Connected-TV: Eine Analyse von Gatekeeper-Regulierung sowie Investitions- und Integritätsschutz [1. Aufl. 2019] 978-3-658-27300-2, 978-3-658-27301-9

Michael Naumann befasst sich mit juristischen Fragestellungen zu Connected-TVs unter Einbeziehung neuster legislativer u

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Connected-TV: Eine Analyse von Gatekeeper-Regulierung sowie Investitions- und Integritätsschutz [1. Aufl. 2019]
 978-3-658-27300-2, 978-3-658-27301-9

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XXIII
Einleitung - Problemstellung und Gang der Untersuchung (Michael Naumann)....Pages 1-5
Kapitel: Technische Grundlagen und phänomenologische Beschreibung (Michael Naumann)....Pages 7-47
Kapitel: „Regulatorische Konvergenz“ bei Connected-TV (Michael Naumann)....Pages 49-73
Kapitel: Gatekeeper-Regulierung bei Connected-TV (Michael Naumann)....Pages 75-207
Kapitel: Investitions- und Integritätsschutz für Inhalteanbieter (Michael Naumann)....Pages 209-290
Back Matter ....Pages 291-331

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Juridicum – Schriften zum Medien-, Informations- und Datenrecht

Michael Naumann

Connected-TV Eine Analyse von GatekeeperRegulierung sowie Investitions- und Integritätsschutz

Juridicum – Schriften zum Medien-, Informations- und Datenrecht Reihe herausgegeben von Matthias Cornils, Mainz, Deutschland Louisa Specht, Bonn, Deutschland

In der Schriftenreihe erscheinen Forschungsbeiträge zum K ­ ommunikations- und Medienrecht in seiner vollen Breite, vom Äußerungs-, Urheber- und Kunsturhe­ berrecht über das Daten- und Informationsrecht bis zu Fragen öffentlich-­recht­ licher Medien- oder Intermediärsregulierung, einschließlich ihrer theoretischen Hintergründe. Erfasst sind insbesondere innovative akademische Qualifikationsschriften, aber auch Abhandlungen und Sammelbände von herausragendem wissenschaftlichen Wert.

Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/16165

Michael Naumann

Connected-TV Eine Analyse von Gatekeeper-­ Regulierung sowie Investitions- und Integritätsschutz

Michael Naumann Mainz-Kastel, Deutschland Dissertation Johannes Gutenberg-Universität Mainz, 2019

Juridicum – Schriften zum Medien-, Informations- und Datenrecht ISBN 978-3-658-27300-2 ISBN 978-3-658-27301-9  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-27301-9 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa­ tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Vorwort

V

Vorwort Diese Arbeit wurde im April 2019 von der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Johannes Gutenberg-Universität Mainz als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung sind auf dem Stand Anfang 2019. Die Arbeit stand stets vor der Herausforderung aktuelle medienpolitische Entwicklungen miteinzubeziehen. Deshalb basiert ihr Grundteil auf dem auch zum Veröffentlichungszeitpunkt noch geltenden Recht. Mit der Veröffentlichung des Entwurfs des Medienstaatsvertrages durch die Staatskanzlei Rheinland-Pfalz im Juli 2018 wurde jedoch absehrbar, wie eine zukünftige Regulierung aussehen wird. Deshalb wurde dieser Entwurfstext sowie - für die Druckfassung - ausgewählte Literatur bis März 2019 noch berücksichtigt. Diese Arbeit soll als erste Vermessung der tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten rund um das Phänomen Connected-TV dienen. Dazu zeichnet sie den damit verbundenen Reformsprozess unter verschiedenen Regelungszielen und -materien nach, gibt eigene Impulse und bewertet bereits vorliegende Entwürfe. Mein zuvörderster Dank gehört meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Matthias Cornils, für eine schöne und lehrreiche Zeit als Mitarbeiter am Lehrstuhl. Diese Arbeit wurde dank der dort herrschenden wissenschaftlichen Freiheit und des präzisen und kritischen Feedbacks zu dem, was sie geworden ist. Ein herzlicher Dank gebührt auch Herrn. Prof. Dr. Albert Ingold für die zügige Zweitbegutachtung. Einen weiteren Dank möchte ich an die „Abteilung Medien und Digitales“ der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, insbesondere Frau Staatssekretärin Heike Raab sowie an den Leiter der Abteilung, Herrn Dr. Harald Hammann, richten, die mir im Sommer 2018 einen tiefen Einblick in den aktuellen Diskussionsstand sowie die Hintergründe des Entwurfs des Medienstaatsvertrags ermöglicht haben, welche ich in der vorliegenden Arbeit aufgreifen konnte. Für ein stets offenes Ohr und den inspirierenden Austausch danke ich ganz herzlich allen Kolleginnen und Kollegen im 3. Stock des ReWi, insbesondere Herrn Dr. Martin Mengden sowie Herrn Alexander Natt. Für die redaktionnelle Durchsicht gehört mein Dank meiner Familie sowie Frau Tosca Hohm. Meinen Eltern und meiner Frau Nadja Klein danke ich für die größtmögliche Unterstützung und den Rückhalt in jeglicher Situation. Schließlich möchte ich diese Arbeit meinem Sohn Caspar Jakob widmen.

Mainz, im Juni 2019

Michael Naumann

Inhaltsübersicht

VII

Inhaltsübersicht Einleitung - Problemstellung und Gang der Untersuchung ..................................... 1 1. Kapitel: Technische Grundlagen und phänomenologische Beschreibung .......... 7 I.

Konvergenz der Medien ...................................................................................... 7

II.

Digitalisierung und „Entlinearisierung“ des Fernsehens .................................. 10

III.

Begriffsbestimmung: Connected-TV ................................................................ 13

IV.

Technische Voraussetzungen und Penetration ................................................. 15

V.

Funktionen und Dienste von Connected-TV-Geräten ...................................... 24

VI.

Marktentwicklung ............................................................................................. 37

VII.

Nutzerverhalten ................................................................................................. 42

2. Kapitel: „Regulatorische Konvergenz“ bei Connected-TV ................................ 49 I.

„Regulatorische Konvergenz“ .......................................................................... 49

II.

Medienrechtliche Einordnung von Connected-TV ........................................... 51

3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung bei Connected-TV ......................................... 75 I.

Gatekeeper als Gefahren für das Vielfaltsgebot ............................................... 75

II.

Plattformregulierung ....................................................................................... 113

4. Kapitel: Investitions- und Integritätsschutz für Inhalteanbieter ..................... 209 I.

Problembeschreibung ...................................................................................... 209

II.

Rechtliche Einordnung.................................................................................... 222

III.

Investitions- und Integritätsschutz als normative

Zielvorgaben zum Schutz von Rundfunkunternehmen .............................................. 277 Ergebnisse/ Zusammenfassung ................................................................................ 291 Literaturverzeichnis ................................................................................................. 297

Inhaltsverzeichnis

IX

Inhaltsverzeichnis Einleitung - Problemstellung und Gang der Untersuchung ..................................... 1 1. Kapitel: Technische Grundlagen und phänomenologische Beschreibung .......... 7 I.

Konvergenz der Medien ...................................................................................... 7 1)

Technische Konvergenz .................................................................................. 8

2)

Konvergenz der Inhalte und Märkte ............................................................... 9

3)

Konvergenz des Nutzerverhaltens ................................................................ 10

II.

Digitalisierung und „Entlinearisierung“ des Fernsehens .................................. 10

III.

Begriffsbestimmung: Connected-TV ................................................................ 13 1)

Connected-TV/Hybrid-TV/Smart-TV .......................................................... 13

2)

Abgrenzung zu IPTV/Web-TV/OTT-TV ..................................................... 14

IV.

Technische Voraussetzungen und Penetration ................................................. 15 1)

Technische Grundlagen ................................................................................ 15

2)

Rückkanalfähigkeit der Endgeräte ................................................................ 17

3)

Standards, insbesondere HbbTV ................................................................... 19

V.

Funktionen und Dienste von Connected-TV-Geräten ...................................... 24 1)

Sendergesteuerte Inhalte via Red Button (HbbTV) ...................................... 26

2)

Portale der Endgerätehersteller und anderer Marktteilnehmer ..................... 27 a.

Funktionsweise und Inhalte von Apps ...................................................... 28

b.

App-Portale der Endgerätehersteller ......................................................... 30

c.

App-Stores ................................................................................................ 32

d.

App-Portale sonstiger Portalbetreiber ....................................................... 33

e.

Zugang zum Programm mittels Benutzeroberflächen .............................. 33

f.

Empfehlungssyteme der Connected-TV-Portale ...................................... 34

3)

Internetangebote über einen Webbrowser .................................................... 34

4)

Einfache Nutzungsformen vs. intelligente Verknüpfung von linearen und

nichtlinearen Angeboten ....................................................................................... 35 5)

Am Markt angebotene Dienste ..................................................................... 35

VI.

Marktentwicklung ............................................................................................. 37

VII.

Nutzerverhalten ................................................................................................. 42

X

Inhaltsverzeichnis

2. Kapitel: „Regulatorische Konvergenz“ bei Connected-TV ................................ 49 I.

„Regulatorische Konvergenz“ .......................................................................... 49

II.

Medienrechtliche Einordnung von Connected-TV ........................................... 51 1)

Vorhandenes Regelungssystem .................................................................... 51 a.

Grundlagen ................................................................................................ 51

b.

Kategorienbildung: Lineare und nicht-lineare Medien............................. 52 (1) Einfach-gesetzliche Kategorien ............................................................ 52 (a) Rundfunk........................................................................................... 52 (b) Telemedien ........................................................................................ 53 (c) Sonstige Dienste................................................................................ 54 (2) Prägung durch das Unionsrecht ............................................................ 55 Juristische Probleme bei der Einordnung einer „Mischform“ ...................... 57

2) a.

Einordnung von Connected-TV-Angeboten anhand der AVMD-RL ...... 57 (1) Einordnung von sendergesteuerten Inhalten ......................................... 57 (2) Einordnung von Angeboten in Portalen auf Connected-TV-Endgeräten 60

b.

Einordnung von Connected-TV-Angeboten anhand des RStV ................ 63

c.

Zwischenfazit: Einzelfallbetrachtung ....................................................... 65

3)

Anwendbarkeit verschiedener Regelungssysteme auf einem Bildschirm .... 66 a.

Grundproblem konvergenter Medienformen ............................................ 66

b.

Forderung eines „level playing field“ ....................................................... 67

c.

Notwendigkeit einer Gesamtbetrachtung als „level playing screen“

aufgrund der Endgerätekonvergenz? ................................................................ 69 (1) Auswirkungen der Endgerätekonvergenz ............................................. 69 (2) „Level playing field“ auf der Inhalteebene ........................................... 70 3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung bei Connected-TV ......................................... 75 I.

Gatekeeper als Gefahren für das Vielfaltsgebot ............................................... 75 1)

Gatekeeper und Bottlenecks ......................................................................... 76 a.

Unterscheidung verschiedener Arten von Gatekeepern ........................... 78 (1) Gatekeeper aufgrund von Infrastrukturkontrolle .................................. 78 (2) Gatekeeper aufgrund der Kontrolle eines geschlossenen Systems ....... 79

Inhaltsverzeichnis

XI

(3) (Faktische) Gatekeeper aufgrund von Marktmacht .............................. 80 (4) Abgestuftes Gefährdungspotential anhand des Grads der Ausschließlichkeit ......................................................................................... 81 b.

Gatekeeper-Strategien bei Connected-TV-Sachverhalten ........................ 81 (1) Zugang zum Programm mittels Benutzeroberfläche ............................ 82 (2) Belegung der App-Portale .................................................................... 83 (3) Zugang zum App-Store ......................................................................... 85 (4) Geschlossenes System aufgrund der Kombination aus App-Store und App-Portal ..................................................................................................... 87 (5) HbbTV als Grundlage für Nutzerführung und Portale ......................... 89 (6) Personalisierung im geschlossenen System .......................................... 90

2)

Verfassungsrechtliche Einordnung einer Gatekeeper-Regulierung.............. 91 a.

Sonderdogmatik der Rundfunkordnung.................................................... 91

b.

Rundfunkfreiheit unter dem Eindruck technischer Entwicklungen.......... 94

c.

Ausgestaltungsbedarf aufgrund von Gatekeepern .................................... 95 (1) (Abgestufte) Regulierungsbedürftigkeit von Gatekeepern ................... 95 (2) Gatekeeper-Regulierung als Vielfaltsregulierung ................................ 98 (3) Sicherung kommunikativer Chancengleichheit als Ziel der GatekeeperRegulierung ................................................................................................. 101 (4) Verstärkung durch Informationsfreiheit der Rezipienten ................... 103

d.

Grundrechtspositionen der Anbieter von Gatekeeper-Diensten ............. 104

e.

Konkrete Ausgestaltungsformen einer Gatekeeper-Regulierung ........... 106 (1) Zugangsansprüche als Instrument der Zugangschancengleichheit ..... 106 (2) Diskriminierungsfreiheit als Instrument der Vielfaltssicherung......... 108 (3) Verfassungsrechtliche Beurteilung von „Must-be-found-Pflichten“.. 109

3) II.

Zwischenfazit .............................................................................................. 112 Plattformregulierung ....................................................................................... 113

1)

Derzeitige Rechtslage bei der Plattformregulierung ................................... 113 a.

Verfassungsrechtlicher Hintergrund ....................................................... 113

b.

Unionsrechtliche Hintergründe ............................................................... 115

c.

Bezüge zum Wettbewerbs- und Telekommunikationsrecht ................... 116

d.

Normziele und Systematik der Plattformregulierung ............................. 118

XII

Inhaltsverzeichnis 2)

Definition des Anbieters einer Plattform de lege lata ................................. 121 a.

Inhaltsbezogene Voraussetzungen .......................................................... 122 (1) Rundfunk............................................................................................. 122 (2) Vergleichbare Telemedien .................................................................. 123 (3) Kumulatives oder alternatives Verständnis ........................................ 125 (4) Angebote „auch von Dritten“ ............................................................. 127

b.

Zusammenfassungsentscheidung des Plattformanbieters ....................... 128

c.

Übertragungstechnischer Aspekt ............................................................ 129

d.

Keine bloße Vermarktungstätigkeit ........................................................ 131

e.

Privilegierte Plattformenn ....................................................................... 132 (1) Plattformen in offenen Netzen ............................................................ 132 (2) Privilegierung „offener Systeme“ anstatt „offener Netze“ ................. 136 (3) Programmplattformen ......................................................................... 139

f. 3)

Zwischenergebnis ................................................................................... 139 Anwendung des Plattformanbieter-Begriffs auf Connected-TV-

Sachverhalte ........................................................................................................ 140 a.

Connected-TV-Angebote: Rundfunk und vergleichbare Telemedien .... 140 (1) Rundfunk............................................................................................. 140 (2) Vergleichbare Telemedien .................................................................. 141 (3) Kumulativ oder alternativ ................................................................... 143

b.

Plattformregulierung bei Connected-TV-Portalen ................................. 144 (1) Endgerätehersteller und Portalanbieter als Plattformanbieter ............ 144 (a) Angebote „auch von Dritten“ ......................................................... 145 (b) Zusammenfassungsentscheidung .................................................... 145 (c) Übertragungstechnischer Aspekt .................................................... 147 (d) Zwischenergebnis ........................................................................... 148 (2) Portale als Plattformen in offenen Netzen .......................................... 148 (3) Portale als Programmplattformen ....................................................... 151 (4) Problem der Plattform in der Plattform .............................................. 152

c.

Plattformregulierung bei App-Stores ...................................................... 152 (1) Betreiber von App-Stores als Plattformanbieter ................................. 152 (a) Angebote „auch von Dritten“ ......................................................... 152

Inhaltsverzeichnis

XIII

(b) Übertragungstechnischer Aspekt .................................................... 153 (c) Zusammenfassungsentscheidung .................................................... 153 (d) Zwischenergebnis ........................................................................... 155 (2) App-Stores als Plattformen in offenen Netzen ................................... 155 d.

Plattformregulierung bei HbbTV-Anwendungen ................................... 155 (1) HbbTV-Anbieter als Plattformanbieter .............................................. 155 (2) HbbTV-Portale bei Programmplattformen ......................................... 156

e.

Plattformregulierung für „Benutzeroberflächen“ der Endgeräte ............ 157

f.

Zwischenfazit .......................................................................................... 159

4)

Anpassung des Anwendungsbereichs Plattformregulierung ...................... 159 a.

Verwirklichung eines abgestuften Systems der Gatekeeper-

Regulierung ..................................................................................................... 159 b.

Übertragbarkeit der Argumentation auf andere Portale.......................... 162

c.

Reformdebatte – „Medienplattformen“ de lege ferenda ......................... 163 (1) Zusammengefasste Inhalte .................................................................. 164 (2) Abgestufte Regulierung ...................................................................... 166 (a) Medienplattformen .......................................................................... 166 (b) Benutzeroberflächen ....................................................................... 169 (c) Medienintermediäre ........................................................................ 170

5)

Regulierungsinstrumente de lege lata ......................................................... 171 a.

Zugangsansprüche durch Must-carry-Verpflichtungen .......................... 171 (1) Grundlagen .......................................................................................... 171 (2) Anwendung auf App-Portale .............................................................. 172 (3) Anwendung auf Benutzeroberflächen auf Endgeräten ....................... 172 (4) Must-Carry und infrastrukturunabhängige Gatekeeper aufgrund der Kontrolle über geschlossene Systeme......................................................... 173

b.

Zusammenspiel von Must-carry und technischer Zugangsfreiheit ......... 173

c.

„Technische Zugangsfreiheit“ und Interoperabilität .............................. 174 (1) Grundlagen und Anwendbarkeitsvoraussetzungen des § 52c RStV .. 174 (2) Grundsätze der Chancengleichheit und Diskriminierungsfreiheit ...... 177 (3) Technische Dienstleistungen .............................................................. 179 (a) Zugangsberechtigungssysteme ....................................................... 179

XIV

Inhaltsverzeichnis (b) Schnittstellen für Anwendungsprogramme .................................... 180 (c) Benutzeroberflächen ....................................................................... 182 (d) Mittelbare Diskriminierung durch (beauftragte) Endgerätehersteller .................................................................................................. 186 (4) § 52c RStV als Grundlage für einen Zugangsanspruch ...................... 186 (5) Privilegierung von Inhalten – „Must-be-found“ de lege lata.............. 188 (6) Zwischenfazit ...................................................................................... 189 d.

Endgeräteinteroperabilität und „Durchleitungspflichten“ für HbbTV ... 189

e.

Veränderungs- und Entbündelungsverbot .............................................. 193

f.

Entgelte ................................................................................................... 194

g.

Allgemeine Anforderungen .................................................................... 195

h.

Anpassung der Regulierungsinstrumente aufgrund neuer Gatekeeper-

Phänomene ...................................................................................................... 195 (1) Etablierung neuer Zugangsansprüche zu Gatekeepern aufgrund der Kontrolle über geschlossene Systeme......................................................... 195 (2) Reformdebatte – Regulierungsinstrumente de lege ferenda ............... 197 (a) Must-Carry-Regelungen ................................................................. 197 (b) Zugangsregelungen ......................................................................... 197 (c) Regelungen der Auffindbarkeit ...................................................... 198 (d) Transparenz ..................................................................................... 199 6)

Anwendbarkeitsdefizite nationaler Regulierung ........................................ 201 a.

Herkunftsland- und Marktortprinzip ....................................................... 201 (1) Räumlicher Anwendungsbereich der Plattformregulierung de lege lata ....................................................................................................... 201 (2) Einführung des Marktortprinzips ........................................................ 203 (3) Kollision mit dem unionsrechtlichen Herkunftslandprinzip............... 204

b.

Reformdebatte – Marktortprinzip de lege ferenda.................................. 206

4. Kapitel: Investitions- und Integritätsschutz für Inhalteanbieter ..................... 209 I.

Problembeschreibung ...................................................................................... 209 1)

Funktionsweise der Overlay-Ads/Widgets ................................................. 210

2)

Sonstige Werbeformen................................................................................ 212

Inhaltsverzeichnis

XV

a.

Skaliertes Fernsehbild/Split Screen ........................................................ 212

b.

Werbung im Portal und auf Programmführern ....................................... 213

c.

Pre-Rolls/Mid-Rolls/Post-Rolls .............................................................. 214 Auswirkungen auf die Rundfunkfinanzierung – Interessen der

3)

Inhalteanbieter auf dem Werbemarkt ................................................................. 214 4)

Programmintegrität ..................................................................................... 217

5)

Rezeptionsverhalten bei Werbeeinblendungen ........................................... 218

6)

Bewertung der Problemlage ........................................................................ 220

II.

Rechtliche Einordnung.................................................................................... 222 1)

Verfassungsrechtlicher Hintergrund ........................................................... 222 a.

Rundfunkfreiheit der privaten Rundfunkveranstalter ............................. 222 (1) Absicherung der Finanzierung des privaten Rundfunks ..................... 223 (2) Schutz der Integrität von Rundfunkinhalten ....................................... 225 (3) Werberecht .......................................................................................... 226

b.

Wirtschaftsgrundrechte der privaten Rundfunkveranstalter ................... 227

c.

Grundrechte der Anbieter von Overlay-Ads........................................... 227

2)

Anwendung der rundfunkrechtlichen Werberegulierung auf Overlays...... 228

3)

Urheberrecht ............................................................................................... 230 a.

Regelungsziele des Urheberrechts .......................................................... 230

b.

Verwertungsrechte und akzessorischer Leistungsschutz ........................ 231 (1) Senderecht (§ 20 UrhG) und Kabelweitersendungsrecht (§ 20b RStV) ............................................................................................... 231 (2) Leistungsschutzrecht, § 87 UrhG........................................................ 234

c.

Integritätsschutz im Urheberrecht ........................................................... 236 (1) Urheberpersönlichkeitsrecht, § 14 UrhG ............................................ 236 (a) Sachlicher Anwendungsbereich ...................................................... 236 (b) Persönlicher Anwendungsbereich................................................... 239 (c) Zwischenfazit .................................................................................. 240 (2) Änderung i.S.d. § 39 UrhG ................................................................. 241 (3) § 93 UrhG – Integritätsschutz für Filmwerke ..................................... 241

d.

Schutz der Programminformation ........................................................... 242

e.

Rückgriff auf die Generalklausel nach § 15 Abs. 2 UrhG ...................... 243

XVI

Inhaltsverzeichnis (1) Unbenannte Verwertungsrechte .......................................................... 243 (2) Vergleichbarkeit zum „Framing“? ...................................................... 244 f. 4)

Zwischenfazit .......................................................................................... 246 Wettbewerbsrecht ....................................................................................... 247

a.

Regelungsziele des Wettbewerbsrechts .................................................. 247

b.

Schutz der Rundfunkveranstalter vor unlauterem Wettbewerb .............. 248 (1) Geschäftliche Handlung eines Mitbewerbers ..................................... 249 (2) Wettbewerbsrechtlicher Nachahmungsschutz, § 3 Abs. 1 UWG i.V.m. § 4 Nr. 3 UWG ................................................................................. 253 (a) Wettbewerbliche Eigenart............................................................... 253 (b) Unlautere Nachahmung .................................................................. 254 (c) Verhältnis zum urheberrechtlichen Leistungsschutz ...................... 257 (3) Gezielte Behinderung von Mitbewerbern, § 3 Abs. 1 UWG i.V.m. § 4 Nr. 4 UWG ............................................................................................ 258 (a) Werbebehinderung .......................................................................... 259 (b) Werbung in räumlicher Nähe zum Mitbewerber ............................ 260 (c) Umleitung von Kundenströmen ...................................................... 264 (d) Ausnutzung fremder Einrichtungen ................................................ 266 (e) Zielgerichtetheit der Wettbewerbshandlung ................................... 266 (4) Allgemeine Marktbehinderung ........................................................... 267 (5) Verstoß gegen das wettbewerbsrechtliche Trennungsprinzip, § 3 Abs. 1 UWG i.V.m. § 3a UWG ............................................................ 272 (6) Zwischenfazit ...................................................................................... 273

5)

Rundfunkrechtliches Veränderungsverbot, § 52a Abs. 3 RStV ................. 273

6)

Zwischenfazit .............................................................................................. 276

III.

Investitions- und Integritätsschutz als normative

Zielvorgaben zum Schutz von Rundfunkunternehmen .............................................. 277 1)

Standardisierung von Connected-TV-Angeboten ....................................... 278

2)

Normative Grundlagen und systematische Betrachtung von Investitions-

und Integritätsschutzrechten ............................................................................... 279 3)

Medienrechtlicher Integritätsschutz ............................................................ 280

Inhaltsverzeichnis 4)

XVII

Aufmerksamkeitsregulierung als Grundlage für Investitionsschutz im

Urheberrecht ....................................................................................................... 281 5)

Medienspezifischer wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz .................... 283

6)

Anwendbarkeitsdefizite nationaler Regulierung ........................................ 286

7)

Reformdebatte – Ausweitung des rundfunkrechtlichen Veränderungsverbots 287 a.

Harmonisierung aufgrund der Neuregelung in der AVMD-RL ............. 287

b.

Veränderungsverbote des § 52a MedienStV-E....................................... 288

c.

„Kollisionsnorm“ des § 52a MedienStV-E ............................................. 289

Ergebnisse/ Zusammenfassung ................................................................................ 291 Literaturverzeichnis ................................................................................................. 297

Abbildungsverzeichnis

XIX

Abbildungsverzeichnis Abb. 1:

Hybrid-TV-Systeme Quelle: Wagner, ZUM 2011, 462 (463).

Abb. 2:

Rückkanalfähigkeit von Connected TV Quelle: Eigene Darstellung.

Abb. 3:

Darstellung der hybriden Übertragungswege bei HbbTV Quelle: KEK, 14. Jahresbericht (2011), S. 103.

Abb. 4:

Übersicht über die Funktionen eines Smart-TVs Quelle: Christmann, ZUM 2015, 14 (19); die medienanstalten-ALM GbR, Studie – Wie smart ist die Konvergenz?, S. 8.

Abb. 5:

Beispiel eines Branded Red Buttons Quelle: https://www.ip.de/addressable_tv/produkte_werbeformen/branded_red_button.cfm (Stand: 07.01.2019, 20:00 Uhr)

Abb. 6:

Beispiel für ein Portal eines Endgeräteherstellers (Smart Hub von Samsung) Quelle: phaydon, Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen, Studie 2012, S. 15

Abb. 7:

Akteure auf dem Connected-TV-Markt Quelle: die medienanstalten-ALM GbR, Studie – Wie smart ist die Konvergenz?, S. 13.

Abb. 8:

Gestaltungsfelder des Connected-TV; Quelle: Heil, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln, Heft 296, S. 6.

Abb. 9:

Rundfunkdistribution und verschiedene Gatekeeper Quelle: Christmann, ZUM 2009, 7 (8).

Abb. 10:

Aufbau einer Set-Top-Box mit Anwendungs- Programmierschnittstellen Quelle: Janik, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, § 48, Rn. 17.

Abb. 11:

Overlay im räumlichen Programmumfeld Quelle: Harte, in: TV Advertising Book (2010), abrufbar unter: http://www.althos.com/tutorial/TV-advertising-tutorial-title-slide.html (Stand: 07.01.2019, 20:00 Uhr).

Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis ADB

Applications over Broadband

AEUV

Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

ALM

Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten

API

Application Programming Interface

AVMD-RL

Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste

AIT

Application Information Table

B2B

Business-to-Business

B2C

Business-to-Consumer/ Business-to-Client

BLM

Bayrische Landesmedienzentrale für neue Medien

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

CAS

Conditional Access Systemen

CE

Consumer Electronics

CE-HTML

Hypertext Markup Language for Consumer Electronics

DLM

Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten

DMB

Digital Multimedie Broadcasting

DVB

Digital Video Broadcasting

DVB-C

Digital Video Broadcasting – Cable

DVB-T

Digital Video Broadcasting – Terrestrial

EC-RL

Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr

EPG

Electronic Program Guide

ETSI

Europäisches Institut für Telekommunikationsnormen

EuGH

Gerichtshof der europäischen Union

GG

Grundgesetz

XXI

XXII

Abkürzungsverzeichnis

GWB

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

HbbTV

Hybrid broadcast broadband Television

HTML

Hypertext Markup Language

HEVC

High Efficiency Video Coding

idTV

Integrated Digital Television

InfoSoc-RL

Informationsgesellschaftsrichtlinie

IP

Internet Protocol

IPTV

Internet Protocol Television

IRT

Institut für Rundfunktechnik

IWGDPT

International Working Group on Data Protection in Telecommunication

KEK

Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich

MedienStV-E

Entwurf eines Medienstaatsvertrags

MHP

Multimedia Home Platform

MPEG

Moving Picture Expert Group

OTT

Over-the-Top

QoS

Quality of Service

RÄStV

Rundfunkänderungsstaatsvertrag

RStV

Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag)

SDK

Software Development Kit

TKG

Telekommunikationsgesetz

TKP

Tausend-Kontakte-Preis

TV

Television

URL

Uniform Resource Locator

XXIII

Abkürzungsverzeichnis

UMTS

Universal Mobil Telecommunication System

UrhG

Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte

UWG

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

VoD

Video on demand

VoIP

Voice over Internet Protocol

ZAK

Kommission für Aufsicht und Zulassung

ZPS

Satzung über die Zugangsfreiheit zu digitalen Diensten und zur Plattformregulierung gemäß § 53 Rundfunkstaatsvertrag (Zugangsund Plattformsatzung)

Einleitung - Problemstellung und Gang der Untersuchung Seit der Markteinführung der ersten Connected-TV-Endgeräte bildet diese Art der konvergenten Fernsehnutzung den „wichtigsten Trend der Unterhaltungsindustrie“.1 Die neuen Endgeräte, von der Consumer-Electronic-Industrie zunehmend als „Smart-TVs“ bezeichnet, machen es dem Fernsehzuschauer aus der gewohnten „Lean-Back“-Perspektive möglich, neben und während des „klassischen“ Fernsehens, verschiedene Funktionalitäten aus dem Internet abzurufen.2 Prägnant zusammengefasst liegt die Besonderheit dieser Entwicklung darin, dass „es nicht mehr um den Wettkampf „PC kontra TV-Gerät“ oder umgekehrt geht, sondern dass die Internet- und die Fernsehwelt parallel oder sogar synchron auf dem Bildschirm im Wohnzimmer abgebildet werden können“3. Ob über ein Smart-TV oder eine angeschlossene Konsole bzw. den DVD-Player, ob direkt auf dem First-Screen oder auf dem Second Screen4, TV-Inhalte werden durch die Möglichkeiten des Internets weiterentwickelt und in verschiedensten Formen genutzt. Dieses Verschmelzen zweier Medienformen auf einem Endgerät ist geradezu ein Paradebeispiel und ein sehr konkreter Anwendungsfall der technischen und inhaltlichen Konvergenz der Medien5, welche die medienrechtliche Diskussion des letzten Jahrzehnts bestimmt.6 Connected-TV-Endgeräte leiten indes keine völlig neue technische Entwicklung ein. Die „Neuerung“ liegt vielmehr in der Kombination gebräuchlicher Techniken auf dem Endgerät „Fernseher“. Der dadurch erzielte Mehrwert bezieht sich insbesondere auf die praktische Nutzbarkeit verschiedener Medieninhalte auf dem bislang dem Rundfunk vorbehaltenen Fernsehgerät. Nachdem diese technische Entwicklung vor allem durch die Hersteller von hybriden Empfangsgeräten und durch die Markteinführung des offenen Standards „HbbTV“ (Hybrid broadcast broadband Television) vorangetrieben wurde, kommt das Phänomen „Connected-TV“ nun tatsächlich

1 Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (309); Hege in: Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 3; phaydon, Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen, Studie 2012, S. 4. 2 Sewczyk/Wenk, MP 2012, 178 (178). 3 Sewczyk, tv diskurs 56, 32 (32). 4 Second Screen = Als „zweiter Bildschirm“ wird ein mobiles Bildschirmgerät (Tablet-PC, Smartphone) bezeichnet, das mit Smart-TV-Geräten interagieren kann. Auch der Austausch über TV-Sendungen mit Teilnehmern eines sozialen Netzwerkes ist möglich (Social TV). So Deutsche TV-Plattform, Marktanalyse Smart-TV (2013), S. 45 (Glossar). 5 Boos, MMR 2012, 364 (364); Gundel, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 101 (103): „Kronzeuge“ der Konvergenzentwicklung. 6 Auslöser der rechtlichen Diskussion über den Konvergenzprozess in den Medien war das Grünbuch der EUKommission auf europäischer Ebene und auf nationaler Ebene die Diskussion auf dem 64. Deutschen Juristentag. Vgl. Grünbuch zur Konvergenz der Branchen Telekommunikation, Medien und Informationstechnologie und ihre ordnungspolitischen Auswirkungen, KOM (97) 623 endg.; Gounalakis, Konvergenz der Medien (2002).

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 M. Naumann, Connected-TV, Juridicum – Schriften zum Medien-, Informations- und Datenrecht, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27301-9_1

2

Einleitung

in der Nutzungs- und damit Lebenswirklichkeit der Rezipienten an.7 Indiz dafür ist die rasch ansteigende Anzahl von hybriden Fernsehgeräten. Im Jahre 2016 verfügten ca. die Hälfte der deutschen Haushalte über ein Smart TV.8 Die infrastrukturellen Voraussetzungen zur Nutzung von Connected-TVs sind für eine große Anzahl von Rezipienten gegeben, sodass der Adaption der Angebote im Verhalten der Fernsehzuschauer mit der wachsenden Attraktivität der Angebote der Endgerätehersteller als auch der Rundfunkanbieter keine technischen Hürden im Weg stehen.9 Die Aktualität und Relevanz dieser technischen Entwicklung zu hybriden Endgeräten und Fernsehinhalten und der damit verbundenen Folgen für die medienrechtliche Regulierung sind ungebrochen. Die rechtliche Entwicklung tut sich bisher allerdings schwer, mit den technischen Neuerungen Schritt zu halten. Auf europäischer Ebene wurde die regulatorische Erfassung von Connected-TV-Sachverhalten bereits in den Blick genommen. Die EU-Kommission hat durch das zweite „Grünbuch Konvergenz“10 im Jahre 2013 die Thematik auf die rechtspolitische Agenda gebracht. Ebenso folgen Berichte des EU-Parlaments11 und dazugehöriger Ausschüsse12. In Deutschland wurde die Entwicklung besonders von der „Deutschen TV Plattform“, einem Zusammenschluss verschiedener Marktteilnehmer des im weitesten Sinne Rundfunk- und Inhaltemarktes, durch verschiedene Studien und Stellungnahmen (z.B. „White Book Hybrid-TV/SmartTV“) 13 begleitet. Die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) und die Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM) haben mehrere Nutzerstudien durchführen lassen, die die bisherige Adaption der neuen Technik in den deutschen Haushalten abfragen und deren Folgen für das Marktverhalten der Fernsehveranstalter ausloten.14 Zudem beschäftigt sich die von der Bundesregierung und den Bundesländern als „Rundfunkgesetzgebern“ gegründete „Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz“ auf rundfunkpolitischer Ebene mit den skizzierten Fragestellungen zur Reform

7

Schmid, ZUM 2011, 457 (457); Klickermann/Lotz, MMR 2012, 801 (801). Frühe Prognose: Sattler, Smart TV: Wer erringt die Portalhoheit auf dem Fernseher (2012), S. 10; neuste Zahlen, die diese Prognose bestätigen bei Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 26 (36). 9 So Groebel, Das neue Fernsehen (2014), S. 36; Boos, MMR 2012, 364 (365); Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (36); so auch Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Juli 2013 zu „Connected TV“, Angenommene Texte, P7_TA(2013)0329, S. 115; Wagner, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie, Nr. 294, S. 7; als weiteres Indiz mag auch die Tatsache gelten, dass in anderen europäischen Ländern Connected-TV bereits weiter verbreitet ist, Deutsche TV-Plattform, Marktanalyse Smart-TV - Eine Bestandsaufnahme der Deutschen TV-Plattform, S. 38. 10 „GRÜNBUCH über die Vorbereitung auf die vollständige Konvergent der audiovisuellen Welt: Wachstum Schöpfung und Werte“, COM (2013) 231 final. 11 Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Juli 2013 zu „Connected TV“, Angenommene Texte, P7_TA(2013)0329, S. 113-122. 12 So Modot/Lamber/Moullier, in: Herausforderungen von „Connected-TV“ – Themenpapier, im Auftrag des Ausschusses für Kultur und Bildung des Europäischen Parlaments, Generaldirektion Interne Politikbereiche, Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik, Kultur und Bildung (2013). 13 Siehe dazu: http://www.tv-plattform.de/de/smart-tv-fachpublikationen (Stand: 11.09.2018, 15:27 Uhr). 14 Siehe Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014); Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2013, 34 (41 ff.); Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2014, 34 (41 ff.); Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2015, 40 (49 ff.). 8

Einleitung

3

der Regulierung unter Einbeziehung des Phänomens Connected-TV.15 Diese haben letztlich zu einem sehr konkreten Regulierungsvorschlag in einem „Medienstaatsvertrag“ geführt, welcher Connected-TV-Dienste in eine rundfunkrechtliche Regulierung einbezieht.16 Im rechtswissenschaftlichen Diskurs finden die mit Connected-TV-Geräten verbundenen Problemstellungen einen ersten Anklang17, wohingegen die Thematik von der Rechtsprechung, mit Ausnahme einiger wettbewerbsrechtlichen Verfahren18, bislang nahezu unbearbeitet ist. Zentrale Zielsetzungen der derzeitigen Medienordnung und insbesondere der Rundfunkregulierung sind die Sicherung der Vielfalt meinungsrelevanter Inhalte, die Auffindbarkeit dieser Inhalte, die Verhinderung von Informations- und Meinungsmonopolen, die Kontrolle von Werbung und deren Einfluss auf den Rundfunk.19 Connected-TVSachverhalte und die damit einhergehenden Formen des hybriden Fernsehens bzw. hybrider Nutzung von audiovisuellen Inhalten treten in Beziehung zu all diesen Zielsetzungen. Die folgende Untersuchung soll unter den ausgewählten Fragestellungen der regulatorischen Konvergenz, der Gatekeeper-Regulierung sowie des Investitions- und Integritätsschutzes klären, inwieweit die vorhandenen Grundsätze der Medienordnung im Einzelnen betroffen sind und welche Auswirkungen im Sinne eines Änderungs- bzw. Anpassungsbedarfs der geltenden Regelungen sich daraus möglicherweise ergeben. Der erste Teil der Arbeit (1. Kapitel) umfasst eine phänomenologische Beschreibung der technischen Grundlagen und Funktionen von Connected-TV-Geräten sowie der Einordnung der Thematik in den Zusammenhang der „Konvergenz der Medien“. Aufgrund der Tatsache, dass es – zumindest bisher – kein einheitliches Phänomen „ConnectedTV“ gibt, sondern sich vor allem die Lösungen der Endgerätehersteller über ihre App20-

15

Vgl. vor allem: Kluth/Schulz, Konvergenz und regulatorische Folgen, (Gutachten 2014), Arbeitspapiere des Hans-Bredow-Instituts Nr. 30; Bericht Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz (2016). 16 Diskussionsentwurf zu den Bereichen Rundfunkbegriff, Plattformregulierung und Intermediäre „Medienstaatsvertrag“ (Juli/August 2018), abrufbar unter: https://www.rlp.de/fileadmin/rlp-stk/pdf-Dateien/Medienpolitik/MStV_Online_JulAug2018.pdf (Stand: 02.08.2018, 15:29 Uhr). 17 Vgl. auszugsweise aus der Literatur: Berger, CR 2012, 306 ff.; Boos, Hybrid-TV (2012); Boos, MMR 2012, 364 ff.; Broemel, ZUM 2012, 866 ff.; Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 ff.; Dreyer, tvdiskurs 56, 48 ff.; Eberle, in: FS für Hailbronner (2013), 675 ff.; Giurgiu/Metzdorf, in: Big-Data - Tagungsband der DSRI (2014), 709 ff.; Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (31 ff.); Hain, AfP 2012, 313 ff.; Hofmann, Der Red Button im Rundfunkrecht (2008); Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015); Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 ff.; Kitz, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 337 ff.; Klickermann, in: Die Welt im Netz - Tagungsband der DSRI (2011), 707 ff; Klickermann/Lotz, MMR 2012, 801 ff.; Kogler, K&R 2011, 611 ff.; Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 ff.; Müller-Terpitz/Rauchhaus, „Hybrid-TV“, in: Medien und Wandel (2011), 309 ff.; Schmid, ZUM 2011, 457 ff.; Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 ff.; Wagner, ZUM 2011, 462 ff.; Wagner, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 325 ff.; Weber, ZUM 2011, 452 ff. 18 Vgl. OVG Berlin, ZUM 1999, 500; OLG Köln, MMR 2005, 100 f.; KG Berlin, Urt. v. 23.07.2004 - 5 U 2/04; zu ähnlichen Problematiken bei Werbeblockern auch BGH, GRUR 2004, 877 ff. 19 Herrmann/Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 7, Rn. 77 ff.; Seufert/Gundlach, Medienregulierung in Deutschland (2017), S. 45 ff. 20 App = Kurzform von Applikation.

4

Einleitung

Portale und App-Stores21 von den eigenen Lösungen der Rundfunksender über den HbbTV-Standard unterscheiden, müssen diese Grundvoraussetzungen geklärt werden. Zu den zu klärenden Grundannahmen zählen auch das Nutzerverhalten und die Betrachtung der Marktakteure und ihrer Verhaltensweisen. Das Verhalten der Rezipienten und die daraus möglicherweise zu ziehenden Rückschlüsse auf die Medienwirkung sowie der Markt bilden im Medienrecht unter Vielfaltssicherungszielen die zentralen Anknüpfungspunkte für die Regulierung. Die juristische Analyse eröffnet der zweite Teil (2. Kapitel) mit einem Blick auf die Bedeutung des Phänomens „Connected-TV“ für die „regulatorische Konvergenz“. Dabei sollen die geltenden Kriterien zur Einordnung von Medieninhalten in Regulierungskategorien auf unionsrechtlicher und nationaler Ebene in den Blick genommen werden. Die seit Jahren geführte Diskussion über die Abgrenzungsmodalitäten zwischen Inhalteformen und der damit verbundenen Regelungsintensität soll daraufhin untersucht werden, ob die Möglichkeit der sowohl räumlichen als auch zeitlich parallelen Darstellung verschiedener Formen von Rundfunk auf demselben Endgerät die Gesamtbetrachtung im Sinne eines „level playing screens“ bzw. „level playing fields“ notwendig werden lässt. Der dritte Teil (3. Kapitel) beschäftigt sich mit rundfunkrechtlichen Fragestellungen. Es soll ermittelt werden, ob durch die neuen Angebote, Funktionen und Nutzungsformen, vor allem auch durch die Endgerätehersteller und von diesen etablierten proprietären Portalen22, neue „Gatekeeper“23 oder „Bottlenecks“24 existieren, die am Ende der Infrastruktur der Rundfunkübertragung als „Tor“ zum Rezipienten stehen. Dadurch soll die Entstehung möglicherweise „neuer“ Vielfaltsgefahren sowohl durch die neuen Nutzungsformen für Rezipienten und Inhalteanbieter als auch durch die mit dem Endgerät verbundenen Funktionen eingegrenzt werden. Dafür ist eine genaue Betrachtung der Angebote, eine Kategorisierung ihrer Funktionen bzw. Anwendungsfälle und des Verhaltens der Nutzer von Bedeutung. Methodisch steht am Anfang eine Einordnung des Begriffs des Gatekeepers und der unter dem verfassungsrechtlichen Ziel der Vielfaltssicherung relevanten Funktionen. In einem zweiten Schritt soll an die bisherige einfachrechtliche Regulierung eines solchen Phänomens im Medienrecht, die mit dem 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag eingeführte Plattformregulierung, angeknüpft werden. Sowohl deren Regelungsadressat als auch die Regelungsinstrumente werden daraufhin überprüft, ob sie sachgerechte Lösungen für Gatekeeper-Potentiale bei Connected-TVSachverhalten bieten. Der im vierten Teil (4. Kapitel) behandelte Schwerpunkt beleuchtet die mit ConnectedTV-Sachverhalten verbundenen Fragen des Investitionsschutzes von Rundfunkveranstaltern und des Integritätsschutzes von Rundfunkinhalten. Durch die neuen Funktionen und Anwendungen auf Connected-TV-Geräten ergeben sich auch neue 21

App-Store = plattformunabhängiger Marktplatz, über den Apps vertrieben werden. Zum Begriff des Portals siehe unten, 1. Kap. V. 2). Zur Definition von „Gatekeepern“ (Torhüter), siehe unten, 3. Kap. I. 1). 24 Zur Definition von „Bottlenecks“ (Flaschenhälse) siehe unten, 3. Kap I. 1). 22 23

Einleitung

5

„Problemfelder“. Rundfunkveranstalter sehen in durch Connected-TV-Geräte möglich werdenden Werbeformen – insbesondere „Overlay-Ads“25 und „Widgets“26 – bzw. in der generellen Möglichkeit der drittkontrollierten Ein- bzw. Überblendungen im räumlichen und zeitlichen Umfeld ihres Programms eine Beeinträchtigung ihrer Investitionen und der Integrität ihrer Inhalte. Der dahinter liegende Konflikt um den „Transfer von Aufmerksamkeit“27 und Reichweite28 ist auf seine Wirkung auf die Finanzierungsgrundlage vor allem der privaten Rundfunkanbieter zu untersuchen. Methodisch ist zunächst die Verankerung von Investitions- und Integritätsschutz auf verfassungsrechtlicher Ebene in den Blick zu nehmen. Einfach-rechtlich gilt es, diejenigen Regulierungsregimes, die bereits Ansatzpunkte eines Investitions- und Integritätsschutzes für Inhalte von Rundfunkanbietern bieten, zu analysieren. Der Fokus wird dabei auf dem urheberrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzrecht sowie rundfunkrechtlichen Regelungen zum Integritätsschutz liegen. Letztlich zielt dieser Teil auf die Herausarbeitung eines normativen Systems des Investitions- und Integritätsschutzes unter medienspezifischen Wertungen.

25

Zum Begriff des Overlays siehe 4. Kap. I. 1). Zum Begriff des Widgets siehe 4. Kap. I. 1). Broemel, ZUM 2012, 866 (867). 28 Kitz, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 337 (342); Boos, Hybrid-TV (2012), S. 124. 26 27

1. Kapitel: Technische Grundlagen und phänomenologische Beschreibung Zum Verständnis der juristischen Problematik ist gerade bei der hier verhandelten technikaffinen und innovativen Regelungsmaterie die Erläuterung der technischen und phänomenologischen Grundlagen bedeutsam. I.

Konvergenz der Medien

Schlüsselbegriff und Ausgangspunkt der Entwicklung klassischer Medienformen, insbesondere des Rundfunks, hin zu hybriden Erscheinungsformen bildet die „Konvergenz der Medien“.29 „Konvergenz“ bedeutet dem Wortstamm nach so viel wie „Annäherung, Zusammenlaufen, demselben Ziel zustreben“.30 Eine genauere inhaltliche Bestimmung und Eingrenzung des Begriffs steht allerdings vor der Schwierigkeit der fehlenden Einheitlichkeit und Eindeutigkeit der Definition von „Konvergenz“.31 Geprägt wurde die Terminologie aus medienpolitischer Sicht durch das „Grünbuch zur Konvergenz der Branchen Telekommunikation, Medien und Informationstechnologie und ihren ordnungspolitischen Auswirkungen“32 der EU-Kommission, welche die Grundpfeiler zur Diskussion der Medienkonvergenz gelegt hat. Ergänzt oder sogar erweitert wurde diese Entwicklung im Jahre 2013 durch ein zweites „Grünbuch Konvergenz“33, das die bisherige Entwicklung und die sich neu ergebenden Problematiken zum Gegenstand hat. Bereits im ersten Grünbuch umschreibt die EU-Kommission „Konvergenz“ als „die Fähigkeit verschiedener Netzplattformen, ähnliche Arten von Diensten zu übermitteln oder die Verschmelzung von Endgeräten wie Telefon, Fernseher und PC“.34 Gleichzeitig wird aber bereits auf die Schwierigkeit einer eindeutigen Definition verwiesen.35 Dieser medienpolitischen Begriffsbestimmung kann mit Blick auf die in der Zwischenzeit stattgefundenen Konvergenzprozesse der folgende, kommunikationswissenschaftliche Definitionsversuch als Diskussionsgrundlage zur Seite gestellt werden: „Konvergenz“ bezeichnet im Allgemeinen die Annäherung, das Aufeinanderzubewegen der Sporn, Vielfalt im digitalen Rundfunk (1999), S. 52 spricht von der „einflussreichsten medialen Entwicklung“. Grundlage für die Wahl des Begriffs bildet die Bezeichnung „Convergent Media Industries“, vgl. Zerdick (u.a.), Die Internet-Ökonomie (2001), S. 140 ff.; Gennis/Gundlach, MP 2014, 507 (507), Fn. 1 mwN. 31 So auch Sporn, Vielfalt im digitalen Rundfunk (1999), S. 52; Gounalakis, Konvergenz der Medien (2002), C 12; Neumann, in: Roßnagel, Neuordnung des Medienrechts (2005), 29 (29). 32 GRÜNBUCH zur Konvergenz der Branchen Telekommunikation, Medien und Informationstechnologie und ihren ordnungspolitischen Auswirkungen, KOM (97) 623 endg. 33 „GRÜNBUCH über die Vorbereitung auf die vollständige Konvergenz der audiovisuellen Welt: Wachstum Schöpfung und Werte“, COM (2013) 231 final. 34 KOM (97) 623 endg., S. 1. 35 KOM (97) 623 endg., S. 1.

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30

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 M. Naumann, Connected-TV, Juridicum – Schriften zum Medien-, Informations- und Datenrecht, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27301-9_2

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1. Kapitel: Technische Grundlagen

Märkte, Technologien und Angebote bis hin zu ihrer Verschmelzung, wobei in der Regel ein über die reine Substitution oder Fusion hinaus gehender Mehrwert entsteht.36 Im Zuge dieses Prozesses können „verschiedene Inhalte auf denselben Netzen und identische Inhalte auf verschiedenen Netzen transportiert werden“, wobei die gegenseitige Anschlussfähigkeit entscheidend ist.37 Symbol und Motor aller dieser Erscheinungsformen der Konvergenz ist neben der Weiterentwicklung der entsprechenden Hard- und Software (z.B. Endgeräte, Betriebssysteme, Breitband- und Glasfaserkabel) sicherlich „das Internet“, verstanden als die Übertragung digitaler Inhalte mittels Internet Protocol als Netzwerkprotokoll.38 Die damit einhergehenden Änderungen in der Technik und im Nutzerverhalten katalysieren die Konvergenzentwicklung. Um zum Kern des Phänomens „Konvergenz“ vorzudringen, wird anhand des Betrachtungsgegenstandes zwischen verschiedenen Formen der Konvergenz unterschieden: technische Konvergenz, Konvergenz der Angebote und Konvergenz im Nutzungsverhalten.39 Die Bezeichnung „Konvergenz der Medien“ bildet somit lediglich einen Oberbegriff für den Wandel und die Entwicklung auf dem Mediensektor, welcher in den einzelnen Teilbereichen derzeit durchaus unterschiedlich ausgeprägt ist.40 1) Technische Konvergenz Anknüpfend an die als „Digitalisierung“41 bezeichneten technischen Änderungen ist von der „technischen Konvergenz“ die Rede. Der eingangs aufgegriffene Konvergenzbegriff der EU-Kommission (siehe oben, 1. Kap. I.) nimmt vor allem diesen Entwicklungsstrang in den Fokus.42 Inhaltlich ist darunter der Konvergenzprozess in der Distributionskette von Rundfunk und anderen Medieninhalten in Bezug auf Infrastrukturen, Empfangsgeräte und technische Dienste zu fassen.43 Katalysator der Entwicklung im Bereich der Infrastrukturen ist die mit der Digitalisierung einhergehende technische Möglichkeit der Reduktion der Datenmenge, welche eine bessere Nutzung der Frequenzen ermöglicht, und Rezipienten die Möglichkeit eröffnet, die empfangenen Inhalte individuell

36

Fischer, Medienrecht und Medienmärkte (2008), S. 193; Hain, AfP 2012, 313 (313); Latzer, Mediamatik (1997), S. 16 f.; Seufert/Gundlach, Medienregulierung in Deutschland (2017), S. 260 f.; Neumann, in: Roßnagel, Neuordnung des Medienrechts (2005), 29 (29 ff); dabei ist die Konvergenz nicht mit der reinen Fusion verschiedener medialer Sektoren gleichzusetzen, Palankova, Chancengleicher Zugang (2008), S. 43; umfassend zu den verschiedenen Begriffen: Fischer, Medienrecht und Medienmärkte (2008), S. 192 ff.; von Rimscha/Siegert, Medienökonomie (2015), S. 49 f. 37 Hain, AfP 2012, 313 (313). 38 KOM (97) 623 endg., S. 6; Seufert/Gundlach, Medienregulierung in Deutschland (2017), S. 261; zu weiteren Entwicklungsschritten der Konvergenz: Latzer, Mediamatik (1997), S. 61 ff. 39 So Gounalakis, Konvergenz der Medien (2002), C 13 ff.; Hoffmann-Riem/Schulz/Held, Konvergenz und Regulierung (2000), S. 19 ff.; ähnlich Fischer, Medienrecht und Medienmärkte (2008), S. 192; weitere Unterscheidungsmöglichkeiten bei Palankova, Chancengleicher Zugang (2008), S. 44 ff. 40 Fischer, Medienrecht und Medienmärkte (2008), S. 192. 41 Zum Begriff der Digitalisierung, siehe unten, 1. Kap. II. 42 KOM (97) 623 endg., S. 1 ff. 43 KOM (97) 623 endg., S. 1; Hoffmann-Riem/Schulz/Held, Konvergenz und Regulierung (2000), S. 20; Lauff, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln, Heft 149; Neumann, in: Roßnagel, Neuordnung des Medienrechts (2005), 29 (31 f.); Gounalakis, Konvergenz der Medien (2002), C 13 f.; Hain, AfP 2012, 313 (313); Blaue, ZUM 2005, 30 (30 f.).

I. Konvergenz der Medien

9

und interaktiv zu steuern.44 Neben den lange Zeit im Zentrum der Konvergenzdebatte stehenden Infrastrukturen ist die Endgerätekonvergenz mittlerweile mit einer breiteren Marktdurchdringung und Nutzung entsprechender Geräte durch den Rezipienten im alltäglichen Umfeld weiter fortgeschritten.45 Außer bei den hier zu behandelnden Connected-TV-Geräten zeigt sich diese Entwicklung sehr deutlich auch bei Smartphones und Tablet-Computern.46 Zentrales Merkmal und Grundvoraussetzung dieses Prozesses ist sicherlich die technische Interoperabilität47 zwischen den Endgeräten (siehe unten, 3. Kap. II. 5) d.), welche es Inhalteanbietern ermöglicht, ihre verschiedene Inhalte und Dienste unabhängig vom Empfangsgerät zu entwickeln und anzubieten. 2) Konvergenz der Inhalte und Märkte An diese Voraussetzung der Interoperabilität knüpft auch die Konvergenz von Angeboten und Inhalten bzw. die Konvergenz der Dienste und Märkte48 an. Die technische Interoperabilität zwischen den „Empfangsgeräten“ ermöglicht es Inhalteanbietern, dieselben oder ähnliche Dienste und Inhalte dem Rezipienten über verschiedene „Ausgabewege“ anzubieten.49 Aber auch wirklich „interaktive Inhalte“, die verschiedene ursprünglich getrennte Angebotsformen (Text, Bild, Bewegt-Bild) durch parallele bzw. ergänzende Darstellung auf demselben Endgerät miteinander verbinden, sind möglich. Außerdem beschreibt dieser Teil der Konvergenzentwicklung die Entstehung von Unternehmensverflechtungen im Sinne von horizontalen, vertikalen und crossmedialen Zusammenschlüssen.50 Damit sind auf der einen Seite die Vereinigung verschiedener Medienformen in einem Unternehmen und auf der anderen Seite das Tätigwerden eines Unternehmens sowohl auf Seiten der Inhalteanbieter als auch auf Seiten der Anbieter von Übertragungsinfrastruktur gemeint.51 Es kommt zu strukturellen Verschiebungen zwischen den Wertschöpfungsketten in den Bereichen Medien, Telekommunikation und

44

Gounalakis, Konvergenz der Medien (2002), C 13; Sharma, Der chancengleiche Zugang zum digitalen Kabelfernsehnetz (2009), S. 35. 45 Gounalakis, Konvergenz der Medien (2002), C 14 f.; Hain, AfP 2012, 313 (313); noch skeptisch: Palankova, Chancengleicher Zugang (2008), S. 46; Fehling, in: Ehlers/Fehling/Pünder, Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. 2, 3. Aufl. 2013, § 59, Rn. 5. 46 Hain, AfP 2012, 313 (313). 47 Der Begriff Interoperabilität wird nicht einheitlich verwendet. Sein wesentlicher Aussagekern bezieht sich auf die Möglichkeit digitale Inhalte zwischen verschiedenen Endgeräten transferieren zu können, wobei diese dabei ihre volle Funktionalität behalten. Dazu bedarf es vor allem passende Anschlüsse/Schnittstellen und eine einheitliche Interpretation der Fernsehsignale. Vgl. Merkel/Roßnagel/Scheuer/Schweda, Sicherung der Interoperabilität (2009), S. 26; Holznagel/Schumacher, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, Teil B C. III., Rn. 37. 48 So die Einordnung bei Gounalakis, Konvergenz der Medien (2002), C 15; Blaue, ZUM 2005, 30 (31); Neumann, in: Roßnagel, Neuordnung des Medienrechts (2005), 29 (33). 49 Boos, Hybrid-TV (2012), S. 4 f. 50 Vgl. Seufert/Gundlach, Medienregulierung in Deutschland (2017), S. 40; umfassend zu den Marktstrukturen Holznagel/Dörr/Hildebrand, Elektronische Medien (2008), S. 92 ff. 51 Z.B. „Triple Play“ = Gemeinsames Angebot von Rundfunk, High-Speed-Internetzugang und Telefonie über einen Kabelnetzbetreiber, Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-HdB, Teil 3, Rn. 11.

10

1. Kapitel: Technische Grundlagen

Informationstechnologie (vertikale Integration).52 Dies wirkt sich sowohl auf die Übertragungstechnik, die Inhalte als auch auf die Rezeption durch die Nutzer aus. 3) Konvergenz des Nutzerverhaltens Nicht minder bedeutend ist die Konvergenz des Nutzerverhaltens.53 In Abgrenzung zur technischen Entwicklung darf das Nutzerverhalten nicht mit der technischen Konvergenz gleich gesetzt werden.54 Neben den technisch verfügbaren Möglichkeiten hat vor allem die jeweilige Medienkompetenz, welche sich durch die Rezeption von „OnlineInhalten“ zunehmend fortentwickelt und vor neue Herausforderungen gestellt wird, erheblichen Einfluss auf das Nutzerverhalten.55 Die Grenzen zwischen Passivität der Fernsehnutzung und Interaktivität sonstiger Mediennutzung verschwimmen zusehends und die Rezipienten greifen situativ zu einer Parallel- und Kombinationsnutzung von Fernsehen und Online-Inhalten.56 Nicht zu unterschätzen für die Etablierung von Angeboten im Nutzerverhalten bleiben allerdings weiterhin die Nutzerakzeptanz entlang der Parameter „Funktionalität, Bequemlichkeit und Einfachheit“, die daher die Möglichkeiten der Etablierung inhaltlicher und märktebezogener Konvergenz begrenzt.57 II.

Digitalisierung und „Entlinearisierung“ des Fernsehens

Infrastrukturelle Grundlage für die umfassende Konvergenzentwicklung ist die Digitalisierung.58 Diese stellt keine spezifische Veränderung des Fernsehens als solchen dar, sondern durchdringt nahezu alle Produktions- und Distributionstechnologien.59 Digitalisierung bezeichnet in Bezug auf die Rundfunkübertragung die Ausstrahlung von Fernsehprogrammen und Hörfunk in digitaler Form.60 Im Unterschied zur analogen Ausstrahlung werden die Daten anstatt über sich ständig verändernde Schwingungen durch die Umsetzung in den binären Zahlencode übertragen.61 Daraus resultiert ein geringerer Bedarf an Bandbreite der Übertragungsinfrastruktur, was seinerseits eine effektivere 52

Hoffmann-Riem/Schulz/Held, Konvergenz und Regulierung (2000), S. 22; Palankova, Chancengleicher Zugang (2008), S. 49; König, Die Einführung des digitalen Fernsehens (1997), S. 47 f.; zu den ökonomischen und publizistischen Auswirkungen vertikaler Integration auch: Heinrich, Medienökonomie Bd. 2, 2. Aufl. 2010, S. 38. 53 Laut Gounalakis, Konvergenz der Medien (2002), C 16 wird dieses in der Diskussion über die Zukunft konvergenter Medien oft vernachlässigt; siehe unten, 1. Kap. VII. 54 Gounalakis, Konvergenz der Medien (2002), C 18; Blaue, ZUM 2005, 30 (32). 55 Gounalakis, Konvergenz der Medien (2002), C 18; KOM (97) 623 endg., S. 14. 56 So schon Zerdick (u.a.), Internet-Ökonomie (2001), S. 22 f.; Zimmer, MP 2000, 110 (110); Blaue, ZUM 2005, 30 (31 f.); zu Kriterien und Formen der Interaktivität: Ruhrmann/Nieland, Interaktives Fernsehen (1997), S. 83 ff. 57 Gounalakis, Konvergenz der Medien (2002), C 18 f. 58 Seufert/Gundlach, Medienregulierung in Deutschland (2017), S. 260; Holznagel/Dörr/Hildebrand, Elektronische Medien (2008), S. 93; zu den Besonderheiten und den Vorteilen der digitalen Rundfunkübertragung: Palankova, Chancengleicher Zugang (2008), S. 34 ff. mwN.; dazu ebenfalls Herrmann/Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 2, Rn. 47 ff. 59 bpb (Hrsg.), Dossier – Deutsche Fernsehgeschichte in Ost und West (2013), abrufbar unter: http://www.bpb.de/gesellschaft/medien/deutsche-fernsehgeschichte-in-ost-und-west/143480/veraenderungendurch-die-digitalisierung (Stand: 11.09.2018, 17:12 Uhr). 60 Hofmann, Der Red Button im Rundfunkrecht (2008), S. 4; Rinke, Zugangsprobleme des digitalen Fernsehens, S. 22. 61 Holznagel/Dörr/Hildebrand, Elektronische Medien (2008), S. 92 f.; Rinke, Zugangsprobleme des digitalen Fernsehens, S. 21; Ruhrmann/Nieland, Interaktives Fernsehen (1997), S. 61 ff.; Sharma, Der chancengleiche Zugang zum digitalen Kabelfernsehnetz (2009), S. 26.

II. Digitalisierung und „Entlinearisierung“

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Ausnutzung der vorhandenen Kapazitäten ermöglicht.62 Konkret ermöglicht diese technische Weiterentwicklung die Vermehrung von Übertragungskapazitäten insbesondere bei der Kabelübertragung, höhere Qualitätsstandards beim Empfang, die Verwendung schmalbandiger Übertragungswege und schließlich den Einsatz der freigewordenen Übertragungskapazitäten für Rückkanäle.63 Grundsätzlich können „alle Arten von Informationen (Texte, Fotos, bewegte Bilder, grafische Darstellungen und Sprache) in digitale Signale umgewandelt“ oder direkt in digitaler Form produziert und ausgestrahlt werden.64 Die Gleichartigkeit des Übertragungsprinzips ermöglicht es, dass die benannten Angebote in verschiedene Übertragungswege, Empfangseinrichtungen und Endgeräte eingebunden werden können.65 Die eigentliche Übertragung in digitaler Form findet im sogenannten „Multiplexing-Verfahren“ statt. Ein Multiplex ist ein Datenpaket, das durch eine Analog-Digital-Wandlung, welche die analogen Ausgangssignale (Audio, Video, Dateien) digitalisiert und damit reduziert, entsteht.66 Dieses wird zum Empfänger über die gängigen Infrastrukturen übertragen und muss dort wieder entpackt werden.67 Dazu bedarf es eines Fernsehgerätes, das digitale Signale entschlüsseln kann (idTV) oder einer Set-Top-Box, welche die Datenpakete wieder in analoge Fernsehsignale für ein „gewohntes Seherlebnis“ umwandelt.68 Eine solche Umwandlung ist heute in weiten Teilen nicht mehr notwendig, da es mittlerweile technisch möglich ist, Fernsehsendungen in digitaler Form zu produzieren, auszustrahlen und auf digitalen Empfangsgeräten darzustellen.69 Die Digitaltechnologie wurde auf allen Übertragungswegen durch einen sogenannten „harten Umstieg“ eingeführt, indem man die bisher bestehenden analogen Übertragungstechniken bei Terrestrik und Satellit einfach abschaltete.70 Lediglich bei der Kabelübertragung ist bisher keine vollständige Digitalisierung erfolgt.71 Die digitale Rundfunkübertragung wurde vor allem durch die Standardisierung des digitalen 62

Holznagel/Dörr/Hildebrand, Elektronische Medien (2008), S. 92 f.; Rinke, Zugangsprobleme des digitalen Fernsehens, S. 21 mwN.; Hofmann, Der Red Button im Rundfunkrecht (2008), S. 4; Ruhrmann/Nieland, Interaktives Fernsehen (1997), S. 64 f., 70 mwN. 63 Hofmann, Der Red Button im Rundfunkrecht (2008), S. 6 f.; Holznagel/Dörr/Hildebrand, Elektronische Medien (2008), S. 92 f.; Palankova, Chancengleicher Zugang (2008), S. 38 ff. 64 Rinke, Zugangsprobleme des digitalen Fernsehens, S. 21; Spindler/Schuster/Gersdorf, Recht der elektronischen Medien, TKG, Teil 4, Vorbemerkung, Rn. 2. 65 Rinke, Zugangsprobleme des digitalen Fernsehens, S. 21; Schrape, Wirtschaftliche Chancen digitalen Fernsehens, S. 7; Holznagel/Dörr/Hildebrand, Elektronische Medien (2008), S. 93. 66 Hofmann, Der Red Button im Rundfunkrecht (2008), S. 7; Spindler/Schuster/Gersdorf, Recht der elektronischen Medien, TKG, Teil 4, Vorbemerkung, Rn. 3; Sharma, Der chancengleiche Zugang zum digitalen Kabelfernsehnetz (2009), S. 29. 67 Hofmann, Der Red Button im Rundfunkrecht (2008), S. 7; Sharma, Der chancengleiche Zugang zum digitalen Kabelfernsehnetz (2009), S. 29. 68 Genaueres zu Set-top-Boxen bei Kuper, IPTV (2009), S. 330 f.; Palankova, Chancengleicher Zugang (2008), S. 37 mwN; Sharma, Der chancengleiche Zugang zum digitalen Kabelfernsehnetz (2009), S. 30 f. 69 Christmann, ZUM 2015, 14 (18); Herrmann/Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 2, Rn. 79 f. 70 Vgl. Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2015, 40 (40 ff.); Seufert/Gundlach, Medienregulierung in Deutschland (2017), S. 263; Holznagel/Dörr/Hildebrand, Elektronische Medien (2008), S. 94 ff. noch zu stark varierenter Stand der Digitalisierung innerhalb der Übertragungswege. bpb (Hrsg.), Dossier – Deutsche Fernsehgeschichte in Ost und West (2013), abrufbar unter: http://www.bpb.de/gesellschaft/medien/deutsche-fernsehgeschichte-in-ost-und-west/143480/veraenderungen-durch-die-digitalisierung (Stand: 04.07.2014, 11:48 Uhr). 71 Vgl zu den letzten Zahlen Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2015, 40 (40 ff.).

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1. Kapitel: Technische Grundlagen

Übertragungsverfahrens durchgesetzt.72 In Europa nimmt dabei das „Digital Video Broadcasting (DVB)“-Projekt, mit welchem im Laufe der Zeit auf der Grundlage der Basistechnologie „MPEG-2-Standard“ zur Datenreduktion bei Audio- und Videosignalen eine komplette Standardfamilie geschaffen wurde, eine zentrale Rolle ein. 73 Ohne Digitalfernsehen sind auch die hybriden Angebote nicht denkbar, da die Zusatzapplikationen große Datenmengen benötigen, die die Kapazitäten eines analogen Kanals überschreiten.74 Auf der Grundlage der Digitalisierung der Rundfunkübertragung zeigt sich ein weiterer Prozess, der als „Entlinearisierung des Fernsehens“ bezeichnet wird. Soweit die Konvergenzentwicklung und die regulatorische Differenzierung zwischen Fernsehen und audiovisuellen Angeboten auf Abruf aus der Sicht der Zuschauer unter dem Gesichtspunkt der steigenden Relevanz75 der orts- und zeitunabhängigen Nutzung von Rundfunkangeboten an Bedeutung verliert, wird aus empirischer Sicht von der „Entlinearisierung“ des Fernsehens gesprochen.76 „Entlinearisierung“ bezeichnet demnach „die Herauslösung einzelner Inhalte aus einem linearen Programmstrom“.77 „Diese Herauslösung kann rezipientenseitig (z.B. Personal Video Recorder), durch Drittanbieter (z.B. TiVo78) oder durch den Programmanbieter selbst (z.B. Mediatheken) erfolgen.“79 Insbesondere die „Abkehr des Nutzers vom Konsum einer sequenziellen, starren Sendungsfolge auf einem am Endgerät einzustellenden Kanal hin zu einer selbstbestimmten Zeiteinteilung für zu konsumierende Inhalte“ erweitert das klassische Verständnis von Rundfunkrezeption.80 Auch für die Verbreitung von Inhalten hat die „Entlinearisierung“ die Konsequenz, dass „aus Inhaltezustellern Inhaltebereitsteller und aus linearen Wertschöpfungsketten medienübergreifende Wertschöpfungsnetzwerke werden.“81 Der bpb (Hrsg.), Dossier – Deutsche Fernsehgeschichte in Ost und West (2013), abrufbar unter: http://www.bpb.de/gesellschaft/medien/deutsche-fernsehgeschichte-in-ost-und-west/143480/veraenderungendurch-die-digitalisierung (Stand: 04.07.2014, 11:48 Uhr). 73 Hofmann, Der Red Button im Rundfunkrecht (2008), S. 4; Holznagel/Dörr/Hildebrand, Elektronische Medien (2008), S. 95; Spindler/Schuster/Gersdorf, Recht der elektronischen Medien, TKG, Teil 4, Vorbemerkung, Rn. 2; Rinke, Zugangsprobleme des digitalen Fernsehens, S. 35 f. mwN; Ruhrmann/Nieland, Interaktives Fernsehen (1997), S. 73 f.; zu dieser Standardfamilie gehören DVB-S, als Satellitenstandard und seine Erweiterung (DVBS2), die für HDTV notwendig ist. Daneben gibt es den DVB-C, das digitale Kabelfernsehen, und DVB-T, welches für die terrestrische Digitalübertragung verantwortlich ist. Bei der mobilen Nutzung (Mobile-TV) sind DMB und DVG-H sowie der Mobilfunkstandard UMTS von Bedeutung. Zu weiteren Standards und Einzelheiten des Projekts vgl. https://www.dvb.org/ (Stand: 11.09.2018, 13:23 Uhr). 74 Hofmann, Der Red Button im Rundfunkrecht (2008), S. 4. 75 Bis 2017 wird der Großteil des Datenverkehrs auf Videodateien entfallen, vgl. Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (122), Fn. 17 mwN; z.B. beträgt das Datenaufkommen von Netflix in den USA 25% des kompletten Aufkommens, Heil, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln, Heft 296, S. 11. 76 Kogler, K&R 2011, 621 (621). 77 Wilde/Hess, MW 2008, Heft 1, 26 (27); Sjurts (Hrsg.), Gabler Lexikon Medienwirtschaft, 2. Aufl. 2011, S. 167. 78 Dabei handelt es sich um einen US-Anbieter, der als Profildienst die Selektion von Angeboten unterstützt und die automatische Aufnahme auf einem entsprechenden Endgerät (Festplatten-Set-Top-Box) auslöst. Siehe dazu: http://www.tivo.com/ (Stand: 11.09.2018, 11:17 Uhr). 79 Wilde/Hess, MW 2008, Heft 1, 26 (27). 80 Sjurts (Hrsg.), Gabler Lexikon Medienwirtschaft, 2. Aufl. 2011, S. 167; Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 29 f. 81 Sjurts (Hrsg.), Gabler Lexikon Medienwirtschaft, 2. Aufl. 2011, S. 167; Modot/Lamber/Moullier, in: Herausforderungen von „Connected-TV“ – Themenpapier, im Auftrag des Ausschusses für Kultur und Bildung des 72

II. Digitalisierung und „Entlinearisierung“

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Prozess zeigt sich zudem sehr deutlich auf dem Endgerätemarkt, auf welchem Portallösungen auf Connected-TV-Geräten die Funktion der Zugangsvermittlung zu „entlinearisierten“ Angeboten übernehmen. III. Begriffsbestimmung: Connected-TV Nach der Beschreibung des allgemeinen Konvergenzphänomens richtet sich der Fokus im Folgenden konkreter auf das Phänomen „Connected-TV“. 1) Connected-TV/Hybrid-TV/Smart-TV Neben der Fülle und Diversität an Angeboten und Funktionen der Endgeräte zeigt sich anhand der Verwendung der unterschiedlichen Begriffe „Connected-TV“, „Hybrid-TV“ und „Smart-TV“, dass es bislang auch eine einheitliche Bezeichnung für das hier gegenständliche Phänomen fehlt. Grund dafür ist, dass je nachdem in welchem Kontext die Thematik behandelt wird und welche Eigenschaft des Endgerätes in den Vordergrund gerückt werden soll, ein anderer Begriff benutzt wird.82 „Smart-TV“ betont die Notwendigkeit eines hinlänglichen Maßes an eingebauter Computertechnik zur Realisierung der neuen Nutzungsanforderungen und wird eher von den Geräteherstellern zur Bezeichnung ihrer Geräte benutzt.83 „Hybrid-TV“ wird insbesondere von Inhalteanbietern gebraucht und betont die Tatsache, dass die Endgeräte zwei ursprünglich getrennte Medienformen („Internet“ und „Fernsehen“) auf einem Gerät zusammenfassen.84 „Connected-TV“ ist das Schlagwort, dessen sich die Medienpolitik und mögliche Regulierer bedienen. Diese Bezeichnung betont den Schwerpunkt der Vernetzung des TV-Geräts, welche den Abruf von über das IP-Signal verfügbar gemachten Inhalten erst ermöglicht.85 Dennoch ist eine synchrone Handhabung der Begriffe möglich, da sie im Kern das gleiche Phänomen bezeichnen. Im Rahmen dieser Arbeit soll möglichst einheitlich die Bezeichnung „Connected-TV“ gewählt werden, da er zum einen aus dem rechtswissenschaftlichen Kontext stammt und zum anderen gegenständlich am weitesten ist, sodass möglichst alle technischen Ausgestaltungen eines Endgerätes zur (parallelen) Darstellung von linearem Rundfunk und Inhalten, die über das IP-Signal übermittelt werden und damit nicht zwingend linearen Übertragungsformen folgen, erfasst sind. „Connected-TV“ stellt damit einen Gattungsbegriff für mit dem Internet vernetzbare Fernsehgeräte dar. Damit werden Fernseher und andere CE-Geräte bezeichnet, mit denen der Zuschauer auf eine Vielzahl an zusätzlichen Diensten und Inhalten zugreifen kann.86 Der Rezipient kann die Zusatzangebote über ein App-Portal im Endgerät oder Europäischen Parlaments, Generaldirektion Interne Politikbereiche, Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik, Kultur und Bildung (2013), S. 23. 82 Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (27). 83 Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (27). 84 Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (27); zu der Frühform solcher „programmierbarer Endgeräte“: Herrmann/Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 2, Rn. 135 ff. 85 Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (27). 86 Modot/Lamber/Moullier, in: Herausforderungen von „Connected-TV“ – Themenpapier, im Auftrag des Ausschusses für Kultur und Bildung des Europäischen Parlaments, Generaldirektion Interne Politikbereiche, Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik, Kultur und Bildung (2013), S. 11.

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1. Kapitel: Technische Grundlagen

im laufenden Programm mittels HbbTV über den „Red-Button“ ansteuern (siehe unten, 1. Kap. V.). Der Schwerpunkt dieser Neuentwicklung liegt auf der Integration von interaktiven Inhalten und On-Demand-Video-Angeboten in die Nutzung des Fernsehgerätes.87 Den wohl am weitesten gehenden Begriff von Connected-TV vertritt die EUKommission in ihrem Grünbuch Konvergenz, in dem sie auch so genannte „Second Screen“-Szenarien mit einbezieht.88 „Second Screen“-Anwendungen sind aber erst dann von der die Neuartigkeit des Connected-TV-Phänomens begründenden Funktion erfasst, wenn sie tatsächlich mit dem „First Screen“ und den dort dargestellten Inhalten korrespondieren und nicht lediglich eine parallele, aber getrennte Nutzung ermöglichen.89 2) Abgrenzung zu IPTV/Web-TV/OTT-TV Im Zusammenhang mit der Verschmelzung von Fernsehen und Internet werden auch die Begriffe IPTV (Internet Protocol Television) und Web-TV gebraucht. Vereinfacht ausgedrückt liegt der Unterschied zu Connected-TV darin, dass die beiden Begriffe „Fernsehen im Internet“ bzw. „Fernsehen übers Internet“ beschreiben. Im Gegensatz dazu könnte man Connected-TV eher als „Internet im Fernsehen“ bezeichnen.90 Diese Unterscheidung macht deutlich, welches Medium transportiert wird und welches Medium die Funktion des Transporteurs übernimmt. IPTV ist die Übertragung von Rundfunk mittels des Internet Protocols (IP) über breitbandige Netze mit dem benötigten Maß an Qualität, Sicherheit, Interaktivität und Zuverlässigkeit (QoS) durch den Netzbetreiber selbst und stellt damit einen alternativen Übertragungsweg für lineares Fernsehen dar.91 Web-TV hingegen ist die Bezeichnung für die bestehende Möglichkeit, beliebige Sendungen und Programme, die frei verfügbar im Internet als „world wide web“ zugänglich sind, zeit- und ortsunabhängig zu nutzen.92 Sowohl Live-Streaming-Angebote als auch

87 Wagner, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie, Nr. 294, S. 3; Sewczyk, tv diskurs 56, 32 (32); Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 128 f. 88 Michel, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie, Nr. 292, S. 6 unter Verweis auf das „GRÜNBUCH über die Vorbereitung auf die vollständige Konvergent der audiovisuellen Welt: Wachstum Schöpfung und Werte“, COM (2013) 231 final, S. 3. 89 Beispiele dafür bei Müller, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 15 (31); Fahle/Schulze Isfort, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln, Heft 291, S. 7 f. 90 Zimmer, MP 2000, 110 (110 f.); Dreyer, tv diskurs 56, 48 (48); laut Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 127 kann hingegen eine trennscharfe Definition des Connceted-TV von Web-TV und IPTV nicht vorgenommen werden. 91 Marktanalyse Smart-TV - Eine Bestandsaufnahme der Deutschen TV-Plattform, S. 5; genauer Kuper, IPTV (2009), S. 323; Hoeren/Neurauter, IPTV (2010), S. 3 ff.; Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 17 f.; Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (27). 92 Marktanalyse Smart-TV - Eine Bestandsaufnahme der Deutschen TV-Plattform, S. 46 (Glossar); Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 18.

III. Begriffsbestimmung: Connected-TV

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VoD93-Angebote fallen darunter.94 Im Unterschied zum IPTV wird bei Web-TV keine besondere Dienstegüte und damit Übertragungsqualität über eine geschlossene Übertragung garantiert.95 Außerem werden die Leistungen IP-basiert über das offene Internet ohne notwendigen Rückgriff auf die „Wertschöpfungskette herkömmlicher Diensteund Netzbetreiber“ (d.h. ohne Provider-Bindung) erbracht.96 Web-TV wird zunehmend auch als OTT-TV („Over the top“-Angebote97) bezeichnet. Insbesondere die OTT-Inhaltediensten (z.B. Vod-Dienste) stehen dabei in einem Konkurrenzverhältnis zu den Angeboten von Rundfunksendern oder anderen Anbietern von VoD-Angeboten.98 IV. Technische Voraussetzungen und Penetration 1) Technische Grundlagen Zur Nutzung von hybriden Fernseh- bzw. Medienangeboten bedarf es aus technischer Sicht drei Voraussetzungen99: Grundvoraussetzung ist ein digitaler Fernsehanschluss, wobei der jeweilige Übertragungsweg (Satellit, Terrestrik oder Kabel) ohne Belang ist. Zweitens bedarf es eines hybriden Endgerätes. Soweit ein Fernsehgerät diese Funktion nicht hat, kann eine Erweiterung auch über externe Peripherie-Geräte wie Set-Top-Boxen, DVD-Player oder sonstige CE-Geräte vorgenommen werden.100 Schließlich bedarf es eines Breitband-Internetanschlusses. Demnach beziehen Connected-TV-Geräte Informationen sowohl über das IP-Signal als auch über das Rundfunksignal und verbinden diese in bestimmter Art und Weise auf der Ebene der Inhalte miteinander.101

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Video-on-Demand (z.dt. Video auf Abruf) ist ein Abrufdienst, bei dem Videos auf Anforderung des Rezipienten zur Nutzung übermittelt werden. Dabei sind als Varianten der Übertragung sowohl das Streaming als auch ein progressiver Download mit einer Zwischenspeicherung im Arbeitsspeicher des Empfangsgeräts möglich. Vgl. Kuper, IPTV (2009), S. 334. Zur Unterscheidung von Transactional-Video-on-demand (Film per Einzelabruf) und Subscription-Video-on-demand (pauschale Abonnementgebühr) vgl. pwc, Media Trend Outlook, Smart-TV (2013), S. 5; Beispiele bei Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 122 ff. 94 Marktanalyse Smart-TV - Eine Bestandsaufnahme der Deutschen TV-Plattform, S. 5; Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 18, wobei keine gezielte Herstellung der Inhalte zur Ausstrahlung auf einem PC anzunehmen ist. Bei der Herstellung der Inhalte hat der Anbieter keine Erwartungshaltung hinsichtlich der Qualität der Darstellung auf dem Endgerät, weil er mittlerweile eine gleich hohe Qualität für audiovisuelle Inhalte erwartet wird. Anders stellt es sich bei Text oder Grafikelementen dar, die insbesondere mit Blick auf die Darstellung auf Smartphones und Tablets an die dortigen Darstellungsformen angepasst werden. 95 Marktanalyse Smart-TV - Eine Bestandsaufnahme der Deutschen TV-Plattform, S. 5; Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 18. 96 Grünwald/Nüßig, MMR 2016, 91 (91); Kempermann/Pieper, CR 2013, 661 (661 f.). 97 Die Bezeichnung „Over the Top“ meint die Verwendung eines offenen, IP-basierten Netzes ohne Kontrolle durch die Netzbetreiber. So Kempermann/Pieper, CR 2013, 661 (662). 98 Grünwald/Nüßig, MMR 2016, 91 (91); Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (27); Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 293 f. 99 Vgl. KEK, 14. Jahresbericht (2011), S. 103. 100 Vgl. Jurran/Kuhlmann, c’t 23/2010, 108 (108 f.); Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 128. 101 Müller, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 15 (16).

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1. Kapitel: Technische Grundlagen

Abb. 1: Hybrid-TV-Systeme Quelle: Wagner, ZUM 2011, 462 (463) Die benannten infrastrukturellen Voraussetzungen sind in Deutschland in den meisten Haushalten gegeben: Der Stand der Digitalisierung in den TV-Haushalten belief sich im Jahr 2016 auf 89,8 % mit steigender Tendenz.102 Darüber hinaus verringern sich die Hindernisse, die durch die teilweise noch sehr hohen Übertragungsraten, die für die Zugänglichmachung hybrider Zusatzangebote nötig sind103, bestehen, durch den allmählich voranschreitenden Ausbau des Breitbandkabelnetzwerkes in Deutschland. 2016 verfügten 74,6 % der TV-Haushalte über einen Breitbandanschluss.104 Auch ConnectedTV-Endgeräte sind immer präsenter auf dem Gerätemarkt. Fast jeder Neukauf eines Fernsehers ist (bewusst oder unbewusst) ein Connected-TV.105 2017 hatten 31,9 % der deutschen Haushalte ein internetfähiges Fernsehgerät; der Anteil erhöht sich auf 40,7%, wenn man Peripheriegeräte, die einen Internetzugang eröffnen und mit dem Fernseher 102 Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2016, 36 (38): Daneben greifen 2,5 % sowohl auf digitalen als auch analogen TV-Empfang zurück. Lediglich 7,7 % der TV-Haushalte haben ausschließlich analogen TV-Empfang. 103 Z.B. machten die Angebote des Anbieters „Netflix“ bis zu 25 % des amerikanischen Internetvolumens aus, vgl. Abb. 3 in Heil, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln, Heft 296, S. 11; Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 124 f.; zu der Bedeutung von Netflix auf dem deutschen Markt: Ünal, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2015, 15 (15 ff.). 104 Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2016, 36 (46). 105 Sewczyk/Wenk, MP 2012, 178 (179); pwc, Media Trend Outlook, Smart-TV (2013), S. 16; Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 26 (36).

IV. Technische Voraussetzungen

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verbunden sind (z.B. Blue-Ray-Player, Set-Top-Boxen, Spielekonsolen), miteinbezieht.106 Rechnet man auch die Möglichkeit, über einen PC oder einen Laptop das Fernsehen mit dem Internet zu verbinden, dazu, erhöht sich dieser Prozentsatz auf 50,1% der TV-Haushalte in Deutschland.107 2018 stieg dieser Wert nochmal leicht auf 51,6 %.108 Der Anteil der Haushalte, bei denen der Fernseher tatsächlich mit dem Internet verbunden ist, ist nicht mehr wesentlich geringer. Nimmt man alle drei gerade beschriebenen Gruppen zusammen, sind 49,4 % der verfügbaren Geräte mit dem Internet verbunden.109 Insbesondere die Smart-TVs werden immer häufiger auch tatsächlich mit dem Internet verbunden (in 31,9 % der TV-Haushalte).110 Diese Zahlen steigen jedoch relativ stabil und zügig an, zumal erst seit 2009 überhaupt internetfähige Fernsehgeräte auf dem Markt sind und deren „smarte“ Funktionen bisher erst relativ spät explizit von den Herstellern beworben wurden.111 Die Steuerung der Connected-TV-Endgeräte zur Auswahl der verschiedenen Funktionen geschieht entweder mittels Fernbedienung oder mittlerweile über nutzerfreundlichere Remote-Apps auf einem Second-Screen (Tablet oder Smartphone). Auch Endgeräte mit Sprach- und Gestensteuerung sind auf dem Markt.112 Somit stehen aus rein technischer Sicht der breiten Nutzung des Connected-TV keine Hindernisse im Weg. 2) Rückkanalfähigkeit der Endgeräte Eine der wesentlichen technischen Neuerungen für die hybride Nutzung von ConnectedTV-Endgeräten ist die Rückkanalfähigkeit. Der Rückkanal bezeichnet vereinfacht die Möglichkeit einer zweiseitigen Kommunikation zwischen dem Rezipienten klassischer Rundfunkinhalte und den Programm- oder Inhalteanbietern.113 Diese aufgrund der Datenkompression bei der Digitalisierung möglich gewordene Neuerung ist die Grundlage für „interaktives Fernsehen“ in hinreichender Qualität und Verbreitung. Die sendergesteuerten Zusatzinhalte, wie etwa das Videotext-Angebot, wurden bislang über die klassischen Rundfunkempfangswege übertragen.114 Dabei müssen die Daten allerdings periodisch in einer Schleife (sog. „Karussell“) ausgesendet und beim Empfänger zwischengespeichert werden.115 Dieses Verfahren ist bei einer größeren Menge von Daten, 106

Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 26 (36). Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 26 (36). Berghofer, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2018, 34 (38). 109 Berghofer, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2018, 34 (38). 110 Berghofer, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2018, 34 (38). 111 Billerbeck, VDI nachrichten, 5. September 2014, Nr. 36, S. 12; Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2015, 40 (49 f.); pwc, Media Trend Outlook, Smart-TV (2013), S. 6. 112 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 32; Pagel/Simon/Seemann, Usability-Analyse von HbbTV (2014), 36 ff.; phaydon, Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen, Studie 2012, S. 22 f. 113 Kuper, IPTV (2009), S. 330; zu den Anfängen der Rückkanaltechnik: Herrmann/Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 2, Rn. 131 ff.; Ruhrmann/Nieland, Interaktives Fernsehen (1997), S. 49 ff.; Sharma, Der chancengleiche Zugang zum digitalen Kabelfernsehnetz (2009), S. 30. 114 KEK, 14. Jahresbericht (2011), S. 103. 115 KEK, 14. Jahresbericht (2011), S. 103.

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1. Kapitel: Technische Grundlagen

wie sie üblicherweise bei Onlinediensten anfallen, jedoch zu langsam und würde Wartezeiten produzieren.116 Die Rundfunkveranstalter nutzen zur Darstellung und Verbreitung ihrer Online-Inhalte auf Connected-TVs insbesondere den HbbTV-Standard117. Dieser sorgt für eine Rückkanalfähigkeit, indem nur ein gewisser Grundstock an wichtigen Daten (Steuerungsdaten) zum jeweiligen Programm von den Sendern in die Schleife gesendet wird; die weiteren Zusatzdienste (z.B. Videos oder Spiele) in Form von speicherintensiveren Daten können über das IP-Signal gezielt nachgeladen werden.118 Die Portale der Endgerätehersteller laden die zur Verfügung gestellten Zusatzangebote über den Internet-Zugang des Endgeräts.119 Bei beiden Angebotsarten werden im Unterschied zum klassischen Rundfunk die Informationen nicht nur in eine Richtung vom Sender zum Empfänger übertragen, sondern es wird eine Zwei-Wege-Kommunikation eröffnet, bei der der Zuschauer selbst interaktiv tätig werden kann.120

Abb. 2: Rückkanalfähigkeit von Connected-TV Quelle: Eigene Darstellung Diese Rückkanalfähigkeit ist zum einen im Rahmen der werberechtlichen Problematiken von Bedeutung, da sie die Grundlage für personalisierte und mit dem Programm verknüpfte Werbung bildet.121 Zudem gewinnt der Rückkanal unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten besondere Brisanz, indem er die Erfassung und Auswertung des individuellen Nutzungsverhaltens ermöglicht.122 116

KEK, 14. Jahresbericht (2011), S. 103. Zum Begriff des HbbTV-Standards, siehe unten, 1. Kap. IV. 3). KEK, 14. Jahresbericht (2011), S. 103; Strzebkowski, in: Gottberg/Graubner, tvdiskurs 56, 38 (39). 119 Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 18 ff. 120 Hofmann, Der Red Button im Rundfunkrecht (2008), S. 18; Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 12 f. 121 Sewczyk, tv diskurs 56, 32 (35); Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 13. 122 Zu den datenschutzrechtlichen Problemen bei HbbTV und Connected-TV-Endgeräten vgl. Keber, RDV 2013, 236 ff.; Weichert, DuD 2014, 528 ff.; Schmidtmann/Schwiering, ZD 2014, 448 ff.; Eikenberg, c’t 04/2014, 78 ff.; Jaritz/Lo Iacono, DuD 2016, 511 ff.; Ghiglierie/Oswald/Tews, HbbTV – I know what you are watching, S. 1 ff.; Trummer, Medienkonvergenz und HbbTV (2012), S. 29 f.; Giurgiu/Metzdorf, in: Big-Data - Tagungsband der DSRI (2014), 709 (719 ff.); Steinhoff, jurisPR-DSR 1/2015, Anm. 3; Müller, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 15 (44 ff.); LG Frankfurt, Urteil vom 10. Juni 2016 – 2-3 O 364/15, 2/3 O 364/15, 2-03 O 364/15, 2/03 O 364/15; zu Handy-Apps: Baumgartner/Ewald, Apps und Recht (2013), Rn. 184 ff. 117 118

IV. Technische Voraussetzungen

19

Technisch erfolgt diese Verknüpfung auf zwei möglichen Wegen: Die Mediendienste werden entweder ausschließlich über das Internet („Broadband-Schiene“) oder aber zumindest teilweise auch vergleichbar mit dem Teletext als Teil des Rundfunksignals (sog. „Hybrid signalling“ bestimmter Steuerungsdaten) über die „Broadcast-Schiene“ übertragen.123 3) Standards, insbesondere HbbTV Bei der Umsetzung von Connected-TV-Anwendungen bilden neben den Endgeräten verschiedene Standards eine wichtige softwareseitige Grundlage. Die Vorteile eines Standards, soweit er eine breite Unterstützung und Umsetzung durch die Marktteilnehmer erfährt, liegen in der erhöhten Interoperabilität und dem dadurch idealerweise entstehenden Massenmarkt, welcher Wettbewerb schafft und die Inhalte- und Dienstanbieter ihre wirtschaftlichen Potentiale ausschöpfen lässt.124 Zur Verwirklichung von interaktiven und hybriden Formen des Rundfunks wurde bereits seit 1999 durch die „Deutsche TV-Plattform“ an der Schaffung eines solchen Standards gearbeitet.125 Neben dem britischen Standard „YouView“126 wurde in Deutschland auf den offenen MHP-Standard („Multimedia Home Platform“) zur Umsetzung interaktiven Fernsehens mit größtmöglicher Interoperabilität gesetzt.127 Jedoch konnte sich der MHP-Standard hierzulande, anders als in Italien und Korea, aus unterschiedlichen Gründen nicht durchsetzen.128 Zur Verwirklichung hybrider Fernsehangebote nutzen insbesondere die Rundfunkveranstalter seit August 2009 den europaweiten Standard „Hybrid broadcast broadband Television“ (HbbTV).129 Dieser wurde von einem europäischen Konsortium entwickelt und im Juni 2010 durch das Europäische Institut für Telekommunikationsnormen (ETSI) als offener Industriestandard normiert.130 Seine rechtliche Verankerung findet der Standard in den Art. 17 und 18 der Rahmenrichtlinie, welche die Normung und Interoperabilität bei digitalen interaktiven Fernsehdiensten regeln.131 Hintergrund der Einführung von HbbTV war vor allem die Sorge verschiedener TV-Veranstalter, dass es zu 123

Broemel, ZUM 2012, 866 (867); KEK, 14. Jahresbericht (2011), S. 102; Wagner, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 325 (330). 124 Illgner-Fehns, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 345 (349 ff.); Hoffmann-Riem/Schulz/Held, Konvergenz und Regulierung (2000), S. 23. 125 Hofmann, Der Red Button im Rundfunkrecht (2008), S. 31 mwN. 126 Dazu Wagner, ZUM 2011, 462 (463) mwN. 127 Hofmann, Der Red Button im Rundfunkrecht (2008), S. 31 ff.; Kuper, IPTV (2009), S. 325; Sharma, Der chancengleiche Zugang zum digitalen Kabelfernsehnetz (2009), S. 31 f.; zu den Chancen des Standards: Jungheim, Medienordnung und Wettbewerbsrecht (2012), S. 13 f. 128 Wagner, ZUM 2011, 462 (463); Merkel/Roßnagel/Scheuer/Schweda, Sicherung der Interoperabilität (2009), S. 62 f.; noch mit anderer Prognose Hofmann, Der Red Button im Rundfunkrecht (2008), S. 35. 129 Zur Etablierung von HbbTV in Europa: HbbTV Forum Nederland – Overview of Interactice Television services accordung tot he HbbTV standard in Europe (2014), abrufbar unter: http://hbbtv.nu/wp-content/uploads/2014/05/HbbTV_in_Europe_v5b_English.pdf (Stand: 11.09.2018, 14:37 Uhr). 130 Sewczyk/Wenk, MP 2012, 178 (181); Blödorn/Mohr, MP 2011, 242 (242); Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 255. 131 Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und –dienste.

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1. Kapitel: Technische Grundlagen

einem „Wildwuchs“ an interaktiven TV-Anwendungen kommt, bei dem sie die Kontrolle über das eigene Fernsehbild, insbesondere bei der Einblendung von interaktiven Elementen, im Hinblick auf Bildskalierung/Split-Screen-Anwendungen und Overlays verlieren (siehe unten, 4. Kap. I.).132 Funktional ermöglicht HbbTV vor allem Fernsehsendern, ihr lineares Programm mit ihren Internetapplikationen im laufenden Programm miteinander zu verbinden, sodass der Zuschauer mühelos beide Inhalteformen auf einem Bildschirm parallel „ohne Medienbruch“ nutzen kann.133 Im Unterschied zu den Connected-TV-Endgeräten und den dortigen Portalen geht es beim HbbTV-Standard vorrangig um einen technischen Standard.134 Deshalb ist der Begriff nicht synonym zu „Connected-TV“, „Smart-TV“ oder „Hybrid-TV“ und den damit einhergehenden allgemeinen Konvergenzentwicklungen auf dem Fernsehmarkt zu verwenden.135 Die technischen Voraussetzungen (Breitbandanschluss, digitaler TV-Anschluss, HbbTV-fähiges Fernsehgerät) entsprechen den beschriebenen Voraussetzungen für die allgemeine Connected-TV-Nutzung (siehe oben, 1. Kap. IV. 1)). Bei den verwendeten Basistechnologien greift der HbbTV-Standard im Wesentlichen auf bereits vorliegende Standards (CE-HTML-Standard, Open-IPTV-Spezifikation und DVB-Standards) zurück, sodass er auf technisch niedrigschwelliger Basis genutzt werden kann.136 Jedoch ist der HbbTV-Standard im Vergleich zu den herkömmlichen Middlewares weniger umfangreich.137 Er dient vor allem dazu, die von den Rundfunkveranstaltern im Programmsignal mitgesendete URL-Adresse auszulesen, um die Inhalte der dort bereitgestellten Zusatzdienste als HTML-Seite darzustellen.138 Durch den Aufbau dieses offenen Standards wurden gleiche Voraussetzungen für die Endgerätehersteller und die Inhalteanbieter unabhängig vom jeweiligen Geschäftsmodell geschaffen.139 Dadurch dass HbbTV-Receiver auch an unterschiedlichen Fernsehgeräten eingesetzt werden können, führt dies auf Seiten der Hardware zu einer höheren Kompatibilität.140 Die Rundfunkveranstalter können über HbbTV ihre Inhalte einheitlich auf dem Fernsehbildschirm anbieten, sodass die jeweilige Anpassung (re-authoring)

132

Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 21 f.; Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 13. 133 Blödorn/Mohr, MP 2011, 242 (242); Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 255; Müller, in: BLMSymposion Medienrecht 2014 (2015), 15 (31); Sewczyk/Wenk, MP 2012, 178 (181); KEK, 14. Jahresbericht (2011), S. 104. 134 Trummer, Medienkonvergenz und HbbTV (2012), S. 37. 135 Trummer, Medienkonvergenz und HbbTV (2012), S. 37; Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (28); Steinhoff, jurisPR-DSR 1/2015 Anm. 3, S. 2; Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 256; fälschlicherweise für eine synonyme Handhabung der Begrifflichkeiten: Ultsch, HbbTV (2012), S. 14; WD 10 3000 - 056/14, S. 4. 136 Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 13 f.; Sewczyk/Wenk, MP 2012, 178 (181 f.); Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 255. 137 Janik, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, § 48, Rn. 18. 138 Janik, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, § 48, Rn. 18; WD 10 – 3000-022/12, S. 4; zur Funktionsweise von URL und HTML: Federrath/Pfitzmann, in: Moritz/Dreier, Hdb E-Commerce, Teil A, Rn. 43 f. 139 Blödorn/Mohr, MP 2011, 242 (242); Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 13. 140 Blödorn/Mohr, MP 2011, 242 (242); Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 255.

IV. Technische Voraussetzungen

21

des eigenen Angebots auf die einzelnen Benutzeroberflächen der verschiedenen Endgeräte obsolet ist.141 Allerdings müssen die bereits vorhandenen Onlineangebote (beispielsweise auf der Senderhomepage oder in der Sendermediathek) aufgrund des für HbbTV verwendeten CE-HTML-Standards, anstatt des im Internet gebräuchlichen HTML-Standards, trotzdem eine technische Umgestaltung zur Darstellung auf dem Fernsehbildschirm erfahren.142 Diese Anpassung ist erforderlich, weil die Nutzung des Fernsehbildschirms im Gegensatz zu Smartphones oder Tablet-PCs aus der „LeanbackPerspektive“ erfolgt, sodass es zur Gewährleistung der Lesbarkeit und Ansteuerung der Inhalte mittels Fernbedienung einer anderen Darstellung bedarf.143 Technisch wird beim HbbTV-Standard im Rundfunksignal eine Signalisierung in Form einer AIT-Tabelle übertragen, die dann am Empfangsgerät ausgelesen wird und eine URL zu einer HTML-Seite enthält, welche dann über die am Connected-TV-Gerät vorhandene Internetverbindung geladen werden kann.144 Neueste Entwicklungen ermöglichen nun eine Übertragung von HbbTV-Applikationen, auch wenn die BroadcastingSignalisierung im Rundfunksignal fehlt.145 Dies geschieht mittels der Funktion „Application over Broadband“ (ADB), mit Hilfe der Dienste von RadioDNS, einer nichtkommerziellen Organisation, die bereits solche Signalisierungen für Radio- und IP-Dienste bereitstellt.146 Diese stellt einen Server zur Verfügung, worüber das Endgerät, sobald die AIT-Informationen zum Aufruf der HbbTV-Angebote nicht im Rundfunksignal befindlich sind, diese notwendigen Informationen in Form des HbbTV-AIT über das InternetSignal abruft.147 Zentrales Merkmal zur Aktivierung des Angebots ist bei beiden technischen Übertragungsarten die rote Farbtaste auf der TV-Fernbedienung (Red-Button-Funktion).148 Sobald das Endgerät das über das Rundfunksignal oder das IP-Signal gesendete Grundsignal empfängt, wird eine grafische Einblendung in Form eines roten Punktes („Red Button“) im laufenden Programm auf dem Bildschirm dargestellt, um den Rezipienten auf das Vorhandensein weitergehender Inhalte aufmerksam zu machen.149 Wird dann die rote Taste der Fernbedienung gedrückt, öffnet sich die HTML-Seite über die in der HbbTV-AIT im Sendesignal mitgeschickte URL.150 Dann gelangt man zu einer Startleiste des Programmanbieters, wovon alle Angebote abgerufen werden können.151 Diese 141

Blödorn/Mohr, MP 2011, 242 (242). Trummer, Medienkonvergenz und HbbTV (2012), S. 29; genaueres zu den technischen Implikationen: Deutsche TV-Plattform, White Book Hybrid TV/Smart TV (2012), S. 11 f. 143 Trummer, Medienkonvergenz und HbbTV (2012), S. 38; Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 14. 144 WD 10 – 3000-022/12, S. 4. 145 IRT: https://lab.irt.de/hbbtv-application-discovery-over-broadband/ (Stand: 24.08.2018, 11:37 Uhr). 146 IRT: https://lab.irt.de/hbbtv-application-discovery-over-broadband/ (Stand: 24.08.2018, 11:37 Uhr). 147 IRT: https://lab.irt.de/hbbtv-application-discovery-over-broadband/ (Stand: 24.08.2018, 11:37 Uhr). 148 Deutsche TV-Plattform, Marktanalyse Smart-TV (2013), S. 44 (Glossar); Merschmann, epd medien, 10/2011, 6 (6). 149 Hofmann, Der Red-Button im Rundfunkrecht (2008), S. 15; WD 10 – 3000-022/12, S. 4. 150 Sewczyk, tv diskurs 56, 32 (34); WD 10 – 3000-022/12, S. 4; Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 255. 151 Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 255. 142

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1. Kapitel: Technische Grundlagen

Startleiste kann als transparente Fläche über dem laufenden Fernsehbild oder zeitgleich und parallel zu einem verkleinertem Fernsehbild (Bild-im-Bild bzw. Split-Screen) dargestellt werden.152 Die Zusatzdienste können speziell auf einzelne Rundfunkprogramme und -sendungen abgestimmt und passend zum laufenden Fernsehprogramm automatisch eingeblendet oder für den manuellen Abruf bereit gehalten werden.153 HbbTV ermöglicht beispielsweise eine verbesserte Form des Videotextes154 und den Zugang zu einer Vielzahl von Mediendiensten155 (siehe unten, 1. Kap. V. 1)). Gerade diese Red-ButtonAnwendungen ermöglichen die umfassende Umsetzung eines Rückkanals mittels einer direkten Verbindung zwischen Rezipienten und Anbieter ohne Menüwechsel.156 Die derzeit gängige Verknüpfung von Fernsehinhalten bzw. die Erweiterung des reinen Fernsehprogramms über einen sendergesteuerten Dienst, der durch das Drücken des Red-Buttons aufgerufen wird („bound“ oder „broadcast related application“), ist allerdings nicht zwingend.157 Technisch kann der HbbTV-Standard auch zur Darstellung von „unbound“ oder „broadcast independent applications“ von den unterschiedlichen Anbietern eingesetzt werden, womit eigene unabhängige Apps auf den Portalen der Endgeräte geschaffen werden können.158 Dazu kann der HbbTV-Standard ferner als softwareseitige Grundlage für ein App-Portal genutzt werden. Ein solches Portal namens „Multithek“ bot erstmals der DVB-T-Anbieter und Plattformanbieter Media Broadcast an.159 Nach der Umstellung auf DVB-T-2 und der Neugründung der Plattform „freenet TV“ durch Media Broadcast ist es in dieser Form allerdings nur noch über Altgeräte zu empfangen und wurde durch „freenet TV connect“ ersetzt.160

152

Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 15; Deutsche TV-Plattform, White Book Hybrid TV/Smart TV (2012), S. 11. 153 KEK, 14. Jahresbericht (2011), S. 104. 154 „Videotext 2.0“ laut Hansen/Janssen, c’t 23/2010, 104 (105); Modot/Lamber/Moullier, in: Herausforderungen von „Connected-TV“ – Themenpapier, im Auftrag des Ausschusses für Kultur und Bildung des Europäischen Parlaments, Generaldirektion Interne Politikbereiche, Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik, Kultur und Bildung (2013), S. 11; Müller, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 15 (19); Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 256. 155 KEK, 14. Jahresbericht (2011), S. 104; weitere Beispiele bei Trummer, Medienkonvergenz und HbbTV (2012), S. 26 f. 156 Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 22. 157 Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 22 f. 158 Keber, RDV 2013, 236 (237); Sewczyk/Wenk, MP 2012, 178 (182). 159 Vgl. https://www.media-broadcast.com/fileadmin/Downloads/Presse-Medien/multithek/Factsheet_multithek_140129.pdf, (Stand: 11.09.2018, 15:41 Uhr). ; Müller, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 15 (33). 160 Försterling, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 9 (9); https://www.freenet.tv/hilfe/category/13, (Stand: 10.11.2017, 14:29 Uhr).

IV. Technische Voraussetzungen

23

Abb. 3: Darstellung der hybriden Übertragungswege bei HbbTV Quelle: KEK, 14. Jahresbericht (2011), S. 103 Bislang beruht der Standard aber lediglich auf bilateralen Absprachen zwischen den Geräteherstellern und den Sendern, sodass noch nicht von einem allgemein gebräuchlichen Standard gesprochen werden kann.161 Die Entwicklung geht jedoch faktisch in diese Richtung, da über 90 % der Gerätehersteller den HbbTV-Standard in ihre Geräte integrieren.162 Die angesprochenen Defizite von CE-HTML bei der Navigation, Ansteuerung und Darstellung von Inhalten, insbesondere über einen Browser auf dem Fernsehgerät, sollen durch den Einsatz des neuen „HTML-5“-Standard behoben werden.163 Auch dabei handelt es sich um einen allgemeingültigen Web-Standard, dessen Vorteil darin besteht, dass die Inhalte endgeräteunabhängig ausgestaltet werden können.164 Der Standard lässt vor allem eine viel stärker browserbasierte Internetnutzung auf den Connected-TV-

161

pwc, Media Trend Outlook, Smart-TV (2013), S. 5; Otter, Smart-TV (2011), abrufbar unter: http://www.digitalzimmer.de/artikel/wissen/smart-tv-schwacher-standard-hbbtv/ (Stand: 11.09.2018, 15:46 Uhr); Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 255. 162 So bereits im Jahr 2011, Institut für Rundfunktechnik GmbH, IRT Jahresbericht 2011, S. 8; Hege in: Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 36 f.; Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 22; für 2014 GfK Retail & Technology GmbH, 02/2015: http://www.tv-plattform.de/images/stories/pdf/Grafik-HbbTV-Markt_2014-15.pdf (Stand: 11.09.2018, 15:29 Uhr). 163 Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 29. 164 Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (29).

24

1. Kapitel: Technische Grundlagen

Endgeräten zu165, sodass die App-Funktionen nicht mehr zwingend zur Darstellung notwendig sind. Auch wenn TV-Sender in Deutschland den HbbTV-Standard zur Implementierung internetbasierter Zusatzangebote nutzen166, offenbart schon ein Blick auf die gesamteuropäische Entwicklung ein hohes Maß an fragmentierten technischen Lösungen und Standards. Neben HbbTV, MHP und HTML-5 gibt es mit Freeview, YouView, Android und iOS, sowie den für die verschiedenen Spielekonsolen maßgeschneiderten Standards noch weitere Standards zur Darstellung von Internetinhalten auf dem Fernsehgerät.167 Diese Vielzahl der Standards resultiert aus der Tatsache, dass bislang vor allem die Gerätehersteller den Markt um Connected-TV beherrschen, welche über den Aufbau proprietärer Systeme auf ihren Endgeräten versuchen, Alleinstellungsmerkmale zu gewinnen und Einnahmen aus den neuen Systemen zu generieren, denen der HbbTV-Standard einen ersten Impuls zur Auflösung dieser starken Fragmentierung entgegensetzt.168 Die bisherigen Schwächen sollen durch die Weiterentwicklung und Implementierung von HTML-5 behoben werden.169 Durch HbbTV 2, welcher u.a. den HTML-5-Standard für Internetseiten und die Nutzbarkeit von Ultra HD und HEVC für Video-Anwendungen beinhaltet, wird dieser Prozess aufgegriffen.170

V.

Funktionen und Dienste von Connected-TV-Geräten

Tatsächliche Anknüpfungspunkte für die Regulierung stellen im Medienrecht die konkreten Erscheinungen und Nutzungsmöglichkeiten der Medienformen dar. Deshalb ist es von Bedeutung, an dieser Stelle die möglichen (ggf. auch nur potentiellen) Nutzungsformen und Funktionalitäten des Connected-TV zu erläutern. Das Phänomen Connected-TV kann nur schwerlich als Ganzes umschrieben werden, da die Koppelung des klassischen Rundfunkprogramms mit Online-Inhalten bzw. auch nur die Darstellung von Online-Inhalten und klassischen Rundfunkinhalten auf einem Bildschirm in sehr unterschiedlichen Facetten möglich ist. 165

Deutsche TV-Plattform, Marktanalyse Smart-TV (2013), S. 28. Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 257 f. Chardon, in: Gottberg/Graubner, tv dirskurs 56, 54 (58); Modot/Lamber/Moullier, in: Herausforderungen von „Connected-TV“ – Themenpapier, im Auftrag des Ausschusses für Kultur und Bildung des Europäischen Parlaments, Generaldirektion Interne Politikbereiche, Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik, Kultur und Bildung (2013), S. 16. 168 Modot/Lamber/Moullier, in: Herausforderungen von „Connected-TV“ – Themenpapier, im Auftrag des Ausschusses für Kultur und Bildung des Europäischen Parlaments, Generaldirektion Interne Politikbereiche, Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik, Kultur und Bildung (2013), S. 17; Modot/Lamber/Moullier, in: Herausforderungen von „Connected-TV“ – Themenpapier, im Auftrag des Ausschusses für Kultur und Bildung des Europäischen Parlaments, Generaldirektion Interne Politikbereiche, Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik, Kultur und Bildung (2013), S. 17 f.; HbbTV Forum Nederland – Overview of Interactice Television services accordung tot he HbbTV standard in Europe (2014), abrufbar unter: http://hbbtv.nu/wp-content/uploads/2014/05/HbbTV_in_Europe_v5b_English.pdf (Stand: 11.09.2018, 14:37 Uhr). 169 So auch: Eberle, in: FS für Hailbronner (2013), 675 (676); Deutsche TV-Plattform, Marktanalyse Smart-TV (2013), S. 28; Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (29); zudem existiert mit HTML-6 bereits ein Nachfolger zu diesem Standard. 170 Vgl. Deutsche TV-Plattform, TV Zukunft 02/2015, S. 6; IRT: https://www.irt.de/news/mailings/mailings-de/zuversendende-mailings-de/newsletter-august-2018-ifa/ (Stand: 24.08.2018, 11:24 Uhr). 166

167

V. Funktionen und Dienste

25

Der Grundaufbau eines Connected-TV-Endgeräts, seine Funktionen und die damit zugänglich gemachten Inhalte werden durch die folgende Abbildung veranschaulicht:

Abb. 4: Übersicht über die Funktionen eines Smart-TVs Quelle: Christmann, ZUM 2015, 14 (19); die medienanstalten-ALM GbR, Studie – Wie smart ist die Konvergenz?, S. 8 Auf unterster Ebene (1) ist die physische Hardware angesiedelt. Diese besteht entweder aus einem Connected-TV oder einer Set-Top-Box, die eine Verbindung zum Internet möglich macht. Connected-TV-Geräte brauchen keine zusätzliche Set-Top-Box zum Empfang digitaler TV-Inhalte, weil sie bereits mit einem digitalen Tuner (idTV) ausgestattet sind.171 Hardwareseitig sind diese Geräte mit Festplatten, Chipsätzen und zum Teil auch Kameras und Mikrofonen ausgestattet.172 In diesen grundlegenden technischen Aspekten ähneln sie daher Desktop-PCs, Notebooks oder Tablets.173 Eine Ebene darüber (2) sind die Endgeräte mit einem Betriebssystem ausgestattet. Oberhalb dieses Betriebssystems (3) liegt das Softwareportal, worüber mittels Software die Navigation, die Menügestaltung und damit die Darstellung der Inhalte strukturiert werden.174 Die entscheidende Neuerung zum „einfachen Fernsehgerät“ liegt bei den Connected-TVGeräten auf diesen darüber liegenden Nutzungsebenen (3-6) und den darin zur Verfügung gestellten Inhalten. Diese ermöglichen den Zugriff sowohl auf lineare Fernsehinhalte als auch sonstige Internetangebote und bilden somit eine breite „Unterhaltungsund Informationsplattform“.175 Aufgrund der Fülle dieser Angebote und Funktionen176 171

Christmann, ZUM 2015, 14 (18) mit einem Hinweis auf GFK-Statistiken aus dem Jahr 2013, wonach ca. 90% aller Geräte einen solchen Tuner integriert haben. 172 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 7. 173 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 7. 174 Christmann, ZUM 2015, 14 (18); Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 15. 175 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 7 ff. 176 Vgl. auch Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 23 ff., der ebenfalls eine Übersicht über die Inhalteanbieter, die „zumindest technisch in der Lage sind, ihre Inhalte auf dem Fernsehbildschirm dem Zuschauer zugänglich zu machen“ vornimmt.

26

1. Kapitel: Technische Grundlagen

ist aber eine gewisse Kategorisierung und Abschichtung angebracht. Einen Ansatzpunkt dafür kann die Art des Abrufs der Inhalte bilden. 1) Sendergesteuerte Inhalte via Red Button (HbbTV) Sendergesteuerte Inhalte werden dem Rezipienten von den Rundfunkveranstaltern durch die Verwendung des HbbTV-Standards präsentiert, der hinsichtlich der Inhalte und der Aufmachung der Angebote unter ihrer alleinigen Kontrolle steht.177 Bei diesen sendergesteuerten Angeboten können Applikationen innerhalb der Werbung („Branded Red Button“) als auch innerhalb des laufenden Programms („sendungsbegleitende Applikationen“) unterschieden werden.178 „Sendungsbegleitende Applikationen“ ermöglichen eine „programmbezogene Interaktion mit TV-Sendungen“.179 Der Druck des Red Buttons auf der Fernbedienung vermittelt den Zugriff auf zusätzliche (textliche oder audiovisuelle) Inhalte innerhalb einer Sendung, wie beispielsweise den Zugang zur Mediathek oder webbasierten Zusatzinformationen zur laufenden Sendung.180 Diese HbbTV-Funktionen bilden die Grundlage für „interaktives Fernsehen“181 (z.B. durch Abstimmungsmodalitäten während Live-Shows oder Rate-Tools bei Quiz-Sendungen).182 Über den „Branded Red Button“ können in das laufende Programm Applikationen zu Werbezwecken eingebunden werden, um Produkte aufzugreifen, die in einer Sendung vorkommen.183 Diese Funktion bildet deshalb auch eine attraktive Nutzungsmöglichkeit für Teleshopping-Kanäle, deren Verkaufsportal direkt über das Fernsehgerät angesteuert werden kann.184 Daneben bietet der „Branded Red Button“ die Möglichkeit, klassische Werbespots durch eine direkte Verbindung zu den Online-Auftritten der beworbenen Produkte mittels HbbTV zu erweitern und zu ergänzen.185

177

Vgl. beispielsweise die Angebote für Lokal-TV, Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 97 ff.; Müller, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 15 (19 ff.); Weber, ZUM 2011, 452 (452 f.). 178 Hofmann, Der Red-Button im Rundfunkrecht (2008), S. 20 ff.; Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 30. 179 phaydon, Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen, Studie 2012, S. 44; WD 10 – 3000-022/12, S. 4. 180 Merschmann, epd medien 10/2011, 6 (6 ff.); phaydon, Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen, Studie 2012, S. 44; Müller, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 15 (22 ff.); WD 10 – 3000-022/12, S. 4; Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 255 f. 181 Dazu näher Zimmer, MP 2000, 110 ff.; Woldt, MP 2004, 301 ff.; Chardon, in: Gottberg/Graubner, tv dirskurs 56, 54 (59). 182 Deutsche TV-Plattform, Marktanalyse Smart-TV - Eine Bestandsaufnahme der Deutschen TV-Plattform, S. 14; phaydon, Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen, Studie 2012, S. 44. 183 Hofmann, Der Red Button im Rundfunkrecht (2008), S. 24 f. mit anschaulichem Beispiel; Broemel, ZUM 2012, 866 (972); zur medienrechtlichen Problematik Brandt, IPRB 2016, 105 (108). 184 Müller, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 15 (21). 185 Hofmann, Der Red Button im Rundfunkrecht (2008), S. 20 ff.; Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 83 ff.; Fahle/Schulze Isfort, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln, Heft 291, S. 9; Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 264; vgl. auch Darstellung von IP Deutschland: https://www.ip.de/addressable_tv/produkte_werbeformen/branded_red_button.cfm, (Stand: 11.09.2018, 17:00 Uhr); umfassend auch die Studie Smartclip, Smart TV Ad Effectiviness (2013).

V. Funktionen und Dienste

27

Abb. 5: Beispiel eines Branded Red Buttons https://www.ip.de/addressable_tv/produkte_werbeformen/branded_red_butQuelle: ton.cfm Allerdings können sich auch Red-Button-Anwendungen negativ auf die Rezipientenbindung an das eigene Programm auswirken. Durch „Branded Red Button“-Anwendungen entsteht zumindest potentiell die Gefahr, die Aufmerksamkeit des Rezipienten für das lineare Programm an den Werbetreibenden zu verlieren.186 Zwar kann man diesem umfassenden Aufmerksamkeitsverlust durch eine technische Eingrenzung des „Branded Red Button“ auf einen Split-Screen oder andere Bild-im-Bild-Verfahren begegnen; dann wird allerdings der Mehrwert einer solchen „Erweiterten“ Werbeform sowohl für den Rezipienten als auch den Werbekunden abgeschwächt. Dem können die Rundfunkveranstalter freilich mit höheren Werbepreisen bei der Verbindung mit einem „Branded Red Button“ begegnen. 2) Portale der Endgerätehersteller und anderer Marktteilnehmer Portale sind grundsätzlich „Angebote, die dem Nutzer durch einen oder mehrere Auswahlschritte den Zugang zu Inhalten ermöglichen“.187 Die primäre Funktion der Portale der Endgerätehersteller oder sonstiger Portalbetreiber auf Connected-TV-Geräten liegt in der zentralen Präsentation, Vermittlung und Bündelung von internetbasierten Zusatzdiensten als Apps. Daneben besteht aber auch die Möglichkeit, dass die Gerätehersteller ihr Portal dazu einsetzen, den Zugang zum „klassischen“ Rundfunk mittels einer Benutzeroberfläche zu vermitteln. Beide Funktionen 186

Boos, MMR 2012, 464 (367); Hofmann, Der Red Button im Rundfunkrecht (2008), S. 21. Yliniva-Hoffmann/Matzneller, IRIS plus, 2010-5, 3 (10 ff.); weitergehende Unterscheidung bei Hoeren/Sieber/Holznagel/Schmittmann, MMR-HdB, Teil 9, Rn. 3 ff.; siehe auch: Busch, in: Müller-Grote/Reydt/Schmidt, eBusiness (2001), 249 (257).

187

28

1. Kapitel: Technische Grundlagen

sind dann zumeist kumulativ in einem Portal nebeneinander oder lediglich durch das Design und den Aufbau der Software getrennt abrufbar. Portalbetreiber werden im Folgenden in drei Gruppen eingeteilt: Hersteller von SmartTV bzw. Connected-TV-Geräten, Betreiber und Hersteller von externen Endgeräten/Periphäriegeräten188, die eigene Portale anbieten, und Infrastrukturunternehmen, die ihr Rundfunk-Portfolio durch Portale erweitern.189 a. Funktionsweise und Inhalte von Apps Apps (kurz für Applikationen) sind die von Smartphones und Tablets bekannten Software-Programme, mit denen die Endgeräte mit einer gewissen Basisausstattung um weitere Angebote ergänzt werden können (native Apps).190 Eine App ist dabei mehr als eine bloße „Verlinkung“.191 Der Mehrwert einer nativen App im Vergleich zur Verlinkung im klassischen Sinne liegt in der Darstellung der Inhalte. Eine App enthält die Grundstruktur der Inhalte bereits in der Software, sodass die Inhalte selbst nur in bestimmten Teilbereichen aus dem Internet nachgeladen werden müssen. Zwar ist auch dabei eine Kommunikation mit dem vom Inhalteanbieter genutzten Server über das Internet von Nöten, um die Anwendung aktuell zu halten. Ein Grundstock an Inhalten wird in der App aber unabhängig von der Erreichbarkeit einer hinter einem „Link“ steckenden Webseite angezeigt. Die durch die App aufrufbaren Inhalte können entweder separat vom Fernsehbild, mittels Bild-im-Bild-Technik oder mittels eines Widgets angezeigt werden.192 Die in den Portalen aufrufbaren Apps beinhalten aus der sonstigen Nutzung des Internets bekannte Video-, Musik- oder Informationsangebote.193 Deren Aufmachung und Inhalte unterscheiden sich auf dem Connected-TV allerdings teilweise von den gewohnten Formen, weil sie für die Nutzung auf der TV-Oberfläche („Lean back“-Perspektive) sowie die Steuerung mit der Fernbedienung optimiert sind.194 Grundsätzlich sind sowohl für die Entwicklung als auch die Inhalte der Apps die Inhalteanbieter und deren App-Entwickler selbst verantwortlich.195 Die Bandbreite an Apps ist groß: Es gibt Spiele-Apps, Nachrichten-Apps, Sport-Apps, Apps von Musikdiensten, (kostenpflichtige) VoD-Apps, Apps der Social-Media-

188

Darunter fallen sowohl die Betreiber von Connected-TV-Boxen (wie Apple TV und Chromechast), als auch die Hersteller von Spielekonsolen und Blue-Ray-Playern, die eine Aufrüstung eines „einfachen“ Fernsehgeräts zu einem Connected-TV ermöglichen. 189 Beispiele bei: Deutsche TV-Plattform, Marktanalyse Smart-TV (2013), S. 9. 190 Baumgartner/Ewald, Apps und Recht (2013), Rn. 1 f. 191 Anders Weber, ZUM 2011, 452 (453); Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 (660); Ricke, MMR 2011, 642 (648). 192 Home electronics, Alles über Smart TV (2012), S. 15; Berger, CR 2012, 306 (307). 193 Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 18; Gliederung nach Art der Dienste bei Deutsche TV-Plattform, White Book Hybrid TV/Smart TV (2012), S. 16. 194 Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 18; Deutsche TV-Plattform, White Book Hybrid TV/Smart TV (2012), S. 10. 195 Berger, CR 2012, 306 (307); dazu ausführlich: Baumgartner/Ewald, Apps und Recht (2013), Rn. 13 ff..

V. Funktionen und Dienste

29

Angebote oder Wetter-Apps.196 Allen gemein ist, dass zumeist kein direkter Bezug zu einem linearen Rundunkprogramm besteht (sog. „Standalone-Anwendungen“197 bzw. „unbound applications“). Solche „ungebundenen Anwendungen“ sind der „Prototyp“ einer Anwendung in einem App-Portal, weil sie Inhalteanbietern, die kein lineares Programm zur Verfügung stellen, die Möglichkeit eröffnen, ihre Inhalte in einer mittels App gebündelten Form dem Rezipienten direkt auf dem Fernsehgerät anzubieten.198 Ein Bezug zum linearen Programm besteht nur in begrenztem Umfang, wenn über eine Mediatheken-App das Programm der Sender nochmals zugänglich gemacht wird oder in der Sender-App Zusatzangebote zum Programm ermöglicht werden (sogenanntes „Enhanced TV“).199 Von besonderem Interesse sind vor allem die Bewegtbildangebote, die über das SmartTV in die „gewohnte“ Leanback-Perspektive auf einem großen Bildschirm gebracht werden. In diesem Bereich gibt es eine Vielzahl von Videodiensten (Video-Sharing Portale wie z.B. YouTube oder Vimeo), VoD-Angeboten und Sender-Mediatheken.200 Aber auch lineare TV-Angebote (z.B. International TV, Ukraine-Today) sowie spezielle Videoapps (z.B. Tagesschau in 100 Sekunden) werden angeboten.201 Ein Musterbeispiel für die Inhaltekonvergenz bildet das von den Rundfunkveranstaltern als Ergänzung ihrer Programminhalte angebotene „Social TV“.202 Social-TV-Anwendungen geben Connected-TV-Nutzern über eine App Zugriff auf ihre Social-Media-Profile am Fernsehgerät, um einen Austausch mit anderen Zuschauern über das aktuelle Programm in Echtzeit zu ermöglichen.203 Die Social-TV-Apps werden aber auch als „soziale Filter“ und „Empfehlungssysteme“ für Inhalte eingesetzt.204 Anbieter wie z.B. Facebook oder Twitter sind via App auf den Connected-TV-Geräten zugänglich und

196

Beispiele nach Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 27; Sewczyk, tv diskurs 56, 32 (36); Deutsche TV-Plattform, White Book Hybrid TV/Smart TV (2012), S. 15 f. 197 Woldt, MP 2004, 301 (302). 198 Klickermann, in: Die Welt im Netz - Tagungsband der DSRI (2011), 707 (714); Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 269 ff.; Woldt, MP 2004, 301 (302). 199 Vgl. auch die Unterscheidung bei Deutsche TV-Plattform, Marktanalyse Smart-TV (2013), S. 9. 200 Vgl. zu den frühen Angeboten: Jurran/Kuhlmann, c’t 23/2010, 108 (110); Hege in: Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 30 f.; Müller, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 15 (27 ff.); Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 19 ff. 201 Beispiele nach Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 30; Müller, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 15 (29 f.). 202 Dazu: Praetorius, Tendenz 3.13, S. 6 ff.; Wagner, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie, Nr. 294, S. 8; phaydon, Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen, Studie 2012, S. 56 ff.; Studienergebnisse zur Nutzung von Social TV: Gleich, MP 2015, 470 ff. 203 Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 32; phaydon, Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen, Studie 2012, S. 57; besonders genutzt bei Tatort, Casting-Shows oder Live-Sport-Events. 204 phaydon, Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen, Studie 2012, S. 59.

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1. Kapitel: Technische Grundlagen

parallel zum laufenden Fernsehprogramm nutzbar.205 In der Praxis wird zur Nutzung dieser Social-TV-Anwendungen häufig der Second-Screen herangezogen.206 b. App-Portale der Endgerätehersteller Das App-Portal der Endgerätehersteller ist eine Art „Betriebssystem“207 für verschiedene smarte Zusatzdienste, welches vom jeweiligen Portalbetreiber (vor allem den Endgeräteherstellern) zugänglich gemacht wird. Dieses Portal kann über einen speziellen Knopf auf der Fernbedienung angesteuert werden und beinhaltet verschiedene Apps.208 Diese Apps werden auf dem Endgerät in einem Portal als eine „Galerie“ in der Regel mittels eines Icons in Kachelform graphisch dargestellt und können darüber angesteuert werden.209

Abb. 6: Beispiel für ein Portal eines Endgeräteherstellers (Smart Hub von Samsung) Quelle: phaydon, Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen, Studie 2012, S. 15

205

Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 32; Home electronics, Alles über Smart TV (2012), S. 12 f. Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 32; phaydon, Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen, Studie 2012, S. 57. 207 Zur Unterscheidung zwischen Betriebssystem und Portal: Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 15. 208 Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 37 ff.; BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 15 (26); Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 19 ff. 209 Deutsche TV-Plattform, White Book Hybrid TV/Smart TV (2012), S. 16; Müller, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 15 (27 ff.) 206

V. Funktionen und Dienste

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Bislang hat sich auf dem Markt, nachdem zuerst auch Widget-basierte210 und CEHTML-basierte Lösungen211 für den Betrieb von Connected-TV-Portalen von den Endgeräteherstellern eingesetzt wurden, die Nutzung proprietärer Standards durch die Geräteproduzenten durchgesetzt.212 Die Endgerätehersteller sind allerdings nicht selbst die Hersteller der in diesen proprietären Portalen verfügbaren Apps.213 Dies wird durch die Inhalteanbieter und deren AppEntwickler vorgenommen. Diesen Prozess unterstützen die Endgerätehersteller, indem sie für die technische Entwicklung einer App für ihre Portale sog. Software Development Kids (SDK) zur Verfügung stellen.214 Zur Nutzung dieser SDKs müssen sich AppEntwickler bei den Geräteherstellern online registrieren und die Nutzungsbedingungen akzeptieren.215 Diese SDKs haben allerdings die Funktion, das Portal für Inhalteanbieter zu öffnen, indem die technischen Voraussetzungen mitgeteilt werden, die notwendig sind, um Inhalte für das Portal herzustellen. Dadurch sind auf proprietären Portalen nicht nur eigene Inhalte, sondern auch oder sogar maßgeblich fremde Inhalte möglich. Für die Aufnahme der App in das Portal oder den App-Store (dazu unten, B. V. 2) c.) ist aber nach der technischen Entwicklung der App noch ein Vertrag zwischen dem Endgerätehersteller und dem Inhalteanbieter notwendig.216 In diesen Verträgen kann sowohl der Zugang des Inhalts zum Portal als auch die Prominenz der Platzierung im Portal geregelt werden.217 Dabei verfolgt jeder Portalbetreiber eine eigene Strategie, nach welchen Kriterien die Apps auf Funktionstüchtigkeit oder sonstige Übereinstimmung mit dem inhaltlichen Konzept des Portals geprüft werden.218 Von den Anbietern von Apps verlangt diese fehlende Einheitlichkeit der technischen Konzepte der Portalsysteme eine hohe technische Flexibilität, da sie ihre Angebote für möglichst alle Systeme konzipieren müssen (reauthoring), um eine hinreichende Reichweite beim Rezipienten zu erlangen.219 Lediglich die CE-HTML-basierten Lösungen einiger Gerätehersteller ermöglichen die herstellerübergreifende Konzeption von Apps, weil sie eine einheitliche Rahmenstruktur 210

Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 20 unter besonderer Betonung des „Yahoo“ Connected TV Stores“ und der Yahoo-Widget-Engine; Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 16. 211 Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 19 f. 212 Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 20; Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 256 f.; Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 23; vgl. zu der Frühphase der Entwicklung: Jurran/Kuhlmann, c’t 23/2010, 108 (109 f.). 213 Eine Ausnahme bilden technische Funktionen, die auch mittels App dargestellt werden (z.B. Zugriff auf die Kamera des Fernsehers oder Zugriff auf den App-Store). 214 Berger, CR 2012, 306 (307); Deutsche TV-Plattform, Marktanalyse Smart-TV (2013), S. 16. 215 Berger, CR 2012, 306 (307); Baumgartner/Ewald, Apps und Recht (2013), Rn. 10 f. 216 Berger, CR 2012, 306 (307); Sewczyk, tv diskurs 56, 32 (35); Müller, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 15 (28). 217 Sewczyk, tv diskurs 56, 32 (35); Müller, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 15 (28). 218 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 11 f. 219 Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 18; Janik, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, § 48, Rn. 18; Deutsche TV-Plattform, White Book Hybrid TV/Smart TV (2012), S. 10.

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1. Kapitel: Technische Grundlagen

zur Programmierung der Software nutzen.220 Allerdings müssen auch hier die Anbieter von Connected-TV-Anwendungen ihre Apps nach den jeweiligen APIs (Application Programming Interface) der Endgerätehersteller konzipieren, um spezielle Features des jeweiligen Endgeräts nutzen zu können.221 Insgesamt hängt die Auffindbarkeit einzelner Inhalte demnach sehr stark von der Verhandlungsmacht und damit auch wirtschaftlichen Potenz der Inhalteanbieter ab. Neben den Smart-TVs haben auch die internetfähigen Peripherie-Endgeräte wie z.B. Set-TopBoxen von Infrastrukturanbietern, Blue-Ray-Player oder Spielekonsolen eigene Benutzeroberflächen, welche sich in der Darstellung und im Umfang der internetbasierten Zusatzdienste voneinander unterscheiden.222 Zudem treten die Angebote von Apple („AppleTV“)223, Google („Chromecast“)224, amazon („Fire-TV“)225 oder andere ConnectedTV-Boxen externer Anbieter (z.B. VideoWeb)226 mit eigenen OTT-Angeboten in den Wettbewerb mit den Portalen der Endgerätehersteller227. c. App-Stores Bei Auslieferung der Endgeräte ist zumeist nur eine begrenzte Anzahl der Apps im Portal vorinstalliert.228 Diese können in den meisten Fällen auch nur in einem begrenzten Umfang durch den Nutzer verschoben oder gelöscht werden.229 Weitere Apps können aus einem App-Store heruntergeladen werden.230 Die App-Stores sind von zentraler Bedeutung für den Betrieb des Portals: Sie verwalten die Downloads, ermöglichen Updates und führen bei kostenpflichtigen Apps die Abrechnung durch.231 Insoweit bilden sie für das Angebot von nativen Apps ein „geschlossenes System“.232 Wie auch beim App-Portal beschrieben bieten die Portalbetreiber insoweit verschiedene Möglichkeiten zur Konfiguierung von Apps für den App-Store mittels zur Verfügung220

Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 19 f. 221 Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 19 f.; Janik, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, § 48, Rn. 18. 222 Vgl. mit detaillierten Porträts einzelner Herstellerportale: Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 34 ff.; Deutsche TV-Plattform, White Book Hybrid TV/Smart TV (2012), S. 16. 223 Vgl. dazu KEK, 14. Jahresbericht (2011), S. 106, Fn. 97. 224 Vgl. dazu KEK, 14. Jahresbericht (2011), S. 106, Fn. 96; Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 128 ff. 225 Zur Video-Dienst von Amazon „Amazon Instant Video“: Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 130 ff. 226 Vgl. dazu Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 40 f. 227 Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (27); Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 266 f. 228 Diese Vorinstallation übernimmt teilweise auch ein externer Dienstleister, so Deutsche TV-Plattform, White Book Hybrid TV/Smart TV (2012), S. 16. 229 Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 24. 230 Deutsche TV-Plattform, White Book Hybrid TV/Smart TV (2012), S. 16; Berger, CR 2012, 306 (307); Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 23; zur Funktion von sog. Web-Apps siehe unten, 1 Kap. V. 3). 231 Dazu Baumgartner/Ewald, Apps und Recht (2013), Rn. 6. 232 Dazu Baumgartner/Ewald, Apps und Recht (2013), Rn. 2.

