Corporate Governance bei Kapitalanlagegesellschaften - Fund Governance [1 ed.] 9783428530045, 9783428130047

Lars Schäfer beschäftigt sich mit der Anwendbarkeit der Corporate Governance-Grundsätze auf das Rechtsverhältnis zwische

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Corporate Governance bei Kapitalanlagegesellschaften - Fund Governance [1 ed.]
 9783428530045, 9783428130047

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Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen Abteilung B: Rechtswissenschaft Herausgegeben von Mathias Habersack, Peter O. Mülbert und Uwe H. Schneider

Band 182

Corporate Governance bei Kapitalanlagegesellschaften – Fund Governance Von

Lars Schäfer

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

LARS SCHÄFER

Corporate Governance bei Kapitalanlagegesellschaften – Fund Governance

Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen Abteilung B: Rechtswissenschaft Schriften des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Herausgegeben von

Prof. Dr. Mathias Habersack, Prof. Dr. Peter O. Mülbert und Prof. Dr. Uwe H. Schneider

Band 182

Corporate Governance bei Kapitalanlagegesellschaften – Fund Governance

Von

Lars Schäfer

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Darmstadt hat diese Arbeit im Jahre 2008 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D 17 Alle Rechte vorbehalten # 2009 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: werksatz · Büro für Typografie und Buchgestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7352 ISBN 978-3-428-13004-7 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Geleitwort Corporate Governance ist eines der großen Themen in der Politik, im Markt, für die Aufsicht – und in der Wissenschaft. Es ist gewiss kein ganz neues Thema. Aber die Sachverhalte sind zum Teil neu, die Fragen werden neu gestellt, die Erwartungen des Marktes haben sich geändert und geändert haben sich auch die Antworten. Adressaten von Corporate Governance-Regeln sind börsennotierte Kapitalgesellschaften – vor allem, aber nicht nur. Das Hauptaugenmerk von Corporate Governance-Regeln liegt dabei auf dem Spannungsfeld zwischen der Verwaltung der Kapitalgesellschaften und ihren Anteilseignern. Dementsprechend dienen Corporate Governance-Regeln vor allem den Interessen von Aktionären börsennotierter Aktiengesellschaften. Für die Anleger ist der Erwerb von Aktien, der Direkterwerb, aber nur eine mögliche Anlageform. Eine Alternative ist der Erwerb von Anteilen an einem Aktienfonds. Und hier gibt es erhebliche Verschiebungen. Während die Zahl der Aktionäre in Deutschland seit nunmehr sieben Jahren stetig gesunken ist, hat sich das Pro-Kopf-Investmentvermögen in Deutschland ausweislich der vom Bundesverband Investment und Asset Management e.V. veröffentlichten Zahlen innerhalb der letzten zehn Jahre vervierfacht. Diese Entwicklung wird von vielen als erfreulich angesehen; denn die Anlage in Investmentfonds bietet Privatanlegern die Möglichkeit, bereits mit geringem Kapitaleinsatz eine angemessene Risikostreuung zu erreichen. Gerade angesichts der wachsenden Beliebtheit von Investmentfonds für Privatanleger ist es aber zugleich dringend erforderlich, dass hinreichende Schutzmechanismen bestehen, die gewährleisten, dass Fonds im Interesse der Fondsanleger verwaltet werden. Die allgemeinen Corporate Governance-Regeln helfen im zuletzt genannten Fall nicht weiter, dienen sie doch dem Schutz von Aktionären börsennotierter Aktiengesellschaften. Fondsanleger werden durch Corporate Governance-Regeln jedoch nicht geschützt; ihnen kommt eine gute Corporate Governance der Unternehmen allenfalls mittelbar zugute. Der Autor untersucht in der vorliegenden Arbeit, inwiefern Corporate Governance-Regeln auf das Verhältnis zwischen Kapitalanlagegesellschaft und Fondsanleger übertragen werden können. Er erläutert, dass die Regeln für dieses Rechtsverhältnis treffender unter der Überschrift „Fund Governance“ behandelt werden sollten. Er stellt die verschiedenen Quellen von Fund Governance dar und entwickelt eigenständige Regeln. Darüber hinaus verdeutlicht er, dass Fund Governance durch drei Gestaltungskonzepte geprägt ist, nämlich die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse, die

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Geleitwort

Sicherstellung von Transparenz und eine Aufsicht im Anlegerinteresse. Zudem konkretisiert er die einzelnen Gestaltungskonzepte und entwickelt Regelungsvorschläge für Konstellationen, die sich aus Anlegersicht als besonders kritisch darstellen. Hinter geschlossenen Türen wird eine Diskussion zu den genannten Fragestellungen schon seit einiger Zeit geführt. Dem Autor ist es gelungen, auch „Transparenz“ in diese Diskussion zu bringen und weitere Anregungen zu entwickeln. Der Arbeit ist die gebührende Aufmerksamkeit zu wünschen. Darmstadt / Mainz, im August 2008

Prof. Dr. Uwe H. Schneider

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde vom Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Darmstadt im Sommersemester 2008 als Dissertation angenommen und für die Veröffentlichung aktualisiert. Mein Dank gilt zunächst meinem Doktorvater, Herrn Prof.Dr. Uwe H. Schneider, der diese Arbeit betreut und durch wertvolle Hinweise gefördert hat. Herrn Juniorprofessor Dr. Heribert Anzinger danke ich für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens. Herrn Prof. Dr. Mathias Habersack, Herrn Prof. Dr. Peter O. Mülbert und Herrn Prof. Dr. Uwe H. Schneider danke ich zudem für die Aufnahme der Arbeit in die von ihnen herausgegebene Schriftenreihe. Mein besonderer Dank gilt meinen Eltern, Brigitte und August Schäfer, die mich stets bedingungslos unterstützt und mir eine Ausbildung ermöglicht haben, die Grundvoraussetzung für die Erstellung dieser Arbeit war. Ihnen widme ich dieses Werk. Meiner Frau Annika danke ich schließlich für den täglichen liebevollen Rückhalt, den sie mir nicht nur während der Erstellung dieser Arbeit gegeben hat. Frankfurt am Main, im September 2008

Lars A. Schäfer

Inhaltsverzeichnis Einführung

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B. Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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C. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Teil Die Anwendbarkeit der Corporate Governance-Grundsätze auf das Investmentwesen 1. Kapitel Corporate Governance A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B. Die Bedeutung des Begriffs Corporate Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Definitionsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. „Shareholder Modell“ und „Stakeholder Modell“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Das Fremdverwaltungsproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Verstärkung des Fremdverwaltungsproblems durch das Phänomen der „rationalen Apathie“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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C. Börsennotierte Kapitalgesellschaften als Hauptanwendungsgebiet von Corporate Governance-Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

D. Die Ausweitung des Anwendungsbereichs des Corporate Governance-Begriffs

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E.

Die Gestaltungskonzepte der Corporate Governance-Regelungen . . . . . . . . . . . I. Theoretischer Regelungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Materieller Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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F.

Rechtsquellen der Corporate Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gesetzliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Wohlverhaltensregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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G. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis 2. Kapitel Das Investmentrecht

A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B. Die Entstehungsgeschichte des deutschen Investmentrechts . . . . . . . . . . . . . . .

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C. Die unterschiedlichen Organisationsstrukturen für Investmentfonds . . . . . . . . .

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D. Das Vertragsmodell des deutschen Investmentrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bildung von Sondervermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Kapitalanlagegesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Institutseigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Begrenzung des Unternehmensgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Einbindung von KAGen in Finanzkonzerne . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Mindestkapitalanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die obligatorische Einrichtung eines Aufsichtsrates . . . . . . . . . . . . . . a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Aufgaben des Aufsichtsrates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Befugnisse des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Das Anforderungsprofil für Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . . . . . f) Ausschussbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Die Anzahl der Aufsichtsratssitzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Depotbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Das Rechtsverhältnis zwischen KAG und Anlegern . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Investmentvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Treuhandverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das allgemeine Treuhandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Treuhand im Investmentrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Das Rechtsverhältnis zwischen Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank VII. Das Rechtsverhältnis zwischen Depotbank und Anlegern . . . . . . . . . . . . VIII. Die staatliche Aufsicht zum Schutz der Anleger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48 48 49 50 50 51 52 54 54 54 55 56 57 57 58 59 59 60 60 60 61 63 67 69 70

E.

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Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kapitel Die Anwendbarkeit der Corporate Governance-Grundsätze auf das Investmentrecht

A. Die Bedeutung des Themas Corporate Governance für das Investmentwesen . I. Die Ansichten der Investmentindustrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Ansichten in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

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III. Die Auffassung des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Eigene Auffassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Inhaltliche Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Begriffliche Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B. Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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C. Die Rechtsquellen der Fund Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Investmentgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verlautbarungen der Aufsichtsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Wohlverhaltensregeln des Bundesverband Investment und Asset Management e.V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Corporate Governance Kodex für Asset Management Gesellschaften . . . V. DSW-Leitsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Internationale Regelwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Regelwerke von EFAMA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Branchenstandards des CFA-Instituts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. IOSCO-Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Arbeitspapier des Basler Komitee für Bankenaufsicht . . . . . . . . . . . .

81 81 81 83 86 88 89 89 90 90 91

2. Teil Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance 4. Kapitel Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B. Die Konkretisierung der Sorgfaltspflichten einer KAG durch § 9 Abs. 2 und 3 InvG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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C. Organisationsanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Allgemeine Organisationsanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Geschäftsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Risikomanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Besondere Organisationsanforderungen im Interesse der Anleger . . . . . .

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D. Die Verhaltensregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Transaktionen mit verbundenen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einleitung und einführende Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

100 100 103 103

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Inhaltsverzeichnis 2. Die Gefahren von Transaktionen mit verbundenen Unternehmen für Anleger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Regulierung von Transaktionen mit verbundenen Unternehmen nach geltendem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Konkretisierung der Interessenwahrungspflichten für bestimmte Konstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kaufverträge mit verbundenen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zeichnen von Wertpapieren, deren Emission von einem verbundenen Unternehmen als Konsortialbank begleitet wird . . . . . . . . . . . c) Zeichnen von Wertpapieren, die von verbundenen Unternehmen emittiert werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Mögliche Regulierungsansätze für Transaktionen mit verbundenen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Interessenwahrungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verbot von Transaktionen mit verbundenen Unternehmen . . . . . . c) Genehmigungserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Nachträgliche Überprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Hinweis auf mögliche Interessenkonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Bewertung der möglichen Regulierungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . 6. Vorschläge für eine zukünftige Regulierung von Transaktionen mit verbundenen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Behandlung der Beispielsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Ausübung von Aktionärsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einführende Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Bedeutung der Aktionärsrechte für Fondsanleger . . . . . . . . . . 2. Die Pflicht von KAGen zur Wahrnehmung von Aktionärsrechten . . . a) Das Teilnahmerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Antragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Das Auskunftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Das Rederecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Das Stimmrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Bedeutung des Stimmrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Pflicht zur Stimmrechtsausübung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der Prozess der Stimmrechtsausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Die Pflicht zur eigenhändigen Stimmrechtsausübung . . . . . . . ee) Abstimmung bei Interessenkonflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Transparenzpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Pflicht zur Veröffentlichung von Abstimmungsrichtlinien . . . . . . . b) Pflicht zur Veröffentlichung des Abstimmungsverhaltens . . . . . . . 4. Behandlung von Übernahmeangeboten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Durchführung von Aktionärsklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

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6. Beurteilung der Beispielsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Transaktionsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einführende Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Unterscheidung zwischen expliziten und impliziten Kosten . . . . . . . . 4. Die Verpflichtung von KAGen zu einem ordnungsgemäßen Transaktionsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Vorgaben des InvG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Verpflichtung zur Ausrichtung der Transaktionstätigkeit an den Anlagezielen des Investmentfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Auswahl des Brokers . . d) Die Verpflichtung zur Dokumentation des Transaktionsmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Die Verpflichtung zur Überwachung des Brokers . . . . . . . . . . . . . f) Die Verpflichtung zur Erfüllung von Transparenzanforderungen . g) Die Verpflichtung zum ordnungsgemäßen Umgang mit „Kick-Back-“ und „Soft-Commissions-Vereinbarungen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Behandlung von Kick-Back-Zahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Behandlung von Soft Commissions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Behandlung der Beispielsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Das Gleichbehandlungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einleitung und einführende Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gleichbehandlung zwischen verschiedenen Investmentfonds . . . . . . . 3. Gleichbehandlung von Investmentfonds und Kunden der individuellen Portfolioverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gleichbehandlung aller Anleger eines Fonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Late Trading, Market Timing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Late Trading . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Market Timing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verschiedene Anteilsklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Behandlung der Beispielsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Schließung und Verschmelzung von Investmentfonds . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einleitung und einführende Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ökonomische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Schließung von Investmentfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Ablauf der Schließung von Investmentfonds . . . . . . . . . . . . . . b) Die Wahrung der Anlegerinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gesetzliche Schutzvorkehrung zur Wahrung der Anlegerinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Verpflichtung der KAG und der Depotbank zum ausschließlichen Handeln im Anlegerinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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IV.

147 147 148 149 150 151 152 153 154 158 160 161 161 161 163 164 164 164 165 167 170 170 171 171 172 173 173 175 175 176

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Inhaltsverzeichnis (a) Die Pflichten der KAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Die Pflichten der Depotbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Einführung eines Umtauschrechts für Anleger . . . . . . . . . . . . 4. Die Verschmelzung von Investmentfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Behandlung der Beispielsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Auslagerung eigener Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Trend zur Auslagerung im Investmentwesen . . . . . . . . . . . . . . b) Die Vor- und Nachteile von Auslagerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Problematik von Auslagerungen für Anleger . . . . . . . . . . . . . d) Beispielsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Zulässigkeit von Auslagerungen nach § 16 InvG . . . . . . . . . . . . . a) Die Entstehungsgeschichte des § 16 InvG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Voraussetzungen des § 16 InvG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Auslagerung eines wesentlichen Aufgabenbereichs . . . . . . . . cc) Effizientere Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Auswahl des Auslagerungsunternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Beaufsichtigung durch die BaFin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Handeln im Anlegerinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Überwachungsbefugnisse und Kündigungsrechte . . . . . . . . . . hh) Anzeige an die BaFin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ii) Besondere Voraussetzungen für die Auslagerung der Portfolioverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Grundsätzliche Bedenken gegen die Auslagerung der Portfolioverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Beschränkung des Kreises der Unternehmen, auf die die Portfolioverwaltung übertragen werden darf . . . . . . . . . . . (c) Einhaltung der Vorgaben der KAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusätzliche Zulässigkeitsvoraussetzungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zustimmung der Anleger bei Auslagerung der Portfolioverwaltung? b) Zustimmung der Depotbank bei Auslagerung der Portfolioverwaltung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Behandlung des Beispielsfalls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

177 178 179 180 182 183 183 183 185 186 187 187 187 188 188 189 190 191 191 192 192 193 194 194 195 197 198 198 200 200

5. Kapitel Aufsicht im Anlegerinteresse A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 B. Die Aufsicht durch die Depotbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202

Inhaltsverzeichnis

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Die Kontrollaufgaben der Depotbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Kontrollbefugnisse der Depotbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einsichts- und Auskunftsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Recht zur Vorlage von Geschäftsberichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Veto- und Weisungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Beschränkung des für Depotbanken geltenden Prüfungsmaßstabes auf eine Rechtmäßigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Gesellschaftsrechtliche Verbindungen zwischen KAGen und Depotbanken 1. Darstellung des Problems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stellungnahmen in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Eigene Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Bewertung der Kontrolle durch Depotbanken aus Anlegersicht . . . . . . . .

202 203 203 204 205 205 205 208 208 209 210 212

C. Staatliche Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Laufende Informationsrechte der BaFin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Aufsichtsmaßnahmen der BaFin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Aufsicht im öffentlichen Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Bewertung der Investmentaufsicht durch die BaFin . . . . . . . . . . . . . . . . .

213 213 213 216 218 219

D. Aufsicht durch den Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder durch die Fondsanleger? . . . . . . . III. Mehrheit unabhängiger Aufsichtsratsmitglieder? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Vorteil unabhängiger Aufsichtsratsmitglieder für die Wahrung der Anlegerinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Voraussetzungen des Unabhängigkeitserfordernisses . . . . . . . . . . 4. Die Anzahl der unabhängigen Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die angemessene Anzahl unabhängiger Aufsichtsratsmitglieder aus Sicht einer effektiven Fund Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verfassungsmäßigkeit der Pflicht zur mehrheitlichen Bestellung von unabhängigen Aufsichtsratsmitgliedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Aufhebung der reduzierten Anforderungen an die Arbeitnehmervertreter? V. Die Befugnisse des Aufsichtsrates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erweiterte Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sanktionsbefugnisse des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Die Behandlung von Eigeninteressen der Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . VII. Die innere Ordnung des Aufsichtsrates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bildung von Ausschüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

220 220 221 222 223

I. II.

223 225 230 230 232 236 236 238 239 240 242 242 243

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Inhaltsverzeichnis a) Das Recht zur Ausschussbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Prüfungsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anzahl der Aufsichtsratssitzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Bewertung der Aufsicht durch den Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

E.

243 244 245 246

Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 6. Kapitel Transparenz

A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 B. Die Grundstrukturen der investmentrechtlichen Transparenzanforderungen . . . 249 C. Vorschläge zur Verbesserung der Form der Anlegerinformation . . . . . . . . . . . . I. Übergabe des vereinfachten Verkaufsprospekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Übergabe eines Kurzberichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verstärkte Nutzung des Internets als Medium zur Anlegerinformation . . IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

250 251 252 255 256

D. Inhaltliche Anforderungen an die Information der Anleger . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Darstellung des Anlageziels bzw. der Anlagestrategie . . . . . . . . . . . . II. Kostentransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kostentransparenz gem. § 41 InvG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ausweisung der Gesamtkostenquote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wahrheit bzw. Vollständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verständlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vergleichbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Pauschalgebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rückvergütungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Angaben zur Messung des Anlageerfolges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bestehende Regelwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Anforderungen an die Berechnung und Darstellung von Wertentwicklungsdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wahrheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verständlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vergleichbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

256 258 258 258 260 261 262 265 265 266 267 268 268 269 271 272 273 274

E.

Bewertung durch Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275

F.

Individueller Informationsanspruch der Anleger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277

G. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279

Inhaltsverzeichnis

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3. Teil Ergebnisse der Arbeit A. Corporate Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 B. Das Investmentrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 C. Fund Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 D. Die Pflicht zur Verwaltung von Investmentfonds im ausschließlichen Anlegerinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Transaktionen mit verbundenen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ausübung von Aktionärsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Transaktionsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Gleichbehandlungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Schließung und Verschmelzung von Investmentfonds . . . . . . . . . . . . . . . VII. Auslagerung von Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

283 283 283 284 284 285 285 286

E.

Aufsicht im Anlegerinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Depotbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Staatliche Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

286 286 286 287

F.

Transparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298

Abkürzungsverzeichnis A. A. Abs. AcP AG AIMR Aufl. AuslInvG Az. BaFin BAKred BAWe BB BetrVG 1952 BGB BGBl. BGH BGHZ BKR BörsG BT-Drs. BuB BVerfG BVerfGE BVI CalPERS CDU CGKAM CIS CSU DB DCGK DerivateV ders. DIT DSW EFAMA EU f. FAZ

Andere Ansicht Absatz Archiv für die civilitische Praxis Aktiengesellschaft, Die Aktiengesellschaft Association for Investment Management and Research Auflage Gesetz über den Vertrieb ausländischer Invetsmentanteile und über die Besteuerung der Erträge aus ausländischen Investmentanteilen Aktenzeichen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel Betriebsberater Betriebsverfassungsgesetz 1952 Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesberichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Börsengesetz Bundestagsdrucksache Bankrecht und Bankpraxis Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts BVI Bundesverband Investment and Asset Management e.V. California Public Employees’ Retirement System Christlich Demokratische Union Corporate Governance Kodex für Asset Management Gesellschaften Collective Investment Schemes Christlich-Soziale Union Der Betrieb Deutscher Corporate-Governance-Kodex Derivateverordnung derselbe Deutsche Investment Trust Gesellschaft für Wertpapieranlage mbH Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V. European Funds and Asset Management Association Europäische Union folgende Frankfurter Allgemeine Zeitung

Abkürzungsverzeichnis FEFSI ff. FinDAG FS GCCG GmbH HGB ICI InvG IOSCO i. S. d. JZ KAG KAGG KMRK KWG MaRisk MünchKommAktG MünchKommBGB MünchKommHGB NJW Nr. NZG OECD OGAW OLG PfandBG PwC Rdnr. RGZ S. SEC TER USA u. s.w. vgl. Vorbem. VuR WM WpHG z. B. ZBB ZfgK ZGR ZHR ZIP

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Fédération Eurpéenne des Fonds et Sociétés d’Investissement fortfolgende Gesetz über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Festschrift German Code of Corporate Governance Gesellschaft mit beschränkter Haftung Handelsgesetzbuch Investment Company Institute Investmentgesetz International Organization of Securities Commissions im Sinne des / der Juristenzeitung Kapitalanlagegesellschaft Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften Kapitalmarktrechtskommentar Kreditwesengesetz Mindestanforderungen an des Risikomanagement Münchener Kommentar zum AktG Münchener Kommentar zum BGB Münchener Kommentar zum HGB Neue Juristische Wochenschrift Nummer Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Organisation für gemeinsame Anlage in Wertpapiere Oberlandesgericht Gesetz zur Neuordnung des Pfandbriefrechts PricewaterhouseCoopers Randnummer Amtliche Sammlung der Reichsgerichts-Rechtsprechung in Zivilsachen Satz Securities and Exchange Commission Total Expense Ratio United States of America Und so weiter Vergleiche Vorbemerkungen Verbraucher und Recht Wertpapiermitteilung Wertpapierhandelsgesetz zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

Einführung A. Einleitung „Investment-Gesellschaften müssten sich zum Thema ‚Corporate Governance‘ noch stärker als bisher engagieren.“ 1 Von dieser Forderung berichtet der BVI Bundesverband Investment and Asset Management e.V. („BVI“), der Verband der deutschen Investment- und Vermögensverwaltungs-Gesellschaften, in seinem Jahrbuch 2004. Der BVI hält Investment-Gesellschaften für besonders geeignet, sich für eine gute Corporate Governance bei Aktiengesellschaften einzusetzen, weil sie geradezu prädestiniert seien, die Interessen der Anteilseigner von Publikumsgesellschaften gegenüber dem Management wirkungsvoll zur Geltung zu bringen. 2 Dementsprechend haben deutsche Investment-Gesellschaften in den letzten Jahren das Thema Corporate Governance verstärkt genutzt, um für sich als Vertreter der Anlegerinteressen zu werben. Immer häufiger treten sie öffentlich auf Hauptversammlungen großer börsennotierter Aktiengesellschaften auf und setzen sich für die Befolgung der einschlägigen Corporate Governance-Regeln ein. Dabei wird die unzureichende Qualität der Corporate Governance der betreffenden Unternehmen öffentlich gerügt und Beschlussvorschlägen der Verwaltungsorgane, die den Interessen der Aktionäre widersprechen, die Zustimmung verweigert. 3 Der verstärkte Einsatz deutscher Investment-Gesellschaften für eine gute Corporate Governance von Publikumsgesellschaften steht im Einklang mit der Überzeugung von Fondsmanagern, dass die Corporate Governance eines Unternehmens bei der Anlage von Fondsvermögen unbedingt zu berücksichtigen sei. 4 Dem verstärkten Einsatz von Investment-Gesellschaften für die Befolgung von Corporate Governance-Regeln durch börsennotierte Publikumsgesellschaf1

BVI-Jahrbuch 2004, S. 76, abrufbar unter www.bvi.de. BVI-Jahrbuch 2004, S. 75, abrufbar unter www.bvi.de. 3 Siehe zum Beispiel für die Union Investment-Gruppe: Drees / Wilhelm, ZfgKW 2004, 414; Interview mit dem Fondsmanager Jens Wilhelm, FAS, 27. 02. 2005, S. 49. 4 Nach einer im März 2006 veröffentlichten Studie der Beratungsgesellschaft Mercer Investment Consulting sehen 66 % aller Fondsmanager Corporate Governance als einen Aspekt an, der bei der Anlage von Investmentfonds zu berücksichtigen ist. Die Studie „2006 Fearless Forecast – What do investment managers think about responsible investment?“ vom März 2006 ist abrufbar unter: www.merceric.com. 2

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ten liegt ein Verständnis zugrunde, das Investment-Gesellschaften in der Rolle der Mahner guter Corporate Governance sieht. Dieses Verständnis ist nicht falsch und der verstärkte Einsatz von Investment-Gesellschaften für die Befolgung von Standards guter Unternehmensführung durchaus positiv zu bewerten. Gleichwohl darf nicht übersehen werden, dass Investment-Gesellschaften in zweifacher Hinsicht vom Thema Corporate Governance betroffen sind: Sie müssen sich nicht nur als Mahner guter Corporate Governance im Interesse der Fondsanleger dafür einsetzen, dass Unternehmen das ihnen zur Verfügung gestellte Kapital effizient und ertragreich einsetzen. Vielmehr sind Investment-Gesellschaften auch selbst Unternehmen, die von Dritten Geld erhalten, um es ertragreich zu verwalten. Ähnlich wie die Anteilseigner einer börsennotierten Aktiengesellschaft davon abhängig sind, dass der Vorstand die Geschäfte der Gesellschaft in ihrem Interesse leitet, sind auch Fondsanleger darauf angewiesen, dass Investment-Gesellschaft Investmentfonds in ihrem Interesse verwalten. Für Investment-Gesellschaften müssen daher ebenfalls Regeln bestehen, die eine Verwaltung des ihnen zur Verfügung gestellten Geldes im Anlegerinteresse gewährleisten. InvestmentGesellschaften sind mithin auch selbst Adressaten von Corporate GovernanceRegeln. Es muss sichergestellt sein, dass Investmentfonds im Interesse ihrer Anleger verwahrt werden, um breite Bevölkerungsgruppen von der Anlageform Investmentfonds zu überzeugen. Die wenig positiven Perspektiven für die „erste Säule“ der Alterssicherung in Deutschland, der gesetzlichen Rentenversicherung, macht eine private Vermögensvorsorge der Bürger in Zukunft dringend erforderlich. Breite Bevölkerungsschichten müssen stärker als bisher zu Kapitalanlegern werden. Dabei bilden Investmentfonds grundsätzlich eine geeignete Anlageform für Privatanleger. Schon mit relativ kleinen Geldbeträgen erhalten sie Zugang zu den internationalen Aktien-, Renten- und Immobilienmärkten und profitieren von einer professionellen Vermögensverwaltung, einer Risikodiversifikation sowie der hohen Liquidität von Investmentfonds. 5 Zugleich werden Privatanlegern Sparpläne angeboten, die einen steten und langfristig orientierten Vermögensaufbau ermöglichen und somit für die persönliche Altervorsorge geeignet sind. Gleichwohl wird die Anlage in Investmentfonds von den deutschen Privatanlegern noch relativ wenig genutzt. Dies verdeutlicht ein Vergleich mit anderen ökonomisch ähnlich entwickelten Staaten. Zum 30. September 2007 betrug das durchschnittliche Investmentvermögen pro Kopf der Bevölkerung in den USA 27.592 EUR, in Frankreich 22.194 EUR, in der Schweiz 16.182 EUR, in Großbritannien 10.812 EUR und in Deutschland 8.862 EUR. 6 Das Investmentvermögen deutscher Anleger fällt mithin deutlich geringer aus als in anderen Staaten mit einem vergleichbaren Wohlstandsgefüge. Insgesamt entspricht das in Deutschland 5 6

Maurer, ZfgKW 2005, 1381, 1382. BVI-Jahrbuch 2008, S. 93, abrufbar unter: www.bvi.de.

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in Publikumsfonds verwaltete Vermögen heute etwa 15,2 % des Geldvermögens der privaten Haushalte. 7 Eine verstärkte Berücksichtigung von Investmentfonds bei der Altersvorsorge breiter Bevölkerungsschichten erscheint angesichts der Vorzüge dieser Anlageform durchaus wünschenswert. Doch nur wenn Privatanleger davon überzeugt sind, dass Investmentfonds zuverlässig und nicht unter Berücksichtigung von Eigeninteressen verwaltet werden, sind sie stärker als bisher dazu bereit, Investment-Gesellschaften ihre Ersparnisse anzuvertrauen. Im Rahmen dieser Arbeit soll untersucht werden, welche rechtlichen Vorkehrungen existieren, die eine Fondsverwaltung im Anlegerinteresse sicherstellen. Gleichzeitig ist zu untersuchen, ob die bestehenden Vorkehrungen genügen oder ob darüber hinaus Handlungsbedarf besteht.

B. Gegenstand der Untersuchung Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sind die für Kapitalanlagegesellschaften (im Folgenden „KAGen“) geltenden Governance-Regeln, also die Vorschriften, die sicherstellen sollen, dass KAGen Investmentfonds ausschließlich im Interesse der Anleger verwalten. Hierzu werden sowohl die einschlägigen Gesetze als auch die speziell für das Investmentwesen entwickelten privatrechtlichen Regelwerke dargestellt und erläutert. Außerdem werden über die bestehenden Vorschriften hinaus weitere Regelungsvorschläge erarbeitet. Diese Arbeit beschäftigt sich ausschließlich mit der Verwaltung von Publikumsfonds. Spezialfonds gem. §§ 2 Abs. 3 S. 1 des Investmentgesetzes („InvG“) werden nicht behandelt. Die Gefahr, dass eine KAG einen Spezialfonds nicht ausschließlich im Anlegerinteresse verwaltet, ist relativ gering. Dies liegt zunächst daran, dass die Verwaltung von Spezialfonds weniger standardisiert ist als bei Publikumsfonds. Spezialfonds haben in aller Regel nur wenige Anleger, häufig sogar nur einen einzigen. Ein Spezialfondsanleger muss von der KAG entworfene Vertragsbedingungen nicht in jedem Fall hinnehmen, sondern kann einzelne Punkte individuell mit der KAG verhandeln. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Verwaltungsgebühr. Darüber hinaus vereinbaren Spezialfondsanleger regelmäßig auch die Errichtung von Anlageausschüssen, wodurch es ihnen ermöglicht wird, auf die Verwaltungstätigkeit der Fondsmanager Einfluss zu nehmen. Schließlich sind Spezialfondsanleger weniger schutzbedürftig als die Mehrheit der Anleger in Publikumsfonds, da sie über einen ungleich umfangreicheren ökonomischen Sachverstand verfügen. Dies liegt zum einen daran, dass Spezialfondsanleger nur juristische Personen sein können, zum anderen an dem Umstand, dass Spezialfondsanleger zunehmend Berater engagieren, die sie bei der Anlage in Spezialfonds unterstützen. 8 7

BVI-Jahrbuch 2008, S. 5, abrufbar unter: www.bvi.de.

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Weiterhin beschäftigt sich diese Arbeit nicht mit den Pflichten, die KAGen gegenüber ihren Anlegern zu erfüllen haben, wenn sie gem. § 7 Abs. 2 Nr. 1, 3 InvG die individuelle Vermögensverwaltung oder die Anlageberatung betreiben. Sowohl die individuelle Vermögensverwaltung als auch die Anlageberatung sind Dienstleistungen, die anderen Regeln unterliegen als die Verwaltung von Publikumsfonds. Für KAGen, die individuell für ihre Anleger Portfolios verwalten sowie Anlageberatung betreiben, gelten gem. § 5 Abs. 3 InvG die Wohlverhaltensregeln gem. §§ 31 – 31b, 31d, 33 –34a des Wertpapierhandelsgesetzes („WpHG“) entsprechend. 9 Sie haben also wie Wertpapierdienstleistungsunternehmen gegenüber ihren Kunden umfassende Verhaltens- und Organisationspflichten zu erfüllen, die für KAGen bei der Verwaltung von Investmentfonds nicht gelten. Die wertpapierhandelsrechtlichen Wohlverhaltensregeln sind jedoch nicht Gegenstand dieser Untersuchung. Die individuelle Portfolioverwaltung wird im Rahmen dieser Arbeit daher lediglich insoweit berücksichtigt, als sich für KAGen aus diesen Dienstleistungen besondere Interessenkonflikte bei der Verwaltung von Investmentfonds ergeben können. Schließlich behandelt diese Arbeit ausschließlich Wertpapierfonds. Die besonderen Vorschriften für offene Immobilienfonds werden hingegen ausgeklammert. Es soll an dieser Stelle nur darauf hingewiesen werden, dass die Grundstrukturen zur Wahrung der Anlegerinteressen bei der Verwaltung von Immobilienfonds teilweise von den Vorschriften für die übrigen Investmentfonds abweichen. Dies gilt etwa hinsichtlich der Einrichtung von Sachverständigenausschüssen gem. § 77 InvG, deren Aufgabe es ist sicherzustellen, dass der Wert der Vermögensgegenstände eines Immobilienfonds marktgerecht ermittelt wird.

C. Gang der Untersuchung Die vorliegende Arbeit ist in drei Teile geteilt. Der erste Teil untersucht in den Kapiteln 1 – 3 die Anwendbarkeit des Themas Corporate Governance für das Rechtsverhältnis zwischen KAGen und Anleger. Kapitel 1 beschäftigt sich zunächst mit der Bedeutung des Begriffs Corporate Governance. Dabei wird die Herkunft des Corporate Governance-Begriffs erläutert und das dem Problemkreis Corporate Governance zugrunde liegende Fremdverwaltungsproblem erörtert. Zudem werden die wesentlichen Regelungsinstrumente der Corporate Governance vorgestellt. In Kapitel 2 werden die Grundstrukturen des Investmentrechts erörtert. Das Hauptaugenmerk gilt dabei den Akteuren des Investmentwesens und den Rechtsverhältnissen, die sie miteinander verbinden. Zum Abschluss des ersten 8

Leitartikel ZfgKW 2001, 872. Zu den Auswirkungen des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes auf Kapitalanlagegesellschaften, siehe: Roth, WM 2007, 1249 ff. 9

Einführung

25

Teils wird in Kapitel 3 dargelegt, dass das Thema Corporate Governance auch auf das Rechtsverhältnis zwischen KAGen und Anlegern anwendbar ist, wobei aus Klarstellungsgründen die Bezeichnung „Fund Governance“ vorgeschlagen wird. Zudem werden die vier Gestaltungskonzepte von Fund Governance vorgestellt: Gewaltenteilung, die Pflicht der KAGen zur Verwaltung von Investmentfonds im ausschließlichen Anlegerinteresse, die Aufsicht im Anlegerinteresse sowie die Transparenz. Der zweite Teil der Arbeit beschäftigt sich in den Kapiteln 4 – 6 mit den Gestaltungskonzepten der Fund Governance. Dabei behandelt Kapitel 4 die Pflicht der KAGen zur Verwaltung von Investmentfonds im ausschließlichen Anlegerinteresse. Nach einer allgemeinen Einführung in die Sorgfaltspflichten der KAGen sowie den Organisationsanforderungen werden die Verwaltungspflichten anhand der besonders relevanten Themenbereiche „Transaktionen mit verbundenen Unternehmen“, Ausübung von Aktionärsrechten“, „Transaktionsmanagement“, „Gleichbehandlung“, „Schließung und Verschmelzung von Investmentfonds“ sowie „Auslagerung eigener Tätigkeiten“ untersucht. Kapitel 5 behandelt die Aufsicht im Anlegerinteresse. Dabei wird auf die drei Aufsichtsinstanzen Aufsichtsrat, Depotbank und Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) eingegangen. Da Gewaltenteilung im Investmentwesen nur zwischen Depotbanken und KAGen besteht und die Verwahrtätigkeit der Depotbanken eng mit ihren Kontrollaufgaben verbunden ist, wird der Grundsatz der Gewaltenteilung im Rahmen der Aufsicht im Anlegerinteresse dargestellt. Die Transparenzanforderungen von KAGen sind Gegenstand von Kapitel 6. Dabei werden die Form der Anlegerinformation und die inhaltlichen Anforderungen vorgestellt und bewertet. Inhaltlich werden insbesondere die Anforderungen an die Kostentransparenz sowie die Darstellung der Wertentwicklung von Fonds behandelt. In allen drei Kapiteln des 2. Teils wird nicht nur die bestehende Rechtslage dargestellt. Vielmehr werden darüber hinaus auch Verbesserungsvorschläge entwickelt. Zum Abschluss der Arbeit werden im dritten Teil die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst.

1. Teil

Die Anwendbarkeit der Corporate Governance-Grundsätze auf das Investmentwesen 1. Kapitel

Corporate Governance A. Einleitung Der Begriff Corporate Governance wird in aller Regel im Zusammenhang mit börsennotierten Kapitalgesellschaften verwendet. In Deutschland ist es heute üblich, dass börsennotierte Aktiengesellschaften Anleger auf ihrer UnternehmensWebsite über ihre Corporate Governance-Grundsätze informieren. Auf der Unternehmens-Website der Deutsche Bank AG heißt es beispielsweise, dass das Unternehmen durch seine Corporate Governance eine „verantwortungsbewusste, auf nachhaltige Wertschöpfung ausgerichtete Leitung und Kontrolle“ sicherstellt. 1 Die Siemens AG informiert auf ihrer Website, dass Corporate Governance „die Grundlage der Entscheidungs- und Kontrollprozesse“ des Unternehmens ist. 2 Diese Ausführungen lassen erahnen, dass sich Corporate Governance mit der Leitung und Kontrolle von Unternehmen beschäftigt. Die genaue Bedeutung des Begriffs Corporate Governance erschließt sich hieraus aber noch nicht. Dies hat auch damit zu tun, dass der Begriff, obwohl er erkennbar der englischen Sprache entstammt, ohne Übersetzung in den deutschen Sprachgebrauch übernommen worden ist.

B. Die Bedeutung des Begriffs Corporate Governance Im folgenden Abschnitt soll untersucht werden, was genau der Begriff Corporate Governance beschreibt. Hierfür werden Definitionsansätze präsentiert und das diesem Begriff zugrunde liegende Kernproblem erläutert.

1 2

www.deutsche-bank.de. www.siemens.com.

1. Kap.: Corporate Governance

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I. Definitionsansätze Der Begriff Corporate Governance hat seinen Ursprung in der US-amerikanischen Wirtschaftsterminologie. 3 Er wurde von den beiden Ökonomen Berle und Means in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts entwickelt. 4 Ausgangspunkt war hierbei ihre Untersuchung mit dem Titel „The Modern Corporation and Private Property“ zur Wirkung der Trennung von Eigentum und Verwaltung bei börsennotierten Kapitalgesellschaften. In Europa wurde der Begriff Corporate Governance zunächst vor allem in Großbritannien verwendet. 5 Obwohl dieser Begriff im angelsächsischen Sprachraum schon etwa 70 Jahre existiert, besteht dort bis zum heutige Zeitpunkt keine allgemein anerkannte Definition. 6 Vielmehr wurde eine Vielzahl unterschiedlicher Definitionsansätze entwickelt. Am weitesten verbreitet ist, soweit ersichtlich, folgende Formulierung: „Corporate Governance is the system by which companies are directed and controlled.“ 7

In Deutschland wird der Begriff Corporate Governance erst seit den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts verwendet. 8 Inzwischen wurden aber auch hier einige Definitionsansätze entwickelt, wobei der oben genannte englischsprachige Vorschlag auch in Deutschland häufig verwendet wird. Dementsprechend findet sich häufig folgende Definition: „[Corporate Governance beschreibt] den rechtlichen und faktischen Ordnungsrahmen für eine verantwortungsvolle, auf langfristige Wertschöpfung ausgerichtete Unternehmensleitung und -kontrolle.“ 9

Über die Richtigkeit dieser Definition herrscht allerdings keine Einigkeit. So hat die Bundesregierung bei der Vorstellung des Deutschen Corporate Governance Kodex 2001 den Begriff Corporate Governance folgendermaßen umschrieben: „Übersetzt heißt Corporate Governance Unternehmensleitung. Wenn aber heute von Corporate Governance geredet wird, steht der Begriff für mehr als nur für Führungskräfteaufgaben. Es geht um die rechtliche und tatsächliche Verteilung der Aufgaben zwischen Aufsichtsrat, Vorstand und Eigentümern. Auch international wird der Begriff in diesem Sinne gebraucht. Eine optimale Verteilung der Aufgaben, also eine gute 3 4 5

Assmann, AG 1995, 289; Schneider, DB 2000, 2413; ders., AG 2004, 429. Teichmann, ZGR 2001, 645, 646. Hopt, in: Hommelhoff / Hopt / von Werder, Handbuch Corporate Governance, S. 29,

30. 6

Schneider, DB 2000, 2413; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdnr. 8.43. Cadbury Committee, The Financial Aspects of Corporate Governance, 1992, S. 14; abrufbar unter: www.ecgi.org. 8 Bertrams, S. 23, Schneider, AG 2004, 429. 9 Kollmann, WM 2003, Sonderbeilage 1, 4; Schneider / Strenger, AG 2000, 106; ähnlich von Werder, in: Hommelhoff / Hopt / von Werder, Handbuch Corporate Governance, S. 3, 4; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdnr. 8.44. 7

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen Corporate Governance, sichert den Erfolg eines Unternehmens und schafft Vertrauen in das Unternehmen.“

Schließlich findet sich noch die folgende Begriffsbeschreibung: „[Der Begriff Corporate Governance umfasst] alle Fragen der Leitung und Kontrolle unternehmerischer Tätigkeit in einem marktwirtschaftlichen Umfeld.“ 10

Die vier Definitionsansätze verdeutlichen, dass unterschiedliche Vorstellungen von der Bedeutung des Begriffs Corporate Governance bestehen. Einigkeit herrscht nur insoweit, dass sich Corporate Governance mit den Themen Unternehmensleitung und Unternehmenskontrolle beschäftigt. Die beiden ersten Definitionsansätze beschränken sich im Wesentlichen auf diese grobe Umschreibung. Der dritte Ansatz grenzt den Anwendungsbereich von Corporate Governance deutlich ein. Indem er die Verteilung der Aufgaben zwischen Aufsichtsrat, Vorstand und Eigentümern als begriffswesentlich ansieht, impliziert er, dass Corporate Governance nur für Gesellschaften in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft relevant ist. Der vierte Vorschlag setzt die Grenzen des Corporate GovernanceBegriffs hingegen wesentlich weiter. Nicht das Verhältnis der einzelnen Organe einer Gesellschaft zueinander ist danach entscheidend, sondern das Blickfeld wird vielmehr auf die Außenbeziehungen eines Unternehmens gerichtet. Dementsprechend wird das marktwirtschaftliche Umfeld eines Unternehmens als wesentlich für den Corporate Governance-Begriff angesehen und damit verdeutlicht, dass auch die von außen auf ein Unternehmen einwirkenden Marktteilnehmer insoweit von Bedeutung sind. Insgesamt verdeutlichen die verschiedenen Interpretationsansätze, dass keine allgemein anerkannte Definition des Corporate Governance-Begriffs existieren kann, da ganz unterschiedliche Vorstellungen von seiner inhaltliche Bedeutung bestehen. II. „Shareholder Modell“ und „Stakeholder Modell“ Um zu verstehen, warum so unterschiedliche Vorstellungen von der inhaltlichen Bedeutung des Corporate Governance-Begriffs bestehen, ist es hilfreich, sich seine Entwicklung vor Augen zu führen. Wie bereits erläutert, wurde der Begriff erstmals von den beiden US-amerikanischen Ökonomen Berle und Means verwendet. Sie untersuchten unter der Überschrift Corporate Governance, wie es gelingen könnte, die Leitung eines Unternehmens durch institutionelle Vorkehrungen zu veranlassen, den Interessen der Anteilseigner auf bestmögliche Weise gerecht zu werden. 11 Ausschließlicher Untersuchungsgegenstand war zunächst also das Verhältnis zwischen der Verwaltung einer Gesellschaft und ihren Anteilseignern. 10 11

Grundmann / Mülbert, ZGR 2001, 215. Assmann, AG 1995, 289; Hucke / Ammann, S. 21.

1. Kap.: Corporate Governance

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Dem liegt das angelsächsische Verständnis zugrunde, dass die Leitung einer Kapitalgesellschaft alleine an den Renditeerwartungen der Anteilseigner auszurichten ist. 12 Diese Sichtweise wird als das „Shareholder-Modell“ bezeichnet. 13 Als der Begriff Corporate Governance Jahre später in Kontinentaleuropa bekannt wurde, interpretierte man ihn entsprechend des „Stakeholder-Modells“. 14 Der Begriff „Stakeholder“ kann mit „Interessenträger“ übersetzt werden. Gemeint sind dabei all jene Gruppen, die über ein eigenes langfristiges Interesse an der wirtschaftlichen Entwicklung einer Gesellschaft verfügen. 15 Dies sind beispielsweise die Arbeitnehmer, die mit der Gesellschaft einen Arbeitsvertrag geschlossen haben, Banken, die ihr Kredite gewähren oder Zulieferer, die auf Aufträge der Gesellschaft angewiesen sind. Das Stakeholder-Modell versteht Corporate Governance also nicht alleine als Regelungsrahmen für das Verhältnis zwischen den Verwaltungsorganen und den Anteilseignern einer Gesellschaft, sondern bezieht auch andere Interessenträger und ihr Verhältnis zu der Gesellschaft in seine Betrachtung ein. Dieser erweiterte Blickwinkel basiert auf der Überzeugung, dass das Problem der Kontrolle unternehmerischer Macht über das Verhältnis zwischen Anteilseigner und Verwaltung hinaus geht, da große Gesellschaften als Sammelstellen von Kapital und Arbeit weit reichenden Einfluss auf ihr politisches, wirtschaftliches und soziales Umfeld ausüben. 16 Es ist somit festzuhalten, dass Corporate Governance entsprechend des „Shareholder Modells“ ursprünglich nur das Verhältnis zwischen den Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft und den Verwaltungsorganen vor Augen hatte. Erst später wurde unter diesem Begriff auch das Verhältnis zwischen der Gesellschaft und anderen Interessenträgern untersucht. Im Rahmen dieser Arbeit soll der Corporate Governance-Begriff entsprechend seines theoretischen Ursprungs gemäß dem „Shareholder Modell“ interpretiert und somit in erster Linie als Problemkreis des Rechtsverhältnisses zwischen Kapitalgebern und Kapitalverwaltern verstanden werden. III. Das Fremdverwaltungsproblem Das Grundproblem, mit dem sich Corporate Governance von jeher beschäftigt, ist das sog. „principal-agent-problem“. 17 Dieses Problem wurde bereits im 18. Jahrhundert von Adam Smith auf den Punkt gebracht, indem er ausführte: 12

Assmann, AG 1995, 289. Mößle, S. 40. 14 von Werder, in: Hommelhoff / Hopt / von Werder, Handbuch Corporate Governance, S. 3, 4; Grundmann / Mülbert, ZGR 2001, 215; Raschig, S. 48 f.; Mößle, S. 42 f. 15 Davies, ZGR 2001, 268, 287. 16 Mößle, S. 42. 17 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdnr. 8.44. 13

30

1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen „The directors of such companies, however, being the managers rather of other people’s money than of their own, it cannot well be expected, that they should watch over it with the same anxious vigilance with which the partners in a private copartnery frequently watch over their own ... Negligence and profusion, therefore, must always prevail, more or less, in the management of the affairs of such a company.“ 18

Adam Smith hat die Situation beschrieben, in der eine Person, der Geschäftsherr bzw. Auftraggeber („principal“), einer anderen Person, dem Vertreter bzw. Auftragnehmer („agent“), Kapital zur Verfügung stellt, damit letzterer es unternehmerisch einsetzt, wenn also Eigentum und Verwaltung auseinander fallen. Soweit ersichtlich existiert bisher keine adäquate deutsche Übersetzung für den Begriff „principal-agent-problem“. Entweder wird schlicht der englische Begriff verwendet oder der Terminus wird nahezu wortgetreu als „Prinzipal-AgentenModell“ 19 übersetzt. Keiner der beiden Ansätze ist geeignet, die inhaltliche Bedeutung des Begriffs in deutscher Sprache klarzustellen. Da das „principal-agentproblem“ immer dann auftritt, wenn eine Person fremdes Vermögen verwaltet, erscheint es überzeugend, im Deutschen von dem „Fremdverwaltungsproblem“ zu sprechen. Das Auseinanderfallen von Eigentum und Verwaltung ist für den Eigentümer in zweifacher Hinsicht problematisch. Zum einen stimmen seine Interessen grundsätzlich nicht mit denen des Verwalters überein (mangelnder Interessengleichlauf) 20 und zum anderen sind die für die Verwaltung des Vermögens wesentlichen Informationen zwischen beiden Personen nicht gleichmäßig verteilt (asymmetrische Informationsverteilung). 21 Dem Problem des mangelnden Interessengleichlaufs liegt die Tatsache zugrunde, dass der Eigentümer daran interessiert ist, dass sein Vermögen effizient und ertragreich verwaltet wird. Der Verwalter kann hingegen abweichende Interessen besitzen. Er daran beispielsweise daran interessiert sein, seine Verwaltungsaufgaben mit nur wenig Aufwand zu betreiben und zu wenig Risiko einzugehen, etwa weil sein Vergütungsanspruch unabhängig von dem Erfolg seiner Verwaltungstätigkeit besteht. Andererseits kann er auch geneigt sein, ein zu großes Risiko einzugehen, weil die wirtschaftlichen Folgen eines Verlustes in erster Linie vom Eigentümer zu tragen sind. Schließlich ist denkbar, dass die Interessen des Eigentümers und die des Verwalters nicht nur nicht identisch sind, sondern sich diametral gegenüberstehen, etwa weil der Verwalter von einem Geschäft, das er für den 18 Smith, „An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations“, Book 5, Ch. 1.3.1.2, 5 th ed., London 1789; zitiert nach Hopt, in: Hommelhoff / Hopt / von Werder, Handbuch Corporate Governance, S. 29, 31. 19 Seegebarth, S. 91; Zetzsche, ZBB 2008, 438, 440. 20 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdnr. 8.44. 21 von Werder, in: Hommelhoff / Hopt / von Werder, Handbuch Corporate Governance, S. 3, 6.

1. Kap.: Corporate Governance

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Eigentümer abschließt, selbst profitieren kann. Allgemein ausgedrückt kann das Problem des mangelnden Interessengleichlaufs zwischen dem Eigentümer und dem Verwalter dazu führen, dass der Verwalter bei der Verwaltung des ihm in Obhut gegebenen Vermögens die eigenen Interessen über die des Eigentümers stellt. Das Problem der asymmetrischen Informationsverteilung beschreibt die Situation, in der eine Vertragspartei gegenüber der anderen einen Informationsvorsprung besitzt, den sie dazu nutzen kann, eigene Ziele zu verfolgen, die denen der anderen Vertragspartei zuwiderlaufen. Gibt der Eigentümer sein Eigentum einem Verwalter in dessen Hände, verfügt der Verwalter über einen Informationsvorsprung. Der Verwalter, der die Vermögensverwaltung professionell betreibt, hat zunächst bessere Marktkenntnisse und kann die insoweit bestehenden Chancen und Risiken besser einschätzen. Dem Eigentümer fehlen diese Kenntnisse regelmäßig. Der Mangel an eigenen Marktkenntnissen wird vielmehr einer der Beweggründe dafür gewesen sein, dass er den Verwalter beauftragt hat. Über diesen allgemeinen Kenntnisvorsprung hinaus ist der Verwalter auch besser über den ihm überlassenen Vermögensgegenstand und seine Entwicklung informiert. Er erkennt etwaige Fehler seiner Verwaltungstätigkeit, während sie dem Eigentümer verborgen bleiben. Hierdurch entsteht die Gefahr, dass der Verwalter diesen Informationsvorsprung auf Kosten des Eigentümers ausnutzt, indem er etwa sich bietende Chancen selbst wahrnimmt oder eigene Fehler nicht offen legt. Grundsätzlich besteht das Fremdverwaltungsproblem in all jenen Fällen, in denen eine Person mit Wirkung für eine andere handelt. Dies zeigt sich bereits im Recht der Stellvertretung anhand des grundsätzlichen Verbots des Insichgeschäfts nach § 181 BGB. Durch diese Vorschrift soll der Gefahr entgegengewirkt werden, dass der Vertreter seine Vollmacht dahingehend ausnutzt, dass er, wenn er für den Vollmachtgeber mit sich selbst einen Vertrag schließt, den eigenen Interessen gegenüber den Interessen des Vollmachtgebers einen Vorrang einräumt. 22 Im Rahmen der rechtsgeschäftlichen Stellvertretung wird die Gefahr, die sich aus dem Fremdverwaltungsproblem ergibt, durch § 164 Abs. 1 S. 1 BGB gemindert. Der Stellvertreter kann den Vollmachtgeber nur im Rahmen der ihm erteilten Vollmacht verpflichten. So hat es der Vollmachtgeber in der Hand, dem Stellvertreter mittels einer inhaltlich begrenzten Vollmacht genaue Weisungen zu geben, inwieweit dieser Rechtsgeschäfte für ihn abschließen darf. Handelt der Vertreter nicht im Rahmen der Grenzen dieser Vollmacht, wird der Vollmachtgeber durch das vom Vertreter geschlossene Rechtsgeschäft grundsätzlich nicht verpflichtet. 23 Die Vorschriften des Stellvertretungsrechts verdeutlichen, dass die Bedeutung des Fremdverwaltungsproblems davon abhängt, in welchem Umfang der Verwal22 23

Schramm, in: MüKoBGB, § 181 Rdnr. 2. Eine Ausnahme gilt für die Fälle der Anscheins- bzw. Duldungsvollmacht.

32

1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

ter den Weisungen des Eigentümers unterworfen ist. Je enger der Verwalter an die Weisungen des Eigentümers gebunden ist, desto geringer ist die Gefahr, dass der Verwalter seine Verwaltungsbefugnisse zum Nachteil des Eigentümers ausüben kann. Ebenso bedeutsam sind in diesem Zusammenhang die Informations- und Kontrollbefugnisse des Eigentümers. Je besser der Eigentümer über die Tätigkeit des Verwalters informiert ist und je umfassender der Verwalter den Kontrollbefugnissen des Eigentümers unterliegt, desto geringer ist die Gefahr, dass der Verwalter zu Ungunsten des Eigentümers handelt. IV. Die Verstärkung des Fremdverwaltungsproblems durch das Phänomen der „rationalen Apathie“ Bisher wurde das Fremdverwaltungsproblem nur anhand des Verhältnisses zwischen einem Eigentümer und einem Verwalter dargestellt. Das Fremdverwaltungsproblem verstärkt sich aber noch, wenn mehrere Eigentümer ihr Eigentum durch eine Person verwalten lassen. In einer derartigen Konstellation besitzt grundsätzlich jeder Eigentümer die gleichen Weisungsbefugnisse. Da aber verhindert werden muss, dass der Verwalter von verschiedenen Eigentümern sich widersprechende Weisungen erhält, müssen die Eigentümer über die Erteilung von Weisungen abstimmen. Der einzelne Eigentümer kann also nur dann erreichen, dass dem Verwalter eine bestimmte Weisung erteilt wird, wenn die Mehrheit der Eigentümer für die Erteilung eben dieser Weisung stimmt. Die Weisungsbefugnis des Eigentümers wird mithin in ein Stimmrecht umgewandelt, dessen Wirkung davon abhängt, wie die Mehrheit der Eigentümer ihre Stimmrechte ausüben. Dabei gilt, dass die tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeiten des einzelnen Eigentümers geringer werden, je größer die Zahl der weisungsbefugten Eigentümer ist. Dieser Umstand sowie der mit der Wahrnehmung des Stimmrechts verbundene Aufwand führen ab einem gewissen Punkt dazu, dass wenig Anreiz für den einzelnen Eigentümer besteht, seine Einwirkungsmöglichkeiten tatsächlich wahrzunehmen. Er verzichtet also auf eine eigene Kontrolle des Verwalters und verlässt sich darauf, dass die anderen Eigentümer ihre Kontrollrechte in seinem Sinne ausüben. Dieses Phänomen beschreibt man als „rationale Apathie“. 24 Da dieser Motivationsverlust aber grundsätzlich für alle Eigentümer gilt, führt das Phänomen der „rationalen Apathie“ dazu, dass die Intensität der Kontrolle des Verwalters insgesamt sinkt und das Fremdverwaltungsproblem somit zunimmt.

24

Zur breiten Streuung des Aktienbesitzes als Ausgangspunkt der US-amerikanischen Corporate-Governance-Diskussion, siehe Teichmann, ZGR 2001, 645, 651 ff.

1. Kap.: Corporate Governance

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V. Zwischenergebnis Als Zwischenergebnis kann festgestellt werden, dass keine allgemeingültige Definition des Corporate Governance-Begriffs existiert. Im Kern beschäftigt sich Corporate Governance mit dem Fremdverwaltungsproblem. Das Fremdverwaltungsproblem tritt auf, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind. Erstens müssen Eigentum und Verwaltung auseinander fallen. Zweitens müssen dem Verwalter bei seiner Tätigkeit große Freiräume zukommen. Wenn mehrere Eigentümer ihr Kapital von einer Person verwalten lassen, verstärkt sich das Fremdverwaltungsproblem, da den einzelnen Eigentümern nur eingeschränkte Einflussmöglichkeiten zustehen und sie deshalb nicht motiviert sind, ihre Kontroll- und Weisungsbefugnisse auszuüben.

C. Börsennotierte Kapitalgesellschaften als Hauptanwendungsgebiet von Corporate Governance-Regeln Der Begriff Corporate Governance findet, wie bereits dargestellt, seinen Ursprung in Untersuchungen zur Wirkung der Trennung von Eigentum und Verwaltung bei börsennotierten Kapitalgesellschaften. Untersuchungsgegenstand war also zunächst ausschließlich das Verhältnis zwischen den Verwaltungsorganen börsennotierter Kapitalgesellschaften und ihren Anteilseignern. Grund hierfür ist, dass bei börsennotierten Kapitalgesellschaften, in Deutschland also Aktiengesellschaften, das Fremdverwaltungsproblem besonders ausgeprägt ist. Bei Aktiengesellschaften fallen Eigentum und Verwaltung in aller Regel auseinander. Nach dem Grundsatz der Fremdorganschaft 25 müssen die Mitglieder des Vorstands einer Aktiengesellschaft nicht dem Aktionärskreis entstammen. Bei börsennotierten Aktiengesellschaften sind die Mitglieder des Vorstands in aller Regel nur in geringem Umfang an der Gesellschaft beteiligt. Der ganz überwiegende Teil der Aktionäre ist bei börsennotierten AGs also nicht im Vorstand vertreten. Der Vorstand einer Aktiengesellschaft besitzt weiterhin auch weit reichende Verwaltungsbefugnisse. Anders als bei der GmbH, bei der die Geschäftsführung durch die Weisungen der Gesellschafter gebunden wird, ist der Vorstand grundsätzlich nicht den Weisungen der Hauptversammlung unterworfen. 26 Er hat die Gesellschaft gem. § 76 Abs. 1 AktG unter eigener Verantwortung zu leiten. Eine Ausnahme von der eigenverantwortlichen Leitung der Gesellschaft durch den Vorstand besteht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lediglich hinsichtlich der sog. Grundlagengeschäfte. 27

25 26

Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 14 II 2. Hüffer, AktG, § 76 Rdnr. 10.

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

Aktionäre besitzen gegenüber dem Vorstand ferner auch keine eigenen Kontrollrechte. Für die Kontrolle des Vorstands ist vielmehr gem. § 111 Abs. 1 AktG der Aufsichtsrat zuständig. Da die Mitglieder des Aufsichtsrats gem. § 101 Abs. 1 S. 1 AktG grundsätzlich von der Hauptversammlung gewählt werden, können die Aktionäre den Vorstand folglich nur mittelbar kontrollieren. Die Vertretung der Anteileignerinteressen durch den Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft ist auch nicht frei von Schwächen. Beispielsweise beträgt die Maximaldauer der Amtszeit eines Aufsichtsratsmitgliedes gem. § 102 Abs. 1 AktG fünf Jahre. Da sich die Aktionärsstruktur einer Gesellschaft innerhalb eines so langen Zeitraums mehrfach ändern kann, ist nicht gewährleistet, dass die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder auch tatsächlich die Interessen der aktuellen Anteilseigner berücksichtigen. Außerdem muss der Aufsichtsrat einer börsennotierten AG nach § 110 Abs. 3 AktG nicht mehr als zwei Sitzungen im Kalenderhalbjahr abhalten. Hierdurch besteht die Gefahr, dass die Aufsichtsratsmitglieder nur einen beschränkten Einblick in das Tagesgeschäft der Gesellschaft erhalten und die Qualität der Kontrolle des Gremiums hierunter erheblich leidet. Das Problem der rationalen Apathie besitzt bei börsennotierten Aktiengesellschaften eine besonders große Bedeutung. In der Praxis sind nicht selten mehrere tausend Aktionäre an einer AG beteiligt. Große börsennotierte AGs haben regelmäßig mehrere Millionen Aktien emittiert, die Daimler AG beispielsweise über 1.000.000.000. 28 Da die Stimmrechte auf der Hauptversammlung abhängig von der Anzahl der eigenen stimmrechtsberechtigten Aktien sind, besitzt der einzelne Aktionär einer solchen Gesellschaft regelmäßig keine tatsächliche Möglichkeit, seine Stimmrechte auf der Hauptversammlung so einzusetzen, dass er Abstimmungen entsprechend seiner Interessen beeinflussen kann.

D. Die Ausweitung des Anwendungsbereichs des Corporate Governance-Begriffs Heute ist die Corporate Governance-Diskussion nicht mehr auf börsennotierte Kapitalgesellschaften fokussiert. Da sich Corporate Governance im Kern mit dem Fremdverwaltungsproblem beschäftigt, wird der Begriff mittlerweile auf sämtliche Rechtsverhältnisse angewendet, bei denen die mit der Verwaltung betrauten Personen nicht identisch mit den Eigentümern des verwalteten Vermögens sind.

27 BGHZ 83, 122 ff. (sog. „Holzmüller-Entscheidung“), wobei der BGH in der sog. „Gelantine-Entscheidung“ (BGHZ 159, 30 ff.) festgestellt hat, dass die Mitwirkungsbefugnisse der Hauptversammlung bei Geschäftsführungsmaßnahmen des Vorstands nur ausnahmsweise und in engen Grenzen bestehen. 28 Die Daten können auf der Internetseite der Deutsche Börse AG unter www.deutsche -boerse.com abgerufen werden.

1. Kap.: Corporate Governance

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Dementsprechend wurde das Thema Corporate Governance in der Vergangenheit auch auf andere Gesellschaftsformen wie GmbHs, KGs und OHGs übertragen. 29 Auch hier kann das Fremdverwaltungsproblem Bedeutung erlangen. Zwar sind KGs und OHGs Personengesellschaften, bei denen der Grundsatz der Selbstorganschaft gilt und somit Eigentum und Verwaltung rein rechtlich nicht auseinander fallen. Die Gefahr, dass die Verwaltung einer Gesellschaft nicht im Interesse der Anteilseigner handelt, besteht allerdings nicht nur in den Fällen, in denen die mit der Geschäftsleitung betrauten Personen Nicht-Gesellschafter sind, sondern auch dann wenn nur ein kleiner Teil der Gesellschafter in die Geschäftsleitung involviert ist. 30 Dies gilt etwa für geschlossene Fonds, die in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG gegründet werden. Der Fondsinitiator, eine GmbH, agiert hier als geschäftsführende Komplementärin, während von Anlegern lediglich die Kommanditeinlagen erbracht werden. Als Kommanditisten stehen ihnen keine Verwaltungsbefugnisse und nur eingeschränkte Kontrollrechte zu. Außerdem ist die Zahl der Anleger in derartigen Strukturen oft sehr groß, weshalb die Kommanditisten entsprechend dem Grundsatz der rationalen Apathie nur wenig Kontrolle ausüben. Die Stellung der Kommanditisten unterscheidet sich folglich nicht wesentlich von der des Aktionärs einer Publikumsaktiengesellschaft. 31 Mittlerweile wird Corporate Governance nicht mehr nur noch als Problemkreis von privatrechtlichen Gesellschaften verstanden, sondern darüber hinaus auch auf öffentliche Institutionen übertragen. So hat beispielsweise die OECD Corporate Governance-Grundsätze für Staatsunternehmen entwickelt. 32 In Deutschland wird zudem die Notwendigkeit eines Corporate Governance-Kodex für öffentliche Banken diskutiert. 33

E. Die Gestaltungskonzepte der Corporate Governance-Regelungen Steht nun fest, dass Corporate Governance einen Themenkreis beschreibt, der sich damit beschäftigt, wie gewährleistet werden kann, dass die Geschäftsführung einer Gesellschaft diese im Interesse der Anteilseigner leitet, ist im Folgenden zu klären, wie Corporate Governance-Regeln dies zu erreichen versuchen.

29 Raschig, S. 52; von Werder, in: Hommelhoff / Hopt / von Werder, Handbuch Corporate Governance, S. 3, 5. 30 Raschig, S. 52. 31 Raschig, S. 51. 32 OECD Guidelines in Corporate Governance of state-owned enterprises, 2005; abrufbar unter: www.oecd.org; siehe hierzu: Schneider, AG 2005, 493 ff. 33 Kirschbaum, BKR 2006, 139 ff.; für die Corporate Governance von Sparkassen, siehe Helke / Vogel, ZfgKW 2008, 650 ff.

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

I. Theoretischer Regelungsansatz Theoretisch könnte man zwei vollkommen verschiedene Wege beschreiten, um eine Geschäftsführung von Gesellschaften im Interesse der Eigentümer zu erreichen. Zunächst ist es denkbar, sich auf die Kräfte des freien Marktes zu konzentrieren. Dieser Ansatz beruht auf der Grundidee, dass eine Gesellschaft, die von der Geschäftsführung nicht im Interesse der Anteilseigner geführt wird, an Wert verliert, weil die Anteilseigner mit ihrer Anlage unzufrieden sind und ihre Anteilsscheine daher veräußern. Durch den sinkenden Kurs der Anteilsscheine können neue, strategische Investoren die Gesellschaft erwerben und die alte Geschäftsführung durch eine neue ersetzen, die die Gesellschaft dann im Interesse der Gesellschafter führt. 34 Das Problem, dass Gesellschaften nicht im Interesse der Anteilseigner geleitet werden, würde mithin alleine durch die Möglichkeit von Unternehmensübernahmen gelöst. Corporate Governance-Regeln, die sich an diesem Konzept orientieren, würden daran ansetzen, den Erwerb von Gesellschaften zu vereinfachen. Als Alternative bietet es sich an, unmittelbar an dem Rechtsverhältnis zwischen den Anteilseignern und den Geschäftsführungsorganen anzusetzen und hier die Informations-, Überwachungs- und Entscheidungsrechte derart zu regeln, dass einerseits der Geschäftsführung ein Anreiz dafür gegeben wird, im Interesse der Anteilseigner zu handeln und andererseits den Anteilseignern wirksame Kontrollrechte zur Verfügung stehen. Der erste Ansatz hat den Nachteil, dass er ausschließlich auf börsennotierte Aktiengesellschaften anwendbar ist. Nur hier besteht ein Markt für Anteilsscheine, der es den Gesellschaftern ermöglicht, sich schnell und kostengünstig von ihren Anteilen zu trennen. Finden die Gesellschafter hingegen keinen Käufer, müssen sie nach dem ersten Ansatz die gegen ihre Interessen erfolgende Geschäftsführung und den hieraus resultierenden Wertverlust ihrer Anteilsscheine dulden. Ohne einen solchen Markt ist es strategischen Investoren auch nur schwer möglich, eine derartige Gesellschaft zu erwerben. Zum anderen knüpft dieser Ansatz nicht unmittelbar an dem eigentlichen Problem an. Anstatt eine Verwaltung zu vermeiden, die nicht den Interessen der Anteilseigner entspricht, lässt er das eigentliche Problem unberührt. Dies birgt die Gefahr, dass Ineffizienzen des Marktes sich zu Lasten der Anteilseigner auswirken. Der zweite Regulierungsansatz ist hingegen auf alle Gesellschaftsformen anwendbar. Dies ist vorteilhaft, da das dem Thema Corporate Governance zugrunde liegende Fremdverwaltungsproblem, wie bereits festgestellt, nicht nur bei börsennotierten Aktiengesellschaften besteht. Zudem setzt er unmittelbar am Ursprung 34

von Werder, in: Hommelhoff / Hopt / von Werder, Handbuch Corporate Governance, S. 3, 12 f.

1. Kap.: Corporate Governance

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des Problems, der Fremdverwaltung und ihrer Kontrolle, an. Die gängigen Corporate Governance-Regeln wählen daher diesen Regelungsansatz und knüpfen direkt an dem Rechtsverhältnis zwischen Anteilseignern und Geschäftsführung an. II. Materieller Regelungsgehalt Corporate Governance-Regeln zielen darauf ab sicherzustellen, dass die mit der Leitung der Geschäfte einer Gesellschaft beauftragten Personen im Interesse der Anteilseigner handeln. 35 Die Mitglieder des Geschäftsführungsorgans werden insbesondere angehalten, nicht eigene Ziele zu verfolgen, sondern die Unternehmensleitung im Interesse der langfristigen Steigerung des Unternehmenswerts wahrzunehmen. 36 Dies soll dadurch erreicht werden, dass ihr Spielraum und ihre Motivation für opportunistisches Verhalten eingeschränkt werden. 37 Corporate Governance-Regeln weichen zwangsläufig je nach Rechtsform einer Gesellschaft voneinander ab. Gewisse Grundprinzipien gelten aber unabhängig von der jeweiligen Rechtsform. Der Spielraum der Mitglieder von Geschäftsführungsorganen für eigennütziges Verhalten wird zunächst dadurch begrenzt, dass ihre Verfügungsbefugnisse nicht unbegrenzt bestehen, sondern zwischen den einzelnen Gesellschaftsorganen eine ausgewogene Machtbalance geschaffen wird. 38 Es werden folglich gemäß dem Grundsatz der Gewaltenteilung „checks and balances“ errichtet, die das Handeln eines Organs der Kontrolle eines anderen unterstellt. 39 Bei Aktiengesellschaften ist der Grundsatz der Gewaltenteilung beispielsweise insoweit implementiert, als dem Vorstand die Geschäftsführung obliegt, seine Tätigkeit aber durch den Aufsichtsrat überwacht wird, der in einigen Fällen auch selbst Entscheidungen trifft oder mitentscheidet und die Hauptversammlung über Strukturfragen der Gesellschaft beschließt. 40 Die Informationsasymmetrien, die gerade in großen Kapitalgesellschaften den Mitgliedern des Geschäftsführungsorgans Spielraum für opportunistisches Verhalten geben, können dadurch abgebaut werden, dass Regeln für eine transparente Geschäftsführung installiert werden. 41 Transparenz erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass opportunistisches Verhalten von den Anteilseignern erkannt und sanktioniert 35 Garrido / Rojo, in: Hopt / Wymeersch, Capital Markets and Company Law, 2003, S. 427, 428; Teichmann, ZGR 2001, 645, 646. 36 Schneider, DB 2000, 2413. 37 von Werder, in: Hommelhoff / Hopt / von Werder, Handbuch Corporate Governance, S. 3, 11. 38 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdnr. 8.46. 39 von Werder, in: Hommelhoff / Hopt / von Werder, Handbuch Corporate Governance, S. 3, 14. 40 Semler / Spindler, in: MüKoAktG, Vor § 76 Rdnr. 52.

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

wird und die Mitglieder des Geschäftsführungsorgans von einem derartigen Verhalten absehen. Bei Aktiengesellschaften wird Transparenz bei der Geschäftsleitung beispielsweise dadurch erreicht, dass der Vorstand zur Berichterstattung gegenüber dem Aufsichtsrat und der Hauptversammlung verpflichtet wird. Die Motivation der Mitglieder von Geschäftsführungsorganen zu opportunistischem Verhalten liegt regelmäßig darin begründet, dass sie in Einzelfällen gegenüber der Gesellschaft bzw. den Gesellschaftern konträre Interessen verfolgen. 42 Corporate Governance-Regeln versuchen deshalb die Entstehung von Interessenkonflikten zu verhindern oder sie im angemessenen Interesse der beteiligten Parteien zu lösen. Der Vermeidung von Interessenkonflikten dienen etwa ein umfassendes Wettbewerbsverbot für Vorstandsmitglieder oder ein Verbot für Vorstandsmitglieder und Mitarbeiter, im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit Zuwendungen oder sonstige Zuwendungen von Dritten anzunehmen. 43 Dem sachgerechten Umgang mit bestehenden Interessenkonflikten dienen etwa die Pflicht zur Offenlegung entsprechender Konflikte oder die Pflicht zur Einholung einer Zustimmung zu Geschäften, bei denen Interessenkonflikte bestehen. Inhaltlich setzen Corporate Governance-Regelungen mithin im Wesentlichen auf die folgenden drei Gestaltungskonzepte: Gewaltenteilung, Transparenz und Vermeidung bzw. Behandlung von Interessenkonflikten. 44

F. Rechtsquellen der Corporate Governance I. Gesetzliche Vorgaben Die wichtigsten Corporate Governance-Regelungen sind in Deutschland gesetzlich geregelt. So ist das Verhältnis zwischen Gesellschaftern und Verwaltungsorganen im BGB, HGB, GmbHG und AktG geregelt. Diese Vorschriften sind nicht immer zwingend. Die Gesellschafter einer GbR, OHG, KG oder GmbH haben einen gewissen Spielraum bei der Gestaltung der Gesellschaftsverträge und können somit auch die Binnenorganisation der Gesellschaft vorbehaltlich gewisser Grenzen nach ihren Vorstellungen gestalten. 45 Im Gegensatz hierzu sind 41

von Werder, in: Hommelhoff / Hopt / von Werder, Handbuch Corporate Governance, S. 3, 14; Balodis, ZfgKW 2004, 402. 42 von Werder, in: Hommelhoff / Hopt / von Werder, Handbuch Corporate Governance, S. 3, 14 f. 43 Vgl. § 88 AktG Ziffer 4.3.1 und 4.3.2 des Deutschen Corporate Governance Kodex. 44 von Werder, in: Hommelhoff / Hopt / von Werder, Handbuch Corporate Governance, S. 3, 14, der als weiteres Gestaltungskonzept die Motivation der Verwaltungsorgane zu wertorientiertem Verhalten aufführt. Allerdings ist dieser Gesichtspunkt besser als ein Unterfall des Grundsatzes der Vermeidung von Interessenkonflikten einzuordnen und wird daher im Rahmen dieser Arbeit nicht als selbständiges Gestaltungskonzept behandelt.

1. Kap.: Corporate Governance

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die gesetzlichen Vorschriften zur Unternehmensverfassung der Aktiengesellschaft gem. § 23 Abs. 5 AktG zwingend. Eine von den Vorschriften des AktG abweichende Regelung in der Satzung einer Aktiengesellschaft ist nur dann zulässig, wenn eine Abweichung im Gesetz ausdrücklich zugelassen ist. II. Wohlverhaltensregeln Neben Gesetzen sind heute vor allem Wohlverhaltensregeln eine wesentliche Rechtsquelle der Corporate Governance. Wohlverhaltensregeln, auch „Codes of Best Practice“ oder „Codes of Conduct“ 46 genannt, sind nichthoheitliche Regelwerke, denen die Verbindlichkeit von Gesetzen fehlt. Ausgangspunkt des Trends zum Entwurf derartiger Wohlverhaltensregeln waren angelsächsische institutionelle Anleger. 47 Diese reagierten mit den von ihnen entworfenen Regelwerken auf die Uneinheitlichkeit der Organisation von Gesellschaften in den USA, die aus zwei Umständen resultiert. Zum einen ist das Gesellschaftsrecht in den Vereinigten Staaten auf der Ebene der einzelnen Bundesstaaten geregelt. Es gibt also kein einheitliches Bundes-Gesellschaftsrecht. Zum anderen sind die existierenden Vorschriften weitestgehend dispositiv, die Gesellschafter sind also grundsätzlich frei in der Gestaltung der Binnenorganisation der Gesellschaft. Vor diesem Hintergrund entwerfen große institutionelle Anleger seit längerem Wohlverhaltensregeln, in denen sie die nach ihrer Auffassung entscheidenden Kriterien für eine ordnungsgemäße Unternehmensführung im Interesse der Aktionäre darlegen. Von der Befolgung dieser Kriterien machen sie dann eine Investition in die Wertpapiere eines Emittenten abhängig. Besonders publikumswirksam agiert hierbei der Pensionsfonds für die öffentlichen Angestellten des Bundesstaates Kalifornien, CalPERS. CalPERS hat eine Vielzahl von Regelwerken für ganz unterschiedliche Facetten der Unternehmensführung aufgestellt. 48 Mangels hoheitlicher Befugnisse besitzen die von institutionellen Anlegern aufgestellten Regelwerke keine Verbindlichkeit für die Emittenten. Die Bedeutung der von ihnen aufgestellten Richtlinien begründet sich aber in der Wichtigkeit institutioneller Anleger als Kapitalgeber. Verkauft ein institutioneller Anleger seine Anteile an einer Gesellschaft, weil diese die von dem Anleger aufgestellten Verhaltensrichtlinien nicht einhält, schafft dies erheblichen Druck auf den Kurs der Aktien. 49 Hinzu kommt, dass institutionelle Anleger ihre Kritik an der Corporate 45 Für die Personengesellschaften: Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 5 III 1 a); für die GmbH: Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 34 II 2 g). 46 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdnr. 8.43; Hopt, in: Hommelhoff / Hopt / von Werder, Handbuch Corporate Governance, S. 29, 32 ff. 47 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdnr. 8.44. 48 Eine Auflistung sämtlicher von CalPERS aufgestellter „Corporate Governance Principles“ ist unter www.calpers-governance.org abrufbar.

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

Governance eines Emittenten oftmals medienwirksam vortragen, was andere Anleger beeinflusst und somit zusätzliche negative Auswirkungen für den Emittenten haben kann. Durch diese Umstände erhalten Wohlverhaltensregeln eine faktische Verbindlichkeit für ihre Adressaten. Seit Anfang der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts ist die Zahl derartiger Regelwerke stark gestiegen, wobei sie nicht mehr ausschließlich von institutionellen Anlegern entworfen werden. Ihre Autoren sowie die mit ihnen verfolgten Zwecke waren dabei höchst unterschiedlich. In Großbritannien machten verschiedene Kommissionen, die von der Börse London oder von Verbänden eingesetzt wurden, den Beginn. Bezweckt wurde hierbei die Behebung von Fehlentwicklungen des Gesellschaftsrechts, die sich aus der weitgehenden Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter und dem unzureichenden Einschreiten der Aufsichtsbehörden ergaben. 50 Im Mai 1999 veröffentlichte die „Organisation for Economic Co-operation and Development“ („OECD“) die „OECD Principles of Corporate Governance“. 51 Diese enthalten rechtspolitische Forderungen in der Form von Mindeststandards für die rechtliche, institutionelle und ordnungspolitische Unternehmensverfassung in ökonomisch aufstrebenden Ländern. 52 Sie richten sich in erster Linie an börsennotierte Gesellschaften. Mit der Jahrtausendwende erreichten die Wohlverhaltensregeln auch Deutschland. Dies erscheint auf den ersten Blick überraschend, da die Grundvoraussetzungen, wegen denen sie in den USA zunächst aufgestellt wurden, hierzulande nicht vorliegen. Das Gesellschaftsrecht ist bundeseinheitlich geregelt. Zudem sind die Vorschriften für Aktiengesellschaften gem. § 23 Abs. 5 AktG weitestgehend zwingend. Die Motivation für die Erstellung derartiger Regelwerke lag in Deutschland daher auch nicht in der erstmaligen Aufstellung allgemeinverbindlicher Vorschriften. Vielmehr sollten ähnlich wie in Großbritannien vor dem Hintergrund von Fehlentwicklungen in der Praxis Standards für eine gute Unternehmensführung festgelegt werden, die über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehen. Außerdem diente die Aufstellung von Wohlverhaltensregeln in Deutschland der Befriedigung des Informationsbedürfnisses internationaler Investoren. Internationale institutionelle Anleger bewerten ein Unternehmen nicht nur nach den Regeln der Aktienanalyse, sondern berücksichtigen auch seine Corporate Governance. 53 Da insbesondere angelsächsische Anleger aber ein anderes Verständnis von Gesellschaftsrecht besitzen, etwa weil sie gesetzliche Vorschriften für dispositiv 49

Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdnr. 8.54. Schneider, DB 2000, 2413, 2415. 51 Abrufbar unter: www.oecd.org; zur Neufassung der Principles in 2004, siehe Schneider, AG, 429 ff. 52 Kollmann, WM 2003, Sonderbeilage 1, S. 4; Seibert, AG 1999, 337, 338. 53 Schneider, DB 2000, 2413, 2414 f.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdnr. 8.50. 50

1. Kap.: Corporate Governance

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erachten und Probleme mit dem hohen Abstraktionsgrad des Aktienrechts haben, war es in der Vergangenheit zu Missverständnissen über die Führung und Kontrolle deutscher Unternehmen gekommen. 54 Diesen Missverständnissen Abhilfe zu schaffen und somit das Vertrauen der internationalen Anlegerschaft in den deutschen Kapitalmarkt und die deutschen Emittenten zu stärken, war Motivation für die Erstellung von Wohlverhaltensregeln. Diese stellen die wesentlichen Gesetzesvorschriften dar und konkretisieren sowie ergänzen die vielen unbestimmten Rechtsbegriffe des AktG. 55 Relativ wenig ausgebildet ist diese Kapitalmarktorientierung noch bei dem im Jahre 2000 vorgestellten German Code of Corporate Governance (GCCG) des „Berliner Initiativkreis German Code of Corporate Governance“. 56 Der Initiativkreis ist eine private Vereinigung und setzt sich aus einer Vielzahl an Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft zusammen. Der GCCG richtet sich zwar auch primär an große, börsennotierte Publikumsaktiengesellschaften; Hauptzweck dieses Regelwerkes ist aber laut seiner Präambel allgemein die Förderung der Qualität der Unternehmensführung. Deutlicher wird die Orientierung an den Bedürfnissen des Kapitalmarktes hingegen bei den Corporate Governance-Grundsätzen der „Grundsatzkommission Corporate Governance“. 57 Diese Kommission setzt sich ebenfalls aus hochrangigen Vertretern der Wirtschaft und der Wissenschaft zusammen. Ausgangspunkt dieser Grundsätze waren vor allem die Entwicklungen der internationalen Finanzmärkte und der Bedarf deutscher Emittenten, sich diesen Entwicklungen anzupassen. 58 Im Mai 2000 sah dann auch die Bundesregierung Handlungsbedarf auf dem Gebiet der Corporate Governance und setzte zunächst die Regierungskommission „Corporate Governance – Unternehmensführung – Unternehmenskontrolle“ ein. Diese gab im Sommer 2001 unter anderem die Empfehlung, einen Corporate-Governance-Kodex für börsennotierte Gesellschaften zu erstellen. Hierfür wurde von der Bundesregierung im September 2001 eine weitere Kommission mit dem Titel „Regierungskommission deutscher Corporate-Governance-Kodex“ eingesetzt, die im Februar 2002 den „Deutschen Corporate-Governance-Kodex“ („DCGK“) für börsennotierte Gesellschaften vorgestellt hat. Auch mit diesem Kodex wurde bezweckt, die internationalen Anleger in komprimierter Form über die in Deutschland geltenden Regeln zu informieren und zugleich ihr Vertrauen (sowie das der Kunden, Mitarbeiter und der Öffentlichkeit) in die Leitung und Überwachung deutscher börsennotierter Aktiengesellschaften 54 55 56 57 58

Schneider, DB 2000, 2413, 2415. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdnr. 8.49. Abgedruckt in DB 2000, 1573 ff. Abgedruckt in AG 2000, 109 ff. Schneider, DB 2000, 2413, 2414.

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

zu fördern. 59 Der DCGK richtet sich daher auch in erster Linie an börsennotierte Aktiengesellschaften. 60 Er enthält neben zwingenden Vorgaben, die im Wesentlichen die Gesetzeslage wiedergeben, auch Empfehlungen in Form von „Soll-Vorschriften“ und „Sollte-Vorschriften“. Die Befolgung der Soll-Vorschriften ist für die Gesellschaften nicht zwingend. Sie können von ihnen abweichen, müssen die Abweichung aber jährlich offen legen. Mit diesem Verfahren soll unternehmensund branchenspezifischen Besonderheiten Rechnung getragen und die Flexibilität der Anwendung für die Adressaten erhöht werden. 61 Vorstand und Aufsichtsrat einer Gesellschaft sollen nach Ziffer 3.10 des DCGK im Rahmen ihres jährlichen Corporate-Governance-Berichts Abweichungen von Empfehlungen des Kodex erläutern. Die Gesellschaften nutzen derartige Erläuterungen, um den Anlegern darzulegen, aus welchem Grund sie eine bestimmte Empfehlung nicht befolgen. Sie wollen Anleger auf diese Weise davon überzeugen, dass sie eine „gute“ Corporate Governance pflegen, auch wenn sie nicht alle Vorschriften einhalten. 62 Die Möglichkeit, einzelne Empfehlungen nicht zu befolgen und die Gründe hierfür offen zu legen, wird allgemein als „comply-or-explain“-Verfahren bezeichnet. 63 Von den Sollte-Vorschriften können Gesellschaften schließlich abweichen, ohne dies offen legen zu müssen. Der DCGK ist seiner Rechtsnatur nach weder ein formelles noch ein materielles Gesetz. 64 Soweit er sich auf die Wiedergabe von Gesetzesvorschriften beschränkt, handelt es sich um bloße Information. 65 Vertraglich haben sich die Adressaten ebenfalls nicht zur Befolgung der einzelnen Vorschriften verpflichtet. 66 Schließlich scheidet mangels einer langjährigen Übung auch eine Qualifikation als Handelsbrauch nach § 346 HGB aus. 67 Der Gesetzgeber hat dem Kodex aber insoweit zu einer gewissen Verbindlichkeit verholfen, als Vorstand und Aufsichtsrat einer börsennotierten AG gem. § 161 S. 1 AktG dazu verpflichtet sind, jährlich zu erklären, ob den Empfehlungen des Kodex entsprochen wurde und welche Empfehlungen nicht angewendet wurden oder werden.

59 Präambel des DCGK, abrufbar unter: www.corporate-governance-code.de; siehe zur Orientierung von Corporate Governance-Richtlinien an den Interessen der internationalen Anleger auch: Schneider, DB 2000, 2413 ff.; Schneider / Strenger, AG 2000, 106, 109; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdnr. 8.50. 60 Präambel des DCGK. 61 Präambel des DCGK. 62 Peltzer, Rdnr. 28. 63 Frei übersetzt etwa: „Befolgen oder erklären“. 64 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdnr. 8.49; Ulmer, ZHR 166 (2002), 150, 151 f. 65 Lutter, Jura 2002, 83, 86. 66 Kollmann, WM 2003, Sonderbeilage 1, S. 5. 67 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdnr. 8.78.

2. Kap.: Das Investmentrecht

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G. Zusammenfassung Corporate Governance ist kein exakt definierbarer Rechtsbegriff, sondern ein aus dem angelsächsischen Sprach- und Rechtsraum stammender Problemkreis. Er behandelt im Kern das Fremdverwaltungsproblem, also die Gefahr, dass eine Person, die mit der Verwaltung fremden Eigentums beauftragt ist, ihr Verhalten nicht primär an den Interessen des Eigentümers ausrichtet. Das Fremdverwaltungsproblem erlangt besondere Bedeutung, wenn die Befugnisse des Verwalters weit, die Informations-, Weisungs- und Kontrollrechte der Eigentümer hingegen schwach ausgestaltet sind. Zusätzlich verschärft sich das Problem, wenn die Zahl der Eigentümer, die sich eines Verwalters bedienen, besonders groß ist. Untersuchungsgegenstand der Corporate Governance waren ursprünglich ausschließlich börsennotierte Kapitalgesellschaften, in Deutschland also Aktiengesellschaften. Auch heute stehen sie noch im Zentrum der Corporate GovernanceDiskussion. Da sich Corporate Governance aber im Kern mit dem Fremdverwaltungsproblem befasst, besitzt dieser Problemkreis überall dort Bedeutung, wo Eigentum und Verwaltung auseinander fallen. Corporate Governance-Regelungen versuchen den fehlenden Interessengleichlauf zwischen dem Verwaltungsorgan einer Gesellschaft und den Anteilseignern im Wesentlichen durch drei Gestaltungskonzepte zu beheben: • Gewaltenteilung, • Transparenz und • Bekämpfung von Interessenkonflikten.

2. Kapitel

Das Investmentrecht A. Einleitung Die Idee der Auflegung von Investmentfonds basiert auf den vielfältigen Problemen, denen sich Privatanleger bei der Anlage ihrer Ersparnisse ausgesetzt sehen. Zunächst fehlt es ihnen in aller Regel an Sachverstand und Erfahrungen bei der Geldanlage. Es existiert heute eine kaum zu überschauende Vielzahl möglicher Anlagegegenstände. Neben traditionellen Aktien und Schuldverschreibungen bieten Finanzdienstleister unterschiedliche, komplexe Finanzinnovationen an, deren Chance-Risiko-Profile nur mit erheblichem Aufwand zu verstehen sind. Aus diesem unübersichtlichen Angebot die passende Anlage herauszufinden, überfordert viele Privatanleger. Zudem erfordert eine gute Geldanlage einen erheblichen

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

Zeiteinsatz. Die Finanzmärkte verändern sich ständig, weshalb eine dauerhafte Beobachtung der Geschehnisse notwendig ist. Die meisten Anleger werden diese Zeit nicht investieren können und wollen. Die Probleme der fehlenden Fachkenntnisse und der mangelnden Zeit lassen sich für Privatanleger dadurch beheben, dass sie sich bei der Anlage professionell beraten lassen. Für die meisten Anleger wird es aber aus Kostengründen nicht möglich sein, die Dienste eines persönlichen Vermögensverwalters in Anspruch zu nehmen. Lassen hingegen mehrere Privatanleger ihre Ersparnisse gemeinsam von einem Vermögensverwalter betreuen, sinken aufgrund des sog. Skaleneffekts die Kosten der professionellen Vermögensverwaltung, die jeder einzelne Anleger zu tragen hat. 68 Die Zusammenlegung der Ersparnisse mehrerer Anleger löst gleichzeitig ein weiteres schwerwiegendes Problem von Privatanlegern: die eingeschränkte Fähigkeit zur Risikostreuung (Risikodiversifikation). Erwirbt jeder Privatanleger selbständig Finanzinstrumente, kann er aufgrund des relativ geringen Betrages, der ihm zur Verfügung steht, nur wenige Einzelwerte erwerben. Legen aber mehrere Anleger die ihnen zur Verfügung stehenden Beträge zusammen, kann der sich ergebende Gesamtbetrag auf eine größere Zahl von Einzelwerten verteilt werden, wodurch eine bessere Risikodiversifikation erreicht wird. Das Investmentwesen zielt darauf ab, diese sich den Privatanlegern stellenden Probleme zu lösen, indem die Anleger die Verwaltung ihres Geldes einem professionellen, sachkundigen Dienstleister überlassen, der die Gelder mehrerer Anleger zusammenfasst, sodass diese auf verschiedene Anlageobjekte verteilt werden können. Die Anleger kommen so in den Genuss einer professionellen und diversifizierten Vermögensverwaltung. Die Investition in Vermögensgegenstände, die eine hohe Mindestanlagesumme erfordern, wie z. B. Immobilien, wird einer breiten Anlegerschicht auf diesem Wege sogar erst ermöglicht. Die Investmentidee basiert mithin auf den folgenden drei Grundprinzipien: Fremdverwaltung, kollektive Kapitalanlage und Risikodiversifizierung. 69 Dem Investmentrecht kommt die Aufgabe zu, die erforderlichen rechtlichen Strukturen für eine solche kollektive Vermögensanlage durch professionelle Dienstleister bereitzustellen. Das Investmentrecht muss gewährleisten, dass die Verwalter im Interesse des Anlageerfolges möglichst frei über die Investition der ihnen zur Verfügung gestellten Geldbeträge entscheiden können. Zugleich sind aber auch Vorkehrungen zu treffen, damit die Verwalter ihre Befugnisse nicht missbrauchen, sondern ausschließlich im Interesse der Anleger handeln. Die notwendigerweise 68 Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band III, § 113 Rdnr. 5. 69 Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band III, § 113 Rdnr. 1.

2. Kap.: Das Investmentrecht

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weiten Verfügungsbefugnisse der Verwalter müssen mithin im Interesse der Anleger eingedämmt und kanalisiert werden. 70

B. Die Entstehungsgeschichte des deutschen Investmentrechts Das deutsche Investmentrecht existiert seit den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Bis 1956 wurden in Deutschland insgesamt fünf Investmentgesellschaften gegründet, die sich mit der kollektiven Verwaltung privaten Anlagevermögens beschäftigten, ohne dass ein Spezialgesetz für die Verwaltung von Investmentfonds existierte. 71 Schon damals wurde der Gesetzgeber aufgefordert, zum Schutz der Anleger in Fondsanteilen ein entsprechendes Gesetz zu erstellen. 72 1957 wurde dann das Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften („KAGG“) verabschiedet. 73 Hierdurch sollte erreicht werden, dass Investmentgesellschaften ausschließlich von seriösen und sachkundigen Personen geleitet werden, über ausreichend Eigenmittel für ihre Geschäftstätigkeit verfügen und die Anleger hinreichend informieren. Zudem sollten klare Rechtsgrundlagen für das Verhältnis zwischen Investmentgesellschaften und Anlegern geschaffen werden. 74 Kerninhalte dieses Gesetzes waren dabei die Festlegung eines Typenzwangs für Investmentfonds und eines Organisationszwangs für Investmentgesellschaften, anlegerorientierte Vorschriften zum Vertrieb, insbesondere zum Abschluss des Investmentvertrages sowie die steuerliche Gleichstellung der Investmentanlage mit der Direktanlage. 75 In den Folgejahren vertrieben auch immer mehr ausländische Investmentgesellschaften ihre Produkte auf dem deutschen Markt. Hierauf reagierte der Gesetzgeber 1969 mit dem Gesetz über den Vertrieb ausländischer Investment-Anteile und über die Besteuerung der Erträge ausländischer Investment-Anteile („AIG“). Anders als das KAGG sah das AIG keine Vorschriften zur Organisation der Investmentgesellschaften vor, sondern beschränkte sich auf vertriebs- und steuerrechtliche Vorschriften. Seit 1985 wird das deutsche Investmentrecht erheblich durch das europäische Recht beeinflusst. In diesem Jahr wurde die „Richtlinie des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organisationen für gemeinsame Anlage in Wertpapieren“ (85/611/EWG, „OGAW70

Roth, S. 127. Geßler, WM 1957, Sonderbeilage Nr. 4, S. 10; siehe zur geschichtlichen Entwicklung des Investmentgedankens auch: Neuburger, in: Siara / Tormann, Einleitung, S. 6 ff. 72 Engler, Das Wertpapier 1956, 260 ff. 73 BGBl 1957 I S. 378. 74 Consbruch, BB 1957, 337. 75 Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band III, § 113 Rdnr. 28. 71

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

Richtlinie“) verabschiedet. Die OGAW-Richtlinie schaffte EG-weit einheitliche Mindeststandards für den Anlegerschutz und sorgte für eine gegenseitige Anerkennung richtlinienkonformer Wertpapierfonds durch die einzelnen Mitgliedsstaaten. 76 Mit Umsetzung dieser Richtlinie in nationales Recht wurde das KAGG an vielen Stellen geändert. Der Einfluss des europäischen Rechts endete aber nicht mit der OGAW-Richtlinie von 1985. Vielmehr wurde die OGAW-Richtlinie in den letzten 20 Jahren mehrfach selbst durch Folgerichtlinien geändert. 77 Diese Änderungen haben wiederum im Rahmen der Umsetzung in nationales Recht zu einer Weiterentwicklung des deutschen Investmentrechts geführt. Nicht nur das Europäische Recht machte Gesetzesänderungen erforderlich. Vor allem die rasante Entwicklung der Kapitalmärkte und das Erfordernis der Anpassung an sich ständig verändernde Praxisbedürfnisse führte dazu, dass der Umfang des KAGG schließlich auf das Fünffache der Ursprungsversion aus dem Jahre 1957 anstieg. 78 Diese Entwicklung sowie europarechtliche Vorgaben sorgten dafür, dass das KAGG und das AIG durch das Investmentmodernisierungsgesetz mit Wirkung zum 1. Januar 2004 abgelöst und durch das InvG und das Investmentsteuergesetz („InvStG“) ersetzt wurden. 79 Im InvG werden nun alle Investmentfonds, inländische wie ausländische, behandelt. Das InvStG regelt zudem ihre steuerliche Behandlung. Nach vier Jahren ist das InvG mit Wirkung zum 1. Januar 2008 noch einmal grundlegend geändert worden. Insbesondere wurde die Qualifikation von KAGen als Kreditinstitute aufgehoben, die Investmentaufsicht bei der BaFin konzentriert, das Genehmigungsverfahren für Investmentfonds beschleunigt, neue Fondstypen geschaffen, die Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital aufgehoben, die Verpflichtung zur Besetzung des Aufsichtsrats einer KAG mit einer unabhängigen Person eingeführt sowie die Vorschriften für Immobilienfonds grundlegend modernisiert.

C. Die unterschiedlichen Organisationsstrukturen für Investmentfonds Investmentfonds existieren weltweit. Ihre Organisationsstrukturen unterscheiden sich aber in den einzelnen Rechtsordnungen. Im Wesentlichen haben sich heute zwei Modelle herausgebildet, das Korporationsmodell und das Vertrags76 Laux, WM 1990, 1093 ff.; siehe zum Einfluss europäischen Rechts auf das deutsche Investmentrecht auch: Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdnr. 12.23 ff. 77 Siehe die Richtlinien: 88/220/EWG, 2001/107/EG und 2001/108/EG. 78 Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band III, § 113 Rdnr. 31. 79 Siehe hierzu: Köndgen / Schmies, WM 2004, Sonderbeilage 1, S. 1 ff.; Lang, WM 2004, 53 ff.; ders., VuR 2004, 201 ff.; Kaune / Oulds, ZBB 2004, 114 ff.; Leistikow / Ellerkmann, BB 2003, 2693 ff.

2. Kap.: Das Investmentrecht

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modell. 80 Das Korporationsmodell sieht vor, dass eine selbständige Gesellschaft gegründet wird, deren Kapital die Anleger zur Verfügung stellen, die daraufhin Anteilseigner der Gesellschaft werden. Das Kapital verwendet die Gesellschaft, um damit Anlagegegenstände im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zu erwerben. Beim Vertragsmodell schließen die Anleger hingegen mit einer Verwaltungsgesellschaft, an der sie sich nicht beteiligen, einen Verwaltungsvertrag, nach dem die Anleger der Gesellschaft Geldmittel zur Verfügung stellen und die Gesellschaft die Gelder für die Anleger verwaltet. Anders als beim Korporationsmodell werden die Anleger also nicht Anteilseigner einer Gesellschaft, sondern schließen eine schuldrechtliche Vereinbarung mit einer Verwaltungsgesellschaft. Als der Gesetzgeber 1957 mit dem KAGG erstmals ein deutsches Investmentrecht schuf, entschloss er sich für die ausschließliche Anwendung des Vertragsmodells. Das Korporationsmodell wurde vor allem deshalb abgelehnt, weil die Investmentfonds als sog. „open-ended Fonds“ gestaltet werden sollten. Bei „openended Fonds“ ist das Fondsvolumen im Gegensatz zu den sog. „closed-ended Fonds“ nicht festgelegt. 81 Die Investmentgesellschaften sind also frei, so lange Anlagemittel einzuwerben, solange sie diese entsprechend der Fondsstrategie anlegen können. Gleichzeitig sind die Investmentgesellschaften bei „open-ended Fonds“ dem Anleger gegenüber aber auch verpflichtet, Anteilsscheine gegen Zahlung des Anteilswertes wieder zurückzunehmen. Hätte sich der Gesetzgeber für das Korporationsmodell entschieden, bei dem die Anleger Gesellschafter der Investmentgesellschaft werden, hätten die von den Anlegern der Gesellschaft zur Verfügung gestellten Geldmittel als Kapitaleinlage gelten müssen. Dann hätte die Rückgabe der Anteilsscheine nach dem „open-ended Fonds“-Prinzip eine Rückgewähr der Gesellschaftereinlage dargestellt, was gesellschaftsrechtlich als zu problematisch angesehen wurde. 82 Schon vor Schaffung des KAGG gab es allerdings Befürworter des Korporationsmodells, bei dem Investmentgesellschaften als Aktiengesellschaften mit den Anlegern als Aktionären gegründet werden. 83 1998 hat der Gesetzgeber dann im Rahmen des Dritten Finanzmarktförderungsgesetzes die Investmentaktiengesellschaft neu in das KAGG eingeführt. 84 Bei der Investmentaktiengesellschaft werden die Anleger Aktionäre der Investmentgesellschaft; die von ihnen zur Ver80 IOSCO, „Consultation Report – Examination of Governance for Collective Investment Schemes“, Februar 2005, S. 5; abrufbar unter: www.iosco.org. 81 Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band III, § 113 Rdnr. 10; von Caemmerer, JZ 1958, 41. 82 Schriftlicher Bericht des Bundestagsausschusses für Geld und Kredit, BT-Drs. 2/ 2973, S. 1; von Caemmerer, JZ 1958, 41, 44. 83 von Caemmerer, JZ 1958, 41, 43. 84 Für eine grundsätzliche Bewertung der Investmentaktiengesellschaft nach dem KAGG, siehe: Thoma / Steck, AG 2001, 330 ff.; siehe auch: Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdnr. 12.61 ff.

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

fügung gestellten Geldmittel werden dem Kapital der Gesellschaft zugeführt. Aus steuerlichen Gründen sowie aufgrund der Tatsache, dass Investmentaktiengesellschaften zunächst nur mit fixem Kapital gegründet werden durften, haben sie aber keine Bedeutung in der Praxis erlangt. 85 Im Rahmen des Investmentmodernisierungsgesetzes ist daraufhin die Rechtsfigur der Investmentaktiengesellschaft mit variablem Kapital geschaffen worden. Dies wurde zwar als „Revolution im Gesellschaftsrecht“ angesehen, 86 zu einer vermehrten Gründung von Investmentaktiengesellschaften ist es indes nicht gekommen. 87 Durch das Investmentänderungsgesetz wurde versucht, die rechtlichen Rahmenbedingungen für Investmentaktiengesellschaften praxisgerechter zu gestalten, insbesondere wurden die Vorschriften über die Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital gestrichen. Da aber auch die Investmentaktiengesellschaften mit variablem Kapital bisher noch keine wirkliche Praxisrelevanz erlangt haben, werden im Rahmen dieser Arbeit ausschließlich Investmentfonds nach dem Vertragsmodell behandelt.

D. Das Vertragsmodell des deutschen Investmentrechts I. Einführung Nach dem in Deutschland vorherrschenden Vertragsmodell wird ein Investmentfonds von einer KAG aufgelegt und verwaltet. Die Anleger schließen mit der KAG einen Investmentvertrag und erwerben Anteilsscheine an dem Fonds. Zwischen den Anlegern und der KAG besteht folglich eine schuldrechtliche Rechtsbeziehung. 88 Ein Gesellschaftsverhältnis existiert hingegen nicht. Die Anleger haben daher auch keine gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungsbefugnisse hinsichtlich der Verwaltung der Fonds, wie sie beispielsweise den Aktionären einer Aktiengesellschaft im Hinblick auf die Leitung der Gesellschaft zustehen. 89 Dieser Nachteil für die Anleger in Investmentfonds wurde bei Schaffung des KAGG zur Kenntnis genommen und auch kontrovers diskutiert, letztlich aber als akzeptabel hingenommen. 90 Der zwischen den Anlegern und der KAG geschlossene Investmentvertrag verpflichtet die KAG, das Fondsvermögen im Interesse der Anleger zu verwalten. Ihre 85

Kaune / Oulds, ZBB 2004, 114, 123; Thoma / Steck, AG 2001, 330, 336; Leistikow / Ellerkmann, BB 2003, 2693, 2698; Köndgen / Schmies, WM 2004, Sonderbeilage 1, S. 17; Hermanns, ZIP 2004, 1297, 1303. 86 Köndgen / Schmies, WM 2004, Sonderbeilage 1, S. 17; siehe zu der Neuregelung im InvG: Hermanns, ZIP 2004, 1297 ff. 87 Bartels, ZfgKW 2005, 1386, 1388. 88 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdnr. 12.53. 89 Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band III, § 113 Rdnr. 10. 90 von Caemmerer, JZ 1958, 41, 44.

2. Kap.: Das Investmentrecht

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Verwaltungsbefugnisse sind dabei ausgesprochen weit. Gem. § 31 Abs. 1 InvG ist sie berechtigt, im eigenen Namen über die zu einem Investmentfonds gehörenden Gegenstände nach Maßgabe des InvG und des Investmentvertrages zu verfügen und alle Rechte aus ihnen auszuüben. Eine gewisse Einschränkung der Verfügungsbefugnisse der KAG erfolgt lediglich gem. § 31 Abs. 4 – 6 InvG. Hiernach ist es KAGen beispielsweise grundsätzlich verboten, Vermögensgegenstände aus einem Fonds zu verpfänden. Auch dürfen Forderungen gegen eine KAG und Forderungen, die zu einem von ihr verwalteten Investmentfonds gehören, grundsätzlich nicht miteinander aufgerechnet werden. Hinsichtlich der Gestaltung der Eigentumsverhältnisse an den Vermögensgegenständen eines Investmentfonds sieht § 30 Abs. 1 S. 1 InvG zwei unterschiedliche Möglichkeiten vor. Das Fondsvermögen kann entweder im Eigentum der KAG oder im Miteigentum der Anleger stehen. 91 Bei Investmentfonds ist in Deutschland die Miteigentumslösung vorherrschend. 92 Bei der Miteigentumslösung sind die Anleger Vollrechtsinhaber in Bruchteilsgemeinschaft nach §§ 741 ff, 1008 BGB. Wird die Treuhandlösung gewählt, ist die KAG Vollrechtsinhaberin und die Anleger stehen als Treuhandbegünstigte in einer Bruchteilsgemeinschaft. 93 Zwischen beiden Alternativen existiert aber kein sachlicher Unterschied, da das InvG die Rechtszuständigkeit der KAG für das Sondervermögen umfassend und unabhängig von der Eigentumssituation regelt. 94 Dass hierbei das „wirtschaftliche Eigentum“ stets bei den Anlegern liegt, ergibt sich bereits aus ihrem Rückgaberecht zum aktuellen Anteilswert. Hierdurch werden ihnen die aus dem Fondsvermögen und seiner Verwaltung erwachsenden Vorteile und Risiken unmittelbar zugeordnet. 95 II. Bildung von Sondervermögen Ungeachtet der umfangreichen Verfügungsbefugnisse der KAGen gehört das Fondsvermögen gem. § 31 Abs. 2 InvG jedoch nicht zu deren haftenden Gesellschaftsvermögen. Investmentfonds können vielmehr ausschließlich als Sondervermögen gebildet werden. Sondervermögen weisen typischerweise folgende Merkmale auf: Trennung des Sondervermögens vom Vermögensinhaber, Bestandserhaltung durch Surrogation sowie Haftungsaussonderung. 96

91 Nur bei Immobilienfonds schreibt § 75 InvG zwingend vor, dass die zu einem Immobilienfonds gehörenden Vermögensgegenstände im Eigentum der KAG stehen müssen. 92 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdnr. 12.71. 93 Roth, S. 130. 94 Roth, S. 130. 95 Roth, S. 138. 96 Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band III, § 113 Rdnr. 57.

