Briefe an den Bruder Ludwig [1 ed.]
 9783412518394, 9783412518370

Citation preview

159

17

Die Edition bietet 41 bisher nicht publizierte Briefe von Sophie Tieck-BernhardiKnorring an ihren Bruder, den »König der Romantik« Ludwig Tieck. Sie fokussiert dabei primär auf den Bruder, um in ständigem Bezug auf ihn die Lebens- und Werkstationen der Schriftstellerin Sophie plastisch hervortreten zu lassen.

Briefe an den Bruder Ludwig

Renata Dampc-Jarosz / Hannelore Scholz-Lübbering (Hg.)

SOPHIE TIECK

Briefe an den Bruder Ludwig

SOPHIE TIECK

235

Trimmed: (235H × 335W) Untrimmed: (265H × 365W) mm

Die Briefe sind in den Jahren 1792 bis 1831 entstanden. Es handelt sich dabei um einen privaten, »geschlossenen« Briefkorpus im Gegensatz zu den »offenen« Briefen, die im Freundeskreis oder in den Salons vorgelesen und diskutiert wurden. In Sophies Briefen artikuliert sie ihre Sorgen, Nöte, Ängste und Wünsche, die sie als Autodidaktin im Berliner Kulturleben um 1800 bewegten, war sie doch als Angehörige des niederen Standes von gediegener Bildung ausgeschlossen. Wir erleben so die Genese einer bedeutenden Autorin der literarischen Romantik.

159

978-3-412-51837-0_tieck_K01.indd Alle Seiten

28.01.20 12:51

Sophie Tieck

Briefe an den Bruder Ludwig herausgegeben von Renata Dampc-Jarosz und Hannelore Scholz-Lübbering

Böhlau Verlag Wien Köln Weimar

Gedruckt mit freundlicher Unterstützung durch die Schlesische Universität in Katowice, Polen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar. © 2020 by Böhlau Verlag GmbH & Cie., Lindenstraße 14, D-50674 Köln Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlagabbildung: Sophie und Ludwig Tieck (Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis, hrsg. von Josef Körner. Brünn/Wien/Leipzig 1936 und 1937, Bd. 1, S. 80–81.). Korrektorat: Ute Wielandt, Markersdorf Satz: SchwabScantechnik, Göttingen Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-412-51839-4

Inhalt

6 Einführung 21

Verzeichnis der Briefe

23 Briefe 115 Kommentierungen 151

Zu dieser Ausgabe

153

Zeittafel: Sophie Tieck-Bernhardi-von Knorring

160

Briefliteratur: Quellenverzeichnis

164 Werkverzeichnis 167 Bibliographie 171 Personenregister 174 Abbildungsverzeichnis

Einführung

Entstehung einer privaten geschlossenen Literaturgattung – der Geschwisterbrief Im Brief von Sophie Tieck an ihren Bruder reflektiert sie über Freundschaftskult im 18. Jahrhundert: Wir Frauenzimmer sind darin würklich zu beklagen den unter uns selbst glaube ich findet wahre Freundschaft gar nicht stat wie immer das unsere Freundin mit welcher wir Caffe trinken die Mode rezensiren und dergleichen und wie selten findet sich unter den Männern einer welcher sich über das algemeine Vorurtheil erhebt das er einem Frauenzimmer nur schmeicheln muß. Ich habe mich schon oft gewundert das sich die mehrsten Frauenzimmer bei dieser Mode so wohl befinden woher komt es wohl das ich darin so genügsam bin ich fühle es jetzt recht wie elend ich sein würde wen ich Dich nicht hätte mit Dir mein theuerster Bruder kann ich aufrichtig sprechen ich kann Dir jede meiner Schwachheiten entdecken jeden Kummer den ich habe in Deinen Busen ausschütten kurz Du bist mein wahrer Freund.1

Der Briefwechsel von Sophie Tieck mit ihrem Bruder begann, als er 1792 Berlin verlässt, um in Halle, Göttingen und Erlangen zu studieren. Sie verliert dadurch nicht nur den Bruder, mit dem sie »aufrichtig sprechen kann«, sondern auch den einzigen Vertrauten und Freund. Die starke Bindung an ihren Bruder ist in vielen Briefen belegt: Ach lieber Bruder was wäre doch das Leben ohne Freundschaft? Was wäre ich ohne dich? (…) Ach lieber Bruder wie werht du mir bist fühle ich erst seit Du 1

6

Sophie Tieck an Ludwig Tieck, Berlin, 28.11.1793, unpubliziert, Sächsische Landesbibliothek, Nachlass Tieck/Schlegel, Apparat 273, Nr. 148. Im Weiteren zitiert als »SLBD« und »App. 273« mit Briefnummer.

Einführung

von mir entfernt bist jezt fühle ich erst das es mir ohnmöglich ist immer ohne dich zu leben oder ohne Hoffnung dich wiederzusehen.2

1792 war sie siebzehn Jahre alt. Der Austausch mit Ludwig in Briefen wurde für sie zum wichtigsten Inhalt ihres einsamen Lebens im Elternhaus. Der noch vorhandene Briefwechsel zwischen den Geschwistern ist bedauerlicherweise nicht vollständig, gibt aber trotz der vielen Lücken ein eindrucksvolles Bild der näheren Lebensumstände einer Heranwachsenden in kleinbürgerlichen Verhältnissen. Das unterschied sie von den vielen Frauen der Romantik. Sie wuchs im Haus des Seilermeisters Tieck auf, der für die Söhne Ludwig und den jüngeren Friedrich eine gediegene Ausbildung anstrebte. Als Mädchen zwischen den beiden Brüdern war ihr, wie damals üblich, die Rolle der Hausmutter zugedacht. Ihre soziale Lage war so beschaffen, dass sie sich nur geistig aktiv entfalten konnte, weil ihre Brüder, obwohl auch aus dem Handwerkerstand, eine gediegene Bildung erhielten. Der ältere Ludwig besuchte das Gymnasium, studierte, hatte einen Freundeskreis, der jüngere Friedrich wurde bei dem berühmten Berliner Bildhauer Schadow zum Bildhauer ausgebildet. Ihr, die nach Rudof Köpke, dem Biographen von Ludwig, ähnliche Anlagen hatte wie Ludwig, fehlten fundamentale Bedingungen, um als Briefschreiberin und Autorin überhaupt bemerkt zu werden. Die Schwester war in ihren Anlagen dem älteren Bruder ähnlich. Sie war heiter und lebhaft, keck und leichtsinnig, schnell und scharf in ihrer Auffassung; schlagend in ihren Antworten, besaß einen frühreifen Witz und eine unwiderstehliche Neigung zum Spott.3

Fragt man nun, wie diese junge Frau ihre geistige, sprachliche und literarische Bildung erwarb und gleichzeitig mit ihrer Rolle als Mädchen und Frau in der bürgerlichen Gesellschaft ihrer Zeit zurechtkam, so ist festzustellen, dass sie vermutlich wie Ludwig die ABC-Schule für Knaben und Mädchen besuchte. Belegt ist das nicht. Sie teilte die gleiche Lese- und Theaterleidenschaft wie ihre beiden Brüder. Die Kinder schrieben Komödien für das Puppentheater und Friedrich lieferte die Dekoration. Die Schwester profitierte von der Bildung 2 Sophie Tieck an Ludwig Tieck, Berlin, 12.07.1793, in: Letters to und from Tieck und his circle, hrsg. von Percy Matenko, Edwin H. Zeydel, Bertha M. Masche. Chapel Hill 1967, S. 331. Im Weiteren zitiert als Letters. 3 Ludwig Tieck. Erinnerungen aus dem Leben des Dichters, hrsg. von Rudolf Köpke. Leipzig 1855, S. 19.

Der Geschwisterbrief

7

des älteren Bruders, lernte Englisch und Französisch, aber zu einer gediegenen systematischen Wissensaneignung kam es nicht. Die Handwerkerfamilie Tieck war in der Berliner Gesellschaft fest integriert. Der Vater stand der Berliner Aufklärung nahe. Er ging mit den Kindern ins Theater, gab ihnen Lektürehinweise, während die Mutter den Kindern die phantasievollen Geschichten aus der Bibel nahebrachte. Im Elternhaus lasen sie den Außenseiter Jakob M. R. Lenz und Goethes Die Leiden des jungen Werthers. Die Kinder erlebten auf dem Berliner Volkstheater vor allem volkstümliche Stücke, aber auch Goethes Götz von Berlichingen und Schillers Räuber. Sie erschlossen sich selbständig ­Shakespeare, obwohl der Vater ihn verabscheute. Im Haus gab es eine Hausbibliothek (»Hausschatz«), die die Kinder mit großem Enthusiasmus nutzten. Schon bald reichte das nicht mehr aus. Von Büchern, die im Freundeskreis von Ludwig die Runde machten und auch Sophie erreichten, ist in den Briefen oft die Rede. In ihrer Erzählung Die neue Donna Diana nennt sie Samuel Richardson, August von Kotzebue, Christian Gotthilf Salzmann, Christian Fürchtegott Gellert und Karl Philipp Moritz. Obwohl sie in das familiäre geistig-kulturelle Leben einbezogen wurde, war ihr schmerzhaft bewusst, dass sie als Mädchen und junge Frau einem Rollenzwang unterworfen war, dem sie sich vehement widersetzte. Später wird sie sich an ihre verlorene Kindheit erinnern, die sie ihrem Sohn Felix ersparen wollte: Da ich meine eigene Kindheit unter dem Druck so mancher Leiden verlohren habe, so habe ich die Seinige geschert, weil die edelsten Neigungen meiner Seele mit härte unterdrückt wurden, weil mann sie misverstand, so habe ich seine Individualität zu ehren versucht, und so ist ein freier edler talentvoller Mensch daraus geworden (…)«.4

Freude, Verlustängste, Bewunderung, Schmerz und Verletzung charakterisieren Sophies starke Liebe zu ihren Brüdern, insbesondere zu Ludwig. Erfülltes Leben, geistige Erfahrung hat Sophie Tieck zunächst nicht in der Entwicklung zur »Dichterin« gesucht, sondern in der Liebe zum Bruder Ludwig und in der Teilhabe an seinem Werk. Die Beziehung zu Ludwig war nicht die eines Lehrers zur Schülerin, sondern auf Augenhöhe. Sophie akzeptierte allerdings die ihr gesetzten Grenzen als Mädchen nicht. Es ging ihr nicht darum, im weiblichen Diskurs präsent zu sein, sondern neben ihrem Bruder, der zum »König der 4

8

»Bei aller brüderlichen Liebe«. The Letters of Sophie Tieck to her Brother Friedrich, hrsg. von James Trainer. Berlin/New York 1991, S. 110.

Einführung

Romantik«5 avancierte, Anerkennung zu finden. Sowohl Ludwig als auch teilweise der Vater unterstützten diese Haltung. Der Brief bot ihr die Möglichkeit, die räumliche Trennung und die fehlende Geselligkeit zu überwinden und die persönliche Gegenwart des abwesenden Bruders zu imaginieren. Das gilt auch für Ludwig: »… es macht mir eine ordentliche Freude zu schreiben, denn es ist mir, als wenn ich mit Dir spräche«6, schreibt er kurz nach seiner Abreise. Nicht nur dem Frauenbrief ist eine Privatheit eigen, die auch für die Gesprächsnähe gilt, wie Ludwigs Briefe belegen. Sophie brauchte den Dialog mit ihrem und die Orientierung an ihren abwesenden Bruder, der für sie lebensnotwendig war: Ich habe jezt ein Mittel gefunden mich aufzuheitern wen ich mit mir selbst unzufrieden bin so lese ich einige von deinen Briefen jeder beweist mir das du mich lieb hast und ich fühle mich beneidenswehrt glücklich.7

Sophie Tieck spürt deutlich, dass die Kluft zwischen Absender und Empfänger durch Briefe nicht überwindbar ist. Sie schreibt Gedichte und diskutiert mit seinen Berliner Freunden Wackenroder und Bernhardi nicht nur seine Werke. Sie wird auch eine von Ludwig geschätzte Kritikerin. Er lobt ihre Gedichte und ermuntert sie zum Schreiben. Andererseits muss sie im Haushalt Aufgaben übernehmen, die ihr wenig Zeit zum Lesen und Schreiben lassen. Sie hat nur die Nachtstunden. Oft beklagt sie sich bei ihm: Ich lese jetzt sehr wenig ich habe schon 3 Wochen Bücher von Wackenroder und habe sie noch nicht durchgelesen den du kanst dir wohl denken das ich jezt viel Arbeit habe da wir allein sind.8

Sie arbeitet im Geschäft des Vaters, verkauft Seilerwaren9 und hilft der Mutter im Haushalt, dadurch hat sie wenig Zeit und die Geselligkeitsmöglichkeiten im öffentlichen Raum sind stark eingeschränkt. Die besonderen Bedingungen, die ihr als Mädchen auferlegt waren, wurden ihr überdeutlich bewusst: »Allein 5 König der Romantik. Das Leben des Dichters Ludwig Tieck in Briefen, Selbstzeugnissen und Berichten, hrsg. von Klaus Günzel. Berlin 1981. 6 Ludwig Tieck an Sophie Tieck, [vor dem 01.05.1792], in: Letters, S. 287. 7 Sophie Tieck an Ludwig Tieck, Berlin, 26.11.[1792], unpubliziert, SLBD, App. 273, 148. 8 Letters of Ludwig Tieck. Hitherto Unpublished (1792–1853), hrsg. von Edwin H. Zeydel, Percy Matenko, Robert Herndon. New York 1937, S. 342. 9 Vgl. Karl August Varnhagen v. Ense: Tagebücher, hrsg. von Ludmilla Assing. Leipzig 1870, Bd. 12.

Der Geschwisterbrief

9

konnte ich doch aber nicht gehen und einen Begleiter hatte ich nicht«.10 Der jüngere Bruder Friedrich bot die einzige Möglichkeit, um das Haus zu verlassen, Spaziergänge zu machen oder in das Theater zu gehen, aber auch das war selten möglich, » (…) daß ist nun Morgen schon der 8 te Sonntag an welchen ich ausgehen wollte und jedes mal durch Christian aufgeschoben.«11 Sie imaginiert sich einen Wunsch, mit Ludwig zu reisen und zu studieren, aber sie weiß auch, dass das Wunschphantasien sind. Die Sorge um Ludwig lenkt sie von ihren eigenen Problemen ab. Sie stickt ihm Westen, näht Hemden, strickt Socken, besorgt ihm Bücher und schickt ihm ihr »kleines Vermögen«12, als er einmal wieder in Geldnöten ist. Sie sah, dass der Vater hart arbeiten musste, um die zusätzlichen Mittel für das Studium und die Bildhauerlehre für die Brüder aufzubringen, da die Berliner Behörden nur einen Teil der Kosten übernahmen. Die Sorge um Ludwig strukturierte ihr eingeschränktes Leben im Elternhaus. Sie schickte ihm kleine Geschenke, Manuskripte, organisierte seine Berliner Angelegenheiten, seine Aufenthalte und hielt die Kontakte zu seinen Freunden. Sophie wurde dadurch seine Vertraute, Freundin, Mittlerin in der Familie. Sie wurde eine gleichwertige Gesprächspartnerin. Aufopferungsvoll und besitzergreifend sind ihre frühen Briefe auch, die vor allem Liebesbriefe sind. Erwin Zeydel13 und James Trainer14 sprechen sogar von einer inzestuösen Beziehung. Ihre Briefe charakterisiert ein leidenschaftlicher, aber auch melancholischer Ton. Die vielen Briefe zwischen den Geschwistern werden zu Liebesbeweisen und Liebesbeteuerungen. Sophies Briefe sind diktiert von Ängsten, ihren einzigen Vertrauten zu verlieren. Sie beschwört Ludwig: »Lebe wohl lieber Bruder vergiß mich nicht und höre nicht auf mich zu lieben da ich dich nun so lange nicht sehen kann lebe wohl ich bin ewig deine dich liebende Schwester.«15 Beide Geschwister versichern sich immer wieder ihrer Liebe und unterschreiben »deine zärtlich liebende Schwester«16, »Dein dich ewig ewig liebend[er] Bruder.«17 Die überstarke Zuneigung Sophies wirkt auch wie eine Bedrohung auf Ludwig. Eifersüchtig überwacht sie 10 11 12 13 14

Sophie Tieck an Ludwig Tieck, Berlin, 26.04.[1793], unpubliziert, SLBD, App. 273, 134. Sophie Tieck an Ludwig Tieck, Berlin, 01.09.1792, unpubliziert, SLBD, App. 273, 146. Sophie Tieck an Ludwig Tieck, Berlin, 21.07.1792, in: Letters, S. 298. Vgl. Zeydel, Matenko, Hermdorf (wie Anm. 8), S. 38. James Trainer: Sophie an Ludwig Tieck. Neu identifizierte Briefe, in: »Jahrbuch der Deutschen Schiller-Gesellschaft«, 24. Jg., Stuttgart 1980, S. 162. 15 Sophie Tieck an Ludwig Tieck, Berlin, 12.07.1793. In: Zeydel, Matenko, Herndon (wie Anm. 8), S. 330. 16 Sophie Tieck an Ludwig Tieck, Berlin, 28.10.1793, in: Letters, S. 343. 17 Ludwig Tieck an Sophie Tieck, Erlangen, 20.08.1793, in: Letters, S. 334.

10

Einführung

seine Frauenbekanntschaften, Ludwig zerstört ihre Freundschaft zu Schmohl, einem Studienfreund des Bruders. Beide hatten sich versprochen, wenn Ludwig zurückkehrt, gemeinsam zu leben. Sophie betonte gegenüber ihrem Vater ausdrücklich, nicht heiraten zu wollen. Ludwig versuchte Abstand zu gewinnen und schrieb seltener. Er hatte in der Freundschaft zu Wilhelm Heinrich Wackenroder eine Ablenkung gefunden und in seinem Freund Wilhelm von Burgsdorff, mit dem er ein Zimmer in Halle teilte, einen spendierfreudigen Gönner. Wackenroder wurde auch Sophies Freund. Er schrieb ihr, besuchte sie, aber ein inniges Verhältnis zu ihm konnte sie wegen ihrer vermeintlichen Bildungsdefizite nicht aufbauen. Als Ludwig mit Wackenroder diverse Reisen nach Süddeutschland, Braunschweig und Wolfenbüttel unternahm und er einen langen Reisebericht an Sophie schickte, dankte sie ihm überschwänglich, gleichzeitig musste ihr dadurch eine weitere Diskriminierungsvariante als Frau bewusst geworden sein. Sie hatte diese Möglichkeit nicht, ihr Aktionsradius war begrenzt, sie konnte weder reisen, noch hatte sie eine Freundin an ihrer Seite, mit der sie sich austauschen konnte. Neben Wackenroder trat nun der Lehrer Ludwigs August Ferdinand Bernhardi in ihr Leben: »Bernhardi besucht mich jetzt oft ich liebe ihn sehr er ist mein Freund er schreibt mir Briefe – liest mir seine Schri[f]ten vor kurz wir bringen manchen Abend angenehm mit einander zu.«18 Ganz offensichtlich hatte Sophie durch das Lesen, Schreiben von Gedichten und Kritiken an Ludwigs Erstlingswerken an Selbstbewusstsein gewonnen. Ihr sehnlichster Wunsch jedoch erfüllte sich zunächst nicht. An deiner Seite im Schoß meiner Familie zu leben das wahr das feste Ziel meiner Wünsche. Wird das sein können wen dir Berlin verhast ist? Doch das thut nichts wir leben auf jeden Fall zusammen das ist meine liebste Hoffnung dieser Gedanke macht mich froh und leicht (…).19

Als Angehörige des kleinbürgerlichen Standes hatte sie in Briefen und frühen Texten die Probleme artikuliert, die ihr durch ihre soziale Herkunft vorgegeben waren. Ihre frühen Briefe waren ausdrücklich nur für ihren Bruder bestimmt. Wir können von einer privaten »geschlossenen« Gattung von Briefen sprechen im Gegensatz zu Rahel Varnhagen oder Caroline Schlegel-Schelling, deren Briefe in Geselligkeitskreisen oder Salons vorgelesen und diskutiert wurden. 18 Sophie Tieck an Ludwig Tieck, [Berlin], 28.10.1793, in: Letters, S. 342. 19 Sophie Tieck an Ludwig Tieck, Berlin, 26.08.1793, in: Letters, S. 335 f.

Der Geschwisterbrief

11

Diese Briefkultur von Frauen können wir eine ›offene‹ nennen. Sophie Tieck unterscheidet sich auf beeindruckende Weise von anderen schreibenden Frauen durch ihre Rebellion gegen die Schranken, die ihr als Frau gesetzt wurden. Als Autodidaktin erwarb sie sich ein erstaunliches Wissen und konnte dadurch die Anerkennung im romantischen Kreis gewinnen. Allerdings hatte sie immer um diese Anerkennung zu kämpfen und war von Zweifeln am eigenen intellektuellen Selbstverständnis geplagt. Dennoch, für sie wurde, wie für einige andere, der Briefwechsel eine wichtige Brücke zur Schriftstellerei. Dem kam entgegen, dass im 18. Jahrhundert die briefliche Form in der Literatur eine ungewöhnliche Rolle zu spielen begann.

Der Frauenbrief als Motor der Emanzipation Im Mittelpunkt des Bandes stehen die Briefe von Sophie Tieck an ihren Bruder Ludwig. Es handelt sich um 41 Briefe20. Mit der Transkription hatten wir große Schwierigkeiten.21 Sophie Tieck schreibt, wie sie spricht, kennt keine Orthographie oder Grammatik. Ihre Gedanken fließen auf das Papier, sind nicht durch Punkte und Kommata strukturiert. Sie war eine Autodidaktin und sie wusste um ihre Defizite. Die mangelnde Bildung wird sie ihr Leben lang belasten, aber auch ihren Ehrgeiz anstacheln. Welche Aufschlüsse geben die Briefe Sophie Tiecks über die Entwicklung ihrer literarischen, ästhetischen und sprachlichen Bildung? Welche Rolle spielte der Frauenbrief bei der Konstituierung einer neuen Gefühlskultur – zu denken an Empfindsamkeit und Freundschaftskult? In welcher Weise wurden Konzepte von sogenannter »Natürlichkeit« und weiblicher Authentizität funktionalisiert, wenn die Briefschreiberin dem unteren Stand angehört? Die Briefe von Sophie Tieck wurden am Ende des 18. Jahrhunderts geschrieben. Diese Epoche galt auch als »Jahrhundert des Briefes«22. Das ist kein Zufall. Der Brief von Frauen ist ein Kulturprodukt und setzt die Überwindung der Illiteralität voraus. Aber nicht nur die Überwindung des Analphabetentums und die Entwicklung der geschriebenen Sprache war die Voraussetzung, sondern auch die Entwicklung 20 Vgl. Monika Haberstok: Sophie Tieck. Leben und Werk. Schreiben zwischen Rebellion und Resignation. München 2001. Monika Haberstok hat ein chronologisches Verzeichnis mit den publizierten und unpublizierten Briefen von Sophie Tieck angefertigt, S. 364–377. 21 Ich danke Herrn Thomas Große für die Mitarbeit an der Transkription der Briefe. 22 Vgl. Christian Fürchtegott Gellert. Brieftheorie und Korrespondenz, hrsg. von Anne-Kathrin Winkler. Hainichen 2005, S. 7.

12

Einführung

des Postwesens und dass Frauen im Laufe des bürgerlichen Emanzipationsprojektes Beachtung fanden (ausführlich dargestellt bei Barbara Becker-Cantarino.).23 Anita Runge und Lieselotte Steinbrügge sprechen von einem »typisch weiblichen Genre«.24 Erst Sophie Tiecks Schreib- und Lesekompetenz ermöglichten ihr eine kommunikative Teilhabe in Briefen am Erleben ihres Bruders. Grundlage für gute deutsche Briefe bildeten so genannte Brieftheorien, Regelwerke mit angefügten Musterbriefen. Nach 1650 kam es in Deutschland zu zahlreichen Brieftheorien, sogenannte Briefsteller, die aber für Frauen wenige Vorbilder oder Anregungen brachten.25 1805 schrieb Johann Joachim Eschenburg, der Rektor des Collegiums Carolinum zu Braunschweig: In Deutschland hat man erst spät angefangen, Briefe mit Geschmack zu schreiben, und sich bei ihrer Abfassung der ehemaligen gezwungenen Feierlichkeit und steifen Schulmethode zu entledigen. Unter den verschiedenen Sammlungen wirklich gewechselter Briefe sind die besten von Gellert, Rabener, … Gleim, … Winkelmann, … Lessing.26

Keine Frau ist in dieser Reihung. Außer Gottlieb Wilhelm Rabener, der in der Briefforschung bisher wenig Beachtung fand, ist es Christian Fürchtegott Gellert, der grundlegend neue Richtlinien für das Schreiben von Briefen propagierte. Hauptadressaten seiner Bemühungen sind junge Studierende und die gebildete oder bildungswillige Frau. Seine Briefe an Christiane Caroline Lucius, eine junge Frau aus dem Dresdner Bürgertum, benutzte er wiederholt als Anschauungs- und Lehrmaterial in seinen Vorlesungen in Leipzig. Es ist bemerkenswert, dass der Professor für Moral und Beredsamkeit mit einer jungen Frau nachweislich 180 Briefe gewechselt hat. Diese Briefe dienten als pädagogisches Vorbild nicht nur für angehende Hauslehrer, Pfarrer und Beamte, sondern auch für Frauen. 23 Barbara Becker-Cantarino: Leben als Text. Briefe als Ausdrucks- und Verständigungsmittel in der Briefkultur und Literatur des 18. Jahrhunderts, in: Frauen. Literatur. Geschichte, hrsg. von Hiltrud Gnüg und Renate Möhrmann. Stuttgart/Weimar 1999, S. 129–146. 24 Anita Runge und Lieselotte Steinbrügge: Die Frau im Dialog. Studien zu Theorie und Geschichte des Briefes. Stuttgart 1991, S. 8 f. 25 Vgl. Reinhard M. G. Nickisch: Briefkultur. Entwicklung und sozialgeschichtliche Bedeutung des Frauenbriefes im 18. Jahrhundert, in: Deutsche Literatur von Frauen, hrsg. von Gisela Brinker-Gabler. München 1987, Bd. I, hier S. 389–409. 26 Johann Joachim Eschenburg: Entwurf einer Theorie und Literatur der schönen Redekünste. Zur Grundlage bei Vorlesungen. Dritte, abgeänderte und vermehrte Ausgabe. Berlin und Stettin 1805, S. 366 f.

Der Frauenbrief als Motor der Emanzipation

13

Daß ich Ihren Brief in einem Collegio vorgelesen habe, kann ich nicht läugnen. Indessen können Sie sehr ruhig dabey seyn. Ich habe Ihren Namen verschwiegen u. das Lob, das ich dem Briefe wegen seiner naifen Schreibart gab, war nicht zu weit getrieben. Es ist stets mein Grundsatz gewesen, daß die Frauenzimmer, die gut schreiben, uns in dem Natürlichen übertreffen, und dieses wollte ich durch Ihren Brief beweisen.27

Die Briefsammlungen von Gellert verweisen auf die literarisch-ästhetischen und gesellschaftlichen Grundpositionen des Autors. Es sind die Ziele der Frühaufklärung: Freundschaftsbekundungen, Austausch über literarische und Geschmacksfragen, Einübung bürgerlicher Verhaltensweisen, Entwicklung eines empfindsamen Lebensideals und die Teilhabe der Frau an Bildung und am öffentlichen Diskurs. Der Brief schien ein geeignetes Mittel und der Frauenbrief hatte im Kontext der Leipziger Aufklärer um 1750 einen wichtigen Platz. Die Zahl und Bedeutung der uns aus dem 18. Jahrhundert überkommenen Frauenbriefe übertreffen die aller früheren Jahrhunderte. Völlig ausgeschlossen von den im Laufe des Jahrhunderts zunehmenden Bildungsmöglichkeiten waren die weiblichen Angehörigen der unteren Stände28, stellt Reinhard M. G. Nickisch fest, während aber im Gegensatz dazu die ständig zunehmende »Lesewut« dazu führte, dass auch Männer aus dem unteren Stand lasen. Der gebildete Handwerksmeister Tieck ist ein bemerkenswertes Beispiel. »Alles, was sich nur ein wenig über den Bauernstand erhebt, liest anjetzt, und es liest vor allen Dingen Gellert«, schreibt der Verleger Johann Friedrich Unger.29 Gellerts und Gottscheds Bemühungen um die Bildung von Frauen im Kontext der Moralischen Wochenschriften galten aber keinesfalls den Frauen aus der Unterschicht. Aus diesem Grunde ist für die Untersuchung der Briefkultur von Frauen im 18. Jahrhundert Sophie Tieck, verheiratete Bernhardi und spätere von Knorring, ein Ausnahmefall und ihre Entwicklung zur Briefschreiberin und wichtigen Autorin der Romantik aufschlussreich. Sie schrieb nicht nur viele Briefe, sondern auch Gedichte, Erzählungen, Romane, Dramen und einen Essay. Umso mehr muss erstaunen, dass sie trotz der in den siebziger Jahren wiederentdeckten schreibenden Frauen der Romantik immer noch zu 27 Gellert an Lucius, 13.03.1761, in: Christian Fürchtegott Gellert: Briefwechsel, hrsg. von John F. Reynolds, Bd. I–IV. Berlin/New York 1983 ff., hier Bd. III, Nr. 634. 28 Vgl. Nickisch (wie Anm. 25), S. 389–409. 29 Zitiert nach: Kurze Geschichte der deutschen Literatur, von einem Autorenkollektiv, Leitung und Gesamtbearbeitung Kurt Böttcher und Hans Jürgen Geerdts, Mitarbeit Rudolf Heukenkamp. Berlin 1981, S. 213.

14

Einführung

den Außenseiterinnen gehört. In den neunziger Jahren im Rahmen der Genderforschung hat sie zwar durch Neuauflagen ihrer Werke und Briefe punktuell Beachtung gefunden, im öffentlichen Diskurs aber und im Kanon von schreibenden Frauen fand sie nur marginal einen Platz. »Ich glaube aber lieber Bruder das man gegen das weibliche Geschlecht ungerecht handelt«30, stellte sie schon 1793 resigniert fest. Seit Mitte des Jahrhunderts hatte besonders der Frauenbrief eine literarische Legitimierung erfahren. Mit dieser Möglichkeit war den Frauen eine Überwindung der Sprachlosigkeit gegeben und sie eroberten sich ein Terrain für eine subjektiv-private Äußerungsform. Allerdings korrespondierte diese mit der von ihnen erwarteten häuslich-familiären Verpflichtungen. Vorbildfunktion hatten Frauenbriefe aus Frankreich geliefert. Die Briefe der Madame de Sévigné waren im öffentlichen Diskurs, sie wurden vorgelesen und weitergereicht. Ihr Stil war für Gellert Anregung zu seiner Praktischen Abhandlung von dem guten Geschmacke in Briefen« von 1751. Die Frauenzimmer sorgen weniger für die Ordnung eines Briefes, und weil sie nicht durch die Regeln der Kunst ihrem Verstande eine ungewöhnliche Richtung gegeben haben: so wird der Brief desto freyer und weniger ängstlich. Sie wissen durch eine gewisse gute Empfindung das Gefällige, das Wohlanständige, in dem Putze, in der Einrichtung eines Gemäldes, in der Stellung des Tischgeräthes leicht zu bemerken und zu finden; und diese gute Empfindung der Harmonie unterstützt sie auch im denken und Briefschreiben.31

Der Frauenbrief wird durch eine Privatheit charakterisiert, die auch für eine Gesprächsnähe gilt: In der Literarisierung des Briefes spiegelte sich die sich entwickelnde sprachliche Ausdrucksfähigkeit der Frauen aus dem Bürgertum. So läßt sich an den deutschen Frauenbriefen des 18. Jahrhunderts (die Frauen des Adels und gehobenen Bürgertums schrieben vielfach auch noch französische Briefe) eine langsam fortschreitende sprachliche Gewandtheit und geistige Regsamkeit der Frauen beobachten wie etwa bei Sophie von La Roche.32 30 Sophie Tieck an Ludwig Tieck, Berlin 11.01.1793, unveröffentlicht, SLBD, App. 273, 138. 31 Christian Fürchtegott Gellert: Briefe, nebst einer praktischen Abhandlung von dem guten Geschmacke in Briefen, in: Christian Fürchtegott Gellert: Gesammelte Schriften, Kritische Kommentierte Ausgabe, hrsg. von Bernd Witte. Berlin/New York 1989, Bd. 4, hier S. 136 f. 32 Becker-Cantarino (wie Anm. 23), S. 135.

Der Frauenbrief als Motor der Emanzipation

15

Das gilt auch für Sophie Tieck. Ihre langsam fortschreitende sprachliche Gewandtheit und geistige Regsamkeit gewann sie im Austausch mit den Freunden Ludwigs, aber sie vermisste eine Gesprächsnähe zum Bruder, über die auch die Briefe nicht hinwegtrösten konnten. 1795 ist es endlich so weit. Ludwig und Wackenroder kehrten nach Berlin zurück und ihr Wunsch ging in Erfüllung. Die Lösung aus dem patriarchalischen Familienverband fiel ihr leicht. Sie war 20 Jahre alt. Erstaunlich ist, dass die Eltern dem Verlassen der Familie zustimmten. Unter welchen Bedingungen ist nicht bekannt. Um ganz sich selbst zu leben, bezogen Bruder und Schwester in den Jahren 1795 und 1796 eine Sommerwohnung auf dem sogenannten Mollarrd’schen Weinberge vor dem Rosenthaler Tor. Hier besprachen die Geschwister und Freunde in Scherz und Ernst die gemeinsamen Interessen in Poesie, Literatur und Kunst.33 In diesem Kreis vor dem Rosenthaler Tor, der Keimzelle der Berliner Frühromantik, war Sophie die einzige Frau. Zu dem Geselligkeitszirkel gehörten Friedrich und Ludwig Tieck, Heinrich Wackenroder, August Ferdinand Bernhardi, der junge Arzt Bing, der Musikdirektor Wessely, die Maler Johann Christoph Frisch und Jacob Philipp Hackert, der Archäologe Alois Hirt und der Bildhauer Carl Gottlieb Weisser.34 In dieser »Künstlerwerkstatt« trat Sophie mit ersten poetischen Versuchen in den Straußfedern hervor, die von Ludwig herausgegeben wurden. Sie war nicht nur der Einsamkeit in dem strengen Elternhaus entronnen, sondern lernte Klavier spielen35 und fand anerkennende Beachtung bei den Lese- und Theaterabenden. Es wurden Texte vorgelesen, diskutiert, die Freunde übersetzten und schrieben in sympoetischer Manier gemeinsam. Sophie war anerkannt und fest integriert. Durch die Arbeit an den Straußfedern hatte sie ihr Talent weiter entfalten können.36 Ihr Briefroman Julie Saint Albain37 zeugt von ihrer »neuen« ganz individuellen literarischen Ausdrucksform, die sie durch das Briefeschreiben entwickeln konnte. Sophies erste Erzählungen in 33 Vgl. Köpke (wie Anm. 3), Teil I, S. 198. 34 Vgl. Bernhard Maaz: Christian Friedrich Tieck 1776–1851. Leben und Werk unter Berücksichtigung seines Bildnisschaffens, mit einem Werkverzeichnis. Berlin 1995, S. 189. 35 Carola Gerlach: Sophie Tieck (1775–1833). Schriftstellerin der Romantik, in: Wenn die Geschichte um die Ecke geht. Almanach der Varnhagen Gesellschaft, hrsg. von Nikolaus Gatter. Berlin 2000, S. 168. 36 Vgl. Hannelore Scholz-Lübbering: Einleitung, in: August Ferdinand und Sophie Bernhardi: Reliquien, hrsg. von Hannelore Scholz-Lübbering. Berlin 2015, S. 185–220. In der Einleitung wird ausführlich die Frage der Autorschaft in den Straußfedern diskutiert. 37 Sophie Tieck-Bernhardi: Julie Saint Albain, hrsg. von Hannelore Scholz-Lübbering. Sulzbach/Taunus 2011. Im Vorwort der Herausgeberin wird das ästhetisch-poetische Konzept von Sophie Tieck-Bernhardi ausführlich dargestellt. Vgl. ebd., S. 6–46.

16

Einführung

den Straußfedern waren anonym, weil die Herausgeberschaft bei ihrem Bruder Ludwig lag38 und sie seinen Ruhm nicht schmälern wollte. Ihre weiteren frühen Erzählungen veröffentlichte ihr Ehemann A. F. Bernhardi in den Bambocciaden39 unter seinem Namen. Sie beharrte auf Anonymität, obwohl sie als ambitionierte Schriftstellerin öffentliche Wirksamkeit anstrebte. Im 18. Jahrhundert war es üblich, dass Frauen anonym publizierten, da sie mit ihrer Autorschaft die ihnen vorgeschriebene »Bestimmung des Weibes« aufkündigten.40 Sophie Tieck-Bernhardis Strategie ist aufschlussreich. Sie will durch Anonymität ihre literarischen Grenzüberschreitungen entschärfen, denn sie hatte von Anfang an Sanktionen zu spüren bekommen. Zu vermuten ist allerdings auch, dass der Verleger Becker ihre Namensnennung wünschte, da der sogenannte Frauenroman in der Zeit besseren Absatz garantierte. »Ich wünschte mich zu dieser Erzählung nicht zu nennen, wenn Sie aber geneigt wären, künftig etwas von mir aufzunehmen: so würde ich es gewiß«41, schreibt sie an Becker in Dresden. 1802 wird sie für die Publikation des Erzählungsbandes Wunderbilder und Träume42 ihre Autorschaft preisgeben. Sie verwendet aber das leicht identifizierbare Kürzel »Sophie B.« Seit 1799 war sie mit dem Subrektor des Friedrich-Werderschen Gymnasiums A. W. Bernhardi verheiratet. Bei der Neuauflage von 1823 in der Universitätsbuchhandlung Königsberg verwendet sie den Autorinnennamen »Sophie von Knorring, geborene Tieck«. Diese Änderung verweist auf ihre Heirat mit dem estnischen Baron von Knorring. Dass sie den Geburtsnamen mit nutzt, hat vermutlich mit Ludwig und Friedrich Tiecks Bekanntheit in dieser Zeit zu tun.

38 Zum Problem weiblicher Autorschaft vgl. Barbara Hahn: Unter falschem Namen. Frankfurt am Main 1991. 39 Vgl. Scholz-Lübbering (wie Anm. 36), S. 185–220. 40 Vgl. Joachim Heinrich Campe: Väterlicher Rath für meine Tochter. Frankfurt am Main/ Leipzig 1789, S. 14 f. »Ihr seyd vielmehr geschaffen – o vernimm deinen ehrwürdigen Beruf mit dankbarer Freude über die Würde desselben! – um beglückende Gattinnen, bildende Mütter und weise Vorsteherinnen des inneren Hauswesens zu werden (…).«, auch Wilhelmine Karoline von Wobeser: Elisa, oder das Weib wie es seyn sollte, Theil I und II. Leipzig 1795–1799. 41 Sophie Bernhardi an Wilhelm Gottlieb Becker, Berlin, 23. 12. 1799, unpubliziert, SLBD, App. 204, 10. 42 Der Originaltitel lautet: Wunderbilder und Träume in eilf Mährchen. Sie erschienen 1802 in Königsberg. Vgl. Wunderbilder und Träume in elf Märchen, hrsg. von Hannelore Scholz. Berlin 2000, mit einem ausführlichen Nachwort der Herausgeberin, S. 277–337.

Der Frauenbrief als Motor der Emanzipation

17

Vom Brief zum Briefroman In ihrem Briefroman Julie Saint Albain kritisiert Sophie Tieck-Bernhardi die traditionellen bürgerlichen Liebes- und Ehekonzepte und gleichzeitig auch das romantische Liebesideal. Die Reflexionen über Liebe haben eine lange, unüberschaubare Tradition mit vielfältigen Facetten.43 Die im Mittelpunkt des Romans stehende »romantische Liebe« nun bezeichnet einen Sondertypus. Dieser Typus hat sich als Massenphänomen erst im Entstehungsprozess der Moderne herausgebildet. Er bezieht sich vor allem auf die subjektiv und emotional tief erlebte Hingezogenheit zu dem, sowie die Wertschätzung für das Individuum, was schließlich in der romantischen Liebesbeziehung kulminieren soll.44

Konzepte von Liebe sind nach Julia Kristevas Ausführungen gleichzeitig an bewegliche Identitäten gebunden.45 Bei Sophie Tieck-Bernhardi hat die Liebe dieselbe paradoxe Struktur. Vorgeführt wird, dass die Erziehung zur »weiblichen Tugend« im Sinne des Tugenddiskurses der Aufklärung und des Sentimentalismus für die Protagonistin Julie unannehmbar ist. Bleib auf dem Wege der Tugend und der Pflicht ist ihre immerwährende Ermahnung und das, was sie Pflicht nennen, gebietet uns jeder Zweig, den die Natur hervortreibt, von dem Baume unseres Lebens herunter zu reissen, der nicht nach der Richtung wachsen will, welche sie ihm vorgeschrieben haben. Ach und ob wir dann nicht etwa dadurch den Baum verstümmelten, wenn wir ihm alle Zweige entrisssen, welche nicht oben in einer Krone zusammen wachsen wollen.46

Im Namen der »Natur« fordert die Protagonistin Julie die für die Romantik konstitutive Befreiung von Empfindungen und Phantasie aus den Einengungen von Tugend- und Pflichtauffassungen, wie sie von der Berliner Spätaufklärung vertreten wurden. In diesem Kontext werden Positionen der Aufklärung, des 43 Vgl. Claudia Schmölders: Die Erfindung der Liebe. Berühmte Zeugnisse aus drei Jahrtausenden. München 1996. 44 Holger Herma: Liebe und Authentizität. Generationenwandel in Paarbeziehungen. Wiesbaden 2009, S. 25. 45 Vgl. Julia Kristeva: Freud und das Unbehagen in der Kultur, in: Julia Kristeva: Geschichten von der Liebe. Frankfurt am Main 1989, S. 26–60. 46 Sophie Tieck-Bernhardi: Julie Saint Albain, 2 Theile. Dresden 1801. Der Roman erschien anonym. Hier Theil I, S. 64 f.

18

Einführung

Sentimentalismus und der Romantik zur Disposition gestellt. Liebe wird von der Autorin als partnerschaftliches Prinzip aufgefasst, durch das sich für beide Geschlechter neue Möglichkeiten der Selbsterkundungen ergeben. Ohne Rücksicht auf traditionelle Normen und Verhaltensmuster plädiert Sophie TieckBernhardi für das Recht auf persönliche Liebes- und Glückserwartungen – auch mit wechselnden Partnern. Die Autorin durchquert im romantischen Spiel um die Rolle und Identitäten der Geschlechter die festgefügten Muster von Geschlechterrollen. Die Erziehungsmuster, die Frauen ausschließlich auf ihre Rolle als Hausfrau, Gattin und Mutter und die Vorherrschaft des Mannes vorbereiteten, werden als inhuman entlarvt, damit stellt die Autorin die geltende »Geschlechtscharaktertheorie«47 in Frage. Dies kann sie durch eine polyperspektivische Struktur des Romans erreichen. Die Briefe, die von diversen Adressaten geschrieben werden, beleuchten die Geschlechterphantasien als unerfüllbare Wünsche. Der Roman ist aber kein reiner Briefroman, da er Einschübe auktorialen Erzählens enthält, die zur Aufklärung des Geschehens notwendig sind. Die Briefe hatten eine wichtige Brücke zu ihrem anfänglichen Schaffen geschlagen. Sophie Tieck-Bernhardi-von Knorrings Leben und Schreiben war einer ständigen Zerreißprobe zwischen Aufbegehren und Verzweiflung ausgesetzt. Ihre Themenwahl ist komplex und kann nicht vordergründig als autobiographisch bezeichnet werden. Sie war eine schreibende Frau, die so offensichtlich dem gängigen Frauenideal zuwider lief und sich auch nicht sonderlich bemühte, diesem zu entsprechen. Sie ertrug ihr Leben nur schreibend, lebte ständig unter psychischen und physischen Höchstbelastungen. Auch während ihrer drei Schwangerschaften schrieb sie ihre Erzählungen, Romane, Gedichte, um das Leben der rasch wachsenden Familie mit zu finanzieren. Verbissen kämpfte sie um die Anerkennung ihrer Werke und musste immer wieder Misserfolge, Demütigungen und Zurücksetzungen erfahren. Ständig musste sie ihre Sehnsüchte und Wünsche unterdrücken und sich als Frau den patriarchalischen Verhältnissen anpassen. An ihren Bruder Friedrich schrieb sie 1822: Immer habe ich auf eine Zukunft gehofft, immer die Gegenwart aufgegeben, in der Hoffnung künftigen Erfolges, darüber habe ich mich dem Grabe genähert,

47 Vgl. Hannelore Scholz: Widersprüche im bürgerlichen Frauenbild. Zur ästhetischen Reflexion und poetischen Praxis bei Lessing, Friedrich Schlegel und Schiller. Weinheim 1992, insbesondere hier S. 89–141.

Vom Brief zum Briefroman

19

und blicke nun seufzend auf die entflohenen Jahre, die mir so wenig heitere Stunden gebothen haben. Ist dies mein Charakter oder ist es mein Schicksal.48

Hannelore Scholz-Lübbering August 2019

48 Sophie von Knorring an Friedrich Tieck, Heidelberg, 13.01.1822, in: Trainer (wie Anm. 14), S. 203.

20

Einführung

Verzeichnis der Briefe

1. Berlin, 19. Juni [1792], SLBD, App. 273, Nr. 142 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Berlin, 26. Juni 1792, SLBD, App. 273, Nr. 143. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Berlin, 8. August 1792, SLBD, App. 273, Nr. 144. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Berlin, 24. August 1792, SLBD, App. 273, Nr. 145 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Berlin, 1. September 1792, SLBD, App. 273, Nr. 146 . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Berlin, 24. November 1792, SLBD, App. 273, Nr. 147 . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Berlin, 26./27./28./30. November [1792], SLBD, App. 273, Nr. 148 . . . . 8. Ohne Ort, [9./10. Dezember 1792], SLBD, App. 273, Nr. 149 . . . . . . . . . 9. Berlin, 28. Dezember 1792, SLBD, App. 273, Nr. 150 . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Berlin, 8. Januar 1793, SLBD, App. 273, Nr. 139 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Ohne Ort, 11./12. Januar [1793], SLBD, App. 273, Nr. 138 . . . . . . . . . . . . 12. Berlin, 25. Januar 1793, SLBD, App. 273, Nr. 137 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Berlin, 22. Februar [1793], SLBD, App. 273, Nr. 136 . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Berlin, 28. Februar 1793, SLBD, App. 273, Nr. 135 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15. Berlin, 26. April [1793], SLBD, App. 273, Nr. 134 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16. Berlin, 21. Mai [1793], SLBD, App. 273, Nr. 133 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17. Berlin, 22. Juni 1793, SLBD, App. 273, Nr. 132 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18. Berlin, 3. Februar 1794, SLBD, App. 273, Nr. 131 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19. Berlin, 25. Februar 1794, SLBD, App. 273, Nr. 130 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20. Ohne Ort und Datum, [vermutlich März 1794], SLBD, App. 273, Nr. 129 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21. Berlin, 24. Mai 1794, SLBD, App. 273, Nr. 141 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22. Berlin, 3. Juli 1794, SLBD, App. 273, Nr. 128 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23. Ohne Ort und Datum, [vermutlich Anfang Mai 1800], SLBD, App. 273, Nr. 120/121 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24. Ohne Ort und Datum, [vermutlich April 1801], SLBD, App. 273, Nr. 123 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25. Ohne Ort und Datum, [vermutlich Mai/Juni 1801], SLBD, App. 273, Nr. 122. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26. Ohne Ort und Datum, [vermutlich Juli/August 1801], SLBD, App. 273, Nr. 116 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24 25 27 30 32 33 34 41 43 44 47 50 51 53 56 58 59 60 62 63 64 65 68 70 71 72

Verzeichnis der Briefe

21

27. Ohne Ort und Datum, [vermutlich Ende August/Anfang September 1801], SLBD, App. 273, Nr. 117 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 28. Ohne Ort und Datum, [vermutlich Ende September/Anfang Oktober 1801], SLBD, App. 273, Nr. 118 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 29. Ohne Ort und Datum, [vermutlich Ende September/Anfang Oktober 1801], SLBD, App. 273, Nr. 119 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 30. Ohne Ort und Datum, [vermutlich November 1801], SLBD, App. 273, Nr. 111 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 31. Berlin, 22. Februar [1802], SLBD, App. 273, Nr. 110 . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 32. Ohne Ort und Datum, [vermutlich Ende März/Anfang April 1802], SLBD, App. 273, Nr. 114 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 33. Ohne Ort und Datum, [vermutlich Mai 1802], SLBD, App. 273, Nr. 113 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 34. Ohne Ort und Datum, [vermutlich November/Dezember 1802], SLBD, App. 273, Nr. 115 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 35. Ohne Ort und Datum, [vermutlich Winter 1803], SLBD, App. 273, Nr. 107. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 36. Ohne Ort und Datum, [vermutlich Dezember 1802/Januar 1803], SLBD, App. 273, Nr. 109 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 37. Ohne Ort und Datum, [vermutlich Mai 1803], SLBD, App. 273, Nr. 140 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 38. Ohne Ort und Datum, [vermutlich Rom, April 1805], SLBD, App. 273, Nr. 108 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 39. Heidelberg, 7. Dezember 1820, SLBD, App. 273, Nr. 106 . . . . . . . . . . . . . 101 40. Heidelberg, 26. Mai 1821, SLBD, App. 273, Nr. 105 . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 41. Heidelberg, 15. Januar 1822, SLBD, App. 273, Nr. 104 . . . . . . . . . . . . . . . 109 42. Reval, 16. Februar 1831 (4. Februar nach julianischem Kalender), SLBD, App. 273, Nr. 103 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112

22

Verzeichnis der Briefe

Briefe

Porträt von Sophie von Knorring, geb. Tieck

Briefe

23

Nr. 1 Berlin den 19. Juni [1792]1 Liebster Bruder Es freut mich ungemein daß Dir die Weste gefält. Auch ist es mir sehr angenehm daß blos Nachlässigkeit die Ursach Deines langen Stilschweigens ist wir alle glaubten Du wärest krank besonders ich und Mutter wier haben uns sehr geängstet. Vater befindet sich jezt etwas besser und ich bin volkommen wieder hergestelt. Ich bin heut so vergnügt lieber Bruder alle meine Besorgniß ist nun auf einmal zerstreut Du kanst gar nicht glauben welche Freude ich hatte als ich Wackenroder2 kommen sahe. Mutter ist volkommen gesund alle wünschen wier recht herzlich daß wier Dich erst wiedersehen möchten ach wen doch dieser Sommer erst vorüber wäre Du kanst gar nicht glauben wie ich mich auf den Herbst freue. Ich kan es gar nicht gewohnt werden hier so allein zu sein. Du verlangst ich soll Dir meine Gedichte schicken. Großen Dank mein Freund. Ich läugne nicht daß ich welche verfertigt habe allein Du hast seit einiger Zeit die Gabe zu tadeln in eine hohen Grad erhalten und ich mag mich diese Tadel nicht aussezen. Siehst Du dieser Tadelsucht hast Du es nun zu verdanken daß Du einen so kostbaren Schaz als meine Gedicht sind verlierst. Es sind zudem die besten die ich in meinem Leben geschrieben habe und daß will doch wohl schon viel sagen. Es hat sich hier ein Buch vorgefunden von welchen niemand weiß von wannen es kommen ist ein gewisser Andreas Hartknopf3 gehört dieses vielleicht den Herrn Linde4. Christian5 läßt Dir sagen er würde Dir mit nächsten Posttag einen recht langen Brief schreiben und sich dudurch für den ihn angefangenen Schlingel rächen. Peter6 ist seit 14 Tagen der ungezogenste Bube auf der weiten Erde er ärgert mich ganz entsezlich. Übrigens befindet sich noch alles in dem alten Zustande. Schalens7 sind noch nicht hier gewesen wir erwarten sie nun Morgen. Ich bitte Dich liebster Bruder schreib ja bald wieder und wan werde ich den einmal den langen Brief erhalten welchen Du mir jedesmal versprichst. Wilst Du wohl diesen inliegenden Brief an Schmohl8 abgeben Du wirst doch nichts dagegen haben ich muste doch sein höfliches Schreiben beantworten. Überhaupt kan ich mich gar nicht daran gewöhnen mir Schmohl so zu denken als Du ihn mir beschreibst. Wundre Dich nicht lieber Bruder daß dieser Brief so vernünftig und schön geschrieben ist ich muß Dir nun gestehen daß ich ganz in Schlaf bin und morgen kan ich doch unmöglich schreiben. Ich habe jezt immer ganz schrecklich viel zu thun daß ich also bei tage garnicht zeit zum schreiben habe. Mutter läßt Dir sagen da Du nun die Collegia frei 24

Briefe

hast so solst Du auch fleißig hinein gehen. Lebe wohl mein bester Bruder mit nächsten Postag will ich Dir mehr schreiben heut muß ich warhaftig schlafen es ist schon 1 Uhr Lebe recht wohl Deine zärtliche Schwester S Tieck. Die Bücher für MT9 werden immer richtig besorgt Lebe wohl

Nr. 2 Berlin den 26 ten Juni 1792 Lieber Bruder Ich habe mir orndlich gewißer maßen eine Zeittabelle machen müssen wie Herr von Alfeld1 in einen von Deinen Stücken da bleiben mir gerade am Dienstag 2 Stunden zum Schreiben die will ich den auch benuzen und von jezt an alle Woche recht viel schreiben. Warum erhalte ich den keinen Brief von Dir Du zögerst immer so lange mit schreiben. Ich glaube Du vergißt alle Deine Freunde in Berlin. Herr Bernhardi2 welchen ich am Sontag sprach beschwert sich auch sehr darüber daß Du ihm so lange nicht geschrieben hast schreib ihm bald aber laß dir nicht merken daß ich Dir etwas darüber gesagt habe er verbat es sich ausdrüklich weil er glaubte daß Du böse darüber werden köntest. Ich habe zufällig diese Bekantschaft gemacht ich ging am Sontag mit Christian3 in die Comödie wo wir ihn trafen er begegnete uns außerorndlich freundlich begleitete mich nach Hause und batt Christian dringend ihn zu besuchen Christian wird am Sontag hingehen. Lieber Bruder Du bist doch noch gesund und hier ist alles Vater Mutter Christian Peter4 alles mögliche volkomen wohl und läst dich herzlich Grüßen. Peter lernt jezt schreiben und schickt Dir hier einen Brief mit. Von mir hast Du nächstens ein recht prächtiges Geschenk zu erwarten. Du must Dir aber nicht zuviel davon versprechen weil Du es sonst leicht unter Deiner Erwartung finden köntest. Ich weiß nicht lieber Bruder warum mir immer so ängstlich ist wen ich an Dich schreibe dan denke ich immer recht lebhaft daran wie weit wier von einander entfernt sind daß so ein armseliges Papier unsere ganze Unterhaltung ausmachen muß. Ich hätte Dir tausend Kleinigkeiten zu sagen und weiß doch jezt nichts zu schreiben mir ist so beklommen ich wünschte die Wahrheit zu gestehen einmal bei Dir recht ausweinen zu können. Vergib mir lieber Bruder diese Pinselei ich hatte mir ernstlich vorgenommen Dir nie mehr so etwas zu schreiben allein es überascht mich wieder meinen Nr. 2

25

Willen und ich schreibe es nieder ohne daran zu denken daß es Dir Verdruß machen könte. Du sagst lieber Bruder in Deinen lezten Brief daß Schmohl5 und Griese6 einander sehr ähnlich wären das bitte ihm ab lieber Bruder Du hast ihm Unrecht gethan. Ich muß nun leider Griesens Umgang mehr als jemals genießen ich habe ihn also näher als jemals kennen gelernt. Ich gebe gern zu daß Schmohl eitel sein kan ich gestehe auch daß er töricht ist. Allein so dum so unbescheiden zudringlich und stolz als Griese kan er unmöglich sein. Griese komt jezt jeden Mittag bei uns zum Essen ohne daß ihn ein Mensch eingeladen hatt. Du wirst mir diesen niedrigen Geiz nich zutrauen und glauben das ich darüber böse wäre daß er komt. Er bedarf jezt unsern Beistand und daß ist genug jede Zudringlichkeit bei mir zu entschuldigen. Aber must Du nicht selbst gestehen daß es eine niedrige Bettelei ist daß er uns sagt Möring7 hätte ihm den Tisch aufgekündigt ob er nun wohl bei essen könte. Und daß wolte ich ihm noch verzeihen aber auch zu weniger bekanten Leuten zu gehen und um eben diese Gefälligkeit anzusuchen wo es ihm wahrscheinlich abgeschlagen ist den er konte ja immer zu uns daß alles mit der gleichgültigen Mine zu ertragen daß verräth doch wenig Ehrgefühl. Und mit diesen niedrigen Gesinnungen verbindet er einen so albernen Stolz daß er neulich sehr böse wurde und uns entsezlich grob behandelte weil Mutter sagte er würde erst müssen geprüft werden ehe er eine Sekretärstelle erhielte den sonst könte man ja nicht wissen ob er Kentnisse genug dazu besäße (Er erzählte uns nämlich daß ihm solche Stelle angetragen wäre) er nahm daß so hoch auf daß wier uns die Möglichkeit dachten daß an den Fähigkeiten eines Studirten Menschen gezweifelt werden könte daß er uns auf die beleidigendste Art verließ. Daß alles darf man doch von Schmohl nicht erwarten und Du behauptest doch er wäre Griesen ähnlich also sage ich nicht zuviel wen ich Dir anrahte es ihm abzubitten. Du hast doch meinen Brief wohl abgegeben oder bist Du so neugierig gewesen und hast ihn gelesen daß hättest Du immer thun können und ihn hernach abgeben den waren keine Geheimniss darin enthalten. Du schreibst mir nicht lieber Bruder und ich muß befürchten daß Du böse auf mich bist Du wist es doch nicht darum sein daß ich an Schmohl geschrieben habe. Ich bitte Dich befreie mich von dieser Unruhe. Ich erwarte also künftigen Postag ganz gewiß einen Brief von Dir ich bitte Dich laß mich nicht wieder vergeblich hoffen es macht mich gar zu traurig wen ich so meine Erwartung getäuscht finde ich erwarte heut schon so gewiß einen Brief von Dir und habe mich betrogen. Wirst Du liebster Bruder den diesen sauberen Brief wohl lesen können ich schreibe die Briefe an Dich immer entsezlich schlecht. Sag mir nur ob du es auch nicht überdrüsig wirst immer so lange und so schlecht geschriebene Briefe zu lesen. Ich 26

Briefe

freue mich jedesmal recht herzlich wie ich einen Brief von Dir erhalte und ich wünschte immer das es länger sein möchte. Du komst doch auf Michaeli8 noch her veränedere darin Deinen Entschluß ja nicht wier nähmen daß alle schon als gewiß an und mich besonders würde es sehr kränken wen ich hierin meine Erwartung wieder getäuscht finden solte. Ich schicke Dir hier auch noch ein unvollendetes Gedicht es ist eigentlich gar nicht werth daß ich es hinschike wen Du also diese Bemerkung auch machst so hast Du wenigstens nicht die Freude daß sie neu ist um Deine Meinung darüber darf ich wohl nicht bitten den das ganze ist zu unwichtig. Weist Du nicht wo der Saintsoix9 ist Schüz10 wil ihn wieder haben und er ist im ganzen Hause nicht solten wir ihn etwa mit eingepakt haben so findest Du wohl eine Gelegenheit ihn zurückzuschicken. Lebe wohl mein bester Bruder mein und meiner Eltern Gruß an Schmohl und Du lerne seine Schwachheiten etwas ertragen und denke daß nicht alle Menschen sein können wie Du sie haben wilst. Ich muß aufhören ich habe nicht einen Augenblick länger zeit. Lebe recht wohl und denke ja recht oft an mich wen Du es nur so oft thust als ich dan will ich volkommen zufrieden sein. Lebe wohl Deine zärtliche Schwester SophTieck.

