmungsvorbehalt bereits im Ansatz nicht mit einer Weisungsbefugnis gleichsetzen. Das als Maßstab für die erforderliche Leitungsdichte heranzuziehende Weisungsrecht des § 308 AktG zeichnet sich gerade dadurch aus, daß es dem herrschenden Vertragsteil ein Initiativrecht gewährt.71 Bei Zustimmungsvorbehalten liegt die Herbeiführung des zustimmungspflichtigen Tatbestandes dagegen allein in der Hand des Verpflichteten. Unabhängig von diesen grundsätzlichen Einwendungen gegen die Auffassungen Dierdorfs und Veils können insbesondere Covenants echten Zustimmungsrechten nicht gleichgestellt werden. Covenants gewähren keinerlei rechtlich durchsetzbare Pflicht des Schuldners, zu einzelnen Maßnahmen die Zustimmung des Kreditgebers einzuholen. Zwar ermöglichen sie es dem Kreditgeber, durch die Androhung der Kündigung bzw. einen bedingten Verzicht auf einzelne Covenants Druck auf den Schuldner auszuüben und ihn damit faktisch zu zwingen, sich der Zustimmung des Kreditgebers zu bestimmten Maßnahmen zu vergewissern. Diese Einflußnahmemöglichkeit steht jedoch nicht auf einer sicheren vertraglichen Basis, wie sie zu Recht für Beherrschungsverträge gefordert wird.72 Der durch das Drohpotential des Kündigungsrechts geschaffene Anreiz zur Kooperation mit dem Kreditgeber ist allenfalls ein Fall wirtschaftlicher Abhängigkeit, nicht aber mit einer nachhaltigen Fremdsteuerung zu verwechseln. Entgegen Bachmann und Veil73 taugen daher Sekundäransprüche wegen einer Verletzung von Verhaltenspflichten auch dann nicht als Grundlage von Leitungsmacht, wenn diese Pflichten die Geschäftsführung betreffen. Ein derart weitgefaßter Leitungsbegriff hätte eine nicht hinnehmbare Inhaltskontrolle von Verträgen und einen unzulässigen Eingriff in das austarierte synallagmatische Vertragsverhältnis zur Folge. Den Parteien muß 69 70 71 72 73

Vgl. Veil (2003), S. 241 f. KK / Koppensteiner, § 308, Rdn. 23. KK / Koppensteiner, § 308, Rdn. 23; Hüffer, § 308, Rdn. 10. Siehe oben § 12 A. II. 2. b). Bachmann / Veil, ZIP 1999, 349, 350.

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es frei stehen, die Beendigung eines Austauschvertrages auch dann an die Verletzung von vertraglichen Verhaltenspflichten zu knüpfen, wenn diese den Organisationsbereich des einen Teils betreffen. Darauf läßt sich echte Konzernleitungsmacht nicht stützen; sie erfordert eine rechtliche Absicherung in dem Sinne, daß das Konzerninteresse auch gegen den Willen der abhängigen Gesellschaft und der Außenseiter durchgesetzt werden kann.74 Damit unvereinbar sind Einwirkungsmöglichkeiten, die zur jederzeitigen Disposition des „abhängigen“ Vertragsteils stehen. e) Teleologische und ökonomische Erwägungen Auch in teleologischer Hinsicht haben Covenants nichts mit den Zielen eines Beherrschungsvertrages gemein. Der Beherrschungsvertrag will es dem herrschenden Unternehmen ermöglichen, seinen Einfluß zur Durchsetzung eines gemeinsamen, über die Zwecksetzung des beherrschten Unternehmens hinausweisenden Konzerninteresses zu nutzen.75 Covenants können jedoch nicht als Manifestation eines gemeinsamen Konzerninteresses verstanden werden. Eine Konzernierung widerspräche nicht nur den ökonomischen Vorstellungen des Schuldners, sondern auch des Kreditgebers.76 Dem Gläubigerinteresse ist am besten gedient, wenn der Schuldner eigenständig bleibt und damit einen Anreiz zu effizientem, wirtschaftlichen Handeln besitzt. Dieser Vorzug ginge verloren, wenn der Kreditgeber eine weitgehende Beherrschung über die wirtschaftliche Tätigkeit des Schuldners begründete und diesen damit quasi zur eigenen Betriebsabteilung machte. Er müßte dann entgegen der wirtschaftlichen Ausgangsentscheidung selbst durch Ausübung seiner Einflußrechte für eine ökonomisch effiziente Geschäftstätigkeit des Schuldners sorgen, was seine Kosten drastisch erhöhen würde.77 Wenn Covenants den Schuldner einem weitgehenden Einfluß des Kreditgebers unterwerfen, so ist dies als notwendiger Bestandteil eines Systems aus Anreiz und Kontrolle zu sehen. Der Kreditgeber will die Effizienzvorteile eines eigenverantwortlich handelnden Schuldners nutzen und beläßt ihm daher die dazu nötigen Entscheidungsbefugnisse. Die Gefahr, daß der Schuldner diese Entscheidungsfreiheit zu opportunistischem Verhalten ausnutzt, muß durch eine Verhaltenskontrolle des Schuldners begrenzt werden. Diesem Kontrollzweck dienen Covenants, nicht aber sollen sie den Schuldner seiner Eigenständigkeit berauben und ihn auf ein gemeinsames Konzerninteresse verpflichten. Schließlich lassen sich Covenants auch nicht, der organisationsvertraglichen Dimension des § 291 AktG entsprechend78, als organisationsrechtliche BestimVgl. Emmerich / Habersack, § 311, Rdn. 10. Emmerich / Habersack, § 291, Rdn. 13 f. 76 Siehe dazu bereits oben § 9 A. 77 Vgl. Oechsler, ZGR 1997, 464, 475 f. zur vergleichbaren Interessenlage bei Franchiseund Just-in-Time-Verträgen; siehe auch oben § 9 C. 74 75

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mungen begreifen. Es ist nicht ersichtlich, daß Covenants das Äquivalenzprinzip der Austauschverträge verletzen und wie ein organisationsrechtlicher Vertrag gleichsam den Status des Schuldners verändern, ohne daß dies mit einer entsprechenden Gegenleistung verbunden wäre.79 Die enge Kopplung der Covenants an den Zweck des Kreditvertrages verhindert von vornherein, daß die Leitungsmacht in einem Umfang auf den Gläubiger übergeht, der Organisationsgewalt und Unternehmensinitiative des Gläubigers ermöglichte.

III. Zwischenergebnis Danach steht fest, daß sich in Covenants fremde Leitungsmacht nicht in dem Maß entfalten kann, wie dies für eine analoge Anwendung der beherrschungsvertraglichen Regelungen erforderlich ist. Der Vorstand des Schuldners bleibt jederzeit in der Lage, seinen eigenen Willen durchzusetzen. Dies gilt selbst für den Bereich der Finanzplanung, in dem der Schuldner den größten Restriktionen aus Covenants unterliegt. Auch kann die Möglichkeit des Gläubigers, über die Androhung der Kündigung des Vertrages Einfluß auf Organisation und Geschäfte des Schuldners zu nehmen, kann nicht über die beherrschungsrechtliche Qualität eines Vertrages Ausschlag geben, selbst dann nicht, wenn mit der Kündigung beabsichtigte schwerwiegende wirtschaftliche Folgen für den Schuldner verbunden sind. Derartige außervertragliche Abhängigkeitsfolgen sind grundsätzlich im Rahmen der §§ 311 ff. AktG zu bewältigen. Eine Unterstellung unter das Beherrschungsvertragsrecht kommt daher nicht in Betracht. Damit ist auch die Frage hinfällig, ob Covenants möglicherweise wegen Verstoßes gegen die beherrschungsvertragsrechtlichen Form- und Inhaltsvorschriften nichtig sein könnten bzw. ob diese und die sonstigen Vorschriften zum Schutz der außenstehenden Aktionäre und Gläubiger mit Veil teleologisch zu reduzieren sind.80

B. Covenants als sonstiger Unternehmensvertrag? Bei dieser Feststellung kann jedoch nicht stehen geblieben werden. Es ist zu untersuchen, ob der hier in Rede stehende symbiotische Kreditvertrag, der unterhalb der Eingriffsschwelle des Beherrschungsvertrages liegt, als sonstiger Unternehmensvertrag im Sinne des § 292 AktG eingestuft werden kann. Wie schon bei der Untersuchung des Beherrschungsvertragscharakters ist hierbei zunächst zu fragen, ob Covenants-gestützte Finanzierungsverträge einem der 78 Dazu Schürnbrand, ZHR 2005, 35, 42; Emmerich / Habersack, § 291, Rdn. 25 ff. m.w.N.; kritisch dagegen KK / Koppensteiner, Vor § 291, Rdn. 156 ff. 79 Siehe bereits oben § 10 B. II. 1. b). 80 Vgl. Veil (2003), S. 229.

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gesetzlich geregelten Typen zuzuordnen sind. Erst wenn sich eine Gleichstellung nicht begründen läßt, ist auf die Frage der Analogiefähigkeit einzugehen. Voraussetzung dafür ist, daß das Gesetz keinen numerus clausus an Unternehmensverträgen vorsieht, sondern eine nicht abschließende Regelung darstellt.

I. Abgrenzung zu gesetzestypischen Unternehmensverträgen Die in § 292 Abs. 1 Nr. 1 AktG geregelte Gewinngemeinschaft und der in Nr. 2 geregelte Teilgewinnabführungsvertrag setzen eine Beteiligung des anderen Vertragsteils am Gewinn der Gesellschaft voraus, die im Rahmen symbiotischer Finanzierungsverträge regelmäßig nicht bezweckt wird. Zwar sind insbesondere in Sanierungsfällen Vertragsgestaltungen denkbar, in denen sich Banken eine Beteiligung an der zu sanierenden Gesellschaft einräumen lassen (sog. debt-equityswaps).81 Auch im Rahmen von venture capital-Verträgen, die ebenfalls mit Covenants gesichert zu werden pflegen, lassen sich die Investoren häufig an der Gesellschaft beteiligen oder in Form von Wandelschuldverschreibungen eine Option auf zur Gewinnbeteiligung berechtigende Gesellschaftsanteile einräumen.82 Mit einer vertraglichen Gewinnbeteiligung haben diese Fälle einer mitgliedschaftlichen Beteiligung jedoch nichts zu tun. Auch stellen symbiotische Darlehensverträge weder eine stille Gesellschaft gem. § 230 HGB noch ein partiarisches Darlehen dar83, die nach verbreiteter Meinung als Teilgewinnabführungsverträge im Sinne des § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG zu qualifizieren sind.84 Ebenfalls ausgeschlossen ist eine Gleichstellung symbiotischer, Covenants-gestützter Darlehensverträge mit Betriebspacht- oder Betriebsüberlassungsverträgen im Sinne von § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG. Die Betriebspacht ist an dem in §§ 581 ff. BGB geregelten Pachtvertrag orientiert; die Gesellschaft verpflichtet sich, ihren Betrieb einem anderen zur Führung auf dessen eigene Rechnung und in dessen eigenem Namen zu übergeben.85 Der Betriebsüberlassungsvertrag unterscheidet sich hiervon nur dadurch, daß der Betrieb zwar für Rechnung des anderen Unternehmens, aber im Namen der Gesellschaft geführt wird.86 Beide Verträge sind folglich dadurch gekennzeichnet, daß sie dem anderen Vertragsteil die gegenständliche Nutzung des zum Unternehmen gehörenden Vermögens und seiner OrganisaIm deutschen Sprachgebrauch „Beteiligungsvergleich“, vgl. De Meo, S. 179. Winkler, S. 36 ff.; vgl. die gesetzliche Definition der Wandelschuldverschreibung in § 221 Abs. 1 AktG. 83 Siehe oben § 10 A. II. und § 11 A. 84 Karsten Schmidt, ZGR 1984, S. 295, 299 ff.; KK / Koppensteiner, § 292, Rdn. 61; MüKoAktG / Altmeppen, § 292, Rdn. 65, 69. 85 KK / Koppensteiner, § 292, Rdn. 75. 86 KK / Koppensteiner, Rdn. 78. 81 82

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tion einräumen.87 Darin unterscheiden sie sich signifikant von symbiotischen Finanzierungsverträgen: Der Kreditnehmer handelt weiterhin auf eigene Rechnung und verwaltet sein Betriebsvermögen durch seine eigenen Organe; er bleibt sowohl im Innen- wie im Außenverhältnis primärer Träger aller unternehmerischen Risiken. Daher können Kreditverträge mit Covenants nicht mit den gesetzlich geregelten Nutzungsverträgen erfaßt werden.88

II. Offenheit des Unternehmensvertragsrechts für atypische Kreditverträge Dies führt uns zu der Frage, ob eine analoge Anwendung eines der gesetzlich geregelten Unternehmensvertragstypen auf symbiotische Finanzierungsverträge in Betracht kommt oder ob Covenants einen Unternehmensvertragstyp sui generis darstellen. Damit ist die Frage nach der Systematik des Unternehmensvertragsrechts angesprochen. Ist der Katalog des § 292 AktG abschließend geregelt oder führt er nur exemplarisch einzelne, vom Gesetzgeber für besonders wichtig erachtete Vertragstypen auf? 1. Meinungsstand a) Rechtsprechung Die Rechtsprechung hat zur Frage der Analogiefähigkeit des § 292 AktG bislang nur indirekt Stellung genommen. In der SSI-Entscheidung setzte sich der BGH mit einem von den gesetzlichen Beendigungsgründen der §§ 296 f. AktG abweichenden Sonderkündigungsrecht innerhalb eines Vertrages auseinander, der von den Parteien eindeutig als Unternehmensvertrag gewollt und gekennzeichnet worden war.89 Im übrigen hat die Rechtsprechung in Absatzmittlungsverhältnissen wie dem Vertragshändler-90 oder Franchiseverhältnis91, für die in der Literatur aufgrund der darin enthaltenen Weisungsrechte und der wirtschaftlichen Abhängigkeit des Absatzmittlers vom Unternehmer eine Gleichstellung mit Unternehmensverträgen erwogen wird92, zivilrechtliche Rücksichtnahmepflichten des Unternehmers angenommen. Dabei wurde weder eine Unterstellung dieser Verträge unter die Regeln der §§ 291 ff. AktG erwogen noch fand eine Abgrenzung zu den Unternehmensverträgen statt. 87 88 89 90 91 92

Martens, S. 24. Vgl. Martens, S. 25. BGHZ 122, 211 ff. BGH NJW 1958, 1138. BGH NJW 1997, 3304, 3307. Vgl. Veil (2003), 284 ff., 297 ff.

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Die SSI-Entscheidung verdeutlicht jedoch, daß die Rechtsprechung auch im Rahmen von Unternehmensverträgen von der grundsätzlichen Geltung des Prinzips der Vertragsfreiheit auszugehen scheint. Nach dem BGH93 können „die Parteien den Inhalt von Unternehmensverträgen grundsätzlich frei gestalten. ( . . . ) Über die hier (Anmerkung des Verfassers: gemeint sind die §§ 291 ff. AktG) geregelten Mindestanforderungen hinaus können die Parteien im Einzelfall weitere vertragliche Regelungen treffen, soweit nicht zwingende aktienrechtliche Normen entgegenstehen.“94 Die Zulassung abweichender Gestaltungen im Rahmen von Unternehmensverträgen läßt allerdings nicht zwingend den Schluß zu, daß der BGH auch der Anerkennung neuer, vollkommen atypischer Unternehmensvertragstypen offen gegenüber steht. Die oben skizzierte Rechtsprechung zu den schuldrechtlichen Abhängigkeitsverträgen läßt eher vermuten, daß der BGH die Problematik schuldrechtlicher Abhängigkeit grundsätzlich außerhalb der in § 292 AktG geregelten Vertragstypen – insbesondere mit zivilrechtlichen Mitteln – lösen will. b) Literatur Einigkeit besteht zunächst darüber, daß die wirtschaftliche Abhängigkeit einer Gesellschaft, die sich aus einem gesetzestypischen Kreditvertrag ergeben kann, konzernrechtlich irrelevant ist und Verträge dieser Art daher nicht als Unternehmensverträge einzustufen sind.95 Die h.M. wendet sich jedoch auch gegen die Anwendung des Unternehmensvertragsrechts auf atypische Kreditverträge oder sonstige Austauschverträge, die dem Vertragspartner weitgehende Einflußrechte einräumen. Als Gründe werden regelmäßig das Fehlen eines gesellschaftsrechtlich relevanten Einflusses oder das Bedürfnis nach Rechtssicherheit angeführt, die gefährdet sei, wenn das Unternehmensvertragsrecht ohne die Möglichkeit einer trennscharfen Abgrenzung auf atypische Verträge ausgedehnt werde.96 Dem liegt die weitverbreitete Annahme eines numerus clausus der Unternehmensverträge zugrunde, der die Anerkennung neuer Unternehmensvertragstypen nur sehr begrenzt zuläßt. Die einzige bislang von der h.L. anerkannte Ausnahme von diesem Grundsatz ist der Betriebsführungsvertrag, der aufgrund seiner Ähnlichkeit mit den in § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG geregelten Nutzungsüberlassungsverträgen analog als Unternehmensvertrag behandelt werden soll.97 Gegen diese restriktive Sichtweise wird eingewandt, daß der Katalog der Unternehmensvertragstypen in § 292 AktG keine abschließende Regelung enthalte und BGHZ 122, 211, 227. BGHZ 122, 211, 217. 95 Siehe insbesondere Dierdorf, S. 147. 96 MüKoAktG / Altmeppen, § 292, Rdn. 104; KK / Koppensteiner, § 292 Rdn. 85 f.; Geßler / Hefermehl, § 291, Rdn. 15; Hüffer, § 292, Rdn. 22. 97 Vgl. KK / Koppensteiner, § 292, Rdn. 79 ff. 93 94

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deshalb grundsätzlich einer Analogie zugänglich sein müsse.98 Dafür spreche, daß das Gesetz nur einzelne wenige, in ihrer Wirkung auf das abhängige Unternehmen ganz unterschiedliche Vertragstypen herausgegriffen habe. Das verbindende Merkmal der Eingriffsstärke und der damit implizierten Schutzinteressen sei unabhängig von der gewählten Vertragsart. Es könne daher grundsätzlich für alle Schuldverträge fruchtbar gemacht werden.99 Voraussetzung für die Einordnung eines Austauschvertrages als Unternehmensvertrag sei jedoch die Gleichwertigkeit mit einem der gesetzlich geregelten Vertragstypen. Veil gelangt auf der Grundlage eines erwerbsrechtlichen Verständnisses des Unternehmensvertragsrechts ebenfalls zu einer weitgehenden Gestaltungsfreiheit der Parteien eines Unternehmensvertrages.100 Gegen das „Entgelt“ der Ausgleichs- und Abfindungsregelungen könne ein Unternehmen durch einen Unternehmensvertrag gegen den Willen der außenstehenden Aktionäre Einfluß auf die Gesellschaft nehmen.101 Es müsse daher berechtigt sein, sich mit einem geringeren Maß an Herrschaftsrechten zu begnügen.102 aa) Die Ansicht Veils Für die Qualifizierung bestimmter atypischer Austauschverträge als „sonstige“ Unternehmensverträge hat sich vor allem Veil ausgesprochen. Er will auch solche atypischen Kreditverträge, die dem Kreditgeber Zustimmungsrechte hinsichtlich abstrakt umschriebener Geschäftsführungsmaßnahmen einräumen, analog § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG als Unternehmensverträge behandeln und damit der Zustimmungspflicht der Hauptversammlung gem. § 293 Abs. 1 AktG unterwerfen.103 Er begründet dies damit, daß Zustimmungsrechte nicht vertragstypisch seien und weder den Inhalt des Kreditvertrages noch den Vertragszweck konkretisierten.104 Sie seien daher ähnlich wie das Weisungsrecht des § 308 AktG „causalos“.105 Dagegen hält er die Vereinbarung positiver und negativer Verhaltenspflichten in Form von Covenants für konzernrechtlich irrelevant.106 Diese Auflagen griffen nicht in die Leitungszuständigkeit des Vorstands ein und seien allenfalls Zeichen wirtschaftlicher Abhängigkeit.107

Veil (2003), S. 224 ff.; KK / Koppensteiner, Vor § 291, Rdn. 162; Martens, S. 25 ff. Martens, S. 25 f.; Veil (2003), S. 227 ff.; Raiser / Veil, § 57, Rdn. 4. 100 Zum ganzen Veil (2003), S. 215 ff., 220. 101 Veil (2003), S. 220. 102 Veil (2003), S. 232. 103 Veil (2003), S. 286 f. 104 Veil (2003), S. 285 f. 105 Veil (2003), S. 285. 106 Veil (2003), S. 284 f. 107 Veil (2003), S. 285. 98 99

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bb) Die Ansicht Martens Martens hält eine Qualifikation wirtschaftlicher Austauschverträge als Unternehmensvertrag im Analogiewege für möglich.108 Für die erforderliche Gleichwertigkeit könne jedoch nicht allein auf den austauschrechtlichen im Gegensatz zum organisationsrechtlichen Charakter des betreffenden Vertrags abgestellt werden, da Unternehmensverträge anerkanntermaßen selbst Schuldverträge seien.109 Differenziert werden könne jedoch zwischen Verträgen „verbundpolitischer“ und „treuhänderischer“ Art.110 Der Unternehmensvertrag zeichne sich danach durch seinen treuhänderischen Charakter aus, der in einem am Eigeninteresse der abhängigen Gesellschaft orientierten Vertragszweck zum Ausdruck komme. Dagegen orientierten sich „verbundpolitische“ Verträge am Fremdinteresse des herrschenden Vertragspartners und seien daher, sofern sie die dazu erforderlichen Einflußrechte begründeten, bei hoher Eingriffsintensität als Beherrschungsvertrag zu qualifizieren.111 Festzuhalten ist, daß nach sämtlichen in der Literatur vertretenen Auffassungen eine Einordnung des Covenants-gestützten Finanzierungsvertrages als Unternehmensvertrag nicht in Frage kommt. Während Veil eine Unterstellung von Covenants unter die §§ 291 ff. AktG ausdrücklich ausschließt, scheitert ihre Qualifizierung als Unternehmensvertrag nach dem Konzept von Martens daran, daß sich Covenants unter keinen denkbaren Umständen als „verbundpolitischer Vertrag“ verstehen lassen. Sie sind mit keinen Entscheidungsrechten vergleichbar, „mit denen der dadurch berechtigte Vertragspartner eigene Unternehmensinteressen in der Gesellschaft verwirklichen kann“.112 Nach h.M., die sich für einen numerus clausus der Unternehmensvertragstypen ausspricht, ließe sich eine entsprechende Qualifikation von Covenants ohnehin nicht rechtfertigen. Diese Meinung ist jedoch aus anderen Gründen angreifbar. Die Arbeiten von Martens, Dierdorf und Veil haben überzeugend nachgewiesen, daß sich der Systematik des Unternehmensvertragsrechts ein abschließender Charakter des § 292 AktG nicht entnehmen läßt. Die Diskussion um den Betriebsführungsvertrag zeigt das Bedürfnis, Verträge bei gleichwertiger Eingriffsintensität einem der Unternehmensvertragstypen gleichzustellen. Bejaht die h.M. eine Öffnung des § 292 AktG im Analogieweg für den Betriebsführungsvertrag, so kommt sie nicht umhin, dieses allgemeine Rechtsprinzip auch für andere Vertragsgestaltungen zuzulassen.

108 109 110 111 112

Martens, S. 23 ff. Martens, S. 23. Martens, S. 31 ff. Martens, S. 28 ff. Martens, S. 33.