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

Die Trennung des Sondervermögens vom Vermögensinhaber ist im Investmentrecht besonders strikt geregelt. Unabhängig vom Eigentum an den Vermögensgegenständen des Fonds wird das Sondervermögen weder von der KAG noch von den Anlegern gehalten. § 30 Abs. 1 S. 2 InvG verlangt vielmehr, dass das Sondervermögen getrennt von dem Vermögen der KAG zu halten ist. Dies wird dadurch erreicht, dass gem. § 20 Abs. 1 S. 1 InvG eine Depotbank die Verwahrung des Fondsvermögens zu übernehmen hat. Den Anlegern ist jede Verfügung über das Fondsvermögen verwehrt. Ihnen bleiben nur die Möglichkeiten, ihre Anteilsscheine an einem Fonds an Dritte zu veräußern oder an die KAG zurückzugeben. Die Bestandserhaltung des Fondsvermögens durch Surrogation ergibt sich aus § 30 Abs. 2 InvG, wonach zum Fondsvermögen auch alles das gehört, was aufgrund eines zum Fondsvermögen gehörendes Rechts, durch ein Rechtsgeschäft, das sich auf das Sondervermögen bezieht oder als Ersatz für ein zum Sondervermögen gehörendes Recht erworben wird. Die Haftungsaussonderung des Fondsvermögens ergibt sich schließlich gegenüber der KAG aus § 31 Abs. 2 S. 1 InvG. Gegenüber den Anlegern bestimmt § 38 Abs. 5 InvG, dass weder Anleger noch deren Pfand- bzw. Pfändungsgläubiger oder Insolvenzverwalter über das Vermögen der Anleger die Aufhebung der in Ansehung eines Investmentfonds bestehenden Gemeinschaft der Anleger verlangen können. III. Die Kapitalanlagegesellschaft KAGen sind nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 6 InvG Unternehmen, deren Hauptzweck in der Verwaltung von inländischen Investmentvermögen oder in der Verwaltung von inländischen Investmentvermögen und der individuellen Vermögensverwaltung besteht. Gem. § 6 Abs. 1 S. 2 InvG dürfen sie ausschließlich in der Rechtsform der Aktiengesellschaft oder der GmbH betrieben werden. Ganz überwiegend sind KAGen als GmbHs organisiert. 1. Die Institutseigenschaft Bis zur Neuregelung des Investmentrechts durch das Investmentmodernisierungsgesetz galten KAGen als Kreditinstitute i. S. d. § 1 Abs. 1 des Kreditwesengesetzes („KWG“). Sie bedurften daher einer Bankerlaubnis gem. § 32 KWG. Auch ergaben sich die Aufsichtsbefugnisse der BaFin gegenüber KAGen im Wesentlichen aus dem KWG. Diese Qualifikation von KAGen als Kreditinstitute war international unüblich und führte dazu, dass KAGen wesentlich höhere regulatorische Anforderungen zu befolgen hatten, als dies für Investmentgesellschaften in anderen Staaten der Fall war. 97 Seit Inkrafttreten des Investmentänderungsge-

2. Kap.: Das Investmentrecht

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setzes sind KAGen keine Kreditinstitute mehr. 98 Nur für die Zwecke des Geldwäscherechts gelten sie gem. § 6 Abs. 1 S. 4 InvG weiterhin als Institute. Das Zulassungsverfahren für KAGen gem. §§ 7 ff. InvG orientiert sich aber eng an dem für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute gem. §§ 32 ff. KWG. 99 2. Die Begrenzung des Unternehmensgegenstandes Der Unternehmensgegenstand von KAGen ist gesetzlich begrenzt. Gem. § 6 Abs. 1 S. 1 InvG sind KAGen Unternehmen, deren Geschäftsbereich darauf ausgerichtet ist, inländische Investmentvermögen und Dienstleistungen oder Nebendienstleistungen nach § 7 Abs. 2 InvG zu erbringen. Die in § 7 Abs. 2 InvG aufgeführten Dienstleistungen und Nebendienstleistungen umfassen die individuelle Vermögensverwaltung, die Anlageberatung, die Verwaltung und Verwahrung sowie den Vertrieb von Fondsanteilen, den Abschluss von Altersvorsorgeverträgen, die Abgabe von Mindestzahlungszusagen (z. B. Auflegung von Garantiefonds) sowie sonstige mit diesen Dienstleistungen und Nebendienstleistungen unmittelbar verbundene Tätigkeiten. Die Begrenzung des für KAGen zulässigen Unternehmensgegenstandes bezweckt neben einer größtmöglichen Spezialisierung auch die Wahrung des Anlegerschutzes durch die Vermeidung von Interessenkonflikten. 100 Anderenfalls wäre es denkbar, dass Universalbanken, statt KAGen zu gründen, Investmentfonds von unselbständigen Abteilungen auflegen und verwalten lassen. Derartige Konstruktionen sind nicht erwünscht, da sie zu vielfältigen Interessenkonflikten innerhalb der jeweiligen Banken führen würden. 101 KAGen ist es gem. § 7 Abs. 2 Nr. 1 InvG erlaubt, die individuelle Vermögensverwaltung zu betreiben. Diese Befugnis ist angesichts der Erfahrung, die KAGen in der Verwaltung fremder Vermögen besitzen, konsequent. Es wird allerdings kritisiert, dass hierdurch zusätzliche potentielle Konfliktsituationen geschaffen würden, da die Gefahr bestehe, dass finanzstarke Individualkunden gegenüber Fondsanlegern bevorzugt werden. 102 Der Kritik ist insoweit zuzustimmen, als derartige Konfliktsituationen tatsächlich bestehen können. Dies bedeutet aber nicht zugleich, dass KAGen deshalb die individuelle Vermögensverwaltung per se verboten werden muss. Es erscheint vielmehr ausreichend, den Gefahren, die sich aus der Parallelität von Fondsverwaltung und individueller Vermögensverwaltung 97

Siehe hierzu: Knöfler / Ghedina, WM 2008, 1341 ff. Siehe für eine Bewertung der Abschaffung der Institutseigenschaft aus der Praxis: Roegele / Görke, BKR 2007, 393, 394; Knöfler / Ghedina, WM 2008, 1341 ff. 99 Im Einzelnen hierzu: Knöfler / Ghedina, WM 2008, 1341 ff. 100 Loistl / Petrag, S. 86. 101 Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 2330. 102 Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band III, § 113 Rdnr. 47. 98

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

ergeben können, durch Vorschriften zur Behandlung von Interessenkonflikten entgegenzuwirken. Um zu vermeiden, dass KAGen die Beschränkungen hinsichtlich des Unternehmensgegenstandes umgehen, indem sie sich an Unternehmen beteiligen, die Geschäfte tätigen, die für sie nicht zulässig sind, begrenzt § 7 Abs. 3 InvG auch ihr Recht, Beteiligungen an anderen Unternehmen zu erwerben. Nach dieser Vorschrift darf eine KAG sich nur an Unternehmen beteiligen, wenn deren Geschäftszweck gesetzlich oder satzungsmäßig im Wesentlichen auf Geschäfte ausgerichtet ist, die die betreffende KAG selbst betreiben darf, und eine Haftung der KAG aus der Beteiligung durch die Rechtsform des Unternehmens beschränkt ist. Die Beschränkung hinsichtlich der Rechtsform von Unternehmen, an denen sich KAGen beteiligen können, dient der Begrenzung ihrer Haftungsrisiken. Unabhängig vom Geschäftszweck eines Unternehmens dürfen sich KAGen somit nicht an Offenen Handelsgesellschaften oder als Komplementäre an Kommanditgesellschaften beteiligen. 3. Die Einbindung von KAGen in Finanzkonzerne Als in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts die ersten KAGen entstanden, wurden diese vor allem von Kreditinstituten gegründet. Aufgrund der auch damals schon geltenden Beschränkung des Unternehmensgegenstandes von KAGen konnten Kreditinstitute nicht selbst Investmentfonds verwalten. Da sie damals aber als einzige die notwendigen Sachkenntnisse für dieses Geschäft besaßen, gründeten sie KAGen als Tochtergesellschaften. So ist es auch bis zum heutigen Tage weit verbreitet, dass KAGen Teil von Finanzkonzernen (Institutsgruppen und Finanzholding-Gruppen gem. § 10a Abs. 1, 3 KWG) sind, deren Konzerngesellschaften sämtliche Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen erbringen sowie selbst Finanzinstrumente emittieren. 103 Die KAGen sowie die übrigen Konzerngesellschaften gelten dabei als verbundene Unternehmen im Sinne des § 15 AktG. Die einzelnen Unternehmen, die einem Finanzkonzern angehören, erbringen ihre Dienstleistungen häufig gegenseitig und schließen miteinander unterschiedliche Verträge. So nutzen KAGen beispielsweise häufig Unternehmen desselben Konzerns als Broker und erwerben für die von ihnen verwalteten Investmentfonds von einem verbundenen Unternehmen emittierte Finanzinstrumente. Für KAGen ergeben sich aus solchen Geschäften zwangsläufig Interessenkonflikte. 104 Sie haben bei der Verwaltung von Investmentfonds ausschließlich im Anlegerinteresse 103

Siehe hierzu: Baums / König, in: FS Bruno Kropff, S. 5; Roth, S. 156. Siehe allgemein zu Interessenkonflikten innerhalb von Finanzkonzernen, Bank for International Settlements, „Consultative Document – Enhancing corporate governance for banking organisations“, Juli 2005, Abs. 28, abrufbar unter: www.bis.org; Kümpel, WM 1993, 2025, 2027; ders., WM 1995, 689. 104

2. Kap.: Das Investmentrecht

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zu handeln. Gleichzeitig werden innerhalb ihres Konzerns aber auch Erwartungen bestehen, dass sie die Interessen der anderen Konzerngesellschaften berücksichtigen, etwa dadurch, dass sie die von ihnen angebotenen Dienstleistungen nutzen oder mit ihnen Kaufverträge zu günstigen Konditionen schließen. In derartigen Situationen besteht die Gefahr, dass KAGen nicht vorrangig im Anlegerinteresse handeln, sondern in erster Linie Konzerninteressen berücksichtigen. 105 Gleichzeitig muss aber auch berücksichtigt werden, dass die Einbindung von KAGen in Finanzkonzerne für Anleger durchaus von Vorteil sein kann. So erhalten KAGen auf diesem Wege Zugang zu Sachverstand, der bei den mit ihnen verbundenen Unternehmen vorhanden ist. 106 Hierdurch kann sich die Qualität der Fondsverwaltung verbessern, was den Anlegern letztlich zugute kommt. Auch leisten sich Konzerngesellschaften untereinander wirtschaftliche Hilfe. 107 Exemplarisch kann insoweit auf Unterstützungsmaßnahmen verwiesen werden, die im Zusammenhang mit der Krise offener Immobilienfonds Anfang des Jahres 2006 geleistet wurden. Wegen der vorübergehenden Schließung eines offenen Immobilienfonds der DB Real Estate Investment GmbH hatte deren Muttergesellschaft, die Deutsche Bank AG, den Anlegern, die in den Immobilienfonds investiert hatten, zugesagt, mögliche sich im Zusammenhang mit der Neubewertung des Fondsvermögens ergebende Schäden zu ersetzen. Auch die Union Asset Management Holding AG hat aufgrund erhöhter Mittelabflüsse bei einem Immobilienfonds der mit ihr verbundenen Difa Immobilien Fonds AG Anteilsscheine des Fonds erworben und so dessen Liquidität verbessert. 108 Für die Anleger hatte es sich in beiden Fällen also unmittelbar ausgezahlt, dass die jeweiligen KAGen Finanzkonzernen angehören, deren einzelne Gesellschaften sich gegenseitig finanziell unterstützen. Trotz dieser Vorteile muss aber festgehalten werden, dass die Einbindung von KAGen in Finanzkonzerne aufgrund der Interessenkonflikte Risiken für die Anleger begründet, die insbesondere bei Transaktionen mit verbundenen Unternehmen virulent werden. 109 Diese Auffassung wird auch von der BaFin geteilt, weshalb sie beispielsweise in § 5 DerivateV KAGen ausdrücklich verpflichtet, bei Transaktionen mit verbundenen Unternehmen, die unter den Anwendungsbereich der DerivateV fallen, durch ein angemessenes Kontrollverfahren sicherzustellen, dass diese zu marktgerechten Konditionen abgeschlossen werden.

105

Roth, S. 160. Roth, S. 163. 107 Baur, Investmentgesetze, § 10 KAGG Rdnr. 4. 108 FAZ, 17. 02. 2006, S. 23. 109 Siehe zur Regulierung von Transaktionen von KAGen mit verbundenen Unternehmen, unten 4. Kapitel, Abschnitt D.II. 106

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

4. Die Mindestkapitalanforderungen Eine KAG muss bestimmte Mindestkapitalanforderungen erfüllen. Gem. § 11 InvG muss eine KAG grundsätzlich über ein Anfangskapital von 300.000 Euro verfügen. Sobald der Wert der von der Gesellschaft verwalteten Investmentvermögen die Schwelle von 1,125 Milliarden Euro übersteigt, müssen ihr zusätzliche Eigenmittel in Höhe von 0,02% des 1,125 Milliarden Euro übersteigenden Betrages zur Verfügung stehen. Die geforderte Gesamtsumme des Anfangskapitals und der zusätzlichen Eigenmittel darf jedoch zehn Millionen Euro nicht überschreiten. Reduzierte Anforderungen gelten für KAGen, die über eine Garantie eines Kreditinstituts oder eines Versicherungsunternehmens verfügen. Die Eigenkapitalvoraussetzungen für KAGen sollen ihre Leistungsfähigkeit im Hinblick auf die für eine ordnungsgemäße Fondsverwaltung erforderliche Infrastruktur sicherstellen und zugleich den Fondsanlegern ermöglichen, etwaige Schadensersatzansprüche gegen KAGen auch tatsächlich durchsetzen zu können. 110 5. Die obligatorische Einrichtung eines Aufsichtsrates a) Einführung Eine KAG kann als AG oder als GmbH betrieben werden. Dabei ist die Bildung eines Aufsichtsrats obligatorisch. Gem. § 6 Abs. 2 S. 1 InvG ist ein Aufsichtsrat auch dann zu bilden, wenn die KAG in der Rechtsform einer GmbH betrieben wird. Die Aufgabe eines Aufsichtsrats besteht darin, die Geschäftsführung zu kontrollieren. 111 Gegenstand der Kontrolle sind dabei alle Vorgänge, die wesentlichen Einfluss auf die Lage und die Entwicklung der Gesellschaft haben können. 112 Der Zweck dieser Überwachungstätigkeit liegt grundsätzlich ausschließlich in der Wahrung der Interessen des von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens. 113 Mit der obligatorischen Bildung des Aufsichtsrats einer KAG wird hingegen ein doppelter Zweck verfolgt. Die Kontrolltätigkeit des Aufsichtsrats einer KAG dient nicht nur der Wahrung der der Interessen des von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens sondern darüber hinaus auch der Wahrung der Interessen der Fondsanleger. Diese doppelte Aufgabenstellung ist dem InvG nicht unmittelbar zu entnehmen. Sie kann aber aus § 6 Abs. 3 S. 1 InvG hergeleitet werden. Nach dieser Vorschrift sollen die Mitglieder des Aufsichtsrates ihrer Persönlichkeit und ihrer Sachkunde nach die Wahrung der Interessen der Anleger gewährleisten. Diese Eignungsanforderungen machen nur Sinn, wenn der Zweck der Überwachungs110 111 112 113

Beckmann, in: Beckmann / Scholtz, Kz. 410 § 5 Rdnr. 13. BVerfGE 50, 290, 374; BGHZ 36, 296, 306, 310. Semler / Spindler, in: MüKoAktG, Vor § 76, Rdnr. 70. Semler, in: MüKoAktG, Vor § 116, Rdnr. 4.

2. Kap.: Das Investmentrecht

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tätigkeit des Aufsichtsrates auch in der Wahrung der Anlegerinteressen zu sehen ist. So entspricht es heute trotz des Fehlens einer entsprechenden ausdrücklichen Regelung der absolut herrschenden Meinung, dass es dem Aufsichtsrat neben der Wahrung des Gesellschaftsinteresses ebenfalls obliegt sicherzustellen, dass die Verwaltung der Investmentfonds im Interesse der Anleger erfolgt. 114 Als internes Aufsichtsorgan entlastet und ergänzt der Aufsichtsrat dabei die externe Aufsicht zur Wahrung der Anlegerinteressen durch die BaFin und die Depotbank. 115 b) Die Aufgaben des Aufsichtsrates Gem. § 6 Abs. 2 S. 2 InvG i.V. m. § 111 Abs. 1 AktG hat der Aufsichtsrat die Geschäftsführung zur Wahrung der Anlegerinteressen sowie der Gesellschaftsinteressen zu überwachen. Soweit dem Aufsichtsrat einer KAG die Überwachung der Geschäftsführung zur Wahrung der Anlegerinteressen obliegt, muss sein besonderes Augenmerk den Interessenkonflikten gelten, denen die Geschäftsleitung der KAG ausgesetzt sein kann. Derartige Interessenkonflikte bestehen beispielsweise dann, wenn die Geschäftsleitung darüber zu entscheiden hat, ob ein Fonds temporär für neue Anleger gesperrt werden sollte, weil wegen des schnellen Wachstums des Fonds das Geld nicht mehr sinnvoll angelegt werden kann oder wie viele Fonds einem Portfolio-Manager im Einzelfall höchstens übertragen werden sollten. 116 Die Aufgabe des Aufsichtsrats erschöpft sich jedoch nicht nur in der Kontrolle der Geschäftsleistung. Vielmehr sollte der Aufsichtsrat der Geschäftsleitung auch fachlich beratend zur Seite stehen. 117 Das Problem von Interessenkonflikten stellt sich nicht nur für die Geschäftsführung einer KAG. Auch die Aufsichtsratsmitglieder sind bei ihrer Aufgabenwahrnehmung Interessenkonflikten ausgesetzt. Aufgrund ihrer Doppelfunktion unterliegen ihrer Kontrolle nicht nur alle Vorgänge, die wesentlichen Einfluss auf die Lage und die Entwicklung der Gesellschaft haben können, sondern zudem alle Vorgänge, die wesentlichen Einfluss auf die Lage und die Entwicklung der von der Gesellschaft verwalteten Investmentfonds haben. Der Aufsichtsrat muss Handlungen der Geschäftsführung kontrollieren und dabei parallel untersuchen, ob sie den Interessen der Gesellschaft und denen der Anleger entsprechen. Dabei kommt es zwangsläufig zu Konstellationen, in denen sich Gesellschaftsinteressen und Anlegerinteressen widersprechen. 118 So steht beispielsweise das legitime 114 Statt vieler: Zeller, in: Brinkhaus / Scherer, § 4 KAGG Rdnr. 3; a. A. Reuter, S.149; siehe auch Ziffer II.2.2.1 des CGKAM. 115 So auch: Loistl / Petrag, S. 73. 116 Loistl / Petrag, S. 73. 117 Stolzenburg, ZfgKW 1978, 826, 827. 118 Reuter (S. 150) nimmt sogar an, dass die Interessen der Anteilseigner der Kapitalanlagegesellschaft und die der Fondsanleger stets miteinander kollidieren.

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

Profitinteresse einer KAG im Konflikt mit dem Interesse der Anleger an einer möglichst kostengünstigen Fondsverwaltung. Der Aufsichtsrat ist in derartigen Konstellationen dem Konflikt ausgesetzt, zwischen dem Wohl der Gesellschaft und dem der Anleger abwägen zu müssen. Dabei besteht die Gefahr, dass die Aufsichtratsmitglieder dazu neigen, den Interessen der KAG einen Vorrang einzuräumen, da sie von ihr vergütet werden und ihre Verbindung zu der Gesellschaft näher ist als zu der anonymen Gruppe der Anleger. Daher hat § 6 InvG durch das Investmentänderungsgesetz einen Absatz 2a erhalten, nach dem mindestens ein Mitglied des Aufsichtsrats einer KAG von den Gesellschaftern, den mit ihnen verbundenen Unternehmen und den Geschäftspartnern der KAG unabhängig sein muss. c) Die Befugnisse des Aufsichtsrats Um seine Kontrollaufgaben erfüllen zu können, muss der Aufsichtsrat einer KAG ausreichend über die Geschäftsführung informiert sein. Gem. § 6 Abs. 2 S. 2 InvG i.V. m. § 90 Abs. 3 AktG kann der Aufsichtsrat daher jederzeit vom Vorstand bzw. der Geschäftsführung einen Bericht über Angelegenheiten der Gesellschaft, über ihre rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen zu verbundenen Unternehmen sowie über geschäftliche Vorgänge bei verbundenen Unternehmen, die auf die Lage der Gesellschaft von erheblichem Einfluss sein können, verlangen. Weiterhin ist der Aufsichtsrat gem. § 6 Abs. 2 S. 2 InvG i.V. m. § 111 Abs. 2 AktG berechtigt, Bücher, Schriften und Vermögensgegenstände der Gesellschaft selbst oder durch von ihm beauftragte einzelne Mitglieder oder Sachverständige einzusehen und zu prüfen. Er hat den Jahresabschluss und den Lagebericht der Gesellschaft sowie den Vorschlag zur Verwendung des Bilanzgewinns zu prüfen. Im Interesse der Fondsanleger hat er außerdem die Prüfungsberichte der Investmentfonds zu prüfen. 119 Ferner kann er nach § 111 Abs. 3 AktG auch eine Hauptversammlung bzw. Gesellschafterversammlung einberufen, wenn es das Wohl der Gesellschaft erfordert. Gem. § 111 Abs. 4 S. 2 AktG haben die Satzung der Gesellschaft oder der Aufsichtsrat zu bestimmen, dass bestimmte Arten von Geschäften nur mit der Zustimmung des Aufsichtsrates vorgenommen werden dürfen. Dabei ist zu beachten, dass die Zustimmungsbefugnisse nicht den Charakter der Geschäftsführung annehmen dürfen, da die Geschäftsführung gem. § 111 Abs. 4 S. 1 AktG dem Aufsichtsrat ausdrücklich nicht übertragen werden darf. In der Praxis sehen die Satzungen von KAGen üblicherweise in folgenden Fällen Zustimmungsvorbehalte zugunsten des Aufsichtsrats vor: bei der Auflegung, Verschmelzung und Auflösung von Investmentfonds, bei der Erstellung und Änderung von Vertragsbedingungen, bei der 119

Baur, in: BuB Rdnr. 9/99.

2. Kap.: Das Investmentrecht

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Einstellung des Vertriebs von Anteilsscheinen, bei der Auswahl und Ersetzung der Depotbank sowie bei der Kündigung des Depotbankvertrages. 120 Da § 6 Abs. 2 S. 2 InvG nicht auf die §§ 84, 172 AktG verweist, gehört es grundsätzlich nicht zu den Aufgaben des Aufsichtsrates einer KAG in der Rechtsform einer GmbH, die Geschäftsführer zu ernennen und den Jahresabschluss der Gesellschaft festzustellen. Eine hiervon abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag ist jedoch möglich. 121 d) Die Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder Die Mitglieder des Aufsichtsrates werden gem. § 6 Abs. 2 S. 2 InvG i.V. m. § 101 AktG grundsätzlich alleine von den Gesellschaftern der KAG bestimmt. Falls aufgrund der Zahl der Mitarbeiter einer KAG das Mitbestimmungsgesetz Anwendung findet, wird ein Teil der Mitglieder von den Arbeitnehmern der KAG gewählt. Angesichts der lange Zeit überschaubaren Größe von KAGen handelte es sich bei der Arbeitnehmerbeteiligung im Aufsichtsrat einer KAG bisher um eine lediglich theoretische Möglichkeit. Mittlerweile haben aber einige größere Gesellschaften die insoweit maßgebliche Schwelle von 500 Mitarbeitern gem. § 77 Abs. 1 BetrVG 1952 überschritten. 122 Die Arbeitnehmerbeteiligung im Aufsichtsrat einer KAG besitzt heute also durchaus praktische Relevanz. Unabhängig von der Frage, ob die Aufsichtsratsmitglieder alleine von den Anteilseignern oder auch von den Mitarbeitern der KAG bestimmt werden, ist stets zu berücksichtigen, dass die Anleger bei der Besetzung des Aufsichtsrats niemals beteiligt sind. Gem. § 6 Abs. 3 S. 2 InvG ist der BaFin die Bestellung und das Ausscheiden von Mitgliedern des Aufsichtsrats unverzüglich anzuzeigen. Dabei verlangt die BaFin, dass der Anzeige ein Lebenslauf, eine Straffreiheitserklärung und ein Führungszeugnis beizufügen ist. 123 Weiterhin müssen die Angaben auch die Beurteilung der Unabhängigkeit ermöglichen. e) Das Anforderungsprofil für Aufsichtsratsmitglieder Gem. § 6 Abs. 3 S. 1 InvG müssen die Mitglieder des Aufsichtsrates ihrer Persönlichkeit und ihrer Sachkunde nach die Wahrung der Interessen der Anleger gewährleisten. Das Kriterium der Persönlichkeit stellt auf die charakterliche Eig120

Paul, International Business Lawyer, 2000, 261, 265. Beckmann, in: Beckmann / Scholtz, Kz. 410 § 6 Rdnr. 17; Baur, in: BuB Rdnr. 9/99. 122 Zeller, in: Brinkhaus / Scherer, § 4 KAGG Rdnr. 11. 123 BaFin Verlautbarung „Inhalt der Anzeige der Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern einer Kapitalanlagegesellschaft bzw. Investmentaktiengesellschaft“ vom 15. 06. 2007, Geschäftszeichen WA 42/09 – 6, abrufbar unter www.bafin.de. 121

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

nung der Person ab. Von einem Kandidaten ist Autorität, Durchsetzungsfähigkeit gegenüber der Geschäftsleitung sowie ein Höchstmaß an Integrität zu fordern. 124 Dies ist bei Personen, die wegen Eigentums- oder Wirtschaftsdelikten verurteilt worden sind, nicht anzunehmen. 125 Die erforderliche Sachkunde besitzt, wer neben vertieften theoretischen Kenntnissen auch über praktische Erfahrung verfügt. 126 Der Bereich, in dem die Aufsichtsratsmitglieder Sachkunde besitzen müssen, ist abhängig von dem Umfang der Geschäftstätigkeit der KAG. Die von einer KAG verwalteten Investmentfonds können in Finanzinstrumente, in Geldmarktprodukte, Bankguthaben, Edelmetalle, Darlehensforderungen, den Beteiligungsmarkt sowie in Immobilien investieren. Verwaltet eine KAG Fonds, die in allen diesen Bereichen investiert sind, kann nicht von jedem einzelnen Aufsichtsratsmitglied erwartet werden, dass sich seine Kenntnisse und praktischen Erfahrungen auf alle diese Vermögensgegenstände beziehen. Der Aufsichtsrat muss die erforderlichen Sachkenntnisse und Erfahrungen aber als Gesamtgremium besitzen. 127 Zudem sollten KAGen Aufsichtsratsmitgliedern in derartigen Fällen entsprechende Weiterbildungsmöglichkeiten anbieten. 128 Gem. § 6 Abs. 4 InvG sind die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat einer KAG von dem Erfordernis, nach ihrer Persönlichkeit und ihrer Sachkunde die Wahrung der Anlegerinteressen zu gewährleisten, befreit. Weiterhin muss mindestens ein Aufsichtsmitglied von den Gesellschaftern, den mit ihnen verbundenen Unternehmen und den Geschäftspartnern der KAG unabhängig sein. f) Ausschussbildung Vorgaben für die innere Ordnung eines Aufsichtsrates finden sich in § 107 AktG, der gem. § 6 Abs. 2 S. 2 InvG auch für den Aufsichtsrat einer KAG gilt. Gem. § 107 Abs. 3 S. 1 AktG kann der Aufsichtsrat aus seiner Mitte Ausschüsse bilden. In der Praxis werden häufig Ausschüsse für allgemeine Fragen und den Personalbereich gebildet. 129 Zudem erlangen Prüfungsausschüsse eine immer größere Bedeutung. 130

124

Baur, Investmentgesetze, § 4 KAGG Rdnr. 4. Reuter, S. 150; Zeller, in: Brinkhaus / Scherer, § 4 KAGG Rdnr. 3. 126 Beckmann, in: Beckmann / Scholtz, Kz. 410 § 4 Rdnr. 4. 127 So wohl auch: Baur, in: BuB Rdnr. 9/97; vgl. Bank for International Settlements, „Consultative Document – Enhancing corporate governance for banking organisations“, Juli 2005, Abs. 31, abrufbar unter www.bis.org. 128 Vgl. Bank for International Settlements, „Consultative Document – Enhancing corporate governance for banking organisations“, Juli 2005, Abs. 31, abrufbar unter www .bis.org. 129 Baur, in: BuB Rdnr. 9/100. 130 Siehe hierzu: 5. Kapitel Abschnitt D.VIII.1.b). 125

2. Kap.: Das Investmentrecht

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g) Die Anzahl der Aufsichtsratssitzungen § 110 Abs. 3 AktG schreibt vor, dass der Aufsichtsrat zwei Sitzungen im Kalenderhalbjahr abhalten muss, wobei diese Pflicht bei nicht börsennotierten Gesellschaften, was bei KAGen regelmäßig der Fall ist, auf eine obligatorische Sitzung im Kalenderhalbjahr reduziert ist. Die BaFin fordert von Aufsichtsräten von KAGen allerdings entgegen dieser Ausnahme, dass mindestens vier Sitzungen pro Jahr abgehalten werden. 131 IV. Die Depotbank Gem. § 20 Abs. 1 InvG ist das Investmentvermögen von einem inländischen Kreditinstitut als Depotbank zu verwahren. KAGen ist es also ausdrücklich verboten, selbst die Vermögensgegenstände der von ihr verwalteten Investmentfonds zu verwahren. Die Trennung der Verwaltung von Investmentfonds und der Verwahrung des Fondsvermögens ist ein Grundpfeiler des Investmentrechts, der der Gefahr vorbeugen soll, dass KAGen ihre weiten Verwaltungsbefugnisse zu Lasten der Anleger ausnutzen. Es dient folglich dem Anlegerschutz. 132 Eine Depotbank wird von der jeweiligen KAG mit der Verwahrung beauftragt. Die Beauftragung sowie der Wechsel der Depotbank bedürfen gem. § 21 Abs. 1 S. 1 InvG der Genehmigung der BaFin, wobei gem. §§ 21a, 43a InvG auch eine Vorausgenehmigung möglich ist. Gem. § 21 Abs. 2 S. 1 InvG kann die BaFin von einer KAG jederzeit den Wechsel der Depotbank verlangen. Gem. § 24 InvG sind zum Investmentvermögen gehörende Wertpapiere und Einlagezertifikate von der Depotbank in ein gesperrtes Depot zu legen und Guthaben auf Sperrkonten zu verwahren. Ferner dürfen KAGen gem. § 26 InvG gewisse Geschäfte für die von ihnen verwalteten Investmentfonds nur mit Zustimmung der Depotbank durchführen, etwa die Aufnahme von Krediten oder die Anlage in Bankguthaben bei anderen Kreditinstituten. Weiterhin übt eine Depotbank gem. § 27 InvG Kontrollaufgaben gegenüber der KAG zugunsten der Anleger aus. Insbesondere hat die Depotbank zu kontrollieren, ob die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen sowie die Berechnung des Anteilswertes ordnungsgemäß erfolgt sowie ob die gesetzlichen und in den Vertragsbedingungen festgelegten Anlagegrundsätze und Anlagegrenzen eingehalten werden. Zudem ist sie gem. § 28 InvG berechtigt und verpflichtet, gewisse Ansprüche der Anleger geltend zu machen. Schließlich überwachen KAGen und Depotbanken sich gem. § 29 InvG gegenseitig bei der Geltendmachung von Gebühren und Aufwendungsersatzansprüchen, 131 Paul, International Business Lawyer 2000, 261, 265; so auch: Beckmann, in: Beckmann / Scholtz, Kz. 410 § 6 Rdnr. 14. 132 von Caemmerer, JZ 1958, 41, 49; Geßler, WM 1957, Sonderbeilage Nr. 4, S. 10, 20; Ohl, S. 58; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdnr. 12.69.

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

die aus dem Fondsvermögen beglichen werden. Die Zustimmungs- und Kontrollrechte der Depotbanken gegenüber KAGen sowie die Verpflichtung, Ansprüche der Anleger geltend zu machen, ist ein neben dem Grundsatz der Fremdverwahrung des Fondsvermögens ein weiteres wesentliches Element des Anlegerschutzes im Investmentrecht. V. Das Rechtsverhältnis zwischen KAG und Anlegern 1. Der Investmentvertrag Das Rechtsverhältnis zwischen den Anlegern und der KAG basiert auf dem Investmentvertrag. Der Rechtsnatur nach ist der Investmentvertrag ein Dienstvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zu Gegenstand hat (§§ 675, 611 ff. BGB). 133 Die KAG verpflichtet sich in dem Investmentvertrag zur Verwaltung des Investmentfonds entsprechend den Vorgaben des InvG und der Vertragsbedingungen und erhält im Gegenzug einen Aufwendungserstattungs- und Vergütungsanspruch. Das Investmentrecht regelt den Vertragsschluss beim Investmentvertrag sehr ausführlich. Insbesondere werden Vorkehrungen dafür getroffen, dass der einzelne Anleger seine Anlageentscheidung gut informiert treffen kann. So muss gem. § 121 Abs. 1 S. 1 InvG jedem am Erwerb eines Anteils Interessierten vor Abschluss des Investmentvertrages ein vereinfachter Verkaufsprospekt kostenlos und unaufgefordert angeboten werden. Darüber hinaus sind am Erwerb von Anteilen Interessierten und Anlegern der ausführliche Verkaufsprospekt sowie der letzte veröffentlichte Jahres- und Halbjahresbericht auf Verlangen kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Zudem enthalten die Sätze 3 bis 7 weitere inhaltliche Vorgaben zu den Dokumenten, die Kunden vor dem Vertragsschluss mitzuteilen sind. Darüber hinaus enthalten die §§ 41 –44 InvG detaillierte inhaltliche Vorgaben für den ausführlichen Verkaufsprospekt, den vereinfachten Verkaufsprospekt, die Vertragsbedingungen und die einzelnen von KAGen zu erstattenden Berichte. 2. Das Treuhandverhältnis Der Investmentvertrag begründet zwischen der KAG und den Anlegern ein Treuhandverhältnis, wobei die KAG Treuhänderin und der Anleger jeweils Treugeber ist. Im ersten Entwurf des KAGG von 1953 sah § 2 Abs. 1 ausdrücklich vor, dass zwischen KAGen und Anlegern ein Treuhandverhältnis besteht. Diese Vorschrift lautete:

133 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdnr. 12.140; Ohl, S. 45 f.; Geßler, WM 1957, Sonderbeilage Nr. 4, S. 10, 13; Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, BankrechtsHandbuch, Band III, § 113 Rdnr. 119.

2. Kap.: Das Investmentrecht

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„Das Anlagevermögen ist Treugut, welches von der Gesellschaft als Treuhänder für die jeweiligen Inhaber der Anteilsscheine als Treugeber treuhänderisch verwaltet wird.“ 134

In der endgültigen Fassung des KAGG von 1957 war eine entsprechende Vorschrift nicht mehr enthalten. Trotz vielfacher Änderungen des KAGG und der grundlegenden Neufassung des Investmentrechts im InvG fehlt es auch bis zum heutigen Tag an einer entsprechenden gesetzlichen Klarstellung. Nichtsdestotrotz herrscht Einigkeit darüber, dass KAGen Investmentfonds als Treuhänder verwalten. 135 Zu klären ist im Folgenden, welche Rechte und Pflichten sich aus diesem Treuhandverhältnis ergeben. Dabei werden zunächst die allgemeinen Strukturen der Treuhand nach deutschem Recht dargestellt. Sodann wird erläutert, wie das Treuhandverhältnis im Investmentrecht ausgestaltet ist. a) Das allgemeine Treuhandrecht Die Rechtsfigur der Treuhand ist keine deutsche Erfindung. Sie besteht vielmehr in allen entwickelten Rechtsordnungen. 136 Allerdings hat sie nicht überall dieselbe Bedeutung erlangt und ist auch nicht überall detailliert geregelt. Im angelsächsischen Common Law existiert die Treuhand als sog. „Trust“ und besitzt eine große Relevanz für die Rechtspraxis. Daher ist das Treuhandrecht dort auch sehr ausführlich geregelt. 137 In Deutschland hat die Treuhand hingegen keine vergleichbare Bedeutung erlangt. Es existieren auch keine allgemeinen gesetzlichen Vorschriften für das Treuhandverhältnis. 138 Weder das BGB noch ein anderes Gesetz sehen den Treuhandvertrag als eigenständigen Vertragstypus vor. 139 Gleichwohl bestand auch in Deutschland von jeher ein Bedarf an Konstruktionen, in denen einer Person etwas „zu treuen Händen“ überlassen werden kann. Dies gilt vor allem für den Wirtschaftsverkehr. So ist die Treuhand z. B. bei der Verwaltung von Kreditsicherheiten in internationalen Finanztransaktionen oder bei der Einschaltung eines Notaranderkontos für die Zahlung des Kaufpreises bei einem Grundstückskauf von erheblicher Relevanz. 140 Auch sehen heute einige 134 Entwurf der CDU / CSU-Fraktion im Bundestag eines Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften, BT-Drs. 1/4199, S. 1. 135 Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band III, § 113 Rdnr. 57; Schödermeier / Baltzer, in: Brinkhaus / Scherer, § 10 KAGG Rdnr. 14; Roth, S. 129; Utermann, ZfgKW 2004, 403. 136 Coing, S. 1. 137 Coing, S. 3. 138 Grundmann, S. 28; Köndgen / Schmies, WM 2004, Sonderbeilage 1, S. 3; Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band III, § 113 Rdnr. 55. 139 Heermann, in: MüKoBGB, § 675 Rdnr. 107; Martinek, in: Staudinger, Vorbem. zu §§ 662 ff. Rdnr. 40.

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

Gesetze die Rechtsfigur des Treuhänders ausdrücklich vor. So übernimmt ein Treuhänder gem. §§ 292, 313 InsO im Verbraucherinsolvenzverfahren die Aufgaben des Insolvenzverwalters. Zudem hat gem. § 8 PfandBG ein bei Pfandbriefbanken obligatorischer Treuhänder die vorschriftsmäßige Deckung von Pfandbriefen zu überprüfen. Im deutschen Recht geht man vom Bestehen eines Treuhandverhältnisses aus, wenn einer Person eine Rechtsmacht (Verfügungs- und / oder Vertretungsmacht) über bestimmte Vermögensgegenstände eingeräumt wird, welche im Innenverhältnis zu einer anderen Person oder Personengruppe durch schuldrechtliche Abreden beschränkt ist. 141 Die Person, der die Rechtsmacht eingeräumt wird, gilt als Treuhänder, die Person, die die Rechtsmacht einräumt, als Treugeber. Der Gegenstand, auf den sich die dem Treuhänder übertragene Rechtsmacht bezieht, wird als Treugut bezeichnet. Die schuldrechtliche Abrede zwischen dem Treuhänder und dem Treugeber ist schließlich die Treuhandabrede. Charakteristisch für das Treuhandverhältnis ist, dass aufgrund der Treuhandabrede das Können des Treuhänders gegenüber Dritten das Dürfen gegenüber dem Treugeber übersteigt. Treuhandverhältnisse werden hinsichtlich der mit ihnen bezweckten Absichten in eigennützige Treuhand und fremdnützige Treuhand (auch Verwaltungstreuhand) unterteilt. 142 Bei der eigennützigen Treuhand verwaltet der Treuhänder das ihm überlassene Treugut im eigenen Interesse, bei der fremdnützigen Treuhand hingegen ausschließlich im fremden Interesse. Unabhängig von dieser Unterscheidung ist der Treuhänder aber stets verpflichtet, die Interessen des Treugebers zu berücksichtigen. 143 Vorliegend ist vor allem die fremdnützige Treuhand von Bedeutung. Charakteristisches Merkmal der fremdnützigen Treuhand ist die Situation, dass einer Person eine Rechtsmacht eingeräumt wird, diese aber gleichzeitig dadurch beschränkt wird, dass sie im fremden Interesse auszuüben ist. Für derartige Konstellationen stellt das BGB die Vorschriften des Auftragsrechts (§§ 662 ff. BGB) und des Geschäftsbesorgungsrechts (§ 675 BGB i.V. m. §§ 663, 665 – 670, 672 – 674 BGB) zur Verfügung. Das Rechtsverhältnis zwischen Treuhänder und Treugeber bestimmt sich im deutschen Recht daher anhand der Vorschriften des unentgeltlichen Auftrags oder des entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrages. 144 Der Treuhänder ist wie der Beauftragte bzw. der Geschäftsbesorger in erster Linie verpflichtet, die ihm eingeräumte Rechtsmacht sorgfältig, sachkundig und 140

Henssler, AcP 196 (1996), 37, 39. Ehmann, in: Erman, BGB, 11. Aufl. 142 Martinek, in: Staudinger, Vorbem zu §§ 662 ff, Rdnr. 42. 143 Henssler, S. 37, 42 f.; Ehmann, in: Erman, BGB, 11. Aufl., Vor § 662, Rdnr. 99. 144 Heermann, in: MüKoBGB, § 675 Rdnr. 108; Martinek, in: Staudinger, Vorbem zu §§ 662 ff, Rdnr. 40; BGH WM 1969, 935. 141

2. Kap.: Das Investmentrecht

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dem Treugeber gegenüber loyal auszuüben. Er muss nach besten Kräften die Interessen des Auftraggebers wahren und den Auftrag sorgfältig und sachgemäß ausführen. 145 Er hat im Rahmen der Treuhand die Interessen des Treugebers und nicht seine eigenen oder die eines Dritten wahrzunehmen. Außerdem hat er den unter den gegebenen Umständen bei Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt erreichbaren Nutzen für den Treugeber zu optimieren, ihn also im Rahmen des Treuhandverhältnisses vor Schaden zu bewahren und sein der Treuhand zugrunde liegendes Interesse zu fördern. Der Treugeber kann dem Treuhänder gem. § 665 BGB für die Verwaltung des Treugutes bindende Weisungen erteilen. Die Bindung des Treuhänders an die Weisungen des Treugebers ist die Kehrseite der Befugnis des Treuhänders, auf Kosten des Treugebers Verpflichtungen einzugehen und Verfügungen zu treffen. Der Treugeber erhält so die Möglichkeit, die allgemeine Interessenwahrungspflicht des Treuhänders im Einzelfall oder für eine Vielzahl vergleichbarer Fälle zu konkretisieren. Für das Weisungsrecht des Treugebers besitzt auch die Auskunfts- und Rechenschaftspflicht des Treuhänders gem. § 666 BGB eine große Bedeutung. § 666 BGB verpflichtet den Beauftragten, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zur Verfügung zu stellen, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen. Erst durch diese Vorschrift wird gewährleistet, dass der Treuhänder ausreichend informiert ist, um seine sich aus der Treuhand ergebende Rechtsstellung angemessen beurteilen und dementsprechende Weisungen erteilen zu können. 146. Gem. § 667 BGB ist der Beauftragte ferner verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben. Die Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf das Verhältnis zwischen Treuhänder und Treugeber bei einer fremdnützigen Treuhand legitimiert sich durch den Umstand, dass der Treuhänder die ihm übertragene Rechtsmacht ausschließlich im Interesse des Treugebers auszuüben hat und letzterem daher auch die so entstandenen Früchte zustehen müssen. Da der Treuhänder ausschließlich im fremden Interesse handelt und die Früchte seiner Tätigkeit nicht behalten darf, wird ihm im Gegenzug ein Anspruch auf Aufwendungsersatz gem. § 670 BGB gewährt. b) Die Treuhand im Investmentrecht Gem. § 31 Abs. 1 InvG erhalten KAGen mit Abschluss des Investmentvertrages die Rechtsmacht, im eigenen Namen über die zu einem Investmentfonds 145 146

RGZ 90, 129; 130, 29; 145, 35. Seiler, in: MüKoBGB, § 666 Rdnr. 1.

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

gehörenden Gegenstände zu verfügen. Dies gilt unabhängig davon, ob das Sondervermögen im Miteigentum der Anleger oder im Eigentum der KAG steht. Diese Rechtsmacht darf die KAG aber nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 InvG ausschließlich im Interesse der Anleger ausüben. Das Verhältnis zwischen der KAG und den Anlegern stellt mithin eine fremdnützige Treuhand dar. Der Gesetzgeber hätte sich bei der Schaffung des Investmentrechts grundsätzlich darauf beschränken können klarzustellen, dass die KAG bei der Verwaltung des Fondsvermögens als Treuhänder agiert. Ohne weitere spezialgesetzliche Vorschriften zum Rechtsverhältnis zwischen KAG und Anlegern hätten sich die jeweiligen Rechte und Pflichten dann aus den §§ 662 ff. BGB ergeben. Der Gesetzgeber hätte auf diesem Wege mit geringem Aufwand und nur wenigen zusätzlichen Vorschriften ein Treuhandverhältnis zwischen der KAG und den Anlegern etabliert. Diese Vorgehensweise wäre grundsätzlich mit dem Anlegerschutzgedanken vereinbar gewesen, da die KAG auch dann verpflichtet gewesen wäre, Fonds ausschließlich im Interesse der Anleger zu verwalten. Das allgemeine Treuhandrecht wird allerdings nicht den praktischen Bedürfnissen des Investmentwesens gerecht. Der KAG müssen umfassende Verwaltungsbefugnisse zur Verfügung stehen, um flexibel Anlageentscheidungen treffen zu können. Außerdem darf der Verwaltungsaufwand für die KAG nicht zu groß sein, um im Interesse der Anleger eine kostengünstige und ertragreiche Fondsverwaltung gewährleisten zu können. Beide Voraussetzungen kann das allgemeine Treuhandrecht nur eingeschränkt erfüllen. Dass die KAG nach § 665 BGB an Weisungen der Anleger gebunden sein soll, ist schon nicht mit dem Umstand in Einklang zu bringen, dass der erforderliche Sachverstand für die Vermögensverwaltung regelmäßig alleine bei der KAG vorhanden ist. Eine der Grundideen des Investmentwesens ist es gerade, auch unerfahrenen Privatanlegern eine Investition auf dem Kapitalmarkt zu ermöglichen. Es ist dem Anlageerfolg aber nicht zuträglich, wenn die sachkundige KAG an Weisungen in Finanzangelegenheiten unerfahrener Anleger gebunden ist. 147 Im Interesse des Anlageerfolges muss die KAG vielmehr über die größtmöglichste Flexibilität bei der Anlageentscheidung verfügen. 148 Auch sollte den Anlegern eine ständige Befassung mit ihrer Anlage erspart bleiben. Sie sollen ihr Vermögen in die Hände professioneller Verwalter geben können, die sich umfassend und dauerhaft um die Verwaltung kümmern. Die Befugnis zur Erteilung von Weisungen an die KAG wäre für die Anleger hingegen nur dann sinnvoll, wenn sie sich doch mit der Verwaltung ihres Vermögens befassen. Nur so wären sie überhaupt in der Lage, sachgerechte Weisungen zu erteilen. Eine Weisungsbefugnis der An147

Roth, S. 121. Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band III, § 113 Rdnr. 58. 148

2. Kap.: Das Investmentrecht

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leger widerspricht also dem Gedanken, sie davon zu befreien, sich dauerhaft und regelmäßig um die Verwaltung ihres Vermögens zu kümmern. Selbst wenn der Gesetzgeber ein solches Weisungsrecht doch befürwortet hätte, wäre es erforderlich gewesen, ein Verfahren für die Erteilung der Weisungen zu entwerfen. Undenkbar ist es, jedem einzelnen Anleger individuell ein Weisungsrecht gegenüber der KAG einzuräumen. Eine derartige Konstruktion, bei der die KAG an die (möglicherweise sich widersprechenden) Weisungen einzelner Anleger gebunden ist, würde zur Handlungsunfähigkeit der KAG führen. Möglich wäre ein Weisungsrecht deshalb nur gewesen, wenn die Anleger sich auf gemeinsame Weisungen an die KAG verständigen könnten. Der Gesetzgeber hätte dann ein Anlegergremium schaffen müssen, an dessen Weisungen die KAG gebunden wäre. Eine solche Regelung wäre zwar international nicht unüblich, hätte aber zusätzlichen Verwaltungsaufwand geschaffen. Auch das individuelle Informationsrecht des Treugebers nach § 666 BGB ist angesichts der Bedürfnisse der kollektiven Vermögensanlage problematisch. Könnte jeder Anleger jederzeit verlangen, über den Stand der Vermögensverwaltung Auskunft zu erhalten, wäre die KAG mit einem enormen Verwaltungsaufwand belastet. Dieser Aufwand würde die Verwaltungstätigkeit der KAG mit Kosten belasten, die letztlich von den Anlegern zu tragen wären. Der Gesetzgeber hat das investmentrechtliche Treuhandverhältnis zwischen den Anlegern und der KAG deshalb abweichend von §§ 662 ff. BGB geregelt. Die wichtigste Abweichung der investmentrechtlichen Regelung des Treuhandverhältnisses von den Vorschriften des Auftragsrechts stellt der vollständige Verzicht auf ein Weisungsrecht der Anleger gegenüber der KAG dar. Der Gesetzgeber hat sich aufgrund der oben erörterten Probleme dafür entschieden, die Verwaltungsbefugnis der KAG frei von einer Bindung an Weisungen der Anleger auszugestalten. Im Gegenzug schützt er die Anleger auf anderem Wege vor einer Verwaltung der Fonds, die nicht in ihrem Interesse liegt. Die fehlende Weisungsgebundenheit der KAG wird zum einen dadurch kompensiert, dass ihnen gesetzliche Vorgaben gemacht werden, wie sie Investmentfonds zu verwalten hat. So darf die KAG gem. § 31 Abs. 4, 5 InvG beispielsweise für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger keine Gelddarlehen gewähren oder Vermögensgegenstände, die zu einem Fonds gehören, grundsätzlich nicht verpfänden oder in sonstiger Weise belasten. Ferner werden durch § 9 InvG die Sorgfaltspflichten der KAG konkretisiert. Neben dem Verweis auf den handelsrechtlichen Begriff der „Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns“ stellt diese Vorschrift weiterhin klar, dass die KAG unabhängig von der Depotbank, im ausschließlichen Interesse der Anleger und der Integrität des Marktes sowie mit der gebotenen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit zu handeln hat. Darüber hinaus müssen Interessenkonflikte vermieden und falls sie nicht zu vermeiden sind, im Interesse der Anleger gelöst werden. Hierzu

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

hat die Gesellschaft die geeigneten organisatorischen Vorkehrungen zu treffen. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass die Gefahr von Interessenkonflikten bei der KAG besonders groß ist und daher die Vermeidung bzw. ordnungsgemäße Behandlung von Interessenkonflikten ausdrücklich als Teil der Sorgfalts- und Loyalitätspflicht der KAG festgeschrieben. Zudem hat er bei gewissen Transaktionen, etwa bei einer Auslagerung von Tätigkeitsbereichen gem. § 16 InvG oder bei der Fusion von Investmentfonds gem. § 40 InvG, nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die KAG im Interesse der Anleger zu handeln haben. Ein weiterer Ausgleich für das Fehlen eines Weisungsrechts ist das Rückgaberecht der Anleger gem. § 37 InvG. 149 Nach dieser Vorschrift können die Anleger jederzeit von der KAG verlangen, dass ihnen gegen Rückgabe ihrer Anteile ihr Anteil an dem jeweiligen Investmentfonds ausgezahlt wird. So können Anleger bei Unzufriedenheit mit der Verwaltungsleistung der KAG zwar nicht auf sie einwirken. Sie haben aber zumindest das Recht, sich von ihrer Fondsanlage zu lösen. 150 Um einerseits eine ausreichende Information aller Anleger eines Fonds zu ermöglichen und andererseits den Verwaltungsaufwand für die KAG in Grenzen zu halten, wurde das individuelle Auskunftsrecht des Treugebers im Investmentrecht durch eine standardisierte Publizitätspflicht der KAG modifiziert. 151 Sie hat dem Anleger gem. § 121 Abs. 1 BGB kostenlos und unaufgefordert standardisierte Informationsdokumente anzubieten. 152 Hinzu kommt eine kontinuierliche Berichterstattungspflicht. Gem. § 44 Abs. 1, 2 InvG hat die KAG zum Ende eines Geschäftsjahres einen geprüften Jahresbericht und alle sechs Monate einen Halbjahresbericht zu erstatten. Nach § 44 Abs. 4 InvG muss sie bei Auflösung eines Investmentfonds auch einen Auflösungsbericht erstellen. Gem. § 45 Abs. 1 – 2, 4 InvG hat die KAG diese Berichte zu veröffentlichen und dem Publikum, also nicht nur den aktuellen Inhabern von Anteilsscheinen, zugänglich zu machen. Ferner muss sie die Berichte nach § 45 Abs. 3 InvG der BaFin einreichen. Da KAGen ihre Fonds allen Anlegern anbieten, sollen sich alle interessierten Anleger auch schon vor der Anlageentscheidung umfassend über einen Fonds informieren können. 149 Geßler, WM 1957, Sonderbeilage Nr. 4, S. 10, 23; siehe zu den Vor- und Nachteilen der Rücknahmepflicht der Kapitalanlagegesellschaft: Thoma / Steck, AG 2001, 330 f.; zur Belastung des Rückgaberechts mit einem Rückgabeabschlag siehe: Köndgen / Schmies, WM 2004, Sonderbeilage 1, S. 12 f. 150 In den Wirtschaftswissenschaften bezeichnet man den Verkauf von Wertpapieren bei Unzufriedenheit mit dem Management des Emittenten als „exit-strategy“, die Einwirkung auf das Management mit dem Ziel, sie entweder zu einer geänderten Verwaltung zu bewegen oder das Personal zu ersetzen, als „voice-strategy“. Fondsanlegern ist nach dem deutschen Investmentrecht die „voice-strategy“ verwehrt; ihnen bleibt mithin nur die „exit-strategy“. 151 Zum Bestehen eines individuellen Auskunftsanspruchs der Fondsanleger gegenüber KAGen gem. § 666 BGB siehe: 6. Kapitel Abschnitt F. 152 Siehe im Einzelnen: 6. Kapitel Abschnitt B.

2. Kap.: Das Investmentrecht

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Ein über die Informationspflichten von KAGen nach dem InvG hinausgehendes individuelles Informationsrecht der Anleger besteht lediglich in beschränktem Umfang. 153 Insgesamt ist festzustellen, dass die Modifizierung des Treuhandverhältnisses im Investmentrecht zu einer deutlichen Schwächung der vertraglichen Position der Anleger als Treugeber führt. Insbesondere haben die Anleger gegenüber der jeweiligen KAG kein Weisungsrecht. Als Ausgleich hierfür wurde die Verfügungsgewalt der KAG gesetzlich beschränkt, die Sorgfalts- und Loyalitätspflicht der KAG im Hinblick auf die besondere Gefahr der Interessenkonflikte konkretisiert und den Anlegern ein jederzeitiges Rückgaberecht gewährt. VI. Das Rechtsverhältnis zwischen Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank Gem. § 20 Abs. 1 S. 1 InvG haben KAGen ein Kreditinstitut als Depotbank mit der Verwahrung von Investmentvermögen zu beauftragen. Die Beauftragung erfolgt durch den Abschluss eines Depotvertrages, der als gemischtypischer Austauschvertrag mit überwiegenden Geschäftsbesorgungselementen zu qualifizieren ist. 154 In der Literatur wurde vertreten, dass KAG und Depotbank eine Innengesellschaft gem. §§ 705 ff BGB begründen, wobei der Gesellschaftszweck darin liegen solle, über die Gestaltung der Vertragbedingungen eine möglichst hohe Zahl von Anlegern zu gewinnen und zu halten, um ein hohes Fondsvolumen und somit eine hohe Vergütung für die eigene Tätigkeit zu erhalten. 155 Diese Auffassung ist abzulehnen, weil KAG und Depotbank keinen dauerhaften gemeinsamen Gesellschaftszweck verfolgen. 156 Man kann zwar die Erstellung der Vertragsbedingungen noch als gemeinsamen Zweck begreifen. Dieser ist aber mit der Fertigstellung erreicht und eine etwaige Gesellschaft deshalb gem. § 736 1. Alt. BGB erloschen. Darüber hinaus verfolgen KAG und Depotbank aber keinen gemeinsamen Gesellschaftszweck mehr, da Depotbanken im ausschließlichen Interesse der Anleger die Verwaltungstätigkeit von KAGen zu kontrollieren haben. Die Depotbank verwahrt die Wertpapiere eines Investmentfonds gem. § 24 Abs. 1 S. 1 InvG in Sperrdepots und die Geldguthaben nach § 24 Abs. 2 S. 1 InvG auf Sperrkonten. 157 Gleichzeitig hat sie einige mit der Verwahrung im Zusammenhang stehende Aufgaben zu erbringen: die Ausgabe und Rücknahme von 153

Siehe im Einzelnen: 6. Kapitel Abschnitt F. Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band III, § 113 Rdnr. 132 f.; Baur, Investmentgesetze, § 12 KAGG Rdnr. 14. 155 Ohl, S. 89. 156 Statt vieler: Reiss, S. 149 f. 157 Zur Erläuterung der Begriffe „Sperrdepot“ und „Sperrkonto“: Ohl, S. 59 f. 154

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

Anteilsscheinen einschließlich der Durchführung der hierfür erforderlichen Geldzahlungen und der Bewertung der Anteile an einem Investmentfonds gem. § 23 InvG sowie die technische Abwicklung von Wertpapiergeschäften gem. § 25 InvG. Neben der Verwahrung des Fondsvermögens ist es auch Aufgabe der Depotbank, die Verwaltungstätigkeit der KAG zu kontrollieren. Zentrale Vorschrift ist insoweit § 22 Abs. 1 S. 2 InvG, die besagt, dass die Depotbank die Weisungen der KAG auszuführen hat, sofern diese nicht gegen gesetzliche Vorschriften oder die Vertragsbedingungen verstoßen. Durch diese Formulierung wird die Depotbank verpflichtet, jede Weisung, die die KAG ihr hinsichtlich einer Verfügung über das Fondsvermögen erteilt, daraufhin zu überprüfen, ob sie mit den gesetzlichen Vorschriften und den Vertragsbedingungen übereinstimmen. Da die KAG ohne die Mitwirkung der Depotbank nicht über das Fondsvermögen verfügen kann und die Depotbank gleichzeitig verpflichtet ist, jede Verfügung auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gesetz und den Vertragsbedingungen zu überprüfen, besteht ein zweifacher Schutz der Anleger vor vertrags- bzw. gesetzeswidrigen Verfügungen über das Fondsvermögen. Weiterhin ist gem. § 26 InvG die Zustimmung der Depotbank für gewisse Geschäfte der KAG für Rechnung eines Investmentfonds erforderlich, wie z. B. die Aufnahme von Krediten sowie Verfügungen über Immobilien und deren Belastung. Nach § 27 Abs. 1 InvG hat die Depotbank darüber hinaus zu kontrollieren, ob die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen sowie die Berechnung des Wertes der Anteile ordnungsgemäß erfolgen, bei für ein Investmentfonds getätigten Geschäften der Gegenwert rechtzeitig in ihre Verwahrung gelangt, die Erträge des Investmentfonds ordnungsgemäß verwendet werden und die für Wertpapierdarlehen erforderliche Sicherheiten bestellt werden und vorhanden bleiben. Eine Kontrollbefugnis in umgekehrter Richtung, also zugunsten der KAG und gegenüber der Depotbank, sieht § 29 Abs. 2 InvG vor. Nach dieser Vorschrift darf die Depotbank ihre Vergütung für die Verwahrung eines Investmentfonds und die Erbringung ihrer sonstigen gesetzlichen Aufgaben nur dann einem zum Investmentfonds gehörenden Konto entnehmen, wenn die jeweilige KAG hierzu ihre Zustimmung erteilt. Depotbank und KAG müssen gem. §§ 9 Abs. 1 S. 2, 22 Abs. 1 InvG ihre Aufgaben unabhängig voneinander wahrnehmen, wobei die Depotbank Weisungen der KAG, die gesetzeskonform sind und mit den Vertragsbedingungen übereinstimmen, auszuführen haben. Die Depotbank soll der KAG im Interesse der Anleger als selbständige Institution bei der Verwaltung von Investmentfonds gegenüberstehen. Die hierfür erforderliche gegenseitige Unabhängigkeit gilt auch auf personeller Ebene. So bestimmt § 22 Abs. 2 S. 1 InvG, dass Geschäftsleiter, Prokuristen und die zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigten Handlungsbevollmächtigten der Depotbank nicht gleichzeitig Angestellte der KAG sein dürfen. Umgekehrt gilt gem. § 22 Abs. 2 S. 2 InvG dasselbe. Weiterhin hat die Depotbank

2. Kap.: Das Investmentrecht

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gem. § 22 Abs. 1 S. 3, 4 InvG durch Vorschriften zu Organisation und Verfahren sicherzustellen, dass bei Wahrnehmung ihrer Aufgaben Interessenkonflikte zwischen der Depotbank und der KAG vermieden werden und die Einhaltung dieser Vorschriften von einer bis auf Ebene der Geschäftsführung unabhängigen Stelle zu überwachen ist. Die Verpflichtung zur Vermeidung von Interessenkonflikten soll gewährleisten, dass sowohl die KAG als auch die Depotbank ihre Aufgaben im besten Anlegerinteresse erfüllen können. 158 VII. Das Rechtsverhältnis zwischen Depotbank und Anlegern Die Depotbank wird von der KAG mit ihren Aufgaben beauftragt. Der Depotbankvertrag wird also zwischen der Depotbank und der KAG geschlossen. Ein Vertragsverhältnis zwischen der Depotbank und den Fondsanlegern existiert hingegen nicht. 159 Die Anleger besitzen somit auch keine eigenen vertraglichen Ansprüche auf Verwahrung des Fondsvermögens und Ausübung der Kontrollbefugnisse gegenüber der jeweiligen Depotbank. Das InvG gewährt den Anlegern nur einige mit den Aufgaben der Depotbank im Zusammenhang stehende Ansprüche gegen die Depotbank: den Anspruch auf Verteilung eines abgewickelten Investmentfonds gem. § 39 Abs. 2 InvG sowie den Anspruch auf Geltendmachung von Ansprüchen der Anleger gem. § 28 InvG. Trotzdem besagt § 22 Abs. 1 S. 1 InvG, dass die Depotbank bei Wahrnehmung ihrer Aufgaben ausschließlich im Interesse der Anleger handelt. Diese besondere Konstellation, in der die Depotbank ausschließlich im Interesse der Anleger zu handeln hat, diesen aber kein eigener vertraglicher Anspruch auf Erbringung dieser Aufgaben gegen die Depotbank zusteht, hat zu Diskussionen über die rechtliche Einordnung des Rechtsverhältnisses zwischen der Depotbank und den Anlegern geführt. Einigkeit besteht lediglich darüber, dass zwischen der Depotbank und den Anlegern ein Treuhandverhältnis besteht. 160 Nach der früher herrschenden Meinung ist der Depotvertrag zwischen der KAG und der Depotbank ein Vertrag zugunsten Dritter gem. § 328 BGB, wobei die Anleger als Dritte unmittelbar das Recht erwerben, von der Depotbank die Erbringung der Verwahrungs- und Kontrollaufgaben zu fordern. 161 Hierfür spricht, dass die KAG und die Depotbank einen Vertrag schließen, bei der die Erbringung 158 Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Investmentänderungsgesetzes, BT-Drs. 16/5576, S. 69. 159 Müller, DB 1975, 485, 487; Schödermeier / Baltzer, in: Brinkhaus / Scherer, § 12 KAGG Rdnr. 17. 160 Baur, Investmentgesetze, § 12 KAGG Rdnr. 15; Schödermeier / Baltzer, in: Brinkhaus / Scherer, § 12 KAGG Rdnr. 16; Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band III, § 113 Rdnr. 134; Roth, S. 158. 161 Geßler, WM 1957, Sonderbeilage Nr. 4, S. 10, 22; Reuter, S. 122.

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

der Hauptleistung durch eine Partei, die Depotbank, im ausschließlichen Interesse Dritter, der Anleger, liegt. Gegen diese Auffassung spricht allerdings, dass die Drittberechtigung der Anleger nicht vom Vertragswillen der Depotbank und der KAG abhängig sein darf. 162 Zudem passt § 334 BGB nicht auf das Verhältnis zwischen der Depotbank und den Anlegern. Nach dieser Vorschrift dürfte die Depotbank den Anlegern Einwendungen aus dem Depotvertrag mit der KAG entgegenhalten. Das InvG verpflichtet die Depotbank aber unbedingt zur Verwahrung und Kontrolle im Interesse der Anleger. Mögliche Einschränkungen dieser Pflicht, die sich aus dem Vertrag mit der KAG ergeben, lassen sich mit der wichtigen Schutzfunktion der Depotbank für die Anleger nicht in Einklang bringen. Dementsprechend wird die Qualifikation des Depotbankvertrages als Vertrag zugunsten Dritter heute überwiegend abgelehnt und das Rechtsverhältnis zwischen der Depotbank und den Anlegern als gesetzliches Schuldverhältnis angesehen. 163 Grundlage dieses gesetzlichen Schuldverhältnisses sind die Pflichten, die der Depotbank im Interesse der Anleger durch das InvG auferlegt werden. VIII. Die staatliche Aufsicht zum Schutz der Anleger KAGen, Investmentaktiengesellschaften und Depotbanken unterstehen gem. § 5 InvG der Aufsicht durch die BaFin. Die Beaufsichtigung der KAGen durch die BaFin unterteilt sich in die Solvenzaufsicht und die Marktaufsicht. 164 Im Rahmen der Solvenzaufsicht überwacht die BaFin, ob KAGen die investmentrechtlichen Erlaubnisvoraussetzungen dauerhaft erfüllen. Im Rahmen der Marktaufsicht untersucht die BaFin, ob Investmentfonds im Einklang mit den Vorschriften des InvG und den Vertragsbedingungen des jeweiligen Fonds aufgelegt und verwaltet werden. Das Erfordernis der Marktaufsicht erklärt sich auch aus der investmentrechtlichen Ausgestaltung des Treuhandverhältnisses zwischen den Anlegern und der KAG, das den Anlegern keine Weisungsrechte gegenüber der KAG einräumt. 165 Für die Wahrnehmung ihrer Kontrollaufgaben werden der BaFin unterschiedliche Befugnisse eingeräumt. Ihr obliegt gem. § 43 Abs. 2 S. 1 InvG die Genehmigung von Vertragsbedingungen. Hierdurch wird gewährleistet, dass das Rechts162 Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band III, § 113 Rdnr. 134. 163 OLG Frankfurt am Main ZIP 1997, 319, 321; Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band III, § 113 Rdnr. 134; Ohl, S. 97 ff.; Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 2462; Schödermeier / Baltzer, in: Brinkhaus / Scherer, § 12 KAGG Rdnr. 17. 164 Vereinzelt wird zusätzlich auch von einer „Produktaufsicht“ gesprochen, etwa Beckmann, in: Beckmann / Scholtz, Kz. 410 § 5 Rdnr. 5. Die Produktaufsicht ist aber Bestandteil der Marktaufsicht, weshalb die Produktaufsicht im Folgenden auch nicht als separates Aufsichtsbereich behandelt wird. 165 Roth, S. 128.

2. Kap.: Das Investmentrecht

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verhältnis zwischen KAG und Anlegern den Anforderungen des InvG entspricht. Weiterhin ist die Genehmigung der BaFin gem. § 21 Abs. 1 S. 1 InvG bei der Auswahl der Depotbank sowie gem. § 39 Abs. 3 S. 1 InvG bei der Übertragung der Verwaltung eines Sondervermögens auf eine andere KAG erforderlich. Ferner haben KAGen der BaFin die Verkaufsprospekte nach § 42 Abs. 6 InvG und unterschiedliche Berichte nach § 45 Abs. 3 InvG einzureichen sowie diverse Anzeigen zu machen, beispielsweise hinsichtlich der Sicherheiten bei einem Wertpapierdarlehen nach § 54 Abs. 4 InvG. Auf Grundlage der Informationen, die die BaFin durch diese Berichte und Anzeigen erhält, kann sie eigene Aufsichtsmaßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass KAGen Investmentfonds gesetzesund vertragskonform verwalten. Die BaFin nimmt ihre Aufgaben gem. § 4 Abs. 4 des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes („FinDAG“) nicht im Interesse der einzelnen Anleger sondern ausschließlich im öffentlichen Interesse wahr.

E. Zusammenfassung Dem Investmentwesen liegt der Gedanke zugrunde, dass es privaten Anlegern an ausreichendem Sachverstand, Geldmitteln und Zeit fehlt, um ihr Vermögen am Kapitalmarkt entsprechend den Grundsätzen der Risikodiversifizierung anlegen zu können. Die Lösung für dieses Problem wird darin gesehen, dass die Geldmittel verschiedener Anleger zusammengefasst und von einem professionellen Vermögensverwalter risikodiversifiziert angelegt werden. Für eine solche kollektive Vermögensverwaltung bieten sich unterschiedliche rechtliche Strukturen an. Im deutschen Investmentrecht ist das Vertragsmodell herrschend. Anders als in anderen Jurisdiktionen besteht hierbei zwischen Anlegern und der Verwaltungsgesellschaft kein Gesellschaftsverhältnis. Vielmehr schließen die Anleger und die jeweilige KAG einen Investmentvertrag, in dem vereinbart wird, dass die Anleger Anteile an einem Investmentfonds erwerben und die KAG diesen Investmentfonds treuhänderisch verwaltet. Entgegen den Grundsätzen des allgemeinen Treuhandrechts sieht das Investmentrecht bei der Verwaltung von Investmentfonds kein Weisungsrecht der Anleger gegenüber der KAG vor. Die KAG besitzt vielmehr eine umfassende Verwaltungsbefugnis. Die Fondsverwaltung im Interesse der Anleger wird durch gesetzliche Vorgaben für die Verwaltung des Fondsvermögens, die getrennte Verwahrung des Fondsvermögens, die Kontrolle der Verwaltungstätigkeit der KAG durch eine Depotbank und die BaFin sowie die Überwachung der Geschäftsleitung der KAG durch den obligatorisch einzurichtenden Aufsichtsrat gewährleistet. Das deutsche Investmentrecht ist folglich von dem Grundsatz geprägt, dass die Anleger sich nicht selbst für die Wahrung ihrer Interessen einsetzen, sondern diese Aufgabe von Dritten wahrgenommen wird, die hierfür über den erforderlichen Sachverstand verfügen.

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

3. Kapitel

Die Anwendbarkeit der Corporate Governance-Grundsätze auf das Investmentrecht A. Die Bedeutung des Themas Corporate Governance für das Investmentwesen In den vorherigen Abschnitten wurden die Bedeutung des Begriffs Corporate Governance erläutert und die rechtlichen Grundstrukturen des Investmentwesens dargestellt. Im Folgenden wird untersucht, inwiefern das Thema Corporate Governance für das Rechtsverhältnis zwischen KAGen und Anlegern von Bedeutung ist. Offensichtlich ist, dass KAGen als Mahner guter Corporate Governance auftreten, indem sie sich bei den Emittenten von Wertpapieren, die sie für Investmentfonds erworben haben, für die Befolgung von Corporate Governance-Regeln einsetzen. Darüber hinaus ist zu untersuchen, inwiefern KAGen selbst gegenüber Anlegern verpflichtet sind, entsprechende Grundsätze zu beachten. I. Die Ansichten der Investmentindustrie Die Frage nach der Bedeutung des Themas Corporate Governance für KAGen wird in der Investmentindustrie uneinheitlich beantwortet. Im Jahre 2004 wurden die großen, in Deutschland tätigen KAGen von der Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen aufgefordert, zum Thema „Corporate Governance und Kapitalanlagegesellschaften“ Stellung zu nehmen. Die Gesellschaften DWS Investment GmbH, Fidelity Investments International, Union Investment Privatfonds GmbH äußerten dabei die Ansicht, dass Corporate Governance ausschließlich ein System der Unternehmensführung und Unternehmenskontrolle bei Aktiengesellschaften darstelle und dieses Thema für KAGen daher nur insoweit Relevanz besitze, als sie sich für eine gute Corporate Governance bei den Unternehmen, in deren Wertpapiere sie investiert haben, einzusetzen haben. 166 Ähnlich äußerte sich auch die Deka Investment GmbH, die die Bedeutung von Corporate Governance für KAGen darin sieht, dass diese die mit den Anlagen der Investmentfonds verbundenen Aktionärs- und Gläubigerrechte im Interesse der Anteilsinhaber ausüben. 167 Nach diesen Auffassungen gehören KAGen also nicht zum Adressatenkreis von Corporate Governance-Regeln. Vielmehr sind KAGen nur verpflichtet, bei Emittenten von Wertpapieren eine gute Corporate Governance einzufordern. 166

Gruber, ZfgKW 2004, 409; Baum, ZfgKW 2004, 410, 411; Drees / Wilhelm, ZfgKW 2004, 414. 167 Balodis, ZfgKW, 2004, 402.

3. Kap.: Anwendbarkeit auf das Investmentrecht

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Die Deutscher Investment-Trust Gesellschaft für Wertpapieranlagen mbH äußerte hingegen die Ansicht, dass das Thema Corporate Governance in doppelter Hinsicht für KAGen von Bedeutung sei. Zunächst sieht es die Gesellschaft ebenfalls als Pflicht von KAGen an, dass sie sich bei den Emittenten der Aktien, die sie für die von ihnen verwalteten Fonds erworben haben, für eine Befolgung von Corporate Governance-Grundsätze einsetzen. Darüber hinaus sieht sie die Bedeutung von Corporate Governance für KAGen aber auch darin, dass für die Verwaltung von Investmentfonds Strukturen und Prozesse existieren müssen, die durch Transparenz, Integrität und Verlässlichkeit geprägt sind und so bei den Kunden Vertrauen schaffen. 168 Die Deutscher Investment-Trust Gesellschaft für Wertpapieranlagen mbH war damals also der Ansicht, dass KAGen gegenüber ihren Kunden zur Befolgung von Corporate Governance-Grundsätzen verpflichtet seien; KAGen mithin ebenfalls zum Adressatenkreis von Corporate GovernanceRegeln gehörten. Der Branchenverband BVI ging zunächst entsprechend der vorherrschenden Ansicht in der Investmentindustrie davon aus, dass Corporate Governance in erster Linie ein Thema für börsennotierte Aktiengesellschaften ist und KAGen nur verpflichtet sind, sich ihnen gegenüber für eine Befolgung der Corporate GovernanceGrundsätze einzusetzen. 169 Zwar akzeptierte der BVI in diesem Zusammenhang die Pflicht von KAGen, die Anleger darüber zu informieren, inwieweit sie sich bei Unternehmen, in deren Wertpapiere sie für einen Investmentfonds investiert haben, für eine gute Corporate Governance einsetzen. Die Unternehmensführung durch die KAGen und somit Themen wie Best Execution, Performancevergleiche und Kostentransparenz haben nach damaliger Ansicht des BVI allerdings nichts mit Corporate Governance zu tun. 170 Mittlerweile hat der BVI seine Ansicht insofern revidiert, als er die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung durch die Geschäftsleitung und den Aufsichtsrat einer KAG als Gegenstand der internen Corporate Governance der KAG anerkennt. 171 II. Die Ansichten in der Literatur Auch in der Literatur wird die Frage der Bedeutung des Themas Corporate Governance für die Investmentbranche nicht einheitlich beurteilt. Köndgen / Schmies 168

Utermann, ZfgKW 2004, 403. BVI-Jahresbericht 2004, S. 77, abrufbar unter www.bvi.de; Kurr / Martin, ZfgKW 2004, 412. 170 BVI-Jahresbericht 2004, S. 77, abrufbar unter www.bvi.de. 171 Ziffer IIa der vom BVI aufgestellten Wohlverhaltensregeln trägt die Überschrift „Geschäftsleitung und Aufsichtsrat wirken auf eine gute interne Corporate Governance der Kapitalanlagegesellschaft hin.“, die Wohlverhaltensregeln sind abrufbar unter: www.bvi.de; siehe hierzu auch: 3. Kapitel Abschnitt C.III. 169

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

scheinen die Ansicht zu teilen, dass KAGen selbst nicht Gegenstand von Corporate Governance-Regeln sind. So sehen sie es als möglichen Vorteil von Investmentaktiengesellschaften gegenüber den nach dem Vertragsmodell verwalteten Investmentfonds an, dass es für erstere ein funktionierendes Corporate GovernanceRegime geben könne, für letztere hingegen nicht. 172 An anderer Stelle diskutiert Köndgen die Kontroll- und Steuerungsbefugnisse der Fondsanleger sowie deren Informationsrechte gegenüber KAGen allerdings ebenfalls unter der Überschrift „Corporate Governance“. 173 Dies legt den Schluss nahe, dass er das Thema Corporate Governance auch dem Rechtsverhältnis zwischen KAGen und Fondsanlegern zuordnet. Diese Auffassung vertreten auch Fürhoff und Schuster, die die BVIWohlverhaltensregeln, die sich mit den Verwaltungspflichten der KAGen gegenüber Fondsanlegern beschäftigen, als Beitrag zum Thema Corporate Governance von KAGen ansehen. 174 Diese Ansicht wird auch von Mansfeld geteilt, der aus der Pflicht von KAGen zum Handeln im Anlegerinteresse „Grundsätze zur Corporate Governance von Fondsgesellschaften“ ableitet. 175 III. Die Auffassung des Gesetzgebers Der Gesetzgeber hat sich erstmals im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens des Investmentänderungsgesetzes zu der Frage geäußert, inwiefern das Thema Corporate Governance für KAGen von Bedeutung ist. Dabei sieht der Gesetzgeber KAGen auch als Adressaten von Corporate Governance-Gundsätzen und führt aus: „Die besondere Verantwortung der Kapitalanlagegesellschaft als Treuhänderin der ihr anvertrauten Anlagegelder verlangt im Vergleich zu anderen Finanzmarktprodukten eine effektivere Ausgestaltung des Anlegerschutzes und der Corporate Governance.“ 176 „Zur Verbesserung des Anlegerschutzes wird die Corporate Governance gestärkt.“ 177

Der Gesetzgeber geht also davon aus, dass das Thema Corporate Governance von KAGen als Teil des investmentrechtlichen Anlegerschutzkonzepts anzusehen ist. Dabei unterscheidet er zwischen Corporate Governance und sonstigem Anlegerschutz. Wo insoweit die Trennlinie zu ziehen ist, kann den Ausführungen der Bundesregierung indes nicht entnommen werden. 172

Köndgen / Schmies, WM 2004, Sonderbeilage 1, S. 17. Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band III, § 113 Rdnr. 98. 174 Fürhoff / Schuster, BKR 2003, 134, 140. 175 Mansfeld, ZfgKW 2007, 259, 260. 176 Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Investmentänderungsgesetzes, BT-Drs. 16/5576, S. 2. 177 Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Investmentänderungsgesetzes, BT-Drs. 16/5576, S. 60. 173

3. Kap.: Anwendbarkeit auf das Investmentrecht

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IV. Eigene Auffassung Für die Frage der Bedeutung des Themas Corporate Governance für das Rechtsverhältnis zwischen KAGen und Fondsanlegern sollte zwischen dem Begriff Corporate Governance und dessen inhaltlicher Bedeutung unterschieden werden. Inhaltlich ist auf den Zweck von Corporate Governance-Regeln abzustellen. Ist der Zweck von Corporate Governance-Regeln auch auf das Rechtsverhältnis zwischen KAGen und Fondsanlegern übertragbar, spricht dies dafür, dass das Thema Corporate Governance auch für das Rechtsverhältnis zwischen KAGen und ihren Fondsanlegern von Bedeutung ist. Sodann ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob Corporate Governance auch begrifflich auf dieses Rechtsverhältnis angewendet werden kann. 1. Inhaltliche Bedeutung Zentraler Regelungszweck von Corporate Governance-Regeln ist die Behandlung des Fremdverwaltungsproblems. 178 Dieses Problem entsteht bei der Trennung von Eigentum und Verwaltung und gewinnt an Bedeutung, sofern den Eigentümern gegenüber den Verwaltern nur geringe Kontroll- und Weisungsbefugnisse zustehen. In dieser Situation besteht die Gefahr, dass die Verwalter ihre Tätigkeit nicht primär an den Interessen der Eigentümer ausrichten. Klassischer Anwendungsfall von Corporate Governance-Regeln ist das Rechtsverhältnis zwischen Gesellschaftern börsennotierter Kapitalgesellschaften und deren Verwaltungsorganen. Das Rechtsverhältnis zwischen KAGen und Fondsanlegern ist sowohl durch eine Trennung von Eigentum und Verwaltung als auch durch eingeschränkte Weisungsund Kontrollmöglichkeiten auf der Eigentümerseite geprägt. Eine Trennung von Eigentum und Verwaltung ist rechtlich bereits bei der in der Praxis am weitesten verbreiteten Miteigentumslösung gegeben. Hierbei befindet sich der von einer KAG verwaltete Investmentfonds im Miteigentum der Fondsanleger, wird aber ausschließlich von der jeweiligen KAG verwaltet. Keine rechtliche wohl aber eine ökonomische Trennung von Eigentum und Verwaltung liegt bei der weniger weit verbreiteten Treuhandlösung vor 179 Hier ist die KAG zwar Eigentümerin des von ihr verwalteten Fondsvermögens. Das wirtschaftliche Risiko der Wertentwicklung des Investmentfonds tragen aber alleine die Anleger. Die ökonomische Zuordnung des Fondsvermögens zum Eigentum der Anleger wird auch durch ihr jederzeitiges Rückgaberecht unterstrichen. Da das den Corporate Governance-Regeln zugrunde liegende Fremdverwaltungsproblem in erster Linie ein ökonomisches ist, muss auch die ökonomische Betrachtungsweise für die Beurteilung der Frage, ob eine 178 179

Siehe zu den Einzelheiten: 1. Kapitel Abschnitt B.II. Siehe zu den Einzelheiten: 2. Kapitel Abschnitt D.II.

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

Trennung von Eigentum und Verwaltung vorliegt, entscheidend sein. Unabhängig von der Gestaltung der Eigentumsverhältnisse an dem Fondsvermögen ist die Verwaltung von Investmentfonds mithin durch eine Trennung von Eigentum und Verwaltung geprägt. Weisungs- und Kontrollmöglichkeiten der Fondsanleger gegenüber KAGen bestehen nur in sehr eingeschränkten Umfang. Zur Erteilung von Weisungen hinsichtlich der Verwaltung von Investmentfonds sind Fondsanleger überhaupt nicht berechtigt. Kontrollmöglichkeiten bestehen lediglich insofern, als KAGen gesetzlich verpflichtet sind, Fondsanleger regelmäßig zu informieren. Als Sanktionsmaßnahme bei Unzufriedenheit mit der Verwaltungstätigkeit steht den Fondsanlegern einzig die Möglichkeit der Rückgabe oder des Verkaufs der Fondsanteile zur Verfügung. Aktionäre börsennotierter Aktiengesellschaften verfügen zumindest über Stimmrechte auf der Hauptversammlung, die nur deshalb regelmäßig keine wirkungsvolle Einflussnahmemöglichkeit vermitteln, weil sie aufgrund der großen Gesamtzahl von Stimmrechten quantitativ nicht ins Gewicht fallen. Im Vergleich zu Aktionären verfügen Fondsanleger folglich über noch weniger Weisungs- und Kontrollmöglichkeiten. Das dem Themenkomplex Corporate Governance zugrunde liegende Fremdverwaltungsproblem besteht mithin auch im Rechtsverhältnis zwischen Fondsanlegern und KAGen. Es ist somit festzustellen, dass weit reichende Parallelen in der ökonomischen Stellung von Fondsanlegern und Aktionären börsennotierter Aktiengesellschaften bestehen. Der Regelungszweck von Corporate Governance-Regeln ist daher auch für das Rechtsverhältnis zwischen KAGen und Fondanlegern von Bedeutung. 2. Begriffliche Bedeutung Fraglich ist jedoch, ob der Begriff Corporate Governace auf das Rechtsverhältnis zwischen Fondsanlegern und KAGen anwendbar ist. Corporate Governance setzt sich aus den beiden Begriffsbestandteilen „Corporate“ und „Governance“ zusammen. „Corporate“ ist als Adjektiv von dem Substantiv „Corporation“ abgeleitet, das als „Körperschaft“, „juristische Person“ oder „Kapitalgesellschaft“ übersetzt werden kann. 180 „Governance“ ist als „Regierungs-, Verwaltungs-, Herrschaftsstruktur“ zu übersetzen. 181 Wörtlich übersetzt ist „Corporate Governance“ folglich als Verwaltungsstruktur von Kapitalgesellschaften zu verstehen. KAGen dürfen gem. § 6 Abs. 1 S. 2 InvG nur in der Rechtsform einer GmbH oder einer AG gegründet werden. Sie sind also stets Kapitalgesellschaften. Die Verwaltung bzw. Leitung von KAGen kann folglich unter den Begriff Corporate Governance gefasst werden. 180 181

Dietl / Lorenz, S. 179. Dietl / Lorenz, S. 360.

3. Kap.: Anwendbarkeit auf das Investmentrecht

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Allerdings müssen die sich aus der Treuhänderstellung von KAGen ergebenden Besonderheiten berücksichtigt werden. Während die Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften üblicherweise verpflichtet ist, ihre Verwaltungstätigkeit im Unternehmensinteresse und somit indirekt im Interesse der Gesellschafter zu erbringen, muss die Geschäftsführung einer KAG ihre Verwaltungstätigkeit hinsichtlich des Hauptgeschäftsfeldes der KAG, der Verwaltung von Investmentfonds, im primären Interesse der Fondsanleger erbringen. Im Investmentwesen ist folglich nicht das Verhältnis zwischen der Geschäftsführung und den Gesellschaftern von KAGen von besonderem Interesse sondern das Verhältnis zwischen der Geschäftsführung und den Fondsanlegern. Auch das Fremdverwaltungsproblem besteht bei KAGen in erster Linie im Verhältnis zu den Fondsanlegern. Den Anteilseignern einer KAG stehen gesellschaftsrechtliche Weisungs- und Kontrollbefugnisse gegenüber der Geschäftsleitung zur Verfügung. Diese Befugnisse sind in aller Regel auch nicht durch eine Vielzahl von Gesellschaftern verwässert, da die Anteile von KAGen üblicherweise nur von wenigern Gesellschaftern gehalten werden. Beschäftigt sich Corporate Governance mit der Lösung des Fremdverwaltungsproblems und tritt dieses grundsätzlich in Gesellschaftsverhältnissen auf, ist die Verwendung des Begriffsbestandteils „Corporate“ sachgerecht. Besteht das Fremdverwaltungsproblem im Investmentwesen aber in erster Linie im Rechtsverhältnis zwischen KAG und Anlegern, das schuldrechtlicher und nicht gesellschaftsrechtlicher Natur ist, erscheint die Verwendung des Begriffsbestandteils „Corporate“ zur Bezeichnung von Regeln zum Ausgleich des Fremdverwaltungsproblem hingegen irreführend. Während Corporate Governance-Regeln vor allem eine ausgewogene Machtbalance zwischen den verschiedenen Organen einer Gesellschaft herstellen, müssen Regeln zur Wahrung der Interessen von Fondsanlegern in erster Linie die vertragliche Treuhänderstellung der KAGen näher ausgestalten. Die Tatsache, dass KAGen und Anleger ausschließlich durch ein Vertragsverhältnis miteinander verbunden sind, sollte in der Bezeichnung der Regeln zur Wahrung der Anlegerinteressen zum Ausdruck kommen. Der Begriff Corporate Governance erscheint hierfür wenig geeignet. 3. Schlussfolgerung Es kann somit festgestellt werden, dass das Thema Corporate Governance auch für das Rechtsverhältnis zwischen KAGen und Fondsanlegern von Bedeutung ist. Gleichzeitig wird aber deutlich, dass die Verwendung des Begriffs „Corporate Governance“ für Regeln zur Wahrung der Anlegerinteressen irreführend ist. Man könnte daher den Zusatz „Corporate“ streichen und die für KAGen geltenden Vorschriften zur Sicherstellung der Anlegerinteressen schlicht als Governance-Regeln beschreiben. 182 Inhaltlich präziser erscheint aber die Verwendung 182

Strenger, in: Hommelhoff / Hopt / von Werder, Handbuch Corporate Governance, S. 698, 699.

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

des Begriffs „Fund Governance“. 183 Hierdurch wird deutlich, dass unter dieser Überschrift Regeln zur Verwaltung von Investmentfonds zusammengefasst sind. Außerdem erfolgt eine Abgrenzung zu den Regeln, die sich mit der Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen KAGen und ihren Anteilseignern beschäftigen. Dieses Rechtsverhältnis ist Gegenstand der „klassischen“ Corporate GovernanceRegeln. Als investmentrechtliches Pendant zu Corporate Governance kann die inhaltliche Bedeutung von Fund Governance wie folgt zusammengefasst werden: Fund Governance bezeichnet den Rechtsrahmen für die Organisation und Geschäftstätigkeit von KAGen, dessen Ziel es ist sicherzustellen, dass Investmentfonds ausschließlich im Interesse der Fondsanleger und nicht im eigenen Interesse oder im Interesse Dritter verwaltet werden. 184

B. Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance Sowohl Corporate Governance als auch Fund Governance behandeln im Kern das Fremdverwaltungsproblem. Während Corporate Governance sich aber der Lösung des Fremdverwaltungsproblems in Gesellschaftsverhältnissen widmet, ist Mittelpunkt der Fund Governance ein Vertragsverhältnis. Daher können die Gestaltungskonzepte von Corporate Governance-Regeln nicht ohne Abweichung auf Fund Governance-Vorschriften übertragen werden. Vielmehr sind die besonderen Rechtsstrukturen des Investmentwesens zu berücksichtigen und die Gestaltungskonzepte entsprechend anzupassen. 185 Corporate Governance-Regeln verwenden die folgenden drei Gestaltungskonzepte: Gewaltenteilung, Transparenz und Reduzierung von Interessenkonflikten. 186 Nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung werden Verfügungsrechte auf mehrere Akteure verteilt. 187 Im Rahmen von Corporate Governance bedeutet Gewal183 So auch Muthreich / Demoulin, ZfgKW 2004, 420, 424; den Begriff „Fund Governance“ verwendet ferner die US-amerikanische Wertpapieraufsichtsbehörde SEC, siehe beispielsweise die Rede des Direktors der SEC-Abteilung „Investment Management“, Paul F. Roye, vom 4. Dezember 2004; abrufbar unter: www.sec.gov/news/speech /spch120904pfr.htm; ähnlich auch: Mansfeld, ZfgKW 2007, 259, 260, der von „FondsGovernance“ spricht. 184 Ähnlich auch: Technical Committee of the International Organization of Securities Commissions (IOSCO), „Consultation Report, Examination of Governance for Collective Investment Schemes“, Februar 2005, S. 4, abrufbar unter: www.iosco.org; Thompson / Choi, „Governance Systems for Collective Investment Schemes in OECD Countries“, April 2001, S. 9; Zetzsche, ZBB, 438, 439. 185 So auch: Paul, International Business Lawyer 2000, 261. 186 Siehe: 1. Kapitel Abschnitt E.II.

3. Kap.: Anwendbarkeit auf das Investmentrecht

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tenteilung, dass zwischen den Organen einer Gesellschaft eine Machtbalance hergestellt wird, indem jedem Organ Verwaltungsbefugnisse zugewiesen werden und das Handeln der Mitglieder des Geschäftsführungsorgans der Kontrolle durch die übrigen Organe unterstellt wird. KAG, Depotbank und Anleger sind nicht Organe einer gemeinsamen Gesellschaft, da sie nur durch vertragliche oder gesetzliche Schuldverhältnisse verbunden sind, nicht aber durch ein Gesellschaftsverhältnis. Gewaltenteilung im engeren Sinne ist zwischen KAG, Depotbank und Anleger mithin nicht möglich. Grundsätzlich ist es auch denkbar, in einem mehrseitigen Schuldverhältnis die für die Erreichung des Vertragszwecks erforderlichen Befugnisse auf alle Parteien zu verteilen und gegenseitige Kontrollrechte zu implementieren. Demnach hätte das Investmentrecht so strukturiert werden können, dass die Gesamtheit der für die Verwaltung von Investmentfonds erforderlichen Befugnisse auf KAG, Depotbank und Anleger verteilt werden. Der Gesetzgeber hat sich bei Schaffung des Investmentrechts aber bewusst gegen eine derartige Konstruktion entschieden. Den Anlegern sollten gerade keine Verwaltungskompetenzen zukommen, da ihnen in aller Regel die hierfür erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen fehlen. Die Mitwirkung der Anleger ist darauf beschränkt, sich für oder gegen eine Anlage in bestimmte Investmentfonds zu entscheiden. Eine Gewaltenteilung findet demnach nur zwischen KAG und Depotbank statt. Die KAG verwaltet die Investmentfonds, während die Depotbank das Fondsvermögen verwahrt. Da den Anlegern aber keine eigenen Befugnisse eingeräumt sind, die sie dazu nutzen können sicherzustellen, dass Investmentfonds in ihrem Interesse verwaltet werden, müssen weitere Schutzvorkehrungen getroffen werden. Eine dieser Schutzvorkehrungen ist die Verpflichtung der KAG zur Verwaltung von Investmentfonds im ausschließlichen Interesse ihrer Anleger und der Integrität des Marktes gem. § 9 Abs. 2 Nr. 1 InvG. Im Rahmen der Fondsverwaltung darf die KAG somit nicht eigene Interessen oder die ihrer Anteilseigner verfolgen. Vielmehr müssen die Interessen der Anleger im Mittelpunkt ihrer Tätigkeit stehen. Diese Verpflichtung nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 InvG ist aber abstrakt und besagt nicht, welche Handlungen die KAG im Einzelfall vorzunehmen hat. Stünden den Fondsanlegern hingegen Weisungsbefugnisse gegenüber der KAG zu, könnten sie die Handlungspflichten der KAG für besonders kritische Einzelfälle konkretisieren. Da derartige Weisungsbefugnisse aber nicht bestehen sollen, muss die Verpflichtung der KAG zum Handeln im ausschließlichen Anlegerinteresse für bestimmte Konfliktfälle konkretisiert werden. Weiterhin unterliegt die KAG zum Ausgleich für die fehlenden Verwaltungsbefugnisse der Anleger der Kontrolle anderer Institutionen. Die Verwaltungstätigkeit der KAG wird sowohl von der Depotbank als auch von dem Aufsichtsrat der KAG 187

von Werder, in: Hommelhoff / Hopt / von Werder, Handbuch Corporate Governance, S. 3, 14.

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

überwacht. Beide üben ihre Überwachungsbefugnisse dabei im Interesse der Anleger aus. Hinzu kommt die Aufsicht über KAG und Depotbank durch die BaFin, die allerdings ihre Aufgaben gem. § 4 Abs. 4 FinDAG nur im öffentlichen Interesse und nicht im Interesse der Anleger wahrnimmt. Der Grundsatz der Transparenz ist im Investmentwesen ebenfalls von großer Bedeutung. Da den Anlegern keine Verwaltungsbefugnisse zustehen, müssen sie zumindest umfassend über ihre Anlage informiert sein, um entscheiden zu können, ob sie Fondsanteile erwerben, behalten oder an die KAG zurückgeben. Gem. §§ 42, 121 InvG hat die KAG Anleger vor Vertragsschluss bestimmte Informationen zur Verfügung zustellen. Außerdem ist sie gem. §§ 44, 45 InvG verpflichtet, Berichte zu erstellen und dem Anlagepublikum zugänglich zu machen. Zudem hat die KAG gem. § 124 InvG bestimmte Anforderungen zu beachten, wenn sie sich mittels Werbung an das Anlagepublikum wenden. Die von der KAG zu erfüllenden Transparenzanforderungen können auch als Bestandteil ihrer Verpflichtung zur Verwaltung von Investmentfonds im ausschließlichen Anlegerinteresse angesehen werden. 188 Aufgrund ihrer besonderen Bedeutung werden sie im Rahmen dieser Untersuchung aber als eigenständiges Gestaltungskonzept der Fund Governance behandelt. Die Reduzierung und Behandlung von Interessenkonflikten ist eine Kernaufgabe der Fund Governance. Angesichts der bereits beschriebenen Einbindungen von KAGen in Finanzkonzerne besteht im Investmentwesen ein besonders großes Potential für Interessenkonflikte. Daher ist es unerlässlich, Regelungen zu treffen, die erstens das Auftreten von Interessenkonflikten so weit wie möglich verhindern und zweitens sicherstellen, dass unvermeidbare Interessenkonflikte ausschließlich im Interesse der Anleger gelöst werden. Das Gebot der Vermeidung und angemessenen Behandlung von Interessenkonflikten ist allerdings kein selbständiges Gestaltungskonzept der Fund Governance sondern Bestandteil der Verpflichtung der KAG zur Fondsverwaltung im Anlegerinteresse. Dabei ist zu unterscheiden zwischen organisatorischen Anforderungen, die die KAG zu erfüllen hat, um die Entstehung von Interessenkonflikten so weit wie möglich zu verhindern und Verhaltenspflichten, im Rahmen der Verwaltungstätigkeit zu beachten sind. Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance sind mithin wie folgt zusammenzufassen: Gewaltenteilung (zwischen KAG und Depotbank), Pflicht der KAG zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse, Aufsicht im Anlegerinteresse und Transparenz. 189 Da Gewaltenteilung nur zwischen Depotbank und KAG besteht und die Verwahrtätigkeit der Depotbank eng mit ihren Kontrollaufgaben verbunden ist, wird der Grundsatz der Gewaltenteilung im Folgenden 188

Beckmann, in: Beckmann / Scholtz, Kz. 410 § 9 Rdnr. 3a. Ähnlich Mansfeld, ZfgKW 2007, 259, 260, der die Pflicht zum Handeln im Anlegerinteresse und Aufsicht als Gestaltungskonzepte der Fund Governance anführt. 189

3. Kap.: Anwendbarkeit auf das Investmentrecht

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nicht selbständig behandelt, sondern im Rahmen der Aufsicht im Anlegerinteresse dargestellt.

C. Die Rechtsquellen der Fund Governance Für die Regeln der Fund Governance existieren verschiedene Rechtsquellen. Neben den Vorschriften des InvG sind dies vor allem Verlautbarungen der BaFin bzw. des BAKred. Bedeutsam sind zudem die vom BVI aufgestellten Wohlverhaltensregeln für KAGen. Zudem wurden von einem privaten Expertengremium der Corporate Governance Kodex für Asset Management Gesellschaften und von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V. die DSW-Leitsätze für Investment- und Pensionsfonds aufgestellt. Schließlich existieren auch auf internationaler Ebene Regelwerke, die sich dem Thema Fund Governance widmen. I. Investmentgesetz Die wichtigste Rechtsquelle der Fund Governance ist das InvG. Das InvG setzt den wesentlichen Rechtsrahmen für die Organisation und die Geschäftstätigkeit von KAGen sowie ihr Rechtsverhältnis zu den Fondsanlegern. Die §§ 6 – 17a InvG enthalten zwingende Vorgaben zu der Organisationsstruktur sowie den Verhaltenspflichten von KAGen. Von zentraler Bedeutung ist dabei § 9 InvG, der KAGen zur sorgfältigen Verwaltung der Sondervermögen verpflichtet und diese Sorgfaltspflicht auch dahingehend konkretisiert, dass die Gesellschaften bei der Ausübung ihrer Tätigkeit ausschließlich im Interesse ihrer Anleger zu handeln haben. Diese Pflicht wird im InvG auch an anderer Stelle betont, etwa in § 16 Abs. 1 InvG im Zusammenhang mit der Auslagerung wesentlicher Aufgaben oder in § 40 S. 1 Nr. 4 InvG für die Fusion von Sondervermögen. Weiterhin bestimmt § 22 Abs. 1 S. 1 InvG, dass auch Depotbanken ihre Aufgaben ausschließlich im Interesse der Anleger wahrzunehmen haben. Die Vorschriften des InvG gelten für alle KAGen und sind zwingendes Recht. Die Gesellschaften können also nicht zu Lasten der Anleger abweichende Vereinbarungen treffen. II. Verlautbarungen der Aufsichtsbehörden Von Bedeutung sind für KAGen auch Verlautbarungen von Aufsichtsbehörden zum Thema Fund Governance. Für die Überwachung von KAGen waren früher das BAKred und unter bestimmten Umständen das BAWe zuständig. Heute unterliegen KAGen der Aufsicht durch die BaFin, in der das BAKred und das BAWe aufgegangen sind. Die Verlautbarungen der BaFin können hinsichtlich ihrer Rechtsform in folgende Gruppen unterteilt werden: Rechtsverordnungen, Richtlinien, Bekanntmachungen, Mitteilungen, Schreiben und Rundschreiben. 190

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

Rechtsverordnungen sind von der Exekutive erlassene Rechtsnormen und somit für ihre Adressaten verbindlich. 191 Sie können gem. Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG von der Bundesregierung, einem Bundesminister oder einer Landesregierung nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Ermächtigung erlassen werden. Gem. Art. 80 Abs. 1 S. 4 GG kann die Befugnis zum Erlass von Rechtsverordnungen per Gesetz auch weiter übertragen werden. Für den Bereich des Investmentrechts enthalten unter anderem die §§ 20 Abs. 4, 44 Abs. 7, 51 Abs. 3 InvG Ermächtigungen zugunsten des Bundesfinanzministeriums zum Erlass von Rechtsverordnungen und zur Übertragung der Befugnis auf die BaFin. So hat die BaFin für den Bereich der Fund Governance gem. §§ 44 Abs. 7, 51 Abs. 3 InvG etwa die Derivateverordnung erlassen. 192 Nach § 5 der Derivateverordnung sind KAGen beispielsweise verpflichtet, durch Kontrollverfahren sicherzustellen, dass Geschäfte mit verbundenen Unternehmen zu marktgerechten Konditionen abgeschlossen werden. Die §§ 4 Abs. 2, 9 Abs. 5 InvG ermächtigen die BaFin zudem zum Erlass von Richtlinien. Bei Richtlinien handelt es sich nicht um Rechtssätze sondern um norminterpretierende oder ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften. 193 Gerichte sind an sie nicht gebunden. 194 Für ihre Adressaten sind Richtlinien aber auch deshalb von erheblicher Bedeutung, weil sich Gerichte bei der Auslegung von Gesetzesvorschriften an ihnen orientieren. 195 Von der Befugnis nach § 4 Abs. 2 InvG hat die BaFin Gebrauch gemacht und die Richtlinie zur Festlegung von Fondskategorien erlassen. 196 Mit dieser Richtlinie bezweckt die Aufsichtsbehörde sicherzustellen, dass Anleger aufgrund der Namensgebung eines Fonds dessen Anlageschwerpunkt erkennen können. 197 Die Richtlinie kann also im Rahmen der Fund Governance dem Gestaltungskonzept der Transparenz zugeordnet werden. Die Kompetenz nach § 9 Abs. 5 InvG hat die BaFin bisher nicht genutzt, da sie Selbstregulierungsmaßnahmen der Investmentbranche nicht vorgreifen will. 198 Die BaFin bedient sich weiterhin des Öfteren des Regelungsinstruments der Bekanntmachung. Bekanntmachungen sind entweder als verbindliche Allgemeinverfügung oder als unverbindliche Stellungnahme ausgestaltet. 199 Bekanntmachungen 190 Siehe eine Auflistung der verschiedenen Regelungsinstrumente der BaFin unter www.bafin.de. 191 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 4 II 3 a). 192 Verordnung über Risikomanagement und Risikomessung beim Einsatz von Derivaten in Sondervermögen nach dem Investmentgesetz (Derivateverordnung – DerivateV) vom 6. Februar 2004, abrufbar unter www.bafin.de. 193 BGH WM 2001, 1758, 1760; Birnbaum / von Kopp-Colomb, WM 2001, 2288, 2289. 194 Lang, WM 2000, 450, 465. 195 Köndgen, ZBB 1996, 361. 196 Richtlinie zur Festlegung von Fondskategorien nach § 4 Abs. 2 InvG; abrufbar unter www.bafin.de. 197 Präambel der Richtlinie zur Festlegung von Fondskategorien nach § 4 Abs. 2 InvG. 198 Schreiben der BaFin vom 5. März 2007, Geschäftszeichen WA 41/09 –9.

3. Kap.: Anwendbarkeit auf das Investmentrecht

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der BaFin, die aus dem Blickwinkel der Fund Governance von Bedeutung wären, sind bisher allerdings nicht ergangen. KAGen müssen nicht nur formelle Rechtsakte der BaFin beachten. Auch informelle Verwaltungsmaßnahmen sind für sie von Bedeutung. So veröffentlicht die BaFin ihre Rechtsauffassungen zu gewissen Fragen in Mitteilungen, Schreiben und Rundschreiben. 200 Einer gesetzlichen Befugnis für den Erlass einer solchen Äußerung bedarf die Behörde nicht. 201 Die in diesen Instrumenten aufgestellten Grundsätze sind für KAGen zwar insofern nicht rechtlich verbindlich, als sie nicht die Bindungswirkung von Verwaltungsakten oder Rechtsverordnungen besitzen. 202 Die Aufsichtbehörde legt in ihnen aber ihre Auffassung zu gewissen Fragen oder Fragenkomplexen dar, weshalb es für KAGen dringend geboten ist, diesen Äußerungen Beachtung zu schenken. 203 Ihrer Rechtsnatur entsprechend müssten sich Mitteilungen, Schreiben und Rundschreiben darauf beschränken, bestehende Vorschriften zu interpretieren oder zu konkretisieren. Teilweise gehen diese Äußerungen aber über die Grenzen der Interpretation und Konkretisierung hinaus und haben rechtsetzende Inhalte. 204 Für die im Rahmen dieser Arbeit bedeutsamen Fragen können insbesondere Schreiben der BaFin von Bedeutung sein. So hat sie sich beispielsweise, noch bevor eine gesetzliche Vorschrift zum Outsourcing von KAGen existierte, in einem Schreiben vom 29. 09. 1997 zur Zulässigkeit der Auslagerung wesentlicher Aufgabenbereiche durch KAGen geäußert. 205 III. Die Wohlverhaltensregeln des Bundesverband Investment und Asset Management e.V. Im Jahre 2002 hat der BVI Wohlverhaltensregeln für KAGen aufgestellt. 206 Sie sollen als Standard guten und verantwortungsvollen Umgangs mit dem Kapital und den Rechten der Anleger dienen. Adressaten sind die deutschen KAGen, obgleich 199

Fülbier, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler, KWG, § 6 Rdnr. 13. Fett, WM 1999, 613. 201 Pitschas, WM 2000, 1121, 1126. 202 Fülbier, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler, KWG, § 6 Rdnr. 15. 203 Fett, WM 1999, 613 f.; Pitschas, WM 2000, 1121, 1126. 204 Kritisch zum Inhalt einiger Verlautbarungen des BAKred: Schneider, WM 1996, 712, 713. 205 BAKred-Schreiben an den Bundesverband deutscher Investmentgesellschaften e.V. (BVI) vom 29. 09. 1997 (Az. V1/02 – 17/97) über Auslagerung des Fondsmanagements bei Kapitalanlagegesellschaften und Anteilswertermittlung gemäß § 21 Abs. 2 KAGG, Anhang 10 des BAKred-Jahresberichts 1997, S. 1, abrufbar unter www.bakred.de/texte /jahresb/jp97_anh.pdf. 206 Abrufbar unter: www.bvi.de. 200

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

der BVI auch ausländischen Investmentgesellschaften, die auf dem deutschen Markt tätig sind, die Befolgung der Wohlverhaltensregeln empfiehlt. 207 Inhaltlich stellen die Wohlverhaltensregeln die folgenden acht Grundsätze auf, die in jeweils bis zu 13 Unterpunkten weiter konkretisiert werden: I. II. IIa. III.

IV. V.

VI. VII.

Die Kapitalanlagegesellschaft handelt bei der Verwaltung von Fonds ausschließlich im Interesse der Anleger. Die Kapitalanlagegesellschaft informiert klar, umfassend und verständlich, um eine sachgerechte und professionelle Kundenwerbung und -betreuung zu gewährleisten. Geschäftsleitung und Aufsichtsrat wirken auf eine gute interne Corporate Governance der Kapitalanlagegesellschaft hin. Die Kapitalanlagegesellschaft sorgt dafür, dass die Fonds durch ein qualifiziertes Management entsprechend den Vertragsbedingungen verwaltet werden und wirkt Interessenkonflikten entgegen. Für die Ausführung von Wertpapiergeschäften gelten klare Grundsätze, die die marktgerechte Abwicklung und die Gleichbehandlung der Anleger sicherstellen. Die Kapitalanlagegesellschaft gewährleistet durch organisatorische Maßnahmen und die sachgerechte Auswahl, Anleitung und Kontrolle der Depotbank die einwandfreie Bewertung, Verbuchung und Verwahrung des Fondsvermögens. Bei Delegation von Aufgaben stellt die Kapitalanlagegesellschaft sicher, dass das Interesse der Anteilsinhaber gewahrt ist. Die Kapitalanlagegesellschaft wahrt die Integrität des Marktes.