Nr. 3 Berlin den 8 ten August 17921 Wackenroder2 besucht Dich Du erhälst diesen Brief durch ihn daß freut mich recht sehr er selbst ist sehr vergnügt über diesen Zufal es hat mich etwas traurig gemacht daß er Dich eher sehen soll als ich allein wer kan sich helfen ich mus nun schon einige zeit warten auf Michaeli3 sehe ich dich doch auch hälst doch dein Versprechen liebster Bruder verdirb mir diese Freude nicht bei jeden unangenehmen Zufal war diese Hoffnung mein Trost. Ich beneide manchmal andere Menschen welche die schönen Sommertage die wir gehabt haben benuzen konten doch dachte ich dan auf Michaeli komt mein lieber Bruder und diese Hoffnung wog mir jede Freude auf wen ich krank war tröstete ich mich damit also sieste Du doch wohl ein daß es recht grausam wäre wen Du nicht kämst Vater und Mutter laßen Dich auch recht sehr darum bitten sogar Peter4 freut sich darauf. Wackenroder wird doch auch wohl das seinige thun und wird Dich noch zureden er ist mir würklich jezt recht lieb geworden er liebt Dich Nr. 3

27

herzlich und daß ist einen jeden schon eine große Empfehlung bei mir zudem habe ich ihn auch etwas mehr kennen gelernt ich hielt ihn für albern stolz weswegen ich ihn schon oft (in Gedanken nähmlich) um Verzeihung gebeten habe. Das Geld wirst Du leider wohl noch nicht haben wen Du diesen Brief erhälst aber künftigen Postag kanst Du es gewiß erwarten mir wird recht wohl sein wen ich es fortschicken kan mich quält jezt der Gedanke daß Du Mangel leidest außerorndlich und doch kan ich diesen Mangel nicht abhelfen Du hast doch wohl schon an den Prediger geschrieben Du erhälst den doch auch 15 Rth das kanst Du auch künftige Woche haben also nur noch eine Woche dan kan ich mich doch ungestört auf Deine Ankunft freuen. Deine Weste ist fertig wen der Schneider nun auch damit fertig ist werde ich sie schiken wen sie Dir nur gefält daß glaube ich aber schwerlich die Blumen sehen aus wie die Schattenriße des Herrn von der Nolde wie aus ein Stück blau Papier geschnitten also kan ich schon im voraus wissen was Du darüber sagen wirst. Ich unterwerfe mich aber gern einen jeden Urtheil den ich sehe ein daß Du recht hast. Und mit dieser Weste hatte ich nun die Absicht Dir eine Freude zumachen ich werde bald erfahren in wie fern ich diese Absicht erreicht habe. Ich weiß ganz gewiß daß Du diesen Brief nicht lesen kanst aber glaube nicht daß ich mich dadurch abhalten laße ich wil heut einmal recht viel schreiben Du wirst Dir wohl einmal die Mühe geben ihn zu lesen wen auch nicht an demselben Tage an welchen Du ihn erhälst da hast Du mehr zu thun Wackenroder kan nur einen Tag bei Dir bleiben wie kanst Du Dir da also die Mühe geben diese Schreiberei zu lesen. Ich schreibe Dir nicht viel vernünftiges aber es thut nichts ich schreibe doch an Dich und du glaubst nicht wie viel Vergnügen mir das macht. Wen ich einmal recht froh sein wil so denke ich mir die zeit wen Du wieder hier sein wirst wie wir da zusammen leben wollen erinre mich an Dein Versprechen mich einst so glücklich zumachen als es in deinem Vermögen stünde. Hast Du dies Versprechen vergessen lieber Bruder nein gewiß nicht. Ich dähne ja dies Versprechen auch nicht zu weit aus ich verlange ja blos daß du mich immer lieben solst. Du glaubst nicht lieber Bruder wie kindlich ich darin bin wen ich denke er liebt uns alle so ist gleich der zweite Gedanke mich doch auszeichnend doch etwas mehr als die Andern. Du kanst mir diese Kinderei immer vergeben lieber Bruder sie macht mich oft so froh. Ich denke auch oft er komt ganz gewiß wir haben uns ja so lange nicht gesehen wen nun die Ferien angehen was solt er da in Halle5 machen da wird er sich doch wohl nach uns sehnen und da freue ich mich oft so wen ich mir einbilde daß Du wohl allein um meinetwillen 20 Meilen reisen würdest wärest Du das wohl im stande lieber Bruder. Doch ich schreibe Dir lauter dumme Streiche Du 28

Briefe

must Dich beim Lesen ärgern also zu etwas vernünftigen. Vater und Mutter sind beide recht wohl und lassen Dich herzlich grüßen sie freuen sich auch recht sehr darauf daß sie Dich bald sehen werden Christian6 ist auch gesund und läßt Dich grüßen auch er und Peter (welcher nicht anders als gesund sein kan) lassen Dich um die Erfüllung Deines Versprechens ersuchen. Ich bin jezt gesund aber ob ich es in der nächsten stunde noch sein werde weis ich nicht bei mir ist das immer so abwechselnd bald Regen bald Sonnenschein Du weist aber wohl das meine Krankheiten nicht viel zu bedeuten haben. Wir alle lassen nun Schmohl7 vielmal grüßen daß vergiß nicht. Sag mir doch Deine Meinung über mein leztes Gedicht8 ich habe noch einige geschrieben vieleicht schike ich sie Dir nächstens es lohnt nur nicht der Mühe wan werde ich den etwas von Dir erhalten darauf habe ich mich auch schon lange gefreut diesmal werde ich doch wohl die längst versprochene lange Antwort erhalten daß ist nun schon wieder mein dritter Brief. Du bist doch wohl nicht böse daß Du daß Geld nicht erhalten hast es ist gewiß nicht meine Schuld. Schreib mir doch ja bald lieber Bruder. Schreibst Du den auch deine Anna Bolley9 weiter auf dies Schauspiel freue ich mich recht sehr auch auf Alla Medin10 Du sagst ja gar nichts davon Du wirst es doch nicht vernachlässigen schreib mir doch etwas darüber. Und meine Eltern lassen noch eimal fragen ob Schmohl noch Dein Freund ist. Mutter ist besonders sehr besorgt weil sie weis daß Du einen Freund bedarfst so schreib uns doch etwas darüber. Ich lebe jezt recht einsam ich bin beinahe von jeden lästigen Besuch verschond Herr Griese11 nicht mehr täglich zum Essen und wen er komt so geht er so wie er gegessen hat. [Hier bricht der Brief ab. Die Forsetzung nach »Letters«, S. 305 f.] und das ist mir eine große Freude ich treffe ihn auf die Art niemals zu Hause. Bei Betkobers12 mus ich jezt manchmal einen Besuch abstatten daß wird mir den freilich sehr zu Last den die ganze Geselschaft welche dort hinkomt ist entsezlich dum es ist selbst den Herrn Professor nicht ausgenommen kein vernünftiger Mensch darunter und mir ist es sehr lieb daß ich nicht wie Christian 6 Jahre dort zubringen mus ich weis nicht wie er daß aushalten kan. Ich ärgere mich recht daß keiner von Schmolens hier gewesen ist wir haben sie jeden Sonabend erwartet und jedesmal wurde unsere Erwartung getäuscht überhaupt ist mir diesen Sommer recht Freude verdorben Vater wolte mir eine kleine Reise nach Teltow machen da wollten wir den alten Gotlieb besuchen Du kanst denken daß ich mich recht sehr darauf freute Daraus ist nun auch nichts geworden. Jezt eben erhalte ich daß Versprechen daß Vater Dir durch Wackenroder Nr. 3

29

etwas schiken will wen Wackenroder nähmlich noch vor Dienstag in Halle ankomt welches doch warscheinlich ist ich kann aber nicht bestimmen wie viel und du weist wohl noch aus alten Zeiten daß ich nicht viel fragen darf Zudem lieber Bruder kann ich mich darüber gar nicht freuen weil es Vater dir wieder abziehen will wen er daß Geld erhält. Vergib ihm daß liebster Bruder er mus daß jezt thun er ist jezt sehr gedrängt er würde dir sonst gern recht viel geben es kränkt ihn selbst daß er dich wie einen Fremden behandeln mus den so eine Auslage von einigen Tagen würde man für einen jeden machen. Ich spreche so viel darüber und weis noch nicht wen Wackenroder hinkomt den wen er nach den Dienstag käme so wäre es Narheit ihm etwas mitzugeben oder ob er etwas mitnehmen will doch daran ist wohl nicht zu zweifeln er würde weniger dein Freund sein wen er mir diese Bitte abschlagen wolte. Nun mus ich wohl aufhören zu schreiben ich erschrekke selbst darüber wie viel ich geschrieben habe wird es dir auch so gehen nun Gott gebe dir Geduldt daß alles zu lesen Lebe wohl mein bester Bruder und denke recht oft an mich wen du es nur so oft thust als ich so bin ich zufrieden Lebe recht wohl lieber Bruder deine zärtliche Schwester Sophie Tieck Armer Bruder schon einen ganzen Monat hast du auf daß Geld warten müßen.

Nr. 4 Berlin den 24 ten August 17921 Beginn fehlt. Vergnügen ausgegeben hatte welches Du vieleicht so nöhtig brauchtest und ich bin doch noch etwas besorgt ich denke immer Du hast daß nur so geschrieben um mich zu beruhigen Deinen lieben Rambach2 bin ich recht viel Dank schuldig den jeden Menschen welcher Dir nur einige Gefälligkeit erzeigt danke ich von Herzen. Überhaupt sage mir lieber Bruder woher es komt daß ich weit wärmer gegen alle Menschen bin seit ich von der albernen Neigung gegen S[chmohl]3 los bin laß ihn ja diesen Brief nicht sehn verbrenne ihn lieber gleich den sage selbst mit welchen Gesicht solt ich vor ihm erscheinen wen er diesen Brief gelesen hätte. Ich fürchte nun immer daß er die Briefe list daß er sie alle gelesen hat und kan den Gedanken nicht unterdrü30

Briefe

ken daßer auch die beide gelesen hat welche Du einmal mit einen Groschen gesiegelt erhieltest ich mag daß zu seiner Ehre nicht glauben aber ich kan doch den Gedanken nicht los werden. Und nun noch eine Bitte sag mir einmal lieber Bruder hast Du an Wackenroder4 etwas über mich und S[chmol] geschrieben Du wirst wissen das mir Wackenroder einmal einen Brief von S[chmol] brachte ich freute mich daß ich endlich einmal etwas von Dir erhielt Du hattest lange nicht geschrieben nicht blos daß sagte Wacken[roder] – ich habe auch noch etwas an sie abzugeben kennen sie diese Hand sagte er indem er mir S[chmols] Brief zeigte ich kante sie sehr gut und antwortete doch nein ich weiß nicht warum ich diese Lüge sagte. Sie kennen sie nicht sagte Wack[enroder] mit einen Lächeln das ein Gemisch von Spot und einen Verweiß über meine Lüge schien ich wurde über und über roht und antwortete verwirt doch vieleicht es ist wohl von J[ohann] S[chmol] ja es ist von ihm sagte er und gab mir den Brief hin daß scheint Dir vieleicht eine Kleinigkeit aber ich bin sehr besorgt darüber ich wünschte es währe blos Scherz von Wacken[roder] gewesen den wen Du ihm nichts geschrieben hast so mus ich mich notwendig sehr albern betragen haben. Über diesen Brief wirst Du Dich doch wohl seiner kürze wegen nicht beklagen können ob Du aber nicht andere Ursachen haben wirst Dich zu beklagen weiß ich nicht. Die Weste werde ich Dir nun nicht schiken Du kanst sie Dir mitnehmen liebster Bruder wen doch diese Zeit erst vorüber währe jeder Mensch im ganzen Hause freut sich darauf Dich wiederzusehen ich bin seit der zeit da ich diese Nachricht erhielt weit vergnügter als sonst alle meine Geschäfte gehen besser von statten überhaupt kan ich mir nicht vorwerfen daß ich diesen Sommer müßig gewesen bin das ist mir aber gar kein Verdienst ich bin dabei so eigenüzig zu werke gegangen zum theil habe ich Dir manche Kleinigkeit gemacht und das ist mir natürlich die gröste Freude den ich denke immer wen Du komst und Du siehst das ich in Deiner Abwesenheit fleißig an Dich gedacht habe so wirst Du Dich darüber freuen und wen ich nun etwas anderes machte so wahr nur immer meine Sorge wie ich bald damit fertig werden wolte damit ich wieder etwas für Dich anfangen könte. Der Prediger Lüdeke5 läst Dich Grüßen und Dir ferner Glück zu Deinen Studiren wünschen. Vater und Mutter freuen sich recht herzlich Dich wieder zu sehen Christian6 läst Dich grüßen der hat ja nicht einmal zeit an Dich zu schreiben. Die Bücher für M[adame] Tol[l]7 werden richtig besorgt kurz alle Deine Aufträge richtig besorgt und nun mein liebster Bruder lebe recht wohl und vergib mir alles was ich Dir von S[chmol] geschrieben habe ich kan vor Dir schlechterdings kein Geheimnis haben. Grüße Piesker8 wen Du ihn siehst auch Spilnern9 Nr. 4

31

Lebe recht wohl in einigen Wochen sehen wir uns doch. Ich mus mich immer recht los reißen wen ich an Dich schreibe Lebe wohl Deine zärtliche Schwester Sophie Tieck Ich habe diesen Brief gestern geschrieben und heut bin ich unschlüssig ob ich ihn fortschike doch warum nicht Du wirst mir ja wohl einen dummen Streich in meinem Leben verzeihen. Lebe wohl. Schreib mir ja etwas darüber es macht mir sonst so viel Sorge.

Nr. 5 Berlin den 1 ten September 1792 Ich schreibe Dir in der verdrüßlichsten Laune von der Welt daß ist nun morgen schon der 8 te Sontag an welchen ich ausgehen wolte und jedes mal durch Christian1 aufgeschoben Du weist daß ich mich immer dazu einrichten muß als wen ich verreisen wolte. Also kanst du dir wohl denken daß ich mich recht sehr ärgere. Nun lieber Bruder ich alles Vergnügen verschieben bis Du komst da must Du den auch recht viel bei mir sein da wollen wir einmal miteinander ausgehen kurz da wollen wir einmal recht glücklich. Ich erwartete schon gestern einen Brief von dir meine Erwartung ist aber getäuscht worden schreib mir ja lieber Bruder ich bin sehr besorgt ich fürchte immer ich habe durch meinen dummen Brief Deine Liebe verlohren Antworte ja gleich hörst Du lieber Bruder. Geld kan ich Dir nicht schiken weil Wackenroder2 den Brief besorgt ich kan ihn daß ja nicht immer auftragen Du wirst ja auch wohl bis zur künftigen Woche auskommen. Lebe wohl mein lieber Bruder ich habe nicht einen Augenblick länger zeit Lebe recht wohl und schreib ja gleich bestimme ungefer den Tag an welchem Du anzukommen denkst und sei ja nicht böse auf mich es ist mir sehr leid daß ich den vorigen Brief abgeschickt habe. Vater und Mutter und Christian lassen vielmals grüßen sie erwarten Dich bald Lebe wohl. Deine Schwester Sophie Tieck. Noch eins komt Schmohl3 mit Dir Du kanst sicher glauben daß ich blos aus Neugier frage auch wollen sie es hier im Hause gern wissen. Es ist recht dum 32

Briefe

daß ich deinen Brief vorlesen muste ich konte nicht vermeiden alles was Du über S[chmohl] sagst mitzulesen und daß brachte mich in der peinlichsten Verlegenheit also richte es ja so ein daß wen der Fal noch einmal komt daß ich es sogleich auslassen kan. Schreib mir aber ja darüber und befreie mich von dieser Besorgnis Lebe wohl

Nr. 6 Berlin den 24 ten November 1792 Liebster bester Bruder Wirst Du wohl böse sein das Du die Sachen erst jezt erhältst konte ohnmöglich eher fertig werden ich habe jede Nacht bis 2 Uhr daran gearbeitet und habe doch nun nur eine halbe Stunde zum schreiben darum schreibe ich auch so schön. Mutter läst Dich bitten Du möchtest doch etwas orndlicher sein sie hat bemerkt das Dir so vieles fehlt ich konte das nicht verhindern. In Deiner weißen seidnen Weste wirst Du 3rt finden ich hätte Dir so gern mehr geschickt aber es ist mein ganzes Vermögen sei nicht böse darüber Du hast wahrscheinlich mehr vermuhtet ich kan von Vater jezt nichts fordern. In eben der Weste wirst Du auch Schmohls beide Briefe finden ich kan nicht leugnen lieber Bruder das hat uns allen viel Kummer1 gemacht doch das ist nun vorüber. Ich hatte auch viel an Dich geschrieben aber davon solst Du nun nichts erhalten das wil ich dem Feuer überliefern den es ist sehr närrisch es ist in den unglücklichsten Stunden meines Lebens geschrieben es würde Dich gewiß traurig machen wen Du daraus sähest wie elend ich mich oft selbst mache Du würdest vieleicht gar böse auf mich werden das ich mich von dieser Krankheit noch immer nicht heilen kan. Ich schike nun Deinen Coffer2 fort und mir ist als müste ich mich von einen lieben Freunde trennen ach lieber Bruder mir ist sehr traurig wer weiß ob uns das Schicksal jemals wieder zusammen führt? Wie viel tausend Zufälle giebt es nicht welche uns an unsern Glück hinderlich sind. Ich hege meine einzige Glückseligkeit darin einst mit Dir zusammen zu leben solte dieser mein heißer Wunsch wohl erfühlt werden? Scheint es nicht oft als wen sich das Schicksal ein boshaftes Vergnügen daraus machte unsre liebsten Hoffnungen zu vereiteln. Glaube nicht liebster Bruder das irgend ein Mensch böse auf Dich ist Schmohls3 Brief wegen nein gewiß nicht Vater läst Dich blos bitten künftig nicht so ohne Überlegung zu handeln wen er Vermögen hätte so würde er kein Wort darüber sagen aber so Du weist selbst das es ihm nicht möglich ist so viel oft zu bezahlen doch Nr. 6

33

genug von dieser fatalen Geschichte Schmohl hätte uns den ganzen Verdruß ersparen können es hat mir doch einige sehr traurige Tage gemacht. Lebe wohl mein theuerster Bruder ich muß aufhören die Post geht sonst ab mir ist recht fatal ich habe diese ganze Zeit so wenig geschlafen. Ist das nicht recht kindisch lieber Bruder ich schreibe doch das wohl blos um Dir einen Dank abzugewinnen ach liebster Bruder ich finde meine Mühe immer so überreichlich belohnt wen Du mir dafür dankst. Antworte mir doch ja bald ich habe ja nun nichts gar nichts als zuweilen einen Brief von Dir entziehe mir diese einzige Freude nicht auch noch. Wackenroder4 hat mich verschiedenemale besucht wofür ich ihm herzlich danke seine Geselschaft verscheucht meinen Trübsin zuweilen. Ich muß wahrhaftig nun aufhören. Lebe wohl mein liebster Bruder ach wen Du doch erst wieder bei mir sein köntest. Lebe wohl und denke das ich ewig sein werde Deine zärtliche Schwester Sophie Tieck. Sei ja nicht böse das Du nicht mehr als 3 rth erhälst ich habe gewiß nicht mehr Vater Mutter und Christian5 lassen herzlich grüßen.

Nr. 7 Berlin den 26 ten/27 ten/28 ten/30 ten November [1792]1 Tausend tausend Dank mein lieber guhter Bruder für Deinen lieben theuren Brief er hat mich sehr froh gemacht wen Du bei mir währest ich währe glücklich. Ach wen wir einst beisammen wohnen könten lieber Bruder dan wolte ich jede Bitterkeit des Lebens vergessen es freut mich sehr das Du diesen Plan welchen wir schon in unserer Kindheit entwarfen so wenig aufgegeben hast als ich würklich lieber Bruder hat mich diese Hoffnung bei manchen unangenehmen Zufal in meinem Leben getröstet ach wen sie einst erfühlt würde was hätte ich dan noch zu wünschen. Dein Vorschlag mit nach Erlangen2 zu gehen währe so übel nicht wen er sich nur ausführen liese aber da trit Unmöglichkeit unsern Wünschen in den Weg. Ich bin jezt ziemlich gesund und hoffe es bald ganz zu werden ich wil mich bemühen recht froh zu sein und wil nicht mit Dir im Kranksein weteifern ich wil es lieber im Gegentheil versuchen. Ich habe jezt ein Mittel gefunden mich aufzuheitern wen ich mit mir selbst sehr unzufrieden bin so lese ich einige von Deinen Briefen jeder beweist mir das Du mich 34

Briefe

lieb hastund ich fühle mich beneidenswehrt glücklich. Du schreibst mir das ich Deine Liebe verdiene der Gedanke könte mich stolz machen. Ach lieber Bruder ich verachtete mich selbst ich wahr fest davon überzeugt das kein Mensch einigen Wehrt auf mich legen konnte also beruhigen mich Deine ‚ . Briefe sehr sie lernen mich mich selbst wieder achten doch vergib mir lieber Bruder alles was ich Dir schreibe laß mich Dir immer alles schreiben was ich denke und empfinde es ist ja der gröste Beweis wie sehr ich Dich liebe wen ich keinen Gedanken vor Dir geheim habe. Wakenroder3 hat mich verschiedenemale ja ich kan sagen oft besucht aber ich befürchte nur immer das es ihm beschwerlich ist. ich kan mich gar nicht überreden das er gern in meiner Geselschaft ist wen Du davon überzeugt bist so überzeuge auch mich davon den seine Geselschaft wird mir weit mehr Vergnügen machen wen ich weis das es ihm nicht zuwieder ist. Englisch4 habe ich noch nicht gelernt Wakenroder hat so viel zu thun also mag ich nicht so unverschämt sein und ihn daran erinnern ob ich gleich dadurch ein großes Vergnügen entberen muß. Du verlangst lange Briefe von mir also muß ich Dir jeden Abend etwas schreiben das ist auch ein herrliches Mittel die Zeit zu verkürzen so spreche ich den doch gewißermaßen mit Dir und so wird es nach und nach Ostern und ich sehe Dich wieder schon der Gedanke treibt mein Blut schneller unsere Reise5 muß durchaus zu Stande kommen wie könte ich mich selbst so um einige frohe Tage betrügen. Ich werde Dir nun zwar viel schreiben mein lieber Bruder aber wirst Du es auch lesen können wen ich an Dich schreibe so denke ich immer so lebhaft an Dich das ich nicht genau darauf hinseh welche Buchstaben ich schreibe. Ja so das hätte ich bald vergessen den Sontag bin ich auch in die Comödie gewesen es wahr Atelstan6 Trauerspiel in 5 Aufzügen und das Milchmädchen und die beiden Jäger7. Das erste Stück wen Du meine Meinung darüber wissen wilst hat mir gar nicht gefallen es ist so Anfänger mäßig der Plan so zusammen geflickt kurz es hat viel Aenlichkeit mit den Trauerspielen welche wir ehemals in Companie schrieben8 dazu kam noch das jämmerliche Spiel des Herrn Berger9 welcher den Anführer der Dähnen spielte ich habe in meinen Leben nichts lächerlicheres gesehen als diesen Menschen kein Opern Sänger kann es toller machen und Matausch10 zog als Egbert so närrische Gesichter kurz ich wünschte Du hättest es gesehen doch muß ich Herrn Fleck11 Gerechtigkeit wiederfahren lassen er spielte nach meinen Ur­theil guht. Da habe ich nun so viel übers Teater gesprochen ohne es zu verstehen. O weh Vater klopft ich muss aufhören Du must wissen lieber ich kann Dir jeden Abend nur von ½ 11 bis ½ 12 schreiben mehr erlaubt meine Zeit nicht.12 am 27 ten. Nr. 7

35

Nun sind die die Geschäfte dieses Tages wieder volbracht und ich kan nun wieder – eine Stunde an Dich schreiben. Du schreibst lieber Bruder ich sol nur Schmohl13 nicht böse sein wie kan ich das da Du ihm vergeben hast. Ich glaube überhaupt ich kan gar nicht hassen mir ist dies Gefühl gänzlich fremd ich bin doch schon oft beleidigt worden aber ich hasse keinen von diesen Menschen gleichgültig sind sie mir und das ist mir jezt auch Schmohl. Doch wir wollen von andern Dingen sprechen Du schreibst mir ja gar nichts von der M W14 ich habe einmal an sie geschrieben sie hat aber meinen Brief nicht beantwortet. Wird sie auf Ostern noch mit nach Berlin kommen? ich bin sehr begierig sie kennen zu lernen. Ach liebster Bruder vergib mir meine Besorgnis ich fürchte immer diese Verbindung wird Dich nicht glücklich machen sei nicht böse über meine Furcht ich kan sie Dir ohnmöglich verbergen Deine Ruhe und Zufriedenheit ist so fest mit der meinigen verwebt das ich ohnmöglich glücklich sein kann wen ich nicht überzeugt bin das auch Du es bist und ich glaube wir können nur so lange glücklich sein wie uns keine heftigen Leidenschaften beherschen.15 Ach lieber Bruder wen wir einmal ein Geschöpf liebenswürdig finden so dichten wir es gern so viele Volkommenheiten an die es zum ausserorndlichen Menschen erhöhen ach und wen wir uns nun an einem solchen Geschöpf mit aller Schwermerei hangen und hernach in diesem geträumten volkommenen Wesen einen gewöhnlichen Menschen entdeken der unsere Schwermerei mit Kälte erwiedert und unsere Gefühle nicht versteht ach lieber Bruder es ist sehr schmerzlich sich so getäuscht zu finden. Eine solche Täuschung ist fähig die Ruhe unseres Lebens auf verschiedene Jahre zu vergiften. Doch wo gerahte ich hin vergib mir mein lieber Bruder das alles ist gewiß bei Dir nicht der Fall. Ich konte wohl schwach genug sein mich so täuschen zu lassen aber Du bist unendlich klüger als ich. Vergib mir meine Besorgnis mein liebster Bruder sie entstanndt aus Liebe zu Dir. Ich würde untröstlich sein wen Du in Deinen Leben eine Stunde so verleben soltest wie ich Tage und Wochen verlebt habe. Du weist wie sehr ich Dich liebe und dennoch ich gestehe es Dir eröhtend konnte es mir wilkommen sein als ich einmal sehr krank wahr es wahr mir ein tröstlicher Gedanke bald zu sterben. Du hast warscheinlich nicht geglaubt lieber Bruder das meine Narheit so weit gegengen ist. Gottlob ich bin jetzt davon geheilt es giebt jezt wieder Stunden wo ich sehr heiter sein kann ich sorge jezt wieder für meine Gesundheit kurz ich bin auf den Wege wieder vernünftig zu werden. Es dämmern wieder Hoffnungen in mir auf ich glaube wieder an künftige Freuden es ist jezt meine liebste Hoffnung einst bei Dir zu leben ach lieber Bruder wen ich das könte ich wolte es mein eifrigstes Geschäft sein lassen jeden Deiner Wünsche zu erfüllen Du erträgst wie immer meine Schwachheiten nicht 36

Briefe

wahr lieber Bruder wir wollen recht glücklich sein? Ich bin jezt so fest davon überzeugt das ich es einst an Deiner Seite sein werde wen mir auch diese Hoffnung vereitelt würde. Es finden sich so selten zwei Menschen die sich so volkommen verstehen wie wir deren Gefühle so übereinstimmen wie die unsrigen währe es nicht traurig wen uns das Schicksal von einander risse? Nein das kan das darf nicht geschehen. Du schreibst mir das Du mich so sehr liebst wie Du nur irgend etwas lieben kanst. O wie sehr danke ich Dir dafür es liegt etwas so unaussprechlich Süßes in den Gedanken sich von jemand sehr geliebt zu wißen und doch lieber Bruder konnte ich zu sterben wünschen. Sieh wie viel Wiedersprüche in den Menschen sind. Ich suche alles von Dir zu entfernen was Dir eine trübe Stunde machen könnte mein sehnlichster Wunsch ist Deine Ruhe und Dein Glück und doch konte ich auch so etwas wünschen wie viel Kummer würde Dir das gemacht haben glaube mir ich wil künftig vernünftiger sein. Aber um das zu beweisen mus ich auch jezt aufhören zu schreiben es ist schon spät und das viele Sitzen ist mir würklich schädlich. Schlaf also wohl mein bester. am 28 ten. Bin ich nicht unverschämt lieber Bruder ich habe erst vor einigen Tagen einen Brief von Dir erhalten und wünsche doch schon wieder einen aber das kanst Du mir leicht vergeben ich habe außer Wakenroders Geselschaft Deine lieben Briefe abgerechnet gar keine Freude ist es also wohl ein Wunder das ich darin so unverschämt bin. Wakenroder danke in meinen Nahmen das er mir manchmal Geselschaft leistet den ich glaube ernstlich das ich ihm dank dafür schuldig bin mir macht seine Gegenwart zuweilen eine frohe Stunde und ihm muß es schlechterdings Überwindung kosten den sage selbst welcher Mensch kan in meiner Geselschaft Unterhaltung finden? Merken wird er mir das freilich nicht lassen den das währe Ursach mich über die alberne Galanterie der Männer zu beklagen Du weist wie sehr ich herzliche Vertraulichkeit dieser faden Höflichkeit vorziehe aber wen mich nun würklich ein Man versichert er sei mein Freund darf ich ihm wohl glauben muß ich es nicht als ein Compliment ansehen. Wir Frauenzimmer sind darin würklich zu beklagen den unter uns selbst glaube ich findet wahre Freundschaft gar nicht stat wie immer das unsere Freundin mit welcher wir Caffe trinken die Mode rezensiren und dergleichen und wie selten findet sich unter den Männern einer welcher sich über das allgemeine Vorurtheil erhebt das er einem Frauenzimmer nur schmeicheln muß. Ich habe mich schon oft gewundert das sich die mehrsten Frauenzimmer bei dieser Mode so wohl befinden woher komt es wohl das ich darin so genügsam bin ich fühle es jetzt recht wie elend ich sein würde wen ich Dich nicht hätte mit Dir mein theuerster Bruder kann ich aufrichtig sprechen ich kann Nr. 7

37

Dir jede meiner Schwachheiten entdecken jeden Kummer welchen ich habe in Deinen Busen ausschütten kurz Du bist mein wahrer Freund. Nicht wahr mein lieber Bruder Du würdest es auch sein wen ich auch nicht Deine Schwester währe. Sei mir nicht böse über alles was ich Dir schreibe ich mag es nicht wieder durchsehen den ich glaube Du würdest es sonst eben so wenig erhalten als meine Papiere welche ich verbrant habe. Werden wir den auf Ostern Anna Bolley16 aufführen. Ich muß jezt schon lachen wen ich daran denke wie ich die Lady spielen werde. Ach lieber Bruder wen nur erst Ostern währe das ist nun wieder meine Hoffnung für den ganzen Winter ja mein lieber wir wollen dan recht fröhlich sein Deine Gegenwahrt sol mich für den ganzen traurigen Winter entschädigen wir wollen dan auch immer zusammen sein Du must auch ohne mich nicht so viel ausgehen auch nicht zu Rambach17 nicht so viel Wein trinken kurz ich habe noch hundert Bedingungen welche Du mir alle noch bewilligen must. Noch eins Du sagst Du hast mich beleidigt da hast Du ein besseres Gedächtnis als ich ich weis von keiner Beleidigung gekränkt hast Du mich etwas aber das wahr in demselben Augenblick wieder vergessen. Das ich weinte daran must Du nicht denken Du weist ja wie leicht ich weine der Bogen ist zu Ende und ich habe kein Papier mehr also muß ich aufhören Lebe wohl morgen mehr. am 30 ten. Wakenroder ist nicht blos so gütig gewesen mir Adelbert und Emma18 zu bringen sondern er hat es mir auch vorgelesen. Meine Meinung darüber wilst Du wissen? Im ganzen hat es mir recht guht gefallen es scheint aber als ob Du es ziemlich schnel geschrieben hättest auch gefält es mir gar nicht das Emma ihren Adelbert so ganz vergessen kan das solte sie nicht man kan ihr gar nicht mehr guht sein besonders das sie sogleich den Wilhelm mit Adelbert vergleicht wen eine neue Leidenschaft erwacht so muß in den Augenblick des entstehens die alte ganz vergessen sein sonst ist es nicht möglich das unser Herz einer neuen Raum geben kan so konte also Emma ohnmöglich in den Augenblick da sie anfing Wilhelm zu lieben an Adelbert denken den dadurch das sie beide sogleich mit einander vergleicht an Adelbert denkt und doch Wilhelm lieben kan sinkt sie zum gemeinen Mädchen herab und das sol sie doch nicht sein ferner das es ihr zu einen Grund dient ihm ihre Liebe zu entziehen das er ihres Vaters Knappe gewesen ist sezt sie in ein sehr wiedriges Licht das auch kein Gedanke an ihn sie beunruhigt das sie gleichgültig einen Brief an ihn schreiben kan das sie dadurch gar nicht erschüttert wird das sie erfährt das Wilhelm den Ort seines 38

Briefe

Aufenthalts weis das alles hat mir gar nicht gefallen. Sie sol stark und rein empfinden also muste die Erinnerung an vergangene Zeiten lebhaft bei ihr werden sie musste jezt daran denken das sie dem Adelbert Treue versprochen hatte das sie diese Treue gebrochen hatte kurz sie konte wen sie nicht ein gewöhnliches Mädchen sein solte ohnmöglich so gleichgültig an ihn schreiben und auch kein Zug welcher uns mit ihr wieder aussöhnt sie ist fröhlich und guhter Laune bis am Abend ihrer Hochzeit kein Gedanke an Adelbert schleicht in ihre Seele es beunruhigt sie nicht einmal wie er ihren Brief aufgenommen haben mag kurz Emma gefält mir nicht ferner kommen verschiedene Gedanken darin vor welche Du schon in Deinen Gedichten und Schauspielen gebraucht hast auch scheint es Dich recht zu beruhigen das Du einen Menschen nach einen harten Kampf mit seinen Leidenschaften einschlafen läst. Ich weis wohl das sehr natürlich das jeder Schmerz so wohl des Körpers als der Seele ermattet aber ich glaube doch Du bringst es zu oft an es scheint Dir so zu gefallen wen Du die Leute so kanst ausruhen lassen auch gefält mir der Ausgang nicht es geht da alles so schnel und dan kommen die Verse so hinterdrein ich weis nicht warum mir das so lächerlich vorkomt. Du mus aber auch nicht böse sein lieber Bruder das ich es so tadle Du woltest meine Meinung wißen also schreibe ich sie Dir auch aufrichtig. Die Beschreibung hat mir sehr gefallen wie nach und nach das Gefühl der Emma für Adelbert [… unleserlich] wie sich nach und nach ihre Verzweiflung in Schwermuth verwandelt desto abstechender ist es nachher sie empfindet nicht mehr heftig für Adelbert aber sie empfindet doch noch für ihn. Diese Empfindung konnte nun Wilhelms Anblick wohl verlöschen aber sie konte ohnmöglich beide vergleichen. Auch habe ich es sehr schön gefunden das Adelbert die Schale wegwirft und durstig weiter eilt weil sie ihm nun Emma reicht. Doch genug davon ich kan Dich weder loben noch tadeln den ich verstehe es nicht ich kann es nur nach meinen Gefühl beurtheilen und unsere Gefühle trügen sehr oft ich kan also sehr leicht Unrecht haben. Jezt muß ich Dir ein Unglück schreiben welches mir heute begegnet ist. Erschrick nicht es ist nichts entsezliches ich hatte den ganzen Tag heftig Zahnweh auf den Abend lies es nach aber mein vorderster Zahn viel aus Du kanst nicht glauben welche sonderbare Empfindung ich hatte als ich so meinen Zahn in der Hand hatte. Das hätte ich vor einer Stunde nicht geglaubt sagte ich ganz laut ob ich gleich allein wahr und sehe in den Spiegel wie erschrak ich als ich mein Gesicht so entstelt fand ich konte eine Träne nicht unterdrüken man solte nicht glauben das man durch Zähnelücke so häßlich werden kan. Kanst Du wohl glauben das ich eitel genug wahr als mich Wakenroder auf den Abend besuchte das Sprechen zu vermeiden. Damit er diese Zunahme meiner Häßlichkeit nicht bemerken solte ich lachte nachher selbst darüber aber Nr. 7

39

als er kam da wahr der Schmerz noch neu das Unglück wahr vor einer Viertelstunde erst geschehen. Jezt habe ich mich ziemlich darüber getröstet ich erhalte morgen gegen einen Thaler einen neuen Zahn ist es nicht lächerlich das ich mir einen Zahn wie ein Kleid kaufe? Weniger kan mir nun dieser neue Zahn gewiß nicht nüzen als mir der alte genüzt hat und beßer wird er auf jeden Fall aussehen ist es also nicht kindisch das ich darüber weinen konte? Das es mich für den ganzen Abend verdrüslich machte? Ich habe mich oft schon über mich selbst geärgert das eine Kleinigkeit meine guhte Laune stöhren kan das solte nicht sein Dinge welche man nicht ändern kann darüber sollte man auch nicht traurig sein ich wil mir auch das abzugewöhnen suchen. Werde ich das aber wohl können in meiner Einsamkeit in welcher ich lebe diese Einsamkeit stört mir W. manchmal sonst bin ich allein oder in Geselschaft meiner Eltern. Einsamkeit taugt nicht für mich wir geben wen wir allein sind so manchen Gedanken raum kurz es scheint oft als wen man Vergnügen daran fände sich selbst zu quälen. Und Geselschaft lieber Bruder welche kan ich haben. Die Geselschaft von Frauenzimmern ich bin nicht albern genug um an der Geselschaft meiner Bekanten Vergnügen zu finden. Die Geselschaft von Männern alle welche ich kenne Deine Freunde abgerechnet sind mir unerträglich ich wünsche mir ihre Geselschaft nicht und die deren Geselschaft ich wohl wünschte müßen mich unerträglich finden den ich bin nicht klug genug das sie mich ihrer Freundschaft wehrt achten könten und mich kränkt es wen ein solcher Mensch mir blos gewöhnliche Höflichkeiten sagt es beweist mir das er mich zu den gemeinen Frauenzimmern zählt mit denen man nicht anders sprechen kan und darum wirst Du mein lieber Bruder mit jeden Augenblick unentbehrlicher ich gräme mich würklich recht das ich nicht bei Dir sein kan ach lieber Bruder ich kan es vielleicht nie. Ich sagte heut das ich mich darauf das ich einst bei Dir leben wolte. Da warfen mir meine Eltern Undank vor das ich jezt schon die Absicht hätte sie zu verlaßen lieber Bruder undankbar möchte ich nicht gern sein Undank ist schändlich und ohne Dich kan ich nicht glücklich sein bei Dir mus ich sein ich hoffe bei Dir Schadloshaltung zu finden für jeden Kummer welchen mir freilich zum Theil selbst bereitet habe. Sie so weit ist es mit mir gekommen selbst lesen darf ich nicht oft es versigt meine Einbildungskraft ich vergleiche mein Schicksal mit dem Schicksal der Leute deren Geschichte ich lese kurz ich spiele einen Roman mit mir selbst und wie schedlich das für meine Ruhe und Gesundheit ist wirst Du selbst wißen. Ach wen nur erst Ostern währe das ich Dich mein lieber Bruder wieder sähe welcher lange Zwischenraum trent uns noch und dan wen diese Zeit herbeigewünscht und gesähnt ist dan sind wir ein par Tage beisammen und werden wieder getrent ach lieber Bruder es ist sehr traurig in …19 40

Briefe

Dieser Welt so selten werden unsere Wünsche erfüllt das Glück unseres Lebens hängt so oft von einem kleinen ohngeferen Zufal ab doch was schreibe ich schon wieder ich will durchaus so etwas nicht mahl denken. Noch eins lieber Bruder es ist mir so sehr zum Bedürfnis geworden mit einem Menschen vertraut umzugehen das es wohl sein kann das ich bei Wackenroder zuweilen die feine Lebensart vergeßen habe und etwas zu vertraut gewesen bin du must keine unanständige Vertraulichkeit mutmaßen blos habe ich ihn manchmal nicht so begegnet wie ich eigentlich einen Menschen von seinem Stande sollte. Du kenst ihn beßer als ich glaubst du wohl das er das nicht übel genomen hat beruhige mich deshalb wen du kanst Schreib mir auch ob es ihm wohl nicht zu beschwerlich ist in meiner Geselschs[a]ft zu sein es würde mich sehr freuen wen ich das nicht fürchten brauche. Lebe wohl mein theuerster Bruder Schreib mir ja bald und einen recht langen Brief Lebe wohl mein bester l[i]ebster Bruder ich sehne mich jezt recht nach dir – ich kan die Tränen ohnmöglich unterdrüken das mein heißes Wünschen vergeblich ist lebe wohl ich küße dich in Gedanken lebe wohl und denke oft an Deine zärtliche Schwester Sophie Tie[c]k

Nr. 8 Ohne Ort, [den 9./10. Dezember 1792] Liebster Bruder Bin ich nicht recht fleißig ich schreibe schon wieder an Dich. Schon wieder wirst Du das auch sagen? Ich hätte Dir nun freilich nicht viel zu sagen den alles in unsern Hause steht wie sonst alle sind gesund sogar auch ich wen ich nicht Zahnweh hätte damit bin ich jezt sehr geplagt. Du bist doch noch gesund? Werde ich ja nicht krank mein lieber Bruder und schreib mir bald sehr bald wieder. Doch bin ich nicht unverschämt Du bist so gütig gegen mich ich erhalte so viele Briefe und verlange doch immer sei nicht böse darüber. Vergib mir das ich Dir Schmohls1 Briefe geschickt habe Du hast sie doch gewiß mit Verdrus gelesen und ich hätte ihn Dir so leicht ersparen können. Schmohl hat noch einmal an mich geschrieben und um Verzeihung gebehten ist das nicht ein sehr sonderbarer Mensch? Ich wil gern glauben das er nur sonderbar nicht schlecht ist so habe ich mich doch sehr in ihn betrogen gefunden es währe traurig wen mir das oft so gehen solte wen man seine Erwartungen bei allen Menschen so getäuscht findet so mus es ein sehr armseliges Ding um die Menschenkentnis sein. Findest Nr. 8

41

du nicht lieber Bruder das ich oft sehr alberne Bemerkungen mache ist es nicht lächerlich das ich dir das alles schreibe? Verzeihe mir das immer ich finde etwas sehr beruhigendes darin das ich Dir alles schreiben kan was ich denke ohne das ich zu befürchten brauche das Du über irgend einen Gedanken böse wirst. Ich weiß nicht lieber Bruder ich bin jezt heiterer als sonst aber auch weit weicher ich liebe Dich schwärmerisch und bilde mir so gern ein das Du mich eben so liebst. Ich erwarte oft so gewiß einen Brief von dir und kan die Tränen nicht unterdrücken wen ich mich getäuscht finde ich sehne mich oft nach Dir ich erinnere mich an jeden Spaziergang welchen wir beide machten jeder kleine Umstand erinnert mich was Du bei dieser oder jener Gelegenheit gesagt gethan hast die Erinnerung an alle diese Kleinigkeiten gewährt mir ein wemühtiges Vergnügen. Blos heute machte mich diese Erinnerung plözlich traurig ich dachte. daran wie voriges Jahr alles so anders wahr was wünschte und hoffte ich da nicht alles ich träumte von einer künftigen Glückseligkeit welche ich freilich nie erreicht haben würde doch genug davon ich habe schon so oft den Vorsaz gehabt Dir so etwas nicht mehr zu schreiben und doch überrschat es mich immer wieder Du kanst mir das auch wohl verzeihen den Du bist ja mein Freund vom Bruder dürfte ich freilich nicht Verzeihung hoffen den die Brüder sind meist sehr strenge gegen die Schwestern und leider habe ich auch die Bemerkung gemacht das sehr selten der Bruder auch der Freund der Schwester ist um so glücklicher bin ich das Du beides vereinigst. Wen Du nur erst hier wärest lieber Bruder dan wolten wir recht fröhlich sein dan wolten wir gar nicht daran denken das wir uns wieder trennen müßen. Ich habe Petern2 im Spas gesagt das ich auf Ostern mit reise um dort zu Studieren und das glaubt er nun ganz gewiß. Auf diese Reise freue ich mich recht das werden gewiß die glücklichsten Tage meines Lebens sein. Lieber Bruder in Deiner Geselschaft eine Reise nach Werliz3 Du bist dan gewiß auch recht vergnügt in der Geselschaft Deiner Freundin in meiner und Deines Freundes Wackenroder4. Das glaube ich ist ein recht guter Mensch wehrt Dein Freund zu sein welchen ich volkommen hoch achte diesmal betrüge ich mich gewiß nicht. Er liebt Dich gewiß sehr und schon darum ist er mir sehr werth Ich muß aufhören ich schreibe Dir nach meine[r] Gewohnheit spät und Vater klopft Schlaf wohl mein lieber Bruder. am 10 ten. Ich fand heut noch ein Stück von einen alten Schauspiel welches wir ehemals in Companie schrieben und kanst Du wohl glauben das mich das traurig machte ich erinnerte mich plözlich an jede trübe und helle Stunde welche wir miteinander verlebt haben. Damals Lieber Bruder wahr es doch weit besser. Die Frage ob wir jemals wieder so vereint sein werden macht mich jedesmal 42

Briefe

traurig weil es sehr unwahrscheinlich ist und doch kann und werde ich diesen Plan nicht aufgeben. Ich wurde neulich sehr ausgelacht als ich diesen Wunsch äußerte Vater sagt sogar das er mich sehr beklagen würde wen ich unverheiratet bliebe als wen das heuraten ein so schäzenswertes Glück wäre wie wenig Männer giebt es mit denen ich glücklich sein würde und wen ich ja glaubte ich hätte einen solchen gefunden wer steht mir dafür das ich mich nicht wieder geirt habe. Dich mein lieber Bruder kenne ich volkommen ich bin überzeugt das ich Dir gewiß nie lästig sein würde ob das Vater gleich nicht glaubt. Er glaubt einige Jahre können den Menschen sehr ändern. Das glaube ich auch aber Dich nicht in den Fall gewiß nicht davon bin [ich] so fest überzeugt das ist auch gar nicht möglich dan müßte ich ja deine Liebe verlieren und das kan nicht sein. Ich werde Dich nie weniger lieben als jezt und Du mich gewiß auch nicht. Ich denke es so gerne wie wir einst beieinander sein wollen es macht mir doch wenigstens manchen frohen Augenblick. Wen nur der Winter erst vorüber währe ich weis nicht warum mir der Winter so traurig ist macht es vieleicht der Abstand gegen den vorigen wo wir oft so froh wahren und jezt diese Einsamkeit die Stille welche oft um mich her herscht. Du weist das mir Geselschaft kein so dringendes Bedürfnis ist es giebt Stunden wo es mir sehr lieb ist das ich allein bin aber es ist mir nicht gesund das ich immer und ewig size. Mein Leben ist ein recht langweiliges Einerlei eine beständige Abwechselung von Nähen und Striken ein Brief von Dir oder ein Besuch von Wakenroder ist die einzige angenehme Unterbrechung. habe ich also nicht Ursach das ich mich beklage? Was würdest Du wohl an meiner Stelle thun ich glaube schwerlich das Du es aushalten würdest ich habe nicht einmal viel Zeit an Dich zu schreiben ich lerne jezt sehr geschwind schreiben das wirst Du auch wohl errahten den zu Lesen ist es nicht gut. Ausgehe ich gar nicht der Künstler5 hat immer nicht Zeit oder es ist so schlechtes Wetter kurz es ereignen sich immer tausend Hindernisse Dafür alles hoffe ich nun Schadloshaltung wen Du hier sein wirst da wollen wir recht viel miteinander ausgehen und … [hier bricht der Brief ab].