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Die Rechtsprechung hat zu dieser Frage noch nicht explizit Stellung genommen. Die bisherigen Entscheidungen deuten jedoch darauf hin, daß der BGH nur im Rahmen der gesetzlichen Vertragstypen eine begrenzte Gestaltungsfreiheit zulassen und sonstige Austauschverträge mit atypischem Inhalt eher mit zivilrechtlichen Mitteln lösen will.113 2. Eigene Stellungnahme Die bisherigen Ansätze werden dem Phänomen der Covenants nicht gerecht und eignen sich daher nicht für eine Abgrenzung zu den Unternehmensverträgen. Sie beschäftigen sich entweder mit seltenen, gesonderten Vertragsgestaltungen, die echte Zustimmungsrechte des Kreditgebers vorsehen (Veil) oder entwickeln Kategorien, die nicht auf symbiotische Kreditverträge passen (Martens). Mit der von Martens entwickelten Kategorisierung von Verträgen treuhänderischer und verbundpolitischer Art lassen sich Covenants schon deshalb nicht befriedigend erfassen, weil sich wenn überhaupt nur extreme Vertragsgestaltungen in dieses enge Raster einordnen lassen. Die Kategorie des verbundpolitischen Vertrages ist auf den Fall der Betriebsführung durch einen Dritten zugeschnitten und paßt somit nicht auf Fälle jenseits der Nutzungsüberlassung. Martens geht es vor allem um die Erfassung solcher Verträge, die eine Nutzbarmachung der Gesellschaft im Interesse eines fremden Unternehmens ermöglichen wollen.114 Demgegenüber bezwecken symbiotische Kreditverträge weder die Begründung von Einflußrechten des Kreditgebers zum Zwecke der Nutzbarmachung der Ressourcen der Gesellschaft um ihrer selbst willen, wie das dem Vorstellungsbild eines verbundpolitischen Vertrages entspräche, noch geht es um einen treuhänderischen Leitungstransfer unter dem Vorrang des Gesellschaftsinteresses. Im Vordergrund steht vielmehr die sanktionsbewehrte Verpflichtung auf einen bestimmten Vertragszweck, nämlich der Sicherstellung der Fähigkeit des Schuldners zur Bedienung des Rückzahlungsanspruchs. Insofern läßt sich der Vertragstypus nach der Klassifizierung Martens noch am ehesten als Kooperationsvertrag bezeichnen, den Martens allerdings nur unter der restriktiven Voraussetzung einer Einbindung der gesamten Betriebsführung als Unternehmensvertrag qualifizieren will.115 Der Ansatz von Veil ist wiederum nur auf Verträge zugeschnitten, die echte Zustimmungsrechte des Kreditgebers enthalten, und erfaßt damit nur einen engen Ausschnitt aus der gesamten Bandbreite symbiotischer Kreditverträge. Covenants spricht er schlichtweg jeglichen Unternehmensvertragscharakter ab, ohne sich mit den verschiedenen Typen näher auseinanderzusetzen. 116 113 114 115 116

Siehe oben § 12 B. II. 1. a). Martens, S. 28. Martens, S. 32. Veil (2003), S. 284.

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Nicht überzeugend ist die Begründung, mit der er Kreditverträge mit Zustimmungsrechten des Darlehensgebers Unternehmensverträgen gleichstellen will. Ihr liegt ein zu enges Verständnis der Variationsbreite der Kreditverträge zugrunde. Es wird übersehen, daß die Finanzierungspraxis längst über den klassischen Darlehensvertrag hinweggegangen ist und von symbiotischen Finanzierungsverträgen geprägt ist. Bei Hochrisikokrediten können Zustimmungsrechte unter bestimmten Umständen sehr wohl vertragstypisch sein, sofern man die dort vorherrschende Vertragspraxis als Bezugspunkt wählt. Dann sind die Einflußrechte auch nicht, wie von Veil angenommen117, „causalos“, sondern finden ihren Grund in der Übernahme eines hohen Ausfallrisikos durch den Kreditgeber. Es besteht – jenseits von Fällen bereits bestehender Abhängigkeit der Gesellschaft vom Kreditgeber – kein Grund zu der paternalistischen Annahme, die Parteien hätten sich nicht auf ein ausgeglichenes Vertragswerk geeinigt, das die Interessen beider Teile angemessen widerspiegelt, sondern der Schuldner liefere sich grundlos der Beherrschung durch den Kreditgeber aus. Veil selbst merkt im übrigen an, daß echte Weisungsrechte in Kreditverträgen zwar denkbar, allerdings ohne jedes Beispiel in der Praxis seien.118 Schließlich besteht ein gewisser Widerspruch zur entsprechenden Argumentation beim Franchisevertrag und den sonstigen Ausschließlichkeitsverträgen, deren weitgehende Weisungsrechte von der Literatur zumeist als unproblematisch angesehen werden: „Sie dienen ähnlich wie Weisungsrechte bei Dienst-, Geschäftsbesorgungs- und Handelsvertreterverträgen dazu, den Vertragszweck zu konkretisieren und erlauben es, die Durchführung des Vertrages sicherzustellen.“119 Festzuhalten ist somit, daß sich mit den bestehenden Lösungsansätzen überzeugend weder für noch gegen eine Qualifizierung von Covenants als Unternehmensvertrag argumentieren läßt. Arbeiten, die sich nicht nur mit dem besonderen Fall echter Zustimmungsrechte des Kreditgebers, sondern allgemein mit der Erfassung von Einflußrechten im Rahmen symbiotischer Finanzierungsverträge beschäftigen, fehlen. Sämtliche Meinungen bedienen jedoch Konzepte und Begriffe, die in der Grundstruktur des Unternehmensvertragsrechts wurzeln und für eine solche Untersuchung fruchtbar gemacht werden können. Anhand dieser kann der Unternehmensvertragscharakter der Covenants überzeugend beurteilt werden.

Veil (2003), S. 285. Veil (2003), S. 285 (Fn. 26). 119 So Veil (2003), S. 302 für die in Franchiseverträgen typischerweise enthaltenen Informations-, Kontroll- und Weisungsrechte. Die dennoch bejahte Anwendung des § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG stützt er nicht auf diese Rechte, sondern auf die „ausgefeilte Systemkonzeption, in die der Franchisenehmer eingebunden ist“. 117 118

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a) Fehlender Strukturänderungscharakter In den Gesetzesmaterialen zu §§ 291 ff. AktG findet sich die Anmerkung, daß sämtliche Unternehmensverträge die Strukturen der Gesellschaft veränderten.120 Daran anknüpfend wird teilweise die durch einen Vertrag bewirkte Strukturänderung zum maßgeblichen Kriterium des Unternehmensvertrages erklärt.121 Der wenig konturierte Begriff der Strukturänderung ist freilich alles andere als geklärt, was dazu führt, daß er überwiegend als typusbildendes Merkmal des Unternehmensvertrages abgelehnt wird.122 Unter Strukturveränderungen könnten solche der Zustimmungspflicht der Hauptversammlung unterliegende Strukturmaßnahmen zu verstehen sein, die auf Dauer angelegt sind und eine bestimmte Breitenwirkung für das Unternehmen besitzen.123 Covenants kann eine solche Wirkung auf die inneren Strukturen der Gesellschaft indes nicht beigemessen werden. Ihnen fehlt schon die dafür erforderliche Nachhaltigkeit: Im Unterschied zu Strukturänderungen sind Kreditverträge eben nicht auf Dauer angelegt. Den Parteien werden Rechte und Pflichten nur für die von vornherein begrenzte Vertragslaufzeit auferlegt. b) Funktionales Verständnis des Unternehmensvertrages Veil widerspricht dem Strukturänderungskriterium ebenfalls und setzt an seine Stelle die Funktion der Unternehmensverträge in der Gesellschaft.124 Seiner Ansicht nach sind Unternehmensverträge Gestaltungsinstrumente, die das Gesetz zur „Änderung der inneren Rechtsverhältnisse, die in einer Aktiengesellschaft wegen der Gesetzesstrenge sonst nicht möglich sind“, bereitstelle. Der andere Vertragsteil rücke „in eine typisch gesellschaftsrechtliche Position“ ein.125 Ferner könnten Unternehmensverträge organschaftliche und mitgliedschaftsähnliche Rechtsverhältnisse begründen.126 Auch das funktionale Verständnis vermag eine unternehmensvertragliche Qualifikation von Covenants nicht zu stützen. Es geht nicht um eine Änderung der inneren Rechtsverhältnisse in der Gesellschaft; diese bleiben, wie im vierten Kapital gezeigt, vielmehr unangetastet. Rückwirkungen, die aus den in Covenants enthaltenen Verpflichtungen für die Gesellschaft auf einzelne Organe ausstrahlen, sind mitVgl. Veil (2003), S. 178, Fn 13. Vgl. MüKoAktG / Altmeppen, Vor § 291, Rdn. 6 ff., § 292, Rdn. 7; KK / Koppensteiner, Vorb. § 291, Rdn. 8. 122 Vgl. KK / Koppensteiner, § 292, Rdn. 12. 123 Veil (2003), S. 178, Timm zitierend. 124 Veil (2003), S. 276 ff., 179. 125 Veil (2003), S. 179. 126 Veil (2003), S. 179. 120 121

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telbarer Natur; sie vermögen allenfalls in faktischer Weise auf das Verhalten von Organen einzuwirken, ohne allerdings die gesellschaftliche Binnenordnung in dem von Veil gemeinten Sinn umzugestalten. c) Austauschvertrag im Gegensatz zum Organisationsvertrag Nach h.M. besitzen die in § 291 AktG geregelten Vertragstypen Organisationsvertragscharakter, während die in § 292 AktG geregelten Typen schuldrechtliche Austauschverträge darstellen.127 Danach ließen sich die Charakteristika organisationsrechtlicher Verträge nicht zur Abgrenzung der in § 292 AktG geregelten Unternehmensverträge von atypischen Austauschverträgen heranziehen, sind doch beide schuldrechtlicher Natur.128 Ausgehend von seinem Verständnis des Unternehmensvertragsrechts als (auch) materielles Organisationsrecht gelangt Veil demgegenüber zu der Auffassung, daß grundsätzlich sämtliche Unternehmensverträge als satzungsändernde Verträge konzipiert seien und daher als Organisationsvertrag in Frage kämen.129 Die Richtigkeit dieser Auffassung kann an dieser Stelle nicht abschließend beurteilt werden. Ein gewisser Widerspruch zum gängigen Verständnis der Verträge des § 292 AktG als schuldrechtlichen Austauschverträgen ist allerdings nicht zu leugnen.130 Denn die als typisches Merkmal der Organisationsverträge identifizierte, „causalose“ Umgestaltung der korporativen Rechtsverhältnisse findet sich bei schuldrechtlichen Austauschverträgen ja gerade nicht.131 Die erforderliche Abgrenzung zum Beherrschungsvertrag gelingt jedoch auch, wenn man mit Veil Unternehmensverträgen organisationsvertraglichen Charakter in einem weiteren, materiellen Sinn beimißt. Der organisationsrechtliche Teil des Vertrages ist dann eben nicht, wie beim Beherrschungsvertrag, „causalos“, sondern durch den Vertragszweck begründet. Es ist durchaus vorstellbar, daß der organisationsrechtliche Teil eines solchen Vertrages durch eine angemessene Gegenleistung kompensiert werden kann.132 127 BGHZ 105, 324, 331; MüKoAktG / Altmeppen, Vor § 291, Rdn. 4; kritisch zu den Rechtsfolgen einer Einstufung als Organisationsvertrag KK / Koppensteiner, Vorb. § 291, Rdn. 157. 128 Ebenso Martens, S. 23 f. 129 Veil (2003), S. 191 f., 200 ff. 130 Vgl. Karsten Schmidt, ZGR 1984, S. 295, 304 f.; KK / Koppensteiner, Vorb. § 291, Rdn. 153, 161, der sich allerdings kritisch zum angeblichen schuldrechtlichen Charakter des Betriebsüberlassungsvertrages äußert. 131 Vgl. Veil (2003), S. 200 f., 215 ff., 285 f. 132 Vgl. § 302 Abs. 2 AktG, der für Betriebspacht- und -überlassungsverträge das Erfordernis einer angemessenen Gegenleistung aufstellt. Gegen eine analoge Anwendung auf Betriebsführungsverträge Koppensteiner, § 302, Rdn. 59. Vgl. zu dem im Rahmen der sonstigen Unternehmensverträge geltenden Äquivalenzprinzip Martens, S. 38 ff.

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Unabhängig von der Frage der Einordnung der sonstigen Unternehmensverträge als schuldrechtliche oder organisationsrechtliche Verträge setzt eine unternehmensvertragliche Qualifikation atypischer Austauschverträge nach der hier vertretenen Auffassung voraus, daß diese auch organisationsrechtliche Elemente besitzen. Aus Gründen der Rechtssicherheit bedarf es dieses trennscharfen Kriteriums, um „schädliche“ von unbedenklichen Einflußrechten zu unterscheiden. Insofern ist der Ansicht zuzustimmen, die in der analogen Anwendung des § 292 AktG auf atypische Austauschverträge eine Gefahr für die Rechtssicherheit erblickt, weil häufig unklar bleibt, wann die erforderliche Eingriffsintensität erreicht wird.133 Auch erscheint es bedenklich, durch die analoge Anwendung des Unternehmensvertragsrechts weitere Beschlußzuständigkeiten der Hauptversammlung für Verträge zu schaffen, die nicht in der den Organisationsverträgen typischen Weise die Binnenordnung der Gesellschaft umgestalten. Wenn Einflußrechte Dritter im Rahmen eines schuldrechtlichen Austauschvertrages zum Anlaß genommen werden, den Vertrag als Unternehmensvertrag zu qualifizieren, läßt sich dies daher nur mit einer damit verbundenen organisationsrechtlichen Beeinträchtigung der Leitungskompetenz des Vorstands begründen. Eine solche Beeinträchtigung läge aber nur dann vor, wenn der Vertrag auch für den Vorstand als Organ Verbindlichkeit entfaltet. Denn nur in dieser Form können Einflußrechte überhaupt die Verbindlichkeit für sich beanspruchen, die die Leitungsmacht des Vorstands in der aus Sicht der Gesellschaft bedenklichen Weise unterminiert und die deshalb die Annahme einer Hauptversammlungszuständigkeit rechtfertigt. Die Bindung der Gesellschaftsorgane ist ein typisch organisationsvertragliches Merkmal.134 Im Unterschied zu Austauschverträgen wird durch organisationsrechtliche Regelungen nicht allein die Gesellschaft als Vertragspartnerin verpflichtet, sondern unmittelbar der Rechten- und Pflichtenkreis der Organe verändert.135 Der innere Willensbildungsprozeß wird durch die unternehmensvertraglichen Verpflichtungen determiniert und dem Vorstand die Freiheit genommen, entgegen den Verpflichtungen des Vertrages zu handeln.136 Auch die Aktionäre sind an den Vertrag gebunden, sofern sie über ihn in der Hauptversammlung beschließen.137 Da somit eine gesellschaftsrechtliche Verantwortung besteht, kann das Vertragsverhältnis auf schuldrechtliche Sanktionen verzichten.138 Vor allem an dieser organisationsvertraglichen Dimension des Unternehmensvertrages wird deutlich, daß Covenants sich nicht sinnvoll als solchen beschreiben Vgl. KK / Koppensteiner, Vor § 291, Rdn. 163. Ballerstedt, DB 1956, 837, 839; Würdinger, DB 1958, 1447, 1450 f.; Veil (2003), S. 192 f. 135 Veil (2003), S. 202. 136 MüKoAktG / Altmeppen, § 308, Rdn. 64. 137 So zutreffend Veil (2003), S. 201 f. 138 Veil (2003), S. 193. 133 134

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lassen. Wie bereits im vierten Kapitel hervorgehoben wurde, bleiben die Rechte und Pflichten der Organe unangetastet.139 Dies gilt insbesondere für die Gewinnverwendungskompetenz der Hauptversammlung: Würde man Covenants in analoger Anwendung des § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG als Unternehmensvertrag behandeln und folgerichtig eine Beschlußfassung der Hauptversammlung gem. § 293 Abs. 1 AktG verlangen, so würde dies nach der Organisationsvertragsthese dazu führen, daß die Hauptversammlung an den Inhalt des Vertrages gebunden wäre.140 Sie dürfte insbesondere nur noch insoweit über die Gewinnverwendung entscheiden, als dies im Einklang mit den in den Covenants enthaltenen Verpflichtungen steht. Ein solches Ergebnis stünde indes in diametralem Gegensatz zu dem im vierten Kapital gefundenen Ergebnis, wonach eine Präjudizierung der Hauptversammlung in dieser Frage aus kompetentiellen Gründen abzulehnen ist und auch nicht dem Parteiwillen entspricht.141 Es liegt vielmehr umgekehrt: Der umfassende Sanktionskatalog der Covenants wird gerade zu dem Zweck benötigt, die fehlende gesellschaftsrechtliche Bindung der Gesellschaft und ihrer Organe zu kompensieren. Die von Veil erkannte Alternativität zwischen gesellschaftsrechtlichen und schuldrechtlichen Sanktionssystemen wird durch Covenants also eindrucksvoll bestätigt. III. Methodische Grenzen der Öffnung des § 292 AktG für atypische Gestaltungen 1. Öffnung des § 292 AktG nur im Wege der Analogie Während die h.M. eine Öffnung des § 292 AktG wenn überhaupt nur in den Grenzen der Analogie zulassen will142, scheint Veil ohne diese auskommen zu wollen. Ohne sich mit den Voraussetzungen dieser Auslegungstechnik näher auseinanderzusetzen, sieht er allein in den übergreifenden Regelungszwecken des Unternehmensvertragsrechts die Legitimation für eine Öffnung. Seiner Ansicht nach besitzen die §§ 291 ff. AktG Legitimationscharakter.143 Ihre Funktion sei es, strukturändernde Verträge zuzulassen, wenn die Vertragspartner hieran ein praktisches Interesse besitzen.144 Den §§ 291 Abs. 1, 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG könne entnommen werden, daß das Gesetz ganz unterschiedliche Formen der Herrschaftsmacht anerkenne.145 Die Vorschriften griffen immer dann, wenn die Verbandsorganisation durch den Vertrag beeinträchtigt werde.146 139 140 141 142 143 144 145

Siehe oben § 10 B. II. 2. Veil (2003), S. 202. Siehe oben § 10 C. II. 2. Vgl. Martens, S. 25 ff.; KK / Koppensteiner, § 292, Rdn. 81 ff. Veil (2003), S. 228. Veil (2003), S. 229. Veil (2003), S. 228.

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In der Konsequenz Veils bedeutet dies, daß der konkrete Vertragstyp für eine Subsumtion unter die §§ 291 ff. AktG keine Rolle mehr spielt, und nur das Vorhandensein mitgliedschaftsähnlicher oder organisationsrechtlicher Vertragsstrukturen den Ausschlag über eine unternehmensvertragliche Qualifikation des Vertrages gibt. Eine derart weitgehende Offenheit für Vertragsgestaltungen, die die Anwendungsvoraussetzungen des Unternehmensvertragsrechts auf übergreifende Wertungen und Regelungsziele reduziert, läßt sich der Systematik der §§ 291 ff. AktG allerdings nicht entnehmen. Während sich für § 291 AktG im Hinblick auf seinen hohen Abstraktionsgrad eine entsprechende Auslegung noch gut begründen läßt, stellt § 292 AktG eine im Kern kasuistische Regelung dar. Die in ihm aufgezählten Vertragstypen weichen hinsichtlich ihres Gegenstandes und ihrer Wirkungsweise auf die Gesellschaft z. T. stark voneinander ab, so daß eine Reduzierung auf ein gemeinsames Wertungsprinzips als Grundlage einer Gesamtanalogie schwerfällt.147 Aus diesen Gründen führt der Weg zu einer Öffnung des § 292 AktG nur über die Analogie zu einem der darin aufgezählten Vertragstypen. 2. Grenzen der Analogiefähigkeit des § 292 AktG An dieser Stelle sind die Bedenken gegen eine analoge Anwendung des § 292 AktG auf atypische Schuldverträge aufzugreifen. Es hat sich zwar gezeigt, daß die Argumente der h.M. insoweit nicht verfangen, als sie die Offenheit des Unternehmensvertragsrechts für atypische Gestaltungen grundsätzlich in Abrede stellen.148 Allerdings darf die Leistungsfähigkeit der Analogie als Auslegungsprinzip nicht überspannt werden. Neben dem Erfordernis einer planwidrigen Regelungslücke ist daher auch immer die Gleichwertigkeit der Interessenlage beim geregelten und ungeregelten Sachverhalt vorauszusetzen.149 Dieses Merkmal wird im Zusammenhang mit der Diskussion um die unternehmensvertragliche Natur atypischer Austauschverträge vielfach überdehnt. Während sich die Gleichwertigkeit des Betriebsführungsvertrages mit den in § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG geregelten Verträgen aufgrund des übergreifenden Charakters der Nutzungsüberlassung noch gut begründen läßt150, ist dies bei sonstigen Schuldverträgen mit einem davon gänzlich verschiedenen Vertragszweck nicht ohne weiteres der Fall. So läßt sich der Regelungsgegenstand eines atypischen KreVeil (2003), S. 228. Vgl. zur Gesamtanalogie bzw. Gesetzesanalogie Larenz / Canaris, S. 204: Bei dieser Auslegungsmethode wird „mehreren gesetzlichen Bestimmungen, die an verschiedene Tatbestände die gleiche Rechtsfolge anknüpfen, ein allgemeiner Rechtsgrundsatz entnommen, der auf einen im Gesetz nicht geregelten Tatbestand wertungsmäßig ebenso zutrifft wie auf die geregelten Tatbestände.“ 148 Siehe oben § 12 B. I. 1. a) bb). 149 Larenz / Canaris, S. 202 ff. 150 Vgl. Emmerich / Habersack, § 292, Rdn. 58. 146 147

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ditvertrages nur schwerlich mit dem eines Betriebsüberlassungsvertrages vergleichen. Die Interessenlage im Rahmen des symbiotischen Kreditvertrages unterscheidet sich vielmehr grundlegend von der der Nutzungsüberlassungsverträge. Wie bereits mehrfach ausgeführt wurde, sind Covenants-gestützte Finanzierungsverträge bereits im Ansatz nicht auf eine Fremdbetriebsführung durch den Gläubiger angelegt. Auch wertungsmäßig läßt sich keine Vergleichbarkeit der Interessenlagen feststellen. Bezweckt § 292 AktG eine Legitimation von normativ wirkenden Eingriffen in die Verbandsorganisation durch eine Beteiligung der für Satzungsänderungen zuständigen Hauptversammlung151, so ist ein vergleichbares schutzwürdiges Interesse der Hauptversammlung im Falle eines symbiotischen Finanzierungsvertrages nicht zu erkennen. Die Verbandsorganisation bleibt nach den Ergebnissen des vierten Kapitels unberührt. Das „Hineinregieren“ des Kreditgebers in das Unternehmen auf faktischer Grundlage ist mit den normativen Wirkungen eines Unternehmensvertrages nicht vergleichbar; insbesondere stellt es keine so signifikante Abweichung zu anderen Abhängigkeitsbeziehungen im Wirtschaftsleben dar, als daß die Begründung einer ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeit gerechtfertigt wäre.

IV. Fazit Covenants-gestützte Finanzierungsverträge sind nicht als Unternehmensverträge zu behandeln. Zwar ist eine grundsätzliche Offenheit des Unternehmensvertragsrechts für atypische Austauschverträge mit weitgehenden Einflußrechten des einen Vertragsteils im Unternehmen des anderen Vertragsteils anzuerkennen. Diese Offenheit bewegt sich allerdings in den Grenzen der strukturbildenden Merkmale der Unternehmensverträge. Ein solches ist insbesondere der organisationsvertragsähnliche Charakter eines Vertrages. Des weiteren ist die Zugänglichkeit des § 292 AktG für atypische Austauschverträge methodologisch auf die Herstellung einer Analogie zu einem der dort geregelten Vertragstypen beschränkt. Covenants besitzen weder Organisationsvertragscharakter, noch lassen sie sich im Wege des Analogieschlusses einem der Unternehmensvertragstypen zuordnen. Die fehlende Organisationsvertragsqualität spiegelt sich in dem umfassenden Sanktionskatalog der Covenants, der nicht erforderlich wäre, wenn die Gesellschaft und ihre Organe gesellschaftsrechtlich gebunden wären.

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Veil (2003), S. 200 f.