Die Wohlverhaltensregeln sind ein privatrechtliches Regelwerk. Sie sind praxisnah und besitzen gegenüber formellen Gesetzen den Vorteil, rasch an Entwicklungen in der Praxis angepasst werden zu können. So wurden sie beispielsweise im Jahre 2004 kurzfristig geändert, als in den USA unzulässige Geschäftspraktiken von Fondsgesellschaften (sog. „Market Timing“) bekannt wurden. Anfang 2006 wurden die Wohlverhaltensregeln ein weiteres mal geändert und um Ziffer IIa erweitert, die spezifische Verhaltensregeln für die Geschäftsleitung und den Aufsichtsrat von KAGen vorsieht. Die Anpassung der Wohlverhaltensregeln nach Bekanntwerden der „Market Timing“-Vorfälle verdeutlicht allerdings auch eine der wesentlichen Schwächen derartiger privater Regelwerke. Die BaFin hat festgestellt, dass die neu in die Wohlverhaltensregeln eingeführten Vorschriften, die KAGen verpflichten, Vorkehrungen gegen das „Market Timing“ zu treffen, von diesen nur unzureichend umgesetzt worden sind. 208 Der Grund hierfür liegt offensichtlich in ihrer fehlenden Verbindlichkeit, die es weder dem BVI noch der BaFin erlaubt, Verstöße zu sanktionieren. Diese Auffassung teilt auch der BVI und forderte daher bereits 2005, 207

Präambel der Wohlverhaltensregeln, abrufbar unter: www.bvi.de. FAZ, 09. 03. 2005, S. 23, „Bafin zeigt Fonds die Gelbe Karte“; siehe zur Behandlung des Market Trading: 4. Kapitel Abschnitt D.V.4.b)bb). 208

3. Kap.: Anwendbarkeit auf das Investmentrecht

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dass der Verbindlichkeitsgrad des Regelwerks zu überprüfen sei. 209 Dementsprechend wurde in der Vergangenheit von verschiedenen Seiten diskutiert, wie den Wohlverhaltensregeln mehr Gewicht verliehen werden könnte. Eine erhöhte Verbindlichkeit des Regelwerkes könnte zunächst durch eine verbandsinterne Vereinbarung erreicht werden. So könnten die Mitglieder die Wohlverhaltensregeln anerkennen und sich bei Verstößen einem verbandsinternen Strafregime unterwerfen. Denkbar wäre es weiterhin, § 44 InvG in Anlehnung an § 161 AktG dahingehend zu ändern, dass im Jahresbericht die Erklärung der Geschäftsführung einer KAG über die Befolgung der Wohlverhaltensregeln enthalten sein muss. Zudem könnte die Prüfberichtsverordnung für die Prüfung der KAGen geändert werden, sodass die Wirtschaftsprüfer die Einhaltung der Wohlverhaltensregeln kontrollieren müssen. 210 Entsprechendes gilt bereits in Österreich und der Schweiz. 211 In Deutschland müssen sich KAGen bisher die Einhaltung der Wohlverhaltensregeln von ihren Wirtschaftsprüfern nicht bestätigen lassen. Einige KAGen tun dies aber freiwillig. 212 Die BaFin hat sich für eine andere, weit effektivere Vorgehensweise entschieden. Bereits 2005 hatte sie öffentlich darüber nachgedacht, ein Verwaltungsrundschreiben oder eine Rechtsverordnung zu erlassen, die die Wohlverhaltensregeln für verbindlich erklären. 213 Im März 2007 eröffnete sie ein Konsultationsverfahren, in dem sie mitteilte, dass sie erwägt, die Wohlverhaltensregeln als allgemeinverbindlich zu erklären und sich bei der Auslegung der allgemeinen Verhaltens- und Organisationspflichten von KAGen gem. § 9 InvG an den Wohlverhaltensregeln zu orientieren. 214 Diesem Regulierungsansatz ist zuzustimmen. 215 Hierdurch erhalten die Wohlverhaltensregeln die erforderliche Verbindlichkeit und können weiterhin flexibel an Marktveränderungen angepasst werden. Bisher hat die BaFin jedoch davon abgesehen, die Wohlverhaltensregeln tatsächlich als allgemeinverbindlich zu erklären. Neben den Wohlverhaltensregeln hat der BVI im November 2004 zudem die „BVI-Leitlinien für das Risikomanagement im Investment- und Asset Management“ veröffentlicht. 216 Hierbei handelt es sich um von Arbeitskreisen innerhalb des BVI entwickelte „best practice“-Empfehlungen für das Risikomanagement 209

BVI Jahrbuch 2005, S. 50, abrufbar unter: www.bvi.de. BVI Jahrbuch 2005, S. 27, abrufbar unter: www.bvi.de. 211 Kempf, S. 39. 212 Bisher lassen sich, soweit ersichtlich, die SEB Invest GmbH und die Union Investment Gruppe die Einhaltung der Wohlverhaltensregeln von ihren Wirtschaftsprüfern zertifizieren, siehe Börsenzeitung vom 25. 01. 2006, S. 5. 213 FAZ, 09. 03. 2005, S. 23. 214 Schreiben der BaFin vom 5. März 2007, Geschäftszeichen WA 41/09 –9. 215 Zustimmend auch: Mansfeld, ZfgKW 2007, 259, 262. 216 Abrufbar unter: www.bvi.de. 210

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

von KAGen. Ein angemessenes Risikomanagement durch die KAGen ist erforderlich, damit sie ihrer Pflicht zur sorgfältigen Verwaltung der Sondervermögen im ausschließlichen Anlegerinteresse gerecht werden. Die Leitlinien sind als Empfehlungen konzipiert und besitzen ebenso wie bisher die Wohlverhaltensregeln keine rechtliche Verbindlichkeit für KAGen. IV. Corporate Governance Kodex für Asset Management Gesellschaften Am 27. 04. 2005 hat ein privates Expertengremium aus Wissenschaft und Wirtschaft, das vom BVI und der BaFin beraten wurde, den „Corporate Governance Kodex für Asset Management Gesellschaften“ (CGKAM) veröffentlicht. 217 Der Kodex richtet sich an KAGen und Investmentaktiengesellschaften. Sowohl inhaltlich als auch strukturell lehnt er sich an den DCGK an. 218 Einige Vorschriften des CGKAM sind wörtlich aus dem DCGK übernommen. Darüber hinaus stellt der CGKAM aber auch Vorschriften auf, die speziell auf die Besonderheiten des Investmentwesens abgestimmt sind. Wie der DCGK enthält auch der CGKAM zum einen Regelungen, die gesetzliche Vorschriften wiederholen und zum anderen weitergehende Empfehlungen („Soll-Vorschriften“), bei deren Nichtbefolgung eine Erklärung abgegeben werden soll. Der CGKAM ist in sechs Abschnitte unterteilt. Nach dem ersten Abschnitt, der Präambel, beschäftigt sich der zweite mit der „Internen Corporate Governance“, einem Terminus, der inhaltlich mit dem Corporate-Governance-Begriff des DCGK identisch ist. Die Regelungen des dritten Abschnitts, der die Überschrift „Externe Corporate Governance“ trägt, dienen dem Ziel, dass die Gesellschaften in ihrer Eigenschaft als institutionelle Anleger Stimm- und sonstige Anlegerrechte im Interesse ihrer Kunden ausüben. Die Abschnitte vier und fünf behandeln die Themen „Corporate Governance und Publizität“ sowie „Abschlussprüfung“. Schließlich regelt der sechste Abschnitt die Anerkennung des CGKAM und bestimmt, dass die Gesellschaften sich über die Einhaltung der Vorschriften im Geschäftsbericht und auf der Unternehmens-Website zu erklären sowie jährlich über Abweichungen mit Begründung zu berichten haben. Da es sich hierbei aber nur um eine unverbindliche Empfehlung und keine gesetzliche Pflicht handelt, wie sie § 161 AktG für den DCGK aufstellt, bleibt eine Nichtbefolgung durch KAGen ohne Konsequenzen. Die Akzeptanz des CGKAM bei KAGen dürfte nicht sehr groß sein. Bereits bei seiner Veröffentlichung wurde überlegt, ob einzelne Vorschriften in die 217

Abrufbar unter: www.bankundboerse.wiso.uni-erlangen.de/CG_f_r_AMG.pdf; siehe hierzu auch: Gerke, BB 2005, Heft 21 (Die Erste Seite). 218 Siehe zum Deutschen Corporate Governance Kodex: oben 1. Kapitel Abschnitt F.II.

3. Kap.: Anwendbarkeit auf das Investmentrecht

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vom BVI erlassenen Wohlverhaltensregeln übernommen werden. 219 Diese Vermutung bewahrheitete sich im Januar 2006, als die Wohlverhaltensregeln durch Regelungen des CGKAM ergänzt wurden. Im Wesentlichen wurden hierbei die Verhaltenspflichten für die Geschäftsleitung und den Aufsichtsrat der KAGen übernommen. Durch seine Implementierung in die BVI-Wohlverhaltensregeln dürfte die Bedeutung des CGKAM weiter gesunken sein. Inhaltlich enthält er nur noch wenige Regelungen, die über die der BVI-Wohlverhaltensregeln hinausgehen. 220 Während die BVI-Wohlverhaltensregeln alleine schon wegen ihrer Berücksichtigung durch die BaFin von KAGen befolgt werden sollten, ist beim CGKAM nicht zu erkennen, welche Konsequenzen eine Nichtbefolgung für KAGen haben sollte. Gleichwohl muss berücksichtigt werden, dass sich die BaFin wohlwollend zum Erlass des CGKAM geäußert hat. 221 Es erscheint daher nicht ausgeschlossen, dass sich die Behörde im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit zukünftig auch an den Vorschriften dieses Kodex orientiert oder sogar noch einen Schritt weiter geht und ihn, alleine oder gemeinsam mit den BVI-Wohlverhaltensregeln, per Rechtsverordnung für verbindlich erklärt. Anzeichen hierfür sind bisher aber nicht ersichtlich. Dem CGKAM ist zugute zu halten, dass er erhöhte Anlegerschutzstandards anregt, indem er die Besetzung des Aufsichtsrates mit unabhängigen Mitgliedern empfiehlt und die Pflicht zur Ausübung der Aktionärs- und Gläubigerrechte unterstreicht. Auch überzeugt, dass der Kodex eine gesteigerte Transparenz schafft, indem er den Gesellschaften empfiehlt, die Anleger über die eigene interne und externe Corporate Governance, über potentielle, sich aus der Eigentümerstruktur der Gesellschaft ergebende Konflikte sowie über die Wertentwicklung der von ihr verwalteten Investmentfonds zu informieren. Gleichzeitig muss negativ angemerkt werden, dass die Verwendung des Begriffs Corporate Governance für einen Kodex, der die Wahrung der Interessen der Kunden der Verwaltungsgesellschaften zum Ziel hat, nicht überzeugt. Auf diese Weise wird den Unterschieden zwischen dem Rechtsverhältnis von KAGen zu ihren Anteilseignern und von KAGen zu den Anlegern nicht ausreichend Rechnung getragen. Darüber hinaus könnten die Empfehlungen an einigen Stellen noch weiter gehen, etwa bei der Anzahl der unabhängigen Aufsichtsratsmitglieder. 222 Schließlich konkretisiert der Kodex nicht die Sorgfaltspflicht der KAGen 219

Börsenzeitung vom 28. 04. 2005, S. 3. Weitergehender als die BVI-Wohlverhaltensregeln sind die Publizitätsanforderungen nach Ziffer IV.3 des CGKAM. Ferner empfiehlt Ziffer II.2.1.3 des CGKAM, dass „eine angemessene Zahl, mindestens jedoch ein Mitglied“ des Aufsichtsrates unabhängig sein soll. Ziffer IIa.8 der BVI-Wohlverhaltensregeln begnügt sich hingegen mit einem unabhängigen Aufsichtsratsmitglied. 221 BaFin-Pressemitteilung vom 27. 04. 2005, abrufbar unter: www.bafin.de. 222 Siehe hierzu: 5. Kapitel Abschnitt D.III.2.d). 220

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

gegenüber ihren Anlegern, obwohl gerade eine solche Konkretisierung zu mehr Rechtssicherheit führte. V. DSW-Leitsätze Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V. („DSW“) hat im März 2002 zehn Leitsätze für KAGen in Deutschland aufgestellt. 223 Ziel dieser Leitsätze ist ebenso wie bei dem CGKAM die Wahrung der Anlegerinteressen im Investmentwesen. 224 Die DSW-Leitsätze lauten wie folgt: „1. Das Management der Fonds hat den gesetzlichen Grundsatz des unabhängigen Handelns im alleinigen Interesse der Fondsinhaber im täglichen Geschäft unter Beweis zu stellen. Dies beinhaltet den Grundsatz der „best execution“, der Fairness und der Transparenz bei Geschäften mit „nahestehenden Parteien“. 2. Zur Stärkung der Unabhängigkeit und der Effizienz der Arbeit des Fondsmanagements hat der Fonds eigene Richtlinien zum Thema Corporate Governance zu entwickeln. Deren Einhaltung soll durch einen Corporate Governance Ausschuß gewährleistet werden. 3. Das Fondsmanagement hat darzulegen, welche Abstimmungsgrundsätze die Fondsgesellschaft verfolgt. 4. Im Interesse der Fondsinhaber hat jeder Fonds grundsätzlich seine Stimmrechte aus den Aktien des Fondvermögens im Sinne der Fondsanteilsinhaber auszuüben. 5. Die Fonds haben sich auf einheitliche Standards für die Bilanzierung und eine einheitlich definierte Kennziffer für die Kosten (TER) zu verständigen, um die Vergleichbarkeit für den Fondsanleger wesentlich zu erhöhen. 6. Die Fonds haben für die erforderliche Transparenz bei allen Kosten Sorge zu tragen und den „Grundsatz der fairen Transparenz“ zu beachten. 7. Die Fonds haben die Verpflichtung, die Performance des Investmentfonds grundsätzlich zu vergleichen und zwar entweder mit einem jeweils relevanten Index oder mit vergleichbaren Fonds für denselben Zeitraum. 8. Alle Fonds sollen grundsätzlich die Fondsbewertung durch professionelle RatingAgenturen unterstützen, um dem Fondsanleger eine Orientierungshilfe bei der Fondsauswahl zu geben. 9. Fonds haben alle relevanten Risiken gegenüber dem Fondsanleger offen zu legen und insbesondere über ein Risikoklassifizierungssystem zu informieren.

223 224

Abrufbar unter www.dsw-info.de. Einleitung der DSW-Leitsätze.

3. Kap.: Anwendbarkeit auf das Investmentrecht

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10. Fonds sind verpflichtet, im Interesse der Fondsanleger einheitliche Standards für Informationen zu entwickeln, die eine Vergleichbarkeit zwischen den Fonds ermöglichen.“

Der DSW ist ein privater Verein. Die von ihm aufgestellten Leitsätze besitzen daher ebenfalls keine Verbindlichkeit für KAGen. Es ist ihnen bisher, soweit ersichtlich, auch keine große Beachtung geschenkt worden. Dies wird vor allem auf die kurz darauf entstandenen Wohlverhaltensregeln des BVI zurückzuführen sein, deren Erstellung der DSW in der Einleitung zu den Leitsätzen selbst gefordert hat. Als Orientierungspunkt für die Erwartungen der Anleger gegenüber den KAGen sind sie aber von Interesse. Es ist auch nicht auszuschließen, dass die BaFin oder ein Gericht sie zur Auslegung der Sorgfaltspflichten von KAGen heranzieht. VI. Internationale Regelwerke Auf internationaler Ebene wurden von verschiedenen Organisationen ebenfalls Regelwerke entwickelt, die sich mit Standards ordnungsgemäßer Verwaltung von Investmentfonds sowie der Wahrung der Anlegerinteressen beschäftigen. 1. Regelwerke von EFAMA An erster Stelle sind die Regelwerke der European Funds and Asset Management Association „EFAMA“ zu nennen. 225 EFAMA ist die Vereinigung der nationalen Verbände der Investmentindustrie in Europa. Eines der Ziele von EFAMA ist die Schaffung einheitlicher Branchenstandards. Diesem Ziel entsprechend hat die Vereinigung in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Regelwerken zu verschiedenen Themen des Investmentwesens entwickelt. Dabei sind einige auch aus dem Blickwinkel der Fund Governance von Interesse, etwa Papiere zur Transparenz bei Gebühren („Principles for Transparency of Fees“), zur Darstellung der Wertentwicklung von Investmentfonds („Code of Good Conduct on the Presentation of Performance Records and the Classification of Investment Funds“) oder zur Abwicklung von Wertpapiertransaktionen für Investmentfonds („Principles for Business Transactions“). 226 Die von EFAMA entworfenen Regelwerke sind für KAGen rechtlich nicht verbindlich. Da sich die einzelnen Vorschriften als Branchenstandards durchsetzen können, ist indes nicht auszuschließen, dass die BaFin die Nichteinhaltung der Regelwerke als Verstoß gegen die Pflicht zur Verwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse ansieht. Darüber hinaus könnten die Gesellschaften die Einhaltung der Vorschriften als Marketinginstrument verwenden. 225 226

Früher: Fédération Eurpéenne des Fonds et Sociétés d’Investissement, „FEFSI“. Sämtliche Regelwerke sind abrufbar unter: www.efama.org.

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1. Teil: Anwendbarkeit auf das Investmentwesen

2. Branchenstandards des CFA-Instituts Weiterhin von Bedeutung sind die Richtlinien des CFA-Institute. Das CFA-Institute ist eine internationale Organisation mit über 70.000 in der Investmentbranche tätigen Mitgliedern. Das CFA-Institute hat ebenso wie EFAMA die Aufstellung von Branchenstandards zum Ziel. So hat das Institut bzw. sein Rechtsvorgänger, die „Association for Investment Management and Research“ („AIMR“), ebenfalls Regelwerke zur Abwicklung von Wertpapiertransaktionen für Investmentfonds („CFA Institute Trade Management Guidelines“ und „CFA Institute Soft Dollar Standards“) und zur Darstellung der Wertentwicklung von Investmentfonds („AIMR Global Investment Performance Standards“) geschaffen. 227 Die Vorschriften sind als Empfehlungen ausgestaltet. Sie sind für KAGen also ebenfalls nicht rechtlich verbindlich. Genauso wie bei den EFAMA-Regelwerken können aber auch sie als Branchenstandards angesehen werden und ihre Befolgung als Marketinginstrument genutzt werden. 3. IOSCO-Grundsätze Beachtung ist außerdem den Veröffentlichungen der International Organization of Securities Commissions („IOSCO“), der internationalen Vereinigung der Wertpapieraufsichtsbehörden, zu schenken. Die IOSCO veröffentlicht regelmäßig Dokumente zu nahezu allen Themen, die den Kapitalmarkt und seine Teilnehmer betreffen. Teilweise sind dies allgemeine Untersuchungen zu einem Thema, etwa zur Fund Governance („Consultation Report: Examination of Governance for Collective Investment Schemes“). Vereinzelt stellt die IOSCO aber auch Branchenstandards auf, etwa zur Darstellung der Wertentwicklung von Investmentfonds oder zur Verhinderung von „Market Timing“ („Performance Presentation Standards for Collective Investment Schemes“, „Best Practice Standards on Anti Market Timing and Associated issues for CIS“). 228 Die IOSCO ist zwar eine Vereinigung von Aufsichtsbehörden, die in ihren Staaten berechtigt sind, verbindliche Regeln zu treffen. Die IOSCO selbst besitzt aber keine vergleichbaren Kompetenzen. Die IOSCO-Grundsätze verpflichten daher weder die Mitgliederbehörden, die einzelnen Regelwerke bei der Beaufsichtigung innerhalb ihres Kompetenzbereichs anzuwenden 229 noch die der Überwachung der einzelnen Aufsichtsbehörden unterliegenden Unternehmen und Personen. Sie sind daher für KAGen rechtlich nicht verbindlich. Es kann aber davon ausgegangen 227 CFA Institute, CFA Institute Trade Management Guidelines; abrufbar unter: www .cfainstitute.org/standards/pdf/trademgmt_guidelines.pdf. 228 Sämtliche hier zitierte Dokumente sind abrufbar unter: www.iosco.org. 229 Siehe etwa: IOSCO, „Performance Presentation Standards For Collective Investment Schemes: Best Practice Standards“, Mai 2004, S. 2; abrufbar unter www.iosco.org.

3. Kap.: Anwendbarkeit auf das Investmentrecht

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werden, dass die BaFin die einzelnen Regelwerke bei der Auslegung bestehender und der Schaffung neuer Verhaltenspflichten berücksichtigt. Sie können also in die Aufsichtspraxis der BaFin einfließen und somit mittelbar doch Bedeutung für die KAGen erlangen. 4. Arbeitspapier des Basler Komitee für Bankenaufsicht Das Basler Komitee für Bankenaufsicht hat im Juli 2005 ein Arbeitspapier mit dem Titel „Enhancing Corporate Governance for Banking Organisations“ veröffentlicht. 230 Das Dokument richtet sich sowohl an staatliche Aufsichtsbehörden als auch an Banken. Es listet insgesamt acht Prinzipien für die interne Organisation sowie die Geschäftsabläufe von Banken auf und erläutert deren Bedeutung. Die einzelnen Prinzipien sind als Empfehlungen gegenüber den zuständigen Aufsichtsbehörden konzipiert. Daher ist zu erwarten, dass die BaFin ihnen zukünftig Beachtung schenken wird. KAGen gelten seit Inkrafttreten des Investmentänderungsgesetzes nicht mehr als Kreditinstitute, weshalb die Prinzipien des Basler Komitees für Bankenaufsicht für KAGen nicht mehr unmittelbar von Bedeutung sind. Ferner hatte das Basler Komitee für Bankenaufsicht beim Entwurf der Prinzipien vor allem Banken vor Augen, die das Einlagengeschäft betreiben. So wird der Schutz der Einlagen des Publikums als wesentlicher Grund für das Erfordernis einer hinreichenden Corporate Governance-Struktur im Bankenwesen angeführt. 231 Das Einlagengeschäft durften KAGen auch als Kreditinstitute nicht betreiben. Da KAGen aber ebenfalls der Aufsicht der BaFin unterliegen und daher eine gewisse Nähe zu Kreditinstituten besteht, können sie als Orientierungshilfe dienen, um eine Vorstellung davon zu erhalten, welche Erwartungen Aufsichtsbehörden hinsichtlich der Organisation der von ihnen beaufsichtigten Institutionen haben. Dies gilt etwa hinsichtlich der Besetzung des Aufsichtsrats mit unabhängigen Mitgliedern.

230 Abrufbar unter: www.bis.org; siehe hierzu Gosse / Boos, WM 2006, 1177, 1179 ff; Mülbert, BKR 2006, 349 ff. 231 Basler Komitee für Bankenaufsicht, „Enhancing Corporate Governance for Banking Organisations“, Abs. 8; abrufbar unter: www.bis.org; kritisch hierzu: Mülbert, BKR 2006, 349, 354 f.

2. Teil

Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance 4. Kapitel

Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse A. Einleitung Die Pflicht der KAGen, Investmentfonds ausschließlich im Interesse der Anleger zu verwalten, ergibt sich aus § 9 InvG. § 9 Abs. 1 S. 1 InvG verpflichtet KAGen, Investmentfonds mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger zu verwalten. Der Verwaltungsbegriff ist weit zu verstehen. Er bezieht sich auf die gesamte Tätigkeit von KAGen, die sie für die Anleger ausüben, die mit der Bildung und Organisation von Investmentfonds beginnt und mit der Rücknahme der Anteilsscheine endet. 1 Kern der Verwaltungspflicht ist die Anlage der Kundengelder. Darüber hinaus umfasst sie aber auch die Verwaltung der für einen Fonds erworbenen Vermögensgegenstände, die Organisation des Geschäftsbetriebes, die Erfüllung von Publizitätspflichten und die Zusammenarbeit mit den Aufsichtsinstanzen. 2 Der Begriff der „Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns“ ist § 347 HGB entnommen. Diese Vorschrift besagt, dass eine Person, die aus einem Geschäft, das auf ihrer Seite ein Handelsgeschäft ist, einem anderen zur Sorgfalt verpflichtet ist, für die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns einzustehen hat. Der Begriff der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns soll verdeutlichen, dass im kaufmännischen Geschäftsverkehr im Vergleich zum Rechtsverkehr zwischen Privatpersonen ein gesteigerter Sorgfaltsmaßstab gilt. 3 Eine genaue Festlegung, welche Sorgfalts1 Beckmann, in: Beckmann / Scholtz, Kz. 410 § 9 Rdnr. 3a; so im Ergebnis auch Baur, Investmentgesetze, § 10 KAGG Rdnr. 3, 15, der zwar die Rücknahme von Anteilsscheinen nicht als Gegenstand der investmentrechtlichen Sorgfaltspflicht ansieht, gleichwohl aber eine Verpflichtung der KAGen gem. § 347 HGB akzeptiert; a. A. Schödermeier / Baltzer, in: Brinkhaus / Scherer, § 10 KAGG, Rdnr. 4, die sich allerdings auf die Ausführungen von Baur berufen. 2 Beckmann, in: Beckmann / Scholtz, Kz. 410 § 9 Rdnr. 3a.

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse

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anforderungen im kaufmännischen Geschäftsverkehr zu beachten sind, ist § 347 HGB allerdings nicht zu entnehmen. Aufgrund der vielfältigen Erscheinungsformen kaufmännischer Geschäftstätigkeit wäre eine solche Konkretisierung auch kaum möglich. Die Anforderungen, die sich für ein Unternehmen aus der Pflicht zur Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns ergeben, bestimmen sich allgemein nach der Art und Weise des betriebenen Handelsgeschäfts sowie nach der Art und Größe des Unternehmens. 4 Bei der Konkretisierung der Sorgfaltspflichten anhand der Art und Weise des betriebenen Handelsgeschäfts sind sowohl der typische Pflichtenkatalog der Branche als auch die Besonderheiten des spezifischen Vertrages zu beachten. Da die Investmentverträge, die KAGen mit Fondsanlegern abschließen, in hohem Maße standardisiert sind, ergeben sich kaum spezifische Besonderheiten aus einzelnen Verträgen. Die bei der Verwaltung von Investmentfonds anzuwendenden Sorgfaltspflichten sind folglich für alle KAGen weitestgehend identisch. Dabei ist zu berücksichtigen, dass KAGen als Treuhänder für in Finanzangelegenheiten unerfahrene Privatanleger tätig werden, weshalb bei ihnen für die objektiven Sorgfaltspflichten strengere Maßstäbe gelten, als dies bei sonstigen Kaufleuten der Fall ist. 5 Besondere Pflichten können sich allerdings dann ergeben, wenn KAGen neben der Verwaltung von Investmentfonds auch individuelle Vermögensverwaltung oder Anlageberatung betreiben oder Fondsanteile verwahren und verwalten. Da diese Tätigkeiten Wertpapierdienstleistungen darstelle, sind bei ihrer Erbringung gem. § 5 Abs. 3 InvG die Verhaltens- und Organisationspflichten gem. §§ 31 – 31b, 31d, 33 – 34a WpHG zu berücksichtigen. 6 Bei der Konkretisierung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nach der Art und Größe einer KAG spielt insbesondere die Größe eine Rolle. So dürfen bei kleineren Gesellschaften die organisatorischen Pflichten nicht überspannt werden.

B. Die Konkretisierung der Sorgfaltspflichten einer KAG durch § 9 Abs. 2 und 3 InvG Die Sorgfaltspflichten, die für KAGen bei der Verwaltung von Investmentfonds gelten, werden durch § 9 Abs. 2 –3 InvG konkretisiert. Nach § 9 Abs. 2 InvG sind KAGen verpflichtet: 1. bei der Ausübung ihrer Tätigkeit im ausschließlichen Interesse ihrer Anleger und der Integrität des Marktes zu handeln; 3 4 5 6

Hopt, in: Baumbach / Hopt, HGB, § 347 Rdnr. 1. RGZ 64, 254, 257; Hopt, in: Baumbach / Hopt, HGB, § 347 Rdnr. 1. Beckmann, in: Beckmann / Scholtz, Kz. 410 § 9 Rdnr. 15. Siehe weiterhin die besondere Verpflichtung nach § 9 Abs. 4 InvG.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

2. ihre Tätigkeit mit der gebotenen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit im besten Interesse der von ihr verwalteten Fonds und der Integrität des Marktes auszuüben; 3. sich um die Vermeidung von Interessenkonflikten zu bemühen und, wenn diese sich nicht vermeiden lassen, dafür zu sorgen, dass unvermeidbare Konflikte unter der gebotenen Wahrung der Interessen der Anleger gelöst werden, 4. über die für eine ordnungsgemäße Geschäftstätigkeit erforderlichen Mittel und Verfahren zu verfügen, und diese wirksam einzusetzen. § 9 Abs. 3 InvG verpflichtet KAGen zu einer Organisation, die gewährleistet, dass das Risiko von Interessenkonflikten zwischen ihnen und den Anlegern, zwischen verschiedenen Anlegern, zwischen einem Anleger und einem Investmentfonds oder zwischen zwei Investmentfonds möglichst gering ist. § 9a InvG enthält darüber hinaus weitere allgemeine Organisationspflichten für KAGen, die sich vor Abschaffung der Institutseigenschaft von KAGen unmittelbar aus § 25a KWG ergaben. Die gesetzlichen Sorgfaltspflichten von KAGen enthalten zwei Komponenten: Organisationsanforderungen und Verhaltensregeln. Zum einen müssen sie interne Strukturen installieren, die eine Verwaltung von Investmentfonds im ausschließlichen Anlegerinteresse ermöglichen. Zum anderen werden sie bei der Ausübung ihrer Verwaltungstätigkeit zur ausschließlichen Verfolgung der Anlegerinteressen verpflichtet. Im Folgenden werden zunächst die Organisationsanforderungen und sodann die Verhaltensregeln behandelt.

C. Organisationsanforderungen I. Allgemeines § 9 Abs. 3 InvG und § 9a InvG enthalten Organisationspflichten für KAGen. Gem. § 9 Abs. 3 InvG müssen KAGen so organisiert sein, dass das Risiko von Interessenkonflikten zwischen der Gesellschaft und den Anlegern, zwischen verschiedenen Anlegern und einem Investmentvermögen oder zwischen zwei Investmentvermögen möglichst gering ist. Ferner müssen KAGen gem. § 9a S. 1 InvG über eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation verfügen, die die Einhaltung der von ihnen zu beachtenden gesetzlichen Bestimmungen gewährleistet. Gem. § 9a S. 2 InvG umfasst eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation insbesondere: 1. ein angemessenes Risikomanagement, das insbesondere gewährleistet, dass das mit den Anlagepositionen verbundene Risiko sowie deren jeweilige Wirkung auf das Gesamtrisikoprofil des Investmentfonds jederzeit überwacht und gemessen werden kann,

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse

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2. geeignete Regelungen für die persönlichen Geschäfte der Mitarbeiter, 3. geeignete Regelungen für die Anlage des eigenen Vermögens der KAG in Finanzinstrumente, 4. angemessene Kontroll- und Sicherheitsvorkehrungen für den Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung, 5. eine vollständige Dokumentation der ausgeführten Geschäfte, die insbesondere gewährleistet, das jedes einen Investmentfonds betreffende Geschäft nach Gegenpartei, Art und Abschlusszeitpunkt rekonstruiert werden kann, 6. angemessene Kontrollverfahren, die insbesondere das Bestehen einer internen Revision voraussetzen und gewährleisten, dass das Vermögen der von der KAG verwalteten Investmentfonds in Übereinstimmung mit den Vertragsbedingungen sowie den jeweils geltenden rechtlichen Bestimmungen angelegt wird. Die Organisationsanforderungen für KAGen können in zwei Gruppen unterteilt werden. Zum einen bestehen gem. § 9a InvG allgemeine Organisationspflichten. Diese sind vergleichbar mit den Vorschriften, die gem. § 25a KWG für Institute gelten. Mit Abschaffung der Institutseigenschaft von KAGen im Rahmen des Investmentänderungsgesetzes findet § 25a KWG auf KAGen keine Anwendung mehr. Da das Geschäftsmodell von KAGen und die für ihr Geschäft relevanten Risiken aber mit denen von Instituten vergleichbar sind und auch Art. 5f und Art. 21 der OGAW-Richtlinie für Investment-Gesellschaften Organisationsanforderungen vorsehen, hat der Gesetzgeber für KAGen allgemeine Organisationsanforderungen in § 9a InvG geschaffen. Darüber hinaus statuieren § 9 Abs. 3 InvG und teilweise auch § 9a InvG besondere Organisationsanforderungen für KAGen, die speziell darauf ausgerichtet sind sicherzustellen, dass KAGen ihrer Treuhänderstellung gerecht werden und im Interesse der Anleger handeln. II. Allgemeine Organisationsanforderungen Die allgemeinen Organisationsanforderungen verpflichten KAGen zu einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation und zu einem angemessenen Risikomanagement. 1. Geschäftsorganisation Die allgemeine Verpflichtung zu einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation verlangt, dass für Art und Umfang der Geschäfte angemessene aufbau- und ablauforganisatorische Regelungen bestehen. 7 Die Geschäftsorganisation obliegt der 7

Braun, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler, KWG, § 25a Rdnr. 100.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

Geschäftsleitung. Vorgaben für die von der Geschäftsleitung wahrzunehmenden Aufgabenbereiche und für die Vermeidung bzw. Behandlung von Interessenkonflikten bei Mitgliedern der Geschäftsleitung enthält Abschnitt II.1 des CGKAM. Inhaltlich entsprechen die dort getroffenen Regelungen weitestgehend denen des DCGK. Die Geschäftsleitung hat im Interesse einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation die Betriebsabläufe innerhalb der KAG zu organisieren. 8 Hierfür hat sie sich zunächst selbst eine Geschäftsordnung zu geben, aus der sich Geschäftsverteilung und Verantwortlichkeiten ergeben. 9 Außerdem muss sie Arbeitsanweisungen und Ablaufpläne aufstellen und deren Einhaltung überwachen. 10 Für die Überwachung ist erforderlich, dass die Geschäftsleitung laufend über die aktuellen Fondsanlagen informiert ist. 11 Sie hat Vorgaben für Geschäftsabläufe zu machen und insbesondere Zuständigkeiten, Berichtswege sowie Eskalationsprozesse festzulegen. 12 Außerdem hat die Geschäftsleitung für eine Funktionstrennung zwischen Handel, Kontrolle und Verbuchung sowie einen ordnungsgemäßen Ablauf der einzelnen Geschäftsbereiche zu sorgen und sicherzustellen, dass die Mitarbeiter über die sie betreffenden Regelungen ausreichend informiert sind. 13 2. Risikomanagement Gem. § 9a S. 2 Nr. 1 InvG müssen KAGen über ein angemessenes Risikomanagement verfügen, das insbesondere gewährleistet, dass das mit den Anlagepositionen verbundene Risiko sowie deren jeweilige Wirkung auf das Gesamtrisikoprofil des Investmentfonds jederzeit überwacht und gemessen werden kann. Ferner sind KAGen gem. § 9a S. 2 Nr. 4 InvG verpflichtet, angemessene Kontroll- und Sicherheitsvorkehrungen für den Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung zu treffen. Bei den Anforderungen an das Risikomanagement können sich KAGen zunächst an dem Allgemeinen Teil der Mindestanforderungen an das Risikomanagement von Instituten 14 („MaRisk“) orientieren. Auch wenn die MaRisk auf 8 Ein Schaubild des organisatorischen Aufbaus von KAGen, die entweder WertpapierInvestmentfonds oder Immobilienfonds verwalten, enthält Baur, in: BuB Rdnr. 9/88 f. 9 Beckmann, in: Beckmann / Scholtz, Kz. 410 § 9 Rdnr. 32. 10 Baur, Investmentgesetze, § 10 KAGG Rdnr. 20. 11 Beckmann, in: Beckmann / Scholtz, Kz. 410 § 9 Rdnr. 32. 12 Vgl. Bank for International Settlements, „Consultative Document – Enhancing corporate governance for banking organisations“, Juli 2005, Abs. 23 –28; Ziffer III.5 der BVIWohlverhaltensregeln. 13 Schödermeier / Baltzer, in: Brinkhaus / Scherer, § 10 KAGG, Rdnr. 9; Baur, Investmentgesetze, § 10 KAGG Rdnr. 20; siehe auch Ziffer II.1.1.2 des CGKAM; Braun, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler, KWG, § 25a Rdnr. 101. 14 Richtlinie 18/05 der BaFin, abrufbar unter www.bafin.de.

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse

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KAGen nach Abschaffung ihrer Institutseigenschaft nicht mehr anwendbar sind, können die Vorgaben des Allgemeinen Teils der MaRisk als allgemeingültige Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmensführung angesehen werden. 15 Ziffer AT.3 der MaRisk bestimmt, dass die Gesamtverantwortung für das Risikomanagement bei der Geschäftsleitung liegt. 16 Dies bedeutet insbesondere, dass die Geschäftsleitung einer KAG Risiken beurteilen können und die erforderlichen Risikobegrenzungsmaßnahmen treffen muss. Ziffer AT. 4 der MaRisk enthält allgemeine Anforderungen an das Risikomanagement: die Risikotragfähigkeit der Gesellschaft ist sicherzustellen und eine zur Geschäftsstrategie konsistente Risikostrategie ist zu entwerfen. Ferner sind interne Kontrollsysteme ebenso einzurichten wie eine der Geschäftsleitung unmittelbar unterstellte Abteilung „Interne Revision“. Nach Ziffer AT.5 der MaRisk sind Geschäftsaktivitäten anhand von Organisationsrichtlinien zu betreiben. Diese sind schriftlich zu fixieren und den Mitarbeitern in geeigneter Weise bekannt zu machen. Ziffer AT.6 der MaRisk verlangt eine nachvollziehbare Dokumentation von Geschäftsabläufen und Ziffer AT.7 der MaRisk stellt Anforderungen hinsichtlich der personellen und technischen Ausstattung sowie hinsichtlich der Entwicklung von Notfallkonzepten auf. Konzepte müssen nach Ziffer AT.8 der MaRisk auch für die Aufnahme neuer Geschäftsaktivitäten entwickelt werden. Schließlich darf die Auslagerung von Funktionsbereichen gem. Ziffer AT.9 der MaRisk nur unter Befolgung der gesetzlichen Vorgaben erfolgen. Für das Risikomanagement bei KAGen gilt die Besonderheit, dass dabei sowohl die Ebene der KAGen selbst als auch die der einzelnen Investmentfonds zu betrachten ist. Der BVI hat im November 2004 „Leitlinien für das Risikomanagement im Investment- und Asset Management“ erlassen. 17 Diese Leitlinien sind für KAGen rechtlich nicht verbindlich sondern als „Best-practices“-Empfehlungen konzipiert. Sie geben spezifische Anhaltspunkte für das Risikomanagement bei der Verwaltung von Investmentfonds. So bestimmt Ziffer V.3 beispielsweise, dass eine unabhängige Stelle innerhalb der KAG die Wertentwicklung von Fonds bewerten und fortlaufend überprüfen soll. Nach Ziffer V.4 sollen für die Ausführung von Handelsgeschäften klare Grundsätze gelten, interne Stellen deren Vereinbarkeit mit den üblichen Marktbedingungen überprüfen und eine ordnungsgemäße schriftliche Dokumentation erfolgen. Auch die BVI-Wohlverhaltensregeln enthalten Anforderungen an das Risikomanagement von KAGen. Beispielsweise verpflichtet Ziffer I.5 KAGen, Verhaltens- und Kompetenzregeln für außerordentliche Fälle aufzustellen, etwa massive Anteilsausgaben und -rückgaben, eingestellter Handel an Wertpapiermärkten, Unmöglichkeit der Bewertung von Anlagen, Bewertungsdifferenzen, Anlagen in 15 16 17

A. A. Knöfler / Ghedina, WM 2008, 1341, 1345. Ebenso: Ziffer II.1.1.3 des CGKAM. Die Leitlinien sind abrufbar unter www.bvi.de.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

illiquiden oder besonders volatilen Instrumenten oder Interessenkonflikte von erheblicher Tragweite, deren Bewältigung besondere Anforderungen stellen. Auch Ziffer IV der BVI-Wohlverhaltensregeln, wonach für die Ausführung von Wertpapiergeschäften klare Grundsätze gelten müssen, die die marktgerechte Abwicklung und die Gleichbehandlung der Anleger sicherstellen, dient dem Risikomanagement von KAGen. Dasselbe gilt für Ziffer V, die KAGen insbesondere zu einer sachgerechten Auswahl, Anleitung und Kontrolle der Depotbank verpflichtet. Besondere Anforderungen an das Risikomanagement von KAGen bei der Anlage von Fondsvermögen in Derivaten stellt die Derivateverordnung 18 („DerivateV“) auf. Beispielsweise hat die KAG gem. § 1 Abs. 4 DerivateV eine von der Portfolioverwaltung organisatorisch unabhängige Stelle mit der Erfassung und Messung von Risiken, der Entwicklung und Pflege der dazu erforderlichen Methoden und Verfahren sowie der Erstellung der zugehörigen Richtlinien und Dokumentationen zu betrauen. III. Besondere Organisationsanforderungen im Interesse der Anleger Über die allgemeinen Organisationsanforderungen hinaus müssen KAGen gem. § 9 Abs. 3 InvG ferner so organisiert sein, dass das Risiko von Interessenkonflikten zwischen der Gesellschaft und den Anlegern, zwischen verschiedenen Anlegern und einem Investmentvermögen oder zwischen zwei Investmentvermögen möglichst gering ist. Diese organisatorischen Pflichten bestehen unabhängig von einzelnen Rechtsgeschäften und dienen der Behebung struktureller Interessenkonflikte. 19 Sie werden ergänzt durch die Organisationsanforderungen gem. § 9a S. 2 Nr. 1 – 3, 5, 6 InvG, die ebenfalls der Gewährleistung der Anlegerinteressen dienen. Bei der organisatorischen Pflicht zur Vermeidung von Interessenkonflikten, kommt den im Verhältnis zwischen KAGen und Anlegern bestehenden Konflikten die größte Bedeutung zu. Die Anleger stellen KAGen ihr Geld zur Verfügung und KAGen haben ihre Tätigkeit nicht an den eigenen Interessen sondern an denen ihrer Vertragspartner, den Anlegern, auszurichten. Eine solche Pflicht zum Handeln ausschließlich im Interesse Dritter ist im Wirtschaftsleben unüblich. Nichtsdestotrotz obliegt es KAGen sicherzustellen, dass ihre Eigeninteressen hinter denen der Anleger zurückgestellt werden. Der Begriff der Eigeninteressen ist in diesem Zusammenhang weit zu fassen. Nicht nur die Interessen von KAGen 18 Verordnung über Risikomanagement und Risikomessung beim Einsatz von Derivaten in Sondervermögen nach dem Investmentgesetz (Derivateverordnung – DerivateV) vom 6. Februar 2004 (BGBl. I S. 153), abrufbar unter www.bafin.de. 19 Beckmann, in: Beckmann / Scholtz, Kz. 410 § 9 Rdnr. 37.

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse

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selbst, sondern auch die ihrer Mitarbeiter sowie die der mit der Gesellschaft verbundenen Unternehmen müssen als Eigeninteressen einer KAG gelten. Zur Vermeidung von Konflikten zwischen eigenen Interessen und derer der Anleger müssen KAGen vor allem gem. § 9a S. 2 Nr. 6 InvG angemessene Kontrollverfahren einrichten, die insbesondere das Bestehen einer internen Revision voraussetzen und gewährleisten, dass das Vermögen der von der KAG verwalteten Investmentfonds in Übereinstimmung mit den Vertragsbedingungen sowie den jeweils geltenden rechtlichen Bestimmungen angelegt wird. Hierfür ist insbesondere erforderlich, dass KAGen eine organisatorisch und funktionell ausreichend unabhängigen Compliance-Organisation installieren. 20 Dies erfordert zunächst, dass Compliance-Beauftragte bestellt werden. 21 Ferner sind verbindliche ComplianceStandards aufzustellen und den Mitarbeitern zu kommunizieren 22, insbesondere sind Vorgaben für dem Umgang mit Situationen, bei denen typischerweise Interessenkonflikte bestehen, zu machen; etwa für die Annahme von Leistungen Dritter. 23 Dementsprechend müssen KAGen gem. § 9a S. 2 Nr. 2, 3 InvG geeignete Regelungen für Mitarbeitergeschäfte sowie die Anlage ihres eigenen Vermögens in Finanzinstrumente treffen. Derartige Regelungen müssen gewährleisten, dass den Mitarbeitern von KAGen, insbesondere den Fondsmanagern, keine Anreize für ein Verhalten geben werden, das den Interessen der Anleger zuwiderläuft. 24 Bei der Ausgestaltung zur Regelung von Mitarbeitergeschäften können sich KAGen an der Bekanntmachung des BaWe und des BAKred über Anforderungen an Verhaltensregeln für Mitarbeiter der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute in Bezug auf Mitarbeitergeschäfte vom 7. Juni 2000 orientieren. 25 Die Einhaltung solcher Standards muss überwacht und bei Verstößen geeignete Disziplinarmaßnahmen getroffen werden. 26 Interessenkonflikte zwischen verschiedenen Anlegern und einem Investmentfonds können insbesondere dann auftreten, wenn ein Fonds gem. § 34 Abs. 1 InvG in verschiedene Anteilsklassen unterteilt ist. In diesen Fällen besteht die Gefahr, dass eine KAG eine Anteilsklasse zu Lasten einer anderen benachteiligt. Nach § 2 der Anteilsklassenverordnung 27 sind KAGen daher verpflichtet, die Buchführung so zu gestalten, dass sich für jede Anteilsklasse alle Geschäftsvorfälle vollständig 20

Kempf, S. 37; Schneider, ZIP 2003, 645, 648; siehe auch Ziffer VI.4 der „Leitlinien für das Risikomanagement im Investment- und Asset Management“ des BVI sowie Ziffer III.8 der BVI-Wohlverhaltensregeln, beide abrufbar unter www.bvi.de. 21 Schneider, ZIP 2003, 645, 649. 22 Schneider, ZIP 2003, 645, 649. 23 Ziffern III.8, 9 der BVI-Wohlverhaltensregeln; Schneider, ZIP 2003, 645, 649. 24 Ziffer III.3 der BVI-Wohlverhaltensregeln. 25 Die Bekanntmachung ist abrufbar unter www.bafin.de. Sie ist zwar am 23. 10. 2007 aufgehoben worden, kann jedoch weiterhin zur Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen herangezogen werden. 26 Schneider, ZIP 2003, 645, 649.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

verfolgen lassen und ihre Zurechnung zu der jeweiligen Anteilklasse ersichtlich ist. Weitere Fälle, in denen die Interessen einzelner Anleger mit denen eines Fonds kollidieren können, sind die des „Market Timing“ bzw. des „Late Trading“, in denen einzelnen Anlegern zu Lasten der Wertentwicklung eines Fonds eine kurzfristige Anlage in diesen Fonds ermöglicht wird. 28 Die Verpflichtung, organisatorische Anforderungen zur Minimierung von Interessenkonflikten zwischen zwei Investmentfonds zu treffen, ist Ausfluss des Gleichbehandlungsgebots. Es muss sichergestellt werden, dass ein Fonds nicht gegenüber anderen bevorzugt wird, etwa weil die KAG aufgrund einer entsprechenden Gebührenvereinbarung von der Steigerung seines Fondsvermögens überproportional profitiert. Daher müssen objektive und nachvollziehbare Regeln für die Aufteilung von zugeteilten Wertpapieren aus Neuemissionen und Block-Trades auf verschiedene Fonds bestehen. 29 Außerdem ist sicherzustellen, dass Transaktionen zwischen zwei Fonds zu marktgerechten Konditionen abgeschlossen werden. Um der BaFin und dem Aufsichtsrat die Prüfung zu ermöglichen, ob KAGen tatsächlich im Interesse der Anleger handeln, müssen sie schließlich gem. § 9a S. 2 Nr. 5 InvG ausgeführten Geschäfte vollständig dokumentieren, sodass gewährleistet ist, dass jedes Geschäft für Rechnung eines Investmentfonds nach Gegenpartei, Art und Abschlusszeitpunkt rekonstruiert werden kann. Die zu dokumentierenden Daten helfen insbesondere bei der Prüfung, ob Geschäfte mit verbundenen Unternehmen zu marktgerechten Konditionen vereinbart worden sind.

D. Die Verhaltensregeln I. Allgemeines Gem. § 9 Abs. 2 Nr. 1 InvG sind KAGen verpflichtet, bei der Ausübung ihrer Tätigkeit im ausschließlichen Interesse der Anleger und der Integrität des Marktes zu handeln. Dieses gesetzliche Gebot der Loyalität zu den Fondsanlegern ist an die Parallelvorschrift § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG angelehnt. Die Wohlverhaltenspflichten gem. § 31 WpHG sind für KAGen jedoch in aller Regel nicht anwendbar. Unabhängig davon, ob die Wohlverhaltenspflichten als normativer Handelsbrauch i. S. d. § 346 HGB anzuerkennen sind 30, gelten sie nur für Wertpa27 Verordnung über die buchhalterische Darstellung, Rechnungslegung und Wertermittlung der Anteilklassen von Sondervermögen (Anteilklassenverordnung – AntKlV) vom 24. März 2005 (BGBl. I S. 986), abrufbar unter www.bafin.de. 28 Siehe hierzu 4. Kapitel Abschnitt V.4.b); aufgrund der mit diesen Praktiken verbundenen ökonomischen Interessen der KAGen können diese Fälle zugleich auch als Beispiel für Interessenkonflikte zwischen einer KAG und den Anlegern dienen. 29 Kempf, S. 36; Ziffer VI. 2 der BVI-Leitlinien für das Risikomanagement. 30 Dies bejaht Reich, WM 1997, 1601, 1604; Beckmann, in: Beckmann / Scholtz, Kz. 410 § 9 Rdnr. 13.

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 101

pierdienstleistungsunternehmen bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen. Die Verwaltung von Investmentfonds stellt aber weder eine Wertpapierdienstleistung i. S. d. § 2 Abs. 3 WpHG noch eine Wertpapiernebendienstleistung i. S. d. § 2 Abs. 3a WpHG dar. Demzufolge sind KAGen auch nicht als Wertpapierdienstleistungsunternehmen i. S. d. § 2 Abs. 4 WpHG zu qualifizieren. Nur falls KAGen individuelle Vermögensverwaltung oder Anlageberatung erbringen oder Fondsanteile verwahren und verwalten, gelten die meisten wertpapierhandelsrechtlichen Wohlverhaltensregeln für sie gem. § 5 Abs. 3 InvG entsprechend. Die Pflichten von KAGen im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen sind indes nicht Gegenstand dieser Untersuchung. 31 KAGen ist es gem. § 9 Abs. 2 Nr. 1 InvG verwehrt, im Rahmen der Fondsverwaltung andere Interessen als die der Anleger, insbesondere Eigeninteressen oder Interessen verbundener Unternehmen, zu verfolgen, soweit diese nicht identisch mit den Anlegerinteressen sind. Die zusätzliche Bindung an die „Integrität des Marktes“ begrenzt die Interessenwahrungspflicht der KAGen insoweit, als sie zur Förderung der Anlegerinteressen um „jeden Preis“ weder verpflichtet noch berechtigt sind. Die Wahrung der Marktintegrität bedeutet für KAGen, dass sie die Verhaltensregeln sämtlicher Märkte, auf denen sie tätig sind, beachten und alle Maßnahmen, die einer transparenten und marktkonformen Preisbildung zuwiderlaufen, unterlassen müssen. 32 Zu denken ist hier etwa an das Verbot von Insidergeschäften gem. § 14 WpHG oder das Verbot der Marktmanipulation gem. § 20a WpHG. Die Wahrung der Marktintegrität dient den übrigen Teilnehmern des Kapitalmarktes und ist erforderlich für die Schaffung von Anlegervertrauen. 33 Mittelbar profitieren auch die Fondsanleger von dieser Verpflichtung. Die Verwaltung von Investmentfonds im Anlegerinteresse hat sich an dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu orientieren. Danach sind sämtliche Renditechancen eines Fonds auszunutzen, insbesondere sind etwaige Bezugsrechte auszuüben. 34 Gleichzeitig ist die Kostenbelastung der Fonds so gering wie möglich zu halten. 35 Außerdem erfordert die Fondsverwaltung im Anlegerinteresse, dass die für einen Fonds getätigten Anlagen stets im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften und seiner im Verkaufsprospekt und in den Vertragsbedingungen dargelegten Anlagepolitik stehen. 36 Das InvG konkretisiert an einigen Stellen 31

Siehe: Einführung Abschnitt B. Kempf, S. 36. 33 Beckmann, in: Beckmann / Scholtz, Kz. 410 § 9 Rdnr. 10; Schwark, in: Schwark, KMRK, § 31 WpHG Rdnr. 23. 34 BGHZ 1967, 25, 27. 35 Beckmann, in: Beckmann / Scholtz, Kz. 410 § 9 Rdnr. 19; Schödermeier / Baltzer, in: Brinkhaus / Scherer, § 10 KAGG, Rdnr. 10; zu Einzelheiten siehe: 4. Kapitel Abschnitt D.IV. 36 Ziffer III.1 der BVI-Wohlverhaltensregeln. 32

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die Verpflichtung von KAGen, Investmentfonds ausschließlich im Interesse der Fondsanleger zu verwalten. Beispielsweise geht der Gesetzgeber davon aus, dass gewisse Anlagegegenstände für Privatanleger auch dann nicht geeignet sind, wenn die Anlage mittelbar durch Investmentfonds erfolgt. Daher beschränkt § 2 Abs. 4 InvG den Kreis der Vermögensgegenstände, die für Rechnung von Investmentfonds erworben werden dürfen. § 31 InvG verbietet es KAGen darüber hinaus, für Rechnung von Investmentfonds gewisse Geschäfte abzuschließen, etwa Verpflichtungen aus Bürgschafts- oder Garantieverträgen einzugehen oder einzelne Vermögensgegenstände eines Investmentfonds zu verpfänden oder sonst zu belasten. § 32 InvG regelt zudem die Ausübung von Stimmrechten aus den zu einem Investmentfonds gehörenden Aktien durch KAGen. 37 Für die besonders praxisrelevanten richtlinienkonformen Investmentfonds konkretisiert das InvG überdies die Anforderungen an die Risikodiversifikation, indem § 60 InvG Ausstellergrenzen für die Anlage in Vermögensgegenstände desselben Ausstellers vorsieht. Nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 InvG müssen KAGen ihre Tätigkeit mit der gebotenen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit im besten Interesse der von ihnen verwalteten Fonds und der Integrität des Marktes ausüben. Dieses Gebot wird auch als „Expertenpflicht“ bezeichnet, nach der Investmentfonds professionell unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der modernen Portfolio-Theorie zu verwalten sind. 38 Um die Expertenpflicht zu erfüllen, müssen KAGen insbesondere sichergstellen, dass die verantwortlichen Fondsmanager über die erforderliche fachliche Eignung und Erfahrung für das Fondsmanagement verfügen. 39 KAGen haben daher auf eine fortlaufende Weiterbildung der Fondsmanager hinzuwirken. 40 Die Verpflichtung von KAGen zur Vermeidung von Interessenkonflikten erschöpft sich nicht bereits darin, entsprechende organisatorische Vorkehrungen zu treffen. KAGen haben gem. § 9 Abs. 2 Nr. 3 InvG auch die Verwaltungstätigkeit selbst auf die Interessen der Fondsanleger auszurichten. Eine vollständige Vermeidung von Interessenkonflikten wäre dabei nur möglich, wenn jede Transaktion unterlassen wird, bei der potentiell Interessenkonflikte bestehen. 41 Hierdurch würden aber die Anlagemöglichkeiten für Investmentfonds und die Fähigkeit von KAGen zur bestmöglichen Fondsverwaltung in einem nicht zu rechtfertigenden Ausmaß beschränkt. Das Gebot der Vermeidung von Interessenkonflikten ist deshalb nicht als generelles Verbot gewisser Geschäfte zu verstehen. Vielmehr sind 37

Siehe hierzu: 4. Kapitel Abschnitt D.III.2.e). Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band III, § 113 Rdnr. 126. 39 Kempf, S. 36 f. 40 Ziffer III.2 der BVI-Wohlverhaltensregeln. 41 So allgemein für Wertpapierdienstleistungsunternehmen: Schwark, in: Schwark, KMRK, § 31 WpHG Rdnr. 24. 38

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 103

KAGen in der Anlage der Fondsvermögen weitgehend frei, müssen die auftretenden Konflikte aber stets unter Wahrung der Anlegerinteressen lösen. Wie sich KAGen aufgrund der Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse im Einzelfall zu verhalten haben, soll im Folgenden anhand typischer Problemfälle dargestellt werden. Dabei werden folgende Themenbereiche untersucht: • • • • • •

Transaktionen mit verbundenen Unternehmen, Ausübung von Aktionärsrechten, Transaktionsmanagement, Gleichbehandlungsgebot, Schließung und Verschmelzung von Investmentfonds und Auslagerung eigener Aufgaben.

II. Transaktionen mit verbundenen Unternehmen 1. Einleitung und einführende Fälle KAGen gehören regelmäßig Finanzkonzernen an, deren einzelne Konzerngesellschaften die gesamte Bandbreite an Finanz- und Wertpapierdienstleistungen erbringen. Es entspricht daher gängiger Marktpraxis, dass KAGen mit verbundenen Unternehmen Geschäfte für Rechnung der von ihnen verwalteten Investmentfonds tätigen. Bei diesen Geschäften sind KAGen Interessenkonflikten ausgesetzt, die die Gefahr begründen, dass sie entgegen ihrer gesetzlichen Verpflichtung nicht im ausschließlichen Interesse der Anleger handeln sondern auch Konzerninteressen berücksichtigen. Der Verdeutlichung der Pflichten von KAGen im Zusammenhang mit Transaktionen mit verbundenen Unternehmen dienen die folgenden Fälle: 1. Eine KAG verkauft Wertpapiere außerbörslich an das mit ihr verbundene Unternehmen A zu einem Preis, der unterhalb des zu diesem Zeitpunkt aktuellen Börsenpreises liegt. Dabei ist das Volumen des Geschäfts nicht so groß, dass seine Ausführung zu einem erheblichen Kursverfall geführt hätte. 2. Weiterhin zeichnet die KAG Wertpapiere, deren Emission von dem mit ihr verbundenen Unternehmen B begleitet wurden. Die Nachfrage für diese Emission war gering und andere KAGen haben die Wertpapiere nicht gezeichnet. 3. Zudem zeichnet die KAG Wertpapiere, die von dem mit ihr verbundenen Unternehmen C emittiert werden. Die Emission war stark überzeichnet. Trotzdem wird die Order der KAG voll ausgeführt Neben den hier dargestellten Konstellationen entspricht es auch gängiger Praxis in der Investmentindustrie, dass KAGen mit ihnen verbundene Institute als Broker und Depotbanken beauftragen. Die sich hieraus ergebenden Probleme werden an anderer Stelle behandelt. 42

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

2. Die Gefahren von Transaktionen mit verbundenen Unternehmen für Anleger Die Gefahren, die sich für Anleger aus Transaktionen von KAGen mit verbundenen Unternehmen ergeben, beruhen auf dem Prozess der Willensbildung innerhalb eines Konzerns. In einem Konzern besitzt die Konzernobergesellschaft die Konzernherrschaft, was bedeutet, dass sie die nachgeordneten Unternehmen beherrscht und somit Einfluss auf deren Willensbildung nimmt. 43 Die Obergesellschaft ist dabei regelmäßig geneigt, die nachgeordneten Unternehmen dazu anzuhalten, sich „konzernfreundlich“ zu verhalten. Ein konzernfreundliches Verhalten kann darin liegen, dass Dienstleistungen in erster Linie von verbundenen Unternehmen bezogen oder Kaufverträge mit verbundenen Unternehmen abgeschlossen werden, deren Konditionen insgesamt günstiger sind als dies bei Verträgen mit konzernexternen Unternehmen der Fall wäre. Grundsätzlich ist es nicht bedenklich, wenn ein Unternehmen die innerhalb des eigenen Konzerns bestehenden Interessen beachtet. KAGen sind aber verpflichtet, bei der Fondsverwaltung ausschließlich im Interesse ihrer Anleger zu handeln. Die Interessen des Konzerns, dem sie angehören, dürfen für ihre Verwaltungstätigkeit hingegen nicht ausschlaggebend sein. Das Problem, das sich für Anleger aus Geschäften von KAGen mit verbundenen Unternehmen ergibt, liegt demnach in der Gefahr, dass eine KAG ihr Handeln zumindest auch an den innerhalb ihres Konzerns an sie herangetragenen Erwartungen ausrichtet und hierdurch den Anlegerinteressen nicht in vollem Umfang gerecht wird. Man könnte nun anführen, dass KAGen die Interessen der Anleger schon deshalb nicht vernachlässigen, weil ein solches Anlageverhalten der Wertentwicklung des betreffenden Fonds und somit in aller Regel auch den Provisionsansprüchen der KAG schadet und derartige Praktiken, falls sie bekannt werden, zu einem Reputationsverlust der KAG führen. Allerdings fallen einzelne renditeschwache Anlagen bei einer breiten Streuung des Anlagevermögens häufig nicht ins Gewicht, sodass sich die Wertentwicklung eines Fonds regelmäßig nur geringfügig verschlechtern wird. Zudem ist es sehr unwahrscheinlich, dass ein solches Verhalten jemals publik wird, weshalb auch die Gefahr des Reputationsverlustes als sehr gering einzuschätzen ist. 44 Die Tatsache, dass die Gefahr besteht, dass KAGen den Anlegerinteressen widersprechende Transaktionen mit verbundenen Unternehmen durchführen, kann folglich mit dem Hinweis auf die von der Wertent-

42 Siehe zur Beauftragung eines verbundenen Unternehmens als Broker: 4. Kapitel Abschnitt D.IV.4.c) und zur Beauftragung eines verbundenen Unternehmens als Depotbank: 5. Kapitel Abschnitt B.IV. 43 Allgemein für Konzerne: Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 17 I 1.a; speziell für das Investmentwesen: Roth, S. 160; Seegebarth, S. 112 ff. 44 Baums / König, in: FS Bruno Kropff, 5, 23; Seegebarth, S. 116.

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wicklung eines Fonds abhängigen Provisionsansprüche einer KAG und mögliche Reputationsverluste nicht widerlegt werden. Dass bei Transaktionen mit verbundenen Unternehmen in besonderem Maße die Gefahr von Interessenkonflikten besteht, entspricht auch der Auffassung der BaFin. So bestimmt § 5 DerivateV, dass KAGen bei Transaktionen mit verbundenen Unternehmen, die unter den Anwendungsbereich der DerivateV fallen, durch ein angemessenes Kontrollverfahren die Vereinbarung marktgerechter Konditionen sicherzustellen haben. 3. Die Regulierung von Transaktionen mit verbundenen Unternehmen nach geltendem Recht Das Investmentrecht enthält keine Vorschriften, die speziell Transaktionen mit verbundenen Unternehmen zum Gegenstand haben. Anwendbar sind in derartigen Konstellationen aber die allgemeinen Gebote des § 9 Abs. 2 Nr. 1 und 3 InvG. Danach sind KAGen verpflichtet, bei der Fondsverwaltung ausschließlich im Anlegerinteresse zu handeln und sich um die Vermeidung von Interessenkonflikten zu bemühen sowie, wenn diese sich nicht verhindern lassen, dafür zu sorgen, dass unvermeidbare Konflikte unter der gebotenen Wahrung der Interessen der Anleger gelöst werden. KAGen dürfen ihr Handeln folglich nicht an den Interessen von verbundenen Unternehmen ausrichten und müssen sich um eine ordnungsgemäße Behandlung von Konflikten zwischen den Interessen verbundener Unternehmen und denen ihrer Anleger bemühen. Im Folgenden sollen diese allgemeinen Gebote weiter konkretisiert werden. 4. Die Konkretisierung der Interessenwahrungspflichten für bestimmte Konstellationen Bei der Konkretisierung der Interessenwahrungspflichten von KAGen bei Transaktionen mit verbundenen Unternehmen bietet es sich an, dies anhand der typischen Konfliktsituationen zu tun. Typische Konfliktsituationen sind die in der Einleitung dargestellten drei Konstellationen, also der Abschluss von Kaufverträgen mit verbundenen Unternehmen, das Zeichnen von Wertpapieren, die verbundene Unternehmen emittieren und das Zeichnen von Wertpapieren, deren Emission von einem verbundenen Unternehmen als Konsortialbank begleitet wird. a) Kaufverträge mit verbundenen Unternehmen Schließt eine KAG mit einem verbundenen Unternehmen einen Kaufvertrag für Rechnung eines von ihr verwalteten Investmentfonds, besteht zum einen die Gefahr, dass ein für die Fondsanleger ungünstiger Preis vereinbart wird. 45 Zum anderen ist denkbar, dass für die Fonds Wertpapiere trotz einer unterdurchschnittlichen Ren-

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

diteerwartung erworben oder Wertpapiere entgegen einer überdurchschnittlichen Renditeprognose veräußert werden. 46 Die Gefahr der Vereinbarung eines für die Anleger ungünstigen Preises besteht bei Wertpapieren grundsätzlich nur bei außerbörslichen Geschäften. Wickelt man eine Transaktion über den Börsenhandel ab, haben die Parteien nur mittelbaren Einfluss auf den festgestellten Preis. Zwar ist es möglich, dass die Parteien durch die Abgabe von entgegen gesetzten Aufträgen mit extremen Preislimits den Börsenpreis in eine bestimmte Richtung lenken. Ein solches abgesprochenes Verhalten würde aber gegen das Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG verstoßen. 47 Die Einhaltung dieses Verbotes wird von den zuständigen staatlichen und börseninternen Überwachungsstellen überwacht. Die Wahrung der Anlegerinteressen bei Transaktionen von KAGen mit verbundenen Unternehmen, die über den Börsenhandel abgewickelt werden, erscheint daher ausreichend sichergestellt. Man könnte deshalb fordern, dass KAGen Kaufverträge über Wertpapiere mit verbundenen Unternehmen ausschließlich über den Börsenhandel abwickeln dürfen. Zu beachten ist allerdings, dass die Abwicklung von Wertpapierkäufen über den Börsenhandel stets mit Transaktionskosten verbunden ist. Diese Kosten gehen zu Lasten des Fondsvermögens. Es kann daher durchaus im Interesse der Fondsanleger liegen, dass Transaktionen außerbörslich abgeschlossen werden. Daher ist es sinnvoll, KAGen zu gestatten, Wertpapierkäufe und -verkäufe mit verbundenen Unternehmen auf der Gegenseite außerbörslich abzuwickeln, soweit sichergestellt ist, dass der Kaufpreis nicht zu Lasten des Fonds von dem zum Zeitpunkt der Kaufvereinbarung aktuellen Börsenpreis abweicht. SchwierigergestaltetsichdieKonkretisierungderSorgfaltspflichtenvonKAGen, soweit nicht der Preis eines Wertpapiers sondern das Wertpapier selbst Gegenstand der Frage ist, ob eine Transaktion mit den Interessen der Anleger vereinbar ist. KAGen muss für eine erfolgreiche Fondsverwaltung ein Höchstmaß an Flexibilität bei der Anlageentscheidung zugebilligt werden. Hierfür ist es wichtig, dass sie auch über ein weites Ermessen bei der Beurteilung der Geeignetheit von Wertpapieren verfügen. Ein ausreichender Ermessensspielraum bestünde dann nicht mehr, wenn die Gesellschaften befürchten müssten, dass eine Transaktion mit einem verbundenen Unternehmen bereits deshalb als Pflichtverletzung qualifiziert wird, weil sie sich nachträglich als ungünstig erweist. KAGen müssen daher grundsätzlich alle Wertpapiere von verbundenen Unternehmen kaufen oder an sie verkaufen dürfen. Eine Transaktion darf aber zum Zeitpunkt der Durchführung 45

Seegebarth, S. 112. Seegebarth, S. 114. 47 Siehe § 3 Abs. 2 Nr. 2 MaKonV (Verordnung zur Konkretisierung des Verbotes der Marktmanipulation vom 1. März 2005, BGBl. 515), abrufbar unter: www.bafin.de. 46

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nicht nachweislich den Anlegerinteressen widersprochen haben. Dies kann eine KAG etwa dadurch belegen, dass die Transaktion mit dem Ergebnis zuvor erstellter oder eingeholter Finanzanalysen übereinstimmt. Bedenklich wäre es allerdings, wenn nur eine kurz vor der Transaktion erstellte Analyse diese rechtfertigt und vorherige Analysen und Investitionen eine andere Anlagestrategie nahe gelegt haben. KAGen sollten daher dokumentieren, warum sie sich für eine bestimmte Transaktion mit einem verbundenen Unternehmen entschieden haben. b) Zeichnen von Wertpapieren, deren Emission von einem verbundenen Unternehmen als Konsortialbank begleitet wird Zeichnet eine KAG Wertpapiere, deren Emission von einem verbundenen Unternehmen als Konsortialbank begleitet wird, stellt dies einen Unterfall des Kaufvertrages mit einem verbundenen Unternehmen dar. Bei der in der Praxis am weitesten verbreiteten Konsortialform, dem Übernahmekonsortium, erwerben die Konsortialbanken Finanzinstrumente von dem Emittenten zu einem Festpreis und versuchen diese im eigenem Namen und für eigene Rechnung bei den Anlegern zu platzieren. 48 Auch hier wird also ein Kaufvertrag unmittelbar zwischen einer KAG und einem verbundenen Unternehmen, der Konsortialbank, geschlossen. In dieser Konstellation besteht für die Konsortialbank der Anreiz, einer verbundenen KAG, häufig die eigene Tochtergesellschaft, zur Zeichnung von Wertpapieren anzuhalten, falls sich nicht ausreichend Interessenten für die Emission finden. 49 In den neunziger Jahren des vorherigen Jahrhunderts wurde in einer Studie nachgewiesen, dass KAGen für die von ihr verwalteten Investmentfonds überdurchschnittlich viel Wertpapiere zeichnen, bei denen ihr Mutterinstitut dem Emissionskonsortium angehört. 50 Dies legt den Schluss nahe, dass KAGen von ihren Mutterinstituten zur Zeichnung veranlasst wurden. Es wurde unter Berufung auf diese Studie auch behauptet, diese Praxis müsse für den Fall, dass die Emission vom Markt unterbewertet wird, als Insiderhandel und für den Fall, dass der Markt die Emission als überteuert bewertet, als „Emissionsmüllentsorgungsmaßnahme“ verstanden werden. 51 In beiden Fällen hätte eine KAG gegen ihre Verpflichtung gem. § 9 Abs. 2 Nr. 1 InvG verstoßen. Hätte sie ein Insidergeschäft getätigt, wäre dies als Verstoß gegen die Interessen der Integrität des Marktes zu verstehen. Hätte sie die Wertpapiere zu einem zu hohen Preis gezeichnet, wäre dies nicht im Interesse ihrer Anleger. Beide Schlussfolgerungen sind jedoch nicht zwingend. Gerade der Vorwurf des Insiderhandels erscheint angesichts der Tatsache, dass die festgestellte Praxis 48 49 50 51

Siehe zum Übernahmekonsortium: Beck, in: Schwark, KMRK, § 2 WpHG Rdnr. 30. Seegebarth, S. 112 f. Baums / König, in: FS Bruno Kropff, 5, 19 ff. Adams, ZIP 1996, 1590, 1599.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

keine Rückschlüsse auf die Kenntnis oder Weitergabe von Insiderinformationen zulässt, vorschnell. Das verstärkte Zeichnen von Wertpapieren durch KAGen, deren Emission von deren Mutterinstitut begleitet wurde, lässt sich vielmehr auch dadurch erklären, dass bei Emissionen die Nachfrage das Angebot häufig übersteigt und die Mutterinstitute ihre Töchter-KAGen bei der Zuteilung von Wertpapieren bevorzugt behandeln. 52 Ist der Vorwurf des Insiderhandels also recht schnell zu entkräften, wiegt die Schlussfolgerung, die Mutterinstitute lüden Wertpapiere, für die keine ausreichende Nachfrage besteht, bei ihren Töchtergesellschaften ab, deutlich schwerer. Die Erklärung, KAGen würden von ihren Mutterinstituten bei der Zuteilung bevorzugt behandelt, kann nicht für den Fall gelten, dass für eine Emission keine ausreichende Nachfrage besteht. Übersteigt die Nachfrage nicht das Angebot, müssten alle KAGen ähnliche viele dieser Wertpapiere erwerben. Somit liegt der Schluss, dass KAGen nicht primär im Interesse ihrer Anleger handeln, wenn sie Wertpapiere zeichnen, deren Emission ihr Mutterinstitut als Konsortialbank begleitet hat, zumindest dann nahe, wenn die Emission nicht überzeichnet ist und sich die übrigen KAGen in deutlich geringerem Umfang für den Erwerb der Wertpapiere entschieden haben. Auch in diesen Konstellationen ist die Annahme der Verletzung von Anlegerinteressen jedoch nicht zwingend. So kann eine höhere Zeichnungsquote im Einzelfall auch dadurch erklärt werden, dass die jeweiligen Wertpapiere besonders gut zur Anlagestrategie eines Fonds passen. Derartige besondere Umstände sollte die KAG aber nachweisen können. Dementsprechend sollten KAGen die Gründe für eine derartige Transaktion ausreichend dokumentieren. c) Zeichnen von Wertpapieren, die von verbundenen Unternehmen emittiert werden Zeichnet eine KAG für einen von ihr verwalteten Fonds Wertpapiere, die von einem verbundenen Unternehmen emittiert werden, ergeben sich ebenfalls ähnliche Probleme wie bei Kaufverträgen von KAGen mit verbundenen Unternehmen. Auch hier stellen sich die Fragen, ob die gezeichneten Wertpapiere für die Fondsanleger tatsächlich eine sinnvolle Anlage darstellen und ob die KAG einen angemessenen Preis bezahlt hat. Grundsätzlich ist die Zeichnung von Wertpapieren, die von einem verbundenen Unternehmen emittiert werden, nicht als Pflichtverstoß der KAG anzusehen, da Wertpapiere eines verbundenen Unternehmens für die von ihr verwalteten Fonds durchaus geeignet sein können. Ob der Erwerb im Einzelfall den Interessen der Anleger entspricht, muss anhand der konkreten Umstände bestimmt werden. Dabei sind dieselben Grundsätze wie bei der Zeichnung von Wertpapieren, deren Emission von einem verbundenen Unternehmen als Konsortialbank begleitet wurde, zu berücksichtigen. Für einen Pflichtverstoß 52

Baums / König, in: FS Bruno Kropff, 5, 21.

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kann es mithin sprechen, dass sich für eine Emission nicht ausreichend Interessenten finden und andere KAGen deutlich weniger dieser Wertpapiere erwerben. 5. Mögliche Regulierungsansätze für Transaktionen mit verbundenen Unternehmen Der vom deutschen Gesetzgeber gewählte Ansatz zur Regulierung von Transaktionen zwischen KAGen und verbundenen Unternehmen, der alleine auf die Verpflichtung zum Handeln im ausschließlichen Anlegerinteresse abstellt, ist nicht der einzig mögliche Weg. Die in den Staaten mit entwickelten Investmentwesen gewählten Regulierungsansätze variieren erheblich. 53 Insgesamt sind die folgenden Regulierungssysteme denkbar: • eine Verpflichtung von Investmentgesellschaften zum Handeln im ausschließlichen Anlegerinteresse; • ein generelles Verbot von Transaktionen mit verbundenen Unternehmen; • ein Erfordernis, für Transaktionen mit verbundenen Unternehmen eine Genehmigung einzuholen; • eine nachträgliche Überprüfung von Transaktionen mit verbundenen Unternehmen; • eine Verpflichtung, auf mögliche Interessenkonflikte hinzuweisen. Die einzelnen Regulierungsansätze stehen in keinem Alternativverhältnis zueinander. Sie können vielmehr, soweit dies inhaltlich sinnvoll ist, kumulativ angewendet werden. Im Folgenden werden sie genauer untersucht, um herauszufinden, ob Transaktionen von KAGen mit verbundenen Unternehmen im deutschen Investmentrecht zukünftig anders reguliert werden sollten. a) Interessenwahrungspflicht Die Grundform der Regulierung von Transaktionen mit verbundenen Unternehmen ist die Verpflichtung von KAGen, stets im ausschließlichen Anlegerinteresse zu handeln, wie es in Deutschland der Fall ist. Befolgen KAGen diese Verhaltenspflicht, stellt sich das Problem der Interessenkonflikte nicht, da die Gesellschaften die Durchführung jeder Transaktion alleine davon abhängig machen, ob sie den Interessen der Anleger entspricht. Dass ein Vertragspartner demselben Konzern angehört und ein bestimmtes Verhalten einer KAG im Interesse des Konzerns läge, wäre bei der Anlageentscheidung ohne Bedeutung. Zudem wären die Gesellschaften in ihrer Flexibilität bei der Anlage der Kundengelder nicht 53 Siehe zu den Regulierungsansätzen in verschiedenen Staaten: IOSCO, Report of the Technical Committee of the International Organisation of Securities Commissions on conflicts of interests of CIS operators, Mai 2000, S. 11, abrufbar unter: www.iosco.org.

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beschränkt und könnten deshalb ihre Anlageentscheidungen rasch und unkompliziert umsetzen. Dieser Regulierungsansatz hat allerdings den Nachteil, dass eine Überprüfung, ob die Pflicht, im ausschließlichen Anlegerinteresse zu handeln, tatsächlich eingehalten wird, nur schwerlich möglich ist. In jedem Fall kann eine solche Prüfung nur nachträglich erfolgen. Es besteht daher die Gefahr, dass Investmentgesellschaften unbeschränkt Verträge schließen können, ohne befürchten zu müssen, dass etwaige Verstöße aufgedeckt und sanktioniert werden. b) Verbot von Transaktionen mit verbundenen Unternehmen Die strengste Form der Regulierung von Transaktionen mit verbundenen Unternehmen ist das generelle Verbot derartiger Geschäfte. KAGen ist es nach diesem Ansatz nicht erlaubt, mit verbundenen Unternehmen Kaufverträge zu schließen oder sie mit der Abwicklung von Transaktionen zu beauftragen. Ein entsprechendes prinzipielles Verbot enthält Sect. 17 (a) des US-amerikanischen Investment Company Act von 1940. Allerdings hat die zuständige Aufsichtsbehörde SEC per Verordnung eine Ausnahme von diesem Verbot geschaffen. 54 Nach dieser Ausnahme ist insbesondere erforderlich, dass sich die Transaktion auf Wertpapiere bezieht, für die ein Marktpreis existiert, die Transaktion zum Marktpreis ausgeführt und ordnungsgemäß dokumentiert wird, mit den einschlägigen, internen Richtlinien übereinstimmt und das Aufsichtsgremium der Investmentgesellschaft gewisse Organisationsanforderungen erfüllt. 55 Als zusätzliche Erweiterung des Verbotes von Transaktionen mit verbundenen Unternehmen wäre es denkbar, KAGen auch nicht zu gestatten, von Dritten Wertpapiere zu erwerben, deren Emittent ein mit ihnen verbundenes Unternehmen ist. Zweifellos sind die Anleger bei diesem Regulierungsansatz umfassend gegen die Gefahren geschützt, die sich aus Transaktionen mit verbundenen Unternehmen ergeben. Allerdings gilt auch hier, dass der Schutz für die Anleger nicht umfassend ist, solange die Einhaltung des Verbotes nicht überprüft wird. Außerdem nimmt dieser Ansatz KAGen ein erhebliches Maß an Flexibilität bei der Verwaltung der Sondervermögen. Der Kreis potentieller Geschäftspartner wird ebenso beschränkt wie die zur Verfügung stehenden Anlageobjekte. Dies kann sich negativ auf die Rendite der Anleger auswirken, da Transaktionen mit verbundenen Unternehmen durchaus im Interesse der Anleger liegen können. Ob der durch ein derartiges Verbot gewonnene Schutz der Anlegerinteressen tatsächlich die Nachteile einer solchen Anlagebeschränkung aufwiegt, erscheint daher fraglich. Zudem wäre eine Sonderregelung für den (besonders wichtigen) Bereich der über eine Börse 54

Loistl / Petrag, S. 77. Investment Company Act, Rule 17a-7 „Exemption of Certain Purchase or Sale Transactions Between an Investment Company and Certain Affiliated Persons Thereof“, abrufbar unter: http://www.law.uc.edu/CCL/InvCoRls/rule17a-7.html. 55

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abgewickelten Geschäfte erforderlich, da sich Käufer und Verkäufer hier regelmäßig unbekannt sind. Investmentgesellschaften könnten daher bei Börsengeschäfte unbewusst gegen ein solches Verbot verstoßen. c) Genehmigungserfordernis Möglich ist es weiterhin, Transaktionen mit verbundenen Unternehmen einem Genehmigungsvorbehalt zu unterstellen. Ein solches Genehmigungserfordernis besteht etwa in Großbritannien oder in Hong Kong. 56 Die Einführung eines solchen Erfordernisses sollte begleitet werden von der Aufstellung allgemeiner Richtlinien für die Durchführung derartiger Transaktionen. Dies hat den Vorteil, dass Fondsmanager bereits im Vorfeld wissen, welche Voraussetzungen sie zu erfüllen haben, um eine Genehmigung zu erhalten. Das Verfahren der Genehmigungserteilung wird so transparenter und sein Ergebnis vorhersehbarer. Dieser Regulierungsansatz hat den Vorteil, dass eine unabhängige Stelle Transaktionen im Vorfeld auf mögliche Konflikte mit den Anlegerinteressen untersuchen und gegebenenfalls verbieten könnte. Eine derart präventive Überwachung bietet ein hohes Maß an Anlegerschutz. Zudem werden die Anlagemöglichkeiten von KAGen durch diesen Ansatz weniger beschränkt, als dies bei einem generellen Verbot von Transaktionen mit verbundenen Unternehmen der Fall ist. Andererseits wird der Anlageprozess hierdurch aber auch erheblich bürokratisiert. KAGen können eine getroffene Anlageentscheidung nicht sofort umsetzen, sondern müssen erst die Erteilung einer Genehmigung abwarten. KAGen benötigen bei der Anlage der Kundengelder indes ein Höchstmaß an Flexibilität. Sie müssen schnelle Entscheidungen treffen können. Diese Flexibilität wird ihnen durch ein Erlaubniserfordernis genommen. Renditeeinbußen können die Folge sein. Weiterhin ist bei diesem Ansatz zu klären, wem die Befugnis zur Erteilung einer entsprechenden Genehmigung zukommen soll. Dabei kann es sich sinnvollerweise nur um eine unabhängige Instanz handeln. Da KAGen in Deutschland häufig verbundene Unternehmen als Depotbank bestellen, oft ihre Mutterinstitute, scheidet die Depotbank als Genehmigungsinstanz grundsätzlich aus. Anderenfalls würde häufig ein mit der KAG verbundenes Unternehmen darüber entscheiden, ob eine KAG eine Transaktion mit einem anderen verbunden Unternehmen eingehen darf. Eine unabhängige Entscheidung wäre so nicht gewährleistet und durch das Genehmigungserfordernis würde kein erhöhter Schutz für die Fondsanleger erreicht. Als Genehmigungsinstanzen kämen aber der Aufsichtsrat der KAG, die BaFin oder ein hierfür speziell zu gründendes Gremium in Frage. Der Aufsichtsrat 56 IOSCO, Report of the Technical Committee of the International Organisation of Securities Commissions on conflicts of interests of CIS operators, Mai 2000, S.13; abrufbar unter: www.iosco.org.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

erscheint geeignet für die Erteilung der Genehmigung für Transaktionen mit verbundenen Unternehmen, da ihm die Wahrung der Anlegerinteressen obliegt. Demnach liegt es nahe, ihn auch damit zu beauftragen, Transaktionen mit verbundenen Unternehmen auf ihre Vereinbarkeit mit den Anlegerinteressen hin zu überprüfen. Auch wäre durch § 6 Abs. 3 S. 1 InvG sichergestellt, dass die Aufsichtsratsmitglieder die für diese Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen besitzen. Gleichzeitig ist aber zu berücksichtigen, dass der Aufsichtsrat einer KAG nur selten tagt. Üblicherweise tagt er nur zweimal pro Halbjahr. Müssten Fondsmanager einer KAG nun in Einzelfällen bis zu drei Monate warten, um eine Anlageentscheidung umsetzen zu können, wäre die Fondsverwaltung insoweit lahm gelegt. Selbst wenn man die gesetzliche Mindestzahl der Aufsichtsratssitzungen von KAGen erhöhen würde, müssten Fondsmanager regelmäßig immer noch zu lange auf die Erteilung einer Genehmigung warten. Dies verträgt sich nicht mit der dringend erforderlichen Flexibilität der KAGen bei der Anlage der Kundengelder. Sogar die Möglichkeit, telefonische Aufsichtsratssitzungen durchzuführen, die kurzfristig anberaumt werden können, wird in dringenden Fällen zu nicht akzeptablen Verzögerungen führen. Die Verpflichtung von KAGen, für jede Transaktion mit einem verbundenen Unternehmen die Genehmigung des Aufsichtsrates einzuholen, ist daher abzulehnen. Denkbar wäre es weiterhin, die BaFin mit der Genehmigung von Transaktionen mit verbundenen Unternehmen zu betrauen. Dies hätte den Vorteil, dass von KAGen keine in großen Zeitabständen stattfindenden Sitzungen abgewartet werden müssten. Auch dürften die Mitarbeiter der BaFin für die Bewertung einer jeweiligen Transaktion über ausreichend Sachkenntnis verfügen. Nachteilig für den vorliegenden Fall ist aber die Tatsache, dass die Geschäftszeiten der BaFin nicht mit den Handelszeiten der internationalen Finanzmärkte übereinstimmen. Es kann also der Fall auftreten, dass die Genehmigung einer geplanten Transaktion nicht mehr am selben Tag eingeholt werden und sie daher erst am folgenden Tag ausgeführt werden kann. Auch solche Verzögerungen gehen zu Lasten der Flexibilität von Fondsmanagern und können sich nachteilig auf die Wertentwicklung von Fonds auswirken. Schließlich könnte bei jeder KAG ein spezielles Gremium für die Erteilung einer entsprechenden Genehmigung eingerichtet werden. Ein solches Gremium könnte ständig präsent sein und hierdurch die Durchführung schneller Anlageentscheidungen ermöglichen. Außerdem könnte es mit sachkundigen und erfahrenen Mitgliedern besetzt werden. Gleichzeitig muss aber berücksichtigt werden, dass mit seiner Einrichtung zusätzliche Kosten verbunden wären, die im Ergebnis die Anleger zu tragen hätten. Auch müssten Vorkehrungen für die Unabhängigkeit dieses Gremiums getroffen werden. Würde es ausschließlich mit Mitarbeitern der KAG besetzt, bestünden Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit der Mitglieder. Es müsste demnach ein Verfahren ähnlich der Bestellung der Mitglieder des Sachverständigenausschusses bei Immobilienfonds gem. § 77 InvG geschaffen werden, das die Geeignetheit der Mitglieder sicherstellt.

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d) Nachträgliche Überprüfung Weiterhin könnten Transaktionen mit einem verbundenen Unternehmen derart reguliert werden, dass im Vorfeld zwar keine Genehmigung eingeholt werden muss, die Berücksichtigung der Anlegerinteressen aber nachträglich überprüft wird. Ein eindeutiger Vorteil dieses Ansatzes gegenüber dem Genehmigungserfordernis liegt in dem geringeren Eingriff in die Flexibilität der Investmentgesellschaften bei der Umsetzung von Anlageentscheidungen. Die Fondsmanager können Transaktionen mit verbundenen Unternehmen sofort tätigen, ohne hierfür einer Genehmigung zu bedürfen. Gleichzeitig muss beachtet werden, dass eine nachträgliche Kontrolle nie so effektiv wie eine vorbeugende Überprüfung geplanter Transaktionen sein kann. Transaktionen, die den Anlegerinteressen zuwiderlaufen, können auf diesem Wege nicht verhindert werden. Sie können nur nachträglich festgestellt und sanktioniert werden. Fraglich ist, auf welcher Grundlage derartige nachträgliche Prüfungen erfolgen können. Eine sinnvolle Prüfung kann nur durchgeführt werden, wenn der prüfenden Instanz die wesentlichen Merkmale einer Transaktion bekannt sind. KAGen müssen bei diesem Regulierungsansatz demnach zugleich verpflichtet werden, die wesentlichen Informationen einer Transaktion mit einem verbundenen Unternehmen festzuhalten. Es wäre weiterhin auch hilfreich, im Vorfeld allgemeine Richtlinien für die Durchführung von Transaktionen mit verbundenen Unternehmen zu erstellen, um KAGen für die Abwicklung solcher Transaktionen und der Aufsichtsinstanz für die nachträgliche Prüfung Leitlinien an die Hand zu geben. Auch hier stellt sich wieder die Frage, welche Institution eine solche nachträgliche Überprüfung vorzunehmen hat. Neben den bereits bei dem Verfahren einer vorbeugenden Genehmigung in Frage kommenden Instanzen, dem Aufsichtsrat, der BaFin sowie einem speziell hierfür zu gründenden Gremium, ist auch eine Kontrolle durch die Abschlussprüfer der KAG denkbar. e) Hinweis auf mögliche Interessenkonflikte Schließlich ist denkbar, dass man KAGen verpflichtet, in den Vertragsbedingungen festzulegen, ob sie berechtigt sind, Transaktionen mit verbundenen Unternehmen durchzuführen und falls dies der Fall ist, auf die sich hieraus ergebenden Interessenkonflikte in den Verkaufsprospekten hinzuweisen. 57 Dieser Ansatz würde KAGen am geringsten belasten. Ihre Flexibilität bei der Anlage von Kundengeldern wäre nicht beeinträchtigt. Da die KAGen die Vertragsbedingungen einseitig festlegen, stünde es ihnen zudem frei, eine entsprechende Berechtigung festzuschreiben. Die Anleger würden auf diesem Wege allerdings wenig geschützt. 57

Baums / König, in: FS Bruno Kropff, 5, 23.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

Hinweise, die bei einer entsprechenden Berechtigung zu erfolgen hätten, würden in der Investmentbranche rasch zum Standard, weshalb die Anleger ihnen wohl wenig Bedeutung beimessen würden. 58 Auch würde auf diesem Wege keine zusätzliche Kontrolle von KAGen bei der Durchführung von Transaktionen mit verbundenen Unternehmen erreicht werden. f) Bewertung der möglichen Regulierungsansätze Bei einer zusammenfassenden Bewertung der möglichen Regulierungsansätze ist festzustellen, dass kein Ansatz einen umfassenden Schutz der Fondsanleger bietet und KAGen zugleich das erforderliche Maß an Flexibilität bei der Verwaltung von Investmentfonds belässt. Daher ist es erforderlich, die einzelnen Ansätze miteinander zu kombinieren. Ein generelles Verbot von Transaktionen mit verbundenen Unternehmen greift zu stark in die Flexibilität von KAGen bei der Anlage der Kundengelder ein, um den Schutz der Anleger vor Transaktionen, die ihren Interessen widersprechen, rechtfertigen zu können. Die Einführung eines Genehmigungserfordernisses für Transaktionen mit verbundenen Unternehmen würde zu einer erheblichen zeitlichen Verzögerung des Anlageprozesses führen, die mit den Erfordernissen der Praxis nicht in Einklang zu bringen wäre. Ein Hinweis in den Verkaufsprospekten schützt die Anleger kaum und wäre daher nicht mehr als eine wirkungslose Formalie. Die Verpflichtung von KAGen, bei der Verwaltung der Sondervermögen ausschließlich im Anlegerinteresse zu handeln, besteht ohnehin. Sie ist sehr abstrakt, kann hierdurch aber auch auf alle denkbaren Sachverhalte angewendet werden. Wird die Einhaltung dieser Verpflichtung bei Transaktionen mit verbundenen Unternehmen auch tatsächlich überprüft, werden die Interessen der Anleger ausreichend geschützt. Zugleich wird der Anlageprozess nur geringfügig bürokratisiert. Daher ist der Ansatz, KAGen zum Handeln im ausschließlichen Anlegerinteresse zu verpflichten und die Einhaltung dieser Pflicht nachträglich zu überprüfen, am besten geeignet, die Interessen der Anleger und die Bedürfnisse der Praxis im Rahmen der Regulierung von Transaktionen mit verbundenen Unternehmen miteinander in Einklang zu bringen. 6. Vorschläge für eine zukünftige Regulierung von Transaktionen mit verbundenen Unternehmen Es hat sich gezeigt, dass die im deutschen Recht bestehende Verpflichtung der KAGen, bei der Verwaltung von Sondervermögen ausschließlich im Interesse 58 Allgemein kritisch zur Aufklärung über bestehende Interessenkonflikte als Mittel zur kundengerechten Konfliktbewältigung: Schwark, in: Schwark, KMRK, § 31 BörsG Rdnr. 33 f.

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der Anleger zu handeln, grundsätzlich für die Regulierung von Transaktionen mit verbundenen Unternehmen geeignet ist, soweit die Einhaltung dieser Pflicht nachträglich kontrolliert wird. Eine effektive nachträgliche Kontrolle von Transaktionen mit verbundenen Unternehmen ist aber nur möglich, wenn die Aufsichtsinstanz die Einzelheiten der zu überprüfenden Transaktion kennt. Aus diesem Grund sollten KAGen verpflichtet werden, die Einzelheiten einer Transaktion mit einem verbundenen Unternehmen schriftlich festzuhalten. Ausgangspunkt einer solchen Pflicht ist § 9a S. 2 Nr. 5 InvG, wonach KAGen ausgeführte Geschäfte vollständig zu dokumentieren haben, sodass jedes Geschäft nach Gegenpartei, Art und Abschlusszeitpunkt rekonstruiert werden kann. Zusätzlich sollten KAGen bei Transaktionen mit verbundenen Unternehmen kurz darlegen, warum sie das jeweilige Geschäft getätigt haben. Dabei kann ein Hinweis auf etwaige zum Zeitpunkt der Transaktion vorliegende einschlägige Finanzanalysen erfolgen. Eine solche Berichtspflicht sollte nicht für Geschäfte mit verbundenen Unternehmen gelten, die über den Handel an einem organisierten Markt abgewickelt werden. Hier bietet den Anlegern das Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG ausreichend Schutz. Für außerbörsliche Geschäfte sowie bei der Zeichnung von Wertpapieren, die von einem verbundenen Unternehmen emittiert werden oder deren Emission von einem verbundenem Unternehmen begleitet wird, ist die Anfertigung eines solchen schriftlichen Berichts aber für eine effektive Kontrolle erforderlich. Um den verwaltungstechnischen Aufwand für KAGen so gering wie möglich zu halten, dürfen die Anforderungen an den Detaillierungsgrad der Berichte nicht zu hoch angelegt werden. Bei der Überprüfung solcher Berichte ist stets das weite Anlageermessen von KAGen zu berücksichtigen. Darüber hinaus ist es empfehlenswert, dass die BaFin, ähnlich der oben beschriebenen SEL-Verordnung, Vorgaben für Transaktionen mit verbundenen Unternehmen veröffentlicht. KAGen sollten ferner interne Richtlinien entwerfen, an denen sich Fondsmanager im Einzelfall orientieren können. Die Berichte über Transaktionen mit verbundenen Unternehmen sollten vom Aufsichtsrat und den Wirtschaftsprüfern eingehend geprüft werden. Kommen der Aufsichtsrat oder die Wirtschaftsprüfer zum Ergebnis, dass bei einer Trabsaktion die Anlegerinteressen nicht gewahrt wurden, sollte die BaFin über diesen Umstand zu informieren. 59 7. Behandlung der Beispielsfälle In Beispielsfall 1 hat die KAG gegen ihre Verpflichtung zum Handeln im Anlegerinteresse verstoßen. Zwar sind KAGen Geschäfte mit verbundenen Unternehmen nicht verboten und können auch außerbörslich ausgeführt werden. Der 59

Zur Einführung einer regelmäßigen Berichtspflicht des Aufsichtsrats gegenüber der BaFin siehe: 5. Kapitel Abschnitt D.VI.1.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

Börsenpreis der Wertpapiere lag aber zum Zeitpunkt des Verkaufs über dem mit dem verbundenen Unternehmen vereinbarten Preis. Den höheren Börsenpreis hätte die KAG mindestens vereinbaren müssen, um die Anlegerinteressen zu wahren. Die KAG verletzt in Beispielsfall 2 nicht ihre Verpflichtung zur Wahrung der Anlegerinteressen, weil sie Wertpapiere zeichnet, deren Emission von einem verbundenen Unternehmen begleitet wird. Die Tatsache, dass die Nachfrage für die Emission zu gering war, indiziert allerdings, dass der Emissionspreis zu hoch war. Die KAG muss darlegen können, warum sie zum Zeitpunkt der Zeichnung der Auffassung war, dass der Erwerb dieser Wertpapiere trotzdem den Anlegerinteressen entspricht. In Beispielsfall 3 verletzt die KAG nicht ihre Verpflichtung zur Wahrung der Anlegerinteressen. Die Tatsache, dass die Emission überzeichnet war, ist vielmehr ein Indiz, dass die Wertpapiere zu einem angemessenen Preis angeboten wurden. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Erwerb der Wertpapiere den Interessen der Anleger entspricht. Der Kauf könnte als verbotenes Insidergeschäft zu werten sein. Hierfür müsste die KAG jedoch von Insiderinformationen Kenntnis gehabt haben. III. Die Ausübung von Aktionärsrechten 1. Einleitung Die Verpflichtung von KAGen zur Verwaltung von Investmentfonds im ausschließlichen Interesse der Anleger umfasst auch die Wahrnehmung der mit den Anlagen der Investmentfonds verbundenen Rechte. 60 Dies ergibt sich für die Stimmrechte, die mit den Aktien eines Fonds verbunden sind, unmittelbar aus § 32 Abs. 1 InvG. KAGen haben aber auch die übrigen Aktionärsrechte im Interesse der Anleger auszuüben. Für Fondsanleger ist nicht nur von Bedeutung, dass KAGen die Aktionärsrechte in ihrem Interesse ausüben. Sie sind vielmehr auch auf eine ordnungsgemäße Wahrnehmung der Gläubigerrechte angewiesen. Dies gilt insbesondere angesichts der in den letzten Jahren immer stärker werdenden Popularität von Rentenfonds. 61 Vor diesem Hintergrund überzeugt es, dass Ziffer I.6 der BVI-Wohlverhaltensregeln KAGen über den Wortlaut des § 32 Abs. 1 S. 3 InvG hinaus auch verpflichtet, Gläubigerrechte gegenüber deutschen Gesellschaften im Regelfall selbst auszuüben. Allerdings beschränken sich die Rechte eines Gläubigers gegenüber seinem Schuldner im Wesentlichen auf die Geltendmachung der Forderung. 62 Unterneh60 61

Gruber / Kaldemorgen, ZfgKW 2007, 263. Siehe zu dieser Entwicklung BVI-Jahrbuch 2005, S. 16; abrufbar unter: www.bvi.de.

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merische Mitentscheidungsrechte, wie sie Aktionären mittels der Stimmrechte auf der Hauptversammlung zustehen, bestehen für Gläubiger lediglich im Rahmen des Schuldverschreibungsgesetzes. 63 Auch in Anbetracht der in den letzten Jahren etwas häufigeren Anwendung des Schuldverschreibungsgesetzes handelt es sich hierbei jedoch um Ausnahmefälle. Angesichts der geringen Bedeutung von Gläubigerrechten beschränkt sich die folgende Untersuchung daher auf die Pflichten von KAGen bei der Wahrnehmung von Aktionärsrechten. a) Einführende Fälle Zur Verdeutlichung der Pflichten von KAGen im Zusammenhang mit der Ausübung von Aktionärsrechten werden zunächst drei Fälle dargestellt: Eine KAG hat für einen von ihr verwalteten Investmentfonds eine erhebliche Anzahl von Aktien der Gesellschaften X, Y und Z erworben. Anteile dieses Fonds hält der Anleger A. Auf einer Hauptversammlung der X-Gesellschaft ist kein Mitarbeiter der KAG anwesend. Auch verzichtet die KAG darauf, einen Dritten mit der Ausübung der Aktionärsrechte zu beauftragen. Einen Tagesordnungspunkt der Hauptversammlung der X-Gesellschaft bildet der Vorschlag der Verwaltung, den Aktionären eine nach objektiven Maßstäben unangemessen niedrige Dividende auszuschütten. Der Vorschlag wird von der Hauptversammlung mit knapper Mehrheit angenommen. Hätte die KAG mit den von ihr auszuübenden Stimmrechten gegen den Vorschlag gestimmt, hätte der Beschlussvorschlag keine Mehrheit erzielt. Die Y-Gesellschaft ist das Mutterinstitut der KAG. Auf der Hauptversammlung wird dem Vorstand der Y-Gesellschaft, dessen Tätigkeit von vielen Aktionären stark kritisiert wird, die Entlastung mit nur knapper Mehrheit erteilt. Mitarbeiter der KAG haben auf der Hauptversammlung die auf die von der KAG verwalteten Investmentfonds entfallenden Stimmrechte ausgeübt. Fondsanleger A möchte von der KAG daraufhin wissen, welche Richtlinien sie für die Ausübung von Stimmrechten von Aktien verbundener Unternehmen besitzt und wie sie auf der Hauptversammlung der Y-Gesellschaft abgestimmt hat. Die Z-Gesellschaft erhält ein feindliches Übernahmeangebot, bei dem der angebotene Übernahmepreis pro Aktie einen objektiv zu geringen Wert des Unternehmens zugrunde legt. Fondsanleger A fordert die KAG daraufhin auf, sich öffentlich gegen das Übernahmeangebot zu wenden und sich für einen höheren Übernahmepreis für die Aktien der Z-Gesellschaft einzusetzen. 62 Selbstverständlich sind KAGen im Rahmen ihrer Verwaltungstätigkeit verpflichtet, diese Forderungsrechte ordnungsgemäß wahrzunehmen, also Kapital- und Zinszahlungen rechtzeitig und vollständig geltend zu machen. 63 Gesetz betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen vom 4. 12. 1899.

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b) Die Bedeutung der Aktionärsrechte für Fondsanleger Der Wert einer Aktie ergibt sich nicht alleine aus ihrem erzielbaren Verkaufspreis. Auch den einer Aktie innewohnenden Verfügungsrechten kommt ein eigener ökonomischer Wert zu. Mittels der Aktionärsrechte können Anleger auf eine Unternehmensführung in ihrem Interesse hinwirken. Beispielsweise beschließt die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft gem. § 174 Abs. 1 S. 1 AktG über die Verwendung des Bilanzgewinns. Die Aktionäre können folglich über die Stimmrechte, die ihnen auf einer Hauptversammlung zustehen, darüber abstimmen, in welcher Höhe der Bilanzgewinn in Form von Dividenden an sie ausgeschüttet werden soll. Neben der Dividendenausschüttung ermöglichen die Aktionärsrechte aber auch eine Einflussnahme auf die Unternehmensführung der Verwaltungsorgane. Nach § 182 Abs. 1 S. 1 AktG beschließt die Hauptversammlung beispielsweise über die Durchführung einer Kapitalerhöhung. Sind Aktionäre mit der Unternehmensführung der Verwaltungsorgane unzufrieden, weil sie in ihren Augen keine angemessene Rendite erwirtschaften, können sie einer von der Verwaltung vorgeschlagenen Kapitalerhöhung die Zustimmung verweigern. Einfluss auf die personelle Besetzung der Verwaltungsorgane erhalten Aktionäre zudem durch § 101 Abs. 1 S. 1 AktG. Nach dieser Vorschrift werden die Mitglieder des Aufsichtsrates von der Hauptversammlung gewählt, soweit nicht das Mitbestimmungsrecht etwas anderes vorsieht. Aufgrund der ökonomischen Bedeutung der Aktionärsrechte sind Fondsanleger darauf angewiesen, dass KAGen sie im Interesse einer nachhaltigen Steigerung des Fondsvermögens wahrnehmen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass unabhängig davon, ob das Fondsvermögen im Alleineigentum der jeweiligen KAG oder im gemeinsamen Eigentum der Fondsanleger steht, alleine die KAG zur Ausübung der Aktionärsrechte befugt ist. Für das Stimmrecht ergibt sich dies unmittelbar aus § 32 Abs. 1 S. 1 InvG. Da die Verwaltung des Fondsvermögens aber ausschließlich Aufgabe der KAGen ist und die ordnungsgemäße Ausübung der Aktionärsrechte aufgrund ihres ökonomischen Werts Einfluss auf die Wertentwicklung eines Fonds hat, obliegt KAGen auch die Wahrnehmung der übrigen Aktionärsrechte als Teil ihrer umfassenden Verwaltungspflicht. 64

64 Gruber / Kaldemorgen, ZfgKW 2007, 263; die Wahrnehmung von Aktionärsrechten durch institutionelle Anleger wie KAGen wird vereinzelt auch als genereller Lösungsansatz zur verbesserten Berücksichtigung der Interessen von Privatanlegern auf den Kapitalmärkten angesehen. Privatanleger besitzen regelmäßig zu wenig Aktien, um alleine die Beschlussfassungen einer Hauptversammlung entscheidend beeinflussen zu können. Zudem sind Privatanleger in aller Regel nicht in der Lage, sich auf eine einheitliche Vorgehensweise bei der Stimmrechtsausübung zu verständigen. Bündeln Privatanleger ihre Geldmittel in Investmentfonds, werden gleichzeitig auch die Stimmrechte gebündelt, die auf die mit dem Fondsvermögen erworbenen Aktien entfallen. Den auf diese Weise gebündelten Stimmrechten kommt so ein größeres Gewicht bei der Beschlussfassung zu, was die KAGen zum

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2. Die Pflicht von KAGen zur Wahrnehmung von Aktionärsrechten Bei der Untersuchung, was die Verpflichtung von KAGen zur Wahrnehmung von Aktionärsrechten im Einzelfall bedeutet, ist zwischen den verschiedenen Verwaltungsrechten zu unterscheiden. Aktionären stehen im Wesentlichen die folgenden fünf Verwaltungsrechte zu: das Teilnahmerecht, das Antragsrecht, das Auskunftsrecht, das Rederecht sowie das Abstimmungsrecht. a) Das Teilnahmerecht Das Teilnahmerecht berechtigt Aktionäre zur Teilnahme an der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft. Für KAGen stellt sich die Frage, ob sie verpflichtet sind, jede Hauptversammlung eines Emittenten, dessen Aktien sie für einen Investmentfonds erworben haben, zu besuchen. Das InvG sieht keine Regelung zur Wahrnehmung des Teilnahmerechts vor. Den BVI-Wohlverhaltensregeln ist lediglich die allgemeine Verpflichtung zu entnehmen, dass KAGen sämtliche Aktionärsrechte ausschließlich im Anlegerinteresse ausüben. Etwas konkreter ist der Ziffer III.1.3 des CGKAM, wonach die Ausübung der Aktionärsrechte nur unterbleiben soll, wenn für alle von der Gesellschaft verwalteten Fonds der damit verbundene Aufwand den Nutzen für die Anleger deutlich übersteigt. Als Aufwand der Teilnahme an einer Hauptversammlung kommen ausschließlich die damit verbundenen Kosten in Frage. Der Nutzen einer Teilnahme ist nach der wirtschaftlichen Lage der jeweiligen Gesellschaft, der Wichtigkeit der zur Abstimmung stehenden Tagesordnungspunkte, der Angemessenheit der Beschlussvorschläge der Verwaltung sowie der Wahrscheinlichkeit der Mehrheit für die Verwaltungsvorschläge zu bestimmen. Ziffer III.1.3 des CGKAM macht die Nichtausübung der Aktionärsrechte und somit auch den Verzicht auf das Teilnahmerecht davon abhängig, dass zwei Bedingungen erfüllt sind. Zunächst muss der für die Ausübung des Teilnahmerechts erforderliche Aufwand den Nutzen für die Anleger deutlich übersteigen. Bei der Kosten-Nutzen-Abwägung genügt also nicht bereits ein leichtes Überwiegen der Kosten. Dies erscheint bedenklich, weil eine Teilnahme auch dann nicht im Interesse der Anleger liegt, wenn die Kosten den Nutzen nur leicht übersteigen. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass KAGen die Entscheidung über die Teilnahme im Vorfeld der Hauptversammlung treffen müssen. Zu diesem Zeitpunkt ist der Ablauf der Hauptversammlung noch nicht bekannt und der Nutzen einer Wohle der Privatanleger nutzen können. Auch haben empirische Untersuchungen ergeben, dass die von institutionellen Anlegern gestellten Anträge auf Hauptversammlungen eine höhere Chance besitzen, eine Abstimmungsmehrheit zu erlangen, als dies bei Privatanlegern der Fall ist; siehe Garrido / Rojo, in: Hopt / Wymeersch, Capital Markets and Company Law, 2003, S. 427, 436 ff.; ZGR 2001, 645, 652 mit Zitat: Gillan / Starkes, Journal of Financial Economics 57 (2000), 275 ff.