Nr. 9 Berlin den 28 ten Dezember 1792 Liebster Bruder Warum schreibst Du mir den nicht? Bist Du etwa böse über manche Kleinigkeit welche ich Dir geschrieben habe? Vergib mir das ich bitte Dich rechtNr. 9

43

sehr darum und strafe mich nicht so hart es ist nun schon die dritte Woche und ich habe noch keinen Brief von Dir ich bitte Dich laß mich nicht länger warten. Oder bist Du etwa krank? Oder hast Du mich so ganz vergessen? Siehst Du wie mich so viele Besorgnisse quälen. Wen Du böse sein soltest dieser Kleinigkeit wegen? Lieber Bruder das währe zu hart ich habe ja ein Recht Dir meinen lieben Bruder meine Gedanken zu sagen Du warst sonst immer so gütig wen ich Unrecht hatte mich zu belehren. Wen nun auch meine Briefe in einen Anfal von Empfindelei geschrieben sind so ist das ja wohl verzeihlich. Du weist ja nicht welche besondere Veranlassung ich dazu gehabt habe. Wie kanst Du das 40 Meilen von mir beurtheilen. Schreib mir doch ja bald liebster Bruder ich bin so ängstlich. Sieh lieber Bruder wie sich alles verändert hat es ist heut der erste Weihnachtstag1 lieber Bruder vor einigen Jahren noch wie freuten wir uns auf diesen Tag wie wahren wir da noch so froh beisammen und jezt – Welch ein Unterschied. Ich muß mich von diesen Gedanken abziehen ich bin so äußerst traurig so besorgt um Dich. Ich kan mir nichts schrecklicheres denken als wen Du krank sein solltest und ich nicht bei dir. Schreib mir doch ja. Piesker2 ist bei mir gewesen und hier ist ein Brief von ihm er ist sehr wohl außer das er sehr von Langeweile geplagt wird. Wakenroder3 hat mich auch lange nicht besucht. Wil mich den alles verlaßen? Vater und Mutter ist wohl und laßen Dich herzlich grüßen der Künstler4 ist wohl auch er läst grüßen. Ich muß aufhören die Post geht sonst ab. Lebe wohl mein theurer Bruder ich erwarte nun morgen wieder einen Brief von Dir wen ich mich wieder betrogen fände. Nachmittag mus ich leider wieder bei Betkobers5 sein. Lebe wohl und vergib mir wen ich Dich beleidigt haben solte Lebe wohl Deine zärtliche Schwester Sophie Tieck

Nr. 10 Berlin den 8 ten Januar 1793 Liebster Bruder Ich danke Dir für Deinen lieben Brief ich habe ihn mit rechter Sehnsucht erwartet. Ich wuste nicht woher es kam das ich in mehr als 3 Wochen keinen erhielt ich hatte schon alle Trostgründe erschöpft also kanst Du Dir denken wie sehr er mich erfreut hat. Es ist fatal das die Post so unorndlich geht 44

Briefe

Dein Brief ist beinahe 14 Tage unterwegs gewesen ich habe ihn erst am 6 ten Januar erhalten. Die Stiefeln gehören Dir wir haben sie ausbessern lassen das hat sie Dir so unkentlich gemacht. Der bunte Tuch ist ein Schnupftuch und gehört Dir auch es ist ein Geschenk von Muttern scheint es Dir zu gut oder zu schlecht das Du ihn nicht für den deinigen erkennen wilst. Ich habe erfahren das wir dies Jahr Ostern früh haben wurden das ist mir sehr lieb da werde ich Dich mein lieber Bruder desto eher sehen. Dan wollen wir recht fröhlich sein ich bin dan immer zu Hause da können wir recht oft ausgehen auch in die Comödie Du mein lieber Bruder must dazu auch mehr als voriges mal bei mir sein. Ich bin wen Du hier bist jeden Augenblick traurig wen ich nicht bei Dir bin. Du must dan auch nicht mehr nach Fredersdorf1 reisen das würde mich gewiß recht sehr kränken wen wieder so einige Tage verlohren gingen auch zu Bernhardi2 must Du nicht so oft gehen er kan ja bei Dir sein. Sieh lieber Bruder wie ich da schwaze als wen Du morgen ankommen würdest und doch muß ich mich leider noch über 2 Monate gedulden. Das die Wellern3 nicht mitkomt (sol ich dir die Wahrheit gestehen) ist mir recht lieb wir sind doch ohne sie weit freier. Vor einigen Tagen hätte ich sie noch recht gern kennen gelernt aber jezt ist sie mir gleichgültig und ich kan sogar einigen Unwillen nicht unterdrücken wen ich bedenke das Du die Zeit welche Du bei ihr gewesen bist bei uns hättest zubringen können. Diese Veränderung von meiner Seite ist sehr natürlich sie ist eine Folge der Deinigen. Den Plan mit Dir zu reisen gebe ich aber deshalb keineswegs auf. Ich habe Muttern schon gesagt das die Wellern vieleicht nicht nach Berlin komt das Du ihr aber ganz gewiß versprochen hast das ich sie besuchen sol und (denke Dir wie gütig sie gegen mich ist) sie hat nichts dagegen wen Vater etwa Einwendungen machen solte so so4 darfst Du ihn nur um seine Einwilligung bitten. Dir versagt er sie gewiß nicht. Also wären nun alle Schwierigkeiten bis auf 2 gehoben erstlich wie komme ich zurück? Und zweitens werde ich Dir und Wackenroder5 nicht beschwerlich sein? Die erste Frage kan ich mir wohl selbst beantworten ich reise mit der Post das wird mir freilich allein unangenehm sein. Aber das ist doch nun einmal nicht zu ändern aber die zweite wil ich dir zu beantworten überlassen. Ich mag die Wellernn aber nun nicht besuchen da sie Dir nun gleichgültig ist so hat sie auch kein Interesse für mich mehr. Aber liebster Bruder einen Gedanken mus ich dir mitheilen. Deine Trunkenheit ist verflogen die Wellern ist Dir gleichgültig weil sie ein gewöhnliches Frauenzimer ist Es währe doch ein stolzer Gedanke wen ich mich für etwas mehr halten wolte. Welcher Mensch kann also Freundschaft für mich haben. (da mir auch dieser äußere Schimmer mangelt mit welchen sie Dich fesselte) als etwa gewöhnliche MenNr. 10

45

schen und deren Freundschaft mag ich nicht und sie selbst könen nicht einmal Freundschaft geben. Den leider findet Freundschaft nur bei außerordnlichen Menschen stat und Vielleicht bin ich in diesen einzigen Fal nicht gewöhnlich doch genug davon Dein lieber Brief hat mich so dreist gemacht das ich dir lauter dummes Zeug vorschwaze. Es freut mich das Du mich beruhigt hast. Es machte mich jedesmal traurig wen ich dachte das diese Verbindung deine Zufriedenheit stören könte und nun ist diese Besorgniß auf einmal zerstreut. Ich glaube sogar das Du mich über die Wellern vergessen hättest und das ist vieleicht auch ein Grund warum es mir lieb ist das sie nicht komt Zahnweh habe ich nicht mehr und das ich dir nichts von dem Befinden meines neuen Zahnes sagte komt wohl daher weil ich es selbst vergesse das ich einen falschen trage. Das ist doch wohl alles was man zu seinen Lobe sagen kan. Herr Giese6 befindet sich meines Wissens nach hier und ist jezt der Liebling des [… unleserlich] welcher ihn in seine Geheimnisse einweiht er theilt uns aus Freundschaft von Zeit zu Zeit etwas mit woraus ich schließen kan das der [… unleserlich] solche Schwindel erzählt wie Du uns ehemals vom [… Freilassung] dergleichen. G wil sich vom König erbitten das er ein Seminarium für candidaten errichten darf und das jede Prediger Stelle welche im Lande offen komt durch einen Candidaten besezt werden sol das G auf diese Art und Weise leicht Prediger zu wer[den] denkt wirst Du wohl glauben. Wen das aber zu Stande komt dan hat doch wohl kein vernünftiger Mensch Hoffnung Prediger zu werden. Was Wackenroder anbetrift so scheint es als hättest Du mich ganz unrecht verstanden. Du scheinst zu glauben das ich einen Unterschied der Stände anerkenne und niemand ist wohl mehr vom gegentheil überzeugt als ich. Ich habe ihn blos nicht ganz wie einen Fremden begegnet sondern mehr wie einen Freund. Da ich nun doch nicht von mir rühmen darf das ich seine Freundschaft besize so konte er das leicht übel nehmen und so habe ich vieleicht blos einen unrechten Ausdruk gewählt den das glaube ich nicht das ich so einfältig sein könte einen Menschen blos darum zu achten weil sein Vater G. K.7 ist. Das währe ihm selbst nicht einmal eine Schmeichelei den dazu hat er ja nichts beigetragen. Schreib mir doch ja bald wieder ich bitte Dich recht sehr darum das wird mir beweisen das Du mich lieb hast wen ich recht bald einen Brief erhalte. V8 M9 der K10 und P11 lassen herzlich grüßen alle sind wohl. Vergiß ja nicht mir bald zu schreiben Lebe wohl mein liebster Bruder Deine zärtliche Schwester S. Tieck

46

Briefe

Nr. 11 Ohne Ort, den 11./12. Januar [1793] Liebster Bruder Wackenroder1 frug mich heut ob ich ihm keinen Brief zum Einlege geben wolte wie könte ich es also übers Herz bringen Dir nicht zu schreiben. Ich hatte auch voriges Mal so wenig Zeit. Ich freue mich recht das wir schon den 11 ten Januar haben da wirst Du ohngefehr nur noch 10 Wochen wegbleiben. Nur noch 10 Wochen welch ein langer Zeitraum trent uns noch voriges Jahr hätte ich nicht geglaubt das ich l0 Wochen ohne Dich leben könte. Was man doch alles in der Welt lernen muß. Wir müßen das entberen lernen was unsere größte Glück­seligkeit ausmacht. Ich lebe jezt ziemlich gut in Berlin ich bin ziemlich gesund und habe einen Bogenlangen Brief von Dir erhalten wofür ich Dir recht sehr danke ich möchte Dich wohl bitten mir öfter so zu schreiben und wen das meiner Bitte einiges Gewicht geben kan so muß ich Dir sagen das er mir sehr viel Freude gemacht hat ja das er mich ganz beruhigt hat. Er hat tausend Besorgnisse zerstreut Deiner Gesundheit und Deiner Liebe zu mir wegen. Ich wahr besorgt Du würdest mich über die Wellern2 vergessen ich schrieb sogar Deine kleine Nachlässigkeit auf ihre Rechnung kurz du weist ja wohl wie ich immer bei jeder Gelegenheit so viele Gründe habe mich zu ängstigen und jezt habe ich nun keinen mehr. Ich bin jezt wohl und ziemlich heiter ich freue mich auf Deine Ankunft Ich habe eine Bitte an Dich die gewiß nicht unbillig ist da Dir die Wellern nun gleichgültig ist so reise nicht über Dahme Du wirst dort so lange aufgehalten und ich müste das Vergnügen Dich bei uns zu sehen noch länger verschieben ferner würdest Du es eben auch nicht gut vermeiden könen sie mitzubringen. Doch ich wil dir nichts vorschreiben Du wirst am besten wissen wie es gut ist. Wen Du mir zu Gefallen blos es unter liesest und dan nacher doch glaubtest das du dort Vergnügen gefunden haben würdest so würde ich ein jedes verdrüsliches Gesicht als einen still schweigenden Vorwurf betrachten doch was sprech ich Du solst ja dan kein verdrüsliches Gesicht machen. Du schreibst ja das Du in Goettingen so heiter bist das wäre ja traurig wen Du es hier nicht sein woltest. Ich werde gewiß so viel als möglich zu Deinem Vergnügen beitragen. Du komst doch noch 8 oder 14 Tage vor Ostern nicht wahr lieber Bruder? Dazu must Du nicht nein sagen. Ich erhalte das Versprechen im nächsten Brief es ist ein wichtiger Grund warum ich jezt so heiter bin. Wen meine gewöhnliche Traurigkeit mich überfält so denke ich mir das Vergnügen so lebhaft als möglich wen ich bei Dir sein werde. Heut sprach Nr. 11

47

ich einen Jäger aus Stütge3 welcher mir sagte das Du in seinen Hause gewesen wärest. Der Man wahr mir blos darum lieb es ist der Jäger welcher auf den hohen Berg bei Stütge wohnt wen Du Dich seiner noch zu erinnern weist. Er erzählte mir auch viel von der Familie des Oberförsters welches nicht sehr zu ihrem Lob ausfiel. Doch das wird keinen Menschen was angehen. Der Künstler4 läßt Dich herzlich grüßen ich glaube immer er hat schon wieder ein par Briefe an Dich zerissen. Denke einmal wie es der Mensch jezt darauf anlegt sich zu puzen ich stike ihm jezt eine [… unleserlich] Weste mit Gold. Hättest Du ihm das wohl zugetraut? Jezt liebster Bruder muß ich mir selbst das Zeugnis geben das ich weit vernünftiger bin als sonst ich habe es ganz vergessen das ich jemals einen S.5 liebens würdig gefunden habe und das trägt gewiß sehr viel zu meiner jezigen Ruhe bei. Ich glaube aber lieber Bruder das man gegen das weibliche Geschlecht unrecht handelt wen man sie leichtsinnig nent. Ich habe beinahe ein ganzes jahr gebraucht um diesen Menschen zu vergessen. Ihr Mäner kent das weit eher. Beweist das vieleicht das ihr klüger seid? Ihr bildet euch das doch so gern ein ich kan mich aber gar nicht davon überzeugen. Nenne das nicht Eitelkeit führe auch nicht als einen Beweiß an das Du klüger bist als ich. Das ist eine Ausnahme wie viele giebt es unter den Männern wie Du und Deine Freunde. Aber denke Dir Vater behauptet der dümste unter den Männern sei gewiß so klug als das klügste Frauenzimmer. Ich gehöre nun noch lange nicht zu den klügsten und gewiß vieleicht noch nicht zu den dümsten so müste er gegen mich ein halber Gott sein. Nun das scheint er auch zu glauben. Besonders seit der Zeit da er ein Liebling von Herrn C K H6 ist welcher die Frauenzimmer auch sehr heruntermacht aber ich bin noch weit davon entfernt seiner Meinung zu sein. Schreib Du mir doch Deine Meinung darüber Du hast doch schon mehr Frauenzimmer kennen gelernt. Ist den ein so großer Abstand von Männern in Ansehnung des Verstandes? Ich habe bei Betkobers7 eine Bekantschaft gemacht welche mich jezt sehr interessirt eine gewisse Madam Schrader8 ich habe sie vieleicht schon in Deiner Gegenwart genant und mich lustig über sie gemacht das solte mir sehr leid thun. Ich rechnete sie zu den dummen Geschöpfen welche jedesmal ja oder nein antworten. Ich bedachte aber nicht das oft Unglück einen Menschen so verstimt. Da man bei Betkobers so wenig Delikatesse hatte über ihre Geschichte in ihrer Gegenwart zu spaßen so trug sie auch kein Bedenken sie mir zu erzählen und machte dadurch mein ganzes Mitleid rege. Sie wurde nehmlich von ihren Man den Forst Sekräter Schrader sehr geliebt und sie liebte ihn weil er ein schöner Man ist bis zur Schwärmerei wieder. Sie erreichte das Ziel ihrer Wünsche und wurde verheirathet. Aber kaum ein halbes Jahr nach der Hochzeit wurde er ihrer überdüßig und 48

Briefe

suchte Gelegenheit sich mit ihr zu trennen. Weil sie ihm aber gar keine gab welche eine gänzliche Trennung hätte bewürken können so giebt er ihr nun seit beinahe 4 Jahren ihren königlichen Unterhalt und sie leben ob sie gleich beisamen wohnen ganz wie Fremde. Sie liebt ihn bis jezt noch und so ist den aus Gram und Liebe aus einen sehr gesunden Mädchen ein blasses krankes Geschöpf geworden welche in ihren 22 Jahren schon verblüht. Mich hat ihre Geschichte sehr gerührt ich habe jezt eine weit bessere Meinung von ihr als sonst es schien auch als ob ich ihr gefiele sie baht mich dringend ich solte sie besuchen ich werde wahrscheinlich morgen hingehen. Ach lieber Bruder ich kann die Bemerkung nicht unterdrüken wie oft zerstören Männer unsere ganze Glückseligkeit. Doch genug davon Dich interessirt diese Geschichte vieleicht nicht so wie mich. Aber Du weist ja wie weich ich bin. Ich gerieth in Walung weil der Herr Professor nicht aufhörte darüber zu spaßen welcher glaubt das er ein Recht dazu hat weil er ihr naher Verwandter ist. So habe ich nun so manchen Verdruß und bei jeder Gelegenheit tröste ich mich mit deiner Ankunft. Wen ich einen Plan zu irgend einen Vergnügungen mache welches ich im Frühling genießen wil so mus das während Deinem Hiersein geschehen mir ist grade als wen der Frühling aufhörte zu blühen wen wir uns wieder trennen müssen. Ich rechne nach Deiner Abreise auf keine Freude mehr. Ich erschrak orndlich indem ich nach die Uhr sehe es ist bald 2 Uhr ich mus aufhören. Schlaf wohl mein Bester ich schreibe Dir vieleicht morgen noch etwas ehe Wackenroder komt. Noch eines liebster Bruder ich bitte Dich recht sehr schreib mir doch in Deinem nächsten Brief ob Du auch keinen Mangel an Geld leidest das ist jezt meine einzige Sorge. Schreib mir das ja und recht bald. am 12 ten Ich weiß nicht wie die Zeit so schnel vergeht ich bin die ganze Woche zu Hause gewesen und hatte mir vorgesezt recht viel zu thun und nun bin ich kaum zur Hälfte fertig. Besonders ist nun heut der Tag sehr schnel vergangen·ich glaubte ich wolte Dir heut noch recht viel schreiben und nun ist es schon Mittag. Wackenroder sagte mir das Du und Burgsdorf9 eine gelehrte Gesellschaft errichtet hättet. Ich wünsche Dir viel Glück dazu laß es nur nicht wieder so kommen wie mit den Wochen Schriften das es im einigen Wochen wieder nachbleibt. Du hast mir geschrieben Wackenroder würde mir etwas von Dir vorlesen er hat es aber noch nicht gethan und du kanst dir doch denken das ich sehr begierig darauf bin. Ich freue mich auf ein gedrucktes Exemplar von Adalbert und Emma10. Du wunderst Dich das ich recht habe? Ich dächte das soltest Du bei mir schon Nr. 11

49

gewohnt sein. Das Du Spanisch lernst ist mir sehr lieb ich werde das Englisch wohl verschieben müssen bis Du wieder ganz in Berlin bleibst. Lebe wohl mein lieber Bruder ich kan nun nichts mehr schreiben als noch das Vater und Mutter sich wohl befinden und auch ich seit ohngefehr einer Woche die übrige Zeit wahr ich kränklich. Du weist ja aber wohl das so etwas bei mir nicht viel zu sagen hat. Lebe wohl mein liebster Bruder und schreib mir ja bald recht bald sonst habe ich wieder tausend Angst und Sorge. Wie kanst Du aber glauben das ich auf Dich böse gewesen bin so etwas bin ich gar nicht im Stande gegrämt habe ich mich wohl aber deshalb bin ich doch nicht böse auf Dich Lebe wohl ich erwarte bald einen Brief von Dir Deine zärtliche Schwester Sophie Tieck.

Nr. 12 Berlin den 25 ten Januar 1793 Lieber Bruder Ich habe Dir einen langen Brief versprochen ich dachte aber nicht daran wie übereilt dies Versprechen wäre den ich kan dir jezt doch nur sehr wenig schreiben weil sich Wackenroder1 den Brief in einer Viertelstunde abholen wird. Ich bin ziemlich gesund und Vater und Mutter ist es auch sie lassen Dich herzlich grüßen auch unser lieber Künstler2 der verfertigt jetzt Bernhardis Portrait3 übrigens läst er sich schon im voraus für den Rock bedanken er hat nichts dagegen sondern er wird ihn dreist anziehen. Ich gehe jezt gar nicht aus lesen kan ich auch nichts ich habe den Geßner4 schon seit mehr als 8 Wochen und bin noch nicht damit zu ende. Was Dein Gedicht anbetrift so finde ich das im ganzen recht artig ist nur hättest Du es nicht reimen sollen die Verse sind oft entsetzlich hart und so durcheinander geworfen bald lange bald kurze. Ich weiß wohl das das oft recht gut ist. Das das Silbenmaß oft die Empfindungen ausdrükt aber ich glaube das es bei diesen Gedicht nicht immer der Fal ist sondern das es oft ohne allen Zweck abwechseld. Überhaupt soltest Du es nicht gereimt haben Du hast dadurch manche recht fatale Ideen angebracht welche Du gewiß weggelassen hättest wen Du es nicht des lieben Reims wegen gethan hättest. Einige Schilderungen haben mir sehr gut gefallen. Ich habe Dir vorigen Posttag Briefe aus Dahme geschickt ich erhielt sie von Pieskern5 und auch einen langen brief an mich. Sie glaubt das die Briefe welche 50

Briefe

Du ansie geschrieben hast untergeschlagen sind ich glaube aber das Du noch keinen geschrieben hast. Sol ich Dir aufrichtig meine Meinung über sie sagen? Entweder sie muß ein sehr außerordnliches Mädchen sein oder sie empfindet so wie Bohte6. Sie hat so etwas festgezt was jeder guhte Mensch nun empfinden mus und nun bildet sie sich ein sie empfindet das auch. Vergib mir liebster Bruder wen ich Unrecht habe und belehre mich besser. Ich muß Dir aber gestehen ihr Brief an mich ist so empfindsam das ich mich darüber wunderte. Nach meiner Meinung kan man so nur mit seiner Herzens Freundin sprechen und wodurch habe ich verdient das zu sein? Sie kent mich ja nicht. Und wen Du auch von mir gesprochen haben solltest. Die Brüderliche Liebe ist viel zu parteiisch. Doch genug davon. Kom Du mein liebster Bruder nur bald recht bald nach Berlin ich kan nicht eher froh sein. Ich habe deshalb jezt deshalb so viel zu thun weil ich dan gern Deine Geselschaft ganz genießen möchte. Nach Wörliz lieber Bruder wer weiß ob ich da mitreisen kan ein fataler Zufal welchen ich Dir mündlich erzählen wil hat mein ganzes kleines Vermögen weggenomen und ohne Geld weist Du wohl kan man nicht reisen. Doch das wollen wir wohl noch sehen ich möchte doch ungern dies Vergnügen aufgeben. Wen Du unrechte Stiefeln hast so hast Du sie schon in Halle verwechselt den es sind dieselben welche Du mitgebracht hast. Schreibe doch recht bald wieder Lieber Bruder ich bitte Dich sehr lasse mich nicht immer so lange warten es ängstigt mich sehr. Hast du den kleinen Brief vom 25 ten Decbr7 erhalten ich habe doch wenigstens einen geschrieben. Lebe wohl liebster Bruder wen Du nur erst bei mir wärest es ist noch entsezlich lange lebe wohl Deine zärtliche Schwester Sophie Tieck.

Nr. 13 Berlin den 22 ten Februar [1793] Liebster Bruder Ich glaubte ich wolte einen brief von dir erzwingen wen ich Dir nicht schriebe da würdest Du doch dachte ich besorgt sein und so erhielte ich einen Brief aber leider habe ich mich geirt. Ich bin so mismuhtig das ich Dir Deines langen Stillschweigens wegen Vorwürfe machen könte. Ich bitte Dich mein bester Bruder laß mich doch nicht in beständiger Angst und Sorge leben schreib mir doch endlich einmal wieder. Ich habe mich jeden Posttag überreden wolNr. 13

51

len ich zweifelte daran das ich einen Brief erhalten würde und ich war doch immer so gewiß davon überzeugt – Ich wolte mir immer selbst eine unverhoffte Freude machen und jedesmal ist meine Erwartung getäuscht worden schreib mir doch bald und schreib mir wan Du nach Berlin kommen wirsst das ist die liebste Nachricht welche ich von Dir hören könte. O laß es bald recht bald sein komm zu mir damit ich wieder einmal recht froh sein kan. Dan wil ich bei Dir vergessen das es in der Welt trübe Tage giebt ich wil nicht daran denken das wir uns wieder trennen müssen. Dan wollen wir recht oft beisammen sein Du solst Dich beinahe gar nicht von mir trennen. Vergib mir mein Geschwäz ich schwaze von Deiner Ankunft so gern sie ist meine einzige angenehme Erwartung schreib mir doch bald wan Du kommen wilst. Deine Betten und Bücher kanst Du wohl gleich von dort aus nach Erlangen schiken das ist ja wohl bequemer doch das wirst Du wohl am besten wißen. Eine Sorge mein liebster Bruder trübt mir die Freude auf Deine Ankunft sage mir liebster Bruder wie wilst Du in Erlangen1 leben wen Du kein Stipendium erhälst. Ich bin zu gewiß davon überzeugt das der Vater nicht so viel geben kann das Du leben kanst glaube mir er würde es gewiß thun wen es möglich währe. Wen Du nun nichts erhälst was wilst du dort anfangen. Diese Frage lieber Bruder hat mir schon oft Tränen augeprest. Wen Du Dich auf Credit verlassen woltest ach liebster Bruder Vater kan ohnmöglich oft für Dich bezahlen Oder woltest Du durch Arbeit Deinen Unterhalt erwerben? So müstest Du in den Jahren die wenigsten Vergnügen genießen welche die Freuden reichsten Deines Lebens sein solten. Kurz lieber Bruder ich sehe keinen Weg vor mir mich zu beruhigen. Der Gedanke ängstigt mich Dich meinen Liebling auf irgend eine Art leiden zu sehen. Beruhige Du mich deshalb wen du kannst mein bester Bruder und schreib mir auch wan Du zu kommen denkst ich bitte Dich so sehr darum wie ich Dich nur bitten kan laß mich doch nicht wieder so vergeblich hoffen. Piesker2 ist hier gewesen und wundert sich das Du mir keinen Brief für die Wellern3 geschickt hast Du schreibst an keinen Menschen wen Du krank sein soltest. Gott wen Du gar gefährlich krank sein soltest was wurde da aus mir? Ich erwarte mit Sehnsucht den Postag wen ich wieder keinen Brief erhielte doch nein ich erhalte gewiß einen so hart wirst Du nicht sein. Ich kan mich immer gar nicht überreden das Dein Stillschweigen blos Nachläsigkeit ist ich denke immer er weis ja wie sehr ich mich ängstige und das ist dan immer ein neuer Grund zur Qual. Du hast mir nicht einmal geschrieben ob es gewiß ist das die Wellern mitkomt oder nicht. Es wäre mir aus vielen Gründen nicht lieb wen Du sie mitbrächtest den erstens giebt es so viel Unruhe und zweitens wen Du sie nicht mehr lieb hast so must Du ihr so wenig Anlaß als möglich 52

Briefe

geben sich für geliebt zu halten damit sie Dich auch wieder vergist. Ich erwarte nun recht bald einen Brief von Dir und die Beantwortung aller meiner fragen besonders meiner beiden wichtigsten nehmlich über Dein künftiges Leben und wan Du komst vergiß das ja nicht lieber Bruder hörst Du? ich werde sehen ob Du mich noch lieb hast. Lebe wohl mein Lieber Bruder Du wilst ja das ich nicht so lange aufbleiben sol also wil ich deinen Raht befolgen und will jezt zu Bette gehen Vater Mutter und der Künstler4 Peter5 alle laßen Dich herzlich grüßen alle sind wohl auf ich bin es seit einigen Wochen mehr als jemals das komt vieleicht auch daher weil ich jezt immer zu Hause bin. Ja so das hätte ich bald vergessen die andere Woche den Donnerstag als den 28 ten Febr. ist mein Geburtstag ich erwarte da wenigsten eine Gratulation in Versen. Lebe wohl mein theuerster Bruder nun werden wir uns bald widersehen lebe wohl ewig Deine zärtliche Schwester Sophie Tieck.

Nr. 14 Berlin den 28 ten Februar 1793 Liebster Bruder Ich danke Dir herzlich für Deinen lieben Brief er hat mir viel Freude gemacht. Ich zweifelte schon daran einen zu erhalten. Ach liebster Bruder wie sehr freue ich mich darauf Dich endlich einmal wieder zu sehen. Du bist jezt beinahe mein einziger Gedanke. Lieber Bruder ich bin jezt sehr gesund und ich kan wohl sagen froh. Ich habe die kindischen Träume vergessen welche mich beunruhigten ich freue mich ungestört auf Deine Ankunft. Nur die einzige Sorge quält mich noch wie wilst Du künftiges Jahr leben befreie mich von dieser ich wil keine traurigen Gedanken mehr denken. Es ist heut mein Geburtstag und der schönste Tag die Luft ist sehr heiter und rein die Sonne so freundlich ist das nicht eine gute Vorbedeutung? mein lieber Bruder ich werde dies ganze Jahr so heiter sein wie diesen Tag. Mir ist so unbeschreiblich wohl ich möchte die ganze Welt an meine Brust drüken. Wirst Du das was ich geschrieben habe wieder Empfindelei nennen? Immerhin von Dir kan ich jeden Tadel ertragen. Und mags doch Empfindelei sein mir ist doch so wohl dabei das ich sie für keine finstere Weisheit austauschen möchte. Deinen Abdalla1 habe ich doch gesehen er hat mir sehr gefallen es ist kein Vergleich mit Adalbert2 oder mit den Rostrap3 nur dünkt mich Du hast inzwischen zu Bilderreich gesproNr. 14

53

chen auch ist mir der Ausdruck Rachen zuweilen sehr aufgefallen doch das mag ich nicht tadeln das scheint vieleicht mir nur so weil ich eine so äußerst lächerliche Idee damit verbinde. Es sind auch noch verschiedene andere Ausdrüke welche mir nicht gefallen besonders einige Bilder. Auch glaube ich ist es unnatürlich das Selim4 ein par Augenblike darauf nachdem er ihm erzählt hat wie sehr er selbst seine Gattin geliebt hat seinem Sohn befielt Abubekers Tochter5 zu heiraten und droht ihn sogleich mit seinen Fluch wen er es nicht thun wollte das ist doch entsezlich hart. Da er selbst so zärtlich geliebt hat so müste ihm nach meiner Meinung das schon eine Zärtlichkeit in diesen Fall geben und er konte ohnmöglich seinen Sohn befehlen zu heirathen. Die ganze Geschichte könte doch so bleiben Selim brauchte blos seine Gattin weniger geliebt haben und so währe es alles natürlich. Von Pieskern6 habe ich seitdem er hier gewesen ist nichts gesehen. Du bist aber sehr irriger Meinung wen Du denkst das die Wellern7 ist weder sie noch Piesker lassen es sich einfallen das Du wohl keine Briefe schreiben möchtest sondern sie glauben das sie troz aller Vorsicht untergeschlagen worden. Sie denken sich einen ganzen Roman aus und sind weit davon entfernt auf den simpelsten Einfal zu gerahten. Sie glauben Hubert8 habe die Töchter des Postmeisters überredet die Briefe an ihn stat an die Wellern zu geben. Und ich glaube er wird Dich nicht anders verstehen als wen Du ihm gerade zu sagest das Du Dich in Ansehnung seiner Cousine geändert hast Er sagte mir nemlich das er wetten wolte das Du nicht den nächsten Weg nach Berlin nehmen würdest sondern das Du gewiß über Dahme9 reiten und die Wellern besuchen würdest. Und sezte er hinzu da weiß man den schon wie das geht da komt er gewiß 14 Tage später als er verspricht. Darauf müssen sie sich nun schon gefaßt machen. Ich wußte das nun zwar besser aber ich mochte ihm meine richtige Meinung nicht mitheilen. Du magst sehn wie Du mit ihm fertig wirst. Aber liebster Bruder nur bitte ich Dich recht sehr laß Dich auch nicht etwa zu einer anderen Reise übereden sondern komme geradewegs aus Göttingen nach Berlin und schreib mir ja bald wieder. Bestimme ungefehr den Tag wen Du zu kommen denkst. Ich bitte Dich recht sehr darum es ist mir so angenehm wen ich die tage bis zu Deiner Ankunft zählen kan. Es wird recht fatal sein wen Wackenroder10 auch fort ist wer wird mich dan besuchen? Mit wem werde ich dan von Dir sprechen? Er ist mir in diesen halben Jahr recht lieb geworden. Ach lieber Bruder es ist überhaupt eine recht traurige Aussicht Dich in ein ganzes Jahr nicht zu sehen. Doch daran wil ich heut nicht denken ich wil mich durchaus traurig machen ich wil heut blos daran denken das ich Dich nun bald sehen sprechen werde. Da wollen wir uns das alles sagen was uns die Freude eingeben kan. Vater und Mutter und der 54

Briefe

Ludwig Tieck (Büste)

Künstler11 alle sind wohl sie lassen Dich herzlich grüßen sie freuen sich eben so sehr auf deine Ankunft als ich. Doch nein das ist eine Lüge so sehr kan sich kein Mensch darauf freuen. Wackenroder wird sich den Brief so gleich abholen also kan ich Dir nichts mehr schreiben lebe wohl mein bester Bruder nun werden wir uns ja bald wieder sehen Lebe tausend mal wohl bis dahin Deine zärtliche Schwester S. Tieck

Nr. 15 Berlin den 26 ten [April 1793] Liebster Bruder Ich danke Dir für Deinen lieben Brief ob ich ihn gleich ziemlich spät erhielt. Ich soll dir das verzeihen? Als ob ich jemals einen Augenblick mit Dir zürnen könte? Wen Du das von mir glauben köntest so würde es den Argwohn in mir erregen das auch Du es köntest und das würde mir viel von meiner Beruhigung nehmen. Ich bin gesund und Vater ist etwas besser als da Du bei uns warst Ach lieber Bruder wie dies einzige Wort mich traurig macht. Die Zeit solte mich doch an diese Trennung gewöhnen Du bist ja schon ein Jahr fort gewesen und doch ist meine Empfindung noch eben so lebhaft als am ersten Tag nach Deiner Abreise. Ob ich nach Golzow1 reise? Gewiß wen dort Hochzeit2 wird und sie uns einladen. Ich zweifle aber das ich dort recht sehr froh sein werde. Ich gewöhne mich immer mehr an Ruhe und Einsamkeit und beides werde ich nicht finden. Ich fühle zwar manchmal sehr das Bedürfnis mit Menschen umzugehen aber wie sehr schreken sie mich zurük Ich bedarf einen Freund wie Du der jede meiner kleinsten Handlungen weiß jeden Gedanken und jede meiner Empfindungen kent der mich mit Nachsicht und Schonung behandelt. Kan ich unter den Menschen noch einen solchen finden? Verhindern nicht schon die Vorurtheile von Wohlstand und Lebensart eine solche Verbindung. Doch das sind Sachen worüber ich schon oft geklagt habe und die sich doch nicht ändern lassen. Ich will mich daran gewöhnen und mich bei Dir schadlos halten. Es ist heut zum erstenmal seit Deiner Abreise gutes Wetter es ist zum erstenmal warm. Es hat vorher ein par Tage geregnet wie nun alles in der freien Welt schön sein mag. Ich wäre heut so gern ausgegangen. Ein Blumenstraus welchen ich heut erhielt weckte eine rechte Sehnsucht nach einen Spaziergang bei mir. Allein konnte ich doch aber nicht gehen und einen Begleiter hatte ich nicht mochte vieleicht auch keinen ich bin heut sehr 56

Briefe

für die Einsamkeit gestimt das mir keines Menschen Geselschaft die Deinige abgerechnet lieb sein würde. Ich kome immer wieder auf Deine Abwesenheit zurück. Das Schöne hört auf für mich schön zu sein wen ich daran denke das Du so weit von mir bist und das solte es doch nicht. Scheint den die Sonne minder warm und freundlich wen Du nicht bei mir bist? Oder blühen Bäume und Blumen nicht eben so schön wie sonst wen Du auch in Erlangen lebst? Und doch habe ich diese ganze schöne Welt oft so häßlich gefunden weil ich darin nicht zufrieden bin. O des jämmerlichen Stolzes als wen ich das wichtigste Wesen in der Schöpfung wäre. Als wen alles Erschaffen auf meine Ruhe und Zufreidenheit abzweken müste. Und doch ist es so dieser Sonnenschein macht mich so froh der Gesang der Vögel ist mir so angenehm er wekt tausend angenehme Gefühle in mir auch diese Blumen duften mir so lieblich u. gewiß ist es nur mein Eigensin welcher mich hindert froh zu sein. Du wirst mich ja auch in der Entfernung immer lieb behalten wirst mir oft recht oft schreiben und ich werde Dich wieder sehen. Du glaubst nicht wie viel mir diese Hoffnung jezt wehrt ist. Ich habe auch Dein bild Dein liebes Gesicht ist sehr getroffen. Dieser sanfte freundliche Zug um den Mund Du sahst nicht oft so aus aber Du warst mir dan so lieb. Doch am ersten Osterabend als Du mich so gühtig tröstetest da wahr dein Gesicht ganz so. Nur die Einbeugung zwischen Stirn und Nase hat Christian3 zu stark gemacht das thut mir sehr leid das er nicht mehr in Berlin ist er wahr mir im Winter in meiner Einsamkeit immer sehr lieb. Christian läßt Dich herzlich grüßen er ist sehr gesund und froh und freut sich sehr auf die Reise nach Golzow. Schreib mir Nur bald wieder liebster Bruder laß mich ja nicht immer so lange auf Briefe von Dir warten wen Du wilst das ich vergnügt sein sol. Ich wil es auch gewiß sein. Vater und Mutter lassen Dich grüßen wie sich das schon von selbst versteht. Ich werde Dir nächstens auch Rambachs4 Bild schiken. Schreib mir doch Pieskers5 Adresse damit ich mein Versprechen halten und ihm das Deinige schiken kan. Schreib mir nur recht bald vergiß oder verschiebe es nicht. Grüße Wackenroder6. Nächstens will ich Dir recht viel schreiben ich habe jezt nicht viel Zeit. Lebe wohl mein lieber Bruder ich erwarte bald einen Brief. Wie mir das sonderbar ist das ich schon wieder an Dich schreibe vor kurzer Zeit freute ich mich auf Deine Ankunft und nun bist Du hier gewesen und das alles ist wie ein Traum verflogen. Lebe wohl mein Bester und vergiß nie Deine Sophie.

Nr. 15

57

Nr. 16 Berlin den 21 ten Mai [1793] Liebster Bruder Vergib mir das ich Deinen lieben Brief nicht eher beantwortet habe es lag würklich nicht an mich ich war so sehr mit Geschäften überhäuft das ich nicht einen Augenblick für mich hatte. Gestern Abend bin im zum erstenmal ausgewesen da hätte ich Dir schreiben können aber Du hättest den Brief doch nicht eher erhalten also verschob ich es bis heut. Ich danke Dir für Deine Reisebeschreibung1 hat mir sehr viel Vergnügen gemacht. Schreibe mir doch öfter solche Briefe2 liebster Bruder. Wie kanst Du aber einen solchen Vergleich wagen mit dem Tagebuch des P Arend3 ein Ding das ich zu meiner Plage jedesmal lesen muß. Das weist du wohl noch nicht einmal das ich das würdige Amt eines Zeitungs Lesers habe. Ein Amt das mir teurer wird als manchen seine Ministerwürde. Gestern war ich in die Comödie es wurde Fiesko4 gegeben. Das Stück hat mich sehr angegriffen. Herdt5 spielte den Verrina6 vortreflich. Ich erstarte als er den gräslichen Fluch über seine Tochter aussprach. Aber der Herr Reinwald7 macht einen Harlequin aus ihn man kan sich nichts abscheulicheres denken. Von Golzow8 haben wir noch keine Nachricht wen wir aber noch hinreisen so wil ich alle meine kindischen Narheiten besiegen und will dort recht froh sein. Hast Du den nicht einen recht kuriosen Brief von mir erhalten Du schreibst mir ja nichts davon. Ich wolte Dir nun heut recht viel schreiben und nun habe ich so heftige Kopfschmerzen mein Kopf ist vom gestrigen Stück noch so wüst. Es freute mich sehr das ich im Fiesko verschiedene Dekorationen fand die wir auf unserem kleinen Theater9 nachgeamt haben mir wars als währe ich so bekant in diesen Zimmer es drängten sich mir auf einmal eine Reihe angenehmer Ideen auf und ich mußte eine wehmütige Träne erstiken. So war mir auch wen ich den Leuten in diesen Feiertagen Birkenzweige Tragen sahe ich erinerte mich jedesmal wie wir uns einmal ein Teater von solchen Zweigen bauten und so Deine Matrone von Ephesus10 spielten. Weist Du das noch lieber Bruder? Sei nicht böse auf mich das ich Dir diesmal nur so wenig schreibe ich will es nächstens nachholen und Dir recht viel schreiben auch etwas von meinen sogenannten poetischen Arbeiten schiken kan ich jezt nur nicht viel zu so etwas kommen ich lese auch nicht viel ich habe wie Du Dich besinnen wirst so lange Du hier warst nicht viel gethan das muß ich nun immer noch nachholen. Du kommst doch diesen Sommer noch nach Berlin liebster Bruder? nicht wahr Du wirst mir Dein Wort halten wen auch Bernhardi11 nicht nach Jena kommen 58

Briefe

solte? Den wen ich Dich bis Ostern entberen solte lieber Bruder das kann ich ohnmöglich. Schreib mir doch bald und wiederhole mir dein Versprechen es ist imer die einzige angenehme Hoffnung die ich in Deiner Abwesenheit habe ich berechne dan jede Woche bis zu Deiner Ankunft und alle Zeit scheint mir verlohren die ich nicht in Deiner Gegenwart verlebt habe. Ach lieber Bruder wen Du erst ganz bei mir leben wirst nicht wahr lieber Bruder dan wollen wir recht glücklich sein ich werde Dich gewiß immer so lieb haben wie jezt und du mich auch Deine Liebe zu mir wird sich gewiß nicht schwächen ob das gleich mancher behauptet auch wen ich in Deiner Nähe lebe [… Freilassung] aber so viel von hübschen Mädchen das mich nur [… Freilassung] keine aus deinem Herzen vertreibt. Doch auch das kan nicht geschehen Du liebst ja Deine Freunde auch währe es nicht lächerlich wen ich befürchten wolte Du würdest deshalb aufhören mir gut zu sein. Ich muß aufhören lieber Bruder Vater und Mutter lassen Dich herzlich grüßen auch unserer lieber Künstler12 sie sind alle gesund nur ich habe die verdamten Kopfschmerzen. Lebe wohl mein theuerster Bruder und schreib mir ja recht bald wieder. Grüß doch Wackenroder13 er ist doch auch noch gesund ich wil es hoffen und auch das er sein Versprechen erfüllen wird und dich ans Schreiben erinnert wen Du es ja einmal vergessen soltest. Und nun mein bester Bruder lebe recht wohl und vergiß ewig nicht Deine zärtliche Schwester Sophie Tieck.

Nr. 17 Berlin den 22 ten Juni 1793 Liebster Bruder Ich kan ohnmöglich länger in Ungewißheit Deinetwegen leben warum erhalte ich den keinen Brief von Dir. Ich weiß nicht warum ich heut so außerorndlich traurig bin warum mir jedesmal wen ich an Dich denke die wunderliche Frage einfält. Soltest Du wirklich krank sein liebster Bruder oder solte es möglich sein das Dich meine Aufrichtigkeit im vorigen Briefe hätte beleidigen können den ohne ale Ursach ist es ohnmöglich das Du mir nicht schreibst es ist ja nun leider schon 3 Wochen seit ich Deinen lezten Brief erhielt und es ist möglich das ich eher keinen erhalte als die Antwort auf diesen und das währt wenigstens noch 14 Tage was sol ich in so langer Zeit anfangen. Es quälen mich seit ich die W1 sahe tausend Besorgnisse Du kanst ausgeritten gestü[r]zt sein und Nr. 17

59

dadurch krank geworden sein ich denke an Dich wen ich aufstehe bis ich zu bette gehe ich träume sogar von Dir. Siehst Du lieber Bruder Du ermanest mich immer froh zu sein und Du selbst raubst mir meine Zufriedenheit es währe mir doch jezt nicht möglich mich über irgend etwas zu erfreuen. Vergib mir liebster Bruder das solte Dir kein Vorwurf sein die Besorgnis um Dich macht mich ungerecht ich vergaß in den Augenblick das ich wen ich froh bin es nur durch Dich sein kan selbst wen Du nicht der Gegenstand meiner Freude bist wen mich die Natur beglückt wen ich alle Leiden dieser Erde vergesse wen ich nur ihre Schönheit fühle so danke ich Dir dies Gefühl. Wen ich irgend eine kleine Volkommenheit besize so ist es doch gewiß Dein Werk und so ketten mich Liebe und dankbarkeit doppelt an Dich den ohne Dich wie währe ich vieleicht geworden? Ich hätte es vieleicht nicht fühlen gelernt wie groß der Wehrt Deiner Freundschaft ist. Ich bitte Dich lieber bester Bruder schreib mir doch ja gleich wen Du diesen brief erhälst Du weist selbst wie viel Du mir bist und danach kanst Du meine Angst abmessen schreib mir auch ob ich Dich diesen Sommer noch sehen werde vergiß das ja nicht. Schreib mir auch ob Du mich noch liebst ob Du mich auch nie vergessen wirst in jeden Verhältnis in welches du kommen köntest mich gleich lieb behalten wirst ach lieber Bruder Du weist selbst das Deine Liebe mein einziges Glück meine einzige Hoffnung ist. Lebe wohl liebster Bruder die Post geht bald ab V M und der K2 lassen Dich grüßen sie sind recht gesund meinen Gruß an W3 ich hoffe er ist gesund ich bin es jezt volkommen. Lebe wohl ich wünschte Du währst erst bei mir Deiner zärtlichen Schwester Berlin S. Tieck

Nr. 18 Berlin den 3 ten Februar 1794 Liebster Bruder Ich habe Dir schon einmal geschrieben aber Du hast meinen Brief nicht erhalten das thut mir um so mehr leid weil ich einen Brief von Pieskern1 eingelegt hatte. Piesker wahr vom 7 ten bis zum 10 ten in Berlin also wahr mein Brief vom 11 ten. Nun muß ich Dir also nur schreiben das Dich Piesker herzlich grüßen läßt und sehnlich wünscht Dich einmal wieder zu sehen Er hat jezt ein anders Amt erhalten er ist Justiz Actuarius in Meseritz es ist recht fatal das der Brief verlohren ist. Ich bitte Dich schreib mir doch Deine Adresse. Wodurch 60

Briefe

habe ich es aber verdient das Du mir nicht mehr selbst schreiben wilst? Warum hast Du den Wackenroder2 das Geschäft aufgetragen? Haben wir uns den so gar nichts mehr selbst zu sagen? Ist das freundschaftlich gehandelt? Du behandelst mich wie ein fremdes überlästiges Geschöpf wo man sich verpflichtet hat Nachricht zu geben und der man nun nichts weiter zu sagen hat als das man gesund ist aber glaubest Du das es mir so wie es mir das liebste ist auch das einzige ist was ich von Dir zu hören wünsche? Dan mußte ich gegen Dich aber so gleichgültig [sein] wie Du gegen mich. Ach ich hätte nicht geglaubt das Du ein Geschenk was Du mir für eine Ewigkeit gabst so bald zurück nehmen würdest. Ich lächelte über die Besorgnis meiner Eltern das eine Entfernung von einigen Jahren uns kälter gegen einander machen würde. Ich bedauerte sie das sie Dein Herz nicht besser kanten. Ich wahr so fest davon überzeugt das nicht Jahre nicht Entfernung Dich ändern könten. Ich glaube wen Welten zwischen uns lägen so würdest Du eben so zärtlich an mich hängen als wen wir beieinander währen. Ich bitte Dich mein theurer Bruder suche Dich nicht selbst zu überreden das Deine Gleichgültigkeit gegen mich mänliche Festigkeit und meine Tränen und mein Kummer weibliche Schwäche währen. Wirf mich nicht wie Du schon oft gethan hast zu den schwachen empfindeln Geschöpfen herab. Ich frage Dich selbst ob ich jemals so eigenützig gewesen bin und meine Zufriedenheit der Deinigen vorgezogen haben habe ich Dich nicht selbst wen Du auf ein par Tage hier warst verreisen lassen? Habe ich mich darüber beschwert das Du so wenig bei mir wahrest? Ich wuste das Du in Gefolgschaft Deiner Freunde vergnügter warst als in der meinigen und darum opferte ich immer gern einen frohen Tag oder Abend auf. Ja selbst liebster Bruder wen ich überzeugt währe das Deine Gefühle mehr abgestumpft währen das Du weniger weich das Du gleichgültiger gegen alles währest als sonst so würde mich das freilich sehr unglücklich machen ich würde dan an Dich sehr viel verliehren aber der Gedanke würde mich trösten das Du glücklich währest. Ich würde Dir dan meine Tränen meinen Schmerz verbergen weil ich wüste das Du ihn nicht mehr fühlen köntest. Das Du mich aber mit so ausgezeichneter Gleichgültigkeit behandelst das Du einem Anderen aufträgst mir Nachricht von Dir zu geben Damit Du diese lästige Sache nur los wirst das lieber Bruder habe ich wirklich nicht verdient. Das läst mich auch befürchten das Dir mein langer Brief beschwerlich sein könte. Das Du ihn verdislich des langen Geschwäzes müde halb gelesen bei seite würfest. Das Du ihn nur flüchtig durch fährst ob keiner Deiner Eltern oder Geschwister krank oder gar todt währe. Doch nein nein so unglücklich wird mich das Schicksal nicht machen ich habe Dich nicht verlohren ich fürchte Dich nur zu verliehren. Nicht wahr liebster BruNr. 18

61

der Du liebst mich noch ich bin Dir nicht gleichgültig? o kom bald selbst um mich davon zu überzeugen ich erwarte Dich so sehnlich. Schreib mir doch gleich und selbst ich bitte Dich sehr wen die Bitten Deiner Schwester noch etwas über Dich vermögen so erfülle diese. Du schriebst mir einmal Du würdest über Golzow3 kommen da wolte ich Dich überraschen und Dir bis Golzow entgegen kommen ich hatte auch schon die Einwilligung unserer Eltern aber ich sähe jezt ein das Dir das nicht lieb währe und ich bleibe hier und werde Dich in Berlin erwarten. Du komst doch zu Ostern? Verschiebe es doch nicht bis Pfingsten Du glaubst gar nicht mit welcher heißen Sehsucht Du von jederman erwarten wirst. Etwas Wäsche solst Du finden ich wil so fleißig sein als möglich um Dir so viel als möglich zu machen. Schreib mir nur ja bald mein theurer bester Bruder Du glaubst nicht mit welcher Angst ich dir schreibe und verzeihe mir was ich Dir geschrieben habe wen meine Liebe und Angst mich zu weit geführt haben. Lebe wohl mein theurer Bruder V. M. [… Freilassung]4 lassen Dich herzlich grüßen alle wünschen Dich bald zu sehen. Lebe noch einmal wohl und schreibe gleich Deine Schwester S T.

Nr. 19 Berlin den 25 ten Februar 1794 Liebster Bruder Sei ja nicht böse das ich Dir nicht eher geschrieben habe ich habe jezt immer ziemlich viel zu thun und da wurde es immer bis am Abend verschoben und dan wahr gewöhnlich [… unleserlich] hier und dan wurde es wieder verschoben [… unleserlich] läst dich grüßen. Vergib mir mein lieber Bruder meinen vorigen Brief es thut mir sehr weh das ich Dich damit gekränkt habe. Du kenst mich liebster Bruder und weist das ich immer das schlimste befürchte ich bin für das Mißtrauen gegen Dich genug durch die Angst bestraft die es mir gemacht hat Das Du mich was den Brief an Pieskern1 anbetrift nicht verstanden hast wundert mich. Piesker wahr am 7 ten Januar 94 hier und schrieb einen Brief an Dich den ich am 9 ten fortschikte und dieser Brief also nicht der erste den ich Dir schon vor einigen Monahten geschikt habe ist verlohren gegangen. Die Antwort auf den ersten hat mir Bernhardi2 gegeben und ich habe sie auch sogleich abgeschickt. Noch thut es mir leid um ein schönes langes Urtheil über Deinen neuen Roman3 das in diesen Brief stand worin ich Dir weiläufig ausein62

Briefe

ander setzte warum er mir nicht gefält. Wen Du nur erst einmal hier währest mein bester Bruder es ist meine angenehmste Hoffnung Dich einmal wiederzusehen Du must mir dan aber auch Dein Wort halten und nicht so viel ohne mich ausgehen diese Tage wil ich recht froh sein ich wil es ganz vergessen das Du wieder abreisen must ich wil außer Dich die ganze Welt vergessen. Ich bin jetzt einmal recht froh mir ist als würdest Du in einer Stunde kommen alles freut sich so herzlich Dich nun bald zu sehen sogar Peter4 den Du wohl ganz vergessen hast frägt mich alle Tage ob Du noch nicht bald komst. Unsere gute Mutter spricht täglich von Dir aber keiner gewiß keiner freut sich auf Deine Ankunft so sehr als ich. Auch Bernhardi wünscht sehr das es erst Pfingsten währe damit er Dich einmal wieder sehen könte. Vergiß doch nicht wen Du komst deine alte Wäsche mitzubringen ich wil Dir neue dafür geben und die alte kan ich vieleicht noch für Petern brauchen vergiß das ja nicht dieser Auftrag ist von Muttern. Nun noch eins lieber Bruder schreib mir doch recht bald wie Du lebst es beunruhigt mich sehr das ich Dir nichts gar nichts schreiben kan schreib mir doch ja darüber Du kanst es mir nicht verdenken das mich das quält ich bin oft erstaunlich angst darum ich werfe mir jede Ausgabe vor der Gedanke das Du es vieleicht brauchst und uns nur nicht schreiben wilst peinigt mich sehr. Beruhige mich darüber wen Du kanst aber schreib mir die Wahrheit. Ich muß aus vielen Gründen aufhören lieber Bruder erstens weil ich sehr müde bin zweitens weil ich keine Tinte mehr habe drittens weil meine Federn sehr schlecht sind was Du auch wohl der ganzen Schreiberei ansehen wirst. Grüß Wackenroder5 recht herzlich von mir ich wünsche recht sehr auch ihn einmal wieder zu sehen Vater Mutter der Künstler6 lassen Dich Grüßen. Lebe wohl mein bester theuerster Bruder wie sehr wünscht ich Dir mündlich sagen zu können das ich ewig ewig sein werde Deine Dich liebende Schwester S Tieck.

