Clustermanagement: Aufbau und Gestaltung von regionalen Netzwerken [1 ed.] 9783896444646, 9783896734648

In den letzten Jahren ist das Clusterkonzept zunehmend in den Blick von Politik und Wissenschaft geraten. Die dadurch en

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Clustermanagement: Aufbau und Gestaltung von regionalen Netzwerken [1 ed.]
 9783896444646, 9783896734648

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Josef Schuler

Clustermanagement Aufbau und Gestaltung von regionalen Netzwerken

Verlag Wissenschaft & Praxis

Josef Schuler

Clustermanagement Aufbau und Gestaltung von regionalen Netzwerken

Verlag Wissenschaft & Praxis

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

ISBN 978-3-89673-464-8

© Verlag Wissenschaft & Praxis Dr. Brauner GmbH 2008 D-75447 Sternenfels, Nußbaumweg 6 Tel. 07045/930093 Fax 07045/930094

Alle Rechte vorbehalten Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany

Inhalt 1 Aktuelle Herausforderungen im Standortwettbewerb..............................7 1.1 Die Aufgaben und Ebenen der Wirtschaftsförderung ........................7 1.2 Der Wettbewerb der Standorte .......................................................10 1.3 Neue Ansätze der Wirtschaftsförderung..........................................12 Vertiefende Literatur zum ersten Kapitel .................................................14 2 Grundlagen für das Clustermanagement ................................................15 2.1 2.2 2.3 2.4

Cluster als Netzwerke.....................................................................15 Die Ursprünge der Clustertheorie...................................................17 Soziale Netzwerke im Cluster.........................................................25 Kooperationen im Cluster...............................................................29

2.5 Policy-Netzwerke im Cluster ..........................................................35 2.6 Ein integratives Clustermodell ........................................................38 Vertiefende Literatur zum zweiten Kapitel ..............................................43 3 Der Prozess der Clusterentwicklung ......................................................45 3.1 Die Analyse des Clusterpotenzials in der Region............................46 3.2 Die Dimensionen des Clustermanagements....................................50 3.3 Das Management des sozialen Netzwerkes ....................................54 3.4 Das Kooperationsmanagement .......................................................58 3.5 Das Management von Policy-Netzwerken ......................................63 3.6 Das Management des Raumes ........................................................65 Vertiefende Literatur zum dritten Kapitel.................................................69 4 Clusterevaluation als Lern- und Kontrollinstrument ...............................71 4.1 Das Wirkungsmodell der Clusterevaluation....................................74 4.2 Die Vorgehensweise zur Clusterevaluation.....................................77 Vertiefende Literatur zum vierten Kapitel ................................................83 Der Autor ...................................................................................................84

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1 Aktuelle Herausforderungen im Standortwettbewerb 1.1 Die Aufgaben und Ebenen der Wirtschaftsförderung Wirtschaftsförderung umfasst die von staatlicher Seite unternommenen Konzepte und Maßnahmen, welche auf die Schaffung von günstigen Rahmenbedingungen für wirtschaftliches Handeln zielen. Dies ist jedoch kein Selbstzweck. Man erhofft sich dadurch mittelbis langfristig verschiedene Effekte für die Allgemeinheit. So dominiert in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit meist der Wunsch, durch die fördernden Maßnahmen eine Zunahme der Beschäftigung zu erreichen. Daneben profitiert der Staat bei einer prosperierenden Wirtschaft auch von höheren Steuereinahmen, die wiederum der Allgemeinheit zugute kommen können. Zuletzt führt eine erfolgreiche Wirtschaftsförderung auch zu einer höheren Attraktivität bei der ansässigen, aber auch nichtansässigen Bevölkerung, so dass der Standort für Touristen und qualifizierte Arbeitskräfte attraktiv wird. In eher seltenen Fällen ist nicht der Staat Initiator der Wirtschaftsförderung, sondern engagierte privatwirtschaftliche Organisationen schließen sich in einem Verein oder einer Initiative zusammen. Da man aber inzwischen in Deutschland von einer flächendeckenden staatlichen Wirtschaftsförderung ausgehen kann, wirken diese privaten Initiativen häufig in Kooperation mit den staatlichen und ergänzen sie in wesentlichen Punkten. Dies gilt auch für einzelne Investoren, die einer Kommune oder Region freundschaftlich verbunden sind und ihr für eine wirtschaftsfördernde Maßnahme Kapital zur Verfügung stellen. So kann der Bau eines neuen Fußballstadions, finanziert durch einen fußballbegeisterten Investor, erhebliche positive Auswirkungen auf Beschäftigung, 7

Image und Zustrom von Kaufkraft für eine Kommune haben. Diese Maßnahme ersetzt aber keine nachhaltige kommunale Wirtschaftsförderung. Betrachtet man die staatliche Wirtschaftsförderung, so können unterschiedliche räumliche Ebenen der Wirtschaftsförderung unterschieden werden.

EU

Bund

Land

Region

Kommunen

Abbildung 1: Die räumlichen Ebenen der Wirtschaftsförderung (Immakom)

Die europäische Ebene befasst sich überwiegend mit Maßnahmen zum Ausgleich regionaler Unterschiede in der Lebensqualität. Die Maßnahmen auf europäische Ebene sollen den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt stützen und eine harmonische Entwicklung der gesamten Gemeinschaft fördern. Zusätzlich setzt die so genannte „Beihilfenkontrolle“ den darunter liegenden Ebenen Grenzen bei der Gewährung von finanziellen Zuwendungen wie Zuschüssen, Bürgschaften und Zinsvergünstigungen.

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Die Bundesebene der Wirtschaftsförderung ist ebenso auf den Ausgleich regionaler Unterschiede, allerdings innerhalb Deutschlands, bedacht. Dies wird mit eigenen Förderprogrammen, aber auch gewisser Beschränkung der Aktivitäten der darunter liegenden Ebenen zu erreichen versucht. Die Länderebene der Wirtschaftsförderung geht von den jeweiligen Regierungen der Bundesländer aus und hat meist als Hauptsäulen Mittelstandsförderung, Technologietransfer und Tourismusförderung. Die regionale Ebene der Wirtschaftsförderung hat die Besonderheit, dass sich Kommunen und/oder Landkreise zusammenschließen, häufig unter Einbezug regionaler Banken und Verbände, um in der Kooperation gemeinsame Zielstellungen besser verfolgen zu können. Meist werden hier Aufgaben der Vernetzung, Kommunikation und Koordination regionaler Akteure wahrgenommen. Als unterste Ebene der Wirtschaftsförderung, gibt Art. 28 II des Grundgesetzes den Gemeinden das Recht, „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln“. Hieraus bezieht die Gemeinde ihre Legitimation zur Förderung der lokalen Wirtschaft. Traditionellerweise sind die Hauptgegenstände der Wirtschaftsförderung auf kommunaler, regionaler und auch der Länderebene die Ansiedelung von neuen Unternehmen und die Pflege des bestehenden Unternehmensbestandes. Die Ansätze der Wirtschaftsförderung lassen sich näherungsweise den räumlichen Ebenen der Wirtschaftsförderung zuordnen: Wirtschaftspolitik als die Entwicklung und Umsetzung genereller Leitlinien findet auf Ebene von EU und Bund und evtl. noch Land statt. 9

Die Ansiedlungswerbung und Flächenbereitstellung ist Kernaufgabe der kommunalen Wirtschaftsförderung. Neue Themen wie Netzwerke und Cluster werden überwiegend von der regionalen Wirtschaftsförderung oder auf Länderebene betreut. Die bevorzugte Ansiedelung der Netzwerkarbeit auf regionaler Ebene hat verschiedene Ursachen. Zum einen hat die Entwicklung regionaler Wirtschaftsförderungsgesellschaften erst in den letzten Jahren zugenommen, so dass sich diese bevorzugt des neuen Themas Netzwerke angenommen haben. Weiter ist eine Region keine Gebietskörperschaft, wie Länder und Kommunen. Eine Region lässt sich nicht auf einen rein physischen Ausschnitt der Erdoberfläche begrenzen, sondern kann als kultureller, ökonomischer und sozialer Verflechtungsraum betrachtet werden. Damit definiert sie sich durch die ansässigen regionalen Akteure, ihre Werte und ihre Interaktionen. Durch diese Prägung fällt der Clusteransatz in den Regionen auf fruchtbaren Boden. Er stellt ein Rahmenkonzept dar, die bisher schon bestehenden Strukturen zu festigen und auszubauen.

1.2 Der Wettbewerb der Standorte Die Wirtschaftsförderung hat sich in den letzten Jahren mit großen Veränderungen auseinander zu setzen, die in der Globalisierung der Wirtschaft ihre Ursache haben. Die Globalisierung führte in den letzten Jahren zu veränderten Schwerpunkten und Aufgaben der Wirtschaftsförderung. Die Globalisierung ist im Wesentlichen von Liberalisierungen im Außenhandel und den Finanzmärkten gekennzeichnet. Dadurch wurde es für immer mehr Unternehmen möglich, ihre Produkte weltweit zu vertreiben. Ebenso wurde es dadurch mit geringem 10

Aufwand möglich, weltweit einzukaufen und so die beste Preis-/ Kostenrelation zu erzielen. Ein weiteres Charakteristikum der Globalisierung ist die Aufsplittung von bisher zusammenhängenden Produktionsketten und deren Verteilung auf der ganzen Welt. Parallel zur Globalisierung von Produkten und Unternehmen wurde eine einfachere Transaktion von großen Kapitalmengen möglich. Beschleunigt wurden diese ganzen Entwicklungen durch den Wandel der ehemaligen Ostblockstaaten hin zu Marktwirtschaften und die Marktöffnung vieler Entwicklungsländer. Hinzu kamen die Verfügbarkeit neuer Telekommunikations- und Internettechnologien. Die Globalisierung hat dazu geführt, dass Unternehmen einem stärkeren Wettbewerb ausgesetzt sind. Damit steigen auch ihre Anforderungen an Standorte, so dass sie sich für den „leistungsfähigsten“ Standort entscheiden können. Diese Wahl kann prinzipiell weltweit erfolgen, da die Möglichkeiten der Kommunikation und der Mobilität vielfältiger und kostengünstiger geworden sind. Der ideale Standort ist von Branche zu Branche unterschiedlich. Nicht immer entscheiden sich die Unternehmen für Standorte mit geringen Arbeitskosten. Häufig gehen sie an Standorte, bei denen das Lohnniveau, Steuern und Abgaben sowie die Immobilienpreise hoch sind. Dies deutet darauf hin, dass neben den Kosten ein wesentliches Entscheidungskriterium die wirtschaftliche Dynamik im Zielland ist. Deutsche Standorte haben weltweit gesehen hohe Arbeitskosten und aufgrund einer hohen Marktsättigung bei vielen Produkten eine geringe Steigerungsrate der Nachfrage. Daraus folgt ein Wettbewerbsnachteil deutscher Standorte, so dass sich im Vergleich zu anderen Ländern nur noch wenige Unternehmen in Deutschland neu ansiedeln.

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Daher konzentriert sich die Wirtschaftsförderung in Deutschland überwiegend auf die Pflege des vorhandenen Bestandes an Unternehmen. Dies heißt ansässige Unternehmen zu halten, deren Erweiterungen zu unterstützen und am Ort zu halten sowie lokale Neugründungen zu fördern.

1.3 Neue Ansätze der Wirtschaftsförderung Diese veränderten Rahmenbedingungen haben die Schwerpunkte der Wirtschaftsförderung verschoben. Dies wird durch das folgende Schaubild verdeutlicht: Traditionelle Handlungsfelder

Neue Ansätze Wirtschaftsförderung

Innovative Milieus Ansiedlungswerbung Existenzgründung

Flächenbereitstellung

Eigenständiges Kompetenzprofil

Innovations- und Technologiepolitik

Bestandspflege Cluster, lokale Netzwerke

Standortmarketing Verbesserung Standortfaktoren

Abbildung 2: Neue Ansätze der Wirtschaftsförderung (Reschl, R./Roog,W.)

Die traditionellen Handlungsfelder der Ansiedlungswerbung und Flächenbereitstellung wurden zugunsten der Bestandspflege weniger bedeutsam. Dies heißt jedoch nicht, dass die Ansiedlungswerbung vernachlässigt würde. Die Tätigkeit in der Wirtschaftsförderung ist jedoch vielfältiger geworden und Ansätze, welche die weichen Faktoren betonen, dominieren zunehmend. So werden die weichen Standortfaktoren zunehmend gepflegt und entwickelt, um ein glaubwürdiges Standortmarketing zu betreiben. 12

Daneben gewinnen innovative Milieus, Technologietransfer und Netzwerkbildung zunehmend an Bedeutung. Alles dies wird meist unter der Überschrift Clusterbildung und -entwicklung subsumiert. Weshalb hat sich diese Entwicklung in den letzten Jahren so vollzogen? Wie man in den letzten Jahren erfahren musste, ist es nicht mehr so sehr von Bedeutung, mobile Unternehmen zu akquirieren, sondern für ansässige Unternehmen Immobilitätsgründe zu schaffen. Mobile Unternehmen wandern meist auch schnell wieder weiter, wenn ihnen bessere Rahmenbedingungen winken. Die Bindung der Unternehmen wird daher durch die Herausbildung eines eigenständigen Kompetenzprofils des Standorts angestrebt, das von anderen Orten nur schwer zu imitieren ist. Der Standort muss seine Wettbewerbsfähigkeit durch Eigenschaften gewinnen, die nicht verallgemeinerbar sind. Dieses Profil gewinnt er durch die Verbesserung seiner Standortfaktoren sowie der Initiierung und Entwicklung regionaler Netzwerke, in welche die regionalen Organisationen eingebunden sind. Bestehende Beziehungen werden nur schwer aufgegeben. Ein weiterer Grund für die aktuelle Fokussierung auf Netzwerke ist der Wunsch, die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der Unternehmen einer ganzen Region zu erhöhen. Klassisch werden Fördermittel eingesetzt, um einzelbetriebliche Innovationen zu fördern. Diese Förderung hat ihre Berechtigung, sie unterstützt jedoch nicht eine an den Marktbedürfnissen orientierte, innovative Vielfalt in einer Region. Diese kann durch eine Intensivierung der Kommunikationsdichte und -dynamik zwischen den Unternehmen erreicht werden, da man von Kunden, Konkurrenten und Zulieferern Anregungen für Innovationen erhält. Regionale Netzwerke in Form von Clustern unterstützen gerade diese innovative Vielfalt und fördern die einzelbetriebliche Leistungsfähigkeit durch ein unterstützendes Umfeld. 13

Vertiefende Literatur zum ersten Kapitel IMMAKOMM (Hrsg.), (2001): Wirtschaftsförderung im 21. Jahrhundert, 1. Auflage, Aalen, H.S.H.-Verlag Klessmann, J. (2006): Strategische Wirtschaftsförderung. Verbindungen zwischen Clusterpolitik und lokaler Ökonomie, 1. Auflage, Saarbrücken, Verlag Dr. Müller Meyer-Stamer, J. (1999): Strategien lokaler/regionaler Entwicklung: Cluster, Standortpolitik und systemische Wettbewerbsfähigkeit, 3. Ausgabe, Nord-Süd aktuell Reschl, R., Rogg, W. (2003): Kommunale Wirtschaftsförderung, 1. Auflage, Sternenfels, Verlag Wissenschaft & Praxis Scherer, R., Bieger, Th. (Hrsg.) (2003): Clustering – das Zauberwort der Wirtschaftsförderung, 1. Auflage, Bern, Paul Haupt Verlag

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2 Grundlagen für das Clustermanagement 2.1 Cluster als Netzwerke In den vorherigen Kapiteln wurden die aktuellen Herausforderungen der Wirtschaftsförderung beschrieben und Cluster als wesentliches Instrument zur Bewältigung dieser Herausforderungen identifiziert. Im Folgenden werden Cluster als Mix von räumlich lokalisierten Netzwerken konkretisiert. Netzwerke sind ein Phänomen, welches in den vergangenen Jahren fast allgegenwärtig anzutreffen ist. Dies macht es schwierig, ein allgemein anerkanntes Verständnis von Netzwerken zu entwickeln. Ebenso kontrovers sind die Entstehungsbedingungen und Wirkungen von Netzwerken. Je nach Autor wird ein Netzwerk mit unterschiedlichen Merkmalen ausgestattet oder mit weiteren unscharfen Begriffen wie z. B. Kooperation verknüpft. Dies deutet darauf hin, dass Netzwerk nicht gleich Netzwerk ist und dass sich hinter dem Begriff „Netzwerk“ verschiedene Konzepte verbergen. Dies ist nicht verwunderlich, da Netzwerke ein aktuelles Thema der Wirtschaft, Sozialwissenschaft, Politik und Geographie sind. Trotz dieser Bedeutungsvielfalt scheinen Netzwerke Aspekte zu beinhalten, die für viele Anwendungsgebiete ein nützliches Konzept darstellen. Alle Netzwerkdefinitionen haben ein gemeinsames Grundverständnis. Dies besagt, dass Netzwerke aus Elementen bestehen, die über Beziehungen miteinander verknüpft sind. Unterschiedliche Netzwerk-Konzepte ergeben sich, wenn diese Elemente und Beziehungen mit Leben gefüllt werden. So können die Elemente von Netzwerken Personen, Gruppen, Organisationen oder auch wieder Netzwerke sein. Die in Netzwerken auftretenden Bezie15

hungen können ebenso vielfältiger Art sein. Meist werden sie als Tausch, Macht, Koppelung, Kommunikation, Kooperation o. a. beschrieben. Weiter werden bei Netzwerken gewisse Rahmenbedingungen angenommen, wie z. B. Grenzen des Netzwerkes, räumliche Lokalisierung, Gültigkeit von Spielregeln, Dauerhaftigkeit des Austausches zwischen den Netzwerkakteuren. Werden Elemente, Beziehungen und Rahmenbedingungen aus unterschiedlichen Perspektiven mit Leben gefüllt, so ergeben sich die derzeit dominierenden Netzwerkkonzepte: soziale Netzwerke, kooperative Netzwerke, Policy-Netzwerke und Cluster. Diese Netzwerk-Konzepte sind meist nicht streng voneinander zu trennen. Insbesondere in der Diskussion um Clusterdefinitionen und -wirkungen werden häufig Aspekte aller genannten Netzwerk-Konzepte vermischt. Darin kann man die Ursache der Vieldeutigkeit des Cluster-Begriffes erkennen: Sie ergibt sich aus der Vermischung der auf unterschiedlichen Perspektiven basierenden Netzwerk-Konzepte. Die derzeit dominierenden Netzwerk-Konzepte werden im Folgenden beschrieben, um zu mehr Klarheit bezüglich der Grundlagen von Clustern zu kommen.

