Calvinismus in den Auseinandersetzungen des frühen konfessionellen Zeitalters 9783666550508, 9783525550502, 9783647550503

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Calvinismus in den Auseinandersetzungen des frühen konfessionellen Zeitalters
 9783666550508, 9783525550502, 9783647550503

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Reformed Historical Theology

Edited by Herman J. Selderhuis in co-operation with Emidio Campi, Irene Dingel, Elsie McKee, Richard Muller, Risto Saarinen, and Carl Trueman Volume 23

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Herman J. Selderhuis / Martin Leiner / Volker Leppin (Hg.)

Calvinismus in den Auseinandersetzungen des frühen konfessionellen Zeitalters

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-525-55050-2 ISBN 978-3-647-55050-3 (E-Book) Ó 2013, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen/ Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U.S.A. www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Printed in Germany. Satz: Konrad Triltsch Print und digitale Medien GmbH, Ochsenfurt Druck und Bindung: Hubert & Co, Göttingen Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

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Vorwort

Das Calvin-Jahr 2009 gehörte zu den wohl wichtigsten Ereignissen im Vorfeld des großen Reformationsjubiläums: Eindrücklich wies es darauf hin, was die Reformation alles ist: international, ökumenisch, facettenreich – und mehr als nur ein Martin Luther mit Umfeld. An vielen Orten fanden seinerzeit Tagungen statt – bewusst haben die Herausgeber als Ort eines solchen Symposiums die traditionell lutherische Jenaer Fakultät gewählt. Hier stand das Moment der Auseinandersetzung des Luthertums mit dem entstehenden Calvinismus im Vordergrund, sowohl in historischer als auch in systematisch-theologischer Perspektive. Das Phänomen eines Calvinismus, der überhaupt erst durch gegenseitige Ausgrenzungsprozesse entstand, konnte so aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet werden. Damit erscheint letztlich auch die Ordnungskategorie „Konfession“ noch einmal als historisch variable Größe. Die auf dieser Konferenz gehaltenen Vorträge werden hiermit der Öffentlichkeit übergeben. Dies gibt Anlass, allen Vortragenden und Beiträgern für ihre Mitwirkung zu danken, besonders auch Prof. Robert Kolb der auf Bitten der Herausgeber noch einen Beitrag lieferte der schon veröffentlicht war, aber jetzt leichter zugänglich geworden ist. Vor allem aber gilt unser Dank Herrn Matthias Gockel (Jena) und Herrn Mans Raveling (Apeldoorn), die die Druckvorlage sorgfältig vorbereitet haben. Dem Verlag danken wir für die unproblematische Zusammenarbeit und den Herausgebern für die Aufnahme in ihre Reihe. Apeldoorn / Jena / Tübingen

Herman J. Selderhuis Martin Leiner Volker Leppin

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Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5

Volker Leppin Der calvinische Antichrist Zur konfessionellen Auseinandersetzung bei Samuel Huber

. . . . . .

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Friederike Nüssel Reformiertes Denken in der Sicht des Jenaer lutherischen Theologen Johann Franz Buddeus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20

Martin Leiner Melanchthon und Calvin – Ein Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

Irene Dingel Pia et fidelis admonitio Eine Werbung für Einheit von Luthertum und europäischem Calvinismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

Herman Selderhuis Wem gehört die Reformation? Das Reformationsjubiläum 1617 im Streit zwischen Lutheranern und Reformierten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

Robert Kolb Die theologische Pilgerschaft von Viktorin Strigel Vom „gnesiolutherischen“ Hoftheologe zum „calvinistischen“ Professor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

Matthias Freudenberg Bewährte Freiheit Beobachtungen zu Calvins Freiheitsverständnis, seinen Voraussetzungen und seinen Nachwirkungen . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

Wim Janse Calvinizans The Involvement of Melanchthon, Peucer, and Eber in the Bremen Sacramentarian Controversy, 1560 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 Walter Sparn Die fundamentaltheologische Fixierung des Anticalvinismus im deutschen Luthertum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Robert Kolb Dynamics of Party Conflict in the Saxon Late Reformation Gnesio-Lutherans vs. Philippists . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Namenregister

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193

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Volker Leppin

Der calvinische Antichrist Zur konfessionellen Auseinandersetzung bei Samuel Huber

Im Jahre 1598 erschien bei Nikolaus Heinrich in Ursel eine „Treuhertzige Warnung und Erinnerung“ „Wider den Abfall zum Calvinischen Antichrist“.1 Der Autor war Samuel Huber, ehemaliger Professor für Theologie in Wittenberg. Blickt man auf seine Schrift zunächst einmal allein unter dem Gesichtspunkt der Antichristlehre, so ist die sich damit vollziehende Erweiterung der Antichristprädikation bemerkenswert. Huber greift nicht, wie es von Luther her nahe gelegen hätte, zum Epitheton des Schwärmers, um eine falsche Lehre zu diffamieren, sondern eben zur Bezeichnung als Antichrist, die bei Luther dem Papst und dem Türken vorbehalten gewesen war. Dieser Begriff erhöht natürlich die Schärfe der Auseinandersetzung, gibt ihr zugleich eine heilsgeschichtliche Dimension. Was Huber in Auseinandersetzung mit den Calvinisten sieht, ist insofern nicht eine theologische Auseinandersetzung, die in der Differenz der Quellen der Theologie begründet läge. Dies ist das eigentliche Kriterium für die Zuweisung des Schwärmeretiketts: dass jemand seine Theologie nicht in der angemessenen Weise in der Schrift und damit extra nos begründet hat, sondern aus seinem eigenen schwärmenden Geist heraus falsche Auffassungen entwickelt. Der Antichrist hingegen ist der von außen gesandte, der nicht allein seinem eigenen Geist folgt, sondern den Einflüsterungen des Teufels selbst. Als Diener dieses kosmologischen Widersachers Gottes wird der Antichrist zum innergeschichtlichen Widersacher Gottes. Was den Antichristbegriff Luthers dabei in seiner präzisen Anwendung auszeichnete, war gemäß 1 Thess 2 sein Auftreten im Tempel Gottes, also in der reformatorisch durchaus an dieser Stelle fortgeführten allegorischen Lesart: in der Kirche Gottes. Das war das entscheidende Argument, um aufzuweisen, dass das Papsttum der Antichrist sei, da es ja in mitten der Kirche sein Regiment führte. Und da dies nicht in gleicher Weise auch vom Türken galt, hat Luther diesen auch als fleischlichen Antichrist vom geistlichen, eben dem Papsttum, abgesetzt. Für Hubers Anwendung des Antichristbegriffs auf den Calvinismus aber kann nun nur jener geistliche Sinn in Frage kommen, und das macht auch die eigentliche Spitze bei ihm aus. Denn in der Tat geht es ihm um einen Calvinismus, der innerhalb der wahren, das heißt: der lutherischen 1 Wider den Abfall zum Calvinischen Antichrist Treuhertzige Warnung und Erinnerung. D. Samuel Huber, [Ursel: Nikolaus Heinrich] 1598.

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Kirche aufgetreten ist. Die Tücke des Antichristen zeigt sich darin, dass er Menschen zum Abfall verführt, die auf dem Boden des Evangeliums und, dies ist außerordentlich wichtig für Huber, der Konkordienformel stehen. Den Grund für diese Polemik sah er in einer Prädestinationslehre, die in seinen Augen das Gnadenhandeln Gottes verdunkelte. Das sich in seiner Polemik äußernde Szenario und seine Aggressivität haben dabei durchaus auch einen Grund im persönlichen Schicksal Hubers selbst. Als er vom calvinischen Antichrist schrieb, hatte er drei Streitetappen hinter sich: in Bern, Tübingen und Wittenberg und war seit drei Jahren aus Sachsen ausgewiesen – seine Polemik gegen den Antichrist erfolgte nicht wie bei vielen Lutheranern seiner Zeit aus der gesicherten Position eines Kirchenmannes oder Professors heraus, sondern aus der Warte eines Theologen, dem die dogmatischen Auseinandersetzungen die soziale Verankerung geraubt hatten.

1. Der Streithergang: drei Etappen Die Angelegenheit Samuel Huber nahm ihren Anfang innerhalb des reformierten Lagers selbst: Samuel Huber stammte aus Bern und hatte entsprechend der Konfession und Tradition seines Herkunftslandes in Heidelberg studiert: Man wird ihn also zunächst ohne Weiteres ganz schlicht als reformierten Theologen ansprechen dürfen, und als solcher kommt er erstmals auch in den Blick der Kirchengeschichte, nämlich als reformierter Kritiker Theodor Bezas. Den Anlass hierfür gab ein Religionsgespräch in Mömpelgard, das Graf Friedrich 1586 veranstaltete. Es war nötig geworden, weil sich in Mömpelgard zahlreiche französische Exulanten mit reformiertem Bekenntnis gesammelt hatten und nun die Frage ihrer Integration im lutherischen Württemberg besonders im Blick auf das Abendmahl im Raum stand.2 An dem Gespräch, das vom 21.–29. März stattfand, nahmen von reformierter Seite Abgesandte aus Genf wie aus Bern teil – und es ist die hierdurch suggerierte Einheit innerhalb des reformierten Lagers, an der gewissermaßen die Sollbruchstelle für den bald aufbrechenden Konflikt lag. Das Kolloquium sollte sich eigentlich ganz auf die Sakramentenfrage und die Christologie konzentrieren, es kam aber auch die Prädestinationsfrage zur Sprache3 und damit jener Lehrpunkt, an dem durch Beza eine Zuspitzung der 2 ACTORUM HV- j BERIANORVM j Pars prior. j Das ist /j DEr erste Theil des j Berichts / was in der newen Zwispalt /j die Praedestination / oder ewig Wahl Gottes be=j treffend / zwischen D. Samuel Hubern / vnnd den Württembergischen j Theologen (so vil dieselben jhres Theils interessiert / vnd der Sach ver= j wandt) von ettlich Jaren her fürge= j loffen. j (…) publiciert j Durch die Württembergische j Theologen, Tübingen: Georg Gruppenbach 1597, Aiiv ; vgl. Gottfried Adam, Der Streit um die Prädestination um ausgehenden 16. Jahrhundert. Eine Untersuchung zu den Entwürfen von Samuel Huber und Aegidius Hunnius, BGLRK 30, Neukirchen-Vluyn 1970, 31. 3 Adam, Streit 33.

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reformierten Theologie vorgenommen worden war, die erst durch die langwierigen Auseinandersetzungen im Vor- und Umfeld von Dordrecht tatsächlich die allgemeine reformierte Lehre prägen sollte. Einstweilen wird man die Position Bezas für das ausgehende 16. Jahrhundert als eine unter mehreren möglichen Optionen zu behandeln haben. Was er tatsächlich zur Prädestination gesagt hat, wurde erst mit einer gewissen Verzögerung, bei der Veröffentlichung der Akten des Mömpelgarder Gesprächs im Jahre 1587 bekannt, in deren Folge es noch zu weiteren publizistischen Auseinandersetzungen zwischen Beza und seinem württembergischen Gesprächspartner Jakob Andreä kam. In diese Debatte hinein äußerte sich nun auch Samuel Huber. Sein Protest richtete sich gegen die von Beza formulierte Auffassung, Christus sei nicht „pro peccatis damnatorum“ gestorben.4 An dieser „grewlichen Lästerung des Leidens Christi“ könne man, so Huber, den Geist des Calvinismus erkennen.5 Damit war schon recht früh – dieses Zitat Hubers stammt von 1590 – der Ton angeschlagen, nach dem die Prädestinationslehre im Sinne Bezas einen zentralen Widerspruch zur Christologie und damit letztlich zu Christus selbst darstellte. Was Huber nun aber veranlasste, sich zu der Sache überhaupt zu äußern, war die Tatsache, dass die Lehre Bezas an diesem Punkt auch von zwei Bernern gutgeheißen worden war : dem Pfarrer Abraham Musculus und dem Gräzisten Petrus Hübner.6 Huber brachte, ganz innerhalb des reformierten Diskurses gegen die von ihnen mitgetragene Auffassung den Heidelberger Katechismus zur Geltung, in dem Frage 37 lautet: „Was verstehestu durch das wörtlin gelitten? Antwort. Daß er an leib und seel, die gantze zeit seines lebens auff erden, sonderlich aber am ende des-

4 Adam, Streit 38. 5 Vgl. Hubers Kritik in: Gründtliche Beweisung / j Daß Christus Jesus j gestorben seie / für die SÜnden j des gantzen menschlichen j Geschlechts. j Wider etliche fürnembste Caluinisten / j Welche diese Lehr des H.Evangelij / vnd Bekanntnus der gantzen Christenheit /j für falsch vnnd lugenhafft / offentlich vnnd j schröckenlich außschreyen vnnd j verdammen. j Durch j Samuel Hubern von Burgdorff / in der Herr= j schafft der löblichen Statt Bern / dieser zeit Pfarrern zu j Derendingen / im Herzogthumb Württemberg: Zu Trost der j Christenheit / vnd sonderlich seines lieben j Vatterlands / geschriben, Tübingen: Georg Gruppenbach 1590, f (iir. 6 ACTORUM HV- j BERIANORVM j Pars prior. j Das ist /j DEr erste Theil des j Berichts / was in der newen Zwispalt /j die Praedestination / oder ewig Wahl Gottes be=j treffend / zwischen D. Samuel Hubern / vnnd den Württembergischen j Theologen (so vil dieselben jhres Theils interessiert / vnd der Sach ver= j wandt) von ettlich Jaren her fürge= j loffen. j (…) publiciert j Durch die Württembergische j Theologen, Tübingen: Georg Gruppenbach 1597, 9 f; Historische Beschreibung j Des gantzen Streits /j zwischen D: Hunnen vnd D: Hu=j bern / von der Gnadenwahl / Wie derselbige j entsprungen / vnd biss daher zu=j genomen habe.j Sampt entdeckung des Vngrunds / j so wider alle Warheit davon hin vnd wider j ausgestrewet ist wordem. j Alles der lieben Christenheit / vnd vnseren j Nachkomenen zum besten in Druck j gegeben / Durch j Samuel Hubern, S. Johann: Johann Eysenberger 1597, D2v.

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selben, den zorn Gottes wider die sünde des gantzen menschlichen geschlechts getragen hat.“7 Damit war der für Huber entscheidende Punkt angesprochen: Das Leiden Christi nicht nur für einzelne, sondern für das ganze menschliche Geschlecht. Diese Auffassung brachte er so vehement vor, dass es nun im Gefolge der Auseinandersetzungen in Mömpelgard zu einem neuerlichen Religionsgespräch in Bern kam, das am 15. und 16. April 1588 stattfand.8 Im Ergebnis stellte der Rat fest, dass die Anklagen Hubers gegen Musculus unberechtigt seien und enthob Huber seines Amtes. Als dieser sich weiterhin bemühte, publizistisch gegen Musculus vorzugehen, wurde er aber des Landes verwiesen. Damit war aus dem innerreformierten Dissidenten der konfessionelle Flüchtling geworden, der mit seiner siebenköpfigen Familie Bern verließ und nach Württemberg zog.9 Hier leistete er als öffentliche Dokumentation des Konfessionswechsels zum Luthertum die Unterschrift unter die Konkordienformel und war fortan in Derendingen nahe Tübingen als Pfarrer angestellt.10 Der Frieden in der neuen Konfession hielt aber nicht lange: Huber hatte offenbar mit der Prädestination sein Lebensthema gefunden, wenn auch ein solches, das ihn hauptsächlich in Streitigkeiten brachte. Denn in Württemberg ging es weiter : 1592 erklärte Huber, in Tübingen gebe es Theologen, die in der Frage der Prädestination nicht lutherisch, sondern calvinistisch lehrten.11 Konkret hatte er dabei Stephan Gerlach im Blick,12 der Prädestination in dem Sinne erklärt hatte, dass Gott die Menschen, von denen er zuvor wisse, dass sie glauben würden, erwähle.13 Es kam zu einem Verhör Hubers selbst und eines ihm verbunden Pfarrers mit dem Ergebnis, dass Konsens zwischen ihm und den Württembergern festgestellt wurde.14 Nach Darstellung der württembergischen Theologen habe Huber hierfür seine eigene Auffassung revidiert15 – so zog Huber aus Württemberg 7 Reformierte Bekenntnisschriften, hg. v. Andreas Mühling und Peter Opitz. Bd. 2/2: 1562 – 1569, Neukirchen-Vluyn 2009, 184,25 – 28; vgl. Huber, Gründliche Beweisung f. (iiiv.) 8 S. hierzu Adam, Streit 53 – 56; Huber, Historische Beschreibung D 3r. 9 Huber, Historische Beschreibung E2r. 10 Actorum Huberianorum Pars Prior 11. 11 Actorum Huberianorum Pars Prior 12. 12 Huber, Historische Beschreibung F1r. 13 Actorum Huberianorum Pars Prior 13. 14 Vgl. auch die zur Disputation mit Gerlach von Huber vorgelegten Thesen: Theses, j CHRISTUM JESUM j esse mortuum pro peccatis omnium j hominum: j CONTRA NOVVM, HORREN- j DVM, ATQUE INTOLERABILEM QVORVNDAM j Calvinistarum errorem: quo ad perpetuum nominis Christiani op-j probrium atque dedecus, Christianae religionis atque pie- j tatis fundamentum, aliquot libellis, intra j triennium euulgatis, euertere j conantur. j AD QUAS j PRAESIDE RE- jVERENDO ET CLARISSIMO VI- j RO, D. STEPHANO GERLACHIO, SS. THEOj logiae Doctore, & Professore Tubingensie, respondebit publicÀ, s»m j he`, 6. Febr. j SAMUEL HVBERVS, HELVETIVS j BERNENSIS, ET HOC TEMPORE PA- j stor Ecclesiae Derendingensis, in Duca- j tu Vuirtembergico, harum j thesium Autor, Tübingen 1590. 15 Actorum Huberianorum Pars Prior 17. 22.

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im Frieden fort und hatte durch den hier erreichten Konsens gewissermaßen auch die Bestätigung, auf dem Boden der Konkordienformel zu stehen. Das war deswegen von Bedeutung, weil er in Sachsen nun eine Professur in Wittenberg antreten konnte, auf der freilich auch nicht lange Frieden herrschte: Schon 1593 kam es, wieder um die Prädestination, zu einem Streit, nun mit dem Fakultätskollegen Aegidius Hunnius.16 Dieser hatte Thesen zur Taufe vorgelegt, die von dem mittlerweile als Dekan etablierten Kollegen Huber nicht akzeptiert wurden.17 In der folgenden Auseinandersetzung hat Huber sich zu radikalen Thesen vorgewagt: Auch die Heuchler empfingen in objektiver Weise durch die Taufe das Heil, so lautete einer seiner Überzeugungen, und zudem sprach er von einer allgemeinen Rechtfertigung aller Menschen, einer iustificatio universalis.18 Beides nahm er in der Folgezeit zurück.19 Was er aber aufrecht erhielt, war wiederum die Lehre von der Prädestination, dass nämlich alle Menschen erwählt seien. Man darf nicht unterschätzen, was der in Verbindung damit nun auch gegen Hunnius erhobene Vorwurf des Calvinisierens bedeutete: Erst zwei Jahre zuvor, 1591, war Christian I. gestorben und mit ihm der Kryptocalvinismus in Sachsen ans Ende gekommen20 – Hubers Angriffe aber mussten den Eindruck erwecken, der Calvinismus sei in Sachsen eben immer noch nicht erstickt, sondern gar mit neuem Leben zurückgekehrt. Entsprechend rigide wurde nun gegen Huber vorgegangen: Nach einem mehrtägigen Kolloquium in Torgau wurde er am 2. Dezember 1594 aus sächsischen Diensten entlassen und Anfang des folgenden Jahres des Landes verwiesen.21 Der Prädestinationsstreit war damit beendet,22 die Position Hubers aus dem Luthertum hinausdefiniert.

2. Hubers Anliegen: der universale Gnadenwillen Gottes Bei all dem ist die Position Hubers allerdings nicht sonderlich klar : Gottfried Adam, der in seiner Dissertation die bislang gründlichste Deutung des Streits vorgelegt hat, hat Huber vor allem im Sinne einer scharfen christologischen 16 17 18 19 20 21 22

Actorum Huberianorum Pars Prior 30 f. Huber, Historische Beschreibung J4v. Actorum Huberianorum Pars Prior 31. Adam, Streit 107. Auf diesen Zusammenhang weist auch Adam, Streit 108, hin. Huber, Historische Beschreibung P4v ; vgl. Adam, Streit 109. Vgl. noch die Stellungnahme der Wittenberer Fakultät: Bescheidenliche Antwort j Auff das kurtze deutsche j im druck ausgesprengete Bekentnis D. j Samuel Hubers / von der ewigen Praedesti= j nation / Versehung / Verordnung vnd j Erwehlung der Menschen zur j Seligkeit. j Darinnen aus grund Göttliches worts j gezeiget wird / warin seine Meinung noch zur j zeit jrrig / vnd wie dieselbe zu volnstendiger j richtigkeit zubringen sein möchte. j Gestellet durch die Theologische Facultet j zu Wittemberg, Jena: Richtzenhan 1595.

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Zuspitzung gedeutet.23 Das trifft zwar einzelne Punkte seiner Lehre, trägt aber mindestens eben so deutlich auch die Züge der theologischen Auseinandersetzungen der Zeit, in der Adam dies schrieb: Seine Dissertation lag im Jahre 1968 in Bonn vor, betreut von Gerhard Gloege24 – vor diesem Hintergrund ist Huber als eine Art Barthianer avant la lettre erkennbar. Seine eigene Position ist naheliegender Weise etwas anders akzentuiert. 1597 hat er, von Speyer aus, wohin er gewandert war, sein Bekenntnis formuliert: „Ich Samuel Huber habe bekent / vnd bekenne noch / Gott habe von Ewigkeit in seinem eingebornen lieben Son Jesu Christo / alle Menschen versehen / erwehlet vnd verordnet zum Leben vnd Seligkeit / Es werden aber allein diese des Lebens vnd der Seligkeit gnoß vnd theilhafftig / vnd komen also / allein in das Himelreich / welche solcher Gnadenordnung Gottes in Christo Jesu / gehorsamlich sich unterworffen / deroselben folgen / vnd mit gleubigen Hertzen das jenig annemen vnd behalten / dahin sie in jme versehen / erwehlet vnd verordnet sind. Denn auff solcher allgemeinen Gnadenwahl oder Verordnung zum Leben / ist erfolget die Erschaffung aller Menschen zum Ebenbild Gottes / Nemblich / zum Leben / Frewd vnd Seligkeit / vnd nach dem Fall die allgemeine Erlösung vom Tod zum Leben / gleich wie auch alle Menschen zum Leben / zur Herrligkeit / vnd zum Reich Gottes / durchs Euangelium beruffen werden / das sie demselbigen gleuben / vnd zur verordneten Seligket / Vnd zum Reich Gottes komen / vnd gehorsamlich sich einstellen sollen. Wie denn auch die H. Sacramenten deßhalben allgemein vnd allen Menschen zu gut von Gott geordnet vnd geboten sind. Deßwegen kann vnd soll der Mensch keine Gedancken haben / das er im ewigen Rath vnd Gnadenordnung Gottes vbergangen / oder außgeschlosssen seye / Sondern dieweil die Gnadenwahl vnd Verordnung zum Leben / laut angemeldter Gründe / vnd der Lehre S. Pauli / Rom. 5. Ephes. 1.2. Tim. 1. Tit. 2.1. Thess. 5. etc. vber alle Menschen ergangen ist / in Christo Jesu / zur Gerechtmachung des Lebens vber alle Menschen / so kann zu den verordneten Mitteln des Lebens in Christo / vnd in denselbigen mit festem Glauben annemen vnd empfangen. Heyl / Leben vnd Seligkeit.“25

Damit ist im Nachhinein eine gewisse Klarheit geschaffen. Doch allein schon die Tatsache, dass er in den Wittenberger Streitigkeiten Positionen formulierte, deren Unhaltbarkeit er selbst schon bald einsah, aber auch das Lavieren im Blick auf die Württemberger, von denen er behauptetet, sie seien einer Meinung mit ihm, zeigt, dass seine theologische Sattelfestigkeit gering war. Er hat sich mit den radikalen Äußerungen in Wittenberg doppelt in häretische Gefahr begeben. Einerseits schien er eine überstarke Objektivität der sakramentalen Heilsvermittlung zu lehren, also in Richtung römisch-katholischer Lehre zu gleiten, andererseits aber entstand der Eindruck, dass er eine Apo23 Adam, Streit 58 – 67. 24 Adam, Streit 5. 25 Huber, Historische Beschreibung D1v – D2r.

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katastasis panton lehre. Beides wären verurteilte Fehllehren gewesen. Und beides entsprach nicht exakt seiner Auffassung. Diese lässt sich vielmehr aus seiner doppelten Frontstellung erschließen, die sich auch als allmähliche Präzisierung seiner eigenen Prädestinationslehre beschreiben lässt: In der ersten Phase, in der er sich unmittelbar von Beza und seinen Berner Anhängern absetzte, galt seine Hauptstoßrichtung dem Gedanken, Gott verwerfe die Ungläubigen wegen eines Unglaubens, auf den sie schon vor ihrer Geburt durch Gott selbst festgelegt worden seien.26 Dies mache Gott selbst zum Urheber der Sünden.27 Gegenüber dem Gedanken einer absoluten Souveränität Gottes, die allem menschlichen Handeln vorausging, machte Huber also dessen Gnadenwillen stark. Darin war er durchaus auch mit Jakob Andreä einig.28 Der Punkt, an dem dann die Auseinandersetzung mit den Lutheranern einsetzte, war der des Vorherwissens des Glaubens: Huber hielt den Unglauben zwar für einen Grund des letzten Urteils über die Menschen,29 aber nicht für einen Grund der Erwählung beziehungsweise Nichterwählung.30 Gottes Wille sollte, darin war er sich mit den Calvinisten einig, ganz unbeeinflusst von den menschlichen Gegebenheiten sein – aber das hieß eben, weil Gottes Wille auch nicht verdunkelt sein sollte, dass er ganz und gar Heilswille sei: Gottes Erwählung richtete sich auf alle Menschen – und es war dann der Unglaube der Menschen, der die Durchführung dieses universalen Heilswillens hinderte. Welches Problem sich Huber damit einhandelte, ist offenkundig: Er gab dem freien Willen des Menschen einen starken Platz in Fragen seines Heils – ohne doch je explizit einen freien Willen zu lehren.31 Faktisch aber hat er im Interesse, die Souveränität Gottes zu wahren, die Mitwirkung des Menschen an seinem Heil bzw. Unheil in einer Weise betont, die so für Reformierte wie für Lutheraner schwer erträglich sein konnte.

3. Die Auseinandersetzung mit dem Calvinismus als Katalysator für die Formierung des nachkonkordistischen Luthertums Man könnte es sich mit Samuel Huber relativ leicht machen, und in der Tat hat die Forschung dies im Großen und Ganzen auch getan: Außer der erwähnten Dissertation von Gottfried Adam gibt es bis heute keine gründlichere Untersuchung seines Wirkens bzw. der damit verbundenen theologischen Ausein26 27 28 29 30 31

Huber, Beweisung 55 f. Huber, Beweisung 23. Adam, Streit 38. Huber, Beweisung 15 f. Actorum Huberianorum Pars Prior 15. Adam, Streit 120.

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andersetzungen im entstehenden Luthertum. Das mag auch an dem befremdlichen Weg liegen, den er vom Calvinisten zum radikalen Calvinismusfeind genommen hat – ein Weg freilich, der angesichts auch anderer Wanderer zwischen den Konfessionen im späten 16. Jahrhundert an Befremdlichkeit verliert und vielleicht auch in besonderer Weise aussagekräftig für die Schwierigkeit des individuellen Umgangs mit den allmählich hochgezogenen Grenzen zwischen den Konfessionen ist. Die daraus resultierende Besonderheit bei Huber kann man aber auch über das rein Biographische hinaus deutlich machen: Auch wenn sich die extreme Betonung des Christozentrismus bei Huber durch Gottfried Adam wohl den Zeitumständen der Entstehung seiner Dissertation verdankt, macht Adam damit auf eines aufmerksam: dass nämlich die Kritik, die Huber an der calvinistischen und der lutherischen Prädestinationslehre übt, ihrerseits Züge trägt, die bestimmte calvinistische Potenziale stark machen, nämlich die schroffe Betonung der Souveränität Gottes und des damit verbundenen Willens Gottes, seine Macht hier auf Erden sichtbar durchzusetzen. Huber selbst hat den Weg gewählt, sein reformiertes Umfeld mit dem lutherischen zu vertauschen, in dem er dann auch nicht glücklich wurde. Das lädt um so mehr zu dem Gedankenspiel ein, dass seine Kritik an der reformierten Prädestinationslehre auch Züge einer innerreformierten Auseinandersetzung behalten hat, der innerlutherische Streit also gewissermaßen grenzüberschreitend war. Anders gesagt: Huber war in seinen theologischen Auffassungen ein so hochgradiger Individualist, dass die Verpflichtung zur einfachen konfessionellen Zuordnung, die sich unseren historischen Narrativen ergibt, hier an ihre Grenzen stößt. Die sich in ihm und an ihm vollziehenden Wandlungen zeigen an, dass die Phase konfessioneller Verhärtungen an den jeweils strittigen Punkten aus multiplen Optionen binäre Entscheidungssituationen macht, in die nicht jede Position hineinpasst. Huber passte zu den Reformierten so wenig wie zu den Lutheranern – aber er wollte, anders als etwa die Spiritualisten seiner Zeit, durchaus eine konfessionelle Existenz führen. Und eben hierin ist er gescheitert. Damit wird aber, über die individuelle Konstellation hinausblickend, das Scheitern zum historisch Interessanten Punkt seines Lebens: Die Auseinandersetzungen um Samuel Huber treten in jener Phase der Formierung des Luthertums auf, in der einerseits durch Konkordienformel und Konkordienbuch eine lutherische Einigung erzielt sein sollte, andererseits aber eben von dieser Einigung mit den Worten von Irene Dingel gilt, dass es sich um eine Concordia controversa handelte: die Einigung war nicht vollkommen, sondern die Auseinandersetzungen wurden trotz der gemeinsamen Formeln munter fortgesetzt. Im Rahmen der Untersuchungen von Irene Dingel steht der prädestinianische Streit nur am Rande, weil er ein Thema betrifft, dessen Strittigkeit nach 1577 neu in die Diskussion gekommen ist, also nicht eine Fortführung der vormaligen innerlutherischen Streitigkeiten. Seine Signifikanz liegt entsprechend in einem anderen Bereich: nicht in der

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Frage, ob es der Konkordienformel gelungen war, in den stritten Punkten eine tatsächliche Konkordie zu erreichen, sondern stärker allgemein und formal gesprochen: ob es der Konkordie gelungen war, eine Basis zu schaffen, auf der weitere theologische Sachfragen neu zu debattieren sein würden. Tatsächlich liegt die Ironie der Auseinandersetzungen um Huber und die Prädestinationslehre darin begründet, dass Artikel 11 der Konkordienformel, der über die ewige Vorsehung und Gnadenwahl handelte, ausdrücklich feststellte, dies sei ein Artikel, von dem „kein öffentliche[r] Zweispalt unter den Theologen Augsburgischer Confession eingefallen“ sei32 – so jedenfalls die Epitome. Die Solida Declaratio gibt immerhin zu erkennen, dass es Streitigkeiten mit den Reformierten gab und diese auch leichte Rückwirkungen auf die innerlutherischen Auseinandersetzungen hatten.33 Und eben dadurch wird die Signifikanz der Frage schon im Zusammenhang der Konkordienformel deutlich. Noch stärker als bei der Abendmahlsfrage dient hier die Selbstdefinition des Luthertums vornehmlich der Abgrenzung gegenüber der entstehenden reformierten Tradition. Systemisch gesprochen, ist der Blick nach außen an diesen Stellen von vorneherein konstitutiv für die innere Genese und Formierung geworden, und das lässt die Sache weiterhin heikel erscheinen. Nicht nur in diese Perspektive aber gewinnt der Hubersche Streit Bedeutung für ein Verständnis des nachkonkordistischen Luthertums, sondern auch auf kirchenpolitischer Ebene: mit Württemberg und Sachsen waren gleich zwei der für die Entstehung der Konkordienformel zentralen Territorien an der Auseinandersetzung um Huber beteiligt, und wenigstens nach Wahrnehmung der Tübinger Theologen hat Huber zeitweilig versucht, beide gegeneinander auszuspielen, indem er sich gegenüber Hunnius in Wittenberg darauf berief, mit den Tübingern im Konsens zu stehen.34 Welche Bedeutung diese Konstellation tatsächlich hatte, macht nicht allein die Entstehungsgeschichte der Konkordienformel deutlich, sondern auch der wissenschaftspolitische Kontext, innerhalb dessen Huber aus Württemberg nach Sachsen ging: Mit Hunnius und ab 1593 Polykarp Leyser, dem Neffen Andreäs, stammten auch zwei weitere Kollegen aus Württemberg – der Wechsel Hubers nach Wittenberg war Teil einer starken Beeinflussung der sächsisch-albertinischen Zentraluniversität durch Württemberger Personal.35 Entsprechend groß war die Bedeutung, die die Tübinger der Widerlegung des Vorwurfs beimaßen, sie stünden im Einvernehmen mit Huber : mit Erlaubnis des Herzogs legten sie 1597 die Schrift „Actorum Huberianorum Pars prior“ vor, in der sie sich durch langwierige Darlegungen der Streitigkeiten aus ihrer Sicht von Huber distanzierten und deutlich machten, dass man sich in Württemberg von Anfang an bemüht habe, Huber zu korrigieren. Strate32 33 34 35

BSLK 816,34 – 36. BSLK 1063 f. Actorum Huberianorum Pars Prior 32. Adam, Streit 106.

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Volker Leppin

gisch handelte es sich hier um den plakativen und letztlich erfolgreichen – Versuch, die durch die Konkordienformel so deutlich erkennbar gewordene Allianz zwischen Württemberg und Sachsen nicht durch Huber gefährden zu lassen, sondern zu sichern. Insofern wurde der Streit um Huber auch zu einem Testfall der gewonnenen prekären Einheit. Die Konkordienformel war entsprechend zusammen mit der Bibel auch für beide Seiten des Streits permanenter Bezugspunkt: Jeder wollte erweisen, dass seine Lehre ihr entspreche. Entsprechend legte der Streit, nimmt man ihn als Anstoß für eine rezeptionsästhetische Analyse der Konkordienformel, auch offen, welche Spannung deren Artikel 11 noch enthielt, obwohl er eigentlich in der Frage von Prädestination und Gnadenwahl zu einem ausgewogenen Ergebnis gekommen war. Dass es sich nicht um den stärksten Text der Konkordienformel handelt, macht schon die Diskrepanz der Überschriften im lateinischen und deutschen Text deutlich: Der deutsche Text lautet wie zitiert: „Von der ewigen Vorsehung und Wahl Gottes“. Die Überschrift des lateinischen Textes aber bietet als Äquivalent für die Vorsehung praescientia,36 und die Überschrift bietet gar praedestinatio als Entsprechung für Vorsehung. Offenbar steht also den Autoren selbst die Terminologie nicht in voller Präzision zur Verfügung. Das Problem verschärft sich, wenn Epitome und Solida Declaratio einerseits praescientia und electio deutlich voneinander unterscheiden,37 aber beide die electio durch ein sive bzw. seu mit der praedestinatio verbinden und so offenkundig gleichsetzen.38 So wird also Prädestination auf die positive Gnadenwahl festgelegt, wie es der Text dann auch präzise lehrt.39 Der Hintergrund hierfür ist der biblische Leittext die nach damaligem textkritischem Stand noch in Mt 20,16 zu findende sekundäre Zufügung: „Viele sind berufen, wenige sind auserwählt“ (vgl. Mt 22,14). Es ist offenkundig, dass im Blick auf diesen Text und die entsprechenden Bestimmungen der Konkordienformel40 Hubers Gegner sich auf Seiten der Konkordienformel sehen konnten. Die Einschränkung der Prädestination bzw. Auswahl auf einige Wenige wird ausdrücklich gelehrt und bekräftigt. Um so erstaunlicher ist es, dass Huber eben dies bestreiten und sich dafür wiederum auf die Konkordienformel berufen konnte. Der Hintergrund hierfür dürfte darin liegen, dass die Konkordienformel wiederholt den universalen Gnadenwillen Gottes betont.41 Dies ist der Ansatzpunkt Hubers, der offenbar den Eindruck hatte, dass eine starke Betonung der Verwerfung die deutliche Akzentuierung der Evangeliumsbotschaft vom Gnadenwillen Gottes ruiniere. Er witterte offenbar in anderen Lehrformen ein Eindringen einer doppelten Prädestinationslehre, wie sie durch den nur auf die Wahl bezogenen Präde36 37 38 39 40 41

BSLK 1064,35 f (s. Anm. zu dieser Stelle!). BSLK 817,4 – 8; 1064,35 – 1065,2. BSLK 817,7; 1065,23 f. BSLK 29 – 31. BSLK 819,9 – 21. BSLK 819,11 f; 821,8 – 10.

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Der calvinische Antichrist

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stinationsbegriff der Konkordienformel klar ausgeschlossen war. Biblisch gesprochen, könnte man sagen, dass er den Unterschied von Berufung und Auserwählung aufhob – dies freilich wiederum in dem mit der Konkordienformel zu verbindenden Interesse, eine Bindung des Heils an das Verhalten des Menschen und damit an seinen Willen zu vermeiden. Auch wenn Huber zum einen selbst nicht zu einer klaren Position gelangt ist und sich zum anderen im Luthertum nicht durchsetzen konnte, hat er damit doch auf Schwierigkeiten hingewiesen, die sich nicht allein aus der Konkordienformel ergaben, sondern auch aus dem biblischen Befund. In einer Art Vorlauf zu den reformierten Debatten über die Prädestination, die auf Dordrecht zuführten, hat er damit im Luthertum eine Debatte über die Frage der Prädestination angestoßen, die zu einer weiteren Präzisierung der lutherischen Lehre, freilich nicht zu einer neuen lehrhaften Form führten. Dass er dabei die Calvinisten als Antichrist eingeführt hat, ist gewiss eine Überzeichnung der Bedeutung ihrer Lehre – historisch aber lag ihre Bedeutung darin, dass die Auseinandersetzung mit ihnen eine Rückwirkung auf die lutherische Selbstverständigung gehabt hat. Insofern dürfen die Lutheraner den Reformierten gerade für ihr Anderssein durchaus dankbar sein.

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Friederike Nüssel

Reformiertes Denken in der Sicht des Jenaer lutherischen Theologen Johann Franz Buddeus1

Das Jubiläumsjahr anlässlich des 500. Geburtstages von Johannes Calvin wurde an vielen Orten der Welt genutzt, um Calvins Theologie in neuer Weise zu würdigen und ihre Bedeutung für christliche Theologie im 21. Jahrhundert auszuloten. Viele dieser Veranstaltungen finden an Orten statt, die als Zentren reformierter Frömmigkeits- und Theologieentwicklung gelten können. Jena als der Ort, an dem im Rahmen dieses Symposions über die Bedeutung reformierten Denkens für lutherische Theologie nachgedacht werden soll, ist im konfessionellen Zeitalter2 zu einem der bedeutenden Zentren lutherischen Denkens geworden. Durch Johann Gerhard im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts und Johannes Musäus in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts sowie deren Schülerkreise entstand in Jena eine Reflexionskultur, in der europäische Denkentwicklungen rezipiert und kritisch diskutiert wurden und in der man sich den theologiekritischen Impulsen des Pietismus und den rationalistischen und religionskritischen Anfragen der frühen Aufklärung stellte. In dieser Ausrichtung entwickelte Jena im 17. und 18. Jahrhundert ein eigenes Profil jenseits der scharfen Streitereien um Orthodoxie und Heterodoxie, die zwischen Wittenberg und Helmstedt geführt wurden. Inwieweit aber war man im lutherischen Jena bereit, die konfessionellen Grenzen zu überspringen, von der reformierten Tradition zu lernen und die reformierten Systeme und die ihr zugrunde liegende Bibelauslegung zu rezipieren? Dieser Frage soll im Folgenden am Beispiel des Jenaer Theologen von Johann Franz Buddeus (1667 – 1729)3 nachgegangen werden, der nach einer 1 Vortrag bei der Tagung „Calvinismus in den Auseinandersetzungen des frühen konfessionellen Zeitalters“, Jena, 13. 2. 2009. 2 Vgl. zu diesem Begriff Thomas Kaufmann, Art. ,Konfessionelles Zeitalter‘ in RGG4 4, 1550 f. Zur Übersicht über die Forschung zur lutherischen Konfessionalisierung siehe ders., Die Konfessionalisierung von Kirche und Gesellschaft. Sammelbericht über eine Forschungsdebatte, Teil 1 und 2, ThLZ (1996) 1008 – 1025, 1113 – 1120. Zur reformierten Konfessionalisierung vgl. u. a. Heinz Schilling (Hg.), Die reformierte Konfessionalisierung in Deutschland – Das Problem der „Zweiten Reformation“, Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte Bd. 195, Gütersloh 1986. Zur Darstellung der Epoche bis zum Westfälischen Frieden siehe Harm Klueting, Das konfessionelle Zeitalter 1525 – 1648, 1989. 3 Zur Biographie von Johann Franz Buddeus vgl. die Artikel von Johannes Kunze in: Realenzyklopädie (RE3) Bd. 3, 518 – 522, von Ernst Wolf in: Religion in Geschichte und Gegenwart (RGG3) Bd. 1, Sp. 1469, von Kurt Aland in: Neue deutsche Biographie (NDB) Bd. 2, 715 sowie von H. Pältz in: Theologische Realenzyklopädie (TRE) Bd. 7, 316 f. Siehe außerdem Max Wundt, Die deutsche

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Reformiertes Denken in der Sicht des Johann Franz Buddeus

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philosophischen Professur in Halle im Jahre 1705 einem Ruf nach Jena auf eine theologische Professur folgte. Die Konzentration auf Buddeus für die beschriebene Fragestellung bietet sich an, weil er zum einen in den bis weit ins 19. Jahrhundert hinein viel gelesenen Institutiones Theologiae Dogmaticae variis observationibus Illustratae4 reformiertes Denken konstruktiv rezipiert hat und zum anderen in seiner literarhistorischen Darstellung in der Isagoge historico-theologica ad theologiam universam singulasque eius partes von 17275 neben der lutherischen und römisch-katholischen auch die reformierte Literatur systematisch erschlossen hat.

1. Literarhistorische Erschließung Das literarhistorische Schema, das Buddeus in seiner Isagoge umsetzt, basiert auf seinem Verständnis der Kirche und ihrer Geschichte.6 In Übereinstim-

Schulphilosophie im Zeitalter der Aufklärung, Tübingen 1945, sowie zur Übersicht über die philosophische und theologische Aufklärung die Artikel „Aufklärung I. Philosophisch“ von Rainer Piepmeier in: TRE 4 (1979), 575 – 594 und „Aufklärung II. Theologisch“, ebd., 594 – 608 von Martin Schmidt, dort bes. 596 f. 4 Nachdrucke dieser Werke finden sich in den im Rahmen der von Bernhard Fabian u. a. herausgegebenen Reihe Historia Scientiarum: Siehe dort: Johann Franz Budde, Gesammelte Werke, hg. von Walter Sparn, Bd. 7,1.2: Institutiones Theologiae Dogmaticae variis observationibus Illustratae (Zitation im folgenden nach: ID, Buch, Kapitel, Paragraph, Seite), sowie Bd. 8,1 – 3: Isagoge historico-theologica ad theologiam universam singulasque eius partes (Zitation im Folgenden: Is, Sektion, Kapitel, Paragraph, Seite), Hildesheim/New York 1999. Zum dogmatischen Ansatz siehe Friederike Nüssel, Bund und Versöhnung. Zur Begründung der Dogmatik bei Johann Franz Buddeus, FSÖTh 77, Göttingen 1996. 5 Vgl. dazu Leonhard Hell, Entstehung und Entfaltung der theologischen Enzyklopädie, Mainz 1999. 6 Vgl. dazu Nüssel, ebd., 46 f. Buddeus versteht die Kirchengeschichte als Teil der allgemeinen Geschichtswissenschaft, die ebenfalls die Providenz Gottes in der Geschichte zu demonstrieren sucht. Der Unterschied zwischen der Kirchengeschichte und der Universalgeschichte besteht darin, dass diese sich auf das Reich der Natur, jene auf das Reich der Gnade bezieht. Die Geschichte der christlichen Kirche unterscheidet er in drei Intervalle, die Zeit von der Geburt Christi Geburt bis zu Karl dem Großen (Is II,6,6,), die Zeit von Karl dem Großen bis zur Reformation, und die Zeit seit der Reformation bis in die Gegenwart. Das zweite Intervall beschreibt er in II,6,7, 831 f. so: „In altero intervallo a Carolo magno usque ad ecclesiae emendationem, a beato MART. LUTHERO susceptam, cum magna caligo, nec minor superstitio, orbem christianum presserint, paucique, si modo ullus, exstiterint, qui de rebus ecclesiasticis ita scripserint, ut historicorum nomen tueri queant; eo diligentius conquirenda, quae hisce temporibus lucem conciliare possunt. Iuvabit etiam speciatim ad statum istorum regnorum respicere, in quibus eo tempore religio christiana efflorescere coepit; cumprimis autem Germaniae nostrae habenda est ratio; cum turpe insuper sit, in peregrinis versatum esse, & ignorare domestica, seu quae religionis ac ecclesiae in patria nostra fuerit ratio“. Zum dritten Intervall vgl. II,6,8, 836 f: „Tertium intervallum ab emendation ecclesiae ad nostra usque tempora eo maiorem postulat curam, quo plura, observatuque digniora contigerunt, quae scire omnium quidem, inprimis autem, qui doctorum

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mung mit der zeitgenössischen Sicht versteht er die Kirche als die von Gott bereits im Paradies begründete Gemeinschaft der Heiligen, die auch nach der Vertreibung des Menschen aus dem Paradies von Gott in seiner Providenz auf wunderbare Weise bewahrt wird. In der Entwicklung der christlichen Kirche sieht er die Wittenberger Reformation als die Epoche der „emendatio ecclesiae“, also der Befreiung und Erneuerung der Kirche gegenüber den Fehlentwicklungen im Mittealter. Im Zuge der reformatorischen Grundeinsicht in die Alleinwirksamkeit der göttlichen Gnade und Gerechtigkeit beschreibt er diese Erneuerung der wahren Gemeinschaft der Heiligen nicht als eine Leistung der Reformatoren, sondern führt sie allein auf die Fürsorge Gottes zurück, der sich darin als benignissimum Numen erweise. Während in seiner Kirche („ecclesia nostra“) die in der Reformation erschlossenen Grundsätze der kirchlichen Erneuerung zur Bewahrung der wahren Gemeinschaft der Heiligen geführt hätten, seien sie in der römisch-katholischen Kirche („ecclesia romana“) und in der reformierten Kirche („ecclesia reformata“) nicht adäquat erkannt und umgesetzt worden. Daher versteht Buddeus die römischkatholische Kirche und die reformierten Kirchen als depravierte Gestaltungsformen der göttlichen Bestimmung der Kirche. Die konfessionelle Grenze zur reformierten Kirche sieht Buddeus durch die Confessio Augustana klar markiert. Zwar sei – wie Buddeus anhand der einschlägigen Literatur demonstriert – von reformierter Seite versucht worden, die Confessio Augustana zustimmend auszulegen. Doch das sei motiviert gewesen von dem Bestreben, den religionsrechtlichen Schutz der „societas Augustanae“ zu genießen. Faktisch sei jedoch in solchen Auslegungen die Confessio Augustana verdreht worden.7 in ecclesia fungi munere cupiunt, maximopere refert. Ipsa tamen ecclesiae emendation, & quae ad eius historiam spectant, praecipuum inter ea momentum trahunt“. 7 Vgl. dazu I,2,11, 458 ff. Zwar gebe es, wie er in Isagoge 468b, 469a festhält, „reformatae ecclesiae doctores, quorum nonnulli itidem Augustanam confessionem explicarunt, sed ita, ut eam, in iis, in quibus a nobis dissentiunt, ad suum sensum detorquerent, praecipue, ut ostenderent, se quoque in Augustanae confessionis societatem admittendos esse. Locum itaque hic inveniunt Henr. Altingii exegesis logica& theologica Augustanae confessionis, Amstelodami 1947, 4. Io. Grocii comment. De societate Augustanae confessionis, Casselius 1647, 4. Lud. Crocii adsertioAugustanae confessionis, Bremae 1622, 8. Eiusdem apologeticus pro Augustanae confessione, contra Mentzerum, ibidem, 1621, 4. Christ. Pauli Anleitung, wie die der reformirten Religion zugethane sich der Augsburgischen Confession nicht begeben, sondern solche in allen Articuln annehmen koennen, Bremae 1679, 8. Sed hisce, ceterisque, qui similia scripserunt, subinde obviam iuerunt nostrates, tum in explicationibus Augustanae confessionis, hucusque indicatis, tum aliis scriptis, quibus ex instituto demonstrarunt, reformatae ecclesiae addictos in societatem Augustanae confessionis non esse recipiendos. Huc spectant Aeg. Hunnii hundert und ein und neunzig Schlus-Reden, de quibus antea dictum; Io Botsacci reformatus pseudo-Augustanus, sive antapologia Georgii Pauli, (namque & Ge. Pauli, theologus reformaturs, reformatum Augustanae socios non esse, adversus Ioannem Crocium, Lipsiae 1649, 8. Ant. Reiseri wiederholter Beweis, daß die Calvinisch-Reformirte sich der Augsburgischen Confession nicht anmassen koennen, so lange sie ihre bisher gefuhrte Lehre so hartnaeckig vertheidigen, wieder Christianum Pauli, (cuius antea iniecta est mentio) vorgestellet, Hamburgi 1680, 8. & denique Ierem. Vietoris Augustanae

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In Entsprechung zur epochalen Bedeutung der Reformation nehmen im literarhistorischen Schema der Isagoge die Darstellung der Literatur aus der Reformationszeit und der Folgezeit bis in die Gegenwart breiten Raum ein, wobei Buddeus stets zuerst die literarische Entwicklung in der eigenen Kirche, dann in der römisch-katholischen und in der reformierten Kirche vorstellt. Dabei geht es ihm nicht nur bei der lutherischen Literaturentwicklung, sondern durchweg darum, die durch die Reformation erwirkte Erneuerung theologischer Erkenntnis und die Verbesserung der Lehre herauszuarbeiten. Innovativ ist die Isagoge aber nicht nur durch die literarhistorische Aufarbeitung, die Buddeus hier leistet, sondern auch durch die Anordnung und methodisch fundierte Definition der einzelnen theologischen Aufgabenbereiche. Buddeus unterscheidet die Aufgabengebiete der Dogmatik, Symbolik, Patristik und Moraltheologie, die er in einer ersten Sektion gruppiert, sonach die Aufgabengebiete kirchliche Jurisprudenz, Kirchengeschichte, Polemik, Exegese,8 die er in einer zweiten Sektion behandelt. Vorangestellt ist eine theologische Propädeutik. In allen Teilen wird die einschlägige reformierte Literatur zu dem jeweiligen Gebiet vorgestellt, den umfassendsten Überblick über die reformierte Lehrbildung findet man jedoch im Kapitel über die Polemik. In der Polemik dient die literarhistorische Darstellung dem Ziel, die Literatur zusammenzustellen, aus der sich die zentralen Argumente der anderen Konfessionen in der Verteidigung ihrer Lehrbildung entnehmen lassen.9 In seiner Darstellung der reformierten Polemik10 nennt Buddeus an erster Stelle Ulrich Zwingli und Johannes Oekolampad, denen die reformierte Kirche viel schulde und die „strenue arciterque pro veritate doctrinae evangelicae contra pontificios“11 gestritten hätten. Niemandem allerdings schulde die reformierte Kirche mehr als Johannes Calvin – „viro omnium confessione doctissimo, atque excellentissimis ingenii animique dotibus pradito“.12 Durch ihn sei die für die reformierte Kirche charakteristische Lehre nicht nur stabilisiert und bekräftigt, sondern weit verbreitet worden, so dass seine Nachfolger sich nicht umsonst als Calviniani bezeichnen.13 Besonders gewürdigt werden Calvins

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confessionis adsertio, das ist, wohlgegeründeter Beweis, daß die Reformirten der unveraenderten Augsburgischen Confession niemahls recht zugethan gewesen, auch noch nicht seyn & c. Marburgi 1591, 4.“ Zum Sinn dieser Aufteilung vgl. Nüssel, ebd., 35 ff. Budeus hält in Is II,7,9, 1081 fest: „Nec defuerunt illis, qui a nobis dissentiunt, viri docti, & in hocce studiorum genere exercitati, qui, ut suae partis placita defenderent, ac propugnarent, omnes ingenii vires intenderunt. Speciatim inter & romanae, & reformatae, ecclesiae doctores exstiterunt, quorum ut haud ignota sunt nomina, ita nec ignorari a theologiae cultoribus debent scripta, quibus suae ecclesiae contra dissentientes quosvis tueri dogmata, adgressi sint“. Vgl. die umfangreiche zweite Anmerkung im Paragraphen zur Polemik: Is II,7,9, 1112b–1157. Is II,7,9, 1112b. Is II,7,9, 1114b. Vgl. das volle Zitat Is II,7,9, 1114b: „Post Zwinglium non est, cui plus debeat ecclesia reformata, qua Io. Calvinio, viro omnium confessione doctissimo, atque excellentissimis ingenii animi-

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systematisch-theologische Leistung in der Institutio Christinae Religionis und sein Katechismus.14 In der Abendmahlslehre, die für die Kirchentrennung ausschlaggebend gewesen sei, habe er ursprünglich eine mit den lutherischen Theologen nahezu übereinstimmende Auffassung vertreten und sei erst später zur Position von Zwingli umgeschwenkt. Während Buddeus für Calvins Haltung gegenüber Michael Servet kein Verständnis15 zeigt, sieht er das besondere Verdienst Calvins und der anderen Reformatoren der reformierten Kirche in ihrer Polemik gegenüber den Päpstlichen und den Täufern. In der Argumentation gegen die täuferische Ablehnung der Kindertaufe findet Buddeus auch den Ursprung der bundestheologischen Perspektive, die er selbst in seiner Dogmatik im Rekurs auf die reformierte Lehrentwicklung aufgreift.

2. Rezeption der Föderaltheologie Wie Buddeus in der Isagoge herausstellt, geht die bundestheologische Sicht der Sache nach auf Ulrich Zwingli und Heinrich Bullinger zurück, die in der Auseinandersetzung mit den Täufern die Kindertaufe zu verteidigen suchten, indem sie die Schriften des Alten und Neuen Testaments als Zeugnisse des einen Bundes Gottes auslegten und entsprechend die Praxis der Kindertaufe als Ablösung der Beschneidung der Säuglinge verstanden.16 Die Bundesque dotibus pradito. Per eum utique doctrina ista, quae reformatis propria est, non tantum stabilita & confirmata, sed longe quoque lateque propagate fuit, ut non sine ratione, qui eamdem sequuntur, Calvinianorum retulerint nomen“. 14 Überhaupt attestiert Buddeus den reformierten Theologen: „Nec segniores, quam nostrates, aut romanenses, in tractanda doctrina catechetica, aut condendis catechismis, fuerunt reformatae ecclesiae doctores.“ (Is 340b) Über den Heidelberger Katechismus von Ursin und Olevian schreibt er B. 341a: „Multis utique, & ob methodum concinnam, & ob perspicuitatem, dictorumque scripturae selectum, sese probavit; magnaque inde non tantum a reformatae ecclesiae addictis, consensione receptus, sed & a nostratibus interdum laudatus est.“ Er notiert auch im Rekurs auf Johann Jakob H. Hottinger, dass der Heidelberger Katechismus nicht nur in Deutschland, sondern auch in Belgien, Ungarn und in der Schweiz aufgenommen worden sei, und lobt seine Kommentatoren. Allerdings habe es auch nicht an solchen gefehlt „qui aliter de hocce catechismo sentirent, immo scriptis eum impugnarent“ (341b). Hervorgehoben wird schließlich Jakob Lenfant, der die Aussagen des Heidelberger Katechismus gegen zwei Bücher von Jesuiten verteidigt habe in L’ innocence du catechisme de Heidelberg, demontr¦e contre deux libelles d’un Iesuite du Palatinae, Amsterdam 1723 (vgl. 342a). 15 Vgl. Is II,7,9, 1116 f. 16 Vgl. dazu die Darstellung von Buddeus im Dogmatik-Kapitel der Isagoge II,1,15, Anm. 2, 370 – 380, bes. 370.375 f. Vgl. dazu auch J. F. Gerhard Goeters, Art. Föderaltheologie, TRE 11 (1983), 246 – 252. Wie Goeters, ebd., 246 f. darlegt, habe schon Zwingli herausgestellt, dass es nur einen Bund Gottes gebe, der von der Schöpfung bis zum Ende der Welt gelte und schon mit Adam geschlossen worden sei, um dann mit Noah ausdrücklich als Bund mit dem ganzen Menschengeschlecht erneuert und mit in Abraham als Bund für das ganze Volk Israel bekräftigt zu werden. In allen Gestalten sei der Bund Gottes mit dem Menschen auf die endgültige Erneuerung durch den Mittler Jesus Christus ausgerichtet. Vermittelt durch Bullinger habe dann auch Calvin

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theologie sei in der Folgezeit sowohl in der Unterscheidung von Natur- und Gnadenbund bzw. Werk- und Gnadenbund weiterentwickelt worden.17 Doch erst bei Johannes Cocceius (1603 – 1669)18 und seinen Schülern findet Buddeus die Einsicht in die Bedeutung des Bundesgedankens methodisch auf die Konzeption der Dogmatik insgesamt angewendet.19 Denn Cocceius hatte in seiner Summa doctrinae de foedere et testamento Dei von 1648 in Aufnahme der Grundunterscheidung zwischen Werkbund und Gnadenbund das in den biblischen Schriften bezeugte Heilshandeln Gottes zusammenfassend als Abrogation des Werkbundes in fünf Stufen rekonstruiert.20 Der Werkbund sei demnach zuerst durch den Sündenfall aufgehoben worden. Darauf sei in einer zweiten Abrogationsstufe die Stiftung des göttlichen Gnadenbundes im vorzeitlichen Vertrag zwischen Vater und Sohn erfolgt, die im Protevangelium in der Verheißung Christi bekannt gemacht worden sei. Dies sei wiederum die Voraussetzung für die dritte Abrogationsstufe in der Erwartung Christi und der mit dem Erscheinen Jesu Christi beginnenden Epoche des Glaubens an den offenbarten Herrn. Die vierte Abrogationsstufe geschehe sodann individuell im Tod des Menschen, die fünfte und letzte Abrogationsstufe in der Auferweckung des Leibes. Der Entwurf von Cocceius ist für Buddeus darin vorbildlich, dass er sich von scholastischen Begrifflichkeiten und Schemata löst und stattdessen die biblischen Begriffe und speziell den Begriff des Bundes zum systematischen Ausgangspunkt der theologischen Darstellung macht. Wie Cocceius versteht Buddeus den Gnadenbund als Ablösung des Werkbundes und sieht ihn im ewigen Vertrag zwischen dem Vater und dem Sohn zur Erlösung der

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in seiner Institutio von 1539 ein Kapitel über Gemeinsamkeit und Unterschied des Alten und Neuen Testaments aufgenommen und bis in die letzte Fassung derselben beibehalten (vgl. Buch II, 10 – 11), wobei er aber die Unterschiede in der ,administratio‘ des Bundes stärker betonte als Bullinger (vgl. Goeters, ebd., 247). Siehe dazu Goeters, ebd., 247 – 250. Vgl. Johannes Coccejus, Summa doctrinae de foedere et testamento Dei (1648), in: Ders., Opera omnia, Bd. 6, Amsterdam 1673. Vgl. Is II,1,17, 384 f.: „Haec itaque incommode cum alii perspicerent, de alia methodo, quae ad ordinem ipsius scripturae sacrae propius accederet, fuere solliciti. Praecipuum inter hosce locum tenet io. Cocceius, quem id egisse, ut a scholasticorum commentis, terminisque, theologiam purgaret, supra iam observavimus. Idem porro, cum oeconomiam foederum divinorum pro fundamento theologiae exegeticae poneret; intellexit, dogmaticam quoque theologiam eadem ratione tractari posse. […] Fuerint equidem, qui antea foederum divinorum mentionem facerent; primus tamen Cocceius hancce doctrinam ita excoluit, ut secundum eam integrum aliquod theologiae exstrui posset systema.“ Siehe auch Is II,7,9, 1143: „Cumque Cocceianorum methodus, theologiam secundum federum divinorum rationem tractandi, ei displiceret; novam viam ingressus est in libris sex de oeconomia trium personarum in nebotio salutis humanae & c.“ Vgl. dazu Heiner Faulenbach, Weg und Ziel der Erkenntnis Christi. Eine Untersuchung zur Theologie des Johannes Coccejus, Beiträge zur Geschichte und Lehre der Reformierten Kirche 36, Neukirchen-Vluyn 1973, 103 – 113.

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Menschheit gegründet.21 Jesus Christus sei mithin als der inkarnierte Gottessohn das Testament des unveränderlichen göttlichen Willens, durch den Gott den zu seinem Ebenbild geschaffenen und bestimmten Menschen mit sich vereine. Mit der Verheißung des Gnadenbundes bereits im Protevangelium sei allen Menschen schon vor der Offenbarung Jesu Christi die Möglichkeit eröffnet worden, Gerechtigkeit im Glauben zu erlangen, wie das Beispiel Abrahams lehre. Das bundestheologische Schema ist daher für Buddeus ein wichtiges Instrument, um die Universalität des göttlichen Heilswillens in seiner eigenen Konzeption der Soteriologie deutlicher herauszustellen. Gegenüber der Konzeption von Cocceius entwickelt er das bundestheologische Schema allerdings in Auseinandersetzung mit den Schülern des Cocceius weiter, indem er auf die Rede von Abrogationsstufen verzichtet22 und den Gnadenbund als die Realisierungsgestalt der schon im Werkbund gegebenen Verheißung höherer, ewiger Glückseligkeit interpretiert. Schon der Werkbund sei mithin Ausdruck des göttlichen Gnadenwirkens und diene dem im Gnadenbund offenbarten Heilsplan Gottes. Der Unterschied zwischen Werkbund und Gnadenbund bestehe allein darin, dass die Verheißung des Bundes im Werkbund an die Forderung vollkommenen Gehorsams in Gestalt der Erfüllung des göttlichen Gesetzes gebunden gewesen sei, während im Gnadenbund Jesus Christus diese Forderung stellvertretend für alle Menschen erfüllt habe. So werde in Jesus Christus die Verheißung des Gnadenbundes endgültig als eine Verheißung offenbar, deren Erfüllung an kein menschliches Zutun geknüpft sei. Die Bestimmung und Zuordnung von Werkbund und Gnadenbund bei Buddeus macht nicht nur deutlich, dass Gottes Erwählung der Menschen zum Bund mit ihm sich auf alle Menschen seit Adam und Eva erstreckt. Sie demonstriert auch die Kontinität des göttlichen Bundeswillens in Werk- und Gnadenbund, der auf die freie Vereinigung des Menschen mit Gott im Glauben und die ewige Glückseligkeit des Menschen im Bund mit Gott zielt. Dass neben den auf der Dordrechter Synode verurteilten Remonstranten auch Vertreter der Schule von Saumur wie Moyse Amyraut und Claude Testard23 die doppelte 21 ID IV,1,4, 913 f. 22 Schon die Schüler des Cocceius Hermann Witsius (De oeconomia foederum Dei cum hominibus libri quatuor, dritte Auflage Trajecti ad Rhenum 1694) und Johann Wolfgäng Jäger (Systema theologicum dogmatico-polemicum, Tübingen 1715) übernehmen die Unterscheidung der Abrogationsstufen nicht. Bei Witsius gewinnt dabei mit dem Werkbund auch das Naturgesetz zentrale Bedeutung. Er erscheint als der Rahmen und als das Maß, innerhalb dessen es zur Stiftung des Gnadenbundes kommt. Das Gesetz durchzieht damit die ganze Entwicklung wie ein roter Faden. Den im Gnadenbund dokumentierten Heilswillen Gottes versteht Witsius dabei beschränkt auf „genera singulorum, seu electos“, worin ihm Buddeus entschieden widerspricht und geltend macht, Witsius arbeite hier mit einer falschen Unterscheidung zwischen vorhergehendem und nachfolgendem Erwählungswillen Gottes, vgl. dazu ID IV,1,2, 907. 23 ID IV,1, 14, 989: „Neque tamen ita inter ipsos reformatae ecclesiae doctores doctrina de gratia universali opprimi potuit, ut non essent, qui eam certa quadam ratione aut defenderent, aut resuscitarent. Non tantum enim remonstrantes, etsi a synodo Dordracena damnati, eam, quam

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Prädestination abgelehnt und den universalen Heilswillen Gottes betont hätten, wertet Buddeus als Indiz dafür, dass die Evidenz des universalen Bundeswillens Gottes auch in der reformierten Lehrbildung habe nicht vollkommen unterdrückt werden können.

3. Neustrukturierung der Soteriologie Die Bedeutung der föderaltheologischen Konzeption im Cocceianismus sieht Buddeus, wie schon gesagt, in ihrer biblischen Fundierung und in der Anwendung auf die theologische Darstellung insgesamt. In seinem eigenen systematischen Entwurf der Dogmatik, der auf die vollständige und kohärente Darstellung des aus der in der Bibel offenbaren notwendigen Glaubenswissens zielt,24 dient ihm das föderaltheologische Schema zu einer neuen systematischen Ordnung der anthropologischen und soteriologischen Lehrstücke. In den nach der analytischen Methode strukturierten lutherischen Systemen war der Mensch in seiner ursprünglichen, aber durch die Sünde korrumpierten Bestimmung als Subjekt der Theologie bestimmt worden. Die Lehrstücke von der Erwählung, von Person und Werk Jesu Christi und von der Zueignung der Gnade durch den Heiligen Geist dienten sodann der Entfaltung der Ursachen des Heils. Schließlich folgte die Bestimmung der Mittel, durch die dem Menschen die Gnade mitgeteilt wird, in der Lehre vom Wort Gottes, der Sakramentenlehre und der Ekklesiologie. Buddeus hingegen strukturiert die anthropologischen und soteriologischen Themenbestände durch die Unterscheidung von Werkbund25 und Gnadenbund26 und ersetzt die Unterscheidung zwischen Subjekt und Ursachen/Mitteln durch die übergreifende Perspektive des göttlichen Bundeshandelns in Werk- und Gnadenbund. Gegenüber den zahlreichen Untergliederungen der soteriologischen Lehrstücke im analytischen Schema konzentriert Buddeus die Darstellung auf die Erlösung durch Jesus Christus, die Vermittlung des Glaubens in Wiedergeburt und Bekehrung, die Rechtfertigung gegenüber Gott und die Heiligung und Ersemel amplexi erant, sententiam, firmiter retinebant; sed exstiterunt etiam deinceps in Gallia, qui ad doctrinam de gratia universali propius accedere videbantur.“ 24 Is II,1,1, 336: „Theologiae theticae seu dogmaticae nomine eam intelligimus theologiae partem, quae dogmata, ex scriptura sacra hausta, eaque creditu ad salutem necessaria, apteque inter se connexa, perspicue explicat, & solide demonstrat.“ 25 Vgl. das dritte Buch der Institutiones, dessen erstes Kapitel „de statu integritatis ubi de imagnine Die, itemque de foedere operum“ handelt, gefolgt von einem zweiten Kapitel „de statu hominis post lapsum ubi de peccato tum generatim spectato, tum speciatim originali et actualibus“. 26 Vgl. die Überschrift zum ersten Kapitel des vierten Buches der Institutiones „de gratia Dei, simulque de foedere gratiae, eiusdemque diversis oeconomiis“. Alle weiteren Kapitel im vierten und im fünften Buch entfalten die Realisierung des Gnadenbundes.