Nr. 20 Ohne Ort und Datum, [vermutlich März 1794] Liebster Bruder Vergib mir das ich dir heute so wenig schreibe ich bin wirklich in der größten Eil. Ich danke Dir recht herzlich für Deine beiden Briefe1 sie haben mir Nr. 20

63

beide sehr viel freude gemacht. da sie die Versicherung enthalten das du auf Ostern komst. das macht mir unaussprechlich viel Freude. Schreib mir doch recht genau welchen Tag Du in Golzow2 und in Berlin anzukommen denkst es ist so angenehm wen man so einen Tag nach den andern abrechnen kan und wen ich nach Golzow reisen könte ach ja lieber Bruder da wollen wir recht glücklich sein ob ich Dir gleich gestehen mus das ich anfange daran zu zweifeln den ich habe würklich sehr viel zu thun wenn es aber möglich ist so kanst du gewiß glauben das niemand lieber kommen wird als ich. Schreib mir nur ja welchen Tag Du zu kommen denkst. Pieskern3 habe ich alles geschrieben was Du mir aufgetragen hast ich schicke den Brief mit diesen zugleich fort ich konte ohnmöglich eher schreiben. Lebe wohl mein bester Bruder ach wen ich Dir nur erst mündlich sagen könte wie sehr ich mich auf Deine Gegenwart freue. Lebe wohl ich bin ewig Deine zärtliche Schwester S. Tieck. Meinen herzlichen Gruß an Wackenroder4 wird er den auch nach Berlin kommen? Wirst Du meinen Brief wohl lesen können?

Nr. 21 Berlin den 24 ten Mai 1794 Liebster Bruder Ich habe Deinen Brief schon am Montag erhalten und beantworte ihn erst am Donnerstag das mögest Du meiner entsezlichen Trägheit zuschreiben. Ich lebe hier seit Deiner Abreise wieder eben so langweilig wie vorher alle meine Geschäfte die ich so lange Du hier warst ganz vernachlässigt hatte habe ich wieder nach und nach angefangen und habe nun wieder keine Freude als einen Brief von Dir Bernhardis1 Geselschaft und die Hoffnung Dich auf Michaeli2 auf eine recht lange Zeit doch wenigstens auf einige Jahre bei mir zu haben. Ach Lieber Bruder es [ist] doch herlich um die Hoffnung sie gewährt uns zehnmal mehr Freuden als der Genuß. Ich hoffe auf Dich und mahle mir Dein Hiersein so herlich aus ich träume von tausend Freuden die ich vieleicht dan nicht genieße und die mich doch jezt schon glücklich machen. Lache Du nicht in welchem Tohn ich gerahte? Ich bin beinahe ein so schlechter Philosoph wie Rambach3 in seinen Mariano es gewesen ist. Wen Du erst ganz in Berlin sein wirst dan wil ich in deiner Wackenroders4 und Bernhardis Geselschaft recht froh leben mir ist jezt als währe es ohnmöglich das ich dan noch eine misver64

Briefe

gnügte Stunde haben könte. Vergib mir lieber Bruder das ich Dir so unzusammenhengend schreibe das komt von einer sonderbaren Trägheit die ich mir selbst nicht erklären kan ich schreibe Dir von alles was ich denke nur einen kleinen abgerißenen Theil wen Du mich verstehen köntest ohne das ich mir die Mühe zu geben brauchte Dir jedes Wort zu schreiben so würdest du einen sehr strengen Zusammenhang darin finden. Was macht den Wackenroder Du sagst mir ja kein Wort davon und er selbst auch nicht ob er es mir gleich versprochen hat. Doch ein schwaches Gedächtnis scheint schon eine natürliche Schwachheit des ganzen Mänlichen Geschlechts zu sein. Er ist mir jezt noch weit lieber geworden als sonst ich freue mich sehr darauf im Winter recht oft in seiner Geselschaft zu sein. Überhaupt lieber Bruder freue ich mich so sehr auf den Winter ich werde mit eben so großer Freude die Blätter gelb werden und abfallen sehen als wie ich sie aus Knospen entfalten sahe. Du glaubst nicht lieber Bruder mit welcher unaussprechlichen Freude ich möchte fast sagen mit Entzüken ich den ersten grünen Baum sahe es wahr mir als ob die ganze Natur Deine Ankunft feuerte jedes laue Lüftchen schien mir ein Bohte von Dir. Ich glaube ich mag Dir wohl recht sonderbahres Zeug schreiben das komt mir selbst ganz so vor aber das kan ich nun schon heut einmal nicht ändern künftig wil ich dir einen recht vernünftigen Brief schreiben bis dahin must Du mit diesen zufrieden sein. Wackenroder grüß recht herzlich von mir und sage ihm das ich recht bald einen Brief von ihm erwarte und wünsche der Künstler5 der Dich grüßen läst läst ihm sagen das er nicht erwarten möchte das er die Bahn brechen würde sondern das erwartet er von ihm. Lebe wohl mein bester liebster Bruder. Meine lieben Eltern lassen Dich tausendmal grüßen sie sind beide ziemlich gesund auch ich bin es meine Trägheit abgerechnet volkommen. Lebe noch einmal wohl und denke recht oft und schreibe recht bald an Deine ich ewig liebende Schwester Tieck

Nr. 22 Berlin den 3 ten Juli 1794 Liebster Bruder Sei ja nicht böse das ich Dir so lange nicht geschrieben habe. Zwar eigentlich habe ich gar nicht Ursach um Verzeihung zu bitten den Du hattest mir ja noch länger nicht geschrieben jezt habe ich nun zwar ein Blätchen erhalten das wirst Nr. 22

65

Du doch aber wohl keinen Brief nennen oder als einen anrechnen wollen. Das ist ja nur eine Idee von einen Brief. Von mir wilst Du etwas wissen? nun so kan ich Dir den sagen das ich gesund bin keine Zahnschmerzen habe und so angenehm lebe wie das ohne Dich und in meiner Lage angeht. Das heist ich gehe zuweilen aus Bernhardi1 besucht mich ziemlich oft und ich hoffe mit Freudigkeit auf die Zeit wo Du erst hier sein wirst. Ach lieber bester Bruder dan wil ich recht sehr vergnügt sein. Du versprichst mir Du wilst dan recht viel für mich leben und Du wirst es ganz gewiß halten. Es wird dan doch ganz gewiß kein Tag vergehen den ich Dich nicht sehe wir werden oft ausgehen kurz ich werde dan erst anfangen zu leben das Du nicht hier warst wird mir wie ein unangenehmer Traum erscheinen und ich werde lächelnd an meine Tränen und Besorgnisse wärend Deiner Abwesenheit denken. Wirklich lieber Bruder ich erscheine mir manchmal recht kindisch es solte mir doch das wichtigste das liebste sein das Du gesund und froh bist es und doch quäle ich mich immer mit tausend Besorgnissen doch hoffe ich mit so heißer Sehnsucht auf den Tag an welchen Du ankomst als ob Du etwas von deiner Glückseligkeit einbüßen wen Du später komst und doch bin ich in Sorge das Du hier schwerlich so vergnügt leben wirst wie dort. Verzeih lieber Bruder ich kam wie immer gar zu leicht ins Schwazen doch Dir mus das gewisser maßen lieb sein Du must Dich dadurch eben so lebhaft an die Zeiten erinnern wo wir beisammen waren wie ich. Mir ist oft als sähe ich Dich noch wie Du immer ein halb freundliches halb verdrüßliches Gesicht machtest wen ich so schwazte und mir ist immer als müstest Du eben so aussehen wen Du meine Briefe liest. Warum hält mir den der Wackenroder2 sein Wort so schlecht und schreibt mir nicht? Hat der etwa eine so genaue Rechnung im Kopf und weiß es noch das ich ihm eigentlich noch einen Brief schuldig bin? Wen der Fall währe so sag ihm nur das ich nächstens meine schuld mit Zeilen abtragen würde und das wird ihn dan wahrhaftig nicht lieb sein den er würde in diesen Brief die Geschwäzigkeit eines Frauenzimmers bewundern müssen. Du mein lieber Bruder wirst mir doch Dein Wort halten und ich werde doch den versprochenen weitläufigen Brief sehr bald erhalten. Ich werde Dir auch sehr bald wieder schreiben bis dahin lebe recht wohl mein Theurer Bruder ich bin Deine Dich ewig liebende Schwester S. Tieck.

66

Briefe

Porträt von August Ferdinand Bernhardi

Nr. 23 Ohne Ort und Datum, [vermutlich Anfang Mai 1800] Liebster Bruder daß Du noch immer nicht wohl bist hat mich recht sehr betrübt Du soltest ernstlich etwas für Deine Gesundheit thun Du sprichst ja davon daß Du die Gicht im winter wieder haben würdest als von einer Sache die sich ganz von selbst verstände. Ich fürchte immer daß du noch die alte furcht vor den Arzneien hast und sie deswegen nicht orndlich brauchst. Ich fange jezt wieder an mit neuen hoffnungen fur mich zu leben ich bin seit einigen wochen recht sehr gesund und wenn ich die Niederkunft überstanden habe1 wofür ich mich sehr fürchte so soll ein ganz neues Leben angehen die Zeit wen dieser gefürchtete Augenblick eintritt weiß ich selbst nicht so genau in einigen Wochen warscheinlich. Eine Amme werde ich gewiß nicht nehmen eine Wärterin schwerlich ihr kent ja meine Gründe gegen beide. Ich habe mir selbst noch viele Mühe gegeben euch eine Wohnung zu verschaffen für ein halbes Jahr etwas zu finden ist schwieriger als Du denkst jezt werden wir warscheinlich in der neuen Grünstraße in dem ehemaligen Ebenplan Hause daß Dir bekant sein muß gerade gegen Vaters ehemaliger Werkstadt über 3 Stuben Küche und Kammer Cellen gemeinschaftlichen Boden und Waschhaus für den winter für 30 [… unleserlich] bekommen es ist aber 2 Treppen hoch und die Küche sehr klein diesen Umstand müßtet ihr euch gefallen lassen. Fichte2 läßt Dich sehr grüßen ihm hat die Genovefa3 ganz außerorndlich gefallen er verehrt sie eigentlich Schleiermacher4 hat manches andres daran auszusetzen keiner spricht mir aber recht darüber wir müssen noch viel darüber reden wen Du wieder nach Berlin komst. Ich sagte Dir schon hier in Berlin daß mir Schlegel die Ehre anthun wolte meinen Aufsatz5 aufzunehmen er wird jezt gedruckt. Ich habe mancherlei geschrieben waß ich dir hier in Berlin mittheilen will die beiden Märchen in den Bambocciaden6 sind von mir das eine gefält mir aber gar nicht Bernhardi hätte es gar nicht aufnehmen sollen. Du wirst Dich überhaupt wundern wie weit er die Lieberaliät in diesem Buche treibt mir sind die ersten Geschichten zu weitläufig daß wirst Du gewiß auch davon sagen. Mein Roman ist lange fertig und auch lange schon verkauft ich habe es eigentlich vergessen Dir zu schreiben ich kann mich gar nicht mehr dafür interessieren ich glaube er wird erst spät gedrukt Julie [… Freilassung] Albain7 habe ich ihn genannt wen Du ihn irgendwo angezeigt finden soltest. Wie geht es den mit dem goetischen Journall8 ich habe nur noch nichts was mir gut genug dazu scheint sonst hätte ich es Dir 68

Briefe

längst geschickt. Fröhlich9 ist doch ein rechter Esel daß er Bernhardis Buch noch nicht angefangen hat zu drucken am ende werden sich beide noch darüber zanken müssen. Richter10 ist hier bis dato hat er sich aber nicht in mich verliebt ja waß noch schlimmer ist er hat mich noch nicht einmal besucht sein beständiger Umgang und theurer Freund ist ein blonder fader Herr von Alfeld11 auf den Du Dich vieleicht besinst und seine geliebte Madam Bernhard geborne Gal die über Iffland12 in den Denkwürdigkeiten nichts denkwürdiges schrieb und die sich billig mit dem Teaterschulz verheiraten solte nächst diesen Personen liebt er Bernhardi der ihn einige male besucht und Deinen Brief abgeholt hat am meisten. Ich habe ihn bei der [… unleserlich] gesehen aber nicht drei Worte mit ihm gesprochen den er trieb ein beständiges auf und ab Laufen in den Garten und die Dahmen waren so bemüht um ihn daß ich da ich jezt nicht so behende auf den Füßen bin gar keinen Antheil an der Unterhaltung nehmen konnte.13 Die Herz14 hatte neulich eine ganze Gesellschaft auf diesen großen Mann gebehten ich wolte ihn doch gern sprechen höhren und war auch von der Partie aber denke Dir die Kränkung die die Herz erdulden mußte er geht mit der Bernhard vor ihrem Fenster vorüber ohne zu ihr herauf zu kommen und sein Versprechen zu erfüllen. Die Herz verlohr beinahe die Fassung mir war es verdrüßlich den vergeblichen Weg gemacht zu haben aber ich gab mich bald zufrieden Du weißt daß ich mir aus solch kennen lernen überhaupt nicht viel mache. Du bist ja der Vertraute der Madam Veit15 das hätte ich Dir auch kaum zugetraut Du und Friedrich Schlegel16 ihr beide wist ja allein um ihre Geheimnisse und um ihre besondere Wohnung wo sie sich freier fühlt und wo sich dies Gefühl in Biblischen Dichtungen ergießt. Es ist doch schändlich daß sie ihren Roman17 so gut bezahlt kriegt und besser sind meine Sachen doch gewiß und ich muß sie so wohlfeil verkaufen. Ein Gedicht von der Veit habe ich gelesen bei Gelegenheit eines Putenbratens wo Du und die übrigen Personen spashafter weise darin angebracht sind findest Du es den auch witzig? Es ist eigentlich närrisch daß ich da mir das Schreiben so beschwerlich wird Dir so dummes Zeug schreibe daß Du doch besser weist als ich schreib mir doch wen diese Wunderblume diese Sonnengabe nach Berlin zurük zu kommen denkt ich möchte es ihrer Sachen wegen gerne wissen. Die Eltern lassen Dich Malchen18 und dein Kind sehr grüßen sie freuen sich euch nun bald wiederzusehen daß Ihr den Sommer wieder fort wolt habe ich noch gar nicht zu sagen gewagt sie haben sich über diese Reise noch nicht zufrieden gegeben also magst Du sie selbst mit der andern bekannt machen. Lebe wohl ich kan nicht mehr schreiben es wird mir recht Nr. 23

69

herzlich sauer behalte mich nur imerfort lieb und schreibt mir bald einmal beide daß ist mein leztes Wort. Lebe wohl. Deine dich liebende Schwester S. Tieck ja so S. Bernhardi.

Nr. 24 Ohne Ort und Datum, [vermutlich April 1801] Liebster Bruder Es thut mir leid daß ich Dir schreiben muß ich kann nicht kommen. Ich bin es schon so gewohnt daß ich mir alles das was ich am heißesten wünsche versagen muß daß es mich garnicht überrascht. Meine Schwäche hat seit Eurer Abreise sehr zugenommen daß ich es selber einsehe wie unmöglich es ist die Reise zu wagen ich habe die Furcht daß das Kind1 wieder etwas früher gebohren wird. Es würde mir auch selbst wen daß nicht der Fal wäre die Reise keinen andern Genuß gewähren als den Euch zu sehen2 den ich fühle zu sehr daß mir das Fahren zu heftige Schmerzen macht ich habe neulig nur eine Spazierfahrt nach dem Thiergarten versucht und habe mich nicht wieder davon erholen können. Mir thut es doppelt wehe daß ich nicht reisen kann da es mir nicht möglich ist mich von schwermühtigen Gedanken zu befreien ich lebe eigentlich nur wie im Traum und die ganze Welt liegt so trübe und verworren vor mir daß ich nichts deutlig betrachten und mich auf nichts freuen kan. Ich denke nemlich an vieles und möchte gerne mancherlei arbeiten aber es scheint mir so überflüssig etwas außer mir darzustellen so wenig der Mühe wert die vielfachen Gestalten die in mir auf und niederschwimmen fest zu halten daß ich glaube ein jeder Versuch würde auch sehr ungeschikt heraußkommen. Bei diesem Feuer daß in mir brennt quält mich eine äußerlich Trägheit die es mir zu wieder macht mich um weltliche Dinge zu bekümmern und so drüken mich Kleinigkeiten zu Boden die mich sonst kaum berühren. Mich hat der jugendlich frohe Muht verlassen der mich sonst beseelte Scherz und Lustigkeit habe ich verlohren und doch erscheint mir das Leben nicht als wirklich und ernsthaft sondern wie ein Träumen so daß ich kaum darauf achten kan waß ich thue. Ich mag über meinen zustand nicht klagen weil die Menschen meinen es wären die Folgen meiner Schwangerschaft und gar nicht verstehen 70

Briefe

und fühlen daß die meisten Blühten vom Baume meines Lebens längst herunter gebrochen sind. Der Mensch erwält sich selber die art seines glüks wen das Schicksall tückisch genug ist ihm sein Streben zu vereiteln kan keine Vernunft selbst Poesie nicht ihn zu einer andern Wahl leiten Die Blume ist verdort nach der sich seine Sehnsucht neigte. Ich lege Dir Briefe von Schlegel3 und Schütz4 bei auch ein kleines Blat vom Bruder5 welches ich durch Burgsdorf6 erhalten habe. Ihr könt diesen Sommer noch recht froh mit einander sein Schütz und Bernhardi7 werden nun nach meiner Niederkunft reisen und Burgsdorf denkt um dieselbe Zeit mit dem Bruder nach Dresden zu gehen auch Genelli8 und [… unleserlich] werden dan wohl dort sein so werdet ihr mich wenig vermissen. Bernhardi läßt Dich und Malchen9 sehr grüßen Du solst ihm doch ja recht genau und bestimmt schreiben mit welchen Buchhändlern Du über Dein Journall10 gesprochen hast vergiß das ja nicht es ist ihm sehr wichtig. Ich wünschte ich hätte die Märchen11 fertig gehabt Geld brauche ich dringend nöhtig und bin doch so unglücklich und kränklich daß ich mich nicht entschließen kan irgend etwas dafür zu thun. Lebt beide wohl und seid viel fröhlicher und gesünder als ich ich leide an beständigen Brustsschmerzen. Deine Schwester S. Bernhardi [von Bernhardis Hand] Wie es mit Sophie steht, seht ihr aus dem vorstehenden Briefe, wie das auf mich wirkt könnt ihr euch denken. – Soll ich Dir Deine Romanze schiken? Schreib mir doch darüber. – Schlegel hat sie abgeschrieben und Deine Abschrift ist in meinen Händen. Bernhardi

Nr. 25 Ohne Ort und Datum, [vermutlich Mai/Juni 1801] Liebster Bruder Ich will Dir heut nur mit wenig Worten sagen daß wir Deinen Brief aus Erfurt und den aus Dresden erhalten haben. Es freut mich sehr daß ihr alle gesund und wohl angekommen seid. Über unsere Reise kann ich noch nichts bestimmen weil es auf Schütz1 ankomt wan der urlaub erhält sobald daß ausgemacht sein wird schreibe ich Dir genau die Zeit.Vergib daß ich dir heut nurso wenige Nr. 25

71

Worte schreibe ich thue es eigentlich nur um dir zu sagen daß die Romanze2 gebunden ist Schlegel3 hat dir geschrieben und ich eile nun den Schreken wieder gut zu machen den Dir sein Brief verursachen wird. Es war sehr natürlich daß wir sie erst nicht finden konten den sie lag unter den alten Papieren in unserer Schlafkammer. Schlegel hat hier einen verdrüslichen Handel mit Unger4 wegen der neuen Auflage des 1 ten Theils5 wobei sich Unger ganz gemein genommen hat er verweigert ihm ein billiges Honorar Schlegel hat nun die Sache Gratenauer6 übertragen und wird ihn warscheinlich [es ist gewiß – von anderer Hand] verklagen. Es kann nun sein daß Du Schlegel7auf der Leipziger Messe siehst. Den er reist vieleicht dort hin um nun einen andern Verlag für die folgenden Theile zu finden. Ich habe so heftige Kopfschmerzen sonst wolte ich weitläufiger schreiben auch ist das Kind krank an den Zähnen8. Bernhardi9 läßt euch sehr grüßen wie ich es Malchen10 und Dorothea11 auch thue wen Wilhelm12 gescheuter wäre so würde er gewiß nicht unterlassen seine Empfehlung zu bestellen aber so müßt ihr bei ihm auf bessere Zeiten hoffen. Lebt recht wohl und schreibt recht bald. S. Bernhardi. [von anderer Hand] Unger hat uns die Exemplare verweigert!

Nr. 26 Ohne Ort und Datum, [vermutlich Juli/August 1801] Liebster Bruder Ich danke Dir herzlich für Deinen Brief es hat mich mit inniger Rührung erfült daß Du meiner mit so zärtlicher Liebe gedenkst. Ich habe bewundernswürdig glücklich alles Ungemach überstanden und nun einen ganz neuen Muht zum Leben gewonnen. Ich hätte Dir schon lange gern geschrieben ich habe es aber so sehr gefühlt daß ich meine Augen schonen mußte daß ich es eigentlich nicht gewagt habe und auch jezt fühle ich mich nicht wohl und leide an Brust- und Augenschmerzen ich glaube aber nicht daß es viel zu bedeuten hat. Mein zweiter Junge ist zwar wieder ein kleines Kind aber doch um vieles stärker als der erste wir haben ihn Friedrich Ludwig August1 genannt und Schlegel2 Schütz3 die Fichte4 Mutter5 und der Bruder6 sind die Gevattern und Bernhardis Vater7 den ich ganz vergessen habe. Ludwig soll er genant werden und ich will wünschen und hoffen daß er Deinem Nahmen Ehre bringen mag. Daß ich Dir das 72

Briefe

kleine Gedicht nicht geschickt habe ist von ungefer gekommen. Schlegel sahe es zufällig und hatte gleich die Idee es für den Almanach8 zu haben mir ist es gar nicht sehr gut vorgekommen und es freut mich also doppelt daß es Dir gefält. Ich werde Dir in kurzer Zeit die Märchen9 schicken die ich nun mit rechter Liebe beendigen will Du hättest sie schon längst wen es mir nicht körperlich unmöglich gewesen wäre zu schreiben. Du schreibst Du woltest nicht viel darin ändern Du wirst doch wohl von mir nicht glauben daß ich eine so thörichte Eitelkeit besitze daß mir Deine Änderungen nicht sehr Lieb sein solten. An den Roman10 habe ich zwar nicht geschrieben aber ich kann wohl sagen daß ich viel daran gearbeitet habe den die ganze Zeit die ich habe im Bette und in der Unthätigkeit zubringen müssen habe ich auf meine unsterbliche Werke verwendet. Ich habe auch den Plan noch nicht aufgegeben ein Intriegen Lustspiel11 zu machen und bin auch sehr damit einig wie es werden solte. Wen ich Dir die Märchen schicke will ich Dir auch einige Gedichte beilegen die ich Dich anzusehen und zu verändern bitten will vieleicht kanst Du sie dan brauchen. Ich denke den Roman diesen Winter ganz fertig zu schreiben ob er gleich in drei Bänden werden muß daß Du ihn auf Ostern verkaufen wilst damit wilst Du mir einen großen Dienst thun den das Geld werde ich auch wohl für die beiden Kleinen brauchen. Ich bin jezt von einer neuen Lust beseelt und denke mir nicht daß es nur so vorübergeht wie wohl sonst wo oft die schönste Thätigkeit meiner Seele durch kränkliche Empfindungen unterdrückt wurde. Bitter und schwer ist es mir geworden mich in einem gewissen Sinn von Dir getrent und entfernt zu denken und ich habe es lange betrauert jezt bin ich aber zu dem festen Glauben gekommen daß unsere eigemliche Freundschaft durch nichts geschwächt werden kan und daß keine äußerliche Entfernung uns von einander trennt und nun habe ich den kühnen Willen mit Dir fortzuschreiten wie mein ganzes Leben mit dem Deinigen verwandt ist so will ich mich bestreben auch die Worte zu finden die die Poesie in mir aussprechen und will mich nicht selber durch die thörichte Ängstlichkeit nieder halten daß es doch nichts gescheites wird. Glaube nicht daß ich mich plözlich so in der Eitelkeit übernommen habe es ist nur der neue Muht den ich durch daß glückliche Überstehen aller Gefahr und durch die Befreiung von vielen Leiden gewonnen habe. Ich hatte mich so darin ergeben daß ich würde sterben müssen daß ich mein Testament geschrieben hatte und von allen die ich liebe einen so zärtlichen Abschied schriftlich genommen hatte daß ich es nachher nicht ohne Rührung ansehen konte und so habe ich es auch wieder verbrant es waren an Dich und Bernhardi und an den kleinen Wilhelm einige Gedicht dabei von denen es mir nur leid thut daß Nr. 26

73

ich sie verbrant habe. Schütz und Bernhardi werden gewiß noch nach Dresden kommen sobald Deine Verwandte abgereist sind den so lange die bei euch wohnen werdet ihr doch keinen Plaz im Hause haben darum schreibe doch bestimt wan sie abreisen. Schlegel läßt Dich sehr grüßen er wird Dir nächstens schreiben die Antwort aber wirst Du dan nach Jena schicken müssen den er wird in wenigen Tagen abreisen12. Wie sehr ich mich darauf freue daß Du im Winter herkommen wilst brauche ich Dir wohl nicht zu sagen der Bruder wird dan doch auch wohl hier sein und wir können dan einmal wieder recht wie in frühen Zeiten beieinander leben. Vom Bruder hören wir noch immer nichts und ich kan nicht läugnen daß ich oft eine rechte Sorge um ihn habe ob ich gleich von andern Leuten höre daß er Arnsteins13 die jezt in Paris sind auf die Gallerin herumführt den ich kan es oft nicht glauben daß er ganz ruhig in Paris sein solte und uns in so vielen Monathen keine Silbe schreiben. Die Schade14 ist wieder in Berlin und läßt Dich und Malchen15 recht sehr grüßen sie hoft auch daß Du im Winter nach Berlin kommen solst sie und ihre Brüder werden dan auch hier sein und sie freuen sich sehr darauf Dich einmal wiederzusehen. Malchen will ich soll auch solche Dinge schreiben also will ich sagen daß ich mit meiner jetzigen Amme etwas besser zufrieden bin als mit der vorigen wen ich den üblen Umstand abrechne daß sie stilt und sich orndlich eine Räuberhöhle für verschiedene Eßwaren anlegt. Mein kleiner Wilhelm16 wird jezt sehr niedlig er lernt schon recht gut gehen und einzelne Worte sprechen dabei hat er ein ungemein lustiges Gemüht versteht sich sehr gut auf Spaß und wird ganz zum Komödianten und giebt sich alle mühe seinen kleinen Bruder nachzumachen und sieht dabei selber sehr lächerlich aus. Werdet ihr euch nicht wundern wen ihr hören werdet daß ich ganz unschuldig anfange zu den eleganten und geistreichen Frauen zu gehören die Lewi17 Madam Unzelmann18 und Madam Meier19 besuchen mich Madam [… Freilassung] Sander20 schickt mir Wochensuppen und überhäuft mich mit Freundschaftsbegegnungen noch habe ich aber keine von diesen Visiten erwiedern können wie ich den doch wohl thun muß wen ich nicht gar zu unhöflich sein will. Von Schlegel soll ich Dir noch sagen daß er von Dir noch viel schönes für den Almanach erwartet daß hätte ich beinahe vergessen. Ich selbst freue mich auch recht darauf wieder etwas von Dir zu sehen die Gedicht an Hardenberg21 haben mich innig gerührt so wie ich seinen Verlust herzlich betrauert habe ob ich ihn gleich nicht kante. Doch daß solte ich eigentlich nicht sagen den wen ich seine Sachen verstanden habe so habe ich ihn auch gekant – den wie kan man einen Menschen schöner kenen lernen als wen er sein Gemüht vor uns ausspricht. 74

Briefe

Lebe wohl mein gelibter Bruder mich greift das Schreiben noch sehr an sonst würde ich Dir noch vieles schreiben auch manches von meinen Planen weitläuftiger mittheilen. Lebe recht herzlich wohl grüße Malchen und die kleine Dorothea. S. Bernhardi.

Nr. 27 Ohne Ort und Datum, [vermutlich Ende August/Anfang September 1801] Liebster Bruder Ich bin wenigsten 14 Tage recht orndlich krank gewesen so daß ich gar nicht habe schreiben können und auch jezt bin ich nicht wohl ich habe so heftige Brust und Zahnschmerzen daß es mir fast unerträglich wird. ich leide viel an einen trockenen Husten worüber sich Bernhardi1 sehr ängstigt. So geht es immer es war ein ganz unziemliches triumphieren wie wohl ich mich befände und komt das Übel nach. Bernhardi und Schütze2 werden nun wohl gar nicht diesen Herbst nach Dresden kommen den Schütze wird wohl schwerlig Urlaub bekommen daß wird er Dir wohl selbst schon geschrieben haben und Bernhardi ist meinen fortwährenden Kränklichkeit wegen zu besorgt besonders da er mich viel mit dem Gelde geärgert hat was doch eigentlich unter keinen Bedingungen der Mühe wehrt sein solte besonders da ich wohl darauf rechnen durfte daß Du meine ungeschicklichkeit verzeihen würdest weil Du Dich gewiß erinnerst daß ich oft um deinetwillen auch in Verlegenheit gewesen bin. Ich wolte Dir die Märchen3 erst heute mitschiken nun geht es aber nicht an da noch einige bei dem Abschreiber sind und ich auch das Lezte noch beendigen muß den Sonnabend schicke ich sie aber gewiß und ich bitte Dich sie durchzusehen und ein wenig zu ändern. Ich habe jezt immer eine rechte Lust zum Schreiben und quäle mich unaufhörlich mit Planen und muß es betrauern daß ich so viel an der Brust leide und es nicht ausführen kan. Von dem Bruder aus Paris4 habe ich einen Brief erhalten worin er schreibt daß er in einigen Tagen abreisen wolte der Brief ist von dem 15 ten August so daß [er] wohl in diesen Wochen in Weimar eintreffen könte ich habe ihm dorthin geschrieben und erwarte sehr bald nachricht von ihm ich habe erfahren daß der Herzog von Weimar5 Bestellungen für ihn machen will und so könte es kommen daß er weder in Dresden noch in Berlin fürs erste leben könte da ich es aber billig finde, daß er seine Eltern nach 4 Jahren einmal wieder besucht so hoffe Nr. 27

75

ich ihn wenigstens auf einige Wochen zu sehen.Warum Malchen6 noch einen Brief an Schütze geschrieben hat kan ich nicht begreifen wen wir wirklich das Geld ausgegeben hätten wie ihr gar zu sehr befürchtet habt so könte daß doch nur in der höchsten Noht geschehen sein und in dieser höchsten Noht wäre es doch wohl nicht möglich gewesen es in einigen Tagen wieder zu schaffen wen Schütze auch dafür gesorgt hätte wie ihm anempfohlen wurde. Es konte also dieser Brief keinen andern Nutzen stiften als mir eine neue Kränkung verursachen wie den auch geschahe. Ich bin aber schon gewohnt daß ich für alles für meine Liebe wie für meine Tohrheit recht empfindlich gestraft werde und so will ich mich darin ergeben. Ich will wen ich noch in einigen Tagen gesund werde und es kan Dir eine Intriegen Comödie7 schicken ich habe sie mir sehr gut ausgesonnen wen ich diese noch schreiben kan so würde ich Dich bitten sie sehr bald durchzulesen und Deine Änderungen auf daß schnellste zu machen. Schlegel8 läßt Dich bitten Du möchtest ihm doch endlich antworten und ihm schreiben ob das Gedicht welches er Dir vor einigen Wochen schon geschikt hat aufgenommen werden soll oder nicht und ob Du den nicht noch etwas für den Almanach9 thun woltest. Es hat sich ein neuer Verehrer von euch allen gefunden u. hat ein kleines Buch geschrieben welches die Eumeniden genant wird der warscheinlieh in Dresden lebt und Reinhardt10 heißt es sol mich wundern ob dieser abgeschmakter Bewunderer nicht zuweilen bei Dir säße. Ich finde daß er es gut genug meinen würde wen er nicht so gar unmäßig dum wäre. Nicolai11 hat den Fichte12 schon geantwortet doch wird das dumme Zeug noch nicht ausgegeben wir hatten es einmal von der Sander13 geliehen und mit großer Schar gelesen. Daß auch deiner darin gedacht wird versteht sich und Schlegels den er eine Schlange nent. Über die ungeheure Unverschämtheit ist er ganz erstaunt daß sich Schlegel nicht nur zu dem Kozebue14 bekent sondern es auch noch für etwas hält. Bernhardi hat eine Zeitschrift15 angebracht wovon auf Neujahr das erste Stück erscheint worin er seine Kritiken mit mehr Gründlichkeit und Spas wieder fortsetzen will. Ich möchte gern ein Gedicht aufschreiben welches ich schon im Kopfe habe wen ich nicht gar zu trübselig gestimt wäre ich wolte gerne daß Du es hättest um zu hören waß Du dazu sagst. Nie in meinem Leben ist es mir so Bedürfniß gewesen etwas rechtes orndliches zu Arbeiten als jezt und ich habe den besten Muht sehr schöne Pläne und Gedanken und wen ich es aufschreiben will so quält mich die Furcht daß es doch dum und nicht der Mühe wert sein dürfte daß ich es wieder lasse. Ja ich schreibe oft meine Sachen wie meine Briefe nur aus der albernen Bescheidenheit einfältig weil ich fürchte wen ich in guten Perioden mit leichten Wendungen schreibe 76

Briefe

daß es affektirt erscheinen könte so brauche ich immer dieselben Worte und gewöhne mir dadurch diese Untugend immer mehr an. Auch dadurch daß mir das Leben und alle lebendigen Gestalten mir immer so als eine überflüssige Zugabe zu meinen Träumen erscheint so wie die Worte zu meinen Gedanken und doch quält mich das Bedürfniß sie auszusprechen und wen ich es versuche so scheint es mir nicht der Mühe wehrt. So verzehrt mich nur mehr die heißeste Liebe im Herzen je mehr ich äußerlich kalt erscheine und gar nicht darauf komme daß diese Glut nur einer Äußerung bedurfte oder daß sie auch nur möglich wäre. da es nun nicht möglich ist einen solchen zustand den ich selber gern krankheit nennen will lange zu ertragen so muß ich mich selber bald davon heilen oder daran sterben. Ich denke wen ich einmal eine Reise machen könt so wird mir um vieles besser werden bis dahin will ich mein Herz zur Ruhe geben wie ich kan. Du solltest nur diesen Winter nach Berlin kommen für Dich ist der Weg so weit nicht und wir könten dan doch einmal recht über alles sprechen dan würdest du Dich auch über den kleinen Wilhelm freuen der jezt recht niedlich wird. Ludwig wird aber viel größer und stärker es macht einen rechten Unterschied daß er gleich von anfang an eine Amme gehabt hat. Die Amme aber ist sehr übel gewesen sie hat das Stehlen so weit getrieben daß ich sie habe verabschieden müssen nun konte ich nicht gleich eine andere haben und mußte da das Kind noch sehr jung war eine Frau bitten ihn so lange zu säugen die brachte nun ihr Kind mit also kanst Du Dir denken wie viel Verwirrung und Verdruß daß im Hause verursachte. Ich denke diesen Winter recht fleißig zu sein damit mir künftigen Sommer das Geld nicht fehlt mein Leben recht zu genießen wie nöhtig mir eine Veränderung des Aufenthalts auf einige Zeit ist fühle ich nur zu deutlich den ich bin ganz an allen Freuden [… unleserlich]. Wen ich viel arbeite so rechne ich sehr auf Deinen Beistand erstlich daß Du es durchsiehst und zweitens daß Du es zu verkaufen suchst. Lebe wohl grüße Malchen und Dorothea recht sehr von mir es kränkt mich recht daß ich es habe aufgeben müssen euch alle diesen Sommer zu sehen. S. B. [von Bernhardis Hand] Ich schreibe nur heute ein paar Worte und nächstens mehr. Nicolovis16 hat das Manuskript der Mährchen Frölich17 zum Druck überlassen und ihm aufgetragen, so bald als es ankommt drucken zu lassen, besorge also die Durchsicht so schnell als mögl., denn wir bedürfen auch des Geldes. – Ich habe sehr gewünscht nach Dresden zu kommen, nun geht es doch nicht, worüber ich recht betrübt Nr. 27

77

bin, wie über viel. lebt wohl, bleibt gesund ich grüße alle. – Nächstens schreibe [… unleserlich]. A. Bernhardi

Nr. 28 Ohne Ort und Datum, [vermutlich Ende September/Anfang Oktober 1801] Liebster Bruder Ich schike Dir hier 8 von den Märchen1 die lezten zwei sind noch nicht abgeschrieben ich werde sie aber in der folgenden Woche schiken. Ich bitte dich Deine Änderungen recht bald zu machen und sie wieder zurük zuschiken den ich glaube sie werden wohl bald gedruckt werden müssen. Ich wünsche daß die welche Du noch nicht kenst Dir gefallen mögen. Ich lege Dir auch ein Gedicht bei welches ich Dich anzusehen bitte wen Du es noch für den Almanach brauchen kanst so schike es sogleich nachdem Du die nöhtigen Änderungen2 gemacht hast an Schlegel3 den ich glaube es wird schon an dem Almanach gedruckt und wen Du es länger verzögerst möchte es wohl zu spät kommen. Schlegel beklagt sich daß Du immer noch kein Wort an ihn geschrieben hast auch das Gedicht4 welches er Dir einmal schickte nicht zurückschickst oder Deine Meinung darüber sagst. Mit diesem Gedicht ist nun da es sich so lange verzögert hat der Spas den wir damit vor hatten zu ende. Es ist nemlich von Bernhardi Schlegel schickte es Dir ohne den Verfasser zu nennen und wir wolten sehen ob du ihn wohl errahten würdest ich behauptete Du würdest es nach den ersten Zeilen. Du hast aber gar nichts geantwortet und so wissen wir nun nicht ob ich mit meiner Behauptung recht habe. Mit meiner Gesundheit geht es jezt leidlicher und ich will nun mit recht neuer Lust alle meine Plane ausführen. Wie geht es Dir und Malchen5 was macht Dorothea6? Grüße sie beide recht sehr von mir. Vom Bruder höre ich immer noch nichts Bestimtes er ist immer noch nicht in Weimar. Mit den Bestellungen die der Herzog für ihn gemacht haben wollte ist es nicht so wie Humbold7 gesagt hat. Schlegel hat sich bei Goethe darnach erkundigt es soll allerdings manches gemacht werden und man hat den Bruder erwartet um es bei ihm zu bestellen da er aber immer nicht gekommen ist so ist es verschoben. Und es wird sich nun bei seiner Ankunft finden ob ihm so gleich Bestellungen gemacht werden. Schlegel hat die Zeichnung gesehen welche Burgsdorf8 an Goethe gebracht und rühmt sie außerorndlich. 78

Briefe

Vergib daß ich Dir nur so wenig schreibe ich habe keine Zeit den ich möchte nicht gern die Post versäumen. Die Eltern und meine Kinder sind wohl Wilhelm kan beinahe allein gehen und dem Ludwig werden in diesen Tagen die Kuhpocken eingeimpft. Bing9 ist immer noch nicht verheurahtet und scheint je länger es währt je weniger sich darnach zu sehnen. Ich weiß nicht ob ich Dir geschrieben habe daß die Schade10 hier war sie ist nun wieder abgereist und läßt sich Dir sehr empfehlen. Die Sander11 mit der ich neulich bei der Herz12 war ist doch wen man sie genau betrachtet eine gemeine Klätscherin. Sie ist jezt von Kozebue13 entzükt den sie sehr viel sieht sie erboht sich ihn mit uns zusammen zu bringen sie hat es aber noch nicht gehalten. Lebe recht wohl kom nur im Winter nach Berlin damit wir einmal wieder einige Wochen recht vergnügt bei einander leben können. S. B. Ich habe noch einen Brief14 von Schlegel erhalten worin er mir schreibt daß der Bruder in Weimar angekommen ist so wird er den doch nun endlich in kurzer Zeit hier sein. Ich freue mich unaussprechlich ihn zu sehn lebe du recht wohl und sei recht gesund und vergnügt. Ich bitte Dich noch einmal lieber Bruder das Märch und das Gedicht recht schnell zu besorgen.

Nr. 29 Ohne Ort und Datum, [vermutlich Ende September/Anfang Oktober 1801] Liebster Bruder Ich habe Deinen lezten Brief noch nicht beantwortet weil ich recht sehr betrübte Stunden indeß verlebt habe. Mein armer Wilhelm1 ist sehr krank an den Augenzähnen2 gewesen jezt sind sie ihm durch und er befindet sich heut zum erstenmal etwas besser. Du glaubst es nicht welche Angst ich für ihn ausgestanden habe ich glaubte gewiß er würde sterben. Daß Dir das Gedicht nicht gefallen hat thut mir leid es ist das erste von dem waß ich gemacht habe was mir gut vorgekommen ist. Wie Du es aber unverständlig findest begreif ich nicht und es ist mir nur recht klar geworden daß man darüber was man selber schreibt nie ein urtheil hat. Mich dünkt der Titel des Gedichts solte jedes nicht verstehen aufheben. Einen Gebrauch kanst Du davon machen welchen Du wilst. Eine recht ernstliche Bitte habe ich aber an Dich mir ist das Geld sehr ausgegangen manches was wir erwartet haben ist nicht eingekommen also bitte ich Dich schike mir schnell die Märchen zurük den sobald das Manus. abgeliefert Nr. 29

79

ist will es Nicolonius3 bezahlen und ich wäre fürs erste aus der Verlegenheit. Thue mir ja den Gefallen und besorge es zurük. Ich kann Dir kein vernünftiges Wort schreiben weil der abgeschmackte Plesmann4 hier oben sizt und mit Bernhardi5 seinen verfluchten Logier Plan macht nun bin ich immer in Versuchung zu schreiben Montag um 10 in Quarte latainisch und solch dummes Zeug es ist mir grade die eine Stube warm und ich muß es leiden. Ach so das hätte ich beinahe vergessen Bernhardi ist doch nun gottlob nicht mehr Subrecktor ein titel der mir von je an so sehr zu wieder gewesen ist weil Subordination an bis auf schlechte Suppe dabei ein fält er ist nemlich Conrecktor geworden. Bernhardi fragt eben sehr ernsthaft wo soll nun Mittags Religion hin und Plesmann antwortet eben so das mag Gott wissen. Überhaupt die Religion macht ihnen viele Noht. Schütze6 wird Dich nun doch noch besuchen er hat eine Comissions Reise. Bei der Gelegenheit köntest Du ja wohl so gut sein mir wenigstens ein Exemplar von dem Roman zu senden der Mann hat ja ein Titelkupfer dazu verfertigen lassen daß habe ich in der Ankündigung gelesen. Schreib mir doch ja recht sehr bald und schike mir die Märchen. Von dem Bruder habe ich einen Brief erhalten er ist in Weimar und macht die Büste von Goethe er wird sich wohl noch einige Wochen dort aufhalten ich kann es fast nicht ertragen daß er immer noch nicht komt ich habe ein herzliches Verlangen ihn einmal wiederzusehn nach so vielen Jahren um so betrübter ist mir das ewige aufschieben da er gewiß nur wenige Monate hier bleibt und dan wieder nach Weimar zurük geht. Bernhardi kann Dir heut nicht schreiben weil er wie gesagt so ungemein [… Freilassung] beschäftigt ist er läßt aber Dich Malchen7 und Dorothea8 recht sehr grüßen. Könten wir Dich doch nur einmal wiedersehen. Gieb doch lieber die Reise nach Weimar auf und kom dafür lieber nach Berlin wen der Bruder hier ist es ist wenig weiter und wir sind dan einmal wieder wie in der alten guten Zeit alle drei beieinander. kanst Du mir wohl abschlagen zu kommen da die Reise nur so wenig weiter ist? Ich habe ein so heftiges Verlangen euch einmal beide wieder zu sehen. Ich habe so viele trübe Stunden in meinem Leben darum verschaffe mir doch auch einige gute und kom und laß uns wieder aus vollen Herzen zu einander sprechen mir thut ein Gespräch mit Dir recht nöhtig. Lebe wohl ich kan nicht mehr schreiben. Grüße Malchen und Dorothea. S. Bernhardi. Noch eins war den dein lezter Brief ein ganzer oder nur ein halber den er war ohne Nahmen ohne alle Zeichen daß er abgeschlossen sein solte.9

80

Briefe

Nr. 30 Ohne Ort und Datum, [vermutlich November 1801] Liebster Bruder Schlegel ist wieder hier1 und hat mir den 1 ten Akt einer Comödie vorgelesen die er von Dir erhalten hat. Es ist Unrecht von Dir daß Du es mir ganz verschwiegen hast daß sie existirt. Wir haben so viel schon über diesen Faust2 gesprochen. Du hast ihn so lange schon schreiben wollen und nun muß es mich so überraschen daß würklich der Anfang da ist. Von allen waß Du bis jezt in dieser Art gemacht hast hat mir dieser Anfang am besten gefallen es ist bei weiten das Kühnste und das Tüchtigste und eben darum das Witzigste von allen. Ich habe es recht eigentlich bewundert und vereehrt seit lange ist mir nichts so erfreuliches von Dir wiederfahren als daß ich diesen Faust von Dir gelesen habe. Ich wünschte Du wärest hier und daß ich Dir in einzelnen alles sagen könnte wie es mir vorkomt mit dem Schreiben will es doch nicht recht gelingen. Warum schreibst Du mir gar nicht warum antwortest Du auf meine Briefe nicht die Dich so dringend darum gebeten haben3? Ich bin Dir jetzt fremder als jeder andere geworden von Schlegel habe ich Deine Wohnung erfahren müssen. Ich kan mir nicht anders denken als daß Du durch Kleinigkeiten gegen mich verstimt sein must die ich weiß Gott nicht bahr gemeint habe wie ich überhaupt gegen Dich nichts böse meinen kan. Oder soll ich glauben daß Du die Verzögerung die gegen meine Schuld entstand und die Dich in Verlegenheit brachte noch nicht vergessen hast4? und daß Du Dich nun dafür rächst und mich in eine noch größere bringst. Es wäre von dem vielem harten und bitterem daß mir in meinem Leben begegnet ist das bitterste. Es war gegen meine Schuld daß kanst Du glauben mündlich kann ich Dich davon überzeugen und Du wirst es einsehen mich ängstigte die Verlegenheit die für Dich daraus entstand bis zum Sterben ich bat Dich so herzlich und demühtig als ich vermochte es zu verzeihen mehr konte ich nicht thun besorgte Dir waß ich konte sogleich und daß andere so schnell als möglich. Jetzt nun bringst Du mich ganz allein mit Deiner Schuld in eine gleiche Noht Du weist wie beschränkt und eingeschränkt ich lebe die Summe welche ich jezt entbehre ist also für mich von Bedeutung und ich bitte schike die Märchen5 zurück. Ich könnte Dir umständlig weitläufig klagen ich könnte Dir zeigen wie dürftig ich leben muß dadurch daß ich sie entbehre ich könnte Deine Nachlässigkeit Dir zu Gemühte führen und mich beschweren wie ich allem durch sie leide und ich hätte dieß alles vielleicht gethan wen ich nicht den Faust gelesen Nr. 30

81

hätte der mich gezwungen hat auch die kleinste Empfindlichkeit gegen Dich aufzugeben und mich allein der Liebe Freude und Bewunderung hinzugeben. Ich bitte Dich aber herzlich schließe mich nicht so auß Deinem Herzen auß wie Du jezt anfängst zu thun soll den alles was wir sonst hofften und glaubten so velohren und ausgeloschen sein scheint es Dir den jezt eher möglich als sonst daß Dein Leben ohne das meinige frisch und kräftig blühen kann? Und hat dies alles eine Ungeschicklichkeit von mir bewürkt daß ist den doch der schlimste Nahme der Du meinem Versehen gegen Dich geben kanst. Ende endlich dieß mir unerklärliche Stilschweigen und habe zugleich die Freundschaft für mich mein Manusk. zurück zu schiken wen Du keine Zeit gehabt kast es durchzulesen so muß ich es so angeben glaube mir ich würde es nicht so dringend fordern wen ich nicht in eine drückende Verlegenheit wäre. Ich will die Blumen der Liebe6 mit abdrucken lassen und noch ein Märchen welches ich noch hier habe und für das beste halte doch kann ich mich leicht darin irren. Ich habe Deinen Brief noch Du hast nit Nicolai7 auf 23 Bogen ausgemacht also wird es nicht zu viel werden. Ich will Dir dieß lezte Märchen nächstens von meiner Hand geschrieben schiken es ist ziemlig deutlig Du wirst wohl lesen können Deine Änderungen die Du etwa zu machen hast kann ich hier leicht nachtragen ich möchte nur gern das Ganze abgeben um das Geld zu haben. Frölig8 soll es hier druken und der muß dan doch erst nach Königsberg schreiben. Du siehst wen Du auch eilig bist daß es dan doch noch lange dauert und ich weiß in der That nicht wie ich es einrichten soll wie wir mit Bernhardis Eltern. Daß weist Du Du kenst ja überhaupt alle meine Verhältnisse und weist wie hilflos ich bin. Ich kan nichts orndliches arbeiten weil mein Herz zu bewegt ist und so gehen alle meine plane verlohren. Ich bitte Dich sei so freundlich und antworte mir und ende me[i]…9 nen Kummer und meine Verlegenheit. Der Bruder ist noch nicht hier doch versichert Schlegel daß er ihm sehr bald nachkommen wird. Auch hat Friedrich Schlegel versprochen zu kommen. Wenn du nun auch kämst so wäret ihr einmal alle beisammen ich mag gar nicht mehr sagen kom um meinetwillen ob ich mich gleich unbeschreiblich sehne wieder zu sehn und ob ich gleich überzeugt bin daß wen Du komst wir uns ganz wider vereinigen. Schlage mir einen Titel zu den Märchen vor auch gieb mir einen Raht ob ich es wieder mit Sophie B. unterzeichnen soll oder ohne alles Zeichen. Ich erwarte mit Ungeduld ob du mir nun antworten wirst. Ich habe durch Burgsdorf10 erfahren daß du gesund und froh bist davon weiß ich nichts. Wie geht es Malchen11 und Dorothea12? Meine Kinder sind jezt wohl doch ist Wilhelm13 bei seiner Krankheit so zurik gekommen daß er noch nicht laufen kan. Der Kleine14 wird nach dem Aus82

Briefe

spruch aller Leute viel schöner als Wilhelm daß wird doch Malchen wen sie sich noch dafür interessirt gerne wissen wollen. Ich bin die ganze Zeit nicht ganz wohl gewesen ich fühle mich sehr geschwächt so daß wen ich auch über kein bestimmtes Übel klagen [kann] und ich mich doch nicht wohl fühle da läßt es nun Schlegel15 nicht an guten Raht fehlen den ich nur nicht so befolgen kann. Lebe wohl und schreib mir bald ich erwarte Schütze16 mit Ungeduld um von dir zu hören kom nur und glaube daß auch dir ein Gespräch mit mir einmal recht wieder gut sein würde. Ich kan mich nicht gegen Dich verändern thue es Du auch nicht und lebe glücklich. S Bernhardi

Nr. 31 Berlin den 22 ten Februar [1802] Liebster Bruder Vergib das ich Dir nicht schon mit dem vorigen Posttag für Deinen so lieben Brief und Deinen göttlichen Octavian1 gedankt habe. Ich wollte es eigentlich verschieben um Dir nicht gleich nachdem ersten Lesen zu schreiben weil man es da nicht so übersehen kann und nun kann ich Dir doch nicht sagen wie sehr es uns alle erfreut und beglückt da ich heut gerade krank bin welches mir sehr ungelegen ist. Wir erhielten Deinen Brief den Montag und den Mittwoch laß ihn Schlegel2 bei Schütze3 vor und ich kann wohl sagen wie waren alle ganz entzückt davon. Mir hat es sehr gefallen das es durchaus und in allem der Genovefa4 entgegengesezt. Es ist irdische Liebe und ich möchte sagen die irdische Religion auf das volkommenste und schönste darin ausgesprochen. Und ganz vortreflich ist mir die Einleitung erschienen worin Glauben und Liebe als die Eltern der Romanze mit ihrem Kinde erscheinen begleitet von der Tapferkeit und dem Schmerz und wie sich diese im Schauspiel selbst immer wieder zusammen finden. Überhaupt glaube ich wen von der Form die Rede sein soll das in diesem die Romanze ausgesprochen ist wie in der Genovefa die Stanze. In Verwegenheit ausgesprochen die ich göttlig nennen möchte. Überhaupt glaube ich das wen Du auch nun niemals etwas andres schreiben würdest als dies beiden großen Poesien die Genovefa und dieß daß Du Dir Deinen Nahmen als Dichter vollkommen gesichert hättest. Schlegel hat mir seinen Dank an Dich aufgetragen da er heut nicht selbst zum Schreiben kommen kann. Ich kann sagen daß er ein unendliches Ergötzen am Octavian empfand er preißt die MeisterNr. 31

83

schaft in diesem Gedicht und nennt es das Verwegenste und Größte von Deinen Arbeiten. Er bittet Dich es nicht übel zu nehmen daß er dir seinen Ion5 noch nicht geschikt hat. Wir sind hier mit Abschreiben übel berahten sobald er die Abschrift erhalten hat wird er sie Dir sogleich senden. Er ist ein göttlicher Spot in dem Vorspiel das alle die Personen welche ihre Zeit so sehr schätzen und bewahren und die immer wissen möchten wo die Glocken hängen, gerade von dannen wie es nun Zeit wäre da zu bleiben Überhaupt muß ich Dir nächstens mehr und recht weitläufig darüber schreiben. Oder viel mehr wir müssen bald mündlich darüber sprechen. Ich habe ein recht inniges Verlangen Dich einmal wiederzusehen und wen es sich nun irgend mit dem Gelde einrichten läßt so kommen wir im Frühling nach Dresden6. Du müstest mir dan schreiben ob Du mir von dort einen Wagen besorgen köntest. Ich glaube daß unser Bruder sich etwas länger hier aufhalten wird als er erst geglaubt hat da er manche bestellungen hier hat. Er macht jetzt die Büste der Gräfin [… unleserlich] der Tochter des Ministers diese Bekantschaft kann ihm zu Erlangung einer Pension vielleicht helfen. Dan soll er noch die Büste von Fr von Berg7 und der Gräfin Voß8 machen auch Fichte9 wünscht sein Bild von ihm gemacht. Auch hat er die allerbeste Aussicht die Büste der Königin10 zu machen. Ausallen diesen Gründen must Du ihm verzeiehn daß er Dir nicht schreibt. Er ist nicht ganz wohl und arbeitet vom Morgen bis Abend. Wenn nun seine Arbeiten so lange aufhielten bis gegen Ostern so würden wir vielleicht zusammen nach Dresden kommen wen das Wetter irgend so erträglich ist daß ich mich dem bei meiner zunehmenden Kränklichkeit aussetzen kann Ich hoffe man wird den Ion nächstens geben und ich freue mich sehr darauf ich glaube es ist das in der schönsten Vollendnung waß die Franzosen in ihrer Tragödie gemalt haben. Mit Friedrich Schlegel11 thut es mir eigentlich leid daß wir ihn so wenig gesehen haben den er lebte hier in Berlin zu viel in schlechten Geselschaften mit der Levi Fonder12 und Wiesels Nathan Markuse13 und dergleichen als daß er nur hätte recht viel sein können ich glaube wohl daß er mit ihnen allen reelle Absichten gehabt haben mag aber es störte mich ein wenig. Waß die Caroline14 anbetrift so sei unbesorgt es ist mir überhaupt nicht so leicht Bruderschaften zu schließen und jetzt weniger als jemals. Da Wilhelm Schlegel mit der größten Gutmühtigkeit alles so auf die ehrlichste Weise nimmt wie man es ihm sagt ist gewiß daß er aber so von der Frau abhängt wie Friedrich von ihm glaubt ist eben so gewiß nicht wahr. Er wünscht auch sehr Dich einmal wiederzusehen und richtet es vielleicht ein daß er auf Ostern wen er 84

Briefe

die Messe besucht von Leipzig nach Dresden komt. es wäre mir dies ganz lieb da ich überzeugt bin daß ihr euch über jede Klienigkeit gänzlich wieder vereinigen würdet. Daß Friedrich seinen Alarkos15 Iffland16 angeboten hat ist mir recht leid gewesen wir haben es ihm alle ganz bestimmt wiederrahten und ich habe ihm wörtlich dies gesagt daß es Iffland gewiß nicht aus gutem Willen geben würde sondern wen er es thäte gewiß nur weil er es gar nicht verstände und also für ganz unsinnig hielte und so meinte den Schlegel die aller bitterste Wunde zu versetzen. Er gab es aber doch dem Teater und ließ sich von Iffland so schlecht begegnen daß er nicht einmal persönlich mit ihm sprach sondern mit dem pauli welcher Gratenauers Schwager17 ist verhandelte. Wen wir dagegen Einwendungen machten so erwiederte er immer Iffland ließe sich so höflich mit seinen überauß vielen Geschäften entschuldigen welches mir ganz närrisch vorkam weil ich die Verhandlung über ein Schauspiel welches angeführt werden soll für eins der ersten Geschäfte eines Dirrectors halte. Endlich fragte mich Friedrich ob er etwas von dem Honorar erwähnen sollte ich antwortete bestimt nein den wen es aufgeführt werden und Beifall finden solte so hätte er es nachher in seiner Gewalt ein schlechtes Honorar welches Iffland etwa biehten könnte zurükzuweisen. Er hatte sich aber an meinen Raht nicht gekehrt und dennoch in seinem Billette an Iffland gesagt wen er ihn während seiner Anwesenheit nicht bezahlen wolte so könne man es seinem Bruder einhändigen worauf ihm Iffland dan 6 Ldor schikte. Nun blieb ihm freilig nicht übrig als es zurük zu geben. Er hat nun von Iffland kein schriftliches Wort und steht so im Nachteil den er kann nun nicht beweisen daß er den Druk hat aufhalten wollen und Iffland kann und wird sagen daß das honorar schon zu viel gewesen sei für ein Schauspiel welches es in wenigen Wochen für so viel Groschen hätte kaufen können. Also halte ihn wenn es möglich ist von einem öffentlichen Streit gegen Iffland ab. Wilhelm Schlegel18 läßt Dich noch einmal freundlich grüßen und läßt Dich bitten doch ja nichts in Vermehrens Almanach19 zu geben welcher doch außer Friedrichs Sachen gar zu schlecht ist. Auch würde es den eurigen schaden. Er hätte zwar von Cotta20 noach keine Nachricht darüber aber er glaubt das er fortgesezt werden wird. Ich schike Dir den faulen Hund21 Bernhardi ist in der That selbst einer sonst hätter er Dir geschrieben da ich es lange nicht konte. Ich mochte Dir keinen Melankolischen Brief schreiben und ich wurde jedesmal von einer so seltsamen Schwermuht ergriffen wen ich an die Entfernung dachte worin wir seit lange leben und kann mich auch heute nur mit Mühe anders erhalten. Nr. 31

85

Ich denke Dir ganz in kurzer Zeit die Märchen22 zu schiken worin Du noch manches Neue finden was ich hoffe das Dir gefallen soll. Wen wir nur im Früh [hier bricht der Brief ab].

