Bilder der Sklaverei in den Metamorphosen des Apuleius. Vertumnus. Berliner Beiträge zur Klassischen Philologie und zu ihren Nachbargebieten, Band 7 8540227743, 9783767530843

Die Metamorphosen des Apuleius - durch Augustinus auch als asinus aureus (Der goldende Esel) bekannt - sind das einzige

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Bilder der Sklaverei in den Metamorphosen des Apuleius. Vertumnus. Berliner Beiträge zur Klassischen Philologie und zu ihren Nachbargebieten, Band 7
 8540227743, 9783767530843

Table of contents :
Vorwort
Inhalt
Einführung
I Sklaventum in den Metamorphosen des Apuleius
II Die Signifikation des Sklaven Voraussetzungen zum Verständnis der Wirklichkeit des Sklaven in der literarischen Fiktion
III Semantische Aspekte der Sklavereitermini Im Rahmen des Satzes am Beispiel von seruus
IV Schluss
Anhang
Bibliographie
Register

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Vertumnus. Berliner Beiträge zur Klassischen Philologie und zu ihren Nachbargebieten Herausgegeben von Ulrich Schmitzer

Band 7

Beatriz Avila Vasconcelos Bilder der Sklaverei in den Metamorphosen des Apuleius

Inh. Dr. Reinhilde Ruprecht e.K.

Die Umschlagabbildung zeigt eine traditionell als Vertumnus bezeichnete Antonius-Statue aus dem Louvre, Paris, in einer historischen Abbildung der Sammlung des Instituts für Klassische Archäologie der Universität Erlangen-Nürnberg.

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Eine eBook-Ausgabe ist erhältlich unter DOI 10.2364/8540227743. © Edition Ruprecht Inh. Dr. R. Ruprecht e.K., Postfach 17 16, 37007 Göttingen – 2009 www.edition-ruprecht.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk einschließlich seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urhebergesetzes bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Verlags. Diese ist auch erforderlich bei einer Nutzung für Lehr- und Unterrichtszwecke nach § 52a UrhG. Layout: mm interaktiv, Dortmund Satz: Beatriz Avila Vasconcelos, Curitiba/Brasilien Druck: buch bücher dd ag, Birkach Umschlaggestaltung: klartext GmbH, Göttingen ISBN: 978-3-7675-3084-3

Für Udo Der recht Gerade ist wie krumm, Der recht Gescheite ist wie dumm, Der recht Beredte ist wie stumm. Tao-te-king XLV, übers. von Victor v. Strauß

Vorwort Dieses Buch ist die korrigierte, leicht gekürzte und bearbeitete Fassung einer Arbeit, die Oktober 2008 an der Philosophischen Fakultät II, Seminar für Klassische Philologie, der Humboldt Universität zu Berlin als Dissertation eingereicht wurde. Die Literatur, die nach meiner Rückkehr nach Brasilien im Mai 2007 erschienen ist, konnte leider nicht mehr berücksichtigt werden. Als Ergebnis meines langjährigen Studienaufenthaltes in Deutschland ist mir dieses Buch mehr als ein akademisches Forschungsprodukt. Persönlich gilt er mir als die Zusammenfassung des während meiner deutschen Bildungsreise Erlernten und der Erfahrungen, die ich dabei sammeln konnte. Die Arbeit wäre sicherlich nicht zustande gekommen ohne die Unterstützung von Personen und Institutionen, die hier zu nennen mir eine angenehme Pflicht ist. Danken möchte ich vor allem meinem Betreuer, Herrn Prof. Ulrich Schmitzer (Berlin), für sein Vertrauen in meine Arbeit und sein uneigennütziges Engagement, alles Nötige rasch zu erledigen, um die Arbeit rechtzeitig zum Abschluss und zur Herausgabe zu bringen. Das galt für mich als eine große Ermunterung, die Widrigkeiten zu überwinden und die erfolgreiche Beendung des Projektes für möglich zu halten. Herrn Prof. Ulrich Eigler (Zürich), der in meinem Promotionsverfahren die Rolle des Zweitgutachters übernommen hat, bin ich für seinen freundlichen Empfang an der Universität Trier während des ersten Teiles meines Deutschlandaufenthaltes sehr dankbar, ebenso wie den Mitarbeitern des Seminars für Klassische Philologie der Universität Trier, von denen hier Herr Prof. (emer.) Hans-Otto Kröner, Herr Dr. Johannes Schwind, Herr Dr. Bernhard Herzhoff und Frau Marliese Mattinger-Baumann erwähnt seien. Unter Herrn Prof. Eigler durfte ich auch als Reisestipendiatin an dem DFA-Graduiertenkolleg Sklaverei – Knechtschaft und Frondienst – Zwangsarbeit mitwirken, was für die Entwicklung meines Forschungsvorhabens entscheidend war. Herr Prof. Heinz Heinen (Trier) hat meinem Forschungsvorhaben hilfreiche Anregungen gegeben. Ein besonderer Dank gilt hier auch meiner lieben Lateinlehrerin und Magister-Betreuerin Frau Prof. Ingeborg Braren (Säo Paulo), ohne deren liebevolle Leitung ich niemals fähig gewesen wäre, meinen Weg in Richtung Antike zu beschreiten. Ihr Tod in 2006 war für mich der Verlust einer wahren magistra und einer großen Freundin in einem. Sehr dankbar bin ich auch der Konrad-Adenauer-Stiftung für die langjährige Förderung durch ein Promotionsstipendium, für die Übernahme eines Teils der Drückkosten dieses Buches und für die weiteren Unterstützungen. Der Stiftung VG-Wort gilt mein Dank für die Übernahme des zusätzlichen Teils der Drückkosten.

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Vorwort

Im privaten Bereich gilt mein Dank zuerst meinen lieben Eltern, Joäo Bosco Vasconcelos (in memoriam) und Alais Ribeiro Avila. Unter den vielen Freundinnen und Freunden, die mir den Weg während meines Deutschlandaufenthaltes etwas leichter, schöner und weiser zu gestalten geholfen haben, seien hier besonders erwähnt Susana Corotto, Herr Prof. Valério Rohden, José Miguel Cavaco Torges, Wolfgang und Laura Ihmann, Frau Prof. Tinka Reichmann, Ingrid von der Weyhe und Udo Wittke, Hans Schneider, Gérard da Silva und seine Götter, wie auch alle Freunde des Buddhistischen Tores zu Berlin. Meinem Mann wäre ich allein für die geduldvolle sprachliche Korrektur meines deutschen Textes und das mühsame Korrekturlesen tausendfachen Dank schuldig. Aber sein Beistand – er, der mir liebevoll jederzeit zur Seite stand und mir selbst zu den schlimmsten Zeiten immer wieder Mut machte – ging weit darüber hinaus. Ihm zu dieser Gelegenheit meinen Dank auszusprechen ist ganz unzulänglich. Ihm ist dieses Buch gewidmet.

Inhalt Einführung ...................................................................................... 13 I

Sklaventum in den Metamorphosen des Apuleius ........................... 29 A. Realia ............................................................................................. 30 1. Religion ......................................................................................31 2. Recht......................................................................................... 32 3. Wirtschafts- und Sozialgeschichte .............................................. 33 B. Imaginaria ...................................................................................... 42 1. Psyche....................................................................................... 43 2. Tiere.......................................................................................... 45 3. seruitium amoris ...................................................................... 48 4. Eselmensch: Sklave und Freigelassener ...................................... 49 C. Philosophische Anspielungen .......................................................... 53 1. Platon........................................................................................ 53 2. Aristoteles ................................................................................. 54 3. Stoiker........................................................................................57 D. Ernsthaft oder lächerlich? ............................................................... 60 1. Komödie.................................................................................... 64 2. Roman....................................................................................... 66 E. Schluss ........................................................................................... 70

II Die Signifikation des Sklaven ........................................................ 72 A. Das Problem des Signifikates ........................................................... 73 1. Fiktion und Realität ....................................................................76 2. Zeichen und Wert: Zur strukturellen und kulturellen Dimension des Signifikates.......81 B. Terminologie der Abhängigkeit in den Metamorphosen ................... 96 1. Die Auffassung von Hauspersonal................................................97 2. Das Verzeichnis des Personals: Anmerkungen zur Tabelle im Anhang.....................................................................................105 C. Termini, die in den Metamorphosen das Personal bezeichnen .........111 1. Die Identifikation der Termini: Besonderheiten des Textes .........111 2. Klassifikation der das Personal bezeichnenden Terminologie ..... 117

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Inhalt

3. Kurzer Kommentar zu den einzelnen Rubriken in der Klassifikation........................................................................... 120 (1) Termini, die Bindung bzw. Nichtbindung anzeigen ................121 (2) Termini, die soziale Verhältnisse anzeigen ........................... 122 (3) Termini, die Alter und Geschlecht des Individuums anzeigen . 123 (4) Termini, die geographische Herkunft anzeigen .................... 123 (5) Termini, die physische und moralische Zustände anzeigen ... 125 (6) Termini, welche die Ausübung einer Funktion anzeigen ....... 126 (7) Termini, die Tiere anzeigen ................................................. 128 (8) Termini, die natürliche und übernatürliche Elemente anzeigen .130 (9) Termini, die Identität oder Nichtidentität anzeigen................130 4. Allgemeine Schlussbemerkungen ..............................................136 III Semantische Aspekte der Sklavereitermini .................................. 140 A. Einführung ....................................................................................140 B. Seruus in den Metamorphosen: Vorschlag zu einer semantischen Analyse .......................................146 1. Häufigkeit................................................................................. 147 2. Genus....................................................................................... 147 3. Numerus...................................................................................148 4. Kasus .......................................................................................149 C. Semantik von seruus in den Metamorphosen: Stellenanalyse des Terminus...........................................................149 1. met. VI, 4,5: seruus profugus ...................................................150 2. met. VII, 2,2: seruus index .......................................................152 3. met. VIII, 53: seruus humilis ....................................................155 4. met. VIII, 22,2: seruus uillicus .................................................158 5. met. VIII, 24,4: seruus mancipium ..........................................165 6. met. VIII, 26,1: seruus (nouicius) famulus ..............................169 7. met. VIII, 26,3: seruus homo....................................................172 8. met. IX, 18,4: seruus tenax.......................................................177 9. met. X, 7,5-6: seruus sciens ......................................................180 10. met. X, 10,3: seruus nequissimus.............................................184 11. met. X, 12,4: seruus nequissimus.............................................186 12. met. X, 12,4: seruus (in patibulo) suffixus ...............................188 13. met. X, 13,2-4: serui fratres ......................................................192

Inhalt

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14. met. X, 17,1: serui emptores .....................................................195 15. met. XI, 20,1: seruus Candidus................................................197 16. met. XI, 20,2: seruus nuncupatus ............................................199 17. met. XI, 20,7: seruus equus ......................................................201 D. Das Signifikat des seruus: Bilanz der Ergebnisse ............................ 205 1. Netz der Assoziationen und Oppositionen des Terminus seruus... 206 2. Bereiche der Signalisierung von seruus .................................... 207 a) Charakterisierung von seruus: Ein schlechtes Wesen .......... 208 b) Verhältnis des seruus zu Frauen: Charakterschwäche und Delikt ........................................... 209 c) Verhältnis des seruus zu (männlichen) Herren: Das Wohlhaben des Herrn....................................................210 d) Verhältnis des seruus zum Rechtswesen: Der delinquente seruus .......................................................213 IV Schluss ..................................................................................... 218 Anhang ..................................................................................... 233 Bibliographie............................................................................. 264 Register .................................................................................... 274

Einführung Ut pictura poiesis - die Vergleichung der Literatur mit den bildenden Künsten 1 und besonders mit der Malerei, welche in dem Wort des Horaz nur seinen 2 berühmteren Ausdruck gefunden hat, ist ein alter Topos in der Antike und wurde auch in unseren Zeiten durch strukturalistische Untersuchungen wieder 3 thematisiert . Die Einführung vorliegender Studie mit dieser Vergleichung beginnen dient hier im Allgemeinen dazu, den Gedanken vom Abbildcharakter der Literatur zu unterstreichen und dadurch den Titel zu erklären, unter welchem vorliegende Untersuchung steht. Es wird ja hier die Bestimmung einiger definierender Züge der Bilder von dem Sklaven angestrebt, wie sie in den Metamorphosen des Apuleius „gemalt“ werden. Dieser Roman gibt aber bekanntlich nicht ein Bild, sondern ein Literaturwerk an die Hand, so dass das dort vorkommende „Malmaterial“ eigentlich nur aus Wörtern bestehen kann. Auf diese Wörter Acht geben, die Art ihres Gebrauches, ihrer Kombinationen mit anderen Satzbestandteilen erkennen, um die Linien nachzuzeichnen, durch welche die Formen ihre Konturen und ihre spezifischen Bedeutungen gewinnen – all dies ist unumgänglich, will man dieses literarische Gemälde richtig betrachten. Dieser Sachverhalt wird es wohl auch verständlich machen, dass die vorliegende Studie über die apuleianischen Bilder des Sklaven als eine vorwiegend sprachliche Untersuchung gelesen werden möchte. Es geht hier darum, die theoretische Aufmerksamkeit vor allem auf die Weise zu richten, wie Sklaven und andere Wesen, die sich in einem ähnlichen Verhältnis der Abhängigkeit befinden, im Roman des Apuleius sprachlich dargestellt werden. Aus dieser konkreten sprachlichen Grundlage, d.h. aus der Art und Weise, den Sklaven auszusagen, sollen die Elemente eruiert werden, die uns Grundaspekte der Signifikation des Sklaven entdecken helfen werden. Es wird hier also eine spezifisch semantische Untersuchung vorgelegt. Will man noch einmal die Bildwerkmetapher bemühen, so wird hier aufgrund einer sprachlichen Untersuchung versuchsweise eine Visualisierung der Bilder und Formen unternommen, durch welche Sklaven und auch andere in einem Abhängigkeitsverhältnis stehenden Wesen im Werk des Apuleius vorgestellt werden. Auch der weitere Rahmen, in welchem die vorliegende Studie als sinnvoll erscheint, darf nicht unerwähnt bleiben. Denn im Hintergrund dieser semantischen Untersuchung 1 2 3

Horaz de arte poet. 361. Und das schon lange vor Horaz anzutreffen ist. Für Belege vgl. Brink 1971: 386 ff. Vgl. z.B. Todorov 1977: 129-48.

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Einführung

über das Vokabular der Sklaverei steht immer die Frage, welche Sklavenvorstellungen sich innerhalb der antiken Literatur behauptet haben und welche Spannungen des antiken Sklaventums durch diese Vorstellungen zum Vorschein kommen. Die Untersuchung soll damit einen Beitrag dazu leisten, die Verfahren aufzuklären, durch welche die Sprache und die Literatur daran teilgenommen haben, das soziale und ökonomische Phänomen der Sklaverei in der Antike in ganz bestimmte kulturelle Signifikationen zu kleiden und es somit zu einem strukturellen Moment der antiken Gesellschaften zu machen.

Das Werk und sein Autor Die Metamorphosen – Metamorphoseon libri XI, durch Augustinus auch als 4 Asinus aureus bekannt – sind das einzige Fiktionswerk in lateinischer Prosa, welches uns vollständig aus der Antike überliefert worden ist. Im Allgemeinen wird in der Forschung als Erscheinungsdatum der Zeitraum um (oder wenigs5 tens nach) 160 n. Chr. angenommen . Der Verfasser Apuleius war ein philosophus platonicus, ein Literat und Redner, der ca. 125 n. Chr. als Sohn eines duumvir in Madaurus in der römischen Provinz Africa proconsularis geboren wurde. Nach höheren Studien in Karthago und Athen bereiste er die sophistischen Hauptzentren Kleinasiens, wo er seine Studien der Philosophie und verschiedener anderer Disziplinen vertiefte und sich in verschiedene Mys6 terien einweihen ließ, wie er selbst es uns in seiner Apologia berichtet hat. Neben mehreren philosophischen Schriften, die Apuleius verfasst hat, soll sich seine Schriftstellerei von Reden über Gedichte und Romane bis zu naturwissenschaftlichen Studien erstreckt haben, was ihn unter anderen Merkmalen 4 5

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Vgl. Augustinus de civ. dei 18,18. Nach Schwabe (1895: Sp. 250) war die Bezeichnung Asinus aureus „nur eine scherzhafte des beliebten, geschätzten Buches“. Die meisten Forscher (u.a. Walsh 1970: 250; van der Paart 1971: 91; Kenney 1990: 203; Harrison 2000: 10) datieren die Metamorphosen nach der Apologia (Pro se de magia), also nach der Verteidigungsrede, die Apuleius 158/9 in dem Gerichtsverfahren gehalten hat, in welchem er von den Familienangehörigen seiner Gattin der Magie angeklagt worden war. Gute zusammenfassende Darstellung zum Datierungsproblem der Metamorphosen mit weiterführender Literatur bei Walsh 1970: 248-251. Schlam & Finkelpearl 2000: 16-20 bringen den neueren Stand der Forschung zu dieser Frage. Vgl. apol. 55,8. Trotz der Anspielungen auf Begebenheiten aus dem Leben des Apuleius, die es in den Metamorphosen geben soll (dazu vgl. u.a. Harrison 1996: 493; Sandy 1997: 3 ff.), stellen aber die rhetorischen Reden, die Apologia und die Florida, die reicheren und unbestritteneren literarischen Quellen zu seiner Biographie dar. Die Angaben aus diesen Werken sind durch Auskünfte aus anderen Autoren, insbesondere Augustinus zu ergänzen (vgl. dazu Harrison 1996: 491).

Das Werk und sein Autor

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(wie z.B. Hochschätzung der griechischen Sprache und Neigung zu alten Vorbildern) eindeutig als typischen Vertreter der zweiten Sophistik ausweist. Uns erhalten und Echtheitszweifeln enthoben sind die rhetorischen Werke Apologia und Florida, der Roman Metamorphosen und der platonische Dämonologietraktat De deo Socratis. Allgemein werden auch De mundo und De Platone 7 et eius dogmate als authentisch angesehen. Die Metamorphosen sind das bekannteste und auch anerkannteste Werk 8 des Apuleius. Sie haben auch eher die Untersuchungslust der Forscher herausgefordert, sie in philologischer, historischer, religiöser und kultureller Hinsicht auszuwerten. Der Roman ist eigentlich die Bearbeitung eines griechischen Eselsromanes, von dem uns unter den Schriften des Lukian ein Auszug unter dem Titel Onos erhalten geblieben ist. Es handelt sich um die Icherzählung des Lucius, eines jungen Herrn vornehmer Abstammung, der durch Magie in einen Esel verwandelt wird, als Esel viele Abenteuer erlebt, (nach der apuleianischen Fassung) dank der Göttin Isis seine menschliche Gestalt wiedererlangt und sich danach in die Mysterien der Isis und des Osiris einweihen lässt. In diesen Rahmen fügte Apuleius selbständige Erzählungen ein. Zu seinen bedeutendsten Zusätzen gehören die berühmte Erzählung von Amor und Psyche und die Episode der Isis.9 Es könnte nun hier die Frage aufgeworfen werden, aus welchem Grund eine derartige Quelle mit einem derartig skurrilen Inhalt als Grundlage für die Abfassung einer Untersuchung zur antiken Sklaverei privilegiert wird. Doch unter den Fiktionswerken der lateinischen Literatur, die auf uns gekommen sind, behaupten die Metamorphosen ihr gutes Recht auf einen Ehrenplatz in der Aufmerksamkeit der Forscher, die auf der Suche nach einem lebendigeren Bild der kaiserzeitlichen römischen Gesellschaft sind. „Few are so near to the people, and to life“10, bemerkt Perry zu diesem Roman. Das kann wohl die Metamorphosen durch einen traditionell ausgerichteten Altphilologen wie Perry als ein minderwertiges Werk brandmarken und sie von den „classical and intellectual“ Höhen verbannen lassen, doch gerade dies macht sie auch zu 7

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Apuleius soll auch uns nicht erhaltene Werke auf Griechisch verfasst haben. Zusammenfassendes zur Echtheitskritik der dem Apuleius zugeschriebenen Werke bei Zimmerman 1996: Sp. 910-914. „Das Werk ist weitaus das originellste und anziehendste aller Werke des Apuleius“ (Schwabe 1895: Sp. 250), „la obra más importante de las que se conservan de Apuleyo“ (met. M: XXXVI). met. IV, 28 - 6, 24 und met. XI. „Plot-summary“ der Metamorphosen Buch für Buch bei Harrison 1996: 496-500. Perry 1967: 260.

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Einführung

einem wahrhaften Schatz für Soziologen und Geschichtswissenschaftler. Bereits Ende des 19. Jhs. hat Schwabe die Aufmerksamkeit der Forscherwelt auf den stofflichen Wert dieses Romanes als einen „reichen Schatz von Schilde11 rungen aller Art“ gelenkt. Die Forschung eines darauf folgenden guten Jahrhunderts hat diese Meinung Schwabes auf das eindrucksvollste bestätigt, wenn man die bedeutende Anzahl der Studien in Betracht zieht, welche die Metamorphosen als Quelle für die Erkenntnis verschiedener Realien (Religion, Recht, Sozialgeschichte, Kunst, verschiedene Aspekte des alltäglichen Lebens usw.) aus der Welt der römischen Kaiserzeit benutzt haben. In diesem Zusammenhang ist auch das Thema der Sklaverei in den Metamorphosen in neueren Studien angeschnitten worden, wie es die eingehende Diskussion im ersten Kapitel des vorliegenden Buches zeigen wird. In der Tat, die apuleianische Geschichte des Eselmenschen ist selbstverständlich imaginär, deren Atmosphäre jedoch soll realistisch sein. Obwohl hier unter Realismus nicht die Reproduktion, sondern die (künstlerische) Darstellung des Realen zu verstehen ist, kann man über diese Darstellung einen legitimen Zugang gewinnen zu Realitäten, zu welchen uns kein anderer Zutritt gegeben ist als eben dieser. Eine dieser Realitäten der römischen Kaiserzeit, die schwerlich dem heutigen Forscher zugänglich ist, ist das alltägliche Leben der niederen Stände und darunter auch der Sklaven. Die Quellen, die dazu zur Verfügung stehen, sind bekanntlich spärlich und fragmentarisch. Selbst wenn man wertvolle Informationen aus Quellen wie juristischen Texten, Dokumenten, Grabinschriften oder archäologischen Gegenständen schöpfen kann, so vermissen die Forscher doch eine Art Zugang, der ihnen einen wirklichkeitsnäheren Einblick in das alltägliche Leben der niederen Stände gewährt. Und gerade in dieser Beziehung liegt der unschätzbare Wert des Romanes des Apuleius. Die Spärlichkeit der Quellen, welche uns die Gegebenheiten der antiken Sklavenwelt übermittelt haben, stellt denn auch die Erforschung des antiken Sklavenwesens vor nicht geringe Schwierigkeiten. Garnsey z.B. empfindet dasselbe. Er beklagt, dass die Natur der Beziehungen zwischen Herren und Sklaven im Haushalt uns zum großen Teil unsichtbar ist, denn unsere Fähigkeit, in den Alltag sowohl heidnischer als christlicher Familien zu dringen, ist sehr eingeschränkt.12 Diese Klage wäre sicherlich nicht so unqualifiziert zu hören gewesen, hätte Garnsey in seiner Recherche nicht nur philosophische und juristische, sondern auch fiktionale Quellen benutzt. Ein Roman wie die 11 12

Schwabe 1895: Sp. 250. Garnsey 1996: 88.

Das Werk und sein Autor

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Metamorphosen eröffnet dem Philologen wie auch dem Soziologen und dem Historiker einen Einblick in das Innere des römischen Familienlebens, und erlaubt dabei auch eine Betrachtung der dort herrschenden Beziehungen zwischen Herren und Sklaven. Bradleys Studie über Familien und Haushalte in den Metamorphosen versucht ja eben das aufgrund eines mannigfaltigen Befundes zu erweisen, und die Liste der Haushalte, die er seinem Aufsatz beifügt, lässt sich leicht erweitern. Dies wird noch aus der Diskussion im zweiten Kapitel vorliegender Studie und aus der einschlägigen, in den Anhang verwiesenen Tabelle hervorgehen. Wenn Ehrenberg seinerseits den Mangel an Daten über Solidarität unter Sklaven und über deren Familienleben in den Texten der antiken Komödie bemerkt13, so bieten andererseits die Metamorphosen dem Forscher verschiedene Zeugnisse des Familienlebens und der Kameradschaft14 lichkeit unter Haus- wie Landsklaven. Das Interesse der Metamorphosen als Beleglieferant für die „Realitäten“ des Sklavenwesens liegt jedoch nicht nur in ihrem realistischen Hintergrund, sondern in dem fiktionalen Stoff selbst, welcher das Werk konstituiert. Im ersten Kapitel vorliegender Arbeit soll eingehender dargelegt werden, dass neuere Forschungen – es sei hier erinnert z.B. an Gianotti 1986, Annequin 1994 und 1998, Fitzgerald 2000 und Hidalgo de la Vega 2000 – die symbolische Beziehung verschiedener Strukturen der Metamorphosen zu dem Thema der Sklaverei zu erweisen versucht haben. Es seien hier insbesondere erwähnt der Parallelismus zwischen dem Esel Lucius und der Figur des Sklaven, die metaphorischen Anspielungen auf sklaventypische Beziehungen in der Erzählung der Psyche und die Endepisode über die Rehumanisierung des Lucius samt seiner Einweihung in die Isismysterien, die einer manumissio ähnlich ist. So könnte selbst das ganze Werk unter dem Blickwinkel des Sklavenwesens interpretiert werden. Und Hidalgo de la Vega behauptet ja auch eben dies unmissverständlich: El argumento de la novela contado por el hombre-asno Lucio es la historia de la libertad perdida, de la esclavización y de la conquista de una forma distinta de 15 libertad iniciática.

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Vgl. Ehrenberg 1962: 170: „From comedy we learn no more of solidarity among slaves than from other sources, although it must often have existed, at least among those belonging to the same household; nor do we get further evidence about the personal and family life of the slaves“. Das „from other sources“ müsste hier relativiert werden. Vg. z.B. met. VII, 22-27; VIII, 15; VIII, 22; VIII, 31; X, 8 ff. Hidalgo de la Vega 2000: 274.

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Einführung 16

Dieser Ansatz ist aber nicht der einzige mögliche . Ein literarisches Werk steht immer vielfachen Leseweisen offen. Jeder Versuch, es in eine definitive Interpretation zu zwängen, ist reduktionistisch und in diesem Sinne verfälschend, denn die Wahrheit der Literatur kann nur in der von ihr übermittelten Sinnmannigfaltigkeit erschlossen werden. Millar z.B. neigt zu der Ansicht, Apuleius hätte nicht das Ziel verfolgt, irgendetwas zu referieren, sondern „in17 venting a world in which to set the adventures of Lucius“ . Es muss also klar hervorgehoben werden, dass die hier vorgeschlagene Analyse einiger Sklavereibelege in den Metamorphosen zu keiner Gesamtinterpretation des Werkes führen will. Wie schon gesagt, der allgemeine Sinn des Werkes ist vielfältig, es kann aus verschiedenen Blickwinkeln interpretiert werden. Fitzgerald z.B. sieht es als eine allegorische Narrative, in welcher das Sklaventum eine Metapher für den moralischen Zustand ist, in den Freie gera18 ten können, Schlam dagegen als eine Apotheose des göttlichen Geistes über 19 das menschliche Tier. Beide Aussagen sind insofern wahr, als sie Teilaspekte des Werkes offenkundig machen, doch falsch, wenn sie dadurch die gesamte Tatsächlichkeit des Werkes zu offenbaren beanspruchen sollten. Es liegt also außerhalb der Absicht dieser Studie, über die wahre Interpretation des Werkes als Ganzen zu spekulieren. Anstatt die Metamorphosen als ein Werk zu nehmen, zu dessen definitivem Verständnis die Sklavereischemata den Schlüssel bieten, besteht der hier vorgeschlagene Versuch in dem Zusammentragen von Elementen, welche die Präsenz des Sklavenwesens in dieser Narrative einzuschätzen erlauben, wie es auch immer um deren „wahren Bedeutung“ ansonsten bestellt sein mag. Es genügt also hier, folgendes festzustellen: Das massive Vorkommen von Elementen des Sklavenwesens in den Metamorphosen macht aus diesem Roman eine unzweifelhaft reiche Quelle zur Erforschung des antiken Sklavenwesens und zeigt, wie diese Institution den Alltag sowie die Vorstellungswelt der Menschen in der römischen Antike zutiefst durchwaltete.20

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Eigentlich entstanden die Deutungen, welche die Metamorphosen unter dem Gesichtspunkt des Sklavenwesens betrachten, vor relativ kurzer Zeit. Traditioneller sind die Werkinterpretationen nach seiner religiösen (wie Merkelbach 1962) bzw. platonisierenden (vgl. z.B. Pottle 1978) Bedeutung. Für einen Überblick über die Resultate dieser Ansätze und auch der Studien zum Sklavenwesen in den Metamorphosen vgl. das erste Kapitel dieses Buches. Millar 1981: 74. Fitzgerald 2000: 103. Siehe noch S. 93: „An extraordinary first-person narrative about the experience of servitude as a beast of burden is framed by philosophical and religious metaphors of slavery“. Schlam 1992: 117. Vgl. dazu allgemein Millar 1981: 74.

Vorbemerkungen zum Forschungsstand

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Vorbemerkungen zum Forschungsstand Der Stand der Forschung über die Thematik des Sklavenwesens in den Metamorphosen wird umfassender weiter unten im ersten Kapitel diskutiert. Es ist aber hier auch der Ort, einige Vorbemerkungen dazu vorauszuschicken. Im Fall des antiken Romans ist es kein Wagnis zu behaupten, dass Sklaverei bzw. Unfreiheit in ihm strukturelle Themen sind. Sie liefern nicht nur seinen historischen Hintergrund, sie sind eben auch immanent konstituierende Elemente des Romanschemas und lassen sich in der Struktur der Gattung und der einzelnen Romane aufzeigen. Neben Unfreiheitssituationen wie Gefangenschaft unter Räubern und Piraten gehört die Versklavung zur Motivik selbst der Gattung. Die Romanhelden sind ihr sehr häufig im Rahmen der typischen romanhaften Abenteuerserie ausgesetzt, und zwar unbeschadet dessen, ob sie pathetisch wie in dem Fall der idealisierenden Romane (z.B. die Ephesiaka des Xenophon von Ephesos) oder komisch wie in den komisch-realistischen Romanen (nach der Art der Metamorphosen des Apuleius) dargestellt wird. Heinen21 zählt die Erforschung antiker Romane hinsichtlich ihrer Ergiebigkeit für die Thematik der antiken Sklaverei zu den Desideraten des Mainzer Akademieprojektes „Forschungen zur antiken Sklaverei“ und bedauert es, dass dieser Gattung bisher noch nicht von der Forschung zur antiken Sklaverei die ihr gebührende Aufmerksamkeit geschenkt worden ist. Was die Thematik der Sklaverei angeht, ist tatsächlich der Roman im Gegensatz zum Drama und zur Komödie viel weniger untersucht worden. Trotz der grundlegenden Bedeutung der Thematik der Sklaverei in den Metamorphosen kommen Termini wie seruus, „slave“ oder „slavery“ z.B. in den Sachregistern der spezifisch diesem Werk gewidmeten umfassenden Studien von Walsh (1970) und Schlam (1992) überhaupt nicht vor. Auch in dem sehr umfassenden Forschungsbericht von Schlam und Finkelpearl (2000) verdient die Sklavereithematik in den Metamorphosen keine besondere Erwähnung. Erst seit den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts ist die Sklaverei zum etwas intensiver studierten Romanforschungsthema aufgestiegen. Dies geschah aber im Kontext der relativ wenig angesehenen Richtung der Forschung, die den antiken Roman als Quelle zur Klärung sozialhistorischer Fragen sieht.22 21 22

Vgl. Heinen 2005: 379. Von den beiden Literaturberichten Schlams geht nur der zweite (Schlam & Finkelpearl 2000, der erste stammt aus 1971) explizit darauf ein (vgl. darin „Apuleius and Social History“, S. 20-28). Diese Forschungsrichtung entspringt aus der älteren Tendenz der Romanforschung, im Roman die realistische Kulisse hervorzukehren, was ihn dazu befähigt, als Quelle für die unterschiedlichsten Forschungen zur hellenistischen Welt benutzt zu werden (dazu

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Einführung

Die Metamorphosen werden von dieser Forschungsrichtung z.B. dazu benutzt, 23 Fragen zur sozialen Wirklichkeit in den hellenistischen Provinzstädten oder 24 zu den Räubern zu klären. In dieselbe Richtung gehen Aufsätze, die verschiedenen, auf Sklaven bezogenen Fragestellungen sowohl sozialer und materieller als auch juristischer Natur nachgehen. Einzelheiten zu diesen Ansätzen finden sich unten im ersten Kapitel. Es bleibe aber hier nicht unerwähnt, dass gleichwohl eine vollständigere Untersuchung zum Problemkreis Sklaverei in den Metamorphosen noch fehlt. Parallel zur Realienforschung läuft auch eine die Sklaverei als ein Modell 25 oder Metapher für andere Institutionen betrachtende Forschungsrichtung. Die bekannten Untersuchungen zum seruitium amoris in der Elegie der Au26 gusteischen Zeit gehören hierher . Studien wie Gianotti (1986), Bradley (2000) und Fitzgerald (2000) widmen sich der bildlichen Präsenz der Sklaverei in den Metamorphosen. Kernpunkt aller dieser Studien ist die Figur des Esels als eines Sklavengleichnisses. Die Metamorphosen des Lucius werden unter diesem Gesichtspunkt symbolisch als Ausdruck der in der hellenisti27 schen Welt häufig vorkommenden Versklavung und manumissio und der ganze Roman als eine Geschichte des Falles in die Sklaverei und der Errettung 28 aus ihr gedeutet. Wie oben erwähnt, werden somit Verlust und Wiedererlan29 gung der Freiheit als Hauptthema der Metamorphosen betrachtet. In diesem Zusammenhang möchte die hier vorgelegte Untersuchung teils als Fortsetzung des in der Forschung unlängst eingeschlagenen Weges, teils als einen Beitrag dazu angesehen werden, einige Lücken der philologischen Forschung zum Thema der Sklaverei in den Metamorphosen zu schließen und das in diesem Werk herrschende Bild des Sklaven und allgemein der Abhängigkeitsverhältnisse zu vervollständigen.

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vgl. Millar: 1981). Pionierarbeit haben hierin die juristischen Studien geleistet, unter denen hier das Werk von Fritz Norden (1912) hervorzuheben ist. Vgl. z.B. Schlam: 1971: 21 ff. Riess: 2001. Fitzgerald 2000: 11. Zur Topik des seruitium amoris in der elegischen Dichtung vgl. Lyne 1979. Im ersten Kapitel vorliegender Arbeit soll auch auf diese Topik spezifisch in den Metamorphosen des Apuleius zurückgekommen werden. Fitzgerald 2000: 87 ff. Bradley 2000b: 123. Gianotti 1986: 11 ff.

Methodisches

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Methodisches Obgleich die Forschung bisher schon einige verdienstvollen Studien meist im Bereich der Sozialgeschichte (z.B. über die Rechtsproblematik in Romanen wie die Metamorphosen) aufzuweisen hat, werden die allgemeinen Konsequenzen der erzielten Resultate in der Forschung, wie es Riess wohl bemerkt hat, nirgends gezogen: „Immer noch harren die antiken Romane also darauf, 30 als ‘neue’ Quellen im Bewusstsein der Althistoriker etabliert zu werden“ . An der Wurzel dieser Ausweglosigkeit scheint ein methodisches Problem zu liegen. Die überkommene Weise, das in einer historischen Quelle vorliegende Material zu betrachten, ist als Ansatz für eine fiktionale Quelle in der Regel unbefriedigend. Sie lässt es als einen Mangel der Quelle erscheinen, was eher als ein Mangel der Vorgehensweise in der Behandlung dieser Quelle ist. Will der Forscher einer „zunehmenden Etablierung des Romanes als Gegenstand 31 der historisch-philologischen Quellenkritik“ nicht unwillkürlich entgegenwirken, so wird von ihm eine spezielle Rücksicht auf methodische Fragen erwartet. Studien wie die von Spranger (1984) über das Sklavenwesen in Plautus und Terenz oder wie die von Riess (2001), welche die Metamorphosen als Quelle zur Erforschung des antiken Räuberwesens nimmt, stellen wertvolle Versuche dar, einen methodischen Ansatz zu finden, der eine adäquatere und auch präzisere Erfassung der in einer fiktionalen Quelle anzutreffenden historischen Information erlaubt. Sie machen etwa aufmerksam auf die Notwendigkeit, im Hinblick auf die Erlangung verlässlicher Forschungsresultate die Glaubwürdigkeit der fiktionalen Quelle dadurch zu verifizieren, dass sie sie „in einem möglichst großen Umfang“32 mit anderen Quellen kontrastieren. Dieser Ansatz hat einerseits den Vorteil, der historischen Forschung einen abgesicherteren Zugang zur Fiktion zu öffnen, andererseits aber vermag er kaum das geringe Ansehen der fiktionalen Quellen als Lieferanten sozialgeschichtlicher Informationen zu verbessern. Das Verfahren, die Spreu der literarischen Phantasie von dem Weizen der historischen Information zu sondern, läuft im Grunde auf eine Bestärkung der Idee hinaus, fiktionale Quellen wie der Roman seien doch unverlässlich, seien doch voller Tücken, die dem unberatenen Geschichtswissenschaftler zum Verhängnis werden können. Das schwerwiegendste Problem der kontrastiven Vorgehensweise scheint in der ihr zugrundeliegenden Voraussetzung zu liegen, dass die fiktionale Quelle 30 31 32

Riess 2001: 26 f. Riess 2001: 27. Riess 2001: 27

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1. prinzipiell unglaubwürdig ist und 2. von sich aus kein Wahrheitskriterium an die Hand gibt, so dass sie ständig anhand anderer, „verlässlicheren“ Quellen zu kontrollieren ist. In diesem Sinne scheint diese Methode weniger sich für die fiktionale Quelle einzusetzen als sie abwehren zu wollen. Visiert man bei dem Angehen einer fiktionalen Quelle lediglich die Ansammlung punktueller historischer Informationen an, so wird ein quellenkontrastives Vorgehen sicherlich von Nutzen sein. Beabsichtigt aber der Forscher, die fiktionale Quelle sozusagen danach abzuhören, was sie mit all ihrer Phantasie über den studierten Gegenstand zu sagen hat, so muss er über die Gegenüberstellung von literarischer Phantasie und „wahrhaft“ historischer Belege hinausgehen. Er muss seine Aufmerksamkeit auf den ganzen Text richten in dem Bestreben, seine Natur als solche zu verstehen und zu respektieren, ohne dem Hang nachzugeben, durch Sezierung aus dem Text nur das herauszuklauben, was unter einem besonderen äußerlichen Standpunkt dienlich ist. Obwohl die vorliegende Studie ein wesentlich sozialgeschichtliches Thema anschneiden wird, folgt sie keinem historischen Ansatz. Die Frage nach der rein historischen Glaubwürdigkeit der Daten, die aus der Quelle gewonnen werden können, stellt sich hier nicht. Das quellenkontrastive Verfahren wird hier nicht praktiziert. In der Perspektive einer semantischen Studie, wie sie hier vorgeschlagen wird, ist es eher angebracht, das fiktionale Material auf der gleichen Ebene zu betrachten wie das historische Material, da nun die Daten hier einmal ihren Wert nicht aus ihrer Geschichtlichkeit beziehen, sondern aus ihrer Fähigkeit, Sinn zu machen. Behält man das im Auge, so ist der hier zu verfolgende Ansatz einfach. Es geht mit einem Wort darum, vor dem Text eine kontemplative Einstellung einzunehmen und eine urteilende und diskriminierende Einstellung zu meiden. Aus dieser Sicht kann das Dienliche überall im Text angetroffen werden, denn auch die Phantasie ist voller Wahrheiten.33 Nur muss man sie zu lesen wissen. Und dazu ist es nötig, jeden Ausschnitt des Textes, jede seiner Aussagen als signifikativ zu fassen. Jedes Datum aus dem Text, unabhängig von der Möglichkeit des Erweises seiner Geschichtlichkeit oder nicht, unabhängig selbst von seiner phantastischen Absurdität, will etwas besagen, etwas, was einen vollen Sinn für seine Leser machte, etwas, was Teil eines kollektiven Bewusstseins, einer gemeinsamen „langue“ war und also eine soziale Dimension besaß. Die vorliegende Arbeit beleuchtet demnach nicht die (faktische) Wahrhaftigkeit, sondern die (soziale) Signifikation der (realistischen wie phantasti33

Vgl. Riess 2001: 349: „dass jede fiktionale Darstellung Realität enthält, so dass auch ein fiktionaler Text einer historischen Fragestellung zugänglich ist“.

Zu den Darstellungsschritten der Arbeit

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schen) Elemente zum Sklavenwesen im Text des Apuleius. Wer Signifikation sagt, der sagt im Fall eines Textes Sprache, und diese ist hier spezifisch als Schriftsprache zu verstehen. Zur Herausfindung der Signifikationen welche die Belege zum Sklavenwesen im Text des Apuleius enthalten, sind die von dem Text gebotenen Sprachelemente (Termini, Syntagmata, Sätze) zu untersuchen. Schließlich sind es diese Sprachelemente und weiter nichts, die dem Leser den Sinn der im Text vorkommenden Daten zum Sklavenwesen erschließen und dadurch ihre soziale Dimension offenbaren. Es müssen demzufolge untersucht werden die Art und Weise des Gebrauches dieser Elemente, die Verbindungen, die sie untereinander eingehen, die Wortwahl des Autors, die rhetorische Funktion, welche diese Elemente im jeweiligen narrativen Kontext ausüben usw. Es wird hier u.a. der Versuch einer Grundlegung dieser kontemplativen Vorgehensweise in der Behandlung von sprachlichen Belegen für das Sklavenwesen in einem fiktionalen Text gemacht. Die vorliegende Untersuchung ist also zu einem gewissen Teil auch ein methodischer Versuch mit dem Ziel, die sich auf das Sklavenwesen beziehende Elemente der Wirklichkeit der römischen Welt nicht durch den Erweis ihrer Faktizität zu eruieren, sondern durch das Verständnis dessen, was diese Institution für die Menschen jener Welt bedeutete, wenigstens für diejenigen Menschen, denen Werke wie das des Apuleius bestimmt waren. Dieser Weg ist vielleicht riskanter und wohl unsicherer als derjenige, auf dem man nach der Unbedingtheit der faktischen Wahrheit sucht. Aber warum sollte man ihn nicht beschreiten? Er wird uns sicherlich eine neue Landschaft eröffnen und unser Bild von dem Sklavenwesen in der Antike bereichern. Diese kontemplative Vorgehensweise soll hier beispielhaft versucht werden. Aus den unzähligen sprachlichen Daten zum Sklavenwesen, die es in den Metamorphosen des Apuleius gibt, werden hier als Untersuchungsgegenstand die Arten der Bezeichnung gewählt, mit denen Sklaven und andere gleichartige abhängige Leute und Wesen im Laufe des Textes erscheinen. Ziel ist dabei das Verständnis der Signifikationen, die in den Metamorphosen dem Sklaven, spezifischer: dem tatsächlichen Sklaven oder dem Als-ob-Sklaven zugeschrieben werden. Die Darlegung soll in drei Kapiteln erfolgen, deren Inhalt nun kurz anzugeben ist.

Zu den Darstellungsschritten der Arbeit Abgesehen von der Untersuchung der Figur des Esels Lucius als eines Sklavengleichnisses, auf welche die Forschung nach der Studie von Gianotti (1986)

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unlängst wieder aufmerksam geworden ist (z.B. Annequin 1998, Bradley 2000, Fitzgerald 2000), sind Studien, welche das Sklavenwesen in den Metamorphosen betrachten, selten und eher punktuell. Eine umfassendere Sichtung des Materials über Sklaverei, das die Metamorphosen sei es als „imaginative presence“, sei es als ein realistisches Element bietet, steht immer noch aus. Das erste Kapitel dieses Buches möchte eine möglichst umfassende Bestandesaufnahme der Sklavenwesenproblematik im Roman des Apuleius darbieten. Ausgangspunkt wird dabei eine Diskussion über die Ergebnisse der Forschung zu dem sozialökonomischen sowie ideologischen und literarischen Hintergrund sein, vor dem sich die im Werk erzählte Geschichte abspielt und der für die dort vorkommenden Bestimmungen des Sklavenwesens den Rahmen abgibt. Nicht nur die Relevanz der Problematik des Sklavenwesens im Roman des Apuleius soll angesprochen werden, sondern auch die Unterschiedlichkeit der Ansätze, aufgrund derer diese Thematik in diesem Text erkundet werden kann, und zwar sowohl als ein zur Realität der römischen Kaiserzeit gehörendes Element als auch als eine Metapher, die andersartige Wirklichkeiten auszudrücken vermag. Dadurch wird hoffentlich genügend erwiesen, dass der Roman des Apuleius für die Erforscher der antiken Sklaverei im Allgemeinen und im engeren Rahmen der vorliegenden Untersuchung als eine der Verwertung würdige Quelle zu gelten hat. Aus den Darlegungen dieses ersten Kapitels wird hervorgehen, dass die in den Metamorphosen vorkommenden Sklavenbilder eher aus insbesondere sozialgeschichtlich, philosophisch, religionswissenschaftlich oder literarisch orientierten Ansätzen heraus einer Untersuchung unterzogen worden sind. Die dadurch erzielten Resultate der Forschung müssen denn auch hier gebührend gewürdigt werden, und sie sollen auch nach Möglichkeit in den im dritten Kapitel gebotenen Kommentar zu Stellen aus den Metamorphosen eingearbeitet werden. Unbeschadet dessen haben sich jedoch wenige Studien der Aufarbeitung des Materials gewidmet, aus dem diese Bilder bestehen. Dieses Material besteht, wie schon gesagt, aus Wörtern. Eben den Wörtern wird sich also in dem zweiten und dritten Kapitel dieser Arbeit unser Augenmerk zuwenden. Man muss sich hier eben ständig vor Augen führen, dass der Sklave, dessen Bild zu erkennen angestrebt wird und der in einem literarischen Werk wie die Metamorphosen „lebt“, ein Konstrukt aus Wörtern ist. Unter den Wörtern, die das Konstrukt des apuleianischen Sklaven konstituieren, wurden als allgemeiner Gegenstandsbereich der vorliegenden Untersuchung die Termini ausgesucht, die Sklaven und weitere in einem ähnlichen Abhängigkeitsverhältnis stehende Wesen bezeichnen.

Zu den Darstellungsschritten der Arbeit

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Kernstück des zweiten Kapitels ist eine möglichst umfassende Bestandesaufnahme der Terminologie, die in den Metamorphosen Sklaven und das abhängige Personal im Allgemeinen bezeichnet. Am Ende dieses Kapitels wird der aus dem Text gewonnene terminologische Fundus unter semantischen Gesichtspunkten zusammenfassend in einer Klassifikation geordnet präsentiert. Der Erarbeitung dieses Fundus ist der ganze zweite Teil des zweiten Kapitels gewidmet. Es muss auch erwähnt werden, dass die Besonderheiten eines fiktionalen Textes der Durchführung einer solchen Bestandesaufnahme unterschiedliche methodische Schwierigkeiten in den Weg stellen. Zu diesen Schwierigkeiten sind hier vorab einige Anmerkungen zu machen. Die Schemata des Sklavenwesens prägen den Roman des Apuleius grundlegend. Sie erscheinen jedoch auf zwei semantischen Referenzebenen. Zum einen kommt Sklaverei in den Metamorphosen auf der eigentlich denotativen Ebene etwa in Situationen zur Sprache, in denen wirkliche Sklaven bzw. Herren in der Romanhandlung auftreten. Zum anderen lässt sich in dem Werk eine bildliche oder konnotative Bedeutungsebene der Sklaverei feststellen. Das bedeutet, dass Termini, die Sklaven bzw. Herren und die Beziehungen zwischen beiden anzeigen, auch bildlich verwendet werden zur Kennzeichnung von Wesen, die keine Sklaven sind, und von Beziehungen, die nicht zwischen Sklaven und Herren stattfinden. Diese semantische (mindestens) Zweischichtigkeit der Verwendung der Termini, die im Text Sklavenwesenhaftes anzeigen, haben es als sinnvoll erscheinen lassen, zunächst in einem ersten Teil des zweiten Kapitels theoretische und methodische Grundfragen zu klären, um daraus die Anhaltspunkte zu gewinnen, die für die in dem eigentlich analytischen Abschnitt zu leistende Behandlung der Terminologie nützlich sein können. In diesem Eingangsteil des zweiten Kapitels werden Fragen angeschnitten wie die Beziehung zwischen Fiktion und Realität, das semiologisch Problematische an der Definition des Sklaven rein nach seinem juristischen Status, das Problem des sprachlichen Signifikates und seines kulturellen Wertes sowie auch die Frage des Unterschiedes zwischen Zeichen und Referent. Im Anschluss an die semiologische Forschung und an die strukturelle Linguistik bzw. Semantik soll dort auch kurz das Problem des Zeichensignifikates erörtert werden. Diese theoretischen Ansätze sollen hier für die Analyse fruchtbar gemacht werden. Dabei geht es um die ganz bestimmte Frage, wie der Gebrauch der auf das Sklavenwesen bezogenen Termini in einem Fiktionswerk wie die Metamorphosen des Apuleius relevante Züge eines bestimmten Sklavenbildes manifestieren kann. Es soll hier zunächst aufgrund einiger Teilaspekte dieser sprachwissenschaftli-

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Einführung

chen Ansätze ein methodisches Verfahren herausgearbeitet werden, dass in Bezug auf die genannte Frage Ergebnisse zu erlangen verspricht, die sonst der Forschung entgehen würden und ihr auch zum Teil schon entgangen sind. Es handelt sich dabei nicht darum, die vorliegende Untersuchung einer ganz bestimmten Richtung innerhalb der semiologischen oder sprachwissenschaftlichen Forschung zu verschreiben. Es geht einfach darum, aus dieser Forschung und namentlich aus der Linguistik einige Grundbegriffe zu übernehmen, die das Problem der Signifikation z.B. der in einem literarischen Text vorkommenden Termini über Sklaverei so zu behandeln erlauben, dass sich der einschlägigen Forschung dadurch neuartige Resultate und insbesondere neuartige Gesichtspunkte erschließen, die auch künftig ihre Früchte werden tragen können. Im dritten Kapitel wird die eigentlich semantische Analyse vorgelegt. Aus dem Terminifundus, der aus der im zweiten Kapitel vorgenommenen terminologischen Bestandesaufnahme besteht, wird hier zur eingehenden Behandlung als eine Art Forschungsbeispiel der Terminus seruus gewählt. Zur Darlegung gebräuchlicher und / oder ungebräuchlicher semantischer Aspekte, die mit dem Sklavenwesen zusammenhängen, verspricht die eingehende Analyse dieses Terminus in den Metamorphosen unmittelbar von Nutzen zu sein. Es könnte hier wohl alternativ eine Art stichprobenartiges Verfahren erwogen werden, dessen Intention eigentlich darin bestünde, nur einige unter allen Belegen von allen sklavenbezeichnenden Termini im Text des Apuleius zu untersuchen. Anstatt dessen wird hier jedoch dem Vorgehen der Vorzug gegeben, das analytische Verfahren auf alle Belege eines einzigen Terminus zu konzentrieren. Es wird durch die Hoffnung getragen, aus dem hier zugrunde gelegten methodischen Verfahren ein möglichst vollständiges Resultat über den genannten Terminus zu erzielen. Dadurch wird auch der Forschung ein analytisches Modell an die Hand gegeben, das künftig auch auf andere sklavenbezeichnenden bzw. auf das Sklavenwesen bezogenen Termini angewendet werden kann, die es im Text des Apuleius oder in anderen Texten der antiken Fiktionsliteratur gibt. Aus den im ersten Teil des zweiten Kapitels dargelegten theoretischen Überlegungen ergab sich für den hier verfolgten Zweck die Notwendigkeit, die semantischen Korrelationen des ausgewählten Terminus im Kontext des Satzes bzw. einer kleinen Menge von Sätzen zu beobachten, die sich an der jeweiligen Stelle in der näheren Umgebung des in Frage stehenden Terminus befinden. Das so bestimmte sprachliche Umfeld eines Terminus ist konkret identifizierbar. Es steckt auch die Grenzen ab, innerhalb derer die semantische Analyse

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des Terminus präziser durchgeführt werden kann. Aus den Korrelationen zwischen dem Terminus seruus und den anderen Termini, wie sie sich im Satzzusammenhang eines jeden Vorkommens von seruus zeigen, ist eine Zeichenmenge zu bestimmen, die in jedem Vorkommen des Terminus seruus dessen Signifikation umschreibt. Dieses Verfahren soll es erlauben, für den Terminus seruus allgemein etablierte Assoziationen zu überprüfen und auch neue Assoziationen zu entdecken. Es wird sich aus dem hier vorgeschlagenen Verfahren ergeben, dass dadurch neue semantische Züge des Terminus an den Tag kommen, die in den bisher üblichen terminologischen Untersuchungen der einschlägigen Forschung normalerweise keine Erwähnung finden. Es sei jedoch bemerkt, dass der hier angestrebte Ansatz eher pragmatisch, und d.h. auch kontextbezogen ist. Deshalb werden Diskussionen über die lexikalische Bedeutung des Terminus seruus (seine morphologischen oder etymologischen Aspekte, seine lexikalische Definition usw.)34 nicht besonders in Erwägung gezogen, denn diese Bestimmungen sind kontextunabhängig. Diese lexikalischen Aspekte werden im dritten Kapitel aber insofern manchmal zur Sprache kommen müssen, als sie mit Aspekten des pragmatischen Signifikates des Terminus Beziehungen aufweisen, oder wenn die in der hier vorgeschlagenen Analyse erzielten Resultate mit den Ergebnissen der bisherigen Forschung zu vergleichen sind. Eine Endzusammenfassung ist für dieses dritte Kapitel vorgesehen. Die Resultate der Analyse eines jeden Vorkommens des Terminus seruus werden begrifflich geboten, um im weitesten Sinne die Ideenassoziationen zu kennzeichnen, die dieser Terminus im Text des Apuleius evoziert. Das allgemeine Ziel der semantischen Analyse, die in diesem Kapitel durchgeführt wird, besteht also darin, im konkreten Gebrauch der Sprache selbst bestimmte Aspekte der Bilder bzw. Vorstellungen über Sklaven herauszuarbeiten, die sich in den Signifikationen des zu analysierenden Wortschatzelementes niedergeschlagen haben. Zum Schluss eine Bemerkung zu einer Voraussetzung der vorliegenden Arbeit. Man könnte auch hier von dem bekannten Zwiebelprinzip reden, dem das Verfahren dieser Analyse verpflichtet ist. Es wurde von F. R. Firths Idee der ineinander geschachtelten Kontexte inspiriert, in denen der Satz integriert ist. Diese Schlüsselbestimmung verbindet die Kontexttheorie des Signifikates mit der kulturalistischen Tendenz der Sprachwissenschaft ihrer Zeit und später der semiotischen Untersuchungen. Firth z.B. vertritt die These, das Signifikat einer Aussage sei nur aus der Analyse einer Reihe Kontextualisationen zu ver34

Wie z.B. bei Benveniste 1932 und Rix 1994: 54 ff.

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stehen. Diese Reihe erschöpfe sich aber nicht im Aussagekontext („context of utterance“), sondern umfasse auch den Sprechsituationskontext („context of situation“) und weitere implizierte Kontexte, context within context, each one being a function, an organ of a bigger context, 35 and all contexts finding a place in what might be called the context of culture.

Dass ein Terminus sozial unterscheidbar und also signifikant für die umfassende Gemeinschaft der Sprecher einer Sprache sei, ist eine Bestimmung, die nur aus seiner Einbeziehung in einen besonderen Kulturkontext („context of culture“) ersichtlich wird. Unter diesem Gesichtspunkt kann die Erforschung der Signifikate eines bestimmten Vokabulars dem Sprachwissenschaftler sowie auch dem Anthropologen oder Geschichtswissenschaftler Gesichtspunkte erschließen, die für das Verständnis der Kultur, innerhalb derer dieses Vokabular benutzt wird, genauso relevant sind wie die Ergebnisse der Erforschung der materiellen oder sozialen Seite derselben Kultur. Die Idee, welche der vorliegenden Studie zu den sklavenbezeichnenden Termini in einem bestimmten literarischen Werk zugrunde liegt, lautet also: Es lassen sich Spuren einer Kultur sozusagen als Niederschlag im Sprachmaterial eines innerhalb dieser Kulturwelt produzierten Textes ausmachen, welcher Natur auch dieser Text ansonsten sein mag. Man muss sich nur entsprechend auf Spurensuche begeben in Sätzen, Sprechsituationen, Textabschnitten usw., um aus ihnen die signifikativen Artikulationen dieser Spuren aufzeigen zu können. Il s’ensuit que la tâche future de la sémiologie est beaucoup moins d’établir des lexiques d’objets que de retrouver les articulations que les hommes font subir 36 au réel.

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Firth 1957: 32. Barthes 1985: 53.

I Sklaventum in den Metamorphosen des Apuleius Ein Überblick La fiction et la réalité s’articulent de façon à ce que l’une vaille comme horizon de l’autre: le monde apparaît comme horizon de la fiction et la fiction comme celui du monde. (Stierle 1979: 313) Im vorliegenden Kapitel wird ein möglichst umfassender Überblick über die auf das Sklaventum bezogenen Elemente geliefert, die sich in den Metamorphosen des Apuleius vorfinden. Dies wird aufgrund hinlänglicher Belege den Reichtum dieses Textes als Quelle für die Erforschung der antiken Sklaverei zeigen und dabei auch seine Wahl als Gegenstand dieser Studie rechtfertigen. Bisher hat die Forschung immer nur besondere Seiten der Präsenz des Sklavenwesens in diesem Roman herausgegriffen, und eine vollständigere Übersicht über diese Frage steht immer noch aus. Es bietet sich hier nun die Gelegenheit, diese Zusammenfassung dadurch zu versuchen, dass aus den wichtigeren Publikationen zum Thema der Sklaverei im Roman des Apuleius die Resultate der Forschung durchgemustert werden. Gleichzeitig sollen im Verlauf dieses Berichtes auch einige eigene Beiträge beigesteuert werden. Das Hauptziel dieser Darstellung über das Thema des Sklaventums in den Metamorphosen ist zu zeigen, dass die Wirklichkeit des Dienens in diesem Roman mannigfaltige Funktionen ausübt. Sie verankert die Fiktion in der Welt des „Wirklichen“, sie dient auch dazu, das tiefe Band der Hingabe bzw. der freiwilligen Unterwerfung eines Gläubigen an bzw. unter seinen Gott oder eines Geliebten an bzw. unter seine Geliebte auszudrücken, sie fügt den Roman des Apuleius in den Kontext philosophischer Diskussionen und in die Romanthematik ein, die unter den Zeitgenossen des Apuleius „un large horizon d’attente“1 fand. In der Tat, nicht nur die Fülle realistischer Daten, sondern auch die Phantasieelemente und der metaphorische Gebrauch der Terminologie, die sich in den Metamorphosen auf die Sklaverei beziehen, sind dazu angetan, die Aufmerksamkeit des Philologen wie des Geschichtswissenschaftlers auf sich zu ziehen. Fiktion und Realität sind in diesem Werk zur Herstellung einer alle Sklavenhaltergesellschaften wesentlich bestimmenden Tatsache konzertiert, nämlich dass Schemata der Sklaverei diese Gesellschaf-

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Annequin 1997: 119.

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Sklaventum in den Metamorphosen des Apuleius

ten strukturell durchtränken und das materielle wie mentale Leben der darin befindlichen Menschen zutiefst prägen.

A. Realia Bowie und Harrison haben in einem Forschungsberichtartikel von einer Forschungstradition gesprochen, welche den antiken Roman zur Aufhellung ver2 schiedener Aspekte der antiken Gesellschaften heranzieht. Die zeitgenössische Forschung hat nämlich relativ oft Studien vorgelegt, welche den Roman des Apuleius trotz einiger Einschränkungen als ein – wie es bald zu sehen sein wird – sehr realistisches Bild des Lebens einstufen lässt, wie es sich im 2. Jh. n. 3 Chr. im römischen Kaiserreich abgespielt hat. Wie es in der Einführung zum vorliegenden Buch schon gesagt worden ist, hat schon Schwabe Ende des 19. Jhs. in dieser Beziehung den stofflichen Reichtum der Metamorphosen wegen 4 der „Schilderungen aller Art“ gelobt. Die neuere Forschung hat tatsächlich öfters schon darauf hingewiesen, dass das ganze Ambiente, in welchem die phantastische Geschichte des Eselmenschen (sei es in seiner griechischen Version, sei es in der Bearbeitung des Apuleius) vor sich geht, ein sehr realistisches Bild der Bräuche vermittelt, welche 5 die Gesellschaft der griechischen und römischen Kaiserzeit kennzeichnete . Die offensichtliche Fiktionalität der Handlung der Metamorphosen hat viele Forscher nicht davon abgehalten, diesem Werk als Quelle für das Verständnis vieler Aspekte der sozialen Wirklichkeit in der römischen Kaiserzeit und darunter auch der Sklaverei ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Die Hauptaspekte, denen die Forschung ihre Aufmerksamkeit geschenkt hat, sollen nun in den folgenden Ausführungen zusammenfassend gewürdigt werden.

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Bowie & Harrison 1993: 165 ff. Es seien hier schon vorweg als Beispiele u.a. erwähnt Bowersock 1965, welcher die Metamorphosen als Quelle zur Erforschung des Provinzlebens im Thessalien des 2. Jh. heranzieht, und Bradley 2000a, der dasselbe Werk benutzt, um ein Bild der Familienmuster dieser Zeit zu gewinnen. Vgl. Schwabe 1895: Sp. 250. „The fantastic metamorphosis of the Ass takes place against a literary backdrop that is a realistic portrayal of contemporary social practices with a realistic precision“, schreibt Hall 1995: 50 in Bezug auf den Onos des Pseudo-Lukian. Dasselbe würde für die Version des Apuleius gelten, dazu vgl. z.B. Schlam 1992: 10.

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1. Religion Die religiösen Aspekte sind wohl diejenigen, die am meisten von der traditionellen Forschung zu den Metamorphosen untersucht und diskutiert worden sind. Als Orientierung seien hier die klassischen Werke von Scazzoso (1951) und Merkelbach (1962) erwähnt, welche die Bedeutung des apuleianischen Romanes für die Erkenntnis der antiken Mysterienreligionen oder sogar direkt als ein „Mysterientext“6 unterstreichen. Anknüpfungspunkte an das Thema der Sklaverei gibt es wenige, aber nicht unbedeutende auf diesem enormen 7 Gebiet innerhalb der apuleianischen Forschung . Es sei hier vor allem die Frage des Knechtdienstes im Isiskult angeführt, die von verschiedenen For8 9 schern , darunter auch von Merkelbach angesprochen worden ist. Merkelbach versucht den Erweis zu erbringen, dass die gemeinhin von den Hauptfiguren des antiken Romanes erlebten Begebenheiten und darunter auch der „knechtische Dienst“ (laut der deutschen Bezeichnung für das, was von dem Isispriester in met. XI, 15,3 seruitium genannt wird) zum Isisweiheritual gehö10 ren würden. Die Frage der Beziehung von Sklavenwesen und Isiskult in den Metamorphosen taucht auch unter einem etwas anderen Blickwinkel in der jüngeren 11 12 Forschung auf. Es seien hier besonders Annequin und Fitzgerald genannt. Sie verweisen auf das bemerkenswerte Vorkommen des Vokabulars über Sklavenwesen bzw. Freilassung im Prozess der Einweihung des Lucius in die Isismysterien, ein Punkt, auf den noch zurückzukommen sein wird. Auch das Verhältnis der Metamorphosen zur Thematik des Christentums wurde schon zur Genüge erforscht, wie es der Forschungsbericht von Schlam und Finkel-

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Umfassende bibliographische Forschungsberichte über religionsbezogene Themen bzw. Interpretationen der Metamorphosen für den Zeitraum von 1938 bis 1971 bei Schlam 1971: 295 f., für den Zeitraum von 1970 bis 1998 bei Schlam & Finkelpearl 2000: 78-99. Die Forschungsberichte von Schlam 1971 und Schlam & Finkelpearl 2000 berücksichtigen diese Anknüpfungspunkte der Religion an die Sklaverei nicht. Für Hinweise vgl. Versnel 1990: 91 Anm. 177. Versnels Studie diskutiert ausführlich diese Seite des Isiskultes (S. 72-95), auf welche weiter unten zurückzukommen sein wird. Vgl. Merkelbach 1962: 30 (in Bezug auf die Metamorphosen) et passim (in Bezug auf weitere Werke der antiken Romanliteratur), vgl. auch S. 343 (Register s.v. „Knechtdienst“). Merkelbach 1962: 30, den Passus met. XI, 15,3 kommentierend: Quid latrones, quid ferae, quid seruitium, quid asperrimorrum itinerum ambages reciprocae, quid metus mortis cotidianae nefariae Fortuna profuit. In tutelam iam receptus es Fortunae, sed uidentis. An anderer Stelle spricht er aber direkt von „Sklavendienst“: „... Leben und Mysterium. Erniedrigende Arbeiten, ja Sklavendienste gab es in beiden“ (S. 55). Annequin 1996: 191 f. und 1998: 123 f. Fitzgerald 2000: 111 ff.