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2.2 Die Ursprünge der Clustertheorie Cluster können als räumlich lokalisierte Netzwerke definiert werden. Grundsätzlich wird dabei angenommen, dass eine Wechselwirkung zwischen den Netzwerken und den räumlichen Bedingungen besteht. Cluster findet man, wenn Netzwerke unter räumlichen Aspekten betrachtet werden. Dann werden räumliche Ordnung und räumliche Verflechtungsmuster erkennbar. Aufgrund der räumlichen Ausrichtung der Wirtschaftsförderung und -politik wurden Cluster im Zuge des allgemeinen Netzwerkbooms der letzten Jahre hier besonders populär. Jedoch kann zu Recht behauptet werden, dass Cluster bei Unternehmern noch immer kaum bekannt sind. In der Wirtschaft werden ähnliche Phänomene wie Cluster unter den Begriffen Netzwerk oder Kooperationen diskutiert. Da Cluster sich über den Raumbezug von anderen NetzwerkKonzepten abgrenzen, soll kurz darauf eingegangen werden, was damit verbunden ist. Es gibt eine Fülle von Raumbegriffen, deren Raumverständnis nicht immer deutlich zu Tage tritt. Es können der geographische, der geosphärische, der areale und der kommunikative Raum unterschieden werden. Die Bedeutung der ersteren soll nur kurz angerissen werden, da sie im weiteren Verlauf für das Verständnis von Clustern keine Rolle mehr spielen. Das geographische Raumkonzept erfasst die Eroberfläche in ihren geometrischen Dimensionen. Damit erscheint der Raum als geometrisches Gebilde, welches sich aus Distanzen und absoluten Lagen bildet.

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Der geosphärische Raum betrachtet den Raum aus einzelnen Naturräumen und Ökosystemen zusammengesetzt, die als selbst regulierende Systeme agieren. Das areale Raumkonzept betrachtet den Raum unter dem Gesichtspunkt seiner Eignung für verschiedenartige Nutzung. Er ist von einer Grenze umschlossen und weist verschiedene Merkmale wie Klima, Ressourcenausstattung, Naturausstattung und Kultur auf. Das kommunikative Raumkonzept ist eine relativ neue Konzeption. Der kommunikative Raum besteht aus Orten, die Schauplätze für bestimmte Handlungen sind und nur als Handlungsraum Bedeutung für Menschen und Organisationen haben. Ändern sich die Handlungen, dann ändert sich auch der Charakter der Schauplätze. Daher sind die Schauplätze nicht dauerhaft gegeben, denn Handlungen variieren im Zeitablauf. Zwischen den Schauplätzen liegen Zwischenräume, die für die Handelnden bedeutungslos sind. Was bedeutet dies nun für das Verständnis von Clustern? Das kommunikative Raumkonzept kann als die Basis des Clusterkonzeptes verstanden werden, da Unternehmen im Clusterkonzept weniger als Organisationen, sondern als Standorte, d. h. Schauplatz von wirtschaftlichen Handlungen (Produktion, Verhandlung, Transport, …) betrachtet werden. Sie bilden ein lockeres Gefüge von Standorten mit Filialen, Kooperationspartnern, Kunden, Lieferanten, Verbänden usw. Das Gefüge wird durch wirtschaftliche Verflechtungen, Interaktionen, Tauschbeziehungen zusammengehalten. Die Zwischenräume haben nur untergeordnete Bedeutung. Organisationsräume werden durch ihre Standortentscheidungen und durch die Gestaltung von Beziehungen produziert. Wirtschaftsbeziehungen im kommunikativen Raumkonzept bringen jedoch keine flächendeckenden und abgegrenzte 18

Gebiete hervor, sondern nur Muster miteinander verknüpfter Standorte, die in ein Gebiet eingebettet, mit einer Region verbunden oder gar mit der Region identifizierbar sein können. Regionale Netzwerke werden derzeit überwiegend unter dem Begriff des Cluster diskutiert. Etwas weniger aktuell sind die räumlichen Netzwerk-Konzepte des Industriedistrikts und des innovativen Milieus. Diese Konzepte sollen hier in ihrer historischen Entwicklung beschrieben und miteinander verglichen werden, um in das Verständnis der Konzepte einzuführen. Die meisten Clusterkonzeptionen beziehen sich auf Michael Porter, wobei sein ursprüngliches Konzept in neueren Clusterkonzeptionen meist ergänzt und unterschiedlich interpretiert wird. Porter hat in einer Studie zur Wettbewerbsfähigkeit von Nationen versucht, regionale Unterschiede zu erklären. Ausgangspunkt seiner Überlegungen war die Frage, warum es in Ländern mit einer ähnlichen Faktorausstattung zu einer differenzierten Außenhandelsspezialisierung kommt. Er ging davon aus, dass ein wachsender Wohlstand in einem Land nur mit Produktivitätssteigerungen zu erreichen ist. Produktivitätssteigerungen können nach Porter nur von wettbewerbsfähigen Unternehmen und Branchen erreicht werden. Die Wettbewerbsfähigkeit hängt nun von der Ausprägung verschiedener Faktoren eines Landes ab. Zur Konkretisierung der Faktoren entwickelte er sein Modell des „Diamanten“, der vier Komponenten aufweist: die Faktorbedingungen, die Nachfragebedingungen, verwandte und unterstützende Branchen sowie Unternehmensstrategie, -struktur und Inlandswettbewerb.

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- Örtliche Rahmenbedingungen fördern Investitionen und nachhaltige Weiterentwicklung - Harter Wettbewerb zwischen lokal ansässigen Rivalen Firmenstrategie und Wettbewerb

Faktor-(Input-) bedingungen

Lokale Verfügbarkeit von - Human-, Kapital und Naturressourcen - physische, administrative, informative, wiss. Und technologische Infrastruktur

Nachfragebedingungen

Verwandte und unterstützende Branchen

- Fortschrittliche und anspruchsvolle lokale Abnehmer - Ungewöhnliche Nachfrage in spezialisierten Segmenten, die global befriedigt werden kann - Lokale Nachfrage antizipiert internationale Nachfrage

- Präsenz fähiger Lieferanten in verwandten Branchen - Präsenz von Clustern anstatt isolierter Branchen

Abbildung 3: Der Portersche „Diamant“ (Cernavin, O., Führ, M. (Hrsg.))

Die Faktorbedingungen beschreiben die lokale Verfügbarkeit von Human-, Kapital- und Naturressourcen sowie die wissenschaftliche und technologische Infrastruktur. Porter geht davon aus, dass die Wettbewerbsfähigkeit umso höher ist, je besser die Verfügbarkeit, die Qualität und die Spezialisierung der Faktorbedingungen in einem Land sind. Unter den Nachfragebedingungen wird die lokale Präsenz von anspruchsvollen und innovativen Abnehmern verstanden. Deren hohe Ansprüche fordern die Hersteller zu immer neuen Innovationen heraus. Dadurch kann die überregionale Nachfrage quasi vorweggenommen und den lokalen Unternehmen damit einen Vorteil verschafft werden. Weiter fördern verwandte und unterstützende Branchen die Wettbewerbsfähigkeit lokaler Unternehmen. Dies können Zulieferer

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und unternehmensnahe Dienstleister wie Berater und Ingenieure sein. Die hohe Wettbewerbsfähigkeit ihrer Leistungen fließen in die Produkte der lokalen Unternehmen als Vorleistungen ein und verbessert damit deren Wettbewerbsfähigkeit. Als letzten der vier Komponenten sieht Porter den ausgeprägten lokalen Wettbewerb zwischen den Unternehmen als fördernd an. Dies führt zum Zwang sich permanent zu verbessern und Innovationen hervorzubringen. Alle vier Komponenten beeinflussen sich wechselseitig. So kann z. B. eine gute lokale Nachfrage zur Ansiedelung oder Gründung von Unternehmen führen, welche wiederum Zulieferer und Arbeitskräfte benötigen. Oder auch lokal vorhandene gut ausgebildete Arbeitskräfte und eine wissenschaftliche Infrastruktur können zu Ausgründungen aus wissenschaftlichen Instituten und Unternehmen führen, die eine Nachfrage nach neuen Produkten wecken. In wettbewerbsfähigen Regionen hat Porter diese vier Komponenten in überdurchschnittlicher Ausprägung vorgefunden und als Cluster bezeichnet. Er hat Cluster als an einem Ort konzentrierte Häufung von Unternehmen und Institutionen des „Diamanten“ verstanden, deren Aktivitäten in einem bestimmten Feld miteinander verwandt sind oder sich gegenseitig ergänzen. Die erwarteten Effekte einer Clusterbildung sind eine höhere Produktivität und Innovationsfähigkeit der ansässigen Wirtschaft, wie auch die Herausbildung einer Marke des Standortes. Damit werden die Ansiedlung von Unternehmen und die Anwerbung von Investoren erleichtert sowie die Abwanderung von Unternehmen erschwert.

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Damit ist ein Cluster nach Porter mit früheren Konzepten verwandt: dem Industriedistrikt und dem innovativen Milieu. Der Industriedistrikt ist ein Konzept, welches auf Alfred Marshall anfangs des 20. Jahrhunderts zurückgeht. Er hat bereits lokale Häufungen von kleinen und mittleren Unternehmen identifiziert, die in einer Wertschöpfungskette miteinander verbunden waren. Sie wiesen nur eine geringe Fertigungstiefe auf und waren von wenigen Unternehmen abhängig, welche einen Zugang zu den Kunden hatten. Diese brachten das Wissen um neue Produkte und Kundenanforderungen in den Distrikt ein und sorgten damit für die Anregung zur Innovation und zum Lernen. Die Industriedistrikte waren nur in Märkten erfolgreich, die eine geringe Menge, aber hohe Variationsbreite der Produkte erforderten. Nur in diesen Märkten waren sie wettbewerbsfähig gegenüber Großindustrien, die große Mengen, aber nur eine geringe Variantenzahl produzieren konnten. Weiter stellte er fest, dass eine übergreifende Strategie für die gemeinsamen Produkte vorzufinden war, die auf geteilten Werten basierte. Es war eine Mischung aus verwandtschaftlichen und kulturellen Gemeinsamkeiten vorzufinden. Liegen diese Bedingungen vor, so Marshall, dann entsteht eine höhere Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in einer Region durch einfachere Abstimmung und Koordination. Die Innovationsausbreitung wird durch Imitation und Mobilität der Arbeitskräfte sowie der Unterstützung durch spezialisierte Institutionen erleichtert. Die Annahme, dass sich Innovationen weder alleine im Unternehmen, d. h. in der Kompetenz und Motivation von Mitarbeitern und Management, noch ausschließlich in der Unternehmensumwelt lokalisieren lassen, führte zur Vorstellung, dass Innovationen in Netzwerken geschaffen werden. Dies war die Ausgangsüberlegung einer Gruppe von Sozialwissenschaftlern (GREMI), die im 22

„innovativen Milieu“ eine effiziente Form der Netzwerkbildung für erfolgreiche Innovationsfähigkeit fanden. Im innovativen Milieu wird ein soziales Netzwerk mit einem geschäftlichen Netzwerk verknüpft. Dabei wird das soziale Netzwerk als eher lokal basiert angesehen, das geschäftliche dagegen ohne lokalen Bezug. In einem innovativen Milieu sind die Mitglieder von relativ einheitlichen Handlungsweisen und einer gemeinsamen Technikkultur geprägt. Es treffen hier lose verbundene Akteure aus Wirtschaft, Forschung, Bildung und Politik aufeinander. Diese können sich einer zweckbezogenen Infrastruktur bedienen und stehen in einer regen Interaktion. Die Lernfähigkeit des Milieus wird durch eine Offenheit nach außen und die partielle Einbindung anderer Netzwerke gewährleistet. Das innovative Milieu bezieht seine Stärke aus der Überschneidung von persönlichem und geschäftlichem Netzwerk. Dadurch kann nicht kodifiziertes Erfahrungswissen weitergegeben werden. Die folgende Darstellung gibt einen Überblick über die zeitliche Entwicklung der verschiedenen Netzwerk-Konzepte mit räumlichem Bezug:

1920 Industrial Districts (Marshall)

1986 Innovative Milieus (GREMI)

1970 Wiederbelebung des Konzeptes der Industrial Districts

1990 Cluster (Porter)

Abbildung 4: Ursprünge der Clustertheorie (Gutgesell, M.)

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Man erkennt einige Ähnlichkeiten, aber auch Unterschiede in den Konzepten regionaler Netzwerke. So wird in der aktuellen Diskussion häufig die Rolle der Kooperation betont. Dies ist ein wesentlicher Bestandteil des Konzeptes des Industriedistriktes und des innovativen Milieu. Porter hingegen betonte, dass eine direkte Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen die Wettbewerbsfähigkeit schwächt. Sie reduziert die Vielfalt, lähmt Anreize und verlangsamt das Tempo der Branchenentwicklung. Als weitere Unterschiede stellen sich die Aussagen bezüglich der Art der Vernetzung und der Unternehmensgröße dar. Im Konzept des Industriedistrikts wird ein wesentlicher Erfolgsfaktor in der Stärke der sozialen, informellen Beziehungen zwischen kleinen Unternehmen gesehen. Ein Cluster hingegen besteht laut Porter aus kleinen und großen Unternehmen, die über funktionelle, geschäftliche Beziehungen verbunden sind. Bezüglich der Vernetzung kombiniert das innovative Milieu die soziale und geschäftliche Vernetzung und sieht hierin den wesentlichen Erfolgsfaktor. Die Wirkmechanismen in Unternehmensagglomerationen können also unterschiedlich sein. Erschwerend für ein Verständnis hat sich der Begriff des Cluster nicht nur für die verschiedensten Mischformen aus Industriedistrikt, innovativem Milieu und Porterschen Clustern durchgesetzt, sondern er wird ebenso für Initiativen, die erst der Clusterbildung dienen, verwendet. Weiter wird er in der Praxis häufig auch nur zu Marketingzwecken eingesetzt. Es lohnt sich also die jeweils als Cluster bezeichnete Agglomeration genauer zu betrachten. Kriterien hierfür können die Anzahl und Größe der Unternehmen, die Art ihrer Beziehungen, der Lebenszyklus der Produkte des Clusters sowie die Region und ihre Stärken sein.