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§ 13 Faktische Konzernierung auf der Grundlage von Covenants? Nachdem oben festgestellt worden ist, daß Covenants die Voraussetzungen eines Unternehmensvertrages nicht erfüllen, ist nunmehr ihr Potential für eine „faktische Konzernbildung“ nach den §§ 311 ff. AktG zu untersuchen. Das Fehlen eines Beherrschungsvertrages eröffnet als negative Voraussetzung des § 311 AktG die grundsätzliche Anwendbarkeit dieses Normenkomplexes. Mit den obigen Feststellungen ist die Konstituierung eines faktischen Konzerns durch Covenants auch nicht bereits im negativen Sinne präjudiziert worden; wenn dort ausgeführt wurde, daß den Parteien eines symbiotischen Finanzierungsvertrages weder der Wille noch die vertragliche Grundlage für eine Konzernierung im Sinne einer einheitlichen Leitung der Gesellschaften fehlt152, darf daraus nicht vorschnell auf die Unanwendbarkeit der §§ 311 ff. AktG geschlossen werden. Denn § 311 AktG setzt unstreitig nicht etwa einen Konzern, sondern lediglich eine Abhängigkeitslage zwischen den Unternehmen voraus.153 Die Frage, ob sich aus §§ 311 ff. AktG die Zulässigkeit des „faktischen Konzerns“ ergibt154, der beherrschende Einfluß also zu einheitlicher Leitung verdichtet werden darf, stellt sich bei Covenants nach obigen Feststellungen ohnehin nicht. Ungeklärt blieb bislang jedoch, ob Covenants eine Abhängigkeitslage begründen, und wenn ja, ob die konkreten, auf Covenants gestützten Einflußnahmen des Kreditgebers „nachteilig“ im Sinne dieser Vorschrift sind. Ohne einer genauen Prüfung des § 311 AktG vorzugreifen, sollen an dieser Stelle bereits grundsätzliche Zweifel an einer Anwendbarkeit der Regelung auf Covenants angebracht werden. Sie dient neben dem Schutz der Außenseiter unstreitig dem Schutz der Vermögensinteressen der abhängigen Gesellschaft; diese soll so gestellt werden, als wäre sie unabhängig.155 Man müßte folglich in Covenants die Gefahr einer Beeinträchtigung der Vermögensinteressen des Schuldners erblicken, um den so definierten Schutzbereich des § 311 AktG zu eröffnen. Ob Covenants dazu geeignet sind, den „wohlverstandenen“ Vermögensinteressen der Gesellschaft Schaden zuzufügen, ist indes zweifelhaft. Die Zweifel verstärken sich, wenn man sich den weitergehenden Schutzzweck der §§ 311 ff. AktG vergegenwärtigt: Dieser besteht nicht nur im Schutz der außenstehenden (Minderheits)aktionäre, sondern vor allem auch der Gläubiger.156 Jedenfalls aus Sicht der Gläubiger geht von Covenants normalerweise keine Gefahr aus. Unter ungünstigen Umständen kann es dazu kommen, daß sie ihre gläubigerschützende Funktion § 12 A. II. 2. e). MüKoAktG / Kropff, § 311, Rdn. 51; KK / Koppensteiner, Vorbem. § 311, Rdn. 11. 154 Str.; Übersicht zum Meinungsstand bei Geßler / Hefermehl, § 311, Rdn. 8 ff.; Emmerich / Habersack, § 311, Rdn. 8.; Hüffer, § 311, Rdn. 4 ff. 155 KK / Koppensteiner, Vorb. § 311, Rdn. 6; MüKoAktG / Kropff, § 311, Rdn. 10. 156 MüKoAktG / Kropff, § 311, Rdn. 3; Geßler / Hefermehl, § 311, Rdn. 1. 152 153

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nicht voll entfalten können; sie kehren sich jedoch nur selten gegen die Gläubiger. Diese Überlegungen zum Normzweck der §§ 311 ff. AktG dienen der gedanklichen Vorarbeit; von einer Prüfung der Vorschriften entbinden sie nicht, da sie wenn überhaupt nur eine teleologische Reduktion im Hinblick auf den oben für symbiotische Finanzierungsverträge entwickelten Regulierungsrahmen rechtfertigen können.157

A. Abhängigkeitsverhältnis Im Zentrum der nachfolgenden Ausführungen steht die Prüfung eines Abhängigkeitsverhältnisses im Sinne von § 17 AktG zwischen den Parteien des Covenants-gestützten Finanzierungsvertrages als wichtigster Voraussetzung des § 311 AktG.158 Die Feststellungen im Rahmen der unternehmensvertraglichen Prüfung vermögen ein solches noch nicht auszuschließen, setzen die §§ 291 ff. AktG eine Abhängigkeitslage doch gerade nicht voraus.159

I. Keine gesellschaftsrechtlich vermittelte Abhängigkeit Die h.M. läßt nicht jede beliebige Form der Abhängigkeit genügen. Vielmehr verlangt sie, daß die Abhängigkeit gesellschaftsrechtlich – d.h. durch eine Beteiligung des herrschenden am abhängigen Unternehmen – vermittelt ist.160 Im Falle einer Mehrheitsbeteiligung wird die Abhängigkeit gem. § 17 Abs. 2 AktG vermutet, jedoch kann auch eine geringere Beteiligung unter bestimmten Voraussetzungen das erforderliche Einflußpotential vermitteln, wenn sie eine sog. Hauptversammlungsmehrheit sichert.161 Covenants gehen nur in besonderen Anwendungsfällen mit einer mitgliedschaftlichen Beteiligung des Gläubigers einher. Ihrer Grundidee nach dienen Covenants ja gerade der Kontrolle des Konflikts zwischen Gläubigern und Anteilseignern; eine Beteiligung des Gläubigers an der Gesellschaft entschärft diesen Konflikt und mindert den Nutzen der Covenants. Vgl. oben § 9 D. In diesem Zusammenhang wird häufig von „konzernrechtsrelevanter“ Abhängigkeit gesprochen, vgl. De Meo, S. 276 ff. Soweit man, wie die h.M., von einem einheitlichen Abhängigkeitsbegriff ausgeht, kommt diesem Begriff keine eigenständige Bedeutung zu. Vgl. zu der hier nicht näher darzustellenden Diskussion Bayreuther, S. 30 ff. 159 Siehe oben § 12 A. I. 160 Vgl. Windbichler in GroßkommAktG, § 17, Rdn. 12 f.; BGHZ 90, 381, 395 f.; De Meo, S. 276 ff. 161 Vgl. KK / Koppensteiner, § 17, Rdn. 41; Hüffer, § 17, Rdn. 4. 157 158

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5. Kap.: Abschichtung zum Konzernrecht

Dennoch kommt es vor, daß Covenants auch von an der Gesellschaft beteiligten Gläubigern zur Absicherung ihres Rückzahlungsanspruchs eingesetzt werden. Insbesondere in Sanierungsfällen lassen sich Banken häufig gegen teilweisen Schuldenerlaß eine Beteiligung an der Gesellschaft einräumen (debt equity swap).162 Gang und Gebe sind Covenants schließlich in venture capital-Verträgen, die häufig eine (mitunter atypische) mitgliedschaftliche Beteiligung des Investors vorsehen.163 In manchen Fällen mag diese Beteiligung eine Größe erreichen, die für sich genommen genügt, eine Abhängigkeit im Sinne von § 17 AktG zu begründen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Kreditgeber mit einer sicheren Hauptversammlungsmehrheit rechnen kann. Wenn die Beteiligung unter dieser kritischen Größe bleibt, so kann nur ausnahmsweise durch Hinzutreten vertraglicher Einflußrechte oder tatsächlicher Umstände eine Abhängigkeit entstehen.164 Es wird verlangt, daß die Beteiligung schon für sich allein eine spürbare Einflußmöglichkeit eröffnet.165 Angesichts der restriktiven Rechtsprechung ist zweifelhaft, ob das in Covenants enthaltene Druck- und Drohpotential, das sich im Krisenfall der Gesellschaft aufgrund der Kündigungsmöglichkeit des Kreditgebers ergeben kann, selbst in Kumulation mit einer entsprechend hohen Beteiligung ein Abhängigkeitsverhältnis begründen kann. Dies wird wenn überhaupt nur bei Beteiligungen jenseits von 25% angenommen werden können. Selbst dann stellt sich auf Rechtsfolgenseite die Frage, worin die Nachteilszufügung durch den Kreditgeber bestehen soll.166 II. Abhängigkeit auf vertraglicher Grundlage Ist der Kreditgeber, wie im Regelfall, an der Gesellschaft nicht beteiligt, so ist zu untersuchen, ob es auf andere Weise zu einem Abhängigkeitsverhältnis kommen kann. In Betracht kommt eine Abhängigkeit aufgrund der dem Kreditgeber in Covenants eingeräumten Rechte. Fraglich ist, ob sich bereits aus den oben zum Beherrschungsvertrag getroffenen Feststellungen das Vorliegen einer derartigen Abhängigkeit auf vertraglicher Grundlage verneinen läßt. Dierdorf sieht bei vertraglicher Abhängigkeit immer auch die Voraussetzungen des § 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG als erfüllt an167; umVgl. Kümpel, Rdn. 14.288. Winkler, S. 36 ff. 164 Vgl. aus der sehr restriktiven Rechtsprechung BGHZ 90, 381, 394 ff., wonach wirtschaftliche Abhängigkeiten infolge von Kredit- oder Lieferbeziehungen wenn überhaupt nur dann abhängigkeitsbegründend sein können, wenn sie zu einer Beteiligung hinzutreten. Der BGH sah in der Entscheidung nicht einmal die bei ca. 20,5 % liegende Beteiligung der Bank, die zudem Hausbank der Gesellschaft und in deren Aufsichtsrat vertreten war, als ausreichend an (S. 397). Vgl. auch Windbichler in GroßkommAktG, § 17, Rdn. 40. 165 Emmerich / Habersack, § 17 Rdn. 16 b; Westermann, ZIP 1982, 379, 386. 166 Siehe dazu unten § 13 B. 167 Dierdorf, S. 107 f. 162 163

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gekehrt wäre dann aus dem Nichtvorliegen eines Beherrschungsvertrages auch eine vertragliche Abhängigkeit im Sinne von § 17 AktG auszuschließen. Für die Richtigkeit dieser Auffassung spricht, daß „Abhängigkeit“ nichts anderes als die Möglichkeit zur Ausübung eines beherrschenden Einflusses darstellt (vgl. § 17 Abs. 1 AktG) und sogar nach § 18 Abs. 1 S. 3 AktG die Konzernvermutung begründet.168 Daraus könnte zu schließen sein, daß Abhängigkeit auf vertragliche Weise nur in Gestalt eines Beherrschungsvertrages begründet werden kann. Auch die h.L. sieht den Beherrschungsvertrag als exklusives Mittel der Begründung vertraglicher Abhängigkeit an.169 In anderen Verträgen könnten die aktienrechtlichen Regeln hinsichtlich Vermögensbindung und eigenverantwortlicher Leitung nicht durchbrochen werden.170 Es kann daher auf die oben zum Beherrschungsvertrag gefundenen Ergebnisse zurückgegriffen werden.171 Dort ist festgestellt worden, daß die in Covenants enthaltenen Einflußrechte einen beherrschenden Einfluß im Sinne von § 291 AktG nicht ermöglichen. Folglich können sie für sich genommen ebensowenig ausreichen, eine Abhängigkeit im Sinne von § 17 AktG zu begründen. Dieser Schluß läßt sich auch mit Blick auf den oben entwickelten Abhängigkeitsbegriff absichern. § 17 Abs. 1 AktG verlangt die Möglichkeit zur Ausübung eines beherrschenden Einflusses. Als Maßstab eines beherrschenden Einflusses kann aus § 17 Abs. 2 AktG das Einflußpotential einer Mehrheitsbeteiligung abgeleitet werden.172 Covenants vermitteln dem Kreditgeber eine der Mehrheitsbeteiligung vergleichbare Eingriffsintensität indes nicht. Sie gewähren dem Kreditgeber noch nicht einmal die gesellschaftsrechtlich gesicherte Verhinderungsmacht einer Sperrminorität.173 Wie bereits ausgeführt wurde, können Covenants allenfalls in Krisenzeiten der Gesellschaft ein tatsächliches Einflußpotential begründen, dessen Intensität je nach der Angewiesenheit des Kreditnehmers auf den Kredit mehr oder weniger groß ist. III. Abhängigkeit auf tatsächlicher Grundlage Damit bleibt die Frage, ob eine Abhängigkeit auch ganz oder überwiegend auf die tatsächlichen Verhältnisse der Kreditbeziehung gestützt werden kann, die bei 168 169

Dierdorf, S. 107 f. Vgl. Windbichler in GroßkommAktG, § 17, Rdn. 38; KK / Koppensteiner, § 17, Rdn.

53 ff. KK / Koppensteiner, § 17, Rdn. 53, 56. § 12 A. II. 2. 172 Dierdorf, S. 53; Hüffer, § 17 Rdn. 5. 173 Selbst die Sperrminorität wird von vielen nicht als abhängigkeitsbegründend angesehen, da mit ihr nur Entscheidungen blockiert werden können, vgl. Hüffer, § 17 Rdn. 10. 170 171

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5. Kap.: Abschichtung zum Konzernrecht

den oben diskutierten Unternehmensverträgen keine Berücksichtigung finden konnten.174 Anders als der Beherrschungsvertrag setzt die Abhängigkeit gerade nicht voraus, daß die Herrschaftsmacht in einem Vertrag wurzelt.175 Ob eine Abhängigkeit im Sinne von § 17 AktG allein oder überwiegend auf tatsächliche Umstände gestützt werden kann, wird jedoch von der h.M. vehement bestritten, und zwar selbst dann, wenn sie durch Einflußrechte in Austauschbeziehungen verstärkt werden.176 Nach anderer Ansicht sollen hingegen unter bestimmten Umständen auch wirtschaftliche Abhängigkeiten im Rahmen von Austauschbeziehungen für die Begründung einer Abhängigkeit ausreichen.177 Vor allem Dierdorf ist in der Diskussion mit der Forderung hervorgetreten, in bestimmten „finanzwirtschaftlichen Verbindungen“ eine Abhängigkeit auf tatsächlicher Basis anzuerkennen, wenn die Gesellschaft von einem Kreditgeber umfangreiche finanzielle Mittel erhalten hat, auf diese dringend angewiesen ist und nicht ohne größere Schwierigkeiten auf andere Kreditgeber ausweichen kann.178 In diesem Fall sei das Druckmittel des Kreditgebers, den Verbleib des Kapitals in der Gesellschaft von der Befolgung seiner finanzpolitischen Vorstellungen abhängig zu machen, aus Sicht eines rationalen Geschäftsleiters realisierbar und gewähre dem Kreditgeber faktisch eine umfassende Leitung des Finanzierungsbereichs. Dies entspreche wirtschaftlich der von § 17 AktG geforderten Fähigkeit zu beherrschender Einflußnahme.179 Es soll davon abgesehen werden, den unzähligen Stellungnahmen zu dieser Streitfrage eine weitere Meinung hinzuzufügen. Für den Kontext der Covenants hat Kästle zum Thema der wirtschaftlichen Abhängigkeit bereits ausführlich Stellung bezogen.180 Diesem Standpunkt der h.M. ist zu folgen. Er soll allerdings im folgenden durch einige zusätzliche Erwägungen weiter erhärtet werden. Für die Anerkennung einer in außergesellschaftsrechtlichen Umständen wurzelnden Abhängigkeit scheint die in der Praxis zu beobachtende Tendenz zu sprechen, teure, beteiligungsgestützte Beherrschungsverhältnisse durch komplexe Vertragssysteme zu ersetzen.181 Immer wieder wird auch die Gleichwertigkeit der Vgl. oben § 12 A. II. 2. b). Dierdorf, S. 152 f. 176 Windbichler in GroßkommAktG, § 17, Rdn. 40; Emmerich / Habersack, § 17, Rdn. 14 ff.; Westermann, ZIP 1982, 379, 383 f. 177 Dierdorf, S. 152 ff.; Bayreuther, S. 149 ff. 178 Dierdorf, S. 156 ff. 179 Dierdorf, S. 163 ff. Vgl. ferner Bayreuther, S. 352 f., der allerdings weit höhere Anforderungen an den Fremdeinfluß stellt und verlangt, daß der Kreditgeber das kreditnehmende Unternehmen willensmäßig voll beherrscht. Darin schließt er eine Bestimmung des unternehmerischen Verhaltens des Kreditnehmers durch konkrete Vorgaben sowie eine Steuerung seiner Personalpolitik ein. 180 Kästle, S. 202 ff. mit Überblick zum Meinungsstand. 181 Eine Übersicht über praktische Vertragsgestaltungen findet sich bei Raupach, S. 327 ff. 174 175

§ 13 Faktische Konzernierung auf der Grundlage von Covenants?

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gesellschaftsrechtlich vermittelten und der wirtschaftlichen Abhängigkeit unter ökonomischen Gesichtspunkten hervorgehoben.182 Es ist nicht zu übersehen, daß eine auf tatsächlichen Umständen beruhende Abhängigkeit im Rahmen wirtschaftlicher Austauschbeziehungen mitunter weitaus größere Gefahren für die Unabhängigkeit der Gesellschaft mit sich bringen kann als die gesellschaftsrechtliche Abhängigkeit von einem Mehrheitsaktionär, die Leitbild des § 17 AktG ist. Zu bedenken ist auch, daß die durch eine Mehrheitsbeteiligung vermittelte Abhängigkeit wegen § 76 AktG im Grunde ebenfalls „nur“ eine tatsächliche ist, da sie die Autonomie des Vorstands jedenfalls formal nicht berührt.183 Umgekehrt vermögen Fälle wirtschaftlicher Abhängigkeit die Gesellschaft und ihren Vorstand in ausweglose Situationen zu bringen und seinen Handlungsspielraum – zwar nicht rechtsverbindlich, aber doch faktisch zwingend – drastisch einzuschränken. Dennoch ist aus normzwecktheoretischen, methodologischen und praktischen Erwägungen am Standpunkt der h.M. festzuhalten. Die Tatsache, daß es sich bei den §§ 311 ff. AktG um spezielle gesellschaftsrechtliche Normen handelt, verlangt im Grunde schon nach einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung der Abhängigkeit. Ferner besteht die Gefahr, daß bei einer Anwendung der §§ 311 ff. AktG auf individualvertragliche Austauschbeziehungen das Konzernrecht zu einem allgemeinen Ausbeutungsschutz benutzt wird, zu dem es nicht geschaffen worden ist.184 Die wirtschaftspolitische Neutralität des AktG ist gefährdet, wenn es sich aufschwingt, auch außergesellschaftliche Abhängigkeiten zu erfassen.185 Deshalb ist davon abzusehen, mit den Mitteln des Konzernrechts die in symbiotischen Austauschbeziehungen verkörperte Lösung des Interessengegensatzes zwischen den Vertragsparteien zu bewerten und ggf. inhaltlich zu korrigieren. Dies liefe auf eine nicht hinnehmbare Inhaltskontrolle hinaus.186 Dieser bedürfte es wenn überhaupt nur dann, wenn feststünde, daß ein vertraglicher Ausgleich des Interessengegensatzes zwischen den Parteien aus strukturellen Gründen nicht funktionierte. Eine solche Gefahr drohte überhaupt nur dann, wenn das herrschende Unternehmen in organisationsvertragsähnlicher Weise, mit bindender Wirkung für die Gesellschaftsorgane, in die Binnenordnung der Gesellschaft hineinwirkt und damit die Fähigkeit des Unternehmens zur Wahrung seiner Unabhängigkeit strukturell untergraben wird. Die hier in Rede stehenden Finanzierungsverträge entfalten aber nach den bisherigen Ergebnissen dieser Arbeit trotz ihrer symbiotischen Natur nur organisationsexterne Wirkungen. Sollten sich während der Vertragslaufzeit faktische oder wirtschaftliche Ungleichgewichte herausbilden, so sind diese besser mit den eigens für diese Zwecke entwickelten zivilrechtlichen Instrumentarien zu lösen.

182 183 184 185 186

Westermann, ZIP 1982, 379, 383. So zu Recht Dierdorf, S. 154. Oechsler, ZGR 1997, 464, 476 ff. Strohn, Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern, S. 26 f. So auch Oechsler, ZGR 1997, 464, 478 f.

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5. Kap.: Abschichtung zum Konzernrecht

B. Nachteilszufügung Die vorstehenden Ausführungen haben ergeben, daß allein im Falle einer ausreichenden mitgliedschaftlichen Beteiligung des Covenants-berechtigten Gläubigers an ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger zu denken ist. Für diesen Fall ordnet § 311 Abs. 1 AktG an, daß der Kreditgeber seinen Einfluß nicht dazu benutzen darf, die abhängige Gesellschaft zu veranlassen, ein für sie nachteiliges Rechtsgeschäft vorzunehmen oder Maßnahmen zu ihrem Nachteil zu treffen oder zu unterlassen, es sei denn, daß die Nachteile ausgeglichen werden. Zunächst ist festzustellen, daß Covenants dem Kreditgeber eine für § 311 AktG ausreichende Veranlassungsmacht einräumen. Als Veranlassung genügt jede Form der Einflußnahme, die zu einem Nachteil führt.187 Die rechtliche Verbindlichkeit der Veranlassung, oder sonst eine gewisse Nachdrücklichkeit, wird nicht vorausgesetzt, so daß es unerheblich ist, daß die meisten der in Covenants enthaltenen Pflichten nicht einklagbar sind.188 Entscheidend ist, daß sich die abhängige Gesellschaft vom Kreditgeber zu nachteiligen Maßnahmen veranlaßt sieht und die Veranlassung für ihr Verhalten mitursächlich ist.189 Fraglich ist indes, worin in der Praxis die Nachteile bestehen sollen, die einem Kreditnehmer im Rahmen eines symbiotischen Finanzierungsvertrages zugefügt werden. Mit Rücksicht auf den Schutzzweck des § 311 AktG ist unter Nachteil jede Minderung oder konkrete Gefährdung der Vermögens- oder Ertragslage der Gesellschaft zu verstehen, soweit sie ihre Ursache in der Abhängigkeit hat.190 Hier ist zu unterscheiden:

I. Unausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung? Im Rahmen von Austauschgeschäften kann es zu einer Nachteilszufügung einerseits dadurch kommen, daß der eine Vertragsteil vom anderen zu Leistungen veranlaßt wird, denen keine gleichwertige Leistung gegenübersteht.191 Für Darlehensverträge bedeutet dies im Normalfall, daß ein Nachteil schon dann nicht vorliegt, wenn die Gesellschaft nicht mehr als marktgerechte Zinsen zu zahlen hat.192 Da im hocheffizienten Markt der Unternehmensfinanzierungen nicht marktgerechte Zinsen die Ausnahme bilden dürften, müßte die Unausgewogenheit im Falle Covenants-gestützter Finanzierungsverträge in den Covenants selbst gesucht wer187 188 189 190 191 192

Emmerich / Habersack, § 311, Rdn. 23 f. Vgl. Hüffer, § 311, Rdn. 16; Emmerich / Habersack, § 311, Rdn. 24. KK / Koppensteiner, § 311, Rdn. 6; Emmerich / Habersack, § 311, Rdn. 38. Emmerich / Habersack, § 311, Rdn. 39 f. Vgl. Emmerich / Habersack, § 311, Rdn. 46. MüKoAktG / Kropff, § 311, Rdn. 183; KK / Koppensteiner, § 311, Rdn. 79.

§ 13 Faktische Konzernierung auf der Grundlage von Covenants?

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den. Dabei verbietet es sich, bereits in der Vereinbarung von Covenants als solcher ein Indiz für ein Ungleichgewicht zu sehen. Zwar ist festgestellt worden, daß die Parteien mit der Vereinbarung von Covenants bewußt eine asymmetrische Steuerungsstruktur einrichten; nach den Ergebnissen dieser Arbeit läuft aber jeder Versuch, aus diesem Umstand auf die fehlende Unausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung zu schließen, auf eine nicht hinnehmbare Kontrolle der zwischen den Parteien vertraglich festgelegten Risikoverteilung hinaus. Covenants dienen der Kompensation des Kreditgebers für die Übernahme besonderer Risiken und sind daher unlösbarer Bestandteil dieser Risikoverteilung. Ohne konkrete Anhaltspunkte für ein Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung ist daher von einer ausgeglichenen Vertragsstruktur auszugehen. Im übrigen setzt die Zufügung eines Nachteils in Form einer unausgewogenen Vertragsgestaltung voraus, daß das geschädigte Unternehmen durch eine bereits vor Vertragsschluß bestehende Abhängigkeit zum Abschluß des Vertrages veranlaßt wird: § 311 AktG verbietet es, ein bereits abhängiges Unternehmen zu einer nachteiligen Maßnahme zu veranlassen.193 Eine solche Fallkonstellation ist in der Finanzierungspraxis allenfalls im Rahmen der Gewährung eines Sanierungskredites an ein krisenbedingt abhängiges Unternehmen denkbar. II. Sonstige Nachteile Nicht auszuschließen ist jedoch, daß der Kreditgeber im Zusammenwirken mit der Abhängigkeit des Kreditnehmers die vertraglichen Einflußnahmemöglichkeiten dazu ausnutzt, diesen zu vertragsexternen, vermögensschädigenden Maßnahmen zu veranlassen.194 Beispielsweise könnte die Bank den Schuldner durch die Drohung mit der Kreditkündigung zum Unterlassen einer an sich vorteilhaften Investitionsentscheidung veranlassen. Auch in dieser Konstellation bestehen indes Bedenken gegen die voreilige Annahme eines Nachteils. Zum einen ist zu berücksichtigen, daß an einen Nachteil dann nicht zu denken ist, wenn sich die Maßnahme aus der Sicht des Vorstands einer unabhängigen Gesellschaft als sorgfaltsgemäß erweist (vgl. § 317 Abs. 2 AktG).195 Dem Vorstand kommt gem. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG jedoch ein weites, unternehmerisches Ermessen zu, das unter Berücksichtigung der Lage der Gesellschaft mehrere dem Sorgfaltsstandard genügende Verhaltensweisen zulassen kann. Deshalb kann es durchaus dem Wohl der Gesellschaft entsprechen und damit sorgfaltsgemäß sein, wenn der Vorstand dem Druck der Kündigungsdrohung nachgibt und eine für die Gesellschaft gewinnversprechende Maßnahme unterläßt bzw. eine sonst schädigende Maßnahme vornimmt, wenn diese Entscheidung aus seiner Sicht gegenüber der Kreditkündigung das geringere Übel darstellt.196 193 194 195

Vgl. KK / Koppensteiner, § 311, Rdn. 1. Vgl. zu Fällen dieser Art KK / Koppensteiner, § 311, Rdn. 71. MüKoAktG / Kropff, § 311, Rdn. 140; KK / Koppensteiner, § 311, Rdn. 36, 140.