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Sklaventum in den Metamorphosen des Apuleius 13

pearl zeigt. Was das spezifische Thema der Sklaverei angeht, sei hier in dieser 14 Beziehung besonders Fitzgerald genannt, der auf frühere Ergebnisse der 15 Arbeit von Bowersock zurückgreifend einen Parallelismus zwischen der Geschichte des Lucius und der Jesu sieht, „the god who humbled himself to take a new form, became a slave and a human (Philippians 2.6-7), suffered, died 16 and rose from the dead“ . 2. Recht Die meisten relevanten Bezüge auf die Realitäten des Sklavenwesens in den Metamorphosen finden sich naturgemäß in den Untersuchungen, welche aufgrund dieses Werkes die rechtlichen und sozialgeschichtlichen Seiten des Sklavenwesens in der römischen Kaiserzeit beleuchten. Juristisches hat früh die Aufmerksamkeit der Forschung auf sich gezogen. Vor allem die Studie von Fritz Norden (1912) hat es sich zum Ziel gesetzt, das Werk des Apuleius insgesamt und insbesondere die Metamorphosen als Quelle zur Erkenntnis des römischen Privatrechtes auszuwerten. Beträchtlich später erschienen zwei gewichtige Studien. Summers (1964) legte einen ausführlichen juristischen Kommentar zu den Metamorphosen vor, und Blánquez Pérez (1986) hat in sozialgeschichtlicher Ausrichtung die Frage des Deliktes bzw. des Strafrechtes im Roman des Apuleius behandelt. Elster (1991) versucht die Verweise des Apuleius auf rechtliche Bestimmungen durch einen Vergleich mit römischen Rechtstexten der Zeit zu klären. Keulen (1997) geht einen anderen Weg: Die verschiedenen Rechtsbegriffe und rechtlichen Metaphern, die in den Metamorphosen anzutreffen sind, müssen nach ihm eher im Licht der das Werk in sich befassenden literarischen Tradition und insbesondere als plautinischer Widerhall verstanden werden.17 13 14 15

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Schlam & Finkelpearl 2000: 89-99, nur Veröffentlichungen von 1970 bis 1998 erfassend. Fitzgerald 2000: 112 ff.. Bowersock 1994: 108 ff., welcher die in den Metamorphosen vorgenommene Identifizierung des Auferstehungsthemas mit dem postlimnium untersucht, ein juristischer terminus technicus, der die Restitution der Rechte eines freien Mannes an den römischen Bürger bezeichnet, der im Kriege gefangen und also nach römischem Recht versklavt worden war. Fitzgerald 2000: 114. Als besonders interessant für die Frage des Sklavenwesens vgl. die Ausführungen zu Termini wie mancipatio, addictio und uadimonium (Keulen 1997: 208-213), die in den Metamorphosen metaphorisch gebraucht werden, sowie zum Begriff des matrimonium iustum und zum Terminus spurius in der Erzählung der Psyche (Keulen 1997: 213-226). Auf den Aufsatz Keulens ist gleich zurückzukommen. Zur komischen Funktion der Rechtstermini in den Metamorphosen vgl. auch Maehler 1981.

Realia

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Diese Studien befassen sich alle mit verschiedenen Seiten des römischen Sklavenwesenrechtes, da mehrere Szenen des Romans zur Diskussion dieses Problems herausfordern. Das Buch Nordens widmet den rechtlichen Fragen 18 über Sklaven und Halbfreie im Werk des Apuleius ein Kapitel und lässt den Reichtum der Metamorphosen in diesem Zusammenhang besonders klar hervortreten. Auch der Aufsatz von Blánquez Pérez (1987) ist hier zu erwähnen, denn er behandelt ebenfalls Rechtsfragen zum Sklavenwesen in den Me19 tamorphosen. Die Autorin versucht darin durch eine Untersuchung der Romanszenen, in denen Straftaten begehende Sklaven auftreten, den Erweis zu erbringen, dass die dort beschriebenen Arten der Strafe in der Regel sehr realistisch die statusgebundenen sozialen und rechtlichen Ungleichheiten 20 widerspiegeln, die bekannterweise in der Zeit des Apuleius bestanden. 3. Wirtschafts- und Sozialgeschichte Auch als Quelle zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der römischen Welt wurden die Metamorphosen herangezogen. Wie es Millar formuliert, „for the historian, the Golden Ass depicts levels of social and economic life which the 21 vast mass of surviving Classical literature simply ignores“ . Millar versucht zu zeigen, dass das in den Metamorphosen dargebotene Material ein lebendigeres Verständnis der schon aus anderen historischen Quellen der Mitte des 2. Jh. n. Chr. bekannten sozialen Muster erlaubt. Unter diesen Mustern versteht Millar z.B. die Funktionen und Verhaltensweisen der lokalen Aristokratien, die römischen Rechtsverfahren, die Verschiedenartigkeit der antiken provinzialen Wirtschaft usw. Im selben Sinne hat auch Mason (1983) die imaginäre Figur des Lucius dazu erkoren, reale Strukturen des sozialen Status und der Sitten in der römischen Eliten Nordafrikas zu veranschaulichen. Ifie und Thompson haben aufgrund von Beispielen aus den Metamorphosen Begriffe wie munificentia, ordo, „wealth“, origo, Statussymbole, Beredsamkeit und Erziehung 18 19 20

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Vgl. besonders Norden 1912: 69-90. Vgl. Blánquez Pérez 1987: 125-130. Die Frage war weniger umfassend und unspezifischer in ihrer Dissertation behandelt worden, vgl. Blánquez Pérez 1986: 281 f., 471 ff. et passim. „En cuanto a la desigualdade jurídica, las Metamorfosis refleja […] rasgos particulares del sistema legal que son claramente discriminatorios y dependen del status. Esta desigualdad de iure se pone de manifiesto en las penas, que eran direfentes según el status social del reo, como sucede en el caso de la mujer del decurión que comete parricidio ayudada por su esclavo de dote: ella es condenada al destierro y el esclavo al patíbulo“ (Blánquez Pérez 1987: 130). Zu der von Blánquez Pérez erwähnten Szene vgl. met. X, 2-12 und den Kommentar zu den Sätzen 10 und 11 im dritten Kapitel des vorliegenden Buches. Millar 1981: 74.

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Sklaventum in den Metamorphosen des Apuleius

analysiert und festgestellt, dass Apuleius die Komplexität der zeitgenössischen 22 sozialen Haltungen gut veranschaulicht. Unter den Statussymbolen, auf welche die Metamorphosen und auch die Apologie Bezug nehmen, ließe sich etwa 23 der Besitz von (vielen) Sklaven, Freigelassenen und Klienten hervorheben. Ähnlich könnte auch das reiche, auf das Sklavenwesen bezogene Material des Romans ausgewertet werden. Wallon hat in seiner zuerst 1847 erschienenen Histoire de l’esclavage dans l’Antiquité einen bedeutenden Vorstoß in die historiographische Behandlung der Sklaven in der Dichtung und insbesondere 24 der Komödie unternommen. Mit Beispielen aus den Metamorphosen hat er manches aus der alltäglichen Realität des Sklaven in der römischen Welt zu 25 illustrieren versucht . Obwohl sich die Romanhandlung in den griechischen Provinzen Achaia und Makedonien abspielt und das Material der Metamorphosen zum großen Teil aus einer griechischen Vorlage stammt, sind sich verschiedene Forscher darin einig, dass die im Roman des Apuleius geschilderte Welt wesentlich römisch ist und eher Institutionen (Recht, öffentliche Verwaltung, Militärwesen usw.), Bräuche und Werte der römischen Gesell26 schaft der Kaiserzeit reflektiert. In sozialgeschichtlicher Hinsicht besteht der große Reiz dieses Romans darin, eine in der Literatur des Kaiserreiches selten vorkommende Darstellung 27 des Lebens niederer Schichten zu bieten. Verarmte Landbesitzer, Kolonen, Handwerker, Diebe usw., aber besonders Sklaven kommen darin vor. Sklaven und andere humiliores sind als eine Gegebenheit sine qua non der sozialen Wirklichkeit der antiken Welt immer Bestandteil der Umwelt, die allgemein in den antiken Romanen, und zwar auch in den idealisierenden griechischen 28 Romanen dargestellt wird. Doch das Unterschiedliche der Metamorphosen ist darin zu erblicken, dass die Welt der Sklaven und der Unterschichten hier nicht nur als Hintergrund fungiert, sondern sozusagen im Rampenlicht steht, denn die Hauptfigur der Geschichte gehört dieser Welt an.

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Ifie & Thompson 1977/1978: 34. Ifie & Thompson 1977/1978: 30 mit Verweis auf met. II, 2 und apol. 93. So Spranger 1984: 9: „Wallon unterscheidet kaum zwischen Theater und Wirklichkeit“, unter Verweis auf Wallon 1847: 234 ff. Wallon [1847] 1988: 385 Anm. 5 (Verkauf von Sklaven auf dem Markt), 478 Anm. 5 (Sklavenarbeit auf dem Feld), 501 Anm. 1 (Privilegien einiger wertgeschätzterer Sklaven) u.a. Dazu vgl. z.B. Millar 1981: 63; Bradley 2000a: 290 ff. und 2000b: 122; Hidalgo de la Vega 2000: 273. Zum Römischen in den juristischen Anspielungen und Zitaten in den Metamorphosen vgl. Elster 1991. Vgl. Blánquez Pérez 1987: 120. Dazu vgl. Scarcella 1996: 233 f.

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Schon die Handlung des Romans erzwingt den Einstieg in die Welt der Unterschichten. In Eselsgestalt muss ja der Protagonist Lucius seinen Alltag mit einfachen Leuten und darunter auch mit Sklaven teilen. Dadurch kann er sie nicht nur näher betrachten, auch viele der Spannungen, die seine Gefährten in ihrem alltäglichen Leben zu ertragen haben, muss er nun selber über seine 29 Eselshaut ergehen lassen. Unzählige Erscheinungen von Sklaven im Haushalt (z.B. met. II, 19,3; VIII, 26,5-6; X, 13,3-7 ff.), auf dem Land (z.B. met. VII, 15,1 f.; IX, 36-38), als Entlaufenen (met. VIII,15,1 - VIII, 23,3), vor Gericht (met. III, 8,5-7; X, 7,5 ff) oder als SchwerstarbeitVerrichtenden (z.B. in der Mühle met. IX, 12) sowie von anderen humiliores bzw. Leuten in relativer 30 oder gänzlicher Abhängigkeit lassen auch durch die literarische Phantasie hindurch deutlich Züge erkennen, welche die soziale Realität der Unterschich31 ten in der römischen Welt des 2. Jh. n. Chr. geprägt haben dürften . Muster der Haushaltsformen, der Arbeitsausbeutung, der Beziehungen zwischen Herren und Sklaven oder der sozialen und juristischen Stellung der Sklaven, wie sie in den Metamorphosen begegnen, entsprechen vielfach denen, die durch 32 Material aus nicht-fiktionalen Quellen geschichtlich bezeugt sind. Bradley (2000a) hat gezeigt, dass Vieles aus den in den Metamorphosen vorkommenden Familienstrukturen, die ja auch Sklaven umfassen, mit Daten übereinstimmen, die aus anderen historischen Quellen wie Inschriften, Werke der Agrarliteratur, Zensus usw. gewonnen werden können. Er zieht daraus den Schluss, dass „if Apuleius stories, as stories, are sensationalistic, their social 33 and demographic context is undeniably authentic“ . Der Quellenwert des Werkes würde darin beschlossen liegen, dass es über das übliche Familienleben 34 seiner Zeit vieles aussagt, was die geschichtliche römische Erfahrung erfasst. Und es sei hier hervorgehoben, dass die Metamorphosen uns nicht nur das 29 30

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„Der in einen Esel verwandelte Lucius kommt in die Hände der verschiedensten Herren. So lernt er alle Verhältnisse von innen kennen“ (Merkelbach 1962: 338). Z.B. von Dieben (met. III, 28 f.), Tagelöhnern (met. IX, 5-7), Kolonen (met. VIII, 17-18,3), Armen (met. IX, 35,2 ff.), einfachem Volk (met. IV, 14,3), Handwerkern (met. IX, 24-25), Freigelassenen (met. X, 17,1 f.). Dazu vgl. Millar 1981: 63 und Bowie & Harrison 1993: 160. Über Haushaltsformen in den Metamorphosen vgl. Bradley 2000a: 283 ff., über Arbeitswelt der Sklaven und Abhängigen vgl. z.B. Fick 1978: 86 ff. und Hidalgo de la Vega 2000: 273 ff. bes. 282, über die Rechtslage der Sklaven nach Belegen aus den Metamorphosen Norden 1912: 69 ff. und Blánquez Pérez 1987: 125 ff. Bradley 2000a: 294, vgl. auch seine Bemerkung, dass „the household world of the [RomanEgyptian] census returns appears to be basically the same as the household of the Metamorphoses“ (S. 294). Bradley 2000a: 283.

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Familienleben gehobener Schichten zeigt, sondern auch einen in der antiken Literatur seltenen Einblick in die Familienverhältnisse einfacher Leute wie 35 36 Handwerker oder Tagelöhner und, was noch seltener ist, Sklaven verschafft. Damit fällt auch die Behauptung Létoublons weg, dass kein antiker Roman auf das Familienleben der Volksschichten oder der Sklaven Bezug nehme, eine Behauptung, welcher er dann die Bemerkung angefügt hat, dass „il ne faut évidemment pas faire reproche aux romanciers de l’Antiquité de n’avoir pas accompli une évolution qui a attendu jusqu’au dix-neuvième siècle, de n’avoir 37 pas été Balzac, Hugo ou Zola“ . Damit scheint Létoublon sowohl den griechischen Onos als auch die Metamorphosen vergessen zu haben. Nimmt man die vielen Belege zum Familienleben verschiedener humiliores sowie auch der Land- und Haussklaven in beiden Romanen (doch besonders in dem apuleianischen) in Betracht, so wäre es zur Feststellung einer solchen „évolution“ nicht nötig gewesen, so viele Jahrhunderte zu warten. Blánquez Pérez hat verschiedene Begebenheiten in den Metamorphosen mit dem Ziel untersucht, die diskriminierende Seite des römischen Strafrechtes hauptsächlich in Sachen Sklavenbestrafung hervorzukehren.38 Sie hat festgestellt, dass auch in diesem Punkt Apuleius eine wirklichkeitsnahe Schilde39 rung seiner Zeit bietet. Schtajermann und Hidalgo de la Vega sind der Meinung, die Beschreibungen des Landlebens und der Bauern in den Metamorphosen, zumal der auf dem Lande anzutreffenden sozialen Konflikte und Abhängigkeitsverhältnisse, stellen ein vielseitiges Spiegelbild der ländlichen 40 Wirklichkeit Afrikas dar, also derjenigen Provinz, aus der Apuleius stammte. Die Metamorphosen, so Hidalgo de la Vega, legen davon Zeugnis ab, dass schon Ende des 2. Jh. das in Afrika verbreitete ökonomische Modell nicht mehr durch mittelgroße, vorwiegend Sklavenarbeit in Anspruch nehmende Landgüter geprägt wurde, sondern eher durch Großgrundbesitz – mit einer 41 Arbeitermasse, die aus Kolonen und abhängigen Bauern bestand. Neuerdings 35 36 37 38 39 40

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Vgl. met. IX, 14-31; VIII, 5-7. Vgl. met. VII, 15,3; VII, 26,4 ff.; VIII, 17,5; VIII, 22; VIII, 31; X, 8,2 ff. Létoublon 1993: 20 Anm. 11. Vgl. Blánquez Pérez 1987: 125 ff. Blánquez Pérez 1987: 131. Vgl. Schtajermann 1964: 188 ff. und Hidalgo de la Vega 1986: 47 f., die S. 54 bemerkt, der Roman des Apuleius sei eine wichtige literarische Quelle für die historische Erkenntnis der damals in Afrika herrschenden Eigentumsverhältnisse. Vgl. auch Charles-Picard 1959: 54. Hidalgo de la Vega 1986: 57. Um die Bildung des Großgrundbesitzes und die mit ihm einhergehenden Konflikte zu veranschaulichen, erwähnt sie (vgl. Hidalgo de la Vega 1986: 56) die in den Metamorphosen (doch nicht im griechischen Onos) anzutreffende Episode des armen Kleingrundbesitzers (pauper dominus), welcher durch seinen reichen und präpoten-

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hat Hidalgo de la Vega zu zeigen versucht, dass Apuleius in den Metamorphosen eine metaphorische Vorstellung der sich verändernden Welt der zweiten Hälfte des 2. Jhs. bietet, eine Welt, in der alles aufgrund der Sklaventums- und allgemein der Abhängigkeitsverhältnisse gemessen, gedacht und beurteilt 42 wurde. Das Werk würde demnach soziale Änderungen erfassen wie die Krise des Munizipalwesens, den Niedergang des Sklavenwesens zusammen mit der Tendenz, die Landkolonen in die Abhängigkeit zu drängen – Änderungen, welche schon zur Zeit des Apuleius im Gange waren und die sogenannte Krise 43 der späten Kaiserzeit im 3. Jh. präludieren. Viele sozial ausgerichtete Untersuchungen zu den Metamorphosen versuchen, Apuleius’ ideologische Tendenz aus seiner Klassenzugehörigkeit zu 44 bestimmen . Apuleius erscheint demnach bald als ein Repräsentant der Aristokratie und ihrer Interessen, bald als ein Autor, der zur Verteidigung der niederen Schichten bereit ist. Der Roman scheint in der Tat beide Thesen zu stützen. Hidalgo de la Vega z.B. erblickt in Apuleius einen klaren Vertreter der Stadtoligarchien, zu denen er auch gehörte. Als solcher stellte sich Apuleius der Vorherrschaft der Großgrundbesitzer entgegen, welche große Landflächen bestellen ließen, eine diffuse Masse Sklavenarbeiter und abhängiger Kolonen beherrschte, sich den munera entzogen und die Institutionen der Stadt geringschätzten. Apuleius würde auch diejenigen Mitglieder der Stadtoligarchie kritisieren, die u.a. durch die Vernachlässigung ihrer Pflichten die Stadt politisch schwächten.45 Was die Haltung Apuleius’ gegenüber der Sklaverei betrifft, so versucht Hidalgo de la Vega sie mit den stoischen Ideen, eine mildere Behandlung der

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ten Nachbarn, Besitzer von magnos et beatos agros, expropriiert wird (met. IX, 35-38). Aus derselben Episode hatte Charles-Picard (1959: 54) den Schluss gezogen, Apuleius bringe dadurch seine Sympathie für die enteigneten Bauern zum Ausdruck – eine typische Haltung der munizipalen Oligarchien, die sich durch die Verbreitung der Latifundien bedroht sahen. Hidalgo de la Vega 2000: 286. Hidalgo de la Vega 2000: 286 mit dem Hinweis, diese vor sich gehenden Änderungen würden von den Zeitgenossen und auch Apuleius wohl eher unbewusst registriert. Vgl. auch Hidalgo de la Vega 1986: 47-58. Unter den anderen sozialen Themen, die in den Metamorphosen vorkommen und von der Forschung behandelt worden sind, finden sich die Kinderaussetzung (vgl. Kudlien 1989) und das Räuberwesen des 2. Jhs., letzteres eingehend bei Riess 2001, der in den Metamorphosen „die detailliertesten Räuberdarstellungen der gesamten antiken Überlieferung“ (S. 24) sieht. Schlam & Finkelpearl 2000: 23 stufen die meisten dieser Studien als „semi-Marxist in approach“ ein. Hidalgo de la Vega 1986: 32, vgl. Hidalgo de la Vega 2000: 285. Zur Begründung dieser These rekurriert sie neben dem de Platone und der Apologia auch auf die Metamorphosen (vgl. z.B. S. 26 ff. und 55 ff.).

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Sklaven zu vertreten, in Verbindung zu setzen, wie sie z.B. bei Seneca zu lesen 46 sind. Hidalgo de la Vega zufolge: [Seneca] no atacaba la esclavitud en sí misma, ni se rebelaba contra los castigos de los esclavos, simplesmente exhortaba a los señores a que no irritasen a sus esclavos excessivamente para que éstos no adoptasen posturas de fuerza contra sus dueños. En este sentido, expresaban sencillamente una forma de 47 dominio más flexible con una finalidad política concreta.

Dass diese aus der Stoa stammenden Ideen im Laufe des 2. Jhs. das römische Recht beeinflusst und zur Einführung von Gesetzen beigetragen haben, welche die Rechtslage der Sklaven verbesserten, ist eine von der Forschung schon anerkannte Tatsache. Sie hat übrigens zu einer Polemik Anlass gegeben. Vogts Ansicht, die Rezeption stoischer Ideen in Bezug auf Sklaven sei auf Impulse der Humanität zurückzuführen, wurde von Finley mit dem Argument zurückgewiesen, die mildere Behandlung der Sklaven sei der praktisch motivierten Intention zu verdanken, die Konflikte zwischen Herren und Sklaven zu ent48 schärfen und dadurch das System des Sklaventums zu stabilisieren. Hidalgo de la Vegas Ansicht, diese Ideen wurden aus praktischen Gründen sozialer Sicherheit schon im Laufe des 2. Jhs. soweit akzeptiert, dass sie zu Teil 49 der Ideologie der munizipalen Oligarchie wurden , erweisen sie in dieser Beziehung als Anhängerin Finleys. Diese „Ideologie“ würde sich in Szenen aus den Metamorphosen kundtun, in denen Sklaven als Opfer grausamer Behand50 lung dargestellt werden. Hidalgo de la Vega meint aber, in Apuleius Widersprüche anzutreffen zwischen dem, was er sagt, dass er ist – d.h. also der von ihm vertretenen Ideologie –, und seinen tatsächlichen Handlungen. Er würde die Ideologie seiner sozialen Schicht in Bezug auf die soziale Organisation und die Abhängigkeitsverhältnisse annehmen, doch gleichzeitig mehr oder weniger wie die Großgrundbesitzer handeln, welche die Grenzen ihrer Latifundien zu 46 47 48 49

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Vgl. Seneca ep. 47,13: Viue cum seruo clementer, comiter quoque, et in sermonem illus aditte et in consilium et in conuiuium. Hidalgo de la Vega 1986: 40. Vgl. Vogts 1953 und Finley 1964: 33 ff. Hidalgo de la Vega 1986: 40, übereinstimmend mit Schtajermann 1964: 59, für welche die Stoa zur offiziellen Ideologie der Antoninenzeit wurde und die Verschärfung der Konflikte zwischen Sklaven und Herren die letzteren in den Ideen Senecas über das Sklavenproblem eine mögliche Lösung für die Konflikte erblicken ließ, die u.a. die Stabilität der Stadt unterminierten. Vgl. Hidalgo de la Vega 1986: 41 mit Verweis auf met. VIII, 22 (ein ehebrecherischer Sklave wird von seinem Herrn willkürlich mit einem schrecklichen Tod bestraft) und met. IX, 12,34 (Mühsal der Sklaven an der Mühle, wo sie halbnackt und mit wunden Leibern wie Lasttiere malträtiert werden).

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erweitern bestrebt waren und sich von ihren stadtgebundenen Interessen lö51 sen wollten. Diese Widersprüche, welche in der Gesellschaft des 2. Jhs. vorhandene Konflikte abbilden, hätten der Autorin zufolge unbewusst auch das Werk des Apuleius durchdrungen. Die Widersprüche bestünden darin, dass die Stadtoligarchen die Existenz einer auf der Stadt gegründeten und das Gemeinwohl fördernden sozialen Organisation ideologisch rechtfertigten, doch diese Organisation durch Handlungen wie übermäßige Erweiterung des privaten Grundbesitzes (was zur Expropriation und Abhängigkeit der armen Kolo52 nen führte) und Zurückziehung aus den öffentlichen Pflichten auflockerte. Blánquez Pérez betrachtet Apuleius als jemanden, welcher den Ungerechtigkeiten seiner Zeit nach dem vorwiegenden Brauch der zeitgenössischen 53 Gesellschaft ironisch und pessimistisch gegenübersteht. Sie zeigt, dass in den meisten Straftaten, die in den Metamorphosen vorkommen, die Straflosigkeit absolut ist und Figuren aus allen sozialen Schichten betrifft, adlige Oligarchen (z.B. Lucius) und kleine Landbesitzer sowie Sklaven und andere humiliores. Apuleius mache in diesem Rahmen die Unfähigkeit der Justiz lächerlich. In den seltenen Fällen, in denen Rechtsinstitutionen eingreifen, 54 seien die Anschuldigungen oft falsch oder die Straftaten inexistent. Durch diese Kritik einer ungerechten sozialen Wirklichkeit (mit ihrem Machtmissbrauch, Unterlassung der öffentlichen Pflichterfüllung usw.) zeichne Apuleius eine Lage, die einen Wandel erheische, obwohl sich im Roman keine Figur sei 55 es aus Interesse oder Unvermögen dafür bereit erklärt, ihn durchzuführen. Zu den unzähligen an Sklaven verübten Gewalttaten in den Metamorphosen 56 bemerkt Blánquez Pérez , sie würden weder von dem Erzähler des Romanes noch von irgendeinem seiner Figuren als ungerecht präsentiert. Millar spricht andererseits von einer „Sympathie“ des Apuleius für Figuren, die verarmt 57 wären und / oder aus den Unterschichten kämen. Fick ist in dieser Beziehung radikaler. Sie erblickt in Apuleius einen Kritiker der kaiserzeitlichen Ord58 nung und einen klaren Verteidiger der „petit gens“, darunter auch der Skla51

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Hidalgo de la Vega 2000: 285 gibt als Beispiel, dass Apuleius zusammen mit seiner Gattin Pudentilla, einer Großgrundbesitzerin, einen neuen Landstrich erworben (apol. CI, 4,7) und seine Ehe auf der Landvilla gefeiert hätte, um sich den in der Stadt dafür vorgesehenen öffentlichen Feierlichkeiten zu entziehen. Hidalgo de la Vega 1986: 31 u.a. und 2000: 285 ff. Blánquez Pérez 1987: 131. Blánquez Pérez 1987: 130 f. So Blánquez Pérez 1987: 130. Vgl. Blánquez Pérez 1987: 124 ff. Millar 1981: 65 f. Fick 1978: 94.

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ven. Apuleius hätte insofern unter dem Einfluss der damals herrschenden Vorurteile gestanden, als er in den Metamorphosen nicht die artes honestas von den artes sordidae unterschieden hätte, und nach der Art Senecas würde Apuleius die Dignität des Sklaven durch die Anprangerung der „iniquités d’un 59 ordre social indifférent à la misère“ vindizieren. Welche Stellung man auch immer zu der Ideologie des Apuleius allgemein oder spezifisch über das Sklavenproblem nehmen möchte, es muss bei dieser Diskussion unbedingt ein Punkt in Betracht gezogen werden, der in den Untersuchungen, welche die Metamorphosen als sozialgeschichtliche Quelle benutzen, meist ignoriert oder ungenügend berücksichtigt wird. Es handelt sich um das Problem der „narrative voices“, ein Problem, das die fundamentale Studie von Winkler 1985 klargestellt hat. Dieses komplexe Problem in den Metamorphosen lässt alle Spekulationen über ideologische Tendenzen ihres Autors zumindest als ein kniffliges Unterfangen erscheinen. In dem Text der Metamorphosen eine ideologische Filiation des Apuleius ausmachen zu wollen, würde von dem Forscher die Fertigkeit erfordern, die Aussage des IchErzählers Lucius von dem zu unterscheiden, was man als eine Rede des Autors Apuleius identifizieren könnte. Die Schwierigkeit würde sich aber nicht nur in dieser an sich schon genügend komplizierten Unterscheidung erschöpfen. Sie würde noch durch die für die Metamorphosen charakteristische Polyphonie erhöht, d.h. durch das Vorkommen verschiedener anderer narrativer Stimmen, welche die Aufgabe, inmitten so vieler Interferenzen die „Stimme“ des Autors Apuleius sauber zu empfangen, noch komplexer gestalten. So manche „Widersprüche“, welche einige Forscher in den Haltungen des Apuleius in den Metamorphosen zu bemerken meinten, sind wohl eher Folgen des mehrstimmigen Zusammenspiels der narrativen Stimmen als ideologische Inkohärenzen des Autors. Das Problem, die Ideologie des Autors behutsam zu betrachten, verlangt von dem Forscher bei jeder untersuchten Stelle ständige Aufmerksamkeit auf die pragmatischen Fragen der Sprechsituation (wer spricht? für wen? in welchem Zusammenhang? mit welchem Zweck? usw.). Es ist auch zu berücksichtigen, dass trotz etlicher in der Forschung oft bemerkten Übereinstimmungen60 der Biographie des Lucius mit der Biographie 59 60

Fick 1978: 96. Schwabe (1895) benutzte Lebensdaten des Lucius in den Metamorphosen als Belege für die Biographie des Apuleius (vgl. z.B. Sp. 246). Besonders mit autobiographischen Daten versehen wäre das 11. Buch: „In diesem Schluss flicht A. mancherlei Züge seines eigenen Lebens ein“ (Sp. 250). Moreschini 1978: 12 f. tut dasselbe. Vgl. Sandy 1997: 3 ff. für eine Liste biographischer Affinitäten zwischen Lucius und Apuleius. Literatur zu den Metamorphosen als „semi-autobiographical“ bei Schlam 1971: 287 f. und Schlam & Finkelpearl 2000: 16-20.

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des Apuleius Lucius nicht einfach ein Doppelgänger des Apuleius ist. Der Autor der Metamorphosen zeichnet die erzählende Figur des Lucius auf eine klar ironische Weise. In diesem Sinne gibt es eine kritische Distanz zwischen Autor und Erzähler. Diese Distanz muss auch berücksichtigt werden, will man in den Episoden, die von Lucius erzählt werden, nach Zeugnissen für die ideologische Verortung des Apuleius suchen. Wollte man z.B. die von Lucius erzählte Szene 61 der Sklaven bei der Mühle zur Begründung der These heranziehen, Apuleius 62 hege Sympathie für die niederen Schichten , so wäre davon auszugehen, dass eben Lucius diesen dramatischen Blick (momentan) auf die Sklaven wirft, und 63 zwar ein Esel-Lucius, den Apuleius u.a. dem Gelächter preisgeben will. In der vorliegenden Arbeit soll kein Versuch unternommen werden, die ideologische Linie des Apuleius in der Sklavenfrage herauszuarbeiten. Es fehlt hier der Platz für eine umfassende narratologische Analyse, welche die dazu nötige Voraussetzung wäre. Aus der Untersuchung einiger Ausschnitte aus den Metamorphosen sollen im dritten Kapitel dennoch einige dort auftretende Sklaven„bilder“ umrissen werden. Doch es wäre missverständlich, in ihnen unmittelbar einen Niederschlag der Ideologie des Autors erblicken zu wollen. Sie sind nicht unmittelbar eine Aussage des Apuleius, sondern seiner Figuren, meist des Lucius, des Ich-Erzählers des Romans. Für die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit genügt die Feststellung, dass diese Bilder in einem Werk vorkommen, das für ein Publikum bestimmt war und die also einen Sinn hatten für die Leser, die ja unabhängig von der besonderen ideologischen Linie des Autors eine konkrete soziale Dimension besaßen.64 Der hier geäußerte Vorbehalt gegen eine Erörterung der Ideologie des Apuleius will nicht die Tragweite der oben angeführten Studien schmälern. Sie haben den Wert der Metamorphosen als ein wahres historisches Dokument beleuchtet, welches den Geschichtswissenschaftlern reichhaltige Zeugnisse

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Vgl. met. IX, 12-13. So z.B. Fick 1978: 87 f. und 94. Zu dem kruden Realismus der Mühlenszene met. IX, 12-13 und zu den poetischen Strategien des Apuleius, die Not der dort arbeitenden Sklaven anzuprangern, vgl. noch Fachini Tosi 1991: 169 et passim. Zu den Spannungen zwischen auctor und actor in dieser Szene vgl. Hijmans et al. 1995: 166 ff. ad loc. Vgl. Winkler 1985: 289 zur Frage, ob der Autor seinen Erzähler ironisch behandelt. Walsh 1968: 148 hatte schon suggeriert, das Spiel zwischen Lucius und dem auctor wäre eine Selbstironie des Apuleius: Die Figur des Lucius würde den leichtgläubigen, auf Magie neugierigen und den sinnlichen Lüsten ergebenen Apuleius iuuenis darstellen, der von dem auctor, dem Literaten und Priester des Äskulap Apuleius senior persifliert wird. Bradley 2000b: 122: „it conveys a sense of contemporary social structures and general social assumptions“.

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über Gegebenheiten und Probleme liefert, die mit dem Sklavenwesen der antiken Welt eng verflochten sind.

B. Imaginaria Unfreiheit bzw. Sklaverei hat in den Metamorphosen nicht nur eine historische, sondern auch eine imaginäre oder symbolische Dimension. Dies wurde von einigen Forschern als ein zentrales Thema des Werkes angesehen. So interpretiert z.B. Gianotti die Geschichte des Eselmenschen als la storia della libertà perduta, anzi di libertà presunte, che si risolvono nei loro contrari, fino a marchiare la realtà fisica del protagonista, costringendolo a un tormentoso itinerario di risalita alla condizione umana e di conquista di un di65 verso genere di „libertà“.

Laut Fitzgerald mache Apuleius aus dem Versklavungsprozess seine „primary 66 metaphor“ , eine Narrative über den sittlichen Verfall und die religiöse Bekehrung zu komponieren. Ist die Metamorphose des Lucius prima facie die Geschichte eines zeitweilig in Form eines Lasttieres lebenden Menschen, so ist sie auch auf symbolischer Ebene, so Bradley, „a story of a fall into and eventual 67 rescue from slavery“ . Die strukturierende Präsenz der Sklaverei in den Metamorphosen, so Annequin, durchdringt im Roman alle Verhältnisse, die des Tieres zu seinem Besitzer, des Geliebten zu seiner Geliebten und selbst des 68 Eingeweihten zu seinem Gott. Tatsächlich fehlen in dem Werk nicht Beispiele von Unterwerfungsverhältnissen, die so manche Seite der Sklavenbeziehungen in der antiken Welt wenn nicht realitätsmäßig, dann wenigstens auf der Ebene der Vorstellung evozieren. Bereits zum Auftakt des Romanes wird der Händler Socrates von einer Hexe verführt, dann seiner Güter, seiner Familie, seines Vaterlandes und seiner physischen und moralischen Kräfte beraubt, um am Ende bei einem 69 Fluchtversuch von der Hexe getötet zu werden. Die Hauptfigur des Romanes, der Esel Lucius, ein mit Menschenseele begabtes Lasttier, welches ständig schwerster Arbeit und Misshandlungen ausgesetzt ist und im Laufe der Handlung mehrmals durch Kauf den Besitzer wechselt, lässt sich eindeutig als ein

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Gianotti 1986: 12. Fitzgerald 2000: 93. Bradley 2000b: 123. Vgl. u.a. Annequin 1998: 89 ff. met. I, 6-19.

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groteskes Gleichnis menschlicher Knechtschaft fassen. Auch seine Rehumanisierung durch Eingriff der Isis gegen Ende des Werkes und die anschließende Mysterieninitiation erfolgen nach dem Schema der Abhängigkeitsverhält71 nisse und könnten als einer manumissio analog verstanden werden. Dieses Thema, der Esel Lucius als Gleichnis des Sklaven, wurde von der Forschung privilegiert und wird weiter unten in diesem Kapitel einen Abschnitt beanspruchen. Hier genügt der Hinweis darauf, dass das Sklavenwesen in den Metamorphosen auch symbolisch zentral ist. 1. Psyche 72

Die Welt der Sklaverei prägt auch die lange Erzählung von Psyche , die Apuleius der Geschichte eigens hinzugefügt hat und im griechischen Onos nicht vorliegt. Die von Amor verschleppte Tochter aus einem Königsgeschlecht verliebt sich in ihren Entführer und wird dadurch sowie durch ihre Neugier eine 73 ancilla der Venus. Psyche wird dann von Venus wie eine fugitiua verfolgt, 74 bekommt die Härte von deren Herrschaft und dabei auch Folter zu spüren, muss schwierige, von ihrer grausamen Herrin auferlegte Aufgaben lösen und 75 wird zuletzt durch Jupiters Gnade befreit und zur Götterwürde erhoben. Die Parallele zwischen Psyche und Lucius betrifft auch die Sklaverei. Merkelbach hat sie bemerkt: „Die Geschichten des Lucius und der Psyche sind einander in den Grundzügen sehr ähnlich. Lucius ist ein Diener der Isis, Psyche eine Die76 nerin der Venus“ . Nach Fitzgerald besteht zwischen Lucius und Psyche ein Strukturzusammenhang, der auf die Tatsache der Unterwerfung beider fußt: Both characters lose the ownership of their bodies, from which they receive only suffering; both are taken away from their world and sink to the level of

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Dieses Gleichnis wurde oft untersucht, vgl. Gianotti 1986: 11-31; Bradley 2000b; Fitzgerald 2000: 87-115. Vgl. dazu Gianotti 1986: 43 ff., Annequin 1996: 191 f. und 1998: 122 ff., Fitzgerald 2000: 87-114, Hidalgo de la Vega 2000: 276 f. met. IV, 28 - VI, 24. Im Palast der Venus wird Psyche wiederholt ancilla genannt, vgl. u.a. met. VI, 7,3 (delitescentem); VI, 8,6 (nequissima); VI, 10,2 (deformis). Zur religiösen Bedeutung dieses Knechtranges der Psyche im Kontext des Isiskultes vgl. Merkelbach 1962: 30 ff. et passim. Vgl. met. VI, 8,6 ff. Die von Psyche erlittene Folter entspricht rituellen Elementen des Isiskultes (Merkelbach 1962: 34). Zur ganzen Folge vgl. met. VI, 7,3 -VI, 24. Merkelbach 1962: 1. Merkelbach kehrt jedoch nur das Isische hervor: Venus sei eine Version der Isis, und dass Lucius und Psyche Diener der jeweiligen Göttinnen seien, gilt allegorisch als Zug des Isisweiheritus.

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slaves and both end up in a new and socially desirable position. […] Whatever the allegorical implications of these two stories as spiritual progresses, it is slavery that provides the terms through which these transformations can be 77 imagined.

Die Parallele zwischen beiden Figuren dient auch Annequin dazu, die strukturierende Funktion des Sklavenwesens im Roman des Apuleius aufzuzeigen: Dans le conte [der Psyche] et le roman [der Abenteuer des Lucius] l’esclavage est partout discrètement présent; il apparaît non seulement comme une réalité sociale incontournable, mais aussi comme le marqueur d’une société et d’un destin individuel. L’esclavage est en effet associé au processus de dégradation sociale, d’aliénation de la personne, mais aussi à une interprétation particulière de la notion de liberté, à une conception spécifique des rapports de l’initié et son dieu. Cette fonction structurante de l’esclavage se découvre peu à peu dans une composition littéraire complexe mêlant réalités et apparences, vérités et il78 lusions.

Dass mythologische Wesen u.a.m. in den Metamorphosen mit Sklaven assoziiert werden können, folgt aus der metaphorischen Verwendung der Sklavereitermini. Venus z.B. wird in Psyches Erzählung als eine grausame und böswilli79 80 ge domina dargestellt , welcher ein Meeresgefolge (marinum obsequium) , 81 82 diverse Vögel , dienende Grazien (Gratiarum ministerio) und eine ganze famulitio unterstehen, zu welcher Consuetudo und die ancillae Sollicitudo 83 und Tristities gehören. Venus nimmt die Dienste (operae) ihres Bruders Merkur als praeco in Anspruch und lässt durch ihn eine Belohnung in Aussicht 84 stellen für den, der ihr die fugitiua Psyche zurückbringt. Juno hatte bereits vorher der Psyche die Aufnahme verweigert unter Berufung auf das Gesetz, 85 das untersagte, einem entflohenen Sklaven Unterkunft zu gewähren . Wegen des (fiktiven) Sklavenstatus der Psyche wird ihre Ehe mit Amor als illegitim 86 und das Kind beider als spurius betrachtet.

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Fitzgerald 2000: 97 f. Annequin 1998: 90, vgl. auch S. 110 ff. Dazu auch Annequin 1994: bes. 261 ff. Vgl. u.a. met. VI, 5,3; VI, 9,1-3. met. IV, 31,5-7. met. V, 28,1-8 (gauia); VI, 6,2-4 (candidae columbae; canora familia). met. V, 28,7. met. VI, 8,5 und 9,2. met. VI, 7,3-8,3. met. VI, 4,4-5. met. VI, 9,5-6. Zum Sklavenwesenvokabular in der Episode Psyches vgl. Annequin 1994: 261 ff.

Imaginaria

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2. Tiere Das Vokabular des Sklavenwesens wird von Apuleius oft metaphorisch zur Kennzeichnung der Tierwelt benutzt. Die Assoziation von Sklaven und Haustieren war ja bekanntlich in der Antike üblich. Sie ist früh unter den skla87 venbezeichnenden Termini des Griechischen belegt und an verschiedenen Stellen der antiken Literatur anzutreffen – von Aristoteles’ Besprechung der 88 Sklaverei von Natur im ersten Buch der Politik über Rechtstexte bis zur Agrarliteratur mit Betrachtungen über die Hauswirtschaft. Für Aristoteles ist die Nützlichkeit des Sklaven als eines Werkzeugs oder eines belebten Eigentums89 gutes (ὄργανον, κτῆμα ἔμψυχον ) der des Haustieres ähnlich: beide liefern 90 für die Befriedigung des Lebensnotwendigen die nötige Körperkraft. Als Empfehlung, Sklaven gehorsam zu machen, sagt Xenophon z.B., dass sie wie zu zähmende wilde Tiere zu behandeln sind, d.h. sie müssen soviel zu essen 91 bekommen, wie sie möchten. Cato der Ältere rät einem Gutsbesitzer, alles Überflüssige zu verkaufen, darunter alte Ochsen, entwöhnte Kälber und 92 Lämmer und einen alten oder kränklichen Sklaven, als ob alle unter denselben Gattungsbegriff fallen würden. Auch bei Varro findet man Sklaven wie Tiere derselben Gattung der zum Landbau verwendeten instrumenta untergeordnet, zwar mit dem Unterschied, dass Sklaven dem genus uocale und 93 Tiere (boues) dem genus semiuocale angehören. Auch von dem Rechtsstandpunkt aus lässt sich auf einer gewissen Ebene diese Gleichstellung von Haustier und Sklaven beobachten. Nach dem römischen Recht unterlag das Haustier „genauso wie der unfreie Mensch der häus94 lichen Ordnung und Zucht“ . Oft regelte dasselbe Gesetz ununterschiedlich Sachverhalte, die sich auf Sklaven wie auf Haustiere bezogen. Die lex Aquilia 87

88 89 90 91 92 93

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Die griechische Sklavenbezeichnung ἀνδράποδον („Menschenfüßer“) wurde in Analogie zum gemeinhin das Lasttier bezeichnenden Wort τετράπουν (Vierfüßer) gebildet. Vgl. Lazzeroni 1970: 165 ff. und Finley 1980: 99. Vgl. Aristoteles pol. 1254 a 17 – 1254 b 39. Ausführlicher Kommentar zur Angleichung des Sklaven an das Tier im 1. Buch der Politik bei Garnsey 1996: 110-115. Vgl. Aristoteles pol. 1253 b 30-34. Aristoteles pol. 1254 b 25-34. Xenophon oec. 13,9. Derselbe Vergleich von Sklaven und wilden Tieren bei Aristoteles pol. 1256 b 20-25. Cato agr. II, 7. Varro rust. I, 17,1. Die dritte Gattung der instrumenta ist das genus mutum, „unter denen die Fuhrwerke (plaustra) fallen“. Zum Sklaven als Werkzeug (ὄργανον) schon Aristoteles pol. 1253 b 30-1254 a 9. Zu dieser und weiteren Stellen der antiken Literatur vgl. Gianotti 1986: 23 f. und Bradley 2000b: 110 f. Norden 1912: 69 f. Anm. 4.

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Sklaventum in den Metamorphosen des Apuleius

z.B. sah dieselbe Strafe vor für jemanden, der ungesetzmäßig einen Sklaven 95 oder einen Vierbeiner tötete, der wie der Sklave einem Herrn gehörte. Das römische Recht ließ in einigen Beziehungen Sklaven und Tiere unter dieselbe Kategorie fallen, nämlich die der res mancipii oder mancipia, unter welcher 96 käufliche und verkäufliche Eigentumsgegenstände zu finden waren. Das Aedilenedikt forderte von den Lasttierhändlern genauso wie von den Sklaven97 händlern die Angabe der „Mängel“ ihrer feilgebotenen Ware. Sei es ökonomisch als Arbeitswerkzeug, sei es philosophisch als ein Trieben unterworfenes und vernunftschwaches Wesen, sei es juristisch als veräußerliche Ware und Gegenstand des Besitzes durch einen Herrn, der Sklave wurde so oft in der Antike mit dem Haustier assoziiert, dass diese Assoziation direkt 98 zu einer in der damaligen Mentalität gängigen Topik über den Sklaven wurde. Im Einklang mit dieser Mentalität wird der Sklave in den Metamorphosen oft dem Tier angeglichen. In den Worten Nordens, „der apulejanische Sklave steht, baar des Adels der Persönlichkeit, rechtlich auf derselben Stufe wie das 99 Tier“ . Eine Stelle des Romans zeigt das recht gut. Die Tochter eines Müllers verkauft nach dem Tode ihres Vaters alles, was sie von ihm geerbt hat, und in der Liste der Erbeigentümer werden in einem Zug Sklaven (familiam), Möbel 100 (suppelectilem) und Lasttiere (iumenta) genannt. Sklaven erscheinen hier nur als veräußerliches Eigentum der Familie des Müllers. An einer früheren Stelle wird die Werkstatt des Müllers beschrieben, in ihr werden Arbeiter (homunculi) derselben Mühsal unterworfen wie Esel, demselben miserablen 101 Zustand ausgeliefert wie diese cantherii debiles und bilden mit diesen dieselbe funesta familia. Solche Situationen erlauben es Apuleius, die Metapher ironisch umzukehren und das Vokabular des Sklavenwesens zur Charakterisierung der Tierwelt einzusetzen. Das Haustier wird in den Metamorphosen häufig durch Anwendung der Sklavereitermini dem Sklaven gleichgestellt, und das nicht nur in Zusammenhang mit dem Esel Lucius, sondern auch mit anderen Tierfiguren.

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Dig. 9,2,2,2, Kommentar bei Buckland 1908: 29. Stellen der Rechtsliteratur, die Sklaven mit Tieren vergleichen oder unter dieselbe Kategorie bringen, bei Bradley 2000b: 111. 96 Isidor orig. 9, 4, 45 definiert: mancipium est quidquid manu capi sudique potest ut homo, equus, ouis. Zum Sinn von mancipium vgl. Capogrossi Colognesi 1979: 178 f. 97 Dazu vgl. Bradley 2000b: 111. 98 Dazu vgl. Bradley 2000b: 110 ff. 99 Norden 1912: 69. 100 met. IX, 31,2: Iamque nono die rite completis apud tumulum sollemnibus familiam supellectilemque et omnia iumenta ad hereditariam deducit auctionem. 101 met. IX, 12,3: quales illic homunculi; IX, 13,1: quales illi muli senes uel cantherii debiles.

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An einer Stelle z.B. wird eine Henne von ihrem dominus als eine ancilla fe102 cunda gepriesen, weil sie viele Eier legte. Unter den famuli des Lucius be103 findet sich auch sein geliebter Schimmel, welcher noch im Traum aus dem Unbewussten seines Besitzers als ein seruus namens Candidus hervor104 105 bricht. Als Esel sieht Lucius in seinem Pferd einen conseruus. Diese von Apuleius gebrauchten Termini markieren sehr wohl, wie Annequin es recht 106 sieht, die Verwandtschaft „entre tous ceux qui servent, bêtes et hommes“ . Doch es ist in Zusammenhang mit der Hauptfigur Lucius, dass der bildliche Gebrauch der Sklavereitermini und besonders das Paradigma Sklave / Tier größere Bedeutung gewinnt und zu einem rhetorischen Strukturelement des Romans wird. Der Gebrauch der auf das Sklavenwesen gehenden Terminologie in der Charakterisierung des Lucius, der aus einem jungen Herrn adliger Herkunft zu einer Eselsgestalt wird, erlaubt es, seine Metamorphose als eine „Versklavung“ zu lesen. Gegen Ende des Romanes meint ein Isispriester, sie wäre den seruiles uoluptates des Lucius zu verdanken.107 Dies ist eine Schlüsselstelle für diejenigen Interpreten, die im gesamten Roman eine Geschichte über die gefallene, danach durch das gnädige Einwirken der Isis erlöste und erhöhte 108 Seele erblicken möchten. In diesem Kontext können Photis (fleischliche Liebe/ Sexualtätigkeit / Einweihung in die falschen Mysterien) und Isis (göttliche Liebe / Keuschheit / 109 Einweihung in die wahren Mysterien) Gegenfiguren darstellen. Die Frage ist nun, ob diese Versklavung auf die sexuelle Unterwerfung unter eine Sklavin oder auf die curiositas nach Zauberei zurückzuführen ist. Es ist in der Forschung umstritten, ob der Ausdruck seruiles uoluptates eher die eine oder die andere Bedeutung hat. Sandy z.B. meint, die in diesem Ausdruck implizierte seruitudo bezieht sich nicht auf Sexuallust, sondern „denotes Lucius’ obsessi110 ve desire to meddle in the malevolent affairs of witchcraft“ . In Entgegnung 111 darauf besteht Griffiths auf die sexuelle Konnotation des Ausdruckes. Nach der Analyse, die Penwill von den Begriffen uoluptas und curiositas aufgrund

102 103 104 105 106 107 108 109 110 111

met. IX, 33,5. U.a. met. III, 26,5. met. XI, 20. Vgl. dazu unten im dritten Kapitel den Satz 15. met. VII, 3,5. Annequin 1998: 115. Vgl. met. XI, 15,1. Vgl. z.B. Festugière 1954: 77, Walsh 1970: 177 ff., Schmidt 1982: 269 ff. Vgl. die Diskussion mit Literatur bei Penwill 1975: 49 ff. und auch 76 f. Anm. 2-5. Sandy 1974: 234. Griffiths 1978: 158-157.

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Sklaventum in den Metamorphosen des Apuleius 112

anderer Stellen der Metamorphosen vorgelegt hat , scheint es hier einen engen Zusammenhang zwischen Magie und sexueller uoluptas zu geben. 3. seruitium amoris Vor der Verwandlung in einen Esel erklärt sich der junge Herr Lucius im Lie113 114 besspiel „versklavt“ durch seine Geliebte, die Sklavin Photis. Nach Keulen ist es ein Fehler, mancipare in diesem Kontext technisch-juristisch zu verste115 hen, wie es einige Forscher getan haben. Termini wie addictio und mancipatio werden schon seit Plautus dazu gebraucht, die (degradierende) Unter116 werfung des Liebhabers unter die geliebte Frau auszudrücken. Später gehö117 ren sie bei den elegischen Dichtern zur Topik des seruitium amoris. Lyne bringt aus der elegischen Literatur manche Beispiele zum erotisch metaphorischen Gebrauch des Vokabulars über das Sklavenwesen. Der Gebrauch der Termini der Sklaverei in einem erotischen Kontext sei bei Plautus lediglich beiläufig und gehöre zu einem „colloquially metaphorical use of servile langu118 age“ . Als literarischer Topos würde das Bild des seruitium amoris erst seit den elegischen Dichtern gebräuchlich: The ‘general’ idiom of labellling all sorts of abject behavior ‘servile’ is the source of the Elegiac seruitium amoris. The seruitium amoris is a particular application of this general idiom, a particular application which was at most rare, even 119 in speech – until the late 30s, until (it seems) Propertius.

112 Vgl. Penwill 1975: 59 et passim. 113 met. III, 19, 5-6: in seruilem modum addictum atque mancipatum; III, 22, 5: tuumque mancipium. 114 Keulen 1997: 209. 115 Vgl. besonders Norden 1912: 133 und auch Summers 1967: 23. Diese Art strikt juristischer Interpretation einer eigentlich literarischen Metapher habe nach Keulen 1997: 209 dazu geführt, Apuleius Rechtsfehler oder gar mangelnde juristische Ausbildung vorzuwerfen. 116 Als Beispiele verweist Keulen (1997: 209 und 210 Anm. 35) auf die Plautusstellen Bacch. 92-3 (mulier, tibi me emancupo: tuo sum), 1205 (ducite nos quo iubet tamquam quidem addictos). Neben addictio und mancipatio weist Keulen (1997: 211 f.) auf den erotischen Gebrauch von dem Rechtsterminus uadimonium sowohl bei Plautus wie Apuleius hin. Vgl. z.B. Curc. 162 (ueneriis uadimoniis), Bacch. 180-1 (me uadatum amore), met. X, 4,5 (libidinis [...] uadimonium). 117 Keulen (1997: 210 Anm. 36) verweist auf Horaz epod. 9,11-12 (Romanus [...] emancipatus feminae), Properz 3,11,1-2 (meam si uersat femina uitam et trahit addictum sub sua iura uirum). 118 Lyne 1979: 123. 119 Lyne 1979: 124.

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Als Metaphern, die eine demütigende Unterwerfung unter eine negative 120 Macht ausdrücken, kommen mancipatio und addictio auch noch in philosophischen Kontexten vor, um die Unterwerfung des Individuums unter fal121 sche Lehrsätze oder unter Leidenschaften zu bezeichnen. Der juristische Sinn von mancipatio – der formale Akt des Verkaufes eines Individuums, welches dadurch das ius suum, seine eigene Rechte verliert und somit als 122 mancipium Gegenstand des Besitzes durch ein anderes Individuum wird – sowie von addictio – der Akt, der aus dem Schuldner einen Schuldknecht 123 (addictus) des Gläubigers macht – können den metaphorischen Gebrauch beider Termini ahnen lassen. Doch das volle Verständnis des komplexen Signifikates von Termini wie diesen kann nicht nur durch den Verweis auf das Rechtswesen der Zeit des Apuleius erlangt werden. Es erfordert ebenfalls die Untersuchung der Tradition des literarischen Gebrauches dieser Termini in 124 der lateinischen Literatur, welcher das Werk des Apuleius angehört. 4. Eselmensch: Sklave und Freigelassener Die Metapher der erotischen mancipatio kündigt das an, was von Lucius im Laufe der Narrative als tatsächliche Wirklichkeit erlebt wird. Nachdem sich Lucius als ein mancipium der Sklavin Photis erklärt hat, wird er durch Magie in einen Esel verwandelt – eine res mancipi, die wie ein Sklave den Besitzer 125 wechselt und ein freudloses Leben voller Not und voller Mühsal zu ertragen 126 hat . Dass sein anstrengendes Eselleben als ein sklavisches verstanden wird, kann aus der häufigen Verwendung des Sklavenwesenvokabulars zur Charakterisierung des Esels Lucius und seiner Verhältnisse entnommen werden. 120 Keulen 1997: 210. 121 Vgl. Keulen 1997: 210 mit Verweis u.a. auf rhet. Her. 4,16,23, Cicero Tusc. 2,5, Seneca benef. 1,3,6 und epist. 110,10. 122 Vgl. Keulen 1997: 209. 123 Zum Rechtsstatus des addictus als halbfreien Menschen vgl. Norden 1912: 87 f. mit Belegen aus den Rechtsquellen. Norden bemerkt, die Lage des addictus sei im allgemeinen sogar übler als die des Sklaven gewesen: „Im Hause des Gläubigers musste er die Schuld abverdienen, wurde zu den schwersten Arbeiten verwendet, überdem auch mit Fesseln belegt und des Nachts in das ergastulum eingesperrt“ (S. 87). 124 Vgl. Keulen 1997: 208. 125 Vgl. met. VIII, 23-25; IX, 11,4 f.; IX, 31,2; X, 13,1. In met. VIII, 24,4 wird der auf dem Markt feilgebotene Esel Lucius von dem praeco direkt mancipium genannt. Über den Sinn von mancipium an dieser Stelle und allgemein als juristischer terminus technicus vgl. unten im dritten Kapitel dieses Buches die Analyse des Satzes 5. 126 Vgl. met. XI, 15,1: Multis et uariis exanclatis laboribus. Negative Charakterisierung des Esellebens von Lucius als ein arbeitsvolles Leben auch met. XI, 2,4: sit satis laboribus.

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Sklaventum in den Metamorphosen des Apuleius 127

Als Haustier wird der Esel famulus, seruus, seruulus, uicarius , capti128 129 130 uus genannt. Er wird zum conseruus bzw. contubernalis von Sklaven 131 bzw. Tieren. Er wird auf dem Markt als mancipium feilgeboten in einer Szene, die Detail um Detail, Terminus um Terminus den Verkauf eines Sklaven evoziert, so dass Wiedemann sie als Quelle für die Erkenntnis der antiken 132 133 Sklavenmärkte benutzte . Die Aufgaben des Esels sind ministerium , serui134 135 136 137 tium ; seine Herren werden von ihm dominus , erilis , emptor genannt. Auch das Verhalten des Esels gegenüber seinen Besitzern spiegelt Züge der Beziehungen zwischen Sklaven und Herren wider. Bradley bemerkt, dass die Art und Weise, wie der Esel Lucius der Gefangenschaft und dem Machtmissbrauch seiner Herren widerstrebt (durch physische Angriffe, Flucht, Selbstmord und List), derjenigen sehr ähnlich ist, die wirkliche Sklaven gemeinhin in 138 der Antike angewendet haben. Und er fügt hinzu: „the treatment and behaviour of the Ass are consistent with the treatment and behaviour of the novel’s 139 slave characters“ . Folter, Prügel, Todesandrohung bzw. Tötung, Schwerstarbeit, Selbstmord(versuche) usw. sind in der Tat die Härten, denen sowohl der 140 Esel als auch die Sklaven im Roman ausgesetzt sind. Lucius wird im 11. Buch auch als Anhänger der Isis dargestellt, der Göttin, die ihn von seiner Tiergestalt befreit. Wie oben schon erwähnt, wird diese Anhängerschaft terminologisch als ein Abhängigkeitsverhältnis beschrieben, das in mehrfacher Hinsicht dem Verhältnis eines Freigelassenen zu seinem 141 ehemaligen Herrn gleicht. Lucius’ Erlangung seiner ursprünglichen Men127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140

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met. VIII, 26,5. met. IX, 42,3. met. VII, 27,7. met. X, 13,5. met. VIII, 24,4. Wiedemann 1981: 106-11. Annequin 2002 wertet den in dieser Marktszene vorhandenen Symbolismus des Sklaventums aus. met. VIII, 26,2; VII, 23,3. met. VII, 23,1; IX, 11,2; IX, 32,1. met. IV, 5,5; IX, 26,4; IX, 32,1. met. IX, 27,1. met. VIII, 24,1. Bradley 2000b: 121. Bradley 2000b: 122. Folter oder Prügel: (für Esel) u.a. met. VI, 30,3; VII, 18,4-19,2; VII, 23,1 ff.; (für Sklaven) VIII, 22,5; IX, 17,4; Todesandrohung bzw. Tötung: (für Esel) IV, 5; VI, 26,3 f.; VII, 22,1 ff.; (für Sklaven) VIII, 22,5; IX, 17,4; Selbstmord(versuche): (bei Eseln) VII, 24,2; X, 29,1; (bei Sklaven) VIII, 22,4; VIII, 31,2; harte Arbeit: (für Esel) IX, 11-13; (für Sklaven) IX, 12,3 f. Dazu vgl. Gianotti 1986: 191 f., Annequin 1998: 123 f., Hidalgo de la Vega 2000: 276 f.

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schengestalt ist ein beneficium der Göttin, das er ihr lebenslang schuldig 142 143 bleibt. Isis fordert von Lucius das religiöse obsequium und ministerium , 144 145 er habe stets auf die Befehle der göttlichen domina zu achten. Unter der 146 tutela der Göttin und durch ihr patrocinium wird er selig leben , unter dem 147 148 iugum des religiösen Dienstes wird er wahrhaft frei sein. Nach Fitzgerald emanzipiert Isis Lucius in die Sklaverei (in seruitium [...] uindicauit), womit der Sinn der traditionellen lateinischen Freilassungsformel in libertatem uindicare umgekehrt wird. Das Paradoxon einer Gottheit wie Isis, die ihre Anhänger dadurch befreit, dass sie ihnen Dienerschaft ihr gegenüber auferlegt, stammt übrigens schon aus hellenistischer Zeit und hat sich gerade zur Zeit des Apuleius insofern intensiviert, als es bewusst ein Element der Bekehrung 149 zur Göttin wird. Der Wortgebrauch im 11. Buch der Metamorphosen wäre also auf diesem religionsgeschichtlichen Hintergrund zu verstehen. Die Assoziation der Eselsfigur Lucius’ mit Sklaven ist kein Phantasiegebilde des Apuleius, sondern Rekurs auf eine in der Antike häufig anzutreffende Vorstellung. Nach der Symbolik der Traumdeutung des Artemidoros – Apuleius 150 scheint sie gekannt zu haben – wurde von Eseln zu träumen normalerweise 151 mit Elend und Sklaverei assoziiert . Die apuleianische Konstruktion des Eselmenschen, so Gianotti, koinzidiert weitgehend mit den im Bewusstsein der Schlafenden vorfindlichen Bildern oder wenigstens mit den Erklärungen, wel152 che die antike Traumdeutung von ihnen gegeben hatte. Auch epigraphische Quellen zeigen die Assoziation von Esel und Sklaven. Asellus und Asella sind 153 als Sklavennamen in Rom belegt. Die domus Gelotiana auf dem Palatin, 142 143 144 145 146 147 148 149

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met. XI, 6,5. Vgl. u.a. met. XI, 6,7. met. XI, 5,4: imperium; XI, 21,4: deae nutu. Vgl. u.a. met. XI, 5,1; XI, 21,6. Vgl. u.a. met. XI, 6,6; XI, 15,3; XI, 21,6. met. XI, 15,5. Fitzgerald 2000: 111. Nach Versnel 1990: 88 würde dieses Paradoxon des befreienden-unterwerfenden Gottes in der hellenistischen Periode nicht über eine „unconcious inconsistency“ hinausgehen. Später wird es „deliberately elaborated“, und als Beispiel der bewussten Unterwerfung des Bekehrten unter die Gottheit führt Versnel eben das 11. Buch der Metamorphosen an. Zur Befreiung-Unterwerfung im Isiskult vgl. ausführlich Versnel 1990: 72-95, Forschungsliteratur zum Knechtschaftsdienst im Isiskult bei Versnel 1990: 91 Anm. 177. Vgl. Gianotti 1986: 25. Vgl. Artemidoros oneir. 1, 24; 1, 37; 4, 56. Gianotti 1986: 24. Über die Beziehung zwischen der Eselmenschenfigur des Apuleius und dem Oneirokriticon des Artemidoros vgl. noch Annequin 1998: 114. Vgl. Solin 1996: 156. Asella ist schon seit dem 2., Asellus erst seit dem 4. Jh. belegt.

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Sklaventum in den Metamorphosen des Apuleius

vermutlich eine ehemalige Sklavenlehranstalt (paedagogium), weist ein Grafitto auf, welches einen kleinen Esel zeigt, der einen Mühlstein bewegt, und eine nicht viel später als aus dem 1. Jh. n. Chr. stammende Inschrift trägt: 154 labora aselle quomodo ego laboravi et proderit tibi . Eine andere Wand desselben Hauses zeigt die Zeichnung eines Mannes, der einen klar als Karika155 tur des Deus christianorum intendierten gekreuzigten Esel anbetet. Der Esel hatte also wie der christliche Gottessohn die von dem römischen Recht für Sklaven vorgesehene Strafe erlitten. Arbeit, Unterwerfung, Elend, Erniedrigung: all das fördert in der antiken 156 Bilderwelt eine Identifikation des Sklaven mit dem Esel. Die Bedeutung der 157 Eselsfigur im Isiskult ist wohlbekannt und erforscht. Sie ist von der Isissym158 bologie des apuleianischen Romanes nicht wegzudenken. Doch dem apuleianischen metaphorischen Gebrauch des Sklavenwesenvokabulars, den Eselmenschen zu bestimmen, kann man nicht die Anerkennung versagen, dass er eine besonders solide Veranschaulichung der in der antiken Welt so verbreiteten Identität des Esels mit dem Sklaven erlaubt. Die Vertierung des Lucius kann in diesem Sinne nach Gianotti verstanden werden „vor allem“ als

154 Vgl. Solin & Itkonen-Kaila 1966: 223. 155 Vgl. Leclercq 1924: Sp. 2042 ff., dort auch eine Reproduktion des Graffitos (Sp. 2044), Angabe der Quellen und Weiteres zur antichristlichen Verleumdung des deus onokoetes. Leclercq erwähnt aber in diesem Zusammenhang die Symbolik Esel-Sklave nicht. 156 Nach Annequin 2002: 328 ist Kontakt- und auch Lebensstandnähe von Sklaven und Eseln ein Gemeinplatz in vielen Sklavenhaltergesellschaften. Im neuzeitlichen Afrika z.B. wurde der Preis der Sklaven unter Bezugnahme auf Pferde, Maultiere und Esel festgelegt, und die neuzeitlichen spanischen Register erlauben es nicht immer, Sklaven von anderen Waren wie z.B. Reittiere zu unterscheiden (Annequin 2002: 331). Dem könnte man ein weiteres Beispiel zur Seite stellen. Die Semantik des Port. „mulato“, Diminutiv von „mulo“ (Lat. mulus, Maultier), fußt auf die Identität des Sklaven mit dem Esel. Das Wort ist auf Portugiesisch seit 1527 belegt, d.h. ungefähr seit der Einrichtung der Kolonie Brasilien, um Mischlinge aus Weißen und Schwarzen zu bezeichnen. Brasilien hatte als Sklavenhalterland eine Sklavenpopulation, die meist aus Schwarzen bestand. Die Wortbedeutung also scheint prima facie auf dem Rassischen zu beruhen: wie der „mulo“ wäre auch der „mulato“ aus der Kreuzung zweier artverschiedener Wesen hervorgegangen (Pferd + Esel / Weißer + Schwarzer). Es ließe sich aber über das Maß streiten, in dem einige traditionell dem Esel zugeschriebene Eigenschaften wie Arbeitsfähigkeit, Sturheit, Sexualpotenz usw. nicht auch in die überlieferte Vorstellung des „mulato“ oder der „mulata“ geflossen sind. Zur Etymologie und Semantik von „mulato“ vgl. DHP s.v. „mulato“, „mulo“ und „burro“. 157 In der ägyptischen Götterwelt stellt der Esel Seth-Typhon dar, den Feind der Isis (vgl. met. XI, 6,2). Über die Isissymbologie des Esels allgemein und im Roman des Apuleius vgl. z.B. Martin 1970: 332 ff. Weitere Literatur zum Thema bei Annequin 1998: 115 Anm. 41. 158 Annequin 1997: 118: „L’image de l’âne signifie l’esclavage mais s’inscrit aussi dans l’univers isiaque“.

Philosophische Anspielungen

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morte civili di uomo libero che ha perso la propria identità fisica e il proprio statuto sociale, che attaversa il caos dell’esistenza quotidiana ai suoi livelli più bassi e che si mescola ad una folla misera di emarginati e di servi, sperimen159 tandone le dure condizioni di vita.

Das Vokabular des Sklaventums hat in den Metamorphosen eine rhetorische Funktion. Es erlaubt nicht nur die Realität zu beschreiben, sondern auch ein Schicksal zu dramatisieren, ein bestimmtes Pathos zu verleihen dem Fall eines Helden in die Welt der Notwendigkeiten und des Leidens, der Unterwerfung und Entfremdung der menschlichen Person.