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2.3 Soziale Netzwerke im Cluster Sozialen Netzwerken liegt das Verständnis zugrunde, dass nicht die Akteure den Charakter des Netzwerkes bestimmen, sondern im Gegenteil, der Akteur seine Eigenschaften und auch Handlungsmöglichkeiten aus der Art seiner Beziehungen erhält. Netzwerke bestehen aus dieser Sicht nicht aus den beteiligten Akteuren, sondern aus den dazwischen liegenden Verbindungen. Soziale Netzwerke sind die Summe sozialer Beziehungen, die ausschließlich aus Kommunikation und Interaktion bestehen. Dies ist keine radikal neue Betrachtungsweise. In der Vergangenheit waren in der Wissenschaft die dominierenden Gebilde die Gruppen. Jedoch wurde diese schon bald von Netzwerken abgelöst, da Netzwerke den gesellschaftlichen Veränderungen besser gerecht wurden: Die Gruppe als klar abgrenzbare Einheit wurde zunehmend von lockeren, ineinander übergehenden Beziehungsgeflechten abgelöst. Gruppen wurden damit, als intern stark verdichtete Netzwerkstrukturen, zum Sonderfall von Netzwerken. Den sozialen Netzwerken kann man sich auf zwei Arten nähern, der formalen und der inhaltlichen. Dabei bildet die rein formale Betrachtung der Beziehungsgeflechte eine Richtung. Die damit verbundene Methodik der formalen Netzwerk-Analyse sieht sich als universelle Methode zur Beschreibung von Interaktionsstrukturen. Sie macht Aussagen über z. B. die Positionen von Akteuren in Netzwerken, die Dichte und Häufigkeit von Kommunikationen. Sie betrachtet nicht die Qualität und die Inhalte der Beziehungen. Dadurch kann sie Aussagen treffen über die Funktion von Netzwerk-Akteuren und kommt auch Strukturen auf die Spur, die den Akteuren selbst nicht bewusst sind, weil diese nicht absichtsvoll herbeigeführt wurden, sondern ein gemeinsames Ergebnis der Einzelhandlungen sind.

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Die inhaltliche Betrachtung von sozialen Netzwerken hingegen möchte Netzwerk-Beziehungen qualitativ erfassen. Dies setzt voraus, dass den Akteuren des Netzwerks mehr Aufmerksamkeit gegeben wird als bei der formalen Netzwerkanalyse. Es wird untersucht, welche inhaltliche Bedeutung die Akteure den Beziehungen geben und wie eine bestimmte Bedeutung entsteht, vergeht und auf das Akteurshandeln wirkt. Dabei stehen die Beziehungen jedoch noch immer im Vordergrund. Im Netzwerk erhalten die Akteure nur durch die Art ihrer Beziehung zu anderen Akteuren ihre Identität. Erst in der Beziehung zu anderen Akteuren werden ihre individuellen Merkmale für das Netzwerk relevant. Grundlage eines sozialen Netzwerkes sind für die Akteure aktivierbare weitere Akteure, die über nützliche Ressourcen verfügen oder weitere über die direkte Beziehung hinaus gehende Kontakte möglich machen. Ein einfacher Zugang zu beliebigen Kontakten reicht jedoch nicht aus, um ein Netzwerk zu bilden. Die Kontakte müssen auch aktivierbar sein und sie müssen über nützliche Potenziale verfügen. Soziale Netzwerke verknüpfen Potenziale, die wiederum neue Potenziale bilden können. Wesentliche Kennzeichen von sozialen Netzwerken sind daher latente Beziehungen, Potenzialität und Optionen, die erst bei Bedarf in konkreten Nutzen verwandelt werden können. Dies macht soziale Netzwerke nicht beobachtbar und nicht direkt beeinflussbar. Allerdings wird durch die Inanspruchnahme von Unterstützungsleistungen eine Erwartungshaltung aufgebaut. Es wird eine Kompensation zu einem späteren Zeitpunkt erwartet. Jede erbrachte Leistung begründet einen „Kredit“ auf eine unbestimmte Gegenleistung in der Zukunft. Daher gewinnen Vertrauen und Reputation eine tragende Rolle in sozialen Netzwerken. Für den Erhalt des

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Vertrauens ist eine dauernde Beziehungspflege erforderlich, welche die gegenseitige Anerkennung immer wieder neu bestätigt. Der Nutzen eines sozialen Netzwerkes für einen einzelnen Akteur hängt von der Höhe seines Sozialkapitals ab. Sozialkapital beschreibt den Wert sozialer Beziehungen, die jemandem bei der Verfolgung seiner Ziele zur Verfügung stehen. Die Höhe des Sozialkapitals, über welches jemand verfügt, wird von der Anzahl der Beziehungen bestimmt, die er bei Bedarf tatsächlich mobilisieren kann. Jedoch ist nicht jede Beziehung gleichgewichtig. Beziehungen zu Personen mit hohem Sozialkapital wiegen wesentlich schwerer. Dies liegt daran, dass die Anzahl und Qualität ihrer Beziehungen nun auch potenziell für einen selbst zur Verfügung stehen. Da soziale Netzwerke nur durch ihr Potenzial gekennzeichnet sind, ist es schwierig zu erkennen, wer dazu gehört und wer nicht. Eine formale Mitgliedschaft zur Trennung von Mitgliedern und Nichtmitgliedern gibt es oft nicht, die Übergänge sind meist fließend. Eine Orientierung kann jedoch über Netzwerkthemen erfolgen, um welche sich das Netzwerk gruppiert. Diese Themen können ganz unterschiedlicher Natur sein: gemeinsame Herkunft, zusammen absolvierte Ausbildungen, gemeinsame Interessen, gemeinsame Probleme. Aber diese Themen setzten keine Netzwerkgrenzen fest. So hindert z. B. das Thema der gemeinsamen Interessenvertretung eines Unternehmernetzwerks nicht daran, dass Teile des Netzwerkes dieses auch für private Hilfestellungen oder der Gewinnung von Geschäftspartnern nutzen. Ebenso wenig wie Grenzen, gibt es in sozialen Netzwerken formale Rollen, die für jeden erkennbar wären. In Organisationen sind Rollen leicht dem Organigramm oder Stellenbeschreibungen zu entnehmen. In sozialen Netzwerken ist es jedoch meist nur In-

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sidern möglich, die Rolle eines Netzwerkakteurs zutreffend einzuschätzen. Die Rolle eines Akteurs lässt sich am Besten über sein Sozialkapital, das ihm entgegengebrachte Vertrauen und seine Beziehungen beschreiben. Verfügt er über ein hohes Sozialkapital, so trägt er zur Attraktivität des gesamten Netzwerkes bei. Er kann für die weiteren Akteure besonders nützlich sein, weshalb er meist eine zentrale Position einnehmen wird. Bringen die Akteure einem Mitglied ein besonders Vertrauen entgegen, so kann dieser eine besondere Rolle in der Moderation des Netzwerkes einnehmen wie z. B. in der Konfliktklärung aktiv sein. Abschließend sind die Beziehungen eines Akteurs für seine Rolle im Netzwerk entscheidend. So kann er durch Beziehungen zu vielen Netzwerkmitgliedern eine zentrale Rolle einnehmen. Verknüpft er das Netzwerk mit weiteren Netzwerken, so kann er den Austausch von Informationen oder Ressourcen maßgeblich beeinflussen. Alle drei genannten Elemente zur Identifikation einer Rolle im Netzwerk können nicht getrennt voneinander betrachtet werden, da sie sich gegenseitig verstärken oder auch schwächen. So stärkt eine hohe Vertrauenswürdigkeit auch die Wirkung des Sozialkapitals eines Akteurs und umgekehrt.

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2.4 Kooperationen im Cluster Beim Kooperationskonzept ist die Bedeutung der Beziehungen nicht so ausgeprägt, wie beim sozialen Netzwerk. In der Diskussion um Kooperationen wird der Fokus vielmehr auf einzelne Akteure gelegt, die Kooperationen als Strategie zur Verfolgung ihrer Unternehmensziele sehen. Der einzelne Akteur wählt sozusagen die Rahmenbedingungen unter denen er Geschäfte betreiben möchte aus den Optionen Markt, Unternehmensorganisation oder Kooperation zielgerichtet aus. Kauf und Tausch von Produkten und Leistungen, die ein hohes Maß an Unsicherheit beinhalten, wiederholt auftreten und hohe Investitionen von Zeit, Geld und Energie benötigen, werden tendenziell eher in Organisationen durchgeführt. Die Stärken einer hierarchischen Organisation sind ihre Zuverlässigkeit, d. h. die Fähigkeit eine hohe Zahl von Produkten und Dienstleistungen in gleicher Qualität zu erstellen, Verantwortung zu regeln und die Fähigkeit zur Dokumentation der Mittelverwendung innerhalb der Organisation. Für einfache Transaktionen, die sich kaum wiederholen, eine relativ hohe Sicherheit bezüglich der Resultate beinhalten und nur geringe Investitionen erfordern, werden Märkte bevorzugt. Märkte schaffen Gelegenheiten und Flexibilität. Nur durch Preise werden, ohne Anleitung durch eine Hierarchie, die Art und Menge der Produktion und der Austausch geregelt. Kooperationen stehen als Koordinationsmechanismus zwischen Markt und Hierarchie. Ihr Koordinationsmedium besteht aus Vertrauen und längerfristigen Verpflichtungen. Die Mitglieder eines Netzwerkes verzichten auf eine einseitige Nutzenoptimierung, um langfristig gemeinsam Nutzen zu generieren.

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Hauptmerkmale Normative Basis Kommunikationswege Methoden der Konfliktbewältigung

Organisationsformen Markt Hierarchie Kooperation Verträge; EigenKomplementäre Arbeitsverhältnis tumsrechte Stärken Preise Routine Beziehung Norm der GegenFeilschen; GeBefehl und Kontrolle seitigkeit, Fragen richtsverfahren der Reputation hoch niedrig mittel

Flexibilitätsgrad Stärke der Verpflichtung niedrig mittel zwischen den Parteien Genauigkeit Atmosphäre oder Klima und/ oder Miss- Formal, bürokratisch trauen Akteurspräferenzen unabhängig abhängig Informelle Wiederholte Organisation Transaktionen Marktähnliche EigenMischformen Verträge als hieschaften, Profitcenrarchische Inter, Verrechnungsstrumente preise

mittel bis hoch open-ended, gegenseitige Vorteile interdependend Statushierarchien Vielfältige Partner Formale Regeln

Tabelle 1: Ein stilisierter Vergleich ökonomischer Organisationsformen (Powell, W.)

Ein Vorteil von Kooperationen wird in ihrer höheren Flexibilität gegenüber Hierarchien gesehen. Organisationen zeichnen sich oft durch eine innerorganisatorische Trägheit gegenüber notwendigen Veränderungen und Innovationen aus. Ebenso werden Anregungen aus der Umwelt durch z. B. veränderte Kundenanforderungen nur langsam aufgenommen. Gegenüber Märkten fallen in Kooperationen geringere Koordinationskosten an. Aufwendige Verhandlungen, individuelle Vertragsgestaltung, Maßnahmen zur Kontrolle der Einhaltung von Vereinbarungen werden in Kooperationen weitgehend durch Vertrauen ersetzt, was wesentlich kostengünstiger ist. Netzwerke werden aus der Kooperationsperspektive als Summe von Kooperationen verstanden. Da Kooperationen aus dieser Sicht 30

die Bausteine für Netzwerke sind, sollen die wesentlichen Merkmale von Kooperationen im Folgenden herausgearbeitet werden. Hierzu werden in einem ersten Schritt einige Definitionen wiedergegeben: Auf freiwilligen, vertraglichen Vereinbarungen beruhende Zusammenarbeit mindestens zweier rechtlich und wirtschaftlich selbständig bleibender Unternehmungen in bestimmten unternehmerischen Teilbereichen (Knoblich, 1969). Zusammenlegung einzelner Unternehmensfunktionen zu dem Zweck, die Leistung der beteiligten Unternehmen zu steigern und dadurch deren Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern (Benisch, 1973). Auf stillschweigenden oder vertraglichen Vereinbarungen beruhende Zusammenarbeit zwischen rechtlich selbständigen und in den nicht von der Kooperation betroffenen Bereichen auch wirtschaftlich nicht voneinander abhängigen Unternehmungen (Blohm, 1980). Kooperation ist die freiwillige Zusammenarbeit von rechtlich selbständigen Unternehmen, die ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit partiell zugunsten eines koordinierten Handelns aufgeben, um angestrebte Unternehmensziele im Vergleich zum individuellen Vorgehen besser erreichen zu können (Friese, 1998). Aus den verschiedenen Kooperationsauffassungen kann man vier wesentliche Merkmale herausarbeiten: Zielinterdependenz Zielinterdependenz besteht zwischen den Akteuren, da beide ein Ziel anstreben, das sich nur in Kooperation mit dem Partner im gewünschten Ausmaß realisieren lässt. Dabei müssen sich die Ziele der Partner nicht vollständig decken. So können z. B. verschiedene Unternehmen mit dem primären Ziel der gemeinsamen Er31

arbeitung eines umweltschonenderen Produktionsverfahren, unterschiedliche Sekundärziele wie bessere PR, Vorbeugung eines Gerichtsverfahrens und Schonung der Umwelt verfolgen. Ihre Ziele decken sich also nur partiell. Regeln Die Kooperation unterschiedlicher Partner wird durch Regeln in einer bestimmten Art und Weise strukturiert. Diese Regeln legen fest, wer, was, in welchem Kontext, tun darf oder sogar tun muss. Dabei können sich Regeln unausgesprochen zwischen den Akteuren bilden oder explizit diskutiert und schriftlich fixiert sein. Ein Beispiel für eine eher hinderliche unausgesprochene Regel in Kooperationen könnte sein: „Jeder bringt nur das Nötigste zum Funktionieren der Zusammenarbeit ein“. Explizit vereinbarte Regeln sind z. B. Verträge, Organigramme, Projektablaufpläne und Verfahrensanweisungen. Selbständigkeit und Freiwilligkeit der Kooperationspartner Kooperationen setzen die Selbständigkeit der Teilnehmer voraus. Dieses Merkmal ist eng mit der Freiwilligkeit der Kooperationsteilnahme gekoppelt. Dabei kann die Freiwilligkeit streng gesehen nur im Sinne einer rechtlichen Freiwilligkeit der Kooperationsentscheidung verstanden werden. Wirtschaftliche Zwänge, als evtl. Ausweg aus einer Existenzgefährdung, können durchaus eine Rolle bei der Entscheidung spielen, eine Kooperation einzugehen. Die Unterscheidung zwischen rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekten hilft auch, den Begriff der Selbständigkeit differenzierter darzustellen. Die Kooperationspartner behalten gemäß den zitierten Definitionen weitgehend vollständig ihre rechtliche Selbständigkeit. Die wirtschaftliche Selbständigkeit wird jedoch durch die Kooperationsbeziehung partiell eingeschränkt.

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Koordination Die Koordination als letztgenanntes Begriffselement drückt aus, dass die Partner ihr Handeln aufeinander abstimmen. Dies umfasst das Gliedern und Verteilen von Aufgaben. Dadurch werden Verantwortungsbereiche gebildet und die Partner können einem zentralen Akteur eine Leitungsrolle übertragen. Folgende Beispiele zeigen (Dahte, J., 1999), wie unterschiedlich Kooperationen ausgestaltet sein können und dass es durchaus mit dem Kooperationskonzept verträglich ist, dass die Kooperationspartner in manchen Feldern außerhalb der Kooperation in Konkurrenz zueinander stehen oder eine formale Organisationsform für die Kooperation wählen: Branchen- bzw. Interessenvertretungen Um die gemeinsamen Interessen ihrer Branche zu vertreten, schließen sich zahlreiche Einzelbetriebe zu einer übergeordneten Vertretung zusammen. Dies sind z. B. Arbeitgeberverbände oder Branchenvertretungen. Sie versuchen für alle Mitgliedsbetriebe günstige Voraussetzungen zu schaffen, auf deren Basis die Betriebe im Markt konkurrieren. Vorwettbewerbliche, gemeinschaftliche Forschung Viele Unternehmen sind in Forschungsvereinigungen aktiv. Sie alle nutzen die Möglichkeit gemeinsame, marktferne Forschung zu betreiben, um Kosten einzusparen, parallele Tätigkeiten zu vermeiden und das Kreativitätspotenzial der Gemeinschaft zu nutzen. Zusammenarbeit bei Auftragsausschreibungen Großvorhaben wie Hochbauprojekte oder Industrieparks werden mit einer detaillierten Leistungsspezifikation ausgeschrieben. Da potenzielle Anbieter sich häufig in einigen fast identischen Gebieten Konkurrenz machen, während sie sich in anderen ergänzen, 33

liegt es in ihrem Interesse, wenn sie sich für die Einreichung eines Leitungsangebotes und der Durchführung der Aufgabe, eine befristete Arbeitsgemeinschaft bilden. Lokale Zusammenarbeit in fernen Märkten Eine Exportfirma sucht sich in einem Land, in dem es sich nicht lohnt eine Niederlassung zu eröffnen, einen lokalen Partner. Dieser vertritt ihre Interessen auf dem ausländischen Markt. Dies kann erhebliche Vorteile haben, da der Partner den ausländischen Markt besser kennt und der Kapitalbedarf gering bleibt. Anwendung der Plattformstrategie Auf der Basis einer gemeinsamen Plattform werden die unterschiedlichsten Produktvarianten produziert. So basieren z. B. einige Modellreihen von unterschiedlichen Fahrzeugherstellern auf einer gemeinsamen Plattform, nur unterschieden durch ihren Aufsatz, den so genannten Hut. Durch die Entwicklung einer gemeinsamen Plattform gelingt es, eine große Produktvielfalt mit geringerem Aufwand zu realisieren. Dazu müssen die beteiligten Unternehmen jedoch eine vollständige Koordination bezüglich der Technik etablieren. Komplementärangebote Viele spezialisierte Anbieter organisieren sich, um ein ergänzendes Leistungsangebot anzubieten. Beispiel hierfür sind mehrere Handwerksbetriebe, die für Bauherren Komplettlösungen anbieten. Ein Betrieb übernimmt dabei die Rolle des Generalunternehmers, der Ansprechpartner für den Kunden ist und meist auch Verantwortung und Risiko trägt. Joint-Venture mit einem Wettbewerber Wettbewerber gründen in diesem Fall ein neues Gemeinschaftsunternehmen mit einem bestimmten, für beide interessanten Zweck. 34

Benchmarking Beim Benchmarking werden die Leistungen der eigenen Einheiten (Abteilungen, Tochterunternehmen) mit den besten Lösungen anderer verglichen. Bei einem Vergleich echter Wettbewerber wird häufig ein neutraler Koordinator benötigt, der den anonymen Ablauf des Vergleichs gewährleistet. Im Vergleich zu sozialen Netzwerken kann in Kooperationen zwischen Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern recht einfach unterschieden werden, oft werden sogar gemeinsame Unternehmen oder Vereine die Grundlage der Kooperation. Auch finden sich die beteiligten Akteure nicht um ein vages Thema zusammen, sondern die Definition eines expliziten Kooperationszieles ist Bestandteil der Kooperationsbildung. Um das Ziel zu erreichen werden die Aktionen der Akteure bewusst koordiniert. Hierzu werden Regeln und oft auch Rollen geschaffen, welche die Koordination steuern sollen.