V. Funktionen und Dienste

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Stellung eines SDK (siehe oben, 1. Kap. V. 2) b.). Hingegen ist auch die Aufnahme einer App in den App-Store von einer vertraglichen Vereinbarung mit den Portalbetreibern abhängig.233 d. App-Portale sonstiger Portalbetreiber Aber auch Infrastrukturunternehmen und Plattformbetreiber (wie z.B. Vodafone oder Sky) bieten eigene Portallösungen an. Neben software-gestützten Portalen fällt auch die auf Basis des HbbTV-Standards entwickelte „Multithek“ von Media Broadcast als DVB-T-Anbieter bzw. ihre Nachfolgerin „freenet TV connect“ für den neuen DVB-T2 -Standard darunter.234 Diese Portale ermöglichen sowohl den Zugang zu Fernsehprogrammen als auch den Zugriff auf Online-Inhalte als Apps aus ihren aus dem Internet bekannten Content-Shops (hauptsächlich kostenpflichtige Audio- und Videoinhalte), wobei auf Letztere eine stärkere Fokussierung als bei klassischen Endgerätelösungen gelegt wird.235 Auch Empfehlungssysteme für VoD-Angebote werden in den softwaregestützen Portalen platziert.236 Dabei liegt der Schwerpunkt bei fast allen Anbietern auf Abrufinhalten der eigenen Plattform.237 e. Zugang zum Programm mittels Benutzeroberflächen Die Software dieser Portale kann ferner so gestaltet werden, dass darüber auch der Zugang zum „klassischen“ Rundfunkprogramm vermittelt wird.238 In einem solchen Fall übernimmt die nach dem Einschalten des Gerätes erscheinende Navigationsstruktur die Funktion eines EPG239 oder einer ähnlichen Benutzeroberfläche als Navigator240, um dem Rezipienten als Orientierungshilfe zu dienen und die Navigation durch eine aufgrund der Digitalisierung numerisch enorm angewachsene Anbietervielfalt im Fernsehprogramm zu übernehmen.241 In diesen „Rundfunk-Portalen“ besteht die Möglichkeit, Programme zu favorisieren und besonders prominent zu präsentieren. Nach diesem

Berger, CR 2012, 306 (307); phaydon, Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen, Studie 2012, S. 20; Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 15, 17. 234 Vgl. https://www.media-broadcast.com/fileadmin/Downloads/Presse-Medien/multithek/Factsheet_multithek_140129.pdf, (Stand: 11.09.2018, 15:41 Uhr); https://www.freenet.tv/connect (Stand: 17.11.2017, 13:57 Uhr); Müller, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 15 (32 f.). 235 Wagner, ZUM 2011, 262 (463); Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (27). 236 Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 33 ff. 237 Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 47. 238 So der Aufbau der „Multithek“ laut Müller, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 15 (33). 239 Ein Electronic Programme Guide (z. Dt. Elektronischer Programmführer) ist eine Anwendung klassischerweise auf Fernsehern oder Set-Top-Boxen, die die Suche und Auswahl digitaler Fernsehangebote als „elektronische Programmzeitschrift“ erleichtert und oft auch weitere Funktionen bietet, wie Aufnahmeprogrammierungen oder Zugriff auf aufgezeichnete Sendungen, Mediatheken o. ä., so das Glossar in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 75. 240 Vgl. allgemein zu Navigatoren auf Rundfunkempfangsgeräten: Sjurts (Hrsg.), Gabler Lexikon Medienwirtschaft, 2. Aufl. 2011, S. 438. 241 Vgl. zu einem solchen Szenario: Heil, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln, Heft 296, S. 9; Christmann, ZUM 2015, 14 (19); Bosman, K&R 2014, 784 (788); Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 15 ff., 25 ff. 233

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1. Kapitel: Technische Grundlagen

Verständnis vermittelt das Portal dem Rezipienten den ersten Zugang zum Programm und wird deshalb teilweise nach alter Terminologie als „Basisnavigator“ bezeichnet.242 f. Empfehlungssyteme der Connected-TV-Portale Außerdem sind auf den Connected-TV-Endgeräten sog. Empfehlungssysteme zu finden.243 Darin werden dem Rezipienten Empfehlungen für das lineare Fernsehprogramm und VoD-Inhalte unterbreitet.244 Diese Systeme sind in den überwiegenden Fällen im Connected-TV-Portal angesiedelt.245 Neben den in diesem Zusammenhang nicht relevanten Empfehlungen der Inhalteanbieter selbst stammen die Empfehlungen von den Endgeräteherstellern.246 Sie werden entweder von Dritten (z.B. Empfehlungen der TV-Digital bei Samsung) bezogen, wobei dies selten kenntlich gemacht wird, oder anhand des Nutzungsverhaltens des Rezipienten algorithmisch ermittelt.247 Die Endgerätehersteller ermöglichen darüber vor allem den erleichterten Zugriff auf VoD-Angebote, deren Ansteuerung über die jeweiligen Anbieter häufig als kompliziert angesehen wird.248 3) Internetangebote über einen Webbrowser Außerdem bieten fast alle Smart-TVs sowie die Angebote von sonstigen Portalbetreibern wie Google, Apple oder Amazon den Zugang zu Webbrowsern249, worüber alle Internetfunktionen mittels Eingabe einer URL unabhängig von den zuvor beschriebenen Apps genutzt werden können.250 Über den Browser werden die Inhalte oftmals als sog. Web-App angezeigt. Dabei handelt es sich um keine Software im eigentlichen Sinne, sondern um Anwendungen, die nicht selbstständig auf dem Endgerät betrieben werden können, sondern den Browser zur Ausführung benötigen.251 Web-Apps haben die Gestalt einer „nativen App“, sind aber im Grunde Webseiten, weshalb eine Entwicklung unabhängig vom Endgerät möglich ist.252

242

Siehe dazu: Holznagel/Dörr/Hildebrand, Elektronische Medien (2008), S. 289 ff.; Bosman, K&R 2014, 784 (788). 243 Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 25 ff. 244 Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 25. 245 Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 25. 246 Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 25. 247 Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 25 f. 248 Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 47. 249 Webbrowser = sind spezielle Computerprogramme zur Darstellung von Webseiten im World Wide Web oder allgemein von Dokumenten und Daten. 250 Müller, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 15 (28); Chardon, in: Gottberg/Graubner, tv dirskurs 56, 54 (56); Strzebkowski, in: Gottberg/Graubner, tvdiskurs 56, 38 (39); anders Schmid, ZUM 2011, 457 (461); Eberle, in: FS für Hailbronner (2013), 675 (675). 251 Dazu Baumgartner/Ewald, Apps und Recht (2013), Rn. 3; Deutsche TV-Plattform, Marktanalyse Smart-TV (2013), S. 28. 252 Baumgartner/Ewald, Apps und Recht (2013), Rn. 3.

V. Funktionen und Dienste

35

4) Einfache Nutzungsformen vs. intelligente Verknüpfung von linearen und nichtlinearen Angeboten Bei vielen der genannten Angebote ergeben sich weder im Erscheinungsbild noch bei den Funktionalitäten erhebliche Unterschiede zum Abruf des gleichen Angebotes auf einem anderen internetfähigen Gerät (z.B. Smartphone, Tablet-PC oder Laptop).253 Es macht für den Nutzer außer bei der Bildgröße keinen entscheidenden Unterschied, ob er ein YouTube-Video auf dem Tablet oder über die Connected-TV-App ansieht. Das Seherlebnis bleibt bis auf die Möglichkeit einer stärker individualisierten und zeitunabhängigen Nutzung im Wesentlichen unverändert im Vergleich zu der gewohnten Fernsehnutzung.254 Diese Angebote sind als einfache Nutzungsformen des Connected-TV zu bezeichnen.255 Wirklich intelligente („smarte“) Verknüpfungen von linearen und nichtlinearen Angeboten erfolgen hauptsächlich über die Red-Button-Funktion bei den HbbTV-Angeboten. Über die Rückkanalfähigkeit wird eine „echte Verschmelzung“ von Fernsehen und Internet vorgenommen. Die Portale der Gerätehersteller führen bislang lediglich gerätetechnisch getrennte Welten (Fernsehen und Internet) auf einem Bildschirm zusammen. Besonderheiten ergeben sich allerdings hinsichtlich der Rezeption von VoD-Angeboten: Die über die Internet-Verbindung abrufbaren audiovisuellen Angebote werden auf Connected-TV-Geräten dem Zuschauer wie beim klassischen Fernsehprogramm in der Leanback-Perspektive auf dem großen Bildschirm präsentiert. Diese Unterscheidung zeigt, dass einfache Nutzungsformen lediglich die Nutzung von verschiedenen Medieninhalten auf einem konvergenten Endgerät ermöglichen, wohingegen die „intelligente Verknüpfung von linearen und nichtlinearen Angeboten“ die Herausbildung einer konvergenten Inhalteform befördert. 5) Am Markt angebotene Dienste Die zuvor umschriebenen Funktionen werden durch die Hersteller von Connected-TVGeräten in unterschiedlichen Paketen und Diensten angeboten. Grundsätzlich bietet jedes Connected-TV-Endgerät den Zugang zum linearen Rundfunkprogramm. Die Software des Endgeräts nimmt bei der Erstinstallation die Sortierung der mittels der angeschlossenen Infrastruktur (Satellit, Kabel, Terrestrik) verfügbaren Kanäle vor, welche anfänglich auch manuell oder nach der automatischen Installation durch den Nutzer verändert werden kann.256 Dieser Programmzugang wird über eine Benutzeroberfläche bereitgestellt.

253

In dieser Absolutheit Dreyer, tv diskurs 56, 48 (50). Wagner, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie, Nr. 294, S. 3. Bei Wagner, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie, Nr. 294, S. 3 werden diese als „Dienste mit Fokus auf einen individuellen TV-Konsum“ bezeichnet. 256 Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 6 ff. 254

255

36

1. Kapitel: Technische Grundlagen

Darüber hinaus bieten nahezu alle Geräte in dieser Benutzeroberfläche auch eine softwarebasierte Navigationshilfe an.257 Diese wird entweder vom Infrastrukturbetreiber, der zum Empfang des Rundfunks genutzt wird, bereit gestellt oder durch den Endgerätehersteller selbst.258 Diese Navigationshilfe ermöglicht den Nutzern, verschiedene Sortierungen vorzunehmen, Favoritenlisten (z.B. nach Themen geordnet) anzulegen, und beinhaltet in einigen Fällen auch eine Suchfunktion.259 Die darin vorgenommene Senderartsortierung ist immer von den Geräteherstellern voreingestellt und damit kontrolliert.260 Daneben haben alle Geräte ein sogenanntes App-Portal, worüber zusätzliche Inhalte, die über das IP-Signal abgerufen werden, angeboten werden.261 Diese Inhalte sind zum Teil vorinstalliert und können in fast allen Fällen über einen App-Store, der ebenfalls vom Portalbetreiber kontrolliert wird, nachinstalliert werden.262 Lediglich das Verschieben und Löschen vorinstallierter Apps ist nur begrenzt möglich.263 Hinzu kommen verschiedene Empfehlungssysteme für lineare Fernsehprogramme und VoD-Inhalte, die fast alle Hersteller in irgendeiner Form anbieten.264 Die Connected-TV-Endgeräte sind technisch ebenfalls in der Lage, über den HbbTVStandard angebotene Portale oder Inhalte der Rundfunkanbieter darzustellen. Außerdem werden sie nahezu flächendeckend als HbbTV-fähige Geräte angeboten. Das bedeutet, dass das Endgerät, obwohl es ein eigenes App-Portal anbietet, auch den HbbTV-Standard unterstützt. Durch diese technische Ausstattung ist dann auch der Zugriff auf die über HbbTV angebotenen sendergesteuerten Inhalte möglich.265 Einige Geräte bieten zudem noch einen Browser an, über den jegliche über das Internet verbreitete Inhalte durch die Eingabe einer URL abrufbar sind.266

257

Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 15

ff. 258

Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 15

ff. 259

Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 16

ff. 260 261

Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 16. Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 19

ff. 262

Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 23

f. 263

Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 24

f. 264

Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 25

ff. 265

Anteil der HbbTV-fähigen Connected-TV-Endgeräten 2014: 92%, GfK Retail & Technology GmbH, 02/2015 (abrufbar unter: http://www.tv-plattform.de/images/stories/pdf/Grafik-HbbTV-Markt_2014-15.pdf, Stand: 11.09.2018, 15:29 Uhr); Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 16. 266 Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 19.

VI. Marktentwicklung

37

VI. Marktentwicklung Zur Beschreibung des Connected-TV-Marktes267 sind einerseits die Marktteilnehmer aus allen Stufen der Wertschöpfungskette aufzuschlüsseln und andererseits die Potentiale, die dieser Markt für die einzelnen Marktteilnehmer in den verschiedenen Segmenten bereithält, aufzuzeigen.268 Das Segment des Endgeräteverkaufs auf dem „Connected-TV-Markt“ befindet sich seit 2009 in einer steigenden Entwicklung, wobei sowohl Wachstums- als auch Innovationsgeschwindigkeit unterschiedlich eingeschätzt werden.269 Grundsätzlich hängt die wirtschaftliche Bedeutung des maßgeblichen Gesamtmarktes von der Nutzung und Verbreitung von Connected-TV-Endgeräten ab.270 Prognosen zu Folge steigt, trotz eher spärlicher Bewerbung der Connected-TV-Funktionen271, die Verbreitung der Endgeräte sowie deren tatsächliche Nutzung bereits derzeit kontinuierlich an, sodass in wenigen Jahren mit einem allein in Deutschland sehr großen Markt zu rechnen ist.272 Die Akteure auf diesem Markt sind vielfältig: Neben den Geräteherstellern (Fernsehgeräte und Set-Top-Boxen) sind auch Entwickler von Betriebssystemen (proprietär oder Open-Source), Portal-Betreiber, TV-Programmanbieter, Dienste-Anbieter und AppEntwickler auf diesem Markt tätig273:

267 Der Begriff Markt wird an dieser Stelle untechnisch in einem weiteren ökonomischen Sinne verstanden. Es wird noch nicht auf das kartell- und wettbewerbsrechtliche Verständnis zurückgegriffen. 268 Maßgeblicher Fixpunkt der vorliegenden Marktbetrachtung stellt die Studie der Medienanstalten zu Markt und Nutzung von Connected-TV dar: Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 7 ff. 269 Vgl. Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 10 mwN; Frees/Eimeren, MP 2013, 373 (380). 270 Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (29). 271 Park/Friedrichs/Eschenbach, MEDIENBULLETIN, 04.2011, 27 (29); Sewczyk/Butzek, MEDIENBULLETIN 04.2011, 30 (32); bisher nur Kampagnen der Sender „Smarter Fernsehen“ und „Auf Rot geht’s los“ vgl. pwc, Media Trend Outlook, Smart-TV (2013), S. 13. 272 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 22; pwc, Media Trend Outlook, Smart-TV (2013), S. 16 ff.; Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (30) mwN; zur Entwicklung der Verkaufszahlen von Connceted-TV-Geräten: GfK Retail & Technology GmbH, 04/2015 (abrufbar unter: http://www.tv-plattform.de/images/stories/pdf/smart-tv_infografik_2009-2014.pdf, Stand: 11.09.2018, 15:46 Uhr); Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 26 (36). 273 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 12 ff.; Beaujean/Giersberg, MMR 2014, 501 (502); Fahle/Schulze Isfort, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln, Heft 291, S. 6 f.

38

1. Kapitel: Technische Grundlagen

Abb. 7: Akteure auf dem Connected-TV-Markt Quelle: die medienanstalten-ALM GbR, Studie – Wie smart ist die Konvergenz?, S. 13 Diese Vielzahl der Akteure verdeutlicht, dass sich durch die veränderten technischen Möglichkeiten von Connected-TV-Endgeräten auch die Wertschöpfungskette des Fernsehmarktes erweitert und verändert hat.274 Verbunden mit der damit einhergehenden starken Fragmentierung des gesamten Inhalteangebots ergeben sich neue Erlös- und Geschäftsmodelle, die auf dem „klassischen“ Fernsehmarkt nicht anzutreffen sind, sondern eine größere Vergleichbarkeit mit der Internetökonomie aufweisen.275 Diese neuen Erlöseffekte können in nicht direkt monetär messbare Marketing-Effekte, Intermediär-Erlöse, Rezipienten-Erlöse und Werbeerlöse untergliedert werden.276

274 Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (30); Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 22. 275 Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (29 f.); Beaujean/Giersberg, MMR 2014, 501 (502); Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 264 ff. 276 Dazu näher: Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (30); Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 18 ff.; Modot/Lamber/Moullier, in: Herausforderungen von „Connected-TV“ – Themenpapier, im Auftrag des Ausschusses für Kultur und Bildung des Europäischen Parlaments, Generaldirektion Interne Politikbereiche, Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik, Kultur und Bildung (2013), S. 24 ff.

VI. Marktentwicklung

39

Abb. 8: Gestaltungsfelder des Connected-TV-Ökoystems Quelle: Heil, Arbeitspapiere des Instituts für Rund-funkökonomie an der Universität zu Köln, Heft 296, S. 6 Neben klassischen Inhalteanbietern drängen verstärkt Unternehmen aus vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsstufen, z.B. Netzbetreiber, Endgerätehersteller, IT- und TKAnbieter ins Inhaltegeschäft.277 Freilich versuchen zumindest einige dieser „neuen Wettbewerber“, die aufgrund der faktischen und regulatorischen Eigenheiten ihrer Kerngeschäfte bestehenden Marktvorteile beispielsweise durch vertikale Integration, regulatorische Besserstellung und schiere Größe auch auf das Connected-TV-Ökosystem zu übertragen.278 Bislang dominierende Akteure des „Connected-TV-Marktes“ sind die Gerätehersteller (Hersteller von Connected-TV-Geräten und Set-Top-Boxen) mit ihren eigenen Connected-TV-Portalen sowie die Rundfunkanbieter, sofern sie neben dem linearen Fernsehen VoD- und HbbTV-Inhalte anbieten.279 Erlöse werden vor allem über den Geräteverkauf, sog. „Paid Content“280, Werbung und den Verkauf oder die Nutzung von Apps erzielt.281 Aufgrund der noch unvollständigen Erschließung dieses Marktes sowohl im Bereich der Inhalte als auch der Endgeräte richten sich die strategischen Ziele dieser Marktteilnehmer auf die Durchsetzung von Standards, die beste Wettbewerbspositionierung und die Maximierung von Marktanteilen.282 Im Zuge dieser Entwicklung versuchen die Endgeräteanbieter und sonstige Portalbetreiber, mittels ihrer Portale 277 Beaujean/Giersberg, MMR 2014, 501 (502); phaydon, Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen, Studie 2012, S. 11, 15; Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 269 f. 278 Beaujean/Giersberg, MMR 2014, 501 (502); Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 266 ff. 279 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 12, 22; Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (29). 280 Paid Content = Bezahlinhalte; kostenpflichtiger elektronischer Vertrieb und Handel mit digitalen Inhalten (Content) wie beispielsweise VoD-Angebote; dazu auch Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 250; Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 47. 281 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 18 ff.; Hansen/Janssen, c’t 23/2010, 104 (106). 282 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 21.

40

1. Kapitel: Technische Grundlagen

Kontrolle über die Kundenbeziehung, die Bezahlsysteme, die Inhalte und Dienste sowie die Navigation auszuüben.283 Insoweit stellt die technische und inhaltliche Kontrolle des Portals „das Kernelement der gesamten Wettbewerbs- und Marktstrategie“ dar.284 Erlöse werden von den Betreibern von Connected-TV-Portalen über Intermediär-Erlöse (relativ über App-Download oder absolut über Dienstleistungs- und Einstellungsgebühren für eine Smart-TV-App285) und ggf. auch über Rezipienten-Erlöse erzielt.286 Neben den Portalen der Endgerätehersteller gibt es auch Betreiber von reinen Software-Portalen.287 Mit dieser Strategie drängen „Google TV“, „Apple TV“ oder auch „Fire TV“ sowie kleinere „White-Label-Connected-TV-Portale“ auf den Markt.288 Diese Akteure nehmen aber zumindest bislang noch keine mit ihrer Stellung auf dem (oligopolen) Markt für Smartphones und Tablets vergleichbare Bedeutung ein.289 In mittelbarer Konkurrenz zu den Inhalten auf den Portalen der Gerätehersteller stehen die HbbTV-Angebote der Rundfunkanbieter.290 Diese können momentan bei den meisten Connected-TV-Geräten parallel auf einem Gerät durch den Rezipienten abgerufen werden und stehen somit in einem Wettbewerb.291 Die Rundfunkveranstalter haben darüber grundsätzlich die Möglichkeit, weitere Marktsegmente zu eröffnen und ihr lineares Programm mit Zusatzdiensten und neuen Anwendungen anzureichern.292 Sie sind nicht darauf beschränkt, ihren Videotext, einen EPG und ihre Mediathek über HbbTV einzubinden293, sondern können über ihr Kerngeschäft hinaus in allen Bereichen der Verbindung von Rundfunk- und Online-Inhalten bei Connected-TVs tätig werden.294 Der HbbTV-Standard eröffnet daneben aber auch für die Telekommunikations-Dienstleister und die Werbeindustrie neue Möglichkeiten. Die Telekommunikationsdienstleister können beispielsweise ihr Triple-Play-Angebot durch HbbTV-Angebote attraktiver gestalten.295 Außerdem birgt der durch HbbTV erhöhte Bedarf an Bandbreite für Internetanschlüsse Wachstumspotentiale.296 Neben daraus folgenden Marketing-Effekten durch 283

Vgl. Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (29 ff.). Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 11; Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 265. 285 Zu den Vertragsgestaltungen bei Entwicklung Vertrieb von Apps: Kremer, CR 2011, 769 ff. 286 Dazu: Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (30 f.). 287 Diese können ebenfalls als Betreiber von Connected-TV-Portalen bezeichnet werden. 288 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 15; Heil, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln, Heft 296, S. 14.; Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 128 ff. Wobei sowohl bei Apple, Google oder Fire TV ein USB-Stick oder eine Set-Top-Box zur Nutzung des Portals auf dem Fernseh-Endgerät notwendig ist. 289 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 21. 290 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 12, 22; Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 256. 291 Anteil der HbbTV-fähigen Connected-TV-Endgeräten 2014: 92%, GfK Retail & Technology GmbH, 02/2015 (abrufbar unter: http://www.tv-plattform.de/images/stories/pdf/Grafik-HbbTV-Markt_2014-15.pdf, Stand: 11.09.2018, 15:29 Uhr); Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 16. 292 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 21; Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 261 ff. 293 Siehe dazu: Amlung/Fisch, ZUM 2009, 442 (443 ff.); Merschmann, epd medien 10/2011, 6 (6 f.); Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 256. 294 Heil, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln, Heft 296, S. 6. 295 Ultsch, HbbTV (2012), S. 25. 296 Ultsch, HbbTV (2012), S. 25. 284

VI. Marktentwicklung

41

eine erhöhte Verweildauer bzw. Bindung an den Inhalteanbieter lassen sich auch neue Werbe-Erlöse generieren.297 So kann die Red-Button-Funktion werbewirksam durch eine Direktverbindung des Spots zur Kaufoption im Internet eingesetzt werden (sog. „Branded Red Button“298). Diese neue Form der kommerziellen Kommunikation ermöglicht es auch den Rundfunkveranstaltern, neue Werbekunden zu gewinnen und damit neue Geschäfts- und Finanzierungsfelder zu erschließen.299 Aber auch die Telekommunikations-Dienstleister können über den HbbTV-Standard ein eigenes Portal mit Zusatzangeboten neben den von ihnen zur Verfügung gestellten linearen Rundfunkprogrammen angebieten (so z.B. freenet connect TV bei DVB-T 2 durch Media Broadcast). Ein solcher als sonstiger Portalbetreiber zu bezeichnender Akteur tritt dabei in Konkurrenz zu den Diensten der Endgerätehersteller und ihren App-Portalen. Die sonstigen Marktakteure zu denen insbesondere App-Entwickler und die Entwickler von Betriebssystemen zählen300, spielen aus medienrechtlicher Sicht, soweit sie ausschließlich die technische Umsetzung vornehmen, nur eine untergeordnete Rolle.301 Insgesamt betrachtet ist dieser noch junge Markt im Vergleich zum („de facto oligopolen“) Smartphone- und Tablet-Markt bislang in tatsächlicher Hinsicht noch nicht vergleichbar entwickelt.302 Auf dem Connected-TV-Markt für Endgeräte und den damit verbundenen Portalen nimmt bislang lediglich Samsung eine „dominierende Stellung“ ein.303 Allerdings ist bereits absehbar, dass die als „Smart TV Alliance“ zusammengeschlossenen Endgerätehersteller oder andere Endgerätehersteller hinsichtlich der Portale ein Gegengewicht darstellen können.304 Dieser Zusammenschluss einiger großer Endgerätehersteller (u.a. Toshiba, LG, Panasonic und Philips) hat zum Ziel, der aufgrund der je Hersteller unterschiedlichen Betriebssyteme für die Inhalteanbieter bestehenden Heterogenität entgegen zu wirken.305 Durch die Bereitstellung eines SDKs wird auf Anwenderebene der Software sicher gestellt, dass Inhalteanbieter eine nach diesem SDK programmierte App auf allen Betriebssystemen und Portalen der

297

Ultsch, HbbTV (2012), S. 25; Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (31). Zum Begriff Branded Red Button siehe oben, 1. Kap. V. 1). pwc, Media Trend Outlook, Smart-TV (2013), S. 18; phaydon, Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen, Studie 2012, S. 51 ff.; Hofmann, Der Red Button im Rundfunkrecht (2008), S. 130 ff.; Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 264. 300 Vgl. Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 14 f., 17. 301 Soweit diese Akteure auch selbst die Funktion als Inhalteanbieter oder Portalanbieter einnehmen, werden sie den anderen bereits behandelten Marktsegmenten zugeordnet. 302 Vgl. Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 21 f. 303 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 21; die medienanstalten, Rundfunkprogramme finden – chancengleich und diskriminierungsfrei, abrufbar unter: https://www.die-medienanstalten.de/atrium/rundfunkprogramme-finden-chancengleich-und-diskriminierungsfrei/ (Stand: 11.09.2018, 12:36 Uhr); Marktanteil von 56 % laut Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 2. 304 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 21. 305 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 13; http://www.smarttvalliance.org/faq.html (Stand: 01.12.2017, 16:19 Uhr). 298 299

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1. Kapitel: Technische Grundlagen

zusammengeschlossenen Endgerätehersteller anbieten können.306 Zudem sind die Positionen von auf anderen Inhalte- und Endgerätemärkten dominierenden Unternehmen wie Amazon, Google oder Apple noch nicht absehbar.307 Insgesamt betrachtet herrscht auf dem Connected-TV-Markt die Situation, dass „derzeit kein Marktakteur über seine in einigen Segmenten durchaus vorhandene Markmacht einen umfassenden und dominierenden Einfluss auf die Standards und/oder die Kontrolle über die Kunden- und Bezahlbeziehungen sowie die Auffindbarkeit der Inhalte ausübt“.308 Grund hierfür sind die noch laufenden Entwicklungen und Wettbewerbsüberschneidungen oder bestehenden gegenseitigen Abhängigkeiten.309 Insgesamt ist die (zukünftige) Marktentwicklung daher als offen zu bewerten.310 VII. Nutzerverhalten Das Nutzerverhalten ist ein Indikator für Medienwirkungen, welche wiederum Anknüpfungspunkt und Rechtfertigung von medienrechtlicher Regulierung bilden.311 Aus diesem Grund ist auch die Auseinandersetzung mit den Ergebnissen der Medienwirkungsforschung zum Nutzerverhalten bei Connected-TV-Sachverhalten geboten. Medieninhalte werden von den gleichen Anbietern produziert und über unterschiedliche „Ausgangswege“ weitergegeben, was auch den Rezipienten die Möglichkeit eröffnet, Inhalte medienübergreifend wahrzunehmen und zu nutzen.312 Diese Entwicklung ist in potenzierter Form auch bei der Nutzung audiovisueller Medien bei Connected-TVSachverhalten zu beobachten. Lange galt die Prämisse, dass gerade die „Endgerätekonvergenz“ aufgrund fehlender Akzeptanz bei den Rezipienten nur zögerlich voranschreitet und daher eine wirklich „konvergente Mediennutzung“ ausbleibt.313 Dies scheint sich speziell mit Blick auf jüngere Rezipienten nun zu ändern.314 Die Studienlage liefert in diesem Bereich allerdings bislang noch kein einheitliches Bild, sondern beschreibt lediglich Entwicklungstendenzen. Relativ anschaulich zeichnet sich die erhöhte Individualisierung der Rezeption von Bewegtbildinhalten unter Loslösung des Fernsehzuschauers vom Sendeplan der Rundfunkanbieter (Definition einer „eigenen Primetime“) ab.315 Trotz dieser Tendenz zur zeit- und ortsunabhängigen Nutzung macht das klassische lineare Fernsehen immer 306

http://www.faz.net/aktuell/technik-motor/smart-tv-alliance-eines-fuer-alleTunze, abrufbar unter: 13243878.html (Stand: 11.09.2018, 16:19 Uhr). 307 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 21. 308 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 22. 309 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 22. 310 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 22. 311 Neuberger/Lobigs, Die Bedeutung des Internets im Rahmen der Vielfaltssicherung (2010), S. 18; Gounalakis, Konvergenz der Medien (2002), C 17; Blaue, ZUM 2005, 30 (33); Herrmann/Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 2, Rn. 149. 312 Allgemein zur Konvergenz des Nutzerverhaltens siehe oben, 1. Kap. I. 3. 313 Blaue, ZUM 2005, 30 (31 f.) mwN. 314 Vgl. Smartclip, Wie Connected-TV die Fernsehlandschaft verändert (2012); Groebel, Das neue Fernsehen (2014), S. 184; Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 26 (39). 315 Vgl. Schneider, in: Kaufmanns/Siegenheim/Sjurts, Auslaufmodell Fernsehen? (2008), 21 (24 f.); Groebel, Das neue Fernsehen (2014), S. 185 f.; pwc, Media Trend Outlook, Smart-TV (2013), S. 5.

VII. Nutzerverhalten

43

noch den Großteil der Rezeption audiovisueller Medien aus, was durch die jährlich leicht wachsenden oder auf hohem Niveau stagnierenden Zahlen der Fernsehnutzung belegt wird.316 Allerdings gleicht die heutige Fernsehrezeption nicht mehr den früheren Nutzungsformen des Rundfunks als Massenmedium, da Fernsehen immer stärker bloß nebenbei konsumiert wird und die Aufmerksamkeit des Rezipienten gleichzeitig auf anderen Medien oder Beschäftigungen liegt.317 Daraus kann man folgern, dass sich sich die dem Rundfunk zugeschriebenen Funktionen zunehmend auf mehrere Inhalteanbieter und Zugangsmöglichkeiten zu Bewegtbildangeboten verlagern. Bewegtbildnutzung verliert demnach nicht seine grundsätzliche Bedeutung in den Präferenzen der Nutzer, lediglich die Rezeptionswege und Quellenvielfalt ändern sich.318 Generell nutzt ein „hybrider Typ des Zuschauers“319 (ein sog. „Rocking Recipient“320) die neuen technischen Möglichkeiten, indem er stimmungs- und situationsabhängig je nach Gemeinschaft- oder Einzelnutzung den passiven („Lean back“) und den aktiven Konsum („Lean forward“) miteinander verbindet.321 Connected-TV-Endgeräte ermöglichen eine diesem neuen Rezeptionsverhalten angepasste Form der Mediennutzung insbesondere für Bewegtbildinhalte oder die Kombination von Bewegtbildinhalten mit „Online-Medien“ auf einem bislang dafür verschlossenen Endgerät. Deshalb nehmen Connected-TV-Endgeräte zuvörderst die Funktion eines „Abspielgeräts“ für qualitativ hochwertige Bewegtbildinhalte ein.322 Nichtsdestotrotz zeigt sich bis zu einem gewissen Grad auch die Umkehrung der Vorzeichen bei der Mediennutzung: So ermöglichen Connected-TVEndgeräte das „neue Nutzungsszenario“ des (auch mentalen) „Lean-back-Surfens“ vor dem Fernsehendgerät, welches ansonsten typischerweise als eine auf kleinen Bildschirmen in einer „lean forward-Perspektive“ betriebene interaktive Rezeptionsform dargestellt wurde.323 Umgekehrt bleibt aber auch die „Lean back“-Perspektive des Rezipienten von linearen Rundfunkinhalten nicht starr. Durch verstärkte Selektionsmechanismen wie der Programmauswahl mittels EPGs, der Nutzung von Empfehlungssystemen oder dem Abrufen von VoD-Angeboten und Mediatheken auf dem Fernseher als Endgerät ist die Rezeption in einer interaktiveren „Lean forward“- Perspektive möglich.324 Einen weiteren Anwendungsfall dieser interaktiven Lean forward-Nutzung bilden die Red-

316

Vgl. Zubayr/Gerhard, MP 2017, 130 (130 ff.); dazu bereits: Barchfeld, in: Kaufmanns/Siegenheim/Sjurts, Auslaufmodell Fernsehen? (2008), 113 (116 f.) mwN. 317 phaydon, Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen, Studie 2012, S. 13; Smartclip, Wie Connected-TV die Fernsehlandschaft verändert (2012); Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2015, 40 (51 f.); Fehling, in: Ehlers/Fehling/Pünder, Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. 2, 3. Aufl. 2013, § 59, Rn. 6; kritisch Best/Handel, MP 2015, 542 ff. 318 Amlung/Fisch, ZUM 2009, 442 (443). 319 pwc, Media Trend Outlook, Smart-TV (2013), S. 14. 320 Groebel, Das neue Fernsehen (2014), S. 184. 321 Groebel, Das neue Fernsehen (2014), S. 184. 322 Smartclip, Wie Connected-TV die Fernsehlandschaft verändert (2012); pwc, Media Trend Outlook, Smart-TV (2013), S. 13. 323 phaydon, Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen, Studie 2012, S. 21; Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 35; Groebel, Das neue Fernsehen (2014), S. 35. 324 phaydon, Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen, Studie 2012, S. 23.

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1. Kapitel: Technische Grundlagen

Button-Angebote über den HbbTV-Standard.325 Letztlich ist für den Rezipienten irrelevant, über welche Verbreitungswege er die Bewegtbildinhalte bezieht, solange die Parameter Inhaltevielfalt, Qualität und Verfügbarkeit passen.326 Die bisherigen Studien, die sich spezifisch mit dem Phänomen des Nutzerverhaltens bei Connected-TV-Sachverhalten auseinandersetzen327, bestätigen diesen Eindruck. Sie untersuchen die Verhaltensmuster der Rezipienten insbesondere hinsichtlich der Akzeptanz neuer Angebote, der Orientierung innerhalb der Angebote und der Strategien zur Auswahl und dem Auffinden von Inhalten. Die Nutzer greifen sowohl auf Eingeräte- (vor allem Connected-TVs) als auch auf Mehrgerätephilosophien (z.B. über Spielekonsolen und Blue-Ray-Player) zurück, wobei auch der Second Screen in das Nutzerverhalten fest integriert ist.328 „Erster“ und „zweiter“ Bildschirm werden allerdings meist zu unterschiedlichen Zwecken eingesetzt: Auf dem großen Bildschirm werden vor allem Bewegtbildangebote konsumiert, während der „Second Screen“ für interaktive Zusatz- und Vertiefungsangebote (z.B. auch Social Media) genutzt wird.329 Die Inhalte auf First und Second Screen werden dann häufig parallel rezipiert.330 Die Verfügbarkeit von „smarten“ Angeboten ändert allerdings bisher nichts daran, dass das lineare Fernsehen im Nutzerverhalten weiterhin (noch) fest verankert ist.331 Unterscheidet man allerdings zwischen „spontaner Alltagsnutzung“ und „geplanter Nutzung“, wird bei letzterer stärker auf Connected-TV-Funktionen zurückgegriffen.332 Die unterschiedlichen Funktionalitäten und Dienste der Connected-TV-Geräte (siehe oben, 1. Kap. V.) werden in der Nutzergunst unterschiedlich angenommen. Der weit überwiegende Teil der Rezipienten nutzt die App-Portale der Endgerätehersteller und sonstiger Portalbetreiber, um über das Internet verfügbare Inhalte zu rezipieren.333 Als „smarte“ Zusatzangebote werden vor allem VoD-Angebote und damit „klassische“ Bewegtbild-

325

Groebel, Das neue Fernsehen (2014), S. 49. Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 30; Groebel, Das neue Fernsehen (2014), S. 184. 327 Grundlage für die folgende Darstellung bilden vor allem folgende Studien: Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014); phaydon, Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen, Studie 2012; Groebel, Das neue Fernsehen (2014), S. 63 ff.; zu HbbTV: Trummer, Medienkonvergenz und HbbTV (2012), S. 48 ff.; Smartclip, Wie Connected-TV die Fernsehlandschaft verändert (2012); Pagel/Simon/Seemann, Usability-Analyse von HbbTV (2014); Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2015, 40 (40 ff.); Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 26 (37 ff.); Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 1 ff. 328 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 26; Smartclip, Wie Connected-TV die Fernsehlandschaft verändert (2012); Busemann/Tippelt, MP 2014, 408 ff. 329 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 34 f.; Groebel, Das neue Fernsehen (2014), S. 79; Busemann/Tippelt, MP 2014, 408 (411 f.); Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 26 (45 f.). 330 So Merschmann, epd medien 10/2011, 6 (7) unter Verweis auf Erfahrungen der Sender und“US-Studien“; Busemann/Tippelt, MP 2014, 408 (410); Fahle/Schulze Isfort, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln, Heft 291, S. 7 f.; Best/Handel, MP 2015, 542 (550 ff.). 331 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 27. 332 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 27. 333 Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 26 (44).

326

VII. Nutzerverhalten

45

Angebote direkt über den Fernseher mittels App genutzt.334 Neben den Angeboten für audiovisuelle Dienste werden App-Portale auch für die Nutzung von Musikdiensten (z.B. Spotify) eingesetzt.335 Die Nutzung von HbbTV-Angeboten, selbst wenn sie die Nutzung von Mediatheken ermöglichen, fällt im Vergleich dazu geringer aus.336 Gründe dafür werden zum einen in der unklaren Bezeichnung (z.B. als „Datendienst“) oder in der werkseitigen Deaktivierung der Funktion durch die Endgerätehersteller gesehen.337 Zum anderen tritt das aus der Onlinenutzung bekannte Verhalten der „Banner Blindness“338 auf, wonach die Rezipienten den eingeblendeten Red Button übersehen oder aktiv ausblenden, weil er dieselbe Aufmachung wie sonstige Banner hat, die von den Rezipienten intuitiv als irrelevante Information ausgeblendet werden.339 Letztlich wird aber auch der Mehrwert der HbbTV-Dienste für den Rezipienten in Zweifel gezogen.340 Auch die Nutzung von Inhalten mittels herkömmlicher Websites über einen InternetBrowser wird von den Rezipienten aufgrund schlechter Darstellungsarten, schwieriger Navigation und behäbiger Reaktionszeiten der Angebote eher als unattraktiv wahrgenommen.341 Allerdings hat keine der Studien bisher umfassend überprüft, ob Nutzer einen als wertvoll angesehenen Inhalt, der grundsätzlich über eine App verfügbar ist, auch über einen Browser zugänglich machen würden.342 Über externe Geräte (wie Laptop, Tablet), die dann mit dem Endgerät verbunden werden, scheint ein solches Vorgehen von den Rezipienten anerkannt zu sein.343 Das wachsende Angebot an Empfehlungssystemen der Portale oder von Dritten nimmt in der Gunst vor allem der jüngeren Nutzer zu.344 Für die Sortierung und damit Auffindbarkeit der Fernsehprogramme ist die Listung durch den Hersteller beziehungsweise 334

Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 31 f.; Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 26 (39 f., 44); phaydon, Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen, Studie 2012, S. 20; vgl. auch Gfu-Studie, Smart-TV nimmt an Bedeutung zu (11.07.2014), abrufbar unter: https://www.vau.net/content/gfu-studie-smart-tv-nimmt-bedeutung, Stand: 11:09.2018, 13:31 Uhr; Smartclip, Wie Connected-TV die Fernsehlandschaft verändert (2012); pwc, Media Trend Outlook, Smart-TV (2013), S. 10; kritisch zum Entwicklungspotential dieser Hypothese zum Nutzungsverhalteb: Heil, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln, Heft 296, S. 13; Zubayr/Gerhard, MP 2017, 130 (130). 335 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 31. 336 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 32; Meuthen, epd medien 70/2010, 2; anders die Darstellung bei Merschmann, epd medien 10/2011, 6 (7), wonach durchaus beachtliche („enorme“) Zugriffszahlen auf HbbTV Angebote festzustellen sind; leicht positive Tendenz auch bei Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 26 (43 f.). 337 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 37. 338 Vgl. dazu: Pernice, Banner Blindness Revised: Users Dodge Ads on Mobile and Desktop, April 22, 2018 (abrufbar unter: http://www.nngroup.com/articles/banner-blindness-old-and-new-findings/, Stand: 11.09.2018, 14:18 Uhr). 339 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 37. 340 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 37. 341 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 32. 342 Dahingende Tendenzen können aber aus den Zahlen des Digitalisierungsberichts gefolgert werden, wonach Inhalte über den Browser durchaus gefunden und aufgerufen werden. Vgl. Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2015, 40 (50 f.); Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 26 (44 f.). 343 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 32. 344 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S.29; phaydon, Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen, Studie 2012, S. 35; zurückhaltender Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 25 ff., 47.

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1. Kapitel: Technische Grundlagen

Portalanbieter in Benutzeroberflächen, die üblicherweise den ersten Kontakt zwischen Programmangebot und Zuschauer darstellen, von Bedeutung.345 Bei diesen Orientierungshilfen und Empfehlungssystemen legt der Rezipient insbesondere Wert auf eine transparente und unabhängige Empfehlung, die sich an seinen Bedürfnissen ausrichtet (z.B. personalisierte Sendungsempfehlungen) und nicht durch „sponsored Links“ begründet wird.346 Innerhalb der App-Portale der Endgerätehersteller oder anderer Portalbetreiber nimmt vor allem die Listung und Hervorhebung von Apps eine besonders wichtige Funktion ein. Apps, die prominent platziert wurden, entweder durch einen oberen Platz oder eine Hervorhebung, werden von den Rezipienten deutlich häufiger genutzt.347 Die Änderung der Reihenfolge oder die Neuinstallation weiterer Apps aus einem App-Store wird von den Nutzern auf Connected-TV-Endgeräten erst langsam verstärkt vorgenommen.348 Insgesamt betrachtet haben die Gerätehersteller oder sonstigen Portalbetreiber durch die Listung von Sendern, Empfehlungsmechanismen, Platzierung, Hervorhebung oder Benachteiligung von VoD-Anbietern Einfluss auf die Auffindbarkeit und Nutzung von (Bewegtbild-) Inhalten beim „Durchschnittsnutzer“.349 Connected-TV-Geräte haben mit ihren Funktionen „kein Monopol auf interaktive Dienste im Wohnzimmer“.350 Zum einen ist es Rezipienten zumindest potentiell mit dem entsprechenden technischen Wissen möglich, Inhalte trotz der Kontrollmöglichkeiten der Portale über verschiedene andere Kanäle zu beziehen.351 Zum anderen entsprechen gerade „plattformübergreifende Anwendungen“ derzeit am ehesten den Nutzergewohnheiten.352 Letztlich bleibt auch die lineare Fernsehnutzung auf konstant hohem Niveau und bildet zumindest gegenwärtig weiterhin den entscheidenden Teil der Bewegtbildnutzung.353 Dieser Trend ist allerdings durch „überzeugende und einfach bedienbare neue Navigationsinstrumente“, wie z.B. intelligente EPGs mit individuellen phaydon, Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen, Studie 2012, S. 32 ff.; vgl. die medienanstalten, Rundfunkprogramme finden – chancengleich und diskriminierungsfrei, abrufbar unter: https://www.die-medienanstalten.de/atrium/rundfunkprogramme-finden-chancengleich-und-diskriminierungsfrei/ (Stand: 11.09.2018, 12:36 Uhr); Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 26 (43). 346 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 29; phaydon, Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen, Studie 2012, S. 35, 39, 41; Pagel/Simon/Seemann, Usability-Analyse von HbbTV (2014), S. 35 ff. 347 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 31, 37; Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 25; Allerdings wird auch immer wieder darauf hingewiesen, dass bestimmte „besonders attraktive Inhalte“ vom Rezipienten trotz hoher Zugangsbarrieren bezogen werden, selbst wenn es sich dann um „halblegale“ Bezugsquellen handelt. 348 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 31; Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 26 (44 f.). 349 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 37; die medienanstalten, Rundfunkprogramme finden – chancengleich und diskriminierungsfrei, abrufbar unter: https://www.die-medienanstalten.de/atrium/rundfunkprogramme-finden-chancengleich-und-diskriminierungsfrei/ (Stand: 11.09.2018, 12:36 Uhr); Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 26 (43). 350 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 38. 351 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 37; dafür sprechen auch die Nutzungszahlen, vgl. Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2015, 40 (50 f.); Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 26 (43 ff.). 352 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 38. 353 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 38; Zubayr/Gerhard, MP 2017, 130 (130). 345

VII. Nutzerverhalten

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Empfehlungen und Integration linearer und nichtlinearer Inhalte, prognostizierbar abänderbar.354 Die Studienlage zeigt daher, dass Connected-TV-Endgeräte und alle damit verbundene Funktionen im Nutzerverhalten noch nicht umfassend verankert sind. Dieses orientiert sich vielmehr an aus dem „Onlineverhalten“ bekannten oder rundfunktypischen Rezeptionssmustern. Als Zukunftsprognose zeichnet sich dennoch eine „echte“ konvergente Nutzung von Inhalten ohne Bindung an bestimmte Endgeräte durch den „Rocking Recipient“ ab.

354 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 38); pwc, Media Trend Outlook, Smart-TV (2013), S. 8.

2. Kapitel: „Regulatorische Konvergenz“ bei Connected-TV Die juristische Betrachtung des Phänomens Connected-TV ist eng verbunden mit der Grundproblematik, vor welche die Konvergenz der Medien die geltende Medienordnung stellt. Das Verschmelzen von Medienformen, Nutzungsarten und Märkten führt unweigerlich zur Frage nach der Passgenauigkeit der geltenden medienrechtlichen Rahmenbedingungen für verschiedene Angebote und Inhalte. I.

„Regulatorische Konvergenz“

Insbesondere die technische Konvergenz ist sowohl bei den Übertragungswegen als auch bei den End- bzw. Empfangsgeräten weit fortgeschritten. Auf „smarten“ Endgeräten befinden sich zusehends lineare und nicht-lineare Dienste in einem „Wettbewerb um die Aufmerksamkeit des Zuschauers“.355 Da diese Entwicklung eine hohe Innovationsgeschwindigkeit aufweist, stellt sich zwangsläufig die Frage nach der Reaktionsgeschwindigkeit des rechtlichen Rahmens.356 Im vorkonvergenten Zustand knüpfte die Medienrechtsordnung bei der Regulierung von Inhalten an die strikte Trennung von Verbreitungswegen und Kommunikationsinhalten an. Durch die klare technische Trennung war auch eine je spezifische, bedarfsgerechte Regulierung anknüpfend an den Übertragungsweg möglich.357 Die Trennlinien zwischen diesen Sektoren wurde aber durch die Digitalisierung und den damit einhergehenden Konvergenzprozess (siehe oben, 1. Kap. I.) zunehmend aufgelöst. Auf den ersten Blick wäre es konsequent, wenn mit der technologischen Entwicklung eine im Gleichschritt verlaufende rechtliche Entwicklung („rechtliche Konvergenz“) einhergehen würde.358 Diese Schlussfolgerung ist aber gerade bei technischen Prozessen keine zwingende.359 Indiz für die Rechtserheblichkeit der technischen Innovationen des Medienkonvergenzprozesses ist die Entstehung neuer unternehmerischer Strategien in einem

355

Broemel, ZUM 2012, 866 (876); Christmann, ZUM 2015, 14 (19). Dazu auch schon: Gounalakis, Konvergenz der Medien (2002), C 65 ff.; Gersdorf, in: Gundel/Heermann/Leible (Hrsg.), Konvergenz der Medien – Konvergenz des Rechts (2009), S. 31 ff.; zudem Schulz, in: Roßnagel, Neuordnung des Medienrechts (2005), 37 (37 ff.); Palankova, Chancengleicher Zugang (2008), S. 49 ff.; Seufert/Gundlach, Medienregulierung in Deutschland (2017), S. 261. 357 Hain, AfP 2012, 313 (313); zur Technik als Anknüpfungspunkt der Regulierung: Mestmäcker, in: Mestmäcker (Hrsg.), Kommunikation ohne Monopole II (1995), 13 (30 ff.). 358 In dieser Tendenz: Keber, RDV 2013, 236 (243); Blaue, ZUM 2005, 30 (30 ff.); Neumann, in: Roßnagel, Neuordnung des Medienrechts (2005), 29 (34 f.); Ruhrmann/Nieland, Interaktives Fernsehen (1997), S. 123. 359 Vgl. Blaue, ZUM 2005, 30 ff. 356

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 M. Naumann, Connected-TV, Juridicum – Schriften zum Medien-, Informations- und Datenrecht, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27301-9_3

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2. Kapitel: „Regulatorische Konvergenz“

von Verfassungs wegen streng regulierten Sektor.360 Der Gesetzgeber wird allerdings bei einer Materie mit hoher Innovationsgeschwindigkeit immer dem Dilemma ausgesetzt sein, dass er anhand der rein technischen Entwicklung eine Prognose hinsichtlich der Adaption der Technik und ihrer zukünftige Gefahrenpotentiale aufstellen muss.361 Dabei muss zwischen der Gefahr einer voreiligen proaktiven Regulierung von unsicheren zukünftigen Sachverhalten und dem gegenteiligen Szenario, einer zu verhaltenen Reaktion auf technische Umbrüche, die weit in die Gesellschaft hinein reichen, abgewogen werden.362 Allgemein sind im Rahmen der Medienkonvergenz und im Speziellen im Falle von Connected-TV-Sachverhalten beide dieser Szenarien denkbar: Aufgrund der rasanten technischen Entwicklung des „Internets“ samt der darüber verbreiteten Inhalteformen und aller damit verbundenen Marktbereiche wird die Medienordnung kontinuierlich in unterschiedlichen zeitlichen Intervallen angepasst.363 Dennoch gibt es trotz der durch das Konvergenzphänomen beschriebenen Überschneidung und Angleichung der Medienformen noch eine starke Differenzierung bei der Regulierung einzelner, in dieser Form gar nicht mehr vorhandener oder rezipierter Medienformen.364 Gleichzeitig kann auch nicht bestritten werden, dass die Veränderung des Mediennutzungsverhaltens bislang erst zögerlich voranschreitet (siehe oben, 1. Kap. VII.). Diese Entwicklung ist auch bei der Nutzung der neuen Rezeptionsmöglichkeiten der Connected-TV-Endgeräte zu beobachten, wobei hier aufgrund einer stets steigenden Akzeptanz im Nutzerverhalten die Entstehung eines „Massenphänomens“ prognostiziert wird (siehe oben, 1. Kap. VII.). Trotz dieser noch nicht endgültig absehbaren Entwicklungen muss in Anbetracht der betroffenen verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgüter die Überlegung angestellt werden, ob die „Konvergenz mit innovativer Regulierung pro-aktiv begleitet“ werden muss.365

360 Mestmäcker, in: Mestmäcker (Hrsg.), Kommunikation ohne Monopole II (1995), 13 (34 f.); Jungheim, Medienordnung und Wettbewerbsrecht (2012), S. 6; ähnlich mit Blick auf neue Geschäftsmodelle im Mediensektor: ZAK, Thesen der Medienanstalten zur Netzneutralität (21.01.2011), S. 2. 361 Schulz, in: Roßnagel, Neuordnung des Medienrechts (2005), 37 (37); Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (310); Bosman, K&R 2014, 784 (784); zu einer dennoch vorliegenden verfassungsrechtlichen Verpflichtung zur Regulierung: Schröder, ZUM 2015, 27 (27); ausführlich zur rechtlichen Begleitung von Technikentwicklungen: Spiecker gen. Döhmann, in: Hill/Schliesky, Die Vermessung des virtuellen Raums (2012), 137 (141 ff.). 362 Schulz, in: Roßnagel, Neuordnung des Medienrechts (2005), 37 (37). 363 Zur unionsrechtlichen Anpassung der Fernsehrichtlinie zur AVMD-RL: Schulz, EuZW 2008, 107 (107 f.); zur Entwicklung im deutschen Recht: Binder/Vesting/Schulz, Rundfunkrecht, RStV, § 2, Rn. 5 ff.; Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 2, Rn. 1; Dörr/HK-RStV, Bd. I, B 5, § 2 RStV, Rn. 1 ff. 364 Umfassender Vergleich der „divergierenden Rechtsrahmen für Fernsehen und Internet“ bei Boos, Hybrid-TV (2012), S. 23 ff.; Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 59 ff. 365 Kammerevert, promedia 04/2013, 13 (13); in diese Richtung auch: Schröder, ZUM 2015, 27 (27).

II. Medienrechtliche Einordnung II.

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Medienrechtliche Einordnung von Connected-TV

Bei der Frage der Einordnung des Konvergenzphänomens „Connected-TV“ auf einfachgesetzlicher Ebene richtet sich der Fokus auf die Auswirkungen der Endgeräte-Konvergenz auf die vorhandenen medienrechtlichen Inhaltekategorien. 1) Vorhandenes Regelungssystem Betrachtet man die derzeit existierenden Rechtsquellen der Medienordnung, sind zunächst kompetenzrechtlich verschiedene Ebenen (Bund, Länder, Europäische Union) voneinander zu trennen und innerhalb der einzelnen Regelungsregimes verschiedene Unterscheidungen vorzunehmen. a. Grundlagen Die derzeitige Medienregulierung ist, wenn auch weiterhin kritisiert366, zumindest der Versuch einer Reaktion auf die Dynamik technischer Neuerungen und der damit verbundenen Weiterentwicklung von Medienformen oder sogar Neuentstehung von Mediengattungen.367 Bestes Beispiel dafür ist die ständige Weiterentwicklung der Regulierung hinsichtlich der über das IP-Signal verbreiteten Online-Medien.368 Auf Verfassungsebene ist hingegen eine eher grobe Unterscheidung vorzufinden. Das Grundgesetz (und damit vergleichbar auch die EMRK und die EuGrCh369) kennt lediglich die Unterscheidung von Rundfunk und Presse. Dies führt zu Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen elektronisch übertragenen Medienformen. Bereits auf verfassungsrechtlicher Ebene müssen deshalb die „historischen“ Einordnungsmuster im Angesicht konvergenter Medienformen dynamisch ausgelegt werden.370 Diese Abgrenzungsschwierigkeiten setzen sich auch auf einfach-rechtlicher Ebene, trotz feingliedriger Unterscheidungsmerkmale, fort.371 Rechtsquellen dieser einfach-gesetzlichen Kategorien sind neben dem Rundfunkstaatsvertrag (RStV) auch das Telemediengesetz (TMG) und das Telekommunikationsgesetz (TKG), wobei es in der Praxis zu Überschneidungen dieser Regelungskomplexe kommt.372 Das TMG fasst dabei die wirtschaftsbezogenen Regelungen für ehemals „Tele- und Mediendienste“ unter Berücksichtigung der Vorgaben der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr (EC366

Vgl. u.a. Schmid/Kitz, ZUM 2009, 739 (743 f.); Ferreau, ZUM 2017, 632 ff. mwN.; Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 91 ff. mwN. 367 Vgl. Schulz, EuZW 2008, 107 (108); Castendyk/Böttcher, MMR 2008, 13 (15 ff.); Schütz, MMR 2009, 228 (229 ff.). 368 Hier waren zunächst auf nationaler Ebene unterschiedliche Begrifflichkeiten (Mediendienste, Teledienste, Telemedien) und Regelungsregime einschlägig (Mediendienste-StV, TMG, AVMD-RL, RStV); kritisch zur Bezeichnung des Internets als Medium, Keber, in: Dörr/Kreile/Cole, Handbuch des Medienrechts, M, S. 496, Rn. 6. 369 Siehe dazu: Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 20 ff.; Hain, AfP 2012, 313 (316). 370 Dazu ausführlich: Schmidtmann, Die verfassungsrechtliche Einordnung konvergenter Massenmedien (2013), S. 237 ff.; Kube, in: Isensee/Kirchhof, HdStR, Bd. IV, 3. Aufl., § 91, Rn. 14 ff. 371 Diese einfach-gesetzlichen Unterscheidungen haben aber keine Rückwirkung auf den verfassungsrechtlichen Begriff, der eigenständig bestimmt wird. Vgl. Eifert, Jura 2015, 356 (357 f.). 372 Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 99 ff.

2. Kapitel: „Regulatorische Konvergenz“

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RL)373 in einem einheitlichen Bundesgesetz zusammen.374 Inhaltsbezogene Anforderungen für Telemedien befinden sich hingegen gemäß § 1 Abs. 4 TMG im RStV. Auschlaggebend für die Unterscheidungen und die dynamische Anpassung des Regelungsrahmens ist hingegen in zunehmend stärkerem Maße die Unionsgesetzgebung. Durch die Schaffung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-RL)375 in der Nachfolge der Fernsehrichtlinie wurde auf der Ebene der Europäischen Union ein für alle Medienordnungen der Mitgliedstaaten relevantes Grundgerüst geschaffen.376 b. Kategorienbildung: Lineare und nicht-lineare Medien (1) Einfach-gesetzliche Kategorien Der RStV trifft eine Unterscheidung zwischen Rundfunk und Telemedien. (a) Rundfunk „Rundfunk“ ist nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 S. 1 RStV „ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst; er ist die für die Allgemeinheit und zum zeitgleichen Empfang bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Angeboten in Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen.“ Ergänzt wird diese Umschreibung durch einen Negativkatalog nach § 2 Abs. 3 RStV, welcher Dienste vom Tatbestand des Rundfunkbegriffs ausnimmt, weil es diesen an der für Rundfunk typischen besonderen Meinungsbildungsrelevanz fehlt.377 Betrachtet man die einzelnen Definitionsmerkmale, sind der „zeitgleiche Empfang“ und die Ausrichtung an die „Allgemeinheit“ hervorzuheben. Ersteres engt den Anwendungsbereich des einfachgesetzlichen Rundfunkbegriffs auf linear verbreitete Angebote ein.378 Der Rundfunkbegriff wird daher auf die Linearität des Angebots ausgerichtet.379 Der Begriff der Linearität wird dabei durch die Definitionsmerkmale „Bestimmung zum zeitgleichen Empfang“ und „Ausstrahlung entlang eines Sendeplans“ bestimmt.380 Der Sendeplan hat die Funktion, die zeitliche Folge, den Inhalt, die Zusammenstellung der einzelnen Teile des Angebots und das planmäßige und geordnete Aufeinanderfolgen der 373

Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8.6.2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt, Abl.EG Nr. L 178/1. 374 Seidl/Maisch, K&R 2011, 11 (12). 375 Mittlerweile reformiert durch die Richtlinie (EU) 2018/1808 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Änderung der Richtlinie 2010/13/EU zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) im Hinblick auf sich verändernde Marktgegebenheiten. 376 Zu den unionsrechtlichen Vorgaben: Schulz, EuZW 2008, 107 ff.; Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 20 ff. mwN.; zu dieser Entwicklung auch Brandt, IPRB 2016, 105 (106). 377 Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 81; Binder/Vesting/Schulz, Rundfunkrecht, RStV, § 2, Rn. 51 ff.; Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 2, Rn. 97 ff. 378 Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 2 Rn. 15. 379 Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 73 f. mwN; Binder/Vesting/Schulz, Rundfunkrecht, RStV, § 2, Rn. 42 ff.; allerdings muss beachtet werden, dass diese Einengung erst durch die unionsrechtlichen Vorgaben eingeführt wurde, vgl. Dörr, ZUM 2015, 6 (8). 380 Binder/Vesting/Schulz, Rundfunkrecht, RStV, § 2, Rn. 42; Ferreau, ZUM 2017, 632 (633).

II. Medienrechtliche Einordnung

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Teile vorzugeben.381 Vereinfacht meint ein Sendeplan, dass „der Rundfunkveranstalter das Rundfunksignal nach seiner Planung funktechnisch verbreiten lässt und der Nutzer – anders als beim Abrufdienst – keinen Einfluss auf den Zeitpunkt der funktechnischen Übermittlung des Inhalteangebots hat“.382 Für die Allgemeinheit bestimmt sind Dienste in Abgrenzung zur Individualkommunikation, wenn sie an einen unbestimmten Empfängerkreis gerichtet sind.383 Entscheidend ist dabei nur die „intendierte, potentielle Empfangbarkeit“ eines Massenmediums.384 Es kommt also nicht darauf an, wie viele Rezipienten von dem Angebot tatsächlich erreicht werden, solange eine Adressierung an die Allgemeinheit vorliegt.385 Teilweise werden über diese Einschränkung bereits Angebote ausgeschlossen, deren Adressatenkreis im Voraus bestimmbar ist und es sich dabei um Personen handelt, die durch gegenseitige Beziehungen oder durch Beziehungen zum Veranstalter verbunden sind.386 Darunter wären dann beispielsweise geschlossene Benutzergruppen („closed user groups“) und Abrufdienste zu fassen.387 Zudem soll über dieses Merkmal der bis zum 12. RÄndStV noch einfachgesetzlich festgehaltene „Darbietungscharakter“ des Rundfunks, der sich aus dessen verfassungsrechtlicher Bedeutung speist, einbezogen werden.388 Allerdings ist die Rückbindung des einfachgesetzlichen Rundfunkbegriffs auf seine verfassungsrechtliche Vorprägung in Bezug auf sein Wirkpotential für die öffentliche und individuelle Meinungsbildung nach dem Wegfall des Merkmals der „Darbietung“ und der Konzentration auf das Abgrenzungsmerkmal der Linearität zumindest geschwächt worden.389 (b) Telemedien Der Begriff der „Telemedien“ erfährt in § 2 Abs. 1 S. 3 RStV eine überwiegend negative Begriffsbestimmung, indem „alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, soweit sie nicht Telekommunikationsdienste nach § 3 Nr. 24 des 381

Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 73; BeckOK InfoMedienR/Martini, RStV, § 2, Rn. 6a. Bornemann, ZUM 2013, 845 (848); Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 76 f.; BeckOK InfoMedienR/Martini, RStV, § 2, Rn. 6 f.; allerdings gehen auch Abrufdienste (z.B. YouTube) zunehmend dazu über „Leanback“-Funktionalitäten als eine Abfolge von Inhalten anzubieten, vgl. Modot/Lamber/Moullier, Herausforderungen von „Connected-TV“ – Themenpapier, im Auftrag des Ausschusses für Kultur und Bildung des Europäischen Parlaments, Generaldirektion Interne Politikbereiche, Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik, Kultur und Bildung (2013), S. 31; vgl. auch Aigner, promedia 09/2014, 4 (5), die YouTube-Videos bereits die gleiche Wirkung wie klassischem TV durch hohe Suggestivkraft bei aktuellen Inhalten attestiert. 383 Binder/Vesting/Schulz, Rundfunkrecht, RStV, § 2, Rn. 43; BeckOK InfoMedienR/Martini, RStV, § 2, Rn. 7; Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 2, Rn. 19 mwN. 384 Binder/Vesting/Schulz, Rundfunkrecht, RStV, § 2, Rn. 44. 385 Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 72; Dörr/HK-RStV, Bd. I, B 5, § 2 RStV, Rn. 13, 20. 386 Kreile/HK-RStV, Bd. I, B 5, RStV § 2, Rn. 20. 387 Binder/Vesting/Schulz, Rundfunkrecht, RStV, § 2, Rn. 43; HK-RStV, Bd. I, B 5, RStV § 2, Rn. 13; Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 2, Rn. 20. 388 Schütz, MMR 2009, 228 (229 f.); Boos, Hybrid-TV (2012), S. 25; Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 79 ff.; Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (324); Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 2, Rn. 22. 389 Unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung Binder/Vesting/Schulz, Rundfunkrecht, RStV, § 2, Rn. 25, 42 f. mwN.; Boos, Hybrid-TV (2012), S. 25; Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 80 f.

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2. Kapitel: „Regulatorische Konvergenz“

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Telekommunikationsgesetzes sind, die ganz in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen oder telekommunikationsgestützte Dienste nach § 3 Nr. 25 des Telekommunikationsgesetzes oder Rundfunk nach Satz 1 und 2 sind,“ erfasst werden. Auch das TMG enthält keine darüber hinausgehende genauere Begriffsbestimmung.390 Unter diese Begrifflichkeit können sowohl Medien der Individualkommunikation als auch Massenmedien mit Bedeutung für die individuelle und öffentliche Meinungsbildung fallen.391 Deshalb sind im RStV verschiedene Untergruppen von Telemedien zu finden („rundfunkähnliche Angebote“, „journalistisch- redaktionell gestaltete Angebote vorn Telemedien“, „vergleichbare Telemedien“).392 Demnach hat der Gesetzgeber Telemedien einer unterschiedlich strengen Regulierung unterworfen, je nach Grad des ihnen zugerechneten Einflusspotentials auf die öffentliche und individuelle Meinungsbildung.393 (c) Sonstige Dienste Telekommunikationsdienste und telekommunikationsgestützte Dienste sind ebenfalls von den vorgenannten Kategorien abgrenzbar. Telekommunikationsdienste sind „in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen“ (§ 3 Nr. 24 TKG). Diese Dienste fallen nur dann nicht in den Anwendungsbereich des TMG bzw. RStV, wenn sie ganz in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 TMG; § 2 Abs. 1 Satz 3 RstV).394 Telekommunikationsgestützte Dienste (§ 3 Nr. 25 TKG) haben zumindest auch eine Inhaltsleistung, die während des Telekommunikationsvorgangs erbracht wird, zum Gegenstand.395 Dieser Begriff soll Dienste erfassen, die nicht mittels der herkömmlichen Sprachtelefonie in Anspruch genommen werden. Gemeint sind damit insbesondere (Mehrwertdienste-)Rufnummern bzw. Kurzwahlen.396 Überschneidungen zum Rundfunk- bzw. Telemedienbegriff sind hier nur schwer vorstellbar.

390

Zur Aufnahme audiovisueller Mediendienste auf Abruf in das TMG: Seidl/Maisch, K&R 2011, 11 ff. Vgl. die Beispiele bei BeckOK InfoMedienR/Martini, RStV, § 2, Rn. 11; Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 2, Rn. 42. 392 Zu den unterschiedlichen Kategorien von Telemedien: Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 89 ff.; Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 2, Rn. 46 ff.; Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 82 ff. 393 Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 83. 394 Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 101; Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 2, Rn. 50. 395 Spindler/Schuster/Ricke, Recht der elektronischen Medien, TKG, § 3, Rn. 41. 396 Z.B. Auskunftsdienste, entgeltfreie Telefondienste, Service-Dienste, Kurzwahldienste (Kurzwahldaten- und Kurzwahlsprachdienste), Massenverkehrsdienste, Neuartige Dienste und Premium-Dienste, vgl. Ditscheid, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, § 3, Rn. 81. 391

II. Medienrechtliche Einordnung

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(2) Prägung durch das Unionsrecht Bereits die Gesetzesbegründung zum 12. RÄndStV lässt deutlich werden, dass die darin enthaltene Neuregelung der Begriffsbestimmungen dem Ziel der Umsetzung der AVMD-RL dient.397 Deshalb erschließt sich die nationale Rechtslage erst mit Blick auf die Vorgaben auf Unionsebene.398 Ziel der Richtlinie ist die Schaffung eines einheitlichen Rechtsrahmens für alle audiovisuellen Mediendienste.399 Grundvoraussetzungen für die Eröffnung des Anwendungsbereichs der Richtlinie ist daher das Vorliegen eines audiovisuellen Mediendienstes i.S.d. Art. 1 Abs. 1 AVMD-RL. Dabei unterscheidet die Richtlinie auf erster Ebene zwischen Fernsehprogrammen gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. e) AVMD-RL und fernsehähnlichen Abrufdiensten gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. g) AVMD-RL.400 Daneben enthält die Richtlinie gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. h AVMD-RL auch Regelungen zur audiovisuellen kommerziellen Kommunikation. Als Reaktion auf die Konvergenzentwicklung verfolgt die AVMD-RL einen technologieneutralen Ansatz der Inhalteregulierung, d.h. weder der Übertragungsweg noch die Übertragungstechnik sind für die rechtliche Einordnung eines Dienstes von Relevanz.401 Allerdings sind auch die unionsrechtlichen Begrifflichkeiten keineswegs inhaltsneutral ausgestaltet.402 Art. 1 Abs. 1 AVMD-RL versteht unter einem audiovisuellen Mediendienst „eine Dienstleistung im Sinne der Artikel 56 und 57 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, bei der der Hauptzweck der Dienstleistung oder ein trennbarer Teil der Dienstleistung darin besteht, unter der redaktionellen Verantwortung eines Mediendiensteanbieters der Allgemeinheit Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung über elektronische Kommunikationsnetze im Sinne des Artikels 2 Buchstabe a der Richtlinie 2002/21/EG bereitzustellen.“403 Dabei meint „Innehaben redaktioneller Verantwortung“ gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. c) AVMD-RL, dass der Anbieter sowohl die Kontrolle über die Sendungszusammenstellung als auch deren Bereitstellung für die Rezipienten haben muss.404 Ausschlaggebend für die Regulierungsbedürftigkeit ist bereits die Möglichkeit effektiver Einflussnahme auf inhaltliche Belange.405 397

Begründung zum 12. RÄStV, LT-NW-Drs. 14/8630, S. 54; Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 59 f.; BeckOK InfoMedienR/Martini, RStV, § 2, Rn. 3. 398 Ähnlich Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 59 f. 399 Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 29; Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 60; Seidl/Maisch, K&R 2011, 11 (12); Schulz, EuZW 2008, 107 (107 f.) unter Verweis auf die Erwägungsgründe (insbesondere Erwägungsgrund Nr. 11 a.F.). 400 Vgl. Erwägungsgründe Nr. 24 und 27 AVMD-RL a.F. 401 Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (319); Giurgiu/Metzdorf, in: Big-Data - Tagungsband der DSRI (2014), 709 (712); Schütz, MMR 2009, 228 (231); Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 41; Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 61 f. 402 Schütz, MMR 2009, 228 (231). 403 Umfassend zu den Tatbestandsmerkmalen: Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 32 ff. 404 Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (319); zum Verhältnis zum Merkmal des „Sendeplans“ in § 2 Abs. 1 S. 1 RStV: Binder/Vesting/Schulz, Rundfunkrecht, RStV, § 2, Rn. 42b. 405 Schulz, EuZW 2008, 107 (109).

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2. Kapitel: „Regulatorische Konvergenz“

Insbesondere die Tatbestandsmerkmale der „redaktionellen Verantwortung“ und der Ausrichtung an die „allgemeine Öffentlichkeit“ und die damit verbundene Einordnung als Massenmedium mit Wirkmacht lassen die Meinungsbildungsrelevanz und Vielfaltsbezogenheit der Dienste deutlich werden, wobei der Zweck der Regulierung stärker auf die Relevanz für den Binnenmarkt als auf eine an den genannten Merkmalen orientierte Inhalteregulierung nach deutschem Modell gerichtet ist.406 Grundsätzlich umfasst dieser Begriff sowohl Fernsehdienste als auch Mediendienste auf Abruf.407 Erst die an den Begriff des audiovisuellen Mediendiensts anknüpfende Unterscheidung zwischen linearen und nicht-linearen Diensten trifft eine Unterscheidung für die Regelungsintensität.408 Auch die Unterscheidung zwischen Fernsehprogrammen und audiovisuellen Mediendiensten auf Abruf wird anhand dieses technischen Kriteriums vorgenommen.409 Allerdings wird erst durch das Abstellen auf das Vorliegen eines „Massenmediums“ an die nationale Zwecksetzung, der Relevanz von Inhalten für die öffentliche und individuelle Meinungsbildung Rechnung zu tragen, angeknüpft.410 Diese Anknüpfung bleibt allerdings unspezifisch und nicht auf die Wirkkraft audiovisueller Medien bezogen, da die Definition eines „Massenmediums“ auch auf die (Druck-)Presse zutrifft. Wird ein Dienst von der AVMD-RL, insbesondere aufgrund der fehlenden Audiovisualität, nicht erfasst, so ist regelmäßig zumindest der Anwendungsbereich der EC-RL eröffnet.411 Die EC-RL erfasst gemäß Art. 2 a) „Dienste der Informationsgesellschaft“, die eine Dienstleistung bezeichnen, die „in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers“ erbracht wird. Das hier zentrale Kriterium des individuellen Abrufs durch den Rezipienten findet sich allerdings auch in der AVMD-RL bei audiovisuellen Mediendiensten auf Abruf wieder. In diesem Überschneidungsbereich beider Richtlinien gehen nach der Kollisionsnorm des Art. 4 Abs. 8 AVMD-RL die Regelungen der AVMD-RL vor, soweit diese selbst nichts anderes bestimmt.412 Die AVMD-RL gibt bei den Dienste- und Inhaltekategorien ein „System abgestufter Regelungsdichte“ vor413, das sich in der Abgrenzung zur EC-RL fortsetzt und auch im 406 Schulz, EuZW 2008, 107 (109); Schütz, MMR 2009, 228 (231); vgl. auch Erwägungsgrund Nr. 21 der AVMDRL a.F.; zurückhaltender: Castendyk/Böttcher, MMR 2008, 13 (15); Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 62 f. In diesem Punkt könnten ansonsten Probleme bei der Abgrenzung der Rechtssetzungskompetenzen der Union und der Mitgliedstaaten bestehen. 407 Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 64. 408 Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (322). 409 Schmid/Kitz, ZUM 2009, 739 (740); Castendyk/Böttcher, MMR 2008, 13 (15) mit dem Hinweis auf die Angleichung zur urheberrechtlichen Abgrenzung (§ 20 UrhG und § 19a UrhG). 410 Schütz, MMR 2009, 228 (231 f.). 411 Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (322); Giurgiu/Metzdorf, in: Big-Data - Tagungsband der DSRI (2014), 709 (715); zur Abgrenzung zwischen AVMD-RL und EC-RL: Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 44 ff.; Schulz, EuZW 2008, 107 (108); Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 69. 412 Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 69; Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 46. 413 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 15 AVMD-RL a.F.; Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (322); Giurgiu/Metzdorf, in: Big-Data - Tagungsband der DSRI (2014), 709 (715); Wagner, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 325 (333); Hoeren/Sieber/Holznagel,

II. Medienrechtliche Einordnung

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deutschen Recht übernommen wurde.414 Dieses Prinzip basiert auf der Grundannahme der unterschiedlichen Auswirkungen verschiedener Medienformen auf die individuelle und öffentliche Meinungsbildung, welches für die nationalen Regelungen durch verfassungsrechtliche Vorgaben untermauert wird.415 An dieser grundsätzlichen Abgrenzung ändert sich auch unter der reformierten AVMDRL416 nichts. Es wird lediglich mit Blick auf die besondere Bedeutung und Nutzung von Videosharingplattformen, wie z.B. YouTube, eine Ausweitung der Regulierung mit Blick auf den Rechtsgüterschutz (Werberegulierung, Verbraucherschutz, Jugendschutz) vorgenommen. Die sonstige Abgrenzung zwischen linaren audiovisuellen Mediendiensten und audiovisuellen Mediendiensten auf Abruf bleibt hingegen bestehen.417 2) Juristische Probleme bei der Einordnung einer „Mischform“ Will man inhaltsbezogene Connected-TV-Angebote in die genannten Kategorien (siehe oben, 2. Kap. II. 1) b.) einordnen, sind zunächst die Anforderungen der AVMD-RL aufzugreifen und ist in einem zweiten Schritt zu klären, ob das umsetzende nationale Recht weitergehende Anforderungen an die Angebote stellt. Im Folgenden soll ein Überblick über die Einordnung der gängigen Angebotstypen in die dargestellten Regelungssysteme vorgenommen werden, wobei zwischen den verschiedenen Erscheinungsformen von Connected-TV-Angeboten unterschieden werden muss. a. Einordnung von Connected-TV-Angeboten anhand der AVMD-RL (1) Einordnung von sendergesteuerten Inhalten HbbTV-Angebote als sendergesteuerte Connected-TV-Angebote (siehe oben, 1. Kap. V. 1)) erscheinen zunächst also als programmbezogenes Zusatzangebot418, das vom jeweiligen Inhalteanbieter bzw. Sender angeboten und dessen Grundaktivierung mit dem Rundfunksignal übertragen wird, ehe es durch die Aktivierung über den Red-Button über das Internetprotokoll auf dem Endgerät zugänglich gemacht wird.419 Aus regulatorischer Sicht handelt es sich mithin um zwei unterschiedliche Dienste eines Anbieters:

MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 30 mwN; Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 62 f.; zu Reformüberlegungen: Holznagel, MMR 2014, 18 (20 f.); derzeit existieren allerdings in der AVMD-RL nur zwei Stufen, vgl. Schulz, EuZW 2008, 107 (108). 414 Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 75; Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (323); kritisch hinsichtlich der Konsistenz der Umsetzung der Linearität als klaren Abgrenzungskriterium: Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 126 ff. mit anschaulichen Beispielen. 415 Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 30; Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 63; Schmid/Kitz, ZUM 2009, 739 (741). 416 RICHTLINIE (EU) 2018/1808 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 14. November 2018, abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32018L1808&from=EN (Stand: 07.01.2019, 19:07 Uhr). 417 Gundel, ZUM 2019, 131 (132); Cornils, ZUM 2019, 89 (99). 418 Das schließt etwa die Mediatheken-Apps der Sender in den Endgeräteportalen aus. Diese fallen unter die Kategorie der „Angebote auf Connected-TV-Endgeräten“. 419 Dreyer, tv diskurs, 48 (50); Keber, RDV 2013, 236 (237 f.)

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2. Kapitel: „Regulatorische Konvergenz“

Einerseits ein linearer Rundfunkdienst und andererseits ein nicht-linearer „HbbTV-Telemediendienst“.420 Diese Unterscheidung kann anhand des in Erwägungsgrund 27 der AVMD-RL genannten Abgrenzungsmerkmals der „eindeutigen Unterscheidbarkeit“ nachvollzogen werden.421 Der Erwägungsgrund stellt klar, dass die Richtlinie auf jeden Dienst einzeln Anwendung findet, obwohl diese „parallel angeboten werden“, sofern diese „eindeutig unterscheidbar“ sind.422 Das bedeutet, dass nur solche Inhalte, die vollkommen parallel oder sogar simultan auf einem Gerät angeboten werden und als Einheit und damit nicht eindeutig unterscheidbar angesehen werden, den strengeren Regelungen für Fernsehdienste unterfallen müssen.423 Diesen Grad an fehlender Unterscheidbarkeit weisen HbbTV-Angebote allerdings nicht auf. Eine einheitliche Einordnung solcher sendergesteuerten HbbTV-Inhalte als Rundfunk daher ist abzulehnen, weil die über das IP-Signal aus dem laufenden Rundfunkprogramm zugänglich gemachten Inhalte vom linearen Rundfunkprogramm klar unterscheidbar sind, selbst wenn diese parallel in einem Split-Screen dargestellt werden. Für sich betrachtet lässt die Darstellung auf einem Bildschirm keine Rückschlüsse auf die an Inhalten orientierte Kategorisierung und die daran anknüpfenden Regelungsregimes zu. Bei einer eindeutigen Unterscheidbarkeit, insbesondere wenn diese Anhand der gesetzlichen Kategorien (audiovisuell oder Text, linear oder nicht linear) nachvollzogen werden kann, ist eine Gesamtbetrachtung des Angebotes eines Anbieters auch aus Gründen der Rechtssicherheit nicht vorzunehmen.424 Demnach muss das HbbTV-Angebot einer vom Rundfunkprogramm des Inhalteanbieters getrennten und einzelfallorientierten Einordnung zugeführt werden.425 HbbTV-Angebote der Sender sind prinzipiell in jeder der zuvor beschriebenen Kategorien von Mediendiensten (siehe oben, 2. Kap. II. 1) b.) möglich, sodass ein Sender nach seinem Ermessen die HbbTV-Technik variabel einsetzen kann. Wird im HbbTV-Angebot eines Senders eine Mediathek zugänglich gemacht, so ist darüber gleichzeitig der Zugriff auf audiovisuelle Fernsehdienste in Form eines Livestreams eröffnet. Genauso sind Near-Video-on-demand-Angebote möglich, wenn die über die Mediathek zugänglich gemachten audiovisuellen Inhalte nicht individuell, sondern in einer bestimmten Wiederholungsschleife an alle an den Übertragungsweg angeschlossen Rezipienten ausgestrahlt werden.426 Den überwiegenden Teil machen solche

420

Dreyer, tv diskurs, 48 (51). Giurgiu/Metzdorf, in: Big-Data - Tagungsband der DSRI (2014), 709 (712). Giurgiu/Metzdorf, in: Big Data & Co. (2014), 709 (712). 423 Giurgiu/Metzdorf, in: Big Data & Co. (2014), 709 (712); ähnlich WD 10 – 3000-022/12, S. 9 f. 424 A.A. unter der Darsettlung des Beispiels einer Homepage Waldenberger, MMR 1998, 124 (125). 425 Hofmann, Der Red Button im Rundfunkrecht (2008), S. 130; im Ergebnis so auch Giurgiu/Metzdorf, in: Big Data & Co. (2014), 709 (712), wobei die Begründung unscharf bleibt. 426 Seidl/Maisch, K&R 2011, 11 (14); Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52d, Rn. 31; Hofmann, Der Red Button im Rundfunkrecht (2008), S. 64, 84 ff. Zur Einordnung unter den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff, vgl. Kuper, IPTV (2009), S. 48 f. 421

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II. Medienrechtliche Einordnung

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Angebote aus, die dem Nutzer die Kontrolle über Zeitpunkt und Reichweite des Angebots durch individuellen Abruf überlassen und bei denen es somit keinen senderseitigen chronologischen Sendeplan gibt.427 In diesem Fall kann es sich nur um fernsehähnliche Abrufdienste gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. g) AVMD-RL handeln. Die redaktionelle Verantwortung des Anbieters des HbbTV-Angebots für die Zusammenstellung der Sendermediathek liegt hingegen durch die Katalogisierung und Listung der abrufbaren Inhalte durchaus vor. Auch die Fernsehähnlichkeit dürfte bei Angeboten in einer Mediathek zu bejahen sein, weil der Sender das gleiche (Fernseh-)Publikum ansprechen will.428 Die in den Sender-Mediatheken zugänglich gemachten Inhalte in Form von im Fernsehprogramm verbreiteten Sendungen auf Abruf oder anderen fernsehähnlichen Videos in redaktioneller Gestaltung429 sind audiovisuell. Da gemäß Erwägungsgrund Nr. 23 AVMD-RL a.F. Hörfunkdienste vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen sind, werden reine Audio-Angebote (z.B. als Pod-Cast oder Radio-Livestream) in den Mediatheken vom unionsrechtlichen Regulierungsumfang nicht erfasst.430 Der überwiegende Teil der über HbbTV zugänglich gemachten audiovisuellen Bestandteile der Mediatheken sind allerdings als audiovisuelle Angebote auf Abruf einzuordnen.431 Daneben ermöglicht HbbTV aber auch einen „Videotext 2.0“432, der die Onlineauftritte der Sender oder Teile davon zugänglich macht. Dies kann über ein mittels der RedButton-Funktion aufrufbares Portal geschehen oder ist in das konkrete Umfeld der Sendung eingebunden und kann aus dem laufenden Programm über den Red-Button als sendungsbezogene Informationen aufgerufen werden. Bei textgestützten Inhalten unterscheidet die AVMD-RL zwischen Untertiteln, EPGs und eigenständigen textgestützten Diensten.433 Textgestützte Angebote sind nur erfasst, wenn sie „Sendungen begleiten“.434 Es sollen also keine Dienste erfasst werden, deren Hauptzweck nicht in der Bereitstellung von Programmen liegt, sodass audiovisuelle Inhalte nur eine Nebenerscheinung sind.435 Auch hier ist wiederum eine Einzelfallbetrachtung je nach Angebot und dessen Ausgestaltung vorzunehmen.436 Sind tatsächlich sendungsbegleitende Zusatzinformationen (beispielsweise zu einem im linearen Programm übertragenen Spielfilm) über HbbTV und das Drücken des Red-Buttons abrufbar437, wäre nach dieser

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Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (320). Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (320). Umfassende Beispiele bei Amlung/Fisch, ZUM 2009, 442 (443 ff.); vgl. auch Merschmann, epd medien 10/2011, 6 (6 ff.). 430 Binder/Vesting/Schulz, Rundfunkrecht, RStV, § 20b, Rn. 3. 431 Im Ergebnis ebenso: Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (320); ausführlich zur deutschen Rechtslage: Hofmann, Der Red Button im Rundfunkrecht (2008), S. 84 ff. 432 Bezeichnung bei Hansen/Janssen, c’t 23/2010, 104 (105). 433 Erwägungsgrund Nr. 23 AVMD-RL a.F. 434 Erwägungsgrund Nr. 23 AVMD-RL a.F. 435 EuGH, Urteil vom 21.10.2015, C-347/14, EuZW 2016, 238 (239 ff.); BeckOK InfoMedienR/Fiedler, RStV, § 58, Rn. 33; Seidl/Maisch, K&R 2011, 11 (14); kritisch zum Merkmal des „Hauptzwecks“: Schulz, EuZW 2008, 107 (109). 436 Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (320); EuGH, Urteil vom 21.10.2015, C347/14, EuZW 2016, 238 240). 437 So der Hauptzweck eines „HbbTV-Portals“ laut Dreyer, tv diskurs 56, 48 (50 f.).

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2. Kapitel: „Regulatorische Konvergenz“

Abgrenzung ein solches Angebot ebenfalls dem Geltungsbereich der AVMD-RL unterworfen. Insoweit wäre eine Vergleichbarkeit zu Untertiteln gegeben, weil solche sendungsbegleitenden HbbTV-Informationen zumeist auch über eine Bild-im-Bild-Darstellung (z.B. Split Screen) zugänglich gemacht werden.438 Wird allerdings auf einen weitergehenden und umfassenden Internetauftritt des Senders über HbbTV verwiesen, ist eine Vergleichbarkeit mit dem „klassischen“ Videotext ohne Sendungsbezug gegeben. Ein solcher „ smarter Fernsehtext“ hat eine eigenständige vom Hauptangebot unabhängige Funktion.439 Insoweit ist das HbbTV-Angebot mit Online-Auftritten der Presse vergleichbar, die von der AVMD-RL gerade nicht erfasst werden sollen.440 Solche „einfachen Websites“ sind lediglich als „Dienste der Informationsgesellschaft“ im Sinne der EC-RL einzuordnen.441 Über HbbTV können auch Social-Media-Anwendungen oder andere internetgestützte interaktive Dienste (z.B. Abstimmungen) zugänglich gemacht werden (siehe oben, 1. Kap. V. 1)). Diese sind zumeist in einer Verbindung zur laufenden Sendung mittels des Red-Buttons abrufbar, sodass sie als „sendungsbegleitend“ und damit als von der AVMD-RL erfasst anzusehen sind.442 Anders wäre dies nur, wenn sie ohne jeglichen Bezug zum Programm eingesetzt werden. Dann weisen solche Angebote allerdings keine audiovisuellen Inhalte als Hauptzweck auf und sind der EC-RL zuzuordnen. Letztlich ist auch bereits die Einblendung des Red Buttons danach zu beurteilen, ob er mit Textelementen oder Bewegtbild untrennbar verbunden ist.443 Soweit lediglich die Einblendung eines roten Punktes vorgenommen wird, handelt es sich nicht um einen audiovisuellen Mediendienst.444 (2) Einordnung von Angeboten in Portalen auf Connected-TV-Endgeräten Einer eigenen Betrachtung müssen auch die sonstigen Angebote auf Connected-TVEndgeräten und darunter insbesondere die Anwendungen in den Portalen der Endgerätehersteller oder sonstigen Portalbetreiber unterzogen werden. Zunächst stellt ein App-Portal als solches lediglich eine Software dar, welche mit Inhalten über das IP-Signal gespeist wird, und die auch ohne Internetzugang funktionieren muss.445 Wird das Portal über das IP-Signal gehostet, so ist dies mit einer voreingestellten Startseite vergleichbar, sodass eine Einordnung als einfacher „Dienst der 438 Jurran/Kuhlmann, c’t 23/2010, 108 (110); Home electronics, Alles über Smart TV (2012), S. 15; Berger, CR 2012, 306 (307). 439 Insoweit zum Teletext: Kogler, K&R 2011, 621 (624 f.); andere Tendenz bei Müller, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 15 (18): „verschmolzen und nahtlos als ein Dienst und Service“. 440 Erwägungsgrund Nr. 28 AVMD-RL a.F. 441 Für eine Gesamtbetrachtung aller auf einer Website befindlichen Inhalte Waldenberger, MMR 1998, 124 (125). 442 Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (320); Seidl/Maisch, K&R 2011, 11 (13); nach deutscher Rechtslage sind es Telemedien: Hofmann, Der Red Button im Rundfunkrecht (2008), S. 97 f. 443 Hofmann, Der Red Button im Rundfunkrecht (2008), S. 84. 444 Hofmann, Der Red Button im Rundfunkrecht (2008), S. 84: nach deutschen Recht wäre der Red Button dann als Telemedium zu qualifizieren. 445 Dreyer, tv diskurs 56, 48 (51).

II. Medienrechtliche Einordnung

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Informationsgesellschaft“ im Sinne der EC-RL vorzunehmen ist.446 Dies gilt sowohl für die softwareseitigen App-Portale der Endgeräteherstelle als auch für die HbbTV-basierten Portale sonstiger Portalbetreiber. Die einzelnen Anwendungen im Portal und damit die eigentlichen Inhalte sind von dieser Grundstruktur „eindeutig unterscheidbar“, sodass sie einer gesonderten Betrachtung und Einordnung unterzogen werden müssen.Auch dabei kommt es nicht auf die Einordnung der Erscheinungsform „App“ an, weil diese nur die Übertragungsmodalität im Sinne der für den Fernseher angepassten Darstellungsweise für den Inhalt darstellt.447 Es geht um die Einordnung des über die App zugänglich gemachten Inhalts, wobei diese unabhängig vom Endgerät ist, weil alle Arten von Inhalten auch als App realisierbar sind.448 Bei Apps, die audiovisuelle Inhalte zugänglich machen, ist zu differenzieren: Die Inhalte in Apps, vor allem die Mediatheken der Rundfunkveranstalter449, fallen unter den Begriff des audiovisuellen Mediendienstes auf Abruf.450 Die Inhalte derjenigen Apps, die den Zugriff auf Livestreaming (z.B. Zattoo-App) ermöglichen, erfüllen hingegen die Merkmale des Rundfunkbegriffs.451 Sobald aber die Mediathek-App neben audiovisuellen Inhalten auch andere (text-gestützte) Inhalte wie Artikel oder Fotos anbietet, muss geklärt werden, ob der Hauptzweck des Dienstes, unabhängig von dem Rahmen, in dem er angeboten wird, die Bereitstellung von Sendungen ist.452 Das würde dazu führen, dass die Bündelung der Inhalte in einer App als eigener Dienst einzuordnen wäre und über die zuvor dargestellte Funktion als Übertragungsstruktur hinaus geht. Dagegen spricht allerdings, dass die Inhalte innerhalb der App eindeutig unterscheidbar sind. Handelt es sich demnach um ein gemischtes Angebot oder ein Angebot, das hauptsächlich Textangebote beinhaltet, kommt es zu einer differenzierten Betrachtung der einzelnen Angebote innerhalb der App; eine solche kann Inhalte aller Kategorien der AVMD-RL, auch Fernsehangebote beim Angebot von Livestreams, und der EC-RL beinhalten.453 Bei Apps, die „reine“ VoD-Angebote (z.B. Maxdome, Netflix, Amazon Instant Video) von Anbietern, die sonst nicht auf dem Rundfunkmarkt tätig sind, beinhalten, spielen für die Einordnung insbesondere die Merkmale der redaktionellen Verantwortung und der linearen oder nicht-linearen Übertragung eine Rolle. Handelt es sich um VoD446

Dreyer, tv diskurs 56, 48 (51). Dreyer, tv diskurs 56, 48 (50); Giurgiu/Metzdorf, in: Big Data & Co. (2014), 709 (713); wohl a.A. mit der Argumentation am Beispiel der Website: Waldenberger, MMR 1998, 124 (125). 448 Dreyer, tv diskurs 56, 48 (51); vgl. zu den App-Angeboten Deutsche TV-Plattform, Marktanalyse Smart-TV (2013), S. 9. 449 Verständnis der Mediathek i.S.v. Amlung/Fisch, ZUM 2009, 442 (443 ff.). 450 Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (322). 451 Modot/Lamber/Moullier, in: Herausforderungen von „Connected-TV“ – Themenpapier, im Auftrag des Ausschusses für Kultur und Bildung des Europäischen Parlaments, Generaldirektion Interne Politikbereiche, Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik, Kultur und Bildung (2013), S. 15 weisen sogar auf die Entwicklung von „Apps als Ersatz für Fernsehkanäle“ hin. 452 Vgl. Erwägungsgründe 22 und 23 AVMD-RL a.F.; dazu nun EuGH, Urteil vom 21.10.2015, C-347/14. 453 So nun auch EuGH, Urteil vom 21.10.2015, C-347/14 zur Website eines Presseunternehmens, auf der auch audiovisuelle Inhalte zugänglich gemacht wurden; a.A. Waldenberger, MMR 1998, 124 (125). 447

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2. Kapitel: „Regulatorische Konvergenz“

Angebote, sind diese grundsätzlich in ihrer typischen Form als Abrufdienste und somit als nicht-lineare Dienste zu qualifizieren. Allerdings könnte auch hier die Zugehörigkeit zur AVMD-RL unter dem Tatbestandsmerkmal der redaktionellen Verantwortung bezweifelt werden. In der derzeitigen Regulierung ist daher eine Unterscheidung zwischen redaktionell gestalteten VoD-Angeboten und user-generated-Videoportalen/Videosharingplattformen (wie z.B. YouTube)454 angelegt. Die „Videoplattformen“ mit user-generated-Content fielem bis zur Reform der Richtlinie Ende 2018 aus dem Anwendungsbereich der AVMD-RL heraus.455 Diese Betrachtungsweise führte dazu, dass die Inhalte auf YouTube, obwohl sie unzweifelhaft alle als audiovisuell einzuordnen sind, bei einer Einzelbegutachtung unterschiedlichen Regelungskategorien zuzuordnen waren.456 Deshalb wurde eine stärkere Orientierung an dem Merkmal, ob ein Inhalt für einen wesentlichen Teil der Allgemeinheit bestimmt ist und durch seine Aufmachung redaktionellen Fernsehbeiträgen gleicht, gefordert.457 Gerade die Entwicklung des Videoportals YouTube zeigt die Massenwirksamkeit und -rezeption von VoD-Angeboten, die ursprünglich in weiten Teilen user-generated waren und nun von allen möglichen Anbietern, u.a. auch professionellen redaktionellen Inhalteanbietern wie Rundfunkanstalten, eingestellt werden.458 Deshalb unterwirft die geänderte AVMD-RL auch Videoplattformen einer rechtsgüterbezogenen Regulierung (Art. 28a f.).459Aber auch bei den auf den ersten Blick redaktionell gestalteten VoD-Angeboten könnte eine Zuordnung zur AVMD-RL daran scheitern, dass deren Sortierung und Ausrichtung durch Algorithmen vorgenommen wird und es somit an einer redaktionellen Leistung des Inhalteanbieters fehlt.460 Dieses Argument scheint unter dem Gesichtspunkt der Einflussnahme durch den Nutzer gerechtfertigt. Dem ist entgegen zu halten, dass die Einflussnahme des Rezipienten nur entlang der Funktionen des Algorithmus vorgenommen werden kann. Über den Algorithmus hat aber der Inhalteanbieter die Kontrolle. Deshalb kann es für die Einordnung nicht darauf ankommen, ob er sein VoD-Angebot mittels „manueller“ Redaktion inhaltlich ausrichtet oder diese Redaktionsfunktion anhand eines von ihm programmierten Algorithmus auf technischer Ebene übernimmt.461 Insoweit ist die Katalogisierung und Sortierung dem Inhalteanbieter zurechenbar. Zudem sind Rezipienten am ehesten bereit, für die Leistung des VoD-Anbieters auch eine monetäre

454

Dazu Yliniva-Hoffmann/Matzneller, IRIS plus, 2010-5, 3 (13 ff.). Seidl/Maisch, K&R 2011, 11 (14); Blázquez/Capello/Fontaine/Valais, IRIS plus, 2016-1, 1 (28). Seidl/Maisch, K&R 2011, 11 (14). 457 Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (321); zur Bewertung dahingehender Abgrenzungskriterien durch britische Regulierungsbehörden: Kogler, K&R 2015, 90 (92 f.); dazu nun auch EuGH, Urteil vom 21.10.2015, C-347/14, EuZW 2016, 238 ff.; zur Reformdebatte der AVMD-RL: Hartmann, MMR-Aktuell 2016, 378714. 458 Weiterführend: Gugel, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2014, 19 (19 ff.). 459 RICHTLINIE (EU) 2018/1808 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 14. Novemhttps://eur-lex.europa.eu/legal-conber 2018, abrufbar unter: tent/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32018L1808&from=EN (Stand: 07.01.2019, 19:07 Uhr). 460 Giurgiu/Metzdorf, in: Big Data & Co. (2014), 709 (713 f.). 461 So auch Giurgiu/Metzdorf, in: Big Data & Co. (2014), 709 (714). 455

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Gegenleistung zu erbringen, was darauf schließen lässt, dass die Leistung des VoD-Anbieters einen Mehrwert für sie darstellt.462 Lediglich wenn ein Überwiegen der Rezipientensteuerung in zeitlicher und vor allem inhaltlicher Hinsicht festzustellen ist, kann ein Angebot nicht mehr als audiovisueller Mediendienst auf Abruf eingeordnet werden.463 In der großen Artenvielfalt an App-Angeboten gibt es aber auch solche, die Zugang zu rein textbasierten Inhalten (z.B. Online-Auftritte von Printmedien) ermöglichen. Solche Angebote fallen, soweit sie nicht durch Videos angereichert sind464, unzweifelhaft allein unter den Anwendungsbereich der EC-RL. „Sendungsbegleitende“ Angebote sind in Apps eher selten anzutreffen. Aber auch hier sind solche Angebote (z.B. eine App, die begleitende Inhalte zu Sportgroßereignissen, parallel zur Übertragung liefert) denkbar, welche dann von der AVMD-RL erfasst wären. Der Großteil dieser Angebote fällt aber unter die EC-RL. Auch die Vielzahl von Angeboten der Individualkommunikation (z.B. E-Mail-Apps, Skype) sind der EC-RL zuzuordnen. Insgesamt zeichnet sich daher auch hier ein uneinheitliches Bild der Einordnung der Angebote in den Connected-TV-Portalen in die geltenden Kategorien ab. b. Einordnung von Connected-TV-Angeboten anhand des RStV Grundsätzlich finden die Kategorien der AVMD-RL für Medieninhalte auch in ihrer Umsetzung im RStV Niederschlag. Allerdings eröffnet Art 4 Abs. 1 der AVMD-RL den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, eine abweichende strengere Regulierung vorzunehmen, soweit diese mit sonstigem Unionsrecht im Einklang steht. Deshalb ist zu überprüfen, ob die soeben vorgenommene Einordnung im deutschen System der Unterscheidung zwischen Rundfunk und Telemedien teilweise zu Abweichungen zur unionsrechtlichen Einordnung führt.465 Grundsätzlich bleibt es bei der Einordung, dass lineare audiovisuelle Mediendienste im RStV unter den Begriff des Rundfunks fallen. Darunter fallen dann sowohl HbbTVAngebote als auch Apps, die auf audiovisuelle Inhalte verweisen, deren Nutzung nicht durch eine zeitliche Auswahlmöglichkeit durch den Rezipienten beeinflussbar ist und die einem vorgegebenen Sendeschema folgen.466

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Vgl. pwc, Media Trend Outlook, Smart-TV (2013), S. 10. Zu den Kategorien des RStV Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (324). Vgl. Sachverhalt bezogen auf eine Web-Site bei EuGH, Urteil vom 21.10.2015, C-347/14, EuZW 2016, 238 ff. 465 Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (323); noch zur alten Rechtslage: Castendyk/Böttcher, MMR 2008, 13 (17 f.). 466 Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (324); nach Grewe, Mobil TV (2013), S. 115 seien „interaktive Angebote“ generell als Rundfunk einzuordnen. 463

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2. Kapitel: „Regulatorische Konvergenz“

In der deutschen Regelungssystematik besteht hingegen eine Besonderheit bei der Einordnung des sog. Teletextes467. Dieser wird unbestritten als Telemedium und nicht als Annex zum Rundfunkprogramm verstanden.468 Zudem wird auch Hörfunk vom einfachrechtlichen Rundfunkbegriff erfasst, wenn er mittels IP-Signal linear übertragen wird und als Livestream empfangbar ist.469 Das bedeutet, dass die Inhalte in Apps oder auch HbbTV-Angebote (z.B. Angebote der ARD und der in ihr zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten), die ein lineares Hörfunkprogramm veranstalten, als Rundfunk zu qualifizieren sind. Hingegen sind „flankierende“ Zusatzangebote zum eigentlichen Hörfunkprogramm als Telemedien einzuordnen.470 Bei „ausschließlich im Internet“ verbreiteten Angeboten471 realisiert sich das abgestufte Regulierungssytem des RStV in besonderer Weise, da es dem Hörfunk eine geringe Meinungsbildungsrelevanz zuerkennt und ihn daher gemäß § 20b RStV niedrigeren Anforderungen im Vergleich zu audiovisuellen Angeboten unterwirft.472 Ansonsten fallen alle Arten von Abrufangeboten, ob nun audiovisuell, audio- oder textbasiert, unter die Kategorie der Telemedien. Lediglich durch die nähere Ausdifferenzierung der Telemedienangebote wird hier eine Unterscheidung vorgenommen, die sich teilweise auch in der Regulierungsintensität widerspiegelt. Handelt es sich also um ein Angebot, das weder audiovisuelles Bewegtbild noch eine lineare Übertragung der Inhalte vornimmt, wie beispielsweise eine Wetter-App, die Skype-App oder die App zum Onlineauftritt einer Zeitung, so sind auch diese Inhalte als Telemedien einzuordnen.473 Allerdings ist mit Blick auf bestimmte Connected-TV-Angebote relevant, ob Angebote, die formal nicht dem Rundfunkbegriff unterliegen, als „dem Rundfunk zuzuordnende Dienste“ i.S.d. § 20 Abs. 2 RStV einzuordnen sind.474 Grundsätzlich handelt es sich bei § 20 Abs. 2 RStV nur um eine verfahrensrechtliche Vorschrift, die keine inhaltlichen Voraussetzungen für die „Rundfunkähnlichkeit“ aufstellt.475 Die Norm greift auf die Kriterien des Rundfunkbegriffs in § 2 Abs. 1 RStV zurück, wobei der Schwerpunkt weniger bei der unionsrechtlich determinierten Unterscheidung am Merkmal der Linearität als vielmehr bei verfassungsrechtlich geprägten Merkmalen der Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft, welche das Maß der Beeinflussung der individuellen und

Der Teletext enthält „typischerweise kurze zusammenfassende Nachrichten sowie Programm-, Service- und Ratgeberinformationen, die dem Profil des „Trägerprogramms“ entsprechen. Redaktionell werden die Angebote jeweils von eigenen kleinen Textredaktionen generiert und betreut.“ Binder/Vesting, Rundfunkrecht, RStV, § 11b, Rn.141; technisch wird der Teletext in der Austastlücke des Rundfunksignals ausgestrahlt. Vgl. Kogler, K&R 2011, 621 (625). 468 Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 2, Rn. 32; so auch BayVGH, MMR 2014, 348 (349). 469 BeckOK InfoMedienR/Martini, RStV, § 20b, Rn. 2 ff. 470 BeckOK InfoMedienR/Martini, RStV, § 20b, Rn. 7. 471 Kritisch zum Begriff des Internets als „offenes Internet“ und nicht als alleinige Anknüpfung an die Übertragung mittels IP-Signal: Binder/Vesting/Schulz, Rundfunkrecht, RStV, § 20b, Rn. 5. 472 Binder/Vesting/Schulz, Rundfunkrecht, RStV, § 20b, Rn. 2, 4. 473 Dreyer, tv diskurs, 48 (51). 474 Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (325). 475 Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (325). 467

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öffentlichen Meinungsbildung durch einen Dienstes abbilden sollen, liegt. 476 Deshalb muss bei der Anwendung dieser Norm weiterhin auf den Kriterienkatalog der DLM zurückgegriffen, wonach „ein Informations- und Kommunikationsdienst umso rundfunktypischer ist, je höher die Wirkungsintensität der verbreiteten Inhalte ist, je stärker die redaktionelle Gestaltung der Inhalte ist, je realitätsnäher die Inhalte präsentiert werden und je größer seine Reichweite und seine gleichzeitige Rezeptionsmöglichkeit/tatsächliche Nutzung ist und je weniger Interaktivität des Nutzers den Rezeptionsvorgang bestimmt (Indiz: Passivität des Nutzungsverhaltens)“.477 Unter diesen Prämissen ist diskussionswürdig, inwieweit die „Eins-zu-Eins-Verlagerung“ von klassischen Rundfunkinhalten in VoD-Portale478, welchen gerade durch Connected-TV-Geräte bedeutende Ausgabewege eröffnet werden, in die von § 20 Abs. 2 RStV angeordnete strengere Regulierung fallen, obwohl das Merkmal der Linearität nicht vorliegt.479 Diese Norm und das Merkmal der „Fernsehähnlichkeit“480 zeigen deutlich, dass das Kriterium der Linearität bei konvergenten Inhalten und Endgeräten zwar eine Abgrenzung ermöglicht, wobei deren Grenzziehung unter der Zielsetzung der Rundfunkregulierung aber höchst angreifbar bleibt.481 So ist auch unter der Systematik des § 20 Abs. 2 RStV, die Aufteilung eines Gesamtangebots möglich (Wortlaut: „wenn und soweit“). Allerdings wird auch bei dieser Norm deutlich, dass die Systematik der Regelungen im RStV und im TMG die technischen Möglichkeiten der Aufteilung von Telemedien in unterschiedliche, gleichzeitig rezipierbare Elemente nicht vollständig erfasst.482 c. Zwischenfazit: Einzelfallbetrachtung Damit ist festzuhalten, dass auch bei Connceted-TV-Anwendungen nach derzeitiger Rechtslage eine getrennte Einordnung verschiedener Medieninhalte auf demselben Endgerät vorgenommen werden kann, auch wenn diese technische Entwicklung bei der Schaffung der AVMD-RL in ihrer derzeitigen Gestalt noch keine Berücksichtigung gefunden hat.483 Bei der rechtlichen Kategorisierung einer audiovisuellen Medienform kommt es nach geltendem Recht auf eine Einzelbetrachtung der jeweiligen Angebote an. So ist ein Streaming-Dienst, obwohl er auf ein und demselben Fernsehgerät, über die gleiche Einstiegsmaske neben dem Programm eines klassischen Fernsehsenders zugänglich ist, 476

Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 20, Rn. 8; Binder/Vesting/Schulz, Rundfunkrecht, RStV, § 20, Rn. 62 f. 477 DLM, Drittes Strukturpapier zur Unterscheidung von Rundfunk und Mediendiensten, S. 7 ff., Ziff. 2.4.1. und 2.4.2.; Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 20, Rn. 9; darauf auch bei der generellen Einordnung abstellend Dörr/HK-RStV, Bd. I, B 5, § 2 RStV, Rn. 23. 478 Vgl. Einordnung bei Deutsche TV-Plattform, White Book Hybrid TV/Smart TV (2012), S. 9: „Dienste mit unmittelbarem, mittelbarem oder ohne Bezug zum Rundfunk-Angebot“. 479 Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (326). 480 Zur Problematik dieser Begrifflichkeit im deutschen Recht mit anschaulichen rechtsvergleichenden Beispielen: Kogler, K&R 2015, 90 (90 ff.). 481 So im Ergebnis auch Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (326 f.). 482 Binder/Vesting/Schulz, Rundfunkrecht, RStV, § 20, Rn. 72. 483 Kogler, K&R 2011, 621 (622).

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2. Kapitel: „Regulatorische Konvergenz“

immer noch als Telemedium einzuordnen. Lediglich die sogenannten Near-video-ondemand-Angebote werden aus dieser Gruppe herausgehoben. Diese klare Trennung bleibt auch dann noch bestehen, wenn die linearen Rundfunkinhalte der Rundfunkanbieter mit HbbTV-Funktionalitäten angereichert werden. Konkret bedeutet dies, dass sobald inmitten des konservativ ausgestrahlten Fernsehprogramms über den Red-Button der Fernbedienung der Zugang in ein zum Programm gehöriges online-Angebot vorgenommen wird, in diesem Moment das geltende Regulierungssystem aufgrund eines Kategorienwechsels umschwenkt.484 Lediglich in einigen wenigen Grenzfällen bilden die Abgrenzungsmerkmale Probleme. So führt die Abgrenzung von Zusatzangeboten durch die Nutzung des HbbTV-Standards anhand des Merkmals des „Hauptzwecks“ zu Auslegungsproblemen.485 3) Anwendbarkeit verschiedener Regelungssysteme auf einem Bildschirm Die zuvor vorgenommene Einordnung zeigt, dass derzeit Connected-TV-Inhalte anhand der geltenden Regelungskategorien weitestgehend problemlos eingeordnet werden können. Dennoch bleibt die Frage nach den Auswirkungen der Endgerätekonvergenz auf die Adäquanz der derzeitigen Regulierungskategorien für Inhalte zur Erfassung medienerechtlicher Gefahrenpotentiale. a. Grundproblem konvergenter Medienformen Bei der Rezeption von Medieninhalten auf einem Connected-TV manifestiert sich die Grundproblematik der Medienkonvergenz aus regulatorischer Sicht. Bei den Inhaltekategorien gelten aufgrund der beschriebenen Abgrenzungskriterien des Unionsrechts und des nationalen Rechts in weiten Teilen unterschiedliche Regulierungsvorgaben. Es wird in einem System der abgestuften Regulierungsdichte in katalogisierender und standardisierender Weise zwischen Telemedien und Rundfunk unterschieden. Die aufgrund der Bedeutung für die öffentliche und individuelle Meinungsbildung dem Rundfunk zugesprochene Auswirkung auf den Rezipienten rechtfertigt dabei eine hohe Regulierungsdichte.486 Als Abgrenzung zu Telemedien wird aufgrund der Prägung durch die AVMD-RL starr auf das formale Kriterium der Linearität abgestellt.487 Dieser derzeit geltenden Kategorisierung wird eine „wettbewerbsverzerrende Unterwanderung der Regelungsprämissen“488 vorgeworfen, die zu „gleichheitsrechtlichen“

Vgl. auch „Gedankenexperiment“ bei Kogler, K&R 2011, 621 (622 ff.). So bereits Schulz, EuZW 2008, 107 (109). Vgl. Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 83. 487 A.A. zur deutschen Rechtslage: Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 82, wonach der Meinungsrelevanz weiterhin zentrales Merkmal ist. 488 So die Fragestellung bei Broemel, ZUM 2012, 866 (870). 484

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II. Medienrechtliche Einordnung

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Problemen hinsichtlich der Geschäftsmodelle von Rundfunkunternehmen und Inhalteanbietern „aus dem Internet“ führt.489 Am frappierendsten tritt diese unterschiedliche Regulierungsdichte bei der Werberegulierung und beim Jugendmedienschutz hervor. In diesen medienrechtlichen Teilbereichen ist unter der derzeitigen Rechtslage eine relativ klare Zuordnung verschiedener Inhalte und Erscheinungsformen zu den vorhandenen Kategorien notwendig.490 Bei audiovisuellen Angeboten wird diese starre Unterscheidung der Inhalte aber zunehmend kritisiert.491 Beispielsweise wird in Bezug auf die Werberegulierung unter diesem Gesichtspunkt insbesondere die unteschiedliche Regulierungsdichte beim Trennungsgebot und bei der Logik quantitativer Werbezeitbeschränkungen kritisiert.492 Ähnliche Kritikpunkte werden bei jugendmedienschutzspezifischen Werberegelungen und die redaktionelle Freiheit betreffenden Normen in Bezug auf „jugendgefährdende“ Inhalte vorgebracht.493 Diese Beispiele zeigen den wettbewerbsverzerrenden Charakter der Regulierungsprämissen, wonach wesentlich gleiche „Online-Inhalte“ von Gesetzes wegen ungleich zu Rundfunkinhalten behandelt werden, sodass trotz möglicherweise gleicher Gefahrenpotentiale für die öffentliche und indviduelle Meinungsbildung sowie den Jugend- und Verbraucherschutz unterschiedliche Regeln gelten.494 Daneben wird diese „Verzerrung“ auch als wettbewerbsrechtliches Problem der Inhalteanbieter umschrieben: Insbesondere Rundfunkveranstalter erkennen in Bezug auf den Rechtsgüterschutz eine Diskriminierung gegenüber Inhalteanbietern von nicht-linearen Angeboten bzw. Telemedien, die gerade auch in der Gunst der Rezipienten vergleichbar sind, aber einer geringeren Regulierungsintensität unterliegen.495 b. Forderung eines „level playing field“ Unter dem Eindruck dieser Problemlage wird mit Blick auf die Inhalteebene ein sog. „level playing field“ gefordert.496 Betrachtet man die spärlich gesäten Deshalb auch die Fragestellung der EU-Kommission im „Grünbuch Konvergenz“, ob die abgestufte Regelungsdichte in einer konvergenten Medienwelt zu Marktverzerrungen führt, KOM (2013) 231 final, S. 14 f.; vgl. auch Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (123 f.); Boos, MMR 2012, 364 (368); BeckOK InfoMedienR/Martini, RStV, § 2, Rn. 6a; Ferreau, ZUM 2017, 632 (637). 490 Vgl. Hofmann, Der Red Button im Rundfunkrecht (2008), S. 58 ff; Broemel, ZUM 2012, 866 (872); MüllerTerpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (326); Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 91 ff. 491 Vgl. u.a. Broemel, ZUM 2012, 866 (870); Ferreau, ZUM 2017, 632 ff. 492 Boos, MMR 2012, 364 (367); Kogler, K&R 2011,621 (625); Klickermann, in: Die Welt im Netz - Tagungsband der DSRI (2011), 707 (715 f.). 493 Boos, MMR 2012, 364 (368); Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (32); Klickermann, in: Die Welt im Netz - Tagungsband der DSRI (2011), 707 (717 f.). 494 Gundel, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 101 (128); Kogler K&R 2015, 90 (90 ff.). 495 Gundel, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 101 (128). 496 Kogler, K&R 2011, 621 (625 f.); Schmid, ZUM 2011, 457 (461 f.); Schmid, AfP 2011, 23 (24); Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (124); Wagner, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 325 (332 f.); Kitz, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 337 (338); Gottberg/Grewenig, tv diskurs 56, 43 (44 ff.); Schmid, epd medien 20/2014, S. 3 ff.; Klickermann/Lotz, MMR 2012, 801 (803); kritisch Broemel, ZUM 2012, 866 (869 ff.); Zwischenbericht der Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz (2015), S. 7.

489

68

2. Kapitel: „Regulatorische Konvergenz“

Definitionsversuche zu dieser Begrifflichkeit, so handelt es sich dabei um ein aus der Ökonomie stammendes Prinzip, das im vorliegenden Kontext die „Schaffung von chancengerechten Ausgangsbedingungen, unter denen Rundfunk- und Internetakteure unter gleichen Rechtsregeln weiterspielen, also wirtschaftlichen Erfolg suchen,“497 fordert. Genauere Konturen eines solchen Regelungssystems als Reaktion auf die ConnectedTV-Entwicklung sucht man allerdings bislang vergeblich. Abstrakt betrachtet gibt es zwei Möglichkeiten, wie die „Schaffung chancengleicher Ausgangsbedingungen“ von statten gehen kann498: Zum einen kann eine Absenkung der Regulierungsintensität bei der Rundfunkregulierung vorgenommen werden, wenn man aus der Veränderung der regulierten Medienmärkte einen gesteigerten Rechtfertigungsbedarf der bestehenden Regulierung ableitet.499 Umgekehrt kann aber auch die chancengleiche Regulierung auf dem Niveau der derzeitigen Rundfunkregulierung erfolgen, was eine Anhebung der Regulierungsdichte bei weiten Teilen der Telemedien zur Folge hätte.500 Unter diesen Prämissen und der schon länger andauernden Debatte501 haben sich mittlerweile verschiedene politische Regelungsinitiativen mit einem unterschiedlichen Grad an Konkretheit sowohl auf nationaler502 als auch auf europäischer Ebene503 herausgebildet. Auch in der rechtswissenschaftlichen Auseinandersetzung finden sich Ansätze, wie ein solcher Regulierungsrahmen aussehen kann.504 Den bislang konkretesten Ansatz für Kollisionslagen von Rundfunkinhalten und Telemedieninhalten im räumlichen und zeitlichen Umfeld bildet das Konzept des „Medienkollisionsrechts“, das die verschiedensten Bereiche der „Kollision zwischen linearer Programmlogik und nicht-linearer Vernetzungslogik“ adressiert.505 Darunter wird eine positive Ordnung im Sinne der Ausgestaltungsdogmatik des Bundesverfassungsgerichts verstanden, die „die Aufgabe hätte, die unterschiedlichen Eigenlogiken und Funktionsbedingungen der Medien zu stabilisieren“.506 Ein solches Medienkollisionsrecht soll 497

Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (29); Doetz, MMR 2012, 277 (278); vgl. auch BT-Drs. 17/12542, S. 143. Darauf hinweisend: Gundel, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 101 (103); Blaue, ZUM 2005, 30 (30) mwN. 499 Vgl. Bullinger, JZ 2006. 1137 ff.; vor allem in Bezug auf die Werbebeschränkungen des (privaten) Rundfunks: Beaujean/Giersberg, MMR 2014, 501 (502); Boos, MMR 2012, 364 (367). 500 Dazu: Ory, AfP 2011, 19 (22). 501 Fazit bei Gundel, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 101 (103); vgl. z.B. schon Blaue, ZUM 2005, 30 ff. 502 Vgl. Kluth/Schulz, Konvergenz und regulatorische Folgen, (Gutachten 2014), Arbeitspapiere des Hans-BredowInstituts Nr. 30, S. 84 ff.; zur Idee eines „Medienstaatsvertrag“ vgl. Scholz, promedia 10/2014, 4 (4 f.); dazu auch Gundel, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 101 (122 ff.); Dörr, ZUM 2015, 6 (6 ff.). 503 Bewertung dieser Initiativen bei Gundel, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 101 (104 f.); „Grünbuch Konvergenz“, COM (2013) 231 final; Modot/Lamber/Moullier, in: Herausforderungen von „Connected-TV“ – Themenpapier im Auftrag des Ausschusses für Kultur und Bildung des Europäischen Parlaments, Generaldirektion Interne Politikbereiche, Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik, Kultur und Bildung (2013); ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS zur Vorbereitung auf die vollständige Konvergenz der audiovisuellen Welt (abrufbar unter: http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+REPORT+A7-2013-0212+0+DOC+XML+V0//DE). 504 Vgl. unter vielen: Boos, Hybrid-TV (2012), S. 125 ff. mwN; Blaue, ZUM 2005, 30 ff.; Schmid/Kitz, ZUM 2009, 739 (744); Ferreau, ZUM 2017, 632 (638 f.). 505 Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 ff.; zum Grundgedanken bereits Ladeur, AfP 2012, 420 (424 ff.); Ladeur, GRUR 2005, 559 (561 f.). 506 Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (30). 498

II. Medienrechtliche Einordnung

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also all jene Situationen, die als „wettbewerbsverzerrend“ beschrieben werden, aus einer medienrechtlichen Perspektive lösen, weil wettbewerbsrechtliche Regelungen aufgrund anderer Zielsetzungen diese Konfliktsituationen nicht adäquat aufzulösen vermögen.507 Stärker auf die Überwindung des Merkmals der Linarität als Abgrenzungsmerkmal für die Regulierungsdichte von audio- und audiovisuellen Inhalten angeleget, ist die Idee einer „fließenden Rundfunkregulierung“, die an „die Einordnung als Rundfunk keine starre Rechtsfolge knüpft, sondern auf die jeweilige, aus der Relevanz resultierende Gefährdungslage abstellt“.508 c. Notwendigkeit einer Gesamtbetrachtung als „level playing screen“ aufgrund der Endgerätekonvergenz? Es bleibt die Frage, ob die „Durchlässigkeit konvergenter Endgeräte“509 und die damit verbundene Vereinheitlichung der Navigation und Nutzbarkeit von Rundfunkprogrammen und Telemedienangeboten „aus einem Guss“ 510 auf Connected-TV-Endgeräten dazu führt, dass eine Gesamtbetrachtung verknüpfter Inhalte im Sinne eines „level playing screens“511 vorgenommen werden muss. Dabei ist zwischen der Inhalte- und der Endgeräteebene zu trennen. (1) Auswirkungen der Endgerätekonvergenz Die Einordung von Inhalten in die Regelungskategorien zum Zweck der Abstufung einer Regulierung von Medienformen wird nicht durch das Endgerät, welches als Ausgabemedium für den Inhalt genutzt wird, geprägt.512 Unabhängig davon, welche normativen Kriterien einer abgestuften Regulierung zugrunde liegen, knüpfen diese an die Medieninhalte und nicht an das Endgerät an. Dies greift auch derzeit das allgemein anerkannte Kriterium der Technikneutralität der AVMD-RL auf, welche im deutschen Recht übernommen wurde. Demnach kommt es nicht auf die technische Abspielform des Inhalts an, sondern auf die konkrete Ausgestaltung des Inhalts als Kombination aus technischer Verfügbarkeit und redaktioneller Ausgestaltung.513

507

Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (35). Ferreau, ZUM 2017, 632 (638); Schmid/Kitz, ZUM 2009, 739 (744). Vgl. Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 9 f.; Christmann, ZUM 2015, 14 (18 f.); Ladeur, in: Hachmeister/Anschlag, Rundfunkpolitik und Netzpolitik (2013), 33 (41). 510 So insbesondere Dreyer, tv diskurs, 48 (50); Gottberg/Grewenig, tv diskurs 56, 43 (44); Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (29). 511 Bezeichnung nach Schmid, ZUM 2011, 457 (459); Kitz, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 337 (338); beim „level playing screen“ handelt es sich um eine Formulierung, welche an die Begrifflichkeit des „level playing field“ angelehnt ist. Sie verlangt nach der Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungen für den jeweiligen Mitbewerber. Vgl. Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (326), Fn. 103. 512 So auch Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (326 f.); Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 2, Rn. 34; Broemel, ZUM 2012, 866 (867). 513 Ähnlich bereits zu der „gleichzeitigen Ausstrahlung von Programm und einem Laufband“: OVG Berlin, ZUM 1999, 500. 508

509

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2. Kapitel: „Regulatorische Konvergenz“

Die Einordnung der besonderen technischen Darstellung von Inhalten auf ConnectedTV-Geräten als HbbTV-Angebote oder als Angebote auf App-Portalen hängt demnach allein vom Inhalt ab. So begründet auch der Wechsel des Übertragungswegs des Inhaltes beim Einsatz von HbbTV-Angeboten über die Red-Button-Funktion keine andere Einordnung oder das Entstehen einer eigenen konvergenten Inhaltekategorie. Technisch wird bei HbbTV-Angeboten, die über den Red-Button abrufbar sind, der der Abrufbarkeit des Inhalts vorgelagerte Teil in den geschlossenen Systemen des Rundfunksignals übertragen. Erst in der letzten Phase wird der technische Übergang hin zum Internetprotokoll, worüber der eigentliche Inhalt geladen wird, vollzogen.514 Allerdings ändert diese technische Ausgestaltung nichts daran, dass der Inhalt letztlich entweder linear oder nicht-linear auf Abruf über das Internet-Signal dem Rezipienten zur Verfügung gestellt wird und somit eine getrennte Einordnung schon anhand der derzeitigen Kriterien möglich ist. Auch die sonstigen Angebote auf Connected-TV-Geräten, vor allem über Apps in den App-Portalen präsentierte Inhalte, sind lediglich eine endgerätspezifische Anpassung des Inhalts. Die App an sich und das Portal sind dabei rein technische Komponenten in Form einer Software. Letztlich ist das Endgerät zwar der technische Ausgangspunkt dafür, auf welche Art und in welchem Umfang ein Inhalt dem Rezipienten zugänglich gemacht wird. Anknüpfungspunkt für die Regulierung bleibt aber der Inhalt selbst, unabhängig von der Nutzungsumgebung. Daher ist die „regulatorische“ Konvergenz nur sehr mittelbar ein Problem der sich in der Connected-TV-Entwicklung deutlich zeigenden Endgerätekonvergenz. Vielmehr ist die Feststellung der konvergenten Mediennutzung als Indikator für die Notwendigkeit konvergenter Regulierungskategorien im Konvergenzzeitalter seit der technischen Entwicklungen im Zuge der Digitalisierung kein Novum, da auch andere Endgeräte (Smartphones, Tablet-PCs, Notebooks) bereits den Zugriff sowohl auf das Internet als auch auf das Fernsehen (IPTV oder Web-TV) auf demselben Gerät ermöglichen.515 Sie schärft lediglich die Aufmerksamkeit auf die Problematik, weil erstmals das für die Mehrzahl der Rezipienten als „Leitmedium“ dienende Fernsehen im klassischen Gewand des „Fernsehgerätes“ von dieser Entwicklung erfasst ist. (2) „Level playing field“ auf der Inhalteebene Auf der Inhalteebene ist die Forderung eines „level playing field“ unter dem Eindruck der konvergenten Mediennutzung hingegen nicht von der Hand zu weisen. Im Zuge der technischen Entwicklung erscheint es immer weniger begründbar, warum Medieninhalte, die auf demselben Endgerät in einer in weiten Teilen vergleichbaren Aufmachung zur Verfügung stehen und somit in direkte Konkurrenz zueinander treten, unterschiedlichen Regelungssystemen unterliegen.516 Diese Kritik wird dadurch 514

Siehe dazu oben 1. Kap. IV 3). Dazu Frees/Eimeren, MP 2013, 373 (373 ff.). Frees/Eimeren, MP 2013, 373 (380); Kitz, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 337 (338); Kogler, K&R 2011, 621 (621); Dreyer, tvdiskurs 56, 48 (50).

515 516

II. Medienrechtliche Einordnung

71

gestützt, dass es den Rezipienten gerade bei der Nutzung von Connected-TV-Geräten in den meisten Fällen nicht klar ist, ob sie die rezipierten Inhalte aus dem Internet oder aus dem Rundfunkprogramm beziehen.517 Für sie erscheint die Rezeption konvergenter Inhalte mit dem nahezu gleichen Erlebniswert verbunden zu sein.518 Übertragen auf die zuvor gewählten Beispiele der Werberegulierung und des Jugendmedienschutzes (siehe oben 2. Kap. II. 3) a.)), offenbart der mit der einheitlichen Nutzung von Medieninhalten auf einem konvergenten Endgerät wie einem Connected-TV einhergehende Vorteil der einfachen Nutzung sowie der besonderen Effektivität der Kombination der Inhalte auf einem Endgerät die Inadäquanz des Unterscheidungskriteriums der Linearität. Zudem kommt es zu echten Kollisionsfällen bei der Mediennutzung. So ist es möglich während einer Fernsehsendung, die besonders strengen Werberestriktionen unterliegt (z.B. Nachrichtensendungen, Kindersendungen), unabhängig vom Inhalteanbieter über das Portal eines Connected-TVs oder über sonstige softwareseitige Anwendungen Werbung in Form eines Widget oder einer Overlay-Ad zu schalten, welche als Telemedien anderen Werberegelungen unterliegen.519 Damit zeigt sich zugleich die Problematik der Zurechnung von Inhalten zu den jeweiligen Anbietern der Dienste, soweit diese auf konvergenten Endgeräten auseinanderfallen.520 Jugendmedienschutzrechtlich problematisch ist wiederum das Szenario, dass auf demselben Endgerät Inhalte (z.B. ein ErotikWidget während des Kinderprogramms), die über das IP-Signal übertragen werden, zu einer Uhrzeit und an einen Personenkreis angeboten werden können, wie es einem Rundfunkveranstalter unter gleichen Bedingungen nicht möglich wäre.521 Darüber hinaus bildet auch die Kombination aus dem Endgerät und der darauf genutzten Inhalte einen Anküpfungspunkt für eine solche Gesamtbetrachtung.522 Eine solche Verknüpfung wird durch die über den Rückkanal des Endgerätes ermöglichte Interaktivität der Angebote geschaffen (siehe oben, 1. Kap. V. 4)).523 Dabei können die nicht-linearen Angebote die für die Regulierung des Rundfunks verantwortliche Sonderstellung

517 Vgl. Wagner, ZUM 2011, 462 (463); Kogler, K&R 2011, 621 (621); Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (124); Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (32). 518 Anschauliches Beispiel (Videoclip) bei Hirsch, promedia 07/2013, 15 (15); Schulz, in: Roßnagel, Neuordnung des Medienrechts (2005), 37 (44 f.); Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (124) bezeichnen den Zuschauer als „Verbraucher“; weitere Szenarien bei Kogler, K&R 2011, 621 (622 ff.). 519 Vgl. Beispiel bei Schmid, ZUM 2011, 457 (459); Schmid, AfP 2011, 23 (24); Wagner, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 325 (331). 520 Zur Zurechnungsproblematik Broemel, ZUM 2012, 866 (872); Dreyer, tvdiskurs 56, 48 (51 f.). 521 Dreyer, tvdiskurs 56, 48 (50); Klickermann, in: Die Welt im Netz - Tagungsband der DSRI (2011), 707 (717); Wagner, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 325 (333); Kogler, K&R 2011, 621 (623); Boos, MMR 2012, 364 (368); Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (130). 522 Eine ähnliche Hypothese bei Kogler, K&R 2011, 621 (622). 523 Studien zum Nutzerverhalten zeigen insoweit auf, dass die Nutzer an Connected-TV-Endgeräten, im Gegensatz zu an deren Geräten über die Online-Inhalte abgerufen werden, in Bezug auf die Nutzungsgewohnheiten eine der klassischen „Lean-back“-Perspektive vergleichbare Haltung einnehmen, obwohl sie „Push“-Medien rezipieren. Der Grad an Interaktivität scheint auf Connected-TV-Endgeräten also eher zu „Pull-Medien“ zu tendieren, vgl. Pagel/Simon/Seemann, Usability-Analyse von HbbTV (2014), 23; phaydon, Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen, Studie 2012, S. 19 ff.; Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 31 f.

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2. Kapitel: „Regulatorische Konvergenz“

aufgrund der Suggestivkraft audiovisueller Inhalte möglichweise sogar stärken.524 Zudem wäre eine Verstärkung der Integrationsfunktion des Rundfunks über die auf dem Fernseher oder einem Second-Screen zugänglichen Social-Media (Social TV) möglich.525 Eine solche Sichtweise würde Telemedienangebote aufgrund der besonderen Nutzungsform auf dem Conneted-TV-Gerät einer einfach-rechtlichen Zuordnung zum Rundfunk, ähnlich oder analog zu § 20 Abs. 2 RStV, öffnen. Aber auch der umgekehrte Weg des „Durchschlagens des internettypischen Rückkanals des broadband-Dienstes auf den originär nicht rückkanalfähigen broadcast-Dienst“526 wäre denkbar.527 Dann würde die Suggestivkraft der Rundfunkinhalte abnehmen, da es eine viel stärker nutzergesteuerte Wahrnehmung der Inhalte gibt. Einer solchen Funktionsweise steht aber gegenüber, dass die Verbindung von nicht-linearen Online-Inhalten mit einem linearen Programm dazu führt, dass deren Breitenwirkung verstärkt wird, sodass es zu einer verstärkt gleichzeitigen Rezeption oder zumindest einer ähnlichen Wirkung kommt.528 Diese Entwicklungen zeigen zum einen, dass das entscheidende Abgrenzungsmerkmal auch unter gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten allein die Meinungsbildungsrelevanz sein kann.529 Bei meinungsbildungsrelevanten Inhalten hat die Regulierung weiterhin eine feste Rechtfertigung aus den verfassungsrechtlichen Vorgaben.530 Insoweit kann eine Reduzierung der Regulierung auf ein gemeinsames Niveau im Sinne eines „race to the bottom“ nur dort gefordert werden, wo allein der Rechtsgüterschutz (z.B. Verbraucherschutz bei der Werberegulierung) betroffen ist und es weniger um die Bedingungen geht, die unmittelbar auf die öffentliche und individuelle Meinungsbildung zielen. Allerdings lassen sich diese beiden Regulierungsziele gerade aufgrund der besonderen Wirkweise bestimmter Medienformen auf die Meinungsbildung in den meisten Fällen nicht trennen. Dieser Effekt wird durch die beschriebene konvergente Rezeption der Inhalte gerade verstärkt. Bezogen auf die zuvor gewählten Beispiele hat etwa das werberechtliche Trennungsgebot nicht nur einen verbraucherschützenden Kern, sondern auch eine sich aus der Rundfunkfreiheit speisende Komponente mit dem Ziel der Verhinderung der Täuschung des Rezipienten und eines Vertrauensverlustes in die journalistische Unabhängigkeit.531 Auch der Jugendmedienschutz ist gerade aufgrund der besonderen Wirkweise von Medieninhalten auf junge Menschen einer schärferen Regulierung unterworfen, da jugendmedienschutzrechtliche Vorschriften dann einen direkten

524

Ähnliche Tendenz bei Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 80 ff. Dazu: Praetorius, Tendenz 3.13, S. 6 ff.; Groebel, Das neue Fernsehen (2014), S. 183 ff.; Wagner, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie, Nr. 294, S. 8; phaydon, Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen, Studie 2012, S. 60 f. 526 So Keber, RDV, 236 (237) zu datenschutzrechtliche Problematiken. 527 So auch die Wissenschaftlichen Dienste für den Sonderfall des Parlamentsfernsehens und den dazugehörigen Mediatheken-Angebote des Deutschen Bundestages, WD 10 – 3000-022/12, S. 8 ff. 528 So WD 10 – 3000-022/12, S. 9 f. 529 So auch Ferreau, ZUM 2017, 632 (637 f.). 530 So weiterhin das Bundesverfassungsgericht, BVerfGE 119, 181 (215); 121, 30 (51); 136, 9 (28). 531 Spindler/Schuster/Döpkens, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 7, Rn. 4 f.; Binder/Vesting/Ladeur, Rundfunkrecht, RStV, § 7, Rn. 4; Kreile/HK-RStV, Bd. I, B 5, § 7 RStV, Rn. 27; Glockzin, MMR 2010, 161 (162); Seufert/Gundlach, Medienregulierung in Deutschland (2017), S. 295 ff. 525

II. Medienrechtliche Einordnung

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Einfluss auf die Inhalte nehmen.532 Selbst Werbezeitbeschränkungen haben neben dem Nutzerschutz eine rundfunkverfassungsrechtliche, die redaktionelle Unabhängigkeit in den Blick nehmende Zielsetzung.533 Zum anderen wird deutlich, dass es echte Konfliktlagen geben kann, bei denen Telemedien, die bewusst im Umfeld oder sogar im Zusammenhang mit den Rundfunkinhalten dargestellt werden (z.B. als Overlay534, und die überblendeten Rundfunkinhalte unterschiedlichen rechtlichen Logiken folgen. Hier muss aus Gründen der Programmklarheit eine klarstellende Regelung getroffen werden, die Kollisionen, außer im Falle der Initiierung durch den Rezipienten, unterbindet.535 Deshalb ist der Grundgedanke eines „level playing field“ unter der verfassungsrechtlichen Grundannahme, wonach die Meinungsbildungsrelevanz in der demokratietheoretischen Bedeutung der Medien den Auslöser für eine strenge Regulierung bildet, mit Blick auf die Konvergenz auf der Inhalteebene angebracht. In einem unter dieser Zielrichtung zu entwickelnden Regulierungssystem müssen dann unter Beachtung des Gleichheitsgebots allgemeine Grundsätze für alle „Ausgabewege“ und Endgeräte verankert werden, die eine inhaltespezifische Ausrichtung erfahren und auch in Kollisionsfällen von Einblendungen im Umfeld von Rundfunkinhalten greifen.536

532

Vgl. zu dieser auch für die kompetenzrechtliche Ebene bedeutende Komponente: Spindler/Schuster/Erdemir, Recht der elektronischen Medien, JMStV, § 2, Rn. 3 mwN. 533 Binder/Vesting/Ladeur, Rundfunkrecht, RStV, § 45, Rn. 4; kritisch Spindler/Schuster/Döpkens, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 45, Rn. 4; Schmid/Kitz, ZUM 2009, 739 (742). 534 Siehe unten, 4. Kap. I. 1). 535 Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (31 f.); zu dieser Frage im Rahmen des Integritätsschutzes, siehe unten, 4. Kap. III. 3). 536 Zur spezifischen Behandlung je nach Problemlage auch: Schneider, in: Hachmeister/Anschlag, Rundfunkpolitik und Netzpolitik (2013), 113 (124); Gundel, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 101 (129 f.); Schmid/Kitz, ZUM 2009, 739 (734 f.); Ferreau, ZUM 2017, 632 (638 f.); Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (31 f.).