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5. Kap.: Abschichtung zum Konzernrecht

Darüber hinaus dürfte – abgesehen von der Schwierigkeit, den Schaden einer solchen Maßnahme zu quantifizieren – am Bestehen eines Nachteils aus einem weiteren Grund zu zweifeln sein. Konsequenterweise müßte man nämlich in der Kreditkündigung die rechtmäßige Alternative zur schädigenden Veranlassung durch die Bank sehen. Der Schaden dieses „rechtmäßigen Alternativverhaltens“ kann jedoch für die Gesellschaft weitaus größer sein und darf daher bei der Beurteilung des Vorliegens eines Nachteils nicht unberücksichtigt bleiben.

C. Zwischenergebnis Insgesamt läßt sich feststellen, daß Covenants nur in seltenen Ausnahmefällen als konstitutives Element einer faktischen Konzernierung gem. § 311 AktG in Betracht kommen. Im Regelfall fehlt es bereits an der dafür erforderlichen Abhängigkeitsbeziehung. Liegt eine solche vor, so scheitert eine Anwendung des § 311 AktG spätestens am Nachteilserfordernis.

D. „Control“ des Covenants-Berechtigten? Obwohl dem AktG nach h.M. ein einheitlicher Abhängigkeitsbegriff zugrunde liegt197, gibt es mit dem angelsächsischen „control“-Begriff ein verwandtes Konzept, das im Zuge der europäischen Rechtsentwicklung auch in verschiedenen deutschen Rechtsgebieten Einzug gehalten hat.198 Nach angelsächsischem Verständnis ist entscheidendes Kriterium für das Bestehen einer konzernrelevanten Abhängigkeit die Fähigkeit eines Unternehmens, die Kontrolle über ein anderes Unternehmen auszuüben. „Control of an entity“ ist das direkte oder indirekte Innehaben der Macht zur Steuerung des Managements oder der Politik eines anderen Unternehmens, die typischerweise auf einer Stimmrechtsmehrheit gründet.199 Seinen bedeutsamsten Niederschlag im deutschen Recht hat dieses Konzept im Rahmen der Pflicht zur Aufstellung einer Konzernbilanz in § 290 Abs. 2 HGB gefunden.200 In dieser Regelung wird das control-Prinzip um Tatbestände jenseits der Stimmrechtsmehrheit erweitert, die einen vergleichbaren Einfluß vermitteln.201 Danach besteht eine Aufstellungspflicht, wenn dem Gläubiger eine Stimmrechtsmehrheit in der Gesellschaft zusteht (Nr. 1), er Gesellschafter ist und gleichzeitig 196 Vgl. MüKoAktG / Kropff, § 311, Rdn. 153; KK / Koppensteiner, § 311, Rdn. 36 ff., 44 ff., 57. 197 Windbichler in GroßkommAktG, § 17, Rdn. 9. 198 Windbichler in GroßkommAktG, § 17, Rdn. 8; vgl. dazu bereits oben § 11 E. 199 Scherrer, S. 332 f. 200 Kindler in GroßkommBilanzR, § 290, Rdn. 3. 201 Scherrer, S. 332 f.

§ 14 Schutz des Schuldners vor schädigender Einflußnahme des Gläubigers

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das Recht besitzt, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen (Nr. 2) oder wenn ihm das Recht zusteht, einen beherrschenden Einfluß auf Grund eines mit der Gesellschaft geschlossenen Beherrschungsvertrages oder aufgrund einer Satzungsbestimmung dieses Unternehmens auszuüben (Nr. 3). Der ursprünglich vorgesehene Tatbestand einer Muttergesellschaft, die „tatsächlich einen beherrschenden Einfluß auf das Tochterunternehmen ausübt“, ist nicht in das Gesetz aufgenommen worden.202 Es läßt sich schnell erkennen, daß Covenants-berechtigten Gläubigern ein derartiges Einflußpotential regelmäßig nicht zukommt. Da die in § 290 Abs. 2 HGB aufgeführten Tatbestände einen rechtlich abgesicherten Einfluß voraussetzen203, genügt eine Einflußnahmemöglichkeit auf rein faktischer Basis nicht. Im Ergebnis besteht daher eine hohe Konvergenz zwischen dem control-Konzept und dem Begriff der einheitlichen Leitung (§§ 290 Abs. 1 HGB, 18 AktG).204 Festzuhalten ist, daß der Covenants-berechtigte Gläubiger weder nach dem klassischen, auf den Fall der Stimmrechtsmehrheit beschränkten control-Konzept noch nach seinen Erweiterungen durch § 290 HGB eine „control“ über den Schuldner ausübt.

§ 14 Schutz des Schuldners vor schädigender Einflußnahme des Gläubigers Im folgenden soll untersucht werden, ob die spezifisch gesellschafts- und konzernrechtlichen Konzepte zum Schutz der Gesellschaft vor schädigenden Eingriffen ihrer Gesellschafter eine tragfähige Grundlage für den Schutz des Schuldners vor schädigenden Eingriffen des Covenants-berechtigten Kreditgebers bieten.

A. Konsequenzen aus der Aufgabe der Rechtsprechung zum qualifizierten faktischen GmbH-Konzern Bereits zu Zeiten der Geltung der Rechtsprechung zum qualifizierten faktischen Konzern wurde diskutiert, ob diese Rechtsprechung auf die AG zu übertragen sei.205 Auch nach Aufgabe dieser Rechtsprechung für die GmbH wird die Beibehaltung dieser Grundsätze für die AG befürwortet.206 Darüber hinaus wird mitunter Kindler in GroßkommBilanzR, § 290, Rdn. 19. Kindler, in GroßkommBilanzR, § 290, Rdn. 38, 44, 52. 204 Windbichler in GroßkommAktG, § 17, Rdn. 8; Kindler, in GroßkommBilanzR, § 290, Rdn. 3. 205 Dazu im folgenden unter § 14 B. 206 Emmerich / Habersack, Anh. § 317, Rdn. 5. 202 203

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5. Kap.: Abschichtung zum Konzernrecht

verlangt, die Figur des qualifizierten faktischen Konzerns zum bevorzugten Konzept für die Erfassung wirtschaftlicher Abhängigkeiten zu machen, und zwar gleich in welcher Rechtsform das abhängige Unternehmen organisiert ist.207 Im folgenden soll die alte Rechtsprechung daher kurz skizziert werden, um sodann zu erläutern, warum ihre Anwendung für die AG nicht nur wegen ihrer Aufgabe im GmbH-Recht nicht in Frage kommt. Anschließend ist auf die noch nicht abschließend geklärte Frage einer Anwendbarkeit der neuen Rechtsprechung zum existenzvernichtenden Eingriff auf die AG und ihre Folgen für Covenants-gestützte Finanzierungsverträge einzugehen.

B. Covenants und die Rechtsprechung zum qualifiziert faktischen Konzern Eine Verantwortlichkeit nach den Grundsätzen über die Haftung im qualifizierten faktischen Konzern setzt voraus, daß ein Unternehmen die ihm zustehende Leitungsmacht in der Gesellschaft mißbräuchlich ausübt und der Gesellschaft dadurch Nachteile zufügt.208 Weitere Voraussetzung ist das Versagen des Einzelausgleichsystems der §§ 311, 317 AktG: Die Leitungsmacht muß eine solche Dichte erreichen, daß die einzelnen nachteiligen Maßnahmen nicht mehr isoliert werden können. Die Rechtsfolge ist eine Verpflichtung des Unternehmens zum Verlustausgleich analog §§ 302, 303 AktG.209 Führt man sich die Voraussetzungen dieses Anspruchs vor Augen, so wird deutlich, daß die Aufgabe dieser Rechtsprechung für den eine Gesellschaft schädigenden Kreditgeber ohne Auswirkungen bleibt. Denn bereits zu Zeiten dieser Rechtsprechung dürfte eine Anwendung auf Kreditverhältnisse kaum je in Betracht gekommen sein. Zum einen setzt auch der qualifizierte faktische Konzern ein Abhängigkeitsverhältnis im Sinne von § 17 AktG voraus, an dem es nach oben Gesagtem meistens fehlt.210 Zum anderen ist nach den vorstehenden Feststellungen zum Unternehmensvertragscharakter der Covenants zweifelhaft, ob die in ihnen enthaltenen Rechte tatsächlich die Entfaltung einer Leitungsdichte zulassen, die eine Isolierung nachteiliger Maßnahmen unmöglich machte und damit eine Anwendung der Grundsätze über den qualifizierten faktischen Konzern rechtfertigte. Kästle Vgl. Bayreuther, S. 334; Oechsler, ZGR 1997, 464, 483 ff. Ausführlich zu den Anspruchsvoraussetzungen Emmerich / Habersack, Anh. § 317, Rdn. 7 ff. 209 BGHZ 95, 330, 343; vgl. ferner die „TBB“-Entscheidung des BGH, BGHZ 122, 123, 126 f., die eine Beeinträchtigung der Interessen der Gesellschaft als Tatbestandsmerkmal verlangt und damit bereits den Übergang zur neuen Durchgriffslösung markiert. 210 Strittig ist, ob ein Abhängigkeitsverhältnis genügt oder sogar ein Konzern i.S.v. § 18 vorauszusetzen ist. Für ersteres Emmerich / Habersack, Anh. § 317, Rdn. 7; für letzteres Hachenburg / Ulmer, Anh § 77, Rdn. 126. 207 208

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bejaht diese Grundvoraussetzung für die Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze ohne nähere Begründung.211 Zutreffend ist zwar, daß sich die Bewertung der im einzelnen zugefügten Nachteile gerade in einer längerfristigen Austauschbeziehung, in der nicht unmittelbar in das Vermögen, sondern in die Geschäftschancen der Gesellschaft eingegriffen wird, als schwierig gestaltet.212 Entgegen der Auffassung von Oechsler befreien diese praktischen Schwierigkeiten jedoch nicht von der grundsätzlichen Voraussetzung einer strukturell umfassenden Leitungsdichte und dem darauf beruhenden Versagen des Einzelausgleichs, sondern sprechen gerade gegen eine Kontrolle wirtschaftlicher Abhängigkeiten mit konzernrechtlichen Mitteln. Nicht an geht es daher, die Grundsätze zur Haftung im qualifizierten faktischen Konzern zum prädestinierten Schutzkonzept für die Fälle wirtschaftlicher Abhängigkeit zu machen. Neben den bereits oben zum Abhängigkeitsverhältnis gemachten Ausführungen spricht dagegen vor allem die Tatsache, daß eine Anerkennung wirtschaftlicher Abhängigkeiten allein im Rahmen des qualifizierten faktischen Konzerns eine Aufspaltung des Abhängigkeitsbegriffes zur Folge hätte.213 Es entspricht jedoch mittlerweile gesicherter Erkenntnis, daß § 17 AktG ein einheitlicher Abhängigkeitsbegriff zugrunde liegt.214 Unabhängig davon hat die Entwicklung des Konzepts des existenzvernichtenden Eingriffs die Schwächen der alten Rechtsprechung offengelegt. Insbesondere war die im faktischen Konzern vorauszusetzende Unternehmenseigenschaft des Schädigers ein Hindernis für eine Weiterentwicklung des Anspruchs.215 Aufgrund seiner Nähe zum Deliktsrecht war auch nie recht einsichtig, warum es auf die Unternehmenseigenschaft ankommen sollte.216 Gerade Kreditinstitute, obschon formal Unternehmen, besitzen die vielbeschworene Interessendiversität217, in der die spezifische Gefahr für die abhängige Gesellschaft gesehen wurde, nicht. Diese Gründe mögen es auch gewesen sein, die den BGH letztlich dazu bewogen haben, die Rechtsgrundlage im dogmatisch überzeugenderen Schutzkonzept des existenzvernichtenden Eingriffs zu suchen.

C. Schutz des Schuldners durch die Lehre vom existenzvernichtenden Eingriff An die Stelle der früheren Rechtsprechung zum qualifizierten faktischen GmbH-Konzern ist die Rechtsprechung zum existenzvernichtenden Eingriff getre211 212 213 214 215 216 217

Kästle, S. 200 f. Insoweit zutreffend Oechsler, ZGR 1997, 464, 486; ebenso De Meo, S. 272 f. Kästle, S. 210. Vgl. Hüffer, § 17, Rdn. 2 f. Vgl. Karsten Schmidt (2002), § 39 III 4 a). Vgl. KK / Koppensteiner, Anh. § 318, Rdn. 67. Vgl. Emmerich / Habersack, § 15, Rdn. 10.

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ten.218 Nach der Grundsatzentscheidung „Bremer-Vulkan“ des BGH folgt der Schutz einer GmbH gegen vermögensschädigenden Maßnahmen ihres Alleingesellschafters nicht dem Haftungssystem des aktienrechtlichen Konzernrechts, sondern ist auf die Erhaltung des nach §§ 30, 31 GmbHG gebundenen Vermögens und die Gewährleistung des „Bestandsinteresses“ der GmbH beschränkt.219 Dieses Interesse erfordere eine angemessene Rücksichtnahme auf die Eigenbelange der GmbH. An einer solchen Rücksichtnahme fehle es, wenn die GmbH infolge von Eingriffen ihres Alleingesellschafters ihren Verbindlichkeiten nicht mehr nachkommen könne. Die Rechtsgrundlage des Anspruchs blieb zunächst offen. I. Konzeptionelle Grundlagen Die Diskussion über Qualität und Grundlage dieses Anspruchs ist noch nicht zum Abschluß gekommen. Nach bislang h.A. handelt es sich um eine verselbständigte Fallgruppe der Durchgriffshaftung, die das Ziel verfolgt, Lücken im Kapitalschutzrecht in bezug auf solche Eingriffe des Gesellschafters zu schließen, die nicht durch die §§ 30, 31 GmbHG ausgeglichen werden können.220 Dieser Sichtweise hat sich zunächst auch der BGH angeschlossen.221 Die früheren Entscheidungen des BGH ließen neben dieser gesellschaftsrechtlichen Begründung aber auch von Anfang an eine deliktsrechtliche Interpretation des Schutzkonzepts zu.222 Beiden Ansätzen gemeinsam war die unmittelbare Außenhaftung des Schädigers gegenüber den Gläubigern. Ihnen steht ein am Bestandsinteresse der GmbH anknüpfender Ansatz gegenüber, der in der Verletzung des Bestandsinteresses der GmbH den maßgeblichen Haftungsgrund erblickt und damit zu einer Binnenhaftung führt.223 Die Einordnung der Existenzvernichtungshaftung als Fallgruppe der Durchgriffshaftung hat der BGH jüngst aufgegeben und stuft sie nunmehr als besonderen Fall der deliktischen Haftung gem. § 826 BGB mit der Rechtsfolge einer Innenhaftung ein.224 Noch nicht abschließend geklärt ist, ob die für die GmbH entwickelte Rechtsprechung auf die AG übertragbar ist.225 Teilweise wird vertreten, daß es bei der 218 Zur Rechtsprechungsentwicklung Emmerich / Habersack, Anh. § 317; KK / Koppensteiner, Anh. § 318, Rdn. 50 ff. 219 BGHZ 149, 10, 16 f. 220 Hüffer, § 1, Rdn. 23; Ulmer (2002), S. 41, 62; „Mißbrauch der juristischen Person“, vgl. Wilhelm, NJW 2003, 175, 177 ff. 221 „KBV“-Entscheidung, BGHZ 151, 181, 186 f. 222 Vgl. Haas, WM 2003, 1929, 1940. 223 Vgl. Karsten Schmidt, NJW 2001, 3577, 3580; Altmeppen, ZIP 2001, 1837, 1842 ff., der eine analoge Anwendung der §§ 43 Abs. 3 GmbHG, 93 Abs. 5 S. 2, 3 AktG fruchtbar machen will. 224 „Trihotel“, BGH v. 16. 07. 2007 – II ZR 3 / 04, abgedruckt in ZIP 2007, 1552 ff.

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für den qualifizierten faktischen Konzern geltenden analogen Anwendung der §§ 302 ff. AktG bleiben soll.226 Wichtig ist die Erkenntnis, daß die Lehre von der Existenzvernichtungshaftung aus dem Versagen des institutionell-gesellschaftsrechtlichen Gläubigerschutzes heraus geboren wurde und die gefestigte Meinung in Literatur und Rechtsprechung nunmehr ein Bestandsinteresse der GmbH anerkennt, das die Schutzlücken des Kapitalschutzsystems und des Treuepflichtkonzepts in der eingliedrigen Gesellschaft teilweise zu schließen vermag. Die gegenseitigen Treuepflichten der Gesellschafter in einer mehrgliedrigen Gesellschaft sind normalerweise eine tragfähige Grundlage für einen Schutz der Gesellschaft vor schädigenden Eingriffen eines beherrschenden Gesellschafters.227 Im Falle einer Einpersonen-GmbH oder des einverständlichen Handelns der Gesellschafter einer mehrgliedrigen Gesellschaft versagt dieser Schutz. Anders als bei der AG, für die im Hinblick auf die Existenz der §§ 311 ff. AktG von einem grundsätzlichen Schädigungsverbot auszugehen ist228, ist ein Eigeninteresse der Einpersonen-GmbH, auf die eine Treuepflicht des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft gestützt werden könnte, auch nicht anzuerkennen.229 Ohne das mit dem Existenzvernichtungsverbot anerkannte Bestandsinteresse der GmbH wären Gesellschafter auf den begrenzten Schutz der §§ 30, 31 GmbHG verwiesen. Von diesen Vorschriften nicht erfaßt sind insbesondere der Abzug betriebsnotwendiger Liquidität und die sog. „Kollateralschäden“ jenseits der Stammkapitalziffer.230

II. Möglichkeiten der Anwendung auf Covenants-berechtigte Gläubiger 1. Konzeption als Haftungsdurchgriff Das Modell der Durchgriffshaftung, dem der BGH bis zur „Trihotel“-Entscheidung folgte, gründet auf einer teleologischen Reduktion des § 13 Abs. 2 GmbHG 225 Dafür, wenn auch mit Blick auf die Strukturunterschiede zwischen AG und GmbH (Existenz der §§ 311 ff. AktG, Weisungsfreiheit des Vorstands) zweifelnd KK / Koppensteiner, Anh. § 318, Rdn. 73 f.; ebenso Karsten Schmidt (2002), § 31 IV 4. 226 Vgl. Emmerich / Habersack, Anh. § 317, Rdn. 5, der auf die strukturellen Unterschiede zwischen GmbH und AG verweist und aus der Existenz der §§ 311 ff. AktG ein Schädigungsverbot für die AG ableitet, das bereits im Vorfeld der Existenzvernichtung greife; ferner meint er, daß §§ 311 ff. AktG sowohl tatbestandlich als auch systematisch auf den schädigenden Alleinaktionär Anwendung fänden. Ebenso Schürnbrand, ZHR 2005, 35, 58. 227 Zu Treuepflicht und Schädigungsverbot des Aktionärs siehe Karsten Schmidt (2002), § 28 I 4; Raiser / Veil, § 12 Rdn. 40 ff. 228 Vgl. Emmerich / Habersack, Anh. § 317, Rdn. 5. 229 Zum ganzen Emmerich / Habersack, Anh. § 318, Rdn. 33 f. 230 Dazu BGH ZIP 2007, 1552, Rz. 25, 32. Emmerich / Habersack, Anh. § 318, Rdn. 42 ff. Eingehend zu den Lücken des Kapitalschutzes bei der Aktiengesellschaft Bezzenberger (2005), S. 291 ff.

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wegen eines Mißbrauchs der Rechtsform der GmbH. Ein solcher Mißbrauch ist nach der „KBV“-Entscheidung durch einen Zugriff des Gesellschafters auf das Gesellschaftsvermögen gekennzeichnet, der die „auf Grund der Zweckbindung dieses Vermögens gebotene angemessene Rücksichtnahme auf die Erhaltung der Fähigkeit der Gesellschaft zur Bedienung ihrer Verbindlichkeiten in einem ins Gewicht fallenden Maße vermissen“ läßt.231 Negative Voraussetzung ist, daß sich der der Gesellschaft zugefügte Nachteil nicht bereits durch §§ 30 f. GmbHG ausgleichen läßt.232 Rechtsfolge ist grundsätzlich die unmittelbare und verschuldensunabhängige Außenhaftung. Jedoch gestattete der BGH dem Gesellschafter den Einwand, daß der Gesellschaft (und damit mittelbar den Gläubigern) nur ein begrenzter Nachteil entstanden sei.233 Sieht man die methodologische Grundlage des existenzvernichtenden Eingriffs im Durchgriffskonzept und damit in einem Mißbrauch der Rechtsform der juristischen Person234, so muß eine Anwendung auf den die Gesellschaft schädigenden Kreditgeber schon deshalb scheitern. Adressat der Durchgriffshaftung kann schon per definitionem immer nur ein Gesellschafter sein: Haftungsgrund ist der Mißbrauch des Haftungsprivilegs des § 13 Abs. 2 GmbHG, das nur Gesellschaftern zugute kommen kann. Dagegen kommt es auf die Unternehmens-Eigenschaft des Gesellschafters, wie sie das Modell des qualifizierten faktischen Konzerns voraussetzte, nicht mehr an.235 Der Adressatenkreis verengt sich noch mehr, wenn man den Haftungsgrund auch im Fehlschlagen des Treuepflichtkonzepts in der eingliedrigen (Einmann-)Gesellschaft erblickt: Da ein Eigeninteresse der GmbH nicht anzuerkennen sein soll, ist diese prinzipiell offen für Schädigungen durch den Alleingesellschafter; die dadurch entstehende Schutzlücke sollte durch die Existenzvernichtungshaftung geschlossen werden.236 Dagegen bedarf es eines solchen Konstrukts nicht in der mehrgliedrigen Gesellschaft, da hier ein Schädigungsverbot bereits aus der allgemeinen Treuepflicht der Gesellschafter folgt.237 Der Adressat der Haftung ist dieser Argumentation zufolge der Alleingesellschafter, oder, in einer mehrgliedrigen Gesellschaft, die einverständlich handelnden Gesellschafter.238 Teilweise wird darüber hinaus die Abhängigkeit der Gesellschaft von der schädigenden Person gefordert.239 Ob eine derartige Einengung des Tatbestands angeErster Leitsatz von BGHZ 151, 181. BGHZ 151, 181, 187. 233 BGH ZIP 2005, 117, 118. 234 Vgl. BGHZ 151, 181, 187. 235 BGHZ 151, 181, 186 f.; umfassend zur Frage des Haftungsadressaten Emmerich / Habersack, Anh. § 318, Rdn. 36. 236 Vgl. Emmerich / Habersack, Anh. § 317, Rdn. 5. 237 Emmerich / Habersack, Anh. § 318, Rdn. 36. 238 Emmerich / Habersack, Anh. § 318, Rdn. 36; in der Neuauflage wird diese noch in der Vorauflage vertretene Sichtweise jedoch dahingehend eingeschränkt, daß im Falle der Existenzvernichtung die neuen Rechtsprechungsregeln eingreifen sollen. 239 KK / Koppensteiner, Anh. § 318, Rdn. 87. 231 232

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sichts des Zwecks der Haftung, die Lücken des Kapitalschutzrechts im Interesse der Gläubiger zu schließen, sinnvoll ist, sei hier dahin gestellt. Fest steht, daß nach dem Durchgriffshaftungsmodell eine Haftung des an der Gesellschaft nicht beteiligten, „eingreifenden“ Kreditgebers nicht in Frage kommt. 2. Rechtsprechungsmodell – Konzeption als Fall des § 826 BGB Nach der „Trihotel“ Entscheidung des BGH ist die Existenzvernichtungshaftung nunmehr ausschließlich nach § 826 BGB zu beurteilen.240 Der BGH begründet die Umqualifizierung des existenzvernichtenden Eingriffs in einen Fall des § 826 BGB damit, daß es an einem Bedürfnis fehle, einen solchen Eingriff mit einer Durchgriffshaftung zu sanktionieren; mit § 826 BGB bestehe bereits eine Norm, unter die sich die Fälle der Existenzvernichtungshaftung zwanglos subsumieren ließen.241 Zudem sei die Existenzvernichtung bereits begrifflich kein Mißbrauch der Rechtsform, der per definitionem nur bei Entstehung der Rechtsform oder ihrem Gebrauchmachen denkbar sei.242 Haftungsgrund ist nach dem neuen Modell die schuldhafte Verletzung der Rücksichtnahmepflicht des Gesellschafters in bezug auf das der vorrangigen Gläubigerbefriedigung dienende Gesellschaftsvermögen.243 Damit wird der Haftungsgrund nicht länger primär in der Sonderverbindung zwischen Gesellschafter und Gesellschaft, sondern in der Verletzung der Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens zugunsten der Gläubiger gesehen. Mit diesem Verständnis ebnete die Rechtsprechung den Weg für die Anwendung des § 826 BGB, der die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Gesellschaftsvermögens verbietet.244 a) Tatbestand Voraussetzung der Haftung ist zunächst, daß durch den kompensationslosen Entzug von Gesellschaftsvermögen die Insolvenz der Gesellschaft herbeigeführt oder vertieft und damit die Gesellschaft in sittenwidriger Weise geschädigt wird.245 Es bedarf eines aktiven Entzugs von Vermögensgegenständen, etwa durch den Abzug von Liquidität oder die aktive Beraubung von Geschäftschancen durch eine systematische Auslagerung von Betriebsmitteln.246 Nicht ausreichend ist dagegen, daß der Gesellschaft betriebsnotwendiges Kapital lediglich passiv vorenthalten wird. 240 241 242 243 244 245 246

Siehe oben Fn. 224. Siehe bereits BGH NJW 2005, 145 ff. BGH ZIP 2007, 1552, Rz. 27 ff. BGH ZIP 2007, 1552, Rz. 25, 31. So zutreffend Weller, ZIP 2007, 1681, 1683 f. BGH ZIP 2007, 1552, Rz. 30 f. Weller, ZIP 2007, 1681, 1684.