C. Philosophische Anspielungen Über den spezifisch sozialen Aspekt hinaus kann die Vertierung / „Versklavung“ des Lucius auch noch aus philosophischen Bezügen verstanden werden. So sieht auch Fitzgerald die Metamorphosen als eine Erzählung in der ersten Person, die durch eine philosophische und religiöse Sklaventumsmetapher 160 eingerahmt wird. Dem sind hier einige kurze Bemerkungen allgemeiner Natur anzuschließen. 1. Platon Die Forschung hat weitere Konnotationen des Eselmenschen besonders aus 161 den platonisierenden Tendenzen des Apuleius herauszulesen versucht. Die Verwandlung des Lucius in einen Esel durch seine seruiles uoluptates, zu denen gewiss der Geschlechtsverkehr mit einer Sklavin zu zählen ist, würden an den platonischen Mythos des Ursprunges der Tiere aus dem moralischen 162 Verfall des Menschen sowie an die platonische Lehre der Metempsychose erinnern. Nach dieser Lehre soll die tierischen Sinnen zugetane Seele in dem 163 Tierkörper wiedergeboren werden, der ihrer Lebensweise eignet. In Esels-

159 Gianotti 1986: 30. 160 Fitzgerald 2000: 93. 161 Zu diesem Fragenkomplex vgl. allgemein Thibau 1965, Pottle 1978 und Münstermann 1995. 162 Vgl. Platon tim. 90 b - 92 c. 163 Vgl. u.a. Platon phaid. 81 a - 84 b. Dieser platonische Mythos, ein Gleichnis der sittlichen Degradierung der Lebensformen und der Seelen, wird dem philosophus platonicus Apuleius wohl aus dem Phaidon bekannt gewesen sein. Er hat die Bearbeitung einer uns nicht erhaltenen lateinischen Version dieses Dialogs von Platon verfasst (vgl. Schwabe 1895:

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form würden die Menschen wiedergeboren, die im Laufe ihres Lebens sich der Völlerei und der Zügellosigkeit bzw. einem starken Geschlechtstrieb hingege164 ben hätten , Laster übrigens, die in der Antike traditionell dem Esel zuge165 schrieben wurden und denen die Figur des Eselmenschen sowohl in den 166 Metamorphosen als auch im griechischen Onos frönt . Lucius’ Metamorphose erscheint demnach auf diesem Hintergrund als physische Wirkung einer moralischen Degradierung, bei welcher der herrschaftliche Teil seines Wesens, d.h. die Seele bzw. die Vernunft, den servilen Teilen, d.h. dem Körper bzw. den 167 leidenschaftlichen Impulsen unterliegt. In diesem Sinne dient die Metamor168 phose eher dazu, Lucius’ Natur darzutun als sie zu modifizieren. 2. Aristoteles Von den philosophischen Bezugnahmen, welche die Figur des Eselmenschen evoziert, scheint Aristoteles mit der im 1. Buch der Politik formulierten Idee 169 des Sklaven von Natur die evidenteste zu sein . Der Mittelplatonismus des 2. Jhs. n. Chr., dem auch Apuleius als philosophus platonicus angehörte, hatte nämlich bereits einige aristotelische Vorstellungen als Ergänzungen des Plato170 nismus übernommen . Die Präsenz dieser Vorstellungen bei dem Platoniker Apuleius überrascht also nicht. Unter Sklaven von Natur versteht Aristoteles ein seiner Vernünftigkeit nicht gerecht werdendes Wesen, das sich deswegen nicht selbst zu regieren weiß und also als beseeltes Werkzeug (ὄργανον) bzw. Eigentumsgegenstand (κτῆμα ἔμψυχον) genauso wie die Arbeitstiere dazu bestimmt ist, unter der Herrschaft

164 165 166

167

168 169 170

Sp. 249). Über die oben genannten platonischen Anspielungen bei Apuleius vgl. Schlam 1970: 480, Pottle 1978: 85 f. und Gianotti 1986: 19 ff. Vgl. phaid. 81 e. Zu den moralischen Kennzeichen, die dem Esel zugeschrieben wurden, mit Hinweisen auf Antikes vgl. Olck 1907: Sp. 634 f. Zur Vorstellung der Obszönität des Esels s. weiter unten. Vgl. z.B. met. 10,13,7; 7,24,1; 10,21-22 und Onos 51. Dazu Pottle 1978: 76: „The Platonic doctrine that the human soul is a slave imprisoned in the body and subject to his animal demands (cf. Phaid. 66 d 3-7) is given its full realisation in the figure of the ass, which in antiquity was known for its gluttony and its infatuation with its own sexuality“. Über die Seele als vernünftig im Gegensatz zu dem Körper vgl. Platon phaid. 80a f., über die Seele als regierendes und der Körper als Regiertes vgl. Aristoteles pol. 1254a 34-1254b 9. Dazu auch Apuleius de Platone 2,4 ff. Schlam 1970: 481. Klare Darstellung der aristotelischen Lehre des Sklaventums von Natur bei Garnsey 1996: 107 ff. und mit Diskussion der jüngeren Forschungsliteratur bei duBois 2003: 189 ff. Zur Präsenz aristotelischer Gedanken im Mittelplatonismus und auch im philosophischen Werk des Apuleius vgl. Donini 1979: bes. 104 ff. und Gianotti 1986: 21.

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anderer das für das Leben Notwendige mit seiner Körperkraft zu besorgen. Diese schon bei Platon anzutreffende funktionale Annäherung des Sklaven an 172 Arbeits- bzw. Haustiere ist, wie oben bemerkt, auch in der antiken Agrar- und Rechtsliteratur üblich. Sie hat in der apuleianischen Figur des Eselmenschen eine direkte Allegorie. Und manches aus der aristotelischen Vorstellung des Sklaven von Natur scheint enge Entsprechungen in dieser Figur zu haben. Für Aristoteles war das Sklaventum von Natur körperlich gegründet. Wer von Natur zum Dienen bestimmt war, hatte einen Leib, der tendenziell von demjenigen Leib verschieden war, den der zum freien Bürger Bestimmte besaß. Der Leib des Freien wäre eher aufrecht und der Handarbeit unfähig, doch des politischen Lebens fähig, der Leib des Sklaven dagegen würde sich durch Körperkraft auszeichnen, die zur Erfüllung von Dienstaufgaben nötig ist173 – eine Vorstellung übrigens, die auf der Verkehrung von Ursache und Wirkung gründet. Der von Lucius angenommene Eselskörper scheint eben die aristotelische Vorstellung eines Leibes zu illustrieren, der Dienstaufgaben konform ist. Es lässt sich in den Metamorphosen ein weiterer Punkt dieser Vorstellung des Sklaven von Natur erkennen. Obwohl Aristoteles den Sklaven funktionell an die Seite des Tieres stellt, gibt er gleichzeitig zu, dass der Sklave an einem gewissen Maß Vernunft teilhat. Er hat genügend an der Vernunft teil (κοινωνῶν λόγου), sie zu verstehen (αἰσθάνεσθαι), obwohl er selbst sie nicht besitzen (ἔχειν) kann.174 Insofern der Sklave Vernunft wahrnehmen und also befolgen kann, würde er sich gerade dadurch von dem Tier unterscheiden, das 175 nur „seinen eigenen Trieben gehorcht“ . Schlaifer fasst die Lehre wie folgt zusammen: The natural slave is a being having that part of the soul (the pathetikón mórion; tó álogon) which shares in reason (lógou koinoneín) to the extent of perceiving it (aisthánesthai); he lacks that part (tó bouleutikón) which possesses reason fully (lógon éxein) and enables moral choice (proaíresis) in advance of action (té dianoía proorân). Thus he is neither a man, who is distinguished by full possession of the soul, nor a beast (theríon), which is distinguished by its ab176 sence, but is sui generis (Hervorhebung von mir B. A. V.).

171 172 173 174 175 176

Aristoteles pol. 1254 b 2 – 1254 b 26. Dazu Gianotti 1986: 23 f. Platon politikos 289 b. Aristoteles pol. 1254 b 28-34. Aristoteles pol. 1254 b 22 ff. Aristoteles pol. 1254 b 23-24. Schlaifer 1936: 196.

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Dieser Punkt der aristotelischen Theorie ist kontrovers und hat in der For177 schung eine lang anhaltende Diskussion ausgelöst. Es wäre hier abwegig, sie weiter zu verfolgen. Es ist aber zu unterstreichen, dass die aristotelelische Ambiguität der Vernünftigkeit bzw. Humanität des Sklaven in gewissem Masse auch in der Verfassung des Lucius wiederkehrt. Er ist nämlich ein Esel, der mit seinem Tierkörper die Nöte schweren Dienstes zu ertragen und trotzdem dabei 178 seinen sensus humanus zu erhalten vermag. Er ist ein von einem einfachen Lasttier unterschiedenes Wesen sui generis. Er hat Gefühle, er kann denken 179 und sich empören, er kann „eselsmäßig“ moralische Urteile fällen. Er weiß 180 die Güter der menschlichen Zivilisation zu schätzen , er kann menschliche Gesten lernen, auch menschliche Worte verstehen und seinen sensus durch 181 Gebärden ausdrücken . Dieser Esel kann sich schämen bei einer Erniedrigung, die ihn noch mehr herabsetzt wie z.B. die öffentliche Ausführung des 182 Sexualaktes mit einer Verurteilten , eine Beschämung, die zusammen mit 183 der Todesangst ihn zu einer frei beschlossenen (liberum arbitrium ) Tat treibt, zur Flucht nämlich, welche die Befreiung aus seiner Tier- bzw. Sklaven184 verfassung vorwegzunehmen scheint . Lucius läuft einfach davon und findet

177 Dazu Schlaifer 1936: 194 ff., der Aristoteles’ Denken in diesem Punkt als „hopelessly confused“ sieht (S. 194). Fortenbaugh 1977: 137 ff. sucht zu zeigen, Aristoteles’ Lehre sei wenigstens „theoretisch“ stimmig. Garnsey 1996: 108 ff. fragt sich, ob die Sklaven von Natur mit ihrer Halbvernünftigkeit nicht in die Kategorie der „bestial people“ einzuordnen sind, die Aristoteles in der Ethik erwähnt (vgl. eth. Nic. 1145a 15-23). Zur Kritik an diesen Punkt der aristotelischen Lehre des Sklaven von Natur vgl. Smith 1983: bes. 113 ff. DuBois 2003: 191 verweist auf die Komplexität der aristotelischen Lehre über den Sklaven von Natur und bemerkt, dass sie in relativ inkohärenter Form in Aristoteles’ Denken über den Sklaven und den Menschen eingestreut ist. 178 met. III, 26,1: ego uero quamquam perfectus asinus et pro Lucio iumentum sensum tamem retinebam humanum. 179 Die Stellen, an denen Esel-Lucius seinen sensus moralisierend gebraucht, sind oft von deklamatorischer Eloquenz und ironisch gemeint, vgl. z.B. met. X, 33 seine entrüsteten Verwünschungen gegen Gerichtswesen und mythologische Ungerechtigkeiten, die den Leser vor einen philosophans asinus stellen. 180 Wie z.B. das Essen, vgl. met. X, 13,7: nec enim tam stultus eram tamque uere asinus, ut dulcissimis illis relictis cibis cenarem asperrimum faenum. 181 met. X, 17,6: asinum luctantem, asinum saltantem, asinum uoces humanas intellegentem, sensum nutibus exprimentem. 182 met. X, 34,5. Essen, Sprache und Sexualität sind die drei Punkte, mit denen nach Strub (1985: bes. 184 ff.) der „Prozess der Zivilisation“ des Esels Lucius beginnt. 183 met. X, 35,2. 184 Vgl. Gianotti 1986: 30.

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Zuflucht an einem Strand in der Nähe von Korinth, von dem aus er seine Bitt185 gebete an Isis, seiner künftigen Befreierin richtet. Nach Bradley verleiht dieser Ausgang, der im griechischen Onos nicht vorkommt, dem Roman einen besonderen Sinn. Er zeigt, dass die Strategie, den Sklaven dem Tier anzugleichen, nie ganz erfolgreich war: „the animalization could no more guarantee the slave-owner success in the management of his 186 slave property than any other means of control“ . Der Widerstandswille des Sklaven, sein letztendliches liberum arbitrium, war immer latent. Wenn sich der Dienstdruck bis zum Unerträglichen fühlen machte, konnte er immer so wie hier am Ende des 10. Buches von Lucius betätigt werden. Durch Teilnahme an zwei Naturen, der menschlichen und der tierischen, steht Lucius auf dem neutralen Boden zwischen Zoologie und Anthropologie, auf welchen antikes Denken den Sklaven zu stellen suchte, in Gianottis Worten auf il genos umano più basso (o meno umano) tra tutti, la classe degli andrapoda o dei sômata della tradizione greca, contigua a le diverse specie di animali da lavoro e a esse assimilata nella definizione degli ‘strumenti animati’ su cui si fon187 da la struttura materiale dell’oikonomia di stampo aristotelico.

3. Stoiker Der mittlere Platonismus des 2. Jhs., dem Apuleius angehört, ist kein „orthodoxer“ Platonismus, denn er ist durch peripatetische und stoische Einflüsse 188 gekennzeichnet. Diese Einflüsse lassen sich auch in den Metamorphosen erkennen. Lucius’ Geschichte verweist z.B. bekanntlich auf die bei den Stoikern anzutreffende Vorstellung eines Sklaventums der Seele, des Sklaventums als einer moralischen (und nicht legalen oder körperlichen) Verfassung des 189 Individuums. Selbst wenn aufgrund der fragmentarischen Quellenlage insbesondere zur Früh- und Mittelstoa die Behandlung der Sklaventumsfrage durch diese Schule nicht mehr systematisch zu rekonstruieren ist, lassen sich 185 186 187 188

Vgl. met. XI, 1 ff. Bradley 2000b: 124. Gianotti 1986: 23. Dazu Moreschini 1978: 133-191. Der platonicus Apuleius muss als ein Synkretist verstanden werden. Er macht freien Gebrauch von den Lehren des Aristoteles und der Stoiker, er betrachtet die Stoa als einen Zweig des Platonismus und selbst Aristoteles als einen Platoniker (vgl. Merlan 1970: 64-73). Die Forschung hat zudem noch darauf aufmerksam gemacht, dass der Platonismus des Apuleius Eigenartigkeiten aufweist, die auf die Beeinflussung durch andere zeitgenössische religiöse und intellektuelle Bewegungen wie z.B. die Gnosis oder die Mysterienreligionen hinweisen (vgl. Dowden 1998: 1 ff.). 189 Über moralisches Sklaventum nach der Stoa vgl. Garnsey 1996: 128 ff.

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einige allgemeine Züge des stoischen Denkens über das Sklaventum bestim190 men. Unter ihnen findet sich der Gedanke, dass wirkliches Sklaventum wie auch wirkliche Freiheit nicht in der legalen bzw. physischen Verfassung des Individuums liegt, welche ihm eigentlich äußerlich und deshalb seiner (moralischen) Kontrolle entzogen ist. Wahres Sklaventum wirft dadurch, dass es in der Macht des Individuums steht, ein moralisches Problem auf und ist deshalb eine Verfassung der Seele. Von daher stammt das stoische Paradoxon, dass nur der Weise oder Gute frei sei, der Unwissende oder Böse dagegen immer 191 Sklave. Eine freie Seele kann somit einem Sklavenkörper innewohnen, wie 192 auch ein dem Recht nach freier Mensch eine Sklavenseele haben kann. Wie es mit Lucius geschieht, einem jungen Mann vornehmer Abstammung, der dem Recht nach frei, aber in seiner Seele ganz seinen Trieben unterworfen ist. Wie oben in diesem Kapitel schon erwähnt, erklärt sich Lucius zur Befriedigung seiner Neugier nach Magie und seiner Liebesneigung zur Sklavin Photis 193 freiwillig als ihr mancipium. Wie Photis es an einer vorhergehenden Stelle 194 sagt, die uoluptas beider unterscheidet sich nicht , d.h. seelisch unterscheidet sich Lucius trotz seines hohen Standes nicht von einer Sklavin. In den Worten Pottles, „uoluptas, then, is the jailer in Lucius self-created hell. Like 195 Psyche, he is incarcerated in a prison of delights“ . Der Freiheitsverlust, die Vertierung des Lucius ist also „self-created“, verursacht durch seine volle Zustimmung zu den Bedürfnissen und Trieben der tierischen (d.h. irrationalen) Seite seiner Seele. Seine Versklavung wird nicht durch äußerliche, seiner Macht entzogene Wesen bestimmt wie soziale Regeln, Gesetze, oder gar fortu196 na. Es ist ein selbsthervorgerufener Prozess, dessen einziger Verantwortlicher Lucius selbst ist. Dies verlegt das Problem seiner Vertierung / Versklavung auf eine moralische Ebene. Die Geschichte des Lucius lässt also die seruitus uoluntaria thematisieren, einen moralischen stoizisierenden Topos, der an mehreren Stellen der antiken 197 Literatur auftaucht. Es handelt sich hier hauptsächlich um eine freiwillige 190 191 192 193 194

Dies die Vorgehensweise von Garnsey 1996: 133. Vgl. Cicero parad. V: solum sapientem esse liberum, et omnem stultum seruum. Eine schon durch Aristoteles erwogene Möglichkeit, vgl. pol. 1254b 27 ff. met. III, 19,5: in seruilem modum addictum atque mancipatum teneas uolentem. met. II, 10,6: ‚nam ego tibi mutua uoluntate mancipata sum, nec uoluptas nostra differetur ulterius’. 195 Pottle 1978: 131. 196 Lucius möchte immer ihr die Schuld an seinem Unglück geben, vgl. z.B. met. IV, 2,4; VII, 2,4; VII, 3,5; VIII, 24,1 usw. 197 Seneca epist. 47, 17: alius libidini seruit, alius auaritiae, alius ambitioni, omnes timori [...] : nulla seruitus turpior est quam uoluntaria. Vgl. Seneca benef. 3,28,4. Seneca organi-

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knechtische Unterwerfung der Vernunft unter Leidenschaften. Aus Verachtung für das natürliche Vernunftvermögen kann sich der Mensch den Leiden198 schaften, also dem nicht vernünftigen Teil seines Wesens unterwerfen . Dadurch verliert er seine Freiheit, seine Selbstbestimmungsfähigkeit, die zum vernünftigen Teil seines Wesens gehört, und wird zum Sklaven seiner eigenen Leidenschaften, nach stoischer Lehre also zum wahren Sklaven. Lucius gibt die Betätigung seiner Vernunft auf und überlässt sich seinen Leidenschaften (uoluptas, libido, curiositas), die er, um sich als Mensch zu verhalten, eher beherrschen sollte. Indem er seine Vernunft (λόγος, ratio) missachtet, gerät er freiwillig in einen unfreien und gleichzeitig nichtmenschlichen Zustand, da der Mensch sich eben durch λόγος / ratio von den anderen Lebewesen unterscheidet. Dieser unfreie und enthumanisierte Zustand betrifft hier aber nicht nur die Seele des Lucius, sondern auch seine menschliche Gestalt, seinen Körper. So geschieht mit Lucius eine vollständige körperliche, seinem seelischen Zustand entsprechende Verwandlung, und zwar aus einem Menschen in einen Esel, ein Lasttier, das als Symbol sowohl für libidinöse Unmäßigkeit199 als auch für Elend und Sklaverei galt. Die apuleianische Erzählung des Eselmenschen kann also auch gedeutet werden als fabelhafte Darstellung des Themas der dem Menschen innewohnenden verlorenen Freiheit: „ci troviamo, in sostanza, di fronte alla ‘drammatizzazione’ di un topos ampiamente collaudato 200 dal linguaggio filosofico sul terreno delle scelte etiche“ . Es ist also nicht zu leugnen, dass der Sinn des apuleianischen Eselmenschen an Klarheit gewinnt, wenn er im Lichte der angeführten philosophischen Lehren betrachtet wird. Vor diesen Hintergrund stellt Apuleius durch dieses Bild des Eselsklaven, des Tiermenschen viel mehr als ein naives Phantasiegebilde hin. Sein Eselmensch ist ein prägnant anschauliches Bild des Paradigmas Freier – Sklave / vernunftbegabtes Wesen – vernunftunbegabtes Wesen / Mensch – Tier, das auf philosophischer, ökonomischer und juristischer

siert seine Behandlung dieses Topos um die Differenz von positivem Recht und Naturrecht, vgl. Richter 1958: 196 ff. Zu diesem Topos in den Metamorphosen vgl. Gianotti 1986: 17 f. 198 Dazu vgl. z.B. Cicero rep. III, 25 und Apuleius De Plat. et eius dogm. 225: optima et rationabilis portio et quae etiam imperitare ceteris debet, seruit aliis, illae uero uitiorum ducatrices, iracundia et libido, ratione sub iugum missa dominantur. 199 „The ass was noted in antiquity for its large phallus, and the use of onos, asinus and asellus to refer to lusty males is well attested“ (Schlam 1970: 481). Literatur bei id. ibid. Anm. 7. Zur Vorstellung von der Obszönität des Esels durch die Griechen, die dieses Tier dem Dionysos und seinem Kreise zuweisen ließ, vgl. Olck 1907: Sp. 652 f. 200 Gianotti 1986: 16.

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Ebene verschiedenen antiken Diskursen über die Natur und die Funktion des Sklaven das Gepräge gibt.

D. Ernsthaft oder lächerlich? Die Frage über Ernsthaftigkeit oder Lächerlichkeit der Metamorphosen ist früh zu einem Kernpunkt, zu einem wahren locus der Apuleiusforschung ge201 worden. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit kann sie ungefähr so formuliert werden: Erlauben alle oben genannten Belege der Sklaverei wie auch weitere, die soziale, juristische, philosophische oder religiöse Themen berühren, diesen Roman als einen rein „ernsthaften“ zu deuten? Hat denn Apuleius das Werk mit der klar didaktischen Absicht geschrieben, eine spezifische soziale, philosophische oder religiöse Botschaft zu verkündigen? Daran schließt sich das Problem an, die im Roman voraussichtlich identifizierbaren „ernsthaften“ oder didaktischen Themen mit dem zu verbinden, was der Erzähler in der Vorrede des Romanes seinen Lesern in Aussicht stellt: lector, intende, laetaberis202. 203 Nach Annequin haben Forscher wie Merkelbach (1962) und Thibau (1965) wegen ihrer „ernsthaften“ Deutung des Sinnes der Metamorphosen oft den ironischen und satirischen Ton übersehen, der im ganzen Werk und unmissverständlich in dessen Vorrede anklingt. Dies lässt alle Versuche als problematisch erscheinen, die das Werk unbedingt als eine Art allegorischen Mani204 festes dieser seriösen Themen lesen möchten. Der Einsatz platonisierender Vorstellungen in den Metamorphosen, welcher sich auch auf die Themen der Religion und des Sklaventums (der Seele) erstreckt, impliziert nicht, dass Lucius’ Geschichte eine strikt moralische Fabel sei, die eine präzise Lehrabsicht verfolgt. Pottle z.B. verficht eine „ernsthafte“ Deutung der Metamorphosen im Lichte platonischer Vorstellungen und umreißt sie als „the story of 205 Lucius, the Platonically unjust ass, who finds his salvation in Isis“ . Die Mög201 202 203 204

Zu diesem Fragenkomplex Schlam 1971: 293 ff. und Schlam & Finkelpearl 2000: 46 ff. met. I, 1,6. Annequin 1998: 93. Zur Lächerlichkeit oder Ernsthaftigkeit des Werkes Holzberg 2001: 105 ff., der nach früherem Schwanken sich für ersteres entscheidet. Wie Dowden (1994: 419 ff.) war er früher davon ausgegangen, der Text mache eine ernsthafte philosophische und religiöse Aussage: „Ich habe das vorübergehend auch geglaubt, nachdem ich zunächst nur der Aufforderung der Vorrede gefolgt war, den Roman einfach unterhaltsam und lustig zu finden. Wie man sieht bin ich zu dieser Auffassung zurückgekehrt“ (Holzberg 2001: 114 f.). 205 Pottle 1978: 138, vgl. auch 61.

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lichkeit, in den Metamorphosen Platonisches zu finden, macht dies noch nicht zum endgültigen Schlüssel zum Verständnis des Werkes, und das gilt auch für 206 stoisches oder aristotelisches Gedankengut. Der Platonismus und andere „ernsthafte“ Elemente im Roman des Apuleius (was übrigens auch die aus einer philosophischen Perspektive verstandene Thematik des Sklaventums einschließt) kann adäquater auf der Weise Harrisons erfasst werden, d.h. als part of the intellectual apparatus of its writer, deployed for clever literary effect and as a mode of structuring the narrative, and need have no particular message to the reader – this is not a work written to promote Platonic epistemology, but a work which uses Platonic epistemology as one of its structuring princi207 ples.

Es geht also nur um die Feststellung, dass die Fiktion des Eselmenschen auch philosophische Gedanken auszudrücken vermag, aber nicht nur das. Der Platonismus der Metamorphosen sowie die dort vorhandenen philosophischen und religiösen Anspielungen auf das Thema des Sklaventums bzw. Befreiung der Seele scheinen eher dazu zu dienen, dem Phantasiematerial einen intellektuellen Reiz zu geben, was sicherlich dem allen Anschein nach kultivierten Publikum der Metamorphosen gefallen würde. In den Florida z.B. richtet sich Apuleius an die digna curia seiner kartaginesischen Zeitgenossen als das gelehrte Publikum seiner Schriften.208 Dieses Werk ist aber wahrscheinlich vor den Metamorphosen erschienen. Jedenfalls verlangten die ständigen literarischen Anspielungen in den Metamorphosen und die sprachliche Virtuosität 209 210 des Apuleius ein kultiviertes Publikum . Will man diesen Punkt richtig verstehen, so ist es angebracht, den eklektischen Platoniker Apuleius im intellektuellen Kontext seiner Zeit zu verorten. Der Platonismus macht zur Zeit des Apuleius tatsächlich eine Komponente der literarischen Kultiviertheit und des Vergangenheitskultes aus. Er herrschte damals in den Intellektuellenkreisen der zweiten Sophistik vor. Das apuleianische Selbstbildnis als philosophus platonicus, das uns aus vielen Stellen seiner Apologie entgegentritt, ist das Bild eines Intellektuellen mit einer umfassenden literarischen Bildung, eines erotischen Poeten, eines Erforschers nicht nur himmlischer Gegenstände, sondern auch der Naturdinge (Medizin, Tieranatomie), eines gleichwohl durch seine kostspieligen Studienreisen verarm206 207 208 209 210

Dazu vgl. Schlam 1970: 477 ff. Harrison 1996: 513. flor. 18,14-16. Vgl. dazu met. M: LXI ff. und LXXII ff. mit weiterführender Literatur. Diese These wird z.B. von Dowden 1994: 419 ff. und Anderson 1996: 107 ff. vertreten.

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ten Prominenten, eines Weltwanderers, der sowohl Latein als auch Griechisch spricht und dazu ein begabter Redner ist. Dieses Philosophenbild weist deutliche Ähnlichkeiten mit den geistigen Idealen jener kultivierten Kreisen der Zeit wie desjenigen auf, den Aulus Gellius in seinen Attischen Nächten beschriebe211 nen hat und an dem Apuleius teilgenommen haben soll. Zu diesem Kreis zählten gewiss auch bekannte Platoniker wie Gaius (ein vermeintlicher Lehrer 212 des Apuleius ) und Favorinus von Arles, „un sophiste teinté de culture philo213 sophique“ , der als ein Grundmuster des sophistischen Intellektuellen gelten 214 kann und anscheinend mit dem Apuleius verbunden war . Sich als Platoniker vorzustellen ist für Apuleius eher ein geistiges wie soziales Zeichen, welches das Individuum in die Gesellschaft der Gebildeten einzuordnen und es von dem ungebildeten Pöbel zu unterscheiden erlaubt, als ein eigentlich philosophisches Bekenntnis. Der Ausdruck philosophus platonicus dient in der Apologie rhetorisch zu einer Selbstlegitimierungsstrategie des Redners, welche die Person des Apuleius ins edle Gelehrtenlicht rückt als ein griechisch und lateinisch gebildeter, urbaner Mann, der in Athen studiert hat, in Kontrast zu seinem ungehobelten, provinzlerischen Gegner Aemilianus. Mehr denn Philosoph und in Mysterienreligionen Eingeweihter ist Apuleius ein Sophist seiner Zeit. Er erblickt überhaupt keinen Widerspruch darin, Realia, Philosophie und Religion bewusst mit Rhetorik und poetischer Unterhaltungsfunktion zur Belustigung seiner Leser zu verbinden.215 Philosophie und poetische Unterhaltung kommen in den Metamorphosen zusammen, die 216 Trennung beider ist modern. „Ernsthaftes“ Material philosophischer oder religiöser, juristischer, historischer oder soziologischer Natur, das in den Metamorphosen auffindbar ist, kann die Lächerlichkeit der Narrative über das populäre Niveau hinaus erheben, doch sie nicht aufheben. Das Eingangsversprechen des Autors, im Roman Unterhaltung zu bieten, wird tatsächlich vom Anfang bis zum Ende des Werkes gehalten. Das gilt auch für das 11. Buch, in dem die Einweihung des Lucius in die Isismysterien beschrieben wird. Das Komische an der apuleianischen Isisepisode wird denn auch in vielen Untersu211 André 1987: 59-61. 212 Moreschini 1978: 12. Doch Dillon (1977: 338) schlägt Sextus von Chaironeia, Taurus und einen unbekannten Philosophen als Lehrer des Apuleius in Athen vor. 213 André 1987: 61. 214 Vgl. Sandy 1997: 93. 215 Vgl. dazu Harrison 1996: 516. Dass Apuleius als Vertreter der zweiten Sophistik Philosophisches und literarische Ansprüche als Teil derselben intellektuellen Bemühung betrachtete, versucht Sandy (1997) in seiner umfassenden Studie zu zeigen. 216 So Schlam 1992: 17.

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chungen behandelt. Dabei sei der Autor Apuleius von dem Erzähler Lucius zu unterscheiden, um „hinter der Erzählung des Lucius über seine Initiationen 218 die Ironie des ‘versteckten Autors’ Apuleius zu entdecken“ . Die Rhetorik des Lucius in seinen Gebeten an Isis und die Epiphanie der Götter wollen nach Harrison in ihrem jeweiligen Kontext überzeugen, drücken aber nicht unbedingt die Sicht des Autors aus. Der satirische Ton wäre z.B. an den praktisch endlosen Einweihungsstufen erkennbar, „each time involving expenditure by the impoverished Lucius and strongly marked in the text by pointed remarks 219 and false endings“ . Und laut Holzberg: Der von Isis Erlöste muss nämlich auffälligerweise ein ähnliches Leben führen wie zuvor als Esel, und zwar insofern, als er auch jetzt eine Reihe von Entbehrungen ertragen und – wie das Grautier seinen menschlichen Herrn – den von ihm zu verehrenden Gottheiten und ihre Priestern ‘sklavisch’ dienen, ja sogar 220 für sie viel Geld ausgeben muss.

Es muss also festgehalten werden, dass hier wie auch anderweitig das Material aus den „ernsteren“ Kontexten – Isisreligion, Platonismus, römisches Recht, Tatsachen des sozialen Lebens wie z.B. Sklaventum – in den Dienst einer lege221 ren und amüsanten literarischen Form gestellt wird. Als Bestandteil des alltäglichen Lebens in der Antike trug auch das Sklaventum zusammen mit anderen so genannten ernsthaften Elementen wie Ehe, Religion, Magie, Politik, Militärwesen u. dgl. m. dazu bei, Spannungspunkte für die Erfindung lächerlicher fiktiver Situationen zu liefern. Das Eselsklaventum des Lucius stellt also in den Metamorphosen neben einem Thema ein Mittel dar, den Leser Freude empfinden (laetari) zu lassen. Was nun das Verständnis des Sklaventums in diesem Werk aus der Perspektive des Komischen angeht, so gibt es zwar Untersuchungen zu einigen besonderen Aspekten, aber das Verhältnis von Sklaventum und Komischem wurde als solches in der bisherigen Forschung praktisch noch nicht untersucht. Es wird weiterhin ein Forschungsdesiderat bleiben, doch sollen hier einige Punkte als Anregung für die künftige Forschung angesprochen werden. Aufgrund der Betrachtung intertextueller Aspekte der Metamorphosen muss die Untersuchung des möglichen komischen Tenors des Sklaventums, 217 218 219 220

Vgl. u.a. Winkler 1985: 223 f., Harrison 1996: 513 ff., Mal-Maeder 1997: 87 ff. Holzberg 2001: 112. Harrison 1996: 508. Holzberg 2001: 111. Zur Geldgier der Isispriester vgl. Mal-Maeder 1997: 99 ff. und Winkler 1985: 219 ff. 221 So etwa Harrison 1996: 516, Ähnliches bei Schlam 1992: 13.

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Sklaventum in den Metamorphosen des Apuleius

wie es in diesem Werk erscheint, mindestens zu 1. der Tradition der Komödie, und hier besonders zu Plautus, und 2. der Tradition des griechischen Romanes in Beziehung gesetzt werden. 1. Komödie Die Komödie gehört zu den Literaturgattungen, in denen die Forschung den 222 Ursprung des antiken Romans sieht. Selbst wenn man wie Holzberg diese 223 Herkunft als „nicht sehr wahrscheinlich“ einstuft, wird die unleugbare Existenz zahlreicher Motive und stilistischer Tendenzen anerkannt, die beiden Gattungen gemeinsam sind. Die Untersuchung komischer Elemente in den Metamorphosen durch verschiedene Studien hat insbesondere die enge Ver224 bindung dieses Romans mit der plautinischen Komödie hervorgehoben. In diesen Rahmen gehört der Gebrauch z.B. plautinischer Motive im Prolog der 225 Metamorphosen. Themen wie die Kinderaussetzung, die in der lateinischen 226 Komödie eine wichtige Rolle spielt , und besonders zahlreiche typisch plautinische Termini und Stilmittel im Einklang mit der unter den Schriftstellern der 227 Zeit üblichen archaisierenden Tendenz sind im Werk vorhanden. Selbst im Gebrauch bestimmter Rechtsbegriffe ist, wie es Keulen gezeigt hat, der Ein228 fluss plautinischen Witzes erkennbar. Es sind Begriffe wie mancipatio, addictio, uadimonium, Sklavereitermini, die in den Metamorphosen metapho-

222 Müller (1981: 377-412) bemerkt, Komödie und Roman werden schon in der Antike in eine sehr enge Gattungsverwandtschaft zueinander gebracht. Κωμῳδία klang ja an die Gattung des Romanes in der Antike an, da Komödiendichter wie Romanautoren Fiktionalität und Lebensnähe vereinten (dazu Holzberg: 2001: 19 f. und Kudlien 1989: 35). 223 Holzberg 2001: 44. 224 Dazu besonders Schlam 1992: 40-7, weitere Hinweise bei Frangoulidis 1997: 147 Anm. 178. 225 Winkler 1985: 200 ff. und Harrison 2000: 510. 226 Dazu Kudlien 1989: 35, für den die Romanautoren dieses Motiv bewusst aus der Komödie übernommen haben (vgl. auch Helm 1956: 51). Beispiel ist nach Kudlien die Parallele Terenz Haut. 629 ff. und Apuleius met. X, 23. 227 Die lateinischen Literaten aus der zweiten Sophistik haben Plautus aufgewertet und seinen archaisierenden Stil als literarische Tugend gepriesen. Z.B. Gellus VI, 17,4 nennt Plautus linguae atque elegantiae Latinae in uerbis princeps. Apuleius „é in linea con questa tradizione“ (Ronconi 1970: 35), dazu auch Mattiaci 1986: 199 f. In der Tat, „l’archaïsme est également employé dans les Metamorphoses par imitation précise de la langue des comiques“ (Callebat 1964: 355). Eingehende Darstellung zu den plautinischen Archaismen in Apuleius’ Metamorphosen bei Callebat 1968: 473-546. 228 Keulen 1997: 204, zu den gleich genannten mancipatio, addictio und uadimonium vgl. Keulen 1997: 208-213. Weitere Rechtstermini, die Keulen anführt, sind quiritatio und matrimonium iustum.

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risch gebraucht werden und auch in plautinischen Komödien in Fülle anzutreffen sind. Dies gibt Gelegenheit zu einer Vermutung. Wenn der Stil des Plautus „mo229 dèle favori d’Apulée“ ist, so könnte Plautus Apuleius’ Modell auch in anderer Beziehung gewesen sein, z.B. im Aufbau der Romanfiguren. Die plautinische 230 Anspielung in der Figur des Geizhalses Chryseros und die Charakterisierung 231 des Soldaten als eines plautinischen miles gloriosus sind der Forschung 232 auch nicht entgangen . Es könnte auch die Frage aufgeworfen werden, inwiefern der Aufbau der Sklavenbilder in den Metamorphosen nicht ebenfalls einem plautinischen Modell folgt. Diese Frage wurde nirgends umfassend behandelt. May weist darauf hin, dass sowohl die beiden Sklaven, die als Köche 233 234 erscheinen , als auch die Rolle, die ihr contubernalis und d.h. der gefräßige Esel als Nahrungsdieb dort spielt, Adaptationen komischer Plautusfiguren 235 sind . Allgemein aus der Komödie stammen in dieser Szene der reiche Speisenkatalog, das Diebstahlmotiv, die Rechtsstreiterei zwischen den Köchen und 236 deren Vertrautheit mit mythologischen und tragischen Motiven. Was nun speziell die Figur des Esels Lucius angeht, so könnte neben seiner Fressgier ein weiterer Zug seines Verhaltens, und zwar seine Geilheit in Betracht kommen, will man die Beziehungen zwischen Komödie und Metamor237 phosen verfolgen. Beide Laster gehören zur Typologie des seruus in der 238 lateinischen Komödie. Wie man sieht, ermöglichen beide Kennzeichen nicht 229 230 231 232 233 234 235 236

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So Callebat 1964: 355. met. IV, 9,5-6. met. IX, 40 f. Zum Geizhals Gianotti 1986: 58 ff, der Chryseros mit Euclio aus der Aulularia vergleicht, zum miles May 1998: 148, die zum Vergleich Plautus mil. 1394-1425 heranzieht. Vgl. met. X, 13-17. met. X, 13,5: adsciscor itaque inter duos illos fratres tertius contubernalis. May 1998: 135. Vgl. May 1998: 135 ff. (Speisenkatalog), 138 ff. (Diebstahlmotiv), 143 f. (Rechtsstreiterei). Wie vieles andere ist auch der Nahrungsdiebstahl durch Sklaven ein Topos, den Plautus von der griechischen Komödie übernommen hat. Dazu Ehrenberg 1962: 176 Anm.: „at any rate, this is a typical practice of the slave of comedy“. Beispiele der Geilheit des Esels Lucius bei met. VII, 24,1; X, 13,7; X, 21-22. Zur Gefräßigkeit vgl. z.B. Plautus Men. 87 ff., Poen. 313, Stich. 155 ff.; Terenz Eun. 38; zur Geilheit Plautus Amph. 288, Men. 268, Stich. 750, Pseud. 947. Über die sexuellen Bedürfnisse des plautinischen Sklaven vgl. Spranger 1984: 83 f. Die Gefräßigkeit ist typisch sowohl für die komische Figur des seruus als auch für die des parasitus. Beides trifft auf Lucius zu, sei es auf ihn als Gehilfen zweier conserui sei es auf ihn als conuiua von deren Herrn, welcher den Eselgourmet parasitus meus nennt (vgl. met. X, 16,8). Dass in dieser Szene der Esel Lucius der komischen Figur des parasitus nahe steht, wurde schon von May 1998: 147 f. erwähnt.

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nur die Eselmenschenfigur wie oben erwähnt unter platonischem Zeichen zu interpretieren, sie rücken auch den „versklavten“ Esel Lucius in die Nähe der für die Komödie typischen Figuren des Sklaven. 2. Roman Will man den möglichen komischen Tenor der auf das Sklaventum bezüglichen Elemente in den Metamorphosen untersuchen, so muss als zweiter Punkt die Beziehung des apuleianischen Romanes als eines „komisch-realistischen“ – unter welcher Rubrik man auch Petrons Satyricon, den griechischen Onos und ein paar griechische Fragmente zu bringen pflegt – mit dem sogenannten griechischen „idealistischen Roman“ wie den Ephesiaka des Xenophon von Ephesos, Kallirhoë des Chariton, Leukippe und Kleitophon des Achilleus Tatios usw. betrachten.239 Es geht hier nicht darum, die wohlbekannte und keineswegs unproblematische Unterscheidung dieser beiden Arten antiker Erzählprosa, die zuerst von B. E. Perry systematisiert worden ist, auf ihre 240 Stichhaltigkeit hin zu prüfen . Sie dient hier nur zur Explizierung der möglichen Weisen, das Thema des Sklaventums in den Metamorphosen in dieser Beziehung anzugehen. Dazu genügt es, mit Holzberg einen einzigen Zug der Unterscheidung dieser beiden Romantypen zu unterstreichen: Im stofflich-motivischen Bereich bieten die komisch-realistischen Romane [...] anstelle einer idealisierenden Darstellung der fiktionalen Wirklichkeit 241 komische oder derb-realistische Schilderung.

Dass Narrativen wie die Metamorphosen oder das Satyricon als komischrealistische Romane charakterisiert werden, will nicht einfach besagen, dass sie neben ihrer Unterhaltungsfunktion die Wirklichkeit ohne weiteres abzubil239 Eine Liste der uns erhaltenen Texte und Fragmente der antiken Romantradition bei Holzberg 2001: 17 f. 240 Heinze 1899: 494 ff. hatte Petrons Satyricon als eine Art Parodie des griechischen erotischen Romanes gedeutet. Perry 1967: 186 f. hat den realistischen Roman spezifisch „in terms of the individual author’s circumstances, mind and purpose“ (S. 392) zu zeichnen versucht und nicht wie Heinze als eine Parodie. Die spätere Forschung zum antiken Roman hat mehrfach auf die Romantypologie Perrys zurückgegriffen, vgl. z.B. Adrados 1979: 93 f., der zu der komisch-realistischen Gruppe auch die Vita Aesopi als Prototyp dieser Art Roman zählt. Holzberg 2001 z.B. geht von der Typologie Perrys aus, um seine Einführung in den antiken Roman didaktisch zu organisieren, vermerkt aber vorsichtig: „wissenschaftliche Arbeiten aus jüngster Zeit, insbesondere diejenigen zu den Papyrusfragmenten, haben ergeben, dass die Grenze zwischen den beiden Romantypen nicht so klar zu ziehen ist, wie B. E. Perry […] noch annahm“ (S. 41). 241 Holzberg 2001: 22.

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den hätten, sondern vor allem, dass sie in kritischem Gegensatz zur idealisierenden Tendenz der griechischen Romane konzipiert werden. Dies ist übrigens zu einem späteren Zeitpunkt der abendländischen Literaturgeschichte erneut geschehen. Der Schelmenroman z.B. hat sich eindeutig mit der Idealwelt des mittelalterlichen Ritterromans auseinandergesetzt. Bekanntestes Beispiel 242 dieser Auseinandersetzung ist Cervantes’ D. Quijote. Da nun ein Zusammenhang zwischen etlichen formalen Zügen des griechischen idealisierenden Romans und der Konstituierung des iberischen Ritterromans des 16. Jhs. aufge243 zeigt worden ist , hat die in der Forschung aufgeworfene Beziehung der Metamorphosen zu der Entwicklung des Schelmenromans einen Sinn. Es sei hier nicht nur der D. Quijote erwähnt, in welchem klare Reminiszenzen der Meta244 morphosen gefunden werden können. Auch der Lazarillo de Tormes (1554), höchstes Vorbild des Schelmenromans, scheint in dem Roman des Apuleius eine seiner Inspirationen gehabt zu haben. Es ist auch der Erweis versucht worden, dass es sich um mehr handelt als um allgemeine Anklänge zwischen beiden Werken, dass eine große Anzahl Ähnlichkeiten bis auf eine 245 Imitation schließen lässt. Und die These Bakhtins lautet, dass in den Schel246 menromanen Diener den Esel ersetzen. 247 Die komisch-realistischen Romane treiben also ein „literarisches Spiel“ , das hauptsächlich aus einem komischen Parodieren der gängigen Motivik besteht, aus welcher die Wunschwelt der idealisierenden Romane geformt 248 wird. Lächerlichkeit und Realismus der komisch-realistischen Romane sind beide aus diesem Gegensatz zur Überlieferung des griechischen idealisierenden Romanes zu verstehen. Sie verkehren etwa die traditionell idealisierende Liebesdynamik der jungen Helden. Statt der erhabenen Liebe des jungen Paares hat man im Satyricon ein homosexuelles „ménage à trois“, in den Metamorphosen gibt sich der Held spielerisch dem Sex mit einer Sklavin hin und 249 befriedigt später als Esel die bestialischen Wünsche einer Matrone. Auch 242 Aus dieser von Holzberg 2001: 83 angeführten Analogie könnte wohl mehr herausgeholt werden, doch für den hier verfolgten Zweck genügt der Hinweis auf sie. 243 Vgl. dazu Futre Pinheiro 1996: 787 ff. 244 Vgl. dazu López 1981: 199 ff. mit weiterführender Literatur. 245 Molino 1965: 323. 246 Bakhtin 1981: 125. 247 Vgl. Holzberg 2001: 18 und 83 ff. 248 Zum Parodieren dieser idealisierenden Motivik in den komisch-realistischen Romanen vgl. Hall 1995: 55 ff., Holzberg 2001: 83 f. und spezifisch über die Metamorphosen des Apuleius Holzberg 2001: 110 ff. 249 Vgl. Harrison 1996: 502. Ein weiteres Beispiel zur Parodie der idealisierenden Motivik und des krassen Realismus komischer Romane bei Holzberg 2001: 84: „Während z.B. ein Gast-

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Lucius’ Bummel durch Mittelgriechenland und die unwürdigen Bedrohungen, denen er als Esel ausgesetzt wird, würden nach Harrison „the more dramatic and glamorous element of travel and perilous adventure crucial to the Greek 250 novel tradition“ parodieren. Nun zum Thema des Sklaventums. Zur Motivik der idealisierenden Romane, die von den Ephesiaka Xenophons von Ephesos besonders ausgiebig benutzt 251 wird , gehören neben anderen Unfreiheitssituationen wie Gefangenschaft 252 unter Räubern und Piraten auch die Versklavung der Helden – normalerweise ein junges Paar vornehmer Abstammung und außergewöhnlicher Schön253 heit . Die typische Abenteuerserie der Helden enthält noch leidvolle Situationen wie Folter, Zwangsarbeit, Todesandrohungen, Sexualbelästigungen durch die Herren usw. Als verzweifelten Ausweg beschließen die Helden oft, sich selbst das Leben zu nehmen (mit Rettung im letzten Augenblick) oder sich tot zu stellen. Schließlich wäre das Streben nach Befreiung als allgemeines Motto des ganzen Romanes zu nennen. Nur als freie Menschen können die Helden sich wiedervereinigen und heimkehren, also nur mit Freiheit kann das Abenteuer ein „happy end“ haben. Dies ist ein wesentlicher Zug des antiken Romans. Der Leser der Metamorphosen braucht sich nicht sehr anzustrengen, in ihnen Stellen zu finden, die an der Geschichte des „versklavten“ Lucius Punkt für Punkt dieselbe Topik erkennen lassen. Es handelt sich aber hier nicht um die Geschichte schöner Helden, sondern eines hässlichen Esels, und das ändert etwas an dem Schema. Wie schon bemerkt müssen die Metamorphosen als komisch-realistischer Roman literarisch in eine parodistische Beziehung zu den griechischen ideali-

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mahl im Parthenope-Roman den Anlass für einen Wettstreit pathetischer Reden über die Macht des Eros bietet, lässt Petron die bei dem reichen Freigelassenen Trimalchio dinierenden Gäste sich über Alltagsprobleme und noch dazu in vulgärer Sprache unterhalten“. Ein ähnlicher Realismus ist nach Holzberg auch in den beiden „Eselsromanen“ zu finden. Harrison 1996: 502. Zur Zusammenstellung dieser Motivik vgl. Holzberg 2001: 21. Die griechischen idealisierenden Romane sind „thematisch so eng verbunden, dass man von einem stereotypen Handlungsschema sprechen kann“ (Holzberg 2001: 12), nach Art der Fernsehserien. Holzberg nennt die Ephesiaka als ein solches Beispiel. Vgl. bei Heinen 2005: 380 Anm. 19 Stellen zur Versklavung von Romanhelden aus griechischen Romanen. Von Natur (Schönheit) wie sozial (Adel, Reichtum) sind die Helden griechischer Romane ungewöhnliche Menschen (dazu vgl. Létoublon 1993: 119 ff. mit Verweisen auf Stellen aus verschiedenen griechischen Romanen). Die zu Beginn der Metamorphosen gegebenen Beschreibungen des Lucius (I, 1-2,1, vgl. II, 2-3) und Psyches (IV, 28) reproduzieren die Topik der Charakterisierung (vgl. Létoublon 1993: 122 f.).

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sierenden Romanen gesetzt werden. Das in den Metamorphosen gebotene Bild der Sklavenwelt muss auch auf diesem literarischen Hintergrund betrachtet werden. Soweit es aus der Literatur ersichtlich ist, hat sich die Forschung zur Sklaverei in diesem Roman damit noch nicht beschäftigt. Die krude Darstellung der Sklavenwelt, wie sie Lucius im Laufe der Handlung erfährt, kann als Satire auf die Sklaventopik hinsichtlich der Helden in den idealisierenden Romanen gefasst werden. Die Versklavung ist in diesen immer erhaben, die Helden können sich immer dem Erleiden der schlimmsten Erniedrigungen und Nöte des Sklaventums entziehen, im Gegensatz zu Lucius, der zuletzt zur öffentlichen Ausübung des Sexualaktes mit einer Verurteilten gezwungen wird. Die verschönte Sklaverei erhält die idealisierten Helden trotz Versklavung immer in ihrer Schönheit, im Gegensatz zu Lucius in seiner jämmerlichen Eselsgestalt.255 Die gefangenen romantischen Helden müssen Proben wie Folter, Zwangsarbeit usw. bestehen. Dies trifft auch den Esel Lucius, er versucht durch den Entschluss zum Selbstmord und durch den Scheintod denselben traditionell vorgegebenen Ausweg aus seiner Lage wie die romantischen Helden, dies alles aber im Gewand des Grotesken. Der Eselmensch ist mehr als eine Allegorie des Sklaven, der nach antiken Vorstellungen dem Tier gleichgestellt wurde, er ist auch eine verzerrte Form des idealistischen versklavten Romanhelden. Daraus ergibt sich, dass das Eselsklaventum des Lucius uns ernsthaft vor die Sklavenproblematik in der antiken Welt stellt und uns dennoch gleichzeitig zum Lachen bringt. In den Worten Holzbergs, „die Art, in der die Verfasser der komisch-realistischen Romane das Menschenbild der idealisierenden Romane in verzerrter Form präsentieren, weist Züge von satirischer Moral- und Literaturkritik auf“256. Der zeitgenössische Leser, welchem Lucius im Prolog der Metamorphosen Unterhaltung (laetaberis) verspricht, war wohl fähig, die ihn zum Lachen bringende Kritik zu verstehen. Annequin zufolge kundet der Prolog non pas de l’oeuvre, mais de son intentionnalité [...] Il énonce clairement que l’auctor / actor exige une lecture attentive aux signes, aux effets d’annonce,

254 Eine andere Auffassung vertritt Merkelbach, welcher die Erlebnisse des Lucius als religiöse Allegorie des Isiskultes deutet. Der Roman des Petron und der griechische Eselsroman sind für Merkelbach im Gegensatz zu den Metamorphosen parodistisch: Apuleius „hat den Eselsroman lateinisch bearbeitet und ihm dabei wieder einen ernsten religiösen Sinn unterlegt“ (Merkelbach 1962: 338). 255 Fitzgerald (2000: 99) bemerkt, dass gerade Lucius, „the beast of burden bears a structural relation to the beautiful heroines of the Greek novel“. 256 Holzberg 2001: 23.

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aux changements de tons, aux symboles partout disséminés; il avoue ainsi que 257 l’œuvre, pour se révéler, demande au lecteur une coopération active.

Dieser „coopération active“ mit den ironisch-satirischen Intentionen des Autors der Metamorphosen dürfen sich auch die heutigen Erforscher des Sklaventums oder jeden anderen ernsthaften Themas in diesem Text nicht entziehen, wollen sie zu den lectores scrupulosi gezählt werden, an welche sich der 258 Roman des Apuleius wendet.

E. Schluss In diesem Kapitel ist versucht worden, die Wege zusammenzustellen, welche die Forschung zum Sklavenwesen in den Metamorphosen gegangen ist, und gleichzeitig der künftigen Forschung zu diesem Thema einige Perspektiven zu eröffnen. Damit wurde hoffentlich ein Zweifaches erwiesen: 1. die zentrale Bedeutsamkeit der Thematik und Vorstellungen über Sklaventum im Roman des Apuleius, was aus ihm eine erstklassige Quelle für die Erforschung des antiken Sklavenwesens macht, und 2. die Verschiedenheit der möglichen Ansätze, dieses Thema und diese Vorstellungen in diesem Werk zu behandeln. Der erste Punkt rechtfertigt die Wahl der Metamorphosen als eines Textes, der zur Erforschung der lateinischen Sklaventumsterminologie herangezogen zu werden verdient. Dies soll in den folgenden Kapiteln der vorliegenden Arbeit geschehen. Dieser Punkt kann auch zugleich das mögliche Misstrauen verflüchtigen helfen, welches viele Forscher noch diesem Text als Erkenntnisquelle für die antike Sklaverei entgegenbringen mögen. Der zweite Punkt betrifft das methodische Vorgehen der vorliegenden Untersuchung. Die Verschiedenheit der bisher gegangenen Forschungswege hat gezeigt, dass die Narrative der Metamorphosen gleichzeitig auf verschiedenen Ebenen operiert. Sie sind wirklich eine opera aperta, die sich wie jedes literarische Werk mannigfaltigen Deutungsebenen erschließt. Wer die Thematik des Sklavenwesens in diesem Werk untersuchen möchte, muss von dieser Tatsa257 Annequin 2003: 32. 258 Der Ausdruck lector scupulosus wird von Lucius met. XI, 30,1 gebraucht. Hierzu Annequin (2003: 34): „Le discours ironique par essence est interactif; mais ne rit pas qui veut, seul celui qui sait, comme l’auteur, se placer au delà du texte pourra rire“. Schlam erwägt aber mit Recht: „The stories do, nevertheless, repeatedly reflect and play upon serious issues, which can stimulate thoughts and feelings in the reader. The Metamorphoses is a novel of rhetorical and comic brilliance, but these qualities do not nullify a level of seriousness in the pleasure and entertainment it offers“ (Schlam 1992: 7).

Schluss

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che ausgehen, wenn er nicht einem naiven Ansatz verfallen will. Die Möglichkeit, die Thematik des Sklaventums im Roman des Apuleius aus unterschiedlichen Gesichtspunkten anzugehen, rechtfertigt jedoch keinen Relativismus, der wahllos jede Aussage als gültig erachtet. Sie zeigt lediglich, dass die Behandlung des Problems des Sklaventums speziell (doch nicht nur) in einem Fiktionswerk zum großen Teil Sache der Interpretation und nicht unmittelbar informativ ist. Die Information, die aus einem derartigen Text zu holen ist, ist nicht ein an sich objektives Datum, sondern ein durch Lesen zu dekodierendes Datum. Man muss also eher die Daten zu lesen wissen als erwarten, durch sie informiert zu werden. Indem der Erforscher der Sklaverei einen Text wie die Metamorphosen als Quelle benutzt, muss er sich anstrengen, ein lector scrupulosus zu sein, um die Daten nach einem Sinn zu befragen, der in den mannigfaltigsten Verbindungen auf unterschiedlichen Ebenen zu suchen ist. Es gibt mehrere Weisen, dies zu tun. In der vorliegenden Arbeit wird vorgeschlagen, die sprachlichen Daten und d.h. spezifisch einen kleinen Teil der Terminologie aufmerksam zu lesen, die Apuleius in seinem Text dazu gebraucht, „den Sklaven auszusagen“. In den beiden folgenden Kapiteln wird ein Versuch in dieser Richtung unternommen. Das vorliegende Kapitel hat mit Hilfe der in der Forschung bereits erzielten Ergebnisse das Ziel gehabt zu zeigen, dass die Sklaverei einen Zug der Metamorphosen darstellt, welcher deren Narrative strukturell auf verschiedenen Ebenen konstituiert. Die vorliegende Untersuchung möchte dem Reichtum dieses Textes Rechnung tragen. Dieser Roman eröffnet dem Erforscher des antiken Sklaventums einen Zugang nicht nur zu dessen wirklichkeitsbezogenen sozialen und ökonomischen Aspekten, sondern erlaubt auch das Verständnis der symbolischen Dimension, welche diese Wirklichkeit in der damaligen auch sozial verfassten Einbildungskraft der Menschen gehabt hat. Der Roman des Apuleius wird sich daraus als eine unzweifelhaft auswertbare Quelle für alle erweisen, welche die antike Sklavenwelt im Innersten erkennen wollen.

II Die Signifikation des Sklaven Voraussetzungen zum Verständnis der Wirklichkeit des Sklaven in der literarischen Fiktion [...] à côté des diverses déterminations (économiques, historiques, psychologiques), il faut désormais prévoir une nouvelle qualité du fait: le sens. (Barthes: 1985: 228) Was ist denn ein Sklave, und das sowohl im engeren Kontext des apuleianischen Romans als auch im weiteren Kontext der lateinischen Kaiserzeitkultur, aus welcher dieser Roman hervorgegangen ist? Dies ist die Leitfrage, welche dieses und das nächste Kapitel dieser Arbeit motiviert. Als Versuch, sie zu beantworten, soll erstens im vorliegenden Kapitel ein Überblick über die Bezeichnungen von Sklaven und anderen abhängigen Wesen in den Metamorphosen geboten werden. Anschließend soll im dritten Kapitel eine semantische Analyse einer der Termini durchgeführt werden, mit welchen Apuleius Sklaven und ähnlich abhängige Wesen bezeichnet, nämlich der Terminus seruus. Die terminologische Bestandesaufnahme und die danach erfolgende punktuelle semantische Analyse haben den Zweck, aus dem Text Elemente zu extrahieren, die aufgrund konkreter sprachlicher Daten relevante Züge der aus dem Roman des Apuleius ableitbaren Sklavenbilder offenbaren. Warum ist aber die Umreißung der apuleianischen Sklavenbilder durch die Fokussierung spezifisch der sklavenbezeichnenden Terminologie zu versuchen? Aus dem vorhergehenden Kapitel ist hier festzuhalten, dass das Verständnis der in den Metamorphosen präsenten Sklavenbilder durch die Erforschung ihres sozialen, historischen, philosophischen, religiösen und literarischen Hintergrundes auf unzähligen Wegen gefördert worden ist. Es fehlen jedoch bislang Untersuchungen, welche das „Material“ selbst erläutern, aus welchem diese Bilder bestehen, d.h. die Wörter. Man muss sich eben dessen bewusst bleiben, dass dieser Sklave, dessen Bild zu erkennen angestrebt wird und der in einem literarischen Werk wie die Metamorphosen „lebt“, nicht als ein wirklich daseiendes Wesen aufzufassen ist, sondern als ein Konstrukt aus Wörtern. Selbst wenn dieses Konstrukt die Wirklichkeit eines existierenden Sklaven oder Sklavengruppe getreu reflektieren sollte, sind es nicht Sklaven, sondern Zeichen dieser Sklaven, die im Prozess der Kommunikation an Stelle der Sache bzw. der Tatsachen selbst in diesem Werk im Umlauf sind. Die Antwort auf die eben formulierte Leitfrage – was ist ein Sklave? – muss also im

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Rahmen der vorliegenden Studie eben in diesen sprachlichen Zeichen gesucht werden, welche die Sklaven in dem Text „existieren“ lassen. Anstatt der Sache in der Außenwelt nachzugehen, soll hier untersucht werden, was sie im Rahmen eines sprachlich verfassten Werkes besagt. Das Verfahren, welches in diesem und im nächsten Kapitel die Untersuchung leitet, besteht also nicht darin, die sozusagen materiale Existenz des Sklaven ins Auge zu fassen, sondern seine Signifikation, oder konkreter: das Signifikat der sprachlichen Termini oder Zeichen, die ihn in dem hier zu behandelnden Text konstituieren. Die Frage nach dem, was ein Sklave ist, impliziert in diesem Zusammenhang die Frage nach seinem Signifikat. Die Liste der Termini, die sich in den Metamorphosen auf Sklaven bzw. anderes Haushaltspersonal und das Sklavenwesen allgemein bezieht, ist wahrlich sehr groß. Zum Zweck der Eingrenzung der analytischen Aufgabe auf ein realistisch durchführbares Maß war es daher nötig, darin eine Untermenge zu bestimmen, welche eine direktere Behandlung der oben genannten Leitfrage in diesem und im nächsten Kapitel ermöglichen würde. Aus diesen Erwägungen heraus werden hier aus der im Roman des Apuleius vorkommenden weit gefächerten Sklavereiterminologie diejenigen Termini als erstes Untersuchungsmaterial für diese Studie ausgewählt, die Sklaven bezeichnen. Sie erlauben es, die Leitfrage „was ist ein Sklave?“ auf eine nicht-definitorische Weise zu beantworten, sondern so, wie es in dieser Arbeit angestrebt wird, nämlich auf eine wesentlich semantische Weise, selbst wenn sich dies auf den ersten Blick in einer Art befremdlicher Tautologie wie z.B. „ein Sklave ist famulus, ist seruus, ist ancilla, ist puer“ niederschlagen sollte. Das besagt, dass ein Sklave vordergründig das ist, was die Termini, die ihn bezeichnen, jeweils in ihrem bestimmten Zusammenhang signifizieren. Durch dieses Verfahren an einem beispielhaften Corpus wie die Metamorphosen des Apuleius sollen einige Teilaspekte erhellt werden, die für das Verständnis des umfassenden Signifikates des Sklaven in der römischen kaiserzeitlichen Kultur und Literatur, zu welchen der hier untersuchte Roman gehört, von großer Wichtigkeit sind.

A. Das Problem des Signifikates Die Identifizierung der Termini, welche im Text des Apuleius Sklaven bezeichnen, hat sich als eine nicht selbstverständliche erwiesen. Sie wurde von Anfang an durch eine Reihe von Eigentümlichkeiten des Textes erschwert, die hier kurz aufzulisten sind:

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Die Signifikation des Sklaven

1. Eine Sklavenbezeichnung bezieht sich nicht immer auf einen Sklaven. Wie es im vorigen Kapitel dieser Studie klar geworden sein dürfte, werden viele Sklavenbezeichnungen im Text des Apuleius konnotativ dazu verwendet, auf Wesen hinzuweisen, die nach anderweitigen Angaben des Textes selbst bekanntlich keine Sklaven sind (z.B. Tiere, Objekte, freie Menschen). 2. Viele Bezeichnungen von Individuen, die im Text als Hauspersonal eines Herrenhauses erscheinen und vermutlich oder gewiss (durch andere Kontexte) als Sklaven ausgewiesen werden können bescheinigen eigentlich nicht den Sklavenstatus der bezeichneten Individuen. Zu solchen Bezeichnungen gehören u.a. Eigennamen und Berufsbezeichnungen. 3. Sklaven können nicht nur durch eigene Termini bezeichnet werden. Das bedeutet, dass ihr Sklavenstatus nicht nur durch das Vorkommen eines eigenen für Sklaven verwendeten Signifikanten im Text bescheinigt wird: a. Manchmal werden Sklaven durch Abwesenheitsstrukturen bezeichnet, die selbst ohne das materiale Vorkommen eines sklavenbezeichnenden Terminus ein sich auf Sklaven beziehendes Signifikat haben. So kann z.B. ein Sklave elliptisch als der Agens eines passiv zu verstehenden Satzes (im lateinischen absoluten Ablativ) unterstellt werden, wenn dieser Satz einen Dienst ausdrückt, der im Haus eines Herrn normalerweise durch das Sklavenpersonal erledigt wird1. Der Sklave kann auch elliptisch Objekt eines Befehlsverbes in einem Satze sein, der einen Be2 fehl eines dominus/a ausdrückt . Diese Ellipsen können freilich nur unter Zuhilfenahme des umfassenderen sprachlichen Kontextes als Weisen der Sklavenbezeichnung identifiziert werden. b. Oft wird die Gegenwart eines Sklaven in einer bestimmten Szene durch die bloße Gegenwart seines Herrn in derselben Szene bezeugt. Deshalb ließe sich auch die Frage aufwerfen, ob die Termini, die sich in erster Linie auf Herren beziehen, in einigen Fällen auch nicht als indirekte Sklavenbezeichnungen genommen werden könnten. Die Nichtanwesenheit eines Sklaven als ein als solcher bezeichnetes Wesen; die Unmöglichkeit zu wissen, ob das bezeichnete Wesen ein Sklave ist; das Bewusstsein, dass das bezeichnete Wesen kein Sklave ist; das Nichtvorkommen eines sklavenbezeichnenden Terminus – die Auseinandersetzung mit diesen und ähnlich gelagerten Fällen hat notwendig dazu geführt, das Problem des Signifikates der sklavenbezeichnenden Termini anhand angemessenerer

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Z.B. met. VIII, 29,2: disposita cenula und met. X, 16,3: mensa posita. Z.B. met. X, 16,3: omne genus edulium solidorum [...] iussit adponi.

Das Problem des Signifikates

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Parameter zu fassen. Zunächst musste der Ausdruck „sklavenbezeichnende Terminologie“ im Rahmen der vorliegenden Untersuchung bestimmt werden. Er bezieht sich auf: 1. die im Text des Apuleius dazu verwendete Terminologie, Sklaven (z.B. durch famulus, ancilla, seruus usw.) zu bezeichnen, und weiter unten ist zu zeigen, dass sie äußerst mannigfaltig ist; 2. die herkömmliche Terminologie, Sklaven zu bezeichnen, die aber im Text des Apuleius sehr oft zur Bezeichnung anderer Wesen gebraucht wird. Anschließend musste die Auffassung selbst von dem Sklaven neu überdacht werden. In der Forschung ist es üblich, den Begriff des Sklaven wesentlich juristisch zu fassen3. Rechtlich im Gegensatz zu einem liber4 – ein frei geborenes (inge5 nuus) Individuum, ein Bürger mit all seinen Rechten – wird ein Sklave seinem rechtlichem Status nach wesentlich als ein Eigentumsgegenstand bestimmt, 6 der einem Besitzer unterworfen und veräußerlich ist . Das römische Recht begreift den Sklaven durch seine institutionell definierte Beziehung zu einem Herrn. Es handelt sich dabei anscheinend um einen besonderen Fall des allgemeinen Sachverhaltes, die Grenzen der Gewalt des Herrn über den Sklaven 7 bestimmen zu wollen . Die alltägliche Wirklichkeit der durch das Sklaventum geprägten Verhältnisse geht jedoch über eine solche Bestimmung hinaus. Sie auszudrücken erfordert von der Sprache eine größere Breite des lexikalischen Spektrums und eine größere semantische Flexibilität, als die rechtlichen Be8 stimmungen der Termini es ermöglichen . Die unterschiedliche Weise, wie 3 4

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So Dumont 1987: 435: „L’unité de la condition servile tient au statut juridique qui la défine“. Zu diesem Gegensatz Benveniste 1932: 433: „La condition d’esclave se définit en droit de la manière plus stricte dans le texte de Gaius auquel il faut toujours revenir: Summa diuisio de iure personarum haec est, quod omnes homines aut liberi sunt aut serui (Instit. I, 9)“. Vgl. dazu Benveniste 1936: 58: „les Italiques et les Hellènes devaient indépendamment tendre à souligner l’opposition des conditions sociales en définissant vis-à-vis de l’esclave sans droits la situation privilégiée de l’homme de naissance libre, citoyen de plein droit“. Es handelt sich hier spezifisch um den Sklaven als res, seine rechtlich vorwiegende Verfassung (vgl. dazu Buckland 1908: 10 ff. „The Slave as Res“), doch nicht seine einzige. Das Römische Recht sah gewisse Fälle vor, in denen die juristische persona des Sklaven anerkannt wurde (dazu Buckland 1908: 73 ff. „The Slave as a Man“). Dadurch wurde ihm gleichwohl nicht der volle rechtliche Rang eines freien Bürgers zuerkannt, denn im römischen Recht wird der Terminus persona nicht in demselben Sinne wie im modernen Recht gebraucht, vgl. Buckland 1908: 3 f. und als Schluss: „persona, standing alone, did not mean persona ciuilis“ (S. 5). Zu diesem allgemeinen Zug der rechtlichen Bestimmungen über Sklaven vgl. Meillassoux 1986: 10: „Dans le cadre de la fiction de l’esclave-objet, comme dans le prolongement de ce qui précède, le droit ne reconnaît à l’esclave de rapport institutionnel qu’avec son maître. […] En exprimant le rapport esclavagiste comme individuel, le droit fixe les limites dans lesquelles il veut voir s’exercer l’autorité du maître sur l’esclave“. Dazu vgl. Meillassoux 1986: 9.