3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung bei Connected-TV Nachdem die Digitalisierung die technische Limitiertheit der Rundfunkfrequenzen obsolet werden ließ und damit einen Anstieg der Anbietervielfalt auslöste, scheint die Connected-TV-Entwicklung „das Fernsehen“ auf den ersten Blick noch vielfältiger zu machen. Rundfunkveranstalter bekommen die Möglichkeit, ihr Programm über das Internet entweder über Apps in den Portalen auf zusätzlichen „Ausgabewegen“ zu verbreiten oder über den HbbTV-Standard anzureichern. Durch die neuen technischen Möglichkeiten der Connected-TV-Endgeräte können nun auch Dritte, die nicht dem ursprünglichen Kreis der Rundfunkanbieter zuzurechnen sind, das Fernsehgerät zur Verbreitung audiovisueller Inhalte und anderer Informations- und Unterhaltungsdienste erschließen. Diese Umstände deuten auf eine Bereicherung der medienrechtlich gebotenen Vielfalt durch Anbietervielfalt und andere Formen des Außenpluralismus hin. Allerdings bilden in diesem konvergenten Nutzungsumfeld die Anbieter von Endgeräten bzw. Portalen oder HbbTV-Anbieter das „Tor zum Rezipienten“. Diese Tatsache ist unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten von Relevanz, da gerade auf dem Weg eines Inhaltes zum Rezipienten durch die jeweiligen Dienste auf den Connected-TVEndgeräten eine Gefahr der Beeinflussung des Meinungsbildungsprozesses besteht.537 Diese Dritten werden zumeist als „Gatekeeper“ (Torhüter) bzw. Inhaber einer „Bottleneck-Funktion“ (Flaschenhals-Funktion) bezeichnet. Die von diesen Gatekeepern538 ausgehenden Gefahren für die öffentliche und individuelle Meinungsbildung im Rahmen der Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG und die Relevanz dieser Gefahren im Ökosystem rund um das Phänomen Connected-TV sind Gegenstand des folgenden Teils der Arbeit.

I.

Gatekeeper als Gefahren für das Vielfaltsgebot

In der Vergangenheit wurde im Hinblick auf die Gefahren für die Meinungsvielfalt beim Rundfunk aus technischer Sicht das Augenmerk auf die Netze und Übertragungsdienste gelegt.539 537 Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 175; Schulz/Kühlers, Konzepte der Zugangsregulierung (2000), S. 13. 538 Im Folgenden wird aufgrund des synonymen Gebrauchs der Begriffe Gatekeeper, Torwächter, Bottleneck und Flaschenhals möglichst einheitlich die Bezeichnung „Gatekeeper“ gewählt. 539 Seufert/Gundlach, Medienregulierung in Deutschland (2017), S. 267; Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 90 ff.; Assion, Must Carry (2015), S. 8 ff.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 M. Naumann, Connected-TV, Juridicum – Schriften zum Medien-, Informations- und Datenrecht, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27301-9_4

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

In dem Bewusstsein, dass die Endgeräte540 in der Distributionskette von Medieninhalten das letzte „Tor zum Rezipienten“ darstellen, kann man die Perspektive auf deren Funktionen beim Zugang zu Inhalten verschieben, sobald sie nicht nur die Umwandlung des Übertragungssignals in ein Bild auf dem Bildschirm leisten. Aufgrund dieser – der Medienkonvergenz geschuldeten – Weiterentwicklung müssen auch Funktionen der Endgeräte und Dienste der Endgerätehersteller bzw. Dritter, die diese Dienste auf dem Endgerät verantworten, darauf untersucht werden, ob sie Gatekeeper-Stellungen begründen.541 1) Gatekeeper und Bottlenecks Ursprünglich ist der Begriff des Gatekeepers insbesondere durch die Kommunikationswissenschaften geprägt worden.542 Er wurde zur Beschreibung der Funktion von Journalisten, Redaktionen und Medieneigentümern bei der der Publikation vorausgehenden Selektionsentscheidung in Bezug auf Nachrichten eingeführt.543 Zu den Kernaufgaben des Journalisten zählt zum einen die Tätigkeit zu entscheiden, welche Information zu einer Thematik berichtenswert erscheint und an den Rezipienten weitergegeben wird („ob“).544 Zum anderen trifft er auch die Entscheidung, über die Form der Informationsdarstellung und den Zeitpunkt der Veröffentlichung („wie“ und „wann“).545 Durch diese verschiedenen Funktionen bilden solche Inhaltevermittler das „Tor“ zwischen der Nachricht und dem Rezipienten. In der modernen Medienordnung führt der mit der Konvergenz der Medien verbundene Strukturwandel bei der Selektion, Verbreitung und Aufbereitung von Inhalten zur Notwendigkeit der Ausweitung dieses Begriffsverständnisses.546 Gatekeeper bezeichnen jene Konstellationen, in denen sich ein Dritter, von dem eine Abhängigkeit besteht, zwischen die Inhalte eines Mediums und den Rezipienten stellt.547 Damit sind verschiedene Formen von Dienstleistungen erfasst, die eine vor- und nachgelagerte Vermittlungsfunktion zum Rezipienten einnehmen.548 Der Begriff des Gatekeepers erfasste im Medienrecht zunächst Stellen, an denen der Zugang zu einer Übertragungstechnik, die Reihenfolge der Darstellung in Navigatoren 540 Im Folgenden ist unter der Bezeichnung des Endgeräts sowohl sog. „Smart-TVs“ als auch die Kombination von Fernsehgerät und Peripheriegeräten zu verstehen, soweit durch diese die „klassischen“ Fernsehfunktionen durch ein App-Portal (siehe oben, 1. Kap. V. 2)) erweitert wird, dessen Angebote sich aus einem App-Store speisen oder durch den Hersteller bereits softwareseitig vorprogrammiert sind. 541 Holznagel/Dörr/Hildebrand, Elektronische Medien (2008), S. 459. 542 Noelle-Neumann/Schulz/Wilke (Hrsg.), Fischer Lexikon Publizistik Massenkommunikation (2009), S. 387 f.; Neuberger/Lobigs, Die Bedeutung des Internets im Rahmen der Vielfaltssicherung (2010), S. 27 f., 45, 53. 543 Gennis/Gundlach, MP 2014, 507 (507). 544 Gennis/Gundlach, MP 2014, 507 (507). 545 Gennis/Gundlach, MP 2014, 507 (507). 546 Gennis/Gundlach, MP 2014, 507 (507). 547 Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 90; Starck/Paulis, in: v. Mangoldt/Klein/Stark, GG, § 5 Abs. 1, 2, Rn. 251; Rinke, Zugangsprobleme des digitalen Fernsehens (2002), S. 50. 548 Näher dazu und zu unterschiedlichen Ansätzen der Konkretisierung und Differenzierung der Begrifflichkeit des „Intermediärs“: Kluth/Schulz, Konvergenz und regulatorische Folgen, (Gutachten 2014), Arbeitspapiere des Hans-Bredow-Instituts Nr. 30, S. 25 ff.; Assion, Must Carry (2015), S. 133 f., 232 ff.; Gounalakis, Konvergenz der Medien (2002), C. 77.

I. Gatekeeper und das Vielfaltsgebot

77

und/oder die Interoperabilität von technischen Dienstleistungen bei der Verbreitung von Inhalten kontrolliert wird.549 Klassischerweise fielen unter dieses Verständnis vornehmlich die Betreiber von Verbreitungsnetzen.550 In einer konvergenten Medienumgebung können vielfaltsverengende Tendenzen aber auch von der gerade beschriebenen Ausdifferenzierung der Dienstleistungen und den dadurch entstehenden Zugangshürden ausgehen.551 Konkret können Gatekeeper durch Abhängigkeitsverhältnisse, in Form von Vertragsverweigerung, Vertragskoppelung und verschiedene Formen der Diskriminierung auf den Zugang der Inhalteanbieter zu den Rezipienten Einfluss nehmen.552 Diejenigen, die technisch die Kontrolle über das „Tor“, d.h. über den Zugang eines Medieninhalts zum Rezipienten, ausüben, haben damit auch Einfluss auf den Zugang zum „Markt der Meinungen“, sodass sie in das Profil des verfassungsrechtlichen Ausgestaltungsauftrags der Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S.2 GG fallen. Insoweit betreffen Gatekeeper nicht nur den wirtschaftlichen, sondern auch den publizistischen Wettbewerb.553 Kommunikationsverfassungsrechtlich wird die Dienstleistung des Gatekeepers vor allem dann besonders relevant, wenn er nicht nur die Kontrolle des Transports im Sinne einer „neutralen“ Vermittlerstellung ausübt, sondern selbst Einfluss auf die Inhalte nimmt, indem er aktiv über deren Zusammenstellung in einem proprietären und geschlossenen System entscheidet oder im Rahmen der Dienstleistung des Gatekeepers eigene mit fremden Angeboten, die auf die Dienstleistung angewiesen sind, konkurrieren müssen. Schließlich haben die Funktionen eines Gatekeepers eine Ausstrahlungswirkung in zwei Richtungen. Davon sind die Inhalteanbieter betroffen, weil sie auf den Gatekeeper und die von diesem zur Verfügung gestellte Dienstleistung angewiesen sind („B2B“). Daneben verschließt der Gatekeeper dem Rezipienten den Zugriff auf die Inhalte von Anbietern, die nicht in seine Dienstleistung integriert sind („B2C“). Soweit der Vermittler für den Rezipienten unverzichtbar wird und dieser keine Ausweichmöglichkeit auf andere Anbieter hat, liegt in einem solchen Fall ein sog. „Lock-In-Effekt“ vor.554 Die Bedeutung der Gatekeeper-Funktion für die Medienregulierung ergibt sich demnach aus der davon ausgehenden Beeinflussungsmöglichkeit der öffentlichen und individuellen Meinungsbildung. Unter diesem Gesichtspunkt bilden sie das auslösende Moment für den Ausgestaltungsbedarf im Rahmen der Rundfunkfreiheit (siehe unten, 3. Kap. I. 2) c.).

549

Holznagel, MMR 2000, 480 (483); Plankova, Chancengleicher Zugang (2008), S. 53 ff.; Gounalakis, Konvergenz der Medien (2002), C. 77; Rinke, Zugangsprobleme des digitalen Fernsehens (2002), S. 50. 550 Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 59, 91; Gersdorf, AfP 2011, 209 (213). 551 Gounalakis, Konvergenz der Medien (2002), C. 77; Grewenig, ZUM 2015, 32 (33); Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 93 ff. 552 Dazu: Palankova, Chancengleicher Zugang (2008), S. 53 ff.; Assion, Must Carry (2015), S. 122 f. 553 Palankova, Chancengleicher Zugang (2008), S. 53. 554 Assion, Must Carry (2015), S. 122; Holznagel/Dörr/Hildebrand, Elektronische Medien (2008), S. 461

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung a. Unterscheidung verschiedener Arten von Gatekeepern

Unter Berücksichtigung der Besonderheit der Gatekeeper-These muss zwischen verschiedenen Arten von Gatekeepern unterschieden werden.555 Mit Blick auf die Konvergenzentwicklung und auch die noch zu beleuchtenden verfassungsrechtlichen Implikationen ist allerdings nicht mehr die Infrastrukturkontrolle alleiniger und entscheidender Indikator für eine Gatekeeperstellung. Vielmehr sind bei der Zugänglichmachung von Inhalten, die der verfassungsrechtlich geschützten Rundfunkfreiheit unterfallen, weitere Anknüpfungspunkte für eine Gatekeeperstellung im Folgenden herauszuarbeiten. (1) Gatekeeper aufgrund von Infrastrukturkontrolle Diese Terminologie knüpft an das klassische Bild des Gatekeepers als vertikal integriertes Infrastrukturunternehmen an. Ein Infrastrukturbetreiber nimmt durch eine Bündelungsleistung im Rahmen der von ihm kontrollierten Infrastruktur selbst inhaltlichen Einfluss auf die Angebote und gerät dadurch in das Blickfeld nicht nur telekommunikationsrechtlicher, sondern auch medienrechtlicher Regulierung.556 Die für die Gatekeeperstellung maßgebliche Funktion liegt dabei in der Zusammenfassung und Ordnung von eigenen und/oder fremden Inhalten in einer unmittelbar oder mittelbar unter seiner Kontrolle stehenden geschlossenen Infrastruktur. Ein solcher Gatekeeper aufgrund von Infrastrukturkontrolle erlangt daher vor allem auch durch die Ausdehnung seiner Tätigkeit auf möglichst viele Dienste der medialen Wertschöpfungskette (vertikale Integration) eine erhöhte Relevanz für den Zugang zu Inhalten.557 Durch diese Dienste wird es solchen Gatekeepern im Speziellen ermöglicht, Inhalteanbietern den Zugang zu verwehren oder diese in der Auffindbarkeit zu diskriminieren. Aus Sicht des Rezipienten wird dieses Potential dadurch verstärkt, dass der Zuschauer beispielsweise im Kabelnetz auf diesen Zugang zum Fernsehen angewiesen ist und deshalb auch der Inhalteanbieter die Plattform des Kabelnetzbetreibers nutzen muss, um den Rezipienten zu erreichen.558 Das bedeutet aber zugleich spiegelbildlich, dass nur eine ausschließliche Infrastruktur eine Gatekeeperstellung begründen kann. Dies ist nicht der Fall, sofern der Rezipient oder Inhalteanbieter auf eine andere Infrastruktur ohne erheblichen Aufwand (sog. Wechselkosten) ausweichen kann oder dem Inhalteanbieter auf der Infrastruktur über die Dienstleistung des Gatekeepers hinaus andere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um den Inhalt zum Rezipienten zu bringen.

555

Zur Notwendigkeit der Kriterienbildung zur Erfassung und Beobachtung spezifischer Gatekeeper-Funktionen: Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (30). 556 Zur wettbewerbsrechtlichen bzw. telekommunikationsrechtlichen Sicht der Problematik: Spindler/Schuster/Gersdorf, Recht der elektronischen Medien, TKG, § 9, Rn. 28. 557 Plankova, Chancengleicher Zugang (2008), S. 55; König, Die Einführung des digitalen Fernsehens (1997), S. 47. 558 Vgl. HK-RStV, Bd. II, B 5, § 50 RStV, Rn. 4; Dörr, ZUM 2013, 81 (101 f.).

I. Gatekeeper und das Vielfaltsgebot

79

(2) Gatekeeper aufgrund der Kontrolle eines geschlossenen Systems In der konvergenten Medienwelt ist zunehmend kein klassischer Infrastrukturbezug im Sinne der Kontrolle über eine Übertragungskapazität oder ein Übertragungsnetz mehr gegeben, sondern es werden andere Zugangsdienstleistungen beherrscht. Solche Gatekeeper nehmen durch die Kontrolle des Zugangs von Inhalten zum Rezipienten über die von ihnen angebotene Dienstleistung als geschlossenes System eine Schlüsselstellung ein und können dadurch auf die Wahrnehmbarkeit der Inhalte Einfluss nehmen. Dies geschieht durch das Anbieten der Dienstleistung des Zusammenfassens und der Auswahl von Inhalten zu einem Gesamtangebot in einem geschlossenen System („walled garden“559), welches einer autonomen Rezipientenentscheidung vorgreift und dem Inhalteanbieter keine andere Möglichkeit lässt, Zugang zum Rezipienten zu finden.560 Demnach bestehen Gatekeeper-Strategien auch darin, den Zugang, die Auffindbarkeit und die Nutzungshäufigkeit von Inhalten durch soft- oder hardwaregestützte Dienstleistungen als geschlossenes System zu kontrollieren.561 Diese Gatekeeper stellen eine Dienstleistung zur Verfügung, mit der die Inhalteanbieter ihre Angebote für den Rezipienten erreichbar machen. Insoweit bilden sie „Flaschenhälse beim Vertrieb der Angebote“.562 Folglich sind sie Zugangsvermittler, deren Leistung über die reine Vermarktung von Inhalten hinaus geht und durch die Bündelungssowie Ordnungs- und Strukturierungsleistung in einem geschlossenen System einen Inhaltsbezug aufweist und als kommunikative Leistung einzuordnen ist.563 Die für die Gatekeeper-Stellung relevanten Funktionen sind dabei die Zugangseröffnung zum geschlossenen System auf erster Ebene („ob“) und die Auffindbarkeit und damit faktische Zugangsmöglichkeit im geschlossenen System selbst auf zweiter Ebene („wie“). Durch die Geschlossenheit des Systems ergeben sich auf dieser zweiten Ebene („wie“) Diskriminierungspotentiale (z.B. durch Priorisierung oder Diskriminierung von Angeboten in einer Zugangsleistung) hinsichtlich der Auffindbarkeit und damit verbundenen Nutzungshäufigkeit durch den Rezipienten. Die Kontrolle über ein geschlossenes Sytsem bewirkt aber auch auf Seiten der Rezipienten eine Ausschließlichkeit.

„Geschlossener Garten“ = Geschlossenes System, in dem der Betreiber kontrolliert, was zugänglich gemacht wird. Vgl. Hege, in: ZAK, Digitalisierungsbericht 2010, 13 (19). 560 Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 93, 182; Biner/Vesting/Schulz/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52c, Rn. 10; Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (126 ff.); Ricke, MMR 2011, 642 (646 f.); Doetz, MMR 2012, 277 (278); Broemel, ZUM 2012, 866 (867); Eberle, in: FS für Hailbronner (2013), 675 (676). 561 Insoweit bereits Begründung zum 10. RÄStV, LT-Drs. BY 15/9667 v. 14. 1. 2008, S. 32; zudem zur zunehmenden Bedeutung der Auffindbarkeit: Grewenig, ZUM 2015, 32 (33 f.); Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 93; Weisser/Höppener, ZUM 2003, 597 (603), Fn. 68 sehen in der tatsächlichen Einflussnahme eines Sendeunternehmens auf die Rezeption auf gleicher Stufe mit dem Beitrag der Netzbetreiber und Endgerätehersteller. 562 Gounalakis, Konvergenz der Medien (2002), C. 77. 563 Kluth/Schulz, Konvergenz und regulatorische Folgen, (Gutachten 2014), Arbeitspapiere des Hans-Bredow-Instituts Nr. 30, S. 29 mit der Bezeichnung der „virtuellen Infrastruktur“.

559

80

3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Aufgrund der Geschlossenheit des Systems bestehen dann keinerlei direkte Nutzungsbzw. Zugangsalternativen für den Rezipienten, wenn es zu sog. Lock-In-Effekten564 kommt, welche symptomatisch für eine Gatekeeperstellung sind. 565 Diese Lock-In-Effekte entstehen dann, wenn der Rezipient nicht ohne erheblichen tatsächlichen oder finanziellen Aufwand (sog. Wechselkosten) auf eine andere Dienstleistung zurückgreifen kann, die ihm den Zugang zu den Inhalten vermittelt.566 Dann kann auch der Inhalteanbieter nur noch über diese Dienstleistung den Weg zum (eingeschlossenen) Rezipienten finden, was dazu führt, dass der Anbieter der Dienstleistung ihm gegenüber eine überlegende Verhandlungsmacht hinsichtlich des Zugangs hat.567 Diese Abläufe werden nur durch sog. „Multihoming“-Strategien, d.h. den Zugriff des Rezipienten auf verschiedene Dienstleistungen, die ihm den Zugang zu Inhalten vermitteln, überwunden.568 Diese sind mit Blick auf Gatekeeper aufgrund der Kontrolle über ein geschlossenes System jegliche Arten von Öffnungsmechanismen, die eine substitutive Zugangsmöglichkeit des Inhalteanbieters zum Rezipienten schaffen. (3) (Faktische) Gatekeeper aufgrund von Marktmacht Sog. „faktische Gatekeeper“ kontrollieren über das von ihnen zur Verfügung gestellte System den Zugang zu Inhalten, sind dabei allerdings nicht alleiniger Vermittler zwischen Inhalteanbietern und dem Rezipienten, da dieser sie vielmehr selbst unter anderen parallel bestehenden faktischen Gatekeepern ausgewählt hat.569 Bei einer solchen Zugangsdienstleistung bedarf es deshalb zur Begründung einer Gatekeeperstellung eines weiteren Merkmals, um einen Engpass im Sinne eines Abhängigkeitsverhältnisses zur Leistung des Gatekeepers zu schaffen. Ein solches liegt vor, wenn eine ansonsten vor allem wettbewerbsrechtlich relevante marktbeherrschende Stellung mit Blick auf vielfaltsrelevante Kriterien vorliegt.570 Eine marktbeherrschende Stellung kann allerdings nur dann eine Gatekeeper-Stellung begründen, wenn sie dazu führt, dass sowohl Inhalteanbieter als auch Rezipienten in ein „quasi“ geschlossenes System gedrängt werden, bei dem ebenfalls Lock-in-Effekte bestehen, etwa weil der Rezipient aufgrund von Wechselkosten und Gewohnheit auf kein anderes System zurückgreift.571 Ist das System hingegen offen ausgestaltet, kann allein die Marktmacht keine Zugangshürde im Sinne einer Ausschließlichkeit der Dienstleistung begründen. Die marktbeherrschende Stellung ist nur dort ein Äquivalent zur Gatekeeperstellung aufgrund Kontrolle über ein geschlossenes System, wo wegen fehlenden Wettbewerbsdrucks allein über die Zusammenfassung der Inhalte entschieden wird.572 564

Zu Lock-In-Effekten bei Endgeräten: Holznagel/Dörr/Hildebrand, Elektronische Medien (2008), S. 461; allgemein dazu auch Assion, Must Carry (2015), S. 122 ff. mwN. 565 Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 90 (Fn. 557). 566 Holznagel/Dörr/Hildebrand, Elektronische Medien (2008), S. 461; Assion, Must Carry (2015), S. 122. 567 Assion, Must Carry (2015), S. 122. 568 Assion, Must Carry (2015), S. 123; Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (26). 569 Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 90 (Fn. 557). 570 Broemel, MMR 2013, 83 (86 ff.). 571 Assion, Must-Carry (2015), S. 279. 572 Ricke, MMR 2011, 642 (644 f.); HK-RStV, § 52, Rn. 4; Assion, Must-Carry (2015), S. 279.

I. Gatekeeper und das Vielfaltsgebot

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(4) Abgestuftes Gefährdungspotential anhand des Grads der Ausschließlichkeit Allein die Differenzierung trifft noch keine Aussage über den konkreten Einfluss eines Gatekeepers auf den öffentlichen und individuellen Meinungsbildungsprozess.573 Jedoch lässt sich anhand dieser Abgrenzungskriterien ein „abgestuftes Schutzkonzept“574 für unterschiedliche Gefährdungspotentiale von Gatekeepern herausarbeiten. Entscheidend für den Einfluss auf die herausgearbeiteten Positionen, die ein „Tor“ zwischen den Inhalten und den Rezipienten bilden, ist der Grad der Ausschließlichkeit der Dienstleistung des Gatekeepers. Aufgrund der Ausschließlichkeit bestehen keine direkte Nutzungs- bzw. Zugangsalternativen für den Rezipienten zu anderen Zugangsanbietern für Inhalte.575 Die Ausschließlichkeit kann sich aus verschiedenen Faktoren ergeben. Sie kann als „echte Ausschließlichkeit“ bestehen, weil keine anderen Dienstleistungen verfügbar sind. Eine solche Ausschließlichkeit war bei klassischen Gatekeepern aufgrund von Infrastrukturkontrolle bei begrenzten Frequenzen vorhanden. Nah hieran reicht auch die Gatekeeperstellung aufgrund der marktbeherrschenden Stellung, die Lock-In-Effekte begründet und zu einem alleinigen Anbieter der Dienstleistung führt. Die Ausschließlichkeit kann aber auch trotz bestehender Zugangs- und Nutzungsalternativen durch geschlossene Systeme begründet werden. Vergleichbar zur echten Ausschließlichkeit ist auch eine Gatekeeper-Stellung aufgrund eines geschlossenen Systems, selbst wenn es verschiedene Anbieter der Dienstleistung gibt. Auch bei geschlossenen Systemen kann durch weitere Lock-in-Effekte, wie etwa bestehende Wechselkosten aufgrund von proprietären Dienstleistungen (v.a. Hard- und Softwareanwendungen als Zugangsdienste), eine Ausschließlichkeit begründet werden. Sobald aber hier, da es tatsächlich andere Zugangsmöglichkeiten gibt, ein Öffnungsmechanismus geschaffen wird, verliert die Gatekeeper-Stellung ihre Ausschließlichkeit für Anbieter von Inhalten und Rezipienten. Deshalb müssen Öffnungsmechanismen darauf untersucht werden, inwieweit sie einen die Ausschließlichkeit überwindende substitutive Zugangsmöglichkeit eröffnen. b. Gatekeeper-Strategien bei Connected-TV-Sachverhalten Um die Probleme bei der Bestimmung von Gatekeepern aufzuzeigen und zu klären, inwieweit und unter welchen Bedingungen Connected-TV-Funktionen als Gatekeeper einer rundfunkrechtlichen Regulierung unterfallen, ist vorab aufzuschlüsseln, welche Gatekeeper-Strategien überhaupt von Marktakteuren auf dem Connected-TV-Markt verfolgt werden und unter welche der oben genannten Kategorien diese einzuordnen sind.

573

Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 90 (Fn. 557). Zu dieser Terminologie beim Plattformbegriff: BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 24 ff.; Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 28; a.A. Weisser/Glas, ZUM 2009, 914 (917), die ein solches System bei der Plattformregulierung gerade nicht erkennen wollen. 575 Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 90 (Fn. 557).

574

82

3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung (1) Zugang zum Programm mittels Benutzeroberfläche

Ein erster Anknüpfungspunkt für eine Gatekeeper-Strategie der Endgerätehersteller bietet die Kombination aus Hard- und Software und der damit verbundenen technischen Voreinstellung des Fernsehgeräts in Bezug auf das lineare Rundfunkprogramm. Die Endgerätehersteller können ihre Geräte softwaretechnisch so ausgestalten, dass der Fernsehbildschirm beim Start zuerst das App-Portal des Herstellers und die proprietären Anwendungen zeigt und den Rezipienten erst nach einem aktiven Umschalten in das lineare Fernsehprogramm führt (siehe oben, 1. Kap. V. 2) e.). Daneben wird darüber auch der Zugang in das lineare Programm mittels eines durch den Endgerätehersteller softwaregesteuerten Navigators vermittelt. Diese Funktionen ermöglichen dem Endgerätehersteller die erste Steuerung der Zuschaueraufmerksamkeit. Sie sind allerdings nicht bei allen Geräteherstellern vorhanden oder zumindest nicht in gleicher Form.576 Bei vielen Herstellern bleibt es dabei, dass die klassische Fernsehfunktion der Wiedergabe des linearen Programms die Grundfunktion beim Einschalten des Gerätes darstellt.577 Erst dem linearen Fernsehprogramm nachgelagert bedienen sich die Zuschauer zusätzlicher smarter, interaktiver Angebote entweder über den Red-Button oder über das mittels Fernbedienung aufrufbare Portal des Herstellers. Zudem lässt sich diese Funktion bei den derzeit gängigen Connected-TV-Modellen deaktivieren.578 Letztlich ermöglichen die Endgeräte meist auch, dass durch drahtgebundene oder funkgestützte (z.B. WiFi Direct) Zugangstechnologien Inhalte vom Zuschauer empfangen werden können.579 Allerdings kontrollieren die Endgerätehersteller auch in diesen Fällen die Anordnung der linearen Programme, welche bei der Ersteinrichtung eines Geräts automatisch vorgenommen wird.580 Darüber und über die meist damit verbundene Programmübersicht haben sie Einfluss darauf, welches Programm an welchem Platz angezeigt wird und können bei einer großen Anzahl somit Einfluss auf die Auffindbarkeit eines Angebots erlangen.581 Jedoch ermöglichen die Endgeräte bisher die individuelle Anpassung der Reihung der Programme, welche von den Nutzern auch häufig genutzt wird.582 Daher bildet nicht das Endgerät als solches einen Anknüpfungspunkt einer GatekeeperPosition, sondern die softwareseitigen Ergänzungen in Form von Portalen oder 576 Zudem ist das Vorliegen einer solchen Gatekeeper-Strategie bei Portalbetreibern mit externen Geräten (Peripherie-Geräte) eher unwahrscheinlich, weil diese die Hersteller der „Bildschirm“-Endgeräte („First Screen“) dazu in der technischen Ausgestaltung ihre Geräte beeinflussen müssten. 577 Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (22); Merkel/Roßnagel/Scheuer/Schweda, Sicherung der Interoperabilität (2009), S. 133; andere Tatsachendarstellung bei Christmann, ZUM 2015, 14 (19); Bosman, K&R 2014, 784 (788); ähnlich auch die Prognose bei Klickermann, in: Die Welt im Netz - Tagungsband der DSRI (2011), 707 (709). 578 Vgl. Brunken: http://praxistipps.chip.de/samsung-smart-tv-start-in-smart-hub-deaktivieren_17900 (Stand: 11.09.2018, 09:07 Uhr). 579 Dreizehnter Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“, BT-Drs 17/12542, S. 29 f. 580 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 28; Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 8 ff. 581 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 28 f. 582 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 29; Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 12, 15.

I. Gatekeeper und das Vielfaltsgebot

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Benutzeroberflächen als technische Zugangsvermittlung und Navigationsdienst zu den Inhalten. Diese können aber zumindest grundsätzlich auch durch eine Dritt-Hardware auf den Bildschirm gebracht werden. Mithin ist diese Funktion der Zugangsvermittlung zum linearen Rundfunkprogramm über eine „Benutzeroberfläche“, die Listung, Sortierung der Programme und Navigation innerhalb dieser ermöglicht und vorgeschaltet die Listung der Sender vornimmt, unter den Begriff des Gatekeepers aufgrund eines geschlossenen Systems zu fassen. Das System ist dann geschlossen, wenn Inhalteanbieter und Rezipient auf die Dienstleistung angewiesen sind, d.h. gerade keine Multi-Homing-Geräte anschließbar sind oder das lineare Programm nicht auch außerhalb der Benutzeroberfläche auf demselben Gerät abrufbar ist. Weiter wird, sofern keine Anpassung durch den Nutzer möglich ist, auch die Auffindbarkeit der Inhalte in einem geschlossenen System beeinträchtigt, sodass nach der obigen Definition (siehe oben, 3. Kap. I. 1) a. (2)) eine spezifische Verengung vorliegt. (2) Belegung der App-Portale Auch das Betreiben von App-Portalen durch Endgerätehersteller oder sonstige Portalbetreiber, die Hard- und die Software zum Betrieb des Portals bereitstellen, kann als Gatekeeper-Stellung relevant sein. Diese Portale fallen in die Kategorie der „Gatekeeper aufgrund der Kontrolle eines geschlossenen Systems“. Bereits der Blick auf die Begrifflichkeit des Portals als „zentrale Zugangsseite zu Inhalten in einem proprietären System“583 verdeutlicht die Möglichkeit der Ausübung von Einfluss auf die Verfügbarkeit von Inhalten für den Rezipienten. Unter diesen Einflussmöglichkeiten der Portale sind allerdings zwei Aspekte zu trennen584: Zum einen haben die Portalbetreiber die Kontrolle über das „Ob“ der Aufnahme von Angeboten und Diensten auf ihre Portale. Darüber können sie kontrollieren, welche Angebote überhaupt für den Rezipienten empfangbar sind und welche Inhalteanbieter Zugang zu ihren Portalen auf den Endgeräten erhalten. Zum anderen kontrollieren die Gerätehersteller aber auch innerhalb des Portals, „wie“ bzw. „wo“ ein Angebot zu finden ist und angesteuert werden kann. Durch Priorisierung von Angeboten und Bestimmung des Ortes der Präsentation wird indirekt für den Rezipienten über die Zugänglichkeit bestimmt. Die Nutzung eines Angebots innerhalb eines Portals hängt nämlich entscheidend von dessen Auffindbarkeit ab.585 Gerade durch die Beherrschung beider Ebenen – des „Obs“ und des „Wies“ – wird je nach Grad der Exklusivität und Geschlossenheit des Systems die Kontrolle des Zugangs des Rezipienten zu Inhalten ausgeübt.

583

Busch, in: Müller-Grote/Reydt/Schmidt, eBusiness (2001), 249 (257); Hoeren/Sieber/Holznagel/Schmittmann, MMR-HdB, Teil 9, Rn. 6; Yliniva-Hoffmann/Matzneller, IRIS plus, 2010-5, 3 (10). 584 Unterscheidung ähnlich bei Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 93 f.; Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (128 f.); hingegen bei Doetz, MMR 2012, 277 (278) lediglich Hinweis auf die im Folgenden benannten beiden Kontrollmöglichkeiten. 585 Christmann, ZUM 2015, 14 (18).

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Speziell ökonomische Konflikte zeigen sich auf der Ebene des „Obs“ auch bei der Frage, ob die Apps von Dritten auf den Portalen der Endgerätehersteller oder sonstiger Portalbetreiber angeboten werden. Der Portalbetreiber hat die ausschließliche Kontrolle über den Zugang eines Angebotes als App in sein Portal.586 Gerätehersteller bzw. Portalbetreiber und Inhalteanbieter bzw. App-Anbieter haben in weiten Teilen gegenläufige Interessen.587 Portalbetreiber versuchen durch das Anbieten möglichst attraktiver Dienste in den eigenen Portalen, Rezipienten an sich zu binden, um vor allem beim Kauf eines neuen Fernsehgeräts aufgrund der Gewöhnung und der Überzeugung des bisher genutzten Portals einen Wechsel zu einem anderen Anbieter zu vermeiden.588 Teil dieser Strategie ist auch der Versuch, Rezipienten über eigene OTT-Angebote an sich zu binden.589 Dadurch, dass die Angebote von Inhaltelieferanten wie beispielsweise den Rundfunkanbietern auf dem Endgerät neben eigenen Angeboten des Portalbetreibers oder zumindest Angeboten, die in einem vertraglichen Abhängigkeitsverhältnis zum Portalbetreiber stehen590, in ein Konkurrenzverhältnis gestellt werden, besteht die Gefahr, dass der Portalbetreiber Angebote Dritter nicht zulässt. Die Inhalteanbieter sind hingegen bestrebt, auf möglichst allen Vertriebswegen zum Rezipienten zu gelangen, was für die Portale bedeutet, dass ihre Angebote möglichst auf allen maßgeblichen Portalen zugänglich sein sollten.591 Auf der herausgearbeiteten Ebene des „Wie“ des Zugangs bzw. des „Wo“ der Auffindbarkeit werden auch die Ausgestaltungen der Portale, dass die Portalbetreiber in ihren Portalen (gegen Entgelt) bestimmte Angebote vorinstalliert und an besonders prominenter Stelle präsentieren592, relevant. Dies geschieht meist auf einer separaten Leiste auf dem Startbildschirm, der teilweise auch nicht durch den Rezipienten etwa durch das Löschen oder die Änderung der Anordnung von Anwendungen veränderbar ist. Der Nutzer hat dann nur die Möglichkeit, weitere Apps zu installieren und diese in einer eigenen Favoritenliste zu ordnen.593 Darüber hat der Portalbetreiber die Möglichkeit, in seinem Portal auf dem Connected-TV-Gerät beispielsweise ein bestimmtes Nachrichtenprogramm vorprogrammiert und prominent zu präsentieren, während der Zugriff auf

586

Fuchs, in: Hachmeister/Anschlag, Rundfunkpolitik und Netzpolitik (2013), 130 (136); Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien (2015), S. 28 f.; Christmann, ZUM 2015, 14 (18). 587 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 15; anders Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (26). 588 Heil, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln, Heft 296, S. 9; bislang hat sich aber noch keines der Portale einen relevanten Marktvorteil verschaffen können, Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 21. 589 Heil, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln, Heft 296, S. 9; bislang hat sich aber noch keines der Portale einen relevanten Marktvorteil verschaffen können, Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 21. 590 Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (30 f.); Klickermann, in: Die Welt im Netz - Tagungsband der DSRI (2011), 707 (712); zu den möglichen Vertragstypen Hoenike/Szodruch, K&R 2007, 628 (630 f.). 591 BeckOK InfoMedienR/Paal, AEUV, Art. 101, Rn. 102. 592 Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 8; Müller, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 15 (28). 593 Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (23).

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ein anderes Nachrichtenprogramm mehrerer aktiver Navigationsschritte seitens des Rezipienten bedarf.594 Vorinstallierte Apps haben unter dem Gesichtspunkt der Auffindbarkeit von Inhalten einen entscheidenden Vorteil gegenüber Apps, die sich Nutzer aus einem App Store herunterladen müssen.595 Insgesamt rücken die Endgerätehersteller über die für die Gatekeeper-Problematik maßgebliche Funktion als Portalbetreiber näher an die Inhalte heran und sind nicht mehr nur bloße Hardware-Hersteller von „Abspielgeräten“, sondern werden zu „Inhalte-Auswertern“, die dem Rezipienten Zugang zu Angeboten ermöglichen und in Portalen Inhalteanbietern die Möglichkeit geben, Zugang zum Rezipienten zu finden.596 (3) Zugang zum App-Store Die zuvor geschilderte Problematik der Kontrolle über das „Ob“ des Zugangs der Inhalteanbieter zu den Portalen ist vor allem auch auf einer weiteren Ebene der Funktionen von Connected-TV-Portalen zu verorten. Ein Inhalteanbieter hat grundsätzlich die Möglichkeit, seine Inhalte in Form einer App anzubieten. Diese App muss er auf der Grundlage der je nach Endgerätehersteller verschiedenen, von diesen zur Verfügung gestellten „Software Development Kits“ (SDK)597 programmieren. Sobald die App auf dem Connected-TV installiert ist, hat man als Inhalteanbieter die Möglichkeit, diesen „Rahmen“ mit Inhalten, welche über das Internet gespeist werden, zu füllen. Soweit eine App nicht aufgrund vertraglicher Absprachen zwischen Inhalteanbieter und Hersteller auf dem Endgerät vorinstalliert ist, wird sie über einen App-Store den Rezipienten zur selbstständigen Installation zur Verfügung gestellt. Diese Ebene der Kontrolle der Hersteller und Portalbetreiber über den Zugang zum App-Store führt also auch faktisch zu einer Kontrolle des Zugangs bzw. der Verfügbarkeit von Inhalten in den Portalen und somit im Rezeptionsumfeld der Nutzer.598 Demnach besteht für Inhalteanbieter die Möglichkeit, Apps für den App-Store und das Portal des Endgeräteherstellers über die SDKs herzustellen. Dabei bleibt man aber an den technischen Standard des jeweiligen Portals gebunden, was bedeutet, dass die Inhalte im App-Store und damit auch im Portal letztlich erst durch Auswahlentscheidung des Portalbetreibers verfügbar gemacht werden. Es muss demnach notwendigerweise eine Vereinbarung des Endgeräteherstellers mit dem Inhalteanbieter über die Aufnahme seiner App in das Portal bzw. den App-Store geschlossen werden, wodurch er die Geschlossenheit seines Systems herstellt.599 594

Vgl. Hege, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2013, 11 (13). Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 11; Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien (2015), S. 29. 596 So auch Christmann, ZUM 2015, 14 (19). 597 Dazu Trummer, Medienkonvergenz und HbbTV (2012), S. 37; Baumgartner/Ewald, Apps und Recht (2013), Rn. 12 ff. 598 Berger, CR 2012, 306 (312); Christmann, ZUM 2015, 14 (18); zu Spielekonsolen und MP3-Playern: Holznagel/Dörr/Hildebrand, Elektronische Medien – Entwicklung und Regulierungsbedarf, S. 460 f. 599 Berger, CR 2012, 306 (307); Sewczyk, tv diskurs 56, 32 (35); Wagner, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 325 (329); Holznagel/Eschenbach, MEDIENBULLETIN 04.2011, 34 (34 f.); allgemein zur Vertragsgestaltung beim Vertrieb von Apps: Kremer, CR 2011, 768 ff.

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Eine hypothetische Fallkonstellation könnte sich unter den geschilderten Gegebenheiten so darstellen, dass ein Portalbetreiber beispielsweise die App der „Plattform“ Zattoo600 in seinem Portal und App-Store nicht zulässt, weil sie von ihm unerwünschte Programme transportiert.601 Damit wäre dem Rezipienten ein Empfangsweg für Rundfunkinhalte (WebTV) abgeschnitten. Ein solcher Nutzer könnte sich gerade wegen der Möglichkeit, ohne technische und mediale Brüche auf einem Connected-TV Internetfernsehen konsumieren zu können, für dessen Kauf entschieden haben, um auf die kostenlose (oder bezahlte) Version seines WebTV-Anbieters und nicht auf die traditionellen Übertragungswege wie Satellit, Terrestrik oder Kabel zurückzugreifen. Ähnliche Probleme stellen sich auch bei Apps, die den Zugang zu Livestreams (etwa in den Mediatheken) oder den Apps von Radiosendern602, welche ebenfalls unter den Rundfunkbegriff fallen, vermitteln. Zur Entscheidung über die Aufnahme einer App in das Portal oder den App-Store können die Portalbetreiber neben grundsätzlich einleuchtenden Kriterien, wie der Kompatibilität der App mit dem proprietären Portal und ihrer Nutzerfreundlichkeit603, beispielsweise auch moralische Anforderungen604 an die Inhalte sowie finanzielle Anforderungen an die App-Anbieter stellen oder unabhängig von der Bedeutung eines Angebots für den individuellen und öffentlichen Meinungsbildungsprozess allein auf die Popularität, das Image oder den Zuschauermarktanteil abstellen.605 Aus dieser Abhängigkeit der Inhaltelieferanten von der Aufnahme in die App-Stores der Portalbetreiber kann eine Gatekeeper-Stellung aufgrund der Kontrolle eines geschlossenen Systems abgeleitet werden, da es keine anderen Möglichkeiten gibt, Aufnahme in das Portal zu finden, sodass eine Ausschließlichkeit der Dienstleistung vorliegt. Daran schließt an, dass in diesem geschlossenen System auch in der Logik der Nutzerautonomie die Steuerung der Auffindbarkeit eines Angebots über den App-Store möglich scheint, wenn es erst durch eine Nachinstallation verfügbar wird.606

600

Näher zu Aufbau und Funktionen von Zattoo: http://www.iptv-anbieter.info/streaming/zattoo-iptv.html, (Stand: 13.04.2016, 09:10 Uhr). 601 So wird z.B. die Vorgehensweise von Apple bei den Betriebssytemen der Smartphones (iOS) bzg. Erotikinhalten beschrieben. Vgl. Gersdorf, in: ZAK, Digitalisierungsbericht 2010, 29 (34); Dreizehnter Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“, BT-Drs 17/12542, S. 27. 602 Beispielsweise die bigFM Smart-TV-App: http://smarttvapps.de/2012/11/07/bigfm-smart-tv-app/ (Stand: 11.09.2018, 16:28 Uhr). 603 Berger, CR 2012, 306 (307). 604 Man betrachte nur die strenge Politik von Apple hinsichtlich erotischer Inhalte, die jenseits jeglicher gesetzlicher Vorgaben, beispielsweise durch den Jugendschutz, bereits von Apple abgelehnt werden. Allgemein zur Inhaltepolitik von Apple: Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 223 mwN.; Dreizehnter Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“, BT-Drs 17/12542, S. 27; entgegen Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (25 f.) sind also auch über die von Gesetzes wegen einzuhaltenden inhaltlichen Kriterien weitere mit Diskriminierungspotential denkbar; kritisch Gersdorf, promedia 12/2016, 16 (17), der die Tendenzfreiheit bei der Zusammenfassungsentscheidung betont. 605 So zu den Kriterien bei Angeboten auf Plattformen: BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 7. 606 A.A. Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (25).

I. Gatekeeper und das Vielfaltsgebot

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Darüber hinaus können aufgrund fehlender Interoperabilität607 zwischen den proprietären Systemen der einzelnen Portalbetreiber auch faktische Zugangshindernisse entstehen, wenn die Anbieter ihre Inhaltedienste mit jeweiligem Kostenaufwand für jede Plattform neu konzipieren oder zumindest anpassen müssen. Dies führt vor allem bei kleineren Anbietern mit einer sehr spitzen Zielgruppe, denen großes Potential für ihre Bedürfnisse bei Connected-TV prophezeit wurde608, dazu, dass sie aus Kostengründen keine ausreichende Streubreite ihrer Dienste auf verschiedenen Portalen erreichen können. Lediglich durch die Zulässigkeit standardisierter Web-Apps609 oder OpenSource-Projekte610 auch hinsichtlich des App-Stores kann dieser Gatekeeper-Stellung entgegengewirkt werden, indem die Ausschließlichkeit mittels Öffnungsmechanismen gelockert wird. Durch festgelegte Standards zur Programmierung von Web-Apps wären die Inhalteanbieter der Apps nicht auf die Betreiber der App-Stores angewiesen, sondern es könnte die nötige Interoperabilität entstehen, die zur Entschärfung der GatekeeperFunktion führt. Dann wäre ein App-Store nur noch ein faktischer Gatekeeper, bei dem auch das Merkmal der Marktbeherrschung nicht greift, da er das Portal gerade offen gestaltet und somit nicht die alleinige Kontrolle die Zusammenfassungsentscheidung hat. Auch OpenSource App-Stores, bei denen ein Dritter, der keine Interessen am Endgeräteverkauf hat, den App-Store und das Portal betreibt und es den Endgeräteherstellern als Software zur Verfügung stellt, können ein offenes System für die Inhalteanbieter darstellen.611 Allerdings kontrolliert auch hier der Dritte als Betreiber des App-Stores über die Software den Zugang der Inhalteanbieter zum Portal und kann ggf. den Endgeräteherstellern Pflichten auferlegen, eigene Apps des Portalbetreibers prominent zu platzieren, sodass die Gatekeeperstellung aufgrund der Kontrolle über das geschlossene System bestehen bleibt.612 (4) Geschlossenes System aufgrund der Kombination aus App-Store und App-Portal In vielen Fällen ermöglicht aber auch erst das Zusammenspiel von App-Store und Portal dem Endgerätehersteller oder sonstigen Portalbetreiber die Kontrolle über den Zugang

607

Diese überwiegend wettbewerbs- und telekommunikationsrechtlich geprägte Terminologie soll hier aber als rundfunkrechtliche Interoperabilität verstanden werden. Siehe dazu: Merkel/Roßnagel/Scheuer/Schweda, Sicherung der Interoperabilität (2009), S. 78 ff. 608 Vgl. Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 97 ff. 609 Laut Digitalisierungsbericht greifen sogar mehr Rezipienten über den Browser auf Inhalte zurück als über die Funktion der Nachinstallation mittels App-Store, Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2015, 40 (50 f.). 610 Bei Philips gibt es ein Open-Source-Projekt namens „jointSPACE“, vgl. Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 19, Fn. 1; weiteres Beispiel: https://kodi.tv/about/ (Stand: 11.09.2018, 18:15 Uhr); zu diesen Möglichkeiten bei Smartphones mit dem Betriebssystem Android, Baumgartner/Ewald, Apps und Recht (2013), Rn. 123. 611 So anfangs der „Yahoo! Connected TV Store“, vgl. Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TVPlattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 20. 612 Vgl. die dahingehende Entwicklung auf dem Smartphone/Tablet-Markt bei Android als Betriebssystem, dazu Paal, GRUR 2013, 873 (879).

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

der Inhalte zum Rezipienten in einer gänzlich proprietären Dienstleistung. Er erlangt dann eine Gatekeeper-Stellung aufgrund der Kontrolle eines geschlossenen Systems. Deshalb ist ein Portal in der zuvor beschriebenen Form mehr als nur ein Basisnavigator oder ein EPG, da die Inhalteanbieter aufgrund von Vertragsgestaltung und/oder technischen Hürden von der Dienstleistung des Portalbetreibers beim Zugang abhängig sind. Die Anbieter von Connected-TV-Angeboten verfolgen die Strategie, möglichst ihre proprietären Standards bei den Rezipienten zu etablieren. Soweit sich ein Rezipient für ein Endgerät und das damit verbundene System aus Portal und App-Store entschieden hat, bleibt ihm nur die Auswahl zwischen den von diesem zur Verfügung gestellten Angeboten. Ein Wechsel ist nur durch Kauf eines neuen Gerätes möglich, welches bei den doch hohen Anschaffungskosten problematisch erscheint. Diese Wechselkosten bilden insoweit stets einen Lock-In-Effekt, der eine Gatekeeperstellung begründet. Auch wenn sich die Wechselkosten beim Anschluss der Geräte von externen Portalanbietern (z.B. Google-Chrome-Stick) noch in Grenzen halten613, wird das Portal an sich dadurch nicht geöffnet. Lediglich das Endgerät bietet einen Öffnungsmechanismus durch die Anschließbarkeit von Dritt-Hardware an. Somit liegen Öffnungsmechanismus und geschlossenes System aber auf unterschiedlichen Ebenen und werden von unterschiedlichen Gatekeepern kontrolliert. Übertragen auf Connected-TV-Szenarien bedeutet dies, dass ein Kunde an das Angebot eines Portalbetreibers oder Endgeräteherstellers, dessen Gerät er erworben hat, gebunden ist. Dabei kann der Anbieter des Portals bzw. Endgerätes (Ursprungsprodukt) den Zugang Dritter zu den Endkunden kontrollieren, die er durch den Erwerb des Gerätes oder die Nutzung des Portals (Ausgangsprodukt) an sich gebunden hat.614 Das grundsätzlich offene System des Internet zur Bereitstellung von Inhalten wird durch die Verwendung proprietärer, geschlossener Portalsysteme zu einem „walled garden“, indem sowohl die Rezipienten an die Auswahlentscheidung des Portalbetreibers gebunden sind, als auch der Zugang für die Inhalteanbieter vom Willen eben jenes Gatekeepers abhängt.615 Die kombinierte Kontrolle des Endgeräteherstellers über App-Store und Portal ist darüber hinaus auch mit Blick auf die Auffindbarkeit von Angeboten (Ebene des „wie“) relevant. Besonders prominent platzierte Inhalte im App-Store sowie bereits vorinstallierte oder personalisierte Apps sind hinsichtlich der Auffindbarkeit durch den Rezipienten privilegiert und eröffnen Diskriminierungspotential gegenüber anderen Inhalten, die auf die Dienstleistung des App-Portal- und App-Store-Betreibers angewiesen sind. Diese Gatekeeper-Stellung aufgrund der Kontrolle eines geschlossenen Systems und die dafür verantwortlichen Lock-In-Effekte können durch die Endgerätehersteller und Portalbetreiber allerdings abgeschwächt werden.

Der Google-Chromechast-Stick kostet derzeit 39,90 €, vgl. https://store.google.com/de/product/chromecast_2015 (Stand: 31.08.2018, 13:02 Uhr). 614 Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 (661). 615 Vgl. Yliniva-Hoffmann/Matzneller, IRIS plus, 2010-5, 3 (23). 613

I. Gatekeeper und das Vielfaltsgebot

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Dies kann einmal durch die Eröffnung eines unmittelbaren Zugangs zum offenen Netz mittels eines Browsers auf demselben Endgerät geschehen.616 Darüber haben die Rezipienten die Möglichkeit, auf alle über das Internet-Protokoll verbreiteten Inhalte zuzugreifen. Daneben sind auch die Inhalteanbieter nicht mehr allein auf das Portal, zumindest hinsichtlich des Zugangs zum Rezipienten, angewiesen. Das Auffindbarkeitsproblem wird auf diese Weise ebenfalls abgemildert, da in einem nicht von ihm kontrollierten System der Nutzer die Inhalte eigenverantwortlich auffinden kann und dem Gatekeeper kein eigenes Diskriminierungspotential verbleibt. Das „Aufbrechen“ des „walled garden“ wäre zudem – zumindest mit Blick auf die klassischen Rundfunkanbieter – über die Zulassung von HbbTV-Anwendungen auf dem Endgerät oder gar HbbTV-Apps sowie Web-Apps möglich und würde die GatekeeperStellung der Endgerätehersteller abmildern. Dessen Auswirkung auf die GatekeeperStellung ist allerdings begrenzt. Der Standard steht allein Rundfunkanbietern zur Verfügung, weil diese über die im Rundfunksignal übermittelten Steuerungsinformationen auf ergänzende Telemedien verweisen.617 Externe Anbieter oder reine Telemedienanbieter haben regelmäßig keinen Zugriff auf das Rundfunksignal.618 (5) HbbTV als Grundlage für Nutzerführung und Portale HbbTV-Anwendungen als „bound applications“ weisen auf den ersten Blick kein Gatekeeper-Potential auf.619 HbbTV ermöglicht es den Rundfunkveranstaltern in der Funktion als technischer Standard, eigene Angebote über das Rundfunksignal in Verbindung mit dem Internetprotokoll mit Zusatzdiensten anzureichern. Allerdings kann der HbbTV-Standard auch als Grundlage für eine Nutzerführung im Sinne einer Benutzeroberfläche und Portale eingesetzt werden.620 Die HbbTV-basierte Nutzungsführung im Sinne einer Benutzeroberfläche kann daher eine Gatekeeper-Stellung aufgrund der Kontrolle über ein geschlossenes System begründen, wenn sie zu diesem Zweck genutzt wird.621 Indessen stellt HbbTV dabei lediglich den technischen Standard der Umsetzung dar und ist wie ein sonstiger den Zugang zum Programm kontrollierender Dienst (siehen oben, 3. Kap. I. 1) b. (1)) einzuordnen, der unter der Kontrolle des jeweiligen Anbieters der Oberfläche steht. Gleiches gilt bei der Nutzung von HbbTV als softwareseitige Grundlage für das Betreiben eines Portals, wie bei der „Multithek“ bzw. „freenet TV connect“ von Media

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So auch Hain, AfP 2012, 313 (327); Schneider, in: Hachmeister/Anschlag, Rundfunkpolitik und Netzpolitik (2013), 113 (118); a.A. Hege, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2013, 11 (13). Trummer, Medienkonvergenz und HbbTV (2012), S. 19; Broemel, ZUM 2012, 866 (875); Deutsche TV-Plattform, White Book Hybrid TV/Smart TV (2012), S. 17 bezeichnet diesen Umstand als „in der Natur der Sache liegend“. Dies bleibt auch unter der neuen Ergänzung des Standards „ADB“ in HbbTV2 (siehe oben, 1. Kap. IV. 3)), da eine Übertragung des HbbTV-AIT über das IP-Signal auch dabei nur Rundfunkveranstaltern offensteht. 618 Broemel, ZUM 2012, 866 (875). 619 Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (24) bezeichnen sie sogar als „Vielfaltsgewinn“. 620 Dazu Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 22. 621 Dazu Binder/Vesting/Schulz/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52c, Rn. 47 zur Anwendung des § 52c Abs. 1 S. 2 Nr. 3 RStV auf eine HbbTV-basierte Nutzerführung.

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Broadcast. Hierbei können von dem Portalbetreiber dieselben Gatekeeper-Potentiale ausgehen, wie sie bei der Belegung von Portalen durch den Endgerätehersteller (Gatekeeper aufgrund der Kontrolle eines geschlossenen Systems) festzustellen sind. Gerade die „Multithek“ nimmt in ihre Senderliste auch Angebote auf, die eigentlich nur über das Internet und den HbbTV-Standard angeboten werden, sodass diese im Basisnavigator in Konkurrenz zu den Rundfunksendern stehen und bei der Sortierung berücksichtigt werden müssen.622 Auch das daraus entstehende Diskriminierungspotential untermauert die Gatekeeper-Stellung auf der Ebene des „Wie“. (6) Personalisierung im geschlossenen System Ferner muss die durch den Rückkanal eines Connected-TV-Geräts ermöglichte Personalisierung von Inhalten auf Gatekeeper-Strategien untersucht werden.623 Das ursprünglich im Rahmen des Datenschutzrechts in den Blick genommene Szenario, dass der Rezipient in der Leanback-Perspektive eher „zu offenen unbefangenen Reaktionen mit der Transaktions-orientierten Macht des Internets“ neigt624, lässt sich auf die Gatekeeper-Problematik übertragen. Der Rückkanal kann aufgrund des Einwirkungspotentials von „maßgeschneiderten Programm- und Werbeangeboten“ auf die individuelle und öffentliche Meinungsbildung als durchaus problematisch angesehen werden.625 Sobald redaktionelle Inhalte in einem geschlossenen System nur noch „vorgefiltert“ nach den eigenen Interessen beim Rezipienten ankommen, bedarf es eines enormen praktischen Aufwandes, um noch weitere Angebote zu konsumieren.626 Es würde dem Rezipienten also ein auf individuelle Bedürfnisse eingeschränktes Angebot an Inhalten präsentiert. Eine solche Personalisierungsfunktion ist auch auf Connected-TV-Geräten und den darauf befindlichen Portalen in dieser Form denkbar. Über die personalisierte Vorauswahl der verfügbaren Angebote, z.B. mittels Empfehlungssystemen, kann der Zugang der Inhalteanbieter zu den Rezipienten und die damit verbundene Auffindbarkeit gesteuert werden. Allerdings unterscheiden sich die Funktionen eines Connected-TV-Endgerätes derzeit noch weitestgehend davon. Die Zugänglichmachung des klassischen linearen Rundfunkprogramms ist bislang nicht von Personalisierungstendenzen (z.B. Filterung der verfügbaren Inhalte aus den Programmen) erfasst, sondern das Programm ist für alle Rezipienten gleich. Lediglich als zusätzliche Funktion bieten die Endgerätehersteller auch sog. „Empfehlungssysteme“ an, in denen zur Erschließung neuer Erlösquellen,

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Müller, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 15 (33). Zu den Möglichkeiten der Personalisierung auf Connected-TV-Endgeräten: phaydon, Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen, Studie 2012, S. 38 ff.; Brandt, IPRB 2016, 105 (105 f.). 624 IWGDPT, Datenschutz bei der Verarbeitung digitaler Medieninhalte und beim digitalen Fernsehen, Arbeitspapier verabschiedet auf der 42. Sitzung, Berlin, 4.-5. September 2007, S. 2. 625 Zu Suchmaschinen: Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (126); KOM (2013) 231 final, S. 15; zur gesellschaftlichen Perspektive: Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (34). 626 Zu diesen Gefahren auch: phaydon, Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen, Studie 2012, S. 40; Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 47.

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VoD-Angebote bevorzugt empfohlen werden.627 Allerdings können auch solche Empfehlungssysteme, sofern sie bei der Steuerung auf dem Endgerät prominent platziert werden und so in das Nutzerverhalten einbezogen werden, die Fernsehnutzung beeinflussen.628 Sie bilden aber kein geschlossenes System, weil der Rezipient auch ohne ihre Nutzung aufgrund der weiteren Funktionen des Endgeräts und Portals auf die Inhalte zugreifen kann. Individualisierung und Personalisierung spielen hingegen in den App-Portalen eine größere Rolle. So können die Anordnung der Apps im Portal oder die Auffindbarkeit der Apps im AppStore anhand der Nutzungsgewohnheiten des Portals oder App-Stores personalisiert werden. Die damit verbundene Auffindbarkeitssteuerung ist aber rezipientenbezogen und hat daher einen sachlichen Grund. Erst dort, wo Inhalte ohne das Wissen des Rezipienten oder aufgrund weiterer Kriterien, die er nicht beeinflusst, zugänglich und auffindbar gemacht werden, bestehen Gefahren der Zugangsverengung, wie sie bei Gatekeepern aufgrund der Kontrolle über ein geschlossenes System auftreten.629 Nur, wo Personalisierung zu einer dem Nutzer nicht bewussten Verengung der Rezeption führt und dieser keine Möglichkeiten hat, seine Nutzung der Personalisierung zu entziehen, sodass ein Abhängigkeitsverhältnis auch des Inhalteanbieters beim Zugang zum Rezipienten entsteht, gibt es ein Gatekeeper-Potential. 2) Verfassungsrechtliche Einordnung einer Gatekeeper-Regulierung Aufgrund der genannten Funktionen beim Zugang und der Auffindbarkeit von meinungsbildungsrelevanten Inhalten geraten Gatekeeper ins Blickfeld der besonderen Normziele der Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG, die es im Folgenden darzustellen gilt. a. Sonderdogmatik der Rundfunkordnung Die äußerst knappe Formulierung der Rundfunkfreiheit im Text des Grundgesetzes wird vom Bundesverfassungsgericht in einer Reihe von Entscheidungen630 zu „differenzierten und weitgehenden Anforderungen an die Rundfunkordnung in Deutschland“ weiterentwickelt.631 Zur Bewertung der Wirkung von Gatekeepern bei Connected-TV-Sachverhalten auf die Rundfunkfreiheit bedarf es der Klärung der normativen Vorgaben des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG.

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Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 25 ff., 47. 628 Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 25. 629 Die Studie phaydon, Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen, Studie 2012, S. 38 unterscheidet zwischen selbstbestimmter und automatisierter Personalisierung via Tracking. 630 Übersicht dazu bei BeckOK InfoMedienR/Kühling, GG, Art. 5, Rn. 58 ff.; Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, Rn. 22. ff.; Stettner/HK-RStV, Bd. I, B 2, Verfassungsrecht, Rn. 28 ff. 631 Dörr, ZUM 1997, 337 (352).

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Der Rundfunkfreiheit liegt die vom Bundesverfassungsgericht begründete Sonderdogmatik als „dienende Freiheit“ zugrunde.632 Über diese Bezeichnung trifft das Bundesverfassungsgericht eine programmatische Grundentscheidung und macht deutlich, dass die Rundfunkfreiheit nicht nur eine abwehrrechtliche Dimension im Sinne eines „subjektiv-rechtlichen, individuellen Eigeninteressen dienenden Handlungsrechts“ hat.633 Unter Zugrundelegung dieses Verständnisses dient die Rundfunkfreiheit nicht den (ökonomischen) Interessen der Rundfunkveranstalter, sondern dem Prozess der „freien, individuellen und öffentlichen Meinungsbildung“ 634 und ist als Kommunikationsgrundrecht „schlechthin konstituierend für die freiheitlich demokratische Grundordnung“635. Auf diese Weise ist die Funktion der Rundfunkfreiheit programmatisch auf den Rezipienten und den Prozess der Kommunikation ausgerichtet.636 Im Prozess der Kommunikation, der für die Meinungsbildung von zentraler Bedeutung ist, nehmen die Medien eine Zentralstellung ein, indem sie Meinungen und Information verbreiten, aufbereiten und selbst äußern, sodass insbesondere der Rundfunk sowohl als „Medium“ als auch als „Faktor“ im Prozess der freien, individuellen und öffentlichen Meinungsbildung zu beschreiben ist.637 Aufgrund dieser Sonderstellung und Bedeutung des Rundfunks für die Kommunikation muss positiv gewährleistet werden, dass Informationsmonopole verhindert werden und Meinungsvielfalt entsteht.638 Der Grundsatz der „Vielfalt“ der Meinungen im Prozess der Kommunikation als Grundbedingung der freiheitlichen Meinungsbildung verlangt dabei nicht nur die Absicherung quantitativer Vielfalt, sondern muss auch als Gewährleistungsverantwortung für qualitative Vielfalt verstanden werden.639 Deshalb nimmt der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit der ihm zugewiesenen Aufgabe der „Grundversorgung“ in dieser Dogmatik eine besondere Rolle ein.640 Eine in dieser Form verstandene Rundfunkfreiheit beinhaltet dann das objektive Prinzip der Ausgestaltung einer „positiven Ordnung“, die dem verfassungsrechtlichen Ziel der freien, individuellen und öffentlichen Meinungsbildung dient, indem „die Vielfalt der bestehenden Meinungen in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck finden“ und „auf diese Weise umfassende Information geboten wird“.641 Darüber hinaus bedarf es der „Verbürgung von Befugnissen, die im Interesse Dritter gegen Zwang und die

632

Siehe u.a. BVerfGE 90, 60, (87 ff.); 87, 181 (197); 83, 238 (295); 57, 295, (319); zuletzt BVerfGE 136, 9 (28). BVerfGE 12, 205 (262 f.); 57 295 (320 f., 325); 90, 60 (88); HH-Ko/MedienR/Ladeur, 4/68 ff.; Dörr, ZUM 1997, 337 (353); Berger, CR 2012, 306 (307). 634 Besonders deutlich BVerfGE 83, 238 (315); zuletzt BVerfGE 136, 9 (28); Gersdorf, Chancengleicher Zugang (1998), S. 21 f. 635 BVerfGE 35, 202 (221). 636 Schulz, Chancengleicher Zugang (1998), S. 177 ff.; ähnlich Hain, AfP 2012, 313 (319); allerdings lediglich im Sinne eines „Teilhaberechts“ und nicht als subjektiv-öffentliches Recht auf Ausstrahlung eines bestimmten Programms, HH-Ko/MedienR/Ladeur, 4/92; sehr mittelbar wird dieser Bezug begründet bei BVerfGE 79, 29 (42). 637 BVerfGE 12, 205 (260); 57, 295 (320); 83, 238 (296); 90, 60 (87). 638 Schemmer, in: BeckOK GG, Art. 5, Rn. 79; BVerfGE 57, 295 (325); 73, 118, (157 f.); 74, 297, (324 f.). 639 Brinkmann, ZUM 2013, 193 (194). 640 Schemmer, in: BeckOK GG, Art. 5, Rn. 82.1; Konkretisierung des Begriffs der Grundversorgung insbesondere durch BVerfGE 73, 118 (157 f.); 74, 297 (324 ff.); 83, 238 (297 f.); 136, 9 (29 f.); BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2018 – 1 BvR 1675/16, Rn. 77 ff. 641 BVerfGE 57, 295 (320); 87, 181 (198); vgl. Assion, Must Carry (2015), S. 147 mwN.

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Intervention des Staates abgeschirmt sind“642. Daraus ergibt sich der Auftrag an den Gesetzgeber, eine solche positive Ordnung auszugestalten, durch welche die Freiheiten von Rundfunkanbietern überhaupt erst begründet werden.643 Dem damit verknüpften Ziel der positiven Förderung der Vielfalt liegt die Überlegung zugrunde, dass ein Rundfunksystem, das man „dem freien Spiel der Kräfte überlässt“, ein solches pluralistisches Meinungsbild aufgrund wirtschaftlicher Zwänge nicht leisten kann (Marktversagensargument).644 Das Vielfaltsgebot kann in diesem Sinne als „Strukturprinzip des Rundfunkrechts“645 angesehen werden. Diesen Ausgestaltungsauftrag erfüllt der Gesetzgeber positiv durch die Schaffung von materiellen, verfahrensrechtlichen und organisatorischen Regelungen, bei deren einfachrechtlicher Umsetzung ihm ein weiter Spielraum zukommt.646 Den Ausgestaltungsanlass647 stellte historisch die „Sondersituation des Rundfunks“648 dar, welche sich zum einen aus der technischen Besonderheit der Frequenzknappheit zur Verbreitung von Rundfunkprogrammen auf den analogen Wegen ergab und zum anderen in den wirtschaftlichen Begrenzungen begründet lag, wonach die Veranstaltung von Rundfunk, etwa im Vergleich zur Presse, einen besonders hohen finanziellen Aufwand erfordere.649 In der modernen Medienwelt sind sowohl diese technische als auch die wirtschaftliche Sondersituation weitestgehend überwunden, sodass zur Begründung des Ausgestaltungsbedarfs andere Kriterien herangezogen werden. Für das Bundesverfassungsgericht hat der Rundfunk immer noch einen herausragenden Stellenwert unter den Medien. Aufgrund der Merkmale „Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft“ kann dieAusnahme einer „Sondersituation“ des Rundfunks in seiner Bedeutung als Massenmedium und Leitmedium bei der individuellen und öffentlichen Meinungsbildung auch weiterhin gerechtfertigt werden.650 Zudem bleiben die ökonomischen Effekte hinsichtlich der verstärkten Konzentrations- bzw. Vermachtungstendenzen im Rundfunkrecht auch in einer konvergenten Medienwelt bislang bestehen.651 Daher hält das

642

Dörr, ZUM 1997, 337 (353); grundlegend zum Gebot der Staatsferne BVerfGE 12, 205 (260 ff.); 121, 30 (53, 61, 67); BeckOK InfoMedienR/Kühling, GG, Art. 5 Rn. 87 mwN. 643 BVerfGE 12, 205 (260 f.); 57, 295 (321 f.); 83, 238 (296, 315 f.); 90, 60 (94); 114, 371 (387); 119, 181 (214); BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2018 – 1 BvR 1675/16, Rn. 78; Degenhart, in: BK-GG, 185. Aktualisierung 2017, Art. 5 Abs 1 und 2, Rn. 281; zum Ausgestaltungsvorbehalt: Cornils, Die Ausgestaltung der Grundrechte (2005), S. 57 ff.; Gersdorf, Chancengleicher Zugang (1998), S. 22 f.; Assion, Must Carry (2015), S. 159 ff. 644 BVerfGE 57, 295 (323); 73, 118 (172). 645 Dazu ausführlich: Ritlewski, Pluralismus als Strukturprinzip im Rundfunk (2009), S. 31 ff.; Bosman, K&R 2014, 784 (784 f.): 646 BVerfGE 12, 205 (262); 57, 295 (321f., 325 f.); 83, 238 (296, 315 f.); 90, 60 (94); 114, 371 (387), 119, 181 (214). 647 Zur Legitimation dieses Ausgestaltungsanlasses in der modernen Medienordnung Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 76 ff. 648 BVerfGE 57, 295 (332). 649 Dazu Gersdorf, Chancengleicher Zugang (1998), S. 24 f.; BVerfGE 119, 181 (215 f.). 650 BVerfGE 119, 181 (214 f.). 651 BVerfGE 90, 60 (88); 119, 181 (216 f.); BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2018 – 1 BvR 1675/16, Rn. 79.

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Bundesverfassungsgericht, wenn auch nicht unumstritten652, an der Sonderdogmatik der Rundfunkfreiheit fest. b. Rundfunkfreiheit unter dem Eindruck technischer Entwicklungen Die angesprochene Änderung der Rechtfertigung der Ausgestaltungsdogmatik der Rundfunkfreiheit durch das Bundesverfassungsgericht aufgrund der verbesserten technischen Grundbedingungen durch die Digitalisierung und der sich daraus ergebenden Neuerungen für das Nutzerverhalten hat sich bislang als standhaft erwiesen. Die Ausgestaltungsobliegenheiten des Gesetzgebers waren in der analogen Welt hinsichtlich der Vielfaltsprobleme im Zusammenhang mit Übertragungskapazitäten infolge der technischen Gegebenheiten überschaubarer einzuordnen. Aufgrund knapper Frequenzen musste gewährleistet werden, dass auf den vorhandenen Sendeplätzen, insbesondere beim Kabelfernsehen, eine vielfältige Rundfunkübertragung stattfindet. Dies geschah durch eine vom Gesetz in absteigender Verbindlichkeit festgelegte Auswahl an Rundfunkanbietern, die über die Kabelfrequenzen verbreitet werden sollten.653 Durch die Digitalisierung fiel diese Frequenzknappheit weitestgehend weg. Außerdem wurde die Rundfunkübertragung zunehmend auf weiteren nicht kabelgebunden Wegen (z.B. Terrestrik, Satellit, Internet) möglich, welche ebenfalls in die Regulierung mit einbezogen werden mussten.654 Das Bundesverfassungsgericht betont nichtsdestotrotz in seiner Rechtsprechung, dass das Gebot zur Schaffung und Ausgestaltung einer positiven Rundfunkordnung zwar anlässlich technischer Entwicklungen und der Veränderung des Nutzerverhaltens stets weiterzuentwickeln sei, seine Grundanforderungen allerdings weiterhin gelten müssen.655 Dieser Rechtsprechungslinie wird in Bezug auf die Übertragungswege daher die Funktion zugewiesen, die Grundanforderung der Gewährleistung der Vielfalt der abgebildeten Meinungen im Prozess der freien, individuellen und öffentlichen Meinungsbildung von einer „Mangelverwaltung hin zu einem Überfluss-Management“656 weiterzuentwickeln.657 Denn auch die Verbreitung von Rundfunk ist – vergleichbar dem Schutz der Tätigkeit eines Presse-Grossos als Hilfstätigkeit im Rahmen der Pressefreiheit – von der Rundfunkfreiheit erfasst. Letztlich haben die neuen Technologien der Digitalisierung zwar zu einer Vergrößerung und Ausdifferenzierung des Angebots und der Verbreitungswege und –formen geführt, 652

Vgl. zu dieser Kritik u.a.: BeckOK InfoMedienR/Kühling, GG, Art. 5, Rn. 94 ff. mwN.; Hain, AfP 2012, 313 (316 ff.); Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht (1997), B, S. 109 ff., Rn. 130 ff.; Degenhart, in: BK-GG, 185. Aktualisierung 2017, Art. 5 Abs 1 und 2, Rn. 367 ff. 653 Berger, CR 2012, 306 (307); Dörr, ZUM 1997, 337 (338 ff.); Sharma, Der chancengleiche Zugang zum digitalen Kabelfernsehnetz (2009), S. 85. 654 Begründung zum 10. RÄStV, LT-Drs. BY 15/9667 v. 14. 1. 2008, S. 4, 26; Berger, CR 2012, 306 (308); Gewenig, ZUM 2009, 15 (17 ff.); Dörr/HK-RStV, Bd. I, B 5, § 2 RStV, Rn. 51; Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52c, Rn. 5. 655 BVerfGE 73, 118 (154 f.); 121, 30 (51); zuletzt BVerfGE 136, 9 (28); laut Schröder, ZUM 2015, 27 (27) ist die Fortentwicklung des medienrechtlichen Regulierungsrahmen eine „verfassungsrechtliche Notwendigkeit“. 656 Ory, ZUM 2007, 7 (12); ähnlich Brinkmann, ZUM 2013, 193 (193 f.). 657 Bullinger, JZ 2006, 1137 (1138); ähnlich Schröder, ZUM 2015, 27 (27); Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 92; Palankova, Chancengleicher Zugang (2008), S. 61.

I. Gatekeeper und das Vielfaltsgebot

95

aber auch die Entstehung zusätzlicher Dienstleistungen gefördert, die über Verbreitung und Empfang von Rundfunk entscheiden und somit Wirkungen auf den Prozess der Meinungsbildung ausüben.658 Unter diesen neuen Dienstleistungen wurde unter anderem den Telekommunikationsunternehmen als Betreibern von Plattformen, welche eine Zusammenfassung und Bündelung von Inhalten vornehmen, auf einem von zunehmender horizontaler und vertikaler Verflechtung geprägten Medienmarkt ein Gefahrenpotential für das Vielfaltsgebot attestiert, sodass ein Ausgestaltungsbedarf angenommen werden muss.659 Diese primär ökonomische Entwicklung in Form der Schaffung neuer Geschäftsmodelle durch Infrastrukturanbieter, die über ihre ursprüngliche Tätigkeit als Telekommunikationsunternehmen hinaus auch anfingen, „Einfluss auf die Zusammenfassung und Auswahl von Inhalten“ auszuüben, rückte sie in den Anwendungsbereich der kommunikationsbezogenen Ziele der Rundfunkfreiheit.660 Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht, dass auch technische Dienste, soweit sie einen ausreichenden Inhaltsbezug aufweisen, in den Ausgestaltungsbereich der Rundfunkfreiheit fallen.661 Dabei wächst die Notwendigkeit der Schaffung einer Ausgestaltungsregel durch den Rundfunkgesetzgeber mit den Möglichkeiten zur Einflussnahme auf die Zugänglichmachung von Inhalten durch entsprechende Dienste und deren Anbieter.662 Ähnlich dem Mobil-TV663 muss nun der Konvergenzprozess zwischen Fernsehen und Internet auf einem Endgerät als nächste technische Neuerung auch hinsichtlich der Endgerätehersteller und sonstiger Portalbetreiber auf die dort bestehenden Vielfaltsgefahren untersucht werden.664 c. Ausgestaltungsbedarf aufgrund von Gatekeepern Unter dem Eindruck der zuvor umschriebenen Dogmatik der Rundfunkfreiheit sind im Folgenden der Ausgestaltungsanlass für Gatekeeper sowie die Bedeutung der tragenden Grundsätze der Sonderdogmatik des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG für eine Gatekeeper-Regulierung zu untersuchen. (1) (Abgestufte) Regulierungsbedürftigkeit von Gatekeepern Gatekeeper nehmen durch die Ausschließlichkeit ihrer Dienstleistung hinsichtlich des Zugangs von Inhalteanbietern zu Rezipienten mittels verschiedener Arten von geschlossenen Systemen (siehe oben, 3. Kap. I. 1) a. (2)) eine zentrale Position im Rezeptionsprozess und damit im Prozess der Kommunikation ein. Die möglichen Gefahren für diesen Prozess ergeben sich in diesem neuen Umfeld dann nicht mehr aus der technischen 658

BVerfGE 119, 181 (216 f.); 136, 9 (28); Schröder, ZUM 2015, 27 (28); Christmann, ZUM 2015, 14 (15). BVerfGE 119, 181 (216); Sharma, Der chancengleiche Zugang zum digitalen Kabelfernsehnetz (2009), S. 87; Assion, Must-carry (2015), S. 147 ff. 660 Berger, CR 2012, 306 (308); Potthast/HK-RStV, Bd. I, B 1, Rn. 358 ff.; Dörr/HK-RStV, Bd. I, B 5, § 2 RStV, Rn. 51; Seufert/Gundlach, Medienregulierung in Deutschland (2017), S. 267. 661 BVerfGE 77, 346 (354); 78, 101 (103). 662 Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 90; Palankova, Chancengleicher Zugang (2008), S. 165. 663 Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 117; Grewe, Mobil TV (2013), S. 60. 664 So auch Kluth/Schulz, Konvergenz und regulatorische Folgen, (Gutachten 2014), Arbeitspapiere des HansBredow-Instituts Nr. 30, S. 23. 659

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Begrenztheit der Übertragungswege, sondern aus der technischen Beherrschung jener Schlüsselposition bei der Zugänglichmachung von Rundfunkinhalten. Insoweit nehmen sie eine Gatekeeper-Stellung ein, in der sie Auswahlentscheidungen des Rezipienten steuern können sowie den Zugang der Inhalteanbieter zum Rezipienten kontrollieren, sodass ein Abhängigkeitsverhätnis entsteht.665 Über diese Kontrolle bekommen sie als „Medium und Faktor“ Einfluss auf den Prozess der individuellen und öffentlichen Meinungsbildung, sodass sie in den Anwendungsbereich des Ausgestaltungsauftrags der Rundfunkfreiheit rücken.666 Aber auch über die Zusammenfassungsentscheidung in einem geschlossenen System und der damit verbundenen Entscheidung, welche meinungsbildungsrelevanten Inhalte die von ihnen kontrollierten „Tore“ passieren dürfen, nehmen sie am Prozess der individuellen und öffentlichen Meinungsbildung teil und sind im Anwendungsbereich der Rundfunkfreiheit zu verorten.667 Aufgrund der beschriebenen Kombination aus technischen mit publizistischen Einflussnahmemöglichkeiten sind sie gerade keine inhaltsneutralen Hilfstätigkeiten, sondern nehmen eine eigene Zusammenfassungsentscheidung in einem geschlossenen System vor. Gatekeeper in dem hier zugrunde gelegten Verständnis sind demnach ein „Mehr“ im Vergleich zu Intermediären, deren Funktion die Aggregation, Selektion und Präsentation von Inhalten ist.668 Sie betreffen auch eine über die bloße Infrastruktursicherung gemäß Art. 87f GG hinausgehende Komponente669, da sie über die Kontrolle eines geschlossenen Systems die notwendige Verbindung zwischen Inhalt und Rezipient einnehmen. Aufgrund dieser Funktion können die Dienste der Gatekeeper sowohl die Anbieter- als auch die Angebotsvielfalt beeinträchtigen und sie sind für die durch Medien als Faktor beeinflusste individuelle und öffentliche Meinungsbildung von Bedeutung. Gatekeeper üben somit auf der einen Seite eine technische Funktion mit Einfluss auf die Anbieter- und Inhaltevielfalt im Prozess der öffentlichen und individellen Meinungsbildungen aus und haben auf der anderen Seite auch eine konkrete publizistische Funktion, indem sie die Auswahl von Inhalten vornehmen und somit einen eigenen Beitrag zum Prozess der Kommunikation liefern. Regulierungsbedürftig werden Gatekeeper immer dann, wenn die eingenommenen Positionen zwischen Rezipient und Inhalteanbieter dazu führen, dass ein freier Prozess der

665

BVerfGE 119, 181 (217); Schulz/Seufert/Holznagel, Digitales Fernsehen (1999), S. 96. Assion, Must Carry (2015), S. 150 f.; Eifert, Jura 2015, 356 (367); Schulz/Kühlers, Konzepte der Zugangsregulierung (2000), S. 13. 667 Eifert, Jura 2015, 356 (367): „Offenhalten vielfaltsgefährdener Engpässe“; so zu Plattformen Assion, Must Carry (2015), S. 150. 668 So der Intermediär-Begriff der AG Intermediäre im Zwischenbericht der Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz (2015), S. 38; zu weitergehenden Differenzierungen beim Intermediärsbegriffen, die zum Teil auch deckungsgleich mit dem hier verwendeten Gatekeeper-Begriff sind, vgl. Kluth/Schulz, Konvergenz und regulatorische Folgen, (Gutachten 2014), Arbeitspapiere des Hans-Bredow-Instituts Nr. 30, S. 25 ff.; in der Tendenz so auch Gersdorf, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 53 (66 f.). 669 Zur Gewährleistung einer Kommunikationsinfrastruktur vgl. Palankova, Chancengleicher Zugang (2008), S. 67 f.; Paschke, Medienrecht, 3. Aufl. 2009, S. 116 f., Rn. 310 ff.

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I. Gatekeeper und das Vielfaltsgebot

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Kommunikation nicht möglich ist und es somit zu einer Art „Marktversagen“ kommt.670 Das „Marktversagen“ resultiert dabei zum einen aus der vertikalen Integration in der Unternehmensstruktur: In der Wertschöpfungskette treffen Gatekeeper (z.B. Portalbetreiber) neben ihrer Funktion als Zugangsvermittler inhaltliche Entscheidungen mit Auswirkung auf die konkret für den Rezipienten verfügbaren Inhalten und bieten eigene Inhalte an, die zu den nur zugänglich gemachten Inhalten in Konkurrenz treten.671 Zum anderen kommt es zu einem weiteren Ungleichgewicht im Prozess der Kommunikation, welches potentielle Gefahren für die öffentliche und individuellen Meinungsbildung birgt: Die Gatekeeper-Dienstleistungen werden vor allem durch kapitalstarke, international verflochtene Unternehmen (z.B. aus der Mobilfunkbranche, Kabelunternehmen oder Endgerätehersteller) angeboten, denen auf der anderen Seite lokale und regionale Inhalteanbieter (z.B. TV- oder Radioanbieter) mittelständischer Struktur, unter deren Kategorie auch kleinere Anbieter von audiovisuellen Online-Inhalten zu fassen sind, gegenüber stehen.672 Diese Größenverhältnisse, die sich auch in der Marktmacht widerspiegeln, sorgen für ein Ungleichgewicht, sodass ein solches Unternehmen kleine Inhalteanbieter, die Zugang zu den Gatekeeper-Dienstleistungen suchen, diskriminieren und eigene Angebote privilegieren kann oder nur finanzstarke Inhaltanbieter integriert.673 Zusammenfasst führen damit sowohl die Funktion der Zusammenfassung von Inhalten als auch die Zugänglichmachung von Inhalten in einer proprietären Zugangsdienstleistung wie z.B. einem App-Portal oder einer Benutzeroberfläche dazu, dass Einfluss auf die Verfügbarkeit von Inhalten und somit auf deren Relevanz und Einfluss im Prozess der öffentlichen und individuellen Meinungsbildung genommen wird. Überall dort, wo dieser Prozess in möglichst proprietären und damit geschlossenen Systemen vorgenommen wird, kann ein „freier Markt“ der Meinungen sich nicht voll entfalten, da es an weiteren Zugängen für den Rezipienten zu den Inhalten mangelt. Das bedeutet zugleich, dass der Einfluss auf den Prozess der Kommunikation und der öffentlichen und individuellen Meinungsbildung umso geringer ist, je offener eine Gatekeeper- bzw. Zugangsdienstleistung ausgestaltet ist. Der Gesetzgeber kann daher im Rahmen seines weiten Einschätzungsspielraums Marktmechanismen bei offenen Systemen eine weiterreichende Wirkung auf die gleichberechtigte Zugänglichkeit von Inhalten und Meinungen im Prozess der Kommunikation einräumen.674

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BVerfGE 90, 60, 87; Assion, Must Carry (2015), S. 152 ff. unter Kritik an der der Betrachtung des gesellschaftlichen Kommunikationsprozesses als Wettbwerb. 671 Schröder, ZUM 2015, 27 (28); Seufert/Gundlach, Medienregulierung in Deutschland (2017), S. 266; Sharma, Der chancengleiche Zugang zum digitalen Kabelfernsehnetz (2009), S. 87 f.; Assion, Must Carry (2015), S. 149 ff. 672 Ory, ZUM 2007, 7 (12); Dörr/HK-RStV, Bd. I, B 5, § 2 RStV, R. 51; HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52 RStV, Rn. 1; Brinkmann, ZUM 2013, 193 (197 f.); Christmann, ZUM 2015, 14 (15). 673 Ory, ZUM 2007, 7 (12); Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 117; Sharma, Der chancengleiche Zugang zum digitalen Kabelfernsehnetz (2009), S. 88. 674 Zu diesen Spielräumen des Gesetzgebers: Schulz/Seufert/Holznagel, Digitales fernsehen (1999), S. 96.

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Deshalb muss ein Ausgestaltungsbedarf abstrakt anhand dieses Grads der Geschlossenheit und Ausschließlichkeit der Gatekeeper-Dienstleistung ermittelt werden.675 Das bedeutet letztlich auch, dass die Zusammenfassungsentscheidung in einem geschlossenen System den Grund für den Ausgestaltungsbedarf bildet und die damit verbundene publizistische Leistung nur als sekundärer Regulierungsanlass herangezogen werden kann, sodass die Zwischenstellung von Gatekeepern zwischen reinen Infrastrukturdienstleistungen und Inhalteanbietern deutlich wird. (2) Gatekeeper-Regulierung als Vielfaltsregulierung Wie bereits angeklungen erscheint die Vielfaltssicherung unter dem derzeit durch das Bundesverfassungsgericht geprägten Verständnis des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG von zentraler Bedeutung. Dabei sind aber nicht mehr nur die Inhalteanbieter, wie die öffentlichrechtlichen oder privaten Rundfunkanbieter, sondern auch weitere Dienste Adressaten dieses Gebots. Es ist demnach eine zunehmende Lösung des Vielfaltsgebots von der „Rundfunkanbieterfixierung“ zu konstatieren.676 Eine Konkretisierung des Begriffs der Vielfalt hat bislang weder die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts noch die Literatur hinreichend vorgenommen.677 Aufgrund der allgemeinen Bedeutung und des Abstraktionsgrades des Vielfaltsgebots für die dienende Funktion der Rundfunkfreiheit ist eine solche abschließende definitorische Einschränkung auch gar nicht geboten.678 Allerdings ist durchaus festzustellen, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung auf ein inhaltliches Maß an Vielfalt abstellt.679 Das Vielfaltsgebot der Rundfunkfreiheit beinhaltet demnach einen positiven Gewährleistungsauftrag für die kommunikationsrelevanten Inhalte unter angemessener Berücksichtigung der Interessen aller an diesem öffentlichen Kommunikationsprozess Beteiligten.680 Hierbei sind dann verschiedene Ebenen zu unterscheiden: Zunächst können die Programmangebotsvielfalt (Binnenvielfalt) und die Anbietervielfalt (Außenpluralismus) unterschieden werden. Weiter ist zwischen positiver Vielfaltssicherung und negativer Vielfaltssicherung zu differenzieren. Positive Vielfaltssicherung hat dabei unter dem gerade umgrenzten Begriffsverständnis von Vielfalt unter dem Normziel des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG die Aufgabe, inhaltebezogen die Vielgestaltigkeit der Meinungen in der Gesellschaft abzubilden.681 Die negative Vielfaltssicherung zielt hingegen stärker darauf, eine 675 Ähnlich Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 84; so zu Plattformen Assion, Must-Carry (2015), S. 185, 193 f. 676 Hain, AfP 2012, 313 (320); allerdings noch nicht in den Urteilen des BVerfG, weil diesen klassische RundfunkSachverhalte zugrunde lagen, so Bosman, K&R 2014 784 (785). 677 Vgl.dazu Bloch, Meinungsvielfalt contra Medienmacht (2013), S. 57 ff. 678 Sporn, Vielfalt im digitalen Rundfunk (1999), S. 5. 679 So bereits BVerfGE 12, 205 (262 f.); 57, 295 (322); 73, 118 (155 f.); 74, 297 (325); Hermann/Lausen, Rundfunkrecht (2008), § 23, 10 ff., 16 ff. 680 Vor allem: BVerfGE 57, 295 (324); dazu auch Dörr/Deicke, ZUM 2015, 89 (91). 681 Schulz/Held/Kops, ZUM 2001, 621 (625).

I. Gatekeeper und das Vielfaltsgebot

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vorherrschende Meinungsmacht durch staatliche oder einseitige gesellschaftliche Einflussnahme zu verhindern, wobei tendenziöse Programmteile möglich bleiben.682 Klassischweise wird dies über die Kontrolle der Meinungsmarktmacht der Anbieter (sog. medienrechtliche Konzentrationskontrolle) erreicht. Mit Blick auf die beschriebenen Gatekeeperpotentiale (siehe oben, 3. Kap. I. 1)) kann Anbietervielfalt zum einen durch das Angebot verschiedener Gatekeeper-Dienste, die je nach Ausrichtung verschiedene Inhalteanbieter und damit ein umfassendes Spektrum aufweisen, erreicht werden. Dies greift aber nur solange, wie der Rezipient auch wirklich problemlos zwischen den Gatekeeper-Dienstleistungen wechseln kann. Sobald durch die beschriebenen Mechanismen der Lock-In-Effekte aufgrund von Wechselkosten eine echte Gatekeeper-Stellung, insbesondere durch geschlossene Systeme, entsteht, hilft ein bestehender Außenpluralismus nicht weiter, da der Rezipient faktisch keinen Zugang zu den weiteren Diensten hat und der Inhalteanbieter nicht über alle Kanäle zum Rezipienten gelangt. Dann verlagert sich die Bedeutung des Vielfaltsgebots auf die Binnenvielfalt pro Gatekeeper-Dienstleistung.683 Innerhalb jeder Zugangsmöglichkeit zu Inhalten im Sinne eines geschlossenen Systems muss demnach eigenständig dem Grundsatz der positiven Vielfaltssicherung Rechnung getragen werden, sodass bezogen auf App–Portale auf Connected-TV-Endgeräten von einer „Portal-Binnenvielfalt“gesprochen werden kann. Eine solche Binnenvielfalt muss dann über Zugangsansprüche und das Gebot der Diskriminierungsfreiheit verwirklicht werden (siehe unten, 3. Kap. I. 2) e. (2)). Beide Grundsätze haben in Bezug auf die Bedeutung von Gatekeepern im Prozess der Kommunikation das Ziel, dass es zu einer Angebots- und Inhaltevielfalt in geschlossenen Systemen kommt, indem sie meinungsbildungsrelevante Inhalte dem Rezipienten zugänglich machen. Auch die getrennte Zugänglichmachung von linearem Rundfunk über das klassischen Rundfunksignal und sonstige Rundfunkinhalte (z.B. in einem App-Portal) in einem Endgerät ändert mit Blick auf endgerätebezogene Gatekeeper-Phänomene (siehe oben, 3. Kap. I. 1) b.) nichts an dieser Wertung. Zwar könnte man anführen, dass ein „Zusatzangebot“ in einem weiteren geschlossenen System im selben Nutzungsumfeld des Endgeräts, lediglich ein „Mehr“ an Vielfalt bedeutet.684 Dem steht allerdings entgegen, dass es sich bei den Portalen oder Benutzeroberflächen als Zugangsdienste um eigenständige geschlossene Systeme handelt. Jedes geschlossene Gatekeepersystem, das einen eigenen Zugang zu meinungsbildungsrelevanten Inhalten eröffnet, muss einer eigenständigen Betrachtung unterworfen werden.685 Jede Instanz, die meinungsbildungsrelevante Inhalte zusammenfasst und dem Rezipienten in einem geschlossenen System zugänglich 682

Schulz/Held/Kops, ZUM 2001, 621 (625). Christmann, ZUM 2015, 14 (20) fordert, dass in einer reformierten Plattformregulierung Anbieter- und Angebotsvielfalt in ein neues Gewicht zu bringen sind. 684 So Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (24). 685 Vgl. die Nutzerführung bei „freenet TV connect“, https://www.freenet.tv/connect (Stand: 13.07.2018, 15:14 Uhr); Bosman, K&R 2014, 748 (788); Müller, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 15 (33).

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

macht, muss demnach grundsätzlich dem Vielfaltsgebot entsprechen, da es ansonsten zu einer Verzerrung des Meinungsbildes im Prozess der öffentlichen und indivudellen Meinungsbildung kommen kann. Auf der anderen angesprochenen Ebene werden negative und positive Vielfaltssicherung unterschieden. Negative Vielfaltssicherung hat dabei die Verhinderung vorherrschender Meinungsmacht im Blick. Die positive Vielfaltssicherung ist klassischerweise viel stärker programm- und damit inhaltsbezogen und hat das Ziel von Meinungspluralismus in den Inhalten und Angeboten der Rundfunkanbieter.686 Im Zuge der Entwicklung der Digitalisierung kommt es zu einer immer größer werdenen Ausdifferenzierung der Inhalte und Anbieter, sodass das Gebot der „positiven Velfaltssicherung“ als Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber an Bedeutung verliert.687 Deshalb verlagert sich der Schwerpunkt der positiven Vielfaltssicherung auf die „Gewährleistung einer rundfunkrechtlichen Offenheitspflege“.688 Abstrakt betrachtet zielt eine solche Offenheitspflege darauf, den Prozess der Meinungsbildung und – dem vorgelagert – der massenkommunikativen Meinungsäußerung in Form von audiovisuellen Inhalten „offen“ zu halten. Demnach müssen meinungsbildungsrelevante Inhalte den Zugang zum Rezipienten auf einem solchen Markt oder in einem solchen Prozess auch finden.689 Der Kommunikationsprozess soll indessen nicht auf die Wiedergabe „des Immergleichen einrasten“, wozu ökonomische Motive oder Wirkmechanismen wie Gatekeeperstellungen führen können.690 Das Konzept kann sich nach den weiterhin bestehenden Grundannahmen des Bundesverfassungsgerichts, wonach positive Vielfaltssicherung auch auf einem modernen Medienmarkt notwendig ist691 (siehe oben, 3. Kap. I. 2) b.), nicht darauf beschränken, lediglich eine negative Absicherung vorherrschender Meinungsmacht mit Mitteln des Wettbewerbsrechts vorzunehmen.692 Konkret bedeutet ein solches Konzept der Offenheitspflege zum Schutz des Vielfaltsgebots, dass weniger inhaltliche Anforderungen an die Inhalteanbieter selbst gerichtet werden, sondern der Ausgestaltungsauftrag dem Gesetzgeber vorgibt, alle Diensteanbieter, die Gatekeeper-Phänomene im Prozess der öffentlichen und individuellen

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BVerfGE 67, 295 (319 f.); 74, 297 (323); Schulz/Seufert/Holznagel, Digitales Fernsehen (1999), S. 93 f. Schulz/Seufert/Holznagel, Digitales Fernsehen (1999), S. 94. Bezeichnung bei Bullinger, ZUM 1996, 749 (754); Sporn, Vielfalt im digitalen Rundfunk (1999), S. 59 f.; Gersdorf, Chancengleicher Zugang (1998), S. 140; Schulze/Seufert/Holznagel, Digitales Fernsehen (1999), S. 93 f.; Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 92 mwN.; Palankova, Chancengleicher Zugang (2008), S. 65 f.; Paschke, Medienrecht, 3. Aufl. 2009, S. 118 f., Rn. 317; Sharma, Der chancengleiche Zugang zum digitalen Kabelfernsehnetz (2009), S. 94 ff.; Fehling, in: Ehlers/Fehling/Pünder, Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. 2, 3. Aufl. 2013, § 59, Rn. 5; Ritlewski, ZUM 2008, 403 (406). 689 Ritlewski, ZUM 2008, 403 (406) bezeichnet dies als die „Rezeption der Vielfalt“. 690 Schulz/Held/Kops, ZUM 2001, 621 (626). 691 BVerfGE 57, 295 (322 f.); 73, 118 (160); 95, 163 (173); 119, 181 (217); 136, 9 (28) und zuletzt wieder bestätigt duch BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2018 – 1 BvR 1675/16, Rn. 79. 692 Schulz/Seufert/Holznagel, Digitales Fernsehen (1999), S. 94.; Schröder, ZUM 2015, 27 (27).

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Meinungsbildung darstellen, Anforderungen zu unterwerfen, die ein vielfältiges Angebot ermöglichen. Das betrifft also weniger den Inhalt an sich als vielmehr die Dienstleistung als Distributionsweg, die offen stehen soll für alle möglichen Inhalte und Inhalteanbieter.693 Deshalb adressiert eine verfassungsrechtlich gebotene Gatekeeper-Regulierung als Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit in diesem Zusammenhang nicht die tatsächliche Rezeption von vielfältigen Inhalten, sondern sichert die Möglichkeit der Rezeption ab. Dabei muss unter Vielfaltsgesichtspunkten auch die Absicherung der Nutzerautonomie im Vordergrund stehen.694 Eine verfassungsrechtlich notwendige Gatekeeper-Regulierung muss daher dem Vielfaltsgebot „in neuem Gewand“ Geltung verschaffen, indem unter den Netzbedingungen weniger die Sonderregulierung einzelner Medienformen betont wird, sondern der Schwerpunkt auf die Erreichbarkeit der Information für den Rezipienten und die Erreichbarkeit des Rezipienten für den Inhalteanbieter gelegt wird. Regulierungsziel ist es also, die Vermittlungsstellen für kommunikationswichtige Inhalte offen zu halten und geschlossene Systeme zu verhindern, damit möglichst viele Inhalte und Anbieter am Prozess der öffentlichen und individuellen Meinungsbildung teilhaben können.695 Nach dieser Logik muss auch das Endgerät als letzter Schritt im Kommunikationsprozess, der die Verbindung zwischen Inhalt und Rezipient herstellt, erfasst sein, sobald auch von dieser Gatekeeperstellung Gefahren für das Vielfaltsgebot ausgehen und damit der Ausgestaltungsauftrag der Rundfunkfreiheit betroffen ist.696 (3) Sicherung kommunikativer Chancengleichheit als Ziel der Gatekeeper-Regulierung Neben diesen klassischen vielfaltssteuernden Vorgaben der Verfassung wird im Rahmen der Digitalisierung des Fernsehens und der damit verbundenen Konvergenz das aus der Rundfunkfreiheit abgeleitete „Konzept der kommunikativen Chancengerechtigkeit“ weiterentwickelt.697 Dem liegt ursprünglich die vom Bundesverfassungsgericht schon früh ausgegebene Maxime zugrunde, dass im Prozess der Kommunikation „geistige Argumente“ und die „Überzeugungskraft von Darlegung, Erklärung und Erwägungen“ ausschlaggebend sein

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Gersdorf, Chancengleicher Zugang (1998), S. 140. BVerfGE 119, 181 (217). Hain, AfP 2012, 313 (319 f.); Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 92. 696 Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 59. 697 Grundlegend: BVerfGE 25, 256 (265); vgl. zu dem Konzept: Palankova, Chancengleicher Zugang (2008), S. 65; Gersdorf, Chancengleicher Zugang (1998), S. 132 ff.; Hoffmann-Riem, in: Benda/Maihofer/Vogel, Handbuch des Verfassungsrechts, § 7, Rn. 62 ff.; Schulz/Seufert/Holznagel, Digitales Fernsehen (1999), S. 95 ff.; Schulz/Kühlers, Konzepte der Zugangsregulierung (2000), S. 11 ff. m.w.N.; Sharma, Der chancengleiche Zugang zum digitalen Kabelfernsehnetz (2009), S. 97 ff.; Die Begrifflichkeiten „kommunikativer Chancengleichheit“ und „kommunikativer Chancengerechtigkeit“ werden in der Diskussion weitestgehend synonym verwendet. Vgl. Assion, Must Carry (2015), S. 152; kritisch aufgrund der „Unschärfe“ des Konzepts, Cornils, ZUM 2019, 89 (93).

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

sollen, woraus die „Gleichheit der Chancen beim Prozess der Meinungsbildung“ als Maßstab abgeleitet wird.698 Dieses Konzept dient in einem konvergenten Medienmarkt, bei dem die Offenheit des Kommunikationsprozesses auch durch Gatekeeper und damit keine unmittelbaren Inhalteanbieter bedroht ist, sowohl als Ergänzung der vom Bundesverfassungsgericht geforderten „positiven Vielfaltssicherung“699 als auch der Schließung argumentativer Unschärfen des vom Verfassungsgericht ausgegebenen Ziels.700 Kommunikative Chancengleichheit hat demnach auch den Zweck, dass der freie Zugang der Nutzer zu audiovisuellen Inhalten und insbesondere Rundfunkangeboten als verfassungsrechtliches Ziel ausgegeben wird, sodass der Kommunikationsprozess insgesamt ins Zentrum der Garantie des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG rückt.701 Eine dahingehende Akzentverschiebung zeichnet sich auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ab, da das Gericht in Bezug auf die Zugangsdienste den freien Informationszugang als „ein wesentliches Anliegen des Grundgesetzes“ betont.702 Danach soll die Rundfunkfreiheit Gewähr dafür leisten, dass ökonomisch oder technisch begründete Gatekeeper-Stellungen oder andere Machtstellungen möglichst keine Auswirkungen auf den Prozess der Massenkommunikation haben, sondern lediglich in der Meinungsbildungsrelevanz der Inhalte begründete Kriterien.703 Auch hier wird nicht an den Kommunikator in Form des Inhalteanbieters selbst, sondern an andere GatekeeperDienstleistungen, die Einfluss auf die individuelle und öffentliche Meinungsbildung haben, angeknüpft.704 Das Gebot kann demnach aber grundsätzlich in seiner Wirkung auf die einfachrechtlichen Umsetzungsnormen des verfassungsrechtlichen Ausgestaltungsauftrages aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG als argumentative Stütze zur Erfassung von Gatekeepern herangezogen werden. Einfachrechtlich findet das Prinzip deshalb seinen Niederschlag in der Normierung der Grundsätze der Chancengleichheit und Diskriminierungsfreiheit in Bezug auf Plattformanbieter (§§ 52b, c RStV) für Kommunikatoren im Sinne von Inhalteanbietern ab.705 Insoweit müssen Inhalteanbieter, unabhängig von ökonomischen Faktoren, die „grundsätzliche, gleichberechtigte Chance“ zur Nutzung der vom Gatekeeper über ein

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BVerfGE 25, 256 (265); Hoffmann-Riem, in: Benda/Maihofer/Vogel, Handbuch des Verfassungsrechts, § 7 , Rn. 12. 699 BVerfGE 57, 295 (320); 87, 181 (198). 700 Schulz, Gewährleistung kommunikativer Chancengleichheit (1998), S. 189; Schulz/Held/Kops, Perspektiven (2002), S. 57. 701 Palankova, Chancengleicher Zugang (2008), S. 65; Schulz/Held/Kops, Perspektiven (2002), S. 57; BeckOK InfoMedienR/Kühling, GG, Art. 5, Rn. 91; Sharma, Der chancengleiche Zugang zum digitalen Kabelfernsehnetz (2009), S. 98. 702 BVerfGE 97, 228 (256). 703 BVerfGE 25, 256 (265); Binder/Vesting/Schulz/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52c, Rn. 12; Palankova, Chancengleicher Zugang (2008), S. 65; Sharma, Der chancengleiche Zugang zum digitalen Kabelfernsehnetz (2009), S. 98; Assion, Must Carry (2015), S. 154; Schulz/Seufert/Holznagel, Digitales Fernsehen (1999), S. 95 f.. 704 Schulz/Seufert/Holznagel, Digitales Fernsehen (1999), S. 95. 705 Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 198; Palankova, Chancengleicher Zugang (2008), S. 65; Sharma, Der chancengleiche Zugang zum digitalen Kabelfernsehnetz (2009), S. 98 f.; Assion, Must Carry (2015), S. 155.

I. Gatekeeper und das Vielfaltsgebot

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geschlossenes System kontrollierten Dienstleistung haben.706 Der Grundsatz der Chancengleichheit als „Schutz des Schwächeren“ greift neben seiner Grundlage in den Kommunikationsfreiheiten daher offentsichtlich auch auf Art. 3 Abs. 1 GG in einer gleichheitsrechtlichen Dimension zurück.707 Chancengleichheit zerfällt in diesem Sinn in das positive Gebot, den Prozess der öffentlichen und individuellen Kommunikation entgegen rein ökonomischer Interessen offen zu gestalten. Daneben hat es die negative Komponente, keine Inhalte im Vergleich zu im Prozess der Kommunikation gleich meinungsrelevanten Formen zu diskriminieren. Allerdings kann dieser „Gleichberechtigungsanspruch aus kommunikationstheoretischen Gründen“ nicht grenzenlos ausgestaltet sein.708 Überall dort, wo der Prozess der Kommunikation, der, nicht unbestritten709, mit einem „Markt der Meinungen“ verglichen werden kann, eigenständig dafür sorgt, dass Inhalte den Weg zum Rezipienten finden können, ist das Gebot der kommunikativen Chancengleichheit nicht von Nöten. Dann verliert es aber auch bei abfallendem Grad der Ausschließlichkeit der Gatekeeperstellung eines Zugangsdienstes wie den Benutzeroberflächen oder Portalen auf Connected-TV-Endgeräten an Bedeutung, da die Inhalteanbieter dann nicht mehr allein auf die Dienstleistung des Gatekeepers angewiesen sind, um am Prozess der Kommunikation teilnehmen zu können. Darüber hinaus findet das Prinzip kommunikativer Chancengleichheit seine Begrenzung in den Grundrechten der Anbieter der Gatekeeper-Dienstleistung (siehe unten, 3. Kap. I. 2) d.). Darunter fällt insbesondere die Programmfreiheit bzw. Tendenzfreiheit von Gatekeepern, die auch eine publizistische Zusammenfassungsentscheidung vornehmen, wie etwa App-Portal-Betreiber, ins Gewicht. Der Grundsatz der Chancengleichheit kann also nur dort überwiegen, wo es um die tatsächliche Adressierung der Gatekeeper-Position, im Konkreten also die Zugangsverengung geht.710 Auch unter diesem Gesichtspunkt verliert die rechtfertigende Wirkung des Grundsatzes der Chancengleichheit an Gewicht, wo die Ausschließlichkeit eines Gatekeepers (z.B. mittels Öffnungsmechanismen auf einem Portal) aufgelöst wird. (4) Verstärkung durch Informationsfreiheit der Rezipienten Diese rundfunkrechtliche Komponente der Vielfaltssicherung wird durch die Informationsfreiheit der Rezipienten nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 GG ergänzt.711 Das Grundrecht enthält die Freiheit, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu 706

So für die Plattformregulierung Assion, Must Carry (2015), S. 155 mwN.; Dörr, ZUM 2013, 81 (101); Gersdorf, Chancengleicher Zugang (1998), S. 103. 707 BVerfGE 74, 297 (332, 340); Sharma, Der chancengleiche Zugang zum digitalen Kabelfernsehnetz (2009), S. 98 f. mwN. 708 Assion, Must Carry (2015), S. 156. 709 Kritik an der Figur eines “Meinungswettbewerbs“, Assion, Must Carry (2015), S. 152 ff. 710 Gersdorf, Chancengleicher Zugang (1998), S. 140; noch strikter: Cornils, ZUM 2019, 90 (99). 711 BVerfGE 90, 27 (31 f.); Sharma, Der chancengleiche Zugang zum digitalen Kabelfernsehnetz (2009), S. 91; für eine „funktionale Abgrenzung“ beider Grundrechte „nach der Schutzrichtung“ Fehling, in: Ehlers/Fehling/Pünder, Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. 2, 3. Aufl. 2013, § 59, Rn. 25.

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

unterrichten.712 Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ist eine Quelle allgemein zugänglich, wenn sie technisch geeignet und bestimmt ist, der Allgemeinheit, d.h. einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu beschaffen.713 Massenkommunikationsmittel, wie der Rundfunk, gehören grundsätzlich zu den allgemein zugänglichen Quellen.714 Allerdings hat das Grundrecht der Informationsfreiheit vor allem in den Fällen der Kapazitätsengpässe seine Bedeutung.715 Aus seiner objektivrechtlichen Dimension lässt sich wie bei der Rundfunkfreiheit eine Pflicht zur Schaffung einer funktionierenden Kommunikationsinfrastruktur ableiten.716 Sieht man moderne Dienste, wie Portale oder andere Connected-TV-Funktionen, hingegen sogar als zusätzliche Möglichkeit an, Rundfunk oder andere kommunikationsrelevante Inhalte zum Rezipienten zu bringen, wäre die Annahme begründbar, dass gerade die Informationsfreiheit in ihrer objektiv-rechtlichen Dimension einen Schutz der Quelle vor Begrenzungen durch Gatekeeper beinhaltet. Der Gewährleistungsgehalt gegenüber dem Gesetzgeber ist aber nur auf die Schaffung der Infrastruktur gerichtet. Das heißt er muss Telekommunikationskapazitäten in Form digitaler Rundfunkübertragung und Internetanschluss schaffen. Hinsichtlich der konkreten inhaltlichen Ausgestaltung auf dieser Infrastruktur durch Portale oder Plattformen enthält die Informationsfreiheit aber keine Aussage. Insbesondere können keine Ansprüche auf Schaffung von Portalen oder Plattformen aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 HS. 2 GG abgeleitet werden, weil diese der Eröffnung einer Quelle nah kämen, welche gerade nicht Teil des grundrechtlichen Schutzes ist717. Gerade auch für die Ausgestaltung solcher Gatekeeper-Dienste bietet die Informationsfreiheit keine Anknüpfungspunkte, sondern lediglich die kommunikationsfördernde Komponente der Rundfunkfreiheit. Geht es allerdings darum, den Rezipienten die größtmöglichste Vielfalt zu gewährleisten, so wirken das Vielfaltsgebot der Rundfunkfreiheit und die Informationsfreiheit mit der gleichen Zielrichtung.718 d. Grundrechtspositionen der Anbieter von Gatekeeper-Diensten Im Angesicht des Regelungsziels der Ausgestaltung einer Rundfunkordnung zum Schutz der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung müssen aber auch die Grundrechtspositionen der im Rahmen dieser Ausgestaltung Verpflichteten in die Betrachtung einbezogen werden.

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BVerfGE 7, 198 (208); 27, 71 (81 f.). BVerfGE 27, 71 (84); 33, 52 (65). Sporn, Vielfalt im digitalen Rundfunk (1999), S. 11 mwN; Falke, Der Schutz der Medienfreiheit (2012), S. 103 mwN; Sharma, Der chancengleiche Zugang zum digitalen Kabelfernsehnetz (2009), S. 89 mwN. 715 Dazu Sporn, Vielfalt im digitalen Rundfunk (1999), S. 11 f. 716 Spindler/Schuster/Fink, Recht der elektronischen Medien, C. Informationsfreiheit, Rn. 25 f.; Falke, Der Schutz der Medienfreiheit (2012), S. 103 mwN. 717 So BVerfGE 103, 44 (59 f.) 718 Dörr, ZUM 1997, 337 (360 f.); Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 104 mwN.

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I. Gatekeeper und das Vielfaltsgebot

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Zwar ist es unter der Dogmatik der Ausgestaltungsregelungen der Rundfunkfreiheit höchst umstritten, ob es im Anwendungsbereich dieser Figur überhaupt zu einer Abwägung der kollidierenden Grundrechtspositionen kommt.719 Nach der engsten Auffassung wären nämlich selbst unverhältnismäßige Regelungen im Rahmen der Ausgestaltungsdogmatik möglich.720 Mittlerweile hat sich auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts allerdings die Tendenz herausgebildet, dass die Einschlägigkeit der Ausgestaltungsdogmatik die Berücksichtigung kollidierender Grundrechtspositionen nicht endgültig ausschließt.721 Sowohl die „klassischen“ Infrastrukturunternehmen als auch sonstige Plattformanbieter oder Portalanbieter sind als privatrechtlich organisierte Wirtschaftsunternehmen insbesondere aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG berechtigt.722 Daneben unterfallen diese Unternehmen zumindest in Teilen ihrer Tätigkeit auch der Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG, soweit sie eigene Programme herstellen, die Belegungsautonomie über ihre Plattform ausüben oder allein durch ihre Tätigkeit der Verbreitung von Rundfunk über die von ihnen betriebene Infrastruktur.723 Durch die Zusammenfassungsentscheidung der Plattformanbieter und Portalbetreiber über die von ihnen zugänglich gemachten Inhalte sind sie mehr als ein bloßer Transporteur. Sie üben eine publizistische Tätigkeit aus, weshalb sie sich auf die „Programm“- bzw. „Tendenzfreiheit“ hinsichtlich ihrer Zusammenfassungsentscheidung berufen können.724 Diese Grundrechtspositionen erzeugen in einigen denkbaren Konstellationen Konflikte mit dem Ausgestaltungsauftrag der Rundfunkfreiheit, welche es auf verfassungsrechtlicher Ebene zu einem Ausgleich zu bringen gilt.725 Somit kann eine verhältnismäßige Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit nur unter Berücksichtigung der Grundrechte der Unternehmen in potentieller Gatekeeper-Position geschehen.726 Mit Blick auf die vielfaltssichernden Normen, insbesondere auch der Zugangsansprüche, wird allerdings den Wirtschaftsgrundrechten der adressierten Unternehmen nur schwerlich ein Überwiegen

719

Vgl. dazu ausführlich Assion, Must Carry (2015), S. 159 ff.; laut Eifert, Jura 2015, 456 (361); Hain, Rundfunkfreiheit, S. 149 ff.; umfassend zur Ausgestaltungsdogmatik: Schemmer, in: BeckOK GG, Art. 5, Rn. 77 f.; Cornils, Die Ausgestaltung der Grundrechte (2005), S. 57 ff. 720 Cornils, Die Ausgestaltung der Grundrechte (2005), S. 157 f.; Assion, Must Carry (2015), S. 162. 721 BVerfGE 57, 295 (321); 97, 228 (267); 97, 298 (312 ff.); 114, 371 (386); so auch Assion, Must Carry (2015), S. 164 ff.; Dörr/Deicke, ZUM 2015, 89 (104); Cornils, Die Ausgestaltung der Grundrechte (2005), S. 104 ff., 676. 722 Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 104; Assion, Must Carry (2015), S. 169 ff.; zu den Rechtspositionen der Kabelbetreibern: Sharma, Der chancengleiche Zugang zum digitalen Kabelfernsehnetz (2009), S. 108 ff. 723 Paschke, Medienrecht, 3. Aufl. 2009, S. 100, Rn. 263; Assion, Must Carry (2015), S. 171 f.; Hain, AfP 2012, 313 (319); Sharma, Der chancengleiche Zugang zum digitalen Kabelfernsehnetz (2009), S. 115 ff.; zurückhaltender aufgrund des geringeren Inhaltsbezuges: Gersdorf, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 53 (66 f.). 724 Assion, Must Carry (2015), S. 171 f.; Sharma, Der chancengleiche Zugang zum digitalen Kabelfernsehnetz (2009), 116 ff.; Gersdorf, promedia 12/2016, 16 (16). 725 Kuper, IPTV (2009), S. 16; Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 104 f.; Gersdorf, Chancengleicher Zugang (1998), S. 137 ff.; Assion, Must Carry (2015), S. 173 ff.; Hain/Steffen/Wierny, MMR 2014, 24 (28) mwN. 726 Vgl. zu einer solchen Konstellation auch die Entscheidung des BVerfG zum Kurzberichterstattungsrecht, BVerfGE 97, 228; daran anschließend auch Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 105.

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

einzuräumen sein, da die Vielfaltssicherung ein überragend wichtiges Rechtsgut darstellt, das es durch den Gesetzgeber zu schützen gilt.727 Aber die Tendenzfreiheit kann doch nur dort überwunden werden, wo echte Abhängigkeitsverhältnisse durch Gatekeeper-Positionen bestehen und nicht die inhaltsbezogene Tätigkeit einer reinen Zusammenfassungsentscheidung adressiert wird.728 e. Konkrete Ausgestaltungsformen einer Gatekeeper-Regulierung Nach der Feststellung, dass Gatekeeper-Dienste dem Ausgestaltungsauftrag unterfallen, sind die verschiedenen Regelungsformen im Rahmen des dann bestehenden weiten Einschätzungsspielraums des Gesetzgebers verfassungsrechtlich zu bewerten. (1) Zugangsansprüche als Instrument der Zugangschancengleichheit In Zeiten von Frequenzknappheit und klaren Beherrschungsstrukturen über die Übertragungsinfrastruktur diente das Gebot unter dem Argument der medienrechtlichen Vielfaltsicherung dazu, „Durchleitungsansprüche“729 von Inhalteanbietern über Infrastrukturen zu begründen (z.B. Must-Carry-Pflichten). Aber auch unter modernen Gatekeeper-Phänomenen über die Kontrolle eines geschlossenen Systems zielen Zugangsansprüche auf die Absicherung der in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG geschützten kommunikativen Chancengerechtigkeit und des Prinzips der medienrechtlichen Offenheitspflege.730 Bei Gatekeepern aufgrund der Kontrolle über ein geschlossenes System haben wegen Lock-In-Effekten weder Rezipient noch Inhalteanbieter, sondern ein Dritter die Kontrolle darüber, dass beide Zugang zueinander zu finden. Die in der Ausgangssituation des Regelungssystems durch die Frequenzknappheit begründete Situation wird nun durch geschlossene Systeme und damit eine „künstliche Verknappung“ fortgesetzt. Deshalb ist bei Gatekeepern aufgrund der Kontrolle über ein geschlossenes System die skizzierte Gefahrenlage nicht ganz so strikt. Zwar tritt auch dieser als Vermittler, der eine Zusammenfassungsentscheidung über Inhalte in einem geschlossenen System trifft und damit in die publizistische Vielfalt eingreift, an eine sensible Stelle des Kommunikationsprozesses. Es ist allerdings einfacher, dem Rezipienten über verschiedene „Öffnungsmechanismen“ Zugang zu verschaffen, worüber der Grad der Ausschließlichkeit die Gatekeeperstellung abnimmt (siehe oben, 3. Kap. I. 1) a. (4)). Ein Zugangsanspruch in Form der chancengleichen Behandlung der um Zugang bemühten Inhalteanbieter ist nur in einem gänzlich geschlossenen System zwingend notwendig. In allen weiteren Konstellationen hat der Nutzer die Möglichkeit, an Inhalte zu 727

Dazu ausführlich: Assion, Must Carry (2015), S. 179 ff.; Naunheim, Die Rechtmäßigkeit des Must-Carry-Prinzips (2001), S. 200 f., 209 ff.; Sharma, Der chancengleiche Zugang zum digitalen Kabelfernsehnetz (2009), S. 121; Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52b, Rn. 11 f. 728 Gersdorf, Chancengleicher Zugang (1998), S. 139 f.; kritisch Assion, Must Carry (2015), S. 134 f. 729 So die Bezeichnung bei Holznagel/Dörr/Hildebrand, Elektronische Medien (2008), S. 260 ff. 730 So bereits für den Zugang zu Programmplattformen und „Informationen“ Palankova, Chancengleicher Zugang (2008), S. 166 ff.

I. Gatekeeper und das Vielfaltsgebot

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gelangen. Nur bei einer solchen proprietären Gatekeeperstellung ist es deshalb auch gerechtfertigt, die dem Gatekeeper aufgrund seiner Zusammenfassungsentscheidung zustehende Programmfreiheit, also auch das Bestimmungsrecht darüber, welche Inhalte in seiner Dienstleistung verfügbar sind, zugunsten der Chancengleichheit einzuschränken.731 Denn hier knüpft die Regelung allein an die Gatekeeperstellung an und ist damit unabhängig vom Inhaltsbezug der Dienstleistung des Gatekeepers.732 Gegen einen solchen Zugangsanspruch könnte zunächst unter Betonung der Funktion der Zugangsvermittlung durch die Gatekeeper eingewendet werden, dass allein die Tatsache, Anbieter von Medieninhalten zu sein, noch nicht die allumfassende Distribution gewährleistet. Wie zuvor gezeigt (siehe oben, 3. Kap. I. 2) c. (1)), führt aber gerade die Dienstleistung des Gatekeepers durch die Zugänglichmachung von Inhalten in einem geschlossenen System dazu, dass der Prozess der Kommunikation beeinträchtigt wird und nicht alle Inhalte und Meinungen die gleichen Kommunikationschancen aufweisen. Deshalb bildet ein allgemeiner Zugangsanspruch im Sinne einer Aufnahmeverpflichtung bei einem vollkommen geschlossenen System das einizige Mittel, um allen Inhalten Zugang zum Prozess der Kommunikation zu ermöglichen und darüber den kommunikationsbezogenen Zielen der Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 2 RStV Geltung zu verleihen.733 Soweit die Kapazitäten seiner Gatekeeper-Dienstleistung nicht begrenzt sind, was bei modernen Gatekeeper-Stellungen bei Connected-TV-Sachverhalten aufgrund der Nutzung des IP-Signals und der damit verbundenen Netzeffekte zur Bereitstellung der Inhalte der Fall ist (siehe oben, 3. Kap. I. 1) b.), liegt auch kein unverhältnismäßiger Eingriff in seine Wirtschaftsgrundrechte und die Tendenzfreiheit des Gatekeepers vor. Er hat auf der Ebene des „Wie“ weiterhin die Möglichkeit, seinen Gatekeeper-Dienst nach eigenen Kriterien auszugestalten (z.B. durch die Privilegierung bestimmter Inhalteanbieter, mit denen Vertragsbeziehungen bestehen), soweit der Rezipient die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen hat, und keine Diskriminierungswirkungen für andere Anbieter davon ausgehen. Der Notwendigkeit von Zugangsansprüchen kann schließlich auch nicht der Einwand entgegen gehalten werden, dass es als Gegenstück zum Zugangsanspruch eine MustOffer-Verpflichtung („Überlassungszwang“) für die Inhalteanbieter geben müsse.734 Solche Pflichten sollen zur Absicherung der Wirtschaftsgrundrechte der Gatekeeper dafür sorgen, dass in der Gunst der Rezipienten attraktive Angebote nicht zum Mittel der

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Gersdorf, Chancengleicher Zugang (1998), S. 137 ff. Zu dieser Abstufung: Gersdorf, Chancengleicher Zugang (1998), S. 139. Ähnlich zu Must-Carry-Regelungen: Dörr, ZUM 2013, 81 (101); Gersdorf, Chancengleicher Zugang (1998), S. 103. 734 Kluth/Schulz, Konvergenz und regulatorische Folgen, (Gutachten 2014), Arbeitspapiere des Hans-Bredow-Instituts Nr. 30, S. 38 f.; dazu ausführlich: Assion, ZUM 2015, 631 (631 ff.).

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Exklusivvermarktung für bestimmte, möglichst wirtschaftskräftige Portalanbieter greifen.735 Ein solches regulatorisches Ansetzen bei den Inhalteanbietern im Sinne eines medienrechtlichen Kontrahierungszwangs wäre aber unter den verfassungsrechtlich in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG gewährleisteten Grundsätzen der Staatsferne und Programmfreiheit fragwürdig.736 Der Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber kann nicht soweit reichen, dass er den Inhalteanbietern im Detail Vorgaben machen kann, welche Art der Verbreitung für die Inhalte gewählt wird. Darüber hinaus sind auch und gerade die Inhalteanbieter, insbesondere die öffentlichrechtlichen, aber auch die privaten Rundfunkveranstalter, ebenfalls dem medienrechtlichen Vielfaltsgebot verpflichtet, sodass sie ihre Inhalte nicht schrankenlos mittels Exklusivvermarktungsrechten verbreiten können.737 Zudem ist es mit Blick auf die Anbieter- als auch die Inhaltevielfalt weniger problematisch, wenn bestimmte, private Inhalteanbieter nur bestimmte Übertragungsformen für ihre Inhalte wählen, soweit sich dies mit dem sie verpflichtenden Teil des Vielfaltsgebots vereinbaren lässt. Darauf kann und muss sich der Rezipient dann einstellen, wie sich am Beispiel des Pay-TVs zeigt. (2) Diskriminierungsfreiheit als Instrument der Vielfaltssicherung Nimmt man nur die Ebene des „Ob“ und damit die Zugangsebene als Gatekeeper-Stellung in den Blick, so reichen Zugangsansprüche zur Verwirklichung der kommunikationsbezogenen Ziele der Rundfunkfreiheit aus. Der Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit hat dann keinen eigenen Wert mehr, da er nur dafür sorgt, dass die kommunikative Chancengleichheit nicht durch diskriminierende Vorgaben beim Zugang (z.B. uneinheitliche Entgelte trotz vergleichbarer Inhalte) verletzt wird. Eine eigenständige Bedeutung bekommt der Grundsatz aber dort, wo die nachgelagerte Ebene des „Wie“ des Zugangs über eine Gatekeeper-Dienstleistung betroffen ist. Das bedeutet, dass der Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit dafür sorgt, dass die Inhalte, die in einem geschlossenen System generell verfügbar sind, auch diskriminierungsfrei durch den Rezipienten tatsächlich aufgerufen werden können. In einem geschlossenen System kann der Gatekeeper, der die Kontrolle darüber ausübt, auch dafür sorgen, dass der Rezipient aufgrund von Filter- oder Lenkungsdienstleistungen nur bestimmte Inhalte wahrnimmt. Das widerspricht aber dem Grundsatz der positiven Vielfaltssicherung in der Ausformung der „Offenheitspflege“. Auch wenn Meinungen generell Zugang zum Rezipienten haben, müssen sie in einem geschlossenen System auch tatsächlich auffindbar sein. Das sind sie nur dann, wenn sie nicht aktiv durch den Gatekeeper gegenüber anderen Angeboten, etwa allein aus monetären Interessen, diskriminiert werden. 735

Hoenike/Szodruch, K&R 2007, 628 (631) verweisen zu Recht darauf, dass die Relevanz und der Erfolg auch bei Enhanced-TV von der Kooperation mit wichtigen quotenstarken Sendern, die das Fernsehsignal einspeisen abhängt; Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 270. 736 Ähnliche Einwände bei Assion, ZUM 2015, 631 (639). 737 So auch mit Blick auf öffentlich-rechtliche Rundfunkveranstalter Assion, ZUM 2015, 631 (633 f.).

I. Gatekeeper und das Vielfaltsgebot

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Deshalb greift dieser Grundsatz auch bei Gatekeepern, deren Dienstleistung nicht gänzlich ausschließend im Sinne eines geschlossenen Systems ist. In einem solchen partiell geschlossenen System kann trotz der Öffnungsmechanismen Einfluss darauf genommen werden, dass in der eigenen Dienstleistung bestimmte Inhalte dem Rezipienten verborgen bleiben. Dann bedarf es einer stärkeren Verlagerung der Akzentuierung des Vielfaltsgebots auf die Binnenvielfalt, da allein der Außenpluralismus zu keiner gleichberechtigten Teilhabe der Inhalte am Prozess der Kommunikation führt (siehe oben, 3. Kap. I. 2) c. (2)). Der Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit führt demnach zu einer relativen Betrachtung der meinungsbildungsrelevanten Inhalte und deren Teilhabemöglichkeiten am Prozess der Meinungsbildung. Da das „Ob“ des Zugangs faktisch möglich ist, kann hier auf der Ebene des „Wie“ viel stärker die Nutzerautonomie herangezogen werden. Diese kann einen sachlichen Grund zur Komposition eines der eigenen Tendenzfreiheit entsprechenden Aufbaus innerhalb der Gatekeeper-Dienstleistung darstellen. Sofern der Rezipient konkret und eigenständig über die Nutzung entscheidet und ihm dabei faktisch alle Nutzungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, haben alle meinungsbildungsrelevanten Inhalte die diskriminierungsfreie Möglichkeit, rezipiert zu werden. (3) Verfassungsrechtliche Beurteilung von „Must-be-found-Pflichten“ Unter dem Eindruck der zunehmenden Bedeutung der Auffindbarkeit von Inhalten wird ferner dem Konzept des „must-be-found“ zur Verwirklichung der kommunikationsbezogenen Ziele der Rundfunkfreiheit eine zunehmende Bedeutung zugeschrieben.738 Bei Gatekeeper-Stellungen auf Connected-TV-Portalen wird medienpolitisch etwa eine Vorinstallation bestimmter Inhalte im Startbildschrirm oder eine besondere Auffindbarkeit in Form der ersten „Programmplätze“ in einer Benutzeroberfläche gefordert.739 Diese würden unter dem Grundsatz der positiven Vielfaltssicherung und kommunikativen Chancengerechtigkeit daran anknüpfen, dass unter bestimmten Bedingungen mangelnde Kommunikationschancen auszugleichen sind.740 Der Grundsatz des „Must-be-found“ geht dabei weiter, als die bloße Zugänglichmachung und Vermittlung der Rezeptionsmöglichkeit im Prozess der Kommunikation zu ermöglichen. Er verlangt eine positive Herausstellung von Inhalten, die von besonderer Relevanz für die öffentliche und individuelle Meinungsbildung sind und deshalb vom Rezipienten unbedingt wahrgenommen werden müssen. Darunter sind nach der Dogmatik des Bundesverfassungsgerichts sicherlich die öffentlich-rechtlichen Programme zu fassen, denen eine Grundversorgungsfunktion hinsichtlich einer gleichgewichtigen Vielfalt an 738

Zur Diskussion: Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 63; Doetz, MMR 2012, 277 (278); Eberle, in: FS für Hailbronner (2013), 675 (680); Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 (662); Schmid, ZUM 2011, 457 (462). 739 Pfab, promedia 03/2016, 11 (12); Grewenig, promedia 03/2016, 11 (12). 740 Zu dieser Zielsetzung der Rundfunkfreiheit: Schulz/Seufert/Holznagel, Digitales Fernsehen (1999), S. 97.

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Inhalten zugeschrieben wird.741 Aber auch regionale und lokale Berichterstattung können darunter gefasst werden.742 In einem dualen Rundfunksystem kommen ferner privaten Angeboten vielfaltsgestaltende Elemente zu, sodass nicht abstrakt ausgeschlossen werden kann, dass diese von Bedeutung für den Prozess der öffentlichen und individuellen Meinungsbildung sind und deshalb keiner positiven Förderung unterliegen sollten.743 Einer solchen positiven Förderungspflicht steht allerdings das Grundverständnis der Kommunikationsgrundrechte und damit auch die Rundfunkfreiheit entgegen, wonach diese „privilegienfeindlich“ sind.744 Davon kann nur dann eine Ausnahme gemacht werden, wenn bestimmte Inhalte aufgrund struktureller Schwächen, d.h. insbesondere wenn es für die Kommunikationsangebote zwar ein Interesse aber keine kaufkräftige Nachfrage gibt, sodass sie eigenständig nur unzureichend im Kommunikationsprozess vorkämen, sich nicht ihrem meinungsbildungsrelevanten Gewicht entsprechend durchsetzen können.745 Das bedeutet allerdings nur, dass die Möglichkeit einer Rezeption gegeben sein muss und nicht, dass eine positive Aufmerksamkeitslenkung verfassungsrechtlich im Rahmen des Ausgestaltungsauftrages geboten ist. Der Grundsatz kann nur darauf bezogen werden, dass selbst beim Bestehen eines vielfältigen Angebots der Grundsatz der kommunikativen Chancengleichheit dafür sorgt, dass die besonders meinungsbildungsrelevanten Inhalte nicht vollkommen untergehen dürfen.746 Vielfalt für den Rezipienten bedeutet nicht, dass dieser aktiv auf vielfältige Angebote geleitet wird, sondern dass ihm unter dem Gefahrenpotential des Gatekeepers vielfältige Angebote überhaupt verfügbar sind. Chancengleichheit und damit verbundene Privilegierungen sind in einem von technischer Ressourcenknappheit geprägtem Umfeld von Bedeutung. Eine vergleichbare Gewichtung ist nach dem Wegfall dieser Knappheit der Übertragungsfrequenzen im digitalen Bereich aufgrund von Problemen bei der Auffindbarkeit unter Bezug auf die Rezipientenautonomie nicht festzustellen. Eine „Privilegierung“ lässt sich unter den derzeitigen verfassungsrechtlichen Regelungsprämissen nur in Situationen der Zugangsverengung durch Gatekeeper aufgrund der Kontrolle über eine Infrastruktur begründen. Dann greift die Logik der Must-CarryRegelungen, die eine Privilegierung aufgrund der besonderen gesellschaftlichen

741

Dörr, ZUM 2013, 81 (101); Assion, Must Carry (2015), S. 194; Schulz/Seufert/Holznagel, Digitales Fernsehen (1999), S. 97; Schulz/Kühlers, Konzepte der Zugangsregulierung (2000), S. 12 f., 65; zum Grundversorgungsauftrag BVerfGE 73, 118 (157). 742 Schulz/Seufert/Holznagel, Digitales Fernsehen (1999), S. 99; kritisch: Assion, Must Carry (2015), S. 175 f. 743 Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 63; Försterling, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 9 (11 f.). 744 Schulz/Seufert/Holznagel, Digitales Fernsehen (1999), S. 99; Hoffmann-Riem, in: Benda/Maihofer/Vogel, Handbuch des Verfassungsrechhts, § 7, Rn. 12; BVerfGE, 25, 256 (265). 745 Schulz/Seufert/Holznagel, Digitales Fernsehen (1999), S. 99; Hoffmann-Riem, in: AK-GG, 2001, Art. 5 Abs. 1, 2, Rn. 146; Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 94; Palankova, Chancengleicher Zugang (2008), S. 65; Schulz/Kühlers, Konzepte der Zugangsregulierung (2000), S. 12. 746 Ritlewski, ZUM 2008, 403 (406).

I. Gatekeeper und das Vielfaltsgebot

111

Bedeutung von bestimmten Angeboten begründet und den bloßen Zugang zu einer für Anbieter der Gatekeeper-Leistung knappen Ressource absolut gewährleistet.747 Eine weiter reichende Privilegierung hin zur aktiven Aufmerksamkeitslenkung mit einer „Must-be-found“-Regelung für privilegierte Angebote kann hingegen nicht aus der Rundfunkfreiheit bezüglich von Gatekeepern aufgrund der Kontrolle über ein geschlossenes System abgeleitet werden. Diese umfasst lediglich die Offenhaltung des Kommunikationsprozesses, welcher soweit die Kapazitäten eines Systems potentiell unbegrenzt sind748, bereits durch die generelle Auffindbarkeit und den Einfluss des Rezipienten auf die Präsentation der Inhalte im System des Gatekeepers ausreichend abgesichert ist („Possibility-to-be-found“).749 Letztlich ist lediglich über diese Absicherung der Diskriminierungsfreiheit sicherzustellen, dass die Angebote, die der Gesetzgeber aufgrund verfassungsrechtlicher Vorgaben als besonders relevant für die individuelle und öffentliche Meinungsbildung ansieht, nicht gegenüber anderen Angeboten sowohl beim Zugang als auch bei der Auffindbarkeit diskriminiert werden. Es besteht demnach eine verfassungsrechtlich ableitbare, über das reine Willkürverbot hinausgehende Pflicht, bei der Reihung und der Auffindbarkeit von Angeboten allein objektiv nachvollziehbarer Kriterien zu berücksichtigen, die auf die Bedeutung der Inhalte im Prozess der Kommunikation ausgerichtet sind.750 Unter dem verfassungsrechtlichen Vielfaltsgebot sind keinerlei sachlich publizistische Gründe denkbar, die eine Ungleichbehandlung eines öffentlich-rechtlichen Angebots mit einem sonstigen Angebot rechtfertigen. Deshalb würde bereits das aus medienverfassungsrechtlichen Gründen gestärkte Diskriminierungsverbot ein „Must-be-found“ auf niedrigstem Niveau gewährleisten. Insoweit erscheint hier das Verbot der Diskriminierung den verfassungsrechtlichen Schutz solcher Anbieter im Sinne einer „Possibility-to-be-found“ ausreichend abzudecken, sodass eine positive und aktive Privilegierung aus dem Prinzip der Chancengleichheit nicht begründbar ist. Nur so werden die geschlossenen Systeme, die auch bei Connected-TV-Sachverhalten die Gatekeeperstellung begründen, ausreichend erfasst. Denn gerade dort, wo neben die Gatekeeper-Stellung auch die Zusammenfassungsentscheidung über Inhalte tritt, sind weitreichende Gestaltungsvorgaben über die Funktionsweisen, wie positive Auffindbarkeitsvorgaben, ein starker Eingriff in die Tendenzfreiheit, auf die sich die Anbieter einer Gesamtauswahl von Inhalten berufen können.751 Solche Gestaltungsvorgaben sind viel stärker inhaltsbezogen752 als das Diskriminierungsverbot, sodass auch im Rahmen einer

747

Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52b, Rn. 14; Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52b, Rn. 2; ausführlich Assion, Must Carry (2015), S. 195 f.; 353 ff. So Chardon, in: Gottberg/Graubner, tv dirskurs 56, 54 (57) zu Portalen auf Connected-TV-Geräten. 749 Ähnlich Cornils, ZUM 2019, 89 (93); Thomale, ZUM 2019, 122 (124); a.A. Weber, ZUM 2019, 111 (113). 750 So auch Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 95. 751 Gersdorf, promedia 12/16, 16 (17); Wagner, promedia 07/2017, 35 (36). 752 Zu diesem Kriterium: Gersdorf, Chancengleicher Zugang (1998), S. 138 f.