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Damit ist eine wichtige Grenze zu den Fällen der materiellen Unterkapitalisierung gezogen.247 Der Sittenwidrigkeitsvorwurf setzt nach dem BGH ferner voraus, daß der Entzug zum unmittelbaren oder mittelbaren Vorteil des Gesellschafters erfolgt.248 Ferner muß der Gesellschafter vorsätzlich handeln. Diesem Erfordernis sei genügt, wenn dem Gesellschafter bewußt ist, daß durch von ihm selbst oder mit seiner Zustimmung veranlaßte Maßnahmen das Gesellschaftsvermögen sittenwidrig geschädigt wird. Ein absichtliches Handeln zum Nachteil der Gläubiger ist nicht erforderlich. Ausreichend ist, daß die voraussehbare Folge des Eingriffs die dauerhafte Beeinträchtigung der Fähigkeit der Gesellschaft zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten ist und der Gesellschafter dies billigend in Kauf genommen hat.249 b) Haftungsadressat Haftungsadressat ist nach wie vor in erster Linie der Alleingesellschafter oder die einverständlich handelnden Gesellschafter einer mehrgliedrigen Gesellschaft.250 Die Haftungsgrundlage im Falle widersprechender oder übergangener Gesellschafter ist noch nicht abschließend geklärt; bisher wurde hierfür – auch in der AG – die gegenseitige Treuepflicht fruchtbar gemacht. Inwieweit sich diese Differenzierung erübrigt, nachdem das Verbot der Existenzvernichtung nicht länger auf eine Verletzung der Treuepflicht im Verhältnis zur Gesellschaft, sondern auf eine Mißachtung der Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens gestützt wird, kann hier nicht abschließend beurteilt werden. Die Frage ist auch für den Untersuchungsgegenstand letztlich irrelevant. Zwar hat die Haftung aus § 826 BGB naturgemäß einen offeneren Adressatenkreis als die auf mitgliedschaftlicher Verbundenheit beruhende Durchgriffshaftung und vermag daher grundsätzlich auch Nicht-Gesellschafter zu erfassen.251 Dennoch werden Nicht-Gesellschafter regelmäßig aus dem Kreis der Haftungsadressaten ausscheiden. Der besondere Fall der Existenzvernichtung setzt eine Sonderverbindung des Eingreifenden zu dem geschädigten Vermögen voraus, die sich in dem Erfordernis einer Verletzung der Rücksichtnahmepflicht des Gesellschafters in bezug auf das zweckgebundene Gesellschaftsvermögen ausdrückt. Die Haftung ist damit Sonderdelikt.252 Zutreffend wird allerdings darauf hingewiesen, daß mit der Verortung der Haftung in § 826 Vgl. Weller, ZIP 2007, 1681, 1684; Emmerich / Habersack, Anh. § 318, Rdn. 37 ff. BGH ZIP 2007, 1552, Rz. 30. 249 BGH ZIP 2007, 1552, Rz. 30. 250 Emmerich / Habersack, Anh. § 318, Rdn. 36. Vgl. auch BGH NJW 2005, 145 f., wo der BGH die Anwendbarkeit seiner Rechtsprechung auf eine an der Gesellschaft nicht unmittelbar beteiligte Schwestergesellschaft bezweifelt und stattdessen § 826 BGB anwendet. 251 Vgl. Bezzenberger (2005), S. 302 f. 252 So zutreffend Weller, ZIP 2007, 1681, 1687. 247 248

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BGB prinzipiell auch eine Gehilfenhaftung gem. § 830 BGB in Betracht kommt.253 Ob diese Vorschrift es ermöglicht, auch an der Gesellschaft nicht beteiligte Dritte, die nicht Träger der besonderen Rücksichtnahmepflicht in bezug auf das Gesellschaftsvermögen sind, in den Adressatenkreis der Haftung einzubeziehen, ist zweifelhaft.254 Ein solchermaßen dimensionierter Adressatenkreis führte zu einer ausufernden Haftung und würde insbesondere die Grenzen zu den Fallgruppen der Gläubigergefährdung verwischen. Denn in jedem Fall wäre für eine Haftungszurechnung nach § 830 BGB doppelter Vorsatz in bezug auf die sittenwidrige Existenzvernichtung und die Förderungshandlung zu verlangen255; damit dürfte sich der Gläubiger jedoch bereits im Regelfall schon mitten im Tatbestand der Haftung wegen Gläubigergefährdung aus § 826 BGB befinden. c) Rechtsfolge Rechtsfolge ist ein Anspruch der Gesellschaft auf Ersatz des durch den Eingriff verursachten Schadens, soweit er zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist.256 Damit folgt der BGH nunmehr dem Modell einer verschuldensabhängigen Innenhaftung, im Unterschied zum bisher vertretenen Ansatz einer Erfolgs-Außenhaftung. Für die bisher angenommene Subsidiarität des Anspruchs aus § 826 BGB im Verhältnis zu den §§ 30, 31 GmbHG sieht der BGH keine Notwendigkeit mehr; er geht vielmehr von Anspruchskonkurrenz aus.257 3. Anwendung auf Covenants-berechtigte Gläubiger Haftungsgrund nach dem neuen Modell der Rechtsprechung ist letztlich die in der Mißachtung der Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens liegende Verletzung der Risikozuordnung zwischen Gesellschaftern und Gläubigern. Sanktioniert werden sollen Eingriffe in das Gesellschaftsvermögen, die das Rangverhältnis der Ansprüche in bezug auf das Gesellschaftsvermögen umkehren. Dieses ist grundsätzlich durch die vorrangige Befriedigung der Gläubiger gegenüber den Gesellschaftern im Insolvenz- oder Liquidationsfall gekennzeichnet. Gesellschafter besitzen nur einen Residualanspruch. Gläubiger, die lediglich ihre fixe vertragliche Forderung gegenüber der Gesellschaft durchsetzen wollen, verletzen diese Risikozuordnung grundsätzlich nicht und kommen daher nicht als Adressaten der Existenzvernichtungshaftung in Betracht.258 Die Herleitung der Existenzvernichtungs253 254 255 256 257 258

BGH ZIP 2007, 1552, Rz. 46. Siehe dazu im folgenden die Ausführungen unter § 14 C. II. 3. Auch hier zutreffend Weller, ZIP 2007, 1681, 1687. Vgl. BGH ZIP 2007, 1552, Rz. 32.; Weller, ZIP 2007, 1681, 1686. BGH ZIP 2007, 1552, Rz. 39 f.; BGH NJW 2005, 145 f. Dafür spricht auch die gesetzgeberische Wertung in § 490 Abs. 1 BGB.

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haftung aus dem Prinzip der Risikozuordnung hat allerdings zur Folge, daß die Haftung nicht allein von der formell-rechtlichen Beziehung des Schädigenden zum Gesellschaftsvermögen – d.h. von seiner Gesellschafterstellung (Haftung) oder Gläubigerstellung (keine Haftung) – abhängen kann. Die Haftung ist im Einzelfall auf Fälle auszudehnen, in denen die gesetzliche Risikozuordnung modifiziert wird; prinzipiell darf es keinen Unterschied machen, ob die Nachrangigkeit des Anspruchs auf das Gesellschaftsvermögen aus dem formalen Gesellschafterstatus folgt oder aus einer vertraglich begründeten Gläubigerposition, die eigenkapitalähnlich ausgestaltet ist oder die sonst dem Status eines Gesellschafters so weit angenähert ist, daß dem Gläubiger nur ein Anspruch auf nachrangige Befriedigung zuzubilligen ist.259 Die Vereinbarung von Covenants mit strengen Restriktionen, die allein dem Ziel der Sicherung des fixen, gewinnunabhängigen Zins- und Rückzahlungsanspruchs des Kreditgebers bzw. Anleihegläubigers dienen, stellt für sich genommen keine Modifizierung der gesetzlichen Risikozuordnung im vorstehend beschriebenen Sinne dar. Es ist dieser letzte Gesichtspunkt, der Covenants-berechtigte Gläubiger aus dem Kreis der Haftungsadressaten ausscheiden läßt: Der Covenants-berechtigte Gläubiger besitzt zwar eine ungewöhnlich „starke“ Gläubigerposition mit weitgehenden Rechten; er nimmt jedoch nicht in einer dem Gesellschafter vergleichbaren Weise an den Gewinnchancen und Verlustrisiken der Gesellschaft teil, die allein es rechtfertigen könnte, ihm eine Verantwortung für die Beachtung der Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens aufzuerlegen. Nachdem somit eine unmittelbare Haftung des Kreditgebers wegen Existenzvernichtung ausscheidet, stellt sich die Frage, ob nicht eine Teilnehmerhaftung nach § 830 BGB in Betracht kommt. Diese Möglichkeit hat der BGH ausdrücklich offengelassen.260 Allerdings dürfte der dazu erforderlich doppelte Gehilfenvorsatz261 in den typischen Situationen, in denen es zu einer schädigenden Einflußnahme des Kreditgebers auf das Unternehmen kommt, kaum vorliegen. Denn welches Interesse sollten Kreditgeber an einer materiellen Auszehrung der Gesellschaft durch Abzug von Liquidität oder Betriebsmitteln haben? Ist die Verwirklichung des Tatbestandes durch einen stark in der Gesellschaft involvierten Kreditgeber vielleicht theoretisch denkbar, so ist ein Sachverhalt, in dem ein Kreditgeber eine Gesellschaft bewußt in existenzvernichtender Weise schädigt, praktisch nicht vorstellbar. Im übrigen würde das dazu erforderliche Maß an Einflußnahme das durch Covenants vermittelte Einflußniveau weit übersteigen. 259 Zu denken ist hierbei z. B. an sog. Hybridanleihen, die bilanziell als Eigenkapital behandelt werden. Typische Strukturmerkmale sind eine besonders lange Laufzeit, die Vereinbarung von Nachrangigkeit im Verhältnis zu allen vorrangigen Gläubigern im Falle der Insolvenz und eine gewinnabhängige Verzinsung. Die Voraussetzungen für eine Behandlung als Eigenkapital variieren jedoch zwischen den einzelnen Bilanzierungsstandards. Umfassend zu diesem Anleihetypus Habersack / Mülbert / Schlitt, § 16. 260 BGH ZIP 2007, 1552, Rz. 46. 261 Dazu Weller, ZIP 2007, 1681, 1687.

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Selbst eine Beteiligung des Kreditgebers an der Gesellschaft dürfte zu keinem anderen Ergebnis führen. Inwieweit es eine Beteiligung des schädigenden Gläubigers an der Gesellschaft rechtfertigt, ihn in den Kreis potentieller Adressaten aufzunehmen, kann nach dem derzeitigen Stand der Diskussion nicht abschließend beurteilt werden. Es ist noch nicht einmal geklärt, inwieweit die Rechtsprechungsgrundsätze auch auf die mehrgliedrige Gesellschaft und insbesondere die AG Anwendung finden.262 Nach der Rechtsprechung und der Literatur, die sich nach wie vor auf den die GmbH dominierenden (Allein-)Gesellschafter konzentrieren263, ist die Beteiligungsgrenze für den Schädigenden aber wohl sehr hoch, nahe der Abhängigkeit, anzusiedeln.264 Dieser Ansicht ist zu folgen, denn obwohl die Abkehr von einer im Gesellschaftsrecht verankerten Haftung einen gesellschaftsrechtlich vermittelten Einfluß des Schädigers im Grunde nicht zwingend erfordert, kann nur auf diese Weise die von der Rechtsprechung verlangte besondere Beziehung zum Gesellschaftsvermögen hergestellt werden. Die Vorstellung vom Gesellschafter, der unter dem Schutzvorhang der Haftungsbeschränkung Eingriffe in das Gesellschaftsvermögen zum Schaden der Gesellschaft und ihrer Gläubiger vornimmt, trifft wertungsmäßig auch nicht auf solche Gläubiger zu, die einen großen vertraglichen oder tatsächlichen Einfluß auf den Schuldner besitzen. 4. Kritik Die Rechtsprechung fordert zu Kritik heraus. Zum einen bleibt unklar, wer bzw. was das Schutzobjekt der Haftung ist. Das Gesellschaftsvermögen, wenn auch qualifiziert durch die Zweckbindung zugunsten der Gläubiger? Oder doch die Gläubiger als „bloß“ mittelbar Geschädigte? Der BGH entscheidet sich für Ersteres und kehrt damit stillschweigend zum alten Konzept des verletzten Bestandsinteresses der Gesellschaft zurück. Die Ungereimtheiten sind unübersehbar. Der BGH wechselt die Bezugsrichtung der Haftung, wie es gerade paßt. Zur Begründung der Existenzvernichtungshaftung selbst wird auf das Fehlschlagen des kapitalschutzrechtlichen Gläubigerschutzes verwiesen, zur Begründung der Rechtsfolge der Innenhaftung dagegen auf die Gesellschaft als primär Geschädigte. Auch beim Haftungsumfang wird ganz wesentlich mit dem Gläubigerschutzbedürfnis argumentiert. Die Konsequenzen aus Gläubigersicht sind verheerend. Obwohl der BGH selbst eklatante Schutzlücken im System des kapitalschutzrechtlichen Gläubigerschutz feststellt, werden Gläubiger auf den umständlichen Weg einer Innenhaftung verwiesen. Im Unterschied zur bisherigen Rechtsprechung wird ihnen darüber hinaus die Beweislast für den subjektiven Tatbestand der Haftung auferlegt. 262 Dafür KK / Koppensteiner, Anh. § 318, Rdn. 85; a.A. Emmerich / Habersack, Anh. § 318, Rdn. 33, 36, der im Versagen des Treuepflichtkonzepts in der mehrgliedrigen Gesellschaft die Rechtfertigung der Existenzvernichtungshaftung sieht und diese deshalb nur auf einverständlich handelnde Gesellschafter anwenden will. 263 Vgl. BGH NJW 2005, 145 f. 264 Vgl. noch für die „KBV“ Rechtsprechung KK / Koppensteiner, Anh. § 318, Rdn. 88.

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5. Kap.: Abschichtung zum Konzernrecht

Festzuhalten bleibt, daß das zur Lückenschließung gedachte Konzept auch hier weit hinter dem Gläubigerschutzbedürfnis zurückbleibt. Insbesondere bietet es keine Grundlage für eine Haftung wegen Unterkapitalisierung der Gesellschaft. Aber auch das Vertrauen der Gläubiger darauf, daß die Gesellschafter nicht nach Vertragsschluß in opportunistischer Weise das Gesellschaftsvermögen ausplündern, wird nur unvollkommen geschützt. Den vorzugswürdigen Weg, die Existenzvernichtungshaftung zu einer Vertrauensschutzhaftung auszubauen, ist der BGH nicht gegangen.

D. Verbot schädigender Einflußnahme nach § 117 AktG Ein denkbarer Schutz des Schuldners vor schädigenden Einflußnahmen des Kreditgebers könnte sich aus § 117 AktG ergeben. Adressat dieser Vorschrift ist jedermann, der Einfluß auf eine Aktiengesellschaft ausübt, wobei dieser Einfluß anders als die vom Konzernrecht erfaßten Abhängigkeitslagen (§ 17 AktG) nicht gesellschaftsrechtlich vermittelt sein muß.265 Dies ist eine Schwelle, die von Covenantsberechtigten Kreditgebern leicht zu überwinden sein dürfte. § 117 AktG verbietet es, den Einfluß rechtswidrig266 dazu zu benutzen, den Vorstand oder Aufsichtsrat zu einem Handeln zum Schaden der Gesellschaft zu bestimmen. Fraglich ist zunächst, worin im Falle von Covenants der Gegenstand einer solchen schadensverursachenden Bestimmung liegen könnte. Abgesehen von dem extremen und hier nicht weiter nachzugehenden Fall der Gewährung eines Sanierungskredits mit dem Ziel der Insolvenzverschleppung wird die Gesellschaft kaum durch die bloße Annahme eines Covenants-gestützten Kreditvertrages im Sinne des § 117 AktG geschädigt werden können.267 Nach den Ergebnissen des vierten Kapitels zum Wesen und zur rechtlichen Behandlung symbiotischer Vertragsbeziehungen verbietet es sich, die Tatsache der freiwilligen Unterwerfung des Schuldners selbst unter äußerst restriktive Covenants per se als Schaden zu werten. Als Gegenstand einer solchen Veranlassung kommt daher nur die konkrete Ausübung der Covenants-Rechte zum Schaden der Gesellschaft in Betracht. Aber auch dieser Anknüpfungspunkt sieht sich mit der Schwierigkeit konfrontiert, in der Geltendmachung von Covenants, denen sich der Schuldner freiwillig unterworfen hat, die Quelle eines rechtswidrigen Einflusses zu sehen. Die Ausübung vertraglicher Rechte, zumal die einer ausbalancierten symbiotischen Vertragsbeziehung, wird man kaum als rechtswidrig ansehen können.268 Es darf daher nicht automatisch von einer Schädigung der Gesellschaft auf deren Rechtswidrigkeit geschlossen werden. Hüffer, § 117, Rdn. 3; KK / Mertens, § 117, Rdn. 12. Zu diesem ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal des § 117 AktG vgl. Hüffer, Rdn. 6 und Engert (2005), S. 43. 267 Vgl. Engert (2005), S. 40 f. 265 266

§ 15 Bedürfnis nach einem weitergehenden Schutz des Schuldners

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Den Tatbestand des § 117 AktG verwirklichen können vor diesem Hintergrund nur solche Maßnahmen des Covenants-berechtigten Gläubigers, denen eine „überschießende“ Eingriffsintensität innewohnt. Dieser Eingriff muß einen Mißbrauchscharakter in dem Sinne annehmen, daß der Kreditgeber die symbiotischen Grundlagen der Vertragsbeziehung verläßt und sein Steuerungspotential zu Zielen und Zwecken einsetzt, die nicht mehr vom Grund der Einwilligung des Schuldners in die asymmetrische Steuerungsstruktur der Covenants gedeckt sind.269 Angesichts der Reichweite des Einflusses, zu dem Covenants zulässigerweise genutzt werden können, bleibt dann nicht viel mehr als der Fall, in dem der Kreditgeber seine Rechte in erpresserischer Weise zur Gewinnung weiteren Einflusses in der Gesellschaft ausnutzt, um diesen Einfluß anschließend zur Verfolgung eigensüchtiger Motive und zum Schaden der Gesellschaft auszunutzen.

§ 15 Bedürfnis nach einem weitergehenden Schutz des Schuldners Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, daß sich eine Gesellschaft weder mit den Mitteln des Konzernrechts noch mit den zum Schutz der Gesellschaft vor schädigenden Eingriffen bestehenden Instrumenten vor einer schädigenden Einflußnahme durch den Covenants-berechtigten Kreditgeber schützen läßt. Selbst eine intensive Beeinflussung der Gesellschaft durch einen Kreditgeber auf tatsächlicher Basis entzieht sich weitgehend den gesellschaftsrechtlichen Schutzsystemen. Dies gilt auch für das Prinzip der Verbandssouveränität: Wie im vierten Kapital gezeigt wurde, vermag dieses tatsächliche Einflußnahmen durch Dritte regelmäßig nicht zu unterbinden. Insgesamt ist festzustellen, daß sich das Gesellschaftsrecht mit der Bewältigung tatsächlicher Abhängigkeitslagen im Rahmen symbiotischer Rechtsbeziehungen wie Covenants-gestützten Finanzierungsverträgen schwer tut. Dies liegt darin begründet, daß diese Rechtsbeziehungen die Vertragspartner zwar mitunter eng aneinander binden, die Schwelle zum Organisationsvertrag jedoch nicht überschreiten. Sowohl nach zivil- als auch nach gesellschaftsrechtlichen Kategorien bleiben diese durchweg rein schuldrechtliche Rechtsverhältnisse und sind als solche zu behandeln. Die entscheidenden gesellschaftsrechtlichen Prinzipien, die einen die Unabhängigkeit der Gesellschaft gefährdenden Außeneinfluß abwehren sollen, setzen erst dort ein, wo die Beziehungen zwischen den Beteiligten organisationsvertraglichen Charakter annehmen und damit einen strukturellen Fremdeinfluß ermöglichen. Auch die Unternehmensverträge des § 292 AktG mit schuldEbenso Engert (2005), S. 43. Ähnlich Sester, S. 352 f. zur Frage der Anwendbarkeit des Deliktsrechts auf symbiotische Vertragsbeziehungen. 268 269

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5. Kap.: Abschichtung zum Konzernrecht

rechtlichem Charakter liegen nur wenig unter dieser Schwelle und erfassen damit das große Spektrum der Kooperationsverträge nicht. Der Schutz wirtschaftlich vom Kreditgeber abhängiger Unternehmen ist grundsätzlich durch das allgemeine Zivil- und Wirtschaftsrecht zu leisten.270 Neben der deliktischen Haftung aus § 826 BGB existiert eine ganze Reihe schuldrechtlicher Rechtsinstitute, die für einen Schutz des Kreditnehmers sorgen. Auf diese ist bereits im vierten Kapitel eingegangen worden. Im folgenden soll kurz auf ein weiteres Schutzkonzept eingegangen werden, das für einen zusätzlichen Schutz des Schuldners eines symbiotischen Finanzierungsvertrages sorgen könnte.

A. Schutz durch das Konzept der Treuepflichten Auf den Schutz, den eine Fruchtbarmachung und Weiterentwicklung vertraglicher Treue- und Rücksichtnahmepflichten im Rahmen von Abhängigkeitsbeziehungen vermitteln kann, haben Martens und Bayreuther aufmerksam gemacht.271 Es ist eine schuldrechtliche Binsenweisheit, daß die Parteien eines Vertragsverhältnisses nicht nur verpflichtet sind, ihre Leistungen ordnungsgemäß zu erbringen, sondern auch angemessene Rücksicht auf die Interessen des jeweils anderen Vertragsteils zu nehmen.272 Insbesondere sind Maßnahmen zu unterlassen, die die Erreichung des Vertragszwecks gefährden. Ihre gesetzliche Grundlage finden diese Pflichten in den §§ 242, 241 Abs. 1 BGB.273 Wie Bayreuther und Martens anhand der einschlägigen BGH-Rechtsprechung zu Absatzmittlungsverhältnissen nachweisen konnten, sind derartige Treuepflichten umso intensiver, je enger die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen ausfallen.274 Dort, wo die Parteien viel in eine längere Rechtsbeziehung investieren und sich eines Teils ihrer unternehmerischen Freiheit begeben, ist das Interesse an einem einvernehmlichen Zusammenwirken besonders schutzbedürftig. Vom BGH wurden mit dieser Erwägung bereits in Handelsvertreter- und Vertragshändlerbeziehungen dem Geschäftsherrn bzw. Hersteller Rücksichtnahmepflichten auferlegt, die weit über den in einem normalen Austauschverhältnis bestehenden Pflichtenkreis hinausgehen.275 Nochmals gesteigert wurden diese Pflichten in be270 Ebenso für einen grundsätzlichen Vorrang des allgemeinen Zivil- und Wettbewerbsrechts vor dem Konzernrecht bei der Erfassung wirtschaftlicher Abhängigkeiten BGHZ 90, 381, 395 ff.; Engert (2005), S. 44 f.; Oechsler, ZGR 1997, 464, 476 ff.; De Meo, S. 278 f.; KK / Koppensteiner, § 17, Rdn. 58 f. 271 Umfassend Bayreuther, S. 175 ff., 287 ff.; Martens, S. 42 ff. 272 Umfassend MüKoBGB / Krüger, § 242, Rdn. 141 ff.; Palandt, § 242, Rdn. 22 ff. 273 Zur Bedeutung des Rechtsmißbrauchsverbots im Rahmen der Kündigung von Sanierungskrediten siehe De Meo, S. 190 f. 274 Bayreuther, S. 175 ff.; Martens, S. 42 ff. 275 Siehe oben § 12 B. II. 1. a).