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Die Signifikation des Sklaven

Apuleius in seinem Text Sklaven bezeichnet, und die Schwierigkeit, diese Termini selbst aufzulisten, belegen das. Auch seruus, der in den lateinischen Rechtstexten bevorzugte Terminus zur statutarischen Bestimmung des Individuums, geht im allgemeinen und literarischen Gebrauch der Sprache weit darüber hinaus und weist verschiedene Signifikationen auf, wie es im dritten Kapitel dieser Arbeit zu zeigen sein wird. Von dem semantischen Spektrum der sklavenbezeichnenden Terminologie gilt also, dass das Juristische an ihr 9 nur die proverbiale sichtbare Spitze des Eisberges darstellt. Die Vielfältigkeit der in den römischen Sklavenvorstellungen implizierten Aspekte scheint selbst im juristischen Bereich Schwierigkeiten bereitet zu haben. Dumont hat denn auch auf die in den Rechtstexten stehenden Inkohärenzen und auf den Aufwand der Juristen hingewiesen, den Stand des Sklaven zu regeln, und ist dabei zu der Frage getrieben worden, ob das Sklaventum nicht das große Miss10 lingen der römischen Juristen dargestellt hat. Wie es später in diesem Kapitel noch ausführlich darzulegen sein wird, musste bei der Auflistung der sklavenbezeichnenden Terminologie in den Metamorphosen der Begriff des Sklaven neu überdacht und unter eine umfassendere Kategorie gestellt werden, um nicht die Erhebung des einschlägigen terminologischen Fundus dem Kriterium der juristisch-statutarischen Definition der bezeichneten Individuen unterzuordnen. Letztere Art Kriterium mag dem Erforscher der Sklaverei wohl helfen, die von ihm gesichteten Informationen als historisch bzw. juristisch gültig oder ungültig zu beurteilen, aber sie ist wenig produktiv im Falle eines Textes von der Natur des apuleianischen. Zu dem Hauptzweck der vorliegenden Studie, die umfassende Signifikation sklavenbezeichnender Termini im Prozess der Kommunikation selbst zu verstehen, ist sie für unangebracht zu halten. 1. Fiktion und Realität Das Problematische an dem Verfahren, Sklaven und die sie bezeichnenden Termini aufgrund eines statutarischen Kriteriums zu identifizieren – wohlgemerkt, ein Kriterium, welches von einem anderen Standpunkt aus angebracht und für die Forschung sicher nützlich sein kann –, bestünde hier darin, den Wert einer literarischen Quelle für die Erkenntnis der antiken Sklaverei von dem Koeffizienten des „Realismus“ dieser Quelle abhängig zu machen. Unter diesem Gesichtspunkt wäre die fiktionale Literatur im Vergleich zu anderen 9 10

Nach der Formulierung von Boulvert & Morabito 1982: 103. Dumont: 1897: 776, vgl. auch 158 ff.

Das Problem des Signifikates

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literarischen Quellen bestenfalls als zweitrangiger Informationslieferant einzustufen, was vielen Forschern der antiken Sklaverei nicht selten eine Haltung des Misstrauens oder wenigstens der Unsicherheit gegenüber dem Quellenwert 11 der einschlägigen literarischen Fiktionswerke eingeflösst haben mag. Die literarische Fiktion wäre demnach eine unzuverlässige, entstellte, unpräzise Quelle zum Studium der Wirklichkeit der Sklaverei und würde deshalb von dem Forscher immer die zusätzliche Mühe erfordern, in ihr das wissenschaftlich Verwertbare von dem Untauglichen, die Gegebenheiten des Realen von 12 der literarischen Phantasie zu sondern. Unter diesem Gesichtspunkt würden die Phantasieelemente eines literarischen Werkes immer ein Trotzdem darstel13 len. Es wird zwar zugegeben, dass aus einer fiktionalen Quelle sehr interessante und minuziöse Daten über die alltägliche Wirklichkeit von Herren und Sklaven in der Antike zu gewinnen sind, aber zur forschungsgerechten Auswertung dieser Informationen wäre es vorher nötig, anhand des realitätsbezogenen Materials die literarisch bedingten phantasievollen Übertreibungen, Vermischungen, Ungenauigkeiten und Erfindungen aller Art sorgfältig zu bestimmen und sie anschließend von dem Realitätsgehalt auszuscheiden, oder wenigstens in der historischen Exegese des Textes als Störfaktoren zu veran-

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Vgl. die Bemerkungen von Dingel 1979: 121: „Demgegenüber läßt sich dort, wo antike Texte als Literatur interpretiert werden, einige Zurückhaltung bemerken“ und Spranger 1984: 114: „das Prisma des Theaters läßt kein getreues Spiegelbild des Lebens vor unseren Augen entstehen, sondern nur ein gebrochenes buntschillerndes Abbild der geschichtlichen Wirklichkeit“. Im Fall der antiken Romane merkt Riess (2001: 24) wohl, dass es sich um Texte handelt, „die im Bewußtsein der meisten Althistoriker noch nicht den Rang ernst zu nehmender Quellen erlangt haben“. So z.B. Spranger 1984: 15: „Immer gilt es, die dichterische Erfindung als solche zu würdigen und zu versuchen, das spielerische Moment, d.h. die komödienhaften Übertreibungen mit möglichster Sicherheit auszuscheiden. Nur unter dieser Voraussetzung ist es möglich, die Frage zu stellen, in welchem Umfang die in der römischen Komödie gegebenen Anhaltspunkte über Sklaven und Sklaverei den tatsächlichen Zuständen entsprachen“. Dumont betrachtet das Bild der Sklaverei, das die lateinische Komödie vermittelt, als „extrêmement riche et précise“ (Dumont 1987: 31), unterlässt es aber nicht, diesem Urteil die Warnung anzufügen: „Il faut être conscient de la distorsion nécessaire entre la réalité et son image littéraire: celle-ci, en l’occurrence, authentifiée d’ailleurs par quelques recoupements possibles, ne sera plus non seulement la meilleure, mais à peu près la seule que nous puissions avoir“. Vgl. z.B. Bradley 2000a: 383: „My argument assumes that a fictional source may well reflect the actual historical context in which it was written, despite, as in this case [d.h. die Metamorphosen des Apuleius], the elements of fantasy that might obtrude“ und Blánquez Pérez 1987: 131: „también es cierto que, pese a la posible exageración y a la ironía que utiliza [d.h. Apuleius in den Metamorphosen], está reflejando un mundo real“ (Hervorhebungen von mir, B. A. V.).

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Die Signifikation des Sklaven 14

schlagen. Das herkömmliche historisch-philologische Verfahren würde die in einer fiktionalen Quelle erhaltene Information nur in dem Masse einen historischen Wert zuerkennen, als sie mit den Resultaten übereinstimmt, die aus der Erforschung anderer, „objektiver“ bzw. historisch autorisierter Quellen erzielt wurden. Um ein Beispiel aus der Forschung zu zitieren: Das Problem ist, daß der Roman keine hinreichenden Kriterien in sich selbst birgt, aus denen sich der jeweilige Realitätsgehalt ergäbe. Nur aus dem Vergleich mit Informationen, die wir aus anderen, objektiveren Quellen haben, können wir im jeweiligen Fall auf den etwaigen realen Hintergrund fiktionaler 15 Aussagen schließen.

Die Idee eines daseienden Elementes, also eines Referenten, wonach jede Behauptung über die Wirklichkeit des Sklaven durch bestimmte Erprobungsverfahren verifiziert werden soll, mag für ein historisch traditionell ausgerichtetes Vorgehen ergiebig sein, doch der hier vorgeschlagenen Untersuchung ist sie nicht nützlich. Es soll nämlich hier nicht die außersprachliche referentielle Wirklichkeit untersucht werden, sondern die Wirklichkeit, wie sie durch sprachliche Zeichen konstituiert wird. Semiotisch ist der Rückgriff auf den äußerlichen Referenten unergiebig. Er hilft höchstens das Funktionieren des 16 Referenten, nicht aber das des Zeichens zu verstehen. In der Perspektive der 14

15

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In der Forschung finden sich dagegen auch Studien, die sich um eine Synthese bemühen und die Fiktion und die Tatsache der Sklaverei in einem Verhältnis nicht der gegenseitigen Ausschließlichkeit, sondern der Ergänzung zu verstehen trachten, vgl. z.B. Hopkins 1993 und Annequin bes. 1997 und 1998. Treu 1989: 124. Über die Auswertung historischen Materials über Sklaverei bei Plautus und Terenz schreibt Spranger 1984: 53: „Um jedoch den historischen und soziologischen Hintergrund [d.h. der Situation auf der Bühne] mit Sicherheit erfassen zu können, ist eine möglichst breite Quellenbasis erforderlich, d.h. ein ausgedehntes Vergleichungsmaterial gleichzeitiger und sachlich entsprechender Zeugnisse aus dem griechischen und römischen Bereich. Nachweisbar gesicherte Ergebnisse lassen sich, streng genommen, nur dort vorlegen, wo sich die Aussagen der Komödie mit denen anderer Quellengattungen decken“. Dieselbe Methode wird von Riess 2001: 27 befürwortet: „[…] die Notwendigkeit, den Informationen, die Apuleius in seinem fiktionalen Corpus liefert, die mehr oder weniger fiktionale Parallelüberlieferung in einem möglichst großen Umfang kontrastiv gegenüberzustellen, um die Glaubwürdigkeit der Metamorphosen besser beurteilen zu können“. Eco 1971: 29. Was nicht heißen soll, dass keine Behauptung über Stimmen oder Nichtstimmen „wirklicher“ Ereignisse möglich ist. Dazu ein Beispiel von Eco ibid.: „Chi riceve il messaggio /la tua casa è bruciata/ pensa probabilmente alla sua casa (quella in cui abita) e se è saggio cerca di verificare se l’enunciato è vero, anche se è un professore di semiotica che condivide la nostra diffidenza per il referente. Ma questi due fatti non sono di pertinenza della semiotica; la quale deve solo studiare le condizioni di comunicabilità e comprensibilità del messaggio (di codifica e decodifica). Le ragioni per cui il messaggio acquista senso sono indipendenti dal fatto che il destinatario abbia una casa e questa bruci davvero. Il problema

Das Problem des Signifikates

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vorliegenden Arbeit wird die Wirklichkeit nicht als eine von der Sprache geschiedene Entität gefasst. Alles, was hier über etwas unabhängig von seinem Wahrheitswert ausgesagt wird, oder genauer: jedes Signifikat, das im Rahmen der Sprache einer Sache zugesprochen wird, ist als Teil der Wirklichkeit dieser Sache zu betrachten. Die Wirklichkeit der Sklaven in der antiken Welt bestand nicht nur aus deren alltäglichen Handlungen und Verhältnissen de facto, aus deren rechtlichen Lage oder Berufstätigkeiten usw., sondern auch aus dem, was über sie gesagt wurde und d.h. aus der Art und Weise, wie sie in der und durch die Sprache vorgestellt wurden. Der Versuch, das Funktionieren der Zeichen zu verstehen, die den Sklaven vorstellen und sein Signifikat in der fiktional wie nicht fiktional gebrauchten Sprache umgrenzen, ist gleichzeitig der Versuch, eine an sich legitime Seite seiner Wirklichkeit zu erfassen. Der Realitätswert der so zu gewinnenden Daten hängt aus dieser Perspektive von keinerlei Bestätigung durch die außersprachliche Wirklichkeit ab. Will man nun wie hier angestrebt das Funktionieren der die Sklaven vorstellenden Zeichen und d.h. den Prozess ihrer Signifikation in einem fiktionalen Text untersuchen, so haben die angesprochenen Übertreibungen und Erfindungen der Phantasie so viel Wert wie die sogenannten realistischen Daten. Es kommt nicht darauf an, dass sie existiert haben, sondern dass sie ausgesagt und verstanden wurden. Denn die Signifikation rührt nicht von dem Ding her, auf welches das Zeichen sich äußerlich bezieht, sondern von dem, was durch dieses Zeichen ausgesagt wird, sei es eine getreuliche Wiedergabe historischer Wirklichkeit oder eine literarische Phantasie. Ein Zeichen wie /mancipium/ oder /seruus/ z.B. kann im Text einmal eine Sklavenfigur, ein anderes Mal einen Esel oder drittens auch einen Verliebten bezeichnen. Hier kommt es nicht auf die Feststellung an, welche unter den in Frage kommenden Referenten wirklich den Sklavenstatus aufweisen oder, was dem gleichkommt, welcher der realistische Gebrauch und welcher der phantasievolle Gebrauch eines Wortes wie z.B. /seruus/ ist. Es kommt auf das Ideenspektrum an, welches dieses Zeichen bei jeder seiner verschiedenen Gebrauchsinstanzen (durch Assoziation oder Opposition zu anderen Zeichen) evoziert. Semantisch bzw. semiotisch verliert die „Frage nach der Zuverlässigkeit der dichterischen Aussage“17 ihren Sinn. Die durch das Zeichen evozierten Ideen sind unabhängig von ihrem jeweiligen Realismusgrad insofern alle „wahr“ in dem Sinne sind, dass sie eine Möglichkeit der Signifikation dieses Zeichens

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semiotico è quello di uno scambio di segnali che produce comportamenti (il destinatario corre a casa) indipendentemente dalla verità degli asserti“ (Hervorhebung von B. A. V.). Wie sie in Ansatz gebracht wird z.B. bei Spranger 1984: 11.

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Die Signifikation des Sklaven

manifestieren. Das Zeichen /seruus/ kann die Idee eines Menschen in unfreier Situation z.B. dadurch hervorrufen, dass es in Gegensatz zu /dominus/, /ciuis/, /liber/, /libertas/ usw. gebraucht wird. An anderen Stellen des Textes kann es aber auch in Assoziation mit /amor/, /uoluptas/, /cupido/ usw. erscheinen, wodurch die Semantik der Sklavenverhältnisse dann auch zum Teil durch ihre Verbindung mit der Semantik der Liebesbeziehungen erläutert werden muss. Dass ein Esel als seruus bezeichnet werden kann, ist kein Ausfluss bloß literarischer Phantasie, sondern ein wesentliches Merkmal der Semantik des Zeichens /seruus/, welches in Assoziation etwa mit den Zeichen /asinus/ und /cantherius/ die Idee eines Lasttieres, eines nicht menschlichen Wesens, mit der Idee des Sklaven zu verknüpfen erlaubt. Denotation oder Konnotation, eigentlicher oder bildlicher Sinn, Beschreibung der historischen Wirklichkeit oder literarische Phantasie, unter irgendwelcher dieser Rubriken stellt das Zeichen /seruus/ einen legitimen Aspekt der Signifikation des Sklaven sowohl im besonderen Kontext des apuleianischen Romans als auch im umfassenderen Kontext der lateinischen Sprache – oder auch, um Saussures Terminologie aufzugreifen: sowohl in der „parole“ eines Autors als auch in der „langue“ eines Volkes – dar, zu welchem letzteren der Roman auch gehört. Aufgrund dieser Erwägungen wird denn auch hier der gewöhnliche Begriff fallen gelassen, die Bedeutung eines Terminus sei der Gegenstand oder das Ding, auf welchen bzw. welches der Terminus sich bezieht.18 Es wird hier vorgeschlagen, die untersuchten Termini in ihrer breiten signifikativen Potenz zu lesen. Um beim Beispiel zu bleiben, dem das dritte Kapitel weiter unten gewidmet ist: Bei einem bestimmten Gebrauch des Terminus seruus soll keine Information über seine Signifikation ausgegrenzt werden mit der Begründung, in diesem oder in jenem bestimmten Gebrauchszusammenhang weise er ja überhaupt nicht auf einen tatsächlich vorhandenen Sklaven, d.h. auf kein wirklich existierendes „Ding“ hin. Im Anschluss an die semiologische Forschung, die von den Arbeiten de Saussures ausgehend durch die strukturelle Linguistik bzw. Semantik und der Semiotik durchgeführt wurde, sind hier die Voraussetzungen zu skizzieren, welche die Frage des Zeichensignifikates anzugehen erlauben, ohne es an dem bedeuteten Ding oder Referenten restlos festzumachen.19 Es wird also in die18

19

So schon Frege (1966: 43): „Wenn die Bedeutung eines Zeichens ein sinnlich wahrnehmbarer Gegenstand ist“, oder noch: „Die Bedeutung eines Eigennamens ist der Gegenstand selbst, den wir damit bezeichnen“ (id. ibid.: 44). Über den Begriff der „Bedeutung als dem semiotischen Ansatz abträglich vgl. Eco 1971: 28. Eco 1971: 32: „bisogna accettare l’idea che la nozione di referente, utile indubbiamente ai fisici o ai logici, sia inutile e dannosa a la semiotica. E pertanto liberemo lo stesso termine di

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sem ersten Teil dieses Kapitels angebracht sein, dem eigentlich analytischen Teil der vorliegenden Untersuchung, der mit dem zweiten Teil dieses Kapitels beginnt, einige kurz einführende Bemerkungen zu dem Thema des Signifikates vorauszuschicken, welche auf den Resultaten der oben genannten sprachwissenschaftlichen Studien gegründet sind. Diese Bemerkungen erheben freilich keinen Anspruch auf Vollständigkeit in der Behandlung der angeschnittenen Fragen, und deren Vertiefung muss hier notgedrungen ausbleiben. Auch handelt es sich hier nicht darum, irgendwelchem theoretischen Preziosismus nachzueifern oder gar die vorliegende Untersuchung dieser oder jener Strömung innerhalb der semiologischen Forschung zu verpflichten. Es geht einfach darum, aus der anschließend zu diskutierenden Forschung und namentlich aus der Linguistik Saussurescher Prägung einige Gesichtspunkte zu gewinnen und einige Begriffe zu übernehmen, welche das Problem der Signifikation der in einem literarischen Text vorkommenden Termini allgemein angemessener zu behandeln erlauben. Der abgesteckte Rahmen dieser Untersuchung, die auf das Sklavenwesen bezogene Terminologie in einem Fiktionswerk aus der lateinischen Literatur als allgemeinen Gegenstand zu haben, gibt der folgenden Diskussion die Grenzen vor. Deswegen wird denn auch von der exklusiven Verwendung der semiologischen Terminologie hier nach Möglichkeit Abstand genommen. Es wird aber immer dann auf sie rekurriert, wenn sie für das Forschungsziel dieser Arbeit vergleichsweise operativ nützlicher sein sollte als die entsprechenden Ausdrücke aus der allgemeinen Sprache. Diese theoretische Auseinandersetzung ist auch nötig, um das hier zu eigen gemachte und im zweiten Teil dieses Kapitels und im dritten Kapitel dieser Untersuchung angewandte terminologieanalytische Verfahren zu begründen. 2. Zeichen und Wert: Zur strukturellen und kulturellen Dimension des Signifikates Der Terminus der Semiologie, welcher für die vorliegende Arbeit von der größten Relevanz ist, ist natürlich der des „Zeichens“. Dem Zeichen (Lat. signum, Fr. „signe“, It. „segno“, Sp. / Port. „signo“) sind dessen Komponenten „Signifikat“ (Fr. „signifié“, It. „significato“, Sp. / Port. „significado“) und „Signifikant“ (Fr. „signifiant“, It. / Sp. / Port. „significante“) untergeordnet. Obwohl „Signum“ als Fremdwort dem Wortschatz der deutschen Sprache eingegliedert ‘denotazione’ dalla sua compromissione storica col referente e lo riserveremo per indicare un altro modo di presentarsi della significazione“.

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Die Signifikation des Sklaven

worden ist, ist das Wort „Zeichen“ in den linguistischen und semiotischen Studien gebräuchlicher. Letzteres Wort gibt jedoch keine Beziehung zu dem (lateinischen) Wortstamm zu erkennen, der in „Signifikat“ und „Signifikant“ steckt. In den romanischen Sprachen aber tritt die Stammverwandtschaft aller entsprechenden Termini klar zutage, wodurch Signifikat und Signifikant als dem Signum immanente Bestandteile rein am Worte selbst leichter zu erkennen ist. In dieser Untersuchung des Wortschatzes zur Sklaverei werden die zu analysierenden lexikalischen Einheiten als „Zeichen“ aufgefasst, d.h. als signifikative Strukturen innerhalb eines bestimmten Kodes entsprechend der Weise, wie dieser Terminus in den semiologischen Wissenschaften im Anschluss an Saussure verstanden worden ist. Damit soll auch hier unter „Terminus“ nicht das im Wörterbuch eingetragene Wort mit seiner isolierten und vorbestimmten Wortbedeutung verstanden werden, sondern eine sprachliche Struktur, deren Signifikat aus den Beziehungen hervorgeht, in welchen sie mit anderen Strukturen in einem Kontext steht. Alltäglichere Bezeichnungen für lexikalische Einheiten wie „Terminus“, „Vokabel“, „Wort“ werden hier gebraucht, weil sie das Verständnis auf einer allgemein verständlicheren Diskursebene erleichtern, doch sie sollen hier als terminologisch weniger technische Synonyme für das Sprachzeichen gelten. In einigen Fällen wird „Terminus“ dann zugunsten des Wortes „Zeichen“ zurückgesetzt, wenn der eigentlich „strukturelle“ Charakter der Signifikation speziell hervorgehoben werden soll. Da nun die semiologischen Begriffe des Sprachzeichens und der Signifikation zu den Grundbegriffen gehören, auf denen der analytische Teil dieser Arbeit beruht, sind hier über sie einige erläuternde Bemerkungen zu machen. Der Zeichenbegriff hat eigentlich schon eine lange Geschichte, auf welche hier nicht eingegangen werden kann. In den verschiedensten Wissenszusammenhängen wie Theologie und Medizin präsentiert er ein äußerst vielfältiges und mehrdeutiges Sinnspektrum. Dies lässt sich etwa dann beobachten, wenn die Signifikation eines Sprachzeichens (oder lockerer: eines Terminus oder Wortes) nicht dasselbe ist wie seine Bedeutung, d.h. wie ein außerhalb der Sprache liegender Inhalt (Gegenstand, Idee), auf welchen das Zeichen (Terminus oder Wort) sich bezieht,20 sondern aus den Beziehungen hervorgeht, welche das in Frage stehende Zeichen zu anderen Zeichen (Termini oder Wör21 ter) im Rahmen eines Zeichensystems aufweist. Weiter unten soll dieser Sachverhalt erhellt werden. Es sei hier vorerst auf die Bemerkung Barthes’ 20 21

Im Sinne von Frege, vgl. weiter oben in diesem Kapitel Fußnote 18. Vgl. dazu Barthes 1985: 36.

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hingewiesen, dass der Zeichenbegriff von allen Denkern vor Saussure – von Augustin bis Hegel, Wallon, Peirce und Jung – unterschiedlich mit einer Reihe anderer verwandter Termini wie Symbol, Allegorie, Anzeichen, Index, Ikone 22 usw. in Beziehung gesetzt worden ist. All diese unterschiedlichen Auffassungen können auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden, darauf nämlich, dass ein Zeichen immer die Beziehung zwischen zwei Relata beinhaltet. Die Signifikation eines Zeichens lässt sich also nur aus dieser Beziehung ablesen, und dies ist als Erstes hier festzuhalten. In den Sprachwissenschaften legte Saussure den Grundstein für das Verständnis des Sprachzeichens. Selbst ein knappes Jahrhundert nach seinem posthum erschienenen Cours de Linguistique Générale im Jahre 1916 gelten seine Ausführungen zu diesem Thema weiterhin als immer neu diskutierte und aktualisierte Grundlage für beinahe alle mittlerweile breitgestreuten semiotischen Theorien. Auch in der überaus bescheideneren Sphäre vorliegender Untersuchung hat die Behandlung der Terminologie, die sich im Roman des Apuleius auf das Sklavenwesen bezieht, es als eine gute Lösung der methodischen Frage erscheinen lassen, das Problem der sprachlichen Signifikation des einschlägigen Wortschatzes unter Zuhilfenahme einiger Grundbegriffe der Theorie Saussures und einiger späteren davon ausgehenden Auseinandersetzungen anzugehen. Diese Grundbegriffe kommen heute in vielen Ansätzen der Geisteswissenschaften vor und dürften als wohlbekannt gelten. Es wird aber nicht unangebracht sein, sie hier in ihren Umrissen vorzuführen, um das in dem zweiten Teil des zweiten Kapitels und dem dritten Kapitel dieser Arbeit befolgte Vorgehen in seinem theoretischen Rahmen verständlich zu machen. Es sei aber schon angemerkt, dass hier weder auf diesen Rahmen noch auf abweichende Auffassungen anderer zitierten Wissenschaftler in der wünschenswerten Breite eingegangen werden kann. Dies würde eine Untersuchung für sich erfordern. Der Zweck der folgenden Ausführungen besteht lediglich darin, sich über einige Grundbegriffe dieser Theorie zu verständigen, ohne deren Handhabe die Analyse des Signifikates, welches die sich auf die Sklaven beziehenden Termini im Roman des Apuleius haben, über ein sehr prekäres Niveau hinauszugehen nicht imstande wäre. Folgt man der Erklärung Saussures, so besteht ein Zeichen aus der Verknüpfung eines Signifikantes mit einem Signifikat, d.h. eines materialen Trägers mit einer psychischen Vorstellung.23 Das Neuartige, welches Saussures Auffassung von der Natur des sprachlichen Zeichens im Vergleich zu vorherge22 23

Vgl. Barthes 1985: 37 mit tabellarischem Überblick. Zur Definition des Sprachzeichens vgl. Saussure 1916: 97 ff.

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henden Ansätzen zumal der epistemologischen und logischen Tradition der Philosophie auszeichnet, wird von einem Linguisten wie Hjelmslev in der Feststellung erblickt, dass das Zeichen nicht ein Zeichen für etwas, also kein reines Ausdrucksmittel ist, welches einen außerhalb des Zeichens selbst liegenden Inhalt bedeutet, sondern stattdessen als „an entity generated by the connexion 24 between an expression and a content“ , d.h. als gleichzeitig Signifikant und Signifikat zu betrachten ist. Im Falle des sprachlichen Zeichens wird die mate25 riale Seite des Zeichens, also der Signifikant, durch Laute und Schriftzeichen dargestellt, mit denen dann das Signifikat des Zeichens, also die psychischen Vorstellungen, verbunden und durch die es ausgedrückt wird. Es ist in diesem Zusammenhang überaus wichtig darauf hinzuweisen, dass das Signifikat, welches zusammen mit dem Signifikanten ein Zeichen ergibt, nicht ein Ding oder eine Sache ist, sondern eine Vorstellung des Dinges oder der Sache, welches 26 bzw. welche im Zeichen selbst liegt. Dies bedeutet, dass der durch den Signifikanten evozierte Bestandteil eines Zeichens, also das Signifikat des Zeichens, nicht ein äußerlicher Gegenstand ist, sondern eine mentale bzw. sprachliche Verarbeitung dieses Gegenstandes, und zwar das, was Saussure „concept“ genannt hat. Dies ist für die vorliegende Untersuchung grundlegend. Es erlaubt, die Analyse der Signifikation der Termini, welche Sklaven oder sich auf Sklaven Beziehendes bezeichnen, von der Analyse der Gegenstände zu unterscheiden, auf welche diese Terminologie angewandt wird. Gleichwohl muss hier zusätzlich präzisiert werden, dass für Saussure das Signifikat, also der mentale Inhalt eines Zeichens, nicht selbst ein nach der Weise eines Gegenstandes außerhalb des Zeichens existierender Inhalt ist, sondern durch seine Verknüpfung mit dem Signifikanten innerhalb eines Zeichens als Signifikat bestimmt wird. Das Signifikat ist demnach nicht ein zeichenunabhängiger Inhalt, sondern immer schon eines der beiden Relata, die ein Zeichen konstituieren. Barthes hat das so auszudrücken versucht:

24 25 26

Hjelmslev 1961: 47. Die Saussure „images acoustiques“ genannt hat (vgl. Saussure 1916: 98). Hjelmslevs Überlegungen zur zweiseitigen Natur des Sprachzeichens (d.h. dass es gleichzeitig Signifikat und Signifikant umfasst) machen es vielleicht deutlicher: „If a sign is used as the name for the expression alone or for a part of it, the terminology, even if protected by formal definitions, will run the risk of consciously or unconsciously giving rise to or favoring the widespread misconception according to which a language is simply a nomenclature or a stock of labels intended to be fastened on pre-existent things“ (Hjelmslev 1961: 58).

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ni acte de conscience ni réalité, le signifié ne peut être défini qu’à l’intérieur du procès de signification, d’une manière quasi tautologique: c’est ce „quelque 27 chose“ que celui qui emploie le signe entend par lui.

Die psychischen Ideen oder Vorstellungen („concepts“), welche das Signifikat konstituieren, existieren nicht vor ihrer Formalisierung in der Sprache. Der Grund dafür ist laut Saussure die einfache Tatsache, dass es in der Sprache keine Substanz, keinen positiven Inhalt gibt, der von einem Terminus für sich selbst notwendig bezeichnet werde. Es gibt nur Kontraste zwischen und unter Zeichen innerhalb desselben Sprachsystems: Qu’on prenne le signifié ou le signifiant, la langue ne comporte ni des idées ni des sons qui préexisteraient au système linguistique, mais seulement des diffé28 rences conceptuelles et des différences phoniques issues de ce système.

Damit ist auch an eine Analyse der Signifikation die Forderung gestellt, das Signifikat immer schon in Verknüpfung mit einem Signifikanten, also als einen Prozess des Zeichens zu untersuchen. Weiterhin muss sie auch immer das Zeichen in seinen konkreten Beziehungen zu anderen Zeichen der Sprache 29 verstehen. Hierin ist das Problem des „Werts“ des Zeichens impliziert. Es ist hier nicht nötig, auf die für Saussure wichtige Unterscheidung zwischen Wert („valeur“) und Signifikation („signification“) näher einzugehen. Für das Forschungsziel der vorliegenden Untersuchung genügt der Hinweis darauf, dass für Saussure der Wert ein Aspekt der Signifikation ist, und zwar konkreter der Aspekt, welcher den Prozess der Signifikation des Zeichens in das umgreifende Sprachsystem („langue“) einfügt, wie es im Folgenden zu zeigen sein wird. Diesem Begriff des Zeichenwertes hat Saussure namentlich ab seiner zweiten Vorlesung zur allgemeinen Sprachwissenschaft größeres Gewicht beigelegt, und er ist später ein zentraler Begriff für die strukturelle Semantik geworden. Es lohnt sich, Saussures Formulierung in Erinnerung zu bringen: Ce qu’il y a d’idée ou de matière phonique dans un signe importe moins que ce qu’il y a autour de lui dans les autres signes. La preuve en est que la valeur d’un terme peut être modifiée sans qu’on touche ni à son sens ni à ses sons, mais 30 seulement par le fait que tel autre terme voisin aura subi une modification.

27 28 29 30

Barthes 1985: 42. Saussure 1916: 166. Dazu vgl. Saussure 1916: 158-162. Saussure 1916: 166. Dass die Signifikation eines Wortes das Produkt seiner Beziehung zu anderen Wörtern desselben Sprachsystems ist, ist ein allgemein anerkannter strukturalistischer Grundsatz. Lyons’ Definition von „sense“ ist ein klares Beispiel dafür: „by the sense of

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Innerhalb des Signifikates entsprechen Saussure zufolge die Werte Begriffen („concepts“), d.h. mentalen Vorstellungen. Wie schon bemerkt sind unter diesen Vorstellungen keine vorsprachlich existierenden Ideen zu verstehen, sondern solche, die durch ihre Beziehung zu anderen innerhalb des Sprachsystems vorkommenden Begriffen oder Ideen konstruiert werden. Die auf diesen Sachverhalt bezogene Bemerkung von Lyons lässt an Klarheit nichts zu wünschen übrig: […] since sense is to be defined in terms of relationships which hold between vocabulary-items, it carries whith it no presuppositions about the existence of 32 objects and properties outside the vocabulary of the language in question.

Aus diesen sprachwissenschaftlichen Erwägungen ergeben sich nun zwei Bestimmungen, die für die in dieser Untersuchung angestrebte terminologische Analyse von Bedeutung sind und deshalb festgehalten werden müssen. Zum einen ist die Signifikation eines Terminus kontextuell zu bestimmen, und das heißt hier: durch das Sprachsystem, dem er angehört. Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass, wenn das Sprachsystem ein allen Individuen einer Kultur (im anthropologischen Sinne dieses Wortes) gemeinsames soziales Gut ist, die Signifikation eines Terminus gleichfalls soziokulturellen Charakters ist. In der Tat, die bedeutendste Folgerung, die sich aus dem Saussureschen Begriff des Wertes insofern ergibt, als er die Aufmerksamkeit der Analyse auf die „Umgebung“ des Zeichens lenkt, besteht darin, dem Signifikationsprozess eine soziokulturelle Dimension zu verleihen. Die in einem Sprachsystem niedergelegten Werte sind keine Schöpfungen eines Individuums, sondern ein kollektives Gut, das von einer Gemeinschaft von Sprechern geteilt wird.33 Die Beziehungen zwischen Zeichen, die innerhalb dieses Systems stattfinden, sind nur insofern verständlich, als sie auf kulturell anerkannte und allgemein festgelegte Werte verweisen.

31 32 33

a word we mean its place in a system of relationships which it contracts with other words in the vocabulary“ (Lyons 1968: 427). Dieselbe Idee lag schon den Studien der Feldtheoretiker aus den Zwanziger und Dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts wie Ipsen, Jolles, Trier u.a. zugrunde, auf welche unten kurz einzugehen sein wird. Vgl. dazu Lyons 1977: 242-61. Saussure 1916: 162. Lyons 1968: 427. Es handelt sich hier um Saussures Begriff der „langue“, „la partie sociale du langage“ (Saussure 1916: 31), „un produit social de la faculté du langage et un ensemble de conventions nécessaires, adoptées par le corps social pour permettre l’exercice de cette faculté chez les individus“ (Saussure 1916: 25). Die Gemeinschaft der Sprechenden ist hier nötig, um den allgemeinen Gebrauch und Übereinstimmung („l’usage et le consentement général“) festzulegen (vgl. Saussure 1916: 157).

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Die Untersuchung der Signifikation impliziert also demzufolge viel mehr als nur eine formale sprachliche Analyse der Bestandteile der Zeichen. Sie umfasst auch durch die Sprache eine Kulturanalyse der sozial definierten Systeme, in welchen die Werte eines Zeichens in diesem „solidarischen Ganzen“ bestimmt werden: En outre l’idée de la valeur, ainsi déterminée, nous montre que c’est une grande illusion de considérer un terme simplement comme l’union d’un certain son avec un certain concept. Le définir ainsi, ce serait l’isoler du système dont il fait partie; ce serait croire qu’on peut commencer par les termes et construire le système en en faisant la somme, alors qu’au contraire c’est du tout solidaire qu’il faut partir pour obtenir par analyse les éléments qu’il ren34 ferme.

Diese Warnung Saussures dient im Rahmen der vorliegenden Untersuchung dazu, auf zwei Bedingungen ihrer Durchführung aufmerksam zu machen. Die erste Bedingung bezieht sich auf die Weise, wie das Verfahren zu begründen ist, nach welchem die Analyse der Signifikation des sich auf das Sklavenwesen beziehenden Wortschatzteiles in dem Text vorgenommen werden soll, der hier Gegenstand der Untersuchung ist. Es kann sich hierbei nicht um eine intentionale Analyse der Signifikation der in Frage kommenden Termini handeln, sondern nur um eine kontextuelle Analyse aus den Oppositions- und Assoziationsverhältnissen, in denen ein Terminus mit anderen Termini im Text des Apuleius selbst steht. Die zweite Bedingung dreht sich um die Rechtfertigung der allgemeineren Motivation dieser Untersuchung. Es soll nämlich hier der Versuch unternommen werden, durch die terminologische Analyse eines bestimmten Textcorpus, welcher der lateinischen Literatur angehört, einige kulturell bestimmten Aspekte der Vorstellungen über Sklaven herauszuarbeiten, die sich in den Signifikationen des zu analysierenden Wortschatzteiles niedergeschlagen haben. Zu dem ersten Punkt soll später wieder zurückgekehrt werden. Zu dem zweiten Punkt kann es dienlich sein, hier einige zusätzliche Erläuterungen anzufügen. Der durch Saussure in die Diskussion eingeführte soziokulturelle Aspekt der Signifikation, d.h. ihr Wert, gerät in der Folgezeit immer mehr in den Mittelpunkt der strukturellen Sprachwissenschaft und Semiotik.35 Er muss auch in Betracht gezogen werden, will man die Grundmotivation der vorliegenden Untersuchung richtig verstehen. Im Rahmen der semiotischen Wissenschaften wird nämlich der Saussuresche Begriff des Signifikates als einer „psychischen 34 35

Saussure 1916: 157. Und auch der Anthropologie, vgl. Barthes 1985: 52.

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Die Signifikation des Sklaven

Vorstellung“ deshalb zum Teil in Frage gestellt, weil er allzu sehr den psycho36 logischen Aspekt in den Vordergrund stellt. Eco z.B. zieht es deswegen vor, das Signifikat als eine „kulturelle Einheit“ („unità culturale“) zu definieren und damit den kulturalistischen Charakter der Semiologie besonders hervor37 38 zukehren. Die Semiotik scheint nach Eco von der Annahme auszugehen, dass alle Aspekte einer Kultur als Inhalt der Kommunikation studiert werden können. Eco erläutert diesen Ansatz wie folgt: Tutti i fenomeni di cultura possono diventare oggetti di comunicazione. Se si approfondisce questa formulazione ci si accorge che essa significa semplicemente questo: ogni aspetto della cultura diventa un’unità semantica. In altri termini: una semantica sviluppata non può sino essere lo studio di tutti gli a39 spetti della cultura visti come significati che gli uomini via via si comunicano.

Nach Eco sind die kulturellen Einheiten die Signifikate, die der Kode dem 40 System der Signifikante entsprechen lässt. Werden sie aber so definiert, so entsprechen sie genau den „psychischen Vorstellungen“ der Theorie Saussures. Doch muss man hier in der Tat zugeben, dass Ecos Formulierung im Gegensatz zu der Saussureschen den sozialen, kulturellen Charakter der Signifikation klarer beleuchtet. Es darf jedoch angesichts des Vorhergehenden nicht vergessen werden, dass dieser soziale Aspekt auch in Saussures Diskussion über die sprachlichen Werte in Betracht gezogen worden ist. Terminologische Feinheiten liegen nicht im Interesse der vorliegenden Untersuchung. Ob kulturelle Einheit oder psychische Vorstellung, wichtig ist für das hier Angestrebte nur, den kulturellen Charakter des Signifikates einzuräumen. Die kulturelle Dimension des Phänomens der Signifikation wird im Rahmen der strukturellen Semantik ursprünglich anhand des Begriffes des semantischen Feldes erläutert. Was heute durch die strukturelle Semantik als Theorie des semantischen Feldes bekannt geworden ist, wurde zuerst in den Zwanziger und Dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts als Wortfeldtheorie formu-

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Vgl. Eco 1968: 34 ff. Das Problem hat denn auch schon Saussure so manche Kritik eingebracht, wie es schon Eco unter Bezugnahme auf die italienische Übersetzung von C. K. Ogdens und I. A. Richards, Il Significato del Significato. Milano, 1966, cap. I, angemerkt hat (Eco 1968: 35). „Sia chiaro comunque che la semiologia non studia i procedimenti mentali del significare ma solo le convenzioni comunicative come fenomeno di cultura“ (Eco 1968: 37, Hervorhebung durch Eco selbst). Eco 1971: 19. Eco 1971: 22. Eco 1971: 32.

Das Problem des Signifikates 41

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liert. Nach diesem Ansatz werden die Werte – Trier sagt dazu Geltung – eines Terminus durch ein oppositionelles System verwandter Termini bestimmt, die dem in Frage stehenden Terminus gegenüberstehen und ihn eingrenzen (umschreiben). Diese „Struktur“ einander entgegengesetzter Termini ist eben das, was in der strukturellen Semantik semantisches Feld genannt 43 wird. In diesem Feld verdankt ein Terminus seinen Wert der Grenze, die ihm 44 von benachbarten Termini im System gesetzt werden. Um die Termini der Verwandtschaftsverhältnisse als Beispiel zu nehmen, die Werte eines Terminus wie „Vater“ lassen sich nur in Korrelation zu anderen Termini desselben semantischen Feldes wie etwa „Mutter“, „Sohn“, „Großva45 ter“ usw. bestimmen. Ein semantisches Feld ist aber kein willkürliches System, es wird immer in einem bestimmten kulturellen Kode konstituiert. Damit ist schon gesagt, dass es kulturell bedingt ist: Every language is integrated with the culture in which it operates; and its lexical structure (as well as at least part of its grammatical structure) reflects those 46 distinctions which are (or have been) important in the culture.

Die Analyse eines semantischen Feldes sucht diese Distinktionen genauer auf der Ebene des Signifikates zum Vorschein zu bringen. Dies bedeutet also, dass in der Analyse eines semantischen Feldes gleichzeitig insofern eine Kulturanalyse vorgenommen wird, als die Struktur dieses Feldes – d.h. die ihn konstituierenden Worteinheiten und die Beziehungen zwischen und unter diesen Einheiten – die spezifische Erfahrung der Sprechenden mit den Gegebenheiten ihrer Kultur reflektiert und somit Teile ihrer Weltanschauung offenbart. Diese Überlegungen lassen sich ebenso auf das Wortfeld der Sklavenwesensbeziehungen übertragen. Im zweiten Teil des vorliegenden Kapitels soll ein Teil des allgemeinen semantischen Feldes umgrenzt werden, welches die Bezeichnun41 42

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Zu den Feldtheoretikern vgl. Ullmann 1957: 157 ff. und Lyons 1977: 250 ff. „Die Geltung eines Wortes wird erst erkannt, wenn man sie gegen die Geltung des benachbarten und opponierenden Wortes abgrenzt. Nur als Teil des Ganzen hat es Sinn: denn nur im Feld gibt es Bedeutung“ (Trier 1931: 6). Die Definition Triers lautet: „Felder sind die zwischen den Einzelworten und dem Wortschatz ganzen lebendigen sprachlichen Wirklichkeiten, die als Teilganze mit dem Wort das Merkmal gemeinsam haben, dass sie sich eingliedern, mit dem Wortschatz hingegen, dass sie sich ausgliedern“ (Trier 1934: 430). Analog dem Verfahren, das Trier 1934: 432 ff. auf die verwandten Begriffe von Weisheit, Kunst und List des 13. Jhs. oder Lyons 1963: 139 ff. auf die platonischen Begriffe τέχνη, ἐπιστήη, σοφία u.a. angewandt haben. Das oben angeführte Beispiel ist ein beliebtes Feld wortsemanticher Untersuchungen, das besonders in der linguistischen Anthropologie wiederkehrt (dazu vgl. Lyons 1977: 242). Lyons 1977: 248.

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Die Signifikation des Sklaven

gen für Sklaven und allgemein für Hauspersonal im Text des Apuleius umfasst. Die Rekonstruktion dieses Feldteiles ist nicht nur sprachwissenschaftliche Arbeit, sondern auch ein Beitrag dazu, auf Züge einer Sklavenhalterkultur hinzuweisen, wie sie sich in der Sprache offenbaren. Dass ein semantisches Feld kulturell bestimmt ist, lässt sich anhand der Tatsache zeigen, dass ein Kulturwandel zur Umstrukturierung eines semanti47 schen Feldes führen kann . Zum semantischen Feld z.B. der römischen humanitas gehörten Begriffe wie cultus, eruditio, clementia, mansuetudo, urbanitas, iucunditas, hilaritas, facilitas, und ebenso Gegenbegriffe wie 48 grauitas, dignitas, seueritas, frugalitas, arrrogantia, superbia . Viele dieser Begriffe treten bei der Christianisierung der römischen Kultur in den Hintergrund oder geraten einfach in Vergessenheit, um anderen, zum Teil neuen Begriffen Raum zu geben. 49 Ein von Eco verwendetes Beispiel zeigt sehr gut, wie ein semantisches Feld Aspekte der Weltanschauung einer Kultur wiedergibt. Die Bezeichnungen der Farben – das Farbenspektrum ist eben das klassische Beispiel der Theorie des 50 semantischen Feldes – innerhalb einer bestimmten Kultur entsprechen der besonderen Weise, wie im Rahmen dieser Kultur die Farben überhaupt wahrgenommen werden. Nur deswegen lässt es sich erklären, warum in der westeuropäischen Kultur die Einheit /blau/, /blue/, /azul/, /azur/ usw. durch eine bestimmte Wellenlänge (nämlich 480-460 Millicronen) definiert wird, während in anderen Kulturen wie z. B der russischen in demselben Farbenkontinuum mehrere Einheiten (z.B. /goluboj/ und /sinij/) identifiziert werden. Es ist nicht Ziel der vorliegenden Ausführungen, eine abgerundete Darstellung der Theorien über semantische Felder zu bieten.51 Es geht hier nur um die Hervorhebung einer Idee, welche die von jenen Theorien angeregten Untersuchungen prägen, und zwar der Idee des kulturellen Hintergrundes der Signifikate eines Wortschatzes. Dies sollte auch nicht aus den Augen verloren werden, wenn man diejenigen Signifikate eines Wortschatzes untersucht, die sich

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„Siccome i campi semantici mettono in forma le unità di una data cultura e costituiscono porzioni della visione del mondo propria di quella cultura, bastano movimenti di acculturazione, scontri tra culture diverse, revisioni critiche del sapere, per sconvolgere un campo semantico. Se è esatta la metafora saussuriana della scacchiera, basta lo spostamento di un pezzo per alterare tutti i rapporti del sistema“ (Eco 1971: 43). Zum Begriff der humanitas romana und ihren Gegenbegriffen vgl. Schadewaldt 1973. Eco 1971: 45. Der „Erfinder“ des Beispiels scheint Hjelmslev in seinen Prolegomena (1961: 52 f.) zu sein. Zur allgemeinen Orientierung und weiterführenden Literatur vgl. Lyons 1977: 246 f. Für eine solche Darstellung vgl. Lyons 1977: 250 ff. und Geckeler 1971.

Das Problem des Signifikates

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auf Sklaven oder auf das Sklavenwesen beziehen. Ein einfaches Beispiel kann das verdeutlichen helfen. Das semantische Feld von „Sklave“ wird in verschiedenen Kulturen durch die besondere Erfahrung mit Sklaven eingegrenzt, die im jeweiligen Rahmen der einzelnen Kulturen gegeben ist. /Preto/ oder /negro/ (/Schwarzer/ bzw. /Neger/) gehört unmittelbar zum semantischen Feld des Wortes „escravo“ („Sklave“), wie dieser innerhalb z.B. der brasilianischen Kultur in Erscheinung 52 tritt. Dies ist aber nicht in der antiken Semantik des Wortes der Fall. In der Antike spielt nämlich in der Regel die Rassenzugehörigkeit der Sklaven, welche in der Kultur Amerikas besonders hervorsticht, keine intensive Rolle. Die schwache Ausprägung des Rassenvorurteils in der griechisch-römischen Welt 53 wurde auch von mehreren Forschern bemerkt. Wie in vielen modernen Gesellschaften wies auch besonders die römische Welt eine beträchtliche Präsenz von schwarzen Leuten inmitten einer weißen Bevölkerung auf, doch ein star54 kes Vorurteil gegen Farbige scheint gefehlt zu haben. Mischehen z.B. wurden weder gesetzlich verboten noch irgendwie gesellschaftlich geahndet, wie es in den Sklavenhaltergesellschaften Amerikas der Fall war. Den Äthiopiern (wie die Römer Schwarzhäutige nannten) wurden im Gegenteil eher positive physi55 sche und moralische Eigenschaften zugeschrieben. Obwohl es in den antiken Haushalten farbige Sklaven gab, wurde der rassische Unterschied von Herren und Sklaven weitgehend u.a. deshalb neutralisiert, weil das Kontingent freier farbiger Menschen (besonders als Händler, im Militärwesen usw.) in der anti56 ken Welt beträchtlich war. Dazu bemerkt Schumacher folgendes: Zu berücksichtigen wäre allenfalls der latente Gegensatz zwischen Hellenen und „Barbaren“, Römern und Nichtrömern; indessen betraf diese Differenzierung Bildungsstand, Rechtsordnung und kulturelle Identität, wobei alle ethni52

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Die rassische Polarisierung zwischen weißen Herren und schwarzen Sklaven konnte von Schumacher als ein Unterscheidungsmerkmal der Sklaverei in Amerika angesehen werden: „Angesichts einer ungemein restriktiven Freilassungspraxis im Süden der Vereinigten Staaten konnte die Bezeichnung des ‘schwarzen Sklaven’ durchaus als Tautologie aufgefasst werden“ (Schumacher 2001: 16). Dasselbe trifft auf Brasilien zu. Es ist jedoch zu bemerken, dass aus verschiedenen historischen und sozialen Gründen die Apartheid nach Abschaffung der Sklaverei in Brasilien wie in der Karibik etwas abgeschwächt erscheint und nicht den nordamerikanischen Extremismus erreicht (vgl. Schumacher 20001: 17). Für ältere Literatur vgl. Snowden 1970: 169, jüngst mit Quellendarstellung Schumacher 2001: 16-22. Snowden 1970: 183. Snowden 1970: 195. Vgl. Schumacher 2001: 17: „Äußerlich waren Sklaven, Freigelassene und Freigeborene in der Regel nicht zu unterscheiden“.

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Die Signifikation des Sklaven

schen Gruppen gleichermaßen involviert waren. Die Konzeption einer zu Skla57 verei geborenen farbigen Minderheit hat es in der Antike nicht gegeben.

Archäologische und literarische Zeugnisse scheinen in der Tat übereinstimmend zu erweisen, dass etwa die hellenistische Welt eher durch eine kulturelle 58 denn durch eine rassische Differenzierung charakterisiert war. Daraus wird auch verständlich, dass die antiken Kulturen wiederum im semantischen Feld von δοῦλος , seruus andere Einheiten wie /βάρβαρος/, /μέτοικος/ betonen, welche den Aspekt der zumal sprachlichen, kulturellen und daraufhin politischen Nichtzugehörigkeit des Sklaven zur Gemeinde der einheimischen Bürger (/πολίτης/, /ciuis/), also das „ausländische, nicht politische Wesen“ des 59 Sklaven in den Vordergrund schieben. Die Untersuchung römischer Rechtsdokumente hat Lévy-Bruhl zu dem Schluss geführt, dass zu jener Zeit der Sklave weiter nichts denn ein rechtloser Fremder war, was aus dem Sklaventum in Rom eine internationale Institution machte und auf die Formel gebracht werden könnte „1° tout esclave est un étranger; 2° tout étranger est un 60 esclave“ . Diese Wirklichkeit des römischen Sklaventums liest sich auch dem sklavenbezeichnenden Vokabular ab, will man mit Benveniste im Terminus seruus nicht eine ursprünglich römische Bezeichnung, sondern eine Entleh61 nung aus dem Etruskischen erblicken. Der Sklave wäre demnach in der römischen Welt nicht wie in der amerikanischen deswegen ein Außenseiter, weil er einer anderen Rasse, sondern weil er nicht derselben Kultur und Gemeinschaft wie sein Herr angehörte, d.h. weil er ein Barbar, ein Nicht-Bürger, kurz ein Fremder war. Im Gegensatz dazu wäre in der brasilianischen Kultur z.B. /estrangeiro/ (Ausländer, Fremder) bzw. 57 58 59

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Schumacher 2001: 22. Vgl. Snowden 1970: 170 ff. und Schumacher 2001: 19 ff. Zum ganzen Fragenkomplex vgl. auch Lewis 1990: 59 f. und Bradley 2000b: 111 f. Vgl. Thébert 1989: 159: „Trotz der tiefgreifenden Veränderungen im historischen Umfeld bleibt der Sklave durch die Jahrhunderte hindurch immer das Negativ des Bürgers“, d.h. die Vorstellung des Sklaven wird der des Barbaren oder Ausländers angeglichen. Über Platons’ und Aristoteles’ Vorstellung einer sklavenähnliche Natur des Barbaren vgl. Schlaifer 1936: 168 ff. In Bezug auf den Sprachgebrauch der attischen Redner bemerkt Mactoux 1982: 61, auch sie sehen im Bürger (πολίτης) das Wesen des freien Menschen. Dasselbe unter den Römern: „les Romains n’aient jamais séparé la libertas de la ciuitas“ (Benveniste 1936: 55). Lévy-Bruhl 1934: 16. Benveniste 1932: 434, mit Verweis auf den Aufsatz Benvenistes übernommen von LEW Bd. 2: 527. Nach Heinrichs 2001: Sp. 627 geht seruitus über ein etruskisches Lehnwort vielleicht auf Indoeur. sóru- „Beute“ zurück. Ähnliches gilt auch für das griechische Wort δοῦλος, welches durch die Forschung schon als eine ionische Entlehnung aus einer kleinasiatischen Sprache erwiesen worden war (dazu vgl. Benveniste 1932: 438, unter Rekurs auf Benveniste übernommen von DELG Bd. 2: 295 und LEW Bd. 2: 527 und 760).

Das Problem des Signifikates

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/não cidadão/ (nicht Bürger) eben keine Einheit, die besonders die Semantik von „escravo“ prägte, und dies trotz der praktischen Tatsache, dass die Sklaven Brasiliens aus fremden Ländern eingeführt worden und von dem politischen Leben des Landes ausgeschlossen waren. Gewiss, und dies sei hier vermerkt, die verallgemeinernde Redeweise „antike Kulturen“ und selbst „brasilianische Kultur“ ist weiter nichts denn eine äußerst unpräzise und problematische Abstraktion, und die Analyse semantischer Felder impliziert ja im Gegensatz dazu immer einen synchronisch genauen Ausschnitt aus einer gegebenen Kultur. Im vorliegenden Kontext aber wird die Lizenz wohl nicht ganz unangebracht sein, auf solche unspezifische Allgemeinheiten zu rekurrieren, um den Vortrag eines erhellenden Beispiels zu erleichtern. Wie kann man nun aber das System bestimmen, in welches sich ein Terminus wie „seruus“ einfügt? Wie kann man das Feld der Begriffe definieren, welche diesen Terminus umgeben und sein Signifikat bestimmen? Trotz des für die strukturelle Linguistik wesentlichen Beitrages, den die klassische Wortfeldtheorie zur endgültigen Annahme der semantischen Interdependenz der Wörter geleistet hat,62 hat sie tatsächlich keine explizitere Formulierung der ein Wortfeld definierenden Kriterien vorgelegt. Diese Schwäche wurde dann 63 an ihr auch vielfach bemängelt. In Auseinandersetzung mit der Wortfeldtheo64 rie hat Lyons als einen allgemein anerkannten Punkt der Kritik angeführt, dass die meisten Wortfelder nicht so eindeutig strukturiert oder so klar unter65 scheidbar wären, wie es Trier ursprünglich angenommen hatte. Die Bestimmung a priori eines Wortfeldes wäre demnach streng genommen wenn nicht unmöglich, wenigstens eine Abstraktion, welche die unterschiedlichsten Aspekte der Signifikation eines Vokabulars zu bewältigen nicht in der Lage wäre. Diese Schwäche der klassischen Wortfeldtheorie hat dann auch den semantischen Untersuchungen in der Folge mehrfach methodische Revisionen auf62

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„Field-theory has proved its worth as a general guide for research in descriptive semantics over the last forty years; and it has undoubtedly increased our understanding of the way the lexemes of a language are interrelated in sense“ (Lyons 1977: 267). Es sei hier allgemein verwiesen auf Geckeler 1971: 115-167 und Lyons 1977: 258-269, der einen kritischen Überblick über die Wortfeldtheorie namentlich in Anschluss an die Formulierungen Triers bringt. Lyons 1977: 267. Trier hätte seine Analyse nur auf abstrakte Lexeme oder Begriffe gegründet unter der Voraussetzung, dem Wortschatz aller Sprachen läge a priori eine Substanz des Signifikates, also ein den „Inhalt“ bestimmendes „Sein“ zu Grunde: „Durch die Zwischenwelt der Sprache hindurch ist uns das Sein gegeben. Sprache bietet uns Sein dar. […] Jede Sprache gliedert das Sein auf ihre Weise, schafft damit ihr besonderes Seinsbild, setzt damit ihre, dieser einen Sprache eigentümlichen, Inhalte“ (Trier 1934: 428 f.). Vgl. dazu Lyons 1977: 260.

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Die Signifikation des Sklaven

genötigt. Unter den vielen einschlägigen Ansätzen ist hier die sogenannte Kontext- oder Kollokationstheorie der Signifikation deswegen zu nennen, weil einige ihrer Prinzipien dem analytischen Verfahren zugrunde liegen, welches im dritten Kapitel der vorliegenden Arbeit angewendet werden soll. Die Kontexttheorie wurde von dem Sprachwissenschaftler J. R. Firth zunächst in Zu66 sammenarbeit mit dem Anthropologen Malinowski vorgeschlagen und da67 nach durch seine Nachfolger weiterentwickelt. Eine genauere und vollständigere Darlegung dieser Theorie kann sich hier erübrigen. Festzuhalten ist für das hier verfolgte Vorhaben ihr Grundsatz, dass das Signifikat ein Komplex 68 kontextueller Beziehungen ist und nur aus den praktischen Situationen des Sprachgebrauchs heraus beschrieben werden kann. 69 Der Satz Firths „You shall know a word by the company it keeps!“ fasst diesen Ansatz auf lexikalischer Ebene zusammen. Das Signifikat eines Wortes soll nicht durch seinen begrifflichen Zusammenhang, sondern durch seine 70 sprachpragmatische Entourage erklärt werden. Das Umfeld eines Wortes kann nur im Kontext der Gebrauchssituation („context of situation“) bestimmter erfasst werden. Es umfasst bestimmte Sprechende und Hörer sowie Gegenstände und Begebenheiten, welche alle von dem Standpunkt des enge71 ren Aussagerahmens („context of utterance“ ) aus gesehen als Bestandteile der Sprechsituation zu betrachten sind. Vereinfachend gesagt muss die Untersuchung von den Assoziationen eines Wortes mit anderen Wörtern (d.h. von seiner Signifikatenstruktur) in konkret erfolgenden (schriftlichen oder gesprochenen) Aussagen ausgehen und nicht von Betrachtungen zum Inhalt eines Wortes, die aus einem abstrakten begrifflichen Feld abgeleitet werden. Eines der von Firth erkorenen Beispiele, die Operativität des Prinzips der semantischen Kollokationsanalyse zu veranschaulichen, ist komischerweise just das Wort „Esel“. Im Hinblick auf den Gegenstand der vorliegenden Untersuchung, den Roman des Apuleius, verdient dieses Beispiel hier Erwähnung:

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Malinowski hat sich für eine engere Zusammenarbeit zwischen der Forschung zu Kultur und Verhalten des Menschen und der Sprachforschung eingesetzt (vgl. Firth 1968: 160). Zu den engen Beziehungen zwischen Firth und Malinowski vgl. Firth 1968: 137-167. Wie z.B. Ellis, Halliday, Sinclair u.a. Vgl. dazu Lyons 1977: 607, wo er auch auf die Frage eingeht, ob die Forschungen Firths überhaupt eine Theorie bilden. Firth 1957: 19. Firth 1968: 179. Vgl. Firth 1968: 180. Für Beispiele zur semantischen Analyse auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Kontexten vgl. das Kapitel 15 „Modes of Meaning“ in Firth 1957: 190-215.

Das Problem des Signifikates

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It follows that a text in such established usage may contain sentences such as „Don’t be such an ass!“, „You silly ass!“, „What an ass he is!“ In these examples, the word ass is in familiar and habitual company, commonly collocated with 72 you silly -, he is a silly -, don’t be such an -.

Wittgensteins Satz „die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch in der Spra73 che“ , welcher der Kontexttheorie den Anstoß zu weiteren Überlegungen 74 gab , ist nur eine provokativere Fassung desselben Gedankens, den Firth so formuliert: Logicians are apt to think of words and propositions as having „meaning“ somehow in themselves, apart from participants in context of situation. Speakers and listeners do not seem to be necessary. I suggest that voices should not 75 be entirely dissociated from the social complex in which they function.

Der Begriff des „context of situation“, der eben den sozialen Aspekt der Signifikation anspricht, kann als der Schnittpunkt der Anthropologie und der Sprachwissenschaften angesehen werden, der von Malinowski anvisiert und 76 77 von Firth wieder aufgenommen wurde. Wie Firth es bemerkt sind die ersten Bemühungen, das Verständnis der „Situation“ als wesentlich für die Analyse der Sprache zu erachten, dem deutschen Sprachwissenschaftler P. Wegener zuzuschreiben. Malinowski und Firth haben sich bewusst auf ihn berufen. Die Analyse der Termini, welche die antike Sklaverei angehen und aus einem bestimmten Werk der lateinischen fiktionalen Prosaliteratur stammen, soll hier nicht in der strikten Nachfolge Firths betrieben werden. Von dem Standpunkt der Analyse eines Wortschatzes aus gesehen war Firth eher an die Signifikate der Wörter nach deren gebräuchlichsten Assoziationen oder Kollokationen interessiert, um die von der Alltagssprache festgelegten sozialen Sitten und Regeln festzustellen.78 Die vorliegende Untersuchung kann sich

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Firth 1968: 179. Wittgenstein 1969: 311. Vgl. u.a. Firth 1968: 138 und 179. Firth 1957: 226. Vgl. Firth 1968: 146: „The key concept of the semantic theory he [d.h. Malinowski] found most useful for his work on native languages was the notion of context of situation“ und Firth 1968: 160: „He [d.h. Malinowski] encouraged the linguist in setting up his grammatical categories to look to other levels of linguistic analysis which would take note of the situation, including the personalities, institutions and customs“. Zur zusammenfassenden Darstellung von Firths Begriff des „context of situation“ vgl. Firth 1968: 175-179. Firth 1968: 139 unter Verweis auf P. Wegener, Untersuchungen über die Grundfragen des Sprachlebens. Halle, 1885. Vgl. auch Firth 1968: 147. Vgl. Firth 1968: 179.

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Die Signifikation des Sklaven

jedoch nicht mit dem Gebräuchlichsten oder Häufigsten begnügen, wie es Firth wollte. Andererseits ist hier zu beachten, dass die Signifikation eines Terminus aus den Beziehungen hervorgeht, welche dieser Terminus zu seinem Umfeld hat, desgleichen, dass die Produktion des Signifikates im Kontext einer dieses Signifikat ebenfalls in großem Maß bestimmenden Situation geschieht. Was nun die Häufigkeit der Kollokationen betrifft, in welchen der Terminus in der Sprache belegt ist, so ist es immer möglich – und dies ist ein Grundsatz der vorliegenden Untersuchung –, in ihnen den Ausdruck von Sitten, Regeln und Werten zu erblicken, die gesellschaftlich geteilt werden und deshalb in der Sprache einen „Sinn ergeben“ können. Aber wie es Lyons schon bemerkt hat, trotz aller Schwächen, die an einer Kontexttheorie des Signifikates wie derjenigen von Firth moniert werden können, bildet sie eine gesunde Reaktion gegen die Exzesse einer die traditionelle Semantik befallenden leeren Begrifflichkeit.79 Und es ist gerade wegen dieser ihrer Eigenschaft, als ein Korrektiv zu den oft exzessiven Abstraktionen anderer semantischen Ansätze zu fungieren, dass sie in der vorliegenden Arbeit Aufmerksamkeit beanspruchen konnte. Auch unter Ausschluss jeder engeren Firthschen Filiation dieser Arbeit können einige Ideen Firths zusammen mit anderen, aus der strukturellen Linguistik und Semiotik hervorgegangenen Ansätzen sicherlich dazu beitragen, das semantisch-lexikalische Analyseverfahren, welches hier praktiziert werden soll, schärfer zu fassen und methodisch besser zu begründen.

B. Terminologie der Abhängigkeit in den Metamorphosen Die soeben angestellten Überlegungen möchten zwei Leitideen rechtfertigen, auf denen die in dieser Arbeit angenommenen Kriterien der sprachlichen Analyse gegründet sind. Die erste dieser Ideen stammt aus der strukturellen Auffassung Saussures und besagt, das Signifikat eines Terminus sei kein positiver Inhalt, sondern eine oppositionelle Struktur, d.h. eine Struktur, die sich nur unter Bezugnahme auf andere Termini bestimmen lässt. Die zweite dieser Ideen hat ihren Ursprung im pragmatischen Ansatz Firths und lautet, diese Struktur zeige sich allein in der praktischen Sprachgebrauchssituation. Aus der Anwendung dieser methodischen Leitideen auf die Sklavenbezeichnungen, welche sich im Roman des Apuleius vorfinden, folgt nun für die Analyse von deren Signifikaten vorerst zweierlei. Zum ersten muss die Analyse in der Identifizierung der anderen Termini bestehen, zu denen die jeweils in Frage 79

Lyons 1977: 610.