2.5 Policy-Netzwerke im Cluster Policy-Netzwerke sind in ihrer Struktur mit den Kooperationen verwandt. Auch hier finden sich selbständige Akteure zur Realisierung eines gemeinsamen Zieles zusammen. Allerdings sind diese Ziele politischer Art und die kooperierenden Akteure nur in wenigen Fällen einzelne Unternehmen. Vielmehr sind es Interessenvertretungen von Unternehmen wie Verbände oder andere wirtschaftspolitische Organisationen wie Kammern, Institute, Gremien, Vereine oder Initiativen. Staatliche Verwaltungen und die Politik nehmen dabei die Rolle eines Initiators und Moderators von Policy-Netzwerken ein. Ursache für das zunehmende Interesse an Policy-Netzwerken ist, dass Politik und Verwaltung durch eine einseitige Ausübung von

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Macht ihre Ziele nicht mehr erreichen. Viele Probleme sind nur noch schwer zeitlich, örtlich oder sozial eingrenzbar. Häufig führen schnelle Problemlösungen zu Spätfolgen und ungewollten Nebeneffekten. Ein weiterer Grund für das zunehmende Interesse an Policy-Netzwerken liegt an der Komplexität der Verwaltungsund Politikstrukturen. Diese führt dazu, dass Lösungen aus einem Guss nicht mehr gefunden werden können und Verantwortlichkeiten nur noch schwer zurechenbar sind. Letztendlich werden auch politische Vorgaben nicht mehr wie in früheren Zeiten unwidersprochen übernommen, sondern müssen schon im Vorfeld der Verabschiedung die Kooperationsbereitschaft der Betroffenen einholen. Daher erscheint eine Verlagerung der politischen Steuerung weg von der Hierarchie hin zur Kooperation als notwendig. Das Zusammenwirken von Politik, Verwaltung, Verbänden, Kammern und Initiativen ergibt eine kooperative Steuerung, auch Governance genannt. Dadurch wirken eine große Anzahl Akteure an der Politikgestaltung mit, was zu einer hohen Akzeptanz führen kann. Damit machen sich Verwaltung und Politik hinsichtlich ihres Stimmengewichtes zu einem Akteur unter anderen und geben den Anspruch auf eine hervorgehobene Position weitgehend auf. Allerdings bedarf es eines Initiators und Moderators der Verhandlungsprozesse. Diese Rolle wird oft von Politik und Verwaltung ausgefüllt. Politische Steuerung bedeutet dann, die Selbststeuerungsfähigkeit von Interessenvertretungen unter Berücksichtigung des übergreifenden Zusammenhangs zu gestalten. Häufig haben die Interessenvertretungen Probleme, über ihre Grenzen hinweg zu kommunizieren und abgestimmte Lösungen zu generieren. Ein Moderator ermöglicht ist die Erarbeitung eines gemeinsamen und für alle verbindlichen Gesamtentwurfes für die Problemlösung. Die Lösungen werden über Verhandlung und Konsenssuche ent36

wickelt. Dabei wird die Macht der Interessenvertretungen als positive Ressource bewertet. Diese sind zur Beeinflussung des Verhaltens ihrer Mitglieder in der Lage und schaffen dadurch verpflichtende Ergebnisse. Gerade auf lokaler und regionaler Ebene können sich Policy-Netzwerke, die sich an lokalen Themen, Interessen und Problemen orientieren, entwickeln. Im Bezug auf Cluster sind nur solche Policy-Netzwerke relevant, die in ihrer Ausrichtung und Tätigkeit zumindest partiell auf den Cluster ausgerichtet sind. Dabei werden sich in den meisten Regionen Kooperationen zwischen vereinzelten Akteuren finden lassen, die man zu komplexeren Policy-Netzwerken ausbauen kann. Beispiele hierfür sind die Zusammenarbeit von lokalen Hochschulen und Verbänden beim Thema „Fachkräftegewinnung“ oder von Kammern, Verbänden und Wirtschaftsförderung zum Thema „Standortmarketing“. Policy-Netzwerke können also als Spiegelbild zu den ökonomischen Netzwerken gesehen werden. Beide haben Kooperationen als Basiselemente. Beim Vorliegen einer größeren Anzahl und bei höherer Komplexität der Kooperationen bezeichnet man das Gesamtgebilde als Netzwerk. Sowohl im Policy-Netzwerk wie auch in der Kooperation, nutzen einzelne Akteure dieses Arrangement als strategische Möglichkeit, ihre Ziele besser zu erreichen. Während bei den betrieblichen Netzwerken die Kooperationsbildung von der Initiative und Selbstorganisationsfähigkeit der Akteure abhängt, finden Policy-Netzwerke aufgrund eines gewandelten Politikverständnisses häufig in Verwaltung und Politik einen Initiator und Moderator.

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2.6 Ein integratives Clustermodell Vier Blinde wollten wissen, was ein Elefant sei. Also führte man sie zu einem. Der eine Blinde bekam den Rüssel des Elefanten in die Hände. Er meinte, der Elefant sei so ähnlich wie eine Wasserpfeife. Der zweite ertastete ein Ohr und widersprach: “Nein, ein Elefant ist so ähnlich wie ein Fächer.” Der dritte erwischte ein Bein und bemerkte: “Auch das stimmt nicht, ein Elefant ist so ähnlich wie eine Säule.” Der vierte schließlich hatte seine Hände auf den Rücken des Elefanten gelegt und meinte: “Ihr habt alle Unrecht. Ein Elefant ist so ähnlich wie ein Thron.” Keiner von ihnen kannte die ganze Wahrheit, sondern nur einen Teil davon. Und doch war jeder überzeugt, dass er allein Recht hatte. Ähnlich wie in dieser Metapher erscheinen die bisherigen Teile des Cluster-Konzeptes. Für den Aufbau und die Entwicklung von Clustern bedarf es daher einer Systematisierung der verschiedenen Netzwerk-Ansätze und deren Integration in das Cluster-Konzept. Erwischt man die locker strukturierte Seite von Clustern, d. h. das soziale Netzwerk, so sucht man vergebens nach Grenzen oder einer zentralen Steuerungsinstanz. Auch ist nicht ganz klar wer dazu gehört und wer nicht. Selbst wenn dies deutlich wird, kann man sich nicht darauf verlassen, dass die Zugehörigkeit auch weiterhin besteht. Vielmehr kann diese unmerklich verloren gehen oder von anderen Akteuren unmerklich gewonnen werden. Die Beziehungen sind durch das Potenzial gekennzeichnet, welches sie für einen Akteur haben können, wenn ihm ein konkreter Bedarf entsteht. Dabei weisen einige Akteure ein höheres Potenzial auf, da sie über mehr im Netzwerk gefragte Ressourcen verfügen als andere. Dies können beispielsweise Expertenwissen, sozialer Rang und auch die weitergehende Beziehung zu besonders wertvollen Ressourcenträgern sein. Wird das Potenzial einer Beziehung abgerufen, indem Wissen, ein Tipp, eine Kontaktvermittlung 38

oder eine Gefälligkeit gewährt wird, so entsteht eine stillschweigende Schuld beim Nehmer. Diese wird von Geber und Nehmer auf einem „inneren Konto“ vermerkt. Tritt der Fall ein, dass ein Gegengefallen gewünscht wird, so hängt von dessen Gewährung die Kreditwürdigkeit des ehemaligen Nehmers ab. Löst er den Wunsch ein, so wird seine Kreditwürdigkeit gegenüber seinem Partner und allen anderen Netzwerkakteuren gestärkt. Weist er ihn ungerechtfertigt zurück, so verliert er seine Kreditwürdigkeit und kann kaum noch auf das Potenzial des Netzwerkes zugreifen, da ihm kaum noch jemand Kredit gewähren wird. Wird die Potenzialität des Netzwerkes aktiviert, um ein gemeinsames Ziel besser zu erreichen, so bilden sich Unternehmenskooperationen und Policy-Netzwerke. Das Ziel der Kooperation erfordert die Koordination der Aktivitäten der Akteure, um einen Effizienzvorteil gegenüber unkoordinierten Akteuren zu erlangen. Damit kommt es zur Herausbildung von formalen Rollen und Beziehungen. Eine bedeutende Rolle liegt bei der Steuerungsinstanz, die mit Koordinationsaufgaben betraut ist. Weiter können sich Akteure, die nicht an der Zielerreichung beteiligt sind, nicht der Kooperation zurechnen. Es kann zwischen Mitgliedern und NichtMitgliedern einer Kooperation unterschieden werden. Auch kann die Kooperation sich unterschiedlichen Organisationsformen bedienen. Oft erfolgt dies als Projektorganisation mit der Regelung einzelner Fragen der Zusammenarbeit (wie Verteilung der Kosten und Gewinne, Vertraulichkeit oder Rechte am gemeinsamen Arbeitsergebnis) mittels formaler Verträge. Werden die einzelnen Fragen der Zusammenarbeit umfangreich, so erfolgt die Gründung einer gemeinsamen Organisation zur Zielerreichung. So können gemeinsame Produktentwicklung und Vermarktung in einem Joint-Venture erfolgen und eine gemeinsame Interessenvertretung im Rahmen einer Vereinsorganisation.

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Bei Kooperationen liegt ein wesentlicher Schwerpunkt der Clusterdiskussion. Häufig wird das Cluster einer Region als die Summe aller ökonomischen Kooperationsbeziehungen verstanden. Ein Grund kann sein, dass diese leichter zu beschreiben sind: In Kooperationen gibt es ein Steuerungsgremium, man kann Mitglieder identifizieren, die Mitglieder gruppieren sich um einen bestimmten Zweck. Dieses Verständnis kann dazu führen, die Kooperationen einer Region zu zählen und aufgrund der geringen Zahl zum Schluss zu kommen, dass hier keine Netzwerkmechanismen wirken. Eine weitere Folge dieser Schwerpunktsetzung ist die ungenügende Unterscheidung zwischen Cluster und Clusterinitiative. Inzwischen haben viele Regionen ihre Clusterinitiativen, welche meist als Kooperation oder Policy-Netzwerk verschiedener Akteure aufgestellt sind. Stillschweigend wird davon ausgegangen, dass die Initiative, d. h. eine Kooperation eines kleinen Kreises von Organisationen, das dahinter stehende Cluster repräsentiert. Dabei ist für manche Regionen fraglich, ob mangels Akteuren überhaupt die Voraussetzungen für einen Cluster vorliegen. Das Konzept des Clusters ist von allen Netzwerk-Konzepten am vielfältigsten, da sich hier die Modelle Industriedistrikt, innovatives Milieu und Cluster überlappen, im Rahmen von Clusterinitiativen die Kooperationen einen große Rolle spielen und von Seiten der Politik im Clusterkonzept ein Instrument zur Entwicklung von Policy-Netzwerken für die Regionalentwicklung gesehen wird. Diese vielfältigen Netzwerkerscheinungen werden in Clustern integriert und unter dem Gesichtspunkt des Raumes betrachtet. Dabei kann Raum zugleich Voraussetzung der Clusterbildung oder aber ein Ergebnis der Clusterbildung sein.

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Räumliche Voraussetzungen der Clusterbildung sind die Standortfaktoren einer Region. Darunter fallen z. B. Verkehrsanbindung, Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften, lokale Steuern, lokale Gesetze, kulturelle Angebote, Freizeitmöglichkeiten. Siedeln sich aufgrund dieser Voraussetzungen Akteure mit ähnlicher Ausrichtung verstärkt an, haben diese häufig auch ähnliche Probleme und Aktionsfelder und es kann sich eine regionale Identität herausbilden. Dies sorgt für eine regionstypische Vernetzung, welche wiederum strukturierend auf den Raum zurückwirkt. Aus einem Cluster heraus wird der Bedarf an bestimmten Ressourcen gemeinsam besser artikuliert und es siedeln sich daraufhin verstärkt Ausbildungsstätten, Forschungsinstitute und Dienstleister an. Damit wird der Raum, d. h. die Region das Ergebnis der Clusterbildung.

Kooperation Formale Strukturbildung

PolicyNetzwerk

Informelle Beziehung Soziales Netzwerk Räumlicher Kontext

Abbildung 5: Ein integratives Clustermodell

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In Abbildung 5 erkennt man die unterschiedlichen Netzwerke einer Region. Aus einem sozialen Netzwerk heraus bilden sich durch formale Strukturbildung Kooperationen und PolicyNetzwerke für die koordinierte Zusammenarbeit zur Erreichung gemeinsamer Ziele. Eine erfolgreiche Zusammenarbeit der Akteure verstärkt rückwirkend die informellen Beziehungen im sozialen Netzwerk.