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neuerung des Menschen. Auf diese Weise wird vor allem das ältere Lehrstück von der gratia spiritus sancti applicatrice stark vereinfacht. Wie die bundestheologische Perspektive zur Vereinfachung und Umbildung der herkömmlichen lutherischen Lehre führt, lässt sich besonders prägnant an der Integration des Lehrstücks von der Berufung zeigen. Da sich in der föderaltheologischen Perspektive die externe Berufung durch die Verkündigung des Evangeliums in der gesamten Geschichte des Gnadenbundes vollzieht, bedarf es keines eigenen Lehrstücks zur Berufung mehr. Die Unterscheidungen zwischen ordentlicher und außerordentlicher, mittelbarer und unmittelbarer bzw. indirekter und direkter Berufung, die zuvor Gegenstand des Lehrstücks waren, werden dabei für Buddeus überflüssig. Denn der Gedanke einer außerordentlichen oder unmittelbaren Berufung wird von ihm in den Ausführungen über den Gnadenbund der Sache nach ausgeschlossen, weil der im Evangelium promulgierte Gnadenbund auf die ausdrückliche Annahme im expliziten Glauben zielt, in dem sich die Wiedergeburt vollzieht. Solche Promulgation findet nach Buddeus in allen drei Intervallen der Bundesgeschichte statt, wie sie durch die Verkündigung des Protevangeliums, die Offenbarung des Gesetzes an Mose und die Messiasverheißung und schließlich durch die Offenbarung Jesu Christi als des Mittlers bestimmt sind. Eine außerordentliche Berufung jenseits dieser heilsgeschichtlichen Ordnung gibt es nicht. Auch die Vorstellung einer indirekten Berufung der Welt durch die providentielle Regierung Gottes und durch die allgemeine, aber undeutliche Kunde von der christlichen Kirche, die in der lutherischen Dogmatik dazu diente, die Universalität des göttlichen Heilswillens sicher zu stellen, wird in der bundestheologischen Konzeption obsolet. Die bundesgeschichtliche Perspektive ermöglicht es Buddeus schließlich, über die Intentionen der Föderaltheologie hinausgehend eine von der geschichtlichen Verwirklichung abgelöste und in diesem Sinne abstrakte Prädestinations- und Erwählungsvorstellung zu überwinden. Wie die ältere lutherische Dogmatik versteht Buddeus unter ,Prädestination‘ den ewigen, unveränderlichen Beschluss Gottes, durch den Gott jeden einzelnen Menschen zum ewigen Heil bestimmt. Unveränderlich sei dieser Wille jedoch nur insofern, als Gott keinen verwerfen könne, von dem er vorhersehe, dass er im Glauben bleibe. Den von der Prädestination zu differenzierenden Akt der Erwählung denkt Buddeus demgegenüber als den letzten Akt der Verwirklichung des Gnadenbundes, durch den Gott beschlossen habe, diejenigen, die sich der Wirkung des Heiligen Geistes in der Wiedergeburt nicht widersetzen und im Glauben beständig bleiben, des ewigen Lebens teilhaftig werden zu lassen.27 Dieser Sicht liegt die Auffassung zugrunde, dass sich über Gottes Dekrete grundsätzlich nur „ex eventu“ urteilen lasse.28 Sie führt Buddeus in 27 Nüssel, ebd., 212. 28 Schon in der Gotteslehre hält Buddeus fest: „Cum vero de decretis divinis non aliter, quam es ipsis eius operibus, iudicare nobis liceat, modeste omnino, atque caute hac in re versandum;

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seiner dogmatischen Konzeption dazu, die Prädestinationslehre anders als die ältere lutherische Dogmatik an das Ende der Loci zu stellen, in denen die individuelle Heilsaneignung beschrieben wird.29 Denn erst auf der Basis des in Wiedergeburt und Rechtfertigung vermittelten Glaubens und des Gebrauchs der Sakramente als der Zeichen für die Aufnahme in den Gnadenbund könne sich die Gewissheit der Prädestination und Erwählung zum Heil einstellen, die ein entsprechendes Urteil „ex eventu“ zulasse.30 Die Prädestinationslehre wiederum ist die Voraussetzung für die Lehre von der Kirche,31 die als Gemeinschaft der Heiligen durch Aufnahme der Glaubenden in die Gemeinschaft des Gnadenbundes entstehe.32

4. Kritik am Cartesischen Rationalismus In seinem berühmten Essay über „Die Theodizee von der Güte Gottes, der Freiheit des Menschen und dem Ursprung des Übels“ von 1710 schreibt Gottfried Wilhelm Leibniz, es sei „ein fürchterliches Urteil, daß Gott, der seinen einzigen Sohn für das ganze Menschengeschlecht hingab, und der der einzige Urheber und Herr des Heils der Menschen ist, dennoch nur so wenige rettet und alle anderen seinem Feind, dem Teufel preisgibt, […] obgleich doch alle geschaffen worden sind, seine Güte, seine Gerechtigkeit und seine übrigen

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rectiusque faciunt, qui ab operibus ad decreta, quam qui a decretis ad opera quasi illa sine his sibi iam satis cognita, intimeque perspecta essent, progredimur“ (ID II,1,31, 319). ID V,1,1, 1596: „POstquam hactenus consideravimus, qua ratione, quibusve mediis, Deus homines lapsos summaeque miseriae immerses, sed ordini, ab eo praescripto, non reluctantes, ad salute aeternam perducat; nund demum superset, ut, quo pacto ab aeterno hoc ita facere decreverit, exponamus. Nec enim aliter, quam ex eventu, de decretis divinis nobis iudicare licet.“ ID V,2,10, 1614 – 1616: „homines de electione sua certi esse possunt, modo credant, mediisque gratiae, quibus fides conservari posttest, rite utantur, aut uti velint. […] Enimvero, si homo, revera credens, nec vana quadam illusion se ipsum decipiens, de salute sua certus esse potest, non minus de praedestinatione sua, seu electione ad salute certus esse poterit. […] Ad perseverationem enim in fide quod attinet, de ea itidem certus esse potest, ob promissiones divinas, modo ipse mediis gratiae, quibus fides ad finem vitae usque conservatur, recte utatur“. In dieser Verortung der Ekklesiologie im Anschluss an die Soteriologie und Prädestinationslehre erblickt Emanuel Hirsch die „ergreifendste Umschichtung“ in der Dogmatik von Buddeus. Die damit verbundene Konzentration auf die unsichtbare Kirche wertet er als eine Verbesserung, die „Luthers reformatorischer Tat“ vergleichbar sei, weil sie „das reformatorische Evangelium reiner“ als in der altprotestantischen Lehre von der Kirche hervortreten lasse, vgl. dazu Emanuel Hirsch, Geschichte der neuern evangelischen Theologie im Zusammenhang mit den allgemeinen Bewegungen des europäischen Denkens, Bd. 2, Gütersloh 41968, 334. ID V,3,1, 1635 f.: „QUando illi, qui, secundum pradestinationis divinae, generatim acceptrae, decretum, ad aeternam salutem perducendi sunt, eumque in finem, per verbum & sacramenta, fidei, & gratiae divinae participes fiunt, iunction spectantur, oritur inde ecclesia; cuius varias ob caussas, utilis valde & necessaria est consideration“.

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Vollkommenheiten zu verbreiten und zu offenbaren“.33 Eine der Vernunft entsprechende Auslegung des christlichen Glaubens müsse sich daher der philosophisch-theologischen Aufgabe annehmen, „die Menschen von den falschen Vorstellungen zu befreien, die ihnen Gott als einen absoluten Herrscher darstellen, despotische Macht ausübend, wenig geeignet und wenig wert, geliebt zu werden“.34 Dieser Aufgabe stellt sich auch Buddeus in seiner Dogmatik, indem er, wie im letzten Abschnitt gezeigt wurde, durch die Zuordnung und Auslegung von Werk- und Gnadenbund die Universalität der göttlichen Bundeswillens herausstellt und von Prädestination und Erwählung nur „ex eventu“, d. h. im Rekurs auf die erfahrene Aufnahme der Glaubenden in den Gnadenbund spricht. Über den Heilsstand derer, die sich nicht haben in den Bund aufnehmen lassen, macht Buddeus keine Aussage, legt jedoch mit seiner geschichtlichen Betrachtung der Gnadenvermittlung nahe, dass der Widerstand derer, die sich der Verheißung der Gnade verschließen, zu einem späteren Zeitpunkt überwunden werden kann. Diese Sicht wird später von Friedrich Schleiermacher in seiner Erwählungslehre ausdrücklich entwickelt. Mit der Umformung der Soteriologie ist die von Leibniz markierte Aufgabe jedoch nur zum Teil erfüllt. Erst wenn deutlich gemacht werden kann, dass Gott in seinem Wesen als benignissimum Numen aufzufassen ist, ist der Vorstellung von Gott als despotischem Herrscher der Boden entzogen. Dies sucht Buddeus in seiner Gotteslehre durch die Bestimmung Gottes als des summum bonum hominis35 in Verbindung mit dem Wesensbegriff Gottes als des spiritus independens zu zeigen. Die Wesensbestimmung Gottes als des unabhängigen Geistes richtet sich gegen den spinozistischen Gottesbegriff und hebt darauf ab, Gott als frei handelndes Wesen zu denken.36 Darin erblickt Buddeus die unabdingbare Voraussetzung für die Vorstellung der göttlichen Providenz, ohne die es keine Gottesverehrung geben könne, wie er in seinem Bedencken über die Wolffianische Philosophie geltend macht: „So ist es ja auch offenbahr genug, daß diejenigen dem Atheismo nicht weit entfernet seyn, welche die Providence Gottes in Zweifel ziehen, aufs wenigste fället per negationem providentiae divinae aller Gottes-Dienst und alle Religion weg: Denn warum sollte ich einen solchen Gott anbeten und ihm dienen, der 33 Gottfried Wilhelm Leibniz, Die Theodizee von der Güte Gottes, der Freiheit des Menschen und dem Ursprung des Übels, Erster Teil, Abschnitt 5, in: Ders., Philosophische Schriften, Bd. II/1, hg. und übersetzt von Herbert Herring, Darmstadt 1985, 213 – 215. 34 Leibniz, ebd.,II/1, Abschnitt 6, 217. 35 Buddeus, ID II,1,1, 249: „UT a fine theologiae ordiamur, Deus ipse, qua essentiam & attributa, qua personas, nobis considerandus venit. Cum enim is solus summum hominis bonum sit, cuius possessio, seu fruitio, uti loqui solent, aliquem beatum redder potest; eum ut cognitum prius habeamus, par est, quam de felicitate, a communion cum eo speranda, certi fieri queamus.“ 36 Vgl. dazu Friederike Nüssel, Gott als spiritus independens. Zur Umformung der Gotteslehre in der lutherischen Theologie der Frühaufklärung, in: Jörg Lauster/Bernd Oberdorfer (Hg.), Der Gott der Vernunft. Protestantismus und vernünftiger Gottesgedanke, Religion in philosophy and theology 41, Tübingen 2009, 93 – 108.

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nichts von mir weiß, der auch weder das Böse bestrafft, noch das Gute belohnet“.37 In diesem Zusammenhang gewinnt auch die Auseinandersetzung mit dem Cartesianismus zentrale Bedeutung. Denn aus Sicht von Buddeus leistet die Cartesianische Philosophie dem Atheismus Vorschub. Zum einen stelle Descartes in exzessiver Anwendung des methodischen Zweifels das unmittelbare Bewusstsein der Geschöpflichkeit des Menschen und der Existenz Gottes in Frage.38 Zum anderen hebe er die Vorstellung von Gottes Bewahrung, Mitwirkung und Lenkung der Schöpfung auf durch die These, Gott habe die Materie so disponiert, dass er selbst in der Welt nicht mehr gegenwärtig sein müsse.39 In seiner Auseinandersetzung mit Descartes greift Buddeus auf die Vorarbeiten des Jenaer Theologen Johannes Musäus40 zurück, der als einer der ersten Lutheraner Descartes’ ontologisches Argument zu widerlegen versucht und in diesem Zusammenhang intensiv die reformierte Debatte verfolgt hatte. Für Buddeus, der die reformierte Diskussion aufmerksam weiterverfolgt, ist vor allem die Argumentation des reformierten Theologen Samuel Werenfels41 wichtig. Im Rekurs auf ihn unterscheidet er in Descartes’ ontologischem Gottesbeweis ein aposteriorisches und ein apriorisches Argument. Aposteriorisch sei die These, die Idee eines höchst vollkommenen Wesens könne nicht vom Intellekt selbst gebildet werden, sondern müsse auf eine höchst vollkommene Ursache zurückgeführt werden.42 Dieser These hält Buddeus wie schon Musäus entgegen, dass die Idee eines unendlich vollkommenen Wesens durchaus in der Negation oder Überbietung der wahrnehmbaren Unvollkommenheiten gebildet werden könne.43 Das apriorische Argument findet Buddeus im Anschluss an Werenfels in Descartes’ These, dass das, was klar und deutlich als zu einer Sache gehörend wahrgenommen werde, auch in

37 Vgl. Johann Franz Buddeus, Bedencken über die Wolffianische Philosophie, nebst einer Historischen Einleitung zur gegenwärtigen Controverse, Freiburg 1724, 7. 38 Siehe dazu Johann Fran Budde, Theses theologicae de atheismo et supersitione variis observationibus illustratae et in usum recitationum academicarum editae (1717), in: Ders., Gesammelte Schriften, Bd. IX, 1.2, hg. von Walter Sparn, Hildesheim/Zürich/New York 2010, 147 und 153 – 155. 39 Buddeus, ebd., 155: „Praeter haec & alia sunt Cartesii dogmata, quae atheis haud ingrate esse censentur, cumprimis vero illud, quod finium considerationem a rerum naturalium tractatione exclusam voluerit, quae tamen efficacissima ad atheos convincendos argumenta suppeditat, & eiusmodi mundi huius ex materiae dispositione originem commentus sit, a qua Deus tandem abesse queat“. Vgl. Buddeus, ebd., 489. Prägnant formuliert Buddeus dieses Problem auch in seinem „Bedencken gegen die Wolffianische Philosophie“: 40 Vgl. dazu Nüssel, Bund und Versöhnung, 288 – 294. 41 Vgl. Samuel Werenfels, Judicium de argumento Cartesii pro existentia Dei petito ab ejus idea, Basel 1699. Karl Barth sah in Werdenfels einen „Artgenossen“ von Buddeus ,was ein durchaus kritisches Licht auf ihn wirft, vgl. ders., Die protestantische Theologie im 19. Jahrhundert. Ihre Vorgeschichte und Geschichte, Zürich 1947, 123 f. 42 Buddeus, Theses, 369 – 371. 43 ID II,1,5, 265.

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Wirklichkeit zu derselben gehören müsse.44 In Übereinstimmung mit Werenfels, der den Unterschied zwischen vorgestellter und realer Existenz betont hatte,45 lehnt Buddeus auch dieses Argument ab. Zwar teilt er mit Descartes die Auffassung, dass das ens perfectissimum als ens necessarium zu denken sei. Doch damit sei die Existenz unabhängig außerhalb des Verstandes nicht bewiesen.46 Ob Buddeus auch die von Werenfels benannte Schwierigkeit gesehen hat, dass die Existenzaussage formal immer vom endlichen Intellekt abhängig bleibt, ist nicht auszumachen. Auffallend ist aber, dass Buddeus das aposteriorische Kausalargument, wonach Gott alleine die Ursache der Idee Gottes im Intellekt sein könne, ablehnt, während Werenfels es hatte gelten lassen und gerade auf dieser Basis bestritt, dass aus der Idee Gottes auf die Existenz Gottes zu schließen sei. Darin zeichnet sich ein unterschiedliches Verständnis der notitia Dei insita ab, in dem sich wiederum eine unterschiedliche Sicht auf die menschliche Vernunft zwischen reformierter und lutherischer Theologie widerspiegelt. Für Buddeus ist die natürliche Gotteserkenntnis kein eingeborenes Wissen, dessen sich der Mensch allein mit den Mitteln seiner Vernunft gedanklich vergewissern könnte. Er rechnet allein mit einer dem Menschen angeborenen Neigung, dem Gedanken und der Rede von der Existenz Gottes zuzustimmen.47 Diese gelangt zu ihrer Verwirklichung jedoch nur – und darauf kommt es Buddeus an – in empirischer Welt- und Selbstwahrnehmung. Und so richtet sich Buddeus’ Kritik an Descartes’ ontologischer Argumentation auch nicht nur gegen die Tragfähigkeit des aposteriorischen und apriorischen Arguments, sondern gegen den Wesensbegriff Gottes, der in dieser Argumentation in Anschlag gebracht wird. Für Buddeus enthalten die Bestimmungen Gottes als des ens perfectissimum und ens necessarium noch nicht die für den christlichen Gottesglauben entscheidenden Aussagen. Entscheidend für den christlichen Glauben ist es nach Buddeus vielmehr, Gott als gnädigen und gütigen Schöpfer zu denken, der seine Schöpfung in allen ihren Bewegungen und Lebensvollzügen gnädig begleitet und darin die Erfahrung seiner Schöpfergüte selbst stiftet. Vor diesem Hintergrund kann Buddeus die Hinwendung zum Cartesianismus und zu einem mechanistischen Verständnis der Schöpfung, die einige Anhänger des Cocceianismus wie Witsius, Braun und Wittich vollziehen, nicht teilen. Die Beschreibung Gottes als des benignissimum numen 44 Buddeus, Theses, 369. 45 Werenfels, ebd., 224 f. Zur Argumentation von Werenfels vgl. Dieter Henrich, Der ontologische Gottesbeweis. Sein Problem und seine Geschichte in der Neuzeit, Tübingen 21967, 90 – 97. 46 Buddeus, Theses, 371, § 1, Anm. 3: „Quemadmodum itaque antea diximus, hominem sibi ideam entis summe perfecti formare posse, ita etiam eadem opera existentiam necessariam in hacce idea includit, ut tamen nullo modo inde sequatur, rem eiusmodi summe perfectam & necessario existentem, revera etiam existere“. 47 Buddeus (1717), 361, § 1, Anm. 2: „Hoc autem asserimus, inclinationem quondam efficacissimam & propensionem omnium hominum mentibus insitam esse, qua ad assensum propositioni, quae, Deum esse, eumque esse colendum, adfirmat, praebendum, vel invite trahantur“.

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Reformiertes Denken in der Sicht des Johann Franz Buddeus

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impliziert dabei nicht nur die konsequente Verteidigung des Providenz in conservatio, concursus und gubernatio. Sie gipfelt vielmehr in der Konzeption von Buddeus in einer Auslegung der göttlichen Vollkommenheit, in der Gott sich nicht nur von der Welt unterscheidet durch Negation ihrer Unvollkommenheit oder durch Überbietung ihrer begrenzten Vollkommenheiten, sondern zugleich der Grund aller endlicher Vollkommenheit ist. Dies zu demonstrieren ist die Aufgabe der Lehre von Gottes Eigenschaften, die in den Wesensbegriff Gottes als des spiritus independens mündet.

5. Rückblick In seinem Artikel zur reformierten Orthodoxie in der vierten Auflage der ,Religion in Geschichte und Gegenwart‘ sieht Thomas Kaufmann das besondere Potential der reformierten Orthodoxie zur Aufklärung in dem ihr „inhärente[n] Vertrauen in die Fähigkeit der menschlichen Vernunft, das Dekret Gottes in seiner Notwendigkeit und in seiner Vernünftigkeit durchsichtig und lebenspraktisch plausibel zu machen“.48 Diese Charakterisierung hätte Buddeus anhand seines Studiums der Literatur und der Debatten im reformierten Bereich, insbesondere um Cocceianismus und Cartesianismus, sicher unschwer teilen können. An der Feststellung hingegen, dass sich das reformierte Denken im Zutrauen zur Fähigkeit der menschlichen Vernunft in der Auslegung der Dekrete Gottes „im Grundsatz vom luth. Protestantismus“49 unterscheide, hätte er vermutlich geringes Interesse gehabt. Sein theologisches Anliegen war es, die Wahrheit und die heilsame Bedeutung der christlichen Religion für den Menschen gegenüber einem atheistischen Rationalismus einerseits und einem irrationalen Aberglauben andererseits zu verteidigen. Nicht das konfessionelle Profil, sondern die Tragfähigkeit der Argumente war für seine Rezeption der Literatur aus anderen Kirchen leitend. Vor die interkonfessionelle Auseinandersetzung über die Alleinwirksamkeit der Gnade Gottes und die Freiheit des Menschen hatte sich für Buddeus die Aufgabe geschoben, den Gedanken der Güte und Freiheit Gottes gegenüber einem mechanistischen Weltbild und einer pantheistischen Gotteslehre auszulegen.

48 Thomas Kaufmann, Art. Orthodoxie, b) Reformierte Orthodoxie, RGG4 6 (2003), 702 – 708, hier: 708. 49 Ebd.

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Martin Leiner

Melanchthon und Calvin – Ein Vergleich

Einführung Philipp Melanchthon und Johannes Calvin miteinander zu vergleichen, ist eine bereits mehrfach unternommene, dennoch aber immer noch überaus reizvolle Aufgabe. Reizvoll ist diese Aufgabe, weil in diesem Themenbereich noch manches zu erforschen ist. Reizvoll ist diese Aufgabe auch, weil es keineswegs geklärt ist, ob die Unterscheide zwischen beiden Autoren auf der Ebene der Lehre oder bloß auf der Ebene einzelner Theologumena, ob sie weiter auf der Ebene ihrer Bildungsgeschichte, der unterschiedlichen theologischen Methode oder des unterschiedlichen Stils und der unterschiedlichen persönlichen Frömmigkeit beruhen. Reizvoll ist der Vergleich, weil man mit guten Argumenten manches behaupten kann, was dem traditionellen Bild über diese beiden Autoren widerspricht und weil man meines Erachtens zu einer neuen Periode in der Erforschung der beiden Theologen und ihres Verhältnisses übergehen sollte. Reizvoll ist der Vergleich zwischen Melanchthon und Calvin schließlich auch, weil er Licht auf die nachfolgenden Kontroversen des konfessionellen Zeitalters wirft. Er wird uns insbesondere helfen, manches an innerprotestantischer konfessioneller Polemik in seiner Tragik und Absurdität etwas näher zu erfassen. Um diese Punkte zu thematisieren, beginne ich mit einem kurzen Forschungsüberblick. Danach wende ich mich verschiedenen Ebenen, auf denen Unterschiede zwischen Melanchthon und Calvin thematisiert werden, zu. Am Ende steht eine Zusammenfassung mit einigen Bemerkungen zu dem, was sich aus dem Vergleich ergibt.

Forschungsüberblick Das Verhältnis von Melanchthon und Calvin stand und steht nicht in dem Maße im Fokus der Forschung, wie es bei den zahlreichen Einflüssen der beiden Autoren aufeinander und bei der konfessionsgeschichtlichen Bedeutung dieses Themas eigentlich zu erwarten wäre. Typisch sind Äußerungen,

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Melanchthon und Calvin – Ein Vergleich

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wie die von Heinz Scheible in der Einleitung seiner Melanchthonbiographie, der schreibt: „Von den persönlichen Beziehungen und Freundschaften ist das Verhältnis zu Luther von entscheidender Bedeutung für Melanchthons Denken und Handeln. Andere konnten nicht so kontinuierlich verfolgt werden, wie sie es verdient hätten. Dies gilt vor allem für Calvin.“1 In der gesamten Forschungsgeschichte ragen dann auch nur zwei Arbeiten heraus. Zum einen der bereits 1897 erschienene gründliche und grundlegende Aufsatz von Albert Lang mit dem Titel „Melanchthon und Calvin“.2 Zum anderen der von Günter Frank und Herman Selderhuis herausgegebene Tagungsband der Brettener Melanchthonakademie im Jahr 2001 Melanchthon und der Calvinismus,3 insbesondere mit den Beiträgen von Riemer Faber, Karin Maag, Günter Frank, Villem van’t Spiker und Theodor Mahlmann, die für unser Thema einschlägig sind. Zwischen diesen beiden Pfeilern der Forschungsgeschichte gibt es Reinterpretationen, Erweiterungen des herangezogenen Quellenmaterials und der Fragestellungen. Es gibt Biographien und größere Darstellungen in Theologie- und Dogmengeschichten und schließlich an den unterschiedlichsten Orten aufzufindende, mehr oder weniger treffende Bemerkungen zum Verhältnis der Theologie Melanchthons und Calvins. Eine umfassende klärende Monographie fehlt. Statt dessen werden Fragen ausführlich diskutiert wie die, ob man von einer Freundschaft zwischen Calvin und Melanchthon sprechen kann, oder ob es sich in den Briefen weitgehend um den unter Humanisten üblichen Austausch freundlicher Formeln handelt. Für die These der Freundschaft plädieren beispielsweise Philip(p) Schaff,4 John Hickman,5 Rodolphe Peter6 und Marianus van der Berg,7 während DaniÀle Fischer,8 Derk Visser9 und Timothy Wengert10 sie in Frage stellen. 1 Heinz Scheible, Melanchthon. Eine Biographie, München 1997, 11. 2 Leicht überarbeitet wieder abgedruckt in: Albert Lange: Reformation und Gegenwart. Gesammelte Aufsätze vornehmlich zur Geschichte und zum Verständnis Calvins und der reformierten Kirche, Detmold 1918, 88 – 135. 3 Günter Frank/Herman Selderhuis, Melanchthon und der Calvinismus. Melanchthonschriften der Stadt Bretten Bd. 9, Stuttgart/Bad Cannstatt 2005. 4 Philip Schaff, “The Friendship of Calvin and Melanchthon”, in: American Society of Church History 4 (1892), 143 – 163. 5 John T. Hickman, “The Friendship of John Calvin and Philip Melanchthon” WTHJ 38 (1975/6) 152 – 165. 6 Rodolpe Peter, „Calvin traducteur de M¦lanchthon.“ In: Marijn de Kron/Marc Lienhard, Horizons europ¦ens de la R¦forme en Alsace, Straßburg 1980, 119 – 130. 7 Marianus A. van den Berg, „Calvijn en Melanchthon“, een Beproefe Vriendschap. In: Theologica reformata 41.2 (1998), 78 – 102. 8 DaniÀle Fischer, Calvin et la Confession d’Augsbourg. In: Wilhelm Neuser (Hg.), Calvinus ecclesiae Genevensis custos, Frankfurt/M. 1984, 245 – 271. 9 Derk Visser, Niets Menselijks is Mij Vreemd, Kampen 1995, 133. 10 Timothy Wengert, We will Feast Together in Heaven Forever: The Epistolary Friendship of John Calvin and Philipp Melanchthon. In: Karin Maag (ed.), Melanchthon in Europe. His Work and Influence Beyond Wittenberg. Grand Rapids 1997, 19 – 44.

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Theologisch relevanter sind Vergleiche zwischen Melanchthon und Calvin, wie sie vor allem in den 1990er Jahren für ihre Bibelexegese angestellt wurden. So vergleicht beispielsweise Peter Opitz in seiner Dissertation über Calvins theologische Hermeneutik11 Melanchthons Exegese mit der von Calvin. Am Beispiel von Psalm 51 zeigt er, dass Melanchthon den Psalm als allgemeingültige Lehre (doctrina) über die Buße auslegt, während Calvin die historische Bedeutung des Textes als Gebet Davids in den Mittelpunkt rückt. Anders als Luther und Melanchthon unterscheidet Calvin klar zwischen einem historischen Sinn und der fruchtbringenden Anwendung, der Applikation des Textes. Calvin in seiner Bemühung um die hebräische Sprache und um den historischen Kontext gilt deshalb als einer der Begründer der modernen historischen Schriftauslegung. Ähnlich aufschlussreich ist der Vergleich der Römerbriefauslegungen von Melanchthon und Calvin, den David Steinmetz in seinem Buch Calvin in Context12 anstellt. Sein Ergebnis überrascht nicht: Melanchthon vertraut dem freien Willen des Menschen und den im Menschen vorhandenen notitiae naturales13 mehr als Calvin, der die natürliche Gotteserkenntnis nach Röm 1,18ff als immer schon verspielte Möglichkeit und als Grund zur Anklage des Menschen in den Blick nimmt. Solche Einzelvergleiche sind fruchtbar, vor allem dann, wenn sie an vergleichbaren Texten durchgeführt werden. Ein zumindest aus dogmatischer Perspektive interessierender Vergleich zwischen der letzten Ausgabe der Loci communes und der Institutio ist bisher noch nicht methodisch durchgeführt worden. Am nächsten an einen solchen Vergleich heran kommen die Darstellungen in den ausführlicheren Theologie- und Dogmengeschichten. Als ein Beispiel aus dieser Literatur soll die Dogmengeschichte des lutherischen Theologen Reinhold Seeberg angeführt werden.14 Ihr kommt die Bedeutung zu, dass sie die Diskussion bis 1920 zusammenfasst und in eigener Weise profiliert. Besonders interessant ist diese Dogmengeschichte an unserer Stelle, weil sie versucht, auf den Spuren Troeltschs15 und Diltheys in die inneren Spannungen und Entwicklungspotentiale der Theologien unserer beiden Protagonisten einzudringen und dabei Wertungen vornimmt, die im 20. Jahrhundert mehr oder weniger wiederholt wurden, denen aber nichtsdestotrotz widersprochen werden muss. Grundlegend gehören Melanchthon und Calvin für Seeberg zu einer gemeinsamen Periode der evangelischen Dogmengeschichte. „Die zweite Periode der Dogmengeschichte des Protestantismus hat es mit dem Ausbau und 11 Peter Opitz, Calvins theologische Hermeneutik, Neukirchen-Vluyn 1994, 32 – 46. 12 David Steinmetz, Calvin in Context, Oxford 1995. 13 Vgl. dazu Günter Frank, Die theologische Philosophie Philipp Melanchthons (1497 – 1560), Leipzig 1995, 112 – 158. 14 Reinhold Seeberg, Lehrbuch der Dogmengeschichte. Bd. IV. 2. Hälfte, Erlangen/Leipzig 2/31920. 15 Vgl. Ernst Troeltsch, Vernunft und Offenbarung bei Johann Gerhard und Melanchthon. 1891. Ders., Soziallehren der christlichen Kirchen und Gruppen, Tübingen 1912 (zit. nach ND Tübingen 1994).

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dem vorläufigen Abschluss der evangelischen Lehrbildung zu tun. Es handelt sich hierbei um die Darstellung der Lehre Melanchthons und der Lehre Calvins samt den Kämpfen, die sich an diese Lehrauffassungen angeschlossen und den Bekenntnissen, zu denen sie geführt haben“.16 Mit Dilthey sieht Seeberg sowohl Melanchthon als auch Calvin als im Grund unoriginelle theologische Denker an, die im Wesentlichen aus der Schülerschaft zu Luther zu verstehen sind. Seeberg beschreibt Melanchthons Theologie als eine auf den Zusammenhang von doctrina und fructus ausgerichtete pädagogisch durchgestaltete Darstellung, die in der Spannung steht zwischen der Orientierung an der Bibel als einziger Quelle der Gotteserkenntnis und den notitiae naturales im Menschen. Seit den 1530er Jahren wird „in einer Weise, die an Thomas erinnert, der natürliche religiöse und sittliche Besitz des Menschen zur Grundlage des Glaubens und der Moral“17. „Nicht darin liegt der Widerspruch dieser Auffassung, dass rationale Erkenntnis und Offenbarung miteinander verknüpft werden, sondern darin dass entgegen dem streng biblizistischen Prinzip andersartige Elemente in die Theologie eingeführt werden und damit an der übernatürlichen Autorität Anteil gewinnen […] Auch daran muss erinnert werden, dass bei dieser Betrachtungsweise das Gesetz zum leitenden Maßstab in der Religion erhoben wird. Das Gesetz ist die Grundlage, zu der das Evangelium nur hinzutritt.“18 Melanchthon, dessen Unterschiede zu Luther Seeberg betont,19 ist mit dieser widersprüchlichen Grundauffassung Begründer der altlutherischen Orthodoxie, so mit Troeltsch, und Vater des natürlichen Systems der frühen Neuzeit und der späteren Aufklärung, so mit Dilthey. Durch Lockerung des Erbsündengedankens und Ausbau der notitiae naturales wurde in der späteren Geistesgeschichte die übernatürliche Gotteserkenntnis zu einer zweitrangigen Zufügung.20 Für Calvin hat Seeberg demgegenüber die klar positiveren Worte. „Darüber, dass er“, Calvin, „den zweiten großen reformatorischen Typus, der aus Luthers Verständnis der Religion hervorgegangen ist, in würdigster und wirksamster Weise durchgeführt hat, kann kein Zweifel bestehen.“21 Als Fazit des Theologievergleichs stellt Seeberg fest, dass nicht Melanchthon, sondern Calvin Luther an nächsten steht: „Auf die bewegenden Gedanken geblickt, ist Calvins religiöse Ideenwelt in fast auffallender Weise von Luthers Erkenntnis des Evangeliums abhängig. Man hat dies früher deshalb verkannt, weil man Luther im Sinne des melanchthonschen Luthertums deutete und demgemäß die Wurzelbildung seiner Gedanken übersah. Aber gerade die frühere und mittlere Gestalt der lutherischen Lehre ist es, die auf Calvin direkt und indirekt gewirkt hat. Er hat sie in einer Weise wiederzugeben gewusst, die das Originale 16 17 18 19 20 21

Seeberg ebd. 420. Seeberg ebd. 439. Seeberg ebd. 440. Vgl. die Zusammenstellung Seeberg ebd. 479 f. Vgl. Seeberg ebd. 440 f. Seeberg ebd. 560.

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an Luther treuer erhält als etwa die Loci Melanchthons. Dies gilt, wie wir gezeigt haben, von allen Gedankengruppen des theologischen Systems.“22 Dieses Resultat hatte bereits Troeltsch in den Soziallehren gefunden: „Die Grundlehren Luthers sind […] die Grundlehren Calvins. Calvin steht fest auf der lutherischen Rechtfertigungs- und Heiligungslehre, ja gibt ihr geradezu den systematisch reinsten Ausdruck unter allen Reformatoren“.23 Nach Seeberg gibt es keinen Lehrunterschied zwischen Luther und Calvin. Unterschiede führt er zurück auf die systematischere Art der Darstellung bei Calvin, auf eine gewisse „Vergröberung“ und Rationalisierung des Denkens, etwa in der Lehre von der Heiligen Schrift, und, wie man sagen könnte, eine „Inkulturation“ in eine romanische, von Humanismus, Anfängen und Vorläufern von Demokratie und von den spätmittelalterlichen Reformideen geprägte Umwelt.24 Das Lob für Calvin geht noch weiter. Für Seeberg ist Calvin und nicht Melanchthon derjenige Reformator, der am tiefsten vom Humanismus ergriffen war25 : „Für Calvin war die humanistische Bildung nicht nur der Leuchter, auf dem das Licht des Evangeliums steht, sondern ihr Geist verschmolz, trotz des strengen Biblizismus, zu einer gewissen Harmonie mit dem Evangelium. Bildung und Religion, Kultur und Sittlichkeit gingen Hand in Hand miteinander. Diese Verbindung, die Melanchthon als Ziel vorschwebte und die er doch nur ziemlich äußerlich zu erreichen wusste, hat Calvin wirklich erreicht.“26 Die Verbindung von Kultur und Religion, Staat und Kirche, trug aber – und hier setzt für Seeberg die größte Ambivalenz an – theokratische Züge. Ein die Prädestinationslehre rationalisierend weiterführendes Vorsehungsdenken rechtfertigt am Ende jeden weltlichen Erfolg. „Der Kultus des Erfolgs vermummt sich als Inbegriff der Menschenrechte, strenger Gottesfurcht und erhabener Moral“.27 Soweit Seebergs einflussreiches und nicht in allen Passagen politisch korrektes Lehrbuch der Dogmengeschichte. Die spätere Forschung kann man als Fortschreibung dieses sehr Calvinfreundlichen Bildes und als Versuch verstehen, an diesem Bild Revisionen anzubringen, gelegentlich sogar es ganz 22 23 24 25 26 27

Seeberg ebd. 626. Troeltsch, Soziallehren ebd. 611. Vgl. Seeberg ebd. 627 – 631. Vgl. Seeberg ebd. 629. Seeberg 558. Seeberg 643. Seeberg verbindet diese Analyse der Ambivalenz des nachcalvinischen Calvinismus mit einer aktuellen Bemerkung in Anm. 3: „Die unter dem maßgebenden Einfluss angloamerikanischen Geistes hergestellten Friedensbedingungen des J.1919 geben hierfür einen grellen Beweis. Je stärker in dem Kriege die Betonung des moralischen Charakters des Kampfes wider Deutschland gewesen war, desto berechtigter ist man, diese Friedensbedingungen auch zur Charakteristik des Anglocalvinismus zu verwenden. Und das um so mehr, als von jener Seite her dieser Versuch der Ermordung eines großen Volkes immer wieder mit den moralischen Begriffen der ,Strafe‘ und der ,Buße‘ gerechtfertigt wird. Hier eröffnen sich große Probleme auch für die Ethik, die man nicht wird vergessen dürfen“.

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umzuwerten. Ein Beispiel für eine solche weitgehend gelungene Umwertung ist Riemer Fabers Beitrag zu dem bereits erwähnten Sammelband „Melanchthon und der Calvinismus“. Der Beitrag sucht die Unterschiede zwischen Calvin und Melanchthon auf deren unterschiedliches Verhältnis zum Humanismus zurückzuführen, dreht aber Seebergs Wertungen um. Der 1497, also 12 Jahre vor Calvin geborene und intellektuell frühentwickelte Melanchthon sei noch von einem lebendigen und autonomen Humanismus beeinflusst worden, während Calvin den Humanismus der biblischen Norm unterwirft. “Melanchthon sought to restore the value of the studia humanitatis by developing a universal system of knowledge in which disciplines can be juxtraposed; for him the connection between faith and intellectual culture did not presuppose the subordination of culture to faith. For Calvin, the function of the humanist studies could be expressed only when all disciplines were subjected to biblical Doctrines.”28 Theodor Mahlmanns Aufsatz „Melanchthon als Vorläufer des Wittenberger Kryptocalvinismus“ revidiert in ähnlicher und für das allgemeine Bewusstsein überraschenderer Weise die traditionelle, auch bei Seeberg hervorgehobene Behauptung, ein wesentlicher lehrhafter Gegensatz zwischen Melanchthon und Calvin bestehe in der Prädestinationslehre. Mahlmann zeigt, dass es „bis zum Jahre 1560 im gesamten reformatorischen Lager zwar verschiedene Versionen der Prädestinationslehre […,] aber keine durchschlagenden sachlichen Differenzen“29 gab. Er fährt weiter fort: „Mir scheint dies, nachdem ich jetzt […] einen von mir damals aus Zeitgründen nicht bearbeiteten Quellenbestand hinzugenommen habe, gerechtfertigt zu sein.“30 Immerhin zitiert Mahlmann Aussagen Calvins und Melanchthons, in denen sie sich gegenseitig ihre Übereinstimmung bestätigen. Wegen der Ungewöhnlichkeit dieser Erkenntnis führe ich die wichtigsten Zitate kurz an. Calvin hätte nicht eine französische Übersetzung der Loci communes von 1535 veranlasst und mit einem Vorwort versehen, wenn er diese Schrift als den eigenen Auffassungen entgegengesetzt angesehen hätte. Calvins Formel für den Ausgleich mit Melanchthon ist hier bereits gefunden: es besteht kein Unterschied in der Sache; Melanchthon wagt nur aus Rücksicht für die Adressaten, das heißt aus pädagogischen bzw. seelsorglichen Gründen nicht alles zu sagen. In diesem Vorwort schreibt Calvin im Jahr 1546: „Comme de la matiere du franc arbitre […] autant en est il de la predestination:[…] il a mieux aym¦ toucher seulement de qui estoyt necessaire — cognoistre, laissant le reste comme ensevely.“31 Ähnlich formuliert er einige Jahre später gegenüber dem Senat von Genf: 28 Riemer Faber in: Frank/Selderhuis ebd. 25. 29 Theodor Mahlmann in Frank/Selderhuis 230 als Zitat seines TRE-Artikels „Prädestination. V. Reformation bis Neuzeit“, TRE 27 (1997) 118 – 156, 119. 30 Theodor Mahlmann in Frank/Selderhuis 230. 31 Jean Calvin, Pr¦face de la Somme de Melanchthon 1546; CR 37, 847 – 850.848 f.

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„Melanchthon […] nosant point dire ce quil congnoist estre vray, pource quil craint que tous ne fussent capables de louyr. Tant y a que ie vous ay produict lettres de sa main, au ce que ie dy apparoist“.32 Auch gegenüber seinen Kritikern hält Calvin die Einigkeit in der Sache mit Melanchthon hoch. So schreibt er am 1. Januar 1552 an Lelio Sozzini: „Quod tibi legisse visus es, Melanchthonis consensum in praedestinationis doctrina non obtenere, falleris. Tantum uno verbo attigi, epistolam eius manu scriptam me habere, ubi fatetur cum meis congruere quae sentit“ (CR 42, Nr. 1578, 229). Doch wie sieht es von Seiten Melanchthons aus? Die zitierten Aussagen beziehen sich immer wieder auf Schriftstücke von Melanchthon. Zentral handelt es sich dabei wohl um einen Brief Melanchthons an Calvin vom 11. Mai 1543, in dem er schreibt: „Et quidem scio haec cum tuis congruere; sed sunt paw}teqa, et ad usum accomodata“ (CR 39, Nr. 467, 542 = MBW 3245). Melanchthon bestreitet in diesem Schreiben nicht die Prädestination, er lehnt aber die Spekulation und die Lehre über diesen Gegenstand ab, sofern er die Glaubenserkenntnis und die biblischen Aussagen überschreitet. Handelt es sich um eine mehr taktische oder zufällige Übereinstimmung, die vielleicht auch der humanistischen Höflichkeit geschuldet ist? Dies scheint nicht der Fall zu sein. Gerade die Entwicklung Melanchthons spricht für die Sachhaltigkeit der Gemeinsamkeiten zwischen ihm und dem Genfer Reformator. Erwählung und Verwerfung sind für den späten Melanchthon ein biblisch bezeugter Sachverhalt. In der 1553 gedruckten deutschen Fassung der Loci heißt es dementsprechend in dem Abschnitt „Von der ewigen Außerwehlung und Verwerfung“: „Darauß soltu wissen diese warhafftige Regel, das gewißlich alle diese zu ewiger seligkeit erwelet sind, die durch glauben an den herrn Christum in der bekerung in disem leben trost empfahen und nicht davon abfallen vor yhrem sterben.“33 Man kann somit Calvins Interpretation zustimmen. Es besteht eine große Einigkeit zwischen Melanchthon und Calvin, die der Genfer Reformator treffend am 28. November 1552 in einem Brief an Melanchthon festgehalten hat: „Professi sumus ego et collegae omne mei, eundem quo tendis in doctrina scopum nobis esse propositum. […] quos [Melanchthon und Calvin] velut uno ore unum idemque loqui decuerat […] Quum res adeo plana sit, te ex animi sensu prorsus diversum tradere, nemo erit sani iudicii cui persuadeas“.34 Diesen Aussagen hat Melanchthon nicht widersprochen. Mit dem wichtigen Aufsatz von Mahlmann sind wir in einer neuen Periode der Forschung zu unserem Thema angelangt, die über die schon sehr alte Feststellung der „Freundschaft“ zwischen Calvin und Melanchthon hinaus-

32 Calvin au S¦nat de GenÀve, 6. 10. 1552, CR 43 Nr. 1659, 378 – 383.382. 33 Philipp Melanchthon, Heubtartikel Christlicher Lere,. Melanchthons deutsche Fassung seiner Loci theologici nach dem Autograph und dem Originaldruck von 1553, Leipzig 2002, 303. 34 CR 42, Nr. 1676, 416 f.

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geht.35 Die Beziehung zwischen Melanchthon und Calvin wird nun nicht mehr fast ausschließlich durch den Vergleich unserer beiden Protagonisten mit Luther und durch eine Beschreibung ihres Verhältnisses zu Luther bestimmt. Es gilt vielmehr, in jeder einzelnen Frage genauer auf die eigenen Aussagen, auf die gegenseitigen Einflüsse und auf die Wirkungen dritter auf beide zu achten, wobei neben dem Einfluss Luthers auch der von Erasmus und von Martin Bucer von Bedeutung ist. Die Bestätigungen einer Übereinstimmung, die sich Melanchthon und Calvin immer wieder gegeben haben, sprechen außerdem dafür, die Gemeinsamkeiten und nicht die Gegensätze zu betonen. Außerdem untersucht dieser neue Ansatz die Frage des Verhältnisses zwischen Melanchthon und Calvin im Kontext des langsamen Aufbrechens der Kontroversen im protestantischen Lager und des Entstehens eines Kryptovcalvinismus, um sich von dem Blick zu befreien, der von Anfang an die Gegensätze zwischen Calvin und Melanchthon profiliert und einige Jahrzehnte spätere Entwicklungen so zurückprojiziert. Auf der Basis dieses in gewisser Weise neuen Forschungsansatzes soll im Folgenden die Frage nach dem Niveau, auf dem die Gegensätze zwischen Melanchthon und Calvin liegen, abgehandelt werden.

Gibt es Lehrgegensätze zwischen Melanchthon und Calvin? Um diese Frage zu beantworten, gehe ich die Liste der Lehrgegensätze durch und mache zu jedem Gegensatz einige kurze Bemerkungen, ohne den argumentativen Hintergrund und die Quellen im Detail zu erörtern. Bis hin zu den Internetseiten der EKD zum Calvinjahr heißt es, dass es zwischen Calvin und Melanchthon wesentliche Lehrgegensätze gegeben habe. Die Verfasser, Erika Godel und Achim Detmers, schreiben: „Außerdem gab es zwischen Melanchthon und Calvin gravierende Lehrunterschiede, so vor allem in der Frage der Prädestination, des freien Willens und der sog. Adiaphora.“36 Zur Liste der Gegensätze kommt meistens noch hinzu, dass es Gegensätze in Fragen der Abendmahlslehre, des Ortes des auferstandenen Leibes Christi und der liturgischen Veränderungen, insbesondere des Umgangs mit Bildern gegeben habe.37 Geht man von Mahlmanns Artikel aus, dann ist die Differenz in 35 Vgl. dazu Philip Schafe: The Friendship of Calvin and Melanchthon. In: Amercan society of Church History 4 (1892), 143 – 163. Bis in neue Veröffentlichungen wird die Freundschaft zwischen Calvin und Melanchthon mit deren sachlichen Gegensätzen kontrastiert. Vgl. dazu z. B. Riemer Faber, “The Humanism of Melanchthon and of Calvin”. in Frank/Selderhuis ebd., 11 – 28. 11: “It is an old and common notion that a natural kinship existed between Philipp Melanchthon and John Calvin, despite the theological differences, so the thinking went, a special bond of friendship joined the humanist of the Wittenberg reformation to the scholarly reformer of Geneva”. 36 http://www.ekd.de/calvin/arbeit/mitstreiter/melanchthon.php 37 Vgl. dazu etwa die Liste der Dissensions bei DaniÀle Fischer (Anm. 8).

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Fragen der Prädestination stark relativiert. Melanchthon will aus seelsorglichen und erkenntnistheoretischen Gründen keine Aussagen über eine infraoder supralapsarische Prädestination machen, er hält aber nichtsdestotrotz an der doppelten Prädestination fest. Umgekehrt betont Calvins Behandlung der Prädestination in der Institutio von 1559 an allen Stellen den Christusbezug und die Erkenntnisgrenzen, mithin „das Geheimnis“ dieser Lehre.38 Man muss sich deshalb, entgegen der Denkgewohnheiten, verdeutlichen, dass Calvin nicht Th¦dore de BÀze und erst recht nicht die Synode von Dordrecht ist und weiter, dass Calvin darum bemüht war, dass sich in der Institutio keine einzige Aussage über Prädestination finden möge, der Melanchthon nicht hätte zustimmen können. Wie verhält es sich mit dem verwandten Problem des freien Willens? Calvin entwickelt in der Institutio ausführlich die Auffassung, dass das Problem der Freiheit nicht das Problem ist, ob wir durchsetzen können, was wir wollen. „Der Streit um den freien Willen dreht sich […] darum, ob der Mensch überhaupt in irgendeiner Sache freie Entscheidung in seinem Urteil und freie Triebkraft seines Willens habe“ (Inst. II, 4,8), ob er wollen kann, was er will und insbesondere ob er aus dem Zustand der Unerlöstheit heraus das Gute wollen kann. Eine solche verneint Calvin mit biblischen und augustinischen Argumenten. Sowohl das umfassende Wirken der Vorsehung als auch die Souveränität der Gnade verlangt ihm zufolge, eine Freiheit, die nicht in Gottes Hand liegt, abzulehnen. Melanchthon verteidigt demgegenüber etwa in den Heubtartikeln von 1553 die menschliche Freiheit als eine beschränkte, aber dennoch wirksame Freiheit. Diese Freiheit erlaubt dem Menschen nicht, das Gesetz zu halten, die Gnade ohne das Wirken des Heiligen Geistes zu erlangen oder notwendige Wahrheiten zu verändern. Melanchthons Hauptinteresse ist es bei dieser Argumentation, Gott nicht als Urheber der Sünde ansehen zu müssen. Melanchthon sieht die Diskussionen um die Willensfreiheit als „fremde disputationes Stoicas“ (159), von denen man sich nicht wegführen lassen soll. Überhaupt gehört für ihn die Erkenntnis, warum der Mensch so geschaffen ist, wie er ist und wie sich das Göttliche mit dem Menschlichen verbindet bis hin zu seinem berühmten letzten Zettel zu den Problemen, die er in diesem Leben nicht auflösen konnte. Was die Abendmahlslehre anbelangt, so hat sich Melanchthon bekanntlich seit etwa 1531 von Luthers Vorstellung einer Gegenwart Christi in Brot und Wein abgewandt.39 Die leibliche Ubiquität bezeichnete er als neues Dogma, das er nicht vertreten wolle. Stattdessen vertrat er in zahlreichen Aussagen eine Aktualpräsenz. Besondere Bedeutung für die Abendmahlslehren Calvins und Melanchthons hatte Martin Bucer. Seine Einigungsformel ging in die Confessio Augustana variata (1540) ein, die Calvin auf dem Reichstag in Regensburg 38 Vgl. dazu Calvin Inst. II,1,10, II, 12,5 und II,17,1. 39 Vgl. Ep. S. 85.

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1541 unterschrieben hat: „De coena domini docent, quod eum pane et vino vere exhibeatur corpus et sanguis Christi verscentibus in coena domini“. In den Dictata von 1557 vertritt Melanchthon schließlich sogar ein lokales Verständnis der Sessio ad dextera patris und gleicht sich stärker dem reformierten Verständnis an.40 Insgesamt wird man sagen können, dass weder in der Abendmahlslehre noch in der Christologie wesentliche Lehrdifferenzen zwischen Melanchthon und Calvin blieben. Mit dieser Thematik zusammen hängt die Frage der Adiaphora und der liturgischen Änderungen. Hier standen sich zwei unterschiedliche Kulturen gegenüber. Joachim Westphal kritisierte an der Genfer Reformation, dass dort in den Kirchen alles erneuert werde: „quod in nostris Ecclesiis omnia novemus“41, berichtet Calvin. In der Tat war in Genf sehr viel in sehr kurzer Zeit geändert worden: Abschaffung der Privatbeichte, Abschaffung der Perikopenordnung, Abschaffung der Bilder, neue Zählung der 10 Gebote, Abschaffung des Krankenabendmahls, der Nottaufe usw. Calvin wollte alle Anlässe zu einer Rückkehr in den alten, wie er fand falschen Glauben, von vorneherein ausschalten. Melanchthon und die Wittenberger Theologen hatten 1548 im Leipziger Interim zugestimmt, dass man alle äußerlichen Dinge, die die Heilige Schrift nicht direkt verletzen, annehmen könne. Also: Rückkehr zur bischöflichen Jurisdiktion, zu den 7 Sakramenten usw. Zu einer Beseitigung der Bilder aus den Kirchen hatte sich Luther ja ohnehin schon 1522 in der Kontroverse mit Karlstadt und den Wittenberger Bilderstürmern nicht bereitfinden können. Bemerkenswert ist bei diesen Unterschieden, dass es zu keinen nennenswerten direkten Angriffen Calvins gegen Melanchthon und umgekehrt in diesen Fragen kam. Die entsprechenden Abschnitte in der Institutio vermeiden jede irgendwie geartete kritische Nennung Melanchthons oder auch Luthers. Wenn man bei den Adaphora und den liturgischen Änderungen von Lehrgegensätzen sprechen will, dann wurden sie zu Lebzeiten unserer Protagonisten nicht als solche benannt. Lediglich in der Frage des Bilderverbots sind Calvins Aussagen so scharf, dass man davon ausgehen muss, dass eigentlich ein noch nicht ausgebrochener Lehrgegensatz vorhanden war. Rückblickend auf die Lehrgegensätze ergibt unser Vergleich, dass diese relativ wenig umfangreiche Thematiken betreffen: den freien Willen in Zusammenhängen des allgemeinen, nicht heilsrelevanten, insbesondere des sündigen Handelns des Menschen und die Frage der Bilder in gottesdienstlichen Zusammenhängen sind die Gegensätze, die wir substantiell erhärten konnten. Beide Fragen werden in den systematischen Hauptwerken erörtert, sie könnten aber auch an die philosophische bzw. kirchenpolitische Diskussion übergeben werden. Verglichen mit den Lehrentwicklungen und den ge40 Vgl. dazu Mahlmann ebd. 200 f. 41 Calvin, Secunda defensio piae et orthodoxae de Sacramentis fidei, Contra Ioachimi Westphali calumnias, CR 37, 100.

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gensätzlichen Aussagen, die man im Werk Luthers oder im Vergleich des jungen mit dem alten Melanchthon feststellen kann, muss man die Rede von gravierenden Lehrunterschieden ersetzen durch die Aussage, dass es größere theologische Unterschiede gab, die das Potential hatten, als konfessionstrennende Lehrunterschiede ausgelegt zu werden. Neben der oft unterstrichenen Differenz von Calvin und Melanchthon, müsste man noch näher erforschen wie genau Calvin in zwei wesentlichen Lehren von Melanchthon beeinflusst wurde: im tertius usus legis, den Calvin möglicherweise aus der Lektüre von Melanchthons Loci von 1535 übernommen hat, und in der imputativen Rechtfertigungslehre, die Calvin in der Institutio einschließlich der Kritik an Osiander ausführlich behandelt.42

Wie kann man die theologischen Unterschiede zwischen Melanchthon und Calvin erfassen? Wenn die Unterschiede zwischen Melanchthon und Calvin nicht vorrangig auf der Ebene der möglicherweise konfessionstrennenden Lehren, sondern allein oder überwiegend auf der der Theologumena ansiedelt, dann stellt sich die Frage, wie man diese Unterschiede erfassen kann. Der zu beschreibende Sachverhalt ist so vielfältig, dass man zwar Themen unterscheiden kann, in denen beide Autoren sich in aller Regel nahestehen wie zum Beispiel die Rechtfertigungslehre. Daneben gibt es theologische Themen, in denen unsere beiden Autoren sich in ihren überwiegenden Aussagen recht fern stehen wie zum Beispiel das Verhältnis zum freien Willen. Ein nicht geringes Problem ist aber, dass es bei allen diesen Themen situativ oder durch die theologische Entwicklung bedingte Aussagen gibt, die genau in die entgegengesetzte Richtung gehen. Das heißt, man kann Aussagen von Calvin und Melanchthon über die Rechtfertigung vergleichen, bei denen man den Eindruck hat, dass es eine Reihe nicht unerheblicher Unterschiede gibt und man kann umgekehrt Aussagen über das Verhältnis zum freien Willen finden, die sich recht stark annähern. Man muss weiter den Stellenwert von Aussagen im Gesamtkonzept der Theologie unterscheiden und sich darüber im Klaren sein, dass man die Autoren aus ihrer Zeit verstehen muss und nicht moderne Gegensätze an sie herantragen darf. Letztlich wird man soweit gehen müssen, dass man trotz der gegenläufigen Stellen die Unterschiede benennt, die im Generellen namhaft zu machen sind. Gleichzeitig muss man sich aber vor übertreibenden Zuspitzungen hüten. Auch hier wird man in eine neue Periode der Forschung eintreten müssen. 42 Vgl. Calvin, Inst. III, 11,4, Weber: 489 – 492.

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Zwei Beispiele sollen dieses Vorgehen, das man in einem künftigen theologiegeschichtlichen Vergleich anwenden müsste, etwas näher erläutern. In Zeiten, in denen Theologie von Gott und nicht vom Menschen reden wollte, stellte man häufig den angeblich anthropozentrisch vom Menschen ausgehenden Melanchthon in einen scharfen Gegensatz zu dem theozentrischen, allein auf die Ehre Gottes bedachten Calvin. Eine genauere Lektüre Calvins ergibt demgegenüber, dass seine Institutio Gotteserkenntnis und Selbsterkenntnis nicht bloß im berühmten ersten Satz, sondern durchgängig im gesamten Werk verbindet43. Fast im Stile Montaignes beschreibt Calvin immer wieder genauer die Menschen und ihr Verhalten. Calvins Theologie ist in der Tat mehr auf die Ehre Gottes ausgerichtet als die Melanchthons, obwohl auch bei ihm dieses Thema nicht fehlt. In der CA und in den späteren Auflagen der Loci geht Melanchthon immer von Gott aus und kommt von ihm ausgehend auf den Menschen zu sprechen. Seine Theologie ist deshalb kaum weniger theozentrisch als die Calvins. Die unterschiedlichen Entstehensbedingungen der Loci, die aus einer Auslegung des Römerbriefs entstanden und der Institutio, die ursprünglich dem Aufbau von Luthers Katechismus mit dem ersten gebot am Anfang folgte, hat viel dazu beigetragen, Melanchthon irrtümlich als anthropozentrisch und Calvin als theozentrisch zu bezeichnen. Aus diesen Gründen wird man den unterschiedlichen Stellenwert der Rede von Gottes Ehre festhalten können, die anachronistische Entgegensetzung von Theozentrik und Anthropozentrik aber aufgeben müssen, zumal sowohl der späte Melanchthon als auch der späte Calvin die schroffe Gott-Mensch-Differenz durch die Trinitätslehre und den im Menschen wirksamen Geist relativiert und zumindest teilweise überwunden haben. 2. In Zeiten, in denen man die platonische Entgegensetzung von Geist und Fleisch im Menschen besonders kritisch sah – und diese Zeiten halten noch an – konnte man Calvin als den Theologen ansehen, der das Heilshandeln Gottes allein auf den menschlichen Geist bezogen dachte, während Melanchthon es offen ließ, wie Gott, vor allem im Abendmahl auf den Leib wirkt. Als Höhepunkte der Geistbetonung Calvins gelten seine massive Verteidigung der Unsterblichkeit der Seele von der Frühschrift Psychopannychia bis hin zur letzten Auflage der Institutio und seine Behauptung, dass nur der menschliche Geist zu Gottes Ebenbild geschaffen sei. Nun finden sich die Unsterblichkeit der Seele und die Beschränkung der Gottesebenbildlichkeit auf den menschlichen Geist auch bei Melanchthon, wenn auch deutlich unbetonter und seltener als bei Calvin. Immerhin sind diese Vorstellungen so stark, daß Wilhelm Maurer von einem fundamentalen Platonismus44 und Günter Frank von einem platonischen Gottesbegriff45 Melanchthons sprechen konnte. Trotz dieser 43 Vgl. Ins. I,1,1. 44 Vgl. Wilhelm Maurer, Der junge Melanchthon I 93 – 97. 45 Vgl. Günter Frank, Die theologische Philosophie Philipp Melanchthons (1497 – 1560), Leipzig 1995, 208 – 220.

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Übereinstimmungen, sollte man meines Erachtens den Gewinn der Beobachtung einer unterschiedlichen Betonung der Trennung von Geist und Leib im Menschen, nicht verspielen. Gerade sie erlaubt es, die Anknüpfungsmöglichkeiten zwischen Calvinismus und Cartesianismus zu verstehen. Alles in allem wird man in selteneren Fällen direkt gegensätzliche Theologumena, in zahlreichen Fällen aber sehr unterschiedliche Akzentsetzungen und Verknüpfungen zwischen den theologischen Aussagen finden. Was aber macht den so deutlich spürbaren Unterschied zwischen Calvin und Melanchthon aus? Man hat

Unterschiede der theologischen Methode? erwogen. Auch auf diesem Gebiet lässt sich manches Klärende und Erhellende, was den Unterschied unserer beiden Autoren anbelangt, deutlich machen. Melanchthon versteht Theologie in dem Dreischritt von lectio, doctrina und consolatio. Aus dieser Theologiekonzeption ergibt sich die in den Loci aller Auflagen besonders deutliche Bezugnahme auf die Schrift, von der die Loci nicht abhalten, sondern zu der sie hinführen wollen. Die Loci sind aus der Schrift genommen und fassen nach ihrem Selbstverständnis deren wesentlichen Punkte zusammen. Sie sind doctrina, Lehre der Schrift, werden von Melanchthon aber unmittelbar als Lehre für heute aufgefasst und manchmal etwas schulmeisterlich an seine Leser weitergegeben. Am Ende der Auslegung soll stets die consolatio, der Trost, manchmal auch die Ermahnung stehen. Der ganze theologische Vorgang ist als geistlicher Vorgang konzipiert und wird von Gebeten begleitet, die auch in den Text von Melanchthons theologischen Schriften eingestreut sind. Calvins Theologieverständnis ist von dieser Konzeption deutlich unterschieden. Ihm geht es darum, Weisheit, sapientia, zu erlangen. Zur Weisheit gehören zentral die Aufgabe aller Idole und aller Selbsttäuschungen und die Erkenntnis des eigenen Elends und der eigenen Sünde. Theologie betreiben, heißt nüchtern und ernst werden. Es heißt aber auch eine Bilanz des im Laufe seines Lebens Gelernten zu ziehen und dieses in einen systematischen Zusammenhang zu bringen. Nur so erklärt sich, warum nahezu der ganze Calvin mit allen den Kontroversen, an denen er beteiligt war, in die letzten Auflagen der Institutio eingegangen ist.46

46 Vgl. Wendel: tout Calvin est dans l’institution.

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Melanchthon und Calvin – Ein Vergleich

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Unterschiede der Bildungsgeschichte, des Stils, der persönlichen Frömmigkeit? Von den Unterschieden in der theologischen Methode aus, die man noch weiter entwickeln kann, kann man auch weiterfragen nach den Unterschieden in der Bildungsgeschichte, im Stil und in der persönlichen Frömmigkeit. Selbstverständlich spielte zum Beispiel in Calvins Bildungsgeschichte und in seiner Theologie der französische Bibelhumanismus eine Rolle. Das Alte Testament und die vielfältige Bemühung um das genaue Verständnis hebräischer Worte unterscheiden Calvin von Melanchthon. Ebenso seine kirchenrechtliche Ausbildung und die Hochschätzung der claritas als Eigenschaft der Rede. Calvin ist stärker von Augustin geprägt als Melanchthon, dafür kennt dieser Cicero und Aristoteles besser. Solche Unterscheide lassen sich an den Texten relativ einfach festmachen durch die Selbstaussagen, die Bedeutung, Häufigkeit und Genauigkeit der Zitate und Anspielungen usw. Nicht sehr weit kommt man hingegen mit einer Unterscheidung der persönlichen Frömmigkeit. Eine der neusten Veröffentlichungen beispielsweise, der von Martin Jung und Peter Walter herausgegebene Band der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft über Theologen des 16. Jahrhunderts47 stellt Melanchthon als Beter (so Martin Jung) und Calvin als einen von tiefer Ängstlichkeit und Verunsicherung getriebenen Menschen dar (so die katholische Theologin Eva-Maria Faber).48 Dass Gebete für Melanchthon eine besonders wichtige Rolle spielten, erscheint mir unbestreitbar ; die Frage ist nur, was daraus für seine Theologie folgt, was nicht bereits zur theologischen Methode gesagt wurde. Dass Calvin von einer besonderen Ängstlichkeit bestimmt gewesen sei, lässt sich hingegen nicht beweisen. Fabers Hauptargument, die Ausbildung der Prädestinationslehre sei als Schutz gegen die Angst vor der Verdammnis zu verstehen, muss sogar stark relativiert werden.

Zusammenfassung und Konsequenzen Dieser mehr in die Fragestellung einführende, als sie abschließend klärende Aufsatz plädiert dafür, in eine neue Periode der Behandlung des Verhältnisses von Melanchthon und Calvin einzutreten. Zwischen beiden Autoren gibt es, wie Mahlmann gezeigt hat, bis zum Tode Melanchthons keine als gravierend erachteten Lehrunterschiede. Stattdessen hat Melanchthon wahrscheinlich 47 Martin Jung/Peter Walter (Hg.) Theologen des 16. Jahrhunderts. Humanismus-ReformationKatholische Erneuerung, Darmstadt 2002. 48 Sie folgt William Bouwsma: John Calvin. A Sixteenth-Century Portrait, New York 1988.

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Martin Leiner

Calvin in der Lehre vom tertius usus legis und in der Rechtfertigungslehre beeinflusst. Insbesondere ist es meines Erachtens ein Fehler, Melanchthon und Calvin ganz von Luther aus zu verstehen. Luther war seit den 1530 – 40er Jahren nicht mehr die alles überragende Gestalt der Reformation. Die Abendmahlslehrenslehre beeinflußchtfertigungslehre beeinflußt. ode melanchthons als gravierenden.uchgesellschaft über Theologen Melanchthons und Calvins dieser Zeit sind stärker von Bucer beeinflusst als von Luther. Vor scharfen Entgegensetzungen muss man sich hüten. Seebergs Auffassung etwa, Calvin als den Luther treuen und Melanchthon als den untreuen Lutherschüler darzustellen, ist verfehlt. Beide entwickeln die evangelische Lehre weiter. In einigen Fragen wie zum Beispiel den Bildern und in der Lehre von der Heiligen Schrift steht Melanchthon, in anderen, wie zum Beispiel in der Prädestinationslehre steht Calvin Luther näher. Verfehlt ist es auch, mit Dilthey und Seeberg Melanchthon und Calvin die theologische Originalität abzusprechen. Sie haben selbständig gedacht und wichtige Theologumena selbst weiterentwickelt. Melanchthon ist außerdem ein kreativer Denker im Bereich der Entstehung des evangelischen Schriftprinzips49, der Hermeneutik,50 der Weiterentwicklung der Rhetorik51 und in der Pädagogik. Melanchthon und Calvin sind, in den letzten Jahrzehnten ihres Lebens, zusammen mit Bucer und anderen der Hauptstrom des Protestantismus. In diesem Hauptstrom gibt es zahlreiche Theologumena, in denen Calvin und Melanchthon sich unterscheiden. Sie sind differenziert zu untersuchen. Sie sind zu vielfältig als dass sie im Rahmen dieses Beitrags hätten dargestellt werden können. Die sich durchziehenden Unterschiede zwischen Melanchthon und Calvin rühren vor allem von einer unterschiedlichen theologischen Methode her. Sie ist bei Melanchthon auf den Dreischritt von lectio-doctrina-consolatio bezogen, bei Calvin stehen täuschungsfreie Selbstund Gotteserkenntnis und systematische Klarheit und Vollständigkeit im Vordergrund. Hinzukommen Unterschiede der Bildungsgeschichte und des Stils. Wenn die viel zu knapp ausgeführte und noch durch spätere ausführlichere Publikationen zu untermauernde These dieses Aufsatzes zutreffend ist oder auch nur zum Teil zutreffend sein sollte, so folgt daraus, dass die Rede vom „Kryptokalvinismus“ kritisch zu hinterfragen ist. Die Namensgebung enthält, wie bereits die des „Kalvinismus“ eine lutherische Kritik. Nicht Calvin steht im Mittelpunkt der reformierten Tradition, sondern der Bezug auf nach Gottes Wort durchzuführende Reformen. Der Wortbestandteil „Krypto-“ fügt dem 49 Vgl. dazu Volker Leppin, Martin Luther, Darmstadt 2006, 151. 50 Vgl. dazu Martin Leiner, „Die Anfänge der protestantischen Hermeneutik bei Philipp Melanchthon – Ein Kapitel zum Verhältnis von Rhetorik und Hermeneutik“, ZThK 94/4 (1997), 468 – 487. 51 Vgl. dazu Martin Leiner, Art. „Genus didaskalium“. In: Gerd Oedig (Hg.) Historisches Wörterbuch der Rhetorik Bd. 10 Nachträge Berlin/Boston 2012, 329 – 333.