Nr. 32 Ohne Ort und Datum, [vermutlich Ende März/Anfang April 1802] Liebster Bruder Vergib mir daß ich Dir nicht eher geschriben habe ich kan es auch jezt kaum. Du weist es das ich meine Betrübniß nicht in Worte fassen kan auch ausbrechen lassen und daß ich mein Herz zwinge hart zu sein. So geht es mir auch jetzt. Ich war von diesem Schlage der mich unerwartet traf so betäubt daß ich gar meine Gedanken nicht zusammen finden konte. Ich glaubte nicht das es möglich wäre das mich ein solches Unglück treffen dürfte und ich mich dessen beraubt waß ich am sichersten zu besitzen glaubte bin ich so verworren und kan nichts mehr mit festen Blicken betrachten. Ich kan es nicht lassen mir in meinen Gedanken sein Bild zu wiederholen ich sehe es immer wie schön er war wie er mich freundlich mit seinen holdseeligen Augen ansah die die Schönsten waren die ich jemals gesehen habe und ihm wie zwei Sterne funkelten. Alles waß ich thue erinnert mich daran und so treibe ich ein grausames Spiel mit mir selber. In den Nächten träume ich immer daß ich ihn noch habe oder daß er todt1 vor mir liegt und wen ich seine Hand nehme so schlägt er seine großen Braunen Augen auf und sieht mich freundlich an und ich bin dan so glücklich wen ich ihn in meinen Armen halte und so muß ich ihn jede Nacht von neuen verliehren. Auch im Tode war er noch schön geblieben. Sein Gesicht war wie verklärt auch waren ihm die Lippen und die Wangen ein wenig roth geblieben nur an der einen Seite hatte er einen kleinen blauen Fleck wo ihn der Schlag getroffen hatte. Er war wie er so ruhig lag daß Bild der Heiligkeit vor dem man hätte nieder knien mögen und es anbehten. Ach alle Wunden eines Herzens bluten von neuen ich kan es nicht glauben das dies mein Blut und Leben begraben ist und in Staub zerfällt. Und doch muß ich mich zwingen und muß standhaft meine Augen von dem wenden waß ich verlohr um nicht das Kind2 welches ich von neuen trage zu ermorden. Das hat mich auch vermocht mich dem geduldig hinzugeben waß Bernhardi3 der Bruder4 und Schlegel5 thaten mich zu zerstreuen. Und darum will ich auch jezt nichts mehr davon reden Du 86

Briefe

weißt gewiß welche Trauer mich beherscht waß brauche ich es Dir zu sagen. Daß Du meiner mit solcher Liebe gedenkst hat mich getröstet und erquickt wen Du aber glauben kanst daß ich in meinem Herzen gegen Dich wanken könte so thust Du mir sehr unrecht ich kan wohl mit Dir unzufrieden gewesen sein aber kan darum die Liebe aufhören. Es ist mir ein Bedürfniß Dich wieder zu sehen ich erfülle darum nicht Dein Verlangen sondern meines wen ich komme ich freue mich darauf wen ich mich noch freuen kan. Wir wolen uns dan in aller alten Liebe recht von neuen vereinigen. Ich denke wir wollen hier den 15 ten April6 oder noch einige Tage früher abreißen daß will ich Dir aber noch näher schreiben den wir erwarten noch etwas Geld. Dan würdet ihr nur wohl einen Wagen aus Dresden schicken den sie sind dort wohlfeiler. Ich glaube nicht daß der Bruder wird früher kommen können den er muß doch die Arbeiten welche bestelt sind und die er angenommen hat vollenden ehe er abreist. So weit hatte ich Dir schon den Montag geschrieben7 aber ich wurde so unwohl daß ich den Brief nicht volenden konte. Heut hoffe ich nun daß ich Dir noch die Märchen8 schiken kan ich denke nemlig der Buchbinder welchen ich sie zum Heften gegeben habe wird sie noch fertig machen. Schlegel ist verdrüßlich daß ich nicht den [… Freilassung] mitschiken kan ich habe vergessen ihn dem Buchbinder mitzugeben und ich bitte Dich das zu verzeihen Buri9 der in kurzem nach Dresden komt kan ihn Dir mitbringen. Dafür daß Du so viel Liebe und Sorge für mich hast danke ich Dir herzlich obgleich Deine Sorge in ansehung der Caroline10 vergeblich ist den sie ist noch gar nicht hier und ich zweifle auch sehr daran daß sie kommen wird11 den mir scheint es gar nicht als ob es ihr Ernst wäre ob ich gleich nicht weiß waß ein solches Anstellen nützen und bedeuten kan. Ihre Ankunft war schon so fest bestimt daß ihr Schlegel nach Potsadam hin nach einem Gasthofe wo sie absteigen wolte mußte wie sie sich hier bei ihrer Ankunft zu nehmen hätte und ob sie nohtwendig nach dem Packhof müsse usw. Sie hatte schon einen Reisegefährten den doktor Hufeland12 und Hufelands hier dessen Verwandter er ist schicken hieher zu Schlegel um die Stunde der Ankunft zu erfahren so gewiß war alles. Und plözlich hat sie ganz alberne Gründe zu warten bis Gratenauer13 nach Weimar kommen würde der dort ein Geschäft hat um mit dem zurückzureisen. Dessen Ankuft verzögert sich nun wieder und ich glaube nicht daß sie nun auf eine so kurze Zeit her kommen würde den Schlegel hat ihr geschrieben daß er zur Messe reisen will. Wen sie nun auch wirklich komt so würden wir uns kaum sehen den wir würden wenige Tage nach ihrer Ankunft abreisen. So kleine Gründe wie Du auführest werden mich gewiß nicht abhalten zu Nr. 32

87

reisen und auch nicht das Wichtige daß ich mich jezt immer schlecht befinde wen es nicht der aller abgeschmackteste thut daß ich nemlich kein Geld hätte indeß daß hoffe nicht ich habe im Gegentheil die besten Aussichtenm welches zu haben. Wen Caroline auch käme und ich auch Jahre lang mit ihr in einem Hause wohnen müßte so würde ich dennoch kein vertrauliches Wort mit ihr sprechen einen solchen Abscheu habe ich gegen sie im Herzen. Sie komt mir verworfen vor und dabei so schlau wie der Satan der alle die er sieht umstriken möchte. Daß ihr aber alle Schlegel einer so gränzenlosen Schwäche beschuldigt daß kan ich doch nicht finden seine scheinbare Wiedervereinigung mit ihr ist wohl die Folge eines übel verstandenen Mitleids mit ihrem vermeindlichen Unglück daß doch weit daß seinige als daß ihrige war. Im Herzen wünscht er wohl jezt eine Verbindung aufgehoben die nur noch äußerlich ist und die ihn doch drückt. Er hat jezt viele von seinen Narheiten aufgegeben und lebt sehr zurükgezogen um sich mit großer Ernsthaftigkeit den arbeiten zu widmen. Wen sie irgend einen Grund hat hierher zu kommen so ist es wohl um ihn wieder mehr an sich zu fesseln doch daß gelingt ihr gewiß nicht. Seitdem er nicht mehr für sich allein zu wohnen braucht wo ihn der Aufenthalt sehr viel kostet und er daß in die Länge nicht hätte bestreiten können hat er gar kein Verlangen nach seinem Hause zurück. Ich glaube wen er so in euhren wie in unseren Hause wohnen könte so würde er gern eine Zeit in Dresden zubringen. Ich bitte Dich sehr dies alles nicht Friedrich Schlegel14 mitzutheilen den der kan nicht anders als es der Veit15 anzuvertrauen und so entständen mir gewiß tausend Verdrüßlichkeiten darauß den daß ist eine ganz gemeine Klätscherin die ich jemals gekant habe. Lächerlich ist es fast wie Friedrich seine Geheimnisse verwart. Hier hat er es uns seinen Freunden und seinem Bruder ängstlich verschwiegen daß er nach Paris gehen will und die Veit hat indeß nichts eiligeres zu thun als es ihrer Schwester nach wien zu schreiben diese berichtet es Brinkman16 und der breitet es in der ganzen Stadt herum und so hören wir es nun aller Orten. Schleiermacher17 hat nicht wie Du wünschtest den Octavian18 gehört wir hatten ihn eingeladen er kam aber nicht. Es kan Dir ja auch nichts daran liegen den daß weist Du ja von je daß er weder ein Urtheil noch eine Meinung hat und jezt nun vollends er ist Friedrichs Leibeigner und auf eine höchst wiederwärtige Art. Doch laß Dir auch davon nichts gegen Friedrich merken der bei aller seiner Größe nicht taub für die Schmeichelei ist und dabei den Grundsatz hat was ihr einen von den meinigen thut daß habt ihr mir gethan den als ich nur den Florentin19 von der Veit ein wenig ganz bescheiden tadelte erklärte er ohne weiteres ich verstände ihn nur nicht. 88

Briefe

Lebe wohl mein liebster Bruder ich muß abbrechen die Post geht ab. Behalte mich immer mit Liebe in Deinem Herzen. Ich kan jezt fast nichts anders denken als daß ich Dich bald sehen soll. Lebe herzlich wohl und grüße Malchen20 und dein liebes Kind. S. B.

Nr. 33 Ohne Ort und Datum, [vermutlich Mai 1802] Liebster Bruder Ich bin nicht allein sondern Genelli1 ist hier und ich kann also nicht weitläufig schreiben. Ich bin eigentlich wohl krank und Bing2 ist gegen die Reise3 ich will mich aber nicht daran kehren sondern Dich bitten mir zum Mittwoch über 8 Tage also den 19 ten den Wagen zu schicken das heißt daß wir den Mittwoch abreisen nemlich ich der Bruder4 Bernhardi5 und ein Mädchen mit dem Kinde. Ich bitte Dich sehr es nicht länger aufzuschieben den ich habe keine Ruhe mehr in Berlin ich bitte und flehe Dich also [an] richte es so ein der Bruder wird bis dahin fertig. Mein Gemüht ist so zerstört und dabei verzehrt mich das Verlangen Dich zu sehen und Dein Kind und Malchen6. Grüße alle von mir alle meine Gedanken sind nach Dir hin ich kan auch über nichts anderes schreiben wir sehen uns nun bald. Genelli und Schlegel7 grüßen Dich. S. B. [von Friedrichs Hand] Berlin den 7. May [Mai] Ich arbeite so viel ich kann, um zur gehörigen Zeit fertig zu werden. Ich binn nicht recht wohl u hoffe die Reise so wohl, als Dresden u. Du ihr sollt mich wiederherstellen. Wir wollen Dienstag oder Mittwoch nach dem der Wagen angekommen von hier abreisen. Ich bleibe aber dann bis zu Deinem Geburtstage8 in Dresden bei Dir. Wir müßen recht viel mit einander sprechen, u mit einander sehen. Richte es ja ein das der Wagen den 19 hier ist in Berlin. G ­ oethe9 wird schon zufrieden sein das ich später komme. Ich schreibe ihm nicht das ich über Dresden gehe. Leider habe ich nicht hir thun können was ich gewollt habe vil weniger wenigstens. Schadows10 sind hir gewesen, u. diesen Morgen abgereist. Die Schwester ist es noch, u wird noch 8–14 Tage hir bleiben. Was mir Bernhardi erzählt hatt wie Du ihm die Gallerie gezeigt hast hatt mich außerordentNr. 33

89

lich ergötzt, obgleich wir uns über mancherlei streiten werden, denn mancherlei was Du sagst ist falsch. Ich bin sehr neugierig wie mir die Nacht von Corregio11 gefallen wird, ehmals misfiel mir sie sehr, aber ich habe seitdem mancherlei über Liecht u Farben gelernt, das ich es wahrscheinlich mehr schätze. Ich kann jetzt gar nichts mehr denken als Dich zu sehen, u mit Dir ein paar Tage froh zu sein. Grüße Friedrich12 recht herzlich von mir, u. redt nicht so viel schlechtes von uns, u. Schlegel13 ihr habt unrecht. – Ich habe aber noch so rasend viel in Berlin zu thun das ich nicht weis wie ich will fertig werden, u doch hätte ich gern noch ein paar Tage ruhe ehe ich abreise von hir. Grüße auch Malchen recht schön u die kleine Dorothea14. Schelling15 ist seit 8 Tagen hir, u. fühlt sich wie es scheint schon deplacirt, und reist auch sehr bald weg, Caroline16 wird auch bald wegreisen, nehmlich er ist genöthigt, W [… unleserlich] nach Leipzig zu bringen, er kann sie gar nicht loß werden, übrigens vertragen wir uns recht gut mit ihm. Doch lebe herzlich wohl, ich küße Dich herzlich. Fr. Tieck

Nr. 34 Ohne Ort und Datum, [vermutlich November/Dezember 1802] Lieber Bruder Seit Du uns verlassen hast haben wir recht viele unglückliche Stunden erlebt. Beinahe häte ich meinen Wilhelm1 verlohren und ich fühle es recht deutlich daß mich darüber nichts hätte trösten können. Er ist mir fast aus dem Grabe zurückgegeben. Er wurde einige Tage nach Deiner Abreise krank. Bing2 glaubte er würde die Masern bekommen und gab ihm Arzneien die aber keinen vorteilhaften Erfolg hatten in wenigen Tagen war er gefährlich krank und Schlegel3 bestand darauf einen anderen Arzt zu Rathe zu ziehen wofür ich ihm ewig danken werde. Er ging selbst zu Hufeland4 der auch sogleich kam und den Zustand sehr schlim fand und wenige Hoffnung gab. Die Krankheit nahm auch so zu daß ich selbst aufgab und in der höchsten Verzweiflung an seinem Bette saß und betete. In der einen Nacht wurde er ganz kalt und steif um Mund und Nase aschfarbig seine Augen verlohren die Klarheit daß sich das Licht nicht darin spiegelte sondern sie ganz wie Blei wurden alle Gesichtszüge zogen sich zusammen und er war ganz wie ein Sterbender. Senfpflaster die ihm auf Füßen gelegt 90

Briefe

wurden zogen nicht und ich gab schon alles Heil verlohren [auf ]. Nach Mitternacht fing er aber an sich zu bessem und durch den fortgesetzten Gebrauch des Weines Moschus der Bäder Opium und aller solcher Dinge haben wir ihn nun bis auf die Mattigkeit wiederhergestellt. Wie sehr ich durch diesen Vorfall angegriffen bin brauche ich nicht zu sagen ich habe durch daß Nachtwachen durch die Angst und selbst durch die körperliche Beschwerde ihn zu heben und zu warten mich ganz erschöpft da seine Krankheit 12 Tage nach meiner Niederkunft5 anfing. Ich bin so schwach daß mir dies wenige Schreiben einen Krampf in der Brust macht meine Augen6 haben so gelitten daß ich fast gar nicht sehe und meinen Körper kann ich beinahe nicht aufrecht erhalten. Unserm Kleinen haben wir den Nahmen Felix Theodor gegeben und Dich wenigstens da Du nicht hier warst als Taufzeugen7 aufschreiben lassen. Lebe recht wohl ich kann nicht mehr. Grüße Malchen8 und behalte mich so lieb wie ich Dich ewig behalten werde. Schreib bald. S. B.

Nr. 35 Ohne Ort und Datum, [vermutlich Winter 1803] Liebster Bruder Wir haben immer gehoft Du würdest einmal unvemuhtet hierher kommen. Ich weiß zwar nicht waß uns eigentlich zu einer solchen Hoffnung berechtigt hat aber ich wenigstens habe mit solcher Zuversicht daran geglaubt daß ich mit deswegen das Schreiben unterlassen habe. Ich habe eine rechte Sehnsucht darnach Dich zu sehen und zu sprechen und so soltest Du nun da doch jezt das Wetter besser wird herkommen. Sei nicht böse daß ich Dir das Märchen nicht geschikt habe ich bin so viel krank gewesen und oft so traurig daß ich nicht habe daran denken können es abschreiben zu lassen. Ich habe noch ein anderes Gedicht angefangen wovon ich hoffe daß es Dir Freude machen soll. Es geht mir jezt übel meine Augen sind so geschwächt daß sie beinahe erblindet sind und ich leider sehr viel an Brustschmerzen und allen Arten von Blutverlust alle diese Umstände machen mat und traurig. So daß es mich oft am körperlichen Schreiben hindert. – [… Freilassung] möchte ich alle Sehnsucht meines Herzens alle Schmerzn in meiner Seele unaufhörlich in Liedern aushauchen da es mir versagt ist auf eine andere Weise die Musick in meiner Brust auszudrücken. Du kanst nicht glauben welchen Durst ich oft nach Tönen habe undich Nr. 35

91

möchte von mir selbst sagen daß sich mein ganzes Wesen in Musik auflöst. Ich lebe wie im Traum und muß mich selbst gewaltsam beherschen um auf Fragen ordentlich zu antworten und das äußerliche Leben mit nohtdürftiger Ordnung fortzuführen. Dabei stöhren mich nun oft die Andern die das Leben gar zu sehr in der Äußerlichkeit führen. Fordere nicht daß ein Brief von mir einen orndlichen Zusammenhang haben soll den ich kan mich würklich nicht so beherschen. Dazu müßte ich ihn in Versen und in wunderbaren Silbenmaßen schreiben wo die verschlungenen Reime mich immer wie Töne in der Musick auf meine Gedanken zurückführen. Aus diesem Grunde weil ich mich ohne diese begleitende Musick jezt nicht zu finden weiß kan ich auch den Roman in dieser Zeit nicht weiter schreiben den ich gerahte gleich bei jedem Versuch so in Verwirrung daß ich mir nicht zu helfen weiß. Ich kann wohl sagen ich bin krank am Übermaß der Liebe die aus meiner Brust einen Ausweg sucht und mit dem gewaltigen Strom mein Herz zerbricht. Ich schike Dir hier von Friedrich Schlegel1 die Europa2. Meine eigenen Gedanken darüber mag ich nicht auseinander setzen weil mir das ganze Streben misfält darum will ich blos nach Schlegels3 Auftrag Dich bitten dieses Journal mit Deinem Beistande zu versehen. Und Dich zu erinnern wie Friedrich leicht die Gedanken anderer benuzt sonst köntest Du Dich billig wundern warum er gerade alles was Du über manche Bilder in Dresden sagst hat abdrucken lassen. Hier ist noch ein Brief von Frommann4. Mehr kann ich auch darüber nicht sagen da Du Dir alle Ermahnungen und Bitten schon denken kanst. Ich wolte es wäre Frühling wen mir nur ein grüner Baum entgegen rauschte und mit seinen Blättern im Sonnenschein flüsterte daß wird mir auf lange fehlen. Mann sagt Du woltest Prediger in Ziebingen5 werden. Ist es gegründet? Grüße Finkensteins und Burgsdorf6 sehr von mir. Lebe recht glücklich und antworte wenigstens bald. Ewig Deine S. B.

92

Briefe

Nr. 36 Ohne Ort und Datum, [vermutlich Dezember 1802/Januar 1803] Schlegel1 hat mir die Gedichte welche er aus dem Petrarka2 übersezt hat gegeben um sie Dir zu schiken mit der Bitte ihm die welche der Graf Finkenstein3 übersezt wieder zukommen zu lassen doch so daß er sie in seinen Vorlesungen mittheilen kann. Den Ion4 Bittet er doch so bald als möglich seiner Schwester nach Dresden zu schiken. Burgsdorf ersucht er wen ihm die Ahndacht5 einiges Vergnügen gemächt ihm dagegen dasjenige waß er von Moreto6 im Spanischen besizt mitzutheilen. Dich bittet [er] wen Du eine Gelegenheit ohne Kosten findest etwa von Finkensteins nach Berlin [zu] kommen [und] ihm daß Du von altdeutschen Sachen von ihm hast ihm wiederzuzuschiken. Ein gewisser Bode7 der Sohn von dem hiesigen sogenannten Astronomen giebt ein Übersetzungs Journal herauß. Er hatte an Schlegel nicht so wohl um Beiträge als um seinen Nahmen bei dem Unternehmen geschrieben. Ob nun gleich Schlegel bestimt verneinend geantwortet hat so ist Dein und Schlegels Nahmne doch in der Ankündigung genant. Er hat es mit Dir gewiß wie mit Schlegel gemacht nur daß Du warscheinlich gar nicht geantwortet hast. Wen dies so ist so bittet Dich Schlegel recht sehr ja sogleich ihn nur mit einigen Worten davon zu unterrichten damit er es in Deinem wie seinem Nahmen wiederrufen kann den es ist in der That eine schlechte Verbrüderung. Ich bitte Dich antworte nur bald wan und wie lange Du in Dresden zu sein gedenkst. Ich will mich nicht damit verhindern und werde wohl die Amme mitnehmen wen es mir auch etwaß mehr Kosten sollte. Schreib mir ich habe eine recht Sehnsucht es bestimt zu erfahren. Ich bin recht unglüklich daß mir alles so entsetztlich beschwerlich wird so daß ich gar nichts mehr schreiben kann. Mein Märchen denke ich nun sehr bald zu schiken ich habe an den Versen noch manches geändert und ich bin sehr begierig waß Du nun dazu sagen wirst. Grüße Finkensteins die Caroline8 besonders und Burgsdorf9 recht sehr von mir. Malchen10 soll mich nicht vergessen und sich auch darauf freuen mich wiederzusehn.

Nr. 36

93

August Wilhelm Schlegel (Büste)

Nr. 37 Ohne Ort und Datum, [vermutlich Mai 1803] Liebster Bruder Ich kan Dir nur in der Eil und sehr wenig schreiben. Leider zum theil weil ich mich so übel befinde. Ich bin nach Deiner Abreise recht krank gewesen und habe an so häufigen und vielfach wiederholten Verblutungen gelitten daß ich davon noch weit mehr geschwächt bin. Hufeland1 versichert daß es sehr hohe Zeit ist daß ich eine recht orndliche Cur brauche weil ich sonst im kurzen von einem auszehrenden Fieber würde gelitten haben doch giebt er mir jezt die besten Hoffnungen und die kräftigsten Arzeneien. Ich bin aber so geschwächt daß wen ich es nur einmal unterlasse mich mit Spiritus den er mir verordnet hat zu waschen die krampfhaften Schmerzen in allen Gliedern so gleich wieder kommen. Und wie mich immer alles Unglück verfolgt so ist jezt mein kleines Kind krank an den Zähnen und weil das vorige an dieser Krankheit gestorben2 so ist nun mein Herz von ewiger Angst gequält und ich habe es noch nicht entwöhnen dürfen. Sei nicht böse auf mich daß unsere Plane ohne meine Schuld um ein weniges verzögert werden. Kom nur her wen ich Dich sehe so blühen mir neue Hoffnungen auf. Ich könte auch jezt nicht reisen wen es auch nicht mit dem Kind wäre da ich Hufelands Hülfe so sehr bedarf. Er räht mir zwar die Reise aber doch erst wen es mir etwas besser geht. Wen Du hierher komst so bitte ich Dich recht angelegentlich die Abschrift von meinen Märchen3 mitzuringen Du würdest mir wehe thun wen Du es vergäßest der Bruder4 wünscht sie so sehr zu haben. Ich kan nicht mehr schreiben den schon das wenige verursacht mir Schmerzen. Grüße Malchen5 und Dorothea6 recht herzlich von mir auch Finkensteins7 besonders Caroline8 bitte daß sie mich nicht vergißt und sage wie sehr ich mich freue mit ihnen im Herbst zu leben. Auch Burgsdorf9 soll mich nicht vergessen. Lebe Du recht wohl und erhalte mir Deine Liebe wie ich ewig mit gleicher Trauer Dich im Herzen trage ST. [von August Wilhelm Schlegels Hand] Damit Du das obige nicht misdeutest so muß ich hinzufügen daß Deine Schwester zwar wegen obigen Umständen zwar nicht gleich mit Dir nach Ziebingen10 wird gehn –, aber Dich gewiß zu Ende Juni, oder Anfang Juli in Dresden11 treffen können. Die ernstlichere Cur, auf die ich schon so lange drang, und zu der sie sich endlich entschlossen hat, wird unterdessen ohne allen Zweifel beträchtlich gefördert seyn. Der Kleine12 darf zwar jezt wegen der Zähne Nr. 37

95

nicht plötzlich entwöhnt werden, allein es geschieht allmählig, er ist schon sehr an andre Nahrungsmittel gewöhnt, u. wird es immer mehr, da die Amme so wenig Milch hat Er ist übrigens äußerst gesund und nicht der mindeste Grund zur Besorgniß da. Die Minnelieder13 habe ich angefangen mit den Originalen durchzugehen u. meine Bemerkungen aufzuchreiben. Ich hätte es schon mit allen gethan, wenn nicht ein Privatissimum14, das ich zu geben übernommen, mir viel Zeit einnähme. Bring ja alles was Du gedichtet, auch Anfänge u. Fragmente mit; auch das Märchen, um es dem Bildhauer15, der so isoliert ist zu schicken. Lebe wohl, grüße Deine liebe Frau, ich freue mich herzlich Deiner baldigen Wiederkunft Dein AWS.

Nr. 38 Ohne Ort und Datum [vermutlich Rom, April 1805]1 Ich schreibe Dir mein geliebter Bruder aus Rom, und in mir wechselt das Gefühl der erstaunten Freude und der getäuschten Hoffnung. Ich glaubte ich würde mit Dir diesen Boden betreten und jede Freude des ersten Eindruks mit Dir theilen, und nun bist Du entfernt, krank und gehindert an jedem Genuß des Lebens2. Hier wo eine große Vergangenheit mich nahe umgiebt, erklären sich mir tausend Gefühle drängen sich mir tausend Betrachtungen auf, die ich mit Dir theilen möchte, und in Gesprächen mit Dir entwikeln waß mir noch verworren und auffalen[d] waß mir noch dunkel bleibt. Es bleibt nichts anderes als der Trost des Schreibens übrig, und so will ich es den in Briefen versuchen Dir meine Gefühle und Betrachtungen mitzutheilen3. Ich kann Dir nichts schreiben über einzelne Gebäude, über einzelne Kunstwerke, oder über einzelne Ruinen. Das ganze Rom mit allen seinen Umgebungen scheint mir eine große Ruine, die Kirchen, die Palläste, die Einwohner selbst, sind nur die Zeichen noch der vergangnen Zeit. Und sehe ich alle die Orte wo sonst die Pracht des alten Roms stand, die zertümmerten Palläste und die in Kirchen verwandelten Tempel so trit die Geschichte verflossenerJahrhunderte so nahe auf mich zu, und ich habe das Gefühl, daß wie etwa ein Mensch ermüdet von den glorreichen Thaten des Tages schlummert, und ich von ihm hoffe daß er erwachen wird zu neuen Thaten, der jetzt ein lebloß Bild 96

Briefe

erscheint, daß so auch Rom entflamt von dem alten Geiste, nach seiner Ruhe sich erheben und gl[ä]nzend auferstehen wird4. Ist der Mensch gestorben so ist er nur die Form des Menschen noch, und ist er entschlafen, so erscheint er nur als Form, es fehlt oder scheint zu fehlen der Geist der allen Gliedern die Bedeutung, den Augen den Ausdruck, der Zunge die Sprache giebt. So erscheint mir geliebter Bruder unsere Zeit in so tiefem Schlummer daß er dem Tode gleicht. Verstumt ist die Zunge die in holden Klängen und Liedern sprach, das tiefste Geheimniß der Welt, magisch in Wort und Wohllaut zwang, taub das Ohr daß auf diese Klänge horchte, der Geist entflohen der die Magie verstand, Unerkannd der bedeutung der glieder, selbst beim Anblick der Antike, blöde Sinn und Augen selbst vor den Bildern der größten Meister, die [… Freilassung]. Hand mit den Farben die menschliche Gestalt hinzaubern und diesen, den menschlichsten Sinn wie die süßeste und tiefsinnigste Liebe Gottes legen, stumpf der Sinn für Natur, verlohren das verständnis der Ge[sc]hichte, und so faßt sie die Geschichte der Welt, und trägt sie wie schlafende Kinder hinüber zu einer andern Zeit, wo sie vieleicht erwachen, und sich nimmer besinnen wie sie dahin gelangten. Oft ist mir die Betrachtung gekommen, wen ich nachdenke über Musick, wie der Mensch alles zusammensezt, Holz und Metal, Luft, und Wasser, die lebendige, und leblose Welt, wie er in kühner Begeisterung, und in der finstersten Sehnsucht sich und die ganze Welt in Melodie und Wohllaut scbmerzlich zu verhauchen, diese Melodien erzwingt mit dem Zauber der Zahlen, und alles, ja die Krone der Schöpfung den Menschen selbst verwandelt in ein tönendes Instrument, und so die ganze Welt zwingt in Klagen Schmerz Sehnsucht und Liebe sich zu ergießen oder im höchsten Triumpf auf zum Hinunel zu steigen, so meine ich den es müsse die menschlichen Herzen simpathetisch der Theil berühren der von ihnen selbst in diesen Tönen klingt, aber nein, ich sehe dan daß auch das Göttliche wie das Gemeine, zur Form werden kann die Todt erscheint, weil sie unverstanden ist. Ja es kann todte Musick geben, ob gleich die Musick das höchste und geistigste Leben selber ist. Wilst Du glauben daß es durch magische Sprüche möglich ist die Heiterkeit Deiner Seele zu vernichten, die Gesundheit Deines Körpers zu zerstöhren, so wirst Du verlacht als ein fantastischer Thor, Und dennoch treten täglich Magien auf die mit schwachen Händen die Musick berühren, die vorgefundne für die todte Form ergreifen, das ihnen unbekante Geheimniß der Zahlen benutzen, und man könte sagen, so eine umgekehrte Zauberei ausüben, den mit denselben Zeichen verscheuen sie die Geister der Musick, und zwingen unmusikalische herbei und in dasselbe Element worin Demuth, Liebe, Schmerz, und die höchNr. 38

97

ste Glorie sich bewegte, tritt nur leichtsinnig ein frecher Scherz, der spottend allen diesen Geistern höhnt, und dieselben Herzen die ungerührt wie Felsen sich ließen umspielen von den Wellen der Musick, ergeben sich willig dieser unmusikalischen Raserei, und Deine Seele wird zerrissen, Dein Herz gekränkt, Dein Ohr betäubt, und Du gehst warhaft krank an Seele und Leib von diesem Zauberer und seinen falschen Tönen gerne weit weg, und suchst den blauen Himmel, und findest vieleicht bei einem Wasserfall den Ton wieder, der Dich im Zusammenhang sezt mit der himlischen Musick und Dich so wieder von dem empfangenen Übel heilt. Must Du Dich überzeugen die Musik ist verklungen bei den Menschen der Sinn dafür erstorben. Suche Dich nicht mit dem zu trösten waß die Poesie nennen. Mich wenigstens erfühlt es mit schmerzlicher Wehmuht wen ich die Poesie die wahrhafte Göttliche betrachte, die man Herz innigst liebt und anbetet, und sehe sie gemishandelt von denen die sie scheinbar verehren, und sich ihre Schüler nennen. Lese ich eines von den Gedichten, der wahrhaften Poeten, so werde ich erhoben, und entzückt, bewundernd sieht mein Auge die kühne Archetecktur, Simbolisch tragen alle Säulen das große Gebäude, die reinsten Linien das schönste Ebenmaß biehtet sich dem prüfenden Auge, die die wahre Matematick liegt dem kühnen Bau zum Grunde, aber freilich nicht jene welche kleinliche Seelen zu dem Rechen exempel eines Schülers erniedrigt haben. Dann schwingt sich der Wohllaut der Sprache mit kühner Dehmuht durch die weiten Hallen, und die Säele, und zwingt durch seinen Zauber aus dem umgebenden Boden die Gräser und Blumen hervor die schattigen Bäume steigen zum Himmel, die Quellen springen durch die Wiesen, Du siehst den Geist der Liebe der darin ahtmet, alle Gestalten die in den Wäldern jagen, in den Gärten schweifen, in einsamen Kammern trauern, sind Dir erklärt. Du siehst die ganze Welt gleichsam gefangen durch die Magie der Kunst in diesem kleinen Bezirk den Dein Geist zu übersehen vermag. Sieh Dich um nach unseren Poeten, und mit Schmerz wendest Du Dich hinweg. Wie behende klingeln sie mit den Formen in allen Tönen wie bedeutungsloß verhallen die wie unartikulierte Laute in der Luft, nichts rufen sie aus den unfruchtbaren Boden, als kaum ein unerspriesliches [… Freilassung], ihr Gebäude ist nichts als unorndliche Maßen, ja sie haben auch nichts erbauen und bedeuten wollen so niedrig halten sie die von ihnen verehrte Poesie, sie meinen sie liege an sich schon in den Worten. Diese werden verachtet von den erhabenen Künstlern unserer Zeit. Mit mühsamer Angst erbauen diese, zählen und berechnen alle Steine, bringen endlich nach vorzüglichster Rechnung und überdenkung aller Verhältnisse eine armselige Hütte zusammen, worin 98

Briefe

das wahre Elend lebt, durch enge Fenster die kaum das durchsehen erlauben, siehst Du in einen kleinen mühsam gepflanzten Garten, überall erreicht Dein Auge beim ersten Blick die Gränze. Und in dieser Armuth siehst Du dan oft die wunderbahr geschmükten Personen, und Du solst hier die großen Begebenheiten der Erde kennen lernen. Den geheimnißreichen Zusammenhang der Welt und ihrer großen Geister will man Dir erklären, mit den kleinlichen Geschöpfen welche sich hier peinlich bewegen. Ja wäre es möglig daß einen Augenblick der wahre Geist dessen waß man hier schildern will, sich in dieser Armuht fienge, er würde das ganze Gebäude zertümmern und nach allen seiten aus einander sprengen. Daß fühlen sie aber nuch recht gut und drum sagen sie die Kunst muß die Geschichte veredlen idealisiren und ihre Armuht nennen sie die Kunst5. Die Verehrer der Poesie vereinigen sich in inniger Freude über das gelungene, bewundern den tiefsinn des menschlichen Geistes und empfangen mit dankbarkeit die Aufklärungen der verworrenen Geschöpfe, von diesen ihren Poeten. Wilst Du Dich in Deinem eignem Innern vertiefen, lösen sich Dir in der Einsamkeit des stillen Denkens manche Bande, und siehst Du mit klarem Auge, wie Du im Zusammenhang stehst, mit der Erde und ihren Metallen, mit dem Himmel und seinen Sternen, führt Dich Sehnucht prüfend immer weiter in der Schöpfung zurück, und findest Du so durch Dein eigenes Gemüht getrieben andere Dir verwandte Schriften, welche Dir in Zeichen und Worten die Spuren ließen, wie Du ihnen folgen kanst, und ergiebt sich Deine Seele in kindlicher Freude dem Studium dieser geheimnisreichen Welt, hegst Du wohl gar die Hoffnung daß dieß nicht gemißbraucht werden kann weil zu fern diese Zeichen liegen vom gewöhnlichen Wege, sieh Dich nicht um nach unserer Welt. Geläufiger als Dir sind den jungen Schülern der Musick die Terminologien, Auch diese ja sie verwandlen es in Form, und eben weil sie den Geist darin nicht ahnden, so können sie so behende mit den todten Formen spielen, und Du erstaunst betrübt, und giebst wie die Musick so wie die Sprache auf. Den woltest Du reden Du köntest ja nur dieselben Zeichen brauchen, welche welche sie vorher schon gemisbraucht haben.6 Ja warlig vorüber ist die Zeit der unschuldigen Barbarei, wo alles Große und Göttliche, ungekant lag und ruhte, wo keine Ahndung sich unter den Menschen regte der Geister welche einsmals lebten und welche ihre Offenbahrungen, in Worten, Tönen, und in anderen Zeichen ausgesprochen haben. Eine viel schlimmere Barbarei hatt jezt ganz Deutschland ergriffen, man hält es jetzt für eine Schande nicht von allem zu wissen. Aber nicht findest Du die Dehmuth die erstaunt und ergriffen, von der Herrlichkeit der Vergangenen Zeit hinzutrete, und nun Nr. 38

99

mit inniger Liebe sich unterrichten wollte mit demühtigem Nachdenken einzudringen strebte, in tiefsinnige Poesien, oder noch tiefsinnigeren Lehren. O nein mit Frechheit treten sie hinzu, ergreifen die Formen, misbrauchen sich selber unbewußt, das Göttliche erniedrigen das Heilige zum Gemeinen und finden in den erhabensten Poesien nichts als waß ihr Geist auch hervorzubringen vermag, und in dem kunstreichen Gewebe eines Systemes welches bescheiden das Misterium in sich zu fassen strebt nichts als den Weg sich zum Gott zu erhaben. Hier in Rom wo gleichsam verschiedene Zeitalter der Welt auf einander gehäuft liegen, ergreifen mich so gewaltsam alle diese Gedanken und zwingen mich zu Betrachtungen und Vergleichungen und immer kehrt sich mein Herz mit neuer Betrübniß von unserer Zeit hinweg. Von jener Zeit ehe noch die Religion der Liebe die Menschen beglückend von manchen Banden erlöste, findest Du hier so viele Zeichen, und sie trit Dir oft so so nahe das sie Dich als Dir Gegenwärtige anredet.7 Diese Zeit erhabener Barbarei in welcher der Mensch erliegend den Elementen, besiegt und erschreckt von den Naturkräften, diese als göttlich verehrte, und in der Bestrebung sie bildlich äußerlig für seine Anbethung kein edler Symbol wußte als die menschliche Gestalt, und seine Götter nicht erfand nein empfand, in diese Zeit fühle ich mich hier auf Augenblike zurückversezt. Und wenn ich in solchen Augenbliken die Statuen betrachte, dan ist mir als wolte sich mir das innerliche Verständniß des Steines öffnen, und ich fühle recht deutlich daß ohne einen Jupiter Apollo und Mars zu glauben ohne die Erkentniß und Anbetung der Kräfte der Natur welche er Simbolisch bedeutet, mir nie einer unserer neueren Künstler einen dieser Götter Bilden wird. Und nie kann mir ein Jüngling mit einer Traube oder Schale in der Hand ein Bachus, so wie kein Mann mit einer Leier ein Appollon bedeuten. Noch weniger aber kann es mich befriedigen wen ich die erhabenen Mysterien der Christlichen Religion, von so gleichgültigen Seelen ohne Glauben und Liebe, in den gewöhnlichsten Menschengestalten darstellen sehe. Wen selbst die Religion eine Form ist, die ohne Frömmigkeit gebraucht wird und doch nur den Frommen etwas sein kann. Ich frage mich oft darum mahlen den diese Maler die heiligen Geschichten? Sie verwechseln doch offenbahr die Form mit dem Geist. Sie haben es vergessen daß die menschliche Gestalt nur die Form sein soll in welcher sich ein tiefes heiliges Geheimniß ausspricht und nehmen eben dies tiefe zarte Geheimniß um ihre schönen Formen Menschlicher zu Gestalten wie sie meinen Kunstreich anzubringen. O wärst Du hier um mit mir zu bewundern dies zweite Zeitalter der Welt, wo Rom blühte in der Gloria der Religion wo jede Kunst eifrig strebte die100

Briefe

sem höchsten Zwecke zu dienen, in welcher Musik und Malerei die Kirchen belebten, wo gleichsam die Engel des Himmels die Menschen hörbahr und sichtbahr·umschwebten. Auch von dieser Zeit findest Du nur noch die Zeichen aber in diesen Überresten trit sie so göttlich groß auf Dich zu, daß Dein Herz ergriffen wird von der Sehnsucht nach dem warhaftigen Leben, und daß eben deswegen der Schmerz über die jetzige Zeit welcher alles nur in todten Formen klingt zu einer solchen Höhe steigt. Glaube nicht daß hier in Rom wo nichts kleinlig alles großartig ist, mein Herz von einer unersprießlichen Bitterkeit ergriffen ist. Ich bin nur getrieben von dem Verlangen einmal mit Dir zu theilen alles waß seit Lange mein Gemüht beschäftigt hatt und mit Dir mich recht zu erklären darüber, waß ich an vielen Kunstwerken groß und Göttlich nenne, ich glaube daß die meisten neueren Bestrebungen den wahren Sinn der Poesie, wie jeder Kunst verfehlen, und wie sie die Form ergreifen stadt des Geistes und eben darum diese erniedrigen und misbrauchen. Bist Du so weit hergestelt8 daß Dich diese Gedanken beschäftigen und ergötzen, so bitte ich Dich antworte mir und schreibe mir waß Du über diese Gegenstände denkst, dan will ich in meinem folgenden Briefen mehr in das Einzelne gehen, und mich in diesem fortgesezten Briefwechsel über Deine Abwesenheit zu trösten suchen.9

Nr. 39 Heidelberg den 7 ten Dezember 1820 Liebster Bruder Ich wollte Dir gleich nach unserer Ankunft1 schreiben, aber die zum theil üble Witterung auf der Reise hierher hatte mir so heftige Kopf und Zahnschmerzen verursacht, die mich bis jezt gemartert haben, und wovon ich jezt noch nicht befreit bin, daß ich Lust und Muth verlohr etwas zu unternehmen. Dann gestehe ich Dir daß es mir auch zu schmerzlich fiel Dir zu schreiben ohne Dir das Geld mit zu schicken, welches ich nun doch thun muß, weil ich meinen Brief nicht länger aufschieben mag. Sei überzeugt mein theurer Bruder daß Du nicht mehr lange darauf warten sollst, wir haben sogleich von hier aus nach Hause geschrieben, freilig hätten wir es schon auf der Reise thun sollen, aber Du kanst Dir denken, wie sehr ein so weiter und beschwerlicher Weg alle Kräfte aufzehrt, so daß mann betäubt und unlustig nichts unternehmen mag. Nr. 39

101

Alle Einrichtungen unsere Vermögensverhältnisse betreffen, haben wir mit aller Vorsicht gemacht, die dem Menschen zu geboth steht, also hoffe ich auch darüber ruhig sein zu könen. Ich bitte Dich also geliebter Bruder mich nicht damit zu ängstigen. Glaube mir es haben so manche Leiden meine Kräfte verzehrt, mein Herz ermüdet, daß ich vor allen Dingen Ruhe bedarf, dazu bin ich von Natur ängstlich, meine Gemüth wird leicht von Sorgen beherscht die mir den Muth zum Leben nehmen, und ich habe mich nur zu der Standhaftigkeit gewöhnt solche Bekümmernisse in mein Herz zu schließen wo sie an meinem Leben nagen, indem ich von Außen Standhaftigkeit und die besten Hoffnungen zeige. Darum bitte ich Dich nicht Schreck Bilder·hervorzurufen die mich nur quälen können. Ich bitte Dich mein theurer Freund laß unseren Briefwechsel beruhigend tröstend auf unser Leben einwürken, laß mich jeden Brief von Dir mit reiner Freude ohne heimliche Angst empfangen, laß uns endlich die Anmuth der Geschwisterliebe fühlen, darum bitte ich Dich glaube doch endlich meinem Wort daß ich Dir aufs Feierlichste wiederhohle, ich habe mir niemals, und werde mir niemals die geringste Bemerkung über Deine Verhältnisse erlauben. Es hat mich der Schmerz zu weilen dahin gebracht gegen Menschen die ich für meine Freunde hielt, über Deinen Mangel an Liebe zu mir mich zu beklagen, über Zurücksetzung, über schonungslose Härte und Beleidigungen, wozu Du in übler Laune kommen kontest, und dies erkenne ich noch jezt für eine verzeihliche Schwäche von mir, denn es giebt zuweilen einen Zustand im Leben, wo die Qual in der Brust so hoch gesteigert ist, daß Leiden und Schweigen die menschlichen Kräfte übersteigt. Dies ist aufrichtig was ich mir gegen Dich habe zu schulden kommen lassen, aber dies betraf blos mein Verhältnis zu Dir, das bitte ich Dich wohl zu bemerken. Daß aber über einen so bedeutenden Menschen wie Du bist vieles Geklätsch entstand ist natürlich, und daß Du selbst, verzeih mir die Aufrichtigkeit, am meisten daran schuld warst, durch eine wenigstens scheinbare zu innige Verbindung mit flachen erbärmlichen weiblichen Geschöpfen, die dann sich berechtigt glaubten zu spionieren, daß manche Deiner sogenannten Freunde auf Deine Kosten sich für wichtig hielten, daß alles sollte Dir eigentlich nicht entgehen, und Du solltest mir nicht die Kränkung zufügen alles was die Gemeinheit gegen Dich verschuldet hat, auf meine Rechnung zu bringen. Ich bitte Dich lieber Bruder laß dies das lezte sein waß wir über diesen Gegenstand sprechen. So wie ich hier ankam habe ich mir sogleich den Fortunat2 verschaft, und habe ihn einigemale nacheinander mit dem grösten Interesse gelesen. Ich glaube daß dies Werk die Bewunderung aller denkenden Menschen erregen muß, so wahr und [… unleserlich] steht jede einzelne Figur da, und solche tiefe Kent102

Briefe

nis des Menschen durchdringt das Ganze. Bis zur höchsten Liebenswürdigkeit einfältig, ist der glückliche Fortunat, der doch mit vernünftiger Eitelkeit von sich glaubt daß er einen hübschen Verstand besitze, denn selbst in der·grösten Noth im Gefängnis in London sieht er es noch nicht ein, daß bloß seine Dumheit ihn aus dem Hause des Grafen von Flandern verjagt hat. Wie liebenswürdig ist dieser Fortunat in allen seinen Schwächen, und guten Eigenschaften, mit welcher Liebe begleitet mann ihn bis an das Ende seines glänzenden Lebens. Im wilderen Sohn fühlt mann es erst wie mäßig er im Grund sein Glück genossen, und Andalosia fängt schon an eine tragische Figur zu werden wie er in London im höchsten Übermuth sich so hoch über seinen Vater erhebt, und meint nur er genieße das Leben, das dieser Übermuth es nothwendig zertrümmern muß. Mann sieht ihn immer mit sich beschäftigt, er verschleudert sein Geld an Nichtswürdige für Erbärmlichkeit, und wir denken mit Rührung an den Vater der der Ermahnung der Göttin getreu, die Armuth aufsucht, und in einer Wüste ein Paradies erblühen läßt, worin er von den Staunenden und Beglükten als ein Gottesbothe verehrt, und von der Gemeinheit als ein Unkluger verlacht wird. Eben so ist es schön und menschlich im Fortunat, daß er das Bedürfnis nach einem erfahrenem Freund empfindet, der ihm die Güter des Lebens bewahren hilft, und mann bekömt Zuneigung und Vertrauen zum Leopold, der wie es mir scheint ein Schweitzer von Geburt sein müßte denn ich glaube kaum daß ein ander Volk die Fähigkeit hat für Bezahlung treu zu sein, und im guten Sinn aus aus Eigennutz zu lieben den mann vergiebt es dem Leopold willig daß der Eigennutz ihn wie die Dankbarkeit an Leopold heften, mann verlangt keine höhere Tugend von ihm, und ist zufrieden daß er sich bei der Wahl der Braut, mit Klugheit der Gefahr entzieht die Gunst seines reichen Freundes zu verliehren. Es würde eine große Abhandlung werden wenn ich alles schreiben wollte waß ich im Fortunat bewundere, nur muß ich noch anführen, daß es einen so tiefen tragischen Eindruck macht, wie die furchtbahrste Tragödie, wenn mann [… unleserlich] das blasse halb verhungerte Gespenst Andalosia im unterirdischen Gefängnis sitzen sieht, [… unleserlich] und tobt, und daß so viel Elend nötig ist um ihm zu zeigen wie er sein Leben verschleudert hat. Eben so kann mann sich gar nicht zufrieden geben das die Dumheit des älteren Bruders jedes Mittel zur Rettung unmöglich macht, ob mann es gleich von Anfang an voraussieht daß es so kommen muß. Mit unendlicher Zartheit und Weisheit ist es gemacht, wie sich die Brüder gegen das Ende ihres Lebens näher rüken, und es wieder sichtbahr wird daß sie aus gleichen Keimen entsprossen sind, indem Amgedo liberaler, und Andalosia mäßiger wird. Diese Gefühle diese Ansichten müssen sich jeden Leser aufdrängen, der dies Nr. 39