748

112

3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Ausgestaltungsregelung ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Tendenz- und Programmfreiheit vorliegen würde. 3) Zwischenfazit Aus dieser Einordnung der verschiedenen Funktionen und Dienste von Connected-TVGeräten unter Gatekeeper-Kategorien lässt sich demnach eine Aussage über die Betroffenheit der verfassungsrechtlichen Normziele aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG und dem damit verbundenen Ausgestaltungsbedarf für Gatekeeper ziehen. Die konkrete Ausgestaltung muss allerdings den Besonderheiten der beschriebenen Gatekeeper-Potentiale gerade unter dem Gesichtspunkt der kollidierenden (Wirtschafts-)Grundrechte der Portalbetreiber Rechnung tragen. Der Grundsatz der kommunikativen Chancengleichheit und ein aus dem positiven Vielfaltsgebot abgeleitetes Prinzip der rundfunkspezifischen Offenheitspflege bilden unter dem Normziel der Ermöglichung des Prozesses der Kommunikation und der damit verbundenen öffentlichen und individuellen Meinungsbildung die Grundlage für Zugangsansprüche. Darüber hinaus sorgt die Verankerung des Grundsatzes der Diskriminierungsfreiheit in proprietären Gatekeeper-Systemen für eine Verwirklichung des Gebots positiver Vielfaltssicherung. Einzig eine positive Diskriminierung („Must-be-found“) und damit besondere Herausstellung von zugänglichen Inhalten aufgrund einer besonderen Meinungsbildungsrelevanz lässt sich allein aufgrund einer Gatekeeper-Position nicht begründen. Inwieweit diese verfassungsrechtlichen Determinanten bereits in der derzeitigen Regulierung Niederschlag gefunden haben oder wie ein solches System de lege ferenda auszusehen hat, soll im folgenden Teil näher erläutert werden. Entgegen der in Teilen der medienpolitischen und regulatorischen Auseinandersetzung anzutreffenden pauschalen Tendenz, die Endgerätehersteller als solche in die Regulierung aufzunehmen753, ist festzuhalten, dass nicht das Endgerät, sondern die Kontrolle über die das Portal steuernde Technik und Software für die medienrechtliche Gatekeeper-Position entscheidend ist. Diese kann aber auch von Dritten zur Verfügung gestellt werden. Somit ist unter Vielfaltsgesichtspunkten das proprietäre und daher geschlossene Portalsystem in Verbindung mit dem nachgelagerten App-Store und nicht das Endgerät an sich Anknüpfungspunkt für eine unter der Rundfunkfreiheit zu adressierende Gatekeeper-Regulierung. Lediglich die einer klassischen Benutzeroberfläche ähnelnden Funktion der direkten Zugangsvermittlung zum Rundfunkprogramm und die damit verbundene Möglichkeit des Endgeräteherstellers, die über das Gerät abrufbaren Inhalte zu sortieren und in die Listung einzubeziehen, sind als Gatekeeper-Funktionen zu kennzeichnen.

753

Vgl. Christmann, ZUM 2015, 14 (19).

II. Plattformregulierung II.

113

Plattformregulierung

Eine gesetzgeberische Antwort auf die durch Gatekeeper ausgelösten Vielfaltsprobleme beim digitalen Fernsehen stellt die Plattformregulierung im Fünften Abschnitt des Rundfunkstaatsvertrages dar.754 Es gilt daher die Grundlagen dieses medienrechtlichen Regulierungsregimes darzustellen und seine Passgenauigkeit auf die neuen durch Connected-TV-Sachverhalte aufgeworfenen Problemlagen zu untersuchen. Zunächst ist die Problematik des Regelungsadressaten zu behandeln, wobei die derzeitige Rechtslage beschrieben werden soll, dann ein Subsumtionsversuch der Connected-TV-Sachverhalte unternommen wird und abschließend der Anpassungsbedarf und die Reformdebatte de lege ferenda aufgrund neuer „Gatekeeper“ aufgezeigt wird. Darüber hinaus liegt ein besonderes Augenmerk auf der Rechtsfolgenseite und den dort befindlichen Diskriminierungsverboten, Belegungsvorgaben und der Entgelt- und Tarifregulierung, die den Plattformanbietern aufgrund ihrer „Torwächterfunktion“ auferlegt wurden.755 1) Derzeitige Rechtslage bei der Plattformregulierung a. Verfassungsrechtlicher Hintergrund Die Plattformregulierung ist die Reaktion des Gesetzgebers, mit der dieser den Entwicklungen der Digitalisierung des Rundfunks und der Konvergenz der Medien begegnet.756 Die bei Rundfunkplattformen auftretende Entwicklung der vertikalen Integration und die mit verschiedenen technischen Dienstleistungen verbundenen Einwirkungsmöglichkeiten auf die Inhalte wurden auch vom Bundesverfassungsgericht bereits als regulierungsbedürftig im Rahmen der Rundfunkfreiheit angesehen.757 Die Kombination aus der Kontrolle des Zugangs zu Verbreitungsmöglichkeiten der Inhalteanbieter und der Zusammenstellung eines Gesamtangebots für den Rezipienten in einem geschlossenen System begründet die verfassungsrechtlich relevante Gatekeeper-Stellung.758 Dabei wird dem Landesgesetzgeber im Sinne dieses Auftrages eine präventive Regelungspflicht auferlegt, um zu verhindern, dass die Gatekeeper-Position der Plattformanbieter nicht zulasten der Rundfunkvielfalt ausschlägt, und um die „Vielfalt im jeweiligen Übertragungssystem sicherzustellen“.759 754

Begründung zum 10. RÄStV, LT-Drs. BY 15/9667 v. 14. 1. 2008, S. 32. Begründung zum 10. RÄStV, LT-Drs. BY 15/9667 v. 14. 1. 2008, S. 32. Begründung zum 10. RÄStV, LT-Drs. BY 15/9667 v. 14. 1. 2008, S. 26; Seufert/Grundlach, Medienregulierung in Deutschland (2012), S. 315; Schröder, ZUM 2015, 27 (27); Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 4. 757 BVerfGE 119, 181 (216 f.); BayVGH ZUM-RD 2013, 28 (32); Schröder, ZUM 2015, 27 (28); Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 4. 758 Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 3 f.; Assion, Must Carry (2015), S. 149 f., 243; BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 15; Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52, Rn. 2. 759 Dörr, ZUM 2013, 81 (102); Schröder, ZUM 2015, 27 (28) unter Verweis auf BVerfGE 73, 118 (199); 83, 238 (322); 97, 228 (258); Assion, Must Carry (2015), S. 150 unter Verweis auf VG Berlin ZUM-RD 2002, 506 (508).

755

756

114

3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Die Regelungen der Plattformregulierung beinhalten dabei sowohl Regelungen zur negativen als auch zur positiven Vielfaltssicherung. Die Diskriminierungsverbote und Belegungsvorgaben sind der positiven Vielfaltssicherung zuzurechnen. Allerdings weist die Abgrenzung des Anwendungsbereichs der Regulierung in den Rückausnahmen für Plattformen in offenen Netzen über das Merkmal der marktbeherrschenden Stellung auch Aspekte der negativen Vielfaltssicherung auf. Zur Gewährleistung von Angebotsund Anbietervielfalt werden vor allem die verfassungsrechtlich determinierten Grundsätze der Zugangschancengerechtigkeit und Diskriminierungsfreiheit verankert.760 Kernbestandteil der Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit sind insoweit die Übertragungspflichten des Must-Carry-Regimes, welche sich als Folge des verfassungsrechtlichen Auftrags, insbesondere an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, in Bezug auf die öffentliche und individuelle Meinungsbildung und deren Funktion für die Demokratie ergeben.761 Als Kehrseite wird dieser Auftrag an die Rundfunkveranstalter mit einer die „Verbreiter“ von Rundfunk (wie die Plattformanbieter) treffenden Pflicht zur Übertragung bzw. einer Pflicht zum Anbieten dieser Angebote verbunden.762 Dieser verfassungsrechtliche Unterbau der Plattformregulierung erstreckt sich mit Blick auf die Konvergenzentwicklung auch auf einen Ausgestaltungsauftrag des Rundfunkgesetzgebers, Diskriminierungen von Inhalteanbietern durch Zugangsdienste zu verhindern.763 Die Sonderdogmatik der Rundfunkfreiheit wird in der Plattformregulierung nicht in Gänze gespiegelt. Das Regulierungsregime ist nicht nur Ausgestaltungsgesetzgebung, sondern weist in gewissem Umfang auch wettbewerbsrechtliche Anknüpfungspunkte, wie die Relevanz der marktbeherrschenden Stellungen in offenen Netzen und den Schutz von Wettbewerbern auf dem Inhaltemarkt („B2B“), auf. Insoweit steht sie zwischen der klassischen rundfunkverfassungsrechtlichen Dogmatik und einer eher an die Freiheitsrechtsdogmatik anknüpfenden Regulierung, die mit Blick auf die Adressaten der Regulierung in der Eingriffs- und Rechtfertigungsdogmatik bleibt. Letztlich muss aber unter den geltenden verfassungsgerichtlichen Prämissen aufgrund der Anknüpfung an die Einwirkung der Regelungsadressaten, d.h. derzeit Anbieter von Plattformen, auf die Rundfunkinhalte und der daher bestehenden Nähe zu Rundfunkanbietern 764 von einer Ausgestaltungsdogmatik ausgegangen werden.765

760

Assion, Must Carry (2015), S. 150. Kritisch zur Reichweite und Konturschärfe des Regulierungsziels positiven Schutzes von Demokratievoraussetzungen: Cornils, ZUM 2019, 89 (94 ff.). 762 BVerfGE 73, 118 (199); 83, 238 (322 f.); Assion, Must Carry (2015), S. 147 ff.; Dörr, in: Dörr/Kreile/Cole, Handbuch Medienrecht, E, S. 178, Rn. 40. 763 Paschke, Medienrecht, 3. Aufl. 2009, S. 100, Rn. 263 mwN.; Assion, Must Carry (2015), S. 146 mwN. 764 BayVGH ZUM-RD 2013, 28 (32); Assion, Must Carry (2015), S. 149; Sharma, Der chancengleiche Zugang zum digitalen Kabelfernsehnetz (2009), S. 116; Ritlewski, Pluralismus als Strukturprinzip im Rundfunk (2009), S. 240; Hoeren/Neurauter, IPTV (2010), S. 149; Gersdorf, Chancengleicher Zugang (1998), S. 132 ff. 765 So im Ergebnis auch Schröder, ZUM 2015, 27 (27); Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 90 ff.; Assion, Must Carry (2015), S. 149 f.

761

II. Plattformregulierung

115

b. Unionsrechtliche Hintergründe Auf europäischer Ebene findet man Regelungen mit ähnlicher Zielsetzung lediglich im Telekommunikationsrecht.766 Dort spielt vor allem das 2002 ergangene Richtlinienpaket eine Rolle767: Die Rahmen-RL768, die Universaldienst-RL769 und die Zugangs-RL770 haben zu verschiedenen Änderungen und Anpassungen sowohl im TKG als auch im RStV geführt.771 Regelungen, die an den Inhalt der Dienste anknüpfen, sind auf EU-Ebene spärlich gesät, da die Rahmen-RL sogenannte „Inhaltsdienste“ von der Regulierung ausklammert.772 Lediglich die Zugangs-RL enthält Zugangsregelungen zur Infrastruktur und dazugehöriger technischer Dienste.773 Deren Anwendungsbereich (Art. 1 Abs. 1 Zugangs-RL) ist allerdings auf die telekommunikationsrechtliche und damit wettbewerbsrechtlich geprägte Zielsetzung begrenzt, sodass sie keine Grundlage für eine abgestimmte vielfaltssichernde, medienrechtliche Regulierung sein kann.774 Sie beschränkt sich zudem auf EPGs und APIs und trifft keine expliziten Aussagen zur Präsenz von Medien auf Internetportalen oder Portalen von Endgeräteherstellern. Im Rahmen der Vielfaltsproblematik sind vor allem die Art. 17 und 18 Rahmen-RL von Bedeutung. Normzweck ist die Förderung des „freien Informationsflusses, der Medienpluralität und der kulturellen Vielfalt“ durch Normung und Schaffung von Interoperabilität digitaler interaktiver Fernsehdienste.775 Die Belegungsvorgaben des „Must-carry-Regimes“ (§ 52b RStV) wurden hingegen an Art. 31 Universaldienst-RL angepasst.776 Allerdings sind der Begriff des „Plattformanbieters“ und die daran anknüpfende Regulierung sowohl diesen Richtlinien777 als auch der AVMD-RL bislang fremd778, sodass in diesem Themenkomplex der Blick auf ein hinsichtlich des Regelungsadressaten rein deutsches Regulierungsinstrument und

766

Eberle, in: FS für Hailbronner (2013), 675 (679). Dazu ausführlich: Merkel/Roßnagel/Scheuer/Schweda, Sicherung der Interoperabilität (2009), S. 95 ff.; Assion, Must Carry (2015), S. 26 ff. 768 Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und –diensten. 769 Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und –diensten. 770 Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und Rates über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie der Zusammenschaltung. 771 Vgl. Janik/Kühling, in: Beck’scher TKG Kommentar, 4. Auflage 2014, § 50, Rn. 22 ff.; Binder/Vesting/Schulz/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52c, Rn. 4 ff.; Assion, Must Carry (2015), S. 31 f. 772 Näher dazu: Giurgiu/Metzdorf, in: Big-Data-Tagungsband der DSRI (2014), 709 (712 ff.); Janik/Kühling, in: Beck’scher TKG Kommentar, 4. Auflage 2014, § 50, Rn. 24. 773 Palankova, Chancengleicher Zugang (2008), S. 55. 774 Assion, Must-Carry (2015), S. 226 f. 775 So der Normtext des Art. 18 Rahmen-RL; vgl. auch Holznagel/Schumacher, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, Teil B, Einl. C. III., Rn. 39. 776 Holznagel/Schumacher, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, Teil B, Einl. C. III., Rn. 44; Assion, Must Carry (2015), S. 31. 777 Merkel/Roßnagel/Scheuer/Schweda, Sicherung der Interoperabilität (2009), S. 79. 778 Bei näherer Betrachtung der europarechtlichen Regulierung so auch Giurgiu/Metzdorf, in: Big-Data-Tagungsband der DSRI (2014), 709 (718); Klickermann/Lotz, MMR 2012, 801 (803); Wagner, ZUM 2011, 462 (464).

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116

3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

dessen bereits geschilderter verfassungsrechtlicher Verankerung zu richten ist.779 Die Regelungsinstrumente basieren hingegen in weiten Teilen auf den gerade angesprochenen Richtlinien, um so keine Widersprüche zu deren eher wettbewerbsrechtlich geprägten Regelungszielen zu erzeugen. c. Bezüge zum Wettbewerbs- und Telekommunikationsrecht Diese Aussagen zeigen bereits, dass die Plattformregulierung als Rechtsmaterie zwischen Medien- und Telekommunikationsrecht von ihren Regulierungszielen nicht so einheitlich ausgestaltet ist, wie es zunächst scheint.780 Dies liegt unter anderem daran, dass verschiedene Aspekte der Dienstleistungen, die zur Übertragung des digitalen Rundfunks notwendig sind, zwar durch einen Plattformanbieter vorgenommen, aber von anderen Rechtsmaterien als der rundfunkrechtlichen Plattformregulierung erfasst werden.781 Zwar prägt das Ziel der Sicherung von Vielfalt im Rundfunk die Plattformregulierung. Sie enthält aber auch Tendenzen einer eher telekommunikationsrechtlichen Sicherung des Wettbewerbs.782 Diese Überschneidungen zwischen TKG und RStV gerade in Fragen der Interoperabilität lassen sich auf inhaltliche Gründe zurückführen.783 Grundvoraussetzung bzw. „funktionelle Vorbedingung“784 für eine vielfältige Medienlandschaft ist der Zugang zur und die Nutzung von Übertragungsinfrastruktur. Insoweit wirkt die Telekommunikationsregulierung unter dem Primärziel des Wettbewerbsschutzes auf die Verbreitung von originär medienrechtlich regulierten Inhalten zurück.785 Diese Verschränkung zweier Regelungsmaterien führt zum Vorwurf einer verfassungsrechtlich insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Kompetenzverteilung problematischen „Doppelregulierung“.786 Durch die Eingrenzung des Anwendungsbereichs der medienrechtlichen Regulierung auf Plattformanbieter mit Blick auf deren Einflussnahme auf die transportierten Inhalte wurde diesen Bedenken allerdings entschärft, auch wenn daraus keine klare Abgrenzung resultiert.787 Dennoch beinhaltet das derzeitige Regelungssystem eine differenzierte und auf mehreren Ebenen liegende Zugangsregulierung.788 Neben dem hier im Zentrum stehenden 779

Hinsichtlich der Relevanz unionsrechtlicher Ziele für die Plattformregulierung, Seufert/Gundlach, Medienregulierung in Deutschland (2017), S. 269. 780 Eberle, in: FS für Hailbronner (2013), 675 (679); dazu auch Christmann, ZUM 2009, 7 ff.; Holznagel/Schumacher, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, Teil B C. III., Rn. 26 ff. 781 Christmann, ZUM 2009, 7 (8); Assion, Must Carry (2015), S. 130. 782 Christmann, ZUM 2009, 7 (8). 783 Holznagel/Schumacher, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, Teil B C. III., Rn. 38; Assion, Must Carry (2015), S. 130 f. 784 Holznagel/Schumacher, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, Teil B C. III., Rn. 29. 785 Holznagel/Schumacher, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, Teil B C. III., Rn. 28. 786 Merkel/Roßnagel/Scheuer/Schweda, Sicherung der Interoperabilität (2009), S. 78 f.; Holznagel/Schumacher, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, Teil B C. III., Rn. 42 f.; Christmann, ZUM 2009, 7 (8); Weisser/Glas, ZUM 2009, 914 (916); Assion, Must Carry (2015), S. 141 ff. 787 Merkel/Roßnagel/Scheuer/Schweda, Sicherung der Interoperabilität (2009), S. 79; Assion, Must Carry (2015), S. 142 f. 788 Holznagel/Schumacher, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, Teil B C. III., Rn. 29 ff.; Weisser/Glas, ZUM 2009, 914 (916); „Durchleitungsansprüche“, laut Holznagel/Dörr/Hildebrand, Elektronische Medien (2008), S. 260, 535; zur Auflösung der Normenkonkurrenzen Assion, Must Carry (2015), S. 143 ff.

II. Plattformregulierung

117

Medienrecht sind auch im Telekommunikations- und Wettbewerbsrecht Zugangsansprüche zu Verbreitungstechnologien zu finden. Diese Regulierung auf unterschiedlichen Ebenen resultiert zum einen auf den unterschiedlichen Zielsetzungen der einzelnen Regime und zum anderen aus der daran anknüpfenden Aufteilung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern oder auch der Europäischen Union. Das Wettbewerbsrecht und das TK-Recht beinhalten unter dem Regelungsziel des Wettbewerbsschutzes in §§ 19, 20 GWB sowie in den §§ 48 ff. TKG Zugangsansprüche.789 Im Medienrecht stellt der Plattformanbieter den Anknüpfungspunkt für Zugangsansprüche dar. Anbieter von Plattformen unterfallen der Regulierung, wenn sie nicht nur eigene Angebote verbreiten (dann sind sie Rundfunkveranstalter) oder nur fremde Angebote in ihrem Bouquet vermarkten (dann sind sie Telekommunikationsunternehmen) (siehe unten, 3. Kap. II. 2) a. (4)). Vor allem wenn Plattformanbieter neben fremden Angeboten auch eigene Angebote verbreiten, entsteht ein Diskriminierungspotential.790 Die Gefahr, die vom Gesetzgeber hinter dieser Konstellation gesehen wird, ist, dass in einem geschlossenen System, in dem der Rezipient keine Alternativen hinsichtlich der Wahl der audiovisuellen Angebote hat, der Plattformanbieter seine eigenen Angebote privilegiert und fremde Angebote, insbesondere auch die für die Vielfaltsicherung als besonders bedeutsam eingestuften öffentlich-rechtlichen Rundfunkangebote, diskriminiert.791 Einen solchen Diskriminierungsschutz würde man eher im Wettbewerbsrecht und der damit verbundenen „essential facilities“-Doktrin792 vermuten. Im Zusammenhang mit Rundfunkangeboten oder sogar Angeboten von vergleichbaren Telemedien sieht der Gesetzgeber in seinem weiten Ausgestaltungsspielraum für die Rundfunkfreiheit aber die Sachnähe zum Vielfaltsgebot gegeben und gestaltet deshalb eine originär medienrechtliche Regulierung der Gatekeeper aus. Aber auch in diesem Zusammenhang greift der Gesetzgeber teilweise auf wettbewerbsrechtliche Begrifflichkeiten und Logiken zurück. So setzt er das Gefahrenpotential einer Plattform in offenen Netzen, welche nach § 52 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 RStV aufgrund ihres geringeren Gefahrenpotentials für das Vielfaltsgebot privilegiert wird (dazu D. II. 2) e.), mit dem einer Plattform in einem geschlossenen Netz gleich, soweit sie über eine „marktbeherrschende Stellung“ verfügt. Bei der Bestimmung dieser marktbeherrschenden Stellung wird nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 ZPS auf § 18 GWB in entsprechender Anwendung zurückgegriffen. Im Regelfall greifen TK-Recht und Medienrecht aufgrund klarer Abgrenzung der Regelungsmaterien also nebeneinander oder beinhalten auf Seiten des Bundesrechts Öffnungsklauseln für eine landesrechtliche Medienregulierung.793

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Dazu: HH-Ko/MedienR/Bahr/Paschke, 17/1 ff. Christmann, ZUM 2009, 7 (8 ff.); Broemel, ZUM 2012, 866 (876); Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 (662 f.); Hoeren/Neurauter, IPTV (2010), S. 187 ff. Holznagel/Schumacher, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, Teil B C. III., Rn. 45. 791 Palankova, Chancengleicher Zugang (2008), S. 54; Grewenig, ZUM 2009, 15 (18); Hege, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2013, 11 (11); Assion, Must Carry (2015), S. 142 f. 792 Allgemein dazu: Spindler/Schuster/Gersdorf, Recht der elektronischen Medien, TKG, § 9, Rn. 29 f. 793 Assion, Must Carry (2015), S. 144; Schulz/Kühlers, Konzepte der Zugangsregulierung (2000), S. 17. 790

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung d. Normziele und Systematik der Plattformregulierung

Eine erste Antwort des Gesetzgebers bei der Vielfaltsregulierung auf die Konvergenzentwicklung und die Digitalisierung der Medien war die 2008 mit dem 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag (RÄStV) eingeführte Plattformregulierung.794 Eine solche Regulierung wurde notwendig, weil durch die Einführung der digitalen Rundfunkübertragung im Unterschied zur analogen Einspeisung neue zusätzliche Dienstleistungen entstanden, deren regulatorische Erfassung zu klären war.795 Die Wertschöpfungskette digitaler Kommunikation (siehe Abb. 9) hatte sich auf weitere Segmente ausgedehnt. Infrastrukturunternehmen sind unter medienrechtlichen Gesichtspunkten in das Blickfeld des Gestaltungsauftrags der Rundfunkfreiheit geraten.796 Im ursprünglichen der Regulierung zugrunde liegenden Bild des Plattformanbieters sorgen diese für den Transport von Rundfunkinhalten und vergleichbarer Telemedien über die Übertragungswege, die Bereitstellung eines Verschlüsselungssystems (und die Entschlüsselung über eine Smart-Card) sowie den Zugang zu einer kompatiblen Set-TopBox-Basis.797

Abb. 9: Rundfunkdistribution und verschiedene Gatekeeper Quelle: Christmann, ZUM 2009, 7 (8) Der Hintergrund der Plattformregulierung erklärt sich aus dieser Position des Plattformanbieters in der Distributionskette, wobei es aufgrund der Technologieneutralität der Regelungen nicht auf den konkreten Verbreitungsweg ankommt.798 Der Betreiber einer Plattform kontrolliert demnach alle digitalen Dienstleistungen, die zur Verbreitung und zum Empfang von Rundfunk und vergleichbaren Telemedien beim Zuschauer notwendig sind, indem er die Inhalte „einspeist“ und die Kontrolle über das Empfangsgerät beim Rezipienten besitzt.799 Er beherrscht damit die vertikale, technische

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Näher zur Gesetzeshistorie: Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 1 ff.; Weisser/Glas, ZUM 2009, 914 (915 f.); Christmann, ZUM 2015, 14 (15); umfassend: Assion, Must Carry (2015), S. 3 ff. Christmann, ZUM 2009, 7 (7 f.); Assion, Must Carry (2015), S. 238. 796 Gersdorf, Chancengleicher Zugang (1998), S. 19. 797 Christmann, ZUM 2009, 7 (8 f.). 798 Christmann, ZUM 2015, 14 (15); Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 2, Rn. 89; a.A. BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 1 bestreitet die „Technikneutralität“. 799 Christmann, ZUM 2015, 14 (15).

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II. Plattformregulierung

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Distributionskette der Digitalökonomie.800 Der Tätigkeitsschwerpunkt eines solchen Aggregators ist die Bündelung oder das Content-Packaging von Rundfunkangeboten und vergleichbaren Telemedien.801 Dabei gingen sowohl der Gesetzgeber als auch das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass sich die Tätigkeit von Plattformanbietern nicht in der bloßen Verschlüsselung oder dem Multiplexing erschöpft, sondern dass diese Tätigkeit von Infrastrukturunternehmen ausgeübt wird, die auch Einfluss auf Kapazitäten und Datenströme im Sinne von Infrastrukturleistungen haben.802 Nicht allein die Stellung des Plattformanbieters in der Distributionskette (siehe Abb. 9) ist jedoch entscheidend dafür, ob er Einfluss auf die Infrastruktur, d.h. den Übertragungsweg, hat oder ob er diesen nur nutzt, um sein Angebot zum Rezipienten zu bringen. Auch die weiteren kontrollierten technischen Voraussetzungen – vor allem der Endgeräte (SetTop-Boxen) – zur Nutzung des Angebots, wie z.B. Navigatoren oder APIs, begründen den Einfluss auf die Zugänglichkeit und insbesondere auch auf die Auffindbarkeit der Inhalte. Anknüpfungspunkt für eine vielfaltssichernde Regulierung bei Plattformanbietern nach klassischen Verständnis des 10. RÄStV ist das Vorliegen eines geschlossenen Systems und die daraus resultierende Gatekeeper-Position, aufgrund derer den Plattformanbietern Einfluss auf die Angebots- und Anbietervielfalt und damit Meinungsbildungsrelevanz zukommt.803 Diese Torwächterfunktion kommt Plattformanbietern auf zwei Ebenen zu: Sie kontrollieren nicht nur den Zugang der Anbieter von Rundfunk und vergleichbaren Telemedien zu den Rezipienten, sondern damit auch den Zugang des Rezipienten zu solchen Inhalten. Auch wenn ein Inhalt in die Plattform aufgenommen wird, kontrolliert der Plattformanbieter über eine weitere Dienstleistung (insbesondere Navigation), wie und wo der Rezipient diesen wahrnehmen kann.804 Es kommt also auch zur Beeinflussung der Auffindbarkeit und Nutzungshäufigkeit.805 Diese Beeinflussung geschieht nicht nur durch inhaltliche Zusammenstellung von Angeboten oder die Festlegung eines Inhalteschemas auf einer Infrastruktur, sondern kann sich auch aus anderen Eigenschaften, wie der Sortierung der Angebote ergeben. Handelt es sich beim Plattformanbieter um ein vertikal integriertes Unternehmen, das auch noch eigene Inhalte anbietet, dann 800

Holznagel, MMR 2000, 480 (483), wobei diese Intermediärs-Eigenschaft nach dem hier vertretenen Verständnis noch keine Aussage über die Einordnung als Gatekeeper zulässt. 801 Seufert/Grundlach, Medienregulierung in Deutschland (2012), S. 316; Assion, Must Carry (2015), 133 f. 802 Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 13, 15; Begründung zum 10. RÄStV, LT-Drs. BY 15/9667 v. 14. 1. 2008, S. 4; BVerfGE 119, 181 (216). 803 Seufert/Gundlach, Medienregulierung in Deutschland (2017), S. 266; BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 2; Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 3; Hoeren/Neurauter, IPTV (2010), S. 157 f.; Christmann, ZUM 2015, 14 (15); Weisser/Glas ZUM 2009, 914 (915); konkreter Auslöser war die erwartete Einführung des Mobil-TVs, Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 117; Holznagel, MMR 2000, 480 (483). Holznagel/Schumacher, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, Teil B C. III., Rn. 45. 804 Holznagel/Schumacher, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, Teil B C. III., Rn. 45; Assion, Must Carry (2015), S. 150 sieht darin unter Vielfaltsgesichtspunkten zwar einen Regelungsbedarf, allerdings keine „Gatekeeper“-Position. 805 Begründung zum 10. RÄStV, LT-Drs. BY 15/9667 v. 14. 1. 2008, S. 32; Zu Endgeräten: Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 132.

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

verstärkt sich diese Gatekeeper-Position noch durch die Gefahr der Diskriminierung konkurrierender Anbieter.806 Aufgrund der beiden Funktionen einer Plattform werden durch die Plattformregulierung auch zwei medienrechtliche Ordnungsmodelle angesprochen: Zum einen sind Plattformanbieter an den Maßstäben der Inhalteregulierung und zum anderen an denen der Offenheitsregulierung zu messen.807 Die rundfunkrechtlichen Regelungen für Plattformanbieter sind in den §§ 52 ff. RStV normiert. Darüber hinaus haben die Landesmedienanstalten die „Satzung über die Zugangsfreiheit zu digitalen Diensten und zur Plattformregulierung gemäß § 53 Rundfunkstaatsvertrag“ (kurz: ZPS) zur weiteren Konkretisierung erlassen.808 Diese Satzungsbefugnis soll dem „raschen und dynamischen technologischen und ökonomischen Wandel und den damit verbundenen Wissensproblemen in diesem Bereich“ Rechnung tragen und eine möglichst effektive Durchsetzung der verfassungsrechtlichen Ziele gewähren.809 Die Aufnahme der Tätigkeit als Plattformanbieter ist im Gegensatz zur Rundfunkzulassung nicht von der Entscheidung der Landesmedienanstalten abhängig, sondern lediglich mit einer Anzeigepflicht (§ 52 Abs. 3 RStV) bei der zuständigen Landesmedienanstalt für „private Anbieter“ verbunden.810 Die ZAK als zuständiges Organ betreibt dann ein dahingehendes Einordnungsverfahren und veröffentlicht in diesem Zusammenhang regelmäßig eine Liste mit den als Plattformanbietern eingestuften Unternehmen811. Dreh- und Angelpunkt der Plattformregulierung ist der Begriff des „Anbieters einer Plattform“. Dieser ist bereits in § 2 Abs. 2 Nr. 13 RStV legaldefiniert. § 52 Abs. 1 RStV knüpft dann an diese Begrifflichkeit des „Anbieters einer Plattform“ als Regelungsadressaten der folgenden Normen an. Allerdings enthält bereits § 52 RStV Privilegierungen bzw. Ausnahmen, wonach bestimmte Anbieter von Plattformen, von denen regelmäßig keine spezifische Gefahr für die Meinungsvielfalt im Rundfunk ausgeht, von der Regulierung ausgenommen werden. Darüber hinaus formuliert § 52 Abs. 2 RStV persönliche Anforderungen für die erfassten Regelungsadressaten. Die folgenden Paragrafen beinhalten dann konkrete materielle Regelungen. Darunter befinden sich vor allem Zugangs- bzw. Durchleitungsansprüche („Must-Carry-Regelungen“) sowie die Regulierung verschiedener weiterer Dienste (Multiplexing, CAS-Systeme, Benutzeroberflächen und Schnittstellen) durch die Gewährleistung technischer Zugangsfreiheit. Holznagel/Schumacher, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, Teil B C. III., Rn. 44. Assion, Must Carry (2015), S. 136 f. Satzung (am 14.12.2016 in Kraft getreten) abrufbar unter: https://www.die-medienanstalten.de/fileadmin/user_upload/Rechtsgrundlagen/Satzungen_Geschaefts_Verfahrensordnungen/Zugangs-und_Plattformsatzung.pdf (Stand: 29.08.2018, 08:48 Uhr); siehe dazu auch: Weisser/Glas, ZUM 2009, 914 (918 ff.); Assion, Must Carry (2015), S. 311 ff. 809 Binder/Vesting/Schulz, Rundfunkrecht, RStV, § 53, Rn. 1, 6; Schulz/Kühlers, Konzepte der Zugangsregulierung (2000), S. 17 f. 810 HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52 RStV, Rn. 12 f.; Assion, Must Carry (2015), S. 292 ff.; Hoeren/Neurauter, IPTV (2010), 160 ff. 811 Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 26; Liste der Plattformanbieter, abrufbar unter: http://www.die-medienanstalten.de/themen/plattformen-netze/plattformregulierung.html (Stand: 31.08.2018, 19:34 Uhr); Kritik hinsichtlich der Intransparenz des Einordnungsverfahrens, Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 27. 806

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II. Plattformregulierung

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Ergänzend und flankiert wird die Regulierung durch allgemeine Regeln und Mindestanforderungen an den Anbieter sowie einer Endgeltregulierung. 2) Definition des Anbieters einer Plattform de lege lata Der Begriff des „Anbieters einer Plattform“ bildet den „Ausgangspunkt für die Regulierung“812 und muss daher zunächst abstrakt geklärt werden. Eine Definition und genaue Umschreibung dieser Terminologie war schon zum Zeitpunkt der Normierung 2008 im 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag schwierig.813 Bereits der Begriff der „Plattform“ wird sowohl im allgemeinen Sprachgebrauch als auch im Medienrecht in den unterschiedlichsten Zusammenhängen gebraucht.814 Auch aktuell beschreibt der Begriff der „Plattform“ kein einheitliches Phänomen. Insbesondere auf dem Feld von Online-Angeboten wird der Begriff in sehr unterschiedlichem Kontext verwendet. So wird die Bezeichnung „Online-Plattformen“ für verschiedenste Angebote wie beispielsweise Sender-Mediatheken, allgemeine VoD-Dienste, aber auch für Dienstleistungen wie Suchmaschinen gebraucht.815 Aber auch schon in der Grundform der vom Rundfunkgesetzgeber anvisierten Geschäftsmodelle eines Anbieters einer Plattform ist ein „universeller Plattformbegriff“ nur schwer einzugrenzen, weil es verschiedene Plattformen in einer „Plattform“ geben kann, wie z.B. Verbreitungsplattformen, Technik- und Verschlüsselungsplattformen, Programm- oder Vermarktungsplattformen.816 Eine juristisch eindeutige Handhabung ermöglicht der Gesetzestext nur teilweise: Adressat der §§ 52 ff. RStV ist der „Anbieter einer Plattform“, welcher in § 2 Abs. 2 Nr. 13 RStV817 legaldefiniert ist und durch § 2 Abs. 1 ZPS818 eine Ergänzung und Spezifizierung erfährt. Der Begriff der „Plattform“ selbst ergibt sich nicht explizit aus dem Gesetzestext, sondern nur mittelbar aus der zuvor genannten Definition des Anbieters.819 Mit dem relativ offenen Rechtsbegriff des „Plattformanbieters“ wollte der Gesetzgeber einen wirksamen Anknüpfungspunkt auch für die zukünftigen medien- und 812

So Christmann, ZUM 2015, 14 (15). Dörr/HK-RStV, Bd. I, B 5, § 2 RStV, Rn. 49; Assion, Must Carry (2015), S. 33 ff. 814 Hamann, ZUM 2009, 2 (3); selbst der Gesetzgeber benutzt teilweise irrigerweise den abweichenden Begriff des „Plattformbetreibers“, was aber als Redaktionsversehen angesehen wird, vgl. VG München, ZUM-RD 2014, 717 (720). 815 Vgl. Seufert/Gundlach, Medienregulierung in Deutschland (2017), S. 266; Kluth/Schulz, Konvergenz und regulatorische Folgen, Arbeitspapiere des Hans-Bredow-Instituts Nr. 30, S. 27; Dreizehnter Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“, BT-Drs 17/12542, S. 25. 816 Grewenig, ZUM 2009, 15 (17); Assion, Must Carry (2015), S. 235 ff. 817 § 2 Abs. 2 Nr. 13 RStV: „Im Sinne dieses Staatsvertrages ist […] 13. Anbieter einer Plattform, wer auf digitalen Übertragungskapazitäten oder digitalen Datenströmen Rundfunk und vergleichbare Telemedien (Telemedien, die an die Allgemeinheit gerichtet sind) auch von Dritten mit dem Ziel zusammenfasst, diese Angebote als Gesamtangebot zugänglich zu machen oder wer über die Auswahl für die Zusammenfassung entscheidet; Plattformanbieter ist nicht, wer Rundfunk oder vergleichbare Telemedien ausschließlich vermarktet, […]“. 818 § 2 Abs. 1 Zugangs- und Plattformsatzung: „Anbieter einer Plattform ist, wer Rundfunk und vergleichbare Telemedien auch von Dritten mit dem Ziel zusammenfasst, diese Angebote als Gesamtangebot zugänglich zu machen oder wer über die Auswahl für die Zusammenfassung entscheidet. Plattformanbieter ist nicht, wer Rundfunk oder vergleichbare Telemedien ausschließlich vermarktet, das heißt nicht zumindest auch über die Zusammenstellung des Gesamtangebotes bestimmt.“ 819 Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21, (22); Assion, Must Carry (2015), S. 33 ff., 271.

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

vielfaltsrelevanten Entwicklungen schaffen.820 Konkret adressierte der Gesetzgeber mit diesem Begriffsmerkmal technische Infrastrukturbetreiber, die über die Zusammenstellung des Angebots auf Übertragungskapazitäten wie Kabelplattformen, IPTV-Plattformen, terrestrische Rundfunkplattformen für feste und mobile Endgeräte sowie Satellitenplattformen bestimmen.821 Die abstrakte Definition knüpft an die Entscheidungsmacht des Plattformanbieters über die Zusammensetzung des Gesamtangebotes an, weshalb auch der Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung des Angebots das entscheidende Abgrenzungskriterium zum Telekommunikationsanbieter darstellt.822 Plattformanbieter nehmen Einfluss auf den Inhalt von Rundfunk oder vergleichbaren Telemedien, wobei sie noch nicht den Status und die Tätigkeit eines Rundfunkveranstalters nach § 2 Abs. 2 Nr. 14 RStV erreichen, aber über die Tätigkeit des Anbieters von Telekommunikationsdiensten als reiner Signaltransporteur gemäß § 3 Nr. 6 und 24 TKG hinausgehen.823 Dennoch müssen sie aufgrund der Kontaktpunkte zur Kernmaterie des Vielfaltsgebots und ihrer somit bestehenden Einflussmöglichkeiten auf die öffentliche und individuelle Meinungsbildung einer auf das Gefahrenpotential passenden Regulierung unterfallen, welche von der Intensität zwischen den Regeln für Rundfunkanbieter und für Anbieter von reinen Telekommunikationsdiensten liegt.824 Diese vorstehend genannte Legaldefinition ist vor allem durch vier wesentliche Begriffselemente geprägt: Inhaltsbezogenheit, Angebotszusammenfassung, Übertragungstechnik und keine bloße Vermarktungstätigkeit.825 a. Inhaltsbezogene Voraussetzungen Grundvoraussetzung und Anknüpfungspunkt für eine medienrechtliche Regulierung ist zunächst, dass bestimmte Inhalte auf der Plattform zusammengefasst werden. Unter inhaltsbezogenen Gesichtspunkten hat der Gesetzgeber die Regulierung auf Rundfunk und vergleichbare Telemedien bezogen. (1) Rundfunk Die Plattformregulierung erfasst zunächst Rundfunk nach § 2 Abs. 1 S. 1 RStV. Diese Definition erfasst sowohl klassische Fernseh- und Hörfunkangebote als auch 820

Seufert/Gundlach, Medienregulierung in Deutschland (2017), S. 267; Christmann, ZUM 2015, 14 (15); Fehling, in: Ehlers/Fehling/Pünder, Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. 2, 3. Aufl. 2013, § 59, Rn. 46. 821 BeckOK InfoMedienR/Martini, RStV, § 2, Rn. 51; Christmann, ZUM 2015, 14 (15); Seufert/Gundlach, Medienregulierung in Deutschland (2017), S. 266; Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 4 ff. 822 Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 118. 823 BeckOK InfoMedienR/Martini, RStV, § 2, Rn. 52; Assion, Must Carry (2015), S. 151 bezeichnet sie deshalb als „dritte Kraft“; zur abstrakten Abgrenzung: Kluth/Schulz, Konvergenz und regulatorische Folgen, (Gutachten 2014), Arbeitspapiere des Hans-Bredow-Instituts Nr. 30, S. 29; zu Einordnungsproblemen von OTT-Kommunikationsdiensten: Grünwald/Nüßig, MMR 2016, 91 ff. 824 Ähnlich Hoeren/Neurauter, IPTV (2010), S. 149; Assion, Must Carry (2015), S. 238; BeckOK InfoMedienR/Martini, RStV, § 2, Rn. 52. 825 Anforderungen nach Berger, CR 2012, 306 (308); Ricke, MMR 2011, 642 (643 ff.); Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 (660); noch stärker differenzierend Assion, Must Carry (2015), S. 242 ff.

II. Plattformregulierung

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Internetdienste, da es insoweit nicht auf die Übertragungstechnik ankommt, sondern die Abgrenzung zum Begriff des Telemediums nur über das technische Merkmal der „Linearität“ erfolgt (siehe oben, 2. Kap. II. 1) b. (1)).826 Die Relevanz der Zusammenfassung von Rundfunk gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 RStV in einem geschlossenen System und der damit verbundenen Gatekeeper-Stellung für das Vielfaltsgebot erschließt sich daher über die Bedeutung des Rundfunks, auch in einfach-rechtlicher Definition, für die öffentliche und individuelle Meinungsbildung. (2) Vergleichbare Telemedien In Folge der Konvergenzentwicklung werden Plattformanbieter auch einem, aus dem Blickwinkel des angestrebten Geschäftsmodells, strengen und einschneidenden Regulierungsregime unterworfen, wenn sie „vergleichbare Telemedien“ in ihr Angebot aufgenommen haben. Vergleichbare Telemedien sind in § 50 RStV durch einen Klammerzusatz als „Telemedien, die an die Allgemeinheit gerichtet sind“ legaldefiniert. Allerdings sorgt auch der Wortlaut dieser Definition nicht für Klarheit bei der Abgrenzung dieser Inhaltekategorie.827 Das Merkmal der „Ausrichtung an die Allgemeinheit“ kann aus zwei Perspektiven betrachtet werden: aus der Perspektive des Rezipienten oder der des Anbieters des Telemediums.828 Dabei wird schon aus dem systematischen Kontext bei der Nennung als dem „Rundfunk“ vergleichbar deutlich, dass es auf die Inhalte und nicht die Frage nach dem Übertragungsweg (Point-to-point oder point-to-multipoint) ankommt, sodass die Perspektive des Anbieters entscheidend ist.829 Dann hilft aber dieser Klammerzusatz nicht weiter, weil bereits aus der Definition von Telemedien in § 2 Abs. 1 S. 3 und § 1 Abs. 1 TMG hervorgeht, dass alle Telemedien an die Allgemeinheit gerichtet sein können.830 Deshalb kann man eine an der Teleologie der Begrifflichkeit angelehnte „Nähe zum Rundfunk“831 und dessen massenkommunikativer Bedeutung fordern, die sich insbesondere aus den Merkmalen der Aktualität, Suggestivkraft und Breitenwirkung ergibt.832

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Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 2, Rn. 13 ff.; dazu auch Berger, CR 2012, 306 (308); Assion, Must Carry (2015), S. 245 f. 827 Kritik bei Cole, in: Dörr/Kreile/Cole, Handbuch des Medienrechts, C, S. 116 Rn. 24; HK-RStV, Bd. II, B 5, § 50 RStV, Rn. 13. 828 HK-RStV, Bd. II, B 5, § 50 RStV, Rn. 12; Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 50, Rn. 4. 829 HK-RStV, Bd. II, B 5, § 50 RStV, Rn. 13; Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 (660). 830 Spindler/Schuster/Holznagel/Kibele, Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, RStV, § 2, Rn. 63b; Broemel, MMR 2013, 83 (84). 831 Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 2, Rn. 47; Broemel, MMR 2013, 83 (84); BeckOK InfoMedienR/Martini, RStV, § 2, Rn. 53; Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 85 f. 832 Binder/Vesting, Rundfunkrecht, RStV, § 50, Rn. 63; BeckOK InfoMedienR/Martini, RStV, § 2, Rn. 53; Berger, CR 2012, 306 (309); unter Hinweis auf die daraus resultierende Kompetenzproblematik, ebenso Gersdorf, in: ZAK, Digitalisierungsbericht 2010, 29 (35); Gersdorf, AfP 2011, 209 (213), wobei dort nicht klar wird, wieso bereits YouTube als nicht mit dem Rundfunk vergleichbar angesehen wird.

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Ein solches Verständnis war der Begrifflichkeit aber ursprünglich nicht zugrunde gelegt, da die Begründung zum 9. RÄStV833 lediglich auf die „massenkommunikative Wirkung“ verweist, die durch die Ausrichtung an eine unbestimmte Vielzahl von Rezipienten („damit“) erreicht wird. Zudem wird darauf verwiesen, dass durch den Begriff der „vergleichbaren Telemedien“ die frühere Terminologie der „Mediendienste“ ersetzt werden sollte834, welche in einem gesetzlichen Beispielkatalog auf Angebote verwies, die an die Allgemeinheit gerichtet waren, aber aus Text, Ton oder Bild bestehen konnten835 und somit nicht unbedingt Fernsehtypik, welche in den beschriebenen Merkmalen audiovisueller Inhalte zu sehen ist, aufweisen mussten836. Die Forderung einer gewissen Fernsehähnlichkeit ist durchaus verständlich, da man ansonsten einen sehr weiten Anwendungsbereich der Plattformregulierung ermöglichen würde.837 Dennoch lassen der Wortlaut und die systematischen Bezüge kein anderes als das zuvor begründete Ergebnis zu. Ansonsten hätte man auch hier die Begrifflichkeit des „fernsehähnlichen Telemediums“ wählen müssen, den der RStV an anderer Stelle (§ 58 Abs. 3 RStV) bereits kennt.838 Diesen Ansatz verfolgt nun auch die jüngst geänderte Zugangs- und Plattformsatzung, welche in § 2 Abs. 2 S. 1 ZPS als Regelbeispiel („insbesondere“) „audiovisuelle Mediendienste auf Abruf im Sinne des § 58 Abs. 3 RStV“ einführt. Zudem werden in § 2 Abs. 2 S. 2 ZPS solche Dienste, die „nicht der allgemeinen Meinungsbildung dienen“ von der Regel ausgenommen. Hinsichtlich dieses Merkmals der „Bedeutung für den Meinungsbildungsprozess“ liegen vergleichbare Telemedien demnach nach allen Ansichten graduell zwischen Rundfunk und reinen Datenübertragungsdiensten.839 Allerdings überschreitet diese definitorische Einengung des Begriffs der vergleichbaren Telemedien in der Zugangs- und Plattformsatzung die in § 53 RStV eingeräumte Satzungsermächtigung. Diese gibt den Aufsichtsbehörden lediglich die Möglichkeit, die sie betreffenden Regelungen, d.h. die Rechtsfolgenseite (z.B. der Kriterien in § 52c RStV), zu konkretisieren.840 Über eine Verengung des Begriffs der vergleichbaren Telemedien würde aber der Anwendungsbereich der Plattformregulierung auf Seiten der Berechtigten eingeschränkt, was der Satzungsermächtigung nicht mehr unterfällt. Es ist originäre Aufgabe des Gesetzgebers im Rahmen des Ausgestaltungsauftrages zu bestimmen, welche Angebote der allgemeinen Meinungsbildung dienen.

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Abgedruckt bei HK-RStV, Bd. I, A. 2.7, S. 10. Abgedruckt bei HK-RStV, Bd. I, A. 2.7, S. 10; Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 2, Rn. 4; deshalb Gleichsetzung der Begriff „vergleichbare Telemedien“ und „Mediendienste“ bei Christmann, ZUM 2015, 14 (15); Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 120. 835 Aufgeführt bei Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, 3. Teil, Rn. 91; dazu auch Grewe, Mobil TV (2013), S. 93 f. 836 So aber Assion, Must Carry (2015), S. 251. 837 Assion, Must Carry (2015) S. 249 unter Verweis auf VG Oldenburg, ZUM 2013, 601 (602 f.). 838 So auch Assion, Must Carry (2015) S. 250 f. 839 Spindler/Schuster/Holznagel/Hahne, Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, RStV, § 50, Rn. 7. 840 Ricke, MMR 2011, 642 (645); Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (24); Hain, AfP 2012, 313 (327); Assion, Must Carry (2015), S. 314; Weisser/Glas, ZUM 2009, 914 (919, 924); Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 14; a.A. Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52, Rn. 11. 834

II. Plattformregulierung

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Demnach ist von einem eher weiteren Begriffsverständnis auszugehen, zumal ansonsten ein viel zu schmaler Anwendungsbereich verbliebe841 und es keine Hinweise gibt, dass der Gesetzgeber eine solche Verengung des Anwendungsbereichs der Plattformregulierung in Bezug auf „vergleichbare Telemedien“ bezweckt hat. Lediglich Telemedien, die ausschließlich der Individualkommunikation dienen und somit nicht an die Allgemeinheit gerichtet sind, sollen ausgenommen sein842, wobei solche Dienste meist auch als Telekommunikationsdienste (wie z.B. VoIP-Dienste) einzuordnen sind843. Die ausschließliche Definition über die Ausrichtung an die Allgemeinheit setzt momentan Telemedien bei einem weiten Verständnis, wie dem der Landesmedienanstalten in der ZPS, mit Rundfunkdiensten oder zumindest fernsehähnlichen Telemedien gleich. Dieses Ergebnis schafft es aber nicht, die Eigenständigkeit des Begriffs im Vergleich zu „allgemeinen“ Telemedien und die in der Gesetzesbegründung angelegte erhöhte Meinungsrelevanz ausreichend zu begründen. Über eine Schärfung der Begriffe wäre für die Fülle von Rundfunk- und Telemedienangeboten, die auf Plattformen oder in Portalen auf einem Connected-TV zugänglich gemacht werden, eine angemessene Abgrenzung möglich, um die teilweise weitreichende Regulierung im Hinblick auf die Grundrechte der Endgerätehersteller oder Plattformanbieter in einem angemessenen Rahmen zu halten. (3) Kumulatives oder alternatives Verständnis Die Unschärfe bei der Formulierung setzt sich auch beim Blick auf das Verhältnis beider Inhaltekategorien („Rundfunk und vergleichbare Telemedien“) fort. Der Wortlaut („und“) lässt auf das Erfordernis einer kumulativen Zusammenfassung beider Inhalteformen schließen.844 Hingegen wird unter Hinweis auf den Regelungszweck der Vielfaltssicherung vertreten, dass auch Anbieter von Plattformen, die ausschließlich den mit erhöhter Meinungsbildungsrelevanz ausgestatteten Rundfunk zusammenfassen, von der Regulierung erfasst sein sollen.845 Ein damit eigentlich bestehendes Alternativverhältnis müsste dann allerdings durch die Verwendung des Worts „oder“ zum Ausdruck gebracht werden.846 Die umgekehrte Frage, ob die ausschließliche Zusammenfassung von vergleichbaren Telemedienangeboten ebenfalls noch vom Plattformbegriff erfasst sein soll, ist deutlich schwieriger zu beantworten und in der Diskussion auch weniger beleuchtet. Dagegen könnte sprechen, dass es dann aufgrund des weiten Begriffs der „vergleichbaren 841

Zu einem solchen Begriffsverständnis, bei dem nur ein äußerst schmaler Anwendungsbereich verbleibt Assion, Must Carry (2015) S. 251. 842 Spindler/Schuster/Holznagel/Hahne, Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, RStV, § 50, Rn. 7. 843 Spindler/Schuster/Holznagel/Kibele, Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, RStV, § 2, Rn. 61. 844 So das ursprüngliche Verständnis nach dem früheren Wortlaut der Norm zur Zugangsfreiheit (§ 53 Abs. 1 S.1 RStV a.F.), auf das der Gesetzgeber im 9. RÄStV verweist; abgedruckt bei HK-RStV, Bd. I, A 2.7., S. 10; so auch Berger, CR 2012, 306 (309). 845 Dörr/HK-RStV, Bd. I, B 5, § 2 RStV, Rn. 50; Binder/Vesting/Schulz, Rundfunkrecht, RStV, § 2, Rn. 161; BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 5; Broemel, MMR 2013, 83 (84). 846 Dörr/HK-RStV, Bd. I, B 5, § 2 RStV, Rn. 50; Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 21.

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Telemedien“ zu einer zu Aus- bzw. Überdehnung der Plattformregulierung auf Plattformen, die ausschließlich vergleichbare Telemedien zusammenfassen, kommen würde.847 Dem widerspricht aber die inhaltliche Gleichstellung von Rundfunk mit vergleichbaren Telemedien im Rahmen der Plattformregulierung. Zudem ist es nur schwer zu begründen, warum man die gerade festgestellte Lesart der wohl h.M. des „und“ als ein „oder“ bei der Entscheidung der Zusammenfassung von ausschließlich vergleichbaren Telemedien, trotz deren etwas geringerer Bedeutung für die Meinungsvielfalt, anders handhaben sollte.848 Lediglich Anbieter von ausschließlich „sonstigen Telemedien“ sollen nicht vom Plattformanbieterbegriff des RStV erfasst sein.849 Bislang rechtfertigte sich die Plattformregulierung daraus, dass die Anbieter von Plattformen im Besonderen Rundfunk auf ihrer Plattform zusammenstellten und unter diesem Tatbestandsmerkmal bereits der Regulierung unterfielen. Zwar ergänzt der Normtext das Angebot auch um vergleichbare Telemedien, diese spielten aber in der bisherigen Anwendung der Plattformregulierung speziell auf die Infrastrukturunternehmen wie Kabelnetzbetreiber keine Rolle.850 Betrachtet man nun aber die Gatekeeper-Potentiale von Portalen, werden als „vergleichbare Telemedien“ einzuordnende Angebote zahlreicher. Damit wächst die Bedeutung des Verhältnisses der beiden Angebotsformen zueinander, die sich im Verständnis des Wortes „und“ in § 2 Abs. 2 Nr. 13 RStV spiegelt. Bereits unter dem derzeitigen Normverständnis sprechen überzeugende Argumente für ein alternatives Verständnis der Angebotsformen. Gerade VoD- und OTT-Angebote851 sind aufgrund ihrer audiovisuellen Darbietungsform dem klassischen Rundfunk mit Ausnahme des Merkmals der Aktualität bzw. Linearität sehr nah. Auch im Angesicht der wachsenden Bedeutung dieser Angebote in der Nutzergunst852 kommt Systemen (Portale oder Plattformen) mit ausschließlich vergleichbaren Telemedien nicht weniger Relevanz unter dem Gesichtspunkt der Vielfaltsgebots und der Meinungsbildungsrelevanz der Rundfunkfreiheit zu. Die dahingehend bereits fortschrittliche Plattformregulierung sollte aufgrund der nachgewiesenen Gatekeeper-Potentiale daher keine Rückschritte zurück zu einer „Rundfunkzentriertheit“ unternehmen und auch dem Wortlaut nach ein in beide Richtungen alternatives Verständnis zugrunde legen.

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Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 183; Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (23). BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 6; Broemel, MMR 2013, 83 (84); Kuper, IPTV (2009), S. 71; nicht ganz eindeutig: Berger, CR 2012, 306 (309 f.), der zuvor noch das Wortlautargument gegen ein alternatives Verständnis als überzeugend anführt. 849 Binder/Vesting/Schulz, Rundfunkrecht, RStV, § 2, Rn. 161; Broemel, MMR 2013, 83 (84); BeckOK InfoMedienR/Martini, RStV, § 2, Rn. 53. 850 Vgl. von den Landesmedienanstalten herausgegebene Liste der Plattformanbieter, abrufbar unter: http://www.die-medienanstalten.de/themen/plattformen-netze/plattformregulierung.html (Stand: 31.08.2018, 19:34 Uhr). 851 Umfassend zu diesen Anbietern: Ünal, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2015, 15 (15 ff.). 852 Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2015, 40 (51); Woldt, MP 2013, 115 ff.

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II. Plattformregulierung

127

(4) Angebote „auch von Dritten“ Da die Plattformregulierung unter anderem als Reaktion auf das auch unter Vielfaltsgesichtspunkten relevante Phänomen der vertikal integrierten Unternehmen erlassen wurde, werden bei wörtlichem Verständnis der Norm nur Anbieter erfasst, die nicht nur eigene oder nur fremde Angebote verbreiten, sondern eine Zusammenstellung von fremden und eigenen Angeboten vornehmen.853 Werden nur eigene Inhalte auf der Plattform zusammengefasst, ist der Plattformanbieter als Inhalteanbieter anzusehen und es sind die strengeren Regelungen für Rundfunkanbieter oder Anbieter vergleichbarer Telemedien anwendbar.854 Der umgekehrte Fall, dass Anbieter ausschließlich fremde Inhalte auf ihrer Übertragungskapazität zusammenstellen, bleibt bei dem gerade angesprochenen wörtlichen Verständnis ausgeklammert.855 Unter Einbeziehung des die GatekeeperFunktion eines Anbieters von Plattformen adressierenden Regelungsziels ergibt sich die Gefahr der Diskriminierung bzw. Bevorzugung von Angeboten aber nicht nur, wenn man eigene gegenüber fremden Inhalten bevorzugt, sondern auch, wenn das Gesamtangebot nur aus fremden Angeboten zusammengestellt ist.856 Denn auch in diesem Szenario der Zusammenstellung von fremden Inhalten kann es die verschiedensten Beweggründe für das Anlegen von unterschiedlichen Maßstäben je nach Angebot geben. Ausschlaggebend kann beispielsweise „das Image des Angebots, seine Popularität oder sein Zuschauermarktanteil, die finanziellen Möglichkeiten des Anbieters oder auch dessen Gruppenzugehörigkeit sein“.857 Ob diese Beweggründe sachgerecht sind, muss im genaueren Regulierungszusammenhang unter Rückgriff auf die Rundfunkfreiheit geklärt werden. Letztlich sind aus dem Blickwinkel der Vielfaltssicherung durchaus Gründe denkbar, die auch bei der Zusammenfassung von ausschließlich fremden Angeboten aufgrund möglicher Diskriminierungen auf eine Regulierungsbedürftigkeit schließen lassen.858 So bezieht auch die ZPS bereits mittelbare Beeinflussungsmöglichkeiten in die Überlegungen ein, was anhand der Zurechnungsregelungen in § 3 Abs. 1 S. 3 iVm § 4 Abs. 3 ZPS deutlich wird. Dort werden Angebote von Unternehmen, die in einem Abhängigkeitsverhältnis i.S.d. § 28 RStV zum Plattformanbieter stehen, diesem zugerechnet. Ähnliche Abhängigkeitsverhältnisse sind z.B. auch aufgrund vertraglicher Abhängigkeiten gegeben. Sobald der Plattformanbieter vertraglich an ihn gebundene 853

Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 23. Vgl. Begründung zum 10. RÄStV, LT-Drs. BY 15/9667 v. 14. 1. 2008, S. 4; Dörr/HK-RStV, Bd. I, B 5, § 2 RStV, Rn. 50; ebenda auch Näheres zur Möglichkeit der Überschneidung der Funktionen von Plattformanbieter, Inhalteanbieter und Telekommunikationsdienstleister. 855 So Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 23; Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, 3. Teil, Rn. 119. 856 BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 7; Holznagel/Dörr/Hildebrand, Elektronische Medien (2008), S.111; im Ergebnis so auch: Ricke, MMR 2011, 642 (643); Dörr/HK-RStV, Bd. I, B 5, § 2 RStV, Rn. 53: „eine Auswahl fremder und ggf. eigener Inhalte trifft“; Holznagel/Schumacher, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, Teil B C. III., Rn. 45; a.A. Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 23; Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 119; Weisser/Glas, ZUM 2009, 914 (916). 857 BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 7. Ebenda auch der Hinweis auf die nicht abschließende Nennung von Beweggründen für Diskriminierungen. 858 Zu pauschal hingegen BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 7.

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Angebote und Angebote ohne diese Bindung zusammenfasst, besteht ein vergleichbares Diskriminierungspotential wie bei eigenen und fremden Angeboten. Darüber hinaus bleibt auch das Verhältnis von Rundfunkangeboten zu vergleichbaren Telemedien auf einer Plattform unter diesem Gesichtspunkt der unterschiedlichen Maßstäbe für verschiedene Inhalte unklar. Eine Gefahr der Diskriminierung trotz Vergleichbarkeit der Inhalte kann separat innerhalb jeder dieser beiden Angebotsformen vorliegen. Allerdings können die beiden Inhalteformen auch in Bezug zueinander gesetzt werden. Ein Angebot vergleichbarer Telemedien des Plattformanbieters ist zumindest theoretisch ein Konkurrenzangebot zu einem Rundfunkangebot, das ebenfalls über die Plattform übertragen wird.859 Dazu äußert sich der Gesetzgeber nicht. Die Einbeziehung beider Kategorien innerhalb derselben Norm und die damit verbundene Gleichwertigkeit als Inhalteformen sprechen allerdings dafür, dass auch die Diskriminierung von Rundfunkangeboten gegenüber vergleichbaren Telemedien durch den Plattformanbieter und umgekehrt erfasst sein muss. b. Zusammenfassungsentscheidung des Plattformanbieters Im Rahmen der Zusammenfassungsentscheidung des Plattformanbieters ist vor allem die Einflussnahme auf die über die Plattform übertragenen Inhalte relevant, da sie den Plattformanbieter in die Nähe eines Inhalteanbieters rückt.860 Diese Nähe zu den Inhalteanbietern und die Einwirkungsmöglichkeit auf die übertragenen Inhalte im Vorfeld rechtfertigen die strengeren medienrechtlichen Vorgaben an Plattformanbieter im Vergleich zu reinen Telekommunikationsanbietern.861 Der Kern des Rechtsbegriffs des Plattformanbieters liegt somit auf dem Merkmal der „Zusammenfassung“ bzw. des „Gesamtangebotes“.862 Daher sind alle Anbieter von Plattformen erfasst, die Rundfunk und vergleichbare Telemedien auswählen, zusammenstellen und öffentlich zugänglich machen.863 Diese Zusammenfassungsentscheidung muss sich auch darauf beziehen, die zusammengestellten Inhalte „als Gesamtangebot“ zugänglich zu machen. Ein solches Gesamtangebot liegt dabei nur vor, wenn die Rundfunk- und vergleichbaren Telemedienangebote als feste Verbindung gemeinsam angeboten werden.864 Nicht unter diesen Begriff fallen 859

So auch Christmann, ZUM 2015, 14 (19). Ricke, MMR 2011, 642 (643); Dörr/HK-RStV, Bd. I, B 5, § 2 RStV, Rn. 50; Seufert/Gundlach, Medienregulierung in Deutschland (2017), S. 267; Hoeren/Neurauter, IPTV (2010), S. 149; Assion, Must Carry (2015), S. 149. 861 Ricke, MMR 2011, 642 (643); Dörr/HK-RStV, Bd. I, B 5, § 2 RStV, Rn. 50; Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 182; Assion, Must Carry (2015), S. 151, 243; drastisch Wagner, in: FS für Raue (2006), 723 (726), der die Gefahr sieht, dass Programmanbieter im Vergleich zu Gestaltungsmacht, Vermarktungsmöglichkeiten und Kundenzugängen der Plattformanbierter zu „bloßen Inhaltelieferanten“ herabgestuft werden. 862 Seufert/Gundlach, Medienregulierung in Deutschland (2017), S. 267; Christmann, ZUM 2009, 7 (10); für eine gemeinsame Interpretation der Begriffe „Zusammenfassung“ und „Gesamtangebot“: Binder/Vesting/Schulz, Rundfunkrecht, RStV, § 2, Rn. 161; Christmann ZUM 2009, 7 (10); Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 2, Rn. 89; Assion, Must Carry (2015), S. 243. 863 Seufert/Gundlach, Medienregulierung in Deutschland (2017), S. 267. 864 Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 24; Christmann, ZUM 2009, 7 (8); Assion, Must Carry (2015), S. 243. 860

II. Plattformregulierung

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hingegen Angebote, die nur einzeln bezogen werden, wie dies klassisch in VoD- und OTT-Angeboten der Fall ist.865 Lediglich die Kombination von Paket-Angeboten mit Einzelprogrammvermarktung ist vom Plattformbegriff noch erfasst.866 Die Kontrolle über die Zusammenfassung von Inhalten in einem geschlossenen System ist die maßgebliche Funktion, die einem Anbieter einer ansonsten überwiegend technischen Dienstleistung eine inhalterelevanete Einflussnahme eröffnet und zum Gatekeeper werden lässt. Daran gemessen erfüllen Plattformanbieter die Voraussetzungen eines Gatekeepers, wenn sie die Zusammenfassungsentscheidung in einem geschlossenen System vornehmen und somit das „Ob“ und das „Wie“ der Zugänglichkeit der Inhalte kontrollieren. Deshalb muss der zentrale Anknüpfungspunkt für die Erfassung von Gatekeepern aufgrund der Kontrolle eines geschlossenen Systems in dieser Eigenschaft liegen. c. Übertragungstechnischer Aspekt Die größten Auslegungsschwierigkeiten bereitet allerdings das Merkmal des Zugriffs des Plattformanbieters auf die Übertragungsstruktur. Anknüpfungspunkt im Wortlaut ist das Merkmal der Zusammenfassung von Inhalten „auf digitalen Übertragungskapazitäten oder digitalen Datenströmen“ in der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 Nr. 13 RStV. Demnach ist Grundvoraussetzung der Einsatz einer digitalen Übertragungstechnik, unabhängig davon, ob es sich um eine kabelgebundene, terrestrische oder satellitengestützte Plattform handelt.867 Dieser Formulierung liegt das Bild des Rundfunkgesetzgebers zugrunde, dass Infrastrukturunternehmen Plattformen zur Übertragung von Rundfunk und vergleichbaren Telemedien bilden, auf denen sie auch eigene Angebote zur Verfügung stellen.868 Daran knüpft der sog. „enge Plattformanbieter-Begriff“ an. Dieser stützt sich auf den angesprochenen Wortlaut und die Gesetzesbegründung869, wonach eine unter dem Gesichtspunkt des Schutzes des Vielfaltsgebots signifikante GatekeeperStellung nur durch die Kontrolle des Zugangs zur Infrastruktur begründet wird. 870 Zudem würde vor allem im Anwendungsbereich des § 52b RStV ansonsten eine Kollisionslage mit der unionsrechtlichen Vorgabe des Art. 31 Universaldienst-RL vorliegen, welche vorschreibt, dass Übertragungspflichten nur für Unternehmen gelten dürfen, die „für öffentliche Verbreitung von Hör- und Fernsehrundfunkdiensten genutzte elektronische Kommunikationsnetze betreiben“.871 865

Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 24; Assion, Must Carry (2015), 244. Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 24. Binder/Vesting/Schulz, Rundfunkrecht, RStV, § 2, Rn. 161; Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 2, Rn. 89; zu den Begrifflichkeiten „Übertragungskapazität und Datenströme“ sowie „digital“ detailliert Assion, Must Carry (2015), S. 253 ff. 868 Begründung zum 10. RÄStV, LT-Drs. BY 15/9667 v. 14. 1. 2008, S. 4. 869 Begründung zum 10. RÄStV, LT-Drs. BY 15/9667 v. 14. 1. 2008, S. 4, 26. 870 Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 15 f.; Hamann, ZUM 2009, 2 (6); Weisser/Glas, ZUM 2009, 914 (916); Ricke MMR 2011, 642 (644 ff.); Christmann, ZUM 2009, 7 (10) f.; Gersdorf, in: ZAK (Hrsg.), Digitalisierungsbericht 2010, S. 34; Bosman, K&R 2014, 784 (788); im Ergebnis auch so bei Dörr/HK-RStV, Bd. I, B 5, § 2 RStV, Rn. 51; „Infrastrukturbezog“ als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal, BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 16, 21. 871 Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 19.

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Von diesem engen Verständnis ausgehend stellt sich die Frage, ob aus Sicht des Regelungsziels der Sicherung der Meinungs- und Angebotsvielfalt der Plattformregulierung nicht auch eine weite Auslegung dieser Begrifflichkeit möglich ist. Die ursprünglich im Wortlaut der Normen der Plattformregulierung festgeschriebene Beschränkung auf Kabelnetzbetreiber und Anbieter von TK-Dienstleistungen wurde durch die Einführung des Begriffs des „Anbieters von Plattformen“ im 10. RÄStV aufgehoben.872 Demnach ergäbe es wenig Sinn, wenn die neue Begrifflichkeit inhaltlich weiterhin die gleiche Bedeutung hätte.873 Auch die Präzisierung dieser Terminologie in der Zugangs- und Plattformsatzung (§ 2 Abs. 1 ZPS) kennt eine solche Einengung des Plattformbegriffs nicht mehr. Unabhängig davon, dass die Plattformsatzung kompetenzrechtlich nach zutreffender Auffassung nicht zu einer Erweiterung der Terminologie des RStV bzgl. des Plattformanbieters führen kann874, ist es dennoch möglich, aus der Teleologie der Normen einen „weiten“ Plattformanbieter-Begriff abzuleiten. Mit Blick auf das mit der Rundfunkregulierung im Allgemeinen und der Plattformregulierung im Besonderen bezweckten Verwirklichung des Vielfaltsgebots stellt nicht allein die Kombination aus Infrastrukturzugriff und Einflussnahme auf die Inhalte eine Gefahr dar.875 Diese Sichtweise entspricht der Einordnungspraxis der Landesmedienanstalten.876 Zudem wird ein Umkehrschluss aus § 52b Abs. 3 RStV, der Befreiung der sog. Programmplattformen (siehe unten, 3.Kap. II. 2) e. (3)) von den Must-carry-Verpflichtungen, gezogen, wonach die Kontrolle über die Infrastruktur oder die Übertragungskapazität nicht zwingend notwendig ist.877 Diese praktisch bedeutsamen Programmplattformen weisen eine solche Kontrolle gerade nicht oder zumindest nicht alleine auf und könnten somit nicht unter die Begrifflichkeit subsumiert werden.878 In diese Richtung geht auch das Argument, dass die Privilegierungsvorschrift des § 52 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 RStV implizit deutlich werden lässt, dass die Kontrolle über die Netzinfrastruktur keine konstitutive Voraussetzung für die Eigenschaft als Plattformanbieter ist. In den dort beschriebenen offenen Netzen, insbesondere auch im Regelbeispiel „Internet“, besteht keine Kontrolle über die

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Zur Entstehungsgeschichte des Begriffs des „Anbieters einer Plattform“ vgl. Assion, Must Carry (2015), S. 238

f. 873

BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 18 ff. So die h.M.: Ricke, MMR 2011, 642 (645); Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (24); Hain, AfP 2012, 313 (327); Assion, Must Carry (2015), S. 314; Weisser/Glas, ZUM 2009, 914 (919, 924); a.A. Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52, Rn. 11. 875 So Weber, ZUM 2011, 452 (453); Broemel, MMR 2013, 83 (85); Broemel, ZUM 2012, 866 (873 f.); BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 17; Assion, Must-Carry (2015), S. 261; a.A. Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 15 f. 876 Fuchs/Försterling, MMR 2018, 292 (293); vgl. z.B. die Einordnung von „Zattoo“ und „Sky“ in der Liste der ZAK, abrufbar unter: https://www.die-medienanstalten.de/themen/plattformregulierung/ (Stand: 09.09.2018, 15:00 Uhr). 877 Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 182; Ricke, MMR 2011, 642 (644 f.); Christmann, ZUM 2015, 14 (15 f.); Assion, Must-Carry (2015), S. 261; BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 10; VG München, MMR 2017, 202 (204). 878 Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 182; Ricke, MMR 2011, 642 (644 f.); Christmann, ZUM 2015, 14 (15 f.); Assion, Must-Carry (2015), S. 261; BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 10; VG München, MMR 2017, 202 (204). 874

II. Plattformregulierung

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Infrastruktur, weil das Netz dezentral aufgebaut ist879, sodass die Privilegierung überflüssig wäre, da der Plattformbegriff nach der engeren Auslegung überhaupt nicht einschlägig wäre.880 Letztlich würde auch die negative Abgrenzung des Anbieters einer Plattform zum bloßen Vermarkter (siehe unten, 3. Kap. II. 2) d.) ohne Funktion bleiben, würde man die Kontrolle über die Infrastruktur als konstitutive Voraussetzung ansehen, da ein ausschließlicher Vermarkter immer ohne Einfluss auf den Verbreitungsweg bleibt.881 Unter teleologischen Gesichtspunkten und aufgrund des Fehlens zwingender entgegenstehender Wortlautargumente882 erscheint das weite Begriffsverständnis vorzugswürdig. Auch die Kollisionslage mit den unionsrechtlichen Determinanten, insbesondere Art. 31 Universaldienst-RL steht diesem Verständnis nicht entgegen, solange die jeweiligen Übertragungspflichten nicht für infrastrukturunabhängige Plattformen angeordnet werden. Dies garantiert die Norm des § 52b Abs. 3 RStV.883 Aufgrund der im vorangegangenen Teil aufgezeigten Argumente (siehe oben, 3. Kap. I. 1) a.) bildet der mit der engen Definition eines Plattformanbieters verbundene Infrastrukurbezug nicht mehr die alleinige Grundlage zur Erfassung moderner Gatekeeper-Phänomne. Gerade die Gatekeeper-Stellungen bei den Portalbetreibern und bei der software-gesteuerten Kontrolle über den Programmzugang bei Connected-TV-Sachverhalten (siehe oben, 3. Kap. I. 1) b.) machen deutlich, dass Dienste, obwohl sie identische Funktionen aufweisen und auch unter dem entscheidenden Gesichtspunkt der Inhaltezusammenstellung in einem geschlossenen System die gleiche Struktur aufweisen, keiner Regulierung unterfallen würden. Diese geschlossenen Systeme sind ohne Zugriff auf die Übertragungsinfrastruktur möglich. Allein eine technikneutrale Ausgestaltung des Plattformanbieterbegriffs reicht nicht aus, um eine der Konvergenzentwicklung entsprechende Regulierung von Gatekeepern zu schaffen. Inwieweit die herausgearbeiteten Gatekeeper-Stellungen eine im Vergleich zum Infrastrukturbetreiber weniger ausschließliche Stellung und damit eine geringere Gefahr für die verfassungsrechtlich vorgegebenen Normziele der Vielfaltssicherung und kommunikativen Chancengleichheit begründen und deshalb einer weniger strikten Regulierung unterworfen werden müssen, ist im Rahmen einer „abgestuften Regulierung“ zu berücksichtigen (siehe oben, 3. Kap. I. 1) a. (4)). d. Keine bloße Vermarktungstätigkeit Neben den bislang genannten positiven Begriffsmerkmalen enthält § 2 Abs. 2 Nr. 13 RStV auch eine negative Komponente: Demnach erfüllt die reine Vermarktung von Zu dieser Besonderheit „offener Netze“: Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 29. Broemel, MMR 2013, 83 (84 f.). BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 10 ff.; Christmann, ZUM 2009, 7 (10); Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 13; Beispielskonstellation bei Assion, Must Carry (2015), S. 262 f. 882 Assion, Must Carry (2015), S. 261. 883 Ritlewski, ZUM 2008, 403 (405); vgl. auch VG München, MMR 2017, 202 (204). 879

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Rundfunk und vergleichbaren Telemedien den Plattformbegriff nicht.884 Der Vermarkter nimmt keinen inhaltlichen Einfluss auf die Zusammenstellung der Angebote, sodass in seiner Person kein besonderes medienrechtliches Gefahrenpotential besteht.885 Entscheidend für die Eröffnung des Anwendungsbereichs der Begrifflichkeit des „Anbieters einer Plattform“ ist demnach nicht das Unterhalten einer Kundenbeziehung zum Rezipienten, sondern die damit verbundene Kontrolle über eine Position, die (zumindest potentiell) Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung ermöglicht.886 Zu beachten bleibt allerdings, dass die in § 52c RStV erfassten Dienstleistungen Gegenstand der Plattformregulierung sind, sodass ein Vermarkter in diesen Punkten die Eigenschaft als Plattformanbieter aufweist, da er diese Dienste eben gerade nicht „ausschließlich vermarktet“.887 Unter diesem Verständnis sind lediglich diejenigen Unternehmen als „ausschließliche Vermarkter“ einzustufen, die keinerlei Einfluss auf die Übertragungskapazitäten, das Angebot und die Ausgestaltung von Zugangsdiensten und Tarife sowie Entgelte gemäß § 52d RStV haben.888 e. Privilegierte Plattformenn Der Plattformregulierung liegt ein „abgestuftes Schutzkonzept“ zugrunde.889 Zur Verwirklichung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in Bezug auf die durch die Plattformregulierung betroffenen Unternehmensgrundrechte der Anbieter (siehe oben, 3. Kap. I. 2) d.) werden in § 52 Abs. 1 S. 2 RStV einige Anbieter, die grundsätzlich unter die Definition des § 2 Abs. 2 Nr. 13 RStV fallen, von der Regulierung in weiten Teilen ausgenommen, weil von ihnen für das Regulierungsziel der Vielfaltsicherung keine oder nur eine geringere Gefahr ausgeht.890 (1) Plattformen in offenen Netzen Die wichtigste Fallgruppe dieser privilegierten Plattformen sind die „Plattformen in offenen Netzen“ gemäß § 52 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 RStV.891 Diese Ausnahmeregelung geht auf den Grundgedanken zurück, dass die Gefahren für das Vielfaltsgebot (insbesondere die Angebotsvielfalt) im Unterschied zu geschlossenen Netzen nicht bestehen, weil der Rezipient zum einen Zugang zu audiovisuellen Medien auch auf anderen Wegen hat und zum anderen auch die Anbieter audiovisueller Inhalte ihren Weg zum Rezipienten 884

Vgl. Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 19; bereits an dieser Stelle kann man den Kritikpunkt hinsichtlich eines dogmatisch nicht konsistent umgesetzten Schutzkonzeptes anbringen, Weisser/Glas, ZUM 2009, 914 (917). 885 Christmann, ZUM 2009, 7 (10); Ricke, MMR 2011, 642 (644 f.); BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 11; Assion, Must Carry (2015), S. 262; Beispiel für reinen Vermarkter bei Dörr/HK-RStV, Bd. I, B 5, § 2 RStV, Rn. 53. 886 Assion, Must Carry (2015), S. 262; BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 11 ff. 887 BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 13; Assion, Must Carry (2015), S. 150; an dieser Stelle hat dann § 2 Abs. 2 ZPS die Funktion, den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift einzuengen. 888 BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 13. 889 Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 28; BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 25; a.A. Weisser/Glas, ZUM 2009, 914 (917). 890 Begründung zum 10. RÄStV, LT-Drs. BY 15/9667 v. 14. 1. 2008, S. 26. 891 Zu den weiteren privilegierten Plattformen vgl. Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 34 f.; BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 36 ff.

II. Plattformregulierung

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finden, ohne auf das „Tor“ des Plattformanbieters angewiesen zu sein.892 Die entscheidende Komponente im Hinblick auf das Regulierungsziel ist also, dass von beiden beschriebenen Seiten aus eine Auswahlmöglichkeit gegeben sein muss und der Inhalteanbieter sein Angebot ohne einen zwischengeschalteten Vermittler, der vor der Verbreitung des Inhaltes eine eigene Zusammenstellung vornimmt, in das „offene Netz“ einstellen kann.893 Jedoch weisen sowohl die Konstruktion als auch die Handhabung dieses Ausnahmetatbestands bereits mit Blick auf die ursprünglich erfassten Gatekeeper-Gefahren Schwierigkeiten auf. § 52 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 RStV nennt das Internet, UMTS und vergleichbare Netze als Beispiele für offene Netze. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass offene Netze anders als terrestrische Sender- oder Kabelnetze, die in der ursprünglichen Fassung der Plattformregulierung adressiert waren, keinen Netzaufbau und - betrieb durch Netzbetreiber benötigen.894 Vielmehr kann jeder Anbieter, insbesondere im Internet, sich einer anderen Plattform anschließen oder, soweit er über die entsprechenden Server-Kapazitäten verfügt, eigene Angebote in dem offenen Netz bereitstellen.895 Allerdings sind diese gesetzlichen Beispiele nur schwerlich unter den Begriff des „Netzes“ zu fassen, wenn man vom klassischen (engen) Verständnis als Übertragungsnetz ausgeht. Beispielsweise kann man die Kategorisierung des „Internet“ als Netz anzweifeln, da dieses von seiner Grundstruktur eher als eine Übertragungsform unter Verwendung des Internetprotokolls zu qualifizieren ist.896 Dennoch weist es die gerade beschriebene Eigenschaft der offenen Netzstruktur auf, sodass die vom Gesetzgeber gewollte Zielsetzung der Privilegierung verwirklicht wird.897 Noch deutlicher wird die fehlende Konsistenz des Privilegierungsziels der offenen Netze und der Nennung der dazugehörigen Beispiele bei „UMTS“, einem in verschiedenen Mobilfunknetzen angewendeten Mobilfunkübertragungsstandard898. Die hinter diesem Standard stehenden Strukturen der Mobilfunkanbieter sind nur in begrenztem Umfang offen.899 Die Verwendung des UMTSStandards trägt nicht zwingend Sorge dafür, dass in den entsprechenden Netzen Zugangsoffenheit herrscht, weil die Netzbetreiber eigene Angebote bei der Übertragung bevorzugen und es denkbar ist, dass sowohl Anbieter als auch Rezipienten von der 892

Spindler/Schuster/Holznagel/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52, Rn. 7; Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 29, 31; HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52 RStV, Rn. 4; Hoeren/Neurauter, IPTV (2010), S. 153; Gersdorf, AfP 2011, 209 (213); Ricke, MMR 2011, 642 (646) und Hege, in: ZAK, Digitalisierungsbericht 2010, 13 (19) sprechen von „walled garden“-Strategien“ bei den Plattformanbietern. 893 Ricke, MMR 2011, 642 (646); HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52 RStV, Rn. 4; Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 185. 894 Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 29; zum Aufbau des Internets: Federrath/Pfitzmann, in: Moritz/Dreier, Hdb E-Commerce, Teil A, Rn. 1 ff. 895 Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 29; Broemel, MMR 2013, 83 (85); HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52 RStV, Rn. 4. 896 BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 32; Assion, Must Carry (2015), S. 273. 897 So auch: BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 13; HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52 RStV, Rn. 4. 898 Näher zu UMTS: Sjurts (Hrsg.), Gabler Lexikon Medienwirtschaft, 2. Aufl. 2011, S. 613 ff. 899 BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 33; Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 29.

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Nutzung des UMTS-Standards für ihre Inhalte ausgeschlossen wurden.900 Eine Konkretisierung und Klärung dieser Ungenauigkeiten bei der Terminologie des „offenen Netzes“ wird in § 1 Abs. 2 Nr. 1 ZPS vorgenommen. Darin wird vor allem dem angesprochenen Umstand Rechnung getragen, dass die in § 52 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 RStV genannten „Netze“ eigentlich Übertragungsstandards sind. § 1 Abs. 2 Nr. 1 ZPS definiert „offene Netze“ als „diejenigen Übertragungskapazitäten innerhalb dieser Netze, die dadurch gekennzeichnet sind, dass keine Vorauswahl durch einen Plattformanbieter erfolgt, sodass Anbieter von Rundfunk und vergleichbaren Telemedien ihre Angebote unmittelbar bereitstellen können“. Demnach bezieht sich die Regelung auf dasjenige Netz, in dem der Plattformbetrieb stattfindet, sodass man ein weites Begriffsverständnis zugrunde legen muss.901 Dem Wortlaut nach ist aber das Netz der alleinige Bezugspunkt für die Eigenschaft der Offenheit, unabhängig davon, ob die Plattform selbst ein proprietäres und damit geschlossenes System darstellt.902 Der Gesetzgeber hat durch den Klammerzusatz abstrakt Netze festgelegt, in denen die Privilegierung greifen soll.903 Deshalb soll die durch die Zugangsbeschränkungen, wie die Notwendigkeit einer vertraglichen Absprache des Inhalteanbieters mit dem Plattformanbieter, begründete Geschlossenheit der Plattform keine ausreichende Gatekeeper-Position in einem offenen Netz begründen, sondern nur die marktbeherrschende Stellung.904 Nichtsdestotrotz ist es auch innerhalb des Internet möglich, geschlossene Plattformen (z.B. „itunes“ von Apple oder „Entertain“ von der Deutschen Telekom AG) zu bilden, bei denen die Zugangsmöglichkeiten durch den Inhaltanbieter von der Willkür des Plattformanbieters abhängen und für den Rezipienten entscheidend ist, ob er auf substituierbare Alternativangebote in einem offenen Teil des Netzes zurückgreifen kann oder aufgrund von Lock-In-Effekten auf den geschlossenen Teil des Netzes angewiesen ist.905 Die Konkretisierung der ZPS stellt allein darauf ab, ob ein Inhalteanbieter sein Angebot direkt, ohne auf einen Vermittler, der sowohl die Zusammenstellung als auch Weiterleitung von Inhalten kontrolliert, angewiesen zu sein, zum Rezipienten bringen kann und dieser ohne die Vorsortierung eines Dritten auf alle denkbaren Angebote zurückgreifen kann.906 Die Norm adressiert damit allein die Möglichkeiten der Inhalteanbieter, ihre Angebote in einem offenen Netz ohne einen Vermittler zum Rezipienten zu bringen. Eine solche einseitige Betrachtung dieser Gatekeeper-Stellung der Plattformen aus der Sicht der Inhalteanbieter ist aber zu stark wettbewerbsrechtlich geprägt und zielt nur 900

BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 33; Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 29, Rn. 18; Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 186. 901 Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 185 f. 902 Broemel, ZUM 2012, 866 (874); Assion, Must Carry (2015), S. 275. 903 Broemel, MMR 2013, 83 (85); HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52 RStV, Rn. 4; kritisch zur Konkretisierungskompetenz der Landesmedienanstalten im Rahmen der ZPS: Broemel, ZUM 2012, 866 (874); Assion, Must Carry (2015), S. 312 ff. 904 Broemel, ZUM 2012, 866 (874); Seufert/Gundlach, Medienregulierung in Deutschland (2017), S. 267; HKRStV, Bd. II, B 5, § 52 RStV, Rn. 4. 905 Gennis/Gundlach, MP 2014, 507 (512); HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52 RStV, Rn. 4; Beispiele bei Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 186. 906 Begründung zum 10. RÄStV, LT-Drs. BY 15/9667 v. 14. 1. 2008, S. 27; Ricke, MMR 2011, 642 (646).

II. Plattformregulierung

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reflexhaft auf das Vielfaltsgebot. Demnach ist unter dem derzeitigen Wortlaut eine sinnvolle Auslegung unter Einbezug der Regelbeispiele „Internet“ und „UMTS“ kaum möglich, da weder die Verwendun der Internet-Protokolle noch die Verwendung des UMTSStandards automatisch dazu führt, dass Netze als „offen“ zu betrachten sind.907 Unter Bezugnahme auf das Regelungsziel der Vielfaltssicherung müssen „offene Netze“ funktional so verstanden werden, dass Inhalteanbieter und Rezipienten über das Netz als Infrastruktur ohne Kontrollmöglichkeiten oder „Zugangsschranken“ des Plattformanbieters miteinander kommunizieren können.908 Letztlich gilt auch diese Privilegierung nicht uneingeschränkt. § 52 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 RStV enthält eine Rückausnahme, sofern ein Plattformanbieter eine „marktbeherrschende Stellung“ innerhalb des Netzes einnimmt. Durch die marktbeherrschende Stellung werden sowohl die Dynamik des Netzes als auch die angesprochenen Auswahlmöglichkeiten derartig eingeschränkt, dass eine Vergleichbarkeit zu geschlossenen Netzwerken angenommen wird und die Privilegierung ihre Rechtfertigung verliert.909 Ein Plattformanbieter übt dann trotz des offenen Netzes die Kontrolle über die Zusammenstellung aus, weil er aufgrund von Lock-in-Effekten beim Rezipienten, der aufgrund der Marktmacht und damit verbundenen Gewöhnungseffekten auf keine andere Plattform ausweicht, keinem Wettbewerbsdruck unterliegt.910 Auch hier nimmt § 1 Abs. 2 Nr. 1 ZPS eine Konkretisierung der Bedeutung der „marktbeherrschende Stellung“ durch den Verweis auf die wettbewerbsrechtliche Norm des § 18 GWB vor. Folglich kommt diesem Begriff keine eigene rundfunkrechtliche Bedeutung zu, sondern er ist im Sinne der wettbewerbsrechtlichen Maßstäbe für Angebotsund Nachfragemärkte zu bestimmen.911 Das bedeutet, dass die Regelung auf Plattformanbieter sowohl bei einer marktbeherrschenden Stellung auf dem Markt der Rezipienten (als Inhalte- und Zugangsanbieter) als auch auf dem Markt für die Darstellung und Nachfrage von audiovisuellen Inhalten aufgrund der in beiden Szenarien bestehenden Gefahrenpotentiale für das Vielfaltsgebot zur Anwendung kommt.912 Hinzu kommt, dass nach der 9. GWB-Novelle bei mehrseitigen Märkten und der damit verbundenen Besonderheit der Unentgeltlichkeit der Leistung auf einem der Teil der Märkte eine Gesamtbetrachtung vorgenommen wird.913 Daher kann auch im Fall der Kontrolle der unentgeltlichen Marktseite eine marktbeherrschende Stellung auf beiden Märkten angenommen werden.

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Assion, Must Carry (2015), S. 278. Umfassend zu einer solchen Auslegung: Assion, Must Carry (2015), S. 275 ff. So die plakative Begründung zum 10. RÄStV, LT-Drs. BY 15/9667 v. 14. 1. 2008, S. 27. 910 Ricke, MMR 2011, (642) 646; Assion, Must-Carry (2015), S. 279. 911 BeckOK-InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 35; Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 33; Assion, Must-Carry (2015), S. 280; kritisch zum wettbewerbsrechtlichen Konzept: Broemel, MMR 2013, 83, 86 ff; Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 185, 225 f. 912 BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 35; Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 32 f.; Assion, Must Carry (2015), S. 280. 913 Vgl. dazu ausführlich Podszun/Schwalbe, NZKart 2017, 98 (98 ff.).

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Allerdings ist dieses wettbewerbsrechtlich geprägte Verständnis des Begriffs Kritik ausgesetzt, da es keinen klaren medienrechtlichen Eigenwert zu haben scheint. Das wäre unter einer freiheitsrechtlichen Dogmatik der Rundfunkfreiheit möglicherweise noch zu rechtfertigen, erzeugt aber Widersprüche zur Ausgestaltungsdogmatik mit der klaren Zielsetzung der Vielfaltssicherung. Daher wird vertreten, das Kriterium der „marktbeherrschenden Stellung“ einer stärkeren Fokussierung auf medienrechtlich relevante Maßstäbe zu unterziehen und die Ausrichtung auf den Rezipienten als „Zielgröße“ stärker zu betonen.914 Die rundfunkrechtliche Bedeutung der marktbeherrschenden Stellung speise sich aus deren Auswirkungen auf die Gewährleistung gleichgewichtiger Vielfalt zur Absicherung der individuellen und öffentlichen Meinungsbildung.915 Deshalb seien die Kriterien für die Messung der Marktmacht durch medienrechtlich relevante Faktoren, wie die tatsächliche, aktuelle Mediennutzung, zu ergänzen.916 (2) Privilegierung „offener Systeme“ anstatt „offener Netze“ Das Zurverfügungstellen von Angeboten über ein offenes Netz löst nach der vorangegangenen Argumentation nicht in allen Fällen die Gatekeeper-Stellung auf.917 Deshalb erscheint es insbesondere mit Blick auf die bei Gatekeepern aufgrund der Kontrolle geschlossener Systeme adressierten vielfaltsverengenden Phänomene angebracht, die abstrakte Trennung zwischen offenen und geschlossenen Netzen für die Bestimmung potentieller Gatekeeper-Positionen gänzlich in Frage zu stellen.918 Nimmt man die Strategie der Gatekeeper aufgrund der Kontrolle über ein geschlossenes System, über Hardware und/oder Software proprietäre und somit geschlossene Systeme zur Verbreitung der Inhalte zu nutzen, zum Anlass für die Regulierung, kommt es nicht nur auf die „Offenheit“ des Netzes, sondern auch des darin genutzten Systems an. Deshalb ist die These, dass der Rezipient diesen Gatekeeper unter anderen ausgesucht hat919, unter dem Gesichtspunkt des Vielfaltsgebots nur begrenzt als Argument tauglich. Der Unterschied liegt darin, dass bei einem geschlossenen System Wechselkosten hinsichtlich des Systems und/oder des Endgerätes für den Rezipienten anfallen (siehe oben, 3. Kap. I. 1) a. (2)), wenn dieser Zugriff auf weitere Inhalte haben möchte. Dem Vielfaltsgebot kann aber unter Gatekeeper-Gesichtspunkten nur dann umfänglich Geltung verschafft werden, wenn es auch eine „Binnenvielfalt auf dem jeweiligen Endgerät“ gibt. Es kann nicht Sinn dieses verfassungsrechtlichen Gebots sein, dass der Rezipient mehrere Geräte braucht oder zusammenschließen muss, um die Zusammenfassungsentscheidung des Gatekeepers in einem geschlossenen System zu umgehen. Darin zeigt sich besonders deutlich das Gatekeeper-Potential proprietärer geschlossener Systeme, die an

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Broemel, MMR 2013, 83 (87). Broemel, MMR 2013, 83 (86 f.). Broemel, MMR 2013, 83 (86 f.). 917 Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 223. 918 Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 220 ff. 919 So unter einer überwiegen historisch geprägten Auslegung: HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52 RStV, Rn. 4. 915

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II. Plattformregulierung

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ein Endgerät gekoppelt sind und zu Lock-in-Effekten führen. Inwieweit es technisch möglich ist, ein System „offen“ auszugestalten, kann dann im Zuge der Abstufung des Regulierungssystems der Plattformregulierung berücksichtigt werden, deren Grundsätze es zu entwickeln gilt (siehe unten, 3. Kap. II. 4) a.). Deshalb passt auch die Rückausnahme im Falle einer marktbeherrschenden Stellung nicht auf solche Gatekeeper-Phänomene. Diese ist nach der Logik eines die Infrastruktur kontrollierenden Gatekeepers, dessen Infrastruktur an sich aber nicht geschlossen war, sinnvoll, um eine Verengung aufgrund von Marktmacht abzubilden. Eine marktbeherrschende Stellung hinsichtlich einer Infrastruktur begründet eine Verengung, da sowohl Inhalteanbieter als auch Rezipienten faktisch auf die Dienstleistung angewiesen sind, da aufgrund der Wechselkosten bzgl. der Endgeräte dahingehende Lock-in-Effekte bestehen. Bei Gatekeepern aufgrund der Kontrolle über ein geschlossenes System ist diese Logik allerdings nicht mehr zwingend. Durch die Geschlossenheit des Systems schiebt sich ein Dritter zwischen Inhalteanbieter und Rezipient. Ein solcher Dritter in Form eines Portalbetreibers ist für die von ihm zur Verfügung gestellten Inhalte, die er zumindest über die Kontrolle über die App-Stores umfassend beherrscht, als „marktbeherrschend“ anzusehen, da die Rezipienten aufgrund der Lock-in-Wirkung der bestehenden Wechselkosten an diesem System gebunden sind („walled garden“). Das berücksichtigt aber noch nicht, dass auch bei der derzeit geltenden Plattformregulierung nicht primär das Marktversagen Anlass zur Regulierung zum Schutz des Vielfaltsgebots bietet. Eine „marktbeherrschende Stellung“ bei Plattformen in offenen Netzen wird lediglich mit der grundlegenden Gatekeeper-Position eines Plattformanbieters gleichgesetzt. Primärer Anknüpfungspunkt für die Regulierung bleibt die über ein geschlossenes System ausgeübte Kontrolle des Zugangs der Inhalte zum Portal und damit mittelbar des Rezipienten zum Inhalt. Diese kann aber durch die Öffnung des geschlossenen Systems durchbrochen werden. Dann ist aber festzuhalten, dass auch geschlossene Systeme, die eine marktbeherrschende Stellung für Inhalteanbieter generieren, „offen“ ausgestaltet werden können, indem sie dem Rezipienten Zugriff auf ein offenes Netz, z.B. über das Internet-Protokoll ermöglichen. Dann fallen die Lock-in-Effekte, die eine marktbeherrschende Stellung begründen können, und somit auch die Gatekeeperstellung weg. Solchen Öffnungsmechanismen bei Connected-TV-Sachverhalten (z.B. einer „BrowserLösung“ im App-Portal) könnte man zwar entgegenhalten, dass die Angebote im Vergleich zur Darstellung und Nutzungsfreundlichkeit im geschlossenen System und aufgrund der Pfadabhängigkeit des Rezipienten vom Endgerätehersteller nicht substituierbar sind.920 Diese Argumentation kann allerdings unter dem Regelungsziel der Vielfaltssicherung in Bezug auf Gatekeeper-Stellungen nicht überzeugen. Ein über einen 920

Koenig, MMR 2013, 137 (137 f.); Hege, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2013, 11 (13).

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Öffnungsmechanismus verfügbar gemachtes Angebot ist aus Rezipientensicht auch dann substitutiv zu der Verfügbarkeit im geschlossenen System, wenn eine verringerte Nutzungsfreundlichkeit bei der Steuerung bzw. Qualität der Inhalte vorliegt.921 Dies zeigt sich z.B. auch bei der Browser-Lösung auf einem App-Portal. In einem solchen Portal werden insbesondere audiovisuelle Angebote genutzt, die über einen Browser (mittels Web-App) in gleicher Art und Weise angesteuert werden können wie in einer App. Dieses Ergebnis bestätigt auch das Nutzerverhalten, wonach immer mehr Rezipienten auf Connected-TV-Endgeräten auch einen Browser zur Ansteuerung von Inhalten nutzen.922 Schließlich ist beim Rückgriff auf den Privilegierungstatbestandstatbestand der offenen Netze in der derzeitigen Form zu beachten, dass ein solches System nur solange funktioniert, wie das Internet oder vergleichbare Netze auch tatsächlich offen sind. Sollten die zumindest potentiellen Möglichkeiten der entgeltlichen Priorisierung von Inhalten durch die Netzbetreiber (sog. „Managed Services“) in Zukunft durchgesetzt werden, führt dies zur Entwertung des Kriteriums der Offenheit als Garant für eine unmittelbare Verbindung zwischen Inhalteanbieter und Rezipient.923 Sobald das offene Netz die Inhalte nicht mehr in ausreichender Qualität zur Verfügung stellen kann, was insbesondere für audiovisuelle Angebote zentral ist, kann nicht mehr von der Substituierbarkeit der Angebote im offenen und geschlossenen Netz gesprochen werden.924 Diese unter dem Stichwort „Netzneutralität“925 vor allem telekommunikationsrechtlich diskutierte Problematik hat insbesondere vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG abgesicherten kommunikativen Chancengleichheit und der Absicherung kommunikativer Grundversorgung auch eine bedeutende Funktion unter medienrechtlichen Gesichtspunkten.926 Auch deshalb lohnt ein Blick weg von der Offenheit des Netzes hin zur Offenheit der Plattform oder des Portals aus der Sicht des Rezipienten. Denn die derzeit starre Definition der offenen Netze, die vor allem durch das Regelbeispiel „Internet“ geprägt ist, bietet keine Anhaltspunkte für eine Differenzierung nach Qualitätsklassen der Netzstruktur.927 Zudem beinhaltet die derzeitige Plattformregulierung auch nicht das Regelungsziel der Herstellung offener Netze zur Sicherung der Netzneutralität, da sie auf eine dahingehende telekommunikationsrechtliche Regulierung aufbauen kann.928

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So auch Hain, AfP 2012, 313 (327). Vgl. Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2015, 40 (50). A.A. unter Verweis auf die generelle Nutzungsmöglichkeit des Netzes Ricke, MMR 2011, 642 (646 f.); Hain, AfP 2012, 313 (325). 924 Vgl. dazu auch ZAK, Thesen der Medienanstalten zur Netzneutralität (21.01.2011), S. 1 f. 925 Vgl. aus der Literatur: Gersdorf, in: ZAK, Digitalisierungsbericht 2010, 29 (29 ff.); Hain, AfP 2012, 313 (323 ff.); Gersdorf, AfP 2011, 209 (213), Holznagel, K&R 2010, 95 (95 ff.); Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 135 ff.; Hege, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2013, 11 (15 ff.). 926 So auch Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 137 f. mwN.; Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52, Rn. 6. 927 Ricke, MMR 2011, 642 (646 f.). 928 Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52, Rn. 6; Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 31, 50 ff.; andere Tendenz bei Holznagel, K&R 2010, 95 (99 f.).

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II. Plattformregulierung

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(3) Programmplattformen In diesem abgestuften System nehmen die sog. „Programmplattformen“929 die Stellung zwischen den Plattformen in geschlossenen und jenen in offenen Netzen ein. Im Rahmen des weiten Plattformanbieterbegriffs (siehe oben, 3. Kap. II. 2) c.) sollen die Programmplattformen in ihrer Funktion als „Aggregatoren ohne eigene Netze“ aufgrund eines zwar abgeschwächten, aber durchaus bestehenden Gefahrenpotentials für das Vielfaltsgebot grundsätzlich von der Plattformregulierung erfasst sein.930 Ihnen kommt allerdings gemäß § 52b Abs. 3 Nr. 1 RStV i.V.m § 1 Abs. 3 ZPS eine Privilegierung in Form der Befreiung von den Belegungsanforderungen nach § 52b Abs. 1 und 2 RStV zu, wenn sie die dort beschriebenen Voraussetzungen erfüllen. Im Rahmen der angestrebten Vielfaltssicherung der „Must-carry“-Regelungen sind Programmplattformen von der Regulierung auszunehmen, weil das Vielfaltsgebot schon auf andere Weise berücksichtigt wurde.931 Davon ist insbesondere die Situation erfasst, dass der Rezipient ohne Wechselaufwand hinsichtlich der Infrastruktur und des Endgeräts auf alle im Rahmen der „Must-carry“-Regelungen relevanten Angebote zugreifen kann.932 Nicht unumstritten ist dabei allerdings, ob das Angebot des DVB-T-Signals auf demselben Endgerät zu einer Befreiung führt.933 Die besseren Gründe sprechen wohl aber sowohl unter dem Gesichtspunkt der praktischen Nutzbarkeit als auch der Empfangbarkeit gegen eine Gleichartigkeit von DVB-T gegenüber jedem Übertragungsweg, sodass Hybridmodelle hinsichtlich des Übertragungsweges problematisch erscheinen.934 Der Schutz der Chancengleichheit und das Gebot der Diskriminierungsfreiheit nach § 52c RStV werden hingegen auf solche Programmplattformen angewendet. f. Zwischenergebnis Diese allgemeine Betrachtung der Plattformregulierung lässt schon deutlich werden, dass selbst beim Blick auf die bislang bekannten Phänomene einige Unklarheiten herrschen.935 Deshalb wird es im Folgenden umso schwieriger, völlig „neue“ Erscheinungsformen von „Plattformen“ und Anbietern auf dem Markt in dieses Regulierungssystem einzuordnen. Die Plattformregulierung muss gerade deshalb als Reaktion auf die Zum Begriff der „Programmplattform“ siehe Assion, Must Carry (2015), S. 235 f., S. 284, Fn. 1506; zur Einordnung in eine dieser drei Plattform-Kategorien, vgl. Liste der Plattformanbieter, abrufbar unter: http://www.diemedienanstalten.de/themen/plattformen-netze/plattformregulierung.html (Stand: 31.08.2018, 19:34 Uhr). 930 Christmann, ZUM 2015, 14 (15 f.); Assion, Must Carry (2015), S. 284; auch die zum Zeitpunkt der Einführung bereits bestehenden Plattformen im Bezahlfernsehen sollten erfasst werden, Dörr/HK-RStV, Bd. I, B 5, § 2 RStV, Rn. 51. 931 Näher dazu: Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52b, Rn. 82 ff.; Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 194 ff.; Assion, Must Carry (2015), S. 284 ff. 932 Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 195 f.; Hoeren/Neurauter, IPTV (2010), S. 170; Assion, Must Carry (2015), S. 284 ff. 933 Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52b, Rn. 34; Christmann, ZUM 2009, 7 (12); Assion, Must Carry (2015), S. 284 f. 934 Hoeren/Neurauter, IPTV (2010), S. 171; Assion, Must Carry (2015), S. 286. 935 Ähnlich Kluth/Schulz, Konvergenz und regulatorische Folgen, (Gutachten 2014), Arbeitspapiere des HansBredow-Instituts Nr. 30, S. 36; Fehling, in: Ehlers/Fehling/Pünder, Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. 2, 3. Aufl. 2013, § 59, Rn. 46 sieht den Begriff trotz der Unklarheit in seiner genauen Reichweite dennoch offen für neue technische Entwicklungen. 929

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

verschiedensten Konvergenzprobleme ihre „eigentliche Feuertaufe“ bestehen.936 Dies kann – wie im Folgenden zu zeigen sein wird – zum Teil bereits durch Auslegung, zum Teil aber auch erst durch eine Weiterentwicklung der bisherigen Logiken und Regulierungsinstrumente geschehen.937 3) Anwendung des Plattformanbieter-Begriffs auf Connected-TV-Sachverhalte Da die Plattformregulierung als bislang einzige938 Reaktion auf die Vielfaltsgefahren von Gatekeepern mit medienrechtlichen Mitteln im Umfeld des digitalen Rundfunks zu verstehen ist, ist im Folgenden ihre Anwendbarkeit auf Connected-TV-Sachverhalte zu überprüfen. Zuvor wurde bereits auf abstrakter Ebene geklärt, dass Gatekeeper-Strategien und damit verbunden potentielle Gefahren für die Meinungsvielfalt in unterschiedlicher Intensität mit verschiedenen Funktionsweisen der Connected-TV-Geräte einhergehen (siehe oben, 3. Kap. I. 1) b.). Deshalb kommen verschiedene Marktakteure als potentielle Regelungsadressaten in Frage, wenn die von ihnen kontrollierten Funktionen im Rahmen des Connected-TV-Ökosystems dem Profil eines Plattformanbieters entsprechen. a. Connected-TV-Angebote: Rundfunk und vergleichbare Telemedien Der getrennten Betrachtung verschiedener Connected-TV-Funktionen kann das inhaltsbezogene Merkmal des Plattformanbieter-Begriffs vorangestellt werden. Demnach müssen von den bei Connected-TV-Sachverhalten relevanten Anbietern „Rundfunk und vergleichbare Telemedien“939 zugänglich gemacht werden. (1) Rundfunk Zunächst wird auf Connected-TV-Endgeräten „klassischer“ linearer Rundfunk angeboten. Diese Übertragung erfolgt getrennt von den sonstigen hybriden Angeboten über einen integrierten DVB-Tuner (idTV) oder einen angeschlossenen Digitalreceiver.940 Darüber hinaus weisen auch Angebote in den Portalen Übereinstimmungen mit der Definition des Rundfunks nach § 2 Abs. 1 S. 1 RStV auf. Unter den Angeboten in den AppPortalen findet man „reine“ (internetbasierte) Rundfunkangebote941, sofern die App Zugriff auf Live-Streaming-Angebote, Web-Casting und Near-Video-on-Demand-Angeboten bietet. Diese über das Internetprotokoll übermittelten audiovisuellen Dienste Gersdorf, in: ZAK, Digitalisierungsbericht 2010, 29 (36); allgemein zu den „Herausforderungen der Plattformregulierung“ Kluth/Schulz, Konvergenz und regulatorische Folgen, (Gutachten 2014), Arbeitspapiere des HansBredow-Instituts Nr. 30, S. 35 ff. 937 Der dahingehende Gesetzgebungsprozess scheint angeschoben worden zu sein, vgl. Bericht Bund-LänderKommission zur Medienkonvergenz, Juni 2016, S. 23 ff. 938 Auch hier kann nicht auf Unionsrecht zurückgegriffen werden, da diese keine speziellen Regelungen zum Zugang bei Connected-TV-Portalen u.ä. trifft, Klickermann/Lotz, MMR 2012, 801 (803). 939 Zur Problematik, inwieweit ausschließlich Rundfunk und ausschließlich vergleichbare Telemedien ebenfalls erfasst sind, siehe oben 3. Kap. II. 2) a. (3). 940 Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (22 f.); Klickermann/Lotz, MMR 2012, 801 (804). 941 Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (32); eher selten laut Berger, CR 2012, 306 (310). 936

II. Plattformregulierung

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werden nach allgemeinem Verständnis unter den Rundfunkbegriff gefasst.942 Gerade auch die bereits mehrfach erwähnte „Multithek“ als HbbTV-basiertes Portal ermöglicht den Empfang von zusätzlichen Rundfunkprogrammen über das Internet-Protokoll.943 Einwenden könnte man allerdings, dass durch das Portal noch kein Zugang zu Inhalten ermöglicht wird, sondern lediglich „Verlinkungen“944 in Form von Apps zur Verfügung gestellt werden. Eine solche App würde an sich lediglich ein (vergleichbares) Telemedium darstellen, selbst wenn am Ende der Verknüpfung ein Rundfunkdienst steht.945 Eine App stellt allerdings mehr als eine bloße Verlinkung dar. Sie beinhaltet eine Software, die eine Grundstruktur zur Vermittlung der Inhalte darstellt (siehe oben, 1. Kap. V. 2) a.). Daher ist eine formale Betrachtungsweise abzulehnen, weil es bei der inhaltsbezogenen Einordnung von Angeboten nicht um den äußerlichen bzw. technischen Aufbau eines solchen Systems, sondern allein um die Inhalte selbst geht.946 Überträgt man diese Logik auf den Fall einer App, so kommt es nicht auf die vermittelten technischen Schritte, sondern auf das Endangebot an.947 Beispielweise ist das Angebot der „ZattooApp“ als Rundfunk anzusehen, weil sie den Zugang zu Rundfunkdiensten (Streaming bzw. WebTV) herstellt. Entscheidend ist demnach der mittels App zugänglich gemachte Dienst. (2) Vergleichbare Telemedien Die meisten Angebote werden aber eher der Kategorie der „Telemedien“ zuzuordnen sein, weil es ihnen am Merkmal der Linearität fehlt. Ob diese trotzdem dem Regulierungsregime der §§ 52 ff. RStV unterfallen, hängt davon ab, ob die Inhalte „vergleichbare Telemedien“ sind. Dem hier zugrundeliegenden Verständnis folgend ist für die Einordnung eines Dienstes nicht die App, die grundsätzlich nur eine Software ist, medienrechtlich verantwortlich, sondern der zugänglich gemachte Inhalt. Von besonderem Interesse für die vorliegende Betrachtung sind vor allem die Mediatheken von Rundfunkanbietern sowie weitere VoD-Angebote. Diese sind kein Rundfunk, sondern audiovisuelle Mediendienste auf Abruf und damit Telemedien.948

942

Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 (661) unter Hinweis auf DLM, Drittes Strukturpapier der Landesmedienanstalten, S. 4, der am 27.6.2007 beschlossenen „Überarbeitung des dritten Strukturpapiers/ Internet-Radio und IPTV“; Beispiel „International TV“ bei Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 28; Beispiele „Ukraine-Today“ und „ArabiaOne“ bei Müller, in: BLMSymposion Medienrecht 2014 (2015), 15 (29 f.). 943 Müller, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 15 (33), z.B. „Juwelo TV“; a.A. Assion, Must Carry (2015). S. 251, welcher die „Multithek“ unter einem engen Begriffsverständnis als „vergleichbares Telemedium“ einordnet. 944 Weber, ZUM 2011, 452 (453); Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 (660); Ricke, MMR 2011, 642 (648); Hain, AfP 2012, 313 (327). 945 Charbon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (22). 946 Vergleichbar zum „presseähnlichen Angebot“ der „Tagesschau-App“ BGHZ 205, 195, Rn. 41 ff., 61 ff.; zur Homepage einer Tageszeitung mit Text- und Video-Inhalten EuGH, Urteil vom 21.10.2015, C-347/14, EuZW 2016, 238 ff. 947 So auch Berger, CR 2012, 306 (308); Dreyer, tv diskurs, 48 (51); für die Einordnung als „vergleichbare Telemedien“ auch Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (23). 948 Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 (660).

142

3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Den Konflikt beim Verständnis des Begriffs „vergleichbare Telemedien“ aufgreifend (siehe oben, 3. Kap. II. 2) a. (2)), könnte man bei der konkreten Einordnung auf die Unterscheidung zwischen „bound“ und „unbound applications“ (siehe oben, 1. Kap. V. 2) a.) zurückgreifen und als „vergleichbare Telemedien“ nur jene ansehen, die an das Rundfunkangebot in irgendeiner Form angebunden sind.949 Das hieße, soweit der Gerätehersteller pauschal auf eine vom Programm unabhängige Sammlung beispielsweise von Musikdateien verweist, wären keine „vergleichbaren Telemedien“ gegeben, weil es insbesondere an der „Rundfunkähnlichkeit“ fehle.950 Ein solches Begriffsverständnis würde aber verkennen, dass der „Ausrichtung an die Allgemeinheit“ eben nicht die Unterscheidung „Point-to-multipoint“ zu „Point-to-point“ zugrunde liegen kann, sondern nur das inhaltliche Verständnis des Anbieters selbst.951 Soweit er das Angebot nach seiner Produktstrategie an eine unbestimmte Vielzahl von Abnehmern richtet, ist von einer Ausrichtung an die Allgemeinheit im Sinne eines „massenkommunikativen, der allgemeinen Meinungsbildung dienenden Dienstes“ zu sprechen.952 Überträgt man diese Überlegungen auf die Connected-TV-Angebote, so sind alle Angebote, auch wenn sie als Telemedien zu kennzeichnen sind, an die Allgemeinheit und einen unbestimmten Personenkreis gerichtet, da das Angebot an jeden potentiellen Nutzer des App-Portals gerichtet ist. Besonders deutlich wird dies bei Mediatheken, die Rundfunkprogramme lediglich unabhängig von einer linearen Übertragung an die Allgemeinheit adressieren.953 Die dortigen Inhalte weisen den klassischen Fall von Fernsehähnlichkeit auf. Aber genauso sind unter dem weit verstandenen Merkmal der Ausrichtung an die Allgemeinheit auch die jedermann zur Verfügung gestellten „einfachen“ Apps wie Wetter- und Spiele-Apps oder rein textbasierte Apps erfasst. Selbst wenn man an dieser Stelle dem engeren Begriffsverständnis der Landesmedienanstalten in § 2 Abs. 2 ZPS folgt, welches auf das Merkmal des Darbietungscharakters und der damit verbundenen Meinungsbildungsrelevanz abstellt, wären viele Angebote (darunter auch wieder die angesprochenen Mediatheken und VoD-Angebote) als „fernsehähnliche audiovisuelle Mediendienste auf Abruf“ einzuordnen, für die nach § 58 Abs. 3 S.1 RStV bereits die Geltung gewisser Normen für Rundfunkdienste angeordnet wird.954 Zumindest diese Dienste, die unter den Rezipienten von Connected-TV-Portalen auch die bisher mit Abstand stärkste Akzeptanz finden (siehe oben, 1. Kap. VII.), sind als „vergleichbare Telemedien“ einzuordnen, weil sie das vom engen Begriffsverständnis geforderte Merkmal der „Fernsehfunkvergleichbarkeit“ hinsichtlich des Darbietungscharakters aufweisen. 949

Eine darauf passende Gliederung bei Deutsche TV-Plattform, Marktanalyse Smart-TV (2013), S. 16. So Berger, CR 2012, 306 (310); Broemel, MMR 2012, 866 (873, Fn. 67). Sehr weitgehend: HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52 RStV, Rn. 13, wonach auch Abruf- oder E-Mail-Dienste erfasst sind. 952 HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52 RStV, Rn. 13; Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 (660). 953 So auch Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 (660), die aber etwas umständlich das Merkmal der Linearität als Abgrenzungspunkt stellen und dabei die Ausrichtung an die Allgemeinheit als das eigentlich entscheidende Kriterium aus den Augen verlieren; im Ergebnis so auch Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (23). 954 Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 (660 f.); Berger, CR 2012, 306 (310). 950

951

II. Plattformregulierung

143

Die sonstigen über Apps verbreiteten Inhalte, die unter keine dieser Definitionen passen, fielen dann nicht unter den Inhaltekatalog des Begriffs des Plattformanbieters. Die Frage nach der „Vergleichbarkeit“ der Telemedienangebote ist auch bei HbbTVAngeboten zu stellen. Deren Besonderheit ist es, dass sie auf eine „zeitgleiche Ergänzung von Rundfunkprogrammen zielen“955. Umso dichter diese Verknüpfung der Telemedienangebote mit Rundfunksendungen ist, kann mit beiden Begriffsdeutungen darauf geschlossen werden, dass der Telemedienanbieter sein Angebot ebenfalls „an die Allgemeinheit“, d.h. einen unbestimmten Rezipientenkreis, adressiert und das Angebot damit über die erhöhte Breitenwirkung eine erhöhte meinungsspezifische Relevanz aufweist.956 Dies trifft dann auf die Angebote zu, die mittels Red-Button aus dem laufenden Programm angesteuert werden, also vor allem auf Zusatzinformationen und den Zugang zu den Sendermediatheken. Zudem beinhalten HbbTV-Anwendungen zumindest in den meisten Fällen über einen eigenen EPG auch den Zugang zu Rundfunkinhalten. Inwieweit es anders zu beurteilen ist, wenn eine pauschale Verweisung auf Inhaltedienste unabhängig vom Programm über den Red-Button als HbbTV-Angebot möglich ist (z.B. beim Portal der „Multithek“), richtet sich nach den gleichen Kriterien wie bei den unabhängigen Apps in den Connected-TV-Portalen. Das HbbTV-Portal vermittelt in diesem Fall sowohl Zugang zu Rundfunk als auch zu vergleichbaren Telemedien. (3) Kumulativ oder alternativ Ob der Plattformanbieter Rundfunk und vergleichbare Telemedien kumulativ zusammenfassen muss oder ob auch ein Alternativverhältnis ausreicht, ist bei den ConnectedTV-Portalen nicht entscheidend, weil das engere Verständnis der Kumulierung beider Angebotsformen bei den Apps der Portale vorliegt, da wie gerade gezeigt sowohl Rundfunk als auch vergleichbare Telemedien angeboten werden.957 Das liegt insbesondere daran, dass die als Rundfunk einzuordnenden Angebote von größter Attraktivität für den Nutzer sind, sodass sie aus diesem Grund in nahezu allen Portalen vertreten sind. Und allein schon die ausschließliche Verbreitung von Rundfunk wäre vom Plattformbegriff nach einhelliger Ansicht erfasst (siehe oben, 3. Kap. II. 2) a. (3)). Dennoch bleibt die darüber hinausgehende Frage, ob es für den Plattformanbieterbegriff abträglich ist, dass auch andere Arten von Telemedien in den Plattformen zu finden sind. Unter dem Gesichtspunkt des Zwecks der Plattformregulierung für die Vielfaltssicherung kann es aber nicht entscheidend sein, dass der Regelungsadressat ausschließlich Angebote zur Verfügung stellt, die wegen ihrer besonderen Relevanz für die öffentliche und individuelle Meinungsbildung vom Regelungszweck erfasst sind. Dies führt zwar dazu, dass man einen „nicht meinungsbildungsrelevanten“ Bereich der „Plattform“ oder des Portals von der Regulierung ausklammern kann.958 Der als regulierungswürdig 955

Broemel, ZUM 2012, 866 (873). Broemel, ZUM 2012, 866 (873). Broemel, ZUM 2012, 866 (873); a.A. Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (23). 958 Ähnlich Berger, CR 2012, 306 (310). 956

957

144

3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

angesehene Teil muss davon unabhängig erfasst sein, da der Plattformanbieter sich ansonsten durch die Anreicherung seines Angebots durch schlichte Telemedienangebote der Regulierung entziehen könnte. Folglich müsste eine Schwerpunktbetrachtung vorgenommen werden oder die Plattform in einen regulierten und einen unregulierten Teil getrennt werden. Für letzteres spricht, dass ansonsten durch die Anreicherung einer Plattform mit einfachen Telemedienangeboten, eine Freistellung von der Regulierung erreicht werden könnte. Bei den HbbTV-Anwendungen wird die Frage nach dem Verhältnis der vom Plattformbegriff umfassten Inhalte zueinander hingegen durchaus relevant. HbbTV-Inhalte sind in weiten Teilen vergleichbare Telemedien (siehe oben, 3. Kap. II. 3) a. (2)). Aber der über den Red-Button erreichbare EPG im HbbTV-Angebot stellt darüber hinaus den Zugang zu Rundfunk dar, sodass auch hier unter dem kumulativen Begriffsverständnis der Inhaltsbezug bejaht werden kann. Falls Portale oder HbbTV-Anwendungen vereinzelt keine als Rundfunk zu kategorisierende Inhalte zusammenfassen würden, sondern lediglich vergleichbare Telemedien und sonstige einfache Telemedien, wären diese nur nach dem hier bevorzugten alternativen Begriffsverständnis (siehe oben, 3. Kap. II. 2) a. (3)) erfasst. Somit erfüllt die Mischform der Angebote auf einem Connected-TV-Portal aus Rundfunk, vergleichbaren Telemedien und sonstigen Telemedien i.S.d. RStV das Merkmal des Inhaltsbezugs des Plattformbegriffs. Lediglich Portale mit ausschließlich einfachen Telemedienangeboten, die in der Praxis in dieser Absolutheit kaum denkbar sind959, wären von dieser Regelung nicht erfasst. b. Plattformregulierung bei Connected-TV-Portalen (1) Endgerätehersteller und Portalanbieter als Plattformanbieter In diese Betrachtung sind neben den Portalen von Endgeräteherstellern (wie z.B. „Smart-Hub“ von Samsung, „Netcast“ von LG oder „NetTV“ von Philips) auch die Portale von Set-Top-Boxen oder die „schlichten“ Portalbetreiber wie google mit „Chromechast“, apple mit „Apple TV“, amazon mit „Fire TV“ oder „VideoWeb“ einzubeziehen.960 Hier werden insbesondere drei der Tatbestandsmerkmale der rundfunkrechtlichen Plattformdefinition relevant: Zum einen die Zusammenstellung von Angeboten „auch von Dritten“, die Frage, wer die Zusammenfassungsentscheidung trifft, sowie die Frage nach dem Umfang des Plattformbegriffs in Bezug auf die Kontrolle über die Übertragungsinfrastruktur (enger oder weiter Plattformbegriff).

959 Vgl. Die medienanstalten, Systematisches Monitoring von Connected TV Benutzeroberflächen, Studie 2017, S. 19. 960 Weitere Beispiele bei Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 37 ff.

II. Plattformregulierung

145

(a) Angebote „auch von Dritten“ Der erste Aspekt ist eng mit dem zuvor behandelten inhaltsbezogenen Merkmal verbunden. Die von der Plattformregulierung zumindest auch adressierte Problematik der Diskriminierungspotentiale aufgrund der vertikalen Integration des Plattformanbieters hat sich im Merkmal der „Angebote auch von Dritten“ niedergeschlagen. Auch hier nötigt die schon mehrfach angesprochene Bandbreite der in den Portalen zugänglich gemachten Angebote zu einer differenzierten Betrachtungsweise. Die Apps in den Portalen werden in großen Teilen von externen App-Entwicklern hergestellt.961 Bestimmte Apps und Funktionen bleiben dabei insbesondere bei den externen Portalanbietern wie Apple, Google und Amazon in der Hand der Portalbetreiber. In einem solchen Verhältnis besteht die Gefahr, dass fremde Angebote gegenüber eigenen Angeboten diskriminiert werden, was aufgrund der damit verbundenen erschwerten oder fehlenden Auffindbarkeit von Inhalten unter dem Gesichtspunkt der Anbietervielfalt ein medienrechtliches Problem darstellt. Auch wenn man davon ausgeht, dass Portale existieren, die ausschließlich RundfunkApps und Apps mit vergleichbaren Telemedien, die von Dritten entwickelt wurden, beinhalten, kann es zu ähnlichen Diskriminierungstendenzen kommen. Die Drittanbieter stehen nämlich regelmäßig in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Portalbetreiber, weil sie mit diesem einen Vertrag schließen müssen, um in den App-Store oder das Portal aufgenommen zu werden.962 Zudem behalten sich die Portalbetreiber bei kostenpflichtigen Apps eine Umsatzbeteiligung vor.963 Sowohl aus den Vertragsverhältnissen als auch aus der Umsatzbeteiligung ergeben sich Konkurrenzverhältnisse zwischen „freien“ App-Anbietern und „abhängigen“ App-Anbietern, bei denen die Gefahr besteht, dass der Portalbetreiber die abhängigen App-Betreiber privilegiert. Deshalb sind auch solche Angebote, die in einem ähnlichen, vertraglichen Abhängigkeitsverhältnis zum Portalbetreiber stehen, als „eigene Angebote“ i.S.d. der Plattformregulierung anzusehen (siehe oben, 3. Kap. II. 2) a. (4)). (b) Zusammenfassungsentscheidung Das wohl entscheidende Merkmal im Rahmen der Regulierung einer Gatekeeper-Stellung von Connected-TV-Portalen ist die Zusammenfassung bzw. Bündelung von Inhalten. Demnach ist derjenige vom Plattformanbieterbegriff erfasst, der die Zusammenfassung von Inhalten selbst vornimmt oder die Auswahl der Zusammenfassung bestimmt.

Zu möglichen Tendenzen: Modot/Lamber/Moullier, in: Herausforderungen von „Connected-TV“ – Themenpapier, im Auftrag des Ausschusses für Kultur und Bildung des Europäischen Parlaments, Generaldirektion Interne Politikbereiche, Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik, Kultur und Bildung (2013), S. 29 f. 962 Zu diesen Abhängigkeitsverhältnissen bei Plattformanbietern: Seufert/Gundlach, Medienregulierung in Deutschland (2017), S. 269; Wagner, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 325 (329); Klickermann/Lotz, MMR 2012, 801 (804). 963 Berger, CR 2012, 306 (307); Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 17.

961

146

3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Erforderlich ist somit insbesondere die publizistische Einwirkungsmöglichkeit auf die Inhalte im Vorfeld durch Auswahl.964 Grundsätzlich bestimmt zunächst der Portalbetreiber über die implementierten Softwaresysteme, welche Apps auf den Portalen verfügbar sind.965 Er hat sowohl die Hoheit darüber, welche Apps auf dem Portal installiert sind und ob diese in starren Flächen auch nicht wieder entfernbar sind und ob zusätzliche Apps über einen App-Store nachinstalliert werden können. Damit hat er die Hoheit über die inhaltliche Belegung des Portals, die über eine bloße Vermarktung hinaus geht.966 In Abgrenzung zu der vorgelagerten Funktion des App-Stores trifft der Betreiber des App-Portals über die Sortierung und Listung der angebotenen Apps eine weitergehende Einwirkungs- und damit Zusammenfassungsentscheidung, die Auswirkungen auf die Auffindbarkeit und Zugänglichkeit der Inhalte hat. Der überwiegende Teil der Endgeräte ermöglicht es dem Nutzer, im gesamten oder zumindest im überwiegenden Teil des Portals Apps zu löschen und neue Apps über den Apps-Store oder das Internet zu installieren (siehe oben, 1. Kap. V. 2) b.). In einem solchen System könnte die Nutzerautonomie und die damit verbundenen Gestaltungsmöglichkeiten die Zusammenfassungsentscheidung des Portalbetreibers überlagern, weil dieser damit das System aus der Sicht des Rezipienten nicht als „geschlossen“ ausgestaltet.967 Jedoch reicht die derzeit faktisch existierende Möglichkeit der Einflussnahme des Nutzers auf die Zusammenstellung der Angebote unter dem Eindruck des zu schützenden Rechtsguts der individuellen und öffentlichen Meinungsbildung aus einem vielfältigen Medienangebot (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG) nicht aus. Auch wenn man zumindest im Rahmen des Portals vertreten kann, dass die Nutzerautonomie die Zusammenfassungsentscheidung durch den Portalbetreiber überlagert, ist dies eine Freiheit, die in ständiger Abhängigkeit vom Portalbetreiber besteht. Auf dem Smartphone und TabletMarkt sind durchaus Tendenzen zu erkennen, dass Portalbetreiber verschiedene Inhalte nur auf ihren Geräten anbieten und andere gar nicht erst zulassen. Dies mag zwar in einem außenpluralen Portalmarkt nicht so schwer ins Gewicht fallen, wird aber, sobald man die Wechselkosten des Rezipienten ins Auge fasst, zum Problem. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Rezipient, allein schon aus finanziellen Gründen, ständig das Endgerät mit dem dazugehörigen Portal wechselt, um sich ein neues weitergehendes Angebot zugänglich zu machen. Daher kann das Gegenargument der Nutzerautonomie der 964

Dörr/HK-RStV, Bd. I, B 5, § 2 RStV, Rn. 50; Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (23); Assion, Must Carry (2015), S. 243 f.; Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52, Rn. 2; Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 19; BeckOK-InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 8; Berger, CR 2012, 306 (309). 965 Christmann, ZUM 2015, 14 (16); Bosman, K&R 2014, 784 (788). 966 So auch Broemel, ZUM 2012, 866 (874); Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 (661); Wagner, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 325 (328); Klickermann, in: Die Welt im Netz - Tagungsband der DSRI (2011), 707 (712); Ricke, MMR 2011, 642 (647); Eberle, in: FS für Hailbronner (2013), 675 (679); Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (127 f.); Christmann, ZUM 2015, 14 (18); Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, 3. Teil, Rn. 133; kritisch unter Hinweis auf eine „Vermarktungsfunktion“: Klickermann/Lotz, MMR 2012, 801 (804). 967 Berger CR 2012, 306 (310); Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (23).

II. Plattformregulierung

147

Zusammenstellung der Portalinhalte durch den Betreiber nicht entgegenstehen. Auch das Argument, dass eine Zusammenfassungsentscheidung nicht durch den Portalbetreiber, sondern bereits durch den Inhalteanbieter und App-Anbieter (z.B. Magine oder Zattoo) vorgenommen wird968, kann nicht überzeugen, da dieser Inhalteanbieter gerade in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Portalanbieter steht. Auch bei klassischen Plattformanbietern liegt die Bündelungsleistung und Zusammenfassungsentscheidung auf einer höheren Ebene. Die Anbieter von Rundfunk und vergleichbaren Telemedien entscheiden über die originären Inhalte. Dieses Programmangebot wird dann von Plattformanbietern mit anderen Angeboten gebündelt zusammengefasst und als Gesamtangebot verbreitet. Eine vergleichbare Zusammenfassungsentscheidung trifft auch der Portalanbieter, der die Inhalte von Dritten bündelt. Selbst wenn diese Zusammenfassungsentscheidung auf einer noch höheren Ebene liegt als bei klassischen Plattformen, da der Fall einer Plattform im Portal (z.B. Zattoo, siehe unten, 3. Kap. II. 3) b. (4)) denkbar ist, ändert sich nichts an der erneuten Zusammenfassungs- und Bündelungsentscheidung des App-Portalanbieters. (c) Übertragungstechnischer Aspekt Das Merkmal der Kontrolle über eine Übertragungsinfrastruktur birgt bereits abstrakt größere Auslegungsschwierigkeiten (siehe oben, 3. Kap. II. 2) c.). Bei Connected-TV-Sachverhalten kommt hinzu, dass die verschiedenen Portalanbieter sich in dem Punkt des Infrastrukturbezugs erheblich unterscheiden. Unter den Portalbetreibern befinden sich zunächst „klassische“ Infrastrukturunternehmen, die die Kontrolle über die Infrastruktur haben. Zum Teil werden die Portale über die Übertragungsinfrastruktur verbreitet, sodass von jenen Anbietern Rundfunk und vergleichbare Telemedien auf digitalen Datenströmen zusammengefasst werden (z.B. „freenet TV connect“ von Media Broadcast). Andere Portale von Infrastrukturanbietern sind mit der Set-Top-Box verbunden, wobei die Inhalte über eine Internetverbindung bezogen werden (z.B. Entertain der Telekom).969 Diese Infrastruktur des Internets (Telefonleitung) ist in den seltensten Fällen auch unter Kontrolle der Portalanbieter (z.B. aber bei der Telekom mit T-Home). Daneben machen den überwiegenden Teil der auf dem Connected-TV-Markt präsenten Portalbetreiber die Smart-TV-Hersteller und Betreiber sonstiger Dritt-Portale (z.B. die Hersteller von Connected-TV-Boxen/USB-Sticks) aus. Diese haben keinerlei Einfluss auf die für das Portal entscheidende Infrastruktur, weil es sich um software-basierte Portale handelt.970 An diesen Beispielen wird sehr deutlich, dass der Infrastrukturbezug bei über das Internet verbreiteten Inhalten nicht vorliegt. Die Bereitstellung einer Plattform über das Internet als Anbieter ohne Kontrolle über eine 968

Christmann, ZUM 2015, 14 (17). Konkrete Beispiele bei Sattler, Smart TV: Wer erringt die Portalhoheit auf dem Fernseher (2012), S. 4 ff.; Fahle/Schulze Isfort, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln, Heft 291, S. 6; zur „freenet TV connect“, siehe unten, 3. Kap. II. 3) d. (3). 970 Bosman, K&R 2014, 784 (788); Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 (661); Berger, CR 2012, 306 (311); Broemel, ZUM 2012, 866 (873); Weber, ZUM 2011, 452 (453). 969

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

konkrete Übertragungskapazität schließt aber nach der hier vertretenen und von der ZAK zugrunde gelegten Definition des Anbieters einer Plattform die Geltung der §§ 52 ff. RStV nicht aus (siehe oben, 3. Kap. II. 2) c.). Unter dem Regelungsziel der Sicherung der Vielfalt aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG besteht die regulierungsbedürftige GatekeeperPosition bereits durch die Kontrolle über die Zusammenstellung der Inhalte auf dem Portal, d.h. die Kontrolle über den Zugang zu einem geschlossenen System, auf das sowohl Inhalteanbieter als auch Rezipienten angewiesen sind.971 (d) Zwischenergebnis Folgt man dem im vorangegangenen Teil zugrunde gelegten weiten Begriffs des Anbieters einer Plattform, so fallen auch die Anbieter der App-Portale, die keine Infrastrukturbetreiber sind, d.h. Endgerätehersteller und Betreiber der sonstigen Dritt-App-Portale, darunter. (2) Portale als Plattformen in offenen Netzen In der Regelungssystematik führt diese Bejahung des Plattformanbieterbegriffs des § 2 Abs. 2 Nr. 13 RStV allerdings noch nicht dazu, dass die §§ 52 ff. RStV auch allumfänglich anzuwenden sind. Die App-Portale könnten aufgrund der Zusammenfassung von Inhalten in einem Portal, das über das Internet zur Verfügung gestellt wird, zu den privilegierten Plattformen in offenen Netzen zu zählen sein.972 Dabei ist nochmals hervorzuheben, dass unter dem Privilegierungstatbestand des § 52 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 RStV das Netz bzw. der Übertragungsstandard – zumindest derzeit – der Anknüpfungspunkt für das Merkmal der „Offenheit“ ist und nicht die Plattform selbst (siehe oben, 3. Kap. II. 2) e. (1)). Grundsätzlich werden die Angebote der Portale über die Breitband-Internetverbindung herangeführt. Das Portal selbst ist eine Software des Endgerätes.973 Die Einschlägigkeit des Privilegierungstatbestandes hängt auch bei klassischen Plattformanbietern davon ab, ob die gebündelten Inhalte über ein offenes Netz zur Verfügung gestellt werden. Es kommt damit nicht auf die übergreifende, technische Dienstleistung des Systems an, sondern auf jene Funktion, die der Zusammenfassungsentscheidung zugrunde liegt. Zusammengefasst werden auf App-Portalen Inhalte aus dem Internet, sodass grundsätzlich zur Verbreitung der Inhalte ein „offenes Netz“ im Sinne des Regelbeispiels des Privilegierungstatbestandes genutzt wird.974 Auch wenn das Portal aus Sicht der App-Anbieter 971

So auch Ricke, MMR 2011, 642 (648); Eberle, in: FS für Hailbronner (2013), 675 (679); Weber, ZUM 2011, 452 (453); für eine analoge Anwendung: Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 (661); Broemel, ZUM 2012, 866 (873 f.); a.A. Berger, CR 2012, 306 (311); Hain, AfP 2012, 313 (327). 972 Überzeugend hinsichtlich des Ausscheidens der sonstigen Privilegierungstatbestände: Klickermann/Lotz, MMR 2012, 801 (804). 973 Bosman, K&R 2014, 784 (788); Christmann, ZUM 2015, 14 (18). 974 So auch Wagner, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 325 (328); Broemel, ZUM 2012, 866 (874); Broemel, MMR 2013, 83 (85); Eberle, in: FS für Hailbronner (2013), 675 (679 f.); a.A. Weber, ZUM 2011, 452 (454): ohne weitere Begründung wird angenommen, dass die Angebote über den geschlossenen Rundfunkweg verbreitet werden.