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Melanchthon und Calvin – Ein Vergleich

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noch einen gesinnungspolizeiliches Moment hinzu. Es wird der Verdacht zum Ausdruck gebracht, die so Bezeichneten verheimlichten ihren Kalvinismus. Zu fragen wäre statt dessen: Gab es nicht nach dem Aufeinanderprallen der apodiktischen und zornigen alten Männer Luther und Zwingli, in der 2. Generation der Reformation einen großen, wenn auch differenzierten Konsens zwischen den drei größten Theologen Bucer, Melanchthon und Calvin? Die Tragik dieses Konsenses war, dass er im 16. Jahrhundert keine kirchenorganisatorische Gestalt gewinnen konnte. Hätte er diese Gestalt gewonnen, sähe man die bis heute als „Kryptokalvinisten“ attackierten Theologen in einem anderen Licht. Sie würden möglicher Weise als Wegbereiter der evangelischen Einigung gelten. Statt dessen setzten sich bei Lutheranern wie bei Reformierten die konfessionalistischen Tendenzen durch. Bis Leuenberg mussten die evangelischen Christen warten, bis endlich auch kirchenrechtlich relevant festgehalten wurde, was unter anderen politischen Verhältnissen auch schon zwischen Melanchthon und Calvin möglich gewesen wäre, nämlich, dass die Gegensätze zwischen Lutheranern und Reformierten nicht mehr kirchentrennenden Charakter besitzen. Obwohl der Ausdruck „Kryptokalvinismus“ in der Forschung eingeführt ist und deshalb noch eine gewisse Zeit unvermeidlich bleiben wird, möchte ich anlässlich der Publikation dieser Jenaer Tagung vorschlagen, den polemischen Ausdruck fallen zu lassen. So wie man – viel freundlicher – in anderen Epochen der Theologiegeschichte von „Anglokatholizismus“ oder von „Evangelical Catholicism“ spricht, könnte und sollte man meines Erachtens von „reformiertem Luthertum“ oder von „lutherisch-reformiert“ sprechen.

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Irene Dingel

Pia et fidelis admonitio Eine Werbung für Einheit von Luthertum und europäischem Calvinismus

Als im Jahre 1580 mit der Schrift „Pia et fidelis admonitio“ des Lucas Osiander eine eindringlich werbende Einladung an die westeuropäischen Protestanten, genauer an die evangelischen Gemeinden in Frankreich und in den Niederlanden, gedruckt herauskam, waren die Hoffnungen auf einen konfessionellen Konsens bereits weitgehend erloschen. Die Zeit der großen Reichsreligionsgespräche war vorbei. Inzwischen standen sich ein seit dem Tridentinum konfessionell konsolidierter Katholizismus und ein sich allmählich in Konfessionen aufgliedernder Protestantismus unversöhnlich gegenüber. Der in vielen Ländern Europas unter Verfolgung leidende und auf eine Untergrundexistenz beschränkte Calvinismus hatte sich unter einer Vielzahl von regional oder national gebundenen Partikularbekenntnissen organisiert, die in der 1566 gedruckt erschienenen, freilich auf Heinrich Bullinger zurückgehenden „Confessio Helvetica posterior“ ein Referenzbekenntnis fanden. Zahlreiche reformierte Kirchen West- und Osteuropas dokumentierten ihre konfessionelle Option durch zusätzliche Unterzeichnung oder Übernahme der Confessio Helvetica posterior. Auch im Raum der bis dahin durch das Augsburger Bekenntnis in ihren verschiedenen Fortschreibungen1 charakterisierten Wittenberger Reformation vollzog sich eine bekenntnismäßige Konsolidierung hin zum konfessionellen Luthertum. Die in diesem Zusammenhang stehenden, auf Ausgleich im eigenen Lager zielenden Einigungsbemühungen Jakob Andreaes waren – anders als dies der Calvinismus erfuhr – von obrigkeitlicher Seite unterstützt und gefördert worden.2 Dies hatte be1 Melanchthon hatte kontinuierlich an dem Text der Confessio Augustana weitergearbeitet, so dass bis 1542 vier unterschiedliche Fassungen vorlagen: außer der invariata von 1530/31 gab es drei weitere grundlegend überarbeitete, und zwar jene von 1533, eine weitere von 1540 und die letzte von 1542. Am weitesten verbreitet war die „secunda variata“ von 1540 mit ihrem an die Wittenberger Konkordie angepassten Abendmahlsartikel CA X. Vgl. dazu Irene Dingel, Augsburger Religionsfrieden und „Augsburger Konfessionsverwandtschaft“ – Konfessionelle Lesarten, in: Heinz Schilling /Heribert Smolinsky (Hg.), Der Augsburger Religionsfrieden 1555, SVRG 206, Gütersloh 2007, 157 – 176, bes. 158 – 163. 2 Initiatoren und Förderer des durch Jakob Andreae begonnenen Konkordienwerks waren Herzog Christoph von Württemberg sowie, seit 1568, sein Sohn und Nachfolger Herzog Ludwig. Darüber hinaus unterstützten auch Herzog Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel und zunächst noch Landgraf Wilhelm von Hessen diese Aktivitäten. Die eher melanchthonische Gesinnung des Landgrafen veranlasste ihn jedoch bald zur Distanzierung von dem Unternehmen, das die Anhänger des Philipp Melanchthons zwar integrieren wollte, aber ein deutlich lutherisches Profil

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kanntlich in der Konkordienformel von 1577 seinen Abschluss gefunden, die von den lutherisch gesinnten Ständen des Reichs dann auch unterzeichnet und flächendeckend eingeführt wurde. Die Theologen versuchten darüber hinaus, diese sich als Wiederholung und Präzisierung der Confessio Augustana invariata verstehende Formula Concordiae auch jenseits der Reichsgrenzen publik zu machen und dort für einen Beitritt zum Konkordienwerk zu werben. Der Slowenische Reformator Primus Truber hatte die Konkordienformel in seine Muttersprache übersetzt.3 Die Tübinger Theologen Stephan Gerlach und Lucas Osiander traten sogar mit dem griechisch-orthodoxen Patriarchen Jeremias von Konstantinopel in Korrespondenz ein,4 um ihn für die Confessio Augustana und somit für eine kirchliche Ökumene auf lutherischer Bekenntnisgrundlage zu gewinnen. Aber man konnte sich die Etablierung eines transkonfessionellen Konsenses nach wie vor nur insoweit vorstellen, als man von dem anderskonfessionellen Partner den Übergang ins eigene Lager erhoffte. Es musste also – wie man heute so schön sagt – Überzeugungsarbeit in hohem Maße geleistet werden. Und man vertraute sowohl auf die Überzeugungsfähigkeit des Gegners als auch auf die eigene Überzeugungskompetenz. Die innerprotestantischen Religionsgespräche zwischen lutherisch und calvinistisch gesinnten weltlichen und theologischen Repräsentanten, wie z. B. das Religionsgespräch von Maulbronn im Jahre 1564 oder das spätere von Mömpelgard 1586, machten da keine Ausnahme. Auf beiden Kolloquien war übrigens wiederum der Tübinger Theologe Lucas Osiander anwesend, der Autor der „Pia et fidelis admonitio“. In Maulbronn 1564, wo sich Kurpfälzer und Württemberger gegenüber gestanden hatten, hatte er als „Notar“ Protokoll für die lutherischen Württemberger geführt. In Mömpelgard disputierte er später selbst, und zwar zusammen mit Jakob Andreae auf der einen und dem Genfer Theodor Beza sowie dem Berner Theologen Abraham Musculus auf der anderen Seite, freilich ohne dass ein Konsens erreicht werden konnte. Lucas Osiander war also keineswegs nur „Streittheologe“, auch wenn sich sein Einsatz in den zwischen den evangelischen Konfessionen verhandelten Angelegenheiten der Lehre überwiegend in kontroverstheologischer trug. Dagegen kam Kurfürst August von Sachsen nach dem Sturz des sogenannten „Kryptocalvinismus“ im Jahre 1574 als entschiedener Förderer hinzu. Es waren die in den Diensten dieser Landesherren stehenden Theologen, die für die Erstellung der Konkordienformel letzten Endes die maßgebliche Rolle spielten. 3 Vgl. Irene Dingel, Concordia controversa. Die öffentlichen Diskussionen um das lutherische Konkordienwerk am Ende des 16. Jahrhunderts, QFRG 63, Gütersloh 1996, 644 f, Anm. 175, und Oskar Sakrausky, Die Unterzeichnung der Konkordienformel durch die Kärntner Pfarrer und Landstände, JGPrÖ 94, 1978, 72. 4 Der Briefwechsel findet sich in deutscher Übersetzung unter folgendem Titel: Wort und Mysterium. Der Briefwechsel über Glaube und Kirche 1573 bis 1581 zwischen den Tübinger Theologen und dem Patriarchen von Konstantinopel, hg. vom Außenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland, Witten 1958. Vgl. dazu Dorothea Wendebourg, Reformation und Orthodoxie. Der ökumenische Briefwechsel zwischen der Leitung der Württembergischen Kirche und Patriarch Jeremias II. von Konstantinopel in den Jahren 1573 – 1581, FKDG 37, Göttingen 1986.

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Zuspitzung abspielte. Seine „Pia et fidelis admonitio“ jedenfalls ist ein Zeugnis für den bei Osiander und überhaupt im Luthertum durchaus auch vorhandenen Verständigungswillen, den man – wenn man dem Autor nicht eine perfide Verstellungstaktik unterstellen will, für die es jedoch a priori keine Anhaltspunkte gibt – in dem aufrichtigen Ansinnen und dem Versuch, die Verhärtung der Fronten noch einmal aufzubrechen, durchaus ernst nehmen muss. Um dies nachzuzeichnen, werden in einem ersten Schritt zunächst einige allgemeine Information zu der Schrift, ihrem Autor und ihrem Umfeld gegeben, bevor sodann die Wahrnehmung des konfessionellen Gegners durch Osiander und seine theologischen, konfessionskulturell spezifischen Argumentationsstrukturen in den Mittelpunkt rücken. Die Frage nach der historischen Erdung und den damit zusammengehenden Chancen auf Verwirklichung dessen, was im Grunde erst das 20. Jahrhundert mit der Leuenberger Konkordie vermocht hat, nämlich eine Annäherung der Konfessionen, soll den Beitrag beschließen.

I. Zu Quellenlage, Autor und Kontext So wichtig Andreas Osiander für die Einführung der Reformation in Nürnberg gewesen war, so wichtig wurde sein Sohn Lucas für die Identitätsfindung des konfessionellen Luthertums. Der im Dezember 1534 in Nürnberg Geborene hatte nach der Einführung des Augsburger Interims 1548 zusammen mit seinem Vater die Stadt verlassen und war ins Königsberger „Exil“ gezogen. Nach dessen Tod am 17. Oktober 1552 kam übrigens der preußische Herzog Albrecht für die weitere Finanzierung des Theologiestudiums von Lucas Osiander in Königsberg und Tübingen auf.5 Als er im Jahre 1555 als erster Diakonus das Stadtpfarramt in Göppingen übernahm, wurde er zugleich Kollege Jakob Andreaes und wenig später dessen Schwager.6 Weitere Stationen seiner Karriere waren 1558 die Pfarrstelle und Superintendentur in Blaubeuren und 1563 das Amt des Superintendenten an St. Leonhard in Stuttgart. 1569 stieg Osiander zum Hofprediger und Konsistorialrat auf. In diesen Funktionen nahm er Einfluss auf den beginnenden lutherischen Einigungsprozess.7 Wie sehr er von dem hier eingeschlagenen Weg überzeugt war, zeigt 5 Hier wurde er im Jahre 1553 immatrikuliert. Vgl. Hermann Ehmer, Art. Osiander, Lukas d.Ä., BBKL 6, 1993, 1299 – 1304. 6 Osiander heiratete noch im Jahre 1555 Margarete, geb. Entringer, die Schwester von Andreas Frau, die in erster Ehe mit Caspar Leyser verheiratet gewesen war. Sie brachte einen aus dieser Ehe hervorgegangenen Sohn, Polycarp Leyser, mit in die Ehe und starb am 16. 1. 1566. Danach schloss Osiander eine zweite Ehe mit Tabitha Engel. Vgl. Ehmer, Art. Osiander, 1299 – 1304 und Theodor Schott, Art. Osiander, Lucas, ADB 24, 1886, 493 – 495. 7 Er wirkte bei der Erstellung der Maulbronner Formel mit und war an der Württemberger Redaktion des Torgischen Buches im September 1576 beteiligt.

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sich u. a. darin, dass er nach dem Druck der Konkordienformel im Konkordienbuch – zusammen mit seinem Kollegen Jacob Heerbrand – die Epitome und die Solida Declaratio vom Deutschen ins Lateinische übertrug, um so eine internationale Rezeption zu ermöglichen.8 Etwa zur gleichen Zeit wandte sich Osiander auch mit einer eigens abgefassten Schrift an den westeuropäischen Protestantismus.9 Ziel war weniger deren Beitritt zum Konkordienwerk, als vielmehr überhaupt die Herstellung eines übergreifenden Konsenses in jenen Punkten theologischer Lehre, die als kontrovers galten oder zumindest den Anschein dazu gaben. Hätte dies den Erfolg gehabt, den Osiander sich vorstellte, so wäre das allerdings einer Integration der Westeuropäer in die luthersche Konfessionsbildung gleichgekommen. Seine Schrift ist leider sehr bald in Vergessenheit geraten, was zweifellos auch mit der Vernachlässigung des konfessionellen Zeitalters in der Forschung und dessen einseitiger Charakterisierung als besonders kontroversfreudig und streitaktiv in Zusammenhang steht. Umso interessanter dürfte eine kurze druckgeschichtliche Bestandsaufnahme sein, insofern hieran exemplarisch deutlich werden kann, dass auch die Konsensfindung ein intensiv verfolgtes Anliegen darstellte: die „Pia et fidelis admonitio, scripta ad ecclesias Gallicas et Belgicas“10 erschien im Jahre 1580 in Tübingen und wurde von ihrem Autor, Lucas Osiander, selbst unverzüglich ins Deutsche übersetzt. Als „Christliche vnnd trewhertzige Erinnerung An die Euangelischen Gemeinden / in Franckreich vnd Niderlanden“11 wandte sie sich somit nicht mehr nur an die internationale gelehrte Elite, sondern legte auch in der Volkssprache Rechenschaft über seinen Vorstoß den reformierten Nachbarkirchen gegenüber ab. Noch im selben Jahr kam außerdem eine französische 8 Das Herzogtum Württemberg selbst hatte immer wieder versucht, eine Art Brückenfunktion zu den Reformierten in Westeuropa wahrzunehmen, ohne freilich in Bekenntnis und Lehre Zugeständnisse zu machen. So hatte Württemberg z. B. eine Gesandtschaft zum Religionsgespräch von Poissy geschickt. Vgl. zu den historischen Zusammenhängen Wolfgang Reinhard, Glaube, Geld, Diplomatie. Die Rahmenbedingungen des Religionsgesprächs von Poissy im Herbst 1561, SVRG 191, Gütersloh 1980, 89 – 116, bes. 111 – 116. Außerdem hatten die in Grenzlage zu Frankreich lokalisierten, württembergischen Herrschaften Mömpelgard und Reichenweier calvinistische Glaubensflüchtlinge aufgenommen und gewährten reformiert gesinnten Gemeinden Gastrecht. Das brachte nicht wenige Probleme mit sich, zumal das Herzogtum Württemberg unter seinem Landesherrn, Herzog Ludwig, ein entschiedener Förderer des sich unter Konkordienformel und Konkordienbuch konsolidierenden Luthertums war. Für einen Ausgleich sollte das durch den Vetter Ludwigs, Graf Friedrich von Mömpelgard, vom 21. bis 26. März 1586 veranstaltete Religionsgespräch auf dem Schloss zu Mömpelgard sorgen. Vgl. zu dem Religionsgespräch Jill Raitt, The Colloquy of Montb¦liard. Religion and Politics in the Sixteenth Century, Oxford 1993. 9 Vgl. dazu Irene Dingel, Concordia controversa, 172 – 176. 10 PIA ET FIDELIS ADMONITIO. SCRIPTA AD ECCLEsias Gallicas & Belgicas. AVTHORE Luca Osiandro D. TVBINGAE 1580. 11 Christliche vnnd trewhertzige Erinnerung An die Euangelischen Gemeinden / in Franckreich vnd Niderlanden / erstlich in Lateinischer Sprach geschrieben / durch Lucam Osiandrum / D. vnd hernach auß dem Latein durch jne selbst verteutschet. [o.O., o.Dr.] 1580.

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Version gedruckt heraus, die „Admonition chrestienne et fidÀle“12, welcher 1581 zusätzlich eine niederländische folgte13. Dies scheint die einzige Schrift zu sein, die angesichts der innerhalb der Reichsgrenzen sich vollziehenden lutherischen Bekenntnisbildung den Versuch unternahm, einen Konsens mit jenen herbeizuführen, die sich von den Lehrverwerfungen der nunmehr zur Unterschrift vorliegenden Konkordienformel ganz offensichtlich betroffen fühlen mussten, und die zu diesem Zweck zeitgleich in vier Sprachen erschien und verbreitet wurde. Die „Pia et fidelis admonitio“ aber traf sowohl auf niederländischer als auch auf französischer Seite in eine konfessionell angespannte Situation. Der ständisch motivierte Freiheitskampf der Niederlande gegen das habsburgische Spanien hatte sich bekanntlich mit den religiösen Gegensätzen verquickt und zu wellenmäßig aufflammenden Verfolgungen der Reformierten geführt, die sich 1561 mit der auf Guy de BrÀs zurückgehenden Confessio Belgica ein eigenes Bekenntnis gegeben hatten.14 Nach der Schreckensherrschaft Herzog Albas 1567 – 1573 konzentrierte sich die Hoffnung der reformierten Kirchen ganz auf Wilhelm von Oranien. Zunächst schien der Genter Frieden, der am 8. 12. 1576 zwischen den Generalstaaten, Holland und Seeland geschlossen worden war, eine Befriedung der Situation einzuleiten, aber ein neuer Aufstand in den Städten Flanderns und Brabants, der auch Bilderstürmerei und Kirchenplünderungen mit sich brachte, destabilisierte die Situation und trug dazu bei, dass die Einheit der Provinzen sowohl politisch als auch konfessionell endgültig auseinanderbrach. Am 17. Mai 1579 schlossen die wallonischen Provinzen und einige Städte Südflanderns und Brabants15 mit dem neuen Statthalter der Niederlande, Alexander Farnese, den Frieden von Arras. Dies bedeutete die Akzeptanz der königlichen Herrschaft, eine konfessionelle Homogenisierung im Sinne des Katholizismus als alleiniger Religion und die Wiederherstellung der alten ständischen Verfassung unter habsburgischer Statthalterschaft. Zahlreiche Evangelische mussten ins Exil gehen. Sie wanderten in die nördlichen Provinzen, nach England oder – namentlich die Lutheraner – nach Deutschland aus. Schon am 23. Januar 1579 waren die Stände von Holland und Seeland sowie Geldern, Utrecht und die Groninger 12 ADMONITION CHRESTIENNE ET FIDELE. ESCRIPTE AUX EGLISES, qui sont en France, & es pays Bas. Par Lucas Osiander Docteur. NOUVELLEMENT TRADVIcte de Latin en Franroys. [o.O., o.Dr.] 1580. 13 Christelijcke ende ghetrouwe Vermaninghe, aende Euangelische Ghemeynten in Vrnackrijck ende inde Nederlanden. Eerstmael inden Latijne gheschreuen, door Lucam Osiandrum D. ende nv niewelijck ouergeset inde Nederduytsche Sprake. Ghedruckt int Jaer 1581 (nachgewiesen bei Joannes Karel van der Wulp, Catalogus van de tractaten, pamfletten, enz over de geschiedenis van Nederland, aanwezig in de bibliotheek van Isaac Meulman. Deel 1 – 3, Amsterdam 1866 – 1868, 76, Nr. 496). 14 Die Confessio Belgica ist abgedruckt in: BSRK, S. 233 – 249. 15 Das waren die Provinzen Artois und Hennegau sowie die Städte Lille, Douay, Orchies und Mecheln, Löwen, Herzogenbusch, vgl. Karl Mìller, Kirchengeschichte, Bd. II, 2, Grundriss der Theologischen Wissenschaften, Tübingen 1923, 219.

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Ommelande in der Utrechter Union zusammengetreten, der sich im Laufe des Jahres 1580 noch weitere Stände und Städte anschlossen. Der sich damit manifestierende politische Nord-Süd-Gegensatz repräsentierte zugleich die konfessionelle Bruchlinie. Denn in den nördlichen Provinzen hatte sich durchgehend der Calvinismus etabliert, dessen Selbstbehauptung sich nach wie vor in permanenter Auseinandersetzung mit Spanien vollzog.16 In Frankreich waren die Existenzbedingungen für den Protestantismus nicht besser. Seit der ersten Nationalsynode in Paris von 1559 existierten die reformierten Gemeinden nicht mehr im Untergrund, sondern hatten sich mit der Confession de Foi und der Discipline eccl¦siastique Bekenntnis- und Kirchenstrukturen gegeben, die deutlich von Calvin, seiner Theologie und der Genfer Kirchenverfassung beeinflusst waren.17 Die nach dem Religionsgespräch von Poissy im Januaredikt von 1562 gewährte beschränkte Duldung der Hugenotten,18 auf deren Seite sich auch ein Teil des Hochadels – in Opposition zum königlichen Hof – versammelt hatte, erwies sich jedoch als nicht realisierbar. Eine Folge von acht Religionskriegen, die bis zum Toleranzedikt von Nantes 1598 wüteten, destabilisierte das Land.19 Im Jahre 1577 war mit dem Frieden von Poitiers soeben der sechste Religionskrieg zu Ende gegangen, aber schon 1580 kam es erneut zu militärischen Handlungen, bei denen Heinrich von Navarra und Prinz Henri de Cond¦ Führungspositionen einnahmen.20 Die französischen und die niederländischen Kirchen standen also sozusagen in einer Schicksals- und Interessengemeinschaft zusammen. Man hatte sogar versucht, in den Niederlanden ein dem hugenottischen ähnliches Synodalsystem aufzubauen. Auch in der Bekenntnisbindung suchte man den Schulterschluss. So hatte z. B. auf der 10. Nationalsynode der hugenottischen Kirchen in Figeac im Jahre 1579 die von Franciscus Junius überarbeitete Confessio Belgica den französischen Glaubensgenossen zur Approbation vorgelegen.21 Diese Kontexte wurden aus der Perspektive der in den evangelischen Territorien des Reichs wirkenden Theologen nur begrenzt wahrgenommen.

16 Vgl. dazu Geoffrey Parker, The Dutch Revolt, Norwich Repr. 1981; überblickshaft Mìller, Kirchengeschichte II, 2, 211 – 224. 17 Vgl. dazu Hannelore Jahr, Studien zur Überlieferungsgeschichte der Confession de foi von 1559, BGLRK 16, Neukirchen-Vluyn 1964. 18 Das Januaredikt findet sich bei Ernst Walder (Bearb.), Religionsvergleiche des 16. Jahrhunderts, Bd. 2: Januaredikt 1562, Edikt von Nantes 1598, Quellen zur neueren Geschichte 8, Bern 1946, 21961, 5 – 11. 19 Vgl. dazu insgesamt Pierre Miquel, Les guerres de religion, 2 Bde., Paris 1980. 20 Vgl. dazu im einzelnen Joseph Lecler, Geschichte der Religionsfreiheit im Zeitalter der Reformation, Bd. 2, Stuttgart 1965, 127 – 154. 21 Vgl. Jean Aymon, Tous les synodes nationaux des ¦glises r¦form¦es de France, Bd. I.2, La Haye 1710, 145, Art. 37, und Dingel, Concordia controversa, 163.

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II. Die Wahrnehmung der konfessionellen Gegenseite durch Lucas Osiander Die geschilderten religionspolitischen Konstellationen sind zu beachten, wenn man Osianders Konsensversuch und dessen Ablehnung durch die Adressaten angemessen erfassen will. Zwar ging er in seiner Schrift mit keinem Wort auf die jeweils virulente Situation der Gemeinden in den Niederlanden und in Frankreich ein – und es wäre ohnehin zu fragen, wie weit die Zeitgenossen Kenntnis von diesen Dingen im einzelnen erhalten konnten – er würdigte seine Adressaten aber in seinem vorangestellten kurzen Abriss der Reformationsgeschichte ausdrücklich als Märtyrerkirchen. Wie in vielen theologischen Schriften des Luthertums in jener Zeit durchaus üblich, begann auch Osiander seine „Admonitio“ mit einer geschichtstheologischen Positionsbestimmung, in der er aber – anders als andere vergleichbare Autoren seiner Zeit – ohne die sonst gängige Erwähnung Martin Luthers als des Wiederentdeckers des Evangeliums auskam. Osiander war sich dessen bewusst, dass der von ihm erstrebte Konsens in der Lehre nicht über die persönliche Autorität des Wittenberger Reformators würde herzustellen sein. Und so verzichtete er auch im Verlauf der sich anschließenden Entfaltungen zu theologischen Lehrfragen auf die Nennung Luthers als Gewährsmann für die als konsenswürdig vertretenen Positionen. Seine geschichtstheologische Einleitung erinnert denn auch lediglich daran, dass die mit der Wiederentdeckung des Evangeliums verbundenen reformatorischen Veränderungen von Deutschland ausgehend weit über die Grenzen hinweg gewirkt hätten: „Als / ausser sonderlicher Gu[e]te vn[d] Barmhertzigkeit vnsers getrewen Gottes […] im Teutschland / vor ettlichen Jaren / an vielen orten die Pa[e]pstische Abgo[e]tterey offenbar / vnnd durch Gottes wort also erkannt worden / daß man ab derselbigen ein hertzlich abscheuhen bekommen: Vnnd man des Antichrists Tyranney […] mu[e]d worde[n] / des Ro[e]mische[n] Bapsts Joch ab dem Hals geworffen / vnnd die reine Lehr des heiligen Euangelij / sampt dem rechten Gottesdienst / mit grossem eyfer angenommen: ist solches weit vnd breit / in Franckreich / Niderlanden / vnnd vnder andern mehr Nationen / erschollen.“22 Osiander würdigte ausdrücklich die im Ausland vorhandene Bekenntnisbereitschaft, welche trotz drohender Verfolgung ungebrochen war. Er schilderte Verfolgung und Mord sowie die Standhaftigkeit der Bekenner, welches seine Adressaten unzweifelhaft in den Status von Märtyrern erhob. Ja, die reformierten Märtyrerkirchen rückten nicht nur in ihren eigenen Märtyrerbüchern, sondern auch in Osianders geschichtstheologischem Rückblick in Parallele zu den Blutzeugen der Alten Kirche. Osiander, der die Auswanderung um des Glaubens willen immerhin selbst als Kind miterlebt hatte, und 22 Osiander, Pia et fidelis admonitio, 1.

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zwar anlässlich der zum Zeitpunkt der Abfassung seiner Schrift inzwischen ca. 30 Jahre zurückliegenden Einführung des Interims, war in der Lage, den westeuropäischen Glaubensbrüdern diese Würde durchaus zuzugestehen, er schilderte Tatsachen und gab Begründungen: „…haben sich vil fromme Leut gefunden / wo[e]lche […] frey bekannt; Vnangesehen / jnen vnuerborgen war / daß sie jr Leib vnd Gut daru[e]ber verlieren mo[e]chten“.23 Verantwortlich für das ihnen widerfahrene Unrecht waren in seinen Augen weniger die Obrigkeiten als vielmehr die „Pa[e]pstischen Pfaffen“ oder die „Ro[e]mische[n] Geistliche[n]“,24 die die weltlichen Machthaber in perfider Weise zu allerhand Verbrechen anstifteten. „Selbige guthertzige Leut wollten auch nicht mehr (nach erkandter warheit) mit den Abgo[e]ttischen Pa[e]pstischen Gottesdiensten sich beflecken / oder jhr Gewissen darmit beschweren: Vnnd theten jr Christlich Bekantnuß: Daß sie nemlich / allein auff Christum / vnd gar nicht auff jre eigne / oder der Heiligen verdienst / all jr hoffnung vnd vertrawen setzen. Derhalben wurden sie von den Pa[e]pstischen Pfaffen / vnd derselben anhang / nicht allein bey der Weltlichen Oberkeit (vnder dem abscheulichen namen / als Ka[e]tzer) angegeben: sondern es wurde[n] auch dieselbige Scha [e]flin Christi / durch Anstifftung vnnd Trib der Ro[e]mischen vermeindten Geistlichen / fencklichen eingezogen / aller jrer Hab vnd Gu[e]ter entsetzt / greulich zermartert / vnnd entlich ermordet. Vnnd haben die Ro[e]mische Geistliche nichts an aller greulichen Wu[e]terey gegen solchen armen Leutten vnderlassen / ob sie dieselbige dardurch von der erkannten vnd bekannten Lehr des Euangelij widerumb abziehen / vnnd andere von der reinen Lehr abhalten mo[e]chten. Aber die gute fromme Leut haben auß hertzlicher liebe gegen jhrem erlo[e]ser Christo / lieber wo[e]llen die eusserste gefahr mit grosser bestendigkeit / auff sich nemen / vnd die allergreulichsten Marter außstehn / dann die erkan[n]te warheit fahren lassen. Gleich wie nun in der ersten Kirchen / vil Leut die Christliche Religion angenommen / vnd deßhalben also balb [!] seind eingezogen vnnd geto[e]det worden […] Also ist kein zweifel / daß auch die jenigen / deren wir allererst meldung gethan [scil. die verfolgten Niederländer und Franzosen] / die himlische Kron der heiligen Ma[e]rterer erlangt / vnnd bey Christo in ewiger herrligkeit leben“.25 Mit diesen Märtyrern, so versicherte Osiander, hätten auch die deutschen Gemeinden stets aufrichtiges Mitleid gehabt, und die Stände des Reichs hätten sich ebenfalls durch Gesandtschaften für die zu Unrecht Verfolgten verwandt. Osiander folgte also zunächst ganz und gar dem Märtyrer-Paradigma, das in der Verfolgung um des Glaubens willen zugleich einen Ausweis für die Rechtgläubigkeit der Verfolgten und einen untrüglichen Beleg für die Wahrheit der von ihnen vertretenen Lehre sah. Im Blick auf die Anfangszeit der Reformation gab es damit auch keine Probleme. Das den konfessionellen 23 Osiander, Pia et fidelis admonitio, 2. 24 Osiander, Pia et fidelis admonitio, 3. 25 Osiander, Pia et fidelis admonitio, 2 – 4.

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Gegnern zugeschriebene Märtyrer-Paradigma war aber letzten Endes nur so lange tragfähig, wie nicht auch andere Gruppen das Martyrium um des Glaubens willen für sich in Anspruch nahmen. Seit dem Schmalkaldischen Krieg und der Einführung des Interims in evangelischen Territorien und Städten des Reichs hatten nämlich auch von ihren Ämtern abgesetzte und vertriebene Lutheraner geltend gemacht, als „Exules“ für die Wahrheit ihres Bekenntnisses leidend eingestanden zu haben. Das biblische Bild der „kleinen Herde“,26 zu deren geschichtstheologischer Relevanz Verfolgung und Vertreibung gehörten, hatte sich auch im Luthertum – freilich unter anderen historischen Vorzeichen und Konstellationen – etabliert.27 So musste es Osiander im Sinne seines Konsensbemühens letzten Endes darum gehen, das auf die Niederländer und Franzosen ohne Zweifel zutreffende Märtyrerbild an entscheidender Stelle zu modifizieren. „Es haben aber die Christliche Gemeinen in Teutschlandt mit den Kirchen in Franckreich / Niderlanden / vnnd anderer orten / nicht allein der vrsachen halben hertzlich mittleiden gehabt / das sie von wegen des Euangelions Christi greuliche Verfolgungen erlitten: sondern auch / daß dieselbigen (in dem sie die Warheit zuerlernen begu[e]rig gewesen) allerhand vnreine Schrifften (wo[e]lche in Religions sachen außgangen) ergriffen vnd gelesen / durch wo[e]lche sie nicht allerdings auff den rechten weg gewisen worden.“28 Die Adressaten der „Pia et fidelis admonitio“ hatten also – so stellte es Osiander dar – die gemeinsame reformatorische Grundlage, für die sie mit ihrem Leben eingestanden hatten, durch den verhängnisvollen Einfluss falscher Lehrer wieder verlassen. Durch diese in die Irre geführt, waren sie unverschuldeterweise vom rechten Weg des Evangeliums wieder abgekommen. Osiander bemühte sich klarzumachen, dass die Verantwortung für die Differenzen in der Lehre daher nicht bei den Adressaten seiner Schrift selbst zu sehen sei, sondern bei all jenen, deren Lehren in der 1580 publizierten Konkordienformel in seinen Augen und denen seiner lutherischen Gesinnungsgenossen zu Recht verworfen wurden und die demnach als Irrlehrer andere ins Unglück geführt hatten. All dies bereitete seine dann folgende mahnende Unterweisung der konfessionellen Gegner vor, denen man als unverschuldet in die Irre Gegangenen dennoch keineswegs feind sei: „Wir seind auch niemaln euch feind gewesen: seind euch auch noch nicht feind: ob wir wol ettliche Lehren vnd Meinungen (welche jr auß vnwissenheit angenommen) nicht ko[e]nnen billichen oder gut heissen / vnnd dieselbigen / auß notwendigem Christlichem Eiffer / mit Gezeugnussen der heiligen Schrifft / widerlegen“.29 Osiander stellte die gegenwärtige Situation 26 Vgl. I Kön 19,18. 27 Vgl. dazu Irene Dingel, Die Kultivierung des Exulantentums im Luthertum am Beispiel des Nikolaus von Amsdorf, Irene Dingel (Hg.) Nikolaus von Amsdorf (1483 – 1565) zwischen Reformation und Politik, Leucorea-Studien zur Geschichte der Reformation und der Lutherischen Orthodoxie 9, Leipzig 2008, 153 – 175. 28 Osiander, Pia et fidelis admonitio, 5 f. 29 Osiander, Pia et fidelis admonitio, 6 f.

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also so dar, als verträten die französischen und niederländischen Kirchen aus nicht selbst zu verantwortender Verblendung eine falsche Lehre, deren überzeugende Widerlegung sie dann selbstverständlich zu dem erhofften Konsens führen würde. Und so schritt er in seiner „Admonitio“ jene Themen ab, über denen zwischen beiden Lagern offensichtliche Differenzen bestanden und bei denen er, wie das Luthertum insgesamt, unter seinen Adressaten eine Abweichung von der Heiligen Schrift zu erkennen glaubte. Einen Schwerpunkt bildete dabei selbstverständlich die Abendmahlslehre. Aber Osiander ging sogar noch über diesen, in den Kontroversen im Mittelpunkt stehenden Locus hinaus und brachte zusätzlich die Taufe, die Gnadenwahl und die Bilderfrage in die Diskussion,30 übrigens annähernd dieselbe „Agenda“, wie sie sechs Jahre später auf dem Religionsgespräch von Mömpelgard verhandelt wurde.31

III. Differenz oder Konsens? Hier ist nicht der Ort, um in einer feingliedrigen Analyse die theologische Überzeugungsstrategie Osianders im Einzelnen nachzuvollziehen. Deutlich aber ist in jedem Fall, dass Osiander an keiner Stelle von der Theologie der Konkordienformel abwich oder in irgendeiner Weise Konzessionen anbot, auch wenn er nirgends einen Bezug auf die Formula Concordiae oder die Schriften des Konkordienbuchs herstellte. Ebenso wenig nahm er eine abwertende Qualifizierung der auszugrenzenden Lehre als calvinistisch oder zwinglianisch vor. Letzteres war in der konfessionellen Polemik durchaus gängig. Im Gegenteil: Osiander machte den Rezipienten seiner Schrift mahnend, ohne Namensnennungen32 und insgesamt unpolemisch deutlich, dass ein Konsens und damit eine Einigung der reformatorischen Kirchen nur dann möglich sei, wenn von einer Lehre Abstand genommen werde, die sich vor dem Zeugnis der Heiligen Schrift in seinen Augen als falsch erweisen ließ. Das brachte die Abendmahlslehre in die Diskussion und das gegen die Realpräsenz des Leibes und Blutes Christi gerichtete christologische Argument Theodor 30 Vgl. Osiander, Pia et fidelis admonitio, 52 – 66 (De baptismo), 66 – 89 (De praedestinatione), 89 – 99 (De idolis). 31 In Mömpelgard wurde noch zusätzlich über die Verwendung von Orgeln disputiert. Vgl. Irene Dingel, Bezas Nützliche Antwort auf die Publikation der Akten des Religionsgesprächs von Montb¦liard durch die lutherische Seite, in: Bibliotheca Palatina. Ausstellung der Universität Heidelberg in Zusammenarbeit mit der Bibliotheca Apostolica Vaticana. 8. Juli – 2 November 1986, Textband, Heidelberg 1986, 173 f. Nachweise von Quellen zum Religionsgespräch von Mömpelgard finden sich bei Irene Dingel, Art. Religionsgespräche IV. Altgläubig – protestantisch und innerprotestantisch, TRE 28, 1997, 673. 32 Die Vertreter der „falschen“ Lehren bleiben also um des erstrebten Konsenses willen anonym. Zur Praxis der Lehrverwerfungen im Luthertum vgl. Hans-Werner Gensichen, Damnamus. Die Verwerfung von Irrlehre bei Luther und im Luthertum des 16. Jahrhunderts, AGTL 1, Berlin 1955.

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Bezas, das er während des Religionsgesprächs von Poissy 1561 geäußert hatte, nämlich „der Leib Christi sey so weit abwesendt von dem heiligen Abentmal / als weit der ho[e]chste Him[m]el von der erden ist“,33 dem Osiander die biblischen Einsetzungsworte entgegenhielt. Denn sie verbürgten nach lutherischem Verständnis in erster Linie die tröstende und den Glauben vergewissernde Gegenwart von Leib und Blut, d. h. nicht nur der Gottheit, sondern auch der Menschheit Christi im Abendmahl.34 Deshalb legte Osiander Wert darauf, dass dem auch von ihm, in Übereinstimmung mit seinen Adressaten, als schlechterdings heilsnotwendig angesehenen geistlichen Essen im Glauben35 eine weitere Art des Gebrauchs zur Seite trat, welche er in auffallender Nähe zu Melanchthon und zur Wittenberger Konkordie als „Sacramentliches essen“ definierte, „da man nemlich“, so führte er aus, „im heiligen Sacrament / mit Brot vnnd Wein / den Leib vnnd Blut Christi empfahet / isset vnd trincket. […] Dann bey der Sacramentlichen Niessung seind alwegen gegenwertig die eusserlichen ding / nemlich / Brot vnd Wein: vnnd kann ohne diese stuck das Nachtmal Christi nicht gehalten werden. […] So ist auch das Sacrame[n]tliche essen nicht schlecht alle[n] Menschen zu jrer seligkeit notwendig.“36 Der Verzicht auf Polemik, das Aufgreifen von vorhandenen Gemeinsamkeiten in der Lehre und der Versuch, alte Konsensformulierungen wiederzubeleben, durchzieht den gesamten Abendmahlsabschnitt, ohne dass dabei jedoch die lutherische Position aufgegeben wurde. Immer wieder redete Osiander die Gemeinden in der sicherlich ernsthaft gehegten Hoffnung an, mit seinen Argumentationen letzten Endes überzeugend zu wirken: „Jch bitt euch / vmb Christi willen (geliebte im Herrn) jr wollet mit sonderm fleiß achtung darauff geben / wie die Euangelisten vnd der Apostel Paulus beschreiben vnnd zeugen / was der Herr Christus fu[e]r ein Nachtmal eingesetzt hab. Erstlich / thun sie meldung des Brots vnnd Weins: darnach fassen sie zu oder / mit de[n]selbigen 33 Osiander, Pia et fidelis admonitio, 16 und 54. Vgl. dazu Irene Dingel, Schwerpunkte calvinistischer Lehrbildung im 16. und 17. Jahrhundert, in: Ansgar Reiss und Sabine Witt (Hg.) Calvinismus. Die Reformierten in Deutschland und Europa (Eine Ausstellung des Deutschen Historischen Museums Berlin und der Johannes a Lasco Bibliothek Emden, Dresden 2009, 90 – 96, bes. 92 f. 34 So schon Martin Luther in seiner Auseinandersetzung mit Huldrych Zwingli in den Jahren 1524 – 1529. Die Argumentation mit christologischen Lehren, und zwar mit der durch eine communicatio idiomatum auch der Menschheit Christi zukommenden göttlichen Allgegenwart, trat dem bibelhermeneutischen Argument als sekundäres zur Seite. Vgl. Martin Luther, Vom Abendmahl Christi, Bekenntnis (1528), in: Martin Luther, Studienausgabe, Hans-Ulrich Delius (Hg.), Bd. 4, Berlin 1986, 28,1 – 57,8 und S. 79,7 – 97,29. 35 „Das Geistliche Essen aber / ist schlecht / vnnd allerdings zur ewigen Seligkeit zum ho[e]chsten notwendig: es wo[e]lle dann ein Mensch ewig verdampt werden“: Osiander, Pia et fidelis admonitio, 19. 36 Osiander, Pia et fidelis admonitio, 17 f. Vgl. Wittenberger Konkordie / Formula Concordiae (1536), in: Martin Bucers Deutsche Schriften [= BDS], Bd. 6,1: Wittenberger Konkordie (1536). Schriften zur Wittenberger Konkordie (1534 – 1537), bearb. v. Robert Stupperich, Marijn de Kroon und Hartmut Rudolph, Martini Buceri Opera Omnia Series I, Gütersloh 1988, 121,5 – 123,11.

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/ den Leib vnd Blut Christi. Der vrsachen dann Irenaeus (dessen Lehrmeister gewesen ist / Polycarpus, ein lehrju[e]nger Joannis deß Euangelisten) recht vnnd Christlich also hieruon geschriben: nemlich / das heilig Nachtmal hab zwey stuck / ein jrdisch / vnnd ein Himlisch. Derhalben / wie man nicht soll das jrdische (nemlich / Wein vnnd Brot) mit dem himlischen (mit dem Leib vnnd Blut Christi) vermischen / oder vnder beiderley stucken kein vnderschid halten: also sol man das jrdische vnnd himlische nicht von einander trennen / oder jedes vom andern abso[e]ndern“.37 Die von Osiander vorgenommene Kontrastierung von Gotteswort und menschlicher Vernunft sowie die eindringliche Mahnung, dem Wort und Befehl Gottes vor allen Invektiven der Vernunft die Priorität einzuräumen, ließ er in ein Gebet ausmünden, das seinen Adressaten das Bekenntnis zu den literal verstandenen Einsetzungsworten regelrecht in den Mund legte.38 Im Vergleich zu den ausgiebig und differenziert argumentierenden Ausführungen zum Abendmahlsverständnis39 nahmen die Erörterungen zu den darauf folgenden, weiteren Fragen der Lehre eine untergeordnete Bedeutung ein. Die Hochschätzung der Wassertaufe als wirksames und das Heil verbürgendes Sakrament korrespondierte dem auf seelsorgerliche Tröstung und Heilsversicherung zielenden Abendmahlsverständnis. Reformierte Zugänge, die die Taufe auf ein zeichenhaftes Geschehen und eine Versiegelung zum christlichen Leben reduzierten, kamen nicht einmal als Kontrastfolie zur Sprache. Um des zu erstrebenden Konsenses willen überging, ja verschwieg Osiander die bestehenden Gegensätze. Dagegen versäumte er keineswegs, all jene Punkte zu explizieren, die für die lutherische Lehre charakteristisch waren bzw. als konfessionell lutherisch galten, wie z. B. die Möglichkeit einer Nottaufe auch durch Frauen,40 den schon von Luther im Zusammenhang mit

37 Osiander, Pia et fidelis admonitio, 28 f. Vgl. auch Wittenberger Konkordie / Formula Concordiae (1536), BDS 6,1, 121,5 f. 38 Vgl. Osiander, Pia et fidelis admonitio, 37 – 39. Hier heißt es: „Wieuil sicherer ist es (geliebte im Herrn) daß wir den Worten des Testaments Christi einfeltiglich glauben / wie sie lautten / dann daß wir derselbigen wort einfeltigen Verstand / solten wo[e]llen auff ein ort setzen / vnd ein andern Verstand suchen / der vnserer Menschlichen Vernunfft gefiele / vnnd anmu[e]tig were? […] Herr Jhesu Christe / du hast ja selbst von deinem heiligen Nachtmal gesagt: das ist mein Leib / das ist mein Blut: Darumb haben wir diesen deinen Worten glauben gegeben. Dann wir haben dir ja nicht zutrawen sollen / daß du vns betriegen wo[e]ltest: auch haben wir vns nicht einbilden sollen / daß du in den Worte[n] deines Testaments / vnd letsten Willens solltest dunckel vnnd vnuerstendlich geredt haben. Laßt vnd doch (geliebte im Herrn) vnserm lieben Heilandt vnd trewen Erlo[e]ser Jesu Christo die ehr anthun / daß wir seinen Worten alsbald (ohne alles zweiffeln) glauben.“ 39 Was an dieser Stelle zur Sprache gekommen ist, stellt nur einen – repräsentativen – Ausschnitt einer weitaus vielschichtigeren Argumentation dar. 40 Vgl. Osiander, Pia et fidelis admonitio, 112 f. In der reformierten Theologie erübrigte sich dies, da Kinder von gläubigen Eltern ohnehin als Mitglieder des Gnadenbundes Gottes galten und die Erwählungslehre die Heilsnotwendigkeit der im lutherischen Raum als Bad der Wiedergeburt verstandenen Taufe relativierte. Die Confessio Helvetica posterior untersagte in ihrem Art. 20

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der Kindertaufe postulierten Kinderglauben41 und die „Einleibung“ des Täuflings in Christus, welche nicht nur das Sterben des alten Menschen mit sich bringt, sondern – wie Osiander ausdrücklich mit Blick auf seine Adressaten und deren Theologie betonte – auch die Erneuerung und Heiligung: „darumb gebu[e]rt sichs / daß wir auß danckbarem Gemu[e]t / vnserm Herrn vnd erlo[e]sern Christo zu gefallen / ein Gottseligs Leben fu[e]hren“.42 Noch weniger Differenzen schienen sich auf den ersten Blick im Artikel „Von der ewigen Wahl vnd Fu[e]rsehung Gottes“ zu ergeben, zumal Osiander ausdrücklich vertrat: „Es ist gewiß / das Gott der Herr vor erschaffung der Welt / gewu[e]st habe / vnnd noch heutigs tags wisse / wo[e]lche auß dem gantze[n] menschlichen Geschlecht das ewig Leben erlangen werden: Vnnd wo[e]lche in jrem Gottlosen wesen verdampt werden. Vnnd hierinn kann vnser Herr vnnd Gott nicht betrogen werden“43. Und an anderer Stelle konnte er explizit die Erwählung zum Heil und das Belassen der Gottlosen in ihrer selbstverschuldeten Blindheit betonen.44 Göttliches Vorherwissen und Gnadenwahl schienen a priori eine Ebene des Konsenses zu bieten, aber die Akzente lagen bei Osiander und seinen lutherischen Gesinnungsgenossen doch anders als bei den Adressaten der „Admonitio“. Denn Osiander versäumte nicht, der sich im Prinzip auf alle Menschen gleichermaßen beziehenden Gnadenwahl Ausdruck zu verleihen und für deren Realisierung Predigt und Sakramente als heilsvermittelnde Medien in den Vordergrund zu rücken. Die Lehre von der „perseverantia sanctorum“ lehnte er, ohne sie direkt zu erwähnen, rundweg ab: „Dann es ist gewiß / daß auch die Außerwo[e]lten / wann sie wider jhr eigen Gewissen schwerlich su[e]ndigen / auß der Gnad Gottes entfallen / vnd den heiligen Geist verlieren: vnnd wann sie nicht widerumb Buß theten / wu[e]rden sie gewißlich ewiglich verdampt“.45 Darüber hinaus warnte Osiander eindringlich vor einem durch die Prädestinationslehre ausgelösten vernunftgemäßen Durchforschen des eigenen Heilsstandes. Ihm kam es vornehmlich auf den Trostcharakter der evangelischen Verkündigung an. Dass Osiander, aus der Linie der Lehrartikel ausscherend, abschließend

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ausdrücklich den Vollzug der Taufe durch Frauen, ggf. Hebammen. Vgl. dazu auch Dingel, Concordia controversa, 394, mit Anm. 187. Vgl. Osiander, Pia et fidelis admonitio, 114 f. Osiander, Pia et fidelis admonitio, 119. Osiander, Pia et fidelis admonitio, 122. Hiermit scheint er eine Position zu vertreten, die derjenigen des Aegidius Hunnius nahe kommt. Vgl. Rune Sçderlund, Ex praevisa fide. Zum Verständnis der Prädestinationslehre in der lutherischen Orthodoxie, AGTL NF 3, Hannover 1983, 92 – 96 und 129 – 131. Außerdem Markus Matthias, Theologie und Konfession. Der Beitrag von Ägidius Hunnius (1550 – 1603). Zur Entstehung einer lutherischen Religionskultur, Leucorea-Studien zur Geschichte der Reformation und der Lutherischen Orthodoxie 4, Leipzig 2004, hier bes. 137 – 149. Vgl. Osiander, Pia et fidelis admonitio, 130: „Wie aber Gott der herr auß vnermeßlicher Gu[e]te ettliche zum ewigen Leben erwo[e]hlet: also lasset er ettliche nach seinem gerechten Gericht / in jhrer Blindheit vnnd Gottlosem Wesen verharren“. Osiander, Pia et fidelis admonitio, 138.

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noch die Bilderfrage diskutierte, erstaunt ein wenig, erklärt sich aber wohl aus den unmittelbaren historischen Zusammenhängen. Denn auch der unter Verfolgung leidende Protestantismus ging seinerseits mit den katholischen Kirchen und ihrer Ausstattung nicht gerade zimperlich um, wenn sich ein Zugriff auf sie bot. Dies zeigten nicht zuletzt die Eskalationen während der Religionskriege in Frankreich. Dass katholische Kirchen geplündert und Bilder herabgerissen und verbrannt wurden, ist bekannt. Aber bevor Osiander auf solche Zwischenfälle Bezug nahm, betonte er – wie auch zuvor – zunächst die Gemeinsamkeiten in der Ablehnung jeglicher Bilderverehrung. Dann aber ließ er unmissverständlich durchblicken, dass ein regelwidriges Entfernen von Bildern zu hinterfragen sei und rechtens eigentlich nur der Obrigkeit zukomme. „Aber daruon mag nicht vnbillich gefragt werden: ob heutigs tags / in dem Christenthumb / auch an denen orten / da die Obrigkeit noch Pa[e] pstisch ist / wider der Obrigkeit willen die Abgo[e]ttische Bilder solle[n] mit gewalt herab geworffen / hinweg gethan / oder auch zerschmissen werden?“46 Osiander brandmarkte ein die Zuständigkeiten nicht respektierendes Entfernen von Bildern als Eingriff in einen fremden Rechtsbereich. Mit Predigen und Beten dürfe und solle man sehr wohl gegen Abgötterei und falschen Gottesdienst vorgehen, nicht aber mit Aktionen, die aufgrund einer solchen Kompetenzanmaßung als aufrührerisch gelten mussten. Fast klang es so, als wollte er den Adressaten seiner Schrift vorhalten, die von ihnen zu erduldende Verfolgung durch ihr Verhalten selbst provoziert zu haben, wenn er ausführte: „Es nehmen auch die widersacher der Go[e]ttlichen warheit / auß solchen vnordenlichen vnnd vngestu[e]mmen handlungen vrsach / das sie die Obrigkeite[n] zu grausamen verfolgungen anhetzen“.47 Und in der Tat hielt er das grausame Eingreifen der Obrigkeiten, die in rechtlicher Perspektive ja in erster Linie das Delikt des öffentlichen Aufruhrs ahndeten, in gewisser Weise für vermeidbar, wenn man – wie er schrieb – „beda[e]chtlicher vnd bescheidenlicher“ vorginge.48 Ob Osiander hier einen realistischen Blick auf die Wirklichkeit hatte, mag dahin gestellt bleiben. Tatsache ist nichtsdestoweniger, dass seine „Pia et fidelis admonitio“ dem aufrichtigen Wunsch nach einem Zusammenkommen des in sich gespaltenen Protestantismus Ausdruck gab und als ernsthaftes Gesprächsangebot zu werten ist.

46 Osiander, Pia et fidelis admonitio, 163. 47 Osiander, Pia et fidelis admonitio, 174. 48 Osiander, Pia et fidelis admonitio, 175.

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IV. Das Bemühen um Konsens als Utopie oder verpasste Chance – Abschließende Überlegungen Der Vorstoß Osianders und sein Bemühen um Verständigung belegt, dass man von lutherischer Warte aus offenbar daran glaubte, die sich konfessionell immer mehr verhärtenden Lager doch noch zusammenführen zu können. Einen gewissen Spielraum dazu hatten auch Konkordienformel und Konkordienbuch eingeräumt, indem in der eigens dafür konzipierten Vorrede gezielt diejenigen Punkte angesprochen wurden, die – auf unterschiedlichen Seiten – einem Beitritt im Wege stehen konnten.49 Dazu gehörten insbesondere die von reformierter Warte permanent kritisierten Verwerfungen, mit welchen man die lutherische Lehre über Negativaussagen profilierte. Im Blick auf diesen Stein des Anstoßes versuchte die Vorrede klarzustellen, dass man ja lediglich falsche Lehren ausgrenze, keineswegs aber Personen, Gemeinden oder Kirchen ins Abseits drängen wolle. Sie explizierte: „Was denn die condemnationes, Aussetzung und Verwerfung falscher, unreiner Lehre, besonders im Artikel von des Herren Abendmahl betrifft, […] ist gleichergestalt unser Wille und Meinung nicht, daß hiemit die personen, so aus Einfalt irren und die Wahrheit des göttlichen Worts nicht lästern, vielweniger aber ganze Kirchen in oder außerhalb des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation gemeint, sondern daß allein damit die falschen und verführischen Lehren und derselben halsstarrige Lehrer und Lästerer, die wir in unsern Landen, Kirchen und Schulen keineswegs zu gedulden gedenken, eigentlich verworfen werden, dieweil dieselbe dem ausgedrückten Wort Gottes zuwider und neben solchem nicht bestehen können, auf daß fromme Herzen für derselben gewarnet werden möchten, sintemal wir uns ganz und gar keinen Zweifel machen, daß viel frommer, unschuldiger Leute, auch in den Kirchen, die sich bishero mit uns nicht allerdings verglichen, zu finden seind, welche in der Einfalt ihres Herzens wandeln, die Sach nicht recht verstehen und an den Lästerungen wider das heilige Abendmahl […] gar keinen Gefallen tragen […].50 Dies aber konnte die Gegenseite, die sich selbstbewusst auf eigenständige, nicht-wittenbergische, reformatorische Wurzeln berief51 und sich in ihren jeweiligen 49 Zur speziellen Funktion der Vorrede vgl. die Studie von Theodor Pressel, Churfürst Ludwig von der Pfalz und die Konkordienformel. Nach den Originalien des Dresdner und Stuttgarter Archivs und einem Sammelband der Gothaer Bibliothek, ZHTh 37, 1867, 3 – 112. 268 – 318. 445 – 470. 473 – 605; außerdem Irene Dingel, Eine Etappe Kurpfälzer Konfessionsgeschichte. Die Vorrede zu Konkordienformel / Konkordienbuch und Kurfürst Ludwig VI., Blätter für Pfälzische Kirchengeschichte und religiöse Volkskunde 69, 2002, 27 – 48. 50 Konkordienbuch Vorrede, BSLK, 11,41 – 12,17. 51 Vgl. dazu den ersten Abschnitt in Der Kirchen in Niderlandt vnd Franckreich gemeine Antwort Auff die Erinnerung so LVCAS OSIANDER an dieselbige Kirchen in Teutscher vnd Lateinischer Sprach jüngsten hat außgehen lassen. … Gedruckt zur Newstadt an der Hardt durch Matthaeum Harnisch. MDLXXXI, 1 – 6, der den bezeichnenden Titel trägt: „Von dem Anfang der Kirchen in

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Entwicklungen – wohl zu Recht – ignoriert fühlte, im Grunde nicht ernst nehmen. Angesichts des dezidierten Eintretens Osianders für die Berechtigung von Verwerfungen in anderweitigen kirchenpolitischen Zusammenhängen,52 und angesichts seines dezidierten Engagements in verschiedenen Lehrkontroversen der Zeit, musste man den vermittelnden Ton der „Pia et fidelis admonitio“, der auf eine Rückführung der Irregeleiteten auf den Weg der Wahrheit zielte, als Anmaßung und perfide Täuschung empfinden. Dies brachte zumindest die Reaktion des Lambertus Danaeus zum Ausdruck, der mit seiner Antwortschrift „Ad insidiosum scriptum Lucae Osiandri“ seine Glaubensbrüder vor der als Falschheit empfundenen Haltung Osianders warnen wollte.53 Und auch die Antwortschrift der niederländischen und französischen Kirchen54 führte vor Augen, dass man nicht in der Lage war, Osianders Vorstoß nur die geringste Chance zu geben. Man sah Osiander – auch wenn seine ,Admonitio‘ eine andere Sprache sprach – mehr in der Nähe derer, die zur Verfolgung der ausländischen Kirchen beitrugen als ihnen gegen die Bedrücker beizustehen. Das in blutigen Verfolgungen ertragene Martyrium galt den reformierten Kirchen als unwiderlegbares Zeugnis für die Rechtmäßigkeit ihres Glaubens und ließ alle Konsensbemühungen als unberechtigte Anfragen an eine Theologie erscheinen, für die man immer wieder Leib und Leben aufs Spiel gesetzt hatte. Martyrium einerseits und das innerprotestantische Ringen um das Wittenberger theologische Erbe andererseits hatten zu festen, bis in lebenskulturelle Zusammenhänge hineinragende Profilbildungen geführt, die die Zeitgenossen offensichtlich unterschätzten, die de facto aber nicht mehr aufzusprengen waren. Insofern wäre es verfehlt, von einer verpassten Chance zu sprechen. Die Chance, einen Konsens zu erwirken, hatte es nie gegeben.

Franckreich vnd Niderland / der dem Osiandro vnbewu[e]st ist“. Vgl. dazu auch Dingel, Concordia controversa, 176 mit Anm. 71. 52 Osiander meldete sich in der Kontroverse zwischen Johann Pappus und Johann Sturm in Straßburg zu Wort, in der es ebenfalls um die Frage der Verwerfungen ging. Vgl. dazu Irene Dingel, Concordia controversa, 39 – 100, bes. 54 – 72 und dies., Caritas christiana und Bekenntnistreue. Johannes Sturms Einsatz für die Einheit des Protestantismus in den Auseinandersetzungen um die lutherische Konkordienformel, in: Matthieu Arnold (Hg.), Johannes Sturm (1507 – 1589). Rhetor, Pädagoge und Diplomat, Spätmittelalter, Humanismus, Reformation 46, Tübingen 2009, 375 – 390. 53 Vgl. dazu Dingel, Concordia controversa, 174 f. 54 Der Kirchen in Niderlandt vnd Franckreich gemeine Antwort, Neustadt an der Hardt: Matthäus Harnisch, 1581 (vgl. o. Anm. 51).

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Wem gehört die Reformation? Das Reformationsjubiläum 1617 im Streit zwischen Lutheranern und Reformierten

Einleitung „Was die Übersetzung von Dr. Luther betrifft, würde ich mir lieber hundertmal die Zunge abbeissen, als gegenüber einem Calvinisten zugeben, dass Dr. Luther in seiner Ausgabe so einen ernsthaften Fehler gemacht hat. Ich sehe Dr. Luthers Bibel als ein echtes Heiligtum an und ich glaube fest, dass wenn alle Calvinisten auf einem Haufen beieinander gesessen wären, hätten sie nicht ein tausendstel Stück von der Heiligen Schrift so schön aus dem Hebräischen, Chaldäischen und Griechischen übersetzen können wie Luther es mit den reichen Gaben, die Gott ihm gegeben hat, die ganze Bibel hindurch getan hat.“1

So lauten die Worte von Matthias Hoe, Hofprediger zu Dresden, mit denen er sich 1615 gegen die reformierte Kritik gegenüber Luthers Bibelübersetzung verteidigte. Die Diskussion spielte sich mitten in den Debatten zwischen Lutheranern und Reformierten ab. Nicht Calvinisten, denn so werden die Reformierten zwar angeredet, aber so wollten sie nicht heißen. Sie wollten nicht, dass der Eindruck entstand, dass sie eine andere Theologie hatten als die von Luther, und sie wollten nicht nach einem Franzosen benannt werden, als ob ihre Theologie ein exotisches Importprodukt sei. Damit wird gleich das Problem dieses Beitrages deutlich. Wer kann sich darauf berufen in der Linie der Reformation geblieben zu sein? Eine Frage, die zur Diskussion wurde, rund um das erste Jahrhundertfest der Reformation. Lutheraner und sogenannte Calvinisten im Streit über Luther, die Reformation und vor allem die Bibel. Eine Frage die auch heute bei den Vorbereitungen zum Jubiläum 2017 ihre Relevanz hat.

Die Vorgeschichte: Die Neustädter Bibel Scharfe Polemik zwischen lutherischen Theologen und den Heidelberger Theologen entstand anlässlich der Erscheinung der sogenannten Neustädter 1 Gründtliche Ableinung zweyer Calvinischer Unwahrheiten…, Leipzig 1615, 18.

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Bibel.2 Diese Ausgabe erschien 1587/15883 und war ein Werk von David Pareus. Er hatte Teile aus verschiedenen Bibelübersetzungen, wie der Lutherbibel, der Frankfurter Bibel und einer Ausgabe aus Genf (1553) verwendet, um so zu einer besseren deutschsprachigen Bibel zu kommen. Gleichzeitig hatte Pareus seine Ausgabe mit erklärenden Anmerkungen versehen und ließ jedem Bibelbuch eine Zusammenfassung vorausgehen und eine Übersicht von der „Doktrina“ (Lehre) des betreffenden Buches. Im Unterschied zu der Lutherbibel stehen diese „Lehren“ allerdings vor dem Bibeltext. Pareus selbst sagt darüber im Vorwort, dass er bei dieser Bibelübersetzung allen Büchern und Kapiteln eine nützliche und grundlegende Zusammenfassung und Lehrstücke gegeben hat, damit sowohl gelehrte, wie auch einfache Menschen, mit mehr Freude die Bibel lesen, vor allem jedoch mit dem Ziel, dass die einfältigen Leser eine einfache Hilfe haben sollten jedes Kapitel besser zu verstehen. Ungeachtet dieser Erklärung von Pareus, bedeutete diese Vorgehensweise, worin ein eigener Eindruck von dem entsteht, was der Text sagt und dem Text selbst vorausgeht, ein wesentlicher Schritt zur Orthodoxie. Das letzte ist allerdings nicht das Problem der Lutheraner. Ihnen geht es vor allem um das, was sie als ein Antasten der Lutherbibel ansahen und um die Tatsache, dass nach ihrer Meinung die Zusammenfassung und die „Lehren“ auf heimliche Weise den Lesern calvinistisches Gedankengut vermittelt. Die Reaktionen auf diese Bibelausgabe seitens der Lutheraner, waren dementsprechend auch ungemein heftig. Es war vor allem Jacob Andreä, der sich hier zu Wort meldete und bereits der Titel seiner veröffentlichten Reaktion sprach über eine Verfälschung der Bibel selbst.4 Die Autoren der Neustädter Bibel hätten ihre Übersetzung mit „gotteslästerlichen calvinistischen Gedankengut“ vermischt und verdienten die Todesstrafe, derweil ihre Bibel verbrannt werden müsste.5 Andreä kam, was die nun in die Bibel aufgenommenen Irrlehren betrifft, zu einer Anzahl von sechzehn, womit die saubere Lutherbibel nun verdorben sei. Außer diesem schriftlichen Protest wurde von der lutherischen Kanzel gleichzeitig alle Mühe unternommen vor dieser Übersetzung zu warnen und man hielt den Menschen noch einmal deutlich vor, dass die Calvinisten so gefährlich seien, dass sie sich nun auch bereits an der Bibel vergriffen hätten. Wenn man auf den Inhalt der Zusammenfassung von Pareus achtet, ist eine Reaktion gut zu verstehen, angesichts dessen, dass offensichtlich ist, wie sehr seine Notizen

2 Zur Beschreibung des Inhalts und der Geschichte dieser Bibelausgabe: Traudel Himmighöfer, Die Neustädter Bibel von 1587/88, die erste reformierte Bibelausgabe Deutschlands, (Veröffentlichungen des Vereins für Pfälzische Kirchengeschichte Band XII) Speyer 1986. Siehe auch: Bibliotheca Palatina, 162 – 164. 3 Siehe zur Datierung: Himmighöfer 19 – 25. 4 ,Christlichen trewhertzigen Erinnerung und Warnung für der zur Newstadt an der Hardt nachgedruckten verfälschten Bibel‘. 5 Christliche erinnerung 2.

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und Zusammenfassungen den reformatorischen Inhalt, hauptsächlich die Sicht der Christologie, des Abendmahles und die Erwählung wiedergeben.6 Pareus sah sich gezwungen auf diesen Angriff zu reagieren.7 Es ist laut Pareus nicht gut, dass das gewöhnliche Kirchenvolk mit theologischen Diskussionen belastest wird, weil es hierbei häufig um Dinge geht, die nicht das Fundament des Glaubens betreffen.8 Außerdem machte es die Art und Weise, in der die Lutheraner in den vergangenen 20 Jahren gegen die Refomierten gehandelt hatten, sehr schwierig auf einem sachlichen Niveau über die Unterschiede zu sprechen. Wenn Reformierte von lutherischen Pfarrern als verfluchte Calvinisten, Teufel und Gotteslästerer bezeichnet wurden, wurde eine ganz falsche Stimmung im Kirchenvolk erzeugt.9 Andreä war allerdings selbst auch wie ein spanischer Inquisitor auf die Neutstädter Bibel losgegangen10 und vielleicht würde es besser sein darauf einfach mit Schweigen zu reagieren, wäre es nicht notwendig falsche Beschuldigungen zu widerlegen. Inhaltlich ging Pareus so vor, dass er „eins nach dem anderen“ auf die Beschuldigungen einging. Er warf dabei den Lutheranern zuallererst vor, dass sie eine Bibelübersetzung unwideruflich festlegten. Das Wort Gottes war nicht der Besitz von Luther und zudem kann es doch keine Sünde sein Luthers Einleitungen der Biblischen Bücher wegzulassen. Dass Pareus und seine Mitarbeiter die Lutherübersetzung übernommen haben, war doch in erster Linie vor allem ein Beweis wieviel Wertschätzung sie für diese hatten und machte zweitens deutlich, dass sie nicht das Ziel hatten mit dieser Ausgabe ihre eigene Konfession zu bevorzugen. Dann hätten sie besser die Zürcher Übersetzung verwenden können.11 Die Fortsetzung von Pareus’ Reaktion geht detailliert auf die unterschiedlichen Texte der Neustädter Bibel ein, um damit die reformierte Sicht der Taufe, der Vorherbestimmung und der Christologie in Verbindung mit der lutherischen Konsubstantiationslehre deutlich zu machen. Pareus beendet sein Werk mit einem Aufruf zum kirchlichen Frieden und gab damit seinen Gefühlen Ausdruck, dass es Andreä überhaupt nicht um die Ausgabe der Bibel ging, aber dass er die Diskussion über die Unterschiede zwischen Reformierten und den Lutheranern im Gange halten wollte.12 Diese Anklage ist übrigens tatsächlich als glaubwürdig anzunehmen, weil auch vor der Veröffentlichung von Pareus’ Ausgabe mehrere Bibelausgaben erschienen waren, 6 Himmighöfer gibt die refomierte Theologie auf diese Punkte wieder aus Pareus Anmerkungen: Neustädter Bibel 99 – 124. 7 Rettung der zur Newstatt an der Hardt (…) gedruckten Teutschen Bibel, 1589. 8 Rettung [2 – 3] 9 Rettung [5]. 10 ,…und dieselbige nicht anders als ein Spanischer Inquisitor unnd Antichristischer Brandtmeister zum fewer verdammet hat…‘, Rettung 4. 11 Rettung 25. 12 Rettung [2].

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wobei – auch durch lutherischen Theologen – Veränderungen in der Lutherbibel angebracht worden waren, ohne dass die gleichen Diskussionen darüber geführt wurden. Darauf erschien im Jahr 1590 eine Schrift aus der Feder von Johann Georg Sigwart in der auf „Pareus’ Rettung“ negativ reagiert wurde.13 Gemäss Pareus, der mit einer neuen Verteidigung reagierte, stand Andreä selbst hinter diesem Werk und hatte dieser Sigwart, noch von seinem Sterbebett aus, zum Schreiben dieses Werkes angezettelt. Laut Pareaus tat Sigwart in dieser Ausgabe dann auch nichts anders als Andreä nachzureden.14 Pareus sollte dann auch nichts anders können, als nocheinmal zu wiederholen was er bereits in seiner „Rettung“ geschrieben hatte. Die Lutheraner gehen mit Luther genau so um wie Rom mit der Traditon, obwohl sie das immer den Katholiken vorhielten. Auch obwohl es dann üblich geworden war über „Luthers Deutsche Bibel“ zu sprechen, musste Pareus zufolge bedacht werden, dass dies eigentlich überhaupt nicht ging. Die Bibel ist nicht das Wort von Luther, sondern das Wort von Gott und Luther hat nichts anderes getan als dieses Wort zu übersetzen.15 Auch hier weist Pareus darauf hin, dass eine Übersetzung Menschenwerk ist und man ihr nicht zuviel Wert beimessen sollte, sicher nicht wenn sehr deutlich ist, dass Verbesserungen angebracht werden könnten. Mit dieser Reaktion wurde diese literarische Diskussion abgeschlossen als eine Episode in der scharfen Auseinandersetzung zwischen Lutheraner und Calvinisten. Die Neustädter Bibel hat großen Einfluss auf spätere Bibelausgaben gehabt. Die Bedeutung dieser Bibel für das Kirchenvolk wurde stark dadurch vergrößert, dass sie vom dritten Druck im Jahr 1590/91 in einem Band mit einer Psalmreimung und mit dem Heidelberger Katechismus erschien. Die Diskussion verstummte und es blieb still über diese Sache bis zum Jahr 1617, also hundert Jahre nach 1517.