Terminologie der Abhängigkeit in den Metamorphosen

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stehenden Termini in Beziehung stehen, und zum zweiten muss sie ex obseruatione aus den praktischen Kontexten erfolgen, in denen diese Termini im Text vorkommen. Voraussetzung einer solchen semantischen Analyse ist demnach eine weitgehende Bestandesaufnahme der sklavenbezeichnenden Termini, die in den Metamorphosen des Apuleius anzutreffen sind, sowie der respektiven Gebrauchszusammenhänge. Aus diesem Fundus ist dann die Auswahl des eingehender zu Untersuchenden festzusetzen. Es soll nun versucht werden, diese Bestandesaufnahme der Termini durchzuführen. Wie schon bemerkt, bereitet die Natur des apuleianischen Textes dem Vorhaben einer terminologischen Bestandesaufnahme nicht geringe Schwierigkeiten. Zunächst bezeichnen die sogenannten sklavenbezeichnenden Termini nicht immer Sklaven im Text des Apuleius. Hinzu kommt, dass es nur in seltenen Fällen unzweideutig gelingt, Figuren, die im Text als Sklaven charakterisiert werden, selber als Sklaven im engeren juristisch-statutarischen Sinne zu erweisen. Deshalb mussten hier im Voraus einige methodische Erwägungen zu den Kriterien angestellt werden, nach welchen sich Sklaven und deren Bezeichnungen im Text identifizieren lassen. Für die Aufzählung der „Sklavenpopulation“ und der entsprechenden Sklavenbezeichnungen, die im Text des Apuleius vorkommen, musste also eine allgemeinere Kategorie von Individuen erfasst werden, innerhalb derer „Sklaven“ (sei es im eigentlichen, sei es im abgeleiteten Sinn) sich nicht statutarisch, sondern funktional bestimmen lassen. Die Resultate dieser Überlegungen und der auf ihrer Grundlage erstellten Aufzählung der „Sklavenpopulation“ (im oben angeführten Sinne) und der entsprechenden Bezeichnungen in den Metamorphosen sollen nun dargestellt werden. 1. Die Auffassung von Hauspersonal Wie schon im vorherigen Kapitel dieser Arbeit bemerkt, ist der Sklave in einem literarischen Text wesentlich ein Wort. Seine einzige Materialität im Text ist die Materialität des Sprachzeichens, welches ihn bezeichnet. Die Eintragung eines Individuums als Sklaven in eine entsprechende Bestandesaufnahme erfordert also von dem „Bestandesaufnehmer“, wenigstens eine Sklavenbezeichnung zu erkennen, die auf dieses Individuum angewandt wird. In einem Text fällt somit die Identifizierung des Individuums als eines Sklaven mit der Identifizierung seiner Bezeichnungsformen zusammen. Es wurde schon vorher auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die ein Text wie die Metamorphosen jedoch in dieser Beziehung bereitet. Sie sind insbesondere darauf zurückzuführen, dass eine im Roman vorgefundene Sklaven-

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Die Signifikation des Sklaven

bezeichnung nicht immer einen Sklaven im eigentlichen Sinne meint. Wie kann man nun angesichts ihrer einen bestimmten Terminus als „Sklavenbezeichnung“ nehmen, wenn das durch ihn bezeichnete Individuum wegen der Ambiguität des Terminus selbst nicht ein Sklave ist oder sich nicht als solcher eindeutig identifizieren lässt? Diese Sachlage kann nur dann zu einem Problem werden, wenn der Sklavenbegriff ausschließlich nach der juristischen Statusdefinition in Ansatz gebracht wird. Ein Sklave „im eigentlichen Sinne“ wäre demnach ein Individuum, welches den juristisch definierten Sklavenstatus besäße. Nach diesem Ansatz muss die semantische Untersuchung des in einem Corpus gegebenen Vokabulars häufig mit dem Ziel durchgeführt werden, die in Frage stehenden Statusgrenzen zu bestimmen und trotz der existierenden terminologischen Mehrdeutigkeit auf das Genaueste herauszufinden, ob das dort genannte Individuum ein Sklave im eigentlichen Sinne ist oder nicht, d.h. ob es den Status eines Sklaven besitzt oder nicht. Die Identifizierung der Sklavenbezeichnungen in einem Text ist demnach der Identifizierung des juristischen Status des in ihm bezeichneten Individuums untergeordnet.80 Aus dem bisher Vorgetragenen ist aber die Annahme hervorgegangen, dass es die Insistenz auf diesen Ansatz und nicht die fiktionale Natur des Textes ist, welche die Bestandesaufnahme der sklavenbezeichnenden Termini in den Metamorphosen zu einer undankbaren Aufgabe machte. Am Anfang dieses Kapitels wurde gesagt, dass die juristische Sklavendefinition zur weiteren Bestimmung des Sklaven nicht genügte. Diese Art Definition kann in Bezug sowohl auf die römische Gesellschaft als auf die meisten anderen Sklavenhaltergesellschaften nur einen fest umschriebenen Aspekt des Sklavenwesens in sich befassen.81 Wäre dem nicht so, so bestünde in der Sprache keine Notwendigkeit, den Sklaven durch andere Termini zu bezeichnen, außer durch denjenigen, der seinen juristischen Status angibt. Was nun aber das Vokabular zum Sklavenwesen betrifft, ist bekanntlich die Sprachwirklichkeit, welche auf die Bewältigung der sozialen Realität dieses Sklavenwesens geht, eine ganz andere. Die lateinische Sprache z.B. hält für die Bezeichnung der verschiedensten Unterwerfungs- und Abhängigkeitsverhältnisse mehrere Termini bereit, bei deren Gebrauch die Komponente des „juristischen Status“ 80

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Vgl. z.B. Hidalgo de la Vega 2000: 274: „es de importancia relevante el estudio del vocabulario de dependencia utilizado por nuestro autor [d.h. Apuleius] para determinar y constatar la definición de los estatus sócio-jurídicos y su evolución“. In Bezug auf die griechisch-römische Welt bemerkt z.B. Hidalgo de la Vega (2000: 283 f.) die Existenz verschiedener Arten abhängiger Arbeiter, die zwischen Freien und Sklaven anzusiedeln und aufgrund einer rein auf dem juristischen Status gegründeten Typologie schwer zu bestimmen sind.

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absolut nicht determinierend ist. Das Bedürfnis zu bestimmen, inwiefern solche Termini als Synonyme für seruus gelten können, d.h. als Bezeichnungen für ein Individuum, welches anerkanntermaßen den Sklavenstatus besitzt, scheint jedoch eher ein heutiges Bedürfnis zu sein, das den damaligen Sprechern der lateinischen Sprache wohl aber abging. Dieses Problem scheint allgemein zu sein. Meillassoux beginnt sein wohlbekanntes Werk zur Anthropologie der Sklaverei mit einem Exkurs, in welchem er die Unfähigkeit der juristischen Sklavendefinition beanstandet, die vielschichtige soziale Realität des Sklaven in vielen Gesellschaften restlos zu erfassen. Diese Unzulänglichkeit wird durch die vielen in einer Sprache zur Verfügung stehenden Sklavenbezeichnungen bewiesen: Dans les sociétés africaines, comme dans les sociétés antiques [...] les termes traduits par „esclave“ peuvent aussi s’appliquer à des catégories plus étendues, parfois à tous ceux qui sont ou ont été dans un rapport quelconque de sujétion temporelle ou religieuse, à l’égard d’un aïeul, d’un souverain, d’un protecteur, d’un maître à penser, etc. Ils signifient plus généralement asservi, soumis, dépendent, assujetti, disciple parfois. A l’inverse, la plupart des sociétés esclavagistes possèdent un vocabulaire étendu recouvrant diverses conditions d’assujettissement qui n’ont plus d’équivalents dans nos langues et que l’on 82 rend uniformément par „esclave“.

Der Text des Apuleius bestätigt diese Bemerkung völlig. Man muss sie vor Augen behalten, will man sich der in diesem Text vorkommenden sklavenbezeichnenden Terminologie auf geeignete Weise nähern. Hier wird deswegen der Vorschlag gemacht, unter „Sklavenbezeichnungen“ nicht nur die technischen Bezeichnungen der Individuen zu verstehen, welche den Besitz des Sklavenstatus aufweisen, sondern dazu noch zweierlei: 1. alle Termini, welche Individuen als „Als-ob“-Sklaven bezeichnen, seien sie eigentlich Sklaven oder nicht, und 2. alle weiteren Termini, die Apuleius zur Bezeichnung von Individuen gebraucht, die schon einmal durch Termini bezeichnet worden sind, die sie als „Als-ob“-Sklaven charakterisieren. Diese Erweiterung der sklavenbezeichnenden Terminologie in den Metamorphosen war in der Bestandesaufnahme zu berücksichtigen. Die Mehrdeutigkeit der Terminologie, die sich im Text des Apuleius auf das Sklavenwesen bezieht, hat es nämlich erforderlich gemacht, die Identifizierung der darin vorkommenden Sklaven und deren Bezeichnungen aufgrund einer allgemeine82

Meillassoux 1986: 9.

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ren Kategorie vorzunehmen, welche gleichzeitig Individuen erfasst, die Sklaven sind, die möglicherweise Sklaven sind oder die so dargestellt werden, als ob sie Sklaven wären. Diese Kategorie hatte nicht nur alle möglichen Bediensteten, sondern auch phantastische Wesen, Tiere u.a.m. zu umfassen. Die Aufmerksamkeit musste hierbei auf das Gemeinsame gelenkt werden, welches alle die durch sklavenbezeichnende Termini bezeichneten Individuen verbindet. Es musste dabei von dem (in vielen Fällen sowieso unbestimmbaren) jeweiligen juristischen Status der Individuen abgesehen werden, um eben die Kategorie ausfindig zu machen, welche diese mannigfaltige Population zu erfassen erlaubt. Die Bestandesaufnahme der Sklaven, dies das Resultat, hat die Bestandesaufnahme eines weitaus umfassenderen Universums von Individuen impliziert, die mit den Sklaven den Alltag teilen und/oder ihnen unter irgendeinem Gesichtspunkt vergleichbar sind. Patterson hat es in einem grundlegenden Werk unternommen, die innere Dynamik des Sklavenwesens als Herrschaftssystems und seine verschiedensten Erscheinungsformen in unterschiedlichen Gesellschaften und Epochen zu beleuchten. Er zählt das Sklavenwesen zu den extremen Formen der Herrschaftsverhältnisse, „approaching the limits of total power from the viewpoint of the master, and of total powerlessness from the viewpoint of the slave“83. Eine kritische Vertiefung in die Formulierung Pattersons liegt nicht im Aufgabenbereich der vorliegenden Untersuchung, und sie würde rein methodisch eine vorgängige Klärung seines Machtbegriffes erfordern. Hier ist nur auf das Moment der Relationalität hinzuweisen, welches die von Patterson vorgeschlagene Charakterisierung des Sklavenwesens in sich enthält. Der Zustand des Sklaven, sein Sklaventum oder wie es Patterson auszudrücken beliebte, seine „total powerlessness“, ist nicht eine Qualität, die ihm an sich anhaftet, sondern sie lässt sich nur im Verhältnis zum „total power“ des Herrn bestimmen. Nur in einem Herrschaftsverhältnis (dominatio), d.h. in seinem Verhältnis zu einem Herrn (dominus), kann der Sklave strukturell identifiziert werden. Man muss sich hier darüber im Klaren sein, dass das Herrschaftsverhältnis ein aktiv von dem Herrn (dominus) hergestelltes Verhältnis ist. Die Termini, durch welche die Hauptbestimmungen dieses Verhältnisses in den modernen europäischen Sprachen ausgedrückt werden – Dt.: herrschaftlich, herrschend, beherrscht; Fr.: domination, dominateur, dominé; It.: dominazione, dominatore, dominato; Sp.: dominación (Pt.: dominação), dominador, dominado; Engl.: domination, dominant, dominated – setzen den Hausherrn, dominus, unmissverständlich und grundsätzlich als das wesentliche Moment dieses 83

Patterson 1982: 1.

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Verhältnisses. Von daher haben sich die Ableitungen dominatio, dominium 84 usw. gebildet. Der Forschung ist es nicht entgangen, dass ein weiteres lateinisches Wort zur Bezeichnung des Sklavenherrn erus ist, dessen Etymologie im Dunkeln liegt. Die lateinischen Komödienautoren gebrauchten dieses Wort viel öfter als dominus. Beide Wörter bezeichneten den Herrn, doch lassen sich zwischen ihnen einige semantische Unterschiede ausmachen. Das Wort erus hebt die zwischenmenschliche Beziehung des Sklaven und des Herrn hervor, und es wird auch von dem Sklaven als Bezeichnung für seinen Herrn bevorzugt. Das Wort dominus dagegen ist allgemeiner Art und kann auch von Nichtsklaven dazu benutzt werden, einen bestimmten Herrn zu bezeichnen. Es kann in diesem Sinn als eine Art respektvollen Titels fungieren. Seit Terenz wird eine Präferenz für den unterschiedslosen Gebrauch von dominus erkennbar, und dieses Wort verdrängte nach Cato endgültig erus und nahm dessen Semantik auf. Der Terminus erus verlor seine Eigenschaft als lebendiges Wort in der Sprache, wurde zum archaisierenden Terminus und kehrte in späteren Autoren nur mit dieser stilistischen Intention wieder. Man kann also sagen, dass sich seit Cato dominus als die lateinische Bezeichnung par excellence für den Herrn durchgesetzt hat. Das Wort, welches den etymologischen Ursprung des gesamten Herrschaftsvokabulars auch der romanischen Sprachen darstellt, ist aber in der lateinischen Sprache domus, von welchem dominus (der Mann / Herr des Hauses) direkt abgeleitet ist. Dieser etymologische Tatbestand ließ vermuten, dass die domus samt ihren Bewohnern – also die von ihr beherbergte familia im weitesten lateinischen Sinne des Wortes, welche nicht nur Blutsverwandte umfasst, sondern ebenso verschiedene angegliederte Individuen und darunter eben auch Sklaven – der konventionelle Ort war, in welchem die Herrschaftsbeziehungen geknüpft wurden, wenigstens in der Weise, wie sie in der Welt des römischen Sklaventums üblich waren.85 Als im Laufe der Vorarbeiten zu diesem Buch der Versuch unternommen wurde, die in den Metamorphosen des Apuleius vorkommende Population der Sklaven und anderer Abhängigen zu verzeichnen, erwies sich diese Vermutung als zutreffend. Die Individuen, die in diesem Werk durch Sklavereitermini bezeichnet werden, ließen sich im weitesten Sinne – in allen statutarisch unbestimmten Formen und in allen phantastischen Formen – innerhalb der Ge84 85

Zum folgenden vgl. Capogrossi Colognesi 1979: 171 ff. Mit Bezug auf eine freilich andere soziale Wirklichkeit hat sich denn auch der Soziologe Gilberto Freyre auf das elementare Bild des Hauses gestützt, um sein Casa-Grande e Senzala (Herrenhaus und Sklavenhütte) zu verfassen. Mit diesem Werk hat er die Erforschung der Struktur der brasilianischen Sklavenhaltergesellschaft auf eine festere Grundlage gestellt. Vgl. Freyre 1933: bes. 1-84.

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samtheit des Personals identifizieren, welches einem Hause angegliedert und der Macht des Herrn dieses Hauses unterworfen ist. Der Begriff der domus – Haus bzw. Haushalt, welches bzw. welcher einen Herrn (dominus) samt den von ihm Beherrschten umfasst – erwies sich somit in Anbetracht der Natur der analysierten Quelle als produktiver, „Sklaven“ zu identifizieren, als der Begriff des juristischen Status. Ein Grossteil der Population der Sklaven, der vermutlichen Sklaven oder der Als-ob-Sklaven kann nach dem juristischen Status der in Betracht kommenden Individuen überhaupt nicht als Sklaven identifiziert werden. Er kann aber im Gegensatz dazu sehr wohl als Dienstpersonal erfasst werden, das in einem Haushalt (domus) irgendeine Diensttätigkeit ausübt und / oder der Macht des dominus des Hauses untersteht. Die Identifizierung des Herrn (dominus) scheint in diesem Zusammenhang in gleichem Maß wesentlich zu sein für die Identifizierung des Dienstpersonals, denn die Herrenfigur ist ja in der Tat diejenige, um welche das Haus (domus) organisiert ist, unter dessen Dach die zwischen dem Herrn und den Bediensteten geknüpften Herrschaftsverhältnisse bestehen. Und die Metamorphosen des Apuleius zeigen tatsächlich diese Struktur, auch in den phantasievollsten Episoden des Romans. Die Herrschaftsverhältnisse kommen in ihnen in der Sphäre eines Haushaltes (domus) vor, in dessen Mittelpunkt sich eine Herrenfigur befindet. Dieser Mittelpunkt strahlt Befehlsgewalt aus, er hat die Macht, Sanktionen zu verhängen, Strafen zu vollstrecken, zu gewähren oder zu untersagen, das Schicksal der ihm Unterstehenden zu bestimmen u.dgl.m. Um den Mittelpunkt dieser herrschaftlichen Sonne kreisen auf konzentrischen Bahnen verschiedene Wesen, welche in höherem oder niedrigerem Grade ihm subordiniert sind – uxor, liberi, adfines, cognati, amici, hospes, liberti, coloni, serui usw.86 Aus diesen mehr oder weniger der Gewalt eines dominus ausgesetzten Wesen lassen sich jedoch diejenigen herausfinden, deren Funktion darin besteht, dem Herrn im Haushalt eine Dienstleistung zu erbringen. Ihnen gilt eigentlich die Aufmerksamkeit dieser Untersuchung. Diese Gruppe – die hier Gruppe des Personals genannt wird – besteht im Roman des Apuleius nicht nur aus eigentlichen Sklaven, Freigelasse86

Natürlich erstrecken sich die Herrschaftsverhältnisse, welche durch die Macht eines Herrn in dessen domus herrschen, auch auf alle Individuen, die unter dem Dach der domus leben, betreffen also auch die Gattin, Kinder, Gäste usw. „Les filles pubères, les cadets, les épouses, les protégés, les gagés, etc., sont, comme l’esclave, soumis à la puissance absolue du chef de famille. Ils peuvent être frappées, aliénés, tués éventuellement“ (Meillassoux 1986: 10). Eine – übrigens wünschenswerte – Untersuchung zu dem Umfang der herrschaftlichen potestas und der innerhalb der domus geknüpften Herrschaftsverhältnisse müsste ebenfalls all diese Individuen in Betracht ziehen.

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nen, Kolonen und Bediensteten unbestimmbaren Status, sondern auch aus mythologischen Wesen, Tieren, Eingeweihten in religiöse Kulte, Liebhabern u.a.m. Es ist also aufgrund dieser allgemeinen Kategorie des Personals, d.h. der Dienstleute einer Herrenfigur (im eigentlichen oder konnotativen Sinn), dass sich das in den Metamorphosen des Apuleius kundgebende Universum der sklavenähnlichen Abhängigkeitsverhältnisse in der weiter unten in diesem Kapitel vorgelegten Bestandesaufnahme adäquater erfassen lässt. Es muss aber geklärt werden, was alles in der analysierten Quelle unter die Kategorie des Personals fällt. Zunächst ist noch einmal hervorzuheben, dass die Zugehörigkeit eines Individuums zum Personal eines Haushaltes nicht durch einen Status, sondern durch eine Funktion gekennzeichnet ist, und zwar durch die Funktion, der Macht (z.B. zu bestrafen, zu verkaufen, Sanktionen aufzuerlegen, Befehle zu erteilen) einer Herrenfigur ausgeliefert und / oder ihr Dienste zu leisten gehalten zu sein. Die diesbezügliche Herrenfigur kann in gleicher Weise nicht durch ihren Status als solche charakterisiert werden, sondern nur durch eine Funktion, und zwar die Funktion, über das Personal jene Macht auszuüben, ihm dieses und jenes zu befehlen und von ihm die angeordneten Dienstleistungen entgegenzunehmen. Um es zusammenzufassen, der Begriff des Personals wird hier strukturell, d.h. in einem Komplementärverhältnis zur Herrenfigur, und funktional bestimmt, d.h. durch die Erfüllung einer oder beider der folgenden Bedingungen: 1. Abhängigkeit, d.h. das Verhältnis der Unterwerfung unter die (wie oben definierte) Macht einer Herrenfigur.87 Dieses Verhältnis kann dauerhaft oder zeitweilig sein, im eigentlichen oder im übertragenen Sinne existieren. Hier kämen auch Gattinnen und eheliche Kinder (liberi) deshalb in Betracht, weil sie der Gewalt des paterfamilias unterstehen. Wie vorher schon bemerkt wird diese Art Abhängiger in der vorliegenden Untersuchung nicht in Betracht gezogen. 2. Dienstverhältnis, d.h. das Verhältnis, die von einer Herrenfigur auferlegten Aufgaben zu erledigen und dieser Herrenfigur Dienste zu leisten. Die Erbringung dieser Dienstleistungen im Allgemeinen kann ebenso dauerhaft oder zeitweilig, im eigentlichen oder im übertragenen Sinne geschehen. 87

Es sei hier vorab schon bemerkt, dass der Abhängigkeitsbegriff in der vorliegenden Untersuchung nicht statutarisch bestimmt wird, wie es in der Forschung z.B. in der Arbeit von Garrido-Hory üblich ist: „Par dépendance nous entendons bien sûr les esclaves et affranchis, c’est-à-dire des individus qui ont – ou ont eu – un statut juridique de dépendants“ (GarridoHory 1998: 54). Darauf ist im Folgenden zurückzukommen.

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Zugegeben, die Erfüllung dieser Bedingungen bzw. die Ausübung der Funktionen eines Herrn oder des Personals fällt oft mit dem statutarischen Stand des betreffenden Individuums zusammen, und man hat es dann im Text wirklich mit einem statutarisch als solchen beschriebenen Herrn oder Sklaven zu tun. Aber dies ist nicht immer der Fall, und dem wird auch in der vorliegenden Untersuchung Rechnung getragen. So werden hier zum Personal nicht nur die Hausarbeiter im eigentlichen Sinne, sondern auch z.B. Tiere, mythologische Wesen, Liebende, ja selbst als statutarisch zur Herrenschicht gehörend explizit gekennzeichnete Individuen usw. immer dann gezählt, wenn die Terminologie und / oder ihre Lage im Verhältnis zu einer Herrenfigur sie funktional als Personal zu klassifizieren erlauben. Dasselbe gilt mutatis mutandis für die Klassifikation eines Individuums als Herrn. Die Kategorie des Personals enthält zwar eine Unbestimmtheit in Beziehung auf die Statuszuordnung der Individuen. Sie erlaubt es z.B. nicht, bei der Bestandesaufnahme der Sklavenwelt in den Metamorphosen die eigentlichen Sklaven von den anderen Individuen zu scheiden, welche in dem Text selbst als Nichtsklaven ausgewiesen sind, sich aber eventuell unter die Kategorie des Personals subsumieren lassen. Die abhängigen Individuen bzw. Sklaven, welche in den Metamorphosen vorhandenen sind, ausschließlich anhand ihres Status zu bestimmen, hieße aber, eine große Menge im Text anzutreffender Informationen über Abhängigkeitsverhältnisse und sklavenbezeichnende Terminologie nur aus dem Grunde zu verwerfen, dass es nicht einwandfrei zu bestimmen ist, ob die Individuen, welche in diesen Verhältnissen stehen oder auf welche diese Terminologie angewandt wird, im juristischen Sinne Sklaven sind oder nicht. Unter diesem Gesichtspunkt erweist sich die Kategorie des „Personals“, wie sie weiter oben definiert worden ist, für die Zwecke der vorliegenden Untersuchung und in Anbetracht der fiktiven Natur der erforschten Quelle als operativer. Sie gestattet es, die abhängigen Individuen durch ihre Funktion gegenüber dem Hausherrn zu bestimmen und nicht nur durch ihren aus dem Text ersichtlichen Besitz eines bestimmten juristischen Status. Es scheint auch problematisch, Abhängigkeit strikt durch den juristischen Status des Individuums zu bestimmen, will man damit die vielfältige Wirklichkeit der Abhängigkeit in der römischen Welt zur Zeit des Apuleius erfassen. In der Kaiserzeit schien nämlich die wesentliche soziale Unterscheidung nicht zwischen Freien und Sklaven, sondern tendenziell immer mehr zwischen honestiores und humiliores gezogen zu werden. Wie es Robinson schon bemerkt hat, „the distinction between honestiores and humiliores became more important than that between citizens and non citizens; this distinction was fully

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developed under the Antonines certainly, though its origins were earlier“ . Die humiliores setzten sich aus Sklaven und verarmten Freien zusammen, wobei die letzteren, obgleich juristisch frei, de facto vor allem auf dem Lande sehr ähnliche Lebensbedingungen genossen wie die Sklaven. Der Roman des Apu89 leius reflektiert an mehreren Stellen die Wirklichkeit, wie sie damals bestand. Doch nicht diese historische Tatsache, sondern Gründe literarischer Art, welche im Text des Apuleius liegen, haben in dieser Studie zur Erarbeitung eines anderen Begriffes der Abhängigkeit geführt als desjenigen, der auf dem juristischen Status des Individuums gründet. Aufgrund also des Personalbegriffes kann sich die semantische Analyse der sklavenbezeichnenden Termini, wie sie am Beispiel des Terminus seruus im dritten Kapitel dieses Buches durchgeführt werden soll, mit allen relevanten Instanzen des Vorkommens solcher Termini beschäftigen, und das unabhängig von der Gewissheit über den juristischen Status des Individuums, auf welches diese Termini sich jeweils beziehen. Außerdem ist die Nachprüfung des juristischen Status eines Individuums in einem fiktiven Werk wie die Metamorphosen in vielen Fällen äußerst problematisch, um nicht zu sagen unmöglich oder sogar – im Falle des konnotativen Gebrauches eines Terminus – sinnlos. Legt man den allgemeinen Begriff des Personals wie oben definiert zu Grunde, so wird später im dritten Kapitel dieser Arbeit der Gebrauch der sklavenbezeichnenden Termini auf beiden Referenzebenen, der denotativen und der konnotativen examiniert werden können, ohne beide Gebrauchsweisen zwei verschiedenen Gruppen von Wesen zuzuordnen gezwungen zu sein. 2. Das Verzeichnis des Personals: Anmerkungen zur Tabelle im Anhang Um zu einer Übersicht über die Sklavenbezeichnungen im Roman des Apuleius zu gelangen, musste, wie oben schon erwähnt, eine weitgehende Bestandesaufnahme des darin erscheinenden oder besser referierten Personals vorgenommen werden, d.h. der Wesen, die im denotativen oder konnotativen Sinne als Personal bezeichnet werden können, weil sie einer Herrenfigur Dienste erweisen und / oder ihrer Gewalt unterstehen. Diese Bestandesaufnahme führte zu einem Verzeichnis der Haushalte in den Metamorphosen, der die intratextuell fundierte Aufstellung einer möglichst umfassenden Liste von Termini ermöglicht, die in den verschiedensten Zusammenhängen Sklaven und andere Abhängige bezeichnen. Die Ergebnisse dieses Verzeichnisses wur88 89

Robinson 1981: 251. Vgl. Hidalgo de la Vega 2000: 285.

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den in einer Tabelle zusammengestellt, die im Anhang mit erläuternden Bemerkungen zu ihrer Struktur vorgelegt wird. Zu dieser Tabelle sind nun hier Anmerkungen allgemeinerer Art am Platz. Zum adäquaten Verständnis der Tabelle muss vorerst bemerkt werden, dass es in ihr nicht um die Registrierung der realen Anzahl des einem Herrn unterstehenden Personals nach Art eines vollständigen Verzeichnisses geht, sondern nur um die Erfassung der Referenzen auf das Personal der verschiedenen Herrenhaushalte, die im Roman vorkommen. Eine Registrierung der Anzahl einzelner Personalglieder wäre für den Zweck dieser Untersuchung nicht dienlich, möglicherweise auch gar nicht durchzuführen.90 Der Text des Apuleius bereitet einem genauen Verzeichnis der Anzahl der in ihm auftretenden Personalglieder schon deshalb nicht unbeträchtliche Schwierigkeiten, weil das Personal u.a. durch unzählige Kollektiva und Pluralia (z.B. familia, famulitio, serui, pastores, operarii usw.) bezeichnet wird. Eine besondere Erschwernis besteht überdies darin, dass in dem Roman des Apuleius dasselbe Personalglied in verschiedenen Kontexten auf verschiedene Weise bezeichnet wird. Für die bloße Registrierung eines solchen Individuums würde ein einziges Zeichen genügen, womit gleichzeitig gerade die ganze Vielfalt der Bezeichnungen dieses Individuums nebst Schattierungen der Signifikate dieser Bezeichnungen unbeachtet bliebe. Die Bestandesaufnahme, wie sie in diesem Zusammenhang durchgeführt wurde, soll auch nicht die Vorstellung eines Verzeichnisses der Personalglieder erwecken, welche im Universum des apuleianischen Werkes als Romanfiguren „existieren“. Was es in diesem Verzeichnis zu registrieren gilt, ist nicht die Existenz von Romanfiguren, welche als Sklaven oder anderes Personal im Werke auftreten, sondern, wie oben gesagt, die Referenzen auf sie im Text. Die Unterscheidung zwischen „Figur“ und „Referenz“ ist vor allem in der Behandlung eines narrativen Textes wie die Metamorphosen wesentlich. Im Vergleich zu einem dramatischen Text, in welchem die Referenz z.B. auf einen Sklaven (seruus) im allgemeinen eine deiktische Funktion hat und also oft das Auftreten dieses Sklaven als Figur im „plot“ des Stückes in der gegenwärtigen Szene impliziert, ist ein narrativer Text viel häufiger nicht dem momentan zur Sprache stehenden Handlungsablauf verpflichtet. Die Narrative gestattet öfters den Einbau von Sklavenreferenzen, ohne dass eine entsprechende Handlungsfigur in der Szene selbst gezeichnet wird, d.h. ohne dass es eine Sklavenfigur gäbe, welche im „plot“ des Romans eine Rolle spielt oder in der betreffenden Szene 90

Auch in den Stücken des Plautus ist ein exaktes und vollständiges Sklavenverzeichnis wohl nicht durchzuführen, vgl. dazu Dumont 1987: 465.

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auch nur als Statist auftritt. Ein narrativer Text kann etwa einen erzählenden Exkurs enthalten, in welchem auf einen bereits verstorbenen Bediensteten 91 Bezug genommen wird, oder sich durch den Gebrauch der dritten Person des 92 Verbs auf einen Sklaven beziehen, der räumlich oder zeitlich entfernt ist, z.B. 93 auf eine Amme, die zur Kinderzeit des Hausherrn im Haushalt tätig war. Er kann weiter auf Sklaven oder anderes Personal als Trauminhalt Bezug neh94 men. Es kann auch zur rhetorischen Effekthascherei in ihm eine Sklavenbezeichnung auf ein Individuum angewandt werden, welches bekanntlich kein Sklave ist, z.B. wenn eine unzufriedene Ehefrau ihrem Ehemissgeschick dadurch das nötige Pathos zu verleihen trachtet, dass sie sagt, sie lebe wie die 95 Sklavin ihres Gatten. Solche Beispiele aus den Metamorphosen ließen sich beliebig vermehren. Diese und auch andere Referenzen auf Sklaven und Personalglieder, welche selbst nicht als Figuren an der Romanhandlung teilnehmen, lassen wichtige Informationen zur Semantik der Personalbezeichnungen ans Licht treten. Die Bezeichnungen sind eigentlich der Gegenstand der vorliegenden Arbeit, und deshalb mussten sie auch in dem im Anhang vorgelegten Verzeichnis des Personals gebührend berücksichtigt werden. Aus allen diesen Gründen stehen im Mittelpunkt des im Anhang gebotenen Verzeichnisses die Referenzen auf Personalglieder und nicht die referierten Personalglieder selbst, denn die Registrierung bezweckt ja hier das Funktionieren des Zeichens verstehen helfen und nicht das Funktionieren der durch es bezeichneten Figuren. Die Identifizierung der Referenten – d.h. in diesem Falle der Individuen und Gruppen, auf welche sich die angeführten Termini beziehen – war als eine Vorarbeit nötig, um im weiteren Verlauf der Untersuchung die Identifizierung weiterer Formen der Bezeichnung von Sklaven bzw. Personal zu gestatten, die sich oft nicht aufgrund ihrer lexikalischen Signifikation als auf Sklaven oder Personal bezogen erkennen lassen, sondern nur aufgrund ihres Gebrauchskontextes. Hierzu gehören z.B. Termini wie puella, iuuenis, rustici, pastor, femina, infantulum, homunculi oder auch Bezeich91 92 93 94 95

met. VIII, 22,2-7. Z.B. met. I, 26,3. met. II, 3,2. Z.B. met. XI, 20,1-2. met. V, 9,3. Diese Beispiele können freilich auch in einem Theaterstück vorkommen. Ein klares, auch von Dumont 1987: 465 bemerktes Beispiel dessen ist Saurea, seruus dotalis der Matrone Artemona in Plautus’ Asinaria, der trotz unzähliger Erwähnungen im Laufe des Stückes (u.a. 434 ff.) wirklich keine Figur in der Handlung auf der Bühne ist. Hier soll nur gesagt werden, dass der Roman als eine spezifisch narrative Gattung öfter als das Theater die Referenz auf Sklaven oder andere Figuren gestattet, ohne dass sie einer momentan in Szene tretenden Figur entsprechen.

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nungen, welche isoliert genommen sich normalerweise nicht auf Sklaven im Allgemeinen beziehen könnten, die aber im Text des Apuleius als Bezeichnungen für Sklaven bzw. Personal im hier definierten Sinn erscheinen, wie z.B. maritus, uxor, cantherius, asinus, pupulla usw. Dass sich dieses Verzeichnis nicht aufgrund des Status der Figuren des Romans, sondern aufgrund der Funktionen dieser Figuren innerhalb des Werkes erstellt worden ist, hat – wie im Laufe dieser Arbeit schon bemerkt – es erlaubt, das Vorkommen der Sklaven- und Personalbezeichnungen nicht nur auf denotativer Ebene zu registrieren, d.h. in ihrem deskriptiven Gebrauch, sondern auch auf konnotativer Ebene, d.h. in ihrem figurativen Gebrauch.96 Ein Blick in die Tabelle zeigt, dass die im konnotativen Sinne funktionalen Verhältnisse von Herrenfiguren und Hauspersonal sich im Roman des Apuleius in drei Bereichen bewegen, und zwar 1. in den Liebesbeziehungen, 2. in der Tierwelt und 3. in der magischen bzw. mythologisch-religiösen Welt. Die Auflistung des Materials in der Tabelle nimmt jedoch keine Rücksicht auf die Differenzierung von einer konnotativen und einer denotativen Referenzebene, denn beide offenbaren in gleicher Weise die Signifikation der betreffenden Termini. Einzelheiten zur Aufteilung der Tabelle in drei Abschnitten finden sich in den einführenden Bemerkungen zur Tabelle unter 2.a). Die Aufteilung des gesamten in der Tabelle aufgeführten Sprachmaterials in zwei Spalten, eine zur Identifizierung der Herrenfigur(en) des Haushaltes und eine andere für Personal und entsprechende Bezeichnungen, hat sich als dazu geeignet erwiesen, die Daten der Haushalte zu allen oben genannten Verhältnissphären zu gruppieren. Es handelt sich ja darum, herrschaftliche und servile Elemente je nach der Funktion zu ermitteln, die ihnen jeweils in einem gegenseitigen Verhältnis und nicht aufgrund ihres juristischen Status oder ihres „wahren Zustandes“ zugesprochen werden können. Ein gewisser armentarius equiso z.B., der in seinem Verhältnis zu menschlichen Herrenfiguren (d.h. in einem Haushalt des Typs M) Funktionen innehat, die ihn als ein Personalglied des entsprechenden Haushaltes zu erkennen geben, übt in seinem Verhältnis zum Esel Lucius Herrschaftsfunktionen aus und kommt deshalb zugleich in der Spalte der Herrenfiguren in einem Haushalt des Typs T vor,97 d.h. in der Sphäre der Verhältnisse zwischen Menschen und Tieren. Die drei Rubriken der Verhältnisse zwischen und unter Menschen (Haushalte des Typs M), der Verhältnisse zwischen Menschen und Tieren (Haushalte 96 97

Zur Diskussion der Unterscheidung beider Signifikationsebenen vgl. Lyons 1977: 175 ff. Vgl. im Anhang entsprechend die Haushalte 15.M und 15.Tb, zu den Haushaltstypen die Einführung in die Tabelle unter 2.a).

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des Typs T) und der Verhältnisse zu Herrenfiguren mit übermenschlicher Macht (Haushalte des Typs D), welche der Organisierung des Verzeichnisses zugrunde liegen, sollen aber nur den Überblick über die Welt des Personals und der betreffenden Terminologie in den Metamorphosen geordneter und überschaubarer gestalten. Zur Vorbeugung aller Missverständnisse sei noch einmal betont, dass diese Unterscheidung nicht zur Trennung einer denotativen von einer konnotativen Ebene oder einer Sphäre der Realien von einer der Phantasie führen soll. Die von dem jeweils in Frage stehenden Terminus gemachte Referenz ist eigentlich für seine semantische Analyse nicht relevant. Die semantische Analyse des Terminus seruus, die im dritten Kapitel dieser Arbeit vorzulegen ist, wird die Beziehungen betrachten, welche dieser Terminus auf beiden Referenzebenen – der denotativen und der konnotativen – mit anderen Termini im Text eingeht, ohne dass es zur Feststellung der signifikativen Potenz des Terminus nötig ist, die Unterscheidung der beiden Referenzebenen an der referierten Sache selbst zu markieren. Die Gliederung des Materials in die genannten drei Rubriken zielen nur darauf, die Struktur der in den Metamorphosen des Apuleius vorfindlichen Haushalte und die unterschiedlichen Gebrauchsweisen der Termini, welche die Personalglieder dieser Hauhalten bezeichnen, in eine übersichtlichere tabellarische Form zu bringen. Eine weitere Bemerkung bezieht sich auf zwei Arten Individuen, welche auf nicht ganz unproblematische Weise dem Personal zugeordnet wurden. Es handelt sich um die Gefangenen und die Liebenden. Es scheint eher unbequem, diesen beiden Individuentypen unter der Rubrik des Personals zu begegnen. Nach dem funktionalen Begriff des Personals, wie er oben expliziert worden ist, mussten aber gleichwohl diese beiden Arten Individuen im hier vorgelegten Verzeichnis die gebührende Berücksichtigung finden. Denn viele dieser Individuen erfüllen ja die eine oder die andere oder sogar beide Bedingungen, welche oben als Identifizierungsmerkmale des Personals eines Herrn angegeben worden sind, nämlich Abhängigkeit (d.h. Unterwerfung unter die Gewalt eines funktional bestimmten Herrn) und Dienst (d.h. die Erfüllung der Aufgaben, welche ihnen von der betreffenden Herrenfigur auferlegt werden). Viele der in den Metamorphosen vorkommenden Gefangenen leisten der herrschaftlichen Figur, der sie unterworfen sind, (unter Zwang) Dienste z.B. in Werkstätten oder als Schauspielattraktionen.98 Diejenigen, die wie z.B. die von 99 Räubern entführte Charite nicht diese zweite Funktion ausüben, erfüllen die erste Bedingung, denn sie unterstehen gänzlich der betreffenden Herrenfigur. 98 99

Zu den Werkstätten vgl. met. IX, 12 ff., zum Schauspiel met. IV, 16,6. Vgl. met. IV, 23,2 ff.

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Dasselbe gilt für Liebende. In einigen Fällen gibt die Beziehung zwischen den beiden Liebhabern durch den Gebrauch der Liebhaber bezeichnenden Termini oder die Beschreibung der gesamten Situation ganz klar die Unterwerfung des einen unter die Dominanz des anderen zu erkennen. Außer der Unterwerfung des Lucius unter die Sklavin Photis aus Liebe, was sich als ein Fall der seruitus uoluntaria erweist, wird die sexuelle Betätigung nicht zu einem freiwilligen Akt des unterworfenen Liebhabers, sondern zu einem Dienst, den dieser unterworfene Liebhaber dem unterwerfenden leistet entweder unter dem Druck der herrschaftlichen Macht des letzteren100 oder unter Gewaltan101 drohung . Es muss aber hier bemerkt werden, dass bei der Sichtung des in der Tabelle gebotenen Sprachmaterials nicht alle im Roman auftretende Liebhaber berücksichtigt worden sind, sondern nur diejenigen, die wegen der Erfüllung der oben genannten Bedingungen unter den hier zugrunde gelegten Begriff des Personals fallen. Durch das Verzeichnis des Personals im weiteren Sinne, das in den Metamorphosen in einer Situation der Abhängigkeit gegenüber funktional herrschaftlichen Figuren greifbar wird, wurde im Rahmen der vorliegenden Untersuchung die Kontextualisierung des Terminus seruus in einem höheren Bezeichnungsuniversum vorgenommen. Dies war das erste Ziel, welches im vorliegenden Kapitel angestrebt worden ist. Die Tabelle im Anhang stellt das Resultat dieser Bemühung dar. Das Resultat scheint grundlegend zu sein, um seruus über seine statutarische Bestimmung hinaus zu verstehen. Über die spezifischen Grenzen dieser Untersuchung hinaus kann das in der Tabelle gebotene Verzeichnis auch einen Beitrag dazu leisten, anderen Forschern, die sich mit den unterschiedlichsten Aspekten der antiken Sklaverei befassen, das reichhaltige Sprachmaterial zum Sklavenwesen zu erschließen, das sich im Roman des Apuleius vorfindet. Das zweite Ziel dieses Kapitels ist der Versuch einer vorläufigen Klassifikation der großen Menge Termini, welche die im Anhang gebotene Tabelle als Bezeichnungen für die in den Metamorphosen vorkommenden Personalglieder auflistet. Diese Klassifikation möchte ein umfassenderes Bild über das semantische Funktionieren dieser Terminologie liefern. Diesem zweiten Ziel sind die folgenden Ausführungen gewidmet.

100 Z.B. met. VIII, 26; IX, 22,5. 101 Z.B. met. I, 6 ff.; IX, 26-27. Nach dem Text des Apuleius ergeben sich für die dem Personal angehörenden Liebenden aus den Liebesbeziehungen, die sie mit den zu der Herrenschicht gehörenden Liebhabern knüpfen, nur unheilvolle Konsequenzen (harte und / oder demütigende Strafen, Tortur, Tod). Auch die seruitus uoluntaria des Lucius an Photis hat die unglückliche Verwandlung des jungen Mannes in einen Esel zur Folge.

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C. Termini, die in den Metamorphosen das Personal bezeichnen Versuch einer Klassifikation der in der dritten Spalte der Tabelle im Anhang aufgelisteten Daten 1. Die Identifikation der Termini: Besonderheiten des Textes Die Terminologie, die Apuleius in seinem Roman zur Bezeichnung des Personals benutzt und deren möglichst vollständige Erfassung in der Tabelle im Anhang versucht wurde, ist äußerst umfangreich. Ein Blick auf die dritte Spalte der Tabelle genügt, um sich dessen zu überzeugen. Das adäquate Verständnis dieser Terminologieerfordert es, sie nach bestimmten Kriterien zu klassifizieren. Die Schwierigkeiten, dies zu tun, hängen weniger mit dem Ausmaß dieser Terminologie als mit der extrem verschiedenen semantischen Natur der involvierten Termini zusammen. Die Bewältigung der Schwierigkeiten, die mit der Identifizierung und Klassifikation der das Personal bezeichnenden Termini zusammenhängen, wird dadurch erleichtert, dass die Forschung dazu schon einige Resultate vorweisen kann. Das Centre d’Histoire Ancienne der Universität Besançon102 hat schon viele Arbeiten zum Vokabular des antiken Sklaventums hervorgebracht. Die wissenschaftliche Produktion des Centre kann als Anhaltspunkt für alle Erforscher der auf Abhängigkeit und Sklaventum bezüglichen antiken Terminologie gelten, welche die herkömmlichen Methoden, die einschlägigen antiken Texte zu lesen, als ungenügend erachten – ein Ungenügen hauptsächlich in der Bewältigung der signifikativen Determinanten des Vokabulars, die sich aus dem Funktionieren des Diskurses ergeben. Es ist das Ziel der Forschungsgruppe, durch die minutiöse semantische Analyse des Materials, das in verschiedenen antiken (literarischen oder epigraphischen) Texten vorliegt, einen einheitlichen thematischen Index auszuarbeiten, der eine möglichst erschöpfende Auswertung der Informationen erlauben soll, welche diese Texte zum Sklavenwesen bieten.103 Es wird damit nicht nur eine Wortliste angestrebt, sondern 104 die sprachliche Erfassung des sozialen Gebietes der Sklaverei in der Antike. 102 Vgl. z.B. die Untersuchungen von Morabito 1981 zu den Digesta und von Garrido-Hory 1984 und 1998 über Martial und Juvenal. 103 Ausführliche Darstellung zu Methoden, Struktur und Ziele der Aufstellung des thematischen Verzeichnisses sind in verschiedenen Aufsätzen aus den Akten des GIREA-Kolloquiums von 1981 zu finden, insbesondere in den in der Bibliographie angeführten Aufsätzen von Mactoux, von Pérez und von Garrido-Hory. 104 Mactoux 1982: 2.

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Die linguistische Arbeit dieser Gruppe hat also eine sozialhistorische Dimension. Diese Dimension soll aus besonderen Erscheinungen in der Sprache erarbeitet werden, d.h. aus den sprachlichen Gegebenheiten der jeweils analy105 sierten Texte. Allgemein lässt sich die soziale Dimension der in Frage stehenden Sprachausdrücke dadurch erfassen, dass man die Arten des Gebrauches eines bestimmten sklavenbezeichnenden Terminus in einer bestimmten Textsituation beobachtet und die Gründe dafür untersucht. Warum wird z.B. an einer bestimmten Textstelle ein Sklave οἰκητής und nicht δοῦλος, famulus und nicht seruus oder umgekehrt genannt? Warum wird ein Liebender metaphorisch mancipium genannt? Warum werden sklavenbezeichnende Termini dazu gebraucht, Verhältnisse der Tierwelt zu charakterisieren? Der Gebrauch eben dieser Termini in eben diesen verschiedenen Situationen bedingen wohl ganz bestimmte Vorstellungen über den Sklaven, und zwar Vorstellungen, die seine soziale Wirklichkeit abgrenzen. In diesem Sinne wird die Sprache als ein Akt, und zwar als ein sozialer Akt gefasst, welcher die Gegenstände nicht nur „bezeichnet“, sondern sie auch gewissermaßen erschafft: Le langage est acte ou plus exactement système d’actes non pas seulement parce qu’il manifeste l’attitude du locuteur ou agit sur le destinataire mais parce que ces actes sont intégrés d’une manière inhérente, intrinsèque, dans la 106 création du référent.

Nach dem Ansatz dieser Forschungsgruppe ist der Sklave weniger eine außersprachliche Wirklichkeit, ein Referent, als ein sprachliches Konstrukt, eine durch die und in der Sprache hergestellte (soziale) Vorstellung. Diese Einsicht deckt sich mit dem, was im ersten Teil des vorliegenden Kapitels dargelegt worden ist, und sie ist nun den Untersuchungen zum Vokabular des Sklaventums und der Abhängigkeitsverhältnisse in antiken Texten zu Grunde zu legen. Auf dieser Grundlage beruhen denn auch die Arbeiten zum Vokabular des Sklaventums, die aus der GIREA hervorgegangen sind. Sie sind auch für das engere Problem der systematischen Klassifikation der analysierten Terminologie richtungweisend. Selbst wenn hier die Arbeitsmethode dieser Gruppe nicht übernommen wird, so hat das Studium einiger dieser Arbeiten – es seien hier speziell diejenigen von Garrido-Hory (1998) zu den Epigrammen des Martial und zu den Satiren des Juvenal genannt – Überlegungen dazu angeregt, wie die Probleme der Behandlung der Terminologie anzugehen sind, die 105 Mactoux 1982: 1: „Or ce qui nous intéresse, en tant qu’historiens, c’est de délimiter un espace dans lequel l’acte de communiquer avec ses particularités individuelles est aussi un fait social“. 106 Mactoux 1982: 59 f.

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im Text des Apuleius das Personal und allgemein Abhängige bezeichnet. An einigen Zügen der weiter unten vorgeschlagenen Klassifikation der Terminologie werden die Anregungen jener Untersuchungen selbst dort zu merken sein, wo die Besonderheiten der vorliegenden Untersuchung zu andersartigen Lösungsversuchen geführt haben. Es ist jetzt schon ein wichtiger Punkt anzumerken, in Bezug auf welchen aufgrund des in den vorhergehenden Teilen dieser Untersuchung Ausgeführten hier von der Methodik dieser Forschungsgruppe abgewichen werden muss. Das Ziel der Untersuchungen von Garrido-Hory z.B. ist vor allem einen Beitrag dazu zu leisten, durch die Auflistung der auf Sklaven und Freigelassenen bezüglichen Termini in den Werken des Martial und des Juvenal einen thematischen Index des auf das Sklavenwesen bezogenen Vokabulars im Rahmen des weitgefächerten Forschungsprojektes von Besançon auszuarbeiten. Eines der Kriterien zur Klassifikation der Daten, die im Index geboten werden sollen, ist der Status der abhängigen Individuen – d.h. der Sklaven und der Freigelassenen107 – , auf welche die Ter108 minologie in den Quellentexten angewendet wird. Neben der Sklaven- und Freigelassenenpopulation findet jedoch Garrido-Hory im Text sowohl des Martial als 109 auch des Juvenal eine massive Anzahl Individuen, die sie als „ungewiss“ einstuft. Viele dieser Ungewissen lassen aber eine „Möglichkeit der Abhängigkeit“ erahnen, die also im Lichte der semantischen Analyse des Vokabulars, welches sie bezeichnet, zu untersuchen ist. Nach diesem Ansatz hat die semantische Analyse der Termini, welche Abhängige bezeichnen (im Index aufgelistet unter der Rubrik 311: „dénominations“), die Funktion, aufgrund kontextueller Daten letztendlich „den wirklichen Status“ der zahlreichen Ungewissen zu bestimmen, die in den 110 Texten des Martial sowie des Juvenal vorkommen. Ein Beispiel dafür ist der Terminus puer: 107 Vgl. Garrido-Hory 1998: 54 Anm. 78: „Par dépendance nous entendons bien sûr les esclaves et affranchis, c’est-à-dire des individus qui ont – ou ont eu – un statut juridique de dépendants. La clientèle n’entre donc pas en tant que telle dans notre propos mais seulement comme système de référence lorsqu’elle est utilisée par Martial pour qualifier la servilité“. 108 Im Index entspricht die Rubrik „statut du dépendant“ der Nummer 313: „Cette rubrique regroupe des individus dont le statut est certain“. Vgl. Garrido-Hory 1998: 60 f. 109 Die Unsicherheit besteht auf zwei Ebenen, a) zwischen Sklaven und Freigelassenem und b) zwischen Freien und Abhängigen. Die Bezeichnungen, die sich auf Individuen der ersten Gruppe beziehen, erscheinen im Index als „incertains“, die der zweiten Gruppe als „incertains*“. Vgl. dazu Garrido-Hory 1998: 98 Anm. 145. 110 Zu Martial vgl. Garrido-Hory 1998: 54: „Si notre corpus a pu recenser quelques 857 occurrences c’est que certaines épigrammes présentent des scènes où interviennent plusieurs dépendants à la fois et que de nombreux individus au statut incertain laissent pressentir une possibilité de dépendance. Nous les avons donc retenus, en leur gardant cette notion

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Si pour certaines mentions cela n’a fait aucune difficulté, l’auteur employant un vocabulaire spécifique: servus, libertus […] dans la plupart des cas c’est le contexte qui a permis l’établissement d’une terminologie propre à l’œuvre de Martial: par exemple quand l’auteur dit dans l’épigramme II, 44: emi puerum, j’ai acheté un jeune garçon, donc un esclave puisqu’il l’a acheté, le mot puer a ici le sens de servus. Il a donc fallu examiner le cas de tous les pueri et c’est l’étude systématique du champ sémantique qui a permis de distinguer les dé111 pendants des jeunes garçons libres.

Die semantische Untersuchung der Termini wird in der vorliegenden Arbeit nicht dasselbe Ziel verfolgen. Hier wird es darum gehen, die Artikulationen eines Terminus mit anderen Termini in seinem unmittelbaren sprachlichen Umfeld im Text hervorzuheben, um Aspekte seiner Signifikation zu offenbaren. Was nun die bezeichnete Sache angeht, so wird hier aus der semantischen Untersuchung keine Bestimmung ihres Status versucht. Es wurde hier öfters gesagt, dass die Klassifikation aufgrund eines Kriteriums größerer oder geringerer Ambiguität des Terminus in Bezug auf den Status des durch ihn bezeichneten Individuums besonders für die Analyse historischer, rhetorischer, didaktischer oder selbst nicht ganz fiktionaler literarischer Texte nützlich sein kann, also für die Analyse von Texten, die wie die sozialsatirischen Werke des Martial und des Juvenal112 klar auch einer extratextuellen Wirklichkeit verpflichtet sind. Dies würde aber unnötigerweise die Behandlung eines höchst phantasievollen Fiktionswerkes einschränken, das wie der Roman des Apuleius nur so von poetischen Lizenzen, Metaphern und anderen Redefiguren strotzt. Garrido-Hory unterscheidet zwar im Werk des Martial „termes sans ambiguïté et révélateurs du statut de l’individu“, wie seruus oder libertus, von „termes révélateurs de la condition sociale de l’individu, mais qui présent déjà 113 une ambiguïté au niveau du statut“, wie minister oder ancilla. Für GarridoHorys realitätsbezogenes Textcorpus erwies sich diese Klassifikation als operativ. An vielen Textbeispielen aus Apuleius’ Roman ließe sich dasselbe Kriterium problemlos anwenden, um die dort vorkommende Terminologie zu klassifizieren, die Sklaven und Abhängige bezeichnet. Dort aber, wo die romanhafte d’incertitude afin d’étudier, au moyen d’analyses sémantiques quelle [sic!] pouvait être leur statut réel“ und zu Juvenal Garrido-Hory 1998: 106: „La rubrique concernant les dénominations (311) regroupe tous les statuts – de la dépendance et de la possibilité de dépendance – puisque c’est, en partie, à partir de l’analyse du vocabulaire que l’on peut tenter de résoudre le cas des incertains (= esclaves ou affranchis) et incertains* (= libres ou dépendants)“. 111 Garrido-Hory 1998: 58. 112 Über den realitätsbezogenen Charakter beider Texte vgl. Garrido-Hory 1998: 55 bzw. 105. 113 Garrido-Hory 1998: 58. minister z.B. kann für einen Sklaven wie für einen Freigelassenen gebraucht werden.

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Phantasie sich der Imitation der Realität aufdrängt, ist dieses Kriterium in Frage zu stellen. Die Metamorphosen bieten viele Beispiele davon. An einer 114 Stelle des Textes bezeichnet ein Bauer seine Henne als ancilla. Niemand würde die Behauptung wagen, an dieser Stelle zeige dieser Terminus den „sozialen Stand“ des von ihm bezeichneten Wesens, d.h. der Henne an. Obwohl ancilla den Status des damit bezeichneten Individuums nicht eindeutig bestimmt, würde die Erörterung sinnlos sein, ob die Henne als eine eigentliche Sklavin einzustufen sei oder als eine Hausangestellte unsicheren Status. An 115 einer anderen Stelle wird ein Pferd durch einen Esel conseruus genannt. Wie könnte man bei diesem Beispiel die Einordnung von (con)seruus in die Gruppe der „unzweideutigen Termini, welche den Status des bezeichneten Individuums offenbaren“ rechtfertigen? Der metaphorische Gebrauch der Sklavenwesenterminologie ist kein Privileg der Fiktionsliteratur. Sie kommt auch in der rhetorischen, philosophischen, satirischen und epigrammatischen Literatur vor, die sich mehr oder weniger auf Realität bezieht. Zur Klassifikation der Terminologie, die in solchen Werken vorkommt, haben die Forscher der GIREA besondere Rubriken bereit gestellt, die in einem vierten Teil des thematischen Index stehen. Darin werden untergebracht die so genannten „ideologischen“ Gebrauchsweisen der abhängigkeitsbezogenen Terminologie116 wie z.B. die Fälle, in denen die Terminolo117 gie zur Charakterisierung einer „réalité autre que la dépendance“ auf einen 118 Freien oder auf einen Abhängigen anderer Art angewendet wird. In einer Untersuchung zur Sklavereiterminologie in Ciceros Briefwechsel, die nach den von der GIREA erarbeiteten Kriterien zur Erstellung des systematischen Index durchgeführt wurde, wurde gerade zum Beispiel von seruus bemerkt, dass 119 dieser Terminus semantisch auf mehreren Ebenen funktionieren kann : - celui de la dénotation: c’est un mot appartenant à la terminologie spécifique de l’esclave, désignant une réalité explicite, celle d’individu qui appartient à un 120 autre individu[ ],

114 met. IX, 33,4-5. 115 met. VII, 3,5. 116 Vgl. im thematischen Index über Martial bei Garrido-Hory 1984 besonders die unter 42 („L’esclavage / dépendance conçu comme système de références“) genannten Rubriken. 117 Vgl. Garrido-Hory 1998: 55. 118 Vgl. z.B. Garrido-Hory 1984 Rubrik 423: „Utilisation de l’univers dépendant comme code de valeurs“. 119 Pérez 1982: 70, Hervorhebungen durch Pérez selbst. 120 In diesem Fall wird der Terminus unter die Rubrik 311 („Terminologie de l’esclave / dépendant“) gebracht, die einen sich auf Sklaven / Abhängigen beziehenden Terminus registriert.

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- celui de la connotation: il peut caractériser un libre ou son comportement: tel individu, aux dires de Cicéron, se conduit comme un esclave: le terme est ici utilisé pour qualifier une réalité autre que celle de la dépendance. [...] le terme peut aussi fonctionner dans un système de lecture et d’interprétation: il peut désigner un affranchi, un colon, un client, il peut désigner aussi une forme de dépendance indigène dans une province, qui n’a rien de commun avec 121 l’esclavage mais qui est lue comme telle[ ].

Dieses Beispiel zeigt sicherlich, wie im Rahmen der Arbeiten zum thematischen Index die Behandlung der weitgehenden semantischen Variationen eines Sklavereiterminus wie seruus in antiken Texten ein vertieftes Studium 122 verschiedener Seiten des Sklavenwesens und seiner Ideologie erlauben kann. Doch für die vorliegende Untersuchung würde die Klassifikation, die von den Forschern der GIREA zur Erstellung eines thematischen Index konzipiert worden ist, einen Nachteil haben. Weil diese Klassifikation auf der referierten Sache basiert, zwingt sie den Forscher dazu, das Vorkommen des denotativen Gebrauchs eines Terminus von dem Vorkommen des konnotativen Gebrauchs desselben Terminus zu unterscheiden. Dieser Ansatz würde es mit sich bringen, den Gebrauch eines Terminus für einen eigentlichen Sklaven von seinem Gebrauch für eine „andere Realität“ als das Sklaventum zu unterscheiden. Eben diese Unterscheidung soll hier aus den oben in diesem Kapitel angegebenen Gründen nicht gemacht werden. Um es zu wiederholen, sie ist angebracht, wenn man Informationen über den Referenten (Sklaven, Freigelassenen usw.) erhalten möchte, sie ist aber nicht förderlich, wenn nicht die referierte Sache, sondern das Funktionieren der Zeichen untersucht werden soll, durch welche die in Frage stehenden Aussagen konstituiert werden. Die Unterscheidung von Denotation und Konnotation ist zudem im Falle eines Textes wie die Metamorphosen problematisch, in dem die Bestimmung einer Realität des Sklaventums im eigentlichen Sinn und die Unterscheidung „anderer Realitäten“ von ihr schwer treffen ist. Die Natur des Textcorpus hat es mit sich gebracht, zur Bestimmung der Signifikation der in Frage kommenden Termini deren Referenten außer Acht zu lassen und die Aufmerksamkeit auf die Fähigkeit der Termini zu lenken, im Text Sinn zu machen. Das Textmaterial legt es nahe, den sogenannten konnotativen Gebrauch der Sklavereiterminologie nicht in einer „anderen Realität“ abzuscheiden, sondern ihn in die eine Wirklichkeit zu integrieren, die letztendlich diejenige der lateinischen Sprache ist. 121 Dieser Gebrauch von seruus wird im vierten Teil des thematischen Index der GIREA behandelt, wo unter den Rubriken 421 und 422 die Informationen zu den „mentalités“ stehen. 122 Pérez 1982: 70.

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In dieser Untersuchung wird nur die fundamentale Unterscheidung zwischen bezeichneter Sache (Referenten) und Signifikation der bezeichneten Sache gemacht. So kann davon ausgegangen werden, dass ein Terminus wie seruus immer Sklave signifiziert, was nicht besagen will, dass er immer unmittelbar ein Individuum bezeichne, das ein Sklave ist. Was der Terminus seruus als Zeichen des Sklaventums in all seinen Textverwendungen anzeigt ist nicht die Sache, d.h. das bezeichnete Individuum samt seinem Status, sondern die Signifikation dieses Individuums als Sklaven oder besser als „Als-ob“-Sklaven, welcher auch sein Status sein oder welcher Gattung er auch angehören mag. Semantisch interessiert mehr die Frage nach dem, was der Terminus signifiziert, als die Frage nach dem, was das durch ihn bezeichnete Individuum wirklich ist. Ob seruus einen Sklaven oder ein Pferd bezeichnet, in beiden Fällen steht man vor einer sinnvollen Realisierung von seruus. Dies muss hier festgehalten werden, um die besonders weiter unten im dritten Kapitel vorgeschlagene Untersuchung des Terminus seruus adäquat zu verstehen. Es kann nun die Klassifikation der Termini vorgelegt werden, die im Text des Apuleius das Personal bezeichnen. 2. Klassifikation der das Personal bezeichnenden Terminologie Liest man nun aufmerksam die Liste der Termini für Personal, die in der dritten Spalte der im Anhang stehenden Tabelle über die Haushalte in den Metamorphosen angeführt werden, so kann man sie in neun verschiedenen Arten unterteilen. 1. Termini, die Bindung oder Nichtbindung an die domus anzeigen a) Bindung: famulus, famuli, famula, famulae; uernula, uernulae, uernaculi; familiaris, familiares; clientes; alumni, alumnae, alumnati; necessarii; dotalis; seruus, serua, seruulus, seruuuli, conseruus, conserua, conserui, seruiens, seruientes; mancipium, mancipatum, mancipata; minister; ancilla, ancillula, ancillae; nouicius; captiuus, captiui; capta; custodita; clausus, clausa; (rapinae) praeda; addictus, (bestiis) addicta; initiati; subiugus (molae machinariae); adtentus (laboriosae machinae); commendatus; (deae ministeriis) adpositus; (imperiis sacris suis) destinatus; uicarius b) Nichtbindung: libertus; fugitiuus, fugitiuua; uagus, uacuus, solitarius123 c) Kollektiva: familia; famulitio; ministerium; (puellae) soboles 123 met. VII, 25,1 bemächtigt sich ein Bauer des Esels Lucius, weil er solitarium uagumque (hier i. S. v. „ohne die Gegenwart des Herrn oder Verantwortlichen“) ist.

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2. Termini, die soziale Verhältnisse (Verwandtschaft , Freundschaft, Genossenschaft) anzeigen soror; frater; uxor; coniuga; maritus; parentes; mater; filius, (regis) filia, (Nerei) filiae; spurius; (partiarius) concubinus, concubina; commilito; socii; sodalis; contubernalis; concubinae; conuiua; parasitus 125 Kollektivum: contubernium 3. Termini, die Alter und Geschlecht des Individuums anzeigen infantulus, infantuli; paruulus, paruuli; puer, pueri, puellus, puella, puellae; iuuenis; adulescens, adulescentula; uirgo, uirgines; matrona; femina; mulier, mulieres; homo, homunculi; senex; anus, anicula, anilis 4. Termini, die geographische Herkunft anzeigen Cappadocus; rustici, rusticanus, rusticani 5. Termini, die physische und moralische Zustände anzeigen sowie Kosenamen debilis; claudus; eunuchi; adulter; inuisus; sacrilegus; homicida; noxii; praesidium; mellitula; festiuitas; quadripes, quadrupes; uerbero; cruciarius 6. Termini, welche die Ausübung einer Funktion anzeigen nutrix; praeco; actor; latrones; custodes; ianitor; gladiator, gladiatores; uenator, uenatores; pastor, pastores126; gregarius, gregarii; operarius, operarii; armentarius equiso, equisones; opiliones; busequae; (equorum) magister; agaso; ductor, ductores; colonus, coloni; arcessitor; cocus; mulio; cubicularius, cubicularii; medicus, medica; opifices; pocillator; praedicator; stuprator; paedagogus; pistor dulciarius; praepositus; magister; scaenici; armiger; comes, comites; uector; (canis) uenaticus, (canes) uenaticii; praeses; sospitator; amator; miles; magistratus; philosophus; aucupes; piscator; pastophori; cultor, cultores; grammatea Kollektiva: obsequium127; exercitus; militia; cohors; chorus, chorae

124 Verwandtschaftsbezeichnungen werden hier nur eingetragen, wenn sie im Text Individuen bezeichnen, die unter das wie hier definierte Hauspersonal fallen. 125 Zu diesem kollektiven Sinn vgl. met. IX, 13,1. 126 Zum Gebrauch dieses Terminus bei Varro bemerkt Kolendo 1979: 206: „Mais en parlant des esclaves bergers, il emploie toujours le terme pastores“. Bei Apuleius scheint dasselbe der Fall zu sein. Vgl. die Hinweise in der Tabelle im Anhang, Haushalt 15.M. 127 Als Substantiv im Sinne von Gefolge wohl ein apuleianisches hapax (met. IV, 31,4), vgl. Callebat 1968: 59.

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7. Termini, die Tiere anzeigen equus, equae, equini; canis, canes; ueruex; ursa, ursae; besta, bestiae; iumentum, iumenta; asinus, asini, asellus; cantherius; mares; pulli; pullulus; aedi; catelli; palumbus; passer, passeres; auis, aues, auiculae; columbae; serpentes; beluae; bos; simia Kollektiva: ferae; pecuina; ferina 8. Termini, die natürliche und übernatürliche Elemente anzeigen uentus; spiritus; res humanae; inanima; elementa omnia; caeli culmina; (maris) flamina; inferum silentia; orbis totus; mare; caelum; mundus; Tartarus; sidera; tempora; nubila; semina; germina 9. Termini, die Identität oder Nichtidentität anzeigen 9.1. Eigennamen 9.1.1. Menschennamen Socrates; Panthia; Photis; Myrrina; Philodespotus; Telyphron; Charite; Myrtilus; Hephaestio; Hypnophilus; Apollonius; Philesitherus; Myrmex; Lucius; Asinius Marcellus 9.1.2. Mythologische, göttliche und geschichtliche Namen Endymion; Catamitus; Ulixes; Portunus; Salacia; Palaemon; Tritones; Gratiae; Horae; Musae; Mercurio; Consuetudo; Sollicitudo; Tristities; Cupido; Cupidines; Psyche; Zephyrus; Liber; Vulcanus; Apollo; Venus; Saturnus; Panisculus; Castor; Pollux; Terror; Metus; Meleager; Pegasus; Bellerophon; Anubis; Mithra 9.2. Allgemeine bisher noch nicht vermerkte Kollektiva multitudo; (paruuli) populus, populares; pompa; agmen; coetus (rusticorum); collegium; turba; (equinis) armentum; (equini) greges 9.3. Gegenstände oder Körper(bestand)teile tibiae; cithara; lucerna; uox, uoces 9.4. Pronomina und Zahlwörter128 ceteri omnes; unus; quidam; alius, alia, aliae; plurimi; illi; complures; duo; aliquis; iste; quae; illae; primus; secundus; tertius; quartus; quintus; sextius; quique; quisquam.