II. Plattformregulierung

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aufgrund der Notwendigkeit eines Vertragsschlusses zum Zugang zum Portal geschlossen ist, ändert dies nichts an der Einschlägigkeit der Privilegierung unter Bezugnahme auf die abstrakte Festlegung offener Netze in den Klammerzusätzen des § 52 Abs 1 S. 2 Nr. 1 RStV. Legt man allerdings das eher am Regelungsziel der Privilegierung orientierte Verständnis zugrunde, wonach den Regelbeispielen keine Bedeutung zukommen kann (siehe oben, 3. Kap. II. 2) e. (1)), so sind die App-Portale nicht als offene Systeme zu kennzeichnen, solange die Inhalteanbieter ihre Angebote nicht auf sonstige Weise dem Rezipienten zugänglich machen können. Eine mit der „Plattform in offenen Netzen“ vergleichbare Situation liegt demnach nur vor, wenn Inhalteanbieter die Möglichkeit haben, ihr Angebot auf sonstige Weise über das freie Internet – beispielsweise als Web-App in einem Browser – zu verbreiten.975 Dies hängt aber wiederum von der Ausgestaltung des Portals durch den Portalbetreiber ab. Die Angebote bei einem anderen Portalbetreiber reichen dafür nicht aus, da es dafür eines zusätzlichen Endgeräts bedarf, welches aufgrund der Wechselkosten nicht als äquivalent anzusehen ist. Mithin ist das Internet für Portallösungen als geschlossene Systeme nicht so offen, wie es dies für Webseitenangebote ist. Aber auch bei Connected-TV-Portalen kann die Rückausnahme des § 52 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 RStV eingreifen, falls ein App-Portal als Plattform in offenen Netzen eine marktbeherrschende Stellung einnimmt. Entscheidend für die Ermittlung der „marktbeherrschenden Stellung“ ist die Verweisung des § 1 Abs. 2 Nr. 1 ZPS auf § 18 GWB (siehe oben, 3. Kap. II. 2) e. (1)). Deshalb ist zunächst der für die Betrachtung relevante Markt nach dem Konzept des § 18 GWB abzugrenzen. Hinsichtlich des Angebotsmarktes ist mit Hilfe des Bedarfsmarktkonzepts die Austauschbarkeit der Ware oder Dienstleistung aus der Sicht des Abnehmers zu ermitteln.976 Übertragen auf die Plattformregulierung bedeutet dies, dass die Austauschbarkeit eines Portals aus Sicht des Rezipienten zu prüfen ist. Bei der Marktabgrenzung ist auf die vorgelagerte Auswahlentscheidung der Rezipienten zwischen verschiedenen Endgeräteherstellern und Portalen abzustellen und somit der Markt der Connected-TV-Portale entscheidend.977 Nach diesem Verständnis ist derzeit aufgrund des Wettbewerbs zwischen den verschiedenen Portallösungen und den neben den Portalen verfügbaren Browsern von einem funktionierenden Markt der Portale auszugehen (siehe oben, 1. Kap. VI.), sodass die einzelnen Portale dem Rezipienten als substituieve Alternativen zur Verfügung stehen. Eine engere Marktabgrenzung kann erst dann vorgenommen werden, wenn die Hersteller der Endgeräte diese nur noch für eine Portallösung zur Verfügung stellen (ein Fernsehsystem = ein Markt).978 Dies ist aber aufgrund der momentan herrschenden

975

Klickermann/Lotz, MMR 2012, 801 (804); Binder/Vesting/Wagner, Rundfunrecht, RStV, § 52, Rn. 29. Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 33; Koenig, MMR 2013, 137 (137); BGH, WuW/E 3058 (3062). 977 Broemel, ZUM 2012, 866 (874); in diese Richtung auch Becker, ZUM 2011, 449 (449). 978 Broemel, ZUM 2012, 866 (874); Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 (663).

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Portalvielfalt bzw. der Öffnungsmechanismen der Portale bislang nicht der Fall (siehe oben, 1. Kap. VI.).979 Aus der Sicht der Nachfragemärkte ist hingegen erheblich, inwieweit die Austauschbarkeit einer Plattform bzw. eines Portals aus der Sicht der Inhalteanbieter gegeben ist.980 Diesen gegenüber tritt der Plattformanbieter als Nachfrager auf.981 Der Portalanbieter stellt für Inhalteanbieter einen relevanten Gatekeeper dar, weil er über Vertragsbeziehungen kontrolliert, welche Inhalte auf seinem Portal zugänglich sind und somit den Weg zum Rezipienten finden. Für die Inhalteanbieter ist es hingegen entscheidend, dass sie auf möglichst vielen und insbesondere den bedeutenden Portalen vertreten sind.982 Eine marktbeherrschende Stellung tritt erst dann ein, wenn es aufgrund von Konzentrationstendenzen immer weniger Anbieter von Portalen bzw. sonstigen geschlossenen Systemen gibt, über die Inhalte Zugang zum Rezipienten finden.983 Dann bestünde die Gefahr, dass Inhalteanbieter aufgrund sich entwickelnder Lock-in-Effekte und Gewöhnungseffekte beim Rezipienten gezwungen wären, seine Angebote nur auf diesen auch genutzten Portalen anzubieten984. Unter diesem Gesichtspunkt fehlt dann die Substituierbarkeit.985 Deshalb kann nicht allein aufgrund der Tatsache, dass es verschiedene Portalsysteme gibt, eine marktbeherrschende Stellung abgelehnt werden. Auf dem Nachfragemarkt ist die Substituierbarkeit bei proprietären Systemen nicht geben, da die Inhalteanbieter aufgrund von Lock-In-Effekten beim Rezipienten gezwungen werden, bestimmte Portale auch als Zugang zum Nutzer zu wählen. Daher ist aus dieser Sicht ein Portal ein Markt, sodass unter dieser Rückausnahme eine marktbeherrschende Stellung besteht. Somit gilt es hier festzuhalten, dass die Portale zwar dem Begriff der „Plattform in offenen Netzen“ nach derzeitiger Rechtslage unterfallen.986 Auch nach dem von den Regelbeispielen unabhängigen Normverständnis eines offenen Netzes sind App-Portale zumindest in der gängigen technischen Ausgestaltung mit Browsern dem Privilegierungstatbestand vergleichbar. Allerdings liegt auf dem Nachfragemarkt der Inhalteanbieter eine marktbeherrschende Stellung vor, sodass der sachliche Anwendungsbereich der Plattformregulierung in ihrer derzeitigen Form eröffnet ist.

979

Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (26). Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 33; darauf scheint auch die Gesetzesbegründung abzuzielen: Begründung zum 10. RÄStV, LT-Drs. BY 15/9667 v. 14. 1. 2008, S. 26 f. 981 Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 33. 982 Schütz/Schreiber, MMR 2013, 659 (663). 983 Schütz/Schreiber, MMR 2013, 659 (663); Zum Wettbewerb zwischen den Portalen: Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 12, 21. 984 Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 (663); Koenig, MMR 2013, 137 (137 f.); Paal, GRUR 2013, 873 (879 f.); ähnlich zu den Lock-In-Effekten: Becker, ZUM 2011, 449 (449); Ladeur, GRUR 2005, 559 (561). 985 Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 (663); Koenig, MMR 2013, 137 (137 f.); Paal, GRUR 2013, 873 (879 f.); ähnlich auch bereits Ladeur, GRUR 2005, 559 (561). 986 So auch Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 29; Klickermann/Lotz, MMR 2012, 801 (804).

980

II. Plattformregulierung

151

(3) Portale als Programmplattformen Unabhängig von der Einordnung als Plattform in „offenen Netzen“ wäre bei den Portalen der Endgerätehersteller eine Vergleichbarkeit mit den „Programmplattformen“ nach § 52b Abs. 3 Nr. 1 RStV denkbar. Bislang wurde diskutiert, ob die Befreiungsvorschrift vom Must-Carry-Regime der Plattformregulierung in den Fällen zur Anwendung gelangt, in denen ein Plattformanbieter einen Hybrid-Receiver zum Einsatz bringt.987 Allerdings wurde in der Praxis bislang noch kein Anwendungsfall von „gleichartigen Übertragungswegen“ angenommen, wenn es sich nicht um dieselben Übertragungswege handelte.988 Die Argumentation stützt sich darauf, dass über die Verwendung eines hybriden Endgerätes über das Internet via Stream oder Plattformen wie „Zattoo“ ein Großteil der von der Must-Carry-Regelung des § 52b Abs. 1 RStV erfassten Fernsehprogramme empfangen werden können, sodass diese auf demselben Endgerät ohne finanziellen oder technischen Mehraufwand rezipiert werden können.989 Diese Argumentation könnten auch die Endgerätehersteller als Portalbetreiber unter umgekehrten Vorzeichen für sich dienbar machen, um sich so von Zugangsansprüchen oder Belegungsvorgaben freizuzeichnen. Die Portale auf den Endgeräten nehmen eine der Situation der Programmplattformen ähnliche Stellung ein, soweit dasselbe Endgerät auch einen getrennten separaten Zugang zum digitalen Fernsehempfang ermöglicht.990 Eine solche Ausstattung der digitalen Endgeräte ist derzeit nahezu flächendeckend gegeben, sodass der digitale Rundfunkempfang technisch und inhaltlich unabhängig vom App-Portal zugänglich ist.991 Allerdings spielt in der Ausnahmeregelung des § 52b Abs. 3 Nr. 1 RStV nur die Substituierbarkeit von Fernsehprogrammen eine Rolle.992 Ebenfalls meinungsrelevante audiovisuelle Inhalte auf Abruf oder auch textbasierte Inhalte als vergleichbare Telemedien wären aufgrund fehlender Gleichartigkeit demnach nicht von der Regelung erfasst. De lege lata lässt sich nichtsdestotrotz festhalten, dass der Privilegierungstatbestand des § 52b Abs. 3 Nr. 1 RStV für „Programmplattformen“ in umgekehrter Form auch auf App-Portale zumindest der Endgerätehersteller anwendbar erscheint. Bei sonstigen App-Portalen, die keinen eigenen Zugang zu Rundfunk vermitteln, läuft die Vorschrift hingegen ins Leere.

987

Christmann, ZUM 2009, 7 (12); Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52b, Rn. 87; Hoeren/Neurauter, IPTV (2010), S. 170 f. 988 Cole/HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52b RStV, Rn. 27; Assion, Must Carry (2015), S. 286. 989 Christmann, ZUM 2009, 7 (12); Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52b, Rn. 87; zweifelnd hinsichtlich DVB-T und anderen Übertragungsinfrastrukturen: Hoeren/Neurauter, IPTV (2010), S. 171; Assion, Must Carry (2015), S. 285 f. 990 Ähnliche Überlegungen auch bei Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 221. 991 92% der Endgeräteanbieter unterstützen den HbbTV-Standard laut GfK Retail & Technology GmbH, 02/2015 (abrufbar unter: http://www.tv-plattform.de/images/stories/pdf/Grafik-HbbTV-Markt_2014-15.pdf, Stand: 11.09.2018, 15:29 Uhr); Christmann, ZUM 2015, 14 (18); Chardon, in: Gottberg/Graubner, tvdiskurs 56, 54 (57); Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (22 f.); Klickermann/Lotz, MMR 2012, 801 (804). 992 Wohl a.A. Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 221.

152

3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung (4) Problem der Plattform in der Plattform

Unter der derzeit gängigen Aufsichtspraxis der Landesmedienanstalten werden einige der in den App-Portalen zur Verfügung gestellten Angebote, wie z.B. Zattoo, derzeit als Plattformen erfasst. Die App des Angebots von Zattoo, die auf der Liste der Plattformanbieter der Medienanstalten als „privilegierte Plattform“ eingeordnet ist993, steht auf einigen Connected-TV-Portalen zur Nutzung zur Verfügung.994 Ordnet man unter dem weiten Plattformanbieterbegriff auch die Portale als Plattform ein, kommt es daher zu einem „neuen“ Phänomen, der „Plattform in der Plattform“.995 Eine solche Konstellation weist dann eine gewisse Vergleichbarkeit zur Ausnahmevorschrift des § 52 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 RStV auf. Danach werden Plattformanbieter privilegiert, deren Plattformen lediglich die unveränderte Weiterleitung eines auf einer höheren Netzebene bereits regulierten Plattformangebots vornehmen.996 Allerdings erscheint dieser Vergleich aus zwei Gründen nicht überzeugend. Zum einen werden die hier einschlägigen Angebote wie Zattoo aufgrund ihrer Verbreitung über das Internet gerade von der Plattformregulierung ausgenommen, sodass eine Regulierung auf höherer Ebene nicht erfolgt ist. Zum anderen ist auch die Grundkonstellation eine andere, weil nicht die gesamte Plattform des Anbieters – wie bei § 52 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 RStV – von der Regulierung ausgenommen würde, sondern einzelne Angebote des Portals als Plattform. Im Unterschied zur Situation der Privilegierungsvorschrift nimmt der Portalbetreiber gegenüber der Zattoo-App, sobald sie Teil des Angebots des Portalbetreibers wird, eine Gatekeeper-Position auf dieser höheren Ebene ein, da er zuerst über Zugang und Auffindbarkeit der App gegenüber dem Rezipienten entscheidet. Insoweit ist diese Ausnahmevorschrift auf Connected-TV-Portale nicht anwendbar und wäre darüber hinaus auch unter den Regelungszwecken der Plattformregulierung nicht zielführend. c. Plattformregulierung bei App-Stores (1) Betreiber von App-Stores als Plattformanbieter (a) Angebote „auch von Dritten“ Auch in den App-Stores bestehen hinsichtlich der Inhalte Diskriminierungsgefahren von Seiten der Betreiber. Im Unterschied zu den die Diskriminierung ermöglichenden 993

Vgl. Liste der Plattformanbieter, abrufbar unter: http://www.die-medienanstalten.de/themen/plattformennetze/plattformregulierung.html (Stand: 31.08.2018, 19:34 Uhr). 994 Derzeit ist die Zattoo-App bei Chromechast, Amazon Fire TV, Apple TV, Nexus Player, Humax, XBOX sowie Connected-TV-Geräten von LG und Samsung einsetzbar. Vgl. http://zattoo.com/de/so-gehts/ (Stand: 11.09.2018, 16:24 Uhr). 995 Bisher verstand man darunter Plattformen, die ohne eigen Infrastruktur verbreitet wurden, sodass sie sich die Infrastruktur mit einer anderen Plattform teilten. Vgl. Assion, Must Carry (2015), S. 236 f. 996 Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52, Rn. 8; BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52, Rn. 36; zu den Netzebenen im deutschen Kabelmarkt: Holznagel/Dörr/Hildebrand, Elektronische Medien (2008), S. 98 ff.

II. Plattformregulierung

153

Sortierungsmöglichkeiten durch die Portalfunktion kommt dem App-Store auf der Ebene des „Obs“ des Zugangs und der Präsentation der verfügbaren Inhalte ein entscheidendes Diskriminierungspotential zu. Selbst wenn darin nur fremde Angebote zugänglich gemacht werden, begründen die Vertragsverhältnisse auf dieser Ebene ein klares Abhängigkeitsverhältnis. (b) Übertragungstechnischer Aspekt Auch hinsichtlich des übertragungstechnischen Aspekts des Plattformanbieter-Begriffs ist hier keine abweichende Betrachtung zu den Funktionen des App-Portals (siehe oben, 3. Kap. II. 3) b. (1) (c)) vorzunehmen. Der App-Store ermöglicht es den Endgeräteherstellern oder sonstigen Portalbetreibern ebensowenig, Kontrolle über die Übertragungsinfrastruktur auszuüben. Damit stünde auch hier das Wortlautargument des engen Plattformanbieterbegriffs der Anwendbarkeit der bisherigen Regulierung entgegen. Nur eine Auslegung im Rahmen des weiten Plattformbegriffs, der das Regulierungsziel der Vielfaltssicherung in den Vordergrund rückt, lässt eine Subsumtion eines App-Stores unter den Plattformanbieterbegriff zu, da auch über die mit dem App-Store verbundene vorgelagerte Entscheidung, welche Angebote Zugang zum Portal – in Abhängigkeit von der nachgelagerten Rezipientenentscheidung – haben, eine Gatekeeper-Position begründet wird (siehe oben, 3. Kap. I. 1) b. (3)). (c) Zusammenfassungsentscheidung Kann man die Überlagerung der Zusammenfassungsentscheidung der Portalbetreiber auf den App-Portalen durch die Nutzerautonomie dort noch als Argument heranziehen (siehe oben, 3. Kap. II. 3) b. (1) (b)), so verliert dieses bei der Einbeziehung des vorgelagerten App-Stores in die Betrachtung an Argumentationskraft. Über den App-Store hat allein der Portalbetreiber die Kontrolle, welche Anwendungen im Portal zur Verfügung stehen. Erst dieser Entscheidung nachgelagert entsteht eine Wahlmöglichkeit des Rezipienten hinsichtlich der Installation der entsprechenden Apps. Auf dieser vorgelagerten Ebene bleibt die Verfügungsgewalt über die Inhalte, unabhängig von den vorund festinstallierten Apps, in den Händen der Portalbetreiber, da Drittanbieter ihre Inhalte nur in Form von Apps über den App-Store des Portalbetreibers verbreiten können. Insoweit sind die Inhalte in ein proprietäres System der Portalbetreiber eingebunden.997 Dieser nimmt eine wesentliche Stelle zwischen Inhalt und Rezipient ein, welche unter das Gatekeeper-Profil fällt (siehe oben, 3. Kap. I. 1) b. (3)).998 Dieser Erkenntnis kann man auf faktischer Ebene entgegenhalten, dass fast alle Endgerätehersteller potentiellen App-Entwicklern ein SDK zur Verfügung stellen, damit diese eine App und damit ihre Inhalte auf den Portalen platzieren können.999 Damit ermöglicht es der Portalbetreiber Dritten, Angebote für sein Portal zu konzipieren, und wird zum

997 998 999

Baumgartner/Ewald, Apps und Recht (2013), Rn. 2. So auch Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 (659). Berger, CR 2012, 306 (312); Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (25).

154

3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

„Vermittler von Software“ zur Bereitstellung von Inhalten mittels App. Diese kontrollieren die Endgerätehersteller und sonstigen Portalbetreiber am Ende des Entwicklungsprozesses einer App lediglich in technischer Hinsicht auf ihre Konfiguration, ihre Kompatibilität mit dem proprietären Portal und ihre Nutzerfreundlichkeit.1000 Mit dieser Auswahlpraxis garantiert der Betreiber des App-Stores die Funktionalität und einen gewissen Qualitätsstandard der Apps auf seinem Gerät. Insoweit greift er auf legitime Gründe zurück, die ihren Ursprung nicht in inhaltsbasierten Kriterien haben. Neben dieser technischen Kontrolle nehmen die Endgerätehersteller aber auch eine inhaltliche Kontrolle vor.1001 Diese erstreckt sich auf jeden Fall auf die gesetzlich begründete Kontrolle hinsichtlich rechtswidriger und jugendschutzgefährdender Inhalte gemäß § 52a Abs. 1 und 2 RStV und begründet damit noch keine Gatekeeper-Position.1002 Zumindest durch die Entscheidungsmacht und Auswahl darüber, welche Apps im jeweiligen App-Store verfügbar sind, nehmen die Gerätehersteller und Portalbetreiber in ihrer Funktion als Betreiber des App-Stores eine Gatekeeper-Position ein.1003 Diese Kontrolle über den Zugang von Angeboten zum App-Store wirkt sich trotz der angesprochenen SDKs vor allem bei der Gestaltung der Vertragsverhältnisse in diesem Bereich aus.1004 Zum einen bedürfen App-Entwickler der Registrierung, um den Zugang zum SDK zu erlangen und sind bereits darüber (über die Angewiesenheit auf den SDK und die Einwilligung in die Nutzungsbedingungen) an die Endgerätehersteller und Portalbetreiber gebunden.1005 Zum anderen bestimmen die Betreiber faktisch auch die Abschlussbedingungen der Verträge zur Aufnahme eines Angebots in den App-Store. Dabei können neben der rein technischen Überprüfung der App auch inhaltliche Kriterien zugrunde gelegt werden.1006 Aber auch die ausschließlich technische Kontrolle hinsichtlich der Nutzerfreundlichkeit kann schon ein Einfallstor für eine inhaltliche Prüfung sein. Beispielsweise könnte Mediatheken, die eine aus der Sicht des Geräteherstellers nicht nutzerfreundliche Navigation aufweisen, die Aufnahme in den App-Store verboten werden. Inwieweit diese allein auf der Nutzerfreundlichkeit basierenden Kriterien von dem Gesichtspunkt der Meinungsbildungsrelevanz bestehen sollen, erschließt sich nicht, da sie keine Rückbindung zum Inhalt zulassen. Zudem ändert das Zur-Verfügung1000

Berger, CR 2012, 306 (312); Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (23). Dreizehnter Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“, BT-Drs 17/12542, S. 27 mit dem Beispiel „itunes“ von Apple. 1002 Berger, CR 2012, 306 (312); Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (23). 1003 Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (28); Broemel, ZUM 2012, 866 (872); Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (127 f.); zu Spielekonsolen und MP3-Playern: Holznagel/Dörr/Hildebrand, Elektronische Medien (2008), S. 460 f.; andere Tendenz beim Beispiel i-Tunes-Store: Hege, in: ZAK, Digitalisierungsbericht 2010, 13 (18). 1004 Das erkennt auch Berger, CR 2012, 306 (312) an; zu diesen Vertragsverhältnissen ausführlich: Baumgartner/Ewald, Apps und Recht (2013), Rn. 93 ff.; Vertragsverweigerung oder -koppelung als „Flaschenhalsproblematik“, Palankova, Chancengleicher Zugang (2008), S. 53 f.; außerdem gibt es Anbieter (z.B. Apple bei Apple TV), die es nicht vorsehen, dass Dritte Apps für Ihre Portale programmieren. Vgl. Kubiv: http://www.macwelt.de/news/Ichbin-im-XBMC-Team-nutze-privat-ein-Apple-TV-8950680.html (Stand: 11.09.2018, 10:15 Uhr). 1005 Baumgartner/Ewald, Apps und Recht (2013), Rn. 13 ff. 1006 So auch Baumgartner/Ewald, Apps und Recht (2013), Rn. 6, 10; Bosman, K&R 2014, 784 (788); Dreizehnter Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“, BT-Drs 17/12542, S. 27; Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (127). 1001

II. Plattformregulierung

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Stellen eines SDKs nichts an der Zusammenfassungsentscheidung des App-Store-Betreibers. Insoweit führt die technische Ausgestaltung eines Endgerätes, Portals und der dazugehörigen App-Stores noch nicht zur generellen Verneinung der Zusammenfassungsentscheidung und der damit verbundenen Regulierungsbedürftigkeit einer Gatekeeper-Stellung.1007 (d) Zwischenergebnis Auch der Betreiber eines App-Stores kann also unter den weiten Begriff des Plattformanbieters gefasst werden. Wenn bei den Portalen noch die Zusammenfassungsentscheidung in Abgrenzung zur Nutzerautonomie angezweifelt wurde, liegt diese auf der vorgeschalteten Ebene des App-Stores eindeutig vor. (2) App-Stores als Plattformen in offenen Netzen Allerdings könnte unter denselben Prämissen wie bei den Portalen der Privilegierungstatbestand des § 52 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 RStV greifen (siehe oben, 3. Kap. II. 3) b. (2)), wenn auch der App-Store eine Plattform in offenen Netzen ist. Durch die vom Gesetzgeber vorgenommene standardisierte Betrachtungsweise und Normierung von Regelbeispielen („Internet, UMTS“) reicht es aus, dass der App-Store seine Angebote über das Internet-Protokoll anbietet. Eine solche Normanwendung wäre aber mit dem weiten Begriffsverständnis eines „offenen Netzes“ als „offenes System“ mit Blick auf Gatekeeper-Position nicht vereinbar, da gerade der App-Store ein geschlossenes System für das Anbieten von Apps bildet1008. Hinzu kommt, dass unter dem hier zugrunde gelegten Verständnis des Begriffs der „marktbeherrschenden Stellung“ (siehe oben, 3. Kap. II. 2) e. (1)) der jeweilige AppStore als Nachfragemarkt angesehen wird. Darauf hat der Betreiber durch technische und inhaltliche Vorabkontrolle der Apps einen beherrschenden Einfluss. Eine Substituierbarkeit des App-Stores ist für die Inhalteanbieter gerade nicht gegeben. Auch hier liegt demnach eine marktbeherrschende Stellung vor, sodass die Privilegierung nicht greift und App-Stores dem sachlichen Anwendungsbereich der Plattformregulierung unterfallen d. Plattformregulierung bei HbbTV-Anwendungen (1) HbbTV-Anbieter als Plattformanbieter Rundfunkveranstalter nutzen den HbbTV-Standard, um den Rezipienten ergänzende Telemedienangebote zugänglich zu machen. Diese ergänzenden Telemedienangebote fallen selbst unter dem engen Begriffsverständnis aufgrund ihrer Nähe zu den Rundfunkangeboten unter den Begriff der „vergleichbaren Telemedien“ (siehe oben, 3. Kap. II. 2) a. (2)). Da nach der hier vertretenen Auffassung auch das Betreiben von 1007 1008

A.A. Berger, CR 2012, 306 (310); Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (23). Baumgartner/Ewald, Apps und Recht (2013), Rn. 2.

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Plattformen mit ausschließlich „vergleichbaren Telemedien“ unter den Begriff des Plattformanbieters fällt (siehe oben, 3. Kap. II. 2) a. (3)), ist es unbeachtlich, ob über die HbbTV-Portale der Sender auch Rundfunk zugänglich gemacht wird. In der Praxis wird im Rahmen besonderer Live-Streams, die in dieser Form nicht im Rundfunksignal erfolgen (z.B. weitere Kameraperspektiven bei Sportevents), sogar zumindest temporär Rundfunk in den HbbTV-Angeboten zugänglich gemacht.1009 Somit machen die Rundfunkveranstalter über HbbTV ein Gesamtangebot zugänglich, dessen Zusammenfassungsentscheidung durch die Kontrolle über den Zugriff auf die über das Rundfunksignal übertragenen Inhalte von ihnen bestimmt wird.1010 Allerdings gewinnt hier das Merkmal der „Angebote auch von Dritten“ an Relevanz. Im Gegensatz zu den Portalen der Endgerätehersteller, bei denen die Erfassung der Zusammenfassung ausschließlich fremder Angebote von der Definition des Anbieters einer Plattform problematisch sein kann, bieten Rundfunkanbieter bei HbbTV-Angeboten ausschließlich eigene Angebote an. Aufgrund der fehlenden Diskriminierungspotentiale bei Eigenanbietern (siehe oben, 3. Kap. II. 2) a. (4)) scheiden diese aus dem Anwendungsbereich des Plattformanbieterbegriffs aus.1011 (2) HbbTV-Portale bei Programmplattformen Einen Sonderfall bilden allerdings HbbTV-Portale bei (und nicht „als“) Programmplattformen als „broadcast independent“. Derzeit bietet der DVB-T-Betreiber Media Broadcast GmbH unter der Bezeichnung „Multithek“ bzw. „freenet TV connect“ 1012 ein solches auf dem Standard HbbTV basierendes Portal an, das eher mit den App-Portalen der Hersteller als mit den HbbTV-Angeboten der Rundfunkveranstalter vergleichbar ist. Lediglich vereinzelt wird unter Vernachlässigung der Aggregations- und Zusammenfassungsfunktion vertreten, das Gesamtangebot „Multithek“ sei als „vergleichbares Telemedium“ einzuordnen.1013 Inhaltlich enthält das Portal sowohl Apps, die als Rundfunk zu qualifizieren sind, als auch Apps mit vergleichbaren und einfachen Telemedienangeboten.1014 Zwar handelt es sich dabei wohl ausschließlich um Angebote Dritter und es liegen keine eigenen Angebote vor, jedoch besteht nach dem hier vertretenen Verständnis (siehe oben, 3. Kap. II. 2) a. (4)) auch dann eine Gatekeeper-Position. Diskriminierungsmöglichkeiten mit einem Gefahrenpotential für das Vielfaltsgebot ebenso wie die notwendigen vertraglichen 1009 Vgl. insbesondere das Angebot der öffentlich-rechtlichen Sender bei Sportgroßveranstaltungen. Bei Olympia werden über HbbTV Streams zu parallel laufenden Wettbewerben angeboten, die so nicht über das Rundfunksignal ausgestrahlt werden, vgl. Grün, Olympia live im Internet und auf Smart-TVs (2012), abrufbar unter: http://www.digitalzimmer.de/artikel/news/olympia-live-internet-smart-tvs/ (Stand: 11.09.2018, 11:27 Uhr). 1010 Broemel, ZUM 2012, 866 (875). 1011 Broemel, ZUM 2012, 866 (875). 1012 Siehe dazu: https://www.media-broadcast.com/fileadmin/Downloads/Presse-Medien/multithek/Factsheet_multithek_140129.pdf, (Stand: 11.09.2018, 15:41 Uhr); https://www.freenet.tv/connect (Stand: 12.07.2018, 15:44 Uhr). 1013 Assion, Must Carry (2015), S. 251. 1014 Müller, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 15 (32 ff.); https://www.freenet.tv/connect (Stand: 12.07.2018, 15:44 Uhr).

II. Plattformregulierung

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Beziehungen der Inhalteanbieter zum Anbieter der „Multithek“ begründen diese Einordnung. Die Zusammenfassungsentscheidung liegt hier beim Portalbetreiber. Bislang wird dabei weder ein App-Store noch die Möglichkeit der Löschung oder der Umsortierung von Apps angeboten, sodass auch keine Überlagerung durch eine autonome Auswahl des Nutzers vorliegt. In der Darstellung werden audiovisuelle HbbTV-basierte Angebote (vor allem VoD-Angebote) in der Senderliste neben klassischen Rundfunksendern angezeigt.1015 Da das Portal von dem DVB-T-Betreiber selbst unterhalten wird, hat der Portalbetreiber auch Zugriff auf die Übertragungsinfrastruktur in Form des terrestrischen Signals. Insoweit wäre bei einem solchen Portal auch der enge Plattformanbieterbegriff einschlägig. Versteht man nun die Privilegierungsvorschrift für Plattformen in offenen Netzen (§ 52 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 RStV) nach dem rein technischen und abstrakten Modell der derzeitigen Regulierung (siehe oben, 3. Kap. II. 2) e. (1)), dann würde das HbbTV-Angebot über ein geschlossenes System, nämlich das Rundfunksignal des DVB-T-Netzes an das Portal herangeführt. Daran würde auch die Tatsache, dass der eigentlich dahinter liegende Inhalt über das Internet, also ein offenes Netz, zur Verfügung gestellt wird, nichts ändern. Zieht man aber die Logik der Privilegierungsvorschrift, wie sie insbesondere in der ZPS deutlich wird, heran, dann kann der Inhaltenanbieter zwar sein Angebot technisch auch über das herkömmliche Internet-Protokoll zur Verfügung stellen, der Rezipient kann allerdings das Angebot nicht in demselben Nutzungsumfeld, nämlich im Portal auf dem Connected-TV nutzen. Nach dieser zuvor herausgearbeiteten funktionalen Betrachtungsweise der Terminologie des „offenen Netzes“ in § 52 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 RStV (siehe oben, 3. Kap. II. 2) e. (1)) sind keine geschlossenen Plattformen erfasst, da es nicht ausreicht, allein auf den hinter dem Signal liegenden Inhalt abzustellen. Zudem bedarf es zur Ansteuerung zwingend der Nutzung des Rundfunksignals, welches selbst nicht über das Internetprotokoll übertragen wird. Demnach scheidet die Privilegierungsvorschrift für HbbTV-Portale aus. e. Plattformregulierung für „Benutzeroberflächen“ der Endgeräte Den derzeitigen technischen Ausgestaltungen von Plattformen, die Rundfunk und vergleichbare Telemedien zusammenfassen, am ähnlichsten stehende Funktionen eines Connected-TV sind dessen „Benutzeroberflächen“1016, die den Zugang zum und die Orientierung im Programm und in den daneben verfügbaren Apps vermitteln (siehe oben, 1. Kap. V. 2) e.). 1015

Siehe https://www.freenet.tv/connect (Stand: 12.07.2018, 15:44 Uhr). Hier wird die Begrifflichkeit der Reformdebatte gewählt, wobei diese zwar angelehnt aber nicht unbedingt deckungsgleich mit dem in der ZPS verwendeten Begriffs zu sein scheint. So Position der DLM zur Fortentwicklung der Plattformregulierung (2016), S. 3; Bericht Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz, Juni 2016, S. 23, Fn. 2; anders noch Kluth/Schulz, Konvergenz und regulatorische Folgen, (Gutachten 2014), Arbeitspapiere des Hans-Bredow-Instituts Nr. 30, S. 28, die unter Benutzeroberfläche das App-Portal der Endgerätehersteller und sonstigen Portalanbietern verstehen.

1016

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Diese sind mit den Navigatoren und EPGs der Infrastrukturbetreiber, die eine Orientierung innerhalb des verfügbaren Programms ermöglichen und von der Plattformregulierung originär adressiert werden, vergleichbar. Bei dieser möglichen Funktion eines Connected-TV-Endgerätes oder eines mit dem Fernsehgerät verbundenen Peripheriegerätes geht es auch um die klassische Zugangsvermittlung zu Rundfunkinhalten in linearer Form, sodass sich die bei den sonstigen Portalen bestehenden Unklarheiten hinsichtlich des inhaltsbezogenen Merkmals nicht stellen. In solchen „Benutzeroberflächen“ werden allerdings keine Inhalte in irgendeiner Form selbst gebündelt, sondern lediglich mit technischen Mitteln zusammengefasst und auffindbar gemacht, sodass eine faktische Zugangsvermittlung und keine Zusammenfassungsentscheidung im geschlossenen System vorgenommen wird. Es handelt sich dabei auch nicht um eigene Angebote, sondern um die Zusammenstellung der Angebote von Dritten. Dass in einer solchen Konstellation dennoch eine Diskriminierungsgefahr besteht, wurde bereits aufgezeigt (siehe oben, 3. Kap. II. 2) a. (4)). Die Lösung von einem starren Infrastrukturbezug des Begriffs des „Anbieters einer Plattform“ kann durch Auslegung erzielt werden (siehe oben, 3. Kap. II. 2) c.), sodass eine solche Benutzeroberfläche, welche den ersten Zugang zu Rundfunkprogrammen vermittelt, unter den so verstandenen weiten Begriff des Plattformanbieters fällt. In § 52c Abs. 1 S. 2 Nr. 3 RStV ist auf Rechtsfolgenseite auch bereits von Benutzeroberflächen die Rede, welche in § 2 Abs. 3 ZPS eine genauere Definition erfahren. Dann bleibt aber die Frage, ob eine Benutzeroberfläche, soweit sie über das IP-Signal auf dem Endgerät zur Verfügung gestellt wird, auch eine „Plattform in offenen Netzen“ darstellt und unter die Privilegierungsvorschrift des § 52 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 RStV fällt. Dahingehend ist die technische Umsetzung durch die Endgerätehersteller sehr unterschiedlich. Bei einigen Endgeräten handelt es sich um softwareseitige Benutzeroberflächen, andere lassen diese Navigatoren als über das IP-Signal ans Gerät gebrachte Dienste erscheinen.1017 Letztere sind dann aber lediglich Zusatzfunktionen, sodass der Rundfunkzugang auch über eine weitere Funktion ohne die vorgeschaltete Benutzeroberfläche möglich ist. Deshalb erscheint eine strenge Regulierung einer solchen zusätzlichen Sortierungsfunktion nicht angebracht, weil der Rezipient auf anderem Wege Zugang zum Programm findet.1018 Bei der softwaregestützten Kategorie von Benutzerplattformen ist der Rezipient hingegen gezwungen, den Einstieg ins Programm über diesen Navigator zu vollziehen, sodass eine Diskriminierungsgefahr in Bezug auf die Inhalteanbieter besteht, da der Rezipient keine andere Möglichkeit des Progammzugangs hat.

1017

Kluth/Schulz, Konvergenz und regulatorische Folgen, (Gutachten 2014), Arbeitspapiere des Hans-BredowInstituts Nr. 30, S. 28 1018 Anders die Tendenz bei DLM, Rundfunkprogramme finden – chancengleich und diskriminierungsfrei, abrufbar unter: https://www.die-medienanstalten.de/atrium/rundfunkprogramme-finden-chancengleich-und-diskriminierungsfrei/ (Stand: 11.09.2018, 12:36 Uhr).

II. Plattformregulierung

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Diese Unterscheidung wird besonders bei der Nutzung einer Benutzeroberfläche von Peripheriegeräten besonders deutlich. Der Nutzer hat sich dabei positiv für die Anwendung der Software und der darüber ermöglichten Funktionen entschieden. Eine solche freie Entscheidung soll dem Rezipienten durchaus möglich sein. Die Regulierung kann erst dann sinnvoll an dem Anbieter einer solchen periphär herangeführten Benutzeroberfläche als Regelungsadressaten ansetzen, wenn diese ein geschlossenes System darstellt, das vom Rezipienten genutzt werden muss, um auf die Inhalte zuzugreifen. f. Zwischenfazit Die bestehenden Auslegungsschwierigkeiten der Tatbestandsmerkmale des Begriffs eines Plattformanbieters setzen sich auch bei der konkreten Subsumtion unter ConnectedTV-Funktionen fort, sodass bei den verschiedenen plattformähnlichen Funktionen (App-Portale, App-Stores, HbbTV-Anwendungen und „Benutzeroberflächen“) eine äußerst fragile Rechtsanwendungspraxis entsteht. Aufgrund der aufgezeigten unterschiedlichen Ansätze des Verständnisses eines Plattformanbieters erklärt sich der im folgenden zu beleuchtende Bedarf der Anpassung, der sich nicht auf eine extensive Auslegung der Plattformregulierung für vergleichbare Gatekeeper-Stellungen aufgrund der möglicherweise weitreichenden Folgen für den in der Entstehung befindlichen Markt einlassen möchte. 4) Anpassung des Anwendungsbereichs Plattformregulierung Nachdem das derzeitige Verständnis der Definition eines Plattformanbieters (D. II. 2)) erörtert, sowie die Subsumtion der Connected-TV-Sachverhalte unter diesen Begriff vorgenommen wurde (D. II. 3)) soll nun der Blick auf die Weiterentwicklung in Bezug auf neue Gatekeeperphänomene gerichtet werden. Entgegen der in der rechtspolitischen Reformdiskussion oft aufzufindenden Forderung nach „Ausweitung“1019 der Plattformregulierung soll hier der neutralere Begriff der „Anpassung“ gewählt werden.1020 Dieser ist entwicklungsoffen für alle denkbaren Reformforderungen im Sinne von Regulierung im Rahmen der Medienkonvergenz. a. Verwirklichung eines abgestuften Systems der Gatekeeper-Regulierung Ziel einer Anpassung des Plattformbegriffs kann es nicht sein, lediglich bestimmte neue Phänomene als Regelungsadressaten mit einzubeziehen. Es muss vielmehr eine grundsätzliche Ausgestaltung und Ausrichtung dieser Begrifflichkeit auf Gatekeeper-Funktionen im Zusammenhang mit „geschlossenen Systemen“ vorgenommen werden. Aus diesem Grund ist eine Ausweitung der gesamten Plattformregulierung auf Connected1019

Ricke, MMR 2011, 642 (648); Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 (663); Klickermann/Lotz, MMR 2012, 801 (805); Weber, ZUM 2011, 452 (454); Koenig, MMR 2013, 137 (138); Christmann, ZUM 2015, 14 (19 ff.). 1020 Ähnlich auch Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 133; Christmann, ZUM 2015, 14 (19) wählt zwar in der Überschrift den Begriff des „Anpassungsbedarfs“, spricht aber im Folgenden fast ausschließlich von „Erweiterungen“.

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

TV-Portale1021 wenig zielführend, da es dann lediglich zu einer “Einzelfall-Erweiterung“ des Adressatenkreises der Regulierung kommen würde. Auch im Rahmen eines weiten Begriffs des „Anbieters einer Plattform“ als „Anbieter eines geschlossenen Systems“, der eine Zusammenfassungsentscheidung in einem proprietären System vornimmt, ohne dabei einen direkten Bezug zur oder die Kontrolle über die Infrastruktur zu haben, lohnt die Weiterentwicklung des an der Intensität der Gatekeeper-Potentiale orientierten „abgestuften Regulierungsregimes“.1022 Es geht dabei nicht um eine Intensivierung der Regulierung nach dem Grad der Meinungsrelevanz des Angebots, wie beim Inhaltsbezug, sondern um eine regulatorische Absicherung der Offenheitspflege und Nutzerautonomie unter Vielfaltsgesichtspunkten (siehe oben, 3. Kap. I. 2) c.). Je stärker die Nutzerautonomie und Offenheitspflege ausgestaltet sind, in umso geringerem Maße muss die Regulierung eingreifen. Konkret würde sich dieses Stufensystem an den unterschiedlichen Gatekeeper-Potentialen je nach Grad der Ausschließlichkeit Zugangssystems orientieren (siehe oben, 3. Kap. I. 1) a. (4)) und nach absteigender Gefährdungsintensität für das Vielfaltsgebot eine Abstufung vornehmen. Die abstrakte Regulierungsbedürftigkeit des Gatekeepers1023 aufgrund seiner Zusammenstellung von Inhalten in einem geschlossenen System als Einflussnahme auf den Prozess der individuellen und öffentlichen Meinungbildung (siehe oben, 3. Kap. II. 2) c. (1)) muss mit den tatsächlichen Gegebenheiten und den Lock-In-Effekten für den Rezipienten abgeglichen werden. Das Gatekeeper-Potential geht demnach hauptsächlich vom Angebot eines geschlossenen Systems aus, weshalb Privilegierungstatbestände denkbar sind, die an die Offenheit der Plattform vor allem aus Sicht des Rezipienten und mittelbar aus Sicht der Inhalteanbieter anknüpfen. Es bedarf also unter Vielfaltsgesichtspunkten einer Absicherung der Autonomie des Rezipienten. Vollständig von der Regulierung zu erfassen wären „geschlossene Plattformen“. Darunter würden bei Connected-TV-Portalen alle Anbieter fallen, die weder einen Browser noch die HbbTV-Funktion anbieten und die Apps streng inhaltlich kontrollieren, bevor sie im App-Store oder im App-Portal selbst verfügbar sind. Daneben ist die Funktion der „Benutzeroberfläche“ eines Endgeräts erfasst, soweit darüber umfassend in einem softwaregesteuerten System die Auffindbarkeit und Zugänglichkeit von Inhalten über Sortierung und Listung gesteuert wird.

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So die in der Literatur anzutreffende Forderung: Ricke, MMR 2011, 642 (648); Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 (663); Klickermann/Lotz, MMR 2012, 801 (805); Weber, ZUM 2011, 452 (454); Koenig, MMR 2013, 137 (138). 1022 Ähnlich Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 221; Kluth/Schulz, Konvergenz und regulatorische Folgen, (Gutachten 2014), Arbeitspapiere des Hans-Bredow-Instituts Nr. 30, S. 98 verweisen auf eine risikospezifische Anpassung der Regulierungsinstrumente; Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 (662) sprechen von einer „sachgerechten Kategorisierung und Gruppenbildung“; laut Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 19 ist das „deutsche Medienrecht durch das Prinzip der abgestuften Regelungsdichte gekennzeichnet“. 1023 Vgl. Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 221 f.; ähnlich auch Option 2 bei Kluth/Schulz, Konvergenz und regulatorische Folgen, (Gutachten 2014), Arbeitspapiere des Hans-Bredow-Instituts Nr. 30, S. 98.

II. Plattformregulierung

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Sofern Benutzeroberflächen nur eine Sortierungs- und keine Zugangsfunktion einnehmen, würden sie nur den Grundsätzen der Diskriminierungs- und Chancengleichheit unterfallen, was durch eine Klarstellung des Anwendungsbereichs des § 52c RStV erreicht werden kann (siehe unten, 3. Kap. II. 5) c. (3) (c)). Von umfassenden Zugangsansprüchen freigestellt und damit privilegiert würde eine solche geschlossene Plattform, wenn sie einen Zugang zum offenen Internet auf demselben Endgerät ermöglicht („geschlossene Plattformen mit Zugang zum offenen Netz“). Eine solche Privilegierung wäre mit den jetzigen Programmplattformen vergleichbar. Bei den Connected-TV-Portalen wäre ein solcher Zugang bereits über einen Browser, der die Visualisierung der jeweiligen Angebote auf dem Endgerät möglich macht, gegeben.1024 Sieht man den Browser aufgrund der Nutzungsvorteile der Apps als eine nicht gleichwertige Alternative an, da der Rezipient nicht in gleichem Nutzungsumfeld und unter gleicher Auffindbarkeit zu den Inhalten gelangt1025, dann müssten die Endgerätehersteller die Installation sog. „Web-Apps“ ermöglichen, die über den Browser zugänglich gemacht werden.1026 So lange keine aktive Diskriminierung der Auffindbarkeit von Inhalten über den zur Verfügung gestellten Browser vorgenommen wird, reicht unter Vielfalts- und Zugangsgesichtspunkten die Möglichkeit der Aufrufbarkeit von Angeboten aus. Eine weitergehende Privilegierung ist dann vorzunehmen, wenn die geschlossene Plattform neben dem Zugang zum offenen Netz auch noch Interoperabilität über für Inhalteanbieter verfügbare Standards aufweist („geschlossene Plattformen mit Zugang zum offenen Netz und Interoperabilität über Standards“). Insoweit erhalten die Inhalteanbieter eine weitere Möglichkeit, ihre Angebote zum Rezipienten zu bringen. Solche Portale können sogar von gewissen Diskriminierungsverboten hinsichtlich von Rundfunkanbietern freigestellt werden, weil diese über den HbbTV-Standard und die damit verbundene Red-Button-Funktion direkt aus ihrem Programm einen Zugang zu ihren Angeboten (wie etwa Mediatheken) eröffnen können. Durch die Zulassung von „bound applications“ auf dem Endgerät sind Diskriminierungspotentiale abgemildert, da zumindest den Anbietern von Rundfunkinhalten ein weiterer Zugangskanal zum Rezipienten für ihre Inhalte zusteht. Hinsichtlich vergleichbarer Telemedien, die ihre Inhalte nicht über das Rundfunksignal verbreiten, müssen die Diskriminierungsvorgaben aber weiter bestehen, da hier keine Öffnung stattfindet. Bei Connected-TV-Sachverhalten wären darüber Portale bzw. tatsächlich Endgeräte erfasst, die neben dem Portal auch den HbbTV-Standard unterstützen. Eine weitgehende Privilegierung von einer solchen abgestuften Gatekeeper-Regulierung kann für „zugangsoffene Plattformen“ gelten. Darunter fallen diejenigen 1024

So auch Hain, AfP 2012, 313 (327); Schneider, in: Hachmeister/Anschlag, Rundfunkpolitik und Netzpolitik (2013), 113 (118). Auch die Nutzungszahlen von Inhalten an einem Connected-TV zeigen die Akzeptanz der über einen Browser angewählten Angebote. Vgl. Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2015, 40 (50). 1025 Hege, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2013, 11 (13); Koenig, MMR 2013, 137 (137 f.). 1026 So auch Modot/Lamber/Moullier, in: Herausforderungen von „Connected-TV“ – Themenpapier, im Auftrag des Ausschusses für Kultur und Bildung des Europäischen Parlaments, Generaldirektion Interne Politikbereiche, Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik, Kultur und Bildung (2013), S. 24.

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Plattformen, die zu den zuvor genannten „Öffnungskriterien“ auch keine zusätzliche inhaltliche Kontrolle der Angebote der Inhalteanbieter vornehmen, sondern ihre Plattformen prinzipiell für jede Art von Inhalt und Anbieter öffnen, soweit der Inhalt technisch passend gestaltet ist. Allerdings sind auch solche Plattformen lediglich zu privilegieren, weil die allgemeinen Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Entgelteregulierung – soweit die Plattform nicht tatsächlich kostenlos für die Anbieter ist – gelten müssen, weil daüber die Auffindbarkeit der Inhalte und Chancengleichheit beim Zugang garantiert werden. Für Portalbetreiber bedeutet dies, dass sie unter diesen Privilegierungstatbestand fallen, wenn sie neben dem Browser und der Zulassung von HbbTV auch SDKs zur Verfügung stellen und die darüber entwickelten Apps nur auf ihre technische Kompatibilität mit dem Portal überprüfen. Eine echte Freistellung von der Regulierung kommt für „offene Plattformen“in Betracht. Diese bieten lediglich eine Art „Marktplatz der Inhalte“, zu dem sowohl von Rezipienten-Seite („B2C“) als auch von Seiten der Inhalteanbieter („B2B“) jeder Zugang hat und die weder an ein Endgerät noch an einen proprietären Standard gekoppelt sind. Eine solche „offene Plattform“ kommt dem derzeit geltenden Privilegierungstatbestand des § 52 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 RStV – der Plattform in offenen Netzen – sehr nahe. Eine Rückausnahme aufgrund einer marktbeherrschenden Stellung braucht es hingegen nicht. Ein zugangsoffenes Portal ist weder für den Rezipienten noch für den Inhalteanbieter marktbeherrschend, wenn beide über die Offenheit des Portals trotzdem Zugang zueinander finden (siehe oben, 3. Kap. II. 2) e. (2)). Dann kann es nicht zu einem LockIn-Effekt kommen, welcher eine Gatekeeper-Problematik hinsichtlich der Substituierbarkeit der Angebote darstellen würde. Somit ist ein mehrstufiges System der Gatekeeper-Regulierung für Plattformen denkbar, das Privilegierungen und eine Freistellung von der Regulierung beinhalten kann. b. Übertragbarkeit der Argumentation auf andere Portale Die vorangegangene Argumentation in Bezug auf die regulatorische Erfassung von Gatekeepern kann auch auf Portale auf anderen Endgeräten als dem Connected-TV, welche den gleichen Aufbau haben und die gleichen technischen Funktionen bieten, übertragen werden. Unter gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten, die auch bei der Regulierung aus Gründen der Vielfaltssicherung als kommunikative Chancengleichheit Bedeutung haben (siehe oben, 3. Kap. I. 2) c. (3)), müssen für alle Endgerätehersteller, die über ihre Portale als geschlossene Systeme Einfluss auf die Inhalte ausüben, die gleichen Regeln gelten.1027 Das heißt eine Regulierung würde auch die App-Portale und App-Stores der Smartphone- und Tablet-Hersteller betreffen.1028 Gerade die Tatsache, dass die Dreizehnter Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“, BT-Drs 17/12542, S. 30. 1028 So hinsichtlich der Gatekeeper-Potentiale auch Koenig, MMR 2013, 137 f.; Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 99; ähnlich Holznagel/Dörr/Hildebrand, Elektronische Medien (2008), S. 460 ff.; ansatzweise auch Christmann, ZUM 2015, 14 (16); a.A. Arbeitshypothesen der Rundfunkreferenten der Länder - „Neue

1027

II. Plattformregulierung

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Portallösungen nicht mehr gerätegebunden sind, sondern eine gewisse „Durchlässigkeit“ für die Inhalte und Apps1029 aufweisen, unterstreicht diese These, die durch die abnehmende Substituierbarkeit der Portale aufgrund von Lock-In-Effekten bei den Nutzern begründet wird.1030 Zudem wird auf den mobilen Geräten im Unterschied zu Connected-TV-Fernsehgeräten meist kein separater Zugang zu digitalem Rundfunk, der über die Rundfunkinfrastruktur übertragen wird, gewährleistet. Das bedeutet allerdings auch, dass auf einem solchen Gerät die Nutzung von Apps für audiovisuelle Inhalte und sonstige meinungsbildungsrelevante Inhalte an Bedeutung gewinnt und eine Kompensation lediglich durch einen Browser erfolgen kann. Insoweit könnte man also sogar von einer unter Vielfaltsgesichtspunkten erhöhten Regulierungsbedürftigkeit ausgehen. Einzig denkbares Differenzierungskriterium für die ausschließliche Regulierung von Connected-TV-Endgeräten könnte die andere Nutzung dieser Geräte in der „Lean-backSituation“ sein.1031 Allerdings wurde bereits herausgearbeitet, dass nicht das Gerät selbst, sondern das softwareseitige Portal Anknüpfungspunkt für eine rundfunkrechtliche Gatekeeper-Regulierung ist. Hinzu kommt, dass die Nutzung der Portale auf Connected-TV-Geräten zwar mit der klassischen „Lean-back-Situation“ vergleichbar ist, sich aber im Maß der Interaktivitäts-Anforderungen1032 an den Rezipienten bei der Auswahl der Angebote von anderen App-Portalen auf mobilen Endgeräten unterscheidet. Letztere bieten ausschließlich solche Inhalte an, die ein erhöhtes Maß an Interaktivität erfordern. Somit muss jedes Portal, das eine als problematisch qualifizierte Gatekeeper-Position aufgrund der Kontrolle über ein geschlossenes System einnimmt und die inhaltsbezogen Voraussetzungen einer Gatekeeper-Regulierung erfüllt, einer entsprechenden Regulierung unterfallen. c. Reformdebatte – „Medienplattformen“ de lege ferenda Auch in der rechtspolitischen Debatte sind Reaktionen auf die Konvergenzentwicklung und die zuvor beschriebenen „neuen“ Gatekeeper-Phänomene bei Connected-TV-Sachverhalten zu finden.1033 Nach dem sog. Konvergenzgutachten1034 und dem Bericht der Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz1035 liegt ein erster als Diskussionsgrundlage dienender sog.

Medien“, Stand 28. Februar 2013 (abrufbar unter: http://www.rlp.de/fileadmin/user_upload/Arbeitshypothesen_der_RR_Stand_28.02.2013.pdf, Stand: 11.06.2015, 11:12 Uhr). 1029 Christmann, ZUM 2015, 14 (18). 1030 Paal, GRUR 2013, 873, 879 f.; Koenig, MMR 2013, 137 (137 f.); Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 (662); BeckOK InfoMedienR/Paal, AEUV, Art. 101, Rn. 102. 1031 Arbeitshypothesen der Rundfunkreferenten der Länder - „Neue Medien“, Stand 28. Februar 2013 (abrufbar http://www.rlp.de/fileadmin/user_upload/Arbeitshypothesen_der_RR_Stand_28.02.2013.pdf, Stand: unter: 11.06.2015, 11:12 Uhr). 1032 Zu „Stufen interaktiven Fernsehens“ vgl. Ruhrmann/Nieland, Interaktives Fernsehen (1997), S. 87 ff. 1033 Vgl. zu diesem Ansatz der Staatskanzleien der Bundesländer: Hönig d’Oville, ZUM 2019, 104 (106). 1034 Kluth/Schulz, Konvergenz und regulatorische Folgen, (Gutachten 2014), Arbeitspapiere des Hans-BredowInstituts Nr. 30. 1035 Bericht Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz (2016).

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

„Medienstaatsvertrag“1036 vor, der die Bereiche Rundfunkbegriff, Plattformregulierung und Intermediäre umfasst. Darin sind neben der Reformierung des Rundfunkbegriffs und insbesondere des daran anknüpfenden Zulassungsverfahrens und der Einführung eines neuen Regulierungsadressaten, des Intermediärs, auch Vorschläge zur Weiterentwicklung der Plattformregulierung zu finden. (1) Zusammengefasste Inhalte Der erste Reformpunkt betrifft die bisherige Inhaltekategorie der vergleichbaren Telemedien. Dieser Begriff wird gänzlich ersetzt durch den Begriff des rundfunkähnlichen Telemediums. Hier wird in § 2 Abs. 2 Nr. 12 MedienStV-E eine neue Zwischenkategorie eingeführt, die die Auslegungsschwierigkeiten des alten Begriffs (siehe oben, 3. Kap. II. 2) a. (2)) beseitigen soll. Es handelt sich aber auch um eine Neuausrichtung, da nur noch Telemedienanbieter erfasst werden, die audio- oder audiovisuelle Einzelinhalte zusammenfassen und nach einem festgelegten Inhaltekatalog zum zeitunabhängigen, individuellen Abruf bereitstellen. Die Rundfunkähnlichkeit dieser Inhalte wird im zweiten Halbsatz anhand von Beispielen, die am Begriff der Sendung i.S.d. Art. 1 Abs. 1 lit. b) AVMDRL orientiert sind, konkretisiert. Davon werden somit keine Einzelinhalte erfasst, was nach der Definition des dem Rundfunk vergleichbaren Telemediums nicht ausgeschlossen war. Es bedarf vielmehr einer Auswahlentscheidung und inhaltlichen Verantwortlichkeit des jeweiligen Anbieters. Darunter fallen dann z.B. Kanäle eines YouTubers oder eines Creators bei Instagram. Aber auch Mediatheken (z.B. Sendermediatheken oder Netflix und Amazon Video) sind „rundfunkähnlich“ im Sinne der Definition. Auf Connected-TV-Endgeräten fielen darunter vor allem die Apps, die zu den jeweiligen Mediatheken führen. Fraglich ist allerdings, inwieweit mit dieser Definition, vor allem in Bezug auf die angesprochenen Mediatheken, schon eine Ausrichtung bzw. Abstimmung mit den Begrifflichkeiten der reformierten AVMD-RL vorgenommen wird.1037 Dort werden sog. Videoplattformen (Art. 1 Abs. 1 lit. aa)) einer dem Rundfunk vergleichbaren Regulierung unterworfen.1038 Das maßgebliche Unterscheidungsmerkmal zum rundfunkähnlichen Telemedium ist dabei, dass der Anbieter einer Videoplattform keine redaktionelle Verantwortung für die auf seiner Plattform verbreiteten Inhalte trägt, aber deren Organisation in Form von Anzeigen, Markieren und Anordnen (auch automatisch oder mittels Diskussionsentwurf zu den Bereichen Rundfunkbegriff, Plattformregulierung und Intermediäre „Medienstaatsvertrag“ (Juli/August 2018), abrufbar unter: https://www.rlp.de/fileadmin/rlp-stk/pdf-Dateien/Medienpolitik/MStV_Online_JulAug2018.pdf (Stand: 02.08.2018, 15:29 Uhr). 1037 Nach dem Diskussionsentwurf kann die Novellierung der AVMD-Richtlinie, deren endgültige Verabschiedung im Zeitpunkt der Veröffentlichung noch ausstand, ggf. weiteren Anpassungsbedarf nach sich ziehen. 1038 RICHTLINIE (EU) 2018/1808 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 14. Novemhttps://eur-lex.europa.eu/legal-conber 2018, abrufbar unter: tent/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32018L1808&from=EN (Stand: 07.01.2019, 19:07 Uhr). 1036

II. Plattformregulierung

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Algorithmen) bestimmt, wohingegen der Anbieter eines rundfunkähnlichen Telemediums nach § 2 Nr. 14a MedienStV-E über die Auswahl der Inhalte entscheidet und die inhaltliche Verantwortung trägt. Demnach wäre beispielsweise die Video-Sharing-Plattform YouTube eine Videoplattform im Sinne der neuen AVMD-RL. YouTube wäre aber kein rundfunkähnliches Telemedium, da nur über die Organisation und nicht die Auswahl der Inhalte entschieden wird und keine Verantwortung für den Einzelinhalt getragen wird. Somit wäre ggf. nur der einzelne YouTube-Kanal ein rundfunkähnliches Telemedium. Das würde bedeuten, dass die wichtigste Zugangsform zur Rezeption audiovisueller Inhalte1039, z.B. über eine YouTube-App auf einem Connected-TV-Endgerät, nicht von den Privilegierungen der Plattformregulierung hinsichtlich Chancengleichheit und Diskriminierungsfreiheit erfasst würde.1040 Zwar fiele der einzelne Kanal auf YouTube als rundfunkähnliches Telemedium darunter.1041 Dieser wird aber in der Praxis über den Aufruf der YouTube-App im App-Portal angesteuert, weshalb die Regelungen hinsichtlich ihrer vielfaltssichernden Wirkung hier zu kurz greifen. Zwar kann YouTube selbst auch einer Regulierung unter dem Begriff des „Intermediärs“ unterfallen. Diese greift dann aber erst auf nachgelagerter Ebene. Von der Bedeutung für den Meinungsbildungsprozess liegen rundfunkähnliche Telemedien nach dem Staatsvertragsentwurf demnach zwischen Rundfunk und Videoplattformen. Dann wiederum erscheint der Regulierungsgrad der Angebote nicht konsistent, da die stärker geschützten Angebote (rundfunkähnliche Telemedien) einer geringeren Regulierung (lediglich den §§ 54 ff. RStV?) unterfallen würden. Videoplattformen würden hingegen nach Art. 28a f. AVMD-RL ähnlichen inhaltlichen Anforderungen zum Schutz bestimmter Rechtsgüter (z.B. Jugendschutz) unterworfen, wie Rundfunkanbieter. Dem scheint aber auch die neue Dogmatik der AVMD-RL Rechnung zu tragen, indem audiovisuelle Mediendienste auf Abruf nach Art. 1 Abs. 1 a) i) AVMD-RL noch weiter in Bezug auf Rechtsgüterschutz (v.a. Jugendschutz und Werberegulierung) den Fernsehprogrammen gleichstellt werden. Rundfunkähnliche Telemedien wären demnach als audiovisueller Mediendienst auf Abruf im Sinne der AVMD-RL einzuordnen. Das würde auch der Begrifflichkeit des § 2 Abs. 2 ZPS entsprechen. Dann hätte aber auch dieser Begriff des audiovisuellen Mediendienstes auf Abruf als zugänglich gemachter Inhalt im Rahmen der Plattformregulierung gewählt werden können.1042 Allerdings scheint der Gesetzgeber den Schutz der Plattformregulierung nicht auf alle Arten von audiovisuellen Mediendiensten auf Abruf erstrecken zu wollen. Dies scheint zwar der praktischen Bedeutung einer Videosharing1039

Sowohl bei Live-Streaming als auch bei VoD-Angeboten liegt YouTube vor den Mediatheken der Rundfunkanbieter und den Online-Videotheken (wie Amazon Video oder Netflix), vgl. Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 26 (40 ff.). 1040 Dies hinsichtlich des Begriffs der Medienplattform als Regelungsadressat begrüßend: Försterling, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 9 (12). 1041 So auch Ory, ZUM 2019, 139 (142). 1042 So Ukrow, Die Umsetzung der Novelle der AVMD-Richtlinie als möglicher Bestandteil eines „Staatsvertrages zur positiven Medienordnung (Medienstaatsvertrages)“ (2018), S. 16 f.

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Plattform wie YouTube bei der Rezeption von audiovisuellen Inhalten nicht gerecht zu werden. Da YouTube aber keine mit dem Rundfunkveranstalter vergleichbare publizistische Entscheidung trifft, ist dies in der Logik des Staatsvertragsentwurfs, welche eine beschränkende Kategorie der meinungsbildungsrelevanten Inhalte einführen will, sachgerecht. Inhalteanbieter werden also nur erfasst, wenn sie die Inhalte eigenständig bereitstellen (auf einer Homepage oder in einer App). Auch die Abgrenzung zur Terminologie der „fernsehähnlichen Telemedien“ (§ 58 Abs. 3 RStV) bleibt wenig scharf. So scheint die Nutzung des Begriffs „fernsehähnlich“ im ersten Halbsatz der Definition, welche derjenigen des § 58 Abs. 3 RStV entspricht, daraufhin zu deuten, dass „fernsehähnliche Telemedien“ eine Teilmenge der „rundfunkähnlichen Telemedien“ (+ Hörfunk?) sind. Insgesamt ist es zwar zu begrüßen, dass eine Inhaltekategorie geschaffen wurde, die den Anwendungsbereich der Plattformregulierung begrenzt. Diese bleibt allerdings in der Abgrenzung zu anderen Inhaltekategorien (Videoplattformen, Mediendienste auf Abruf und fernsehähnliche Telemedien) immer noch vage, sodass neue Abgrenzungsschwierigkeiten entstehen können. Eine weitere Änderung beseitigt das zuvor schon von der h.M. als Redaktionsversehen eingeordnete Verhältnis zwischen den beiden Inhaltekategorien. Die nun eingeführte Verbindung durch das Wort „oder“ führt zu einem Alternativverhältnis, sodass sowohl reine Rundfunk-Medienplattformen als auch Medienplattformen mit ausschließlich rundfunkähnlichen Telemedien erfasst sind. Das bedeutet eine Erweiterung des Anwendungsbereichs, der aber aufgrund der zumindest bedingten Schärfung und Eingrenzung des Begriffs rundfunkähnlicher Telemedien gerechtfertigt werden kann. (2) Abgestufte Regulierung Hinsichtlich des Regulierungsadressaten werden, als Reaktion auf die als unsicher empfundene Auslegungspraxis der Medienanstalten, verschiedene Neudefinitionen vorgeschlagen.1043 Dabei führt der Entwurf eines „Medienstaatsvertrages“ getrennte Definitionen für die regulierte Dienstleistung und den Anbieter der Dienstleistung ein. Es werden zunächst zwei bzw. drei Kategorien von Plattformen gebildet: Medienplattformen (infrastrukturgebunden und infrastrukturunabhängig) und Benutzeroberflächen. Daneben wird eine neue Kategorie des Medienintermediärs eingeführt. (a) Medienplattformen Zunächst wird die allgemeine Kategorie der Medienplattform in § 2 Abs. 2 Nr. 13 MedienStV-E definiert. Dabei ist ein Infrastrukturbezug oder eine Infrastrukturkontrolle 1043 Neben dem hier diskutierten Entwurf gibt es in der Literatur einige Vorschläge: Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 (663) fordern die Erweiterung des § 2 RStV um den Begriff „Portalbetreiber“; Koenig, MMR 2013, 137 (138) fordert die Erweiterung des § 2 Abs. 2 Nr. 13 RStV um den „elektronischen Portalanbieter in marktbeherrschender Stellung” oder die Einführung einer Nr. 13a, wobei ausdrücklich auch qualifizierte Endgerätehersteller einbezogen werden sollten, „deren elektronische Portale, Plattformen oder Navigationshilfen tatsächlich erhebliche Selektionswirkungen für die von diesem Staatsvertrag erfassten Inhalte entfalten können”; Christmann, ZUM 2015, 14 (19) fordert die Erweiterung des „Plattformbegriffs um die Smart-TVs“.

II. Plattformregulierung

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keine Voraussetzung mehr. Es geht nur um die Zusammenfassungsentscheidung von Rundfunk oder „rundfunkähnlichen Telemedien“ zu einem vom Anbieter bestimmten Gesamtangebot. Dabei wird klargestellt, dass auch die Zusammenfassung von softwaregestützten Darstellungsformen (z.B. Apps) dieser Inhalte erfasst sind. Ausgenommen werden analoge Kabelplattformen sowie Medienplattformen, die nur öffentlich-rechtliche Inhalte oder Regionalfensterinhalte zusammenfassen. Auch Mediatheken sind selbst nicht als Regelungsadressat, sondern nur als Regelungsbestandteil („rundfunkähnliche Telemedien“) erfasst, da sie selbst keine Bündelung ganzer Programme vornehmen.1044 Daneben wird als Anbieter einer Medienplattform derjenige angesehen, der die Verantwortung für die Auswahl der zusammengefassten Angebote trägt (§ 2 Abs. 2 Nr. 14b MedienStV-E). Damit fallen, wie hier bereits unter dem weiten Plattformbegriff vertreten (siehe oben, 3. Kap. II. 3) b./c.), sowohl App-Portale als auch App-Stores als geschlossene, proprietäre Portale in den Anwendungsbereich der Regelung. Regulierungsadressat ist dann der jeweilige Betreiber des App-Portals oder App-Stores. Eine Begrenzung auf Angebote „auch von Dritten“ findet nicht mehr statt. Zudem werden die in § 52 RStV befindlichen Privilegierungsvorschriften geändert. Es werden nur noch Bagatellgrenzen, getrennt für „infrastrukturgebundene“ (Grenze: 10.000 Nutzer) und „nicht infrastrukturgebundene“ (Grenze: 20.000 Nutzer) Medienplattformen, aufgestellt (§ 52 MedienStV-E). Zudem wird die Privilegierung für Plattformen in offenen Netzen gänzlich aufgehoben. Auch hier ist zu begrüßen, dass der Infrastrukturbezug, der kein ausreichendes bzw. alleiniges Merkmal für eine Gatekeeper-Stellung darstellt, aus der allgemeinen Definition herausgenommen wurde. Damit wurde der von den Landesmedienanstalten praktizierte Plattformbegriff, der auch OTT-Plattformen wie Zattoo oder Magine erfasst hat, klarer herausgearbeitet. Auch die weiteren klarstellenden Änderungen entsprechen dem hier bei der Analyse der Vorschriften gefundenen Ergebnis (siehe oben, 3. Kap. II. 2) a. (3)). Allerdings führt die Verschiebung des Anknüpfungspunkts hin zur Zusammenfassungsentscheidung, die fast alleiniges Definitionsmerkmal einer Medienplattform wird, dazu, dass weniger die Gatekeeper-Stellung als die publizistische Entscheidung des Anbieters einer Medienplattform in den Fokus rückt. Dann bedarf es aber mit Blick auf die verfassungsrechtlichen Grundannahmen und die dort geltende Tendenzfreiheit des privaten Anbieters einer Medienplattform eigentlich einer stärkeren Rechtfertigung für daran anknüpfende Zugangsansprüche und die Verankerung der Grundsätze der Chancengleichheit und Diskriminierungsfreiheit (siehe oben, 3. Kap. I. 2) e.).1045 Wie auch die angedachte Ergänzung des in § 1 Abs. 1 MedienStV-E geregelten sachlichen Anwendungsbereichs um die „Zugänglichmachung von Rundfunk“ (unklar bleibt, 1044 1045

Liminski, promedia 08/2018, 22(24); Wagner, promedia 07/2017, 35 (35). Gersdorf, promedia 12/16, 16 (17).

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

warum nicht auch „und Telemedien“ aufgenommen wurden) 1046 zeigt, bleibt aber die Gatekeeper-Stellung der eigentliche Anlass für die Regulierung. Deshalb muss – wie dem hier vorgenommenen Versuch zu eigen – eine stärkere Betonung der Offenheit bzw. Geschlossenheit des Systems Grundlage für die Regulierung sein. 1047 Durch die Begrenzung der Regulierung auf ein „vom Anbieter bestimmtes Gesamtangebot“ wird das durch verschiedene Öffnungsmechanismen mögliche Abstufungspotential der Regulierungsdichte nicht ausgeschöpft, da – nach der hier zugrunde gelegten Terminologie – nur „zugangsoffene“ Plattformen (siehe oben, 3. Kap. II. 4) a.) nicht erfasst werden. Diese Kritik gilt auch für die Neuregelung der Privilegierungsvorschriften. Der Grundgedanke des § 52 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 RStV erscheint auch weiterhin, auch mit Blick auf neue Gatekeeper-Phänomene, tragfähig. Dort, wo Inhalteanbieter auch ohne die Dienstleistung des Plattformanbieters zum Rezipienten Zugang finden, braucht es keine Regulierung des Zugangs und der Auffindbarkeit im geschlossenen System, da keine Gatekeeper-Stellung vorliegt. Deshalb muss unter Ausrichtung auf den Grad der Geschlossenheit des Systems eines Gatekeepers, welches man dann als Medienplattform bezeichnen kann, eine abgestufte Regulierungsdichte greifen.1048 Dies ist hier allerdings nur begrenzt der Fall, da lediglich eine Abstufung zwischen infrastrukturgebundenen zu nicht infrastrukturgebundenen Medienplattformen gemacht wird und Benutzeroberflächen einer eigenen Logik unterliegen. Echte Öffnungsmechanismen (wie z.B. Öffnung durch inhaltsneutrale SDKs oder Browser) werden nicht berücksichtigt.1049 Hinzu kommt, dass durch die Betonung der Zusammenfassungsentscheidung auch hier eine gewisse Nähe zu Videoplattformen nach der AVMD-RL besteht, die laut Art. 1 Abs. 1 lit. aa) Dienstleistungen erfasst, die Sendungen speichert und deren Organisation und Zugänglichmachung über elektronische Kommunikationssysteme an den Rezipienten ermöglicht. Dann kommt es zu einer doppelten Abgrenzungsschwierigkeit. Es bleibt unklar, inwieweit Medienplattformen von rundfunkähnlichen Telemedien oder Videoplattformen abzugrenzen sind, da auch diesen beiden Kategorien eine Zusammenfassungsentscheidung als Definitionselement aufweisen.1050 Lediglich Sinn und Zweck der Regulierung von Medienplattformen nach §§ 52 ff. RStV, die auf eine Gatekeeper-Regulierung zielt, welche auch der die neue AVMD-RL als Regulierung, die den Rechtsgüterschutz (z.B. Jugendschutz) in Bezug auf die zugänglich gemachten Inhalte adressiert, nicht erfasst1051, lässt eine Abgrenzung deutlich werden. Überlegenswert bleibt

Ukrow, Die Umsetzung der Novelle der AVMD-Richtlinie als möglicher Bestandteil eines „Staatsvertrages zur positiven Medienordnung (Medienstaatsvertrages)“ (2018), S. 7, Fn. 11. 1047 Ähnlich Ory, ZUM 2019, 139 (152). 1048 Diesen Punkt verkennend: Hönig d’Orville, ZUM 2019, 104 (106 f.). 1049 Ähnlich Thomale, ZUM 2019, 122 (124). 1050 Ähnlich kritisch Ory, ZUM 2019, 139 (151); a.A. Försterling, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 9 (12), der YouTube als nicht erfasst ansieht. 1051 So auch Ukrow, Die Umsetzung der Novelle der AVMD-Richtlinie als möglicher Bestandteil eines „Staatsvertrages zur positiven Medienordnung (Medienstaatsvertrages)“ (2018), S. 56.

1046

II. Plattformregulierung

169

deshalb, ob bereits auf der Ebene der Definition eine genauere Abgrenzung vorgenommen wird.1052 (b) Benutzeroberflächen Als neue eigene Kategorie des Regelungsadressaten wird die Benutzeroberfläche in § 2 Abs. 2 Nr. 13a MedienStV-E und deren Anbieter, als derjenige der die abschließende Entscheidung über die Übersicht trifft (§ 2 Abs. 2 Nr. 14c MedienStV-E), definiert. Diese war zuvor bereits als eine Art von technischer Dienstleistung von Plattformanbietern in § 52c RStV Teil der Regulierung. Die neue Logik verfolgt den Ansatz, dass gewisse Dienstleistungen wie etwa die Listung und Sortierung von Rundfunk und rundfunkähnlichen Telemedien isoliert betrachtet eine Gatekeeper-Stellung auf der Ebene des „Wie“ in einem geschlossenen System, konkret bei der Auffindbarkeit, aufweisen. Benutzeroberflächen bilden dabei die Anzeige bzw. Steuerungsebene von oder für eine Medienplattform in Form von textlichen und bildlichen Angebots- bzw. Programmübersichten. Insoweit erlauben sie den direkten Zugriff auf die in einer Medienplattform enthaltenen Inhalte. Daran orientiert werden auch Regelbeispiele für Benutzeroberflächen als Angebotsübersichten einer Medienplattform, eines Drittanbieters oder einer gerätegebundenen Medienplattform festgelegt. Eine von der Medienplattform und der in § 52c RStV aufgeführten Dienstleistung losgelöste Regulierung sollen sie deshalb erhalten, da es nicht zwingend der Anbieter der Medienplattform ist, der auch über die Darstellung der Inhalte in der Benutzeroberfläche entscheidet. Deshalb wird derjenige, der über die Gestaltung der Oberfläche abschließend entscheidet als Anbieter der Benutzeroberfläche definiert. Dieser Logik folgend können aber nur solche Dienstleistungen erfasst sein, die über eine Listung und Sortierung den Zugang zu Inhalten einer Medienplattform ermöglichen, da nur dann ein geschlossenes System als Gatekeeper-Stellung vorliegen kann. Somit können App-Portale, sofern sie nicht zur Zusammenfassung von Inhalten dienen, sondern allein der direkten Navigation zu den Inhalten auf einer Ebene darüber, auch als Benutzeroberfläche der Regelung unterfallen.1053 Allerdings kann es auch sein, dass zwei Dienste des Endgeräts unterschiedlich einzuordnen sind: Das App-Portal als Medienplattform und eine reine Steuerungsebene zum Programm und sonstigen Inhalten als Benutzeroberfläche.1054 Insoweit ist es zu begrüßen, dass dieser an Bedeutung gewonnenen technischen Dienstleistung auch eine genaue regulatorische Erfassung zu Teil wird. Allerdings wird nicht klar, inwieweit etwa ein App Portal, auf das eines der Regelbeispiele abzuzielen scheint, das aber bereits vom Begriff der Medienplattform erfasst ist, hier einer weiteren Definition unterfallen soll. Es bleibt unklar, ob eine doppelte Regulierung oder eine getrennte Ukrow, Die Umsetzung der Novelle der AVMD-Richtlinie als möglicher Bestandteil eines „Staatsvertrages zur positiven Medienordnung (Medienstaatsvertrages)“ (2018), S. 16 f. 1053 Ähnlich Ory, ZUM 2019, 139 (144). 1054 Försterling, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 9 (10 f.).

1052

170

3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Betrachtung der Dienste vorzunehmen ist. Die Herausbildung verschiedener Kategorien scheint der Versuch zu sein, bei Gatekeepern aufgrund der Kontrolle über ein geschlossenes System, die Ebene des „Ob“ des Zugangs (=Medienplattformen) und die Ebene des „Wie“ des Zugangs, insbesondere der Auffindbarkeit, (= Benutzeroberflächen) strikter zu trennen. Das führt aber zu einer Überschneidung der Begrifflichkeiten und Funktionen, die sich so genau nicht trennen lassen.1055 Zudem nimmt die Benutzeroberfläche nach der hier vertretenen Auffassung (siehe oben, D. I. 1) b. (1)) nur als geschlossenes System eine Gatekeeper-Position ein. Nach der hier vertretenen Begrifflichkeit einer Plattform, kann, weil ein direkter Zugang zum Programm gegeben wird und die Listung und Sortierung daran anknüpfen, von einer Zusammenfassungsentscheidung gesprochen werden, die in einem geschlossenen System vorgenommen wird. Da ein geschlossenes System die Gatekeeper-Stellung begründet und nur bei Geschlossenheit auch auf Ebene des „Wie“ Diskriminierungspotential besteht, da sonst keine Auffindbarkeit in einem walled garden, den der Rezipient nicht verlassen kann und der Inhaltanbieter nicht umgehen kann, garantiert werden muss, ist eine solche Erfassung auch ausreichend. Die vom Entwurf vorgenommene, feingliedriger erscheinende Differenzierung hat daher keinen Mehrwert. So kann auch der Anbieter einer Benutzeroberfläche als „Anbieter einer geschlossenen Plattform“ von der Regulierung erfasst werden, auch wenn die Dienstleistung nicht zwingend Teil einer Plattform ist. Auch für die Rechtsfolgenebene bringt die Differenzierung keinen Vorteil. Die Grundsätze der § 52c RStV passen auf Benutzeroberflächen und werden in der Neuregelung (§ 52e MedienStV-E) in nur leicht abgewandelter Form aufgegriffen. Dieses Ergebnis kann bereits unter der derzeitigen Rechtslage nach § 52c Abs. 2 Nr. 3 RStV (siehe unten, 3. Kap. II. 5) c. (3) (c)) erzielt werden. Deshalb ist allein die Lösung der Regulierung von Benutzeroberflächen als Annex einer Kabelplattform sinnvoll.1056 (c) Medienintermediäre Losgelöst von der Plattformregulierung, werden zum ersten Mal Medienintermediäre (§ 2 Abs. 2 Nr. 13b, 14d MedienStV-E) einer rundfunkrechtlichen Regulierung unterzogen. Anknüpfungspunkt für deren Regulierungsbedürftigkeit, ist auch eine GatekeeperPosition, welche aber auf einer anderen Ebene als die hier im Umfeld von ConnectedTV-Sachverhalten beschriebenen liegt. Es geht nicht um die Zusammenfassung von Inhalten in einem geschlossenen System, sondern um eine Zugänglichmachung über andere Dienstleistungen, wie Aggregation, Selektion und Präsentation. Insoweit werden, auch wenn die in der Norm aufgezeigten Regelbeispiele auch AppPortale erfassen, die hier angesprochenen geschlossenen, da proprietären Systeme der Portalanbieter, insbesondere der Endgerätehersteller, nicht erfasst, da deren Funktion

1055 1056

Ähnlich Weber, ZUM 2019, 111 (113). Försterling, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 9 (11).

II. Plattformregulierung

171

auf einer anderen Ebene liegt und vom Begriff der Medienplattform bzw. der Benutzeroberfläche bereits abgedeckt ist. Es ist lediglich denkbar, dass Dienste von Medienintermediären auf Endgeräten auch verfügbar sind, z.B. etwa die App einer Suchmaschine. Diese sind dann aber nicht unmittelbar mit den Endgerätefunktionen verbunden, sodass sie für die hier in den Blick genommene Gatekeeper-Stellung aufgrund der Kontrolle über ein geschlossenes System nicht eingreifen. 5) Regulierungsinstrumente de lege lata Neben der Modifizierung bei den Regelungsadressaten müssen auch die Rechtsfolgen bzw. Regulierungsinstrumente auf ihre Tauglichkeit zur Vielfaltssicherung im Rahmen der Gatekeeper-Regulierung, insbesondere in Bezug auf Connected-TV-Portale, überprüft werden. Die zuvor angedachte Anpassung des Regelungsadressaten kann nur dann sinnvoll erfolgen, wenn die daran anknüpfenden Rechtsfolgen auch auf die jeweils adressierte Gatekeeper-Funktion passen oder angepasst werden. a. Zugangsansprüche durch Must-carry-Verpflichtungen (1) Grundlagen Die sog. „Must-Carry“-Belegungsvorgaben verpflichten derzeit Plattformanbieter festgelegte Kapazitäten für bestimmte, insbesondere öffentlich-rechtliche Programme zur Verfügung zu stellen. Die Normen, die eine relativ weitgehende Beeinträchtigung der Wirtschaftsgrundrechte der Plattformanbieter zur Folge haben können, werden sowohl über die Sozialpflichtigkeit des Eigentums als auch über das verfassungsrechtlich vorgegebene Ziel der Vielfaltssicherung im Rahmen des Ausgestaltungsauftrags des Rundfunkgesetzgebers gerechtfertigt.1057 Die Möglichkeit und Grenzen nationaler Rundfunkgesetzgeber, die Betreiber von Kommunikationsnetzen mit Übertragungspflichten zu belegen, sind ferner unionsrechtlich in Art. 31 UDRL vorgesehen.1058 Insoweit statuieren die Must-Carry-Vorgaben Zugangsansprüche verschiedener Rundfunkveranstalter mit einer besonderen Funktion für die individuelle und öffentliche Meinungsbildung zur Übertragungsinfrastruktur. 1059 Versucht man dieses Regulierungsinstrument der Plattformregulierung mit eindeutiger Ausrichtung auf die Übertragungsinfrastruktur1060 auf Connected-TV-Sachverhalte zu übertragen, zeigen sich Anwendungsschwierigkeiten.

1057

Siehe dazu: Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV § 52b, Rn. 2, 5; Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52b, Rn. 3; BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52b, Rn. 4 f.; Assion, Must Carry (2015), S. 171. 1058 Spindler/Schuster/Jahn, RStV § 52b, Rn. 6 ff.; BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52b, Rn. 8 ff.; siehe auch: EuGH, ZUM 2009, 547 ff.; EuGH ZUM 2011, 488 ff. 1059 Klickermann, in: Die Welt im Netz - Tagungsband der DSRI (2011), 707 (714) sieht in der Must-Carry-Regelung ein allgemeines „Vorbild“ für Zugangsansprüche. 1060 BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52b, Rn. 12.

172

3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung (2) Anwendung auf App-Portale

Primär erscheint klärungsbedürftig, ob Must-Carry-Regeln auch auf die technische bzw. software-basierte Dienstleistung eines App-Portals passen. Dabei kristallisieren sich zwei Problempunkte heraus: Zum einen gelten die Must-Carry-Regelungen derzeit nur für Fernsehprogramme, sodass nur solche Apps erfasst würden, die lineare audiovisuelle Inhalte beinhalten. Deren Anzahl ist allerdings eher gering (siehe oben, 3. Kap. II. 3) a. (1)). Zweitens zeigen die in der Norm angelegten Drittelgrenzen für Belegungsvorgaben auf, dass diese Rechtsfolge grundsätzlich keine Gatekeeper ohne Infrastrukturbezug adressiert. Must-Carry-Regelungen verlieren bei Portallösungen (auf Connected-TVs oder anderen Endgeräten) zunehmend an Bedeutung, weil neben dem Portal auch ein Zugang über einen Digitalreceiver zum klassischen Rundfunk besteht. Insoweit scheint hier eine den Programmplattformen nach § 52b Abs. 3 Nr. 1 RStV vergleichbare Situation vorzuliegen, sodass eine Befreiung von den Belegungsvorgaben greifen müsste.1061 Zudem kann in einem solchen Umfeld durch die HbbTV-Unterstützung der Endgeräte den klassischen Profiteuren der Must-Carry-Regeln bereits ein Zugang zum Rezipienten geschaffen werden, den sie selbst kontrollieren und für den sie lediglich auf die technische Unterstützung angewiesen sind. (3) Anwendung auf Benutzeroberflächen auf Endgeräten Ein Anknüpfungspunkt für eine den Must-Carry-Regeln vergleichbare Regelung läge allenfalls in der Kontrolle über den Zugang zum linearen Programm (siehe oben, 3. Kap. I. 1) b. (1)). Übernimmt ein Endgerätehersteller oder ein Portalbetreiber über die von ihm zur Verfügung gestellte infrastrukturähnliche Software die Kontrolle über den Programmzugang, entstehen hinsichtlich des Fernsehprogramms ähnliche Engpässe, wie sie auch durch die Belegungsvorgaben behoben werden sollen. Aber auch bei diesen Geräten, die den Zugang zum Rundfunkangebot nicht separat und ungehindert über einen integrierten DVB-Tuner oder den angeschlossenen Digitalreceiver vornehmen1062, sind die Zugangsansprüche des Must-Carry-Regimes, die auf die Durchleitung durch eine Infrastruktur zielen, bei der Anwendung auf Dienste, wie z.B. ein App-Portal, nur begrenzt sinnvoll. Sie könnten lediglich als sachlicher Grund für eine Auffindbakeitsregel herangezogen werden bzw. die Grundlage dafür bilden, dass der Sendersuchlauf die einer Must-carry-Pflicht unterfallenden Programm auch aufgreift und auffindbar darstellt. Auch hier bedarf es daher eher „weicherer Zugangsansprüche“, die allein das „ob“ des Zugangs der Inhalte über das Endgerät zum Rezipienten regeln.

1061 1062

Ähnlich: Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52b, Rn. 87. Dazu Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (22).

II. Plattformregulierung

173

(4) Must-Carry und infrastrukturunabhängige Gatekeeper aufgrund der Kontrolle über geschlossene Systeme Insgesamt beinhaltet das Must-Carry-Regime zwar Zugangsansprüche, die auch bei Gatekeepern aufgrund der Kontrolle über ein geschlossenes System grundsätzlich eine Rechtfertigung in der „technischen Verlängerung“ des Auftrags der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf der Ebene der Programmverbreitung haben. Allerdings wird zusehens deutlich, dass die Beschränkung dieser Zugangsansprüche auf Fernsehprogramme und die Zwecksetzung als Reaktion auf die Knappheit von Zugangsdienstleistungen zum Rezipienten keine passgenauen Lösungen für alle Dienste von Gatekeepern aufgrund der Kontrolle geschlossener Systeme bereithalten. Die Geeignetheit dieses Regulierungsinstruments zur Gewährleistung der Verbreitung gebührenfinanzierter Angebote und solcher, die für die Sicherung der Meinungsvielfalt als unverzichtbar angesehen werden1063, erstreckt sich daher in der derzeitigen Form nur auf die klassischen Infrastrukturbetreiber und deren Angebot an klassischem Rundfunk. Grundsätzlich sind Zugangsansprüche auch für Gatekeeper aufgrund der Kontrolle über ein geschlossenes System, welche den Zugang von Inhalten zum Rezipienten kontrollieren, notwendig (siehe oben, 3. Kap. I. 2) e. (1)). Diese sollten eher an „weicheren Kriterien“ (z.B. Zugangs- und Diskriminierungsfreiheit, siehe unten, 3. Kap. II. 5) c. (2)) orientiert sein, damit ein interessengerechter Ausgleich zwischen Inhalteanbietern und den Anbietern der geschlossenen Systeme ermöglicht wird. b. Zusammenspiel von Must-carry und technischer Zugangsfreiheit Zur Ermittlung dieser „weichen Zugangsansprüche“ gewinnt das Zusammenspiel aus Must-carry-Pflichten und technischer Zugangsfreiheit bzw. Diskriminierungsfreiheit (vgl. § 52c RStV) an Bedeutung. Dieses rechtfertigt sich aus der Tatsache, dass das „ob“ des Zugangs im ursprünglichen Bild eines Infrastrukturbetreibers als Plattformanbieter damit zusammen hing, ob man als Inhalteanbieter mit seinen Inhalten auf der von diesem kontrollierten Kapazität verbreitet wurde. Dieses wurde ergänzt durch das Gebot der Diskriminierungsfreiheit und der Chancengleichheit von Angeboten im § 52c RStV, um die Belegungspflichten gegen eine Umgehung mittels technischer Dienste abzusichern.1064 Diese Vertriebsdienstleistungen werden demnach in die Regelungssystematik aufgenommen, indem die Auffindbarkeit in Navigatoren der Plattformen und die technische Kompatibilität der Endgeräte (insbesondere Set-Top-Boxen), die zum Empfang des Angebots des Plattformanbieters notwendig sind, geregelt wird. Beide Instrumente sind auf die Sicherung der Angebotsvielfalt ausgerichtet und sichern diese durch vergleichbare rundfunkrechtlich zentrierte Kriterien.1065

1063

So Begründung zum 10. RÄStV, LT-Drs. BY 15/9667 v. 14. 1. 2008, S. 30 f. Binder/Vesting/Schulz/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52c, Rn. 33 spricht von einer „sachlichen Verbindung“ aufgrund von „Berührungspunkten“; Kuper, IPTV (2009), S. 84. 1065 Binder/Vesting/Schulz/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52c, Rn. 37. 1064

174

3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Diese Parallelität der Instrumente der Plattformregulierung funktioniert bei einer „Connected-TV-Plattform“ aufgrund des fehlenden Infrastrukturbezugs im klassischen Sinn nicht mehr. Dennoch bleibt das Gefahrenpotential der Gatekeeper-Stellung hinsichtlich einer Diskriminierung von Inhalten durch den Portalbetreiber, weil dieser eigene Angebote oder die Angebote von Drittanbietern, zu denen er wirtschaftlich lohnenswerte Vertragsbeziehungen unterhält, bevorzugt. Dieser kontrolliert dabei keine Infrastruktur im klassischen Sinne (z.B. einen Übertragungsweg) mehr. Die „Infrastruktur“ stellt nun das Endgerät bzw. die Software des Portals dar, weshalb die App-Portale als Gatekeeper aufgrund der Kontrolle über ein geschlossenes System eingeordnet wurden (siehe oben, 3. Kap. I. 1) b. (3)). Insoweit muss für eine moderne Gatekeeper-Regulierung ein neues System der Gewährleistung von Zugangsansprüchen auf der einen Seite und der Verwirklichung der Grundsätze der Diskriminierungsfreiheit und Chancengleichheit auf der anderen Seite geschaffen werden. Von den derzeitigen Regulierungsinstrumenten passen must-carry-Regelungen nicht auf die bestehenden Gatekeeper-Stellungen bei Connected-TV-Endgeräten. c. „Technische Zugangsfreiheit“ und Interoperabilität Nur die in der Plattformregulierung angelegten Grundsätze der Zugangsoffenheit und Interoperabilität scheinen, zumindest für einen Teilbereich, Lösungsansätze für die Vielfaltsproblematik der durch die Portalbetreiber auf Connected-TV-Geräten etablierten proprietären Portalsysteme zu beinhalten. Beleuchtet man die Connected-TV-Portale und die dazugehörigen App-Stores unter dem Aspekt als „technische Dienstleistung“ zum Vertrieb von meinungsrelevanten Inhalten (Rundfunk und vergleichbare Telemedien), bildet § 52c RStV einen Anknüpfungspunkt im Sinne dieser rundfunkrechtlichen Zielsetzung. (1) Grundlagen und Anwendbarkeitsvoraussetzungen des § 52c RStV § 53 RStV a.F. stellte historisch gesehen die erste regulatorische Reaktion auf die Gatekeeper-Problematik bei der Verbreitung von Angeboten im digitalen Fernsehen dar.1066 Die Norm adressiert spätestens in ihrer Form in § 52c RStV das Beeinflussungspotential, das aus der Kontrolle der Technik in entscheidenden Stellen auf dem Weg der Inhalte vom Anbieter zum Rezipienten erwächst, indem die Grundsätze des chancengleichen Zugangs und der Diskriminierungsfreiheit als Gegenmaßnahmen eingeführt werden.1067

1066

Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52c, Rn. 1; BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52c, Rn. 2b; Kuper, IPTV (2009), S. 83, 86; Falke, Die Sicherung der Meinungsvielfalt (2012), S. 203. 1067 Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52c, Rn. 1; BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52c, Rn. 7; Binder/Vesting/Schulz/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52c, Rn. 1 ff.

II. Plattformregulierung

175

Allerdings stellen sich im konkreten Regelungszusammenhang der Absicherung dieser Grundsätze in § 52c RStV einige offene Fragen. Insbesondere das Verhältnis von Abs. 1 S. 1 zu S. 2 erscheint äußerst unklar.1068 Satz 1 beschreibt generalklauselartig eine (positive) Gewährleistungspflicht zur Ermöglichung eines vielfältigen Angebots wohingegen Satz 2 ein (negatives) Behinderungs- und Diskriminierungsverbot bezüglich ausgewählter Dienstleistungen formuliert.1069 Der markanteste Unterschied besteht in der unterschiedlichen Reichweite der beiden Sätze dieser Norm: Der Umfang der Gewährleistung in Satz 1 ist aufgrund der generalklauselartigen Formulierung allein in Bezug auf die Technik schmaler als der Inhalt der Verpflichtung in Satz 2, in dem es um die Sicherung der Meinungs- und Angebotsvielfalt insgesamt geht.1070 Andererseits beschränkt sich diese Gewährleistungspflicht in Satz 1 nicht auf die in Satz 2 genannten technischen Phänomene, sondern erfasst nach weitem Verständnis auch andere Gatekeeper-typische technische Dienstleistungen.1071 Aus dieser Unklarheit erwächst auch die Frage, ob ein über die Plattformanbieter hinausgehender Kreis von Adressaten von der Norm erfasst ist.1072 Dagegen sprechen der systematische Zusammenhang des Abschnitts des RStV sowie dass S. 1 lediglich eine Einschränkung hinsichtlich der adressierten Plattformanbieter macht, indem nur solche erfasst werden, die Angebote auch verbreiten, sodass S. 2 somit alle Plattformanbieter in den Blick nimmt.1073 Letztlich ist S. 1 deshalb als Einschränkung des Kreises der Normverpflichteten zu verstehen: Über die Eigenschaft eines Plattformanbieters, der eine Zusammenfassungsentscheidung für Dienste trifft, müssen die erfassten Inhalteformen auch verbreitet werden, da die „Verpflichtung an technische Bedingungen anknüpft“.1074 Zuletzt stellt sich bei dieser Norm erneut die bereits im Rahmen der Definition des Plattformanbieters relevante Frage nach dem Verhältnis der regulierten Inhalte (Rundfunk und Telemedien) zueinander. An dieser Stelle wird wohl überwiegend unter Bezugnahme auf die gesetzgeberische Intension hinsichtlich der Änderungen des § 9. RÄndStV, wonach ein „oder“ durch ein „und“ zu ersetzen ist, um die damals in Plattformen gängingen aber nicht als Rundfunk

1068 Siehe dazu: BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52c, Rn. 16 ff.; Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52c, Rn. 24 ff.; Binder/Vesting/Schulz/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52c, Rn. 34; HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52c RStV, Rn. 15. 1069 Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52c, Rn. 25. 1070 BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52c, Rn. 20; Binder/Vesting/Schulz/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52c, Rn. 34; laut Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52c, Rn. 25 ist „in beiden Fällen eine programminhaltliche Diversifikation durch Herstellung von Anbietervielfalt gemeint“. 1071 BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52c, Rn. 20; Binder/Vesting/Schulz, Rundfunkrecht, RStV, § 52c, Rn. 34. 1072 Binder/Vesting/Schulz/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52c, Rn. 34, 39; zumindest angedacht auch bei Christmann, ZUM 2009, 7 (15). 1073 So insbesondere BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52c, Rn. 20 f.; Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52c, Rn. 20; Hoeren/Neurauter, IPTV (2010), S. 175 f.; HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52c RStV, Rn. 13; Merkel/Roßnagel/Scheuer/Schweda, Sicherung der Interoperabilität (2009), S. 83. 1074 Binder/Vesting/Schulz/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52c, Rn. 36; BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52c, Rn. 25; Fuchs/Försterling, MMR 2017, 295 (297).

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

angesehenen Teleshoppingangebote zu erfassen, ein kumulatives Verständnis zugrunde gelegt.1075 Diese Sichtweise war aber den damaligen Gegebenheiten geschuldet und überzeugt nach den Änderungen des 12. RÄndStV und der Aufnahme von Teleshoppingangeboten in den Rundfunkbegriff (vgl. § 1 Abs. 6 RStV) nicht mehr.1076 Sie würde vielmehr dazu führen, dass insbesondere Verteilnetzstrukturen, die aus technischen Gründen keine nicht-linearen Telemedien anbieten, aus dem Anwendungsbereich herausfallen würden, was vom Gesetzgeber nicht gewollt sein kann.1077 Deshalb muss mit Blick auf die vielfaltssicherunde Wirkung des § 52c RStV auch hier ein für beide Inhaltekategorien alternatives Verständnis zugrunde gelegt werden, welches mit dem bei der Legaldefinition des Plattformanbieters hier vertretenen, alternativen Verständnis (siehe oben, 3. Kap. II. 2) a. (3)) in Einklang steht.1078 Das gegenteilige Ergebnis würde dazu führen, dass in S. 1 ein alternatives und in S. 2 ein kumulatives Verständnis bestünde, was unter dem Normzweck wenig einleuchtend erscheint.1079 Neben den bereits benannten Grundsätzen beinhaltet § 52c RStV auch eine medienrechtliche Absicherung von Interoperabilität. Interoperabilität bezeichnet dabei die Fähigkeit zur Zusammenarbeit von verschiedenen Techniken und Systemen, was in der Regel die Einhaltung gemeinsamer Standards voraussetzt.1080 Die Regulierung von Interoperabilität, die stark unionsrechtlich geprägt eher im Telekommunikationsrecht (§§ 48 ff. TKG) zu finden ist1081, hat auch Einzug ins Rundfunkrecht genommen. Zur Ergänzung des Prinzips der Gewährleistung von chancengleichem Zugang für Inhalteanbieter und der Verhinderung von Diskriminierung wird zur Verwirklichung des Vielfaltsgebots im Angesicht von Gatekeeper-Positionen auch auf den Interoperabilitätsgrundsatz zurückgegriffen.1082 Interoperabilität kreiert unter dem Ziel der Offenheitspflege für gleiche Dienstleistungen offene Standards, die Inhalteanbieter nutzen können, um über die so entstehenden offenen Systeme Zugang zum Rezipienten zu erlangen (siehe unten, 3. Kap. II. 5) d.). Insgesamt bleibt unklar, ob die ehemals in § 53 RStV a.F. niedergelegten Grundsätze durch die Verankerung des § 52c RStV im Regime der Plattformregulierung eine 1075

HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52c RStV, Rn. 12; Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52c, Rn. 20 f.; Binder/Vesting/Schulz/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52c, Rn. 36; Hoeren/Neurauter, IPTV (2010), S. 174. 1076 BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52c, Rn. 27 f.; Binder/Vesting/Schulz/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52c, Rn. 36. 1077 BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52c, Rn. 27. 1078 BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52c, Rn. 26; Binder/Vesting/Schulz/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52c, Rn. 36. 1079 Binder/Vesting/Schulz/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52c, Rn. 36. 1080 Kuper, IPTV (2009), S. 323; der Begriff der Interoperabilität wird nicht einheitlich verwendet. Maßgeblich ist insbesondere, dass digitale Inhalte zwischen verschiedenen Endgeräten transferiert werden können und dabei ihre volle Funktionalität behalten. Eine wichtigste Prämisse dafür ist das Vorhandensein von Standards z.B. in Form von passenden Anschlüssen (Schnittstellen), aber auch auf Seiten der Software beispielsweise bei der einheitlichen Interpretation von Fernsehsignalen. Vgl. dazu umfassend: Merkel/Roßnagel/Scheuer/Schweda, Sicherung der Interoperabilität (2009), S. 142 ff. 1081 Vgl. Binder/Vesting/SchulzWagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52c, Rn. 25 ff. 1082 Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 94 f.; so zur europäischen Ebene auch Merkel/Roßnagel/Scheuer/Schweda, Sicherung der Interoperabilität (2009), S. 145 ff.

II. Plattformregulierung

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systematische Einbindung in die anderen Regelungsmaterien des RStV gefunden haben.1083 Gerade die Unklarheit, ob § 52 Abs. 1 S. 2 RStV bei den Normverpflichteten eine Einschränkung auf Plattformanbieter vornimmt oder auch Dritte erfasst, deren technische Dienstleistungen den Zugang zu Rundfunk und vergleichbaren Telemedien ermöglichen und an die Dienstleistung des Plattformanbieters andocken, bietet Anlass, die § 52c i.V.m. §§ 14 f. ZPS auf ihre Passgenauigkeit auf die Gatekeeper-Probleme bei Connected-TV-Sachverhalten zu untersuchen. (2) Grundsätze der Chancengleichheit und Diskriminierungsfreiheit Der Gatekeeper-Problematik wird insbesondere mit den verfassungsrechtlich determinierten Grundsätzen der Chancengleichheit und Diskriminierungsfreiheit (siehe oben, 3. Kap. I. 2) c. (3)) begegnet. Diese finden sich in § 52c Abs. 1 S.2 RStV im Verbot der unbilligen Behinderung und der Diskriminierung wieder.1084 Zusätzlich werden diese allgemeinen Grundsätze durch die Landesmedienanstalten in § 4 Abs. 1 S. 1 ZPS in Ergänzung der im RStV gegebenen Begriffserklärungen konkretisiert. Danach meint Chancengleichheit, dass „Plattformanbieter Anbietern von Rundfunk und vergleichbaren Telemedien den Zugang zu angemessenen Bedingungen in einer Weise anbieten, dass diese weder unmittelbar noch mittelbar bei der Verbreitung oder Vermarktung ihrer Angebote unbillig behindert werden“. Weiter sind nach § 4 Abs. 2 S. 1 ZPS „Bedingungen in der Regel dann chancengleich, wenn sie im Rahmen des technisch Möglichen und wirtschaftlich Zumutbaren allen Anbietern von Rundfunk und vergleichbaren Telemedien eine reale Chance auf Zugang zu Zugangsdiensten eröffnen“.1085 Der Grundsatz der Chancengleichheit statuiert damit also keine tatsächlichen Zugangsansprüche im Sinne einer Pflicht zur Zugangsgewährung für die Betreiber der Dienstleistung, sondern trägt nur dafür Sorge, dass eine möglichst vergleichbare Ausgangsposition für alle Anbieter von Rundfunk und vergleichbaren Telemedien hergestellt wird („Behinderungsverbot“).1086 Letztlich zielt ein solcher Grundsatz unter der Zielsetzung der Erreichung von Meinungsvielfalt also darauf, dass Marktzutrittsschranken für neue Angebote so niedrig wie möglich gehalten werden.1087 Das bedeutet aber auch, dass die bislang einfacg-gesetzlich normierte Chancengleichheit nur eine Spezialausprägung der Diskriminierungsfreiheit ist. Die Diskriminierungsfreiheit zielt auf ein Gleichberechtigungsgebot zu anderen und ist damit das übergreifende Prinzip. Deshalb scheinen beide Grundsätze ein relatives Verhältnis zu anderen Angeboten bzw. Anbietern vorauszusetzen. Der Grundsatz der Chancengleichheit ist demnach kein

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Dazu: Binder/Vesting/Schulz/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52c, Rn. 32 f. mwN. Binder/Vesting/Schulz/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52c, Rn. 34. HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52c RStV, Rn. 18; Binder/Vesting/Schulz/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52c, Rn. 42; gegen jegliche Art der Differenzierung: Gersdorf, Chancengleicher Zugang (1998), S. 148 f. 1086 HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52c RStV, Rn. 18; Binder/Vesting/Schulz/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52c, Rn. 42; gegen jegliche Art der Differenzierung: Gersdorf, Chancengleicher Zugang (1998), S. 148 f. 1087 BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52c, Rn. 34; HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52c RStV, Rn. 18.

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

allgemeines Behinderungsverbot, sondern meint eine Behinderung im Vergleich zu anderen Anbietern im Prozess der öffentlichen und individuellen Meinungsbildung. Weiter ergänzt § 4 Abs. 4 ZPS den § 52c Abs. 1 S. 2 RStV um Erwägungen der Angemessenheit hinsichtlich der Bedingungen des Zugangs.1088 Die darin statuierten allgemeinen Anforderungen greifen dem allgemeinen Diskriminierungsverbot vor, indem sie auf die Herstellung einer Ausgangssituation zielen, bei deren Beachtung von einer diskriminierungsfreien Behandlung i.S.d. des § 52c Abs. 1 S.2 RStV und den Vermutungsregeln der ZPS ausgegangen werden muss und somit Chancengleichheit herrscht.1089 Speziell § 4 Abs. 4 ZPS lässt deutlich werden, dass gerade neben der inhaltlichen Einflussnahme durch Plattformanbieter (Nr. 4) auch weitere Funktionen, die dort mit Blick auf die Angemessenheit aufgenommen werden, im Rahmen der Gatekeeper-Regulierung erfasst werden müssen. Diskriminierungsfreiheit1090 meint hingegen im Kern, dass „Anbieter von Rundfunk und vergleichbaren Telemedien nicht gegenüber gleichartigen Anbietern ohne sachlich rechtfertigenden Grund unterschiedlich behandelt werden dürfen“. Nach S. 2 sind „Bedingungen in der Regel dann diskriminierend, wenn der Plattformanbieter denselben Zugangsdienst einem Unternehmen, das ihm nach § 3 Abs. 1 Satz 3 ZPS1091 zuzurechnen ist, zu anderen Bedingungen anbietet als einem anderen Berechtigten, es sei denn, der Verpflichtete weist hierfür einen sachlich rechtfertigenden Grund nach.“ § 52c RStV geht aber sogar über diese Regelung hinaus, indem dort keine Einschränkung auf die Ungleichbehandlung zwischen eigenen bzw. zugerechneten und fremden Angeboten gemacht wird, sondern auf die generelle Vergleichbarkeit von Angeboten unabhängig von der Anbietereigenschaft abgestellt wird.1092 Das Diskriminierungsverbot enthält also den gleichheitsrechtlichen Gedanken der Gleichbehandlung zweier vergleichbarer Anbieter von Rundfunk und Telemedien. Die rundfunkverfassungsrechtliche Prägung dieses Grundsatzes kommt dadurch zum Ausdruck, dass die angesprochenen sachlichen Gründe für eine Ungleichbehandlung vor dem Vielfaltsgebot des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG Bestand haben müssen.1093 Über die Ermittlung eines sachlichen Grundes ist auch die in Bezug auf eine hervorgehobene Bedeutung für den öffentlichen Kommunikationsprozess (z.B. öffentlich-rechtlicher Rundfunkanbieter) nicht ausreichende Darstellung bestimmter Anbieter lösbar (siehe oben, 3. Kap. I. 2) c. (2)). Diese dürfen nicht nach dem

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Dazu und zum Umfang der Satzungsermächtigung in diesem Punkt: Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 200 f.; HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52c RStV, Rn. 16; Assion, Must Carry (2015), S. 310, 314 ff.; Hoeren/Neurauter, IPTV (2010), S. 173; BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52c, Rn. 39. 1089 BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52c, Rn. 39; HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52c RStV, Rn. 16. 1090 Zu den unterschiedlichen aber wohl deckungsgleich zu verstehenden Begriffen der „Diskriminierungsfreiheit“, „Diskriminierungsverbot“ oder der „Freiheit von Diskriminierung“, HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52c RStV, Rn. 17. 1091 § 3 Abs. 1 Satz 3 ZPS: „Verpflichteten sind Unternehmen zuzurechnen, mit denen sie unmittelbar oder mittelbar durch Beteiligung oder in sonstiger Weise verbunden sind und die ihnen in entsprechender Anwendung des § 28 RStV zuzurechnen sind.“ 1092 Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 200; Assion, Must Carry (2015), S. 305 f.; HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52c RStV, Rn. 19 spricht von „zwei gleichartigen „Bewerbern““. 1093 BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52c, Rn. 36 unter Verweis auf die amtl. Begr. d. 8. RÄndStV; Assion, Must Carry (2015), S. 306 f.

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Grad ihrer Bedeutung für die individuelle und öffentliche Meinungsbildung von vornherein ohne einen Akt der Nutzerautonomie nachrangig dargestellt werden. Die beiden Grundsätze erhalten auch in Bezug auf die Anbieter, die aufgrund der Kontrolle über ein geschlossenes System eine Gatekeeperstellung einnehmen, ihre Geltung, weil sie gerade „weiche“ Kriterien legitimieren, welche die Situation des Zugangsverlangens und des Verlangens nach gleichberechtigter Auffindbarkeit und Darstellung auch in einem System, in dem keine Ressourcenknappheit herrscht, auffangen können. App-Portale und die dazugehörigen App-Stores können anhand dieser Grundsätze bewertet werden, wie der Vergleich zu den bereits regulierten technischen Dienstleistungen zeigt (siehe unten, 3. Kap. II. 5) c. (3)). (3) Technische Dienstleistungen Bezogen auf die von § 52c Abs. 1 S. 2 Nr. 1-4 RStV erfassten Einzeldienste, denen der Gesetzgeber eine Gatekeeper-Position zugerechnet hat1094, werden die Grundsätze in §§ 14, 15 ZPS näher konkretisiert. (a) Zugangsberechtigungssysteme Unter dem Stichwort medienrechtlicher Zugangsansprüche erscheint es naheliegend die Regulierung von Zugangsberechtigungssystemen (CAS)1095 in § 52c Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und § 14 Abs. 1 ZPS in den Blick zu nehmen. Darunter fallen alle technischen Vorkehrungen, die auf der Plattform des zu verpflichtenden Anbieters die Berechtigung mittels Abonnement oder individueller Erlaubnis verwalten, ein Rundfunk- oder Telemedienangebot zu nutzen.1096 Dabei handelt es sich um Verschlüsselungstechnologien für den Transport und Vermarktung von Rundfunk und vergleichbaren Telemedien, um die Empfangbarkeit der Signale auf bestimmte Berechtigte zu begrenzen.1097 § 52c Abs. 1 S. 2 Nr. 1 räumt Inhalteanbietern Zugangsansprüche zu den CAS gegenüber Plattformanbietern ein, damit sie diese Technik zur Vermarktung der eigenen Angebote einsetzen können1098 und darüber hinaus nicht unter technischen Aspekten für verschiedene Rezipienten nicht erreichbar sind. Auf Connected-TV-Sachverhalte passt diese Logik allerdings nicht, da die Portale nicht mit CAS vergleichbar sind, da die Endgerätehersteller oder Portalbetreiber kein Verschlüsselungssystem für die Darstellung der Apps einsetzen, sondern die Grundlagentechnik (Soft- und Hardware) kontrollieren. Sollten die Portalanbieter ihre Portale ähnlich den Pay-TV-Anbietern um CA-Systeme erweitern, wäre die Regelung der chancengleichen 1094

Kuper, IPTV (2009), S. 86; BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52c, Rn. 7; Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektonischen Medien, RStV, § 52c, Rn. 1. 1095 Vgl. auch § 3 Nr. 33a TKG: "Zugangsberechtigungssysteme" technische Verfahren oder Vorrichtungen, welche die erlaubte Nutzung geschützter Rundfunkprogramme von einem Abonnement oder einer individuellen Erlaubnis abhängig machen. 1096 BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52c, Rn. 41; Hoeren/Neurauter, IPTV (2010), S. 177 unter Heranziehung der Defintion aus § 3 Nr. 33 TKG; Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektonischen Medien, RStV, § 52c, Rn. 31; HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52c RStV, Rn. 21. 1097 Schütz, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, § 6, Rn. 39. 1098 Hoeren/Neurauter, IPTV (2010), S. 178.

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Nutzung und der Verhinderung von Diskriminierung mittels Entgelten, wie sie die derzeitige Norm vorsieht, ein gangbares System. (b) Schnittstellen für Anwendungsprogramme Einen weiteren vom Gesetzgeber als Zugangsbarriere erkannten „technisch-administrativen Dienst“1099 stellen die Anwendungs-Programmierschnittstellen (API) dar. Eine grundlegende Definition des Begriffs „Anwendungs-Programmierschnittstelle“ beinhaltet § 3 Nr. 2 TKG1100. Dieser wird in der Literatur, aufgrund beklagter inhaltlicher und spezifisch technischer Insuffizienz, die Spezifikation hinzugefügt, dass „eine Anwendungs-Programmierschnittstelle ein Oberbegriff bei technischen Systemen ist, die es freien Entwicklern von Software ermöglichen, Anwendungen auf Basis des technischen Systems zu erstellen, wobei vorhandene Routinen und Softwarebibliotheken genutzt werden können.“1101 Das API dient daher als Bindeglied zwischen einer beliebigen Anwendung und der spezifischen Funktionsweise der Hard- und Software des Endgeräts, das die Anwendung umsetzen soll.1102 Diese sehr technische Umschreibung wird deutlicher, wenn man die Bedeutung für die konkreten Funktionen bei digitalen Endgeräten in den Blick nimmt: Programmanbieter oder sonstige Inhalteanbieter entwickeln bestimmte Anwendungen (z.B. Apps) und speisen diese in den digitalen Datenstrom ein.1103 Dabei werden diese Anwendungen zur Verarbeitung durch ein API einer bestimmten Middleware entwickelt.1104 Die Middleware wiederum vermittelt ganz konkret zwischen Betriebssystem und Anwendung: Anwendung Anwendungs-Programmierschnittstelle (API) Middleware z.B. Open TV, Liberate, MHP Adaption Layer Betriebssystem Hardware Abb. 10: Aufbau einer Set-Top-Box mit Anwendungsprogrammierschnittstelle Quelle: Janik, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, § 48, Rn. 17

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So Eberle, ZUM 1995, 249 (252). § 3 Nr. 2 TKG: „Anwendungs-Programmierschnittstelle“ ist die Software-Schnittstelle zwischen Anwendungen, die von Sendeanstalten oder Diensteanbietern zur Verfügung gestellt werden, und den Anschlüssen in den erweiterten digitalen Fernsehempfangsgeräten für digitale Fernseh- und Rundfunkdienste. 1101 Janik, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, § 48, Rn. 17; Klußmann, Lexikon der Kommunikations- und Informationstechnik (1997), S. 21. 1102 Dazu ausführlich: Janik, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, § 49, Rn. 17; Merkel/Roßnagel/Scheuer/Schweda, Sicherung der Interoperabilität (2009), S. 48 ff.; Hoeren/Neurauter, IPTV (2010), S. 180; vgl. auch LMS-Glossar, abgedruckt in HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52c RStV, Rn. 5. 1103 Janik, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, § 49, Rn. 17. 1104 Janik, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, § 49, Rn. 17. 1100

II. Plattformregulierung

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Der medienrechtlich problematische Teil dieser technischen Ausgestaltung von Kommunikationsportalen für verschiedenste (interaktive) Angebote stellt die Verwendung von unterschiedlichen Middlewares und verschiedenen APIs dar.1105 Dadurch entstehen Kompatibilitätsprobleme, welche entweder durch ein re-authoring oder durch Normierung gelöst werden können.1106 Solche Kompatibilitätsprobleme bilden eine Zugangsbeschränkung für Inhalteanbieter, weil durch die Beherrschung der Middleware und des API kontrolliert wird, welche Anwendungen auf dem Betriebssystem laufen und somit dem Rezipienten zur Verfügung stehen.1107 Diese technischen Funktionen sind auch bei Connected-TV-Endgeräten zu finden: HbbTV oder das jeweilige proprietäre Portalsystem des Portalbetreibers bilden die Middleware.1108 Die APIs sind die Schnittstellen, anhand derer ein Inhalteanbieter eine App für ein HbbTV-Angebot oder ein Portal programmieren kann. Die APIs sind grundsätzlich in den SDKs der Endgerätehersteller enthalten.1109 Das Bereitstellen von APIs wird nicht explizit durch § 52c Abs. 1 Nr. 2 RStV und § 14 Abs. 2 ZPS vorgeschrieben.1110 Aus medienrechtlicher Sicht soll die Interoperabilität über diese Normen dadurch abgesichert werden, dass jeder Inhalteanbieter in Bezug auf ein vorhandenes API chancengleichen und diskriminierungsfreien Zugang dazu erhält.1111Hier zeigt sich, dass Interoperabilitätsvorgaben auch medienrechtlich einen Beitrag zur Verwirklichung des Vielfaltsgebots leisten. Das Bereitstellen des APIs ist ein wirksames Instrument, um eine geschlossene Plattform, die eine Gatekeeper-Stellung für Inhalteanbieter darstellt, bis zu einem gewissen Grad zu öffnen. Daher sorgt sie für die Umsetzung des Prinzips der „Offenheitspflege“. Sie führt aber noch nicht dazu, dass der Anbieter mit seiner App tatsächlich Zugang zum Portal und damit zum Rezipienten erlangt. Bei den proprietären Portalsystemen ist somit selbst bei der Interoperabilität der Technik medienrechtlich noch kein Zugang gewährleistet, sodass die Gatekeeper-Problematik nur in Teilen abgemildert wird.1112 Interoperabilität führt erst dann zu einem Zugang zum geschlossenen System des Gatekeepers,

Vgl. Modot/Lamber/Moullier, in: Herausforderungen von „Connected-TV“ – Themenpapier, im Auftrag des Ausschusses für Kultur und Bildung des Europäischen Parlaments, Generaldirektion Interne Politikbereiche, Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik, Kultur und Bildung (2013), S. 25. 1106 Janik, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, § 49, Rn. 18; Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 205 f. 1107 So auch Hoeren/Neurauter, IPTV (2010), S. 180. 1108 Janik, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, § 49, Rn. 18; der frühere Standard MHP wurde als von dieser Regelung umfasst angesehen (vgl. Kuper, IPTV (2009), S. 87 mwN; HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52c RStV, Rn. 5), sodass HbbTV, welches ähnliche technische Voraussetzungen und Funktionen aufweist, ebenfalls unter die Regelung fällt. 1109 Eine Abgrenzung zwischen API und SDK kann anhand der Umschreibung vorgenommen werden, dass alle SDKs APIs beinhalten, aber nicht alle APIs SDKs sind. Das SDK enthält neben den APIs noch weitere Werkzeuge, die es braucht um eine Anwendung für ein Portal zu kreieren. 1110 Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 205. 1111 Hoeren/Neurauter, IPTV (2010), S. 180. 1112 Ähnlich, aber ohne den konkreten Bezug zu Connected-TV-Sachverhalten, auch Jungheim, Medienordnung und Wettbewerbsrecht im Zeitalter der Digitalisierung und Globalisierung (2012), S. 444, die deshalb die Regelung im RStV neben dem TKG kritisiert.

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

wenn dieser keine weiteren (inhaltlichen) Anforderungen als die Erfüllung der technischen Grundvoraussetzungen für seine Dienstleistung aufstellt. (c) Benutzeroberflächen Am ehesten mit der technischen Funktion eines Connected-TV-Portals vergleichbar und damit Ansatzpunkt für die Regulierung könnten die in § 52c Abs. 1 S.2 Nr. 3 RStV regulierten Benutzeroberflächen sein. Die Regelung nimmt die Funktionen technischer Gatekeeper in den Blick, die die kommunikative Chancengleichheit bedrohen, indem sie die chancengleiche Auffindbarkeit von Inhalten und die „freie Programmwahl“ durch den Rezipienten in der jeweiligen Benutzeroberfläche gewährleisten soll.1113 Diese hat als ein entscheidendes Glied im Verbreitungsprozess eine Lenkungs- und Filterfunktion, womit sie dem Rezipienten als Orientierungshilfe dient und die Nutzungswahrscheinlichkeit von Inhalten bestimmt.1114 Nach der Gesetzesbegründung soll die freie Entscheidung des Nutzers nicht durch Funktionen der Benutzeroberfläche (genannt werden „Reihung von Programmen und andere Besonderheiten“) beeinflusst werden.1115 Damit reagiert die Norm auf die vom Bundesverfassungsgericht erkannte Gefahrenlage der Beeinflussung der Auswahlentscheidung von Rezipienten durch Navigatoren oder ähnliche softwaregestützte Dienste.1116 Laut § 2 Abs. 3 S. 2 ZPS fallen unter die „Vermittlung des ersten Zugriffs“ auf die Angebote alle Schritte des Nutzers bis zu der jeweils direkten Programmauswahl (bzw. Inhalteauswahl). Sieht man dies in Verbindung mit § 2 Abs. 3 S. 1 ZPS, wonach „alle voreingestellten Systeme und Dienste, die dem Nutzer eine übergreifende Orientierung über Rundfunk- und vergleichbare Telemedienangebote sowie deren Auswahl ermöglichen“, erfasst sind, fallen sämtliche programmübergreifenden Programmführer darunter.1117 Ausschlaggebend ist demnach die konkrete Funktionsweise des jeweiligen Dienstes in Bezug auf die Beeinflussung der Auswahlentscheidung des Rezipienten, unabhängig von den damit verbundenen technischen Schritten.1118 Auch das Portal eines Connected-TVs oder sonstigen Portalbetreibers kann eine solche Benutzeroberfläche darstellen, weil darin sogar der direkte und erstmalige Zugriff auf die im Portal in App-Form gelisteten Angebote ermöglicht wird, weshalb man sie mit einem Navigator vergleichen kann.1119 Hier kann es keinen Unterschied machen, dass die Benutzeroberfläche zu dem Navigator des Kabelnetzbetreibers hinzutritt, sofern er 1113

Vgl. Begründung zum 10. RÄStV, LT-Drs. BY 15/9667 v. 14. 1. 2008, S. 32; Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektonischen Medien, RStV, § 52c, Rn. 33. 1114 Schulz/Kühlers, Konzepte der Zugangsregulierung (2000), S. 63.; Fuchs/Försterling, MMR 2017, 295 (297). 1115 Begründung zum 10. RÄStV, LT-Drs. BY 15/9667 v. 14. 1. 2008, S. 33. 1116 BVerfGE 119, 181 (217); Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 206 sieht sogar die Rezeption von Vielfalt über diese Norm abgesichert. 1117 Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 207; laut Hoeren/Neurauter, IPTV (2010), S. 181 kann man den Begriff der Benutzeroberfläche mit dem des „Basisnavigators“ gleichsetzen. 1118 Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 207; enger Kuper, IPTV (2009), S. 88; vgl. die Bewertungspraxis der ZAK, ZAK-Pressemitteilung 06/2015. 1119 Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 (659); Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (128); Binder/Vesting/Schulz/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52c, Rn. 47; a.A. Fuchs/Försterling, MMR 2017, 295 (297).

II. Plattformregulierung

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sich beim Einschalten automatisch über das Fernsehbild legt.1120 Auch die Darreichungsform als „App“ kann nicht als eigenständiger Zwischenschritt zwischen Inhalt und Portal gesehen werden, weil sie lediglich die neutrale Funktion der softwaregesteuerten Übermittlung des Inhalts übernimmt und somit die technische Struktur darstellt, in die der Inhalteanbieter seine Inhalte bringen muss, um sie in einem Portal zugänglich machen zu können. Nach der Gesetzesbegründung werden von § 52c Abs. 1 Satz. 2 Nr. 3 RStV alle Funktionen erfasst, die die freie Entscheidung des Nutzers über die Programmauswahl beeinträchtigen.1121 Bei Connected-TV-Portalen sind unter diesem Gesichtspunkt sowohl die Voreinstellung des Portals als auch die privilegierte Präsentation bzw. Platzierung bestimmter Angebote im Portal oder im App-Store relevant. Diese Funktionen sind als Diskriminierung fremder Angebote gegenüber eigenen Angeboten oder Angeboten, an denen die Portalbetreiber über ein Provisionsmodell beim Vertrieb über den App-Store beteiligt sind, einzuordnen. Neben den bereits angesprochenen allgemeinen Ausführungen zu den Prinzipien der Chancengleichheit und Diskriminierungsfreiheit in § 4 ZPS (siehe oben, 3. Kap. II. 5) c. (2)) enthält § 15 ZPS detaillierte Vorgaben an die Gestaltung von Benutzeroberflächen im Sinne dieser Grundsätze. Zwar greift auch § 15 Abs. 1 ZPS zunächst im Allgemeinen die Grundsätze der Chancengleichheit und Diskriminierungsfreiheit für eine allgemeine Abwägungsentscheidung auf.1122 Die Norm wirkt im Weiteren aber viel spezifischer darauf hin, dass alle verfügbaren Angebote auch tatsächlich angezeigt werden, sodass in Verbindung mit den vorgenannten Grundsätzen sowohl ein Schutz für den Rezipienten als auch für den Inhalteanbieter gewährleistet wird.1123 Speziell die Reihung von Angeboten in Programmlisten werden an den schon in § 4 ZPS angesprochenen rundfunkrechtlichen Kriterien gemessen.1124 Diese Kriterien müssen nachprüfbar dokumentiert sein und können nach Besonderheiten der Angebote bzw. technischen Erfordernisse differenzieren1125. Zudem muss die Freiheit der Programmauswahl nach § 15 Abs. 1 S. 1 ZPS sichergestellt werden. Unter dieser Zielsetzung kann der Grundgedanke der Norm vom bloßen Annex bei Kabelplattformen auch auf Connected-TV-Portale ausgeweitet werden, indem er die Geltung der allgemeinen Grundsätze bei der Sortierung von Apps und die generelle Pflicht zur Anzeige der verfügbaren Angebote anordnet. § 15 Abs. 2 ZPS enthält Regelbeispiele bzw. eine Vermutungsregel, die für die Einhaltung der Grundsätze der Chancengleichheit und Diskriminierungsfreiheit sprechen.1126 Fuchs/Försterling, MMR 2017, 295 (297) zur „Sky-Homescreen“ der Sky-Programmplattform. Begründung zum 10. RÄStV, LT-Drs. BY 15/9667 v. 14. 1. 2008, S. 33. 1122 BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52c, Rn. 49. 1123 Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 208. 1124 BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52c, Rn. 49; HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52c RStV, Rn. 23. 1125 Begründung zum 10. RÄStV, LT-Drs. BY 15/9667 v. 14. 1. 2008, S. 32; BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52c, Rn. 53. 1126 § 15 Abs. 2 ZPS: Chancengleichheit und Diskriminierungsfreiheit sind jedenfalls dann gewährleistet, wenn 1. nebeneinander mehrere Listen mit verschiedenen Sortierkriterien angeboten werden, 2. der Nutzer die Möglichkeit hat, die Reihenfolge der Angebote in der Liste zu verändern oder eine eigene Favoritenliste anzulegen und

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Dabei ist hinsichtlich der verwendeten Sortierkriterien neben den generellen rundfunkrechtlichen Rechtfertigungsnotwendigkeiten auch Systemkonsistenz zu gewähren, um einem willkürlichen Wechsel der Kriterien innerhalb oder zwischen den Listen zu unterbinden.1127 Dieser Grundsatz wurde auch in § 15 Abs. 2 S. 2 ZPS im Rahmen der jüngsten Änderungen der Satzung verankert. Unter den darin aufgeführten Kriterien erscheint insbesondere Nr. 2 von Bedeutung, weil damit der Einfluss des Rezipienten auf die Reihung von Angeboten oder Favoritenlisten als zentrales Kriterium festgeschrieben wird. Der Rezipient als Zielgröße der verfassungsrechtlich gebotenen rundfunkrechtlichen Gatekeeper-Regulierung wird damit einbezogen. Auch wenn die Regelbeispiele des § 15 Abs. 2 ZPS gerade unter dem Gesichtspunkt kritisiert werden, dass es an greifbaren sachlichen Kriterien zur Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung fehle1128, zeigt die Praxis der in den Plattformen genutzten Sortierungskriterien, dass die Plattformanbieter selbst eine solche Begründung ihrer Sortierungskriterien durchaus zu leisten im Stande sind.1129 Zwar variieren die Kriterien der verschiedenen Anbieter dabei, basieren aber alle auf einer Mischung aus Rezipientenverhalten und Abstimmung mit den Inhaltelieferanten. Zudem werden auch die angebotenen Favoritenlisten zur Personalisierung der Inhalte nur von einem Teil der Plattformanbieter vorbelegt. Selbst im Falle der Vorbelegung einer Favoritenliste, die häufig die vordersten Programmplätze einnimmt, wird grundsätzlich eine Orientierung an der Zuschauerakzeptanz vorgenommen und die Abänderbarkeit durch den Rezipienten in allen Fällen ermöglicht. Hinsichtlich der Voreinstellung der Portale bzgl. der Reihung der Apps kann § 15 Abs. 2 Nr. 2 ZPS, auch wenn der Wortlaut der Norm auf (Programm-)Listen beschränkt ist, die allgemeine Regel entnommen werden, dass die Chancengleichheit und Diskriminierungsfreiheit gewahrt wird, wenn und soweit der Rezipient die Möglichkeit hat, die Voreinstellung selbstständig zu ändern. Lediglich unabänderbare Voreinstellungen bleiben insoweit problematisch.1130 Zudem scheinen diese Logiken auch bei den App-Stores die diskriminierungsfreie Auffindbarkeit der Angebote zu ermöglichen. Auch die Privilegierung bestimmter Angebote durch prominente Platzierung im App-Store bzw. die generelle Auffindbarkeit im App-Store kann durch die hier konkretisierten Grundsätze erfasst werden. Solange in dieses System gleichberechtigt weitere Angebote eingespeist werden können, ist das Gefahrenpotential für die Meinungsvielfalt eher gering und die Regulierung erfüllt ihren Zweck. Eng damit verknüpft ist das Problem des Einflusses von Personalisierung von Angeboten auf den Rezipienten. Die aufgestellten Grundsätze in § 15 Abs. 2 ZPS lassen eine Personalisierung einer Benutzeroberfläche durchaus zu, aber sie stellen sie unter die 3. eine angebotene Favoritenliste ohne Voreinstellungen angeboten wird. 1127 BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52c, Rn. 52; HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52c RStV, Rn. 23. 1128 Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 208 f. 1129 Vgl. Gesamtvergleich der Sortierlogik, abrufbar unter: http://www.die-medienanstalten.de/fileadmin/Download/Themen/Plattformregulierung/Webversion_Sortierlogik.pdf (Stand: 01.07.2015, 10:57 Uhr). 1130 Zu dieser Praxis bei Empfangsgeräten des Programmplattformanbieters „Sky Deutschland AG (Sky)“, vgl. ZAK-Pressemitteilung 06/2015; Fuchs/Försterling, MMR 2017, 295 (297 f.).

II. Plattformregulierung

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Gestaltungshoheit des Rezipienten. Dies entspricht der allgemeinen Logik, dass Personalisierung gerade dem Rezipienten anhand seines persönlichen Nutzungsverhaltens Vorteile bringen soll. Konkret bedeutet dies, dass eine rein von Algorithmen gesteuerte Personalisierung über den Rückkanal bei Anwendung der derzeitigen Kategorien nur dann möglich ist, wenn der Nutzer zumindest über die Vornahme von Einstellungen aktiv darauf Einfluss nehmen kann. Eine völlige Abkoppelung vom Nutzerwillen wäre unter diesen Prämissen nicht denkbar, da er diskriminierend wirken würde. § 15 Abs. 3 ZPS normiert ebenfalls einen Aspekt der Offenheitspflege, indem den Verwendern von Benutzeroberflächen auferlegt wird, den Rezipienten auch die Nutzung anderer Benutzeroberflächen zu ermöglichen. Im Kontext von Connected-TV-Endgeräten kann dieser Grundsatz so verstanden werden, dass das Endgerät, soweit technisch möglich, es nicht verhindert, dass der Rezipient auf die Portale anderer Drittanbieter zurückgreift.1131 § 15 Abs. 4 ZPS bezieht sich auf die technische Umsetzung des Wechsels zwischen Benutzeroberfläche und Programm, welcher in beide Richtungen unmittelbar ermöglicht werden soll. Damit soll eine absichtliche Behinderung der Navigation durch den Plattformanbieter verhindert werden1132, sodass die Neutralität der Navigation über die Trennung zwischen Programm und Benutzeroberfläche gewährleistet wird. Eine solche Funktion erscheint in einem App-Portal als notwendige technische Voraussetzung gegeben zu sein. Lediglich in den Fällen, in denen sowohl Rundfunkzugang als auch Zugang zu den Angeboten eines App-Portals in einer software-gestützten „Benutzeroberfläche im weiten Sinn“ zusammenfallen (siehe oben, 3. Kap. I. 1) b. (1)), könnte der Norm die Verpflichtung entnommen werden, dass auf einem Connected-TV-Endgerät immer die Möglichkeit des direkten Wechsels aus dem linearen Rundfunkprogramm in das Portal und umgekehrt gesichert sein muss.1133 Bei HbbTV-Angeboten der Inhalteanbieter ist diese Funktion über den Red-Button eine notwendige technische Steuerungsvoraussetzung, welche über eine solche Regelung allerdings eine Absicherung erhalten würde.1134 § 15 Abs. 5 ZPS sieht zudem gleichgewichtige Hinweise auf öffentlich-rechtliche wie private Programmangebote in die Regulierung vor. Damit wird der besondere Diskriminierungsschutz kommunikationsrechtlich unter dem Vielfaltsgebot relevanter Inhalte betont. Ein solcher kann gerade auch auf Connected-TV-Portalen gewährleistet werden. Zuletzt enthält § 15 Abs. 6 ZPS bereits heute das Gebot, dass Verwender von Benutzeroberflächen in Bezug zu den Inhalteanbietern, die Interoperabilität des Service-Informationen-Datenstroms1135 gewährleisten sollen. Dies wird dadurch gewährleistet, dass

1131 A.A. Position der DLM zur Fortentwicklung der Plattformregulierung (2016), S. 3: Mit Blick auf Benutzeroberflächen wird der Wechsel zwischen Oberflächen für den Nutzer als „nicht gleichbedeutend“ eingeschätzt. 1132 Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 209. 1133 Ähnlich Wagner, ZUM 2011, 462 (465); Weber, ZUM 2011, 452 (456). 1134 Wagner, ZUM 2011, 462 (465); zu Interoperabilität beim HbbTV-Standard, siehe unten, 3. Kap. II. 5) d. 1135 Dazu siehe: Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 209, Fn. 1111 mwN.