1617 Als Beginn der Reformation wird von vielen der Moment angesehen, an dem Luther am 31. Oktober 1517 die 95 Thesen an die Schlosskirche zu Wittenberg schlug.16 Im Vorfeld des Jahes 1617 entstand, sowohl auf der lutherischen

13 ,Antwort auff die nichtige und krafftlose Rettung M. David Paraei‘, Tübingen 1590. 14 Sieg der Newstädtischen Teutschen Bibel wider D. Johan Georg Siegwarts Pfarrers zu Tübingen/ in seiner/ auff M. David Parei wolgegründete Rettung/ vermeinten Antwort…, Newstadt 1591, 3. Hier wird aus der zweiten Auflage zitiert. Die erste Ausgabe ist von 1589. 15 Sieg 11 – 12. 16 Siehe zur Diskussion über die Historität: ,Thesenanschlag‘.

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sowie auf der reformierten Seite, der Gedanke an ein hundertjähriges Jubiläum um diese Tatsache auf große Weise zu feiern.17 Während des Konvents der Protestantischen Union – wo lutherische und reformierte Fürsten und Städte sich politisch gegenseitig gefunden hatten – das im Vorjahr von 1617 in Heilbronn zusammen kam, schlug Kurfürst Friedrich der V. von der Pfalz vor, den Beginn der Reformation gemeinsam zu feiern und Gott zu danken für Luthers reformatorische Tat. Es liegt nahe davon auszugehen, dass diese Idee nicht von Friedrich selbst, aber von seinen Theologen stammt. Weil der Augenblick des 31. Oktobers 1517 für Lutheraner und Reformierte als eine Art Anfangspunkt in ihrer Kirchengeschichte gesehen wurde, bestand die Hoffnung, dass eine gemeinsame Feier von diesem Ausgangspunkt zu mehr gegenseitigem Verständnis und zum Ende der heftigen Polemik führen würde. Das Ergebnis dieses Vorschlages war der Beschluss, dass am 2. November 1617 in allen Kirchen Dankfeiern stattfinden sollten und zu diesem Anlass ein Gebet als Erinnerung an Luthers Tat gesprochen werden sollte. Fast gleichzeitig, aber, wie es scheint, unabhängig davon, richtete sich die theologische Fakultät von Wittenberg an den Kürfürsten Johann Georg mit der Anfrage ein Dankfest zu organisieren. Hier jedoch wollte man die Teilnahme beschränken auf alle die mit der Formula Concordiae übereinstimmten und das deutliche Ziel davon war, die Reformierten von den Festlichkeiten auszuschließen.18 Das Motiv von Friedrich V. wird im Allgemeinen negativ beurteilt. Die Ansicht ist nämlich, dass das Jahrhundertfest der Reformation eine Erfindung von Friedrich V. war, mit dem einzigen Ziel Gunst bei den lutherischen Fürsten und Theologen zu erlangen. Friedrich war nämlich derjenige, der als erster auf die Bedeutung des Thesenanschlages von Luther 1517 für die Reformation hinwies und auf den 100. Geburtstag dieses Ereignisses.19 Nicht nur spätere Forscher20, auch Zeitgenossen, hatten bereits die Vermutung, dass Friedrich 17 Siehe: Benrath, Reformierte Kirchengeschichtsschreibung 37 – 46; Ruth Kastner, Geistlicher Rauffhandel-Illustrierte Flugblätter zum Reformationsjubiläum 1617, Frankfurt/M. 1982. 18 Kastner, Rauffhandel 27 – 28. 19 Hans-Juergen Schoenstadt, Antichrist, Weltheilsgeschehen und Gottes Werkzeug – Römische Kirche, Reformation und Luther im Spiegel des Reformationsjubiläums 1617, Wiesbaden 1978, 10 – 85; Idem, Das Reformationsjubilaeum 1617 – Geschichtliche Herkunft und Praegung, in: Georg Schwaiger (Hrg.) Reformationsjubilaeen, (ZKG 93. Bd. 1982/1), 5 – 57. 20 ,…, wollte der Kurfuerst mit seinen Bemuehungen um eine gemeinsame Jubilaeumsfeier vor allem den Anspruch der deutschen Reformierten auf die gleichen Rechte unterstreichen…‘ Schoenstadt, Reformationsjubilaeum 6. Die Argumentation von Schönstadt ist merkwürdig, denn aus der Reaktion der lutherischen Teilnehmer auf den Vorschlag worin sie die Vermutung aussprechen, das Friedrich eigentlich etwas anderes erreichen wollte als Danksagungen, folgert Schönstadt, dass Friedrich mehr im Schilde führte, als nur zu einem religiös motivierten Gedächtnis der Reformation anzuregen…‘, Schönstadt, Antichrist 13. Die Vermutung über die lutherische Seite kann in der konfessionellen Situation nicht die Grundlage für eine Schlussfolgerung über das Ziel der reformierten Seite sein.

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das Jubiläum gebrauchen wollte, um seine eigene konfessionelle Position zu verteigen.21 Obwohl dieses Motiv sicher eine wichtige Rolle gespielt haben mag, und auch in die friedliche Führungsform, wie sie von der Pfalz aus gehandhabt wurde, passte, besteht kein Beweis dafür, dass dies das einzige Motiv war und somit auch keinen Beweis, dass es keine religiösen Beweggründe für diese Aktion gab. Kurz gesagt, Gründe für die Beschuldigung der Unaufrichtigkeit gibt es anhand dieser Schriftstücke nicht. Zugleich wird es aus den Quellen um diese Gedenkfeier sehr deutlich, dass es auch den Lutheranern nicht nur um das Gedenken von Luthers Tat ging, sondern dass sie gegenüber den katholischen Parteien, welche mit einer recht erfolgreichen Gegenreformationsbewegung beschäftigt waren, zeigen wollten, dass sie eine Einheitsfront bildeten und dadurch kräftigen Widerstand leisten konnten.22

Scultetus Eines der Argumente um beim Vorschlag aus der Pfalz nicht nur an politischen Vorteil zu denken, ist dass Abraham Scultetus bereits am 1. Januar 1617 eine Predigt hielt um bei Luthers Thesenanschlag innezuhalten und diesen zu würdigen.23 Somit, ohne jegliche Absprache mit den politschen Partnern und noch bevor irgendwo anders Pläne für eine größere Feier gefasst waren, wurde zu Beginn des Jubiläumjahres in Heidelberg der Reformation gedacht. Diese Neujahrspredigt von Scultetus richtete sich inhaltlich nicht auf eine Übereinstimmung zwischen Reformierten und Lutheranern. Tatsächlich ist die Predigt eine Beweisführung in der vor allem auseinandergesetzt wird welche Theologen an der Reformation mitgewirkt hatten und in welchen Gebieten die Reformation Gestalt angenommen hat. Der Schwerpunkt liegt dabei beim Auftreten der verschiedenen Fürsten, die zu Reformen übergingen und damit gegen die Politik des Kaisers und Papstes eintraten. Was die Liste der Theologen betrifft, gab Scultetus Luther selbtverständlich viel Beachtung, und wurde Calvin nur einmal genannt als ein Reformator unter anderen.24 Scultetus zog in der Predigt Paralellen zwischen der Art und Weise wie Christus die Welt reformierte als er auf Erden war, und wie er dies 1600 Jahre durch Luther wieder tat. Christus hat die Welt beim 21 Die lutherischen Partner innerhalb der Protestantischen Union nehmen an: ,…das under dem gemainen gebett als einer consonantz der Lutherischen und anderen Kirchen, sonderlich mit restringirung der theseo und antitheseos etwas anderes gesucht werde‘, zetiert von Schönstädt, 7. 22 Kastner, Raufhandel 29. 23 Newe Jahrs Predigt: Das ist/ Historischer Bericht/ wie wunderbarlich Gott der HERR die verschienene hundert Jahr seine Kirche reformirt/ und biß daher erhalten. Heidelberg 1617. Auch in der deutschen Übersetzung herausgegeben im ersten Teil in: Scultetus’ geschiedenis van de Reformatie ,Historischer Bericht‘, Frankfurt 1618, 263 – 294. 24 Newjahrspredigt, in Historischer Bericht 272.

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ersten Mal nicht durch Schriftgelehrte refomiert, sondern durch einfache Apostel, so tat er das 1517 auch nicht durch Kardinäle und den Papst, sondern durch einen Mönch namens Luther, einen Nicht-Theologen wie Melanchthon und einfache Priester wie Zwingli und Oecolampadius.25 Mit dieser Darstellung des Sachverhalts trug Scultetus zur Mythenentstehung bei, als wären die Reformatoren nur einfache Geistliche gewesen. Gleichzeitig allerdings formulierte er, dass die deutschen reformierten Theologen sich nachdrücklich auf deutschsprachige Reformatoren beriefen und nicht auf „Ausländer“ wie Calvin.

Heidelberg Gemäss der Absprache fand auch in Heidelberg die Feier des Reformationsjubiläums am 2. November statt.26 Am Tag zuvor fand an der Universität schon eine Disputation statt, wobei 237 Thesen, die Pareus aufgestellt hatte, als Ausgangspunkt dienten. Die Thesen waren im Grunde genommen 237 Argumente um 1517 mit der päpstlichen Kirche zu brechen.27 Die Predigt, die Scultetus am gleichen Tag in der Heilig-Geist-Kirche hielt, hatte als Ausgangspunkt die Reformationsgeschichte unter König Josia, wie diese in 2. Könige 23 beschrieben wird.28 Gleich wie in seiner Neujahrspredigt ist die Rede von einer Parallele. Der Zustand, den Josia antraf, und die Maßregelungen, die er zur Reformation gebrauchte, waren laut Scultetus freilich denen gleich was vor und nach 1517 geschah. Die veröffentlichte Predigt besteht aus zwei Teilen und ihr geht eine Übersicht aller Fürsten und Gebiete in Europa voraus, die im Jahre 1617 zum Protestantismus gehörten.29 Der erste Teil der Predigt ist eine Beschreibung von allem was vor der Reformation in 25 ,Vor hundert Jahren/ als Christus eine newe Reformation wolte anstellen/ brauchte er nicht darzu ansehnliche Cardinäl/ Bischoffe oder Praelaten/ sondern Martinum Lutherum, einen Augustiner Münch/ Philippum Melanchthonem, der Griechischen sprache Professorem in der Wittenbergischen schule/ und zween schlechte Priester/ Ulricum Zwinglium, und Johannem Oecolampadium‘, Newjahrspredigt 267. 26 Schönstadt, Antichrist 36 – 38, gibt eine Zusammenfassung von Benraths Übersicht und kann nur zum Ergebnis kommen, dass das Fest in Heidelberg gekennzeichnet war durch Polemik über Rom und das die Reformation und Luther vorallem aus dogmatischen Aspekten beurteilt wird. 27 Die Thesen sind in dem Band, der 1618 herausgegeben wurde, mit enthalten sind die Texte, die während der Jubiläumszusammenkunft gesprochen wurden, inklusive einer lateinischen Übersetzung der Predigt, die Scultetus am 2. November 1617 gehalten hatte. Iubilaeus Academicus de Doctrina Evangelii centum ab hinc annis, a tenebris Rom. Papatus in lucem revocari: Ecclesiaq. A sordibus ejusdem repurgari coepta. Celebratus in Academia Archi-Palatina Heidelbergensi. Heidelberg 1618. 28 ,Evangelische Jubeljahrspredigt: zu Heydelberg den 2. Novembris anno 1617. in der Kirchen zum h. Geist gehalten.‘ Durch Abraham Scultetum. Der Predigt ist als Anhang zugefügt an die bereits genannte deutsche Übersetzung von: Scultetus’ refromatiegeschiedenis, Historischer Bericht 295 – 342. 29 Jubeljahrspredigt 299 – 302.

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der Kirche laut Scultetus an Missständen anzutreffen war. Für Scultetus war diese Periode gekennzeichnet durch ein gottloses Leben und ein trostloses Sterben,30 allerdings im Bewusstsein, dass es auch viele Ausnahmen gab. Der zweite Teil beschreibt, wie es momentan mit der evangelischen Kirche gestellt ist, die Christus allein als ihr Haupt anerkennt und wünscht durch ihn allein regiert zu werden.31 Bereits recht schnell spitzte Scultetus diesen zweiten Teil der Predigt auf die Situation zwischen Reformierten und Lutheranern zu. Die Frage, die Scultetus hatte, ist, wie nun mit den lutherischen Brüdern umzugehen sei, denn: „Sie sind unsere Brüder, ob sie das nun wollen oder nicht.“32 Jesus sagt, wenn du deinen Bruder sündigen siehst, sollst du für ihn beten. Das gilt auch für uns und darum müssen wir nicht schelten und verurteilen, aber füreinander beten, denn Glaube und Einsicht sind Gaben Gottes. Dass dies tatsächlich hilft, ist schon bewiesen. Das Konkordienbuch besteht nun 37 Jahre, sagte Scultetus, und damals waren in Deutschland nur Bremen und Neustadt an der Hardt Orte, an denen man öffentlich gegen die Konsubstantiationslehre und die damit verbundene Sicht des Abendmahls disputieren konnte. „Wer hätte damals erwartet, dass es innerhalb einiger Jahre so viele Gebiete geben würde, wo diese Lehre zur Seite geschoben werden würde“, fragt Scultetus rhetorisch seine Zuhörer. Als Antwort gibt er eine Übersicht der Gebiete und Jahreszahlen an, an denen sie wählten der Formula Concordia abzuschwören und zur reformierten Religion überzutreten.33 Wenn Gott dies alles schon getan hat, warum sollten wir nicht glauben, dass er noch mehr Lutheraner zur Einsicht bringt?34 Im Gebet nach der Predigt betet Scultetus nicht für die Lutheraner, sondern für alle Protestanten, indem er sagt: „Verleihe allen Evangelischen die Gnade untereinander eins zu sein wie du und dein Sohn auch eins sind. Damit du nicht wegen ihrer inneren Uneinigkeit und Scheidung das Reich der Gnade von ihnen wegnimmst um es anderen zu geben, die damit bessere Früchte hervorbringen.“35 Scultetus drängt hier auf eine Einheit, genau auch weil die interne Uneinigkeit einer der wesentlichen Kritikpunkte von seitens der römisch-katholischen Kirche ist.36 30 31 32 33 34 35 36

,Wie nun das leben gottloß/ also ist der tod trostloß gewesen.‘, Jubeljahrspredigt 318. Jubeljahrspredigt 307. Jubeljahrspredigt 332 – 333. ,…so zu der reformirten religion getretten‘, Jubeljahrspredigt 336. Jubeljahrspredigt 337. Jubeljahrspredigt 341. Von katholischer Seite her, wird als Reaktion auf die Lutherfestivitäten auch Spott getrieben mit der Uneinigkeit innerhalb des protestantischen Lagers. In eines der Werke, ,Drey lustige Gespräch/ Vom Lutherischen Iubeljar, Ingolstadt 1618‘ wird besonders auf die Rede von Scultetus eingegangen. Die Uneinigkeit wird sichtbar gemacht durch die Schrift des lutherischen Theologen Matthias Hoe, der eine wohlwollende Warnung gegen die Predigt von Scultetus ausgehen lässt: Trewhertzige Warnung für der JubelfestsPredigt/ so im vergangenen Jahr den 2. Novembr. Zu Heydelberg/ von Abraham Sculteto, Churfürstl. Pfältzischen Hofe-Prediger daselbst gehal-

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Am 3. November hielt Heinrich Alting in der Universität noch eine öffentliche Rede in der er beschreibt wie schlecht die römisch- katholische Kirche war und wie dankbar man sein könne, dass die Kirche durch die Reformation wieder „hergestellt“ sei.37 Das Fest endete am 4. November mit einem Lied von Simon Stenius, das er für diese Gelegenheit komponiert hatte und in einer akademischen Zusammenkunft vortrug. Es ist ein Lied, in dem besungen wird wie die Kirche vom römischen Antichristen befreit ist.38 Auffallend in diesem Lied ist, dass Stenius die Reformation bei Zwingli beginnen lässt und Luther auf den zweiten Platz kommt39, obgleich das Lied im übrigen sehr wohl den ausschlaggebenden Beitrag von Luther besingt.

Lutherisch-reformiert Den Akzent auf Luther und den nahezu ungenannt bleibenden Calvin zu setzen, passt in die Taktik der Heidelberger sich zu profilieren, als in der direkten Linie von Luthers Denken Stehende – und dadurch lutherischer zu sein als die Lutheraner selbst. Veranschaulichend für diese Haltung sind die Vorlesungen an der Universität, die Georg Sohn über das Augsburger Glaubensbekenntnis hält40 und seine Motive hierfür. Zuallererst, so sagt er, geht es hier um das Bekenntnis der Protestantischen Kirche in Deutschland und dieses müssten die Theologiestudenten gut kennen, damit sie den Inhalt dessen später auch verbreiten können. Gleichzeitig gilt allerdings, dass in diesem Bekenntnis bereits die Punkte zur Sprache kommen, die heute wieder im Gespräch sind.41 Sohn kann mit dieser Auslegung die reformierte Haltung und nach Heidelberger Meinung, – die wirklich reformatorische Meinung –anhand dieses Bekenntnisses deutlich machen und gleichzeitig Irrtümer, sowohl von Trente als auch der Lutheraner, aufzeigen. Aus diesem Beweggrund behandelt Sohn nicht alle Artikel und bespricht nur einzelne Kern-

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ten/ Darinnen irrige Lehr von den Sacramenten fürgebracht/ Zwinglij Lehr für das reine und klare Evangelium ausgegeben/ die Augspurgische Confession, und das Christliche Concordienbuch/ schmählich angetastet/ Des löblichsten Churfürstens zu Sachsen/ Herren Christiani des Ersten/ Christseligster gedechtniß/ zur höchsten ungebühr erwehnet/ und die Calvinische Religion/ um der weiten/ und schnellen ausbreitung willen/ auffs höchste gerühmet und gepreiset wird. Leipzig 1618. Die Ansprache ist wiedergegeben in Iubilaeus Academicus, 46 – 68. Iubilaeus Academicus, 69 – 80. ,Hinc proavos nostros Babylonide cedere iussit, Zwinglius Helvetius primum, dein Saxo Lutherus, …‘, Iubilaeus 69. Diese Vorlesung wurde 1609 durch seinen Sohn herausgegeben als Teil 2 von Sohns gesammelten Werken. Tomus secundus: continens exegesin praecipuorum articulorum Augustanae Confessionis, Heidelberg 1609 und hat einen Umfang von mehr als 100 Seiten. ,Tractat haec Confessio praecipuos Locos communes Theologiae, & pracipuas controversias Ecclesiasticas praesertim huius temporis attingit‘, Exegesin 4.

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aussagen. Zuerst nennt er die Gotteslehre und dies in dem Zusammenhang mit der Diskussion über die Trinität, sowohl mit Muslimen wie auch mit den protestantischen Anfechtern dieser Lehre im sechzehnten Jahrhundert.42 Die Christologie wird im Bezug auf die Konsubstantiationslehre besprochen. Der Artikel über die Erbsünde betrifft die Debatte mit Rom und die Lehre von Flacius Illyricus, und der Artikel über den freien Willen hat den Bezug sowohl zur Diskussion mit den Katholiken sowie mit den Lutheranern. Nachdem er schliesslich die Rechtfertigung behandelt, kann er sich nun auf die Diskussion mit Rom konzentrieren und sobald er die Rechtfertigung mit der Erwählung verbindet, kommt auch die Polemik mit den Lutheranern wieder zur Sprache. Die Themen, die Sohn hier behandelte, sind zum grössten Teil Themen, die auch in der Heidelberger Polemik andauernd im Gespräch sind. Auch Heinrich Alting behandelt das Augsburger Glaubensbekenntnis, und dies von der Frage her, ob die deutschen reformierten Kirchen zu der Gruppe gehören, die sich um dieses Bekenntnis versammelt hatten.43 Die nach seinem Tode herausgegebene Exegesis Logica beginnt mit der Disputation, die Alting 1620 in Heidelberg hielt und worin er die Confessio Augustana, den Heidelberger Katechismus und die Confessio Helvetica Posterior miteinander vergleicht. Seine Schlussfolgerung ist, dass sie in allem miteinander übereinstimmen, außer im Bezug auf die Sakramente, aber darüber sagt Alting, dass das hier nicht um einen fundamentalen Unterschied geht, weil man sich im Wesen der Sache miteinander einig ist.44 Die Folgerung von Alting, die außer in dieser Disputation auch in seinem ganzen Werk über diese Thematik durchscheint, ist, dass die deutschen Reformierten auch zu den Bundesgenossen der Augustana gehören. Sie werden reformiert genannt, weil sie sich freigemacht haben von Rom und sie demzufolge ihre Lehre und Gebräuche aufs Neue nach der Schrift ordneten, das bedeutet, dass sie sich reformiert haben. Sie werden evangelisch genannt, weil sie das Evangelium der Gnade wieder verkündigen. Sie sind Protestanten, weil sie auf dem Reichstag zu Speyer im Jahr 1529 protestiert haben.45 Auch in diesem Bereich gehören sie zur der ,Societas Augustane Confessionis‘.46

Lutherbibel Im Jahr 1617 lebte auch die Diskussion über die Lutherbibel wieder auf, gerade diese hatte eine Herausgabe durch Paul Tossanus zum Anlass. Dieser stand 42 Exegesin 85 – 188. 43 Num Ecclesiae Reformatae in Germaniam pro Sociis Augustanae Confessionis agnoscendae et habendae sint?, Exegesis Logica et Theologica Augustanae Confessionis, Amstelodami 1652. 44 Exegesis Logica ****. Zie ook J.F. G. Goeters, in: 400 Jahre Confessio Helvetica Posterior, 92 – 94. 45 Exegesis Logica 64. 46 Exegesis Logica 65.

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schon während seines Lebens im Schatten seines berühmten Vaters Daniel und das ist später auch so geblieben. Dennoch hat er mit der Veröffentlichung einer revidierten Lutherbibel eine einflussreiche und erstaunliche Leistung vollbracht. Mit dieser Ausgabe kam er einem Wunsch seines im Jahr 1620 verstorbenen Vaters entgegen. Dieser hatte sich gegen die Veröffentlichung von Piscators Bibel ausgesprochen, weil er Mühe hatte mit den vielen Randbemerkungen von Piscator, die ja ab und zu für Unruhe in den reformierten Kirchen sorgen könnten. Weiter war Tossanus senior der Meinung, dass eine Bibelübersetzung ein zu großes Werk für eine Person ist und fand, dass eine Bibelübersetzung sowieso keine individuelle Angelegenheit sei.47 Ein anderes wichtiges Argument von Tossanus gegen diese Bibelausgabe war, dass die meisten refomierten Theologen sich darüber einig waren, dass die Übersetzung von Luther akzeptabel war und dass es das vernünftigste sei so nahe wie möglich bei dem zu bleiben um weiteren Uneinigkeiten mit den Lutheranern vorzubeugen. Wenn es etwas zu der Übersetzung zu bemerken gäbe, könnte das gewöhnlich sehr wohl auch innerhalb der Predigt geschehen.48 Dass aber eine Herausgabe der Lutherbibel wirklich für große Uneinigkeit mit den Lutheranern sorgen könnte, bewies die Ausgabe von Tossanus junior. Die grenzenlose Würdigung von Hoe für die Lutherbibel kam schon zur Sprache. Diskussionen darüber entstanden aufs Neue als Paul Tossanus 1617 eine korrigierte Ausgabe dieser Bibel veröffentliche.49 Im Vorwort beschrieb Tossanus was er verändert hatte: „Ich habe an der Version von Dr. Luther, die in allen evangelischen Kirchen und Schulen in Deutschland gebraucht wird, festgehalten und diese unverändert gelassen. Aber dort, wo der Text etwas düster und schwierig war, habe ich ihn soweit nötig mit Randbemerkungen erklärt. Dabei habe ich direkt angegeben wo diese Version nicht ganz mit dem Brunnen der ursprünglichen Sprache übereinstimmt und wie es eigentlich dort steht oder wie es durch andere übersetzt worden ist.“50 Im Übrigen hatte Tossanus jeden einzelnen Ausdruck, den Luther gebraucht hatte, – aber der außerhalb von Sachsen und Meissen wenig bekannt war – ersetzt. Auch waren die Zusammenfassungen, die Luther am Anfang jedes Bibelbuches gegeben hatte, erneuert oder verbessert. Als Lesetipp bemerkte Tossanus noch, dass es zu bevorzugen wäre, die Bibel einfach vom Anfang bis zum Ende zu lesen, weil das, was später geschrieben ist, oft erst 47 ,Scriptura non est privatae interpretatione‘, Daniel Tossanus an den Graf von Wittgenstein, dd. 17 März 1597, in: Struve, Kirchen-Historie 501. 48 Struve. Kirchen-Historie 501. 49 Biblia, Das ist/ Die gantze H.Schrifft durch D. Martin Luther verteutscht…, Heidelberg 1617. 50 An den Christlichen Leser 1. Tossanus verweist mit keinem Wort auf die Neustädter Bibel, auch ist bereits aus seiner Einleitung gut zu erkennen, dass die Zusammenfassung von Pareus kritisch sieht. Über eine Reaktion von Pareus auf die Ausgabe von Tossanus, die seine eigene Ausgabe verdrängen sollte, ist nichts bekannt. Siehe weiter die Unterschiede zwischen beiden Ausgaben: Himmighöfer, Neustadter Bibel 185 – 190.

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Wem gehört die Reformation?

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später verstanden werden könnte, wenn man gelesen hätte, was davor geschrieben stand.51 Es ging hier deshalb um eine Ausgabe der Lutherbibel, aber dann mit erklärenden Randbemerkungen von Tossanus und mit Korrekturen an den Stellen, die Luther nicht gut übersetzt haben sollte. Eine ablehnende Reaktion dieser Ausgabe kam von Johann Winckelmann, einem lutherischen Pfarrer in Giessen.52 Winckelmann kritisierte das Weglassen der Einleitungen und anschließend, dass Tossanus Luthers Übersetzung angetastet hatte. Er beschuldigte Tossanus zudem noch, dass er an 25 Stellen die reformierte Auffassung über die Taufe, Abendmahl und Christologie in den Text und infolgedessen in die Lutherbibel eingefügt habe. Diese Reaktion war für Tossanus ein Beweggrund in einer Verteidigungsschrift die Bibeltexte noch einmal genau und gründlich auszulegen.53 In seiner Einleitung zu dieser Auslegung weist Tossanus darauf hin, dass jede Übersetzung fehlbar ist. „Sich täuschen ist menschlich, vor allem wenn es darum geht ein so großes Werk wie die Heilige Schrift aus dem Grundtext in die Volkssprache zu übersetzen.“54 Außerdem war Luther selbst nicht zufrieden mit seiner Übersetzung, denn er hatte immer an ihr gearbeitet und ständig wieder Verbesserungen daran vorgenommen. Er hatte sogar geschrieben dankbar für jeden zu sein, der ihn auf Fehler in seiner Übersetzung hinweisen würde.55 Offensichtlich ist das nicht mehr geschehen, denn die Auseinandersetzung rund um die reformierte Version der Lutherbibel verstummte nach dieser Veröffentlichung.

Zusammenfassung Der Streit über die Frage wer die Theologie von Luther am Besten bewahrt hat, hatte in der Zeit zwischen dem Augsburger Religionsfrieden und dem Beginn des 30jährigen Krieges, deutlich politische Dimensionen. Von Seiten der Reformierten wurde versucht deutlich zu machen, dass man sicher nicht weniger lutherisch war als die Lutheraner und demzufolge politisch gesehen ein Existenzrecht hatte. Der Inhalt der Diskussionen über die Lutherbibel und das Reformationsjubiläum 1617 zeigen allerdings auch, dass bei diesem Streit zumindest ebenso viele theologische Motive eine Rolle spielten. Von der lu51 ,…er sie fein ordentlich von anfang biß zum end/ unnd von einem buch zum andern/ wie eines nach dem andern folget/ lese…‘, An den Christlichen Leser 2. 52 Johannis Winckelmanni necessaria responsio ad virulentum scriptum Pauli Tossani Theologi Heidelbergensis, sub titulo apologiae pro suis notis biblicis editum, Giessen 1618. 53 ,Pauli Tossani S. Theol.D. Apologia. Pro suis notis biblicis, adversus frivolas & ineptas criminationes Johannis Winckelmanni, theologi Giessensis‘. Heidelberg 1618. 54 Tossani Apologia [4]. 55 ,…se gratiam habiturum, si quis errores a se in Translatione admissos castigarit‘, Tossani Apologia [5].

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therischen Seite sah man Luther fast als persönliches Eigentum an, und jede Kritik am ihm wurde mit einer Auseinandersetzung beantwortet und viel weniger mit inhaltlichen Argumenten in Luthers Sinn. Dass wohlgemerkt Bibelausgaben und Reformationsgedenken keine Annäherung, sondern eher eine Entfremdung zwischen Lutheranern und Calvinisten verursachten, weckte einerseits Erstaunen, aber auf der anderen Seite eine Anregung um bei neuen Bibelausgaben und beim nächsten Reformationsjubiläum 2017 andere Ergebnisse zu erzielen.

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Die theologische Pilgerschaft von Viktorin Strigel Vom „gnesiolutherischen“ Hoftheologe zum „calvinistischen“ Professor

„Ich habe die Interpretation nicht gelehrt, dass das Brot ein Zeichen oder Symbol des Leibes Christi ist, weder aus Zwinglis Büchern noch aus Calvins, die ich nicht unter meinen eigenen Bücher seien, und die ich nicht gelesen habe.“1 So schrieb Viktorin Strigel an seinen „langjährigen und lieben Freund“ Jacob Feilicher, Pfarrer in Ravensburg, am 24. Juni 1568, etwa neun Monate nachdem er einen Lehrstuhl für Ethik an der Universität Heidelberg übernommen hat. Klar ist es, dass ein solcher Protest darauf hinweist, dass er unter Verdacht stand, eine Lehre zu vertreten, die man später als „Crypto-Calvinistisch“ gebrandmarkt hätte.2 Unter die „Crypto-Calvinisten“ gehörte auch Christoph Pezel, dessen einflußreichster theologische Lehrer Strigel gewesen war. Calvinist sei er nicht, schrieb Strigel, und war er eigentlich nicht. Er ist der Lehre seines Praeceptors Philipp Melanchthon gefolgt und zwar in einer Ausprägung, die bis 1568 keine anderen Melanchthon-Schüler öffentlich vertreten hatten, die aber dem Verständnis des Abendmahls ähnlich war, das innerhalb von zwei Jahren als die philippistischen Stellungnahme der Wittenberger Fakultät enthüllt wurde. Ernst Koch hat schon den eigenartigen Weg dieses am 26. Dezember 1524 in Kaufbeuren geborenen Wittenberger Wunderkindes gezeichnet,3 eine Karriere, die sich jeder einfachen Analyse entzieht, die versucht, die Faktoren zu verdeutlichen, die in den Streitigkeiten der Jahre nach Luthers Tode und dem schmalkaldischen Kriege Luthers und Melanchthons Studenten von einander getrennt haben. Denn es scheint, dass der begabte Schüler der Wittenberger Reformatoren eine lange persönliche Entwicklung durchlaufen hat. Noch 1557 stand er – so Koch – im Vorfeld des Kolloquiums von Worms mit dem führenden Gnesio-Lutheraner Matthias Flacius „auf der gleichen Linie,“ und zwar in Bezug auf die ernestinische Politik, die auf die öffentliche Verwerfung aller falschen Lehren zielte. Zehn Jahre später, in Heidelberg, galt er jedoch – so Christoph Strohm – als „der calvinistisch gewordene Melanchthon-Schüler“.4 Aber wenn man Strigels eigene Korrespondenz über den Grund seiner Abreise aus Leipzig in Richtung Heidelberg 1567 liest, nämlich seine Abendmahls1 2 3 4

Strigel, Epistolae, 29. Zum Ursprung des Terminus „crypto-calvinistisch,“ vgl. Mahlmann, Vorläufer. Koch, Strigel. Strohm, Rezeption, 140.

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lehre, im Kontext der Wittenberger Entwicklung in diesen Jahren, dann bemerkt man, dass diese Entwicklung nicht so merkwürdig ist. Strigel stammte aus einer altgläubigen Familie und kam 1538 nach seiner Schulbildung in Augsburg zur Universität Freiburg im Breisgau. Dort hat ihm sein Lehrer Johannes Zinck empfohlen, in Wittenberg zu studieren, vielleicht weil der schon 1527 verstorbene Vater Strigels mit Melanchthon in Heidelberg studiert hatte. Strigel ging aber zuerst nach Leipzig, wo er 1542 Johann Pfeffinger, und neben ihm die ebenso treuen Melanchthon-Anhänger Bernhard Ziegler und Joachim Camerarius, als Lehrer hatte. Ende des Jahres begab er sich nach Wittenberg. Melanchthon hat ihn innerhalb von zwei Jahren damit beauftragt, Vorlesungen über seine Loci theologici zu halten und seine Auslegung der Sonntagsevangelien für die Studenten fortzusetzen. Diese Aufgaben erfüllte Strigel bis die Verwirrungen des schmalkaldischen Krieges das Wittenberger Collegium zerstreute. Strigel ging nach Magdeburg und Erfurt und kam 1548 nach Jena, auf Melanchthons Empfehlung. Er wurde die Säule der Bildungspolitik der jungen Herzöge, nämlich der Söhne des sich in kaiserlicher Haft befundenden Johann Friedrich. Damals konnte man noch nicht ahnen, dass sich der Wittenberger Kreis in Parteien trennen würde. Der Erzgnesiolutheraner Matthias Ratzeberger bemerkte, dass „die studiosi uber die masse [Strigel] gerne gehoreten und hochhielten,“ und dass er „ein furnemer trefflicher hoher philosophus et in lectionibus post Philippum omnium fere summus.“ Auch wenn Ratzeberger Strigels „lehre de libero arbitrio et Synergia“ bedauerte, erinnerte er sich daran, der wäre „beredt“ und „accomodirt sich fast in allen seinen lectionibus ad succinctum purum et elegans genus dicendi et docendi Philippicum.“5 Vierzehn Jahre diente Strigel den Herzögen treu, wähend sie ihre Politik den albertinischen Vettern gegenüber auf territorial-politischen aber auch auf kirchlich-theologischen Ebenen aufgebaut haben. Strigel vertrat die herzoglichen Stellungnahmen gegen das Augsburger Interim und den Leipziger Rathschlag von 1548, gegen Andreas Osianders Rechtfertigungslehre, und gegen Georg Majors Proposition, „gute Werke sind nötig zur Seligkeit.“6 Auch nach der Ankunft eines zweiten Wittenberger Wunderkindes, Matthias Flacius, im Mai 1557 an seiner Fakultät in Jena, mitten in den wachsenden Spannungen zwischen diesen beiden jungen, aufstrebenden Schülern der Reformatoren, diente Strigel September 1557 am Kolloquium im Worms als Repräsentant der harten Linie seines Hofes gegen die kursächsische Politik. Aber der Versuch der Herzöge, durch eine neue Form des öffentlichen Bekenntnisses, das Konfutationsbuch, Einigkeit zwischen den Parteien innerhalb des Wittenberger Kreises wiederherzustellen,7 brachte die Rivalität zwischen Flacius und Strigel und deren Anhängern auf den Siedepunkt. Als 5 Geschichte Ratzeberger’s, 215. 6 Koch, Strigel, 392, 401 – 402. 7 Vgl. Kolb, Bekentnis.

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Die theologische Pilgerschaft von Viktorin Strigel

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Strigel und sein Gesinnungsgenosse Andreas Hügel, Superintendent in Weimar, im März 1559 in dem Streit über das Konfutationsbuch gefangen genommen wurden, schien es, als ob Flacius gewonnen hätte, aber die Disputation am 2.–8. August 1560 über die Lehre des gebundenen bzw. freien Willen zwischen Strigel und Flacius leitete das Ende des Einflusses von Flacius ein. Beide hatten sich im Laufe der Disputation um den freien Willen auf Luther berufen, aber Strigel strebte danach, Melanchthons Anliegen, die menschliche Integrität und Verantwortlichkeit aufrechtzuerhalten, zu behaupten, während Flacius versuchte, Luthers Akzent auf die alleinwirkende Gnade Gottes zu bewahren.8 Flacius’ Radikalität in der Anwendung von Aussagen Luthers über die Wirkung der Sünde auf den Menschen, welche er dessen Schriften entliehen hatte, – der Sünder als imago diaboli, und die Erbsünde als das Wesen oder substantia des Sünders – und wenige Monate später seine harte Kritik gegen die herzoglichen Pläne, eine neue Form des Konsistoriums der Kirche einzuführen – ließen Herzog Johann Friedrich den Mittleren Bedenken gegenüber Flacius und seinen Gesinnungsgenossen hegen. Die führenden Figuren im Kreise um Flacius verschwanden im Laufe des Jahres 1561 freiwillig (obwohl doch unter Druck vom Hof) oder durch Verbannung aus dem Herzogtum. Man hätte meinen können, Strigel habe gesiegt. Aber auch er hatte nach der Weimarer Disputation den Unmut Herzogs Johann Friedrichs des Mittleren nicht überwunden. Dieser hatte ihn noch März 1562 als einen bezeichnet, der „wissentlich und willig in einem Irrthum beharren“ wolle.9 Dazu blieben mehrere Flacius-Anhänger unter den Gemeindepfarrern im Herzogtum. Mitten in den Spannungen, die zur Absetzung von mehr als dreißig Kritikern von Strigel im Laufe 1562 – 1563 führten, ahnte Strigel, dass er in Jena keinen Frieden finden konnte. Dazu kam schon im Februar 1562 das kursächsische Angebot einer Stelle an einer Universität seiner Wahl, entweder Wittenberg oder Leipzig.10 Strigel verließ Jena am 6. Oktober 1562, und trotz der Bemühungen einiger dortiger Kollegen ihn zurückzugewinnen, wurde er im April 1563 durch eine Berufung durch Kurfürst August außerplanmäßiger Professor an der Leipziger philosophischen Fakultät. Dort hat er Vorlesungen gehalten und die Ämter des Rektors und Dekans ausgeübt. Diese Phase seines Lebens endete, offenbar gegen seinen Willen, aber „aus notwendigen Gründen,“11 weil Johann Pfeffinger, sein erster evangelischer Lehrer und auch sein Gesinnungsgenosse in der Debatte über den freien Willen, am 8. Februar 1567 Strigel mit Zustimmung des Kurfürsten das Betreten des Auditoriums versagte. Grund dafür war der Inhalt seiner am 22. Januar begonnenen Vorlesung über Melanchthons Locus vom Abend-

8 9 10 11

Musaeus, Disputatio. Vgl. Kolb, Bound Choice, 118 – 120. Voigt, Briefwechsel, 591, in einem Brief an Albrecht vom 9. März 1562. Zinck, Universität Leipzig. Strigel, Epistolae, 36.

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mahl.12 Obwohl diese Entscheidung Strigel erschütterte,13 kam dieses Lehrverbot nicht ganz unerwartet, zumal es zwischen Strigel und dem Kurfürsten sowie seinen Theologen bereits Spannungen über das Thema seiner vorgesehenen Vorlesungen, nämlich das Abendmahl, bzw. die Abendmahlslehre in den Loci Theologici Melanchthons, gegeben hatte.14 Offenbar hielt Strigel seine Stellungnahme für kompatibel mit derjenigen seiner Kollegen in Kursachsen, auch wenn Pfeffinger und andere das Gegenteil glaubten. Strigel ging daraufhin nach Amberg in der Oberpfalz, weilte da mit Aufträgen vom kurpfälzischen Hof, bis er in September einen Lehrstuhl für Ethik in der Heidelberger Artistenfakultät übernahm, den er bis zum Tode am 26. Juni 1569 inne hatte. Strohm ist nicht der einzige, der Strigel wegen seines Aufenthalts in Heidelberg und seiner späteren Lehre von der Anwesenheit Christi im Abendmahl als „Crypto-Calvinisten“ oder sogar als „Calvinist“ vor den Crypto-Calvinisten gesehen hat.15 Aber eine nähere Untersuchung von seiner eigenen Apologia in den Monaten nach seiner Abreise von Leipzig zeigt ein Bild von einem Melanchthon-Schüler, der im Gespräch mit seinem Meister geblieben ist, und der eine Facette der Vielfältigkeit der Möglichkeiten, die die Studenten von Luther und Melanchthon hatten, ihr Erbe von den beiden Preceptoren zu entfalten, vorstellt.16 Koch datiert Strigels „Abwendung von genuin lutherischen Optionen“ auf das Jahr 1557, als die Spannungen mit Flacius anstiegen.17 Strigel hatte nie den Kontakt mit seinem Praeceptor Philipp Melanchthon verloren. Strigel und Melanchthon haben am Wormser Kolloquium miteinander Gespräche geführt, auch wenn sie entgegengesetzte Methoden in den Verhandlungen anwandten.18 Strigel betrauerte im Jahre 1560 den Tod „unseres Vaters und 12 Vgl. Strigel, Loci, 140: „Studiosis in Academia Lipsica. S.D.,“ am 22. Januar 1567 datiert; S. 173 schreibt der Herausgeber Christoph Pezel, dass die Vorlesung am 7. Februar abgebrochen sei, durch die Machenschaften gewisser Menschen, und weil Strigel „die heimstückischen Intrigen einiger falschen Brüder fürchtete,“ ging er nach Amberg. 13 Wesenbeck, Papianus, P8bff., ein Brief von 31. März 1566, und Brief an Beza, 8. 9. 1567, Thesaurus Baumianus, 29:111. Vgl. ein Brief an Herzog Albrecht aus Amberg „in exilio,“ vom 20. April 1567, Voigt, Briefwechsel, 604: „Ich bin mir bewußt, dass ich auch der Universität zu Leipzig sowohl in bezug auf die anderen Theile der christlichen lehre als auch in Betreff der Sakramente nur die Wahrheit und was mit dem Wort Gottes übereinstimmt, gesagt und geschrieben habe. Aber eben wegen des Bekenntnisses der offenbaren Wahrheit bin ich unverhörter Sache zum Exil verurtheilt.“ 14 Koch, Strigel, 391 – 397. 15 Kawerau, Strigel, 101. 16 In ihrer vielseitigen Analyse der Reaktionen auf die Konkordienformel hat Irene Dingel gezeigt, wie verschiedene Melanchthon-Schüler die Lehre vom Abendmahl und die Christologie des Praeceptors zusammengestellt haben, vgl. Dingel, Concordia controversa, 101 – 160, 207 – 412; vgl. Hund, Wort Ward Flesich, 669 – 702. 17 Koch, Strigel, 402. 18 Wolf, Geschichte, 347. Vgl. Bundschuh, Religionsgespräch, 241 – 242, 281 – 286, 412 – 413, 421 – 425, 458 – 461.

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Praeceptors“ (wie er schrieb) sehr.19 Strigel wusste ohne Zweifel von der Änderung in Melanchthons Formulierung von der Anwesenheit Christi im Abendmahl, die nicht lange vor dessen Tod eingetreten ist. Johannes Hund behauptet, dass in Melanchthons Nachdenken über die christologische Dimension der Abendmahlslehre im Jahre 1557 eine „tiefe Zäsur“ eintrat, nämlich als er in der Auslegung von Kolosserbrief 3,1 seine Übereinstimmung mit Luthers Interpretation von der Himmelfahrt Christi und seinem Sitzen zur Rechten des Vaters aufgab und dies im Sinne einer räumlichen Umschließung der menschlichen Natur Christi im Himmel interpretierte, selbst wenn Melanchthon den Himmel nicht als einen topographisch-bestimmbaren Ort identifizieren wollte: Christus sei leiblich verortet im Himmel, „wo auch immer er sei“ (ubicumque est). Hund bemerkt, dass im Jahre 1557 „auch die unräumliche Gegenwart Christi arcano modo seinen beiden Naturen nach, die er [Melanchthon] 1550 noch vertreten hatte, […] keine Erwähnung mehr“20 finde. Melanchthon berief sich auf Augustin, um zu behaupten, dass „Christi menschliche Natur […] nach wie vor nach der Art eines wahren Körpers an einem Ort präsent“ bleibe. Hund schließt, mit Verweis auf Theodor Mahlmann, daraus dass die von Melanchthon „in früheren Jahren vertretene Gegenwart des ungeteilten Christus seinen beiden Naturen nach bei seiner Kirche […] so implizit widerrufen“21 werde. Um diese Zeit hat Melanchthon auch sein Verständnis des Wortes joimym_a im 1. Korintherbrief 10,16 geändert; von nun an heiße es, diese Gemeinschaft weise auf die Verbindung zwischen den Empfängern des Abendmahls und dem Leib Christi, d. h. der Kirche, hin, nicht mehr auf das Verhältnis zwischen Brot und Leib Christi, zwischen Kelch und Blut Christi, d. h. zwischen Abendmahlselementen und Menschheit Christi.22 Hinzu kam die Zuspitzung von Melanchthons Abendmahlslehre auf den usus, auf die Funktion des Sakraments, als signum der res, als die Verkündigung des Evangeliums. Diese Zuspitzung äußerte sich vor allem in dem Satz, das Abendmahl geschehe „non propter panem sed propter hominem.“23 In früheren Zeiten hatte Melanchthon diese Auffassung noch nicht vertreten, und Strigel ebenso wenig. In den vorhandenen studentischen Mitschriften von Strigels Behandlung des Abendmahls wird das klar. Man muss freilich die Probleme, die der Gebrauch solcher Mitschriften mit sich bringt, erkennen: erstens, ob die Studenten den Professor richtig verstanden haben, und zweitens, wenn diese Quellen zehn bis sechzig Jahre später herausgegeben wurden, und das oft mitten in laufenden Kontroversen, ob die Herausgeber sie richtig reproduziert haben. Aber wir haben Berichte verschiedener Proveni19 20 21 22 23

Gillet, Crato, II:480 – 481. Hund, Wort Ward Fleisch, 87 – 89, mit Hinweis auf CR 15, 1271. Hund, Wort ward Fleisch, 89 – 90. Vgl. Mahlmann, Neue Dogma, 200. Hund: Wort ward Fleisch, 92 – 94. Vgl. Kolb, Last Will, 107 – 108, 113 – 114. Hund: Wort ward Fleisch, 94 – 95.

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enz, die nicht immer die Stellungnahme des jeweiligen Herausgebers reproduzieren.24 Aus Rostock kam 1618 ein Vergleich zwischen Strigels Abendmahlsehre von 1551 und seiner späteren Stellungnahme. Sie wurde in Parallele gesetzt zu dem Wechsel in der Lehre bei dem Brandenburger Superintendent Christoph Pelargus, der um 1613 Calvinist geworden ist.25 Auch nach der Erinnerung des Gnesiolutheraners Hermann Hamelmann, der seine Notizen von Strigels Vorlesung über das Abendmahl 1553 niedergeschrieben hat, habe Strigel damals die Abendmahlslehre von Luther und Melanchthon vertreten (beide hätten allerdings, so glaubte Hamelmann, dieselbe Abendmahlslehre vertreten). Hamelmann veröffentlichte 1576 seine Notizen aus seiner Zeit als Student in Jena,26 und zwar mitten in den Bemühungen, Kursachsen auf jene Linie einzuschwören, die als die alte, einträchtige Wittenberger Lehre Luthers und Melanchthons galt.27 Im Sommer 1555 hielt Strigel eine Vorlesung über Melanchthons Loci und erklärte den Jenaer Zuhörern, dass die Gabe des Abendmahls den Empfängern des Sakraments nicht durch Brot und Wein, sondern durch Leib und Blut Christi wahrhaftig und wesenhaft übertragen [exhibuntur] werde. Gleichzeitig würden den Gläubigen Vergebung der Sünden und die anderen Wohltaten Christi gegeben, die im Evangelium verhießen sind.28 In einem Text von 1557, der erst 1590 im kryptocalvinistischen Leipzig veröffentlicht wurde, liest man, dass Strigel in einer Vorlesung über Cicero die Meinung der Oberdeutschen abgelehnt hatte, dass ein physischer Leib nicht gleichzeitig an zwei Orten – im Himmel und auf der Erde – sein könne. Zwar sei dies in der Physik unmöglich – ein Leib könne auch nicht durch eine geschlossene Tür gehen –, aber wenn man an das Leiden und Auferstehen des Herrn glaube, müsse man auch glauben, dass er am Abend nach seiner Auferstehung auch durch verschlossene Türen gekommen ist (Joh. 20,19). Und wenn die Vernunft daran keinen Anstoß nimmt, kann man auch glauben, dass der auferstandene Christus seinen wahren Leib und wahres Blut überall dort geben kann, wo er anwesend sein will.29 In diesem Kontext an der Universität Jena musste Strigel bis zu dieser Zeit seinen Zeitgenossen als treuer Schüler aller beider Wittenberger Präceptoren gelten, sowohl Luthers als auch Melanchthons. Aber ein Jahrzehnt später, in Leipzig, wurde man darauf aufmerksam, dass sich Strigel doch wohl weiter als die anderen kursächsischen Theologen von Luthers Verständnis des Sakraments entfernt hatte. Seine Antwort vom 2. Dezember 1562 auf eine Bitte Herzog Albrechts, doch seine Meinung über ein jetzt unidentifizierbares Buch über das Abendmahl zu äußern, ließ seine 24 25 26 27 28

Koch, Strigel, 404. Strigel, Doctrina de coena. Strigel, De Praesentia. Koch: Auseinandersetzungen; Hasse, Zensur, 183 – 211. Universitäts- und Landesbibliothek Jena, Ms. App. 26 M, 2. Zählung Bl. 12v, zitiert in Koch, Strigel, 399, Anm. 48. 29 Strigel, Libellum de Animae, 390, zitiert in Koch: Strigel, 399 – 400, Anm. 48.

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Position zur Zeit seines Wechsels an die Leipziger Fakultät im Unklaren, als er versucht hatte, einen deutlichen Ausdruck seines Verständnisses von der Anwesenheit Christi im Abendmahl zu vermeiden. Er bekannte sich zur Lehre der preußischen Kirchenordnung von 1557/155830 und bemerkte: „In derselbigen ist meines Erachtens der Artikel unseres christlichen Glaubens vom Unterschied des Abendmahls und anderer Speise und Trank, desgleichen von der Gegenwart Christi in seinem heil. Abendmahl und endlich von der Gemeinschaft des Leibes und Blutes unseres Heilands also gefaßt, dass ich nach meiner einfalt nicht verstehe, wie er deutlicher und christlicher könnte gestellt werden. Weil denn alle Artikel unserer christlichen Lehre nicht mit der Vernunft, sondern allein mit dem Glauben sollen und müssen angenommen werden, gleichwie man ein feuriges Eisen nicht mit bloßen Händen, sondern mit einer Zange, wie Chrysostomos sagt, angreift, achte ich es für unnöthig, dass man von dem modo praesentiae et communicationis corporis et sanguinis Christi weitläufig disputiere und halte in diesem Falle an der nützlichen Regula Augustins: Cur definitur cum discrimine, quod ignoravi potest sine crimine. Da man aber von einer formula concordiae diesen Artikel belangend deliberiren sollte, so wäre mein einfältiges Bedenken, dass man die Form wiederum hervorsuchte, welche von Doctor Martin Luther und anderer Theologie im J. 1536 [die von Melanchthon verfasste Wittenberger Konkordie] gestellt und approbirt ist.“31 Danach hat er die Stellungnahme hinter diesen Worten expliziter formuliert. Offenbar wurde sie schnell einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, denn auf dem Wege nach Heidelberg, während seines Aufenthalts in Amberg, und danach in Heidelberg verteidigte er seine Position in Briefen an wenigsten fünf Bekannten, die gegen seine neue Stellungnahme Einwände erhoben hatten. Sein Schüler Christoph Pezel hat 1584 neun solche Briefe veröffentlicht. Wenn man diese Briefe neben Hamelmanns Bericht über Strigels Abendmahlsvorlesung von 1553 legt, sieht man an wenigstens vier Punkten, dass Strigel Luthers Verständnis von der Anwesenheit Christi im 30 Die Kirchenordnung stellt Fragen, die ,Examinanden‘ beantworten sollten; in bezug auf das „Nachtmal des Herrn Christi“: „Ob das Brot vnnd der Wein in dem Nachtmal des Herrn Christi, sey, lau seiner Wort, (Nemet hin vnd esset, das ist mein Leib, Nemet hin und trincket, das ist mein blut, etc.) der recht warhafftig Leib vnd Blut Christ, werde auch durch Wein und Brot warhafftig, wesentlich vnd gegenwürtig außgetheilet. Ob das Brot werde also in den Leib, vnnd der Wein in das Blut Christi verwandelt, das da weder Brot noch Wein, sonder allein die gestalt des Brots vnd Weins bleibe? Ob der vnwürdig auch den Leib vnnd Blut Christi im Nachtmal empfahe. Ob man auß dem Nachtmal Christi, soll ein Meß machen, darinn man den Leib vnd Blut Christi opffer, für die Sünde der Lebendigen vnd Todten? Ob man das Brot vnd Wein für den Leiib vnd Blut Christi halten soll, so man darbey kein Verkündigung des Tods Christi haltet. Vnd es nicht nach der Einsatzung Christi der Kirchen außtheilt, sonder sperret es in ein Sacramentheüßlin, oder tregt es vmbher in einer Monstrantzen.“ „Kirchen Ordnung Wie es im Herzogthumb Preussen, beides mit Lehr vnd Ceremonien . . . gehalten wird,“ in: Richter, Kirchenordnung, 200. 31 Voigt, Briefwechsel, 594 – 595. Albrecht äußerte sich unzufrieden mit dieser Antwort. Ebd. 595, vielleicht weil Strigel in seinem Brief die gestellten Fragen nicht beantwortet hatte.

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Abendmahl nicht mehr akzeptierte, und sein eigenes frühere Verständnis davon geändert hatte, und zugleich versucht hatte Melanchthons letztes Verständnis davon zu übernehmen, obwohl der dieses auch überarbeitet hatte. Erstens veränderte Strigel die Basis der Autorität(en), die er für seine Argumentation heranzog, wenn man seine Stellungnahme von 1553 mit der von 1567/1568 vergleicht. Hamelmanns Notizen nach, setzte Strigel 1553 voraus, dass die Worte des Sohnes Gottes, wahr, einfach, und im eigentlichen Sinn zu verstehen seien, besonders wenn sie Glaubensartikel darlegen. Die menschliche Vernunft könne Gottes Verheißungen nicht verstehen; der Gläubige müsse sich an Jesu klare Worte halten.32 Denn nach Strigel hatte sich Jesus an den Standard Platos gehalten, dass die Sprache nicht metaphorisch oder zweideutig sein sollte, sondern klar und einfach.33 Jesus, so setzte er voraus, hätte einfach nicht so undeutlich und unübersichtlich über solche Dinge mitten in seiner Passion sprechen können und wollen.34 1567 aber erwähnte er die Spannung zwischen den Worten Christi und der Vernunft gar nicht mehr. Es ging ihm nur noch um die eigentliche Bedeutung der Worte Christi, die jetzt nicht mehr buchstäblich aus der Schrift abegleitet wird, sondern aus der „analogia fidei“.35 In den 1550er Jahren betonte Strigel also, dass die Lehre nur auf das Zeugnis der Schrift gegründet werden dürfe, während er 1567/1568 von der „analogia fidei“ her argumentierte und außerdem Bezug nahm auf das Corpus doctrinae Christianae, die Artikel des Glaubens, wie sie in den altkirchlichen Glaubensbekenntnissen, Apostolicum, Nicäum, und Athansianum, verbürgt sind, ebenso in den ersten vier Konzilien36. Strigel äußerte in einem Brief an Billibald Ramsbach, dass der Streit über das Abendmahl eigentlich leicht auf dem Fundament der Loci über den Sohn Gottes, die Kirche, die Rechtfertigung durch den Glauben allein, und das Ministerium der Kirche zu lösen sein müsse.37 In diesem Zusammenhang stieg die Zahl der herangezogenen Väterzitate an. Auch Luther zitierte Strigel oft, obwohl manchmal eher im Blick auf Nebenfragen, statt im Blick auf das zentrale Problem, die Abendmahlslehre. Er versäumte nicht klarzustellen, dass man, trotz des großen Verdienstes dieses Praeceptors, auch dessen „dicta et scripta“ nach der analogia fidei beurteilen müsse.38 32 Strigel, De Praesentia, A8a: Tribuamus filio Dei laudem veritatis, cuius simplex & propria est oratio, praesertim in ennarratione articulorum quibus salutis nostrae ratio continetur. Etsi autem mens humana non intelligit, quomodo hac tanta tamque miranda opera fiant, tantum filio Die reuerenter assentiamur, qui & vult & potest contra naturae ordinem ea, quae promisit atque recepit optima fide praestare. 33 Strigel, De Praesentia, A8b: Nihil in oratione figuratum, nihil ambiguum, nihil flexiloquum videri licet: sed omnia propri¦ & simpliciter dicuntur. 34 Strigel, De Praesentia, B1a. 35 Strigel, Epistolae aliquot, 17. 36 Strigel, Epistolae aliquot, 6, 25, 36, vgl. Strigel,Loci theologici, 140. 37 Strigel,Epistolae aliquot, 10. 38 Strigel, Epistolae aliquot, 34.

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Koch schreibt die Änderung in Strigels Sakramentsverständnis zum Teil seiner Lektüre von Augustin und anderen Vätertexten zu, deren Kauf durch Geschenke von Herzog Albrecht von Preußen ermöglicht worden ist.39 Dass Strigels Väterlektüre ihn in einem ganz anderen Standpunkt gestärkt hat, als die von Joachim Westphal, der 1555 eine Sammlung von Augustins Äußerungen über das Abendmahl im ganz lutherischen Sinne veröffentlicht hatte,40 oder die von Martin Chemnitz, der seine Erforschung der alten Kirche am Hof des Herzogs Albrechts fünfzehn Jahre vorher begonnen hatte,41 ändert nicht die Tatsache, dass die Sammlung von Augustinzitate, die Strigel seinem Gönner innerhalb von wenigen Monaten, am Ende 1564, geschickt hatte, seine neue Stellungnahme wiederspiegelt.42 Ohne Zweifel hat Melanchthon ihm diese Lektüre empfohlen, denn der Praeceptor wurde am Ende des Lebens durch seine Lektüre der Väter auch zu anderen Schlussfolgerungen gebracht, als mehrere seiner Schüler, wie Chemnitz und David Chytraeus.43 Strigels wachsender Gebrauch der Väter zeigte zwar keinen Verzicht auf die Autorität der Heiligen Schrift aber eher seinen Wunsch, die Frage der buchstäblichen Interpretation der Stiftungsworte zu vermeiden und die Auslegung der Worte von der analogia fidei, bzw. den loci über die Himmelfahrt Christi zu einem räumlich geschlossenen Rechten Gottes zu richten. Zweitens: Auf der Basis eines neuen Rahmens für sein Denken über das Sakrament formulierte Strigel seine neuen Überzeugungen von der Anwesenheit Christi im Sakrament. Es ist klar, dass Strigel, nach Hamelmanns Vorlesungsmitschriften, schon 1553 um die rechte Formulierung seines Verständnisses von Christi Anwesenheit rang. Er bestand aber damals noch darauf, dass Gottes Wort im einfachen Sinn wahr sei, und dass die Worte der Propheten und Apostel Glauben verlangen, auch wenn sie der Vernunft widersprechen.44 Am Ende dieser Hamelmannschen Mitschrift steht ein Kapitelchen mit Strigels Formulierungen „de forma praedicationis, Hoc est corpus meum“. Darin findet man seine literale Interpretation der Einsetzungsworte. Darüber hinaus wird hier deutlich, dass er zwar seinen hermeneutischen Zugang zur Schrift von Melanchthon übernommen hat,45 aber schon darüber hinaus geht. Im Sakrament verstehe Strigel nun die Einsetzungsworte weder „regulär“ [buchstäblich] noch „figurativ.“ Es gibt für ihn eine dritte und eine 39 40 41 42

So schrieb Strigel in einem Brief an Herzog Albrecht, 10. Oktober 1564, Voigt, Briefwechsel, 597. Westphal, Collectanea. Chemnitz, Repetitio, und De duabus naturis. D. Augustini perpetua sententia et confessio de sacramentis in genere & de coena Domini, Collecta Victoro Strigelio . . ., in: Strigel, Epistolae, 39 – 50, und mehreren anderen Sammlungen von Strigels Schriften; vgl. Koch, Strigel, 397, Anm. 37. 43 Über Melanchthons Gebrauch von Augustin, vgl. Wengert, Melanchthon and Augustine: Wengert analysiert hauptsächlich die Rechtfertigungslehre und daneben den allgemeinen Gebrauch der Väter in der humanistischen Hermeneutik. Melanchthon hatte schon am 29. August 1550 Strigel die Lektüre von Augustin empfohlen, MBW 5890, CR7: 651 – 652. 44 Strigel, De Praesentia, B3a–B4a, B5a–C1b. 45 Erotemata dialectics, 1547, CR 13:254; vgl. Mahlmann, Neue Dogma, 64 – 65.

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vierte Form oder Redensart. Das Johannesevangelium 1,14, wo es heißt „das Wort wurde Fleisch,“ sei nach Maßgabe der hypostatischen Union der beiden Naturen in Christus zu verstehen. Dies sei aber noch nicht die Weise, in der die Einsetzungsworte „hoc est corpus meum“ zu deuten seien. Schon zu dieser Zeit verzichtete Strigel also auf Melanchthons Argumentationslinie, die auf die hypostatische Union als Basis für die Anwesenheit von Leib und Blut Christi im Abendmahl baute. Stattdessen argumentierte Strigel, dass die sichtbaren Elemente mit Leib und Blut Christi in einer von Gott geschaffenen Verbindung [copulatio] sacramentaliter zusammenkommen. Strigel verglich diese Verbindung mit der Verbindung des Heiligen Geistes mit dem Wasser in der Taufe (Titusbrief 3,5), ohne dass es sich um eine hypostatische Union zwischen dem Geist und dem Wasser handele. Parallel dazu sind Christi Leib und Blut in Verbindung mit der Verheißung wahrhafftig anwesend und werden den Abendmahlsteilnehmern ausgeteilt. Nicht die hypostatische Union von Gottheit und Menschheit in der Person Jesu garantieren diese Präsenz, sondern sie sei sacramentaliter gegeben. Christus habe seine Anwesenheit an Brot und Wein, die äußeren Elemente des Sakraments, gebunden, damit sie als Medien der Verheißung beim Gläubigen wirken. Die Empfänger des Sakraments essen und trinken den Leib und das Blut Christi, die die Kraft und Wirkung des Abendmahls sind.46 1567/1568 erläuterte Strigel sein neues Verständnis des Abendmahls am ausführlichsten in einem Brief vom 20. April 1568 an einen ungenannten „Freund,“ der Professor in Erfurt war : „Ich habe immer gelehrt und lehre noch, dass das mystische Abendmahl sich vom physischen Essen unterscheidet, und dass die Symbole, die in diesem Mahl ausgeteilt werden, keine bloßen Symbole sind, sondern Pfand und Siegel der Gemeinschaft des Leibes und des Bluts Christi mit allen und jedem einzelnen Gläubigen, der des Verdienstes des Todes Christi durch den Glauben teilhaftig wird und sich dem Leib Christi anschließt. Diese Wirkung in den Gläubigen nennt Paulus ohne Zweifel joimym_a mit dem Leib und Blut Christi…“47 Strigel erläuterte sogleich 46 Strigel, De Praesentia, B1b-B2a: Forma duplex est, vna interior, altera exterior. Exterior est tota actio — Christo mandata, videlicet manducatio carnu & haustus ex poculo. Haec adeý necessaria est, vt sine ea nullo modo adesse poßit. Interior illa qua abditÀ latet, & sola fide acquiscente in verbo cernitur, nam vt omnis ratio vitae corpori non prius inseritur — Deo, qu—m corpus ipsum, quod quasi vas est, & aliquod anima receptaculum ritÀ figuratum atque perfectum. Sic forma interior coenae Domini tum demum — Christo nobis exhibetur, quando paremus & obedimus praecepto illius de externa actione, Accipite & manducate, Bibite ex hoc omnes. Complector autem appellatione interoris formae corpus & sanginem Christi, quae certum est esse huius coenae neruos atque actus, & iuxta promißionem manducantibus & bibentibus distribui. 47 Strigel, Epistolae, 23. In den 1584 veröffentlichten Briefen äußerte Strigel nicht seine Interpretation von 1. Korintherbrief 10, 16, bzw. sein Verständnis von der joimym_a im Abendmahl, aber in der Leipziger Vorlesung (Loci theologici 166, 169) hat er dem „späteren“ Melanchthon gefolgt, und dessen neuen Gebrauch angenommen, nämlich, verstand er das Wort nicht als einen Ausdruck über das Verhältnis zwischen Brot und Leib, Wein und Blut im Abendmahl, sondern einen über das Verhältnis zwischen Christus und der Kirche, die sein Leib auch heißen

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auch den Hintergrund für diese Formulierung seiner Lehre. Wie Melanchthon, hatte Strigel, wie er selber in seinen Leipziger Vorlesungen äußerte, Angst und Abscheu vor Aberglauben und falscher, aus mittelalterlicher Frömmigkeit und Theologie überkommenen Lehre: „Ich habe immer gelehrt und lehre noch, dass die Transsubstantiation verworfen werden müsse, und auch die lokale Einschließung des Leibes, das Herumtragen des Sakraments [im Corpus Christi Umzug], die Elevation [der Elementen im Sakrament], Anbetung des Brotes und ähnliche Ideen…“ Strigel stellte sogar die Lehre der württembergischen und einiger norddeutscher Luther-Anhänger auf dieselbe Stufe mit den Altgläubigen: „Ich habe nie die neue Meinung von der Ubiquität gebilligt, die der ganzen Kirche durch viele Jahrhunderte unbekannt war.“48 Strigel behauptete, dass alle Christen glauben, dass Christus anwesend im Abendmahl sei, und zwar wegen des Gläubigen, nicht wegen des Brots, wie Melanchthon betont hatte. Alle glauben auch an Gottes Wahrhaftigkeit und Allmacht. Trotzdem, dürften Christi Worte im Abendmahl nicht weniger wahr sein, wenn man sie „figurativ“ statt „im eigentlichen Sinn“ verstände. Strigel lehnte also eine besondere, bzw. substantielle Anwesenheit des Leibes und Blutes Christi im Abendmahl ab.49 Die Abendmahlspräsenz Christi sei ganz anders zu verstehen als etwa die Anwesenheit seines Leibes im Brot. Sie bedeute vielmehr, dass durch die ganze „actio“ des Sakraments Christus da sei.50 Seine Anwesenheit ist eine sakramentale Präsenz. Die Einsetzungsworte müssen demnach als Analogon von Zeichen und Bezeichnetem verstanden werden. Leib und Brot, Blut und Wein kommen in einem größeren Zusammenhang, der bestimmt ist durch den Vollzug des Ritus, den Christus gegeben hat, zusammen, nämlich in bezug auf das Ziel, das er für das Abendmahl gesetzt hat, und den Glauben des Empfängers des Sakraments. Aber was man im Abendmahl empfängt kann nicht der Leib sein, der am Kreuz gestorben ist.51 Die Anwesenheit Christi, so argumentierte Strigel, hängt vom Willen des

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51

kann (1. Kor. 10,17; 12, 12 – 27; Eph. 4,12). In Anlehnung an der Wittenberger Konkordie zählte Strigel drei Definitionen des Wortes joimym_a auf: 1. die Übertragung und Anwendung der beneficia Christi, die sein Tod und Blut verdient hatten; 2. die Gemeinschaft der Gläubigen mit seinem allerheiligsten Leib, und 3. die Wirkung des Sakraments durch den Glauben. Strigel, Epistolae, 23 – 24. Vgl. Strigel, Loci theologici, 164 – 165. Text? Strigel, Epistolae, 27 – 28. Strigel, Epistolae, 34: SaepÀ etiam declamitas de praesentia in Coena., quam nemo sanus vnquam negauit. Aliud est autem praesentia corporis in pane, aliud praesentia eiusdam in Coena. Nam Coena est tota actio — Christo institute, ad quam plura requiruntur qu—m panis Eucharisticus. Strigel, Epistolae, 28 – 29: Quod verý ad tuam confessionem attinet, fateor ipse quoque panem Eucharisticum esse corpus Christi, sicut inquit Dominus: Hoc est corpus meum; sed intelligo haec verba de subiecta materia. C¾m enim Christus instituat Sacramentum, vtitur phrase Sacramentali, qua appellatio rei tribuitur signo propter duas causas: primfflm propter \makoc_am signi ad rem signatam: deinde propter relatiuam copulationem signi & insignati in vero vsu, ad quem tria requiruntur : Ritus conueniens ordinationi diuinae, finis legitimus & fides personae vtentis.