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sonders integrativen Rechtsbeziehungen wie Franchise- oder Just-in-Time Verhältnissen.276 Diese Rechtsprechung ist verallgemeinerungsfähig. Sie ist auf Vertragsbeziehungen, die einen Beteiligten in die wirtschaftliche Abhängigkeit vom anderen Partner bringen, zum Schutz des schwächeren Teils vor schädigenden Übergriffen des stärkeren Teils anzuwenden. Eine darüber hinausgehende Steigerung der gegenseitigen Treuepflichten durch eine Parallelwertung zur gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht kommt aus methodischen Gesichtspunkten nicht in Betracht. Für diese ist anerkannt, daß gesellschaftsrechtlichen Einwirkungsmöglichkeiten eine Pflicht zur Rücksichtnahme auf das Verbands- und Gesellschafterinteresse korrespondiert.277 Die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht verpflichtet die Gesellschafter zu einer loyalen Zusammenarbeit und verlangt von ihnen, den Gesellschaftszweck zu fördern und eigene Interessen hinter die der Gesellschaft zurückzustellen.278 Ihre Geltung in schuldrechtlichen Beziehungen würde es dem stärkeren Vertragspartner auferlegen, bei der Ausübung vertraglicher Rechte eigennützige Interessen in noch stärkerem Maß zurückzustellen. Im Rahmen symbiotischer Finanzierungsverträge fehlt es jedoch regelmäßig an der notwendigen Geltungsgrundlage der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht, nämlich der mitgliedschaftlichen Beteiligung des Vertragspartners bzw. einer organisationsrechtlichen Ausgestaltung der Vertragsbeziehung, die ein mitgliedschaftsähnliches Verhältnis begründen könnte.279 Auch im amerikanischen Recht wird die Existenz einer gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht im Verhältnis zwischen der Gesellschaft und ihren Gläubigern für den Regelfall ebenfalls verneint.280 Anerkannt sind jedoch vertragliche Treuepflichten („duty of good faith“). Wo der Vertrag eine durch die allgemeine Treuepflicht nicht zu schließende Schutzlücke aufweist, können Gerichte ferner im Wege ergänzender Vertragsauslegung (sog. „implied condition of good faith and fair dealing“) korrigierend eingreifen.281

Dazu Bayreuther, S. 178 ff. Zöllner (1963), S. 342 f. 278 Zöllner (1963), S. 343. 279 Vgl. allgemein zum Geltungsgrund der Treuepflichten BGHZ 65, 15, 19; Hüffer, § 53 a, Rdn. 15; Veil (2003), S. 204 f. sieht bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages in dem organisationsrechtlich fundierten Einfluß eine Grundlage für gesellschaftsrechtliche Treuepflichten. An einem organisationsrechtlich fundierten Einfluß fehlt es hier jedoch gerade. 280 Cox / Hazen, §§ 10.18, 18.17. 281 Fallbeispiele bei Cox / Hazen, § 18.17. 276 277

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B. Angemessenheit des zivilrechtlichen Schutzes Nach den Ergebnissen dieser Arbeit wird der Schutz der finanzierten Gesellschaft im Rahmen von durch das Konzern- und Gesellschaftsrecht nicht erfaßten Abhängigkeitsbeziehungen im wesentlichen vom Deliktsrecht geleistet. Es fragt sich, ob dieser Schutz ausreichend ist. Bayreuther sieht große Schutzlücken in der Anwendung des allgemeinen Zivil- und Wirtschaftsrechts in extremen Abhängigkeitslagen.282 So würden bereits auf Tatbestandseite nichtvertragliche, da nur tatsächlich wirkende Umstände, nicht in den Anwendungsbereich vieler Schutznormen, wie etwa § 138 BGB, fallen.283 Die §§ 307 ff. BGB versagten, wenn – wie gerade bei komplexen Vertragssystemen üblich – der Vertrag von den Parteien individuell ausgehandelt wurde.284 Der Schutz des Unternehmens durch schuldrechtliche Treuepflichten könne leerlaufen, wenn die schädigenden Maßnahmen des Kreditgebers durch den zugrunde liegenden Vertrag gedeckt sind und der Schuldner nicht wie bei gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten gehalten ist, seine Eigeninteressen hinter das Gesellschaftsinteresse zurückzustellen.285 Hinzu käme die Schwierigkeit, Kausalität, Verschulden und Schadensumfang nachzuweisen. Der Nachweis des Schadensumfangs werde praktisch unmöglich, wenn die verschiedenen Nachteilszufügungen nicht mehr isoliert werden können und daher wegen § 287 ZPO ein pauschalierter Schadensersatz ausscheidet.286 Schließlich dienten – mit Ausnahme von § 826 BGB – die Schutznormen überwiegend dem Interesse der Gesellschaft und nicht den Interessen der geschädigten Gläubiger. Der Sittenwidrigkeitsvorwurf des § 826 BGB stelle wiederum hohe Anforderungen an die Verwerflichkeit der Gläubigerschädigung und verlange zudem Vorsatz.287 Trotz der Schwächen des zivilrechtlichen Abhängigkeitsschutzes ist nicht zu übersehen, daß dieser in vielen Fällen zu angemessenen Lösungen führt. Um die Vertragsfreiheit nicht zu sehr einzuschränken, ist ein darüber hinausgehender, gesellschaftsrechtlicher Schutz nur gerechtfertigt, wenn feststeht, daß ein funktionierender Interessengegensatz zwischen den Vertragsparteien nicht mehr gewährleistet ist. Sobald das Recht versucht, die unterschiedlichen wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse in einer Vertragsbeziehung zwischen zwei eigenständigen Unternehmen zu bewerten und daran Sanktionen zu knüpfen, gerät es unweigerlich in die Nähe einer Inhaltskontrolle. Diese ist jedoch aus gutem Grund auf ganz besondere Situationen beschränkt, in denen feststeht, daß sich der unterlegene Vertragspartner wegen eines strukturellen Ungleichgewichts von vornherein nicht gegen Forderungen des überlegenen Vertragsteils wehren kann.288 Im Falle symbiotischer Finan282 283 284 285 286 287

Bayreuther, S. 149 ff. Bayreuther, S. 154 f. Bayreuther, S. 164 f. Bayreuther, S. 184. Bayreuther, S. 193, 197. Bayreuther, S. 207 ff.

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zierungsverträge kann von einer solchen abstrakten Gefahrenlage nicht ausgegangen werden. Vielmehr begegnen sich die Parteien zunächst auf gleicher Augenhöhe; zu einem Diktat des Kreditgebers kommt es überhaupt nur dann, wenn sich der Kreditnehmer in einer Krise befindet und damit die Voraussetzungen für einen Abzug des Kredits vorliegen. Das in der Praxis vorherrschende freie und gleichberechtigte Aushandeln der Vertragsbedingungen darf auch dann nicht durch eine spätere „Korrektur“ zugunsten des einen Vertragsteils konterkariert werden, wenn der Kreditgeber die Krise nutzt, um gegen den Verzicht auf eine Kündigung bestimmte Maßnahmen einzufordern. Es ist zu bedenken, daß sich Unternehmen entsprechend ihrer Bonität nur zu bestimmten Bedingungen Kredit verschaffen können; erklärt die Rechtsordnung diese Bedingungen im nachhinein für unwirksam, so hätte dies zur Folge, daß sich der Kreditnehmer entweder nur zu höheren Zinsen refinanzieren oder gar keinen Kredit mehr erlangen kann. Damit bleibt als Ergebnis festzuhalten, daß das vorhandene zivilrechtliche Instrumentarium und insbesondere das Deliktsrecht einen ausreichenden Schutz vor den denkbaren Gefahrsituationen im Rahmen von symbiotischen Finanzierungsverträgen bietet. Einer Intensivierung dieses Schutzniveaus durch eine wie auch immer geartete Inhaltskontrolle oder durch eine Betonung vorhandener vertraglicher Schutzpflichten bedarf es nicht.

288

Vgl. MüKoBGB / Armbrüster, § 138, Rdn. 86 ff.

Zusammenfassung: Leistungsfähigkeit von Covenants als alternatives Gläubigerschutzinstrument Das Ziel dieser Arbeit war es, die Eignung von Covenants als Mittel des Gläubigerschutzes zu untersuchen, um damit eine Aussage darüber treffen zu können, inwieweit ein Ersatz des herkömmlichen Kapitalschutzmodells durch vertragliche Schutzklauseln ein ausreichendes Gläubigerschutzniveau bieten kann. Dafür galt es nicht nur, die funktionelle und ökonomische Wirksamkeit von Covenants derjenigen des herkömmlichen Kapitalschutzsystems gegenüberzustellen. Die Grundbedingung dafür, daß Covenants ihre Wirksamkeit in deutschen Gesellschaften entfalten können, ist die Implementierbarkeit dieses einer ausländischen Vertragspraxis entstammenden Phänomens in das deutsche Recht. Insgesamt konnten viele Vorteile, aber auch einige Schwächen des Einsatzes von Covenants unter der Geltung deutschen Rechts aufgezeigt werden. Besteht nach alledem ein „argumentatives Patt“ zwischen einem auf vertraglicher Selbstabsicherung und einem auf zwingenden Kapitalschutzvorschriften basierenden Gläubigerschutzsystem?1 Nach den Ergebnissen dieser Arbeit ist dies nicht der Fall. Es konnte gezeigt werden, daß das derzeitige Kapitalschutzsystem schwerlich als effektives Gläubigerschutzinstrument zu rechtfertigen ist und überdies ein Hindernis auf dem Weg zu größerer Kapitalmarkttransparenz und einem verbesserten Anlegerschutz ist. Die Zeichen stehen daher auf einer europaweiten Deregulierung des Kapitalschutzregimes in Richtung eines solvenzbasierten Ausschüttungstests. Zugleich besteht das Schutzbedürfnis der Gläubiger unvermindert fort. Der Abbau des institutionellen Kapitalschutzsystems muß daher einhergehen mit einer Stärkung alternativer Gläubigerschutzinstrumente, wofür die Rechtsentwicklung in den USA als Beispiel dienen kann. Dabei liegt es nahe, den durch die Stärkung der Kapitalmarkttransparenz verbesserten Informationsfluß zu den „stakeholders“ für eine Verbesserung des informationellen Selbstschutzes auf der Grundlage vertraglicher Schutzklauseln wie Covenants zu nutzen. Dies wäre neben einer Verbesserung des Gläubigerschutzniveaus zugleich ein Gewinn für die Corporate Governance, da die Kontrolle der Geschäftsführung durch die Gläubiger gestärkt wird. Es konnte gezeigt werden, daß Covenants insgesamt einen besseren Gläubigerschutz als der gesetzliche Kapitalschutz bewirken und ihrem Einsatz nach deut1

So prononciert Fleischer, ZGR 2001, 1, 13.

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schem Recht nur wenige Hürden entgegenstehen, wenn man sie ihrer symbiotischen Natur entsprechend auslegt und behandelt. Der Respekt vor der Privatautonomie und insbesondere der schuldrechtlichen Typenfreiheit gebietet es, den Regelungsanspruch des Zivil- und Gesellschaftsrechts zwar grundsätzlich auch für dieses vertragliche Regelungswerk anzuerkennen, ihn jedoch im Ergebnis auf eine zivilrechtliche Ausübungskontrolle zum Schutz des Schuldners vor einem Mißbrauch der überlegenen Steuerungsmacht des Gläubigers zu beschränken.

A. Gegenüberstellung von Covenants und Kapitalschutzsystemen nach funktionaler Verwirklichung des Gläubigerschutzzieles Covenants haben eine Alleinstellung im System der Gläubigerschutzinstrumente. Sie sind ein einzigartiges Konzept, um opportunistischen Verhaltensanreizen und Informationsasymmetrien als Ursache von Agenten-Kosten im Verhältnis von Gläubiger und Schuldner auszugleichen, und damit die Kapitalkosten für den Schuldner entscheidend zu senken. Der entscheidende Unterschied der Covenants zu anderen Formen der Kreditsicherung besteht darin, daß sie über die gesamte Vertragsdauer hinweg das finanzielle und geschäftliche Verhalten des Schuldners disziplinieren.2 Daraus resultiert eine insolvenzprophylaktische Wirkung, die diejenige des Kapitalschutzrechts in den Schatten stellt. Mit dieser Wertung im Einklang steht nicht nur der äußerst positive Effekt von Covenants auf das Rating von Finanzierungsinstrumenten, sondern auch die anhand praktischer Fälle belegbare Tatsache, daß Covenants-berechtigte Gläubiger in der Schuldnerkrise eine höhere Deckung erzielen als Gläubiger, die sich allein durch einen Risikoaufschlag absichern.3 Das Kapitalschutzsystem und die klassischen Formen der Kreditsicherung sind demgegenüber statisch; sie reflektieren die Risikolage zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrages. Spätere Veränderungen werden nicht mehr berücksichtigt. Zwar wird der dinglich gesicherte Kreditgeber für das Kreditrisiko vollständig entlohnt.4 Diese „absolute“ Sicherheit des Gläubigers wird allerdings mit Nachteilen für andere Gläubiger (Gläubigergefährdung) sowie den Schuldner in Form höherer Kosten und geringerer finanzieller Flexibilität erkauft. Darüber hinaus schließt die statische Form der Absicherung Anreize für die Vertragsparteien aus, die bei Vertragsschluß bestehende Risikolage auch während der Vertragsdauer aufrecht zu erhalten. Es fehlen sowohl Verpflichtungen des Schuldners zu einer disziplinierten Finanzpolitik als auch jegliche Anreize des Gläubigers, den Schuldner einer entsprechenden Kontrolle zu unterziehen.5 Das Potential der Gläubiger 2 3 4

Posner (2003), S. 413. Vgl. das Fallbeispiel bei Thießen, ZBB 1996, 19, 32 ff. Posner (2003), S. 412.

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für die Schuldnerkontrolle im Rahmen der Corporate Governance wird nicht aktiviert. Es existiert keine Wechselbeziehung zwischen Kontrolle und Risiko, wie sie für Covenants typisch ist. Es sind zwei Punkte, die die Funktionalität der Covenants schmälern. Zum einen steht ihr Einsatz nur einer relativ kleinen Gruppe von Gläubigern zur Verfügung. Damit in Zusammenhang steht ein Informationsvorsprung der Covenants-berechtigten Gläubiger, der im Krisenfall gegen die unberechtigten Gläubiger ausgespielt zu werden droht.6 Dieser Nachteil wird jedoch zu einem großen Teil durch die unspezifische Disziplinierungswirkung der Covenants aufgefangen, die sämtlichen Gläubigern zugute kommt. Auch gewinnen Covenants zunehmend an Verbreitung und stoßen immer stärker auch in das Geschäft mit mittelständischen Firmenkunden vor.7 Zum anderen unterliegt ihre Durchsetzbarkeit deutlichen Schranken, die ihren Ursprung in der fehlenden organisationsrechtlichen Bindung der Gesellschaftsorgane an Covenants haben. Die Sanktionsmöglichkeiten beschränken sich im wesentlichen auf das Kündigungsrecht des Gläubigers, das seinerseits Einschränkungen unterliegt, insbesondere dann, wenn die Covenants im Einzelfall AGBQualität aufweisen sollten. In der Praxis bedeutsamer als das Kündigungsrecht selbst ist die Möglichkeit des Gläubigers, durch die Androhung der Kündigung faktisch auf den Schuldner Einfluß zu nehmen. Diese Form des Einflusses ist jedoch rechtlich unabgesichert und setzt den Gläubiger überdies zivilrechtlichen Haftungsrisiken aus. Trotz dieser Einwände legt der empirische Befund eine hohe Wirksamkeit der Covenants nahe, die nicht zuletzt dem Eigeninteresse des Schuldners an vertragstreuem Verhalten auf der einen Seite und der Unzulänglichkeit des gesetzlichen Gläubigerschutzes auf der anderen Seite entspringen dürfte.

B. Gegenüberstellung von Covenants und Kapitalschutzsystemen unter Effizienzgesichtspunkten Aus Sicht der ökonomischen Analyse ist von einem grundsätzlichen Vorrang des vertraglichen Selbstschutzes der Gläubiger vor zwingenden gesetzlichen Regelungen auszugehen, die die vertragliche Risikoallokation zwischen Gläubiger und Schuldner determinieren. Zwar besitzt die vertragliche Selbstabsicherung durch Covenants Schwächen, da sie insbesondere nur einem begrenzten Gläubigerkreis zur Verfügung steht sowie Transaktionskosten und Kollektivhandlungsprobleme mit sich bringt. Diese Kosten können das Kapitalschutzsystem aber nicht rechtfer5 6 7

Bebchuk / Fried, Cornell L. Rev. (1997), 1279, 1315 ff. Eidenmüller / Engert, AG 2005, 97, 106 f. Siehe dazu die empirische Studie von Lutz.

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tigen, da eine wesentliche Grundbedingung für einen solchen gesetzgeberischen Eingriff in die Freiheit zur privaten Risikoallokation und zur Bestimmung der Kapitalstruktur des Unternehmens aus rechtsökonomischer Sicht nicht erfüllt ist: Es konnte gezeigt werden, daß das Kapitalschutzsystem gerade nicht ein hypothetisches Verhandlungsergebnis der Parteien mit dem Ziel einer Senkung der Transaktionskosten simuliert, wie dies von der ökonomischen Analyse als Rechtfertigung staatlicher Eingriffe vorausgesetzt wird. Vielmehr geht es weitgehend an den Bedürfnissen der Gläubiger vorbei und produziert damit unnötige Kosten. Insgesamt ist festzustellen, daß Covenants ihr Potential als Gläubigerschutzinstrument nach deutschem Recht zwar noch nicht ausgeschöpft haben, jedoch für bestimmte Gläubigergruppen ein überlegenes Schutzniveau bieten können. Es besteht die Hoffnung, daß ihre Bedeutung als alternatives Gläubigerschutzmittel mit sinkendem Kapitalschutzniveau zunehmen wird und infolge des Drucks der Praxis auch die rechtlichen Rahmenbedingungen für ihren Einsatz verbessert werden.

C. Ausblick I. Gestiegene Bedeutung der Ermittlung und Steuerung des individuellen Ausfallrisikos durch Basel II Der Baseler Ausschuß für Bankenaufsicht hat am 26. Juni 2004 die Rahmenvereinbarung „Internationale Konvergenz der Eigenkapitalbemessung und Eigenkapitalanforderungen“ („Basel II“) bekanntgegeben. Die Umsetzung dieser Vereinbarung wurde auf europäischer Ebene durch eine Neufassung der Bankenrichtlinie und der Kapitaladäquanzrichtlinie bewirkt.8 In Deutschland wurden diese Richtlinien u.a. durch eine grundlegende Novellierung des Kreditwesengesetzes („KWG“) sowie die neue Solvabilitätsverordnung („SolvV“) umgesetzt.9 Bereits die Baseler Eigenkapitalvereinbarung von 1988 („Basel I“) verlangte zur Sicherung einer angemessenen Eigenkapitalausstattung der Banken, daß die international tätigen Banken bei Kreditvergaben einen bestimmten Eigenkapitalbetrag zur Unterlegung der eingegangenen Risiken vorhalten. Dieses Kapital muß im Verhältnis zu der risikogewichteten Kreditsumme mindestens 8 % betragen.10 Die Risikomessung unter Basel I erschöpfte sich relativ pauschal durch eine Zuordnung der Schuldner in vier Klassen mit einem Risikogewicht von 0 % bis 100 %; für die wichtige Gruppe der Firmenkredite galt das höchste Risikogewicht von 100 %, so daß sich für diese Kredite die Standardanforderung von 8 % im Verhältnis zur ge8 Richtlinien 2006 / 48 / EG vom 14. 06. 2006 (Abl. L 177 / 1) und 2006 / 49 / EG vom 14. 06. 2006 (Abl. L 177 / 201). 9 Gesetz zur Umsetzung der neu gefaßten Bankenrichtlinie und der neu gefaßten Kapitaladäquanzrichtlinie vom 17. 11. 2006 (BGBl. I S. 2606). 10 Sog. regulatorisches Kapital; anders als die Risikogewichtung wurde dieser Prozentsatz durch Basel II nicht verändert.

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samten Kreditsumme ergab. Die Folge war ein (Fehl-)anreiz für die Banken, entweder Kredite vorzugsweise an Kunden mit schlechterer Bonität zu vergeben, weil bei diesen ein höherer Gewinn auf das zu unterlegende Kapital zu erzielen war, oder aber einheitliche Kreditkonditionen mit erhöhter Risikoprämie für alle Kunden zu verlangen, wodurch Kunden besserer Bonität benachteiligt wurden (Kreditrationierung).11 Unter diesen rechtlichen Rahmenbedingungen lohnte sich auch eine an sich betriebswirtschaftlich sinnvolle Messung, Steuerung und Überwachung des individuellen Risikos für die Banken nicht oder nur eingeschränkt. Dieser weitere Fehlanreiz wurde dadurch verstärkt, daß Basel I nur wenige, vor allem klassische Methoden zur Minderung des Kreditrisikos anerkannte.12 Dieses bankaufsichtsrechtliche Umfeld wurde durch Basel II grundlegend mit dem Ziel geändert, die Banken zu einer genaueren und ausdifferenzierteren Berücksichtigung individueller Risiken bei der Bemessung der Eigenkapitalunterlegung und der Gestaltung der Kreditkonditionen anzuhalten.13 Nunmehr müssen die ausstehenden Forderungen der Banken je nach der individuell anhand spezieller Risikomeßsysteme ermittelten Kreditwürdigkeit und Ausfallwahrscheinlichkeit des Kreditnehmers mit einem Prozentsatz zwischen 0 % und 150 % gewichtet werden. Das Kreditrisiko muß entweder durch ein externes Rating einer anerkannten Ratingagentur oder ein bankinternes Rating bestimmt werden. Insgesamt wird durch diese Neuregelungen der Einsatz fortschrittlicher Risikomeßmethoden gefördert. Je risikosensitiver die verwendete Risikomeßmethode ist, desto geringer sind die Anforderungen an die Eigenkapitalunterlegung. Damit werden starke Anreize für die Banken gesetzt, das ermittelte Ausfallrisiko in Form angemessener Risikoprämien einzupreisen.14 In dem Umfang, in dem es infolgedessen zu einer verstärkten Spreizung der Kreditzinsen kommt, erhöhen sich für die Schuldner auf der anderen Seite die Anreize, ihre Refinanzierungskosten durch ein gutes Rating zu reduzieren. Für eine genauere Anpassung der Kreditbedingungen an das übernommene Kreditrisiko sind Covenants geradezu prädestiniert: Diese Arbeit hat die unter Gläubigerschutzinstrumenten einzigartige Fähigkeit der Covenants nachgewiesen, das von der Bank übernommene Kreditrisiko mit der individuellen Konditionsgestaltung in einen justierbaren, dynamischen Zusammenhang zu bringen und damit den abstrakten ökonomischen Zusammenhang zwischen Risiko und Kosten auch in der Vertragspraxis besser nutzbar zu machen. In dem neuen bankaufsichtsrechtlichen Umfeld zeichnet sich für Covenants daher wenigstens eine zunehmende, wenn nicht überragende Bedeutung ab. Für den Schuldner, weil sich die Vereinbarung von Covenants positiv auf das Rating seines Unternehmens und des jeweiligen 11 12 13 14

Becker / Gaulke / Wolf, S. 6. Deloitte, S. 20; Becker / Gaulke / Wolf, S. 6. Umfassend Deloitte, S. 21 ff.; Becker / Gaulke / Wolf, S. 11 ff. Deloitte, S. 27.

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Finanzinstruments auswirkt und damit die Risikogewichtung der Forderung positiv beeinflußt werden kann. Der Schuldner ist somit in der Lage, über das Maß an Verhaltensrestriktionen, denen er sich unterwirft, seine Fremdkapitalkosten zu steuern.15 Für die Banken, weil Covenants eine verbesserte Antizipation der Ausfallwahrscheinlichkeit und damit eine verbesserte Einpreisung des Kreditrisikos ermöglichen, und darüber hinaus der Einsatz professioneller Kreditrisikominderungs- und Risikofrüherkennungstechniken nicht nur gesetzlich vorgeschrieben ist16, sondern auch Voraussetzung für die Anrechnung bestimmter Sicherungsinstrumente bei der Bemessung der Kapitalunterlegung ist.17 Nicht zuletzt dieser sich abzeichnende Bedeutungsgewinn der Covenants bei der Risikovorsorge der Banken sollte für den Gesetzgeber Anlaß sein, über eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Einsatz dieses Instruments nachzudenken. Dazu gehört auch eine stärkere Berücksichtigung von Covenants bei der Risikogewichtung der Kredite.18 II. Eckpunkte für eine Reform Damit stellt sich die Frage, an welchen Maßstäben sich eine Reform des institutionellen Gläubigerschutzes orientieren sollte. Im ersten Kapitel ist deutlich geworden, daß wohl kaum ein Weg an einer deutlichen Deregulierung des geltenden Kapitalschutzrechts vorbei führt. Eine vollständige Abschaffung gesetzlicher Gläubigerschutzvorschriften ist allerdings nicht angezeigt. Covenants besitzen ihre überragende Bedeutung nach wie vor im Markt langfristiger Unternehmenskredite; über diesen Bereich hinaus haben sie kaum Verbreitung gefunden. Ihre Verwendung durch Kleingläubiger scheitert bislang an hohen Transaktionskosten und fehlendem Know-how. Es konnte jedoch gezeigt werden, daß Covenants für einen großen Bereich der Vertragspraxis die Basis einer funktionierenden vertraglichen Selbstabsicherung sind; dieses Verdienst prädestiniert sie als Fundus und Referenz für künftige Forschungen auf diesem Gebiet. Aus der Funktionsfähigkeit der vertraglichen Selbstabsicherung, die exemplarisch anhand der Praxis der Covenants 15 Monatsbericht der Deutschen Bundesbank vom April 2001, S. 18, ebd.; zu dem Zusammenhang zwischen Covenants und dem Rating eines Finanzierungsinstruments siehe die Ausführungen unter § 8 B. IV. 3. b). 16 Vgl. nur § 25 a Abs. 1 Nr. 1 KWG und das Rundschreiben der BaFin vom 5 / 2007 vom 30. 10. 2007 bzgl. der Mindestanforderungen an das Risikomanagement – „MaRisk“. 17 Vgl. §§ 154, 172 SolvV; ferner Kleinmann, Business & Law 2006, 48 sowie den Monatsbericht der Deutschen Bundesbank vom April 2001, S. 16. 18 Nach derzeitiger Gesetzeslage zählen Covenants nicht zu den bei der Risikogewichtung berücksichtigungsfähigen Sicherungsinstrumenten i.S. der §§ 154 ff. SolvV. Damit werden sie nach den neuen bankaufsichtsrechtlichen Vorschriften im wesentlichen nur indirekt über das Rating des Kreditnehmers berücksichtigt. Angesichts der Vorteile der Covenants gegenüber Sachsicherheiten wäre es trotz des Fehlens einer durch Covenants eingeräumten dinglichen Rechtsposition am Schuldnervermögen überlegenswert, ihren Sicherungswert auch unmittelbar bei der Risikogewichtung zu berücksichtigen.