128 Pronomen werden hier nur eingetragen, wenn sie als einziger bezeichnender Terminus für ein(e) zum Personal zu rechnende(s) Individuum oder Gruppe vorkommen.

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3. Kurzer Kommentar zu den einzelnen Rubriken in der Klassifikation Obwohl alle Personalbezeichnungen, die in der dritten Spalte der Tabelle über die Haushalte verzeichnet sind, in diese Rubriken eingeordnet werden können, dürfte obige Klassifikation wohl nicht vorbehaltsfrei sein. Es sollen also nun einige kurze Bemerkungen allgemein zu der hier vorgeschlagenen Klassifikation gemacht werden, um anschließend die Rubriken, in welche sie zerfällt, einzeln zu kommentieren. Zunächst ist hier eine Erläuterung am Platz. Aus dem enger begrenzten Verständnis von Signifikation, das durch das Verb „bezeichnen“ nahegelegt wird, würde sich hier die beiseite gelassene Vorstellung einstellen, dass das durch einen Terminus Bezeichnete dasjenige ist, was das Bezeichnete „eigentlich“ ist, so dass die übrigen Signifikationen als „periphere“ zu gelten hätten. Dieses Missverständnis wäre für die hier unternommene Behandlung der Terminologie schwerwiegend. Es ist deshalb hier vorgezogen, „Termini, die x anzeigen“ zu sagen, und d.h. Termini, die unter anderen Zeichen „das Zeichen x“ tragen. Wenn gesagt wird, dass ein Terminus wie uxor ein soziales Verhältnis (in diesem Falle eines der Verwandtschaft) anzeigt, so will damit nicht gesagt werden, dass er eigentlich eine Gattin bezeichnet, sondern dass er dem so bezeichneten Individuum das Zeichen eines bestimmten Verwandtschaftsverhältnisses verleiht, sei nun dieses Individuum im betreffenden Text „eigentlich“ eine Gattin oder nicht. Derselbe Terminus kann gleichzeitig demselben Individuum andere Zeichen verleihen wie z.B. das Zeichen des weiblichen Geschlechtes, der Legalität (der Ehe) usw. Auf derselben Weise zeigen Termini wie pullulus, passer, palumbulus Tiere an, bezeichnen aber nicht unbedingt die entsprechenden Vögel, die durch sie bedeutet werden. Als Schmeichelwörter gebraucht können sie auch menschliche oder andere Wesen bezeichnen, zu denen irgendwelche Liebeszuneigung empfunden wird.129 Es ist also unerlässlich, die hier getroffene Unterscheidung zwischen Anzeigen und Bezeichnen festzuhalten, um die oben gegebene Klassifikation der Termini, die das Personal bezeichnen, angemessen zu verstehen. Wird im Folgenden aus Gründen des normalen Sprachgebrauchs oder des Stils trotzdem „bezeichnen“, „Bezeichnung“ u.ä. benutzt, so ist von diesen Termini hier jede Bestimmung der „wirklichen“ Verfassung der Wesen fernzuhalten, auf welche sie verweisen. Zweitens sei hier auch der Zweck dieser Klassifikation angemerkt. Sie will eine Ordnung einbringen in das umfangreiche Sprachmaterial, welches der Text des Apuleius zur Bezeichnung des Personals bietet, und es somit leichter

129 Vgl. z.B. met. VIII, 26,4 und X, 22,3.

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erfassbar machen. Die neun Rubriken der Klassifikation beruhen jede auf einen semantischen Zug, welcher dem Terminus beigelegt werden kann. Doch die Wahl dieses Zuges wurde nicht nach einem Wichtigkeitskriterium getroffen, d.h. nicht deshalb, weil er der siginifikativere oder evidentere oder „eigentlichere“ semantische Zug des in Frage stehenden Terminus wäre. Sie wurde nach einem rein praktischen Kriterium getroffen, nämlich deshalb, weil unter diesem Zug eine wichtige Gruppe von Termini aus der Tabelle im Anhang vereint werden kann. Nach diesen allgemeinen Vorbemerkungen sollen nun die neun Rubriken der hier vorgeschlagenen Klassifikation der Termini, welche in den Metamorphosen das Personal bezeichnen, einzeln Gegenstand eines kurzen Kommentars sein. Aus der Klassifikation ist ersichtlich, dass verschiedene Rubriken (die Unterrubriken 1.1 und 1.2 und die Rubriken 2, 6 und 7) eine Untergruppe von Termini umfasst, die mit „Kollektiva“ überschrieben ist. Der Kommentar zu den Kollektiva wird allgemein unter der Unterrubrik 9.2 gegeben. (1) Termini, die Bindung bzw. Nichtbindung anzeigen Unter diesen Termini sind diejenigen zu verstehen, die irgendeine Art Bindung des bezeichneten Individuums anzeigen. Bindung meint hier eine dauerhafte oder zeitweilige Situation, in welcher ein Individuum auf irgendeine Weise – aus Banden der Verpflichtung (z.B. gegenüber einem patronus, einem Gott, einem dominus und seiner domus) oder der Unterwerfung (z.B. unter einem Entführer, einem Usurpator, einer Liebesherrschaft) – unter der Herrschaft (der Gewalt, der Macht, der Autorität) eines anderen Individuums bzw. Wesens steht. Unter diese Rubrik fallen auch negativ Termini, welche das Fehlen einer Bindung anzeigen wie z.B. uagus, solitarius130 usw. Die Wesensart der Bindung bzw. Nichtbindung (allgemeine oder spezifische, freiwillige oder unfreiwillige, dauerhafte oder zeitweilige, vollständige oder partielle, legale oder illegale, soziale, religiöse, persönliche) wurde nicht in Betracht gezogen. Unter diese Rubrik fallen demnach sowohl Termini wie seruus und davon Abgeleitete (seruulus, conseruus usw.) oder mancipium, die u.a. eher den dauerhaften und / oder allgemeinen Charakter der Bindung anzeigen, als auch Termini wie captiuus, clausa, adtentus, die eher die spezifische Art der Bindung und deren eher temporären Charakter angeben. Dazu kommen noch Termini wie das Adjektiv dotalis, welches den legalen Status der Bindung spezifiziert, Termini wie initiati, welche die Bindung an einen Gott und an Regeln 130 Im Sinne von „herrenlos“ vgl. met. VII, 25,3.

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einer Sekte, und Termini wie familia, famulitio, famulus, die als Bezeichnungen des Hauspersonals die Bindung unter das Zeichen der domus bzw. der familia des Hausherrn stellen. Endlich sind in diese Rubrik einzuordnen Termini wie uacuus, uagus, solitarius (alle drei im weiten Sinn von „zeitweilig nicht an einen Herrn gebunden“ und also fähig, durch einen Herrn erworben zu werden), fugitiuus (d.h. der Bindung an einen Herrn zu Unrecht entkommen) oder selbst libertus (freigesetzt, d.h. durch den ehemaligen Herrn von der servilen Bindung und an ihn „wieder gebunden“ durch Bindungen anderer Art). Es ist zu bemerken, dass die Termini welche prima facie Nichtbindung anzeigen, zugleich eine bestimmte Bindung des bezeichneten Individuums an einen Herrn anzeigen. Das Fehlen einer Bindung wird als ein zeitweiliges, ungebührliches oder bedingtes gekennzeichnet, es wird also auf die eine oder andere Weise in einem (negativen) Verhältnis zum Vorkommen einer Bindung, d.h. in semantischer Ergänzung zu ihr konstruiert. (2) Termini, die soziale Verhältnisse anzeigen In diese Rubrik fallen die Termini, welche spezifische Verhältnisse des bezeichneten Individuums zu (einem) anderen Individuen(um) anzeigen. Es handelt sich dabei um Verwandtschaftsverhältnisse (z.B. soror, uxor, filius usw.) und Verhältnisse der Freundschaft oder Genossenschaft (commilito, socii, sodalis, contubernalis usw.). Hierher gehören auch Bezeichnungen, die das Individuum von diesen Verhältnissen ausschließen wie z.B. spurius, welche also ebenfalls negativ unter die Verwandtschaftszeichen fallen. Es ist hervorzuheben, dass Termini wie uxor und maritus von Apuleius oft frei, ohne irgendwelche deskriptive Funktion, ohne jede juristische Strenge und manchmal auch zur Bezeichnung von Sklaven oder gar Tieren gebraucht werden131. Sie haben eher eine rhetorische Funktion in der Narrative, sie zielen z.B. auf einen komischen Effekt oder auf die Intensivierung des Tragischen in einer Episode, indem sie die Gefühle unterstreichen, welche die Individuen untereinender verbinden. Zwar bezeichnen uxor, maritus strenggenommen gesetzlich durch matrimonium Verheiratete (Ehe gab es nur für Freie), und für Sklaven war das contubernium vorgesehen. Doch der Gebrauch von uxor und maritus für Sklaven, die in einem Herrenhaus ein Zusammenleben führ132 ten, war nicht ungewöhnlich und ist häufig in Grabinschriften belegt. Weiter 131 Vgl. z.B. met. VII, 15,3; VIII, 15,2; VIII, 22,3; VIII, 26,4 (maritus=asinus). 132 Vgl. dazu Schumacher 2001: 242 ff. mit Quellenhinweisen.

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unten im dritten Kapitel soll unter den Sätzen 4 und 7 detaillierter auf den rhetorischen Gebrauch dieser Termini eingegangen werden. (3) Termini, die Alter und Geschlecht des Individuums anzeigen Unter den Termini, die das Personal bezeichnen, findet man bei Apuleius häufig solche, die ein Zeichen des Alters und /oder Geschlechtes tragen. Doch mehr noch als die Termini, die unter der Rubrik 2 stehen, üben diese Termini selten eine sozusagen deskriptive Funktion aus. Die semantischen Werte von Termini wie femina, homo, puer, uirgo, infantulus usw. sind vielfältig und verleihen dem bezeichneten Individuum durch Alter- oder Geschlechtsangabe einen eher affektiven, erhöhenden, erniedrigenden, abwertenden usw. Charakter je nach dem Kontext, in dem sie vorkommen. Die Häufigkeit der Diminutive mit deren doppelten Zuneigungs- und Abwertungssemantik unter den Termini dieser Rubrik (z.B. paruulus, infantulus, homunculi, anicula, adulescentula usw.) zeugt davon133. Ein hier besonders hervorzuhebender Aspekt ist, dass viele der unter diese Rubrik fallenden Termini – wie puer, adulescens, iuuenis – oft dazu gebraucht werden, Personalglieder in einem Sexualbeziehungskontext zu bezeichnen, in welchem der 134 Bezeichnete sich klar in einer Situation der Unterlegenheit befindet. Diese Situation wird auch nicht selten durch den Gebrauch des Diminutivs (z.B. 135 puella, puellus) angezeigt. (4) Termini, die geographische Herkunft anzeigen Nur drei Termini lassen sich dieser Rubrik zuordnen: Cappadocus, rusticus (pl. rustici) und rusticanus (pl. rusticani). Die Suffixe -(t-ic)us, -(a)nus, welche diese Termini in ihrer Morphologie aufweisen, vermitteln semantisch die Vorstellung des „Ursprungs, Herkunft aus“, und der Wortstamm eines jeden Terminus gibt den Ort an, woher das Individuum stammt (Cappadocaus Kappadokien, rus(tic)- aus dem rus, d.h. aus dem Land im Gegensatz zur urbs). Die Vorstellung der Herkunft ist jedoch auch mit dem Suffix -(a)nus 133 Zum Abwertungswert des Diminutivs in den Metamorphosen vgl. Callebat 1968: 371: „le suffixe de diminutif permet à Apulée de condenser en une seule forme à la fois la désignation et la qualification de certains de ses personnages“. Zur allgemeinen semantischen Entwicklung des Diminutivs im Lateinischen und in den romanischen Sprachen vgl. Hakamies 1951: 46 ff. 134 Vgl. z.B. met. VIII, 26,1; IX, 15,3; IX, 22,6; IX, 23,1. 135 Vgl. z.B. met. II, 7,7; IX, 27,4.

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verbunden. Auch die Wörterbuchdefinition von rusticanus verweist auf das Land als Herkunft, Aufenthalt u.dgl. im Unterschied z.B. zu rustica uita, wo das Adjektiv das Landleben mit allen Beschäftigungen bezeichnet, die dahin 137 gehören. Das Suffix -us hingegen, das in rus(tic-us) steckt, zeigt zunächst eine Verfassung, einen Zustand an, geht aber auch in die Bildung bestimmter (als Adjektive gebrauchter) Termini ein, die Ortschaft bzw. Herkunft (z.B. 138 Graecus, Cappadocus usw.) anzeigen. Die in rusticus enthaltene Vorstel139 lung ist eher „Zugehörigkeit zu“, in diesem Falle zu dem Lande (rus). Die in rusticus enthaltene Vorstellung der Herkunft bzw. der Ortschaft kann hier über die Vorstellung der Zugehörigkeit (zum Lande) verstanden werden. Die Funktion solcher Termini erschöpft sich bei weitem nicht damit, rein objektiv Auskunft über die geographische Herkunft des Individuums zu geben. Sie verleihen dem durch sie bezeichneten Individuum auch spezifische Merkmale, die durch eine allgemeine Vorstellung den Individuen angegebener Herkunft beigelegt werden. Cappadocus z.B. wird in den Metamorphosen von einem Ausrufer (praeco) in Bezug auf den Esel Lucius gebraucht, um einen Kunden zu dessen Erwerb zu überzeugen.140 Nun war Kappadokien dafür be141 kannt, kräftige und wohlaussehende Pferde sowie Sklaven zu liefern. In diesem Kontext bezeichnet also der Terminus Cappadocus nicht sosehr die Herkunft der „Ware“ als er die rhetorische Wirkung hat, ihre positiven Qualitäten in den Augen des möglichen Käufers zu unterstreichen. Die Ware wird nämlich als ein „Sklaven-Esel“ dargestellt, der die typisch an einem Kappadokier 142 (Pferd bzw. Sklaven) imaginierten Attribute besitzt. Die Szene ist übrigens voller Anspielungen, welche den Verkauf eines Esels mit dem Verkauf eines 136 137 138 139 140 141

Vgl. dazu Lindsay 1894: 325 f. Vgl. LDH Bd. 2, Sp. 2432. Zum Suffix -us vgl. Lindsay 1894: 318 ff. und auch 337 zu -ticus. Vgl. LDH s.v. rusticus. Vgl. met. VIII, 24,3. Dazu Hijmans et al. 1985: 208. Sklaven aus Kappadokien wurden in Rom gewöhnlich als Sänftenträger eingesetzt (Vallette in met. R & V Bd. 3: 55 Anm. 1). Der Erwerber des Esels Lucius, ein Priester der Göttin Syria, kauft das Tier, damit es die Statue der Göttin trage. 142 Im Onos 36 feiert der Käufer Philebus den Erwerb des Esels vor seinen homosexuellen Priesterkollegen mit den Worten: „Ich habe euch einen schönen und kräftigen Sklaven, einen gebürtigen Kappadokier gekauft!“ (δοῦλον καλόν καί ἄνδρον καί καππαδόκην τὸ γένος). Cappadocus wird auch von Juvenal als Sklavenbezeichnung gebraucht (Sat. VII, 15: Cappadoces equitesque Bithyni, vgl. Garrido-Hory 1998: 291). Zum Gebrauch von geographische Herkunft anzeigenden Termini bei Martial bemerkt Garrido-Hory 1998: 33: „Les références géographiques s’attachent à l’aspect productif des provinces de l’empire, confondant les esclaves avec les objets importés, l’origine géographique ayant là valeur de qualification dans la mesure où le monde connu était pressenti sous forme de clichés“.

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Sklaven zu assoziieren erlauben, wozu weiter unten in dem Kommentar zu den Sätzen 5 und 6 im dritten Kapitel noch etwas zu sagen sein wird. Die Termini rusticus und rusticanus geben nicht nur die ländliche Herkunft des Individuums an, sondern auch unmittelbar seine Funktion im weiten Sinne als Landarbeiter. Sie kommen hauptsächlich in diesem Sinne in den Metamorphosen vor und werden mehr oder weniger neutral zur Bezeichnung 143 z.B. der Arbeiter auf einem großen Landgut gebraucht. Angesichts der scheinbaren Neutralität dieser Termini, um in den Metamorphosen Personalglieder zu bezeichnen, ist jedoch nicht der pejorative Wert (wie grob, plump, blöde im Gegensatz zu urbanus) zu vergessen, welchen rusticus in der lateinischen Sprache angenommen hat und welcher an einigen Stellen der Metamorphosen nicht fehlt. Evidentestes Beispiel ist a[u]t rusticae squalentis que 144 feminae conloquium prorsus [adhibendum est] horresco. Die „rustikale und schmutzige“ Frau ist hier Sobrietas, die Feindin der Venus. Sie lässt sich aber nicht zum Personal zählen und erscheint deswegen nicht in der Tabelle der Termini. Als Bezeichnungen für Personalglieder werden rusticus und rusticanus in den Metamorphosen in der Regel neutral verwendet, doch die Charakterisierung der Welt dieser rustici als eine gewalttätige und die extreme Feindseligkeit, welche der Esel Lucius in deren Händen erfährt, lässt auch die negative Semantik des Terminus hinter der scheinbaren Neutralität spüren. (5) Termini, die physische und moralische Zustände anzeigen In den Metamorphosen kommen oft Bezeichnungen von Personalgliedern vor, welche auf deren physischen und / oder moralischen Besonderheiten Bezug nehmen. Diese gewöhnlich als Adjektive vorkommende Bezeichnungen wurden jedoch in die Tabelle im Anhang nur dann eingetragen, wenn sie mit Ausschließlichkeit gebraucht werden, d.h. wenn sie die einzige Bezeichnungsform des Individuums im Kontext eines bestimmten Haushaltes oder wenn sie Formen sind, dieses Individuum hervorzuheben. Andere Weisen der physischen und moralischen Qualifizierung der Personalglieder sollen im dritten Kapitel sofern behandelt werden, als sie im Satzzusammenhang mit dem dort analysierten Terminus seruus assoziiert erscheinen. Es genügt hier darauf hinzuweisen, dass unter den vierzehn in diese Rubrik fallenden Termini nur drei, nämlich praesidium, melitulla und festiuitas, einen positiven Wert haben. Die Termini melitulla und festiuitas haben beide 143 Vgl. die entsprechenden Verweise beim Haushalt 15.M. in der Tabelle im Anhang. 144 met. V, 30,4. Vgl. dazu z.B. met. VII, 26,4; VIII, 17,4.

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eine Liebeskonnotation, die übrigen weisen auf eher negative Eigenschaften. Auf ungünstige oder abnorme physische Eigenschaften weisen fünf Termini, 145 nämlich debilis, claudus, inuisus, eunuchi und quadrupes. Verbero (wörtlich: Schlägeverdienender; übertragen: Schurke) ist volkstümlich und wurde in der Sprache der lateinischen Komiker zum klassischen Schimpfwort für se146 ruus. Apuleius ist hier im Einklang mit der Tradition, denn der Terminus wird auf einen Sklaven (cocus) angewendet. Die Termini uerbero und crucia147 rius (das Kreuz, den Tod am Kreuz verdienend) zeigen beide das Individuum in der Strafsphäre an und passen zu den übrigen vier Termini der Liste – adulter, homicida, noxii und sacrilegus – , welche das Individuum unter das Zeichen des Verbrechens stellen. Es muss weiterhin bemerkt werden, dass einige Termini, die in andere Rubriken eingeordnet worden sind, ebenfalls über physische oder Charaktereigenschaften der Bezeichneten Auskunft geben. Dies ist der Fall z.B. von sospitator, welcher Terminus wegen seines funktionalen Aspektes in die Rubrik 6 einzuordnen hier vorgezogen wurde. Auch der Terminus eunuchi, welcher hier erscheint, hätte in die Rubrik 6 gepasst, denn er zeigt ebenfalls die Ausübung einer Funktion an. (6) Termini, welche die Ausübung einer Funktion anzeigen Die Bezeichnungen von Personalgliedern, welche die Ausübung einer Funktion und dann namentlich (doch nicht ausschließlich) einer Arbeitsfunktion anzeigen, kommen in den Metamorphosen sehr häufig vor. Sie sind in den verschiedensten Präzisionsgraden anzutreffen, von operarius148, opifices usw., welche eher unspezifisch über die Ausübung einer Arbeitstätigkeit informieren, bis zu mulio, cocus, pistor dulciarius, pocillator, welche die ausgeübte Tätigkeit präzise angeben. Neben Arbeitsfunktionen werden in dieser Rubrik auch Termini angeführt, die unmittelbar sexuelle Funktionen anzeigen wie z.B. amator oder stuprator. Wenn aber diese Funktionen von Personalglie-

145 Im apuleianischen Text pejorativ gebraucht, vgl. met. VII, 27,5: quadrupes nequissime. 146 Vgl. met. VIII, 31,5. Zum Gebrauch von uerbero bei den lateinischen Komikern vgl. Callebat 1968: 75 f., welcher auf Plautus Amph. 284 und Terenz Phorm. 684 verweist. 147 Über den Ursprung von cruciarius im Volk vgl. Callebat 1968: 80. 148 Kolendo (1979: 200) bemerkt, dass operarius als sklavenbezeichnender Terminus bei Cato unqualifizierte Sklaven bezeichnet, die verschiedentlich im Wein- und Olivenbau eingesetzt wurden (vgl. u.a. Cato de agr. 10 und 11). Doch „Caton emploie aussi le terme operarius désignant les travailleurs libres [...] en dehors de la description de l’oliveraie et du vignoble“ (Kolendo 1979: 200 f., vgl. dazu Cato de agr. 1,3; 5,4).

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dern ausgeübt werden, sind sie Arbeitsfunktionen ähnlich, denn sie werden dann als eine Aufgabe unter herrschaftlicher Aufsicht durchgeführt. Man bemerke, dass die Termini, welche Arbeitsfunktionen anzeigen, sehr effektiv die soziale Stellung des Individuums anzeigen können. Zieht man den sozialen Wert in Betracht, welcher der Arbeit und den verschiedenen Metiers in der römischen Welt beigelegt wurde, so muss man fast immer diese Funktionsbezeichnungen im Text des Apuleius über ihren objektiven Informations149 gehalt hinaus als eine soziale Qualifikation lesen. Dies geschieht z.B. mit Termini wie nutrix, paedagogus, cocus. Sie zeigen nicht nur die jeweils ausgeübte Funktion, sondern spezifisch eine Funktion an, deren Ausübung für Abhängige (Sklaven oder im Falle besonders des paedagogus Freigelassene) typisch ist. Über die Funktion hinaus zeigen diese Termini auch den Zustand der Unterwerfung an, in dem sich das sie ausübende Individuum befindet, was sie auch in die Rubrik 1 einzuordnen erlauben würde. Was nun vor allem Bezeichnungen von Personalgliedern in einem ländlichen Milieu betrifft, so sind statusanzeigende Termini in den Metamorphosen selten, hingegen sowohl spezifische wie unspezifische funktionsanzeigende Termini sehr häufig. Zur Zeit des Apuleius begann ja namentlich auf dem Lande die Gleichschaltung in der Lage de facto der freien Arbeiter und der Sklaven, und die statutarisch ununterschiedlich von Apuleius dazu verwendete Terminologie, das Personal auf dem Lande zu bezeichnen, scheint diesen geschichtlichen Sachverhalt widerzuspiegeln.150 Zuletzt ist noch zu bemerken, dass die Ausübung einer Funktion im Text des Apuleius gemeinhin auch durch aktive wie passive Verbalformen angezeigt wird. Oft kann die durch ein Personalglied ausgeübte Funktion nur durch das 151 Verb erkannt werden. Nicht selten genügen die Verbalformen, die Präsenz eines Personalgliedes anzuzeigen. Damit erübrigt sich jede direkte Bezeichnung der eine Funktion ausübenden Individuen namentlich bei passiv gebrauchten Verben mit elidiertem Agens. Unter die Ausdrücke und Verben, welche im Passiv stehen und die Erbringung von Dienstleistungen bezeichnen, 149 Es sei hier Ciceros bekannte Unterscheidung zwischen artes sordidae und artes honestae erwähnt (vgl. Cicero de off. I, 42,150-1). Zum Wert, welcher sozial verschiedenen Metiers im alten Rom beigelegt wurde, und zu Anspielungen darauf in den Metamorphosen vgl. Fick 1978: 90 ff. mit weiterführender Literatur. 150 Vgl. dazu Hidalgo de la Vega 2000: 285. Über die Übereinstimmung von Arbeitseinsatz und Lebensstandard bei freien Landarbeitern und bei Landsklaven in der antiken griechischen bzw. römischen Welt vgl. Schumacher 2001: 91 ff. 151 Vgl. z.B. met. VIII, 22,2: Seruus quidam, cui cuncta familiae tutelam dominus permiserat suus quique possessionem maximam illam, in quam deuerteramus, uillicabat.

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fallen Infinitivsätze, welche nicht selten von Hauptsätzen mit uerba uoluntatis 152 153 wie iubeo abhängen, so z.B. iubet construi currum , iubet adnumerari 154 oder iubet [...] bestiam reportari , sowie auch Fälle des absoluten Ablativs 155 wie z.B. mensa posita . In solchen Fällen wird die direkte Bezeichnung des Personalgliedes als Agens meist unterschlagen und die Erwähnung der ausgeführten Aufgabe als genügend erachtet, den Agens anzuzeigen. Diese Art und Weise, Dienstleute zu bezeichnen, ist äußerst aufschlussreich über den Unbestimmtheitsgrad, mit welchem dieses Personal im Text gegenwärtig ist und der 156 Autor es sozusagen in Szene treten lässt. Solche Verbalformen würden für sich eine Untersuchung verdienen, um herauszufinden, inwiefern die grammatikalischen Werte der in Betracht kommenden Formen – Abhängigkeit von einem Hauptelement oder -satz, Passivität, Elision des Subjektes oder Agens – auch nicht als semantische Werte zur Kennzeichnung des Personals genommen werden können, welches sich hinter diesen Formen verbirgt. Trotz ihrer Wichtigkeit sind Verben und verbale Ausdrücke in der Tabelle der in den Metamorphosen vorkommenden Bezeichnungen des Personals nicht aufgenommen worden, und die Tabelle beschränkt sich auf die Eintragung nomineller Bezeichnungsformen. Doch einige dieser Verbalformen werden im dritten Kapitel zur Sprache kommen müssen, insofern sie in Verbindung mit dem Terminus seruus erscheinen. (7) Termini, die Tiere anzeigen Oft wird in den Metamorphosen auf Tiere Bezug genommen. Allgemein begegnen Tiere im Laufe des Romans als Mitglieder des Haushaltes weltlicher, mythologischer und göttlicher Herren und erledigen dort unter ihrem Befehl diverse Aufgaben oder gehören einfach zu deren Gefolgschaften. Als bloße Arbeitstiere stehen sie fast immer unter der Herrschaft niedrigstehender Figuren wie Armen, Sklaven oder Kolonen.157 Doch die Herrschaft über Tiere wird im Text auch dazu benutzt, den Umfang der Herrengewalt hervorzuheben. Daher die Präsenz von Tieren, die nicht nur der universellen Macht einer Venus 152 153 154 155 156

met. VI, 6,1. met. IV, 16,4. met. IV, 16,5. met. X, 16,3. Solche Formen sind auch bei anderen antiken Autoren keine Seltenheit. Zu verschiedenen Beispielen in Martial und Juvenal bemerkt Garrido-Hory 1998: 291: „l’emploi de verbes à la forme passive met en valeur le travail au détriment de l’individu chargé de l’effectuer et dont l’existence est là aussi complètement niée au profit du service rendu“. 157 Vgl. z.B. met. VIII, 15,2 f.; VIII, 17,1; IX, 39-40.

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oder Isis unterstehen, sondern auch angesehener weltlicher Herren wie Demochares mit seinen Schauspielbestien und Thiasus mit seinem Wunder159 esel. Die Tabelle im Anhang bringt die Referenzen auf Tiere, die sich in einer Situation der Unterwerfung befinden, in den Haushalten des Typs T, welche die Herrschafts- bzw. Unterwerfungsverhältnisse zwischen Menschen und Tieren auflistet, und in den Haushalten des Typs D, in welchen die Herrenfunktion von einer göttlichen, mythologischen oder magischen Figur ausgeübt wird. Bei dieser Auflistung wurden nur die Referenzen auf Tiere berücksichtigt, welche der Herrschaft eines Hausherrn unterstehen und / oder ihm Dienste leisten und somit unter die hier vorgeschlagene Definition von Hauspersonal fallen. Ein Beweis der Möglichkeit, Tiere als Hauspersonal zu verstehen, wird direkt durch den absichtlichen Gebrauch von Sklavereitermini wie seruus, conseruus, mancipium, ancilla und famulus zur Bezeichnung von Haustieren geliefert.160 Namentlich die Angleichung der Figur des Esels Lucius an einen Sklaven kommt an vielen Stellen sowohl direkt durch seine Bezeichnungen vor als auch durch andere Diskursmittel, wie es schon im ersten Kapitel zur Genüge gezeigt worden ist. Über die deskriptive Informationsebene hinaus muss bei der Analyse dieses Vokabulars auch der Wert vieler der gebrauchten Termini in Betracht gezogen werden. Die Werte stammen manchmal aus der Symbolik bzw. den Konnotationen, die in der Antike traditionell mit bestimmten Tieren verbunden sind und von denen Apuleius an verschiedenen Stellen vollen Gebrauch macht. So erlauben z.B. die in palumbulus und passer liegenden Liebeskonnotationen es einer Matrone, diese Termini in einer heißen Liebesbegegnung als ihrem Liebhaber, dem Esel Lucius adressierte Koseworte zu gebrauchen.161 Andere Tiere sind Teil der traditionellen Ikonographie eines Gottes, wie z.B. die Taube der162 jenigen der Venus. Der abwertende Gebrauch von Termini wie cantherius, 163 asellus oder asinus ist ebenfalls nur durch die normalerweise negative Symbolik des Esels möglich. Es lassen sich nämlich herkömmlich mit ihm Armut, Sklaventum oder noch Gefräßigkeit und Unzucht assoziieren. Außer 158 159 160 161

Vgl. met. V, 28,6-8 (Venus); XI, 25,4 (Isis). Vgl. met. IV, 13,6-7 (Demochares); X, 16,5 ff. (Thiasus). Vgl. in der Tabelle im Anhang die Angaben z.B. zu Haushalten 2.Ta, 20.T, 21.T, 27.T. Vgl. met. X, 22,3. Zum Gebrauch dieser Termini in einem Liebeskontext bei Plautus vgl. z.B. Bacch. 51 und Cas. 138. 162 Als Liebes- und Treuesymbole gehörten Tauben zur Gefolgschaft der Venus / Aphroditis wie in met. VI, 6,2. Vgl. met. M: 55 Anm. 59 mit zusätzlichen Hinweisen auf antike Autoren. 163 Vgl. z.B. met. III, 27,5; VI, 26,1; VI, 31,3.

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der bereits oben im ersten Kapitel behandelten Eselsymbolik ist in der vorliegenden Untersuchung nicht näher auf die Symbolik eines jeden der im Text des Apuleius referierten Tiere einzugehen. Es sei hier nur bemerkt, dass wie auch andere Termini, die unter verschiedenen Rubriken der obigen Klassifikation aufgelistet sind, die Termini, welche Tiere bezeichnen, manchmal weit mehr anzeigen als die von ihnen rein deskriptiv evozierten physischen Wesen. (8) Termini, die natürliche und übernatürliche Elemente anzeigen Die Naturelemente befassen hier nicht die Tiere, welche schon unter der Rubrik 7 gesondert betrachtet worden sind. Die in der vorliegenden Rubrik aufgelisteten Termini kommen in der Regel im Kontext der Haushalte des Typs D vor, in denen die Herrenmacht (durch Magie oder Göttlichkeit) übermenschlicher Natur ist. Die größere Anzahl der hier untergebrachten Termini – wie inanima, elementa, caelum, mare, sidera usw. – kommen im Haushalt der Isis (36.D) vor. Diese Elemente unterstehen der absoluten Macht der Göttin und gehorchen ihrem nutus164, in welchen zugleich die Autorität der mater, 165 der domina und der regina zusammenfließt. In einem einzigen Fall ist es möglich, die Erwähnung natürlicher und übernatürlicher Elemente zu identifizieren, welche einer menschlichen Herrenfigur unterstehen, nämlich der Gat166 tin Milos, Pamphila. Diese Frau, eine Zauberin, lässt durch ihre übernatürli167 che Macht die manes ihr gehorchen und die Elemente ihr zu Diensten sein. Im einen wie im anderen Fall weisen diese Termini im Text auf dieselbe Funktion hin wie diejenige, die von einigen Termini angezeigt werden, welche Tiere bezeichnen. Sie erweitern die Herrenmacht insofern, als sie deren übermenschliche Ausdehnung demonstrieren. (9) Termini, die Identität oder Nichtidentität anzeigen Verschiedene Formen, Personalglieder in den Metamorphosen zu bezeichnen, gründen auf der Möglichkeit, sie im Hinblick auf Identität bzw. Fehlen einer Identität oder Anonymität anzuzeigen. Diese Rubrik zerfällt in vier Untergruppen. Sie sind nach dem Grad des Anzeigens der Identität abgestuft. Die Eigennamen erlauben die größere Identitätsbestimmung der Personalglieder, weni-

164 165 166 167

Vgl. met. XI, 5,1. Vgl. z.B. met. XI, 5,1; 7,4. Vgl. in der Tabelle im Anhang Haushalt 3.D. met. III, 15,1: obediunt manes […] seruiunt elementa.

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ger dazu geschickt sind z.B. Termini, welche unter dem Zeichen der Depersonalisierung stehend z.B. Gegenstände und Körperteile anzeigen. 9.1) Eigennamen Die Liste der Eigennamen, welche in den Metamorphosen Individuen beigelegt werden, die als Personalglieder einem Haushalt angehören, ist nicht klein. Sie besteht im Grunde aus 1. eigentlichen Eigennamen, die wirklich menschlichen Individuen als Namen gegeben werden (z.B. Photis, Myrmex), und 2. mythologischen und historischen Namen (z.B. Liber, Cupido, Catamitus oder Ulixes), die Gottesfiguren beigelegt oder rhetorisch als Spitznamen von Menschen und Tieren gebraucht werden. Der Gebrauch eines Eigennamens ist in den Metamorphosen gewöhnlich nicht zufällig. Eigennamen haben fast alle eine präzise Signifikation, die Apuleius bewusst auf ironische oder emphatische Weise zur Charakterisierung des betreffenden Individuums benutzt. Diese Signifikation kann aus der etymologischen Struktur des Namens ableitbar sein wie im Falle von Philodespotus (Herrenfreund)168 oder aus mythologischen bzw. historischen Konnotationen. So wurde oben schon bemerkt, dass Götternamen in den Metamorphosen nicht zur Bezeichnung mythologischer Wesen dienen, welche hier als Personalglieder eines bestimmten Haushaltes in der mythischen und religiösen Welt auftreten, sondern auch als Spitznamen dazu gebraucht werden, einem Individuum innerhalb der Menschenwelt die Merkmale einer bestimmten mythologischen Figur zuzuschreiben. Ein Beispiel ist Catamitus, ein anderer Name des Ganymed, des schönen Jünglings, welcher von einem Adler entführt Zeus dann als Mundschenk dient. Mit diesem Namen bezeichnet eine alte Zauberin im Roman ihren Liebhaber, den sie als ihren Diener gefangen hält.169 Der Liebhaber nun, ein Lebensmittelhändler, der leichtfertig der Trunksucht und dem Sex zum Opfer fällt, trägt ironischerweise denselben Namen wie der durch 170 seine Enthaltsamkeit berühmte Philosoph Sokrates. Die Präsenz dieser mythologischen und historischen Namen im Roman des Apuleius könnte als ein 171 zusätzliches Zeugnis für die in der Forschung schon vertretene Annahme gelten, dass dieses Werk auf ein kultiviertes Publikum angewiesen war, denn die Konnotationen dieser Namen wären nur für eine in der damaligen Kultur wohlerzogenen Leserschaft verständlich. 168 169 170 171

Vgl. met. II, 26,3. Vgl. met. I, 12,4. Vgl. met. I, 7,7 ff. Darüber vgl. auch Harrison 2000: 256 Anm. 214. Zur dieser These allgemein vgl. oben erstes Kapitel S. 61 mit Anmerkungen 208 bis 210.

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Die Signifikation der in den Metamorphosen vorkommenden Eigennamen 172 wurde zwar in der Forschung oft behandelt, doch leider nicht speziell in Zusammenhang mit dem Thema der Abhängigkeit und / oder des Sklaventums. Letzteres wäre für die hier verfolgte Fragestellung von Interesse. Eine mit dem Sklavereithema zusammenhängende Behandlung der Onomastik in den Metamorphosen müsste mit der Frage verbunden werden, inwiefern die in den Eigennamen der Personalglieder enthaltenen Konnotationen relevante Informationen über einen Aspekt von deren servilen Verfassung liefern könnten. Es kann hier bereits festgestellt werden, dass einige aus mythologischen Namen bzw. Götternamen abgeleiteten Eigennamen insofern zur Benennung von Dienern gebraucht werden, als sie eine Anspielung auf deren Tätigkeiten erlauben. Hephaestio, der Name des Feuergottes, wird an einer Stelle als Name eines Koches gebraucht, Apollonius, abgeleitet aus dem Namen des Gottes u.a. der Heilkunst Apoll, ist der Name eines medicus, welcher mit demselben Haushalt wie der Koch Hephaestio verbunden ist.173 Aufgrund der Forschungen zu den Sklavennamen in der Antike wäre anschließend zu fragen, ob nicht einige der oben aufgelisteten Namen typische Sklavennamen sind und deshalb auch zur Markierung der servilen Verfassung der Individuen dienen können. Einige Beispiele davon sind Myrmex (Ameise) oder Candidus (Weißer), be174 kanntlich typische Sklavennamen. Dabei wäre auch die Beobachtung der narrativen Gründe für das Vorkommen bestimmter Eigennamen von Personalgliedern wichtig, was auch die Notwendigkeit mit sich führen würde, die 175 Gründe für ihr häufiges Nichtvorkommen zu erwägen.

172 Neben den Kommentaren zu den Büchern der Metamorphosen sei hier auf die bisher vollständigsten Aufsätze über Eigennamen hingewiesen, den umfassenderen von Hijmans (1978) und den von Dos Santos Palma Granwehr (1981/82). Die meisten Namen, die in der vorliegenden Arbeit als Namen von Personalgliedern aufgelistet sind, werden allerdings in keinem dieser beiden Aufsätze behandelt. 173 Vgl. met. IX, 2,3. Namen von Göttern bzw. mythischen Figuren wurden in der griechischrömischen Antike oft Sklaven gegeben. Vgl. dazu Solin 1996: 23-30 (lateinische Namen) und 265-359 (griechische Namen). 174 met. IX, 17,3 (Myrmex) und XI, 20,1 (Candidus). Zu Sklavennamen, die in der römischen Antike aus den Namen von Insekten und Kleintieren gebildet wurden, vgl. Solin 1996: 159, zu Candidus als Sklavennamen vgl. Solin 1996: 53. 175 Der Gebrauch von Eigennamen könnte weitere sozialgeschichtliche Untersuchungen verdienen. Zu Martial bemerkt Garrido-Hory 1998: 60 f.: „il conviendra de voir si, eu égard au grand nombre d’esclaves connus, la personnalisation de la dépendance signifie une promotion dans le statut d’esclave, une place privilégiée au sein de la familia, ou simplement un élément supplémentaire dans la désignation d’une main-d’œuvre spécialisée“.

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9.2) Allgemeine Kollektiva Das Personal wird im Text des Apuleius oft durch Kollektiva bezeichnet. Diese Termini stellen das Haushaltspersonal unter das Zeichen der Nichtidentität. Die so Bezeichneten werden unter einen Begriff subsumiert, der von ihrer individuellen Konkretheit (sei als Individuum oder Individuengruppe) abstrahiert. So wird z.B. nicht famulus zur Bezeichnung eines Individuums oder famuli zur Bezeichnung einer Gruppe Individuen gebraucht, sondern ein abstrakt allgemeiner Terminus wie z.B. famulitio. Neben den allgemeinen Kollektiva – die semantisch keinen Zug aufweisen, welcher es erlauben würde, sie in eine der übrigen Rubriken einzuordnen und die also hier zusammengefasst werden – wurden auch Kollektiva identifiziert, die durch einen bestimmten semantischen Zug einer anderen Rubrik dieser Klassifikation zuzuordnen sind. In 1 c) stehen z.B. famulitio und familia als Kollektiva, die ein Unterwerfungsverhältnis anzeigen, und in 6 unter Kollektiva z.B. obsequium und exercitum, welche die Ausübung einer Funktion anzeigen. Diese Termini könnten auch hier in 9.2. stehen, da sie wie alle Kollektiva unter dem Zeichen der Nichtidentität und der Abstraktion stehen. Sie wurden aber aufgrund anderer semantischer Züge, die sie aufweisen, in die Rubriken 1 bzw. 6 eingeordnet. Die Vorstellung des „Kollektiven“ wird hier rein grammatikalisch als nomen collectiuum genommen, d.h. als Sammelbezeichnung, die eine Gruppe Individuen als eine an sich (abstrakte) Ganzheit anzuzeigen vermag. In diesem Sinne dürfen eigentliche Kollektiva wie famulitio, grex, populus, soboles nicht mit dem Plural individuell anzeigender Termini wie z.B. familiares, pastores, pueri verwechselt werden, welche die Gruppe bloß als (anonymen, doch nicht abstrakten) Zusammenschluss verschiedenerer Individuen anzeigen. Es fällt in den Metamorphosen auf, dass allgemeine Kollektiva die Personalglieder nur wohlhabender Haushalte anzeigen. Es wäre interessant von dieser Feststellung aus zu untersuchen, ob nicht auch unter den semantischen Funktionen dieser Kollektiva die Funktion vorkommt, der Herrenmacht eine erweiterte Dimension zu verleihen. Es kommt (selten) vor, dass sie Dienergruppen (z.B. coetus rusticorum176) und Tiergruppen (z.B. equinis armen177 tum, equini grex ) anzeigen, beide Male im Kreis des Haushaltes von Charite und ihrer Familie, die ausgedehnte Landgüter besitzt mit vielen Haus- und 178 Landarbeitern und mit vielen Maultieren. Doch Kollektiva kommen oft in Haushalten aus der magisch-religiösen Welt vor, besonders im Haushalt der 176 Vgl. met. VII, 23,1. 177 Vgl. met. VII, 14,5 und 16,1. 178 Vgl. in der Tabelle im Anhang die Haushalte 15.M, 15.Ta und 15.TB.

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Isis. Außer den Göttern wie Mithra und Anubis, die zum Hof der Isis gehören, werden nur zwei Menschenwesen aus der Anonymität dieser religiosa cohors durch Eigennamen hervorgehoben: Lucius, der durch die Macht der Isis aus einem Esel in einen Menschen zurückverwandelt wird, und der Priester, welcher den Auftrag erhält, Lucius in die Mysterien der Göttin einzuwei180 hen, und welcher nicht ohne Ironie den Namen Asinius Marcellus trägt. Um das Volk, das bei religiösen Festlichkeiten anwesend ist, oder eine Gruppe Gläubiger oder Priester anzuzeigen, die am Kult der Göttin mitwirken, werden oft Kollektiva wie coetus, populus, pompa, turba, collegium usw. gebraucht, die auf diese Population aus dem Blickwinkel des Anonymen und Abstrakten hinweisen. Diese Depersonalisierung der Population von Gläubigen scheint wie geschaffen, auf der anderen Seite die maximale Identität der Isis zum Vorschein kommen zu lassen. Der Kontrast tritt in der Fülle der Eigennamen zutage, welche dieser Göttin beigelegt werden, und von denen mindestens dreizehn im 11. Buch der Metamorphosen vorkommen.181 9.3) Substantive, die Gegenstände oder Körper(bestand)teile anzeigen Durch die bloße Erwähnung eines Gegenstandes oder eines Körper(bestand)teils kann in den Metamorphosen ebenfalls ein Personalglied 182 angezeigt werden. Dieses metonymische Bezeichnungsverfahren, welches den Bezeichneten als Ganzen unter das Zeichen eines seiner Körperteile oder eines von ihm manipulierten Gegenstandes stellt, wird von Apuleius sehr oft gebraucht. Aus der Ebene einer Redefigur geht Apuleius durch die Lizenz des Phantastischen praktisch zur Ebene des Faktischen über. So beschreibt er die domus regia des Cupido und der Psyche als ein Märchenhaushalt, in welchem 183 man wirklich durch Stimmen bedient wird und Musikinstrumente von selbst 184 ertönen . Die Darstellung nun des vollkommenen materialen Fehlens des Dieners (ohne das gleichzeitige Fehlen des Dienstes zu implizieren) als idealisierendes Element, als Zeichen „göttlichen Reichtums“, welcher den Neid

179 Vgl. in der Tabelle im Anhang Haushalt 36.D. 180 Vgl. met. XI, 27,7. 181 met. XI, 5,1: cuius numen unicum multiformi specie ritu uario nomine multiiugo totus ueneratur orbis. Zu den verschiedenen Namen der Isis vgl. bes. met. XI, 1-2 und XI, 5,2-3. 182 In seinem römischen Sklavennamenbuch registriert Solin 1996 Namen, die an Körper(bestand)teile anknüpfen (43 f. und 390 f.) und „Namen aus Bezeichnungen von Gegenständen“ (166 f. und 536 ff.). 183 met. V, 2,4: uoces famulas; V, 9,7: uoces ancillas. 184 Vgl. met. V, 1 ff.

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menschlicher Herren erregt, wäre nicht möglich, wenn diese „Fabel“ über den seruus inuisus nicht auch irgendwie den realen Erwartungen über den „perfekten Diener“ entsprechen würde. Der Diener wäre demnach desto besser und vollkommener, je weniger er seine – nötige, doch vermeintlich lästige – Anwesenheit merken ließ. 9.4) Pronomina und Zahlwörter Unter den Termini, die den Personalgliedern in den Metamorphosen Anonymität verleihen können, sind auch Zahlwörter und Pronomina, namentlich die Indefinitpronomina, zu nennen. Nach Garrido-Hory sind in den Werken von Martial und Juvenal Termini wie quis, aliquis, illic, iste „faussement démonstratifs“: Ils attirent l’attention sur un individu, le montrent du doigt, tout en niant sa personnalité propre. Ces termes sont largement employés par Martial et par Juvénal, le plus souvent sans autre qualification, ce qui montre bien le peu d’intérêt 186 que présente le personnage incriminé.

Diese Bemerkung gilt auch für den Roman des Apuleius. Es ist gleichwohl dabei eines nicht zu vergessen. Pronomina sind wesentlicher Teil der Referenzstruktur einer Sprache. Deshalb werden sie ja auch aus der inneren Notwendigkeit der Narrative heraus in einem Text wie dem des Apuleius dazu gebraucht, sei es auf Personalglieder, sei es auf Herrenfiguren oder irgendwelche anderen Figuren zu weisen. Hier geht es natürlich nicht darum, das Vorkommen eines jeden Pronomens in Bezug auf Personalglieder in dem Werk zu identifizieren. Die Tabelle der Haushalte im Anhang bringt Pronomina und Zahlwörter nur dann, wenn sie die einzige dazu fähige Referenz sind, im Rahmen eines bestimmten Haushaltes ein bestimmtes Individuum bzw. eine bestimmte Gruppe Individuen zu unterscheiden, das bzw. die zu dem Personal gerechnet werden kann. In diesen und nur in diesen Fällen ist es auch möglich, die Pronomina und Zahlwörter als Anzeichen für Personal unter dem Zeichen der Anonymität oder, wie die hier vorgezogene Benennung lautet, unter dem Zeichen der Nichtidentität zu verstehen. Solche Termini weisen in der Tat auf den Gegenstand, den

185 Wie den Neid der Schwestern Psyches, vgl. z.B. met. V, 8,1-2: sic allocuta summas opes domus aureae uocumque seruientium populosam familiam demonstrat auribus earum lauacroque pulcherrimo et inhumanae mensae lautitiis eas opipare reficit, ut illarum prorsus caelestium diuitiarum copiis affluentibus satiatae iam praecordiis penitus nutrirent inuidiam. 186 Garrido-Hory 1998: 291 f. Vgl. dazu die Rubrik 311c ihres „index thématique“.

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Die Signifikation des Sklaven

sie anzeigen, ohne von sich aus irgendeine zusätzliche Information über ihn zu liefern, sozusagen „tout en niant sa personnalité propre“. Ein Pronomen oder Zahlwort im Text als Referenz auf Personal zu identifizieren erfordert freilich die Beobachtung seiner Artikulation mit anderen Bestandteilen des Textes. So identifiziert z.B. alius an einer Stelle ein zum Personal eines Haushaltes gehörendes Individuum insofern, als es als Subjekt eines Satzes fungiert, der eine innerhalb des Haushaltes ausgeführte Tätigkeit an187 zeigt: alius citharam pulsauit . Oder es kann ein Pronomen durch einen Ablativus originis oder einen Genitivus partitivus ein Individuum anzeigen, welches zu einem Personal gehört, wie z.B. quidam im Ausdruck quidam de 188 coetu illo rusticorum . Dies kommt auch bei Zahlwörtern vor, wenn sie zur Aufzählung und /oder zur Unterscheidung von Individuen innerhalb einer 189 Gruppe Personalglieder eingesetzt werden. Beispiele dafür sind duobus e 190 191 familia oder unus ex illis , wobei im zweiten Fall aus dem Kontext ersichtlich wird, dass illis sich auf eine Arbeitergruppe aus einem Landgut bezieht. Manchmal muss auf den umfassenderen Kontext rekurriert werden, um ein Pronomen als Bezug auf das Hauspersonal zu identifizieren. Der Ausdruck 192 quidam procurrens e domo bezeichnet z.B. eine gewisse Dienstperson, die aus dem Herrenhaus rennt. Es erhellt aus dem unmittelbaren Kontext, in dem dieser Ausdruck steht, dass es sich dabei um ein Personalglied handelt. 4. Allgemeine Schlussbemerkungen Es ist nicht zu leugnen, dass die Einordnung vieler Termini in die eine oder die andere Rubrik, wie sie hier vorgeschlagen wurde, nur unter dem Zeichen des „Fraglichen“ akzeptiert werden kann. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das semantische Spektrum der angeführten Termini sehr mannigfaltig ist. Deshalb könnten ja viele von ihnen auch in mehreren Rubriken erscheinen. Im Kommentar zu 9.2. wurde dies im Falle der Kollektiva angesprochen. Die Liste der Beispiele ist jedoch lang, sie treten in praktisch allen Rubriken auf. Der Terminus puer z.B. wurde hier unter der Rubrik 3 der Termini angeführt, welche Alter und Geschlecht anzeigen, doch seine Semantik geht weit über diesen Rahmen hinaus. Als Synonym für Sklaven oder für Diener im weiten Sinne 187 188 189 190 191 192

met. V, 3,5, vgl. in der Tabelle im Anhang Haushalt 10.D. Vgl. met. VII, 23,1 und in der Tabelle im Anhang Haushalt 15.M. Wie z.B. in der Aufzählung met. XI, 10,1-6, vgl. in der Tabelle im Anhang Haushalt 36.D. met. IX, 28,3. met. VII, 22,2. met. IV, 21,1.

Termini, die in den Metamorphosen das Personal bezeichnen

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(ein häufiger Gebrauch im Text des Apuleius, wie aus der Tabelle im Anhang zu ersehen ist) könnte puer auch in die Rubrik 1 der Termini eingeordnet werden, welche Bindung anzeigen. Die Einordnung von puer in die Rubrik 3 gibt hier Anlass zu einigen Bemerkungen. Als Sklavenbezeichnung hat puer wie auch seine griechische Entsprechung παῖς nicht die Funktion, ausschließlich das Alter eines Individuums zu markieren. Solche zugleich zärtlich und geringschätzig gemeinten 193 Termini zeigen nicht immer einen jungen Sklaven an. Durch die Einordnung von puer, puella in die Rubrik 3 der Termini, welche Alter und Geschlecht anzeigen, sollte nicht zu verstehen gegeben werden, dass sie notwendig Informationen z.B. über das Alter der Bezeichneten liefern, sondern dass sie unter dem Zeichen des Alters fungieren. Unabhängig also von dem wahren Alter des bezeichneten Individuums besteht die semantische Funktion eines solchen Terminus darin, diesem Individuum ein offenkundiges Zeichen der (physischen, moralischen, juristischen usw.) Unmündigkeit beizulegen. Ein weiteres kontroverses Beispiel ist uerna. Der Terminus wird gewöhnlich für einen Sklaven gebraucht, der in einem Herrenhaus geboren wurde oder von ihm stammt. Er wurde wie famulus, familia, famulitio in die Rubrik 1 eingeordnet, welche die Bindung bzw. Nichtbindung anzeigende Terminiumfasst, doch er hätte genauso gut unter die Rubrik 2 fallen können, welche u.a. die Verwandtschaftsverhältnisse anzeigende Termini gruppiert.194 Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wird dieser Terminus nicht eigens analysiert. Es genügt hier die Bemerkung, dass an den wenigen Stellen, an denen Apuleius 195 uerna und die Ableitungen uernula, uernaculus gebraucht, diese Termini stets unmittelbar von anderen, ebenfalls Verwandtschaftsverhältnisse anzeigenden Termini begleitet werden wie z.B. uxor, liberi, filium, parentibus, familiares usw. Aus dieser Assoziation lässt sich für die Semantik von uerna eine enge Zugehörigkeit zur Familie herauslesen, doch sie erlaubt keine Präzisierung der Zugehörigkeitsart. Diese Feststellung hat dazu geführt, den Terminus uerna lieber in die Rubrik 1 und nicht in die Rubrik 2 zu verweisen. Letztere wurde Bezeichnungen vorbehalten, die spezifische gesellschaftliche Bande wie Freundschaft oder Genossenschaft markieren, was auf Termini wie uxor, filius, contubernalis usw. zutrifft. Andererseits ließe sich auch die Mög193 Vgl. Garlan 1995: 27 mit der Bemerkung, dass dieselben Werte von puer und παῖς im Englischen „boy“ als Bezeichnung für den schwarzen Sklaven in den USA wiederkehren. Ähnliches in Brasilien zur Zeit des Sklaventums mit den Ausdrücken „menino“ und „moleque“ (fem. „menina“ bzw. „moleca“). 194 Zu dem, was in den Zuständen von uerna involviert ist, vgl. umfassend Hermann-Otto 1994. 195 Vgl. met. IV, 24,4; V, 29,5; XI, 18,1.

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Die Signifikation des Sklaven

lichkeit diskutieren, viele der Termini, die unter der Rubrik 2 stehen, in die Rubrik 1 einzuordnen. Zeigen nicht Termini wie uxor oder filius z.B. neben spezifischen Verwandtschaftsverhältnissen auch eine Situation der Bindung an 196 eine domus an? Die Bindung wäre in diesem Fall an eine männliche, väterliche Autoritätsfigur, wie denn ja auch der paterfamilias als Herr die domus regiert. Der Hintergrund dieser Kontroverse ist die Polysemie des lateinischen Terminus familia, welcher zugleich eine Familie Blutsverwandter, die einem Hausherrn bzw. Hausherrin gehörende Sklavenschaft oder auch beides zusammen anzeigen kann. Unter einem ähnlichen Vorbehalt steht die Rubrik 6. Sie gruppiert die Termini, welche die von dem Personal ausgeübten Funktionen anzeigen. Viele der hier angeführten Funktionen wurden traditionell durch Abhängige (nutrix, cocus, cubicularius, paedagogus, colonus) ausgeübt und können gleichzeitig als Zeichen der Bindung gelesen werden. Dies würde auch die Einordnung der respektiven Termini in die Rubrik 1 erlauben. Ähnliche Übergänge zwischen der einen und der anderen Rubrik der Klassifikation gelten praktisch für alle erfassten Termini. Deren semantische Polysemie wird oft durch die dichterischen Freiheiten des Apuleius erhöht. Dies erschwert natürlich die Erfassung dieser Termini aus einer statischen Perspektive wie der einer Klassifikation. Dies wird aber hier nicht als ein „Problem“ betrachtet, das endgültig zu lösen ist, sondern als ein Zeichen selbst der Vielfältigkeit der Abhängigkeitsverhältnisse. So wie sie in der „parole“ des Apuleius ausgedrückt, in der lateinischen Sprache aufgenommen werden, involvieren diese Verhältnisse die Individuen nicht nur nach ihrem Status, sondern auch als Mitglieder einer Familie, als Partner in Liebe und Freundschaft, in der Tatsache selbst, Männer oder Frauen, Kinder, Jugendliche oder Alte zu sein, in der Tatsache, Arbeiter zu sein, ja in der Tatsache, einen bestimmten Namen zu erhalten oder nicht. Was Garlan über die Ambiguität der griechischen Terminologie zur Sklaverei sagt, gilt auch für die lateinische Terminologie: L’ambigüité de la terminologie servile résulte donc de l’extension métaphorique au monde des hommes libres de ce qu’elle avait de spécifique, et surtout de sa constitution à partir de termes empruntés à des systèmes traditionnels de dépendance et de solidarité (maison, famille, compagnonnage, clientèle, etc.). Elle se situe en conséquence sur des plans différents qu’il faut en chaque cas apprécier en fonction du contexte – le choix de tel ou tel mot s’expliquant en

196 Vgl. Meillassoux 1986: 10.

Termini, die in den Metamorphosen das Personal bezeichnen

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principe par l’aspect de l’esclave qu’on veut mettre en valeur, sans que cette vi197 sion „éclatée“ ne doive nous faire préjuger de la diversité de son objet.

Zieht man diese Wirklichkeit der Terminologie in Betracht, welche sich auf das Sklaventum und die Abhängigkeitsverhältnisse bezieht, so wird die Wahl, diesen oder jenen Terminus unter diese oder jene Rubrik zu bringen, mehr oder weniger willkürlich sein. Sie ist in dieser Arbeit, wie oben schon bemerkt, rein praktisch motiviert. Sie darf also zu keiner endgültigen Bestimmung des letztendlichen „semantischen Kernes“ eines Terminus führen. Wenn ein solcher Kern existiert, ist er nie beständig, er ändert sich je nach Gebrauchskontext des Terminus. Dies wird aus der im folgenden Kapitel zu bietenden Analyse der Stellen hervorgehen, in denen der Terminus seruus in den Metamorphosen vorkommt.

197 Garlan 1995: 27 f.

III Semantische Aspekte der Sklavereitermini Im Rahmen des Satzes am Beispiel von seruus Wie ein Wort funktioniert, kann man nicht erraten. Man muss seine Anwendung ansehen und daraus lernen. (Wittgenstein 1969: 414)

A. Einführung Im vorliegenden Kapitel soll unter den Termini, welche in den Metamorphosen des Apuleius Personalglieder anzeigen, der Terminus seruus semantisch analysiert werden. Die Analyse will spezifisch diesen Terminus im Rahmen der jeweiligen Satzzusammenhänge betrachten, in denen er vorkommt. Es müssen dabei sowohl der narrative Kontext als auch die Sprechsituation (z.B. wer die Sätze ausspricht, wem und zu welcher Gelegenheit usw.) in Betracht gezogen werden, in denen diese Sätze eingefügt sind. Die terminologische „Nachbarschaft“ von seruus im Rahmen des Satzes erlaubt, wie man sehen wird, die Eingrenzung fundamentaler Aspekte der Signifikation dieses Terminus. Die semantischen Züge von seruus, die im Laufe der Analyse der einschlägigen Stellen beobachtet werden, sollen im letzten Teil des Kapitels zusammengefasst und damit das allgemeine Funktionieren des Terminus im Text des Apuleius bestimmt werden. Der Terminus wird dabei rein sprachlich betrachtet, d.h. als ein Element des umgreifenden Systems der lateinischen Sprache, zu welcher der Text des Apuleius wie jeder andere lateinische Text als ein beispielhaftes Textcorpus gehört. Dass seruus hier zum Gegenstand der Analyse erwählt wurde ist kein Zufall, sondern Folge der Resultate, die im vorigen Kapitel erzielt wurden. Dort wurde gezeigt, dass zahlreiche Termini die Personalglieder in den Metamorphosen anzeigen. Die entsprechende terminologische Bestandesaufnahme ist in der Tabelle im Anhang zu finden, und im Abschnitt C des vorigen Kapitels wurde eine Klassifikation dieser unterschiedlichen Bezeichnungen vorgeschlagen. Eine eingehende Behandlung all dieser Termini an allen Stellen, in denen sie im Roman des Apuleius vorkommen, würde den Rahmen dieser Untersuchung sprengen. Zur Eingrenzung des Materials wurde ein Terminus ausgesucht, um Gegenstand der semantischen Analyse zu sein. Das Kriterium dieser Wahl war die Relevanz des Terminus. Damit ist keine äußerliche Relevanz gemeint, welche sich auf Daten stützt, die aus anderen

Einführung

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Texten gewonnen wurden, sondern eine dem Text des Apuleius selbst immanente Relevanz. Eine der Weisen, die Relevanz eines Terminus für einen Text zu identifizieren, ist die Beobachtung seiner Häufigkeit. An sich selbst ist die Häufigkeit ein abstraktes Kriterium, und sie kann sehr wenig für die strukturelle Relevanz des Terminus in einem Text besagen. Fruchtbarer scheint hier eine Relativierung der Häufigkeit zu sein, d.h. ihre Beobachtung nicht im Allgemeinen, sondern auf einen Bezugspunkt hin. Dieser Bezugspunkt ist in der vorliegenden Untersuchung der Haushalt. Er ist die ausgebildete Struktur, in welcher das Personal und damit die Beziehungen zwischen Beherrschenden und Beherrschten vorkommen. Deshalb wurde hier versucht, die Häufigkeit der Termini, die Mitglieder des Personals anzeigen, in Bezug auf die in den Metamorphosen vorkommenden und in der Tabelle im Anhang angeführten Haushalte zu beobachten. Die Leitfrage, um den zu analysierenden Terminus zu wählen, war hier also nicht „welcher ist der häufigere Terminus im Text?“, sondern „welcher ist der Terminus, der in der größeren Anzahl von Haushalten vorkommt, die es im Text gibt?“. Zur Anwendung des Häufigkeitskriteriums ist hier noch folgendes zu bemerken. Ein Terminus oder alle seinen in einem Haushalt vorkommenden Varianten werden nur als ein Vorkommen des Terminus gezählt: Z.B. seruus, seruulus, conseruus gelten als ein Vorkommen des Terminus seruus, wenn sie alle im Kontext eines Haushaltes gebraucht werden. Zudem wird das Vorkommen dieser Termini als nur ein Vorkommen selbst dann gezählt, wenn sie in verschiedenen Kontexten öfters an Stellen zu belegen sind, die sich auf denselben Haushalt beziehen und somit mehr als einmal in Bezug auf diesen Haushalt erscheinen. Haushalt 15 Tb wird in der Zählung nicht berücksichtigt, da es den Terminus conseruus nur als Mitreferenz aufweist, d.h. um anzuzeigen, dass das Individuum, auf welches der Terminus sich bezieht, ein in der Bezeichnung mitimpliziertes Individuum ist und nicht jenes, welches durch den Terminus im Text unmittelbar angezeigt wird.1 Wendet man nun dieses Häufigkeitskriterium auf den Text an, so sind die Termini, die als Bezeichnungen für Mitglieder des Personals relevanter sind, seruus und seine Varianten (seruulus, conseruus) einschließlich deren respektiven Formen des Femininums und des Plurals. Blickt man in die dritte Spalte der Tabelle im Anhang, so sieht man, dass seruus und seine Varianten insgesamt 25 Male in 17 verschiedenen Haushalten vorkommen. Es sei bemerkt, dass sie unterschiedliche Individuen innerhalb eines Haushaltes anzeigen können. Es kann aber auch vorkommen, dass dasselbe Individuum inner1

Vgl. dazu die Erklärung in der Einführung in die Tabelle im Anhang unter d.7.

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Semantische Aspekte der Sklavereitermini

halb desselben Haushaltes durch verschiedene Varianten des Terminus bezeichnet wird: Dasselbe durch seruus angezeigte Individuum kann im Rahmen desselben Haushaltes auch durch seruulus, conseruus angezeigt werden. Nach seruus kommen puer, puellus und deren Formen des Femininums und Plurals häufiger vor, 19 Male als Bezeichnungen für Personalglieder in 15 verschiedenen Haushalten. Rein quantitativ kommen puer, puella samt Varianten im Text am häufigsten vor. Dies rührt aber daher, dass einige Episoden, in denen ein puer oder eine puella eine Rolle als Personalglied eines Haushaltes im hier verstandenen Sinne spielt, sehr lang sind. Es sei hierzu verwiesen insbesondere auf die Episode von Charité als die puella, die von Räubern gefangen gehalten wird.2 Sie wird zudem unterbrochen durch die Episode von 3 Psyche, die gleichfalls puella genannt wird, wie durch die Episode des mularius, unter dessen Obhut der Esel Lucius steht und der öfters puer genannt 4 wird. In allen diesen Episoden, die sich über größere Teile des Textes erstrecken, ist es also möglich, die Termini puer und puella als Referenzen auf dasselbe Individuum anzutreffen. Es sei hier aber klar gestellt, dass die Tabelle im Anhang nicht jedes Vorkommen des Terminus im Text angibt. Sie führt nur das eine oder andere Vorkommen an, welches als Beleg dafür genügt, dass dieses Individuum innerhalb des entsprechenden Haushaltes puer, puella, seruus usw. genannt wird. An dritter Stelle kommt der Terminus famulus einschließlich der Formen des Femininums und des Plurals sowie das Kollektivum famulitio 18 Male in 14 verschiedenen Haushalten vor. Es folgt ihm das Kollektivum familia, zwölf Male als Bezeichnung für Personalglieder in zwölf Haushalten. Für den letzteren Terminus kann man auch 15 Haushalte angeben, will man die aus familia abgeleiteten Termini familiar, pl. familiares hier mitzählen. Rein etymologisch sind aber die Termini aus dem Wortstamm „fam-“ die häufigere Wortgruppe in den Haushalten, die in der Tabelle im Anhang aufgelistet werden. Zuletzt sei noch der Terminus ancilla (ancillula) samt Pluralformen erwähnt, der in sechs Haushalten vorkommt. Weitere Termini sind wegen ihres spezialisierteren oder ungewöhnlicheren Aspektes nur in wenigen Haushalten (nicht selten nur in einem) als Bezeichnungen für Mitglieder des Personals anzutreffen. Es ist auch noch zu bemerken, dass die Termini famulus, puer, familia, famulitio sehr oft auf Individuen oder Gruppen von Individuen angewendet werden, die im Rahmen des entsprechenden Haushaltes auch durch 2 3 4

met. IV, 23 - VII, 12. met. IV, 38 - VI, 34. met. VII, 17 - VII, 28.