103

Gedicht nur einigermaßen versteht, auf mich aber machte es noch einen ganz eigenen Eindruk [… unleserlich]. Ach liebster Bruder wenn unsere Eltern oft so weitläuftig auf uns schmohlten, wenn sie sich darin vertieften alle unsere Fehler auseinander zu setzen, und damit schlossen das nichts – gar nichts aus uns werden könte, wie oft verlohren wir uns dan in Träumen waß wir alles im Leben ausrichten und gewinnen wolltet, wie wir mit einer unaussprechlichen Herlichkeit unvermuhtet die Eltern überschütten wollten, und dan der stillen Genugthung genießen, daß sie sich selbst gestehen sollten wir haben den Kindern Unrecht gethan. So kommt Fortunat zurück recht wie wir es wollten, und noch einmal hat Deine Fantasie unsere Eltern mit aller Herlichkeit des Lebens geschmückt, und der alte Theodor rächt sich an den Grafen Nimian, ganz so grosmüthig, wie unser Vater seine Feinde gedemühtigt haben würde, wenn er es vermocht hätte. Ich bitte Dich liebster Bruder beendige Deine Novelle bald mache daß wir sie bald besitzen, es hat sich in Dir ein neuer Geist entwikelt der in diesen Kunstwerken spricht, dessen unwiederstehliche Gewalt sich bald zeigen, und auf unsere Zeitgenossen einwürken wird, bedenke daß dem vielen Verkehrten waß jetzt geschieht, sich pflichtmäßig sich Deiner gesunden starken Seite entgegen setzen muß. Ich möchte Dir noch so vieles schreiben, und doch ist es mir auch zuwieder daß mein Brief so unausstechlich lang wird, Du mußt aber nun schon die Geduld haben ihn zu lesen. Ich habe Egidio und Isabella3 jezt völlig umgearbeitet so daß es beinahe ein anderes Gedicht zu nennen ist. Beim Umarbeiten fällt mir ein, daß mir der einzige bemerkenswerthe Fehler im Fortunat der scheint, wie er der Prinzessin unter dem Apfelbaum den Zauberhut aufsezt und sie ihn so verliehrt, den auf die Art wie Du es gemacht hast, ist es völlig unnatürlich, und auch in der kühnsten Fantasterei muß Natur und Wahrheit sein, wie Du es auch im ganzen übrigen Gedicht herzlich gezeigt hast. Hättest Du es mehr hervorgehoben, wie er durch die Nähe und Schönheit der Prinzessin ganz von neuen bezaubert, in Trunkenheit verlohren nichts mehr denkt und fühlt als sie, dann glaube ich wäre ein augenblickliches Vergessen jedes anderen Zaubers natürlich geworden. So schwach es aber ist wie er den Hut verliert, so unnachahmlich schön ist seine Verzweiflung wie er ihn verlohren hat, und vollends wie er statt dessen die langen Hörner bekömt. Es thut mir sehr leid daß ich Dir Egidio und Isabella nicht in Dresden mitteilen konnte, ich glaube Du würdest finden daß es sehr gewonnen hat, ich habe alles Kindische und Verschickliche herrauß gebracht, das Gefühl ist mehr darin zur Sprache gekommen, und die Leidenschaft kühner. Da Knorring beinahe lei104

Briefe

denschaftlich wünscht daß es aufgeführt wird, so würdest Du ihm gewiß einen recht brüderlichen Dienst erweisen, wen Du dazu beitragen wolltest welches Dir leicht ist, da Du mit Wahl4 in Berlin in Verbindung bist. Ich habe bei der Umarbeitung auf die Darstellung rücksicht genommen, es macht außerdem keine Aufwand nötihig, Egidio und Isabella sind Rollen worin sich doie Schasuspieler zeigen können, durch die Aufführung der neuen Sachen von Mülner5 [… unleserlich] sind die Schauspieler wenigstens an Verse und lange Reden gewohnt, und einen Kunstwerth [… unleserlich] als die genannten Sachen hat es auf jeden Fall. Flore und Blanscheflur6 werde ich nun auch drucken lassen, auch werde ich meinen lange angefangenen Roman7 fortsetzen, den ich Dir auch gerne so weit er ist mitgetheilt hätte, aber leider war unser Aufenthalt in Dresden zu kurz. Ich werde Dir mit der fahrenden Post den [… nicht auf der Kopie] schiken, welcher dieselbe Ausgabe ist die Du besessen hast, und werde den Docktor fragen lassen ob er mir nicht will das englische Buch über die Hexerei zu schiken, um es Dir in demselben Paket zu übermachen. Diesem Paket werde ich auch einige Sachen von Felix8 beilegen, den Anfang eines Trauerspiels, den Anfang eines großen Epischen Gedichts und zwei Romancen daraus. Es werden Dir diese Proben wie ich glaube zeigen das er Gefühl und Emagination hat, und daß er die Sprache sehr in seine Gewalt bekommen wird, besonders wenn Du bedenkst, daß ich ja niemals im Mindesten bei seinen Poesien geholfen habe, und sie ihm auf keine weise erleichtert habe, denn ich verabscheue nichts so sehr, als die jetzige Art der Leichtigkeit womit ein Jeder schreibt. Ich habe blos ihn aufgemuntert zur Poesie, um seine Seele vor der Trokenheit zu bewahren, die wie ich glaube, ein anhaltendes Studium der Mathematik nothwendig herbei führen muß, wenn nicht Beschäftigungen wodurch die Fantasie angeregt wird dazwischen getrieben werden. Da Du denken kanst daß mir Deine Meinung über diese Versuche sehr wichtig ist, so bitte ich Dich sie mir mitzutheilen. Ich hätte sehr gerne Henriette9 geschrieben, aber mein Brief ist schon so weitläuftig geworden, daß ich es verschieben muß. Ich kann Dir nicht sagen wie wohltähtig ihr sanftes edles Wesen auf mich würkt, und ich glaube wenn wir uns mehr kennen, wird auch Sie mir ihre Liebe nicht versagen. Ich habe eine so unaussprechliche Sehnsucht nach einer Schwester und nach einer Tochter immer empfunden, und es erregt mir eine wehmütige Freude zu hoffen daß ich nun so beglückt sein werde, in Henriette die Eine, und in Dorothea10 die Andere zu finden. Sage Henriette daß ich ihr nächstens schreiben werde, und da mein Herz ihr eine schwesterliche Neigung entgegen trägt, so wird sie es mir gestatten, daß ich sie auch mit Du, wie eine Schwester anrede. Dorothea Nr. 39

105

bitte doch daß sie auch mir ein mal schreiben soll, küsse dies geliebte Kind in meinem Nahmen, sie muß Dir unglaublich viel Freude machen, denn ihr verständiges Wesen hat ihr so mein Herz gewonnen, daß ich nur mit Zärtlicher Neigung an sie denken kann, eben so hat sie Knorrings Herz gewonnen, und ich habe wieder eine Art von Neid gefühlt daß ich keine Tochter habe, doch ist sie ja auch mein gewissermaßen. Was den Umgang hier anbetrift so kann man wenn mann will sich ziemlich ausbreiten, und die Menschen sind sehr zuvorkommend und dienstfertig. Unter den Gelehrten die wir hier haben kennen lernen, muß ich den Geheimrath Tibauch11 und seine Frau oben an stellen, er ist ein Gelehrter, und zugleich ein Liebenswürdiger angenehmer Gesellschafter, sein Enttusiasmus für Musik macht ihn uns außerdem lieb, er liebt und studiert nur allte Kirchenmusiken, hat sich durch seine Verbindungen selbst Abschriften geschaft von Allem waß in Jena vorhanden ist, und es werden bei ihm die herlichsten alten Werke aufgeführt, welches immer Genuß gewährt ob gleich die Stimmen vieles zu wünschen übrig lassen. Der Hofrath Nägelz ist ein guter Arzt, ich habe ihn auch zu Rathe gezogen, dabei dem großen Verehrer, ein dienstfertiger Mann, nur hat er etwas von Ernstchen, was mich zuweilen stört, und seine Frau hat nicht das bedeutende edle Wesen der Tibauch. Der Oberpostrath Gotterer und seine Familie, er scheint mir unbedeutend, und vor der Zunge seiner Frau muß mann sich warscheinlich hühten. Creuzer12 läßt sich wenig [sehen] und lebt wie es scheint sehr zurückgezogen, Olberg ist so bescheiden daß der Umgang mit ihm deswegen etwas drückend ist. Kaiser und seine Familie sind unbedeutend, mir auch zu häßlich, Musicieren mir auch zu viel und zu dumm, kurz mir scheint da wenig Freude. Dies sind die Gelehrten die wir kennen, der Stand der vielen Kaufleute wird hier repräsentirt durch einen Engländer Nahmens Mitschel der schöne Möbel hat, ein hübsches Haus, gut zu Essen, vortrefflichen Wein, und dabei die Eigenheit daß er das Punktum vernehmlich mit ausspricht, als zum Beispiel, das meine Meineung [… unleserlich], der Adel welcher uns hier seine Aufmerksamkeit schenkt, ist der gewesene Badische Minister v. Reitzenstein, der gewesene Würtenbergische Minister Graf Malchus, ein Domherr von Wenningen ein Graf Leinigen. In Manheim ist Lindberg und seine Familie und die Geheimräthin Hartmann aus München mit ihrer Tochter dan noch Verwandte und Landsleute genug, Du siehst also daß es hier an Umgang auch nicht feht. Ich bitte Dich mir zu melden welche Frau es ist vor der ich mich wie Du riehtest ein wenig hüten soll, mir ist der Nahme entfallen, und alle die ich Dir nannte sehn mir gar nicht so aus als ob sie es sein könten. 106

Briefe

Lebe wohl ich muß endlich diesen langen Brief schließen. Knorring13 grüßt Dich brüderlich, umarme alle Deine Angehörigen in meinem Nahmen, und ermahne Dorothea mir zu schreiben. Henriette wage ich nicht eher darum zu bitten als bis ich es selbst gethan habe. Lebe wohl und glüklich. Ewig Deine SK Verzeih daß mein Brief noch mehere Tage liegen geblieben ist. Die Zahnschmerzen martern mich so sehr, daß ich alles darüber versäume. Lebe wohl

Nr. 40 Heidelberg den 26 ten Mai 1821 Geliebter Bruder Der Herr v. Stachow1 hat mir ein Blat von Dir gebracht, welches mr große Freude verursachte. Ich dachte Du wärest auf uns böse weil Du meinen Langen Brief nicht beantwortet hast, und diese Besorgniß quälte mich um so mehr weil Du wohl einige Ursach dazu zu haben glauben, nehmlich weil Du noch immer vergeblich auf das Dir zu kommende Geld warten mußt. Glaube mir daß es mir im höchsten Grade peinigend ist daß Du es noch nicht hast, aber ich bitte Dich auch zugleich versichert zu sein daß ich es Dir keinen Augenblick vorenthalten werde so bald es mir möglich ist es zu bezahlen. Ich sagte Dir schon in Dresden2 daß wir auf eine Summe rechneten die uns bald wieder zukomen müßte, weil wir sie mir in Reval3 deponiert haben, bis ungereimte Forderungen die mann an uns machte beseitigt sind. Dieser einfältige Streit der eine blosse Prellerei sein sollte ist noch nicht entschieden, und also haben wir auch dies Geld noch nicht zurück. Ich schreibe Dir das so weitläuftig damit Du Dir nicht unnöthige Sorgen machst. Wir wohnen in demselben Quartier welches die Boisserees4 mit ihrer Bildergallerie bewohnt haben, welches Du also kennen wirst, da Du ja bei ihnen warst, es erregt mir eine sonderliche Empfindung, wenn ich denke, daß Du in diesen Zimmern herum gegangen bist, und damahls wohl nicht daran gedacht hast daß ich sie bewohnen würde. Ich schicke Dir mit diesm Packet das versprochene Buch, welches ich Dir schon längst geschickt haben würde, wenn ich mich nicht, wie gesagt, geschämhthätte es ohne Geld zu senden. Von Felix5 erhälst Du hierbei, den Anfang eines Epischen Gedichts, und den Anfang eines Trauerspiels. Er hatt jezt nicht viel Nr. 40

107

Zeit sich mit Poesie zu beschäftigen, den außer seinen Kollegien und den Stunden, die sie nothwendig machen, nimt ihm Reiten, Fechten, Voltigieren, Tanzen, Singen viel Zeit hinweg, und die ihm davon übrig bleibt, bringt er theils Gesellschaften zu, theils auf Spaziergängen, denn Du kanst es ihm nicht übel nehmen daß die schöne Natur ihn auf gewisse Weise berauscht, wer so lange in einer so trübseligen nördlichen Gegend geschmachtet hat wie wir, und wenn mann dan mit so jugendlich frischer Seele wie Felix die Herrlichkeit der Erde erblickt, so ist es natürlich daß die Wirkung bezaubernd ist. Ich sende Dir bei dieser Gelegenheit Egidio6 und … [… nicht auf der Kopie]. Du wirst es sehr verändert, und ich hoffe sehr verbessert finden, wenn Du es kanst nach Dresden geben lassen, so wirst Du Knorring eine große Freude dadurch verursachen, drucken lasse es aber auf keinen Fall, denn ich wollte es mit einem andern Trauerspiel zusammen drucken lassen welches ich noch nicht vollendet habe. Flore und Blanscheflur7 arbeite ich jezt wieder durch und habe sechs Gesänge davon beendigt, ich glaube daß dan mancherlei Tadel den mann früher dagegen erheben konnte jezt nicht mehr statt finden darf, wenigstens habe ich mir viele Mühe damit gegeben es zu verbessern. Von dem Roman8 ist auch ein Stück fertig und ich werde so bald Flore und Blanscheflur beendigt ist fleißig daran schreiben. Es ist orndlich quälend einen Gegenstand so lange im Gedächtniß zu bewahren. Du siehst daß die schöne goetische Natur auch mich wieder zu goetischen Arbeiten anregt, das Verdrüßliche ist nur daß keinen von uns das Geschick hat mit Buchhändlern zu unterhandeln, und ich weiß also noch nicht wie alle diese herrlichen Werke gedruckt werden sollen. Du schreibst nichts darüber ob Du den Plan aufgegeben hast diesen Sommer hierher zu kommen. Wenn das Leben nicht gar zu kurz wäre, so daß ein Jahr schon einen großen Theil des Ganzen beträgt, was mann in der Jugend wenig bedenkt, so würde ich sagen, es ist mir auf gewisse Weise lieber wenn Du künftigen Sommer herkommst. Denn bis im Winter ist das Proclama9 unseres ehemaligen Gutes abgelaufen und die Zahlungen fangen an, bis dahin wird hier gewiß ein herrliches Gut10 zum öffentlichen Verkauf kommen, das ehemalige Stift Neuburg, dessen Lage so himlisch schön ist, so nahe bei der Stadt, daß es so gut wäre als wohnte mann in der Stadt, wobei sich ein so großes Wohnhaus befindet, dort könnten wir alle einmal wieder eine Zeit lang beiander leben, so sorgenlos und heitr, als gäbe es gar keine Noth in der Welt. Dan würde Henriette11 gewiß mitkommen, wir würden uns dan mehr kennen lernen, und [… unleserlich] wir könten im Herbst die Reinreise mit einander machen ehe sich Felix von mir trent. Du wirst vieleicht lachen daß ich so weit aussehende 108

Briefe

Plane mache, aber waß könte wohl ihr Gelingen hindern? Es müßte den sein ihr wolltet nicht kommen, oder ich stürbe indes. Über Egidio und Isabella12 will ich Dir noch bemerken daß die Romance bei der Aufführung natürlich nicht braucht ganz gesungen zu werden, weil es zu lange dauern würde, und daß am Schluß mann die Leiche der Isabella ja auf eine Bahre mit Blumen geschmückt könte rein tragen lassen, damit sich die Stimmen der Schauspieler nicht so sehr im Hinter Grunde verliehren, und mann ohne Affektation wohl vorausehen kann daß Leonora diese Anstalten getroffen haben kann, auch könte ja der erwähnte Caplan nebst der Dienerschaft die Leiche begleiten, welches einen imposanteren Schluß machte13. Wenn Du nun Knorring eine recht große Freude machen wilst, so sorge dafür daß etwas aufgeführt wird, ich habe gehört daß Du jezt einen großen Einfluß auf das Dresdner Theater hast, also muß es Dir ja leicht werden. Du solltest doch nun auch manches von Deinen eigenen Sachen geben lassen, mit dem Blaubart14 müßte es sehr leicht gehen. Felix ist nicht zu Hause, und ich kann sein Trauerspiel nicht finden, ich werde es Dir also ein ander mahl schiken. Knorring15 grüßt Dich brüderlich, alle die Deinigen bitte ich Dich herzlich zu grüßen, und überzeugt zu sein daß ich ewig Deine Dich liebende Schwester S. Knorring

Nr. 41 Heidelberg den 15 ten Januar 1822 Geliebter Bruder Ich habe es lange aufschoben Deinen lezten Brief zu beantworten, und auch jezt noch fällt es mir schwer es [zu] thun. Glaube mir mein theurer Bruder, daß ich wenige so schmerzlich peinigende Empfindungen gekannt habe, als die, womit ich Dir melden muß, daß ich Dir nach so unendlich langer Zeit Deine Summe1 noch nicht zurück bezahlt habe, die zu den drückensten Schulden gehört, die wir jemals gehabt haben. Denn glaube mir daß es mich bitterlich kränkt, zu wissen daß Du Dir vielleicht manches versagen mußt weil Du dies Geld nicht hast. Auch ist es meinem Herzen Bedürfnis in zärtlich schwesterlichem Verhältnis zu Dir zu stehen, und in gegenseitiger Mittheilung Ersaz fürdie persöhnliche Trennung zu finden, und so lange dies Geld mir drückend auf dem Herzen liegt, fühle ich mich gekränkt und niedergedrückt so oft ich Nr. 41

109

Dir schreiben will. Aus allem diesen kannst Du wohl selbst schließen daß ich eilen werde, dieses drückende Verhältniß zu endigen so bald als [es] in meinem Vermögen steht, erlaube mir also Dir diesmal etwas weitläufiger darüber zu schreiben, und es dan nie wieder zu berufen. Ich sagte Dir schon mündlich daß wir durch eine Schikane gezwungen wurden eine Summe in Reval zu ilegoniren. Es wurde vor unserer Abreise ausgemacht, daß den nichtigen Streit2 Schiedsrichter entscheiden sollten, wie es in den dortigen Gegenden, in allen ähnlichen Fällen Sitte ist. Wir durften mit Recht erwarten daß nur für uns entschieden werden könnte, und wir also das Geld schon hier in Heidelberg finden würden. Unser erbärmlicher Gegner ist der Entscheidung immer ausgewichen, so daß wir dies Geld noch nicht haben, und dadurch hier immer in Erwartung und Verlegenheit erhalten sind. Es ist ohnmöglich eher auf eine bedeutende Einnahme zu rechnen als in den gewöhnlichen Zahlungsterminen. Das heißt die Zahlungen welch mann uns zu leisten hat, fangen an den lten März neuen Styls daß ist den l3 ten März alten Styls3, wenn Du nun annähmst daß der Brief einen Monat unterwegs ist, so werden wir in der mitte Aprils das Geld hier haben und dan natürlich keinen Augenblick zögern Dir das Deinige zu übermachen. Glaube mir es [ist] nicht eher möglich, aber sei auch überzeugt daß Du es dann erhälst, und erzeige mir nun die Liebe und Freundschaft und laß uns nicht weiter darüber sprechen. Erlaube mir Dir eine andere Angelegenheit mitzutheilen die mir um Knorrings4 willen sehr am Herzen liegt und die mich deshalb verstimt weil er sich darüber kränkt. Du wirst wahrscheinlich schon wissen das mein Lustspiel5 in Berlin keinen Erfolg gehabt hat, so viel ich aus der Beschreibung der Aufführung urtheilen kann, mag es wohl hauptsächlich daran liegen, weil es ganz außerordendlich schlecht und langsam ist gegeben worden, von einer Schauspielerin ohne Talent und ohne Gracie dabei schrecklich mit Musik und Tanz überladen, so daß es statt zu unterhalten, langweilig geworden ist. Wenn Du es liest, wirst Du finden daß die Schauspieler welche es darstellen sollten, Leute von guter Erziehung sein müßten, und wie sellten daß bei unseren Schauspielern der Fall ist, weißt Du ebenfalls. Kurz es hat nicht gefallen, und dies ist ziemlich hämisch im Morgenblatt angezeigt, und das ist der Grund von Knorrings bitterlicher Kränkung, da dies einfältige Blat das Einzige ist, welches in unseren Gegenden gelesen wird, so ist ihm der Gedanke unerträglich daß es nun dabei sein Bewenden haben soll. Ich bin überzeugt geliebter Bruder, daß Du zu freundschaftlich gegen Knorring gesinnt bist als daß Du ihn nicht verstehen köntest, darum theile ich Dir ohne Rückhalt seine Gefühle und seine Wünsche 110

Briefe

mit, und füge meine inständigste Bitte hinzu, was Du kanst dazu beitragen seinen Wunsch zu erfüllen. Ich schike Dir hiermit die unglückliche Donna Laura, Du kanst schon aus der Art wie ich Dir früher schrieb wissen, daß ich dies Stück nicht für etwas Außerorndliches hallte, in dessen Du wirst mir die Gerechtigkeit wiederfahren lassen, daß viel schlechtere Sachen mit Beifall gegeben werden. Knorrings herzlicher Wunsch ist nun, Du möchtest es zusammen mit Egidio und Isabella6, wovon auch eine Abschrift in Deinen Händen ist, drucken lassen, und dies Bändchen mit einer Vorrede begleiten. Ich bitte Dich herzlich liebster Bruder diesen Wunsch zu erfüllen, wofür Dir Knorring unendlich dankbar sein würde, aber Du müßtest es durchsetzen das es Ostern erschiene. Das Honorar waß dafür bezahlt würde köntest Du selbst behalten, wenn Du nur die Güte hättest mir zu melden, wie viel mann dafür bezaht hat. Solltest Du finden daß es gut wäre wenn es in Dresden gegeben würde, so steht Dir ja auch dies frei, nur bitte ich Dich sorge daß es Ostern gedruckt wird. Auch bitte ich Dich herzlich mein theurer Bruder antworte mir nur dies einzige mahl in Deinem Leben sogleich, denn Knorring zählt mit Ungeduld die Tage und Stunden bis Deine Antwort zurück sein kann. Ich bitte Dich zögere nicht uns Deine Meinung mitzutheilen, Du weißt selbst daß mann oft durch solche Dinge Freunde entweder sehr kränken, oder sehr verbinden kann. Daß ich Dir noch nichts von Felix Romane7 mittheile ist weder seine noch meine Schuld, sondern die des Abschreiber. Es klingt unglaublich aber es ist in der That so, daß in dieser Universitätsstadt nur ein einziger Abschreiber zu haben ist, der wie Du siehst eine gute Hand schreibt, aber leider ist dieser Mensch ein Säufer und nichts mit ihm anzufangen, und Felix hat vor fünf Monathen das Unglück gehabt beim Fechten einen so kräftigen Hieb auf den Daumen der rechten Hand zu bekommen, daß der Nagel mit der Wurzel herauß mußte, welches einen heftigen Schmerz, und eine so langsame Kur veranlaßte, daß er noch jezt den Daumen nicht brauchen kann und mit der Feder zwischen den beiden ersten Fingern ohne Daumen schreiben muß, deshalb ist seine Handschrift zu schlecht, als daß danach gedruckt werden könte. Sobald der Abschreiber so viel fertig hat daß Du eine Vorstellung des Ganzen dadurch bekömst werde ich Dir es sogleich zuschicken, und Du wirst dan wahrscheinlich finden daß ich es nicht mit zu großer Vorliebe beurtheilt habe. Ich hoffe geliebter Bruder Du wirst meine dringende Bitte erfüllen, und mir diesmal so gleich antworten, dann bitte ich Dich auch mir zu melden ob Deine Verbindung mit einem Docktor Horenberg8 so ohngefahr ist sein Nahme, so freundschaftlich ist als er rühmen soll. Er lebt hier in Heidelberg, und wünscht Nr. 41

111

sich mir vorstellen zu lassen, und ich wünsche mein Betragen gegen ihn Deinen Nachrichten gemäß einzurichten. Denn wenn Deine Verbindung mit ihm gleichgültig ist, so werde ich ihn mir etwas fern halten. Er ist sehr mit dem jungen Voß9 verbunden, welcher alles Übrige abgerechnet ein arger Säufer ist, eben so mit Gotharen10, der mit der Eigenschaft des Ersten noch die eines schamlosen Klätschers verbindet, endlich soll er selbst beinahe immer betrunken sein, und wenn auch solche Leute wie Junker Tobias11, sehr angenehm sind, wie sie [… unleserlich] darstellt, so mag ich doch im Leben nicht gern mit ihnen umgehen. Melde mir wie Du mit ihnen stehst. Schelwar12 und seine Frau habe ich bis jezt noch gar nicht kennen gelernt und fühle auch keinen lebhaften Wunsch ihre Bekantschaft zu machen. Ich werde Dir nächstens das Gedicht13 schicken, womit ich Flore und Blanscheflur, Dir und dem Bruder14 zueignen will, und ich bitte Dich dan mir Deine Meinung darüber mitzutheilen, damit ich vieleicht noch manches darnach ändern kann. Grüße alle die Deinigen von mir mit herzlicher Liebe. Ich hoffe wir sehen uns diesen nächsten Sommer gewiß, laß sie mich in freundschaftlichen Andenken behalten. Ich werde nächstens der Gräfin15 schreiben, es ist ja trostlos daß wir alle so weit und fremd von einander stehen. Knorring und Felix bitten ihre herzlichsten Grüße an alle Deine Angehörigen zu bestellen, und sie selbst in liebevollen Andenken zu behalten. Lebe wohl mein theurer Bruder Ewig Deine S. v. Knorring.

Nr. 42 Reval den 16 ten Februar 1831 (4. Februar nach julianischem Kalender) Geliebtester Bruder, Ich schrieb Dir vor einiger Zeit, und muß beinahe glauben dass Du meinen Brief nicht erhalten hast, denn es scheint mir zu grausam, beinahe unnatürlich dass Du darauf nicht solltest geantwortet haben. Wenn ich mich meiner Jugend erinnere, und es mir zurückrufe wie so innig mein Dasein, mit der Liebe zu Dir verflochten war, so komt es mir völlig unmöglich vor, dass das nun alles vorüber sein soll, dass Du Dich ganz von mir los zu sagen scheinst, und auf meine Briefe nich mehr antworten wills. Ich schrieb Dir Mancherlei in meinemletzten Briefe, worauf ich mit recht eine Antwort hoffen durfte, und ich will glauben, Du hast meinen Brief nicht erhalten, weil das Gefühl zu schmerzlich sein 112

Briefe

würde anzunehmen, Du habest ihn nicht beantworten wollen. Ich sende Dir dies Blat durch unseren Bruder1, um meine Zweifel hierüber zu lösen. Ich schrieb Dir schon früher, dass uns hier in der ersten Zeit manches Unglück2 betroffen hat, und es gehört Zeit und Standhaftigkeit dazu, um das uns zugefügte Übel zum theil wieder abzuwenden, doch ist es nicht zweifelhaft dass es uns gelingen wird, denn die Ungerechtigkeit, deren Opfer wir geworden sind, ist zu groß, zu sehr in die Augen leuchtend, als dass sie nicht zurück genommen werden müsste. Für die nächste Zeit aber, wäre es mir sehr erfreulich, wenn ich durch litterarische Bemühungen einige Summen haben könnte, und bitte Dich also so viel Brüderliches Gefühl für mich zu haben, und meinen Roman in drei Bänden zu verkaufen3. Ich schrieb Dir über diesen Gegenstand schon in meinem früheren Brief, und es scheint mir in der that unmöglich dass Du diesen Brief erhalten haben solltest ohne die mindeste Rücksicht auf meine Bitte zu nehmen, da ich ja sehe, dass Du Dich so manchen Freunden angenommen hast, deren Talente Dir kaum mehr als mittelmäßige Erwartung erregen konnten: weshalb sollte ich denn glauben, dass Du so unbrüderlich gegen mich handeln, und auf meine Wünsche und Bitten gar keine Rücksicht nehmen solltest? Da ich also annehmen muß, dass Du meinen früheren Brief nicht erhalten hast, so will ich Dir hier wiederholen, dass ich Dich inständig bitte einen ganz vollendeten Roman für mich zu verkaufen, das Manuscript liegt hier fertig, der Roman ist in drei Theilen, und ich glaube, dass ein jeder Theil zwischen 25 bis 30 Bogen enthalten wird. Ich habe ihn genannt Der französische Kriegsgefangene in Deutschland, und er umfasst die Zeit von 1806 bis 1816, und ich glaube dass er nicht alle Forderungen einer höheren Kritik unbefriedigt lassen, und doch auch zugleich dem Publikum der Leihbibliotheken zusagen wird. Ich bitte Dich geliebter Bruder, laß das Stillschweigen endlich endigen, gewähre mir den Trost glauben zu dürfen, dass Dein Herz nicht gänzlich für mich erkaltet ist, und mache mir die Freude zu sehen, dass Du mit brüderlicher Theil­ nahme für mich zu handlen wünschest. Glaube mir, ich würde es mir nie erlauben, die geringste Forderung an Dich zu machen, die Dir auf die fernste Weise nachtheilig oder drückend sein könnte, aber bei Deiner ausgebreiteten Verbindung mit Buchhändlern, bei Deinen entschiedenen Reisen, kann es Dir nicht schwer werden, mir eine Gefälligkeit zu erweisen, die Du so manchen Anderen erzeigt hast. Sobald wir hier unsere Geschäfte so geordnet haben, dass wir uns entfernen können, denken wir eine Reise nach Deutschland4 zu unternehmen, um meine Gesundheit wieder herzustellen, die in der letzten Zeit sehr gelitten hat, und um die große Sehnsucht zu beseitigen, die ich empfinde, Dich und den Bruder Nr. 42

113

noch einmal wiederzusehen, ehe ich sterbe. Ich bitte Dich laß mich nicht auch dies Blat vergeblich geschrieben haben, und erfreue mich durch eine recht baldige Antwort, die Du entweder dem Bruder zu senden oder hierher nach Reval richten kannst wo wir uns noch eine Zeit lang aufhalten werden. Grüße alle Deine Lieben herzlich von mir. Ewig die Deine S. v. Knorring.

114

Briefe

Kommentierungen

Nr. 1 Berlin, 19. Juni [1792] SLBD, App. 273, Nr. 142. 1 In der Abschrift wird der 13. Juni, im Original 19. Juni angegeben. Hier wird das Original: 19. Juni, vermutlich [1792], als verbindlich angenommen. 2 Wilhelm Heinrich Wackenroder (1773–1798), Freund, Mitschüler und Kommilitone von Ludwig Tieck. Er war der Sohn des geheimen Berliner Kriegsrates und Justizbürgermeisters Christoph Benjamin Wackenroder. 1792, als Wackenroder Verwandte auf einer Reise begleitete, stieß L. Tieck, der bereits in Halle studierte, für einige Tage zu dieser Reisegesellschaft. Den Sommer 1793 verbrachten sie gemeinsam an der neuen preußischen Universität in Erlangen, von wo aus sie Ausflüge in das fränkische Umland unternahmen. Vgl. Köpke, T. I, S. 70–72). Sophie hatte ein gutes Verhältnis zu Wacken­roder, der sie in Berlin oft besuchte. Vgl. Letters, S. 312; Köpke, T. I, S. 124 f.; Wackenroder, Sämtliche Werke, S. 458. 3 Titel des Werkes Andreas Hartknopf. Eine Allegorie (1785) von Karl Philipp Moritz. 4 Herr Linde konnte nicht ermittelt werden. 5 Christian ist der jüngere Bruder Christian Friedrich Tieck (1776–1851), der später ein bekannter Bildhauer wurde. Vgl. Maaz. 6 Peter ist vermutlich ein nicht verwandtschaftliches Mitglied in der Familie Tieck. Vgl. auch Wackenroder, Sämtliche Werke, S. 38 und 470. 7 Die Familie des Schmiedemeisters Schale aus Golzow (Brandenburg), ein Bruder von Tiecks Mutter. Vgl. Köpke, T. I, S. 65. 8 Johann Georg Schmohl war L. Tiecks Mitschüler in Berlin und Kommilitone in Halle. Ludwig kritisierte Schmohl in den Briefen an seine Schwester, damit sie ihre Freundschaftsbeziehung zu Schmohl beenden solle. Seit der Schulzeit hatte Ludwig ein schwieriges Verhältnis zu Schmohl, weil der Kommentierungen

115

Lehrer Friedrich E. Rambach, für den beide arbeiteten, im Vergleich mit Ludwig Tieck ihn über Gebühr lobte. Vgl. Letters, S. 301; Köpke, T. I, S. 113 f. 9 Frau Toll war Mutter von Ludwigs Schulfreund Johann Friedrich Toll. Sein Vater war Beamter einer Berliner Porzellanfabrik. Vgl. Letters, 1967, S. 293; Köpke, T. I, S. 72 und 97 ff.

Nr. 2 Berlin, 26. Juni 1792 SLBD, App. 273, Nr. 143. 1 Herr Ahlfeld ist eine der Figuren in L. Tiecks Jugenderzählung Das Schicksal, die 1796 in den Straußfedern veröffentlicht wurde. Vgl. Gebhardt, S. 17 ff. 2 August Ferdinand Bernhardi (1869–1820), Lehrer Ludwig Tiecks, Sophies erster Mann. Vgl. Zeittafel. 3 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 5. 4 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 6. 5 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 8. 6 Griechischlehrer von Ludwig, Theologe, häufiger Gast im Hause der Familie Tieck. Vgl. Köpke, T. I, S. 24, S. 250. 7 Möring ist nicht ermittelbar. 8 Gedenktag des Erzengels Michael am 29. September. Dieses Datum erscheint auch in zwei anderen Briefen L. Tiecks. Vgl. Letters, S. 299 und 304. 9 Germain Saint-Foix (1698–1776), französische Schriftstellerin, Autorin von Dramen Historie de l’ordre du Saint-Esprit (1767–1774) und Essai historiques of Paris (1754–1757), ihr Gesamtwerk ist 1776 in Paris erschienen. 10 Christian Wilhelm von Schütz (1776–1847) war ein romantischer Schriftsteller und Jugendfreund L. Tiecks (vgl. Köpke, T. I, S. 73). Er heiratete 1809 Barnime von Finkenstein, eine Tochter des Grafen Friedrich Ludwig Karl Finck von Finkenstein (1745–1818), des Besitzers von Schloß Ziebingen. Er lebte von 1809–1814 auf dem Finkenstein’schen Gut Madlitz, 1814–1819 in Ziebingen, in unmittelbarer Nähe Tiecks (Vgl. Schweikert, 1974; S. 268). Seinem Schulfreund widmete L. Tieck eines von seinen Freundschaftssonetten im »Poetischen Journal« (An S…z). Sophie, A. W. Schlegel und Schütz haben gemeinsam Verse verfasst, worüber A.W. Schlegel im Brief an Ludwig Tieck, Berlin 20. Sept. 1802, berichtet: »Wir haben letzhin einmal einige Glossen gemacht, und da haben wir folgende Verse von dir: 116

Kommentierungen



Liebe denkt in süßen Tönen, Denn Gedanken stehn zu fern, Nur in Tönen mag sie gern Alles, was sie will, verschönen, die in Fantasieen stehen, und die Friedrich schon einmal als schicklich dazu ausgefunden hatte, glossiert: Deine Schwester und ich, jeder 2 mal, Schütze hat auch eine Glosse darauf gemacht«. In: Lüdeke, S. 124 f.; Vgl. Köpke, T. I, S. 233 und 239. Zu Schütz vgl. auch Paulin, S. 91 f.

Nr. 3 Berlin, 8. August 1792 SLBD, App. 273, Nr. 144. 1 Der im Original befindliche Brief bricht ab nach dem Satz »Ich lebe jetzt recht einsam ich bin beinahe von jeden lästigen Besuch verschond Herr Griese komt nicht mehr täglich zum Essen und wen er komt so geht er so wie er gegessen hat«. Ob das nachfolgende Blatt ohne Anfang dazu gehört und ein Blatt dazwischen fehlt, oder ob es zu einem neuen Brief gehört, ist ungewiss. Die Schlusspassage wurde als Brieffragment ohne Anfang in Letters, S. 305 f., abgedruckt und auf 28. August 1792 datiert. Dem Inhalt nach schließt sich diese Passage dem Brief Nr. 144 aus dem App. 273 der SLBD an. 2 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 2. 3 Vgl. Brief. Nr. 2, Anm. 8. 4 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 6. 5 L. Tieck begann im Frühjahr 1792 in Halle zu studieren. 6 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 5. 7 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 8. 8 Sophie schreibt Gedichte, Ludwig motiviert sie zum Schreiben. Vgl. Ludwigs Briefe vom 09. und 17. Juli 1792 in Letters, S. 296 f. 9 Anna Boleyn, der Titel eines dramatischen Werkes von L. Tieck, an dem er mit Johann Georg Schmohl zusammen gearbeitet hat. Köpke nennt aber Johann Siegmund Piesker als Mitverfasser: »In Halle hatte er unter Rambachs Einfluss gestanden, und auf dessen Betrieb Manches zu bearbeiten unternommen. Sogar den knabenhaften Plan, eine Tragödie Anna Boleyn im Verein mit seinem Freunde Piesker zu schreiben, hatte er wieder herKommentierungen

117

vorgesucht«. In: Köpke, T. I, S. 152. Edgar Alfred Regener hat aber durch eine Untersuchung von Handschriften nachgewiesen, dass Schmohl sich an der Entstehung dieser ungedruckten Fragmente beteiligt hat. Vgl. Wacken­ roder, Sämtliche Werke, S. 459. 10 Alla-Moddin, ein Drama von Ludwig Tieck, in drei Aufzügen, verfasst 1790–1791 und veröffentlicht 1798. Vgl. Letters, S. 300; Gebhardt, S. 74 f. 11 Vgl. Brief Nr. 2, Anm. 6. 12 Die Familie Bettkober und deren Oberhaupt, der Bildhauer Christian Friedrich Heinrich Bettkober (1746–1809); Bettkober war in den Jahren 1789–1794 Friedrich Tiecks Lehrer. Zu seinen Arbeiten zählen u. a. ein Grabmal in der Berliner Nicolaikirche (1774), ein Reliefbild der preußischen Königin Luise (1798) sowie die Mitwirkung an der künstlerischen Ausgestaltung des Brandenburger Tores unter der Leitung von Johann Gottfried Schadow.

Nr. 4 Berlin, 24. August 1792 SLBD, App. 273, Nr. 145. 1 Beginn fehlt. 2 Friedrich Eberhard Rambach (1767–1826) – Deutschlehrer am FriedrichWerderschen Gymnasium, Berliner Verleger, Herausgeber von »Berlinisches Archiv der Zeit und des Geschmacks«, in dem 1799–1800 Sophies unbekannte anonyme Theaterkritiken und später im November/Dezember 1800 ihre anonyme Erzählung Die Blume der Liebe. Ein Märchen erschienen. Für Rambach übernahm Tieck die Abfassung ganzer Abschnitte seiner Trivialromane. Vgl. Wackenroder, Sämtliche Werke, S. 459; Günzel, S. 86–90; Köpke, T. I, S. 116–123. 3 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 8. 4 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 2. 5 Johann Ernst Lüdeke (1746–1807) war seit 1776 Prediger der Petri-Kirche in Berlin; er hat Ludwig Tieck auf die Konfirmation vorbereitet. Vgl. Letters, S. 298 f.; vgl. auch Die St. Petri-Kirche in Berlin von ihrer Gründung bis zum letzten Brande derselben, hrsg. von Valentin Heinrich Schmidt. Berlin 1810, S. 69. 6 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 5. 118

Kommentierungen

7 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 9. 8 Johann Siegmund Piesker – Ludwigs Schulfreund und Kommilitone. Er wurde als Justitzbeamter nach Meseritz (Ostbrandenburg, heute Mie˛dzyrzecz in Polen) berufen. Vgl. Günzel, S. 66; Letters, S. 343 f. 9 Die Person ist nicht ermittelbar. Der Name Spillner taucht auch in Sophies Brief vom 6. Mai 1792 auf. Vgl. Letters, S. 289.

Nr. 5 Berlin, 1. Sept. 1792 SLBD, App. 273, Nr. 146. 1 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 5. 2 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 2. 3 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 8. Zu Ludwigs negativer Äußerung über Sophies Verehrer und seinen Schulfreund vgl. Ludwigs Brief vom 7. August 1792 in Letters, S. 301 f.

Nr. 6 Berlin, 24. November 1792 SLBD, App. 273, Nr. 147. 1 Schmohl informierte im Herbst 1792 Ludwigs Vater über die Schulden seines Sohnes. L. Tieck schreibt darüber an Wackenroder (Göttingen, 28. Dezember 1792): »Er (Schmohl) schrieb mir kurz nachher als ich hierhergekommen war, einen impertinenten Brief, worin er mir meldete, daß er an meinen Vater geschrieben habe. Es ist wahr, daß ich ihm etwas Unbedeutendes schuldig bin …«. Vgl. Wackenroder, Sämtliche Werke, S. 395; Letters, S. 312. Dieser Vorfall führte bei L. Tieck »zu eine(r) kleine(n) Diversion« (Wackenroder, Sämtliche Werke, S. 396). Schmohl war sich des Fehlers bewusst. Deshalb entschuldigte er sich bei Ludwig in einem äußerst höflichen Brief und versuchte seine Freundschaft wieder zu gewinnen. L. Tieck blieb aber unversöhnlich. So »etwas Abgeschmacktes« (Wackenroder, Sämtliche Werke, S. 396) konnte er Schmohl nicht verzeihen. Kommentierungen

119

2 Coffer – Sophie hat also Ludwigs Brief vom 20. November 1792 (vgl. Letters, S. 312 f.) nicht erhalten. Darin bittet Ludwig, den Koffer nicht mehr zu schicken. 3 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 8. 4 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 2. 5 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 5.

Nr. 7 Berlin, 26./27./28./30. November [1792] SLBD, App. 273, Nr. 148. 1 Vgl. L. Tiecks Brief an Sophie vom 23. Dezember 1792 in Letters, S. 318– 321. 2 Ludwig plante, in Erlangen zu studieren. Er studierte seit dem Sommer 1792 in Halle, im Winter 1792/1793 in Göttingen, im Sommer 1793 (zusammen mit Wackenroder) in Erlangen. Ende September verließ er die Stadt in Richtung Göttingen, wo er vor dem 12. Oktober eintraf. Erst im Herbst 1794 kehrte er nach Berlin zurück. 3 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 2. 4 Sie hatte Englisch gelernt und zusammen mit Ludwig Shakespeare übersetzt. Vermutlich wollte sie ihr Englisch vervollkommnen. Ludwig motivierte sie zum Englischlernen. Vgl. seinen Brief an die Schwester vom 20. Nov. 1792 in Letters, S. 314. 5 Sophie plante eine gemeinsame Reise nach Erlangen, die aber nicht zustande kam. 6 Das Stück Athelstan. Trauerspiel in fünf Aufzügen (Autor: John Braun, Bearbeiter/Übersetzer: Johann Daniel Siegried), das ab 1776 an vielen deutschen Theatern gespielt wurde. 7 Das Stück Das Milchmädchen und die beiden Jäger (Autor: Louis Aneaume, Komponist: Egidio Romualdo Duny), das am Berliner Nationaltheater ab November 1789 gespielt wurde. Um 1800 gab es mehrere Bearbeitungen dieses Stoffes, auch eine Operette. 8 Sie haben zusammen Trauerspiele für ihr Puppentheater geschrieben. 9 Johann Ludwig Berger (1760–1832), Berliner Schauspieler. 10 Franz Mattausch (1767–1833), Berliner Sänger und Schauspieler, Mitglied des Berliner Hoftheaters in den Jahren 1789–1827. 120

Kommentierungen

11 Johann Friedrich Ferdinand Fleck (1757–1801), Berliner Schauspieler und Regisseur, der für Ludwig Tieck ein Vorbild gewesen ist. Vgl. Günzel, S. 67. 12 Hier bricht das Original ab. Der weitere Text hat lediglich die Abschrift zur Grundlage. 13 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 8. 14 Madame Weller, eine Bekannte/Geliebte von L. Tieck, die er im Herbst 1792 in Dahme oder Wörlitz kennengelernt hatte. Zum ersten Mal wird sie in Ludwigs Brief an Sophie vom 23. Dezember 1792 erwähnt. Vgl. Letters, S. 318; Schweikert, 1971, S. 379. 15 Zu Sophies Liebesauffassung vgl. Vorwort von Hannelore Scholz-Lübbering in S. Tieck-Bernhardi: Julie Saint Albain, S. 6–46. 16 Vgl. Brief Nr. 3, Anm. 9. 17 Vgl. Brief Nr. 4, Anm. 2. 18 Adalbert und Emma, L. Tiecks Erzählung, die er 1792 verfasst und erst 1828 unter dem veränderten Titel Das grüne Band im G. Reimer Verlag veröffentlicht hat. Vgl. Gebhardt, S. 15 f. 19 Der Brief war ohne Ende. Die Schlusspassage wurde als Brieffragment ohne Anfang in Letters, S. 317 abgedruckt und auf Ende November datiert. Das Datierungsargument, dass Ludwig in seinem Brief vom 23. Dezember 1792 (Vgl. Letters, S. 318–321) auf die von Sophie bezüglich Wackenroders gestellte Frage eingeht, bestätigt der aus der Sächsischen Landesbibliothek Dresden stammende Teil ebenfalls. Sie ist in der Staatsbibliothek zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Tieck-Nachlass, Kapsel 42, Blatt 3 zu finden.

Nr. 8 Ohne Ort, [9./10. Dezember 1792] SLBD, App. 273, Nr. 149. 1 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 8. 2 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 6. 3 Werliz=Wörlitz. Aus Wörlitz stammte Ludwig Tiecks damalige Geliebte, Madame Weller. Ludwig hielt die Beziehung mit ihr geheim, die Schwester erfuhr davon wahrscheinlich von seinen Freunden. Sophie plante allerdings eine Reise nach Wörlitz, um die Geliebte des Bruders kennenzulernen. Diese Reise kam aber nie zustande. Vgl. Brief Nr. 7, Anm. 14 und Brief Nr. 12. 4 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 2. Kommentierungen

121

5 So bezeichnet Sophie ihren jüngeren Bruder Friedrich, den künftigen Bildhauer. Auch in Ludwigs Briefen taucht diese Bezeichnung öfter auf. Vgl. Wackenroder, Sämtliche Werke, S. 253.

Nr. 9 Berlin, 28. Dezember 1792 SLBD, App. 273, Nr. 150. 1 Sophie begann diesen Brief am 25. Dezember zu schreiben und schrieb ihn an den folgenden Tagen weiter. 2 Vgl. Brief Nr. 4, Anm. 8. 3 Vgl. Brief. Nr. 1, Anm. 2. 4 Vgl. Brief Nr. 8, Anm. 5. 5 Vgl. Brief Nr. 3, Anm. 12.

Nr. 10 Berlin, 8. Januar 1793 SLBD, App. 273, Nr. 139. 1 Fredersdorf – eine Ortschaft in Märkisch-Oderland (in Brandenburg), wo Pieskers Vater Schlossverwalter gewesen ist. Vgl. Köpke, T. 1, S. 114; Letters, S. 315 f. 2 Vgl. Brief Nr. 2, Anm. 2. 3 Vgl. Brief Nr. 7, Anm. 14. 4 Eine Doppelung kommt in Sophies Briefen oft vor. 5 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 2. 6 Vgl. Brief Nr. 2, Anm. 6. 7 Vermutlich Wackenroders Vater, der Geheime Kriegsrat Christoph Benjamin. Hier ist auf die kleine Schrift Erinnerungen an Ch. B. Wackenroder, königl. preuß. Kriegsrath und ersten Justizbürgermeister zu Berlin von J. Klein (Berlin 1809, S. 268) zu verweisen. Christoph Benjamin Wackenroder war auch Schriftsteller; er verfasste Betrachtungen über Geschäfte und Vergnügungen (Leipzig 1768), die drei Auflagen erlebten. 8 V = Vater. 122

Kommentierungen

9 M = Mutter. 10 K = Künstler. Vgl. Brief Nr. 8, Anm. 5. 11 P = Peter. Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 6.

Nr. 11 Ohne Ort, 11./12. Januar [1793] SLBD, App. 273, Nr. 138. 1 2 3 4 5 6 7 8 9

Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 2. Vgl. Brief Nr. 7, Anm. 14. Diese Person konnte nicht ermittelt werden. Vgl. Brief Nr. 8, Anm. 5. Vgl. Brief Nr. 8, Anm. 5. CKH konnte nicht ermittelt werden. Vgl. Brief. Nr. 3, Anm. 12. Die Frau des Forstsekretärs Schrade. Wilhelm Friedrich Theodor von Burgsdorff (1772–1822), Ludwig Tiecks Schul- und Studienfreund, Gast im literarischen Salon von Rahel Varn­hagen. Mit Wilhelm von Humboldt und seiner Frau Caroline, in die er verliebt war, ging er auf Europa-Reise. Seine enge Freundschaft mit Ludwig Tieck beginnt im Jahre 1801, ab 1802 wohnt die Familie Tieck über 17 Jahre auf dem Burgsdorff‘schen Familiengut in Ziebingen. Vgl. Alfons Fedor Cohn: Wilhelm von Burgsdorff. In: »Euphorion«, Bd. 14. Leipzig 1907, S. 533–565; de Bruyn, S. 104–109. 10 Vgl. Brief Nr. 7, Anm. 18.

Nr. 12 Berlin, 25. Januar 1793 SLBD, App. 273, Nr. 137. 1 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 2. 2 Vgl. Brief Nr. 8, Anm. 5. 3 Ein Portrait von Bernhardi ist im 1. Band der Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis, hrsg. von Josef Körner. Brünn/Wien/LeipKommentierungen

123

4 5 6

7

zig 1936 und 1937 zu finden. Es ist eine Bleistiftzeichnung von Ferdinand Busch (1839), gemacht nach einer Skizze von 1819. Vgl. Krisenjahre, Bd. 1, S. 224–225. Geßner – Salomon Gessner (1730–1788), Schweizer Idyllendichter, Maler und Grafiker. Vgl. Brief Nr. 4, Anm. 8. Friedrich Heinrich Bohte (1771–1855), Ludwig Tiecks Schulfreund. Er war Altphilologe, Übersetzer und Herausgeber. Nach der Schulzeit trafen sich die Berliner nur zweimal (1825 und 1828) in Mannheim, wo Bohte wohnte. Vgl. Günzel, S. 104; Köpke, T. I, S. 64 f.; Schweikert, 1971, S. 423 (hier auch L. Tiecks Brief an R. H. Bohte vom 30. Nov. 1852, Schweikert, 1971, S. 376.). Vgl. Brief Nr. 9.

Nr. 13 Berlin, 22. Februar [1793] SLBD, App. 273, Nr. 136. 1 L. Tieck hatte die Absicht, in Erlangen sein Studium fortzusetzen, deshalb zog er 1793 von Göttingen nach Erlangen. Vgl. Schweikert, 1971, S. 378; vgl. Köpke, T. I, S. 154–172. 2 Vgl. Brief Nr. 4, Anm. 8. 3 Vgl. Brief Nr. 7, Anm. 14. Den Briefen an seine Schwester legte L. Tieck die Korrespondenz an Frau Weller bei. Einer der Briefe an Frau Weller war verloren gegangen, was zu einer Unstimmigkeit zwischen den Geschwistern führte. Ludwig unterstellte Sophie, sie hätte den Brief geöffnet und ihn nie an die Adressatin weitergeleitet. Sie argumentierte, dass diese Frau keine richtige Freundin für ihren Bruder sei. Vgl. dazu Letters, S. 328 ff. Diesem verschollenen Brief forscht J. Joachimsthaler nach, der die Meinung vertritt, Sophie hätte den Brief nie erhalten. Vgl. Joachim Joachimsthaler: Empfindsamkeitsabwehr. Zu einem verschollenen Brief Ludwig Tiecks. In: Briefkultur. Texte und Interpretationen – von Martin Luther bis Thomas Bernhard, hrsg. von Jörg Schuster, Jochen Strobel. Berlin/Boston 2013, S. 59–72. 4 Vgl. Brief Nr. 8, Anm. 5. 5 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 6.

124

Kommentierungen

Nr. 14 Berlin, 28. Februar 1793 SLBD, App. 273, Nr. 135. 1 Abdallah von L. Tieck, dessen erste Kapitel Schmohl 1791 als eigene herausgegeben hatte. Vgl. Köpke, T. I, S. 113. 2 Vgl. Brief Nr. 7, Anm. 18. 3 Der Roßtrapp (1792), eine ungedruckte Erzählung von L. Tieck. Vgl. Gebhardt, S. 16. 4 Eine Figur aus Abdallah. 5 Abubekers Tochter – eine Figur aus Abdallah. 6 Vgl. Brief Nr. 4, Anm. 8. 7 Vgl. Brief Nr. 7, Anm. 14. 8 Diese Person ist nicht zu ermitteln. 9 Dahme – ein mit Madame Weller verbundener Ort. Vgl. Brief Nr. 7, Anm. 14; vgl. auch Ludwigs Brief an seine Schwester aus Erlangen vom 24. September 1793 in Schweikert, 1971, S. 336. 10 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 2. 11 Vgl. Brief Nr. 8, Anm. 5.

Nr. 15 Berlin, 26. April [1793] SLBD, App. 273, Nr. 134. 1 In Golzow (in Brandenburg) lebten Verwandte von Tiecks Mutter. Vgl. Schweikert, 1971, S. 379; Köpke, T. I, S. 65. 2 Zur geplanten Hochzeit in Golzow vgl. Letters, S. 331. 3 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 5. 4 Vgl. Brief Nr. 4, Anm. 2. 5 Vgl. Brief Nr. 4, Anm. 8. 6 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 2.

Kommentierungen

125

Nr. 16 Berlin, 21. Mai [1793] SLBD, App. 273, Nr. 133. 1 L. Tiecks Reisebericht, den er Sophie im Brief vom 2. Mai 1793 liefert. Die Reise der Freunde Tieck und Wackenroder dauerte vom 3. bis Ende April 1793 und führte von Berlin nach Erlangen. Vgl. Wackenroder, Sämtliche Werke, S. 243–253. 2 Vgl. Ludwigs Reisebeschreibung im Brief vom 2. Mai 1793 und seine Abschlussbemerkung: »Das Tagebuch meiner Reise ist eben so weitläufig wie das der preußischen Armee bei Mainz, nur mit dem Unterschiede, daß ich nicht so viel gelogen habe und daß es Dich doch etwas mehr interessieren wird«. Wackenroder, Sämtliche Werke, S. 253. 3 Diese Person konnte nicht ermittelt werden. 4 Fiesco, das zweite vollendete Drama von F. Schiller (1783). 5 Samuel Georg Herdt (1755–1818), Schauspieler. 6 Verrina, eine Figur aus Schillers Fiesco. 7 Johann David Reinwald (1746–1818), Schauspieler. 8 Vgl. Brief. Nr. 15, Anm. 1. 9 Die Geschwister spielten auch Theater. 10 Die Matrone von Ephesus – ein Theaterspiel der Geschwister Tieck aus der Kinderzeit. Die Geschwister spielten Theater und schrieben eigene Stücke. L. Tieck erinnert sich an diese Zeit in seinem Brief vom 23. Dez. 1792. Vgl. Letters, S. 321. 11 Vgl. Brief Nr. 2, Anm. 2. 12 Vgl. Brief Nr. 8, Anm. 5. 13 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 2.