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bewiesen wurde, leitet sich die Forderung ab, den Akzent auf eine Stärkung der für einen vertraglichen Gläubigerschutz maßgeblichen institutionellen Rahmenbedingungen zu legen. Dies gilt namentlich für den Abbau starrer rechtlicher Beschränkungen, die einem stärkeren Engagement der Gläubiger im Schuldnerunternehmen auf der Grundlage vertraglicher Schutzklauseln entgegenstehen, sowie klarstellenden Regelungen dort, wo eine unsichere Gesetzeslage vertragliche Vereinbarungen mit unnötiger Rechtsunsicherheit belastet. Parallel dazu sollte das Kapitalschutzsystem auf ein Minimum zurückgebaut und seine Regeln mit vertraglichen Gläubigerschutzelementen abgestimmt werden. Es konnte gezeigt werden, daß mit dem Solvenztest eine ähnlich wirksame oder – je nach Ausgestaltung – sogar effektivere Ausschüttungssperre existiert, die jedoch dem Schuldner deutlich mehr Flexibilität beläßt. In funktionaler Hinsicht wäre ein situativer Kapitalschutz durchaus zu begrüßen. Ferner ließe er sich ohne weiteres mit vertraglichen Schutzklauseln kombinieren und begegnete der Gefahr, daß es bei einer Kumulation des gegenwärtigen Kapitalschutzsystems mit vertraglichen Absicherungen zu einem überzogenen Schutzniveau kommt.19 Alternativ könnte ein ernsthafter Versuch unternommen werden, das vom Kapitalschutz verfehlte Ziel eines kollektiven Vertragsangebots zu verwirklichen und ein Gläubigerschutzrecht zu schaffen, das sich an den von der Vertragspraxis entwickelten Gläubigerschutzklauseln orientiert. Ein derartiger Regelungsrahmen müßte dispositiv sein, den Parteien also die Möglichkeit eines „opting-out“ bieten. Damit könnte der institutionelle Gläubigerschutz an das von der ökonomischen Analyse geforderte „hypothetische Verhandlungsergebnis“ angenähert werden. Die Normierung von Gläubigerschutzklauseln als gesetzlicher Regelfall ließe den Gläubigerschutz qua Gesetz automatisch in Beziehungen entstehen, wo er gewünscht wird, und ersparte den Parteien damit Transaktionskosten. Dort, wo diese Klauseln nicht benötigt werden, genügte hingegen ein einfaches opting-out. Damit wäre sichergestellt, daß die Parteien auf kostengünstige Weise das gewünschte Maß an Gläubigerschutz herbeiführen können. Eine solche Lösung sieht sich freilich mit der Schwierigkeit konfrontiert, eine justitiable Regelung zu schaffen, die das Schutzbedürfnis möglichst vieler Gläubigergruppen adressiert. Da die Schutzinteressen zwischen den Gläubigertypen sehr unterschiedlich ausfallen, muß ein gesetzlicher Regelungsrahmen zwangsläufig pauschalieren. Denkbar wäre ein Regelungsregime, das die übergreifenden, von allen Gläubigern geteilten Schutzinteressen berücksichtigt, wie etwa das Interesse an einer ausreichenden Kapitalausstattung sowie Vorkehrungen gegen opportunistisches Verhalten. Eine solches Regelungswerk könnte sich an den in Covenants enthaltenen Schutzmechanismen orientieren.

19

So Merkt, ZGR 2004, 305, 321.

Anhang CREDIT AGREEMENT1 THIS CREDIT AGREEMENT (this “Agreement”), is entered into as of June 29, 2007, among ______________, a Delaware Corporation (the “Borrower”), ______________, as Administrative Agent, each lender from time to time party hereto (collectively, the “Lenders” and individually, a “Lender”), ______________, as Syndication Agent, and ______________, as Documentation Agent. The Borrower has requested that the Lenders, and the Lenders have agreed to, extend credit to the Borrower in the form of a Term Loan in a principal amount of $4,000,000,000. The applicable Lenders have indicated their willingness to lend on the terms and subject to the conditions set forth herein. In consideration of the mutual covenants and agreements herein contained, the parties hereto covenant and agree as follows:

ARTICLE I DEFINITIONS AND ACCOUNTING TERMS SECTION 1.01. Defined Terms. As used in this Agreement, the following terms shall have the meanings set forth below: “Affiliate” means, with respect to any Person, another Person that directly, or indirectly through one or more intermediaries, Controls or is Controlled by or is under common Control with the Person specified. “Control” means the possession, directly or indirectly, of the power to direct or cause the direction of the management or policies of a Person, whether through the ability to exercise voting power, by contract or otherwise. “Controlling” and “Controlled” have meanings correlative thereto. “Change of Control” means, with respect to any Person, an event or series of events by which: (a) any “person” or “group” (as such terms are used in Sections 13(d) and 14(d) of the Securities Exchange Act of 1934, but excluding any employee benefit plan of such person or its subsidiaries, and any person or entity acting in its capacity as trustee, agent or other 1 Stark verkürzte Fassung eines US-Konsortialkreditvertrages. Im Interesse der Übersichtlichkeit wurde auf die Wiedergabe einzelner Passagen dieses sehr langen Vertrages verzichtet; einige Klauseln wurden aus Gründen der Anschaulichkeit modifiziert. Begriffe mit großen Anfangsbuchstaben haben eine im Kreditvertrag definierte Bedeutung (defined terms); im Interesse der Übersichtlichkeit wurden nur solche defined terms in Article I (Definitions) abgedruckt, die für das Verständnis wesentlich sind. Die Zahlenangaben wurden gegenüber dem Original verändert.

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Anhang fiduciary or administrator of any such plan) becomes the “beneficial owner” (as defined in Rules 13d-3 and13d-5 under the Securities Exchange Act of 1934, except that a person or group shall be deemed to have “beneficial ownership” of all securities that such person or group has the right to acquire (such right, an “option right”) whether such right is exercisable immediately or only after the passage of time), directly or indirectly, of 25% or more of the equity securities of such Person entitled to vote for members of the board of directors or equivalent governing body of such Person on a fully-diluted basis (and taking into account all such securities that such person or group has the right to acquire pursuant to any option right);

(b) during any period of 12 consecutive months, a majority of the members of the board of directors or other equivalent governing body of such Person cease to be composed of individuals (i) who were members of that board or equivalent governing body on the first day of such period, (ii) whose election or nomination to that board or equivalent governing body was approved by individuals referred to in clause (i) above constituting at the time of such election or nomination at least a majority of that board or equivalent governing body or (iii) whose election or nomination to that board or other equivalent governing body was approved by individuals referred to in clauses (i) and (ii) above constituting at the time of such election or nomination at least a majority of that board or equivalent governing body (excluding, in the case of both clause (ii) and clause (iii), any individual whose initial nomination for, or assumption of office as, a member of that board or equivalent governing body occurs as a result of an actual or threatened solicitation of proxies or consents for the election or removal of one or more directors by any person or group other than a solicitation for the election of one or more directors by or on behalf of the board of directors); or (c) any Person or two or more Persons acting in concert shall have acquired by contract or otherwise, or shall have entered into a contract or arrangement that, upon consummation thereof, will result in its or their acquisition of the power to exercise, directly or indirectly, a controlling influence over the management or policies of a Person, or control over the equity securities of such Person entitled to vote for members of the board of directors or equivalent governing body of such Person on a fully-diluted basis (and taking into account all such securities that such acquiring Person or group has the right to acquire pursuant to any option right) representing 25% or more of the combined voting power of such securities. “Commitment” means, as to each Lender, its obligation to make a Term Loan to the Borrower pursuant to Section 2.01(a) in an aggregate amount not to exceed the amount set forth opposite such Lender’s name on Schedule [ ] under the caption “Term Commitment” or in the Assignment and Assumption pursuant to which such Term Lender becomes a party hereto, as applicable, as such amount may be adjusted from time to time in accordance with this Agreement. The initial aggregate amount of the Commitments is $4,000,000,000. “Default” means an Event of Default or an event or condition which with notice or lapse of time or both would constitute an Event of Default. “Disposition” or “Dispose” means the sale, transfer, license, lease or other disposition (including any sale and leaseback transaction and any issuance or sale of Equity Interests) of any property by any Person, including any sale, assignment, transfer or other disposal, with or without recourse, of any notes or accounts receivable or any rights and claims associated therewith.

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“Event of Default” has the meaning set forth in Section 9.01. “Indebtedness” of any Person means (a) all indebtedness of such Person for borrowed money, (b) the deferred purchase price of assets or services that in accordance with GAAP would be included as a liability on the balance sheet of such Person, (c) the face amount of all letters of credit issued for the account of such Person and, without duplication, all drafts drawn thereunder, (d) all Indebtedness of any other Person secured by any Lien on any property owned by such Person, whether or not such Indebtedness has been assumed by such Person, (e) the principal component of all Capitalized Lease Obligations of such Person, (f) all obligations of such Person under interest rate swap, cap or collar agreements, interest rate future or option contracts, currency swap agreements, currency future or option contracts, commodity price protection agreements or other commodity price hedging agreements and other similar agreements ( . . . ) and (g) without duplication, all Guarantee Obligations of such Person, provided that Indebtedness shall not include all intercompany Indebtedness having a term not exceeding 364 days (inclusive of any roll over or extensions of terms) and incurred in the ordinary course of business. “Investment” means as to any Person, any direct or indirect investment by such Person, whether by means of (a) the purchase or other acquisition of equity interests or debt or other securities of another Person, (b) a loan, advance or capital contribution to, guarantee or assumption of Indebtedness of, or purchase or other acquisition of any other debt or equity participation or interest in, another Person, including any partnership or joint venture interest in such other Person (excluding, in the case of the Borrower and its Subsidiaries, intercompany loans, advances, or Indebtedness having a term not exceeding 364 days and made in the ordinary course of business) or (c) the purchase or other acquisition (in one transaction or a series of transactions) of all or substantially all of the property and assets or business of another Person or assets constituting a business unit, line of business or division of such Person. “Lien” means any mortgage, deed of trust, pledge, security interest, assignment, deposit arrangement, charge or encumbrance, lien (statutory or other), or other preferential arrangement in the nature of security interest (including any conditional sale or other title retention agreement, any Capitalized Lease having substantially the same economic effect as any of the foregoing or any agreement to give any security interest. “Material Adverse Effect” means any event, matter, condition or circumstance which (i) has or would reasonably be expected to have a material adverse effect on the business, properties, results of operations or condition (financial or otherwise) of the Borrower and its Subsidiaries taken as a whole; (ii) would materially impair the ability of the Borrower to perform or observe its obligations under or in respect of the Loan Documents; or (iii) affects the legality, validity, binding effect or enforceability of any of the Loan Documents. “Obligations” means all advances to, and debts, liabilities, obligations, covenants and duties of, any party hereto arising under the Agreement, whether direct or indirect (including those acquired by assumption), absolute or contingent, due or to become due, now existing or hereafter arising and including interest and fees that accrue after the commencement by or against the Borrower or any Affiliate thereof of any proceeding under any bankruptcy or insolvency law naming such Person as the debtor in such proceeding, regardless of whether such interest and fees are allowed claims in such proceeding. “Restricted Payment” means any dividend or other distribution (whether in cash, securities or other property) with respect to any Equity Interest of the Borrower or any of its

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Restricted Subsidiaries, or any payment (whether in cash, securities or other property), including any sinking fund or similar deposit, on account of the purchase, redemption, retirement, defeasance, acquisition, cancellation or termination of any such Equity Interest, or on account of any return of capital to the Borrower’s stockholders, partners or members (or the equivalent Persons thereof). “Subsidiary” of a Person means a corporation, partnership, joint venture, limited liability company or other business entity (i) of which a majority of the shares of securities or other interests having ordinary voting power for the election of directors or other governing body (other than securities or interests having such power only by reason of the happening of a contingency) are at the time beneficially owned, or the management of which is otherwise controlled, directly or indirectly through one or more intermediaries, or both, by such Person or (ii) the accounts of which are consolidated with such Person’s in such Person’s consolidated financial statements in accordance with GAAP. Unless otherwise specified, all references herein to a “Subsidiary” or to “Subsidiaries” shall refer to a Subsidiary or Subsidiaries of the Borrower. SECTION 1.02. Accounting Principles. Unless otherwise defined or the context otherwise requires, all accounting terms not expressly defined herein shall be construed, and all accounting determinations and computations required under the Loan Documents shall be made, in accordance with GAAP, consistently applied.

ARTICLE V REPRESENTATIONS AND WARRANTIES The Borrower represents and warrants to the Agents and the Lenders that: SECTION 5.01. Organization and Powers. The Borrower and each of its Subsidiaries is duly organized or formed, as the case may be, validly existing and in good standing under the laws of the jurisdiction of its incorporation or organization, is qualified to do business and is in good standing in each jurisdiction in which the failure so to qualify or be in good standing would result in a Material Adverse Effect and has all requisite power and authority to own its assets and carry on its business and to execute, deliver and perform its obligations under the Loan Documents to which it is a party. SECTION 5.02. Binding Effect. This Agreement has been duly executed and delivered by the Borrower. This Agreement constitutes a legal, valid and binding obligation of Borrower, enforceable against it in accordance with its terms, except as such enforceability may be limited by Debtor Relief Laws and by general principles of equity and principles of good faith and fair dealing. SECTION 5.03. Financial Statements; No Material Adverse Effect. (a) The Audited Financial Statements and the Unaudited Financial Statements fairly present in all material respects the financial condition of the Borrower and its Subsidiaries as of the dates thereof and their results of operations for the period covered thereby in accordance with GAAP consistently applied throughout the periods covered thereby, except as otherwise expressly noted therein. (b) Since the Closing Date, there has been no event, either individually or in the aggregate, that has had or would reasonably be likely to have a Material Adverse Effect.

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SECTION 5.04. Litigation. There are no actions, suits, proceedings, claims or disputes pending or, to the knowledge of the Borrower, overtly threatened in writing, at law, in equity, in arbitration or before any Governmental Authority, by or against the Borrower that would reasonably be expected to have a Material Adverse Effect. SECTION 5.05. No Defaults. Neither the Borrower nor any of its Subsidiaries is in default under any material contract, lease, agreement, judgment, decree or order to which it is a party or by which it or its properties may be bound. SECTION 5.06. Compliance with Environmental Laws. Each of the Borrower and its Subsidiaries is in full compliance with all Environmental Laws, whether in connection with the ownership, use, maintenance or operation of their respective properties or the conduct of any business thereon, or otherwise. SECTION 5.07. Subordination of Junior Financing. The Obligations are “Senior Debt,” “Senior Indebtedness,” “Guarantor Senior Debt” or “Senior Secured Financing” (or any comparable term) under, and as defined in, any Junior Financing Documentation.

ARTICLE VI AFFIRMATIVE COVENANTS So long as any Lender shall have any Commitment hereunder, any Loan or other Obligation hereunder which is accrued and payable shall remain unpaid or unsatisfied, the Borrower shall, and shall (except in the case of the covenants set forth in Sections 6.01) cause each of its Subsidiaries to: SECTION 6.01. Reporting Covenants. Deliver to the Administrative Agent for prompt distribution to each Lender: (a) as soon as available, but in any event within 90 days after the end of each fiscal year of the Borrower, a consolidated balance sheet of the Borrower and its Subsidiaries as of the end of such fiscal year, and the related consolidated statements of income, shareholders’ equity and cash flows of the Borrower and its Subsidiaries for such fiscal year prepared in accordance with GAAP consistently applied, all in reasonable detail and setting forth in comparative form the figures for the previous fiscal year, accompanied by a report and opinion thereon of ______________ or another registered public accounting firm of recognized national standing, which report and opinion shall be prepared in accordance with generally accepted auditing standards and shall not be subject to any “going concern” or like qualification or exception or any qualification or exception as to the scope of such audit; (b) as soon as available, but in any event within 45 days after the end of each of the first three fiscal quarters of each fiscal year of the Borrower, a consolidated balance sheet of the Borrower and it Subsidiaries as of the end of such quarter, and the related consolidated statements of income, shareholders’ equity and cash flows of the Borrower and its Subsidiaries for such quarter and the portion of the fiscal year through the end of such quarter, prepared in accordance with GAAP consistently applied, all in reasonable detail and certified by a Responsible Officer of the Borrower as fairly presenting in all material respects the financial condition and results of the operations of the Borrower and its Subsidiaries in accordance with GAAP consistently applied, subject to changes resulting from normal, year-end audit adjustments and except for the absence of notes;

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(c) together with the financial statements required pursuant to clauses (a) and (b), a Compliance Certificate of a Responsible Officer as of the end of the applicable accounting period; (d) as soon as available, but in any event not less than 30 days prior to the start of each fiscal year, a consolidated financial forecast for the Borrower and its Subsidiaries for the following fiscal year, including forecasted consolidated balance sheets, consolidated statements of income, shareholders’ equity and cash flows of the Borrower and its Subsidiaries, which forecast shall (i) state the assumptions used in the preparation thereof and (ii) contain such other information as requested by any Lender; (e) promptly after the same are released, copies of all press releases; (f) promptly after the giving sending and filing thereof, copies of all reports, if any, which the Borrower or any of its Subsidiaries sends to the holders of its respective capital stock or other securities and of all reports or filings, if any, by the Borrower or any of its Subsidiaries with the SEC or any national security exchange, in each case without the exhibits thereto unless specifically requested by the Administrative Agent or any Lender; (g) any announcement by Moody’s or S&P of any change or possible change in any Debt Rating; (h) promptly after the Borrower has knowledge or becomes aware thereof, notice of the occurrence of any Default; (i) promptly after the Borrower has knowledge or becomes aware thereof, notice of occurrence of any Event of Loss with respect to its property or assets aggregating $100,000 (or its equivalent in another currency) or more; and (j) promptly, such additional information regarding the business, legal, financial or corporate affairs of the Borrower or any Subsidiary, or compliance with the terms of this Agreement, as the Administrative Agent or any Lender through the Administrative Agent may from time to time reasonably request. SECTION 6.02. Payment of Obligations. Pay, discharge or otherwise satisfy as the same shall become due and payable, all its obligations and liabilities in respect of taxes, assessments and governmental charges or levies imposed upon it or upon its income or profits or in respect of its property, except, in each case, to the extent the failure to pay or discharge the same could not reasonably be expected to have a Material Adverse Effect. SECTION 6.03. Preservation of Existence, Etc. (a) Preserve, renew and maintain in full force and effect its legal existence under the Laws of the jurisdiction of its organization except in a transaction permitted by Section 7.04 or 7.05 and (b) take all reasonable action to maintain all rights, privileges (including its good standing), permits, licenses and franchises necessary or desirable in the normal conduct of its business, except (i) to the extent that failure to do so could not reasonably be expected to have a Material Adverse Effect or (ii) pursuant to a transaction permitted by Section 7.04 or 7.05. SECTION 6.04. Maintenance of Properties. Except if the failure to do so could not reasonably be expected to have a Material Adverse Effect, (a) maintain, preserve and protect all of its material properties and equipment necessary in the operation of its business in good working order, repair and condition, ordinary wear and tear excepted and casualty or condemnation excepted, and (b) make all necessary renewals, replacements, modifications, improvements, upgrades, extensions and additions thereof or thereto in accordance with prudent industry practice.

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SECTION 6.05. Maintenance of Insurance. The Borrower shall, and shall cause each of its Subsidiaries to, maintain with financially sound and reputable insurance companies, insurance with respect to its properties and business against loss or damage of the kinds customarily insured against by Persons engaged in the same or similar business, of such types and in such amounts (after giving effect to any self-insurance reasonable and customary for similarly situated Persons engaged in the same or similar businesses as the Borrower) as are customarily carried under similar circumstances by such other Persons. SECTION 6.06. Compliance with Laws. Comply in all material respects with the requirements of all Laws and all orders, writs, injunctions and decrees applicable to it or to its business or property, except if the failure to comply therewith could not reasonably be expected to have a Material Adverse Effect.