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Vertiefende Literatur zum zweiten Kapitel Beck, D. (1992): Kooperation und Abgrenzung, 1. Auflage, Wiesbaden, Dt. Univ. Verlag Bourdieu, P. (2005): Die verborgenen Mechanismen der Macht, 1. Auflage, Hamburg, VSA-Verlag Dahte, J. (1999): Coopetition – mehr als nur eine Mode, 6. Ausgabe, Harvard Business Manager Friese, M. (1998): Kooperation als Wettbewerbsstrategie für Dienstleistungsunternehmen, 1. Auflage, Wiesbaden, Dt. Univ. Verlag Fuhse, J. (2006): Gruppe und Netzwerk – eine begriffsgeschichtliche Rekonstruktion, 16. Auflage, Berlin, Berliner Journal für Soziologie Benz, A. (Hrsg.): Governance – Regieren in komplexen Regelsystemen, 1. Auflage, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften Gutgesell, M. (2006): Cluster im Wirtschaftsraum Oberfranken, 1. Auflage, Bayreuth, Arbeitsmaterialien zur Raumordnung und Raumplanung Hellmer, F., Friese, Ch. (Hrsg.) (1999): Mythos Netzwerke – Regionale Innovationsprozesse zwischen Kontinuität und Wandel, 1. Auflage, Berlin, Rainer Bohn Verlag Linscheidt, B. (2000): Kooperative Steuerung als neues Modell der Umweltpolitik – eine theoretische Einordnung, 1. Auflage, Köln, Umweltpolitische Diskussionsbeiträge Mangels-Voegt, B. (2002): Kooperative Steuerung in einer diskursiven Umweltpolitik, 1. Auflage, Frankfurt, Peter Lang Verlag Kenis, P., Schneider, V. (Hrsg.): Organisation und Netzwerk – Institutionelle Steuerung in Wirtschaft und Politik, 1. Auflage, Frankfurt, Campus Verlag 43

Riemer, K. (2005): Sozialkapital und Kooperation, 1. Auflage, Tübingen, Mohr Siebeck Verlag Schechler, J. (2002): Sozialkapital und Netzwerkökonomik, 1. Auflage, Frankfurt, Peter Lang Verlag Scherer, R. (2006): Regionale Innovationskoalitionen, 1. Auflage, Bern, Haupt Verlag Staudacher, Ch. (2005): Wirtschaftsgeographie regionaler Systeme, 1. Auflage, Wien, Facultas Verlags- und Buchhandels AG Cernavin, O., Thießen, F. (Hrsg.): Weiche Standortfaktoren, 1. Auflage, Berlin, Duncker & Humblot Weyer, J. (2000): Soziale Netzwerke – Konzepte und Methoden der sozialwissenschaftlichen Netzwerkforschung, 1. Auflage, München, Oldenburg Verlag

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3 Der Prozess der Clusterentwicklung Generell werden derzeit zwei Strategien der Clusterentwicklung unterschieden. Sofern eine kritische Masse von Akteuren für ein Cluster noch nicht vorhanden ist, so wird versucht über eine Clusterinitiative weitere Akteure anzuziehen, um das Akteursprofil des Clusters abzurunden. Dabei wird für die Ansiedelung von Akteuren auf Kooperationen zurückgegriffen, welche als „Kristallisationskern“ für die Clusterentwicklung dienen sollen. Für den Aufbau der Kooperationen bieten sich bestimmte Technologiefelder an. Um diese herum werden Forschung, produzierende Unternehmen, Berater und Nutzer zusammengeführt. Meist wird öffentlich finanziert eine Geschäftsstelle eingerichtet, welche Informations- und Kooperationsveranstaltungen ausrichtet, Kooperationsprojekte im Einkauf, Forschung oder Weiterbildung initiiert und begleitet sowie den Zugriff auf gemeinsam genutzte Ressourcen ermöglicht. Als Ressourcen stehen Räume, Beratung oder die Unterstützung bei der Fördermittelakquise zur Verfügung. Der Einsatz öffentlicher Mittel ist meist hoch und soll im Laufe der Jahre gesenkt werden, da man sich eigene Beiträge der Mitglieder und die Akquise von Projektfördermitteln über EU und Bund verspricht. Wenn dagegen bereits ausreichend Akteure und Strukturen in einer Region gewachsen sind, so müssen diese meist erst aktiviert werden. Die Aktivierung von Clustern geschieht über PolicyNetzwerke. Die lokale oder regionale Verwaltung versucht über den Cluster die Entwicklung der Region voranzutreiben. Dazu stärkt sie den Cluster durch Schaffung von mehr Transparenz bezüglich der Akteure und der Ausbildung einer gemeinsamen Identität. Ausgewählte Vertreter des Clusters werden in Arbeitskreise

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und Dialog-Foren eingebunden und animiert, sich für die Entwicklung des regionalen Clusters und der Region einzusetzen. Diese beiden Ansätze erfassen die spezifischen Bedingungen des Clusters in einer Region nur grob. Aufgrund der vorangegangenen Entwicklung eines integrativen Clusterverständnisses können die Maßnahmen zur Initiierung und Pflege eines Clusters an den spezifischen Clusteraspekten ausgerichtet werden.

3.1 Die Analyse des Clusterpotenzials in der Region Vor einer Entwicklung von Clustern in der Region muss entschieden werden, auf welche Cluster sich die Aktivitäten konzentrieren sollen. Da der Begriff des Clusters ganz unterschiedlich interpretiert wird, gibt es auch keine allgemeingültige Vorgehensweise zur Ermittlung der Potenziale für Cluster in einer Region. Wie beschrieben kann man auf ein Clusterpotenzial treffen, welches noch nicht die kritische Masse an Akteuren hat. Allerdings ist die reine Zahl an Akteuren noch nicht ausreichend. Auch in Fällen, in denen ausreichend Akteure in einer Region vorhanden sind, ist zu überlegen, ob der Cluster eine weitere Förderung erhalten soll. Maßnahmen zur Clusterentwicklung sollten sich auf solche Bereiche konzentrieren, die weitere Kriterien erfüllen. Konzentration auf Stärken Der Grundsatz für die Clusterentwicklung heißt „Stärken stärken“. Allerdings sind Stärken relativ und es muss überlegt werden, in Bezug worauf ein Merkmal einer Region eine Stärke ist. Hier sollte man sich weniger an der Vergangenheit orientieren, da eine hohe Wettbewerbsfähigkeit in einer Region durch globale Verän46

derungen verloren gehen kann. Daher muss zuerst einmal in die Zukunft geschaut werden und ermittelt werden, welche Wachstumsprognosen bestimmten Wirtschaftszweigen mittel und langfristig gegeben werden. Informationen hierüber stellen Forschungsinstitutionen und Trendberater zur Verfügung und sind direkt über diese oder in Veröffentlichungen verfügbar. Die Stärken in einer Region erkennt man nun, indem man untersucht, welche spezifischen Kompetenzen in einer Region bisher ausgebildet wurden und wie diese in die künftig wachsenden Wirtschaftszweige eingebracht werden können. In dieser Phase ist auch zu überlegen, welche Ziele mit der Clusterförderung erreicht werden sollen. Solche Überlegungen werden oft als Grundlage für die Förderung politischer Wunschcluster diskreditiert. Die aktive Planung der künftigen gewünschten Wirtschaftsstruktur ist jedoch nur dann als negativ zu bewerten, wenn alle Überlegungen zu den bisherigen Stärken der Region und den zukünftigen Wachstumsprognosen unberücksichtigt bleiben. Hier ist insbesondere darauf zu achten, dass die Dominanz bisher starker Wirtschaftszweige nicht die Diskussion dominiert und zu einem „lock-in“ führt, der einen Wandel in der Wirtschaftsstruktur kaum noch möglich macht. Aus diesen Überlegungen resultieren die Potenziale zur Entwicklung eines oder mehrerer Cluster. Um diese besser kennen zu lernen, müssen die Cluster und ihr Umfeld analysiert werden. Umfeldanalyse Im Rahmen der Umfeldanalyse sollten Cluster im Vergleich zu anderen Clustern der Region oder die Region übergreifend analysiert werden. Als harte Fakten können hier die Umsätze, Patentanmeldungen, Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie die Anzahl der Beschäftigten analysiert werden. Neben diesen 47

harten Fakten sollte das Image des Clusters analysiert werden, um einen Hinweis zur Wahrnehmung von Außen zu bekommen. Clusteranalyse Die Clusteranalyse sollte die Akteure und ihre Netzwerke zum Gegenstand haben. Als Suchraster für die Clusterakteure kann man sich an folgenden Kategorien orientieren: •

Wertschöpfungsketten mit Großunternehmen, Lieferanten, Kunden



Dienstleister



verwandte Branchen



Bildungseinrichtungen wie Universitäten, Schulen, Weiterbildungsinstitute



Forschungsinstitute bei Universitäten und Unternehmen



Kammern, Verbände, Wirtschaftsförderung

Einen guten Bestand an diesen Informationen haben meist die Kammern und lokale Verbände. Darüber hinaus sind zahlreiche kostenfreie oder kostenpflichtige Unternehmensdatenbanken über das Internet verfügbar. Ergänzt werden können diese Informationen durch Interviews mit Vertretern der in diesen Recherchen ermittelten Clusterakteure. Interviews mit diesen Vertretern stellen auch die einzige Möglichkeit dar, sich ein Bild von den Netzwerken des Clusters zu machen. Daher sollte der Abgleich der recherchierten Clusterakteure mit den Akteursvertretern gleich dazu genutzt werden, die Vernetzung abzufragen. Es bietet sich an in diese Interviews mit einem Gesprächsleitfaden zu gehen, der einen roten Faden vorgibt, aber trotzdem noch genügend Freiraum für freie Erzählungen lässt. 48

Als Analyseschema für die Vernetzung sollten die beschriebenen Netzwerk-Konzepte soziales Netzwerk, Kooperation und PolicyNetzwerke genutzt werden. Für die Analyse des sozialen Netzwerkes können die Kommunikationsmöglichkeiten der Clusterakteure ermittelt werden. Kommunikationsmöglichkeiten ergeben sich unter anderem bei Vortragsveranstaltungen, Kongressen, Workshops, Kooperationsbörsen oder Messen. Entscheidend ist hier auch abzufragen, ob nach Meinung des Gesprächspartners die Möglichkeiten auch für einen informellen Austausch untereinander genutzt werden. Weiter sollte nach den sozialen Netzwerken des Gesprächspartners gefragt werden. So kann erfragt werden, zu welchen Personen des identifizierten Clusters er regelmäßigen Kontakt unterhält, von wem er Ratschläge, Informationen und Tipps bekommen hat oder wen er bereits unterstützt hat. Einfacher gestaltet sich die Abfrage nach eigenen oder bekannten Kooperationen zwischen Clusterakteuren. Hier kann man ergänzend noch die Kooperationsbereiche wie z. B. Forschung, Einkauf, Produktion abfragen. Ebenso können in diesem Gespräch Policy-Netzwerke abgefragt werden, indem man nach Initiativen fragt, die anders als die Kooperationen, eine vielfältigere Akteurszusammensetzung und Zielsetzungen in eher wirtschaftspolitischen Feldern haben. Die Ergebnisse aus der Ermittlung der Stärken, der Umfeldanalyse und der Clusteranalyse sollten in einem oder mehreren Workshops mit Vertretern der Clusterakteure präsentiert und diskutiert werden, bis sich ein einheitliches Bild herauskristallisiert. Dies erlaubt eine regionseigene Adaption des Clusterkonzeptes und sichert die Unterstützung der Akteure für den weiteren 49

Clusterentwicklungsprozess. Auf der Basis dieser Recherchen, Interviews und Workshops kann nun entschieden werden, welche Cluster mit welchen Maßnahmen entwickelt werden sollen.

Analyse des Clusterpotenzials Stärken

Umfeldanalyse

Clusteranalyse Clusterakteure

Zukunftspotenziale

Image

(Wertschöpfungskette, Dienstleister, Bildung, FuE, Kammern, Verbände)

Region (Beschäftigung, Ziele

Umsätze, Patente, Investitionen)

Netzwerke (soziales Netzwerk, Kooperationen, Policy-Netzwerke)

Feedback und Diskussion Entwicklung ausgewählter Cluster

Tabelle 2: Ablauf der Analyse des Clusterpotenzials

3.2 Die Dimensionen des Clustermanagements Das Clustermanagement muss hinsichtlich verschiedener Dimensionen erfolgen. 1. Netzwerk-Konzept Erstens müssen die Netzwerk-Konzepte, die im Cluster wirksam sind, unterschieden werden. Die dominierenden NetzwerkKonzepte im Cluster sind soziale Netzwerke, Kooperationen und Policy-Netzwerke. Diese unterscheiden sich hinsichtlich der Akteure und der Art ihrer Beziehungen sowie ihren Wirkungen auf den Cluster.

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2. Lebensphase Eine weitere Unterscheidung muss bezüglich der Lebensphase des Netzwerkes getroffen werden. So kann man eine Initiierungsphase bei der Gründung, eine Stabilisierungsphase für die Etablierung von Routinen und eine Abschluss- oder Transformationsphase unterscheiden. Die Einordnung vorhandener Netzwerke in diese Phasen kann auf der Basis der Analyse des Clusterpotenzials erfolgen. 3. Managementebene Als dritte Managementdimension ist festzulegen, aus welcher Perspektive das Clustermanagement erfolgen soll. Je nachdem, welche Perspektive eingenommen wird, ergeben sich verschiedene Handlungsfelder. Management von Netzwerken So kann sich das Management auf eine übergeordnete Ebene beziehen und das Netzwerk als Ganzes und in Bezug auf andere Netzwerke betreffen. Hier kann man von einer Metaebene des Netzwerkmanagements sprechen. Management von Beziehungen Verschiebt man die Perspektive in das Netzwerk hinein, so sind die Strukturen und Prozesse innerhalb des Netzwerkes im Blickpunkt. Dies ist das Netzwerkmanagement auf der Makroebene. Hier werden Beziehungen im Netzwerk gestaltet. Management in der Beziehung Als unterste Ebene befasst sich die Mikroebene mit der Beziehung zwischen dem Management und den einzelnen Partnern. Zusammenfasst ergeben sich die folgenden Dimensionen des Clustermanagements: 51

Netzwerk-Konzept Managementebene Soziales Netzwerk Kooperation Policy-Netzwerk

Metaebene Makroebene Mikroebene

Initiierung

Lebensphase

Stabilisierung Abschluss-/ Transformation

Abbildung 6: Die Dimensionen des Clustermanagements

Für die unterschiedlichen Netzwerke ergeben sich damit in den jeweiligen Lebensphasen unterschiedliche Managementebenen. Kernaufgabe des Clustermanagements ist die Intensivierung der Vernetzung im Cluster. Dies erreicht man durch die Förderung der Netzwerke. Ob man alle Netzwerkformen in gleichem Maße entwickelt oder den Schwerpunkt auf einzelne legt, ist eine Frage der Positionierung des Clustermanagements. Eine ausschließliche Konzentration auf die Kooperationsentwicklung, wie es häufig unter dem Begriff des Clustermanagements gemacht wird, greift auf jeden Fall zu kurz. Konzentriert sich das Clustermanagement auf die Gestaltung des sozialen Netzwerkes, so dominiert die Kontextsteuerung. Das be-

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deutet, die Interventionen in das Netzwerk sind überwiegend indirekter Natur und beschränken sich auf die Schaffung von Transparenz und günstigen Rahmenbedingungen für Kontakte und den Vertrauensaufbau zwischen den Akteuren. Werden vom Clustermanagement einzelne Kooperationen initiiert und geleitet, so agiert es als Kooperationsmanager. Meist konzentriert es sich dabei auf die Initiierung von Kooperationen durch die Zusammenführung der Partner und weiterer, evtl. finanzieller, Unterstützung von Kooperationen. Sind bei den Akteuren nicht ausreichend Kompetenzen oder Ressourcen für die Projektleitung vorhanden, so kann die Kooperation nach der Initiierung noch begleitet werden. Ziel sollte es jedoch sein, Kooperationen in ein Selbstmanagement der Akteure zu überführen. Eine schwerpunktmäßige Konzentration auf das Management des Policy-Netzwerkes geht meist von öffentlichen Institutionen aus. Hier nutzen Politik und Verwaltung das Clustermanagement zur Unterstützung der Regionalentwicklung. Im Rahmen der einzelnen Netzwerk-Konzepte spielt der Raum keine Rolle. Das Clustermanagement hingegen betrachtet den Raum als einen Einflussfaktor für die Vernetzung der Akteure. Der Raum schafft für das Netzwerk Grenzen nach Außen und wirkt strukturierend. Dies muss durch das Clustermanagement berücksichtigt werden. Auf das Management der Netzwerke und des Raumes wird nun noch detaillierter eingegangen.

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3.3 Das Management des sozialen Netzwerkes Ein soziales Netzwerk entzieht sich durch die fehlenden formalen Strukturen weitgehend einem von außen einwirkenden Steuerungseingriff. Hier ist daher ein Management gefordert, das der Besonderheit des sozialen Netzwerkes gerecht wird. Unter dem Gesichtspunkt der Clusterbildung kommt dem sozialen Netzwerk die Funktion zu, einen Pool an aktivierbaren Ressourcen bereitzustellen. In diesem Pool fließen informelle Informationen über formale Grenzen hinweg und aus ihm heraus können sich Kooperationen und Policy-Netzwerke bilden. Für die Realisierungen dieser Netzwerkeffekte wird im sozialen Netzwerk das Potenzial gelegt. Daher ist die zentrale Aufgabe des Clustermanagements die Erhöhung dieses Potenzials. Dies kann nur durch indirekte Angebote erfolgen, d. h. das Clustermanagement stellt die Rahmenbedingungen für den Beziehungsaufbau und die -pflege zur Verfügung. Kernelemente des Managements von sozialen Netzwerken sind •

ressourcenträchtige Akteure gewinnen



Kontaktmöglichkeiten schaffen



Aufbau und Pflege von Vertrauen unterstützen



Transparenz der Akteurspotenziale herstellen



Kreditwürdigkeit erhöhen und bekannt machen

Initialisierungsphase Auf der Mikroebene, d. h. dem Management in Beziehungen dominiert bei den sozialen Netzwerken die Selbstorganisation. Das Management ist formal nicht als Steuerungsinstanz anerkannt und 54

hat daher keine Rolle und keinen Auftrag, aus dem sich eine Intervention in die Beziehungen zweier Akteure ableiten ließe. Auf der Makroebene hingegen, d. h. dem Management von Beziehungen können vielfältige Aktivitäten zur Schaffung von Kontaktmöglichkeiten durchgeführt werden. An erster Stelle geht es darum, die bestehenden Akteure und ihre Potenziale für andere Akteure transparenter zu machen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass ein Cluster in einem abgegrenzten Bereich tätig ist, so kennen sich die Akteure längst nicht alle. Die Transparenz kann durch Datenbanken hergestellt werden. Diese umfassen die Akteure und ihre clusterrelevanten Potenziale wie Produkte, Kompetenzen und Fertigungskapazitäten. Eine Variante dieser Datenbanken sind Online-Personen-Datenbanken. In diesen können Personen ein Profil von sich anlegen, Gesuche und eigene Angebote einstellen, sich zu spezifischen Themen miteinander in Diskussionsforen austauschen. Häufig kann auch eine Liste eigener Kontakte angelegt werden. So erkennt man die Vernetzung anderer Personen. Diese Datenbanken sollten bevorzugt über das Internet abrufbar sein. Eine persönliche Datenbank, z. B. des Clustermanagers kann auch Sinn machen, wenn dieser anfragende Akteure aufgrund seines Hintergrundwissens zueinander bringen kann. Weiter bieten Informationsmaterialien wie eine Broschüre oder Newsletter die Möglichkeit, Akteure und ihre Aktivitäten für andere transparenter darzustellen. Gerade in Newslettern ist Raum für eine vertiefte Präsentation von Akteuren und ihren aktuellen Aktivitäten, Zielen und Problemstellungen.