Nr. 17 Berlin, 22. Juni 1793 SLBD, App. 273, Nr. 132. 1 Vermutlich Frau Weller. Vgl. Ludwigs Brief vom 23.12.1792 in Schweikert, 1971, S. 319. 2 V = Vater, M = Mutter und K = Künstler (Friedrich Tieck). 126

Kommentierungen

3 W = Wackenroder. Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 2.

Nr. 18 Berlin, 3. Februar 1794 SLBD, App. 273, Nr. 131. 1 2 3 4

Vgl. Brief Nr. 4, Anm. 8. Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 2. Vgl. Brief Nr. 15, Anm. 1. V = Vater, M = Mutter und Freilassung im Original.

Nr. 19 Berlin, 25. Februar 1794 SLBD, App. 273, Nr. 130. 1 Vgl. Brief Nr. 4, Anm. 8. 2 Vgl. Brief Nr. 2, Anm. 2. 3 L. Tiecks Roman Geschichte des Herrn William Lovell, dessen erster Band 1794 erschienen ist. 4 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 6. 5 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 2. 6 Vgl. Brief Nr. 8, Anm. 5.

Nr. 20 Ohne Ort und Datum, [vermutlich März 1794] SLBD, App. 273, Nr. 129. 1 Sophie antwortet auf zwei Briefe ihres Bruders aus Göttingen, den ersten undatierten, in welchem er seinen Osterbesuch ankündigt, und den zweiten vom 6. März 1794, in dem er im Fall seiner Osterreise den Treffpunkt in Golzow vorschlägt. Vgl. Schweikert, 1971, S. 344–349. 2 Vgl. Brief Nr. 15, Anm. 1. Kommentierungen

127

3 Vgl. Brief Nr. 4, Anm. 8. Vgl. auch Ludwigs undatierten Brief aus Göttingen, in dem er Sophie über Pieskers Besuch informiert. Piesker lebte damals in Meseritz (Mie˛dzyrzecz in Polen), wo er als Jurist tätig war. Vgl. Schweikert, 1971, S. 344 f. 4 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 2.

Nr. 21 Berlin, 24. Mai 1794 SLBD, App. 273, Nr. 141. 1 2 3 4 5

Vgl. Brief Vgl. Brief Vgl. Brief Vgl. Brief Vgl. Brief

Nr. 2, Anm. 2. Nr. 2, Anm. 8. Nr. 4, Anm. 2. Nr. 1, Anm. 2. Nr. 8, Anm. 5.

Nr. 22 Berlin, 3. Juli 1794. SLBD, App. 273, Nr. 128. 1 Vgl. Brief Nr. 2, Anm. 2. 2 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 2.

Nr. 23 Ohne Ort und Datum, [vermutlich Anfang Mai 1800] SLBD, im Apparat 273, Nr. 120/121 sind 2 Blätter des Schlusses vorgeheftet und als Nr. 120 gezählt worden. 1 Die Geburt von Sophies erstem Kind Wilhelm, geb. am 15. Juni 1800. 2 Johann Gottlieb Fichte (1762–1814), Philosophieprofessor in Jena, Erlangen und Berlin; neben Schelling und Hegel einer der drei führenden Philosophen des Deutschen Idealismus. 128

Kommentierungen

3 L. Tiecks Trauerspiel Leben und Tod der heiligen Genoveva (1799). 4 Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher (1768–1834), evangelischer Theologe und Philosoph, Begründer der modernen Hermeneutik; befreundet mit vielen Romantikern, Autor von religiösen, staats- und kulturkritischen Abhandlungen, z. B. Über die Religion (1799) und Versuch einer Theorie des geselligen Betragens (1799). 5 Sophies Essay Lebensansicht, in: »Athenaeum«, hrsg. von A. W. und F. Schlegel. Berlin 1800, Bd. 3, S. 205–215. 6 Eine von A. F. Bernhardi herausgegebene Sammlung von literarischen Texten. Die Bambocciaden erschienen in drei Teilen in den Jahren 1799 und 1800. In den Teilen wurden Sophies Erzählungen und dramatische Texte aufgenommen, die aber teilweise unter Bernhardis Namen veröffentlicht wurden. Vgl. in dieser Ausgabe Auflistung von Sophie Tiecks Werken. 7 Julie Saint Albain, Dresden, 1801. Vgl. S. Tieck: Julie Saint Albain. 8 Die Zeitschriften »Die Horen« und »Propyläen« (1798–1800). 9 Heinrich Frölich (1768–1806), Berliner Verleger und Buchhändler, bei welchem A. F. Bernhardi seine Sprachlehre (1801–1803) veröffentlicht hat. Fröhlich hat u. a. die Zeitschrift Athenäum der Brüder Schlegel und auch die Ankündigung von A. W. Schlegels Berliner Vorlesungen gedruckt. Vgl. Sophie Tiecks Brief an A. W. Schlegel vom 10. Sept. 1801, Krisenjahre, Bd. 3, S. 20. (Andere Schreibweisen des Namens: Fröhlig oder Frölich). 10 Jean Paul, eigentlich Johann Paul Friedrich Richter (1763–1825), deutscher Schriftsteller. 11 Hans Georg von Ahlefeldt, Jean Pauls Freund. Während seines Aufenthalts des Schrifstellers in Berlin (Mai 1800–Juni 1801) wohnten sie gemeinsam in der Neuen Friedrichstraße 22. 12 August Wilhelm Iffland (1759–1814), Schauspieler, Intendant, Dramatiker, Direktor am Nationaltheater in Berlin. 13 Dieser Teil des Briefes ist bei Holtei zu finden. Vgl. Holtei, Bd. 3, S. 25. (Richters Brief). 14 Henriette Herz (1764–1847) führte einen Berliner Salons zur Zeit der Frühromantik. Sie war mit dem Arzt und Schriftsteller Markus Herz verheiratet. 15 Dorothea Friederike Schlegel (1763–1839) war die älteste Tochter des Philosophen Moses Mendelssohn. Bis 1783 hieß sie Brendel Mendelsohn, in den Jahren 1783–1799 Brendel Veit. Sie hat den Berliner Kaufmann Simon Veit geheiratet und ließ sich von ihm 1799 scheiden. Bekannt wurde sie als Literaturkritikerin, Schriftstellerin, vor allem als Autorin des Romans Florentin (1800) und Übersetzerin (aus dem Französischen, z. B. des Romans Kommentierungen

129

Corinne von Madame de Staël). Sie war Lebensgefährtin und spätere Frau von F. Schlegel. 16 F. Schlegel (1772–1829), deutscher Schriftsteller, Literatur- und Kunstkritiker der Frühromantik, Mitbegründer der Jenaer Romantik. Ludwig Tieck verkehrte im Salon von Rahel Levin. In Rahels Haus wurde L. Tieck durch seinen Gymnasialfreund W. von Burgsdorff eingeführt (Lüdeke, S. 20). Dort traf er im Herbst 1797 Friedrich Schlegel (Vgl. Klaus Hermsdorf: Literarisches Leben in Berlin. Aufklärer und Romantiker. Berlin 1987, S. 213), den Mitarbeiter der Zeitschriften »Deutschland« und »Lyceum«, der erst seit Sommer 1797 in Berlin lebte. Diese Freundschaft legte den Grund für L. Tiecks Korrespondenz mit A. W. Schlegel. 1798 trafen sich die beiden in Berlin. 17 Dorothea Veits Roman Florentin, der von F. Schlegel 1800 in Leipzig herausgegeben wurde. L. Tiecks äußerte sich über Florentin sehr abschätzig: »Unter uns gesprochen, so hat die Veit einen Roman angefangen, der auch wohl gedruckt werden wird; erbärmliches Zeug, Sternbald und alles durcheinander, eigne Geschichten und Dummheiten, doch das bleibt alles unter uns, ihr werdet ihn früh genug zu sehn bekommen. Elend ist das Zeug und sie sind hier alle gegen mich und finden mich intolerant«. Ludwigs Brief an Sophie, Jena, Ostern 1800 in Krebs, S. 520. Vgl. Brief Nr. 32. 18 Amalie Alberti, Tochter des Predigers Alberti, seit 1798 Ludwig Tiecks Ehefrau, genannt Malchen. Er hat sie im Haus des Berliner Komponisten Johann Friedrich Reichardt (1752–1814) kennengelernt. Reichardts Stiefsohn Wilhelm Hensler war L. Tiecks Schulfreund. Mit dieser Vermählung trat er nach dem Biografen R. Köpke in den »Kreis der Verwandtschaft Reichardt’s« ein, was für seine schriftstellerische Kariere von Bedeutung war. Vgl. Köpke, T. I, S. 235; Eschler, S. 97 f.; Letters, S. 292.

Nr. 24 Ohne Ort und Datum, [vermutlich April 1801] SLBD, App. 273, Nr. 123. Mit Bernhardis Zusatz 1 Sophies zweites Kind Friedrich Ludwig August, geb. am 9. Juli 1801. 2 Ludwig übersiedelte im April 1801 mit der Familie nach Dresden. 130

Kommentierungen

3 August Wilhelm von Schlegel (1767–1845), berühmter Literaturhistoriker und -kritiker der Romantik, Übersetzer von Shakespeare und Calderón, AltPhilologe; der ältere Bruder von Friedrich Schlegel. Schlegel wohnte von November 1801 bis 18. April 1804 (mit Unterbrechungen: Leipziger Buchmesse im Mai 1802 und Taufe von Fouque·s Tochter Maria, Ende Oktober 1803) bei Bernhardis. In Berlin hielt er die Vorlesungsreihe Über schöne Litteratur und Kunst, in der er die Literaturen des klassischen Altertums, des germanischen und provenzalischen Mittelalters und der romanischen (besonders spanischen und italienischen) Neuzeit als gleichwertig darstellte. Nach der Scheidung von Caroline Schlegel (1802) war August Wilhelm bis 1817 literarischer Berater, Hauslehrer und Sekretär von Madame de Staël, mit der er im schweizerischen Coppet wohnte. 1818 wurde er Inhaber des ersten Lehrstuhls für Indologie in Deutschland an der Universität Bonn. Mit Sophie Bernhardi, in deren Haus in Berlin er wohnte, verband ihn eine Liebesbeziehung. Er hat sie in ihren schriftstellerischen Arbeiten immer wesentlich unterstützt. 4 Vgl. Brief Nr. 2, Anm. 10. 5 Friedrich Tieck. Vgl. Brief. Nr. 1, Anm. 5. 6 Vgl. Brief Nr. 11, Anm. 9. 7 Vgl. Brief Nr. 2, Anm. 2. 8 Hans Christian Genelli (1763–1823), Architekt. Er wurde wie Friedrich Tieck von Johann Gottfried Schadow ausgebildet. Tieck hat ihn in Jena 1799 kennengelernt. Er lebte in Madlitz bei Ziebingen und war mit einer der Töchter des Grafen von Finkenstein liiert. Vgl. Schweikert, 1971, S. 393. 9 Vgl. Brief Nr. 23, Anm. 18. 10 L. Tieck gab 1800 die Zeitschrift »Poetisches Journal« heraus, in der seine Briefe über Shakespeare erschienen. Vgl. Krisenjahre, Bd. 3, S. 143 f. 11 In Berlin 1802 veröffentlichte Sophie die Sammlung Wunderbilder und Träume in eilf Mährchen. Über das Beenden der Arbeit an diesem Werk schreibt Sophie an August Wilhelm im Brief vom 20. August 1801: »Ich bin in der Zeit recht fleißig gewesen und habe die Märchen beinahe fertig geschrieben, ich weiß es daß sie hätten recht gut werden können wen[n] ich dem Strom der Liebe der mich jetzt gewaltsam fortreißt darin verrahnten mögte wie mein Herz mich treibt«. Vgl. Krisenjahre, Bd. 3, S. 11.

Kommentierungen

131

Nr. 25 Ohne Ort und Datum; [vermutlich Mai/Juni 1801] SLBD, App. 273, Nr. 122. Mit einem Zusatz von fremder Hand 1 2 3 4 5 6

7 8 9 10 11 12

Vgl. Brief Nr. 2, Anm. 10. Vgl. Brief Nr. 24, Anm. 12. A. W. Schlegel. Vgl. Brief Nr. 24, Anm. 3. Johann Friedrich Gottlieb Unger (1753–1804), Berliner Verleger und Buchdrucker. Der 1. Teil von Schlegels Shakespeare-Übersetzung. Vgl. Krisenjahre, Bd. 1, S. 61. Karl Wilhelm Grattenauer (1773–1838), Anwalt beim Kammergericht in Berlin, A. W. Schlegels Advokat im Prozess gegen Unger. Vgl. Sophie Bernhardis Brief an August Wilhelm Schlegel vom 10. Sept. 1801, in: Krisenjahre, Bd. 2, S. 22. A. W. Schlegel. Vgl. Brief Nr. 24, Anm. 3. Sophies erster Sohn Johann Wilhelm, geb. am 15. Juni 1800. Vgl. Brief Nr. 2, Anm. 2. Vgl. Brief Nr. 23, Anm. 8. L. Tiecks älteste Tochter (1799–1841), die später seine wichtigste Mitarbeiterin bei seiner Übersetzung und Herausgebertätigkeit werden sollte. Sophies erster Sohn Johann Wilhelm.

Nr. 26 Ohne Ort und Datum, [vermutlich Juli/August 1801] SLBD, App. 273, Nr. 116. 1 Sophies zweiter Sohn, Friedrich Ludwig August, geb. am 9. Juli 1801. Vgl. Brief Nr. 24, Anm. 1. 2 A. W. von Schlegel. Vgl. Brief Nr. 24, Anm. 3. 3 Vgl. Brief Nr. 2, Anm. 10. 4 Johanna Marie Fichte, geb. Rahn, die Ehefrau des Philosophen Johann Gottlieb Fichte. 5 Die Mutter von Sophie – Anna Sophia, geb. Berukin (oder Berudschin). Sie starb 1802. 132

Kommentierungen

6 Christian Friedrich Tieck. Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 5. 7 Bernhardis Vater – Johann Christian Bernhardi (1738–1815), Justizoberkommissar in Berlin. 8 Ein von A. W. Schlegel und Ludwig Tieck herausgegebener Almanach, in dem 1802 Sophies Ballade (in »Musenalmanach für das Jahr 1802«, Tübingen 1802, S. 64–78) und das Gedicht Bilder der Kindheit (ebenfalls in »Musenalmanach für das Jahr 1802«, Tübingen 1802, S. 129–132) erschienen sind. 9 Vgl. Brief Nr. 24, Anm. 11. 10 Der Roman Julie Saint Albain, Dresden 1801. 11 Vermutlich Sophies erst 1803 beendetes und nur handschriftlich überliefertes Lustspiel Donna Laura. 12 Schlegel reiste von Berlin nach Jena am 9. August 1801. 13 Friedrich hat die Familie Arnstein in Wien (1797) kennengelernt. Fanny von Arnstein, geb. Vögele Itzig (1758–1818), hat als erste Wiener Jüdin einen eigenen Salon geführt. 14 Diese Person konnte nicht ermittelt werden. 15 Vgl. Brief Nr. 23, Anm. 8. 16 Vgl. Brief Nr. 25, Anm. 8. 17 Rahel Levin, später verheiratete Varnhagen von Ense (1771–1833), Salonière, Briefeschreiberin. 18 Friederike Auguste Conradine Bethelman-Unzelmann (1760–1815), berühmte deutsche Schauspielerin und Sängerin. 19 Madame Meier besuchte den Salon von Sophie Sander. 20 Sophie Sander (1768–1828), Gattin des Berliner Buchhändlers, Verlegers und Privatgelehrten Johann Daniel Sander (1759–1825); sie führte in Berlin einen Salon. Frau Sander erscheint in Sophies Brief an August Wilhelm vom 25. August 1801, in welchem sie über die Reaktion auf das bei Nicolai veröffentlichte Libell Über die Art wie vermittelst des transzendentalen Idealismus ein Wirklich existierendes Wesen aus Prinzipien konstruiert werden kann berichtet: »Es wird dies kostbare Werk noch nicht ausgegeben wir hatten es nur von der Sander auf einen Tag geliehen und haben es mit grosser Freude und Gelächter gelesen, auch Ihrer [August Wilhelm] wird darin nicht geschont (…)«. Vgl. Krisenjahre, Bd. 1, S. 12 und Bd. 3, S. 17. 21 Georg Phillip Friedrich von Hardenberg, genannt Novalis (1772–1801), nach dem Tod von Novalis beschäftigte sich Tieck mit seinem Nachlass, in diesem Jahr schrieb er auch das Gedicht An Novalis.

Kommentierungen

133

Nr. 27 Ohne Ort und Datum, [vermutlich Ende August/Anfang September 1801] SLBD, App. 273, Nr. 117. Mit Zusatz von Bernhardi 1 2 3 4

Vgl. Brief Nr. 2, Anm. 2. Vgl. Brief Nr. 2, Anm. 10. Vgl. Brief Nr. 24, Anm. 11. Friedrich Tieck wohnte und arbeitete ab Januar 1798 in Paris. Im Spätsommer 1801 traf er in Weimar ein. Sein erster Auftrag war die Büste Goethes. 5 Karl August, Herzog von Weimar. 6 Vgl. Brief Nr. 23, Anm. 18. 7 Vgl. Brief Nr. 26, Anm. 11. 8 A. W. Schlegel. Vgl. Brief Nr. 24, Anm. 3. 9 Vgl. Brief Nr. 26, Anm. 8. 10 Vermutlich handelt es sich hier um Heinrich August Ottokar Reichardt (1751–1825), Redakteur, Übersetzter, Autor von zahlreichen Prosawerken. 11 Christoph Friedrich Nicolai (1733–1811), berühmter Berliner Verleger, Literatur- und Theaterkritiker, Verfasser satirischer Romane und Reisebeschreibungen, Regionalhistoriker, Hauptvertreter der Berliner Aufklärung, Freund Lessings und Mendelssohns, Gegner Kants. 12 Vgl. Brief Nr. 23, Anm. 2. 13 Vgl. Brief Nr. 26, Anm. 20. 14 August Friedrich Ferdinand von Kotzebue (1761–1819), deutscher Dramatiker, Verfasser von zahlreichen Theaterstücken. Er hat 1799 einen gegen die Brüder Schlegel gerichteten Einakter Der hyperboräische Esel oder die heutige Bildung geschrieben. Vgl. Krisenjahre, Bd. 3, S. 17 f. 15 August Wilhelm Bernhardis Zeitschrift »Kynosarges«, eine Quartalschrift, die in Berlin 1802 herausgegeben wurde und wo auch Sophies Gedicht Lebenslauf. Eine Allegorie erschien (»Kynosarges. Eine Quartal-Schrift«, Berlin, Stück 2, S. 17–21). 16 Chr. F. Nikolai. Vgl. diesen Brief, Anm. 11. 17 In Frölichs Verlag ist auch Sophies Werk Wunderbilder und Träume erschienen. Vgl. Krisenjahre, Bd. 1, S. 15 f.; Krisenjahre, Bd. 3, S. 17 f. Vgl. dazu Brief Nr. 23, Anm. 9.

134

Kommentierungen

Nr. 28 Ohne Ort und Datum, [vermutlich Ende September/Anfang Oktober 1801] SLBD, App. 273, Nr. 118. Im Original ein unleserlicher Nachtrag von Bernhardi 1 8 Märchen. Vgl. Brief Nr. 24, Anm. 11. 2 Ludwig und Sophie haben gegenseitig ihre Schriften gelesen und kommentiert. Ludwig hat in der ersten Phase Sophies Gedichte und Märchen korrigiert. Ihre späteren Berater und Korrektoren waren A. W. Schlegel und der zweite Mann, Karl Gregor von Knorring. 3 A. W. Schlegel. Vgl. Brief Nr. 24, Anm. 3. 4 Auf dieses Gedicht spielt Ludwig in seinem Brief aus Dresden, vermutlich im September 1801, an. Es handelt sich hier wahrscheinlich um das Gedicht Athm’ ich einst mit vollen Zügen, das in zwei Varianten vorliegt: eine stammt von Sophie, die zweite von A. W. Schlegels Hand. Vgl. Krisenjahre, Bd. 3, S. 31; Letters, S. 360. 5 Vgl. Brief Nr. 23, Anm. 18. 6 Vgl. Brief Nr. 25, Anm. 10. 7 Wilhelm von Humboldt (1767–1835), deutscher Gelehrter und Diplomat im preußischen Dienst, liberaler Staatsmann und Mitbegründer der Berliner Universität, Bruder von Alexander von Humboldt; verheiratet mit Caroline geb. Dacheröden (1766–1829). 8 Vgl. Brief Nr. 11, Anm. 9. 9 Hausarzt der Familie Bernhardi, Freund des Hauses, Mitbegründer der Berliner Frühromantik. 10 Diese Person konnte nicht ermittelt werden. 11 Vgl. Brief Nr. 26, Anm. 20. 12 Vgl. Brief Nr. 23, Anm. 14. 13 Vgl. Brief Nr. 27, Anm. 14. 14 Vermutlich August Wilhelm Schlegels Brief aus Jena vom 4. Sept. 1801, in dem er sich auf ein Treffen mit F. Tieck freut: »Deinen jüngsten Bruder bin ich sehr begierig zu sehen, ob er Dir wohl ähnlich ist. Ich werde mich recht bemühen, seine Zuneigung zu gewinnen«. Vgl. Krisenjahre, Bd. 1, S. 19.

Kommentierungen

135

Nr. 29 Ohne Ort und Datum, [vermutlich Ende September/Anfang Oktober 1801] SLDB, App. 273, Nr. 119. 1 2 3 4 5 6 7 8 9

Vgl. Brief Nr. 25, Anm. 7. Der Augenzahn ist eine alte Bezeichnung für Eckzahn. Vgl. Brief Nr. 27, Anm. 11. Plesmann – vermutlich ein Loggigast bei Bernhardis. Vgl. Brief Nr. 2, Anm. 2. Vgl. Brief Nr. 2, Anm. 10. Vgl. Brief Nr. 23, Anm. 18. Vgl. Brief Nr. 25, Anm. 10. Vgl. diesen Brief von Ludwig in Letters, S. 360 f.

Nr. 30 Ohne Ort und Datum, [vermutlich November 1801] SLBD, App. 273, Nr. 111. Ohne Ende 1 A.W. Schlegel reiste am 3. Nov. 1801 von Jena nach Berlin. Vgl. A. W. Schlegel an l. Tieck, Jena 2. Nov. 1801: »Da ich morgen nach Berlin reise« (Lohner, S. 95) und F. Schlegel an L. Tieck, Jena 5. Nov. 1801: »Wilhelm ist in diesen Tagen wieder nach Berlin gegangen« (Lohner, S. 99). Folglich kann dieser Brief nicht vor 4. Nov. 1801 geschrieben sein. 2 L. Tiecks Anti-Faust oder Geschichte eines dummen Teufels. Ein Lustspiel in fünf Aufzügen mit einem Prologe und Epiloge. Fragment (1801). Vgl. A. W. Schlegel an L. Tieck, Jena 2. Nov. 1801: »Das Manuskript vom Antifaust nehme ich mit nach Berlin, um deine Schwester und Bernhardi damit zu ergötzen« (Lohner, S. 96). Vgl. Gebhardt, S. 88 f. 3 Ludwigs Briefe aus dieser Zeit sind rar. Der letzte uns bekannte Brief stammt von Juli/August 1801. Vgl. Letters, S. 358 f. 4 Vgl. L. Tieck an Sophie Bernhardi, Juli/August 1801: »Du mußt mir verzeihen, daß ich nun noch einmal an das Geld erinnre. Ich bin schon in der größten Verlegenheit, daß B. es nicht mehr geschickt hat, ich hoffe doch 136

Kommentierungen

daß es, indem ich diesen Brief schreibe, schon unterwegs ist, weil ich mir sonst durchaus nicht zu helfen weiß« (Letters, S. 359). 5 Wunderbilder und Träume. Vgl. Brief Nr. 24, Anm. 11. 6 Die Blumen der Liebe ist das dritte Märchen aus der Sammlung Wunderbilder und Träume in elf Märchen. Ludwig antwortete auf den Wunsch der Schwester: »(…) ich habe dir damals … geschrieben, daß Nicol. nicht mehr als 20 Bogen drucken will, kommen nun noch 2 hinzu, so werden es wenigstens 24. Wie wäre es, wenn wir für jetzt die Blume der Liebe, die schon gedruckt ist, zurückliessen, bis wir sehn, wie viel das übrige beträgt« (Letters, S. 360). 7 Vgl. Brief Nr. 27, Anm. 11. 8 Vgl. Brief Nr. 23, Anm. 9 und Brief Nr. 28, Anm. 17. 9 Der Brief endet abrupt. Das Ende befindet sich in der DSB, Tieck-Nachlass, Kapsel 42, Briefband Sophie, Blatt 22; es wurde auch in Letters abgedruckt. Vgl. in Letters, S. 362–363. 10 Vgl. Brief Nr. 11, Anm. 9. 11 Vgl. Brief Nr. 23, Anm. 18. 12 Vgl. Brief Nr. 25, Anm. 10. 13 Vgl. Brief Nr. 23, Anm. 1. 14 Vgl. Brief Nr. 26, Anm. 1. 15 A. W. Schlegel. Vgl. Brief Nr. 24, Anm. 3. 16 Vgl. Brief Nr. 2, Anm. 10.

Nr. 31 Berlin, 22. Februar [1802] SLBD, App. 273, Nr. 110. Ohne Ende 1 Ludwig Tiecks Drama Kaiser Octavianus, dessen erster Teil 1801 und zweiter 1802 beendet wurde. 2 A. W. Schlegel. Vgl. Brief Nr. 24, Anm. 3. 3 Vgl. Brief Nr. 2, Anm. 10. 4 Vgl. Brief Nr. 23, Anm. 3. 5 August Wilhelm Schlegels Schauspiel Ion wurde im Januar 1801 in Weimar durch Goethes Unterstützung uraufgeführt: »Goethe hat den größten Fleiß darauf verwendet; … auch habe ich [Schelling] ihn selten oder niemals so Kommentierungen

137

erfreut über einen theatralischen Erfolg, so guter Laune gesehen, als die war, in welche ihn dieser Succeß versetzt hat«. Vgl. Grumach, S. 216. 6 Sophie Tieck reist mit beiden Kindern im Juli 1803 in Begleitung von Knorring nach Dresden. 7 Karoline Friederike von Berg, geb. Gräfin von Haeseler, war Hofdame und langjährige Freundin der Königin Luise. Sie hat finanziell die Entwicklung von Herder, Jean Paul und auch A. W. Schlegel unterstützt. Außerdem hat sie sich für die Organisation und Werbung von A. W. Schlegels Vorlesungen in Berlin eingesetzt und für diese Zwecke die eigene Wohnung in der Leipziger Straße am Potsdamer Tor angeboten. Die Vorlesungen fanden wegen des großen Zulaufs letztendlich in der Wohnung von Herrn Bölke in der Französischen Straße statt. Vgl. Sophies Brief an August Wilhelm aus Berlin vom 30. Sept. 1801 und vom 13. Okt. 1801: »Die Berg hat nemlich versprochen 20 zu schaffen, wen[n] daß so ist ist es keine Frage daß wir noch 20 schaffen die sich so gleich unterzeichnen, es komt nur darauf an, daß wir diese Liste von der Berg zurik erhalten (…)«. Vgl. Krisenjahre, Bd. 1, S. 25 und S. 28. Vgl. auch Krisenjahre, Bd. 3, S. 25. 8 Diese Person konnte nicht ermittelt werden. 9 Vgl. Brief Nr. 23, Anm. 2. 10 Das Bildnis der preußischen Königin Luise, der Gemahlin von König Friedrich Wilhelm III. Friedrich Tieck lehnte den Auftrag eines Porträts der Königin ab, weil er nicht mit seinem Lehrer Schadow in Wettbewerb treten wollte, der schon 1795 deren Einzelbüste geschaffen hatte. 11 Friedrich Schlegel. Vgl. Brief Nr. 23, Anm. 16. 12 Vermutlich Rahel Levin und ihr Salon, in dem Friedrich Schlegel oft zu Gast war. 13 Den Salon von Henriette und Marcus Herz, den Friedrich Schlegel während seines Aufenthalts in Berlin oft besuchte. In diesem Salon lernte er seine künftige Frau Dorothea, die damals noch Brendel Veit hieß, kennen. Vgl. zu Dorothea Veit-Schlegel Brief Nr. 23, Anm. 15. 14 Caroline Michaelis-Böhmer-Schlegel-Schelling (1763–1809) war eine deutsche Schriftstellerin und gilt als Muse verschiedener Dichter der Romantik. Am 1. Juni 1796 heiratete sie A. W. Schlegel. Zusammen mit F. Schlegel und seiner Partnerin, D. Veit, bewohnten sie ein Haus in Jena, das zum Mittelpunkt der Jenaer Frühromantik wurde. Zwischen ihr und dem jungen Philosophen Schelling entwickelte sich eine Liebesbeziehung, die von ihrem Ehemann toleriert wurde. Nach dem Tod ihrer Tochter Auguste ließen sich die Eheleute Schlegel ohne Streit und in gegenseitiger Achtung scheiden. 138

Kommentierungen

Nach der Heirat mit Schelling lebten sie und ihr neuer Ehemann relativ zurückgezogen in München. 1809 starb Caroline in Maulbronn während des Besuchs bei Schellings Eltern. 15 F. Schlegels Drama, entstanden August bis Mitte Dezember 1801, Erstdruck: Berlin (Unger), 1802, Uraufführung am 29.05.1802, Hoftheater, Weimar. Das Stück wurde bei der Aufführung in Weimar trotz der wohlwollenden Haltung Goethes abgelehnt. Vgl. Lohner, S. 108. 16 August Wilhelm Iffland (1759–1814), Schauspieler, Intendant, Dramatiker, Direktor am Nationaltheater in Berlin. Ifflands Zurückweisung von Friedrich Schlegels Drama Alarkos führte dazu, dass es später in Weimar uraufgeführt wurde. Vgl. Brief. Nr. 31, Anm. 12. 17 Vgl. Brief Nr. 25, Anm. 5. 18 Vgl. Brief Nr. 24, Anm. 3. 19 Johann Bernhard Vermehren (1777–1803), frühromantischer Dichter und Gelehrter. Er lehrte an der Universität Jena. Mit der Unterstützung Friedrich Schlegels gab Vermehren in Leipzig 1802 und in Jena 1803 seinen romantischen Musenalmanach heraus. Neben den 15 Gedichten Friedrich Schlegels erschienen in Vermehrens Almanach Beiträge von Sophie Mereau, Stephan August Winkelmann, Friedrich Klopstock und Friedrich Hölderlin. 20 Johann Friedrich Cotta (1764–1832), deutscher Verleger und Politiker. In seiner »Cotta’schen Verlagsbuchhandlung« publizierten Goethe, Schiller, Hölderlin, Kleist, Schelling, Fichte und viele andere bekannte Autoren. Cotta verlegte u. a. die Zeitungen und Zeitschriften »Die Horen« und den »Musen-Almanach«. 21 A. F. Bernhardis Zeitschrift »Kynosarges« (1802, im Verlag Frölich herausgegeben), deren Titel F. Schlegel böswillig falsch als »faulen Hund« übersetzte. In der ersten Nummer dieser Zeitschrift äußerte sich Bernhardi in seinem Aufsatz Wissenschaft und Kunst über das Wesen der Freiheit und Erziehung und verwies auf die Hauptfunktion von Wissenschaft und Kunst, die nach ihm zwei einzig mögliche Stände, Obrigkeit und Untertanen, verbinden sollte. Die Brüder Schlegels machten sich über Bernhardis Ansichten häufig lustig. Vgl. Paul Hocks, Peter Schmidt: Literarische und politische Zeitschriften 1780–1805. Von der politischen Revolution zur Literaturrevolution. Stuttgart 1975, S. 96 ff. 22 Vgl. Brief Nr. 24, Anm. 11.

Kommentierungen

139

Nr. 32 Ohne Ort und Datum, [vermutlich Ende März/Anfang April 1802] SLBD, App. 273, Nr. 114. 1 Am 28. Februar starb Sophies zweiter Sohn Ludwig. 2 Sophie ist zum dritten Mal schwanger, am 6. November wird ihr dritter Sohn Felix Theodor geboren. 3 Vgl. Brief Nr. 2, Anm. 2. 4 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 5. 5 A. W. Schlegel. Vgl. Brief Nr. 24, Anm. 3. 6 Die Reise nach Dresden wurde für den Dezember 1801 geplant (Vgl. Caroline, Bd. 2, S. 229 f., 236, 246). Sophie beabsichtigte mit ihrem Gatten und ihren beiden Söhnen Wilhelm und Ludwig dorthin zu fahren, um die Familie des Bruders Ludwig, Caroline Schlegel, Friedrich Schlegel und seine Frau Dorothea zu besuchen. Doch auch die Dezemberreise findet nicht statt und wird zunächst auf Ostern 1802 und dann auf den Sommer 1802 verschoben. Auch ein Frühjahrbesuch (Letters, S. 361) in Ziebingen bei der Familie L. Tiecks wird nicht realisiert. Der Grund liegt im frühen Tod von Sophies zweitem Sohn: Der erst sieben Monate alte Ludwig stirbt am 28. Februar 1802, am Geburtstag seiner Mutter, »am Zahnen«. Vgl. A. W. Schlegel an L. Tieck, Berlin, 1. März 1802: »Der Kleine ist am Zahnen gestorben, das Übel nahm sehr plötzlich überhand, die Zähne wollten alle auf einmal durchbrechen. Es war ein schönes, munteres, starkes Kind mit herrlichen großen Augen, wir hatten ihn alle sehr lieb, und sind voller Jammer über seinen Tod (…). Bernhardi ist sehr erschüttert und dein Bruder äußerst betrübt«. In: Lüdeke, S. 113, Vgl. Krisenjahre, Bd. 2, S. 189. Die Reise nach Dresden wird erst im Juli 1803 stattfinden. 7 Vgl. Sophies undatierten Brief in Letters, S. 364. 8 1802 veröffentlichte Sammlung Wunderbilder und Träume in elf Märchen. Vgl. Brief Nr. 24, Anm. 11 und Brief Nr. 26, Anm. 9. 9 Diese Person war an der Verbreitung von Eintrittskarten für A. W. Schlegels Vorlesungen in Berlin beteiligt. Vgl. Brief Nr. 31, Anm. 5. 10 Caroline Schlegel-Schelling. Vgl. Brief Nr. 31, Anm. 14. 11 Vgl. auch Carolines Pläne einer Reise nach Berlin und die Absicht, künftig mit A. W. Schlegel zu leben. In: Caroline, Bd. 2, S. 202–248. 12 Vgl. Brief Nr. 23, Anm. 1 und Brief Nr. 34, Anm. 4. 13 Vgl. Brief Nr. 25, Anm. 5. 140

Kommentierungen

14 Vgl. Brief Nr. 23, Anm. 16. 15 Vgl. Brief Nr. 23, Anm. 15. 16 Karl Gustav von Brinckmann (1764–1847), schwedischer Diplomat und deutscher Dichter; mit Rahel Levin und Schleiermacher befreundet; einer der Mitarbeiter des »Athenaeum«. 17 Friedrich Schlegel wohnte während seines Berlin-Aufenthalts bei Schleiermacher und dadurch entstand eine intensive Zusammenarbeit. Vgl. auch Brief Nr. 23, Anm. 4. 18 Vgl. Brief Nr. 31, Anm. 1. 19 Dorothea Veits Roman Florentin.Vgl. Brief Nr. 23, Anm. 17. 20 Vgl. Brief Nr. 23, Anm. 18.

Nr. 33 Ohne Ort und Datum, [vermutlich Mai 1802] SLBD, App. 273, Nr. 113. Mit Zusatz von Friedrich Tieck, datiert auf 7. Mai 1802 1 Vgl. Brief Nr. 24, Anm. 8. 2 Vgl. Brief Nr. 28, Anm. 9. 3 Sophie plante eine Reise nach Dresden, die erst im Juni 1803 in Begleitung von Karl Gregor von Knorring und nicht des Gatten August Ferdinand Bernhardi stattfand. 4 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 5. 5 Vgl. Brief Nr. 2, Anm. 2. 6 Vgl. Brief Nr. 23, Anm. 18. 7 A. W. Schlegel. Vgl. Brief Nr. 24, Anm. 3. 8 Ludwig Tieck ist am 31. Mai 1773 geboren. 9 Im Frühling 1802 fuhr Friedrich Tieck zum zweiten Mal nach Weimar, wo er sich im Schloss des Herzogs Karl August zahlreichen Arbeiten widmete. 10 Johann Gottfried Schadow (1764–1850), Berliner Bildhauer und Grafiker, seit 1816 Rektor der Akademie der Künste, Friedrich Tiecks Professor. 11 Nacht – Anbetung der Hirten, Gemälde von Antonio da Corregio (1490–1534), entstanden 1529–1530. 12 Friedrich Schlegel wohnte mit Dorothea Veit in Dresden. 13 A. W. Schlegel. Vgl. Brief Nr. 24, Anm. 3. 14 Vgl. Brief Nr. 25, Anm. 10. Kommentierungen

141

15 Friedrich Wilhelm von Schelling (1775–1854), Naturphilosoph, einer der Hauptvertreter des Deutschen Idealismus; seit 26. Juni 1803 mit Caroline Schlegel verheiratet. 16 Caroline Schlegel-Schelling. Vgl. Brief Nr. 31, Anm. 14.

Nr. 34 Ohne Datum und Jahr, [vermutlich November/Dezember 1802] SLBD, App. 273, Nr. 115. 1 Sophies erster Sohn, Wilhelm, geb. am 15. Juni 1800. Ihr zweiter Sohn Ludwig starb am 28. Februar 1802. 2 Vgl. Brief Nr. 28, Anm. 9. 3 A. W. von Schlegel. Vgl. Brief Nr. 24, Anm. 3. 4 Christoph Wilhelm Hufeland (1762–1836), Arzt, Sozialhygieniker, Hofratmedikus in Weimar, Leibarzt der königlichen Familie von Friedrich Wilhelm III.; Honorarprofessor an der Universität Jena, erster Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Berlin; mit Goethe, Schiller und A. W. Schlegel befreundet. A. W. Schlegel organisiert einen Wechsel der medizinischen Betreuung durch Hufeland. Vgl. seinen Brief an Sophie vom 12. Juni 1804 in Krisenjahre, Bd. 1, S. 105. 5 Der dritte Sohn Felix Theodor wurde am 6. November 1802 geboren. 6 Sophie litt an Augenschmerzen. Vgl. Brief Nr. 35. 7 Felix Theodor wurde am 28. November 1802 getauft. Ludwig Tieck wurde zum Paten des dritten Kindes von Sophie. Außer ihm wurden als Paten von Felix Theodor Bernhardi Friedrich Tieck, Karl Gregor von Knorring, August Wilhelm Schlegel, Caroline von Rochow-Briest (spätere Fouqué) und sechs andere Personen benannt. Vgl. Krisenjahre, Bd. 3, S. 29. 8 Vgl. Brief Nr. 23, Anm. 18.

142

Kommentierungen

Nr. 35 Ohne Ort und Datum, [vermutlich Winter 1803] SLBD, App. 273, Nr. 107. 1 Friedrich von Schlegel. Vgl. Brief Nr. 23, Anm. 16. 2 Friedrich Schlegel, der seit 1803 in Paris lebte, gab dort die Zeitschrift »Europa« heraus. Er schrieb August Wilhelm über das neue Zeitschriftprojekt voller Ironie: »Ich gebe auch zu jedem Bande ein Kupfer, (…) vielleicht auch Caricaturen d. h. Zeichnungen nach David und andren der vortrefflichsten Franzosen«. (Paris, den 15 ten Januar 1803. In: Friedrich Schlegels Briefe an seinen Bruder August Wilhelm, hrsg. von Oscar F. Walzel. Berlin 1890, S. 502). Zweifel und Probleme, die mit dem Redigieren der Zeitschrift verbunden waren, teilte er auch seinem Verleger Friedrich Wilmans mit: »So sehr ich den Absatz des Journals wünsche, so wünsche ich doch nicht dass es grade hier von Franzosen vorzüglich viel gekauft werden möchte; diess dürfte mir sehr viel Verdruss zuziehn oder meine Freiheit im Urtheile so beschränken, dass das Journal selbst dadurch sehr verlieren würde«. (Paris, l4 ten Januar 1803), Krisenjahre, Bd. l, S. 38. 3 A. W. Schlegel. Vgl. Brief Nr. 24, Anm. 3. 4 Carl Friedrich Ernst Frommann (1765–1837), deutscher Verleger und Buchhändler. In seinem Jenaer Verlag erschienen um 1800 Werke vieler renommierter Autoren, eine enge Freundschaft verband Frommann mit Goethe. 5 Seit 1751 gehörte das Schloss in Ziebingen der Familie Burgsdorff, 1802 kaufte der Regierungspräsident von Frankfurt an der Oder, Graf Wilhelm Finck von Finckenstein, das Schloss dem Komtur der Johanniter in Lagow, Carl Friedrich Ehrentreich von Burgsdorff, ab. Das Schloss Ziebingen war das Hauptwerk des Architekten Hans Christian Genelli. Hier war einer der Musenhöfe der deutschen Romantik. Ludwig Tieck lebte von 1802 bis 1819 mit Unterbrechungen in Ziebingen. Vgl. Hans-Jürgen Rehfeld: »Allein ist man hier nie …« Geselliges Leben in Ziebingen und Madlitz. In: An der mittleren Oder. Eine Kulturlandschaft im deutsch-polnischen Grenzraum, hrsg. von Marta Ba˛ kiewicz. Paderborn 2016, S. 103–108; Vgl. Meißner, S. 95 ff. 6 Vgl. Brief Nr. 11, Anm. 9.

Kommentierungen

143

Nr. 36 Ohne Ort und Datum, [vermutlich Dezember 1802/Januar 1803] SLBD, App. 273, Nr. 109. 1 A. W. Schlegel. Vgl. Brief Nr. 24, Anm. 3. 2 A. W. Schlegel übersetzte Petrarkas Gedichte. Vgl. Lohner, S. 128. 3 Vgl. Brief Nr. 35, Anm. 5. Vgl. auch A. W. Schlegels Brief nach Dezember 1802 in: Lohner, S. 129 und 125. 4 Vgl. Brief Nr. 31, Anm. 5. 5 Calderons Schauspiel Andacht. Zum Kreuze. Vgl. Lohner, S. 125 und 126. 6 Augustin Moreto (1618–1669), spanischer Komödiendichter. 7 August Bode war Sohn des Berliner Astronomen Johann Elert Bode (1747–1826), der in einem von ihm herausgegebenen Journal L. Tieck und A. W. Schlegel als Autoren angegeben hatte. A. W. Schlegel musste dies berichtigen. Vgl. Antwort auf Sophies Bemerkung, in: A. W. Schlegels Brief vom Dezember 1802, in: Lohner, S. 126 und Krisenjahre, Bd. 3, S. 110. 8 Caroline von Finkenstein (1793–1877), die Tochter des Friedrich Ludwig Karl Finck von Finckensteins, Ehefrau des Grafen Ferdinand von Voss-Buch. Vgl. Lohner, S. 128. 9 Vgl. Brief Nr. 11, Anm. 9. 10 Vgl. Brief Nr. 23, Anm. 18.

Nr. 37 Ohne Ort und Datum, [vermutlich Mai 1803] SLBD, App. 273, Nr. 140. 1 Vgl. Brief Nr. 34, Anm. 4. 2 Zweiter Sohn Sophies, Ludwig, ist an »Zahnen« gestorben. Vgl. Brief Nr. 34, Anm. 1. 3 Sophie hatte unter dem Titel Dramatische Fantasien (1804) Dramen herausgebracht. Vgl. Lohner, S. 128 und 130. 4 Friedrich Tieck. Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 5. 5 Vgl. Brief Nr. 23, Anm. 18. 6 Dorothea Tieck. Vgl. Brief Nr. 25, Anm. 10. 144

Kommentierungen

7 Friedrich Ludwig Karl Graf Finck von Finckenstein (1745–1818) entstammte dem Geschlecht Finck von Finkenstein. Von Friedrich II. als preußischer Regierungspräsident in Küstrin abgesetzt, widmete er sich der Bewirtschaftung seiner Güter sowie literarischen Studien. Er war Vater von Henriette und Caroline. Mit Henriette hatte L. Tieck eine Lebensgemeinschaft. 8 Caroline Finkenstein. Vgl. Brief Nr. 36, Anm. 8. 9 Vgl. Brief Nr. 11, Anm. 9. 10 L. Tieck wohnte seit Oktober 1803 in Ziebingen. Vgl. Brief Nr. 35, Anm. 5. 11 Anfang Juli 1803 reist Sophie mit den Kindern in Begleitung von Karl Gregor von Knorring nach Dresden. 12 Felix Theodor – Sophies dritter Sohn. Vgl. Brief Nr. 34, Anm. 7. 13 Minnelieder aus dem schwäbischen Zeitalter, neu bearbeitet und herausgegeben von Ludwig Tieck, mit Kupfern, Berlin 1803. Vgl. Gebhardt, S. 173 f. 14 A. W. Schlegels Privatvorlesungen in Berlin (1801–1804). 15 Friedrich Tieck. Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 5.

Nr. 38 Ohne Ort und Datum, [vermutlich Rom, April 1805] SLBD, App. 273, Nr. 108. Publiziert in Scholz, 1997, S. 265–276. 1 Dieser undatierte Brief ist vermutlich der erste aus Rom. Sophie Tieck-Bernhardi lebte dort von Mitte April 1805 bis Mitte September 1807. Sie wohnte mit ihren beiden Söhnen Wilhelm und Felix sowie Karl Gregor von Knorring im Palazzo des Marchese Nonez am Monte Cavallo. Vgl. A. W. Schlegels Brief an Georg Reimer, Rom 20. April 1805: »Madame Bernhardi ist vor einer Woche hier angekommen und hat die Ermüdung der Reise ziemlich gut überstanden. In: Krisenjahre, Bd. 2, S. 193. Zu Sophies Aufenthalt in Rom vgl. Bernhardi, 1893, S. 3–20. 2 Ende März 1805 verließ Sophie mit den Kindern und Karl Gregor von Knorring München in Richtung Italien; die Brüder Ludwig und Friedrich brachen nach Rom erst am 2. Juli auf. Ludwig Tieck musste nämlich wegen schwerer rheumatischer Erkrankungen (die auch als Gichtanfälle beschrieben wurden) in München bleiben. Vgl. Dorothea Schlegel an Karoline Paulus, 3. Juni 1805: »Tieck wird (…) in München von seiner Krankheit noch festgehalten (…) er wollte mit seiner Schwester nach Italien reisen, ward Kommentierungen

145

3

4

5 6

7 8 9

aber krank und mußte in München zurückbleiben. Vgl. Deutsche Literaturdenkmale des 18. und 19. Jahrhunderts. Bd. 146: Briefe von Dorothea und Friedrich Schlegel an die Familie Paulus, hrsg. von Rudolf Unger, Berlin 1913, S. 55. Ludwig verließ Rom im August 1806 und kehrte über St. Gallen, Heidelberg, Frankfurt, Weimar und Dresden nach Ziebingen zurück. Friedrich gelangte erst im Frühjahr 1809 nach München. Vgl. Günzel, S. 488 f. Zu einem intensiven Briefwechsel kam es nicht, Sophies Romaufenthalt war von Bernhardis Scheidungsklage überschattet. Ludwig verließ Rom im August 1806, um nach Deutschland zurückzukehren. Friedrich blieb in Rom. Vgl. Maaz, S. 18 ff. Diese Auffassung propagierten auch Goethe und Humboldt in ihren Romdichtungen. Vgl. Walther Rehm: Europäische Romdichtung. München 1839, S. 174 f. und S. 151 f. Sophie Tieck-Bernhardi vertritt hier die Poesieauffassung der Frühromantik und kritisiert Schillers Kunstauffassung. Vgl. Scholz, 1985, S. 85–94. Diese untrennbare Einheit verschiedener Aspekte, die zu der Annahme einer »poetischen« Literaturgeschichte bei Ludwig Tieck führte, gilt auch für die Schwester. Vgl. Achim Hölter: Ludwig Tieck. Literaturgeschichte als Poesie. Heidelberg 1989, S. 303 ff. Sophie Bernhardi tritt in Rom zum Katholizismus über, weil sie sich vom Papst die Verhinderung der Auslieferung ihrer Söhne an den Vater erhoffte. Vgl. diesen Brief, Anm. 2. Der Brief trägt keine Unterschrift.

Nr. 39 Heidelberg, 7. Dezember 1820. SLBD, App. 273, Nr. 106. 1 Nach Bernhardis Tod war Sophie mit ihrer Familie nach Deutschland gereist, um Erbschaftsangelegenheiten zu klären. Der Sohn Felix Theodor wurde an der Universität Heidelberg immatrikuliert. 2 Ludwig Tiecks Drama Fortunat. Ein Märchen in fünf Aufzügen besteht aus 2 Teilen: erster Teil ist 1815 erschienen, zweiter (mit Prolog) 1816. Beide Teile wurden in den 3. Band von Phantasus (1816) aufgenommen. 3 Egidio und Isabella. Ein Trauerspiel in drei Aufzügen von Sophie Tieck. In: »Dichter-Garten«, hrsg. von Rostorf, Würzburg 1807, S. 183–334. Eine 146

Kommentierungen

Handschrift befindet sich in der Deutschen Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz zu Berlin. Über die Entstehungsgeschichte dieses Trauerspiels schreibt Sophie in ihren Briefen an A. W. Schlegel vom 12. Juli 1804 und 28. Januar 1805. Vgl. Krisenjahre, Bd. 1, S. 123 und 187. A. W. Schlegel hat dieses Drama lobend in einem Schreiben an Goethe als »rührendes romantisches Schauspiel« empfohlen.Vgl. Krisenjahre, Bd. 3, S. 117. 4 Diese Person konnte nicht ermittelt werden. 5 Amandus Gottfried Adolf Müllner (1774–1829), Verfasser von Schauspielen, Schriftsteller und Jurist, Autor des erfolgreichen Trauerspiels Die Schuld (1816). 1820–1825 leitete er das »Literaturblatt« von Cottas »Morgenblatt für gebildete Stände«. 6 Flore und Blanscheflur. Ein episches Gedicht in zwölf Gesängen, von Sophie von Knorring, geb. Tieck, Berlin 1922, hrsg. und mit einer Vorrede von A. W. Schlegel. Vgl. Haberstok, S. 260–311. 7 Vermutlich Evremont. Ein Roman. Das Werk wurde erst 1836 im Breslauer Verlag herausgegeben, 2. Auflage 1845. Vgl. Haberstok, S. 311–357. 8 Felix Theodor Bernhardi (1802–1885), Sophies dritter Sohn. Seine Kindheit und Jugend hat er in Rom, Wien und Estland verbracht. 1820–1824 studierte er in Heidelberg und Paris, ab 1834 wurde er Beamter in der Kanzlei des russischen Zaren in St. Petersburg. Nach der Übersiedlung nach Deutschland lebte er als Autor von politisch-historischen Schriften in Niederschlesien. Postum sind seine Tagebuchaufzeichnungen erschienen. 9 Henriette Amalie Dorothea Finck von Finkenstein (1774–1847), eine Tochter des Grafen Finckenstein. Tieck lernte sie 1802 nach seiner Ankunft in Ziebingen kennen; zwischen den beiden entwickelte sich ein Liebesverhältnis. Die Korrespondenz zwischen Tieck und ihr wurde vemutlich von Tiecks Tochter Amalie nach seinem Tod zusammen mit anderen Familienpapieren vernichtet. Vgl. Letters, S. 273; Trainer, 1980b, S. 272. Zu Tieck und Henriette vgl. Josef Körner: Geheimnis um Tieck. In: »Der kleine Bund«, 19. Jg., Nr. 44. Bern 1938, S. 353–354 und Nr. 45, S. 365–368. 10 Dorothea Tieck. Vgl. Brief Nr. 25, Anm. 10. 11 Diese Person konnte nicht ermittelt werden. 12 Georg Friedrich Creuzer (1771–1858), deutscher Philologe und Mythenforscher, Professor an den Universitäten Marburg und Heidelberg, befreundet mit Goethe, C. Brentano, zeitlich kurz liiert mit K. Günderrode. 13 Karl Gregor von Knorring, Sophies zweiter Gatte. Vgl. Zeittafel.

Kommentierungen

147

Nr. 40 Heidelberg, 26. Mai 1821. SLBD, App. 273, Nr. 105. 1 Diese Person konnte nicht ermittelt werden. 2 Auf der Rückreise nach Deutschland besuchte Sophie ihren Bruder in Dresden. Sie traf im Oktober 1820 auch mit Friedrich und ihrem älteren Sohn Wilhelm zusammen. Diese Begegnung verbesserte jedoch die gestörte Beziehung zwischen ihr, dem Sohn und dem Bruder Ludwig nicht. Vgl. Eschler, 253 f. 3 Sophie wohnte ab 1812 in Arroküll in Estland auf dem Gut ihres Mannes Karl Gregor von Knorring. Die Familienbesitztümer befanden sich auch in Reval und Erwita. Nach Bernhardis Tod reiste Sophie zusammen mit ihrem Gatten und Sohn nach Deutschland, wo sie bis zum Frühling 1822 blieb. Vgl. Eschler, S. 229–247; Haberstok, S. 128–138. 4 Johann Sulpiz Melchior Dominikus Boisserée (1783–1854) und sein Bruder Melchior Boisserée (1786–1851) gehörten zu den bedeutendsten Kunstkennern der ersten Hälfte des 19. Jh. Der ältere Bruder war Gemäldesammler, Kunst- und Architekturhistoriker sowie ein bedeutender Förderer der Vollendung des Kölner Domes. Die beiden wohnten bei Friedrich Schlegel und Dorothea Veit in Paris und waren mit dem Paar befreundet. 5 Vgl. Brief Nr. 39, Anm. 8. 6 Egidio und Isabella. Vgl. Brief Nr. 39, Anm. 3. 7 Flore und Blanscheflur. Vgl. Brief Nr. 39, Anm. 6. 8 Vermutlich Evremont. Vgl. Brief Nr. 39, Anm. 7. 9 Im veralteten Kanzleistil bedeutet Proclama eine Bekanntmachung, Proklamation. 10 Das Gut von Karl Gregor von Knorrig in Arroküll sollte verkauft werden. Sophie wollte in Deutschland bleiben und einen neuen Wohnsitz in der Nähe von Heidelberg erwerben. Sie wünschte sich dort gemeinsam mit Ludwig und seiner Geliebten Henriette Fink von Finckenstein zu leben und zu arbeiten. Diesen Plan durchkreuzte aber der Tod des Schwagers in Estland, der eine Rückkehr nach Erwita erzwang, um die Erbschaftsangelegenheiten zu klären. Vgl. Eschler, S. 266. 11 Henriette Finck von Finckenstein. Vgl. Brief Nr. 39, Anm. 9. 12 Vgl. Brief Nr. 39, Anm. 3.