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Herrn ab; er kann erwirken, was er will, wie Melanchthon seit den 1520er Jahren gelehrt hatte,52 eine Position, die Martin Chemnitz in eine andere Richtung entwickelt hat.53 Ohne Luthers Kritik an der ähnlichen Interpretation von Oekolampad54 zu berücksichtigen, schrieb Strigel, dass die Worte im Abendmahl zwar keine leeren Symbole oder bloße Zeichen seien, sie sollten aber wie die Worte „ich bin der wahre Weinstock,“ als Tropus verstanden werden.55 Die Einsetzungsworte müssen tropologisch interpretiert werden, weil die Loci von der Himmelfahrt und den beiden Naturen in Christus ihre wörtliche Interpretation unmöglich machen.56 Dass die Einsetzungsworte im wörtlichen Sinn verstanden werden müssen, weil sie die Worte eines Testaments sind, akzeptierte Strigel im Jahre 1568 nicht mehr. Für diese Position zog er Luther selbst heran. Dieser habe nämlich „die letzen Worte Davids“ als Testament bezeichnet (2Sam 23, 1 – 7) und selbst deutlich gemacht, dass diese Stelle voller „Figuren“ stecke. Strigel meinte, das als Testament des Herrn verstandene sei ein Bund, und als Bund ein Pfand und Zeugnis, ein Siegel des Glaubens.57 An der Lehre Luthers, dass dieses Testament durch den Leib und das Blut Christi ausgeteilt und empfangen würde, hielt er nicht mehr fest. Drittens: Das Ziel des Sakraments definierte Strigel schon 1553 nicht als Gnadenmittel im engsten Sinne sondern als die Bestätigung des Glaubens an der Vergebung der Sünden und der Hoffnung auf die Auferstehung, und das Zeugnis, dass die Kirche ewig bleibt, auch mitten in dieser Welt.58 Man müsse halten, dass die Sakramente des Neuen Testaments von denen des Alten Testaments zu unterscheiden sind, aber der Unterschied besteht darin, dass Taufe und Abendmahl den Empfängern die Verheißung der Vergebung der Sünden und Versöhnung übertragen.59 Fünfzehn Jahre später vertritt er eine ähnliche Position. Strigels Verständnis von der sakramentalen Wirkung band, wie bei Melanchthon, den Glauben, der die beneficia Christi bekommt, mit dem Wort, das im Gegensatz zu Luther, nicht an den Elementen des Abendmahls angeschlossen sei, sondern nur in einer äußeren Verbindung mit denen steht.60 Das Sakrament sei zwar ein sichtbares Wort, wie Augustin es formulierte, ein 52 53 54 55 56

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Hund, Wort ward Fleisch, 73 – 75. Mahlmann, Dogma, 205 – 238. Vom Abendmahl Christi, Bekenntnis, 1528, WA 26:379,1 – 383,35, 391,8 – 392,37. Strigel, Epistolae, 35. Strigel, Epistolae, 33: Iam verý constat t| qgtom verborum Coenae sine tropo intellectum, pugnare cum natiua sententia duorum articulorum symboli; quorum alter docet pias mentes de proprietatibus duarum naturarum inconfusis; alter de locali ascensione corporis Christi in coelum. Strigel, Epistolae, 31. Strigel, De Praesentia, B3a: Congruunt autem hae consolationes cum doctrina de finibus coenae Domini, inter quos praecipui sunt, Confirmatio fidei & spei, Testificatio de perpetuitate Ecclesiae, mansurae etiam in hac vita inter fluctus & procellas impiorum. Strigel, De Praesentia, C1b–C2b. Strigel, Epistolae, 8, 22, 26.

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Zeichen der Gnade, das den Gläubigen nicht mehr anbietet, als das Evangelium wenn es durch das Hören, Lesen, oder Meditieren den Menschen anspricht. In diesem Sinne überträgt das Abendmahl den Leib und das Blut Christi.61 Das geschieht nicht durch den Leib und das Blut, sondern durch den Glauben.62 Der Glaube erfasst nicht nur den Verdienst und die Wirkung Christi sondern auch seine ganze Person, durch ein spirituelles Essen.63 Strigel behauptete, dass weil das andere Sakrament, die Taufe, nichts von der Anwesenheit von Christi Leib und Blut an sich hätte, die Anwesenheit Christi im Abendmahl eine solche Präsenz des Herrn nicht haben dürfte.64 Man brauche sich nicht eine Behauptung, dass Christi Leib und Blut durch den Mund empfangen wird [manucatio oralis] einzubilden, die beneficia zu bekommen. Die particula exclusiva, „sola fide“ reicht. Denn der Glaube ist das einzige Instrument, durch das Christus die Wohltaten seines Todes den Gläubigen schenkt.65 Seine Reaktion gegen ein „abergläubisches“ Verständnis des Sakraments, das er in der Lehre von der „ex opere operato“ Wirkung des Abendmahls in der mittelalterlichen Theologie und Frömmigkeit sah, brachte Strigel dazu, Luthers Verständnis von der Kraft des Wortes in Verbindung mit den Elementen zu meiden. Viertens: Obwohl auch in der von Hamelmann 1553 aufgenommenen Vorlesung der Begriff der manducatio oralis nicht vorkam, behauptete Strigel damals die manducatio indignorum, mit einem Argumentum vom Gebrauch des Wortes in 1. Korintherbrief 11,27: Wer nun unwürdig von diesem Brot ißt oder aus dem Kelch des Herrn trinkt, der wird schuldig am Leib und Blut des Herrn. Das Wort „schuldig,“ ]mowor, zeige, dass die Unwürdigen wahrhaft Christi Leib und Blut empfängen.66 In 1567 meinte dagegen Strigel dass die „manducatio oralis essentialis corporis & sanguinis Christi Iesu“ weder notwendig noch überzeugend sei, denn sie stelle einen Begriff vor, der unmöglich und unnützlich ist. Dieser Begriff sei unmöglich, weil Christus in den Himmel aufgefahren ist, wo sein Leib bleibt, und weil er sagte, dass er in der Welt nicht anwesend sein würde (Joh 16, 16 – 20). Er sei unnützlich, weil Jesus sagte, „der Fleisch taugt nicht“ (Joh 6, 63).67 Strigel ignorierte Luthers Gegenargumentation und erwähnte nicht, dass er hier der Lehre des Reformators widersprach. Strigel argumentierte weiter : weil Paulus feststellte, dass man nicht vom Kelch des Herrn und vom Kelch der Dämonen trinken kann (1Kor 10,21), und dass es die Gerechtigkeit nichts mit der Ungerechtigkeit zu schaffen hat, das Licht keine Gemeinschaft mit dem Finsternis (2Kor 6, 14), und weil die Ungläubigen, als 61 62 63 64 65 66 67

Strigel, Epistolae, 9, vgl. 29. Strigel, Epistolae, 15 – 16, vgl. 22, 26. Strigel, Epistolae, 16. Strigel, Epitolae, 9. Strigel, Epistolae, 8, 15. Strigel, De Praesentia, B4b. Strigel, Epistolae, 11 – 16.

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die Sklaven Satans, keine Gemenschaft haben, mit denen die im Licht leben (1Joh 1, 7), können die Ungläubigen nichts im Abendmahl empfangen. Überdies, weil die, die unwürdiger Weise das Abendmahl empfangen, schuldig an dem Leib und dem Blut Christi seien (1Kor 11, 27), muss man daraus schließen, dass die nicht an dem Leib Christi teilnehmen.68 Dass diese und seine anderen Einsprüche gegen die manducatio impiorum die Stellungnahme von Luther und von den zeitgenössischen Gegnern nicht treffen, deutete Strigel in keiner Weise an. Strigels Voraussetzung, dass eine substantielle Anwesenheit des Leibs und des Bluts Christi unmöglich sei, hat seine Vorstellung des Abendmahls durchdrungen. Fünftens: Hamelmanns Notizen zeigten, dass 1553 Strigel auch die Stellungnahme verwarf, derer, die behaupteten, dass der Leib und das Blut Christi im Abendmahl wegen der Himmelfahrt und der leiblichen Anwesenheit der menschlichen Natur am Rechten Gottes des Vaters in einem räumlich bestimmten Himmel nicht anwesend sein könnte. Ohne die Unterscheidung der beiden Naturen explizit vorzuführen, lehrte Strigel, dass Christus präsent ist er in seiner Kirche auf der Erde herrscht, wegen der Kraft, die ihm gegeben ist (Mt 18,18). Alle Spekulation über den lokalen, räumlichen Ort des Herrn sei vergeblich, hielt Strigel. Hier hat er nicht, wie Luther, Joachim Westphal und Johannes Bötker in Hamburg, oder die Württemberger, christologisch argumentiert,69 aber einfach von der Definition des Rechten Gottes und die Lokalität des Himmels.70 Ähnlicherweise lehnte er das Argument ab, dass Christus wegen dieser Ausagen nicht in verschiedenen Formen und an zwei Örtern gleichzeitig sein könnte, aber ohne eine christologische Begründung, die auf der communicatio idiomatum basierte. Stattdessen hat ihm die Erzählung der Geschichte im Johannesevangelium 20,19 begnügt, als Christus leibhaft durch die Tür gekommen ist.71 Er verwarf die Interpretation von Johannes 16,5/18, „ich gehe zum Vater,“ und 17,11, „ich bin nicht mehr in der Welt,“ die behauptete, dass Christus nicht im Abendmahl seinen Leib und sein Blut schenken könnte, und insistierte mit Luther dass Johannes 6,63, „das Fleisch taugt dazu nicht,“ nicht von der Anwesenheit Christi Leibes und Blutes im Abendmahl spricht.72 Der Anstoß der Lehre Luthers und seiner zeitgenössischen Gegner im Wittenberger Kreis, der nach 1557 Strigel am meisten bewegte, lag in der Christologie. Er war offenbar überzeugt worden, dass seine frühere Opposition gegen Zwinglis Behauptung, dass die Himmelfahrt Jesus nicht an einer räumlichen Stelle in einem Himmel über die Erde verortet hat, falsch gewesen war. Dazu haben ihn die Väterzitate, die er gesammelt hat, anders als bei 68 Strigel, Epistolae, 18 – 23. Ganz kurz erwähnte Strigel 1567 in der Leipziger Vorlesung über die Loci theologici eine ähnliches Argument, Strigel, Loci theologici, 167. 69 Mahlmann, Dogma, 19 – 61, 125 – 204. 70 Strigel, De Praestentia, C6b-C8a. 71 Strigel, De Praesentia, D1a-D2a. 72 Strigel, De Praesentia, C8a-D1a.

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Chemnitz, Andreas Musculus, und anderen unter Luthers Schülern, in bezug auf die Zwei-Naturen Lehre umgestimmt. Strigel hat nie Luthers Verständnis von der communicatio idiomatum in seiner Argumentation über das Abendmahl gebraucht, und in den 1560er Jahren kam er zu der Stellungnahme, dass die beiden Naturen in der einen Person von Christus scharf von einander unterschieden werden müsse, und dass die Eigenschaften der einen Natur von der anderen nicht geübt werden könne. Er zitierte die Worte des Konzil von Chalcedon, die zwei Naturen sind unvermischt, ungewandelt, ungetrennt, und unzerteilt [inconfus¦, immutabiliter, indiuis¦, inseparabiliter] und die beiden Naturen erhalten ihre Eigenschaften für sich,73 aber kam zur anderen Interpretation als Luther. Seine Zeitgenossen – auch unter den kurfürstlichen Theologen Sachsens, wie Johannes Pfeffinger – und die modernen Forscher haben nicht Unrecht, wenn sie meinen, Strigel habe sich von der Wittenberger Lehre des Abendmahls, die er in den 1540er Jahren als Student gelernt hatte, distanziert. Freilich, wenn Strigel noch behaupten konnte, er sei ein Vertreter der Wittenberger Reformation, warum ist er nach seiner Absetzung nach Heidelberg gegangen? Ist das nicht ein Beweis dafür, dass er sich in der Tat als Calvinist sah? Strigels Selbstwahrnehmung als einer, der weder von den Büchern Zwinglis noch von denen Calvins gelernt hatte, und trotzdem in Heidelberg eine Heimstatt sah, wirft ein interessantes Licht auf die damalige Entwicklung der Heidelberger Theologie, die zwar von vielen Zeitgenossen aufgrund ihrer Nähe zu der in Heidelberg gedruckten Confessio Helvetica posterior als calvinistisch eingestuft wurde, von manchen anderen aber – bis hin zu Heinrich Heppe – als konsensual angesehen wurde. „Die Theologie der Heidelberger Universität [in der Periode vor 1600] freilich ist wohl einzigartig“, so Hermann Selderhuis. „Es handelt sich um eine Theologie, die sich selbst nicht im Sinne konfessioneller Begrenzung als calvinistisch oder lutherisch versteht (…) Die Heidelberger Theologen dieser Periode versuchen im Gegenteil, deutlich zu machen, dass zwischen der Theologie Luthers und der Calvins kein wesentlicher Unterschied besteht (…) Diese Position wird in Heidelberg vor allem wegen der Präsenz des Gedankengutes eines dritten Reformators eingenommen, der hier eine große Rolle spielt, nämlich Philipp Melanchthon.“74

73 Strigel, Epistolae, 7, 28, 33. In der Leipziger Vorlesung lehnte Strigel eine körperliche Niederfahrt Christi in die Hölle ab, während dessen Leiche im Grab lag, nach dem Muster des Heidelberger Katechismus. Er fand die Frage, ob diese Niederfahrt möglich sei, der christlichen Kirche unwürdig, ohne sie zu beantworten. Ob diese Nebenbemerkung einen Einfluß des Katechismus auf Strigel zu dieser Zeit zeigt, ist nicht festzustellen. Vgl. Strigel, Loci theologici, 167. Über die Verwerfung dieser Lehre in dem Heidelberger Katechismus von den Mansfelder Theologen, vgl. Kolb: Descent. 74 Selderhuis, Universität, 4. Vgl. die Beschlüsse Selderhuisens in: Ille Phoenix, und Bierma, Structure.

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So mag das tatsächlich auch Strigel empfunden haben, dessen Theologie und vor allem dessen Abendmahlslehre deutlich seine Melanchthonschülerschaft offenbart. Er ist ein Beispiel dafür, wie offen, in welcher lehrmäßigen Bandbreite und jenseits konfessioneller Festlegungen sich Lehrentwicklungen vollziehen konnten. Dies ändert nichts an der Identifizierung der Lehre dieser Fakultät von den Nachfolgern der Generation, das heißt, von denen die Strigel in Heidelberg willkommen geheißen hatten, dass sie doch der Gemeinschaft der calvinistischen Kirchen angehörten. Interessant weil er der einflussreichste Lehrer Christoph Pezels, des führenden Theologen unter den Wittenberger „Crypto-Calvinisten“ der 1570er Jahre, war,75 hat Strigel auch eine Bedeutung, weil er ein Ende des Spektrums der möglichen Interpretationen von der Abendmahlstheologie Philipp Melanchthons vertritt. Klar ist, dass seine Interpretation anders als die von vielen Kollegen im Wittenberger Kreis war, nicht nur anders als die von den Verfassern der Konkordienformel, die sich noch als treue Melanchthonschüler gesehen haben, wie Nikolaus Selnecker, David Chytraeus, und Martin Chemnitz, aber auch als die, die Melanchthons Anliegen in den Jahren zwischen 1533 – 1557 ernst genommen haben, wie Johannes Pfeffinger, Georg Major, und Paul Krell.76 Trotzdem sah sich Strigel selber nicht als einen, der unter Calvinisten einzureihen gewesen wäre. Er meinte, er gehöre in die Leipziger Fakultät, mit den anderen kursächsischen Theologen, die das Erbe von Luther und Melanchthon weiter trugen. Die später erkannten Grenzen zwischen den Strömungen innerhalb des Wittenberger Kreises waren 1567/ 1568 noch nicht gefestigt. Diese Grenzen wurden erst fest im Laufe der Debatte über die Theologie von Strigels Schüler Pezel als sie für die Mehrheit des Wittenberger Kreises in der Konkordienformel gesetzt wurden.

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Die theologische Pilgerschaft von Viktorin Strigel

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Bewährte Freiheit Beobachtungen zu Calvins Freiheitsverständnis, seinen Voraussetzungen und seinen Nachwirkungen

Der reformatorische Freiheitsbegriff fand in der Neuzeit und mit einer besonderen politischen Brisanz nach 1945 ein pluriformes Echo im gesellschaftlichen und kirchlichen Diskurs. Stellvertretend für die öffentliche Inanspruchnahme des Freiheitsbegriffs aus jüngerer Zeit in seinen inhaltlichen Brechungen und Transformationen steht die Rede des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker zum 40. Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai 1985 mit einer Positionierung, die weithin als befreiend empfunden wurde. Diese Rede trug in Deutschland zur Historisierung des Kriegsendes als Befreiung von einem durch ideologische Verblendung bewirkten Unheil bei. Von Weizsäcker wörtlich: „Je ehrlicher wir [diesen Tag] begehen, desto freier sind wir, uns seinen Folgen verantwortlich zu stellen.“2 Freiheit bedarf folglich der Wahrheit, um befreiend zu wirken. Diese Erinnerung korrespondiert mit einem biblischen Horizont, der insbesondere in Joh 8,32 mit Jesu an die Jünger gerichteten Worten „Die Wahrheit wird euch frei machen“ zum Ausdruck gebracht wird. Dass die christliche Freiheit in der Wahrheit des Evangeliums gründet und von ihr lebt, ist auch der Grundtenor der Studien der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE, vormals „Leuenberger Kirchengemeinschaft“), die unter dem Titel „Das christliche Zeugnis der Freiheit“ 1999 veröffentlicht worden sind.3 Ausdrücklich wurden die Erwägungen zur gegenwärtigen Relevanz christlicher Freiheit vor den reformatorischen Grundentscheidungen Martin Luthers, Huldrych Zwinglis und Johannes Calvins verantwortet, um anzudeuten: Nicht zuletzt die Reformation stellte die Weichen für die Freiheitsprozesse in der Neuzeit. Eine weitere und im innerkirchlichen Gespräch lebhaft diskutierte Inanspruchnahme der Freiheitsthematik begegnet im Impulspapier des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland „Kirche der Freiheit“ von 2006. „Zur

1 Matthias Freudenberg, geboren 1962; Prof. Dr. theol.; seit 2012 Landespfarrer bei der Ev. Studierendengemeinde Saarbrücken; Forschungsschwerpunkte: Dogmatik, Geschichte und Lehre der reformierten Kirchen, Bekenntnisschriften und Katechismen. 2 Die Deutschen und das Kriegsende. Die Reden der Bundespräsidenten von Weizsäcker und Herzog zum 40. und 50. Jahrestag des Kriegsendes, Paderborn 1997, 8. 3 Hìffmeier, Wilhelm (Hg.), Das christliche Zeugnis der Freiheit, Leuenberger Texte 5, Frankfurt/M. 1999.

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Signatur evangelischen Christseins gehört Freiheit“, wird einleitend betont.4 In der Bindung an Jesus Christus sei der Raum für die Gestaltung des individuellen und kirchlichen Lebens eröffnet, das die Übernahme von Verantwortung einschließt.5 Auch wenn die Gedankenführung dieses Textes in ihrer Allgemeinheit durchaus konsensfähig sein mag, erweckt sie doch den Eindruck, dass die Freiheitsrhetorik die inhaltliche Bestimmung der Freiheit überlagert und im Ergebnis die Freiheit zum Vehikel eines rein funktionalen und pragmatischen Kirchenbegriffs umdeutet. Wenn Freiheit aber als kirchliches Programm funktionalisiert wird, besteht dringender Anlass, sich des reformatorischen Freiheitsverständnisses in seinen theologischen Differenzierungen zu erinnern.6

1. Voraussetzungen des calvinischen Freiheitsverständnisses Calvin entwickelte sein Verständnis christlicher Freiheit in einem längeren Prozess, der seinen Ausgang in der Erstfassung der Institutio christianae religionis von 1536 nahm und in der Letztausgabe von 1559 seine reife Gestalt erhielt. Dabei konnte er auf zwei prominente Texte Zwinglis und Luthers zurückgreifen, die zu Recht als Grundschriften ihrer jeweiligen reformatorischen Anfänge gelten. Das evangelische Freiheitsverständnis wird meist mit Luthers Freiheitsschrift von 1520 geradezu identifiziert.7 Dieser Text, der nach Luthers Worten „die ganze Summe eines christlichen Lebens“8 darstellt, ist seine Reaktion auf die Provokation der gegen ihn gerichteten Bannandrohungsbulle. In einer fein durchkomponierten Argumentation nimmt Luther eine Deduktion von der Doppelthese vor, dass der Christenmensch ein freier Herr aller Dinge und zugleich ein dienstbarer Knecht aller Dinge ist. Diese doppelte Bestimmung des Menschen als Herr und Knecht mündet in die Fundamentalunterscheidung vom inneren und äußeren Menschen. Nach diesen beiden Seiten beschreibt Luther zunächst die Freiheit des inneren Menschen im Glauben: Nichts Äußerliches, schon gar nicht seine äußeren Werke, vermögen ihn zu befreien, sondern einzig der Glaube an die Verheißung des verbum externum 4 Kirche der Freiheit. Perspektiven für die Evangelische Kirche im 21. Jahrhundert. Ein Impulspapier des Rates der EKD, hg. v. Kirchenamt der EKD, Hannover 2006, 13. 5 Ebd. 6 Vgl. dazu meinen Beitrag: Zum Antworten geschaffen. Anmerkungen zur Freiheit christlichen Lebens in reformierter Perspektive, in: Johannes v. Lüpke (Hg.), Gott – Natur – Freiheit. Theologische und naturwissenschaftliche Perspektiven, Neukirchen-Vluyn 2008, 147 – 162. 7 Luther, Martin, Von der Freiheit eines Christenmenschen (1520), WA 7, 20 – 38. 8 Luther, Martin, Ein Sendbrief an den Papst Leo X. von der Freiheit eines Christenmenschen (1520), WA 7,3 – 11; zur Interpretation vgl. Jìngel, Eberhard, Zur Freiheit eines Christenmenschen, München 31991.

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befreit den Menschen vom Zwang der Selbstrechtfertigung. Freiheit ist insofern keine menschliche Möglichkeit, sondern ein Geschenk, das sich Gottes in Jesus Christus zur Geltung gebrachter Gerechtigkeit verdankt. Die Früchte dieser Befreiung entfaltet Luther als Dienst der Liebe des äußerlichen Menschen. Gute Werke stehen nun unter positivem Vorzeichen, insofern diese in der Gemeinschaft mit Christus und in seiner Nachfolge getan werden. In Christus existiert der befreite Mensch im Glauben, im Nächsten durch die Liebe. Luthers Schrift lebt von der Kategorie der Unterscheidung, in der er die Bestimmung des Menschen zu einem befreiten christlichen Leben entwickelt. Zwei Jahre nach Luther hat Zwingli das Freiheitsthema in einer brisanten Situation, als die Zürcher Reformation selber auf dem Spiel stand, zur Sprache gebracht. Im Frühjahr 1522, mitten in der Fastenzeit, nahmen sich die Angestellten des evangelisch gesinnten Buchdruckers Christoph Froschauer die Freiheit, Wurst zu essen. Diesen verbotenen Akt rechtfertigten sie mit der evangelischen Predigt Zwinglis, in der er die alleinige Verbindlichkeit der Heiligen Schrift für das menschliche Handeln betonte. Er sah sich zur Stellungnahme aufgerufen und entwickelte predigend sein Freiheitsverständnis: Der Bruch der Fastenvorschriften ist keine Sünde gegen Gott, da das Fasten nicht vom göttlichen, sondern vom kirchlichen Gebot gefordert wird.9 Nicht nur in der Fastenfrage, sondern grundsätzlich gilt, sich nicht von kirchlichen Geboten binden zu lassen, sondern ihnen mit Freiheit zu begegnen. Zwinglis Freiheitspredigt wurde zum Paradigma für den kritischen Umgang mit menschlichen Regeln, Ansprüchen und Autoritäten schlechthin angesichts des Grundsatzes, dass die Heilige Schrift alleiniger Maßstab für die Erörterung kirchlicher und religiöser Fragen ist. Zu diesem Zweck insistiert er darauf, nicht menschlichen Instanzen, sondern Gott allein Vertrauen zu schenken und darum auch Gehorsam zu leisten. Zwinglis Freiheitsverständnis beruht auf dem konsequent angewandten Schriftprinzip und zieht nach sich, dass die durch die Evangeliumspredigt befreiten Gewissen nicht erneut gebunden werden dürfen, sondern dass in dieser Freiheit gute, und das bedeutet: von Gott gebotene Werke, getan werden. In der Schule Zwinglis wuchs das Bewusstsein dafür, dass Menschen und Institutionen nur dann, wenn sie sich selber in den Dienst der Freiheit stellen, Anspruch auf Geltung und Autorität erheben können. Ein Echo auf Zwinglis ideologiekritische Reflexion entmündigender Macht begegnet Jahrhunderte später in These 2 und in These 6 der Barmer Theologischen Erklärung (1934), indem die Bindung des individuellen Lebens und der Kirche an ihren Herrn Jesus Christus betont und ihre Selbstversklavung in der Auslieferung an andere Autoritäten verworfen wird. In weiteren Schriften Zwinglis, in denen er Stellung zu den aktuellen kirchlichen Reformen nahm, zeigten sich die Früchte dieses Freiheitsgedankens: Freiheit soll 9 Zwingli, Huldrych, Die freie Wahl der Speisen (1522), Z 1,74 – 136; Abdruck auch in: Huldrych Zwingli Schriften, im Auftrag des Zwinglivereins hg. v. Thomas Brunnschweiler/Samuel Lutz, Bd. 1, Zürich 1995, 13 – 73.

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sich nicht nur im individuellen oder kirchlichen Leben, sondern auch in den Strukturen des gesellschaftlichen Zusammenlebens durchsetzen. Auf dem Hintergrund dieser beiden Voraussetzungen – Luthers fundamentaltheologischen Unterscheidungen und seiner rechtfertigungstheologisch motivierten Doppelbestimmung der Freiheit einerseits und Zwinglis Verknüpfung des Freiheitsthemas mit dem Schriftprinzip, der Autoritätsfrage und dessen öffentlichen Wirkungen andererseits – formulierte Calvin seinen Freiheitsbegriff.

2. Befreit zum christlichen Leben Calvin spricht von der Freiheit – und in ihrem Spektrum von der Gewissensfreiheit – im Rahmen der durch den Heiligen Geist ermöglichten christlichen Lebensführung, der Heiligung. In der Freiheit als der Frucht der Rechtfertigung sieht er laut der Institutio (1559) eine „äußerst notwendige Sache“ des christlichen Lebens, die zum Frieden der Seele und zum Trost der Gewissen entscheidend beiträgt.10 Zunächst bestimmt Calvin durchaus in den Spuren Luthers die Freiheit als Befreiung von der Verurteilung durch das Gesetz und erkennt darin ein Geschehen, das sich der Christusgemeinschaft der Gläubigen sowie der durch Jesus Christus gewirkten Sündenvergebung verdankt.11 Doch Calvins eigentliches Interesse beginnt an der Stelle, an der Luther seine Schrift mit der Unterscheidung von innerem und äußerem Menschen enden lässt. Calvin nimmt gegenüber Luther insofern eine anthropologische Akzentverschiebung vor, dass er den empfangenden inneren und den handelnden äußeren Menschen grundsätzlich als den einen Menschen ansieht und diesen nicht explizit in zwei Aspekte seiner Existenz differenziert. Ferner überführt er die lutherische Zäsur vom Glauben und seinen Früchten in eine Argumentation, die den anthropologischen Dualitäten eine einheitliche Bestimmung menschlicher Existenz gegenüberstellt. Auf dem Hintergrund der geschenkten Vergebung erhält die Frage Gewicht, wie der Mensch in der ihm widerfahrenen Freiheit lebt und sein Leben im Sinne des Evangeliums bewährt. Schon in der älteren Calvinforschung wurde mit Recht betont, dass sich bei Calvin aus der Rechtfertigung des Sünders eine – so Wilhelm Niesel – „starke Bedeutung für das praktische Leben“ ergibt.12 Denn „als in Christus vor Gott Gerechte“ sind die Christen „zu einem Wandel in der Freiheit der Kinder Gottes gerufen“.13 Diese Ethik der geschenkten 10 Inst. III,19,1 (OS 4,282): „res apprime necessaria“; Übersetzung: Calvin, Johannes, Unterricht in der christlichen Religion, nach der letzten Ausgabe von 1559 übers. u. bearb. v. Otto Weber, im Auftrag des Reformierten Bundes bearb. u. neu hg. v. Matthias Freudenberg, Neukirchen-Vluyn 2008. 11 Inst. III,19,2 f (OS 4,283 f). 12 Niesel, Wilhelm, Die Theologie Calvins, München 21957, 140. 13 Ebd.

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Freiheit lässt sich nach zwei Seiten hin beschreiben: Einerseits zieht Freiheit die Verpflichtung nach sich, aus Liebe und Dankbarkeit Gott gehorsam zu dienen und nach seinen Geboten gute Werke – und seien sie noch so anfänglich und fragmentarisch – zu tun.14 Andererseits darf der Mensch die Freiheit nutzen und sogar genießen, um sich an den Gaben des Schöpfers zu erfreuen. Dies kann allerdings nur geschehen, sofern die Freiheit nicht willkürlich gebraucht oder gegen andere Menschen gerichtet wird.15 Diese grundsätzlichen Beobachtungen sollen anhand von zwei Abschnitten der Institutio (1559) genauer betrachtet werden: erstens anhand den Aussagen zur Geschöpflichkeit des Menschen (Inst. I,15) und zweitens im Rahmen der Bestimmung der Freiheit selber (Inst. III,19). Calvin sieht den Menschen als „unter allen Werken Gottes […] edelsten und sichtbarsten Erweis seiner Gerechtigkeit, Weisheit und Güte“.16 Er spricht sogar davon, dass Gott ihn „zum Wohnsitz eines unsterblichen Geistes ersehen“ hat.17 Zu den hervorragenden Gaben, die dem menschlichen Geist von Gott beigegeben sind, zählt Calvin die Fähigkeit, „in seiner Beweglichkeit Himmel und Erde und die Geheimnisse der Natur“18 zu durchforschen. Der Mensch ist gemäß seiner Geschöpflichkeit ein über sich und seinen Ort in der Geschichte reflektierendes Wesen. Er ist in der Lage, „alle Jahrhunderte mit Verstand und Gedächtnis“ zu erfassen und aus dem Vergangenen das Zukünftige zu schließen.19 Calvin beschreibt den Mensch als Kulturwesen, das sich seiner Rolle in der Welt bewusst ist. Es zeichnet ihn aus, nicht nur Leben zu empfangen und sich Gott zu verdanken, sondern auch zu antworten. Er existiert als Gleichnis seines Schöpfers20 und kann sogar als „Spiegel der Herrlichkeit Gottes“ angesehen werden.21 Auch nach Adams Fall und dank der Wiedergeburt durch Christus wird die Gleichnishaftigkeit des Menschen besonders an seinen intellektuellen Fähigkeiten deutlich. Seine Abbildung der Herrlichkeit Gottes zeigt sich in der „Erleuchtung des Geistes“22 und der Gabe der Erkenntnis, deren vollkommene Entfaltung freilich dem himmlischen Leben vorbehalten ist. Doch schon dem irdischen Leben wird zugetraut und zugemutet, zu antworten. Das gilt in doppelter Weise: Der Mensch ist einer-

14 Inst. III,19,4 – 6 (OS 4,284 – 286). 15 Inst. III,19,7 – 9 (OS 4,286 – 289). 16 Inst. I,15,1 (OS 3,173): „inter omnia Dei opera nobilissimum ac maxime spectabile est iustitiae eius, et sapientiae, et bonitatis specimen“. 17 Inst. I,15,1 (OS 3,174): „domicilium esse voluit immortalis spiritus“. 18 Inst. I,15,2 (OS 3,175): „Mentis vero humanae agilitas caelum et terram, naturaeque arcana perlustrans“. 19 Inst. I,15,2 (OS 3,175): „secula omnia intellectu et memoria complexa est […] futuraque ex praeteritis colligens“. 20 Inst. I,15,3 (OS 3,178): „ad similitudinem“. 21 Inst. I,15,4 (OS 3,179): „speculum censeri debeat gloriae Dei“; vgl. Calvins Auslegung von Ps 8,2 (CO 31,88). 22 Inst. I,15,4 (OS 3,179): „in luce mentis“.

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seits dazu geschaffen, seinem Schöpfer durch Verehrung zu antworten23, zumal der Sinn des menschlichen Lebens überhaupt darin besteht, Gott zu erkennen und zu ehren, auf ihn zu vertrauen, seinen Namen zu rühmen und ihn anzurufen.24 Der Mensch entspricht Gott als das ihm in Dankbarkeit antwortende Wesen. Andererseits entdeckt Calvin die menschliche Fähigkeit zur Antwort in der Gabe, sein eigenes Leben und die ihn umgebende Welt intellektuell und kulturell zu durchdringen. Ihm steht die Vernunft zu Gebot, um Gut und Böse, Recht und Unrecht voneinander zu unterscheiden.25 Calvin, der häufig den Klagegesang über das Elend des Menschen anstimmt, würdigt ausdrücklich die Fähigkeiten der menschlichen Natur – eine Sicht, an die der spätere Calvinismus mit Nachdruck angeknüpft hat.26 Diesen anthropologischen Grundsatzbestimmungen stellt Calvin sein Verständnis des zur Freiheit bestimmten Christen zur Seite. Bereits in der Erstfassung der Institutio von 1536 räumt er der Heiligung des Lebens in der Freiheit einen prominenten Ort am Ende seines Werkes ein, um dadurch das Ziel des Rechtfertigungsgeschehens zu markieren.27 Die christliche Freiheit zeichnet sich dadurch aus, dass das Gewissen das Gesetz nicht mehr fürchtet, sondern dieses in freiwilligem Gehorsam erfüllen will. Konkret erkennt Calvin in den Spuren Zwinglis die Freiheit in der Freiheit gegenüber den sich Macht anmaßenden religiösen und weltlichen Autoritäten.28 Dies lässt die Christen nicht nur die Kirche reformieren, sondern auch in pervertierte politische Prozesse kritisch eingreifen. Zwei Jahrzehnte später bezeichnet Calvin 1559 die Freiheit als „Hauptinhalt der Lehre des Evangeliums“29, welche die Kraft der Rechtfertigung erkennbar macht.30 Mehrere Kennzeichen eines solchen durch Gott freigesprochenen Lebens benennt Calvin: Der Freigesprochene lässt sich, weil es ihm das Selbstverständliche schlechthin ist, in der Kraft des Heiligen Geistes in die Pflicht nehmen, sein ganzes Leben auf Gott auszu23 Inst. I,15,6 (OS 3,182 – 184). 24 Ebd.; vgl. Genfer Katechismus (1545), Fragen 1, 6 und 7 (OS 2,75), Übersetzung: Plasger, Georg/Freudenberg, Matthias (Hg.), Reformierte Bekenntnisschriften. Eine Auswahl von den Anfängen bis zur Gegenwart, Göttingen 2005, 59 f. 25 Inst. I,15,8 (OS 3,185): „ergo animam hominis Deus mente instruxit, qua bonum a malo, iustum ab iniusto discerneret“; vgl. Calvins Auslegung von Ps 8,6 (CO 31,92 f). 26 Vgl. Engammare, Max, Plaisir des mets, plaisirs des mots: Irdische Freude bei Calvin, in: Wilhelm H. Neuser/Brian G. Armstrong (Hg.), Calvinus Sincerioris Religionis Vindex: Calvin as Protector of the Purer Religion, Sixteenth Century Essays & Studies 36, Kirksville/MO 1997, 189 – 208, hier 203 – 205. 27 Inst. VI (OS 1,223 – 280); vgl. Kocsis, Elem¦r, Die Heiligung des Lebens nach Calvins Institutio vom Jahre 1536, in: Wilhelm H. Neuser (Hg.), Calvinus Servus Christi, Budapest 1988, 23 – 34, hier 34. 28 Inst. VI (OS 1,232). 29 Inst. III,19,1 (OS 4,282): „summam Evangelicae doctrinae“. Zum Verständnis des Kapitels von der christlichen Freiheit bei Calvin vgl. Busch, Eberhard, Gottes ewige Erwählung. Die Freiheit der Gnade Gottes, in: ders., Gotteserkenntnis und Menschlichkeit. Einsichten in die Theologie Johannes Calvins, Zürich 2005, 67 – 86, hier 81 – 86. 30 Inst. III,19,1 (OS 4,282): „ad vim eius [sc. iustificationis] intelligendam“.

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richten. In der ihm eröffneten neuen Lebenswirklichkeit lebt er, angeleitet durch die Gebote, menschlich.31 Die Lebensantwort des Befreiten geschieht nicht unter dem Zwang einer Notwendigkeit, sondern beruht auf einer Befreiung, die den Menschen aus solchem Zwang löst, und findet Gestalt im bereitwilligen und fröhlichen Tun „aus freien Stücken“.32 Gerade so macht der Mensch von der Freiheit Gebrauch, im Recht zu leben. Dies flankiert Calvin allerdings auch mit dem Gedanken, dass das Leben in der Freiheit unvollkommen bleibt: „Die Kinder […], die von ihren Vätern freier und edler gehalten werden, haben keine Scheu, ihnen auch angefangene oder halbfertige Werke, an denen noch manches auszusetzen ist, anzubieten, weil sie darauf vertrauen, dass ihr Gehorsam und die Bereitschaft ihres Herzens das Wohlgefallen der Väter finden wird […]“.33 Die Inanspruchnahme der Freiheit schließt ausdrücklich das Imperfekte, Unvollkommene und Anfängliche ein, so dass Calvin keineswegs dem moralischen Perfektionismus das Wort redet. Gewiss hat die Freiheit den Sinn, „zum Guten zu ermuntern“34, aber die Verpflichtung zur Verantwortung steht unter dem Vorzeichen des Fragmentarischen – nicht zuletzt deshalb, weil Gott es ist, der den Menschen vollendet und ganz macht. Als letztes Kennzeichen der christlichen Freiheit benennt Calvin, dass sie dazu einlädt, die Dinge dieser Welt – die Adiaphora – mit gutem Gewissen zu gebrauchen. Er konkretisiert das u. a. mit diesem lebensnahen Bild: „Wenn einer bei einigermaßen wohlschmeckendem Wein bereits Bedenken hat, so wird er bald nicht einmal gemeinen Fusel mit gutem Frieden seines Gewissens trinken können, und am Ende wird er nicht einmal mehr wagen, Wasser anzurühren.“35 Mit dieser Bestimmung der Freiheit eröffnet Calvin den Raum für die entschlossene und furchtlose Betätigung in einer Welt, in die sich der Mensch hineingestellt sieht und die er darum auch mit den ihm verliehenen Gaben gestalten soll. Calvin wertet dabei nicht nur den intellektuellen Diskurs, sondern auch den leiblichen Genuss als Ausdruck der Freiheit, wenn er erklärt: Die Freiheit eines Christen äußert sich auch darin, „zu lachen oder sich zu sättigen oder neue Besitztümer mit den alten, ererbten zu verbinden oder sich am Klang der Musik zu erfreuen oder Wein zu trinken“.36 Die Freigabe der Adiaphora wie Natur und Kultur zur Erforschung, geistigen Durchdringung und Gestaltung ermutigt den Menschen, sich mit Vernunft und Kreativität der Natur, ihren Gesetzen und der Ordnung der menschlichen Gemeinschaft zuzuwenden. Zwar kann Calvin den Himmel als 31 Inst. III,19,2 (OS 4,283). 32 Inst. III,19,4 (OS 4,284): „ut conscientiae non quasi Legis necessitate coactae, Legi obsequantur : sed Legis ipsius iugo liberae, voluntati Dei ultro obedient“. 33 Inst. III,19,5 (OS 4,285). 34 Inst. III,19,6 (OS 4,286): „cuius finis est, nos ad bonum animare“. 35 Inst. III,19,7 (OS 4,287). 36 Inst. III,19,9 (OS 4,288): „nec ridere, aut saturari […] aut concentu musico delectari, aut vinum bibere, usquam prohibitum est“.

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die Heimat und die Erde als Verbannungsort des Menschen bezeichnen.37 Das ändert aber nichts daran, dass er den befreiten Menschen aufruft, „Gottes Gaben ohne Gewissensbedenken […] zu gebrauchen“.38 Allerdings gibt er auch Regeln für den Gebrauch der Freiheit, indem er davor warnt, die Freiheit durch frivolen Luxus, Verschwendung der anvertrauten Güter oder Gier zu verderben.39 Er macht auf die Sozialverträglichkeit der Freiheit aufmerksam: Weder ihr hemmungsloser Gebrauch noch der unbedachte Verzicht auf sie vertragen sich mit ihrem christlichen Verständnis. Freiheit ist gebundene Freiheit – gebunden durch Gott als den Befreier und gebunden an den anderen Menschen. Freiheit darf nie gegen andere Menschen, sondern soll nach dem Maßstab der Liebe zu ihren Gunsten gebraucht werden – Calvin spricht vom „Maßhalten in der Freiheit“.40 Konsequent leiten diese Beschreibungen der Freiheit in das Kapitel vom Gebet über, von dem Calvin sagt, dieses sei die „vornehmste Übung des Glaubens“.41 Denn im Gebet ist der Antwortcharakter des christlichen Redens und Lebens am ursprünglichsten greifbar. Betrachtet man Calvins Verständnis der Geschöpflichkeit des Menschen und das der Freiheit im Zusammenhang, dann zeichnen sich Konturen einer christlichen Lebensgestaltung ab: Der Mensch ist dazu geschaffen, mit seinen ihm anvertrauten Gaben – allen voran mit der Vernunft – dem Schöpfer und Bewahrer seines Lebens zu antworten, sich vor ihm zu verantworten und ihm im dankbaren Einstimmen in seine Freiheit zu entsprechen. Geschaffen zur Antwort versteht der Mensch sich selber recht nur in der Beziehung zur ihn umgebenden Schöpfung, insbesondere zum anderen Menschen. Es gehört zur inneren Struktur von Calvins Freiheitsbegriff, dass er deutlich über die Rückschau auf den Freispruch von der Sündenlast hinausgeht. Freiheit bedeutet Vorausblick auf ein Leben, das sich von den schädlichen Verflechtungen der alten Existenz emanzipieren lässt. Calvins Ethik steht nicht primär unter dem Gesichtspunkt der Früchte des Glaubens, sondern der christlichen Freiheit als einer Lebensform, die auf Gott als ihren Geber zurückverweist. Im Genfer Katechismus von 1545 führt Calvin den in die Moderne hinüberweisenden Begriff der Gewissensfreiheit ein, die zur Signatur des christlichen Lebens werden soll.42 Damit sind Weichen gestellt zur Entwicklung der neuzeitlichen Freiheitsidee, die dem Menschen ein hohes Maß an Vernunftgebrauch und öffentlicher Courage abverlangt.

37 Vgl. Inst. III,9,4 (OS 4,174). 38 Inst. III,19,8 (OS 4,288): „ut Dei donis nullo conscientiae scrupulo, nulla animi perturbatione utamur“. 39 Inst. III,19,9 (OS 4,288 f). 40 Inst. III,19,10 – 14 (OS 4,289 – 294), hier bes. Inst. III,19,12 (OS 4,291): „habemus iustam libertatis moderationem“. 41 Inst. III,20,1 (OS 4,296): „de oratione, quae praecipuum est fidei exercitium“. 42 Genfer Katechismus, Frage 42 (OS 2,80), in: Plasger/Freudenberg (Hg.), Reformierte Bekenntnisschriften, 65.

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3. Transformationen des Freiheitsbegriffs in der nachcalvinischen Theologie Calvins Verständnis des Menschen als antwortendes Wesen wurde in nachcalvinischer Zeit und im Calvinismus vielfach aufgegriffen und weiter zugespitzt. Während bei Calvin beide Aspekte, das Geschaffensein zum Gleichnis Gottes und die Berufung zum Leben in Freiheit, noch nebeneinander stehen, rücken diese Linien später so eng zusammen, dass Gottesebenbildlichkeit und Freiheit faktisch zur natürlichen Wesensbestimmung des Menschen werden. Dahinter tritt die von Luther nahegelegte und von Calvin aufgenommene Unterscheidung des empfangenden und des tätigen Menschen deutlich in den Hintergrund. Einige Beispiele mögen das verdeutlichen. Die Westminster Confession von 1647 spricht den Menschen zunächst im calvinischen Sinn auf die ihm verliehene Vernunft und Erkenntnis sowie auf seine natürliche und durch Adams Fall verwirkte Willensfreiheit an.43 Weiter ist von der durch Gottes Gnade gewirkten Befähigung die Rede, „frei das zu wollen und zu tun, was […] gut ist“44, wobei die Westminster Confession einräumt, dass der Wille zum Guten fragil bleibt.45 An die Stelle von Calvins Erschließung der Freiheit als Gabe und Lebensform tritt nun die heilsgeschichtliche Dramaturgie eines Geschehens zwischen Gott und Mensch, deren theologische Triebfeder der Gottesbund ist.46 Durch Erneuerung ihres Willens sind die Menschen zum Guten bestimmt und zur Freiheit berufen.47 Die Heiligung durch Wort und Geist verbindet die Westminster Confession mit dem Gedanken eines Stufenwegs hin zum guten, allerdings irdisch noch unvollkommenen Leben.48 Die im Gehorsam gegen „Gottes Lebensregel“, die Gebote49, ausgeführten guten Werke werden beschrieben als „Zeugnisse eines wahren und lebendigen Glaubens“, die ein Licht auf die Gläubigen selber werfen. Diese sind dazu geschaffen, die Früchte des Glaubens zu bringen und am Ende das ewige Leben zu erlangen.50 Mit der Vorstellung, dass der Mensch zum Tun des Guten geschaffen und befähigt ist, rücken Geschöpflichkeit und Befreiung zum guten Werk in einen engen Zusammenhang. Eine solche Entfaltung des Heils- und Lebensprozesses lässt Karl Barth später kritisch urteilen, dass der Heilssubjektivismus der Westminster Confession Ausdruck einer „Tragödie“ sei, in der offensichtlich werde, „wie sich der Calvinismus zu Tode 43 Westminster Confession, Chap. 4 (BSRK, 553); Übersetzung: Steubing, Hans (Hg.), Bekenntnisse der Kirche. Bekenntnistexte aus zwanzig Jahrhunderten, Wuppertal 1985, 212 f. 44 Chap. 9 (BSRK, 564 f); Steubing (Hg.), Bekenntnisse der Kirche, 217. 45 Chap. 4 und 9 (BSRK, 553.564 f); Steubing (Hg.), Bekenntnisse der Kirche, 213.217. 46 Chap. 7 (BSRK, 558 – 560); Steubing (Hg.), Bekenntnisse der Kirche, 215. 47 Chap. 10 – 12 (BSRK, 565 – 569); Steubing (Hg.), Bekenntnisse der Kirche, 218 f. 48 Chap. 13 (BSRK, 569 f); Steubing (Hg.), Bekenntnisse der Kirche, 220. 49 Chap. 19 (BSRK, 581 – 584); Steubing (Hg.), Bekenntnisse der Kirche, 225. 50 Chap. 16 (BSRK, 574 – 576); Steubing (Hg.), Bekenntnisse der Kirche, 221 f.

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gesiegt“51 und der Puritanismus schließlich einen „Pyrrhussieg“ davongetragen habe.52 Von Ferne wähnt er Schleiermacher ante portas mit seiner Hervorhebung des frommen Selbstbewusstseins.53 Was Barth schroff als beklagenswerte Abweichung von Calvins Grundgedanken ansieht, lässt sich aber auch als sachgemäße Transformation des calvinischen Freiheitsimpulses verstehen. Das fromme Ich erhält nicht nur Kunde über seine Geschöpflichkeit und Freiheit, sondern findet sich wieder als Subjekt in einem Prozess, der außerhalb seiner selbst in Gott begründet ist und von ihm angetrieben wird. Diese theologische Wendung, die menschliche Existenz als Heiligungsprozess zu deuten, liegt im Horizont des Calvinismus und findet besonders im nordamerikanischen Presbyterianismus Resonanz.54 Der reformierte Pietismus hat zu Beginn des 18. Jahrhunderts das Interesse an der Subjektivität der christlichen Freiheit im Sinne eines geheiligten Lebens weiter vorangetrieben. Das lässt sich exemplarisch an den katechetischen Texten Friedrich Adolf Lampes (1683 – 1729) zeigen. Lampe, zunächst Pfarrer am Niederrhein und später Theologieprofessor in Utrecht, versteht in seinem Katechismus von 1717 unter der menschlichen Gottesebenbildlichkeit die Weisheit des Verstandes und die Heiligkeit des Willens.55 Mit diesen Gaben versehen ist der Mensch in der Lage, das Böse hinter sich zu lassen und das Gute nicht nur zu wollen, sondern auch zu tun. Die einzelnen Schritte eines solchen Heiligungsprozesses werden als christliche Pädagogik entfaltet, die beim gefallenen Menschen ansetzt und in seiner Erlösung einmündet. Das calvinische Befreitwerden zur Antwort und zum Leben in der Freiheit wird bei Lampe vollends zur Existenzvergewisserung. Auch wenn sich Bekehrung und heiliger Lebenswandel mit Wirkungen für Beruf und Alltag letztlich Gott verdanken, ist in ihrem Vollzug aber der Mensch der entscheidende Akteur. Die Heiligkeit wird vom Gottesprädikat zur Aussage über den menschlichen Lebenswandel.

51 Barth, Karl, Die Theologie der reformierten Bekenntnisschriften. Vorlesung Göttingen Sommersemester 1923, hg. v. Eberhard Busch, Karl Barth-Gesamtausgabe, Abt. II, Zürich 1998, 213; vgl. Freudenberg, Matthias, Karl Barth und die reformierte Theologie. Die Auseinandersetzung mit Calvin, Zwingli und den reformierten Bekenntnisschriften während seiner Göttinger Lehrtätigkeit, NTDH 8, Neukirchen-Vluyn 1997, 267 – 270. 52 Barth, Bekenntnisschriften, 236. 53 Barth, Bekenntnisschriften, 220. 54 Vgl. meinen Art. Presbyterianer, Enzyklopädie der Neuzeit 10, 2009, 324 – 326. 55 Lampe, Friedrich Adolf, Erste Wahrheitsmilch für Säuglinge am Alter und Verstand, in: Matthias Freudenberg (Hg.), Reformierte Katechismen aus drei Jahrhunderten. Anger – Lampe – Weerth, Rödingen 2005, 31 – 43; vgl. auch Lampe, Friedrich Adolf, Milch der Wahrheit nach Anleitung des Heidelberger Katechismus, hg. v. Matthias Freudenberg, Rödingen 2000. Zu Lampes Theologie vgl. Freudenberg, Matthias, Erkenntnis und Frömmigkeitsbildung. Beobachtungen zu Friedrich Adolf Lampes Erklärung des Heidelberger Katechismus „Milch der Wahrheit“ (1720), in: Harm Klueting/Jan Rohls (Hg.), Reformierte Retrospektiven, Emder Beiträge zum reformierten Protestantismus 4, Wuppertal 2001, 157 – 177.

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Im Milieu des Rationalismus wurde ein Jahrhundert nach Lampe der praktische Grundzug der Gestaltung des christlichen Lebens noch weiter intensiviert. Als lokalhistorisches Beispiel sei der „Leitfaden für den Religions-Unterricht“ des Gemarker Kaufmannssohns und späteren reformierten lippischen Generalsuperintendenten Ferdinand Weerth (1744 – 1836) von 1811 genannt. Dieser gestaltet die calvinische Ethik der Dankbarkeit und der christlichen Freiheit in eine Pflichtenlehre um. Weerth wörtlich: „Das Christenthum lehrt uns, wie wir gesinnt seyn und leben sollen. […] Wir haben Pflichten gegen Gott, gegen den Nächsten und gegen uns selbst.“56 Durch Vernunftgebrauch und uneingeschränkte Willensfreiheit ist der Mensch dazu ausgerüstet, als „Herr der Erde“57 auf dem Weg moralischer Perfektionierung voranzuschreiten. Aus der ursprünglichen Freiheit zur Antwort wird eine Pflicht zur tugendhaften Lebensgestaltung. Diese Spielart reformierter Theologie mit ihrer optimistischen Anthropologie, die für das religiöse und kulturelle Milieu des beginnenden 19. Jahrhunderts bezeichnend ist, liest sich nahezu wie ein Gegenentwurf zur calvinischen Freiheitsidee. Nicht nur in theologischen Werken und katechetischen Texten, sondern auch in der Kultur überhaupt finden sich Wirkungen des calvinischen Freiheitsverständnisses. Wenn man danach fragt, welche kulturellen und politischen Entwicklungen vom calvinischen Freiheitsverständnis zumindest begünstigt, wenn nicht gar maßgeblich hervorgebracht wurden, kann man u. a. an seine Impulse für die Wissenschaften, die Ökonomie und die Demokratie denken. Drei kulturelle Wirkungen des calvinischen Freiheitsverständnisses seien hier angedeutet. Zunächst ist der Calvinismus dadurch gekennzeichnet, dass in ihm die Freiheit als Mündigkeit verstanden wird. Das Streben nach Erneuerung vom Wort Gottes her bietet zugleich die Basis für die eigene Suche nach Erkenntnis. Die Theologie will ausdrücklich nicht in einem kulturellen oder intellektuellen Ghetto betrieben sein, sondern hält sich ihre Türen für das Gespräch mit anderen Wissenschaften und mit allen Bereichen der menschlichen Erkenntnis offen. Denn alle Entdeckungen und Forschungen, die wirkliche Erkenntnis für sich beanspruchen, weisen im letzten Grund auf Gott zurück. Dieses theologisch motivierte und aus der Freiheit geborene Streben nach Erkenntnis lässt sich vielfältig belegen.58 Von Anfang an mussten sich die Calvinisten den Vorwurf gefallen lassen, von der Vernunft geradezu exzessiv Gebrauch zu machen. Doch dieser Vernunftgebrauch galt ihnen als Ausdruck ihrer Gewissensfreiheit. So beriefen sie sich auf die Vernunft in der Ausein56 Weerth, Ferdinand, Leitfaden für den Religions-Unterricht in den Schulen, in: Freudenberg (Hg.), Reformierte Katechismen, 45 – 111, hier 82. 57 Weerth, Leitfaden, 60. 58 Beispiele nennt Rohls, Jan, Zwischen Bildersturm und Kapitalismus. Der Beitrag des reformierten Protestantismus zur Kulturgeschichte Europas, Wuppertal 1999, 13 – 23.

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andersetzung mit der lutherischen Ubiquitätslehre: Es sei evident, dass sich jeder Körper an einem bestimmten Ort befinde. Der Widerspruch ließ nicht lange auf sich warten: Man dürfe der Vernunft, die durch den Sündenfall Schaden genommen habe, in religiösen Dingen nicht zu viel zutrauen. Vernunft und Offenbarung wurden in diesen Debatten in ein neues Verhältnis zueinander gesetzt, welches beiden gerecht wurde. Der Freiheit zum Vernunftgebrauch verdanken sich ferner die ersten Ansätze der historischen Bibelkritik in der reformierten Akademie von Saumur durch Louis Cappel, die in der historisch-kritischen Schriftauslegung und Dogmenkritik von Hugo Grotius vertieft wurde. Überhaupt gab es in den nachreformatorischen Jahrhunderten eine wissenschaftliche Blüte an den reformierten Hohen Schulen. Weiter öffneten sich Calvinisten in den Niederlanden Descartes’ Gedanken, das antik-mittelalterliche geozentrische Weltbild durch ein neues naturwissenschaftlich begründetes zu überwinden, ohne dabei den Gottesbegriff aufzugeben. Vernunft und Offenbarung sollten einander zuarbeiten. Das galt auch für die Entzauberung der Welt, die Abkehr vom Dämonenglauben und für ein positives Verhältnis zu den Naturwissenschaften, da sie die Menschen in die Lage versetzten, ihrem biblischen Kultivierungsauftrag Ausdruck zu verleihen. Ein zweites Feld, auf dem der Calvinismus der neuzeitlichen Freiheitsidee Impulse gegeben hat, ist die Ökonomie. Mit seiner These, dass es eine direkte Verbindung von calvinistischer Ethik und dem Geist des Kapitalismus gibt, hat Max Weber für lange Zeit die Deutungshoheit eingenommen. Dabei ist daran zu erinnern, dass sich jedenfalls Calvin die Freiheit genommen hat, ein nüchternes Verhältnis zum Kapital zu entwickeln, und den Gedanken, dass die Anhäufung von Kapital Gewissheit über die Erwählung verschaffe (Syllogismus practicus), nicht vertrat.59 Er flankierte die Öffnung hin zur Geldwirtschaft ausdrücklich mit ihrer Sozialverträglichkeit nach dem Maßstab der Nächstenliebe.60 Beispielsweise drängte er darauf, dass von Armen kein Zins genommen werden durfte. Reiner ökonomischer Eigennutz oder ein Marktradikalismus, der auf die staatlichen ökonomischen Steuerungsorgane verzichtet, vertragen sich folglich nicht mit calvinischer Ethik. Freiheit zum Wirtschaften heißt bei Calvin, sich zur Freigebigkeit herausrufen zu lassen. In seinen Predigten über das Deuteronomium (1555/56) erinnert er daran, dass die Freiheit in ökonomischen Dingen eine gebundene Freiheit ist. Der Arme und der Reiche sind als Ebenbilder Gottes an Gott gebunden und selber aufeinander bezogen.61 Ihr Zusammenleben wird zum Feld, auf dem beide zur 59 Vgl. Esser, Hans Helmut, Der Eigentumsbegriff Calvins angesichts der Einführung der neuen Geldwirtschaft, in: Neuser/Armstrong (Hg.), Calvinus Sincerioris Religionis Vindex, 139 – 161. 60 Vgl. dazu Freudenberg, Matthias, „Arme habt ihr allezeit bei euch“ (Joh 12,8). Armut als Herausforderung für das kirchliche Handeln im reformierten Protestantismus – Einblicke und Orientierungen, in: Martin Böttcher u. a. (Hg.), Die kleine Prophetin Kirche leiten (FS Gerrit Noltensmeier), Wuppertal 2005, 93 – 111. 61 Vgl. u. a. die Predigt über Dtn 15,11 – 15 vom 30. 10. 1555 (CO 27,336 – 349); Übersetzung:

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Antwort gerufen sind.62 Wichtige Impulse für die Sozialethik und das Gemeindediakonat hatte Calvin bereits während seiner Straßburger Zeit 1538 – 1541 erhalten. Eine hervorgehobene Rolle spielte dort Katharina Zell als Hauptrepräsentantin eines neuen weiblichen Diakonats. Ausgehend von diesen sozialethischen Orientierungen gewann die Gemeindediakonie auch in Genf und an anderen Orten eine institutionelle Gestalt – auch dies ein Bereich, in dem Freiheit bezeugt und bewährt wurde.63 Genannt sei noch ein weiteres Feld, auf dem Calvin Freiheit und Mündigkeit im Politischen zumindest indirekt beeinflusst hat. Von Anfang an standen calvinisch geprägte Kirchen im Spannungsverhältnis zu ihren Regierungen. Insbesondere für die französischen Reformierten war der Weg weit und steinig, bis sie aus einem gottesdienstlichen Leben im Untergrund zu einer tolerierten Konfession gelangten und schließlich in den Vereinigten Staaten mit Franklin Delano Roosevelt (1882 – 1945) einem Hugenottennachfahren das Präsidentenamt übertragen wurde. Trotz aller dramatischen Verwicklungen diesseits und jenseits von erfahrener religiöser Toleranz haben die Calvinisten zur Entwicklung neuzeitlicher politischer Strukturen bemerkenswerte Beiträge geleistet in dem Bewusstsein, dass christliche Freiheit auch im Politischen Ausdruck finden soll. Zu denken ist u. a. an die Sensibilität für ein der Menschenwürde verpflichtetes Gemeinwesen und die Gestaltung eines gerechten Zusammenlebens. Bereits Calvin klagte unter dem Eindruck der Repressalien gegen die Hugenotten die monarchistische Tyrannei an und forderte die „Freiheit des Volks“.64 Am Rande begegnet bei ihm sogar der Gedanke eines Widerstandsrechtes, das in solchen Grenzfällen allerdings nur von offiziell dazu bestimmten Amtspersonen ausgeübt werden sollte.65 Auch wurden im Anschluss an Calvin monarchomachische Texte verbreitet, die an die Bundesverpflichtung der Amtspersonen erinnerten.66 Im beginnenden 17. Jahrhundert wurden absolutismuskritische Gedanken im akademischen Milieu entwickelt – dafür steht u. a. der Name des Staatstheoretikers Johannes Althusius, der Überlegungen zur Volkssouveränität und Gewaltenteilung angestellt hat. Wo immer es zu solchen Vorstößen gekommen ist, bildete neben der Bundestheologie die Schöpfungstheologie den Argumentationsrahmen:

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Calvin-Studienausgabe, Bd. 7: Predigten über das Deuteronomium und den 1. Timotheusbrief (1554 – 1556), hg. v. Eberhard Busch u. a., Neukirchen-Vluyn 2009, 67 – 79. Predigt über Dtn 15,11 – 15 (CO 27,342); Calvin-Studienausgabe, Bd. 7, 72 f. Im 18. Jh. hat der andere große Genfer J.-J. Rousseau an Calvins Sozialethik angeknüpft und diese weitergeführt; vgl. Scholl, Hans, Von der Reformation zur Revolution. Die beiden Genfer J. Calvin und J.-J. Rousseau vor der Frage nach sozialer Gerechtigkeit, in: ders., Verantwortlich und frei. Studien zu Zwingli und Calvin, zum Pfarrerbild und zur Israeltheologie der Reformation, Zürich 2006, 135 – 158. Inst. IV,20,31 (OS 5,501): „populi libertatem“; vgl. auch Calvins Daniel-Kommentar von 1561 (CO 40 f). Inst. IV,20,31 (OS 5,501), wo Calvin von „populares magistratus“ spricht, welche die Willkür der Könige mäßigen sollten. Vgl. auch Rohls, Bildersturm, 32 – 37.

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Politische Freiheit und die daraus resultierenden Menschenrechte wurden als Schöpfungsgabe Gottes interpretiert. Was schon Calvin hervorgehoben hat – die Gottesebenbildlichkeit und die Berufung des Menschen zur Freiheit –, trug später politische Früchte: Als Gott entsprechendes Wesen sollte der Mensch sein Recht auf Religions- und Gewissensfreiheit wahrnehmen. Insofern kann man von zumindest indirekten Wirkungen Calvins auf die Entwicklung der modernen Demokratie sprechen – Wirkungen, bei denen übrigens das calvinische Axiom der freien Souveränität Gottes keineswegs die menschliche Freiheit in Frage stellte.67 Entsprechend entfaltete Calvin in seiner Auseinandersetzung mit den pantheistisch und deterministisch denkenden Libertinern eine Vorsehungslehre, die die menschliche Freiheit mit Gottes Güte und Allmacht in Übereinstimmung zu bringen versuchte. Er betonte die in Gottes freier Vorsehung begründete menschliche Freiheit und Eigenverantwortung vor Gott, seine ethische Urteilskraft über Gut und Böse und das Gewissen, um der Pervertierung der Freiheit zur indifferenten Haltlosigkeit zu wehren. Denn schließlich wird die Freiheit des Menschen durch Gottes schöpferisch-pneumatisches Handeln überhaupt erst geschaffen.68

4. Ergebnisse und Folgerungen Die im Folgenden exemplarisch genannten Ergebnisse und dogmatischen Impulse lassen sich aus den calvinischen Begründungsstrukturen der christlichen Freiheit ableiten. 1. Indem Calvin auf Luthers und Zwinglis Freiheitsverständnis zurückgreift, nimmt er jeweils zentrale Überlegungen beider auf und entwickelt sie weiter. Er setzt Luthers im Rahmen des Ablösungsprozesses von der scholastischen Theologie formuliertes Beharren auf einer Unterscheidung innerhalb des Menschen voraus. Diese bildet die nicht mehr eigens betonte Basis eines Freiheitsverständnisses, das an der Befreiung der Gewissen zum Tun des guten Gotteswillens im Prozess der Heiligung interessiert ist. Die Frage nach dem gnädigen Gott, der den Menschen aus seiner Verkehrung befreit, überführt Calvin in die Frage nach der rechten Gottesverehrung, und zwar sowohl in liturgischer Hinsicht als auch in der Bewährung im Alltag der Welt. Umgekehrt bildet Zwinglis Ringen um die Autoritätsfrage den Hintergrund von Calvins Einstehen für die Bewährung des Bekenntnisses zum dreieinigen Gott angesichts der vielfältigen Gefährdungen von Freiheit. Ein solches Freiheits67 Vgl. Busch, Eberhard, Gemeinschaft in Freiheit. Impulse für die demokratische Lebensform, in: ders., Gotteserkenntnis, 139 – 170, hier 150. 68 Vgl. Calvin, Johannes, Wider die Sekte der Libertiner (1545), in: Calvin-Studienausgabe, Bd. 4: Reformatorische Klärungen, hg. v. Eberhard Busch u. a., Neukirchen-Vluyn 2002, 235 – 355, hier bes. 310 – 341.

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verständnis sucht über die Gewissensfreiheit hinaus nach öffentlichen und politischen Darstellungsformen der Freiheit. Trotz Calvins neuer Akzentsetzungen gegenüber Luther und Zwingli ist indes die theologische Nähe zu ihnen größer als zu den Transformationen des Freiheitsgedankens, die im Calvinismus begegnen. 2. Calvin versteht das Leben in der Freiheit als Antwort auf eine Anrede. Das von einem solchen dialogischen Charakter geprägte Freiheitsverständnis begünstigt Prozesse in der Kirche und im Gemeinwesen, die der Kommunikation, der Verständigung, der gemeinsamen Willensbildung und der Partizipation Ausdruck geben. Kirche ist dann Kirche der Freiheit, wenn sie sich als Adressatin des anredenden Wortes Gottes versteht und diesem in der Kraft des Heiligen Geistes zutraut, Freiheit inmitten von erstarrten und unfreien Strukturen zu wirken. Calvin und mit ihm der klassische reformierte Protestantismus sind von der Leidenschaft beseelt, die Wirkmächtigkeit von Gottes Wort wiederzuentdecken und dieses zugunsten der christlichen Freiheit fruchtbar zu machen. Auf dem Hintergrund, dass Freiheit nachreformatorisch tendenziell als subjektive Qualität und Habitus des Menschen angesehen wurde, erinnert Barth in einem Vortrag zur Freiheitsthematik von 1953 daran, dass Freiheit zuerst und zuletzt Geschenk ist.69 Gottes eigene Freiheit in der Betätigung seiner Gnade, so Barth, problematisiert keineswegs die dem Menschen geschenkte Freiheit, sondern füllt sie vielmehr mit Leben. Gottes Freiheit ruft das Erkennen und Bekennen in Wort und Tat wach.70 Die Antwort des Menschen hat sachlich die Struktur der „Übereinstimmung mit der Freiheit Gottes“.71 Das aber schließt im Bezug auf die Kirche die selbstkritische Reflexion darüber ein, wozu sie berufen ist in einer Welt, in der die Angst vielfach über die Freiheit dominiert und in der die Beschneidung von Freiheitsrechten nicht selten als Zugewinn an Sicherheit gewertet wird. Die Barmer These 2 erkennt das Analogon zur „frohe[n] Befreiung aus den gottlosen Bindungen“ im „freie[n], dankbare[n] Dienst an seinen Geschöpfen“.72 Und die Barmer These 6 beantwortet die Frage, wozu die Kirche da und von ihrem Herrn beauftragt ist, mit der Auskunft, „die Botschaft von der freien Gnade auszurichten an alles Volk“.73 Insofern die Kirche sich selber von der frei zugewandten Gnade angeredet weiß, ist sie in Wahrheit freie Kirche und gibt Antwort, indem sie diese Botschaft ausrichtet. 3. In den Debatten um die Zukunft der evangelischen Kirche sollte die 69 Barth, Karl, Das Geschenk der Freiheit. Grundlegung evangelischer Ethik, ThSt 39, Zürich 1953. 70 Barth, Geschenk der Freiheit, 7. 71 Barth, Geschenk der Freiheit, 9. 72 Plasger/Freudenberg (Hg.), Reformierte Bekenntnisschriften, 243. 73 Plasger/Freudenberg (Hg.), Reformierte Bekenntnisschriften, 244; vgl. Beintker, Michael, Die Botschaft von der freien Gnade Gottes und die Gestalt einer Kirche des Erbarmens Gottes, in: ders., Rechtfertigung in der neuzeitlichen Lebenswelt. Theologische Erkundungen, Tübingen 1998, 170 – 184.