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

HbbTV-Anbietern die Möglichkeit eröffnet wird, ihr Signal im Datenstrom mit zur Benutzeroberfläche zu transportieren. (d) Mittelbare Diskriminierung durch (beauftragte) Endgerätehersteller In Bezug auf Gatekeeper-Potentiale hat der Gesetzgeber auch bereits die mittelbare Diskriminierung durch Plattformbetreiber über Endgerätehersteller gesehen, soweit diesen für der Herstellung relevanter Hard- oder Software Vorgaben von den Plattformanbietern zu den ansonsten von der Norm erfassten Vertriebsdienstleistungen gemacht werden.1136 § 52c Abs. 1 S. 2 Nr. 4 RStV ordnet das Gebot der technischen Zugangsfreiheit auch insoweit gegenüber Plattformanbietern an, wie sie Endgeräteherstellern insbesondere technische Vorgaben für Hardwaresonderanfertigungen für den Plattformbetrieb machen.1137 Allerdings hatte der Gesetzgeber beim Endgerätehersteller selbst (noch) keine wirtschaftlichen Eigeninteressen erkannt, welches ihn zu einer eigenmächtigen Diskriminierung von Inhalten verleiten würde.1138 Bei Connected-TV-Sachverhalten ist aber gerade eine unmittelbare Diskriminierung durch die Endgerätehersteller in ihrer Funktion als Portalbetreiber denkbar. Diese können durch die proprietäre Ausgestaltung der Portale sowohl Inhalte diskriminieren als auch den chancengleichen Zugang beeinflussen, sodass sie dem Regelungsziel der Norm vergleichbare Funktionen einnehmen. Ähnliche Kontrollmöglichkeiten kommen ihnen bei der Reihung der Programme bei der Ersteinrichtung des Geräts zu. Daher erscheint die Aufnahme der Endgerätehersteller und Portalbetreiber in den Kreis der Regelungsadressaten notwendig, um diese Regelung an die tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen.1139 (4) § 52c RStV als Grundlage für einen Zugangsanspruch Aus der medienrechtlichen Regulierung der gerade behandelten gängigen technischen Zugangsdienste konnte bislang noch keine ausreichende Lösung der Endgeräteproblematik abgeleitet werden. Die bisher besprochenen Regelungen verwirklichen die Grundsätze der Chancengleichheit und Diskriminierungsfreiheit. Dabei würde auch die Auffindbarkeitsproblematik durch die Verwirklichung der soeben benannten Grundsätze bei der Ausgestaltung der Portale erfasst.1140 Die geltenden Regelungen bieten dazu auch handhabbare Kategorien zur Ermittlung von sachgerechten Kriterien zur Unterscheidung zwischen einzelnen Angeboten. Dennoch bleibt der konkrete Zugang eines Inhalteanbieters zu einem Portal, 1136

BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52c, Rn. 55; HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52c RStV, Rn. 24; konkretes Beispiel bei Binder/Vesting/Schulz/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52c, Rn. 50. 1137 Hoeren/Neurauter, IPTV (2010), S. 176; Merkel/Roßnagel/Scheuer/Schweda, Sicherung der Interoperabilität (2009), S. 83; Weisser/Glas, ZUM 2009, 914 (921). 1138 Merkel/Roßnagel/Scheuer/Schweda, Sicherung der Interoperabilität (2009), S. 83; Weisser/Glas, ZUM 2009, 914 (921) 1139 Ähnlich auch: Christmann, ZUM 2009, 7 (15). 1140 Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 (662).

II. Plattformregulierung

187

welches aufgrund seiner infrastrukturähnlichen Bedeutung in der Beziehung zum Rezipienten unter dem Gesichtspunkt der Anbieter- und Angebotsvielfalt Relevanz besitzt, unter diesen Regelungen bisher außen vor. Es bleibt daher zu überlegen, ob bereits aus § 52c Abs. 1 S. 1 RStV, der einen allgemeineren Ansatz für die Gewährleistung eines vielfältigen Angebotes beinhaltet, ein Zugangsanspruch zum Portal gefolgert werden kann. Dabei ist zunächst das umstrittene Verhältnis zwischen S. 1 und S. 2 in § 52c RStV entscheidend (siehe oben, 3. Kap. II. 5) c. (1)). Beide Sätze sollen, wie sich bereits aus dem Wortlaut ergibt, dem verfassungsrechtlichen Ziel der Vielfaltssicherung dienen und sind somit als Ausprägung eines übergeordneten Grundsatzes der (Zugangs-)Chancengleichheit zu verstehen.1141 Adressiert ist also insbesondere der Aspekt der Anbietervielfalt.1142 Unter diesem Gesichtspunkt trifft den Plattformbetreiber daher eine Gewährleistungspflicht.1143 Diese Gewährleistungspflicht ist aber hinsichtlich des Vielfaltsgebots, aufgrund der Beschränkung auf die Angebotsvielfalt, schmäler als der Gehalt von S. 2, welcher auf die Angebots- und Meinungsvielfalt abstellt.1144 Bereits hier kann bezweifelt werden, ob dadurch in S. 2 tatsächlich in der Sache ein „Mehr“ gewährleistet wird. Entscheidend ist aber, dass S. 1 aufgrund seiner Weite auch diejenigen Funktionen von Plattformanbietern adressiert, die über die in S. 2 genannten technischen Phänomene hinausgehen.1145 Allerdings erweist sich diese Regulierung bereits beim Blick auf die Plattformlandschaft kaum praktikabel, weil eine Präventivkontrolle der Angebotsvielfalt schwerlich durchsetzbar ist.1146 Sie kann hingegen als Leitbild1147 bzw. Verfahrensregel für die Technikgestaltung bei Gatekeeper-geneigten Diensten herangezogen werden („Vielfalt by design“). Die Anforderungen an die Vielfaltsgestaltung sind mit denen aus § 52b Abs. 1 Nr. 3 RStV vergleichbar, womit den Plattformanbietern lediglich Kategorien vorgegeben werden, welche bei der Belegung im Rahmen des eigenen unternehmerischen und inhaltlichen Gestaltungsermessens zu berücksichtigen sind.1148 Aber auch bei S. 1 ist und bleibt der Anknüpfungspunkt die Technik der Plattform, sodass der Norm kein darüber hinausgehender Gehalt zu entnehmen ist.1149 Das Portal bei Connected-TVs hat in der Fülle seiner Funktionen und nicht nur durch einzelne technische Komponenten Einfluss auf das Vielfaltsgebot. In Bezug hierauf ist ein Portal kein funktionales Äquivalent zu einem rein technischen Zugangsdienst, da der 1141

Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52c, Rn. 26; wohl auch HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52c RStV, Rn. 15 f.; BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52c, Rn. 18. Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52c, Rn. 25; Binder/Vesting/Schulz, Rundfunkrecht, RStV, § 52c, Rn. 37. 1143 BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52c, Rn. 20; Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52c, Rn. 25. 1144 BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52c, Rn. 20. 1145 BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52c, Rn. 20 1146 BinderVesting/Schulz/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52c, Rn. 37. 1147 Binder/Vesting/Schulz/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52c, Rn. 37. 1148 Binder/Vesting/Schulz/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52c, Rn. 37. 1149 Broemel, ZUM 2012, 866 (876).

1142

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Portalbetreiber eine originäre Inhalteauswahl durchführt und somit eine bedeutende Zwischenstellung zwischen Inhalteanbieter und reinem Anbieter von Transportdienstleistungen bzw. technischen Dienstleistungen einnimmt. Deshalb bildet § 52c Abs. 1 S. 1 RStV derzeit keine taugliche Grundlage für einen Anspruch auf Zugang zur Plattform für Anbieter von Rundfunk oder Telemedien, sodass daraus auch bei Connected-TVPortalen keine Grundlage gefolgert werden.1150 Lediglich § 4 ZPS beinhaltet unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit und Angemessenheit Ansätze einer „konkreten Pflicht zur Zugangseröffnung“, welche allerdings im Wortlaut und dem hier beschriebenen Umfang des § 52c RStV keine Stütze findet.1151 Gerade Verpflichtungen mit einem solch großen Umfang können nicht auf Satzungsebene getroffen werden, sodass auch § 4 ZPS keinen Zugangsanspruch begründet.1152 Allerdings verdeutlichen die in § 4 ZPS genannten Kategorien, dass man sachgerechte Kriterien, die einen Ausgleich der widerstreitenden Interessen wahren, zur Begründung von Zugangsansprüchen finden kann. (5) Privilegierung von Inhalten – „Must-be-found“ de lege lata Versteht man, entgegen der hier vertretenen Ansicht (siehe oben, 3. Kap. I. 2) e. (3)), unter Chancengleichheit auch die positive Diskriminierung von Inhalten, die aus verfassungsrechtlicher Sicht eine besondere Bedeutung für die individuelle und öffentliche Meinungsbildung haben, dann ist die Plattformregulierung darauf zu überprüfen, ob sie neben der Verankerung der allgemeinen Grundsätze der Chancengleichheit und Diskriminierungsfreiheit de lege lata auch eine Privilegierung in Form des Konzepts des „Must-be-found“ beinhaltet. In § 4 Abs. 2 S. 2 ZPS könnte im Rahmen des Grundsatzes der Chancengleichheit eine solche Privilegierung angelegt sein.1153 Danach werden Inhalte, die wegen ihres Beitrages zur Vielfalt Berechtigte von Must-Carry-Regelungen sind, besonders hervorgehoben, indem unter Rückgriff aus S. 1 „allen Berechtigten eine reale Chance auf Zugang zu den Zugangsdiensten“ zugesichert wird. Sieht man allerdings diesen systematischen Zusammenhang, so kann S. 2 keine Privilegierung begründen, da Chancengleichheit nur allen Anbietern zukommen kann.1154 Auch durch den Wortlaut („insbesondere“) wird keine Privilegierung begründet, sondern es wird lediglich deklaratorisch darauf hingewiesen, dass chancengleicher Zugang vor allem für die Angebote mit besonderen Beiträgen für die Vielfalt besonders wichtig ist.1155

1150

Broemel, ZUM 2012, 866 (876); Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 198; a.A. allerdings ohne nähere Begründung Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 (662). 1151 Assion, Must Carry (2015), S. 310. 1152 Assion, Must Carry (2015), S. 310; Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 200 f.; a.A. HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52c RStV, Rn. 16; BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52c, Rn. 39. 1153 So etwa HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52c RStV, Rn. 18; Schulz/Kühlers, Konzepte der Zugangsregulierung (2000), S. 55; vgl. auch Darstellung bei Palankova, Chancengleicher Zugang (2008), S. 150 f. 1154 Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 199. 1155 So im Ergebnis auch Kuper, IPTV (2009), S. 85, mwN.

II. Plattformregulierung

189

Eine Privilegierung kann teleologisch nur dann abgeleitet werden, wenn der technische Zugangsdienst eine gewisse Kapazitätsgrenze aufweist und nicht durch den Rezipienten abgeändert werden kann. Ein solches Szenario ist aber in den Portalen auf Connected-TV-Geräten nicht denkbar, weshalb die derzeitigen Regelungen (de lege lata) keinen Anknüpfungspunkt für eine „Must-be-found“-Regel beinhalten. (6) Zwischenfazit Somit können den Regelungen zur Chancengleichheit und Diskriminierungsfreiheit im RStV und der ZPS auch im Hinblick auf Connected-TV-Sachverhalten taugliche Grundsätze entnommen werden, die nach Aufnahme weiterer Gatekeeper aufgrund der Kontrolle über ein geschlossenes System in die Regulierung als Leitbild dienen können.1156 Die Auffindbarkeit von Inhalten bekommt über die technische Zugangsfreiheit eine Verfahrensregel zur Vielfaltssicherung, welche mit Blick auf die Nutzerautonomie einen Ausgleich zwischen den Interessen des Rezipienten an der individuellen Meinungsbildung und den Interessen der Anbieter der technischen Dienstleistung an der Ausgestaltung ihres Portals herstellt. Zugangsansprüche werden dadurch allerdings nicht gewährt, sodass ein an die Ebene des „Ob“ der Gatekeeper-Position von Connected-TV-Portalen angeknüpfender Lösungsmechanismus fehlt. d. Endgeräteinteroperabilität HbbTV

und

„Durchleitungspflichten“

für

Der HbbTV-Standard bzw. Standards zur Darstellung und Zugänglichmachung interaktiver Rundfunkinhalte oder sonstiger meinungsbildungsrelevanter Inhalte sind auch unter Vielfaltsgesichtspunkten relevant. Ein offener Standard führt im Medienrecht immer dazu, dass alle Marktteilnehmer ihn einsetzen können, um dem Nutzer Zugriff auf die darüber verbreitenden Inhalte zu ermöglichen.1157 Auf dem Rundfunksektor verhindert die Durchsetzung eines Standards zur Konzeption von Inhalten und die Schaffung von technischer Interoperabilität aus Sicht der Sender für ihre Angebote auf den Endgeräten die Entstehung der Gatekeeper-Position der Endgerätehersteller, da sie als Inhaltelieferanten selbst die Inhalte über das Programmsignal und das IP-Signal einspeisen und die Kontrolle über die Auffindbarkeit und Inhalte des Angebots behalten.1158 In diesem Punkt betrifft die Zielsetzung der Verwirklichung von Interoperabilität auch das Gebot der Offenheitspflege bei Gatekeeper-Stellungen als Gefahr für das Vielfaltsgebot. Unter dieser Zielsetzung wäre eine Verankerung des HbbTV-Standards als regulatorische Reaktion denkbar. Derzeit wird die Verfügbarkeit der HbbTV-Funktionen auf den 1156

So auch ohne weitere Begründung: Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (128). Ähnlich Hoffmann-Riem/Schulz/Held, Konvergenz und Regulierung (2000), S. 23; weitergehend zu Standards Illgner-Fehns, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 345 (345 ff.). 1158 Zu den Forderungen zu Durchsetzung des HbbTV-Standards: Weber, ZUM 2011, 452 (452); Wagner, ZUM 2011, 462 (465) unter Bezugnahme auf die EBU-Principles.

1157

190

3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Endgeräten aufgrund bilateraler Absprachen zwischen den Geräteherstellern und Sendern gewährleistet.1159 Faktisch wird daher trotz der Konkurrenzsituation der Portale der Endgerätehersteller mit den HbbTV-Anwendungen der Sender der Standard derzeit zumeist parallel auf dem Endgerät angeboten1160, was unter dem Aspekt der Attraktivitätssteigerung der Endgeräte über die Verfügbarkeit des Standards erklärbar ist.1161 Da sich aber das Nutzerverhalten zur Bevorzugung der Hersteller-Portale im Vergleich zu HbbTV-Angeboten entwickelt1162, stellt diese Entscheidung der Endgerätehersteller zur Implementierung des Standards keine Selbstverständlichkeit dar. Auch die Infrastrukturunternehmen als Plattformanbieter im engen Sinn haben die Möglichkeit, das HbbTV-Signal aus dem Programmsignal herauszufiltern.1163 Deshalb sind gesetzliche Verpflichtungen zur Durchleitung von Standards durch verschiedene Regelungsansätze denkbar. Eine solche Verpflichtung gegenüber Plattformanbietern, d.h. insbesondere den Kabelunternehmen, könnte sich aus § 52b Abs. 1 Nr. 1 RStV (Must-Carry-Pflicht) ableiten. Der Wortlaut der Norm erstreckt die Übertragungspflicht auch auf „programmbegleitende Dienste“, woraus man die Verpflichtung der Weiterleitung des HbbTV-Signals ziehen könnte.1164 Jedoch ist dabei zu beachten, dass die HbbTV-Angebote der Sender mehr als nur programmbegleitende Dienste beinhalten (z.B. die Mediatheken) (siehe oben, 1. Kap. V. 1)). Um eine Übertragungspflicht begründen zu können, müsste man daher das hybride Signal als „integralen Bestandteil des Fernsehsignals“ ansehen.1165 Dem könnte entgegen gehalten werden, dass nur ein ganz kleiner „initialer Teil“ des HbbTV-Signals im Rundfunksignal selbst zu finden ist.1166 Vielmehr wird der inhaltsbasierte Teil ausschließlich durch die Kommunikation des Endgeräts mit dem Server des HbbTV-Anbieters und damit über das IP-Signal übertragen.1167 Darüber hinaus wären fast ausschließlich die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbieter als Begünstigte der Must-Carry-Pflichten erfasst und das eigentlich vielfaltsfördernde Potential der HbbTVAnwendungen auch für kleinere Sender und Nischensender würde nicht ausgeschöpft. Somit scheidet § 52b Abs. 1 Nr. 1 RStV als „Durchleitungsanspruch“ gegen Plattformanbieter und somit auch Endgerätehersteller aus. 1159

pwc, Media Trend Outlook, Smart-TV (2013), S. 5; Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 255; Otter, Smart-TV (2011), abrufbar unter: http://www.digitalzimmer.de/artikel/wissen/smart-tv-schwacher-standard-hbbtv/ (Stand: 11.09.2018, 15:46 Uhr). 1160 Chardon, in: Gottberg/Graubner, tv dirskurs 56, 54 (57); Anteil der HbbTV-fähigen Connected-TV-Endgeräten 2014: 92%, GfK Retail & Technology GmbH, 02/2015 (abrufbar unter: http://www.tv-plattform.de/images/stories/pdf/Grafik-HbbTV-Markt_2014-15.pdf, Stand: 11.09.2018, 15:29 Uhr). 1161 Einige Endgerätehersteller waren und sind deshalb auch Mitglieder des Konsortiums, das für die Entwicklung des HbbTV-Standards verantwortlich ist. Vgl. www.hbbtv.org (Stand: 11.09.2018, 16:35 Uhr). 1162 Kunow, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2015, 40 (51). 1163 Vgl. ZAK-Pressemitteilung 06/2015; Fuchs/Försterling, MMR 2017, 295 (298); phaydon, Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen, Studie 2012, S. 29. 1164 Wagner, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 325 (330). 1165 Wagner, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 325 (330). 1166 Vgl. Ghiglierie/Oswald/Tews, HbbTV – I know what you are watching, S. 6 f.; Keber, RDV 2013, 236 (237); BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52a, Rn. 15b. 1167 Vgl. Ghiglierie/Oswald/Tews, HbbTV – I know what you are watching, S. 6 f.; Keber, RDV 2013, 236 (237); BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52a, Rn. 15b.

II. Plattformregulierung

191

Auch § 52c Abs. 1 S. 2 RStV beinhaltet keinen Anspruch auf die Bereitstellung von offenen Schnittstellen (siehe oben, 3. Kap. II. 5) c. (3) (b)), sodass sich auch aus der technischen Zugangsfreiheit keine Verpflichtung zur Durchleitung des Standards für Endgerätehersteller ergibt. Lediglich über bilaterale Verträge zwischen den Rundfunkveranstaltern und den Endgeräteherstellern wird die Verfügbarkeit der HbbTV-Funktion auf Connected-TV-Geräten gewährleistet.1168 Eine Durchleitungspflicht für das HbbTV-Signal könnte indes möglicherweise aus § 52a Abs. 3 S. 1 RStV abgeleitet werden. Dieser Weg wurde im Verfahren gegen die Kabelanbieter durch die Rundfunksender eingeschlagen, von der ZAK allerdings abgelehnt.1169 Das in § 52a Abs. 3 S. 1 RStV enthaltene „Veränderungs- und Entbündelungsverbot“ (siehe unten, 3. Kap. II. 5) e.) könnte allerdings durchaus als ein vollständiges Verbot der technischen Veränderung verstanden werden. Dazu müssten die Tatbestandsmerkmale „Programm und vergleichbare Telemedien“ auch programmbegleitende Dienste erfassen, was unter dem derzeitigen Wortlaut eher fernliegend erscheint.1170 Dies bestätigt auch ein systematischer Vergleich zwischen § 52a Abs. 3 S. 1 RStV und § 52b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. a RStV, wo solche Dienste explizit genannt werden.1171 Da sich das Veränderungsverbot aber auf jede Art der Veränderung des Signals – technisch wie inhaltlich – bezieht1172, muss hinterfragt werden, ob das HbbTV-Signal zum Rundfunksignal gehört. Der erste Kontakt (HbbTV-AIT („Application Information Table“)) des HbbTV-Signals mit dem Endgerät wird über das Rundfunksignal hergestellt (siehe oben, 1. Kap. IV. 3)).1173 Demnach liegt eine entscheidende Komponente des Signals auf dem Rundfunkübertragungsweg. Deshalb scheidet auch das Argument aus, der Standard transportiere im Ergebnis nur URLs, die für sich betrachtet keinen meinungsvielfaltsrelevanten Inhalt aufweisen, auf.1174 Sieht man dann den klassischen Schutzzweck der Norm darin, dass Anbieter von Rundfunk und vergleichbaren Telemedien davor geschützt werden, dass ihre Angebote aufgeschnürt werden1175, so ist dieser Schutz auch darauf zu übertragen, dass Zusatzangebote, zumindest soweit sie die Rundfunk und vergleichbare Telemedien zugänglich machen, nicht „herausgefiltert“ werden dürfen. Eine auf der fehlenden Linearität der über HbbTV abrufbaren Inhalte basierende unterschiedliche Beurteilung solcher Angebote im Vergleich zu SI-Daten und dem Videotext ist aufgrund des gleichen Nutzungseindrucks für den Rezipienten nicht 1168

Otter, Smart-TV (2011), abrufbar unter: http://www.digitalzimmer.de/artikel/wissen/smart-tv-schwacherstandard-hbbtv/ (Stand: 11.09.2018, 15:46 Uhr); pwc, Media Trend Outlook, Smart-TV (2013), S. 5. 1169 Vgl. ZAK-Pressemitteilung 06/2015; dazu auch Fuchs/Försterling, MMR 2017, 295 (298 f.). 1170 So wohl auch das Verständnis der ZAK, vgl. ZAK-Pressemitteilung 06/2015; BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52a, Rn. 15b; Peifer, AfP 2016, 5 (8). 1171 Fuchs/Försterling, MMR 2017, 295 (299). 1172 BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52a, Rn. 14. 1173 Vgl dazu: Keber, RDV 2013, 236 (237); Ghiglierie/Oswald/Tews, HbbTV – I know what you are watching, S. 6 f.; BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52a, Rn. 15b. 1174 So aber Fuchs/Försterling, MMR 2017, 295 (299). 1175 Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52a, Rn. 8; HK-RStV, Bd. II, B5, § 52a RStV, Rn. 9.

192

3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

vorzunehmen.1176 Auch der Videotext ist trotz seiner technischen Linearität von der Nutzungsgewohnheit und der damit verbundenen Meinungsbildungsrelevanz1177 einem Abrufdienst ähnlicher als einem rein linearen Programm. Soweit das Veränderungsverbot des § 52a Abs. 3 S. 1 RStV unter diesem Verständnis Plattformanbieter erfasst, kann es auch auf Portalbetreiber und Endgerätehersteller übertragen werden, wenn diese technisch die Möglichkeit haben, das HbbTV-Signal herauszufiltern.1178 In der Praxis haben die Initiatoren des HbbTV-Standards durch die Einführung einer HbbTV-Funktion, die vom Rundfunksignal unabhängig übertragen werden kann (Application over Broadband (ADB)), auf diese Entwicklung reagiert (siehe oben, 1. Kap. IV. 3)).1179 Darüber hinaus scheint bereits die telekommunikationsrechtliche Absicherung der Endgeräteinteroperabilität über § 48 TKG diesen Effekt mittelbar zu verwirklichen. Aus § 48 Abs. 2 Nr. 2 TKG könnte eine Durchleitungsverpflichtung gefolgert werden, da es sich bei dem HbbTV-Standard (HbbTV-AIT) um einen einheitlichen Marktstandard der ETSI als anerkannte europäische Normenorganisation handelt.1180 Diese Pflicht würde sich in das skizzierte abgestufte System der Gatekeeper-Regulierung (siehe oben, 3. Kap. II. 4) a.) einpassen. Sofern bereits aus telekommunikationsrechtlicher Sicht die Bereitstellung des Endgeräts für Angebote, die nach einem anerkannten Standard verbreitet werden, gefordert ist, fallen die Endgerätehersteller oder sonstige Portalbetreiber in eine privilegierte Gruppe und werden einer weniger strengen Regulierung unterworfen. Denn auch die Unterstützung des HbbTV-Standards stellt einen Öffnungsmechanismus für geschlossene Systeme dar, welcher Gatekeeper-Stellungen entgegen wirkt. Nichtsdestotrotz besteht bei der Standardisierung, insbesondere soweit es konkurrierende Standards gibt1181, die Unsicherheit, ob diese zur effektiven Durchsetzung der Interoperabilität mit den Mitteln der Regulierung taugt.1182 Zwar bietet insbesondere Art. 18 Rahmen-RL eine unionsrechtliche Grundlage zur Normierung von Standards.1183 Gerade aufgrund der Innovationsoffenheit und den Problemen, die ein schnell veraltender

1176

A.A. BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52a, Rn. 15b. Dieses Kriterium nutzt BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52a, Rn. 15b zur Begründung der gegenteiligen Auffassung, was aber im Ergebnis, wie aufgeziegt, nicht überzeugen kann. 1178 A.A. BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52a, Rn. 15b; Peifer, AfP 2016, 5 (8); Fuchs/Försterling, MMR 2017, 295 (299). 1179 IRT: https://lab.irt.de/hbbtv-application-discovery-over-broadband/ (Stand: 24.08.2018, 11:37 Uhr). 1180 So Klickermann/Lotz, MMR 2012, 801 (805); Weber, ZUM 2011, 452 (452); Eberle, in: FS für Hailbronner (2013), 675 (679 f.); noch mit anderer Tendenz: Klickermann, in: Die Welt im Netz - Tagungsband der DSRI (2011), 707 (714). 1181 Auf dieses Problem ebenfalls hinweisend: Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 206, Fn. 1101; Merkel/Roßnagel/Scheuer/Schweda, Sicherung der Interoperabilität (2009), S. 50 ff. 1182 Illgner-Fehns, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 345 (349 ff.); Merkel/Roßnagel/Scheuer/Schweda, Sicherung der Interoperabilität (2009), S. 54 ff., 147 ff. 1183 Spindler/Schuster/Gersdorf, Recht der elektronischen Medien, TKG, § 48, Rn. 15; Merkel/Roßnagel/Scheuer/Schweda, Sicherung der Interoperabilität (2009), S. 147 ff.; Ladeur, CR 2005, 99 (103). 1177

II. Plattformregulierung

193

und nicht ausreichend leistungsfähiger Standard mit sich bringt, wird eine solche Entwicklung aber eher dem Markt überlassen.1184 Somit bildet die Endgeräteinteroperabilität unter medienrechtlicher Zielsetzung nur einen von mehreren notwendigen Handlungsbedarfen, um Gatekeeper-Funktionen regulatorisch zu erfassen. e. Veränderungs- und Entbündelungsverbot Neben der zuvor erläuterten Bedeutung für HbbTV-Angebote beinhaltet § 52a Abs. 3 RStV das sog. „Veränderungs- und Entbündelungsverbot“.1185 Primäres Regelungsziel dieses Verbots ist der Schutz vor Qualitätsbeeinträchtigungen des Signals, welche die „Akzeptanz des Angebots beim Nutzer beeinträchtigt“ und vor allem auch die Verhinderung der durch diesen Qualitätsverlust und dessen Auswirkung auf die Akzeptanz beim Rezipienten drohenden Konterkarierens von Must-CarryPflichten.1186 Lediglich im Rahmen des Ausnahmetatbestandes § 52a Abs. 3 S. 2 RStV ist eine solche technische Qualitätsverringerung als Ausgleich zu den Belegungsvorgaben zur besseren Kapazitätsauslastung erlaubt, solange sie sich im Rahmen der vereinbarten Qualitätsstandards bewegt. Daneben sollen Rundfunkanbieter, die Programmpakete ggf. mit Telemedien kombiniert liefern, vor einer Entbündelung ihrer Angebote geschützt werden.1187 Insoweit haben die Anbieter neben vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten auch einen gesetzlichen Schutz ihrer Programmbündel.1188 Damit eng verbunden ist auch das Verbot der Vermarktung der zugelieferten Programme.1189 Eine solche Entbündelungs- oder Vermarktungsfunktion übernehmen allerdings weder die hier behandelten Portale noch die App-Stores. Zwar ist es durchaus möglich, dass verschiedene Anbieter, deren Apps auf den Portalen zugänglich gemacht werden, einzelne Inhalte, die ursprünglich in einem Gesamtpaket stecken, in ihr Angebot aufnehmen. Dies geschieht allerdings nicht durch eine Zusammenstellungsentscheidung des Portalbetreibers, sondern durch Dritte und ist eine Frage des Rechteerwerbs durch diese. Eine Zurechnung der Angebote zu den Portalanbietern ist insoweit nicht vorzunehmen.

1184

In diese Richtung verlief die Entwicklung bei MHP und mittlerweile tendiert auch die HbbTV-Entwicklung in diese Richtung. Vgl. zudem Spindler/Schuster/Gersdorf, Recht der elektronischen Medien, TKG, § 48, Rn. 15; bei MHP bislang explizit Entscheidung gegen regulatorische Festschreibung des Standards; dazu auch Ladeur, CR 2005, 99 (102 ff.). 1185 Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 123; BeckOK InfoMedienR/Gummer, § 52a, Rn. 13; Hoeren/Neurauter, IPTV (2010), S. 164; inwieweit § 52a Abs. 3 RStV auch die Funktion des „Integritätsschutzes“ für Inhalte wahrnimmt, wird im Kontext der Fragen nach dem Rechtsgüterschutz bei Connected-TV-Sachverhalten beantwortet, siehe unten, 4. Kap. II. 5). 1186 Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52a, Rn. 17 mwN. 1187 Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektornischen Medien, RStV, § 52a, Rn. 8; HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52a RStV, Rn. 9; Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52a, Rn. 16. 1188 HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52a RStV, Rn. 9. 1189 Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52a, Rn. 16; HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52a RStV, Rn. 9; BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52a, Rn. 14.

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung f. Entgelte

Auch die Ausgestaltung von Entgelten zwischen Inhalteanbietern und Portalbetreibern bietet Raum für eine Gatekeeper-Position. Sicherlich muss es für die Portalbetreiber auch weiterhin möglich sein, durch die Bereitstellung von Dienstleistungen wie App-Portalen ein Geschäftsmodell zu entwickeln. Gerade bei den Portalen handelt es sich ähnlich wie bei der sonstigen Infrastruktur um einen „two-sided-market“. Sowohl die Inhalteanbieter als auch die Portalbetreiber sind bis zu einem gewissen Grad aufeinander angewiesen: Die Inhalteanbieter bedürfen der Verbreitung durch die Dienstleistung des Portals und des App-Stores; die Portal- und App-Store-Betreiber brauchen, soweit sie nicht ausschließlich auf eigene Inhalte setzen, die Inhalte, um den Rezipienten als ihren Kunden ein attraktives Angebot bieten zu können. In einem solchen zweiseitigen Markt besteht deshalb die Möglichkeit einer Finanzierung der Angebote über zwei Seiten. Portalbetreiber bieten ihre Dienstleistung in zwei Richtungen an, sodass sie die Kosten für die Unterhaltung und Entwicklung der Portale sowohl den Rezipienten als auch den Inhalteanbietern auferlegen können. In der Praxis sind Connected-TV-Endgeräte („Smart-TVs“) derzeit preislich kaum von herkömmlichen Fernsehgeräten, die bis auf die Internetfunktionen technisch vergleichbar sind, zu unterscheiden1190, sodass entstehende Zusatzkosten in weiten Teilen an die Inhalteanbieter weitergegeben werden, da es bislang nur wenige, für den Rezipienten zahlungspflichtige Apps gibt. Bisher trifft § 52d RStV eine Regelung zur Gestaltung von Entgelten. Diese zeigt auf, dass es durchaus möglich ist, Entgelte nur an die Inhalteanbieter zu richten. Dabei schützt die Norm Anbieter von Rundfunk und vergleichbaren Telemedien. 1191 Im Rahmen der Sicherung des Vielfaltsgebots soll durch die Norm verhindert werden, dass Angebotsvielfalt durch überhöhte Entgelte bzw. Tarife der Plattformanbieter an Inhalteanbieter begrenzt wird.1192 Diese Zielsetzung wird durch die Konkretisierung in § 17 ZPS nochmals deutlich hervorgehoben.1193 Auch hier wird auf die Grundsätze der Chancengleichheit und Diskriminierungsfreiheit zurückgegriffen. Konkret werden in § 52d RStV i.V.m. § 17 ZPS ähnliche Kriterien für ein Diskriminierungsverbot herangezogen, wie sie auch § 52c RStV aufstellt (siehe oben, 3. Kap. II. 5) c. (2)).1194 Auch hier findet unter dem Prinzip der Chancengleichheit keine „positive Privilegierung“ bestimmter Angebote statt. Durch den Verweis auf die Angebote des Must-Carry- und Can-Carry-Bereichs und in S. 4 auf regionale und lokale Angebote

1190

Sewczyk, tv diskurs 56, 32 (32). BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52d, Rn. 11; Kuper, IPTV (2009), S. 89 unter Verweis auf den missverständlichen Wortlaut. 1192 Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52d, Rn. 3; Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52d, Rn. 2; BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52d, Rn. 6 f.; HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52d RStV, Rn. 4. 1193 Hoeren/Neurauter, IPTV (2010), S. 185. 1194 HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52d RStV, Rn. 6; Kuper, IPTV (2009), S. 89.

1191

II. Plattformregulierung

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wird lediglich erreicht, dass diese Angebote gleich zu anderen Angeboten zu behandeln sind. Auch hier geht es lediglich darum, als sachlichen Grund für eine Ungleichbehandlung die Massenakzeptanz auszuschließen. Ergänzt wird diese Absicherung durch eine Offenlegungspflicht, welche die Vorlage einer Entgelte-Liste bei Anmeldung der Plattform und eine ex-post-Kontrolle durch die Landesmedienanstalten beinhaltet.1195 Konkret wird der Grundsatz der Chancengleichheit dadurch verwirklicht, dass Entgelte „angemessen“ sein müssen.1196 „Angemessen“ sind Verbreitungskosten, wenn sie die Kosten einer effektiven Leistungserbringung nicht übersteigen oder marktüblich sind.1197 Chancengleichheit und Diskriminierungsfreiheit sind demnach unter dem Normzweck der Vielfaltssicherung gegeben, wenn Anbieter je nach der individuellen Marktsituation eine realistische Möglichkeit haben, die Entgelte zu leisten.1198 Eine solche Entgeltregulierung ist auch auf Portale übertragbar und würde auch dort zu einem sinnvollen Ausgleich zwischen den Interessen der Portalbetreiber und dem Vielfaltsgebot führen.1199 g. Allgemeine Anforderungen Wiederum relativ unproblematisch erscheint die Beibehaltung der allgemeinen Grundsätze in § 52a Abs. 1 und 2 RStV. Da die Portale in die Nähe der Inhalteanbieter rücken, müssen die allgemeinen Grundsätze, die an den Vorgaben für Rundfunkveranstalter orientiert sind, auch hier gelten. Die Geltung der verfassungsmäßigen Ordnung sowie der Vorschriften der allgemeinen Gesetze und der gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der persönlichen Ehre bilden den Grundkanon an normativen Grundsätzen, die an der Kommunikation in entscheidender Rolle beteiligte Akteure zu beachten haben. Dabei wird aufgrund der Kombination eigener und fremder Inhalte bei Diensten, die Angebote zusammenfassen, in Abs. 2 auch eine Art „Störerhaftung“ zur Durchsetzung dieser Normen eingeführt.1200 Portalanbieter müssten sich dann wie Plattformanbieter die auf ihrem Portal zusammengefassten Inhalte zurechnen lassen und für die Rechtskonformität der Angebote sorgen. h. Anpassung der Regulierungsinstrumente aufgrund neuer Gatekeeper-Phänomene (1) Etablierung neuer Zugangsansprüche zu Gatekeepern aufgrund der Kontrolle über geschlossene Systeme Letztlich bleibt die rechtspolitische Frage, wie auch Gatekeeper aufgrund der Kontrolle über geschlossene Systeme Zugangsansprüchen zugunsten der Inhalteanbieter 1195

Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52d, Rn. 8; Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52d, Rn. 12; kritisch Schulz/Kühlers, Konzepte der Zugangsregulierung (2000), S. 98 ff. 1196 Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 210 f. sieht in der Chancengleichheit im Vergleich zur Angemessenheit ebenfalls keinen eigenen Anwendungsbereich. 1197 Begründung zum 10. RÄStV, LT-Drs. BY 15/9667 v. 14. 1. 2008, S. 34. 1198 HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52d RStV, Rn. 6. 1199 So auch Schütz/Schreiber, MMR 2012, 659 (662). 1200 Vgl. BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52a, Rn. 9 f.

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

unterworfen werden müssen, um einen ungehinderten und vielfältigen Informationsfluss zum Rezipienten zu ermöglichen. Da die Untersuchung der bisherigen Zugangsansprüche und der in § 52c RStV verankerten Grundsätze aufgezeigt hat, dass es keine konkreten Zugangsansprüche zu Plattformen gibt, die nicht aufgrund der Kontrolle einer Infrastruktur den Must-Carry-Regeln unterliegen, muss hier ein neuer Regulierungsmechanismus geschaffen werden, der auch die weitergehenden Gatekeeperphänome aufgrund der Kontrolle über ein geschlossenes System adressiert. Regelungstechnischer Ansatzpunkt für einen diskriminierungsfreien Zugangsanspruch kann die „Essential-Facilities-Doktrin“ (vgl. § 19 Abs. 2 Nr. 4 GWB) unter medienrechtlicher Zielsetzung sein.1201 Die im wettbewerbsrechtlichen Kontext entwickelten Grundsätze lauten dabei: Die Zugangsverweigerung muss geeignet sein, auf dem nachgelagerten Markt jeglichen Wettbewerb durch denjenigen, der den Zugang begehrt, auszuschalten, die Zugangsverweigerung darf nicht objektiv zu rechtfertigen sein und für die wesentliche Einrichtung darf kein tatsächlicher oder potentieller Ersatz bestehen.1202 Passt man diese wettbewerbsrechtlich gedachten Grundsätze der medienrechtlichen Zielsetzung der Vielfaltssicherung an, sind folgende Anpassungen notwendig: Die Zugangsverweigerung muss geeignet sein, dem Inhalteanbieter, der den Zugang begehrt, den Zugang zum Rezipienten zu versagen, wobei es keine objektive Rechtfertigung dafür geben darf. Dies ist regelmäßig nur bei geschlossenen Systemen der Fall. Auch dort können aber sachliche Gründe gegen die Aufnahme eines Anbieters sprechen, wie die selbstverschuldete technische Inkompatibilität oder der Verstoß der Inhalte gegen allgemeine Gesetze. Zudem darf kein wesentlicher oder potentieller Ersatz zum Angebot des Gatekeepers bestehen. Diese Voraussetzung hat auch der EuGH unter wettbewerbsrechtlichen Prämissen darauf konkretisiert, dass entscheidend ist, ob es langfristig ein tatsächliches oder potentielles Substitut gibt, welches die Folgen der Zugangsverweigerung auffängt.1203 Legt man hier einen medienrechtlichen Maßstab an, ist entscheidend, ob der Inhalteanbieter, ohne dass ein Wechselaufwand für den Rezipienten besteht, Zugang zum Rezipienten erlangt, wie dies bei offenen oder zugangsoffenen Portalen der Fall ist. Dieser Ansatz fügt sich nahtlos in das hier aufgezeigte System der abgestuften Regulierung (siehe oben, 3. Kap. I. 1) a. (4)) ein. Zudem war auch das bisherigen Regelungssystem der Plattformregulierung vergleichbar gedacht: Sobald eine Gatekeeper-Stellung begründet ist, sei es durch die Erfüllung des Tatbestandes oder die Rückausnahme der marktbeherrschenden Stellung, greifen verschiedene Rechtsfolgen, die sowohl technisch als auch inhaltlich für Diskriminierungsfreiheit und Offenheit der kontrollierten Vertriebsdienstleistung sorgen soll.

Vgl. zum im Wettbewerbsrecht entwickelte Konzept: EuGH, Slg. 1998, I-7791 – Bronner; EuGH Slg. 2007, II-3601 – Microsoft; siehe auch allgemein dazu: Spindler/Schuster/Gersdorf, Recht der elektronischen Medien, TKG, § 9, Rn. 29 f. 1202 Vgl. Paal, GRUR 2013, 873 (874) mwN. 1203 EuGH Slg. 2007, II-3601, Rn. 428 – Microsoft.

1201

II. Plattformregulierung

197

Insgesamt kann aus der Kombination eines neuen, eigenen Zugangsanspruchs zu Gatekeepern in Form von geschlossenen Portalen und der im Sinne der Sicherung der Diskriminierungsfreiheit und Chancengleichheit, unter Absicherung der Nutzerautonomie, angepassten Regelung des § 52c RStV auch für Portale, App-Stores und Benutzeroberflächen ein ausgewogenes System der Gatekeeper-Regulierung von Connected-TVSachverhalten geschaffen werden. (2) Reformdebatte – Regulierungsinstrumente de lege ferenda Auch das Rechtsfolgenregime der Plattformregulierung (§§ 52a ff. RStV) soll im Rahmen des „Medienstaatsvertrages“1204 angepasst, teilweise neuausgerichtet und erweitert werden. (a) Must-Carry-Regelungen Die Must-Carry-Regelungen (§ 52b MedienStV-E) werden inhaltlich nicht verändert. Lediglich die Struktur wird übersichtlicher gestaltet (Grundsätze in Abs. 1, Regelungen zum Fernsehen in Abs. 2, Regelungen zum Hörfunk in Abs. 3). In Abs. 1 wird aufgenommen, dass diese Belegungsvorgaben nur für „infrastrukturgebundene Medienplattformen“ gelten. Damit wird dem auch hier gefundenen Ergebnis, wonach eine Übertragung der Grundsätze auf weitere Gatekeeper-Formen aufgrund der Kontrolle eines geschlossenen Systems nicht sachgerecht ist, da deren Logik (und auch unionsrechtlichen Hintergründe) klassischen Kabelnetzen im Blick haben, Rechnung getragen.1205 (b) Zugangsregelungen „Weichere“ Zugangsansprüche sollen nun über § 52c MedienStV-E gewährleistet werden. Zunächst werden in § 52c Abs. 2 S.1 MedienStV-E die allgemeinen Grundsätze der Diskriminierungsfreiheit und Chancengleichheit für Medienplattformen normiert. In diesem Zusammenhang scheint das Ziel zu sein, den Technikbezug, den Abs. 1 aber dem Wortlaut nach weiterhin aufweist, aufzuheben. Die normierten Grundsätze sollen beim Zugang zu Medienplattformen („Ob“) zur Geltung kommen und Zugangschancengerechtigkeit garantieren. Dabei bleiben die Nr. 1 und 2 mit ihrer technischen Ausrichtung bestehen. Die sich auf Benutzeroberflächen beziehende Nr. 3 wird aufgehoben, da sich eine solche Regelung nun in § 52e MedienStV-E befindet. Hinzu kommt, dass aus systematischen Gründen die Regelung zur chancengleichen und diskriminierungsfreien Ausgestaltung von Entgelten aus § 52d RStV, in § 52c MedienStV-E überführt wird.

Diskussionsentwurf zu den Bereichen Rundfunkbegriff, Plattformregulierung und Intermediäre „Medienstaatsvertrag“ (Juli/August 2018), abrufbar unter: https://www.rlp.de/fileadmin/rlp-stk/pdf-Dateien/Medienpolitik/MStV_Online_JulAug2018.pdf (Stand: 02.08.2018, 15:29 Uhr). 1205 So auch Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 63; Cornils, ZUM 2019, 89 (100) 1204

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Das bedeutet, dass hier eine Art „Zugangsanspruch“ mit Ausrichtung auf Chancengleichheit und Diskriminierungsfreiheit als Maßstab geschaffen werden soll. Ein solcher wäre dann auch auf die App-Portale und/oder App-Stores auf ConnectedTVs anzuwenden. Diese Übertragung der Grundsätze entspricht generell auch dem hier gefundenen Ergebnis (siehe oben, 3. Kap. II. 5) c. (3) (c)). Es bleibt aber fraglich, ob über diese Grundsätze ein echter Zugangsanspruch geschaffen werden kann (siehe oben, 3. Kap. II. 5) c.) (4)). Insbesondere aufgrund der stärkeren Verschiebung der Regulierung hin zur Zusammenstellungsentscheidung und damit der publizistischen Funktion eines Inhalteanbieters erscheinen Zugangsansprüche aber nur auf dieser Basis der Schaffung von gleichen Ausgangsbedingungen, die nicht in jedem Fall zu einem direkten Zugangsanspruch führen, denkbar, um nicht zu stark in die bestehende Programm- bzw. Tendenzfreiheit einzugreifen.1206 Bleibt man, nach der hier vertretenen Meinung (siehe oben, 3. Kap. I. 2) e. (1)), bei einer stärker die Gatekeeper-Stellung in den Blick nehmenden Regulierung aufgrund der Zugangsvermittlung zu geschlossenen Systemen, dann sind Zugangsansprüche eher begründbar. Diesen können dann aber nicht mehr allein aus den Grundsätzen des § 52c RStV abgeleitet werden, sondern müssen einem absoluteren Muster folgen. Deshalb ist die hier angedachte (siehe oben, 3. Kap. II. 5) h. (1)) Orientierung an den Essentialfacilities-Ansprüchen mit Ausrichtung auf vielfaltssichernde Kategorien sinnvoller, da sie auch abgestuft nach dem Grad der Offenheit des Systems zurückgefahren werden kann. (c) Regelungen der Auffindbarkeit Aufgrund der – nach der hier vertretenen Ansicht nicht stringenten – stärkeren Trennung zwischen der Ebene des „Ob“ des Zugangs und der Ebene des „Wie“ des Zugangs, werden Benutzerplattformen auf der zuletzt genannten Ebene Auffindbarkeitsregelungen unterzogen (§ 52e MedienStV-E). Dabei werden zunächst in § 52e Abs. 2 MedienStV-E die zuvor in § 52c Abs. 2 Nr. 3 RStV geregelten Grundsätze der Chancengleichheit und Diskriminierungsfreiheit einer neuen Ausrichtung und Konkretisierung unterzogen. § 52e Abs. 2 MedienStV-E nennt explizite Kriterien (Alphabet, Genre, Nutzungsreichweite), an denen sich eine Sortierung orientieren kann. Außerdem wird als „Soll“-Vorschrift eine zweite Art der Sortierung oder Anordnung gefordert. Zudem muss eine interne Suchfunktion der Benutzeroberfläche die Angebote diskriminierungsfrei anzeigen. In Abs. 3 wird das Prinzip des „Must-be-found“ eingeführt.1207 Dabei handelt es sich nicht um einen Zugangsanspruch für bestimmte Rundfunkinhalte, sondern um eine Regelung, die die Aufmerksamkeit der Rezipienten direkt durch positive Diskriminierung 1206

Gersdorf, Promedia 12/2016, 16 (17). Hier gibt es aufgrund der in eckigen Klammern gefassten Formulierung im Diskussionsentwurf noch Abstimmungsbedarf zwischen den Ländern.

1207

II. Plattformregulierung

199

auf die entsprechenden Angebote lenken soll. Zu privilegierende Angebote sind solche, die auch mittels Must-carry-Vorgaben gegenüber infrastrukturgebundenen Medienplattformen privilegiert werden. Zudem sollen mit Regionalfenstern ausgestrahlte Hauptprogramme im Vergleich zum selben Programm ohne Fensterprogramm besonders hervorgehoben werden. Nach der hier vertretenen Auffassung sind „Must-be-found“-Regelungen verfassungsrechtlich nicht geboten, da ein auf die technischen Gegebenheiten bei Connected-TVEndgeräten ausgerichteter Diskriminierungsschutz ausreichend ist (siehe oben, D. I. 2) e. (3)). Darüber hinaus ist es selbst bei der Anerkennung solcher Regelungen dem Grund nach keine Selbstverständlichkeit, nur Must-carry-Programme zu privilegieren.1208 Zwar bleiben insbesondere die Inhalte der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbieter von besonderer Bedeutung.1209 Mit Blick auf das Regelungsziel der Sicherung der Meinungsvielfalt, insbesondere hinsichtlich der Aufmerksamkeit der Rezipienten, müssten hier eigene Kategorien gefunden werden, die dieses Ziel umsetzen, um nicht eine bloße Verfestigung der bestehenden Marktanteile zu erreichen.1210 Hierbei braucht es Kriterien, die den besonderen Charakter von Angeboten für die individuelle und öffentliche Meinungsbildung genauer und offener umschreiben und solche Angebote deshalb einer entsprechenden Regulierung unterwerfen.1211 Dies sind mit Sicherheit die öffentlich-rechtlichen Angebote; allerdings nicht unbedingt ausschließlich, wenn man z.B. Spartensender mit einem Informationsschwerpunkt betrachtet.1212 Eine solche Kategorisierung anhand von gesetzlich festzulegenden Kriterien kann dann etwa durch die Medienanstalten (ähnlich der Einordnung von Plattformen selbst) in einem darauf ausgerichteten Verfahren vorgenommen werden.1213 Zu berücksichtigen bleibt allerdings, dass auch der Rückgriff auf die Must-carry-Programme als Pauschalisierung verfassungsrechtlich zumindest gerechtfertigt wäre und unter die weite Einschätzungsprärogative des Rundfunkgesetzgebers im Rahmen des verfassungsrechtlichen Ausgestaltungsauftrages fällt. Zudem spricht der eng abgrenzbare Kreis der Inhalte dafür, die für eine privilegierte Auffindbarkeit in Betracht kommen, sodass eine positive Diskriminierung auch praktisch vorgenommen werden kann. (d) Transparenz Neu verankert wird das Prinzip der Transparenz aufgrund der Forderung der Nachvollziehbarkeit von Listung und Anordnung von Angeboten in Medienplattformen (§ 52f

1208

Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 63. So zuletzt auch wieder BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2018 – 1 BvR 1675/16, Rn. 77 ff. Wagner, promedia 07/2017, 35 (36); Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52, Rn. 63. 1211 Försterling, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 9 (11) nennt diese „Public Value“-Angebote: ähnlich Beaujean, ZUM 2019, 116 (118). 1212 Försterling, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 9 (11 f.). 1213 So der Vorschlag der Medienanstalten, vgl. Försterling, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 9 (12); wohl a.A.: Wagner, promedia 07/2017, 35 (36).

1209

1210

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3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

MedienStV-E).1214 Im System der bisherigen Plattformregulierung werden zwar mit Blick auf § 52c RStV der jeweiligen Landesmedienanstalt die Parameter, nach denen die Plattformanbieter ihre Sortierung und Listung im Rahmen der technischen Diensten zugänglich machen, genannt und von diesen bewertet.1215 Der Rezipient hat aber keine Möglichkeit, diese eigenständig nachzuvollziehen, um dann auch sein Rezeptionsverhalten daran ausrichten zu können. Auch die Inhalteanbieter haben, anders als im Telekommunikationsrecht, keine Möglichkeit, sich dazu zu äußern oder zumindest Kenntnis des Prüfungsergebnisses der ZAK zu erlangen.1216 Die Neuregelung verlangt, dass Anbieter von Medienplattformen und Benutzeroberflächen die Kriterien, die der Listung, Sortierung, Empfehlungen sowie mit Blick auf § 52a Abs. 3 MedienStV-E auch der Darstellung zugrunde liegen, zugänglich machen, damit der Rezipient in diesen Punkten eine informierte Individualisierung vornehmen kann. Dabei werden Grundsätze vergleichbar der allgemeinen Impressumspflicht bei WebSeiten im Internet aufgestellt.1217 Diese Regelung ist insgesamt zu begrüßen, da sie die Nutzerautonomie, die an verschiedenen Stellen zur Auflösung der Gatekeeper-Problematik führen kann (siehe oben, 3. Kap. I. 2) c.), stärkt oder erst möglich macht. Darüber werden ferner die Stellen erfasst, an denen bei Connected-TV-Sachverhalten der Nutzer autonome Entscheidungen treffen kann, wie etwa bei der Sortierung und Einrichtung seines App-Portals. Nicht ganz klar bleibt allerdings der Aspekt der Empfehlungen. Dieser scheint ersichtlich von der Regelung des § 52e Abs. 2 MedienStV-E ausgenommen, wo es ausschließlich um die Sortierung, Listung und Abbildung in Benutzeroberflächen geht.1218 Auch § 52c MedienStV-E enthält keine dahingehende Regelung. Daher ist eigentlich davon auszugehen, dass redaktionelle Empfehlungen weiter möglich sein sollen. Transparenz hat aber bei redaktionellen Empfehlungen keinen Eigenwert. Nur wenn damit einem Gatekeeper-Potential entgegengewirkt wird, besteht ein Anknüpfungspunkt zur Regulierung. Das ist wiederum nur der Fall, wenn die Empfehlung die direkte und ausschließliche Navigation bestimmt (siehe oben, 1. Kap. V. 2) f.), sodass diese Norm zu weit greift.

1214

So bereits mit Blick auf die geltende Rechtslage bei infrastrukturgebundenen Plattformen: Schütz, MMR 2017, 437 (437 f.). 1215 Schütz, MMR 2017, 437 (437 f.). 1216 Schütz, MMR 2017, 437 (438). 1217 Vgl. dazu grundlegend: BGH, ZUM 2006, 922 (923 f.). 1218 Vgl. den Wortlaut des § 52f MedienStV-E: „Die einer Medienplattform oder Benutzeroberfläche zugrunde liegenden Grundsätze für die Auswahl von Rundfunk oder rundfunkähnlichen Telemedien und für ihre Organisation sind vom Anbieter transparent zu machen. Dies umfasst die Kriterien, nach denen Inhalte sortiert, angeordnet und abgebildet werden, wie die Sortierung oder Anordnung von Inhalten durch den Nutzer individualisiert werden kann und nach welchen grundlegenden Kriterien Empfehlungen erfolgen und unter welchen Bedingungen Rundfunk oder rundfunkähnliche Telemedien entsprechend § 52 a Abs. 3 Buchst. c nicht in ihrer ursprünglichen Form dargestellt werden. Informationen hierzu sind den Nutzern in leicht erkennbarer, unmittelbar erreichbarer und ständig verfügbarer Weise zur Verfügung zu stellen.“

II. Plattformregulierung

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6) Anwendbarkeitsdefizite nationaler Regulierung Die Schaffung einer Gatekeeper-spezifischen Regulierung, die nicht nur Plattformanbieter in Gestalt von Infrastrukturunternehmen adressiert, die ihre Dienste auf einem nationalen Markt anbieten, führt unter dem Gesichtspunkt der territorialen Reichweite der nationalen Regulierung zu in der Literatur bislang kaum diskutierten Schwierigkeiten.1219 Durch die Einbeziehung von Portalbetreibern und Endgeräteherstellern aus dem Ausland kann das deutsche Medienrecht bei dieser Kategorie von Gatekeepern nicht mehr ausschließlich an die im Inland betriebene und verlegte Infrastruktur als Ausgangspunkt für eine Regulierung anknüpfen.1220 Allgemein begrenzt im öffentlichen Wirtschaftsrecht das Niederlassungsprinzip den territorialen Anwendungsbereich einer Regulierung.1221 Lediglich in Ausnahmefällen, soweit die Handlung eines Marktteilnehmers auch Wirkungen im Inland entfaltet, kann das sog. Auswirkungsprinzip zur Anwendung kommen.1222 Bei der hier zugrunde gelegten Gatekeeper-Stellung ohne zwingende Kontrolle über die Infrastruktur (siehe oben, 3. Kap. II. 2) c.) können allerdings das Land der Niederlassung des Anbieters einer Gatekeeper-Dienstleistung und der Empfangs- bzw. Nutzungsort des Dienstes auseinanderfallen.1223 Die diskutierte Regulierung in einem abgestuften System je nach Gatekeeper-Funktion (siehe oben, 3. Kap. II. 4) a.) funktioniert allerdings nur dann, wenn die nationalen Regelungen auf die Anbieter der Gatekeeper-Dienstleistung auch anwendbar sind und es bei Verstößen rechtliche Handlungsmöglichkeiten gegen diese Unternehmen gibt. Deshalb bedarf es einer wirksamen Kollisionsnorm, um auch Portalbetreiber und Endgerätehersteller mit Sitz im Ausland in die Regelung einzubeziehen. a. Herkunftsland- und Marktortprinzip (1) Räumlicher Anwendungsbereich der Plattformregulierung de lege lata In Deutschland regelt § 1 RStV den sachlichen und räumlichen Anwendungsbereich des RStV.1224

1219

So auch Assion, Must Carry (2015), S. 265, Fn. 1419 mwN. unter Verweis auf lediglich Ansätze einer Positionierung bei der Frage der Anwendbarkeit der Plattformregulierung auf Satellitenplattformen; dazu auch Fuchs/Försterling, MMR 2018, 292 (295). 1220 Insoweit nur das Problem beschreibend: Dreizehnter Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“, BT-Drs 17/12542, S. 30; Broemel, ZUM 2012, 866 (874); Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 227; Wagner, ZUM 2011, 462 (465); Beaujean/Giersberg, MMR 2014, 501 (502); Assion, Must Carry (2015), S. 264; Holznagel/Eschenbach, MEDIENBULLETIN 04.2011, 34 (35); Huber, promedia, 02/2015, 30 (31). 1221 Ruthig/Storr, Öffentliches Wirtschaftsrecht, 4. Aufl. 2015, Rn. 246; Assion, Must Carry (2015), S. 264. 1222 Ruthig/Storr, Öffentliches Wirtschaftsrecht, 4. Aufl. 2015, Rn. 248; Assion, Must Carry (2015). S. 264. 1223 Assion, Must Carry (2015). S. 264. 1224 Binder/Vesting, Rundfunkrecht, RStV, § 1, Rn. 1; Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 1, Rn. 1.

202

3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Für den räumlichen Anwendungsbereich ist dabei nach § 1 Abs. 3 RStV grundsätzlich die Niederlassung entscheidend, wovon § 1 Abs. 4 RStV dann Ausnahmen zulässt.1225 In dieser Norm sind allerdings keine ausdrücklichen Regelungen hinsichtlich des räumlichen Anwendungsbereichs für Plattformanbieter enthalten.1226 § 1 Abs. 3 und 4 RStV treffen in Umsetzung des Art. 2 AVMD-RL nur Regelungen für Fernsehveranstalter.1227 Eine direkte Anwendung auf Plattformen ist daher nicht möglich.1228 Lediglich bei Satellitenplattformen, welche ebenfalls ohne territorialen Bezug zu einer nationalen Infrastruktur bestehen können, könnte man eine analoge Anwendung des § 1 Abs. 4 RStV in Betracht ziehen. Die Problematik stellt sich in Deutschland in der Praxis lediglich deshalb nicht in aller Schärfe, weil die größten Marktteilnehmer Niederlassungen in Deutschland haben, sodass sie bereits über § 1 Abs. 3 RStV einer nationalen Regulierung unterfallen.1229 Aber auch hier bleibt zu beachten, dass § 1 Abs. 4 RStV eine Spezialregelung nur für Fernsehveranstalter ist und in Umsetzung von Art. 2 und 3 AVMD-RL und des Fernsehübereinkommens (FsÜ)1230 nur eine Regulierung von Programminhalten und nicht der Programmbündelung oder -vermarktung betrifft.1231 Deshalb muss eine allgemeine Norm gefunden werden, die den Anwendungsbereich des RStV und damit der §§ 52 ff. RStV auch für ausländische Plattformanbieter normiert. Eine solche Regelung ist in § 1 Abs. 1 RStV zu sehen. Diese regelt primär den sachlichen Anwendungsbereich des RStV. Darüber hinaus ist ihr aber ein allgemeines Auswirkungspinzip zu entnehmen, da sie die Anwendbarkeit der Regelungen für den „gesamten Rundfunkprozess“, d.h. für die Veranstaltung und die Verbreitung von Rundfunk, normiert.1232 Grundvoraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Norm ist das Vorliegen der Voraussetzungen des sachlichen Anwendungsbereiches.1233 Demnach enthält der sachliche Anwendungsbereich in den Fällen, in denen – wie hier – keine anderen Regelungen zur örtlichen Anwendbarkeit gegeben sind, auch eine dahingehende Aussage. Da § 1 Abs. 1 RStV den Vorgang der Verbreitung in Deutschland auch für den Fall regelt, dass Rundfunkinhalte innerhalb der deutschen Landesgrenzen bestimmungsgemäß zu empfangen sind, ist ihm die allgemeine Wertung eines „Auswirkungsprinzips“ zu entnehmen.1234

1225

Binder/Vesting, Rundfunkrecht, RStV, § 1, Rn. 40a ff. Fuchs/Försterling, MMR 2018, 292 (295). BeckOK InfoMedienR/Martini, RStV, § 1, Rn. 26; Kreile/HK-RStV, Bd. I, B 5, § 1 RStV, Rn. 13; Fuchs/Försterling, MMR 2018, 292 (295). 1228 Fuchs/Försterling, MMR 2018, 292 (295); Assion, Must Carry (2015), S. 266. 1229 Assion, Must Carry (2015), S. 265. 1230 Europäisches Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen, vom 5. Mai 1989, abrufbar unter: https://www.coe.int/de/web/conventions/full-list (Stand: 02.09.2018, 20:06 Uhr). 1231 Assion, Must Carry (2015), S. 266; Fuchs/Försterling, MMR 2018, 292 (295). 1232 Assion, Must Carry (2015), S. 265; Fuchs/Försterling, MMR 2018, 292 (295). 1233 So auch am Beispiel des Herkunftslandprinzips bei § 3 TMG: BeckOK InfoMedienR/Weller, TMG, § 3, Rn. 3. 1234 Assion, Must Carry (2015), S. 265; Fuchs/Försterling, MMR 2018, 292 (295). 1226

1227

II. Plattformregulierung

203

Demnach begründet dieses allgemeine Prinzip auch die territoriale Anwendung des RStV auf von ausländischen Plattformanbietern ausgehende Vielfaltsgefahren im deutschen Inland, sofern diese ihre Dienstleistung auf den deutschen Markt ausgerichtet haben.1235 Allerdings offenbart sich auch unter diesem Prinzip die Schwäche der Plattformregulierung, dass ein zu starker Infrastrukturbezug der Regelungen gegeben ist. Solange ein Anbieter die Kontrolle über eine (inländische) Infrastruktur hat, ist ein Anknüpfungspunkt im Sinne einer „Auswirkung“ für eine nationale Regelung relativ klar gegeben.1236 Sobald aber ebenfalls Gatekeeper-Stellungen begründende Dienste, wie Portale oder „virtuelle“ über das Internet verbreitete Plattformen, einbezogen werden sollen, erfüllt das Netz nur noch eine Transportfunktion und die medienrechtlich regulierungsbedürftige Funktion der Zusammenfassung von Inhalten in einem geschlossenen System kann ausschließlich aus dem Ausland vorgenommen werden.1237 Diese Dienstleistung würde von dem allgemeinen Auswirkungsprinzip nicht erfasst, da sie nicht die Verbreitung von Rundfunk betrifft, sondern die Zugangsvermittlung zu einer Zusammenstellung von Inhalten. Deshalb wären nach derzeitigem Verständnis auch OTT-Plattformen (wie z.B. Zattoo) von der Norm nur dann erfasst, wenn man den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit in der Verbreitungsleistung auch ohne Infrastrukturkontrolle und nicht in der Zusammenfassungsentscheidung versteht.1238 Damit sind allerdings nicht alle Gatekeeperdienstleistungen, die von der Plattformregulierung – unter dem hier vertretenen weiten Verständnis (siehe oben, 3. Kap. II. 2) c.) – adressiert werden, erfasst. Vielmehr wird auf der Ebene des räumlichen Anwendungsbereichs lediglich an die klassische Rundfunkübertragung angeknüpft. Die Funktion der Zusammenfassung und Bündelung von meinungsbildungsrelevanten Inhalten in einem geschlossenen System bleibt in diesem Kontext außen vor. (2) Einführung des Marktortprinzips Demnach ist die Etablierung des Auswirkungs- bzw. Marktortprinzips auf den Bereich der Zusammenfassung von Rundfunk und vergleichbare Telemedien in geschlossenen Systemen unter Orientierung an der Definition des Regelungsadressaten einer erweiterten Gatekeeper-Regulierung notwendig. Das Marktortprinzip würde dieser Regulierung zur Durchsetzbarkeit verhelfen. Ein als Auswirkungsprinzip verstandenes Marktortprinzip muss aber auch Kriterien aufweisen, ab wann die für die Gatekeeper-Regulierung relevante Funktion auf den

1235

Assion, Must Carry (2015), S. 264 f.; Fuchs/Försterling, MMR 2018, 292 (295) unter Hinweis auf eine dahingehende Auslegungspraxis der ZAK für Satellitenplattformen. 1236 Assion, Must Carry (2015), S. 265. 1237 Falke, Der Schutz der Meinungsvielfalt (2012), S. 226 f. 1238 Insoweit nicht ganz klar bei Assion, Must Carry (2015), S. 268.

204

3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

inländischen Markt ausgerichtet ist. Zu weit wäre es, alle potentiell auf dem deutschen Markt verfügbaren Plattformen der Regulierung zu unterwerfen.1239 Es bedarf vielmehr Kriterien, die einen Nachweis für eine Gefahr für die Medienvielfalt in Deutschland aufgrund von Gatekeeper-Stellungen liefern. Die regulierungsbedürftige Funktion eines Gatekeepers ist eine Dienstleistung, die zwischen den Inhalteanbieter und den Rezipienten tritt. Anknüpfungspunkt muss deshalb sein, dass nach einer Gesamtbetrachtung die die Gatekeeper-Stellung begründende Dienstleistung, d.h. das Portal, die klassische Rundfunkplattform oder die den Zugang zum Programm ermöglichende Benutzeroberfläche auf den deutschen Markt ausgerichtet sein muss und somit die dortige Anbieter- und Angebotsvielfalt beeinflussen kann. Deshalb ist auch ein objektiver Maßstab zur Beurteilung dieser Ausrichtung zugrunde zu legen, da es auf die potentiellen Auswirkungen der Dienstleistung ankommt und nicht auf die subjektive Ausrichtung durch den Betreiber.1240 Eine solche Ausrichtung liegt vor, wenn die Sprache der Dienstleistung (z.B. des Portals) deutsch ist. Auch die Sprache der Inhalte bzw. die Thematik der Inhalte, die über die jeweilige Dienstleistung zusammengefasst und im geschlossenen System zugänglich gemacht werden, sind solche Indizien. Medieninhalte werden grundsätzlich für bestimmte Rezipientengruppen hergestellt und verbreitet. Dabei konzentrieren sich die Rezipienten von audiovisuellen Inhalten oder der in der Meinungsbildungsrelevanz ähnlichen Angeboten aufgrund von Sprachbarrieren und Relevanzselektion der Inhalte auf regionale bzw. nationale Räume.1241 Medienangebote werden daher für diese regionalen bzw. nationalen Märkte hergestellt und dort verbreitet. Auf diese Ausrichtung der Gatekeeper-Funktion lässt sich auch rückschließen, wenn deren Anbieter Marketingaktivitäten für deutsche Rezipienten bzw. den deutschen Markt vornimmt. Ein weiteres Indiz, das Rückschlüsse auf die Angebots- und Anbietervielfalt zulässt, ist die Refinanzierung der eigenen Dienstleistung über den deutschen Markt. Sofern nicht unerhebliche Erlöse auf dem deutschen Markt für die Gatekeeper-Funktion entweder auf Seiten der Inhalteanbieter oder der Rezipienten erzielt werden, kann darauf geschlossen werden, dass der deutsche Markt auch Anknüpfungspunkt ist. Hierbei muss aber beachtet werden, dass dieses Indiz nicht vollkommen eindeutig ist. Einnahmen auf dem Markt der Inhalteanbieter können auch Rückschlüsse darauf bieten, dass deren Inhalte für einen ausländischen Markt erworben werden. (3) Kollision mit dem unionsrechtlichen Herkunftslandprinzip Der Anwendung einer nationaler Regelungen im RStV würde allerdings entgegenstehen, wenn das unionsrechtlich normierte Herkunftslandprinzip eingreift.

1239

Ähnliche Wertung für das Wettbewerbsrecht bei Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, Einl., Rn. 5.7. Ähnlich der Rechtsprechung zum Gerichtsstand bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet, vgl. BGHZ 184, 313; BGHZ 191, 219 (222). 1241 Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (125).

1240

II. Plattformregulierung

205

Die AVMD-RL schafft, bezogen auf die Inhalteanbieter, mit dem Herkunftslandprinzip in Art. 2 AVMD-RL, welches in § 1 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 RStV umgesetzt wurde, eine solche Norm.1242 Zweck dieses Prinzips ist vor allem die Gewährleistung eines Binnenmarktes für Mediendienste durch die Orientierung am Sendestaatsprinzip und die Verhinderung einer Zweitregulierung.1243 Unter ähnlicher Zielsetzung normiert für Dienste der Informationsgesellschaft, die nicht zugleich audiovisuelle Mediendienste auf Abruf sind, auch die EC-RL (Art. 3 EC-RL) dieses Prinzip, welches im deutschen Recht seine Umsetzung in § 3 TMG gefunden hat. Deshalb stellt sich bereits bei klassischen Plattformanbietern, die auch dem engen Begriff (siehe oben, 3. Kap. II. 2) c.), unterfallen, schon die Frage, ob unionsrechtliche Regelungen entgegen stehen. Für Satellitenplattformen, die aufgrund der nicht territorial verankerten Infrastruktur, keinen Sitz- bzw. keine Niederlassung in Deutschland haben, wird dies verneint.1244 Die Frage der Rechtsanwendung bei Plattformen ist – zumindest derzeit1245 – nicht unionsrechtlich harmonisiert. Die Satellitenplattformen unterfallen nicht dem Herkunftslandprinzip der AVMD-RL, weil dieses nur für Regulierung von Programminhalten und nicht die durch Plattformen vorgenommene Zusammenfassungs- und Vermarktungsfunktion gilt.1246 Auch vom in der AVMD-RL1247 neu eingeführten Begriff der „Videoplattformen“ (Art. 1 Abs. 1 aa) AVMD-RL) ist eine solche Funktion nicht erfasst. Auch hier geht es darum, die auf Videoplattformen befindlichen Inhalte (Art. 28a AVMD-RL) rechtsgüterbezogen (z.B. Jugendschutz) zu regulieren. Ferner stehen telekommunikationsrechtliche Richtlinien, die durchaus den Verbreitungsaspekt einer Plattform adressieren, nicht entgegen, da sie kein Herkunftslandprinzip enthalten.1248 Darüber hinaus ist selbst Art. 31 Abs. 1 Universaldienst-RL unter diesem Punkt der räumlichen Anwendbarkeit nicht einschlägig, da diese Richtlinie die Anwendbarkeit nationaler Regulierung voraussetzt und nicht selbst regelt.1249

1242

Dazu: BeckOK InfoMedienR/Martini, RStV, § 1, Rn. 27. Seufert/Gundlach, Medienregulierung in Deutschland (2017), S. 268 f.; umfassend zum Sendestaatsprinzip in der ehemaligen Fernseh-Richtlinie (Richtlinie 89/552/ EWG zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit), Faßbender, AfP 2006, 505 ff. 1244 Assion, Must Carry (2015), S. 266 f.; Fuchs/Försterling, MMR 2018, 292 (295). 1245 Abzuwarten bleibt, inwieweit der Vorschlag der EU-Kommission für eine Intermediärs-Regulierung bezogen auf kommerzielle B2B-Plattformen, wie z.B. amazon, und Suchmaschinen eine dem Plattformregime angenäherte Regulierung mit der Verankerung der Grundsätze der Zugangschancengerechtigkeit etablieren wird. Vgl. Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Councel on promoting fairness and transparency for business users of online intermediation services, COM(2018) 238 final. 1246 Assion, Must Carry (2015), S. 266; Fuchs/Försterling, MMR 2018, 292 (295). 1247 Europäisches Parlament, PROVISIONAL AGREEMENT, abrufbar unter: http://www.europarl.europa.eu/RegData/commissions/cult/inag/2018/06-13/CULT_AG(2018)625433_EN.pdf (Stand: 02.08.2018, 15:45 Uhr). 1248 Assion, Must Carry (2015), S. 266 f. 1249 Assion, Must Carry (2015), S. 267; Fuchs/Försterling, MMR 2018, 292 (295). 1243

206

3. Kapitel: Gatekeeper-Regulierung

Nimmt man die Adressaten einer erweiterten Gatekeeper-Regulierung in den Blick, ist die unionsrechtliche Ausgangslage diffiziler. Insbesondere bei OTT-Plattformen, die derzeit als Plattformen in offenen Netzen erfasst sind, haben keine Kontrolle über die Übertragungsinfrastruktur, sodass vertreten wird, dass sie unionsrechtlich nicht als TKDienste anzusehen sind, sondern im Umkehrschluss den Inhaltediensten unterfallen müssten.1250 Solche Plattformen könnten dann aufgrund ihrer den Inhalt von Medien betreffenden Auswahlentscheidung unionsrechtlich als Dienste der Informationsgesellschaft i.S.d. Art. 1 Nr. 2 EC-RL oder als audiovisuelle Mediendienste i.S.v. Art. 1 a) AVMD-RL einzuordnen sein.1251 Unabhängig vom Verhältnis dieser beiden Inhaltekategorien zueinander, würde in beiden Fällen ein „modifiziertes Herkunftslandprinzip“ (Art. 2 und 3 AVMD-RL, Art. 3 EC-RL) gelten. Dann wäre eine nationale Regelung im Anwendungsbereich der Richtlinie unzulässig, sofern die Anbieter von OTT-Plattformen in offenen Netzen ihren Sitz im EU-Ausland haben.1252 Dieses Ergebnis müsste dann auch für Anbieter, die dem hier vertretenen erweiterten weitergehenden Gatekeeperbegriff unterfallen (siehe oben, 3. Kap. II. 2) c.), gelten. Dieser Ansicht steht aber entgegen, dass Adressaten einer weitergehenden Plattformregulierung nicht automatisch, durch eine Art Umkehrschluss, als audiovisuelle Mediendienste eingeordnet werden können. Es geht bei den Anbietern solcher Dienst, die Gatekeeper aufgrund der Kontrolle eines geschlossenen Systems darstellen, um eine Zugangsdienstleistung und nicht um den Inhalt selbst. Insoweit treffen weder die AVMDRL noch die EC-RL Regelungen, die die Gatekeeper-Problematik betreffen1253, sodass das Herkunftslandprinzip, welches nur für den Anwendungsbereich der Richtlinien gilt, keine Anwendung findet. Da Gatekeeper damit zutreffenderweise nicht als reine Inhalteanbieter angesehen werden können und daher dem Anwendungsbereich der AVMD-RL und EC-RL nicht unterfallen, sind vom Herkunftslandprinzip abweichende nationale Regelungen möglich. b. Reformdebatte – Marktortprinzip de lege ferenda Auch hinsichtlich des territorialen Anwendungsbereichs sieht der derzeit in der Reformdebatte befindliche Entwurf der Änderung der des RStV zu einem „Medienstaatsvertrag“ eine Neuregelung vor. So wird dem hier vertreten allgemeinen Auswirkungsprinzip des § 1 Abs. 1 RStV (siehe oben, 3. Kap. II. 6) a. (1)) in seiner neuen Fassung auch die „Zugänglichmachung“ von Rundfunk hinzugefügt.

1250

Assion, Must Carry (2015), S. 268. Assion, Must Carry (2015), S. 268. Assion, Must Carry (2015), S. 269. 1253 Rees/Ukrow, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, AEUV, Art. 167, Rn. 214; ähnlich Klickermann/Lotz, MMR 2012, 801 (803); Fuchs/Försterling, MMR 2018, 292 (295).

1251

1252

II. Plattformregulierung

207

Zugleich normiert § 1 Abs. 7 MedienStV-E das Marktortprinzip und definiert anhand von Regelbeispielen, wann die Dienstleistung der benannten Normadressaten auf die Nutzung in Deutschland bestimmt anzusehen ist.1254 Diese Änderung behebt die zuvor dargestellten Schwierigkeiten bei der Normanwendung auf ausländische Plattformanbieter. Allerdings wäre eine explizite Einführung des Marktortprinzips nach der hier vertretenen Auffassung (siehe oben, 3. Kap. II. 6) a. (1)) nicht notwendig gewesen. Durch die Erweiterung des § 1 Abs. 1 RStV und des darin normierten allegemeinen Auswirkungsprinzips auf die „Zugänglichmachung“ von Rundunk können auch die über die Plattformregulierung adressierten Gatekeeperphänomene der Dienstleistungen der Normadressaten erfasst werden. Die dahingehende explizite Normierung des Marktortprinzips hat allerdings den Vorteil, dass Rechtsklarheit geschaffen wird und nicht weiterhin eine weite Auslegung der allgemein gefassten Norm des § 1 Abs. 1 RStV notwendig wird. Zudem ist es zu begrüßen, dass Anknüpfungskriterien genannt werden, wann der jeweilige Marktort betroffen ist. Dabei ist allerdings nach den oben beschriebenen Grundannahmen der Ausrichtung des Marktortprinzips (siehe oben, 3. Kap. II. 6) a. (2)) vor allem den Kriterien der Marketingaktivität und der Erzielung nicht unwesentlicher Teile der Refinanzierung in Deutschland aufgrund ihrer mittelbaren Beziehung zur mit den Regelungen der Plattformregulierung zu erzielenden Absicherung des Vielfaltsgebots eine geringere Bedeutung beizumessen.

1254

Hönig d’Orville, ZUM 2019, 104 (106).

4. Kapitel: Investitions- und Integritätsschutz für Inhalteanbieter Durch die Verschmelzung verschiedener Angebotsformen und Endgeräte entsteht im Prozess der Kovergenz der Medien qualitativ und strukturell Neues.1255 So existieren auch bei Connected-TV-Sachverhalten strukturell „neue Problemfelder“1256. Unter diese Kategorie fällt das vor allem von den Rundfunkveranstaltern als besonders beeinträchtigend beschriebene1257 Szenario der Einblendung von durch Dritte kontrollierten Inhalten im räumlichen und zeitlichen Umfeld von Rundfunkprogrammen. I.

Problembeschreibung

Bei der Erschließung neuer Geschäftsmodelle durch die Marktakteure des ConnectedTV-Ökosystems spielt vor allem auch der Einsatz neuer Werbeformen eine große Rolle.1258 Im Rahmen der vorliegenden Betrachtung soll der Fokus allerdings nicht auf den durch den Rückkanal entstandenen Möglichkeiten der Inhalteanbieter (insbesondere der Rundfunkanbieter) zum Einsatz neuer „interaktiver Werbeformen“ liegen.1259 Gegenstand der Untersuchung ist vielmehr, dass Dritte, zumindest mittelbar, den Werbemarkt erschließen, der den Fernsehveranstalter bislang vorbehalten war. Soweit dies über werbliche Einblendungen im räumlichen und zeitlichen Umfeld der Inhalte der Rundfunkveranstalter geschieht, stellt sich die Frage nach deren Kontrolle durch die Inhalteanbieter (beispielsweise mittels Einwilligungsvorbehalt).1260 Darüber hinaus wird die Überblendung des Programms durch Dritte mittels anderer Inhalte, die nicht notwendigerweise Werbung sind, von den Rundfunkveranstaltern als Bedrohung der Authentizität ihres Programms empfunden, weil dadurch die Gefahr bestünde, für Inhalte verantwortlich sein zu müssen, auf die kein Einfluss besteht.1261

1255

So bereits Latzer, Mediamatik (1997), S. 17; Mestmäcker, in: Mestmäcker (Hrsg.), Kommunikation ohne Monopole II (1995), 13 (46 ff.). 1256 Auch Boos, Hybrid-TV (2012), S. 107 behandelt die in diesem Kapitel behandelte Thematik unter dem Titel „Neue Rechtsfragen beim Hybrid-TV“. 1257 Weber, ZUM 2011, 452 (454); Schmid, ZUM 2011, 457 (459 f.); Gottberg/Grewenig, tv diskurs 56, 43 (44); ARD/ZDF-Positionspapier zu HbbTV-/SmartTV-Endgeräten, (10.10.2012); Beschreibung auch bei Kluth/Schulz, Konvergenz und regulatorische Folgen, (Gutachten 2014), Arbeitspapiere des Hans-Bredow-Instituts Nr. 30, S. 40. 1258 Sewczyk/Wenk, MP 2012, 178 (186 f.). 1259 Dazu weiterführend: Broemel, ZUM 2012, 866 (872); Hofmann, Der Red Button im Rundfunkrecht (2008), S. 100 ff.; Binder/Vesting/Ladeur, Rundfunkrecht, RStV, § 7, Rn. 46; Heil, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln, Heft 296, S. 6 ff.; Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TVPlattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 83 ff.; Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM, Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 20; Smartclip, Smart TV Ad Effectiviness (2013). 1260 Dazu auch: ARD/ZDF-Positionspapier zu HbbTV-/SmartTV-Endgeräten, (10.10.2012). 1261 Wagner, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 325 (331); implizit auch Schmid, ZUM 2011, 457 (459).

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 M. Naumann, Connected-TV, Juridicum – Schriften zum Medien-, Informations- und Datenrecht, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27301-9_5

210

4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

Die sich aus diesem Kontext ergebende Fragen nach der „Programmintegrität“ und der Behandlung von Overlays zielen daher vor allem auch auf die regulatorische Erfassung des mit einer „parallelen Rezeption verbundenen Aufmerksamkeitstransfers“1262 und der Autonomie von Portalanbietern und Endgeräteherstellern.1263 In diesem Problemfeld sind verschiedene Arten von der Drittkontrolle unterworfenen Werbeformen und Inhalte im Umfeld der Rundfunkinhalte möglich. Diese müssen im Folgenden auf die jeweilige Wirkung untersucht werden, um eine mögliche regulatorische Erfassung einordnen zu können. 1) Funktionsweise der Overlay-Ads/Widgets Unter dem Begriff des „Overlays“ verbirgt sich ein aus der Browseranwendung an Desktop-Computern bekanntes Szenario, wonach Inhalte auf einer Homepage durch ein Banner oder ein sog. PopUp überlagert werden.1264 Übertragen auf Connected-TV-Sachverhalte bezeichnet der Begriff Overlay „das Überblenden von Inhalten durch telemedienbasierte Drittinhalte (z.B. Werbung), die über die Plattform/den Gerätehersteller auf den Bildschirm erscheinen und sich über das Fernsehbild legen“.1265 Solche Overlays werden überwiegend zu Werbezwecken eingesetzt, was durch die Verbindung von Connected-TV-Endgeräten mit dem Internet nun auch im Umfeld des linearen Rundfunks möglich ist.1266 So können beispielsweise Werbetreibende unabhängig von den Inhalteanbietern (vor allem den Fernsehsendern) mittels solcher Overlays das Rundfunkprogramm ganz oder teilweise überlagern oder unmittelbar neben der Darstellung der linearen Fernsehbilder (als In-Stream Werbeform) erscheinen lassen.1267 Dazu schließen sie Verträge mit den Endgeräteherstellern oder mit den Betreibern von Portalen, die technisch die Kontrolle über die Überblendungen innehaben.

1262

So die Konzeption bei: Broemel, ZUM 2012, 866 (867). Vgl. auch Kluth/Schulz, Konvergenz und regulatorische Folgen, (Gutachten 2014), Arbeitspapiere des HansBredow-Instituts Nr. 30, S. 40; Peifer, AfP 2016, 5 (6); Wagner, in: FS für Raue (2006), 723 (737); „Grünbuch Konvergenz“, COM (2013) 231 final, S. 17. 1264 Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (31); Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 88; „Grünbuch Konvergenz“, COM (2013) 231 final, S. 17, Fn. 68; von engl. overlay sth. = etwas überlagern, Brandt, IPRB 2016, 105 (105). 1265 WD 10 – 3000 – 056/14, S. 6; Deutsche TV-Plattform, Marktanalyse Smart-TV (2013), S. 45 (Glossar); Kluth/Schulz, Konvergenz und regulatorische Folgen, (Gutachten 2014), Arbeitspapiere des Hans-Bredow-Instituts Nr. 30, S. 28; Michel, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie, Nr. 292, S. 10; Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Juli 2013 zu „Connected TV“, Angenommene Texte, P7_TA(2013)0329, S. 121; Peifer, AfP 2016, 5 (6); Brandt, IPRB 2016, 105 (105 f.); Yliniva-Hoffmann/Matzneller, irisplus 2010-5, 7 (23) sprechen von einem „Internet-Rahmen“ der „um die Darstellung des Fernsehsignals auf dem Bildschirm herum“ gesetzt wird. 1266 Vgl. Beispiele von IP Deutschland: https://www.ip.de/addressable_tv/produkte_werbeformen/branded_red_button.cfm, (Stand: 11.09.2018, 17:00 Uhr). 1267 Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (32); pwc, Media Trend Outlook, Smart-TV (2013), S. 17; Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (129); Kitz, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 337 (337 f.); WD 10 - 3000 - 056/14, S. 6; Peifer, AfP 2016, 5 (6). 1263

I. Problembeschreibung

211

Abb. 11: Overlay im räumlichen Programmumfeld Quelle: Harte, in: TV Advertising Book (2010), abrufbar unter: http://www.althos.com/tutorial/TV-advertising-tutorial-title-slide.html Zur Umsetzung solcher Overlays sind verschiedene Anwendungsfälle denkbar.1268 Overlays können in der technischen Form des Widgets realisiert werden.1269 Bei WidgetAnwendungen bleibt das Fernsehbild des linearen Programms als Vollbild erhalten. Das Widget überlagert nur an einer Stelle das Bild (z.B. am Rand) oder erscheint transparent am unteren Bildschirmrand (z.B. als „Werbe-PopUp“).1270 Gerade in dieser PopUpFunktion ist ein solches Widget auf dem Connected-TV-Endgerät vorinstalliert und aktiviert, sodass es zu automatischen Einblendungen kommt; denkbar wäre es auch, dass erst der Nutzer ein solches Widget installiert und aktiviert und die Einblendungen erst nach einem ausdrücklichen Opt-In erfolgen.1271 In beiden Varianten kann das Overlay allerdings auch nur einen Nebeneffekt des Widgets darstellen, dessen Hauptzweck beispielsweise darin besteht, auf ein Software-Update hinzuweisen.1272 Letztlich sind auch Widgets mit thematisch zur Sendung passenden Inhalten (in Form von Information ohne 1268

Boos, Hybrid-TV (2012), S. 107. Boos, Hybrid-TV (2012), S. 107; Kitz, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 337 (337 f.); umfassend zu den Möglichkeiten der TV-Werbung: Harte, in: TV Advertising Book (2010), abrufbar unter: http://www.althos.com/tutorial/TV-advertising-tutorial-title-slide.html (Stand: 11.09.2018, 10:54 Uhr). 1270 Home electronics, Alles über Smart TV (2012), S. 15; Boos, Hybrid-TV (2012), S. 107. 1271 Boos, Hybrid-TV (2012), S. 107. 1272 Boos, Hybrid-TV (2012), S. 107. 1269

212

4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

werblichen Charakter) technisch über eine solche Funktion möglich.1273 Die Besonderheit des Rückkanals ermöglicht es zudem, sowohl werbliche als auch programmliche Overlays bzw. Widgets zu personalisieren, um damit die lineare Fernsehwerbung zu ersetzen.1274 Technisch bleiben bei solchen Overlays das Rundfunksignal und das für die Inhalte der Überblendung verantwortliche IP-Signal getrennt und werden auf unterschiedlichen Wegen zum Endgerät geführt.1275 Wie bei sonstigen Online-Werbeformen auch, kann mit dem Overlay oder dem Widget eine Verlinkung zu weitergehenden Onlineinhalten (z.B. der Homepage des Werbenden) vorgenommen werden, die mittels der Fernbedienung des Connected-TV-Endgerätes angesteuert werden kann (siehe oben, Abb. 11). Die weiterführenden Werbeinhalte können auch auf einem Second-Screen1276 zum Abruf bereitgestellt werden, sodass der lineare Inhalt auf dem Fernsehgerät den Rezipienten nach Ansteuerung des Links weiterhin unverändert zur Verfügung steht. Auf dem Endgerätemarkt bleibt allerdings zu beachten, dass es kaum praktische Anwendungsfälle von Overlays durch Endgerätehersteller auf dem deutschen Markt gibt.1277 Lediglich der Hersteller Panasonic hat diese Form der Werbung und Programmankündigung bislang auch in Deutschland angewendet.1278 2) Sonstige Werbeformen Neben diesen Overlays sind auch andere Arten der Darstellung und Aufbereitung von Werbeformen unter der Kontrolle Dritter ohne Einwilligung des Inhalteanbieters auf Connected-TV-Geräten realisierbar. a. Skaliertes Fernsehbild/Split Screen Eine den Overlays ähnliche Funktionsweise wird durch die Skalierung des Fernsehbildes erreicht.1279 Eine solche Skalierung bewirkt die über die Anpassung des Bildes an das Format des Bildschirms hinausgehende Verkleinerung des Fernsehbildes, sodass auf dem übrigen Teil des Bildschirms parallel Werbung geschaltet werden kann. 1280 Diese Skalierung zur Darstellung drittgesteuerter Inhalte kann via Split Screen oder Bild-imBild-Technik umgesetzt werden.1281 Auch in diesen beiden Fällen werden im

1273

Boos, Hybrid-TV (2012), S. 107. Boos, Hybrid-TV (2012), S. 107; Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (33); zu den weitgehenden Möglichkeiten der Personalisierung Brandt, IPRB 2016, 105 (105 f.). 1275 Klickermann, in: Die Welt im Netz - Tagungsband der DSRI (2011), 707 (719); WD 10 – 3000 – 056/14, S. 10; Schmid, ZUM 2011, 457 (460). 1276 Vgl. Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (32). 1277 Kritik bei Boos, Hybrid-TV (2012), S. 107. 1278 Eikenberg, c’t 04/2014, 78 (81). 1279 Broemel, ZUM 2012, 866 (867); WD 10 – 3000 – 056/14, S. 6 Fn. 11. 1280 Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (33); Eberle, in: FS für Hailbronner (2013), 675 (681); Deutsche TV-Plattform, White Book Hybrid TV/Smart TV (2012), S. 54. 1281 Vgl. Deutsche TV-Plattform, White Book Hybrid TV/Smart TV (2012), S. 54.

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I. Problembeschreibung

213

räumlichen Umfeld des Programms der Rundfunkveranstalter Inhalte dargestellt, die nicht von ihnen selbst kontrolliert werden.1282 Hingegen bewirkt die Verkleinerung des Fernsehbildes durch Skalierung eine technische Veränderung des Signals des Rundfunkanbieters, da das Format auf den Bildschirm des Endgeräts angepasst wird.1283 b. Werbung im Portal und auf Programmführern Neben den überblendenden Werbeformen zeigen fast alle Endgerätehersteller Werbung in ihren Connected-TV-Portalen an.1284 Durch solche Werbeformen werden zwar weder das Programm noch das Signal der Inhaltanbieter beeinträchtigt. Allerdings erfolgt der Zugang des Rezipienten zu dem eigentlichen Inhalt in einem werblichen Umfeld. In diesem Zusammenhang profitiert der Portalbetreiber somit mittelbar von den Inhalten, da die Aufmerksamkeit des Rezipienten den Inhalten gilt und nur sekundär dem vermittelnden Portal zukommt. Eine solche Betrachtung würde allerdings unberücksichtigt lassen, dass die Funktion des App-Portals sowohl für den Rezipienten als auch für den Inhalteanbieter eine Dienstleistung darstellt, die von den Betreibern monetarisiert werden kann. Eine solche Monetarisierung in Bezug zu den Rezipienten kann entweder durch eine Entgeltzahlung für die Nutzung des Portals oder dessen Einpreisung in die Kosten für das Endgerät erfolgen oder sie erfolgt über die hier beschriebene Werbung.1285 Vergleichbar mit den Portalen sind EPGs von Drittanbietern wie z.B. den Endgeräteherstellern (siehe oben, 1. Kap. V. 2) e)). Auch auf EPG-Seiten können Overlays oder PopUp-Ads eingesetzt werden.1286 Dieses Vorgehen ist, solange die Werbung keine Beeinträchtigung der Programminformation darstellt und diese nicht selbst zu Werbezwecken eingesetzt wird, aus wirtschaftlicher Sicht der Inhalteanbieter grundsätzlich von untergeordneter Bedeutung.1287 Allerdings handelt es sich in beiden Fällen um Werbung, die sich im zeitlich und räumlich vorgelagerten Umfeld der Inhalte der Rundfunkveranstalter befindet, sodass zumindest mittelbar bereits die Aufmerksamkeit des Rezipienten in Anspruch genommen werden kann.1288

1282

Diese Tatsache nicht berücksichtigend: Strzebkowski, in: Gottberg/Graubner, tvdiskurs 56, 38 (39). Deutsche TV-Plattform, White Book Hybrid TV/Smart TV (2012), S. 54. Beschreibung bei Eikenberg, c’t 04/2014, 78 (81); pwc, Media Trend Outlook, Smart-TV (2013), S. 5; Wagner, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie, Nr. 294, S. 5. 1285 So zu ähnlich gelagerten EPGs: Castendyk, ZUM 2008, 916 (917), wobei er Werbung auf EPGs nur bei sog. „Internet-EPGs“ annimmt. 1286 Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (33); allgemein zu EPGs: Castendyk, ZUM 2008, 916 (917); Martens, MP 2012, 147 (149 ff.). 1287 Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (33). 1288 Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (33); so wohl auch die Auffassung im ARD/ZDF-Positionspapier zu HbbTV/SmartTV-Endgeräten (10.10.2012).

1283

1284

214

4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz c. Pre-Rolls/Mid-Rolls/Post-Rolls

In der von den Inhalteanbietern generierten Aufmerksamkeitsspanne können grundsätzlich auch sog. Pre-Rolls, Mid-Rolls oder Post-Rolls liegen.1289 Pre- und Post-Rolls werden vom Rezipienten nur angeschaut, weil sie den danach folgenden oder davor liegenden Inhalt rezipieren möchten. Mid-Rolls sind demgegenüber der Darstellung nach mit klassischer Spotwerbung vergleichbar. Diese Formen der Werbung können ebenfalls von Dritten kontrolliert werden. Sie stehen im Unterschied zu den zuvor beschriebenen Werbeformen allerdings nicht in einem räumlichen, sondern vielmehr in einem zeitlichen Zusammenhang mit den Inhalten der Rundfunkveranstalter.1290 3) Auswirkungen auf die Rundfunkfinanzierung – Interessen der Inhalteanbieter auf dem Werbemarkt Die angesprochene Überlagerung von Inhalten durch Einblendungen Dritter lässt sich zunächst zu einem Problem der Rundfunkfinanzierung verdichten.1291 Die Grundform der Rundfunkfinanzierung stellt neben der Besonderheit des überwiegend beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks die Finanzierung der privaten Rundfunkunternehmen durch Einnahmen aus Werbung dar (vgl. § 43 RStV).1292 Dabei bieten auf dem Markt der Werbetreibenden die Rundfunkveranstalter „Werberaum und Werbezeit für die Belegung mit Werbebotschaften“ an.1293 Neben den Werbeeinnahmen lässt § 43 RStV auch Einnahmen durch Teleshopping sowie sonstige Einnahmen, wie insbesondere Entgelte der Teilnehmer (Pay-TV), zu. Gleichzeitig wird die Finanzierung über den Rundfunkbeitrag für unzulässig erklärt. In diesem Finanzierungssystem bildet der Fernsehmarkt einen sog. „zweiseitigen Markt“: Neben dem Markt mit den Werbetreibenden stehen die Rundfunkveranstalter auch in einem Marktverhältnis mit den Rezipienten.1294 Auf diesem Markt wird aber nur in sehr begrenztem Umfang mit Bezahlsystemen (Pay-TV) agiert.1295 Aufgrund der Verknüpfung des Werbemarktes mit dem Rezipientenmarkt kann der Rundfunkveranstalter seine Leistung gegenüber dem Rezipienten ohne monetäre Gegenleistung anbieten („Free-TV“). Der Rezipient „bezahlt“ hingegen gegenüber den (privaten) Rundfunkveranstaltern mit seiner

1289

Vgl. Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 88 ff.; zu den Pre-Rolls auch ARD/ZDF-Positionspapier zu HbbTV-/SmartTV-Endgeräten, (10.10.2012). 1290 Weber, ZUM 2011, 454 (457). 1291 So auch Schmid, AfP 2011, 23 (23.); pwc, Media Trend Outlook, Smart-TV (2013), S. 17. 1292 Überblick zu den Finanzierungsformen bei Heinrich, Medienökonomie Bd. 2, 2. Aufl. 2010, S. 269 ff.; Herrmann/Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 19, Rn. 1 ff.; Holznagel/Dörr/Hildebrand, Elektronische Medien (2008), S. 73; zur Abgrenzung der Marktbedingungen in der dualen Rundfunkordnung: Ladeur, in: Hachmeister/Anschlag, Rundfunkpolitik und Netzpolitik (2013), 33 (36 f.). 1293 von Rimscha/Siegert, Medienökonomie (2015), S. 111. 1294 Dazu: von Rimscha/Siegert, Medienökonomie (2015), S. 117 ff. mwN. 1295 von Rimscha/Siegert, Medienökonomie (2015), S. 110; Herrmann/Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 19, Rn. 3.

I. Problembeschreibung

215

Aufmerksamkeit.1296 Die Inhalte der Rundfunkveranstalter bilden in diesem Zusammenhang ein Instrument zur Erzeugung der für den Verkauf von Werbebotschaften notwendigen Aufmerksamkeit (Kommerzialisierung von Aufmerksamkeit).1297 Deshalb ist es weniger der Werberaum oder die Werbezeit, die Rundfunkveranstalter verkaufen, sondern der Zugang zu relevanten Rezipienten-Gruppen und deren Aufmerksamkeit.1298 Diese Aufmerksamkeit ist ein quantitativ begrenztes Gut, sodass auch nur in begrenztem Umfang mehrere Anbieter darauf zugreifen können. Bei der Anzeige eines Bildes auf einem Bildschirm ist die Aufmerksamkeit daher nicht auf alle Bereiche in gleichem Umfang gerichtet. Durch das (zumindest teilweise) Umleiten der vom Rundfunkprogramm bzw. den redaktionellen Inhalten generell geschaffenen Aufmerksamkeit auf eine von Dritten kontrollierten Werbeeinblendung in Form eines Overlays wird somit die Ressource Aufmerksamkeit des Inhalteanbieters mitgenutzt.1299 Dies geschieht sowohl primär durch die von der Überblendung verursachte Aufmerksamkeitslenkung als auch sekundär durch den Verlust der Aufmerksamkeit durch Weiterleitung zu Werbung oder Inhalten über Links in den Overlays (siehe oben, 4. Kap. I. 1)). Im Unterschied zum Aufmerksamkeitsverlust, der dadurch entsteht, dass die Rundfunkveranstalter selbst HbbTV-basierte Werbung unter der eigenen Kontrolle vermarkten (z.B. Branded Red Button) und den Rezipienten im Angebot des Werbenden verlieren1300, können die Rundfunkveranstalter oder Inhalteanbieter diesen Aufmerksamkeitsverlust wirtschaftlich nicht durch höhere Werbepreise ausgleichen. Die einzige Möglichkeit zur Verhinderung dieses Reichweitenverlusts ist die Einwirkung der Inhalteanbieter auf die Endgerätehersteller und sonstigen Portalbetreiber auf vertraglicher Ebene. Neben der Regelung der Verbreitung der Inhalte auf den Portalen (vor allem als Apps) muss in diesen Verträgen auch der Umgang mit Werbung im Umfeld der Inhalte und der Umgang mit dem Sendesignal geregelt werden.1301 Hinzu kommt, dass durch die Drittwerbung in Overlays auch schlicht die eigenen Werbeplatzierungen durch die Rundfunkveranstalter unterlaufen werden, da diese aufgrund der Überblendung für den Rezipienten nicht mehr sichtbar sind.

1296

Ladeur, in: Hachmeister/Anschlag, Rundfunkpolitik und Netzpolitik (2013), 33 (36); von Rimscha/Siegert, Medienökonomie (2015), S. 110; die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten werden hingegen nur in geringeren Umfang aus Werbeeinnahmen und ansonsten aus dem Rundfunkbeitrag als „Haushaltsabgabe“ finanziert. 1297 Holznagel/Dörr/Hildebrand, Elektronische Medien (2008), S. 353; Müller-Rüster, Product Placement im Fernsehen (2010), S. 48; von Rimscha/Siegert, Medienökonomie (2015), S. 110; Schmid, ZUM 2011, 457 (459); Broemel, ZUM 2012, 866 (867); Ladeur, GRUR 2005, 559 (561); zur „Nachfrage der werbungtreibenden Wirtschaft nach Aufmerksamkeit“: Schlösser, Die Digitalisierung von Fernsehprogrammen (2001), S. 111 ff.; unter urheberrechtlicher Perspektive: Becker, ZUM 2013, 829 (833). 1298 von Rimscha/Siegert, Medienökonomie (2015), S. 111. 1299 Godefroid/Keber/Kühnle/Zöllner, MW 2013, Heft 3, 26 (32); Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (129); Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 147 f.; vgl. zur ähnlich gelagerten Problematik sog. „Ad-Injections“, Zimprich/Jeschke, MMR 2016, 300 (301). 1300 Dazu: Boos, MMR 2012, 364 (367); Eberle, in: FS für Hailbronner (2013), 675 (681); Hofmann, Der Red Button im Rundfunkrecht (2008), S. 21. 1301 Peifer, AfP 2016, 5 (8); vgl. zu Verträgen mit der Mediengruppe RTL Deutschland: Fahle/Schulze Isfort, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln, Heft 291, S. 12 f.

216

4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

Ökonomisch wie rechtlich ist deshalb von Bedeutung, welche Dienstleistung die Aufmerksamkeit des Rezipienten geweckt hat und unter welchen Voraussetzungen der Rezipient seine Aufmerksamkeit autonom davon wegbewegt. Übertragen auf die Perspektive der Inhalteanbieter ist daher entscheidend, wie exklusiv das Recht den Zugang zur Aufmerksamkeit des Rezipienten schützt. Im bisherigen Werbemodell der Rundfunkveranstalter, der sog. Spotwerbung, hängt die Höhe der Werbeeinnahmen grundsätzlich von der Reichweite der Programme ab und wird in einem Tausenderkontaktpreis (TKP) abgerechnet.1302 Allerdings kann die Reichweite und die tatsächliche Rezeption von Rundfunk durch den Rezipienten nicht in vollem Umfang auf die Rezipientenpräferenz ausgerichtet werden (Problem des Mangels an allokativer Effizienz).1303 Genau diese beiden Punkte betreffen die von Dritten kontrollierten Werbeeinblendungen: Durch die Partizipation an der von den Rundfunkveranstaltern geschaffenen Aufmerksamkeit ist grundsätzlich mit einem Verlust an Wirkkraft und einem damit verbundenen Reichweitenverlust für diesen zu rechnen.1304 Zudem können gerade die von Dritten kontrollierten Werbeeinblendungen durch die über die Endgeräte oder Portale gewonnenen Daten personalisiert werden, sodass es bei den Overlays zu einer Stärkung der allokativen Effizienz kommt, da die Zielgruppen genauer bestimmt werden können.1305 Eine solche Entwicklung wäre unproblematisch, wenn der Werbemarkt ausreichend Ressourcen zur Finanzierung aller Inhalteanbieter vorhalten würde. Grundsätzlich und im Vergleich zum Werbemarkt bei Printprodukten hat sich der Fernsehwerbemarkt zum größten Werbemarkt in Deutschland entwickelt, was die Attraktivität von Fernsehformaten als Werbeträger verdeutlicht.1306 Allerdings steht dieser positiven Entwicklung die Beschreibung einer angespannten Marktsituation gegenüber.1307 Diese zeigt sich besonders deutlich bei der Spotwerbung, die nicht mehr in gleichem Maße Einkünfte ermöglicht, wie dies bei Entwicklung dieses Finanzierungsmodel der Fall war.1308 Sowohl aus ökonomischer aber auch aus regulatorischer Sicht ist ein Umsteigen auf andere Werbeformen von Rundfunkveranstaltern nur sehr begrenzt möglich und unter medienrechtlichen Gesichtspunkten, insbesondere

1302

Vgl. Kreile/HK-RStV, Bd. II, B 5, § 43 RStV, Rn. 3a. Heinrich, Medienökonomie Bd. 2, 2. Aufl. 2010, S. 279; von Rimscha/Siegert, Medienökonomie (2015), S. 118. 1304 So auch Schmid, ZUM 2011, 457 (459); Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (129); Kitz, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 337 (338). 1305 Ähnlich Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 148; zu diesen Möglichkeiten auch Brandt, IPRB 2016, 105 (105 f.). 1306 Zahlen zu den Werbemärkten bei: Heffler/Höhe, MP 2016, 156 ff.; Heffler/Höhe, MP 2016, 310 ff.; dazu auch: Beaujean/Giersberg, MMR 2014, 501 (501 f.); zur Werbeträgereigenschaft des Fernsehens: von Rimscha/Siegert, Medienökonomie (2015), S. 131; Heinrich, Medienökonomie Bd. 2, 2. Aufl. 2010, S. 572 f.; Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 249 ff. 1307 Dazu umfassend: Müller-Rüster, Product Placement im Fernsehen (2010), S. 53 ff.; Dörr, in: Dörr/Kreile/Cole, Handbuch des Medienrechts, E, S. 197, Rn. 72; noch mit anderer Tendenz: Schimansky, in: Friedrichsen/Jenowsky, Fernsehwerbung (1999), 121 (121 ff.); in der Tendenz auch eher positiv aber differenziert hinsichtlich des privaten Rundfunks: Heffler/Höhe, MP 2016, 156 ff.; Heffler/Höhe, MP 2016, 310 (310 ff.); zu regulatorischen Wachstumshemmnissen: Beaujean/Giersberg, MMR 2014, 501 (502). 1308 Müller-Rüster, Product Placement im Fernsehen (2010), S. 61 ff.

1303

I. Problembeschreibung

217

im Hinblick auf das Trennungsgebot, nicht erstrebenswert.1309 Deshalb sucht sich die Werbewirtschaft neue Kanäle zur Verbreitung ihrer Botschaft, was wiederum quantitative Einbußen bei den Werbeeinnahmen der Rundfunkveranstalter zur Folge hat.1310 Diese Ausdifferenzierung und Fragmentierung der Werbung auf verschiedene Medienbereiche bedeutet ein „Mehr“ an Werbung und erhöht den Werbedruck auf den Rezipienten. Das hat zur Folge, dass sowohl die Zuschauerakzeptanz für Werbung abnimmt als auch regulatorisch die quantitativne Werbezeitbeschränkungen eingreifen.1311 Die Entwicklung der Connected-TV-Endgeräte böte mit Blick auf diese Probleme durchaus neue Möglichkeiten zur Zusammenarbeit von Sendern und Werbewirtschaft mittels neuer Werbeformen (z.B. interaktive, personalisierte Werbung, Branded Red Button/Microsite, Werbung in Online-Mediatheken).1312 Allerdings führt gerade in einem solchen ökonomischen Umfeld die Partizipation an der Aufmerksamkeit des Rezipienten durch Dritte für eigene (werbliche) Zwecke zu einer Beeinträchtigung der Finanzierungsmöglichkeiten der privaten Rundfunkveranstalter durch den damit einhergehenden Preisverfall bei den TKP auf einem Werbemarkt, für dessen Gesamtvolumen insgesamt ein abnehmender Umfang prognostiziert wird.1313 4) Programmintegrität Die durch Dritte kontrollierten Einblendungen im räumlichen oder zeitlichen Umfeld werden daneben auch als Gefahr für die „Programmintegrität“ beschrieben. Unter diese Terminologie werden Szenarien gefasst, in denen durch eine möglicherweise bestehende Zurechnung der Inhalte Dritte zu den eigenen Programmen der Rundfunkveranstalter die „Authentizität ihres Programms verfälscht“ wird, was zu einem „Glaubwürdigkeitsverlust des Mediums Rundfunk“ führen würde. 1314 Somit ist daher weniger eine Investitionsschutz-Komponente hinsichtlich verlorener Werbeeinnahmen angesprochen, sondern vielmehr eine Interessenschutz-Komponente bezogen auf die inhaltliche Integrität der eigenen Programme. Allerdings sind Overlays, Widgets oder ähnliche Formen der Präsentation von werblichen und redaktionellen Inhalten im räumlichen und zeitlichen Umfeld des Programms der Rundfunkveranstalter nur dann auch den Rundfunkveranstaltern zurechenbar, wenn 1309

So auch Schmid, ZUM 2011, 457 (459 f.). Vgl. Beaujean/Giersberg, MMR 2014, 501 (501). Müller-Rüster, Product Placement im Fernsehen (2010), S. 63 f. 1312 Geser, Strategieperspektiven für TV 2.0 (2014), S. 264; aufgrund ungeklärter regulatorischer Fragen auch auf diesem Feld sehen die TV-Sender die Vermarktungspotentiale durch Connected-TV bislang in einem „ambivalenten Licht“; vgl. pwc, Media Trend Outlook, Smart-TV (2013), S. 17. 1313 Wagner, in: FS für Raue (2006), 723 (727); Schmid, AfP 2011, 23 (23); indirekt auch Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (129); Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 148 spricht von einem „aus wirtschaftlicher Sicht ungerechten Verteilungsszenario“. 1314 Wagner, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 325 (331); aufgegriffen bei Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (313); Klickermann, in: Die Welt im Netz - Tagungsband der DSRI (2011), 707 (714 f.); Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (130); Wagner, in: FS für Raue (2006), 723 (725 f.); Giurgiu/Metzdorf, in: Big-Data - Tagungsband der DSRI (2014), 709 (717); so auch die Branchenbefragung bei: Kluth/Schulz, Konvergenz und regulatorische Folgen, (Gutachten 2014), Arbeitspapiere des Hans-Bredow-Instituts Nr. 30, S. 15; anschauliches Beispiel bei: Schmid, ZUM 2011, 457 (459).

1310

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4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

irgendeine Form der Veranlassung, z.B. durch die vertragliche vereinbarte, entgeltliche Weitergabe von Programmdaten oder –informationen, vorliegt.1315 Aufgrund dieser Tatsache stellt sich unter dem Stichwort der „Beeinträchtigung der Programmintegrität“ auch die Frage, inwieweit die Endgerätehersteller und Portalbetreiber in die rundfunkrechtliche Werberegulierung einbezogen werden müssen. Unter wettbewerbsrechtlicher Perspektive ist der „Schutz vor Zurechnungsstörungen“ 1316 gerade auch als Problematik unter Mitbewerbern beispielsweise eine justiziable Kategorie. In diesen Fällen bedeutet die Beeinträchtigung der Programmintegrität, dass etwa über die Identität des Veranstalters getäuscht wird und somit das Bild- und Tonkonzept des Programms des Rundfunkveranstalters beeinträchtigt wird, wovon eine negative Imagewirkung auf die betroffenen Sender ausgeht, was wiederum die Attraktivität auf dem Publikums- und damit auch auf dem Werbemarkt beeinträchtigen kann.1317 5) Rezeptionsverhalten bei Werbeeinblendungen Zur genaueren Analyse des Beeinträchtigungspotentials solcher neuer Werbeformen auf das Finanzierungsmodell der Rundfunkveranstalter bedarf es eines Blicks auf das diesbezügliche Rezeptionsverhalten. In aller Regel interessieren sich die Rezipienten im Moment des Konsums von Rundfunkinhalten weniger dafür, dass Werbung und insbesondere die Unterbrecherwerbung in Form von Werbespots die kostenlose Zur-Verfügung-Stellung der Inhalte gewährleistet.1318 Das eigentliche Interesse des Rezipienten liegt bei den Inhalten bzw. dem Programm und nicht bei der Werbung.1319 Deshalb greifen die Rezipienten zu Werbevermeidungsstrategien wie beispielsweise dem Umschalten oder dem Einsatz von Werbeblockern.1320 Auf die daraus entstehenden negativen ökonomischen Folgen für die Rundfunkveranstalter versuchen diese mit der Weiterentwicklung von Werbeformen wie beispielsweise einer zunehmenden Vermischung von Programm- und Inhalte-Elementen (z.B. über Produktplatzierung) zu reagieren.1321 Die Wirkung der Werbung auf das Rezeptionsverhalten der Zuschauer bei ConnctedTV-Sachverhalten lässt allerdings kein einheitliches Bild zu. Grundsätzlich würde man 1315 Broemel, ZUM 2012, 866 (872); für die jugendmedienschutzrechtlichen Probleme: Dreyer, tv diskurs 56, 48 (51); a.A. Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (130) ohne weitere Begründung des Zurechnungstatbestandes; ähnlich auch Wagner, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 325 (331). 1316 Dazu umfassend: Beater, Unlauterer Wettbewerb (2011), § 23, Rn. 1980 ff. 1317 Ähnlich Wagner, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 325 (331). 1318 Das dahingehende Bewusstsein der Rezipienten wird unterschiedlich eingeschätzt: Für ein solches Bewusstsein: von Rimscha/Siegert, Medienökonomie (2015), S. 109; eine weitgehende Akzeptanz von Werbung annehmend: Hofsümmer/Horn, MP 1999, 442 (442 ff.); für einen dahingehenden Aufklärungsbedarf: Kluth/Schulz, Konvergenz und regulatorische Folgen, (Gutachten 2014), Arbeitspapiere des Hans-Bredow-Instituts Nr. 30, S. 111; differenzierend: Kliment, in: Friedrichsen/Friedrichsen, Fernsehwerbung – quo vadis? (2004), 257 (257 ff.). 1319 Müller-Rüster, Product Placement im Fernsehen (2010), S. 65. 1320 Schimansky, in: Friedrichsen/Jenowsky, Fernsehwerbung (1999), 121 (123 ff.); weitere Beispiele zur Werbeumgehung bei Müller-Rüster, Product Placement im Fernsehen (2010), S. 65 ff. mwN.; andere Tendenz bei Hofsümmer/Müller, MP 1999, 296 (296 ff.). 1321 Dazu: Müller-Rüster, Product Placement im Fernsehen (2010), S. 75 ff.

I. Problembeschreibung

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aufgrund der Nutzbarmachung von On-demand-Angeboten, die aus einer lean-forwardPerspektive ausgewählt werden, eine erhöhte Aufmerksamkeit des Rezipienten vermuten. Das würde allen Inhalteanbietern, auch den klassischen Rundfunkveranstaltern, die Möglichkeit eröffnen, bei der Verwertung ihrer Inhalte in Mediatheken oder anderen on-demand-Angeboten über diese erhöhte Aufmerksamkeitsspanne höhere Werbepreise zu erzielen. Allerdings ist daneben insbesondere auch bei Connected-TV-Sachverhalten eine erhöhte Nutzung des Second Screens festgestellt (siehe oben, 1. Kap. VII.). Dies führt dazu, dass die exklusive Aufmerksamkeit der Zuschauer für klassische Rundfunkinhalte nur noch in Ausnahmefällen vorliegt1322, sodass es unter ökonomischen Gesichtspunkten zu einer Verstärkung der allokativen Effizienz kommen kann, was wiederum den Rückgang der Investitionsfreudigkeit der Werbetreibenden in einzelne Werbespots des Rundfunkveranstalters aufgrund der Ungewissheit des Zugangs der Werbebotschaft zum Rezipienten zur Folge haben könnte. Dementsprechend wächst das Interesse der Werbewirtschaft an alternativen Werbeformen. Zu solchen Alternativen zur Spotwerbung zählen auch Banner- und PopUp-Werbung, ebenso wie Widgets oder die Pre-/Mid-/Post-Rolls. Diese Werbeformen sind den Rezipienten bislang bereits aus dem Internet bekannt.1323 Connected-TV-Nutzer sind in weit überwiegender Zahl zudem der für die Preisgestaltung der Werbung relevanten „werbewirksamen Zielgruppe“ 1324 zuzurechnen.1325 Diesem potentiellen Vorteil für Werbetreibenden steht allerdings die bislang unterschiedlich beurteilte Wirkkraft von Banner-Werbung beispielsweise in Form von Overlays1326 gegenüber. Neben Studien, die auf eine gute Werbewirksamkeit von Bannerwerbung verweisen, wird über das Phänomen der „Banner-Blindness“ gerade das aktive, psychologisch bedingte Ausblenden von Werbung in Banner-Form beschrieben.1327 Allerdings ist diese Banner-Blindness vor allem dann am ausgeprägtesten, wenn sich die Banner in das Gefüge einer Homepage oder eines Bildes einreihen. Sobald sie das sonstige Bildschema, etwa eines linearen Programms, durchbrechen, erhöht sich ihre Wahrnehmung.1328 Zudem wird die Wahrnehmung durch Personalisierung der Werbung verstärkt, welche durch die Rückkanalfähigkeit von Connected-TV-Angeboten möglich ist. Deshalb ist im Hinblick auf das Rezeptionsverhalten der hier problematisierten Werbeformen, bei denen es zu einer räumlichen Überlagerung der eigentlichen Inhalte kommt, 1322

Smartclip, Smart TV Ad Effectiviness (2013); Beater, Medienrecht, 2. Aufl. 2016, § 8, Rn. 694 mwN; zu der unklaren Studienlage: Busemann/Tippelt, MP 2014, 408 (413); andere Tendenz bei Fahle/Schulze Isfort, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln, Heft 291, S. 7. 1323 Deshalb beschäftigen sich auch die meisten Rezeptionsstudien bislang nur mit der Bannerwerbung auf Homepages im „klassischen“ Onlinebereich bei nicht-linearen Dienste. 1324 Siehe dazu: von Rimscha/Siegert, Medienökonomie (2015), S. 111. 1325 So das Ergebnis bei: Smartclip, Smart TV Ad Effectiviness (2013). 1326 Vgl. USEYE/Haufe-Lexware, Banner Studie 2013, Teil 1 & 2 (2013), S. 9 f.; Abraham/Shaw/Rich/Schuh/Rothstock, Brand advertising online in Germany (2011), S. 13. 1327 Dazu: Kaufmanns/Wörmann, Studie der ALM - Wie smart ist die Konvergenz? (2014), S. 37; zur Banner Blindness: Pernice, Banner Blindness Revised: Users Dodge Ads on Mobile and Desktop, April 22, 2018 (abrufbar unter: http://www.nngroup.com/articles/banner-blindness-old-and-new-findings/, Stand: 11.09.2018, 14:18 Uhr). 1328 Pernice, Banner Blindness Revised: Users Dodge Ads on Mobile and Desktop, April 22, 2018 (abrufbar unter: http://www.nngroup.com/articles/banner-blindness-old-and-new-findings/, Stand: 11.09.2018, 14:18 Uhr).

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4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

eine Einwirkung auf die Aufmerksamkeit des Rezipienten grundsätzlich zu bejahen.1329 Bei Werbeformen in zeitlichem Zusammenhang mit den Inhalten besteht zunächst sogar die volle Aufmerksamkeit des Rezipienten, die dann aber auch ohne Einschränkung auf die Inhalte übergeht. Pre-Rolls vermitteln eine hohe Aufmerksamkeit des Rezipienten, weil dieser aktiv den folgenden Inhalt ausgewählt hat.1330 Mid-Rolls sind hingegen ähnlich der Spotwerbung zu bewerten. Auch Post-Rolls profitieren noch von der durch den vom Rezipienten angewählten Inhalt geschaffenen Aufmerksamkeit. Letztlich tangieren alle Werbeformen die Aufmerksamkeit der Rezipienten, wenn auch die Intensität der Nutzung dieser Aufmerksamkeit je nach Werbeform variieren kann. 6) Bewertung der Problemlage Die angesprochenen Werbeformen sind immer dann unter dem Gesichtspunkt des Investitionsschutzes für Rundfunkveranstalter problematisch, wenn es zu einem Transfer der von den Rundfunkveranstaltern generierten Aufmerksamkeit beim Rezipienten auf ein von Dritten, insbesondere den Endgeräteherstellern, kontrolliertes (meist werbliches) Format geht. Insgesamt muss unter dem Gesichtspunkt der Monetarisierung dieser Aufmerksamkeit unterschieden werden, ob sich Werbung von Dritten in zeitlichem oder räumlichem Umfeld des Programms der Inhalteanbieter befindet.1331 Der deutlich weitergehende Aufmerksamkeitstransfer ist mit der räumlichen Überschneidung beispielsweise eines Overlays mit dem Programm des Inhalteanbieters verbunden. Bei Werbeformen im zeitlichen Umfeld des Programms ist der Aufmerksamkeitstransfer geringer, da es sich um Bereiche handelt, in denen die Inhalte nur durch Vor- oder Nachwirkungen Einfluss auf den Rezipienten nehmen können. Problematisch wird die zeitliche Komponente erst, wenn es zu Überschneidungen zwischen Inhalt und Werbung kommt. Solche können sowohl bei Mid-Rolls als auch bei Werbung auf Portalen und EPGs vorliegen, soweit diese in einer unmittelbaren Verknüpfung zu den Programminformationen stehen, sodass die Aufmerksamkeit für das Abrufen dieser Informationen vom Rezipienten durch den Rundfunkveranstalter überhaupt erst generiert wurde. In diesen Fällen muss allerdings beachtet werden, dass auch der Rundfunkveranstalter von der Weitergabe seiner Programminformation oder seines Angebots durch das Portal oder den EPG profitiert und diese selbst forcieren kann. 1332 Soweit der Portalbetreiber oder EPG-Betreiber diese Informationen entgeltlich erwirbt1333, muss es ihm aus investitionsrechtlicher Sicht auch möglich sein, seine Dienstleistung durch Werbung 1329

Laut 2011 durchgeführten Feldversuchen nehmen 80 % der Nutzer Werbung auf Smart TV war; 32 % der Nutzer klicken die Anzeigen auch an. Vgl. Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 82 f. 1330 Peifer, AfP 2016, 5 (6) bezeichnet diese als „True-View in Stream-Anzeigen. 1331 So auch die Unterscheidung ARD/ZDF-Positionspapier zu HbbTV-/SmartTV-Endgeräten (10.10.2012); allerdings sollen danach Überblendungen sowohl im zeitlichen als auch im räumlichen Zusammenhang mit den Inhalten von ARD und ZDF unter einen Einwilligungsvorbehalt der Sender und einen Initiierungsvorbehalt des Zuschauers gestellt werden. 1332 Vgl. Castendyk, ZUM 2008, 916 (917). 1333 Dies geschieht durch die EPG-Tarife der VG Media, vgl. Martens, MP 2012, 147 (152 f.); Castendyk, ZUM 2008, 916 (917); bestätigt durch BGH, ZUM 2012, 670 ff.

I. Problembeschreibung

221

zu refinanzieren. Letztlich ist der Bezug zum Inhalts- und Programmumfeld bei Connected-TV-Portalen auf den Übersichtsseiten am geringsten ausgebildet.1334 Erst wenn die Werbung, vor allem in Form von Overlays, auch nach Anwahl der App durch den Rezipienten in der durch den Inhalteanbieter geschaffenen Nutzungsumgebung durch den Portalbetreiber als Dritten kontrolliert wird, liegt ein solcher Bezug vor. Dann wäre das Overlay, soweit es zu einer räumlichen Überlappung mit dem Programm bzw. dem Inhalt kommt, der höheren Gefahrenstufe zuzuordnen. Unerheblich ist hingegen, ob ein Overlay im linearen Programm oder in einem nicht-linearen Umfeld die Inhalte des Rundfunk- oder sonstigen Inhalteanbieters überlagert. Der damit verbundene Aufmerksamkeitstransfer führt in beiden Fällen unter dem Gesichtspunkt der Werbefinanzierung zu negativen ökonomischen Auswirkungen. Insoweit bleibt unter investitionsrechtlicher Sicht lediglich die räumliche Überlagerung in Form von Overlays von Dritten oder die Darstellung von Werbeformen im unmittelbaren räumlichen Umfeld der Programminhalte durch Dritte problematisch. Inhaltlich umfasst dieser Gesichtspunkt sowohl die ersetzende Überblendung der Fernsehwerbung durch eigene Werbung Dritter als auch die Einblendung bzw. Überblendung des Programms in einer das Ansehen und Image des Fernsehveranstalters beeinträchtigenden Weise.1335 Diese Beeinträchtigung ist für öffentlich-rechtliche Rundfunkveranstalter ebenso relevant. Dem in den beschriebenen Fällen vorliegenden ökonomischen Gefahrenszenario des Aufmerksamkeitstransfers kann auch nicht das Argument entgegen gehalten werden, die Problematik sei nicht anders zu beurteilen, als würde der Rezipient auf einem Second Screen bzw. Zweitgerät andere Inhalte oder Werbung rezipieren oder neben der Rundfunkrezeption Printmedien lesen.1336 Es handelt sich, solange der Rezipient die zusätzlichen Einblendungen nicht selbst aktiv aufruft, bei der räumlichen Überlagerung von Rundfunkinhalten durch werbliche Overlays auf demselben Bildschirm um ein qualitativ anders zu bewertendes Szenario. Der Rezipient entscheidet sich nicht selbst, seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu richten1337, sondern der erste Impuls dafür kommt von dritter Seite. Insgesamt bleibt mit Blick auf die Problemlage daher festzuhalten, dass grundsätzlich verschiedene Sphären durch die hier beschriebenen Phänomene betroffen sind. Die parallele Nutzbarkeit von Rundfunk und als Einblendung dargestellten IP-gesteuerten Inhalte ist allein noch nicht zu beanstanden. Es muss ein zusätzlicher qualitativer Aspekt hinzukommen, den es im Folgenden mit Blick auf die beiden unterschiedlichen

1334 Dennoch schließen ARD, ZDF und der VPRT Werbung auf EPGs aus, vgl. Gemeinsame Erklärung der ARD, des ZDF und des VPRT: Empfehlungen für Anforderungen von Navigatoren/EPGs (12.10.2006), abrufbar unter: https://www.vau.net/electronic-program-guide-epg/content/ard-zdf-vprt-verabschieden-empfehlung-navigatorenepgs (Stand: 09.09.2018, 15:11 Uhr). 1335 Wagner, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 325 (332). 1336 Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (26); Chardon, in Gottberg/Graubner, tv dirskurs 56, 54 (60); Schmid, AfP 2011, 23 (23). 1337 So die Bewertung bei Broemel, ZUM 2012, 866 (870).

222

4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

Regulierungsziele unter Hinzuziehung der thematisch kongruenten Regelungsmaterien näher zu bestimmen gilt. II.

Rechtliche Einordnung

Der folgende Teil richtet den Blick auf die geltende Rechtslage und deren Schutzmechanismen zur Absicherung der Integrität der Inhalte der Rundfunkveranstalter oder anderer Inhalteanbieter in Bezug auf die räumliche Überlagerung der Programminhalte durch Overlays1338 und einen dahingehenden Investitionsschutz. 1) Verfassungsrechtlicher Hintergrund a. Rundfunkfreiheit der privaten Rundfunkveranstalter Das Rundfunkverfassungsrecht und insbesondere die Dogmatik der Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG in der Lesart des Bundesverfassungsgerichts gründet derzeit auf dem sog. „dualen Rundfunksystem“, in dem sowohl dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk als auch dem privaten Rundfunk unterschiedliche gesetzliche Aufgaben zukommen, welche aber systemische Auswirkungen aufeinander haben („System kommunizierender Röhren“).1339 Das bedeutet, dass an den privaten Rundfunk geringe Anforderungen im Vergleich zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk gestellt werden, solange dieser die „Grundversorgung“ mit meinungsrelevanten Inhalten leistet.1340 Nicht gemeint ist damit allerdings eine umfassende Freistellung von der Rundfunkregulierung unter dem objektiv-rechtlichen Normverständnis in Bezug auf Vielfaltssicherung und ein absolutes Vertrauen auf die Marktprozesse.1341 Auch der private Rundfunk hat zumindest „Grundanforderungen“ an Ausgewogenheit und Vielfalt zu genügen und auch für private Rundfunkveranstalter ist die Rundfunkfreiheit nach der zwar kritisierten Anschauung des Bundesverfassungsgerichts eine „dienende Freiheit“ und keine bloße „Rundfunkunternehmerfreiheit“.1342 Diese Sichtweise verwehrt den privaten Rundfunkveranstaltern aber nicht, sich gegen staatliche Eingriffe (z.B. beim Zulassungsverfahren) auch auf den subjektiv-rechtlichen Gehalt von Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG zu berufen.1343 Letztlich resultiert aus diesem „eingeschränkt objektiv-institutionellen“ Verständnis1344 der Rundfunkfreiheit für private Rundfunkunternehmer, dass der Gesetzgeber bei privatwirtschaftlichem Rundfunk zumindest in einem gewissen Umfang auf die Marktprozesse vertraut und diese auch in Bezug auf die Funktion des Rundfunks für die

1338 Soweit im Folgenden zur Vereinfachung von Overlays gesprochen wird, sind damit alle Formen der von Dritten kontrollierten Einblendungen im räumlichen Umfeld von Programminhalten erfasst. 1339 Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, Präambel, Rn. 42; Herrmann/Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 7, Rn. 101 f.; insbesondere auch BVerfGE 57, 295; 73, 118 (157 ff.); 83, 238 (297). 1340 BVerfGE 83, 238 (316). 1341 BVerfGE 83, 238 (297); 114, 371 (387 ff.). 1342 BVerfGE 73, 118 (152 f.); 83, 238 (295); 87, 181 (197); Paschke, Medienrecht, 3. Aufl. 2009, S. 96, Rn. 252; a.A. Herrmann/Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 7, Rn. 39 f. mwN. 1343 BVerfGE 97, 298 (313); Paschke, Medienrecht, 3. Aufl. 2009, S. 96, Rn. 252 mwN. 1344 Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, Präambel, Rn. 42.

II. Rechtliche Einordung

223

Demokratie ausreichen lässt, da im Gegenzug an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk besondere normative Erwartungen hinsichtlich des Programmangebots geschaffen werden.1345 (1) Absicherung der Finanzierung des privaten Rundfunks So umfangreich sich die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung mit der „funktionsgerechten Finanzierung“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auseinander gesetzt hat1346, so wenig ist in den Urteilen explizit zur Finanzierung des privaten Rundfunks zu finden. Zwar wurde diese Thematik bereits im grundlegenden FRAG-Urteil zur Zulässigkeit privater Rundfunkanstalten aufgegriffen, ihr aber aufgrund fehlender Entscheidungserheblichkeit nicht nachgegangen.1347 Einfach-rechtlich greift neben der konkreten Feststellung des Finanzierungssystems der privaten Rundfunkveranstalter in § 43 RStV die Präambel des Rundfunkstaatsvertrages diese Fragestellung auf.1348 Aus deren Formulierung wird in Bezug auf den privaten Rundfunk eine „Ausbau- und Fortentwicklungsgarantie“ gefolgert1349, wohingegen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine „Bestands- und Entwicklungsgarantie“ zukommt.1350 Dem privaten Rundfunk wird demnach die abstrakte Möglichkeit eingeräumt, angemessene Einnahmen zu erschließen.1351 Zwar handelt es sich dabei nicht um eine explizite aus dem Verfassungsrecht herrührende Vorgabe, doch ist im Rahmen des weiten Gestaltungsspielraums des Rundfunkgesetzgebers durchaus auch der Auftrag enthalten, der privaten Säule des Rundfunksystems „adäquate Entwicklungschancen“ zu ermöglichen.1352 Daran wird deutlich, dass die Finanzierung von Rundfunkinhalten auch bei privaten Rundfunkveranstaltern als zentrale verfassungsrechtliche Fragestellung der Rundfunkregulierung begriffen werden muss.1353 In diesem Punkt weist die Rundfunkfreiheit auch für die Regulierung des privaten Rundfunksektors einen Ausgestaltungsauftrag auf, welcher von der Rechtsordnung fordert, dass der private Rundfunk

1345

Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, Präambel, Rn. 42; BVerfGE 119, 181 (217); krit. hierzu u.a. Jungheim, ZUM 2008, 493 ff. 1346 Vgl. u.a. BVerfGE 87, 181 (197 ff.); 90, 60 (87 ff.); 119, 181 (214 ff.). 1347 BVerfGE 57, 295 (324). 1348 Präambel RStV Abs. 5: „Den privaten Veranstaltern werden Ausbau und Fortentwicklung eines privaten Rundfunksystems, vor allem in technischer und programmlicher Hinsicht, ermöglicht. Dazu sollen ihnen ausreichende Sendekapazitäten zur Verfügung gestellt und angemessene Einnahmequellen erschlossen werden. (…)“; Binder/Vesting/Cornils, Rundfunkrecht, RStV, Präambel, Rn. 54 spricht von einer „rechtsnormativen Orientierungswirkung“ der Zielvorgaben. 1349 Bezeichnung nach BeckOK InfoMedienR/Martini, RStV, Präambel, Rn. 24; Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, Präambel, Rn. 50; Binder/Vesting/Cornils, Rundfunkrecht, RStV, Präambel, Rn. 54. 1350 BeckOK InfoMedienR/Martini, RStV, Präambel, Rn. 12 ff.; Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, Präambel, Rn. 48 f. 1351 Herrmann/Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 19, Rn. 2. 1352 Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, Präambel, Rn. 50; Binder/Vesting/Cornils, Rundfunkrecht, RStV, Präambel, Rn. 55; Degenhart, in: BK-GG, 185. Aktualisierung 2017, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 332 f., 414. 1353 Spindler/Schuster/Holznagel/Kibele, Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, RStV, Präambel, Rn. 5; diese Frage wurde auch im Grundsatzurteil des BVerfG zur Zulässigkeit privatrechtlich organisierten Rundfunks bereits aufgeworfen, BVerfGE 57, 295 (324).

224

4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

nicht Bedingungen unterworfen wird, die die Ausübung der grundrechtlichen Freiheit wesentlich erschweren oder gar faktisch unmöglich machen.1354 Allerdings kommt dem Rundfunkgesetzgeber dabei ein noch weiterer Gestaltungsspielraum als bei der Schaffung einer Finanzierungsstruktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu.1355 Nichtsdestotrotz ist es sicherlich richtig, dass diese Anforderung an die Rundfunkrechtsordnung nicht so weit geht, den privaten Rundfunkveranstaltern einen Anspruch auf „ungestörte geschäftliche Betätigung“ und damit den Schutz vor Konkurrenz einzuräumen.1356 Dennoch vermittelt Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG aufgrund der auch an den privaten Rundfunk gestellten Anforderungen in Bezug auf ein vielfältiges Programmangebot eine stärkere Schutzwirkung für die Grundvoraussetzungen dieses Geschäftsmodells, als dies in sonstigen Wirtschaftssektoren der Fall ist. Unter dem derzeit geltenden Rundfunksystem kommt dem privaten Rundfunk somit ein relativer Schutz der Finanzierungsgrundlage zu.1357 Das bedeutet im noch vorherrschenden Modell der Werbefinanzierung, dass die Werbemöglichkeiten der privaten Rundfunkveranstalter gesetzlich soweit geschützt werden müssen, dass sie die wirtschaftlichen Grundlagen für privaten Rundfunk auch tatsächlich gewährleisten können.1358 Diese Garantie ist allerdings wiederum nicht gleichbedeutend mit einem „absoluten Bestandsschutz für die Wirtschaftswerbung“, welche der Staat auch nicht garantieren kann.1359 Begründen kann man eine solche verfassungsrechtliche Schutzwirkung hinsichtlich der Funktionsfähigkeit eines Privatrundfunk-Modells nur durch mittelbar vielfaltsrelevante Faktoren, da ein zu starkes Abhängigkeitsverhältnis von Werbeeinnahmen auch immer ein erhöhtes Beeinflussungspotential auf das Programm und damit die Programmfreiheit der Veranstalter hat.1360 Zudem hätte eine ernsthafte Dysfunktionalität des Finanzierungssystems der privaten Rundfunkveranstalter Rückwirkungen auf den Außenpluralismus des Rundfunksystems.1361 Die Rundfunkfreiheit entfaltet ihre Wirkung mit Blick auf „effektive Finanzierungsmöglichkeiten“1362 für den privaten Rundfunk allerdings nur bis zu der Grenze, dass eine Refinanzierung des Angebots durch die Rechtsordnung 1354 BGH, GRUR 2004, 877 (880) unter Verweis auf die BVerfG-Rspr. BVerfGE 73, 118 (157); 83, 238 (297); 97, 228 (268). 1355 Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht (1997), C, S. 212, Rn. 97. 1356 BGH, GRUR 2004, 877 (880); Hoffmann-Riem, in: AK-GG, 2001, Art. 5 Abs. 1, 2, Rn. 198; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht (1997), C, S. 168, Rn.7. 1357 So bereits Ladeur, GRUR 2005, 559 (562); sogar weitergehend Apel, in: FS Hertin (2000), 337 (353), der in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG mehr als den „reflexhaften Schutz der Finanzierung der redaktionellen Arbeit“ sieht. 1358 Paschke, Medienrecht, 3. Aufl. 2009, S. 96, Rn. 254; a.A. Funk/Zeifang, MMR 2004, 665 (666), die unter wettbewerbsrechtlichen Vorzeichen auch eine Änderung des Geschäftsmodells privater Rundfunkveranstalter trotz des Schutzes von Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG möglich halten. 1359 Apel, in: FS Hertin (2000), 337 (353). 1360 Brinkmann, ZUM 2013, 193 (196 f.); Bosman, K&R 2014, 784 (785); Sharma, Der chancengleiche Zugang zum digitalen Kabelfernsehnetz (2009), S. 86; Müller-Rüster, Product Placement im Fernsehen (2010), S. 74 f.; Beater, Medienrecht, 2. Aufl. 2016, § 8, Rn. 689 ff. 1361 Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (130); so auch die allgemeine Tendenz hinsichtlich der (publizistischen) Anbegotsvielfalt bei Zimprich/Jeschke, MMR 2016, 300 (303). 1362 So die Umschreibung bei Paschke, Medienrecht, 3. Aufl. 2009, S. 96, Rn. 254; ähnlich Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (34).