ARTICLE VII NEGATIVE COVENANTS So long as any Lender shall have any Commitment hereunder, any Loan or other Obligation hereunder which is accrued and payable shall remain unpaid or unsatisfied, the Borrower shall not, nor shall it permit any of its Subsidiaries to, directly or indirectly: SECTION 7.01. Liens. Create, incur, assume or suffer to exist any Lien upon or with respect to any of its properties, revenues or assets, whether now owned or hereafter acquired, other than: (a) Liens in favor of the Lenders or the Administrative Agent for the benefit or the Lenders to secure the Obligations; (b) the existing Liens listed in Schedule [ ] or incurred in connection with the extension, renewal or refinancing of the Indebtedness secured by such existing Liens, provided that any extension, renewal or replacement Lien shall be limited to the property encumbered by the existing Lien and the principal amount of the Indebtedness being extended, renewed or refinanced does not increase; (c) Liens that rank pari passu with or are subordinated to the Obligations; and (d) other Liens securing Indebtedness in an aggregate principal amount at any time outstanding not to exceed $150,000,000. SECTION 7.02. Investments. Make or hold any Investments, except: (a) extensions of credit in the nature of accounts receivable or notes receivable arising from the sales of goods or services in the ordinary course of business; (b) Investments by the Borrower in the capital stock or other equity interests of whollyowned Subsidiaries, and extensions of credit by the Borrower to any of its wholly owned Subsidiaries or by any of its wholly owned Subsidiaries to another of its wholly owned Subsidiaries or the Borrower, in each case in the ordinary course of business; (c) other Investments that do not exceed in the aggregate at any time outstanding the greater of $50,000,000 and 5.0% of Total Assets; and (d) Permitted Cash Equivalent Investments. SECTION 7.03. Indebtedness. Create, incur, assume or otherwise become liable for or suffer to exist any Indebtedness, other than: (a) Indebtedness of the Borrower to the Lenders hereunder;

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(b) Indebtedness of the Borrower and its Subsidiaries existing on the Closing Date and set forth in Schedule [ ] and any Permitted Refinancing thereof; (c) accounts payable to trade creditors for goods and services and current operating liabilities (not the result of the borrowing of money) incurred in the ordinary course of the Borrower’s or such Subsidiary’s business in accordance with customary terms and paid within the specified time, unless contested in good faith by appropriate proceedings and reserved for in accordance with GAAP; (d) Indebtedness consisting of guarantees resulting from endorsement of negotiable Instruments for collection by the Borrower or any of its Subsidiaries in the ordinary course of business; and (e) Indebtedness in an aggregate principal amount not to exceed $500,000,000 at any time outstanding. SECTION 7.04. Fundamental Changes. Merge with or consolidate into, or acquire all or substantially all of the assets of, any Person, or sell, transfer, lease or otherwise dispose of (whether in one transaction or in a series of transactions) all or substantially all of its assets, except that: (a) any of the Borrower’s wholly owned Subsidiaries may merge with, consolidate into or transfer all or substantially all of its assets to another of the Borrower’s wholly owned Subsidiaries or to the Borrower and in connection therewith such Subsidiary may be liquidated or dissolved; (b) the Borrower or any of its Subsidiaries may make any investment permitted by Section 7.02; and (c) so long as no Default exists or would result therefrom, the Borrower may merge or consolidate with any other Person; provided that (i) the Borrower shall be the continuing or surviving corporation, or (ii) if the Person formed by or surviving any such merger or consolidation is not the Borrower (any such Person, the “Successor Borrower”), (A) the Successor Borrower shall be an entity organized or existing under the laws of the United States, any state thereof, the District of Columbia or any territory thereof, (B) the Successor Borrower shall expressly assume all the obligations of the Borrower under this Agreement pursuant to a supplement hereto in form reasonably satisfactory to the Administrative Agent, and (C) the Borrower shall have delivered to the Administrative Agent an officer’s certificate and an opinion of counsel, each stating that such merger or consolidation and such supplement to this Agreement comply with this Agreement; provided, further, that if the foregoing are satisfied, the Successor Borrower will succeed to, and be substituted for, the Borrower under this Agreement. SECTION 7.05. Dispositions. Make any Disposition or enter into any agreement to make any Disposition, except: (a) Dispositions of any inventory in the ordinary course of business; (b) Dispositions of Cash Equivalent; (c) Dispositions of any assets which have become worn out or obsolete or which are promptly being replaced, in the ordinary course of business; (d) Dispositions by the Borrower and its Subsidiaries of property pursuant to sale-leaseback transactions, provided that the book value of all property so disposed of in any fiscal year shall not exceed $10,000,000;

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(e) Dispositions of any assets by any of the Borrower’s wholly owned Subsidiaries to another of its wholly owned Subsidiaries or to the Borrower; and (f) Dispositions of property not otherwise permitted under this Section 7.05, provided that (i) at the time of such Disposition (other than any such Disposition made pursuant to a legally binding commitment entered into at a time when no Default exists), no Default shall exist or would result from such Disposition, (ii) the aggregate book value of all property Disposed of in reliance on this clause (f) shall not exceed $2,930,000,000 and (iii) with respect to any Disposition pursuant to this clause (f) for a purchase price in excess of $10,000,000, the Company or a Restricted Subsidiary shall receive not less than 75% of such consideration in the form of cash or Cash Equivalents ( . . . ). SECTION 7.06. Restricted Payments. Declare or make, directly or indirectly, any Restricted Payment, except: (a) declare and deliver dividends and distributions payable only in common stock of the Borrower; (b) purchase, redeem, retire, or otherwise acquire shares of its capital stock or other equity interests with the proceeds received from a substantially concurrent issue of new shares of its capital stock or other equity interests; and (c) declare and pay cash dividends to its stockholders and purchase, redeem, retire or otherwise acquire shares of its own outstanding capital stock or other equity interests for cash during any fiscal year if (i) after giving effect thereto the aggregate amount of such dividends, purchases, redemptions, retirements and acquisitions paid or made during any fiscal year is not in excess of 5% of Consolidated Net Income of the Borrower for the fiscal year immediately preceding the year in which such dividend, purchase, redemption, retirement or acquisition is paid or made and (ii) immediately prior to and after giving effect thereto, no Default shall have occurred and be continuing. SECTION 7.07. Change in Nature of Business. Engage in any material line of business substantially different from those lines of business conducted by the Borrower and its Subsidiaries on the date hereof or any business reasonably related or ancillary thereto. SECTION 7.08. Burdensome Agreements. Enter into or suffer to exist any agreement (other than this Agreement) (a) limiting or restricting the ability of any Subsidiary to pay dividends and make other distributions to the Borrower, or to pay any Indebtedness owed to the Borrower or transfer properties and assets to the Borrower, (b) requiring the grant of a Lien to secure an obligation of any such Person if a Lien is granted to secure another obligation of such Person, or (c) prohibiting or conditioning the creation or assumption by the Borrower or any Subsidiary of any Lien upon any of its properties, revenues or assets, whether now owned or hereafter acquired.

ARTICLE VIII FINANCIAL COVENANTS So long as any Lender shall have any Commitment hereunder, any Loan or other Obligation hereunder which is accrued and payable shall remain unpaid or unsatisfied, the Borrower shall: SECTION 8.01. Leverage Ratio. Maintain a ration of Consolidated Total Debt to Consolidated EBITDA as of the end of each fiscal quarter of not more than 6.0 to 1.0.

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SECTION 8.02. Minimum Consolidated Tangible Net Worth. Maintain Consolidated Tangible Net Worth as of the end of each fiscal quarter of not less that $126,337,000 plus the net proceeds received by the Borrower or any Subsidiary from the sale or issuance of equity securities to any Person other than the Borrower or any Subsidiary. SECTION 8.03. Current Ratio. Maintain a ratio of Consolidated Current Assets to Consolidated Current Liabilities as of the end of each fiscal quarter of not less than 1.25 to 1.0. SECTION 8.04. Interest Coverage Ratio. Maintain a ratio of Consolidated EBITDA to Consolidated Interest Expenses, for any period of four consecutive fiscal quarters, of not less than 3.0 to 1.0. ARTICLE IX EVENTS OF DEFAULT AND REMEDIES SECTION 9.01. Events of Default. Any of the following events that shall occur shall constitute an “Event of Default”: (a) Payments. The Borrower fails to pay when due any amount of principal of, or interest on, any Loan or any fee or other amount payable hereunder or under any of the Loan Documents. (b) Failure by Borrower to Perform Certain Covenants. The Borrower fails to perform or observe any other term, covenant or agreement contained in any of Sections 6.01(h) or 6.03(a) or Article 7. (c) Failure by Borrower to Perform Other Covenants. The Borrower fails to perform or observe any other term, covenant or agreement (not specified in Section 9.01(a) or (b) above) contained in this Agreement on its part to be performed or observed, and any such failure continues for 20 days after notice thereof by the Administrative Agent to the Borrower. (d) Representations and Warranties. Any representation or warranty by the Borrower under or in connection with the Loan Documents shall prove to have been incorrect in any material respect when made or deemed made. (e) Insolvency; Voluntary Proceedings. The Borrower or any of its Subsidiaries (i) ceases or fails to be Solvent, or generally fails to pay, or admits in writing its inability to pay, its debts as they become due, subject to applicable grace periods, if any, whether at stated maturity or otherwise; (ii) voluntarily ceases to conduct its business in the ordinary course; (iii) commences any Insolvency Proceeding with respect to itself; or (iv) takes any action to effectuate or authorize any of the foregoing. (f) Cross-default. The Borrower or any of its Subsidiary (i) fails to make any payment beyond the applicable grace period, if any, whether by scheduled maturity, required prepayment, acceleration, demand, or otherwise, in respect of any Indebtedness (other than Indebtedness hereunder) having an aggregate outstanding principal amount of not less than $5,000,000, or (ii) fails to observe or perform any other agreement or condition relating to any such Indebtedness, or any other event occurs (other than, with respect to Indebtedness consisting of Swap Agreements, termination events or equivalent events pursuant to the terms of such Swap Agreements), the effect of which default or other event is to cause, or to permit the holder or holders of such Indebtedness (or a trustee or agent on behalf of such holder or holders or beneficiary or beneficiaries) to cause, with the giving of notice if required, such Indebtedness to become due or to be repurchased,

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prepaid, defeased or redeemed (automatically or otherwise), or an offer to repurchase, prepay, defease or redeem such Indebtedness to be made, prior to its stated maturity. (g) Judgments. There is entered against the Borrower or any of its Subsidiaries a final judgment or order for the payment of money in an aggregate amount exceeding $5,000,000 (to the extent not covered by independent third-party insurance as to which the insurer has been notified of such judgment or order and has not denied coverage) and such judgment or order shall not have been satisfied, vacated, discharged or stayed or bonded pending an appeal for a period of sixty (60) consecutive days. (h) Dissolution, Etc. The Borrower or any of its Subsidiaries (i) liquidates, winds up or dissolves (or suffers any liquidation, wind-up or dissolution), except to the extent expressly permitted by Section 7.04, (ii) suspends its operations other than in the ordinary course of business, or (iii) takes any action to authorize any of the actions or events set forth above in this subsection (h). (i) Material Adverse Change. A Material Adverse Effect shall occur. (j) Change in Ownership or Control. A Change of Control shall occur. SECTION 9.02. Default Remedies. If any Event of Default occurs and is continuing, the Administrative Agent may and, at the request of the Majority Lenders, shall take any or all of the following actions: (a) declare the Commitment of each Lender to make Loans to be terminated, whereupon such Commitments and obligation shall be terminated; (b) declare the unpaid principal amount of all outstanding Loans, all interest accrued and unpaid thereon, and all other amounts owing or payable hereunder or under any other Loan Document to be immediately due and payable, without presentment, demand, protest or other notice of any kind, all of which are hereby expressly waived by the Borrower; and (c) exercise on behalf of itself and the Lenders all rights and remedies available to it and the Lenders under the Loan Documents or applicable Law. SECTION 9.03. Company’s Right to Cure. (a) Notwithstanding anything to the contrary contained in Section 9.01, in the event of any Event of Default under any covenant set forth in Article 8 and until the expiration of the tenth (10th) day after the date on which financial statements are required to be delivered with respect to the applicable fiscal quarter hereunder, the Borrower may engage in a Permitted Equity Issuance to any of the Equity Investors and apply the amount of the Net Cash Proceeds thereof to increase Consolidated EBITDA with respect to such applicable quarter; provided that such Net Cash Proceeds (i) are actually received by Borrower no later than ten (10) days after the date on which financial statements are required to be delivered with respect to such fiscal quarter hereunder, (ii) are not otherwise applied and (iii) do not exceed the aggregate amount necessary to cure such Event of Default under Article 8 for any applicable period. The parties hereby acknowledge that this Section 9.03(a) may not be relied on for purposes of calculating any financial ratios other than as applicable to Article 8 and shall not result in any adjustment to any amounts other than the amount of the Consolidated EBITDA referred to in the immediately preceding sentence. (b) In each period of four fiscal quarters, there shall be at least two (2) consecutive fiscal quarters in which no cure set forth in Section 9.03(a) is made.

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Sachverzeichnis Abhängigkeit – konzernrechtliche 374, 384, 403 ff., 410 – wirtschaftliche 353, 367, 383, 386, 390 ff., 404, 406 f., 413, 425 agency costs siehe Agenten-Kosten Agenten-Kosten 116, 126 f., 222 f., 229 f., 245, 283, 285 f., 293 Akquisitionsfinanzierung 139 ff., 156 f. Aktiendividende 91, 235 ff. Allgemeine Geschäftsbedingungen – Covenants als ~ 347 ff., 363 – der Banken 131, 148, 158, 199 Anlegerschutz 107, 114 f. Aufsichtsrat – Bindung an Covenants 336 f. – Entschließungsfreiheit bei Wahl des Vorstands 206, 335 f. – Kontrollfunktion 205 Ausschüttungsbeschränkungen siehe restrictions on dividends Ausschüttungssperre – Covenants 149 ff., 164 ff., 255 f. – Deutsches Recht 56 f., 62 f., 66 ff. – Solvenztest siehe dort – US Recht 80 ff. Basel II 71, 134, 431 f. basket 166 Beherrschungsvertrag – als Maßstab für Grenzen des Dritteinflusses 310 ff. – atypischer 376 ff. – atypischer Kreditvertrag als ~ 378 – gesetzestypischer 373 ff. – Gestaltungsfreiheit 377 ff. – Weisungsrecht 373 ff., 378 ff., 385 f., 392 – Zustimmungsrechte als ~ 378, 385 ff., 392 ff. Bilanzrecht – Deutschland 66 ff., 241 – USA 97 ff.

Bonds siehe Unternehmensanleihen Bremer Vulkan 414 business judgment rule 94, 101, 327 change of control-Klausel 129, 141, 180, 187 f., 194 f., 198, 206, 302 ff., 335 f. Coase Theorem 14, 216, 225, 278 consideration 77 ff., 85, 88, 100 Control-Konzept 410 f. Corporate Governance 153 ff., 238, 240, 430 Costly Contracting Hypothesis 126, 252 f. covenant-lite deal 32 Covenants – als Beherrschungsvertrag 372 ff. – als sonstiger Unternehmensvertrag 388 ff. – Anwendungsfelder 133 ff. – Begrenzung des Insolvenzrisikos 146 ff., 246 f. – Effizienz 254 ff. – event risk 184 ff. – Externalitäten 258 ff. – financial 156 ff., 356 f., – Funktion 124 ff., 143 ff. – incurrence 122 – Kompensation fehlender Sorgfaltspflichten 244 ff. – korporative Verbindlichkeiten 297 f. – Leitungsmachtpotential 382 ff. – maintenance 122, 183 ff., 359 f. – Nebenabreden 298 ff. – negative 122, 164 ff., 358 f. – Pfadabhängigkeit 269 ff. – positive 122, 182 ff. – Rechtsnatur 121 ff. – Regelungsziele 124 ff. – Signalfunktion 264 ff. – spill-over Effekte 261 ff. – Transaktionskosten 120, 133, 249, 252 – und Finanzverfassung der AG 202

Sachverzeichnis – und Organisationsverfassung der AG 203 ff. – und Unternehmenswert 250 ff. – Weisungsrechte in ~ 305 f., 395 cross default-Klausel 191, 193 f., 283, 364 current ratio 163 f. Darlehensvertrag siehe Kreditvertrag dividend restrictions siehe restrictions on dividends dividend stock siehe Aktiendividende Durchgriffshaftung 95, 109 f., 414 ff. duty of care 101 duty of loyalty 101 EBITDA 123, 161 Effizienz – indikatoren 217 ff. – kriterium 36, 210 ff., 214 ff. Eigenkapital – ausstattung 52 f., 63, 71, 160 f., 228, 235, 343, 431 f. – ersatzrecht 62, 70, 96, 116, 290, 338 ff. eigenkapitalersetzende Darlehen siehe Eigenkapitalersatzrecht equitable subordination 96 f., 368 Erfüllungsanspruch 124, 196 f., 200 Eurocurrency loan siehe Eurokonsortialvertrag Eurokonsortialvertrag 134 Europäisches Recht, Entwicklung 72 f. event risk-Klauseln 66, 136, 141,184 ff., 273, 348, 362, 364 events of default 142, 191 ff. Existenzvernichtungshaftung – Adressaten 415 ff., 419 ff. – Entwicklung 110 f., 117, 244 f., 413 ff. – Tatbestand 417 ff. externalities siehe externe Effekte externe Effekte – allgemein 224 ff., 258 ff. (siehe auch spill over-Effekt) – network externalities 269 f. FASB siehe Financial Accounting Standard Board Financial Accounting Standard Board 98 f. Finanzkennzahlen siehe financial Covenants

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Finanzkrise siehe subprime-crisis fraudulent conveyance 84, 95 f. free-rider Problem siehe Kollektivhandlungsproblem Fremdkapitalkosten siehe Agenten-Kosten Frühwarnsystem siehe Krisenfrüherkennung Fusionsverbote siehe restrictions on fundamental changes GAAP siehe Generally Accepted Accounting Principles Gelatine 173, 329, 331, 334 Generally Accepted Accounting Principles 85 f., 98, 159 Geschäftsführung, faktische 367 f. Geschäftsgegenstand siehe line of business Gesellschaft – Autonomie 294 ff. – BGB-Gesellschaft 209 ff. – Binnenordnung 320 ff. – Finanzverfassung der AG 202 – stille Gesellschaft 293 – Verpflichtungsfähigkeit 320 f. Gesellschafter – Bindung an Covenants 194 f., 298 f. – Risikotragung 43 f., 343, 419 Gesellschaftsstatut 69 f., 117 Gläubiger – Altgläubiger 93, 152, 365 – Gefährdung 364 ff. – Neugläubiger 152, 260, 365 ff. – Risikotragung 43 f., 343, 419 – Schutzbedürfnis 39 f., 41 ff., 46 ff., 102 f. Gläubigerschutz, individueller 29, 51, 107 f., 428 Gläubigerschutz, institutioneller – Begrenzung des Insolvenzrisikos 52, 57, 59 f., 111, 237 f., 246 – Begrenzung des Kollektivhandlungsproblems 237 f. – Begriff 29 – Deutschland 55 ff. – Grenzen 51 ff. – Kosten 104 ff. – Legitimation 35 ff. – Pfadabhängigkeit 240 ff. – Regulierungsansatz 238 ff. – Signalfunktion 234 ff.

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Sachverzeichnis

– Transaktionskosten 100, 104, 176, 229 f., 232 f., 239 – USA 73 ff. Gründungstheorie 69, 102, 117 f. Haftungsbeschränkung siehe Trennungsprinzip Hauptversammlung – Bindung an Covenants 312, 314 ff. – Gewinnverwendung 202 ff., 323 ff. – Satzungsänderungen 204, 297, 314 ff., 321 f., 359 – Souveränität 314 ff. – Strukturmaßnahmen 204, 331 ff. – ungeschriebene Zuständigkeiten 173 f., 327 ff., 331 ff., 398, 401 high-yield bond 135, 156, 185 f., 282 Holzmüller 173, 329, 334 homo oeconomicus 37 Hybridanleihen 133, 420 IFRS 30, 68, 71, 112, 159 Information – (s)asymmetrie 43 ff., 124, 144, 220 f., 230, 246, 260, 263 f., 279 ff. – (s)intermediäre 221, 268 f. – (s)pflichten 125, 144 f., 182 f., 197, 335, 355 informationeller Selbstschutz siehe Gläubigerschutz, individueller Insolvenz – Antragspflicht 110, 147, 162, 244 – Auslösezeitpunkt 59 f., 103, 110, 146 ff., 150, 198 – Risiko 43 f., 49 f., 52, 59 f., 64, 103 – Test 83 ff. – Vermeidung 146 ff., 230 f. – Verschleppung 110, 422 interest coverage ratio 162 f. Investitionsbeschränkungen siehe restrictions on investments Irrelevanz-Hypothese 229 f., 251 f. Kapital – Aufbringung 60 f., 75 ff., 78 ff., 115, 239 – Erhaltung 62 ff., 80 ff., 115, 167, 239 – Erhöhung 91, 165 f., 168, 235 f., 321, 333 – Herabsetzung 81, 83, 89 f., 164, 315, 333

– Kapitalschutz siehe institutioneller Gläubigerschutz KBV 416 Knebelung 350 ff. Kollektivhandlungsproblem 105, 137, 151 f. 223 f., 237 ff. Konsortialkreditverträge siehe Eurokonsortialkreditvertrag Konzern – faktischer 403 ff. – qualifiziert-faktischer 411 ff. Kosten- / Nutzen-Analysen 218, 250 Kredit – Bonitätsprüfung 47, 71, 124 f., 183 – Praxis 134, 156 – Rationierung 125, 432 – Risiko 124 ff. – Sicherheiten 119 f., 130 f., 176, 351 f., 433 Kreditvertrag – atypischer 378, 392 – BGB-Darlehensvertrag 280 f. – symbiotischer Finanzierungsvertrag siehe dort Krisenfrüherkennung 129, 144 ff., 194 Kündigung – Androhung 155, 303, 367, 386, 409, 430 – Kündigungsrecht 199 f. – Schranken 360 ff. legal capital 74 ff., 100 f., 236, 239 Leitung – begriff 380 ff. – (s)macht siehe Vorstand leverage – allgemein 44, 65, 114, 139, 231, 252, 343 – buyout 65, 139 f., 185 f., 244, 273 – ratio 161 f., 168 f. line of business 181 f., 302, 231 f. Liquidität siehe current ratio Loan Market Association (LMA) 32, 134, 271, 347 M.B.C.A. – siehe Model Business Corporation Act Marktversagen 38 ff., 226, 230 f., 252, 258, 349

Sachverzeichnis material adverse change-Klausel 188, 191, 192 f., 364 Mezzanine-Kapital 133 mimic the market 38, 226 Mindestkapital 52, 56 ff., 69 f., 75 f., 103 f., 231 f., 239 Model Business Corporation Act 74, 84 ff. monitoring costs 48, 130 f., 243, 263, 285 Nebenabreden 298 f. negative pledge siehe Negativklausel Negativklausel 174 ff., 256 f., 357 f. Nennkapitalsystem 56 ff., 70, 77, 88, 91, 100, 105, 112, 242 net worth minimum 160 f. Neue Institutionenökonomik 212 f. Neuverschuldungsbegrenzung siehe restrictions on indebtedness nexus of contracts 213 nimble dividends 83, 88 Normrechtfertigung 36 ff. ökonomische Analyse des Rechts 210 ff. opportunistisches Verhalten 43 ff., 47 ff., 51, 54, 64 f., 126, 207, 220, 222, 243, 246, 279 ff. opting-out 233, 434 Organisationsvertrag 310 f., 314, 387 f., 397 ff. par value 75 ff. pari passu-Klausel 177 ff. partiarisches Darlehen 293 f. Pfadabhängigkeiten 226 f., 240 f., 269 ff. poison pill 188 precedents 134, 271 ff., 347 f. principal-agent conflict siehe PrinzipalAgenten-Konflikt Prinzipal-Agenten-Konflikt 116, 153 f., 222 f., 231, 240, 243, 248, 251 ff., 283 Privatautonomie 37, 40, 42, 277, 288 private equity siehe Akquisitionsfinanzierung Projektfinanzierung 138 f. Publizitätspflichten 265 ff. Rangrücktrittserklärung 178 f. Rating 136, 185, 187, 221, 268 f., 272, 432 f.

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Rechnungslegungsvorschriften 159, 353 (siehe auch Informationspflichten) representations and warranties 132, 177, 191, 193 restrictions on – asset dispositions 129, 170 ff., 179 f., 190, 197, 254 f., 272, 312, 331 – dividends 129, 150, 164 ff., 197, 202, 204, 255 f., 262, 269, 323 ff. – fundamental changes 129, 179 ff., 255, 330 f. – indebtedness 128, 161 f., 168 f., 175, 202, 356 f. – investments 129, 164, 169 f., 180, 254, 256, 312, 358 – payments siehe restrictions on dividends – sale and leaseback 179 Rückkauf eigener Aktien 82, 88, 91 f., 235 ff. Sanktionssystem 191 ff. Satzungsstrenge 294 ff., 301, 319 Schadensersatz 197 f., 200 Selbstschutz, informierter 73, 107 f., 227, 232, 428 ff. Seriositätsschwelle 57 Signalfunktion 221 f., 234 ff., 264 ff. signalling siehe Signalfunktion Sitztheorie 69, 102 Solvenztest 71, 83 ff., 111 f., 149 f., 168, 434 Sorgfaltspflichten 244 ff. specific performance 200 spill over-Effekt 223, 237, 256, 259, 261 ff. stakeholder 154, 245 Standardvertrag-Hypothese 232 ff. stated capital 77 f., 80, 81 ff., 84 f., 87 f., 90 ff. subordination siehe Rangrücktrittserklärung subprime-crisis 32 symbiotische Vereinbarungen 277 ff. symbiotischer Finanzierungsvertrag – Abgrenzungen 280 f., 290 ff. – anwendbares Recht 287 ff. – Bedürfnis 281 ff. – Determinanten 284 ff. – Regulierungsrahmen 287 ff.

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Sachverzeichnis

– Transaktionskosten 284 f. syndicated loan 134 Tochtergesellschaften, Einbindung von 189 f. Transaktionskosten 38, 42, 130, 213, 216 f., 219, 225 f., 279, 433 f. (siehe auch Covenants, institutioneller Gläubigerschutz und symbiotischer Finanzierungsvertrag) Trennungsprinzip 39 f., 41 ff., 55, 117, 199, 299 Treuepflichten 424 f. Trihotel 417 Trittbrettfahrer siehe Kollektivhandlungsproblem true and fair view 30, 67 f. Typenfreiheit 288, 349 Überinvestitionsgefahr 166, 170, 232 Unterinvestitionsgefahr 45, 166, 170, 232, 256 Unternehmensanleihen 106, 122, 135 ff., 142, 184 f., 188, 249, 272 Unternehmensverträge, sonstige – Analogie 393 f., 399 ff. – atypischer Kreditvertrag 392 – gesetzestypische 389 ff. – numerus clausus 391 f. – Organisationsvertragscharakter 397 ff. Unternehmenswert 228 ff., 234, 236, 250 ff. upstream-restrictions 189 f.

venture capital 133, 141 f., 389, 404 Veräußerungsbeschränkungen siehe restrictions on asset dispositions Verbandsautonomie – Satzungsautonomie 294 ff. – Verbandssouveränität 294 ff., 306 ff. Verhandlungslösung 224 ff., 232 Vermögen – (s)beteiligung 341 f. – (s)verschlechterung 361 f., 363 f. Verschuldungsbegrenzungen siehe restrictions on indebtedness Verträge – hybride 277 f. – relationale 279 Vorstand – Autonomie 203, 311 ff., 318 f. – Bindung an Covenants 311 ff. – Gewinnverwendung 202, 204, 323 ff. – Initiativrecht bei Strukturmaßnahmen 332 f. – Leitungsmacht 203, 312 ff., 316, 318 f., 332, 337 – Mißbrauch der Vertretungsmacht 326 f. – Vertretungsmacht 324 ff. watered stock 78 f., 85 Weisungsrechte 305, 373 ff., 378 f. Wettbewerb der Gesellschaftsrechtsysteme 70, 72, 102, 117, 227 wrongful trading 110 f., 247