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Erinnerung daran wach gehalten werden, dass Kirche in der Kraft des Wortes und des Geistes eine Gemeinschaft der Angeredeten ist. Darum wissen sie sich zur Antwort geschaffen und berufen. Über das antwortende Bekennen nachzudenken, berührt auch dessen Status im gottesdienstlichen Leben. Es bleibt eine herausragende Aufgabe, den calvinischen Dreiklang von Erkennen, Anerkennen und Bekennen als Inanspruchnahme geschenkter Freiheit zu kultivieren oder gar wieder neu zu entdecken. Wo immer in Kirche und Gesellschaft die Freiheit zum Antworten praktiziert wird, bindet und verbindet sie Menschen zu Wesen der communio und der communicatio – nicht nur im sakramentalen Sinn, sondern auch in ekklesiologischer und sozialer Hinsicht.

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Wim Janse

Calvinizans The Involvement of Melanchthon, Peucer, and Eber in the Bremen Sacramentarian Controversy, 15601

“Ich will ihn pro damnato halten” (I wish to regard him as damned), were the words Luther used to an unsuspecting Melanchthon in order to pillory the Strasbourg reformer Martin Bucer in August 1544.2 The statement was a reaction to the un-Lutheran paragraph on the Lord’s Supper in Bucer’s Cologne Church Order of 1543.3 The fact that Luther’s furious outburst revealed unconsciously and indirectly the heterodoxy of Bucer’s co-author – Melanchthon himself – knocked the ground from under Melanchthon’s feet, it is true,4 but it established a historical fact: the Wittenberg Faculty of Theology did not have a homogeneous doctrine of the Lord’s Supper.5 1 An earlier version of this article was presented as a paper at the 1995 Sixteenth Century Studies Conference, San Francisco, California, October 26, 1995. Travel for this paper was supported by the Stichting Leids Universiteits-Fonds. I am indebted to M.J. Collins (Gremlin Editorial Services, Donkerbroek) for his linguistic assistance. Abbreviations in the notes correspond to G. Müller, ed., Theologische Realenzyklopödie: Abkürzungsverzeichnis (Berlin/New York: Walter de Gruyter, 19942). 2 Hieronymus Besold to Veit Dietrich in Nuremberg, August 8, 1544, in O. Albrecht/P. Flemming, eds., “Das sogenannte Manuscriptum Thomasianum”, in ARG 13 (1916): 164. 3 Martin Bucer, Von Gottes genaden unser Hermans Ertzbischoffs zu Cöln, unnd Churfürsren etc. einfaltigs bedenken, warauff em Christliche, in dem wort Gottes gegrünte Reformation (…) anzurichten seye [Bonn: Laurentius von der Mullen, 1543), 93b-111a ; H. Gerhards/W. Borth, transl./ eds., Hermann von Wied: Einfältiges Bedenken. Reformationsentwurf für das Erzstift Köln von 1543 (SVRKG 43) (Düsseldorf: Presseverband der Evangelischen Kirche im Rheinland, 1972), 139 – 164. As to Luther’s criticism of the Eucharistic doctrine of the Einfaltigs bedenken: M. Köhn, Martin Bucers Entwurf einer Reformation des Erzstiftes Köln. Untersuchung der Entstehungsgeschichte und der Theologie des ,Einfaltigen Bedenckens‘ von 1543 (UKG 2) (Witten: Luther-Verlag, 1966), 124 f. 4 Besold to Dietrich, August 8, 1544, in ARG 13 (1916): 164: “Id o Out the confrontation in his Luther und Melanchthon—Einheit im Gegensatz. Ein Beitrag zum Melanchthon-Jubiläum 1960 (TEH 91) (München: Chr. Kaiser Verlag, 1961), 25 – 34; idem, “Die Versuche Bullingers, Calvins und der Strassburger, Melanchthon zum Fortgang von Wittenberg zu bewegen”, in U. Gabler/E. Herkenrath, eds., Heinrich Bullinger 1504 – 1575. Gesammelte Aufsätze zum 400. Todestag (ZBRG 8) (Zürich: Zwingli Verlag, 1975): 36 – 39. 5 Cf. Neuser. Luther und Melanchthon, 21 – 24; idem, Die Abendmahlslehre Melanchthons in ihrer geschichtlichen Entwicklung (1519 – 1530) (BGLRK 26/2) (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag des Erziehungsvereins, 1968), 273 – 277, 339 – 398; R.W. Quere, “Melanchthonian Motifs in the Formula’s Eucharistic Christology”, in L.W. Spitz/W. Lohff, eds., Discord, Dialogue, and Concord: Studies in the Lutheran Reformation ’s Formula of Concord (Philadelphia: Fortress Press, 1977): 58 – 73; C . Andresen, ed. , Handbuch der Dogmen- und Theologiegeschichte 2 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1988), 79 – 81.

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Wilhelm Neuser has traced Melanchthon’s dissociation from Luther’s materialistic conception of the real presence of Christ’s body in the sacrament from 1543.6 According to Neuser, the final point of the development of Melanchthon’s doctrine — which can be regarded as a paradigm for his Faculty – is his spiritualistic description of the elements of the Lord’s Supper, in March 1559, as sulbok\ and !mt_tupa, thereby coming close to the Swiss point of view.7 The Wittenberg Faculty, however, took up an even more un-Lutheran position in two documents dating from the year of Melanchthon’s death, 1560. Initially, I consulted them in manuscript, anonymous apographs preserved in the Archives Municipales de Strasbourg, Archives du Chapitre de Saint Thomas (AMS, AST). The first provides a review of the interpretations of the words of the institution from Paul to Westphal.8 An extract can be found in the notes from Melanchthon’s secret sermons, made by his son-in-law Caspar Peucer in January 1561 and published in the Corpus Reformatorum.9 There is also remarkable agreement with Melanchton’s writing on the Lord’s Supper for Frederick III of the Palatinate, the Iudicium of November 1st, 1559.10 The second document, entitled De coena Domini, attacks the ontic concept of the real presence and ubiquity as its presupposition.11 Both documents were catalogued as products of Melanchthon’s pen.12 The first text , however, is the extract from an undated letter of Peucer to Ulrich Mordeisen, published in 1596, and the second is the Confession on the Supper by Paul Eber, Melanchthon’s friend and colleague, of December 28th, 1560, edited in 1575.13 6 W.H. Neuser, “Melanchthons Abendmahlslehre und ihre Auswirkung im unteren Donauraum”, in ZKG 1 (1973): 49 – 59. 7 Melanchthon to Crato von Crafftheim, March 21, 1559, in CR 9: 785; Neuser, “Melanchthons Abendmahlslehre”, 57. 8 AMS, AST 181/10, 99r- 101r. 9 “De sacra coena”, in CR 9: 1088 – 1090, esp. 1089 f. sub III. 10 Melanchthon, “Iudicium de controversia de coena Domini”, in CR 9: 960 – 963 and R. Stupperich, ed., Melanchthons Werke in Auswahl 6 (Gütersloh: C. Bertelsmann Verlag, 1955): 482 – 486 (abbr. as MWA). 11 AMS, AST 181/10, 101v-108v : “De coena Domini”. 12 J. Adam, Inventaire des Archives du Chapitre de St-Thomas de Strasbourg (Strasbourg: Imprimerie Alsacienne, 1937), 311: “Melanchthon Alberto Hardenbergo, de coena domini”. Cf. the annotation by J. Rott in his copy of Adam’s Inventaire, 311: “probablement de M¦lanchthon”. In his inventaire suppl¦mentaire dactylographi¦ [Strasbourg, n.d], Rott did not mention the folio’s in question. Erroneously, I assumed the Melanchthonian authorship in my Albert Hardenberg als Theologe. Profil eines Bucer-Schülers (SHCT 57) (Leiden/New York/Köln: E.J. Brill, 1994), 80, 303, 308, as did J. V. Pollet, Martin Bucer. Êtudes sur les relations de Bucer avec les Pays-Bas, l’Êlectorat de Cologne et l’Allemagne du Nord avec de nombreux textes in¦dits 1 (SMRT 33) (Leiden: E.J. Brill, 1985), 276 note 6. 13 Caspar Peucer to Ulrich Mordeisen, [n.d.], in Caspar Peucer, Tractatus historicus de clans. viri Philip. Melanthonis sententia, De Controversia Coenae Domini (…) (Ambergae: Michael Forster, 1596): 105 – 108; Eber’s confession: “Iudicium de Coena Domini, Pastoris Ecclesiae Wittenbergensis D. Pauli Eberi, Electori Saxoniae Augusto, die 28. Decemb. Anni 61. [sic] oblatum Dresdae in Misnia, prope Albim”, in Joachim Cureus, Exegesis perspicua et ferme

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In the present contribution, firstly, I would like to show how Wittenberg became increasingly involved in the sacramentarian controversy surrounding the institute’s prot¦g¦, the Bremen reformer Albert Hardenberg,14 disciple of Martin Bucer and friend to the Swiss. Secondly, I would like to demonstrate how, in the conflict, the two Wittenberg professors Peucer and Eber15 took a Genevan standpoint by embracing Calvin’s Eucharistic doctrine on two essential points in 1560, one of them even quoting, anonymously, Calvin’s unionistic Petit traict¦ de la saincte cene of 1541.16 Since Wittenberg played a key role in the process of reformed confessionalization in Northern Germany,17 in this article I will be highlighting the influence of Calvin in 1560 – an influence, as we shall see, mediated through Hardenberg — on the profilation of Philippism and the rise of the German reformed confession. I will (1) characterize Melanchthon’s later teachings on the Lord’s Supper, (2) indicate Wittenberg’s involvement in the controversies surrounding the Lord’s Supper in Bremen, (3) deal with Peucer’s and Eber’s Eucharistic writings of 1560, and (4) provide a conclusion.

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integra controversiae de sacra coena (…) (Heidelbergae: Johann Mayer, 1575): 292 – 311. I owe this information to Dr. Walther Thüringer (Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Melanchthon-Forschungsstelle Heidelberg), who identified both documents. As to him: Janse, Hardenberg. As to Caspar Peucer (1525 – 1602): E.L.Th. Henke, Caspar Peucer und Nicolaus Krell. Zur Geschichte des Lutherthums und der Union am Ende des 16. Jahrhunderts (Marburg: N.G. Elwert’sche Universitäts-Buchhandlung, 1865); R. Kolb, Caspar Peucer’s Library : Portrait of a Wittenberg Professor of the Mid-Sixteenth Century (Sixteenth Century Bibliography 5) (St. Louis: Center for Reformation Research, 1976); Janse, Hardenberg, index, and 535 (Peucer’s correspondence with Hardenberg); biographical articles in ADB 25 (1887): 552 – 556; RE3 15 (1904): 228 – 231; RGG 5 (1961, repr. 1986): 264; LThK 8 (1963): 390; H.J. Hillerbrand et al., eds., The Oxford Encyclopedia of the Reformation (New York/Oxford: Oxford University Press, 1996) 3: 251 f. (abbr. as OER). As to Paul Eber (1511 – 1569): C.H. Sixt, Dr.Paul Eber, der Schüler, Freund und Amtsgenosse der Reformatoren (Heidelberg: Universitätsbuchhandlung von Karl Winter, 1843); idem, Paul Eber. Ein Stück Wittenberger Lebens aus den Jahren 1532 bis 1569 (Ansbach: Verlag von Friedrich Seybold, 1857); Th. Pressel, Paul Eber. Nach gleichzeitigen Quellen (LASLK 8) (Elberfeld: Verlag von R.L. Friderichs, 1862); D.G. Buchwald, D. Paul Eber. Der Freund, Mitarbeiter und Nachfolger der Reformatoren. Ein Bild seines Lebens und Wirkens (Leipzig, 1897); Janse, Hardenberg, index, and 534 (Eber’s correspondence with Hardenberg); biographical articles in ADB 5 (1877): 529 – 531; RE3 5 (1898): 118 – 121 and 23 (1913): 361; RGG 2 (1958, repr. 1986): 296; NDB 4 (1959): 225; OER 2 (1996): 17. Calvin, “Petit traict¦ de la saincte cene de nostre Seigneur Iesus Christ (…)” (GenÀve: Michel du Bois, 1541), in P. Barth et al., eds., Joannis Calvini, Opera Selecta 1 (München: Chr. Kaiser, 1926, repr. 1963): 499 – 530 (abbr. as OS). As to this process: H. Schilling, ed., Die reformierte Konfessionalisierung in Deutschland—Das Problem der “Zweiten Reformation”. Wissenschaftliches Symposion des Vereins für Reformationsgeschichte 1985 (SVRG 195) (Gütersloh: Gerd Mohn, 1986); idem, Religion, Political Culture and the Emergence of Early Modern Society : Essays in German and Dutch History (SMRT 50) (Leiden/New York/Köln: E.J. Brill, 1992): 205 – 301; W. Sparn, “Zweite Reformation und Traditionalismus. Die Stabilisierung des Protestantismus im Übergang zum 17. Jahrhundert”, in Pirckheimer Jahrbuch 6 (1991): 117 – 131.

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1. Characteristics of Melanchthon’s Eucharistic doctrine from the 1540s onwards Current research into what was unique in Melanchthon’s views on the Eucharist in the 1540s, what distinguished them from Luther’s doctrine, can be summarised in five points:18 1. Whereas Luther emphasises the ubiquity of Christ’ s body, Melanchthon underlines its locality – in heaven – as did Zwingli and Calvin. In contrast to the latter, Melanchthon taught the ubivoli presence: the Lord can be present in his Supper whenever he wishes. 2. The presence of the Lord brought about by the words of consecration is rejected as magic: Christ’s promise is sufficient. “By the word” (per verbum) becomes “according to the word” (iuxta verbum). 3. In line with the Wittenberg Concord of 1536 and the Augsburg Confession (the Variata) of 1540, Christ is given cum (“with”) the bread and wine. The “est” of the words of the institution (“Hoc est corpus meum”) has to be explained on the basis of I Cor. 10, 16: “The bread that we break, is it not a communion of the body of Christ?”. The local inclusion of consubstantiation is rejected. 4. The above derives from Melanchthon’s perception of the real presence as a personal presence: body and blood are not parts of Christ but the entire living Lord. As he promises throughout the New Testament, that he will be present to believers, Christ can be personally present in his Supper even though he is seated at God’s right hand. 5. The consequences of an oral eating, something which even unbelievers can do, are avoided by Melanchthon owing to his doctrine of a manducatio spiritualis and ceremonialis, a spiritual eating linked with a ceremonial eating. Christ is not present in the elements but in actu, in the action of the Lord’s Supper and is thereby present for those taking part. In contrast to Zwingli and Calvin, however, he rejects the necessity of prior belief for reception of the gift. He maintains Luther’s pastoral maxim, that the Lord’s Supper can only serve as a consolation if human conditions do not need to be fulfilled. In summary : “Melanchthon stands between Luther and Calvin. With Luther he teaches the unconditional nature of the gift of the Lord’s Supper, but avoids Luther’s catholicizing formulations and practices. He joins Zwingli and

18 Neuser, “Melanchthons Abendmahlslehre”, 51 f. Cf. idem, Abendmahlslehre Melanchthons, 339 – 398; H. Gollwitzer, Coena Domini. Die altlutherische Abendmahlslehre in ihrer Auseinandersetzung mit dem Calvinismus, dargestellt an der lutherischen Frühorthodoxie. Mit einer Einführung zur Neuausgabe von Dietrich Braun (TB, Systematische Theologie 79) (München: Chr. Kaiser Verlag, (1937) 1988), 65 – 96 Janse, Hardenberg, 306 f.

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Calvin in taking a clear distance from Catholicism, but he does not share their spiritualism in their teaching on the Lord’s Supper”.19

2. Wittenberg’s involvement in the controversies in Bremen surrounding the Lord’s Supper, 1555 – 1561 This view of the Lord’s Supper left Wittenberg room to find common ground with the reformed Protestants. Thus, for example, the Bremen cathedral preacher already alluded to, Hardenberg, rightly made continual appeals to his friends in Wittenberg, from 1548 onwards, for theological protection in his conflict with his gnesio-Lutheran colleagues over the real presence and the ubiquity.20 It was only with a great deal of caution that Melanchthon took on this role of protector.21 What caused him to nail his theological colors to the mast – starting towards the end of 1556 – was, as I have mentioned elsewhere,22 his indignation at the new Christology preached by Johann Brenz. Hardenberg was mediator in informing Melanchthon of Brenz’s doctrine of the ubiquitas absoluta of Christ’s human nature even before publication by Brenz in 1557. For when, in October/November 1556, the Bremen Lutheran Johann Timann produced like a deus ex machina a manuscript on the Lord’s Supper written by Brenz as support for his doctrine of the ubiquity, a document containing Brenz’s Christological neology,23 with which Timann, in fact, replaced the traditional foundation of the real presence, namely the words of the institution,24 Hardenberg warned his friend in Wittenberg25 and Melanchthon arose from his slumbers. 19 20 21 22

Neuser, “Melanchthons Abendmahlslehre”, 52. Janse, Hardenberg, 301 f. Ibid., 302 – 304. W. Janse, “Das ,Extra Calvinisticum‘ in Melanchthons Vorlesungsdiktat zu Kolosser 3,1 vom Juni 1557”, in H. Rudolph/H.J. Selderhuis, eds., Pietas Bataviensis. Festgabe für Marijn de Kroon zu seinem 65. Geburtstag (Münster/Zwolle, 1993) (written for restricted circulation only); cf. Janse, Hardenberg, 51 f., 333 – 337. 23 Most likely the chapter “De Eucharistia” of the “Posterior pars secundae pericopes (…)” of the “Apologia Confessionis Illustrissimi Principis ac Domini, D. Christophori, Ducis Wirtenbergensis, etc.” (1557), in J. Brenz, Operum reverendi et clarissimi theologi, D. loannis Brentii (…) 8 (Tubingae: Georgius Gruppenbachius, 1590): 507 – 512. 24 Johann Timann to Daniel von Büren, [October/November, 1556], in [E. Wagner], Doctor Albert Hardenbergs im Dom zu Bremen gefüretes Lehramt und dessen nächsten Folgen (Bremen: Diedrich Meier, 1779): 69 note d, and G.J. Planck, Geschichte der Entstehung, der Veränderungen und der Bildung unseres protestantischen Lehrbegriffs vom Anfang der R eformation bis zu der Einführung der Konk rdienformel 5/1 (Leipzig: Siegfried Lebrecht Crusius, 1798): 155 note 221. 25 Hardenberg to von Büren, [October/November, 1556], in Staatsarchiv Bremen, 2– T.1.c.2.b.2.c.2.a.1; von Büren to Melanchthon, November 23, 1556, in D. Gerdes, Miscellanea

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In order to grasp the significance of the documents that are the ultimate object of the present contribution, we need to follow Melanchthon and Eber closely from this moment. I would divide the drama into six acts. 1. In the December of 1556 both men gave their fiat (though only in private) to Hardenberg’s introduction of the doctrine of the Extra Calvinisticum as Christological basis for the simultaneity of the sessio ad dextram and the personal presence in the Lord’s Supper.26 2. A month later, in his capacity as author of the Wittenberger Gutachten, Melanchthon took sides in the Bremen conflict, taking up a stance against the communis opinio in Lower Saxony, by rejecting the essential identity of the bread and wine with Christ’s body and blood.27 3. In June 1557 he gave a lecture on Colossians 3, 1 in which he adopted the teaching of the Extra Calvinisticum, quoting Hardenberg almost word for word. Publication of the lecture in 1559 meant permanent stigmatisation for Melanchthon.28 4. In a letter written in March 1559 and published in 1561, Melanchthon went so far as to join the Greek Fathers in typifying the bread and wine as symbols, as antitypes or figures of Christ’s body and blood.29 5. For the first time on November 1st, 1559 Melanchthon openly entered the conflict over the Lord’s Supper in his famous Heidelberg Iudicium to Frederick III, published posthumously. Bremen, Heshusen, Mörlin, and Sarcerius were all named and blamed for their teachings on consubstantiation and transubstantiation, and for their “artolatry” (worship of bread).30 6. A month later, in December 1559, Tileman Heshusen was summoned to Bremen to become superintendent. Heshusen made his acceptance of the appointment conditional on his being permitted to engage in a dispute with the dissident Hardenberg. Heshusen wanted Mörlin and Westphal as seconds. His cynical recommendation to Hardenberg was: seek the aid of no-one less

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Groningana in miscellaneorum Duisburgensium continuationem publicata 3/3 (Groningae: Hajo Spandaw, 1742): 374 – 382. Eber to Hardenberg, December 5, 1556, in C.A. Salig, Vollständige Historie der Augspurgischen Confession und derselben Apologie 3 (Halle, 1735): 731 note o; Melanchthon to Hardenberg, December 6, 1556, in CR 8: 917 f. Hardenberg’s writing: “Themata, sive Positiones, adversus Ubiquitatem corporis Christi, in Farragine Johannis Amsterodami plus XXXVIII locis repetitam” (November 5, 1556), in De Ubiquitate, Scripta Duo Adversaria Doct. Alberti Hardenbergii et Elardi Segebadii (…), Item Alberti Hardenbergii, brevis et aperta controversiae de Eucharistia explicatio (Myloecii: Petrus Fabricius, 1564): 4b–7a, Cf. Janse, Hardenberg, 56 – 58, 123 – 127. Wittenberg to the Bremen Council, January 10, 1557, in CR 9: 15 – 18. Cf. Janse, Hardenberg, 59 – 61. Janse, Hardenberg, 315 – 319; cf. Neuser, “Melanchthons Abendmahlslehre”, 54 f. and E.K. Sturm, Der junge Zacharias Ursin. Sein Weg vom Philippismus zum Calvinismus (1534 – 1562) (BGLRK 33) (Neukirchefl-Vluyn: Neukirchener Verlag des Erziehungsvereins, 1972), 73 – 82. See note 7. See note 10.

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than Calvin, Bullinger and the reformed city of Emden.31 Finally, Melanchthon responded to the urgent pleas of the disconsolate Hardenberg and offered his services as second. He recommended that Hardenberg should call on the aid of Petrus Martyr.32 Melanchthon’s offer has been justifiably called “a sensation”: he was to join with a Swiss to cross swords with Heshusen, Westphal and Mörlin and would document his sympathy for the Swiss.33 But three weeks before the Dispute, on April 19th, 1560, Melanchthon died. Hardenberg was declared a “Zwinglian”. Melanchthon escaped a similar fate thanks only to his death. Support by Peucer and Eber34 was unable to prevent Hardenberg from being banned in Braunschweig in the February of the following year, a ban which labelled him as a “mocker and insulter” of the Augsburg Confession.35

3. The 1560 Eucharistic writings of Peucer and Eber It is not difficult to demonstrate that Peucer’s and Eber’s writings are linked to the Bremen controversy. The extract from Peucer’ s letter (in the manuscript) is superscribed: “Sent from Wittenberg to Dr. Albert Hardenberg shortly before the death of Mr. Philippus Melanchthon”36 Apparently, it was to serve as a support in the Dispute with Heshusen. Eber’s De coena Domini of December 28th, 1560 – an attestation for Elector August, written at the latter’s request, by way of preparation for the Electors’ gathering in Naumburg in January 156137 – attacks the Eucharistic confession of the orthodox party in the Bremen conflict (1556).38 The whole attestation shows signs of Hardenberg’s influence, as we shall soon see. 31 Alexander Bruchsal to Joachim Westphal, December 23, 1559, in C.H.W. Sillem, Briefsammlung des Hamburgischen Superintendenten Joachim Westphal aus den Jahren 1530 bis 1575 2 (Hamburg: Lucas Gräfe und Sillem, 1903): 408. 32 Melanchthon to Hardenberg, February 29, 1560, in CR 9: 1062 f. 33 W.H. Neuser, “Hardenberg und Melanchthon. Der Hardenbergische Streit (1554 – 1560)”, in JGNKG 65 (1967): 186. 34 Eber to Hardenberg, October 6, 1560, in D. Gerdes, Scrinium Antiquarium sive Miscellanea Groningana nova ad Historiam Reformationis Ecclesiasticam praecipue spectantia (…) 4/2 (Groningae/Bremae Corn. Barlinkhof/G.W. Rump, 1755): 721 f.; Peucer to Hardenberg, October 7, [1560], in Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Ms. a. 10, no. 99; Eber to Paul Pretorius, January 9, 1561, in Forschungsbibliothek Gotha, Chart. A 125, 56r-57r. 35 Janse, Hardenberg, 78 – 89. 36 AMS, AST 181/10, 99r : “D. Alberto Hardebergo Witeberga missum sub mortem Domini Philippi Melanthonis”. The manuscript differs slightly from the 1596 edition (see note 13) and has an alternative conclusion (AMS, AST 18 1/10, 101r): “Denique nova prorsus, et veteri Ecclesiae ignota haec posterior disputatio, cuius somnia invecta in Ecclesiam et sparsa temporibus Caroli magni paulatim radicibus actis creverunt: sicuti libri Scholasticorum testantur. Utra igitur sit praeferenda et sequenda, relinquitur Doctorum iudicio”. 37 Cf. Pressel, Eber, 60. 38 I.e., the “Bekandtnis der Prediger zu Bremen, vom Abendmal Christi, Anno LVI” [October 21,

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What do they contain? Peucer notes the existence of no more than two interpretations of the words of the institution: these are the tropic, that is, “that held by Paul and the whole of the early Church” up to the time of Charlemagne, and “the more recent”, that is, the literal interpretation, which laid the foundations for papistic aberrations.39 Agricola and Westphal are blamed alongside John Damascene and Lombard.40 The main objection voiced against them is that they draw attention away from the aim of the real presence to its mode.41 Eber mounts a passionate attack on both high points of the more recent opinion, i. e., the essential identity of sign and gift – including transubstantiation, consubstantiation, and local inclusion – and the “prodigious ubiquity of Christ’s body” as its underlying Christological assumption.42 Westphal and Flacius Illyricus are more Catholic than the Pope in that they need, in order to uphold the real presence, the “miraculous” omnipresence, whereas for the Papists Christ’s omnipotence was sufficient.43 What are the personal viewpoints of Peucer and Eber? To begin with, they repeat Melanchthon’s notions, and they do that unreservedly and belaboured. There is a noticeable use of the concepts of exhibitio and mysterium, reminiscent of Bucer : the signs are not empty but exhibitive, that is, they give

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1556], in T. Heshusius, Das Jesu Christi warer Leib und Blut, im heiligen Abendmal gegenwertig sey, wider den Rottengeist zu Bremen Doc. Albert Hardenberg (Magdeburg: Wolff Kirchener, 1560): D4b-E1b ; and in Salig, Vollständige Historie 3: 725 f.; as to this confession: Janse, Hardenberg, 53, 211 f. Compare, e. g., the allusion of AMS, AST 181/10, 103r : “Hoc cum profiteamur et doceamus, miramur istos litigiosos per vim nobis extorquere velle ajuqokociar illas insulsas, et mysterio huic sacrosancto minime convenientes formas, ,Panis est corpus Christi essentiale, et sumitur ore corporali corporaliter et carnaliter‘, praesertim si sine omni interpretatione illas simpliciter ut sonant, accipi volunt” (cf. Cureus, Exegesis perspicua: 296 f.) to the Bremen “Bekandtnis”, in Heshusius, Das Jesu Christi warer Leib und Blut: D4b : “Zum ersten, gleuben, leren und bekennen wir, auffs einfeltigst, nach laut der klaren und deudtlichen worte Christi, die on einige deutung schlecht als sie lauten an zunemen sind, Das Brod und Wein im Abendmal Christi (…), sey der warhafftige, wesentliche gegenwertige Leib und Blut Christi (…), nicht allein Geistlich, sondern auch mündlich zu essen, und (…) zu trincken …”. AMS, AST 181/10, 99r-100r ; Peucer, Tractatus historicus: 105 – 107. AMS, AST 181/10, 100r-v ; Peucer, Tractatus historicus: 107 f. AMS, AST 181/10, 100r : “Denique in eo occupantur omnes, ut non tam ostendant, quomodo homini se communicet Christus, propter quem adest huic sacramento: quam quomodo se iungat pani et lateat in pane: quasi propter panem et non propter hominem sacramentum institutum sit”; cf. Peucer, Tractatus historicus: 107. AMS, AST 181/10, 100v-101r : “Ab his tamen maximis rebus, quibus continetur consolatio conscientiarum universa, abducitur animus illis disputationibus inextracibilibus, quibus quaeritur, Quomodo, et quam diu corpus sit in pane et speciebus panis. Omittitur enim quod praecipuum est, quomodo et quo cum fructu corpus et sanguinem Christi praesens distribuatur in coena: et quomodo per usum et sumptionem externorum symbolorum, cum accedit fides, habitet in nobis, inserat nos tanquam surculos corpori [101r] suo, et vivificet nos ad vitam aeternam: cuius insertionis ac consotiationis cum ipso, testem esse hanc sumptionem voluit”; cf. Peucer, Tractatus historicus: 108. “De coena Domini”, in AMS, AST 181/10, 101v-108v ; Cureus, Exegesis perspicua: 292 – 311. Ibid., 103v-104v ; Cureus, Exegesis perspicua: 298 – 302.

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what they promise, even though Christ’s presence remains “a mystery”.44 But there are two new factors. First of all there is the emphasis on the role of the communicant’s faith. On this point Melanchthon took up a position between Zwingli and Luther.45 On the one hand he did not spiritualise the gift of the Lord’s Supper to the extent that only believers could communicate and that faith became a condition, as did the Swiss. On the other hand, unlike Luther, he did not tie the gift so tightly to the elements that faith merely demonstrated the salvific reception of the gift. If Melanchthon thus deprived faith of any causal significance, he attributed to it an applicative significance, rejecting the notion of manducatio impiorum: the promise was for all, but its application was exclusively for believers.46 Two things should be noted here. First, that Peucer and Eber place great emphasis on this applicative significance, presumably as a defence against an increasing sacramental automatism. A few quotes: “[Our] insertion and vivification does not take place without reflection and faith, as when a mouse gnaws bread”;47 “The application of the promise occurs with the use of the symbols by faith”;48 “By the use of the external symbols, when accompanied by faith, he [i.e., Christ] lives in us”;49 “We do not doubt (…) that he witnesses that he will apply his blessings to those who believe”;50 “If the participation in, 44 E.g., ibid., 103v : “Scimus sacramentum et mysterium institutum esse admirabilissimum, in quo etsi sumptio est visibilis et corporalis rerum, quas voluit Christus ad exhibitionem corporis et sanguinis sui destinare: tamen os et dentes corpus Christi nec accipiunt corporaliter, ut isti loquuntur, nec comminuunt. Homini exhibetur, non corpori aut ventri” (cf. Cureus, Exegesis perspicua: 298); ibid., 102v-103r : “Qualis autem sit exhibitionis et praesentiae modus, cum sit revera in [103r] pervestigabilis, inquirere et investigare nolumus, sed affirmanti et vere exhibenti veraci et omnipotenti Domino reverenter credimus” (cf. Cureus, Exegesis perspicua: 298); ibid., 106r-v : “Cum Paulus dicit: ,Panis quem frangimus, communicatio seu participatio est [106v] corporis Christi‘ [1 Cor. 10, 16], nos quoque dicimus sumpto pane et vino, vere exhiberi et sumi corpus et sanguinem Christi …” (cf. Cureus, Exegesis perspicua: 306); ibid., 107r : “Haec omnia testantur sensisse Hilarium, quod his rebus pane et vino sumptis, sumatur in mysterio verum corpus, et verus sanguis Christi, atque ita vere adsit Christus et sit efficax” (cf. Cureus, Exegesis perspicua: 308). 45 Cf. Neuser, Abendmahlslehre Melanchthons, 273 – 277, 339 – 398, esp. 386 ff.; idem, “Melanchthons Abendmahlslehre”, 59. 46 Cf., e. g., Melanchthon, “ludicium de controversia de coena Domini”, in CR 9: 962, and MWA 6: 484.30 – 32, 485.12 – 14. 47 AMS, AST 181/10, 99r : “Sed haec insertio et vivificatio non fit sine cogitatione et fide, ut cum mus rodit panem”. In Peucer, Tractatus historicus: 106, the words “ut cum mus rodit panem” are lacking. Cf. Melanchthon, “ludicium”, in CR 9: 962 and MWA 6: 484.31 f.: “et quidem non sine cogitatione, ut cum mures panem rodunt”. 48 AMS, AST 181/10, 100v : “cum in sumptione symbolorum fde fit applicatio promissionis”; cf. Peucer, Tractatus historicus: 108. 49 Ibid., 100v : “et quomodo per usum et sumptionem externorum symbolorum, cum accedit fides, habitet in nobis”; Peucer, ibid. 50 “De coena Domini”, in AMS, AST 181/10, 101v : “Et non dubitamus (…) testari, se applicare credentibus sua beneficia”; Cureus, Exegesis perspicua: 293.

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or union with Christ is to be salvific and vivifying, faith must enter into play”;51 “We do not wish to regard the application as being ex opere operato (…): it is received through faith”;52 finally : “By the clear and visible witness of the Meal, God wishes to show the promise to all, but only apply it to those who embrace it with faith”.53 The role of faith, however, is given such great emphasis – and that is the second remarkable feature – that faith gradually starts to take on a causal significance, as it does for Calvin and the Swiss. In other words, it is a precondition, a prior necessary instrument or eqcamom. It is not only the application but also the exhibition which is exclusively for believers. I quote: “He distributes his body and blood to the believers”;54 “[The gift] is truly exhibited and applied to the believers”;55 “Because faith, as witness Hebrews [11, 1] is the }postasir or expectation of the things we hope, and the 1k2cwor, i. e., the certain proof of things we cannot see, let it bring forth light in the use and exhibition thereof, and let it, hoping in the words of him who is true and promises surely, be as an eqcamom a receiver of things which, while invisibly exhibited, are nonetheless absolutely truly exhibited”.56 The quotation from the Eucharistic canon of Nicea recalls Calvin’s sursum corda: “Let us not focus our attention on the bread and the cup on the divine table, but let us, raising our mind WITH FAITH, reflect that on that table lies the Lamb of God”.57 It would seem that here faith is not only effectus but also causa efficiens. The Calvinist notion that the Lord’s Supper serves to reinforce faith already present would seem to agree with this: “The principal fruit and the main benefit of the Meal is that this witness strengthens faith”.58 51 Ibid., 106v : “Ac ut antea diximus, fidem accedere oportere, ut sit salutaris et vivifica participatio, seu cum Christo consociatio”; cf. Cureus, Exegesis perspicua: 306 f.: “ac ut antea diximus, fidem accipere oportere, ut sit …”. 52 Ibid., 107v-108r : “Affirmamus coenam hanc testimonium esse applicationis, quod non in [108r] telligi volumus, ut Monachi loquuntur, ex opere operato, id est, sine bono motu utentis in adultis, sed cum fide accipiunt”; cf. Cureus, Exegesis perspicua: 310. 53 Ibid., 108r : “vult etiam illustri testimonio visibili omnibus ostendere promissionem, et iis applicare, qui eam fide amplectuntur, id est, testificari, quod promissio ad ipsos pertineat”; cf. Cureus, Exegesis perspicua: 310. 54 AMS, AST 181/10, 99v : “distribuit credentibus (…) suum corpus et sanguinem”; Peucer, Tractatus historicus: 106. 55 As in the extract “De sacra coena”, in CR 9: 1089: “de re signata, quae vere exhibetur et applicatur credentibus …”. 56 “De coena Domini”, in AMS, AST 181/10, 103v : “Ac ut fides, teste Epistola ad Ebraeos [11, 1] upostasir est seu expectatio rerum sperandarum, et ekecwor, id est, certum argumentum non apparentium: ita haec in sumptione [MS.: sumptiona] illa et exhibitione praeluceat, et innixa verbis veracis et certo promittentis, velut oqcamom sit excipiens res, invisibiliter quidem, verissime tamen exhibitas”; Cureus, Exegesis perspicua: 298. 57 Ibid., 106v : “Sic Synodus Nicena inquit: ,Non attendamus ad panem et poculum in divina mensa propositum, sed mentem attollentes FIDE, cogitemus iacere in ea mensa agnum Dei‘”; cf. Cureus, Exegesis perspicua: 307. 58 Ibid., 108r : “Fructus igitur et usus coenae principalis est, hoc testimonium fidem confirmare …”; cf.

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This gives rise to a problem, unique to the spiritualistic concept.59 The Lord’s Supper, say Peucer and Eber, brings about communion with or insertion into the body of Christ because faith embraces the promise, in the same way as God brings the Church together : namely through the proclamation of the promise and the acceptance of the promise in faith.60 If incorporation into the body of Christ, the Church, through faith, is both fruit of the Lord’s Supper and prior condition, the following question arises: what is the added value of the Lord’s Supper over and above the proclamation of the Word? What does the believer derive from the Lord’s Supper that he has not already received through faith? The second new element in the Wittenberg Eucharistic doctrine in 1560 is that for Eber, as for Calvin, the sacrament has an extra element over and above the proclamation, thereby distinguishing both of these men from the Swiss spiritualism and placing them, like Bucer, between Zurich and Wittenberg. Communion with Christ refers not just to his Spirit or blessings. Without clarifying how, and with an appeal to the “mystery”, Eber suggests that not just Christ as a person but his real substantial body and blood are present and received. Although Christ remains bodily present in heaven, he has named the bread his body “so that we should believe even more firmly that, when we partake of the bread and wine, we become absolutely truly participants in his true and substantial body, assured of this by a most precious pledge”.61 Cureus, Exegesis perspicua: 310: “Fructus igitur et usus coenae principalis est, hoc testimonio fidem confirmare”. 59 Cf. F. Wendel, Calvin. Ursprung und Entwicklung seiner Theologie (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag des Erziehungsvereins, 1968), 313 – 315. 60 Cf. AMS, AST 181/10,100v-101r : “Omittitur enim quod praecipuum est, quomodo et quo cum fructu corpus et sanguinem Christi praesens distribuatur in coena, et quomodo per usum et sumptionem externorum symbolorum, cum accedit fides, habitet in nobis, inserat nos tanquam surculos corpori [101r] suo, et vivificet nos ad vitam aeternam, cuius insertionis ac consotiationis cum ipso, testem esse hanc sumptionem voluit”; cf. Peucer, Tractatus historicus: 108. “De coena Domini”, in AMS, AST 181/10, 106v : “dicimus sumpto pane et vino, vere exhiberi et sumi corpus et sanguinem Christi. Ac ut antea diximus, fidem accedere oportere, ut sit salutaris et vivifica participatio, seu cum Christo consociatio” (cf. Cureus, Exegesis perspicua: 306 f.); ibid., 107v108r : “Affirmamus coenam hanc testimonium esse applicationis, quod non in[108r]telligi volumus (…) ex opere operato, id est, sine bono motu utentis in adultis, sed cum fide accipiunt. Nam cum colligat Deus Ecclesiam edita promissione, et tantum illi fiant haeredes vitae aeternae, qui promissioni credunt, vult etiam illustri testimonio visibili omnibus ostendere promissionem, et iis applicare, qui eam fide amplectuntur, id est, testificari, quod promissio ad ipsos pertineat. Fructus igitur et usus coenae principalis est, hoc testimonium fidem confirmare, et statuere, quod hoc tanquam pignore seu sigillo corporis et sanguinis sui Filius Dei se tibi applicare sua beneficia testetur. (…) Et prodest sumptio, cum fides haec intuetur” (cf. Cureus, Exegesis perspicua: 310 f.). 61 “De coena Domini”, in AMS, AST 181/10, 107v : “Et de modo praesentiae et exhibitionis non curiose disputamus. Testamur etiam improbare nos eos, qui negant adesse et sumi in coena verum et substantiale corpus Christi” (cf. Cureus, Exegesis perspicua: 309 f.); ibid., 102r-v : “Fatemur autem abhorrere nos a prodigiosa illa ubiquitate corporis Christi, quae nec necessaria est ad retinendam aut propugnandam veri corporis et sanguinis Christi in coena joimymiam ac

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Here, seemingly, Eber is quoting Calvin’s Petit traict¦ de la saincte cene. “If”, says Calvin, “we receive the sacrament in faith according to the Lord’s command, we are truly made participants in the very substance of the body and blood of Christ”.62 Calvin wrote this in 1541, under the influence of Bucer, in order to mediate between Luther and Zurich. His use of the concept of substance (probably borrowed from Bucer) meant a terminological step in Luther’s direction, but Calvin avoided the latter’s materialising approach by his own appeal to the role of the Holy Ghost as the modus quo of the participation in the substance of Christ’s body.63 This writing of Calvin’s had earlier, and anonymously, played a part in the Bremen conflict. As early as 1548 Hardenberg had adopted parts of Calvin’s Short tract, probably because of the lutherfreundliche concept of substance, had omitted to mention Calvin’s name and had submitted it as his own Eucharistic doctrine to the Lutheran authorities in Bremen.64 The fact that they accepted it as his testimonium puritatis doctrinae does not actually so much bear witness to confessional generosity, but more to a lack of doctrinal insight. Wittenberg had a copy of this plagiary of Calvin’s work.65 I now suspect that Eber quoted Calvin via Hardenberg. This would seem to be so, not only because a particular addition to Calvin’s work, made by Hardenberg, is also to be found in Eber’ s work: immediately after the quotation taken from Calvin, and referred to above, regarding the participation in the substance of Christ’s body and blood, Calvin says: “Some individuals know better than

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participationem, nec congruit testimoniis divinis ullis, affirmantibus, assumptum esse a filio Dei corpus humanum verum, et id tale mansisse etiam postquam resurrexit, et gloriose ad coelos ascendit. (…[102V]…) Alius enim verior et certior defensionis nervus est Christi domini veracis et omnipotentis institutio et asseveratio, qua affirmat cum pane et vino corpus et sanguinem suum se nobis exhibere adeo certo, ut propter hanc evidentiam ac certitudinem participationis, ipsum panem visibilem, suum corpus, vinum sanguinem suum appellavit: (…) ut eo firmius credamus, nos sumpto vero pane et vino, verissime participes fieri veri et substantialis corporis et sanguinis sui, eoque confirmati preciosissimo pignore” (cf. Cureus, Exegesis perspicua: 294 – 296). Calvin, “Petit traict¦ de la saincte cene”, in OS 1: 529: “Nous confessons doncq (…), que en recevant en Foy le Sacrement, selon I’ordonnance du Seigneur, nous sommes vrayment faictz participans de la propre substance du corps et du sang de Iesus Christ”. G.P. Hartvelt, Verum corpus. Een studie over een centraal hoofdstuk uit de avondmaalsleer van Calvijn (Delft: Meinema, 1960), 160 – 164; Janse, Hardenberg, 475. Janse, Hardenberg, 33, 200 – 204, 471 – 477. Hardenberg’s “Sententia de praesentia corporis domini in cena quam Senatui obtuli in hanc formam anno 1548 cum iam concionatores Bremae me persequi cepissent”, [Bremen, January 14], 1548, in ibid.: 472 – 474. The passage in Calvin’s “Petit traict¦ de la saincte cene” on the participation in the very substance of the body and blood of Christ (see note 62) runs in Hardenberg’s “Sententia”, 474 as follows: “Credo igitur et doceo quod cum iuxta Domini institutum sacramentum fideliter et ex ipsius mandato percipimus nos substantiae etiam corporis Christi et sanguinis vere fieri participes”. Hardenberg to Melanchthon, [after January 14], 1548 (apograph), in Bayerische Staatsbibliothek München, Clm 10351, no. 11, 24v ; Melanchthon to Hardenberg, [February 6, 1548] (apograph), in ibid., 24v and Clm 10351, no. 20, 39r ; cf. Janse, Hardenberg, 33, 312, 510.

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others how to explain the way in which this [participation] occurs”.66 In 1548 Hardenberg added to this passage: “But I simply teach that we really do become participants”.67 In 1560 Eber wrote: “However, we have no desire to study or to find out the way in which there is exhibition and presence, since it is, in fact, impossible to discover, but we humbly believe the true and almighty Lord who affirms and truly exhibits”.68 We are also reminded of Hardenberg in Eber’s references to Irenaeus, Hilary, Cyril, Gelasius and, in particular, the Eucharistic canon of Nicea.69 But more than anything, Eber’s De coena Domini is filled with the spirit of his Bremen pen friend. My thesis is that it is under the influence of the Bremen conflict and of Hardenberg’s part in it, that both of the Geneva theologoumena – i. e., the conditional nature of faith and the participation in Christ’s substantial body – were incorporated into the Wittenberg view in 1560.

4. Conclusion The fact that Eber in particular quoted Calvin via Hardenberg in his attestation, perhaps even unaware that his borrowings had their source in Geneva, could perhaps demonstrate a certain closeness to Calvin, but it still does not make the one a disciple of the other. The conclusion to Calvin’s and Hardenberg’s opinions on the Lord’s Supper — pneumatology70 – is not found in Eber’s writing. The manner in which participation in Christ’s substantial body is achieved is not elucidated. It is not ontological because of the locality of Christ’s body in heaven.71 However, the reference, typical of Calvin and Hardenberg, to the role of the Holy Spirit as the author and the link of this participation is entirely absent from Eber’s ideas. This lack makes Eber’s point of view seem somewhat immature and incoherent and explains his rapid retreat after the criticism levelled by Elector August at the Dresden Convention

66 Calvin, “Petit traict¦ de la saincte cene”, in OS 1: 529: “Comment cela se faict, les uns le peuvent mieux desduire et plus clairement exposer que les autres”. 67 Hardenberg, “Sententia”, 474: “(nos substantiae etiam corporis Christi et sanguinis vere fieri participes. Quomodo id fiat alii aliis melius norunt explicare,) ego simpliciter doceo nos vere participare”. 68 “De coena Domini”, in AMS, AST 181/10, 102v-103r : “Qualis autem sit exhibitionis et praesentiae modus, cum sit revera in[103r]pervestigabilis, inquirere et investigare nolumus, sed affirmanti et vere exhibenti veraci et omnipotenti Domino reverenter credimus”; cf. Cureus, Exegesis perspicua 296. 69 Ibid., 106v-107v ; see Hardenberg, “Sententia”, 472, 474 (Irenaeus, Hilary, Nicea); cf. Janse, Hardenberg, index, s.v. Cyrillus, Gelasius. 70 Janse, Hardenberg, 226, 251 f., 475 f., 483 f. 71 “De coena Domini”, in AMS, AST 181/10, 102r, 104v-105r ; Cureus, Exegesis perspicua: 293 – 295, 301 – 303.

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in March 1561.72 It also explains the title of the present contribution: Wittenberg was “calvinizing” in 1560 without being Calvinistic. Wittenberg’s crypto-Calvinism in sacramental doctrine was known.73 The fact that via the Bremen controversy also Hardenberg’s influence lay behind Wittenberg’s ideas and the rise of the deutschreformiertes Kirchentum, mainly in the persons of Melanchthon and Eber, may be regarded as a modest new contribution made by this study.

72 Pressel, Eber, 61 – 64; RE3 5 (1898): 120. 73 R. Calinich, Kampf und Untergang des Melanchthonismus in Kursachsen in den Jahren 1570 bis 1574 und die Schicksale seiner vornehmsten Häupter (Leipzig, 1866); A. Kluckhohn, “Der Sturz der Kryptokalvinisten in Sachsen 1574”, in HZ 18 (1867): 77 – 127; P. Tschackert, Die Entstehung der lutherischen und der reformierten Kirchenlehre samt ihren innerprotestantischen Gegensätzen (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1910, repr. 1979), 544 – 549; W. Friedensburg, Geschichte der Universität Wittenberg (Halle a.S.: Max Niemeyer, 1917), 250 – 345, esp. 294 ff.; O. Ritschl, Dogmengeschichte des Protestantismus 4 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1927), 33 – 70; K. Aland, “Die Theologische Fakultät Wittenberg und ihre Stellung im Gesamtzusammenhang der Leucorea während des 16. Jahrhunderts”, in L. Stern et al., eds., 450 Jahre Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 1 (Halle a. S.: Selbstverlag der Universität, [1952]): 180 – 188 = K. Aland, Kirchengeschichtliche Entwürfe. Alte Kirche, Reformation und Luthertum, Pietismus und Erweckungsbewegung (Gütersloh: Gerd Mohn, 1960): 332 – 345; Th. Klein, Der Kampf um die zweite Reformation in Kursachsen 1586 – 1591 (MDF 25) (Köln/Graz, 1962); F. Lau, “Die Zweite Reformation in Kursachsen. Neue Forschungen zum sogenannten sächsischen Kryptocalvinismus”, in Verantwortung. Festschrift fur G. Noth (Berlin 1964): 137 – 154; E. Koch, “Der kursächsische Philippismus und seine Krise in den 1560er und 1570er Jahren”, in Schilling, ed., Reformierte Konfessionalisierung: 60 – 77; H. Junghans, “Kryptocalvinisten”, in TRE 20 (1990): 123 – 129, esp. 125 – 127; L.D. Peterson, “Philippists”, in OER 3 (1996): 258 – 262; H. Junghans, “University of Wittenberg”, in OER 4 (1996): 284 – 286.

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Walter Sparn

Die fundamentaltheologische Fixierung des Anticalvinismus im deutschen Luthertum

Zu den Entwicklungen des reformatorischen Christentums, die man als ambivalent empfinden muss, gehört das oft dissonante Auseinandertreten einer lutherischen und einer calvinistischen Konfessionskirche in der Frühen Neuzeit. Dieser Vorgang hat sicherlich eine positive Seite: Ohne ihn wären viele spirituelle, theologische und institutionelle Potenziale der Reformation nicht zur Entfaltung gekommen. Die frühneuzeitliche Konfessionalisierung1 weist, von heute aus gesehen, jedoch auch Negativa auf, angefangen mit dem (fast gelungenen) Ausschluss des sog. linken, spiritualistischen Flügels der Reformation aus dem neuzeitlichen Protestantismus bis hin zur staatskirchlichen Verfassung der meisten Kirchen. Problematisch erscheint nicht zuletzt die starke doktrinale Verdichtung beider reformatorischer Konfessionen auch aufgrund ihres konfessionellen Antagonismus, die zu einer Überdetermination des Eigenen führte und das reformatorisch Gemeinsame fast unsichtbar machte. Über drei reformatorische Generationen hin war bekanntlich strittig, wie nahe oder fern die „Lutheraner“, die ja nicht so heißen wollten, und die „Calvinisten“, die ja ebenfalls nicht so heißen wollten, einander standen; Schüler Philipp Melanchthons bildeten einige Zeit eine nicht ganz schmale Brücke dazwischen. Diejenigen, die sich in Deutschland der (vollständig) „reformierten“ Kirche zurechneten, durften schon aus politischen Gründen nicht behaupten oder auch nur zugeben, sich fundamental von den Lutheranern zu unterscheiden; bis zu ihrer reichsrechtlichen Anerkennung als eigene Konfession im Westfälischen Frieden (1648) war daher, trotz aller kontroverstheologischer Aktivitäten, ihre Anerkennung als „Augsburger Religionsverwandte“ lebenswichtig, konfessionelle Irenik mithin ein wichtiges Anliegen. Aber auch die Theologen der Territorien und Reichsstädte, die dezidiert der „reinen“ Lehre Martin Luthers treu bleiben wollten, vermochten nicht zu zeigen, dass die Calvinianer sich, um das aktuelle Wort zu benutzen, kirchenspaltend von dieser Lehre entfernt hatten. Die Konkordienformel von 1 Zum Forschungsparadigma „Konfessionalisierung“ vgl. Heinz Schilling, Die Konfessionalisierung im Reich. Religiöser und gesellschaftlicher Wandel in Deutschland zwischen 1555 und 1620, in: Historische Zeitschrift 246 (1988), 1 – 45; zu seiner interdisziplinären Bedeutung vgl. z. B. Horst Dreier, Staatsbildung als Vorgang der Konfessionalisierung, in: Merkur 732 (2010), 429 – 433.

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1577 stellte zwar den Dissens in den Lehren vom Heiligen Abendmahl und von der Person Christi fest, ohne die Gemeinsamkeit z. B. im Schriftprinzip oder in der Rechtfertigungslehre in Frage zu stellen. Zudem ließ die FC durchaus Inkohärenzen erkennen – nicht zufällig wurde sie nicht von allen, nicht einmal von allen deutschen Lutheranern unterzeichnet. Im Folgenden möchte ich zeigen, welchen – zunächst eher nicht zu erwartenden – Weg die konfessionelle Selbstidentifikation des Luthertums nahm, um sich schließlich in ein schroff exklusives Gegenüber zum Calvinismus zu platzieren.

I. Ex post: Hector Gottfried Masius Es mag nützlich sein, diesen Weg zunächst an seinem Ende zu betrachten, dort, wo alles ganz klar schien. Man muss also in die Zeit nach 1648 gehen, und zwar in diejenige Zeit, in der konfessionelle Zugehörigkeiten unsicher wurden durch Konversionen von Landesherren nach dem Großen Krieg, die Aufnahme reformierter Glaubensflüchtlinge in lutherische Territorien seit 1685 und durch neuerliche Versuche in brandenburgischen und welfischen Ländern, eine Union zwischen den lutherischen und den calvinistischen Kirchen zuwege zu bringen. In dieser, in der Sicht konservativer Lutheraner labilen Situation publizierte Hector Gottfried Masius, 1685 bis 1709 Hofprediger und Professor in Kopenhagen, im Jahr 1704 einen Text Kurtzer Bericht von dem Unterscheid der wahren Evangelisch-Lutherischen und der Reformirten Lehre.2 Dieses kleinformatige, aber immerhin 336 Seiten umfassende Buch lässt die Mühe des Autors gut erkennen, in einer religiös und politisch sich verändernden Situation die konfessionelle Identität des Luthertums zu erhalten. 1. Die politische Form dieser Identität wurde in dieser Zeit zwar nicht mehr bedroht durch die Exekution des reichsrechtlichen jus reformandi, denn der Übertritt des Fürsten in eine andere Konfession zog seit 1613, dem Übergang des brandenburgischen Kurfürsten ins reformierte Lager, keinen Zwang für die Bevölkerung nach sich. Aber umso mehr wurde die traditionelle Konstellation bedroht durch das neue, säkular naturrechtliche Staatsverständnis, in dem der Staatszweck konfessionellen Belangen übergeordnet, das Axiom religio vinculum societatis also von staatspolitischer Seite her im Sinne der absoluten Souveränität des Fürsten neu definiert wurde. Dies versuchte Masius nun zugunsten des Luthertums zu wenden: Weit über die traditionell antimonarchomachische Position der lutherischen Theologie, aber auch über die neue Souveränitätstheorie eines Samuel Pufendorf hinausgehend vertrat er die These, dass die lutherische Religion – anders als die umstürzlerisch gesinnte reformierte (und erst recht als die papistische) – der politischen 2 Kopenhagen 1704; Frankfurt/Leipzig 21734.

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Obrigkeit am treuesten ergeben und, das scheute er sich nicht zu sagen, ihr am nützlichsten sei.3 Während das Luthertum bis weit ins 17. Jh. hinein dem ständischen(!) Staat treu war, d. h. gegen autoritäre Tendenzen des Fürsten durchaus opponiert hatte4, erscheint es jetzt als gerade dem absolutistisch gewordenen Fürstenstaat gegenüber loyal. Masius versucht also, die 1648 weggefallene politische Privilegierung des Luthertums gegenüber dem Calvinismus im Kontext des staatsrechtlichen Absolutismus zu erneuern. Diesem Schachzug wurde aber nicht nur durch Reformierte wie den brandenburgischen Theologen und Staatstheoretiker Johann Christoph Becmann5 widersprochen, sondern ebenso durch Lutheraner wie den Juristen Christian Thomasius6 oder den Philosophen und Theologen Johann Franz Budde.7 Masius’ Position, die er weiterhin verteidigte und die am dänischen Hof sogar zur Verbrennung von Schriften Chr. Thomasius’ führte, galt im ganzen 18. Jh. neben der Thomas Hobbes’ als die schärfste Ablehnung politischen Widerstandsrechts.8 2. Die theologische Form lutherisch-konfessioneller Identität ist der Gegenstand des „Kurtzen Berichts“ von 1704. Diese Identität erneut zu formulieren, war durch die zeitgenössischen unionistischen Bestrebungen im Umkreis der Höfe in Hannover und besonders in Berlin veranlasst, an denen sich auch bedeutende Lutheraner wie Gottfried Wilhelm Leibniz oder Gerard Wolter Molanus beteiligten. Im „Anhang“ seiner Schrift beantwortet auch Masius die Fragen „I. Ob zwischen den Lutheranern und Reformirten einige Religions-Einigkeit und Brüderschafft zu hoffen? II. Ob nicht die Reformirten Gewissens halber verbunden seynd Krafft ihrer eigenen Lehr-Sätze zu uns zu treten?“Die zweite Frage ist eine rhetorische; im Anhang selbst tritt sie als schlichte Forderung auf. Diese wird durch einen „Vorbericht“ vorbereitet, dem zufolge nicht die Lutheraner, sondern die „Reformierten“ die Ursache der 3 Hector Gottfried Masius, Interesse principum circa religionem evangelicam, Kopenhagen 1887; Ders., Orthodoxia Lutherana der origine imperii divina et immediata in Epist. ad. Rom. XIII. v. 1.2. fundata, Kopenhagen 1688; Ders., Das Treue Luthertumb, entgegengesetzet der Schule Calvini, Kopenhagen 1690. 4 Vgl. Luise Schorn-Schütte, Obrigkeitskritik im Luthertum? In: Michael Erbe u. a. (Hg.), Querdenken, FS Guggisberg, Mannheim 1995, 252 – 270; Wolfgang Sommer, Obrigkeitskritik und die politische Funktion der Frömmigkeit im deutschen Luthertum des konfessionellen Zeitalters. In: Robert von Friedeburg (Hg.), Widerstandsrecht in der frühen Neuzeit, Berlin 2001, 245 – 263. 5 Johann Christoph Becmann, Bericht von der reformirten Lehre von der weltlichen Obrigkeit, samt einer Ablehnung der in Herrn Hect. Gottfriedi Masii von dem Interesse der Fürsten bey der evangelischen Religion, ihnen desfals aufgebürdeten Nachreden, Frankfurt/Oder 1690. 6 Vgl. Frank Grunert, Zur aufgeklärten Kritik am theokratischen Absolutismus. Der Streit zwischen Hector Gottfried Masius und Christian Thomasius über Ursprung und Begründung der summa potestas. In: Friedrich Vollhardt (Hg.), Christian Thomasius (1655 – 1728), Tübingen 1997, 51 – 77; zu Becmann ebd. 56 f., 65 f. 7 Johann Franz Budde, Isagoge historico-theologica ad theologiam universam singulasque eius partes, Leipzig 1727, 21730 (ND Hildesheim 1999), 733 f., 1136, Suppl. 76. 8 Vgl. Johann Heinrich Zedler, Großes vollständiges Universal-Lexicon, Bd. 19, Leipzig 1739, 1932; in den neueren theologischen Lexika kommt Masius nicht mehr vor.

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schädlichen Trennung waren; freilich sind hier nur die vor 1530 aufgetretenen Irrtümer Karlstadts und der Zwinglianer angeführt.9 Die Antwort auf die erste Frage nennt einige Religionsgespräche (Mömpelgard 1586, Leipzig 1631) um den von Herzen kommenden Willen auch der Lutheraner zum „heiligen Religions-Frieden“ zu belegen. Obwohl „auf beyden Seiten die Begierde der Einigkeit so groß“ ist, tritt er nicht ein, weil zwischen beiden Parteien ein dissensus fundamentalis besteht; Lutheranern aber ist es unmöglich, die Reformierten „unangesehen daß fundamental-Streitigkeiten unter uns sind, für Brüder in Christo an[zu]nehmen“.10 Masius beruft sich darauf, dass Reformierte zugeben, dass die Lutheraner im Grund des Glaubens nicht irren, um jenen vorzuwerfen, dass einige ihrer Lehren den Glaubensgrund indes umstoßen. Er nennt hier vor allem das Absolutum Decretum – wenn die Reformierten dies „aus ihrer Kirche verbannen, wie schon einige unter ihnen gethan haben, und nicht mehr die harte Lehre der Praedestination treiben, woran sich auch eigene Glaubens-Genossen stossen“, dann kann der „Kirchen-Friede“ ins Werk gesetzt werden. Masius hält daher Kolloquien mit solchen reformierten Gemeinden für sinnvoll, die sich nicht an die harten Reden Calvins, Bezas oder Piscators und an die Dekrete der Synode von Dordrecht (1618/1619) halten, sondern die „allgemeine Gnade Gottes, und die allgemeine Krafft des Verdienstes Jesu Christi“ anfangen zu erkennen.11 Masius nennt dann auch die Lehren vom Abendmahl, der Taufe und der Person Christi, aber nur kurz und mit dem Hinweis auf größere Schwierigkeiten, und diese Gewichtung nimmt er auch in der Antwort auf die zweite Frage vor (die eine Zusammenfassung des ganzen Buchs darstellt). In allen Punkten weist er aber darauf hin, dass die lutherische Position dem „klaren Buchstaben der H. Schrifft“ folgt; auch „Einfältige unter denen Reformirten“ können den „Deuteleyen“ ihrer Lehrer kaum glauben, „wann dann die Krafft und der Nachdruck des Buchstabens so groß ist“.12 Folgerichtig setzt das Corpus seiner Schrift ein mit „Cap. I. Vom Worte Gottes“. Doch werden hier keine hermeneutische Überlegungen angestellt, vielmehr wird der „buchstäbliche Verstand“ der Heiligen Schrift als zureichendes Argument für die lutherische Auffassung der strittigen Lehrpunkte vorgestellt. Dabei liegt das Hauptgewicht wiederum auf der Prädestinationslehre13, alle andern Punkte 9 Kurtzer Bericht (Anm. 2), 284 – 294. 10 Ebd. 294 – 306; Zit. 296 f. 11 Ebd. 298 – 306; Zit. 299, 304. Ähnlich äußert sich, auch mit Hinweis auf den „einfältigen Reformirten“ in praxi, der zweite Anhang (ebd. 306 – 336), 311 – 317, ebenso die Vorrede [18 f.]. Diese distanziert sich, ohne Namen zu nennen, vom „Synkretismus“ auch mancher Lutheraner [17 f.]. Vgl. Christoph Markschies, Art. Synkretismus V, in: TRE, Bd. 32 (2001), 538 – 552. 12 Kurtzer Bericht (Anm. 2), 315 f. 13 „I. Frage. Ob GOtt der HErr in seinem geoffenbarten Wort anders rede, als ers meinet, und bey sich beschlossen hat? … Die Lutheraner sagen Nein. Die Reformirten Ja.“ Ebd. 1; „II. Frage: Ob das Wort GOttes nur allein denen Auserwehlten gegeben sey, als ein kräftiges Mittel der Seligkeit, nicht aber den Verworfenen?“ Ebd. 10. Das gesamte Buch ist in solchen, mit Ja oder mit Nein zu beantwortenden Fragen abgefasst.

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werden der Frage subsumiert „ob man die Glaubens-Artickel nach der Vernunft richten und decidiren könne – wozu die Reformierten nach Masius nicht anders als die Sozinianer(!) Ja, die Lutheraner aber mit der Heiligen Schrift „durchaus Nein“ sagen.14 3. Den weitaus größten Umfang nimmt das „Cap. II. Von der Gnaden-Wahl“ ein. Es breitet die lutherische Form der Prädestinationslehre, wie sie seit dem frühen als 17. Jh. feststand, in allen kontroverstheologischen Aspekten aus, also in Ablehnung folgender Annahmen: Gott habe in einem absoluten Ratschluss die meisten Menschen zur Verdammnis erschaffen, habe Adams Sündenfall gewollt, prädestiniere zur Sünde, wolle das Heil aller Menschen nicht wirklich (voluntate beneplaciti, abscondita), sondern bloß scheinbar (voluntate signi, revelata); Christus sei nicht für alle und jeden Menschen gestorben; Gott rufe nicht ernstlich alle Menschen zur Buße, die partikulare Erwählung sei ein absoluter Ratschluss ohne Ansehung des Verdienstes Christi und des Glaubens bzw. des Unglaubens, der Mensch können in seiner Bekehrung dem Hl. Geist nicht widerstreben und Wiedergeborene könnten nicht aus der Gnade fallen, schon gar nicht für immer.15 Wie seine (anonym bleibenden) dogmatischen Autoritäten, etwa Abraham Calov16, formuliert Masius die lutherische Position in strikt soteriologischer Perspektive, d. h. in der Antwort auf die Frage, was uneingeschränkt die persönliche Gewissheit der Gnade Gottes begründet. Diese Frage zu stellen, hält er für eine moralische Pflicht: „Einmahl ist ja gewiß, daß ein jedweder in seinem Gewissen verbunden ist, den sichersten Weg zur Seligkeit zu gehen; ja auch von sich selbst ist ein jedweder geneigt, den sichersten Weg zu erwehlen. Nun aber ist die Lehre der Lutherischen Kirchen die sicherste zur Seligkeit….“17 Hätte die reformierte Prädestinationslehre recht, müsst man allezeit zweifeln, ob man zu den Erwählten gehört, denen allein ja das Evangelium gilt. „Wann ein Mensch wüste, daß GOtt aus blossem Willen und absolutem Rathschluß nur einen eintzigen Menschen verworffen hätte, müste er sorgen, daß er eben derjenige wäre…“ Daher ist „der Punct von der Gnaden-Wahl von so grosser Wichtigkeit, und es ist nicht gleich viel, ob man hiervon auf Lutherisch oder auf Calvinisch lehre und glaube“.18 14 Ebd. 17. Masius’ Begründung der lutherischen Position und seine Widerlegung der reformierten Gegenrede rekurriert stets auf die seit langem dafür herangezogenen biblischen dicta probantia. Die Gegenrede referiert er manchmal als allgemein bekannt, meist aber mit Nachweis aus der Dordrechter Synode, H. Zwingli, J. Calvin, Th. Beza, G. Zanchi, J. Piscator, L. Danaeus, W. Bucanus, M.F. Wendelin, Z. Ursinuns, A. Polanus, Chr. Massonius u. a., häufig auch aus der „Erläuterung des Heydelbergischen Catechismi ohnlängst herausgegeben“, Vorwort [20], die ich bislang nicht habe verifizieren können. 15 Ebd. 23 – 151. 16 Auch diesen erwähnt Masius nicht; im Anhang, ebd. 323 wird als gewesener Lehrer D. Schmidius (?) genannt. Der „fürtrefliche [Johann] Gerhardus und der gottselige Arndius [Johann Arndt]“ werden im Vorwort gestreift [16]. 17 Ebd. 308. 18 IX. Frage, ebd. 140, Zit. 141.