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In Vortragsveranstaltungen, Workshops und Seminaren treffen sich Clusterakteure mit gleichen Interessen an einem Thema und haben auch gleich die Gelegenheit sich vor Ort persönlich kennen zu lernen. Über die Teilnehmerliste, die immer zur Verfügung gestellt werden sollte, können die Teilnehmer schon einen guten Überblick über interessante Kontakte gewinnen. Hat das Clustermanagement eine umfassende Übersicht über Clusterakteure gewonnen, so sollte bereits in der Initiierungsphase deutlich kommuniziert werden, welche Akteure und Kompetenzen das Cluster umfasst. Häufig ist in der Wirtschaft der Clusterbegriff noch relativ unbekannt, so dass seine Bedeutung für die Region und die Vorteile für die ansässigen Unternehmen deutlich gemacht werden muss. Dadurch wird ein Bewusstsein für das Cluster geschaffen und die Akteure identifizieren sich zunehmend damit. In der Stabilisierungsphase liegt der Schwerpunkt des Clustermanagements in der Unterstützung des Vertrauensaufbaus zwischen den Akteuren. Dabei gelten ganz elementare Gesetze: Eine bestimmte Art der Beziehung hat auch die Tendenz, eine gleichartige Beziehung auszulösen. Demnach bewirkt entgegengebrachtes Vertrauen wiederum Vertrauen beim Gegenüber. Dasselbe gilt im Umkehrschluss für Misstrauen. Einen weiteren positiven Einfluss auf den Aufbau von Vertrauen haben die Kommunikationsmöglichkeiten. Je mehr eine Person die Gelegenheit hat, etwas über die Absichten und Einstellungen des Anderen zu erfahren, desto eher baut sich Vertrauen auf. Auch eine wahrgenommene Ähnlichkeit unterstützt den Vertrauensaufbau. Somit haben regional eingegrenzte Cluster gute Voraussetzungen für den Vertrauensaufbau zwischen den Akteuren, da diese häufig über die gleiche Mundart und kulturelle Prägung verfügen. 56

Weiter soll es den Akteuren erleichtert werden, die Vertrauenswürdigkeit eines Anderen einzuschätzen. Wie bereits geschildert, beruhen soziale Netzwerke auf einer Vorleistung eines Partners, welche einen noch ungewissen Anspruch auf eine Gegenleistung begründet. Wer eine Leistung in Anspruch nimmt, aber keine Gegenleistung erbringt, verliert an Kreditwürdigkeit. Dies spricht sich herum. Eine öffentliche Bewertung der Partner wie z. B. bei Online-Auktionshäusern ist nicht realisierbar, veranschaulicht aber das Funktionsprinzip. Wer schlechte Bewertungen von Anderen erhält, kann nur noch in den Austausch mit Anderen treten, wenn er selbst in Vorleistung geht. Daher müssen in der Stabilisierungsphase Kontaktmöglichkeiten angeboten werden, um einen informellen Austausch zu ermöglichen. Dies kann durch unterschiedliche Veranstaltungsangebote erreicht werden. Bei mehr inhaltsbezogenen Veranstaltungen wie Vortragsveranstaltungen, Kongressen, Seminaren müssen großzügige Pausen für den Austausch eingeplant werden. Daneben sollten auch reine Kontaktveranstaltungen wie Kooperationstage oder Visitenkartenparties angeboten werden. Von einer streng getrennten Abschluss- oder Transformationsphase kann auf der Ebene der sozialen Netzwerke kaum gesprochen werden, da es sich permanent wandelt. Für das Clustermanagement gilt es die Dauerhaftigkeit der Kontaktmöglichkeiten sicherzustellen und aktuelle Themen zu finden unter denen sich die Akteure begegnen können. Auf der Metaebene von sozialen Netzwerken kann ein Clustermarketing bereits das Cluster und die Akteure mit ihrem Potenzial vermarkten. Dazu können Messeauftritte, Broschüren und eine Website genutzt werden. Dies macht den Cluster für Außenstehende interessant und befördert ihre Ansiedlung in Bereichen, in denen das Cluster noch nicht so gut aufgestellt ist. 57

Soziales Netzwerk

Mikroebene

Makroebene

Metaebene

Initiierung

selbstorganisiert

- Akteurspotenziale transparent machen Akteure um thematischen Schwerpunkt sammeln - Clusterbewusstsein schaffen

entfällt

Stabilisierung

selbstorganisiert

- Kontaktmöglichkeiten herstellen - Vertrauen aufbauen - Transparenz der Kreditwürdigkeit herstellen

Clustermarketing

Abschluss/ Transformation

selbstorganisiert

-

Clustermarketing

-

Dauerhaftigkeit der Kontaktmöglichkeiten sichern Thema aktuell halten

Tabelle 3: Management des sozialen Netzwerks

3.4 Das Kooperationsmanagement Kooperationen sind wie beschrieben dadurch charakterisiert, dass einzelne Akteure ihre Ziele durch die Zusammenarbeit leichter erreichen. Daher steht am Beginn einer Kooperation die Suche nach Partnern, deren Ziele sich, zumindest partiell, mit den eigenen Zielen decken. Weiter müssen Partner die Kooperation als geeignete Form der Zusammenarbeit ansehen. Steht nun auf der Ebene des sozialen Netzwerkes eine große Anzahl Akteure zur Verfügung und das Netzwerk weist eine hohe Transparenz über das Potenzial und die Vertrauenswürdigkeit der Akteure auf, so ermöglicht dies erst den Aufbau von Kooperationen. Die Initiierungsphase einer Kooperation beginnt daher mit einem Wechselspiel zwischen der Findung einer ausreichenden Anzahl Akteure und dem Auffinden von attraktiven Nutzenpotenzialen

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für diese Akteure. Dabei kann es hilfreich sein, wenn das Clustermanagement selbst eine Vielzahl von Akteuren kennt, in dem sozialen Netzwerk aktiv unterwegs ist und die richtigen Akteure zusammen bringen kann. Zwar besteht auch die Möglichkeit, dass sich Kooperationen selbst organisiert aus dem sozialen Netzwerk heraus bilden. Dies ist jedoch eher selten und beschränkt sich häufig auf eine Kooperation von wenigen Partnern. Da das Kerngeschäft der Akteure nicht in der Kooperationsbildung liegt und diese bevorzugt auf dem Feld ihrer Kernkompetenzen agieren, ist dies auch verständlich. Daher bedarf es eines Clustermanagements, um die Potenziale von Kooperationen für die Akteure zu erschließen. Kann oder möchte dies das Clustermanagement nicht, so kann diese Aufgabe delegiert und die Ausbildung von Kooperationsmanagern gefördert werden. Die Absolventen können dann im Cluster zur Kooperationsbildung eingesetzt werden. Organisatorisch können diese beim Clustermanager angestellt werden oder als Partner ihre Leistungen im Cluster anbieten. Das Clustermanagement pflegt dann diesen Expertenpool. Sind die richtigen Partner gefunden, so muss in einem ersten Schritt das gemeinsame Nutzenpotential konkretisiert werden. Hier kann sich das Clustermanagement einbringen, indem die Organisation und Moderation des Prozesses übernommen werden. Für die Analyse des Nutzenpotenzials können die Tätigkeitsgebiete der Akteure, ihre Kompetenzen, ihre Bezugsgruppen (Kunden, Lieferanten, Kapitalgeber, ...) sowie aktuelle Probleme und Zielvorstellungen abgeglichen werden. Als Ergebnis dieser Analyse können sich verschiedene Themenfelder von Kooperationen herauskristallisieren, so z. B. • F&E / Innovation •

Einkaufsgemeinschaften

59



Produktion



Vertrieb und Export



Austausch und kollegiale Beratung

Ist das Nutzenpotenzial für alle Akteure herausgearbeitet, kann dazu übergegangen werden, Wege zur Ausschöpfung der Potenziale zu definieren. Dazu werden zwischen den interessierten Akteuren Kooperationsfelder festgelegt und gemeinsame Ziele herausgearbeitet. Auf dieser Basis können Arbeitspakete geschnürt, Termine für deren Erledigung vereinbart sowie der Einsatz von Ressourcen wie Arbeitskraft und Geld festgelegt werden. Ergebnis dieser ersten Verhandlungen sollte ein Projektplan oder auch Businessplan für das gemeinsame Kooperationsprojekt sein. In Bezug auf andere Kooperationen kann der Kooperations- oder Clustermanager abgleichen, ob bereits ähnliche Kooperationen bestehen oder bestanden und ob von deren Erfahrungen profitiert werden kann. Weiter kann es sinnvoll sein, bei Kooperationsprojekten mit gleicher Zielsetzung den Kontakt herzustellen und sich entweder zusammen zu schließen oder eine Arbeitsteilung vorzunehmen. In der Stabilisierungsphase der Kooperationsbildung ist es sinnvoll, dass das Clustermanagement zu den Projektleitern der Kooperationen weiterhin Kontakt hält, um weitere Unterstützungsangebote in Form von Know-how und Ressourcen machen zu können. Auf der Makroebene der Kooperation können nun einzelne Konflikte in der Abarbeitung der Projekte auftreten. Hier ist es Aufgabe des Managements dies als neutraler Vermittler zu moderieren. Sinnvoll ist es auch, die Konfliktursachen als Anregungen in die Formulierung von Spielregeln einfließen zu lassen. Die Spielre60

geln können sich auf Art und Häufigkeit der Information und Kommunikation beziehen, gemeinsame Werte im Umgang miteinander beschreiben, aber auch Eigentum, Kosten und Fragen der Ergebnisverwertung regeln. Spätestens in dieser Phase hat die Kooperation eine deutliche Grenzziehung zur Umwelt erreicht. Dies ist wie bereits bemerkt, beim sozialen Netzwerk nicht der Fall. Die Grenzziehung ist eine unwillkürliche Folge der Übereinstimmung in den Zielen und den Spielregeln sowie der Verteilung von Aufgaben und damit von Verantwortung, d. h. die Akteure übernehmen bestimmte Rollen. Die Grenze verstärkt sich noch im Rahmen der Zusammenarbeit durch die gemeinsamen Erfahrungen und die Herausbildung kooperationsspezifischer Werte. Neue Teilnehmer können damit immer schwerer aufgenommen werden. Zur Stabilisierung der Kooperation ist es auch wichtig, ein Controllingsystem für die in der Initialisierungsphase festgelegten Ziele, Ressourcen und Termine zu installieren. Weiter kann das Management regelmäßig Lernprozesse über die Zusammenarbeit in der Kooperation und den inhaltlichen Gegenstand der Kooperation anregen. Diese Ergebnisse und Erfahrungen können mit anderen Kooperationen ausgetauscht werden, um auch von außen Anregungen zu erhalten. Darüber hinaus ist es die Aufgabe des Managements die Kooperation nach Außen positiv zu vermarkten. Sind die Ziele und Nutzen der Akteure realisiert, so ist es für das Management wichtig, Kontakt zu den Akteuren zu halten, die bewiesen haben, dass sie sich in besonderer Weise in eine Kooperation einbringen können. Dadurch werden diese zu kompetenten Helfern des Clustermanagements bei der Bildung von neuen Kooperationen. 61

Weiter ist eine Ergebnissicherung wichtig, die auch anderen Kooperationen weiterhelfen kann. Soll die Kooperation, evtl. mit veränderter Teilnehmerstruktur und veränderten Zielvorstellungen weitergeführt werden, so ist es sinnvoll sie in ein Selbstmanagement zu überführen. Hierzu kann die Kooperationsleitung an einen geeigneten Partner übertragen werden, der in der Vergangenheit ausreichend Erfahrung sammeln konnte. Dies sollte allerdings mit der Regelung verbunden werden, wie die Kooperationsleitung künftig abgelöst und neu bestimmt werden kann. Kooperation

Mikroebene

Makroebene

Metaebene

Initiierung

- Einzelne Partner gewinnen

- weiterer Vertrauensaufbau - Partner zusammen führen - Koordination - Kick-off-Veranstaltung fördern - Netzwerkmanager ausbilden

- Ziele zwischen verschiedenen Kooperationen koordinieren

Stabilisierung

- Beziehung zur Kooperationsleitung halten

- Spielregeln einführen - Konfliktmoderation - Unterstützung durch Know-how und Ressourcen - Projektcontrolling - Kooperationslernen fördern

- Austausch fördern - Marketing der Kooperationsprojekte - Kooperationslernen fördern

Abschluss/ Transformation

- Beziehung zur Kooperationsleitung halten - Kooperationsfähigkeit bei Akteuren ausbilden

- In Selbstmanagement überführen - Abschluss und Wissenssicherung

- Ergebnistransfer zwischen den Kooperationen sichern - Best-PracticeBeispiele dokumentieren

Tabelle 4: Kooperationsmanagement

62

3.5 Das Management von Policy-Netzwerken Im Vergleich zu den Kooperationen, die meist nur zwischen Unternehmen, mit Forschungsinstitutionen und Hochschulen gebildet werden, haben Policy-Netzwerke eine vielfältigere Partnerzusammensetzung. So können neben den genannten Partnern Kammern, Verbände, Technologietransferagenturen, Wirtschaftsförderungsgesellschaften, Kommunen und Gewerkschaften in einem Policy-Netzwerk vertreten sein. Die Vielfalt der Partner ist bei einem Policy-Netzwerk förderlich, da im Mittelpunkt nicht die Abarbeitung einer bestimmten Aufgabenstellung steht, sondern in einem Diskussionsprozess zu einem Konsens gefunden werden soll, der von allen unterstützt wird. Daher ist die Einbindung und Aktivierung von Akteuren der zentrale Aspekt von PolicyNetzwerken. Die Themen, unter denen sich ein Policy-Netzwerk aus dem sozialen Netzwerk heraus bildet, sind nicht so unmittelbar mit unternehmerischen Notwendigkeiten verknüpft wie bei den Kooperationen. Anderseits können im Cluster initiierte Policy-Netzwerke sich auch nicht um zu allgemeine Politikfelder kümmern, sondern müssen Themen zum Gegenstand haben, welche die Rahmenbedingungen der Wertschöpfung im Cluster betreffen. Beispiele für die vielfältigen Themen, mit denen sich PolicyNetzwerke im Cluster beschäftigen können, sind • Optimierung der Verkehrsinfrastruktur in der Clusterregion •

• •



Verbesserung der Aus- und Weiterbildungssituation für Fachkräfte des Clusters Schaffung eines Wir-Gefühls in der Clusterregion Abstimmung und Intensivierung des clusterspezifischen Standortmarketings Intensivierung des Gründungsgeschehens im Cluster 63



Entwicklung einer Zukunftsvision für die Clusterregion



Optimierung der Beschäftigungssituation in der Clusterregion.