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Teilnahme somit noch nicht genau zu quantifizieren. Es ist durchaus denkbar, dass eine Hauptversammlung einen unvorhergesehenen Verlauf nimmt. Müssen KAGen demnach hinsichtlich des Nutzens der Teilnahme an einer Hauptversammlung eine Prognoseentscheidung treffen, erscheint es interessengerecht, dass sie sich angesichts der Bedeutung der Teilnahme für die übrigen Aktionärsrechte im Zweifel für eine Teilnahme zu entscheiden haben und hiervon nur in solchen Ausnahmefällen absehen, in denen auch bei einem unvorhergesehenen Verlauf der Hauptversammlung eine günstige Kosten-Nutzen-Relation unwahrscheinlich erscheint. Dies sind die Fälle, in denen die Prognoseentscheidung ergibt, dass die Kosten der Teilnahme deren Nutzen deutlich übersteigen. Als zweite Voraussetzung der Ziffer III.1.3 des CGKAM muss der Aufwand der Teilnahme den Nutzen für alle von der Gesellschaft verwalteten Fonds deutlich übersteigen. Ist ein derartiges Ungleichgewicht zwischen Aufwand und Nutzen auch für nur einen Fonds nicht gegeben, muss eine KAG nach Ziffer III.1.3 des CGKAM von dem Teilnahmerecht Gebrauch machen. Der CGKAM ist ein privatrechtliches Regelwerk, dessen Befolgung für die KAGen nicht verbindlich ist. Ob die KAGen Ziffer III.1.3 des CGKAM trotzdem zu befolgen haben, hängt deshalb davon ab, ob der in der Vorschrift zum Ausdruck kommende deutliche Vorrang zugunsten der Ausübung von Aktionärsrechten die Verpflichtung zur Verwaltung der Investmentfonds im ausschließlichen Anlegerinteresse angemessen konkretisiert. Hierfür spricht zunächst die elementare Bedeutung des Teilnahmerechts für die übrigen Aktionärsrechte. Dass vor diesem Hintergrund die Kosten der Teilnahme an einer Hauptversammlung nicht im Interesse der Anleger liegen, ist nur dann denkbar, wenn mit der Teilnahme besonders hohe Kosten verbunden sind oder der Nutzen außergewöhnlich gering ist. 65 Unverhältnismäßig hohe Kosten können nur bei einem ausländischen Emittenten entstehen. 66 Im Inland sind die Kosten für die Teilnahme an einer Hauptversammlung üblicherweise so gering, dass sie vor dem Hintergrund des damit verbundenen Nutzens nicht ins Gewicht fallen können. Bei Hauptversammlungen im Ausland müssen KAGen im Vorfeld abschätzen, ob der mit der Teilnahme verbundene Nutzen die hierdurch anfallenden Kosten rechtfertigt. Bei Hauptversammlungen innerhalb Europas werden die Kosten einer Teilnahme regelmäßig nicht sehr hoch sein. Zu bedenken ist auch, dass KAGen an Hauptversammlungen im Ausland nicht unbedingt mit einem eigenen Mitarbeiter teilnehmen müssen, da die Soll-Vorschrift des § 32 Abs. 1 S. 2 InvG für die Ausübung des Stimmrechts im Ausland nicht gilt. Sie können daher in solchen Fällen Dritte bevollmächtigen und diesen für die Ausübung der Aktionärsrechte auf der Hauptversammlung Weisungen erteilen. Die hierdurch entstehenden Kosten 65 66

Schödermeier / Baltzer, in: Brinkhaus / Scherer, § 10 KAGG Rdnr. 21. Gesetzesbegründung zum Investment-Richtlinie-Gesetz, BT-Drs. 11/5411, S. 30.

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werden regelmäßig nicht ins Gewicht fallen. Zudem besteht mittlerweile auch vereinzelt die Möglichkeit zur Teilnahme an einer Hauptversammlung über das Internet. 67 Besteht diese Option, wird die Kostenfrage obsolet. Nur in Ausnahmefällen ist die Teilnahme an einer Hauptversammlung für die Anleger von so geringem Nutzen, dass auch durchschnittliche Kosten ungerechtfertigt sind. Das wäre etwa der Fall, wenn eine KAG nur eine ausgesprochen geringe Anzahl von Aktien einer Gesellschaft hält, sie mit der Unternehmensführung vollständig zufrieden ist, sämtliche Beschlussvorschläge der Verwaltung im Interesse der Anleger liegen und eine Beschlussfassung entsprechend dieser Vorschläge sehr wahrscheinlich ist. Einer extensiven Verpflichtung zur Teilnahme an Hauptversammlungen kann auch nicht entgegengehalten werden, dass der Nutzen einer solchen Teilnahme für die Anleger deshalb nicht besonders groß sei, weil KAGen regelmäßige Investorengespräche mit den Verwaltungsorganen von Emittenten führen und diesen so ihre Kritik mitteilen können. 68 Die Möglichkeit der Einflussnahme auf die Verwaltungsorgane von Emittenten durch Investorengespräche verliert an Bedeutung, wenn KAGen nicht an Hauptversammlungen teilnehmen und so etwaiger Kritik an der Unternehmensführung kein entsprechendes Abstimmungsverhalten folgen lassen können. Die Teilnahme an Hauptversammlungen ist also gerade Voraussetzung dafür, dass die Geschäftsführung eines Emittenten sich zur Durchführung von Investorengesprächen bereit erklären wird. Die Teilnahme an Hauptversammlungen wird demnach durch regelmäßige Investorengespräche gerade nicht überflüssig. Mithin ist festzustellen, dass der in Ziffer III.1.3 des CGKAM zum Ausdruck kommende deutliche Vorrang zugunsten der Ausübung von Aktionärsrechten eine angemessene Konkretisierung der Verpflichtung von KAGen zur Verwaltung von Investmentfonds im ausschließlichen Interesse der Anleger darstellt. KAGen sollten Ziffer III.1.3 des CGKAM daher befolgen. b) Das Antragsrecht Das Antragsrecht ist für Aktionäre von Bedeutung, um auf der Hauptversammlung eine Beschlussfassung im eigenen Interesse herbeizuführen. Aufgrund der Pflicht zum Handeln im ausschließlichen Anlegerinteresse müssen KAGen bei jeder Hauptversammlung prüfen, ob ein eigener Antrag erforderlich ist, um die Interessen der Anleger zu wahren. Dies kann dann der Fall sein, wenn die Vorschläge der Verwaltungsorgane zur Beschlussfassung nach § 124 Abs. 3 AktG nicht mit

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Hierzu auch: Drees / Wilhelm, ZfgKW 2004, 414. Fondsmanager der Union Invest Asset Management Holding AG führen ca. 500 Investorengespräche pro Jahr mit Emittenten; Drees / Wilhelm, ZfgKW 2004, 414; ähnlich, Gruber / Kaldemorgen, ZfgKW 2007, 263, 266. 68

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den Aktionärsinteressen übereinstimmen. Das ist beispielsweise zu bejahen, wenn die Ausschüttung einer unangemessen niedrigen Dividende vorgeschlagen wird. Angesichts der Tatsache, dass KAGen in aller Regel Minderheitsaktionäre sind, besitzen von ihnen gestellte Anträge allerdings nur relativ geringe Erfolgsaussichten auf der Hauptversammlung. Zudem ist mit der Vorbereitung von Gegenanträgen ein erheblicher Aufwand verbunden. Man würde daher die Anforderungen an die Verwaltungspflichten der KAGen überstrapazieren, wenn man sie stets zur Stellung von Gegenanträgen verpflichtet, sobald die Beschlussvorschläge der Verwaltungsorgane nicht den Anlegerinteressen entsprechen. Eine Verpflichtung der KAGen zur Antragsstellung kann deshalb nur in Ausnahmefällen angenommen werden, etwa in Fällen, in denen die Beschlussvorschläge deutlich im Widerspruch zu den Anlegerinteressen stehen. In derartigen Fällen kann auch damit gerechnet werden, dass der Antrag einer KAG auf der Hauptversammlung eine Mehrheit finden wird. Falls diese Vorraussetzungen nicht erfüllt sind, ist die Verwaltungspflicht von KAGen als erfüllt anzusehen, wenn Beschlussvorschläge der Verwaltungsorgane, die den Anlegerinteressen widersprechen, abgelehnt werden. Die Beschränkung der Verpflichtung zur Antragstellung auf Ausnahmefälle steht scheinbar im Widerspruch zu Ziffer III.1.3 des CGKAM, die besagt, dass die Ausübung der Aktionärsrechte nur unterbleiben soll, wenn für alle von der Gesellschaft verwalteten Vermögen der damit verbundene Aufwand den Nutzen für die Anleger deutlich übersteigt. Ziffer III.1.3 des CGKAM stellt gegenüber der hier vertretenen Auffassung ein umgekehrtes Regel-Ausnahme-Verhältnis auf. In der Praxis dürften beide Ansätze aber zu demselben Ergebnis führen, da regelmäßig davon ausgegangen werden kann, dass der Aufwand, der mit der Vorbereitung von Anträgen auf der Hauptversammlung verbunden ist, ihren Nutzen deutlich übersteigt. c) Das Auskunftsrecht Das Auskunftsrecht des Aktionärs nach § 131 AktG ist erforderlich, damit dieser bei Beschlussfassungen auf der Hauptversammlung eine informierte Entscheidung treffen kann. Dieses Recht kann gerade bei Privatanlegern von erheblicher Bedeutung sein. Institutionelle Anleger, wie KAGen, führen aber häufig außerhalb von Hauptversammlungen Gespräche mit Emittenten und benötigen daher das Auskunftsrecht auf der Hauptversammlung in geringerem Umfang. Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass mit dem Stellen von Fragen auf Hauptversammlungen kaum Aufwand verbunden ist. Es sind folglich wenige Fälle denkbar, in denen der mit der Ausübung des Auskunftsrechts verbundene Aufwand den Nutzen für die Anleger deutlich übersteigt. Dies würde dafür sprechen, dass KAGen auf Hauptversammlungen nach Ziffer III.1.3 des CGKAM regelmäßig Fragen stellen müssten, um ihren Verwaltungspflichten nachzukommen. Dies wäre allerdings wenig praktikabel, würde Hauptversammlungen unnötig in die Länge

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 123

ziehen und keinen ersichtlichen Vorteil für die Anleger schaffen. In Bezug auf das Auskunftsrecht ist Ziffer III.1.3 des CGKAM deshalb nicht zuzustimmen. KAGen sind vielmehr nur dann zur Ausübung ihres Auskunftsrechts verpflichtet, wenn sie anderenfalls nicht über ausreichend Informationen für die Ausübung des Stimmrechts im Interesse der Anleger verfügen. d) Das Rederecht Im Vergleich zu angelsächsischen institutionellen Investoren machen KAGen immer noch relativ wenig Gebrauch von dem Rederecht auf Hauptversammlungen. 69 Die Frage, ob die Wahrnehmung des Rederechts im Interesse der Anleger liegt, wird von KAGen kontrovers diskutiert. Für eine verstärkte Wahrnehmung des Rederechts wird angeführt, dass der durch diese Reden entstehende Öffentlichkeitsdruck die Verwaltungsorgane zum Handeln im Aktionärsinteresse bewegen könne. 70 Einige Gesellschaften sehen Redebeiträge auf Hauptversammlungen zumindest als letztes Mittel zur Einflussnahme auf die Verwaltung eines Unternehmens an, von der erst dann Gebrauch gemacht werden sollte, wenn die Forderungen von KAGen, die den Verwaltungsorganen in nicht öffentlichen Investorengesprächen kommuniziert werden, keine ausreichende Berücksichtigung finden. 71 Als Begründung für diese Auffassung wird angeführt, dass entsprechende Redebeiträge naturgemäß nur kritisch ausfallen könnten und öffentlichkeitswirksame Kritik regelmäßig negative Auswirkungen auf den Aktienkurs hat. Eine durch die Reden von Mitarbeitern von KAGen herbeigeführte negative Kursentwicklung könne aber nicht im Interesse der Anleger liegen. 72 Der Hinweis, dass öffentlich vorgetragene Kritik sich zunächst regelmäßig schädlich auf den Aktienkurs einer Gesellschaft auswirkt, kann nicht von der Hand gewiesen werden. Dass dies aber auch mittel- und langfristig der Fall ist, erscheint jedoch zweifelhaft. Von dem US-amerikanischen Pensionsfonds CalPERS veröffentlichte Daten lassen das Gegenteil vermuten. Demnach haben sich die Aktien von vielen Gesellschaften, bei denen CalPERS öffentlich strategische Defizite angeprangert hat, in der Folgezeit überdurchschnittlich gut entwickelt. 73 Solche Daten sind schwer zu verifizieren. Die Vermutung, dass Gesellschaften öffentlich vorgetragene Kritik berücksichtigen, festgestellte Defizite daraufhin abstellen und 69 Kempf, S. 65; Reiss (S. 186) weist allerdings darauf hin, dass die Wahrnehmung des Rederechts in letzter Zeit etwas zunimmt. 70 Kurr / Martin, ZfgKW 2004, 412; Drees / Wilhelm, ZfgKW 2004, 414; Balodis, ZfgKW, 2004, 402. 71 Balodis, ZfgKW, 2004, 402; Drees / Wilhelm, ZfgKW 2004, 414; Utermann, ZfgKW 2004, 403, 404. 72 Utermann, ZfgKW 2004, 403, 404; Baum, ZfgKW 2004, 410. 73 Drees / Wilhelm, ZfgKW 2004, 414.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

sich ihr Aktienkurs in der Folge besser entwickelt, leuchtet aber zumindest ein. 74 Dass eine entsprechende Entwicklung auch durch Kritik erreicht werden kann, die in vertraulichen Gesprächen vorgetragen wird, erscheint allerdings ebenso wahrscheinlich. Nach alledem kann eine Pflicht von KAGen, auf Hauptversammlung von ihrem Rederecht Gebrauch zu machen, nur dann angenommen werden, wenn die Unternehmensführung Anlass zur Kritik gibt, die im Rahmen von Investorengesprächen vorgetragen Kritik keine zufrieden stellende Berücksichtigung findet und ein Verkauf der Aktien nicht den Interessen der Anleger entspricht. Im Gegenzug widerspricht es den Anlegerinteressen, wenn Fondsmanager Hauptversammlungen als Bühne zur Selbstdarstellung nutzen und Kritik äußern, die dem Aktienkurs der Gesellschaft schadet, ohne eine mittel- bis langfristige Verbesserung der Unternehmensführung erreichen zu können. 75 Ebenso wie beim Antragsrecht führt auch beim Rederecht die Anwendung der Forderungen der Ziffer III.1.3 des CGKAM auf die Praxis dazu, dass Ziffer III.1.3 des CGKAM und die hier vertretene restriktive Haltung zu demselben Ergebnis führen. Mit der Vorbereitung einer Rede wird, abgesehen von den genannten Ausnahmefällen, regelmäßig ein Aufwand verbunden sein, der den Nutzen dieser Rede für die Anleger deutlich übersteigt. Begrüßenswert war, dass die SEB Invest GmbH in der Vergangenheit ihre Redebeiträge auf Hauptversammlungen auf ihrer Unternehmens-Website veröffentlichte. Hierdurch konnten Anleger überprüfen, ob die KAG ihr Rederecht einsetzt, um die Anlegerinteresse zu wahren. Mittlerweile hat die SEB Invest GmbH aber bedauerlicherweise wieder davon Abstand genommen, ihre Redebeiträge zu veröffentlichen. e) Das Stimmrecht aa) Die Bedeutung des Stimmrechts Das Stimmrecht, durch das Aktionäre an der Beschlussfassung der Hauptversammlung mitwirken können, wird aufgrund seiner besonderen Bedeutung als Hauptmitgliedschaftsrecht angesehen. 76 Es gewährt den Aktionären die Möglichkeit, unmittelbar über die Geschicke der Gesellschaft abzustimmen. Dem Stimmrecht kommt auch ein eigener ökonomischer Wert zu, der sich daran ablesen lässt, dass stimmrechtslose Vorzugsaktien gegenüber Stammaktien, die ein Stimmrecht beinhalten, in der Regel mit einem Preisabschlag gehandelt werden. 77 74

Drees / Wilhelm, ZfgKW 2004, 414; 415. Reiss, S. 186 f. 76 Heider, in: MüKoAktG, Band 1, § 12 Rdnr. 5. 77 Siehe zu der Parallele zwischen dem Erwerb stimmrechtsloser Aktien und der Nichtausübung von Stimmrechten aus Aktien: Cahn, WM 2001, 1929, 1931. 75

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Gegen die Bedeutung des Stimmrechts wird vereinzelt vorgetragen, dass Aktionäre bei Unzufriedenheit mit dem Management einer Gesellschaft die Möglichkeit besitzen, Aktien zu verkaufen. 78 Dieser Ansicht ist zwar insoweit zuzustimmen, als dass für Aktionäre tatsächlich zwei Optionen zur Verfügung stehen, um auf eine ihrer Ansicht nach schlechte Unternehmensführung zu reagieren: zum einen könne sie Aktien verkaufen („exit-strategy“) und zum anderen können sie auf das Management einwirken, um eine bessere Unternehmensführung zu erreichen („voice-strategy“). Es überzeugt aber nicht, in einer Situation, in der zwei Handlungsoptionen bestehen, die Bedeutung der einen deshalb abzulehnen, weil noch die andere besteht. Des Weiteren muss beachtet werden, dass die Option des Verkaufs von Aktien für KAGen in der Praxis teilweise nicht besteht oder zumindest mit erheblichen ökonomischen Nachteilen verbunden ist. So sind KAGen aufgrund der Fondsbedingungen häufig verpflichtet, gewisse Aktien im Bestand zu halten. Zu denken ist hierbei etwa an Indexfonds, die gewisse Aktienindizes nachzubilden haben. Ist eine Aktie Bestandteil des Index, können KAGen sie nicht veräußern. Zum anderen halten KAGen häufig eine große Zahl einer bestimmten Aktie. Wollen sie diese verkaufen, führt dies zu einem Kursrückgang, wodurch der Verkaufserlös erheblich geschmälert wird. 79 Eine derartige Vorgehensweise wird häufig nicht im Interesse der Anleger liegen. bb) Pflicht zur Stimmrechtsausübung? Gem. § 32 Abs. 1 S. 1 InvG sind KAGen unabhängig von der Gestaltung des Eigentums an dem Fondsvermögen zur Ausübung des Stimmrechts aus den zu einem Fonds gehörenden Aktien bevollmächtigt. Die Fondsanleger können die Stimmrechte nicht ausüben und sind daher darauf angewiesen, dass KAGen die Stimmrechte verantwortungsvoll wahrnehmen. Es stellt sich die Frage, ob KAGen verpflichtet sind, Stimmrechte in jedem Fall auszuüben. § 32 InvG gibt hierauf keine Antwort. § 32 Abs. 1 S. 2 InvG, der besagt, dass KAGen Stimmrechte aus Aktien von deutschen Gesellschaften im Regelfall selbst ausüben sollen, regelt die Frage, ob eine KAG Stimmrechte selbst oder durch Dritte auszuüben hat. Zur Frage, ob sie die Stimmrechte überhaupt auszuüben hat, kann der Vorschrift hingegen nichts entnommen werden. Nach Ziffer III.1.3 des CGKAM soll die Ausübung von Aktionärsrechten nur unterbleiben, wenn für alle von der Gesellschaft verwalteten Vermögen der damit verbundene Aufwand den Nutzen für die Anleger deutlich übersteigt. Nach dieser Vorschrift darf eine KAG zwar nur unter engen Voraussetzungen von der Ausübung des Stimmrechts absehen, eine generelle Ausübungspflicht besteht allerdings nicht.

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Balodis, ZfgKW, 2004, 402. Siehe hierzu: 4. Kapitel Abschnitt D.IV.3.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

Für eine Verpflichtung von KAGen zur Ausübung von Stimmrechten spricht zunächst der ökonomische Wert des Aktienstimmrechts. Wenn der Möglichkeit zur Einflussnahme auf die Leitung einer Gesellschaft ein ökonomischer Wert zukommt, erscheint es unangemessen, dass es KAGen gestattet sein soll, auf diesen Wert zu verzichten. Auch lassen sich praktische Erwägungen für eine entsprechende Verpflichtung anführen. Sind KAGen nicht generell zur Ausübung des Stimmrechts verpflichtet, lässt es sich nur schwer überprüfen, ob sie im Einzelfall tatsächlich untersucht haben, ob eine Wahrnehmung des Stimmrechts im Interesse der Anleger liegt. Weniger Schwierigkeiten bereitet hingegen die Überprüfung, ob eine KAG die auf einen Investmentfonds entfallenden Stimmrechte stets ausgeübt hat. 80 Gegen eine Verpflichtung von KAGen zur Ausübung von Stimmrechten wird vereinzelt angeführt, dass sich Fondsanleger bewusst gegen eine Investition in Aktien und somit auch gegen ein Mitspracherecht bei der Unternehmensführung entschieden hätten. 81 Die Fondsanleger würden folglich gerade auf die mit Aktien verbundenen Stimmrechte verzichten. Dann sei es aber nicht konsequent, KAGen gegenüber den Fondsanlegern zur Ausübung der Stimmrechte zu verpflichten. Dieser Auffassung muss entgegen gehalten werden, dass sich Anleger mit einer Investition in Investmentfonds nicht gegen den Erwerb von Stimmrechten entscheiden sondern für eine professionelle Verwaltung ihres Geldes, wozu sie selbst regelmäßig nicht in der Lage sind. Ein Bestandteil der professionellen Verwaltung, die sich Anleger hierbei erhoffen, ist in der sachkundigen Wahrnehmung von Stimmrechten zu sehen. Weiterhin wird gegen eine entsprechende Verpflichtung vorgetragen, dass KAGen aufgrund der im Investmentrecht vorgesehenen Emittentengrenzen stets Minderheitsaktionäre seien und ihnen daher nur wenig Einfluss auf einer Hauptversammlung zukomme. 82 Die Wahrnehmung der Stimmrechte sei also ein unzureichendes Instrument zur Wahrung der Anlegerinteressen. Folgte man dieser Auffassung, müsste jeder Minderheitsaktionär auf die Ausübung seiner Stimmrechte verzichten. Auch als Minderheitsaktionär kann man aber Einfluss auf Abstimmungen einer Hauptversammlung nehmen. Dies gilt insbesondere bei Gesellschaften, deren Aktien breit gestreut sind und bei denen keine Mehrheitsaktionäre existieren. Zudem ist denkbar, dass mehrere KAGen Aktien eines Emittenten halten und gemeinsam eine bedeutende Aktionärsgruppe darstellen, sofern sie sich auf ein 80 Zur Einführung einer Verpflichtung zur Veröffentlichung des eigenen Abstimmungsverhaltens, siehe 4. Kapitel Abschnitt D.III.3.b). 81 IOSCO, Report of the Technical Committee: „Collective Investment Schemes as Shareholders: Responsibilities and Disclosure“, September 2003, S. 8, abrufbar unter www.iosco.org. 82 Kurr / Martin, ZfgKW 2004, 412, 413; Muthreich / Demoulin, ZfgKW 2004, 420, 422; Garrido / Rojo, in: Hopt / Wymeersch, Capital Markets and Company Law, 2003, S. 427, 437.

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 127

einheitliches Abstimmungsverhalten verständigen. Somit kann eine Pflicht der KAGen zur Ausübung von Stimmrechten nicht alleine aufgrund ihrer Eigenschaft als Minderheitsaktionäre abgelehnt werden. Ein weiteres Argument gegen die Verpflichtung der KAGen zur Ausübung von Stimmrechten lautet, dass KAGen nur in Aktien von Gesellschaften investierten, hinter deren Management sie stehen. Daher würden sie in aller Regel ohnehin die Vorschläge der Verwaltungsorgane unterstützen. 83 Auch diese Argumentation kann nicht überzeugen, da die grundsätzliche Zufriedenheit mit der Verwaltung einer Gesellschaft nicht bedeutet, dass man sämtliche Beschlussvorschläge für richtig hält. Außerdem können KAGen bei einigen Fonds nicht unabhängig darüber entscheiden, welche Aktien sie erwerben. Bei Indexfonds sind KAGen beispielsweise zum Erwerb gewisser Aktien verpflichtet, auch wenn sie deren Unternehmensführung für schlecht erachten. Zudem kann sich die Zufriedenheit mit dem Management eines Emittenten im Verlauf der Zeit ändern. Dass eine KAG beim Erwerb einer Aktie mit der Unternehmensführung des Managements zufrieden war, schließt also nicht aus, dass spätere Entscheidungen von ihr für falsch gehalten werden. Schließlich wird gegen die Verpflichtung von KAGen zur Stimmrechtsausübung vorgetragen, dass hierdurch die Gefahr entstünde, dass KAGen geneigt sind, immer nur noch entsprechend dem Vorschlag der Verwaltungsorgane abzustimmen, um so der eigenen Pflicht nachzukommen. 84 Hierbei wird allerdings übersehen, dass sich die Frage, ob KAGen zur Ausübung des Stimmrechts verpflichtet sind, unabhängig davon stellt, wie die Gesellschaften die Stimmrechte auszuüben haben. Wären KAGen zur Stimmrechtsausübung verpflichtet, würde ein Abstimmungsverhalten, das sich stets darauf beschränkt, den Vorschlägen der Verwaltungsorgane zuzustimmen, gegen die Pflicht zum Handeln im ausschließlichen Anlegerinteresse verstoßen. Die Gefahr, dass KAGen ihrer Interessenwahrungspflicht nicht nachkommen, besteht unabhängig von der Frage, ob sie zur Stimmrechtsausübung verpflichtet sind. Eine Verpflichtung der KAGen zur Stimmrechtsausübung scheitert aber letztlich daran, dass sie KAGen die Möglichkeit nimmt, sich im Einzelfall im Interesse der Anleger gegen die Ausübung zu entscheiden. Es kann durchaus Fälle geben, in denen die Ausübung der Stimmrechte den Anlegerinteressen nur einen geringen Vorteil bringt, gleichzeitig aber erhebliche Kosten verursacht. 85 Das kann 83

Baum, ZfgKW 2004, 410. The High Level Group of Company Law Experts, „Report on a modern regulatory framework for company law in Europe“, S. 57, abrufbar unter: http://europa.eu.int / comm / internal_market / company / modern / index_en.htm. 85 Muthreich / Demoulin, ZfgKW 2004, 420, 422; Kempf, S. 65; Reiss, S. 180; IOSCO, Report of the Technical Committee: „Collective Investment Schemes as Shareholders: Responsibilities and Disclosure“, September 2003, S. 9; abrufbar unter: www.iosco.org. 84

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

insbesondere dann der Fall sein, wenn ein Fonds nur einen sehr geringen Teil des Fondsvermögens in Aktien einer Gesellschaft investiert hat und die Kosten der Stimmrechtsauübung hoch sind, weil die Aktionärsversammlung im Ausland stattfindet und eine elektronische Stimmrechtsabgabe nicht möglich ist. In solchen Fällen wären KAGen dann zur Ausübung verpflichtet, obwohl es den Anlegerinteressen nicht dient. Im Interesse einer möglichst großen Flexibilität von KAGen bei der Fondsverwaltung ist deshalb eine Verpflichtung zur Stimmrechtsausübung abzulehnen. 86 Für dieses Ergebnis spricht auch, dass eine Verpflichtung zur Stimmrechtsausübung international unüblich ist. 87 Dementsprechend sind KAGen verpflichtet, sich mit allen relevanten Tagesordnungspunkten einer Hauptversammlung kritisch auseinanderzusetzen. 88 Zur Ausübung von Stimmrechten sind sie aber lediglich dann verpflichtet, wenn sie auf Grund ihrer Prüfung zu dem Ergebnis gelangen, dass dies den Interessen der Anleger entspricht. 89 Aufgrund der ökonomischen Bedeutung des Stimmrechts wird dies im Einklang mit Ziffer III.1.3 des CGKAM regelmäßig anzunehmen sein. In Einzelfällen können KAGen aber von einer Ausübung absehen, wenn dies den Anlegerinteressen nicht entsprechen würde, etwa weil die mit der Ausübung verbundenen Kosten unverhältnismäßig hoch sind. cc) Der Prozess der Stimmrechtsausübung Die Ausübung von Stimmrechten muss einheitlichen Grundsätzen folgen. Bei jedem Emittenten, dessen Aktien eine KAG für einen oder mehrere der von ihr verwalteten Fonds erworben hat, hat die Gesellschaft mit der erforderlichen Sorgfalt zu prüfen, ob und wie sie Stimmrechte wahrnimmt. Hierfür ist es notwendig, dass KAGen standardisierte Prozesse entwickeln, schriftlich fixieren und implementieren. 90 Üblicherweise richten KAGen hierfür sog. „Proxy Voting Committees“ ein, also Ausschüsse, die sich mit der Ausübung von Stimmrechten befassen. 91 Den 86 Baur, Investmentgesetze, § 10 KAGG Rdnr. 44; Beckmann, in: Beckmann / Scholz, Kz. 425, § 10 Rdnr. 16; Schödermeier / Baltzer, in: Brinkhaus / Scherer, § 10 KAGG Rdnr. 20; Kempf, S. 65. 87 IOSCO, Report of the Technical Committee: „Collective Investment Schemes as Shareholders: Responsibilities and Disclosure“, September 2003, S. 4; abrufbar unter: www.iosco.org; Garrido / Rojo, in: Hopt / Wymeersch, Capital Markets and Company Law, 2003, S. 427, 436. 88 Strenger, in: Hommelhoff / Hopt / von Werder, Handbuch Corporate Governance, S. 698, 709. 89 Muthreich / Demoulin, ZfgKW 2004, 420, 422; so auch: IOSCO, Report of the Technical Committee: „Collective Investment Schemes as Shareholders: Responsibilities and Disclosure“, September 2003, S. 9; abrufbar unter: www.iosco.org. 90 Ziffer III.1.2 des CGKAM. 91 Utermann, ZfgKW 2004, 403.

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 129

Ausschüssen gehören Analysten, Portfoliomanager und Compliance-Mitarbeiter an. 92 Sie legen das Abstimmungsverhalten für jede einzelne Hauptversammlung fest und bestimmen zudem, wer das Stimmrecht ausübt. In Frage kommen hierbei vor allem Analysten, die das jeweilige Unternehmen ständig beobachten oder erfahrene Fondsmanager, die, verglichen mit den übrigen Fondsmanagern, den größten Anteil der Aktien eines Emittenten in dem von ihnen verwalteten Fonds halten. 93 Weiterhin sollen Proxy-Voting-Committees Abstimmungsrichtlinien entwerfen, in denen Kriterien für die Ausübung von Stimmrechten aufgestellt werden. 94 Die Kriterien müssen für die mit der Ausübung der Stimmrechte betrauten Personen verbindlich sein. 95 Inhaltlich behandeln diese Richtlinien das Abstimmungsverhalten einer KAG bei Tagesordnungspunkten, die typischerweise auf Hauptversammlungen auftreten, von besonderer Bedeutung für die Aktionäre sind oder deren Behandlung regelmäßig kontrovers diskutiert werden (z. B. die Bestellung von Mitgliedern der Leitungsorgane, Kapitalmaßnahmen, Fusionen und Akquisitionen sowie die Berücksichtigung sozialer und ökologischer Belange). 96 Gleichzeitig sollten sie auch Standards für den Umgang mit Interessenkonflikten enthalten. 97 Schließlich entwerfen Proxy Voting Committees noch Regeln für die Dokumentation und Kontrolle des Abstimmungsverhaltens. 98 dd) Die Pflicht zur eigenhändigen Stimmrechtsausübung KAGen haben eigenverantwortlich über die Stimmrechtsausübung zu entscheiden. Weisungen der Fondsanleger oder sonstiger Personen unterliegen sie nicht. 99 Es ist ihnen vielmehr untersagt, derartige Weisungen zu beachten, falls sie nach ihrer Auffassung nicht den Anlegerinteressen entsprechen. 100 Besondere Bedeu92 Ziffer1der„LeitlinienfürdieAbstimmungaufHauptversammlungen“derAllianzGlobal Investors Kapitalanlagegesellschaft mbH; abrufbar unter www.allianzglobalinvestors .de. 93 Utermann, ZfgKW 2004, 403. 94 Ziffer III.1.1 des CGKAM. 95 So ist in Ziffer 1 der „Leitlinien für die Abstimmung auf Hauptversammlungen“ der Allianz Global Investors Kapitalanlagegesellschaft mbH vorgesehen, dass Abweichungen von den Leitlinien der Genehmigung bedürfen; die Leitlinien sind abrufbar unter www .allianzglobalinvestors.de. 96 Siehe etwa die Abstimmungsrichtlinien der Allianz Global Investors Kapitalanlagegesellschaft mbH oder der Union Invest Gruppe. Letztere sind auf Anfrage erhältlich. 97 IOSCO, Report of the Technical Committee: „Collective Investment Schemes as Shareholders: Responsibilities and Disclosure“, September 2003, S. 9; abrufbar unter: www.iosco.org; siehe auch: Loistl / Petrag, S. 95 f. 98 Utermann, ZfgKW 2004, 403. 99 Schödermeier / Baltzer, in: Brinkhaus / Scherer, § 10 KAGG Rdnr. 20. 100 Beckmann, in: Beckmann / Scholtz, Kz. 425 § 10 Rdnr. 16.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

tung hat der Gesetzgeber der Frage geschenkt, ob KAGen die Stimmrechte selbst auszuüben haben oder ob sie Dritte hiermit beauftragen können. Die Ausübung von Stimmrechten könnte grundsätzlich den Auslagerungsvorschriften gem. § 16 InvG unterfallen. § 16 InvG wird aber durch § 32 Abs. 1 S. 2 – 4 InvG, der die Ausübung von Stimmrechten durch Dritte speziell regelt, verdrängt. Nach § 32 Abs. 1 S. 2 InvG sollen KAGen die Aktienstimmrechte von Gesellschaften mit Sitz in Deutschland im Regelfall selbst ausüben. Das Stimmrecht kann gem. § 32 Abs. 1 S. 3 InvG aber im Einzelfall durch einen Bevollmächtigten ausgeübt werden, dem hierfür Weisungen erteilt werden sollen. Gem. § 32 Abs. 1 S. 4 InvG kann schließlich ein unabhängiger Stimmrechtsvertreter auf Dauer und ohne Weisungen für die Stimmrechtsausübung bevollmächtigt werden. Dem Wortlaut nach gilt § 32 Abs. 1 S. 2 –4 InvG für die Ausübung der Stimmrechte, also für den Akt der Stimmabgabe. Die Vorschriften gelten aber in erster Linie für die Auslagerung der Entscheidung, ob und wie ein Stimmrecht ausgeübt wird. 101 Dies ergibt sich zum einen aus dem Umstand, dass nur die Frage, wie ein Stimmrecht ausgeübt wird, für die Anleger von derart großer Bedeutung ist, dass eine spezielle gesetzliche Regelung erforderlich ist. Zum anderen behandeln die § 32 Abs. 1 S. 3 – 4 InvG auch die Erteilung von Weisungen. Weisungen können sich aber nur darauf beziehen, wie ein Stimmrecht ausgeübt werden soll. Mit der Stimmabgabe selbst können KAGen grundsätzlich auch einen Erklärungsboten beauftragen. 102 Allerdings müssen KAGen eigene Mitarbeiter zu einer Hauptversammlung schicken, wenn eine Teilnahme im Interesse der Anleger liegt, etwa weil für die Stimmabgabe die Beantwortung von Fragen durch die Verwaltungsorgane der Gesellschaft erforderlich ist. § 32 Abs. 1 S. 2 – 4 InvG modifiziert die Auslagerungsregeln nach § 16 InvG folglich in zweifacher Hinsicht. Einerseits sollen KAGen bei Aktien von Gesellschaften mit Sitz in Deutschland die Stimmrechtsausübung grundsätzlich nicht auslagern. Andererseits kann die Stimmrechtsausübung auch ohne Weisungsrecht ausgelagert werden, wenn ein unabhängiger Stimmrechtsvertreter bevollmächtigt wird. Die Beschränkung der Soll-Regelung zur eigenhändigen Ausübung des Stimmrechts auf Gesellschaften mit Sitz in Deutschland nach § 32 Abs. 1 S. 2 InvG wurde eingefügt, um die mit der Stimmrechtsausübung verbundenen Kosten besser zu berücksichtigen. 103 Außerhalb Deutschlands, vor allem außerhalb Europas, können die mit der eigenhändigen Stimmrechtsausübung verbundenen Kosten den für die Anleger hierdurch entstehenden Nutzen häufig nicht rechtfertigen. Bei deutschen Emittenten spielt das Kostenargument naturgemäß nur eine untergeordnete 101 102 103

Beckmann, in: Beckmann / Scholtz, Kz. 425 § 10 Rdnr. 17. Kempf, S. 65. Gesetzesbegründung zum Investment-Richtlinie-Gesetz, BT-Drs. 11/5411, S. 30.

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Rolle, weshalb KAGen die Stimmrechte auch selbst wahrzunehmen haben. Eine Bevollmächtigung ist nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig. Nach § 32 Abs. 1 S. 3 InvG kann ein Stimmrecht für den Einzelfall auch durch einen Bevollmächtigten ausgeübt werden, wobei diesem Weisungen für die Ausübung erteilt werden sollen. Als Einzelfall kann hierbei nur die einzelne Hauptversammlung gelten. 104 Eine weitere Auslegung des Tatbestandsmerkmals „Einzelfall“ kann dem Wortlaut nicht entnommen werden und ist wegen des Ausnahmecharakters dieser Vorschrift auch nicht geboten. Keine Angaben macht § 32 InvG darüber, wie konkret die für die Bevollmächtigung für den Einzelfall erforderlichen Weisungen sein müssen. Zu weitgehend wäre eine Auslegung, nach der dem Bevollmächtigten genau vorzugeben ist, wie er die Stimmrechte bei jeder einzelnen Abstimmung einzusetzen hat. In diesem Fall wäre der Bevollmächtigte lediglich Erklärungsbote. Andererseits kann es jedenfalls nicht ausreichen, wenn dem Bevollmächtigten lediglich vorgegeben wird, im Interesse der Anleger abzustimmen. Hierzu haben KAGen ihn gem. § 9 Abs. 2 Nr. 1 InvG ohnehin zu verpflichten. Dem Stimmrechtsvertreter müssen konkrete Kriterien vorgegeben werden, nach denen er seine Entscheidung über die Ausübung eines Stimmrechts ausrichten kann. Anhaltspunkte bieten hierbei die Abstimmungsrichtlinien der jeweiligen KAG. Ein unabhängiger Stimmrechtsvertreter darf gem. § 32 Abs. 1 S. 4 InvG dauerhaft und ohne Weisungsgebundenheit zur Stimmrechtsausübung bevollmächtigt werden. Wählt eine KAG diese Alternative, gibt sie die Stimmrechtsausübung vollständig aus der Hand. An die dauerhafte Bevollmächtigung eines unabhängigen Stimmrechtsvertreters sind daher hohe Anforderungen zu stellen. Dies gilt zunächst für die Unabhängigkeit des Stimmrechtsvertreters. Ein Stimmrechtsvertreter gilt dann als unabhängig, wenn er über die Stimmrechtsausübung hinaus kein Eigeninteresse an der Gesellschaft, auf deren Hauptversammlung er die Stimmrechte ausüben soll, besitzt und unabhängig von Dritten, insbesondere den Gesellschaftern der KAG, ist. 105 Darüber hinaus haben KAGen weisungsunabhängige Stimmrechtsvertreter zu verpflichten, bei der Stimmrechtsausübung ausschließlich im Interesse der Anleger zu handeln. Die Bevollmächtigung eines Stimmrechtsvertreters darf sich nicht zu Lasten der Fondsanleger auswirken. Da Stimmrechtsvertreter aber weder gesetzlich noch vertraglich gegenüber den Anlegern zur Wahrung ihrer Interessen verpflichtet sind, bedarf es zum Schutz der Anleger einer solchen vertraglichen Abrede zwischen KAGen und Stimmrechtsvertretern. Außerdem haben KAGen Stimmrechtsvertreter dahingehend zu überwachen, ob sie die Stimmrechte tat104

A. A. Baur, Investmentgesetze, § 10 KAGG Rdnr. 40. Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Transparenz- und Publizitätsgesetz, BTDrs. 14/8769, 29 f. 105

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

sächlich im Interesse der Anleger ausüben. Diese Verpflichtung ergibt sich unmittelbar aus der Interessenwahrungspflicht der KAGen und ist auch in Ziffer I.7 der BVI-Wohlverhaltensregeln vorgesehen. Dabei ist der Stimmrechtsvertreter an die Vorgaben der eigenen Abstimmungsrichtlinien zu binden und die Überwachungsmaßnahmen sind zu protokollieren. 106 ee) Abstimmung bei Interessenkonflikten Ist eine KAG Interessenkonflikten ausgesetzt, besteht die Gefahr, dass sie ihre Verpflichtung zur Wahrung der Anlegerinteressen vernachlässigt. Interessenkonflikten ist eine KAG bei der Ausübung von Stimmrechte zum Beispiel dann ausgesetzt, wenn sie für einen von ihr verwalteten Investmentfonds Aktien eines verbundenen Unternehmens erworben hat. 107 Eine Anlage von Kundengeldern in Wertpapiere verbundener Unternehmen ist KAGen nicht verboten. Vielmehr sind sie teilweise sogar verpflichtet, Aktien eines verbundenen Unternehmens zu erwerben, etwa wenn sie aufgrund der Fondsbedingungen einen Index nachzubilden haben, in dem diese Aktien enthalten sind. Hat eine KAG Aktien eines verbundenen Unternehmens erworben, kann innerhalb des Konzerns Druck auf die KAG ausgeübt werden, dass diese auf der Hauptversammlung entsprechend der Beschlussvorschläge der Verwaltungsorgane abstimmt. Ob eine derartige Einflussnahme von KAGen stets ignoriert wird, erscheint zumindest fraglich. 108 Gleichzeitig besteht aber die Gefahr, dass das konzerntreue Abstimmungsverhalten nicht den Interessen der Anleger entspricht und die KAG bei einer „konzerntreuen“ Stimmabgabe daher gegen ihre Sorgfaltspflichten verstößt. Vor diesem Hintergrund ist die Forderung erhoben worden, dass KAGen auf der Hauptversammlung verbundener Unternehmen keine Stimmrechte ausüben dürfen. 109 Weiterhin wird vorgeschlagen, dass KAGen Stimmrechte in derartigen Konstellationen durch einen unabhängigen Dritten ausüben lassen sollen. 110 Gegen ein Verbot der Ausübung von Stimmrechten auf Hauptversammlungen verbundener Unternehmen spricht, dass die Ausübung der Stimmrechte aus den jeweiligen Aktien von KAGen zur Wahrung der Interessen der Anleger erforder106

Kempf, S. 66. EFAMA, „Investment Fund Managers as Shareholders – Statement of Principles“, vom 5. Februar 2002, Punkt A.4); abrufbar unter: www.efama.org. 108 Cahn, WM 2001, 1929, 1932. 109 Auf derartige Bestrebungen weisen hin: Baums / König, in: Festschrift für Kropff, S. 3, 15. 110 IOSCO, Report of the Technical Committee: „Collective Investment Schemes as Shareholders: Responsibilities and Disclosure“, September 2003, S. 10; abrufbar unter www.iosco.org. 107

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 133

lich sein kann. Zu denken ist etwa an den Fall, dass die Verwaltungsorgane die Ausschüttung einer unangemessen niedrigen Dividende vorschlagen. Dann müssen KAGen im Interesse der Anleger gegen einen solchen Beschlussvorschlag stimmen. Die Nichtausübung des Stimmrechts würde in einem solchen Fall den Anlegerinteressen widersprechen. 111 Flexibler und daher für die Wahrung der Anlegerinteressen besser geeignet ist der Vorschlag, dass KAGen Stimmrechte aus Aktien verbundener Unternehmen durch einen unabhängigen Dritten ausüben lassen sollen. In einem solchen Fall liegt es im Interesse der Anleger, von der Grundregel des § 32 Abs. 2 S. 3 InvG abzuweichen und die Erteilung einer Stimmrechtsvollmacht für den Einzelfall ohne Weisungen ausnahmsweise als zulässig anzuerkennen. Auch wenn diese Vorgehensweise am besten für KAGen geeignet zu sein scheint, den Eindruck zu vermeiden, sie würde Konzerninteressen über die der Anleger stellen, kann es ihnen nach geltendem Recht nicht verwehrt werden, die Stimmrechte selbst auszuüben. Gerade dann sollte die jeweilige KAG aber ihr Anstimmungsverhalten gegenüber den Anlegern offen legen und dabei auf die Interessenkonflikte hinweisen. Die Interessen einer KAG bei der Ausübung von Stimmrechten können weiterhin von denen ihrer Fondsanleger abweichen, wenn sie für einen von ihr verwalteten Investmentfonds Aktien eines Emittenten erworben haben, mit dem sie oder ein verbundenes Unternehmen in einer engen wirtschaftlichen Verbindung steht. 112 Hier wird die jeweilige KAG an dem Wohlwollen des Emittenten interessiert und daher geneigt sein, auf der Hauptversammlung den Beschlussvorschlägen des Managements zuzustimmen. Die Berücksichtigung der eigenen wirtschaftlichen Interessen oder der Interessen verbundener Unternehmen bei der Stimmrechtsausübung widerspräche zwar den Sorgfaltspflichten von KAGen. Dass diese aber immun gegen solche Überlegungen sind, erscheint wenig wahrscheinlich. Gleichwohl verbietet sich im Interesse der Anleger auch hier, KAGen die Ausübung des Stimmrechts zu untersagen. Zudem erscheint die Option, in derartigen Konstellationen einen unabhängigen Stimmrechtsvertreter zu bestellen, nicht optimal. Grundsätzlich können KAGen bei fast jedem Aktienemittenten ein Interesse an einer Geschäftsverbindung haben. Die regelmäßige Bestellung von Stimmrechtsvertretern widerspräche aber der gesetzlichen Wertung des § 32 Abs. 1 S. 2 InvG. Deshalb sollten KAGen Stimmrechte in derartigen Fällen grundsätzlich selbst ausüben. Die Bestellung eines Stimmrechtsvertreters kommt in den Fällen in 111 Cahn, WM 2001, 1929, 1932, der die Problematik verdeutlicht, indem er darlegt, dass die Fondsanleger im Falle des Verbots der Stimmrechtsausübung eine stimmrechtlose Aktie zum Preis einer stimmrechtsberechtigten Aktie erwerben. 112 SEC; Final Rule: Disclosure of Proxy Voting Policies and Proxy Voting Records by Registered Management Investment Companies“; Introduction, abrufbar unter www.sec .gov.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

Frage, in denen ein Interessenkonflikt besonders ausgeprägt ist, etwa bei laufenden Verhandlungen mit dem Emittenten über ein Spezialfondsmandat. Bei der eigenhändigen Ausübung des Stimmrechts bietet sich ebenfalls die Offenlegung des eigenen Abstimmungsverhaltens an, um zu verdeutlichen, dass die KAG die eigenen Interessen nicht über die der Anleger gestellt hat. 3. Transparenzpflichten Eng verbunden mit der Ausübung von Aktionärsrechten ist die Frage, inwiefern KAGen gegenüber den Fondsanlegern ihre Abstimmungsrichtlinien und ihr Abstimmungsverhalten offen legen sollten. Angesichts dieser engen inhaltlichen Verbindung werden die Transparenzpflichten von KAGen im Zusammenhang mit der Ausübung von Aktionärsrechten bereits an dieser Stelle und nicht erst im Abschnitt Transparenz erörtert. Das InvG enthält keine Vorschrift, nach der KAGen explizit zur Veröffentlichung ihrer Abstimmungsrichtlinien oder ihres Abstimmungsverhaltens verpflichtet wären. 113 Insbesondere die Rechnungslegungsvorschriften gem. §§ 44, 45 InvG enthalten keine derartige Verpflichtung. Zwar bestimmt Ziffer I.6 der BVI-Wohlverhaltensregeln, dass KAGen über die Grundsätze ihrer Abstimmungspolitik informieren sollen. Die BVI-Wohlverhaltensregeln sind für KAGen allerdings derzeit noch nicht verbindlich. Demnach sind KAGen nach geltendem Recht nicht zu entsprechenden Veröffentlichungen verpflichtet. Gleichwohl könnte eine solche Verpflichtung aus Transparenzgesichtspunkten sinnvoll sein. Zu klären ist daher, ob die Offenlegungspflichten der KAGen dementsprechend geändert werden sollten. In Frage kommen dabei zum einen eine Verpflichtung zur Veröffentlichung von Abstimmungsrichtlinien und zum anderen eine Verpflichtung zur Veröffentlichung des Abstimmungsverhaltens. a) Pflicht zur Veröffentlichung von Abstimmungsrichtlinien Soweit ersichtlich, veröffentlichen von den großen KAGen bisher alleine die Allianz Global Investors Kapitalanlagegesellschaft mbH und die SEB Invest GmbH ihre Abstimmungsrichtlinien auf ihren Unternehmens-Websites. 114 Die übrigen KAGen verzichten auf eine entsprechende Veröffentlichung. 115 Diese Marktpra113 Man könnte erwägen, ob die Anleger gem. §§ 675, 666 BGB berechtigt sind, entsprechende Informationen zu erhalten. Zum Bestehen eines individuellen Informationsanspruchs neben den investmentrechtlichen Transparenzanforderungen, siehe: 6. Kapitel Abschnitt F. 114 Siehe: www.allianzglobalinvestors.de. 115 Die Gesellschaften legen ihre Abstimmungsrichtlinien aber teilweise auf Nachfrage offen, etwa die Union Invest Gruppe.

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xis steht im Widerspruch zu der national wie international steigenden Zahl der Befürworter der Veröffentlichung von Abstimmungsrichtlinien durch Fondsgesellschaften. Neben den BVI-Wohlverhaltensregeln fordert auch Ziffer IV.2 CGKAM KAGen auf, die „eigenen Richtlinien der verfolgten Corporate Governance-Politik (einschließlich des Stimmrechtsverhaltens)“ zu veröffentlichen. Auf europäischer Ebene hat sich die von der Europäischen Kommission im Jahre 2001 eingesetzte Expertenkommission zur Modernisierung des europäischen Gesellschaftsrechts für entsprechende Veröffentlichungen ausgesprochen. 116 In den USA hat die SEC Fondsgesellschaften zur Veröffentlichung der eigenen Abstimmungsrichtlinien verpflichtet. 117 Auch die IOSCO hat sich für das Recht der Fondsanleger, über die Abstimmungsrichtlinien informiert zu werden, ausgesprochen. 118 Schließlich hält die EFAMA entsprechende Veröffentlichungen ebenfalls für geboten. 119 Die Veröffentlichung der Abstimmungsrichtlinien hat für Anleger den Vorteil, dass sie sich darüber informieren können, nach welchen Grundsätzen eine KAG die Stimmrechte aus Aktien, die sie für einen Fonds erwirbt, ausübt. Anlegern wird es so ermöglicht zu untersuchen, ob eine KAG die Aktionärsrolle in ähnlicher Weise interpretiert wie sie selbst. Sie erhalten folglich ein weiteres Beurteilungskriterium für die Auswahl von KAGen, denen sie ihr Geld anvertrauen wollen. Darüber hinaus sind die Veröffentlichungen geeignet, KAGen zusätzlich zu motivieren, sich tatsächlich mit der Ausübung von Stimmrechten auseinanderzusetzen. Diesen Vorteilen stehen einzig die durch die Veröffentlichungen verursachten Kosten entgegen. Allerdings dürften diese nicht ins Gewicht fallen, da die Abstimmungsrichtlinien aus Gründen der Verständlichkeit nicht zu umfangreich sein sollten. Als Veröffentlichungsmedium kommen grundsätzlich der ausführliche sowie der vereinfachte Verkaufsprospekt, die Halb- oder Jahresberichte sowie die eigene Unternehmens-Website in Frage. 120 Um die Verwaltungskosten für KAGen so gering wie möglich zu halten, erscheint es ausreichend, dass sie die Richtlinien im Internet veröffentlichen oder Anlegern auf Anfrage kostenlos zur 116 The High Level Group of Company Law Experts, „Report on a modern regulatory framework for company law in Europe“, S. 56 f., abrufbar unter: http://europa.eu.int / comm / internal_market / company / modern / index_en.htm. 117 SEC; Final Rule: Disclosure of Proxy Voting Policies and Proxy Voting Records by Registered Management Investment Companies“; abrufbar unter www.sec.gov. 118 IOSCO, Report of the Technical Committee: „Collective Investment Schemes as Shareholders: Responsibilities and Disclosure“, September 2003, S. 8; abrufbar unter www.iosco.org. 119 EFAMA, „Investment Fund Managers as Shareholders – Statement of Principles“, vom 5. Februar 2002, Punkt A.3); abrufbar unter: www.efama.org. 120 Der europäische Investmentverband EFAMA sieht den Jahresbericht sowie das Internet als geeignete Veröffentlichungsmedien an; EFAMA, „Investment Fund Managers as Shareholders – Statement of Principles“, vom 5. Februar 2002, Punkt A.3); abrufbar unter: www.efama.org.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

Verfügung stellen. 121 Die KAGen sollten jedoch zusätzlich verpflichtet werden, in den Prospekten und Berichten auf die Veröffentlichung im Internet sowie auf die kostenlose Bezugsmöglichkeit hinzuweisen. Insgesamt ist somit festzustellen, dass KAGen zukünftig zur Veröffentlichung ihrer Abstimmungsrichtlinien auf ihrer Unternehmens-Website verpflichtet werden sollten. 122 b) Pflicht zur Veröffentlichung des Abstimmungsverhaltens Eng verbunden mit der Veröffentlichung der Abstimmungsrichtlinien ist die Veröffentlichung des eigenen Abstimmungsverhaltens durch KAGen. Anders als bei den Abstimmungsrichtlinien handelt es sich hierbei nicht um die Mitteilung eines abstrakten Regelwerkes. Gegenstand der Veröffentlichung ist vielmehr die konkrete Stimmangabe einer KAG in der Vergangenheit. Die darzulegenden Daten sind hierbei wesentlich umfangreicher. Außerdem müssen sie häufiger aktualisiert werden. Der Verwaltungsaufwand ist für KAGen daher größer. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass KAGen eine Veröffentlichung des Abstimmungsverhaltens mit Hinweis auf die Verwaltungskosten mehrheitlich ablehnen. 123 Neben dem Verwaltungsaufwand wird von der Investmentbranche auch vorgetragen, dass eine Offenlegung des Abstimmungsverhaltens sowohl den Interessen der Fondsanleger als auch denen der Aktiengesellschaften widerspräche. 124 Ferner würden die Anleger durch derartige Veröffentlichungen mit Informationsmaterial „überladen“. 125 Nur in Sonderfällen könnten Veröffentlichungen dem Anlegerinteresse entsprechen. 126 Als weitere Argumente gegen die Verpflichtung von Fondsgesellschaften zur Veröffentlichung des eigenen Abstimmungsverhaltens wird von der Investmentindustrie weiterhin vorgetragen, dass die Anleger in Wirklichkeit nicht an diesen Informationen interessiert seien, dass KAGen auf diesem Wege die Möglichkeit genommen werde, ihre Stimme geheim abzugeben oder die Verwaltungsorgane eines Emittenten durch persönliche Gespräche zu einer anderen Unternehmensführung zu veranlassen. 127 121

Für eine Veröffentlichung auf der Unternehmens-Website: Ziffer IV.2 des CGKAM. Siehe zur Unternehmenswebsite als Medium der Anlegerinformation: 6. Kapitel Abschnitt C.III. 123 Siehe F.A.Z. vom 15. 02. 2005, S. 19. 124 Utermann, ZfgKW 2004, 403. 125 Strenger, in: Hommelhoff / Hopt / von Werder, Handbuch Corporate Governance, S. 698, 708. 126 EFAMA, „Investment Fund Managers as Shareholders – Statement of Principles“, vom 5. Februar 2002, Punkt A.3); abrufbar unter www.efama.org. 127 Siehe die von der US-amerikanischen Investmentindustrie vorgetragenen Bedenken gegen die Einführung einer entsprechenden Verpflichtung in den USA: SEC; Final Rule: 122

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Für eine Verpflichtung von KAGen zur Veröffentlichung ihres Abstimmungsverhaltens lassen sich ebenso wie bei der Pflicht zur Veröffentlichung von Abstimmungsrichtlinien Transparenzgesichtspunkte anführen. Die Anleger erhalten so die Möglichkeit nachzuprüfen, ob KAGen Stimmrechte tatsächlich im Anlegerinteresse ausüben. 128 Insbesondere können sie das Abstimmungsverhalten auf seine Vereinbarkeit mit den Abstimmungsrichtlinien hin untersuchen, falls letztere ebenfalls veröffentlicht werden. Dies ist gerade in den Fällen von Bedeutung, in denen eine KAG bei der Wahrnehmung von Stimmrechten Interessenkonflikten ausgesetzt ist. 129 Aufgrund des ökonomischen Wertes von Stimmrechten haben die Fondsanleger ein besonderes Interesse zu erfahren, ob die Stimmrechte in ihrem Interesse wahrgenommen wurden. Schließlich werden KAGen auf diesem Wege zu einem sorgfältigen Umgang mit den Stimmrechten motiviert. International ist eine Verpflichtung von Fondsgesellschaften zur Offenlegung ihres Abstimmungsverhaltens nicht unüblich. In den USA hat die SEC Fondsgesellschaften hierzu verpflichtet. 130 Die IOSCO tritt ebenfalls für eine solche Verpflichtung ein. 131 Auf europäischer Ebene hat die von der Europäischen Kommission im Jahre 2001 eingesetzte Expertenkommission zur Modernisierung des europäischen Gesellschaftsrechts in ihrem Bericht vom 4. 11. 2002 zumindest festgestellt, dass Kunden von institutionellen Anlegern das Recht besitzen, auf Nachfrage über das Abstimmungsverhalten informiert zu werden. 132 Das Wohl der Anleger kann gegen eine Verpflichtung der KAGen zur Veröffentlichung des Abstimmungsverhaltens nicht angeführt werden. Aufgrund der oben genannten Gründe liegen entsprechende Veröffentlichungen vielmehr im Interesse der Anleger. Auch der Hinweis auf das Wohl des Emittenten kann nicht gegen eine derartige Verpflichtung von KAGen angeführt werden. Zum einen ist Disclosure of Proxy Voting Policies and Proxy Voting Records by Registered Management Investment Companies“, Executive Summary, Abschnitt II.B; abrufbar unter www.sec.gov. 128 IOSCO, Report of the Technical Committee: „Collective Investment Schemes as Shareholders: Responsibilities and Disclosure“, September 2003, S. 8, 9; abrufbar unter www.iosco.org; SEC; Final Rule: Disclosure of Proxy Voting Policies and Proxy Voting Records by Registered Management Investment Companies“; Executive Summary Abschnitt II; abrufbar unter www.sec.gov. 129 IOSCO, Report of the Technical Committee: „Collective Investment Schemes as Shareholders: Responsibilities and Disclosure“, September 2003, S. 10; abrufbar unter www.iosco.org. 130 SEC; Final Rule: Disclosure of Proxy Voting Policies and Proxy Voting Records by Registered Management Investment Companies“; abrufbar unter www.sec.gov. 131 IOSCO, Report of the Technical Committee: „Collective Investment Schemes as Shareholders: Responsibilities and Disclosure“, September 2003, S. 10; abrufbar unter www.iosco.org. 132 The High Level Group of Company Law Experts, „Report on a modern regulatory framework for company law in Europe“, S. 56 f., abrufbar unter: http://europa.eu.int / comm / internal_market / company / modern / index_en.htm.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

nicht einsichtig, warum die Interessen des Emittenten durch die Veröffentlichung überhaupt beeinträchtigt werden. Zum anderen obliegt KAGen ausschließlich die Wahrung der Anlegerinteressen und nicht die der Emittenten. Dass sich durch eine solche Veröffentlichung der Wert der Aktien der Emittenten mindert, was letztlich den Anlegerinteressen widerspräche, ist ebenfalls nicht einsichtig. Dass mit den Veröffentlichungen Verwaltungskosten verursacht werden, muss den Gegnern einer Veröffentlichungspflicht zugestanden werden. Gleichwohl müssen diese aufgrund des großen Nutzens für die Anleger hingenommen werden. Dies gilt vor allem, weil die Kosten in einem überschaubaren Rahmen gehalten werden können. Die Angaben zum Abstimmungsverhalten können grundsätzlich in tabellarischer Form mitgeteilt werden. Eine zusätzliche Erläuterung wird nur in Ausnahmefällen erforderlich sein, etwa wenn eine Abstimmung von den Abstimmungsrichtlinien einer KAG abweicht, auf einer Hauptversammlung Gegenanträge gestellt werden oder wenn eine KAG bei der Stimmrechtsausübung Interessenkonflikten ausgesetzt war. 133 Auch erscheint es ausreichend, dass KAGen die Angaben auf ihrer Unternehmens-Website veröffentlichen und Anlegern auf Anfrage kostenlos zusenden, solange die Anleger hierauf in den Prospekten und dem Jahresbericht hingewiesen werden. 134 Werden die Informationen über das Abstimmungsverhalten in derart komprimierter Form veröffentlicht, besteht zudem keine Gefahr, dass Anleger mit Informationen „überladen“ werden. Selbst wenn der Großteil der Anleger in der Praxis kein Interesse an den veröffentlichten Daten haben sollte, wird auf diesem Wege doch erreicht, dass zumindest die Anleger, die eine fundierte Anlageentscheidung treffen wollen, Zugang zu den Informationen erhalten. Dabei ist auch zu erwarten, dass Unternehmen, die sich mit der Bewertung von KAGen befassen, die veröffentlichten Daten analysieren und für Anleger aufbereiten. Derartige Bewertungen von KAGen durch Ratingagenturen treffen bei Anlegern mittlerweile auf einige Beachtung. 135 Dass KAGen durch eine Veröffentlichungspflicht daran gehindert werden, die Stimme anonym abzugeben, kann nicht widerlegt werden. Dieser Nachteil kann aber nicht die mit den Veröffentlichungen einhergehenden Vorteile kompensieren. Schließlich überzeugt auch nicht der Einwand, dass KAGen durch eine Veröffentlichungspflicht die Möglichkeit genommen wird, durch persönliche Gespräche das Management eines Emittenten zu einer anderen Unternehmensführung zu veranlassen. Derartige Gespräche sind auch bei Veröffentlichung des Abstimmungsverhaltens weiterhin möglich. Zudem wird aus der Praxis berichtet, dass Unternehmen ohnehin wenig Bereitschaft zeigen, mit KAGen im Vorfeld von 133 So auch: Ziffer IV.2 des CGKAM; für eine Begründung nur bei Abweichungen von den eigenen Richtlinien: EFAMA, „Investment Fund Managers as Shareholders – Statement of Principles“, vom 5. Februar 2002, Punkt A.3); abrufbar unter www.efama.org. 134 Für eine Veröffentlichung auf der Unternehmenswebsite: Ziffer IV.2 des CGKAM. 135 Siehe hierzu: BVI-Jahrbuch 2002, S. 54 ff., abrufbar unter www.bvi.de.

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Hauptversammlungen Tagesordnungspunkte zu diskutieren. 136 Finden solche Gespräche aber in der Praxis kaum statt, können sie auch nicht als Argument gegen die Einführung einer entsprechenden Veröffentlichungspflicht angeführt werden. Mittlerweile wird die Veröffentlichung des Abstimmungsverhaltens nicht mehr von allen KAGen abgelehnt. Seit Anfang 2005 legt die Allianz Global Investors Kapitalanlagegesellschaft mbH jeweils zum Ende einer Hauptversammlungssaison ihr Abstimmungsverhalten offen. 137 Eine Erläuterung einzelner Stimmabgaben erfolgte allerdings nicht. Gleichwohl gibt dieser Vorstoß Anlass zu der Vermutung, dass KAGen durch eine Offenlegung ihres Abstimmungsverhaltens nicht überfordert werden. Insgesamt ist festzuhalten, dass KAGen zur Veröffentlichung ihres Abstimmungsverhaltens auf ihrer Unternehmens-Website verpflichtet werden sollten. 138 Dabei sollte das Abstimmungsverhalten teilweise auch begründet werden, insbesondere wenn eine KAG bei der Stimmrechtsausübung Interessenkonflikten ausgesetzt war. 4. Behandlung von Übernahmeangeboten Die Ausübung von Aktionärsrechten durch KAGen erlangt auch bei Übernahmeangeboten Bedeutung, bei denen Gesellschaften beteiligt sind, deren Aktien KAGen für Investmentfonds erworben haben. KAGen haben jedes Übernahmeangebot auf seine Vereinbarkeit mit den Anlegerinteressen zu überprüfen. Dies gilt unabhängig davon, ob Aktien der Zielgesellschaft oder des Bieters gehalten werden. Ziffer I.9 der BVI-Wohlverhaltensregeln bestimmt daher, dass KAGen im Zusammenhang mit Unternehmensübernahmen oder Übernahmeangeboten jede gesetzlich zulässige Maßnahme treffen sollen, die ihrer Ansicht nach im Interesse der Anteilinhaber liegt und dass angesichts der möglichen erheblichen Tragweite an die Entscheidung über solche Maßnahmen entsprechende Anforderungen zu stellen sind. Ziffer I.9 der BVI-Wohlverhaltensregeln kann als adäquate Konkretisierung der Interessenwahrungspflichten der KAGen für den Bereich der Übernahmeangebote angesehen werden. Bewertet eine KAG ein Übernahmeangebot als angemessen und für die Anteilseigner vorteilhaft, muss sie keine Maßnahmen ergreifen. Sie kann das Angebot unterstützen und es, falls sie Aktien der Zielgesellschaft hält, annehmen. 139 Fraglich ist allerdings, was eine KAG aufgrund ihrer Verwaltungspflicht gegenüber den Anlegern unternehmen muss, wenn sie ein Angebot als nachteilig für die 136 137 138 139

Gruber / Kaldemorgen, ZfgKW 2007, 263, 266. Siehe die entsprechenden Daten auf der Website www.allianzglobalinvestors.de. Zetzsche, ZBB 2007, 438, 452. Baum, ZfgKW 2004, 410, 411.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

Anleger ansieht. Hält eine KAG Aktien der Zielgesellschaft, ist denkbar, dass der Vorstand zur Vornahme von Maßnahmen zur Verhinderung einer Übernahme nach § 33 Abs. 2 S. 1 WpÜG ermächtigt wird, soweit das Übernahmeangebot noch nicht veröffentlicht ist. Wenn eine Befassung der Hauptversammlung mit dem Übernahmeangebot erforderlich ist, was vor allem bei der bietenden Gesellschaft der Fall sein kann, hat eine KAG einen Beschlussvorschlag zur Abgabe eines Angebots abzulehnen, wenn es für die Aktionäre der Gesellschaft nachteilig ist. Weiterhin ist daran zu denken, dass eine KAG gegebenenfalls eine außerordentliche Hauptversammlung nach § 122 Abs. 1 S. 1 AktG einberuft. 140 Neben der Ergreifung rechtlicher Maßnahmen könnten KAGen zudem eine öffentliche Kampagne gegen eine Übernahme starten, um eine Mehrheit von Aktionären zur Ablehnung des Angebots zu bewegen. 141 Zu diesem Zweck können KAGen das Aktionärsforum des elektronischen Bundesanzeigers nutzen. Gem. §127a Abs. 1 AktG dient das Aktionärsforum Aktionären dazu, andere Aktionäre aufzufordern, gemeinsam oder in Vertretung einen Antrag oder ein Verlangen nach dem AktG zu stellen oder in einer Hauptversammlung ein Stimmrecht auszuüben. KAGen können sich mithin mittels des Aktionärsforums mit anderen Aktionären, insbesondere auch mit anderen KAGen, im Vorfeld einer Hauptversammlung auf ein gemeinsames Abstimmungsverhalten verständigen und ihren Stimmrechten auf diese Weise mehr Gewicht verleihen. Von dieser Möglichkeit sollten KAGen bei Übernahmeangeboten, die den Interessen von Fondsanlegern widersprechen, Gebrauch machen. Das in Ziffer I.9 der BVI-Wohlverhaltensregeln vorgesehene Gebot, dass angesichts der möglichen erheblichen Tragweite an die Entscheidung über solche Maßnahmen entsprechende Anforderungen zu stellen sind, muss so verstanden werden, dass entsprechende Entscheidungen nicht von einem Fondsmanager oder dem Proxy Voting Committe getroffen werden können. Vielmehr hat die Geschäftsleitung der KAG hierüber zu entscheiden. Bei der Entscheidung über Maßnahmen im Zusammenhang mit Übernahmeangeboten muss der Geschäftsführung einer KAG ein gewisser Ermessensspielraum eingeräumt werden. Dabei sind die mit der Maßnahme verbundenen Kosten, ihre voraussichtlichen Auswirkungen auf die Aktienkurse der beteiligten Unternehmen sowie ihre Erfolgsaussichten zu berücksichtigen. 5. Durchführung von Aktionärsklagen Die Verpflichtung von KAGen, Aktionärsrechte im Interesse der Anleger auszuüben, umfasst auch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen, die 140 141

Baum, ZfgKW 2004, 410, 411. Muthreich / Demoulin, ZfgKW 2004, 420, 424; Reiss, S. 185.

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Aktionären gegenüber Aktiengesellschaften oder deren Organen zustehen. Schadensersatzansprüche müssen allerdings in aller Regel gerichtlich durchgesetzt werden, weshalb ihre Geltendmachung mit Prozessrisiken verbunden ist. Dabei ist zu beachten, dass der Streitwert derartiger Schadensersatzklagen üblicherweise sehr hoch ist, weshalb erfolglose Klagen für die Kläger ausgesprochen hohe Kosten verursachen. Dieses Kostenrisiko haben KAGen zu berücksichtigen, wenn sie erwägen, Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Da der Ausgang derartiger Schadensersatzklagen im Vorfeld kaum vorherzusagen ist, muss KAGen insoweit ein Beurteilungsspielraum eingeräumt werden. Dabei haben KAGen zu untersuchen, ob die gerichtliche Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im Hinblick auf die Erfolgsaussichten der Klage, die Höhe der etwaigen Schadensersatzansprüche sowie die mit der Klage verbundenen Kosten den Interessen der Fondsanleger entspricht. Klagen gegen ausländische Emittenten oder deren Organe sind aufgrund des Einflusses fremder Rechtsordnungen mit besonderen Unsicherheiten verbunden. Bei Klagen nach US-amerikanischem Recht kommt allerdings die Teilnahme an Sammelklagen in Frage, die regelmäßig nur mit einer geringen Kostenbelastung verbunden sind. 142 Bei der Erhebung von Aktionärsklagen ist allerdings zu berücksichtigen, dass Ziffer I.8 der BVI-Wohlverhaltensregeln bestimmt, dass KAGen ihre Stellung als Minderheitsaktionäre nicht missbrauchen dürfen. Ein solches Verbot ergibt sich nicht aus der Treuepflicht gegenüber den Anlegern. Die missbräuchliche Wahrnehmung von Aktionärsrechten kann vielmehr in deren Interesse liegen. Gleichwohl kann die Verpflichtung von KAGen zur Verwaltung von Fonds im ausschließlichen Anlegerinteresse nicht als Pflicht zur Verfolgung von Anlegerinteressen „um jeden Preis“ verstanden werden. Dies ergibt sich bereits aus der Verpflichtung der KAGen nach § 9 Abs. 2 Nr. 1, 2 InvG, bei ihrer Tätigkeit die Integrität des Marktes zu berücksichtigen. Ein Missbrauch der Stellung als Minderheitsaktionär müsste als Verstoß gegen diese Verpflichtung gewertet werden. 6. Beurteilung der Beispielsfälle Im Fall der X-Gesellschaft widersprach der Beschlussvorschlag der Verwaltungsorgane zur Dividendenausschüttung den Interessen der Aktionäre und somit auch denen der Inhaber der Anteilsscheine der Fonds, die in die Aktien der XGesellschaft investiert haben. Die KAG wäre folglich verpflichtet gewesen, ge142 Rotter berichtet in der FAZ-Beilage „Investmentfonds“ vom 24. 05. 2006 von Dienstleistern, die institutionelle Anleger bei der Beteiligung an Sammelklagen nach US-amerikanischem Recht unterstützen (z. B. Unternehmen, die das sog. „Legal Portfolio Monitoring“ anbieten, bei dem die aktuellen und historischen Wertpapierbestände mit relevanten Daten zu anhängigen Sammelklagen abgeglichen werden). Auch bei diesen Unternehmen müssen KAGen aber kritisch untersuchen, ob die Belastung des Fondsvermögens mit den von diesen Dienstleistern erhobenen Gebühren den Anlegerinteressen entspricht.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

gen die Beschlussvorschläge zu stimmen. Die Nichtausübung der Stimmrechte durch die KAG ist daher als Verstoß gegen ihre Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse zu werten. Der von Fondsanleger B geltend gemachte Informationsanspruch steht ihm nach geltender Rechtslage nicht zu. Gleichwohl verdeutlicht dieser Fall, welche Vorteile mit der Verpflichtung der KAGen zur Veröffentlichung der entsprechenden Informationen verbunden wären. Die Fondsanleger könnten in Fällen, die denen KAGen einem Interessenkonflikt ausgesetzt sind, das Abstimmungsverhalten überprüfen. Hat sich die jeweilige KAG pflichtgemäß verhalten, kann sie dies den Anlegern gegenüber klarstellen, wodurch Missverständnissen vorgebeugt wird. Im Fall der Z-Gesellschaft widerspricht das Übernahmeangebot aufgrund des zu niedrigen Preises den Interessen der Aktionäre der Z-Gesellschaft und somit auch denen der Anteilsinhaber der Fonds, die in Aktien der Z-Gesellschaft investiert sind. Die KAG ist demnach verpflichtet, das Übernahmeangebot zu diesen Bedingungen abzulehnen. Bei der Entscheidung, ob die KAG Maßnahmen gegen das Übernahmeangebot zu ergreifen hat und wenn ja welche, ist ihr ein gewisser Beurteilungsspielraum einzuräumen. Eine Kontaktaufnahme zu anderen Aktionären, insbesondere über das Aktionärsregister nach § 127a AktG, wird von der KAG aufgrund der geringen Kosten, die in diesem Zusammenhang anfallen, aber verlangt werden können. IV. Transaktionsmanagement 1. Einleitung Gemäß ihrer Verpflichtung zur Verwaltung von Investmentfonds im ausschließlichen Anlegerinteresse müssen KAGen sämtliche Renditechancen ausnutzen, die sich einem Fonds bieten. 143 Die Rendite eines Investmentfonds ist vor allem abhängig von der Wertentwicklung seiner Vermögensgegenstände. In nicht unerheblichem Umfang wird sie aber auch von den mit der Fondsverwaltung verbundenen Kosten beeinflusst. Dementsprechend sind KAGen auch verpflichtet, Investmentfonds so kostengünstig wie möglich zu verwalten. Einen wesentlichen Anteil der mit der Fondsverwaltung verbundenen Kosten bilden die Transaktionskosten, die beim Kauf und Verkauf einzelner Vermögensgegenstände anfallen. KAGen kaufen bzw. verkaufen Vermögensgegenstände in aller Regel nicht selbst, sondern beauftragen stattdessen Kreditinstitute oder Finanzdienstleistungsinstitute (Broker). 144 143

BGHZ 1967, 25, 27. Nach Angaben von Johannig / Schlenger, in: European Asset Management Association: Best Execution – Executing Transactions in Securities Markets on behalf of Investors, S. 83, 93, machen nur 1,6 % der KAGen von der Möglichkeit zur Teilnahme am XetraHandel Gebrauch. 144

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Broker unterliegen bei der Ausführung von Kundenaufträgen grundsätzlich den strengen wertpapierhandelsrechtlichen Vorschriften gem. § 33a WpHG (Best Execution). Nach dieser Vorschrift sind Wertpapierhandelsunternehmen unter anderem dazu verpflichtet, alle angemessenen Vorkehrungen zu treffen, um bei der Ausführung von Kundenaufträgen das bestmögliche Ergebnis zu erreichen, insbesondere durch die Festlegung von Ausführungsgrundsätzen und zur Information ihrer Kunden über den Inhalt der Ausführungsgrundsätze verpflichtet. § 33a WpHG gilt aber ausschließlich für Wertpapierhandelsunternehmen. KAGen sind jedoch keine Wertpapierhandelsunternehmen und § 33a WpHG gilt auch nicht entsprechend für KAGen, sofern sie sich auf die Verwaltung von Investmentfonds beschränken. Beim Kauf und Verkauf von Vermögensgegenständen für einen Fonds unterliegen KAGen mithin nicht den Pflichten gem. § 33a WpHG. Dass § 33a WpHG für KAGen bei der Verwaltung von Investmentfonds nicht gelten, bedeutet jedoch nicht, dass sie im Zusammenhang mit Wertpapiertransaktionen keinen Pflichten unterliegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass KAGen bei der Beauftragung von Brokern nicht für eigene Rechnung sondern für die von ihnen verwalteten Investmentfonds handeln. Beim Kauf und Verkauf von Wertpapieren für einen Investmentfonds werden dem Fondsvermögen die Transaktionskosten entnommen, die sich auf der Grundlage der Netto-Abrechnungskurse berechnen, zu denen die Wertpapiergeschäfte bei der KAG und der Depotbank buchhalterisch erfasst werden. 145 Die Transaktionskosten gehen also unmittelbar zu Lasten des Fondsvermögens. Ihr Einfluss auf die Wertentwicklung eines Investmentfonds kann erheblich sein. Gerade bei aktiv gemanagten Fonds ist davon auszugehen, dass die Transaktionskosten die Wertentwicklung stärker belasten als die Verwaltungsgebühren der jeweiligen KAGen. 146 Die Verpflichtung von KAGen, Investmentfonds im Interesse der Anleger zu verwalten, endet folglich nicht mit einer bestimmten Anlageentscheidung. Vielmehr sind KAGen darüber hinaus verpflichtet, eine entsprechende Anlageentscheidung möglichst kosteneffizient umzusetzen. Dieser Aufgabenbereich wird als „Transaktionsmanagement“ bezeichnet. KAGen sind gem. § 9 InvG folglich zu einem ordnungsgemäßen Transaktionsmanagement verpflichtet. 2. Einführende Fälle Zur Darstellung der Erforderlichkeit eines ordnungsgemäßen Transaktionsmanagements sollen zunächst einige Beispielsfälle geschildert werden: KAG X entscheidet sich, eine kleine Zahl sehr liquider Wertpapiere für einen von ihr verwalteten Investmentfonds zu erwerben. Den Auftrag zum Erwerb 145

Herring / Hunke, ZfgKW 2001, 906, 907. Lazard Asset Management (Deutschland) GmbH, „Gebühren im Asset Management – Spieglein, Spieglein an der Wand“, Dezember 2004, S. 11; abrufbar unter: www .lazardnet.com. 146

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

dieser Wertpapiere gibt sie dabei an einen mit ihr verbundenen Broker, der für die Ausführung des Auftrags eine überdurchschnittlich teure Gebühr berechnet. KAG Y möchte für einen von ihr verwalteten Investmentfonds ein großes Aktienpaket eines bestimmten Emittenten erwerben und beauftragt hiermit ein Institut, das keine Erfahrung bei der Abwicklung solcher Großaufträge besitzt. Die Auftragsausführung des Instituts führt dazu, dass der Kurs der Aktien erheblich ansteigt und KAG Y deshalb einen sehr hohen Durchschnittskaufpreis zahlt. KAG Z hat mit einem Broker eine Vereinbarung geschlossen, nach der sie einen Teil der Gebühren, die aus dem Fondsvermögen für die Abwicklung von Wertpapiertransaktionen an den Broker gezahlt werden, zurück erstattet erhält. KAG Z behält diese Zahlungen für sich und führt sie nicht dem jeweiligen Fondsvermögen zu, für dessen Rechnung sie den Broker beauftragt hat. In allen diesen Fällen stellt sich die Frage, ob die KAGen ihrer Pflicht zum Handeln im ausschließlichen Interesse der Fondsanleger erfüllt haben. 3. Unterscheidung zwischen expliziten und impliziten Kosten Auf den ersten Blick erscheint es denkbar, die Qualität des Transaktionsmanagements von KAGen alleine anhand der Höhe der Gebühren zu messen, die sie für die Ausführung einer Wertpapiertransaktion an einen Broker zahlen. Ein solcher Ansatz greift aber zu kurz. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass im Rahmen von Wertpapiertransaktionen sowohl „explizite Kosten“ als auch „implizite Kosten“ anfallen. 147 Die expliziten Kosten einer Wertpapiertransaktion sind die Brokergebühren, die im Zusammenhang mit Wertpapiertransaktionen anfallenden Steuern sowie die Depotbankgebühren pro Transaktion. 148 Diese Kosten sind als typische Nebenkosten einer Transaktion leicht zu erkennen und lassen sich daher auch ohne größeren Aufwand bemessen. Die Höhe der Steuern, die bei einer Wertpapiertransaktion anfallen, können KAGen durch ihr Transaktionsmanagement nicht beeinflussen. 149 Im Rahmen der Verpflichtung von KAGen zu einem ordnungsgemäßen Transaktionsmanagement ist die Steuerbelastung daher nicht von Bedeutung. Etwas anderes gilt für die Gebühren der Broker und der Depotbanken, die die KAGen mit ihnen vereinbart. Hier haben KAGen auf eine möglichst geringe Kostenbelastung der jeweiligen Investmentfonds hinzuwirken. Dass dies allerdings nicht bedeutet, dass 147 Johannig / Schlenger, in: European Asset Management Association: Best Execution – Executing Transactions in Securities Markets on behalf of Investors, S. 83. 148 Johannig / Schlenger, in: European Asset Management Association: Best Execution – Executing Transactions in Securities Markets on behalf of Investors, S. 83, 85. 149 Der Einfluss von Steuern auf eine beabsichtigte Wertpapiertransaktion ist von KAGen aber bei der Anlageentscheidung selbst zu berücksichtigen.

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 145

KAGen stets den „günstigsten“ Broker zu beauftragen haben, ergibt sich aus der Bedeutung der impliziten Kosten einer Wertpapiertransaktion. Als implizite Kosten von Wertpapiertransaktionen gelten die Abweichung des Ankaufspreises von dem Verkaufspreis eines Wertpapiers („Spread“), die mit dem Einfluss einer Order auf die Kursentwicklung verbundenen Kosten („Markteinfluss“ bzw. „Market Impact“) sowie die Opportunitäts- und Timing-Kosten. 150 Bei den impliziten Kosten handelt es sich nicht um Nebenkosten, die zusätzlich zu dem Kaufpreis anfallen. Die impliziten Kosten beeinflussen vielmehr unmittelbar den Preis eines Wertpapiers. Der Spread ergibt sich aus der Differenz zwischen Kauf- und Verkaufspreis eines Wertpapiers. Der Preis, zu dem ein bestimmtes Wertpapier von Marktteilnehmern verkauft wird, liegt also in der Regel über dem Preis, zu dem sie bereit sind, dasselbe Wertpapier zu erwerben. Die Größe dieser Preisspanne ist abhängig von der Marktkapitalisierung des jeweiligen Wertpapiers, seiner durchschnittlichen Umsatzhäufigkeit und seiner Volatilität. 151 Dabei kann häufig kaum nachvollzogen werden, inwieweit die Preisspanne den tatsächlichen Marktgegebenheiten entspricht. Dies gilt insbesondere für festverzinsliche Wertpapiere, die überwiegend außerbörslich gehandelt werden. 152 Beim Markteinfluss handelt es sich um die Veränderung des Preises eines Wertpapiers, die erforderlich ist, damit ein Kauf- oder Verkaufsauftrag ausgeführt werden kann. 153 Ein Kaufauftrag kann in Abhängigkeit von dem jeweiligen Auftragsvolumen dazu führen, dass der Preis für das betreffende Wertpapier steigt. Ebenso kann der Preis eines Wertpapiers sinken, wenn in einem erheblichen Umfang Verkaufsaufträge vorliegen. Die Preisveränderung, die durch einen Kaufoder Verkaufsauftrag hervorgerufen wird, hängt dabei zum einen von dem Umfang des Auftrags und zum anderen von der Liquidität des Wertpapiers auf dem entsprechenden Markt ab. Hinsichtlich der ungünstigen Beeinflussung der Preisbildung eines Wertpapiers durch den Auftragsumfang ist zu berücksichtigen, dass eine der Grundideen des Investmentwesens in der Nutzung von Skaleneffekten zu sehen ist. KAGen kaufen bzw. verkaufen also regelmäßig eine große Anzahl einzelner Wertpapiere. Für KAGen stellt sich das Problem des Markteinflusses mithin besonders 150 Lazard Asset Management (Deutschland) GmbH, „Gebühren im Asset Management – Spieglein, Spieglein an der Wand“, Dezember 2004, S. 8; abrufbar unter www .lazardnet.com. 151 Alba, in: European Asset Management Association: Best Execution – Executing Transactions in Securities Markets on behalf of Investors, S. 6, 9. 152 Lazard Asset Management (Deutschland) GmbH, „Gebühren im Asset Management – Spieglein, Spieglein an der Wand“, Dezember 2004, S. 8; abrufbar unter www .lazardnet.com. 153 Lazard Asset Management (Deutschland) GmbH, „Gebühren im Asset Management – Spieglein, Spieglein an der Wand“, Dezember 2004, S. 8; abrufbar unter www .lazardnet.com.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

stark. 154 Nach allgemeiner Auffassung ist die Preisbeeinflussung durch einen Auftrag regelmäßig dann problematisch, wenn der Umfang des Auftrags ein Drittel des Gesamtauftragsbestands für den Wert pro Preisfeststellung überschreitet. 155 Der Markteinfluss eines Auftrags kann durch Maßnahmen des jeweiligen Brokers gemindert werden, etwa indem sie den Auftrag in mehrere Teilaufträge aufteilen und diese mit den Marktverhältnissen entsprechenden Preislimits versehen. Das Erfordernis, große Aufträge in mehrere kleine Teilaufträge aufzuteilen, ist eine der Grundlagen des dritten Faktors der impliziten Kosten von Wertpapiertransaktionen, den Timing Costs bzw. den Opportunity Costs. Hierbei handelt es sich um Kosten, die dadurch entstehen, dass Aufträge, unter anderem wegen des Problems des Markeinflusses, nicht auf einmal ausgeführt werden können und sich der Preis des jeweiligen Wertpapiers in dem Ausführungszeitraum ungünstig verändert (Timing Costs). Opportunity Costs entstehen, wenn Aufträge nur teilweise ausgeführt werden können und das beabsichtigte Portfolio deshalb von dem gewünschten abweicht. 156 Sowohl die impliziten als auch die expliziten Kosten einer Wertpapiertransaktion haben erheblichen Einfluss auf die Wertentwicklung eines Investmentfonds. Es wird allerdings geschätzt, dass die impliziten Kosten durchschnittlich doppelt so hoch sind wie die expliziten Kosten. 157 Zur Wahrung der Anlegerinteressen ist es deshalb von besonderer Bedeutung, dass KAGen sich um eine Begrenzung der impliziten Kosten bemühen. Deren Höhe hängt wesentlich von der Qualität der Auftragsausführung ab. Aus diesem Grunde dürfen sich KAGen im Rahmen des Transaktionsmanagements nicht darauf beschränken, den kostengünstigsten Broker auszuwählen. Vielmehr ist bei der Auswahl neben den Gebühren vor allem auch die Qualifikation des Brokers für die Ausführung eines bestimmten Auftrags zu berücksichtigen.

154 Johannig / Schlenger, in: European Asset Management Association: Best Execution – Executing Transactions in Securities Markets on behalf of Investors, S. 83, 85. 155 Johannig / Schlenger, in: European Asset Management Association: Best Execution – Executing Transactions in Securities Markets on behalf of Investors, S. 83, 89. 156 Lazard Asset Management (Deutschland) GmbH, „Gebühren im Asset Management – Spieglein, Spieglein an der Wand“, Dezember 2004, S. 8; abrufbar unter www .lazardnet.com. 157 Alba, in: European Asset Management Association: Best Execution – Executing Transactions in Securities Markets on behalf of Investors, S. 6, 7.

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 147

4. Die Verpflichtung von KAGen zu einem ordnungsgemäßen Transaktionsmanagement a) Die Vorgaben des InvG Den Ausgangspunkt der Verpflichtung von KAGen zu einem ordnungsgemäßen Transaktionsmanagement bildet § 9 Abs. 2 Nr. 1 InvG, wonach KAGen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit im ausschließlichen Interesse ihrer Anleger und der Integrität des Marktes zu handeln haben. KAGen sind daher verpflichtet, beim Kauf und Verkauf von Wertpapieren eine optimale Preisgestaltung zu gewährleisten. 158 Diese Verpflichtung wird durch § 36 Abs. 2 – 4 InvG weiter konkretisiert. So dürfen beispielsweise Vermögensgegenstände, die zum Handel an einer Börse zugelassen oder an einem anderen organisierten Markt zugelassen oder in diesen einbezogen sind sowie Bezugsrechte gem. § 36 Abs. 2 S. 1 InvG grundsätzlich höchstens zum Tageskurs erworben bzw. mindestens zum Tageskurs veräußert werden. Für Vermögensgegenstände, für die kein Börsenpreis existiert, enthalten die §§ 36 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 –4 InvG detaillierte Vorgaben für die Ermittlung des angemessenen Preises. KAGen ist allerdings nicht bereits dann ein ordnungsgemäßes Transaktionsmanagement zu attestieren, wenn sie die Vorgaben des § 36 Abs. 2 – 4 InvG einhalten. Bei Wertpapieren mit Börsenpreis kann die Spanne zwischen Tageshöchst- und Tagestiefstpreis sehr groß sein. In solchen Fällen haben die Anleger ein besonderes Interesse, dass KAGen sich nicht alleine damit zufrieden geben, dass Transaktionen zu einem Preis durchgeführt werden, der innerhalb dieser Spanne liegt. 159 Dies gilt auch deshalb, weil KAGen mit den von ihnen getätigten Transaktionen oftmals einen maßgeblichen Einfluss auf die Preisentwicklung eines Wertpapiers und somit auf die Spanne zwischen Tageshöchst- und Tagestiefstpreis nehmen. § 36 Abs. 2 – 4 InvG enthält zudem keine Vorgaben für die mit einer Transaktion verbundenen expliziten Kosten oder die Frage, nach welchen Kriterien Broker auszuwählen sind. § 41 Abs. 2a S. 2 InvG besagt weiterhin, dass die Vertragsbedingungen von Publikumsfonds vorsehen müssen, dass unter Berücksichtigung des Wertes des Fonds und der Anlegerstruktur die Benachteiligung von Anlegern durch Transaktionskosten ausgeschlossen ist. Eine Benachteiligung der Anlegerinteressen durch Transaktionskosten kann beispielsweise durch eine nicht an den Anlegerinteressen ausgerichtete hohe Umschlaghäufigkeit des Portfolios entstehen. 160 Auch wenn 158 Beckmann, in: Beckmann / Scholtz, Kz. 425 § 10 Rdnr. 13; Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 2419. 159 Johannig / Schlenger, in: European Asset Management Association: Best Execution – Executing Transactions in Securities Markets on behalf of Investors, S. 83, 90. 160 Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Investmentänderungsgesetzes, BT-Drs. 16/5576, S. 69.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

KAGen entsprechende Formulierungen in ihre Vertragsbedingungen aufnehmen, haben sie hierdurch noch nicht ihrer Verpflichtung zu einem ordnungsgemäßen Transaktionsmanagement erfüllt. Für eine weitere Konkretisierung der Verpflichtung von KAGen zu einem ordnungsgemäßen Transaktionsmanagement können Ziffer IV der BVI-Wohlverhaltensregeln, die „Trade Management Guidelines“ sowie die „Soft Dollar Standards“ des CFA-Instituts 161 und die „Principles for Business Transactions“ EFAMA 162 herangezogen werden. Diese Regelwerke sind zwar rechtlich unverbindlich, sie enthalten aber praxisnahe Standards für ein ordnungsgemäßes Transaktionsmanagement durch KAGen. Insgesamt lässt sich die Verpflichtung von KAGen zu einem ordnungsgemäßen Transaktionsmanagement in die folgenden Einzelpflichten untergliedern: • Die Verpflichtung zur Ausrichtung der Transaktionstätigkeit an den Anlagezielen des Investmentfonds • Die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Auswahl des Brokers • Die Verpflichtung zur Dokumentation des Transaktionsmanagements • Die Verpflichtung zur Überwachung des Brokers • Die Verpflichtung zur Erfüllung von Transparenzanforderungen • Die Verpflichtung zum ordnungsgemäßen Umgang mit „Kick-Back-Zahlungen“ und „Soft Commissions“ b) Die Verpflichtung zur Ausrichtung der Transaktionstätigkeit an den Anlagezielen des Investmentfonds Zunächst haben KAGen ihre Transaktionstätigkeit an den Anlagezielen des jeweiligen Investmentfonds auszurichten. 163 Unzulässig sind nicht an den Anlegerinteressen ausgerichtete, häufige Umschichtungen eines Fonds. 164 Dabei ist insbesondere von Bedeutung, ob ein Fonds eine aktive oder eine passive Anlagestrategie verfolgt. Bei einem aktiv verwalteten Fonds sind häufigere Portfolioumschichtungen und somit mehr Wertpapiertransaktionen Teil der Anlagestrategie. Zudem ist zu beachten, dass bei aktiv verwalteten Investmentfonds kurzfristige Trends ausgenutzt werden sollen. Demnach spielt der Zeitfaktor bei diesem Fondstyp eine so große Rolle, dass der Zeitraum, in dem ein Auftrag ausgeführt werden kann, besonders wichtig ist. Der Höhe der Transaktionskosten kommt 161

Beide Regelwerke sind abrufbar unter: www.cfainstitute.org. EFAMA – Principles for Business Transactions, vom 05. 02. 2002; abrufbar unter: www.efama.org. 163 Siehe Ziffer IV.3 der BVI-Wohlverhaltensregeln. 164 Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Investmentänderungsgesetzes, BT-Drs. 16/5576, S. 69. 162

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 149

dabei eine geringere Bedeutung zu. Bei Investmentfonds mit passiver Anlagestrategie werden hingegen langfristige Ziele verfolgt, weshalb die Umsetzung einer Anlageentscheidung weniger zeitkritisch ist, gleichzeitig aber auch der Kostenbelastung eine höhere Bedeutung zu schenken ist. c) Die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Auswahl des Brokers KAGen müssen sorgfältig auswählen, welchen Broker sie mit der Durchführung von Transaktionen beauftragen. 165 Bei der Auswahl ist die Art der jeweiligen Transaktion zu berücksichtigen. Bei einfacheren Transaktionen ist die Qualität des Brokers für die Ausführung von Aufträgen von geringerer Bedeutung. Vielmehr wird die Höhe der Gebühren entscheidend sein. Bei komplexeren Transaktionen ist der Erfolg einer Transaktion hingegen in besonderem Maße von der Qualität des Brokers abhängig, weshalb sich die Auswahl in derartigen Fällen nicht alleine nach den Gebühren richten darf. Um sicherzustellen, dass bei der Beauftragung von Brokern stets ein geeignetes Institut ausgewählt wird, sollen KAGen Richtlinien für die Auswahl von Brokern aufstellen. 166 Den Kern dieser Richtlinien bildet die Festlegung von Anforderungen, die Broker zu erfüllen haben, um mit der Durchführung bestimmter Transaktionen beauftragt zu werden. Die Höhe der Gebühren, die KAGen von Brokern in Rechnung gestellt werden, bildet dabei nur ein Auswahlkriterium. Als weitere Kriterien sind von Bedeutung: 167 • die Fähigkeit, liquide Märkte zu finden, um den Markteinfluss zu begrenzen, • die Vertraulichkeit hinsichtlich der Anlageabsichten der KAG, • die Fähigkeit, eigene Mittel zur Verfügung zu stellen, um größere Transaktionen durchführen zu können, • die Fähigkeit, schwierige Abwicklungsstrategien durchzuführen, • die Erreichbarkeit auch in schwierigen Situationen, • die Fähigkeit, zeitnah Transaktionsberichte zu erstatten, • die Fähigkeit und Bereitschaft Fehler zu korrigieren, • die Fähigkeit, die KAG mit Informationen zu versorgen und Kontakt mit Emittenten herzustellen, • die Fähigkeit, spezielle für KAGen nützliche Dienste anzubieten (z. B. Finanzanalysen) und 165

Siehe Ziffer IV.1 der BVI-Wohlverhaltensregeln. CFA-Institute, Trade Management Guidelines, Ziffern 1.A. und 1.B. 167 Dieser Kriterienkatalog entspricht den Vorgaben der Management Guidelines des CFA-Instituts sowie den einschlägigen Verlautbarungen der US-amerikanischen Wertpapieraufsichtsbehörde SEC; zitiert nach: Hughes, in: European Asset Management Association: Best Execution – Executing Transactions in Securities Markets on behalf of Investors, S. 75, 78. 166

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

• die Fähigkeit, Zugang zu besonderen Anlagemöglichkeiten zu vermitteln (z. B. IPOs). Etwaige Entgelte, die Broker KAGen für die Beauftragung zukommen lassen (z. B. „Kick-back-Zahlungen“) dürfen KAGen hingegen nicht als Auswahlkriterium berücksichtigen. 168 Auf der Grundlage der zulässigerweise zu berücksichtigen Kriterien sollten KAGen Listen von Brokern erstellen, in denen aufgeführt wird, welche Broker generell oder nur für bestimmte Transaktionen geeignet sind. 169 Bei der Auswahl von Brokern haben sich die zuständigen Mitarbeiter von KAGen an diesen Listen zu orientieren. Abweichungen sollten nur in begründeten Ausnahmefällen erfolgen. Trotz der besonderen Interessenkonflikte, die sich aus Geschäften von KAGen mit verbundenen Unternehmen ergeben, dürfen KAGen auch verbundene Unternehmen mit dem Kauf oder Verkauf von Wertpapieren beauftragen. In der Praxis beauftragen KAGen häufig ihre Mutterinstitute, die zudem gleichzeitig ihre Depotbanken sind, was die Gefahr in sich birgt, dass konzernintern niedrige Verwaltungsgebühren von KAGen durch überhöhte Brokergebühren ausgeglichen werden. 170 KAGen müssen verbundene Broker allerdings genauso an den oben genannten Kriterien messen, wie dies bei allen sonstigen Unternehmen der Fall ist. Tun sie dies, droht den Anlegern kein Nachteil. Tun sie dies nicht, verletzen sie ihre Verpflichtung zu einem ordnungsgemäßen Transaktionsmanagement. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass eine empirische Studie nicht feststellen konnte, dass eine verstärkte Beauftragung verbundener Unternehmen zu einer Verletzung der Anlegerinteressen führt. 171 d) Die Verpflichtung zur Dokumentation des Transaktionsmanagements Das Transaktionsmanagement ist von KAGen ordnungsgemäß zu dokumentieren. 172 Gem. § 9a S. 2 Nr. 5 InvG haben KAGen insbesondere Aufzeichnungen zu machen, das jedes Geschäft nach Gegenpartei, Art und Abschlusszeitpunkt rekonstruiert werden kann. Zum Zwecke des Transaktionsmanagements ist zudem festzuhalten, welcher Broker beauftragt worden ist, ob die Auswahl des Brokers den Vorgaben der eigenen Richtlinien entspricht und aus welchen Gründen ein 168 Siehe zu den Themen „Kick-backs“ und „Soft Commissions“: 4. Kapitel Abschnitt D.IV.4.g). 169 CFA-Institute, Trade Management Guidelines, Ziffer 1.B.3. 170 Johannig / Schlenger, in: European Asset Management Association: Best Execution – Executing Transactions in Securities Markets on behalf of Investors, S. 83, 93. 171 Johannig / Schlenger, in: European Asset Management Association: Best Execution – Executing Transactions in Securities Markets on behalf of Investors, S. 83, 93. 172 Grundsatz V.3 der BVI-Risikomanagementstandards.

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 151

bestimmter Broker ausgewählt wurde. 173 Weiterhin sind die Einzelheiten der Transaktion selbst zu dokumentieren, also insbesondere die Zahl der erworbenen oder veräußerten Wertpapiere, der gezahlte oder erhaltene Kaufpreis, die angefallenen expliziten Kosten, die Dauer der Auftragsausführung, die Tatsache, ob ein Auftrag vollständig ausgeführt worden ist sowie eine Einschätzung der Komplexität des Auftrags. Anhand dieser Daten können KAGen die Leistung eines Brokers überprüfen und entscheiden, ob und in welchem Umfang er auch in Zukunft beauftragt wird. Für die Bewertung, ob eine KAG bei der Beauftragung selbst Interessenkonflikten ausgesetzt war, sollte schließlich auch festgehalten werden, ob es sich bei dem Broker um ein verbundenes Unternehmen handelt und ob die KAG für die Beauftragung eine Gegenleistung erhalten hat. Diese Aufzeichnungen können auch von den Wirtschaftsprüfern, der BaFin und dem Aufsichtsrat genutzt werden, um die Einhaltung der Verpflichtung zur Verwaltung im Anlegerinteresse zu überprüfen. e) Die Verpflichtung zur Überwachung des Brokers KAGen müssen die Tätigkeit der Broker, die sie mit dem Kauf oder Verkauf von Wertpapieren beauftragt haben, regelmäßig daraufhin überprüfen, ob sie Aufträge tatsächlich im besten Interesse der Fondsanleger ausgeführt haben. 174 Dabei ist vor allem von Bedeutung, welche Gebühren ein Broker abgerechnet hat, inwiefern er Aufträge tatsächlich hat ausführen können und zu welchem Preis er sie ausgeführt hat. Insbesondere ist von internen Kontrollstellen zu überwachen, dass die Geschäftsabschlüsse den zum Abschlusszeitpunkt der Geschäfte üblichen Marktbedingungen entsprechen. 175 Hierbei kann auf die im Rahmen der Dokumentationsverpflichtung angefertigten Unterlagen zurückgegriffen werden. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass angesichts der Tatsache, dass der Einfluss impliziter Kosten auf den Preis von Wertpapieren kaum exakt zu messen ist, KAGen auch die Bewertung der Leistung eines Brokers Schwierigkeiten bereiten wird. 176 Die Anforderungen an die Überwachung der Broker hinsichtlich der mit der Auftragsausführung verbundenen impliziten Kosten können daher nicht zu streng interpretiert werden.

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CFA-Institute, Trade Management Guidelines, Ziffer 3.A. Ziffern 3 und 4 der Principles for Business Transactions von EFAMA; Ziffer 1.C der Trade Management Guidelines des CFA-Institutes. 175 Ziffer IV.2 der BVI-Wohlverhaltensregeln. 176 Johannig / Schlenger, in: European Asset Management Association: Best Execution – Executing Transactions in Securities Markets on behalf of Investors, S. 83, 88. 174

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

f) Die Verpflichtung zur Erfüllung von Transparenzanforderungen Obwohl keine entsprechende gesetzliche Verpflichtung besteht, sollten KAGen im Rahmen ihres Transaktionsmanagements gewisse Transparenzanforderungen erfüllen. Dabei sollten KAGen zunächst über ihre Richtlinien für die Auswahl von Brokern informieren. 177 Hierbei genügt eine kurze Darstellung der wesentlichen Kriterien für die Auswahl eines Brokers. Eine solche freiwillige Information durch KAGen stünde im Einklang mit den Informationspflichten für Wertpapierhandelsunternehmen gem. § 33a Abs. 6 WpHG. Dabei ist zu beachten, dass kein Grund ersichtlich ist, warum sich das Informationsbedürfnis von Kunden von Wertpapierhandelsunternehmen von dem von Fondsanlegern in diesem Punkt wesentlich unterscheiden sollte. Bei beiden Anlagetypen können die Transaktionskosten einen erheblichen Einfluss auf den Anlageerfolg haben, weshalb die Anleger darüber informiert werden sollten, wie ihr Vertragspartner versucht, die Transaktionskosten so gering wie möglich zu halten. Außerdem sollten KAGen die Anleger über mögliche Umstände informieren, die im Rahmen des Transaktionsmanagements Interessenkonflikte begründen können. 178 Die BVI-Wohlverhaltensregeln empfehlen KAGen in diesem Zusammenhang, die Anleger darauf hinzuweisen, falls überwiegend verbundene Unternehmen mit der Abwicklung von Transaktionen beauftragt werden. 179 Dieser Empfehlung ist zuzustimmen, da eine Beauftragung verbundener Unternehmen zumindest abstrakt die Gefahr begründet, dass keine marktgerechten Konditionen vereinbart werden. Aus diesem Grund sollten Anleger insbesondere darüber informiert werden, ob und weshalb verbundenen Unternehmen überdurchschnittlich hohe Gebühren gezahlt wurden. Weitere Umstände, die geeignet sind, Interessenkonflikte hervorzurufen und daher den Anlegern gegenüber veröffentlicht werden sollten, sind Vereinbarungen, wonach KAGen von Brokern als Gegenleistung für die Beauftragung mit der Abwicklung von Wertpapiertransaktionen Gegenleistungen in jeglicher Form erhalten („Kick-Backs“ oder „Soft Commissions“). Als geeignetes Informationsmedium kommt in diesem Zusammenhang grundsätzlich die Unternehmens-Website der KAG in Frage. 180 Eine Information über die Unternehmens-Website ist für KAGen ohne großen Aufwand zu bewerkstelligen und führt nicht dazu, dass die Verkaufsprospekte und die gesetzlich vorgesehenen Berichte noch umfangreicher werden.

177 CFA Institute, Trade Management Guidelines, Ziffer 2.A; EFAMA, Principles for Business Transactions, Ziffer 5. 178 CFA Institute, Trade Management Guidelines, Ziffer 2.B. 179 Ziffer IV.1 der BVI-Wohlverhaltensregeln. 180 Siehe zu den Einzelheiten: 6. Kapitel Abschnitt C.III.