II. Rechtliche Einordung

225

ermöglicht und ggf. positiv gefördert wird. Eine darüberhinausgehende Aussicht auf Gewinnerzielung und wirtschaftliche Rentabilität übersteigt auch die objektiv-rechtliche Komponente der Rundfunkfreiheit im derzeitigen System. Denn in diesen Punkten unterliegen die privaten Rundfunkveranstalter auch weiterhin der Systematik des Marktes. Insoweit handelt es sich um einen abstrakten Schutz, welcher nicht dazu führt, dass einzelne private Rundfunkunternehmen oder überhaupt eine bestimmte Art von Privatrunkfunk eine Bestandsgarantie aus der Rundfunkfreiheit ableiten können. Dennoch müssen die im Folgenden dargestellten Regelungssysteme, die zumindest einen mittelbaren Schutz der privaten Rundfunkveranstalter beinhalten, diesen verfassungsrechtlichen Wertungen Rechnung tragen. Dies begründet sich neben der rundfunktypischen Sondersituation der Ausgestaltungsdogmatik bereits über die „gewöhnliche“ objektivrechtliche Komponente der Rundfunkfreiheit, wonach von dieser eine mittelbare Drittwirkung auch auf die einfachrechtlichen Regelungen ausgeht1363. Vor allem auch im Rahmen der offenen und unbestimmten Tatbestände der verschiedenen Ordnungsmodelle wird die dahingehende Wirkung der Rundfunkfreiheit virulent. (2) Schutz der Integrität von Rundfunkinhalten Noch unschärfer erscheinen die Konturen eines abstrakt gefassten Rechtsguts der „Integrität von Programminhalten“.1364 Sucht man dessen verfassungsrechtliche Fundierung in der Rundfunkfreiheit, müsste die „Integrität von Rundfunkinhalten“ als Teil des integralen Prozesses von der Entstehung eines Inhalts bis zu dessen Empfang von der Rundfunkfreiheit erfasst sein. 1365 Ein solches Schutzgut bezöge sich auch nicht isoliert auf private Rundfunkveranstalter, sondern würde als allgemeine Grundlage der Rundfunkveranstaltung auch auf öffentlichrechtliche Rundfunkanstalten gleichermaßen eine Schutzwirkung entfalten. Um eine solche rundfunkrechtliche Regulierung als Inhalteregulierung des Landesgesetzgebers im RStV aufgrund verfassungsrechtlicher Ausgestaltungsvorgaben vorzunehmen, müsste der Schutz der Inhalteintegrität unter dem Gesichtspunkt der Vielfaltssicherung und der Programmfreiheit erfasst werden.1366 Allerdings betreffen Fragen der Integrität von Rundfunkprogrammen nur in begrenztem Maße das Vielfaltsgebot. Eine mittelbare Betroffenheit ist sicherlich dann anzunehmen, wenn die Veränderungen des Signals oder des Inhalts Auswirkungen auf die Wahrnehmbarkeit und damit Akzeptanz eines Inhaltes beim Rezipienten haben. Dann ist im Unterschied zu reinen verwertungsrechtlichen Handlungen, die grundsätzlich vom Anwendungsbereich des Art. 5 Abs. 1 S. 2 nicht erfasst werden1367, die Programmfreiheit betroffen. Deren Schutzwirkung geht 1363

Vgl. dazu grundlegend: BVerfGE 7, 199 (205). Ebenfalls zweifelnd Kluth/Schulz, Konvergenz und regulatorische Folgen, (Gutachten 2014), Arbeitspapiere des Hans-Bredow-Instituts Nr. 30, S. 101. 1365 So unter der Bezeichnung „Contentintegrität“ Eberle, in: FS für Hailbronner (2013), 675 (681 f.); ähnlich Apel, in: FS Hertin (2000), 337 (353). 1366 So auch Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (26), wobei ungenau von der „Signalintegrität“ gesprochen wird. 1367 BVerfGE 78, 101 (102).

1364

226

4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

aber nicht so weit, dass verfassungsrechtlich auch die uneingeschränkte Aufmerksamkeit des Rezipienten geschützt wird. Aus Effektivitätsgründen wird lediglich auch der Übertragungsvorgang hin zum Rezipienten erfasst. Eine darüberhinausgehende Wirkung der Rundfunkfreiheit ist nicht gegeben. Im Rahmen der Ausgestaltungsdogmatik weist die Rundfunkfreiheit unter dem Gesichtspunkt der Programmfreiheit und Vielfaltssicherung keinen zwingenden Gestaltungsauftrag hinsichtlich des absoluten Integritätsschutzes der Inhalte auf, solange diese den Rezipienten erreichen. Lediglich wenn Rundfunkinhalte unter dem Gesichtspunkt der Programmklarheit verändert oder unter Beeinflussung des Rezipienten beeinträchtigt werden, sind die genannten Grundsätze der Rundfunkfreiheit tangiert. In diesem Umfang ist auch der Veränderungsschutz ein Teil der Rundfunkfreiheit. Diese Grenze wird durch Overlay-Ads oder ähnliche Überblendungen dann überschritten, wenn diese dem Rezipienten nicht nur zusätzliche Inhalte präsentieren, sondern die Rezeption der Rundfunkinhalte vollständig oder in weiten Teilen verhindern, sodass eine eigenständige Nutzungsentscheidung des Rezipienten verhindert wird. (3) Werberecht Auch die klassischen werberechtlichen Vorschriften des Rundfunkrechts (v.a. §§ 7, 58 RStV), die sich sowohl an die privaten als auch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalter richten, haben ihre verfassungsrechtliche Verankerung in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG.1368 Neben der zuvor dargestellten Frage der Finanzierung der privaten Veranstalter, welche zumindest im privaten Teil des Rundfunksystems ausschließlich über Werbung gewährleistet wird, muss der Grundsatz der Trennung von Werbung und Programm hier als Teil des objektiv-rechtlichen Gehalts der Rundfunkfreiheit in den Blick genommen werden. Dieses Prinzip hat die Sicherung der Meinungs- und Programmvielfalt gegen eine Beeinflussung aufgrund von ökonomischer Einflussnahme der Werbung auf das Programm zum Ziel.1369 Selbst wenn man diesen Zweck mit Blick auf unterhaltende Formate kritisieren mag, verbleibt darüber hinaus stets eine Notwendigkeit gesetzgeberischer Gestaltung im Rahmen der „positiven Ordnung“ hinsichtlich der Transparenz des Verhältnisses zwischen Rundfunkveranstaltern und Werbenden.1370 Lediglich materielle Werberegeln, die die Inhalte der Werbung und Interessen außerhalb der Programmgestaltung betreffen (Verbot der Tabakwerbung, Einschränkung der Werbung für alkoholische Getränke), werden nach herrschender Ansicht als Eingriffsgesetze angesehen.1371

1368

BVerfGE 87, 181 (200); Binder/Vesting/Ladeur, Rundfunkrecht, RStV, § 7, Rn. 4 ff.; BeckOK InfoMedienR/Bornemann, RStV, § 7, Rn. 1 mwN. 1369 Spindler/Schuster/Döpkens, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 7, Rn. 28 mwN. 1370 Binder/Vesting/Ladeur, Rundfunkrecht, RStV, § 7, Rn. 4 mwN. 1371 Binder/Vesting/Ladeur, Rundfunkrecht, RStV, § 7, Rn. 7 mwN.

II. Rechtliche Einordung

227

b. Wirtschaftsgrundrechte der privaten Rundfunkveranstalter Neben den rundfunkverfassungsrechtlichen Besonderheiten ist der Schutz von „Investitionen“ in den Wirtschaftsgrundrechten, insbesondere in Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG zu finden. Insbesondere die klassischen Investitionsschutzrechte des Urheberrechts (v.a. § 87 UrhG) sind auf Art. 14 GG zurückzuführen.1372 Diese gelten für private Rundfunkveranstalter über Art. 19 Abs. 3 GG uneingeschränkt. Die öffentlichrechtlichen Rundfunkveranstalter können sich hingegen nur auf die Rundfunkfreiheit berufen. Gerade bei verwertungsrechtlichen Sachverhalten ist mit Blick auf Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG keine Grundrechtsfähigkeit gegeben.1373 Demnach hat ein solches aus den Wirtschaftsgrundrechten abgeleitetes Recht nur bei privaten Rundfunkanbietern einen verfassungsrechtlichen Unterbau. Gleiches gilt auch hinsichtlich der Eröffnung des subjektiven Schutzbereichs bei Art. 12 Abs. 1 GG. Diese aus dem öffentlich-rechtlichen Charakter der Rundfunkanstalten resultierende Besonderheit wird verfassungsrechtlich dadurch kompensiert, dass dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk unter der Ausgestaltungsdogmatik der Rundfunkfreiheit eine spezielle Garantie „funktionsgerechter Finanzierung“ über das geltende Beitragssystem zukommt.1374 Die Wirtschaftsgrundrechte greifen in dem Bereich, in dem die privaten Rundfunkveranstalter Marktbedingungen unterworfen sind. Allerdings kann auch aus der objektivrechtlichen Funktion der Wirtschaftsgrundrechte nur ein begrenzter Schutz privater Rundfunkveranstalter abgeleitet werden. Inhaltlich geht aber auch davon kein Bestandsschutz bzw. Schutz vor Konkurrenz aus.1375 Die Schutzpflicht des Gesetzgebers kann lediglich soweit reichen, dass das Rechtssystem unter allgemeinen Gesichtspunkten des Aufrechterhaltens des Wettbewerbs ein parasitäres Ausnutzen von Geschäftsmodellen verhindert und ansonsten die allgemeinen „privatwirtschaftlichen Grundsätze“ gelten. Auch im privatwirtschaftlichen Teil des Rundfunksystems kann es deshalb keine über Art. 5 Abs. 1 S. 2 hinausgehende Garantie wirtschaftlichen Erfolges geben. Allerdings wirken sowohl die Wirtschaftsgrundrechte als auch die Rundfunkfreiheit mittelbar in das einfache Recht hinein und spielen deshalb gerade beim Schutz vor unlauterem Wettbewerb eine Rolle. c. Grundrechte der Anbieter von Overlay-Ads Verneint man mit Blick auf den Investitionsschutz die Notwendigkeit einer Ausgestaltungsregelung zur Gewährleistung eines umfassenden Schutzes der Finanzierung des privaten Rundfunks und sieht auch den Integritätsschutz nicht als Teil der ausgestaltungspflichtigen Rundfunkfreiheit an, stellen Regelungen zur Absicherung dieser 1372

Dreier/Schulze, UrhG, § 87, Rn. 1; BVerfGE 97, 228 (264). BVErfGE 78, 101 (102 f.) mwN; Dreier/Schulze, UrhG, § 87, Rn. 1; Boddien, in: Fromm/Nordemann, UrhR, § 87 UrhG, Rn. 1. 1374 Vgl. Binder/Vesting/Radeck/Weber/Goerlich, Rundfunkrecht, RStV, § 12, Rn. 11 ff. mwN aus der Rspr. des BVerfG; zuletzt BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2018 – 1 BvR 1675/16, Rn. 59. 1375 Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, 74. EL 2015, Art. 12 Rn. 48 f.; vgl. zudem grundlegend BVerfGE 7, 377 (408); 11, 168 (188 f.) weiterhin auch BVerwGE 18, 113 (115); 30, 352 (353).

1373

228

4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

Schutzgüter dennoch Eingriffe in die Grundrechtssphäre der Anbieter von OverlaysAds, d.h. vor allem der Endgerätehersteller und sonstigen Portalbetreiber, dar. Diese können sich ebenfalls, soweit sie bereits Investitionen getätigt haben, auf Art. 14 GG oder im Rahmen der Ausübung ihres Geschäftsmodells auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen. Ein umfassendes Verbot von Einblendungen im räumlichen oder zeitlichen Kontext von Rundfunkinhalten Dritter, unabhängig davon, ob es sich um publizistische oder werbliche Inhalte handelt, erscheint deshalb in Abwägung mit den Wirtschaftsgrundrechten dieser Anbieter unter Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen nur schwer zu rechtfertigen. Zudem können sich die Anbieter der Einblendungen grundsätzlich auch auf die Rundfunkfreiheit berufen. Diese gilt zuvörderst, wenn sie publizistische, redaktionelle Inhalte einblenden, aber auch wenn sie mittels Einblendung Werbebotschaften verbreiten und somit kommerzielle Kommunikation betreiben. Auch kommerzielle Kommunikation und Wirtschaftswerbung haben fast ausschließlich einen wertenden, meinungsbildenden Inhalt, sodass sie dem Anwendungsbereich der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG unterfallen.1376 Da die Abgrenzung hinsichtlich des Verbreitungsmodus von meinungsbildungsrelevanten Inhalten (Rundfunk oder Presse) anhand technischer Merkmale vollzogen wird1377, unterfallen auch die Angebote, die mittels Einblendungen auf Connected-TV-Geräten geschaltet werden, der Rundfunkfreiheit. Davon zu trennen ist die einfach-rechtliche Unterscheidung über das Merkmal der Linearität. Insoweit wirken im Kernbereich der Inhalte der Einblendungen auch die Kommunikationsgrundrechte, insbesondere der objektiv-rechtliche Gehalt der Rundfunkfreiheit, auch auf Seiten der Anbieter der Einblendungen.1378 Die genannten Grundrechtspositionen der Anbieter der Einblendungen müssen im Rahmen der mittelbaren Drittwirkung ebenfalls berücksichtigt werden, sodass es insbesondere zu einer einzelfallbezogenen Abwägung der grundrechtlichen Positionen der Rundfunkveranstalter in dem zuvor dargestellten begrenzten Umfang und der Anbieter der Einblendungen kommt. 2) Anwendung der rundfunkrechtlichen Werberegulierung auf Overlays Ob Overlays bereits der konventionellen medienrechtlichen Werberegulierung und damit den werberechtlichen Grundsätzen wie dem Trennungsgebot des §§ 7, 58 Ab. 1 S. 1 RStV bzw. § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG unterliegen, sodass gewisse Programminhalte bereits aus medienrechtlicher Sicht nicht von Overlays überlagert werden dürfen, gilt es vorab

1376

BVerfGE 102, 347 (359); Beater, Unlauterer Wettbewerb (2011), § 10, Rn 783 f. mwN.; Kreile/HK-RStV, Bd. I, B 5, § 7 RStV, Rn. 13 mwN. 1377 Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 66 f. 1378 Broemel, ZUM 2012, 866 (871); ähnlich Boos, Hybrid-TV (2012), S. 118 f.

II. Rechtliche Einordung

229

zu prüfen. Die Legaldefinition der Werbung in § 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV1379 wird dabei von den Begrifflichkeiten der AVMD-RL geprägt.1380 Der Begriff der „Fernsehwerbung“ in Art. 1 Abs. 1 lit. i AVMD-RL1381 orientiert sich an der technischen Übertragungsform („im Fernsehen“) und erfasst grundsätzlich nur diejenige Werbung, die über das lineare Fernsehsignal mitgesendet wird.1382 Die über das IP-Signal übertragenen Overlay-Ads fallen demnach nicht darunter.1383 Weitergehend ist der Begriff der „audiovisuellen kommerziellen Kommunikation“ in Art. 1 Abs. 1 lit h) AVMD-RL1384. Die Einblendungen durch Dritte in Form von beispielsweise Overlays dienen grundsätzlich, wie herkömmliche Werbesendungen, der unmittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen und sind daher als Wirtschaftswerbung einzuordnen. Damit ist allerdings noch nicht geklärt, ob solche Werbeformen auch der Sendung „beigefügt oder darin enthalten sind“1385. Für Overlays als Einblendungen erscheint nur die erste Alternative – das „Beifügen“ – relevant, weil ein „Enthalten“ bereits begrifflich eine Implementierung in den Inhalt der Sendung voraussetzt.1386 Der Begriff des „Beifügens“ kann terminologisch weiter verstanden werden, sodass auch ein „Dazulegen“ oder „Mitschicken“ umfasst ist.1387 Im systematischen Gesamtkontext der Legaldefinition ist bei Overlays dann allerdings immer noch kein „der Sendung beifügen“ gegeben. Die Definition fordert nämlich weiter, dass die Darstellung der Bilder gegen Entgelt erfolgt, sodass eine geschäftliche Beziehung zwischen Rundfunkveranstalter und Werbetreibendem Voraussetzung ist.1388 Daher setzt sowohl der Begriff der kommerziellen Kommunikation als auch der Werbung eine bewusste Entscheidung des Rundfunkveranstalters voraus.1389 Solange der Rundfunkveranstalter Werbeeinblendungen auf den Portalen oder von Dritten kontrollierte räumlich § 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV: (…)Werbung jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs, die im Rundfunk von einem öffentlich-rechtlichen oder einem Rundfunkstaatsvertrag – 9 – privaten Veranstalter oder einer natürlichen Person entweder gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung gesendet wird, mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, gegen Entgelt zu fördern. 1380 Spindler/Schuster/Holznagel, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 2, Rn. 61. 1381 Art. 1 Abs. 1 lit. i) AVMD-RL: „Fernsehwerbung“ jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs, die im Fernsehen von einem öffentlich-rechtlichen oder privaten Veranstalter oder einer natürlichen Person entweder gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung gesendet wird mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, gegen Entgelt zu fördern. 1382 Brandt, IPRB 2016, 105 (107 f.). 1383 Brandt, IPRB 2016, 105 (107 f.). 1384 Art. 1 Abs. 1 lit h) AVMD-RL: „Audiovisuelle kommerzielle Kommunikation“ Bilder mit oder ohne Ton, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds natürlicher oder juristischer Personen, die einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen, dienen; diese Bilder sind einer Sendung oder einem nutzergenerierten Video gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung beigefügt oder darin enthalten. Zur audiovisuellen kommerziellen Kommunikation zählen unter anderem Fernsehwerbung, Sponsoring, Teleshopping und Produktplatzierung. 1385 Im RStV stellt dieselbe Problematik am Tatbestandsmerkmal „im Rundfunk … gesendet wird“. 1386 Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (321). 1387 Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (321); Brandt, IPRB 2016, 105 (108). 1388 Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (321). 1389 Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (321); a.A. Brandt, IPRB 2016, 105 (108); Schulz, EuZW 2008, 107 (110), der kommerzielle Kommunikation, die beim Abruf eines Mediendienstes rezipiert wird, ohne nähere Begründung als vom Begriff der AVMD-RL erfasst ansieht.

1379

230

4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

überlagernde Einblendungen des Rundfunkprogramms (wie z.B. Overlays) nicht veranlasst hat, sodass sie ihm zurechenbar wären, sind diese von den Legaldefinitionen der AVMD-RL bzw. des RStV nicht erfasst.1390 Eine solche Veranlassung und die damit verbundene Zurechnung zum Rundfunkveranstalter liegen erst dann vor, wenn dieser die Einblendung durch die Übertragung oder entgeltliche Weitergabe von Produkt- und Programminformationen ermöglicht hat.1391 Einblendungen von Dritten stellen somit lediglich aus phänomenologischer oder aus ökonomischer Sicht Werbung dar, fallen aber unter den derzeit geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen nicht unter die korrespondierende medienrechtliche Definition, da die kommerzielle Kommunikation immer einem Inhalteanbieter zugeordnet werden muss, damit sie von den anknüpfenden inhaltlichen Regulierungsansätzen erfasst ist. Deshalb greift die medienrechtliche Werberegulierung in diesen Fällen nicht in Bezug auf die Überlagerung des Inhalts eines Rundfunkveranstalters ein. Das Trennungsgebot ist deshalb auf die Anbieter der Overlays in Bezug auf die räumlich und zeitlich parallel angezeigten Rundfunkinhalte nicht anwendbar. Beide unterliegen jeweils getrennt der werberechtlichen Regulierung und werden von unterschiedlichen Anbietern verantwortet.1392 Auch eine analoge Anwendung des § 7 Abs. 4 RStV, welcher die konventionelle SplitScreen-Werbung der Rundfunkveranstalter regelt, kann nur dort angenommen werden, wo Werbung mit unmittelbarem Bezug zum jeweiligen Rundfunkprogramm verbreitet wird.1393 Eine solche Analogie würde aber aufgrund der zuvor dargestellten Notwendigkeit der klaren Zuordnung der rundfunkrechtlichen Verantwortlichkeit für Inhalte sehr weit reichen und der bisher geltenden Systematik widersprechen, weshalb sie abzulehnen ist.1394 Demnach unterliegen räumlich überlagernde Einblendungen über das Rundfunkprogramm durch Dritte derzeit keinen rundfunkrechtlichen Einschränkungen. 3) Urheberrecht a. Regelungsziele des Urheberrechts Klassischerweise wird der Schutz der Investitionsleistung von Rundfunkveranstaltern bzw. von Sendeunternehmen im Urheberrecht gewährleistet. Das Urheberrecht ist nach traditioneller Lesart in seinem engen Bezug zur Kultur ein „Schutzrecht qualifizierter menschlicher Kommunikation“ und Ausschnitt des

1390

Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (321); Schulz, EuZW 2008, 107 (110); Broemel, ZUM 2012, 866 (872). 1391 Broemel, ZUM 2012, 866 (872). 1392 Binder/Vesting/Ladeuer, Rundfunkrecht, RStV, § 58, Rn. 5b. 1393 Binder/Vesting/Ladeuer, Rundfunkrecht, RStV, § 58, Rn. 5b. 1393 Binder/Vesting/Ladeuer, Rundfunkrecht, RStV, § 58, Rn. 5b. 1394 So geht auch Binder/Vesting/Ladeuer, Rundfunkrecht, RStV, § 58, Rn. 5b trotz des Aufzeigens der Analogie davon aus, dass es einer gesetzgeberischen Abstimmung der Schutzvorschriften des Rundfunkrechts mit den Werberegelungen des Telemedienrechts im Sinne eines „Medienkollisionsrechts“ bedarf.

II. Rechtliche Einordung

231

Kulturwirtschaftsrechts.1395 Daraus ergibt sich die Besonderheit, dass dem Urheber zum einen Investitionsschutz für seine geistige Schöpfung – das Werk – im Rahmen von Verwertungs- und Nutzungsrechten gewährt wird und zum anderen ein persönlichkeitsrechtlicher Kern durch das sog. „Urheberpersönlichkeitsrecht“ angenommen wird.1396 Insbesondere durch die technische Entwicklung der Digitalisierung und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Kultur hat die wirtschaftliche Bedeutung des Urheberrechts zugenommen.1397 Im Zuge dessen wurde im Urheberrecht über sog. „verwandte Schutzrechte“ bzw. „Leistungsschutzrechte“ auch Schutz für Leistungen gewährt, die keine persönlichen geistigen Schöpfungen im Sinne des Werkbegriffs sind. Diese „Leistungsschutzrechte“ werden urheberrechtsähnlich geschützt, weil sie den durch die Durchführung einer technisch-organisatorischen Leistung aufzubringenden Investitionsbeitrag honorieren, welcher zumindest auch eine rudimentäre Bedeutung für das Urheberpersönlichkeitsrecht hat.1398 Es handelt sich sowohl bei den Urheberrechten als auch bei den Leistungsschutzrechten um Rechte, die über Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG verfassungsrechtlich geschützt werden, sodass sich private Rundfunkveranstalter darauf berufen können.1399 Rundfunkunternehmen machen als Berechtigte dieser im Urheberrecht geschützen Rechte in vielfacher Weise davon Gebrauch. Sie sind in ihrer originären Tätigkeit „Großverbraucher und zugleich Großproduzenten von Urheberrechten und Leistungsschutzrechten“.1400 b. Verwertungsrechte und akzessorischer Leistungsschutz (1) Senderecht (§ 20 UrhG) und Kabelweitersendungsrecht (§ 20b RStV) Das originäre Verwertungsrecht an urheberrechtlich geschützten Werken durch Rundfunk ist das Senderecht nach § 20 UrhG bzw. das daran anknüpfende „Zweitverwertungsrecht“1401 der Kabelweitersendung nach § 20b UrhG. Diese Normen schützen zum einen das ausschließliche „Recht, das Werk durch Funk, wie Ton- und Fernsehrundfunk, Satellitenrundfunk, Kabelfunk oder ähnliche technische Mittel der Öffentlichkeit zugänglich zu machen“ (§ 20 UrhG) und zum anderen „das Recht, ein gesendetes Werk im Rahmen eines zeitgleich, unverändert und vollständig weiterübertragenen Programms durch Kabelsysteme oder Mikrowellensysteme weiterzusenden“ (§ 20b UrhG). 1395

Lettl, Urheberrecht, 3. Aufl. 2018, § 1, Rn. 43; Loewenheim, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, Einl., Rn. 2,

7. 1396

Loewenheim/Peifer, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 11, Rn. 4 f. Loewenheim, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, Einl., Rn. 1. Loewenheim, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, Einl., Rn. 39. 1399 Dazu Lettl, Urheberrecht, 3. Aufl. 2018, § 1, Rn. 46 f.; v. Ungern-Sternberg, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 87, Rn. 45; zum Leistungsschutzrecht als eigentumsrelevanter Position: BVerfG NJW 1998, 1627 (1631); zur Ablehnung des Schutzes aus Art. 14 GG für öffentlich-rechtliche Rundfunkveranstalter, BVerfG NJW 1988, 1715. 1400 Herrmann/Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 27, Rn. 1. 1401 Spindler/Schuster/Wiebe, Recht der elektronischen Medien, UrhG, § 20b, Rn. 1; Dustmann, in: Fromm/Nordemann, UrhR, § 20b UrhG, Rn. 2.

1397

1398

232

4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

Diese Rechte entsprechen im Kern den Grundrechten des Kommunikators, über das „Ob“ und das „Wie“ der Verbreitung seiner Inhalte zu entscheiden.1402 Grundsätzlich ist es dem Urheber über diese Verwertungsrechte möglich, sowohl das Medium, die technischen Parameter als auch den Rezipientenkreis für die öffentliche Zugänglichmachung seines Werkes zu bestimmen.1403 Ob die Rundfunkveranstalter diese Rechte aber auch gegen die von Dritten kontrollierten Overlay-Einblendungen in Stellung bringen können, erscheint in verschiedener Hinsicht problematisch. Das Senderecht aus § 20 UrhG passt bereits aufgrund seiner dogmatischen Konstruktion nicht auf die Fälle der Einblendung im räumlichen Umfeld von Rundfunkinhalten oder Skalierung. Als Sendender kann nämlich nur derjenige angesehen werden, unter dessen Kontrolle und Verantwortung die Aussendung der programmtragenden Sendesignale erfolgt.1404 Einen solchen Sendevorgang nimmt aber der Endgerätehersteller, der die an das Gerät gelieferten Sendesignale mittels der technischen Dienstleistung seines Geräts nur sichtbar macht, nicht vor. 1405 Das Kabelweitersendungsrecht (§ 20b UrhG) scheint hingegen einen Anknüpfungspunkt zu bieten, da das Rundfunksignal die Voraussetzung der Verwertungshandlung bildet und für die Weiterleitung von Fernsehprogrammen eine „zeitgleiche, unveränderte und vollständige Weiterübertragung“ fordert.1406 Der gleichzeitige Sendevorgang und damit der „Akt der Ausstrahlung“ bildet bereits das zentrale Merkmal des Senderechts nach § 20 UrhG.1407 Allerdings passt diese Form des Schutzes des Sendevorgangs nicht auf die Konstellation der räumlichen und zeitlichen Überlagerung von Rundfunkinhalten durch über das Internetsignal zugänglich gemachte und von Dritte kontrollierte Werbeeinblendungen.1408 Die Endgerätehersteller oder sonstigen Dritten, wie beispielsweise Infrastrukturbetreiber, die ein Connected-TV-Portal betreiben, nehmen keinerlei technischen Einfluss auf das Signal des Rundfunkveranstalters. Dieser bleibt alleiniger Verfügungsbefugter. Es findet demnach keine zeitgleiche „integrale Weitersendung“ statt, da das Sendesignal nicht „gestört“ – es kommt beim Rezipienten an –, sondern lediglich überlagert wird.1409 Allerdings könnten die Sachverhaltskonstellation einer von Dritten kontrollierten Einblendung wie z.B. einer Overlay-Ad oder eines Widgets damit vergleichbar sein, dass 1402

Herrmann/Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 27, Rn. 43. Dazu ausführlich Herrmann/Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 27, Rn. 46 ff. Dreier/Schulze, UrhG, § 20, Rn. 11; BGH GRUR 2010, 530. 1405 Ähnliche Wertung bei einem abweichenden Sachverhalt: BeckOK UrhR/Hillig, UrhG, § 20, Rn. 19 f.; BGH GRUR 2016, 697 (698). 1406 Eberle, in: FS für Hailbronner (2013), 675 (681); Dreier/Schulze, UrhG, § 20b, Rn. 1. 1407 Dreier/Schulze, UrhG, § 20b, Rn. 1; BeckOK UrhR/Hillig, UrhG, § 20, Rn. 1; Spindler/Schuster/Wiebe, Recht der elektronischen Medien, UrhG, § 20 Rn. 6 ff. mit Abgrenzungsfragen zu anderen Verwertungsrechten. 1408 So auch Eberle, in: FS für Hailbronner (2013), 675 (681) ohne weitere Begründung. 1409 Klickermann, in: Die Welt im Netz - Tagungsband der DSRI (2011), 707 (719); Eberle, in: FS für Hailbronner (2013), 675 (681); Weber, ZUM 2011, 452 (454); Schmid, ZUM 2011, 457 (460); Peifer, AfP 2016, 5 (6) spricht deshalb auch davon, dass das „Bild gestört“ wird. 1403

1404

II. Rechtliche Einordung

233

ein Dritter die „Veränderung des Programms“ durch die Einblendung fremder Werbeunterbrechungen (z.B. hoteleigene Werbung anstelle der ursprünglichen Werbespots)1410 vornimmt. Eine „Veränderung“ i.S.d. § 20b UrhG erfasst insbesondere solche inhaltlichen Änderungen, die von den anderen beiden Merkmalen der „Verkürzung und zeitlichen Verzögerung“ nicht berücksichtigt werden.1411 Eine solche Veränderung würde im Sinne der genannten Kategorien der Kontrolle über Inhalte durch Dritte (siehe oben, 4. Kap. I. 6)) sowohl den zeitlichen als auch den räumlichen Aspekt erfassen. Stellt man auf das Programm ab, steht der Austausch der Werbung im zeitlichen Umfeld der redaktionellen Sendung. Stellt man aber darauf ab, dass ein vom Rundfunkunternehmen geschalteter Werbespot überblendet wird, so bildet der „Austausch“ bzw. die „Überblendung“1412 dieses Spots eine räumliche Überlagerung. Diese Art der Einflussnahme auf die Inhalte der Rundfunkanbieter durch Dritte stellt aber keine Weitersendung i.S.d. § 20b UrhG dar, weil die nachfolgenden Sendungsteile nicht mehr zeitgleich sind und das Einfügen eines eigenen Teils der eigenen Programmgestaltung näher steht als einer bloßen Weiterleitung.1413 Insbesondere eine nachrangige erst auf dem Endgerät stattfindende Überblendung von Teilen der Rundfunkinhalte in Form eines Overlays ist daher nicht erfasst.1414 Dies steht auch im Einklang des Sinn und Zwecks von §§ 20, 20b UrhG, die den Schutz vor Verlust von Zuschauerreichweite und damit mittelbar von Werbeeinnahmen gerade nicht gewähren wollen.1415 Daher sind räumlich überlagernde Einblendungen, die lediglich zusätzlich zum Programm der Rundfunkveranstalter geschaltet werden, auch wenn diese einen Aufmerksamkeitstransfer bedeuten, über die allgemeinen Verwertungsrechte des „Sendens“ technisch nicht erfasst. Über diese Unterscheidung ist auch die Fallgruppe der Einblendungen im räumlichen Umfeld von Programminhalten, die als Widget neben einem verkleinerten Fernsehbild erscheinen, zu entscheiden. Generell ist die Verkleinerung des Fernsehbildes durch Skalierung1416 mit einer technischen Veränderung des Signals des Rundfunkanbieters verbunden. Eine Skalierung des Bildformates kann dabei sowohl mit einer Qualitätssteigerung als auch mit einem Qualitätsverlust verbunden sein. Dies geschieht insbesondere bei der Formatänderung des übertragenen Signals auf das Format des Bildschirms des Endgeräts (z.B. 4:3, 16:9).1417 Um eine solche Funktion auch unter dem Merkmal der „Weitersendung“ in § 20b UrhG zu erfassen, bedarf es – entgegen der zuvor dargestellten herrschenden Meinung – eines 1410

Vgl. dazu Sachverhalt von LG Hamburg, ZUM 2004, 232. Weisser/Höppener, ZUM 2003, 597 (602). So auch die Bezeichnung des Leitsatzes der Redaktion („Überblendung“) bei LG Hamburg, ZUM 2004, 232. 1413 Dreier/Schulze, UrhG, § 20b, Rn. 8; Spindler/Schuster/Wiebe, Recht der elektronischen Medien, UrhG, § 20b, Rn. 1; v. Ungern-Sternberg, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 20b, Rn. 25; vgl. auch LG Hamburg, ZUM 2004, 232 (232 f.). 1414 Deshalb weist auch das LG Hamburg, ZUM 2004, 232 (233) darauf hin, dass ein „nachhaltiger Unterschied zu anderen Werbeblocker-Systemen, die erst am Wiedergabegerät eingesetzt werden“, besteht. 1415 Weisser/Höppener, ZUM 2003, 597 (603). 1416 Zu dieser Funktionsweise siehe oben, 4. Kap. I. 2) a. 1417 Deutsche TV-Plattform, White Book Hybrid TV/Smart TV (2012), S. 54.

1411

1412

234

4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

funktional weiten Begriffsverständnisses, wonach nicht nur der Schutz vor inhaltlichen, sondern auch vor technischen Änderungen des Programmsignals der Norm unterfallen.1418 Eine solche technische Veränderung wurde instanzgerichtlich z.B. bei der Weitersendung eines vom Sendeunternehmen in analoger zur Verfügung gestellten Sendesignals in digitaler Form angenommen.1419 Das Sendesignal selbst wird bei Connected-TVSachverhalten allerdings nicht bereits vor der Darstellung auf den Endgeräten bearbeitet. Die Handlung der Endgerätehersteller oder sonstigen Dritten (Portalbetreiber) stellt eine „nachrangige Tätigkeit“ erst auf dem Endgerät selbst dar. Die verkleinerte Darstellung erfolgt allein durch die technische Aufteilung des Bildschirms auf dem Endgerät. Der Fernsehbildschirm ist insoweit groß genug, um eine Split-Screen- oder Bild-imBild-Darstellung zu ermöglichen, zu der ein über das Internet Protocol herangeführter Inhalt im Rahmen um das Fernsehbild (z.B. als Widget) zusätzlich hinzugefügt wird. Somit wird auch in diesem Zusammenhang das Sendesignal technisch nicht verändert. Letztlich wäre auch der Aufwand, tatsächlich das Sendesignal zu verkleinern und an allen Endgeräten verändert auszugeben, zu hoch und vom Endgerätehersteller nur dann zu leisten, wenn er auch gleichzeitig die Übertragung kontrollierte. Damit wird weder bei Overlays noch bei skaliertem Fernsehbild oder Split-Screen Einfluss auf das Sendesignal genommen, sodass eine qualitativ unterschiedliche Handlung vorliegt und eine Verletzung der Verwertungsrechte ausscheidet. Die Schaltung eines Overlays ist demnach keine Verwertungshandlung im eigentlichen Sinne.1420 Die originären Verwertungsrechte der §§ 20, 20b UrhG bieten insgesamt keinen Schutz gegen räumlich oder zeitlich überlagerndene Einblendungen mittels IPTechnik durch Dritte auf einem Connected-TV-Endgerät. (2) Leistungsschutzrecht, § 87 UrhG Das Urheberrecht schützt neben der schöpferisch künstlerischen Leistung auch unternehmerische Leistungen durch sog. „verwandte Schutzrechte“ unabhängig von der Urheber-Eigenschaft.1421 Allerdings geht auch das hier in Betracht zu ziehende Leistungsschutzrecht des Sendeunternehmers nach § 87 UrhG in der Verwertungshandlung § 87 Abs. 1 Nr. 1 UrhG (das ausschließliche Recht des Sendeunternehmens, ihre Funksendungen weiterzusenden) nicht über die zuvor (E. II. 3) b. (1)) beschriebenen Verwertungshandlungen des §§ 20, 20b UrhG hinaus. Die gezielte Überblendung von Rundfunkinhalten durch Dritte

1418

Wagner, in: FS für Raue (2006), 723 (737) unter Bezug auf LG Leip.zig, ZUM-RD 2001, 144 (146); ähnlich auch Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (32) unter Verweis auf die weite Auslegung der zugrunde liegenden Richtlinie als „Schutznorm zur Gewährleistung der wirtschaftlichen Basis des Rundfunks“, EuGH, GRUR 2013, 500 ff.; a.A. Hoeren/Neurauter, IPTV (2010), S. 30 ff.; Weisser/Höppener, ZUM 2003, 597 (602 f.). 1419 LG Leipzig, ZUM-RD 2001, 144 (146); Wandtke/Bullinger/Ehrhardt, UrhR, § 87 UrhG, Rn. 19; a.A. Weisser/Höppener, ZUM 2003, 597 (603). 1420 So auch Schmid, ZUM 2011, 457 (460). 1421 Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, 8. Aufl. 2017, § 18, Rn. 656.

II. Rechtliche Einordung

235

wird indes ohne Einflussnahme auf das Sendesignal, welches weiterhin beim Rezipienten ankommt, vorgenommen.1422 Sowohl der Signalstrom des Rundfunksignals als auch des IP-Signals kommen aber getrennt und unverändert am Endgerät an.1423 Demnach wird eine Überblendung oder eine als Widget neben dem Programm dargestellte Einblendung, die keinen Einfluss auf das Signal nimmt1424, sondern über das Internetsignal, welches die entsprechenden Endgeräte empfangen und darstellen können, herangeführt wird, von den über das Leistungsschutzrecht für Sendeunternehmer nach § 87 UrhG geschützten Handlungen nicht erfasst.1425 Auch die insoweit bestehende investitionsrechtliche Zielsetzung des Leistungsschutzrechts, der die Problemlage bei der Überblendung von Rundfunkinhalten sehr nahe kommt (sieh oben, E. I. 6), ändert daran nichts. Zwar sind die in §§ 70-87h, 94, 95 UrhG normierten Rechte Ausdruck der Schutzwürdigkeit der Vermittlungsleistung an die Öffentlichkeit, die ein Medium für das Werk eines Urhebers erbringt.1426 Dabei wird dieser vom klassischen Schutzgut des Urheberrechts („Werk“) unabhängige Schutz des Sendeunternehmers in § 87 UrhG damals wie heute durch den mit hohen Kosten verbundenen technischen und wirtschaftlichen Aufwand bei der Rundfunkübertragung gerechtfertigt.1427 Dieser Zweck gesteht dem Sendeunternehmen einen „umfassenden Schutz gegen jede Art der unentgeltlichen Übernahme dieser Leistung zur wirtschaftlichen Verwertung durch Dritte“ zu.1428 Selbst wenn auf Wertungsebene der dieser Normzweck des Leistungsschutzrechts, die Vorleistung des Sendeunternehmens vor unautorisierten Nutzung zu schützen, auch auf eine solche Sachverhaltskonstellation passt1429, kann die normative Ausgestaltung des 1422

Klickermann, in: Die Welt im Netz - Tagungsband der DSRI (2011), 707 (719); WD 10 – 3000 – 056/14, S.

10. 1423

Schmid, ZUM 2011, 457 (460); Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (129); a.A. Wagner, in: FS für Raue (2006), 723 (737), der von einer Veränderung des Datenstroms des Sendesignals durch die Verbindung von Fernsehbild und Online-Angebot ausgeht. 1424 Laut Peifer, AfP 2016, 5 (8) liegt durchaus eine „Störung des Sendestreams“ vor. Diese sei aber nicht von §§ 87 ff. UrhG, welche nur gegen Übernahmen schütze, erfasst. 1425 So auch Broemel, ZUM 2012, 866 (868); Weber, ZUM 2011, 452 (454); Schmid, ZUM 2011, 457 (460); Klickermann, in: Die Welt im Netz - Tagungsband der DSRI (2011), 707 (719); Yliniva-Hoffmann/Matzneller, irisplus 2010-5, 7 (23); WD 10 – 3000 – 056/14 S. 10; Boos, Hybrid-TV (2012), S. 113 f.; Wagner, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 325 (332); Kitz, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 337 (344); Eberle, in: FS für Hailbronner (2013), 675 (681 f.); Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (318); Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (129); Michel, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie, Nr. 292, S. 10; Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (26); Peifer, AfP 2016 5 (8). 1426 Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, 7. Aufl. 2015, § 18, Rn. 657. 1427 Dreier/Schulze, UrhG, § 87, Rn. 1; v. Ungern-Sternberg, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 87, Rn. 47; Von Münchhausen, Der Schutz der Sendeunternehmen (2001), S. 78 f.; Wandtke/Bullinger/Ehrhardt, UrhR, § 87 UrhG, Rn. 7 mwN.; grundlegend zu den Schutzerfordernisses eines Sendeunternehmens auch BGHZ 37, 1 (7 ff.; 11 ff.); Zahlen zum finanziellen Aufwand der Rundfunkveranstalter bei Wandtke/Bullinger/Ehrhardt, UrhR, § 87 UrhG, Rn. 7. 1428 Wandtke/Bullinger/Ehrhardt, UrhR, § 87 UrhG, Rn. 7 unter Verweis auf AmtlBegr. A. II. 7 f., B. zu § 97 (jetzt § 87); Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (317); Kitz, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 337 (343). 1429 So Wagner, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 325 (332).

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4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

Rechts durch die Orientierung an technischen Gegebenheiten die Anwendbarkeit nicht begründen. Deshalb kann auch eine extensive Auslegung bzw. analoge Anwendung des Leistungsschutzrechts einen weitreichenden Investitionsschutz nicht begründen. Die Leistungsschutzrechte gewähren im Unterschied zu den Rechten der Urheber an ihren Werken keinen umfassenden Schutz, sondern einen auf das „unbedingt Erforderliche zu beschränkender“ 1430 sowie von den Verwertungsrechten abhängigen Schutz, sodass eine extensive Auslegung des Leistungsschutzrechts auf Connected-TV-Sachverhalte auch aus diesem Grund ausscheidet. c. Integritätsschutz im Urheberrecht Das „Recht auf Werkintegrität“, welches bei Einblendungen im räumlichen und zeitlichen Umfeld von Rundfunkinhalten betroffen sein kann (siehe oben, 4. Kap. I. 4)), ist auch dem Urheberrecht bekannt und hat in einer Reihe von Vorschriften – insbesondere §§ 14, 39, 93 UrhG – Niederschlag gefunden.1431 (1) Urheberpersönlichkeitsrecht, § 14 UrhG Sofern die Overlays oder vergleichbare Werbeformen im räumlichen Umfeld des Programms des Rundfunkherstellers als integritätsbeeinträchtigend beschrieben werden, könnte das Urheberpersönlichkeitsrecht nach § 14 UrhG einen Ansatzpunkt liefern, da es den Urheber gegen die „Entstellung oder andere Beeinträchtigung seines Werkes“ schützt. (a) Sachlicher Anwendungsbereich In seiner Grundfunktion beinhaltet das Urheberpersönlichkeitsrecht den „Schutz der geistigen und persönlichen Interessen des Urhebers an der Integrität des Werks“.1432 Den Schutzumfang begrenzen die Begriffe „Entstellung“ und „Beeinträchtigung“, wobei letzteres als Oberbegriff zu verstehen ist.1433 „Entstellung“ meint einen „tief greifenden Zustand der Verfälschung“.1434 Eine „Beeinträchtigung“ i.S.d. § 14 UrhG ist anzunehmen, wenn etwas in seiner Wirkung gehemmt, behindert, eingeschränkt oder geschmälert wird.1435 Darunter können auch Eingriffe in das Werk gefasst werden, die nicht die Substanz des Werkes selbst betreffen, sondern das Umfeld, in dem das Werk gebraucht wird.1436 Im Kontext von Connected-TV-Sachverhalten könnte dies betreffend eine Überblendung von Rundfunkinhalten, die Einblendung von Inhalten bzw. Werbung im 1430

Von Münchhausen, Der Schutz der Sendeunternehmen (2001), S. 78 unter Verweis auf die amtliche Begründung zu § 97 RegE 1962 (jetzt § 87). 1431 BeckOK UrhR/Kroitzsch/Götting, UrhG, § 14, Rn. 1; Peifer, AfP 2016, 5 (8). 1432 Dietz/Peukert, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 14, Rn. 1 mwN. 1433 Dietz/Peukert, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 14, Rn. 18; Dreier/Schulze, UrhG, § 14, Rn. 5. 1434 Wandtke/Bullinger/Bullinger, UrhR, § 14 UrhG, Rn. 3; Dietz/Peukert, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 14, Rn. 18. 1435 Wandtke/Bullinger/Bullinger, UrhR, § 14 UrhG, Rn. 3. 1436 Wandtke/Bullinger/Bullinger, UrhR, § 14 UrhG, Rn. 3; Dreier/Schulze, UrhG, § 14, Rn. 6.

II. Rechtliche Einordung

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räumlichen Umfeld simultan zum Rundfunk, die anstößig erscheint, oder die Vereinnahmung des Rundfunkinhalts für einen anderen Kontext bzw. ein anderes Gesamtwerk hiervon erfasst sein.1437 Aber auch die Änderung des Sinnzusammenhanges durch die Einbeziehung der Inhalte der Rundfunkveranstalter in einen werblichen Kontext wäre insoweit denkbar.1438 Diese Beispiele zielen alle auf einen inhaltlichen Werkschutz im Sinne des genannten Schutzes vor ästhetischen Beeinträchtigungen, die zu Imageschäden und dem Entzug der Kontrolle über die Darstellungshoheit eigener Werke führen können, weil man die von Dritten verantworteten Werke dem Sendeunternehmen zurechnet. Bei ConnecetedTV-Sachverhalten können solche Formen der Werkbeeinträchtigung auch durch technische Veränderungen hervorgerufen werden. Eine solche könnte man in der durch die Skalierung des Fernsehbildes zur Darstellung eines Werbebanners im räumlichen Umfeld vorgenommenen Änderung des Bildformates sehen. Dazu müsste aber die Qualität deutlich eingeschränkt werden oder der Gesamteindruck der Szene geändert werden1439, was auf Connected-TV-Geräten schon deshalb nicht der Fall sein wird, um den Mehrwert der Werbeeinblendung nicht durch eine mögliche Ablehnungshaltung des Rezipienten zu gefährden. Allgemein setzt die Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts eine mittels einer Gesamtwürdigung zu ermittelnde „ Beeinträchtigung der künstlerischen Gesamtwirkung“ von einem gewissen Gewicht voraus.1440 Diese Wertungsfrage wird nur in wenigen Fällen überwunden werden1441, da die bloße Teilbelegung des Bildschirms mit einer Overlay-Ad oder ähnlichen räumlichen Überlagerungen des Fernsehbildes allein aufgrund der geringen Quantität eine solche Beeinträchtigung nicht hervorruft. In Anlehnung an die bislang dazu entschiedenen Fälle in der Rechtsprechung ist eine Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts nur unter Hinzutreten von besonderen qualitativen Umständen anzunehmen.1442 Solche Umstände liegen beim Verdecken des Logos des Fernsehveranstalters, der bewussten Täuschung des Rezipienten über die Identität des Rundfunkveranstalters oder der umfassenden Ersetzung der Fernsehwerbung der Rundfunkveranstaltung durch die Werbung Dritter vor.1443 1437

Broemel, ZUM 2012, 866 (868); Weber, ZUM 2011, 452 (454); Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (31); ähnlich auch WD 10 – 3000 – 056/14, S. 10; Fraglich erscheint hingegen, ob bereits die bloße Tatsache der Einblendung von Werbeinhalten ausreicht. So aber Wagner, in: FS für Raue (2006), S. 739. 1438 Broemel, ZUM 2012, 866 (868); Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (31); Wagner, in: FS für Raue (2006), 723 (738) sieht darin eine Veränderung i.S.d. § 39 UrhG. 1439 Czernik, in: Wandtke/Ohst, Praxishandbuch Medienrecht, 3. Aufl. 2014, Band 2, Kapitel 2, § 7 Rn. 332. 1440 BGH, GRUR 1989, 106 (107); Dreier/Schulze, UrhG, § 14, Rn. 10. 1441 Ebenfalls zurückhaltend: Boos, Hybrid-TV (2012), S. 112 f.; Broemel, ZUM 2012, 866 (868). 1442 Wagner, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 325 (332); zu den Einzelfällen der Rspr. vgl. Dietz/Peukert, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 14, Rn. 35 ff.; weitere Beispiele bei Dustmann, in: Fromm/Nordemann, UrhR, § 14 UrhG, Rn. 58, 62; Vgl. Czernik, in: Wandtke/Ohst, Praxishandbuch Medienrecht, 3. Aufl. 2014, Band 2, Kapitel 2, § 7 Rn. 326 ff.; Dietz/Peukert, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 93, Rn. 13 ff.; Dreier/Schulze, UrhG, § 93, Rn. 9 ff. 1443 Wagner, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 325 (332); Beispiele bei Dustmann, in: Fromm/Nordemann, UrhR, § 14 UrhG, Rn. 58, 62.

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4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

Daneben wird die Veränderung des Bildformates, welche auch bei Widgets und SplitScreens denkbar ist, als Fallgruppe aufgegriffen. Dabei wird teilweise allein auf das Kriterium der „Notwendigkeit des Eingriffs“ zur Beurteilung des Vorliegens einer gröblichen Entstellung abgestellt. 1444 Daran gemessen kann die Notwendigkeit einer werblichen Einlendung mittels Split-Screen durch den Endgerätehersteller bei ConnectedTV-Sachverhalten bezweifelt werden, da auch eine Auswertung ohne die entsprechende Darstellung möglich wäre. Mit Blick auf die persönlichkeitsrechtliche Verankerung des Entstellungsverbots ist es hingegen überzeugender hier zu fragen, ob die Formatänderung die inhaltliche oder künstlerische Aussage des Werkes negativ beeinträchtigt.1445 Das wäre dagegen nur in Ausnahmefällen der Fall, in denen die Einblendung in einem Bezug zum Rundfunkprogramm stünde oder dessen Inhalt im veränderten Format verzerrt wäre. Aus der Fallgruppe der Einblendungen unabhängig von Werbespots, die sich zumeist auf das Einblenden eines Senderlogos bezieht1446, kann eine Wertung für Einblendungen auf Connected-TVs gefolgert werden. Eine nur beiläufige Einblendung, die nicht in den Inhalt eines Werkes eingreift, wird, unabhänig der zuvor angesprochenen quantitativen Aspekte der Überblendung, nicht vom Begriff der Entstellung erfasst.1447 Somit wird das in Overlays oder ähnlichen Einblendungen liegende Grundproblem der Bedrohung der Werbefinanzierung durch Ausnutzung und Transfer der nicht selbst geschaffenen Zuschaueraufmerksamkeit auf Inhalte bzw. Werbung Dritter auch in qualitativer Hinsicht nicht vollständig überwunden.1448 Dafür spricht auch, dass zur Bestimmung der Intensität der Beeinträchtigung die Akzeptanz und Gewöhnung durch den Rezipienten herangezogen wird.1449 Unter diesem Kriterium kann bei Einblendungen in der Gestalt von Overlays auf einen Gewöhnungseffekt bei der Mediennutzung abgestellt werden, weil sich insbesondere auch die Rundfunkveranstalter selbst solcher Werbemittel, z.B. bei Programmhinweisen oder bei Split Screen Werbung, bedienen. Auch der Grundgedanke des urheberrechtlichen Integritätsschutzes nach einer Gewährleistung, wonach das vom Urheber „geschaffene Werk, in dem seine individuelle künstlerische Schöpferkraft ihren Ausdruck gefunden hat, der Mit- und Nachwelt in seiner unveränderten individuellen Gestaltung zugänglich gemacht wird“ 1450, passt auf diese Drittüberblendung nicht. Nur in den Fällen, in denen die Ein- bzw. Überblendung, wenn auch nicht aus rechtlicher, aber aus Sicht des Rezipienten dem Rundfunkveranstalter zugerechnet würde, wäre ein Imageschaden zu befürchten, soweit diese vom Zuschauer 1444

Dreier/Schulze, UrhG, § 93, Rn. 9. So Wandtke/Bullinger/Manegold/Czernik, UrhG, § 93, Rn. 30 am Beispiel „Handy-TV“. Vgl. Dietz/Peukert, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 93, Rn. 15; Czernik, in: Wandtke/Ohst, Praxishandbuch Medienrecht, 3. Aufl. 2014, Band 2, Kapitel 2, § 7 Rn. 336; Dreier/Schulze, UrhG, § 93, Rn. 14 mwN. 1447 Wandtke/Bullinger/Manegold/Czernik, UrhG, § 93, Rn. 33. 1448 Broemel, ZUM 2012, 866 (868). 1449 J. B. Nordemann, in: Fromm/Nordemann, UrhR, § 93 UrhG, Rn. 18 ff. 1450 Zu diesem Grundgedanken: BGH GRUR 1999, 230 (231); Dustmann, in: Fromm/Nordemann, UrhR, § 14 UrhG, Rn. 1.

1445

1446

II. Rechtliche Einordung

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als belästigend oder unpassend empfunden würde. Aber auch das wird nur in Ausnahmefällen anzunehmen sein, da eine mittels Endgerät durch den Rezipienten steuerbare Einblendung nicht dem Rundfunkveranstalter zugerechnet wird. Die Bedrohung der Finanzierungsform über Werbemittel wird davon indes nicht erfasst. Die Rechtsprechung kennt zwar durchaus eine kommerzielle Komponente des Urheberpersönlichkeitsrechts nach § 14 UrhG.1451 Diese steht aber in einer direkten Verbindung zur ideellen Komponente des Entstellungsschutzes. Es geht der Rechtsprechung nicht um die Verhinderung einer Zwangskommerzialisierung des Werkes des Urhebers, sondern darum, die Werkintegrität mittels eines Einwilligungsvorbehalts bei kommerzieller Nutzung des Werks durch Dritte, insbesondere bei der Lizenzierung der Nutzungsrechte über die Verwertungsgeselllschaften, zu schützen. (b) Persönlicher Anwendungsbereich Darüber hinaus hat dieser Schutz des § 14 UrhG die Schwäche, dass er in personeller Hinsicht auf Urheber beschränkt ist und beim Leistungsschutzrecht für Sendeunternehmer nicht eingreift.1452 Dies wird im Rahmen des § 87 UrhG besonders deutlich, da § 87 Abs. 4 UrhG nur auf die Schrankenregelungen verweist und somit die allgemeinen Vorschriften zur Umschreibung des Urheberrechts keine Anwendung finden. Das Urheberpersönlichkeitsrecht kann auch nicht übertragen werden (§ 29 Abs. 2 UrhG).1453 Lediglich die Zustimmung zu einer Änderung nach § 39 Abs. 1 und 2 UrhG, worüber Ausnahmen vom urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsschutz zulässig sind1454, wäre möglich (siehe unten, 4. Kap. II. 3) c. (2)). Rundfunkveranstalter sind als juristische Personen aber grundsätzlich nicht die Urheber der von ihnen gesendeten Werke. Urheber kann nur eine natürliche Person sein.1455 Selbst wenn ein Rundfunkveranstalter als „Ein-Personen“-Gesellschaft geführt würde, wäre sie als juristische Person keine Urheber und könnte die Verwertungsrechte nicht geltend machen. Das bedeutet, dass der Rundfunkunternehmer im Rechtsverkehr sowohl bei den eingekauften Produktionen1456 als auch bei Eigenproduktionen lediglich aus abgeleitetem Recht vorgehen können. In vielen Fällen erwerben die Rundfunkveranstalter als Sendeunternehmen von den Urhebern nicht nur die Rechte, die für die Ausstrahlung des eigenen Programms notwendig sind, sondern auch darüber hinaus gehende Rechte, die

1451

BGH, GRUR 2009, 395 (397); BGH, GRUR 2010, 920 (923); BeckOK UrhR/Kroitzsch/Götting, UrhG, § 14, Rn. 16. 1452 Weber, ZUM 2011, 452 (454); Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (31); Peifer, AfP 2016, 5 (8); WD 10 – 3000 – 056/14, S. 10; Michel, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie, Nr. 292, S. 10, Fn. 11; Boos, HybridTV (2012), S. 113. 1453 Dreier/Schulze, UrhG, Vorb § 12, Rn. 12; Dustmann, in: Fromm/Nordemann, UrhR, § 14 UrhG, Rn. 7. 1454 Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert, UrhR, § 39 UrhG, Rn. 1; Dreier/Schulze, UrhG, § 39, Rn. 1. 1455 Dreier/Schulze, UrhG, § 7, Rn. 2; Herrmann/Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 27, Rn. 24 mwN. 1456 Zur hohen Anzahl der eingekauften Produktionen vgl. von Rimscha/Siegert, Medienökonomie (2015), S. 137 ff.

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4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

zumindest in Teilbereichen einen ergänzenden Schutz vermitteln können. 1457 Eine ähnliche Situation liegt auch bei Eigenproduktionen insoweit vor, dass sie über eine arbeitsvertragliche Regelung von den eigentlichen Urhebern (z.B. Regisseure, Drehbuchautoren, Komponisten etc.) Rechte erwerben.1458 Eine Berechtigung des Rundfunkveranstalters aus dem Integritätsschutz des Urheberpersönlichkeitsrechts könnte sich nur dann ergeben, wenn man auch in der Veranstaltung eines Gesamtprogramms durch den Sendeunternehmer ein urheberrechtlich geschütztes Werk annimmt. Ob ein urheberrechtlicher Schutz des Gesamtprogramms als Sammelwerk gemäß § 4 Abs. 1 UrhG angenommen werden kann, ist in der Literatur allerdings umstritten.1459 Die Argumentationslinien drehen sich dabei um das Merkmal der geistigen Schöpfungshöhe eines urheberrechtlich geschützten Werkes: Unter Verweis auf den vornehmlich technisch-organisatorischen Schwerpunkt der Programmgestaltung wird der Werkcharakter in Teilen verneint; hingegen dort, wo die Planung und Zusammenstellung des Programms nicht routine- und handwerksmäßig geschieht, wird eine schöpferische Leistung angenommen, wofür auch der Vergleich der unterschiedlichen Rundfunkprogramme spricht, die den Anspruch haben, ein Alleinstellungsmerkmal mit individueller Note für das jeweilige Programm beanspruchen zu können.1460 Auch dann bleibt die Schwierigkeit der Zuordnung dieses Gesamtprogramms zu einer natürlichen Person als Urheber im Sinne eines alleinigen Programmverantwortlichens. Allerdings ist selbst bei Annahme des Werkcharakters beim Gesamtprogramm nur in äußersten Ausnahmefällen eine Beeinträchtigung i.S.d. § 14 UrhG festzustellen. Eine Ein- bzw. Überblendung müsste nämlich eine beeinträchtigende Wirkung auf das Gesamtprogramm haben, was aufgrund der partiellen Nutzung der Overlays oder ähnlichen Einblendungen nur schwer zu begründen ist. Zudem ist die Überblendung oder die Darstellung von Werbung lediglich im räumlichen Umfeld von Werbung ein weniger intensiver Eingriff in ein Werk als Gesamtkonzept als die vollständige Unterbrechung von Werken.1461 So könnte gerade ein schonender Ausgleich zu den Bestandsinteressen des Urhebers geschaffen werden. (c) Zwischenfazit Insgesamt ist der Schutzumfang des Urheberpersönlichkeitsrechts demnach in mehrfacher Hinsicht begrenzt: Zum einen werden nur Extremfälle der Überblendung durch 1457

v Ungern-Sternberg, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 87, Rn. 44; BeckOK UrhR/Hillig, UrhG, § 87, Rn.

54. 1458

BeckOK UrhR/Hillig, UrhG, § 87, Rn. 54; Herrmann/Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 27, Rn. 125 ff. Leistner, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 4, Rn. 32 mwN.; BeckOK UrhR/Hillig, UrhG, § 87, Rn. 54.1 mwN. 1460 Leistner, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 4, Rn. 32 mwN.; BeckOK UrhR/Hillig, UrhG, § 87, Rn. 54.1 mwN. 1461 Ladeur, GRUR 2005, 559 (560) verweist im Rahmen der Besprechung des BGH-Urteils zum Werbeblocker „Fernseh-Fee“ (BGH, NJW 2004, 3032) allerdings darauf, dass die Kombination von Werbung und Programm keine neue urheberrechtliche Schöpfung ist, sodass auch ein werbebefreites Programm kein neues Produkt darstellt.

1459

II. Rechtliche Einordung

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Overlays erfasst, sodass die Gesamtproblematik des Investitionsschutzes für die Grundbedingung der Kommerzialisierung von Rezipientenaufmerksamkeit im Rahmen der Rundfunkfinanzierung durch Werbung nicht gelöst wird. Zum anderen kann ein solches Recht nur der Urheber geltend machen, sodass der Rundfunkveranstalter aufgrund dessen fehlender Übertragbarkeit keinen Zugriff darauf hat. (2) Änderung i.S.d. § 39 UrhG Der Schutz der Werkintegrität wird ferner über § 39 UrhG gewährleistet, der die Fortgeltung des Änderungsschutzes auch bei Übertragung von Nutzungsrechten zum Zweck hat.1462 Unter diesem Schutzzweck könnte die Kombination einer Fernsehsendung mit der überlagerten Werbeeinblendung als Dienstleistung eines Dritten eine Änderung des Gesamteindrucks des Programms bedeuten und daher von der Zustimmung des Rundfunkveranstalters abhängen.1463 Letztlich erschöpft sich aber in Bezug auf die räumliche Überblendung von Rundfunkinhalten durch Dritte auch der Schutzgehalt des § 39 UrhG im Integritätsschutz des § 14 UrhG.1464 Ein darüber hinaus gehendes „allgemeines urheberrechtliches Änderungsverbot“ gibt es gerade nicht.1465 (3) § 93 UrhG – Integritätsschutz für Filmwerke Integritätsschutz kennt das Urheberrecht daneben im Zusammenhang mit Filmwerken. In seiner Vermittlungsfunktion für Filmwerke kann auch und insbesondere der Rundfunk Adressat des Schutzmechanismus dieser Norm sein. Allerdings reduziert § 93 UrhG den Integritätsschutz des Urheberpersönlichkeitsrechts zugunsten von Filmherstellern auf „gröbliche Entstellungen oder andere gröbliche Beeinträchtigungen“.1466 Außerdem wird hinsichtlich der Filmhersteller nach § 93 Abs. 1 S. 2 UrhG ein Rücksichtnahmegebot zulasten des Urhebers normiert.1467 Demnach wirkt der Schutzzweck der Norm für den Rundfunkveranstalter als Filmhersteller lediglich gegenüber dem Urheber, sodass die Norm keinen eigenen Abwehrmechanismus gegen die Einblendung von Dritten bietet. Es ergibt sich also schon aus der dogmatischen Konstruktion der Norm als Privilegierungsvorschrift für die Inhaber eines Leistungsschutzrechts ein Problem für die Übertragbarkeit ihrer Grundsätze auf Connected-TV-Sachverhalte. Dort hätten diese dann den Zweck, den Rundfunkunternehmer zu schützen. Im Gegensatz zur Konstellation zwischen Urheber und Filmhersteller ist allerdings nicht ersichtlich, warum die Endgerätehersteller in Bezug auf die Inhalte der Rundfunkunternehmen beim Integritätsschutz dann privilegiert werden sollte. 1462

Dreier/Schulze, UrhG, § 39, Rn. 1; A. Nordemann, in: Fromm/Nordemann, UrhR, § 39 UrhG, Rn. 3. Wagner, in: FS für Raue (2006), 723 (738). BeckOK UrhR/Spautz/Götting, UrhG, § 39, Rn. 1; ansonsten stehen § 39 und § 14 UrhG grundsätzlich selbstständig nebeneinander: A. Nordemann, in: Fromm/Nordemann, UrhR, § 39 UrhG, Rn. 7. 1465 Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert, UrhR, § 39 UrhG, Rn. 3; A. Nordemann, in: Fromm/Nordemann, UrhR, § 39 UrhG, Rn. 2. 1466 Dreier/Schulze, UrhG, § 93, Rn. 1; Dietz/Peukert, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 93, Rn. 10; Wandtke/Bullinger/Manegold/Czernik, UrhR, § 93 UrhG, Rn. 1 ff. sprechen von einer „Beschränkung“. 1467 BeckOK UrhR/Diesbach/Vohwinkel, UrhG, § 93, Rn. 2. 1463

1464

242

4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

Insgesamt bietet § 93 UrhG demnach keine weiterreichende Lösung für die von Dritten kontrollierten Einblendungen über Inhalte von Rundfunkanbietern, da auch hier das Urheberpersönlichkeitsrecht und somit weniger die Finanzierungsform des (privaten) Rundfunks als Investitionsschutz im Fokus steht. d. Schutz der Programminformation Eine dem Urheberrecht bekannte Konstellation ist der Schutz von Programminformationen vor Übernahme durch Dritte, z.B. bei der Verwendung in EPGs als eigenes Geschäftsmodell.1468 Ein Ansatzpunkt für einen mittelbaren Investitionsschutz im Zusammenhang mit Connected-TV-Überblendungen kann in der Verhinderung der Nutzung von Programminformationen durch Dritte gesehen werden.1469 Gerade die Ausnutzung der Programminformation ermöglicht die simultane Einblendung thematisch passender Werbung zu den abgebildeten Inhalten, die verbunden mit den Nutzerdaten des Endgeräteherstellers personalisiert werden kann. Diese Form würde viele Schwächen klassischer Werbeformen (u.a. Reichweitenverluste) verringern und den Endgeräteherstellern eine sehr gute Ausgangsposition als Anbieter auf dem Werbemarkt verschaffen. Urheberrechtlich wurde die Programminformation aber nur in analoger und verkörperter Weise als schutzwürdig angesehen: Es ging stets um die Situation, dass Rundfunkunternehmer mittels Text- und Bildbeiträgen ihr Programm, beispielsweise im Internet, vorangekündigt und beworben haben und ein EPG-Betreiber diese Information erneut veröffentlicht und öffentlich zugänglich gemacht und damit im eigenen Programmführer genutzt hat.1470 Die von Endgeräteherstellern und sonstigen Dritten kontrollierten Werbeeinblendungen greifen aber nicht auf in sonstiger Weise zugänglich gemachte Daten bzw. Wort- und Bildwerke zurück, sondern sie werten durch eine besondere Software die Bild- und Tonfolge einer Sendung automatisch aus, um mittels Schlagwörter-Generierung die Inhalte auszuwählen, die punktgenau mittels Overlay beworben werden sollen.1471 Der Schwerpunkt der Tätigkeit desjenigen, der die Einblendungen kontrolliert, liegt daher auf der Auswertung des eigenen Datenbestandes zu den Inhalten der Rundfunkanbieter.1472 Um dem Rundfunkanbieter dann Schutz zu bieten, müsste bereits in dieser Tätigkeit eine Verwertungshandlung gesehen werden. Unter §§ 20, 20b, 87 UrhG (siehe oben, 4. Kap. II. 3) b.) liegt in der Verarbeitung der in den Sendungen enthaltenen Programminformationen keine Weitersendung oder öffentliche Zugänglichmachung.1473 Es besteht auch keine Vergleichbarkeit zum Schutz des Datenbankherstellers (§ 87a UrhG). Dazu müsste man die Gesamtheit der Daten, die im Sendestrom des 1468

Vgl. Castendyk, ZUM 2008, 916 ff.; BGH, ZUM 2012, 807 ff.; Rehbinder, in: FS Wandtke (2013), 511 (511

ff.). 1469

Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (34). Vgl. BGH, ZUM 2012, 807 ff. Vgl. die Beschreibung bei Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (33 f.) mwN. 1472 Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (34). 1473 Broemel, ZUM 2012, 866 (868); ohne weitere Begründung ebenso Schmid, ZUM 2011, 457 (460).

1470 1471

II. Rechtliche Einordung

243

Rundfunkunternehmens zur Klassifizierung der Sendung genutzt werden, als Datenbank i.S.d. § 87a Abs. 1 S. 1 UrhG sehen, um zumindest einen begrenzten urheberrechtlichen Schutz über dieses Leistungsschutzrecht zu erzielen.1474 Dieser Sicht steht aber entgegen, dass diese Gesamtheit den Metatags, eher kleinen, allein technisch definierten Elementen, ähneln und somit nicht unter den Begriff der Datenbank fallen, weil sie erst durch die Zusammenfügung der Elemente zu einer Sendung bzw. ein Programm einen gewissen Sinngehalt erlangen.1475 Zudem liegt die investitionsrechtlich schützenswerte Leistung, anders als beim Datenbankhersteller1476, beim Rundfunkhersteller in der Durchführung und Verbreitung von Funksendungen, nicht in der Schaffung einer Datenbank (ausgenommen der Mediatheken). Letztlich würde auch eine Subsumtion unter den Begriff der Datenbank noch keinen umfassenden Schutz vermitteln, weil durch die Überblendung keine der in §87b UrhG geschützten Verwertungshandlungen, die mit den in § 87 UrhG gleichlaufen, betroffen ist und ferner auch nur die Personalisierung der Overlay-Ads oder Widgets verhindert werden könnte. Daher bieten die angesprochen Normen1477 keine Handhabe gegen die generelle Zulässigkeit der Überblendung der Inhalte durch einen Dritten. e. Rückgriff auf die Generalklausel nach § 15 Abs. 2 UrhG In der jüngeren Vergangenheit hat insbesondere der EuGH unter Auslegung des Art. 3 Info-Soc-RL bei neuen, bisher unbekannten Phänomenen dafür gesorgt, dass auch die deutsche Rechtsprechung bei solchen, bislang unbenannten Verwertungshandlungen auf die Generalklausel des § 15 Abs. 2 UrhG zurückgegriffen hat. Deshalb soll diese Generalklausel auch auf die Passgenauigkeit für die hier angesprochene Problematik der durch Dritte kontrollierten Einblendungen im räumlichen Umfeld von Rundfunkinhalten untersucht werden. (1) Unbenannte Verwertungsrechte Die gesetzlich normierten Verwertungsrechte sind in der Systematik des Urheberrechts nicht abschließend (vgl. § 15 Abs. 2 S. 2 UrhG: „insbesondere“). 1478 § 15 Abs. 2 UrhG erfasst als Generalklausel unkörperlichen Verwertungshandlungen im Allgemeinen und erweitert, um auch neuen, insbesondere technischen Entwicklungen Rechnung zu tragen, den Schutz urheberrechtlicher Werke um sog. „unbenannte Verwertungsrechte“.1479 Dabei ist aber aufgrund der weitreichenden Harmonisierung des Urheberrechts durch Richtlinien der Europäischen Union, § 15 UrhG nur noch im Rahmen des 1474

So Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (34) unter Bezugnahme auf BGH, NJW 2011, 3443. Zu diesen Voraussetzungen: Vogel, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 87a, Rn. 13. Dazu Herrmann/Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 27, Rn. 107b f. 1477 Auch datenschutzrechtliche Vorschriften (z.B. § 47 RStV i.V.m. § 12 TMG; §§ 91 ff. TKG) vermitteln keinen weiterreichenden Schutz, da deren Schutzrichtung des die Persönlichkeitsrechte des Rezipienten und nicht den Datenproduzenten vor dem Zugriff durch Dritte im Blick hat. Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (35). 1478 BGHZ 156, 1 (13); v. Ungern-Sternberg, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 15, Rn. 262; Dustmann, in: Fromm/Nordemann, UrhR, § 15 UrhG, Rn. 4. 1479 v. Ungern-Sternberg, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 15, Rn. 262 ff.; Dustmann, in: Fromm/Nordemann, UrhR, § 15 UrhG, Rn. 4 f. 1475

1476

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4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

Unionsrechts oder dort, wo Erscheinungsformen nicht eindeutig harmonisiert wurden, Grundlage für solche „unbenannte Verwertungsrechte“.1480 Ein solches „unbenanntes Verwertungsrecht“ müsste demzufolge in der Einblendung von Overlays bzw. anderen Werbeformen oder Inhalten im räumlichen und zeitlichen Umfeld von Rundfunkinhalten zu erblicken sein. Um diese dogmatische Figur zu aktivieren, müsste in Connected-TV-Sachverhalten eine Verwertungshandlung der Rundfunkveranstalter liegen. Bereits hier liegt die Schwierigkeit, eine fest umgrenzte Verwertungshandlung zu finden.1481 Denkbar wären möglicherweise ein „Verwertungsrecht der Aufmerksamkeit“ oder. ein „Verwertungsrecht der Reichweitenübernahme“1482. (2) Vergleichbarkeit zum „Framing“? In diesem Zusammenhang könnte man die durch Dritte, insbesondere Endgerätehersteller, kontrollierte Werbeform des Widgets bzw. der Einbettung des Fernsehbildes mittels Split-Screen mit der von der Gestaltung von Internetseiten und in der rechtswissenschaftlichen Diskussion bekannten „Nutzungsform“ des „Framings“ vergleichen.1483 Framing ist eine Form der Verlinkung, die verlinkte Inhalte in einem HTML-Rahmen (Frame) direkt auf der Homepage (sog. Inline-Framing) darstellt.1484 Es kommt demnach zu einer Einbettung des Inhalts in das von einem Dritten kontrollierte Umfeld, sodass es dem Rezipienten nicht erkennbar ist, dass auf den Inhalt lediglich verwiesen wird und es sich um fremden Content handelt (sog. „Embedded Content“).1485 Es handelt sich somit auf den ersten Blick um eine auf tatsächlicher Ebene vergleichbare Situation mit der Einbindung des Fernsehbildes in ein Widget oder einen Split-Screen des Endgeräteherstellers, wobei die zusätzlichen Einblendungen durch diesen kontrolliert werden. Die Rechtsprechung1486 zu den Framing-Fällen als Verwertungshandlung im Internet hat derweil einen Kriterienkatalog für die generelle Zulässigkeit von Framing herausgearbeitet. Maßgeblich für die urheberrechtliche Beurteilung ist danach, dass der Inhalt hinter dem Link, der mittels Framing in eine fremde Homepage eingebettet wird, zum Zeitpunkt der Wiedergabe mit Zustimmung des Rechtsinhabers im Internet frei zugänglich ist.1487 Nur dann ist das vom EuGH in diesen Fällen aufgestellte Kriterium, wonach sich die Wiedergabe an ein neues Publikum richten muss oder ein neues technisches

1480

v. Ungern-Sternberg, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 15, Rn. 268 ff.; Dreier/Schulze, UrhG, § 15, Rn. 10; BGH, AfP 2016, 59 (60). 1481 Für die Notwendigkeit v. Ungern-Sternberg, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 15, Rn. 276 ff. 1482 Kitz, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 337 (342) und Boos, Hybrid-TV (2012), S. 124 benennen so eine mögliche Fallgruppe im Recht des unlauteren Wettbewerbs. 1483 Wagner, in: FS für Raue (2006), 723 (738) unter Bezugnahme auf KG Berlin, Urteil vom 23.07.2004 – 5 U 2/04; ähnlich auch Peifer, AfP 2016, 5 (6). 1484 Reinauer, MDR 2015, 252 (252); Peifer, AfP 2016, 5 (5 f.). 1485 Reinauer, MDR 2015, 252 (252); Peifer, AfP 2016, 5 (5 f.). 1486 Vgl. zur aktuellen Rechtsprechung von BGH, ZUM 2013, 662; EuGH, NJW 2015, 148; BGH, AfP 2016, 59; vgl. Peifer, AfP 2016, 5 (7) Reinauer, MDR 2015, 252 (252 ff.); Schulze, ZUM 2015, 106 (106 f.); noch zu einem frühen Stadium untergerichtlicher Rechtsprechung Wagner, in: FS für Raue (2006), 723 (738 f.). 1487 BGH, AfP 2016, 59 (60); EuGH, NJW 2015, 148 (149), Rn. 15 ff.

II. Rechtliche Einordung

245

Verfahren genutzt wird, erfüllt.1488 So wird eine klare Abgrenzung zum Recht der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19a UrhG geschaffen. Der BGH hat allerdings in seinem Vorlagebeschluss an den EuGH auch die Überlegung angestellt, ein „unbenanntes Verwertungsrecht“ nach § 15 Abs. 2 UrhG, orientiert an einer richtlinienkonformen Auslegung des vollharmonisierenden Art. 3 (1) Infosoc-RL1489, anzunehmen.1490 Diese Vorgehensweise wurde auch nach der verbindlichen Auslegung durch den EuGH verfolgt1491 und bildet grundsätzlich einen weiteren Ansatz zur urheberrechtlichen Beurteilung von durch Dritte kontrollierten Widgets im räumlichen Umfeld von Rundfunkinhalten oder der Skalierungen des Fernsehbildes durch den Endgerätehersteller. 1492 Der Endgerätehersteller bindet das Rundfunkprogramm des Veranstalters als fremden Inhalt in die unter eigener Kontrolle stehende „Umgebung“ ein. Die Inhalte der Rundfunkveranstalter werden mit den eigenen, zumeist werblichen Inhalten des Endgeräteherstellers bzw. Portalbetreibers in einen räumlichen Zusammenhang gebracht und damit in einen neuen Kontext gesetzt. Sowohl im Falle des Framings als auch bei dem durch den Endgerätehersteller skalierten Fernsehbild werden die Inhalte weiter durch den Rundfunkveranstalter auf eigenen Websites oder Drittplattformen (wie z.B. YouTube) vorgehalten. Dennoch gibt es einen qualitativen Unterschied: Der Endgerätehersteller setzt bei Connected-TV-Widgets keinen Link auf einen Rundfunkinhalt, sondern er baut lediglich den Rahmen, um das Angebot zu umschließen. Es wird somit lediglich ein Rahmen mit von Dritten kontrollierten Inhalten hinzugefügt und keine zusätzliche Verknüpfung zu den Inhalten der Rundfunkunternehmer geschaffen, wie es der Ansatzpunkt der Frage nach der Zugänglichmachung durch den Framenden als Verwertungshandlung aus urheberrechtlicher Sicht darstellt. Dem Rezipienten wird somit nur die parallele Wahrnehmung von Rundfunk- und Telemedienangeboten auf dem Fernsehbildschirm ermöglicht; eine darüber hinausgehende eigene Werkvermittlung wird nicht vorgenommen.1493 Das Rundfunksignal wird nicht zum „integralen Bestandteil“ des Angebots des Dritten und anders als beim Framing wird aufgrund der Nutzungsgewohnheiten der Rezipienten auch nicht der Eindruck vermittelt, der Endgerätehersteller oder Portalbetreiber vermittele den Zugang zum Inhalt, sodass die Rundfunkinhalte einem neuen Publikum zugänglich gemacht werden oder mittels eines neuen technischen Verfahrens übertragen werden. Es besteht vielmehr das umgekehrte Problem, dass Rezipienten die Einblendungen (Widgets etc.) den Rundfunkveranstaltern zurechnen könnten (siehe oben, 4. Kap. I. 4)). Der Schwerpunkt der Tätigkeit bei Widgets oder sonstigen von Dritten kontrollierten 1488

EuGH, NJW 2015, 148 (149), Rn. 15 ff.; BGH, AfP 2016, 59 (60). Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft. 1490 BGH, ZUM 2013, 662 (663 ff.). 1491 Vgl. EuGH, NJW 2015, 148 ff.; BGH, AfP 2016, 59 (60 f.). 1492 Für die Annahme eines unbeannten Verwertungsrecht beim Framing bereits: Ott, Urheber- und wettbewerbsrechtliche Probleme von Linking und Framing (2004), S. 330 ff.; ders, ZUM 2004, 357 (364); bestätigt durch BGH, AfP 2016, 59 (60 f.). 1493 Ähnlich KG Berlin, Urteil vom 23.07.2004 – 5 U 2/04, S. 8.

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4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

Einblendungen liegt im Unterschied zum Framing daher nicht im Hinzufügen der Inhalte Dritter, sondern im Hinzufügen eigener Inhalte zu den Inhalten Dritter. Letztlich stellt Framing auch eine weitergehende Beeinträchtigung der Werbemöglichkeiten dar, als es bei Widgets oder bei skalierten Bildformaten auf Connected-TVs der Fall ist. Soweit Online-Inhalte mittels Framing in eine Seite eines Dritten eingebunden werden, kann die Werbung des eigentlichen Inhalteinhabers auf der eigenen Seite nicht mehr wahrgenommen werden. Bei Connected-TV-Sachverhalten ist die Werbung auf dem Widget oder einem sonstigen Rahmen allerdings nur zusätzlich im räumlichen Umfeld der weiterhin wahrnehmbaren Werbung der Inhalteanbieter bzw. der Rundfunkveranstalter zu sehen.1494 Insoweit passen auch die von EuGH und BGH aufgestellten Kriterien – die Zugänglichmachung für ein neues Publikum und der Einsatz eines neuen technischen Verfahrens1495 – nicht auf die Connected-TV-Sachverhalte. Lediglich der Ansatzpunkt, dass es in beiden Fällen, durch den Framenden und den Endgerätehersteller, um eine wirtschaftliche Nutzung von Inhalten von Dritten geht, ohne die Leistung des Dritten zu honorieren, ist vergleichbar. Investitionsschutz wird im Urheberrecht für Rundfunkunternehmen unabhängig vom Werkcharakter der Inhalte nur über ein Leistungsschutzrecht gewährleistet. § 15 UrhG und unbenannte Verwertungsrechte im Allgemeinen schützen hingegen nur die wirtschaftlichen Interessen des Urhebers und nicht des Leistungsschutzberechtigten.1496 Folglich sprechen neben den zwischen Framing und Werbeeinblendungen Dritter liegenden Unterschieden auf Wertungsebene auch dogmatische Bedenken gegen die Annahme eines „unbenannten Leistungsschutzrechts“ im Rahmen der urheberrechtlichen Generalklausel. f. Zwischenfazit Letztlich ergibt sich aus dem Vorstehenden, dass ein Schutz vor von Dritten kontrollierten Überblendungen von Inhalten der Rundfunkunternehmen nur in sehr begrenztem Umfang durch den urheberrechtlichen Integritätsschutz über das Entstellungsverbot des § 14 UrhG gewährt wird. Der Grundsatz des Integritätsschutzes ist dem Urheberrecht zwar bekannt und in verschiedenen Konstellationen haben sich Fallgruppen herausgebildet. Diese betreffen aber nur den sehr begrenzten Anwendungsbereich, in dem eine Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts angenommen werden kann. Zudem zeigt der Verweis auf das Schutzgut des Integritätsschutzes, dass das Urheberrecht dahingehend keine investitionsrechtliche Absicherung von Rundfunkunternehmen im Blick hat, sondern lediglich eine Art „Reputationsschutz“. Die eigentlichen Investitionsschutznormen des Urheberrechts, insbesondere das Leistungsschutzrecht für Sendeunternehmen, sind hingegen nicht auf die sehr mittelbare und schwer zu umschreibende Form der „Nutzung“ der Rundfunkinhalte durch die Überblendung durch Dritte ausgerichtet. Die 1494 1495 1496

Anders Wagner, in: FS für Raue (2006), 723 (738 f.) der eine vergleichbare Situation annimmt. Vgl. EuGH, NJW 2015, 148 (149); BGH, AfP 2016, 59 (60 ff.) (Die Realität II); Peifer, AfP 2016, 5 (7). Dreier/Schulze, UrhG, § 15, Rn. 1 f.

II. Rechtliche Einordung

247

technisch getrennte Heranführung von Signalen wird nicht von den ausschließlich physischen Beeinträchtigungen erfassenden Verwertungs- und Leistungsschutzrechten für Rundfunkunternehmen erfasst. Eine rein inhaltliche Betrachtung der Overlay-Ads als Werkbeeinträchtigung kann ebenfalls nicht angenommen werden, da die Rundfunkunternehmen insoweit kein konkretes Werk produzieren, welches dadurch im Sinne einer Verwertungshandlung1497 genutzt werden kann. Dieser als „unzureichend“ empfundene Leistungsschutz hat teilweise zu der Forderung nach einer Erweiterung des Leistungsschutzrechts für Sendeunternehmen um eine weitere Dimension, die als „anderweitige Verwertung durch Dritte“ bezeichnet werden kann, geführt.1498 Dieser erweiterte urheberrechtliche Schutz ist allerdings erst dann geboten, wenn die weiteren zu untersuchenden Regelungen keine hinreichende Sicherung der Rechtsgüter der Rundfunkveranstalter bieten und die entscheidenden Grundvoraussetzungen für eine Aufmerksamkeitsregulierung im Urheberrecht gegeben sind. 4) Wettbewerbsrecht Neben dem Urheberrecht findet der Schutz von Sendeunternehmen seine Wurzeln historisch im Wettbewerbsrecht.1499 a. Regelungsziele des Wettbewerbsrechts Das Wettbewerbsrecht hat grundsätzlich die sog. „Schutzzweck-Trias“ aus Unternehmern (Mitbewerber und sonstige Marktteilnehmer), Verbrauchern und der Allgemeinheit zum Gegenstand.1500 Diese drei Schutzrichtungen stehen selbstständig und grundsätzlich gleichberechtigt nebeneinander.1501 Die im Einzelfall einschlägigen Vorschriften müssen deshalb stets darauf untersucht werden, ob sie einen dieser Zwecke vorrangig verfolgen oder ob eine „wechselseitige Anpassung im Wege der praktischen Konkordanz“ zu erfolgen hat.1502 Auch die wettbewerbsrechtliche Behandlung von Werbung ist grundsätzlich zwischen diesen drei Interessengruppen verortet, weshalb die entsprechenden Normen auch verschiedene Schutzrichtungen verfolgen.1503 Dabei werden auch die Interessen des werbenden Unternehmens geschützt. Diesem Unternehmen steht es im Rahmen seiner 1497

So auch Schmid, ZUM 2011, 457 (460). Boos, Hybrid-TV (2012), S. 113 f.; Kitz, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 337 (344); Klickermann, in: Die Welt im Netz - Tagungsband der DSRI (2011), 707 (719); Weber, ZUM 2011, 452 (454); Schmid, ZUM 2001, 457 (460 f.); Eberle, in: FS für Hailbronner (2013), 675 (681 f.); Yliniva-Hoffmann/Matzneller, irisplus 2010-5, 7 (23); a.A. Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (318); Broemel, ZUM 2012, 866 (870 f.); Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (26). 1499 Dreier/Schulze, UrhG, § 87, Rn. 1 unter Hinweis auf BGHZ 37, 1. 1500 Dreher/Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, 9. Aufl. 2016, § 1, Rn. 80; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Podszun, UWG, § 1, Rn. 2 f.; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 1, Rn. 9 ff. 1501 Dreher/Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, 9. Aufl. 2016, § 1, Rn. 95; Köhler/Bornkamm//Feddersen, UWG, § 1, Rn. 45 f.; Ohly/Sosnitza, UWG, § 1, Rn. 10. 1502 Dreher/Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, 9. Aufl. 2016, § 1, Rn. 95; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Podszun, UWG, § 1, Rn. 102; Köhler/Bornkamm//Feddersen, UWG, § 1, Rn. 47 spricht von der „Abwägung der Interessen der Mitbewerber und der Verbraucher“. 1503 Beater, Medienerecht, 2. Aufl. 2016, § 8, Rn. 696 mwN.

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4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

Wettbewerbsfreiheit aus Art. 12 GG grundsätzlich frei, sowohl Umfang als auch Inhalt der Werbung beispielsweise für eigene Produkte und das eigene Unternehmen selbst zu bestimmen.1504 Diese Freiheit kann im Rahmen des Wettbewerbsrechts lediglich aus Gründen des Verbraucherschutzes oder zum Schutz eines Mitbewerbers eingeschränkt werden.1505 Deshalb muss auch im Rahmen der Connected-TV-Sachverhalte der Ausgleich der Interessen der Rundfunkunternehmer, der Overlay schaltenden Dritten (vor allem die Endgerätehersteller) und der Rezipienten berücksichtigt werden. Investitionsschutzrechtlich steht dabei der Mitbewerber im Mittelpunkt. Allerdings kann dessen Schutz bei Medien in bestimmten Fällen zugunsten des Rezipienten eingeschränkt werden: Aufgrund der öffentlichen Aufgabe von Medien und insbesondere des Rundfunks für die individuelle und öffentliche Meinungsbildung ergeben sich Besonderheiten, die auf das Wettbewerbsrecht als Wirtschaftsrecht durchschlagen.1506 Bei der Beurteilung, ob in der Überblendung der Inhalte von Rundfunkveranstaltern ein wettbewerbswidriges Verhalten zu sehen ist, muss demnach auf die Connected-TV-Endgeräten anhaftenden Funktionsweisen abgestellt werden.1507 b. Schutz der Rundfunkveranstalter vor unlauterem Wettbewerb Auch für Medienunternehmen und gerade im Bereich der Werbung ist der Schutz vor unlauterem Wettbewerb von Bedeutung.1508 Zentralnorm bleibt dabei die Generalklausel des § 3 Abs. 1 UWG 1509, welche die „Unlauterkeit“ einer geschäftlichen Handlung gegenüber einer der drei wettbewerbsrechtlich relevanten Personengruppen (Mitbewerber, Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer) als wesentliches Merkmal der Prüfung herausarbeitet. §§ 3a ff. UWG enthalten dann Beispieltatbestände für einen solchen unlauteren Wettbewerb.1510 Weiter von Bedeutung bleibt auch die frühere rein rechtsprechungs-basierte Fallgruppenbildung im Rahmen der ehemaligen Generalklausel nach § 1 UWG a.F.1511, indem die dortigen Argumentationsstränge im Rahmen verschiedener Tatbestände der §§ 3a ff. UWG zum Tragen kommen können. Der Maßstab zur Bestimmung der Unlauterkeit ist dabei normativer Art und basiert nicht auf einer empirischen Beweisaufnahme über eine herrschende Verkehrsauffassung.1512 Deshalb kann auch die von der Rechtsprechung und Literatur herangezogene Interessenabwägung nicht allein entscheidend sein, sondern es 1504

Beater, Medienerecht, 2. Aufl. 2016, § 8, Rn. 696. Dazu Beispiele bei Beater, Medienerecht, 2. Aufl. 2016, § 8, Rn. 696. Beater, Medienerecht, 2. Aufl. 2016, § 9, Rn. 791 ff. 1507 Vgl. allgemein zu Werbung im Internet: Hoeren/Sieber/Holznagel/Boemke, MMR-Hdb, Teil 11, Rn. 77. 1508 Dazu ausführlich Beater, Medienerecht, 2. Aufl. 2016, § 9, Rn. 782 ff. 1509 Die Normen des UWG sind der UWG-Novelle 2015 angepasst. Die zitierten Kommentierungen und Literatur nehmen teilweise noch auf die redaktionelle Fassung des UWG 2008 Bezug. 1510 Dreher/Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, 9. Aufl. 2016, § 2, Rn. 189. 1511 Boos, Hybrid-TV (2012), S. 119; Ohly/Sosnitza, UWG, § 3, Rn. 18; dahingehend kritisch HarteBavendamm/Henning-Bodewig/Podszun, UWG, § 3, Rn. 167; zur unionsrechtlich bedingten nicht unbesehenen Anwendung gewohnter Fallgruppen Ohly/Sosnitza, UWG, § 3, Rn. 19 f. 1512 Dreher/Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, 9. Aufl. 2016, § 2, Rn. 191 f.; Harte-Bavendamm/HenningBodewig/Podszun, UWG, § 3, Rn. 121 ff.; a.A. Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 3, Rn. 2.15.

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II. Rechtliche Einordung

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muss eine Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls vorgenommen werden, die sich an den verschiedenen Schutzzwecken und dem systematischen Zusammenhang der einschlägigen Vorschriften als Maßstab orientiert.1513 (1) Geschäftliche Handlung eines Mitbewerbers Grundvoraussetzung der Anwendung des UWG ist die geschäftliche Handlung. 1514 Die vielzähligen Definitionsmerkmale einer „geschäftlichen Handlung“ i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG1515 sind hinsichtlich des Verhaltens von Endgerätebetreibern oder sonstigen Anbietern der Einblendung von Overlays relativ eindeutig erfüllt. Das Einblenden bzw. Überblenden von Inhalten Dritter durch Werbeflächen durch die benannten Akteure findet im Rahmen von deren Geschäftsbetrieb statt, sodass bereits eine tatsächliche Vermutung für ein Handeln im geschäftlichen Verkehr spricht1516. Zudem ist das subjektive Kriterium der „Wettbewerbsförderungsabsicht“ keine Voraussetzung mehr1517, sodass lediglich ein objektiver Zusammenhang, d.h. ein Verhalten, das objektiv geeignet ist, den Absatz zu fördern, von der Legaldefinition vorausgesetzt wird.1518 Ein solches Verhalten könnte man im Sinne eines „wettbewerbsrechtlichen Medienprivilegs‘ beim Handeln von Medienunternehmen im Rahmen ihres medialen und verfassungsrechtlich geschützten Funktionsbereichs – vor allem bei redaktionellen Beiträgen – verneinen.1519 Sofern ein Medienunternehmen seiner verfassungsrechtlichen Aufgabe, zur Meinungsbildung mittels Information und Unterhaltung beizutragen, nachkommt, entfällt die Annahme einer geschäftlichen Handlung, da „wettbewerbsrechtliche Auswirkungen unvermeidbare Folge der Erfüllung der benannten journalistischer Aufgaben sind“.1520 Diese Privilegierung greift bei Overlays allerdings nicht. Ihr kann man zum einen entgegenhalten, dass die Einblendungen bzw. Überlendungen auf Connected-TVs nicht von den klassischen Medienakteuren wie den Rundfunkanstalten, sondern von Dritten, zumeist den Endgeräteherstellern, kontrolliert werden. Dabei dienen die Overlays in weiten Teilen zur Ausgabe von Werbung, welche auch bei klassischen Medien unter die Kategorie der geschäftlichen Handlung fallen.1521 Zum anderen verfolgen selbst bei redaktionellen Beiträgen diejenigen, die Einblendungen in Form von Overlays kontrollieren, die objektive Zielsetzung der Wettbewerbsförderung für das eigene Unternehmen Dreher/Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, 9. Aufl. 2016, § 2, Rn. 191 ff. mwN.; Ohly/Sosnitza, UWG, § 3, Rn. 34 f. 1514 Ohly/Sosnitza, UWG, § 2, Rn. 7; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 2, Rn. 3.; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Keller, UWG, § 2, Rn. 1 f. 1515 Dazu u.a. Ohly/Sosnitza, UWG, § 2, Rn. 4 ff.; Köhler/Bornkamm//Feddersen, UWG, § 2, Rn. 7 ff.; HarteBavendamm/Henning-Bodewig/Keller, UWG, § 2, Rn. 19 ff. 1516 Ohly/Sosnitza, UWG, § 2, Rn. 20; BGH, GRUR 1962, 34 (36); BGH, GRUR 1962, 45 (47). 1517 Ohly/Sosnitza, UWG, § 2, Rn. 26 f. 1518 Ohly/Sosnitza, UWG, § 2, Rn. 27; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 2, Rn. 34 ff.; HarteBavendamm/Henning-Bodewig/Keller, UWG, § 2, Rn. 56 ff. 1519 Ohly/Sosnitza, UWG, § 2, Rn. 33; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 2, Rn. 67. 1520 Ohly/Sosnitza, UWG, § 2, Rn. 38 mwN aus der Rspr. 1521 Nordemann, Wettberwerbsrecht Markenrecht (2012), Fünftes Kapitel, Rn. 67; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 2, Rn. 67 f.

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4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

(auch bei Eigenwerbung der Endgerätehersteller), sodass es zu einer Abwägung zwischen Mediengrundrechten und lauterkeitsrechtlichen Schutzgütern im Rahmen der wettbewerbsrechtlichen Prüfung kommen muss1522 und eine geschäftliche Handlung demnach vorliegt.1523 Zuletzt kann bei dieser Begrifflichkeit zwischen Handlungen im Vertikal- oder im Horziontalverhältnis unterschieden werden, wonach sich auch die Schutzrichtung der wettbewerbsrechtlichen Normen – vertikal in Bezug auf die Verbraucher und horizontal in Bezug auf den Mitbewerber – ausrichtet.1524 Die Überblendungen betreffen sowohl das Vertikal- als auch das Horizontalverhältnis. Aufgrund der Besonderheit des zweiseitigen Marktes des werbefinanzierten Rundfunks richten sich die Inhalte der Einblendungen grundsätzlich an den Verbraucher und beeinträchtigen gleichzeitig die wettbewerbsrechtlichen Interessen des Rundfunkveranstalters, da sie auf dem Werbemarkt in Konkurrenz zu dessen Inhalten, vor allem der Werbeplätze im Programm, treten. Unter dem Gesichtspunkt des Investitionsschutzes ist vor allem dieses Horizontalverhältnis von Bedeutung. Aufgrund der verschiedenen Schutzrichtungen des Wettbewerbsrechts muss daneben geklärt werden, in welchem Verhältnis Anbieter von Overlays und sonstigen Einblendungen im Umfeld von Rundfunkinhalten zu den Rundfunkveranstaltern stehen. Wie bereits klargestellt wurde, geht es dabei weniger um die Aspekte des Verbraucherschutzes, sondern vielmehr um ein Verhalten, welches die privaten Rundfunkunternehmer auf dem von ihnen bedienten Werbemarkt betrifft (siehe oben, 4. Kap. I. 6)). Dieser Werbemarkt besteht neben dem Rezipientenmarkt und bildet die eigentliche kommerzielle Funktion des Handelns von Rundfunkveranstaltern, weil in der Regel keine Entgelte von den Rezipienten erhoben werden. Dahingehend rückt das Verhältnis zwischen Rundfunkanbietern und den die Einblendungen kontrollierenden Anbietern als Verhältnis unter Mitbewerbern i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG ins Blickfeld des Wettbewerbsrechts. Zum Vorliegen dieser Mitbewerber-Eigenschaft müsste in den Fällen der von Dritten kontrollierten Werbeeinblendungen ein „konkretes Wettbewerbsverhältnis“1525 zwischen Rundfunkveranstaltern und diesen Dritten bestehen. Allgemein ist im Interesse eines effektiven wettbewerbsrechtlichen Individualrechtschutzes eine weite Auslegung dieser Begrifflichkeit vorzunehmen.1526 Der Mitbewerberbegriff ist des Weiteren handlungsbezogen, sodass an die jeweilige konkrete geschäftliche Handlung anzuknüpfen ist.1527 Zentrales Merkmal ist dabei, dass die Mitbewerber denselben Kundenkreis 1522

Dazu Ohly/Sosnitza, UWG, § 2, Rn. 40; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 2, Rn. 63 ff. Im Ergebnis ebenso Boos, Hybrid-TV (2012), S. 116. Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 2, Rn. 42. 1525 Abgrenzung zum „abstrakten Wettbewerbsverhältnis“ bei Ohly/Sosnitza, UWG, § 2, Rn. 67; Köhler/Bornkamm//Feddersen, UWG, § 2, Rn. 96; zumdem Abgrenzung zum kartellrechtlichen Begriff des „Wettbewerber“ bei Dreher/Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, 9. Aufl. 2016, § 1, Rn. 134; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 2, Rn. 94. 1526 Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 2, Rn. 97; BGH, GRUR 2004, 877 (878); BGH, GRUR 2006, 1042; BGH, WRP 2014, 552; BGH, WRP 2014, 1307. 1527 Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 2, Rn. 98 mwN.; Dreher/Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, 9. Aufl. 2016, § 1, Rn. 135.

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II. Rechtliche Einordung

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haben, sodass bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine Wechselbeziehung auf demselben sachlichen, räumlich und zeitlich relevanten Markt entsteht.1528 Unerheblich bleibt allerdings, dass die Beteiligten auf demselben Markt unterschiedlichen Branchen oder Wirtschaftsstufen angehören.1529 Dieser Begriffsbestimmung folgend ist auch bei Connected-TV-Sachverhalten ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen Rundfunkveranstaltern – als Inhalteanbieter und Anbietern von Werbeplätzen – und Dritten, insbesondere Endgeräteherstellern, die Überblendungen in Form von Overlays u.ä. über die Rundfunkinhalte kontrollieren und somit ebenfalls Werbeplätze anbieten, festzustellen.1530 Als Vergleichsfall zu Connected-TV-Sachverhalten wird die Rechtsprechung zu „Werbeblockern“ herangezogen.1531 In der dortigen Sachverhaltsgestaltung hat der BGH ein konkretes Wettbewerbsverhältnis angenommen, da sowohl die privaten Rundfunkveranstalter als auch die Anbieter des Werbeblockers, wenn auch mit umgekehrter Zielrichtung, ihr Angebot an den Rezipienten und somit an denselben Kundenstamm gerichtet haben.1532 Dieses Argument lässt sich in dieser Form hingegen nicht auf die Überblendung von Rundfunkwerbung durch Dritte übertragen, da es sich nicht um ein „gegensätzliches Geschäftsmodell“ handelt.1533 Beide Werbeformen bieten der Werbeindustrie Werbeplätze im für den Rezipienten einheitlichen Kontext an, sodass mit Blick auf die Werbeindustrie dieselbe Kundengruppe und ein Substitutionswettbewerb vorliegen.1534 Daran ändern auch die verschiedenen Vertriebsstufen und grundsätzlich unterschiedlichen Branchenzugehörigkeiten nichts. Aufgrund der Überblendung innerhalb des gleichen Kontextes kann nicht von getrennten Werbemärkten in Bezug auf Werbeplätze und – zeiten bei Rundfunkwerbung und Werbung in Telemedien, zu denen auch die Overlays zu zählen sind (siehe oben, 4. Kap. II. 2)), ausgegangen werden.1535 Hier kann auch keine Unterscheidung regionaler oder sachlicher Art getroffen werden, weil die Anbieter der Overlay-Werbeplätze aufgrund der Personalisierungsmöglichkeiten auch gezielt einen regionalen oder interessenorientierten Werbemarkt ansprechen können.1536 Der entscheidende Vorteil der Personalisierung bei Overlay-Ads liegt in der genaueren Zielgruppenansprache, die für alle Akteure auf dem Werbemarkt und somit auch die klassischen Werbekunden der Rundfunkunternehmen gleichermaßen attraktiv ist.

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BGH, GRUR 2004, 877 (878); Ohly/Sosnitza, UWG, § 2, Rn. 58 f. mwN; Dreher/Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, 9. Aufl. 2016, § 1, Rn. 136; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 2, Rn. 108 f. BGH, GRUR 2004, 877 (878); Ohly/Sosnitza, UWG, § 2, Rn. 61 ff.; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 2, Rn. 100 ff. 1530 So auch das Ergebnis bei Broemel, ZUM 2012, 866 (868); Boos, Hybrid-TV (2012), S. 116; die Annahme eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses voraussetzend: Kitz, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 337 (341 f.); Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (31). 1531 BGH, GRUR 2004, 877; Boos, Hybrid-TV (2012), S. 115 f.; zur neueren Entwicklung Peifer, AfP 2016, 5 (8 ff.). 1532 BGH, GRUR 2004, 877 (879). 1533 So aber Boos, Hybrid-TV (2012), S. 115 f. 1534 Dazu Schmid, ZUM 2011, 257 (260). 1535 So aber Broemel, ZUM 2012, 866 (868). 1536 Vgl. Ansätze dieser Unterscheidung bei LG Berlin, ZUM-RD 2004, 126 (128).

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4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

Erforderlich ist daher die Ausrichtung auf den Werbemarkt, da die Rundfunkveranstalter dort mit den Anbietern von Overlay-Ads in einen Wettbewerb um Werbekunden treten. Aber auch in Bezug auf den Rezipienten stehen beiden Beteiligten bei Connected-TV-Angeboten in einem Wettbewerbsverhältnis, weil sie zur Schaffung und Auspreisung von Werbeplätzen die Aufmerksamkeit des Rezipienten bedürfen, welche durch die Darstellung von Werbung im selben Kontext gegenseitige Beeinträchtigungen verursacht.1537 Dieses „Komplementärverhältnis“ bei Werbung im Connected-TV-Kontext zeigt sich besonders deutlich an der ökonomischen Komponente, dass sich das verbleibende Marktvolumen für die klassische Rundfunkwerbung der Fernsehveranstalter mit Blick auf die Budgetgrenzen des Werbemarktes reduzieren wird.1538 Zu beachten bleibt weiter, dass nach dem jeweiligen Normzweck zwischen einem Behinderungswettbewerb und dem Subsitutionswettbewerb zu unterscheiden ist.1539 Die im weiteren Verlauf der Betrachtung im Zentrum stehenden Verhaltensnormen sind dem Behinderungswettbewerb zuzuordnen, welcher keiner unionsrechtlichen Harmonisierung unterliegt.1540 Somit kommt es nicht weiter auf eine mögliche Austauschbarkeit der Werbeformen an, welche aufgrund der grundsätzlich geringen Anforderungen an die Austauschbarkeit1541 bei einer Verortung im gleichen Kontext durchaus bejaht werden kann.1542 Auch die Rechtsprechung weicht ihre Maßstäbe zur Bestimmung eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses zunehmend auf. In jüngsten Entscheidungen wird lediglich gefordert, dass zwischen den Vorteilen, die die eine Partei durch eine Maßnahme für ihr Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann.1543 Eine solche Beeinträchtigung der Werbespots der Rundfunkanbieter durch die Ein- und Überblendungen Dritter, die den „eigenen Wettbewerb“ bzw. die eigene Geschäftspraxis fördern sollen, ist durchaus anzunehmen. Schließlich ändert auch die Tatsache, dass solche Ein- bzw. Überblendungen durch Dritte und insbesondere die Endgerätehersteller noch nicht flächendeckend auf dem Markt vorgenommen werden (siehe oben, 4. Kap. I. 1)), nichts am Vorliegen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses, weil die vorstehenden Grundsätze auch bei

1537

So wiederum richtigerweise Boos, Hybrid-TV (2012), S. 116; zu diesem Kriterium auch LG München I, Urteil vom 27. Mai 2015 – 37 O 11843/14 –, juris, Rn. 151; auch Peifer, AfP 2016, 5 (8 f.) betont diese Sichtweise. Broemel, ZUM 2012, 866 (868); Schmid, ZUM 2011, 457 (460). 1539 Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 2, Rn. 108 ff.; Dreher/Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, 9. Aufl. 2016, § 1, Rn. 135. 1540 Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 2, Rn. 108f, 109c; dies gilt zumindest solange, wie lediglich das Verhältnis zwischen Mitbewerbern betroffen ist und die entscheidenden Handlungen in diesem Verhältnis keine Behinderungen für Verbraucher darstellen. Vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 4.3a. 1541 Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 2, Rn. 108b. 1542 So auch Ohly/Sosnitza, UWG, § 2, Rn. 63 in Bezug auf die Werbetrennerentscheidung des BGH, GRUR 2004, 877. 1543 Vgl. BGH, GRUR 2015, 1129 (1131); LG München, Urteil vom 22.03.2016, Az. 33 O 5017/15, BeckRS 2016, 06816; zu einem solchen weiten Begriffsverständnis auch Peifer, AfP 2016, 5 (8 f.).

1538

II. Rechtliche Einordung

253

potentiellen Mitbewerbern gelten.1544 Da Overlay-Ads in einigen Fällen bereits eingesetzt wurden, besteht (zumindest dort) die konkrete Wahrscheinlichkeit eines Marktzutritts1545. Insgesamt sind somit die beiden Grundvoraussetzungen für eine wettbewerbsrechtliche Prüfung der Problematik der von Dritten kontrollierten Einblendungen im räumlichen Umfeld von Rundfunkinhalten bei Connected-TV-Sachverhalten gegeben. (2) Wettbewerbsrechtlicher Nachahmungsschutz, § 3 Abs. 1 UWG i.V.m. § 4 Nr. 3 UWG Erkennt man den Schwerpunkt der Overlay-Problematik bei Connected-TV-Sachverhalten in der Ausnutzung einer fremden Leistung bzw. der Ausnutzung der durch die Rundfunkveranstalter generierten Aufmerksamkeit, dann könnte mit Blick auf die Fallgruppen des UWG der lauterkeitsrechtliche Nachahmungsschutz (auch „ergänzender wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz“) einen Schutzmechanismus bereithalten. Auch wenn aus Gründen des Innovationsschutzes der Grundsatz der Nachahmungsfreiheit gilt, findet dieser seine Grenzen in verschiedenen Sonderrechten (z.B. auch dem urheberrechtlichen Leistungsschutz) und im lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutz von wettbewerbseigenartigen Leistungen.1546 (a) Wettbewerbliche Eigenart Die unlautere Nachahmung erfordert neben der Erfüllung eines der in § 4 Nr. 3 UWG dargelegten besonderen Unlauterkeitsmerkmale vor allem das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der „wettbewerblichen Eigenart“ der Leistung, der ein Nachahmungsschutz nach dem UWG zukommen soll.1547 Demnach müsste das Rundfunkprogramm, welches durch die Einblendungen Dritter möglicherweise beeinträchtigt wird, eine solche wettbewerbliche Eigenart aufweisen. Wettbewerbliche Eigenart liegt vor, wenn die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des Erzeugnisses geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen.1548 Zunächst könnte man, ähnlich der Diskussion um den urheberrechtlichen Schutz des Gesamtprogramms (siehe oben, 4. Kap. II. 3) c. (1) (b)), davon ausgehen, dass dem laufenden, aus einer Vielzahl von redaktionellen Beiträgen zusammengesetzte Rundfunkprogramm die wettbewerbsrechtliche Eigenart fehlt.1549 Dafür dürfte man dem Programm weder eine besondere, 1544

Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 2, Rn. 104; Ohly/Sosnitza, UWG, § 2, Rn. 67. Zu diesem Kriterium: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 2, Rn. 104; OLG Braunschweig, MMR 2010, 252 (253). 1546 Dazu umfassend: Hasselblatt/Deck, MAH GewRS, § 17, Rn. 1 ff. 1547 Dazu und zu den weiteren Voraussetzungen des wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutzes: Hasselblatt/Deck, MAH GewRS, § 17, Rn. 33 ff.; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 3.24 ff. 1548 Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 3.24 mit Hinweisen auf die stRspr.: BGH, GRUR 2010, 80 (82); BGH, GRUR 2010, 1125 (1127); BGH, GRUR 2012, 58 (63); BGH, GRUR 2012, 1155 (1156); BGH, GRUR 2013, 951 (953 f.); BGH, GRUR 2013, 1052 (1053 f.); BGH GRUR 2015, 909 (910); BGH, GRUR 2016, 720 (721); BGH GRUR 2016, 730 (733). 1549 Broemel, ZUM 2012, 866 (869).

1545

254

4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

konkrete Ausgestaltung noch andere Merkmale, die auf eine betriebliche Herkunft schließen lassen, zugestehen.1550 Generell sind zur Bestimmung der wettbewerblichen Eigenart die äußeren Gestaltungsmerkmale, die das betroffene Produkt im Marktumfeld abheben und eine Zuordnung zu einem bestimmten Hersteller durch den Verkehr ermöglichen, entscheidend.1551 Die Einblendung des Senderlogos ist zwar grundsätzlich ein solches Gestaltungsmerkmal, es wird aber im Rahmen der Overlays oder Widgets nicht übernommen, sodass eine darüber erfolgende Zuordnung durch die entsprechenden Verkehrskreise nicht möglich ist.1552 Die Nachahmung bezieht sich bei Overlays vielmehr global auf die durch das Rundfunkprogramm geschaffene Aufmerksamkeit, welche das Senderlogo mitumfasst. Zudem versuchen Rundfunkveranstalter, durch die Zusammenstellung ihres Programms ein Alleinstellungsmerkmal herzustellen, welches sie von anderen Rundfunksendern unterscheidet, um mittels größtmöglicher Attraktivität die Aufmerksamkeit der Rezipienten für ihre Inhalte zu gewinnen, um den Werbekunden hohe Einschaltquoten und damit Reichweite anbieten zu können.1553. Letztlich ist aufgrund der geringeren Anforderungen des Wettbewerbsrechts keine Parallelität zur „persönlichen, geistigen Schöpfung“ des Werkbegriffs des Urheberrechts zu fordern1554, sodass das Gesamtprogramm im wettbewerbsrechtlichen Sinne durchaus eine Besonderheit aufweist. Die konkrete Zusammenstellung des Programms lässt daher in Kombination mit dem Senderlogo auf eine betriebliche Herkunft schließen, sodass eine wettbewerbliche Eigenart des Rundfunkprogramms gegeben ist.1555 (b) Unlautere Nachahmung Unterscheidet man die verschiedenen Fallgruppen des lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutzes, so sind zunächst die ehemals allgemein unter dem Begriff der „unlauteren Ausnutzung fremder Leistung“ bzw. „unzulässigen Leistungsübernahme“ zusammengefassten Konstellationen den gesetzlichen Tatbeständen des § 4 Nr. 3 UWG zuzuordnen.1556 Daneben werden davon auch mit Blick auf die Ausrichtung der Norm auf den Mitbewerberschutz sog. „Zurechnungsstörungen“1557 erfasst. Zuvörderst ist davon die Täuschung über die betriebliche Herkunft gemäß § 4 Nr. 3 a) UWG erfasst. Die zur Annahme dieser Fallgruppe notwendigen besonderen Unlauterkeitsmerkmale wurden von der Rechtsprechung bislang unter anderem bei einer „Frühform“ von Connected-TVs ausdifferenziert.1558 Diese Entscheidungen betrafen die von 1550

Broemel, ZUM 2012, 866 (869). Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 3.24; BGHZ 138, 143 (149); 141, 329 (340); BGH, GRUR 2007, 795 (798); BGH, GRUR 2013, 951 (954); BGH, GRUR 2002, 820 (822). 1552 Broemel, ZUM 2012, 866 (869) Fn. 26. 1553 So auch LG Berlin, ZUM-RD 2004, 126 (128). 1554 Hasselblatt/Deck, MAH GewRS, § 17, Rn. 78. 1555 So auch LG Berlin, ZUM-RD 2004, 126 (128); LG Köln, Urteil vom 03. Februar 2004 – 33 O 356/03 –, juris, Rn. 24. 1556 Köhler, GRUR-RR 2006, 33 (33) zur Vorgängernorm § 4 Nr. 9 UWG a.F. 1557 Dazu Beater, Unlauterer Wettbewerb (2011), § 23, Rn. 1980 ff. 1558 OLG Köln, GRUR 2005, 228; LG Köln, Urteil vom 03. Februar 2004 – 33 O 356/03 –, juris; KG Berlin, Urteil vom 23.07.2004 – 5 U 2/04.

1551

II. Rechtliche Einordung

255

einem Set-Top-Box-Anbieter über das vertriebene Endgerät hergestellte Verbindung zu Internetangeboten, wobei mittels Bild-im-Bild-Technik das Fernsehprogramm in skalierter Form weiter zu sehen war.1559 Das Anbieten einer solchen Set-Top-Box wurde von den Gerichten überwiegend als lauterkeitsrechlich unbedenklich eingestuft.1560 Jedoch werden die in den Entscheidungen getroffenen Ergebnisse relativ unkritisch auch auf „moderne“ Connected-TV-Sachverhalte übertragen.1561 Grundvoraussetzung des in diesem Kontext relevanten § 4 Nr. 3 a) UWG ist das Vorliegen eines Täuschungselements.1562 Dieses Täuschungselement wird in Bezug auf Connected-TV-Sachverhalte dann verneint, wenn der Rechtsverkehr bzw. der Verbraucher erkennt, dass die gleichzeitig auf dem Endgerät rezipierbaren Angebote voneinander unabhängig sind und von unterschiedlichen Unternehmern stammen.1563 Diese grundsätzlich sinnvolle normative Grenzziehung führt in den Fällen der deutlichen Unterscheidbarkeit bei der Bild-inBild-Technik auch zu einer Verneinung dieser Fallgruppe.1564 Zu einem anderen Ergebnis kommt man bei modernen Connected-TV-Sachverhalten, weil insbesondere bei Overlays und Widgets keine klare optische und räumliche Trennung zu den Angeboten der Rundfunkanbieter eingehalten wird.1565 Konkretisiert man das angeklungene Merkmal der „Unterscheidbarkeit für den Rezipienten“1566, werden verschiedene Problempunkte bei Überblendungen deutlich. Eine Unterscheidbarkeit ist nicht mehr anzunehmen, wenn der technische Ablauf des Erscheinens der Einblendungen nicht mehr in der alleinigen Sachherrschaft des Rezipienten liegt, sondern vom Mitbewerber vorgenommen wird.1567 Zudem wird selbst eine optische Trennung beim skalierten Fernsehbild problematisch, wenn eine inhaltliche Verknüpfung zwischen dem Fernsehprogramm und den vom Mitbewerber kontrollierten Einblendungen besteht.1568 Gerade in diesem Fall liegt es im Belieben und unter Kontrolle des Anbieters der Overlays, ob der Rezipient darüber informiert wird, dass die Überblendung und der Rundfunkinhalt unterschiedlichen Verantwortlichkeiten unterliegen, sodass die Problematik der Zurechnungsstörung vorliegt.1569 Auch wenn man mit der vorgenannten Argumentation die Vgl. zu den Sachverhalten insbesondere OLG Köln, GRUR 2005, 228; KG Berlin, Urteil vom 23.07.2004 – 5 U 2/04. 1560 OLG Köln, GRUR 2005, 228 (229); KG Berlin, Urteil vom 23.07.2004 – 5 U 2/04; a.A. LG Köln, Urteil vom 03. Februar 2004 – 33 O 356/03 –, juris. 1561 Siehe etwa Broemel, ZUM 2012, 866 (869); Boos, Hybrid-TV (2012), S. 117; Kitz, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 337 (342); Schmid, ZUM 2011, 457 (460) weist hingegen auf die im Vergleich zur Entscheidung des OLG-Köln mittlerweile geänderten technischen Parameter hin. 1562 Dazu Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 3.41. 1563 Broemel, ZUM 2012, 866 (869); Boos, Hybrid-TV (2012), S. 117; Kitz, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 337 (342); alle unter Verweis auf OLG Köln, GRUR 2005, 228. 1564 OLG Köln, GRUR 2005, 228; KG Berlin, Urteil vom 23.07.2004 – 5 U 2/04. 1565 Dreyer, tv diskurs, 48 (50); Gottberg/Grewenig, tv diskurs 56, 43 (44); Boos, Hybrid-TV (2012), S. 120; a.A. Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (31). 1566 KG Berlin, Urteil vom 23.07.2004 – 5 U 2/04. 1567 KG Berlin, Urteil vom 23.07.2004 – 5 U 2/04. 1568 KG Berlin, Urteil vom 23.07.2004 – 5 U 2/04; Boos, Hybrid-TV (2012), S. 118; Weber, ZUM 2011, 452 (454). 1569 Insoweit liegt eine Vergleichbarkeit zur Argumentation des LG Berlin, ZUM-RD, 2004, 126 (128 f.) vor; Beater, Unlauterer Wettbewerb (2011), § 23, Rn. 2056 ff.

1559

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4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

unmittelbare Herkunftstäuschung verneint, kommt zumindest eine mittelbare Herkunftstäuschung, wonach die Produkte durch den Verkehr zwar unterschieden, aber insgesamt dem Originalhersteller (als Zweitmarke) zugeordnet werden, oder die Herkunftstäuschung im weiteren Sinne, d.h. eine der Verkehrsauffassung nach organisatorische oder geschäftliche Beziehung beider Hersteller, in Betracht.1570 Aus diesem Grund ist die teilweise unter lauterkeitsrechtlichen Gesichtspunkten, insbesondere durch die Täuschung über die Herkunft des Inhalts, als problematisch angesehene1571 Bewertung von „Framing“-Sachverhalten1572 nur bedingt mit der vorliegenden Problematik der Overlay-Ads zu vergleichen. Zwar ist ähnlich wie beim Framing, bei dem sich Anbieter eigene Investitionen ersparen und auf fremde Leistungen für den eigenen Internetauftritt zurückgreifen1573, auch bei Overlays der Rückgriff auf eine originäre Leistung des Rundfunkunternehmens, die Generierung der Aufmerksamkeit der Rezipienten, genommen. Diese wird hingegen nicht lediglich als eigene Leistung ausgegeben, sondern durch Hinzufügen einer eigenen Leistung (in Form des Overlays oder des Widgets) angereichert, sodass wiederum eine qualitativ andere Situation gegeben ist. Die Problematik der räumlich überlagernden Einblendung mittels Overlay oder Widget ist, anders als bei den angesprochenen von der Rechtsprechung entschiedenen Sachverhalten, nicht mit der Einbindung einer fremden Leistung (der Rundfunkanbieter) in die eigene Leistung (der Endgerätehersteller), sondern vielmehr mit der Einbindung einer eigenen Leistung in eine fremde zu vergleichen. Unter dieser Prämisse kann die Problematik mit dem „Einschub in eine fremde Leistung“ 1574 verglichen werden. Ein solches Vorgehen ist wettbewerbsrechtlich problematisch, wenn die Sachherrschaft über den Einschub nicht beim Rezipienten, sondern beim Mitbewerber liegt.1575 Daher können zumindest die von Dritten kontrollierten Überblendungen im räumlichen Umfeld von Rundfunkinhalten einen Verstoß gegen das Lauterkeitsrecht durch Täuschung über die betriebliche Herkunft begründen.1576 Allerdings müssen dafür auch die tatsächlichen Annahmen der Wahrnehmung von Overlay-Ads und Widgets im Kontext von Rundfunkwerbung näher von der Werbewirkungsforschung untersucht werden. Die Ausnutzung der Aufmerksamkeit kann indes auch eine lauterkeitsrechtlich relevante Rufausbeutung darstellen. Diese Fallgruppe, welche nicht mehr

1570

Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 3/53; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn 3.42 ff.; BGH, GRUR 2001, 251 (254); BGH, GRUR 2001, 443 (445). 1571 Spindler/Schuster/Holznagel/Micklitz/Namsylowska, Recht der elektronischen Medien, UWG, § 5, Rn. 134; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 5, Rn. 2.150; Hoeren/Sieber/Holznagel/Boemke, MMR-Hdb, Teil 11, Rn. 74; Bornkamm/Seichter, CR 2005, 747 (750); Fezer/Büscher/Obergfell/Mankowski, UWG, § 4-S12, Rn.142; a.A. OLG Düsseldorf, MMR 1999, 729 (732 f.). 1572 Zur Begrifflichkeit vgl. die urheberrechtliche Problematik, E. II. 3) g. (2). 1573 Hoeren/Sieber/Holznagel/Boemke, MMR-Hdb, Teil 11, Rn. 74; Fezer/Büscher/Obergfell/Mankowski, UWG, § 4-S12, Rn. 142; Peifer, AfP 2016, 5 (5 f.). 1574 Zu dieser Fallgruppe Nordemann, Wettbewerbsrecht Markenrecht (2012), Achtes Kapitel, Rn. 738 ff. 1575 KG Berlin, Urteil vom 23.07.2004 – 5 U 2/04. 1576 Ähnlich aber zurückhaltender Boos, Hybrid-TV (2012), S. 118 f.; a.A. Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (31); WD 10 – 3000 – 056/14, S. 10 f.

II. Rechtliche Einordung

257

generalklauselartig, sondern in Sondergesetzen und für das Lauterkeitsrecht in § 4 Nr. 3 b) UWG geregelt ist1577, liegt u.a. bei einer unangemessenen Ausnutzung der Wertschätzung vor, d.h. wenn der Verkehr die Wertschätzung für das Original, also die Vorstellung von der Güte oder Qualität, auf die Nachahmung übertragen (sog. „Rufübertragung“ oder „Imagetransfer“).1578 Gerade diese Form des Imageschadens wird von den Rundfunkveranstaltern unter dem Stichwort des „Integritätsschutzes“ kritisiert (siehe oben, 4. Kap. I. 4)). Die Endgerätehersteller nutzen die „Fernsehprogramme als Vorspann für ihre eigenen Angebote, um diese attraktiver zu gestalten“.1579 Allerdings ist auch hier das Täuschungselement im Sinne der zuvor beschriebenen „Nachahmung“ von Nöten, sodass auch für diese Fallgruppe die genannten Kriterien der Erkennbarkeit für den Rezipienten heranzuziehen sind.1580 Diese Ausnutzung der Aufmerksamkeit des Rezipienten, die das Rundfunkunternehmen mittels seines Programms generiert, ist allerdings eher mit der „Ausnutzung eines Leistungsergebnisses“ vergleichbar. Eine solche Ausnutzung wird regelmäßig nicht als „Nachahmung“ angesehen und ist nicht Gegenstand des wettbewerbsrechtlichen Schutzes.1581 Daher ist auch die zusätzliche Einblendung oder Überblendung der Inhalte eines Rundfunkveranstalters durch die Endgerätehersteller als Dritte eine eigenständig anknüpfende Leistung, die nicht als „Rufausbeutung“ in diesem lauterkeitsrechtlichen Sinne anzusehen ist.1582 (c) Verhältnis zum urheberrechtlichen Leistungsschutz Grundsätzlich sind wettbewerbsrechtliche Leistungsschutzansprüche, die außer privaten Rundfunkveranstaltern auch öffentlich-rechtliche Rundfunkunternehmen geltend machen können, gegenüber dem spezialgesetzlichen Leistungsschutz aus § 87 UrhG subsidiär.1583 Dies gilt aber nur insoweit, wie der lauterkeitsrechtliche Schutz sich in Widerspruch zu den Grenzen des Sonderrechtsschutzes aus § 87 UrhG setzen würde.1584 Allerdings stellen gerade die in §§ 4 Nr. 3 a) und b); 4 Nr. 4 UWG genannten Umstände besondere, außerhalb der Sonderschutztatbestände des Urheberrechts liegende Begleitumstände dar.1585 Deshalb ist es für die vorliegende Konstellation nicht entscheidend, ob einer der neueren Rechtsprechung entspringenden Tendenz nach einem Gleichklang

1577

Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 3/64. BGH, GRUR 2010, 1125 (1128); OLG Frankfurt, GRUR-RR 2012, 213 (215); OLG Köln, GRUR-RR 2014, 210 (213); ggf. ist diese unter der Generalklausel des § 1 UWG a.F. entwickelte Fallgruppe auch unter den unionsrechtlich geprägten § 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG (unlautere vergleichende Werbung) zu fassen. Dazu Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 6, Rn. 153 ff. 1579 So für die Set-Top-Box-Sachverhalte LG Köln, Urteil vom 03. Februar 2004 – 33 O 356/03 –, juris, Rn. 31. 1580 Für einen dahingehenden Gleichlauf der Kriterien auch Broemel, ZUM 2012, 866 (869); Boos, Hybrid-TV (2012), S. 117 f.; Kitz, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 337 (342). 1581 Zur Übernahme des Leistungsergebnisses: BGHZ 187, 255 (259 ff.); LG München, SpuRt 2015, 219 ff. 1582 Broemel, ZUM 2012, 866 (869); Köhler, GRUR-RR 2006, 33 (34 f.) versteht auch das OLG Köln, GRUR-RR 2005, 228 (229) dahingehend. 1583 BeckOK UrhR/Hillig, UrhG, § 87, Rn. 53; BGHZ 37, 1 (13 ff.); BGH, GRUR 1977, 543 (545). 1584 BeckOK UrhR/Hillig, UrhG, § 87, Rn. 53; BGHZ 134, 250 (267); 141, 13 (27); 156, 1 (17); BGH, GRUR 2011, 134 (140); BGH, GRUR 2012, 58 (62 f.). 1585 Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 3.7. 1578

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4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

des lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutzes mit dem Sonderrechtsschutz gefolgt werden kann.1586 Da in Bezug auf Overlay-Ads oder Widgets ohnehin, aufgrund der fehlenden Ausrichtung des Urheberrechts auf die getrennte Heranführung von Inhalten über das Rundfunksignal und das IP-Signal auf demselben Endgerät (siehe oben, 4. Kap. II. 3) f.), ein urheberrechtlicher (Leistungs-)Schutz ausscheidet, können die lauterkeitsrechtlichen Regelungen in diesen Sachverhaltskonstellationen eingreifen. (3) Gezielte Behinderung von Mitbewerbern, § 3 Abs. 1 UWG i.V.m. § 4 Nr. 4 UWG Der spezielle Tatbestand des § 4 Nr. 3 b) UWG (Herkunftstäuschung und Rufausbeutung) ist als besondere Ausprägung der unlauteren Mitbewerberbehinderung zu begreifen.1587 Das bedeutet allerdings auch, dass die Übernahme fremder Leistungen und die Anlehnung an fremden Ruf außerhalb dieses Tatbestandes grundsätzlich zulässig sind.1588 § 4 Nr. 4 UWG muss demnach eine eigenständige Funktion bzgl. unlauteren Verhaltens gegenüber Mitbewerbern enthalten. Die Norm adressiert die gezielte Beeinträchtigung der wettbewerbsrechtlichen Entfaltungsmöglichkeiten eines Mitbewerbers.1589 Durch das Tatbestandsmerkmal „gezielt“ wird die Notwendigkeit der die Unlauterkeit begründenden Umstände hervorgehoben, die über eine dem Wettbewerb immanente Behinderung von Mitbewerbern zur Erzielung eines Wettbewerbsvorsprungs hinausgehen muss.1590 Da § 4 Nr. 4 UWG an die von der Rechtsprechung zur Generalklausel des § 1 UWG a.F. entwickelten Fallgruppen anknüpft, gelten diese weiter als Orientierung.1591 Connected-TV-Sachverhalte bestechen weniger durch einen Verdrängungswettbewerb, da die Overlays gerade auf der von den Inhalteanbietern generierten Aufmerksamkeit aufbauen1592, als vielmehr durch Maßnahmen, die den beeinträchtigten Mitbewerber daran hindern, seine Leistung am Markt in angemessener Weise zur Geltung zu bringen1593. In einer solchen Konstellation überwiegt die verobjektivierte Prüfung unter lauterkeitsrechtlichen Gesichtspunkten und eine subjektive Behinderungsabsicht ist entbehrlich.1594 Overlays oder Widgets leiten allgemein die Aufmerksamkeit der Rezipienten auf eigene Angebote, was dazu führt, dass die Rundfunkveranstalter ihre Werbeplätze und Inhalte nicht mehr in gleichem Umfang auf dem Werbemarkt anbieten 1586

Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 3.6a; BGH, GRUR 2013, 951 (953); BGH, GRUR 2015, 909 (911 f.). 1587 Vgl. Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 4/14a f. mwN. 1588 Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 4/14b. 1589 Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 4/8; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 4.6; BGHZ 148, 1 (5); BGH, GRUR 2002, 902 (905); BGH, GRUR 2004, 877 (879). 1590 Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 4/9; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 4.7; BGH, GRUR 2009, 878 (879 f.); BGH, GRUR 2014, 393 (395). 1591 Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 4/12 mwN; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 4.7. 1592 So zur vergleichbaren Problematik der Ad Injections, Zimprich/Jeschke, MMR 2016, 300 (302). 1593 Zu diesen Formen der gezielten Behinderung: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 4.8 ff. 1594 Von Walter, in: Wandtke/Ohst, Praxishandbuch Medienrecht, 3. Aufl. 2014, Band 3, Kapitel 1, § 3 Rn. 94; BGHZ 148, 1 (5); BGH, GRUR 2002, 902 (905); BGH, GRUR 2007, 800 (802).

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können. Es besteht daher die Gefahr, dass die Werbung der Rundfunkanbieter nicht vollständig oder nicht mit derselben Wirkung beim Rezipienten ankommt.1595 Da sowohl die Anbieter von Overlays als auch die Rundfunkanbieter somit mit Werbeplätzen um Werbekunden konkurrieren, sind wettbewerbliche Maßnahmen, die in irgendeiner Form beeinträchtigend wirken, solche unter Mitbewerbern.1596 Die dahingehende lauterkeitsrechtliche Fallgruppenumschreibung ist jene der Absatzbehinderung, welche kunden-, produkt- oder vertriebsbezogen sein kann.1597 Insbesondere unter produktbezogenen Gesichtspunkten bietet sich eine Untersuchung der bereits ausjudizierten oder in der Literatur aufgegriffenen Unterfallgruppen1598 auf Erkenntnisse für Connected-TV-Sachverhalte an. (a) Werbebehinderung Zunächst erscheint die Fallgruppe der Werbebehinderung1599 eine gewisse Ähnlichkeit aufzuweisen. Darunter fallen klassischerweise die gezielte Ausschaltung fremder Werbung, wie beispielsweise die Vernichtung, die Beschädigung, die Überdeckung oder das Beiseiteschaffen von fremder Werbung.1600 Eine solche unmittelbare Beeinträchtigung der Inhalte liegt nicht vor, da die Überblendung weder das Programm- noch das dazugehörige Signal direkt beeinflusst. Die Überblendung findet allein auf dem Endgerät statt.1601 Ein Overlay oder ein Widget als räumliche Überlagerung eines Werbespots ist mit der Überdeckung (z.B. dem Überkleben von Werbeplakaten) vergleichbar. Diese räumliche Überlagerung ist daher eher als mittelbare Beeinträchtigung der fremden Werbung und deren Geltung zu sehen, welche grundsätzlich nicht zu beanstanden wäre1602. Eine solche mittelbare Beeinträchtigung liegt bereits vor, wenn durch einen Mitbewerber die notwendigen „Behinderungsmittel“ (beispielsweise technischer Art mittels Set-Top-Box zum gleichzeitigen Empfang von Rundfunk und Internet oder zur Nutzung eines Werbeblockers) zur Verfügung gestellt werden.1603 Durch die von Dritten kontrollierten Überblendungen der Inhalte oder der Werbung eines Rundfunkveranstalters werden dieser Inhalt oder die Werbung aber nicht gänzlich überdeckt, sodass die Werbung weiter vom Rezipienten empfangen und wahrgenommen werden kann. 1604 Hier besteht ein Unterschied zum Werbeblocker, bei dem die Werbung „automatisiert der Wahrnehmung des Rezipienten entzogen wird“, so Apel, in: FS Hertin (2000), 337 (349); anders: Boos, Hybrid-TV (2012), S. 119 f. 1596 A.A. bei unklarer Formulierung: Boos, Hybrid-TV (2012), S. 120. 1597 Dazu Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 4.24 ff.; Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 4/44 ff.; Apel, in: FS Hertin (2000), 337 (350 f.). 1598 Dazu umfassend: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Omsels, UWG, § 4 Nr. 4, Rn. 21 ff.; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 4.71 ff.; Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 4/19 ff.; Apel, in: FS Hertin (2000), 337 (351 f.). 1599 Allgemein dazu: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 4.71 ff.; Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 4/63 ff.; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Omsels, UWG, § 4 Nr. 4, Rn. 71 ff. 1600 Vgl. umfassenden Beispielkatalog bei Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 4.71; Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 4/63 mwN.; ebenso BGH, GRUR 2004, 877 (879). 1601 Ähnlich zu Ad-Injections: Zimprich/Jeschke, MMR 2016, 300 (303). 1602 Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 4.73. 1603 Apel, in: FS Hertin (2000), 337 (352); Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 4.73; OLG Köln, GRURRR 2005, 228 (229). 1604 So auch: Boos, Hybrid-TV (2012), S. 119 f. 1595

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Insoweit fehlt es an der Zielgerichtetheit der Behinderung der fremden Werbung.1605 Der Anbieter von Overlays nutzt lediglich die vom Rundfunkveranstalter durch sein Programm generierte Aufmerksamkeit als Anknüpfungspunkt für die eigene Werbung. Ihm geht es in erster Linie nicht darum, die Aufmerksamkeit des Rezipienten vom Rundfunkprogramm gezielt und in vollem Maße abzuziehen.1606 Dadurch erscheint das Verhalten der Anbieter von Overlays eher als Nebenfolge der eigenen Werbung im räumlichen Umfeld eines Mitbewerbers, die als zulässige Wettbewerbsmaßnahme anzusehen ist1607. Im Wettbewerb gibt es demnach grundsätzlich keinen Schutz vor dem Ausnutzen des Interesses der Verbraucher an einem Produkt oder einer Leistung, welches eigentlich durch ein konkurrierendes Leistungsangebot überhaupt erst geweckt wurde.1608 Anderenfalls würde man einen sehr weitgehenden Anspruch darauf konstruieren, dass Werbung vom angesprochenen Rezipientenkreis auch tatsächlich wahrgenommen wird.1609 (b) Werbung in räumlicher Nähe zum Mitbewerber Das Ausnutzen von Aufmerksamkeit, die ein Dritter generiert hat („Aufmerksamkeitstransfer“1610), wird daher unter den geltenden Fallgruppen erst dann wettbewerbswidrig, wenn der damit bezweckte (Werbe-)Erfolg „mit unlauteren Mitteln verhindert oder abgeschöpft wird“1611. Zur Bestimmung dieses „unlauteren Mittels“ muss grundlegend eine normative Grenze zur Unterscheidung einer zulässigen, gezielten Anknüpfung von einer unzulässigen, gezielten Behinderung gezogen werden. Dem Grunde nach ist unter dem beschriebenen derzeitigen wettbewerbrechtlichen Regulierungskonzept die wettbewerbstypische Kundenabwerbung zulässig; lediglich die dafür gewählten Mittel können im Einzelfall wettbewerbswidrig sein. Unter Rückgriff auf diese Unterscheidung bildet vor allem eine räumliche Grenze ein normatives Abgrenzungsmerkmal.1612 Werden Wettbewerbsmaßnahmen nur im Umfeld bzw. Kontext des Mitbewerbers vorgenommen, liegt kein Wettbewerbsverstoß vor.1613 Umso unmittelbarer aber eine räumliche Annäherung an die wettbewerbliche Kernhandlung des Mitbewerbers geschieht, umso höher sind die Anforderungen an eine lauterkeitsrechtliche Rechtfertigung.1614 So werden Werbemaßnahmen in einem

1605 Boos, Hybrid-TV (2012), S. 119 f.; Broemel, ZUM 2012, 866 (869); Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (31); darin liegt auch der Unterschied zu dem vom LG Berlin, ZUM-RD 2004, 126 entschiedenen Sachverhalt. 1606 So auch Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (31). 1607 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Omsels, UWG, § 4 Nr. 4, Rn. 71; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG § 4, Rn. 4.73. 1608 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Omsels, UWG, § 4 Nr. 4, Rn. 72. 1609 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Omsels, UWG, § 4 Nr. 4, Rn. 76; diese Tatsache resultiert im Umkehrschluss aus der Erkenntnis, dass auch Werbekunden sich von Rundfunkveranstaltern oder anderen Anbietern von Werbeplätzen nur eine Chance potentielle Kunden anzusprechen erkaufen. Dazu auch LG Berlin, ZUM-RD 2004, 126 (128). 1610 So die Umschreibung bei Broemel, ZUM 2012, 866 (867); ähnlich Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (31). 1611 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Omsels, UWG, § 4 Nr. 4, Rn. 72. 1612 Vgl. vor allem BGH GRUR 1986, 547; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Omsels, UWG, § 4 Nr. 4, Rn. 71 mwN.; LG Hamburg, MMR 2016, 261 (262). 1613 So insbesondere Broemel, ZUM 2012, 866 (869). 1614 Ähnlich Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 4/47; LG Hamburg, MMR 2016, 261 (262).