Zur Initiierung des Policy-Netzwerkes müssen die relevanten Akteure gewonnen werden. Idealerweise bringt das Clustermanagement einige engagierte Akteure aus dem Kern des Clusters mit weiteren Akteuren zusammen, die sich zu dem Thema einbringen können. Im nächsten Schritt können die einzelnen Positionen zum Thema in einem Kick-off-Meeting dargestellt werden. Das Clustermanagement kann hier die Organisation und Moderation übernehmen. Weiter kann das Clustermanagement Erfahrungen ähnlicher Initiativen einbringen. Im Gegensatz zur Kooperationsbildung kann in dieser Phase nicht erwartet werden, dass die Akteure sich auf ein gemeinsames Ziel und einen Arbeitsplan zur Zielereichung einigen. Viel mehr geht es darum, dass die Akteure das Policy-Netzwerk als eine geeignete Plattform zur Verhandlung ihrer Interessen akzeptieren. Sollte festgestellt werden, dass nicht alle relevanten Akteure vertreten sind, können weitere zu einem späteren Zeitpunkt hinzutreten. Hierin liegt der Zweck eines Policy-Netzwerkes: Die Einbindung und Aktivierung von Akteuren zur Verhandlung ihrer Positionen. Sind regelmäßige Treffen etabliert, bei denen sich ein relativ fester Kern von Akteuren einbringt, so tritt das Netzwerk in die Stabilisierungsphase. Um seine Glaubwürdigkeit zu wahren, sollte das Clustermanagement über den gesamten Prozess nicht einzelne Akteure oder Positionen bevorzugen. Zusätzlich muss es die Akteure weiter motivieren, da meist keine sofortigen Lösungen vorliegen. Dazu sollte das Clustermanagement die Fokussierung auf kleine und einfache Erfolge legen, um die nötige Ausdauer für den „großen Wurf“ zu vermitteln. Auch hier dient es der Koordination der Akteure, wenn das Clustermanagement in Konfliktsituationen moderiert und mit den Akteuren frühzeitig gemeinsame Spielregeln festlegt. Weiter kann

64

das Clustermanagement die Verbindung zu relevanten Netzwerken und Kooperationen im Cluster, wie auch außerhalb herstellen. Sind die Verhandlungen und Aktionen zu einem ersten Ergebnis gekommen, so ist zu überlegen, ob das Netzwerk mit den etablierten Routinen sich nicht einer Weiterführung des Themas annimmt oder ein neues Thema mit evtl. veränderter Teilnehmerstruktur aufgreift. PolicyNetzwerk

Mikroebene

Makroebene

Metaebene

Initiierung

- Einzelne Akteure gewinnen

- Kick-offVeranstaltung - Eigeninteressen artikulieren lassen - Moderieren

- Lernen von anderen - Abstimmung mit anderen Netzwerken und Maßnahmen der Regionalentwicklung

Stabilisierung

- Neutralität - Motivation

- Konfliktmoderator - Austausch fördern - Spielregeln - Interessen mit anderen - Quick wins fördern Netzwerken laufend verhandeln

Abschluss/ - Beziehung Transformation halten

- Bevorzugt Transformation mit neuem Thema - evtl. Aufnahme neuer Partner

- Austausch etablieren - Ergebnismarketing

Tabelle 5: Management von Policy-Netzwerken

3.6 Das Management des Raumes Clustermanagement umfasst zusätzlich zum Management der verschiedenen Netzwerke, das Management des Raumes. Damit geht das Clustermanagement über die einzelnen Netzwerk-Managementansätze hinaus. Der Raum hat zwei Einflüsse auf Netzwerke: er setzt Grenzen und er strukturiert. 65

Die Grenzsetzung kann durch geographische Gegebenheiten auftreten, wie z. B. durch eine Ländergrenze, eine politische Verwaltungsgrenze oder eine Distributionsgrenze von Unternehmen. Dies macht es für die räumlich fixierten Akteure uninteressant, sich mit außerhalb der Grenze liegenden Akteuren zu befassen. Hier wirkt der Raum eher ausgrenzend. Eingrenzend und integrierend wirkt der Raum bei kulturellen, sozialen oder mundartbedingten Grenzen. Hier erleichtert die Zugehörigkeit den Kontakt und schafft größere Sympathie zwischen den dazugehörigen Akteuren. Dies kann beim Management der Netzwerke für die Identitätsbildung und Ausbildung eines Zusammengehörigkeitsgefühles genutzt werden, indem man Akteure nur innerhalb bestimmter Grenzen einbezieht. Diese fühlen sich dann eher der Region verbunden und engagieren sich leichter. Dies kann auch für Unternehmen die Motivation sein, lokale Arbeitsplätze zu schaffen und Verlagerungen von Betriebsteilen genauer zu prüfen. Weiter vereinfachen ein gemeinsamer Dialekt und der ähnliche kulturelle Hintergrund den Dialog und unterstützen die Vertrauensbildung zwischen den Akteuren. Sollte das Clustermanagement bei der Festlegung der Clusterregion einen Spielraum haben und nicht von vornherein an Verwaltungsgrenzen gebunden sein, so gilt es diese Wirkungen der räumlichen Begrenzung zu beachten. Das Clustermanagement steht in einem Spannungsverhältnis zwischen der engen Festlegung der Clusterregion zur leichten Integration der Akteure und der unerwünschten Ausgrenzung für das Cluster wichtiger Akteure. Häufig kann dieses Problem geregelt werden, indem man den Cluster in eine Kernregion und die Peripherie teilt. An dieser Stelle ist es auch wichtig darauf hinzuweisen, dass die Bemühungen um eine stärkere Vernetzung nicht zu einer Abschottungspolitik führen darf. Die Clusterakteure müssen auch 66

weiterhin kritisch prüfen, von wem sie Produkte und Leistungen beziehen. Dabei sollte allgemein akzeptiert werden, dass der leistungsfähigste Geschäftspartner bevorzugt wird, unabhängig von seiner Clusterzugehörigkeit. Eine pauschale Bevorzugung von Clusterakteuren würde unmittelbar zu einer Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit einzelner und langfristig des gesamten Clusters führen. Meist beziehen aber die Clusterakteure Produkte und Leistungen von außerhalb, ohne zu wissen, dass gleiche oder bessere Partner in unmittelbarer Umgebung ihren Sitz haben. Aufgabe des Clustermanagements ist es, hier eine größere Transparenz herzustellen. Die Strukturierung des Raumes entsteht durch die Lage der verschiedenen Akteursstandorte. Diese sind Schauplätze von Handlungen wie Forschung, Produktion und Vertrieb. Ebenso finden an diesen Schauplätzen für die Akteure relevante Kommunikationen statt, z. B. Kongresse, Verhandlungen, Meetings. Dazwischen sind „Leerräume“, die für die Akteure keine Relevanz haben und daher auch nicht beachtet werden. Beim Clustermanagement sollte daher darauf geachtet werden, wo sich diese Schauplätze des Clusters konzentrieren. So kann entschieden werden, wo in der Clusterregion weitere Ansiedlungen zur Erhöhung der regionalen Dichte gemacht werden sollten oder ob man durch die Neuansiedlungen räumliche Auflockerung anstrebt. Kriterien für die Entscheidung können die Verfügbarkeit von Flächen, Verkehrswege oder die gewünschte Stärkung bestimmter Regionsteile sein. Eine weitere Strukturierung des Raumes erfolgt durch die erwartete Eignung des Raumes für Standorte der Produktion, Bildung, Forschung, die so genannten Standortfaktoren. Für Unternehmen kann hier unter anderem die Anzahl potenzieller Arbeitskräfte, die Anzahl qualifizierter Dienstleister und Zulieferer, der Zugang zu 67

Verkehrswegen, die Lebensqualität für die Führungskräfte und ihre Familien wichtig sein. Die Bedeutung der Standortfaktoren hat sich in den letzten Jahren weg von den harten Faktoren wie Steuerbelastung, Energiepreisen, Verfügbarkeit von Rohstoffen hin zu weichen Faktoren wie dem kulturellen Angebot, Einkaufsmöglichkeiten, Freizeitangebot, Unternehmensfreundlichkeit der Verwaltung verschoben. Da die weichen Standortfaktoren weniger messbar sind wie die harten, eröffnen sich damit mehr Gestaltungsmöglichkeiten zur Beeinflussung der Faktoren und des Images. Damit hat das Clustermanagement die Möglichkeit, die Ansiedlung von Akteuren zu fördern und bestehende Akteure zu halten. Die Beeinflussung der Standortfaktoren ist ein komplexer Vorgang, da eine Vielzahl von Einflussfaktoren und Anspruchsgruppen zu beachten ist. Daher ist es angebracht, dies im Rahmen eines Policy-Netzwerkes voranzutreiben.

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Vertiefende Literatur zum dritten Kapitel Aderhold, J., Meyer, M. (Hrsg.) (2005): Modernes Netzwerkmanagement, 1. Auflage, Wiesbaden, Gabler Verlag Baitsch, Ch., Müller, B. (Hrsg.) (2001): Moderation in regionalen Netzwerken, 1. Auflage, München, Rainer Hampp Verlag Cernavin, O., Führ, M. (Hrsg.): Cluster und Wettbewerbsfähigkeit von Regionen, 1. Auflage, Berlin, Duncker & Humblot Deigendesch, Th. (2004): Management in strategischen Netzwerken, 1. Auflage, Bern, Haupt Verlag Kiese, M., Schätzl, L. (Hrsg.) (2008): Cluster und Regionalentwicklung, 1. Auflage, Dortmund, Rohn Verlag Kessl, F., Reutlinger, Ch. (Hrsg.) (2005): Handbuch Sozialraum, 1. Auflage, 2005, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften Küpper, U., Röllinghoff, S. (2005): Clustermanagement: Anforderungen an Städte und regionale Netzwerke, 1. Auflage, Berlin, Dt. Institut für Urbanistik Müller, B., Wiechmann, Th. (Hrsg.) (2002): Kommunikation in regionalen Innovationsnetzwerken, 1. Auflage, München, Rainer Hampp Verlag Sauer, J. (2005): Förderung von Innovationen in heterogenen Forschungsnetzwerken und Evaluation am Beispiel des BMBFLeitprojektes SENEKA, 1. Auflage, Aachen, Wissenschaftsverlag Mainz Sydow, J. (Hrsg.) (2003): Management von Netzorganisationen, 3. Auflage, Wiesbaden, Gabler Verlag Sydow, J., Windeler, A. (Hrsg.) (2000): Steuerung von Netzwerken, 1. Auflage, Wiesbaden, Westdeutscher Verlag

69

4 Clusterevaluation als Lern- und Kontrollinstrument Evaluationen sind Verfahren zur Bewertung von Interventionen in soziale Systeme. Hierfür wird überwiegend auf Methoden aus den Sozialwissenschaften zurückgegriffen. Von der reinen sozialwissenschaftlichen Forschung unterscheiden sich Evaluationen jedoch dadurch, dass der Evaluationsgegenstand durch einen Auftraggeber vorgegeben ist und dieser zumindest eine Entscheidungsvorbereitung, wenn nicht sogar eine Empfehlung für steuernde Eingriffe erwartet. Evaluationen sind daher eher an Nützlichkeit orientiert als an einer rein wissenschaftlichen Durchführung. Der Nutzen einer Evaluation ist vielfältig. An erster Stelle ist hier die Gewinnung von Informationen über den Verlauf und die Wirkungen einer Initiative zur Clusterentwicklung zu nennen. Diese Informationen können die Mittelverwendung, die Reaktionen der Zielgruppe auf die Intervention, unerwartete Nebeneffekte, plötzliche Veränderungen der Rahmenbedingungen, die Einhaltung von Zeit- und Budgetplänen, die organisatorische Umsetzung der Intervention oder anderes umfassen. Sie dienen in erster Linie dem Management, um steuernde Eingriffe vorzubereiten. Daneben können die in einer Evaluation gewonnenen Informationen dazu dienen, die Beteiligten aus den bisher gemachten Erfahrungen lernen zu lassen. Hierzu können die Evaluationsergebnisse transparent gemacht werden und in der Diskussion kann herausgearbeitet werden, wo es gut läuft, wo etwas geändert werden muss und man kann ein gemeinsames Bild der Wirkmechanismen entwickeln.

71

Einem externen Auftraggeber dienen die Evaluationsinformationen auch zur Kontrolle der Clusterentwicklung. Kontrollevaluationen erfolgen meist nach Abschluss einer Initiative zur Überprüfung der anfangs festgelegten Ziele und der angestrebten Wirkungen. Jedoch können vom Auftraggeber oder anderen Anspruchsgruppen auch eigennützige Absichten verfolgt werden. So kann eine Evaluation in der Absicht beauftragt oder dahingehend beeinflusst werden, die eigene Position zu stärken. Dies ist möglich, wenn der Auftraggeber über besonders großen Einfluss auf den Evaluationsprozess verfügt oder das Evaluationsergebnis aufgrund der Sachlage offensichtlich ist. Das Ergebnis kann dann unerwünschte Positionen schwächen oder Anlass dafür sein, dass andere sich verbünden möchten. Ebenso kann der zeitweiligen Ruhigstellung von Kritikern dienen, wenn eine Evaluation für die eigene Position positive Ergebnisse erbringt. Evaluationen können sich auf unterschiedliche Phasen einer Maßnahme beziehen. Dies sind Konzeption, Umsetzung oder auch ihre Wirkungen nach Abschluss der Maßnahme. Bei der Evaluation der Konzeption sollen möglichst frühzeitig Fehlplanungen und negative Effekte aufgespürt und korrigiert werden. Dagegen zielt die Evaluation der Maßnahmenumsetzung darauf, Informationen für das laufende Management zu liefern. Die Betrachtung nach Abschluss dient der Erfassung von langfristigen Wirkungen und der Generierung von Lerneffekten für weitere Maßnahmenkonzeptionen. Grundsätzlich werden im Rahmen einer Evaluation die Sachverhalte gemessen, beschrieben und es wird eine Bewertung vorgenommen. Je nach Selbstverständnis des Evaluators oder Zielsetzung der Evaluation können die Beschreibungen und Bewertungen noch für eine Diskussion zwischen den Beteiligten freigegeben werden. 72

Die Durchführung einer Evaluation sollte sich an gewissen Standards orientieren. Grundlegend sind hierfür die folgenden drei Punkte: • Die Ziele der Evaluation, die Vorgehensweise, die verwendeten Methoden und die erhobenen Informationen müssen logisch konsistent sein •



Die Ergebnisse einer Evaluation müssen bei wiederholter Durchführung reproduzierbar sein oder Abweichungen bei Wiederholungen plausibel sein Die verwendeten Methoden und die Vorgehensweise müssen beschrieben werden

Aufbauend auf diesen drei Anforderungen können die Standards der Deutsche Gesellschaft für Evaluation (DeGEval) als eine Orientierung für die Durchführung von Evaluationen dienen. Diese sind auf den Einzelfall zu adaptieren und können sicherlich nicht vollständig in eine Evaluation einfließen, da sie interpretationsbedürftig und teilweise widersprüchlich sind. Hier ist der Evaluator gefordert, die Standards in angemessener Weise umzusetzen. Die DeGEval versteht ihre Standards selbst nicht als unumstößliche Norm, sondern fordert dazu auf, sich kritisch damit auseinander zu setzen. Die Standards sind in vier Themenbereiche aufgeteilt: Nützlichkeit, Durchführbarkeit, Fairness und Genauigkeit. Unter diesen Überschriften finden sich wiederum zahlreiche Einzelstandards. Durch die Anwendung der Nützlichkeitsstandards soll sichergestellt werden, dass die Evaluation sich an den vereinbarten Zielsetzungen und am Bedarf der Anspruchsgruppen orientiert. Im Rahmen der Durchführbarkeitsstandards soll sichergestellt werden, dass die Evaluation realistisch, gut durchdacht, diplomatisch und kostenbewusst geplant und ausgeführt wird. Die Fairnessstandards sollen zu einem respektvollen und fairen Umgang mit den Betroffenen beitragen. Durch die Genauigkeitsstandards soll erreicht werden, dass eine Evaluation gültige Informationen und 73

Ergebnisse liefert. Diese Standards werden später noch konkretisiert, wenn die Vorgehensweise der Clusterevaluation beschrieben wird.

4.1 Das Wirkungsmodell der Clusterevaluation Zuvor muss jedoch noch dargestellt werden, welche Bereiche im Rahmen einer Clusterevaluation sinnvollerweise erfasst werden sollen. Bei der hier beschriebenen Clusterevaluation soll ein Wirkungsmodell zugrunde gelegt werden, welches die Initiierung und die Gestaltung von Clustern umfasst. Evaluation ist hier ein Prozess, der die Clusterentwicklung über ihre gesamte Dauer begleitet und dabei die verschiedenen Anspruchsgruppen mit Informationen versorgt. Auf keinen Fall sollte erst gegen Ende oder nach Abschluss des Maßnahmenpaketes an eine Evaluation gedacht werden. Die Evaluation sollte in die Planung integriert und parallel zum Projektverlauf durchgeführt werden. Das Modell beinhaltet die Elemente Ausgangssituation, Ziele, Maßnahmen, Ergebnisse, Wirkungen, Kontext und Wirkmechanismen.

Wirkmechanismen

Ausgangssituation

Ziele

Maßnahmen

Ergebnisse

Wirkungen

Kontext

Abbildung 7: Das Wirkungsmodell der Clusterevaluation

74

Die Ausgangssituation steht zu Beginn der Clusterentwicklung. Sie wird im Rahmen der Umfeld- und Clusteranalyse erhoben. Dabei werden Daten zur Region und ihrem Image, sowie zu den Clusterakteuren und Netzwerken analysiert. Zur Evaluation der Ausgangssituation kann unter anderen folgenden Fragestellungen nachgegangen werden: •







Mit welchen Informationsquellen und Methoden wurden die Stärken einer Clusterregion ermittelt? Mit welchen Informationsquellen und Methoden wurden die Umfeldanalyse und die Clusteranalyse durchgeführt? Welche Akteure wurden in die Ermittlung des Zukunftspotenzials einbezogen? Wie verlief der Entscheidungsprozess für die Entwicklung eines bestimmten Clusters?