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 153

g) Die Verpflichtung zum ordnungsgemäßen Umgang mit „Kick-Back-“ und „Soft-Commissions-Vereinbarungen“ In der Praxis kommt es vor, dass KAGen mit Brokern vereinbaren, dass sie für die Beauftragung mit der Ausführung einer Wertpapiertransaktion eine Gegenleistungen erhalten. Dabei kann es sich zum einen um Geldzahlungen und zum anderen um die kostenlose Erbringung von Dienstleistungen handeln. Geldzahlungen von Brokern an KAGen erfolgen als sog. „Kick-Back-Zahlungen“. Hierbei handelt es sich um Zahlungen an KAGen, die von einem Broker aus Mitteln geleistet werden, die dieser direkt oder indirekt als Gebühren oder Provisionen aus dem Fondsvermögen erhalten hat. 181 Im Ergebnis führen derartige Zahlungen dazu, dass sich KAGen und Broker die für die Ausführung von Wertpapiertransaktionen anfallenden Gebühren teilen. 182 Typische Dienstleistungen, die Broker gegenüber KAGen als Gegenleistung für die Beauftragung mit der Durchführung von Wertpapiertransaktionen erbringen, sind die Bereitstellung von Finanzanalysen oder Marktinformationen. Derartige Dienste werden als „Soft Commissions“ bezeichnet. Das Problem von Kick-Back-Zahlungen, die KAGen erhalten, ist zu unterscheiden von der Problematik, inwiefern Vermittler von Investmentfonds Anleger darüber aufzuklären haben, inwiefern eine KAG sie an den Ausgabeaufschlägen und jährlichen Verwaltungsgebühren partizipieren lässt. Auch hierbei handelt es sich um Kick-Back-Zahlungen. Der Bundesgerichtshof hat in derartigen Konstellationen eine Aufklärungspflicht der Vermittler bejaht, da die Anleger nur so in die Lage versetzt werden, ein konkrete Anlageempfehlung des Vermittlers daraufhin zu beurteilen, ob der Vermittler die Empfehlung nur aufgrund seines eigenen Umsatzinteresses gibt. 183 Diese Problematik soll vorliegend aber nicht behandelt werden, weil sich insoweit lediglich eine Verpflichtung des Anlagevermittlers ergibt, nicht aber die Verwaltungspflicht von KAGen betroffen ist. Kick-Back-Zahlungen, die KAGen von Brokern erhalten, sind für Anleger in mehrfacher Hinsicht problematisch. Zum einen stellt sich die Frage, aus welchem Grund KAGen an Gebühren beteiligt werden sollen, die aus dem Fondsvermögen für Dienstleistungen eines Brokers gezahlt werden. Dies gilt insbesondere deshalb, weil KAGen aus dem Fondsvermögen eine Verwaltungsgebühr erhalten und daher kein Bedarf für eine zusätzliche Vergütung besteht. Zum anderen schaffen Kick181 Herring / Hunke, ZfgKW 2001, 906, 907; IOSCO, „Final Report of the Technical Committee on Elements of International Regulatory Standards on Fees and Expenses of Investment Funds“ November 2004, Punkt 32; abrufbar unter www.iosco.org. 182 IOSCO, „Final Report of the Technical Committee on Elements of International Regulatory Standards on Fees and Expenses of Investment Funds“ November 2004, Punkt 32; abrufbar unter: www.iosco.org. 183 BGH BKR 2007, 160, 163.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

Back-Vereinbarungen auch Fehlanreize, die sich zu Lasten der Anleger auswirken können. So werden KAGen durch derartige Vereinbarungen motiviert, bei der Auswahl eines Brokers nicht alleine die Anlegerinteressen sondern vor allem die eigenen Umsatzinteressen zu berücksichtigen. 184 Dies kann etwa in der Form geschehen, dass sie für eine Wertpapiertransaktion nicht den am besten geeigneten Broker auswählen sondern denjenigen, der ihnen den größten Gebührenanteil zurückerstattet. 185 Weiterhin ist denkbar, dass KAGen sachlich nicht gerechtfertigte Umschichtungen des Portfolios vornehmen, um auf diesem Wege erhöhte Provisionseinnahmen zu erzielen. 186 Zur Vermeidung unnötiger Portfolioumschichtungen schreibt § 41 Abs. 2a S. 2 InvG vor, dass KAGen in den Vertragsbedingungen von Publikumsfonds vorsehen müssen, dass eine Benachteiligung von Anlegern durch Transaktionskosten ausgeschlossen ist. 187 Allein durch diese Pflicht wird jedoch nicht die Gefahr gebannt, dass KAGen bei der Beauftragung von Brokern etwaige Kick-Back-Zahlungen berücksichtigen. Wertpapierdienstleistungsunternehmen dürfen derartige Zuwendungen im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen gem. § 31d Abs. 1 WpHG nur annehmen oder erhalten, wenn dies der Steigerung der Qualität der betreffenden Wertpapierdienstleistung dient, der ordnungsgemäßen Erbringung der Wertpapierdienstleistung im Anlegerinteresse nicht entgegensteht und die Zuwendung offen gelegt wird. Broker dürfen die oben beschriebenen Gegenleistungen daher nur erbringen, wenn dies der Steigerung der Qualität der Auftragsausführung dient, der Auftragsausführung im Interesse der jeweiligen KAG (als Treuhänder der Fondsanleger) nicht entgegensteht und die Zuwendung offen gelegt wird. KAGen sind nicht als Wertpapierdienstleitungsunternehmen zu qualifizieren. § 31d Abs. 1 WpHG gilt für sie daher nicht unmittelbar. Im Rahmen der Fondsverwaltung ist diese Vorschrift auch nicht entsprechend anzuwenden. Mangels Anwendbarkeit von § 31d Abs. 1 WpHG auf die Beauftragung von Brokern durch KAGen anwendbar, ist zu untersuchen, welche sonstigen Pflichten für KAGen im Zusammenhang mit dem Erhalt solcher Zuwendungen bestehen. aa) Behandlung von Kick-Back-Zahlungen § 41 Abs. 5 InvG verpflichtet KAGen, im ausführlichen Verkaufsprospekt und im Jahresbericht zu beschreiben, ob ihnen Rückvergütungen der aus dem Invest184

BGH WM 2001, 297, 298; Geibel, ZBB 2003, 349, 351. IOSCO, „Final Report of the Technical Committee on Elements of International Regulatory Standards on Fees and Expenses of Investment Funds“ November 2004, Punkt 34; abrufbar unter: www.iosco.org. 186 Geibel, ZBB 2003, 349, 352; Schütz, ZfgKW 1998, 617; Schödermeier / Baltzer, in: Brinkhaus / Scherer, § 10 KAGG Rdnr. 10. 187 Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Investmentänderungsgesetzes, BT-Drs. 16/5576, S. 69. 185

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 155

mentfonds an die Depotbank oder an Dritte geleisteten Vergütungen und Aufwendungserstattungen zufließen. Kick-Back-Zahlungen sind Rückvergütung der aus einem Investmentfonds an die Depotbank oder an Dritte geleisteten Vergütungen i. S. d. § 41 Abs. 5 InvG. KAGen müssen folglich Kick-Back-Vereinbarungen im ausführlichen Verkaufsprospekt und im Jahresbericht offen legen. Zu klären ist darüber hinaus, ob KAGen Kick-Back-Zahlungen für sich vereinnahmen dürfen. Der Wortlaut des § 41 Abs. 5 InvG legt nahe, dass KAGen hierzu berechtigt sind. Auch in der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass KAGen die Einbehaltung von Kick-Back-Zahlungen nicht grundsätzlich verwehrt ist. 188 Das InvG enthält zu der Frage, ob KAGen Kick-Back-Zahlungen für eigene Rechnung behalten dürfen, keine ausdrückliche Regelung. Auch der Rechtsprechung kann hierzu keine abschließende Antwort entnommen werden. Für das Rechtsverhältnis zwischen einem Vermögensverwalter und seinem Kunden hat der Bundesgerichtshof folgendes zu Kick-Back-Vereinbarungen ausgeführt: „Auf jeden Fall hat es für die Einschätzung eines Vermögensverwalters entscheidende Bedeutung, wenn dieser sich hinter dem Rücken des Kunden von dessen Depotbank eine Beteiligung an Provisionen und Gebühren versprechen lässt. Ein derartiges Verhalten enthält eine schwerwiegende Treuwidrigkeit. In derartigen Fällen entfällt die Grundlage für das im besonders sensiblen Bereich der Vermögensverwaltung unabdingbare Vertrauen in die Seriosität des Verwalters.“ 189

Der BGH hat in dieser Entscheidung nicht bereits die Annahme von Kick-BackZahlungen als treuwidrig angesehen. Vielmehr hat das Gericht wesentlich darauf abgestellt, dass den Kunden eine entsprechende Vereinbarung nicht offen gelegt worden ist. Ob das Gericht die Vereinnahmung von Provisionen als zulässig angesehen hätte, wenn der Vermögensverwalter dies offen gelegt hätte, bleibt hingegen offen. Mangels einschlägiger Vorschriften im InvG muss eine Antwort auf die Frage, ob KAGen Kick-Back-Zahlungen für sich behalten dürfen, im allgemeinen Zivilrecht unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Verhältnisses zwischen KAGen und ihren Anlegern gefunden werden. KAGen und Anleger verbindet ein Geschäftsbesorgungsverhältnis, auf das gem. § 675 BGB die §§ 663, 665 – 670, 672 – 674 BGB Anwendung finden. § 667 BGB bestimmt, dass der Beauftragte verpflichtet ist, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben. „Aus der 188 Herring / Hunke, ZfgKW 2001, 906, 907; die als Beispiel für eine nach ihrer Ansicht zulässige Kick-back-Zahlungen den Fall der Gebührenteilung zwischen einem Dach- und einem Zielfonds nennen. Hierbei bleibt unklar, ob die Autoren diesen Fall als einzige Ausnahme für die Zulässigkeit von Kick-back-Zahlungen ansehen oder generell an einer zivilrechtlichen Grundlage für die Zuordnung solcher Zahlungen zum Fondsvermögen zweifeln. 189 BGH WM 2001, 297, 298.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

Geschäftsbesorgung erlangt“ sind dabei alle Sachen und Rechte, die der Beauftragte aufgrund eines inneren Zusammenhangs mit dem geführten Geschäft erlangt hat. 190 Im Sinne des Auftragsrechts sind KAGen als Beauftragte und die Anleger als Auftraggeber anzusehen. Demnach haben KAGen alles an die von ihnen verwalteten Investmentfonds und somit an die Anleger herauszugeben, was sie aufgrund eines inneren Zusammenhangs mit dem geführten Geschäft erlangt haben. KAGen beauftragen Broker mit der Ausführung von Wertpapiertransaktionen, um ihren von den Fondsanlegern erhaltenen Auftrag zur Verwaltung von Investmentfonds zu erfüllen. Zwischen dem Auftrag von KAGen zur Verwaltung von Investmentfonds und den Kick-Back-Zahlungen, die sie von Brokern für die Beauftragung mit der Ausführung von Wertpapiertransaktionen erhalten, besteht daher ein innerer Zusammenhang. Gem. §§ 675, 667 BGB haben KAGen folglich Kick-Back-Zahlungen den von ihnen verwalteten Investmentfonds gutzuschreiben. Zu untersuchen ist allerdings, ob die Besonderheiten des Rechtsverhältnisses zwischen KAGen und Fondsanlegern eine von den Grundsätzen der §§ 675, 667 BGB abweichende Betrachtung rechtfertigen. Hierfür könnte zunächst angeführt werden, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen gem. § 31d WpHG berechtigt sind, Kick-Back-Zahlungen für eigene Rechnung zu vereinnahmen, sofern dies der Steigerung der Qualität der betreffenden Wertpapierdienstleistung dient, der ordnungsgemäßen Erbringung der Wertpapierdienstleistung im Anlegerinteresse nicht entgegensteht und die Zuwendung offen gelegt wird. Auch könnte das angeführte Urteil des Bundesgerichtshofs ebenfalls so interpretiert werden, dass zumindest Vermögensverwalter grundsätzlich berechtigt sind Kick-BackZahlungen zu vereinnahmen. Eine Übertragung der Befugnisse von Wertpapierdienstleistungsunternehmen (einschließlich Vermögensverwaltern) auf KAGen scheitert allerdings daran, dass KAGen als Treuhänder ihrer Kunden agieren. Diese Treuhänderstellung verpflichtet KAGen in besonderer Weise. Dass KAGen auf Kosten der Anleger von Transaktionen unmittelbar profitieren, die sie für die Anleger veranlasst haben, widerspricht den Pflichten eines Treuhänders. Eine abweichende Bewertung wäre hingegen angebracht, wenn eine KAG mit ihren Fondsanlegern vertraglich vereinbart, dass sie Kick-Back-Zahlungen für sich behalten darf. Eine entsprechende Regelung könnte in den Vertragsbedingungen getroffen werden. Sie wäre dann an den Maßstäben des AGB-Rechts zu messen. Fraglich ist allerdings schon, ob eine solche Klausel wirksam in das Rechtsverhältnis zwischen Anlegern und KAGen einbezogen werden kann. Gem. § 305c Abs. 1 BGB werden allgemeine Vertragsbedingungen, die so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen rechnen muss, nicht Vertrags190 Seiler, in: MüKoBGB, § 667 Rdnr. 9; siehe zur Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals bei der Zahlung von Vertriebsvergütungen durch Emittenten an Kreditinstitute: Hadding, in: ZIP 2008, 529, 530 f.

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 157

bestandteil. Da eine entsprechende Regelung die Rechte von KAGen als Treuhänder erheblich erweitern und die Anleger gleichzeitig den sich aus Kick-BackVereinbarungen ergebenden Gefahren aussetzen würde, liegt es nahe, sie als so ungewöhnlich zu betrachten, dass die Anleger grundsätzlich nicht mit ihr rechnen müssen. Indes würde das für die Anwendung des § 305c Abs. 1 BGB erforderliche Überraschungsmoment fehlen, wenn eine entsprechende Klausel drucktechnisch so angeordnet ist, dass eine Kenntnisnahme durch die Anleger zu erwarten ist. 191 Durch eine entsprechende Gestaltung der Vertragsbedingungen könnten KAGen daher erreichen, dass eine solche Klausel nicht § 305c Abs. 1 BGB unterfällt. Wird eine entsprechende Klausel wirksam in den Investmentvertrag einbezogen, stellt sich weiterhin die Frage, ob sie gem. § 307 BGB unwirksam ist, weil sie die Anleger entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Klausel mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Eine Klausel, nach der eine KAG Kick-Back-Zahlungen für sich behalten darf, weicht von §§ 675, 667 BGB ab. Diese Vorschrift folgt aus dem Wesen des Auftrags und erklärt sich daraus, dass das zu besorgende Geschäft ein Geschäft des Auftraggebers ist. 192 Mit diesem Grundgedanken ist es nicht zu vereinbaren, dass KAGen persönlich von Wertpapiertransaktionen profitieren, die sie für Rechnung von Investmentfonds veranlassen. Es ist auch kein berechtigtes Interesse von KAGen an dem Erhalt von Kick-Back-Zahlungen ersichtlich. KAGen erhalten von den Fondsanlegern eine Verwaltungsgebühr und sollen bei der Beauftragung von Brokern einzig die Interessen der Anleger verfolgen. Eine entsprechende Klausel wäre demnach gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Dieses Ergebnis deckt sich auch mit Ziffer IV.5 der BVI-Wohlverhaltensregeln, wonach KAGen sicherzustellen haben, „dass nach internationalen Standards zulässigerweise vereinnahmte Entgelte dem Fondsvermögen zufließen und im Rechenschaftsbericht ausgewiesen werden.“ Was genau unter „nach internationalen Standards zulässigerweise vereinnahmte Entgelte“ zu fassen ist, bleibt zwar unklar. Kick-Back-Zahlungen sollten aber hierunter subsumiert werden können. Zuzustimmen ist auch der Forderung, dass entsprechende Entgelte im Rechenschaftsbericht auszuweisen sind, da hierdurch eine Überprüfung des Umgangs mit derartigen Zahlungen ermöglicht wird. Dass KAGen Kick-Back-Zahlungen nicht für sich vereinnahmen dürfen, stimmt ferner mit der Haltung des früheren BAKred zu umsatzabhängigen Wertpapierprovisionen überein. Das BAKred hielt derartige umsatzabhängige Wertpapierprovisionen, die eine Depotbank an eine KAG zahlt, wegen der Gefahr der unnötigen 191 192

BGH NJW 1981, 117, 118. Seiler, in: MüKoBGB, § 667 Rdnr. 1.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

Gebührenbelastung von Investmentfonds für unzulässig. 193 Auch von Kick-BackZahlungen geht die Gefahr einer unnötigen Gebührenbelastung von Investmentfonds aus, wenn KAGen sie für sich vereinnahmen dürfen. Zudem geht die IOSCO ebenfalls davon aus, dass die Treuepflicht von Investmentgesellschaften gegenüber den Anlegern es ihnen verbietet, auf Kosten der Anleger von Transaktionen zu profitieren, die sie für einen Investmentfonds initiiert haben und Kick-Back-Zahlungen daher den Investmentfonds zugute kommen sollen. 194 Schließlich wird es in der Rechtsliteratur ebenfalls überwiegend als sorgfaltswidrig angesehen, wenn KAGen eine Provisionsrückvergütung nicht an den jeweiligen Investmentfonds weitergeben. 195 Im Ergebnis ist somit festzustellen, dass KAGen Kick-Back-Zahlungen gem. § 41 Abs. 5 InvG im ausführlichen Verkaufsprospekt und im Jahresbericht offen zu legen und den von ihnen verwalteten Investmentfonds gutzuschreiben haben. bb) Behandlung von Soft Commissions Auf der Grundlage von „Soft Commissions“-Vereinbarungen versorgen Broker KAGen mit speziellem Know-How, ohne hierfür von KAGen eine gesonderte Gegenleistung zu erhalten. Broker lassen sich ihre Dienstleistungen vielmehr indirekt durch erhöhte Brokergebühren vergüten. Genauso wie bei Kick-Back-Vereinbarungen erhalten KAGen von Brokern eine Gegenleistung für ihre Beauftragung mit der Durchführung von Wertpapiertransaktionen. Einziger Unterschied ist dabei zunächst, dass keine Geldzahlungen geleistet, sondern Dienstleistungen erbracht werden, die nicht separat berechnet werden. Dies ändert aber grundsätzlich nichts an der rechtlichen Bewertung, dass KAGen auf diesem Wege als Folge der Tätigkeit, die sie für ihre Anleger erbringen, einen Vorteil erlangen (§ 667 BGB). Für die Anwendbarkeit von § 667 BGB kann es grundsätzlich keinen Unterschied machen, ob der Beauftragte eine Geldzahlung erlangt oder ihm gegenüber eine Dienstleitung kostenlos erbracht wird, für die er sonst eigene Mittel hätte aufbringen müssen. Deshalb müsste die durch die Leistung von Soft Commissions stattfindende Verwendung von Fondsvermögen zum eigenen Nutzen grundsätzlich als Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten einer KAG angesehen werden. 196 Für diese Wertung spricht auch, dass § 31d Abs. 2 WpHG Geldzahlungen und geld-

193 Schreiben des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen vom 18. Juli 1991 – V 4 – an eine Kapitalanlagegesellschaft, abgedruckt in: Beckmann / Scholtz, Kz. 438 Nr. 60. 194 IOSCO, „Final Report of the Technical Committee on Elements of International Regulatory Standards on Fees and Expenses of Investment Funds“ November 2004, Punkte 34 –37; abrufbar unter www.iosco.org. 195 Schödermeier / Baltzer, in: Brinkhaus / Scherer, § 10 KAGG Rdnr. 11; Loistl / Petrag, S. 82. 196 Loistl / Petrag, S. 80.

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 159

werte Vorteile zugunsten von Wertpapierdienstleistungsunternehmen ebenfalls einheitlich behandelt. Eine abweichende Betrachtung könnte aber aufgrund der Besonderheiten des Rechtsverhältnisses zwischen KAGen und Anlegern gerechtfertigt sein. Zunächst könnte man argumentieren, dass das Thema Soft Commissions anders zu behandeln ist als Kick-Back-Zahlungen, weil KAGen durch Soft Commissions Kenntnisse erlangen, die sie für die Verwaltung der Fonds nutzen können, wovon die Anleger mittelbar profitieren. Dabei muss aber berücksichtigt werden, dass Broker die Dienstleistungen, die sie KAGen gegenüber kostenlos erbringen, in ihre Gebühren einrechnen. Die zusätzlichen Dienstleistungen werden somit aus den Mitteln des Fondsvermögens bezahlt. Aus dem Fondsvermögen erhalten KAGen aber bereits die Verwaltungsgebühr, mit der auch ihre Anlagekompetenz vergütet wird. Wenn KAGen mit der Verwaltungsgebühr für ihre Anlagekompetenz entlohnt werden, ist nicht einzusehen, warum die Anleger über erhöhte Brokergebühren ein zweites Mal für dieselbe Leistung der KAGen zahlen sollen. Zudem müssen die Anleger eines Investmentfonds, auf dessen Kosten überhöhte Brokergebühren berechnet wurden, von den den KAGen hierfür im Gegenzug erbrachten Dienstleistungen nicht unmittelbar profitieren. Es ist durchaus denkbar, dass eine KAG die auf diese Weise erworbenen Kenntnisse ausschließlich für die Verwaltung anderer Investmentfonds oder für die individuelle Vermögensverwaltung verwendet. Gleichzeitig muss berücksichtigt werden, dass die Fähigkeit eines Brokers, KAGen mit Informationen zu versorgen, ein Kriterium ist, das KAGen bei der Auswahl eines Brokers im Interesse der Anleger zu berücksichtigen haben. Diese Informationen können den Anlegern unmittelbar zu Gute kommen. 197 Häufig kann es sich dabei um Informationen handeln, die KAGen selbst nicht in Erfahrung bringen können. Aus diesem Grunde ist es nicht sinnvoll, KAGen generell die Vereinbarung von Soft Commissions zu verbieten. 198 Vielmehr sind sie dann als zulässig zu betrachten, wenn eine KAG zu dem Entschluss kommt, dass es im Interesse der Anleger sinnvoll ist, einem Broker höhere Gebühren zu zahlen als dies für die bloße Ausführung eines Kauf- oder Verkaufsauftrages erforderlich ist, weil der Broker der KAG im Gegenzug Informationen zur Verfügung stellt, die dem betroffenen Investmentfonds unmittelbar zu Gute kommen. Soft Commissions können daher unter engen Voraussetzungen als zulässiger Erwerb zusätzlicher Dienstleistungen im Anlegerinteresse angesehen werden. Dabei ist es erforderlich, dass KAGen entsprechende Vereinbarungen von Soft Commissions sorgfältig dokumentieren und offen legen. Die hier vertretene Auffassung stimmt überein mit den Vorgaben des US-amerikanischen Wertpapierrechts 199 und der „CFA Institute Soft Dollar Standards“. 200 197 198

Loistl / Petrag, S. 81. Eine entsprechendes Verbot sieht allerdings Leitsatz 1d) der DSW-Richtlinien vor.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

Auch die BVI-Wohlverhaltensregeln sehen eine ähnliche Regelung vor. Ziffer IV.5 der BVI-Wohlverhaltensregeln lautet wie folgt: „Sonstige geldwerte Vorteile (Broker Research, Finanzanalysen, Markt- und Kursinformationssysteme), die im Zusammenhang mit den Handelsgeschäften vereinnahmt werden, sind nur zulässig, wenn sie im Interesse der Anleger verwendet werden. Die Absicht der Kapitalanlagegesellschaft, solche geldwerten Vorteile zu vereinnahmen, ist im Verkaufsprospekt zu dokumentieren.“ Die Voraussetzung, dass die geldwerten Vorteile „im Interesse der Anleger verwendet werden“, ist dabei eng auszulegen. Es kann nicht bereits ausreichen, dass sie im Interesse irgendwelcher Anleger der jeweiligen KAG verwendet werden. Vielmehr müssen sie den Anlegern des Investmentfonds zu Gute kommen, aus dessen Vermögen die erhöhten Gebühren bezahlt worden sind. 201 Aus Publizitätserwägungen kann es indes nicht genügen, dass KAGen im Verkaufsprospekt lediglich die Absicht dokumentieren, solche geldwerten Vorteile zu vereinnahmen. Entsprechende Angaben werden von Anlegern kaum wahrgenommen und verdeutlichen auch nicht, in welchem Umfang KAGen Soft Commissions vereinbaren. Daher sollten KAGen auf ihrer Unternehmens-Website zusätzlich Angaben zu den von ihnen getroffenen Vereinbarungen über Soft Commissions machen. Dabei müssen nicht sämtliche Einzelheiten offen gelegt werden. Die für die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der Vereinbarung wesentlichen Angaben, wie die Art der Informationen, die erhalten wurden, die Verwendung dieser Informationen und die Tatsache, ob die Vereinbarung mit einem verbundenen Unternehmen geschlossen wurde, sollten aber mitgeteilt werden. 202 5. Behandlung der Beispielsfälle Die Tatsache, dass KAG X einen mit ihr verbundenen Broker mit der Ausführung einer Wertpapiertransaktion beauftragt, kann nicht als Verstoß gegen ihre Verpflichtung zu einem ordnungsgemäßen Transaktionsmanagement gewertet werden. Auch dass sie dem Broker eine Gebühr zahlt, die über dem Marktdurchschnitt liegt, ist nicht pflichtwidrig, soweit der Broker für diese Transaktion besonders geeignet ist. Da es sich im vorliegenden Fall aber um eine kleine Zahl liquider Wertpapiere handelt, liegt der Schluss nahe, dass die Transaktion einfach auszuführen und die Zahlung erhöhter Gebühren daher nicht gerechtfertigt ist. Unabhängig 199

Section 28 (e) of the Securities Exchange Act, siehe hierzu: Loistl / Petrag, S. 80 ff. Siehe etwa Ziffer IV.A der CFA Institute Soft Dollar Standards. 201 So auch: IOSCO, „Final Report of the Technical Committee on Elements of International Regulatory Standards on Fees and Expenses of Investment Funds“ November 2004, Punkt 38; abrufbar unter: www.iosco.org. 202 Vergleiche hierzu auch Ziffer VI.A.2 der CFA Institute Soft Dollar Standards, abrufbar unter: www.cfainstitute.org. 200

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 161

von der Rechtfertigung der erhöhten Gebühren sollte KAG X ihre Zahlung an ein verbundenes Unternehmen offen legen. KAG Y hat mit der Beauftragung eines unerfahrenen Brokers gegen ihre Verpflichtung zu einem ordnungsgemäßen Transaktionsmanagement verstoßen. Aufgrund des Kursanstiegs ist den Anlegern des jeweiligen Investmentfonds ein Schaden entstanden. Ebenso hat sich KAG Z sorgfaltswidrig verhalten, indem sie die Kick-Back-Zahlungen für eigene Rechnung vereinnahmt hat. V. Das Gleichbehandlungsgebot 1. Einleitung und einführende Fälle Die Verpflichtung von KAGen zur Verwaltung von Investmentfonds im ausschließlichen Interesse der Anleger beinhaltet ferner, dass sie dem Gleichbehandlungsgebot unterliegen. 203 Das Gleichbehandlungsgebot gilt für KAGen dabei in mehrfacher Hinsicht: erstens müssen KAGen die verschiedenen von ihnen verwalteten Investmentfonds gleich behandeln. Zweitens dürfen sie, falls sie neben der Verwaltung von Investmentfonds auch die individuelle Portfolioverwaltung betreiben, weder Individualkunden noch Kunden der kollektiven Vermögensverwaltung sachwidrig ungleich behandeln. Drittens müssen grundsätzlich auch die verschiedenen Anleger eines Investmentfonds gleich behandelt werden. Zur Verdeutlichung des Gleichbehandlungsgebots dienen die folgenden Beispielsfälle: KAG Y zeichnet für von ihr verwaltete Investmentfonds A und B neu emittierte Aktien. Aufgrund der zu hohen Nachfrage erhält sie nur 10 % der von ihr gezeichneten Aktien. Daraufhin teilt sie sämtliche Aktien Fonds A zu. Fonds B werden hingegen keine Aktien zugeteilt. KAG Z genehmigt einigen Anlegern, auch nach dem für ihre Investmentfonds geltenden Order-Annahmeschluss Fondsanteile zum bisherigen Anteilspreis zu kaufen und zu verkaufen. 2. Gleichbehandlung zwischen verschiedenen Investmentfonds KAGen sind zur Gleichbehandlung der von ihnen verwalteten Investmentfonds verpflichtet. Bevorzugt eine KAG einzelne Fonds gegenüber anderen ohne sachlichen Grund, wird sie ihren Interessenwahrungspflichten nicht gerecht und handelt somit sorgfaltswidrig. 204 Das Gebot der Gleichbehandlung bedeutet jedoch nicht, 203 204

Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 2430. Reiss, S. 269.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

dass KAGen alle ihre Investmentfonds stets identisch behandeln müssen. Eine solche Verpflichtung wäre weder wünschenswert noch praktisch umsetzbar. Eine Ungleichbehandlung ist immer dann zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Das Gebot der Gleichbehandlung wird auch durch Ziffer I.4 der BVI-Wohlverhaltensregeln bestätigt. Danach gilt folgendes: „Die Kapitalanlagegesellschaft verwaltet die von ihr aufgelegten Fonds nach dem Prinzip der Gleichbehandlung, indem sie bestimmte Fonds nicht zulasten anderer bevorzugt behandelt.“

Sachwidrige Ungleichbehandlungen von Investmentfonds können insbesondere im Zusammenhang mit der Zuteilung von Wertpapieren, die eine KAG für mehrere von ihr verwaltete Investmentfonds erworben hat, auftreten. Denkbar ist beispielsweise, dass eine KAG einem Fonds mehr Wertpapiere zuteilt als anderen. Sofern die Kaufaufträge einer KAG, die sie für verschiedene Investmentfonds erteilt hat, vollständig ausgeführt werden konnten, besteht die Gefahr einer solchen sachwidrigen Zuteilung nur insoweit, als sichergestellt werden muss, dass jedem Investmentfonds tatsächlich die Wertpapiere zugeteilt werden, die ihm auch im Vorfeld der Transaktion zugedacht waren. Sobald Kaufaufträge, die für verschiedene Investmentfonds erteilt worden sind, allerdings nicht vollständig ausgeführt werden konnten, stellt sich die Frage, wie die jeweilige KAG die Wertpapiere, die sie im Rahmen der Teilausführung erhalten hat, auf die einzelnen von ihr verwalteten Investmentfonds aufzuteilen hat. Diese Problematik erlangt insbesondere bei Neuemissionen praktische Bedeutung. Ziffer IV.4 der BVI-Wohlverhaltensregeln besagt hierzu folgendes: „Die Kapitalanlagegesellschaft legt die Zuteilung erworbener Vermögensgegenstände zu verschiedenen Fonds vorab fest (z. B. Block Trades oder IPO-Zuteilungen). Grundsätzlich erfolgt die Zuteilung teilausgeführter Orders im Verhältnis zur Auftragserteilung.“

Zunächst ist der Forderung zuzustimmen, dass das Zuteilungsverhältnis im Vorfeld einer Transaktion festzulegen ist. Auf diesem Wege wird sichergestellt, dass nach der Transaktion eindeutig feststeht, welchem Fonds welche Vermögensgegenstände zuzuteilen sind. Der Gefahr, dass einzelne Investmentfonds aufgrund nachträglicher Absprachen benachteiligt werden, wird so vorgebeugt. Zudem kann nach der Transaktion relativ einfach überprüft werden, ob die zuvor getroffene Festlegung tatsächlich eingehalten worden ist. Weiterhin überzeugt es auch, dass die Zuteilung teilausgeführter Kaufaufträge grundsätzlich im Verhältnis zur Auftragserteilung erfolgen soll. Da die Zuteilung im Verhältnis zur Auftragserteilung aber nur als Grundsatz gelten soll, stellt sich die Frage, welche Ausnahmen insoweit bestehen. Zunächst muss anerkannt werden, dass verhältnismäßige Zuteilungen nicht in jedem Fall zu sinnvollen Ergebnissen führen. So ist denkbar, dass eine verhältnismäßige Zuteilung von Wertpapieren auf mehrere Fonds dazu führt, dass jedem Fonds nur eine sehr geringe Anzahl an Wertpapieren zugeteilt wird. Für große Investmentfonds wird eine Investition

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 163

in ein bestimmtes Wertpapier aber erst ab einem gewissen Umfang sinnvoll sein. Können bei einer verhältnismäßigen Zuteilung jedem Investmentfonds nur eine geringe Anzahl an Wertpapieren zugeteilt werden, kann folglich eine Ausnahme von dem Grundsatz der verhältnismäßigen Zuteilung sinnvoll sein. Ist eine verhältnismäßige Zuteilung nicht sinnvoll, erscheint es sachgerecht, dass Wertpapiere im Wege einer rotierenden Zufallszuteilung auf die verschiedenen Investmentfonds verteilt werden. 205 Dabei ist allerdings zu berücksichtigen dass eine „zufällige“ Verteilung stets die Gefahr der Manipulation in sich birgt. 206 In Fällen, in denen eine verhältnismäßige Zuteilung für große Investmentfonds zu inadäquaten Ergebnissen führt, erscheint es auch angemessen, dass KAGen kleinere Investmentfonds bei der Zuteilung bevorzugen. 207 Um Manipulationsmöglichkeiten so weit wie möglich zu eliminieren, sollte eine derartige Bevorzugung kleiner Investmentfonds aber nur in sehr engen Grenzen erfolgen. Dabei dürfen KAGen bei der Verteilung keine sachwidrigen Kriterien berücksichtigen. Derart sachwidrige Kriterien können die bisherige Wertentwicklung eines Fonds oder die Höhe der Verwaltungsgebühr eines Fonds sein. KAGen sollten daher für die Zuteilung von Wertpapieren auf verschiedene Investmentfonds Richtlinien erstellen und die Befolgung dieser Richtlinien durch interne Stellen überwachen. 208 3. Gleichbehandlung von Investmentfonds und Kunden der individuellen Portfolioverwaltung Gem. § 7 Abs. 2 Nr. 1 InvG dürfen KAGen neben der Verwaltung von Investmentfonds auch die individuelle Portfolioverwaltung betreiben. Machen KAGen von dieser Möglichkeit Gebrauch, erbringen sie ihre Dienstleistungen also nicht ausschließlich gegenüber einer anonymen Gruppe von Anlegern sondern auch gegenüber einzelnen Investoren, mit denen sie individuelle Verträge abschließen. Bei den Kunden der individuellen Portfolioverwaltung wird es sich häufig nicht um private Kleinanleger sondern um vermögende Privatkunden oder institutionelle Anleger handeln. Da KAGen, die die individuelle Vermögensverwaltung betreiben, über zwei verschiedene Kundengruppen verfügen, besteht die Gefahr, dass sie eine Gruppe gegenüber der anderen sachwidrig bevorzugen. Im Vergleich zu den Fondsanlegern ist die Gefahr der Benachteiligung für Kunden der individuellen Vermögensverwaltung geringer. Ähnlich wie bei Spezialfondskunden werden sie regelmäßig über größere ökonomische Kenntnisse und Erfahrungen verfügen, weshalb davon auszugehen ist, dass sie im Vergleich zu den 205 206 207 208

Reiss, S. 269. Kritisch zu dieser Vorgehensweise auch: Loistl / Petrag, S. 79. Loistl / Petrag, S. 79. Loistl / Petrag, S. 79.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

Fondsanlegern eher dazu in der Lage sind, eine etwaige Benachteiligung festzustellen und bei der KAG zu reklamieren. Gleichwohl hat der Gesetzgeber erkannt, dass die Gefahr besteht, dass KAGen Kunden der individuellen Vermögensverwaltung für den Absatz ihrer wenig erfolgreichen Investmentfonds missbrauchen. Deshalb bestimmt § 9 Abs. 4 InvG, dass es KAGen grundsätzlich verboten ist, für Rechnung der Kunden der individuellen Vermögensverwaltung Anteile an den von ihnen verwalteten Investmentfonds zu erwerben. Da die Investmentfonds der KAG aber auch für diese Kundengruppe eine geeignete Anlage darstellen können, gilt dieses Verbot nicht, soweit die Kunden gegenüber der KAG zuvor ihre Zustimmung zum Erwerb solcher Anteilsscheine gegeben haben. Für die Fondsanleger besteht durch das Nebeneinander von kollektiver und individueller Vermögensverwaltung eine größere Gefahr der Benachteiligung. Es liegt nahe, dass KAGen dazu neigen, die finanzstarken Individualkunden gegenüber Fondsanlegern zu bevorzugen. 209 Daher müssen KAGen das allgemeine Gleichbehandlungsgebot nach Ziffer I.4 der BVI-Wohlverhaltensregeln auch im Verhältnis zwischen den für Individualkunden verwalteten Portfolien und den Investmentfonds berücksichtigen. Da eine sachwidrige Ungleichbehandlung insbesondere im Fall der bevorzugten Zuteilung von Vermögensgegenständen anzunehmen ist, sollten KAGen die Vorgaben der Ziffer IV.4 der BVI-Wohlverhaltensregeln für die Zuteilung erworbener Vermögensgegenstände auch im Verhältnis zu ihren Individualkunden befolgen. 4. Gleichbehandlung aller Anleger eines Fonds a) Allgemein Die sich aus § 9 Abs. 2 S. 1 InvG ergebende Pflicht von KAGen zum Handeln im Interesse der Anleger bedeutet, dass sie verpflichtet sind, im Interesse aller Anleger zu handeln. Bevorzugen KAGen einige Anleger eines Investmentfonds gegenüber den übrigen, ohne dass hierfür ein sachlicher Grund besteht, handeln sie nicht im Interesse aller Anleger. Als Verstoß gegen das Gebot zur Gleichbehandlung aller Anleger einer Fonds ist insbesondere das Dulden von Praktiken wie „Market Timing“ und „Late Trading“ anzusehen. Gewisse Ungleichbehandlungen sind hingegen sachlich gerechtfertigt, wenn KAGen verschiedene Anteilsklassen für einen Investmentfonds bilden. b) Late Trading, Market Timing Im Herbst 2003 stellte die US-amerikanische Wertpapieraufsichtsbehörde SEC Missstände in der amerikanischen Fondsindustrie fest. Dabei handelte es sich um 209

Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band III, § 113 Rdnr. 47.

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 165

Praktiken, die als „Late Trading“ bzw. „Market Timing“ bezeichnet wurden und bei denen einzelne Fondsanleger gegenüber anderen bevorzugt wurden. Daraufhin haben die Mitgliedes des „Committee of European Securities Regulators“ (CESR), also auch die BaFin, in ihren Ländern Untersuchungen durchgeführt um herauszufinden, inwieweit auch in der europäischen Investmentindustrie entsprechende Missstände vorherrschen. In ihrem Abschlussbericht vom November 2004 hat die CESR mitgeteilt, dass sie keine entsprechenden Missstände feststellen konnte. 210 Die BaFin schickte im Rahmen ihrer Untersuchungen Fragebögen an insgesamt 82 in Deutschland ansässige KAGen, 16 Depotbanken und fünf Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Falls KAGen in den Fragebögen verdächtige Antworten gaben, was bei zwei Gesellschaften der Fall war, wurden diese genauer untersucht. Außerdem forderte die BaFin die Abschlussprüfer der KAGen auf zu untersuchen, ob Late Trading oder Market Timing geduldet wurde. Während der Untersuchungen der BaFin änderte der BVI die BVI-Wohlverhaltensregeln dahingehend, dass KAGen bestimmte Vorkehrungen gegen Late Trading und Market Timing zu treffen haben. Die BaFin hat die Einhaltung dieser Vorschriften anhand der Jahresberichte überprüft. 211 Dabei hat sie festgestellt, dass keine der KAGen, die Mitglieder des BVI sind, die sich aus den Wohlverhaltensregeln ergebenden organisatorischen Vorkehrungen zur Vermeidung von Late Trading und Market Timing vollständig umgesetzt hat. 212 aa) Late Trading Der Begriff „Late Trading“ beschreibt eine unzulässige Geschäftspraktik von Investmentgesellschaften, bei der gewissen Anlegern der Erwerb und die Veräußerung von Fondsanteilsscheinen zu einem zuvor festgestellten Anteilspreis ermöglicht wird. 213 Gem. § 36 Abs. 1 S. 1 und 2 InvG wird der Preis von Fondsanteilen von der Depotbank unter Mitwirkung der KAG börsentäglich ermittelt. Aufträge von Anlegern, die Fondsanteile erwerben oder zurückgeben wollen, werden stets zum nächsten festgestellten Preis ausgeführt. Ein festgestellter Preis gilt dabei immer nur für die Aufträge, die bis zu einem kurz davor liegenden Zeitpunkt (Orderschluss) eingegangen sind. Entscheidet sich also ein Anleger, Fondsanteile zu erwerben oder zu veräußern, weiß er grundsätzlich noch nicht, zu welchem Preis dies geschieht. 210 CESR, „Investigations of Mis-Practices in the European Fund Industry“, November 2004, (CESR/04 – 407); abrufbar unter: www.cesr-eu.org. 211 Siehe die entsprechende Ankündigung in: CESR, „Investigations of Mis-Practices in the European Fund Industry“, November 2004, (CESR/04 –407), S. 13 ff., abrufbar unter: www.cesr-eu.org. 212 FAZ, 09. 03. 2005, S. 23; „Bafin zeigt Fonds die Gelbe Karte“. 213 Kempf, S. 38.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

Beim Late Trading gestatten KAGen einzelnen Anlegern den Erwerb oder die Rückgabe von Fondsanteilen noch nach Orderschluss. Erlaubt eine KAG einem Anleger den Erwerb oder die Rückgabe von Fondsanteilen nach Feststellung des Anteilspreises, hat dieser Anleger gegenüber den übrigen Anlegern den Vorteil, dass er weiß, zu welchem Preis sein Auftrag ausgeführt wird. Auch wenn einem Anleger nach Orderschluss aber vor Preisfeststellung der Erwerb oder die Rücknahme von Anteilen gestattet wird, wird er gegenüber den sonstigen Anlegern bevorzugt. Er wird in die Lage versetzt, bei seiner Anlageentscheidung Informationen zu berücksichtigen, die erst nach Orderschluss bekannt worden sind. Die übrigen Anleger werden durch diese Chancenungleichheit benachteiligt. 214 Late Trading ist nur durch das kollusive Zusammenwirken einer KAG mit den begünstigten Anlegern möglich. Die Motivation einer KAG zu einem solchen Verhalten ist üblicherweise in dem Interesse an einer engen Geschäftsverbindung mit den begünstigten Anlegern zu sehen. Late Trading kann insofern mit Insiderhandel verglichen werden, als in beiden Fällen Marktteilnehmer exklusiv die Kenntnis einer preisrelevanten Information für eigene Geschäfte nutzen. Die beiden Praktiken unterscheiden sich allerdings darin, dass beim Insiderhandel ein Anleger zwar nach denselben Bedingungen wie die übrigen Marktteilnehmer am Handel teilnimmt, dabei aber exklusiv über nicht öffentlich bekannte Informationen verfügt. Beim Late Trading verfügt der Anleger hingegen nicht über besondere Kenntnisse, ihm wird aber im Gegensatz zu den übrigen Marktteilnehmern exklusiv die Möglichkeit eingeräumt, auf aktuelle Informationen noch am Markt reagieren zu können. KAGen dürfen Late Trading nicht zulassen, da sie anderenfalls gegen das Gleichbehandlungsgebot verstoßen. Ziffer I.2 der BVI-Wohlverhaltensregeln bestimmt daher: „Die Kapitalanlagegesellschaft gewährleistet, dass sich kein Anleger durch Kauf oder Verkauf von Anteilen an ihren Fonds zu bereits bekannten Anteilwerten Vorteile verschaffen kann. Zu diesem Zweck legt sie für jeden von ihr verwalteten Fonds einen Zeitpunkt fest, zu dem Aufträge für die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen bei ihr oder bei der Depotbank vorliegen müssen (Order-Annahmeschluss). Sie sorgt dafür, dass Aufträge, die nach Order-Annahmeschluss eingehen, nicht mehr zu dem diesem Order-Annahmeschluss zugeordneten Anteilwert ausgeführt werden. Die Order-Annahmeschlusszeiten sind in geeigneter Weise zu veröffentlichen und den Vertriebspartnern mitzuteilen.“

Außerdem schreibt Ziffer V.3 der BVI-Wohlverhaltensregeln folgendes vor: „Die Kapitalanlagegesellschaft vereinbart mit der Depotbank, dass bei der Ausgabe und Rücknahme von Anteilen Aufträge, die nach dem von der Kapitalanlagegesell-

214

CESR, „Investigations of Mis-Practices in the European Fund Industry“, November 2004, (CESR/04 – 407), S. 2, abrufbar unter: www.cesr-eu.org.

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 167 schaft festgelegten Order-Annahmeschluss eingehen, nicht mehr zu dem diesem OrderAnnahmeschluss zugeordneten Anteilwert ausgeführt werden.“

Diesen Konkretisierungen der Verwaltungspflicht von KAGen ist uneingeschränkt zuzustimmen. Die Festlegung von verbindlichen Zeitpunkten, zu dem Aufträge für die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen bei der KAG oder bei der Depotbank vorliegen müssen, gewährleistet, dass keine Ungewissheit darüber entstehen kann, zu welchem Anteilspreis ein Auftrag auszuführen ist. Gleichzeitig können Verstöße gegen diese Regelung einfach identifiziert werden. bb) Market Timing Als „Market Timing“ (teilweise auch „Market Trading“) wird die Spekulation mit Fondsanteilsscheinen, die in besonderem Maße von Marktentwicklungen in anderen Zeitzonen abhängig sind, bezeichnet. 215 Dulden KAGen eine derartige Vorgehensweise, ermöglichen sie es einigen Anlegern, auf Kosten der übrigen Fondsanleger bestehende Ineffizienzen der Preisfeststellung von Fondsanteilen durch kurzfristige An- und Verkäufe auszunutzen. Die ökonomischen Grundlagen von Market Timing können anhand des folgenden Beispiels veranschaulicht werden: Ein von einer deutschen KAG verwalteter Investmentfonds ist zu einem erheblichen Teil in US-amerikanischen Wertpapieren investiert. 216 Die Feststellung des Wertes der Anteilsscheine dieses Fonds erfolgt gegen Mittag mitteleuropäischer Zeit. Für die US-amerikanischen Wertpapiere wird dabei der letzte Schlusskurs an deren Heimatbörse zugrunde gelegt. 217 Diese Schlusskurse sind mitunter einige Stunden alt, weshalb in der Zwischenzeit Umstände eingetreten sein können, die den Wert der Wertpapiere erheblich beeinflussen. Der letzte Schlusskurs dieser Wertpapiere stimmt deshalb unter Umständen nicht mehr mit dessen tatsächlichem Marktwert überein. In einem solchen Fall stimmt auch der festgestellte Wert der Anteilsscheine nicht mit dessen tatsächlichem Marktwert überein. Anleger, die Market Timing betreiben, nutzen diese Ineffizienzen in der Preisfeststellung aus und kaufen Anteilsscheine, wenn deren tatsächlicher Marktwert den von der Depotbank oder der KAG berechneten Wert überschreitet und verkaufen sie kurz darauf wieder, wenn die Umstände, die den Marktwert der Anteilsscheine haben steigen lassen, in ihrem festgestellten Preis berücksichtigt sind. Kauf und Verkauf 215

Kempf, S. 38. Siehe ein vergleichbares Beispiel in: IOSCO, „Final Report – best practices standards on anti market timing and associated issues for CIS“, Oktober 2005, Absatz I.6, abrufbar unter: www.iosco.org. 217 Siehe § 36 Abs. 1 S. 2 InvG: „Der Wert eines Sondervermögens ist auf Grund der jeweiligen Kurswerte der zu ihm gehörenden Vermögensgegenstände [...] börsentäglich zu ermitteln.“ 216

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

der Anteile erfolgen dabei üblicherweise innerhalb weniger Tage. 218 Diese Anlagestrategie wird vor allem von institutionellen Anlegern verfolgt, die eine sehr hohe Zahl von Anteilen kaufen und wieder zurückgeben. Anders als bei Late Trading räumen KAGen Anlegern, die Market Timing betreiben, keine besonderen Rechte ein. Insbesondere wird diesen Anlegern keine Möglichkeit zum Erwerb oder zur Rückgabe von Anteilsscheinen eingeräumt, die für die übrigen Anleger nicht besteht. Auch nutzen die Anleger keine dem Markt unbekannten Informationen. Sie kaufen bzw. verkaufen lediglich Anteilsscheine mit der Kenntnis von Tatsachen, die sich im Preis der Anteilsscheine noch nicht widerspiegeln, weil bei deren Preisfeststellung Ineffizienzen bestehen. Anleger, die Market Timing betreiben, verfolgen demnach eine Anlagestrategie, die jedem Anleger offen steht. Aufgrund dieser Umstände kann in der Duldung von Market Timing auch kein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot im engeren Sinne gesehen werden. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass es sich bei Anlegern, die Market Timing betreiben, um kurzfristige Anleger handelt. Durch deren Geschäfte werden die langfristigen Anleger von Investmentfonds dreifach geschädigt. Erstens müssen KAGen für kurzfristige Rückgaben ständig mehr liquide Mittel bereithalten, was die Wertentwicklung eines Investmentfonds schmälert. Zweitens verfügt ein Fonds möglicherweise nicht über eine ausreichende Liquidität, weshalb kurzfristig Wertpapiere verkauft werden müssen. Hierdurch fallen Transaktionskosten an, die die Wertentwicklung des Fonds belasten. Drittens wird die Wertentwicklung pro Anteilsschein durch die „Mitnahme“ kurzfristiger Wertsteigerungen verschlechtert. 219 Ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot liegt daher insofern vor, als KAGen durch das systematische Dulden von Market Timing bzw. durch ineffiziente Preisfeststellungssysteme dauerhaft zulassen, dass langfristige (Klein-) Anleger durch die Praktiken kurzfristiger Anleger geschädigt werden. Fraglich ist allerdings, mit welchen Maßnahmen KAGen gegen die Praxis des Market Timings vorzugehen haben. Gem. § 41 Abs. 2a S. 2 InvG müssen die Vertragsbedingungen von Publikumsfonds vorsehen, dass unter Berücksichtigung des Wertes des Investmentfonds und der Anlegerstruktur die Benachteiligung von Anlegern durch Transaktionskosten ausgeschlossen ist. Ziffer I.3 der BVIWohlverhaltensregeln bestimmt ferner: „Die Kapitalanlagegesellschaft trifft für die von ihr verwalteten Fonds geeignete Maßnahmen gegen Zeitzonenarbitrage. Geeignete Maßnahmen sind insbesondere die sach218 IOSCO, „Final Report – best practices standards on anti market timing and associated issues for CIS“, Oktober 2005, Absatz I.13, abrufbar unter: www.iosco.org. 219 CESR, „Investigations of Mis-Practices in the European Fund Industry“, November 2004, (CESR/04 – 407), S. 2; abrufbar unter: www.cesr-eu.org; IOSCO, „Final Report – best practices standards on anti market timing and associated issues for CIS“, Oktober 2005, Absätze I.8 und I.13, abrufbar unter: www.iosco.org.

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 169 gerechte Festlegung des Order-Annahmeschlusses, oder die zeitnahe und sachgerechte Bewertung der Vermögensgegenstände des Fonds. Außerdem trifft die Kapitalanlagegesellschaft für die von ihr verwalteten Fonds geeignete Maßnahmen, um Anleger vor Nachteilen durch kurzfristigen Kauf und Verkauf von Anteilen durch andere Anleger (market trading) zu schützen.“

§ 41 Abs. 2a S. 2 InvG zielt insbesondere darauf ab, Benachteiligungen zu vermeiden, die dadurch entstehen, dass rücknahmebedingte Transaktionskosten, die durch die Rückgabe von Anteilen mit einem hohen Gesamtwert entstehen können, sich zu Lasten der in dem Fonds verbleibenden Anleger auswirken. 220 Eine geeignete Maßnahme zur Vermeidung derartiger Benachteiligungen ist die Vereinbarung eines Rückgabeaufschlags für kurzfristige Rückgaben oder Rückgabegesuche mit einem sehr hohen Gesamtwert zugunsten des jeweiligen Investmentfonds in Vertragsbedingungen. Rückgabeaufschläge sind zwar grundsätzlich kritisch zu beurteilen, da die Rückgabe von Anteilen die einzige Option ist, die den Fondsanlegern mangels eigener Mitwirkungsmöglichkeiten bei der Fondsverwaltung zur Verfügung steht, wenn sie mit der Verwaltungstätigkeit einer KAG unzufrieden sind. Diese Bedenken können im vorliegenden aber nicht durchgreifen, da der Aufschlag nicht der KAG sondern dem Fondsvermögen zugute kommt. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass, wenn sich die Erhebung eines erhöhten Rückgabeaufschlags nur auf Fälle beschränkt, in denen Anteilsscheine innerhalb weniger Tage gekauft und zurückgegeben werden 221, die weit überwiegende Zahl der Fondsanleger, die eine mittel- bis langfristige Anlagestrategie verfolgen, nicht geschädigt wird. Dasselbe gilt für Rückgaben mit einem sehr hohen Gesamtwert. Hier sollte die Schwelle aber jedenfalls über 100.000 EUR liegen. Den Vorgaben der BVI-Wohlverhaltensregeln ist ebenfalls zuzustimmen. Die sachgerechte Festlegung eines Order-Annahmeschlusses ist bereits erforderlich, um der Praxis des Late Tradings vorzubeugen. Um Market Timing zu vermeiden, ist dabei insbesondere auf den zeitlichen Abstand zwischen dem Order-Annahmeschluss und der Preisfeststellung für den jeweiligen Investmentfonds zu achten. So kann beispielsweise vorgesehen werden, dass ein Auftrag zum Kauf oder Verkauf eines Fondsanteils erst zum Preis des nachfolgenden Tages ausgeführt wird. Durch die zeitnahe und sachgerechte Bewertung der Vermögensgegenstände eines Investmentfonds wird erreicht, dass weniger Ineffizienzen bei der Preisfeststellung von Anteilsscheinen bestehen. Auf diesem Wege wird Anlegern die Motivation für den kurzfristigen Handel mit Anteilsscheinen genommen. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass gem. § 36 Abs. 1 S. 2 InvG der Wert 220 Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Investmentänderungsgesetzes, BT-Drs. 16/5576, S. 69. 221 Die CESR schlägt insoweit einen Zeitraum von drei Tagen vor; CESR, „Investigations of Mis-Practices in the European Fund Industry“, November 2004, (CESR/04 –407), S. 5, abrufbar unter: www.cesr-eu.org.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

eines Investmentfonds anhand der jeweiligen Kurswerte der zum Fondsvermögen gehörenden Vermögensgegenstände zu ermitteln ist. Dies bedeutet, dass bei börsennotierten Wertpapieren Umstände, die auf ihren Wert Einfluss haben, sich aber noch nicht in deren Kurs widerspiegeln, etwa weil sie zwischen Handelsschluss und Handelsbeginn des Folgetages eingetreten sind, bei der Festlegung des Wertes der Anteilsscheine nicht berücksichtigt werden können, sofern für das jeweilige Wertpapier noch kein neuer Kurs berechnet worden ist. c) Verschiedene Anteilsklassen Eine Ausnahme von dem Gebot der Gleichbehandlung aller Anleger eines Investmentfonds gilt insoweit, als gem. § 34 Abs. 1 S. 1 InvG verschiedene Anteilsklassen eines Fonds gebildet werden können. Eine Unterscheidung ist möglich hinsichtlich der Ertragsverwendung, des Ausgabeaufschlags, des Rücknahmeabschlags, der Währung des Anteilswertes sowie der Verwaltungsvergütung sowie der Mindestanlagesumme. Die Aufzählung dieser Unterscheidungsmerkmale muss als abschließend betrachtet werden. Darüber hinaus sind KAGen verpflichtet, die Anleger eines Investmentfonds gleich zu behandeln. Außerdem ist zu beachten, dass gem. § 34 Abs. 1 S. 2 InvG innerhalb einer Anteilsklasse alle Anteile die gleichen Rechte gewähren müssen. 222 Ferner müssen KAGen im Interesse der Anleger den einzelnen Anteilsklassen die zu ihnen gehörenden Vermögenswerte und Verbindlichkeiten sowie die Aufwendungen und Erträge zuordnen. 223 Um zu vermeiden, dass Anleger, die bereits Anteilsscheine eines Investmentfonds besitzen, durch die Einführung einer neuen Anteilsklasse unzulässig belastet werden, müssen außerdem die mit der Einführung einhergehenden Kosten gem. § 34 Abs. 1 S. 3 InvG zulasten der Anteilspreise der neuen Anteilsklasse in Rechnung gestellt werden. 5. Behandlung der Beispielsfälle KAG Y teilt die Aktien nicht im Verhältnis der Auftragserteilung auf, obwohl dies grundsätzlich die angemessene Vorgehensweise für teilausgeführte Kaufaufträge darstellt. Die Abweichung könnte im vorliegenden Fall allerdings gerechtfertigt sein, wenn eine verhältnismäßige Zuteilung für den Fonds B nicht sinnvoll ist, etwa weil es sich um einen besonders großen Fonds handelt, dessen

222 Siehe zur Gleichbehandlung innerhalb einer Fondsklasse auch: IOSCO, „Final Report of the Technical Committee on Elements of International Regulatory Standards on Fees and Expenses of Investment Funds“ November 2004, Punkt 45, 46; abrufbar unter: www.iosco.org. 223 Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Vierten Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drs. 14/8017, S. 103.

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 171

Mindestbetrag für Investitionen in einzelne Aktien durch die geringe Zuteilung nicht erreicht wird. KAG Z gestattet Late Trading und verstößt somit gegen das Gleichbehandlungsgebot. VI. Schließung und Verschmelzung von Investmentfonds 1. Einleitung und einführende Fälle Der Verpflichtung, ausschließlich im Anlegerinteresse zu handeln, unterliegen KAGen auch, wenn sie gem. §§ 38 –40 InvG die Verwaltung eines Investmentfonds kündigen oder zwei Investmentfonds miteinander verschmelzen. Die Kündigung der Verwaltung eines Investmentfonds führt nach § 39 Abs. 2 InvG grundsätzlich zur Schließung des betreffenden Fonds. Daher wird im Folgenden insoweit von der Schließung von Investmentfonds gesprochen. Weder für die Verschmelzung von Fonds noch für deren Schließung benötigen KAGen die Zustimmung der betroffenen Anleger. Den Anlegern wurden bei derartigen Maßnahmen auch keine sonstigen Mitwirkungsbefugnisse oder Einspruchsrechte eingeräumt. Dieser Umstand ist angesichts der generellen Befreiung der Anleger von Mitwirkungsbefugnissen im Investmentwesen nicht überraschend, gleichzeitig aber bemerkenswert, weil KAGen mit der Schließung eines Investmentfonds oder der Verschmelzung zweier Investmentfonds erheblich in die Anlageentscheidung der Anleger eingreifen. 224 Anleger, die Anteilsscheine eines Investmentfonds erwerben, treffen regelmäßig eine bewusste Entscheidung für einen bestimmten Investmentfonds und für eine bestimmte KAG. Nutzen Anleger Investmentfonds zur Altersvorsorge, was volkswirtschaftlich wünschenswert ist, sind sie zudem an einer langfristigen Anlage interessiert. Diese langfristig orientierte Anlageentscheidung für einen bestimmten Investmentfonds einer bestimmten KAG wird durch die Schließung eines Investmentfonds oder die Verschmelzung zweier Investmentfonds erheblich beeinträchtigt. Die Probleme, die sich im Zusammenhang mit der Schließung eines Investmentfonds sowie der Verschmelzung zweier Investmentfonds für Fondsanleger ergeben, sollen anhand der folgenden Beispielsfälle dargestellt werden: KAG Y schließt einen langjährig bestehenden Investmentfonds zu einem Zeitpunkt, zu dem sich das Fondsvermögen auf einem historischen Tiefstand befindet. KAG Z fusioniert zwei von ihr verwaltete Investmentfonds, die beide über ein sehr geringes Fondsvolumen verfügen. Dabei besitzt der erste Fonds ein sehr gutes Entwicklungspotential, während die Ertragsaussichten des zweiten Fonds objektiv unterdurchschnittlich sind. 224

Für die Verschmelzung von Investmentfonds: Wilderink, S. 240.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

2. Ökonomische Grundlagen Üblicherweise schließen KAGen Investmentfonds oder verschmelzen Investmentfonds miteinander, um ihre Produktpalette zu straffen. Die ökonomischen Gründe hierfür sind vielfältig. 225 Von entscheidender Bedeutung ist häufig das Volumen eines Investmentfonds. Bei kleineren Investmentfonds beeinträchtigen die mit der Fondsverwaltung verbundenen Fixkosten deren Wertentwicklung überproportional. Die Erwirtschaftung angemessener Erträge wird erheblich erschwert. Zugleich lassen sie sich für KAGen nur schwerlich profitabel betreiben. Bei besonders kleinen Investmentfonds kommt hinzu, dass eine risikodiversifizierte Portfolioverwaltung kaum noch möglich ist. In solchen Konstellationen können KAGen die Anleger entweder vor weiteren Verlusten bewahren, indem sie den Fonds schließen oder durch die Verschmelzung zweier Fonds, ein höheres Fondsvolumen generieren, um so eine für die Anleger ertragreiche und für die KAG profitable Verwaltung des Fonds zu ermöglichen. Schließungen und Verschmelzungen von Investmentfonds sind häufig auch notwendige Konsequenzen von Umstrukturierungen in der Finanzbranche. Fusionieren beispielsweise zwei KAGen, führt dies häufig dazu, dass es zu Überschneidungen und Doppelungen bei den von der neuen Gesellschaft verwalteten Investmentfonds kommt. Die Schließung oder Verschmelzung solcher Fonds ist dann ökonomisch sinnvoll. Darüber hinaus ist denkbar, dass die tatsächlichen Rahmenbedingungen für die Existenz eines Investmentfonds wegfallen. Dies war etwa der Fall bei Investmentfonds, die in Aktien des Neuen Marktes investierten. Nach der Schließung des Neuen Marktes konnten diese Fonds in der bisherigen Form nicht weiter betrieben werden. Für Anleger haben Schließungen und Verschmelzungen den erfreulichen Effekt, dass das aufgrund der Vielzahl von Fonds unübersichtliche Angebot ein wenig übersichtlicher wird. 226 Trotz der vielen Gründe, die grundsätzlich für die Verschmelzung oder Schließung von Investmentfonds sprechen, können derartige Maßnahmen für KAGen aber auch durchaus problematisch sein. Dies liegt zum einen an dem üblicherweise nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand. 227 Zum anderen stehen Anleger derartigen Maßnahmen häufig skeptisch gegenüber, weshalb insoweit auch ein Reputationsrisiko besteht. 225

Ein Überblick von Gründen für die Schließung und Verschmelzung von Investmentfonds findet sich in: BVI Jahrbuch 2003, S. 62 f.; abrufbar unter: www.bvi.de. 226 Diesen Aspekt wollte wohl auch die Bundesregierung betonen, wenn sie hervorhebt, dass durch die Verschmelzung von Fonds „Transparenz für die Anbieter“ geschaffen wird; Entwurf des Investmentmodernisierungsgesetzes der Bundesregierung; BT-Drs. 15/1553, S. 87; zu diesem Redaktionsversehen: Wilderink, S. 250. 227 König, „Auflösung und Schließung von Publikumsfonds in Deutschland“, S. 13, abrufbar unter: www.jura.uni-frankfurt.de/ifawz1/baums/Bilder_und_Daten/Arbeitspapiere /paper77.pdf.

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 173

3. Die Schließung von Investmentfonds a) Der Ablauf der Schließung von Investmentfonds Die Schließung von Investmentfonds ist in den §§ 38, 39 InvG geregelt. Eine Schließung erfolgt danach grundsätzlich in zwei Schritten. Zunächst muss die KAG die Verwaltung eines Investmentfonds gem. § 38 InvG kündigen. Nach Ablauf der Kündigungsfrist hat die Depotbank gem. § 39 InvG entweder den Fonds zu liquidieren und das Fondsvermögen an die Anleger zu verteilen oder die Verwaltung des Investmentfonds auf eine andere KAG zu übertragen. Im zweiten Fall wird der Fonds also nicht geschlossen, sondern die Verwaltung wird auf eine andere KAG übertragen. Da der Gesetzgeber aber die Liquidation des Investmentfonds als Regelfall ansieht, werden die §§ 38, 39 InvG einheitlich unter der Überschrift „Schließung von Investmentfonds“ behandelt. Die aufsichtsrechtlichen Pflichten von KAGen, die einen von ihnen verwalteten Investmentfonds schließen wollen, beginnen entgegen § 38 InvG nicht erst mit der Bekanntmachung der Schließung gegenüber den Anlegern sondern bereits mit dem Beschluss durch das jeweils zuständige Gesellschaftsorgan, einen Investmentfonds zu schließen. Über diesen Beschluss haben KAGen gemäß einer Allgemeinverfügung des ehemaligen BAKred die BaFin zu informieren. 228 Die Kündigungsfrist für die Verwaltung von Investmentfonds beträgt gem. § 38 Abs. 1 InvG sechs Monate, wobei die Vertragsbedingungen eine längere Frist vorsehen können. Eine fristlose Kündigung einer KAG aus wichtigem Grund ist grundsätzlich denkbar, da Dauerschuldverhältnisse generell außerordentlich gekündigt werden können. 229 Allerdings dürfte es kaum einen wichtigen Grund geben, der es einer KAG unzumutbar macht, am Investmentvertrag festzuhalten. Der für eine außerordentliche Kündigung typische Grund, dass das Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragsparteien zerrüttet ist, erscheint bei der Verwaltung von Publikumsfonds angesichts der großen Anzahl von Anlegern kaum vorstellbar. Auch der Fall, dass sich eine Vertragspartei kurzfristig von einem Vertrag lösen kann, weil die andere Vertragspartei insolvent wird, ist bei der Verwaltung von Investmentfonds nicht denkbar, da sich KAGen aus dem Fondsvermögen befriedigen können und sich deshalb für sie keine Gefahren aus der Insolvenz eines Anlegers ergeben. Die Kündigung einer KAG ist den Anlegern im elektronischen Bundesanzeiger und im Jahres- oder Halbjahresbericht bekannt zu geben. Dabei kann eine 228 Allgemeinverfügung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen vom 18. Juli 1990 (V 1/03 – 1/73); abgedruckt in: Baur, Investmentgesetze, S. 297; nach dem Wortlaut der Allgemeinverfügung ist auch die Bundesbank (bzw. die zuständige Landeszentralbank) zu informieren. Mit der Bündelung der Aufsichtsbefugnisse bei der BaFin dürfte die Meldung an die Bundesbank hinfällig geworden sein. 229 Baur, Investmentgesetze, § 13 KAGG Rdnr. 3.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

Kündigung nur gegenüber allen Anlegern, nicht hingegen gegenüber einzelnen erfolgen. 230 Die Bekanntmachung der Kündigung gegenüber den Anlegern ist eine Wirksamkeitsvoraussetzung und stellt eine öffentliche Bekanntmachung i. S. d. § 130 BGB dar. 231 Üblicherweise bieten KAGen ihren Anlegern im Zusammenhang mit der Schließung eines Investmentfonds den Umtausch in einen anderen von ihr verwalteten Fonds an. 232 Eine entsprechende gesetzliche Verpflichtung besteht hingegen nicht. Um zu verhindern, dass KAGen die Kündigungsfrist gem. § 38 Abs. 1 InvG umgehen, indem sie ihre Auflösung beschließen, ist ihnen gem. § 38 Abs. 2 InvG eine solche Auflösung vor Ablauf der Kündigungsfrist verboten. Allerdings erlischt das Recht einer KAG zur Verwaltung eines Investmentfonds gem. § 38 Abs. 3 InvG auch mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen sowie mit Rechtskraft des Gerichtsbeschlusses, durch den der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird. Erlischt das Recht einer KAG zur Verwaltung eines Investmentfonds, geht gem. § 39 Abs. 1 InvG das Verfügungsrecht auf die Depotbank über. 233 Entscheidet sich die Depotbank, den Investmentfonds abzuwickeln und den Erlös an die Anleger zu verteilen, benötigt sie hierfür gem. § 39 Abs. 2 InvG keine Genehmigung der BaFin. Nach welchen Vorschriften die Liquidation eines Investmentfonds zu erfolgen hat, ist gesetzlich nicht geregelt. Da es sich bei der Liquidation eines Fonds um die Auflösung der zwischen den Anteilsinhabern des jeweiligen Fonds bestehenden Gemeinschaft handelt, sind die §§ 752 ff. BGB einschlägig, wobei, falls diese keine sachgerechte Lösung bieten, auf die §§ 731 ff. BGB zurückgegriffen werden kann. 234 Das Erfordernis einer Genehmigung durch die BaFin besteht gem. § 39 Abs. 3 S. 1 InvG, falls die Depotbank einen Investmentfonds einer anderen KAG zur Verwaltung übertragen möchte. Für eine solche Übertragung gewährt § 39 Abs. 3 S. 1 InvG der Depotbank eine eingeschränkte Vertretungsmacht zum Abschluss eines neuen Investmentvertrages nach Maßgabe der bisherigen Vertragsbedingungen im Namen der Anleger. 235 Die BaFin darf die Übertragung nur genehmigen, wenn 230

Schödermeier / Baltzer, in: Brinkaus / Scherer, § 13 KAGG Rdnr. 4. Wilderink, S. 67. 232 König, „Auflösung und Schließung von Publikumsfonds in Deutschland“, S. 8, abrufbar unter: www.jura.uni-frankfurt.de/ifawz1/baums/Bilder_und_Daten/Arbeitspapiere /paper77.pdf. 233 Für den in der Praxis seltener vorkommenden Fall der Treuhandlösung, bei der das Fondsvermögen im Eigentum der KAG steht, geht gem. § 39 Abs. 1 InvG das Eigentum an dem Fondsvermögen auf die Depotbank über. 234 Canaris, Bankvertragsrecht, Rdnr. 2479; Schödermeier / Baltzer, in: Brinkaus / Scherer, § 14 KAGG Rdnr. 5; ähnlich Baur, Investmentgesetze, § 13 KAGG Rdnr. 3, der die §§ 731 ff. BGB für anwendbar erklärt. 235 Reiss, S. 174. 231

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 175

dies den Interessen der Anleger entspricht. Diese Voraussetzung ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn Gründe vorliegen, die es rechtfertigen würden, die Auflegung eines dem übertragenden Fonds entsprechenden Investmentfonds zu verbieten oder die neue KAG für die Verwaltung des zu übertragenden Fonds nicht geeignet ist. 236 Auch wenn der zu übertragende Fonds ein zu kleines Volumen besitzt, um ertragreich verwaltet werden zu können und ein deutlicher Anstieg des Fondsvolumens in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist, entspricht eine Übertragung nicht den Interessen der Anleger und kann deshalb von der BaFin nicht genehmigt werden. 237 b) Die Wahrung der Anlegerinteressen aa) Gesetzliche Schutzvorkehrung zur Wahrung der Anlegerinteressen Da den Anlegern im Zusammenhang mit der Schließung eines Investmentfonds keine Mitwirkungsbefugnisse eingeräumt sind, musste der Gesetzgeber auf anderem Wege sicherstellen, dass die Interessen der Anleger gewahrt werden. Dies geschieht zunächst dadurch, dass die Anleger gem. § 37 Abs. 1 InvG jederzeit ihre Anteilsscheine zurückgeben können. Ferner ist die Depotbank gem. § 38 Abs. 4 InvG berechtigt, unter gewissen Umständen das Vertragsverhältnis mit der KAG für die Anleger zu kündigen. 238 Darüber hinaus ist für eine Kündigung durch eine KAG eine lange Kündigungsfrist von sechs Monaten vorgesehen. Der Aufklärung der Anleger dient schließlich § 42 Abs. 1 S. 3 Nr. 9 InvG, wonach die „Voraussetzungen für die Auflösung und Übertragung eines Sondervermögens unter Angabe von Einzelheiten insbesondere bezüglich der Rechte der Anleger“ im ausführlichen Verkaufsprospekt aufgeführt werden müssen. Hierdurch soll erreicht werden, dass Anleger sich stets über die Möglichkeit und die Konsequenzen einer möglichen Schließung bewusst sind. Ob sie die entsprechenden Angaben aber tatsächlich zur Kenntnis nehmen, erscheint insbesondere deshalb fraglich, weil selbst der Gesetzgeber anerkennt, dass Anleger den ausführlichen Verkaufsprospekt häufig nicht lesen. 239 Entscheidet sich eine Depotbank dazu, einen Investmentfonds einer anderen KAG zur Verwaltung zu übertragen, werden die Anleger dadurch geschützt, dass für eine solche Übertragung die Genehmigung der BaFin erforderlich ist. Die Genehmigung der BaFin muss vor der Übertragung erteilt werden. 240 Hierdurch 236

Beckmann, in: Beckmann / Scholtz, Kz. 425 § 14 Rdnr. 12. Reiss, S. 175. 238 Mögliche Kündigungsgründe sind bei Baur, Investmentgesetze, § 13 KAGG Rdnr. 10 ff. aufgeführt. 239 Gesetzesentwurf der Bundesregierung für das Investmentmodernisierungsgesetz, BT-Drs. 15/1553, S. 66; zum Bedeutungsverlust des Verkaufsprospektes als Kommunikationsmittel, siehe auch Loistl / Petrag, S. 187. 237

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

wird erreicht, dass eine Depotbank einen Fonds nicht auf eine ungeeignete KAG übertragen kann. Ferner wird dadurch, dass eine Übertragung nur nach Maßgabe der bisherigen Vertragsbedingungen erfolgen darf, sichergestellt, dass die Anleger nicht dadurch geschädigt werden, dass für die Verwaltung durch die neue KAG ungünstigere Vertragsbedingungen gelten. Zwar wird die neue KAG hierdurch nicht gehindert, die Vertragsbedingungen nachträglich zu ändern. Diese Gefahr bestünde jedoch auch, wenn der Fonds weiterhin von der bisherigen KAG verwaltet worden wäre. Zudem muss die BaFin eine solche Änderung gem. 43 Abs. 2 S. 1 InvG genehmigen. bb) Die Verpflichtung der KAG und der Depotbank zum ausschließlichen Handeln im Anlegerinteresse Anders als bei der Verschmelzung von Investmentfonds gem. § 40 InvG enthalten die §§ 38, 39 InvG keinen ausdrücklichen Hinweis darauf, dass KAGen und Depotbanken bei der Schließung von Investmentfonds ausschließlich im Interesse der Anleger zu handeln haben. Dies überrascht, weil die Interessen der Anleger durch die Schließung eines Investmentfonds bzw. die Übertragung der Verwaltung auf eine andere KAG stärker betroffen sind, als dies bei der Verschmelzung von Investmentfonds der Fall ist. 241 Wird ein Fonds geschlossen und das Fondsvermögen auf die Anleger verteilt, führt dies dazu, dass Anleger eventuelle Kursverluste realisieren müssen. Dabei ist zu bedenken, dass Investmentfonds häufig wegen ihres zu geringen Volumens geschlossen werden, was regelmäßig auf starke Kursverluste zurückzuführen ist. Dies ist insbesondere für solche Anleger misslich, die langfristige Anlageziele verfolgen. Bei einer langfristigen Anlage sind zwischenzeitliche Kursverluste ohne Bedeutung, da zukünftige Kurssteigerungen abgewartet werden können. Diese Möglichkeit wird den Anlegern bei einer Fondsschließung genommen. Zwar wird den Anlegern von KAGen häufig der Wechsel in einen anderen Fonds der Gesellschaft angeboten. Jedoch besteht zum einen keine entsprechende Verpflichtung von KAGen. Zum anderen müssen die zum Wechsel angebotenen Fonds auch nicht unbedingt den Anlagezielen der Anleger entsprechen. Kommt es hingegen nicht zur Schließung des Investmentfonds, sondern wird die Verwaltung auf eine andere KAG übertragen, führt dies dazu, dass das Geld der Anleger einer Gesellschaft anvertraut wird, die sie nicht selbst ausgewählt haben. Auch wenn die §§ 38, 39 InvG KAGen und Depotbanken nicht ausdrücklich dazu verpflichten, ausschließlich im Interesse der Anleger zu handeln, ist nichtsdestotrotz von einer entsprechenden Pflicht auszugehen. Dabei kann auf die all240 241

Baur, Investmentgesetze, § 14 KAGG Rdnr. 7. Köndgen / Schmies, WM 2004, Sonderbeilage 1, S. 14.

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 177

gemeine Interessenwahrungspflicht nach §§ 9 Abs. 2 Nr. 1, 22 Abs. 1 S. 1 InvG verwiesen werden. (a) Die Pflichten der KAG Die Verpflichtung von KAGen zum Handeln im ausschließlichen Interesse der Anleger wird im Rahmen des § 38 InvG virulent, wenn sie die Entscheidung treffen, ob sie ihr Kündigungsrecht ausüben. Dabei ist zu beachten, dass § 38 InvG zwar keinen Kündigungsgrund voraussetzt. Durch die Verpflichtung zum Handeln im ausschließlichen Interesse der Anleger ist es KAGen aber verwehrt, die Verwaltung eines Investmentfonds zu kündigen, wenn eine solche Kündigung nicht im Interesse der Anleger liegt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Kündigung ausschließlich im überwiegenden Interesse Dritter liegt, z. B. der Gesellschafter der jeweiligen KAG. 242 Auch eigene Interessen dürfen KAGen nicht berücksichtigen. Können sie einen Investmentfonds nicht profitabel betreiben, dürfen sie hierauf nicht mit der Kündigung der Verwaltung reagieren, wenn eine solche Vorgehensweise nicht zugleich den Interessen der Anleger entspricht. Mit den Anlegerinteressen ist die Kündigung einer KAG grundsätzlich vereinbar, wenn das Fondsvolumen so gering geworden ist, dass eine ertragreiche Verwaltung angesichts der bestehenden Fixkosten nicht mehr möglich ist. 243 Dies gilt allerdings dann nicht, wenn die KAG diesen Zustand durch eine ungerechtfertigte Erhöhung der Fixkosten selbst herbeigeführt hat. Mit den Anlegerinteressen ist es auch nicht vereinbar, wenn eine KAG einen Investmentfonds kurz nach seiner Auflegung wieder schließt. Zwar wird dieser Fonds dann häufig noch nicht über ein ausreichendes Fondsvolumen verfügen, sodass die Kündigung grundsätzlich gerechtfertigt wäre. Es muss aber berücksichtigt werden, dass eine KAG auf diesem Wege den Anlegern regelmäßig die Möglichkeit nimmt, mittels der Wertentwicklung des Fonds die Kosten des Ausgabeaufschlags auszugleichen. Kritisch zu bewerten sind ferner Fondsschließungen, bei denen eine KAG die Verwaltung genau dann kündigt, wenn das Fondsvermögen einen Tiefstand erreicht hat. In diesem Fall zwingen KAGen Anleger ebenfalls dazu, aufgelaufene Verluste zu realisieren. Eine Kündigung zu einem solchen Zeitpunkt ist daher nur dann zulässig, wenn bei einer objektiven Bewertung der ökonomischen Lage in absehbarer Zeit eine erhebliche Steigerung des Fondsvermögens mit der in den Vertragbedingungen festgelegten Anlagestrategie nicht erreichbar scheint. 242 König, „Auflösung und Schließung von Publikumsfonds in Deutschland“, S. 4, abrufbar unter: www.jura.uni-frankfurt.de/ifawz1/baums/Bilder_und_Daten/Arbeitspapiere /paper77.pdf. 243 König, „Auflösung und Schließung von Publikumsfonds in Deutschland“, S. 4, abrufbar unter: www.jura.uni-frankfurt.de/ifawz1/baums/Bilder_und_Daten/Arbeitspapiere /paper77.pdf.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

Schließlich sind KAGen auch dann nicht zur Schließung eines Investmentfonds trotz dessen geringen Fondsvolumens berechtigt, wenn eine Verschmelzung mit einem anderen von ihnen verwalteten Fonds im Interesse der Anleger beider Fonds möglich wäre. Eine solche Verschmelzung würde die Anleger des übertragenden Fonds weniger stark belasten als die Kündigung und die daraufhin drohende Liquidation. 244 Soll eine KAG aufgelöst werden, verstößt eine Kündigung der Verwaltung nicht gegen die Interessen der Anleger, soweit die Voraussetzungen des § 38 Abs. 2 InvG erfüllt sind. Auch beim Wegfall der tatsächlichen Rahmenbedingungen für einen Investmentfonds (z. B. Auflösung des „Neuen Markts“) sind KAGen grundsätzlich zur Kündigung berechtigt. In diesen Fällen ist allerdings ebenfalls die Möglichkeit einer Verschmelzung mit einem anderen Fonds als die für die Anleger weniger schwerwiegende Maßnahme zu erwägen. (b) Die Pflichten der Depotbank Hat eine KAG die Verwaltung eines Investmentfonds gekündigt, ist der jeweiligen Depotbank bekannt, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt die Verfügungsbefugnis über den Investmentfonds auf sie übergeht. Sie muss daher bereits im Vorfeld der Übertragung untersuchen, ob eine Liquidation des Fondsvermögens oder die Übertragung auf eine andere KAG den Anlegerinteressen besser entspricht. Dass der Gesetzgeber die Liquidation als Regelfall ansieht, ist für diese Abwägung ohne Bedeutung. Die Depotbank muss untersuchen, welche Option im konkreten Einzelfall den Anlegerinteressen am besten gerecht wird. Für die Frage, ob eine Liquidation oder eine Übertragung die bessere Option darstellt, ist insbesondere von Bedeutung, welches Entwicklungspotential der jeweilige Fonds nach Einschätzung der KAG besitzt, wie schnell und kostengünstig die einzelnen Vermögensgegenstände veräußert werden können und ob sich geeignete KAGen finden lassen, die zur Übernahme der Verwaltung des Fonds zu den bisherigen Vertragsbedingungen bereit sind. Daher müssen sich Depotbanken schon im Vorfeld einer abzusehenden Übertragung nach einer möglicherweise geeigneten KAG umsehen. Kommt eine Depotbank nach Abwägung aller relevanten Umstände zu den Ergebnis, dass es den Interessen der Anleger am besten entspricht, wenn das Fondsvermögen liquidiert wird, ist sie zur interessewahrenden Abwicklung und Verteilung an die Anleger verpflichtet. 245 Dabei ist zu beachten, dass nicht unbedingt der Verkauf der Vermögensgegenstände und die anschließende Verteilung 244

Auch Köndgen / Schmies, WM 2004, Sonderbeilage 1, S. 14, bezeichnen die Verschmelzung als den „schonenderen Weg“. 245 Reiss, S. 171 f.

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 179

des Erlöses die den Interessen der Anleger am besten entsprechende Option sein muss. Gerade wenn ein großes Paket einer Wertpapiergattung zum Fondsvermögen gehört, kann durch die Veräußerung dieser Wertpapiere ein Preisverfall ausgelöst werden, der die Verteilung der Wertpapiere „in natura“ die bessere Option erscheinen lässt. Falls die Identität von Anteilsinhabern nicht bekannt ist, sollte sie entsprechend der Vorschriften der §§ 372 ff. BGB den auf diese Anteilsinhaber entfallenden Liquidationserlös bei dem zuständigen Amtsgericht hinterlegen. 246 Um Opportunitätskosten zu Lasten der Anleger zu vermeiden, muss die Depotbank die Liquidation des Fondsvermögens sowie die Auskehrung an die Anleger so schnell wie möglich abwickeln. 247 In der Literatur wird in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Liquidation des Fondsvermögens einer der zentralen Pfeiler des Anlegerschutzsystems des Investmentrechts, die Funktionstrennung, aufgehoben ist. 248 Sowohl die Verwahrung als auch die Verwaltung liegen dann alleine in der Hand der Depotbank. Hieraus ergeben sich Missbrauchrisiken zu Lasten der Anleger. Allerdings wird auch konzediert, dass diese Risiken bei dem in der Praxis am weitesten verbreiteten Fondstyp, dem Wertpapierfonds, nicht besonders groß sind. 249 Zudem sollte davon ausgegangen werden können, dass die BaFin ihre Kontrollbefugnisse einsetzen wird, um die Tätigkeit einer Depotbank im Rahmen einer Fondsliquidation genau zu überwachen. 250 Entscheidet sich die Depotbank im Interesse der Anleger für eine Übertragung des Fonds auf eine andere KAG, ist sie verpflichtet, die für die Verwaltung dieses Fonds am besten geeignete KAG auszuwählen. Eigene Interessen, wie das Ziel, mit einer bestimmten KAG eine engere Geschäftsverbindung aufzubauen, müssen hierbei außer Acht gelassen werden. Genau wie bei der Liquidation des Fondsvermögens ist die Depotbank auch bei der Übertragung der Verwaltungsbefugnis zu einer möglichst schnellen Vorgehensweise verpflichtet, um Opportunitätskosten zu Lasten der Anleger zu vermeiden. Daher hat die Depotbank so früh wie möglich die Genehmigung der BaFin einzuholen. cc) Einführung eines Umtauschrechts für Anleger Wie bereits dargelegt, sind KAGen im Zusammenhang mit der Schließung eines Investmentfonds nicht verpflichtet, den betroffenen Anlegern anzubieten, ihre 246 König, „Auflösung und Schließung von Publikumsfonds in Deutschland“, S. 8, abrufbar unter: www.jura.uni-frankfurt.de/ifawz1/baums/Bilder_und_Daten/Arbeitspapiere /paper77.pdf. 247 Wilderink, S. 110. 248 Wilderink, S. 110 ff. 249 Wilderink, S. 116. 250 So auch Wilderink, S. 113.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

Fondsanteile kostenlos in Anteile eines anderen von ihr verwalteten Investmentfonds umzutauschen. Durch einen solchen Umtausch können Anleger vermeiden, Verluste realisieren zu müssen. Die Einführung eines Umtauschrechts für Fondsanleger wäre demnach ein geeigneter Beitrag zur Wahrung der Anlegerinteressen. KAGen würden hierdurch nicht erheblich belastet. Gleichzeitig bestünde für sie hierdurch die Möglichkeit, Kunden langfristig an sich zu binden. Dies haben einige KAGen auch erkannt und bieten ihren Anlegern daher freiwillig einen solchen Umtausch an. Dementsprechend sollte in § 38 InvG ein kostenloses Umtauschrecht der Fondsanleger vorgesehen werden. Anders als bei der derzeitigen Praxis einiger KAGen, die den Anlegern bestimmte Investmentfonds zum Umtausch anbieten, sollten die Anleger dabei frei wählen dürfen, in welchen Fonds der jeweiligen KAG sie wechseln wollen. 4. Die Verschmelzung von Investmentfonds Die Verschmelzung von Investmentfonds ist in Deutschland erst seit Inkrafttreten des Investmentmodernisierungsgesetzes zulässig. Verschmelzungen sind dabei nicht in der Form möglich, dass zwei Fonds zu einem neuen zusammengefügt werden. Vielmehr kann nur das Vermögen eines Fonds (übertragender Investmentfonds) auf einen anderen (übernehmenden Investmentfonds) übertragen werden. Die Voraussetzungen für einen solche Verschmelzung sind in § 40 InvG aufgeführt: Erstens dürfen nur solche Investmentfonds miteinander verschmolzen werden, die von derselben KAG verwaltet werden. Zweitens dürfen die in den Vertragsbedingungen festgelegten Anlagegrundsätze und -grenzen des übertragenden Investmentfonds und des übernehmenden Investmentfonds nicht wesentlich voneinander abweichen. Drittens dürfen die an die KAG und die Depotbank zu zahlenden Vergütungen sowie Ausgabeaufschläge und Rücknahmeabschläge nicht wesentlich voneinander abweichen. Schließlich gelten viertens besondere Anforderungen für den Übertragungsvorgang. Auch bei der Verschmelzung von Investmentfonds besitzen die Anleger keinerlei Mitbestimmungsrechte, obwohl KAGen hierdurch einseitig den mit den Anlegern geschlossenen Investmentvertrag ändern. 251 Eine Verschmelzung von Investmentfonds führt im Ergebnis dazu, dass eine KAG die bewusste Anlageentscheidung der Anleger für einen bestimmten Investmentfonds revidiert, indem sie die Vermögensgegenstände dieses Fonds auf einen neuen Fonds überträgt. Der Gesetzgeber musste daher Vorkehrungen treffen, um die Interessen der Anleger zu wahren. 252 Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass eine Verschmelzung die Interessen der Anleger beider Investmentfonds tangiert. Eine Verschmelzung gem. § 40 251

Köndgen / Schmies, WM 2004, Sonderbeilage 1, S. 14. Entwurf des Investmentmodernisierungsgesetzes der Bundesregierung; BT-Drs. 15/ 1553, S. 87. 252

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 181

InvG darf also weder den Interessen der Anleger des übertragenden Fonds noch denen der Anleger des übernehmenden Fonds widersprechen. Geschützt werden die Anleger zunächst dadurch, dass nur solche Investmentfonds miteinander verschmolzen werden dürfen, die von derselben KAG verwaltet werden. Hierdurch wird sichergestellt, dass zumindest die Anlageentscheidung der Anleger zugunsten einer bestimmten KAG unberührt bleibt. 253 Eine Verschmelzung von Fonds, die von zwei verschiedenen KAGen verwaltet werden, kann nur in der Form bewerkstelligt werden, dass eine KAG die Verwaltung ihres Fonds kündigt, die Depotbank daraufhin nach Ablauf der Kündigungsfrist gem. § 39 Abs. 3 InvG die Verwaltung des Fonds einer anderen KAG überträgt, die dann in einem dritten Schritt diesen Fonds mit einem anderen von ihr verwalteten Fonds gem. § 40 InvG verschmilzt. 254 Ob in dieser Vorgehensweise eine wirkliche Möglichkeit der Umgehung des Verbots der Verschmelzung von Investmentfonds zweier verschiedener KAGen zu sehen ist, erscheint angesichts der langen Kündigungsfrist gem. § 38 Abs. 1 InvG fraglich. Zudem ist eine Übertragung der Verwaltung eines Investmentfonds gem. § 39 Abs. 3 InvG nur mit der Genehmigung der BaFin möglich, weshalb die Gefahr, dass durch eine solche Vorgehensweise die Interessen der Anleger geschädigt werden, als gering anzusehen ist. Mit den Erfordernissen, dass weder die in den Vertragsbedingungen festgelegten Anlagegrundsätze und -ziele noch die Vergütungen, Auf- und Abschläge wesentlich voneinander abweichen dürfen, wird der Eingriff in die Anlageentscheidung der Anleger weiter reduziert. Dabei wird eine erhebliche Abweichung der Kosten bzw. Auf- und Abschläge dann unerheblich sein, wenn die Kostenbelastung bei dem übernehmenden Investmentfonds geringer ist als bei dem übertragenden Investmentfonds. In einem solchen Fall ist kein Grund ersichtlich, warum eine Verschmelzung nicht möglich sein sollte. Weder die Anleger des übertragenden Fonds noch die des übernehmenden Fonds erleiden durch eine solche Verschmelzung einen Schaden. Zudem gelten folgende Voraussetzungen für den Übertragungsvorgang: die Übertragung darf grundsätzlich nur zum Ende des Geschäftsjahres des übertragenden Investmentfonds erfolgen, wobei an diesem Tag auch das Umtauschverhältnis festgelegt wird, das sich nach dem Verhältnis der Nettoinventarwerte der beiden Investmentfonds berechnet. Der gesamte Übertragungsvorgang ist von dem Abschlussprüfer zu prüfen. Schließlich ist die Verschmelzung davon abhängig, dass die BaFin sie genehmigt. Die Einschaltung der BaFin in den Verschmelzungsprozess stellt ein typisches Beispiel für die Kompensation der fehlenden Mitwirkungsbefugnisse der Anleger dar. Statt des Erfordernises einer Genehmigung der Anleger zu einer Verschmelzung, bei der das Gros der Anleger nicht 253 254

Wilderink, S. 241. Wilderink, S. 241 f.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

in der Lage wäre, eine fundierte Entscheidung zu treffen, wird die BaFin als sachkundiger Dritter eingeschaltet, der untersucht, ob die Verschmelzung mit den Interessen der Anleger in Einklang steht. Gem. § 40 S. 1 Nr. 4 InvG müssen beim gesamten Übertragungsvorgang die Interessen der Anleger ausreichend gewahrt sein. Dies sicherzustellen ist Aufgabe der KAG. Eine entsprechende Verpflichtung ergibt sich bereits aus § 9 Abs. 2 Nr. 1 InvG. Der Hinweis auf die Wahrung der Anlegerinteressen in § 40 S. 1 Nr. 4 InvG ist mithin nur deklaratorisch. Dabei ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass sowohl die Interessen der Anleger des übertragenden Fonds als auch die der Anleger des übernehmenden Fonds gewahrt werden müssen. Die Wahrung der Anlegerinteressen ist zugleich Prüfungsmaßstab der BaFin bei der Genehmigung von Verschmelzungen. Eine Verschmelzung zweier Investmentfonds ist nur dann im Interesse der Anleger, wenn sowohl die Anleger des übertragenden Investmentfonds als auch die Anleger des übernehmenden Investmentfonds von dieser Maßnahme profitieren. 255 Dies ist grundsätzlich dann anzunehmen, wenn beide Fonds über ein zu geringes Volumen verfügen, um ertragreich verwaltet werden zu können. Im Interesse der Anleger des übertragenden Fonds darf allerdings auch in diesen Fällen das Erfordernis der Vergleichbarkeit der zu zahlenden Vergütungen sowie Auf- und Abschläge nicht zu weit ausgelegt werden. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die Kostenbelastung des übernehmenden Fonds wesentlich geringer ist als die des übertragenden Fonds. 5. Behandlung der Beispielsfälle Die antizyklische Fondsschließung durch KAG Y könnte ein Verstoß gegen ihre Verpflichtung zur Verwaltung der Investmentfonds im ausschließlichen Interesse der Anleger darstellen. Dies wäre lediglich dann nicht der Fall, wenn bei einer umfassenden Bewertung der ökonomischen Lage durch die KAG in absehbarer Zeit eine erhebliche Steigerung des Fondsvermögens mit der in den Vertragbedingungen festgelegten Anlagestrategie nicht erreichbar scheint. KAG Z verletzt durch die Verschmelzung der beiden Investmentfonds die Interessen der Anleger des ersten Fonds. Eine solche Verschmelzung ist daher unzulässig.

255

Wilderink, S. 241.

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 183

VII. Auslagerung eigener Aufgaben 1. Einleitung a) Der Trend zur Auslagerung im Investmentwesen KAGen sind in den letzten Jahren immer mehr dazu übergegangen, eigene Aufgaben im Zusammenhang mit der Verwaltung von Investmentfonds an externe Unternehmen auszulagern. Als Auslagerung bezeichnet man den Vorgang, bei dem ein Unternehmen eigentlich betriebsinterne Aufgaben nicht von eigenen Mitarbeitern erfüllen lässt, sondern sie auf externe Dienstleister (im Folgenden: Auslagerungsunternehmen) gegen Entgelt überträgt. 256 Das auslagernde Unternehmen erbringt also nicht mehr alle Teile des Wertschöpfungsprozesses, die für die Erstellung eines Produktes bzw. das Erbringen einer Dienstleistung erforderlich sind, selbst, sondern lässt einige von Dritten erbringen. Meist wird der Terminus „Auslagerung“ im Wirtschaftsleben durch sein englisches Pendant, „Outsourcing“, ersetzt. Da § 16 InvG aber von der Auslagerung von Tätigkeiten spricht, soll im Rahmen dieser Arbeit ebenfalls der Begriff Auslagerung verwendet werden. Das Phänomen, dass Unternehmen in großem Umfang interne Geschäftsprozesse auslagern, ist in allen entwickelten Volkswirtschaften zu beobachten. 257 Während Auslagerungen in der Industrie schon seit vielen Jahren vorgenommen werden, haben Unternehmen der Finanzdienstleistungsbranche noch bis vor relativ kurzer Zeit den gesamten Wertschöpfungsprozess für ihre Dienstleistungen eigenverantwortlich und umfassend abgedeckt. 258 Aktuelle Entwicklungen in der Investmentindustrie haben es aber auch für KAGen erforderlich gemacht, sich mit dem Gedanken der Auslagerung von Funktionsbereichen auseinanderzusetzen. So machen die raschen Entwicklungen in der Informationstechnologie immer umfangreichere und kurzfristigere Investitionen in die eigene technische Infrastruktur erforderlich. 259 Dies gilt insbesondere für die gesteigerten Anforderungen an das Berichtswesen und die Buchhaltung. 260 Gleichzeitig haben die Internationalisierung des Marktes für Fonds und die größere Kostensensibilität der Kunden dazu geführt, dass die Margen von KAGen gesunken sind und KAGen genauer auf die eigenen Kosten achten müssen. 261 256

Zerwas / Hanten, WM 1998, 1110; Eyles, WM 2000, 1217; Linner, ZfgKW 2002,

815. 257 Mülbert, in: Hadding / Hopt / Schimansky, Funktionsauslagerung (Outsourcing) bei Kreditinstituten, S. 4. 258 Dieterich, S. 1. 259 Bergenroth, ZfgKW 2003, 367; Linner, ZfgKW 2002, 815; Stammler, ZfgKW 2003, 706, 708. 260 Bergenroth, ZfgKW 2003, 367, 368.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

Dementsprechend sind KAGen dem Vorbild ausländischer Verwaltungsgesellschaften gefolgt und haben sich vom Ideal der Full-Service-KAG verabschiedet. Sie fokussieren sich nun immer mehr auf ihre Kernkompetenzen und lagern Geschäftsbereiche auf externe Dienstleistungsgesellschaften aus. 262 Bei den Aufgaben, die von KAGen ausgelagert werden, muss zwischen den verschiedenen Geschäftsbereichen unterschieden werden. Die Geschäftsbereiche von KAGen lassen sich in das „Front-Office“, das „Middle-Office“ sowie das „BackOffice“ unterteilen. 263 Das Front-Office umfasst dabei die Handelsausführung und das sog. „Research“, also die Dienstleistungen, die den Kern der kollektiven Vermögensverwaltung bilden. Hierbei werden die Anlageziele in konkrete Kaufund Verkaufsaufträge umgesetzt. 264 Eine Auslagerung ist dabei in zweifacher Weise denkbar. Zum einen können sich Fondsmanager bei der Portfolioverwaltung lediglich beraten lassen. Zum anderen kann ein Dritter damit beauftragt werden, selbstständig die Anlageentscheidungen für einen Investmentfonds zu treffen. 265 Ein Sonderfall der Auslagerung der Portfolioverwaltung stellen die sog. „MasterKAGen“ dar. Hierbei lässt die Master-KAG das Fondsmanagement von Dritten ausführen und beschränkt sich im Wesentlichen auf die Berichterstattung gegenüber den Anlegern. 266 Das Konzept der Master-KAG wird aber in erster Linie bei Spezialfonds angewendet, die nicht Gegenstand dieser Arbeit sind. Das Middle-Office einer KAG umfasst Aufgaben wie die Handelsunterstützung, Compliance, Risikomanagement, Kostenabstimmung, Portfolio Management, Berichtswesen und die Berechnung der Wertentwicklung der Investmentfonds. Zentral ist hierbei die Steuerung der Risiken einzelner Fonds, die die Überwachung der Ausführung von Kauf- und Verkaufaufträgen, die Überwachung der Einhaltung der gesetzlichen und vertraglichen Anlagegrenzen sowie die Aufsicht über etwaige Kreditaufnahmen umfasst. 267 Das Back-Office einer KAG beinhaltet schließlich die Anteilsscheinverwahrung, die Fondsbuchhaltung, die Fondsverwaltung und die Depotkontenbuchhaltung. 268 Bei diesen Dienstleistungen steht die KAG nicht in direktem Kontakt 261

Linner, ZfgKW 2002, 815 f.; Bergenroth, ZfgKW 2003, 367, 368. Bergenroth, ZfgKW 2003, 367; Linner, ZfgKW 2002, 815; Kaune / Oulds, ZBB 2004, 114, 124; BAKred-Schreiben an den Bundesverband deutscher Investmentgesellschaften e.V. (BVI) vom 29. 09. 1997 (Az. V1/02 – 17/97) über Auslagerung des Fondsmangements bei Kapitalanlagegesellschaften und Anteilswertermittlung gemäß § 21 Abs. 2 KAGG, Anhang 10 des BAKred-Jahresberichtes 1997, S. 1, abgedruckt bei Beckmann / Scholtz, Kz. 438, Nr. 74, S. 133. 263 Bergenroth, ZfgKW 2003, 367, 368. 264 Hanten, ZBB 2003, 291, 292. 265 Hanten, ZBB 2003, 291, 292. 266 Hanten, ZBB 2003, 291, 292 f.; Disselbeck, ZfgKW 2004, 848. 267 Hanten, ZBB 2003, 291, 292. 268 Dieterich, S. 57. 262

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 185

mit ihren Kunden. Teilweise handelt es sich auch um Nebendienstleistungen, für deren Erbringung durch eine KAG keine Notwendigkeit besteht, wie z. B. bei der Depotkontenbuchhaltung. 269 Sie sind daher für Auslagerungen besonders geeignet. Darüber erbringen KAGen häufig Tätigkeiten, die nicht im Zusammenhang mit ihrem eigentlichen Unternehmensgegenstand, der Verwaltung von Investmentfonds, stehen. Zu denken ist hier etwa an Reinigungsarbeiten oder Cateringdienste. Diese Arbeiten sind unerheblich für die Verwaltung von Investmentfonds. Ihre Auslagerung bereitet daher keine Probleme. b) Die Vor- und Nachteile von Auslagerungen Durch Auslagerungen können sich Unternehmen auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. Durch eine solche Konzentration kann die interne Organisation vereinfacht werden. Weiterhin ermöglichen Auslagerungen eine leichtere Anpassung an dynamische Marktentwicklungen und die Senkung von Kosten durch Skaleneffekte, was zu einer Verbesserung der Profitabilität führt. Schließlich wird durch Auslagerungen Zugang zu externem Spezialisten-Know-how geschaffen, wodurch ein Qualitätsgewinn bei den eigenen Dienstleistungen erreicht werden kann. 270 Auslagerungen bringen aber auch Nachteile mit sich, wie die Abhängigkeit von der wirtschaftlichen und qualitativen Leistungsfähigkeit des Auslagerungsunternehmens, den Verlust eigenen Know-hows, Umstellungs- und Migrationskosten, die Notwendigkeit mit dem Auslagerungsunternehmen zu kooperieren sowie die Möglichkeit des Auslagerungsunternehmens, Einblicke in die Betriebsabläufe und Geschäftsverbindungen des auslagernden Unternehmens zu erhalten. 271 Betrachtet man die Vor- und Nachteile von Auslagerungen für das Investmentwesen, zeigt sich, dass die Vorteile in erster Linie KAGen zugute kommen. Sie erreichen eine Vereinfachung der eigenen Organisation und senken ihre Kosten. Die Anleger können von einer Auslagerung hingegen nur dann profitieren, wenn sich durch eine Auslagerung tatsächlich die Qualität der Verwaltungstätigkeit von KAGen verbessert oder wenn KAGen Kosteneinsparungen in Form von niedrigeren Verwaltungsgebühren an die Anleger weiterreichen. Dem Verfasser sind allerdings keine Zahlen bekannt, wonach KAGen im Zuge von Auslagerungen in den letzten Jahren ihre Verwaltungsgebühren gesenkt haben. Falls sich hingegen die mit Auslagerungen verbundenen Risiken realisieren, etwa wenn Auslagerungs269

Bergenroth, ZfgKW 2003, 367, 368. Dönch / Bachmann, Die Bank 1999, 244, 245; Eyles, WM 2000, 1217; Bergenroth, ZfgKW 2003, 367; Linner, ZfgKW 2002, 815; Stammler, ZfgKW 2003, 706, 708; Herrmann / Vollmer, ZfgKW 1999, 1255. 271 Dönch / Bachmann, Die Bank 1999, 244, 245; Eyles, WM 2000, 1217; Herrmann / Vollmer, ZfgKW 1999, 1255; allgemein für Banken: Hofmann, in: Hadding / Hopt / Schimansky, Funktionsauslagerung (Outsourcing) bei Kreditinstituten, S. 41, 43. 270

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

unternehmen ihre Dienstleistungen mangelhaft erbringen, besteht für die Anleger die unmittelbare Gefahr, dass sich dies negativ auf die Wertentwicklung ihrer Fonds auswirkt. c) Die Problematik von Auslagerungen für Anleger Aus der Darstellung der Vor- und Nachteile von Auslagerungen durch KAGen ergibt sich bereits, dass die Anleger wesentliche Risiken tragen, ohne dass sie zwangsläufig auch von den Vorteilen profitieren. Hinzu kommt, dass Fondsanleger den eigenen Anlageerfolg mangels eigener Weisungs- oder Mitbestimmungsrechte nur dadurch beeinflussen können, dass sie sich für eine bestimmte KAG und einen bestimmten Investmentfonds entscheiden. Die Auswahl der KAG ist dabei von erheblicher Bedeutung. KAG-Ratings zeigen, dass gewisse KAGen ihre Investmentfonds erfolgreicher verwalten als andere. 272 Dementsprechend liegt es nahe, dass Anleger der Auswahl der KAG eine erhebliche Bedeutung beimessen. Hat sich ein Anleger bewusst dafür entschieden, eine bestimmte KAG mit der Verwaltung seines Geldes zu betrauen, hat er auch ein Interesse daran, dass diese KAG die zentralen Aufgaben der Fondsverwaltung selbst wahrnimmt. Durch die Auslagerung wechselt zwar nicht der Vertragspartner des Anlegers. Ein Teil der Verwaltungstätigkeit, mit der er die KAG beauftragt hat, wird nun aber von einem Unternehmen ausgeführt, das sich der Anleger gerade nicht ausgesucht hat. 273 Durch die Auslagerung von Geschäftsbereichen durch KAGen ändert sich somit das Risikoprofil der Anleger, die in die Investmentfonds dieser KAG investiert haben. Das operativ-strukturelle Risiko, das von den Anlegern getragen wird, ist abhängig von den Personen, die die Fonds tatsächlich verwalten. 274 Vergrößert sich der Kreis der mit der Verwaltung betrauten Personen, wächst auch das operativ-strukturelle Risiko der Anleger. Im Ergebnis führen Auslagerungen durch KAGen somit zu einer Verschärfung des Fremdverwaltungsproblems. Schließlich sind auch die Schutzmechanismen des Investmentrechts auf das Rechtsverhältnis zwischen KAG und Anlegern zugeschnitten. Das Investmentrecht verpflichtet KAGen zum Handeln im ausschließlichen Anlegerinteresse und räumt der Depotbank Kontrollrechte gegenüber KAGen ein. Zudem sind KAGen zur Transparenz gegenüber den Anlegern verpflichtet. Für Auslagerungsunternehmen existieren hingegen keine entsprechenden Vorschriften. Weder verpflichtet das Investmentrecht sie zum Handeln im ausschließlichen Interesse der Anleger, noch räumt es Depotbank ihnen gegenüber Aufsichtsbefugnisse ein. Auch die gesetzlichen Transparenzpflichten von KAGen gelten nicht für Auslagerungsunternehmen. 275 272 Siehe etwa das KAG-Ranking der Feri Trust GmbH, abrufbar unter: www.feritrust .de; zu Ratings und Rankings allgemein, siehe: 6. Kapitel Abschnitt E. 273 Ähnlich auch Dieterich, S. 279. 274 Dieterich, S. 279.