148

Kommentierungen

13 Die Figuren im folgenden Abschnitt sind von Sophie als Theaterregie eingefügt. 14 Tiecks Drama Blaubart, zu dessen Neuinszenierung Sophie dem Bruder rät. Tieck hat den Stoff von Blaubart dreimal bearbeitet: Ritter Blaubart. Ein Ammenmärchen (1797), Die sieben Weiber des Blaubart. Eine wahre Familiengeschichte (1797), Der Blaubart. Drama in fünf Akten (1812). 15 Vgl. Brief 39, Anm. 14.

Nr. 41 Heidelberg, 15. Januar 1822 SLBD, App. 273, Nr. 104. 1 Zwischen Sophie und ihrem Bruder kam es zu vielen Missverständnissen. Sophie verbat sich eigenmächtige Eingriffe von Ludwig in ihre Werke. Immer wieder Anlass zu Streitigkeiten waren auch finanzielle Schwierigkeiten und Schulden, die sowohl Sophie als auch Ludwig betrafen. Ab 1806 spitzte sich die Lage zu und es kam zum Bruch in der Beziehung beider. Vgl. Eschler, S. 208–214. 2 Vgl. Brief Nr. 40. 3 In Estland richtete man sich nach dem julianischen Kalender. 4 Karl Gregor von Knorring, Sophies zweiter Gatte. Vgl. Zeittafel. 5 Donna Laura. Ein Lustspiel in drei Aufzügen. Dieses Stück markiert nach Breuer einen Paradigmenwechseln im Leben der Verfasserin Sophie von Knorring, die sich seiner Interpretation nach »(…) durch die völlig veränderten Lebensumstände, in die sie sich nach langem Kampf durch ihre Wiederverehelichung versetzt sah, sich zu ruhigerem, wenn nicht gar heiterem Schaffen angeregt« fand. Vgl. Breuer, S. 81 f. Dieses Stück wurde am 22. September 1821 in den Spielplan des Berliner Königlichen Schauspielhauses aufgenommen, hatte aber keinen Erfolg und wurde »ausgepocht«. Vgl. Krisenjahre, Bd. 3, S. 19. 6 Vgl. Brief Nr. 39, Anm. 3. 7 Sophies Sohn Felix war auch schriftstellerisch tätig. Vgl. Brief Nr. 39, Anm. 8. 8 Diese Person konnte nicht ermittelt werden. 9 Es handelt sich um den Sohn von Julius von Voß (1768–1732), Schriftsteller. Carl von Voß betätigte sich auch literarisch. Er war mit L. Tieck befreundet. Vgl. Schweikert, 1971, S. 340. Kommentierungen

149

10 Diese Person konnte nicht ermittelt werden. 11 Es handelt sich hier wahrscheinlich um eine literarische Figur. Möglicherweise ist damit Sir Toby aus Shakespeares Was ihr wollt gemeint. 12 Franz Joseph Schelvar (1778–1832), Professor der Medizin in Heidelberg. Außer ihm hatte Ludwig Tieck Kontakte zu anderen Heidelberger Professoren, z. B. zu G. F. Creuzer, K. Daub, K. Ph. Kayser. Vgl. Schweikert, 1971, S. 398. 13 Vgl. Brief Nr. 39, Anm. 6. 14 Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 5. 15 Vgl. Brief Nr. 39, Anm. 9.

Nr. 42 Reval, 16. Februar 1831. (4. Februar nach julianischem Kalender) SLBD, App. 273, Nr. 103. 1 Friedrich Tieck. Vgl. Brief Nr. 1, Anm. 5. 2 Es handelt sich um den Streit in der Familie Knorring um die Erbschaft. Nach dem Tode des Bruders von Karl Gregor von Knorring erhoben die Verwandten den Anspruch auf das von Sophie und ihrem Ehemann geerbte Gut in Erwita. Die Verwandten wollten den Adoptivsohn von C. G. Knorring, Felix, als Erben nicht anerkennen. Der langjährige Prozess führte zu finanziellen Verlusten und letztendlich zur Zwangsverpachtung des Gutes. Vgl. Eschler, S. 268 f. 3 Sophies letzter Roman Evremont. Vgl. Brief Nr. 39, Anm. 7. 4 Zu dieser Reise ist es nicht gekommen. Sophie starb zwei Jahre später.

150

Kommentierungen

Zu dieser Ausgabe

Sophie und Ludwig Tiecks Briefe erschienen bisher teils verstreut und einzeln in Zeitschriften und heute schwer zugänglichen Blättern, teils als eigenständige Sammlungen an einen oder einige ausgewählte Adressaten. Es erschien jedoch keine zusammenfassende Ausgabe der Geschwisterbriefe. Eine Gesamtausgabe aller derzeit verfügbaren Briefe von Sophie Tieck ist gegenwärtig und auf absehbare Zeit unmöglich. Aus diesem Grunde liegt der Fokus in dieser Auswahl auf Sophie Tieck-Bernhardi-von Knorring. So entstand schon vor Jahren während der Arbeit an einzelnen Werkausgaben der Plan, eine weitere Auswahl von Briefen anzuschließen, die noch nicht veröffentlicht sind. Eine Ausnahme in dieser Auswahl stellt der Brief von Sophie Tieck an Ludwig aus Rom dar. Er wurde zwar schon veröffentlicht, stellt aber in unserem Zusammenhang eine wichtige Zäsur im Leben von Sophie dar. Die hier versammelten Briefe werden alle in der Sächsischen Landesbibliothek (App. 273) im Nachlass Tieck/Schlegel aufbewahrt. Wenige neu entdeckte Ergänzungen der Originalbriefe, die sich nicht dort befinden, sind ausgewiesen. Die Konzeption und der Umfang beschränken sich auf den Bruder Ludwig, um mit Bezug auf ihn Lebens- und Werkstadien von Sophie gültig zu repräsentieren. An eine Ausgabe war gedacht, die sowohl die Forderungen der engagierten Tieck-LeserInnen als auch die der wissenschaftlichen BenutzerInnen gleichermaßen erfüllen könnte. Wir versuchen mit dem vorlegenden Band dies zu leisten. Die Handschriftennummern wurden nach gründlicher Überprüfung leicht geändert und sind in der Kommentierung entsprechend erklärt. Es liegen von allen Originalbriefen Abschriften von unbekannter Hand vor. Im Zweifelsfall wurden diese berücksichtigt. Die Herausgabe dieser Briefe bezieht die SophieTieck-Forschung bis 2018 ein, so dass sie sich auf dem neuesten Stand befindet. Für Ludwig Tieck ist eine historisch-kritische Ausgabe der Briefwechsel (Edition der Texte) an der TU Dresden geplant. Erschienen ist 2002 in Dresden ein Repertorium der Briefwechsel Ludwig Tiecks als Erschließungshilfe zum weltweit verstreuten brieflichen Nachlass. Das von der DFD 2003–2006 geförderte Zu dieser Ausgabe

151

Projekt würde ein seit Langem bestehendes Desiderat schließen. Unsere Ausgabe erhebt aber nicht den Anspruch einer historisch-kritischen Ausgabe. Die vorliegende hat das Ziel, das Leben der Geschwister Tieck unter dem Gender­ aspekt zu präsentieren. In den frühen Briefen ist die Interpunktion, Orthographie und Grammatik von Sophie höchst willkürlich. Ihre Gedanken fließen ohne Satzzeichen auf das Papier. Ihre Schreibweise entschied sie nach subjektiver Wertigkeit, etwa nach Gefühl und Klang. Dies erschwerte nicht unerheblich die Transkription. In die Originalschreibweise wurde nur sehr behutsam, bei Unleserlichkeiten gar nicht eingegriffen. Eckige Klammern weisen das aus. Dass diese Briefe an Interessantheit, an rückhaltloser Aussage des eigenen Ich denen von Bettina Brentano, spätere von Arnim oder Rahel Varnhagen nicht gleichzusetzen sind, bleibt unbestreitbar, beweist in unserem Zusammenhang aber auch nichts. Da viele Originalbriefe weder eine Ortsangabe noch ein Datum enthalten, wurden diese Angaben ergänzt oder aus dem Kontext erschlossen und durch eckige Klammern gekennzeichnet. Alle Briefdaten wurden vereinheitlicht und an den Kopf des Briefes gesetzt. Die Briefnummern beziehen sich ausschließlich auf die hier publizierte Auswahl.

152

Zu dieser Ausgabe

Zeittafel: Sophie Tieck-Bernhardi-von Knorring

28. Februar 1775

Anne Sophia1 wird in Berlin in der Roßstr. l als ­Tochter des Seilmeisters Johann Ludwig Tieck und dessen Ehefrau Anna Sophia Tieck, geb. Berukin (oder Berudschin?) geboren. Sie ist das mittlere Kind zwischen dem älteren Bruder Ludwig und dem jüngeren Friedrich.

1792/1793

Ludwig beginnt in Halle zu studieren, im Winter 1792/1793 in Göttingen. Es entwickelt sich ein intensiver Briefwechsel zwischen Sophie und ihm.

Sommer 1793

Ludwig Tieck und Wackenroder studieren in Erlangen, Ende September wieder in Göttingen. Sophie tritt auch mit Wackenroder in Kontakt.

Herbst 1794

Sophie und Ludwig beziehen nach seiner Rückkehr gemeinsam eine Wohnung in der Nähe des Rosenthalers Platzes.

1795

Erste Erzählungen von Sophie erscheinen in den Straußfedern.

1797

Weitere Erzählungen werden in den Bänden 6 und 7 der Straußfedern veröffentlicht.

1

Laut Taufurkunde der Petri-Gemeinde für das Jahr 1775, S. 481, Evangelisches Zentralarchiv Berlin. Vgl. Carola Gerlach: Sophie Tieck (1775–1833). Schriftstellerin der Romantik, in: Wenn die Geschichte um die Ecke geht. Almanach der Varnhagen Gesellschaft, hrsg. von Nikolaus Gatter. Berlin 2000, S. 168. Sie nannte sich zeitlebens »Sophie«.

Zeittafel: Sophie Tieck-Bernhardi-von Knorring

153

154

10. Sept. 1799

Sophie Tieck und August Ferdinand Bernhardi (1769– 1820) (Subrektor im Friedrich-Werderschen Gymnasium in Berlin) heiraten.

1799

Das Lustspiel Die vernünftigen Leute erscheint unter Bernhardis Namen im zweiten Band seiner Bambocciaden.

1800

Die Bambocciaden (Bd. 3) enthalten weitere Erzählungen, teilweise wieder unter dem Namen ihres Ehemannes.

15. Juni 1800

Sophies erster Sohn Wilhelm wird geboren.

1801

Ihr Briefroman Julie Saint Albain und der erste Teil von Bernhardis Hauptwerk Sprachlehre erscheinen.

9. Juli 1801

Sophies zweiter Sohn Ludwig wird geboren.

1801

Ihre Beziehung zu A. W. Schlegel beginnt. Er betreibt Sophies anonyme Bewerbung bei der von Goethe und Schiller entworfenen Preisaufgabe.

Ab 1801

Es kommt zu ersten Ehekrisen.

1802

Sophie liefert Beiträge für L. Tiecks und A. W. Schlegels »Musenalmanach für das Jahr 1802« und Bernhardis Zeitschrift »Kynosarges«. Außerdem erscheinen die Wunderbilder und Träume in eilf Mährchen.

1802

A. F. Bernhardi wird Prorektor am Friedrich-­ Werderschen Gymnasium; Karl Gregor von Knorring nimmt bei ihm Privatstunden in Griechisch, dabei lernt er Sophie kennen.

28. Februar 1802

Der kleine Sohn Ludwig stirbt am Zahnen.

Zeittafel: Sophie Tieck-Bernhardi-von Knorring

Mitte April 1802

Die Eltern sterben im Abstand von nur 8 Tagen.

6. November 1802

Sophies dritter Sohn Felix Theodor Bernhardi wird geboren. Die Vaterschaft des Kindes ist umstritten.

1803

Die Erzählung Die Liebes-Genesung erscheint im »Taschenbuch auf das Jahr 1803. Der Liebe und Freundschaft gewidmet«.

Anfang Juni 1803

Sophie reist nach Dresden (mit den Kindern, in Begleitung von Knorring).

Ende 1803

Sophie lernt im Salon der Henriette Herz Frau von Staël kennen.

1804

Die Dramatischen Fantasien erscheinen.

Mai 1804

Sophie reist nach Weimar.

4. Juni 1804

Sie verlässt Weimar, um in Bad Liebenstein eine Kur durchzuführen.

Anfang Juli 1804

Rückreise nach Weimar.

9. August 1804

Sophie hält sich in Teplitz auf.

9. September 1804

Sie reist von Teplitz nach Dresden.

Mitte Oktober 1804

Erneuter Aufenthalt Sophies in Weimar.

12. oder 13. Dezember 1804

Sie reist in Begleitung Knorrings und der Kinder nach Gotha. Von dort aus gemeinsame Weiterreise mit Ludwig über Würzburg, Erlangen, Nürnberg nach München, wo sie auf Friedrich Tieck warten wollten, um dann gemeinsam weiter nach Italien zu reisen.

Ende März 1805

Nur Sophie mit den Kindern und Knorring verlassen München in Richtung Italien. Zeittafel: Sophie Tieck-Bernhardi-von Knorring

155

Mitte April 1805

Ankunft der Reisenden in Rom. Zusammentreffen mit Frau von Staël und A. W. Schlegel. Wilhelm von Humboldt spielt in seiner Eigenschaft als Preußischer Ministerresident beim Vatikan eine zwiespältige Rolle in dem von Bernhardi gegen Sophie angestrengten »Entführungsprozess«. Die Bezeichnung wählte der Anwalt von Bernhardi.

Ab Juni 1805

Verschärfung der Ehekrise, Sophie erhält Drohbriefe von Bernhardi.

26. Juni 1805

Sophie schickt Egidio und Isabella an A. W. Schlegel zur Korrektur.

29. Juni 1805

Sie richtet ein Bittgesuch an den König von Preußen, Friedrich Wilhelm III., um mit den Kindern in Rom bleiben zu dürfen.

Ende Juli 1805

Flore und Blanscheflur wird fertiggestellt, Durchsicht und Korrektur im Februar/März 1806.

Ab Anfang Septem- Sophie lernt die Erzherzogin von Österreich Maria ber 1805 Anna kennen. Auch sie setzt sich für Sophie und deren Kinder ein.

156

Februar 1806

In Rom trifft Sophie mit dem englischen Schriftsteller Samuel Taylor Coleridge zusammen.

1806

Während des römischen Karnevals lernt sie Lucien Bonaparte, den Bruder Napoleons, kennen.

21. Mai 1806

Sophie reicht durch Justizkommissarius Ernst Lebrecht Troschel die Klage gegen Bernhardi beim Kammergericht ein.

Zeittafel: Sophie Tieck-Bernhardi-von Knorring

Erste SeptemberHälfte 1806

Sie erhält das Dekret des Stadtgerichtes, an welches die Klage auf Betreiben Bernhardis weitergeleitet wurde. Es wurde darin verfügt, dass die Kinder dem Vater übergeben werden müssen.

1807

Egidio und Isabella erscheint in Rostorfs »DichterGarten«.

Januar 1807

Knorring reist von Rom nach München. Sophie und die Kinder bleiben in Rom.

Mitte September 1807

Sophie flieht mit den Kindern in Richtung München, um sie nicht an Bernhardi ausliefern zu müssen.

Anfang Oktober 1807

Sophie trifft in Prag ein, wo Knorring sich schon seit Mai 1807 aufhält.

Februar 1808

Knorring reist nach Wien, wo er bis Oktober 1809 bleibt.

Mitte März 1808

Sophie trifft in Wien ein, wo sie A. W. Schlegel und Knorring wiedersieht. Sie verkehrt im Salon Frau von Staëls.

28. März 1808

A. W. Schlegels berühmte Wiener Vorlesungen beginnen, Sophie und Knorring nehmen teil. Dort lernen sie die Salonnière Caroline Pichler in Wien kennen.

22. Juni 1808

Friedrich Schlegel trifft in Wien ein. Er wohnt in der Landstraße bei Sophie.

1. August 1808

Ludwig Tieck kommt in Wien an. Er logiert ebenfalls bei Sophie.

Zeittafel: Sophie Tieck-Bernhardi-von Knorring

157

158

13. Oktober 1808

Sophie, Ludwig und beide Kinder reisen in Richtung München, um weiter nach Italien zu gehen. Sie erwarten dort Knorring, der eine Woche später nachkommen wollte, aber bis Oktober 1809 in Wien bleibt.

19. Oktober 1808

Sophie, Ludwig und die Kinder treffen in München ein. Sie bleibt bis zum Frühjahr 1812.

24. Dezember 1808

Bernhardi trifft in München ein, um die Kinder abzuholen. Nach Verhandlungen mit Ludwig Tieck reist er mit Wilhelm, dem älteren Sohn, ab. Felix Theodor bleibt bei der Mutter.

Oktober 1809

Knorring kommt von Wien nach München.

November/Dezember 1810

Knorring reist auf das väterliche Gut im Baltikum. Kurz zuvor heiraten Sophie und er. Vermutlich heiraten sie in München oder in der Schweiz, von dort reist Knorring allein weiter.

Frühjahr 1812

Sophie verlässt München in Richtung Russland wegen eines befürchteten und im Sommer 1812 auch ausgebrochenen französisch-russischen Krieges.

3. Mai 1819

A. F. Bernhardis Testament wird notarisch beglaubigt.

2. Juni 1820

A. F. Bernhardi stirbt in Berlin.

Sommer 1820

Sophie, Knorring und Felix Theodor reisen von St. Petersburg aus über Warschau und Dresden, dann weiter über Thüringen und Franken nach Heidelberg. Dort hat Felix ein Studium begonnen. Sie müssen die Erbschaftsangelegenheiten für ihn klären.

Anfang Oktober 1820

Die Reisenden treffen in Dresden mit den Tieck-­ Brüdern zusammen.

Zeittafel: Sophie Tieck-Bernhardi-von Knorring

1822

Flore und Blanscheflur erscheint mit Sophies und A. W. Schlegels Vorrede.

22. September oder November 1820

Donna Laura wird im Berliner Königlichen Schauspielhaus aufgeführt und vom Publikum abgelehnt.

März 1822

Knorrings Bruder stirbt. Sophie und Knorring reisen nach Estland, um das Vermögen zu ordnen. Sie kehren nie mehr nach Deutschland zurück.

1. Oktober 1833

Sophie von Knorring stirbt in Reval/Estland.

Sommer 1834

Felix Theodor Bernhardi siedelt nach Petersburg über, wo er in der Kanzlei des Zaren als Beamter angestellt wird.

1836

Ludwig Tieck gibt Sophies Roman Evremont heraus.

November 1841

Karl Gregor von Knorring stirbt in Paris.

Zeittafel: Sophie Tieck-Bernhardi-von Knorring

159

Briefliteratur: Quellenverzeichnis

»Bei aller brüderlichen Liebe«. The Letters of Sophie Tieck to her Brother Friedrich, hrsg. von James Trainer. Berlin/New York 1991. [Trainer, 1991] Bernhardi, Theodor von: Jugenderinnerungen. Leipzig 1893. [Bernhardi, 1893] Breuer, Moses: Sophie Bernhardi geb. Tieck als romantische Dichterin. Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Romantik. Borna/Leipzig 1914. [Breuer] Briefe an Ludwig Tieck, hrsg. von Karl Holtei. Breslau 1864. [Holtei] Bruyn, Günter de: Die Finckensteins. Eine Familie im Dienste Preußens. München 2004. [de Bruyn] Caroline. Briefe aus der Frühromantik. Nach Georg Waitz vermehrt und hrsg. von Erich Schmidt. 2 Bde, Bern 1970. [Caroline] Cohn, Fedor Alfons: Wilhelm von Burgsdorff. In: »Euphorion«, Bd. 14. Leipzig 1907, S. 533– 565. [Cohn] Die St. Petri-Kirche in Berlin von ihrer Gründung bis zum letzten Brande derselben, hrsg. von Valentin Heinrich Schmidt. Berlin 1810. Eschenburg, Johann Joachim: Entwurf einer Theorie und Literatur der schönen Redekünste. Zur Grundlage bei Vorlesungen. Dritte, abgeänderte und vermehrte Ausgabe. Berlin und Stettin 1805. [Eschenburg] Eschler, Ewa: Sophie Tieck-Bernhardi-Knorring (1775–1833). Das Wanderleben und das vergessene Werk. Berlin 2005. [Eschler] Felix Theodor Bernhardi’s visit to Tieck and Goethe in 1823 and some family repercussions with unpublished correspondence. In: »The Modern Language Review«, April 1989, Volume 84, Part 2, S. 367–380. [Bernhardi, 1989] Friedrich Schlegels Briefe an seinen Bruder August Wilhelm, hrsg. von Oscar F. Walzel. Berlin 1890. [Schlegels Briefe] Gebhardt, Arnim: Ludwig Tieck. Leben und Gesamtwerk des »Königs der Romantik«. Marburg 1997. [Gebhardt] Gellert, Christian Fürchtegott: Brieftheorie und Korrespondenz, hrsg. von Anne-Kathrin Winkler. Hainichen 2005. [Gellert, 2005]

160

Briefliteratur: Quellenverzeichnis

Gellert, Christian Fürchtegott: Briefwechsel, hrsg. von John F. Reynolds. 4 Bde, Berlin/ New York 1983 ff. [Gellert, 1983] Gellert, Christian Fürchtegott: Briefe, nebst einer praktischen Abhandlung von dem guten Geschmacke in Briefen, in: Christian Fürchtegott Gellert: Gesammelte Schriften, Kritische Kommentierte Ausgabe, hrsg. von Bernd Witte. Berlin/New York 1989. [Gellert, 1989] Goethe. Begegnungen und Gespräche, hrsg. von Renate Grumach. Bd. 5: 1800–1805. Berlin/ New York 1985. [Grumach] Haberstok, Monika: Sophie Tieck – Leben und Werk. Schreiben zwischen Rebellion und Resignation. München 2001. [Haberstok] Herma, Holger: Liebe und Authentizität. Generationenwandel in Paarbeziehungen. Wiesbaden 2009. Hölter, Achim: Ludwig Tieck. Literaturgeschichte als Poesie. Heidelberg 1989. [Hölter] Klin, Eugeniusz: August Ferdinand Bernhardi als Kritiker und Literaturtheoretiker. Bonn 1966. [Klin] König der Romantik. Das Leben des Dichters Ludwig Tieck in Briefen, Selbstzeugnissen und Berichten, hrsg. von Klaus Günzel. Berlin 1981. [Günzel] Körner, Josef: Geheimnis um Tieck. In: »Der kleine Bund«, 19. Jg., Nr. 44. Bern 1938, S. 353– 354 und Nr. 45, S. 365–368. [Körner, 1938] Krebs, Siegfried: Philipp Otto Runges Entwicklung unter dem Einfluss Ludwig Tiecks. Mit 5 ungedruckten Briefen Tiecks. Heidelberg 1909. [Krebs] Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis, hrsg. von Josef Körner. Bde. 1–2, Brünn/Wien/Leipzig 1936/1937 und Bd. 3, Bern 1958. [Krisenjahre] Kristeva, Julia: Freud und das Unbehagen in der Kultur, in: Julia Kristeva: Geschichten von der Liebe. Frankfurt am Main 1989. [Kristeva] Kurze Geschichte der deutschen Literatur, von einem Autorenkollektiv, Leitung und Gesamtbearbeitung Kurt Böttcher und Hans Jürgen Geerdts, Mitarbeit Rudolf Heukenkamp. Berlin 1981. [Kurze Geschichte] Letters of Ludwig Tieck. Hitherto Unpublished (1792–1853), hrsg. von Edwin H. Zeydel, Percy Matenko, Robert Herndon. New York 1937. [Letters, 1937] Letters to and from Ludwig Tieck and his Circle. Unpublished letters from the period of German Romanticism including the unpublished correspondence of Sophie und Ludwig Tieck. Collected und edited by Percy Matenko, Edwin H. Zeydel, Bertha M. Masche. Chapel Hill 1967. [Letters] Ludwig Tieck. Erinnerungen aus dem Leben des Dichters, hrsg. von Rudolf Köpke. Leipzig 1855. [Köpke] Ludwig Tieck und die Brüder Schlegel, hrsg. von Henry Lüdeke. Frankfurt a. M. 1930. [Lüdeke] Briefliteratur: Quellenverzeichnis

161

Ludwig Tieck und die Brüder Schlegel. Briefe, hrsg. von Edgar Lohner. München 1972. [Lohner] Maaz, Bernhard: Christian Friedrich Tieck 1776–1851. Leben und Werk unter besonderer Berücksichtigung seines Bildnisschaffens, mit einem Werkverzeichnis. Berlin 1995. [Maaz] Meißner, Thomas: Wanderschaften und Freundeskreise (Wohnorte, Reisen, Ziebingen). In: Ludwig Tieck. Leben, Werk, Wirkung, hrsg. von Claudia Stockinger, Stefan Scherer. Berlin/Boston 2011, S. 95–107. [Meißner] Paulin, Roger: Autoren der mittleren Romantik (Brentano, Arnim, Hoffmann, Schütz, Fouqué). In: Ludwig Tieck. Leben, Werk, Wirkung, hrsg. von Claudia Stockinger, Stefan Scherer. Berlin/Boston 2011, S. 84–94. [Paulin] Rehfeld, Hans-Jürgen: »Allein ist man hier nie …« Geselliges Leben in Ziebingen und Madlitz, in: An der mittleren Oder. Eine Kulturlandschaft im deutsch-polnischen Grenzraum, hrsg. von Marta Ba˛kiewicz. Paderborn 2016, S. 103–108. [Rehfeld] Rehm, Walther: Europäische Romdichtung. München 1839. [Rehm] Schmölders, Claudia: Die Erfindung der Liebe. Berühmte Zeugnisse aus drei Jahrtausenden. München 1996. Scholz, Hannelore: August Wilhelm Schlegels frühe Volkspoesieauffassung im Kontext mit der Schiller-Bürger-Debatte. In: »Germanistisches Jahrbuch für die Volksrepublik Bulgarien«, Bd. 2, Sofia 1985, S. 85–94. [Scholz, 1985] Scholz, Hannelore: Widersprüche im bürgerlichen Frauenbild. Zur ästhetischen Reflexion und poetischen Praxis bei Lessing, Friedrich Schlegel und Schiller. Weinheim 1992. Scholz, Hannelore: Sophie Tieck-Bernhardis Korrespondenz mit ihrem Bruder Ludwig. Ein unveröffentlichter Brief aus Rom. In: Wechsel der Orte. Studien zum Wandel des literarischen Geschichtsbewußtseins. Festschrift für Anke Bennholdt-Thomsen, hrsg. von Irmela von der Lühe und Anita Runge. Göttingen 1997, S. 265–276. [Scholz, 1997] Schweikert, Uwe: Korrespondenzen Ludwig Tiecks und seiner Geschwister. 68 unveröffentlichte Briefe. In: »Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstifts«, Tübingen 1971, S. 311– 429. [Schweikert, 1971] Schweikert, Uwe: Korrespondenzen Ludwig Tiecks. 16 unveröffentlichte Briefe. In: »Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstifts«, Tübingen 1974, S. 245–280. [Schweikert, 1974] Tieck-Bernhardi, Sophie: Julie Saint Albain, hrsg. von Hannelore Scholz-Lübbering. Sulzbach/Taunus 2011. [Tieck-Bernhardi, 2011] Trainer, James: Anatomy of the Debet. Friedrich ›Maler‹ Müller and the Tiecks. With unpublished correspondence. In: »Oxford German Studies« Nr. 11/1980, S. 146–177. [Trainer, 1980a] Trainer, James: Sophie an Ludwig Tieck. Neu identifizierte Briefe. In: »Jahrbuch der deutschen Schillergesellschaft«, hrsg. von. Fritz Martini, Walter Seidel-Müller, Bernhard Zeller, 24. Jg./1980, S. 162–181. [Trainer, 1980b]

162

Briefliteratur: Quellenverzeichnis

Varnhagen v. Ense, Karl August: Tagebücher, hrsg. von Ludmilla Assing. Bd. 12. Leipzig 1870. Wackenroder, Christoph Benjamin: Betrachtungen über Geschäfte und Vergnügungn. Leipzig 1768. [Wackenroder, Betrachtungen] Wackenroder, Wilhelm Heinrich: Sämtliche Werke und Briefe. Historisch-kritische Ausgabe, hrsg. von Silvio Vietta, Richard Littlejohns. Bd. 2, Briefwechsel, Reiseberichte, Philologische Arbeiten, Das Kloster Netley, Lebenszeugnisse, hrsg. von. Richard Littlejohns. Heidelberg 1991. [Wackenroder, Sämtliche Werke] Wobeser, Wilhelmine Karoline von: Elisa, oder das Weib wie es seyn sollte, Theil I und II. Leipzig 1795–1799.

Briefliteratur: Quellenverzeichnis

163

Werkverzeichnis

Romane Julie Saint Albain. Dresden 1801, 2 Teile (anonym). Julie Saint Albain, herausgegeben von Hannelore Scholz-Lübbering. Sulzbach 2011. (Neuausgabe). Evremont. Ein Roman, 3 Theile, herausgegeben von Ludwig Tieck. Breslau 1836. Evremont. Ein Roman, 3 Theile, herausgegeben von Ludwig Tieck. Breslau 1845, zweite verbesserte Auflage. Evremont. Ein Roman, herausgegeben von M. Holzinger. Berlin 2015, 3 Teile. (Neuausgabe).

Märchen Wunderbilder und Träume in eilf Mährchen, von Sophie B., Königsberg 1802. Wunderbilder und Träume in eilf Mährchen, von Sophie von Knorring, geb. Tieck Königsberg 1823. Wunderbilder und Träume in elf Märchen, herausgegeben von Hannelore Scholz. Berlin 2000. (Neuausgabe). Sophie Tieck-Bernhardi: Fantazje i marzenia, hrsg. von Renata Dampc-Jarosz, Nina NowaraMatusik. Katowice 2017. (Neuausgabe).

Erzählungen In: Straußfedern, hrsg. von L. Tieck. Berlin 1795 et al. und in: Reliquien. Erzählungen und Dichtungen von A. F. Bernhardi und dessen Gattin S. Bernhardi, geb. Tieck, hrsg. von deren Sohne W. Bernhardi, mit einem Vorworte von Varnhagen von Ense. Altenburg 1847, 3 Teile. Reliquien. Erzählungen und Dichtungen von A. F. Bernhardi und dessen Gattin S. Bernhardi, geb. Tieck, hrsg. von Hannelore Scholz-Lübbering. Bd. 1. Berlin 2015. (Neuausgabe).

164

Werkverzeichnis

– – – – – – – – – – – –

Ein Abenteuer zu Paris. Berlin 1795, Bd. 4, (auch in Reliquien, Bd. 3). Männertreue. Berlin 1795, Bd. 4, (auch in Reliquien, Bd. 2). Das Porträt. Berlin 1795, Bd. 4, (auch in Reliquien, Bd. 3). Freund und Geliebte. Berlin 1797, Bd. 6, (auch in Reliquien, Bd. 3). Die Entführung. Berlin 1797, Bd. 6, (auch in Reliquien, Bd. 2). Traum und Wirklichkeit. Berlin 1797, Bd. 6, (auch in Reliquien, Bd. 3). Ein Mährchen. Berlin 1797, Bd. 7, (auch in Reliquien, Bd. 1). Erzählungen in Bambocciaden, hrsg. von A. F. Bernhardi. Berlin 1800, 3 Teile. Der Besessene, Bd. 3, (auch in Reliquien, Bd. 3). Die Höhle (Die Höle), Bd. 3, (auch in Reliquien, Bd. 3). Der Greis im Felsen, Bd. 3, (auch in Reliquien, Bd. 1). Die Liebes-Genesung. Eine Erzählung. In: »Taschenbuch für das Jahr 1803«. Frankfurt a. M. 1803, S. 7–30.

Erzählungen im Tieck-Nachlass 34 in Berlin Mappe 1: 12 Blätter (ohne Titel) Mappe 6: 36 Blätter (ohne Titel)

Dramatische Texte Donna Laura, ein Lustspiel in drei Aufzügen, von Sophie von Knorring, Tieck-Nachlass 34. In diesem Nachlass: Mappe 2: 26 Blätter Mappe 7: 12 Blätter Mappe 8: 23 Blätter Mappe 9: 15 Blätter Mappe 10: 1 Blatt Die vernünftigen Leute. In: Bambocciaden. Berlin 1799, Bd. 1, (auch in Reliquien, Bd. 2). Dramatische Fantasien. Berlin 1804. Egidio und Isabella, ein Trauerspiel. In: »Dichter-Garten«, hrsg. von Rostorf [Pseudonym von Gottlob Albrecht Carl von Hardenberg]. Würzburg 1807.

Lyrik Ballade. In: »Musenalmanach für das Jahr 1802«, hrsg. von A. W. Schlegel und L. Tieck. Tübingen 1802, S. 64–78. Werkverzeichnis

165

Bilder der Kindheit. In: »Musenalmanach für das Jahr 1802«, hrsg. von A. W. Schlegel und L. Tieck. Tübingen 1802, S. 129–132. Lebenslauf, Eine Allegorie. In: »Kynosarges. Eine Quartal-Schrift«, hrsg. von A. F. Bernhardi. Berlin 1802, S. 17–21. Variationen I–IV. In: »Europa. Eine Zeitschrift«, hrsg. von F. Schlegel. Frankfurt a. M. 1803, Bd. 1., S. 78 f. und S. 82. Klagen I–IV. In: »Dichter-Garten«, hrsg. von Rostorf. Würzburg 1807, S. 67–70. Flore und Blanscheflur. Ein episches Gedicht in zwölf Gesängen, hrsg. von A. W. Schlegel. Berlin 1822. Flore und Blanscheflur. Ein episches Gedicht in zwölf Gesängen, hrsg. von A. Gilleir. Hildesheim/Zürich/New York 2006. (Neuausgabe). Weitere lyrische Texte, in: Nachlass 34, Mappe 3 (30 Texte).

Essay Lebensansicht. In: »Athenäum«, hrsg. von A. W. und F. Schlegel. Berlin 1800, Bd. 3, S. 205– 215.

Übersetzungen Tieck-Nachlass 34, Mappe 3 und 4.

166

Werkverzeichnis

Bibliographie

Literatur über Sophie Tieck-Bernhardi-Knorring Becker-Cantarino, Barbara: Körperlichkeit und Emotionen. Zu Sophie Tieck-Benrhardis Erzählungen. In: Blätter öffentlich in die Welt. Caroline de la Motte Fouqué und Sophie Tieck-Bernhardi-von Knorring Schriftstellerinnen in Preußen, hrsg. von Wolfgang de Bruyn, Barbara Gribnitz. Hannover 2011, S. 29–44. Blätter öffentlich in die Welt. Caroline de la Motte Fouqué und Sophie Tieck-Bernhardi-von Knorring Schriftstellerinnen in Preußen, hrsg. von Wolfgang de Bruyn, Barbara Gribnitz. Hannover 2011. Breuer, Moses: Sophie Bernhardi geb. Tieck als romantische Dichterin. Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Romantik. Borna-Leipzig 1914. Dampc-Jarosz, Renata: Die Mutterfigur in den Märchen der Romantik. In: Götter, Geister, Wassernixen entlang der Oder, hrsg. von Hannelore Scholz-Lübbering, Birgit Norden. Leipzig 2012, S. 95–104. Dampc-Jarosz, Renata: Sophie Tieck als Dramatikerin. In: Blätter öffentlich in die Welt. Caroline de la Motte Fouqué und Sophie Tieck-Bernhardi-von Knorring Schriftstellerinnen in Preußen, hrsg. von Wolfgang de Bruyn, Barbara Gribnitz. Hannover 2011, S. 45–54. Dampc-Jarosz, Renata: Wiederfinden der Welt im Werk von zwei deutschen Schriftstellerinnen um 1800. In: Der imaginierte Ort, der (un)bekannte Ort. Zur Darstellung des Raumes in der Literatur, hrsg. von Anna Gajdis, Monika Manczyk-Krygiel. Bern/Berlin/­ Bruxelles 2016, S. 45–56. Eschler, Ewa: Sophie Tieck-Bernhardi-Knorring (1775–1833). Das Wanderleben und das vergessene Werk. Berlin 2005. Gerlach, Carola: »Sophie Tieck (1775–1833). Schriftstellerin der Romantik«. In: Wenn die Geschichte um eine Ecke geht (Almanach der Varnhagen Gesellschaft 1), hrsg. von Nikolaus Gatter. Berlin 2000. Haberstok, Monika: Sophie Tieck – Leben und Werk. Schreiben zwischen Rebellion und Resignation. München 2001. Kaulitz-Niedeck, Rosa: Eine Romantikerin im Baltenlande. In: »Baltische Monatshefte« Nr. 12. Riga 1933, S. 668–674. Bibliographie

167

Pailer, Gaby: Bernhardi Sophie. In: Lexikon deutschsprachiger Epik und Dramatik von Autorinnen (1730–1900), hrsg. von Gudrun Loster-Schneider, Gaby Pailer. Tübingen 2006. S. 41–44. Scholz, Hannelore: Tieck. Anne Sophia. In: Metzler Autorinnen Lexikon, hrsg. von Ute Hechtfischer, Renate Hof, Inge Stephan, Flora Veit-Wild. Stuttgart/Weimar 1998, S. 536 f. Scholz, Hannelore: Nachwort: In: Wunderbilder und Träume in elf Märchen, hrsg. von Hannelore Scholz. Berlin 2000, S. 277–337. Scholz, Hannelore: Aspekte der Moderne im späten Romanschaffen von Sophie Tieck-Bernhardi-Knorring. In: Werte und Wertungen, Festschrift für Eugeniusz Tomiczek, hrsg. von Iwona Bartoszewicz, Marek Hałub, Alina Jurasz. Wrocław 2004, S. 445–458. Scholz-Lübbering, Hannelore: Liebe und Authentizität. Inszenierungen weiblicher Liebesentwürfe in Sophie Bernhardis Roman »Julie Saint Albain«. In: Blätter öffentlich in die Welt. Caroline de la Motte Fouqué und Sophie Tieck-Bernhardi-von Knorring Schriftstellerinnen in Preußen, hrsg. von Wolfgang de Bruyn und Barbara Gribnitz. Hannover 2011, S. 141–162. Scholz-Lübbering, Hannelore: Nachwort. In: Reliquien. Erzählungen und Dichtungen von A. F. Bernhardi und dessen Gattin S. Bernhardi, geb. Tieck, hrsg. von Hannelore ScholzLübbering. Berlin 2015, S. 185–220. Scholz-Lübbering, Hannelore: Vorwort. In: Julie Saint Albain, hrsg. von Hannelore ScholzLübbering. Sulzbach 2011, S. 6–46. Stamm, Ulrike: Sophie Tieck-Bernhardis Roman »Julie Saint Albain« und die Tradition des empfindsamen Briefromans. In: Blätter öffentlich in die Welt. Caroline de la Motte Fouqué und Sophie Tieck-Bernhardi-von Knorring Schriftstellerinnen in Preußen, hrsg. von Wolfgang de Bruyn, Barbara Gribnitz. Hannover 2011, S. 129–140.

Sekundärliteratur zur Briefkultur im 18. und 19. Jahrhundert (Auswahl) Anderegg, Johannes: Schreibe mir oft! Zum Medium Brief zwischen 1750 und 1830. Göttingen 2001. Anton, Annette C.: Authentizität und Fiktion. Briefkultur im 18. und 19. Jahrhundert. Stuttgart/Weimar 1995. Baasner, Rainer: Briefkultur im 19. Jahrhundert. Tübingen 1999. Barner, Wilfried: »Beredte Empfindungen«. In: Aus der anmuthigen Gelehrsamkeit, hrsg. von Eberhard Müller. Tübinger Studien zum 18. Jahrhundert. Tübingen 1988. Becker-Cantarino, Barbara: Leben als Text. Briefe als Ausdrucks- und Verständigungsmittel

168

Bibliographie

in der Briefkultur und Literatur des 18. Jahrhunderts, in: Frauen. Literatur. Geschichte, hrsg. von Hiltrud Gnüg und Renate Möhrmann. Stuttgart/Weimar 1999, S. 129–146. Bohrer, Karl Heinz: Der romantische Brief. Die Entstehung ästhetischer Subjektivität. München/Wien 1987. Der Brief, hrsg. von Klaus Beyrer, Hans-Christian Täubrich. Frankfurt a. M. 1996. Der Brief in Klassik und Romantik. Aktuelle Probleme der Briefedition, hrsg. von Lothar Bluhm, Andreas Meier. Würzburg 1993. Brief und Briefwechsel in Mittel- und Osteuropa im 18. und 19. Jahrhundert, hrsg. von Alexandru Dutu, Edgar Hösch, Norbert Oellers. Essen 1989. Briefkultur. Texte und Interpretationen – von Martin Luther bis Thomas Bernhard, hrsg. von Jörg Schuster, Jochen Strobel. Berlin/Boston 2013. Brieftheorie des 18. Jahrhunderts. Texte, Kommentare, Essays, hrsg. von Angelika Ebrecht, Regina Nörtemann, Helga Schwarz. Stuttgart 1990. Campe, Joachim Heinrich: Väterlicher Rath für meine Tochter. Frankfurt am Main/Leipzig 1789. Clauss, Elke: Der Liebesbrief im 18. Jahrhundert. Stuttgart 1993. Deutsche Briefe 1750–1950, hrsg. von Gert Mattenklott, Hannelore Schlaffer, Heinz Schlaffer. Frankfurt a. M. 1988. Erinnerungen an Ch. B. Wackenroder, königl. preuß. Kriegsrath und ersten Justizbürgermeister zu Berlin von J. Klein. Berlin 1809. Ermert, Karl: Briefsorten. Untersuchungen zu Theorie und Empirie der Textklassifikation. Tübingen 1979. French, Loreley: »Meine beiden Ichs«. Confrontations with Language as Self in Letters by Early 19 th–Century. In: »Women in German Yearbook«, Nr. 5/1989, S. 73–89. Feus, Wolfram Malte: Die Prosa der zarten Empfindung. Gellerts Brieftheorie und die Frage des weiblichen Schreibens. In: »Das achtzehnte Jahrhundert«, Nr. 18/1994, S. 19–32. Gregolin, Jürgen: Briefe als Texte. Die Briefedition. In: »Deutsche Vierteljahreszeitschrift« 64/1990, S. 756–771. Grosse, Siegfried u. a.: »Denn das Schreiben gehört nicht zu meiner täglichen Beschäftigung«. Der Alltag kleiner Leute in Bittschriften, Briefen und Berichten aus dem 19. Jahrhundert. Bonn 1989. Hahn, Barbara: Unter falschem Namen. Frankfurt am Main 1991. Hermsdorf, Klaus: Literarisches Leben in Berlin. Aufklärer und Romantiker. Berlin 1987. Kording, Inka K: »Wovon wir reden können, davon können wir auch schreiben«. Briefsteller und Briefknigge. In: Klaus Beyrer u. a.: Der Brief. Eine Kulturgeschichte der schriftlichen Kommunikation. Frankfurt a. M. 1996. Kroll, Renate: Text als Leben …Briefe, Tagebücher und autobiographische Texte. Eine Zwischenreflexion. In: »Germanisch-Romanische Monatsschrift« 43/1993, S. 425–455. Bibliographie

169

Literatur und Gesellschaft. Festschrift für Benno von Wiese, hrsg. von Hans Joachim Schrimpf. Bonn 1963. Müller, Wolfgang G.: Der Brief als Spiegel der Seele. Zur Geschichte eines Topos der Epistolartheorie von der Antike bis zu Samuel Richardson. In: »Antike und Abendland« 26/1980, S. 138–157. Nickisch, Reinhard M. G.: Briefkultur. Entwicklung und sozialgeschichtliche Bedeutung des Frauenbriefes im 18. Jahrhundert, in: Deutsche Literatur von Frauen, hrsg. von Gisela Brinker-Gabler. Bd. 1, München 1987. Nickisch, Reinhard M. G.: Brief. Stuttgart 1991. Oellers, Norbert: Aspekte der Rezeptionsforschung. Rezeptionsorientierte Brief-Kommentierung. In: »Die Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik« 5/1975, H. 19/20, S. 68–81. Probleme der Briefedition, hrsg. von Wolfgang Frühwald u. a. Boppard 1977. Quellenbibliographie zur Rhetorik, Homiletik und Epistolographie des 18. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum, hrsg. von Joachim Dyck, Jutta Sandstede. 3 Bände, Stuttgart 1996. Runge, Anita und Steinbrügge, Lieselotte: Die Frau im Dialog. Studien zu Theorie und Geschichte des Briefes. Stuttgart 1991. Scheibe, Siegfried: Probleme »erschlossener Briefe«. In: Der Brief in Klassik und Romantik. Aktuelle Probleme der Briefedition, hrsg. von Lothar Blum, Andreas Meier. Würzburg 1993, S. 13–26. Schmid, Irmtraut: Was ist ein Brief ? Zur Begriffbestimmung des Terminus »Brief« als Bezeichnung einer quellenkundlichen Gattung. In: »editio« 2/1988, S. 1–7. Schuller, Marianne: Im Unterschied. Lesen, Korrespondieren, Adressieren. Frankfurt a. M. 1990. Steinhausen, Georg: Geschichte des deutschen Briefes. Zur Kulturgeschichte des deutschen Volkes. Berlin 1889/1891. Vellusing, Robert: Schriftliche Gespräche. Briefkultur im 18. Jahrhundert. Wien/Köln/Weimar 2000. Wissenschaftliche Briefedition und ihre Probleme. Editionswissenschaftliches Symposion, hrsg von Hans-Gert Roloff. Berlin 1998. Woesler, Winfried: Datierungsmöglichkeiten undatierter Briefe des 19. Jahhunderts. In: »Der Buchstab tödt – der Geist macht lebendig«. Festschrift für Hans-Gert Roloff, hrsg. von James Hardin. Bern u. a. 1992, Bd. 1, S. 177–190. Wolff, Gerhart: Sprach- und Stilpflege in Briefstellern aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. In: Stil und Stilwandel. Festschrift für Bernhard Sowinski, hrsg. von Ulla Fix, Gotthard Lerchner. Frankfurt a. M. u. a. 1996, S. 395–409.

170

Bibliographie

Personenregister

Ahlefeldt, Hans Georg 69, 129 Arnstein, Fanny 74, 133 Aneaume, Louis 120

Bruyn, Günter de 166, 167 Busch, Ferdinand 124 Burgsdorff, Wilhelm von 49, 123, 130

Berger, Johann Ludwig 35, 120 Bernhardi, August Ferdinand 9, 11, 16, 17, 18, 19, 25, 45, 50, 58, 62, 63, 64, 66, 67, 68, 69, 71, 72, 73, 74, 75, 77, 78, 80, 82, 85, 86, 89, 116, 123, 129, 130, 131, 133, 134, 136, 139, 140, 141, 146, 154, 156, 157, 158, 163, 164, 165, 167, Bernhardi, Felix Theodor 8, 107, 108, 142, 147, 155, 159, 160 Bernhardi, Friedrich Ludwig August 72, 132 Bernhardi, Johann Christian 72, 133 Bernhardi, Johann Wilhelm 68, 132 Berukin, Anna Sophie (verheiratet Tieck) 8, 9, 24, 25, 26, 27, 29, 31, 32, 33, 34, 44, 45, 50, 53, 54, 57, 59, 63, 72, 115, 123, 125, 126, 127, 132, 153 Bettkober, Christian Friedrich Heinrich 29, 118 Bode, August 93, 144 Bode, Johann Elert 144 Bohte, Friedrich Heinrich 51, 124 Boisserée, Sulpiz 107, 148 Boisserée, Melchior 107, 148 Brentano, Clemens 147, 162 Brinckmann, Karl Gustav 88, 141

Calderon, Pedro de la Barca 93, 144 Cohn, Alfons Fedor 123, 160 Corregio, Antonio da 90, 141 Cotta, Johann Friedrich 85, 139, 147 Creuzer, Georg Friedrich 106, 147, 150 Duny, Egidio Romualdo 120 Fichte, Johann Gottlieb 68, 72, 76, 84, 128, 132, 139 Finkenstein, Barnime von 116 Finkenstein, Caroline von 144, 160 Finck von Finkenstein, Friedrich Ludwig Karl 143, 144, 145, 160 Finck von Finkenstein, Henriette Amalie Dorothea 147, 148, 160 Fleck, Johann Friedrich Ferdinand 35, 121 Frommann, Carl Friedrich Ernst 92, 143 Fröhlich, Heinrich 69, 77, 129, 139 Genelli, Hans Christian 71, 89, 131, 143 Gessner, Salomon 50, 124 Günderrode, Karoline von 147 Hardenberg, Georg Phillip Friedrich von, genannt Novalis 133 Personenregister

171

Herdt, Samuel Georg 58, 126 Herz, Henriette 69, 79, 129, 138, 155 Humboldt, Alexander von 135 Humboldt, Wilhelm von 78, 123, 135, 146, 156 Humboldt, Caroline von 123, 135 Hölderlin, Friedrich 139 Iffland, August Wilhelm 69, 85, 129, 139 Klopstock, Friedrich 139 Knorring, Karl Gregor von 17, 104, 106, 107, 108, 109, 110, 111, 112, 135, 138 ,141, 142, 145, 147, 148, 149, 150, 154, 155, 157, 158 Kotzebue, August Friedrich Ferdinand von 8, 76, 134 Köpke, Rudolf 7, 16, 115, 116, 117, 118, 122, 124, 125, 130, 161 Körner, Josef 123, 147, 161, 173 Lüdeke, Henry 117, 130, 140, 161 Lüdeke, Johann Ernst 31, 118 Mattausch, Franz 35, 120 Mereau, (Mereau-Brentano) Sophie 139 Moreto, Augustin 93, 144 Müller, Friedrich 162 Nicolai, Christoph Friedrich 76, 133, 134 Piesker, Johann Siegmund 31, 44, 50, 52, 54, 57, 60, 62, 64, 117, 119, 122, 128 Rambach, Friedrich Eberhard 30, 38, 57, 64, 116, 117, 118 Regener, Edgar Alfred 118 Reinwald, Johann David 58, 126

172

Personenregister

Richter Jean Paul 69, 129, 138 Rochow-Briest, (spätere Fouqué) Caroline von 142, 166, 167 Saint-Foix, Germain 27, 116 Sander, Sophie 74, 76, 79, 133 Schadow, Johann Gottfried 7, 89, 118, 131, 138, 141 Schelling, Friedrich Wilhelm 90, 128, 138, 139, 142 Schlegel, August Wilhelm 68, 71, 72, 73, 74, 76, 78, 79, 81, 83, 84, 85, 87, 88, 93, 94, 116, 129, 131, 132, 133, 134, 135, 136, 138, 139, 140, 142, 144, 147, 151, 154, 156, 157, 164, 165, 173 Schlegel, Dorothea 129, 130, 138, 140, 144, 146 Schlegel, Friedrich 82, 84, 130, 131, 133, 134, 136, 138, 139, 140, 141, 146, 148, 157, 169 Schlegel-Schelling, Caroline 11, 84, 87, 88, 90 131, 138, 139, 140, 142, 160 Schleiermacher, Friedrich Ernst Daniel 68, 88, 129, 141 Schmohl, Johann Georg 11, 24, 26, 27, 29, 32, 33, 34, 36, 41, 115, 117, 118, 119, 125 Schmidt, Valentin Heinrich 118 Schütz, Christian Wilhelm von 27, 71, 74, 116, 117 Staël, Germaine 130, 131, 155, 156, 157 Tieck Amalie 74, 75, 77, 80, 83, 90, 130 Tieck, Christian Friedrich 43, 44, 48, 50, 53, 56, 59, 63, 65, 123, 126, 131, 133, 134, 138, 141, 142, 144, 145, 146, 148, 150, 155, 161 Tieck, Dorothea 77, 105, 107, 147

Tieck, Johann Ludwig 8, 9, 10, 11, 24, 25, 27, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 35, 42, 43, 44, 45, 48, 50, 52, 53, 54, 56, 57, 63, 119, 153 Tieck, Ludwig 9, 10, 11, 15, 16, 17, 55, 115, 116, 118, 119, 120, 121, 123, 124, 130, 135, 137, 140, 141, 142, 143, 144, 145, 146, 148, 149, 150, 151, 153, 155, 157, 158, 159, 160, 161, 162, 163 Trainer, James 8, 10, 20, 147, 160, 162 Toll, Friedrich 116

Varnhagen, Rahel (geb. Levin) 11, 123, 130, 133, 138, 141, 152 Vermehren, Johann Bernhard 85, 139 Voß, Carl von 149, 112 Voß, Julius von 149 Wackenroder, Wilhelm Heinrich 9, 11, 16, 27, 28, 29, 30, 31, 41, 46, 49, 56, 65, 115, 119, 122, 126, 153 Wackenroder, Christoph Benjamin 122

Unzelmann, (Bethelman-Unzelmann) Friederike Auguste Conradine 74, 133

Personenregister

173

Abbildungsverzeichnis

Quelle: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis, hrsg. von Josef Körner. Brünn/Wien/Leipzig 1936 und 1937, Band 1 und 2. Abbildung Nr. 1: Porträt von Sophie von Knorring, geb. Tieck (Bd. 1, S. 240–241). Abbildung Nr. 2: Ludwig Tieck (Büste) (Bd. 1, S. 560–561). Abbildung Nr. 3: Porträt von August Ferdinand Bernhardi (Bd. 1, S. 224–225). Abbildung Nr. 4: August Wilhelm Schlegel (Büste) (Bd. 2, Titelseite). Coverbild: Sophie und Ludwig Tieck (Bd. 1, S. 80–81).

174

Abbildungsverzeichnis