Unter Berücksichtigung der Zukunftspotenziale der Region werden Ziele für die Clusterentwicklung festgelegt. Zur Evaluation dieser Phase sind folgende Fragen hilfreich: •



• •





Sind die Ziele möglichst konkret, messbar, realistisch formuliert und in der geplanten Zeit erreichbar? Wie wurden die Clusterakteure in die Zielformulierung mit einbezogen? Sind die Ziele allen relevanten Akteuren bekannt? Sind die Ziele vollständig in die Maßnahmenplanung eingeflossen? Welche Controllinginstrumente wurden zur Ermittlung von Abweichungen eingeführt? Welche Ergebnisse und Wirkungen hat man sich durch den Clusterentwicklungsprozess erhofft? Wurde dies transparent gemacht und zwischen den Akteuren abgestimmt? 75

Die aus den Zielen abgeleiteten Maßnahmen orientieren sich am Netzwerk-Konzept, der Lebensphase und setzen auf unterschiedlichen Managementebenen an. Hierzu sollte folgendes evaluiert werden: • Wurden die geplanten Maßnahmen umgesetzt? •

• •



Konnten mit den Maßnahmen die Clusterakteure erreicht werden? Entsprechen die Maßnahmen noch dem Bedarf der Akteure? Wurden die Maßnahmen effizient, qualitativ gut und im zeitlichen Rahmen umgesetzt? Treten nicht vorhergesehene Nebenwirkungen auf? Wie wird mit diesen umgegangen?

Mit diesen Maßnahmen werden Ergebnisse erzielt. Diese sollten bereits im Rahmen der Zielformulierung festgelegt worden sein. Ergebnisse sind zählbare Leistungen oder Produkte, Zufriedenheitsindizes, Anfragezahlen oder Nutzungszahlen bestimmter Angebote. Beispiel hierfür sind die Anzahl Broschüren, Kongressteilnehmer, Zugriffe auf die Website, Beratungsgespräche, Veranstaltungen. Hier sollte im Rahmen einer Evaluation ein Soll-IstAbgleich der geplanten und tatsächlichen Ergebnisse erfolgen. Aus diesen Ergebnissen resultieren die erhofften Wirkungen der Clusterentwicklung wie mehr Innovationen, Kooperationen, Geschäftsbeziehungen im Cluster, eine höhere Wettbewerbsfähigkeit und ein besseres Image der Region, eine stärkere Bindung der Unternehmen an den Standort, eine höhere Attraktivität für Fachkräfte und Studenten. Eine Evaluation sollte die erwünschten und unerwünschten Wirkungen ermitteln und Vorschläge für korrigierende Interventionen liefern, um die geplanten Wirkungen zu erreichen.

76

Begleitet wird diese Wirkungskette von einem Kontext, der befördernd oder hinderlich sein kann. Der Kontext umfasst wirtschaftliche, technologische, rechtliche, kulturelle und politische Rahmenbedingungen, aber auch die bisherigen Erfahrungen und Haltungen der Clusterakteure. So kann zum Beispiel in einer Region mit konkurrierenden Unternehmen ein Kooperationsprojekt erst einmal auf Misstrauen stoßen, wenn in der Vergangenheit der eigene Wettbewerbsvorteil mit einem Übertrumpfen der anderen Unternehmen verbunden war. Eine Evaluation sollte ermitteln, in wie weit der Kontext im Clusterentwicklungsprozess berücksichtigt wurde oder, wenn er keine Berücksichtigung gefunden hat, zukünftig werden sollte. Aus dem Kontext und der vordergründigen Wirkungskette resultieren Wirkmechanismen die nur teilweise beabsichtigt sind. Andererseits können sich auch erhoffte Wirkmechanismen nicht einstellen. Dies führt zu unerwünschten Ergebnissen, die wiederum zu unerwünschten oder ausbleibenden Wirkungen führen. Mit den Ergebnissen der Evaluation können die verborgenen Wirkmechanismen transparenter gemacht werden und so zu einem Lernprozess bei allen Beteiligten führen.

4.2 Die Vorgehensweise zur Clusterevaluation Eine Clusterevaluation kann durch externe Experten oder auch als Selbstevaluation durchgeführt werden. Letzteres ist im Rahmen einer Clusterentwicklung zu bevorzugen, da hier eher Lernprozesse zwischen den Akteuren angestoßen werden. Eine externe Evaluation hat für viele Beteiligte einen Kontrollcharakter. In beiden Fällen sollte eine Evaluation das beschriebene Wirkungsmodell zugrunde legen und kann sich an folgendem Vorgehen orientieren.

77

1. Vorbereitung und Planung einer Evaluation In der Vorbereitung einer Evaluation müssen verschiedene Festlegungen erst einmal getroffen werden. An erster Stelle steht hier die Frage nach dem Gegenstand der Evaluation. Hierzu muss das Wirkungsmodell hinsichtlich der spezifischen Merkmale und Ausprägungen des regionalen Clusterentwicklungsprozesses mit Leben gefüllt werden. Weiter ist festzulegen, welche Bereiche des Wirkungsmodells einer Evaluation unterzogen werden sollen. Dies ist zu einem späteren Zeitpunkt mit den Zielen und den Informationsbedürfnissen der Stakeholder abzugleichen. Das Ergebnis muss klar beschrieben und so dokumentiert werden, so dass der Evaluationsgegenstand eindeutig identifiziert und möglichst präzise zugänglich gemacht wird. Es ist bereits hier zu berücksichtigen, dass sich der Evaluationsgegenstand durch unterschiedliche zeitliche und räumliche Kontexte beeinflusst wird. Daher muss bereits bei der Festlegung des Evaluationsgegenstandes der Kontext analysiert werden. Dies erlaubt später Aussagen zur Übertragbarkeit von Ergebnissen auf andere Kontexte zu machen sowie Ursachen für unerwünschte Wirkmechanismen zu identifizieren. Große Bedeutung hat die Festlegung von Zielen der Evaluation. Meist spielen dabei verschiedene Aspekte eine Rolle. So soll häufig geklärt werden, ob der Clusterentwicklungsprozess wirtschaftlich ist, d. h. ob die eingesetzten Ressourcen effizient eingesetzt werden. Neben der Frage der Effizienz ist auch der Aspekt der Effektivität häufig zu beantworten. Hierfür ist es entscheidend, ob die Clusterentwicklung die Zielgruppe erreicht und für diese relevante Angebote bereithält, aber auch, ob die Aktivitäten die beabsichtigten Wirkungen zeigen. Soll eher ein Monitoring der Maßnahme etabliert werden, so kann im Rahmen einer Evaluation die Frage beantwortet werden, ob eine Maßnahme noch das tut, was 78

ursprünglich beabsichtigt war. Die Zielsetzung muss schriftlich dokumentiert und bekannt gemacht werden. Eine weitere Festlegung betrifft die Identifikation der Betroffenen und der Stakeholder. Betroffene können einzelne Mitarbeiter des Clustermanagements, Mitarbeiter von Clusterakteuren, einzelne Organisationen oder Netzwerke sein. Mit den Betroffenen ist zu klären, in wie weit diese bereits in die Konzeption und Umsetzung der Evaluation einbezogen werden. Auch sollte geklärt werden, wem aus der Evaluation ein Vor- oder Nachteil entstehen könnte. Es ist notwendig eine kooperative Haltung bei den Betroffenen zu erzeugen, da diese in der Mitarbeit, der Bereitstellung von Informationen und für die angemessene Bewertung der Ergebnisse benötigt werden. Stakeholder wie der Initiator des Clusterentwicklungsprozesses, das Clustermanagement, ein Beirat, Geldgeber, die Akteure oder die Öffentlichkeit sind hinsichtlich ihrer Informationsbedürfnisse zu überprüfen. Dies fließt in den Informationsgewinnungsprozess und die Berichterstattung ein. Versuche, die Evaluation zu beeinflussen, um die eigene strategische Position zu verbessern, sollten erkannt und abgewehrt werden. Die Ergebnisse der Festlegungen zu Evaluationsgegenstand, Zielen, Betroffenen und Stakeholdern fließen in die Planung der Evaluation ein. Daraus leiten sich die Fragestellungen, Vorgehensweise, Informationserhebungsmethoden und Informationsquellen ab. Die Planung resultiert in einer Ressourcen-, Zeit-, Organisationsund Aufgabenplanung für die Evaluation. Um die Evaluation effizient zu gestalten, sollte auch festgelegt werden, welche Informationen auf jeden Fall zur Zielerreichung benötigt werden und welche Fragestellungen mit geringem Aufwand zusätzlich generiert werden können. Was, wie, von wem, wann getan werden soll, sollte schriftlich festgelegt werden. 79

2. Die Sammlung von Informationen Nachdem Vorbereitung und Planung der Evaluation abgeschlossen sind, kann zur Informationsgewinnung übergegangen werden. Die Verfahren zur Gewinnung von Informationen sind vielfältig und müssen den Evaluationszielen, Informationsbedürfnissen und Fragestellungen gerecht werden. Als sekundäre Verfahren können Dokumente, Internetseiten, Bücher und Zeitschriften analysiert und in Datenbanken recherchiert werden. Häufig dienen diese Verfahren der Konkretisierung der Fragestellungen zur Vorbereitung einer eigenen Datenerhebung. Für die Erhebung eigener Daten können Interviews geführt, Umfragen über Telefon oder Fragebogen gemacht oder in Gruppen-Workshops Informationen erarbeitet werden. Die Auswahl der Methode sollte von den benötigten Informationen abhängig gemacht werden. Sollen eher inhaltliche Informationen erfasst werden, so bieten sich Methoden an, bei denen die Gesprächspartner frei erzählen oder diskutieren können. Benötigt man zahlenmäßig auswertbare Informationen, so sind standardisierte, eng fokussierte Methoden angebracht. Alle Informationsquellen und Erhebungsverfahren sollten transparent gemacht und ebenso wie die gewonnen Informationen dokumentiert werden. Dadurch wird die Glaubwürdigkeit der Informationen sichergestellt und ein Nutzer kann sich selbst ein Bild über die Qualität der Informationen machen. Ebenso sollte der Kontext mit dokumentiert werden, um Fragen zu Übertragbarkeit der gewonnenen Informationen in andere Kontexte sowie unerwarteter Mechanismen beantworten zu können. Auch sollte auf fehlerhafte Informationen bzw. Methoden geachtet werden, da eine fehlerhafte Informationsbasis die gesamte Evaluation diskreditiert.

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3. Die Interpretation und Bewertung der Informationen Die Akzeptanz einer Bewertung ist eng mit der Glaubwürdigkeit des Evaluators verknüpft. Basis ist eine fachlich unbestrittene Kompetenz zur Durchführung von Evaluationen. Ebenso wird die Akzeptanz höher sein, wenn der Informationsgewinnungsprozess transparent und unparteiisch gestaltet wurde. In der Evaluation sollten die Sichtweisen aller Betroffenen zur Geltung kommen und die Interpretation der Aussagen frei von persönlichen Einflüssen des Evaluators sein. Voraussetzung zur Nachvollziehbarkeit der Interpretationen und Bewertungen ist eine Offenlegung der grundlegenden Annahmen und der Werte aller Betroffenen sowie des Evaluators. Die gezogenen Schlüsse müssen mit den erhobenen Informationen begründet und die angewandten Evaluationsverfahren beschrieben werden. Zusätzlich ist auf den Geltungsbereich der Schlussfolgerungen hinzuweisen. Die Interpretation und Bewertung ausschließlich durch die Evaluatoren kann hinsichtlich der Akzeptanz und der politischen Tragfähigkeit zu Problemen führen. Alternativ zu einer alleinigen Interpretation und Bewertung der gewonnenen Informationen durch den Evaluator kann eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Stakeholder und der Betroffenen eingerichtet werden. Diese diskutieren die Informationen und ermitteln eine gemeinsame Interpretation und Bewertung in der Diskussion. Vorteil dieser Vorgehensweise ist eine einheitliche Bewertung der Evaluation, die zu einer tragfähigen Konsensbildung führt. Ergänzend kann unter der Moderation der Workshopleitung ein gemeinsames Wirkungsmodells der Clusterentwicklung entwickelt werden. Dies erlaubt die Ableitung weiterer, eventuell korrigierender Maßnahmen zur Clusterentwicklung. 81

4. Die Präsentation und Bericht der Evaluationsergebnisse Durch die Berichtslegung sollen die Evaluationsergebnisse bekannt gemacht werden, aber auch Transparenz über den Evaluationsprozess hergestellt werden. Daher kann dieses Reporting nicht als einmaliger Akt der Berichtserstellung und -abgabe verstanden werden, sondern als kommunikativer Prozess zwischen Evaluator und den Betroffenen sowie den Stakeholdern. Sinnvollerweise erfolgt die Berichtslegung in einem Methodenmix aus Gespräch, Vortrag, Workshop und schriftlichem Bericht. Dabei eignen sich das Gespräch und der Workshop dazu, vor einer schriftlichen Dokumentation die Reaktionen und Feedbacks der Empfänger in die Berichtslegung mit einfließen zu lassen. Dies unterstützt das Verständnis für die Evaluationsergebnisse und erhöht ihre Akzeptanz. Sie sind in der Anfangsphase einer Evaluation sinnvoll, um sich dem Evaluationsgegenstand anzunähern. Je weiter die Evaluation fortschreitet, desto mehr sollten Ergebnisse in Zwischenberichten und einem Endbericht schriftlich dokumentiert werden. Dies verhindert den Vorwurf der Beliebigkeit. Zu beachten ist eine ausgewogene Darstellung der Ergebnisse. Durch Weglassungen erzeugte einseitige Darstellungen untergraben die Glaubwürdigkeit des Evaluators. Weiter ist die Dokumentation der Informationsquellen, der verwendeten Methoden und der Bewertungsmaßstäbe für die Glaubwürdigkeit des Evaluators förderlich. Jedoch ist die Transparenz dahingehend beschränkt, dass nicht einzelne Personen ihrer Anonymität beraubt werden sollten. Kritische Sachverhalte sollten in konstruktiver Weise dargestellt werden. Auch sollten Fachbegriffe auf das notwendige beschränkt bleiben. Allerdings ist es vom Empfänger des Berichtes abhängig, was als verständlich gilt. Neben der sprachlichen Ausrichtung auf die Empfänger sollte der Bericht auch inhaltlich der Zielgruppe angepasst sein. Nicht alle Informationen sind für jeden 82

Empfänger relevant. Wird dies nicht beachtet, so können für den Empfänger wichtige Informationen in einer Fülle irrelevanter Informationen verloren gehen.

Vertiefende Literatur zum vierten Kapitel Bührer, S., Kuhlmann, S. (Hrsg.) (2003): Politische Steuerung von Innovationssystemen? : Potentiale der Evaluation von MultiAkteur-/Multi-Maßnahmenprogrammen, 1. Auflage, Stuttgart, Fraunhofer-IRB-Verl. Deitmer, L. (2004): Management regionaler Innovationsnetzwerke: Evaluation als Ansatz zur Effizienzsteigerung regionaler Innovationsprozesse, 1. Auflage, Baden-Baden, Nomos Verlag Deutsche Gesellschaft für Evaluation (Hrsg.) (2002): Standards für Evaluation, Köln Schenker-Wicki, A. (1999): Moderne Prüfverfahren für komplexe Probleme, 1. Auflage, Wiesbaden, Deutscher Universitäts-Verlag Stockmann, R. (2004): Evaluationsforschung, 2. Auflage, Leske + Budrich, Opladen Stockmann, R. (Hrsg.) (2007): Handbuch zur Evaluation, 1. Auflage, Münster, Waxmann Verlag Widmer, T. (1996): Meta-Evaluation: Kriterien zur Bewertung von Evaluationen, 1. Auflage, Stuttgart, Haupt Verlag

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Der Autor Josef Schuler studierte Wirtschaftsingenieurswesen an der Hochschule Esslingen und schloss im Jahr 2000 mit einer Arbeit zum Integrationspotenzial von Kooperation und Konkurrenz in Netzwerken ab. Seit 2000 ist er in der Projektleitung von Fördermaßnahmen und Beratung mittelständischer Unternehmen tätig. 2003 Übernahme der Projektleitung einer Netzwerk-Initiative für die Automobilindustrie. Zwischen 2004 und 2006 berufsbegleitendes Studium zum Master in Organization Studies (M.A.) an der Universität Hildesheim. Im Rahmen der Abschlussarbeit wurden Fallstudien zu unterschiedlichen Netzwerktypen und ihren Managementmechanismen durchgeführt. 2007 Weiterbildung zum Wirtschaftsförderer (VWA) mit einer Abschlussarbeit zur Erstellung eines Clusteratlas.

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