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 187

d) Beispielsfall Die Probleme, die Auslagerungen durch KAGen für Anleger mit sich bringen, sollen anhand des folgenden Beispielfalls veranschaulicht werden: Ein Anleger erwirbt Investmentfonds einer bestimmten KAG, weil er davon überzeugt ist, dass sie besondere Stärken bei der Portfolioverwaltung und dem Risikomanagement besitzt. Die KAG lagert die Portfolioverwaltung auf das Unternehmen X sowie das Risikomanagement auf das Unternehmen Y aus. Die Zustimmung der Anleger hat die KAG hierfür nicht eingeholt. Der Anleger ist mit diesen Übertragungen nicht einverstanden, weil er die Unternehmen X und Y für die ihnen übertragenen Aufgaben als ungeeignet ansieht. Das Unternehmen X ist das Mutterinstitut der KAG, das unter anderem das Emissionsgeschäft betreibt. Der Anleger befürchtet daher, dass es für den Investmentfonds, an dem er Anteile hält, verstärkt Finanzinstrumente erwirbt, deren Emission von ihm begleitetet wurden, auch wenn diese für den Fonds nicht geeignet sind. Außerdem stört er sich daran, dass weder die Vertragsbedingungen noch die Verkaufsprospekte einen Hinweis auf die Möglichkeit enthalten, dass die KAG die Portfolioverwaltung und das Risikomanagement auf ein drittes Unternehmen übertragen kann. 2. Die Zulässigkeit von Auslagerungen nach § 16 InvG a) Die Entstehungsgeschichte des § 16 InvG Vor Inkrafttreten des Investmentmodernisierungsgesetzes existierte keine gesetzliche Regelung für Auslagerungen durch KAGen. Auch eine entsprechende Verordnung fehlte. Das BAKred veröffentlichte am 29. September 1997 vielmehr ein Rundschreiben, in dem es die Auslagerung des Fondsmanagements für unzulässig erklärte. 276 Diese restriktive Haltung gab die Behörde später auf, ohne allerdings den Inhalt des Rundschreibens zu widerrufen. 277 Ebenfalls 1997 schuf der Gesetzgeber im Rahmen der 6. KWG-Novelle mit § 25a Abs. 2 KWG eine Auslagerungsvorschrift für alle Institute. 278 Im Jahre 2001 wurde diese Vorschrift durch ein Rundschreiben des BaKred (Rundschreiben 11/ 2001) konkretisiert. 279 Auch ein Rundschreiben für Spezialkreditinstitute wurde 275

Auf dieses Problem im Rahmen der Solvenzaufsicht hinweisend: Hofmann, in: Hadding / Hopt / Schimansky, Funktionsauslagerung (Outsourcing) bei Kreditinstituten, S. 41, 53. 276 BAKred-Rundschreiben vom 29. 09. 1997 (Fn. 211). 277 Hanten, ZBB 2003, 291, 293. 278 Hierzu: Zerwas / Hanten, WM 1998, 1110 ff. 279 BAKred, Rundschreiben 11/2001, Auslagerung von Bereichen auf ein anderes Unternehmen gemäß § 25a Abs. 2 KWG, abgedruckt in: ZBB 2002, 66 ff.; abrufbar unter: www.bafin.de; siehe hierzu auch: Zerwas / Hanten / Bühr, ZBB 2002, 17 ff.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

mehrfach angekündigt, jedoch nie veröffentlicht. 280 Für KAGen bestand hierdurch die Unsicherheit, dass ihnen als Kreditinstitute, als die sie vor dem Inkrafttreten des Investmentänderungsgesetzes zu qualifizieren waren, Auslagerungen unter den Voraussetzungen des § 25a Abs. 2 KWG grundsätzlich erlaubt waren. Gleichzeitig aber das nie öffentlich revidierte gegenteilige Rundschreiben des BAKred weiter im Raum stand. 281 Auf EU-Ebene wurden Anfang 2002 zwei Richtlinien (2001/107/EG, 2001/ 108/EG) zur Änderung der ursprünglichen OGAW-Richtlinie verabschiedet. 282 Die Richtlinie 2001/107/EG räumte den Mitgliedsländern das Recht ein, Fondsgesellschaften „zum Zwecke einer effizienteren Geschäftsführung“ die Auslagerung von Tätigkeiten zu gestatten, soweit sichergestellt wird, dass insgesamt neun im einzelnen aufgeführte Voraussetzungen erfüllt werden. 283 Der deutsche Gesetzgeber hat sich daraufhin entschieden, KAGen Auslagerungen grundsätzlich zu gestatten und schuf im Rahmen des Investmentmodernisierungsgesetzes mit § 16 InvG einen entsprechenden Erlaubnistatbestand. Dabei orientierte er sich eng an den Voraussetzungen der EU-Richtlinie, nahm allerdings Bezug auf die Auslagerungsregeln in § 25a KWG und sah daher zusätzliche Voraussetzungen für die Auslagerung von KAGen vor. Mit Aufhebung der Institutseigenschaft von KAGen durch das Investmentänderungsgesetz wurde konsequenterweise auch die Bezugnahme auf § 25a KWG gestrichen und § 16 InvG an die Anforderungen der Richtlinie 2001/107/EG angepasst. b) Die Voraussetzungen des § 16 InvG aa) Einführung § 16 Abs. 1 InvG gestattet KAGen die Auslagerung von Aufgaben, die für die Durchführung ihrer Geschäfte wesentlich sind, zum Zwecke einer effizienteren Geschäftsführung, sofern das Auslagerungsunternehmen unter Berücksichtigung der ihm übertragenen Aufgaben über die entsprechende Qualifikation verfügt und in der Lage ist, die Aufgaben ordnungsgemäß wahrzunehmen. Ferner darf 280

Linner, ZfgKW 2002, 815; Hanten, ZBB 2003, 291, 293. Kaune / Oulds, ZBB 2004, 114, 124. 282 Richtlinie 2001/107/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 21. Januar 2002 zur Änderung der Richtlinie 85/611/EWG des Rates zur Koordinierung der Rechtsund Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) zwecks Festlegung von Bestimmungen für Verwaltungsgesellschaften und vereinfachte Prospekte (ABl. L 41 vom 13. 2. 2002) und Richtlinie 2001/108/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Januar 2002 zur Änderung der Richtlinie 85/611/EWG des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) hinsichtlich der Anlagen der OGAW (ABl. L 41 vom 13. 2. 2002). 283 Art. 5 (g) der Richtlinie 2001/107/EG. 281

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 189

die Auslagerung nicht die Wirksamkeit der Beaufsichtigung der jeweiligen KAG beeinträchtigen oder verhindern, dass die KAG im Interesse der Anleger handelt und ihre Investmentfonds im Anlegerinteresse verwaltet werden. Gem. § 16 Abs. 1a InvG hat die betreffende KAG Maßnahmen zu ergreifen, die sie in die Lage versetzen, die Tätigkeiten des Auslagerungsunternehmen jederzeit wirksam zu überwachen, insbesondere muss sie sich die erforderlichen Weisungsbefugnisse und Kündigungsrechte vertraglich einräumen lassen. § 16 Abs. 3 InvG bestimmt zudem, dass KAGen das Verschulden eines Auslagerungsunternehmens in gleichem Umfang wie eigenes Verschulden zu vertreten haben. Ferner sind die Aufgaben, die eine KAG übertragen hat, gem. § 16 Abs. 4 InvG in den Verkaufsprospekten aufzulisten. Gem. § 16 Abs. 5 InvG haben KAGen schließlich nach Beendigung ihres Geschäftsjahres der BaFin die in dem jeweiligen Geschäftsjahr erfolgten Auslagerungen unverzüglich und gesammelt anzuzeigen. Diese Voraussetzungen sind denen, die gem. § 25a KWG für Institute gelten, ähnlich. Daher kann man sich bei der Auslegung des § 16 InvG an den für die Auslagerung von Instituten geltenden Grundsätzen, insbesondere Abschnitt AT9 der Mindestanforderungen an das Risikomanagement („MaRisk“), orientieren. Für die Auslagerung der Portfolioverwaltung sind gem. § 16 Abs. 2 InvG weitere Voraussetzungen zu erfüllen. Erstens muss das Auslagerungsunternehmen zur Vermögensverwaltung zugelassen sein und einer wirksamen öffentlichen Aufsicht unterliegen. Zweitens muss die Auslagerung mit den von der KAG regelmäßig festgelegten Vorgaben für die Verteilung der Anlagen in Einklang stehen, und drittens darf weder eine Depotbank noch ein anderes Unternehmen, dessen Interessen mit denen der jeweiligen KAG oder der Anleger kollidieren können, mit der Portfolioverwaltung betraut werden. Wird die Portfolioverwaltung auf ein Unternehmen in einem Land, das weder EU- noch EWR-Mitgliedsstaat ist, ausgelagert, muss schließlich die Zusammenarbeit zwischen der BaFin und der zuständigen Aufsichtsbehörde im Heimatland des Auslagerungsunternehmens sichergestellt sein. bb) Auslagerung eines wesentlichen Aufgabenbereichs § 16 InvG regelt die Auslagerung von Aufgaben, die für die Durchführung der Geschäfte der betreffenden KAG wesentlich sind. Eine Beauftragung Dritter muss also zunächst als Auslagerung zu qualifizieren sein. Eine Auslagerung liegt vor, wenn eine KAG ein anderes Unternehmen mit der Wahrnehmung solcher Aktivitäten und Prozesse im Zusammenhang mit der Verwaltung von Investmentfonds beauftragt, die ansonsten von der KAG selbst erbracht würden. Die ausgelagerte Tätigkeit bzw. Funktion muss also von einer von dem auslagernden Unternehmen abgrenzbaren Rechtsperson wahrgenommen werden. 284 Es kann sich dabei auch 284

Hofmann, in: Hadding / Hopt / Schimansky, Funktionsauslagerung (Outsourcing) bei Kreditinstituten, S. 41, 47; Zerwas / Hanten, WM 1998, 1110, 1113.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

um eine Gesellschaft handeln, die zum selben Konzern gehört. 285 Eine räumliche Trennung ist nicht erforderlich. 286 Zudem muss sich eine Auslagerung auf einen für die Geschäfte der jeweiligen KAG wesentlichen Aufgabenbereich beziehen. Als Unternehmensbereiche, die für die Durchführung des Investmentgeschäfts unwesentlich sind, gelten Hilfsfunktionen sowie unwesentliche Randbereiche des Investmentgeschäftes. 287 Dies sind Tätigkeiten ohne Bezug zum Investmentgeschäft wie Reinigungsdienste oder Cateringdienste. 288 Unabhängig von der Qualifikation einzelner Tätigkeiten als wesentlich oder unwesentlich sind KAGen jedenfalls solche Auslagerungen verwehrt, bei denen die Gesamtheit der in der Einzelbetrachtung zulässigerweise ausgelagerten Bereiche die in der KAG verbleibenden Bereiche an Umfang und Bedeutung deutlich übertreffen. Dieses Erfordernis ergibt sich auch aus Art. 5g Abs. 2 der Richtlinie 2001/107/EG, die verbietet, dass eine KAG Tätigkeiten in einem Umfang auslagert, der sie zu einer „Briefkastenfirma“ werden lässt. cc) Effizientere Geschäftsführung Eine Auslagerung ist gem. § 16 Abs. 1 S. 1 InvG nur zulässig, wenn sie „zum Zwecke einer effizienteren Geschäftsführung“ erfolgt. Bei der Frage, wie KAGen ihre Geschäfte führen wollen, ist ihnen ein weiter Ermessensspielraum einzuräumen. Dementsprechend sind KAGen auch bei der Beurteilung, ob eine Auslagerung einer effizienteren Geschäftsführung dient, wenig Grenzen gesetzt. Eine Auslagerung wird aber jedenfalls dann nicht zulässig sein, wenn sie die Ordnungsmäßigkeit der Geschäfte der jeweiligen KAG beeinträchtigt. Ebenso wie Institute gem. § 25a KWG dürfen KAGen demnach nicht zentrale Leitungsfunktionen auslagern. Hierunter fallen alle Maßnahmen der Unternehmensplanung, -organisation, -steuerung und -kontrolle als originäre Leitungsaufgaben. 289 Dieses Verbot beruht auf dem Gedanken, dass durch eine Auslagerung die Fähigkeit der Geschäftsleitung zur angemessenen Risikosteuerung nicht unterlaufen werden darf. Das Verbot der Auslagerung von zentralen Leitungsfunktionen bedeutet nicht, dass die Aufgaben bestimmter Geschäftsbereiche einer KAG generell nicht aus285 Mülbert, in: Hadding / Hopt / Schimansky, Funktionsauslagerung (Outsourcing) bei Kreditinstituten, S. 4, 5. 286 Zerwas / Hanten / Bühr, ZBB 2002, 17, 20; Hofmann, in: Hadding / Hopt / Schimansky, Funktionsauslagerung (Outsourcing) bei Kreditinstituten, S. 41 ff. 287 Zerwas / Hanten, WM 1998, 1110, 1113. 288 Beckmann, in: Beckmann / Scholtz, Kz. 410 § 16 Rdnr. 3. 289 Erläuterungen zu den MaRisk in der Fassung vom 30. 10. 2007, Rz. 4.

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 191

gelagert werden könnten. Vielmehr ist die spezifische auszulagernde Tätigkeit daraufhin zu untersuchen, ob sie eine zentrale Leitungsfunktion darstellt. Dies wird bei den Aufgaben des Backoffice grundsätzlich nicht der Fall sein, weshalb diese ohne weiteres ausgelagert werden können. 290 Auch die vom Front-Office wahrgenommenen Aufgaben sind nicht dem Kreis der zentralen Leitungsfunktionen zuzuordnen und somit zumindest nicht aus diesem Grund von der Möglichkeit der Auslagerung ausgenommen. Anders zu beurteilen ist hingegen die Lage beim Middle-Office, soweit das Fondscontrolling betroffen ist. Das Fondscontrolling ist bedeutsam für die angemessene Risikosteuerung durch die Geschäftsleitung und daher nicht auslagerungsfähig. 291 dd) Auswahl des Auslagerungsunternehmens Gem. § 16 Abs. 1 S. 2 InvG ist es weiterhin erforderlich, dass das Auslagerungsunternehmen unter Berücksichtigung der ihm übertragenen Aufgaben über die entsprechende Qualifikation verfügt und in der Lage ist, die Aufgaben ordnungsgemäß wahrzunehmen. KAGen haben ein Auslagerungsunternehmen daher sorgfältig auszuwählen. Dabei ist zu überprüfen, ob es über eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation sowie die erforderlichen personellen, sachlichen und finanziellen Ressourcen verfügt. 292 ee) Beaufsichtigung durch die BaFin Eine Auslagerung darf gem. § 16 Abs. 1 S. 3 InvG die Beaufsichtigung der KAG in keiner Weise beeinträchtigen. Dies bedeutet insbesondere, dass KAGen sicherstellen müssen, dass ihnen von Auslagerungsunternehmen sämtliche Informationen zur Verfügung gestellt werden, die sie zur Erfüllung ihrer Dokumentationspflichten gegenüber der BaFin benötigen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die BaFin auch gegenüber Auslagerungsunternehmen ihre Aufsichtsbefugnisse wahrnehmen können. Handelt es sich bei einem Auslagerungsunternehmen um ein Institut i. S. d. § 1 Abs. 1b KWG, ergeben sich die entsprechenden Befugnisse unmittelbar aus dem KWG. Ist ein Auslagerungsunternehmen nicht als Institut zu qualifizieren, ergeben sich die Prüfungsbefugnisse der BaFin aus § 19g S. 2 InvG i.V. m. § 44 Abs. 1 S. 2 KWG.

290

Linner, ZfgKW 2002, 815, 816; Hanten, ZBB 2003, 291, 293. Paul / Päsler, Rz. 11; Hanten, ZBB 2003, 291, 293. 292 Hofmann, in: Hadding / Hopt / Schimansky, Funktionsauslagerung (Outsourcing) bei Kreditinstituten, S. 41, 50; Dieterich, S. 107. 291

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

ff) Handeln im Anlegerinteresse § 16 Abs. 1 InvG verlangt weiterhin, dass eine Auslagerung KAGen nicht daran hindern darf, im Interesse der Anleger zu handeln oder zu verhindern, dass ein Investmentfonds im Interesse der Anleger verwaltet wird. Damit KAGen trotz einer Auslagerung im Interesse der Anleger handeln können, müssen ihnen umfangreiche Informations-, Prüfungs- und Weisungsrechte gegenüber dem Auslagerungsunternehmen zustehen. Einzelheiten hierzu werden im folgenden Abschnitt behandelt. Um sicherzustellen, dass Investmentfonds im Anlegerinteresse verwaltet werden, haben KAGen mit Auslagerungsunternehmen zu vereinbaren, dass sie ihre Aufgaben stets im Interesse der Anleger auszuführen haben. Eine entsprechende vertragliche Abrede ist notwendig, weil Auslagerungsunternehmen keiner entsprechenden gesetzlichen Pflicht unterliegen. Ferner darf eine Auslagerung die Anleger nicht unnötig finanziell belasten. Die Kosten der Auslagerung werden üblicherweise den Fonds berechnet. 293 KAGen müssen daher jede Auslagerung daraufhin untersuchen, ob die hierdurch verursachten Kosten durch die Vorteile für die Anleger gerechtfertigt werden können. Bei dieser Untersuchung muss KAGen ein gewisser Beurteilungsspielraum zukommen. Die Betonung der Anlegerinteressen in § 16 InvG verdeutlicht aber zugleich, dass der Beurteilungsspielraum in diesem Zusammenhang nicht zu weit ausgelegt werden darf. Insbesondere sind KAGen nicht berechtigt, die volle Verwaltungsgebühr zu berechnen und zusätzlich die von dem Auslagerungsunternehmen in Rechnung gestellten Kosten an die Anleger weiterzuleiten. 294 gg) Überwachungsbefugnisse und Kündigungsrechte Gem. § 16 Abs. 1a InvG haben KAGen Maßnahmen zu ergreifen, die sie in die Lage versetzen, die Tätigkeiten des Auslagerungsunternehmen jederzeit wirksam zu überwachen, insbesondere müssen sie sich die erforderlichen Weisungsbefugnisse und Kündigungsrechte vertraglich einräumen lassen. Der Auslagerungsvertrag muss vorsehen, dass das betreffende Auslagerungsunternehmen die KAG umfassend zu informieren hat, insbesondere regelmäßig über die ausgelagerten Aufgaben Bericht zu erstatten hat sowie Auskunfts-, Einsichts- und Prüfungsrechte enthalten. Dabei müssen KAGen die Prüfungen durch eigene Mitarbeiter oder durch beauftragte Dritte vornehmen können. KAGen müssen die vertraglichen Prüfungsbefugnisse auch tatsächlich ausüben und gegebenenfalls Korrekturmaßnahmen ergreifen. 295 Hierfür müssen sie 293 Hanten, ZBB 2003, 291, 295; Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechtshandbuch, Bank III, § 113 Rdnr. 13. 294 Technical Committee of IOSCO, „Conflict of Interests of CIS Operators“, Mai 2000, S. 8, abrufbar unter: www.iosco.org.

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 193

das Auslagerungsunternehmen in ihre Kostenrechnungssysteme, Planungssysteme, Controllingsysteme, Risikomanagementsysteme und Management-Informationssysteme einbeziehen. 296 Außerdem sollten KAGen Kontrollabteilungen zur Überwachung der Tätigkeit von Auslagerungsunternehmen einrichten. 297 Besonders bedeutsam für die Kontrollmöglichkeiten von KAGen ist die Weiterverlagerung ausgelagerter Tätigkeiten auf dritte Unternehmen. Es liegt auf der Hand, dass hierdurch die Gefahr steigt, dass die Geschäftsleitung einer KAG ihre Kontrollmöglichkeiten nicht mehr zufrieden stellend ausüben kann. 298 Für Institute ist eine solche Weiterverlagerung grundsätzlich zulässig, wenn im Auslagerungsvertrag geregelt wird, dass der Subunternehmer den zwischen dem auslagernden Institut und dem Auslagerungsunternehmen bestehenden Verpflichtungen vollumfänglich nachkommt. 299 Mangels eines ausdrücklichen Verbots wird man auch im Zusammenhang mit Auslagerungen durch KAGen Weiterverlagerungen unter den genannten Voraussetzungen als zulässig ansehen müssen. Gleichwohl sollten KAGen besonders intensiv prüfen, ob ein Subunternehmer tatsächlich den für das Auslagerungsunternehmen bestehenden Pflichten nachkommt. hh) Anzeige an die BaFin Gem. § 16 Abs. 5 InvG haben KAGen der BaFin nach Beendigung ihres Geschäftsjahres sämtliche in dem jeweiligen Geschäftsjahr erfolgten Auslagerungen unverzüglich und gesammelt anzuzeigen. KAGen müssen mithin nicht bereits die Absicht einer Auslagerung anzeigen. Es genügt vielmehr eine gesammelte, nachträgliche Anzeige. Eine derartige nachträgliche Beaufsichtigung von Auslagerung erscheint sachgerecht. Man wird aber davon ausgehen können, dass das Aufsichtsinteresse der BaFin im Vorfeld einer Auslagerung begrenzt ist. Da Auslagerungen grundsätzlich möglich sein sollen, erscheint die Anzeige der Absicht einer Auslagerung nicht zwingend erforderlich. Der Schwerpunkt der Beaufsichtigung durch die BaFin wird wohl eher in der Überwachung liegen, dass eine Auslagerung tatsächlich im Einklang mit den Anlegerinteressen erfolgt. Hierfür erscheint es ausreichend, dass die BaFin erst am Ende eines Geschäftsjahres über die erfolgten Auslagerungen informiert wird. Angezeigt werden müssen dabei nur solche Auslagerungen, die sich auf Aufgaben beziehen, die für die Geschäfte der jeweiligen KAG wesentlich sind. 300 Auf die Auslagerung sonstiger Geschäfte findet § 16 InvG keine Anwendung. 295

BAKred-Rundschreiben 11/2001, Tz. 27. Dieterich, S. 108. 297 Linner, ZfgKW 2002, 815, 817; Hofmann, in: Hadding / Hopt / Schimansky, Funktionsauslagerung (Outsourcing) bei Kreditinstituten, S. 41. 298 Dieterich, S. 112 f. 299 Erläuterungen zu den MaRisk in der Fassung vom 30. 10. 2007, Rz. 6. 300 So auch: Roegele / Görke, BKR 2007 393, 394. 296

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

ii) Besondere Voraussetzungen für die Auslagerung der Portfolioverwaltung (a) Grundsätzliche Bedenken gegen die Auslagerung der Portfolioverwaltung Gem. § 16 Abs. 2 InvG dürfen KAGen grundsätzlich auch die Portfolioverwaltung auslagern. Bevor diese Vorschrift im Rahmen des Investmentmodernisierungsgesetzes erlassen wurde, war die Zulässigkeit der Auslagerung der Portfolioverwaltung Gegenstand einer kontroversen Debatte. Wie oben erläutert, erklärte das BAKred in einem Rundschreiben aus dem Jahre 1997 ausdrücklich, dass KAGen eine entsprechende Auslagerung nicht gestattet sei. 301 Zur Begründung dieser restriktiven Auffassung wurde darauf hingewiesen, dass die Portfolioverwaltung zum nicht auslagerfähigen Kernbereich der Tätigkeit einer KAG gehöre. Außerdem dürften aufgrund des Spezialbankprinzips nur KAGen die Portfolioverwaltung betreiben. Die Portfolioverwaltung sei der Tätigkeitsbereich, der die wesensmäßig unabdingbare Voraussetzung für die Spezifikation einer KAG als Spezialbank bilde. 302 Auch in der Literatur wurde darauf hingewiesen, dass die Planung, Durchsetzung und Kontrolle der Anlageentscheidung den Kernbereich der Verwaltungstätigkeit der KAGen bilde und daher nicht ausgelagert werden dürfe. 303 Zudem wurde die Befürchtung geäußert, dass eine KAG, die die Portfolioverwaltung auslagert, nur noch als Hülle existiere. 304 Allerdings wurde in der Literatur vereinzelt auch schon vor der der Einführung des § 16 Abs. 2 InvG die Auffassung vertreten, dass KAGen zur Auslagerung der Portfolioverwaltung berechtigt sein sollten. Dabei wurde argumentiert, dass KAGen zur bestmöglichen Verwaltung der Investmentfonds mit dem Ziel der optimalen Performance verpflichtet seien und die Auslagerung der Portfolioverwaltung hierfür erforderlich sei. 305 Dies gelte insbesondere deshalb, weil eine externe Portfolioverwaltung günstiger und flexibler sei als eine interne Lösung. 306 Die mit einer eigenen Portfolioverwaltung verbundenen Kosten seien gerade für kleine KAGen schwer zu tragen. 307 Zudem wurde bezweifelt, dass das Auslagerungsverbot aus dem Spezialbankprinzip hergeleitet werden könne. 308 Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass das deutsche Verbot im internationalen Vergleich sehr streng sei und deshalb einen Wettbewerbsnachteil darstelle. 309 301

BAKred-Rundschreiben vom 29. 09. 1997 (siehe Fußnote 211), S. 3 f. Siehe auch: Hofmann, in: Hadding / Hopt / Schimansky, Funktionsauslagerung (Outsourcing) bei Kreditinstituten, S. 41, 48; Beckmann, in: Beckmann / Scholtz, Kz. 425 § 10 Rdnr. 2a. 303 Schödermeier / Baltzer, in: Brinkhaus / Scherer, § 10 KAGG Rn. 16. 304 Köndgen / Schmies, WM 2004, Sonderbeilage 1, S. 8 f.; Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechtshandbuch, Bank III, § 113 Rdnr. 39. 305 Linner, ZfgKW 2002, 815. 306 Marwede, in: Festschrift für Peltzer, S. 301, 311, Fn. 41. 307 Marwede, in: Festschrift für Peltzer, S. 301, 311, Fn. 40, 41. 308 Marwede, in: Festschrift für Peltzer, S. 301, 311, Fn. 40. 302

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 195

Mit der Schaffung der § 16 Abs. 2 InvG ist dieser Streit obsolet geworden. Auch zuvor wurde die Bedeutung des Verbots von dem BAKred allerdings entschärft, indem die Behörde sog. „Beratungsmodelle“ akzeptierte, bei denen KAGen bei der Portfolioverwaltung von externen Dienstleistern formell nur beraten wurden, die Vorschläge dieser Berater im Ergebnis aber stets umsetzten. 310 (b) Beschränkung des Kreises der Unternehmen, auf die die Portfolioverwaltung übertragen werden darf KAGen dürfen die Portfolioverwaltung gem. § 16 Abs. 2 InvG nicht auf jedes beliebige Unternehmen auslagern. Zunächst muss das Auslagerungsunternehmen zur Vermögensverwaltung zugelassen sein und einer wirksamen öffentlichen Aufsicht unterliegen. Wird die Portfolioverwaltung auf ein Unternehmen in einem Land, dass weder EU- noch EWR-Mitgliedsstaat ist, ausgelagert, muss gem. § 16 Abs. 2 S. 4 InvG die Zusammenarbeit zwischen der BaFin und der zuständigen Aufsichtsbehörde im Heimatland des Auslagerungsunternehmens sichergestellt sein. Weiterhin dürfen weder die Depotbank noch ein anderes Unternehmen, dessen Interessen mit den der KAG oder der Anleger kollidieren können, mit der Portfolioverwaltung betraut werden. Durch die Begrenzung der für die Auslagerung der Portfolioverwaltung in Frage kommenden Unternehmen auf solche, die zur Vermögensverwaltung zugelassen sind und einer wirksamen öffentlichen Aufsicht unterliegen, wird sichergestellt, dass beim Auslagerungsunternehmen ein Mindestmaß an Sachkunde und Seriosität gegeben ist. Beide Voraussetzungen sind zum Schutz der Anleger unerlässlich. Zum Zwecke der Vermögensverwaltung zugelassen ist in Deutschland, wer die Erlaubnis zum Investmentgeschäft nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 KWG oder zur Finanzportfolioverwaltung gem. § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 3 KWG besitzt. In beiden Fällen ist nach §§ 32, 33 KWG erforderlich, dass Geschäftsleiter vorhanden sind, die die hierfür erforderliche fachliche und persönliche Eignung besitzen. Es kann davon ausgegangen werden, dass in den meisten ausländischen Jurisdiktionen entsprechende Erlaubnisvoraussetzungen existieren. Sollte dies im Einzelfall nicht der Fall sein, eine Zulassung also ohne den Nachweis der erforderlichen persönlichen und fachlichen Eignung der Geschäftsleiter erfolgen und sich eine KAG auch nicht auf anderem Wege davon überzeugen können, dass ein potentielles Auslagerungsunternehmen über die ausreichende Seriosität und Sachkompetenz verfügt, ist davon auszugehen, dass die jeweilige KAG die Portfolioverwaltung nicht auf dieses Unternehmen auslagern darf. Unklar ist aber, welche Voraussetzungen eine öffentliche Aufsicht über ein Unternehmen erfüllen muss, um als „wirksam“ i. S. d. § 16 Abs. 2 S. 1 InvG 309 310

Marwede, in: Festschrift für Peltzer, S. 301, 312. Kaune / Oulds, ZBB 2004, 114, 124.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

bezeichnet werden zu können. Eine wirksame öffentliche Aufsicht ist auch durch ausländische Aufsichtsbehörden möglich. Dies gilt in jedem Fall für Unternehmen aus den EU-Staaten. Aber auch in einigen Nicht-EU-Staaten wie den USA, Japan oder der Schweiz ist eine wirksame Aufsicht gegeben. 311 In jedem Fall muss gewährleistet sein, dass, wenn die Portfolioverwaltung auf ein Unternehmen in einem Land, dass weder EU- noch EWR-Mitgliedsstaat ist, ausgelagert wird, die Zusammenarbeit zwischen der BaFin und der zuständigen Aufsichtsbehörde im Heimatland des Auslagerungsunternehmens sichergestellt ist. Das Erfordernis, dass KAGen die Portfolioverwaltung gem. § 16 Abs. 2 S. 3 InvG weder an die Depotbank noch an ein anderes Unternehmen, dessen Interessen mit denen der KAG oder der Anleger kollidieren können, auslagern dürfen, dient ebenfalls den Interessen der Anleger. Diese Voraussetzung ist eine spezielle Ausprägung der Pflicht nach § 9 Abs. 2 Nr. 3 InvG, wonach KAGen Interessenkonflikte von vornherein zu vermeiden haben. 312 Die Depotbank ist gesetzlich mit der Verwahrung des Fondsvermögens sowie mit der Kontrolle der KAG bei der Fondsverwaltung beauftragt. Mit dieser Funktionstrennung zwischen KAG und Depotbank wäre es unvereinbar, wenn die Depotbank auch die Portfolioverwaltung und somit einen Teil der Fondsverwaltung übernähme. 313 Die Depotbank würde anderenfalls ihre eigene Tätigkeit überwachen. Um den in § 22 Abs. 2 InvG zum Ausdruck kommenden Grundsatz der personellen Trennung zwischen KAG und Depotbank gerecht zu werden, muss auch eine Auslagerung der Portfolioverwaltung auf ein Unternehmen, dessen Geschäftsleiter, Prokuristen oder zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigten Handlungsbevollmächtigten zugleich Mitarbeiter der Depotbank oder dessen Mitarbeiter zugleich Geschäftsleiter, Prokuristen oder zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigte Handlungsbevollmächtigten der Depotbank sind, als unvereinbar mit § 16 Abs. 2 S. 3 InvG angesehen werden. 314 Der Sinn des Verbots der Auslagerung der Portfolioverwaltung an Unternehmen, deren Interessen mit denen der KAG oder der Anleger kollidieren können, leuchtet zwar sofort ein. Es mangelt allerdings an Anhaltspunkten für die Feststellung, wann ein solcher Fall gegeben ist. 315 Einerseits legt der Schutz der Anlegerinteressen eine weite Auslegung der Vorschrift nahe. Andererseits führt eine weite Auslegung dazu, dass es kaum ein Unternehmen geben wird, dessen Interessen nicht mit denen der KAG kollidieren können. Eine weite Auslegung dieser Vorschrift hätte deshalb zur Folge, dass KAGen die Portfolioverwaltung im Ergebnis überhaupt nicht auslagern können. Ein solches Ergebnis widerspricht 311

Hanten, ZBB 2003, 291, 297 f. Beckmann, in: Beckmann / Scholtz, Kz. 410 § 16 Rdnr. 19. 313 Schindler / Sillem, ZfgKW 2004, 869. 314 Ähnlich auch: Hanten, ZBB 2003, 291, 295f., der die Auslagerung in einem solchen Fall aber unter gewissen Umständen als zulässig ansieht. 315 Hanten, ZBB 2003, 291, 298. 312

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 197

dem in § 16 Abs. 2 InvG zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers. Um dieser gesetzgeberischen Entscheidung gerecht zu werden, müssen im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte für die Gefahr der Interessenkollision bestehen. Zu berücksichtigen ist der Zweck des § 16 InvG, der darauf abzielt sicherzustellen, dass sich auch eine ausgelagerte Portfolioverwaltung ausschließlich an den Interessen der Anleger orientiert. Zu fragen ist daher stets, ob die konkrete Gefahr besteht, dass ein Auslagerungsunternehmen bei der Verwaltung des Fonds nicht ausschließlich im Interesse der Anleger handelt. Wie bereits dargestellt, kollidieren die Anlegerinteressen häufig mit den Interessen der mit KAGen verbundenen Unternehmen. 316 Daher liegt die Vermutung nahe, dass die Auslagerung der Portfolioverwaltung auf ein mit der auslagernden KAG verbundenes Unternehmen generell als unzulässig angesehen sollte. Gleichwohl verstößt eine Auslagerung der Portfolioverwaltung auf ein verbundenes Unternehmen nicht gegen § 16 Abs. 2 S. 3 InvG. Dies ergibt sich aus § 16 Abs. 2 S. 1 a.E. InvG, wonach § 2 Abs. 6 S. 1 Nr. 5 KWG keine Anwendung auf die Auslagerung der Portfolioverwaltung findet. Gem. § 2 Abs. 6 S. 1 Nr. 5 KWG bedürfen Unternehmen keine Zulassung als Finanzdienstleistungsinstitut, wenn sie Finanzdienstleistungen ausschließlich für ihre Mutterunternehmen oder ihre Tochter- oder Schwesterunternehmen erbringen. Wenn sich aus § 16 Abs. 2 S. 1 a.E. InvG ergibt, dass Unternehmen, die für ihre Mutterunternehmen oder ihre Tochter- oder Schwesterunternehmen die Finanzportfolioverwaltung erbringen, entgegen § 2 Abs. 6 S. 1 Nr. 5 KWG eine entsprechende Zulassung bedürfen, bedeutet dies zugleich, dass eine solche Auslagerung der Portfolioverwaltung auf ein verbundenes Unternehmen nicht gem. § 16 Abs. 2 S. 3 InvG verboten sein kann. Die gesetzliche Zulässigkeit einer solchen Auslagerung ändert aber nichts daran, dass eine solche Konstellation Interessenkonflikte hervorruft, die der Wahrung der Anlegerinteressen nicht förderlich sind. (c) Einhaltung der Vorgaben der KAG Gem. § 16 Abs. 2 S. 2 InvG ist eine Auslagerung der Portfolioverwaltung schließlich nur dann zulässig, wenn sie mit den von der KAG regelmäßig festgelegten Vorgaben für die Verteilung der Anlagen in Einklang steht. Hierdurch wird erreicht, dass KAGen trotz Auslagerung der Portfolioverwaltung die grundsätzlichen Anlageentscheidungen eines Investmentfonds treffen. 317 Dies ist deshalb zwingend erforderlich, weil KAGen gegenüber den Anlegern zur Befolgung der gem. §§ 42 Abs. 1 S. 3 Nr. 14, Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 43 Abs. 4 Nr. 1 InvG in den Verkaufsprospekten sowie den Vertragsbedingungen niedergelegten Anlagestrategie verpflichtet sind. 316

Siehe oben: 4. Kapitel Abschnitt D.II.1. Begründung des Regierungsentwurfs des Investmentmodernisierungsgesetzes; BTDrs. 15/1553, S. 67. 317

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

Da die Anleger keinerlei Einfluss auf die Verwaltung der Investmentfonds haben, beschränkt sich ihre Möglichkeit zur Beeinflussung des eigenen Anlageerfolgs auf die Auswahl der KAG, deren Verwaltungskompetenz sie am höchsten einstufen und des Investmentfonds, dessen Anlagestrategie sie für am aussichtsreichsten erachten. Könnte nun das Auslagerungsunternehmen eigenmächtig von der in den Vertragsbedingungen und den Verkaufsprospekten festgelegten Anlagestrategie abweichen, wäre die Möglichkeit der Anleger, den eigenen Anlageerfolg durch die Wahl eines Investmentfonds mit einer bestimmten Anlagestrategie zu beeinflussen, im Ergebnis wertlos. KAGen sind daher nicht nur befugt, sondern auch verpflichtet, Auslagerungsunternehmen unter Beachtung der in den Vertragsbedingungen und den Verkaufsprospekten festgelegten Anlagestrategie Vorgaben für die Verteilung der Anlagen zu machen. 318 Für die Durchsetzung dieser Vorgaben stehen ihnen die im Auslagerungsvertrag vereinbarten Weisungsbefugnisse zur Verfügung. 319 3. Zusätzliche Zulässigkeitsvoraussetzungen? a) Zustimmung der Anleger bei Auslagerung der Portfolioverwaltung? Es stellt sich die Frage, ob für Auslagerungen durch KAGen die Zustimmung der Anleger eingeholt werden muss. § 16 InvG enthält keine entsprechende Verpflichtung für KAGen. Eine solche könnte sich aber aus der Qualifikation des zwischen den Anlegern und KAGen geschlossenen Investmentvertrag als Geschäftsbesorgungsvertrag ergeben. Gem. §§ 675 Abs. 1, 664 Abs. 1 S. 1 BGB darf der Geschäftsbesorger die Geschäftsbesorgung im Zweifel nicht auf einen Dritten übertragen. Will er die Geschäftsbesorgung doch durch einen Dritten erbringen lassen, benötigt er hierfür die Zustimmung des Geschäftsherrn. Eine KAG, die eigene Tätigkeiten auslagert, lässt insoweit auch das Geschäft durch einen Dritten besorgen. Es stellt sich daher vorliegend die Frage, ob KAGen vertraglich verpflichtet sind, vor einer Auslagerung die Zustimmung der Anleger einzuholen. In der Literatur wird die Zustimmung der Anleger mit dem Hinweis auf § 664 BGB vereinzelt für jede Auslagerung für erforderlich angesehen und daher eine entsprechende Regelung in den Vertragsbedingungen verlangt. 320 Nach einer anderen Ansicht ist eine Zustimmung zumindest bei der Auslagerung der Portfolioverwaltung erforderlich. 321 Dies wird damit begründet, dass für die Anleger die Auslagerung der Portfolioverwaltung in ihrer tatsächlichen Auswirkung 318

Köndgen / Schmies, WM 2004, Sonderbeilage 1, S. 9. Hanten, ZBB 2003, 291, 295. 320 Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechtshandbuch, Bank III, § 113 Rdnr. 127 (vor Inkrafttreten des § 16 InvG); Dieterich, S. 279. 321 Dieterich, S. 279. 319

4. Kap.: Die Pflicht zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse 199

einem Wechsel des Vertragspartners gleichkomme. Solch einem „Quasiwechsel“ des Vertragspartners müssten die Anleger zustimmen. Die Zustimmung müsse sich dabei auf das namentlich benannte Auslagerungsunternehmen beziehen. 322 Hierfür spricht, dass die Möglichkeit der Anleger zur Beeinflussung des eigenen Anlageerfolgs auf die Auswahl der KAG und des Fonds beschränkt ist und dass eine Auslagerung auf ein anderes Unternehmen die Bedeutung dieser Möglichkeit zur Einflussnahme weiter reduziert. Die Verpflichtung von KAGen zur Einholung der Zustimmung der Anleger für Auslagerungen widerspricht allerdings der Grundkonzeption des Investmentrechts. Das Investmentrecht basiert auf dem Grundgedanken, dass der Anleger nicht an der Verwaltung der Investmentfonds beteiligt werden soll, da er hieran in der Regel kein Interesse hat und ihm auch die erforderlichen Kenntnisse fehlen. Die „Mitwirkung“ der Anleger beschränkt sich im Investmentwesen auf den Kauf und den Verkauf von Fonds. Statt sich durch Mitwirkung bei der Verwaltung selbst zu schützen, wird der Fondsanleger durch die Einbindung Dritter, wie der Depotbank, dem Aufsichtsrat und der BaFin, geschützt. Wäre nun die Zustimmung der Anleger für Auslagerungen erforderlich, müssten sie insoweit doch bei der Fondsverwaltung mitwirken. Fondsanlegern mangelt es aber in aller Regel an dem erforderlichen Sachverstand, um einschätzen zu können, ob die Auslagerung der Portfolioverwaltung auf ein bestimmtes Unternehmen tatsächlich in ihrem Interesse liegt. Weiterhin ist es auch unschädlich, dass das Investmentrecht vom Recht der Geschäftsbesorgung abweicht. Das Investmentrecht modifiziert das Geschäftsbesorgungsrecht in vielerlei Hinsicht. So werden vertragsrechtliche Beschränkungen des Geschäftsbesorgers gelockert und durch zwingende aufsichtsrechtliche Vorschriften ersetzt. Beispielhaft kann insoweit auf das Fehlen eines Weisungsrechts der Anleger gegenüber der KAG verwiesen werden, das ihnen als Geschäftsherrn nach § 665 BGB eigentlich zustünde. Der Gesetzgeber hat sich bei der Regulierung von Auslagerungen durch KAGen dazu entschieden, die Interessen der Fondsanleger und die von KAGen gemäß der Anforderungen des Investmentwesens auf andere Weise als durch ein Zustimmungsrecht der Anleger miteinander in Einklang zu bringen. Zum einen haben KAGen gem. § 16 Abs. 4 InvG die Anleger in den Verkaufsprospekten über die bereits ausgelagerten Aufgaben zu informieren. Zum anderen werden die Haftungsgrundsätze des Geschäftsbesorgungsrechts modifiziert. Gem. §§ 675 Abs. 1, 664 Abs. 1 S. 2 BGB hat eine Übertragung von Aufgaben auf einen Dritten, der der Geschäftsherr zugestimmt hat, zur Folge, dass der Geschäftsbesorger nur noch ein ihm bei der Übertragung zur Last fallendes Verschulden zu vertreten hat. § 16 Abs. 3 InvG bestimmt hingegen, dass KAGen ein Verschulden des Auslagerungsunternehmens in gleichem Umfang zu vertreten haben wie eigenes Verschulden. Aufgrund der Transparenzanforderungen des 322

Dieterich, S. 279.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

§ 16 Abs. 4 InvG und der Haftungsregelung des § 16 Abs. 3 InvG ist ein Zustimmungsrecht der Anleger somit nicht erforderlich, um deren Interessen wirksam zu schützen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass KAGen Auslagerungen der BaFin mitzuteilen haben. 323 Die BaFin ist somit über die Tätigkeiten, die von einer KAG ausgelagert werden und das Unternehmen, auf das die jeweilige Tätigkeit ausgelagert wird, informiert und kann die notwendigen Maßnahmen treffen, falls eine Auslagerung nicht mit den Interessen der Anleger in Einklang steht. b) Zustimmung der Depotbank bei Auslagerung der Portfolioverwaltung? In der Literatur wird weiterhin verlangt, dass die Depotbank ihre Zustimmung zur Auslagerung der Portfolioverwaltung erteilen müsse. Dies wird damit begründet, dass die gesetzlichen Kontrollaufgaben der Depotbank bei der Auslagerung der Portfolioverwaltung auch gegenüber dem Auslagerungsunternehmen bestünde und da diese Kontrollaufgaben eine Pflichtenstellung gegenüber den Anlegern begründe, müsse der Depotbank auch das Recht zugestanden werden, ihr Einverständnis zur Auslagerung zu erteilen. 324 Diese Auffassung verkennt, dass die §§ 26, 27 InvG die Zustimmungs- und Kontrollrechte der Depotbank gegenüber der KAG abschließend regeln. Eine Zustimmung zum Abschluss von Auslagerungsverträgen ist im InvG nicht vorgesehen. Auch aus dem Geschäftsbesorgungsrecht kann ein solches Zustimmungsrecht nicht hergeleitet werden, da eine KAG Investmentfonds nicht als Geschäftsbesorger für die Depotbank verwaltet. KAG und Depotbank können ein Zustimmungsrecht der Depotbank vertraglich regeln. Solange dies aber nicht der Fall ist, besteht auch keine Verpflichtung der jeweiligen KAG, vor einer Auslagerung die Zustimmung der Depotbank einzuholen. 4. Behandlung des Beispielsfalls Die KAG durfte sowohl die Portfolioverwaltung als auch das Risikomanagement auf andere Unternehmen auslagern, ohne hierfür die Zustimmung der Anleger einholen zu müssen. Die Anleger werden durch die Haftungsregelung des § 16 Abs. 3 InvG und die Transparenzanforderungen des § 16 Abs. 4 InvG geschützt. Sowohl das Unternehmen X als auch das Unternehmen Y müssen allerdings für die Erbringung der ausgelagerten Tätigkeiten geeignet sein. Insbesondere das Unternehmen X muss gem. § 16 Abs. 2 S. 1 InvG eine Zulassung für die 323 324

Siehe auch Ziffer VI.3 der BVI-Wohlverhaltensregeln. Dieterich, S. 286.

5. Kap.: Aufsicht im Anlegerinteresse

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Vermögensverwaltung besitzen und einer wirksamen Aufsicht unterliegen. Die Auslagerung der Portfolioverwaltung auf das Unternehmen X verstößt auch nicht gegen § 16 Abs. 2 S. 3 InvG, obwohl bei verbundenen Unternehmen die Gefahr besteht, dass ihre Interessen mit denen der Anleger kollidieren können. Dass weder die Vertragsbedingungen noch die Verkaufsprospekte einen Hinweis enthalten, dass die Portfolioverwaltung und das Risikomanagement auf ein drittes Unternehmen übertragen können, verstößt ferner nicht gegen die Transparenzpflichten der KAG. Nach § 16 Abs. 4 InvG hat sie nur die Aufgaben offen zu legen, die sie bereits übertragen hat, wobei gem. § 42 Abs. 5 InvG eine Aktualisierungspflicht besteht. Allerdings ist die BaFin gem. § 16 Abs. 5 InvG über die Auslagerung zu informieren.

5. Kapitel

Aufsicht im Anlegerinteresse A. Einleitung Zweites Gestaltungskonzept der Fund Governance ist die Aufsicht im Anlegerinteresse. Die Aufsicht über die Verwaltungstätigkeit von KAGen wird dabei von drei Instanzen ausgeübt. Zunächst überwachen die Depotbanken die Verwaltungstätigkeit von KAGen. Darüber hinaus wird die Geschäftsführung von KAGen durch den obligatorisch einzurichtenden Aufsichtsrat überwacht. Schließlich unterliegen sowohl KAGen als auch Depotbanken der staatlichen Aufsicht durch die BaFin. Diese Aufteilung der Aufsicht im Investmentwesen auf drei verschiedene Instanzen ist angesichts der Vielfältigkeit der Aufgaben, die sich in diesem Zusammenhang stellen, durchaus sinnvoll. 325 Sie macht aber gleichzeitig auch eine eindeutige Verteilung der Aufgabenbereiche und Kompetenzen erforderlich. Die Abschlussprüfer nehmen ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Beaufsichtigung von KAGen ein. So sind die Jahresberichte, die KAGen gem. § 44 Abs. 1 S. 1 InvG für jeden von ihnen verwalteten Investmentfonds zu erstatten haben, gem. § 44 Abs. 5 S. 1 InvG durch einen Abschlussprüfer zu prüfen. Dabei hat der Abschlussprüfer gem. § 45 Abs. 5 S. 5 InvG auch festzustellen, ob bei der 325 Eine Verteilung der Aufsichtsaufgaben bei Investmentfonds, die nach dem Vertragsmodell strukturiert sind, empfiehlt auch: IOSCO, „Consultation Report, Examination of Governance for Collective Investment schemes, part II, Independence Criteria, Empowerment Conditions and Functions to be performed by the ‚Independent Oversight Entities‘“, Juni 2006, S. 4; abrufbar unter: www.iosco.org.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

Verwaltung des Investmentfonds die Vorschriften des InvG sowie die Vertragsbedingungen eingehalten wurden. Gem. § 19f Abs. 1 S. 2 InvG hat der Abschlussprüfer insbesondere die Einhaltung der Pflichten gem. §§ 9, 9a InvG zu prüfen. Das Ergebnis der Prüfung fasst der Abschlussprüfer gem. § 45 Abs. 5 S. 3 InvG i.V. m. § 322 Abs. 1 S. 1 HGB in einem besonderen Vermerk zusammen. Die Abschlussprüfer könnten folglich als weitere Aufsichtsinstanz des Investmentwesens bezeichnet werden. Allerdings enden die Befugnisse der Abschlussprüfer mit der Erstellung des Vermerks. Weitergehende Maßnahmen können sie nicht ergreifen. Sie haben die Berichte vielmehr gem. § 45 Abs. 5 S. 6 InvG unverzüglich nach Beendigung der Prüfung an die BaFin zu übermitteln. Diese kann dann auf der Grundlage der Berichte eigene Aufsichtsmaßnahmen einleiten. Die Tätigkeit der Abschlussprüfer dient somit lediglich der Unterstützung der Aufsicht durch die BaFin. Aus diesem Grunde werden die Abschlussprüfer im Rahmen dieser Untersuchung nicht als eigenständige Aufsichtsinstanz behandelt.

B. Die Aufsicht durch die Depotbank I. Die Kontrollaufgaben der Depotbank Das Verhältnis zwischen KAGen und Depotbanken wird im InvG eingehend geregelt. Diese gesetzgeberische Schwerpunktsetzung findet seine Berechtigung in dem Umstand, dass die Trennung der Verwaltung von Investmentfonds durch KAGen und der Verwahrung des Investmentvermögens durch Depotbanken einen Grundpfeiler des Investmentrechts darstellt, durch den verhindert werden soll, dass „dubiose Fondsmanager die Anleger [...] hinters Licht führen oder sich mit den Wertpapieren und flüssigen Mitteln des Fonds absetzen“. 326 Die Aufgaben der Depotbanken beschränken sich aber nicht nur auf die Verwahrung des Fondsvermögens. Depotbanken sind vielmehr außerdem damit beauftragt, die Verwaltungstätigkeit von KAGen zu kontrollieren. Ausdrücklich wird zwar nur in § 27 InvG von einer Kontrolle durch die Depotbanken gesprochen. Darüber hinaus gewähren ihnen aber auch die §§ 22, 26 – 29 InvG weitere Befugnisse, durch die sichergestellt werden soll, dass die Verwaltungstätigkeit von KAGen einer umfassenden Kontrolle unterliegt. Zunächst ergibt sich aus § 22 Abs. 1 S. 2 InvG, dass Depotbanken Weisungen von KAGen auf ihre Übereinstimmung mit den Vertragsbedingungen und dem Gesetz hin zu untersuchen haben. Gem. § 26 InvG ist zudem die Zustimmung der Depotbank für gewisse Geschäfte erforderlich, wie beispielsweise bei Kreditauf326 Kommission der Europäischen Gemeinschaft, Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament – Die mitgliedschaftlichen Regelungen für OGAWVerwahrstellen, Überblick und mögliche Entwicklungen“, KOM(2004) 207 endgültig, S. 2.

5. Kap.: Aufsicht im Anlegerinteresse

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nahmen und bei der Anlage des Fondsvermögens in Bankguthaben bei anderen Banken. Weiterhin haben Depotbanken gem. § 27 Abs. 1 Nr. 1 – 5 InvG zu untersuchen, ob die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen sowie deren Wertberechnung ordnungsgemäß erfolgt, ob bei für Investmentfonds getätigten Geschäften der Gegenwert rechtzeitig geleistet wird, ob die Erträge des Investmentfonds gemäß den Vorgaben des InvG und der Vertragsbedingungen verwendet werden, ob die für Wertpapierdarlehen bestellten Sicherheiten ordnungsgemäß bestellt und jederzeit vorhanden sind sowie ob die für den jeweiligen Investmentfonds geltenden gesetzlichen und in den Vertragsbedingungen festgelegten Anlagegrundsätze und Anlagegrenzen eingehalten werden. Der Kontrolle im weiteren Sinne dient ferner die Befugnis der Depotbanken zur Geltendmachung von Ansprüchen der Anleger gem. § 28 InvG. Schließlich sind Depotbanken gem. § 29 Abs. 1 InvG dafür zuständig, KAGen aus dem Fondsvermögen deren Vergütungs- und Aufwendungsersatzansprüche auszuzahlen. Hierbei ist von ihnen sicherzustellen, dass nur solche Zahlungen geleistet werden, auf die jeweilige KAG auch tatsächlich einen Anspruch hat. Auch insoweit üben die Depotbanken mithin eine Kontrolle über KAGen aus. II. Die Kontrollbefugnisse der Depotbank Zur Erfüllung ihrer Kontrollaufgaben stehen Depotbanken gegenüber KAGen die in §§ 22, 26 ff InvG ausdrücklich geregelten Befugnisse zu. Es stellt sich die Frage, ob diese Befugnisse abschließend sind oder ob Depotbanken darüber hinaus weitergehende Rechte zustehen. In Frage kommen insoweit Einsichts- und Auskunftsrechte, das Recht, die Vorlage von Geschäftsberichten zu verlangen, Vetorechte hinsichtlich einzelner Verwaltungsmaßnahmen sowie das Recht, Weisungen zu erteilen. 327 1. Einsichts- und Auskunftsrechte Das InvG gewährt den Depotbanken keine ausdrücklichen Einsichts- oder Auskunftsrechte gegenüber KAGen. In der Literatur wird teilweise vertreten, man könne entsprechende Rechte aus dem Grundsatz ableiten, dass die Zuweisung der Kontrollaufgabe an die Depotbanken notwendigerweise auch die Zuerkennung der für die Erfüllung der Kontrollaufgaben erforderlichen Rechte bedeuten müsse. 328 Dieser Auffassung ist insoweit zuzustimmen, als es nicht sachgerecht erscheint, Depotbanken Kontrollaufgaben zuzuweisen, ihnen aber gleichzeitig die hierfür erforderlichen Befugnisse zu verwehren. Gleichwohl bedeutet dies auch, 327 328

Müller, DB 1975, 485, 487 f. Müller, DB 1975, 485, 487.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

dass Depotbanken gegenüber KAGen nur dann Einsichts- oder Auskunftsrechte zugestanden werden können, wenn sie diese für die Erfüllung ihrer Kontrollaufgaben benötigen. Ob dies der Fall ist, muss für die einzelnen Kontrollaufgaben der Depotbanken separat beurteilt werden. Bei der Prüfung einer Depotbank, ob sie der Weisung einer KAG gem. § 22 Abs. 1 S. 2 InvG zustimmt, verfügt sie regelmäßig durch ihre Verwahrtätigkeit über die erforderlichen Informationen. Dies gilt insbesondere für die Prüfung der Einhaltung von Anlagegrenzen. Für die Prüfungen gem. § 22 Abs. 1 S. 2 InvG werden Depotbanken mithin keine Einsichts- oder Auskunftsrechte benötigen. Zur Zustimmungserteilung gem. § 26 Abs. 2 S. 1 InvG kann eine Depotbank nur dann verpflichtet sein, wenn sie über alle für die Beurteilung der Gesetz- und Vertragsmäßigkeit eines Geschäftes erforderlichen Informationen verfügt. Diese werden ihr aber nicht immer vorliegen. Daher besitzen Depotbanken beispielsweise für die Zustimmung zu einer Kreditaufnahme gem. § 26 Abs. 1 Nr. 1 InvG ein Auskunftsrecht hinsichtlich der Zinskonditionen, um deren Marktüblichkeit gem. § 53 InvG beurteilen zu können. Zur Erfüllung der Kontrollaufgaben nach § 27 InvG sind Depotbanken ebenfalls auf gewisse Informationen angewiesen. Insbesondere für die Prüfung gem. § 27 Abs. 1 Nr. 4 InvG müssen Depotbanken Auskunft über die Einzelheiten der Sicherheitenbestellung erhalten. Im Rahmen der Geltendmachung von Ansprüchen der Anleger gegenüber der jeweiligen KAG gem. § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InvG besitzen die Depotbanken grundsätzlich keine über die allgemeinen Informationsansprüche von Prozessparteien hinausgehenden Auskunfts- oder Einsichtsrechte. Abweichendes kann allerdings im Depotbankvertrag geregelt werden. Für die Wahrnehmung der Anlegeransprüche gem. § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 3 InvG sind die Depotbanken hingegen auf Informationen von KAGen angewiesen, weshalb ihnen insoweit Auskunftsrechte einzuräumen sind. Schließlich sind die Depotbanken berechtigt, für die Auszahlung der Vergütung und des Aufwendungsersatzes gem. § 29 InvG von KAGen die erforderlichen Informationen zu verlangen. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der von KAGen geltend gemachten Aufwendungen. Die Depotbanken sind berechtigt und verpflichtet, insoweit Nachweise zu verlangen. 2. Recht zur Vorlage von Geschäftsberichten Ferner wird Depotbanken in der Literatur teilweise das Recht zugesprochen, Geschäftsberichte von KAGen verlangen zu können. 329 Als Begründung wird hierbei auf den ehemaligen § 12 Abs. 8 Ziff. 1 KAGG verwiesen, der Depotbanken berechtigte, Ansprüche der Anleger gegenüber einer KAG geltend zu machen. 329

Müller, DB 1975, 485, 487.

5. Kap.: Aufsicht im Anlegerinteresse

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Mit der Neufassung dieser Vorschrift durch § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InvG ist allerdings klargestellt, dass Depotbanken nur berechtigt sind, Anlegeransprüche wegen Gesetzes- oder Vertragsverletzungen geltend zu machen. Eine Berechtigung von Depotbanken, Geschäftsberichte von KAGen verlangen zu können, kann aus § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InvG mithin nicht hergeleitet werden. Auch aus dem Grundsatz, dass Depotbanken die für die Erfüllung ihrer Kontrollaufgaben erforderlichen Befugnisse zustehen müssen, lässt sich ein entsprechendes Recht nicht herleiten. Die Pflicht der Rechnungslegung der KAGen ist in §§ 44, 45 InvG ausführlich geregelt. Die Depotbanken können sich dieser öffentlich erhältlichen Berichte bedienen. Es ist somit nicht ersichtlich, dass Depotbanken zur Erfüllung ihrer Kontrollaufgaben darauf angewiesen sind, dass KAGen ihnen Geschäftsberichte vorlegen. Dementsprechend ist ein solches Recht von Depotbanken abzulehnen. 3. Veto- und Weisungsrechte Vetorechte hinsichtlich einzelner Verwaltungsmaßnahmen können Depotbanken nur in den gesetzlich vorgesehenen Umfang zustehen. Die in § 26 InvG geregelten Fälle, in denen zugunsten der Depotbanken ein Zustimmungsvorbehalt eingeräumt wurde, müssen als abschließend angesehen werden. Ein weitergehendes Vetorecht würde die Handlungsfähigkeit von KAGen unverhältnismäßig beschränken und stünde auch nicht im Einklang mit der den Depotbanken von dem Gesetzgeber zugedachten Rolle als reine Aufsichtsinstanz ohne Mitwirkungsbefugnisse bei der Verwaltung des Fondsvermögens. 330 Abzulehnen ist schließlich auch ein Weisungsrecht von Depotbanken gegenüber KAGen. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 9 Abs. 1 S. 2 InvG. 4. Zwischenergebnis Im Ergebnis kann somit festgestellt werden, dass Depotbanken über die gesetzlich ausdrücklich geregelten Befugnisse hinaus in begrenztem Umfang Auskunftsund Einsichtsrechte zustehen. Weitergehende, nicht im InvG ausdrücklich geregelte Befugnisse sind ihnen nicht zuzubilligen. III. Die Beschränkung des für Depotbanken geltenden Prüfungsmaßstabes auf eine Rechtmäßigkeitsprüfung Gem. § 22 Abs. 1 InvG müssen KAGen Weisungen von Depotbanken ausführen, sofern diese nicht gegen gesetzliche Vorschriften oder die Vertragsbedingungen 330 Für das KAGG: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit zum Entwurf eines Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften, BT-Drs. 2/2973, S. 3; für das InvG: Gesetzesentwurf der Bundesregierung für das Investmentmodernisierungsgesetz, BT-Drs. 15/1553, S. 84.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

verstoßen. Depotbanken haben daher Weisungen, die sie von einer KAG erhalten, stets auf ihre Vereinbarkeit mit den gesetzlichen Vorschriften und den Vertragsbedingungen zu überprüfen. Gesetzeswidrig sind beispielsweise Weisungen einer KAG zur Zahlung des Kaufpreises für den Erwerb eines Vermögensgegenstandes, durch den die Aussteller- bzw. Anlagegrenzen gem. §§ 60 ff. InvG überschritten werden. Dasselbe gilt für Weisungen zur Zahlung des Kaufpreises für den Erwerb eines Vermögensgegenstandes, durch den gegen die im Investmentvertrag festgelegten Anlagerichtlinien verstoßen wird. 331 Zu einer Prüfung der Vereinbarkeit von Verwaltungsmaßnahmen von KAGen mit dem Gesetz und den Vertragsbedingungen sind Depotbanken zudem auch dann verpflichtet, wenn gem. § 26 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 InvG ihre Zustimmung zu gewissen Geschäften erforderlich ist. Ferner sind Depotbanken gem. § 27 Abs. 1 Nr. 5 InvG ausdrücklich verpflichtet, die Einhaltung der Anlagegerenzen zu überwachen. Uneinigkeit herrscht über den Prüfungsmaßstab, den Depotbanken bei der Überwachung der Verwaltungsmaßnahmen der KAGen anzulegen haben. Dabei wird diskutiert, ob Depotbanken Verwaltungsmaßnahmen von KAGen alleine auf ihre Rechtmäßigkeit oder zusätzlich auch auf ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen haben. Diese Diskussion basiert auf § 9 Abs. 2 Nr. 1 InvG, der zur Ausübung ihrer Tätigkeit im ausschließlichen Interesse der Anleger verpflichtet. Verwaltungsmaßnahmen einer KAG, die zwar grundsätzlich im Einklang mit den Vorschriften des InvG und den Vertragsbedingungen stehen, gleichwohl aber nicht im Interesse der Anleger liegen, etwa weil gewisse Anlagen zu riskant oder objektiv zu wenig Ertrag erwarten lassen, verstoßen gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 InvG und sind mithin gesetzeswidrig. Erteilt eine KAG ihrer Depotbank eine Weisung oder ersucht sie sie um ihre Zustimmung zu einer entsprechenden gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 InvG verstoßenden Verfügung, stellt sich die Frage, ob die Depotbank diese Weisung zu befolgen hat bzw. ob sie ihre Zustimmung zu erteilen hat. Im Ergebnis ist daher zu klären, ob Depotbanken verpflichtet sind, Verwaltungsmaßnahmen daraufhin zu überprüfen, ob sie wirtschaftlich den Interessen der Anleger entsprechen. Nach der ganz herrschenden Meinung ist diese Frage zu verneinen. 332 Dem kann uneingeschränkt zugestimmt werden. Zwar muss konzediert werden, dass die Auffassung, dass eine Verwaltungsmaßnahme einer KAG, mit der sie gegen ihre Interessenwahrungspflicht gem. § 9 Abs. 2 Nr. 1 InvG verstößt, formaljuristisch korrekt ist. Gleichwohl würde eine Verpflichtung der Depotbanken, Verwaltungsmaßnahmen von KAGen auf ihre Vereinbarkeit mit § 9 Abs. 2 Nr. 1 InvG zu untersuchen, die im Investmentrecht vorgesehene Rollenverteilung zwischen KAGen und Depotbanken außer Acht lassen. 331 Zum Ausnahmefall, in dem durch ein an sich vertragswidriges Rechtsgeschäft ein bereits bestehender vertragswidriger Zustand näher an die Einhaltung der Anlagerichtlinien gebracht wird, siehe Reiss, S. 352. 332 BGH WM 2001, 2053, 2054; OLG FFM WM 1997, 364, 367; Seegebart, S. 102; Reiss, S. 356; a. A. Thiel, S. 156; Müller, DB 1975, 485, 486.

5. Kap.: Aufsicht im Anlegerinteresse

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Aus den Gesetzesmaterialien sowohl zum KAGG als auch zum InvG ergibt sich der eindeutige Wille des Gesetzgebers, Depotbanken kein Mitspracherecht bei der Anlage des Fondsvermögens zu gewähren. 333 Ein solches Mitspracherecht würde man ihnen aber einräumen, wenn man sie zu einer entsprechenden Prüfung verpflichtet. Dementsprechend beschränkt sich die Prüfung von Depotbanken bei einzelnen Anlageentscheidungen einer KAG gem. § 27 Abs. 1 Nr. 5 InvG auf deren Vereinbarkeit mit den gesetzlichen und vertraglichen Anlagegrundsätzen und Anlagegrenzen. Müssten Depotbanken bei jeder Anlageentscheidung deren Vereinbarkeit mit den Anlegerinteressen überprüfen, bestünde die Gefahr, dass KAGen in Fällen, in denen sie die Vereinbarkeit einer bestimmten Anlageentscheidung mit den Interessen der Anleger anders beurteilen als die jeweilige Depotbank, handlungsunfähig wären. 334 Eine in der Literatur ebenfalls vertretene Auffassung geht davon aus, dass Depotbanken die gesamte Verwaltungstätigkeit daraufhin zu überprüfen haben, ob die Verwaltung des Fondsvermögens insgesamt wirtschaftlich vertretbar ist. 335 Bei der Prüfung der wirtschaftlichen Vertretbarkeit handelt es sich um eine eingeschränkte Zweckmäßigkeitsprüfung, weil nicht zu untersuchen ist, ob eine Maßnahme tatsächlich die am besten den Interessen der Anleger entsprechende Option darstellt, sondern lediglich die Maßnahmen zu beanstanden sind, die den Interessen der Anleger derart zuwiderlaufen, dass sie wirtschaftlich nicht mehr vertretbar sind. Gleichzeitig erweitert diese Auffassung aber auch die Kontrollzuständigkeit von Depotbanken, indem sie nicht nur einzelne Verwaltungsmaßnahmen von KAGen, sondern ihre gesamte Verwaltungstätigkeit einer Überprüfung der wirtschaftlichen Vertretbarkeit unterwerfen möchte. Dieser Auffassung muss zugute gehalten werden, dass es wenig sinnvoll erscheint, dass Depotbanken in Fällen, in denen von KAGen getroffene Verwaltungsmaßnahmen wirtschaftlich nicht vertretbar sind und somit ein Verstoß gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 InvG offensichtlich ist, zur Beachtung entsprechender Weisungen verpflichtet sein sollen. Gleichzeitig würde eine entsprechende Kontrollverpflichtung von Depotbanken aber ein erhebliches Maß an Rechtsunsicherheit schaffen. Allgemeingültige Kriterien für die Abgrenzung, wann eine Weisung noch wirtschaftlich vertretbar ist und wann die Grenze der „wirtschaftlichen Vertretbarkeit“ überschritten ist, sind nicht ersichtlich. 336 Die Durchführung einzelner Verwaltungsmaßnahmen einer KAG wäre demnach abhängig davon, wie restriktiv die 333 Für das KAGG: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit zum Entwurf eines Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften, BT-Drs. 2/2973, S. 3; für das InvG: Gesetzesentwurf der Bundesregierung für das Investmentmodernisierungsgesetz, BT-Drs. 15/1553, S. 84. 334 Reiss, S. 355. 335 Müller, DB 1975, 485, 486. 336 OLG FFM WM 1997, 364, 367; Seegebarth, S. 100; Reiss, S. 355.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

jeweilige Depotbank das Kriterium der „wirtschaftlichen Vertretbarkeit“ auslegt. Depotbanken würde insoweit ein Ermessenspielraum bei der Anlage des Fondsvermögens zugestanden, den der Gesetzgeber ihnen gerade nicht zubilligen will. Darüber hinaus kann dem InvG auch keine allgemeine Kompetenz von Depotbanken zur Überwachung der gesamten Verwaltungstätigkeit von KAGen entnommen werden. So ermächtigt § 22 Abs. 1 S. 2 InvG Depotbanken lediglich, die Vertragsund Gesetzmäßigkeit einzelner Weisungen zu überprüfen. Auch der Zustimmungsvorbehalt gem. § 26 InvG beschränkt sich auf einzelne Verwaltungsmaßnahmen. Die Ansicht, dass Depotbanken die wirtschaftliche Vertretbarkeit der gesamten Verwaltungstätigkeit von KAGen überprüfen müssen, widerspricht somit sowohl der Rolle der Depotbank im Investmentwesen als auch dem eindeutigen Wortlaut des InvG und ist daher abzulehnen. Im Ergebnis ist festzustellen, dass Depotbanken sämtliche Weisungen von KAGen auszuführen und zu sämtlichen zustimmungspflichtigen Geschäften ihre Zustimmung erteilen müssen, solange kein Verstoß gegen die Vertragsbedingungen und andere gesetzliche Vorschriften als die allgemeine Sorgfaltspflicht gem. § 9 InvG vorliegt. Eine Befugnis der Depotbank zur Zweckmäßigkeitsprüfung von Verwaltungsmaßnahmen darf auch nicht im Depotbankvertrag vereinbart werden. Eine solche Vereinbarung würde in Fällen, in denen eine KAG und die jeweilige Depotbank unterschiedlicher Auffassung darüber sind, ob eine konkrete Maßnahme den Anlegerinteressen entspricht, die Handlungsfähigkeit von KAGen beschränken, die diese benötigt, um das Fondsvermögen im Interesse der Anleger anzulegen. § 9 Abs. 2 Nr. 1 InvG verbietet es KAGen folglich, eine entsprechende Vereinbarung zu treffen. Dieses Ergebnis macht deutlich, dass die Kontrolltätigkeit der Depotbanken den Fondsanlegern keinen Schutz vor gesetzes- und vertragskonformem gleichzeitig aber den ökonomischen Interessen der Anleger widersprechendem Verwaltungshandeln von KAGen gewährt. IV. Gesellschaftsrechtliche Verbindungen zwischen KAGen und Depotbanken 1. Darstellung des Problems In der Vergangenheit war es üblich, dass KAGen mit ihnen verbundene Unternehmen, häufig ihre Mutterinstitute, als Depotbanken bestellten. 337 In den letzten Jahren sind KAGen zwar immer häufiger dazu übergegangen, spezialisierte Drittanbieter als Depotbanken auszuwählen. 338 Gleichwohl existieren auch heute noch 337 Ein Überblick über die gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen von KAGen und Depotbanken in der Praxis gibt Seegebarth, S. 109. 338 Diese Entwicklung stellt die BaFin in ihrem Jahrbuch 2005 (S. 145) fest. Das Jahrbuch ist abrufbar unter: www.bafin.de.

5. Kap.: Aufsicht im Anlegerinteresse

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viele KAGen, die ein verbundenes Unternehmen als Depotbank beauftragt haben. Eine solche Vorgehensweise ist KAGen gesetzlich nicht verboten. Dass die gesellschaftsrechtliche Verflechtung von KAGen und Depotbanken allerdings für beide Seiten die Gefahr von Interessenkonflikten begründet, ist allgemein anerkannt. 339 Daher sieht § 22 Abs. 2 InvG auf personeller Ebene eine obligatorische Trennung dieser beiden Institutionen vor. Auch wurde die Verpflichtung von Depotbanken zur Vermeidung von Interessenkonflikten in § 22 Abs. 1 S. 3, 4 InvG insbesondere vor dem Hintergrund der gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen zwischen KAGen und Depotbanken eingeführt. 340 Für KAGen bestehen die Interessenkonflikte bereits bei der Auswahl einer Depotbank. So ist beispielsweise denkbar, dass KAGen konzernintern dazu angehalten werden, ein verbundenes Kreditinstitut mit den Depotbankaufgaben zu betrauen, auch wenn die Bestellung einer konzernfremden Depotbank den Interessen der Anleger am besten entsprechen würde. Bei der Verhandlung des Depotbankvertrages besteht zudem die Gefahr, dass KAGen nicht die für die Anleger günstigsten Vertragsbedingungen aushandeln. 341 Vorstellbar ist hierbei insbesondere, dass eine zu hohe Depotbankvergütung vereinbart wird. Für Depotbanken werden die Interessenkonflikte insbesondere im Hinblick auf die von ihnen wahrzunehmenden Kontrollaufgaben virulent. Es erscheint beispielsweise fraglich, ob eine Depotbank tatsächlich eine angemessen kritische Prüfung der Sachlage vornimmt, wenn eine mit ihr verbundene KAG sie gem. § 26 InvG um die Erteilung ihrer Zustimmung ersucht. 342 Ebenso fraglich erscheint es, ob eine Depotbank in derartigen Konstellationen etwaige Schadensersatzansprüche der Anleger gegen die KAG mit dem erforderlichen Nachdruck geltend macht. 2. Stellungnahmen in der Literatur In der Literatur ist die gesellschaftsrechtliche Verflechtung von KAGen und Depotbanken von jeher auf Kritik gestoßen. Dabei wird darauf hingewiesen, dass derartige Verbindungen dazu führten, dass die im Investmentrecht vorgesehene Trennung von Verwaltung und Verwahrung der Investmentfonds einen lediglich formellen Charakter erhält. 343 Es wird ferner kritisiert, dass derartige gesellschaftsrechtliche Verflechtungen einer Depotbank die für ihre Kontrollaufgaben unbe339

Siehe beispielsweise die entsprechenden Ausführung der IOSCO, „Consultation Report, Examination of Governance for Collective Investment schemes, part II, Independence Criteria, Empowerment Conditions and Functions to be performed by the ‚Independent Oversight Entities‘“, Juni 2006, S. 9; abrufbar unter: www.iosco.org. 340 Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Investmentänderungsgesetzes, BT-Drs. 16/5576, S. 67. 341 Seegebarth, S. 117. 342 Derartige Probleme sehen nicht: Roegele / Görke, BKR 2007, 393, 395. 343 Jacob, S. 224.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

dingt erforderliche Unabhängigkeit und Neutralität nähmen, was dazu führen kann, dass ihre Kontrolltätigkeit den Anlegern nicht nur keinen Schutz biete, sondern im Gegenteil zusätzliche Gefahren begründe. 344 So sei es in derartigen Konstellationen beispielsweise wenig wahrscheinlich, dass die Depotbank verhindert, dass die Mehrheitsgesellschafter der KAG einen missbräuchlichen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit der KAG nehmen. 345 Vielmehr wird die Befürchtung geäußert, dass die obligatorische Einschaltung einer Depotbank im Investmentwesen die Bankenabhängigkeit von KAGen fördere. 346 Teilweise wird in der Literatur aber auch die Ansicht vertreten, dass angesichts der Tatsache, dass Depotbank und KAG formal zwei verschiedene juristische Personen sind, eine gesellschaftsrechtliche Verflechtung für die Wirksamkeit der Kontrolle durch die Depotbank unproblematisch sei. 347 Allerdings wird auch von dieser Auffassung konzediert, dass eine andere Beurteilung geboten sein mag, wenn die Depotbank die einzige Gesellschafterin der KAG ist. 348 3. Eigene Stellungnahme Die Vorbehalte, die gegen die gesellschaftsrechtliche Verflechtung von KAGen und Depotbanken vorgetragen werden, überzeugen. Eine Struktur, in der ein Unternehmen die Tätigkeit eines verbundenen Unternehmens im Interesse konzernexterner Dritter überwachen soll, birgt zu sehr die Gefahr, dass nicht in erster Linie die Interessen der Dritten sondern Konzerninteressen verfolgt werden. Es fehlt an der notwendigen Unabhängigkeit zwischen dem kontrollierenden und dem zu kontrollierenden Unternehmen. Der erste Entwurf des Investmentänderungsgesetzes sah dementsprechend vor, dass eine von einer KAG ausgewählte Depotbank nicht demselben Konzern angehören sollte. Es handelte sich insoweit zwar lediglich um eine Soll-Vorschrift. Es war aber vorgesehen, dass KAGen, falls sie von ihr abweichen, verpflichtet sein sollten, im ausführlichen Verkaufsprospekt darzulegen, warum eine konzernangehörige und keine konzernfremde Depotbank gewählt wurde. Ausweislich der Begründung sollte hierdurch der Gefahr von Interessenkonflikten begegnet und die Kontrollfunktion der Depotbank gestärkt werden. Gegen diesen Vorschlag wurde von der Investmentindustrie angeführt, dass keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür bestünden, dass gesellschaftsrechtliche Verbindungen zwischen Depotbank und KAG besondere Interessenkonflikte begründen und dass der Wechsel von 344

Thiel, S. 170. Köster, S. 116; Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band III, § 113 Rdnr. 61. 346 Seegebarth, S. 118. 347 Vom Berge und Herrendorff, S. 91. 348 Vom Berge und Herrendorff, S. 92. 345

5. Kap.: Aufsicht im Anlegerinteresse

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Depotbanken mit erheblichen Kosten einhergehe. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass in Ländern wie Österreich und Luxemburg, die in einem Konkurrenzverhältnis zu Deutschland stünden, keine entsprechende Verpflichtung besteht. Mit diesen Einwänden hat sich die Investmentindustrie letztlich durchgesetzt und die Vorschrift wurde im weiteren Gesetzgebungsverfahren gestrichen. Stattdessen wurde § 22 Abs. 1 InvG insoweit ergänzt, dass Depotbanken durch Vorschriften zu Organisation und Verfahren sicherzustellen haben, dass bei Wahrnehmung ihrer Aufgaben Interessenkonflikte zwischen ihnen und KAGen vermieden werden und die Einhaltung dieser Vorschriften von einer bis auf Ebene der Geschäftsführung unabhängigen Stelle überwacht wird. Es ist bedauerlich, dass der Gesetzgeber sich im Rahmen des Investmentänderungsgesetzes nicht dazu entschieden hat, eine Pflicht zur Bestellung konzernfremder Depotbanken einzuführen. Schon die geplante Soll-Vorschrift hätte im Ergebnis wohl zu keinen Änderungen geführt. KAGen hätten sich vermutlich überwiegend für die Ausnahmeregelung entschieden und im ausführlichen Verkaufsprospekt dargelegt, warum sie sich weiterhin für eine konzernangehörige Depotbank entschieden haben. Dass Anleger angesichts des Umfangs des ausführlichen Verkaufsprospektes dieser Offenlegung besonders zur Kenntnis genommen hätten, wäre nicht zu erwarten gewesen. Trotz der Einwände der Investmentindustrie kann nicht übersehen werden, dass eine gesellschaftsrechtliche Verbindung zwischen Depotbank und KAG besondere Interessenkonflikte hervorruft. Selbstverständlich wird es auch bei konzernfremden Depotbanken Interessenkonflikte geben, aber eben nicht die besonders gravierenden, die sich daraus ergeben, dass beide Unternehmen demselben Konzern angehören. Diese Auffassung wird insbesondere von der IOSCO geteilt. 349 Das gegen das Verbot der Bestellung einer konzerneigenen Depotbank angeführte Kostenargument erscheint ebenfalls nicht zwingend. Zwar wird man nicht bestreiten können, dass der Wechsel der Depotbank Kosten verursacht. Durch die Einführung einer entsprechenden Regelung würde aber zu einer Neuordnung des Marktes für Depotbanken führen. Dadurch könnte es zu einer mit Effizienzsteigerungen und Kostensenkungen einhergehenden Marktkonsolidierung kommen, die für die Anleger langfristig von Vorteil wäre. Gleichzeitig hätte mit der Einführung eines entsprechenden Verbots das Vertrauen der Anleger in die Investmentbranche erheblich gesteigert werden können. Der vom Gesetzgeber stattdessen gewählte Regulierungsansatz setzt darauf, dass Depotbanken durch ihre Compliance-Abteilungen sicherstellen, dass Interessenkonflikte und mögliche Benachteiligungen von Fondsanlegern vermieden 349 IOSCO, „Consultation Report, Examination of Governance for Collective Investment schemes, part II, Independence Criteria, Empowerment Conditions and Functions to be performed by the ‚Independent Oversight Entities‘“, Juni 2006, S. 9; abrufbar unter: www .iosco.org.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

werden. Es muss konzediert werden, dass, falls die Vorgaben gem. § 22 Abs. 1 S. 3, 4 InvG effektiv umgesetzt werden, auch auf diesem Wege eine umfassende Wahrung der Anlegerinteressen gewährleistet werden kann. Dies setzt allerdings voraus, dass zum einen Depotbanken diese Vorgaben sachgerecht umsetzen und insbesondere prüfen, ob die mit einer KAG vereinbarten Konditionen marktgerecht sind. Außerdem ist die Umsetzung durch die Depotbanken durch die BaFin intensiv zu prüfen. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung zum Investmentänderungsgesetz bewusst auf Vorgaben zur Ausgestaltung der Compliance-Maßnahmen verzichtet und ihre konkrete Ausgestaltung der Selbstregulierung durch die Institute überlassen hat. 350 Die BaFin hat sich in der Vergangenheit indes unzufrieden mit den Selbstregulierungsmaßnahmen der Investmentbranche gezeigt. 351 Ob die Selbstregulierung bei den Depotbanken besser gelingt, bleibt abzuwarten. V. Bewertung der Kontrolle durch Depotbanken aus Anlegersicht Die Kontrolle der Verwaltungstätigkeit von KAGen durch Depotbanken findet nur in sehr begrenztem Umfang statt. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Kontrollaufgaben, die das InvG ihnen auferlegt. Die Depotbanken sind nicht zu einer umfassenden Überwachung der Verwaltungstätigkeit der KAGen befugt. Ebenso beschränkt sind auch die Befugnisse der Depotbanken zur Durchsetzung der Kontrollaufgaben sowie der bei der Erfüllung dieser Aufgaben anzuwendende Prüfungsmaßstab. Hinzu kommt, dass die bestehenden gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen zwischen Depotbanken und KAGen Zweifel an der Wirksamkeit der Kontrolltätigkeit der Depotbanken aufkommen lassen. In Zukunft sollten KAGen verpflichtet werden, Depotbanken zu bestellen, die nicht zum selben Konzern wie sie gehören. Bewertet man vor diesem Hintergrund die Einschaltung der Depotbanken in das Investmentwesen aus Sicht der Anleger, kommt man zu dem Ergebnis, dass ihre Rolle als Verwahrer des Fondsvermögens überwiegt. Durch die Trennung von Verwaltung und Verwahrung werden die Anleger vor schwerwiegenden Sorgfaltspflichtverstößen, wie der Unterschlagung von Fondsvermögen, geschützt. Keinen Schutz bietet die Einschaltung der Depotbanken den Anlegern hingegen vor Verwaltungsmaßnahmen, die mit der Verpflichtung zur Verwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse kollidieren, im Übrigen aber vertrags- und gesetzeskonform sind.

350 Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Investmentänderungsgesetzes, BT-Drs. 16/5576, S. 67. 351 Siehe im Zusammenhang mit den Maßnahmen der Investmentbranche gegen Market Timing: FAZ, 09. 03. 2005, S. 23, „Bafin zeigt Fonds die Gelbe Karte“.

5. Kap.: Aufsicht im Anlegerinteresse

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C. Staatliche Aufsicht I. Einleitung Die Verwaltung von Investmentfonds durch KAGen unterliegt ebenfalls der staatlichen Aufsicht. Einzige Aufsichtsinstanz ist seit dem Inkrafttreten des Investmentänderungsgesetzes die BaFin, eine bundesunmittelbare, rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Zuvor wirkte auch die Deutsche Bundesbank bei der Beaufsichtigung von KAGen mit, da es sich bei KAGen um Kreditinstitute handelte und die Deutsche Bundesbank Aufgaben im Rahmen der Aufsicht über Kreditinstitute wahrnimmt. Ihre Mitwirkung beschränkte sich aber auch damals im Wesentlichen darauf, dass ihr gegenüber Meldungen und Anzeigen zu machen waren und dass sie bei dem Entwurf von Rechtsverordnungen angehört werden musste. Anordnungsbefugnisse und Eingriffsrechte gewährte das InvG hingegen ausschließlich der BaFin. Dementsprechend beauftragte § 5 S. 1 InvG auch bisher alleine die BaFin mit der Aufsicht über KAGen, Investmentaktiengesellschaften und Depotbanken nach dem InvG und dem KWG. Die Konzentration der Aufsicht im Investmentwesen bei der BaFin soll dem Bürokratieabbau, insbesondere der Abschaffung doppelter Melde- und Einreichungspflichten, dienen. 352 Damit die Deutsche Bundesbank weiterhin über die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen verfügt, sieht § 18 InvG vor, dass die BaFin der Bundesbank die Informationen, die sie im Rahmen der Investmentaufsicht erhält und die die Bundesbank zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt, zur Verfügung stellt. Bei der Investmentaufsicht der BaFin ist zwischen der Solvenzaufsicht und der Marktaufsicht zu unterscheiden. 353 Im Rahmen der Solvenzaufsicht überwacht die BaFin, ob KAGen die Erlaubnisvoraussetzungen des InvG dauerhaft erfüllen. 354 Die Marktaufsicht der BaFin dient der Überwachung, ob Investmentfonds im Einklang mit den Vorschriften des InvG und den Vertragsbedingungen des jeweiligen Fonds aufgelegt und verwaltet werden. II. Laufende Informationsrechte der BaFin Die BaFin kann KAGen nur dann wirksam beaufsichtigen, wenn ihr die hierfür erforderlichen Informationen zur Verfügung stehen. Dabei muss die BaFin sowohl 352 Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Investmentänderungsgesetzes, BT-Drs. 16/5576, S. 49. 353 Daneben wird teilweise auch von einer „Produktaufsicht“ gesprochen, etwa Beckmann, in: Beckmann / Scholtz, Kz. 410 § 5 Rdnr. 5. Die Produktaufsicht ist aber Bestandteil der Marktaufsicht, weshalb erstere im Folgenden auch nicht als eigenständiger Aufsichtsbereich behandelt wird. 354 Zur untergeordneten Bedeutung der Solvenzaufsicht über KAGen, Knöfler / Ghedina, WM 2008, 1341 f.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

über die KAGen selbst als auch über die von ihnen verwalteten Investmentfonds umfassend informiert sein. Aus diesem Grund sind KAGen verpflichtet, regelmäßig Berichte zu erstatten und Anzeigen zu machen. Darüber hinaus stehen der BaFin weitergehende Auskunfts- und Prüfungsrechte zu. Die Berichtspflicht von KAGen ergibt sich aus §§ 44 Abs. 3 S. 3, 45 Abs. 3 InvG. Nach diesen Vorschriften sind KAGen verpflichtet, der BaFin für jeden von ihnen verwalteten Investmentfonds Jahres-, Halbjahres-, Auflösungs- und Zwischenberichte unverzüglich nach erster Verwendung einzureichen. Jahresberichte sowie etwaige Zwischen- und Auflösungsberichte sind gem. § 44 Abs. 3 – 6 InvG durch die Abschlussprüfer zu prüfen. Durch den Jahresbericht erhält die BaFin beispielsweise Kenntnis über die einzelnen Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten eines Investmentfonds, über die für seine Rechnung abgeschlossenen Geschäfte, über die Anzahl und den Wert der jeweiligen Fondsanteile sowie über die Erträge und Aufwendungen des jeweiligen Fonds und über die Entwicklung des Fondsvermögens und des Wertes der Anteilsscheine in den letzten drei Geschäftsjahren. Den von den Wirtschaftsprüfern geprüften Berichten kommt für die Aufsicht durch die BaFin eine besonders große Bedeutung zu. Die BaFin wird hierdurch nicht nur umfassend informiert. Die Informationen werden vielmehr im Vorfeld bereits von einer dritten Stelle auf ihre Richtigkeit geprüft. Die BaFin ist daher darauf angewiesen, dass die Wirtschaftsprüfer ihren Prüfungsauftrag gewissenhaft erfüllen. Inhaltlich drängt die BaFin darauf, dass sich die Berichte zukünftig auch mit der Einhaltung der BVI-Wohlverhaltensregeln befassen. 355 Für die Anleger hätte dies den Vorteil, dass die faktische Verbindlichkeit dieses Regelwerkes zunehmen würde. Verstöße würden der BaFin auf diese Weise bekannt und sie könnte die zur Behebung von Missständen erforderlichen Maßnahmen treffen. Während sich die Verpflichtung zur Erstattung von Berichten auf Informationen zu Investmentfonds beschränken, beziehen sich die von KAGen zu erstattenden Anzeigen in erster Linie auf sie selbst. So bestehen für KAGen gem. § 19c Abs. 1, 2 InvG umfangreiche Informationspflichten hinsichtlich ihrer Organisation, ihrer Geschäftsleiter, ihrer Geschäftstätigkeit sowie ihrer Anteilseigner. Diese dienen der BaFin zur Überprüfung, ob die für KAGen bestehenden Erlaubnisvoraussetzungen fortlaufend eingehalten werden. Während die Anzeigen gem. § 19c Abs. 1 InvG anlassbezogen zu erfolgen haben, sind die Anzeigen gem. § 19c Abs. 2 InvG jährlich zu erstatten. Gem. § 19c Abs. 3 InvG haben die Geschäftsleiter von KAGen der BaFin unverzüglich Tätigkeiten als Geschäftsleiter oder als Aufsichtsrats- oder Verwaltungsratsmitglied eines anderen Unternehmens sowie die Übernahme bzw. Veränderung unmittelbarer Beteiligungen von mindestens 25 % 355

BaFin-Jahrbuch 2004, S. 180 sowie BaFin-Jahrbuch 2005, S. 146; beide abrufbar unter: www.bafin.de.

5. Kap.: Aufsicht im Anlegerinteresse

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der Kapitalanteile an einem anderen Unternehmen. Diese Verpflichtung dient der Vermeidung von Interessenkonflikten zwischen KAGen und ihren Anlegern, die sich aus der Verbindung der Geschäftsleiter zu anderen Unternehmen ergeben können, und ermöglicht der BaFin, gegebenenfalls geeignete Gegenmaßnahmen zu treffen. 356 Weitere Anzeigepflichten ergeben sich für KAGen etwa aus § 7 Abs. 5 InvG, wonach KAGen der BaFin Satzungsänderungen mitzuteilen haben oder aus § 7 S. 2 der Derivateverordnung, der KAGen verpflichtet, der BaFin über die Wahl der Berechnungsmethode der Marktrisikogrenze eines Investmentfonds für den Einsatz von Derivaten zu informieren. Diese Anzeigepflicht bildet insofern eine Ausnahme, als sie sich nicht auf die KAG selbst sondern auf die von ihr verwalteten Investmentfonds bezieht. Schließlich stehen der BaFin gem. § 19g S. 1 InvG i.V. m. §§ 44 Abs. 1, 6, 44b KWG sowie aus § 19h InvG i.V. m. § 44c KWG Auskunfts- und Prüfungsrechte gegenüber KAGen und ihren Anteilsinhabern zu. Gem. § 19g S. 1 InvG i.V. m. §§ 44 Abs. 1 S. 1, 44b Abs. 1 S. 1 KWG sind KAGen und Inhaber einer bedeutenden Beteiligungen an einer KAG auf Verlangen der BaFin verpflichtet, Auskünfte über alle Geschäftsangelegenheiten zu erteilen und Unterlagen vorzulegen. Gem. § 19g S. 2 InvG i.V. m. §§ 44 Abs. 1 S. 2, 3 KWG kann die BaFin oder von ihr beauftragte Personen bei KAGen und deren Auslagerungsunternehmen, auch ohne besonderen Anlass, Prüfungen vornehmen und zu diesem Zweck die Geschäftsräume der Unternehmen innerhalb der üblichen Betriebs- und Geschäftszeiten betreten und besichtigen. Diese Prüfungsrechte stehen der BaFin gem. § 19g S. 2 InvG i.V. m. § 44b Abs. 2 KWG auch gegenüber den Inhabern einer bedeutenden Beteiligungen an einer KAG zu, falls Anhaltspunkte für ein Untersagungsgrund für den Erwerb einer bedeutenden Beteiligung gem. § 2c Abs. 1a S. 1 Nr. 1 bis 3 KWG vorliegen. Die Auskunftspflicht gem. § 19g S. 1 InvG i.V. m. §§ 44 Abs. 1 S. 1, 44b Abs. 1 S. 1 KWG ist weit zu verstehen. Sie bezieht sich auf alle Geschäftsangelegenheiten der betreffenden KAG, worunter alle Angelegenheiten zu verstehen sind, die unmittelbar oder mittelbar mit dem beaufsichtigten Unternehmen und seinen Tätigkeiten und sonstigen Vorgängen zusammenhängen. 357 Darüber hinaus kann die BaFin nicht nur die Mitteilung von Tatsachen sondern auch die Abgabe von subjektiven Einschätzungen verlangen, soweit diese für die Aufsichtszwecke der BaFin Relevanz besitzen. 358 Das Auskunftsrecht gegenüber Inhabern einer bedeutenden Beteiligung an einer KAG kann von der BaFin insbesondere zur 356 Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Investmentänderungsgesetzes, BT-Drs. 16/5576, S. 65. 357 Braun, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler, KWG, § 44 Rdnr. 38. 358 Braun, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler, KWG, § 44 Rdnr. 18.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

Prüfung genutzt werden, ob versucht wird, auf die Geschäftsleitung einer KAG Einfluss zu nehmen, wodurch die Fondsverwaltung im Anlegerinteresse gefährdet wird. Prüfungen gem. § 44 Abs. 1 S. 2 KWG finden unabhängig von den Abschlussprüfungen statt, setzen aber eine Prüfungsanordnung der BaFin gegenüber dem betroffenen Unternehmen voraus. Die Prüfungsanordnungen müssen einen konkreten Prüfungsauftrag benennen, in dem bestimmte Geschäftsbereiche, Einzelgeschäfte, Geschäftsabläufe, Tatsachen oder Verhältnisse vorgegeben sind. 359 Die BaFin kann solche Prüfungen durch ihre eigenen Mitarbeiter durchführen lassen, beauftragt hiermit aber häufig Dritte, etwa Wirtschaftsprüfungsgesellschaften oder Mitarbeiter der örtlich zuständigen Hauptverwaltung der Bundesbank. Im Rahmen dieser Prüfungen haben die Mitarbeiter der BaFin oder die beauftragten Personen ein umfassendes Auskunfts- und Unterlagenvorlagerecht, wie es auch der BaFin gem. § 44 Abs. 1 S. 1 KWG zusteht. 360 Das Ergebnis der Prüfung wird schließlich in einem Prüfungsbericht zusammengefasst, den die BaFin erhält. § 19g InvG erklärt nicht § 44 Abs. 4 KWG für entsprechend anwendbar. Nach dieser Vorschrift kann die BaFin Vertreter zu Hauptversammlungen, Generalversammlungen oder Gesellschafterversammlungen sowie den Sitzungen der Aufsichtsorgane von Instituten entsenden. Ein solches Entsenderecht wäre aber gerade für die Beaufsichtigung von KAGen von Bedeutung. Da der Aufsichtsrat von KAGen wichtige Aufgaben für die Wahrung von Anlegerinteressen wahrnimmt, wäre es wünschenswert, dass die BaFin Vertreter zu Aufsichtsratssitzungen entsenden kann. Hierdurch könnte die BaFin wichtige Einblicke in die Tätigkeit dieses Aufsichtsorgans erlangen. § 19g InvG sollte daher zukünftig auch § 44 Abs. 4 KWG für entsprechend anwendbar erklären. Zur Verfolgung unerlaubt betriebener Investmentgeschäfte gem. § 17c InvG steht der BaFin gem. § 19h InvG i.V. m. § 44c KWG ferner ein Informations- und Prüfungsrecht gegenüber Unternehmen zu, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie das Investmentgeschäft ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis betreiben. Diese Rechte bestehen auch gegenüber Organmitgliedern und Beschäftigten solcher Unternehmen sowie gegenüber Unternehmen, die in diese Geschäfte einbezogen sind. III. Aufsichtsmaßnahmen der BaFin Auf der Grundlage der Erkenntnisse, die die BaFin aus den Berichten, Anzeigen sowie aus ihren Prüfungen erlangt hat, kann sie die erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen treffen. Für derartige Maßnahmen bestehen unterschiedliche 359 360

Braun, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler, KWG, § 44 Rdnr. 28. Braun, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler, KWG, § 44 Rdnr. 34.

5. Kap.: Aufsicht im Anlegerinteresse

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Ermächtigungsgrundlagen. Eine allgemeine Ermächtigungsgrundlage enthält § 5 Abs. 1 S. 2 InvG, wonach die BaFin befugt ist, im Rahmen der Aufsicht alle Anordnungen zu treffen, die erforderlich und geeignet sind, um den Geschäftsbetrieb einer KAG oder Investmentaktiengesellschaft und die Tätigkeit einer Depotbank mit dem InvG, den auf Grund des InvG erlassenen Bestimmungen und den jeweiligen Vertragsbedingungen oder der jeweiligen Satzung im Einklang zu erhalten. Ferner besteht eine Anordnungsbefugnisse für die BaFin gem. § 5a InvG i.V. m. § 6a KWG für den Fall, dass die einer KAG anvertrauten Vermögenswerte der Finanzierung einer terroristischen Vereinigung dienen. Gem. § 17 Abs. 2 InvG kann die BaFin unter bestimmten Umständen die Erlaubnis einer KAG aufheben. Dies gilt gem. § 17 Abs. 2 Nr. 4 InvG insbesondere für den Fall, dass eine KAG nachhaltig gegen die Bestimmungen des InvG verstößt. Wenn eine KAG also wiederholt ihre Interessenwahrungspflicht gem. § 9 Abs. 2 Nr. 1 InvG verletzt, kann die BaFin ihre Erlaubnis aufheben. Diese Maßnahme darf die BaFin allerdings nur als ultima ratio anwenden. Insbesondere wird die BaFin als milderes Mittel zunächst gem. § 17a Abs. 1 InvG Geschäftsleiter abberufen. Gem. § 17c InvG kann die BaFin ferner Maßnahmen zur Unterbindung des unerlaubten Betreibens des Investmentgeschäfts treffen. Gem. § 19i InvG kann sie Anordnungen gegen KAGen treffen, falls diese über unzureichende Eigenmittel verfügen. Besteht Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen einer KAG gegenüber ihren Gläubigern oder besteht der begründete Verdacht, dass eine wirksame Aufsicht über eine KAG nach dem InvG nicht möglich ist, kann die BaFin zur Abwendung dieser Gefahr gem. § 19j InvG geeignete und erforderliche Maßnahmen treffen. Gem. § 19k InvG i.V. m. § 46b Abs. 1 KWG kann die BaFin im Falle der Zahlungsunfähigkeit, der Überschuldung oder der drohenden Zahlungsunfähigkeit einer KAG den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer KAG stellen. Ist keine der speziellen Befugnisse einschlägig, kann sich die BaFin für ihre Aufsichtsmaßnahmen auf die allgemeine Anordnungsbefugnis gem. § 5 Abs. 1 S. 2 InvG berufen und alle Anordnungen treffen, die erforderlich und geeignet sind, um den Geschäftsbetrieb einer KAG und die Tätigkeit einer Depotbank mit dem InvG, den auf Grund des InvG erlassenen Bestimmungen und den jeweiligen Vertragsbedingungen oder der jeweiligen Satzung im Einklang zu erhalten. Dem Wortlaut nach kann sich die BaFin nicht auf § 5 Abs. 1 S. 2 InvG berufen, wenn ein Verstoß gegen andere Gesetze als das InvG, wie etwa das WpHG oder das GwG, vorliegt. Verletzen KAGen eine solche gesetzliche Vorschrift außerhalb des InvG, wird dies aber regelmäßig auch als Verstoß gegen die allgemeinen Verhaltenspflichten gem. § 9 InvG zu qualifizieren sein, weshalb der BaFin in diesen Fällen doch die Anordnungsbefugnis gem. § 5 Abs. 1 S. 2 InvG zur Verfügung steht. 361 361

Beckmann, in: Beckmann / Scholtz, Kz. 410 § 5 Rdnr. 4a.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

Als Anordnungen gem. § 5 Abs. 1 S. 2 InvG kommen beispielsweise das Verbot, gewisse Vermögensgegenstände zu erwerben, oder die Aufforderung gewisse organisatorische Vorkehrungen zu treffen bzw. gewisse Geschäfte zu unterlassen, in Frage. Derartige Anordnungen sind als Verwaltungsakte zu qualifizieren. Sind sie an eine Vielzahl von Adressaten gerichtet, stellen sie Allgemeinverfügungen dar. Der BaFin ist es aber auch gestattet, im Wege des schlichten Verwaltungshandelns tätig zu werden. 362 Hierunter fallen die von der BaFin erlassenen Schreiben, Rundschreiben, Bekanntmachungen und Verlautbarungen. Zur Durchsetzung ihrer Anordnungen ist die BaFin schließlich gem. § 17 S. 1 FinDAG berechtigt, auf die Zwangsmittel nach dem Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz zurückzugreifen. Im Rahmen der Marktaufsicht über das Investmentwesen hat sich die BaFin im Jahre 2006 schwerpunktmäßig mit Verletzungen der Anlagegrenzen, der Gesamtkostentransparenz und der Erwerbbarkeit strukturierter Produkte beschäftigt. 363 2005 hatte die BaFin Aufsichtsbesuche genutzt, um mögliche Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit Market Timing und Late Trading, die Umsetzung der BVIWohlverhaltensregeln sowie die Implementierung der Risikomanagementsysteme nach der Derivateverordnung zu prüfen. 364 IV. Aufsicht im öffentlichen Interesse Depotbanken und Aufsichtsräte von KAGen sind verpflichtet, ihre Tätigkeit im Interesse der Anleger auszuüben. Für die BaFin besteht keine derartige Verpflichtung. § 4 Abs. 4 FinDAG stellt vielmehr klar, dass die BaFin ihre Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahrnimmt. Durch diese Formulierung will der Gesetzgeber sicherstellen, dass sich Anleger nicht darauf berufen können, dass die BaFin ihre Überwachungstätigkeit in ihrem Interesse ausübt und der Staat ihnen daher bei einer Pflichtverletzung von BaFin-Mitarbeitern Schadensersatz zu leisten hat. Die Verfassungsmäßigkeit von § 4 Abs. 4 FinDAG (früher § 6 Abs. 4 KWG) ist in der Literatur angezweifelt worden. Dabei wurde insbesondere vorgetragen, dass der Staat wegen des ungleichen Machtverhältnisses zwischen Banken und Kunden aus Art. 14 GG zum Schutz der Bankkunden verpflichtet und es dem Gesetzgeber daher verboten sei, durch ein Gesetz Amtshaftungsansprüche von Bankkunden auszuschließen. 365 Der Bundesgerichtshof ist dieser Auffassung in einer im Jahre 2005 ergangenen Entscheidung nicht gefolgt. 366 Dabei weist das Gericht auf den 362

Fülbier, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler, KWG, § 6 Rdnr. 61. BaFin-Jahrbuch 2006, S. 157; abrufbar unter: www.bafin.de. 364 BaFin-Jahrbuch 2005, S. 146; abrufbar unter: www.bafin.de. 365 Schenke / Ruthig, NJW 1994, 2324; 2326; Gratias, NJW 2000, 786, 788; Cremer, JuS 2001, 643, 649. 366 BGH WM 2005, 369 ff. 363

5. Kap.: Aufsicht im Anlegerinteresse

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weiten Ermessensspielraum hin, der dem Staat bei der Erfüllung von Schutzpflichten, die sich aus Grundrechten ableiten lassen, zukommt. 367 Zuvor hatte schon der EuGH entschieden, dass § 6 Abs. 4 KWG nicht gegen Gemeinschaftsrecht verstößt. 368 Somit ist davon auszugehen, dass die BaFin ihre Aufsicht im Investmentwesen ausschließlich im öffentlichen Interesse und nicht im Interesse der Fondsanleger ausübt. Aus dieser Tatsache ergeben sich für den Schutz der Anlegerinteressen durch die Aufsicht der BaFin allerdings keine wesentlichen Nachteile. Anders als bei Depotbanken und dem Aufsichtsrat von KAGen ist kaum zu erwarten, dass sich die BaFin bei ihrer Aufsichtstätigkeit von eigenen Interessen oder von Drittinteressen leiten lässt. Auch ändert § 4 Abs. 4 FinDAG nichts daran, dass die Aufsichtstätigkeit der BaFin der Wahrung der Interessen der Anleger dient. Gleichwohl können Fondsanleger keine Schadensersatzansprüche gegen die Bundesrepublik geltend machen, wenn die BaFin ihre Aufsichtsaufgaben nur unzureichend erfüllt hat. V. Bewertung der Investmentaufsicht durch die BaFin Insgesamt kann die Investmentaufsicht der BaFin als geeignet zur Wahrung der Interessen der Fondsanleger bezeichnet werden. Anders als Depotbanken ist die BaFin nicht nur in Einzelbereichen zur Aufsicht befugt. Sie besitzt vielmehr ein umfassendes Kontrollmandat. Außerdem kann die BaFin Handlungen von KAGen auch auf ihre Vereinbarkeit mit den Anlegerinteressen hin überprüfen. Ferner steht ihr zur Durchführung ihrer Aufgaben ein weit reichendes Instrumentarium zur Verfügung. Zusätzlich sollte der BaFin zukünftig ermöglicht werden, an Aufsichtsratssitzungen von KAGen teilzunehmen. Es erscheint allerdings fraglich, ob die BaFin in der Lage ist, einen für alle Fondsanleger ausreichenden Schutzumfang zu gewährleisten. Dabei ist die große Zahl der in Deutschland zugelassenen Investmentfonds zu beachten. Die BaFin hatte im Jahre 2006 insgesamt von etwa 1450 Publikumsfonds Prüfungsberichte und Jahresberichte zu überprüfen. 369 Angesichts dieser enormen Zahl erscheint eine lückenlose Überwachung unmöglich. Hinzu kommt, dass die Überwachungstätigkeit der BaFin von der Qualität der Arbeit der Wirtschaftsprüfer abhängig ist. Erfüllen diese ihre Aufgaben nicht sorgfältig, werden auch der BaFin etwaige Missstände verborgen bleiben. Dabei ist auch zu beachten, dass die Wirtschaftsprüfer bisher noch nicht bei allen KAGen die Einhaltung der BVI-Wohlverhaltensregeln bestätigen. Gerade dieses Regelwerk ist aber für die Wahrung der Anlegerinter367 368 369

BGH WM 2005, 369, 374. EuGH NJW 2004, 3479 ff. BaFin-Jahrbuch 2006, S. 157; abrufbar unter: www.bafin.de.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

essen von erheblicher Bedeutung. Daher sollte in Zukunft sichergestellt werden, dass die Jahresberichte sich auch auf die Erfüllung der jeweils aktuellen BVIWohlverhaltensregeln beziehen.

D. Aufsicht durch den Aufsichtsrat I. Einleitung Dritte Aufsichtsinstanz im Investmentwesen ist der obligatorisch zu bildende Aufsichtsrat. Die Aufgaben und Befugnisse des Aufsichtsrats, das Verfahren zur Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder sowie die von Aufsichtsratsmitgliedern zu erfüllenden Voraussetzungen wurden bereits dargestellt. 370 Dabei ist auch auf die Interessenkonflikte hingewiesen worden, denen Aufsichtsratsmitglieder ausgesetzt sind. Die BaFin erwartet von Aufsichtsratsmitgliedern, dass sie, falls sie im Rahmen ihrer Aufsichtsratstätigkeit zwischen den Interessen der KAG und denen der Anleger abzuwägen haben, den Anlegerinteressen einen Vorrang einräumen. 371 Die Priorität der Anlegerinteressen wird auch in der Literatur überwiegend akzeptiert. 372 Die Richtigkeit dieser Auffassung ergibt sich aus der Treuhänderstellung der KAG. Ein Treuhänder muss seine Interessen hinter die seines Treugebers zurückstellen. 373 Dann muss auch das Aufsichtsorgan eines Treuhänders, dessen Tätigkeit sowohl den Interessen des Treuhänders als auch denen des Treugebers dient, seine Kontrollbefugnisse in erster Linie an den Interessen des Treugebers ausrichten. Die Verpflichtung der Aufsichtsratsmitglieder, primär die Interessen der Anleger zu wahren, ändert allerdings nichts daran, dass die Gefahr besteht, dass Aufsichtsratsmitglieder im Rahmen ihrer Tätigkeit im Einzelfall doch den Gesellschaftsinteressen den Vorzug geben. Aufgrund dieser Gefahr werden in der Literatur immer wieder Zweifel an der grundsätzlichen Eignung des Aufsichtsrates einer KAG zur Wahrung der Anlegerinteressen geäußert. 374 Im Folgenden soll untersucht werden, mit welchen Maßnahmen die Aufsicht durch den Aufsichtsrat verbessert werden könnte. Dabei sind insgesamt vier Maßnahmen denkbar: Erstens könnten die Aufsichtsratsmitglieder durch die Fondsanleger bestellt werden. Zweitens könnte der Aufsichtsrat mehrheitlich mit unabhängigen Mitgliedern zu besetzen sein. Drittens könnten die Eignungsvoraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder auch auf die Arbeitnehmer370

Siehe oben: 2. Kapitel Abschnitt D.III.5. Zitiert nach Baur, in: BuB Rdnr. 9/96. 372 Stolzenburg, ZfgKW 1978, 826; Paul, International Business Lawyer 2000, 261, 265; Baur, Investmentgesetze, § 4 KAGG Rdnr. 5. 373 Coing, S. 137. 374 Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band III, § 113 Rdnr. 51; Seegebarth, S. 197 f. 371

5. Kap.: Aufsicht im Anlegerinteresse

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vertreter erstreckt werden. Schließlich könnten viertens die Aufsichtsbefugnisse des Aufsichtsrats erweitert werden. Diese verschiedenen Maßnahmen stehen in keinem Alternativverhältnis zueinander, sondern können auch kumulativ angewendet werden. Jede einzelne Option ist daraufhin zu untersuchen, ob sie im Interesse der Anleger eine effizientere Aufsicht durch den Aufsichtsrat gewährleistet. Zum Abschluss des folgenden Abschnitts sollen zudem noch Vorgaben für die Behandlung von Eigeninteressen von Aufsichtsratsmitgliedern und die innere Ordnung des Aufsichtsrats einer KAG näher dargestellt werden. II. Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder durch die Fondsanleger? Die Mitglieder des Aufsichtsrats einer KAG werden grundsätzlich alleine von den Gesellschaftern der KAG bestimmt. Nur bei KAGen, auf die das Mitbestimmungsgesetz Anwendung findet, erhalten auch die Arbeitnehmer ein Mitspracherecht. Die Fondsanleger haben keinen Einfluss auf die Besetzung des Aufsichtsrats. Dies wäre selbstverständlich, diente die Tätigkeit der Aufsichtsratsmitglieder ausschließlich den Interessen der KAG. Da aber der Aufsichtsrat einer KAG seine Tätigkeit primär im Interesse der Anleger ausübt, erscheint es auf den ersten Blick nahe liegend, die Anleger auch an der Auswahl der Aufsichtsratsmitglieder zu beteiligen. Hätten die Fondsanleger Einfluss auf die Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder einer KAG, könnten sie den Aufsichtsrat mit Personen besetzen, die nach ihrer Auffassung die Wahrnehmung ihrer Interessen am besten gewährleisten. Gegen eine solche Regelung bestehen aber bereits gesellschaftsrechtliche Bedenken. Beteiligt man die Anleger an der Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder, beschränkt man zwangsläufig das entsprechende Wahlrecht der Gesellschafter von KAGen. Das Wahlrecht der Gesellschafter von KAGen ist zwar nicht unbeschränkbar und die gesellschaftsrechtlichen Bedenken mögen aufgrund der besonderen Aufgabenstellung des Aufsichtsrats von KAGen nicht unüberwindbar sein. Eine entsprechende Regelung wäre aber jedenfalls nur dann sachgerecht, wenn hierdurch eine Verbesserung der Wahrung der Anlegerinteressen durch den Aufsichtsrat erreicht werden kann. Dagegen sprechen die folgenden Gründe. Eine Beteiligung der Anleger an der Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern brächte einen erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand mit sich. Die Anleger müssten entweder über die möglichen Kandidaten abstimmen oder einen Repräsentanten bestimmen, der sie bei der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern vertritt. In beiden Fällen wäre eine regelmäßige Abstimmung der Anleger erforderlich. Die Durchführung derartiger Abstimmungen brächte zwangsläufig erhebliche Kosten mit sich, die letztlich von den Anlegern zu tragen wären. Weiterhin ist es eines der Grundprinzipien des Investmentwesens, dass Investmentfonds vor allem auch für Anleger gedacht sind, die die Verwaltung ihres

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

Vermögens nicht selbst übernehmen, sondern in die Hände eines professionellen Vermögensverwalters geben wollen. 375 Mit diesem Prinzip ist die Beteiligung der Fondsanleger an der Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern schwerlich in Einklang zu bringen. Um ein etwaiges Wahlrecht in Übereinstimmung mit den eigenen Interessen ausüben zu können, müssten sich die Fondsanleger zunächst umfassend über die Sachkunde und Persönlichkeit der potentiellen Kandidaten (für den Aufsichtsrat oder den Posten des Anlegerrepräsentanten) informieren, was mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden wäre. Zudem müssten die Anleger aufgrund dieser Informationen eine Einschätzung über die Geeignetheit potentieller Bewerber treffen, für die ihnen in aller Regel die erforderliche Sachkunde fehlen dürfte. Unabhängig von der Fähigkeit der Fondsanleger zur Bestimmung geeigneter Aufsichtsratsmitglieder erscheint es zudem fraglich, ob sie tatsächlich die Bereitschaft besitzen, sich an einer solchen Abstimmung zu beteiligen. In diesem Zusammenhang sei nur auf die geringe Präsenz bei Hauptversammlungen von börsennotierten Akteingesellschaften hingewiesen. Es ist daher zu erwarten, dass nur ein kleiner Teil der Fondsanleger an einer derartigen Abstimmung teilnehmen würde. Wird das Wahlrecht aber nur von einer Minderheit der Fondsanleger ausgeübt, kann auf diesem Wege keine verbesserte Wahrung der Interessen der Gesamtheit der Anleger erreicht werden. 376 Die Beteiligung der Fondsanleger an der Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder einer KAG ist demnach nicht geeignet, eine verbesserte Wahrnehmung ihrer Interessen durch den Aufsichtsrat zu gewährleisten. Die Anleger sollte mithin kein Mitwirkungsrecht bei der Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder erhalten. III. Mehrheit unabhängiger Aufsichtsratsmitglieder? Der Gesetzgeber hat sich im Rahmen des Investmentänderungsgesetzes dazu entschieden, im Interesse einer verbesserten Wahrung der Anlegerinteressen durch den Aufsichtsrat die Pflicht einzuführen, dass gem. § 6 Abs. 2a InvG mindestens ein Aufsichtsratsmitglied zu bestellen ist, das von den Gesellschaftern, den mit ihnen verbundenen Unternehmen und den Geschäftspartnern der KAG unabhängig ist. Dabei ist der Gesetzgeber den entsprechenden Empfehlungen des CGKAM und der Wohlverhaltensregeln des BVI gefolgt. Im Folgenden ist zu untersuchen, ob die in § 6 Abs. 2a InvG aufgestellten Anforderungen sinnvoll und ausreichend sind.