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Nach Masius ist die „Sicherheit des Gewissens“ ausschließlich „auf Lutherisch“ begründbar, d. h. im Glauben an den allgemeinen Gnadenwillen Gottes aufgrund des „buchstäblichen Verstands“ der Heiligen Schrift. Diese Fokussierung des konfessionellen Gegensatzes rückt die anderen Streitpunkte in den Hintergrund. Das „Cap. III. Von der Persohn Christi“ stellt heraus, dass die wahre Gemeinschaft der göttlichen und der menschlichen Natur dieser Person die wahre Gemeinschaft ihrer Eigenschaften zur Folge hat, und also die wirksame Mitteilung der göttlichen Allmacht und Allwissenheit an die menschliche Natur; daher ist Christus auch nach dieser im Reich der Allmacht und im Reich der Gnade auf Erden gegenwärtig, und auch ihr eignet die Ehre göttlicher Anbetung, lebendigmachende Kraft und Gerichtsgewalt.19 Diese Feststellungen werden jedoch gar nicht auf die Frage der persönlichen Heilsgewissheit bezogen, auch nicht auf das Hl. Abendmahl, nur am Rande und allgemein auf den Empfang der Sündenvergebung; das Werk Christi wurde ja, wiederum ohne Bezug hierauf, im Rahmen der Erwählungslehre behandelt. Kontroverstheologisch präsentiert sich auch die Lehre von der Person Christi, nicht nur in der Frage der Höllenfahrt, als „buchstäblicher Verstand“ der Heiligen Schrift (v. a. Joh 1,14; Kol 2,9; 1Tim 3,16).20 So nimmt es nicht wunder, dass sich das „Cap. V. Vom H. Abendmahl“ auf den „klaren Buchstaben“ der Einsetzungsworte und auf 1Kor 11 konzentriert, aber nur am Rande auf die lutherische Christologie rekurriert und auf die im Luthertum ausgebildete logische und hermeneutische Bestimmung als „Zeigesätze“ im Gebrauch der Elemente (in usu) ganz verzichtet; eine solche Explikation der Realpräsenz Christi lag in einer populär kirchenpolitisch gemeinten Schrift wohl eher fern.21

II: Ex ante: Ausweitung und Verschiebung des theologischen Dissenses Es ist deutlich, dass der dänische Hofprediger Masius den Dissens zwischen Lutheranern und Calvinisten auch historisch möglichst tief ansetzen will; allerdings konnte er dafür nur auf den sakramentstheologischen Dissens zwischen M. Luther und U. Zwingli und seine Ausweitung durch Luthers Christologie rekurrieren. Kontroversen um die Prädestinationslehre ent19 Ebd. 152 – 228. 20 Ebd. 207 f. 214 bzw. 66 – 83 (V. Frage); zur Höllenfahrt ebd. 218 – 228. 21 Ebd. 260 – 282, hier 276; die andere der beiden Fragen des Kapitels verteidigt den Gebrauch von Hostien. Auch die sieben Fragen des Taufkapitels beschränken sich auf den Anspruch richtiger Schriftauslegung, ebd. 228 – 259. Zur Entstehung dieser Aspekte der konfessionellen Abgrenzung im 16 Jh. vgl. die Beiträge I – VII von Bodo Nischan, Lutheran and Calvinists in the Age of Confessionalism, Aldershot 1999.

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standen ja erst in der zweiten und dritten Generation, und sie bewirkten nicht als solche konfessionelle Polarisierung. Die Gründe dafür liegen in der Übereinstimmung der von Luther in De servo arbitrio (1525) und von J. Calvin in der Institutio christianae religionis (1536) niedergelegten Auffassungen von der biblischen Grundlage, der religiösen Bedeutung und dem dogmatischen Gehalt der tröstlichen Gewissheit der Gläubigen im Blick auf ihre Vorherbestimmung zum Heil (eine Übereinstimmung, in der auch Zwingli stand). Dass diese Prädestinationslehre unterschiedlich expliziert und platziert wurde, dass vor allem der Zusammenhang von Röm 8, 28 – 30 mit Röm 9, 14ff, dem Bild Gottes als eines frei wählenden, niemandem Rechenschaft schuldenden „Töpfers“, unterschiedlich gewichtet wurde, erschien nicht als ein solcher Dissens, der das gemeinsame Fundament der reformatorischen Bewegung bedroht hätte.22 1. Allerdings hatte Melanchthons theologische Entwicklung, als solche erkennbar seit der Neubearbeitung seiner Loci communes (1535), den Locus „Prädestination“ potenziell in den Bereich ernster Strittigkeit gerückt. Obwohl Melanchthon im Blick auf diesen Locus sich später mit Calvin ganz einig erklärte, schloss seine Rechtfertigungslehre doch eine gleichsam präventive Abgrenzung gegen mögliche voluntaristische Einseitigkeit in der Auffassung von Gottes Vorherbestimmen ein, d. h. gegen eine wie zum Heil so auch zum Unheil völlig freie doppelte Wahl. Im Blick auf die Ungläubigen bzw. Verworfenen musste auch für Gott ein moralisches Kriterium gelten, nämlich das schon in Confessio Augustana Art. XVIII und XIX fixierte, wonach der Mensch Böses aus eigener Wahl wollen kann bzw. die Ursache der Sünde allein die voluntas malorum ist – Gott darf in keinem Sinne als causa peccati zu stehen kommen. Die soteriologische Platzierung der Prädestination, also ihre völlige Einfügung in die Logik der Rechtfertigungslehre, erforderte schon bei Melanchthon die Annahme, dass die bloß partikulare Realisierung der (universalen Verheißung der) Erwählung einen Grund im ungläubigen Menschen habe.23 Unbeschadet ihrer Abgrenzung gegen die von Schülern Melanchthons fortentwickelte Lehre vom (auch heilserheblich) freien Willen und den (heilsnotwendig) guten Werken waren es Gnesiolutheraner, die den seit dem Consensus Tigurinus (1549) neuerlich thematischen sakramentstheologischen Dissens mit den Schweizer Reformatoren ausweiteten auf deren voluntaristische Prädestinationslehre. Diese Ausweitung war einer der Aus22 Vgl. Theodor Mahlmann, Prädestination V, in TRE 27 (1997), 118 – 123; zu Calvin ebd. 122 f, sowie Wilhelm H. Neuser, Prädestination, in: Herman J: Selderhuis (Hg.), Calvin Handbuch, Tübingen 2008, 307 – 317. 23 CA XVIII – XIX, in: BSLK 73 – 75; Philipp Melanchthon, Loci praecipui theologici (1559), De causa peccati et de contingentia, De humanis viribus seu de libero arbitrio, in: StA II/1 (Gütersloh 1952 u. ö.), 224 – 252, bes. 245 f; De praedestinatione, in: StA II/2 (Gütersloh 1953 u. ö.), 592 – 602, bes. 594. Vgl. Hans Emil Weber, Reformation, Orthodoxie, Rationalismus, Bd. I/1, Gütersloh 1937, 2Darmstadt 1966, 151 – 166; Mahlmann (Anm. 22), 119 f.

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gangspunkte für die Selbstverständigung der Calvinisten bzw. der Reformierten im Reich, dann aber auch der Lutheraner über ihre Prädestinationslehre – auf allen Seiten ein Suchprozess, der sich über zwei Generationen hinzog. Im Calvinismus führte er in Dordrecht (1618/1619) nur zu einem begrenzten Konsens, d. h. zur Spaltung; im Luthertum des frühen 17. Jahrhunderts dagegen zu einem völligen Konsens, der sich deutlich von der Strittigkeit abhob, in welche die lutherische Christologie sich verwickelte, d. h. von dem dann nie mehr aufgelösten Dissens zwischen der Tübinger Krypsisund der Giessener Kenosis-Christologie.24 Die wichtigsten Schritte des Abklärungs- und Polarisierungsprozesses in der Prädestinationslehre seien – ohne Anspruch auf Originalität – in Erinnerung gerufen. Ein erster Schritt war die Benennung der Prädestinationslehre als ein jetzt, in der Fassung des späten Calvin, kontroverses Thema.25 So trat der Gnesiolutheraner Tileman Heshus 1560 in einem Anhang zu seiner Attacke gegen Calvins „sakramentiererische“ Leugnung der Gegenwart des Leibes Christi im Herrenmahl auch gegen die Prädestinationslehre der Institutio von 1559 mit dem Urteil auf, sie mache uns den Willen Gottes unsicher. Denn sie schreibe diesem Willen eine dem allgenugsamen Verdienst Christi vorausgehende und von ihm verschiedene Gnade zu und mache Gott zur Ursache des (nunmehr unvermeidlichen) Sündenfalls. Heshus’ Urteil bezieht sich m. E. auch darauf, dass Calvins Wendung gegen die neuerliche humanistische Bestreitung einer völlig unbedingten, a-moralischen Prädestination mit jener Bestreitung doch die hermeneutische Priorität des Gottesbegriffs vor der Lehre von Jesus Christus teilte.26 Das dürfte für Calvins Erkenntnisordnung in dieser Sache zu einfach gesehen sein; aber die Widerlegung Heshusens durch Theodor Beza ging prononciert von dieser Priorität aus und bestimmte den Willen Gottes als für die Erkenntnis letzte, für den Sachverhalt aber erste und oberste Stufe: Hier liege daher der Grund der Gewissheit der eigenen Erwählung. Hieronymus Zanchi ging noch weiter, indem er die Rede vom decretum Dei absolutum einführte und in diesem Ratschluss jene Gewissheit a priori begründet und in der Perseveranz des Glaubens verwirklicht sah. Das schloss definitiv aus, wie Melanchthon a posteriori zu argumentieren oder gar die Mitbedingtheit der Erwählung durch das von Gott vorausgewusste Faktum des Glaubens anzu24 Vgl. Jörg Baur, Auf dem Weg zur klassischen Tübinger Christologie (1977), in: Ders., Luther und seine klassischen Erben, Tübingen 1993, 204 – 298; neuestens die vorzügliche Arbeit von Ulrich Wiedenroth: Krypsis und Kenosis. Studien zu Thema und Genese der Tübinger Christologie im 17. Jahrhundert, Tübingen 2011. 25 Vgl. Jürgen Moltmann: Prädestination und Perseveranz, Neukirchen-Vluyn 1961, 85 – 109; Bernhard Lohse: Der Streit über die Prädestination, in: Carl Andresen (Hg.), Handbuch der Dogmen- und Theologiegeschichte, Bd. 2, Göttingen 1980, 134 – 137. 26 Johannes Calvin, Institutio christianae religionis (1559), III, 21 – 24, hier bes. III, 22, 4 und 24,5; Tileman Heshusius, De praesentia corporis Christi in coena Domini contra Sacramentarios, Jena 1560.

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nehmen. Der Erkenntnisaufstieg zu Gottes Willen als oberster, „absoluter“ Ursache aller Dinge legte es auch nahe, die Prädestination anderswo als der späte Calvin zu platzieren, nämlich als einen speziellen Teil der göttlichen Providenz. In dem nach 1560 ausbrechenden Streit zwischen dem Lutheraner Johannes Marbach und Zanchi (der einen Nachdruck der Schrift Heshusens verhindert hatte) avancierte die Prädestinationslehre zum konfessionellen Differenzmerkmal; wenn auch (noch) nicht im Blick auf ihren Gottesbegriff, sondern auf die Erwählungsgewissheit, deren Ableitung aus Gottes ewigem Ratschluss Marbach ablehnte. Die erste quasi offizielle lutherische Formulierung der Lehre, die von Jakob Andreä u. a. verfasste Straßburger Konkordie von 1563, vermied immerhin strittige Näherbestimmungen; und Zanchi konnte ihr zustimmen, insofern sie auf den beiderseits geteilten antisynergistischen Grundsatz abstellte, dass der Glaube in jeder Hinsicht reines Gnadengeschenk sei.27 2. Ein zweiter Schritt war das im letzten Drittel des 16. Jahrhundert sowohl im Calvinismus als auch im Luthertum sich verstärkende Interesse an der Prädestinationslehre. Allerdings artikulierte es sich nicht sofort scharf gegenbildlich, schon aus den (theologie-)politischen Nötigungen, die noch gegebenen oder behaupteten Gemeinsamkeiten als „Augsburger Religionsverwandte“ nicht durch einseitige Zuspitzungen zu gefährden. So nahm der Heidelberger Katechismus 1563 die im Catechismus minor von 1562 behandelte Frage nach der eigenen Zugehörigkeit zur Zahl der zum ewigen Leben Erwählten angesichts der Menge der Verworfenen28 nicht auf, sondern begnügte sich mit dem Hinweis auf die durch den Sohn Gottes „auszerwelte gemein zum ewigen leben“, zur welcher der Einzelne als ihr „lebendiges glied“ gehört. Theodor Mahlmann hat darauf hingewiesen, dass der Verfasser Zacharias Ursinus ausweislich seiner erklärenden Abhandlung De praedestinatione aeterna darunter die persönliche Gewissheit der Erwählung a posteriori verstanden haben wollte, und dass dies bis ins frühe 17. Jahrhundert als Ausgleich zwischen Calvins und Melanchthons Position angesehen wurde.29 Und die Lutheraner hatten andere Sorgen als den Dissens in der Prädestinationslehre, wie das wegen des Heidelberger Katechismus’ abgehaltene Maulbronner Gespräch von 1564 belegt; der Wortführer J. Andreae hatte neben sakramentstheologischen Aufgaben vor allem die, das „neue 27 Theodor Beza, Abstersio calumniarum…, Genf 1561; Hieronymus Zanchi, Miscellaneae (1556), in: Opera theologica, Genf 1619, Bd. 7, 1 – 440. Vgl. Theodor Mahlmann (Anm. 22), 124 – 127; zur konfessionellen Entwicklung in Straßburg vgl. Ders., Art. Marbach, Johannes, in: BBKL Bd. 5, Herzberg 1995, 747 – 753. 28 Zacharias Ursinus, Catechismus minor (1562), in: A. Lang (Hg.), Der Heidelberger Katechismus und vier verwandte Katechismen, Leipzig 1907, ND Darmstadt 1967, 200 – 218, hier :20 f. 29 Ebd., 21 f. (Frage 52 – 54); Theodor Mahlmann (Anm. 22), 127. Mahlmann spricht ebd. von der providentiellen Bedeutung dieser historischen Tatsache bzw. der Fortgeltung des Heidelberger Katechismus für die Leuenberger Konkordie von 1973.

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Dogma“ der Fortentwicklung der Christologie Luthers durch Johannes Brenz nicht nur gegen die Kurpfälzer (und Heinrich Bullinger), sondern auch gegen die philippistischen Wittenberger zu verteidigen.30 Eine ausführliche Behandlung der Prädestinationslehre, wie sie in dieser Zeit z. B. der Gnesiolutheraner Cyriakus Spangenberg in sieben Predigten unternahm, scheint eher Gegenstand von Kritik gewesen zu sein.31 Ob Spangenbergs Ablehnung der Konkordienformel von 1577 nicht nur von deren Ablehnung der flacianischen Erbsündenlehre (Art. I), sondern überdies von ihrer Prädestinationslehre verursacht war, müsste untersucht werden.32 So oder so ließ Andreae, der seit 1568 nur mehr auf die Einigung der Lutheraner zielte, keine gesteigertes Interesse an der Prädestinationslehre erkennen. In seinem Anlauf zu dem 1577 schließlich erfolgreichen Einigungsprozess, den „Sechs christlicher Predig, Von den Spaltungen…“ (1573), behandelt er diesen Locus nicht; das geschah seit der „Schwäbischen Konkordie“ (1574), unter dem bis zur endgültigen Konkordienformel 1577 festgehaltenen Titel „Von der ewigen Vorsehung und Wahl Gottes“. Darin kommt der Einfluss von Martin Chemnitz zum Tragen, mit dem Andreae seit 1568 zusammenwirkte und der seinerseits unter dem Titel „Von der ewigen Vorsehung oder[!] Wahl Gottes zur Seligkeit“ das Thema in seinem deutschen Lehrbuch von 1574 behandelte. Die „Maulbronner Formel“ (1576), mit der die Württemberger (erfolglos) versuchten, die niedersächsische Umarbeitung der „Schwäbischen Konkordie“ zu unterlaufen, enthielt denn auch keinen Prädestinationsartikel.33 Der Art. XI der Konkordienformel34 präsentiert sich als der einzige Artikel, der nicht durch öffentliche Kontroversen unter den Theologen Augsburgischer Konfession veranlasst worden sei, auch wenn diese nicht „allewege gleiche Reden geführet“ hätten; angespielt wird auf einige lutherische Äuße30 Vgl. Martin Brecht, Andreae, Jakob, in: TRE 2 (1978), 672 – 680, hier: 677. Zu J. Brenz’ Christologie und Martin Chemnitz’ Auseinandersetzung mit ihr vgl. Theodor Mahlmann, Das neue Dogma der lutherischen Christologie, Gütersloh 1969, bes. 125 ff., 205 ff. 31 Der führende Mansfelder Theologe, Historiker und Liederdichter publizierte unter seinen vielen Werken auch eine Apologia … der Sieben Predigten halben von der Prädestination, Eisleben 1568; ob diese Predigten auch publiziert wurden, ist mir unbekannt. Vgl. Bernd Feicke, Art. Spangenberg, Cyriakus, in: BBKL 30 (2009), 1414 – 1424. 32 Der Versuch Andreaes, Spangenberg zum Einlenken zu bewegen, misslang laut Cyriakus Spangenberg, Colloquium, so am 9. September des 1577. Jahres zu Sangerhausen zwischen D. Jacob Andree und M. Cyriako Spangenbergen gehalten worden, (Mansfeld?) 1578. 33 Martin Chemnitz, Die fürnemsten heuptstück der christlichen Lehre, Wolfenbüttel 1569; u.d.T. Handtbüchlein der …, Heinrichstadt [Wolfenbüttel] 1574, Milwaukee 1886. Vgl. BSLK XXXIV – XL; Gunther Wenz, Theologie der Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, Bd. 2, Berlin, New York 1998, 467 – 539, hier: 502 ff. Zu Chemnitz und Jakob Heerbrands Disputatio de electione et praedestinatione divina, 1569) Lehre vgl. Mahlmann (Anm. 22), 133 f.; Ders. Art. Chemnitz, Martin, in: TRE 7 (1981), 714 – 721. 34 Vgl. Wenz (Anm. 33), 511 f., 519 f. (Anm. 78 f.); Robert Kolb, Bound Choice, Election and Wittenberg Theological Method. From Martin Luther to the Formula of Concord, Grand Rapids, Cambridge 2005.

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rungen, ohne dass Namen der Gegner oder gar ,die‘ calvinistische Prädestinationslehre benannt würden.35 Der Artikel ist, bis hin zum Selbstzitat, von Chemnitz und dessen eigenständiger Verknüpfung von Motiven Luthers und Melanchthons geprägt. Die Stellung nach Art. X über die Zeremonien, statt nach den christologischen Artikeln (so die „Schwäbische Konkordie“), verdunkelt ein wenig das wichtigste systematische Kennzeichen: Es geht nicht um den theologischen Gottesbegriff, sondern allein um die Vergewisserung der persönlichen Erwählung zum Heil. Die Beschränkung der Heilsfrage auf das offenbarte Wort Gottes und der Frage nach der ewigen Erwählung auf den mediator Christus sei der einzige Weg, nicht entweder in unbußfertige Sicherheit oder aber in kleinmütige Verzweiflung zu fallen.36 FC XI übersetzt praedestinatio durchweg mit „Wahl“, verstanden als „Verordnung der Kinder Gottes zum ewigen Leben“. Diese Ordnung wird beschrieben als acht Schritte vom göttlichen Heilsratschluss über die Versöhnungstat Christi und die Annahme Christi im Glauben bis zur ewigen Seligkeit der Erwählten, Berufenen und Gerechtgemachten.37 Die Prädestinationslehre hat hier also den ganzen, später so genannten ordo salutis zum Inhalt – aber auch nur diesen. Deshalb werden, dem Vorgang von Martin Chemnitz (1574) folgend, „ewige Wahl“ (electio aeterna) und „ewige Versehung“ (praescientia) Gottes ganz ausdrücklich unterschieden (im folgenden Text ist der Sprachgebrauch nicht ganz konsequent). So kann gesagt werden, man bekomme die Heilsfrage gewissmachend beantwortet, ohne zugleich wissen zu wollen oder zu müssen, was der Inhalt der Vorsehung sei, d. h. wer jenen Weg im Glauben vollenden wird und wer ihn im Unglauben verweigert: Die Zahl der Erwählten und der zu Verdammenden weiß allein Gott, er hat das mysterium praedestinationis, soweit es über den offenbarten Erwählungswillen hinausgeht, seiner Weisheit vorbehalten: ein abscondita et occultissima abyssus, den mit Vernunft und Spekulation neugierig auszuforschen nicht möglich und nicht geboten ist.38 3. Die Argumentation der FC hatte die doppelte Stärke, die Universalität des Heilswillens und -handelns Gottes uneingeschränkt bestehen zu lassen sowie 35 FC Art. XI, Solida Declaratio (SD): BSLK 1063 – 1093, hier 1064,1 – 6. In FC XI sind Verwerfungen der SC, die sich sachlich deutlicher auf die calvinistische Prädestinationslehre beziehen, auf eine allgemeine Ausgrenzung zurückgenommen, BSLK 1090,21 – 29; anders dagegen Andreaes Epitome der FC, BSLK 821,1 – 27. 36 Aeterna igitur Dei praedestinatio in Christo, et nequaquam extra Christum mediatorem consideranda est: BSLK 1082,9 – 11; ebenso BSLK 1066,30 – 1069,1; 1079,38 – 1080, 3; 1082,9 – 1083,4. Zum ganzen Artikel vgl. Wenz (Anm. 33), 714 – 733; zur „dezidiert soteriologischen Ausrichtung von FC XI“ ebd. 715 – 717. 37 BSLK 1068,17 – 1070,31, mit Mt 22,2 – 14; Röm 8,28 f.; Eph 1,4 f. Dies wurde von Chemnitz eingefügt, vgl. Wenz (Anm. 33), 720 f. In dieser Ordnung hält sich die FC mit M. Luther an den Gang des Römerbriefs, BSLK 1073,21 – 35. 38 BSLK 1064,35 – 1066,5; 1070,32 – 1071,5; 1076,33 – 1077,16. Vgl. Gottfried Adam, Erwählung im Horizont der Christologie. In: Martin Brecht, Reinhard Schwarz (Hg.), Bekenntnis und Einheit der Kirche. Studien zum Konkordienbuch, Stuttgart 1980, 219 – 233.

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nicht auf eine Symmetrie von Erwählung und Verwerfung in Gottes Willen rekurrieren, Gott also nicht dem Verdacht aussetzen zu müssen, Urheber der Verdammnis resp. der Sünde zu sein. Mit dieser Lösung waren jedoch zwei Unklarheiten verbunden. Die eine war der Status der menschlichen Stellungnahme zu Gottes universalis promissio. Im negativen Fall – Unglauben oder der (Selbst-)Verstockung – bewirkte sie deren Einschränkung zu einer partikularen Wahl: Sollte der positive Fall – beständiger Glaube – nicht auch eine bedingende Wirkung auf diese Wahl haben? Die FC gründet die Erwählungsgewissheit auf die Universalität der Heilsverheißung, in die der Einzelne ohne weiteres eingeschlossen ist und auch auf den Gebrauch der äußeren Gnadenmittel; ausdrücklich aber nicht auf die fromme Selbstwahrnehmung.39 Trotzdem vermuteten schon Zeitgenossen Synergismus, und das war nicht unplausibel im Blick darauf, dass die FC im Begriff der „Vorsehung“ Erwählung und Verdammung in Gottes Ewigkeit quasi zentralperspektivisch verband. Der Begriff praescientia stellt die andere für die weitere Entwicklung auslösende Unklarheit dar. Die Annahme des Nichtbewirkens aber Wissens des zeitlichen Faktums der Sünde bzw. des Unglaubens unterstellte ein Wissen Gottes ohne Wollen und Bewirken, verknüpfte es aber gleichwohl mit Gottes „Ordnen“ und „Regieren“ auch des Bösen, das Gott (es nicht wollend) eben vorhersieht.40 Die Rede von Vorsehung war gefährlich zweideutig. Nicht schon in der terminologischen Einschränkung der „Prädestination“, die Luther mit dem (zu meidenden) Deus absconditus verband, auf das offenbare Heilshandeln Gottes, liegt die Abweichung der FC von Luther. Sie liegt in der Ausgliederung einer mehr oder weniger ruhenden Eigenschaft „Vorsehung“ aus dem, was Luther den Deus actuosissimus genannt hatte. Dies wurde die im 20. Jahrhundert von Lutheranern41 wie von Schülern K. Barths42 als „Rationalisierung“ des Gottesbegriffs scharf kritisiert. Daran ist jedenfalls soviel richtig, dass die FC die spezifisch christologische Begründung der Erwählungsgewissheit nicht klar genug vom Locus De Deo unterschied – oder aber in diesem selbst zur Geltung hätte bringen müssen. Letzteres bewirkte der dritte, entscheidende Schritt in der Ausbildung der 39 „…unangesehen was sie in ihnen selbs befinden“, BSLK 1084,13 – 1085,14, zit. 1087,34; utcunque aliud in sentiant, 1087,39. Dass der menschliche Wille imstande ist, das Heilswort nicht zuzulassen, ist auch Luthers Meinung in „De servo arbitrio“ (1525), z. B. WA 18, 686. 40 Gerade in der Definition von praescientia ist das deutlich: BSLK 1065,32 – 1066,15. 41 Werner Elert, Morphologie des Luthertums, Bd. 1 (1931) 31965, Kap. 10: Versöhnung und Prädestination bei Luther in Disjunktion (103 – 111), Kap. 11: Versöhnung und Prädestination in dem Bekenntnis in Konjunktion (111 – 123; zu FC Art. XI 116 ff.). Im nordamerikanischen Luthertum wurde die Gnadenwahl-Lehre der FC 1880 nochmals strittig, vgl. ebd. 111 Anm. 2) 42 Hans Emil Weber, Reformation, Orthodoxie, Rationalismus, Bd. I/2, Gütersloh 1940, 2Darmstadt 1966, 93 – 104; Klaus Schwarzwäller, Vom Lehren der Prädestination zur Lehre von der Prädestination. FC XI im Lichte der Prädestinationsaussagen Luthers, in: Wenzel Lohff, Lewis W. Spitz, Widerspruch, Dialog und Einigung. Studien zur Konkordienformel der Lutherischen Reformation. Stuttgart 1977, 249 – 273; zur Kritik an Letzterem vgl. Wenz (Anm. 33), 728 – 730.

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anticalvinistisch-lutherischen Erwählungslehre. Allerdings war es ein Schritt zunächst wider Willen, wie man im Mömpelgarder Gespräch von 1586 sehen kann. Wie die anderen Lutheraner verzichtete J. Andreae in der Definition der Prädestination auf die Unterscheidung von Präszienz und Prädestination und weigerte sich sogar, Th. Bezas Behauptung ernst zu nehmen, dass bei den Lutheranern der von Gott vorausgesehene persönliche Glaube (praevisa fides) Ursache der Prädestination sei.43 Aufgrund dieses Gesprächs, dessen Akten 1587 publiziert wurden, distanzierte sich der Berner Pfarrer Samuel Huber von der Genfer, nunmehr stereotyp mit den Namen Calvins und Bezas verbundenen Prädestinationslehre, um dann bald die offene Flanke in der lutherischen Erwählungslehre zu schließen mit der These, dass Gottes Erwählung nicht partikular, sondern wie sein Heilswille schlechterdings universal sei, und zwar wegen der für alle Menschen erbrachten Verdienste Christi. Diese exklusiv christologische Begründung der göttlichen Erwählung inkludiert alle Menschen, und sie lässt keinerlei Unterscheidung, d. h. Wahl im Willen Gottes zu. Zwar definierte Huber wie Andreae den Glauben als Annahme eines Geschenkes des Heiligen Geistes und unterstellte die Möglichkeit des Unglaubens, er ignorierte aber das in dieser Asymmetrie liegende Problem. Sein Universalismus ist gewiss keines Synergismus’ verdächtig, aber er verkürzt die lutherische Erwählungslehre um ihren soteriologischen und eschatologischen Sinn. Diese akzeptierten weder die Tübinger noch die Wittenberger theologische Fakultät, die Huber zunächst aufgenommen hatten.44 Schon vor der Huberschen Initiative hatte Aegidius Hunnius, Professor in Marburg seit 1576, die Herausforderung Bezas angenommen und die christologisch begründete Gleichsetzung von praedestinatio und electio im Locus De Deo zur Geltung gebracht. Dort bedeutete sie, der calvinistischen Unterscheidung zwischen dem geäußerten, metaphorisch so zu nennenden und dem eigentlichen Willen Gottes (voluntas signi – voluntas beneplaciti) die Unterscheidung zwischen dem vorangehenden, hinsichtlich des Aktes absoluten, und nachfolgenden Willen Gottes, der durch (als solche mitgewollte) Bedingungen modifiziert ist (voluntas antecedens – voluntas consequens), entgegenzusetzen. Diese lutherische, schon seit Johannes Damascenus überlieferte Unterscheidung erlaubte, den universalen Heilswillen Gottes bzw. das universale Verdienst Christi zu harmonisieren mit der partikularen Prädestination zum Heil, nämlich durch die Beziehung Gottes auf den tatsächlichen, d. h. nicht bei allen Menschen gegebenen Glauben an die Heilsverheißung: Gott erwählt mit „nachfolgendem Willen“ nur diejenigen Menschen, von 43 Acta Colloquii Montis Belligartensis, Tübingen 1587. Vgl. Gottfried Adam, Der Streit um die Prädestination im ausgehenden 16. Jahrhundert, Neukirchen-Vluyn 1970, 29 – 49. Zum politisch-theologischen Kontext vgl. Irene Dingel, Concordia controversa. Die öffentlichen Diskussionen um das lutherische Konkordienwerk am Ende des 16. Jahrhunderts, Gütersloh 1996. 44 Samuel Huber, (Theses) Christum Jesum esse mortuum pro peccatis totius generis humani, Tübingen 1590, 21592; Acta Huberiana, Tübingen 1597. Vgl. Gottfried Adam (Anm. 43), 105 – 128, 166 – 178.

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denen er (ewig) vorausweiß, dass sie (in der Zeit) glauben werden. Dabei handelt es sich allerdings nicht um zwei Willensakte, sondern um zwei Aspekte des einen Heilswillens, d. h. um die Einbeziehung des Christusglaubens als der von Gott gewollten Instrumentalursache in den Erwählungsratschluss. Der in Gottes Präszienz gegebene intuitus fidei ist der Grund der Partikularität des dann wirksamen Heilswillens Gottes; die Formel electio fide praevisa kennzeichnet also die anticalvinistisch-lutherische Prädestinationslehre.45 Diese Position war erreicht schon vor dem Auftreten der Prädestinationsbzw. Gnadenlehre des Luis’ de Molina SJ (seit 1588) und der Prädestinationslehre Jakob Arminius’ (seit 1591). Es handelt sich hier um eine Explikation der Vorsehungslehre des späten Melanchthon (Loci theologici, 1559) durch die Disputatio de necessitate et contingentia Jakob Heerbrands, die Ä. Hunnius 1576 in seiner Doktorpromotion zu verteidigen hatte. Der Wechsel nach Wittenberg (1592) bzw. der Gegensatz zu S. Hubers Heilsuniversalismus veranlassten Präzisierungen, z. B. gegen den Pelagianismus-Vorwurf seitens Daniel Tossanus’ oder in der Auslegung der Prädestinationslehre des Art. XI der Konkordienformel. Wichtig ist hierbei, dass Hunnius auch die volkssprachliche Erklärung der Konfessionsdifferenz für den „gemeinen Mann“ unterstützte und dass er die konfessionelle Polarisierung mit der Polemik gegen den Anspruch der Calvinisten verknüpfte, wahre „Protestanten“ und „Augsburger Konfessionsverwandte“ zu sein, gegen den Bremer Christoph Pezel und den Heidelberger David Pareus.46 Auf dem Boden genau jenes Anspruches gab sich letzterer, wie die seit 1581 auftretende reformierte Irenik, auch versöhnlich: Sein Irenicum (1615) schlägt den lutherischen Protestanten den „geistlichen Frieden“ vor – nicht ohne auf die Erfolge des Calvinismus hinzuweisen, die auch die anderen pfälzischen Ireniker stets als Zeichen der Wahrheit ihrer Lehre anführen.47 45 Aegidius Hunnius, Articulus de providentia Dei et aterna praedestinatione seu electione filiorum Dei ad salutem, Frankfurt 1596; Theses Huberianismo oppositae, Wittenberg 1597. Vgl. Gottfried Adam (Anm. 43), 128 – 165; Rune Söderlund, Ex praevisa fide. Das Verständnis der Prädestinationslehre in der lutherischen Orthodoxie, Hannover 1983; Markus Matthias, Theologie und Konfession. Der Beitrag von Ägidius Hunnius (1550 – 1603) zur Entstehung einer lutherischen Religionskultur, Leipzig 2004, 119 – 158; Ders., Der Artikel vom Freien Willen bei Ägidius Hunnius, in: Wilfried Härle, Barbara Mahlmann-Bauer (Hg.), Prädestination und Willensfreiheit, FS Theodor Mahlmann, Leipzig 2009, 125 – 134.– Die Befürchtung der FC, die Gegenseite müsse Gott zwei gegensätzliche Willen zuschreiben, wurde von reformierter Seite bestätigt etwa von Johannes Piscator, Disputatio de divina praedestinatione, Herborn 1598 u. ö. 46 (Jeremias Vietor) D. Aegidii Hunnii Gründtliche vnd außführliche Beweisung / daß die Zwinglianer vnnd Calvinisten der wahren Augspurgischen Confession / Anno 1530. den 25. Juniij / Keyser Carolo V. vbergeben / niemals zugethan gewesen / vnd sie sich derselbigen noch heutiges Tags fälschlich berühmen […], Frankfurt 1591; Aegidius Hunnius, Vorrede zu: (Anon.) Nützlicher Unterricht / Von den fürnembsten Streiten zwischen den Lutherischen vnd den Calvinisten. Jn Frag vnd Antwort de, gemeinen Mann zu dienst […], (Wittenberg 1597?), Magdeburg 1609. 47 David Pareus, Irenicum sive de unione et synodo Evangelicorum concilianda liber votivus paci Ecclesiae et desideriis pacificorum dicatus, Heidelberg 1614(dt. 1615). Vgl. Hans Leube, Kal-

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Dies forderte Wittenberger und Tübinger Lutheraner erneut heraus zur Bestreitung der CA-Verwandtschaft der Reformierten und zur Ablehnung des „geistlichen Friedens“ mit ihnen. Obwohl sie „politischen Frieden“ nicht infrage stellten wollten (und durften), aber weitere Erfolge des Calvinismus fürchten mussten, konnte sie weder das auf beiden Seiten erstmals am 31. Oktober 1617 gefeierte Reformationsjubiläum noch die religionspolitischen Krise im Reich zur Annäherung bewegen – in Übereinstimmung mit der sächsischen Politik, der sie empfahlen, Bündnisse mit katholischen Mächten solchen mit calvinistischen vorzuziehen (was durch die Pfälzer Politik und ihre Katastrophe bestätigt schien).48 Die 1613 erfolgte Konversion des Kurfürsten von Brandenburg und ihre Folgen, z. B. die Verwerfung der Konkordienformel in den neuen Statuten der Universität Frankfurt/Oder 1615, erst recht der rabiate Umgang der Dordrechter (auch von deutschen Reformierten beschickten) Synode 1618/19 mit den heterodoxen Arminianern veranlasste lutherische Theologen nicht nur, der arminianischen Prädestinationslehre große Nähe zu ihrer Erwählungslehre zu attestieren, sondern auch, diese nun ins Fundament ihrer konfessionellen Identität zu legen und sich so dem Calvinismus konträr gegenüberzustellen.

III. Die Fixierung eines konfessionellen Fundamentaldissenses 1. Die überlieferte Unterscheidung des Gewichts oder Rangs einzelner Glaubensartikel bzw. theologischer Lehren reichten für den (mit dem modernen Wort) fundamentaltheologischen Zweck allerdings nicht zu, die Erwählungslehre nicht nur als eine Lehre neben anderen, sondern als die das lutherische Bekenntnis in seiner Unvereinbarkeit mit dem calvinistischen Bekenntnis artikulierende Lehre zu kennzeichnen. Die auf Thomas von Aquin zurückgehende Bestimmung des Fundamentalen als des Heilsnotwendigen und daher für alle und jeden Menschen schlechthin Glaubensnotwendigen sagte ebenso wie der Rekurs auf Jesus Christus (1Kor 3,11) oder die Apostel und Propheten (Eph 2,20) noch nichts über die Grenze zum weniger oder nicht Fundamentalen.49 Die reformierte Irenik hatte daher gute Gründe, ihre Bevinismus und Luthertum im Zeitalter der Orthodoxie, Leipzig 1928 (ND Aalen 1966), 59 – 73; Wilhelm Holtmann, Art. Irenik, in: TRE Bd. 16 (1987), 268 – 273; Christian V. Witt, Protestanten. Das Werden eines Integrationsbegriffes in der Frühen Neuzeit, Tübingen 2011, 39 – 54 (Pareus’ Schrift in der Folge von Zacharias Ursinus, 19ff; Rezeption Pareus’, 66ff). 48 Leube (Anm. 47), 73 – 123; Christian V. Witt (Anm. 47), 91 – 104; zur wichtigsten politischen Figur, dem kursächsischen Hofprediger Matthias Hoe von Hoenegg, vgl. ebd. 105 ff. 49 Diese Problemlage repräsentiert auch noch Johann Gerhard, Loci theologici (1610), loc. XVI, § 129 (articuli fundamentales, principales, ad salutem necessaria – articuli minus principales, subordinati), mit Bezug auf Thomas von Aquin, Summa theologica II – II q 1 a 6 (quae per se ad fidem pertinent – credibilia in ordine ad alia).

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hauptung, die Reformierten seien mit den Lutheranern im Glaubensfundament einig, (nur) auf Dekalog, Apostolicum, Vaterunser oder Sakramente zu beziehen, also die konfessionellen Lehrunterschiede hier zu übergehen. Die lutherische Gegenbehauptung konnte sich ihrerseits nicht bloß auf die Schriftgemäßheit der lutherischen Lehre stützen, sondern musste spezifisch argumentieren, d. h. den Lehrdissens auf den Glaubensvollzug beziehen und lutherische Lehre mit der Heilsgewissheit des persönlichen Glaubens schlüssig verknüpfen. Nach Ansätzen L. Hutters und Balthasar Meisners gelang es Nicolaus Hunnius, Sohn Ägidius Hunnius’ und Nachfolger Hutters bzw. Kollege Meisners, diese Aufgabe in einer [Diaskespsis] theologica de fundamentali dissensu doctrinae Evangelicae-Lutheranae, et Calvinianae (1626) zu lösen. Diese Feststellung des fundamentalen Dissenses wurde im folgenden Jahr in Wittenberg von Friedrich Balduin und dessen Schüler Johannes Hülsemann disputiert und bekräftigt.50 Das fundamentaltheologische Votum N. Hunnius’ hat ihr praktisch-theologisches Seitenstück in einer für Laien gedachten, lediglich biblisch begründenden, von konfessioneller Polemik völlig freien Erläuterung des heilsund glaubensnotwendigen Wissens (sie wurde bis ins 19. Jahrhundert nachgedruckt).51 Sie und überhaupt Hunnius’ viele reformerischen Aktivitäten sind vielleicht der Grund, weshalb jenes Votum früher verstanden wurde als Nachweis der wenigstens grundsätzlichen dogmatischen Weitherzigkeit des Luthertums: Es habe aus dem dogmatischen Bestand nur einen einzigen schlechthin fundamentalen Artikel ausgesondert, eben die lutherische Erwählungslehre.52 Dies ist richtig, das darauf beruhende Urteil ist völlig falsch – vor einem solchen Urteil hätte außer dem Titel auch die empörte Kritik an Dordrecht in der 129 Seiten starken Einleitung und der Abriss der reformierten Irenik warnen können.53 Hunnius zielt zweifellos auf die Feststellung eines Fundamentaldissenses, d. h. eines Dissens, der nicht versöhnt werden kann, weil er unmittelbar mit dem Heilsglauben verknüpft ist. 50 Nicolaus Hunnius, [Diaskespsis] theologica de fundamentali dissensu doctrinae EvangelicaeLutheranae, et Calvinianae seu reformatae, cum praemissa consideratione [hypokriseos] Calvinianae Dordrechthana Synodo proditae, Wittenberg 1626, 21663; Johannes Hülsemann, De quaestione theologica quae dogmata ad salutem creditu sint necessaria? (Praes. Friedrich Balduin) Wittenberg 1627; auch in der gegen die Unionspläne John Duries (Duraeus’) gerichtete Schrift von Johannes Hülsemann, Calvinismus irreconciliabilis, Wittenberg 1641, 21644, p. 408 – 528. Vgl. Leube (Anm. 47), 204 – 256; Max Keller-Hüschemenger, Das Problem der Fundamentalartikel bei Johannes Hülsemann in seinem theologiegeschichtlichen Zusammenhang, Gütersloh 1939. 51 Nicolaus Hunnius, Kurtzer Inhalt dessen, was ein Christ von göttlichen und geistlichen Dingen zu wissen und zu gleuben bedürfftig, Frankfurt/Leipzig 1625; Heinrich Brandt (Hg.), Dr. Nicolai Hunii, Superintendenten zu Lübeck, Epitome Credendorum, oder Inhalt der ganzen christlichen Lehre, so viel einer davon in seinem Christenthum zu seiner Seelen Seligkeit zu wissen und zu glauben bedürftig, Altdorf 1844. 52 So z. B. Leube (Anm. 47), 138 – 163 („radikale Kritik am Dogmensystem seiner Kirche“, 159). 53 Hunnius (Anm. 50), Dedicatio; §§ 484 – 570.

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Hunnius’ Initiative formulierte erstens einen erfahrungtheologischen Evidenzrahmen neu: die persönliche certa fiducia expectans bona spiritualia, „das Glauben“ ([to] credere) als solches, das im Unterschied zu dessen äußeren Zwecken (z. B. die geistlichen Affekte, aber auch die Rechtfertigung), ein Selbstzweck ist, nämlich die Gegenwart des gnädigen Gottes. Subjekt dieses Glaubens ist entsprechend jeder Mensch als solcher, also auch der angefochtene oder in Unglaube zurückfallende Christ. Darum muss, zweitens, der konstituierende Glaubensartikel der sein, dessen Setzung ohne weiteres das fiduziale pro ME hervorruft; seine Notwendigkeit ist allein eine necessitas ex acquisitione fidei. Dies trifft genau und nur auf das Evangelium zu, dass Gott das Heil aller Menschen wolle, Christus es für alle Menschen erworben habe und der Heilige Geist ihnen dies im Wort Gottes unzweideutig sage.54 Der Glaube an die schlechterdings bedingungslose, auch nicht an die Empfindung ihrer Wirkungen gekoppelte Zusage der göttlichen Erwählung lässt andere Glaubensartikel als untergeordnet zurücktreten (auch Sündenerkenntnis, Auferstehung, Zweinaturenlehre). Vieles muss man nicht schon wissen, um jenes Heilsvertrauen fassen zu können (z. B. ruhende Eigenschaften Gottes), ja manches könnte geleugnet werden (z. B. der Fall der Engel).55 Davon unberührt bleibt freilich die enge Verbindung aller Glaubensartikel untereinander, insofern das fundamentum fidei dogmaticum ohne sie nicht erhalten werden kann (z. B. die Trinitätslehre) oder sie aus ihm folgen (Ekklesiologie, Soteriologie); auch gibt es sekundär fundamentale Artikel, die nicht gewusst werden müssen, die aber, wenn der konstitutive Artikel nicht zerstört werden soll, nicht geleugnet werden dürfen (z. B. die Lehre von der Hl. Schrift). Nichtfundamental sind also lediglich articuli mixti wie die kreatianische Seelenlehre.56 Hunnius argumentiert nirgends dogmenkritisch, aber er organisiert den aktuellen lutherischen Lehrbestand konsequent funktional im Blick auf die fidei generatio und kontrastiert ihr die calvinistische Lehre von der partikularen Erwählung zum Heil. Den Vorwurf, die lutherische Lehre sei „jesuitisch“, d. h. semipelagianisch, weist Hunnius zurück, wohl der Nichtglaube, keineswegs aber der Glaube habe bedingende, Gottes Erwählung zum Heil sei absolut.57 Aber nicht nur die funktionale Ausrichtung der Dogmatik dient der 54 Hunnius (Anm. 50), §§ 14 f., 124 f; die conditiones fidei excitandae §§ 96ff; Erwählungslehre §§ 217ff, 276ff, 431 u.ö.– Die Erfahrungsorientierung der Dogmatik entspricht der der zeitgenössischen Erbauungsliteratur zum Thema, vgl. Elke Axmacher, Die Prädestination als Thema der lutherischen Erbauungsliteratur, in: Härle, Mahlmann-Bauer (Anm. 45), 135 – 145; ein katholisches Seitenstück bei Ernst Koch, Gnade gegen Prädestination, ebd. 159 – 166. 55 Ebd. §§ 257, 302ff (Anthropologie), §§ 283, 335 f. (Eschatologie), §§ 298, 438ff (Christologie). 56 Hierin ist der Art. Diaskepsis theologica…, in: Michael Eckert u. a. (Hg.), Lexikon der theologischen Werke, Stuttgart 2003, 227 f. nicht korrekt. 57 Ebd. §§ 24, 76, 152. Diese Kontraposition hat auch problematische Folgen, neben der unterstellten Freiheit zum Nichtglauben v. a. die Reduktion der Kontingenz der Zusage des Evangeliums auf eine individuelle Schlussfolgerung von einem theoretischen Obersatz (Gott will sich aller erbarmen) über den Untersatz (ich bin ein Mensch) auf den individuellen ,Glauben‘ (Gott

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konfessionellen Polarisierung; Hunnius unterscheidet, das ist die dritte Neuerung, von dogmatischen Glaubensfundament das wesentliche oder substanzielle und das dienende oder organische Glaubensfundament, d. h. den trinitarischen Gott und die Heilige Schrift. Diese Unterscheidung relativiert nicht, sondern verabsolutiert vielmehr die konfessionelle Diskrepanz: Die calvinistische Prädestinationslehre beraubt die Schrift, der sie zwei gegensätzliche Worte Gottes zuschreibt, ihrer Wirksamkeit zum Glauben, und sie versündigt sich gegen die philanthropia oder benevolentia universalis Gottes, den sie als Urheber der Sünde beleidige.58 Die konfessionelle Polarisierung wird nicht nur im Herzen der Frömmigkeit, sondern im ganzen hermeneutischen Gefüge der Theologie verankert. 2. In allen drei Aspekten, damit zugleich in der Zentrierung der konfessionellen Diskrepanz auf die Prädestinationslehre, bestimmte Hunnius’ Modell das konkordistische Luthertum noch bis ins frühe 18. Jh. Es wurde 1663 neu aufgelegt und war bei A. Calov, Johann Andreas Quenstedt und David Hollaz (1707) wirksam59, ja noch 1737 bei Jakob Carpov im Rahmen wolffianischer Methodologie, die mit der schularistotelischen des 17. Jh. im Blick auf ihre demonstrativische Ausrichtung vergleichbar blieb.60 Veränderungen traten im Rahmen des eklektischen Wissenschaftsideal und im Umkreis des Pietismus ein, z. B. bei Johann Franz Budde, der die Analogie der Glaubensartikel nicht auf eine logisch-funktional fundamentale Proposition, sondern auf die Person Jesu Christi, dem Zentrum der offenbarten Religion begründet; diesem „realen Glaubensfundament“ entspricht als „dogmatisches“ nicht der Erwählungs-, sondern der Christusglaube.61 Allerdings war außerhalb des konkordistischen Luthertums, eben im Interesse des religiösen Friedens zwischen den Konfessionen, das dogmatische Glaubensfundament anders, nämlich traditionalistisch definiert worden (während die rationalistische Reduktion des Fundamentalen bei den Sozi-

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will sich meiner erbarmen), § 32, ja auf die These posito fundamento per se ponitur fides, § 136, vgl. §§ 19, 11, 137. Ebd. §§ 41ff, 350 f, 354ff, 725 ff. Vgl. Andreas Stegmann, Das Lehrstück der benevolentia universalis in den Textgattungen des akademischen Unterrichts im Luthertum des 17. Jahrhunderts am Beispiel Johann Friedrich Königs, in: Härle, Mahlmann-Bauer (Anm. 45), 194 – 210. Belege bei Carl Heinz Ratschow, Lutherische Dogmatik zwischen Reformation und Aufklärung, Teil I. Gütersloh 1964, § 12. Jacobus Carpov, Theologia revelata dogmatica, tom. I, Leipzig 1737, 277 ff. Zur methodologischen und praktischen Neuausrichtung der lutherischen Theologie zu Beginn des 17. Jh. vgl. Walter Sparn, Die Krise der Frömmigkeit und ihr theologischer Reflex im nachreformatorischen Christentum, in: Hans-Christoph Rublack (Hg.), Die lutherische Konfessionalisierung in Deutschland, Gütersloh 1992, 54 – 82, hier 71 ff. Johann Franciscus Buddeus, Institutiones Theologiae Dogmaticae I, Leipzig 1723 (Gesammelte Werke VII,1, Hildesheim 1999) lib. I, cap. I, §3 29 – 35. Gleichwohl äußert sich Budde lobend über N. Hunnius’ Begründung des fundamentalen Dissenses inter nos et reformatae doctores(!): Isagoge (Anm. 7), 1066.

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nianern noch allgemein abgelehnt wurde62), so bei dem stärker in humanistischer und melanchthonischer Tradition stehenden Helmstedter Georg Calixt. Dessen Annahme, der altkirchliche consensus quinquesaecularis könne als allen gemeinsames Glaubensfundament gelten, wurde von den konkordistischen Lutheranern (und von römischen Katholiken) als „Synkretismus“ abqualifiziert; auf dem Thorner Religionsgespräch 1645 suchte A. Calov den Helmstedter zu neutralisieren.63 Aber auch innerhalb des konkordistischen Luthertums entwickelte sich eine neue Sicht auf das Glaubensfundament, hier im Zuge der deutlicheren Unterscheidung von religiöser Praxis und wissenschaftlicher Theologie, wie sie wiederum G. Calixt vorgenommen hatte. Die seit der methodologischen Reform des beginnenden 17. Jh. geltende Ansicht, dass alle Christen Theologen seien, die accurata theologia jedoch wissenschaftliche Gelehrsamkeit erfordere, wurde durch den Jenenser Johannes Musaeus erweitert zu der These, dass nur der habitus religionis den Gelehrten und Ungelehrten gemeinsam sei, der habitus theologiae aber nur den ersteren zukomme. Musäus, der schon mit cartesischem Rationalismus und deistischer Religionskritik zu kämpfen hatte, löste die lutherisch mehrheitlich behauptete Personalunion von theoretischer Wissenschaft, praktischer (d. h. auf Heilsglauben zielenden) Theologie und persönlicher Frömmigkeit auf – eine schleichende Entkonfessionalisierung. Folgerichtig entzog sich Musäus dem sächsischen Versuch, 1655 angesichts des „Synkretismus“ ein neuerlich konfessionell-lutherisches Bekenntnis zu etablieren.64 Es waren in der Tat die politischen Umstände, die einen nicht nur immunisierenden Umgang mit der konfessionellen Polarität erforderten. Das begann mit dem von reformierten Fürsten (Hessen-Kassel, Brandenburg) 1631 in Leipzig zuwege gebrachten Religionsgespräch, das immerhin Gemeinsamkeiten, aber gerade in der Prädestinationslehre Dissens feststellte. Auch nach der reichsrechtlichen Legitimierung der Reformierten 1648 waren die Landesfürsten an der Pazifizierung der konfessionellen Gegensätze in ihren Territorien interessiert. Im Gefolge der Irenik Calixts und mit den Theologen der zu Hessen-Kassel gekommenen lutherischen Universität Rinteln fand in Kassel 1661 ein Religionsgespräch statt, das trotz des Dissens’ auf „brüderliche Duldung“ plädierte; das in Berlin 1662/1663 nachfolgende Gespräch verfehlte

62 Die Wittenberger engagieren sich hierbei besonders stark, z. B. Nicolaus Hunnius, Examen errorum Photinianorum, quos illi de religionis ac fidei fundamento […] hactenus prodierunt, Wittenberg 1618. 63 Vgl. Inge Mager, Art. Calixt, Georg: In RGG4, Bd. 2 (1999), 12 f; Christoph Böttigheimer, Zwischen Polemik und Irenik. Die Theologie der einen Kirche bei Georg Calixt, Münster 1996; Inge Mager, Georg Calixts versöhnliche Haltung den Reformierten gegenüber, in: Härle, MahlmannBauer (Anm. 45), 211 – 222. 64 Vgl. Theodor Mahlmann, Art. Musäus, Johannes, in: RGG4, Bd. 5 (2002), 1592; Sparn (Anm. 60), 78 ff.; Markschies (Anm. 11), 544 f.

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dieses Ergebnis und wurde abgebrochen.65 In dieser Zeit war die Theologenschaft auf beiden Seiten noch polemisch aktiv, wofür hier nur der lutherische Pfarrer und Liederdichter Paul Gerhardt in Berlin genannt sei, der deswegen seines Amtes entsetzt wurde, und die freilich unbehelligt gebliebenen reformierten Theologen wie der Marburger Johannes Heinius oder der Frankfurt/ Oder lehrende Elias Grebenitz, die den Lutheranern dringlichst empfahlen, um der Wahrheit willen doch endlich zur (wahren, auch erfolgreicheren) reformierten Konfession überzutreten.66 Die auf lange Sicht erfolgreiche Relativierung des fundamentaltheologischen Anticalvinismus seit etwa 1690 verdankte sich nicht dem Calixt’schen Programm, sondern der Relativierung konfessioneller Differenz überhaupt im Rahmen pietistischer Zukunftsorientierung einerseits, der säkular-naturrechtlichen Toleranzforderung andererseits. Dem überzeugten Lutheraner Philipp Jakob Spener schien trotz mancher Unterschiede in „metaphysischen Meinungen“ die gegenseitige kirchliche Toleranz aufgrund fundamentaler Gemeinsamkeiten wie v. a. des Schriftprinzips nicht auf immer unmöglich; die lutherischen Juristen Samuel von Pufendorf und Christian Thomasius lobten, nicht ganz uneigennützig, die Religionspolitik des Großen Kurfüsten.67 Die 1693 gegründete Universität in Halle war, trotz ihrer lutherischen Fakultät, kein Hort der Orthodoxie mehr. Trotz ihres Misserfolgs wurden die Unionsverhandlungen im Umkreis des Hannoveraner und des Berliner Hofes langfristig richtungweisend; denn deren Vorkämpfer, besonders G.W. Leibniz, verbanden den wissenschaftlichen Fortschritt und die Reunion des gesamten Protestantismus. So wurde der reformierte Hofprediger D.E. Jablonski, der seit 1700 mit Leibniz die Berliner Akademie der Wissenschaften auf den Weg gebracht hatte, 1718 Mitglied im lutherischen Konsistorium, noch bevor er 1728 auch ins reformierte Kirchendirektorium berufen wurde.68 Im Preußen Friedrichs II. bzw. in der aufklärerischen Theologie, die in beiden Konfes65 Vgl. Irene Dingel, Art. Religionsgespräche IV, in: TRE 27 (1997), 665 – 667; Leube (Anm. 47), 257 – 350; Witt (Anm. 47), 159 – 201; Klaus Wappler, Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg, das Berliner Religionsgespräch von 1662 – 63 und das Streitverbot von 1664, in: Harm Klueting (Hg.), Irenik und Antikonfessionalismus im 17. und 18. Jh., Hildesheim 2003, 141 – 151; Nischan (Anm. 21), Beiträge VIII – XI, speziell zum Leipziger Gespräch XII – XIV. 66 Johann Heinius, Exercitationes theologicae itemque philosophicae […], Marburg 1665; Elias Grebenitz, Unterricht von der Reformierten und Lutherischen Kirchen, Frankfurt/Oder 21680. Vgl. Leube (Anm. 47), 257 – 350; Witt (Anm. 47), 163 Anm. 7. 67 Vgl. Leube (Anm. 47), 371 – 402; Witt (Anm. 47), 201 – 256. Zu den Unionsbestrebung dieser Zeit vgl. Hans Otte, Richard Schenk (Hg.), Die Reunionsgespräche im Niedersachsen des 17. Jh., Göttingen 1999; Heinz Duchhardt, Gerhard May (Hg.), Union – Konversion- Toleranz. Dimensionen der Annäherung zwischen den christlichen Konfessionen im 17. und 18. Jh., Main 2000; Klueting (Anm. 65). 68 Vgl.; Walter Sparn, „…une certaine nouvelle Logique“. Der Zusammenhang von Theodizee und Kirchenreform bei G.W. Leibniz. In: Kurt Nowak u. a. (Hg.), Wissenschaft und Weltgestaltung. Gottfried Wilhelm Leibniz 1646 – 1996, Hildesheim 1999, 271 – 288; Hartmut Rudolph, Akademie und innerprotestantische Kirchenunion, in: Joachim Bahlcke u. a. (Hg.), Brückenschläge. Daniel Ernst Jablonski im Europa der Frühaufklärung, Dößel 2010, 306 – 325.

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sionen mit der Annahme der Perfektibilität des Christentums arbeitete und nicht mehr „Fundamentalartikel“, sondern das „Wesen des Christentums“ die diakritische Kategorie wurde, war die Realisierung der protestantischen Union nur eine Frage der Zeit.69 3. Die dargestellte fundamentaltheologische Fixierung des Luthertums auf Anticalvinismus ist ein wichtiger Aspekt, aber nicht das Ganze, das vielmehr auch bleibende, ja sich entwickelnde Gemeinsamkeiten aufweist. Solche Gemeinsamkeiten werden seit etwa einer Generation unter dem Begriff der „Konfessionalisierung“ herausgearbeitet, der sich für viele Zusammenhänge als erhellend erwiesen hat. Inzwischen ist aber auch deutlich, das er nicht alle Entwicklungen in den drei Konfessionen abdeckt.70 Zweifeln kann man z. B. an der politischen Parallelität der Konfessionalisierung, denn lange Zeit war das deutsche Luthertum innenpolitisch ständisch, außenpolitisch kaisertreu orientiert; erst ein H.G. Masius votierte absolutistisch. Zweifeln mag man aber auch an der theologischen Parallelität: Obwohl beide Konfessionen um 1600 ihre Theologie als praktische Wissenschaft definierten, sich methodologisch am paduanischen Neoaristotelismus orientierten, und die Metaphysik in die theologische Propädeutik wieder einführten, hatten in der reformierten Theologie doch auch das melanchthonische und das ramistische Wissenschaftsideal einen Platz; und sie rezipierte früher als das Luthertum den Cartesianismus, so wie sie sich auch viel früher der dort als häretisch geltenden chiliastischen Geschichtstheologie öffnete. Umso bemerkenswerter ist es, dass sich im Zuge der Konfessionalisierung eine besonders klare theologische Parallele ergab, die alle drei Konfessionen verband. Sie bestand in der Notwendigkeit der Bestimmung des Beziehung zwischen dem absolut freien göttlichem Wirken und menschlicher Freiheit. Theologisch spezifiziert betraf dies das Verhältnis der menschlichen Freiheit zum allmächtigen Wirken Gottes (die Frage der Heilsgewissheit), philosophisch: die Situation der menschlichen Freiheit zwischen necessitas und contingentia des Weltlaufs (die Frage des verantwortlichen Handelns). Dieses Verhältnis, schon von M. Luther und zumal von Ph. Melanchthon im Blick auf das reformatorische, der scholastischen Annahme freien Willens entgegengesetzte sola gratia auch als Problem thematisiert, wurde noch komplexer in der Auseinanderentwicklung der lutherischen und der calvinistischen Prädestinationslehre; aber auch das tridentinische, der Kooperation von Gott und Mensch vorangestellte gratia praeveniens verschärfte die Freiheitsproblematik. Diese Problematik war etwas ,Fundamentales‘, durch dessen jeweiliges Verständnis die Konfessionen sich spezifisch konfessionalisierten. Sie war denn auch eines der großen Themen der Frühen Neuzeit im Übergang zur Aufklärung. 69 Vgl. Walter Sparn, „…jeder nach seiner Fasson“. Religion und Theologie im friderizianischen Preußen (im Druck). 70 Vgl. Harm Klueting, Art. Konfessionalisierung, in RGG4, Bd. 4 (2001), 1547 f.

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Der Versuch, die drohende Konkurrenz göttlicher und menschlicher Freiheit zu entschärfen, motivierte seit den 1580er Jahren alle drei konfessionellen Lehrbildungen, die calvinistische Prädestinationslehre in England und in den Niederlanden, die lutherische Erwählungslehre in Deutschland, und in Spanien und Italien die nachtridentinische Lehre von den Gnadenhilfen.71 Das im 16. Jahrhundert als Rechtfertigungslehre verhandelte Thema wurde nun und dann im ganzen 17. Jahrhundert als Prädestinationslehre verhandelt. Dass überall ein vitales Interesse verfolgt wurde, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass in keiner Konfession eine alle Positionen einbeziehende Lösung erzielt wurde; es kam zum Ausschluss von Minderheitsmeinungen, des lutherischen Huberianismus um 1600 und des reformierten Arminianismus 1619, oder die Fortsetzung des für unentscheidbar angesehenen Gnadenstreits wurde schlicht verboten, wie das Lehramt 1607 den jesuitischen Molinisten und den dominikanischen Thomisten auferlegte (was das Aufkommen des Jansenismus nicht hinderte)72. Zu jenen beiden Optionen setzten sich die im Protestantismus jeweils dominanten Lösungen ihrerseits ins Verhältnis, nicht zuletzt, weil auch ihre Lösungen das Problem nicht wirklich zum Verschwinden bringen konnten. Die calvinistische Lehre von der supralapsarischen doppelten Prädestination regulierte das Freiheitsproblem zweifellos am radikalsten. Ihre Vertreter vermuteten zurecht die lutherische Erwählungslehre in der Nähe der molinistischen Interpretation der göttlichen Gnadenhilfen für die menschliche Freiheit, positionierten sich selbst daher auch in der Nachbarschaft der dominikanischen Interpretation Thomas’ von Aquin und attestierten der Annahme göttlicher praedeterminatio physica, schriftgemäß zu sein.73 Aber dieses Selbstbild wird beeinträchtigt durch den Tatbestand, dass auch die radikale Lösung das Freiheitsproblem nicht wirklich loswurde, wie sich nicht nur am hypothetischen Universalismus John Camerons und Moyse Amyrauts in Saumur zeigte, sondern an der Unvermeidlichkeit des Bezugs auf menschliche Wahlfreiheit im Blick auf den Sündenfall Adams und Evas. An diesem Punkt setzte dann die aufklärerische, das Prinzip des zureichenden 71 Zurecht werden diese Lehrbildungen im Zusammenhang dargestellt von Mahlmann (Anm. 22), 123 – 140, wenngleich die Jahrhundertgliederung dazu quer steht.– Vgl. Walter Sparn, Wiederkehr der Metaphysik. Die ontologische Frage in der lutherischen Theologie des 17. Jh., Stuttgart 1976, 176 – 180; Ders., Subjekte von Freiheit. Roderigo de Arriaga Lehre von der Scientia media im interkonfessionellen Kontext, in: Tereza Saxlov‚, Stanislav Soused†k (Hg.), Rodrigo[sic!] de Arriaga. Philosoph und Theologe, Prag 1998, 169 – 195. 72 Vgl. Rainer Specht: Art. Molinismus, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 6 (1984), 95 f; Francis Edwards, Art. Molina/Molinismus, in: TRE, Bd. 23 (1994), 199 – 203. 73 Z.B. Gisbert Voetius, Selectarum disputationum theologicarum pars I, Utrecht 1648, 254ff, 309 ff. Zur Terminologie von supra-/infralapsarisch vgl. Mahlmann (Anm. 22), 133 f; zum Begriff der Vorherbestimmung vgl. die detaillierte Begriffsgeschichte von Wolfgang Hübener, Art. Praedeterminatio physica, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 7 (1989), 1220 – 1225. Allerdings gab es auch unter Reformierten Befürworter eines bedingten Wissens, z. B. Johann Heinrich Alsted oder Ludwig Crocius, vgl. ebd. 1220; Mahlmann (Anm. 22) 137.

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Grundes aufbietende Abkehr von der Lehre der doppelten Prädestination ein.74 Die lutherische Erwählungslehre stand in der Tat der molinistischen Gnadenlehre nahe, auch sie deren Semipelagianismus – Gott erwähle zum Heil, nachdem (oder sogar : weil) er frei erworbene Verdienste voraussehe, denn die Gnade befähige zu guten Werken nicht aus sich, sondern aufgrund menschlicher Zustimmung; der Mensch verfüge daher über eine potentia oboedientialis activa – mit guten Gründen abwies. Aber sie übernahm seit den 1620er Jahren zunehmend entschieden Molinas Annahme einer mittleren Art des Allwissens, kraft derer Gott unfehlbar von Ewigkeit her weiß, wie freie Zweitursachen, d. h. endliche Subjekte unter zeitlichen Bedingungen sich verhalten werden: scientia media de futuro conditionato – dieser Begriff gibt der lutherische Annahme der Erwählung praevisa fide ihr volles Recht in der Gotteslehre. Manche Lutheraner sahen dieses Recht mit Skepsis, weil damit die moralische, distributive Gerechtigkeit Gottes einen so primären Rang erhielt, dass die reformatorische Lehre von der Rechtfertigung aus Gnade unwichtig werden konnte. Aber in der antithetischen Fixierung der Erwählungslehre auf das calvinistische decretum absolutum rückte auch die lutherische Dogmatik in den Horizont der Gotteslehre ein; in ihm wurden theologische und philosophische Aspekte eng korreliert, wenn nicht sogar ineinander geschoben, nämlich in einem biblischen, tatsächlich naturrechtlichen Gottesbegriff. Die lutherische Erwählungslehre handelte sich mit der axiomatischen Stellung der philanthropia oder benevolentia universalis Gottes das Theodizeeproblem ein und argumentierte, wie schon B. Meisner 1611 gegen die Calvinisten sagte: pro libertate hominis et bonitate Dei.75 Diese Formulierung findet sich dann französisch im Titel der Essais de Th¦odic¦e (1710) von G.W. Leibniz. Sie nehmen erklärtermaßen die Positionen Ä. Hunnius’ und L. de Molina auf und führen sie in einem naturrechtlichen Gottesbegriff zusammen, der den göttlichen Willen als eine Funktion der weisen Menschenliebe Gottes, Natur und Gnade daher als Kontinuum auffasst. Die Theodizee gründet ferner auf der jesuitischen Annahme, dass Gottes Kalkül die bestmögliche Welt aus den widerspruchsfrei möglichen Welten

74 Vgl. Mahlmann (Anm. 22), 137 – 141. Ein schönes Beispiel des Einschwenkens auf die benevolentia universalis beschreibt Rudolf Dellsperger, Samuel Königs „Grundsätze von der Allgemeinen Gnade Gottes“ (1723), in: Härle, Mahlmann-Bauer (Anm. 45), 223 – 236. 75 Balthasar Meisner, Philosophia sobria, hoc est pia consideratio quaestionum philosophicarum in controversiis theologicis, quas Calviniani moverunt Orthodoxis subinde occurentium (Gießen 1611), Wittenberg 1621, 286; die Bestreitung des jesuitischen, d. h. semipelagianischen „Missbrauchs“ der scientia media, ebd. 758 ff. In die Kritik von M. Matthias (Anm. 45), 150ff an G. Adam (Anm. 43) ist eingeschlossen W. Sparn (Anm. 60, 64 f) –recht, wenn die Annahme einer allgemeinen Menschenliebe als absolutes Attribut Gottes schon Ä. Hunnius zuschrieben wird; aber diese Generalisierung tritt im frühen 17. Jh. ein, vgl. Hans Emil Weber, Reformation, Orthodoxie, Rationalismus, Bd. II, Gütersloh 1951 (ND Darmstadt 1966), 98 – 175.

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wählt76 ; und sie dürfte in der Annahme eines seul d¦cret total Gottes, aufgrund dessen auch das scheinbar Diskrepante im Weltgeschehen in prästabilierter Harmonie geschieht, auch die calvinistische Perspektive würdigen – obwohl Leibniz sich hier auf die Konkordienformel beruft.77 Leibniz oder H.G. Masius? Soviel zu dem auf die Prädestinationsproblematik fokussierten Anticalvinismus des Luthertums – auf dem Weg in die Aufklärung.

76 Sven K. Knebel, Wille, Würfel und Wahrscheinlichkeit. Das System der moralischen Notwendigkeit in der Jesuitenscholastik 1550 – 1700, Hamburg 2000. 77 Gottfried Wilhelm Leibniz, Essais de th¦odic¦e sur la bont¦ de Dieu, la libert¦ de l’homme et l’origine du mal (Amsterdam 1710), I, 83 f. Vgl. Mahlmann (Anm. 22), 134 – 137; Walter Sparn, Das Bekenntnis des Philosophen. Gottfried Wilhelm Leibniz als Philosoph und Theologe, in: Neue Zeitschrift für Systematische Theologie und Religionsphilosophie 28 (1986), 139 – 178; Ders., Leibniz: Theologie, in: Grundriss der Geschichte der Philosophie V, Bd. 4, Basel 2001, 293.475 – 606.