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Ladengeschäft eines Mitbewerbers, wenn auch nicht unbestritten1615, als unzulässig erachtet.1616 Die dagegen vorgebrachten Argumente sind nur insoweit zutreffend, als sie sich gegen einen generellen „Schutz einer werbefreien Zone“1617 richten. Sobald auf die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers in der Weise eingewirkt wird, dass dieser nicht mehr nur die Information über ein gegenteiliges Angebot, unabhängig von dessen Einfluss auf das Konsumverhalten, sondern die vom Kunden geschaffene Nahsphäre ausnutzt, ist von einem unlauteren Verhalten auszugehen.1618 In diesem Zusammenhang spielt wiederum die Erkennbarkeit und Unterscheidbarkeit der Angebote für den Verbraucher eine entscheidende Rolle, weil seine Entscheidungsfreiheit davon maßgeblich beeinflusst wird. Diese allgemeinen Wertungen und Fallgruppen werden von der Rechtsprechung zunehmend auf digitale Sachverhalte im Online-Bereich übertragen.1619 Als auf abstrakter Ebene auch der räumlichen Grenze zugrunde liegenden Bewertungsmaßstab benennt die Rechtsprechung – wenn auch nicht unbestritten1620 – die Nutzerautonomie.1621 Sowohl hinsichtlich der Werbeblocker als auch der Set-Top-Box zur gleichzeitigen Nutzung von Internet und Fernsehprogramm auf einem Bildschirm wurde unter diesem Maßstab ein lauterkeitsrechtlicher Verstoß gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 4 Nr. 10 UWG a.F. verneint.1622 Die genannten wettbewerblichen Verhaltensweisen sollen demnach eine die Nutzerautonomie stärkende Handlung darstellen, sodass ein „wettbewerbsrechtskonformer Schutz der negativen Informationsfreiheit“1623 vorliegt. Diese Grenze wird überschritten, wenn der Mitbewerber gegenüber dem Rezipienten die „alleinige Sachherschaft“ hat.1624 Lenkt der Rezipient nicht eigenverantwortlich seine Aufmerksamkeit weg von Rundfunkinhalten, durch die Ansteuerung eines Portals oder über die Anwendung eines Werbeblockers, liegt ein qualitativ anderer Sachverhalt vor, sodass die gezielte Ausnutzung von Aufmerksamkeit wettbewerbsrechtlich beanstandungswert erscheint.1625 So wurde bereits beim Anbieten eines „Television Switch Systems“, das es Hotels ermöglichte, Fernsehwerbeblöcke auszublenden und durch eigene zu ersetzen, eine nicht ausreichende Berücksichtigung der Nutzerautonomie unter 1615

Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 4.29; Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 4/47. BGH, GRUR 1963, 197 (200); BGH, GRUR 1986, 547 (548); Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Omsels, UWG, § 4 Nr. 4, Rn. 71. 1617 Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 4/47; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn 4.29. 1618 Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 4/47; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 4.29. 1619 Vgl. LG Köln, MMR 2004, 840; LG Hamburg, MMR 2016, 261 ff.; Kirchgäßner, GRUR-Prax 2015, 133; Peifer, AfP 2016, 5 (8 f.); Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Omsels, UWG, § 4 Nr. 4, Rn. 71 spricht vom „gleichen zeitlichen, räumlichen und medialen Umfeld“. 1620 Apel, in: FS Hertin (2000), 337 (353). 1621 Insbesondere BGH, GRUR 2004, 877 (879); ähnlich auch die neuen Rspr. zu Internetwerbeblockern: OLG Köln, GRUR 2016, 1082 (1802 ff.); OLG München, Urteil vom 17. August 2017 – 29 U 1917/16; OLG München, AfP 2017, 1365 (1365 ff.); OLG München, Urteil vom 15. März 2018, 5 U 152/12; BGH, Urteil vom 19.04.2018, I ZR 154/16; vgl. Hoeren/Sieber/Holznagel/Boemke, MMR-Hdb, Teil 11, Rn. 82; Peifer, AfP 2016, 5 (8), Fn. 31. 1622 BGH, GRUR 2004, 877 (879); OLG Köln, GRUR-RR 2005, 228 (229); Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Omsels, UWG, § 4 Nr. 4, Rn. 75. 1623 Titel bei Apel, in: FS Hertin (2000), 337 (337, 339); Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 4.73. 1624 KG Berlin, Urteil vom 23.07.2004 – 5 U 2/04; LG Berlin, ZUM-RD 2004, 126 (128 f.); HarteBavendamm/Henning-Bodewig/Omsels, UWG, § 4 Nr. 4, Rn. 71. 1625 So auch bei Ad Injections, die oftmals unwissentlich vom Nutzer im Rahmen eines anderen Programms intsalliert werde, Zimprich/Jeschke, MMR 2016, 300 (303). 1616

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wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten angenommen, obwohl das unveränderte Fernsehprogramm mit den „Original“-Werbespots auf einem anderen Kanal aufrufbar war.1626 Die unlautere Handlung wurde damit begründet, dass der Hotelbesitzer die Kontrolle darüber hat, ob der Rezipient über den „Original-Sender“ informiert ist und ihn auch findet.1627 Auch Overlay- oder Widget-Anwendungen auf Connected-TV-Geräten werden vorinstalliert und automatisiert durch den Overlay-Anbieter geschaltet und es besteht lediglich die Möglichkeit eines Opt-Outs durch den Rezipienten.1628 Wettbewerbsrechtlich zulässig erscheint nach den vorstehenden Grundsätzen allerdings nur eine Opt-In-Lösung der Widgets oder Overlays.1629 Eine solche technische Ausgestaltung der Endgeräte würde der Rezipient jedoch voraussichtlich aufgrund der weit verbreiteten Werbeskepsis, die generell eher zu Werbevermeidungsstrategien führt1630, nur bei einem daraus entstehenden Nutzungsvorteil annehmen. Denkbar wäre ein Modell ähnlich wie bei Musik-Streaming-Diensten, die die Dienste kostenfrei mit Werbung oder kostenpflichtig ohne Werbung anbieten oder sog. „Freemium-Diensten“, die einen werbefinanzierten Bereich („Free“) und daneben gegen Bezahlung weitere exklusive („Premium“-)Inhalte anbieten1631. Aber auch dann läge ein Unterschied zu den Konstellationen der Werbeblocker vor.1632 Den Rundfunkveranstaltern bleibt auch nur eine sehr begrenzte, aus der Attraktivität ihrer Angebote abgeleitete Verhandlungsposition gegenüber den Anbietern von Overlays-Ads, womit vertraglich darauf eingewirkt werden könnte, dass eine solche Werbepraxis unterlassen wird.1633 Overlay-Ad werden durch Endgeräte bereitgestellt und gesteuert. Gegenüber diesen haben die Rundfunkveranstalter kein Vertragsverhältnis. Lediglich in den Fällen, in denen die Endgerätehersteller bzw. Overlay-Anbieter gleichzeitig Infrastrukturunternehmen (bei Connected-TV-Sachverhalten über Set-Top-Box des Infrastrukturbetreibers) sind, entsteht eine solche Verhandlungsbasis. Damit ist aber nur ein geringer Teil der angesprochenen Sachverhalte erfasst. Auch die Steigerung der Attraktivität des eigenen Werbeprogramms ermöglicht im Unterschied zur Werbeblocker-Situation den Rundfunkveranstaltern kein Entgegenwirken.1634 Auch technische Gegenmaßnahmen1635 sind aufgrund der fehlenden Verbindung zwischen Rundfunksignal und dem Schalten des Overlays nur bedingt möglich. 1626

LG Berlin, ZUM-RD 2004, 126 (128). LG Berlin, ZUM-RD 2004, 126 (128 f.). Ähnlich Schmid, ZUM 2011, 457 (460); Boos, Hybrid-TV (2012), S. 123; a.A. Broemel, ZUM 2012, 866 (869), der einen Vergleich zur gerade zitierten Rechtsprechung bemüht. 1629 So auch Giurgiu/Metzdorf, in: Big-Data - Tagungsband der DSRI (2014), 709 (718); so zu Ad Icjections Zimprich/Jeschke, MMR 2016, 300 (303). 1630 Vgl. dazu Friedrichsen/Friedrichsen, in: Friedrichsen/Friedrichsen, Fernsehwerbung – quo vadis? (2004), 15 (25 ff.); Schenk/Ottler, in: Friedrichsen/Friedrichsen, Fernsehwerbung – quo vadis? (2004), 117 (117 ff.). 1631 Zu diesen „Freemium“-Diensten: Peifer, AfP 2016, 5 (5). 1632 Denkbare Geschäftsmodelle beschreibt auch Ladeur, GRUR 2005, 559 (560 f.). 1633 Zu diesen Vertragsgestaltungen: Fahle/Schulze Isfort, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln, Heft 291, S. 12. 1634 Zu diesen Möglichkeiten bei Werbeblockern BGH, GRUR 2004, 877 (880). 1635 Dazu beim Sachverhalt des Werbeblockers BGH, GRUR 2004, 877 (880).

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Außerdem ergibt sich noch aus einer weiteren Perspektive ein Unterschied zu der von der Rechtsprechung angenommenen lauterkeitsrechtlichen Unbedenklichkeit von Werbeblockern. Die Werbeblocker-Funktion einer Set-Top-Box schaltet auf ein entweder wahllos oder vom Rezipienten ausgesuchtes im Moment des Umschaltens werbefreies Programm um.1636 Die Overlays enthalten allerdings Inhalte, zumeist werblicher Natur, die allein unter der Kontrolle der Endgerätehersteller oder sonstigen Overlay-Anbietern liegen, sodass dem Rezipienten nur noch die Grundentscheidung zum Aufruf der Inhalte verbleibt.1637 Damit besteht ein noch engeres Wettbewerbsverhältnis zu den Rundfunkveranstaltern als dieses bei Werbeblockern vorliegt, sodass die beeinträchtigende Wirkung noch stärker wird, da es auch zu einem Ansehensverlust bei den Rundfunkveranstaltern (Integritätsinteresse) kommen kann. Auch ein Vergleich zur Nutzung eines Zweitmediums (z.B. der Zeitung) oder eines Second Screens neben der Fernsehrezeption als Argument gegen einen Wettbewerbsverstoß1638 ist nur in sehr begrenztem Maße sachgerecht. Das Anbieten eines eigenen Portals, welches auch unter paralleler Darstellung des Fernsehbildes aufgerufen werden kann, entspricht zwar dieser Systematik der aktiven Auswahl durch den Rezipienten1639; die Einblendung eines von Dritten gesteuerten Overlays allerdings nicht mehr. Dieses stellt aufgrund der fehlenden Veranlassung durch den Rezipienten auch kein Äquivalent zu einem Werbeblocker da, sondern eine qualitativ anders zu beurteilende Funktion. Der Werbeblocker ist stets vom Rezipienten gesteuert. Overlays können hingegen höchstens durch den Rezipienten deaktiviert werden, falls der Anbieter bzw. Gerätehersteller eine solche Funktion vorgesehen hat. Dementsprechend ergibt sich auch bei der Aufmerksamkeit des Rezipienten ein differenziertes Bild. Der Werbeblocker verhindert die Wirkung einer Werbung auf den Rezipienten in Gänze; die teilweise räumliche Überblendung entzieht die Aufmerksamkeit nur für eine kurze Zeitspanne oder ein begrenztes Blickfeld, was durch das Phänomen der BannerBlindness1640 noch verstärkt werden kann. Allerdings führt auch diese verringerte Aufmerksamkeit, die für die Vermarktung der eigenen Angebote genutzt wird, zu investitionsrechtlichen Beeinträchtigungen. Letztlich sind Einblendungen auf einem SecondScreen oder die Heranziehung eines Zweitmediums allein durch die Entscheidung des Rezipienten initiiert. Eine Overlay-Ad hingegen wird im Wege der Primärnutzung des Fernsehgerätes in das Aufmerksamkeitsfeld des Rezipienten gebracht, ohne dass er oder der Rundfunkveranstalter, dessen Inhalte er gerade rezipiert, Einfluss darauf hat.1641

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Zum Sachverhalt vgl. BGH, GRUR 2004, 877 (877). So auch Schmid, ZUM 2011, 457 (460); Boos, Hybrid-TV (2012), S. 119; ähnlich auch Ladeur, GRUR 2005, 559 (561). 1638 So Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (26); Chardon, in Gottberg/Graubner, tv dirskurs 56, 54 (60); Schmid, AfP 2011, 23 (23). 1639 So wohl auch die Wertung bei Boos, Hybrid-TV (2012), S. 123; Broemel, ZUM 2012, 866 (870). 1640 Zu diesem Beriff siehe oben, 4. Kap. I. 5). 1641 Ähnlich Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (26), die aber eine a.A. vertreten.

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Ferner spricht die Ähnlichkeit mit Pop-Up-Werbebannern1642 im Internet für die Wettbewerbswidrigkeit von Overlays und bestätigt die herausgearbeiteten wettbewerbsrechtlichen Argumentationslinien. Pop-Ups als eine im Internet gängige Werbeform werden, soweit sie von Dritten und nicht dem Homepagebetreiber bzw. Telemedienanbieter selbst oder mit dessen Einwilligung kontrolliert werden, als wettbewerbswidrig angesehen, weil die Attraktivität der fremden Homepage ausgenutzt wird, um die Aufmerksamkeit auf das eigene Angebot zu lenken.1643 Insoweit liegt ein Wettbewerbsverstoß im Rahmen der Fallgruppe der „Werbung in räumlicher Nähe zum Mitbewerber“ vor. Hier kann das Kriterium der „Abschöpfung des Leistungserfolges“ bejaht werden, da es zu einer Behinderung der Außendarstellung kommt1644 und allgemein fremde Kundenströme auf die eigene Internetpräsenz geleitet werden1645. Eine abweichende Betrachtung für den technisch wie inhaltlich gleich gelagerten Sachverhalt des von Dritten kontrollierten Overlays auf Connected-TV-Endgeräten erscheint in diesem Fall nicht ersichtlich.1646 Ansonsten wären die Online-Auftritte der Rundfunkveranstalter stärker geschützt als ihr Kerngeschäft, die Übertragung von Rundfunksendungen. Unscharf bleibt in diesem Zusammenhang hingegen die Abgrenzung, bei der Überblendung von Rundfunkinhalten durch Overlays gehe es nicht um die Behinderung der Außendarstellung, sondern des Produkts „Werbung“ selbst.1647 Unter dem Gesichtspunkt der „Integritätsbeeinträchtigung“ ist gerade auch eine Beeinträchtigung der Außendarstellung zu befürchten, soweit der Rezipient keine klare Trennung der beiden Angebote vornimmt.1648 Außerdem ist es unter den gerade beschriebenen wettbewerbsrechtlichen Prämissen unerheblich, ob Werbung oder Programm überblendet werden, da es um eine unlautere Abschöpfung der für die Werbung benötigten Aufmerksamkeit des Rezipienten geht. Auch hier wird die wettbewerbliche Handlung aufgrund räumlicher Überlagerung der Pop-Ups über Angebote eines Mitbewerbers und aufgrund der mit den für den Rezipienten damit verbundenen Automatismen begründet. (c) Umleitung von Kundenströmen Bei Werbeüberblendungen wird regelmäßig auch die Fallgruppe der „Umleitung von Kundenströmen“ herangezogen. Diese kann eine weitere sowohl produkt- als auch kundenbezogene Beeinträchtigung darstellen, da die Aufmerksamkeit der Rezipienten eine kundenbezogene Determinante des Wettbewerbsverhältnisses zwischen „Pop-Ups sind Werbeflächen, die sich als Bildschirmfenster beim Aufrufen einer Website automatisch öffnen und die eigentlich aufgerufene Seite teilweise oder vollständig überdecken können.“ So die Definition bei Hoeren/Sieber/Holznagel/Boemke, MMR-Hdb, Teil 11, Rn. 79. 1643 Hoeren/Sieber/Holznagel/Boemke, MMR-Hdb, Teil 11, Rn. 81 mwN.; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Omsels, UWG, § 4 Nr. 4, Rn. 71; Fezer/Büscher/Obergfell/Mankowski, UWG, § 4-S12, Rn. 161; Boos, Hybrid-TV (2012), S. 120 f.; Bornkamm/Seichter, CR 2005, 747 (752); LG Köln, MMR 2004, 840; LG Hamburg, MMR 2016, 261 (261 ff.); wohl a.A. LG Berlin, MMR 2004, 699 (699). 1644 Boos, Hybrid-TV (2012), S. 120. 1645 LG Köln, MMR 2004, 840; Hoeren/Sieber/Holznagel/Boemke, MMR-Hdb, Teil 11, Rn. 81. 1646 So auch Boos, Hybrid-TV (2012), S. 120. 1647 Boos, Hybrid-TV (2012) S. 120. 1648 Anders Boos, Hybrid-TV (2012), S. 120; Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (31). 1642

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Rundfunkveranstaltern und Anbietern von Overlays ist.1649 Zwischen auch hier nahe beieinander liegendem wettbewerbskonformem und wettbewerbswidrigem Abfangen von Kunden kann nur durch die Feststellung differenziert werden, dass auf Kunden, die dem Mitbewerber bereits zuzurechnen sind, in unangemessener Weise eingewirkt wird.1650 Eine solche Einwirkung wird vor allem dann angenommen, wenn der Handelnde sich zwischen den Kunden und den Mitbewerber stellt, „um diesem eine Änderung seine Entschlusses, die Waren und Dienstleistungen des Mitbewerbers in Anspruch zu nehmen, aufdrängt“.1651 Die Aufmerksamkeit des Rezipienten von Rundfunkinhalten ist grundsätzlich dem Inhalteanbieter zuzurechnen, sodass eine Ablenkung dieser Aufmerksamkeit, indem man durch eine räumliche Überlagerung dem Rezipienten einen anderen (werblichen) Inhalt aufdrängt, als unlauter anzusehen ist.1652 Sieht man den Rezipienten als Nutzer eines (Connected-TV-)Endgerätes an, so stellt das zusätzliche Bereitstellen von weiteren Angeboten mittels eines Portals oder über ein Widget, das mittels Fernbedienung angesteuert wird, allerdings keine „aufgedrängte Umleitung“ dar, weil der Rezipient autonom seine Entscheidung trifft und unter den verschiedenen vom ihm anwählbaren Angeboten auf dem Endgerät noch keinem der Anbieter dieser Angebote endgültig zugeordnet ist. Deshalb ist die Möglichkeit der parallelen Nutzung verschiedener Angebote auf einem Endgerät lauterkeitsrechtlich unbedenklich.1653 Zieht man allerdings einen Vergleich zu den Fällen von „Deep-Links“, kann man zu einem anderen Ergebnis kommen. Das Vorbeiführen von Kundenströmen an Werbemöglichkeiten wurde bei „Deep Links“, die eine werbewirksame Eingangshomepage umgehen, nicht als unlauter angesehen.1654 Dabei spielte wiederum eine Rolle, dass der Rezipient bewusst den Deep Link wählt, um zu der Seite zu kommen, und nicht den parallel weiter verfügbaren Weg über die Eingabe der URL und der dazugehörigen Startseite. Außerdem besteht dann auch weiterhin die Möglichkeit auf der Seite, auf die der Link führt, Werbung anzubieten.1655 Diese Möglichkeit hat der Rundfunkveranstalter bei Overlays nicht; ihm bietet sich kein Alternativkonzept für seine Werbeplätze, da, selbst wenn er als Werbemittel die in engen Grenzen zulässige Produktplatzierung wählt, die Möglichkeit der Platzierung einer die Aufmerksamkeit ableitetenden Overlay-Ad besteht. Zudem wird in der neueren Rechtsprechung auch bei Online-Sachverhalten betont, dass sobald die beeinträchtigende Handlung des Mitbewerbers ohne

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Dazu auch Boos, Hybrid-TV (2012), S. 121. BGH, GRUR 2001, 1061 (1063). Von Walter, in: Wandtke/Ohst, Praxishandbuch Medienrecht, 3. Aufl. 2014, Band 3, Kapitel 1, § 3 Rn. 96; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 4.25; stRspr. BGHZ, 148, 1 (8); BGH, GRUR 2007, 987 (989); BGH, GRUR 2009, 876 (878); BGH, GRUR 2009, 416 (417); BGH, GRUR 2009, 500 (502); BGH, GRUR 2011, 166 (169); BGH, GRUR 2012, 645 (646); BGH, GRUR 2014, 393 (396); BGH, GRUR 2016, 825 (827); BGH, GRUR 2017, 92 (93). 1652 A.A. Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (31) wonach die mittelbare Umleitung von Aufmerksamkeit nicht ausreiche, um dem Mitbewerber gezielt Werbechancen zu nehmen. 1653 Ähnlich OLG Köln, GRUR-RR 2005, 228 (229); Broemel, ZUM 2012, 866 (871). 1654 BGH, GRUR 2003, 958 (963); Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 4.73; Broemel, ZUM 2012, 866 (869). 1655 BGH, GRUR 2003, 958 (963); Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 4.73.

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Zutun des Nutzers automatisiert erfolgt und somit nicht vom Nutzer selbst in autonomer Entscheidung ausgeht, eine unlautere Handlung vorliegt.1656 (d) Ausnutzung fremder Einrichtungen Als produktbezogene Beeinträchtigung könnte die „Ausnutzung fremder Einrichtungen“ mit der „Ausnutzung von fremder Aufmerksamkeit“ verglichen werden. 1657 Darunter sollen die Fälle erfasst werden, in denen „von einem oder für einen Mitbewerber geschaffene Einrichtungen für eigene Zwecke ausgenutzt werden, ohne dafür ein Entgelt zu entrichten“.1658 Der „Aufmerksamkeitstransfer“ ist allerdings schwieriger zu beeinflussen als das tatsächliche Abgreifen von Kunden1659. Hier kommt die Gegenthese, dass es sich bei Overlays nur um eine partielle Überblendung handele1660, zum Tragen, da die Aufmerksamkeit, was mittels Eye-Tracking1661 ermittelbar ist, zwar auch auf das Overlays fällt, aber nicht in vollem Umfang vom Rundfunkveranstalter abgezogen wird. Es fehlt deshalb unter diesem Gesichtspunkt die Konkretheit oder hinreichende Wahrscheinlichkeit der Umleitung von Kundenströmen. Dieser Aspekt kann aber allenfalls mit Blick auf die ökonomische Bedeutung auch nur eines potentiellen Aufmerksamkeitsverlusts anders gesehen werden. Bereits das partielle und möglicherweise nur potentielle Umleiten der Aufmerksamkeit der Rezipienten zu Online-Inhalten wirkt wie ein Reichweitenverlust in Bezug auf die Rundfunkwerbung, sodass es zu einer Verringerung der Werbepreise kommt.1662 Hierbei handelt es sich aber um eine sehr mittelbare Beziehung, die nicht im Sinne der von dieser Fallgruppe eigentlich erfassten Produktions- und Betriebsmittel1663 ist. Aufmerksamkeit ist keine fest kontrollierbare Ressource (wie z.B. das Bereithalten von Netzen, einer Website oder Parkplätzen1664), sodass aufgrund der fehlenden Zuordnung der „Einrichtung“ zu einem der Wettbewerber, die Ermittlung der Wettbewerbswidrigkeit praktisch vor zu hohen Hürden stünde. (e) Zielgerichtetheit der Wettbewerbshandlung In Bezug auf diese vorstehenden Fallgruppen erfolgt eine Beeinträchtigung durch eigene Wettbewerbshandlungen auch zielgerichtet, da bewusst und willentlich das Programm der Rundfunkveranstalter als Anknüpfungspunkt für eine automatisierte werbliche Überblendung durch Dritte gewählt wird. Ob dies systematisch oder gezielt auf eine 1656

LG Hamburg, MMR 2016, 261 (262 ff.). Dazu Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 4.27b. Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 4.27b; Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 4/50a; BGH, GRUR 2010, 346 (348 f.); BGH, GRUR 2014, 393 (396). 1659 Vgl. Beispiele bei Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 4.27b. 1660 Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (31); siehe oben, 4. Kap. I. 6). 1661 „Eye-Tracking bezeichnet das Aufzeichnen der hauptsächlich aus Fixationen (Punkte, die man genau betrachtet), Sakkaden (schnellen Augenbewegungen) und Regressionen bestehenden Blickbewegungen einer Person. Dadurch lassen sich u. a. das Suchverhalten und die Aufmerksamkeitsdauer einer Person ermitteln und so lassen sich Rückschlüsse über weitgehend unbewusste Wahrnehmungs--, Aufmerksamkeits- und Informationsverarbeitungsprozesse ziehen.“ Tezel, ZD-Aktuell 2016, 05027. 1662 Ähnlich zu potentiellen Auswirkungen auf Rezipienten LG Berlin, ZUM-RD 2004, 126 (128). 1663 Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4 Rn. 27b. 1664 Vgl. Beispiele bei Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4 Rn. 27b. 1657 1658

II. Rechtliche Einordung

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bestimmte Werbung (etwa Eigenwerbung des Rundfunkveranstalters) geschieht, ist nicht entscheidend.1665 (4) Allgemeine Marktbehinderung Neben den Schutzmechanismen bei konkreten wettbewerbsrechtlichen Handlungen beschäftigt sich das Wettbewerbsrecht auch mit der Fallgruppe einer „allgemeinen Marktbehinderung“1666. Diese soll auf abstrakter Ebene „Wettbewerbsgefährdungen“ und „Marktstörungen“ über eine Marktstrukturkontrolle verhindern.1667 Davon sind speziell solche wettbewerbsrechtlichen Verhaltensweisen erfasst, die isoliert betrachtet als wettbewerbskonform einzustufen sind, aber aufgrund besonderer Umstände den Bestand des Wettbewerbs gefährden.1668 In Abgrenzung zur kartellrechtlichen Marktmachtkontrolle muss trotz der grundsätzlichen parallelen Anwendbarkeit von UWG und GWB ein eigenständiger Anknüpfungspunkt für Unlauterkeit der allgemeinen Marktbehinderung angenommen werden, um Friktionen zu den Wertungen des Kartellrechts zu verhindern.1669 Die Fallgruppe wurde bereits unter § 1 UWG aF – wenn auch in ihrer Existenz nicht unumstritten1670 – gefasst und gilt, auch wenn sie nicht in die Beispielstatbestände der §§ 4 ff. UWG aufegnommen wurde, unter der Generalklausel gemäß § 3 Abs. 1 UWG nF fort.1671 Die allgemeine Marktbehinderung spielt speziell auch im medienrechtlichen Kontext eine Rolle. Einer der Hauptanwendungsfälle ist bzw. war der Gratisvertrieb von Presseerzeugnissen, welche zu Absatzeinbußen bei den Kauf- und Abonnementzeitungen führte.1672 Auch in der angesprochenen Entscheidung zu Werbeblockern im Fernsehen war die Fallgruppe einschlägig.1673 Dabei wurde mit Blick auf die grundrechtlichen Positionen der Anbieter der Werbeblocker und der privaten Rundfunkveranstalter „kein Schutz vor den Herausforderungen des Marktes“ gewährt.1674 Schließlich fehlte es dem BGH an der Konkretheit der Gefährdung des Bestandes des Wettbewerbs, da nicht endgültig absehbar sei, ob es zu einer existenzgefährdenden Beeinträchtigung unternehmerischer Tätigkeit komme, nicht zuletzt, weil die für diese Fallgruppe verlangte hohe Schwelle eines Unlauterkeitsmerkmals allein durch geringe Buchung von Werbezeiten oder geringeren TKPs nicht erreicht sei.1675 Aufgrund der zumindest ähnlichen 1665

So aber Boos, Hybrid-TV (2012), S. 121. Kritisch zu dieser Bezeichnung Beater, Unlauterer Wettbewerb (2011), § 26, Rn. 2263. Beater, Unlauterer Wettbewerb (2011), § 26, Rn. 2263 f.; Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 4/95; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 5.1; aus der Rspr. u.a. BGHZ 114, 82 (84); BGH, GRUR 2001, 80 (81); GRUR 2001, 752 (753); BGH, GRUR 2004, 602 (603); Relevanz zur Schließung von Schutzlücken: BGH, GRUR 2009, 416, (418); BGH, GRUR 2010, 455 (457). 1668 Beater, Unlauterer Wettbewerb (2011), § 26, Rn. 2263 f.; Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 4/95. 1669 Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 5.2; Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 4/96 mwN; HarteBavendamm/Henning-Bodewig/Omsels, UWG, § 4 Nr. 4, Rn. 251 mwN. 1670 Zur Kritik vgl. Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 4/97 mwN. 1671 Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 5.1; Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 4/95; Beater, Unlauterer Wettbewerb (2011), § 26, Rn. 2264. 1672 Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 4/102 f; Beater, Unlauterer Wettbewerb (2011), § 26, Rn. 2310 ff. 1673 BGH, GRUR 2004, 877 (880). 1674 BGH, GRUR 2004, 877 (880). 1675 BGH, GRUR 2004, 877 (880).

1666 1667

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4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

Problemlage in Bezug auf den Werbemarkt der Rundfunkveranstalter ist eine Übertragung dieser Grundsätze auf Connected-TV-Sachverhalte diskutabel. Unter den verschiedenen Tatbestandsmerkmalen1676 muss zur Bestimmung des relevanten Marktes zunächst auf das kartellrechtliche Bedarfsmarktkonzept zurückgegriffen werden.1677 Aufgrund der Zweiseitigkeit der Medienmärkte (siehe oben, 1. Kap. VI. u. 4. Kap. I. 3)) ist bei der Marktabgrenzung die Besonderheit zu beachten, dass auf beide Märkte abzustellen und deren Zusammenwirken zu berücksichtigen ist.1678 Aufgrund der Tatsache, dass die redaktionellen Inhalte auf der einen Seite des Rundfunkmarktes über die Leistung auf der anderen Seite des Marktes (Verkauf von Werbezeit und –plätzen) finanziert werden, ist der die Finanzierung gewährleistende Teil hier entscheidend. Auf der Seite der Konkurrenz um Werbekunden liegt für die Werbewirtschaft eine Substitutionierbarkeit ihrer Produkte (Werbung) vor, da sie sowohl bei den Rundfunkunternehmern als auch bei den Anbietern von Overlay-Ads auf Werbeformen zurückgreifen, die beide die Zuschauer von Rundfunkprogrammen als Zielgruppe haben. Daneben muss es zu einer Gefährdung des Wettbewerbs kommen.1679 Darunter ist allerdings nicht der generelle Schutz vor den „Herausforderungen des Marktes“ oder vor „ungestörter geschäftlicher Betätigung“ zu verstehen.1680 Die Dynamik des Wettbewerbs soll durch die wettbewerbsrechtlichen Vorschriften gerade gefördert und nicht behindert werden. Dennoch ist mit Blick auf „überragende Gemeinschaftsinteressen“ eine Einschränkung dort überlegenswert, wo eine „bestimmte Art oder Qualität von Wettbwerb“1681 zu gewährleisten ist.1682 In der Rechtsprechung wurde dies früher für den verfassungsrechtlich über Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG geschützten Bereich des Pressemarktes unter Rückgriff auf die objektiv-rechtliche Funktion der grundrechtlichen Gewährleistung („Institut der freien Presse“) angenommen.1683 Nach dieser Lesart würde der lauterkeitsrechtliche Schutz vor einer allgemeinen Marktbehinderung aber nicht auf den „Erhalt von freiem Wettbewerb“ auf einem „funktionierenden Markt“, sondern auf den Schutz des Marktes im Sinne eines „Marktstruktur- und Bestandsschutzes“ hinauszulaufen.1684 Die Rechtsprechung zum Pressemarkt hat diese 1676

Zu diesen allgemeinen Voraussetzungen vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 5.3 ff.; Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 4/98; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Omsels, UWG, § 4 Nr. 4, Rn. 251 ff. 1677 Laut Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Omsels, UWG, § 4 Nr. 4, Rn. 256 mwN. so die h.L., der Rspr. ist keine endgültige Linie zu entnehmen; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 5.4 verweist hingegen auf BGHZ 67, 104 (113 ff.); BGH, GRUR 1988, 323 (324 f.); OLG Stuttgart, NJWE-WettbR 1999, 200 (202); ebenso Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 4/98. 1678 Beater, Unlauterer Wettbewerb (2011), § 26, Rn. 2316. 1679 Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 5.5 ff.; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Omsels, UWG, § 4 Nr. 4, Rn. 257 ff. mwN aus der Rspr. 1680 So wörtlich BGH, GRUR 2004, 887 (880); dazu auch Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 5.5; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Omsels, UWG, § 4 Nr. 4, Rn. 252; Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 4/98. 1681 Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 5.5. 1682 Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 5.5; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Omsels, UWG, § 4 Nr. 4, Rn. 262. 1683 BGHZ 19, 392 (399); 51, 236 (247 f.); BGH, GRUR 1985, 881 (882); BGH, GRUR 1990, 44 (45); Beater, Unlauterer Wettbewerb (2011), § 26, Rn. 2314 mwN.; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Omsels, UWG, § 4 Nr. 4, Rn. 262; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 5.20. 1684 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Omsels, UWG, § 4 Nr. 4, Rn. 253; Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 4/103.

II. Rechtliche Einordung

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Kritik aufgegriffen und die Anwendung des Tatbestandes der allgemeinen Marktbehinderung stark eingeschränkt.1685 Da dem Werbemarkt beim privaten Rundfunk allerdings ebenfalls ein liberales Marktverständnis, ähnlich der Presse, zugrunde liegt1686, könnte man dieses restriktive Verständnis der Rechtsprechung auch hier zugrunde legen.1687 Nichtsdestotrotz verlangt der Rundfunkmarkt eine eigenständige Betrachtung unter diesen Parametern. In der Dogmatik der Rundfunkfreiheit in der Lesart des Bundesverfassungsgerichts bildet das sog. „Marktversagensargument“ immer noch einen Grundpfeiler der Begründung der Sonderdogmatik der Rundfunkfreiheit als Ausgestaltung eines Grundrechts.1688 Darüber wird zum einen der hohe Grad an präventiver Regulierung gerechtfertigt und zum anderen das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem legitimiert. Entscheidend ist daher, inwieweit auch der private Rundfunk an dieser Rechtfertigung teilnimmt. Dessen präventive Regulierung (Marktzutritt, Aufsicht, Finanzierung) gründet genauso auf einem grundsätzlichen Misstrauen gegenüber reinen Marktprozessen, weshalb das Bundesverfassungsgericht eine komplette Deregulierung des Privatrundfunks unter der Dogmatik der Rundfunkfreiheit ablehnt.1689 Auch die finanziellen Grundlagen des privaten Rundfunks werden in ihren absoluten Grundvoraussetzungen der objektivrechtlichen Gewährleistung zugerechnet.1690 Die Sonderdogmatik, die primär als Auftrag an den Gesetzgeber zu verstehen ist, beinhaltet dahingehend das Gebot der Schaffung einer Medienordnung, die dem Privatrundfunk eine Möglichkeit der Finanzierung gewährleistet.1691 Dieser ist aufgrund der Angewiesenheit auf die Werbefinanzierung bereits Programmzwängen unterworfen, sodass eine verfassungsrechtliche Grundabsicherung dieses Modells ihm durchaus eine privilegierte Stellung im Vergleich zu anderen Marktteilnehmern einräumt.1692 Auch das Merkmal der „Zweiseitigkeit“ des Werbemarktes wird hier relevant. Die „Finanzierungsseite“ des zweiseitigen Marktes ist beim Privatfernsehen von besonderer Bedeutung, weil die redaktionelle Ausrichtung, sobald der Werbemarkt aufgrund von Konkurrenz oder niedrigeren TKPs schwieriger zu bedienen ist, einem stärker werdenden Anpassungsdruck unterliegt.1693 Nur Wettbewerber, die über das gleiche Modell des zweiseitigen Marktes mit den

1685 BGH, GRUR 2004, 602 ff.; BGH, WRP 2004, 746 ff.; BGH, AfP 2010, 241 ff.; Beater, Unlauterer Wettbewerb (2011), § 26, Rn. 2317 ff.; Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 4/103; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Omsels, UWG, § 4 Nr. 4, Rn. 270. 1686 Beater, Unlauterer Wettbewerb (2011), § 26, Rn. 2315; Heinrich, Medienökonomie Bd. 2, 2. Aufl. 2010, S. 97; Dörr, ZUM 2015, 6 (12). 1687 A.A. Beater, Unlauterer Wettbewerb (2011), § 26, Rn. 2315. 1688 Vgl. BVerfGE 31, 314 (325); 57, 295, (323); 73, 118 (155); 103, 44, (67); 119, 181, (215 f.); siehe auch Brinkmann, ZUM 2013, 193 (194 f.) mwN.; Heinrich, Medienökonomie Bd. 2, 2. Aufl. 2010, S. 97. 1689 BVerfGE 57, 295 (323); 73, 118 (158); Heinrich, Medienökonomie Bd. 2, 2. Aufl. 2010, S. 97 ff. 1690 Ladeur, GRUR 2005, 559 (562); BVerfGE 83, 238 (297, 311); wohl a.A. Funk/Zeifang, MMR 2004, 665 (666) 1691 So insbesondere Ladeur, GRUR 2005, 559 (562); Apel, in: FS Hertin (2000), 337 (353); Heinrich, Medienökonomie Bd. 2, 2. Aufl. 2010, S. 100. 1692 Ladeur, GRUR 2005, 559 (562); Apel, in: FS Hertin (2000), 337 (353); offen hinsichtlich der Anforderungen des GG an die Finanzierung privater Rundfunkveranstalter, BVerfGE 57, 295 (324); ähnlich Funk/Zeifang, MMR 2004, 665 (666). 1693 So auch die Tendenz bei Brinkmann, ZUM 2013, 193 (196 f.).

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4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

Rundfunkanbietern in Konkurrenz treten und damit auch durch redaktionelle Inhalte und nicht nur mit Blick auf Werbung für den Rezipienten austauschbar sind, fördern positiv den Wettbewerb. Für Connected-TV-Sachverhalte kann daraus gefolgert werden, dass der Rundfunkwerbemarkt in einer „besonderen Art und Qualität“ bestehen muss, damit das Modell des dualen Rundfunksystems, in dem auch der private Rundfunk am positivrechtlichen Gehalt der Rundfunkfreiheit als „Faktor“ bei der Meinungsbildung teilnimmt, weiterhin funktioniert. Im derzeitigen Modell1694 muss den Finanzierungsmöglichkeiten des privaten Rundfunks daher ein Schutz auch mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts gewährleistet werden. Wird ein Wettbewerber nur auf dem Werbemarkt als Teil des zweiseitigen Medienmarktes tätig und nutzt er dabei die Aufmerksamkeitsinfrastruktur des Rundfunkanbieters, ohne ebenfalls einen redaktionellen Inhalt1695 auf der anderen Seite des Marktes zu liefern, stellt dies ein wettbewerbswidriges Handeln dar. Anbieter von Overlay-Ads weisen genau diese Struktur auf: Sie konkurrieren lediglich um die Werbekunden und müssen keine redaktionellen Inhalte darüber finanzieren. Genau darin liegt auch der qualitative Unterschied zu der mittlerweile berechtigterweise bestehenden liberalen Einschätzung des Pressemarktes beim Vertrieb von anzeigenfinanzierten Gratiszeitungen. Zur Erfüllung dieses lauterkeitsrechtlichen Tatbestandes bedarf es auch der Gefahr einer „dauerhaften Verschlechterung der wettbewerbsrechtlichen Strukturen“, deren Gefährdungsgrad den nicht leicht zu führenden Nachweis einer „konkreten, ernsthaften Gefahr der Marktstrukturverschlechterung“ erfordert, welche sich nicht in der bloßen „Erschwerung der Geschäftstätigkeit“ erschöpft.1696 Letztlich muss der Betroffene demnach als konkrete Tatsachen vor allem Umsatzeinbußen vortragen, welche ins Verhältnis zur Zahl, Größe und Organisation der Wettbewerber auf dem relevanten Markt, der Dauer des fraglichen Verhaltens, der Reaktion der Mitbewerber und des Eintretens einer Störung gesetzt werden müssen.1697 Auf dem Connected-TV-Markt wird bislang nur ein relativ abstraktes Gefährdungspotential vorgetragen, wonach lediglich ein Hersteller von Connected-TV-Geräten eine konkrete Overlay-Ad eingesetzt hat (siehe oben, 4. Kap. I. 1). Demnach kann auch ein Abwandern der Werbekunden auf die Anbieter von Overlay-Ads oder der Verfall der Werbepreise, wenn man dieses überhaupt ausreichen lässt, um eine Gefahr einer Einschränkung des Leistungswettbewerbs zu begründen1698, als noch nicht konkret beziffert und kausal auf das Verhalten der Anbieter von Overlays zurückgeführt werden. Aber auch hier kann man unter dem Eindruck der Rundfunkfreiheit zu abweichenden Anforderungen an den Gefahrengrad kommen. Die Rundfunkfreiheit fordert mit Blick 1694

Das BVerfG geht hinsichtlich des dualen Rundfunksystems nicht von einer Modellkonsistenz aus; BVerfGE 83, 238 (305). 1695 Dies gilt unabhängig davon, ob auch Werbesendungen unter die Rundfunkfreiheit fallen. Vgl. dazu Kreile/HKRStV, Bd. I, B 5 § 7 RStV, Rn. 11 ff. mwN. 1696 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Omsels, UWG, § 4 Nr. 4, Rn. 257 ff.; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 5.7; Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 4/98. 1697 Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 5.8; BGHZ 81, 291 (297 f.); BGH, GRUR 2004, 877 (880). 1698 Anders BGH, GRUR 2004, 877 (880); Boos, Hybrid-TV (2012), S. 122

II. Rechtliche Einordung

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auf den besonderen Schutzbedarf der individuellen und öffentlichen Meinungsbildung eine präventive Regulierung.1699 Zur Begründung wird auf die aus der Besonderheit der Rundfunkfreiheit und ihrer Wertigkeit für die Demokratie resultierende besondere Schwierigkeit, eingetretene Fehlentwicklungen zu korrigieren, verwiesen. 1700 Deshalb müssen auch Gefahrenprognosen im Anwendungsbereich dieses Regulierungszwecks stets auf die Notwendigkeit einer präventiven Regulierung ausgerichtet werden. Das bedeutet in Bezug auf den Werbemarkt, dass eine Regulierung nicht erst dann greifen darf, wenn die „Existenz der Veranstalter ernsthaft gefährdet ist“.1701 In dem in dieser Problematik zu Tage tretenden Spannungsverhältnis grundrechtlicher Positionen ergibt sich auch zur Ermittlung des besonderen Unlauterkeitsmerkmales eine Interessenabwägung, welche einen „sachlichen Grund für die Annahme einer Bestandsgefährdung“ liefern muss.1702 Bei einer solchen Abwägung würde auch den Anbietern von Overlay-Ads aufgrund der bisher technischen Abgrenzung des sachlichen Schutzbereichs der Rundfunkfreiheit und der inhaltlichen Erstreckung auch auf Werbung eine Berufung auf Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG1703 neben Art. 12 Abs. 1 GG zustehen. Bei einer solchen Abwägung überwiegen die Interessen der Rundfunkveranstalter aufgrund der Kombination von redaktionellen Inhalten und Werbung im Vergleich zu den Interessen der Anbieter von Overlay-Ads, welche in weiten Teilen ausschließliche Verbreiter von kommerzieller Kommunikation sind.1704 Um aber nicht einen ausufernden Risikotatbestand zu schaffen, der bei jeder Form der Überblendung als Ausnutzung einer fremden Leistung schon ein mögliches Marktversagen annimmt, muss auch bei diesem wettbewerbsrechtlichen Tatbestand beachtet werden, dass nur ein Verhalten der Anbieter von Overlay-Ads zu einer allgemeinen Marktbehinderung führen kann, das unter Kontrolle der Anbieter steht und nicht erst durch den Rezipienten aktiviert wird. Auch unter der Fallgruppe der „allgemeinen Marktbehinderung“ kann ein Verhalten eines Wettbewerbers, welche seine beeinträchtigende Wirkung erst nach oder im Rahmen einer autonomen Entscheidung des Rezipienten entfaltet, keinen unlauteren Wettbewerb begründen.1705 Letztlich kann zum jetzigen Zeitpunkt, selbst unter einem erweiterten Normverständnis, noch keine Prognose zur Marktentwicklung abgegeben werden, sodass derzeit die relevante Schwelle einer Risikovorsorge unter einem präventiven Normverständnis noch

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Schröder, ZUM 2015, 27 (27); Eifert, Jura 2015, 356 (362); BVerfGE 57, 295 (320); 119, 181 (217). BVerfGE 57, 295 (320, 323); 73, 118 (160); 95, 163 (173) 119, 181 (217); Schröder, ZUM 2015, 27 (27); Eifert, Jura 2015, 356 (362); Apel, in: FS Hertin (2000), 337 (357). 1701 Ladeur, GRUR 2005, 559 (562); Apel, in: FS Hertin (2000), 337 (357); Ahrens, WRP 1999, 123 (127). 1702 Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 4, Rn. 5.12a; Ohly/Sosnitza, UWG, § 4, Rn. 4/98. 1703 So auch Boos, Hybrid-TV (2012), S. 118 f. 1704 Ähnlich aber aufgrund der besonderen Sachverhaltsgestaltung der besprochenen Entscheidung zu den Werbeblockern ohne Berücksichtigung, dass sich auch andere Marktteilnehmer auf die Rundfunkfreiheit berufen können, soweit die Verbreitung von Werbung zum Anwendungsbereich zählt, Ladeur, GRUR 2004, 559 (562); Funk/Zeifang, MMR 2004, 665 (666). 1705 Boos, Hybrid-TV (2012), S. 122.

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4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

nicht überschritten erscheint, da bislang noch nicht ausreichend konkret ein Abwandern von Werbekunden oder ein Verfall der TKPs festzustellen ist.1706 Allerdings bietet dieser wettbewerbsrechtliche Tatbestand der „allgemeinen Marktbehinderung“ einen Schutzmechanismus als Auffangtatbestand gegen zu starke Marktverzerrungen auf dem Rundfunkmarkt. Gerade in den Fällen der Overlays und Widgets würde eine kartellrechtliche Kontrolle nicht greifen, da es nicht durch reine Marktmacht oder einen Missbrauchstatbestand zur Gefährdung der Rundfunkfinanzierung kommt. Dennoch kann sich aus dem wettbewerblichen Verhalten eine Schieflage für einen verfassungsrechtlich besonders sensibel eingestuften Rundfunkmarkt ergeben, welche aus einem unlauteren Verhalten der Anbieter von Overlay-Ads herrührt. (5) Verstoß gegen das wettbewerbsrechtliche Trennungsprinzip, § 3 Abs. 1 UWG i.V.m. § 3a UWG Des Weiteren ist auch hier in die Überlegung miteinzubeziehen, ob Overlays gegen werberechtliche Vorschriften verstoßen können und daher einen nach § 3a UWG relevanten Wettbewerbsverstoß begründen.1707 Denkbar wäre eine Einordnung als Produktplatzierung1708 oder das Schalten von Overlay-Ads im räumlichen und zeitlichen Umfeld von Sendungen, die medienrechtlich werbefrei sein müssen1709. Auch wenn die rundfunkrechtliche Medienregulierung über die wettbewerbsrechtlichen Maßstäbe hinausgehende Zwecke (z.B. redaktionelle Unabhängigkeit) verfolgt1710, umfasst sie auch unter medienrechtlichen Gesichtspunkten eine verbraucherschutzrechtliche Zielsetzung, die mit der wettbewerbsrechtlichen weitgehend parallel läuft.1711 Zur Annahme eines Wettbewerbsverstoßes müsste allerdings der gegenüber dem Problem der Integritätsverletzung der Rundfunkprogramme umgekehrte Ausgangspunkt eingenommen werden: Die Inhalte der Rundfunkanbieter, die den Werberegeln des RStV unterfallen, müssten den Anbietern der Overlay-Ads und Widgets zugerechnet werden, damit diese einen Wettbewerbsverstoß i.S.d. § 3a UWG begingen. Eine solche Zurechnung ist aber aus den geschilderten Gründen (siehe oben, 4. Kap. II. 2)) auch hier abzulehnen. Einen Verstoß gegen das werberechtliche Trennungsgebot kann nach der derzeitigen Rechtslage ein Rundfunkanbieter für sein Rundfunkprogramm oder ein Boos, Hybrid-TV (2012), S. 122 spricht hingegen ohne weitere Belege von einer „realen Abwanderung der Werbeinvestitionen in den Online-Markt“. Ähnlich Boos, Hybrid-TV (2012), S. 122; das eigenständige wettbewerbsrechtliche Trennungsgebot (§ 4 Nr. 3 UWG aF) erscheint bei Connected-TV-Sachverhalten allerdings nicht einschlägig, da der Verantwortliche für die Overlays, diese nicht mit eigenen redaktionnellen Inhalten verknüpft und auch der Rezipient ein Overlay eindeutig als Werbung erkennt. Hinsichtlich der Geltung von § 4 Nr. 3 UWG aF bei Werbebannern im Internet, vgl. Hoeren/Sieber/Holznagel/Boemke, Hdb-MMR, Teil 11, Rn. 78. 1708 Vgl. dazu umfassend Hofmann, Der Red Button im Rundfunkrecht (2008), S. 130 ff. 1709 Schmid, ZUM 2011, 457 (459); anschauliches Beispiel bei Schmid, AfP 2011, 23 (23); Wagner, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 325 (331). 1710 Beater, Medienerecht, 2. Aufl. 2016, § 8 Rn. 697. 1711 Holtmann, Zur rechtlichen Unterscheidung von Rundfunk und Telemedien bei Hybrid-TV (2015), S. 96 ff. mwN.; Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 153; Castendyk, in: Wandtke/Ohst, Praxishandbuch Medienrecht, 3. Aufl. 2014, Band 3, Kapitel 4, § 1 Rn. 36 f.

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II. Rechtliche Einordung

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Telemedienanbieter in Bezug auf das in seiner Verantwortung stehende Rundfunkprogramm begehen.1712 Eine Zurechnung kann sich lediglich aus vertraglichen Beziehungen ergeben. Aber auch dann wären die Overlays nur entweder dem Rundfunkanbieter oder dem Telemedienanbieter zuzurechnen. Eine Regulierung der Kollisionslage bei unterschiedlichen Verantwortlichen ist hingegen nicht erfasst. (6) Zwischenfazit Das Lauterkeitsrecht bietet durchaus partiellen Schutz1713 und stellt tragfähige Kriterien auf, in welchem Umfang Einblendungen unter der Kontrolle von Dritten im Umfeld von Rundfunkinhalten noch zu dulden sind. Insbesondere die herausgearbeiteten Kriterien in den Fallgruppen des wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutzes und der gezielten Mitbewerber-Behinderung ermöglichen einen sachgerechten Umgang mit der OverlayProblematik bzw. der Integritätsbeeinträchtigung unter wettbewerbsrechtlichen Grundsätzen im Rahmen der Generalklausel nach § 3 Abs.1 UWG i.V.m. insbesondere § 4 Nr. 3, 4 UWG. Eines weitergehenden Schutzes auch gegen Angebote, die vom Nutzer gesteuert werden, bedarf es nicht, da sich ansonsten die autonome Entscheidung des Rezipienten negativ auf das Verhältnis zwischen zwei Mitbewerbern auswirken würde.1714 Der Schutz des Wettbewerbsrechts deckt sowohl die Interessen der Mitbewerber als auch der Rezipienten unter Einbeziehung der Wertungen der Rundfunkfreiheit in hinreichender Weise ab. Auch die Grundlagen der Refinanzierung des privaten Rundfunks sind über die wettbewerbsrechtliche Fallgruppe der allgemeinen Marktbehinderung unter Einbeziehung der verfassungsrechtlichen Sonderbedingungen abgesichert. Diese greifen allerdings erst dann als Auffangtatbestand, wenn der Rundfunkmarkt trotz Ausrichtung auf den Nutzer nicht mehr funktioniert. 5) Rundfunkrechtliches Veränderungsverbot, § 52a Abs. 3 RStV Neben den Regelungen im Urheber- und Wettbewerbsrecht erscheint auch das rundfunkrechtliche Instrumentarium der Plattformregulierung bei der rechtlichen Bewertung von räumlichen Überblendungen von Rundfunkinhalten (z.B. durch Overlays) betrachtenswert. In Teilen als „Ergänzung zum durch die §§ 20, 20b und 87 UrhG gewährleisteten Senderechte des Rundveranstalters“1715 bezeichnet, normiert § 52a Abs. 3 RStV

Zu dahingehenden Regelungen in Belgien und Italien, WD 10 – 3000 – 056/10, S. 7 ff. So auch das insgesamt zurückhaltendere Fazit bei Boos, Hybrid-TV (2012), S. 122 f.; zudem ähnlich bei kurisorischer Prüfung Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (130); Schmid, ZUM 2011, 457 (460); Weber, ZUM 2011, 452 (454). 1714 Ähnlich Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (26); anders wohl Apel, in: FS Hertin (2000), 337 (354 f.). 1715 HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52a RStV, Rn. 8; Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52a, Rn. 8; BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52a, Rn. 13; Assion, Must Carry (2015), S. 297; Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 123.

1712

1713

274

4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

ein sog. „Veränderungs- und Entbündelungsverbot“.1716 Gerade deshalb wird diese Norm als Anknüpfungspunkt für den Schutz der „Signalintegrität“ gesehen.1717 Dieses Gebot schützt den Rundfunkveranstalter und Anbieter vergleichbarer Telemedien1718 vor einer technischen oder inhaltlichen Veränderung des Programms sowie der Entbündelung. Regelungszweck des technischen Veränderungsverbots ist der Schutz vor Qualitätsverringerung des Signals, welche die „Akzeptanz des Angebots beim Nutzer beeinträchtigt“ und vor allem auch die Verhinderung der durch diesen Qualitätsverlust und dessen Auswirkung auf die Akzeptanz beim Rezipienten drohenden Konterkarierung von Must-Carry-Pflichten.1719 Lediglich im Rahmen des Ausnahmetatbestandes § 52a Abs. 3 S. 2 RStV ist eine solche technische Qualitätsverringerung als Ausgleich zu den Belegungsvorgaben zur besseren Kapazitätsauslastung erlaubt, so lange sie sich im Rahmen der vereinbarten Qualitätsstandards bewegt. Daneben steht speziell das oben schon angesprochene „Entbündelungsverbot“ im Fokus der Norm, wonach es Plattformanbietern verboten ist, die von den Rundfunkveranstaltern zugelieferten Pakete durch Entbündelungen und neue Zusammensetzung der Angebote zu verändern.1720 Sowohl das Verbot technischer Veränderung als auch das Verbot der Entbündelung beziehen sich auf das dem Plattformanbieter angelieferte Signal. Insoweit bezieht sich § 52a Abs. 3 S. 1 RStV auf jegliche Veränderung des angelieferten Signals durch den Plattformanbieter.1721 Overlay-Ads, Widgets oder ähnliche Werbeformen lassen das Signal des Rundfunkunternehmens allerdings völlig unberührt (siehe oben, 4. Kap. I. 1)). Räumlich überlagernde Werbeformen werden extern über das jeweilige Abspielgerät gesteuert und abgebildet, sodass es eine auf das Abspielgerät begrenzte Erscheinung ist. Somit greifen diese auf das Signal bezogenen Ansätze wiederum bei Overlay-Ads nicht.1722 Hingegen könnte das bislang wenig Beachtung1723 gefundene Verbot „inhaltlicher Veränderung“ der Programme und vergleichbarer Telemedien bei Connected-TV-

1716

Hoeren/Sieber/Holznagel, MMR-Hdb, Teil 3, Rn. 123; BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52a, Rn. 13; Hoeren/Neurauter, IPTV (2010), S. 164. 1717 Weber, ZUM 2011, 452 (454); Eberle, in: FS für Hailbronner (2013), 675 (681); Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (130); Bericht Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz (2016), S. 28 f. 1718 Dies ergibt sich nicht aus dem Wortlaut, entspricht aber der Teleologie der Norm, so die allg. M.: HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52a RStV, Rn. 8; Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52a, Rn. 8; Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52a, Rn. 14a; BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52a, Rn. 15. 1719 Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52a, Rn. 17 f.; Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektornischen Medien, RStV, § 52a, Rn. 9; Engel/Lüdemann, ZUM 2008, 904 (908 ff.); Assion, Must Carry (2015), S. 297. 1720 HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52a RStV, Rn. 9; Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52a, Rn. 8; Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52a, Rn. 16; BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52a, Rn. 14. 1721 BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52a, Rn. 14. 1722 Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (130); Eberle, in: FS für Hailbronner (2013), 675 (681); Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (31); Peifer, AfP 2016, 5 (8); a.A. WD 10 – 3000 – 056/14, S. 10. 1723 Die Ausführungen in der Literatur sind meist lediglich deskriptiver Natur, vgl. HK-RStV, Bd. II, B 5, § 52a RStV, Rn. 9; Spindler/Schuster/Jahn, Recht der elektronischen Medien, RStV, § 52a, Rn. 8;

II. Rechtliche Einordung

275

Sachverhalten einen Anwendungsfall vorfinden. Sieht man in einer räumlichen Überblendung von Rundfunkinhalten durch Dritte eine Integritätsverletzung, steht diese einer inhaltlichen Veränderung am nächsten. Ein weites Begriffsverständnis würde Overlays somit erfassen.1724 Geht man davon aus, dass die Vorschrift den „Schutz der Integrität der Programminhalte“ bezweckt, so liegt die Überblendung des Programms des Rundfunkveranstalters im Anwendungsbereich der Norm.1725 Allerdings ist gerade der endgültige Regelungszweck dieser Vorschrift – insbesondere als rundfunkspezifische Regelung – unklar.1726 Grundsätzlich ist § 52a Abs. 3 RStV als Annex zur effektiven Umsetzung der rundfunkrechtlichen Vorschriften der Plattformregulierung zu verstehen und verfolgt daher einen mittelbar vielfaltsfördernden Zweck. Nur unter dieser Prämisse zur Verhinderung der Konterkarierung der vielfaltssichernden Must-Carry-Normen durch Qualitätsreduzierung der Programme ist auch die Akzeptanz des Programms beim Rezipienten als Kriterium mit in den Schutzgegenstand einbezogen.1727 Overlay-Einblendungen stellen, auch wenn diese vom Rezipienten aufgrund des zumeist werblichen Charakters als störend empfunden werden, keine mit der Verminderung der Bildqualität vergleichbare Situation dar. Selbst Skalierungen zur SplitScreen Werbung und Widget-Anwendungen lassen die Qualität des Bildes unberührt und verkleinern es lediglich. Eine Konterkarierung der Vielfaltsregelungen ist jedenfalls nicht in gleichem Maße zu erwarten, zumal im Unterschied zur Bildqualität hier zumeist zumindest eine Opt-Out-Möglichkeit zum Abstellen der Einblendungen für den Rezipienten besteht. Verortet man die Überblendung von Rundfunkinhalten durch Dritte als investitionsschutzrechtlich verstandenes Problem im Rundfunkrecht, besteht ein Widerspruch zum vielfaltsschützenden Regelungszweck der Norm. Dies wird deutlich, wenn man eine Unterscheidung anhand des Zwecks der Überblendung vornimmt: Bei einem investitionsschutzrechtlichen Verständnis wäre jegliches Überblenden von der Norm erfasst. Bleibt aber nur der medienrechtliche Schutzzweck der Vielfaltssicherung oder ein dahingehend ergänzender Schutz, so liegen nur solche Überblendungen im Anwendungsbereich der Norm, die zu einer Diskriminierung oder einer Programmbeeinträchtigung mit Blick auf einen rundfunkrechtlichen Verbraucherschutz führen. Die Grundsätze der Chancengleichheit und des Diskriminierungsschutzes (siehe oben, 3. Kap. II. 5) c. (2)) passen hingegen nicht auf die Overlay-Problematik, da es keine Ungleichbehandlungen gegenüber anderen Rundfunkunternehmen gibt oder eigene Angebote privilegiert werden. Es tritt erst dann ein vielfaltsrelevantes Problem ein, wenn die Finanzierung der privaten Rundfunkveranstalter nicht mehr gesichert ist. Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52a, Rn. 14; BeckOK InfoMedienR/Gummer, RStV, § 52a, Rn. 14; Kuper, IPTV (2009), S. 77; Ansatz einer Unterscheidung bei Christmann, ZUM 2015, 14 (16). 1724 So auch Christmann, ZUM 2015, 14 (16); Michel, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie, Nr. 292, S. 10, Fn. 10 kann wohl auch in diese Richtung verstanden werden. 1725 So Assion, Must Carry (2015), S. 297; WD 10 – 3000 – 056/14, S. 10. 1726 So zutreffend: Kuper, IPTV (2009), S. 76 f. 1727 Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (130) gehen hingegen fälschlicherweise davon aus, dass die Akzeptanz beim Rezipienten und die Integrität des Signals zur primären Schutzrichtung der Norm gehören.

276

4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

Bislang ist der rundfunkrechtliche Verbraucherschutz im Sinne einer „Programmverantwortlichkeitstransparenz“, wonach die Inhalte klar einem Verantwortlichen zugeordnet werden müssen, nicht explizit Gegenstand der Plattformregulierung. Diese hätte auch keinen sachlichen Bezug zu den ansonsten rein positiv vielfaltsschützenden Normen. Einen davon losgelösten Integritätsschutz oder Schutz vor Programmbeeinträchtigung umfasst der Regelungszweck der Plattformregulierung allerdings nicht. Nicht zuletzt besteht auch hier die Schwierigkeit der Bestimmung des Regelungsadressaten der Plattformregulierung unter dem Begriff des „Anbieters einer Plattform“ (siehe oben, 3. Kap. II. 3)).1728 Diese Problematik stellt sich besonders deshalb, weil die hier vertretene Auslegung bzw. Ausweitung der Plattformregulierung auf Connected-TVSachverhalte (siehe oben, 3. Kap. II. 3)) an die Verengung des Informationszugangs anknüpft. Diese Gatekeeper-Funktion ist aber nicht gleichbedeutend mit der im Zusammenhang der Werbeeinblendungen relevanten Funktionen der Endgeräte, die Overlays ermöglichen. Demnach erscheint auch unter der derzeit geltenden Plattformregulierung das Änderungsverbot im Gegensatz zu dem Entbündelungsverbot nur in Bezug auf technische und nicht auf inhaltliche Änderungen als passend. Das Verbot technischer Änderungen insbesondere der Übertragungsqualität und ein damit einhergehender Integritätsschutz werden nur gewährleistet, um eine Umgehung der Must-Carry-Regelungen über eine minderwertige Übertragung der davon erfassten Programme zu verhindern. Ein ausschließlicher Integritätsschutz unabhängig von den mit dem Signalschutz verbundenen Auswirkungen auf das Vielfaltsgebot wäre auf landesrechtlicher Basis im RStV kompetenzrechtlich problematisch. Die mit der Finanzierung des Rundfunks einhergehende mittelbar vielfaltsrelevante Komponente reicht als sachlicher Anknüpfungspunkt dafür nicht aus. 6) Zwischenfazit Das geltende Recht bietet demnach nur in engen Grenzen Schutz gegen die Überblendung von Programminhalten durch Dritte. Die Rundfunkveranstalter können lediglich aufgrund der Attraktivität ihrer Angebote für die Portalbetreiber, soweit diese gleichzeitig die Kontrolle (zumeist als Endgerätehersteller) über die möglichen Überblendungen haben, vertraglich den „Signal- und Integritätsschutz“ für ihre Inhalte einfordern.1729 Insoweit besteht eine sehr begrenzte Verhandlungsposition der Inhalteanbieter gegenüber den Herstellern, weil diese die attraktiven Inhalte in ihren Portalen anbieten wollen.1730 Indes haben die Rundfunkanbieter mit einer geringeren Reichweite und Marktrelevanz, die umso mehr auf ein

1728

Unter dem engen Begriff des Plattformanbieters die Anwendbarkeit ablehnend oder bezweifelnd Weber, ZUM 2011, 452 (454); Eberle, in: FS für Hailbronner (2013), 675 (681); Holznagel/Kampert, in: FS für Thaenert (2013), 121 (130); WD 10 – 3000 – 056/14, S. 10; Michel, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie, Nr. 292, S. 10. 1729 Klickermann, in: Die Welt im Netz - Tagungsband der DSRI (2011), 707 (715); Peifer, AfP 2015, 5 (8). 1730 So für die Mediengruppe RTL Deutschland: Fahle/Schulze Isfort, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität zu Köln, Heft 291, S. 12.

II. Rechtliche Einordung

277

funktionierendes Finanzierungssystem angewiesen sind, ein bedeutend schwächeres Gewicht, um ein solches Verbot der Beeinträchtigung der Programmintegrität vertraglich zu erzielen. Partiell erfasst die investitionsrechtliche Seite des Rechts des unlauteren Wettbewerbs in den Kategorien- und Fallgruppen der Rechtsprechung auch Connected-TV-Sachverhalte.1731 Schwerpunktmäßig adressiert das wettbewerbsrechtliche Regelungssystem den Schutz des Rundfunksignals. Diese technische Herangehensweise als Signalschutz verfolgt mit Ausnahme von § 20b UrhG auch die bisherige urheberrechtliche Sichtweise, soweit nicht die urheberpersönlichkeitsrechtliche Schutzkomponente herangezogen werden kann. Es entsteht deshalb der Eindruck, dass moderne Entwicklungen insbesondere der Endgerätekonvergenz und der damit verbundenen Konvergenz der Inhalte nicht erfasst seien. Lediglich unter Heranziehung relativ rechtsunsicherer Fallgruppen1732 des Wettbewerbsrechts werden auch virtuelle, inhaltsbezogene Überblendungen oder sonstige von Dritten kontrollierte Darstellungen im räumlichen Umfeld von Rundfunkinhalten einbezogen. Im Bereich des Integritätsschutzes von Rundfunkinhalten bietet die geltende Rechtslage nach der hier vertretenen Auffassung bislang keinen ausreichenden Anknüpfungspunkt zum Schutz der Rundfunkveranstalter. Lediglich wenn die Programmklarheit durch Zurechnungsschwierigkeiten ihrer Komponente des medienrechtlichen Verbraucherschutzes betroffen ist, wird der Anwendungsbereich der Rundfunkfreiheit als Rechtfertigung eines solchen Schutzes und daneben auch erst die Gesetzgebungskompetenz der Länder eröffnet. Aufgrund dieses als „unzureichend“ empfundenen Schutzes der Finanzierungsgrundlagen und der Inhalteintegrität wird regelmäßig die Ausdehung der geltenden Regulierung (insbesondere des urheberrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes) gefordert, wodurch räumliche und zeitliche Einblendungen im Kontext von Rundfunkinhalten unter einen Einwilligungsvorbehalt des Inhalteanbieters, d.h. des Rundfunkanbieters, gestellt werden sollen.1733 III.

Investitions- und Integritätsschutz als normative Zielvorgaben zum Schutz von Rundfunkunternehmen

Nachdem die geltende Rechtslage nur einen begrenzten Schutz der Investitionen von Rundfunkunternehmen bietet, stellt sich im Folgenden die Frage, wie unter Einbezug und Weiterentwicklung der derzeitig gültigen Schutzmechanismen Investitions- und

1731

So auch das Ergebnis bei Boos, Hybrid-TV (2012), S. 122. Peifer, AfP 2016, 5 (9); Michel, Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie, Nr. 292, S. 10. So Boos, Hybrid-TV (2012), S. 113 f.; Kitz, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 337 (344); Klickermann, in: Die Welt im Netz - Tagungsband der DSRI (2011), 707 (719); Weber, ZUM 2011, 452 (454); Schmid, ZUM 2001, 457 (460 f.); Eberle, in: FS für Hailbronner (2013), 675 (681 f.); Yliniva-Hoffmann/Matzneller, irisplus 2010-5, 7 (23); Peifer, AfP 2016, 5 (10); a.A. Müller-Terpitz/Rauchhaus, in: Medien und Wandel (2011), 309 (318); Broemel, ZUM 2012, 866 (870 f.); Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (26).

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278

4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

Integritätsschutz als normative Zielvorgaben in der Rundfunkordnung als Teil der Kommunikationsverfassung umgesetzt werden können. 1) Standardisierung von Connected-TV-Angeboten Als Lösungsvorschlag eines „Integritäts- und Invenstitionsschutzes“ gegen drittkontrollierte räumlich überlagernde Einblendungen wird die einheitliche Festschreibung des HbbTV-Standards als „einzige Form“ hybriden Fernsehens gefordert.1734 Standards werden im Grundsatz aus Interoperabilitätsgründen vor allem im Telekommunikationsrecht eingesetzt (vgl. z.B. Verpflichtung zur Darstellung im Breitbandformat nach § 49 Abs. 1 TKG). Faktisch setzen die Hersteller von Connected-TV-Endgeräten allerdings auf ihre eigenen Lösungen als App-Portale, welche auch von Rezipienten-Seite das stärkste Maß an Akzeptanz unter den konvergenten Angebotsformen erfahren1735. Immerhin beziehen die Endgerätehersteller, da sie in Teilen auch selbst an der Entwicklung beteiligt sind, den HbbTV-Standard als weitere Nutzungsmöglichkeit in den meisten Fällen in den Funktionsumfang ihrer Endgeräte mit ein (siehe oben, 1. Kap. V. 5)). Der unter den Gesichtspunkten des Integritäts- und Investitionsschutzes als maßgeblich erachtete Vorteil des HbbTV-Standards ist die Exklusivität des Zugriffs der Rundfunkveranstalter auf darüber verbreitete Inhalte. HbbTV ermöglicht grundsätzlich den Wechsel des Rezipienten von den Senderapplikationen zu anderen Apps, schränkt aber den Zugriff auf Rundfunkinhalte durch Dritt-Applikationen, die nicht von Rundfunkveranstaltern stammen, ein bzw. schließt einen solchen sogar aus.1736 Eine solche strenge gesetzliche Standardisierung würde allerdings das Geschäftsmodell der Endgerätehersteller und sonstigen Portalbetreiber quasi unmöglich werden lassen und wie ein Verbot wirken. Neben der unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten dann fraglichen Rechtfertigung eines solchen Eingriffs in Art. 12 Abs. 1 bzw. Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG, soweit man von Inhalteanbietern ausgeht, würde eine solche Regelung sowohl investitions- als auch inovationshemmend wirken.1737 Eine in Abwägung mit den Wirtschaftsgrundrechten der Endgerätehersteller verhältnismäßige Regelung eines „ausschließlichen Standards“ erscheint daher nicht möglich. Sie würde eher einem exklusiven „Artenschutz für das lineare Fernsehen“ 1738 gleichkommen. Die Lösung dieses Konflikts zwischen den rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen der Rundfunkveranstalter auf der einen Seite und denen der Endgerätehersteller und Portalbetreiber bzw. Anbieter der überblendenden Inhalte auf der anderen Seite ist deshalb weniger auf der Ebene des „Obs“, als vielmehr auf der Ebene der im Wettbwerb eingesetzen Mittel zur Generierung und Ableitung der Aufmerksamkeit des Rezipienten zu suchen. 1734 Klickermann, in: Die Welt im Netz - Tagungsband der DSRI (2011), 707 (714 f.); Weber, ZUM 2011, 449 (456); Goldhammer/Wiegand/Birkel, Potentiale von Smart TV-Plattformen für lokale Fernsehsender, Studie für die BLM, S. 21 f.; Wagner, ZUM 2011, 462 (465); ARD/ZDF-Positionspapier zu HbbTV-/SmartTV-Endgeräten, (10.10.2012). 1735 Kunow, in: die medienanstalten – ALM GmbH. (Hrsg.), Digitalisierungsbericht 2015, S. 51. 1736 Sewczyk/Wenk, MP 2012, 178 (182). 1737 Ähnlich Broemel, ZUM 2012, 866 (871). 1738 Albert, promedia 04/2012, 30 (32).

III. Normative Zielvorgabe

279

2) Normative Grundlagen und systematische Betrachtung von Investitions- und Integritätsschutzrechten Zwar stellt die Rundfunkfreiheit für den Bereich des privaten Rundfunks keine absolute Finanzierungsgarantie auf (siehe oben, 4. Kap. II. 1) a. (1)) und auch der Integritätsschutz erscheint nur in begrenztem Umfang eine verfassungsrechtliche Grundlage zu haben (siehe oben, 4. Kap. II. 1) a. (2)). Dennoch müssen die angesprochenen verfassungsrechtlichen Garantien in ihrem begrenztem Umfang und der auf einfach-rechtlicher Ebene bereits geltenden Regelungskonzepte des Urheber-, Wettbewerbs- und Medienrecht ein schlüssiges System bilden, welches die als zu schützen herausgestellten Bereiche des Investitions- und Integritätsschutzes für Inhalteanbieter abdeckt. Die beschriebenen vielfaltsrelevanten Bereiche (Programmklarheit, Zurechnungsfragen) oder mittelbaren Finanzierungsfragen (Finanzierungsmodells mittels Werbeeinnahmen) sind originär medienrechtliche Fragestellungen und müssen daher auf Ebene der Landesgesetzgebung geregelt werden. Das Urheberrecht übernimmt hingegen die Funktion des Schutzes einer kreativen Leistung bzw. in Teilen auch einer Investitionsleistung. Deshalb wird sowohl unter dem Gesichtspunkt des Rechts der Zugänglichmachung von Inhalten als auch des Schutzes von Investitionen das Sendesignal geschützt. Das Wettbewerbsrecht fügt eine investitionsschutzrechtliche Seite hinzu, indem es unabhängig von der Erscheinungsform auch weitergehende Beeinträchtigungen von Rundfunkinhalten erfasst. Einfach-rechtlich wird auch der Schutz der Integrität von Inhalten in den geltenden Kategorien unter bestimmten Zielen eingefangen und berücksichtigt. Rundfunkrechtlich gibt es keinen umfassenden Schutz, da eine Programmbeeinträchtigung unter medienrechtlicher Zielsetzung erst dann sanktionierbar ist, wenn der Rundfunkverbraucherschutz betroffen und eine klare Zuordnung der Inhalte nicht mehr gegeben ist. Schwerpunktmäßig geht es aber um den Schutz des Images und des Rufs oder um Teile des Persönlichkeitsrechts (Urheberpersönlichkeitsrecht). Missbrauchsfälle, welche auf die Grundlagen der Finanzierung der privaten Rundfunkveranstalter durchschlagen, deckt das Wettbewerbsrecht nach dem hier gefundenen Ergebnis ab. Ein weitergehender Schutz wäre daher im Urheberrecht als verwandtes Schutzrecht zu verorten. Ein dafür notwendiger, besonderer Schutzbedarf ergibt sich – wie die Entwicklungen im Bereich des Leistungsschutzrechts für Presseverleger zeigen1739 – aber weniger aufgrund von normativen Kriterien als vielmehr auf der Grundlage einer originär politischen Entscheidung. Letztendlich weisen die verschiedenen Regelungsmaterien trotz eines relativ engmaschigen Netzes an Schutz für kreative Leistungen und den dafür benötigten Investitionen noch Defizite auf. Insbesondere ein privilegierter Schutz für Rundfunkveranstalter, die 1739

Ensthaler/Blanz, GRUR 2012, 1104 ff.; Heine/Stang, AfP 2013, 177 ff.; Peifer, GRUR-Prax 2013, 149 (149 ff.); Spindler/Schuster/Fricke, Recht der elektronischen Medien, UrhG, § 87f, Rn. 3 mwN; Dreier/Schulze, UrhG, § 87f, Rn. 2.

280

4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

durch die demokratietheoretische Besonderheit ihrer Leistung hervorstechen, scheint nicht gewährleistet. Daher bedarf es der Festlegung einer normativen Grenze, bei deren Unterschreitung ein spezieller Schutz des Rundfunkanbieters aufgrund der mittelbaren Drittwirkung der Rundfunkfreiheit angenommen werden kann. 3) Medienrechtlicher Integritätsschutz Für einen medienrechtlichen Integritätsschutz liegt der Anknüpfungspunkt zunächst in der Werberegulierung. Das Trennungsgebot, welches bestimmten Sendungen Werbefreiheit garantiert (vgl. § 7a RStV), wird faktisch entwertet, wenn es zu Werbung im räumlichen Umfeld solcher Sendungen kommt.1740 Zudem wären auch Kollisionen mit den quantitativen Werberegelungen gemäß §§ 15, 45 RStV zu erwarten. Da aber Werberegulierung in solchen Fällen keine unterschiedliche Verantwortlichkeit zwischen dem Anbieter der redaktionellen Inhalte und dem werbenden Inhalt kennt, erfasst die Werberegulierung, die über § 58 RStV auch die Inhalte der Anbieter der Overlays als Telemedien betrifft, eine solche „getrennte Verantwortlichkeit“ nicht. Allerdings erscheint auch unter diesem Aspekt ein pauschales und absolutes Verbot solcher Einblendungen nicht zielführend. Denn gerade in den Situationen, in denen der Rezipient die Einblendungen, z.B. die parallele, simultane Anzeige des Portals des Endgeräts, mittels Fernbedienung selbst aufruft oder in diese einwilligt, besteht kein Schutzbedürfnis. Das verbraucherschützende Normziel ist in diesen Fällen aufgrund einer eigenverantwortlichen Entscheidung des Rezipienten nicht mehr betroffen.1741 Deshalb bietet auch das generelle inhaltliche Veränderungsverbot der Plattformregulierung (§ 52a Abs. 3 RStV) nur einen begrenzt sinnvollen Anknüpfungspunkt für den Schutz der Inhalteintegrität. Lediglich dort, wo die umfassende Beeinträchtigung eines speziellen, von den Must-Carry-Pflichten umfassten Programms droht, kann deren mittelbarer Schutz greifen.1742 Auch verfassungsrechtlich ist ein Ausgestaltungsbedarf nur schwerlich anzunehmen (siehe oben, 4. Kap. II 1) a. (2)). Lediglich in den Bereichen des mittelbaren Schutzes der Meinungsvielfalt und der Klarheit der Verantwortlichkeit für Inhalte1743 kann eine derartige Verdichtung des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG angenommen werden. In den dann denkbaren Fällen würden hingegen auch die Diskriminierungsschutzvorschriften der Plattformregulierung eingreifen, wenn Overlays die Übersichtlichkeit der Inhalte gefährden. Insoweit müsste insbesondere § 52c RStV um diese Ebene ergänzt werden, da nicht nur die Beeinträchtigung der Auffindbarkeit, sondern auch die Beeinträchtigung der Programmklarheit eine diskriminierende Wirkung haben kann. Allerdings bleibt in beiden Fällen das Problem, dass die Möglichkeit, Overlays zu schalten, nicht zwangsläufig mit der für den Begriff des Anbieters einer Plattform als Adressat einer 1740

Vgl. Beispiel bei Schmid, AfP 2011, 23 (23); Binder/Vesting/Ladeur, Rundfunkrecht, RStV, § 58, Rn. 5b; so auch der Gedanke des „level playing field“, siehe oben, 2. Kap. II. 3) b. 1741 So auch Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (31 f.). 1742 Binder/Vesting/Wagner, Rundfunkrecht, RStV, § 52a, Rn. 17a. 1743 Zu dieser Zielsetzung der Medienregulierung: Paschke, Medienrecht, 3. Aufl. 2009, S. 120 f., Rn. 321 f.

III. Normative Zielvorgabe

281

Vielfaltsregulierung relevanten Funktion als Portalbetreiber korreliert, sodass eine Verbindung mit der Plattformregulierung keinen inhaltlichen, da vielfaltsfördernden Sachzusammenhang aufweist. Da aber die Portalbetreiber diejenigen sind, die auch die Kontrolle über die Einblendungen bzw. Skalierungen haben, wäre eine dahingehende Regelung zumindest an denselben Adressatenkreis unter anderer Zielsetzung (Rechtsgüterschutz in Bezug auf Jugendschutz und Verbraucherschutz bei der Werberegulierung) zu richten. Auch die Klarheit über die Verantwortlichkeit für Inhalte hat als kommunikationsbezogenes Regelungsziel die Aufgabe, dem Rezipienten die Möglichkeit zu verschaffen, die Arten von Kommunikation (redaktionelle oder kommerzielle Inhalte) zu unterscheiden und die hinter dem Kommunikat stehenden Kräfte identifizieren zu können, um eine freie Meinungsbildung zu gewährleisten.1744 Deshalb erscheint mit Blick auf die Unklarheiten hinsichtlich der Verantwortlichkeit für Einblendungen eine Kennzeichnungspflicht der jeweiligen Ebene bzw. des Verantwortlichen für den jeweiligen Inhalt der Ein- und Überblendung ein hinreichendes Mittel zur Abhilfe der aufgezeigten Problematik.1745 Eine solche Regelung ist aufgrund der verbraucherschutzrechtlichen Zielsetzung und der Betroffenheit von medienrechtlichen Transparenzgesichtspunkten1746 als Inhalteregulierung zu kategorisieren und somit auf landesrechtlicher Ebene im Rundfunk-Staatsvertrag möglich. 4) Aufmerksamkeitsregulierung als Grundlage für Investitionsschutz im Urheberrecht Im Unterschied zur technischen Einwirkung auf das Sendesignal oder der Übernahme der im Sendesignal liegenden Information für eigene (Sende-)Zwecke kommt es in den hier beschriebenen Konstellationen zu einer „virtuellen Kollisionslage“.1747 Es wird eine zunächst technisch nicht messbare Ressource in Form von „Aufmerksamkeit“ tangiert. Diese Aufmerksamkeit wird wirtschaftlich als Grundlage der Werbevermarktung genutzt (siehe oben, 4. Kap. I. 3)). Sie ist aber nicht klar einer Verbreitungs- oder Vermittlungshandlung zuzuordnen, wie dies bei den sonstigen urheberrechtlichen geschützten Verwertungshandlungen der Fall ist. Demnach muss unter der rein wirtschaftlichen Betrachtungsweise das Wettbewerbsrecht den Anknüpfungspunkt bilden.1748 Allerdings ist eine solche „weiche“ Ressource wie Aufmerksamkeit durchaus mit den Mitteln des Urheberrechts schützbar, weil dessen Systematik und Dogmatik darauf 1744

Paschke, Medienrecht, 3. Aufl. 2009, S. 120 f., Rn. 321 f. Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (26). Chardon/Heyeckhaus, ZUM 2015, 21 (26) sehen den Zweck der Regelung ausschließlich in Transparenzgesichtspunkten, die den Nutzer betreffen. 1747 Ähnlich Peifer, AfP 2016, 5 (6). 1748 So sind auch fast alle bislang in der Rechtsprechung behandelnden Fragen hybrider Medienformen auf Ebene des Wettbewerbsrechts entschieden worden (vgl. zitierte Rspr. unter E. II. 4)). Einzig die Fragen zum Framing, welche aber auch die Kollision reiner Online-Inhalte betraf, wurden auch mit urheberrechtlichem Schwerpunkt ausjustiziert.

1745

1746

282

4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

ausgerichtet ist, auch flüchtige Rechte zu schützen.1749 In deutscher Tradition spielt dann eine Rolle, dass dem Urheberrecht nicht nur wirtschaftsrechtliche Schutzmechanismen zugrunde liegen, sondern insbesondere auch die urheberpersönlichkeits-rechtliche Komponente zu berücksichtigen ist.1750 Auch die beiden Regelungsziele des „Investitions- und Integritätsschutzes“ lassen sich auf dieses urheberrechtliche Konzept zurückführen. Ein urheberrechtlicher Integritätsschutz gegen räumlich und zeitlich im Umfeld von Rundfunkinhalten liegende Einblendungen scheitert allerdings an dessen persönlichkeitsrechtlicher Verankerung. Zwar zeigt das Entstellungsverbot des § 14 UrhG durchaus Mechanismen auf, auch virtuelle Beeinträchtigungen zu adressieren. Der Rundfunkveranstalter ist allerdings nicht Urheber der Werke, für die ein solcher Entstellungsschutz greift. Die übergeordnete Tätigkeit der Veranstaltung eines Programms, welches dann bei den privaten Rundfunkveranstaltern kommerzialisiert werden soll, nimmt gerade nicht an diesem persönlichkeitsrechtlichen Entstellungsschutz teil. Zur Erweiterung des urheberrechtlichen Investitionsschutzes müsste sich dieser hingegen vom starren Bezug auf technische Verbreitungshandlungen in Bezug auf den Rundfunk lösen und eine „neue“ Beeinträchtigungskomponente aufnehmen. Die mittels Kontrolle über die Verbreitungshandlung eingeräumte absolute Rechtsposition, die sich als die Kontrolle der Aufmerksamkeit für das Werk beschreiben lässt, wäre dann der zentrale Anknüpfungspunkt einer urheberrechtlichen Regel. Dies wäre vor allem mit den „utilitaristischen“ Schutzkomponenten, welche den gesellschaftlichen Nutzen von Urheberrechten in den Vordergrund stellen1751, möglich. Gerade dieser Ansatz erscheint bei Fragen des Schutzes von Medien- und insbesondere Rundfunkinhalten mit Blick auf die demokratietheoretische Komponente des Rundfunks eine gewisse Konnextität aufzuweisen. Ein solcher umfassender, absoluter Schutz des Urhebers oder des Leistungsschutzberechtigten wäre dann über die geforderte Regelungstechnik, die Einwilligung durch den Rundfunkveranstalter1752, ähnlich einer unselbstständigen Bearbeitung, zu erreichen. Auf der Gegenseite würde dem ein Kontrahierungszwang unter angemessenen Bedingungen (sowohl hinsichtlich Art, Umfang und Vergütung der Einblendung) als Ausgleich zu den beeinträchtigten Rechten der Anbieter der Einblendungen als verhältnismäßige Lösung gegenüber stehen. Dazu müsste dann die Programmveranstaltung als urheberrechtlich geschützte Leistung angesehen werden oder man müsste eine sehr weite Ausdehnung des Leistungsschutzrechts vornehmen. Insgesamt würde eine solche Regelung im Urheberrecht eine sehr starke Entkoppelung von den Grundlagen des deutschen Modells, sowohl mit Blick auf die geschützte 1749

Vgl. dazu Becker, ZUM 2013, 829 (832 ff.). Vgl. Ohly, in: Depenheuer/Peifer, Geistiges Eigentum (2008), S. 141 ff. Broemel, ZUM 2012, 866 (870); kritisch dazu Leitner/Hansen, GRUR 2008, 479 (482 ff.). 1752 Vgl. u.a. Gottberg/Grewenig, tv diskurs 56, 43 (44); auf politischer Ebene auch Dreizehnter Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“, Kultur, Medien und Öffentlichkeit (19.03.2013), BT-Drs 17/12542, S. 143; so auch der unter dem Konzept des „Medienkollissionsrecht“ geäußerte Vorschlage bei Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (31). 1750 1751

III. Normative Zielvorgabe

283

Handlung als auch den geschützten Personenkreis, mit einer stärkeren Akzentuierung des Investitionsschutzes bedeuten. Die Stärkung des absoluten Rechts der Inhalteschaffenden in Person der Urheber bzw. Leistungsschutzrechtsinhaber würde damit nämlich zunehmend an Kontur verlieren und denkbar weit reichen.1753 Ein solches Recht hätte zur Folge, dass insbesondere die Rezipienten der Werke, in der Möglichkeit der Nutzung eingeschränkt werden, da eine Parallelnutzung verhindert oder stark eingeschränkt würde, was auch Rückwirkungen auf die Dynamik der noch in der Entwicklung befindlichen Märkte hätte.1754 Deshalb wäre eine konzeptionelle Ausrichtung, welche allein die strikten Fälle der parasitären Ausnutzung einer Investitionsvorleistung erfasst, eine schonendere Regelung. Eine solche „Investitionsschutzlösung“ liegt aber, wie auch die historische Entwicklung zeigt, eher im Wettbewerbsrecht, welches eine dem Einzelfall angepasste Reaktion auf die verschiedenen Rechts- und Interessenpositionen ermöglicht. 5) Medienspezifischer wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz Ansatzpunkt eines Investitionsschutzes der Leistungen der Rundfunkveranstalter bilden die relativen Rechte1755 des Wettbewerbsrechts. Gerade die Fallgruppen der Generalklausel § 3 Abs.1 UWG i.V.m. insbesondere § 4 Nr. 3, 4 UWG zeigen, dass der Schutz von Aufmerksamkeit eine vom Regelungskonzept auch in den klassischen Tatbeständen angelegte Kategorie ist, die eine funktionsgerechte erweiternde Auslegung erfahren muss.1756 Zudem ermöglicht die Regelungstechnik der Generalklausel die Wahl eines offenen Bezugspunkts1757 zur Anknüpfung an die nicht eindeutig eingrenzbaren Phänomene von Überblendungen von Programminhalten.1758 Insbesondere deren Einzelfallmaßstab ermöglicht eine sachgerechte Austarierung der Rechtspositionen auch mit Blick auf das bestehende Innovationspotential des Connected-TV-Marktes. Besonders die in der Rechtsprechung1759 entwickelten Kategorien enthalten handhabare Grundsätze für die Weiterentwicklung unter veränderten tatsächlichen Bedingungen. Die im vorangegangen Teil (siehe oben, 4. Kap. II. 4)) herausgearbeiteten Kriterien, welche die Grenze zu einem „unlauteren Verhalten“ und damit einem Wettbewerbsverstoß kennzeichnen, sind die alleinige Sachherrschaft gegenüber dem Nutzer, die Kontrolle und Gestaltung der Einblendungen, insbesondere der technische Ablauf und das optische Erscheinungsbild, sowie die inhaltliche Verknüpfung zwischen Fernsehbild

1753

Ähnlich Boos, Hybrid-TV (2012), S. 114. Broemel, ZUM 2012, 866 (870). Boos, Hybrid-TV (2012), S. 124 sieht in dieser Relativität der Rechte des UWG allerdings einen Nachteil. 1756 Becker, ZUM 2013, 829 (833). 1757 Nordemann, Wettbewerbsrecht Markenrecht (2012), Fünftes Kapitel, Rn. 54. 1758 Unter diesen Voraussetzungen wird beispielsweise die Fallgruppe der „Reichweitenübernahme“ als unlauteres Wettbewerbsverhalten aufzunehmen. Kitz, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 337 (342); Boos, Hybrid-TV (2012), S. 124. 1759 BGH, GRUR 2004, 877 ff.; OLG Köln, GRUR-RR 2005, 228 ff.; LG Köln, Urteil vom 03. Februar 2004 – 33 O 356/03 –, juris; LG Köln, MMR 2004, 840; LG Hamburg, MMR 2016, 261 ff.; KG Berlin, Urteil vom 23.07.2004 – 5 U 2/04; OVG Berlin, ZUM 1999, 500 (501).

1754

1755

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4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

und Einblendung. Sind diese erfüllt, werden die Inhalte der Rundfunkanbieter nur als „Blickfang“ für Werbung genutzt. Letztlich dienen diese Kriterien der Rechtsprechung zur Eingrenzung des entscheidenden Bezugspunkts – der Nutzerautonomie. Die damit verbundene Systematik der Abgrenzung eines Wettbewerbsverstoßes funktioniert aber nur, wenn der Rezipient eigenverantwortlich den Nutzungskontext seiner Inhalterezeption gestalten kann. Deshalb muss das Wettbewerbsrecht eine regulative Absicherung der Nutzungsautonomie gewährleisten. Overlays, die der Rezipient nicht an- oder abschalten kann, wären aufgrund der damit verbundenen Kapitalisierung „fremder Aufmerksamkeit“ wettbewerbswidrig. Lediglich eine zeitlich und räumlich getrennte Einblendung wäre unter diesen Kriterien möglich. Das betrifft insbesondere die Portale und getrennte Widgets, die der Nutzer aufruft, auf denen dann auch Werbeeinblendungen (bspw. mittels Pre-Rolls oder Banner-Werbung) möglich sind. Dies bedeutet, dass ein Aufmerksamkeitstransfer mit wettbewerbsrechtlichen Mitteln zu verhindern ist. Nur dort, wo eine klare optische Grenze besteht und der Rezipient seine Aufmerksamkeit bereits bewusst auf etwas anderes steuert, erscheint eine von Dritten kontrollierte Einblendung im Umfeld von Rundfunkinhalten als unproblematisch. Im Rahmen dieses wettbewerbsrechtlichen Investitionsschutzes kann für die Frage nach der Kontrolle über die Einblendung der Inhalte lediglich der Rezipient entscheidend sein, weil an dessen Aufmerksamkeit partizipiert wird. Im Verhältnis zu ihm kommen dem Inhalteanbieter weder absolute noch relative Rechte zu. Die Nutzerautonomie bildet in diesem Zusammenhang demnach das entscheidende Kriterium zur Abgrenzung, ab und bis wann, sowohl in räumlicher als auch in zeitlicher Hinsicht die Aufmerksamkeit des Rezipienten dem Inhalteanbieter, vor allem dem Rundfunkanbieter, zugerechnet werden kann. Nur wenn die Aufmerksamkeit auch dem Inhalteanbieter zugerechnet wird, lösen der Transfer oder die Partizipation Dritter durch eigene Handlungen daran einen Investitionsschutzbedarf aus. Gegen die Zulässigkeit von Einblendungen unter der Kontrolle des Rezipienten spricht auch nicht, dass im Unterschied zum Sachverhalt des Werbeblockers der Rezipient in zusätzlichen Werbeeinblendungen keinen Mehrwert erblicken wird, sodass die Refinanzierung der Dienstleistung eines Endgeräteherstellers oder sonstigen Portalbetreibers in Bezug auf sein Portal faktisch unmöglich würde. Soweit darüber die Kostenfreiheit des Gesamtportals ermöglicht wird, haben die Rezipienten eine echte wirtschaftliche Wahlmöglichkeit. Außerdem können die Endgerätehersteller über die Modifizierung des Ortes der Werbung (nur im Portal und nachdem der Rezipient sich von dem Inhalt des Programms abgewendet hat) ausweichen. Letztlich wäre demnach unter den herausgearbeiteten Kriterien lediglich eine Opt-InLösung sachgerecht.1760 Bei einer Opt-Out-Lösung würde bereits die Aufmerksamkeit

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Zur Frage, ob es ein Opt-In oder Opt-Out zu einer Bejahung der Nutzerautonomie braucht, in deskriptiver Form Boos, Hybrid-TV (2012), S. 123; Wagner, in: Kleist/Roßnagel/Scheuer, Europäisches und nationales Medienrecht im Dialog (2010), 325 (331); Schmid, ZUM 2011, 457 (460).

III. Normative Zielvorgabe

285

des Rezipienten tangiert, ohne dass er eine Entscheidung darüber getroffen hat und der Wettbewerbsverstoß wäre bereits anzunehmen. Unter dieser wettbewerbsrechtlichen Betrachtung bildet die Nutzerautonomie demnach den Ausgangspunkt für eine Regulierung, die die Mittel des Aufmerksamkeitstransfers normativ erfasst. Eine solche Lösung ist nicht nur mit Blick auf das Regulierungsziel Verbraucherschutz sachgerecht, sondern auch mit Blick auf den Schutz des Wettbewerbs, da gerade Wettbewerb um die Aufmerksamkeit des Rezipienten ermöglicht wird. Die dabei vorzunehmende Interessenabwägung zwischen den Grundrechten der Rundfunkveranstalter und der Anbieter von Overlays wird verstärkt auch den Investitionsschutz als normative Zielvorgabe zum Schutz von Rundfunkveranstaltern berücksichtigen müssen.1761 Die Ausrichtung der Regulierung auf die Kontrolle durch den Rezipienten ist letztendlich auch kompatibel mit der demokratietheoretischen Komponente der Rundfunkverfassung, welche die äußere Grenze eines rundfunkspezifischen Investitionsschutzes im Wettbewerbsrecht bildet. Daher kann unter den bereits bei der Analyse der geltenden Rechtslage herangezogenen verfassungsrechtlichen Wertungen ein weiterreichender Schutz erst bei einem allgemeinen Marktversagen angenommen werden. Das Marktversagen bildet demnach die Grundvoraussetzung für das Eingreifen eines weiterreichenden Leistungsschutzes, der Overlays oder sonstige Einblendungen gänzlich untersagen würde.1762 Diese Grenze liegt aber sowohl nach der wettbewerbsrechtlichen Rechtsprechung1763 als auch nach der allgemeinen verfassungsrechtlichen Rechtsprechung1764 erst dort, wo eine Existenzvernichtung für private Rundfunkveranstalter mit erheblichen Auswirkungen auf den gesamten Rundfunkmarkt droht. Deshalb muss diese allgemeine Fallgruppe mit Blick auf die zuvor erörterten Besonderheiten des Rundfunkmarktes unter der Dogmatik des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG rundfunkspezifisch verstanden werden.1765 Sicherlich leitet sich daraus immer noch kein Bestandsschutz für private Rundfunkunternehmen ab.1766 Die Rundfunkfreiheit mit der zentralen Funktion der Vielfaltssicherung wirkt allerdings auf die Besonderheiten des werbefinanzierten Marktes als das derzeit gegebene Finanzierungssystem. Je schwächer der Werbemarkt als Refinanzierungsmöglichkeit für private Rundfunkveranstalter geschützt wird, umso stärker wird deren Druck, ihr Programm an den Bedürfnissen der Werbeindustrie auszurichten.1767 Auch wenn die Medienverfassung in Gestalt von Privatrundfunk neben publizistischen auch wirtschaftliche Zielsetzungen zulässt, muss dennoch eine wirksame Absicherung davor geschaffen werden, 1761

Ähnliche Tendenz beim Problem der Ad Injections Zimprich/Jeschke, MMR 2016, 300 (303). Vgl. dazu umfassend: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Sambuc, UWG, § 4 Nr. 3, Rn. 56 ff. Insbesondere BGH, GRUR 2004, 877 (879); ähnlich auch die neuen Rspr. zu Internetwerbeblockern: LG Hamburg, Urteil vom 21. April 2015, Az. 416 HKO 159/14, K&R 2015, 600; LG München I, Urteil vom 27. Mai 2015, Az. 37 O 11843/14 –, juris; LG München I, Urteil vom 27. Mai 2015, Az. 37 O 11673/14, K&R 2015, 521; LG Köln, Urteil vom 29.09.2015, Az. 33 O 132/14 –, juris; LG München, Urteil vom 22.03.2016, Az. 33 O 5017/15, BeckRS 2016, 06816. 1764 Vgl. BVerfGE 57, 295 (324); 73, 118 (157); 83, 238 (297); 97, 228 (268). 1765 Ladeur, GRUR 2005, 559 (562); Apel, in: FS Hertin (2000), 337 (353). 1766 So auch Broemel, ZUM 2012, 866 (871). 1767 Bosman, K&R 2014, 784 (785); Brinkmann, ZUM 2013, 193 (196 f.).

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4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

dass die Finanzierung sich nur noch einseitig orientiert, da auch der private Rundfunk zu einem Grundstandard inhaltlicher Vielfalt verpflichtet ist1768. Demnach muss ein medienspezifisches Wettbewerbsrecht durch das Zusammenspiel der Absicherung der Nutzerautonomie über die Regulierung der Steuerbarkeit des Aufmerksamkeitstransfers durch den Rezipienten durch die funktionsspezifische Auslegung der Generalklausel und der Erfassung mittelbarer Vielfaltsgefahren über eine medien- bzw. rundfunkverfassungsrechtliche Lesart der Fallgruppe der allgemeinen Marktbehinderung als Auffangtatbestand gewährleistet werden. Dieser greift erst dann ein, wenn trotz der Absicherung der Nutzerautonomie der Rundfunkmarkt aufgrund der unlauteren Ausnutzung nur einer Seite des zweiseitigen Marktes keine ausreichenden Finanzierungsmöglichkeiten für die Veranstalter mehr bietet. Dieser unmittelbare Leistungsschutz im Wettbewerbsrecht ermöglicht in Kombination mit einem originär medienrechtlichen Integritätsschutz unter dem Zweck der Sicherung der Klarheit, Transparenz und Diskriminierungsfreiheit des Programms als publizistischer Inhalt eine umfassende Lösung der Problematik. 6) Anwendbarkeitsdefizite nationaler Regulierung Im Unterschied zu der im Rahmen der Gatekeeper-Regulierung angesprochenen Problematik der Durchsetzung der Rechte gegen ausländische Unternehmen (siehe oben, 3. Kap. II. 6)) gewährleistet das Wettbewerbsrecht auf Ebene des internationalen Privatrechts1769 einen eigenständigen Ansatz internationaler Anwendung. Für die Anwendung des Marktortprinzips1770 spricht die Tatsache, dass bei den mit Overlays oder ähnlichen Ein- und Überblendungen verbundenen Fragestellungen eine bessere Trennung zwischen Erfolgs- und Handlungsort vorgenommen werden kann. Über diese genauere Zuordnungsmöglichkeit eines Verhaltens zum Regelungsadressaten wird die Anwendbarkeit von deutschem Recht begründet. Dieses Prinzip wird deshalb auch in Art. 6 RomII-VO zugrunde gelegt.1771 Gerade auch ein Vergleich mit Werbesachverhalten im Internet zeigt, dass zwar grundsätzlich die Anwendbarkeit des Herkunftslandprinzips nach § 3 TMG gelten muss, da Werbeeinblendungen überall empfangbar sind.1772 Davon muss aber eine Ausnahme für die Fälle gelten, in denen Interessen von Verbrauchern und anderen Marktteilnehmern in Deutschland beeinträchtigt werden, weil die Wettbewerbshandlung des Anbieters bestimmungsgemäß auf Deutschland ausgerichtet ist.1773 Diese Überlegung ist auch in dem Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 5 TMG festgeschrieben. Die Überblendung von in Deutschland gesendeten Rundfunkinhalten muss als eine solche Handlung angesehen werden, da sie gerade an der Aufmerksamkeit derjenigen Rezipienten partizipieren will, 1768

BVerfGE 73, 118 (158 f.); 83, 238 (297). Vgl. Hoeren/Sieber/Holznagel/Boemke, MMR-Hdb, Teil 11, Rn. 2 ff. mwN; Faßbender, AfP 2006, 505 (509). Faßbender, AfP 2006, 505 (509). 1771 Spindler/Schuster/Weller/Nordmeier, Recht der elektronischen Medien, Rom II, Art. 6, Rn. 5. 1772 Hoeren/Sieber/Holznagel/Boemke, MMR-Hdb, Teil 11, Rn. 7; soweit diese Überlegungen seit Inkrafttreten der ROM-II-VO noch relevant ist, vgl. ebenda. 1773 Hoeren/Sieber/Holznagel/Boemke, MMR-Hdb, Teil 11, Rn. 7.

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1770

III. Normative Zielvorgabe

287

die durch das regional auf den deutschen Zuschauermarkt ausgerichtete Fernsehprogramm generiert wird. Bei den angeführten rein medienrechtlichen Ergänzungen hinsichtlich der Programmklarheit und in begrenztem Umfang des Diskriminierungschutzes (siehe oben, 4. Kap. III. 3)) stellt sich aber die Problematik in gleichem Umfang wie bei einer möglichen Gatekeeper-Regulierung. Auch hier muss eine stärkere Akzentuierung des Marktortprinzips angestrebt werden. Auch die reformierten AVMD-RL1774 ändert nichts an der Anwendbarkeit deutschen Rechts. Das dort normierte Herkunftslandprinzip gilt für Mediendiensteanbieter. Art. 7b AVMD-RL adressiert aber allgemein das Phänomen der Überblendung und Skalierung („Überlagerung und Veränderung“) von Inhalten der Mediendienstanbieter. Normadressaten sind damit Dritte, sodass diese Regelung nicht vom Anwendungsbereich des Herkunftslandsprinzips erfasst ist. 7) Reformdebatte – Ausweitung des rundfunkrechtlichen Veränderungsverbots Hinsichtlich des im vorangegangenen Teil behandelten Problemfelds gibt es sowohl auf Unionsebene in der neuen AVMD-RL1775 als auch in dem Entwurf eines „Medienstaatsvertrages“1776 Reformansätze. a. Harmonisierung aufgrund der Neuregelung in der AVMD-RL Die neugefasste AVMD-RL enthält, entgegen der ersten Entwurfsfassung, auch eine Regelung zum Integritätsschutz für Inhalte von audiovisuellen Mediendienstanbietern. Konkret sieht Art. 7b AVMD-RL vor, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass audiovisuelle Mediendienste nicht zu kommerziellen Zwecken überblendet („overlaid“) oder verändert („modified“) werden dürfen, sofern keine explizite Einwilligung durch den Anbieter des audiovisuellen Mediendiensts vorliegt. Zudem sollen spezifische Details für Ausnahmevorschriften geregelt werden, die einen Ausgleich zwischen den Nutzerinteressen und den Interessen der Anbieter der Mediendienste schaffen. In Erwägungsgrund 12a wird dies dahingehend konkretisiert, dass die Einwilligung durch den Rezipienten ausreicht, sofern etwa Überblendungen zum Zweck der Individualkommunikation vorgenommen werden. Außerdem sollen technisch notwendige Einblendungen oder Modifizierungen (z.B. Lautstärkeanzeige oder der Übertragung geschuldete Komprimierungen) nicht erfasst sein. Gleiches gilt für Überblendungen mit bestimmten Inhalten (z.B. öffentliche Warnungen, Inhalte von besonderem öffentlichem Interesse)

1774

RICHTLINIE (EU) 2018/1808 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 14. November 2018, abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32018L1808&from=EN (Stand: 07.01.2019, 19:07 Uhr). 1775 RICHTLINIE (EU) 2018/1808 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 14. November 2018, abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32018L1808&from=EN (Stand: 07.01.2019, 19:07 Uhr). 1776 Diskussionsentwurf zu den Bereichen Rundfunkbegriff, Plattformregulierung und Intermediäre „Medienstaatsvertrag“ (Juli/August 2018), abrufbar unter: https://www.rlp.de/fileadmin/rlp-stk/pdf-Dateien/Medienpolitik/MStV_Online_JulAug2018.pdf (Stand: 02.08.2018, 15:29 Uhr).

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4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

oder vom Anbieter eines Mediendienstes vorgenommene Überblendungen (z.B. visuelle Werbung). Insgesamt erscheint die unionsrechtliche Regelung sinnvoll. Sie nimmt die hier als schützenswert herausgearbeiteten Rechtsgüter der Programmverantwortlichkeit im Sinne der Programmintegrität (siehe oben, 4. Kap. III. 3)) und – aufgrund der Ausrichtung auf die Förderung des Binnenmarktes – die Wertschöpfungskette bei audiovisuellen Mediendiensten in den Blick. Es werden den nationalen Gesetzgebern weite Entscheidungsspielräume bei der Umsetzung dieser Regelungen eingeräumt, was eine den Regelungszielen angepasste und flexible Verankerung im nationalen Recht möglich werden lässt. b. Veränderungsverbote des § 52a MedienStV-E Auch auf nationaler Ebene sieht der Entwurf des Medienstaatsvertrages eine Erweiterung des rundfunkrechtlichen Veränderungsverbots des § 52a Abs. 3 RStV vor. In § 52a Abs. 3 MedienStV-E wird das bisherige Veränderungsverbot bzgl. technischer und inhaltlicher Änderungen erweitert. Ohne Einwilligung des Inhalteanbieters sind Überblendungen oder Skalierungen von Rundfunkprogrammen, rundfunkähnlichen Telemedien oder Teilen davon zum Zwecke der kommerziellen Kommunikation oder zur Darstellung eigener Inhalte aus Rundfunkprogrammen oder rundfunkähnlichen Telemedien, einschließlich Empfehlungen oder Hinweise darauf, nicht erlaubt. In § 52a Abs. 4 MedienStV-E werden hingegen Ausnahmen normiert. Neben den bisher bereits bestehenden Ausnahmen zur effizienten Kapazitätsausnutzung, wird die Nutzerautonomie berücksichtigt, sodass Überblendungen allein zum Zweck der Empfehlung oder des Hinweises auf Inhalte zulässig sind, sofern der Rezipient im Einzelfall oder vorab generell (Opt-In) in eine solche Funktion eingewilligt hat und diese Einwilligung auch einfach und dauerhaft widerrufen kann. Das bedeutet, dass die hier als Overlays und Skalierung beschriebenen Phänomene unabhängig von ihren Inhalten, sofern sie nicht nur reine Steuerungselemente des Portals oder der Benutzeroberfläche sind, dem Verbot unterfallen. Nicht vom Schutz der Norm profitieren hingegen einfache Telemedien, wie z.B. die elektronische Presse, da das Verbot weiterhin „vom Fernsehen her gedacht wird“.1777 Die Regelung verlagert den Integritätsschutz ins Rundfunkrecht. Die investitionsrechtliche Zielsetzung scheint mit Blick auf die kommerzielle Kommunikation als Inhalt der Einblendung allerdings auch aufgegriffen zu werden. Der Verlagerung steht hingegen die hier herausgearbeitete klare Trennung der schützenswerten Positionen entgegen.1778 Rundfunkrechtlicher Integritätsschutz kann nur unter dem Gesichtspunkt der Programmklarheit gewährt werden (siehe oben, 4. Kap. III. 3)). Vielfaltssicherung wäre im Rahmen von § 52c RStV als Diskriminierung durch 1777

Ory, ZUM 2019, 139 (151 f.); so auch Thomale, ZUM 2019, 122 (126); Cornils, ZUM 2019, 89 (100). Beispielhaft für diese Vermischung der Regelungsziele Weber, ZUM 2019, 2019, 111 (114), der eine vom Gesetzgeber als Investitionsschutz gedachte Vorschrift auf die Programmklarheit bezieht. 1778

III. Normative Zielvorgabe

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Eingriff in die Integrität abzubilden, da die klare Annexfunktion, die das Veränderungsverbot bei Must-carry-Verpflichtungen als Durchleitungspflichten für das Signal noch hatte, bei Überblendungen oder Skalierungen nicht mehr vorliegt (siehe oben, 4. Kap. II. 5)). Die investitionsschutzrechtliche Komponente liegt nach der hier vertretenen Auffassung zudem im Wettbewerbsrecht (siehe oben, 4. Kap. III. 5)). Mit Blick darauf und auch auf die rundfunkrechtlichen Schutzgüter, wie etwa die Programmklarheit, ist die Autonomie des Rezipienten in der Norm nicht ausreichend berücksichtigt. Sobald dieser Einblendungen, egal welcher Art und Inhalte selbst initiiert oder generell in sie einwilligt, entfällt sowohl nach wettbewerbsrechtlicher Wertung als auch nach rundfunkrechtlichen Grundsätzen das Schutzbedürfnis (siehe oben, 4. Kap. III. 5)).1779 Regelungstechnisch bleibt dann aber zu überlegen, ob eine generelle Einwilligung des Nutzers, welcher keine generellen Bedenken entgegen stehen, zumindest eine Regelung des „Kopplungsverbots“ zur Seite gestellt wird, die verhindert, dass der Rezipient aus sachfremden Gründen (z.B. Anreiz eines kostenlosen weiteren Dienstes) die Einwilligung im Zusammenhang mit einer weiteren Erklärung abgibt. Nur so kann der Kern der Nutzerautonomie, die für eine einmalige und damit weitreichende Einwilligung notwendig ist, umfassend abgesichert werden. Weder die angedachte Regelung im „Medienstaatsvertrag“ noch die hier vertretenen Ansätze kommen zukünftig in Konflikt mit dem Unionsrecht. Beide Formen des Schutzes vor Einblendungen im räumlichen und zeitlichen Umfeld von Rundfunkinhalten und damit audiovisuellen Mediendiensten führen zu einem grundsätzlichen Verbot, dass nur mit Blick auf die Nutzerautonomie aufgehoben werden kann. Da die AVMD-RL gerade nur den Integritätsschutz und den Investitionsschutz mit Blick auf einen funktionierenden Binnenmarkt und nicht, wie das verfassungsrechtlich geprägte deutsche Recht, die Gatekeeper-Position und damit verbundene Gefahr für das Gebot der Meinungsvielfalt adressiert, ist auch eine Regelung im Wettbewerbsrecht bzw. die Auslegung wettbewerbsrechtlicher Regelung im Sinne eines Schutzes der Inhalteanbieter denkbar. Der mit der Richtline bezweckte Rechtsgüterschutz kann damit abgedeckt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Kombination mit einer rundfunkrechtlichen Absicherung der Programmklarheit durch Kennzeichnungspflichten vorgenommen wird (siehe oben, 4. Kap. III. 3)). c. „Kollisionsnorm“ des § 52a MedienStV-E Neben der den Investitions- und Integritätsschutz in den Blick nehmenden Norm statuiert § 52a Abs. 5 MedienStV-E eine „Kollisionsnorm“1780, die die Problematik adressiert, dass eine Überblendung im räumlichen und zeitlichen Umfeld eines 1779

So die Position der Medienanstalten: Försterling, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 9 (13); kritisch zur generellen Einwilligung: Hesse, ZUM 2019, 109 (110); Weber, ZUM 2019, 111 (114). 1780 Insoweit handelt es sich um eine Kodifizierung des Gedankens eines „Medienkollisionsrechts“ nach Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (31 f.); Binder/Vesting/Ladeur, Rundfunkrecht, RStV, § 58, Rn. 5b. dazu auch oben, C. II. 3) c. (zum Thema „level playing field“).

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4. Kapitel: Investions- und Integritätsschutz

Rundfunkinhalts oder rundfunkähnlichen Inhalts anderen Regelungen unterfällt, als die Rundfunkinhalte selbst, da keine Zurechnung zum Rundfunkveranstalter erfolgt. Dieser Regelungslücke, die insbesondere mit Blick auf den Rechtsgüterschutz gegenüber dem Rezipienten als Verbraucher besteht, wird zumindest in Bezug auf die Werberegelungen geschlossen. Bei kommerzieller Kommunikation finden dieselben Regeln, die für den überblendeten Inhalt gelten, auf die Einblendung (entsprechende) Anwendung. Allerdings schafft diese Regelung nur bedingt Abhilfe. Es wird lediglich der Gesichtspunkt der Werberegulierung erfasst und nicht die sonstigen Fälle der Programmklarheit geregelt. Zudem führt eine solche Regelung lediglich dazu, dass auch für die Überblendung durch Anbieter einer Medienplattform oder einer Benutzeroberfläche die §§ 7, 8 RStV und wohl auch §§ 16 und 45 RStV entsprechend gelten. Das ist aber auch – zumindest teilweise – dann bereits der Fall, wenn § 58 RStV auf die Einblendung als fernsehähnliches Telemedium anwendbar ist.1781 Neu daran ist aber, dass Anknüpfungspunkt für die Bewertung der Zulässigkeit von kommerzieller Kommunikation nicht das Programm ist, sondern der Inhalt, in dessen räumlichem und zeitlichem Umfeld sich die Einblendung bewegt. Das führt dazu, dass etwa das Trennungsgebot die Folge hat, dass werbende Einblendungen außerhalb von Werbeblöcken im überblendeten Programm nicht möglich sind. Unklar bleibt allerdings, ob damit eine Kollisionsnorm geschaffen wird, die etwa dazu führt, dass auch eine Addition der Werbezeiten vorgenommen würde. Eine solche Norm würde allerdings ausblenden, dass die Einblendung und der überblendete Inhalt von unterschiedlichen Anbietern verantwortet werden. Sofern hier der verbraucherschützende Kern der Werberegulierung adressiert ist, erscheint die Regelung zu weitgehend und ihre Rechtfertigung zu verlieren, sofern die Einblendung durch den Rezipienten initiiert bzw. abstrakt erlaubt wurde.1782 Dann handelt der Rezipient eigenverantwortlich, so wie er es auch bei einer Parallelnutzung von Medien auf verschiedenen Endgeräten tut. In diesen sowie in allen Fällen außerhalb der kommerziellen Kommunikation bleibt dann lediglich das Schutzgut der Programmklarheit, sodass nur eine Kennzeichnungspflicht hinsichtlich der Verantwortlichkeit für die Überblendung notwendig ist (siehe oben, 4. Kap. III. 3)).

1781

Binder/Vesting/Ladeur, Rundfunkrecht, RStV, § 58, Rn. 5b; BeckOK InfoMedienR/Bornemann, RStV, § 7, Rn.16. 1782 Ladeur/Gostomzyk, CR 2014, 28 (312); Försterling, in: die medienanstalten, Digitalisierungsbericht 2017, 9 (13).

Ergebnisse/ Zusammenfassung 1. Kapitel Betrachtet man die technische Konvergenzentwicklung ist selbst die dieser Arbeit zugrunde gelegte Terminologie des „Connected-TV“ zu ungenau oder zu eng, um die Phänomene dieser Entwicklung wirklich treffend einzufangen. Die Konvergenz bei den Endgeräten führt dazu, dass jedes „Rezeptionsgerät“ einer hybriden Nutzung geöffnet wird. Zwar werden einige Geräte weiterhin zu einer „klassischen“ Nutzung herangezogen, aber daneben werden alle anderen Medienformen ebenfalls nutzbar sein. Deshalb wird der „Fernseher“ zum „Abspielgerät“, ebenso wie der Computer oder alle sonstigen internetfähigen Endgeräte. Diese werden durch Second-Screens ergänzt, sofern die kleinen Bildschirme nicht selbst als First-Screen genutzt werden. Letztlich führt diese technische Konvergenzentwicklung durch das Zusammenführen der ehemals auf verschiedene Geräte und Dienste aufgeteilten Inhalte zu einer immer stärker werdenen Ausfächerung der Angebotsformen bei Connected-TV-Anwendungen. Daher führt die Konvergenz auf Ebene der Endgeräte zur Diverenz hinsichtlich der abrufbaren Inhalte und Angebote. Auch die technischen Voraussetzungen sind flächendeckend gegeben, sodass keine Hürden hinsichtlich einer breiten Nutzung von Connected-TVs und einer verstärkten Penetration bestehen. Neben der Nutzbarmachung von neuen Angeboten auf einem dafür bislang verschlossenen Endgerät ist die Zwei-Wege-Kommunikation mittels Rückkanal auch bei Rundfunkinhalten die bedeutendste technische Neuerung. Die Angebotsformen auf Connected-TVs unterscheiden sich auf zwei Arten. Zum einen gibt es App-Portale der Endgerätehersteller und sonstiger Portalbetreiber, die als „unbound applications“ sämtliche denkbaren Inhalte darstellen können. Die Portale unterscheiden sich wiederum sowohl im Hinblick auf den Grad der Geschlossenheit des Systems von Portal und App-Store als auch im Hinblick auf die Anbieter der Portale. Diese können sowohl Endgerätehersteller von Fernsehern, USB-Sticks oder Spielekonsolen als auch die klassischen Infrastrukturbetreiber über ihre Set-Top-Box sein. Daneben ermöglicht der von der ETSI anerkannte offene Standard HbbTV „bound applications“ der Rundfunkveranstalter. Darüber können klassische Inhalteanbieter sowohl ihr Programm als auch sonstige Inhalte über den Fernseher verfügbar machen. Eine weitere Ebene an Anbietern wird dadurch erschlossen, dass der HbbTV-Standard als Technik zur Etablierung eines Portals genutzt wird. Daneben bieten insbesondere die Endgerätehersteller sog. „Smart-TVs“ auch „Benutzeroberflächen“ zur Programmorientierung an. Zudem sind die Endgeräte in vielen Fällen mit einem Browser ausgestattet, mit welchem © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 M. Naumann, Connected-TV, Juridicum – Schriften zum Medien-, Informations- und Datenrecht, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27301-9

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Ergebnisse/ Zusammenfassung

sämtliche Web-Inhalte auch auf dem Fernsehgerät verfügbar werden. Klare Trennlinien sind aufgrund dieses Prozesses der Konvergenz der Anbieter, Techniken und Inhalteformen nur schwer zu ziehen. Die Anbieter sind meist auf verschiedenen Ebenen der Distributionsmärkte tätig. Unabhängig von der Vergleichbarkeit der angebotenen Dienstleistungen fällt die Abgrenzung zu den anderen Anbietern aufgrund der Divergenz des Angebotsportfolios des einzelnen Anbieters immer schwerer. Umso wichtiger wird die klare regulatorische Beschreibung des technischen bzw. inhaltlichen Anknüpfungspunktes für die Regulierung. Die Marktentwicklung im „Ökosystem Connected-TV“ ist gekennzeichnet durch die Mannigfaltigkeit der Teilnehmer. Mit Samsung ist bei den Endgeräteherstellern im engeren Sinne ein Marktführer auszumachen, der allerdings nicht alle Verwertungsstufen des Connected-TV-Marktes durchdringt und in gleichem Umfang beherrscht. Darüber hinaus wird der Markt durch verschiedene Geschäfts- und Einnahmemodelle geprägt. Hinsichtlich des Nutzerverhaltens bleibt es seit der Einführung der neuen Technik bei einem stetigen Wachsen der Anschluss- und Nutzungsraten von Connected-TVs. Auch wenn der Rezipient in der neuen Nutzungsumgebung sich an den bekannten Mustern der Nutzung von Online-Medien orientiert, kommt es bei der Nutzung von – immer noch am meisten frequentierten – audiovisuellen Inhalten zu einem Verschwimmen der Grenzen der klassischen Unterscheidung zwischen der „Lean back“- und „Lean Forward“Perspektive. Die Rezipienten wechseln variabel zwischen den verschiedenen Angeboten der Endgeräte, wobei die App-Portale am häufigsten zur Nutzung herangezogen werden. Mit Blick auf das Nutzerverhalten in dieser Umgebung werden HbbTV-Angebote weniger, aber dennoch am zweithäufigsten genutzt. Zudem werden Inhalte durchaus auch über die Nachinstallation von Apps über den App-Store und Browser genutzt. Neben dieser Ebene des „Obs“ zeigt sich auch beim „Wie“ der Nutzung, dass Empfehlungssysteme und Listung über Benutzeroberflächen sowohl bei linearen Rundfunkangeboten als auch bei Angeboten in den App-Portalen maßgeblich die Auffindbarkeit von Inhalten beeinflussen können. 2. Kapitel Connected-TV-Angebote bilden einen lebendigen Anwendungsbereich für konvergente Inhalteangebote1783 und ein entlinearisiertes Nutzungsverhalten. Aber allein die Tatsache, dass sowohl lineare als auch nicht lineare Inhalte auf einem Endgerät dargestellt werden können, bringt keinen Mehrwert in der Diskussion um die Anpassung der Prämissen der Rundfunkregulierung. Auch auf konvergenten Endgeräten kann zwischen verschiedenen Inhalteformen, die als App-Angebote der Endgerätehersteller und anderer Portalbetreiber sowie HbbTV-Angebote bereitgestellt werden, unterschieden werden. 1783 Gundel, in: BLM-Symposion Medienrecht 2014 (2015), 101 (103) bezeichnet Connected-TV-Geräte als „Kronzeugen“ dieser Entwicklung.

Ergebnisse/ Zusammenfassung

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Die Zuordnung in die medienrechtlichen Inhaltekategorien Rundfunk oder Telemedien bzw. auf unionsrechtlicher Ebene lineare und nicht-lineare audiovisuelle Mediendienste ist derzeit unabhängig vom technischen Übertragungsweg und dem verwendeten Endgerät möglich. Die Connected-TV-Geräte bilden nicht auf Ebene der Endgerätekonvergenz, sondern erst auf Ebene der über sie zugänglich gemachten Inhalte in einem besonderen Nutzungsumfeld einen Ansatzpunkt für eine „Gesamtbetrachtung“ aufgrund der endgerätebedingten Verknüpfung in einer „konvergenten Medienordnung“. Trennt man eben diese Endgerätebene von der Inhaltebene müssen die Anknüpfungspunkte für die Regulierung von Inhalten auch weiterhin in der Meinungsbildungsrelevanz und in der durch die Verfassung vorgegebenen besonderen Wirkweise bestimmter Medien liegen. Allerdings ist bei der Reformierung des medienrechtlichen Regulierungsrahmens auf Ebene der Europäischen Union (AVMD-RL) als auch daran anknüpfend im Rundfunkstaatsvertrag die Bestimmung der normativen Kriterien möglichst dynamisch und unabhängig von rein technischen Entwicklungen zu gestalten, sodass Konvergenzphänomene wie Connected-TV möglichst widerspruchsfrei erfasst werden. Hinsichtlich dieser Inhaltebene ist das Konzept eines sog. „level playing field“, welches gleiche Ausgangsbedingungen für alle Inhalte fordert, um auch unter gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten eine Verzerrung der Regelungsintensität von Inhalten zu verhindern, ein tragfähiger Lösungsansatz. 3. Kapitel Bei Connected-TV-Sachverhalten bestehen Gatekeeper-Positionen, da bestimmte Dienstleistungen das Tor zwischen Inhalteanbietern und Rezipienten einnehmen. Aufgrund des Prozesses der Medienkonvergenz muss der ursprünglich an klassischer Infrastrukturkontrolle orientierte Gatekeeper-Begriff auch auf Gatekeeper aufgrund der Kontrolle über ein geschlossenes System ausgeweitet werden. Moderne Gatekeeper bei Conneted-TV-Sachverhalten kontrollieren solche geschlossenen Systeme über proprietäre Dienste wie App-Portale oder Benutzeroberflächen, bei denen aufgrund von Lock-InEffekten, insbesondere in Form von Wechselkosten, eine Ausschließlichkeit begründet wird. Grundsätzlich werden Gatekeeper von den verfassungsrechtlichen Grundannahmen der Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG und der sich daraus ergebenden positiv rechtlichen Dogmatik eines Ausgestaltungsauftrages an den Rundfunkgesetzgeber erfasst. Die aus dem Normziel der Bedeutung des Rundfunks für die öffentliche und individuelle Meinungsbildung abgeleiteten Grundsätze der kommunikativen Chancengleichheit und der rundfunkspezifischen Offenheitspflege als Teil positiver Vielfaltssicherung sind auch bei modernen Gatekeeper-Phänomenen bei Connected-TV-Sachverhalten von Bedeutung. Allerdings ist auch mit Blick auf die grundrechtlichen Positionen der Anbieter von Diensten von einem unterschiedlichen Gefährdungspotential der mit Soft- und Hardwarekomponenten von Connected-TV-Endgeräten verbundenen

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Ergebnisse/ Zusammenfassung

Gatekeeper-Positionen auszugehen. Die verschiedenen Kategorien von Gatekeepern müssen unter dem Regelungsziel der Rundfunkfreiheit, der Vielfaltssicherung mit Blick auf die individuelle und öffentliche Meinungsbildung der Rezipienten von redaktionellen Inhalten einer differenzierten Betrachtung unterzogen werden, woraus sich die Notwendigkeit einer abgestuften Regulierung ergibt. Je nach Grad der Ausschließlichkeit der Gatekeeper-Dienstleistung sind dabei sowohl Zugangsansprüche als auch Auffindbarkeitsregelungen im Sinne eines Diskriminierungsverbots verfassungsrechtlich geboten. Eine positive und hervorgehobene Aufmerksamkeitslenkung im Sinne eines „Mustbe-found“ bestimmter meinungsbildungsrelevanter Inhalte findet hingegen keine verfassungsrechtliche Rechtfertigung in den möglichen Gatekeeper-Stellungen. Die geltende Plattformregulierung erfasst denkbare Gatekeeper im Zusammenhang mit Connected-TV-Funktionen, speziell den App-Portalen, nach engem Verständnis des Begriffs des Anbieters einer Plattform gar nicht oder nach einem weiteren Verständnis nur unzureichend. Insbesondere der Regelungsadressat ist unter der jetzigen Regelungssystematik der Plattformregulierung nicht konsistent mit Blick auf die Vielfaltssicherung aufgrund von Gatekeeper-Phänomenen ausgestaltet. Soweit die Plattformregulierung eine umfassendere Gatekeeper-Regulierung ermöglichen soll, muss ein abgestuftes System mit angepasster Zielrichtung geschaffen werden. In absteigender Regulierungsdichte sollen „geschlossene Plattformen“, „geschlossene Plattformen mit Zugang zum offenen Netz“, „geschlossene Plattformen mit Zugang zum offenen Netz und Interoperabilität über Standards“, „zugangsoffene Plattformen“ und „offene Plattformen“ erfasst werden. Nicht ausreichend mit Blick auf die durch Connected-TVs ermöglichten Gatekeeper-Phänomene ist die Erweiterung der Plattformregulierung auf die bislang bereits mit dem weiten Begriffsverständnis des „Anbieters einer Plattform“ erfassten Phänome. Vielmehr muss dabei auch das Verbreiten von meinungsbildungsrelevanten Inhalten in einem geschlossenen System in den Fokus des Regulierungsziels rücken. Die Plattformregulierung kann aber mit Blick auf die Regelungsinstrumente durchaus einen sachgerechten Anknüpfungspunkt für eine breitere Gatekeeper-Regulierung darstellen. Insbesondere § 52c RStV i.V.m. den Konkretisierungen der ZPS weist Lösungsansätze für die Problematik der Auffindbarkeit von Inhalten in Benutzeroberflächen und Portalen auf. Daran wird deutlich, dass die rein technische Seite der vom Gatekeeper kontrollierten Gatekeeper-Dienstleistung einen passenden Anknüpfungspunkt bietet. Allerdings müssen die Grundsätze der Diskriminierungsfreiheit und das Behinderungsverbot weiterentwickelt werden. Tragende Prinzipien einer Gatekeeper-Regulierung müssen mit der regulatorischen Absicherung von „Offenheitspflege“ und Diskriminierungsfreiheit sowie der Absicherung der Rezipientenautonomie unter Vielfaltsgesichtspunkten verwirklicht werden. Insoweit muss es zu einer Weiterentwicklung des Konzepts der „technischen Zugangsfreiheit“ zur „technischen Zugangsoffenheit“ kommen, welche die technische Ausgestaltung eines grundsätzlich geschlossenen Systems eines Gatekeepers mit Öffnungsmechanismen vorsieht.

Ergebnisse/ Zusammenfassung

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Ein umfassendes Must-Carry-Regime oder ein „Must-be-Found-Regime“ für Portale ist mit Blick auf Connected-TV-Sachverhalte hingegen nicht angezeigt. Aufgrund der generellen Unbegrenztheit der möglichen Anwendungen kann Angebots- und Inhaltevielfalt entstehen, wenn alle Angebote generell die Möglichkeit haben, Zugang zum Portal zu finden. Deshalb erscheint auch für medienrechtliche Zugangsansprüche bei „Infrastrukturen im weiteren Sinne“ die Orientierung an „infrastrukturgängigen“ Kategorien lohneswert, die unter Anlehnung an die Grundsätze der „essential facilities“-Doktrin eine medien(verfassungs)rechtliche Ausrichtung erfahren. Letztlich gilt es auch den territorialen Anwendungsbereich einer erweiterten nationalen Gatekeeper-Regulierung zu bestimmen. Allerdings erscheint an dieser Stelle die konzeptionelle Ausrichtung besonders offen, solange keine klare Abgrenzung zwischen unionsrechtlichem Herkunftslandprinzip und den Möglichkeiten einer Zweitregulierung mittels Marktortprinzip herrscht. Insoweit beinhaltet auch der Reformvorschlag eines „Medienstaatsvertrags“ positive Ansätze vor allem hinsichtlich der Übertragung der Rechtsfolgen. Allerdings fehlt es ihm an einem konsequenten und allein an Gatekeeper-Potentialen der Connected-TVDienstleistungen ausgerichteten abgestuften Konzept. 4. Kapitel Von Dritten kontrollierte Einblendungen im räumlichen Umfeld von Rundfunkinhalten bilden letztlich kein völlig „neues Problemfeld“, sondern speziell mit Blick auf das Wettbewerbsrecht eher eine bekannte Problematik „in neuem Gewand“. Deshalb können die geltenden Regelungen zum Investitions- und Integritätsschutz zu einem widerspruchsfreien System weiterentwickelt werden. Unter den geltenden Regelungssystemen betreffen lediglich von Dritten kontrollierte Einblendungen im räumlichen Kontext von Rundfunkinhalten, auf die der Rezipient keinerlei Einfluss hat, eine schützenswerte Position der Rundfunkveranstalter. Die Normierung eines Inhalteintegritätsschutzes mittels Kennzeichnungs- oder Diskriminierungsvorschriften ist unter medienverfassungsrechtlicher Veranlassung mit Blick auf die Klarheit der Verantwortlichkeit zu rechtfertigen. Ein dahingehender das rundfunkverfassungsrechtliche Vielfaltsgebot stützender Verbraucherschutz ist grundsätzlich denkbar. Darüberhinausgehende Fragen der Zurechnung eines Inhalts zu Rundfunkveranstaltern oder Dritten sind eng mit dem Regelungsadressaten des rundfunk-werberechtlichen Trennungsgebots verbunden. Auch beim Investitionsschutz bewegen sich die von Endgeräteherstellern und Portalbetreibern kontrollierten Einblendungen in den meisten Fällen unterhalb der herausgearbeiteten normativen Grenzen sowohl des Urheberrechts als auch des Wettbewerbs- und Medienrechts. Das Urheberrecht bedient klassischerweise den Signalschutz, an den die Verwertungs- und Leistungsschutzrechte anknüpfen. Eine darüber hinausgehende Aufmerksamkeitsregulierung mit darauf ausgerichteten Verwertungsoder

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Ergebnisse/ Zusammenfassung

Leistungsschutzrechten ist mit der derzeitigen Systematik, die auf Signalschutz und klassische Verbeitungshandlungen und nicht auf virtuellen Beeinträchtigungshandlungen ausgerichtet ist, nur schwer zu vereinbaren. Die offenen Tatbestände des Wettbewerbsrechts, allen voran die Generalklausel, und vor allem das damit verbundene Leistungsschutzrecht bieten dafür einen sachgerechteren Anknüpfungspunkt. Darüber kann über eine medienspezifische Weiterentwicklung der von der Rechtsprechung gefundenen Grenzen zwischen Wettbewerbshandeln und parasitärer Ausnutzung von einem Dritten normativ zugeordneter Aufmerksamkeit Investitionsschutz gewährleistet werden. Grenzen bilden dabei die Nutzerautonomie und ein unter medienspezifischen Kategorien zu erfassender Tatbestand der allgemeinen Marktbehinderung. Letzterem kommt unter der verfassungsrechtlichen Dogmatik der Finanzierung des Privatrundfunks über Werbemittel eine Auffangfunktion zu, welche einen Schutz der Leistung von Rundfunkveranstaltern beinhaltet und der Verhinderung einer Unmöglichkeit der Refinanzierung redaktioneller Inhalte entgegenwirkt. Der Reformvorschlag des „Medienstaatsvertrages“ geht daher hinsichtlich einer rein rundfunkrechtlichen Verankerung von Investitions- und Integritätsschutz zu weit. Die neuen Regelungen der AVMD-RL stehen hingegen mit ihrer allein rechtsgutorientierten Ausrichtung dem hier vertretenen Modell des medienspezifischen wettbewerbsrechtlichen Schutzes nicht entgegen.

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