375 376

Barocka, S. 107. Cahn, WM 2001, 1929, 1934; Barocka, S. 107.

5. Kap.: Aufsicht im Anlegerinteresse

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1. Einleitung Der Aufsichtsrat von KAGen ist nicht selten mit Fachleuten aus der Wissenschaft und anderen Wirtschaftsbereichen besetzt, die keine weiteren Beziehungen zu der jeweiligen KAG, deren Gesellschaftern oder sonstiger mit der KAG verbundenen Unternehmen besitzen. 377 Es ist in der Investmentbranche allerdings auch nicht unüblich, den Aufsichtsrat fast ausschließlich mit Mitarbeitern von Unternehmen zu besetzen, die demselben Konzern wie die KAG angehören. 378 Als Beispiel für diese uneinheitliche Praxis der Besetzung von Aufsichtsratsposten im Investmentwesen kann zum einen auf die cominvest Asset Management GmbH und zum anderen auf die DWS Investment GmbH verwiesen werden. Dem neun Mitglieder umfassenden Aufsichtsrat der cominvest Asset Management GmbH, einer Tochtergesellschaft der Commerzbank AG, gehörten im Juli 2008 vier Beschäftigte der Commerzbank AG, inklusive des Vorsitzenden, sowie drei Beschäftigte der cominvest Asset Management GmbH an. 379 Lediglich zwei Mitglieder standen, soweit ersichtlich, in keiner engen wirtschaftilichen Verbindung zur cominvest Asset Management GmbH. Dem neun Mitglieder umfassenden Aufsichtsrat der DWS Investment GmbH, die eine Tochtergesellschaft der Deutsche Bank AG ist, gehörten Mitte 2008 hingegen lediglich zwei Mitglieder an, die bei der Deutsche Bank AG beschäftigt sind, wobei einer von beiden Aufsichtsratsvorsitzender war. Ein weiteres Mitglied war ehemals bei der DWS Investment GmbH beschäftigt. 380 Die übrigen Mitglieder standen, soweit ersichtlich, in keinem engen wirtschaftlichen Verhältnis zu den Unternehmen des Deutsche Bank-Konzerns. 2. Der Vorteil unabhängiger Aufsichtsratsmitglieder für die Wahrung der Anlegerinteressen Die Interessenkonflikte, denen die Aufsichtsratsmitglieder einer KAG aufgrund ihrer doppelten Aufgabenstellung ausgesetzt sind, werden zusätzlich verstärkt, wenn sie nicht nur von den Gesellschaftern der KAG bestellt werden, sondern zugleich aus sonstigen Gründen mit den Gesellschaftern der KAG oder mit ihr verbundenen Unternehmen in einer engen Verbindungen stehen. Daher wird in der Literatur auch daran gezweifelt, dass ein Aufsichtsrat, dessen Mitglieder derart massiven Interessenkonflikten ausgesetzt sind, in Konfliktfällen geeignet ist, die Wahrung der Anlegerinteressen zu gewährleisten. 381 377 378 379 380

Tormann, ZfgKW 1979, 137; Baur, Investmentgesetze, § 4 KAGG Rdnr. 4. Paul, International Business Lawyer 2000, 261, 264. Informationen zur Aufsichtsratsbesetzung sind abrufbar unter: www.cominvest.de. Informationen zur Aufsichtsratsbesetzung sind abrufbar unter: www.dws.de.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

Die Besetzung des Aufsichtsrates mit unabhängigen Mitgliedern kann die sich aus diesen Interessenkonflikten ergebenden Risiken zwar nicht beseitigen, aber doch mildern. 382 Durch die Einführung des Unabhängigkeitserfordernisses wird erreicht, dass zumindest ein Teil der zur Beaufsichtigung der Verwaltungstätigkeit von KAG gesetzlich vorgesehenen Personen ihre Aufsichtsbefugnisse ausüben kann, ohne dass die Gefahr besteht, dass sie von mit der KAG verbundenen Unternehmen sachwidrig beeinflusst werden. 383 Unabhängige Aufsichtsratsmitglieder sind weniger gefährdet, dass sie im Rahmen der Kontrolle der Geschäftsleitung den Interessen der KAG gegenüber denen der Anleger den Vorzug geben. Die Wahrung der Anlegerinteressen durch den Aufsichtsrat kann hierdurch verbessert werden. Die besondere Eignung unabhängiger Personen in Aufsichtsorganen wird auch von KAGen bejaht. Die Richtlinien vieler KAGen zur Ausübung von Stimmrechten auf Hauptversammlungen von Emittenten, deren Wertpapiere sie für Fonds erworben haben, enthalten die Forderung, dass die Aufsichtsgremien von Gesellschaften mehrheitlich aus unabhängigen Personen bestehen sollen. 384 Wenn KAGen dies von Wertpapieremittenten erwarten, leuchtet nicht ein, warum für sie selbst etwas anderes gelten soll. Die Verpflichtung, den Aufsichtsrat einer KAG mit unabhängigen Personen zu besetzen, führt auch nicht zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand für KAGen. Eine zusätzliche Kostenbelastung der Fondsanleger muss daher nicht befürchtet werden. Ferner ist eine solche Pflicht international auch nicht unüblich. So verpflichtet beispielsweise die US-amerikanische Wertpapieraufsichtsbehörde SEC Investmentgesellschaften, ihr Aufsichtsgremium mehrheitlich mit unabhängigen Personen zu besetzen. 385 Gegen die Einführung einer entsprechenden Verpflichtung könnte angeführt werden, dass in den circa 50 Jahren, in denen KAGen in Deutschland gesetzlich geregelt sind, noch kein Fall öffentlich bekannt geworden ist, in dem ein Aufsichtsratsmitglied entgegen den Interessen der Anleger gehandelt hat. 386 Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass ein derartiges Fehlverhalten nach geltendem Recht kaum jemals publik werden würde. Fest steht jedenfalls, dass die Verbindung 381 Statt vieler: Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band III, § 113 Rdnr. 51. 382 Seegebarth, S. 197, Mansfeld, ZfgKW 2007, 259, 260. 383 IOSCO, „Consultation Report, Examination of Governance for Collective Investment schemes, part II, Independence Criteria, Empowerment Conditions and Functions to be performed by the ‚Independent Oversight Entities‘“, Juni 2006, S. 6; abrufbar unter: www .iosco.org. 384 Vgl. etwa die Abstimmungsrichtlinien der Union Invest GmbH, erhältlich auf Anfrage bei der Gesellschaft sowie der Allianz Global Investors Kapitalanlagegesellschaft mbH, abrufbar unter www.allianzglobalinvestors.de. 385 O’Dell, International Business Lawyer 2000, 281, 282; Steck, S. 91. 386 Derartige Probleme sehen nicht: Roegele / Görke, BKR 2007, 393, 395.

5. Kap.: Aufsicht im Anlegerinteresse

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der mit der Wahrung der Anlegerinteressen betrauten Aufsichtsratsmitglieder mit den Gesellschaftern der jeweiligen KAG nicht geeignet ist, das Vertrauen der Anleger in Investmentfonds zu fördern. Auch ohne öffentlich bekannt gewordene Fehlverhalten besteht zumindest der „böse Schein“, dass die Aufsichtsratsmitglieder einer KAG aufgrund wirtschaftlicher Verbindungen zu der KAG, verbundene Unternehmen der KAG oder Geschäftspartner der KAG bei der Ausübung ihres Amtes nicht primär die Interessen der Anleger verfolgen. Für das Vertrauen der Anleger in die Investmentbranche und somit auch für deren zukünftigen Erfolg ist ein solcher Eindruck schädlich. Die Einführung einer gesetzlichen Verpflichtung zur Bestellung unabhängiger Aufsichtsratsmitglieder ist daher geeignet, das Anlegervertrauen in die Investmentbranche zu stärken. Insgesamt ist festzustellen, dass die Bestellung unabhängiger Aufsichtsratsmitglieder ein geeignetes Mittel darstellt, um eine verbesserte Wahrung der Anlegerinteressen durch die Aufsichtsräte von KAGen zu gewährleisten. 3. Die Voraussetzungen des Unabhängigkeitserfordernisses Im Folgenden ist zu untersuchen, welche Voraussetzungen eine Person erfüllen muss, um als unabhängig angesehen werden zu können. § 6 Abs. 2a InvG besagt, dass eine Person von den Gesellschaftern, den mit ihnen verbundenen Unternehmen und Geschäftspartnern der KAG unabhängig sein muss. Diese Regelung ist nahezu wortgleich mit den entsprechenden Empfehlungen in Ziffer IIa.8 der BVI-Wohlverhaltensregeln und Ziffer II.2.1.3 des CGKAM. Der Vorschrift ist zu entnehmen, gegenüber wem eine Person unabhängig zu sein hat. Ihr kann aber nicht entnommen werden, welche Voraussetzungen die betreffende Person erfüllen muss, um als unabhängig zu gelten. 387 Eine erste Konkretisierung des Unabhängigkeitskriteriums kann der Gesetzesbegründung zum Investmentänderungsgesetz entnommen werden. Danach ist die Unabhängigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds insbesondere als wirtschaftliche Unabhängigkeit zu verstehen, wobei eine wirtschaftliche Unabhängigkeit regelmäßig anzunehmen sein soll, wenn die Einnahmen des Aufsichtsratsmitglied aus seiner Tätigkeit für einen Gesellschafter der KAG, ein mit dem Gesellschafter verbundenen Unternehmen oder einem Geschäftspartner der KAG in den letzten vier Jahren vor seiner Bestellung im Mittel 30 Prozent seiner Gesamteinnahmen nicht überschritten haben. 388 Ferner wird darauf hingewiesen, dass es sich bei den verbundenen Unternehmen um verbundene Unternehmen i. S. d. § 15 AktG handelt und unter Geschäftspartnern natürliche und juristische Personen zu verstehen sind, 387 Bedenken hinsichtlich des weiten Wortlauts des § 6 Abs. 2a InvG äußern: Roegele / Görke, BKR 2007, 393, 395. 388 Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Investmentänderungsgesetzes, BT-Drs. 16/5576, S. 60.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

zu denen Geschäftsbeziehungen jeglicher Art unterhalten werden, wobei es auf die Dauer oder den Umfang der Geschäftsbeziehungen nicht ankommen soll. 389 Der Gesetzesbegründung ist insofern zuzustimmen, dass das Unabhängigkeitskriterium in erster Linie wirtschaftlich auszulegen ist. Gleichwohl können der Unabhängigkeit einer Person auch persönliche Verbindungen entgegenstehen. Davon geht offensichtlich auch der Gesetzgeber aus, wenn er anführt, dass die Unabhängigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds insbesondere als wirtschaftliche Unabhängigkeit zu verstehen ist. Neben wirtschaftlichen Gesichtspunkten können somit auch nach Ansicht des Gesetzgebers andere Aspekte von Bedeutung sein. Dass die wirtschaftlichen Unabhängigkeit eines Kandidaten danach zu beurteilen ist, ob seine Einnahmen aus seiner Tätigkeit für eine andere Person in den letzten vier Jahren vor seiner Bestellung im Mittel 30 Prozent seiner Gesamteinnahmen nicht überschritten haben, erscheint zunächst recht willkürlich. Letztlich schafft eine solche Festlegung aber eine gewisse Rechtssicherheit. Ferner handelt es sich insoweit lediglich um eine Regel, von der im Einzelfall auch abgewichen werden kann. Die Festlegung von 30 Prozent der Gesamteinnahmen in den letzten vier Jahren vor der Bestellung gewährleistet zudem, dass nicht sämtliche Personen, die in der Vergangenheit einen gewissen Einblick in die Arbeit der betreffenden KAG gewonnen haben, von einem Aufsichtsratsmandat ausgeschlossen sind. Im Ergebnis kann demnach auch diesen Ausführungen zugestimmt werden. Schließlich ist es auch sinnvoll den Begriff des verbundenen Unternehmens im Einklang mit § 15 AktG auszulegen. Nach dieser Vorschrift sind zwei rechtlich selbständige Unternehmen miteinander verbunden, wenn ein Unternehmen an dem anderen die Mehrheit der Anteile oder der Stimmrechte hält 390, wenn ein Unternehmen einen beherrschenden Einfluss auf das andere besitzt 391, wenn beide Unternehmen einem Konzern angehören 392, wenn beide Unternehmen wechselseitig aneinander beteiligt sind 393 oder wenn beide Unternehmen Vertragsteile eines Unternehmensvertrages sind 394. Zur weiteren Konkretisierung des Unabhängigkeitserfordernisses können die Kriterien herangezogen werden, die für Mitglieder des Sachverständigenausschusses von Immobilienfonds gelten. Gem. § 77 Abs. 2 InvG müssen Mitglieder eines Sachverständigenausschusses insbesondere unabhängig, unparteilich und zuverlässig sein. Die Mitglieder des Sachverständigenausschusses haben die Aufgabe, 389 Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Investmentänderungsgesetzes, BT-Drs. 16/5576, S. 60. 390 § 16 AktG. 391 § 17 AktG. 392 § 18 AktG. 393 § 19 AktG. 394 §§ 291, 292 AktG.

5. Kap.: Aufsicht im Anlegerinteresse

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die Immobilien eines Immobilienfonds zu bewerten, um den Gesamtwert des Fondsvermögens bestimmen zu können. Das Unabhängigkeitskriterium wurde von dem Gesetzgeber aufgestellt, weil die Bewertung von Immobilien nicht nur ausgesprochen komplex sondern auch missbrauchsanfällig ist. 395 Die Gefahr, dass Immobilien seitens der KAG ein unzutreffender Wert beigemessen wird, soll durch das Unabhängigkeitserfordernis gemindert werden. Auch beim Sachverständigenausschuss dient das Unabhängigkeitskriterium mithin den Interessen der Fondsanleger. Daher erscheint es angebracht, die für die Mitglieder des Sachverständigenausschusses insoweit aufgestellten Kriterien auch für die Mitglieder des Aufsichtsrats einer KAG heranzuziehen. Einen entsprechenden Kriterienkatalog hat das BAKred in einem Schreiben aus dem Jahre 1994 veröffentlicht. 396 Danach ist bei der Bestimmung der Unabhängigkeit darauf abzustellen, ob eine Person, • Angestellter der KAG oder eines mit dieser verbundenen Unternehmens oder der / den Depotbank(en) ist, • Mitglied eines Aufsichtsorgans der KAG oder eines mit dieser verbunden Unternehmens oder der betroffenen Depotbank(en) ist, • aus sonstigen Gründen von der KAG oder einem mit dieser verbundenen Unternehmen oder der / den betroffenen Depotbank(en) wirtschaftlich abhängig ist, • in engen Beziehungen persönlicher oder verwandtschaftlicher Art zu Angehörigen der KAG oder eines mit dieser verbundenen Unternehmens oder der / den betroffenen Depotbank(en) steht, welche die Gefahr sachfremder Beeinflussung des Sachverständigen begründen können oder • Kapitalanteile an der KAG oder einem mit ihr verbundenen Unternehmen oder der / den betroffenen Depotbank(en) hält. Die für die Mitglieder von Sachverständigenausschüssen aufgestellten Kriterien unterscheiden sich auf den ersten Blick insofern von dem Unabhängigkeitserfordernis gem. § 6 Abs. 2a InvG, als sie für die Beurteilung der Unabhängigkeit eines Kandidaten auf dessen Verhältnis zu unterschiedlichen Personen abstellt. Für Mitglieder von Sachverständigenausschüssen ist deren Verhältnis zu der KAG, der mit der KAG verbundenen Unternehmen sowie der Depotbank entscheidend. § 6 Abs. 2a InvG stellt insoweit hingegen auf das Verhältnis zu den Gesellschaftern der KAG, den mit ihnen verbundenen Unternehmen und den Geschäftspartnern der KAG entscheidend. In der Praxis dürften diese Unterschiede aber nur kaum Abweichungen mit sich bringen. KAGen sind in aller Regel in Konzerne eingebunden und haben häufig nur einen einzigen Gesellschafter. Aus diesem Grund 395 Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band III, § 113 Rdnr. 111. 396 Schreiben an den BVI vom 25. April 1994 (Az.: V 1/30 –1/94), abgedruckt bei: Baur, in: BuB Rdnr. 9/159 ff.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

werden KAGen regelmäßig auch verbundene Unternehmen ihrer Gesellschafter sein. Ferner werden die mit einer KAG verbundenen Unternehmen häufig auch mit den Gesellschaftern der betreffenden KAG verbunden sein. Schließlich ist eine Depotbank auch ein Geschäftspartner der jeweiligen KAG. Dem BAKred-Schreiben ist zunächst zu entnehmen, dass es einer Person, die bei der KAG beschäftigt ist, an der notwendigen Unabhängigkeit mangelt. Dies gilt unabhängig davon, ob es Aufgabe einer Person ist, den Wert von Immobilien zu bestimmen oder die Tätigkeit der Geschäftsleitung zu kontrollieren. Gegen diese Wertung kann auch nicht angeführt werden, dass Arbeitnehmer unabhängig sind, sofern sie gegen repressives Verhalten durch die Unternehmensführung, namentlich vor missbräuchlichen Entlassungen, geschützt sind. 397 Sind diese Voraussetzungen erfüllt, lindert dies zwar die Gefahr, dass Arbeitnehmer im Aufsichtsrat die Interessen ihres Arbeitgebers vorrangig berücksichtigen, um etwaigen Repressalien vorzubeugen. Es bleibt aber dabei, dass die Interessen der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtrat eher mit denen der KAG als mit denen der Anleger übereinstimmen. Daher besteht auch in Fällen, in denen diese Voraussetzungen erfüllt sind, die Gefahr, dass Arbeitnehmer aus eigenen wirtschaftlichen Motiven die Interessen der Anleger benachteiligen. Dasselbe gilt für Angestellte von verbundenen Unternehmen der KAG und für Angestellte der Depotbank. Dass Mitglieder eines Aufsichtsorganen von mit einer KAG verbundenen Unternehmen sowie von deren Depotbank nicht als unabhängig gelten, erklärt sich daraus, dass sie aufgrund der Aufsichtsratsmitgliedschaft den Interessen dieser Gesellschaft verpflichtet sind. Die Interessen z. B. der Muttergesellschaft einer KAG können aber im Einzelfall den Interessen der Fondsanleger der TochterKAG diametral entgegenlaufen. In einer solchen Situation wäre ein entsprechendes Aufsichtsratsmitglied in besonderem Maße Interessenkonflikten ausgesetzt und es bestünde die Gefahr, dass es die eigene Überwachungstätigkeit nicht primär an den Interessen der Anleger ausrichtet. Das Kriterium „Mitglied eines Aufsichtsorgans der KAG“ kann für die Bestimmung der Unabhängigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern nicht verwendet werden, da einziges Aufsichtsorgan der KAG der Aufsichtsrat ist, deren Mitglieder gerade auf ihre Unabhängigkeit hin überprüft werden sollen. Das Kriterium der eigenen wirtschaftlichen Abhängigkeit aus sonstigem Grund ist als Auffangtatbestand zu verstehen. Bei der Auslegung muss berücksichtigt werden, dass nach dem Willen des Gesetzgebers eine wirtschaftliche Unabhängigkeit 397 So aber Lieder, NZG 2005, 569, 571 mit Verweis auf die Empfehlung der EUKommission zu den Aufgaben von nicht geschäftsführenden Direktoren / Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften sowie zu den Ausschüssen des Verwaltungs-/ Aufsichtsrats (2005/162/EG, ABlEG L52/51) sowie die auf § 301 Sarbanes-Oxley Act basierende SEC-Verordnung (Sarbanes.Oxley Act of 2002, Public Law 107 –204, 116 Stat. 745), abrufbar unter: www.sec.org.

5. Kap.: Aufsicht im Anlegerinteresse

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i. S. d. § 6 Abs. 2a InvG regelmäßig angenommen werden soll, wenn die Einnahmen des Kandidaten aus seiner Tätigkeit für einen Gesellschafter der KAG, ein mit dem Gesellschafter verbundenen Unternehmen oder einem Geschäftspartner der KAG in den letzten vier Jahren vor seiner Bestellung im Mittel 30 Prozent seiner Gesamteinnahmen nicht überschritten haben. Wird diese Grenze unterschritten, kann im Einzelfall trotzdem die Unabhängigkeit eines Kandidaten verneint werden. Dies wird stets der Fall sein, wenn der Kandidat in einer Beziehung zu den relevanten Unternehmen steht, die für ihn so wichtig ist, dass der Abbruch oder eine wesentliche Veränderung für ihn ökonomisch erheblich nachteilige Folgen hat. Es leuchtet ferner ein, dass neben wirtschaftlichen Verbindungen auch verwandtschaftliche sowie sonstige persönliche Beziehungen geeignet sind, die Unabhängigkeit einer Person zu verneinen. 398 Dies gilt für die Mitglieder des Sachverständigenausschusses ebenso wie für Aufsichtsratsmitglieder. Dementsprechend sieht der Gesetzgeber die wirtschaftliche Abhängigkeit einer Person auch nicht als einziges Kriterium bei der Prüfung seiner Unabhängigkeit an. 399 Gleichzeitig kann der Begriff „persönlicher Beziehungen“ so weit ausgelegt werden, dass hierunter auch solche lose Bekanntschaften gefasst werden könnten, die tatsächlich kaum Zweifel an der Unabhängigkeit einer Person aufkommen lassen. Aus diesem Grund enthält das Schreiben auch den Zusatz „welche die Gefahr sachfremder Beeinflussung des Sachverständigen begründen können“. Dieser Nachsatz dient als Korrektiv, um nur solche Beziehungen zu berücksichtigen, die tatsächlich Bedenken entstehen lassen. Entscheidend ist hierbei, ob ein persönlich-emotionales Näheverhältnis angenommen werden kann. 400 Dies wird man bei Verwandtschaftsverhältnissen bis zum dritten Grade (Tante, Onkel, Neffe, Nichte), bei Personen, die miteinander verheiratet oder verschwägert sind sowie bei Partnern gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften generell angenommen werden können. 401 Bei weiter entfernter Verwandtschaft oder bei freundschaftlichen Verhältnissen ist individuell zu bewerten, ob ein Näheverhältnis besteht, bei dem die erforderliche Unabhängigkeit nicht mehr angenommen werden kann. Dass eine eigene Kapitalbeteiligung an der KAG oder den anderen insoweit relevanten Unternehmen Zweifel an der Unabhängigkeit aufkommen lässt, überzeugt ebenfalls. Auch bei dieser Fallgruppe sind die Grenzen aber so weit, dass es 398 Auch Ziffer 5.4.2 des Deutschen Corporate Governance Kodex bestimmt, dass ein Aufsichtsratmitglied dann als unabhängig gilt, wenn es in keiner geschäftlichen oder persönlichen Beziehung zu der Gesellschaft oder dem Vorstand steht, die einen Interessenkonflikt begründet. 399 Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Investmentänderungsgesetzes, BT-Drs. 16/5576, S. 60. 400 Lieder, NZG 2005, 569, 572. 401 Im Einzelnen: Lieder, NZG 2005, 569, 572.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

eines Korrektivs bedarf. Dementsprechend verlangt das BAKred in seinem Schreiben auch, dass der Wert der Beteiligung mitzuteilen ist. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass nicht jede noch so geringe Beteiligung an einem verbundenen Unternehmen zur Abhängigkeit des Beteiligungsinhabers führt. Exemplarisch ist an den Fall zu denken, dass es sich bei der Depotbank um ein großes börsennotiertes Kreditinstitut handelt, von dem die betreffende Person einige Aktien besitzt. Entscheidend für die Frage, ob eine Kapitalbeteiligung Zweifel an der Unabhängigkeit einer Person aufkommen lässt, ist die wirtschaftliche Bedeutung der Beteiligung für die betreffende Person. Deshalb sind auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der zu beurteilenden Person zu berücksichtigen. Der BaFin sollten daher im Rahmen der Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern entsprechende Angaben gemacht werden. 4. Die Anzahl der unabhängigen Mitglieder Weiterhin stellt sich die Frage, wie groß der Anteil unabhängiger Mitglieder in dem Aufsichtsrat einer KAG sein sollte. a) Die angemessene Anzahl unabhängiger Aufsichtsratsmitglieder aus Sicht einer effektiven Fund Governance § 6 Abs. 2a InvG schreibt vor, dass mindestens ein Aufsichtsratsmitglied unabhängig sein muss. Ziffer II.2.1.3 des CGKAM bestimmt, dass „dem Aufsichtsrat eine angemessene Zahl, mindestens jedoch ein Mitglied angehören (soll), das von Eigentümern, mit ihnen verbundenen Unternehmen und Geschäftspartnern der Gesellschaft unabhängig ist.“ Ziffer IIa Nr. 8 der BVI-Wohlverhaltensregeln empfiehlt „die Bestellung eines Aufsichtsratsmitglieds, das von Eigentümern, mit ihnen verbundenen Unternehmen und Geschäftspartnern der Kapitalanlagegesellschaft unabhängig ist“. In den USA fordert die SEC, dass die Mehrheit des „board of directors“ eines Fonds unabhängig sein muss. 402 Das US Investment Company Institute (ICI), der Verband der amerikanischen Investmentgesellschaften, empfiehlt sogar, dass mindestens zwei Drittel der „directors“ einer Fondsgesellschaft unabhängig sein sollen. 403 Das Basler Komitee für Bankenaufsicht verlangt für Banken lediglich eine „angemessene Zahl“ unabhängiger Mitglieder im Aufsichtsorgan. 404 Die Anforderungen des § 6 Abs. 2a InvG, des CGKAM und der BVI-Wohlverhaltensregeln, wonach nur ein Mitglied des Aufsichtsrates einer KAG unabhängig 402

O’Dell, International Business Lawyer 2000, 281, 282; Steck, S. 91. O’Dell, International Business Lawyer 2000, 281, 282. 404 Basler Komitee für Bankenaufsicht, „Enhancing Corporate Governance for Banking Organisations“, Abs. 30; abrufbar unter: www.bis.org. 403

5. Kap.: Aufsicht im Anlegerinteresse

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sein muss, führen nur zu einer symbolischen Verbesserung der Vertretung der Anlegerinteressen. Ein einzelnes unabhängiges Mitglied wäre bei Abstimmungen stets in der Minderheit. Abstimmungsergebnisse, die den Interessen der Anlieger widersprechen, könnte es nicht verhindern. Eine Verpflichtung zur Bestellung eines einzigen unabhängigen Aufsichtsratsmitgliedes stellt also keinen spürbaren Mehrwert für eine verbesserte Vertretung der Anlegerinteressen dar. Es besteht allgemein Einigkeit darüber, dass der Aufsichtsrat einer KAG in den Fällen, in denen Gesellschafts- und Anlegerinteressen miteinander kollidieren, den Interessen der Anleger einen Vorrang einzuräumen hat. 405 Dann erscheint es aber auch angezeigt, diesem Vorrang der Anlegerinteressen durch ein numerisches Übergewicht der unabhängigen Mitglieder im Aufsichtsrat Ausdruck zu verleihen. 406 Dies würde zudem mit den Gepflogenheiten in den USA übereinstimmen, deren Fondsindustrie als weltweit führend angesehen werden kann. Der Übertragbarkeit der US-amerikanischen Regelung auf das deutsche Investmentrecht kann auch nicht der Unterschied zwischen dem monistischen Aufbau der Leitungsorgane von Kapitalgesellschaften nach US-amerikanischem Recht und dem in Deutschland herrschenden dualistischen Modell entgegen gehalten werden. 407 Im Bereich der Investmentgesellschaften besteht dieser Unterschied nicht. Das „board of directors“ ist bei US-Investmentgesellschaften anders als bei sonstigen Wirtschaftsunternehmen in den USA ein reines Aufsichtsorgan, das an der Leitung des Tagesgeschäfts nicht beteiligt ist. 408 Hierfür ist alleine der „Investment Adviser“ zuständig. Weiterhin stünde ein solches numerisches Übergewicht der unabhängigen Mitglieder des Aufsichtsrates einer KAG im Einklang mit den Forderungen von einigen KAGen, dass Wertpapieremittenten ihre Aufsichtsgremien mehrheitlich mit unabhängigen Mitgliedern besetzen sollen. 409 Zudem ist zu erwarten, dass dies von den Anlegern als wesentliche Stärkung der eigenen Position aufgefasst 405

Siehe oben: 5. Kapitel Abschnitt D.I. Köster, S. 121 schlägt in Anlehnung an die US-amerikanische Rechtslage ein Verhältnis von unabhängigen zu nicht unabhängigen Aufsichtsratsmitgliedern von 60% zu 40% vor. 407 Als monistischer Aufbau der Leitungsorgane einer Gesellschaft werden Systeme bezeichnet, in denen nur ein Organ mit der Verwaltung der Gesellschaft betraut ist. Dies ist in den USA mit dem „board of directors“ grundsätzlich der Fall. Dabei ist die Hälfte der Boardmitglieder mit der Leitung des Tagesgeschäfts betraut, die andere Hälfte beaufsichtigt die Unternehmensleitung. Im deutschen System, das durch den dualistischen Aufbau geprägt ist, bestehen zwei Verwaltungsorgane: der Vorstand, der das Tagesgeschäft leitet und der Aufsichtsrat, der den Vorstand hierbei beaufsichtigt. Aufgrund dieser fundamentalen Unterschiede lassen sich Grundsätze, die auf das monistische Modell Anwendung finden, nicht in jedem Fall auf das dualistische Modell übertragen, zu den Unterschieden zwischen beiden Modellen: Hopt, in: McCahery / Moerland / Raaijmakers / Renneboog, Corporate Governance Regimes, S. 175, 176 ff. 408 Steck, S. 89. 406

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

würde, was eine Steigerung des Vertrauens in die Fondsindustrie zur Folge hätte. Die KAGen könnten die Mehrheit der unabhängigen Aufsichtsratsmitglieder als wichtiges Anlegerschutzmerkmal von Investmentfonds kommunizieren und würden auf diesem Wege ein weiteres Marketinginstrument erhalten. Insgesamt bleibt somit festzuhalten, dass die Gesellschafter von KAGen zur mehrheitlichen Bestellung unabhängiger Aufsichtsratsmitglieder verpflichtet werden sollten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine entsprechende Verpflichtung nicht für die von den Arbeitnehmern gewählten Aufsichtsratsmitglieder gelten kann. Es obliegt daher den Gesellschaftern von KAGen sicherzustellen, dass auch unter Einbeziehung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat die Mehrheit der Mitglieder unabhängig ist. Ist der Aufsichtsrat paritätisch mit Arbeitnehmervertretern und von den Gesellschaftern bestellten Mitgliedern zu besetzen, genügt es, wenn sämtliche von den Gesellschaftern bestellten Mitglieder das Unabhängigkeitskriterium erfüllen. b) Verfassungsmäßigkeit der Pflicht zur mehrheitlichen Bestellung von unabhängigen Aufsichtsratsmitgliedern Fraglich ist allerdings, ob die Einführung einer gesetzlichen Pflicht zur mehrheitlichen Bestellung unabhängiger Aufsichtsratsmitglieder verfassungsrechtlich zulässig ist. Bedenken könnten hierbei deshalb bestehen, weil eine solche Verpflichtung zum einen das Recht der Anteilseigner beschränkt, die Mitglieder des Aufsichtsrates nach ihren Vorstellungen zu bestimmen und zum anderen in die Organisationsverfassung von KAGen eingreift. Es könnte daher eine Verletzung von Grundrechten vorliegen. Zu der Frage, inwieweit es verfassungsrechtlich zulässig ist, die Anteilseigner einer Aktiengesellschaft in ihrem Recht zu beschränken, die Mitglieder des Aufsichtsrats zu bestellen, hat das Bundesverfassungsgericht schon einmal Stellung genommen. 410 Untersuchungsgegenstand war hierbei das Mitbestimmungsgesetz von 1976, das die betrieblichen Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer ausweitete, indem es für Aktiengesellschaften mit einer gewissen Anzahl von Mitarbeitern festlegte, dass sich der Aufsichtsrat aus einer gleichen Anzahl von Mitgliedern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer zusammenzusetzen hat, wobei die Anteilseigner weiterhin das Recht zur Bestellung des Vorsitzenden behalten. Das Bundesverfassungsgericht überprüfte die Mitbestimmungsregeln auf ihre Vereinbarkeit mit der Eigentumsfreiheit gem. Art. 14 Abs. 1 GG, der Vereini409 Vgl. etwa die Leitlinien zur Abstimmung auf Hauptversammlungen der Allianz Global Investors Kapitalanlagegesellschaft mbH, abrufbar unter www.allianzglobalinvestors .de. 410 BVerfGE 50, 290 ff.; NJW 1979, 699 ff.

5. Kap.: Aufsicht im Anlegerinteresse

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gungsfreiheit gem. Art. 9 Abs. 1 GG, der Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG und der allgemeinen Handlungsfreiheit gem. Art. 2 Abs. 1 GG. 411 Im Rahmen der Prüfung der Vereinbarkeit mit Art. 14 Abs. 1 GG untersuchte das Gericht zum einen eine Verletzung der Eigentumsfreiheit der Gesellschafter und zum anderen eine Verletzung der Eigentumsfreiheit der Gesellschaften. Es kam zu dem Ergebnis, dass die Mitbestimmungsregeln verfassungskonform sind und stellte dabei Grundsätze auf, die über den konkreten Untersuchungsgegenstand hinaus für Beschränkungen des Rechts von Anteilsinhabern einer Kapitalgesellschaft zur Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder von Bedeutung sind. Hinsichtlich der Eigentumsfreiheit der Gesellschafter stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass das Anteilseigentum an einer Kapitalgesellschaft von der Eigentumsfreiheit geschützt wird, wobei hinsichtlich des Schutzumfangs zwischen dem Vermögenswert der Anteile und den in den Anteilen verkörperten Verfügungsbefugnissen zu unterscheiden ist. 412 Mit der Beschränkung des Rechts, Aufsichtsratsmitglieder zu bestellen, sind unmittelbar nur die Verfügungsbefugnisse betroffen. Diese bestehen nicht alleine im Verhältnis vom Eigentümer zu seinem Eigentum, sondern besitzen einen besonderen sozialen Bezug. Die mitgliedschaftlichen Verfügungsbefugnisse des Anteilsrechts, die Befugnisse zur Kontrolle der Unternehmensleitung und zu personalpolitischen Entscheidungen unterfallen daher in besonderem Maße der in Art. 14 Abs. 2 GG zum Ausdruck kommenden Sozialbindung des Eigentums. Aufgrund dieser Sozialbindung liegt eine Beschränkung des Wahlrechts der Gesellschafter jedenfalls dann noch innerhalb der Grenzen einer zulässigen Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums, solange nicht gegen den Willen der Anteilseigner über das in das Unternehmen investierte Kapital entschieden werden kann, wenn die Beschränkung nicht den Verlust der Kontrolle über die Auswahl der Unternehmensführung mit sich bringt und den von den Gesellschaftern bestimmten Aufsichtsratsmitgliedern das Letztentscheidungsrecht belassen wird. Zur Verletzung der Eigentumsfreiheit einer Gesellschaft führte das Bundesverfassungsgericht aus, dass ein nicht gerechtfertigter Eingriff dann anzunehmen ist, wenn ihre innere Organisation so beschränkt wird, dass sie funktionsunfähig oder jedenfalls ein der Funktionsunfähigkeit nahe kommender Zustand erreicht wird, etwa weil die Willensbildung im Unternehmen so verkompliziert wird, dass Entscheidungen nicht oder kaum mehr getroffen werden können. 413 Zur Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 Abs. 1 GG stellte das Gericht fest, dass durch dieses Grundrecht das Prinzip der freien Gruppenbildung gewährleistet 411 Untersuchungsgegenstand der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts war weiterhin die Koalitionsfreiheit nach § 9 Abs. 3 GG. Diesem Grundrecht kommt im vorliegenden Kontext aber keine Bedeutung zu. 412 BVerfGE 50, 290, 342; NJW 1979, 699, 703. 413 BVerfGE 50, 290, 350; NJW 1979, 699, 705.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

wird, eine staatliche Regelung zur Organisation und Willensbildung von Kapitalgesellschaften aber mit Art. 9 Abs. 1 GG vereinbar ist, sofern sie nicht sachfremd ist, sondern im Interesse schutzwürdiger Belange ergeht. 414 Weiterhin stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass die Beschränkung des Rechts zur Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern einen Eingriff in die Berufsfreiheit der betreffenden Gesellschaft nach Art. 12 Abs. 1 GG darstellt. 415 Allerdings ist eine Vorschrift, die eine solche Beschränkung vorsieht, lediglich als eine Berufsausübungsregelung anzusehen, die durch sachgerechte und vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt werden kann. Die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG schützt, so das Bundesverfassungsgericht, einen angemessenen Spielraum zur Entfaltung der Unternehmerinitiative. 416 Dieser Spielraum wird aber nur in den Grenzen der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet. Solange eine gesetzliche Regelung, die in diesen Spielraum eingreift, Zwecke des Gemeinwohls verfolgt und mit dem Grundgesetz im Einklang steht, stellt sie einen Teil der verfassungsmäßigen Ordnung dar und beschränkt die allgemeine Handlungsfreiheit daher in zulässiger Weise. Die von dem Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätze sind im Folgenden auf die Verpflichtung zur mehrheitlichen Bestellung unabhängiger Aufsichtratsmitglieder bei KAGen anzuwenden. Dabei ist ebenfalls die Vereinbarkeit mit der Eigentumsfreiheit gem. Art. 14 Abs. 1 GG, der Vereinigungsfreiheit gem. Art. 9 Abs. 1 GG, der Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG und der allgemeinen Handlungsfreiheit gem. Art. 2 Abs. 1 GG zu untersuchen. Durch die Verpflichtung zur Besetzung der Mehrheit des Aufsichtsrats mit unabhängigen Personen wird in die mitgliedschaftlichen Verfügungsbefugnisse des Anteilsrechts der Gesellschafter von KAGen eingegriffen. Die Gesellschafter sind nicht mehr frei, jede Personen ihrer Wahl, die nach Sachkunde und Persönlichkeit für das Amt eines Aufsichtsratsmitgliedes geeignet ist, als Aufsichtsratsmitglied zu bestellen. Ein Eingriff in die Eigentumsfreiheit der Gesellschafter ist folglich zu bejahen. Allerdings werden die Gesellschafter nur insofern beschränkt, dass die von ihnen zu bestellenden Kandidaten gewisse Unabhängigkeitserfordernisse erfüllen müssen. Der Verlust des Wahlrechts der Gesellschafter, etwa dadurch, dass Anleger Aufsichtsratsmitglieder bestellen dürfen, findet hingegen nicht statt. Somit kann auch bei mehrheitlicher Besetzung des Aufsichtsrates mit unabhängigen Mitgliedern nicht gegen den Willen der von den Gesellschaftern einer KAG bestellten Personen über das in das Unternehmen investierte Kapital entschieden werden. 417 Sie verlieren auch nicht die Kontrolle über die Auswahl der Unterneh414 415 416 417

BVerfGE 50, 290, 350; NJW 1979, 699, 705 ff. BVerfGE 50, 290, 365; NJW 1979, 699, 708. BVerfGE 50, 290, 366; NJW 1979, 699, 708. Kritisch jedoch: Zetzsche, ZBB 2008, 438, 440.

5. Kap.: Aufsicht im Anlegerinteresse

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mensführung, sondern behalten insoweit das Letztentscheidungsrecht. Die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätze zur zulässigen Beschränkung des Rechts auf Auswahl der Aufsichtsratsmitglieder werden mithin eingehalten, und ein Verstoß gegen die Eigentumsfreiheit der Gesellschafter von KAGen liegt nicht vor. Ein Eingriff in die Eigentumsfreiheit von KAGen setzt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einen Eingriff in deren innere Organisation voraus, durch den sie funktionsunfähig werden oder jedenfalls ein der Funktionsunfähigkeit nahe kommender Zustand erreicht wird. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Unabhängige Aufsichtsratsmitglieder werden ebenso wie nicht unabhängige Mitglieder von den Anteilseignern bestimmt. Beide sind auch in gleicher Weise den Anlegerinteressen und den Interessen der KAG verpflichtet. Die Verpflichtung der Gesellschafter von KAGen zur mehrheitlichen Bestellung unabhängiger Aufsichtsratsmitglieder beschränkt mithin nicht die Funktionsfähigkeit der Gesellschaften. Eine Beschränkung des Rechts der Gesellschafter von KAGen zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern verstößt dann nicht gegen die Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 Abs. 1 GG, wenn hierfür schutzwürdige Belange sprechen. Ebenso ist eine Verletzung der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG nicht anzunehmen, wenn dies durch sachgerechte und vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt wird. Der verbesserte Anlegerschutz dient dem Vertrauen der Anleger in Investmentfonds als Anlagemöglichkeit für die private Vermögensanlage. Dieses Vertrauen wiederum ist entscheidend dafür, dass sich weite Teile der Bevölkerung für eine private Altersvorsorge entscheiden, die angesichts der Lage der staatlichen Versorgungssysteme für das Gemeinwohl unerlässlich ist. Das Ziel einer verbesserten Wahrung von Anlegerinteressen, das durch die Verpflichtung zur mehrheitlichen Bestellung unabhängiger Aufsichtsratsmitglieder erreicht werden soll, kann sowohl als „schutzwürdiger Belang“ als auch als eine „sachgerechte und vernünftige Erwägung des Gemeinwohls“ qualifiziert werden. Der Eingriff in die Vereinigungs- und Berufsfreiheit durch eine entsprechende Regelung ist demnach gerechtfertigt. Ein Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei einer Einschränkung eines angemessenen Spielraums zur Entfaltung der Unternehmerinitiative anzunehmen. 418 Der Spielraum zur Entfaltung der Unternehmerinitiative wird durch die Verpflichtung zur mehrheitlichen Bestellung unabhängiger Aufsichtsratsmitglieder beschränkt. Dieser Spielraum wird aber nur in den Grenzen der verfassungsmäßigen Ordnung geschützt, wobei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unter den Begriff der verfassungsmäßigen Ordnung alle 418

BVerfGE 50, 290, 366; NJW 1979, 699, 708.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

Vorschriften zu fassen sind, mit denen Zwecke des Gemeinwohls verfolgt werden und die mit dem Grundgesetz im Einklang stehen. Wie bereits dargelegt, dient die mit der Verpflichtung zur Bestellung mehrheitlich unabhängiger Aufsichtsratsmitglieder beabsichtigte Verbesserung des investmentrechtlichen Systems dem Gemeinwohl und steht darüber hinaus im Einklang mit dem Grundgesetz. Die Einführung einer Verpflichtung der Gesellschafter von KAGen zur Bestellung mehrheitlich unabhängiger Aufsichtsratsmitglieder ist mithin verfassungskonform. 5. Zwischenergebnis Als Zwischenergebnis ist festzustellen, dass eine Verpflichtung der Gesellschafter von KAGen zur mehrheitlichen Bestellung unabhängiger Aufsichtsratsmitgliedern ein geeignetes und verfassungsrechtlich zulässiges Instrument zur verbesserten Wahrung der Anlegerinteressen durch den Aufsichtsrat von KAGen darstellt. IV. Aufhebung der reduzierten Anforderungen an die Arbeitnehmervertreter? § 6 Abs. 4 InvG befreit die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat von dem Erfordernis, nach ihrer Persönlichkeit und ihrer Sachkunde die Wahrung der Anlegerinteressen zu gewährleisten. Diese Befreiung ist in der Literatur auf Kritik gestoßen. Dabei wird vorgetragen, dass die Arbeitnehmervertreter hierdurch zu Aufsichtsratsmitgliedern zweiter Klasse degradiert und Konfliktsituationen mit den Interessen der Anleger herbeigeführt würden. 419 Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat nicht von der Pflicht zur Wahrung der Anlegerinteressen befreit sind. 420 Es ist daher zu untersuchen, ob die geringeren Anforderungen an die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat einer KAG gerechtfertigt sind. Man könnte die Auffassung vertreten, dass die Befreiung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat von den Erfordernissen an ihre Sachkenntnis und Persönlichkeit aus Gründen der Mitbestimmung von Arbeitnehmern erforderlich ist. Hierfür spricht, dass durch die Herabsetzung der persönlichen Anforderungen eine größere Zahl von Arbeitnehmern die Möglichkeit erhält, als Aufsichtsratsmitglied bestellt zu werden. Es erscheint allerdings fraglich, ob der Zugang einer breiten Arbeitnehmerschicht zu Aufsichtsratsmandaten als schutzwürdiger Aspekt der Arbeitnehmermitbestimmung anzuerkennen ist. Das Bundesverfassungsgericht 419 420

Siara / Tormann, § 4 Anm. II, Zeller, in: Brinkhaus / Scherer, § 4 KAGG Rdnr. 12. Beckmann, in: Beckmann / Scholtz, Kz. 410 § 6 Rdnr. 10.

5. Kap.: Aufsicht im Anlegerinteresse

237

hat in seiner Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit des Mitbestimmungsgesetzes ausgeführt, dass Zweck der Mitbestimmungsregeln die „Kooperation und Integration aller im Unternehmen tätiger Kräfte“ sei. 421 Es ist somit zu untersuchen, ob die Befreiung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat einer Kapitalanlagegesellschaft von den Anforderungen an ihre Sachkenntnis und Persönlichkeit erforderlich ist, um die Kooperation und Integration der Arbeitnehmer im Unternehmen zu ermöglichen. Hiergegen spricht bereits, dass die Arbeitnehmer auch bei Anwendung der strengen Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 S. 1 InvG weiterhin ihre Sitze im Aufsichtsrat behalten. Zwar lässt sich insoweit einwenden, dass einige geringer qualifizierte Mitarbeiter diese Voraussetzungen, zumindest hinsichtlich der Sachkunde, nicht erfüllen können und für diese daher nicht die Möglichkeit besteht, als Aufsichtsratsmitglied gewählt zu werden. Sinn der Mitbestimmung ist es aber nicht, jedem einzelnen Arbeitnehmer, unabhängig von seiner Qualifikation, die Einflussnahme auf Unternehmensentscheidungen zu ermöglichen. Vielmehr kann es nur Absicht des Mitbestimmungsrechts sein, den Arbeitnehmern als Gesamtheit ein Mitspracherecht zu gewähren. Hinsichtlich der praktischen und theoretischen Kenntnisse im Investmentwesen kann davon ausgegangen werden, dass KAGen über ausreichend geeignete Mitarbeiter verfügen. Die Mitarbeiter einer KAG sollten daher in ausreichender Zahl die Anforderungen an die fachliche Eignung für die Mitgliedschaft im Aufsichtrat erfüllen. Nur für externe Gewerkschaftsvertreter als Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat mag es häufig nicht möglich sein, das fachliche Anforderungsprofil des § 6 Abs. 3 S. 1 InvG zu erfüllen. Die Anforderungen an die Persönlichkeit von Kandidaten sollte ebenfalls von einer Vielzahl möglicher Arbeitnehmer erfüllt werden können, wenn man dieses Kriterium nicht alleine im Sinne einer hohen Reputation und Autorität versteht, sondern richtigerweise auf die Durchsetzungsfähigkeit gegenüber der Geschäftsführung und die Integrität der betreffenden Person abstellt. Als Zwischenergebnis kann festgestellt werden, dass die Befreiung der Arbeitnehmervertreter von den sachlichen Anforderungen für die Zwecke der Arbeitnehmermitbestimmung nur insoweit erforderlich ist, als die Arbeitnehmer hierdurch die Möglichkeit haben, externe, fachfremde Gewerkschaftsvertreter als Aufsichtsratsmitglieder zu bestimmen. Die Befreiung von den persönlichen Anforderungen ist aus Gründen der Arbeitnehmermitbestimmung nicht erforderlich. Zu klären ist weiterhin, ob die Befreiung der Arbeitnehmervertreter von den Anforderungen an ihre Sachkunde angemessen ist. Das Ziel der Arbeitnehmerbeteiligung in Unternehmen einerseits und das Interesse an einer umfangreichen Wahrung der Anlegerinteressen andererseits sind gegeneinander abzuwägen. Dabei ist zu beachten, dass die geringeren Anforderungen für Arbeitnehmervertreter, 421

BVerfGE 50, 290, 366; NJW 1979, 699, 708.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

wie oben dargelegt, nur für Gewerkschaftsvertreter von Bedeutung sind. Für die Arbeitnehmer der KAG ist das geringere Anforderungsprofil nicht erforderlich. Weiterhin muss berücksichtigt werden, dass der Aufsichtsrat einer KAG seine Tätigkeit nicht in erster Linie im Unternehmensinteresse sondern primär im Interesse der Fondsanleger wahrzunehmen hat. Da die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat aber dem Unternehmensinteresse und nicht der Wahrung der Anlegerinteressen dient, muss ihr bei der Bestellung der Mitglieder des Aufsichtsrats einer KAG auch eine geringere Bedeutung zukommen. Zudem ist es bei den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat einer KAG besonders wichtig, dass sie ihrer Persönlichkeit nach die Wahrung der Anlegerinteressen gewährleisten. Angesichts der Verknüpfung ihrer eigenen wirtschaftlichen Interessen mit denen der KAG besteht bei ihnen in besonderem Maße die Gefahr, dass sie die Interessen der KAG über die der Anleger stellen. Vor diesem Hintergrund ist die Anwendung des § 6 Abs. 3 S. 1 InvG auf die Arbeitnehmervertreter für die Wahrung der Anlegerinteressen von besonders großer Bedeutung. Dass der Gesetzgeber, der eine erhöhte Qualifikation der Aufsichtsratsmitglieder als erforderlich für den Anlegerschutz ansieht, diese Anforderungen ausgerechnet bei einer Personengruppe für nicht anwendbar erklärt, die in besonderem Maße Interessenkonflikten ausgesetzt ist, leuchtet nicht ein. Wägt man folglich die Interessen der Anleger an der Besetzung des Aufsichtsrates mit Mitgliedern, die sicherstellen, dass die Fonds in ihrem Interesse verwaltet werden, mit den Interessen der Arbeitnehmer von KAGen an der Mitbestimmung im Unternehmen miteinander ab, kommt man zu dem Ergebnis, dass die Anlegerinteressen überwiegen. Die Befreiung der Arbeitnehmervertreter von den Anforderungen des § 6 Abs. 3 S. 1 InvG ist mithin nicht gerechtfertigt. § 6 Abs. 4 InvG sollte daher gestrichen werden. V. Die Befugnisse des Aufsichtsrates Die Befugnisse des Aufsichtsrats einer KAG wurden bereits dargelegt. Es stellt sich die Frage, ob der Aufsichtsrat mit zusätzlichen Befugnissen ausgestattet werden sollte. Hierfür spricht, dass er, wenn die Anteilseigner von KAGen tatsächlich zur mehrheitlichen Bestellung unabhängiger Aufsichtsratsmitglieder verpflichtet werden, ein besonders geeignetes Organ zur internen Aufsicht darstellt. Dann sollten dem Aufsichtsrat auch umfassende Aufsichtsbefugnisse zustehen. Als mögliche Maßnahmen zur Stärkung der Befugnisse des Aufsichtsrates kommen die Erweiterung der Berichterstattungspflichten der Geschäftsführung gegenüber dem Aufsichtsrat und die Einräumung von Sanktionsbefugnissen in Frage.

5. Kap.: Aufsicht im Anlegerinteresse

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1. Erweiterte Berichterstattung Ohne ausreichende Informationsrechte kann der Aufsichtsrat seine Kontrollaufgaben nicht sachgerecht erfüllen. 422 Es ist deshalb zu untersuchen, ob die Berichtspflichten der Geschäftsführung von KAGen gegenüber dem Aufsichtsrat erweitert werden sollten. Gem. § 6 Abs. 2 S. 2 InvG i.V. m. § 90 Abs. 3 AktG kann der Aufsichtsrat von der Geschäftsführung Berichte über Angelegenheiten der Gesellschaft, über ihre rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen zu verbundenen Unternehmen sowie über geschäftliche Vorgänge bei diesen Unternehmen, die auf die Lage der Gesellschaft von erheblichen Einfluss sein können, verlangen. Zu einer regelmäßigen Berichterstattung gem. § 90 Abs. 1, 2 AktG ist die Geschäftsführung einer KAG mangels eines Verweises auf diese beiden Absätze in § 6 Abs. 2 S. 2 InvG nicht verpflichtet. Die Berichtspflicht der Geschäftsführung von KAGen gegenüber dem Aufsichtsrat nach geltender Rechtslage hat im Wesentlichen zwei Nachteile: Zum einen erschwert die fehlende Verpflichtung der Geschäftsführung zur regelmäßigen Berichterstattung eine dauerhafte und umfassende Kontrolle durch den Aufsichtsrat. Zum anderen sind die Berichte, die der Aufsichtsrat gem. § 90 Abs. 3 AktG verlangen kann, inhaltlich nicht auf eine Kontrolle im Interesse der Anleger ausgelegt. Zwar sind die Berichte über die rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen einer KAG zu ihren verbundenen Unternehmen für die Wahrung der Anlegerinteressen relevant. Darüber hinaus bestehen aber viele weitere Themen, die aus Anlegersicht von Bedeutung aber nicht von der Berichtspflicht gem. § 90 Abs. 3 AktG umfasst sind. Die Geschäftsleitung von KAGen sollte folglich regelmäßig zur Berichterstattung gegenüber dem Aufsichtsrat verpflichtet werden. Dabei bietet sich eine quartalsweise Berichterstattung an. Inhaltlich sollten sich derartige Berichte auf sämtliche Angelegenheiten beziehen, die für die Wahrung der Interessen der Fondsanleger von Bedeutung sind. 423 Ziffer IIa.8 der BVI-Wohlverhaltensregeln fordert insoweit eine „regelmäßige Berichterstattung der Geschäftsführung über die Tätigkeit der Compliance-Organisation“. Dieser Forderung ist zuzustimmen, soweit der Begriff der Compliance-Organisation so weit zu verstehen ist, dass er sämtliche Umstände umfasst, die Interessenkonflikte innerhalb der KAG begründen und daher die Wahrung der Interessen der Fondsanleger gefährden. Als Themen kommen beispielsweise Transaktionen der KAG mit verbundenen Unternehmen, die Ausübung von Aktionärsrechten, insbesondere in Fällen, in denen das Fonds422

Mansfeld, ZfgKW 2007, 259, 260. IOSCO, „Consultation Report, Examination of Governance for Collective Investment schemes, part II, Independence Criteria, Empowerment Conditions and Functions to be performed by the ‚Independent Oversight Entities‘“, Juni 2006, Grundsatz III.1; abrufbar unter: www.iosco.org. 423

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

management Interessenkonflikten ausgesetzt ist, die Auslagerung von Aufgaben oder das Transaktionsmanagement in Frage. Dabei sollte der Aufsichtsrat insbesondere über Abweichungen von den einschlägigen Richtlinien und Prozeduren zur Wahrung der Anlegerinteressen informiert werden. Eine derartige Verpflichtung erhöht zwar den Verwaltungsaufwand für KAGen. Angesichts der Bedeutung einer effektiven Arbeit des Aufsichtsrats für die Wahrung der Anlegerinteressen und durch die Beschränkung der Berichtspflicht auf Angelegenheiten, die für die Wahrung der Interessen der Fondsanleger von Bedeutung sind, erscheint der zusätzliche Aufwand aber angemessen. Die Berichte sollten dabei so detailliert sein, dass den Aufsichtsräten alle Informationen zur Verfügung stehen, die erforderlich sind, um beurteilen zu können, ob die Interessen der Anleger angemessen berücksichtigt werden. In der Literatur werden teilweise auch weitergehende Berichtspflichten der Geschäftsführung einer KAG gegenüber dem Aufsichtsrat befürwortet. So soll die Geschäftsführung verpflichtet sein, dem Aufsichtsrat mindestens halbjährlich einen detaillierten Bericht über die durchgeführten Wertpapiertransaktionen vorzulegen, in dem die genauen Bedingungen jedes einzelnen Wertpapiergeschäfts dargestellt werden. 424 Eine solche Verpflichtung hätte den Vorteil, dass der Aufsichtsrat noch umfassender informiert wird. Dieser Forderung kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass diese Informationen bereits im Jahresbericht und Halbjahresbericht gem. § 44 Abs. 1 S. 3 Nr. 2, Abs. 2 S. 1 InvG enthalten sind, da diese Angaben weniger detailliert sind. Insbesondere sind hierbei nicht der Zeitpunkt einer Transaktion oder die jeweiligen Preise offen zu legen. Gleichwohl erhielten die Aufsichtsräte auf diesem Wege so viele Informationen, dass es ihnen schwer fallen dürfte, die für die Wahrung der Anlegerinteressen relevanten Informationen von den insoweit unerheblichen zu trennen. Der Arbeitsaufwand sowohl für die KAGen als auch für die Aufsichtsräte würde auf diesem Wege derart stark anwachsen, dass die Effektivität der Kontrolltätigkeit der Aufsichtsräte gefährdet wäre. Da die regelmäßige Berichterstattung die Aufsichtsräte lediglich befähigen soll, die Interessen der Fondsanleger umfassend zu wahren, ist es nicht sinnvoll, die Aufsichtsräte mit derart vielen Informationen zu versorgen. 2. Sanktionsbefugnisse des Aufsichtsrats Kommt der Aufsichtsrat einer KAG auf der Grundlage der ihm zur Verfügung gestellten Informationen zu dem Ergebnis, dass die Geschäftsführung den Interessen der Anleger zuwidergehandelt hat, stellt sich die Frage, welche Sanktionsbefugnisse ihm zustehen. Gem. § 111 Abs. 3 AktG hat der Aufsichtsrat eine Hauptversammlung einzuberufen, wenn das Wohl der Gesellschaft es erfordert. Diese Befugnis ist für 424

Köster, S. 122.

5. Kap.: Aufsicht im Anlegerinteresse

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die Wahrung der Anlegerinteressen ohne Bedeutung. Zum einen besteht sie nur, wenn „das Wohl der Gesellschaft es erfordert“, nicht aber wenn das Wohl der Anleger gefährdet ist. Zum anderen würde es in Fällen, in denen das Wohl der Anleger gefährdet ist, auch nicht helfen, die Gesellschafterversammlung der KAG einzuberufen, da deren Interessen nicht identisch sind mit denen der Anleger. Eine Versammlung der Fondsanleger existiert hingegen nicht und kann daher auch nicht einberufen werden. Gem. § 111 Abs. 4 S. 2 AktG kann der Aufsichtsrat bestimmen, dass bestimmte Geschäfte nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden dürfen. Ob eine Erweiterung der üblicherweise in der Satzung einer KAG vorgesehenen Zustimmungsvorbehalte zu einer verbesserten Wahrung der Anlegerinteressen führt, erscheint allerdings fraglich. Durch die Einführung neuer Zustimmungsvorbehalte kann die dringend benötigte Flexibilität der KAGen bei der Anlage von Fondsvermögen beeinträchtigt werden. Sinnvoll erscheint ein solches Vorgehen daher nur für Entscheidungen, die nicht unmittelbar die Anlage des Fondsvermögens betreffen aber trotzdem für die Wahrung der Anlegerinteressen von Bedeutung sind. So ist es beispielsweise sinnvoll, für die Entscheidung über die Auslagerung des Fondsmanagements einen Zustimmungsvorbehalt zugunsten des Aufsichtsrates vorzusehen. Da § 6 Abs. 2 S. 2 InvG nicht auf § 84 AktG verweist, gehört es grundsätzlich nur dann zu den Aufgaben des Aufsichtsrats einer KAG, die Mitglieder der Geschäftsführung zu bestellen, wenn der Gesellschaftsvertrag der KAG dies vorsieht. Da die Auswahl des Führungspersonals einer KAG aber eine in die Zukunft hineinwirkende Entscheidung darstellt, durch die die Interessen der Fondsanleger wesentlich beeinflusst werden können, erscheint es geboten, dem Aufsichtsrat von KAGen die Bestellung der Mitglieder der Geschäftsführung generell zu übertragen. Der Aufsichtsrat würde auf diesem Wege die Möglichkeit erhalten, diejenigen Personen als Geschäftsführer zu bestellen, die sowohl aus Anlegersicht als auch aus Unternehmenssicht besonders geeignet für die Leitung der KAG sind. Dementsprechend sollte der Verweis in § 6 Abs. 2 S. 2 InvG auch auf § 84 AktG erstreckt werden. Gem. § 6 Abs. 2 S. 2 InvG i.V. m. § 171 AktG hat der Aufsichtsrat den Jahresabschluss zu prüfen und über das Ergebnis der Prüfung schriftlich an die Hauptversammlung zu berichten. Ist der Jahresabschluss durch einen Abschlussprüfer zu prüfen, hat der Aufsichtsrat außerdem zu dem Ergebnis der Prüfung des Jahresabschlusses Stellung zu nehmen. Auch diese Befugnisse des Aufsichtsrates passen nicht zur Kontrolltätigkeit des Aufsichtsrates einer KAG im Interesse der Anleger. Selbst wenn einem Jahresabschluss Unregelmäßigkeiten zu Lasten der Anleger zu entnehmen sind, ist es wenig hilfreich, wenn insoweit an die Anteilseigner der KAG berichtet wird. Außerdem ist aus Anlegersicht die Prüfung der einzelnen Investmentfonds und nicht die der KAG von primärem Interesse. Vor diesem Hintergrund sollte eine Berichtspflicht des Aufsichtsrates gegenüber der

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

BaFin eingeführt werden. Derartige Berichte sollten sich zum einen auf die Prüfung der einzelnen Jahresberichte der Fonds aus Sicht der Anlegerinteressen und zum anderen auf die Erkenntnisse beziehen, die dem Aufsichtsrat aufgrund der regelmäßigen Berichterstattung der Geschäftsführung mitgeteilt worden sind. 425 Auf diesem Wege würde die BaFin eine weitere Informationsquelle erhalten, deren Erkenntnisse sie für etwaige eigene Aufsichtsmaßnahmen nutzen könnte. VI. Die Behandlung von Eigeninteressen der Aufsichtsratsmitglieder Wie bei allen sonstigen Mitgliedern des Aufsichtsgremiums einer Kapitalgesellschaft besteht auch bei den Mitgliedern des Aufsichtsrates einer KAG die Gefahr, dass sie sich bei ihrer Aufgabenerfüllung von Eigeninteressen leiten lassen. Der CGKAM enthält daher Vorgaben für Aufsichtsratsmitglieder von KAGen zum Umgang mit Situationen, in denen sie über Eigeninteressen verfügen, die die ordnungsgemäße Ausübung ihrer Aufsichtstätigkeit gefährden. So verlangt Ziffer II.2.2.1 des CGKAM, dass Aufsichtsratsmitglieder im Rahmen ihres Amtes weder persönliche Interessen verfolgen noch Geschäftschancen, die den Anlegern oder der Gesellschaft zustehen, für sich nutzen dürfen. Gem. Ziffer II.2.2.2 des CGKAM soll jedes Aufsichtsratsmitglied dem Aufsichtsratsvorsitzenden gegenüber eigene Interessenkonflikte offen legen und gem. Ziffer II.2.2.3 des CGKAM dürfen Aufsichtsratsmitglieder im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit weder für sich noch für andere Personen Zuwendungen oder sonstige ungerechtfertigte Vorteile fordern oder annehmen oder Dritten ungerechtfertigte Vorteile gewähren. Ziffer II.2.2.4 des CGKAM bestimmt schließlich, dass Berater- oder sonstige Dienstleistungs- und Werkverträge eines Aufsichtsratsmitgliedes mit der Gesellschaft der Zustimmung des Aufsichtsrates unterliegen sollen. Diese Regelungen sind sinnvoll und entsprechen weitestgehend den Pflichten, die der DCGK in den Ziffern 5.5.1 bis 5.5.4 für Aufsichtsratsmitglieder von Aktiengesellschaften aufstellt. 426 Für die Mitglieder des Aufsichtsrates einer KAG ergeben sich insoweit keine Besonderheiten. VII. Die innere Ordnung des Aufsichtsrates Um eine verbesserte Wahrung der Anlegerinteressen durch den Aufsichtsrat einer KAG zu erreichen, könnten auch zusätzliche Anforderungen an die innere 425 IOSCO, „Consultation Report, Examination of Governance for Collective Investment schemes, part II, Independence Criteria, Empowerment Conditions and Functions to be performed by the ‚Independent Oversight Entities‘“, Juni 2006, Grundsatz IV.3; abrufbar unter: www.iosco.org. 426 Siehe hierzu: Peltzer, Deutsche Corporate Governance – Ein Leitfaden, Rdnr. 314 ff.

5. Kap.: Aufsicht im Anlegerinteresse

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Ordnung des Aufsichtsrates gestellt werden. Dies gilt zum einen für die Bildung von Ausschüssen und zum anderen für die Anzahl der Aufsichtsratssitzungen. 1. Bildung von Ausschüssen a) Das Recht zur Ausschussbildung Gem. § 6 Abs. 2 S. 2 InvG ergeben sich Vorgaben für die innere Ordnung des Aufsichtsrates einer KAG aus § 107 AktG. Gem. § 107 Abs. 3 S. 1 AktG kann der Aufsichtsrat aus seiner Mitte Ausschüsse bilden. In der Praxis werden häufig Ausschüsse für allgemeine Fragen und den Personalbereich gebildet. 427 Durch die Bildung von Ausschüssen sind Aufsichtsräte grundsätzlich in der Lage, ihre Aufgaben effektiver zu erfüllen, da komplexe Aufgaben in kleinen Gruppen erörtert werden können. Gleichzeitig muss aber auch berücksichtigt werden, dass die Bildung von Ausschüssen zu einer Segmentierung der Aufsichtsratstätigkeit führt, die mit der Gesamtverantwortung des Aufsichtsrates in Konflikt geraten kann. 428 Daher darf der Aufsichtsrat einer KAG nur dann Ausschüsse bilden, wenn sichergestellt werden kann, dass die Mitglieder eines Ausschusses gemeinsam über alle Kenntnisse und Erfahrungen verfügen, die für die Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben erforderlich sind. In der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass das Recht zur Bildung von Ausschüssen bei Aufsichtsräten von KAGen nur insoweit bestünde, als Ausschüsse keine Entscheidungen treffen dürften, die von erheblicher Bedeutung für die Verwaltung der Sondervermögen sind. 429 Als Begründung für diese Auffassung wird angeführt, dass an Aufsichtsräte von KAGen wegen deren doppelter Aufgabenstellung strengere Anforderungen zu stellen seien, als dies bei sonstigen Aufsichtsräten der Fall ist. Diese gesteigerten Anforderungen ergäben sich bereits aus den besonderen gesetzlichen Voraussetzungen an die Qualifikation der Aufsichtsratsmitglieder. Diese Auffassung findet allerdings keine Stütze im Gesetz. § 6 Abs. 2 S. 2 InvG verweist ohne jede Einschränkung auf § 107 Abs. 3 S. 1 AktG, wonach ein Aufsichtsrat aus seiner Mitte Ausschüsse bilden darf. Auch aus den erhöhten Anforderungen an die Qualifikation der Aufsichtsratsmitglieder einer KAG kann nicht geschlossen werden, dass der Aufsichtsrat in seinem Recht zur Ausschussbildung beschränkt ist. Werden die oben dargelegten Anforderungen an die personelle Besetzung von Ausschüssen befolgt, ist stets gewährleistet, dass Ausschussmitglieder über die erforderlichen persönlichen und sachlichen Qualifikationen verfügen, um ihre Kontrollaufgaben auch im Interesse der Anleger erfüllen zu können. 427 428 429

Baur, in: BuB Rdnr. 9/100. Siehe zu dieser Problematik: Peltzer, Rdnr. 226. Beckmann, in: Beckmann / Scholtz, Kz. 410 § 6 Rdnr. 13.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

b) Der Prüfungsausschuss Ziffer II.2.1.4 des CGKAM bestimmt, dass der Aufsichtsrat einer KAG einen Prüfungsausschuss einrichten soll, der sich mit Fragen der Rechnungslegung und des Risikomanagementsystems, der erforderlichen Unabhängigkeit des Abschlussprüfers, der Erteilung des Prüfungsauftrags an den Abschlussprüfer, der Bestimmung von Prüfungsschwerpunkten und der Honorarvereinbarung befasst. Die Zusammensetzung dieses Ausschusses soll sich nach der des Aufsichtsrates richten, wobei der Vorsitzende ein unabhängiges Mitglied und insbesondere kein ehemaliges Mitglied der Geschäftsleitung der KAG sein soll. Die Einrichtung von Prüfungsausschüssen innerhalb von Aufsichtsorganen entspricht internationalen Standards bei Unternehmen der Finanzdienstleistungsbranche. In den USA empfiehlt die SEC Fondsgesellschaften die Bildung von Prüfungsausschüssen als sog. „independent audit committee“. 430 Die Tätigkeit eines Prüfungsausschusses beschränkt sich nicht auf die Beauftragung der Prüfungsgesellschaft. Vielmehr sollte der Ausschuss mit den Abschlussprüfern zusammenarbeiten und sich regelmäßig Berichte erstellen lassen. 431 Er soll dem Aufsichtsratsplenum schriftlich und mündlich Bericht erstatten und dabei Beschlussempfehlungen abgeben und begründen. 432 Gleichzeitig fungiert er als zentrale Koordinationsstelle für die Unternehmensüberwachung. 433 Die Einrichtung von Prüfungsausschüssen kann zu einer Entlastung des Aufsichtsrates, einer intensiveren und zeitnahen Diskussion und Prüfung der relevanten Themengebiete sowie zu einer Bündelung von Spezialwissen führen. 434 Bei kleineren Gesellschaften, deren Aufsichtsräte mit nur wenigen Mitgliedern besetzt sind, werden derartige Effizienzgewinne durch die Einrichtung eines Prüfungsausschusses hingegen kaum erreicht werden können. 435 Es stellt sich die Frage, ob der generellen Empfehlung der Bildung von Prüfungsausschüssen durch Aufsichtsräte von KAGen gemäß Ziffer II.2.1.4 des 430

O’Dell, International Business Lawyer 2000, 281, 282. Peltzer, Rdnr. 230. 432 Arbeitskreis „Externe und interne Überwachung der Unternehmung“ der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V., DB 2000, 2281, 2283; Langenbucher / Blaum, DB 1994, 2197, 2205. 433 Arbeitskreis „Externe und interne Überwachung der Unternehmung“ der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V., DB 2000, 2281, 2283. 434 Forster, AG 1995, 1, 5; Langenbucher / Blaum, DB 1994, 2197 ff.; Arbeitskreis „Externe und interne Überwachung der Unternehmung“ der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V., DB 2000, 2281, 2285; Ranzinger / Blies, AG 2001, 455, 462; Lück, DB 1999, 441, 443; siehe die Auflistungen der in der Vergangenheit vorgetragenen Bedenken gegen die Einrichtung von Prüfungsausschüssen in: Ranzinger / Blies, AG 2001, 455, 461 f.; Langenbucher / Blaum, DB 1994, 2197, 2201. 435 Forster, AG 1995, 1, 6. 431

5. Kap.: Aufsicht im Anlegerinteresse

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CGKAM zugestimmt werden kann. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder von KAGen stark voneinander abweicht. So verfügt beispielsweise der Aufsichtsrat der SEB Invest GmbH lediglich über sechs Mitglieder, während der Aufsichtsrat der Deka Investment GmbH 19 Mitglieder zählt. Es erscheint zweifelhaft, ob bei einer KAG, deren Aufsichtsrat nur wenige Mitglieder hat, die Einrichtung eines Prüfungsausschusses tatsächlich zu einer effizienteren Aufgabenwahrnehmung führt. Vielmehr sind hier die möglichen Effizienzvorteile mit den sich aus der Segmentierung der Aufsichtsratstätigkeit ergebenden Gefahren besonders sorgfältig abzuwägen. Bei KAGen mit großen Aufsichtsräten, wie etwa der Deka Investment GmbH, ist die Einrichtung eines Prüfungsausschusses hingegen ohne weiteres sinnvoll. Überzeugend ist die Forderung, dass der Ausschussvorsitzende des Prüfungsausschusses unabhängig und insbesondere kein ehemaliges Geschäftsleitungsmitglied sein soll. Hierdurch wird gewährleistet, dass die Arbeit in dem Ausschuss objektiv erfolgt. Dies wäre insbesondere dann nicht der Fall, wenn ein ehemaliges Mitglied der Geschäftsleitung seine eigene frühere Arbeit zu überprüfen hätte. 436 Der Empfehlung, dass die Zusammensetzung des Prüfungsausschusses nach denselben Vorgaben wie die Zusammensetzung des Aufsichtsrates zu erfolgen hat, ist ebenfalls zuzustimmen. Hierbei ist aber über die Empfehlungen des CGKAM hinaus zu fordern, dass nicht nur der Ausschussvorsitzende sondern die Mehrheit der Mitglieder unabhängig ist. 437 2. Anzahl der Aufsichtsratssitzungen § 110 Abs. 3 AktG schreibt vor, dass der Aufsichtsrat zwei Sitzungen im Kalenderhalbjahr abhalten muss, wobei diese Pflicht bei nicht börsennotierten Gesellschaften, was bei KAGen regelmäßig der Fall ist, auf eine obligatorische Sitzung im Kalenderhalbjahr reduziert ist. Die BaFin fordert von dem Aufsichtsrat einer KAG allerdings entgegen dieser Ausnahme, dass mindestens vier Sitzungen pro Jahr abgehalten werden. 438 Der Pflicht zur Durchführung von zwei Sitzungen pro Halbjahr ist mit dem Hinweis, dass sie in erster Linie zur Unterstützung der Aufgabenwahrnehmung durch die Arbeitnehmervertreter eingeführt worden sei, als übertrieben kritisiert worden. 439 Diese Auffassung übersieht aber die besondere Stellung des Aufsichtsrates einer KAG als Organ, das auch der Wahrung der Anle436

Peltzer, Rdnr. 232. Eine entsprechende Empfehlung für Banken gibt auch die Bank for International Settlements, „Consultative Document – Enhancing corporate governance for banking organisations“, Juli 2005, Abs. 34; siehe zur Forderung einer mehrheitlichen Bestellung unabhängiger Aufsichtsratsmitglieder oben: 5. Kapitel Abschnitt D.III.2. 438 Paul, International Business Lawyer 2000, 261, 265; so auch: Beckmann, in: Beckmann / Scholtz, Kz. 410 § 6 Rdnr. 14. 439 Tormann, ZfgKW 1979, 137. 437

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

gerinteressen dient. Angesichts dieser Doppelrolle ist die Pflicht zur viermaligen Durchführung von Aufsichtsratssitzungen pro Jahr durchaus angemessen. 440 Darüber hinaus sollten sich die Mitglieder zu weiteren Sitzungen zusammenfinden, falls besondere Umstände Anlass dazu geben, eine außerordentliche Beratung von Angelegenheiten, die für die Interessen der Anleger von Bedeutung sind, durchzuführen. Die unabhängigen Aufsichtsratsmitglieder sollten sich schließlich regelmäßig zu Sitzungen zusammenfinden, an denen die übrigen Mitglieder nicht teilnehmen. 441 VIII. Bewertung der Aufsicht durch den Aufsichtsrat Im Ergebnis ist festzustellen, dass der Aufsichtsrat einer KAG eine umfassende Überwachungsbefugnis im Interesse der Fondsanleger besitzt. Um die Kontrolltätigkeit der Aufsichtsräte zu optimieren, sollten zum einen die Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder geändert und die Befugnisse und Pflichten des Aufsichtsrates erweitert werden. Im Einzelnen ist zu empfehlen, eine Verpflichtung zur mehrheitlichen Bestellung unabhängiger Mitglieder einzuführen und die Befreiung der Arbeitnehmervertreter von den Anforderungen des § 6 Abs. 3 S. 1 InvG aufzuheben. Darüber hinaus sollte die Geschäftsführung von KAGen verpflichtet werden, dem Aufsichtsrat quartalsweise einen Bericht über sämtliche Angelegenheiten zu erstatten, die für die Wahrung der Interessen der Fondsanleger von Bedeutung sind. Dem Aufsichtsrat sollte ferner die Befugnis zur Bestellung der Mitglieder der Geschäftsführung gewährt werden. Schließlich sollte der Aufsichtsrat verpflichtet werden, gegenüber der BaFin über die Prüfung der Jahresabschlüsse der Investmentfonds aus Sicht der Anlegerinteressen sowie über die Erkenntnisse der regelmäßigen Berichterstattung der Geschäftsleitung der KAG zu berichten. Werden diese Vorschläge umgesetzt, ist der Aufsichtsrat in besonderer Weise geeignet, die BaFin bei ihrer Investmentaufsicht zu unterstützen und somit im Interesse der Fondsanleger ein hohes Aufsichtsniveau zu gewährleisten.

E. Ergebnis Die Aufsicht im Investmentwesen erfüllt insgesamt hohe Standards. Die Einschaltung der Depotbank gewährleistet hierbei einen Basisschutz gegen betrügeri440

Stolzenburg, ZfgKW 1978, 826. IOSCO, „Consultation Report, Examination of Governance for Collective Investment schemes, part II, Independence Criteria, Empowerment Conditions and Functions to be performed by the ‚Independent Oversight Entities‘“, Juni 2006, Grundsatz III.2; abrufbar unter: www.iosco.org. 441

6. Kap.: Transparenz

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sches Verhalten von Mitarbeitern von KAGen. Der Schwerpunkt der Aufgabe der Depotbank liegt in der Verwahrung des Fondsvermögens. Ihre Kontrollaufgaben und -befugnisse sind hingegen inhaltlich sehr beschränkt. Einen umfassenderen Schutz bietet den Anlegern die Aufsicht durch die BaFin. Ihr stehen umfangreiche Informationsrechte und Ermittlungs- sowie Sanktionsbefugnisse zu. Da die BaFin allerdings eine sehr große Anzahl von KAGen zu überwachen hat und auch nur einen eingeschränkten Einblick in deren Tagesgeschäft erlangt, wird sie bei der Aufsicht durch die Aufsichtsräte von KAGen unterstützt, deren Kontrolltätigkeit der Wahrung der Anlegerinteressen dient. Die Kontrolle der Geschäftsführung von KAGen durch den Aufsichtsrat ist allerdings mit einigen Schwächen behaftet. Daher sollten die Gesellschafter von KAGen zukünftig verpflichtet werden, mehrheitlich unabhängige Aufsichtsratsmitglieder zu bestellen. Hierdurch könnten Interessenkonflikte abgebaut und eine bessere Wahrung der Anlegerinteressen gewährleistet werden. Außerdem sollten die Aufsichtsräte dazu verpflichtet werden, der BaFin über die für die Wahrung der Anlegerinteressen relevanten Umstände zu berichten. Die BaFin könnte dann aufgrund ihrer umfangreichen Eingriffsbefugnisse gegebenenfalls Maßnahmen treffen, um eine Fondsverwaltung, die nicht im Einklang mit den Interessen der Anleger liegt, zu vermeiden.

6. Kapitel

Transparenz A. Einleitung Drittes Gestaltungskonzept von Fund Governance ist die Verpflichtung von KAGen, die Anleger hinreichend zu informieren. KAGen müssen Transparenzanforderungen erfüllen, die als Ausgleich dafür dienen, dass den Anlegern keinerlei Kontroll- oder Weisungsbefugnisse zustehen. 442 Da die Anleger keinen Einfluss haben, wie KAGen das von ihnen zur Verfügung gestellte Geld verwalten, müssen sie wenigstens darüber informiert werden, wie KAGen ihre weiten Verwaltungsbefugnisse ausüben. Nur so können sie sinnvoll entscheiden, ob sie einen bestimmten Investmentfonds erwerben oder veräußern. Die investmentrechtlichen Transparenzanforderungen dienen folglich der einzigen Sanktionsbefugnis der Anleger, der Ausübung ihres Rückgaberechts. 442

Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band III, § 113 Rdnr. 79.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

KAGen sind nicht nur den Anlegern gegenüber zur Transparenz verpflichtet. Auch gegenüber der BaFin und der Bundesbank haben KAGen Informationspflichten zu erfüllen. Von zentraler Bedeutung ist hierbei die Verpflichtung, gem. § 45 Abs. 3 InvG Halbjahresberichte, Jahresberichte und Auflösungsberichte unverzüglich nach der ersten Verwendung einzureichen. Wie die BaFin die ihr auf diesem Wege zur Verfügung gestellten Informationen nutzt, wurde bereits dargestellt. 443 Im Rahmen dieses Kapitels werden daher lediglich die Transparenzanforderungen von KAGen gegenüber den Anlegern behandelt. Bei der Frage, welche Maßstäbe an die von KAGen zu erfüllenden Transparenzanforderungen zu stellen sind, muss zwischen dem Informationsbedürfnis der Anleger einerseits und dem mit Transparenzanforderungen einher gehenden Verwaltungsaufwand andererseits abgewogen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Verwaltungskosten von Investmentfonds letztlich von der Gesamtheit der Anleger zu tragen sind. 444 Eine Ausweitung von Transparenzanforderungen entspricht folglich nicht in jedem Fall den Anlegerinteressen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil eine Vielzahl von Anlegern die ihnen offen gelegten Informationen kaum zur Kenntnis nimmt. Es muss davon ausgegangen werden, dass nur ein geringer Teil der Anleger Verkaufsprospekte und Rechenschaftsberichte tatsächlich eingehend studiert. Dies liegt zum einen an der beschränkten Bereitschaft zur Befassung mit komplexen Sachverhalten, zum anderen aber auch an den begrenzten kognitiven Ressourcen eines jeden Anlegers, die die Aufnahme und Verarbeitung von Informationen nur bis zu einem gewissen Umfang ermöglichen. 445 KAGen sollten das Thema Transparenz trotz des damit verbundenen Verwaltungsaufwands nicht nur als notwendiges Übel begreifen. Da die Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Investmentfonds durch das Aufbrechen der klassischen Vertriebswege in Zukunft zunehmen wird, sollten KAGen vielmehr die Chance nutzen, sich durch die gezielte Befriedigung der Informationsbedürfnisse der Anleger einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. 446 Dabei ist zu berücksichtigen, dass es immer mehr Unternehmen gibt, die die von KAGen veröffentlichten Informationen analysieren und den Anlegern in Form einer kurzen Bewertung zusammenfassen. Derartige Bewertungen werden von den Anlegern mit steigendem Interesse beachtet. Die von KAGen veröffentlichten Informationen werden von vielen Anlegern auf diesem Weg zumindest mittelbar zur Kenntnis genommen.

443 444 445 446

Siehe: oben 5. Kapitel Abschnitt C.III. Loistl / Petrag, S. 72; Herring / Hunke, ZfgKW 2001, 906, 908. Hierzu: Rehberg, WM 2005, 1011, 1012. Herring / Hunke, ZfgKW 2001, 906, 908.

6. Kap.: Transparenz

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B. Die Grundstrukturen der investmentrechtlichen Transparenzanforderungen Die Transparenzanforderungen, die das InvG vorsieht, lassen sich in drei Gruppen einteilen. Erstens muss die Werbung von KAGen für ihre Investmentfonds gewisse Voraussetzungen erfüllen. Zweitens bestehen Informationspflichten im Zusammenhang mit dem Abschluss von Investmentverträgen. Drittens sind KAGen zur öffentlichen Rechnungslegung verpflichtet. Bei der Werbung für Investmentfonds sind zunächst die Anforderungen des § 124 InvG zu berücksichtigen. Gem. § 124 Abs. 1 S. 1 InvG muss jede Werbung für den Erwerb von Investmentfondsanteilen auf die Verkaufsprospekte und die Stellen, an denen diese erhältlich sind, hinweisen. Für Investmentfonds, die verstärkt in Schuldverschreibungen öffentlicher Aussteller investieren, Indizes nachbilden, hauptsächlich in Derivate angelegt werden oder eine erhöhte Volatilität aufweisen, gelten gem. § 124 Abs. 1 S. 2 –4 InvG zusätzliche Anforderungen. Weiterhin müssen KAGen dem Publikum gem. § 42 Abs. 1 S. 1 InvG für die von ihnen verwalteten Investmentfonds einen vereinfachten und einen ausführlichen Verkaufsprospekt mit den Vertragsbedingungen zugänglich machen. Dies geschieht regelmäßig dadurch, dass Anleger die Dokumente auf der UnternehmensWebsite der KAG herunterladen können. Die Verpflichtung gem. § 42 Abs. 1 S. 1 InvG besteht gegenüber dem gesamten Anlegerpublikum. Steht eine KAG in Kontakt zu einem Anleger, was in aller Regel durch einen Vermittler geschieht, wird die Verpflichtung, dem Publikum Informationsdokumente zugänglich zu machen, durch § 121 Abs. 1 S. 1 InvG konkretisiert. Nach dieser Vorschrift ist am Erwerb eines Anteils Interessierten vor Vertragsschluss ein vereinfachter Verkaufsprospekt kostenlos und unaufgefordert anzubieten. Ferner sind am Erwerb eines Anteils Interessierten und Anlegern gem. § 121 Abs. 1 S. 2 InvG der ausführliche Verkaufsprospekt sowie der letzte veröffentlichte Jahres- und Halbjahresbericht auf Verlangen kostenlos zur Verfügung zu stellen. Außerdem müssen KAGen gem. § 121 Abs. 4 InvG auf Wunsch eines am Erwerb eines Anteils Interessierten einen zusätzlichen Risikobericht erstatten. Die Verpflichtung von KAGen, neben einem ausführlichen Verkaufsprospekt auch einen einfachen Verkaufsprospekt anfertigen zu müssen, ist erst durch das Investmentmodernisierungsgesetz eingeführt worden. Mit der Einführung des vereinfachten Verkaufsprospektes sollte auf den Umstand reagiert werden, dass die Anleger den ausführlichen Verkaufsprospekt aufgrund seines Umfangs in aller Regel nicht lesen. 447 Der vereinfachte Verkaufsprospekt soll die entschei447 Gesetzesentwurf der Bundesregierung für das Investmentmodernisierungsgesetz, BT-Drs. 15/1553, S. 66; siehe auch zum Bedeutungsverlust des Verkaufsprospektes als Kommunikationsmittel Loistl / Petrag, S. 187.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

dungsrelevanten Angaben zu den Investmentfonds in komprimierter und leicht verständlicher Form enthalten, sodass die Anleger motiviert werden, ihn zu lesen und daraufhin eine fundierte Anlageentscheidung treffen können. 448 Um die komprimierte Form der vereinfachten Verkaufsprospekte zu gewährleisten, dürfen sie gem. § 42 Abs. 2 S. 2 InvG grundsätzlich keine Informationen enthalten, die über die in § 42 Abs. 2 S. 1 InvG Genannten hinausgehen. Der vereinfachte Verkaufsprospekt hat sich als nicht geeignet erwiesen, um Anleger einen schnellen Überblick über die für ihre Anlageentscheidung relevanten Informationen zu geben. Dementsprechend wird derzeit auf europäischer Ebene geplant, den vereinfachten Verkaufsprospekt durch ein Dokument zu ersetzen, das auf maximal zwei Seiten eine Übersicht über die relevant Informationen gibt („Key Investor Information“). 449 Neben den Informationspflichten im Vorfeld des Vertragsschlusses sind KAGen darüber hinaus auch zur regelmäßigen öffentlichen Rechnungslegung verpflichtet. Gem. § 44 Abs. 1, 2 InvG müssen sie für jeden von ihnen verwalteten Publikumsfonds sowohl für den Schluss als auch für die Mitte eines jeden Geschäftsjahres Berichte erstatten. Außerdem ist gem. § 44 Abs. 4 InvG ein Auflösungsbericht zu erstatten, falls eine KAG einen von ihr verwalteten Investmentfonds auflöst. Alle Berichte sind der BaFin einzureichen. Sie sind gem. § 45 Abs. 4 InvG auch dem Publikum an den im Verkaufsprospekt angegebenen Stellen zugänglich zu machen. Dabei ist es ausreichend, wenn KAGen eine Veröffentlichung auf ihrer Unternehmenswebsite vornehmen. 450 Schließlich müssen sich Anleger auch über den Wert von Fondsanteilen informieren können. Gem. § 36 Abs. 6 S. 2 InvG sind daher der Ausgabe- und Rücknahmepreis von Fondsanteilen mindestens zweimal im Monat in einer hinreichend verbreiteten Wirtschafts- oder Tageszeitung oder in den in den Verkaufsprospekten bezeichneten elektronischen Informationsmedien zu veröffentlichen.

C. Vorschläge zur Verbesserung der Form der Anlegerinformation Es stellt sich die Frage, ob das gegenwärtige investmentrechtliche System der Anlegerinformation tatsächlich geeignet ist, um die Anleger mit den für ihre Anlageentscheidung wesentlichen Informationen zu versorgen. Wie bereits dargelegt, 448 Leistikow / Ellerkmann, BB 2003, 2693, 2696; Kaune / Oulds, ZBB 2004, 114, 120; Lang, WM 2004, 53, 56 f. 449 Siehe „CESR Consultation Paper on content and form of Key Investor Information disclosure for UCITS“ vom Oktober 2007, CESR/07 – 669; abrufbar unter: www.cesr.eu. 450 Gesetzesentwurf der Bundesregierung für das Investmentmodernisierungsgesetz, BT-Drs. 15/1553, S. 93.

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sieht der Gesetzgeber in dem ausführlichen Verkaufsprospekt kein praxistaugliches Mittel zur Anlegerinformation. Auch die Einführung des vereinfachten Verkaufsprospektes hat nicht zu einer erheblichen Verbesserung geführt, da der vereinfachte Verkaufsprospekt in der Praxis oftmals lediglich einen Anhang zum ausführlichen Verkaufsprospekt bildet und deshalb nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Anleger ihn häufiger als den ausführlichen Verkaufsprospekt zur Kenntnis nehmen. 451 Als geeignete Instrumente zur Verbesserung der Anlegerinformation kommen die Übergabe des vereinfachten Verkaufsprospekts, die Übergabe eines Kurzberichts sowie die verstärkte Nutzung des Internets als Informationsmedium in Frage. I. Übergabe des vereinfachten Verkaufsprospekts Aufgrund seines begrenzten Umfangs ist der vereinfachte Verkaufsprospekt grundsätzlich geeignet, Anlegern die wichtigsten Informationen zur Verfügung zu stellen, die sie im Vorfeld einer Anlageentscheidung benötigen. Der vereinfachte Verkaufsprospekt beträgt üblicherweise maximal vier Seiten und kann daher einen guten Überblick über die Vor- und Nachteile einer Anlage in einem bestimmten Investmentfonds vermitteln. Wird der vereinfachte Verkaufsprospekt zukünftig durch eine maximal zweiseitige Übersicht über die wichtigsten Informationen für Anleger (Key Investor Information) ersetzt, sollte dieses Dokument noch besser geeignet sein, den Anlegern rasch die entscheidenden Fakten eines Fonds zu vermitteln. Unabhängig davon, ob Anlegern die wichtigsten Informationen mittels eines vereinfachten Verkaufsprospekts oder einer Kurzübersicht mitgeteilt werden sollen, muss erreicht werden, dass Anleger das jeweilige Dokument tatsächlich zur Kenntnis nehmen. Gem. § 121 Abs. 1 S. 1 InvG ist der vereinfachte Verkaufsprospekt vor Vertragsschluss kostenlos und unaufgefordert anzubieten. Vor Inkrafttreten des Investmentänderungsgesetzes waren sowohl der vereinfachte Verkaufsprospekt als auch der vereinfachte Verkaufsprospekt zur Verfügung zu stellen. Es ist zu begrüßen, dass nun nur noch der vereinfachte Verkaufsprospekt anzubieten ist. Hierdurch wird die eigenständige Bedeutung dieses Dokuments gestärkt. Wenn Anlegern bisher beide Verkaufsprospekte angeboten wurden, bestand die Gefahr, dass sie beide Verkaufsprospekte als ein Dokument ansehen und sich von dessen Umfang abschrecken lassen. Diese Gefahr wurde insbesondere dadurch hervor451 Hornschu, ZfgKW 2005, 1390; das „CESR Consultation Paper on content and form of Key Investor Information disclosure for UCITS“ vom Oktober 2007, CESR/ 07 –669, Rdnr. 2.4, abrufbar unter: www.cesr.eu, führt weitere Mängel des vereinfachten verkaufsprospekts auf, etwa dass er oftmals zu ausführliche und zu technische Angaben enthält.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

gerufen, dass der vereinfachte Verkaufsprospekt in der Praxis oftmals nicht als separates Dokument existiert, sondern lediglich als Anhang zum ausführlichen Verkaufsprospekt. 452 Auch nach geltendem Recht besteht aber weiterhin die Gefahr, dass die Anleger auch den vereinfachen Verkaufsprospekt nicht zur Kenntnis nehmen. Aus der Praxis wurde bisher vielmehr berichtet, dass Anleger häufig schriftlich erklären, dass sie auf die Übergabe der Verkaufsprospekte verzichten. 453 Sollte sich eine derartige Praxis auch unter der neuen Rechtslage durchsetzen, wäre zugunsten einer verbesserten Anlegerinformation nicht viel gewonnen. Es sollte daher gesetzlich vorgeschrieben werden, dass den Anlegern vor einem Vertragsschluss der vereinfachte Verkaufsprospekt tatsächlich übergeben wird. Dabei sollte der vereinfachte Verkaufsprospekt als eigenständiges Dokument und nicht lediglich als Anhang zum ausführlichen Verkaufsprospekt übergeben werden. So wird die Wahrscheinlichkeit erheblich erhöht, dass die Anleger dessen Inhalt auch tatsächlich zur Kenntnis nehmen. Eine solche Verpflichtung sollte für die in den Vertrieb von Investmentfonds involvierten Personen keinen erheblichen verwaltungstechnischen Mehraufwand bedeuten. Die Tatsache, dass sie den vereinfachten Verkaufsprospekt nun tatsächlich übergeben müssen, kann angesichts des knappen Charakters dieses Dokuments keine unangemessene Belastung bedeuten. Bei Vertriebswegen, die keine physische Übergabe erlauben, kann der vereinfachte Verkaufsprospekt zum Download bereitgestellt werden oder per Email zugesandt werden. II. Übergabe eines Kurzberichts Aus der Praxis kommt weiterhin der Vorschlag, den Anlegern neben dem vereinfachten Verkaufsprospekt auch ein Kurzbericht zur Verfügung zu stellen. 454 Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass den Anlegern mit dem vereinfachten Verkaufsprospekt ein kurzes Informationsdokument zur Verfügung steht, das ihnen darstellt, welche Chance und Risiken sich in der Zukunft mit der Anlage in einen bestimmten Investmentfonds verbinden. Für die nachträgliche Kontrolle, inwiefern sich in einem vergangenen Zeitraum diese Chancen und Risiken realisiert 452

Hornschu, ZfgKW 2005, 1390. Positionspapier der Arbeitsgruppe Deregulierung der Initiative Finanzstandort Deutschland, „Deregulierung der Fondsindustrie und Stärkung des Investmentstandortes“, März 2006, S. 18; abrufbar unter: http://www.finanzstandort.de/BaseCMP/documents /5000/Positionspapier_Deregulierung.pdf; siehe hierzu auch: Hornschu, ZfgKW 2005, 1390 ff. 454 Hornschu, ZfgKW 2005, 1390, 1391; siehe auch: Positionspapier der Arbeitsgruppe Deregulierung der Initiative Finanzstandort Deutschland, „Deregulierung der Fondsindustrie und Stärkung des Investmentstandortes“, März 2006, S. 18 ff.; abrufbar unter: http:/ /www.finanzstandort.de/BaseCMP/documents/5000/Positionspapier_Deregulierung.pdf. 453

6. Kap.: Transparenz

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haben, fehlt es jedoch an einem entsprechenden Kurzdokument. Die Anleger können insoweit nur auf die Jahres- und Halbjahresberichte zurückgreifen. Diese sind aber so umfangreich und komplex, dass sie sich nicht dazu eignen, den Anlegern einen schnellen Überblick über die bisherige Entwicklung eines bestimmten Investmentfonds zu geben. Der Vorschlag, den Anlegern einen derartigen Kurzbericht zur Verfügung zustellen, erscheint konsequent. Auf diesem Wege wird es den Anlegern ermöglicht, sich vor der Anlage in einen Investmentfonds über dessen bisherige Entwicklung zu informieren. Außerdem können sie nach dem Erwerb von Anteilen überprüfen, welche Anlagen der Investmentfonds getroffen hat und wie er sich entwickelt hat. Der Kurzbericht kann parallel zu dem Jahresbericht angefertigt werden, weshalb mit seiner Erstellung kein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand für die KAGen verbunden sein sollte. Zur inhaltlichen Ausgestaltung des Kurzberichts ist vorgeschlagen worden, entsprechende Grundsätze der britischen Finanzaufsichtsbehörde FSA und des Verbands der Europäischen Investmentbranche EFAMA heranzuziehen. 455 Danach decken sich der Inhalt des Kurzberichts mit dem des vereinfachten Verkaufsprospekts gem. § 42 Abs. 2 InvG mit folgenden Ausnahmen: Anders als der vereinfachte Verkaufsprospekt enthält der Kurzbericht keine Angaben zur jährlichen Wertentwicklung in den letzten drei, fünf und zehn Jahren, zu dem Ausgabeaufschlag, den Rücknahmeabschlag, die Tauschgebühr sowie den Gebühren für Verwaltung, Vertrieb und Depotbank, zu dem Profil des typischen Anlegers und zu den Einzelheiten der Anteilsscheingeschäfte (z. B. Anteilspreisveröffentlichung, Bezugsquelle, Mindestanlage, Vertriebsländer). Zusätzlich zum vereinfachten Verkaufsprospekt soll der Kurzbericht über Investmentaktivitäten und Anlageerfolge im Berichtsjahr, über Kerndaten zum Jahresende mit Vorjahresvergleich (Fondsvermögen, Anteilspreis und Ausschüttung je Klasse für drei Jahre, Sektorallokation des Fondsvermögens, die fünf Wertpapiere mit dem höchsten Anteil des Fondsvermögens), über wesentliche Ereignisse im Berichtsjahr (z. B. Verschmelzungen, Rücknahmeaussetzungen, Änderung der Anlageziele oder des Risikoprofils, Namens- oder Managerwechsel) und über die Einhaltung der BVI-Wohlverhaltensregeln informieren. Der Vorschlag für die inhaltliche Gestaltung eines Kurzberichts überzeugt weitestgehend. Er gewährleistet, dass die Anleger regelmäßig über die für sie wesentlichen Umstände und Entwicklungen informiert werden. Überflüssig und dem Zweck des Kurzberichts als kurzes und übersichtliches Informationsdokument widersprechend erscheint es hingegen, im Kurzbericht noch einmal die allgemeinen Informationen zu veröffentlichen, die bereits im vereinfachten Verkaufsprospekt 455

Hornschu, ZfgKW 2005, 1390, 1391 mit Hinweisen auf die Vorgaben von der FSA und von EFAMA.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

enthalten sind und nichts über die Entwicklung eines Investmentfonds aussagen. Dies gilt etwa für die Kurzdarstellung des Investmentfonds sowie zu den Angaben über seine Anlageziele und Anlagestrategie. Diese Informationen können Anleger dem vereinfachten Verkaufsprospekt entnehmen. Ihre doppelte Offenlegung bringt ihnen keine ersichtlichen Vorteile. Ergeben sich insoweit Änderungen, sind sie im Abschnitt „wesentliche Ereignisse im Berichtsjahr“ offen zu legen. Im Interesse der Übersichtlichkeit und leichten Lesbarkeit sollten diese Angaben daher nicht in den Kurzbericht aufgenommen werden. Fraglich ist allerdings, in welcher Form der Kurzbericht den Anlegern zur Verfügung gestellt werden sollte. Die Berichte, die KAGen bisher gem. § 44 InvG anzufertigen haben, müssen sie gem. § 45 Abs. 1 InvG öffentlich bekannt und dem Publikum gem. § 45 Abs. 4 InvG an den im Verkaufsprospekt angegebenen Stellen zugänglich machen. Würden alleine diese Vorschriften für die Kurzberichte gelten, ist zu befürchten, dass die Anleger keine Kenntnis von ihnen erlangen. Die Befürworter eines solchen Kurzberichts schlagen vor, dass er den Anlegern zusammen mit dem vereinfachten Verkaufsprospekt vor Vertragsschluss überreicht wird. 456 Dieser Vorschlag ist zu begrüßen, da die Anleger auf diesem Wege die Möglichkeit erhalten, sich vor einer entsprechenden Investition über die Entwicklungen des Investmentfonds in der letzten Berichtsperiode zu informieren. Allerdings besteht weiterhin die Gefahr, dass Anleger den Kurzbericht nur dieses eine Mal vor Vertragsschluss zur Kenntnis nehmen. Anleger sollten aber motiviert werden, die Kurzberichte regelmäßig zu studieren und auf ihrer Grundlage zu entscheiden, ob sie weiterhin in Anteile des jeweiligen Investmentfonds investieren wollen. Hierdurch würde ein besseres Verständnis der Anleger für die Investmentanlage erreicht und gleichzeitig der Wettbewerb zwischen den verschiedenen Investmentfonds gestärkt. Man könnte deshalb erwägen, dass KAGen verpflichtet werden sollten, ihren Anlegern jährlich den aktuellen Kurzbericht zuzusenden. Dies würde allerdings einen erheblichen administrativen Aufwand mit sich bringen, dessen Kosten von allen Anlegern zu tragen wären. Mit deutlich weniger Aufwand wäre es verbunden, wenn die Anleger vor Vertragsschluss ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass sie den Kurzbericht kostenlos beziehen können und wo er erhältlich ist. Diese Vorgehensweise eröffnet die Möglichkeit, dass Anleger für den Nutzen der Kurzberichte sensibilisiert werden und ihn regelmäßig anfordern. Insgesamt erscheint es daher angemessen, dass die Kurzberichte den Anlegern nicht jährlich zugesandt werden müssen, sondern dass ihnen die aktuelle Fassung vor Vertragsschluss ausgehändigt wird und sie zudem darauf hingewiesen werden, 456 Positionspapier der Arbeitsgruppe Deregulierung der Initiative Finanzstandort Deutschland, „Deregulierung der Fondsindustrie und Stärkung des Investmentstandortes“, März 2006, S. 19; abrufbar unter: http://www.finanzstandort.de/BaseCMP/documents /5000/Positionspapier_Deregulierung.pdf.

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dass sie spätere Fassungen kostenlos anfordern können. Eine derartige Regelung beinhaltet zwar weiterhin das Risiko, dass die Anleger die Kurzberichte nicht zur Kenntnis nehmen. Eine Verpflichtung von KAGen, den Kurzbericht jährlich zu versenden, würde aber einen zu hohen administrativen Aufwand mit sich bringen. III. Verstärkte Nutzung des Internets als Medium zur Anlegerinformation KAGen nutzen ihre Unternehmenswebsites bereits heute, um Anlegern Informationen über sich und ihre Investmentfonds zur Verfügung zu stellen. Beispielsweise können die Jahres-, Halbjahres- und Auflösungsberichte dem Publikum gem. § 45 Abs. 4 InvG zugänglich gemacht werden, indem sie auf der Unternehmenswebsite der jeweiligen KAG veröffentlicht werden. 457 Das Internet stellt ein geeignetes Medium zur Anlegerinformation dar. 458 Es findet allgemein immer mehr Akzeptanz als Informationsmedium für ganz unterschiedliche Inhalte. Auch lassen sich auf der Unternehmenswebsite einer KAG komplexere Sachverhalte darstellen, deren Umfang sich mit dem knappen Charakter des vereinfachten Verkaufsprospekts und des Kurzberichts nicht verträgt. Schließlich ist die Bereitstellung von Anlegerinformationen auf der eigenen Unternehmenswebsite für KAGen auch mit einem geringeren Verwaltungsaufwand verbunden, als dies bei der Herstellung und Verbreitung von Papierdokumenten der Fall ist. KAGen sollten ihre Unternehmenswebsites daher zur Ergänzung der Anlegerinformation durch den vereinfachten Verkaufsprospekt und den Kurzbericht nutzen. Dies ist vereinzelt auch schon der Fall. So veröffentlicht die SEB Invest GmbH auf ihrer Website einen separaten Informationsabschnitt „Corporate Governance“, in dem sie Informationen über ihr Rating, ihre Grundsätze zur Ausübung von Stimmrechten auf Hauptversammlungen, die BVI-Wohlverhaltensregeln und ihr Risikomanagement veröffentlicht sowie eine erste Einführung in Grundprinzipien des Investmentrechts gibt. 459 Auch die Website der Allianz Global Investors Kapitalanlagegesellschaft mbH enthält ein Kapitel „Corporate Governance“, in dem sie über ihre Richtlinien zur Abstimmung auf Hauptversammlungen und die BVI-Wohlverhaltensregeln informiert. 460 Derartige Maßnahmen zur Verbesserung der Transparenz zugunsten der Anleger sind zu begrüßen. Entsprechende Informationen sollten jedoch nicht mit 457 Gesetzesentwurf der Bundesregierung für das Investmentmodernisierungsgesetz, BT-Drs. 15/1553, S. 93. 458 Das Basler Komitee für Bankenaufsicht sieht die Unternehmenswebsite ebenfalls als geeignetes Medium zur Information über die eigene Corporate Governance an, siehe: „Enhancing Corporate Governance for Banking Organisations“, Abs. 47; abrufbar unter: www.bis.org. 459 www.sebassetmanagement.de. 460 www.allianzglobalinvestors.de.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

„Corporate Governance“, sondern mit „Fund Governance“ betitelt werden, um die Unterschiede zwischen beiden Themenbereichen zu verdeutlichen. 461 Außerdem sollten KAGen deutlich mehr Informationen auf ihrer Website veröffentlichen. Dabei bieten sich insbesondere solche Informationen an, die in dem vereinfachten Verkaufsprospekt und dem Kurzbericht aufgrund des begrenzten Umfangs dieser Dokumente nicht dargestellt werden können. Dies gilt insbesondere für die Darstellung etwaiger Abweichungen von den BVI-Wohlverhaltensregeln. 462 Weiterhin erscheint es sinnvoll, dass auf der Unternehmenswebsite insbesondere folgende Informationen mitgeteilt werden: • die Abstimmungsrichtlinien der KAG, • die Darstellung ihres bisherigen Abstimmungsverhaltens, • die Richtlinien für die Brokerauswahl einschließlich einer Offenlegung etwaiger Abweichungen von diesen Richtlinien mit entsprechender Begründung, • Hinweise auf bestehende Interessenkonflikte, insbesondere hinsichtlich Transaktionen mit verbundenen Unternehmen oder der Vereinbarung von Kick-Backs oder Soft Commissions. KAGen sollten in ihren Verkaufsprospekten und dem Kurzbericht einen Hinweis auf die Angaben zur Fund Governance auf der Unternehmenswebsite geben. Damit KAGen einen entsprechenden Hinweis im vereinfachten Verkaufsprospekt machen können, müsste § 42 Abs. 2 InvG insoweit geändert werden. IV. Zwischenergebnis Das geltende System der Anlegerinformation im Investmentwesen sollte modifiziert werden. Anlegern sollte vor dem Erwerb von Fondsanteilen der vereinfachte Verkaufsprospekt oder zukünftig eine Übersicht über die wichtigsten Anlegerinformationen („Key Investor Information“) als eigenständiges Dokument sowie ein aktueller Kurzbericht übergeben werden. Außerdem sollten KAGen verpflichtet werden, gewisse Informationen auf ihrer Unternehmenswebsite in einem separaten Themenbereich „Fund Governance“ zu veröffentlichen.