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Dynamics of Party Conflict in the Saxon Late Reformation Gnesio-Lutherans vs. Philippists {D1289}In May 1577 six theologians, representing the governments of Saxony, Brandenburg, Braunschweig-Wolfenbüttel, and Mecklenburg, put the finishing touches on a document which formally marked the demarcation point between the Reformation and early modern Orthodoxy in German Lutheran lands. Their “Formula of Concord” climaxed thirty years of struggle among German Evangelicals over the definition of the Reformation, and it created the situation in which Lutheran Orthodoxy developed on the basis of the experiences of those three decades of struggle. Yet that third of the sixteenth century receives strangely little – and that fragmented – treatment in historical studies of Western Christendom. All too typical is Paul Tillich’s description of the two major parties which contended over Luther’s heritage in Saxony, the ‘Gnesio-Lutherans’ and the ‘Philippists’: “Flacius [a prominent leader of the Gnesio-Lutheran party] had a point of view similar to the Barthian school today, stressing the total depravity of man. … Philippism [the movement of those intensely devoted to Luther’s close friend and colleague Philip Melanchthon] … was nearer to what today we would call a moderate liberal theology, against the Gnesio-Lutherans.”2 This description is inadequate because it applies anachronistic labels to the forces at work in the Saxon Late Reformation and because it continues the traditional description of those forces through the altogether too narrow focus of the questions of dogma raised in the individual controversies between the two groups. If terms such as “liberal” are to be employed at all, it seems least confusing and most helpful to use them from a sixteenth century perspective, casting the two parties in their roles as forces within the second generation of the 1 Concordia College, Saint Paul, Minnesota. This essay appeared originally in The Journal of Modern History, On-Demand Supplement, 49,3 (September 1977), D1289–D1305. It was reprinted in Robert Kolb, Luther’s Heirs Define His Legacy, Studies on Lutheran Confessionalization (Aldershot, Hampshire: Variorum, 1996) with only very slight editorial modifications. The original pages are indicated within {brackets}. The original essay was introduced with the following note: this essay was gathered during research on my doctoral dissertation, “Nikolaus von Amsdorf, Knight of God and Exile of Christ. Piety and Polemic in the Wake of Luther,” (University of Wisconsin-Madison, 1973), Dr. Robert M. Kingdon, advisor, and during work under a research fellowship at the Center for Reformation Research which was funded by the Literature Commission of the Lutheran Church-Missouri Synod. 2 Paul Tillich, A History of Christian Thought, ed. Carl E. Braaten (New York, 1968), p. 278.

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Wittenberg Reformation, a movement which was reacting against certain elements of late medieval Christianity. Within this late medieval context the Philippists appear as the conservatives and the Gnesio-Lutherans as radicals. From the perspective of the year 1500 the Philippists took relatively more conservative positions on ecclesiastical usages and on doctrinal questions in the area of theological anthropology. In contrast, the Gnesio-Lutherans were more radical, both in {D1290} their rejection of some medieval usages and in their use of Luther’s radical critique of late medieval views of the relationship between God and his human creatures, of the role of law in the Christian life, and of the power of human creatures to contribute to their own salvation. Though not limited to Saxony, the battle over the shape of Luther’s church was waged most strenuously by his friends and students in the two political units of Upper Saxony – ducal Saxony and electoral Saxony –, the lands ruled by the Ernestine and the Albertine branches of the ruling Saxon house, and in the cities of Lower Saxony. The battle pitted loyal disciples of Melanchthon, the Philippists, headquartered in the theological faculties at Wittenberg and Leipzig, against the Gnesio-Lutherans, who upheld their interpretation of Luther’s legacy from Magdeburg, Jena, and the cities of Lower Saxony. Both parties could, in addition, depend on support from adherents elsewhere throughout the German lands. The disputes between the two parties broke out soon after Luther’s death and continued for three decades. These disputes originated in tensions in Luther’s own thought and in tensions present within the Wittenberg Reformation already during his lifetime.3 A new, more broadly outlined approach to the Lutheran Late Reformation is needed. This approach should take into account attitudes and tendencies beyond the strictly dogmatic concerns highlighted in most previous studies of the period, and it should analyze the dynamics involved in the transformation of the Lutheran Reformation into Lutheran Orthodoxy. Furthermore, this approach should place the events and attitudes of Lutherans in Germany into the context of the wider European scene during the Late Reformation and should survey similar movements in other lands for common characteristics. The institutionalization of Luther’s movement began before his death, to be sure, but the form and content of Lutheran theology and ecclesiastical life in the early modern period developed to a large degree in the cauldron of the hostilities between the Gnesio-Lutheran and the Philippist parties. The lines between the two groups cannot always be drawn tightly ; they did 3 Johann Agricola caused Melanchthon the most trouble in public through his criticism of Melanchthon’s 1527 Visitation Articles for electoral Saxony ; see Joachim Rogge, Johann Agricolas Lutherverständnis (Berlin, 1960), pp. 98 – 121. Agricola’s later flirtation with the papal party in the Augsburg Interim places him outside the Gnesio-Lutheran circle. However, the GnesioLutherans Caspar Aquila and Nikolaus von Amsdorf both criticized Melanchthon during Luther’s lifetime: see Georg Biundo, Kaspar Aquila (Grünstadt, 1963), pp. 88 – 90; my “Nikolaus von Amsdorf on Vessels of Wrath and Vessels of Mercy, a Lutheran’s Doctrine of Double Predestination,” Harvard Theological Review 69 (1976): 325 – 343.

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not have membership cards. Viktorin Strigel and Justus Menius, for example, though Philippist in tendency, worked with and supported the GnesioLutheran leadership in ducal Saxony in the early 1550s, and the Philippist Abdias Praetorius assisted Gnesio-Lutherans, including Johannes Wigand and Matthäus Judex, with the early volumes of the Magdeburg Centuries before moving to Frankfurt an der Oder. Erasmus Sarcerius and Tileman Heßhus were in the Philippist camp at the beginning of the third quarter of the sixteenth century but turned sharply {D1291} against their former positions during the 1550s. The vast majority of Lutheran clergy of the period were not active in either party, but the direction of their church was largely determined by the leaders in these two groups.4 Although tensions existed among Luther’s disciples before his death, the formation of parties within his following resulted from the trap into which the Wittenberg University theological faculty fell after the defeat of the Evangelical armies of Elector John Frederick of Saxony and Landgrave Philip of Hesse by Emperor Charles V at Mühlberg in 1547. In support of their new elector, John Frederick’s cousin and victorious rival, Duke Moritz, Melanchthon and his colleagues acquiesced in formulating a compromise designed to fend off imperial pressure from Moritz, his government, and the church in his lands. The compromise, which was embodied in a document dubbed the “Leipzig Interim” (December 1548), attempted to maintain Evangelical doctrine while enjoining customs and ceremonies integral to medieval Catholic practice.5 Though hardly a charter for the Philippist movement, the Leipzig Interim not only determined many of its problems but also illustrates 4 I have been able to identify only 131 individuals who were active Gnesio-Lutherans; the Philippists numbered even fewer. There was not a third, “centrist” party in Saxony. Leading figures not closely identified with either party – or with the Osiandrist party in Prussia or the Swabian party in southwest Germany – shared certain characteristics with one of these parties. On the case for labeling two leading Saxon theologians, Martin Chemnitz and David Chytraeus, “fellow travelers” of the Gnesio-Lutherans, see my tentative suggestions in “Parties, Princes, Pastors, and Peace, The Formulation of Concord, 1577,” Academy, Lutherans in Profession 34 (1977), 2 – 13, where the question of the existence of a “centrist” party is also discussed. [The argument concerning Chemnitz was later further developed in my “Martin Chemnitz, Gnesio-Lutheraner,” in Der zweite Martin der Lutherischen Kirche, Festschrift zum 400. Todestag von Martin Chemnitz, ed. W. A. Jünke (Braunschweig: Ev. Luth. Stadtkirchenverband und Propstei Braunschweig, 1986), 115 – 129.] 5 The text of the Leipzig Interim is printed in Corpus Reformatorum, ed. C. G. Bretschneider and H. E. Bindseil (Halle and Braunschweig, 1834 – 1860), VII, 48 – 62, 215 – 221, 258 – 264 [henceforth abbreviated CR]. See Emil Sehling, Die Kirchengesetzgebung unter Moritz von Sachsen, 1544 – 1549, und von Georg von Anhalt (Leipzig, 1899), Albert Chalybaeus, Die Durchführung des Leipziger Interims (Chemnitz, 1905), Johann Herrmann, „Augsburg – Leipzig – Passau (Das Leipziger Interim nach Akten des Landeshauptarchivs Dresden 1547 – 1552),“ (doctoral diss., University of Leipzig, 1962), and Luther D. Peterson, “The Philippist Theologians and the Interims of 1548: Soteriological, Ecclesiastical, and Liturgical Compromises within German Lutheranism,” (Ph.D. diss., University of Wisconsin-Madison, 1974). On the controversy over this Interim, see ibid., pp. 312 – 446, and my Nikolaus von Amsdorf (1483 – 1565), Popular Polemics in the Preservation of Luther’s Legacy (Nieuwkoop, 1977), pp. 82 – 106.

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much of its agenda and the attitudes behind its positions. Cries accusing old friends of betrayal greeted this compromise; the protests came most strongly from the group of Wittenberg graduates headquartered in Magdeburg under the leadership of Nikolaus von Amsdorf, Matthias Flacius Illyricus, and Nikolaus Gallus. They issued a string of denunciations of the Leipzig {D1292} Interim, thus initiating thirty years of paper war between the two parties. Among their early tracts was the so-called Magdeburg Confession of 1550, which can be called the charter of the Gnesio-Lutheran movement even though that movement embraced many who were not present in Magdeburg in 1550 nor – in some cases – were closely associated with the Magdeburgers.6 The similarities between the Philippists and the Gnesio-Lutherans ought not be overlooked. Nearly all members of both groups had studied under Melanchthon and bore the imprint of his humanistic training.7 Some members of both groups used scholastic forms and methods in presenting their theology.8 Both groups shared a common understanding of the work of Christ, and they produced similar critiques of the challenge to the Wittenberg understanding of justification through faith issued by {D1293} Andreas Osiander in 1550.9 Even though Gnesio-Lutherans and Philippists fought over 6 Confessio et Apologia Pastorum & reliquorum ministrorum Ecclesiae Magdeburgensis. Anno 1550. Idibus Aprilis (Magdeburg, 1550); Bekentnis, Unterricht und vermanung des Pfarrhern und Prediger der Christlichen Kirchen zu Magdeburgk. Anno 1550. Den 13. Aprilis (Magdeburg, 1550). See Oliver K. Olson, “Theology of Revolution: Magdeburg, 1550 – 1551,” The Sixteenth Century Journal III, 1 (April 1972): 56 – 79. 7 The great historical work, the Magdeburg Centuries, produced by Flacius, Wigand, Judex, and other Gnesio-Lutherans reflects the impact of Melanchthon’s interest in history (among recent studies, see especially Heinz Scheible, Die Entstehung der Magdeburger Zenturien [Gutersloh, 1966]), as does the series of chronicles produced by Cyriakus Spangenberg. Melanchthon’s humanist interests were also carried on by such Gnesio-Lutherans as Johann Wigand in botany : Kurt Wein, „Johannes Wigand [ 1523 bis 1587], Preussens erster Botaniker,“ Sudhoffs Archiv für die Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften 35 (1942): 160 – 205, and Johann Friedrich Coelestin in paedagogy : Remigius Stolze, „Johann Friedrich Coelestin als Erziehungstheoretiker,“ Archiv für Reformationsgeschichte XV (1918): 204 – 225, XVI (1919): 54 – 78. See also Erwin Wedel, „Matthias Flacius Illyricus–ein bedeutender kroatischer Humanist,“ Matthias Flacius Illyricus, 1575 – 1975 (Regensburg, 1975), pp. 23 – 36. 8 The predominant method of later Orthodoxy for presenting systematic theology, the locus method, found its model in Melanchthon’s own work; the Philippists wrote little new material in this form, for they depended on Melanchthon’s Loci communes for classroom instruction to a great degree. Particularly the structure of works by Johannes Wigand and Matthäus Judex demonstrates the influence of Melanchthon’s philosophical instruction on the Gnesio-Lutherans, e. g. their Syntagma, seu Corpus doctrinae (volume I, drawn from the New Testament, Basel, 1558; volume II, drawn from the Old Testament, Basel, 1563). On Flacius’ approach to theology, see Hans Emil Weber, Reformation, Orthodoxie, und Rationalismus I, 1 (Gütersloh, 1937), especially pp. 298 – 311; Lauri Haikola, Gesetz und Evangelium bei Matthias Flacius Illyricus (Lund, 1952), pp. 9 – 47. 9 Martin Stupperich, Osiander in Preussen, 1549 – 1552 (Berlin, 1973), pp. 137 – 166 and passim on the Gnesio-Lutheran Joachim Mörlin, with discussions of the reactions of other Gnesio-Lutherans and Philippists, especially pp. 224 – 328; Jörg Rainer Fligge, „Herzog Albrecht von

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the doctrine of the real presence of Christ’s body and blood in the Lord’s Supper, their approaches to the doctrine initially were more similar to each other than was the Gnesio-Lutheran view to that of the south German Swabian party, with which they finally united on the doctrine in the Formula of Concord. For both groups among the Wittenberg graduates stressed the words of institution rather than related Christological arguments in their discussions of the real presence.10 However, the significance of the Saxon Late Reformation is found in the differences, not the similarities, between the two parties. At least four major contrasts appeared in the course of their relationship, arising out of the differences between the backgrounds, concerns, and experiences of members of each group. The prophetic critique of remnants of medieval Catholicism which shaped the Gnesio-Lutheran stance conflicted with the institutional concerns of the Philippists at points. The orientation toward parish and people which dominated the thought of most Gnesio-Lutherans brought them into conflict with the systematizing concerns of the academic leadership of the Philippists, oriented toward instruction and school as well as toward other institutional responsibilities. Thus, certain divergences between the two parties grew out of a sense of prophetic office and parish responsibilities on the one hand and the demands of academic office and institutional duties on the other. These divergences of orientation coalesced with personal and political differences to create the disputes between Philippists and GnesioLutherans. These divergences are apparent in at least the four following aspects of the activities of the two parties. 1. Their disputes were almost all doctrinal disputes, by and large over doctrines closely related to justification, and to a great extent in the area of theological anthropology.11 These disputes arose because each party was driven by different concerns, which, though refracted {D1294} through the prism of their common understanding of justification through faith, projected a different light on questions of theological anthropology, psychology, and ethics because these concerns proceeded from different points of orientation. In spite of their commitment to Luther’s concept of the depravity of the human creature, the Philippists tended toward views of theological anthropology which demonstrated certain affinities with the optimism shared by RenaisPreussen und der Osiandrismus, 1522 – 1568,“ (doctoral diss., University of Bonn, 1972), especially pp. 137 – 145, 199 – 229. 10 Theodor Mahlmann, Das neue Dogma der lutherischen Christologie (Gütersloh, 1969), pp. 19 – 92. The common basis and subtle differences in concern between Philippists and GnesioLutherans can be seen in the dispute on the Lord’s Supper in Brandenburg-Ansbach in 1564 discussed by Karl Schornbaum, „Philippisten und Gnesiolutheraner in Brandenburg-Ansbach,“ Beiträge zur Bayerischen Kirchengeschichte XVIII (1912): 97 – 110. 11 By the time of the Altenburg Colloquy of 1568 – 1569 the questions at issue between the two parties included aspects of the doctrine of justification through faith; see Gantze und unverfelschete Acta und Handlung des Coloquij … zu Altenburgk (Wittenberg, 1570).

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sance humanists and Bielist scholastics alike, while the Gnesio-Lutherans tried to maintain their understanding of Luther’s view of the radical breach between God and his human creatures.12 Already in the 1520s and 1530s Melanchthon’s reaction against parish level abuses of Christian freedom and libertine interpretations of justification through faith provoked dispute over the role of the law in the Christian life and over language concerning good works.13 In the hostile atmosphere generated by the polemics over the Leipzig Interim, Georg Major, Melanchthon’s colleague at Wittenberg, stumbled into defending the proposition, “good works are necessary for salvation,” in 1552, thus launching the “Majoristic” controversy. Major wanted to maintain the ethical basis of the Christian life without denying the need for total reliance on God’s grace, but his repeated attempts at trying to explain what he meant only enflamed the opposition which was immediately raised against his proposition by Amsdorf and others at Magdeburg.14 They believed that any statement which seemed to credit human works with any role in obtaining or preserving salvation would be understood in a pelagian way by the general populace, hardly a generation away from popular medieval views of the law and good works. Other Philippists tried to defend Major’s proposition, but they encountered fierce criticism from Gnesio-Lutherans who were not about to permit language which seemed to open the door to trust in human efforts.15 To counter lingering confi- {D1295} dence in human spiritual capabilities, which he believed to be endemic in late medieval popular religion and theology, Amsdorf reacted to Major’s thesis in 1557 by asserting that good works are detrimental to salvation, using Luther’s own radically worded critique of works-righteousness.16 In a related dispute (1558 – 1562) Andreas Musculus, Gnesio-Lutheran theologian at Frankfurt an der Oder, countered the defense 12 Philippists certainly did not share the optimistic anthropology which typified both scholastics and humanists in the fifteenth century, as demonstrated by Heiko Oberman, “Some Notes on the Theology of Nominalism with Attention to its Relation to the Renaissance,” Harvard Theological Review 53 (1960): 47 – 76, but they were more interested in and tended to stress human capabilities. Like Luther, the Gnesio-Lutherans recognized and appreciated human capabilities and efforts in the earthly realm but were less interested in questions regarding them; they focused their attention rather on sinners’ incapability to contribute to or build their own relationship with God. 13 On the dispute between Melanchthon and Agricola, see note 3 above. 14 Peterson, pp. 215 – 311, and my “Georg Major as Controversialist, Polemics in the Late Reformation,” Church History 45 (December 1976): 455 – 468. 15 On the Philippist Justus Menius’ ideas, see Alvin H. Horst, “The Theology of Justus Menius,” (Th. D. diss., Concordia Seminary, St. Louis, 1973), pp. 209 – 267. In the county of Mansfeld the Gnesio-Lutheran clergy disputed with the Philippist Stephan Agricola of Helbra in 1552 and 1553 over Major’s proposition, see Der Prediger in der herrschafft Mansfelt antwort auff Stephani Agricole … schlussreden (Magdeburg, 1553); in Lübeck a similar dispute broke out, with Lorenz Moersken defending Major’s proposition, Wilhelm Preger, Matthias Flacius Illyricus (Erlangen, 1859 – 1861), I, 380. 16 Kolb, Amsdorf, pp. 158 – 162.

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of the proposition, “good works are necessary,” put forth by his colleague, Abdias Praetorius, a Philippist, with the statement that “the righteous, in so far as they remain in Christ, are far above and outside the law.” Musculus was concerned to eliminate any suggestion that the law contributes in a positive way to the Christian life because he was certain that the average Brandenburger would resort with little difficulty to dependence on his own works since he was living less than a generation away from late medieval concepts of the role of the law and its works in salvation.17 In an effort to wrestle with questions regarding the human responsibility for sin and the factors which differentiate the believer from the unbeliever, the Philippists Johann Pfeffinger of Leipzig and Viktorin {D1296} Strigel of Jena formulated statements which seemed to credit the human will with a slight but ultimately determining role in conversion (1555 and 1560 – 1562). Both were attempting to describe the psychological aspects of the relationship between God and human beings, and both were also trying to eliminate any deterministic views of that relationship which would reduce the believer to a “mere stone or block of wood.” Pfeffinger’s suggestion that the Holy Spirit converts those who assent to him and seek his aid was criticized as synergistic, as an abandonment of the sola gratia principle, by Amsdorf and others. Strigel’s insistence that the human being has a modus agendi which facilitates conversion also met with severe objections from Gnesio-Lutheran pastors, who accused him of synergism.18

17 Prima Responsio ad Libellos Quinque Mag. Godeschalci Abdiae Praetorij de Necessitate Bonorum operum (Frankfurt/Oder, 1563), lvs. (A8)v-Br, (B6)v–(B7)r; see Christian Wilhelm Spiecker, Lebensgeschichte des Andreas Musculus (Frankfurt/Oder, 1858), pp. 46114. It is not strictly accurate to label Musculus “antinomian” since he recognized the law’s accusatory function, as did Amsdorf, Andreas Poach of Erfurt, and Anton Otto of Nordhausen, who were also labeled antinomian for their roles in disputes in the mid 1550s and mid 1560s. On Amsdorf ’s exchange with Flacius and Wigand over the question of the theoretical necessity of good works for salvation, see Kolb, Amsdorf, pp. 145 – 155. A similar exchange between Poach and Joachim Mörlin is documented in Conrad Schluesselburg, Haereticorum Catalogus (Frankfurt/M., 1597 – 1599), IV, 230 – 345. On Otto’s later dispute, see Preger, I, 253 – 255, and Otto’s Gütlicher bericht von den Antinomern (Regensburg, 1562) and Andreas Fabricius, Bericht Vom Gesetze Gottes, seinem Brauch und Misbrauch (Eisleben, 1569). A debate between the Gnesio-Lutherans and Philippists over the meaning of the word “gospel” touched related areas; see, e. g., Johannes Wigand’s De Antinomia veteri et nova (Jena, 1571) and Christoph Pezel’s Apologia verae doctrinae de definitione evangelii (Wittenberg, 1571). In spite of their alleged “antinomian” positions, the Gnesio-Lutherans were much concerned with individual and social ethics and wrote on such topics more extensively than the Philippists seem to have. A comparative study of the two parties’ ethical systems would be worthwhile. 18 Pfeffinger’s theses, which summarize his position, are printed in his Demonstratio Manifesti Mendacii … Sycophanticus germanice editus titulo Nicolai ad Amsdorff (Wittenberg, 1558); see Kolb, Amsdorf, pp. 188 – 201. Strigel’s “Declaration” of 1562 is printed in Schluesselburg, V, 88 – 91; see also pp. 452 – 465, and the discussion of Strigel’s position by Albert Pommerien, Viktorin Strigels Lehre von dem Peccatum Originis (Hannover, 1917). On a similar dispute between Philippists and Gnesio-Lutherans in Göttingen in the late 1560s, see Kurt Dietrich Schmidt, „Der

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As colleagues at the University of Jena, Strigel and Flacius also fell into a dispute over a number of issues, synergism among them. In a formal disputation in 1560 the two began a debate over the nature of original sin. Strigel lured Flacius onto Aristotelian turf,19 labeling original sin an accident, and Flacius replied by insisting that original sin is the substance of the fallen human creature. He distinguished the formal substance of fallen human creatures–which they totally altered from God’s image into Satan’s image in the fall into sin – from the material substance of fallen human creatures – their psychological properties and the like, which were only damaged by the fall. His defense of this way of expressing total human depravity in spiritual matters haunted Flacius for the rest of his life; he and his followers were hounded by Philippists and Gnesio-Lutherans alike. But like their mentor his disciples were willing to make tremendous sacrifices to maintain an uncompromising definition which totally undercut all hints of optimism about the human spiritual condition, which the Philippists felt compelled to explore. The Gnesio-Lutherans were determined to preserve Luther’s judgment on the {D1297} complete incapacity of the sinner to reach toward God and his complete dependence on God’s mercy in Christ.20 2. Ecclesiastical attitudes are sometimes difficult to separate from strictly doctrinal concerns.21 Thus, also in their use and rejection of aspects of the Göttinger Bekehrungstreit 1566 – 1570,“ Zeitschrift der Gesellschaft für niedersächsische Kirchengeschichte 34 – 35 (1929 – 1930): 66 – 121. 19 On Flacius’ use of philosophy, see Haikola, Gesetz und Evangelium, pp. 9 – 47. The two parties both used philosophical constructs in their theology, and both also used patristic tradition extensively. However, the relative authority given to Scripture and tradition in practice by each party needs to be examined. Helpful in such a study would be Haikola, Gesetz und Evangelium, Karl Adolf von Schwarz, „Die theologische Hermeneutik des Matthias Flacius Illyricus,“ Luther Jahrbuch, 1933, pp. 139 – 175, and Günter Moldaenke, Schriftverständnis und Schriftdeutung im Zeitalter der Reformation, Teil 1, Matthias Flacius Illyricus (Stuttgart, 1936); see also Joachim Massner, Kirchliche Überlieferung und Autorität im Flaciuskreis (Berlin, 1964). 20 Flacius laid out his position already in the 1560 Weimar Disputation, see Disputatio de originali peccato et libero arbitrio inter Matthiam Flacium Illyricum & Victorinum Strigel (1562); he repeated it in Altera Pars, Clavis Scripturae (Basel, 1567), pp. 479 – 498; see Hans Kropatscheck, „Das Problem theologischer Anthropologie auf dem Weimarer Gespräch von 1560 zwischen Matthias Flacius Illyricus und Viktorin Strigel,“ (Lic. diss., University of Göttingen, 1943), pp. 48 – 192; Preger, II, 312 – 412. The spread and survival of “Flacianism” in this narrow sense invites study ; on the defenders of Flacius’ view of original sin in Pomerania, see Klaus Harms, Jakob Runge (Ulm, 1961), pp. 140 – 151; in Austria, see Eduard Böhl, Beiträge zur Geschichte der Reformation in Österreich (Jena, 1902), pp. 248 – 259, 372 – 395, and Theodor Wiedemann, Geschichte der Reformation und Gegenreformation Im Lande unter der Enns (Prague, 1879), 1, 384 – 391. 21 The doctrine of the church held by each group deserves careful study. Gnesio-Lutherans tended to see the church as a ‘remnant’ and thus approached a concept of a free church at times, see Böhl, p. 403; Moldaenke, pp. 72 – 88; Kolb, Amsdorf, pp. 32 – 33, 185 – 187. The Philippists more often worked with the concept of the church as an institution. In this connection the eschatological setting of the Gnesio-Lutheran doctrine of the church and its struggle against the forces of the world and the Antichrist, as seen in the Magdeburg Bekentnis, must be considered.

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medieval church’s government and liturgical life Philippists and GnesioLutherans demonstrated subtle and not so subtle differences. Both were fiercely anti-papal, equally nasty in denouncing the “Antichrist of Rome.” Yet in the Leipzig Interim the Philippists pledged to work within the papal system, accepting ordination at the hands of papally appointed bishops who would not persecute the gospel. That was indeed a concession, but it was a concession which Melanchthon and his colleagues were ready to make, and one which the Magdeburgers criticized severely.22 The Philippists were prepared to sit down in colloquy with the Roman Catholic party in the empire, but the GnesioLutheran Amsdorf opposed the very idea of the 1557 colloquy at Worms (even before his ducal Saxon colleagues’ intransigence over the need for common positions among the Evangelical colloquists on disputed points of doctrine doomed the talks).23 Furthermore, the Leipzig Interim adopted a number of medieval rituals, ceremonies, and customs as standard practice for the churches {D1298} of electoral Saxony because they were adiaphora. In much of Moritz’s domain such medieval ceremonies had been retained at the time of the introduction of the Lutheran Reformation (1539), for its leaders there, particularly Prince Georg von Anhalt but also Johann Pfeffinger, favored a Reformation which was quite conservative in external usage. Prince Georg had helped formulate the conservative Evangelical ecclesiastical constitution of Brandenburg in 1539 and had shaped the church in Albertine Saxony along lines which retained much medieval custom, as he worked out its liturgical agenda in the early 1540s. Pfeffinger was eager to retain the usages of the Leipzig Interim after it became politically a dead letter in 1552, with the ratification of the Truce of Passau.24 In contrast, the Gnesio-Lutherans made frequent efforts to simplify worship practices and to abandon customs which seemed superstitious or supportive of papal doctrine. Flacius and his colleagues did oppose the reintroduction of the Chorrock, but it was not because they disliked liturgical garb; they made it very clear that they did not want to parade compromise with Rome by putting this vestment on again in parishes where once its removal had symbolized Evangelical Reformation to parishioners.25 On the other hand, Amsdorf and Johann Stolz, ducal Saxon court preacher, tried to move altars away from the walls and to remove images of non-biblical saints, processional banners, and tabernacles from Thuringian churches in the

22 CR VII, 260 – 261; see Kolb, Amsdorf, p. 96, and Preger, I, 192 – 193. 23 Kolb, Amsdorf, pp. 183 – 184. 24 Sehling, Kirchengesetzgebung, especially pp. 143 – 151, and Franz Lau, „Georg III. von Anhalt (1507 – 1553), erster evangelischer ,Bischof‘ von Merseburg,“ Wissenschaftliche Zeitschrift der Karl-Marx-Universität Leipzig, Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe III (1953 – 1954): 139 – 152. On Pfeffinger, see Peterson, pp. 377 – 407. 25 Antwort M. Nicolai Galli und M. Fla. Illyrici auff den brieff etlicher Prediger in Meissen von der frage Ob sie lieber weichen denn Chorrock anzihen sollen (Magdeburg, 1550).

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visitation of 1554.26 Andreas Musculus was frustrated in trying to accomplish such a program in Frankfurt an der Oder in the mid 1550s,27 but similar measures were undertaken by the Gnesio-Lutheran Peter Eggerdes when he arrived in Austria in the mid 1560s.28 Flacius, when he had the opportunity to produce a liturgical agenda of his own in Antwerp in 1567, simplified the worship service, explaining that “papistic adiaphora and papistic abominations can serve no good {D1299} purpose in the church.”29 Finally, the electoral Saxon government of August of Saxony, protector of the Philippist party for a quarter of a century, cautiously held back from asserting claims for Evangelical rights to expansion at the negotiations leading up to the Religious Peace of Augsburg.30 In contrast, Gnesio-Lutheran preachers provided much of the personnel and push for the last aggressive Lutheran expansion within the empire – in Austrian lands during the last third of the sixteenth century.31 These attitudes only illustrate a significant difference in the anti-papal, anti-late medieval stance of the two parties of Saxon Lutheranism. The Philippists remained by and large, though selectively, conservative in regard to ecclesiastical life as it was practiced in the fifteenth century while the Gnesio-Lutherans were more consistent and more stringent in their rejection of the symbols and the power structure of what they viewed as a corrupted form of Christianity. 3. Civil power structures also played a vital role in the Reformation, of course, and both the Philippists and the Gnesio-Lutherans welcomed governmental support for their ecclesiastical programs. However, the Philippists tended to be much more ready to compromise with their princes and to try not to irritate them while the Gnesio-Lutherans, though willing to use the prince’s aid in executing their own reform plans, resisted encroachment into the affairs of the church from friendly princes as well as inimical ones. Melanchthon and his colleagues at Wittenberg had supported resistance against the emperor by their own elector, John Frederick, and his Smalcaldic

26 Emil Sehling, Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (Leipzig, 1902), I, 1, 222 – 228, gives the text of the visitors’ instructions; see Rudolf Herrmann, „Die Generalvisitation in den Ernestinischen Landen zur Zeit der Lehrstreitigkeiten des 16. Jahrhunderts (1554 – 55, 1562, 1569 – 70, 1573),“ Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte und Altertumskunde XXII (XXX) (1915): 78, 104 – 105, and Arno Heerdegen, „Geschichte der allgemeinen Kirchenvisitation in den ernestinischen Landen im Jahre 1554 – 1555,“ ibid., Sechstes Supplementheft (Jena., 1914), pp. 55 – 56, 109 – 111. 27 Spiecker, p. 44. 28 Böhl, p. 237. 29 Oliver K. Olson, „Flacius Illyricus als Liturgiker,“ Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie 12 (1967), 68; cf. pp. 45 – 46. 30 Lewis W. Spitz, “Particularism and Peace, Augsburg – 1555,” Church History 25 (1956), especially pp. 112 – 119. 31 Böhl, Wiedemann, and Bernhard Raupach, Evangelisches Oesterreich (Hamburg, 1732 – 1741), volumes 1 and 3.

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League allies before and during the Smalcald War of 1546 – 1547,32 but they quickly submitted to the new political arrangement imposed upon them by Emperor Charles V’s and Duke Moritz’s victory over the Evangelical armies. In early 1548 the Wittenbergers – Melanchthon, Major, and their colleagues – initially opposed compromising with the Roman party, but they finally went along with Moritz and his secular counselors in working out the concessions of the Leipzig Interim.33 Their fellow Philippist, the Torgau preacher Georg Mohr, exhorted his parishioners to chop off their hands if they had nothing else to offer the governmental officials, whom he called gods “whom even the angels fear and obey.” As untypical even {D1300} of the Philippist spirit as his rhetoric may have been, his remarks illustrate by exaggeration the party’s attitude toward the prince.34 Fifteen years later, as the Philippist faculty at Wittenberg was developing a spiritualistic view of the real presence of Christ in the Lord’s Supper, Caspar Peucer and others, aware of their prince’s opposition to Calvinist ideas, avoided promoting their new ideas actively and forthrightly. Their desire to cooperate with their government led them to hide their program for the religious life of Saxony. Peucer’s party suffered imprisonment and exile when Elector August found them out in 1574, but their fall was not due to their own boldness in publicly advising and correcting their ruler.35 The Gnesio-Lutherans, however, continued to advocate active, armed resistance by the believing inferior magistrate against tyranny which threatened to suppress the gospel. The Magdeburg Confession kept alive the Lutheran theory of the right to resist the higher magistrate in the period after the Smalcald War ; it defended the Gnesio-Lutheran city’s defiance of the emperor and his vicar, Moritz of Saxony.36 This theory was seldom expressed in print after Magdeburg’s surrender to Moritz in 1551, but Matthäus Judex, a close friend of Flacius, did compose a tightly argued case for such a right of resistance in 1563.37 In addition to arguing for the right of responsible political officials to offer 32 Oskar Waldeck, „Die Publizistik des Schmalkaldischen Krieges,“ Archiv für Reformationsgeschichte VII (1909 – 1910), 1 – 55; VIII (1910 – 1911), 44 – 133; cf. Peterson, pp. 447 – 490. 33 Ibid., pp. 147 – 173; Preger, I, 358 – 359. 34 Chalybaeus, pp. 56 – 58. 35 Robert Calinich, Kampf und Untergang des Melanchthonismus in Kursachsen in den Jahren 1570 bis 1574 und die Schicksale seiner vornehmsten Häupter (Leipzig, 1866); Jürgen Moltmann, Christoph Pezel (1539 – 1604) und der Calvinismus in Bremen (Bremen, 1958), pp. 60 – 66. 36 See note 5 for title and Olson, “Theology of Revolution.” See also Hans Christoph von Hase, Die Gestalt der Kirche Luthers, Der casus Confessionis im Kampf des Matthias Flacius gegen das Interim von 1548 (Göttingen, 1940), pp. 56, 91 – 92. 37 De vera pace ecclesiae et de seditione duplici ecclesiastica et politica, libelli duo (Rostock, 1566). Flacius and Gallus continued also to work against princes inimical to their cause; see Karl Schottenloher, „Nikolaus Gallus und Matthias Flacius: Zusammenstösse mit den Höfen von Sachsen und Bayern,“ Das Regensburger Buchgewerbe im 15. und 16. Jahrhundert (Mainz, 1920), pp. 36 – 54.

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armed resistance to their overlords, Gnesio-Lutherans frequently denounced governmental interference in the life of the church from the pulpit and confronted it in action. One of the most serious faults of the ‘Adiaphorists’ of Wittenberg and Leipzig, according to Flacius during the controversy over the Leipzig Interim,38 was their willingness to per- {D1301} mit secular authorities to introduce changes in the church’s doctrine and life, thus turning the church over to their control. Joachim Mörlin objected to the attempt of Duke Albrecht of Prussia to impose Osiandrism on the church of his lands, and in February 1553 he was driven out of Königsberg for his public opposition to the duke.39 Flacius and his colleagues on the theological faculty at Jena, Simon Musaeus, Matthäus Judex, and Johannes Wigand, were forced out of office by the formerly sympathetic Gnesio-Lutheran duke, John Frederick the Middler, in 1560 and 1561 because of their opposition to his plans for extending princely control over the church of his lands, particularly through a lay-dominated consistory and through censorship of his theologians’ publications.40 Several dozen ducal Saxon pastors were exiled soon thereafter for defending Flacius’ position, on the proper relationship of government and church as well as on the role of the human will in conversion.41 Another group of Flacius’ followers, led by Cyriakus Spangenberg, were driven out of the county of Mansfeld in 1575 and 1578 for persisting in their defense of Flacius’ view of original sin, against the wishes of the majority of the counts who jointly ruled the county. Even one of Mansfeld’s counts, Volrad, lost his lands and power for supporting Spangenberg against his princely cousins and co-regents, their clergy, and their patron, Georg Friedrich of Hohenzollern, administrator of the archbishopric of Magdeburg, whose troops intervened to secure Mansfeld for the anti-Flacianist forces. In his Adelspiegel (1591, 1594) Spangenberg later very carefully demarcated necessary princely support of the church from illegitimate princely oppression of the church. He did so in part on the basis of his own experience.42 In Frankfurt an der Oder Andreas Musculus tangled 38 Flacius espoused this principle in his Widder die newe Reformation D. Pfeffingers (Magdeburg, 1550), and in his proposals for reconciliation of 1556, the „Linde Vorschläge,“ which he offered the Wittenbergers as a basis for the restoration of unity between the two sides, see the text in Preger, I, 94; II, 10. Joachim Mörlin discussed the relationship between secular and ecclesiastical authority in his Von dem Beruff der Prediger (Eisleben, 1565), defining the proper and improper role of government in the church’s life. 39 Stupperich, pp. 318 – 322; Fligge, pp. 184 – 187. 40 Flacius’ Erzelung. Wie der Hochwichtig unnd langwirige Religionstreit Victorini in Thüringen endlich geschlichtet worden sey (1563); see Preger, II, 133 – 180, and August Beck, Johann Friedrich der Mittlere, I (Weimar, 1858), 322 – 355. 41 Warhafftiger unnd Grüntlicher Summarien Bericht Etlicher Predicanten Wie und Worumb sie im LXII. und LXIII. Jare in Thüringen seind jres Ampts entsetzt und zum theil verjagt worden (1564); see Beck, I, 381 – 390, and Herrmann, pp. 111 – 119. 42 Spangenberg discussed the relationship between ruler and church in his Adelspiegel. Historischer Ausfuerlicher Bericht … (Smalcald, 1591), lvs. 22 – 32r, 359r, 396v – 400r, and in Ander Teil des Adelspiegels …, lvs. 32v – 73r, 146v – 147r.

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with city officials repeatedly, preaching against them, suffering temporary dismissal, protesting their interference in ecclesiastical affairs; and at least once he defied his prince, Elector Joachim, by promoting his own view in his controversy with Praetorius over good works in print, against the elector’s express prohibition.43 Johannes Wigand and Tileman Heßhus, with several comrades, were exiled in 1563 by the city council of Magdeburg, the stronghold of Gnesio-Lutheranism, for refusing to {D1302} obey a gag order against polemics, for trying to subvert council jurisdiction over the calling of pastors, and for other acts of defiance against the formerly sympathetic city council.44 The experience was nothing new for Heßhus, who had been removed from office in several places previously, twice for publicly criticizing the lifestyle of leading citizens of towns where he was serving.45 While the Philippists tended to cast a lower profile in the presence of princes, Gnesio-Lutherans arched their prophetic backs frequently when secular authorities threatened the church’s right to govern itself and proclaim its own message. 4. The Philippists also tended to shy away from confrontations with other theologians; the Gnesio-Lutherans not only attacked their Philippist opponents but also squabbled vigorously with each other. Certainly, the Philippists could and did assault the ‘Flacianists’ as rudely and crudely as they were assaulted.46 However, they wanted to avoid controversy and suggested settling intra-Lutheran disputes through what they called “amnestia” – simply forgetting about past differences and agreeing on a simple statement of faith. In contrast, the Gnesio-Lutherans insisted on specific condemnations of false doctrine and false teachers, along with public repentance by those false teachers, before Lutheran unity could be recognized.47 Georg Major tried in every way possible to extricate himself from the controversy over his proposition, going so far as to deny that he had ever said “good works are necessary for salvation” because of his utter distaste for

43 Spiecker, pp. 27, 42, 72, 116, 286, and 65. 44 Johann Georg Leuckfeld, Historia Heshusiana (Quedlinburg, 1716), pp. 34 – 36, lists twentythree tracts exchanged between Heßhus and his colleagues on the one side and defenders of the city council; see further pp. 17 – 49. 45 Peter F. Barton, Um Luthers Erbe, Studien und Texte zur Spätreformation, Tilemann Heshusius (1527 – 1559) (Witten, 1972), pp. 49 – 61, 142 – 157. Other examples of Gnesio-Lutheran defiance of governmental authority could be cited, e. g. in Göttingen, see Schmidt, pp. 85 – 86. 46 For one example, see Otto Clemen, „Ein öffentlicher Anschlag gegen Matthias Flacius,“ Zeitschrift für systematische Theologie 19 (1941): 344 – 351. 47 Hans-Werner Gensichen, We Condemn, How Luther and 16th-Century Lutheranism Condemned False Doctrine, trans. Herbert J. A. Bouman (St. Louis, 1967), pp. 123 – 152. Wigand wrote against the Philippist principle in his De Amnestia (Jena, 1571). Amsdorf discouraged communing with “Adiaphorists” in correspondence with the court musician, Johann Walther ; see Karl Brinkel, „Zu Johann Walthers Stellung als Hofkapellmeister in Dresden,“ Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie V (1960): 135 – 143.

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controversy.48 Viktorin Strigel bent over backwards to avoid controversy with the delegation from Württemberg which came to {D1303} Jena in 1562 to arbitrate his conflict over the free will with other members of the ducal Saxon ministerium. Strigel’s statement of his position was later regarded as a deception by the Württembergers when he published a view at variance with that which he had presented to them during their examination of his position. Strigel had simply wanted to avoid further dispute, and so he apparently tailored his statement of his views to set aside the continuing controversy.49 Within their own ranks the Philippists dampened controversy, attempting to keep it from flaring into public dispute. Alexander Alesius was reported to have objected to the synergism of his colleague Johann Pfeffinger at Leipzig in 1550, but no word of dissent on the Leipzig faculty reached the public.50 During the early 1560s moderate Philippists and those leaning in the direction of a Calvinist understanding of the real presence disagreed on that subject, but the leaders of the two wings within the Wittenberg faculty, Paul Eber and Caspar Peucer, did not permit their differences to surface publicly.51 The Gnesio-Lutherans did manage to keep some of their internal disputes out of print. For example, Amsdorf and Flacius did no more than exchange correspondence on their differing viewpoints on the theoretical possibility of salvation under the law,52 and, on a similar issue, memoranda exchanged by Joachim Mörlin and Andreas Poach were not published until both of them were dead.53 But Amsdorf traded public, paper blows with Heßhus and Wigand over their battle against the Magdeburg city council in 1563,54 and fifteen years later the two friends, Heßhus and Wigand, fell into a dispute over Christology, which ended with Wigand engineering yet another exile for Heßhus.55 Poach also lost his position in Erfurt in a dispute with his GnesioLutheran colleague and former friend, Johann Aurifaber, in 1569 – 1572 when they disagreed over the propriety of an Evangelical rector’s participation in Roman Catholic ceremonies at the local university.56 The most serious division within the Gnesio-Lutheran ranks was that {D1304} which arose over Flacius’ assertion that original sin is the substance of the fallen creature. His friends, including Wigand, Musaeus, Heßhus, and Mörlin, attacked him with the same ferocity which they had displayed against 48 49 50 51 52 53 54 55 56

Kolb, “Major,” pp. 461 – 466. Kolb, Amsdorf, p. 214. CR VII, 625, note 2. Peucer, Tractatus Historicus de Claris. Viri Philip. Melanthonis Sententia, De Controversia Coenae Domini (Arnberg, 1596), pp. 37 – 40. Kolb, Amsdorf, pp. 150 – 155. Schluesselburg, IV, 230 – 345. Kolb, Amsdorf, p. 235. Leuckfeld presents documents supporting Heßhus’ side of the story, pp. 129 – 188. Georg Buchwald, „Poach, Andreas,“ Allgemeine Deutsche Biographie (Leipzig, 1875 – 1912), XXVI, 326 – 330. The Gnesio-Lutheran faculty at Jena, including Wigand, Heßhus, and Johann Friedrich Coelestin, sided with Aurifaber against Poach in the dispute.

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the Philippists; but a number of his partisans, among them Cyriakus Spangenberg, Joachim Magdeburg, Christoph Irenaeus, and Josua Opitz, steadfastly defended Flacius’ position long after his death in 1575. Spangenberg suffered exile from Mansfeld in 1575 and 1578 because he had defended Flacius’ view against fellow members of the Mansfeld ministerium who were not Philippists but Gnesio-Lutherans, led by Spangenberg’s former good friend, Hieronymous Mencel. The entire ministerium of Mansfeld was solidly Gnesio-Lutheran, but it split decisively and resisted mediation attempts when the original sin issue was raised in its midst. A similar situation took place about the same time, in 1574, in Regensburg where the Gnesio-Lutheran Wolfgang Waldner drove his colleague, the Gnesio-Lutheran Josua Opitz, out of the city for defending Flacius’ position on original sin.57 Even among Flacius’ smaller circle of disciples, which followed him on this doctrine, rancorous internal dispute broke out in the early 1580s over the question whether the corpse of the believer remains in its essence original sin until the resurrection of the body on the last day.58 Two parties, the Philippists and the Gnesio-Lutherans, struggled in Saxony and beyond during the third quarter of the sixteenth century to define Luther’s message and heritage for their own and succeeding generations of his followers. This brief overview of the concerns at work within both parties points to the need for further exploration of the intellectual and parish level contexts in which the often-discussed dogmatic clashes of the two groups were staged. The dynamics at work in each movement and the nuances of their thought during more than thirty years of development and maturation need study if we are to place into proper {D1305} perspective and context the development of early modern religious orthodoxy in Germany. Furthermore, our attention is attracted by at least superficial similarities between these two Saxon parties and parties within at least two other 57 Preger, II, 321 – 412, recounts the polemics exchanged between Flacius and his backers on the one side and Wigand, Heßhus, Mörlin, Musaeus and other Gnesio-Lutherans on the other. The dispute resulted in Flacius’ followers being exiled from Thuringia by the Gnesio-Lutheran establishment in 1571 – 1572, Preger, II, 356 – 364; his disciple Josua Opitz being driven out of Regensburg, Böhl, pp. 200, 213; and Spangenberg’s group being exiled from Mansfeld, see the ministerium’s Abfertigung Des Spangenbergischen Irrthumbs, Von der Erbsünde. Mit Kurtzer Erzelung, wie dieser Streit in die Graffschafft komen ist (Halle, 1577), and Spangenberg’s Kleine Antwort … Auff die Vermeinte Abfertigung (1577) and Grosse Antwort und richtiger Bescheid auf der Eisleber Theologen unzeitige Abfertigung (1577). Flacius’ followers kept up their criticism of those who rejected his view of original sin; this accounted for their objection to the Formula of Concord, e. g. in Christoph Irenaeus, Merklich Partickel: Der langst gesuchten Formel Concordien, eynigkeit und vergleichung D. Jacobs Andreae (Lemgau, 1580). 58 For a nearly complete bibliography of this controversy’s published exchanges, see Raupach, 3, 45 – 55. The controversy ranged Spangenberg and Irenaeus (with others) against Joachim Magdeburg and his supporters, who taught that the corpse remains in substance original sin until Judgment.

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Protestant lands during the Late Reformation period. Fissiparous tendencies, a desire to keep secular officials from meddling in church affairs (along with a willingness to use secular governments when they did not disagree with ecclesiastical leaders), a strong abhorrence of everything papal, and a stress on fallen human creatures’ depravity and inability to contribute anything to their own salvation typify the Calvinist party in Holland at the turn of the seventeenth century and the Puritan party (whatever that term may mean precisely) in Elizabethan England as well as the Gnesio-Lutheran party. At the same time Arminians, Anglicans, and Philippists tended toward a more optimistic theological anthropology, toward a less total rejection of the medieval church’s forms and ceremonies, and toward a more placid relationship with governments and with other theologians. The coincidence of these characteristics in the Late Reformation period in three different lands invites further investigation into the principles and patterns of the developing forms of ecclesiastical thought and life in Protestant Europe in the wake of the Reformation. Further exploration of the terrain of the Saxon Late Reformation – not just the well traveled roads of its dogmatic disputes but also the hills and valleys of its attitudes toward piety, learning, secular government, ecclesiastical authority, ceremonies, and daily Christian ethics as well as the psychological, sociological, and other aspects of church life – will help us understand the impact of the Reformation on the children of those who experienced it. From them we can learn much about how its force was harnessed for use in the northern European culture of the early modern period. [In the nearly thirty-five years since the composition of this article, its ideas have guided a good deal of my research, and in its broad strokes it still presents the framework of my thinking about the period. The most significant single alteration in my thinking has come in my growing recognition of the critical change within those labeled “Philippists” in the late 1560s as the older generation, including Melanchthon himself, Bugenhagen, Menius, and Georg von Anhalt, had left the scene, Georg Major had lost his effective leadership standing, and the younger generation influenced by Kaspar Peucer and Christopher Pezel set the tone for theology in Wittenberg. It is also important to note that the elements of ecclesiastical culture discussed here fit into the broader landscape of Lutheran ecclesiastical culture, a partial analysis of which can be found in Lutheran Ecclesiastical Culture, 1550 – 1675, ed. Robert Kolb (Leiden: Brill, 2008). In the past three and a half decades so much new and worthwhile research has gone on that a supplementary bibliography is impossible to offer here. It is dangerous to suggest a few titles, but among those that readers may find particularly helpful are: Irene Dingel, Concordia controversa, Die öffentlichen Diskussionen um das lutherische Konkordienwerk am Ende des 16. Jahrhunderts (Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 1996); Johannes Hund, Das Wort ward Fleisch. Eine systematisch-theologische Untersuchung zur Debatte um die

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Wittenberger Christologie und Abendmahlslehre in den Jahren 1567 bis 1574 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2006); Volker Leppin, Antichrist und Jüngster Tag. Das Profil apokalyptischer Flugschriftenpublizistik im deutschen Luthertum 1548 – 1618 (Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 1999); and Matthias Richter, Gesetz und Heil: Eine Untersuchung zur Vorgeschichte und zum Verlauf des sogenannten Zweiten Antinomistischen Streits, (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1996). Particularly helpful for studying the period is the resource available from the research program “Controversia et Confessio,” headed by Irene Dingel at the Institut für europäische Geschichte in Mainz. Its bibliography and biographical guide are available at: Controversia et confessio. Quellenedition zur Bekenntnisbildung und Konfessionalisierung (1548 – 1580)59. This project has also begun to produce a projected ninevolume edition of published materials produced in the controversies of the period: Controversia et Confessio. Theologische Kontroversen 1548 – 1577/80, Kritische Auswahledition, ed. Irene Dingel (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2008–).

59 http://www.litdb.evtheol.uni-mainz.de/datenbnank.index_front.php.

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Namenregister

Adam, Gottfried 13, 15, 16 Agricola, Johann 120 Albas, Herzog (1567 – 1573) 54 Albrecht, preußische Herzog 52, 84, 87, 162 Alesius, Alexander 164 Althusius, Johannes 109 Alting, Heinrich 74, 75 Amsdorf, Nikolaus von 154, 156, 157, 159, 164 Amyraut, Moyse 26, 148 Andreae, Jakob (Andreä) 11, 15, 50, 51, 52, 67 – 69, 135, 136, 139 Anhalt, Georg von 159, 166 Aquin, Thomas von 141, 148 Aristoteles 47 Arminius, Jakob 140 August of Saxony, Elector 160 Augustin 47, 83, 87, 90 Aurifaber, Johann 164 Balduin, Friedrich 142 Barth, Karl 105, 106, 111 Beza, Theodor 10, 11, 15, 51, 60, 130, 134, 139 Bötker, Johannes 92 Brenz, Johann(es) 117, 136 BrÀs, Guy de 54 Bucer, Martin 41, 42, 48, 49, 113, 115, 120, 123, 124 Budde, Johann Franz (Buddeus) 20 – 28, 30 – 33, 129, 144 Bugenhagen, Johannes 166 Bullinger, Heinrich 24, 50, 119, 136 Calixt, Georg 145 Calov, Abraham 144, 145

Calvin, Johannes 20, 23, 24, 34 – 49, 55, 71, 72, 74, 98, 100 – 106, 108 – 111, 115 – 117, 119, 122 – 125, 133 – 135 Camerarius, Joachim 80 Camerons, John 148 Cappel, Louis 108 Carpov, Jakob 144 Charlemagne 120 Charles V, Emperor 153, 161 Chemnitz, Martin 87, 90, 93, 94, 136, 137 Christian I. (1591) 13 Chrysostomos, Johannes 85 Chytraeus, David 87, 94 Cicero 47, 84 Cocceius, Johannes 25, 26 Cond¦, Henri de 55 Cyril 125 Damascenus, Johannes (Damascene, John) 120, 139 Danaeus, Lambertus 65 Descartes, Ren¦ 31, 32, 108 Detmers, Achim 41 Dilthey, Wilhelm 37, 48 Dingel, Irene 16 Duke John Frederick the Middler 162 Duke Moritz of Saxony 161 Eber, Paul 113, 114, 118 – 121, 123 – 126, 164 Eggerdes, Peter 160 Erasmus, Desiderius 41 Faber, Eva-Maria 47 Faber, Riemer 35 Farnese, Alexander 54

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Namenregister

Fischer, DaniÀle 35 Flacius, Matthias 75, 79 – 82, 151, 154, 158 – 162, 164, 165 Frank, Günter 35, 45 Frederick III of the Palatinate 114 Friedrich V., Kurfürst von der Pfalz 70 Froschauer, Christoph 99 Gallus, Nikolaus 154 Gelasius 125 Georg Friedrich of Hohenzollern 162 Georg von Anhalt, Prince 159 Gerhard, Johann 20 Gerhardt, Paul 146 Gerlach, Stephan 12, 51 Gloege, Gerhard 14 Godel, Erika 41 Graf Friedrich (1586) 10 Grebenitz, Elias 146 Grotius, Hugo 108 Hamelmann, Hermann 84, 91 Hardenberg, Albert 115, 117 – 119, 124, 125 Heerbrand, Jacob 53 Heinius, Johannes 146 Heinrich, Nikolaus 9 Heppe, Heinrich 93 Heshus(en), Tileman (Heßhus) 118, 119, 134, 153, 163, 164 Hickman, John 35 Hilary 125 Hobbes, Thomas 129 Hoe, Matthias 66, 76 Hollaz, David 144 Huber, Samuel 9 – 18, 139 Hübner, Petrus 11 Hügel, Andreas 81 Hülsemann, Johannes 142 Hund, Johannes 83, 166 Hunnius, Aegidius 13, 17 139, 140, 142, 149 Hunnius, Nicolaus 142 – 144 Hutters, L. 142

Illyricus, Matthias Flacius Irenaeus 61, 125 Irenaeus, Christoph 165

154

Jablonski, D.E. 146 Jeremias von Konstantinopel 51 Johann Friedrich, Herzog 80, 81 Johann Georg, Kurfürst 69, 70 John Frederick of Saxony, Elector 153 Judex, Matthäus 153, 161, 162 Jung, Martin 47 Junius, Franciscus 55 Karlstadt, Andreas 43 Kaufmann, Thomas 33 Koch, Ernst 79, 82, 87 Krell, Paul 94 Kurfürst August 81 Lampe, Friedrich Adolf 106 Lang, Albert 35 Leibniz, Gottfried Wilhelm 29, 129, 146, 149, 150 Leyser, Polykarp 17 Lombard, Petrus 120 Luther, Martin 9, 35 – 38, 41, 43, 48, 49, 61, 66, 68 – 72, 74, 76 – 78, 81, 82, 84 – 86, 89, 90, 92 – 94, 98 – 100, 105, 111, 113, 116, 121, 124, 132, 133, 138, 147 Maag, Karin 35 Magdeburg, Joachim 165 Mahlmann, Theodor 35, 39, 40, 47, 83, 135 Major, Georg 94, 156 Marbach, Johannes 135 Martyr, Petrus 119 Masius, Hector Gottfried 128 – 132, 147, 150 Maurer, Wilhelm 45 Meisners, Balthasar 142 Melanchthon, Philipp 34 – 49, 60, 72, 79, 80, 82 – 84, 87, 89, 90, 93, 94, 113,

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Namenregister 116 – 119, 121, 126, 133, 134, 147, 151, 153, 154, 160, 161, 166 Mencel, Hieronymous 165 Menius, Justus 153, 166 Molanus, Gerard Wolter 129 Molina, Luis de 140, 149 Mordeisen, Ulrich 114 Mörlin, Joachim 118, 119, 164 Musaeus, Johannes (Musäus) 20, 145 Musaeus, Simon 162, 164 Musculus, Abraham 51 Musculus, Andreas 12, 93, 156, 157, 160, 162 Navarra, Heinrich von 55 Neuser, Wilhelm 114 Niesel, Wilhelm 100 Oekolampad, Johannes (Oecolampadius) 23, 72 Opitz, Josua 165 Opitz, Peter 36 Oranien, Wilhelm von 54 Osiander, Andreas 52, 53, 154 Osiander, Lucas 44, 50 – 53, 56, 58 – 63, 65 Pareus, David 67 – 69, 72, 140 Pelargus, Christoph 84 Peucer, Caspar (Kaspar) 113 – 115, 119 – 121, 123, 161, 164, 166 Pezel, Christoph 79, 85, 94, 140, 166 Pfeffinger, Johann 80 – 82, 93, 94, 157, 159, 164 Philip of Hesse, Landgrave 153 Piscator, Johannes 76 Poach, Andreas 164 Polycarpus 61 Praetorius, Abdias 153, 157, 163 Pufendorf, Samuel 128, 146 Quenstedt, Johann Andreas

144

Ratzeberger, Matthias 80 Roosevelt, Franklin Delano

109

Sarcerius, Erasmus 153 Schaff, Philip(p) 35 Scheible, Heinz 35 Schleiermacher, Friedrich 30, 106 Scultetus, Abraham 71 – 73 Seeberg, Reinhold 36 – 39, 48 Selderhuis, Herman 35, 93 Selnecker, Nikolaus 94 Servet, Michael 24 Sigwart, Johann Georg 69 Sohn, Georg 74, 75 Spangenberg, Cyriakus 136, 162, 165 Spener, Philipp Jakob 146 Steinmetz, David 36 Stenius, Simon 74 Stolz, Johann 159 Strigel, Viktorin 79 – 94, 153, 157, 158, 164 Strohm, Christoph 79, 82 Testard, Claude 26 Thomasius, Christian 129, 146 Tillich, Paul 151 Timann, Johann 117 Tossanus, DaniÚl 140 Tossanus, Paul 75 – 77 Troeltsch, Ernst 36 – 38 Truber, Primus 51 Ursinus, Zacharias 135 Van der Berg, Marianus 35 Van’t Spijker, Willem 35 Visser, Derk 35 Waldner, Wolfgang 165 Walter, Peter 47 Weber, Max 108 Weerth, Ferdinand 107 Weizsäcker, Richard von 97 Wengert, Timothy 35

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Namenregister

Westphal, Joachim 43, 87, 92, 114, 118 – 120 Wigand, Johannes 153, 162 – 164 Winckelmann, Johann 77 Witsius, Hermann 32 Wittich, Christoph 32

Zanchi, Hieronymus 134, 135 Zell, Katharina 109 Ziegler, Bernhard 80 Zinck, Johannes 80 Zwingli, Ulrich (Huldrych) 23, 24, 49, 72, 74, 79, 92, 93, 97 – 100, 102, 110, 111, 116, 121, 132, 133

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Sachregister

Abendmahl (Lord’s Supper/Eucharist) 10, 17, 43, 45, 48, 60, 61, 64, 68, 73, 77, 79, 82 – 94, 113 – 119, 121 – 123, 125, 128, 130, 132, 155, 161, 167 Abendmahlslehre (Eucharistic doctrine) 24, 41 – 43, 59, 79, 82 – 84, 86, 94, 115, 116, 123, 124 Adiaphora 41, 43, 103, 159, 160 Adiaphorists 162 Akademie von Saumur 108 Allmacht (omnipotence) 89, 110, 120, 132, 147 Allwissenheit 132 Amnestia 163 Analogia fidei 86, 87 Anglicans 166 Anthropologie (Anthropology) 107, 152, 155, 166 Anticalvinismus 127, 146, 147, 150 Antichrist 9, 10, 19, 56, 74, 159, 167 Anti-papal 159, 160 Aposteriorische Argument 31, 32 Apriorische Argument 31, 32 Arminianer (Arminians) 141, 166 Artolatry 118 Auferstehung (Resurrection) 84, 90, 143, 165 Aufklärung 20, 33, 37, 147, 150 Augsburger Bekenntnis 50 Augsburger Religionsfrieden (Religious Peace of Augsburg) 77, 160 Barmer These 111 Bekehrung (conversion) 27, 106, 131, 157, 162 Bibelübersetzung 66 – 68, 76

Bremen Sacramentarian Controversy 113 Bund 24 – 26, 28, 30, 75, 90, 105, 109 Bund, Gnaden- 25 – 30 Bund, Natur- 25 Bund, Werk- 25 – 27 Bundestheologie 24, 26, 28, 109 Calvinizing 126 Canon of Nicea 122, 125 Cartesianismus 31 – 33, 46, 147 Catechismus minor 135 Christusgemeinschaft 100 Cocceianismus 27, 32, 33 Cologne Church Order 113 Communicatio Idiomatum 92, 93 Confessio Augustana (Augsburgischer Konfession, Augsburg Confession) 22, 42, 51, 75, 116, 119, 133, 136 Confessio Belgica 54, 55 Confessio Helvetica posterior 50, 75, 93 Confession de Foi 55 Consensus Tigurinus 133 Consolatio, (Trost, consolation) 40, 46, 48, 60 – 62, 100, 133, 116 Consubstantiation 116, 118, 120 Dankbarkeit 101, 102, 107 Demokratie 38, 107, 110 Deus absconditus 138 Deus actuosissimus 138 Dresden Convention 125 Ekklesiologie 27, 143 Erbsünde 37, 75, 81 Erbsündenlehre 136

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Sachregister

Erleuchtung 101 Erlösung (salvation) 14, 25, 27, 106, 152, 156, 157, 163, 164, 166 Erwählung 15, 19, 26 – 30, 40, 62, 68, 75, 108, 131 – 135, 137 – 140, 143, 144, 149 Erwählungslehre 30, 139, 141, 142, 148, 149 Ethik (Ethics) 79, 82, 100, 104, 107 – 109, 155, 156, 166 Exil (exile) 52, 54, 161 – 165 External symbols 121 Extra Calvinisticum 118 Fehllehren 15 Flüchtling 12 Föderaltheologie 24, 28 Formula Concordiae (Formula of Concord) 51, 59, 70, 85, 151, 155 Frankfurter Bibel 67 Freien Willen (Free will) 15, 42, 43, 81, 133, 147, 164 Freiheit (freedom) 29, 33, 42, 54, 97 – 112, 147, 148, 156 Freiheitsbegriff 97, 100, 104, 105 Freiheitsverständnis 97 – 99, 107, 110, 111 Früchte (fruit) 73, 99, 100, 104, 105, 110, 122, 123 Gebet 36, 46, 47, 61, 70, 73, 104 Gegenreformationsbewegung 71 Gehorsam 14, 26, 99, 101 – 103, 105 Gemeindediakonie 109 Gemeinschaft der Heiligen 22, 29 Genfer Katechismus 104 Geschöpflichkeit 31, 101, 104 – 106 Gesetz (law) 26, 28, 37, 42, 100, 102, 152, 156, 157, 164, 167 Gewissen 57, 62, 99, 100, 102 – 104, 110, 129, 131 Gewissensfreiheit 100, 104, 107, 110, 111 Glaubensflüchtlinge 128

Gnadenhilfen 148 Gnadenordnung 14 Gnadenvermittlung 30 Gnadenwahl 14, 17, 18, 59, 62 Gnadenwille 13, 15, 18, 132 Gnesiolutheraner (Gnesio-Lutherans) 80, 84, 133, 134, 136, 151 – 156, 158 – 165 Gottesebenbildlichkeit 45, 105, 106, 110 Heidelberger Katechismus 69, 75, 135 Heiligung 27, 62, 100, 102, 105, 106, 110 Heiligungslehre 38 Heilsgewissheit 132, 142, 147 Heilsstand 30, 62 Heilsvermittlung 14 Heilswille 15, 26 – 28, 137, 139, 140 Heilsuniversalismus 140 Heterodoxie 20 Himmelfahrt 83, 87, 90, 92 Hugenotten 55, 109 Kapitalismus 108 Kindertaufe 24, 62 Kirchen-Friede 130 Kolloquium von Worms (Colloquy at Worms) 79, 80, 82, 159 Konfessionalisierung 127, 145, 147, 167 Konfessionswechsel 12 Konfutationsbuch 80, 81 Konkordie, Leuenberger- 52 Konkordie, Schwäbischen- 136, 137 Konkordie, Straßburger- 135 Konkordie, Wittenberger- (Wittenberg Concord) 60, 85, 116 Konkordienbuch 16, 53, 59, 64, 73 Konkordienformel 10, 12, 13, 16 – 19, 51, 53, 54, 58, 59, 64, 94, 127, 136, 140, 141, 150 Konsubstantiationslehre 68, 73, 75 Konzil von Chalcedon 93

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Sachregister Kryptocalvinismus (Crypto-Calvinisten) 13, 39, 79, 82, 94 Leipzig Interim 153, 156, 159, 161, 162 Lutherbibel 67, 69, 75 – 77 Magdeburg Confession 154, 161 Märtyrerbüchern 56 Märtyrerkirchen 56 Märtyrern 56, 57 Martyrium 58, 65 Maulbronner Formel 136 Menschliche Natur 83, 92, 102, 132 Mündigkeit 107, 109 Nächstenliebe 108 Neustädter Bibel 66 – 69 Nottaufe 43, 61 Obrigkeiten 57, 63 Ökonomie 107, 108 Omnipresence 120 Original sin 158, 162, 164, 165 Orthodoxie 20, 33, 37, 67, 146 Papst 9, 71, 72 Paradies 22 Pfand 88, 90 Philippists 151, 152, 154 – 160, 163 – 166 Pietismus (Piety) 20, 106, 144, 166 Prädestination 11 – 13, 18, 19, 27 – 30, 40 – 42, 133 – 135, 138, 139, 148, 149 Prädestinationslehre 10, 11, 15 – 18, 29, 38, 39, 47, 48, 62, 130 – 139, 140, 141, 144, 145, 147, 148, Prädestinationsstreit 13 Präszienz 139, 140 Preußischen Kirchenordnung 85 Protevangelium 25, 26, 28 Providenz 22, 30, 33, 135 Puritanismus 106

195

Rationalismus 29, 33, 107, 145 Rechtfertigung (Justification) 13, 27, 29, 44, 75, 86, 100, 102, 128, 133, 143, 149, 154 – 156 Rechtfertigungslehre 38, 44, 48, 80, 128, 133, 148 Reformationsjubiläum 66, 77, 78, 141 Reichstag zu Speyer 75 Religions-Frieden 130 Religionsgespräch in Bern 12 Religionsgespräch in Maulbronn 51 Religionsgespräch in Kassel 145 Religionsgespräch, Thorner- 145 Religionsgespräch von Mömpelgard 59, 130 Religionsgespräch von Poissy 55 Religionskrieg 55 Sakramente 10, 43 Sakramentenlehre 27 Sakramentsverständnis 87 Schmalkaldischer Krieg (Smalcald War) 58, 79, 80, 161 Scholastische Theologie 110 Schöpfungstheologie 109 Selbstrechtfertigung 99 Siegel 88, 90 Smalcaldic League 160 Soteriologie 26, 27, 30, 143 Souveränität 15, 16, 42, 110, 128 Sünde (sin) 12, 15, 27, 42, 46, 68, 81, 99, 131, 133, 138, 144, 157, 158 Sündenfall 25, 108, 131, 134, 148 Sündenlast 104 Sündenvergebung 84, 90, 100, 132 Sursum corda 122 Synergismus (Synergistic) 138, 139, 157 Synode von Dordrecht 42, 130 Taufe 13, 24, 59, 61, 62, 68, 88, 90, 91, 130 Tertius usus legis 44, 48 Teufel 9, 29, 68

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196

Sachregister

Theodizee 29, 149 Toleranzedikt von Nantes Transsubstantiation 89 Trinitätslehre 45, 143 Truce of Passau 159

55

Ubiquität (ubiquity) 42, 89, 108, 114, 116, 117, 120 Universalismus 139, 148 Urheber der Sünden 15, 42, 144 Verdammung 138 Verfolgung 50, 54, 56, 57, 58, 63, 65 Vergebung 84, 90, 100, 132

Vernunft 30, 32, 33, 61, 84 – 87, 102 – 105, 107, 108, 131, 137 Versöhnung 90, 137 Verwerfung 18, 40, 64, 65, 79, 138, 141 Vorsehung 17, 18, 38, 42, 110, 136 – 138, 140 Westminster Confession 105 Wiedergeburt 27 – 29, 101 Wissenschaften 107, 108, 146 Wittenberger Gutachten 118 Zeugnis 24, 52, 59, 65, 86, 90, 97, 105 Zwei-Naturen Lehre 93

© 2013, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525550502 — ISBN E-Book: 9783647550503