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seruus und / oder Ableitungen angezeigt werden. Dies war auch ein zusätzlicher Grund, seruus hier als Gegenstand der Untersuchung zu bestimmen. Es muss hier klar unterstrichen werden, dass die Wahl von seruus hier nur die Wahl eines Beispiels unter vielen anderen darstellt, deren Untersuchung ebenfalls interessante Resultate in Aussicht stellen würde. Unmittelbarer Zweck der hier vorgeschlagenen Analyse ist der Erweis, dass die reine Beobachtung eines auf das Sklavenwesen bezogenen Wortes in seinen verschiedenen Gebrauchskontexten, d.h. in seiner terminologischen Umgebung innerhalb juristischer, historischer oder fiktionaler Textcorpora, mehr Informationen über sein Signifikat liefert als es eine Definition lexikalischer oder anderer Art vermuten lässt. Dieser Zweck könnte auch durch die Analyse irgendeines anderen Terminus erreicht werden, der sich auf das Sklaventum oder die Abhängigkeitsverhältnisse im Allgemeinen bezieht. Doch seruus hat hier einen besonderen Reiz, und daran sind nun einige Bemerkungen zu knüpfen. Unter den Bezeichnungen für Dienstpersonal ist seruus wahrscheinlich der Terminus, der in der Forschung am meisten über lexikalische Definitionen verstanden worden ist. Vor allem, weil seruus als juristischer Begriff fassbar ist und deshalb juristische Definitionen aufweist, ist der Versuch verbreitet, das Signifikat von seruus restlos im Rahmen solcher definitorischen Aussagen zu verstehen. Aussagen von Juristen wie Ulpian5 oder Gaius6 dienen der Forschung oft als Grundlage, „die“ Bedeutung des Terminus seruus festzulegen. Rix beginnt z.B. in seiner Untersuchung der lateinischen Sklavereiterminologie die Abteilung über den Terminus seruus wie folgt: Die Bedeutung von lat. servus ist klar; servus ist die terminologische Bezeichnung für den „Sklaven“, für den Mann, der das Eigentum einer anderer Person 7 ist, das Bedeutungsoppositum zu liber „frei“.

Natürlich sind die obengenannten Stellen aus juristischen Texten wichtige Belege, um das Signifikat von seruus zu bestimmen. Für sich sagen sie aber nicht alles aus, was seruus signifiziert, sie sagen auch nicht aus, was seruus „in eigentlichem Sinne“ ist. Sie sagen freilich aus, was seruus in diesem präzisen Textzusammenhang ist, oder besser signifiziert. Es wäre angebrachter, hier über „eine“ und nicht über „die“ Bedeutung des Terminus zu reden.

5 6 7

Dig. 1,1,4: iure gentium tria genera esse coeperunt, liberi et his contrarium serui et tertium genus liberti. Dig. 1,5,3: summa itaque de iure personarum diuisio haec est, quod omnes homines aut liberi sunt aut serui. Rix 1994: 54.

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Semantische Aspekte der Sklavereitermini

Man nehme z.B. die Opposition zwischen seruus und liber. Die Forschung ist wohl aufgrund hauptsächlich der Studie von Benveniste darin übereingekommen, sie als „die“ klassische Opposition für das Verständnis von seruus 8 anzusehen, so dass sie in dessen Wortdefinition aufgenommen wurde . Diese Opposition kommt ja in der vor kurzem zitierten Definition des Ulpian und in der von Gaius vor, und sie ist tatsächlich eine fundamentale Seite der Semantik von seruus. Doch sie ist nicht – und dies muss hervorgehoben werden – deren einzige Seite, sie erschöpft nicht die möglichen Eingrenzungen des Terminus innerhalb der lateinischen Sprache. Zu den Gefahren, die sich in einem Versuch wie dem Benvenistes verbergen, seruus rein aus der Etymologie des Wortes restlos zu bestimmen, lohnt sich Dumont zu zitieren: Si nous avions une information plus satisfaisante sur la valeur originelle du terme seruus, elle risquerait, par ailleurs, autant de nous abuser que de nous éclairer sur l’esclavage romain: la fixité de l’étiquette masque le plus souvent 9 sur une longue période l’altération du contenu.

Die Achtung auf die Kontexte, in denen die Opposition von seruus und liber häufiger ist, weist diese Opposition als eine statutarische aus. Sie wird aus dem Vorkommen des Terminus in Quellen eruiert, die vornehmlich juristisch sind oder sich auf präzise juristische Kontexte beziehen. Rix hat beobachtet, dass seruus und liber gewöhnlich gegenübergestellt werden, um den Wandel der Situation bei Freilassung auszudrücken, und nebeneinandergestellt werden, 10 um die Gesamtheit der Menschen zu bezeichnen. Bei einem und anderem scheint das, was in der Opposition von seruus und liber immer impliziert ist, das Problem der diuisio personarum zu sein. Es ist gerade in den Kontexten, in denen diese statutarische Unterscheidung unterstrichen werden muss, dass 11 seruus als Gegenbegriff zu liber gefasst werden kann. Das juristisch Statutarische des Terminus seruus, das in seiner Opposition zu liber liegt, zeigt sich somit als eine besondere Seite der Semantik von seruus, doch es umfasst nicht das ganze Signifikationsvermögen des Terminus, selbst dann nicht, wenn in der Analyse sein Vorkommen in juristischen Quellen privilegiert wird.

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9 10 11

Vgl. z.B. die Definition absolute in LTL s.v. seruus, i 339): qui non est sui juris sed alieno dominio subjectus, mancipium, famulus, puer, cui liber opponitur. Die Definition gründet ganz auf dem juristischen Charakter des Terminus und legt, an Benveniste erinnernd, liber als seinen Gegenbegriff fest. Dasselbe geschieht bei der oben zitierten Definition von Rix. Dumont 1987: 775 f. Rix 1994: 54. Wie die bereits zitierte Stelle bei Gaius dig. 1,5,3: et quidem summa diuisio personarum haec est, quod omnes homines aut liberi sunt aut serui.

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Damit stimmen die Resultate überein, welche die Untersuchung von Mora12 bito erbracht hat. Morabito hat bei seiner Analyse des Vorkommens von seruus in den Texten der Digesta drei strukturelle Oppositionsverhältnisse für diesen Terminus identifiziert, und zwar: seruus x dominus seruus x filius seruus x liber Das Verhältnis zwischen seruus und liber markiert nach Morabito immer eine 13 statutarische Opposition, die aber eine zweifache ist. Liber kann anzeigen 1. den Freigeborenen (ingenuus), wie er gewöhnlich in der Forschung verstanden und auch in der oben genannten traditionellen Definition des Gaius aus14 gedrückt wird, und 2. den freigelassenen Sklaven. Es ist in diesem zweiten Sinne von liber, dass der Terminus seruus öfter in einen Oppositionsverhältnis zu ihm vorkommt. Morabito hat die gesamten Digesta ungeachtet der Zeit, in welcher die Texte verfasst wurden, zum Gegenstand einer statistischen Erhebung gemacht. Dabei erwies sich die Opposition von seruus und liber i.S.v. Sklaven und Freigelassenem als die klar vorwiegende. Die Opposition von seruus und liber kommt i.S.v. Sklaven und Freigeborenem (ingenuus) in 20% der Fälle vor, i.S.v. Sklaven und Freigelassenem in 80% der Stellen, an denen dieses Oppositionspaar anzutreffen ist.15 Morabito fand aber heraus, dass das Oppositionsverhältnis zwischen seruus und dominus in den Digesta viel öfter vorkommt als das Oppositionsverhältnis zwischen seruus und liber. Das erstere bietet mehr Belege, und das bei 16 allen Texten unbeschadet der Zeit, in der sie verfasst worden sind. Dazu bemerkt Morabito folgendes: Du point de vue des relations terminologiques qu’ils utilisent, les juristes se préoccupent donc davantage du rapport de domination / subordination existant entre le maître et l’esclave, symbolisant une intervention étatique im17 portante, que de l’opposition statutaire entre esclave et libre.

Aus diesen Resultaten geht nun klarer hervor, dass die Opposition von seruus und liber sicherlich eine besondere Seite der Semantik von seruus manifes12 13 14 15 16 17

Morabito 1981: 142 ff. Morabito 1981: 146 ff. Vgl. Dig. 1,5,3. Morabito 1981: 146. Für die Zahlen vgl. Morabito 1981: 150 f. Morabito 1981: 150.

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Semantische Aspekte der Sklavereitermini

tiert, seine Signifikation aber selbst aufgrund seines Vorkommens in juristischen Quellen nicht restlos erschöpft. Juristischen Quellen bei der Analyse des Signifikates von seruus den Vorzug geben, wie es Benveniste und andere nach ihm taten, kann legitim sein und auch zweifellos zu wertvollen Resultaten führen. Das Problematische scheint aber darin zu liegen, dass diese Untersuchungen nicht immer die Auswahl der analysierten Quellen klar als eine Wahl unter anderen möglichen darstellen und somit die erzielten Resultate nicht auf die Art der Quelle bzw. auf den spezifischen Kontext der Stellen hin relativieren, sondern als absolute Resultate ausgeben. Der Begriff seruus als ein juristischer Terminus und als ein Gegenbegriff zu liber wird somit als eine außerhalb jeden Kontextes geltende Wortdefinition dargelegt, obwohl es sich dabei um spezifische semantische Werte des Terminus handelt, die durch die Art der in Betracht gezogenen Quellen und durch die in der Analyse privilegierten Vorkommensweisen des Terminus bedingt sind. Man muss sich hierbei immer die Bemerkung Dumonts vor Augen halten, dass die juristische Begriffsbestimmung des Sklaven „est elle-même déjà une représentation de l’esclave“18. Die umfangreiche Semantik von seruus als einem gewöhnlichen Wort der lateinischen Sprache kann nicht auf die Opposition zwischen seruus und liber eingeengt werden. Das Verständnis dieser Semantik erfordert also, aufgrund anderer Texte und anderer Kontexte anderen möglichen Oppositionen des Terminus im System der lateinischen Sprache nachzugehen. Es ist mit dem Zweck, andere mögliche Oppositionen des Terminus seruus auszuwerten und sein Funktionieren in einer nicht juristischen Quelle zu beobachten, dass hier das Vorkommen von seruus in einem fiktionalen Text wie die Metamorphosen als Untersuchungsgegenstand genommen wird.

B. Seruus in den Metamorphosen: Vorschlag zu einer semantischen Analyse Bevor das Vorkommen von seruus in konkreten Satzzusammenhängen zum Gegenstand der Betrachtung gemacht wird, ist es hier dienlich, zunächst auf die Charakteristiken des Terminus zu achten, so wie er in den Sätzen vorkommt. Diese Charakteristiken beziehen sich auf die Häufigkeit seines Auftretens und auf seine Morphologie. Obwohl hier aus Gründen der Disposition der Arbeit die Termini seruulus und conseruus in der semantischen Analyse (un-

18

Dumont 1987: 31.

Seruus in den Metamorphosen: Vorschlag zu einer semantischen Analyse

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ter C) nicht berücksichtigt werden, sollen sie hier dennoch der Gegenstand einiger Bemerkungen allgemeiner Art sein. Ein adäquateres Verständnis der Semantik von seruus würde zwar erfordern, die Resultate seiner Analyse mit den Resultaten der Analyse anderer Termini zu vergleichen, die mit ihm funktional oder semantisch assoziiert sind. Es wäre z.B. wünschenswert, demselben analytischen Verfahren vor allem die morphologisch aus seruus abgeleiteten Termini wie seruulus und conseruus zu unterziehen, die ebenfalls im Text anzutreffen sind. Die vollständige Analyse aller relevanten Stellen, an denen diese Termini vorkommen, würde aber den Rahmen der vorliegenden Untersuchung sprengen. Dies ist auch ein Grund, warum in dieser Untersuchung der analytische Teil auf den Terminus seruus beschränkt bleibt. 1. Häufigkeit Was nun die Häufigkeit des Terminus seruus und seiner Varianten seruulus und conseruus (einschließlich der entsprechenden Formen des Femininums und des Plurals) im Text der Metamorphosen angeht, so erscheint der Terminus und seine Varianten 39 Male, 17 Male der Terminus seruus (darunter viermal im Plural), 14 Male der Terminus seruulus (darunter viermal im Plural) und achtmal der Terminus conseruus (darunter dreimal im Plural und zweimal im Femininum Singular). 2. Genus Seruus und seine Varianten kommen im Text des Apuleius praktisch nur im Maskulin vor. Das Femininum ist lediglich durch zwei Stellen belegt, an denen conserua steht.19 Die Feminina serua und seruula kommen nirgends im Text vor. Gleichwohl werden einige weibliche Individuen im Text unter Pluralformen von seruus und conseruus subsumiert. Im Haushalt 15.M kommt conserui (VIII, 1,2) für Landarbeiter vor, unter denen weibliche Individuen zu unterscheiden sind, nämlich die Frau des Gestütmeisters (VII, 15,3: uxor eius; mulier), die Mutter eines gewissen puer, welcher Esel trieb (VII, 27,2: mater pueri), und Frauen im allgemeinen (VIII, 15,3: mulieres; VIII, 17,5 mulier), die zusammen mit ihren kleinen Kindern von Eseln getragen wurden, als sie in Begleitung ihrer Mitsklaven, der Landarbeiter, die Flucht ergriffen.20

19 20

met. VIII, 22,2 und VIII, 31,5. Vgl. met. VIII, 1 ff.

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Semantische Aspekte der Sklavereitermini

Somit werden nach diesen Bezeichnungen die weiblichen Individuen dieses Haushaltes entweder durch das bloße Genus (mulier, mulieres) – ein Terminus, der in anderen Zusammenhängen des Textes nicht pejorativer Konnotati21 onen entbehrt – oder höchstens durch ein Familienverhältnis (mater, uxor) angezeigt. Selbst das oben erwähnte Vorkommen von mulieres fällt schon durch seine Kollokation im Satz, unmittelbar nach infantulos folgend (infan22 tulos et mulieres), ebenfalls unter das Zeichen der Mutterschaft. Ebenso wie die Frauen aus dem Haushalt 15.M, die in die allgemeine Bezeichnung conserui einbezogen werden, stehen auch die beiden einzigen Instanzen des Femi23 ninums conserua in den Metamorphosen unter dem Zeichen eines Familienverhältnisses (Gattin bzw. Mutter), in welchem das angezeigte Individuum mit einem anderen Individuum des Hauspersonals steht. 3. Numerus An den meisten Stellen kommen seruus und seine Varianten im Singular vor (vgl. oben unter 1). Von den vier Stellen mit seruus im Plural stehen zwei in Kontexten, in denen von serui im Allgemeinen, d.h. als abstraktem Gegenstand einer Aussage gesprochen wird. An einer dritten Stelle werden durch den Plural genau zwei Individuen und ein viertes Mal eine unbestimmt große Gruppe von Individuen bezeichnet, die einem bestimmten Haushalt angehört. Die Bezeichnung einer unbestimmt großen Gruppe von Individuen ist auch die Funktion des Plurals von seruulus an vier Stellen und des Plurals von conseruus an drei Stellen. Diese Termini kommen nicht im Femininum Plural vor.

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22

23

Da sie mit Magie, Sex und Perversitäten aller Art verbunden sind, vgl. z.B. met. II, 21: sagae mulieres; II, 22,4: quantas latebras nequissimae mulieres pro libidine sua comminiscuntur; III, 13,4: perfida muliere; V, 19,5: facinerosae mulieres; VII, 15,3: auara equidem nequissima mulier; IX, 5: mulier callida; IX, 22: cunctas facinorosae mulieres artes; IX, 26: procax et temeraria mulier; X, 12: serui nequissimi atque mulieris nequioris patefactis sceleribus usw. Apuleius reproduziert hier nur die unter Griechen (dazu vgl. Watson 1995: 84 ff.) und Römern (vgl. Bauman 1992: 10 ff.) verbreiteten frauenfeindlichen Stereotype. Zur allgemein negativen Konnotation von mulier in der lateinischen Sprache vgl. Gourevitch & Raepsaet-Charlier 2001: 25. Morabito (1981: 131 f.) stellt Ähnliches für die Termini fest, die in den Digesta die Sklavin bezeichnen: serua kommt selten vor, die Sklavin wird genauso wie bei Apuleius durch Termini bezeichnet, die auf Familienverhältnisse hindeuten (contubernalis, uxor, mater, concubina). Auch mulier kommt als Bezeichnung für die Sklavin vor. Morabito bemerkt dazu: „Ces termes sont, come ancilla, fréquemment en relation avec ceux qui désignent l’enfant esclave“ (Morabito 1981: 131). Vgl. met. VIII, 22 und VIII, 31.

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4. Kasus Meist steht seruus im Akkusativ, der siebenmal vorkommt. Danach kommen der Genitiv mit fünf Stellen, der Ablativ und der Nominativ zweimal jeder und der Dativ an einer Stelle. Die syntaktischen Funktionen, die jeder Kasus üblicherweise in der lateinischen Sprache hat, geben schon am Terminus selbst ein Indiz für seinen semantischen Wert. Diesem Indiz soll hier wenn nicht gründlich nachgegangen, so doch in den verschiedenen Kontexten, in denen der Terminus steht, Rechnung getragen werden. Das Vorkommen des Akkusativs seruum z.B. lässt schon u.a. vermuten, dass sich auf dieses Zeichen eine verbale Handlung richtet, von welcher das durch es angezeigte Individuum nicht das Subjekt ist. Selbst als Subjekt eines Infinitivsatzes wird seruum den Bestimmungen eines Hauptsatzes subordiniert. Durch die Untersuchung des umfassenderen Kontextes, in welchem seruum steht, ist dann auszumachen, inwiefern die syntaktische Bestimmung von seruum als Objekt einer Verbalhandlung semantisch nicht einem Zug von Passivität oder wenigstens subordinierter Aktivität entspricht. Die Tatsache, dass seruus und seine Varianten im Text des Apuleius z.B. viel öfter im Akkusativ als im Nominativ stehen, wäre in diesem Sinne signifikativ. Eine Studie zu Martial hat nämlich gezeigt, dass es sich bei diesem Autor so verhält.24 Doch die Haltbarkeit solcher Vermutungen für den Roman des Apuleius kann nur anhand der Analyse der Stellen in den spezifischen Kontexten erwiesen werden, in denen diese Termini vorkommen.

C. Semantik von seruus in den Metamorphosen: Stellenanalyse des Terminus Es wurde schon darauf hingewiesen, dass der Terminus seruus in diesem Kapitel im Satzzusammenhang zu analysieren ist. Die Analyse wird sich auf das Vorkommen von seruus im Text der Metamorphosen beschränken und die Termini seruulus und conseruus nicht in Betracht ziehen. Zunächst muss der Satz selektiert werden, in dem seruus steht. Normalerweise beschränkt sich dieser Ausschnitt auf den Satz, in dem der Terminus vorkommt. Ausnahmen werden an der geeigneten Stelle vermerkt. Es soll dort auch über die kontextuellen Satzverbindungen bzw. -gefüge jeden selektierten Satzes Auskunft gegeben werden, zu denen der zu untersuchende Satz gehört. Auch Daten zur nar24

Über Martial z.B. bemerkt Garrido-Hory 1981: 42: „Lorsque l’esclave agit de son propre chef ou réagit à une situation donné, cette attitude est ressentie come tellement anormale qu’en général elle fait l’objet à elle seule d’une épigramme“.

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Semantische Aspekte der Sklavereitermini

rativen Situation und zum weiteren Kontext der Satzverbindung bzw. des Satzgefüges werden angegeben. Die eigentliche Analyse wird in der Betrachtung der terminologischen Umgebung von seruus im selektierten Satz sowie der semantischen bzw. syntaktischen Beziehungen bestehen, die der Terminus mit anderen Termini im Satz, Satzgefüge oder -verbindung eingeht. Diese Umgebung von seruus wird hier als eine Menge Zeichen gefasst, welche die Signifikation von seruus in der Satzverbindung bzw. dem Satzgefüge umschreibt, selbst wenn diese Termini – oder besser Zeichen, um den Terminus von seiner Bindung an den Referenten zu lösen – sich nicht auf den Terminus seruus beziehen. Termini, die sich auf den Herrn oder auf Rechtsinstanzen beziehen, offenbaren auch insofern semantische Züge von seruus, als sie dieses Zeichen an einer bestimmten Stelle umgeben und somit sein Signifikat kontextuell eingrenzen. In diesem Sinne können sie auch als Zeichen von seruus gelesen werden. So sind alle unten angeführten Kategorien als solche zu verstehen, die die Semantik von seruus mitbestimmen, auch die, welche in Gruppen wie z.B. „Verhältnis zur Herrenfigur“ oder „Verhältnis zum Gesetz“ erscheinen. Die hier zugrunde gelegte Textausgabe ist die von Helm. Wenn für die semantische Analyse nötig, werden einige Textvarianten aus den Ausgaben von Robertson und von Martos in Fußnoten vermerkt. 1. met. VI, 4,5: seruus profugus tunc etiam legibus, quae seruos alienos profugos inuitis dominis uetant suscipi, prohibeor. a) Kontextuelles Der narrative Kontext dieser Stelle ist die Erzählung (fabula) von Psyche. Eine alte Dienerin der Räuber erzählt sie der entführten Charite.25 Der Satz steht in direkter Rede und wird von der Göttin Juno an Psyche ge26 richtet. Psyche wird als fugitiua von Venus gesucht und bittet um Aufnahme bei Juno, die sie ihr aber unter Berufung auf ihr Verwandtschaftsverhältnis zu 27 Venus und auf das Gesetz verweigert, welches die Aufnahme flüchtiger Skla25 26

27

Vgl. met. IV, 27,5-8, vgl. im Anhang Haushalt 7. M. Zur merkwürdigen Kennzeichnung der Psyche als Flüchtige vgl. z.B. Schlam 1992: 83 und Konstan 1994: 137, der mit der Hypothese einer Vermengung zweier verschiedener Geschichten in der Komposition der Erzählung arbeitet. Dazu noch Frangoulidis 1997: 163. Juno ist die Mutter Plutos, des Gatten der Venus, die also die Schwiegertochter der Juno ist (met. VI, 4,5: Veneris, nurus meae).

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ven verbietet. Es ist bekannt, dass die lex Fabia u.a. Geldstrafen für die Auf28 nahme flüchtiger Sklaven vorsah und dass das Problem der Sklavenflucht hauptsächlich in den Provinzen gravierend war, was zur Verschärfung der 29 staatlichen wie privat- und strafrechtlichen Gegenmaßnahmen führte. Apuleius spielt also mit einer aus römischen Rechtsbestimmungen bekannten Tatsache, indem er sie in einen mythologischen Rahmen fügt. b) Zeichen von seruus Seruus wird im Satzgefüge adjektivisch durch zwei Zeichen charakterisiert, a) 30 als einem Herrn gehörend (alienos) und b) als flüchtig (profugos ), dessen Deliktdenotation das Verständnis von seruus in Bezug auf das Gesetz unter das Zeichen eines Deliktes stellt. Nach den Digesta z.B. begeht der Sklave als 31 Eigentum seines Herrn bei der Flucht Diebstahl an sich selbst. Die Verben des Satzgefüges weisen auf drei Handlungsinstanzen, nach denen seruus hier verstanden werden kann: 1. Aufnahme, Schutz (suscipi), 2. Ungehorsam (inuitis) und 3. Verbot (uetant, prohibeor). Die Handlungssubjekte grenzen ihrerseits das Netz der Verhältnisse ein, in denen seruus an dieser Stelle steht: 1. Verhältnis zu einer schützenden / göttlichen Figur bei Aufnahme / Schutz ([ego]), 2. Verhältnis zur Figur des Herrn (dominis) beim Ungehorsam, 3. Verhältnis zum Gesetz (legibus) beim Verbot. Dass die unter 1. in Frage kommende Schutzfigur göttlich ist, nämlich Juno, wie oben zu den Kontextdaten schon gesagt wurde, weiß man aus dem umfassenderen Kontext. Juno kommt im ganzen Satzgefüge elliptisch unter prohibeor (1. Pers. Sing.) vor, da sie den ganzen Satz in direkter Rede ausspricht. Zu suscipi steht seruuos hier als Subjekt eines Akkusativs mit Infinitiv. Das Verb steht aber im Passiv, was aus seruuos logisch das Objekt der aktiven Verbalhandlung von susci28 29 30

31

Zimmerman et al. 2004: 393, vgl. z.B. Dig. 11,4,1, Ulpian Coll. mos. 14,3,5. Vgl. Bellen 1971: 118-122 zu fugitiuus und entsprechenden Rechtsfolgen im 2. Jh. n. Chr. Helm wie die meisten Herausgeber folgen F und schreiben perfugas. Hier ist jedoch wohl Robertson zu folgen, der mit φ profugos liest. Perfuga kommt fast ausschließlich in militärischen Kontexten vor und zeigt den an, der ad hostes perfugiat (vgl. Zimmerman et al. 2004: 394 mit Verweis auf Oudendorp [1786]). Profugus ist allgemeiner Terminus für den Flüchtigen, auch den flüchtigen Sklaven. Nach Norden (1912: 61 Anm. 2) ist profugus der römisch-rechtliche terminus technicus für den flüchtigen Sklaven. Das passt zu dem Hinweis auf das gesetzliche Verbot, flüchtige Sklaven aufzunehmen. ThLL s.v. perfuga 1412,74 f. diskutiert diese Stelle des Apuleius und zieht es ebenfalls vor, profugos zu lesen (vgl. auch ThLL s.v. profugus 1737,36 f.). Vgl. Buckland 1908: 31 mit Verweis auf Dig. 47,2,61. Zur Deliktdenotation von fugitiuus, das den Sklaven als „agent de fait juridique“ bezeichnet, und sein Vorkommen in den Digesta vgl. Morabito 1981: 134.

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pere macht. Was den dritten Punkt, das Verhältnis zum Gesetz, angeht, so ist 32 das in der Forschung bereits Bemerkte einschlägig, dass in der Erzählung von Psyche nur in den Szenen, in denen olympische Gottheiten „on stage“ sind, auf Gesetze Bezug genommen wird, dann aber oft. Das Verhältnis von seruus als Flüchtigem (profugos) zur schützenden Figur (hier einer Gottheit) ist positiv markiert (suscipi), die Verhältnisse zur Herrenfigur und zum Gesetz jedoch negativ markiert (inuitis, uetant, prohibeor). Schematisch lassen sich die semantischen Beziehungen von seruus in diesem Satzgefüge folgendermaßen darstellen: seruus profugus Charakterisierung

flüchtig (Täter)

Verhältnis zur Gottheit ([ego] = Juno) Aufnahme / Schutz

zum Herrn (dominis) Zugehörigkeit

zum Gesetz (legibus) Verbot (Delikt)

Ungehorsam

2. met. VII, 2,2: seruus index plane seruum eius ibidem in hospitio repertum scelerum consiliorum que erilium futurum indicem, per magistratus in publicam custodiam receptum et altera die tormentis uexatum pluribus ac paene ad ultimam mortem excarnificatum, nil quicquam rerum talium esse confessum, missos tamen in patriam Luci illius multos numero, qui reum poenas daturum sceleris inquirerent. a) Kontextuelles Dieses Satzgefüge ist Teil der Berichterstattung eines Räubers33 an seine Kumpane. Er war in Hypata zurückgeblieben, um die allgemeine Lage nach dem Raubüberfall zu beobachten, den er mit seinen Kumpanen auf das Haus des Milo verübt hatte. Seinem Bericht zufolge war in Hypata der Verdacht auf Lucius gefallen, da er just in der Nacht des Überfalls verschwunden war. Aufgrund 32

33

Zimmerman et al. 2004: 394, vgl. dazu u.a. met. V, 29,5-6; VI, 7,3-5; VI, 9,5-6. Den parodistischen Zug hätten die Metamorphosen mit der menippeischen und römischen Satire gemein, in denen solcherart Szenen in Fülle vorkommen. Vgl. met. VII, 1,1: quidam de numero latronum.

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eines gesetzlich erlassenen Befehls wurde der Sklave des Lucius festgenommen und „fast bis zum Tod“ gefoltert, um Anhaltspunkte über den Verbleib seines Herrn zu liefern. Der Leser aber weiß, dass Lucius, welcher Gast bei Milo war, deswegen verschwunden war, weil er in der Nacht des Überfalls in einen Esel verwandelt und von den Räubern als Raubgut zusammen mit anderen Reittieren entführt worden war. b) Zeichen von seruus Im ersten Teil des Satzgefüges steht seruus in Verhältnis zu einer Herrenfigur. Dieses Verhältnis wird zweifach markiert, durch das Personalpronomen im Genitiv eius, welches seruus als dem Herrn Gehörendes anzeigt, und durch das Substantiv erilium, welches den Herrn bezeichnet. Der Terminus erus bezieht sich eher als dominus auf das Verhältnis des Herrn spezifisch zum Sklaven und nicht allgemein auf die ihm gehörenden Gütern, wie es tendenziell durch dominus geschieht. Er weist also auf eine größere Nähe bzw. Komplizenschaft zwischen beiden hin34. Wenn die Sklaven z.B. in der Komödie von 35 „ihrem“ Herrn reden, gebrauchen sie erus dazu , weshalb auch dieser Termi36 nus wie oben normalerweise ohne Possessivpronomen gebraucht wird . Dass der kriminelle Herr durch erus und nicht durch (das angesehenere) dominus angezeigt wird, erweist die rhetorische Strategie des Erzählers, den Herrn seinem seruus anzunähern und ihn somit gleichsam zu erniedrigen. Im Verhältnis zu dem Herrn wird seruus also in den Sphären der a) Zugehörigkeit zum Herrn (eius) und b) Nähe zum Herrn (erilium) signalisiert. Die Motivierung der Nähe / Komplizenschaft zwischen dem seruus und seinem erus wird durch die auf den Genitiv erilium sich beziehenden Termini scelerum und consiliorum angezeigt. Kriminalität bzw. Übertretung – wohlgemerkt von Seiten des Herrn (scelerum consiliorumque erilium) – stellen seruus auch im zweiten Teil des Satzgefüges in eine andere Verhältnissphäre, nämlich das Verhältnis zum Gesetz. Dabei wird er vor die legale Behörde (magistratus) als potenzieller Zeuge 34

35 36

Zur semantischen Entwicklung von erus in der lateinischen Sprache im Gegensatz zu dominus vgl. Capogrossi Colognesi 1979. Plautus und in geringerem Umfang auch Terenz gebrauchen eher erus zur Bezeichnung des Herrn (id.: 171 f.), und erus markiert in der Komödie die persönliche Beziehung bzw. die Nähe des Sklaven zum Herrn (id.: 173 und 175). Der harte semantische Kern von erus sei „l’imagine del padrone vista nella prospettiva del suo sottoposto, di colui che serve“ (id.: 173). Capogrossi Colognesi 1979: 175. Capogrossi Colognesi 1979: 188.

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(indicem, [nil...] confessum) der Verbrechen seines Herrn zitiert (repertum), nach welchem schon als Angeklagter (reum) gefahndet wird. Index zeigt hier den Sklaven als jemanden an, welcher das Verbrechen und die Pläne (scelerum consiliorumque) seines Herrn verraten kann. Nach Schumacher zeigt diese Ableitung von der Verbalform indicare „den Denunzianten aus 38 unteren sozialen Schichten, vornehmlich den Unfreien“ an, aber in dieser Bedeutung zuweilen in demoralisierender Akzentuierung auch Mitglieder der Oberschicht. Summers bemerkt in seinem Kommentar zu dieser Stelle der Metamorphosen, dass es einem Sklaven in der Regel verwehrt war, gegen 39 seinen Herrn vor Gericht auszusagen. Nur in bestimmten Ausnahmefällen wurden die Anzeigen und Aussagen von Unfreien in dominos akzeptiert. Doch indem Lucius seinen Sklaven im Hause seines Gastgebers Milo (was im obigen Satzgefüge durch das Syntagma in hospitio angezeigt wird) verlassen hatte (oder wegen seiner Verwandlung in einen Esel gezwungen war, ihn zu verlassen), hätte er seine Besitzrechte an den Sklaven eingebüsst. In einem solchen Fall hätte der Magistrat den Verkauf des Sklaven anordnen können, damit er – 40 unter Folter – als Zeuge gegen seinen dann Ex-Herrn Lucius aussagen könnte. Ein Hinweis auf einen solchen Verkauf fehlt aber im Text. Die Folge von passiven Partizipien im Satzgefüge (repertum, receptum, uexatum, excarnificatum) stellt Zeichen vor, welche zugleich – weil ja ein Partizip verbaler und adjektivischer Natur in einem ist – Rechtshandlungen in Bezug auf den seruus und den (passiven) Zustand des seruus gegenüber diesen Handlungen markieren. Diese funktionale Passivität des seruus in diesem Satzgefüge scheint der konkreten Lage des seruus index bei einem Gerichtsverfahren zu entsprechen. Dem Sklaven kam nur das Recht bzw. die Pflicht zur 37 38

39 40

Vgl. dazu Hijmans et al. 1981: 89. Schumacher 1982: 9, zum folgenden vgl. 20 f. Zu der rechtlichen Nutzung des seruus als index zum Wohle und zum Schutz der Allgemeinheit (res publica) gegen seinen eigenen dominus und den dazu geschaffenen rechtlichen Voraussetzungen ist hier auf die detaillierte Studie von Schumacher 1982 speziell hinzuweisen. Summers 1967: 245-248. Zur Aussage von Sklaven unter Folter vgl. Schumacher 1982: 113 f. Ein Sklave konnte in Prinzip weder verhört noch gefoltert werden, um gegen seinen Herrn auszusagen. Es gab aber vornehmlich im Namen der utilitas publica Ausnahmen. Schumacher weist auf Cassius Dio 55,5,4 über die Gesetzinitiative von Augustus hin, um den Zugriff auf dieses Beweismittel zu ermöglichen: „Um das Verbot der Folterung von Sklaven gegen ihren Herrn zu umgehen, sei beschlossen worden, daß, wenn immer es nötig sei, auf dieses Beweismittel zurückzugreifen, der Sklave entweder an den Staat oder ihn selbst verkauft werden solle. Somit stehe er nicht länger in der potestas des Angeklagten und könne dem peinlichen Verhör unterworfen werden“ (Schumacher 1982: 113). Zur Folterung von Sklaven durch staatliche Organe nach den Digesta vgl. Morabito 1981: 234 ff.

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41

Anzeige zu. Sklaven und andere Mitglieder der Unterschichten – eben diejenigen, die proprie als indices bezeichnet wurden – hatten weder die Mittel noch das Recht, eine Klage zu führen. Die Metamorphosen bringen ein weiteres Beispiel eines seruus als Anzeiger in einem Strafprozess, und dort wird der seruus ebenfalls durch Zeichen der Passivität bzw. Unterwerfung markiert (vgl. unten Satz 9). Was nun die Modalität der partizipial angezeigten Handlungen betrifft, so werden sie jeweils durch Syntagmen adverbialer Funktion (in publicam custodiam, tormentis pluribus, paene ad ultimam mortem) spezifiziert. Aus der Zusammenfügung all dieser Zeichen lässt sich der seruus in der gerichtlichen Sphäre zeichnen: Als Zeuge (indicem, confessum) ist der seruus Gegenstand / Opfer der Haft (in publicam custodiam, repertum, receptum), der Folter (tormentis pluribus, uexatum,) und des Todes ([paene] ad ultimam mortem, excarnificatum). seruus index Verhältnis zum Herrn (erilium) Zugehörigkeit Nähe (Mitwisserschaft) Verbrechen/Übertretung (des Herrn)

Verhältnis zum Gesetz (magistratus) Zeuge Haft Folter Tod

3. met. VIII, 53: seruus humilis Qui stupore confusi uel etiam cassa formidine similes humilitati seruorum istorum uel in modum pauoris feminei deiecti tam opimam praedam mediis manibus amittimus? a) Kontextuelles Narrativer Kontext dieses Satzgefüges ist die Erzählung eines der Hausdiener Charites (met. VIII, 1: unus ex famulis Charites) über das Unglück, welches das Herrenhaus befallen und zum Tod von Tlepolemus, dem Gatten der Charite, und zum Freitod der letzteren geführt hatte. Die Geschichte wird einer Gruppe Landsklaven der Familie erzählt (met. VIII, 1: inter conseruorum frequentiam [...] Equisones, opiliones, etiam busequae). Das obige Satzgefüge gehört zu einer direkten Rede des Trasyllus, eines jungen Mannes vor41

Schumacher 1982: 21.

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Semantische Aspekte der Sklavereitermini 42

nehmer Herkunft, doch böswilligen Charakters , an Tlepolemus. Trasyllus möchte nämlich Charite heiraten und stellt Tlepolemus eine tödliche Falle. Bei einer Jagd begegnen beide einem großen Wildschwein. Die sie begleitenden Sklaven (darunter auch der famulus, welcher die Geschichte erzählt) fliehen entsetzt, und Trasyllus, mit der Absicht, Tlepolemus in den Tod zu hetzen, fordert ihn auf, sich nicht wie Sklaven und Weiber von der Furcht lähmen zu lassen und zusammen mit ihm das Wild anzugreifen, um es zu erlegen. b) Zeichen von seruus Das Zeichen, das in diesem Satzgefüge unmittelbar mit seruus verbunden ist, ist das der Niedrigkeit (humilitati). Es wird durch den Genitiv Plural seruorum qualifiziert. Das Zeichen humilitati seruorum kann hier vordergründig als auf die Niedrigkeit (namentlich des Standes43) bezogen verstanden werden, die für ein demütiges Wesen wie den seruus typisch ist. In diesem Satzgefüge wird diese servile Niedrigkeit in Lähmung / Unentschlossenheit (stupore, confusi) und Furcht (cassa formidine) praktisch ausgedrückt. Beide Verhaltenszeichen von seruus erlauben es, in dem Satzgefüge selbst eine Parallele zu den Frauen (femineis) zu ziehen, die ebenfalls durch dieselben Zeichen der Niedrigkeit wie der seruus, durch Lähmung (deiecti) und Entsetzen (pauoris) markiert sind. Es wäre für die Forschung wohl interessant, die semantischen Folgen dieser Assoziation auch für femina zu verfolgen, denn logisch lassen sich in diesem Satzgefüge Servilität bzw. Mangel an Herrschaftlichkeit auch als Zeichen von Frau konstatieren. Hier wird nur der Fall von seruus behandelt. Die Assoziation seruus = femina verweist hier in absentia auf eine seruus definierende Grundopposition. Als der femina ähnlich ist seruus dem uir unähnlich. Diese Opposition seruus / [uir] ergibt sich insofern, als seruus wie femina die Mannestugenden abgehen44, ein semantischer Aspekt, der auch zu 45 humilitas gehört. Negativ genommen führen also die seruus / femina bestimmenden Zeichen durch Opposition auf Zeichen der Virilität: 42 43 44

45

Vgl. met. VIII, 2,1. Vgl. ThLL s.v. humilitas 3115, 45 (i. q. condicio (status) humilis) und 3115,80 ff. M. Lévêque sagt in einer Diskussionsrunde (Capogrossi Colognesi 1979: 195), dass Ciceros Texte uir als „symbole des valeurs positives“ bringen und das Wort auf Sklaven und Freigelassene nur in dem Fall anwenden, in dem sie zu den boni uiri gezählt werden. Vgl. die Unterscheidung von femininus und masculinus animus im anonymen Traktat (4. Jh. n. Chr.) De Physiognomia Liber (§4): timidus und sollers ist der femininus animus, der masculinus animus dagegen uehemens, ad impetum facilis [...], uincendi per uirtutem studiosus. Vgl. ThLL s.v. humilitas 3117, 70: de defectu uirium fere i. q. infirmitas, imbecillitas. Zum dazugehörenden Aspekt der Untätigkeit oder Unentschlossenheit vgl. ibid. 3118, 8 ff. (i. q.

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Furcht (Feigheit) ≠ Furchtlosigkeit (Tapferkeit) Lähmung ≠ Lähmungslosigkeit (Handlungsfähigkeit) Die Unmännlichkeit (femineis) lässt sich also in diesem Satzgefüge als ein Zeichen von seruus lesen. Eben weil Entsetzen und Mangel an Tatkraft der Sklaven oder der Frauen Zeichen sind, die sich den Männlichkeitszeichen entgegensetzen, hat die Aufforderung des Trasyllus (des Sprechers) an Tlepolemus (den Aussageempfänger) im Satzgefüge einen provokativen Wert. Denn seruus wie femina werden beiden jungen Männern als Gegenmodelle vorgestellt, beide sollen nicht Sklaven und Frauen ähnlich (similes) und also nicht wie Sklaven und Frauen furchtsam und handlungsunfähig sein und dadurch zulassen, dass ihnen das Wild entgleitet (tam opimam praedam amittimus). Über den engeren Kontext dieses Satzgefüges hinaus weiß man, dass die in der Szene auftretenden Sklaven zur familia der Charite und des Tlepolemus gehören. Der in Frage kommende uir ist also auch ein dominus, weshalb sich die Zeichen von uir hier auch unter dominus einordnen ließen. Doch hier will nicht über das Material hinausgegangen werden, welches das vorliegende Satzgefüge an die Hand gibt. Es gibt in ihm keinen Terminus, der positiv auf das Vorkommen eines Herrn hindeutet, weder durch Bezeichnung (dominus, erus) noch durch den Gebrauch des Genitivus possessivus oder von Possessivpronomina. Doch dass die in Frage kommenden serui von dem Sprecher „distanziert“ oder zu ihm in Opposition gebracht werden, lässt sich sprachlich durch das Vorkommen des Demonstrativpronomens istorum in dem im Satz selber stehenden Ausdruck humilitati seruorum istorum (d.h. die humilitas solcher Sklaven) verifizieren. Man bemerke hier nicht nur den Distanzierungseffekt, den das Demonstrativpronomen zweiter Person zwischen dem gemeinten Objekt und dem Sprecher einführt, sondern auch den oft pejorativen Wert, den dieses Pronomen im klassischen Latein dem Gegenstand verleiht, auf den es sich bezieht.46 Zur allgemein abwertenden Funktion von iste bei Apuleius hat Callebat bemerkt, dass in den Metamorphosen der Gebrauch von iste dem von hic gerade in Dialogzusammenhängen vorgezogen wird, denn in ihnen 47 erlaubt iste u.a. „evoquer un geste en attirant l’attention de l’interlocuteur“ ,

46 47

confusio, perturbatio), wo eben die vorliegende Stelle der Metamorphosen als Beispiel angeführt wird. Dazu vgl. z.B. Lindsay 1894: 136. Callebat 1998: 133. Callebat weist weiter darauf hin, dass der privilegierte Gebrauch von iste als deiktische Einheit in direkter Rede mit der Funktion, die Aufmerksamkeit wie in den Metamorphosen auf eine Person oder einen Gegenstand zu lenken, ein typischer Zug des spätlateinischen Deixissystems ist, was aus den lateinischen Übersetzungen der Bibel zu belegen ist (vgl. Callebat 1998: 108 f.).

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was auch der Fall an dieser Stelle ist. Das istorum distanziert von dem Satzsubjekt [nos] (d.h. den im Verb amittimus elidierten Trasyllus und Tlepolemus) nur die Sklaven, genauer deren humilitas. Und fallen die Zeichen von seruus hier unter die humilitas, so könnten die seruus entgegengesetzten Zeichen 48 negativ unter einen eventuellen Gegenbegriff wie z.B. [nobilitas] fallen. Folgendes Schema kann die hier erzielten Resultate zusammenfassen. seruus humilis Verhältnis zum Herrn (durch Opposition) [nos] Kennzeichnung des seruus Kennzeichnung des Herrn Männlichkeit Unmännlichkeit (seruus = femina) (≠ nicht-seruus = [uir]) Niedrigkeit (humilitas)

≠ Fehlende Niedrigkeit [nobilitas]

Furcht

≠ Furchtlosigkeit [Tapferkeit]

Untätigkeit

≠ Fehlende Untätigkeit [Handlungsfähigkeit]

4. met. VIII, 22,2: seruus uillicus Seruus quidam, cui cuncta familiae tutelam dominus permiserat suus quique possessionem maximam illam, in quam deuerteramus, uillicabat, habens ex eodem famulitio conseruam coniugam, liberae cuiusdam extrariae mulieris flagrabat cupidine. a) Kontextuelles Die Episode, an dessen Anfang dieses Satzgefüge steht, wird von Lucius, dem Ich-Erzähler des Romanes erzählt. Die Aussage ist an die Leser des Werkes gerichtet. Die Episode handelt von einem Unglück in einem bestimmten ländlichen Ort, an dem die flüchtigen Sklaven aus dem Landgut der Charité, die den Esel Lucius mit sich führen, zum Ausruhen Halt machen.49 Der dortige uillicus (seruus [...] quid uillicabat) begeht „Ehebruch“ mit einer Freien aus einem anderen Haus (liberae extrariae mulieris). Seine Lebensgefährtin, eine Sklavin (conseruam coniugam), mit der er ein Kind hat, legt aus Eifer48 49

Zu humilitas sowie ignobilitas als Gegenbegriff zu nobilitas vgl. ThLL s.v. humilitas 3115,80 ff. met. VIII, 22,1: celerime denique longo itinere confecto pagum quendam accedimus ibi que totam perquiescimus noctem. inibi coeptum facinus oppido memorabile narrare cupio.

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sucht Feuer an die Rechnungsbücher des Gatten und an die gelagerten Lebensmittel, und stürzt sich anschließend mit ihrem Kinde in einen Brunnen in den Tod. Als Folge davon bestraft der Herr seinen Sklaven willkürlich mit einem schrecklichen Tod. b) Zeichen von seruus Dieses Vorkommen von seruus ist eigenartig. Nur zweimal kommt der Terminus in den Metamorphosen im Nominativ vor. An einer anderen Stelle steht er in einem passiven Satz,50 doch hier werden Verben im Aktiv (uillicabat, flagrabat, habens) mit seruus verbunden. Es ist also die einzige Stelle im ganzen Roman des Apuleius, an welcher seruus grammatikalisch eigentlich als Subjekt der Handlung vorkommt. Es ist also angebracht, die Analyse hier mit der genaueren Betrachtung von seruus als Agens zu beginnen. Die Qualität der Handlung des seruus wird natürlich durch die Verben kundgetan. Der Nominativ seruus verbindet sich als Subjekt zunächst mit dem Verb flagrabat (cupidine). Demselben seruus kommt ein adjektivischer Partizipialsatz (habens) zu, und über das Relativpronomen quique (ebenfalls im Nominativ) ist seruus auch noch Subjekt von uillicabat. Semantisch steht demnach das Zeichen seruus aktiv als Handlungssubjekt im gesamten Roman des Apuleius unter den drei Kategorien Begierde (flagrabat), Besitz (habens) und Arbeit (uillicabat). Die Ausführung jeder dieser Handlungen geschieht in den jeweils spezifischen Sphären des Verhältnisses von seruus zu anderen Individuen. Bei der Ausführung der Arbeit befindet sich seruus in der Sphäre des Verhältnisses zum Herrn (dominus), als habens in der Sphäre des Verhältnisses zu einer Mitsklavin (conseruam) und bei der Befriedigung der Sexualbegierde in einem Verhältnis zu einer freien Frau (liberae mulieris). Die Handlung aus Sexualbegierde (flagrabat cupidine) ist die einzige, welche im Satzgefüge direkt mit dem Nominativ seruus verknüpft ist, die beiden anderen werden durch Relativpronomina vermittelt. Es ist bedeutsam, dass just sie eine Delikthandlung ist. Unter den drei oben genannten Handlungen ist sie die einzige, für welche der seruus ganz verantwortlich ist. Sie ist die einzige, welche seruus außerhalb der Machtsphäre seines Herrn vollbringt, denn sie geht auf ein außerhalb der Macht seines Herrn stehendes Wesen, d.h. auf eine „freie Frau aus einem anderen Haus“ (liberae cuiusdam extrariaeque mulieris). Schon uillicabat und habens stellen Handlungen vor, welche sich syntaktisch auf Gegenstände im Herrenbereich beziehen (possessionem bzw. 50

Vgl. met. X, 13: seruus uero patibulo suffigitur. Zu dieser Stelle vgl. weiter unten Satz 13.

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conseruam coniugam). Anders als flagrabat weisen beide Verben insofern auf moralisch neutrale Handlungen bzw. Zustände hin, als sie nicht Ursache eines Deliktes sind. Als deliktfreies Subjekt (uillicabat, habens) steht / handelt also seruus innerhalb des Herrenmachtbereiches (possessionem maximam, conseruam coniugam ex eodem famulitio). Sobald er außerhalb desselben zu handeln wagt (cuiusdam extrariaeque mulieris), begeht er sofort ein Delikt (flagrabat), d.h. eine außerhalb der Legalität liegende Handlung. Der Kontrast zwischen der Legalität der innerhalb des Herrenmachtbereiches vollbrachten Handlungen des seruus und der Illegalität der außerhalb davon vollbrachten Handlung wird im Satzgefüge insbesondere durch die Termini angezeigt, welche die beiden Frauen kennzeichnen, zu denen sich seruus in jeder dieser Sphären verhält, und zwar 1. sub domino mit der Sklavin (conserua), die seine „Gattin“ (coniugam) ist, dem Machtbereich desselben Herrn angehört wie seruus (ex eodem famulitio) und also der Gegenstand einer nicht ein Delikt darstellenden Handlung bzw. deliktfreien Verfassung des seruus ist (habens), und 2. extra domino mit der Freien (liberae), seiner Liebhaberin (mulier), die einem anderen Machtbereich (cuiusdam), einem fremden Haus (extrariae) „angehört“51 und also der Gegenstand einer Delikthandlung des seruus (flagrabat) ist. Dass die gesetzlich vollgültige Ehe (matrimonium iustum) Sklaven nicht erlaubt war, hält den Erzähler nicht davon ab, in diesem Satzgefüge coniuga und Sklavin (conserua) unmittelbar zu verknüpfen, denn im unmittelbar darauf folgenden Satz werden der seruus und seine Gefährtin uxor und mari52 tus genannt. Trotz der terminologischen Ungenauigkeit in juristischer Hinsicht war die Anwendung der Titel maritus und uxor bzw. coniunx auf Skla53 ven aus demselben Haus, die ein Ehepaar bildeten, nicht ungewöhnlich. Diese Termini insbesondere coniunx, kamen in Grabinschriften für Sklaven häu54 fig vor. Morabito verweist auf den Gebrauch von uxor zur Bezeichnung einer 55 Sklavin in den Digesta sowie in Inschriften und bemerkt dazu, dass dieser 51 52 53

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55

Zu extrarius hier im Sinne von „strange“, „not belonging to the family“, vgl. Hijmans et al. 1985: 188. met. VIII, 22,3: quo dolore paelicatus uxor eius instricta cunctas mariti rationes. „Die Ehe des Sklaven, das contubernium, wird zwar von der Sitte, nicht aber vom Recht beachtet“ (Kaser 1971: 284, vgl. auch 315). Vgl. Hijmans et al. 1985: 188 mit Verweis auf Tert. Ux. 2,8,1; Cato de agr. 143 und Paulus sent. 3,6,38. Vgl. Schumacher 2001: 243 f. Trotz des maritus bei Ovid Trist. 2.457 zur Bezeichnung eines Beischläfers bemerkt Maltby 2002: 44 Anm. 28 dazu: „Maritus can be used loosely of the male partner in any type of liaison“. Belege von maritus als Sklavenbezeichnung in Inschriften bei Morabito 1981: 132 Anm. 33. Vgl. Morabito 1981: 194 Anm. 33 und 34 für Belege.

Semantik von seruus in den Metamorphosen: Stellenanalyse des Terminus

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Gebrauch des Terminus mit einer gewissen Anerkennung von Sklavenfamilienbanden übereinstimmt und dass trotz der juristischen Nichtanerkennung serviler Ehen die Juristen die Gültigkeit dieser sich auf das Matrimonium beziehenden Termini zur Bezeichnung solcher Ehen zulassen. Dieselben Termini begegnen auch in den Metamorphosen, um die Banden der Ehe zwischen zwei Sklaven aus demselben Haus zu unterstreichen. Die Gefährtin eines seruus cocus kommt ihm in einer schwierigen Lage zu Hilfe: 56 nec tamen latuit fidam uxorem eius casus extremus maritus . Es ist bemerkenswert, dass sowohl in der Episode des uillicus wie in der des cocus das Sklavenehepaar ein kleines Kind hat, welches immer durch Koseworte (Substantive im Diminutiv) und durch Zugehörigkeit bzw. Filiation markierende Termini (z.B. Possessivpronomen, Ausdruck im Ablativus originis) genannt wird, was in beiden Fällen die Stimmung einer Nuklearfamilie zu kreieren 57 hilft. Der Sprachgebrauch, welcher an der hier analysierten Stelle zu beobachten ist, stellt also keine Unstimmigkeit, sondern eine bewusst rhetorische Strategie des Erzählers dar. Sie hat eben die Funktion, das Verhältnis sub domino beider Sklaven unter eine „Legalität“ zu stellen, welche durch Kontrast die „Illegalität“ des ehebrecherischen Verhältnisses des seruus mit einer frei58 en Frau aus einem fremden Haus hervorkehrt. Bezeichnenderweise wird sie 59 nur mulier genannt, ein Terminus, der wie oben schon gesagt bei Apuleius und dazu auch noch bei anderen Autoren pejorative Konnotationen mit sich 60 führt. Zur besseren Beurteilung der rhetorischen Kraft dieser Strategie ist es wohl hier angebracht, über das Satzgefüge hinauszugehen und die gesamte Episode, deren Teil es ist, in die Betrachtung kurz einzubeziehen. Die Charakterisierung

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met. VIII, 31,3. Vgl. z.B. met. VIII, 22,4: infantulum [...] de eodem marito; paruulum; VIII, 31,2: filio paruulo suo. D.h. die mit einem anderen Herrn als dem des seruus verheiratet ist. Wegen der sozialen Stellung und des Ehestandes der Frau wäre das Delikt des Sklaven juristisch vermutlich adulterium oder stuprum, wie es in der lex Iulia de adulteriis coercendis vorgesehen war (dazu vgl. Summers 1967: 276 f. mit Verweis auf Gaius I, 84). Zum Kontrast zwischen conseruuam coniugam und liberae mulieris vgl. Hijmans et al. 1985: 188, ad loc. LTL bestimmt den Terminus neutral (vgl. s.v. mulier I. Proprie: significat universim feminam omnis aetatis et conditionis), doch ein Blick in das Stichwort mulier bei LRC Bd. 3: 205-208 genügt, um des tendenziell pejorativen Wertes des Terminus gewahr zu werden. Bei Cicero wird mulier oft negativ qualifiziert (z.B. nefaria: Cluent. 185; imperita: Caecin. 13; crudelis atque importuna mulier: Cluent. 177) oder mit Delikten (u.a. Cael. 60, Cluent. 176, Milo 82, Cael. 33), Sexualbegierde (u.a. Cael. 49; Scaur. c.4 §5) usw. assoziiert.

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Semantische Aspekte der Sklavereitermini

der Lebensgemeinschaft beider Sklaven als einer Ehe gibt der ganzen Episode eine dramatische Note und dient einer zweifachen Rechtfertigung. Zuerst macht sie die immense dolor der Sklavin (coniuga bzw. uxor) verständlich, als sie sich von ihrem Partner (maritus) betrogen sieht, denn um leidenswürdig zu sein scheint es nicht zu genügen, dass sie nur eine Sklavin contubernalis ist. Ausgang ist ihr Selbstmord, wobei sie auch ihr Kind mit in den Tod zieht und auch andere, dem Herrn einen „Schaden“ zufügende Handlungen verübt. Zweitens macht diese Strategie auch den Zorn des Herrn und die grausame Todesart verständlich, welche er den Sklaven erleiden lässt. Der seruus wird nämlich mit Honig bestrichen und nackt an einen Feigenbaum voller Ameisen gebunden, die ihn langsam bis auf die Knochen entfleischen. Das klar Rhetorische an der Ungeheuerlichkeit dieser raffinierten Bestrafung wurde auch in der Forschung schon beleuchtet.61 Es ist auch bezeichnend, dass der seruus am Ende der Episode durch die abwertende Diminutivform seruulus bezeich62 net wird. Maßlose Strafen wie diese dürften nicht als gerecht angesehen worden sein, nimmt man die Existenz von Gesetzen in Betracht, welche den Herrn Zurück63 haltung in der Zufügung willkürlicher Grausamkeiten an Sklaven auferlegten. Die durch Hadrian reformierten Gesetze verboten nämlich den Herren die Tötung ihrer Sklaven und sahen die Verbannung als Strafe für den vor, welcher 64 seine Sklaven grausam behandelte. Die oben erwähnte narrative Strategie des Erzählers der Episode charakterisiert aber den Ehebruch, den der seruus begangen hat, als eine so extreme Untreue (gegenüber seiner Mitsklavin coniuga und demnach seinem dominus), dass die Strafe, die der Herr dem seruus auferlegt, sich dem Leser tendenziell eher als eine gerechte, „die kriminelle

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Norden 1912: 75. Unbeschadet dessen meint Norden aufgrund zahlreicher anderer überlieferter Beispiele der Art, „daß Apuleius hier ein wirkliches Geschehnis im Sinne gehabt haben mag“ (S.76). Dieselbe schauderhafte Todesstrafe wird seltsamerweise Jahrhunderte später im Roman von André Schwartz La Mulâtresse Solitude (1972) durch Kolonisten der Antillen an ihren schwarzen Sklaven vollzogen (vgl. Martin & Gaillard 1990: 82), und auch in Henri Charrières Roman Papillon (1970) wird ein brutaler Wächter einer Strafkolonie in Französisch-Guayana gefesselt, an verschiedenen Körperstellen verwundet und sodann fleischfressenden Ameisen vorgeworfen (vgl. Santini 1986: 130). met. VIII, 22,5. Zu diesem Diminutiv bei Apuleius als Synonym für „vil esclave“ vgl. Callebat 1968: 508. Dazu vgl. Vallette ad loc. (met. R & V Bd. III: 52 Anm. 1). Vgl. Pringsheim 1934: 143. Dazu bemerkt Summers 1967: 277: „As for the horrible punishment of the slave, it is merely evidence of the degree of control and discretion vested in Roman masters“. Zum Problem des durch den eigenen Herrn verursachten Tod des Sklaven vgl. Mommsen 1899: 616 f.

Semantik von seruus in den Metamorphosen: Stellenanalyse des Terminus

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Ausschweifung“ des Sklaven nach demselben Maß bestrafende Handlungswei65 se darstellt. Die beiden Möglichkeiten, den Text an dieser Stelle zu fixieren, gehen in rhetorischer Hinsicht darin zusammen, das Delikt des Sklaven bunter auszumalen und somit die radikale Bestrafung des Sklaven durch den Herrn zu rechtfertigen. Blánquez Pérez hat denn auch diese Stelle in strafrechtlicher Perspektive mit Bezug auf Hadrians Gesetze kommentiert und dabei den Tod dieses seruus als Mord hingestellt, doch dabei hinzugefügt, dass der Herr aufgrund der schwerwiegenden Konsequenzen des durch den Sklaven begangenen Ehebruches kaum strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden könnte.66 Dass die Strafe, welche der Herr hier über den Sklaven verhängt, in der Szene als ein sozusagen Gerechtigkeit besitzender Akt präsentiert wird, ist ein Beleg dafür, dass der hier gebrauchte Ausdruck causam praestare ein 67 juristischer terminus technicus ist. Nun zurück zum hier in Betracht stehenden Satzgefüge. Es ist hier festzuhalten, dass conserua und libera zwar in klarer semantischer Opposition stehen, dass aber die semantischen Achsen, auf welchen diese Opposition liegt, gleichfalls die Semantik von seruus einbeziehen. Denn es ist als Partnerinnen des seruus, dass conserua und libera in dem Satzgefüge in ein oppositionelles Verhältnis, d.h. in dasselbe semantische „Feld“ treten. Conserua und libera sind vor allem Zeichen, die in Bezug auf die Ausübung einer sexuellen Funktion auf seruus weisen. Diese Funktion nimmt je nach der involvierten Partnerin verschiedene semantische Werte an. Sie fügt sich in eine Sphäre ein, in welcher seruus als Handlungssubjekt signalisiert wird, d.h. im Verhältnis zur conserua als das (deliktfreie) Handlungssubjekt des Besitzens (habens) und im Verhältnis zur freien Frau als das (delinquente) Handlungssubjekt der Begierde (flagrabat cupidine). Bevor nun die Resultate dieser Erörterungen zur Semantik von seruus als Teilnehmer an einer Sexualbeziehung schematisch zusammengefasst werden, müssen noch die Zeichen erwähnt werden, welche Auskunft über die Semantik von seruus in seinem direkten Verhältnis zum Herrn (dominus) gegeben 65

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Vgl. met. VIII, 22,5: quam mortem dominus eorum aegerrime sustinens adreptum seruulum, qui causam tanti sceleris uxori suae praestiterat. Helm u.a. folgen hier F und setzen uxori suae, Robertson aber luxurie sua. Die Textoptionen fokussieren jeweils eine der möglichen Ursachen, die den Herrn zur Bestrafung seines Sklaven geführt haben: 1. uxori suae markiert den Freitod der conserua coniuga als den Motivationskern (so Norden 1912: 75 und Summers 1967: 277), 2. luxurie sua legt den Akzent eher auf die Sexualbegierde des Sklaven als Motiv seiner Bestrafung durch seinen Herrn (so Hijmans et al. 1985: 191). Blánquez Pérez 1986: 393. Vgl. Hijmans et al. 1985: 191.

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Semantische Aspekte der Sklavereitermini

haben. Auch in dieser Verhältnissphäre erscheint seruus als Handlungssubjekt, wobei die Qualität der Handlung als Ausführung einer Arbeit (uillicabat) beschrieben wird. Dass seruus auf eine außerordentliche Weise in diesem Satz als Subjekt eines aktiven Verbs erscheint, verstärkt die Vorstellung der Arbeit des uillicus als eine solche, die demjenigen, der sie ausführt, eine relativ autonome Verantwortung überträgt. Und dieser seruus ist tatsächlich nicht nur mit der Verwaltung des Gutes seines Herrn beauftragt (possessionem maximam uillicabat), sondern auch mit der Aufsicht (tutela) über die familia des Dienstpersonals, das auf diesem Gut lebt (cunctam familiae tutelam dominus permiserat). Spezifisch an dieser Stelle bezieht sich tutela auf den Schutz, die Verteidigung und die Sorgen um die familia, welche im weiten Sinne Dienerschaft, Eigentum, Länderein usw. des Herrn umfasst.68 Unbeschadet dieser Verantwortung wird die Unterwerfung dieses seruus unter die Herrengewalt gebührend durch andere Termini im Satz angezeigt. So ist die tulela, welche der seruus über die familia ausübt, klar eine Konzession des Herrn (dominus permiserat), und die Zugehörigkeit des seruus zu diesem Herrn wird durch das Possessivpronomen ([dominus] suus) signalisiert. seruus uillicus Einfügung in den Machtbereich des Herrn (Nichtvorkommen eines Deliktes) Verhältnis zum Herrn Verhältnis zur Mit(dominus) sklavin (conseruam) Arbeit Besitz • Gutsverwaltung (uillicabat) • Aufsicht (tutela) über die Mitsklaven Zugehörigkeit (zum Herrn)

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Lebensgemeinschaft (coniugam)

Nichteinfügung in den Machtbereich des Herrn (Vorkommen eines Deliktes) Verhältnis zur freien Frau (liberae mulieris) Sexualbegierde (Charakterisierung des seruus)

Ehebruch (mulieris)

Vgl. dazu Hijmans et al. 1985: 187 mit der Einschränkung, „tutela should not be taken here in a strictly legal sense (‘guardianship’), since this could not be entrusted to a slave“. Doch der Fall dieses seruus scheint besonderer Art zu sein. Das Verb permiserat in diesem Satz (cui [seruo] [...] tutelam [...] dominus permiserat) bestimmt die betreffende tutela als eine Aufgabe, welche der Herr ausnahmsweise einem seruus seines Vertrauens übertragen hatte. Umfassender Kommentar zum Begriff der tutela bei Summers 1967: 44 ff.

Semantik von seruus in den Metamorphosen: Stellenanalyse des Terminus

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5. met. VIII, 24,4: seruus mancipium quanquam enim prudens crimen Corneliae legis incurram, si ciuem Romanum pro seruo tibi uendidero, quin emis bonum et frugi mancipium, quod te et foris et domi poterit iuuare? a) Kontextuelles Der Satz wird in direkter Rede von einem Marktausrufer (praeco) ausgesprochen, welcher einen potentiellen Kunden, Philebus, zum Kauf des Esels Lucius bewegen will. Während der ganzen Episode stellt der praeco den Verkauf des Esels spaßhaft so dar, als handele es sich um den Verkauf eines Sklaven. Trotz aller Phantasie wurde diese Szene des Eselsklavenverkaufs in den Metamorphosen zusammen mit anderem geschichtlichen Material in der Forschung als eine der Quellen zur Erkenntnis der antiken Sklavenmärkte bewertet.69 Auch ist hier erneut darauf hinzuweisen, dass das Aedilenedikt von den Lasttierhändlern dieselbe Ehrlichkeit in der Anpreisung ihrer Ware verlangte wie von 70 den Sklavenhändlern. b) Zeichen von seruus Das Syntagma, in welchem seruus in diesem Satzgefüge vorkommt – ciuem Romanum pro seruo –, setzt schon seruus ciuis (Romanus) als eine für seruus semantisch wesentliche Opposition. Der unmittelbare semantische Zug von seruus in diesem Satzgefüge ist also Fehlen der Bürgerlichkeit. Die Präposition pro im Sinne von „anstatt“, welche den Ablativ seruo regiert, stellt seruus und ciuis in ein Substitutionsparadigma. Damit nun etwas durch anderes ersetzt werden kann, sind gleichzeitig die Äquivalenz und die Unterschiedlichkeit beider nötig. Die Äquivalenz von ciuis Romanus und seruus ergibt sich von Natur, d.h. aus der äußerlichen Menschengestalt, denn nur aufgrund der äquivalenten menschlichen Gestalt ist es möglich, einen römischen Bürger zu kaufen in der Meinung, dadurch einen Sklaven zu kaufen. Doch im vorliegenden Fall hat der seruus eine Eselsgestalt. Dass diese Gestalt mit der Gestalt eines römischen Bürgers verwechselt werden kann, bildet den Kern des Komischen an dieser ganzen Situation.71 69 70 71

Vgl. Wiedemann 1981: 106-11. Vgl. Bradley 2000b: 11. Dass Lucius ein ciuis Romanus ist, wird durch die Erwähnung seiner berühmten Vorfahren zu Beginn des Romanes (met. I, 2,2 und 5 f.) und durch seine Tätigkeit am Forum Romanum (met. XI, 28) belegt. Vgl. dazu Hijmans et al. 1985: 210.