D. Inhaltliche Anforderungen an die Information der Anleger Bisher wurde untersucht, in welcher Form KAGen Anleger informieren müssen. Mit Ausnahme der Ausführungen zur inhaltlichen Gestaltung des Kurzberichts wurde im Rahmen dieser Untersuchung allerdings noch nicht dargestellt, welche 461

Siehe hierzu: 3. Kapitel Abschnitt A.III. Eine entsprechende jährliche Veröffentlichung auf der Unternehmenswebsite empfiehlt Ziffer IV.1 des CGKAM hinsichtlich der Befolgung dieses Kodex. 462

6. Kap.: Transparenz

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inhaltlichen Anforderungen an eine angemessene Anlegerinformation zu stellen sind. Welche Angaben KAGen im ausführlichen Verkaufsprospekt, im vereinfachten Verkaufsprospekt, in den Vertragsbedingungen und den Fondsberichten machen müssen, wird in den §§ 41 –44 InvG eingehend geregelt. Wie bereits dargestellt, sind zum Zwecke der Anlegerinformation vor allem der vereinfachte Verkaufsprospekt und der einzuführende Kurzbericht von Bedeutung. Die Angaben des ausführlichen Verkaufsprospekts sowie der Jahres- und Halbjahresberichte werden, wie sich in der Praxis herausgestellt hat, von den Anlegern hingegen kaum zur Kenntnis genommen. Es ist daher entscheidend, dass der vereinfachte Verkaufsprospekt oder zukünftig die Übersicht über die wichtigsten Anlegerinformationen („Key Investor Information“)und der Kurzbericht die wichtigsten Informationen enthalten, die Anleger für ihre Anlageentscheidung benötigen. Ein Vorschlag für die inhaltliche Gestaltung des Kurzberichts wurde bereits erarbeitet. Im Folgenden soll untersucht werden, inwiefern die übrigen gesetzlich vorgesehenen Informationsdokumente dem Informationsbedürfnis der Anleger gerecht werden. Für die Anleger sind drei Themen von besonderem Interesse: erstens die Darstellung des Anlageziels bzw. der Anlagestrategie, einschließlich der hiermit verbundenen Risiken, zweitens die mit der Fondsanlage verbundenen Gebühren und Kosten sowie drittens Angaben, die es den Anlegern ermöglichen, regelmäßig den Anlageerfolg eines Investmentfonds zu messen. 463 Ferner müssen sämtliche den Anlegern zur Verfügung gestellte Informationen drei Voraussetzungen erfüllen: Sie müssen erstens wahr bzw. vollständig, zweitens für die Anleger verständlich und drittens so gestaltet sein, dass sie einen Vergleich zwischen verschiedenen Investmentfonds zulassen. 464 Die Voraussetzung der Wahrheit und Vollständigkeit ist nur dann erfüllt, wenn die offen gelegten Informationen nichts Wesentliches weglassen. Das Verständlichkeitserfordernis enthält bereits § 42 Abs. 2 S. 1 InvG. Verständlich sind Angaben für Anleger dann, wenn sie einerseits einfach, präzise und kurz sind, andererseits aber auch Erklärungen für komplexe Sachverhalte enthalten. 465 Das Kriterium der Vergleichbarkeit ist schließlich erfüllt, wenn Begriffe einheitlich verwendet werden und Kennziffern auf der Grundlage einer einheitlichen Berechnungsmethode ermittelt werden.

463

Ähnlich: Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band III, § 113 Rdnr. 79. 464 IOSCO, „Final Report of the Technical Committee on Elements of International Regulatory Standards on Fees and Expenses of Investment Funds“ November 2004, Punkt 13 ff.; abrufbar unter: www.iosco.org. 465 IOSCO, „Final Report of the Technical Committee on Elements of International Regulatory Standards on Fees and Expenses of Investment Funds“ November 2004, Punkt 15, 16; abrufbar unter: www.iosco.org; siehe auch die entsprechende Forderung in Ziffer II.12 der BVI-Wohlverhaltensregeln.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

I. Die Darstellung des Anlageziels bzw. der Anlagestrategie Gem. § 42 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 a) InvG muss ein vereinfachter Verkaufsprospekt eine kurze Definition der Anlageziele des jeweiligen Investmentfonds enthalten. Darüber hinaus ist gem. § 42 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 b) InvG die Anlagestrategie des Investmentfonds inklusive einer kurzen Beurteilung des Risikoprofils an hervorgehobener Stelle kurz zu beschreiben. 466 Im Rahmen der Beschreibung des Anlageziels und der Anlagestrategie ist darzulegen, welche Finanzinstrumente erworben werden sollen, ob Fokussierungen auf bestimmte Finanzinstrumente, Regionen oder Branchen bestehen, ob ein passiver oder aktiver Verwaltungsstil verfolgt wird, ob der Fonds auf Ertrag oder auf Wachstum ausgerichtet ist und ob bestimmte Risikominimierungsstrategien verfolgt werden. Im Interesse der Verständlichkeit sollten Angaben zu Anlagezielen und Anlagestrategie ohne Fachbegriffe auskommen, deren Bedeutung dem breiten Anlegerpublikum nicht bekannt ist. Für die Beschreibung des Risikoprofils eines Investmentfonds sind bisher keine einheitlichen Standards entwickelt worden. Ziffer II.2 der BVI-Wohlverhaltensregeln enthält lediglich die Aufforderung, dass KAGen auch auf spezielle Risiken hinweisen, etwa Kursschwankungsrisiken oder Risiken, die sich aus der Anlage in wenig liquiden Märkten ergeben. Ferner wird im Rahmen der Planungen auf EU-Ebene für die Einführung eines Übersichtdokuments über die wichtigsten Anlegerinformationen („Key Investor Information“) untersucht, ob die relevanten Risiken weiterhin in Textform beschrieben werden sollen oder ob eine Risikokennziffer zusammen mit einer kutzen Texterläuerung sinnvoller erscheint. Beide Alternativen können grundsätzlich geeignet sein, Anleger adäquat zu informieren. Welche zu bevorzugen ist, sollte auf der Grundlage empirischer Untersuchungen entschieden werden. Entscheidend ist letztlich, dass für die gewählte Präsentationsform einheitliche Standards entwickelt werden, die die Vergleichbarkeit der Risikoangaben von Investmentfonds verschiedener KAGen ermöglicht und somit ein größtmögliches Maß an Transparenz sicherstellt. II. Kostentransparenz 1. Einleitung Gem. § 42 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 b) InvG sind Anleger über Ausgabe- und Rücknahmepreise sowie über etwaige sonstige Kosten oder Gebühren zu informieren, aufgeschlüsselt nach denjenigen, die von den Anlegern zu entrichten sind und denjenigen die aus dem Fondsvermögen zu zahlen sind. Anleger haben ein berechtigtes Bedürfnis, über die mit der Anlage in einen Investmentfonds ver466

Eine ähnliche Vorgabe enthält Ziffer II.1 der BVI-Wohlverhaltensregeln.

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bundenen Kosten informiert zu werden. Die Höhe dieser Kosten und Gebühren ist entscheidend für die Nettorendite der Anleger. Eine geringe Kostentransparenz führt zudem zu Übervorteilungsvermutungen und Interessenkonflikten. 467 Ein hohes Maß an Kostentransparenz schafft hingegen einen verstärkten Wettbewerb zwischen KAGen. 468 Dementsprechend misst sowohl die BaFin als auch der Gesetzgeber dem Thema Kostentransparenz eine große Bedeutung zu. 469 Der Gesetzgeber hat diesem Thema mit § 41 InvG eine eigene Vorschrift gewidmet. Gem. § 42 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 b) a.E. InvG gelten die Anforderungen an die Kostentransparenz gem. § 41 InvG auch für den vereinfachten Verkaufsprospekt. Die Anlage in Investmentfonds ist mit den folgenden Kostenarten verbunden 470: Zunächst ist für die Verwaltungstätigkeit der KAG eine Verwaltungsgebühr („Management Fee“) zu entrichten. Neben der Verwaltungsgebühr entnehmen KAGen dem Fondsvermögen Geldbeträge zur Erstattung der im Zusammenhang mit der Fondsverwaltung anfallenden allgemeinen Kosten, wie etwa den Kosten für die Prüfung von Investmentfonds durch Wirtschaftsprüfer oder Honorarkosten für externe Berater. Die Depotbank erhält zum einen eine Depotbankvergütung für die Erfüllung der Depotbankaufgaben wie die Fondspreisberechnung und die Überwachung der gesetzlichen Anlagegrenzen, zum anderen sind an sie Depotgebühren für die Verwahrung und Verwaltung der Vermögensgegenstände eines Fonds sowie die Ausgabe und Rücknahme von Fondsanteilen zu zahlen. Weiterhin fallen durch den Erwerb und die Veräußerung von Vermögensgegenständen für Rechnung eines Investmentfonds Transaktionsgebühren an. Schließlich sind beim Erwerb und bei der Rückgabe von Fondsanteilen von den Anlegern eventuell noch Ausgabeaufschläge und Rücknahmeabschläge zu zahlen. Im Hinblick auf das Thema Kostentransparenz sind zwei Gesichtspunkte zu berücksichtigen: Zum einen ist die Forderung nach Transparenz bei den Kosten nicht mit der Forderung nach niedrigen Kosten gleichzusetzen. Die vergleichsweise hohen Kosten eines Fonds können durch einen aufwendigeren Anlagestil begründet sein. Zum anderen ist Kostentransparenz nicht bereits dann hergestellt, wenn den Anlegern offen gelegt wird, in welcher Höhe sie oder der jeweilige Investmentfonds mit Kosten belastet werden. Vielmehr müssen sie auch über die Entstehung von Kosten informiert werden, da gewisse Gebührenstrukturen auch zu Situationen führen können, in denen Interessenkonflikte entstehen. 471 Beispielhaft ist insoweit die Vereinbarung von Kick-Backs zu nennen. 467

So auch: Herring / Hunke, ZfgKW 2001, 906. IOSCO, „Final Report of the Technical Committee on Elements of International Regulatory Standards on Fees and Expenses of Investment Funds“ November 2004, S. 1; abrufbar unter: www.iosco.org; Gesetzesentwurf der Bundesregierung für das Investmentmodernisierungsgesetz, BT-Drs. 15/1553, S. 87 f. 469 Siehe hierzu: BaFin-Jahrbuch 2005, S. 146; abrufbar unter: www.bafin.de. 470 Eine Auflistung der einzelnen Kosten, die mit einer Anlage in Investmentfonds verbunden sind, geben Herring / Hunke, ZfgKW 2001, 906, 907. 468

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

Für eine anlegergerechte Darstellung der Kostenstruktur eines Investmentfonds gilt ebenfalls, dass sie vollständig, für die Anleger verständlich und so gestaltet sein muss, dass sie einen Vergleich zwischen der Kostenbelastung verschiedener Investmentfonds zulässt. 472 An diesen Maßstäben sind sämtliche Transparenzvorschriften zu messen. Verständlich sind Kostenangaben für Anleger dann, wenn sie einerseits einfach, präzise und kurz sind, andererseits aber auch Erklärungen für komplexe Sachverhalte enthalten. 473 Kostendarstellungen sind miteinander vergleichbar, wenn Begriffe einheitlich verwendet werden und Kennziffern auf der Grundlage einer einheitlichen Berechnungsmethode ermittelt werden. 2. Kostentransparenz gem. § 41 InvG Die Themen Kosten und Kostentransparenz bei der Verwaltung von Investmentfonds werden in § 41 InvG umfassend geregelt. Ziel dieser Vorschrift ist es, zu gewährleisten, dass die Anleger hinreichende Informationen über die Kostenstruktur von Investmentfonds erhalten. 474 Dabei sieht § 41 InvG eine gestaffelte Darstellung der Kostenbelastung eines Investmentfonds vor. In den Vertragsbedingungen und dem ausführlichen Verkaufsprospekt müssen die einzelnen Vergütungen, Aufwendungserstattungsansprüche und Kosten sowie ihre Berechnung und Verwendung detailliert dargestellt werden. Diese ausführliche Darstellung korrespondiert mit der umfassenden Offenlegung der Kostenbelastung von Investmentfonds im Rahmen der Ertrags- und Aufwandrechung, die gem. § 44 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 InvG im Jahresbericht anzugeben ist. Dass sich Anleger mit allen diesen Informationen auseinandersetzen, ist angesichts der Menge an Informationen sowie der Komplexität der einzelnen Angaben nicht zu erwarten. Deshalb findet sich im vereinfachten Verkaufsprospekt lediglich eine verkürzte Kostendarstellung. § 41 Abs. 2 S. 1 InvG sieht vor, dass im vereinfachten Verkaufsprospekt und im Jahresbericht eine Gesamtkostenquote ausgewiesen wird. Für den Fall, dass eine Pauschalgebühr vereinbart wird, muss gem. § 41 Abs. 4 S. 2, 3 InvG eine Kostenaufschlüsselung erfolgen und gegebenenfalls offen gelegt werden, ob und welche Kosten dem Investmentfonds gesondert 471 IOSCO, „Final Report of the Technical Committee on Elements of International Regulatory Standards on Fees and Expenses of Investment Funds“ November 2004, S. 1; abrufbar unter: www.iosco.org. 472 IOSCO, „Final Report of the Technical Committee on Elements of International Regulatory Standards on Fees and Expenses of Investment Funds“ November 2004, Punkt 13 ff.; abrufbar unter: www.iosco.org. 473 IOSCO, „Final Report of the Technical Committee on Elements of International Regulatory Standards on Fees and Expenses of Investment Funds“ November 2004, Punkt 15, 16; abrufbar unter: www.iosco.org. 474 Gesetzesentwurf der Bundesregierung für das Investmentmodernisierungsgesetz, BT-Drs. 15/1553, S. 87.

6. Kap.: Transparenz

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in Rechnung gestellt werden. Gem. § 41 Abs. 2a S. 1 InvG ist im ausführlichen Verkaufsprospekt zu erläutern, dass Transaktionskosten aus dem Fondsvermögen gezahlt werden und dass die Gesamtkostenquote keine Transaktionskosten enthält. Darüber hinaus sind gem. § 42 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 b) InvG die Ausgabe- und Rücknahmepreise und die Kosten und Gebühren, aufgeschlüsselt danach, ob sie den Anlegern oder dem Investmentfonds berechnet werden, darzulegen. Diese Trennung zwischen kurz gefassten allgemeinen Angaben im vereinfachten Verkaufsprospekt sowie eine detaillierte Darstellung im ausführlichen Verkaufsprospekt und den Vertragsbedingungen ist sinnvoll. Sie ermöglicht es den Anlegern, sich durch das Studium des vereinfachten Verkaufsprospekts schnell einen ersten Einblick über die Kostenstruktur zu verschaffen und bei Unklarheiten auf die detaillierten Angaben in dem ausführlichen Verkaufsprospekt und den Vertragsbedingungen zurückzugreifen. Es gilt aber zu klären, ob die einzelnen Angaben tatsächlich geeignet sind, die Anleger hinreichend über die Kostenstruktur zu informieren. 3. Ausweisung der Gesamtkostenquote Von zentraler Bedeutung für die Information der Anleger über die Kostenstruktur von Investmentfonds im vereinfachten Verkaufsprospekt ist die obligatorische Ausweisung der Gesamtkostenquote gem. § 41 Abs. 2 S. 1 InvG. Gem. § 41 Abs. 2 S. 3 InvG stellt die Gesamtkostenquote das Verhältnis aller bei der Verwaltung zulasten eines Investmentfonds angefallenen Kosten mit Ausnahme der Nebenkosten des Erwerbs und der Kosten der Veräußerung von Vermögensgegenständen (Transaktionskosten) zu dem durchschnittlichen Nettoinventarwert des Investmentfonds innerhalb des vorangegangenen Geschäftsjahres dar und ist als Prozentsatz auszuweisen. Die Transaktionskosten eines Fonds fließen somit nicht in die Berechnung der Gesamtkostenquote ein. Die Ausweisung einer Gesamtkostenquote ist keine deutsche Besonderheit, sondern entspricht vielmehr internationalen Gepflogenheiten. Im englischsprachigen Raum wird insoweit von der „Total Expense Ratio“ (TER) gesprochen. 475 Auch die BVI-Wohlverhaltensregeln enthalten eine der § 41 Abs. 2 S. 1 InvG ähnliche Regelung. Ziffer II.8 der BVI-Wohlverhaltensregeln besagt: „Die Kapitalanlagegesellschaft legt im Rechenschaftsbericht die bei der Verwaltung des Sondervermögens innerhalb des vorangegangenen Geschäftsjahres zu Lasten des 475 Die IOSCO definiert die TER wie folgt: „ The Total Expense Ratio (TER) of a fund is equal to the ratio of the fund’s total operating costs to its average net assets. It is calculated at least once a year, generally with reference to the fiscal year of the fund.“; IOSCO, „Final Report of the Technical Committee on Elements of International Regulatory Standards on Fees and Expenses of Investment Funds“ November 2004, Annex 2; Punkt 1, abrufbar unter: www.iosco.org.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

Sondervermögens angefallenen Kosten (ohne Transaktionskosten) offen. Im Rechenschaftsbericht und in allen nach Abschluss des Geschäftsjahres veröffentlichten oder neu aufgelegten Verkaufsunterlagen und Werbeinformationen (z. B. Broschüren, Anzeigen und Internet-Inhalte) weist sie den Gesamtbetrag dieser Kosten als Prozentsatz des durchschnittlichen Fondsvolumen aus. Sie gewährleistet damit Vergütungstransparenz.“

Die Gesamtkostenquote ist eine Maßzahl für die Kostenbelastung eines Investmentfonds. Da sie sich auf die Kostenbelastung innerhalb des vorangegangenen Geschäftsjahres bezieht, handelt es sich um einen historischen Wert, der grundsätzlich keine Zukunftsprognose ermöglicht. 476 Für die Anleger hat die Ausweisung der Gesamtkostenquote zwei Vorteile. Zum einen ermöglicht sie es ihnen, sich schnell einen Überblick über die Kostenstruktur von Investmentfonds zu verschaffen. Zum anderen können Anleger die Kostenbelastung verschiedener Investmentfonds miteinander vergleichen. Die Gesamtkostenquote ist demnach grundsätzlich geeignet, zu einer hinreichenden Anlegerinformation beizutragen. Fraglich ist allerdings, ob mit der Gesamtkostenquote nach geltendem Recht die für eine sachgerechte Anlegerinformation geltenden Kriterien der Wahrheit bzw. Vollständigkeit, Verständlichkeit und Vergleichbarkeit erfüllt werden. a) Wahrheit bzw. Vollständigkeit Bei der Prüfung, ob die Gesamtkostenquote eine wahrheitsgemäße bzw. vollständige Information der Anleger über die Kostenstruktur von Investmentfonds gewährleistet, ist zu klären, ob sie tatsächlich alle für die Anleger relevanten Kosten enthält. Das erscheint fraglich, da gem. § 41 Abs. 2a S. 1 InvG die Transaktionskosten nicht einzuberechnen sind. Die Nichtberücksichtigung der Transaktionskosten in der Gesamtkostenquote bedeutet, dass sie entgegen ihrer Bezeichnung nicht die Gesamtheit aller Kosten enthält, mit denen Investmentfonds belastet werden. Es wird deshalb argumentiert, dass die Angabe der Gesamtkostenquote, in der die Transaktionskosten nicht enthalten sind, eine Irreführung der Anleger darstellt. 477 Für diese Auffassung kann insbesondere angeführt werden, dass Transaktionskosten einen erheblichen Einfluss auf die Nettorendite von Investmentfonds haben. Dementsprechend wird auch gefordert, Transaktionskosten in die Gesamtkostenquote einzubeziehen. 478 Gegen die Einbeziehung der Transaktionskosten in die Gesamtkostenquote kann angeführt werden, dass die mit dem Erwerb oder der Veräußerung eines 476

Herring / Hunke, ZfgKW 2001, 906, 908. Köndgen / Schmies, WM 2004, Sonderbeilage 1, S. 12; Reiss, S, 192. 478 Herring / Hunke, ZfgKW 2001, 906, 909; Köndgen / Schmies, WM 2004, Sonderbeilage 1, S. 12; Reiss, S, 194; Zetzsche, ZBB 2007, 438, 442. 477

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Vermögensgegenstandes verbundenen Kosten integraler Bestandteil seines Wertes sind. Der Wert eines Vermögensgegenstandes berechnet sich also aus seinem Preis abzüglich bzw. zuzüglich der Kosten für seine Veräußerung bzw. für seinen Erwerb. Auf der Grundlage dieser Argumentation könnte man die Auffassung vertreten, dass die Transaktionskosten keine mit der Verwaltung von Investmentfonds verbundenen Kosten sind. Dem kann allerdings entgegengehalten werden, dass es sich bei den Transaktionskosten nicht um Fixkosten handelt, deren Höhe von den KAGen nicht beeinflussbar ist. Vielmehr hat das Transaktionsmanagement von KAGen erheblichen Einfluss auf die Höhe der Transaktionskosten. Wenn die Höhe der Transaktionskosten aber vom Transaktionsmanagement einer KAG abhängt, spricht dies dafür, dass es sich bei Transaktionskosten um Kosten handelt, die mit der Verwaltung von Investmentfonds verbunden sind und nicht als Bestandteil des Wertes eines Vermögensgegenstandes. Entscheidendes Argument gegen die Einbeziehung der Transaktionskosten in die Gesamtkostenquote ist allerdings die Tatsache, dass die Höhe von Transaktionskosten nicht exakt zu bestimmen ist. Die Transaktionskosten erschöpfen sich nicht lediglich in den Gebühren, die Broker für die Ausführung der Transaktionen berechnen. Diese Gebühren werden zusammen mit den anfallenden Steuern sowie den Depotbankgebühren pro Transaktion als explizite Gebühren bezeichnet. 479 Vielmehr wird die Höhe von Transaktionskosten in erheblichem Umfang von den impliziten Kosten, also der Abweichung des Ankaufspreises von dem Verkaufspreises eines Wertpapiers („Spread“), den mit dem Einfluss einer Order auf die Kursentwicklung verbundenen Kosten („Markteinfluss“, bzw. „Market Impact“) sowie die Opportunitäts- und Timing-Kosten bestimmt. 480 Dabei wird geschätzt, dass die impliziten Kosten durchschnittlich doppelt so hoch sind wie die expliziten Gebühren. 481 Die impliziten Kosten einer Transaktion lassen sich aber nicht exakt berechnen. Der größere Teil der mit einer Transaktion verbundenen Kosten können also nicht genau bestimmt und müsste dementsprechend geschätzt werden. Auf der Grundlage von Schätzungen kann die Kostenbelastung eines Fonds jedoch nicht angemessen wiedergegeben werden. Daher ist die Ausweisung einer Gesamtkostenquote, die auf derartigen Schätzungen beruht, nicht geeignet, zu einer hinreichenden Information der Anleger beizutragen. Dementsprechend überzeugt es, dass die Transaktionskosten für die Berechnung der Gesamtkostenquote nicht berücksichtigt werden. Gleichwohl muss sichergestellt, dass bei den Anlegern nicht der Eindruck erweckt wird, die Gesamtkostenquote berücksichtige tatsächlich alle Kosten ei479 Johannig / Schlenger, in: European Asset Management Association: Best Execution – Executing Transactions in Securities Markets on behalf of Investors, S. 83, 85. 480 Siehe hierzu: 4. Kapitel Abschnitt D.IV.3. 481 Alba, in: European Asset Management Association: Best Execution – Executing Transactions in Securities Markets on behalf of Investors, S. 6, 7.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

nes Investmentfonds. Gem. § 41 Abs. 2 S. 2 InvG ist deshalb im ausführlichen Verkaufsprospekt anzugeben, welche Kosten in die Gesamtkostenquote einbezogen werden. Ferner bestimmt § 41 Abs. 2a S. 1 InvG, dass im ausführlichen Verkaufsprospekt zu erläutern ist, dass Transaktionskosten aus dem Fondsvermögen gezahlt werden und dass die Gesamtkostenquote keine Transaktionskosten enthält. Es leuchtet nicht ein, warum der Hinweis, dass Transaktionskosten aus dem Fondsvermögen gezahlt werden und dass die Gesamtkostenquote keine Transaktionskosten enthält, im ausführlichen Verkaufsprospekt, nicht aber im vereinfachten Verkaufsprospekt zu machen ist. Wenn der vereinfachte Verkaufsprospekt durch die Angaben der Gesamtkostenquote die Anleger über die Kostenbelastung aufklären soll, die Gesamtkostenquote aufgrund der Nichtberücksichtigung der Transaktionskosten insoweit aber kein vollständiges Bild gibt, kann eine irrige Vorstellung der Anleger auch nur durch einen entsprechenden Hinweis im vereinfachten Verkaufsprospekt verhindert werden. Angesichts der Kürze eines solchen Hinweises kann auch nicht argumentiert werden, dass der vereinfachte Verkaufsprospekt hierdurch zu lang würde. Demnach sollte § 41 Abs. 2a S. 1 InvG dahingehend geändert werden, dass der entsprechende Hinweis im vereinfachten Verkaufsprospekt zu erfolgen hat. Der Referentenentwurf des Investmentänderungsgesetzes enthielt zunächst eine Soll-Vorschrift, nach der der Jahresbericht und der vereinfachte Verkaufsprospekt eine Transaktionskostenquote ausweisen sollten. Gleichzeitig war vorgesehen, dass die Transaktionskostenquote im ausführlichen Verkaufsprospekt erläutert und begründet wird, warum die Transaktionskostenquote nicht ausgewiesen wird. Dabei wurde die Transaktionskostenquote als „das Verhältnis aller bei der Verwaltung zulasten eines Sondervermögens angefallenen Transaktionskosten zu dem durchschnittlichen Nettoinventarwert des Sondervermögens innerhalb des vorangegangenen Geschäftsjahres“ definiert“ und bestimmt, dass sie als Prozentsatz ausgewiesen werden sollte. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wurde diese Vorschrift in die jetzige Hinweispflicht umgewandelt. Die Investmentbranche kritisierte dabei insbesondere, dass derartige Informationspflichten nicht für ausländische Investmentfonds bestünden und deutsche KAGen daher einen Wettbewerbsnachteil erleiden würden. Diese Bedenken sind aus wettbewerbspolitischen Gründen nachvollziehbar. Außerdem wäre auch eine Verwirrung der Anleger zu befürchten, wenn ihnen bei deutschen Fonds eine Transaktionskostenquote mitgeteilt würde, eine entsprechende Offenlegung bei ausländischen Fonds aber unterblieben wäre. Entscheidendes Argument gegen die Veröffentlichung einer Transaktionskostenquote ist aber, dass insoweit nur die expliziten Kosten, nicht aber die üblicherweise viel höheren impliziten Kosten berücksichtigt worden wären. Die Ausweisung einer Transaktionskostenquote könnte bei Anlegern demnach den falschen Eindruck erwecken, dass bei einem Fonds, bei dem geringe explizite Kosten anfallen und somit die Transaktionskostenquote niedrig ist, ein gutes Transaktionsmanagement besteht. Aus den oben genannten Gründen muss dies aber nicht der Fall sein. 482

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Mit Blick auf die Rechtslage in den USA wird in der Literatur weiterhin vorgeschlagen, dass KAGen auch die „portfolio turnover rate“ offen legen sollten. 483 Die „portfolio turnover rate“ bemisst, wie häufig die Zusammensetzung eines Investmentfonds geändert worden ist. Sie zeigt also an, ob ein Fonds aktiv oder passiv verwaltet wird. Für Anleger können derartige Angaben von Interesse sein, weil jede Umschichtung des Portfolios mit erheblichen Kosten für das Fondsvermögen verbunden ist. Warum es Anlegern hierdurch möglich werden soll, „zu erkennen, ob Transaktionen durch die Anlagerichtlinien veranlasst waren oder der Provisionsmaximierung dienten“, wie in der Literatur behauptet wird 484, leuchtet indes nicht ein. Außerdem sollte eine derartige Pflicht nur EU-einheitlich eingeführt werden, um Wettbewerbsverzerrungen zulasten der deutschen KAGen zu vermeiden. b) Verständlichkeit Die Ausweisung der Gesamtkostenquote als Prozentsatz erfüllt die Anforderungen an eine einfache, präzise und kurze Darstellung. Positiv zu beurteilen ist ferner, dass, sofern eine erfolgsabhängige Vergütung vereinbart wurde, diese gem. § 41 Abs. 2 S. 4 InvG zusätzlich als Prozentsatz des durchschnittlichen Nettoinventarwerts des Investmentfonds anzugeben ist. Hierdurch wird es den Anlegern ermöglicht, zwischen Kosten zu unterscheiden, die unabhängig von der Wertentwicklung eines Investmentfonds belastet werden und einer erfolgsabhängigen Vergütung, die von Jahr zu Jahr sehr unterschiedlich ausfallen kann. 485 c) Vergleichbarkeit Die Ausweisung einer Gesamtkostenquote ist ein geeignetes Instrument zur Herstellung der Vergleichbarkeit von Kostenangaben zu verschiedenen Investmentfonds. Dabei ist es allerdings von entscheidender Bedeutung, dass die ausgewiesenen Zahlen auf einer einheitlichen Berechnungsgrundlage basieren. Daher ist es zu begrüßen, dass § 41 Abs. 3 InvG das Bundesfinanzministerium bzw. die BaFin zum Erlass einer Rechtsverordnung für „nähere Bestimmungen zu Methoden und Grundlagen der Berechnung der Gesamtkostenquote“ ermächtigt. Eine entsprechende Rechtsverordnung ist bisher noch nicht erlassen worden. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass alle KAGen bei der Berechnung der Gesamtkostenquote in gleicher Weise vorgehen. Die Vergleichbarkeit der Angaben wird hierdurch beeinträchtigt. 482

Siehe hierzu: 4. Kapitel Abschnitt D.IV.3. Lang, WM 2004, 53, 57; ders., VuR 2004, 201, 202. 484 Lang, WM 2004, 53, 57; ders., VuR 2004, 201, 202. 485 Gesetzesentwurf der Bundesregierung für das Investmentmodernisierungsgesetz, BT-Drs. 15/1553, S. 88. 483

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

Es muss allerdings auch berücksichtigt werden, dass das Fehlen einer Rechtsverordnung gem. § 41 Abs. 3 InvG auf den Umstand zurückzuführen sein wird, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die Einzelheiten der Gesamtkostenquote im Einklang mit den anderen EU-Mitgliedsstaaten einheitlich definiert werden sollen. 486 Eine derartige Vorgehensweise erscheint notwendig, um eine Benachteiligung deutscher KAGen zu verhindern. Gleichwohl sollte im Interesse der Kostentransparenz bald eine Regelung getroffen werden. 4. Pauschalgebühren KAGen können in den Vertragsbedingungen auch Pauschalgebühren vorsehen. Pauschalgebühren, auch „Global Fee“ oder „All-in-Fee“ genannt, enthalten neben der Verwaltungsgebühr der KAGen zudem die Gebühren der Depotbank und sonstiger Dritter. Pauschalgebühren beinhalten jedoch nicht alle Kosten, mit denen Investmentfonds belastet werden, insbesondere werden Transaktionskosten sowie in- und ausländische Steuern separat berechnet. 487 Üblicherweise werden Pauschalgebühren als Prozentsatz des jeweiligen Fondsvermögens berechnet. 488 Aufgrund der Vermengung verschiedener Kostenarten und Kostengläubiger sowie der gleichzeitigen Außerachtlassung gewisser Kostenfaktoren sind Pauschalgebühren nicht geeignet, Kostentransparenz herbeizuführen. Daher sieht § 41 Abs. 4 InvG vor, dass Pauschalgebühren in den Vertragsbedingungen, dem ausführlichen Verkaufsprospekt sowie dem vereinfachten Verkaufsprospekt weiter aufzuschlüsseln sind. Ferner ist in den Vertragsbedingungen, den Verkaufsprospekten und dem Jahresbericht gem. § 41 Abs. 4 S. 2, 3 InvG anzugeben, aus welchen Vergütungen und Kosten sich die Pauschalgebühr zusammensetzt und welche Kosten dem Fonds gegebenenfalls gesondert in Rechnung gestellt werden. Diese zusätzlichen Anforderungen an die Vereinbarung einer Pauschalgebühr sind aus Gründen der Verständlichkeit zu begrüßen. Weiterhin ist es aber erforderlich, dass KAGen davon Abstand nehmen, Pauschalgebühren als „All-in-Fee“ zu bezeichnen, da dies bei den Anlegern die unzutreffende Vorstellung hervorruft, dass mit dieser Gebühr sämtliche Kosten abgedeckt sind. 489 Zum Zwecke der Vergleichbarkeit von Kostenangaben sollte zudem einheitlich geregelt werden, welche Kostenarten in die Berechnung der Pauschalgebühr einfließen.

486 Gesetzesentwurf der Bundesregierung für das Investmentmodernisierungsgesetz, BT-Drs. 15/1553, S. 88. 487 Gesetzesentwurf der Bundesregierung für das Investmentmodernisierungsgesetz, BT-Drs. 15/1553, S. 88. 488 Herring / Hunke, ZfgKW 2001, 906, 907. 489 Herring / Hunke, ZfgKW 2001, 906, 907.

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5. Rückvergütungen Zwischen KAGen und Depotbanken werden teilweise sog. Kick-Back-Vereinbarungen getroffen, nach denen eine Depotbank einen Teil der Gebühren, die die jeweilige KAG ihr aus dem Vermögen eines von ihr verwalteten Investmentfonds für die Abwicklung von Wertpapiertransaktionen gezahlt hat, zurückerstattet. Wie bereits erörtert, begründen derartige Vereinbarungen die Gefahr, dass KAGen mit zu hohen Kosten belastet werden. Sie sind daher mit der Treuhänderstellung von KAGen nur vereinbar, wenn die entsprechenden Zahlungen den Investmentfonds gutgeschrieben werden. 490 Gem. § 41 Abs. 5 InvG ist im ausführlichen Verkaufsprospekt und im Jahresbericht zu beschreiben, ob der jeweiligen KAG Rückvergütungen der aus einem Fondsvermögen an die Depotbank und an Dritte geleisteten Vergütungen und Aufwendungserstattungen zufließen. Kick-Back-Zahlungen fallen als Rückvergütungen unter § 41 Abs. 5 InvG. KAGen ist es mithin nicht nur verboten, derartige Zahlungen für sich zu behalten. Sie müssen die entsprechenden Vereinbarungen auch offen legen. Angesichts der Gefahr, die von diesen Vereinbarungen für die Anleger ausgehen, ist die Offenlegungspflicht grundsätzlich zu begrüßen. Nicht einleuchten kann allerdings, dass ein entsprechender Hinweis nur im ausführlichen Verkaufsprospekt und im Jahresbericht zu erfolgen hat. Der Gesetzgeber geht selbst davon aus, dass die Anleger den ausführlichen Verkaufsprospekt häufig nicht zur Kenntnis nehmen. 491 Für den Jahresbericht wird man dasselbe annehmen können. Zusätzlich zu der Beschreibung in diesen beiden Dokumenten sollte daher ein Hinweis auf den Abschluss von derartigen Rückvergütungsvereinbarungen in dem vereinfachten Verkaufsprospekt und dem Kurzbericht enthalten sein. Dabei sollte auf die ausführlichere Erörterung im ausführlichen Verkaufsprospekt und im Jahresbericht verwiesen werden. § 42 Abs. 2 InvG sollte entsprechend geändert werden. Insoweit lässt sich zwar entgegnen, dass der vereinfachte Verkaufsprospekt und der Kurzbericht möglichst komprimierte Informationsdokumente sein sollen. Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass Kick-Back-Vereinbarungen eine besondere Gefahr für Anleger begründen. Ein Hinweis auf die Existenz derartiger Vereinbarungen zusammen mit dem Verweis auf eine detaillierte Darstellung im ausführlichen Verkaufsprospekt und im Jahresbericht ist durchaus mit ihrem Zweck als knappe Informationsdokumente zu vereinbaren. Wie bereits erläutert, sollte zudem ein entsprechender Hinweis auf der Unternehmens-Website erfolgen.

490

Siehe: 4. Kapitel Abschnitt D.IV.4.g)aa). Gesetzesentwurf der Bundesregierung für das Investmentmodernisierungsgesetz, BT-Drs. 15/1553, S. 66. 491

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

III. Angaben zur Messung des Anlageerfolges 1. Einleitung Anleger, die Anteile eines Investmentfonds erwerben wollen oder die Anteile erworben haben und sich über deren Wertentwicklung informieren möchten, müssen den Wert der Anteile kennen. Daher sind der Ausgabe- und Rücknahmepreis von Fondsanteilen gem. § 36 Abs. 6 S. 2 InvG mindestens zweimal im Monat in einer hinreichend verbreiteten Wirtschafts- oder Tageszeitung oder in den in den Verkaufsprospekten bezeichneten elektronischen Informationsmedien zu veröffentlichen. Für Anleger, die an dem Erwerb von Fondsanteilen interessiert sind, besitzt der Preis eines Fondsanteils alleine allerdings nur eine eingeschränkte Aussagekraft. Aus der Höhe des Kaufpreises lässt sich nicht die Qualität des Fonds oder der Fondsverwaltung ableiten. Wichtig sind daher auch Angaben über die bisherige Wertentwicklung eines Investmentfonds. Anhand dieser Daten können sich Anleger ein umfassendes Bild davon machen, wie sich ein bestimmter Fonds in der Vergangenheit entwickelt hat. Gleichzeitig ermöglichen sie auch einen Vergleich mit der bisherigen Entwicklung anderer Fonds. Zwar bedeutet eine positive bisherige Wertentwicklung nicht, dass sich ein Investmentfonds auch in der Zukunft ebenso positiv entwickeln wird. Im Unterschied zu anderen Finanzinstrumenten, etwa Aktien oder Schuldverschreibungen, besitzen Angaben über die bisherige Wertentwicklung eines Investmentfonds aber eine gewisse Aussagekraft für die zukünftige Entwicklung, da die Wertentwicklung eines Investmentfonds erheblich von der Qualität des Portfoliomanagements und der Kostenbelastung abhängt. Erfüllt das Portfoliomanagement eines Investmentfonds gewisse Qualitätskriterien und ist die Kostenbelastung niedrig, spricht dies dafür, dass der Fonds sich auch in Zukunft positiv entwickelt. Unabhängig davon, in welchem Umfang die bisherige Wertentwicklung eines Investmentfonds Rückschlüsse auf seine zukünftige Entwicklung erlaubt, muss jedenfalls zur Kenntnis genommen werden, dass Anleger diesen Angaben eine hohe Bedeutung beimessen. Im Rahmen der Anlegerinformation kommt ihnen daher eine große Bedeutung zu. Dementsprechend sieht § 42 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 c) InvG vor, dass ein vereinfachter Verkaufsprospekt Angaben über die bisherige Wertentwicklung des jeweiligen Investmentfonds machen muss, wobei gleichzeitig darauf hinzuweisen ist, dass die bisherige Wertentwicklung kein Indikator für die zukünftige Wertentwicklung ist. Auch der Kurzbericht sollte entsprechende Informationen enthalten. Schließlich enthalten Werbematerialien von KAGen ebenfalls häufig Angaben zur bisherigen Wertentwicklung von Investmentfonds. Das InvG enthält keine Vorgaben für die Berechnung und Darstellung von Wertentwicklungsdaten. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass Wertentwicklungsdaten Anlegern nur dann ein richtiges Bild von der Entwicklung eines

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Fonds geben und einen Vergleich mit anderen Investmentfonds ermöglichen, wenn für die Berechnung und Darstellung von Wertentwicklungsdaten einheitliche Standards gelten. Kein solcher Vergleich ist beispielsweise möglich, wenn sich die einzelnen Zahlen auf verschiedene Zeiträume beziehen oder in unterschiedlichem Umfang Kosten einbeziehen. Daher wurden von verschiedenen Seiten Grundsätze zur Berechnung und Darstellung von Wertentwicklungsdaten, sog. „Performance Presentation Standards“ („PPS“) entwickelt. 492 Sie zielen darauf, dass KAGen keine inkorrekten, unvollständigen oder sonst wie für die Anleger irreführenden Wertentwicklungsdaten erstellen und die publizierten Daten so einheitlich berechnet und dargestellt werden, dass sie Anlegern einen Vergleich der Wertentwicklung verschiedener Fonds ermöglichen. 493 Die Entwicklung von PPS dient Anlegern ebenso wie KAGen. Anleger werden mit Informationen versorgt, die es ihnen ermöglichen, eine fundierte Anlageentscheidung zu treffen 494. Außerdem werden KAGen „Gestaltungsmöglichkeiten“ bei der Veröffentlichung von Wertentwicklungsdaten genommen. 495 Andererseits erhalten KAGen mit standardisiert berechneten Angaben zur Wertentwicklung ein Werbeinstrument, auf dessen Richtigkeit die Anleger vertrauen können und dem sie deshalb besondere Bedeutung beimessen. 2. Bestehende Regelwerke Zunächst enthalten die BVI-Wohlverhaltensregeln in den Ziffer II.3 bis II.6 verschiedene Anforderungen an die Veröffentlichung von Wertentwicklungsdaten. Gem. Ziffer II.3 der BVI-Wohlverhaltensregeln sollen KAGen insoweit „anerkannte Standards“ befolgen. Als anerkannte Standards gelten die Global Investment Performance Standards („GIPS“), die von dem „CFA Institute“ bzw. deren Vorgängervereinigung, der AIMR, im Jahre 2000 auf der Grundlage der AIMRPPS entwickelt wurden. 496 Dasselbe gilt für die 1999 in Deutschland von der Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Anlageberatung („DVFA“) erarbeiteten DVFA-PPS. Sowohl die DVFA-PPS als auch die GIPS enthalten sehr detaillierte Regelungen und beinhalten neben Vorschriften zur Berechnung und Darstellung von 492 IOSCO „Performance Presentation Standards for Collective Investment Schemes“, Mai 2002, S. 8: „PPS are rules or guidelines for the calculation and presentation of CIS [Collective Investment Schemes] performance information.“; abrufbar unter www.iosco .org. 493 Siehe hierzu: IOSCO, „Performance Presentation Standards for Collective Investment Schemes“, Mai 2002, S. 7 f.; abrufbar unter www.iosco.org. 494 So auch: Loistl / Petrag, S. 177. 495 Wittrock / Fischer / Lilla, Die Bank 1998, 606. 496 Siehe Näheres zum CFA Institute: 3. Kapitel Abschnitt C.VI.2.; die GIPS sind abrufbar unter: www.cfainstitute.org.

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Wertentwicklungsdaten auch Elemente der Performanceanalyse. 497 Eine erschöpfende Darstellung dieser Regeln kann an dieser Stelle nicht erfolgen. Vielmehr werden im Folgenden wesentliche Grundsätze dargestellt, die KAGen im Interesse einer hinreichenden Anlegerinformation zu berücksichtigen haben. Allgemeine Grundsätze zur Berechnung und Veröffentlichung von Wertentwicklungsdaten hat die IOSCO im Mai 2004 mit den „Performance Presentation Standards For Collective Investment Schemes: Best Practice Standards“ veröffentlicht. 498 Die hierin aufgestellten Grundsätze geben die Auffassung der internationalen Aufsichtsbehörden wieder, sind aber weder für die BaFin noch für KAGen verbindlich. Schließlich hat noch die Vereinigung der nationalen Verbände der Investmentindustrie in Europa, EFAMA (vormals FEFSI), 1999 einen „Code of Good Conduct on the Presentation of Performance Records and the Classification of Funds“ erstellt. Detaillierte Vorgaben für Angaben über die bisherige Wertentwicklung von Finanzinstrumenten enthält § 31 Abs. 2 S. 1 WpHG i.V. m. § 4 Abs. 4 – 7 der Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens- und Organisationsverordnung („WpDVerOV“), soweit Fondsanteile an Privatkunden vertrieben werden. Das WpHG und die die Wohlverhaltens- und Organisationspflichten des WpHG konkretisierende WpDVerOV sind zwar auf die Verwaltung von Investmentfonds nicht anwendbar. Gleichwohl sind sie von Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Rahmen des Vertriebs von Fondsanteilen an Privatkunden zu beachten. Wenn KAGen die von ihnen mit dem Vertrieb von Fondsanteilen beauftragten Unternehmen Informationsmaterialien zur Verfügung stellen, werden die entsprechenden Unternehmen verlangen, dass die Materialien mit den wertpapierhandelsrechtlichen Vorgaben übereinstimmen. Die Regelungen der § 31 Abs. 2 S. 1 WpHG i.V. m. § 4 Abs. 4 – 7 WpDVerOV sind für KAGen in der Praxis also von erheblicher Bedeutung. § 31 Abs. 2 S. 1 WpHG besagt lediglich, dass alle Informationen einschließlich Werbemitteilungen, die Wertpapierdienstleistungsunternehmen Kunden zugänglich machen, redlich, eindeutig und nicht irreführend sein müssen. Für Angaben über die bisherige Wertentwicklung konkretisiert § 4 Abs. 4 – 7 WpDVerOV diese generellen Vorgaben wie folgt: Gem. § 4 Abs. 4 WpDVerOV dürfen Aussagen zu der früheren Wertentwicklung eines Finanzinstruments, eines Finanzindexes oder einer Wertpapierdienstleistung nicht im Vordergrund der Information stehen und müssen 1. geeignete Angaben zur Wertentwicklung enthalten, die sich auf die unmittelbar vorausgegangenen fünf Jahre beziehen, in denen das Finanzinstrument ange497

Loistl / Petrag; S. 177. IOSCO „Performance Presentation Standards for Collective Investment Schemes: Best Practice Standards“, Mai 2004; abrufbar unter www.iosco.org. 498

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boten, der Finanzindex festgestellt oder die Wertpapierdienstleistung erbracht worden sind; Angaben über einen längeren Zeitraum müssen in Zwölfmonatszeiträumen erfolgen; liegen Angaben nur über einen kürzeren Zeitraum als fünf Jahre vor, müssen Angaben zu dem gesamten Zeitraum gemacht werden, der sich mindestens auf einen Zeitraum von zwölf Monaten erstrecken muss, 2. den Referenzzeitraum und die Informationsquelle eindeutig angeben, 3. bei Angaben in einer anderen Währung als in der Währung des Staates, in dem der Privatkunde ansässig ist, die Währung eindeutig angeben und einen Hinweis enthalten, dass die Rendite in diesen Fällen infolge von Währungsschwankungen steigen oder fallen kann, und 4. im Fall einer Bezugnahme auf die Bruttowertentwicklung angeben, wie sich Provisionen, Gebühren und andere Entgelte auswirken. Gem. § 4 Abs. 5 WpDVerOV dürfen sich Simulationen einer früheren Wertentwicklung oder Verweise auf eine solche Simulation nur auf ein Finanzinstrument, den einem Finanzinstrument zugrunde liegenden Basiswert oder einen Finanzindex beziehen. Sie müssen auf der tatsächlichen früheren Wertentwicklung mindestens eines Finanzinstrumentes, eines Basiswertes oder eines Finanzindexes beruhen, die mit dem betreffenden Finanzinstrument übereinstimmen oder diesem zugrunde liegen und die Voraussetzungen des Absatzes 4 erfüllen. § 4 Abs. 6 WpDVerOV bestimmt zudem, dass Angaben zur künftigen Wertentwicklung nicht auf einer simulierten früheren Wertentwicklung beruhen oder auf eine solche Simulation Bezug nehmen dürfen. Die Angaben müssen auf angemessenen, durch objektive Daten gestützten Annahmen beruhen und für den Fall, dass sie auf der Bruttowertentwicklung beruhen, deutlich angeben, wie sich Provisionen, Gebühren und andere Entgelte auswirken. Schließlich verlangt § 4 Abs. 7 WpDVerOV, dass die nach § 4 Abs. 4 bis 6 WpDVerOV dargestellten Wertentwicklungen jeweils deutliche Hinweise enthalten müssen, auf welchen Zeitraum sich die Angaben beziehen und dass frühere Wertentwicklungen, Simulationen oder Prognosen kein verlässlicher Indikator für die künftige Wertentwicklung sind. 3. Die Anforderungen an die Berechnung und Darstellung von Wertentwicklungsdaten PPS zielen darauf ab sicherzustellen, dass Anleger durch das Studium von Wertentwicklungsdaten hinreichend über die bisherige Entwicklung von Investmentfonds informiert werden. Ebenso wie die Anforderungen an eine sachgemäße Information der Anleger über die Kostenbelastung von Investmentfonds lassen sich auch die Anforderungen an die Berechnung und Darstellung von Wertentwicklungsdaten den für eine sachgerechte Anlegerinformation geltenden Kategorien der Wahrheit, Verständlichkeit und Vergleichbarkeit zuordnen. 499

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a) Wahrheit Grundvoraussetzung für eine ordnungsgemäße Berechnung und Darstellung von Wertentwicklungsdaten ist die Verwendung wahrheitsgemäßer Daten. Als wahrheitsgemäß können Daten nur dann bezeichnet werden, wenn sie aktuell sind. 500 Nicht wahrheitsgemäß sind insbesondere missverständliche oder irreführende Darstellungen. 501 Dies ist insbesondere der Fall, wenn Angaben weggelassen werden, die für das richtige Verständnis der Wertentwicklungsdaten entscheidend sind. 502 Ferner können die Anleger irregeführt werden, indem KAGen den Zeitraum, für den sie Angaben machen, so wählen, dass besonders positive Ergebnisse veröffentlicht werden können. 503 Auf die Vorgaben für die zulässigen Betrachtungszeiträume wird unten im Rahmen der Prüfung des Kriteriums der Vergleichbarkeit von Wertentwicklungsdaten näher eingegangen. KAGen sollten sich bei der Veröffentlichung von Wertentwicklungsdaten jedenfalls nur auf Zeiträume beziehen, in denen ein Vertrieb des jeweiligen Investmentfonds erfolgt ist. 504 Fraglich ist, ob es als irreführend bezeichnet werden kann, wenn nicht alle für die Anleger anfallenden Kosten in die Wertentwicklung einberechnet werden. Dies ist zu bejahen für Kosten, die nicht unmittelbar von den Anlegern sondern von dem jeweiligen Investmentfonds zu tragen sind. 505 Diese Kosten gelten für alle Anleger und beeinflussen demnach auch die Rendite für jeden Anleger in demselben Ausmaß. Dem wird zwar teilweise entgegengehalten, dass die Referenzwerte, an denen sich die Wertentwicklung eines Investmentfonds regelmäßig messen lassen muss, z. B. Indizes, nicht mit derartigen Kosten belastet sind und daher die Vergleichbarkeit zwischen beiden Werten, nicht gegeben sei. 506 Diese Auffassung übersieht aber, dass Wertentwicklungsdaten Anlegern die Möglichkeit geben sollen zu erkennen, wie sich ein Fonds entwickelt hat, auch im Vergleich zu anderen Fonds. Dabei interessiert Anleger die Rendite abzüglich aller Kosten. Die Vergleichbarkeit mit Referenzwerten ist für Anleger hingegen von nur untergeordneter Bedeutung.

499 IOSCO „Performance Presentation Standards For Collective Investment Schemes: Best Practice Standards“, Mai 2004, S. 2; abrufbar unter www.iosco.org. 500 FEFSI, Code of Good Conduct on the Presentation of Performance Records and the Classification of Funds, Ziffer I.3; DSW-Fondsrichtlinien: Leitsatz Nr. 7. 501 Ziffer II. 6 der BVI-Wohlverhaltensregeln. 502 IOSCO, „Performance Presentation Standards For Collective Investment Schemes: Best Practice Standards“, Mai 2004, Ziffer 2.1; abrufbar unter www.iosco.org. 503 Wittrock / Fischer / Lilla, Die Bank 1998, 606. 504 Ziffer II. 4 der BVI-Wohlverhaltensregeln. 505 IOSCO „Performance Presentation Standards For Collective Investment Schemes: Best Practice Standards“, Mai 2004, Ziffer 1; abrufbar unter www.iosco.org. 506 Loistl / Petrag, S. 180 zu der entsprechenden Empfehlung der DVFA-PPS.

6. Kap.: Transparenz

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Bei der Berücksichtigung von Kosten, die unmittelbar von den Anlegern zu tragen sind, ist hingegen eine differenziertere Betrachtungsweise angebracht. Hier können KAGen wählen, ob sie diese Kosten in die Berechnung einbeziehen oder von einer Einbeziehung absehen und die Anleger auf diese Vorgehensweise hinweisen. 507 Diese Wahlmöglichkeit erscheint zunächst überraschend, da auch diese Kosten, insbesondere Ausgabeaufschläge und Rücknahmeabschläge, für die Anleger entscheidend sind. Allerdings werden gerade die Ausgabeaufschläge je nach Vertriebsart in unterschiedlicher Höhe berechnet, sodass eine einheitliche Berechnung oftmals schwerlich möglich sein wird. Solange die Anleger deutlich darauf hingewiesen werden, erscheint es daher interessengerecht, dass indirekte Kosten wie Ausgabeaufschläge und Rücknahmeabschläge nicht in die Berechnung der Wertentwicklungsdaten einfließen. Wertentwicklungsdaten werden häufig auch im Zusammenhang mit einem Referenzwert veröffentlicht. Das Ziel von KAGen bei Vergleichen mit Referenzwerten wird regelmäßig darin bestehen darzustellen, dass sich ein Investmentfonds besser als der jeweilige Referenzwert entwickelt hat. Als Vergleichswert kommen sowohl etablierte Indizes als auch selbst berechnete Indizes in Betracht, etwa bei Mischfonds, die neben Aktien auch Schuldverschreibungen erwerben. 508 Um eine Täuschung der Anleger zu vermeiden, dürfen KAGen nur Vergleichswerte verwenden, die hinsichtlich ihrer Zusammensetzung mit den jeweiligen Investmentfonds auch tatsächlich vergleichbar sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie einen Referenzwert selbst zusammenstellen. Schließlich sollte entsprechend § 4 Abs. 7 WpDVerOV deutlich darauf hingewiesen werden, auf welchen Zeitraum sich Angaben zur Wertentwicklung eines Investmentfonds beziehen. b) Verständlichkeit Das Kriterium der Verständlichkeit erfordert eine Darstellung der Wertentwicklungsdaten aus dem Blickwinkel der Anleger. Dies bedeutet vor allem, dass Anlegern die Daten, falls erforderlich, näher erläutert werden müssen. Wertentwicklungsdaten sind daher stets mit dem Hinweis zu versehen, dass die bisherige Wertentwicklung des jeweiligen Investmentfonds kein Indikator für die zukünftige Wertentwicklung ist. Im Rahmen der Werbung mit Wertentwicklungsdaten sollten KAGen, wenn sich die wesentlichen Grundsätze der Anlagepolitik im Zeitpunkt der Werbung geändert haben, deutlich auf die geänderte Anlagepolitik hinweisen. 509 Dies ist erforderlich, da eine Änderung der Anlagepolitik es erschwert, aus 507 Ziffer II. 6 der BVI-Wohlverhaltensregeln; IOSCO „Performance Presentation Standards For Collective Investment Schemes: Best Practice Standards“, Mai 2004, Ziffer 2.2; abrufbar unter www.iosco.org. 508 Loistl / Petrag, S. 182. 509 Ziffer II. 6 der BVI-Wohlverhaltensregeln.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

der vergangenen Wertentwicklung Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung zu ziehen. Weiterhin sollen KAGen gem. Ziffer II. 3 der BVI-Wohlverhaltensregeln den Standard offen legen, den sie zur Berechnung der Wertentwicklungsdaten gewählt haben. Ob Privatanleger allerdings wirklich davon profitieren zu erfahren, ob eine KAG die DVFA-PPS oder die GIPS anwendet, erscheint fraglich. Diese Angaben haben eine größere Bedeutung für institutionelle Anleger. c) Vergleichbarkeit Eine Vergleichbarkeit von Wertentwicklungsdaten für verschiedene Investmentfonds kann nur durch ein hohes Maß an Standardisierung erreicht werden. Daher sollten KAGen hinsichtlich der Berechnungsmethode und des Betrachtungszeitraums einheitliche Standards anwenden. 510 Bei der Berechnungsmethode ist insbesondere die einheitliche Einbeziehung von Kosten von entscheidender Bedeutung. Hinsichtlich der Zeitabschnitte, für die Wertentwicklungsdaten berechnet werden, ist zunächst zu berücksichtigen, dass sehr kurze Betrachtungszeiträume kaum Aussagekraft besitzen. Die Wertentwicklung eines Investmentfonds innerhalb einiger Monate lässt kaum Rückschlüsse auf die Managementqualität einer KAG zu. Andererseits können Anleger durchaus auch an der Entwicklung eines Fonds innerhalb kurz- oder mittelfristiger Zeiträume interessiert sein. In der Praxis haben sich Betrachtungszeiträume von einem Jahr, drei Jahren, fünf Jahren und zehn Jahren als üblich herausgebildet. Existiert ein Fonds noch kein Jahr, erscheint es aus Anlegerperspektive grundsätzlich sachgerecht, wenn die bisherige Wertentwicklung zusammen mit einem deutlichen Hinweis, wie lange der Fonds bereits existiert, mitgeteilt wird, sofern die bisherige Wertentwicklung nicht auf ein Jahr hochgerechnet wird. 511 Werden entsprechende Angaben in Werbemitteilungen gemacht, die von Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Rahmen des Vertriebs an Privatanleger verwendet werden, dürfen gem. § 4 Abs. 4 Nr. 1 WpDVerOV jedoch keine Angaben zu Zeiträumen von weniger als zwölf Monaten gemacht werden. Unabhängig von der Dauer eines Betrachtungszeitraums muss es sich bei den Angaben um aktuelle Daten handeln, was bedeutet, dass das Ende des Zeitraums dem Veröffentlichungsdatum möglichst nahe sein muss. 512 Zudem sollte im Einklang mit § 4 Abs. 4 Nr. 2 WpDVerOV stets der jeweilige Referenzzeitraum eindeutig angegeben werden.

510

Ziffer II. 3 der BVI-Wohlverhaltensregeln. Ziffer I.4 des „Code of Good Conduct on the Presentation of Performance Records and the Classification of Funds“ der EFAMA; Loistl / Petrag, S. 182. 512 Ziffer II. 3 der BVI-Wohlverhaltensregeln. 511

6. Kap.: Transparenz

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E. Bewertung durch Dritte Der Transparenz im Investmentwesen dienen auch Bewertungen von Investmentfonds und KAGen durch Dritte in der Form von Ratings und Rankings. In den letzten Jahren hat sich diese Form der externen Bewertung immer stärker durchgesetzt. Für Fondsanleger ist diese Entwicklung grundsätzlich zu begrüßen, da derartige Bewertungen sie bei ihrer Anlageentscheidung unterstützen. 513 Zwischen Ratings und Rankings muss deutlich unterschieden werden. 514 Bei Rankings handelt es sich um Ranglisten hinsichtlich gewisser quantitativer, vergangenheitsbezogener Kriterien. Dabei werden verschiedene Investmentfonds mit identischem oder weitgehend ähnlichem Anlagefokus im Hinblick auf ihre bisherige Wertentwicklung und Volatilität in Ranglisten eingeteilt. Ratings sind hingegen Bewertungen, die sich nicht nur auf quantitative Merkmale der Vergangenheit beziehen, sondern auch qualitative Umstände einbeziehen, die eine zukunftsgerichtete Beurteilung ermöglichen sollen. Beurteilungskriterien sind dabei beispielsweise die Fachkenntnisse und Erfahrung des zuständigen Portfoliomanagers oder die organisatorischen Strukturen der jeweiligen KAG. 515 Für Anleger besitzen Ratings und Rankings eine unterschiedliche Bedeutung. Aufgrund ihres Fokus auf historische Werte lassen Rankings ebenso wie Wertentwicklungsdaten nur in eingeschränktem Umfang Rückschlüsse auf zukünftige Entwicklungen zu. Ratings besitzen hingegen aufgrund ihres umfassenderen Untersuchungsansatzes, der auch qualitative Kriterien berücksichtigt, eine gewisse Prognosekraft. Die Wertentwicklung eines Investmentfonds ist in erheblichem Umfang von der Qualität des Managements abhängig, also beispielsweise von der Fähigkeit, Trends zu erkennen und rechtzeitig in renditestarke Werte zu investieren sowie Transaktionen möglichst kostengünstig durchzuführen. Bei allen Vorteilen, die insbesondere Ratings bieten, müssen allerdings auch ihre Nachteile berücksichtigt werden. Die Zusammenfassung einer Vielzahl von Kriterien zu einer Note bzw. einem Ranglistenplatz lässt eine differenzierende Betrachtung für verschiedene Anlegertypen kaum zu und führt daher zu einem für Generalisierungen typischen Verlust an Detailinformationen. Außerdem sind die Beurteilungen von Ratingagenturen oftmals uneinheitlich. Dieser Umstand lässt sich mit deren unterschiedlichen Bewertungsansätzen und Gewichtungen einzelner Qualitätskriterien erklären. Die divergierenden Bewertungen können bei Anlegern Verunsicherung herbeiführen. Schließlich muss auch berücksichtigt werden, dass Ratingagenturen häufig von KAGen für die Erstellung einer 513

Seegebarth, S. 196, Connelly, ZfgKW 2003, 710, 711. Ein Vergleich findet sich im BVI-Jahrbuch 2006, S. 66 ff.; das Jahrbuch ist abrufbar unter www.bvi.de. 515 Klein, ZfgKW 2001, S. 950, 951. 514

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

Bewertung bezahlt werden. Die Bezahlung von Ratingagenturen durch das zu bewertende Unternehmen ist keine Besonderheit des Investmentwesens. Gleichwohl begründet dieser Umstand Zweifel an der Unabhängigkeit der Agenturen. 516 Berücksichtigt man diese Schwachpunkte von Ratings und Rankings in angemessenem Umfang, können sie als geeigneter Beitrag zu einer hinreichenden Anlegerinformation angesehen werden. KAGen sollten deshalb mit Ratingagenturen zusammenarbeiten und ihnen die erforderlichen Daten zur Verfügung stellen. 517 Nur so kann erreicht werden, dass Ratingagenturen eine fundierte Bewertung vornehmen können, von denen die Anleger profitieren. Neben KAGen müssen aber auch die Ratingagenturen gewisse Anforderungen erfüllen. Der BVI hat deshalb zusammen mit Ratingagenturen Ende 2004 die „Transparenz-Standards für die Beurteilung von Investmentfonds durch Ranking- / Ratingagenturen, RRTS“ 518 aufgestellt, durch die die Vergleichbarkeit der Bewertungen zugunsten der Anleger verbessert werden soll. Die RRTS verpflichten Ratingagenturen unter anderem dazu, über ihre Eigentums- und Beteiligungsverhältnisse zu informieren, ihre Datenquellen offen zu legen und über ihre Beurteilungsmethode zu unterrichten. Außerdem enthalten sie sowohl für Rankings als auch für Ratings spezielle Transparenzanforderungen und Qualitätskriterien. Schließlich muss sichergestellt werden, dass Anleger durch die Werbung von KAGen mit ihren Ergebnissen bei Ratings und Rankings nicht irregeführt werden. Dementsprechend sieht Ziffer II. 3a der BVI-Wohlverhaltensregeln vor, dass KAGen jede Veröffentlichung von Rankings und Ratings für Investmentfonds mit dem Namen der Ratingagentur und des beurteilten Fonds, dem Ergebnis der Beurteilung und des Datums des Beurteilungsstands versehen. Ferner lassen sich dem Wettbewerbsrecht Anforderungen an die Werbung von KAGen mit Rankings oder Ratings entnehmen. Insbesondere für die Werbung mit Ergebnissen der Stiftung Warentest wurden von der Rechtsprechung Grundsätze entwickelt, die aufgrund der vergleichbaren Sachlage auf die Werbung von KAGen mit Ratings und Rankings übertragen werden können. So ist es Unternehmen verboten, mit einem positiven Testergebnis zu werben, wenn zwischenzeitlich entweder das Produkt geändert wurde oder neue Tests stattgefunden haben. 519 Auf das Investmentwesen übertragen bedeutet dies, dass KAGen bei der Werbung mit Ratings oder Rankings keine aktuelleren, negativen Bewertungen derselben Ratingagentur verschweigen dürfen. Weiterhin wird es im Wettbewerbsrecht als unzulässige Irreführung ange516

Reiss, S. 338. Entsprechende Forderungen enthalten auch der Leitsatz Nr. 8 der DSW-Fondsrichtlinien sowie Ziffer I.6 des „Code of good conduct on the presentation of performance records and classifications“ von EFAMA, abrufbar unter www.efama.org. 518 Abrufbar unter: www.bvi.de. 519 Emmerich, S. 208; BGH NJW 1985, 2332; OLG Stuttgart NJW-RR 1988, 234; OLG Frankfurt NJW-RR 1992, 492. 517

6. Kap.: Transparenz

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sehen, wenn durch die Herausstellung eines guten Testergebnisses der Eindruck erweckt wird, das Produkt gehöre zur Spitzengruppe, während eine Vielzahl der ebenfalls getesteten Produkte noch besser („sehr gut“) bewertet wurden. 520 Diese Rechtsprechung kann ebenfalls uneingeschränkt auf die Werbung von KAGen mit Ratings und Rankings übertragen werden.

F. Individueller Informationsanspruch der Anleger Es stellt sich schließlich die Frage, ob über die im InvG ausdrücklich vorgesehenen Transparenzanforderungen hinaus ein individueller Auskunfts- und Rechenschaftsanspruch zugunsten der Anleger besteht. 521 Das InvG sieht einen solchen individuellen Anspruch nicht vor. Dies bedeutet allerdings nicht automatisch, dass ein solcher Anspruch nicht existiert. Vielmehr könnte er aus §§ 675, 666 BGB hergeleitet werden. Da es sich bei dem Investmentvertrag zwischen KAG und Anlegern um einen Dienstvertrag handelt, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat 522, finden die §§ 675, 666 BGB auf das Rechtsverhältnis zwischen KAG und Anlegern grundsätzlich Anwendung. § 666 BGB enthält drei verschiedene Informationspflichten des Geschäftsbesorgers. Gem. § 666 1. Alt. BGB hat er dem Geschäftsherrn die erforderlichen Nachrichten zu geben. Gem. § 666 2. Alt. BGB ist er weiterhin verpflichtet, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen. Schließlich muss er gem. § 666 3. Alt. BGB nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft ablegen. § 666 Alt. 1 BGB verlangt, dass dem Geschäftsherrn die erforderlichen Nachrichten zu geben sind. In den §§ 41 ff. InvG hat der Gesetzgeber festgelegt, welche Informationen für Anleger erforderlich sind. Die Benachrichtigungspflicht gem. § 666 Alt. 1 BGB erfüllen KAGen demnach, wenn sie die Transparenzanforderungen des InvG befolgen. 523 § 666 Alt. 3. BGB gewährt dem Geschäftsherrn ein recht auf nachträgliche Rechenschaftslegung. Die Rechenschaftspflichten von KAGen werden in §§ 44, 45 InvG sehr detailliert dargelegt. Dabei hat der Gesetzgeber neben den periodisch zu erstellenden Jahres- und Halbjahresberichten auch das Instrument des Auf520

Emmerich, S. 209; BGH NJW 1982, 1596. Für einen derartigen Individualanspruch: Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band III, § 113 Rdnr. 131; Müller, DB 1975, 485, 487; Thiel, S. 108; Schäfer, S. 45; gegen einen solchen Anspruch: Reuter, S. 160 f.; vom Berge und Herrendorff, S. 94 f. 522 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdnr. 12.140; Ohl, S. 45 f.; Geßler, WM 1957, Sonderbeilage Nr. 4, S. 10, 13; Köndgen, in: Schimansky / Bunte / Lwowski, BankrechtsHandbuch, Band III, § 113 Rdnr. 119. 523 A. A. Reiss, S. 200. 521

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

lösungsberichts geschaffen. An darüber hinaus gehenden Informationen haben Fondsanleger in aller Regel kein Interesse. 524 Es kann daher davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber mit den §§ 44, 45 InvG Spezialvorschriften zur Rechnungslegung geschaffen hat, die die allgemeine Vorschrift des § 666 Alt. 3. BGB überlagert. 525 Ein individueller Informationsanspruch der Fondsanleger gegenüber KAGen könnte sich allerdings aus §§ 675, 666 2. Alt. BGB ergeben. Nach dieser Vorschrift kann der Geschäftsherr jederzeit eine Auskunft über den Stand der Geschäfte verlangen. Ein solches jederzeitiges Auskunftsrecht zugunsten der Fondsanleger ist jedoch dann zu verneinen, wenn der Gesetzgeber mit den Transparenzvorschriften des InvG generell eine abschließende Regelung für das Investmentrecht getroffen hat. Dem InvG ist zur Frage der abschließenden Geltung der investmentrechtlichen Transparenzvorschriften nichts zu entnehmen. Insbesondere existiert keine Vorschrift, die weitergehende Informationsansprüche der Anleger ausschließt. § 121 Abs. 4 S. 1 InvG bestimmt, dass KAGen Anleger auf deren Wunsch hin über die Anlagegrenzen des Risikomanagements inländischer Investmentfonds, die Risikomanagementmethoden und die jüngsten Entwicklungen bei den Risiken und Renditen der wichtigsten Kategorien von Vermögensgegenständen eines Investmentfonds informieren müssen. Man könnte deshalb argumentieren, dass der Gesetzgeber die Notwendigkeit individueller Informationsansprüche der Anleger erkannt und in § 121 Abs. 4 S. 1 InvG abschließend geregelt hat. Wäre diese Auffassung richtig, bestünde ein individueller Informationsanspruch der Anleger nur im Rahmen dieser Vorschrift. Weder dem Gesetzeswortlaut noch den Gesetzesmaterialien zur Einführung dieser Vorschrift kann allerdings entnommen werden, dass der Gesetzgeber durch § 121 Abs. 4 S. 1 InvG die individuellen Informationsansprüche der Anleger abschließend regeln wollte. Auch erscheint es wenig einleuchtend, dass sich eine abschließende Regelung zu den Informationsrechten der Fondsanleger in Kapitel 5 des InvG befindet, das sich mit dem Vertrieb von Fondsanteilen befasst. Die Frage, ob den Anlegern gem. §§ 675, 666 BGB ein derartiger Anspruch zusteht, stellt sich nicht im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Fondsanteilen, sondern wird erst dann virulent, wenn Anleger Fondsanteile bereits erworben haben und ein Investmentvertrag geschlossen worden ist. § 121 Abs. 4 S. 1 InvG kann mithin nicht als abschließende Sonderregelung angesehen werden. Gegen einen individuellen Auskunftsanspruch der Fondsanleger gegenüber KAGen ist in der Literatur vorgetragen worden, dass hierfür kein Bedürfnis bestünde, da die Depotbanken verpflichtet sind, die Ansprüche der Anleger geltend zu machen. 526 Gegen diese Auffassung spricht allerdings, dass Anleger gem. § 28 524 525 526

So auch: Reiss, S. 200 f. A. A. Reiss, S. 201; Schäfer, S. 44 f.; Thiel, S. 108. Wendt, S. 60 Fn. 7.

6. Kap.: Transparenz

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Abs. 1 S. 2 InvG auch selbst Ansprüche gegenüber KAGen geltend machen können. Um derartige Ansprüche auch tatsächlich durchsetzen zu können, benötigen sie aber auch die entsprechenden Informationen. 527 Das grundsätzliche Bedürfnis für einen derartigen individuellen Informationsanspruch ist demnach zu bejahen. Weiterhin könnte man individuelle Auskunftsansprüche der Anleger mit der Begründung ablehnen, dass die Erfordernisse der kollektiven Vermögensanlage in Investmentfonds mit individuellen Auskunftsansprüchen schwer vereinbar sind. KAGen müssen Investmentfonds, gerade im Interesse der Anleger, kostengünstig verwalten. Dies macht es erforderlich, dass sie so viele Arbeitsabläufe wie möglich standardisieren können. Die Verpflichtung, Informationsgesuchen einzelner Anleger nachkommen zu müssen, ist mit diesem Standardisierungserfordernis schwer in Einklang zu bringen. KAGen müssten für die Bearbeitung derartiger Informationsgesuche Kapazitäten vorhalten, die ihren Verwaltungsaufwand und somit die Verwaltungskosten zu Lasten der Anleger erhöhen. Gegen dieses Kostenargument lässt sich indes anführen, dass sich der Umfang der Auskunftspflicht gem. §§ 675, 666 Alt. 2 BGB nach dem Verhältnis zwischen dem schutzwürdigen Interesse des Auskunftsberechtigten und dem Arbeitsund Zeitaufwand des Verpflichteten bemisst. 528 Im Rahmen dieser Abwägung können die Besonderheiten der kollektiven Vermögensverwaltung angemessen berücksichtigt werden. Die Bedürfnisse von KAGen an einem möglichst geringen Verwaltungsaufwand können demnach den Umfang von Informationsansprüchen beschränken. Sie schließen sie aber nicht per se aus. Letztlich ergibt sich aus der Qualifikation des Investmentvertrages als Geschäftsbesorgungsvertrag, dass den Fondsanlegern gem. §§ 675, 666 Alt. 2 BGB ein individueller Informationsanspruch gegenüber KAGen zusteht. 529 Dieser Anspruch besteht aber nicht unbegrenzt, sondern nur wenn das Informationsbedürfnis der Anleger den entsprechenden Arbeits- und Zeitaufwand der KAG rechtfertigt. Im Interesse einer möglichst kostengünstigen Fondsverwaltung für alle Anleger ist an das Informationsbedürfnis der Anleger ein strenger Maßstab anzulegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Anleger durch die investmentrechtlichen Transparenzpflichten bereits recht umfassend informiert werden.

G. Ergebnis Das Investmentrecht enthält weit reichende Transparenzpflichten von Kapitalanlagegesellschaften zugunsten der Fondsanleger. Den Anlegern wird ermöglicht, 527 528 529

Reiss, S. 198. BGH NJW 1982, 574; BGH WM 1984, 1164, 1166; BGHZ 70, 86, 91. Reiss, S. 200.

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2. Teil: Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance

sich vor dem Erwerb von Fondsanteilen durch den ausführlichen Verkaufsprospekt und den vereinfachten Verkaufsprospekt umfassend zu informieren. Darüber hinaus haben KAGen Jahresberichte, Halbjahresberichte und unter Umständen Auflösungsberichte und Zwischenberichte zu veröffentlichen. Anleger können von Kapitalanlagegesellschaften zudem die Erstattung eines Risikoberichts verlangen. Schließlich haben Kapitalanlagegesellschaften den Ausgabe- und Rücknahmepreis der Fondsanteile regelmäßig bekannt zu geben. Inhaltlich erhalten Anleger im Wesentlichen die für sie relevanten Angaben zum Anlageziel bzw. zur Anlagestrategie des jeweiligen Fonds, zur Kostentransparenz und zur Messung des Anlageerfolges. Dabei sind die Vorgaben zur Kostentransparenz besonders detailliert. Ein über die investmentrechtlichen Transparenzanforderungen hinausgehendes individuelles Informationsrecht zugunsten der Anleger gem. §§ 675, 666 Alt. 2 BGB besteht daher nur in engen Grenzen. Trotz der umfangreichen investmentrechtlichen Transparenzpflichten der KAGen bestehen einige Mängel hinsichtlich der Information der Fondsanleger. Diese können dadurch behoben werden, dass KAGen jährlich einen Kurzbericht zu erstatten haben. Der Kurzbericht soll kompakt die wesentlichen Informationen zur bisherigen Entwicklung des Investmentfonds darstellen. Ferner sollte den Anlegern vor Vertragsschluss der vereinfachte Verkaufsprospekt sowie die letzte Fassung des Kurzberichts übergeben werden. Sonstige Informationsdokumente sollten den Anlegern nur auf deren Wunsch übergeben werden. Durch diese Entkoppelung von knappen Informationsmaterialien für die Anleger und den umfangreichen Dokumenten wie dem ausführlichen Verkaufsprospekt wird erreicht, dass die Anleger die wesentlichen Informationen tatsächlich erhalten und die Chance steigt, dass sie diese angesichts der kompakten Darstellung auch zur Kenntnis nehmen. Zudem sollte der Hinweis, dass Transaktionskosten aus dem Fondsvermögen gezahlt werden und dass die Gesamtkostenquote keine Transaktionskosten enthält, in den vereinfachten Verkaufsprospekt aufgenommen werden. Da die Gesamtkostenquote im vereinfachten Verkaufsprospekt dargestellt wird, sollte auch an dieser Stelle der entsprechende Hinweis erfolgen, um eine Irreführung der Anleger zu vermeiden. Schließlich sollten KAGen angehalten werden, Anlegern auf ihrer Unternehmenswebsite Informationen zum Thema Fund Governance bereit zu stellen. Dabei können insbesondere komplexere Sachverhalte erläutert werden, für deren Darstellung der vereinfachte Verkaufsprospekt und der Kurzbericht zu kurz sind.

3. Teil

Ergebnisse der Arbeit A. Corporate Governance Corporate Governance behandelt die Leitung und die Kontrolle von Unternehmen. Dabei handelt es sich nicht um einen exakt definierbaren Rechtsbegriff sondern um einen Problemkreis, der im Kern das Fremdverwaltungsproblem behandelt. Das Fremdverwaltungsproblem tritt immer dann auf, wenn ein Vermögensgegenstand nicht von seinen Eigentümen verwaltet wird und die Eigentümer in nur eingeschränktem Umfang über Kontrollrechte verfügen. Zu einer Verstärkung des Fremdverwaltungsproblems kommt es nach dem Grundsatz der rationalen Apathie, wenn ein Vermögensgegenstand, der fremd verwaltet wird, im Eigentum vieler verschiedener Personen steht. In derartigen Konstellationen üben die einzelnen Eigentümer ihre Kontrollbefugnisse nicht konsequent aus und der Verwalter wird nur unzureichend überwacht. Ursprünglich wurde der Begriff Corporate Governance für die Leitung und Kontrolle börsennotierter Kapitalgesellschaften entwickelt. Mittlerweile wird er aber in einem wesentlich weiteren Kontext gebraucht. Rechtsquellen der Coperate Governance sind neben gesetzlichen Vorschriften auch privatrechtliche Regelwerke.

B. Das Investmentrecht Investmentfonds basieren auf dem Grundgedanken, dass Privatanlegern eine kostengünstige Vermögensverwaltung und eine Diversifizierung ihrer Anlagerisiken ermöglicht werden soll, indem das Vermögen vieler Personen zusammengefasst und durch einen professionellen Vermögensverwalter betreut wird. In Deutschland werden Investmentfonds weit überwiegend nach dem Vertragsmodell aufgelegt, bei dem die Anleger mit einer KAG einen Investmentvertrag schließen, der die KAG berechtigt und verpflichtet, das ihr zur Verfügung gestellte Geld in Sondervermögen zusammenzufassen und möglichst ertragreich zu verwalten. Zwischen den Fondsanlegern und der KAG besteht dabei kein gesellschaftsrechtliches Verhältnis. Die KAG verwaltet das Fondsvermögen vielmehr als Treuhänderin für die Anleger. Die in den Sondervermögen zusammengefassten Vermögensgegenstände können im Eigentum der KAG oder im Eigentum der Anleger

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3. Teil: Ergebnisse der Arbeit

stehen, wobei die letzte Alternative in der Praxis überwiegt. Unabhängig von der Gestaltung des Eigentums an den Fondsvermögen ist alleine die KAG zur Verwaltung des Fondsvermögens befugt. Den Anlegern stehen insoweit keine Mitwirkungsbefugnisse zu. Das Investmentrecht verfolgt vielmehr den Grundgedanken, dass sich nicht die Anleger um die Wahrung ihrer Interessen kümmern sollen, sondern diese Aufgabe von professionellen Dritten erfüllt wird, die über den hierfür erforderlichen Sachverstand verfügen. Das Fondsvermögen wird separat vom Vermögen der jeweiligen KAG und der einzelnen Anleger von einer Depotbank verwahrt. Der Depotbank kommen auch Kontrollaufgaben gegenüber der KAG zu. KAGen haben zudem unabhängig davon, ob sie als Aktiengesellschaft oder als Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet werden, einen Aufsichtsrat zu bilden, dessen Mitglieder ihre Aufsichtsbefugnisse gegenüber der Geschäftsleitung primär im Interesse der Anleger wahrzunehmen haben. Die Mitglieder des Aufsichtsrats werden von den Anteilseignern der jeweiligen KAG bestimmt, ohne dass den Anlegern insoweit ein Mitwirkungsrecht zusteht. Schließlich unterliegen KAGen der Aufsicht durch die BaFin.

C. Fund Governance Der Problemkreis Corporate Governance kann auf das Rechtsverhältnis zwischen Kapitalanlagegesellschaften und Fondsanlegern übertragen werden. Auch im Verhältnis zwischen Kapitalanlagegesellschaften und Anlegern besteht das Fremdverwaltungsproblem. Das Eigentum an dem Fondsvermögen liegt bei den Anlegern, die Verwaltungsbefugnisse hingegen alleine bei der jeweiligen KAG. Ferner haben die Anleger keine Weisungsbefugnisse gegenüber KAGen. Da zwischen Anlegern und KAGen kein Gesellschaftsverhältnis besteht, ist der Begriff Corporate Governance zur Thematisierung von Regulierungsansätzen zur Lösung des Fremdverwaltungsproblems in diesem Rechtsverhältnis ungeeignet. Stattdessen sollte der Begriff Fund Governance verwendet werden. Unter der Überschrift Fund Governance können die Regulierungsansätze zusammengefasst werden, die sicherstellen sollen, dass Investmentfonds im ausschließlichen Interesse der Anleger verwaltet werden. Die Gestaltungskonzepte der Fund Governance sind erstens Gewaltenteilung, zweitens die Verpflichtung von KAGen zur Fondsverwaltung im ausschließlichen Anlegerinteresse, drittens die Aufsicht im Anlegerinteresse und viertens die Verpflichtung von KAGen zur Erfüllung von Transparenzanforderungen. Die Gewaltenteilung zwischen KAG und Depotbank wird im Rahmen dieser Arbeit zusammen mit dem Gestaltungskonzept Aufsicht behandelt. Rechtsquellen der Fund Governance sind neben dem InvG auch privatrechtliche Regelwerke. Von

3. Teil: Ergebnisse der Arbeit

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besonderer Bedeutung sind hierbei die Wohlverhaltensregeln des Branchenverbands BVI.

D. Die Pflicht zur Verwaltung von Investmentfonds im ausschließlichen Anlegerinteresse I. Allgemeines Gem. § 9 Abs. 1 S. 1 InvG haben KAGen Investmentfonds mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu verwalten. Dabei sind sie gem. § 9 Abs. 2 InvG verpflichtet, im ausschließlichen Interesse ihrer Anleger und der Integrität des Marktes zu handeln, ihre Tätigkeit mit der gebotenen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit im besten Interesse der von ihr verwalteten Fonds und der Integrität des Marktes auszuüben sowie sich um die Vermeidung von Interessenkonflikten zu bemühen und, wenn diese sich nicht vermeiden lassen, dafür zu sorgen, dass unvermeidbare Konflikte unter der gebotenen Wahrung der Interessen der Anleger gelöst werden. Außerdem müssen KAGen gem. § 9 Abs. 3 InvG so organisiert sein, dass das Risiko von Interessenkonflikten zwischen der Gesellschaft und den Anlegern, zwischen verschiedenen Anlegern und einem Investmentfonds oder zwischen zwei Investmentfonds möglichst gering ist. Dies erfordert insbesondere, dass KAGen über eine ordnungsgemäße Compliance-Organisation verfügen. Die Sorgfaltspflichten von KAGen im Zusammenhang mit der Verwaltung von Investmentfonds sind insbesondere dann von Bedeutung, wenn sie Transaktionen mit verbundenen Unternehmen, für die von ihnen verwalteten Investmentfonds Aktionärsrechte ausüben, Broker mit dem Kauf bzw. Verkauf von Wertpapieren für Rechnung der von ihnen verwalteten Fonds beauftragen, Investmentfonds schließen oder miteinander verschmelzen und wenn sie eigenen Aufgabenbereiche auslagern. Außerdem ergibt sich aus den Sorgfaltspflichten das Gebot, dass sie Anleger nicht ohne sachlichen Grund ungleich behandeln dürfen. II. Transaktionen mit verbundenen Unternehmen Bei Transaktionen von KAGen mit verbundenen Unternehmen besteht die Gefahr, dass Konditionen vereinbart werden, die nicht den Interessen der Anleger entsprechen. Das InvG enthält keine speziellen Verhaltenspflichten für derartige Transaktionen. Vielmehr sind KAGen nur allgemein verpflichtet, auch in derartigen Konstellationen gem. § 9 Abs. 2 Nr. 1 InvG im ausschließlichen Interesse der Anleger zu handeln. In anderen Staaten existieren striktere Vorschriften, die Transaktionen mit verbundenen Unternehmen genehmigungspflichtig machen oder generell verbieten. Derartige Regelungsansätze sind nicht sachgerecht, weil sie die Flexibilität von KAGen bei der Anlage des Fondsvermögens zu weit beschränken.

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3. Teil: Ergebnisse der Arbeit

Die allgemeine Verpflichtung von KAGen, bei der Verwaltung von Investmentfonds ausschließlich im Interesse der Anleger zu handeln, ist ausreichend, um die Wahrung der Anlegerinteressen zu gewährleisten, sofern die Einhaltung dieser Verpflichtung bei Transaktionen mit verbundenen Unternehmen eingehend überprüft wird. Hierfür sollten KAGen verpflichtet werden, über die allgemeine Dokumentationspflicht gem. § 9a S. 2 Nr. 5 InvG hinaus, Berichte über außerbörsliche Transaktionen mit verbundenen Unternehmen zu verfassen. Diese Berichte sind von den Wirtschaftsprüfern und dem Aufsichtsrat zu prüfen und etwaige Verstöße gegen die Interessenwahrungspflicht sind der BaFin mitzuteilen. III. Ausübung von Aktionärsrechten Die Verwaltung von Investmentfonds im ausschließlichen Anlegerinteresse erfordert auch, dass die Aktionärsrechte, die die für Rechnung eines Investmentfonds erworbenen Aktien vermitteln, ordnungsgemäß ausgeübt werden. Dies gilt insbesondere für das Stimmrecht. KAGen sind nicht verpflichtet, Stimmrechte in jedem Fall auszuüben. Sie können vielmehr in Einzelfällen von der Ausübung absehen, wenn dies den Anlegerinteressen am besten entspricht, beispielsweise aus Kostengründen. Besondere Gefahren bestehen für Fondsanleger, wenn KAGen bei der Ausübung von Stimmrechten Interessenkonflikten ausgesetzt sind. Dies ist insbesondere der Fall, wenn KAGen Aktien verbundener Unternehmen oder Aktien von Unternehmen halten, mit denen sie oder ein mit ihnen verbundenes Unternehmen in engen Geschäftsbeziehungen stehen. Die Stimmrechte von Aktien verbundener Unternehmen sollte KAGen durch einen Stimmrechtsvertreter ausüben lassen. Bei Unternehmen, mit denen eine KAG enge Geschäftsverbindungen unterhält, sollte dies in Konstellationen, in denen sich besondere Interessenkonflikte ergeben, ebenfalls geschehen. Außerdem sollten KAGen zukünftig verpflichtet werden, ihre Richtlinien für die Ausübung von Stimmrechten sowie ihr bisheriges Abstimmungsverhalten auf ihrer Unternehmens-Website zu veröffentlichen. Bei der Veröffentlichung des bisherigen Abstimmungsverhaltens sollte insbesondere ein Hinweis auf bei der Abstimmung bestehende Interessenkonflikte erfolgen. IV. Transaktionsmanagement Die Interessenwahrungspflicht von KAGen beinhaltet auch, dass sie bei der Beauftragung von Brokern mit dem Kauf bzw. Verkauf von Wertpapieren für Rechnung der von ihnen verwalteten Fonds im Anlegerinteresse handeln. KAGen sind insoweit zu einem ordnungsgemäßen Transaktionsmanagement verpflichtet. Das Handeln von KAGen muss dabei stets darauf ausgerichtet sein, dass sie die

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Kostenbelastung für das jeweilige Fondsvermögen so gering wie möglich halten und dabei zugleich ein den Anlegerinteressen entsprechender Kaufpreis erzielt werden kann. Die Verpflichtung zu einem ordnungsgemäßen Transaktionsmanagement beinhaltet, dass KAGen ihre Transaktionstätigkeit an den Anlagezielen des Investmentfonds auszurichten, Broker anhand eine festgelegten Kriterienkatalogs ordnungsgemäß auszuwählen und das Transaktionsmanagement ordnungsgemäß zu dokumentieren haben. Obwohl keine entsprechende gesetzliche Pflicht besteht, sollten KAGen die Anleger auf ihrer Unternehmenswebsite über ihre Auswahlrichtlinien für Broker und bestehende Interessenkonflikte informieren. Für die Anlegerinteressen von besonderer Bedeutung ist ferner der Umgang von KAGen mit sog. Kick-Back-Vereinbarungen und Soft Commissions. Erstere haben KAGen stets dem jeweiligen Fondsvermögen gutzuschreiben. Letztere dürfen nur vereinnahmt werden, wenn sie im Interesse der Anleger verwendet werden. Ferner sollten KAGen entsprechende Vereinbarungen auf ihrer Unternehmens-Website veröffentlichen. V. Gleichbehandlungsgebot KAGen unterliegen bei der Verwaltung von Investmentfonds dem Gleichbehandlungsgebot. Dies bedeutet, dass sie die verschiedenen von ihnen verwalteten Investmentfonds, die Investmentfonds und ihre Kunden der individuellen Portfolioverwaltung sowie sämtliche Anleger eines Investmentfonds grundsätzlich gleich behandeln müssen. Das Gleichbehandlungsgebot verpflichtet KAG außerdem, einzelnen Anlegern kein sog. „Late Trading“ zu ermöglichen und wirksame Maßnahmen gegen „Market Timing“ zu treffen. Als wirksame Maßnahmen kommen die sachgerechte Festlegung eines Order-Annahmeschlusses, die zeitnahe und sachgerechte Bewertung der Vermögensgegenstände eines Investmentfonds sowie die Erhebung eines Rückgabeaufschlags für kurzfristige Rückgaben und Rückgaben mit einem besonders hohen Gesamtwert zugunsten des jeweiligen Investmentfonds in Frage. VI. Schließung und Verschmelzung von Investmentfonds Auch wenn KAGen Investmentfonds schließen oder miteinander verschmelzen, sind sie verpflichtet, im ausschließlichen Interesse der Anleger zu handeln. Der Wahrung der Anlegerinteressen dient hierbei insbesondere die gesetzlich vorgesehene Einbeziehung der Depotbank und der BaFin. KAGen müssen vor einer Fondsschließung stets die Möglichkeit einer Verschmelzung von Investmentfonds in Betracht ziehen. KAGen sollten verpflichtet werden, Anlegern, die von einer Fondschließung betroffen sind, einen Umtausch in andere Fondsanteile derselben

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KAG anzubieten. Bei der Verschmelzung von Investmentfonds ist zu berücksichtigen, dass eine solche Maßnahme den Interessen der Anleger beider Fonds entsprechen muss. VII. Auslagerung von Aufgaben Die Verpflichtung von KAGen, Investmentfonds im ausschließlichen Interesse der Anleger zu verwalten beinhaltet kein Verbot, Aufgaben im Zusammenhang mit der Fondsverwaltung auf Dritte auszulagern. Für Anleger sind Auslagerungen durch KAGen aber insbesondere dann problematisch, wenn KAGen die Portfolioverwaltung auslagern. Allerdings ist auch in diesen Fällen keine Zustimmung der Anleger oder der Depotbank erforderlich. Die Wahrung der Anlegerinteressen wird vielmehr durch die Beschränkung des Kreises der Unternehmen, auf die die Portfolioverwaltung ausgelagert werden darf und des Rechts der KAGen, Vorgaben zu machen, gewährleistet. Ein Zustimmungsrecht zugunsten der Anleger oder der Depotbank für Auslagerungen ist abzulehnen.

E. Aufsicht im Anlegerinteresse KAGen werden bei der Verwaltung von Investmentfonds im Interesse der Anleger beaufsichtigt. Als Aufsichtsinstanzen fungieren dabei die Depotbank, die BaFin und der obligatorisch einzurichtende Aufsichtsrat. I. Depotbank Der Schwerpunkt der Aufgaben der Depotbank im Investmentwesen liegt auf der Verwahrung des Fondsvermögens. Ihre Aufsichtsbefugnisse bestehen nur in engen Grenzen. Insbesondere sind sie nicht zur Prüfung der Zweckmäßigkeit von Verwaltungsmaßnahmen berechtigt. Zweifel an der Wirksamkeit der Kontrolltätigkeit der Depotbanken werden ferner durch den Umstand hervorgerufen, dass zwischen ihnen und den beaufsichtigten KAGen häufig gesellschaftsrechtliche Verbindungen bestehen. KAGen sollte es daher untersagt werden, Kreditinstitute als Depotbanken zu bestimmen, die demselben Konzern angehören. II. Staatliche Aufsicht Die BaFin übt die staatliche Kontrolle über das Investmentwesen aus. Sie besitzt ein umfassendes Kontrollmandat, für das ihr verschiedene Informationsrechte und Anordnungsbefugnisse zur Verfügung stehen. Obwohl die BaFin ihre Aufsicht nicht im Interesse der Anleger sondern ausschließlich im öffentlichen Interesse ausübt, ist ihre Tätigkeit grundsätzlich geeignet, eine umfassende Wahrung der

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Anlegerinteressen zu gewährleisten. Die Vielzahl der Investmentfonds, deren Verwaltung die BaFin zu beaufsichtigen hat, lassen allerdings Zweifel daran aufkommen, ob sie eine lückenlose Überwachung sicherstellen kann. Zukünftig sollte der BaFin die Befugnis eingeräumt werden, Vertreter zu Aufsichtsratssitzungen von KAGen zu entsenden. Hierdurch könnte die BaFin wichtige Einblicke in die Tätigkeit dieses den Anlegerinteressen verpflichteten Aufsichtsorgans erlangen. Zudem sollten sich die Berichte der Wirtschaftsprüfer, die der BaFin zur Verfügung zu stellen sind, auch auf die Befolgung der BVIWohlverhaltensregeln erstrecken. III. Aufsichtsrat Eine verbesserte Beaufsichtigung der Verwaltung von Investmentfonds im ausschließlichen Anlegerinteresse durch die BaFin könnte durch eine Stärkung des Aufsichtsrats als unabhängige Aufsichtsinstanz erreicht werden. Aus Anlegersicht ist die Aufsicht über die Geschäftsleitung von KAGen durch den Aufsichtsrat derzeit mit einigen Mängeln behaftet. Dies gilt vor allem hinsichtlich des Anforderungsprofils von Aufsichtsratsmitgliedern. Es sollte eine Verpflichtung eingeführt werden, dass der Aufsichtsrat mehrheitlich mit unabhängigen Personen zu besetzen ist. Bei der Prüfung, ob ein potentieller Kandidat als unabhängig anzusehen ist, können die entsprechenden Kriterien für Mitglieder des Sachverständigenausschusses von Immobilienfonds herangezogen werden. Weiterhin sollten die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat einer KAG zukünftig nicht mehr von den gesetzlichen Anforderungen an ihre Persönlichkeit und ihre Sachkunde befreit werden. Ferner sollten die Befugnisse und Pflichten des Aufsichtsrats geändert werden. Die Geschäftsleitung sollte gegenüber dem Aufsichtsrat quartalsweise zur Berichterstattung über sämtliche Geschehnisse, die für die Wahrung der Anlegerinteressen von Bedeutung sind, verpflichtet werden. Auch sollte der Aufsichtsrat die Mitglieder der Geschäftsführung bestellen. Schließlich sollte der Aufsichtsrat der BaFin jährlich über die für die Wahrung der Anlegerinteressen relevanten Themen Bericht erstatten.

F. Transparenz Das Investmentrecht enthält weit reichende Transparenzpflichten von KAGen zugunsten der Fondsanleger. Den Anlegern wird ermöglicht, sich vor dem Erwerb von Fondsanteilen durch den ausführlichen Verkaufsprospekt und den vereinfachten Verkaufsprospekt umfassend zu informieren. Darüber hinaus haben KAGen Jahresberichte, Halbjahresberichte und unter Umständen Auflösungsberichte und Zwischenberichte zu veröffentlichen. Anleger können von KAGen zudem die Er-

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stattung eines Risikoberichts verlangen. Schließlich haben KAGen den Ausgabeund Rücknahmepreis der Fondsanteile regelmäßig bekannt zu geben. Inhaltlich erhalten Anleger im Wesentlichen die für sie relevanten Angaben zum Anlageziel bzw. zur Anlagestrategie des jeweiligen Fonds, zur Kostentransparenz und zur Messung des Anlageerfolges. Dabei sind die Vorgaben zur Kostentransparenz besonders detailliert. Ein über die investmentrechtlichen Transparenzanforderungen hinausgehendes individuelles Informationsrecht zugunsten der Anleger gem. §§ 675, 666 Alt. 2 BGB besteht daher nur in engen Grenzen. Trotz der umfangreichen investmentrechtlichen Transparenzpflichten der KAGen bestehen einige Mängel hinsichtlich der Information der Fondsanleger. Diese können dadurch behoben werden, dass KAGen jährlich einen Kurzbericht zu erstatten haben. Der Kurzbericht soll kompakt die wesentlichen Informationen zur bisherigen Entwicklung des Investmentfonds darstellen. Ferner sollte den Anlegern vor Vertragsschluss der vereinfachte Verkaufsprospekt sowie die letzte Fassung des Kurzberichts übergeben werden. Sonstige Informationsdokumente sollten den Anlegern nur auf deren Wunsch übergeben werden. Durch diese Entkoppelung von knappen Informationsmaterialien, die den Anlegern tatsächlich übergeben werden und den umfangreichen Dokumenten wie dem ausführlichen Verkaufsprospekt, die den Anlegern nur auf Nachfrage zur Verfügung gestellt werden, wird erreicht, dass die Anleger die wesentlichen Informationen tatsächlich erhalten und die Chance steigt, dass sie diese auch zur Kenntnis nehmen. Zudem sollte der Hinweis, dass Transaktionskosten aus dem Fondsvermögen gezahlt werden und dass die Gesamtkostenquote keine Transaktionskosten enthält, in den vereinfachten Verkaufsprospekt aufgenommen werden. Da die Gesamtkostenquote im vereinfachten Verkaufsprospekt dargestellt wird, sollte auch an dieser Stelle der entsprechende Hinweis erfolgen, um eine Irreführung der Anleger zu vermeiden. Schließlich sollten KAGen angehalten werden, Anlegern auf ihrer Unternehmenswebsite Informationen zum Thema Fund Governance bereit zu stellen. Dabei können insbesondere komplexere Sachverhalte erläutert werden, für deren Darstellung der vereinfachte Verkaufsprospekt und der Kurzbericht nicht ausreichend Platz bieten.

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Sachwortverzeichnis Abschlussprüfer 113, 165, 181, 201 f., 214, 241, 244 Abstimmungsrichtlinien 129, 131 f., 134 ff., 256 Abstimmungsverhalten 121, 127, 129, 134 ff. Aktionärsklage 140 f. Aktionärsrechte 116 ff. – Antragsrecht 121 f. – Auskunftsrecht 122 – Rederecht 123 f. – Stimmrecht 124 ff. – Teilnahmerecht 119 f. Allgemeine Handlungsfreiheit 234 f. Allgemeine Vertragsbedingungen 156 Allgemeinverfügung 82, 173, 218 Amtshaftung 218 Anlageerfolg 44, 64, 152, 186, 198 f., 253, 257 – Messung des 268 ff. Anlagerichtlinien 206, 265 Anlagestrategie 107 f., 148 f., 168 f., 177, 182, 197 f., 254, 257, 258 ff., 288 Anlegerrepräsentant 222 Anlageziele 148, 176, 184, 253 f., 258, 285 Anteilsklassen 99, 164, 170 Anzeigepflicht 215 Aufsicht – durch Aufsichtsrat 220 ff. – durch Depotbank 202 ff. – staatliche 213 ff. Aufsichtsrat 21, 27, 28, 34, 37 f., 42, 46, 54 ff., 71 ff., 79 f., 87, 91, 100, 111 ff.,

115 f., 118, 151, 199, 201, 214 ff., 220 ff., 282 ff., 285, 294 – Aufgaben 55 f. – Ausschüsse 58 – Befugnisse 56 f. – Sitzungen 59 Aufsichtsratsmitglieder – Anforderungsprofil 57 f. – Arbeitnehmervertreter 236 ff. – Bestellung 56, 221 f. – Eigeninteressen 242 – Interessenkonflikte 55 f., 221 – Unabhängigkeit 222 ff. Auskunftsrechte – der Anleger 277 ff. – der BaFin 213 ff. – der Depotbank 203 f. Auslagerung 183 ff. – BaFin-Anzeige 193 – Briefkastenfirma 190 – Master-KAG 184 – Nachteile 185 – Portfolioverwaltung 194 ff. – Vorteile 185 – Zustimmungserfordernis 198 ff. Ausstellergrenzen 102 BaFin 70, 81 ff., 213 ff. – Aufsicht im öffentlichen Interesse 218 f. Basler Komitee für Bankenaufsicht 91, 230, 255 Berichtspflicht – der Geschäftsleitung einer KAG gegenüber dem Aufsichtsrat 239 f. Berufsfreiheit 233 ff.

Sachwortverzeichnis Best Execution 73, 88, 142 f. Broker 52, 103, 143 ff. – Auswahl 149 f. – Kick-Backs (siehe Kick-Back) BVI 72, 83 ff., 96, 276 BVI-Wohlverhaltensregeln 83 f., 87 f., 97 ff., 116, 119, 136 ff., 148 ff., 200, 214, 219, 225, 231 f., 240, 253 ff., 269, 272 ff. CFA-Institut 90 Compliance 99, 129, 184, 211 f., 239 Comply-or-Explain 42 Corporate Governance – Definition 27 ff. – Gestaltungskonzepte 35 ff. – Rechtsquellen 38 ff. – Shareholder-Modell 28 – Stakeholder-Modell 28 Corporate Governance Kodex 27, 35, 41, 81 Corporate Governance Kodex für Asset Management Gesellschaften 86 ff. Depotbank 59, 67 f., 202 ff. – Kontrollbefugnisse 203 ff. – Prüfungsmaßstab 205 ff. – Rechtsverhältnis zu Anlegern 69 – Rechtsverhältnis zur KAG 67 – Vetorecht 205 Depotbankvertrag 67 DSW-Leitsätze 81, 88 f. EFAMA 89 f., 135, 148, 253, 270 Eigentumsfreiheit 232 ff. Fondsvolumen 47, 67, 171 ff. 262 Fremdverwaltungsproblem 24, 29 ff., 43, 75 ff., 186 Fund Governance – Begriff 76 – Gestaltungskonzepte 78 ff. – Rechtsquellen 81 ff.

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Gebühren 59, 89, 100, 143 ff., 149 ff., 185, 253, 257 ff., 260 ff. Gesamtkostenquote 260 ff. Geschäftsbericht 86, 203 ff. Geschäftsbesorgung 60 ff., 67, 155, 198 ff., 277 ff. Geschäftsorganisation 94 ff. Gestaltungskonzepte – Corporate Governance 35 ff. – Fund Governance 78 ff. Gewaltenteilung – Corporate Governance 37 f. – Fund Governance 78 f. Gleichbehandlung 161 ff. Halbjahresbericht 60, 66 f., 173, 240, 248 ff., 277 ff. Hauptversammlung 33 ff., 39, 56, 76, 117 ff., 216, 222 ff., 240 f. Immobilienfonds 24, 46, 57, 112, 226, 287 Informationsanspruch – der Anleger 277 ff. – der BaFin 213 ff. – der Depotbank 203 Insiderhandel 107 f., 166 f. Insolvenz 50, 62, 173 f., 218 Interessenkonflikte – der Depotbank 208 ff. – der KAG 24, 51 ff., 65 ff., 80, 84, 94 ff., 132 ff., 150 ff., 196, 215, 221, 239, 259 f. – des Aufsichtsrats einer KAG 55 f. Interessenwahrungspflicht 63, 101, 105, 109, 127, 132, 139, 161, 177, 206, 217 Internet 121, 135, 251, 255 f. Investmentaktiengesellschaft 46 ff., 70, 74, 86, 213, 217 Investmentidee 44 Investmentrecht 43 ff. Investmentvertrag 45, 48 ff., 60 f., 71, 157, 173 ff., 180, 198, 206, 277 ff. IOSCO 90 f., 137, 158, 212, 271

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Sachwortverzeichnis

Irreführung 262 f., 276, 280, 288 Jahresbericht 60, 66, 85, 135, 138, 154 f., 158, 165, 201, 214, 219 f., 240 f., 248 f., 253, 257, 260, 264, 266 ff. Kapitalanlagegesellschaft – Geschäftsleiter 68, 195 ff., 214 ff. – Institutseigenschaft 50 – Kapitalanforderungen 54 – Organisationsanforderungen 94 ff. – Unternehmensgegenstand 51 Key Investor Information 251 ff. Kick-Back 148, 150, 152, 153 ff., 256, 259, 267 f. Konsortialbank 105, 107 f. Konzern 52 ff., 80, 103 f., 109, 132 f., 150, 190, 209 ff. Korporationsmodell 46 f. Kosten – explizite Kosten 144 – implizite Kosten 144 Kostenbelastung 101, 141, 144, 149, 181 f., 224, 258 ff. 271 Kostentransparenz 258 ff. Kurzbericht 252 ff. Late Trading 100, 164 ff., 218 Letztentscheidungsrecht 233 ff. Market Timing 84, 90, 100, 164 ff., 218 Marktintegrität 101 Marktpreismanipulation 106, 115 Mitbestimmung 57, 221, 232 ff. Miteigentum 49, 64, 75

Portfolioumschichtung 148, 154 Portfolioverwaltung 24, 98, 161, 163 f., 172, 184, 187 ff. 194 ff. Proxy Voting Committee 128 f. Prüfungsausschuss 244 f. Ranking 275 ff. Rating 275 ff. Ratingagentur 138, 275 ff. Rationale Apathie 32 Referenzwerte 272 f. Reputationsrisiko 172 Risikodiversifikation 22, 44, 102 Risikomanagement 85, 90, 94, 96 ff., 184, 187, 189, 193, 200, 218, 244 Rückgabeaufschlag 169 Rückvergütung (siehe Kick-Back) Sachkenntnis – der KAG 52, 65, 94, 102 – von Aufsichtsratsmitgliedern 57, 236 f. Sanktionsbefugnis – der Anleger 76 – der BaFin 216 f. – des Aufsichtsrats 240 ff. Schließung von Fonds 171 ff. SEC 110, 135, 137, 224, 232, 244 Skaleneffekt 44, 145, 185 Soft Commissions 90, 148, 153 ff., 158 ff., 256 Sondervermögen 49 f., 77, 257 Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns 65, 92 f. Sozialbindung des Eigentums 233 Spezialfonds 23, 134, 163, 184

Orderschluss 165 f. Pauschalgebühren 266 Performance Presentation Standards 100, 269 f. Portfolio Turnover Rate 265

Transaktionskosten 106, 143, 147 f., 152, 154, 168 f., 261 Transaktionsmanagement – Ausrichtung an Anlagezielen 148 f. – Brokerauswahl 149 f.

Sachwortverzeichnis – Brokerüberwachung 151 – Dokumentation 150 f. – Transparenz 152 f. Transparenz 25, 37 f., 43, 73, 78 ff., 87 ff., 134 ff., 152 f., 247 ff. Treuhand 49, 60 ff. Treuhandverhältnis – eigennützig 62 f. – fremdnützig 62 f. – Informationsrecht 63 f. – Weisungsrecht 63 f. Übernahmeangebot 117, 139 ff. Umtauschrecht 179 f. Unabhängigkeitskriterium – Aufsichtsrat 225 ff. – Sachverständigenausschuss 226 f. Verbundene Unternehmen 42, 105 ff., 150, 152, 208, 225 ff. Verhaltenspflichten 80 f., 87, 91 ff., 100, 217 Verkaufsprospekt 60, 71, 101, 113 f., 135, 152 ff., 159, 248 ff.

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– ausführlicher 56, 159, 247 ff. – Übergabe 252 ff. – vereinfachter 56, 248 ff., 251 ff., 259 ff. Verlautbarungen 81, 83 ff. Verschmelzung 25, 56, 103, 171 ff., 180 ff. Vertragsmodell 47 f., 71, 74 Verwahrung 50 f., 59 f., 67 ff., 84, 179, 184, 196, 202, 207, 212, 247 Verwaltungsgebühr 23, 143, 150, 153 ff., 185, 192, 259, 266 Voice-Strategy 125 Website 26, 86, 124, 134 ff., 152, 160, 249 f., 255 ff. Weisungsrecht – der Anleger 63 ff. – der Depotbank 205 Wertentwicklung 25, 75, 87, 89 f., 97, 100, 104, 112, 118, 142 ff., 163, 168, 172, 177, 184 ff., 253, 265, 268 ff. Wirtschaftsprüfer siehe Abschlussprüfer Zuteilung von Wertpapieren 108, 162 ff.