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Semantische Aspekte der Sklavereitermini

Schon die Unterscheidung zwischen seruus und ciuis wird auf legaler Ebene getroffen. Der praeco erwähnt die Existenz einer gewissen Lex Cornelia, die eine Strafe für denjenigen vorsehen sollte, der das crimen begeht, einen römischen Bürger als Sklaven (pro seruo) zu verkaufen. Es scheint jedoch in Wirklichkeit keine lex Cornelia gegeben zu haben, die jemanden des plagium, d.h. des Verkaufs eines römischen Bürgers als Sklaven Schuldigen strafbar machte. Dieser Punkt scheint in Wahrheit durch die lex Fabia de plagiariis 72 geregelt worden zu sein. Der in der Forschung gelegentlich erhobene Vor73 wurf, Apuleius wäre hier ein Irrtum oder Versehen unterlaufen, wurde von 74 anderer Seite mit Recht zurückgewiesen. Der Einwand gegen Apuleius folgt in Wahrheit daraus, dass der narratologisch erforderliche Unterschied, der in den verschiedenen Perspektiven des praeco, des Erzählers und des Autors 75 liegt, nicht in Betracht gezogen wird. Obwohl es sich bei der lex Cornelia um einen nom de fantaisie handelt, ist die Evozierung eines Gesetzes in diesem Zusammenhang bedeutsam. Das vermeintliche Gesetz führt eine Unterscheidung in das ein, was von Natur (oder wegen der Gestalt) ähnlich sei (Mensch / (Esel)sklave = Mensch / (Esel)bürger), und zwar derart, dass die Nichtbeachtung dieser Unterscheidung durch den Verkäufer ihn eines Verbrechens schuldig machen würde (crimen incurram). Es ist also im Verhältnis zum Gesetz, dass die Semantik von seruus sich hier in Opposition zu ciuis bestimmt. Der (legale) Unterschied zwischen seruus und ciuis ist in diesem Satz notwendig, um seruus als einen Verkaufsgegenstand zu markieren, was ein ciuis eben nicht sein kann. Dieser semantische Zug von seruus wird in der Tat im Satz durch Verben wie emis, uendidero und insbesondere durch das Nomen mancipium genügend hervorgehoben, durch welches der Esel dem potentiellen Käufer von dem praeco vorgestellt wird.76 Mancipium ist ein wichtiges 72 73 74

75 76

Dig. 48,15,1, zum Problem des plagium nach den Digesta vgl. Morabito 1981: 66 ff. Vgl. z.B. Mommsen 1899: 780 Anm. 2. Bereits richtig erklärt von Norden 1912: 83 f.: „Wenn der Advokat Apulejus, der doch die Rechte aufs genaueste kannte, statt der lex Fabia die lex Cornelia setzt, so ist diese Verwechselung eine offenbar gewollte und soll dazu dienen, die Art, wie der witzige praeco den Kastraten zum Besten hat, nur noch humoristischer wirken zu lassen. […] Dieser praeco ist ein Prahlhans, der die Namen einiger Gesetze aufgeschnappt hat und sich damit vor den Provinzialen wichtig machen will“. Vallette (met. R & V Bd. III: 55 Anm. 2) hat Recht, die Cornelia lex dieser Stelle als „un nom de fantaisie imaginé pour la circonstance“ abzutun. Vgl. dazu auch Hijmans et al. 1985: 210. Hijmans et al. (1985: 294 Anm. 30) bemerken, dass ThLL kein Beispiel von mancipium = seruus für ein Tier bringt, doch bei Isidor Orig. 9, 4, 45 folgendes steht: mancipium est quidquid manu capi sudique potest ut homo, equus, ouis. Hijmans et al. (ibid.) fügen aber hinzu: „but this refers to the possibility of selling“. Gerade deswegen (und nicht „but“) wird

Semantik von seruus in den Metamorphosen: Stellenanalyse des Terminus

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Wort in der römischen Rechtssprache. Die legale Sprachebene, auf welcher der Terminus gebraucht wird, wird durch sein Vorkommen in diesem Satz in Zusammenhang mit der Erwähnung eines Gesetzes unterstrichen. Die ursprüngliche Bedeutung von mancipium spielt auf den Verhandlungsakt zur Übertragung der res mancipii an. Diese Bedeutung wurde auf den Gegenstand einer solchen Verhandlung, auf die verschiedenen res mancipii, insbesondere auf 77 Sklaven ausgedehnt, und in diesem Sinne wird mancipium im vorliegenden Satz auch gebraucht. Der seruus wird hier also als eine Sache definiert, auf welche man Eigentumsrechte hat. In seiner ausführlichen Diskussion zu den unterschiedlichen Aspekten der semantischen Entwicklung von mancipium 78 hat Capogrossi Colognesi zu zeigen versucht, dass dieser Terminus aus der Notwendigkeit heraus zur Sklavenbezeichnung avanciert, den Sklaven juristisch differenzierter zu erfassen. Im Gegensatz zu dem Terminus seruus, der öfter und im weiteren Sinne gebraucht wird und auch den umfassenderen sozialen Aspekt der Unterwerfung des Sklaven unter den Herrn signalisiert, würde der Gebrauch des Terminus mancipium spezifisch hervorheben la riduzione del servo a semplice oggetto di compravendita, come cosa mancipabile per eccelenza, escludendo sia pure indirettamente qualsiasi sfumatura umana dal vincolo che lo stringe al suo signore, che diviene cosi un anonimo 79 mancipio accipiens.

In der Episode des Eselverkaufes, in welcher vorliegender Satz steht, wird die Abwesenheit dieser „sfumatura umana“ in der Bindung des seruus (als mancipium) an den Herrn (als Käufer) besonders durch den Terminus markiert, mit welchem der feilgebotene seruus, der Esel Lucius, der Erzähler der Episode selbst, seinen künftigen Herrn belegt. Aus dem Blickwinkel des mancipium ist der künftige Herr nur ein Käufer, und zwar ein hassenswerter Käufer (odiosus emptor), und zwar ein desto hassenswerterer Käufer, als es sich dabei um 80 einen alten schwulen (senem cinaedum) Priester der Göttin Syria handelt.

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mancipium hier gebraucht, denn dieser Terminus hebt eben den Warencharakter des seruus hervor, wie bald zu sehen sein wird. Zum Sinn von mancipium vgl. Capogrossi Colognesi 1979: 178 f. Quellen und Literatur bei Capogrossi Colognesi 1979: 192 f. Anm. 22-25. Vgl. Capogrossi Colognesi 1979: 178-185. Capogrossi Colognesi 1979: 182. Die Untersuchung Morabitos zum Vorkommen von mancipium in den Digesta kommt ebenfalls zum Schluss, dass der Terminus massiv dazu tendiert, den Sklaven als „objet de fait juridique“ zu bezeichnen (vgl. Morabito 1981: 129 f.). met. VIII, 24,2 und 4. Der Käufer wird in der Tat erst nach abgeschlossenem Kaufvertrag von dem Erzähler den Titel dominus erhalten (vgl. met. VIII, 25,6).

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Semantische Aspekte der Sklavereitermini

Von allem dem ist hier zur Analyse des vorliegenden Satzes festzuhalten, dass die semantische Opposition von seruus und ciuis durch die Identität von seruus und mancipium vermittelt ist. Dies ergibt folgende Gleichung: seruus = mancipium ≠ ciuis (Romanus) Sie besagt, dass seruus in der (juristischen) Verfassung eines Verkaufsgegenstandes von ciuis unterschieden wird. Als mancipium wird der seruus hier in der Sphäre der Tauglichkeit durch die Adjektive bonum und frugi signalisiert, welche der praeco gebraucht, um seine Ware (bonum et frugi mancipium) in den Augen des potentiellen Käufers aufzuwerten. Der weite Sinn von bonum wird in diesem Fall durch frugi (taugend, nützlich) spezifiziert, d.h. das mancipium taugt. Das Adjektiv frugi 81 wird oft zur Kennzeichnung von Sklaven gebraucht und ist inschriftlich sogar 82 als Eigenname von Sklaven bezeugt. Als Gegenbegriff zu frugi wird ne83 quam interessanterweise ebenfalls als Adjektiv besonders für Sklaven gebraucht. Dies lässt sich aus den Metamorphosen sowie auch aus anderen Au84 toren belegen. Besonders interessant für das Verständnis dieser Opposition von nequam und frugi als für Sklaven typische Adjektive ist die Stelle Ciceros de orat. II, 248 – uelut isdem uerbis et laudare frugi seruum possimus et, si nequam, iocari –, wo frugi und nequam klar als Termini einer Topik des Lobes (laudari frugi) bzw. der Verachtung (si nequam, iocari) von seruus erscheinen. Indem er das mancipium als frugi lobt, tut somit der praeco in seiner Verkäuferrhetorik weiter nichts, als auf eine schon bestehende Topik zurückzugreifen. 81

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Hijmans et al. 1985: 210 unter Verweis z.B. auf Horaz Sat. 2, 7, 2. Zum Gebrauch des Adjektivs für Sklaven i.S.v. frugalis, continens [pertinet ad cibi abstinentiam], vgl. ThLL s.v. frux 1455, 8 ff. mit vielen Belegen, darunter diese Stelle des Apuleius und besonders plautinische Stellen (u.a. Amph. 959, Cas. 255). Frugi zählt auch zu den Adjektiven, die zur positiven Charakterisierung des Sklaven in den Digesta verwendet werden (dazu Morabito 1981: 270 Anm. 29). Zu frugi als Adjektiv zu seruus bei Plautus vgl. Dumont 1987: 442. Vgl. Solin 1996: 62, der aus den Inschriften aus Rom einen Beleg anführt. Vgl. ThLL s.v. frux, 1457, 12 mit Belegen. Vgl. LDH s.v. frux, adj. frugi: „a) in seiner Art etwas taugend, vernünftig handelnd, rechtschaffen, brav (ein braver Kerl, eine brave Haut), bieder, ordnungsliebend (Ggstz. nequam)“, und s.v. nequam: „II) dem Benehmen nach: nichts taugend, nichtsnutzig, liederlich, leichtfertig, schelmisch, lose, ein Taugenichts, ein Nichtsnutz, ein Gauner, ein Schelm (Ggstz. bonus, frugi)“. Vgl. z.B. met. X, 10,3 und X, 12,4 (beide in diesem Kapitel analysiert, vgl. Sätze 10 und 11). Zum Gebrauch von nequam bei anderen Autoren, Sklaven zu qualifizieren, vgl. ThLL s.v. nequam 1457, 12 und LDH s.v. nequam, dass das Wort an dort angeführten Stellen u.a. von Plautus, Cicero und Martial von Personen und dann besonders von Sklaven so etwas wie ein durchtriebener Taugenichts oder ein vollkommener Schurke bedeutet.

Semantik von seruus in den Metamorphosen: Stellenanalyse des Terminus

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Der durch das Pronomen quod eingeleitete Relativsatz zu mancipium sagt, worin die servile Tauglichkeit eigentlich besteht, nämlich darin, dem Herrn zu helfen (te iuuare). Es ist also im Bereich der Arbeit, und zwar der Arbeit für den Herrn (te), dass der seruus gut ist (bonum) und zu etwas taugt (frugi). Das Verb iuuare ist allgemeiner Art, es weist auf keine spezifische Tätigkeit hin. Dies erhöht also wenigstens rhetorisch die Tauglichkeit des seruus insofern, als es ihn für die Verrichtung jeder Arbeit als tauglich hinstellt. Diese 85 „Arbeit überhaupt“ kann innerhalb wie außerhalb der domus (foris et domi ) verrichtet werden, und der Herr kann somit sein mancipium zu irgendwelcher Arbeit überall da einsetzen, wo es ihm gefällt. seruum mancipium Verhältnis zum Verkäufer (Charakterisierung des seruus) Verkaufsgegenstand Tauglichkeit

Verhältnis zum Herrn (emptor) Arbeit

Verhältnis zum Recht

Fehlen des Bürgerrechtes (≠ ciuis) Gegenstand des Deliktes (des Verkäufers)

6. met. VIII, 26,1: seruus (nouicius) famulus at ille susceptum nouicium famulum trahebat ad domum statim que illinc de primo limine proclamat: 'puellae, seruum uobis pulchellum en ecce mercata perduxi. a) Kontextuelles Die Situation, in welche sich diese Stelle fügt, folgt unmittelbar der Situation der vorhergehenden (vgl. Kontextuelles zu Satz 5). Lucius wird auf dem Markt von einem Menschen erworben, den er selbst als odiosus emptor bezeichnet. Es handelt sich um einen homosexuellen Priester der Göttin Syria namens Philebus.86 Die Szene zeigt, wie Lucius in das Haus des Philebus eingeführt und 85

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Nach Benveniste (1969: 311) ist foris die klassische Opposition, welche der lateinische Sprachgebrauch ursprünglich für die adverbiale Form domi oder (mit der Idee der Bewegung) foras für domum vorsah. In der vorliegenden Stelle der Metamorphosen hätte domi eine sekundäre Konnotation. Hijmans et al. (1985: 210) bemerken, dass später (vgl. met. VIII, 26) „it will become clear that the services indoors are of a sexual nature“. met. VIII, 25,5: sed praeuenit cogitatum meum emptor anxius pretio depenso statim, quod quidem gaudens dominus scilicet taedio mei facile suscepit, septemdecim denarium, et i-

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Semantische Aspekte der Sklavereitermini 87

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der Gruppe homosexueller Priester als nouicium famulum vorgestellt wird. Dass der Esel unter der Herrschaft des Hauptpriesters Philebus ständig mit 89 Sklavereitermini wie mancipium, seruus und famulus bezeichnet wird , scheint satirisch auf den Kult der Göttin gemünzt zu sein, bedenkt man, dass nach inschriftlichen Zeugnissen des 2. Jhs. v. Chr. aus Beroea (Makedonien) und Phistyon (Aetolia) diese Gottheit mit der Sklavenbefreiung in Beziehung 90 gebracht wurde. Nach den Inschriften nämlich würde die Göttin Sklaven kaufen, um sie freizulassen und deren Schutzherrin zu werden. Nach den Stellen des Onos und der Metamorphosen dagegen muss der Esel der Göttin als 91 „Sklave“ dienen. Die beiden Sätze des Satzgefüges weisen einen Unterschied auf. Der Satz von ad ille susceptum bis proclamat wird von dem Ich-Erzähler Lucius dem Leser erzählt. Der Satz von puellae bis perduxi wird in direkter Rede von Philebus seiner Priestergruppe (puellae) gesagt. b) Zeichen von seruus Der Scherz des praeco, den Esel beim Verkauf wie einen (Sklaven)menschen anzupreisen (vgl. oben Satz 5), wird an dieser Stelle auch von Philebus, seinem neuen Herrn, gemacht.92 Auch hier wird der Esel durch Sklavenbezeichnungen (seruum, famulum) charakterisiert. Ein wesentlicher Unterschied liegt aber 93 darin, dass der seruus hier durch den – im Satz durch das Pronomen ille repräsentierten – neuen Herrn aus der Marktsphäre (mercata perduxi), wo er bloß eine Ware (mancipium) war, in die domus (trahebat ad domum) überführt und bereits als neuer Hausdiener (nouicium famulum) betrachtet wird. Es ist also unter dem Zeichen der Eingliederung in die domus / familia, dass seruus hier als famulus erscheint. Es ist eine Neueingliederung, was speziell

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lico me stomida spartea deligatum tradidit Philebo; hoc enim nomine censebatur iam meus dominus. Vgl. met. VIII, 26,2: sed illae puellae chorus erat cinaedorum. Auch Onos 36, 2 wird der Esel den Priestern der Göttin Syria als δοῦλος vorgestellt. Auf ein Tier bezogen, und zwar auf Lucius’ Pferd, erscheint famulus noch einmal im Roman (met. III, 26,8). ThLL s.v. famulus 297,73 bringt von anderen Autoren vier weitere auf Tiere bezogene Beispiele davon. Vgl. met. VIII, 22-26. Vgl. Hijmans et al. 1985: 286 mit weiterführender Literatur. Dazu vgl. Hijmans et al. 1985: 296, welche das „Versklavende“ an dem Dienst an der Göttin Syria mit dem befreienden seruitium an Isis nach met. XI, 15,2 kontrastieren. Dazu Hijmans et al. 1985: 223. Es nimmt anaphorisch das Subjekt des vorigen Satzes auf, d.h. dominus: met. VIII, 25,5: hoc enim nomine censebatur iam meus dominus.

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markiert wird durch den Terminus nouicium, welcher eben zur Bezeichnung des neuerworbenen – und in diesem Sinne nicht gänzlich der Zeichen bar, die seinen vorherigen Zustand als Kaufgegenstand (mercata) markieren – und zugleich in das Herrenhaus (ad domum; de primo limine) neueingeführten Sklaven gebraucht wird. Die Einführung des seruus in den physischen Raum der domus impliziert auch seine Unterwerfung unter die Gewalt des dominus, dessen Präsenz emphatisch durch das den Satz eröffnende Pronomen ille an94 gezeigt wird. Die Herrengewalt bestimmt seruus hier nicht mehr als einen anonymen Kaufgegenstand, sondern als einen Besitzgegenstand im Verhältnis zu einem bestimmten Herrn. Dies wird ständig durch die Verben im Satz angezeigt, deren (syntaktisches bzw. logisches) Subjekt immer der Herr ist. So wird der durch den Herrn aufgenommene (susceptum) nouicium famulum in die domus gebracht (trahebat) und als der Sklave angekündigt (proclamat), den er aus dem Markt geführt hatte (perduxi). Das Adjektiv pulchellum wird im Satz direkt dem seruum zugeschrieben. Durch das Anzeigen der körperlichen Schönheit vermittelt es ironisch eine Information über die Funktion, welche der seruus im neuen Haus auszuüben haben wird, nämlich eine Sexualfunktion.95 An den beiden weiteren Stellen, an denen pulchellus im Roman vorkommt, bezeichnet der Terminus Individuen, die in (permanenter, zeitweiliger, realer oder metaphorischer) Abhängigkeit 96 (seruus, puer) der sexuellen Ausbeutung ausgesetzt sind. Und es kann sich hier nur um einen Scherz handeln, den sich Philebus mit seinem Chor homosexueller Priester (puellae) erlaubt, wenn man bedenkt, dass der seruus dabei ein Esel und nicht ein Mensch ist. Das komische Spiel bliebe ohne Effekt, wenn es nicht auf die sozial etablierte Erwartung gegründet wäre, dass ein schöner Sklave (seruum pulchellum) im Verhältnis zum Herrn (uobis) zu sexueller 97 Dienstleistung gehalten wäre. Der Scherz des Philebus verfehlt seine Wirkung 94

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Zum emphatischen Gebrauch von ille in den Metamorphosen vgl. Callebat 1998: 133: „utilisation de ce mot pour introduire, pour assurer la présence ou pour rappeler avec force une personne, un objet, une scène“. Nach Hijmans et al. (1985: 223) ist der Terminus selten und wird „always used in an ironical context“. Vgl. noch met. IX, 27: pulchellum puerum. Sex scheint eine Konstante in den Beziehungen zwischen Herren und Sklaven gewesen zu sein. Garrido-Hory bemerkt zum Text des Martial: „La plus grande partie des dépendants appartient au service domestique, plus précisément au service personnel du maître, et en particulier pour la satisfaction de ses besoins sexuels“ (Garrido-Hory 1981: 42). Morabito 1981: 193 findet einen Fall homosexueller Beziehung zwischen einem Herrn und seinem Sklaven bei Ulpian (Dig. 7,7,6,2). Er verweist noch auf Ulpian (Dig. 1, 12,1,8), wonach Herren ihre Sklaven Obszönitäten unterwerfen (Morabito 1981: 193 Anm. 487). Zur Ausübung

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auf die puellae nicht, wie es eine kurz danach stehende Stelle attestiert. Auf die Ankündigung des Philebus kommen die „Mädchen“ in der Meinung aufgeregt angelaufen, im neuen „famulus“ einen Mann als niedlichen Sklaven zu 98 ihren – man verstehe: sexuellen – Diensten anzutreffen. seruus (nouicius) famulus Charakterisierung des seruus körperliche Schönheit

Verhältnis zum Herrn (dominus) Kaufgegenstand (Neu)eingliederung in die domus Besitzgegenstand Sexualfunktion

7. met. VIII, 26,3: seruus homo sed postquam non ceruam pro uirgine[ ], sed asinum pro homine succidaneum uidere, nare detorta magistrum suum uarie cauillantur: non enim seruum, sed maritum illum scilicet sibi perduxisse. 99

a) Kontextuelles Wie der vorige Satz 6 ist auch dieser Satz geteilt. Der erste Teil wird von dem Ich-Erzähler des Romanes Lucius erzählt, der zweite wird in direkter Rede von den homosexuellen Priestern der Göttin Syria (die im vorherigen Satz erwähnten puellae) an ihren magister Philebus gerichtet.100 Die Priester sind darüber enttäuscht, dass der durch den Meister soeben erstandene famulus (vgl. Satz 6) nicht ein Mann, sondern ein Esel (asinum pro homine succidaneum) ist, und ziehen ihn auf (cauillantur). Der Witz spielt mit der Erwartung, der vermeintliche famulus / seruus wäre angeschafft worden, dem Herrn sexuell

sexueller Funktionen als ein universelles Kennzeichen des Sklavenstandes vgl. Dumont 1987: 406 mit weiterführender Literatur. 98 Vgl. met. VIII, 26,2: rati scilicet uere quempiam hominem seruulum ministerio suo paratum. 99 Diese ironische Anspielung auf die Geschichte Iphigenias steht nicht im griechischen Onos. Hijmans et al. (1985: 226) verbinden sie mit Martial 3,91,11 f., wo auch homosexuelle Priester der Dea Syria vorkommen. 100 Zu magister hier Hijmans et al. 1985: 226: „this word can be understood in two senses, first as the spiritual leader of the priests, and secondly as the ‘old hand’ who coaches his pupils in erotics“.

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zu dienen (non enim seruum, sed maritum [...] sibi perduxisse). Der unmit101 telbar folgende Satz verstärkt diesen Sinn durch klar sexuelle Metaphern. b) Zeichen von seruus Um die Semantik von seruus in diesem Satz zu verstehen, muss das hier besonders komplexe Netz von Assoziationen und Oppositionen besehen werden, in dem der Terminus steht. Der zu seruus in diesem Kontext unmittelbar in Opposition stehende Terminus ist maritum. Diese Opposition untersteht aber logisch wie semantisch der vorher im Satz anzutreffenden Opposition zwischen homine und asinum. Die Priester erwarten einen homo und es erscheint ihnen ein asinus, Philebus kündigt einen seruus an, der in Wahrheit ein maritus sein soll. Seruus steht also zu homo wie maritus zu asinus: seruus = homo ≠



maritus = asinus Diese Proportion bestimmt unmittelbar zwei Verhältnisse, durch welche die Semantik von seruus im Satz zu verstehen ist, und zwar 1. syntagmatisch durch Assoziation das Verhältnis zwischen seruus und homo und 2. paradigmatisch durch Opposition das Verhältnis zwischen seruus und maritus. Das Verhältnis zwischen seruus und homo lässt Humanität als semantischen Zug von seruus in diesem Satz erscheinen. Humanität ist hier ganz einfach so zu verstehen, dass sie den seruus zu einem der Menschengattung angehörenden Wesen macht und ihn von dem einer Tiergattung angehörenden asinus unterscheidet, zu welchem homo in einem Verhältnis der Opposition steht.102 Die Assoziation seruus = homo muss in diesen bescheidenen Grenzen gehalten werden, um ihr nicht durch ein unpassendes Verständnis des Terminus homo semantische Werte zuzuschreiben, die hier fehl am Platze sind. Die abstrakten Kategorien, in welche Lat. homo in den modernen Sprachen einzuordnen ist, sind für die hiesige Stelle unbefriedigend und teilweise auch irrelei101 met. VIII, 26,4: Et 'heus’, aiunt, 'caue ne solus exedas tam bellum scilicet pullulum, sed nobis quoque tuis palumbulis nonnunquam inpertias’. 102 Auf dieser Opposition gründet Gr. ἀνδράποδον („Menschenfüßer“), eine in Analogie zu dem das Vieh bezeichnende τετράπουν (Vierfüßer) gebildete Sklavenbezeichnung. Dazu vgl. Finley 1980: 99, Fitzgerald 2000: 100 und Lazzeroni 1970: 165 ff., nach welch letzterem ἀνδράποδον den Warenaspekt des Sklaven unterstreicht. τετράπουν entspricht Lat. quadrupes / quadripes, welches auch dem Eselsklaven Lucius im Roman beigelegt wird (z.B. met. IV, 1,6; VII, 3,1; VII, 27,5; XI, 2,5). Könnte man also Lat. homo als Sklavenbezeichnung als ein semantisches Äquivalent für Gr. ἀνδράποδον ansehen?

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tend. Menschheit, Menschsein oder Menschlichkeit wie die aus dem Lat. homo stammenden Äquivalente der romanischen Sprachen (z.B. Fr. humanité, It. umanità, Sp. humanidad, Port. humanidade) sind alle Träger allzu positiver semantischer Werte, die auf die jüngere Wortgeschichte zurückzuführen sind und nicht dem Gebrauch von homo im Kontext des obigen Satzes entsprechen. In vielen Kontexten ist homo eher Träger eines Wertes der Geringschätzung und wird dadurch fähig, im Gegensatz zu uir, ciuis, paterfamilias usw. insbe103 sondere Sklaven und Fremde zu bezeichnen. Dies findet keine Entsprechung in den modernen Sprachen, in denen der Terminus einen fundamental positiven und universalisierenden Wert angenommen hat. Als terminus technicus der Rechtssprache dient homo wesentlich zur Bezeichnung von „ces éléments extrinsèques de la citè“, seien es die homines serui oder die Volksmasse der 104 homines liberi, „composé d’éléments disparates“ wie Freigelassene, Klienten und insbesondere Fremde. Ansonsten variiert die Semantik des Terminus 105 homo nach der Gattung des Textes, in dem er steht. Als spezifisch auf Sklaven bezogen scheint homo in der Tat öfter in Rechts106 quellen zu begegnen und dabei eine eigenartige Semantik anzunehmen. Unter Rückgriff auf die Resultate einer früheren Arbeit von Dessertaux meint Capogrossi Colognesi, „il termine esalterebbe l’aspetto materiale del bene 107 oggetto di un diritto di proprietà“ . Morabito schließt ebenfalls aus der Untersuchung des Terminus homo in den Digesta, er wäre dort wesentlich dazu 108 berufen, den Sklaven als „objet de droit“ zu bezeichnen. Dies steht im Einklang mit der umfassenderen Situation, in welche die hier untersuchte Stelle gehört. Der vorliegende Satz folgt unmittelbar den oben analysierten Sätzen 5 und 6, in welchen seruus als ein Kaufgegenstand, d.h. als eine auf dem Markt 103 Zu homo als geringschätzige Bezeichnung für Fremde und Sklaven Lévy-Bruhl 1934: 84 f., in der Folge der obigen Stelle met. VIII, 20,2: hominem seruulum ministerio suo paratum. 104 Levy-Bruhl 1934: 84 f. mit dem Hinweis, dass im Vocabularium Jurisprudentiae Romanae der Terminus homo nie oder äußerst selten für einen römischen Bürger gebraucht wird. Der geringschätzige Gebrauch von homo ist speziell und erschöpft freilich die semantischen Möglichkeiten des Terminus nicht. 105 Dazu Capogrossi Colognesi 1979: 191 Anm. 20: „è chiaro infatti che nei testi retorici o filosofici l’impiego di homo tenderà ad assumere una coloritura ben diversa che, mettiamo, nell’epistolario ciceroniano“. 106 Vgl. dazu Capogrossi Colognesi 1979: 177 f. Zu homo in den Digesta vgl. Morabito 1981: 128 ff. 107 Capogrossi Colognesi 1979: 178, der S. 191 Anm. 21 auf F. Dessertaux, Études sur la formation historique de la capitis deminutio. Bd. I. Dijon / Paris 1909, S. 373 Anm. 2 verweist, nach welchem der Gebrauch von homo als Sklavenbezeichnung den Sklaven gänzlich an andere Eigentumsobjekte assimilieren will. 108 Morabito 1981: 129.

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feilgebotene und schließlich einem Kunden verkaufte Ware angezeigt wird. Dieser Aspekt von seruus kehrt in der jetzigen Situation wieder. Wie im Satz 6 steht seruum hier ebenfalls als (syntaktisches) Objekt einer Verbalhandlung des Herrn (sibi perduxisse), welche seruus semantisch gleichzeitig als einen Besitzgegenstand des Herrn (sibi) und als ein Element anzeigt, das nicht zum Haus gehört, von außen hereingebracht und als solches der domus neu eingegliedert wird. Noch mit dem Merkmal der erworbenen Ware versehen ist seruus hier nur ein homo, zwar ein der Menschengattung angehörendes, doch ein anonymes, der domus äußerliches Wesen, welches für den Herrn einer persönlichen Identität ermangelt. Das zweite Verhältnis der oben genannten Proportion, das zwischen seruus und maritus, erfolgt auf paradigmatischer (Ersetzungs)ebene. Sie ist parallel zum Verhältnis zwischen homo und asinus zu verstehen. Die logische Beziehung zwischen beiden Termini wird durch das Schlüsselwort succidaneum angegeben, das auf ein Substitutionsverhältnis weist. Wie asinus ein Ersatz (succidaneum) für homo (pro homine) ist, so gilt auch maritus semantisch als ein Ersatz für seruus. Dass diese Substitutionen als Teil eines ironischen Spieles (cauillantur) zwischen dem Chor der Priester der Göttin Syria und deren Meister (magistrum suum) Philebus und nicht „in der Wirklichkeit“ vorkommen, hebt keineswegs die Geltung der Informationen auf, welche sich aus diesen Verhältnissen für das Verständnis der Semantik von seruus ergeben. Semantisch genügt die Feststellung, dass ein solches Spiel einen Sinn hat, d.h. dass es auf rein sprachlicher Ebene möglich ist, solche Ersetzungen von Esel und Menschen, Sklaven und Gatten vorzunehmen. Ein möglicher Sinn von succidaneus an dieser Stelle ist der von uicarius als ein Äquivalent für succedens.109 Dieser Sinn scheint mit der Stelle völlig 110 übereinzustimmen. Der junge Diener, welcher die Priester (auch sexuell) 111 bedient, erscheint im folgenden als erfreut über die Ankunft des Esels, der 112 nun sein Ersatz (uicarius) im elenden Geschäft, d.h. im Sexualdienst an die 109 Vgl. LTL s.v. vicarius, 2. Vicarius, ii: qui vicem alicuius obtinet. 110 Zu succidaneus hier vgl. Hijmans et al. 1985: 226. Sie meinen, Apuleius hätte wahrscheinlich den älteren Gebrauch des Terminus (von caedo abgeleitet) im Sinn, „both in view of the allusions to Iphigenia’s sacrifice and because the ass is a seruus – slave and victim – of the perverted priests“. Sie weisen aber nicht von der Hand, dass Apuleius schon den späteren Gebrauch als Synonym für uicarius (z.B. bei Cypr. Ep. 2,2) meinen könnte: „If so, we have another instance of Apuleius being the first to use a word in a meaning which becomes more frequent in later, particularly in Christian authors“. 111 met. VIII, 26, 5-6. 112 met. VIII, 26,6: ‘uenisti tandem miserrimi laboris uicarius’. Der Sinn von uicarius kann hier sowohl primär „Ersatz“ (= succedens) sein als auch „Untersklave“, d.h. ein Sklave, der

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Priester cinaedi sein soll. Der Esel soll also einen Sklaven, und zwar in einer sexuellen Aufgabe ersetzen, obwohl er eigentlich für eine andere Arbeit erworben wurde, nämlich dafür, bei den Prozessionen der Priester die Statue der Göttin Syria zu tragen. Fungiert der menschliche (homo, iuuenis) seruus in diesem Haushalt als ein concubinus der Herren, so kann sein uicarius, der Esel, gleichfalls als ein maritus requiriert werden. Durch den Parallelismus zu concubinus wird der Terminus maritus mit einer sexuellen Konnotation mar114 kiert. Innerhalb allein der Grenzen des Satzes, der hier in Frage steht, lässt sich diese sexuelle Konnotation von maritus auf zweifache Weise demonstrieren. 1. Der Terminus maritum wird in diesem Kontext ironisch (cauillantur) ge115 braucht, sei es um den „Gatten“ eines senex cinaedus zu bezeichnen, sei es um syntaktisch als Objekt des Verbs perduxisse (maritum [...] perduxisse) zu erscheinen, was auch Assoziationen mit überlieferten Eheausdrücken wie 116 uxorem ducere evoziert. 2. Es besteht syntagmatisch (assoziativ) ein Verhältnis zwischen maritum und asinum, denn der Esel ist in der griechischrömischen Welt dafür bekannt, durch eine Sexualsymbolik markiert zu sein. Der Esel war dem Gott Dionysos-Bacchus zugeordnet, ihm wurde die Beteiligung an orgiastischen Zeremonien besonders zu Ehren der Bona Dea zuge117 schrieben. Apuleius wertet die Sexualsymbolik des Esels in seinem Roman häufig aus, denn die geschlechtlichen Fähigkeiten des Esels Lucius werden an 118 verschiedenen Stellen gepriesen. Schon die Verwandlung des Lucius in einen Esel als Folge seiner seruiles uoluptates (met. 11, 15, 1), darunter seine curiositas und die Tatsache, dass er mit einer Sklavin Sex gehabt hat, weist

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einem anderen Sklaven dient. Dazu Hijmans et al. 1985: 232 f.: „In our passage its meaning is primarily 1. [d.h. ‘substitute, deputy’], but 2. [d.h. ‘under-slave’] plays a role as well“. Zu uicarius als Untersklave vgl. LTL s.v. uicarius, I. 2) Speciatim vocabatur vicarius, qui in familia atriensi servo, id est majori, servire. met. VIII, 26,5: domi uero promiscuis operis partiarius agebat concubinus. Da er im Esel einen uicarius für diese Arbeit sieht, freut sich der Sklave auf die Perspektive, seinen „erschöpften Lenden“ (so Helm) Ruhe zu geben. Vgl. met. VIII, 26,6: ‘et dominis placeas et meis defectis iam lateribus consulas’. Zu latera als auf die männlichen Genitalien bezogen vgl. ThLL s.v. 1027, 24 f. Maritus mit sexueller Konnotation auch met. VII, 22,2, wo der Esel der Unzucht mit Menschen angeklagt wird: denique unus ex illis: 'quin igitur publicum istum maritum’, inquit, 'immo communem omnium adulterum illis suis monstruosis nuptiis condignam uictimamus hostiam’. So wird Philebus von Lucius selbst an einer früheren Stelle genannt. Dazu Hijmans et al. 1985: 227. Vgl. dazu Raepsaet 1998: Sp. 134 f.. Vgl. z.B. met. IV, 23,3; VII, 21-23; X, 21-22.

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darauf hin. Die Sexualsymbolik des Esels begünstigt auch die Assoziation dieses Tieres mit den antiken Vorstellungen über den Sklaven, welcher eben119 falls den dubiosen Ruhm des Wollüstigen genoss. Im paradigmatischen (substitutiven) Verhältnis zu maritus wird seruus in diesem Satz klar unter das Zeichen einer gegenüber dem Herrn (maritum [...] sibi) ausgeübten Sexualfunktion gestellt. seruus homo Charakterisierung des seruus Der Menschengattung angehörend (≠ asinus)

Verhältnis zum Herrn Besitzgegenstand Neueingliederung in die domus Sexualfunktion

8. met. IX, 18,4: seruus tenax his et huiusce modi suadelis ualidum addebat cuneum, qui rigentem prorsus serui tenacitatem uiolenter diffinderet; porrecta enim manu sua demonstrat ei nouitate nimia candentes solidos aureos, quorum uiginti quidem puellae destinasset, ipsi uero decem libenter offerret. a) Kontextuelles Dieser Satz ist Teil einer Episode, die in die Hauptnarrative des Romans eingefügt wurde. Sie wird von einer alten Dienerin erzählt, welche ihrer Herrin – der ehebrecherischen Gattin eines Müllers – in deren Liebesaffären als Komplizin beisteht.120 Die Alte lobt einen gewissen Philesitherus121 und erläutert die Erfindungsgabe dieses unerschrockenen Liebhabers am Beispiel einer seiner Taten, nämlich der Verführung der schönen Gattin eines eifersüchtigen Ratsherrn (decurio). Als dieser Ratsherr verreisen musste, hatte er einen seiner Sklaven beauftragt, seine Gattin sorgfältig zu überwachen. Aus Angst vor den 119 Zur Sexualsymbolik des Esels in Verbindung mit dem Thema der Sklaverei in den Metamorphosen, sowie zum philosophischen Hintergrund solcher Assoziationen bei Apuleius, vgl. Avila Vasconcelos 2006. 120 met. IX, 15, 4: sed anus quae[n]dam stuprum sequestra et adulterorum internuntia de die cotidie inseparabilis aderat. Ehebrecherinnen mit einer vertrauten Dienerin, die ihnen bei Liebesabenteuern behilflich ist, sind ein Topos im antiken griechischen Roman. Vgl. dazu Létoublon 1993: 91 mit Verweis auf Leukippe und Kleitophon VI, 1 und Eth. VII, 10. 121 Vgl. met. IX, 16,2: quanto melior Philesitherus adulescens et formonsus et liberalis et strenuus et contra maritorum inefficaces dilegentias constantissimus.

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Strafen, die ihm sein Herr bei Unterlassung angedroht hatte, widmete sich der 122 Sklave eifrig seiner Aufgabe. Vorliegender Satz zeigt Philesiterus im Versuch, die Standhaftigkeit des Sklaven durch Bitten und endlich durch ein Geldangebot zu brechen, welches er dem seruus selbst wie auch seiner Herrin (puellae) machte. Der Satz enthält noch einen Hinweis in indirekter Rede (quorum uiginti [...] oferret), welcher durch Verben im Konjunktiv (destinasset, oferret) markiert ist. Sender des Aussagegehaltes ist im Satz Philesitherus, welcher an der bezeichnenderweise puellae genannten Herrin des seruus interessiert ist, Empfänger der Aussage ist der seruus selbst. b) Zeichen von seruus Seruus steht in diesem Satz im Genitivus possessivus (serui), welcher zu einem Terminus gehört, der eine moralische Eigenschaft ausdrückt (tenacitatem). Das Zeichen, durch welches seruus im Satz unmittelbar markiert ist, ist somit das der Beharrlichkeit. Aus dem umfassenderen Kontext dieses Satzes ist zu entnehmen, dass sich diese Beharrlichkeit im Rahmen des Verhältnisses des seruus zu seinem Herrn auswirkt, denn sie bezieht sich auf die Erfüllung einer Aufgabe, welche der Herr dem seruus auferlegt hat. Die Aufgabe, die Überwachung der Gattin des Herrn, ist insofern streng (rigentem) gemeint, als die Nachlässigkeit in ihrer Ausführung dem Sklaven die ihm von dem Herrn angedrohten schweren Strafen einhandeln wird. So ist also die serui tenacitas als positive moralische Eigenschaft hier weniger eine dem seruus innewohnende als eine ihm äußerlich auferlegte, nämlich durch den dominus.123 Sei es als innewohnende Eigenschaft, sei es als Folge der Angst vor der Strafe, Tatsache ist, dass die Beharrlichkeit des seruus in diesem Satz nicht mit dem Zweck erwähnt wird, eine Tugend des seruus anzuzeigen, sondern eher als Anlass dazu, ein Laster anzuzeigen und den seruus unter das Zeichen der Geldgier zu stellen. Um sich seiner puella, d.h. der Herrin des seruus zu nähern, ist der liebende Philesitherus keck dazu entschlossen, die Beharrlichkeit des Sklaven nicht nur durch Zureden (suadelis) zu brechen (diffinderet), sondern auch durch ein kräftigeres Mittel (ualidum cuneum, uiolenter), nämlich durch Bestechung (candentes solidos aureos). Morabito hat schon darauf hingewiesen, dass eines der drei Delikte, in denen nach den Digesta der Sklave als Opfer, also als „objet de fait juridique“ erscheint, das der „Verder122 Vgl. met. IX, 17,3 ff. 123 Ähnlich dem Muster des plautinischen seruus, vgl. Dumont 1987: 445: „la fidélité à sa mission a raison, chez Sosie, de sa couardise naturelle“ mit Verweis auf Amph. 153-175 in Fußnote 905.

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bung“ ist. Den Sklaven einem moralischen Druck auszusetzen, um ihn zu korrumpieren, war ein Delikt, welches dem iudicium de seruo corrupto un125 terstand. Es ist zu bemerken, dass Philesiterus die Geldsumme nicht nur dem seruus anbietet, sondern auch seiner Herrin (puella). Wie oben beim Satz 3 ist es unter dem Zeichen des gemeinsamen Lasters der Geldgier, dass seruus hier mit einer weiblichen Figur assoziiert erscheint. Dass die Frauenfigur, mit welcher seruus hier gleichgestellt wird, seine Herrin ist, erhöht nicht den Sklaven, sondern erniedrigt die Herrin. Es ist kein Zufall, dass sie im Satz nicht domina, sondern puella genannt wird, ein Terminus, welcher die (freie oder servile) Frau als Liebhaberin anzeigt. Die Herrin wird hier allerdings aus dem Blickwinkel des Liebhabers puella genannt, und an anderen Stellen, die sich auf das Verhältnis desselben seruus zu seiner selben Herrin beziehen, wird sie domina genannt.126 Auch ist der Gebrauch des Terminus puella in Bezug auf 127 eine verheiratete Frau nicht ungewöhnlich. Im Verhältnis zu einer angezeigten weiblichen Herrenfigur erscheint aber seruus noch einmal in den Metamorphosen (vgl. Satz 4) in einer Handlungsumgebung von Ehebruch und Sexualbegierde, wobei die Herrin die ehebrecherische Liebhaberin (puella) eines Aventuriers und der Sklave der Komplize ist, der den Ehebruch erleichtert. seruus tenax Verhältnis zum Herrn Beharrlichkeit

Charakterisierung des seruus Verhältnis zum Liebhaber der Verhältnis zur weiblichen Herrin Herrenfigur (puella) Geldgier (Bestechung) Sexualbegierde (der Herrin) (Komplize des) Ehebruchs [Delikt]

124 Morabito 1981: 216 f. „déteriorisation“, vgl. S. 218: „L’esclave n’apparaît donc plus seulement comme une chose à qui l’on peut causer un dommage, mais également comme un individu sur lequel est excercée une action psychologique et qui peut, outre se dégager luimême, causer de dommages à son maître ou à un tiers“. 125 Vgl Buckland 1908: 33 ff., insbesondere 34 Anm. 2 für eine Liste der geahndeten Straftaten. 126 Vgl. z.B. met. IX, 17,3: suaeque dominae; 17,5: dominam suam. 127 Hijmans et al. 1995: 173 zitiert Tibull 1,6,15 f.: at tu, fallacis coniunx incaute puellae, /me quoque seruato. Auch hier hat puella eine klar sexuelle Konnotation und wird auf eine fallacis coniunx (d.h. Delia) in einem Ehebruchkontext angewendet. Doch Delia soll eine libertina gewesen sein, und ihr Ehestand scheint darauf hinzuweisen, dass sie nicht als matrona, sondern eher als Konkubine galt. Dazu vgl. Maltby 2002: 44.

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9. met. X, 7,5-6: seruus sciens simul enim finita est dicentium contentio, ueritatem criminum fidem que probationibus certis instrui nec suspicionibus tantam coniecturam permit128 ti placuit atque illum potissimum [promptissimum ] seruum, qui solus haec ita gesta esse scire diceretur, | sisti modis omnibus oportere. a) Kontextuelles Wegen der unerwiderten Liebe zu ihrem Stiefsohn erzürnt, klagt die Stiefmutter ihn fälschlich an, er hätte sie verführen wollen und seinen jüngeren Bruder, den filius der Stiefmutter, umgebracht. Das Verbrechen wurde in Wahrheit von der Stiefmutter selbst mit Hilfe eines Komplizen, ihres seruulus dotalis, begangen.129 Opfer der Ermordung sollte eigentlich der Stiefsohn sein, doch dessen jüngerer Bruder nahm aus Versehen das Gift, das seinem Stiefbruder zugedacht war. Der Gatte der Stiefmutter und Vater sowohl des Angeklagten als auch des Vergifteten glaubt seiner Frau und fordert die Bestrafung seines älteren Sohnes, der nun vor Gericht geführt wird. Der Satz zeigt den Beschluss der 130 Magistraten, „auf alle Wege“ (modis omnibus) den Sklaven der Stiefmutter vor Gericht zu bringen, damit er gegen den zweifach, d.h. des Inzestes und des 131 Vatermordes Angeklagten, den Haussohn, (fälschlich) aussage. Zur allgemeinen Rechtslage des Falles ist folgendes zu bemerken. Inzest und Verschwörung gegen das Gemeinwesen waren die beiden Fälle par excellence, bei denen der in der republikanischen Zeit geltende Grundsatz des Aussage132 verbots von Sklaven gegen ihren Herren keine Anwendung fand. Ursprünglich aber bezeichnete incestum spezifisch den Bruch des vestalischen Keuschheitsgebotes und erst später wurde der Begriff auf das profane Delikt der geschlechtlichen Verbindung zwischen Blutsverwandten übertragen. Doch 128 Zur Lesung promptissimum (bereitwilligst) statt potissimum (vor allem) vgl. weiter unten in diesem Kapitel Fußnote 143. 129 Vgl. met. X, 4,22. Die Ähnlichkeiten der ganzen Episode (vgl. met. X, 2-12) mit der Tragödie Phaedras sind nicht abzuleugnen und von der Forschung auch bemerkt worden. Dazu z.B. Tappi 1986, der die Phaedra des Apuleius und des Euripides unter Berücksichtigung anderer Varianten (u.a. Seneca Phaedr., Ovid met. 15) eingehend vergleicht, und Zimmerman 2000: 417-432, die andere möglichen Quellen wie den Mimus und die Deklamationen anführt. Dazu vgl. Andreassi 1997: 1 ff. mit weiterführender Literatur. 130 Zum möglichen Sinn dieses Ausdrucks in diesem Kontext vgl. Zimmerman 2000: 143: „willing as the slave may be, it is necessary to find ‘all possible ways’ (modis omnibus) to enable him to bear witness, since a slave was not permitted to testify against his master“. 131 met. X, 4,6: incestum parricidiumque. 132 Vgl. dazu Schumacher 1982: 11 ff.

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„die kaiserzeitliche Rechtsprechung sah für das Delikt verbotener sexueller Beziehungen zu Blutsverwandten die quaestio servorum in dominum nicht vor. In republikanischer Zeit wurde der profane Inzest gravierender einge133 schätzt“ . In der augusteischen lex Iulia de adulteriis coercendis wurde die quaestio seruorum im Rahmen eines Inzestfalles in Verbindung mit dem Vorwurf des adulterium (d.h. des Inzestes mit bzw. von einer verheirateten Frau) – wie es hier der Fall ist – sanktioniert: „nicht der Inzest schlechthin, sondern nur soweit er mit Ehebruch verbunden war, rechtfertigte die quaestio 134 seruorum“ . Die Episode wird von Lucius angeblich nach dem Bericht von Augenzeugen 135 des Prozesses erzählt. Im Satz werden die Begebenheiten von dem Erzähler 136 in freier indirekter Rede aus der Sicht der Magistraten wiedergegeben. b) Zeichen von seruus Seruus steht in diesem Satz gänzlich im Rahmen eines Verhältnisses zur Justiz, spezifischer inmitten eines Gerichtsverfahrens (dicentium, contentio, instrui) über ein Verbrechen (criminum, gesta). Das Verbrechen wurde vermeintlich durch eine Herrenfigur des Hauses begangen, zu welchem seruus gehört. Dieser seruus gehört zwar zum Hauspersonal des Vaters des Angeklagten an, doch als seruus dotalis der Stiefmutter ist der perverse Sklave137 eher mit dieser pessimae feminae (met. X, 5, 1) als mit dem dominus aedium 138 (met. X, 2, 1) bzw. dem mustergültigen älteren Sohn des letzteren verbunden. In diesem Kontext erscheint seruus als ein der Autorität der Rechtsinstanzen subordiniertes Objekt. Diese Lage des seruus ist nicht nur aus der 133 Schumacher 1982: 30 mit Verweis auf Dig. 48,18,4 (Ulpian) und 48,5,40,8 (Papinian). 134 Schumacher 1982: 179. Für eine juristisch ausgerichtete Diskussion zur Frage der Aussage des Sklaven gegen seinen Herrn im Fall profanen Inzestes vgl. Schumacher 1982: 179 f. 135 Vgl. met. X, 7,3: haec ad istum modum gesta compluribus mutuo sermocinantibus cognoui. Über das Problem des Erzählers in dieser Episode vgl. Zimmerman 2000: 139 f. 136 Vgl. Zimmerman 2000: 143 ad loc.: „But the narrator voices the patres’ point of view in this sentence“. Die in Frage kommenden patres stehen in met. X, 7,1: placuit salubre consilium et ilico iussus praeco pronuntiat, patres in curiam conuenirent. 137 met. X, 4,6: nequissimo et ad omne facinus emancipato [...] continuo furcifer. Vgl. zur Stelle Norden 1912: 133. Zur allgemeinen Lage des seruus dotalis bemerkt Morabito 1981: 39 Anm. 10: „Bien que la dot fût, d’une manière effective, la proprieté du mari, les jurisconsultes classiques semblent avoir admis qu’elle constituait une masse juridiquement distincte, dans le patrimoine du mari, et qu’elle était, dans une certaine mesure, à la femme“. Zur Rechtslage des seruus dotalis allgemein vgl. Buckland 1908: 262 ff. 138 Vgl. met. X, 2,1: iuuenem filium probe litteratum atque ob id consequenter pietate modestia praecipuum.

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Tatsache ersichtlich, dass seruum im Satz Agens eines Passivsatzes (seruum [...] sisti) ist, wo sisti einen von den gesetzlichen Instanzen ausgegangenen Befehl anzeigt, sondern auch aus der umfassenderen syntaktischen Struktur des ganzen Satzgefüges, nämlich: 1. Der Infinitivsatz (seruum [...] sisti) ist Nebensatz eines Hauptsatzes (oportere), in dem ebenfalls eine von legalen Instanzen ausgehende Notwendigkeit bzw. Konvenienz ausgedrückt wird. Die Instanzen sind hier konkret die patres, d.h. die zum Gerichtsverfahren versammelten Senatsmitglieder, welche am Anfang des Kapitels erwähnt werden, zu dem dieser Satz gehört.139 2. Das Verb dieses Hauptsatzes (oportere) im Infinitiv weist darauf hin, dass 140 er Nebensatz eines anderen Satzes ist. Wie Zimmerman es bemerkt hängt das ganze Satzgefüge von dem Verb placuit (sc. patribus) ab und reflektiert durch eine freie indirekte Rede des Erzählers den Inhalt dessen, was die patres beschlossen haben. In einem gerichtlichen Kontext hat placuit den Sinn von „verordnen“. Es ist also als ein (syntaktisch wie semantisch) passives bzw. solchen Beschlüssen subordiniertes Wesen, dass seruum hier zu verstehen ist. Dieser Satz weist etliche Gemeinsamkeiten mit Satz 2 auf, wo seruus als index141 erscheint. Wie dort kommt seruus auch hier in einem Rechtskontext unter dem Zeichen der Anklage an den Herrn vor, ein Verbrechen begangen zu haben. Das Gerichtsverfahren soll nun die Haltbarkeit der Anklage (ueritatem criminum fidemque) prüfen, welche ohne Beweise (probationibus certis) nicht über einen Verdacht (suspicionibus, coniecturam) hinausgehen kann. Wie auch bei Satz 2 wird seruus hier als Zeuge des Verbrechens des Herrn bemüht, da nur er das wirklich Vorgefallene (haec ita gesta esse) wissen könnte (qui solus [...] scire). Doch im Unterschied zu Satz 2, wo der seruus index in öffentlichen Gewahrsam genommen wurde (in publicam custodiam receptum), wird der seruus sciens hier vor Gericht geladen (sisti142). Beide Verben stehen im Passiv, was in beiden Sätzen die Passivität des seruus gegenüber den Handlungen der Justiz anzeigt. Doch in der Semantik von sisti ist nicht der Zwang impliziert, welcher im Partizip receptum enthalten ist. Im Falle des 139 met. X, 7,1: et ilico iussus praeco pronuntiat, patres in curiam conuenirent. Zu patres Zimmerman 2000: 137: „the decuriones of the provincial town constitute the senate of that town […] and as such can be called patres, especially since they are being convened for a trial in their official function of town councillors“. 140 Zimmerman 2000: 143. 141 Vgl. oben Kommentar zu Satz 2 über Anzeigen und Aussagen von Sklaven in dominos. 142 Zu sistere als Rechtsterminus „vor Gericht zu laden“, vgl. LDH s.v. sisto II. A.2).

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seruus sciens braucht die Justiz nicht drastisch vorzugehen, um ihn zur Aussage gegen den Herrn zu zwingen. Er scheint bereitwilligst (promptissimum) den legalen Instanzen als wertvolle Informationsquelle (qui solus [...] scire) dienen zu wollen. Dies stellt also seruus unter das Zeichen der [freiwilligen 143 Kollaboration mit der Justiz]. So wird seruus als ein Element signalisiert, welches das in Frage stehende Rechtsverfahren favorisiert, denn dieses Verfahren strebt ja eigentlich die Feststellung der Wahrheit und Verlässlichkeit der Anklage (ueritatem criminum fidemque) durch das Vorbringen von Beweisen (probationibus certis) an. Es ist noch hinzuzufügen, dass die Darstellung des seruus als eines freiwilligen Zusammenarbeiters mit dem Gesetz lediglich aus der partiellen Sicht der Magistrate folgt, welche hier durch den Erzähler in freier indirekter Rede reproduziert wird. Der Leser kennt aber den umfassenderen Zusammenhang, in dem der Satz steht, er weiß, dass dieser freiwillige Beitrag des seruus zur Durchführung des Rechtsverfahrens nicht durch die Intention geleitet wird, die Wahrheit über das Verbrechen zu ermitteln. Ganz im Gegenteil. Unter den Zeichen von seruus in diesem Satz, d.h. der seruus als eine Informationsquelle, als ein Helfer bei der Feststellung der Beweise und der Wahrheit und als ein freiwilliger Zusammenarbeiter mit der Justiz, sind die beiden letzten eher ironisch gemeint, d.h. sie sind eher mit umgekehrten Vorzeichen zu lesen. seruus sciens Verhältnis zur Justiz (patres) Verbrechen (des Herrn) (Den gesetzlichen Instanzen) subordiniertes Objekt Laden vor Gericht [freiwillige Kollaboration mit der Justiz] Zeuge / Informationsquelle

143 Wenn man der Lesung von F und auch von φ den Vorzug gibt, die promptissimum haben. Doch wird meist potissimum (eine Emendation des zweiten Korrektors von F, dazu Zimmerman 2000: 143) gelesen, so von Helm und Robertson, die potissimum als Adverb („vor allem“, „avant tout“) verstehen, wie auch Martos („en especial“). Zimmerman erwägt promptissimum, das in Manuskripten stark repräsentiert ist, als vertretbar und kontextgerecht: „that slave is only too willing to bear (false) witness“. Obwohl hier im Allgemeinen der Ausgabe Helms gefolgt wird, wird aufgrund der Erwägungen Zimmermans an dieser Stelle promptissimum der Vorzug gegeben. Deshalb die Einklammerung des Zeichens von seruus, das aus dem promptissimum, doch nicht aus dem potissimum folgt.

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10. met. X, 10,3: seruus nequissimus Qui praeter iudicii religionem cum fidem suam coram lacerari uideret, multiplicato studio uerberonem illum contendit redarguere, donec iussu magistratuum ministeria publica contrectatis nequissimi serui manibus anulum ferreum deprehensum cum signo sacculi conferunt, quae comparatio praecedentem roborauit suspicionem. a) Kontextuelles Dieser Satz führt die unter Satz 9 oben beschriebene Situation unmittelbar weiter. Die falsche Aussage des seruus dotalis der Stiefmutter gegen den Angeklagten (den Stiefsohn der Herrin) wird hier durch einen Arzt, ein im Satz durch das Pronomen qui144 referiertes illustres Mitglied der Kurie in Abrede gestellt. Der Arzt behauptet, der Sklave hätte ihn auf Geheiß seiner Herrin aufgesucht, das Gift zu kaufen, welches den jüngeren Bruder des Angeklagten getötet haben soll – eigentlich ein Scheintod, da der Arzt über die böswilligen Pläne des Sklaven Verdacht geschöpft und ihm ein Schlafmittel anstatt des Giftes gegeben hatte. Als Beweis zeigt der Arzt den Geldbeutel, welchen der Sklave ihm als Bezahlung für das Gift überreicht hatte und der das Siegel des Sklaven trug.145 Der Sklave besteht auf seine unwahre Version des Verbrechens und wirft dem Arzt Lüge vor, worauf dieser endgültige Beweise für die Unschuld 146 des Angeklagten und die Schuld des Sklaven und seiner Herrin vorlegt. Im vorliegenden Satz ordnet der Magistrat an, den Eisenring (anulum ferreum) des Sklaven mit dem Siegel des Geldbeutels zu vergleichen, was die Anschuldigungen des Arztes gegen den Sklaven bestätigt (roborauit suspicionem). Wie in Satz 9 berichtet der Erzähler Lucius die Vorfälle aus der Perspektive der Kuriemitglieder, hier spezifischer aus der Perspektive des anklagenden Arztes, der sich große Mühe gibt (multiplicato studio), die „Sklavenkanaille“ (uerberonem illum, nequissimi serui) zu entlarven.

144 Es bezieht sich auf das medicum des vorhergehenden Satzes (met. X, 10,2: et accersere mendacii non desinit medicum). Über die auctoritas dieses Arztes als Mitglied der Kurie vgl. met. X, 8,2: unus e curia senior prae ceteris compertae fidi atque auctoritatis praecipue medicus. 145 met. X, 9,5: videat et suum sigillum recognoscat. Nam quem ad modum eius ueneni frater insimulari potest, quod iste comparauerit? 146 met. X, 11,1: dabo enim rei praesentis euidens argumentum.

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b) Zeichen von seruus Der seruus steht hier wie im vorigen Satz in der Umwelt eines Gerichtes, d.h. im Verhältnis zur Justiz. An diesem Punkt der Episode geschieht aber durch die Enthüllungen des Arztes ein Umschwung des Geschehens. Die neue Situation ändert von Grund auf das Verhältnis des seruus zur Justiz. Im vorigen Satz wurde seruus als Zeuge gegen seinen Herrn vor Gericht geladen, und als ein promptissimus Informant schien er sehr bereit, mit der Justiz zusammenzuarbeiten. Hier aber fällt der Verdacht (suspicionem) nicht mehr auf den Herrn, sondern auf den seruus. Er wird hier zum Gegenstand der Anklage (contendit, redarguere), was seruus unter das Zeichen des Verbrechens stellt. Wie der Herr im vorigen Satz ist hier seruus seinerseits Gegenstand der Untersuchung durch das Gesetz (conferunt, comparatio). Interessanterweise denotieren die Verben, welche hier den untersuchenden Zugriff der Justiz auf seruus anzeigen, eher physische und dabei wohl nicht eigentlich delikate Prozesse (manibus contrectatis, anulum ferreum deprehensum). Im Satz 9 dagegen, wo der junge Herr angeklagt wird, denotieren die entsprechenden Verben eher intellektuelle Prozesse (instrui, permitti, placuit), welche nicht auf eine Leibesvisitation des Angeklagten wie im gegenwärtigen Falle hinweisen, sondern auf eine überlegte Untersuchung. Wird seruus als Kollaborator des Gesetzes im vorigen Satz als jemand dargestellt, der die Feststellung der Wahrheit und Zuverlässigkeit der Anklage (ueritatem criminum fidemque) begünstigt, so „zerfleischt“ (lacerari147) er 148 hier lügenhaft die „Heiligkeit des Gerichtes“ (iudicii religionem ) sowie den 149 Ruf des Arztes (fidem suam ). Dadurch zeigt er sich eher zur Missachtung der Autorität des Gesetzes bereit. Da der Erzähler die Szene aus der Sicht der legalen Beamten (medicus, magistratuum, ministeria publica) berichtet, wird seruus hier durch abwertende Termini unter das Zeichen der Schurkerei 150 (uerberonem illum, nequissimi ) gestellt. 147 Zu lacerare metaphorisch als „mit Beleidigungen und Vorwürfen missbräuchlich zusetzen“ vgl. Zimmerman 2000: 172. 148 Zu religio hier Zimmerman 2000: 171: „the sum of sacral rules applying to the iudicium“. 149 Mit Possessivpronomen bedeutet fides oft Autorität, guten Ruf und Ernst (vgl. ThLL s.v. fides 671,80 [i. q. auctoritas]; 673,53 [i. q. bona fama]; 675,12 [i. q. honestas]). Zum Sinn des Terminus im Rechtskontext der klassischen Zeit Kaser 1971: 200: „Die fides bedeutet hier die Pflicht, zu seinem Wort zu stehen. Sie wird in früher Zeit sakral geschützt, erzeugt daneben aber auch eine privatrechtliche Bindung. Die sittlichen Gebote der Mannestreue, der Zuverlässigkeit und Redlichkeit sind ständig in diesem Begriff enthalten“. 150 Vgl. zur Stelle Zimmerman 2000: 172: „the invective reflects the narrator’s own opinion of this slave, but also the contempt for a ‘most inferior slave’ on the part of the actors, i.e. the officers of the court who examine his hands (probably far from gently) to find the iron ring“.

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seruus nequissimus Charakterisierung des seruus Schurkerei

Verhältnis zum Gesetz Verbrechen Missachtung (der Rechtsinstanzen) Gegenstand der Anklage Gegenstand der rechtlichen Untersuchung

11. met. X, 12,4: seruus nequissimus iam que liquido serui nequissimi atque mulieris nequioris patefactis sceleribus procedit in medium nuda ueritas. a) Kontextuelles Die ganze Satzverbindung setzt sich aus zwei durch die Konjunktion et koordinierten Sätzen zusammen, von denen jeder ein Vorkommen von seruus enthält. Deshalb werden beide Sätze hier separat analysiert. Der Satz vor der Konjunktion et entspricht dem hier untersuchten Satz 11, der Satz nach der Konjunktion dem unmittelbar darauffolgenden Satz, der unmittelbar weiter unten als Satz 12 analysiert wird. Der hier in Frage stehende Satz schließt sich auch an die in den vorhergehenden Sätzen 9 und 10 geschilderte Situation an. Durch spektakuläre Beweise – den Geldbeutel mit dem Siegel des Sklaven und die Enthüllung, die Vergiftung des Sohnes wäre nur ein durch einen soniferus provozierter Scheintod – fördert der Arzt die ganze Wahrheit über die Täterschaft des Verbrechens zutage (procedit in medium nuda ueritas), dass es nämlich nicht durch den frater, sondern durch die Stiefmutter und deren seruus begangen worden ist. Dieselbe Anmerkung, welche die Sätze 9 und 10 über den Standpunkt des Erzählers bringen, ist auch für die Sätze 11 und 12 gültig. b) Zeichen von seruus Wie in den beiden vorigen Sätzen, zu deren Situation vorliegender Satz ebenfalls gehört, wird seruus im Verhältnis zum Gesetz, und d.h. enger in der Umgebung eines Gerichtsverfahrens signalisiert. Es handelt sich hier um den entscheidenden Moment der Wahrheitsenthüllung (procedit in medium nuda ueritas). Es ist bedeutsam, dass seruus in diesem Zusammenhang durch einen Genitivus possessivus mit einem Verbrechen verbunden (serui nequissimi [...] patefactis sceleribus) und dabei als Schurke (nequissimi) gekenn-

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zeichnet wird. Es ist ein ähnlicher Gebrauch von nequissimus wie im vorigen Satz. Zimmerman schreibt dazu, dass dies bloß die subjektive Meinung des Erzählers sein könnte, aber auch die Meinung der Richter nach den Enthül151 lungen über das Verbrechen reflektieren dürfte. Beide Gesichtspunkte schließen sich jedoch nicht aus, denn die Meinung des Erzählers koinzidiert mit der Meinung der Richter im Laufe der gesamten Episode. Seit der ersten Erwähnung des Sklaven in der Episode (vgl. met. X, 4, 6) wird nequissimus zu seiner Charakterisierung gebraucht. Es ist das Zeichen, das ihn (durch den 152 Erzähler bzw. die Richter) vor dem Gesetz identifiziert werden lässt. Im der Sphäre des Verbrechens ist seruus hier wie in den Sätzen 4, 7 (siehe 153 oben) und 12 (siehe unten) direkt mit einer weiblichen Herrenfigur assoziiert. Sie wird hier mulier genannt, ein Terminus nicht ohne pejorativen Wert, nimmt man viele Stellen in Betracht, in denen er in den Metamorphosen vor154 kommt. Die Merkmale der Perfidie (Giftgebrauch mit mörderischer Absicht), moralische Unverschämtheit, sexuelle Gier u.a., wie sie die Stiefmutter dieser Episode an den Tag legt, wurden in der griechisch-römischen Welt ü155 berhaupt als typisch weibliche Eigenschaften betrachtet. Der Parallelismus zwischen seruus und mulier in diesem Satz ist auffallend. Beide haben dasselbe Adjektiv als Attribut (serui nequissimi, mulieris nequioris), wobei die Komparativform nach mulier deren Verbundenheit mit dem seruus noch verstärkt. Beide Nomina stehen überdies im Genitiv (serui, mulieris) und sind mit demselben patefactis sceleribus verbunden. Der Terminus scelus kann etwa mit „Bosheit, Frevel, Tücke“ übersetzt werden, sein Gegenbegriff wäre dann pietas. Im vorliegenden scelus, das durch den seruus und seiner Herrin begangen wurde, ist die „Verachtung der Religion“ insofern mit der „Verachtung der Gesetze“156verbunden, als die gesetzlichen Institutionen, die der Sklave und seine Herrin mit ihren falschen Anschuldigungen beleidigt haben, mit sakraler Autorität versehen sind. Und in der Tat, im oben untersuchten Satz 10 wird derselbe seruus als Verletzer der iudicii religio und 151 Vgl. Zimmerman 1998: 191. 152 Es ist interessant hier anzumerken, dass nequam zu den typischen Sklavenattributen in den Komödien des Plautus zählt, vgl. Dumont 1987: 442. 153 In Satz 2 steht seruus durch einen Kontext des Verbrechens im Verhältnis zu einer männlichen Herrenfigur. Der allwissende Leser weiß aber, dass die Anklage gegen den Herrn des seruus falsch ist. 154 Für eine Liste der einschlägigen Stellen des Terminus s.o. Anm. 21 zu diesem Kapitel. 155 Dazu Watson (1995: 84 ff.). Über misogyne Stereotypen in der römischen Welt vgl. Bauman 1992: 10-12. 156 Vgl. LDH s.v. scelus meton. objektiv „ein mit Verachtung der Gesetze, der Religion und der eigenen Schande unternommenes Verbrechen“.

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der fides eines angesehenen Mitgliedes der Kurie, d.h. des Arztes hingestellt. Sowohl auf der Ebene des Verhältnisses zum Gesetz, also unter dem Zeichen der Täterschaft (patefactis sceleribus), als auch auf der Ebene seiner Charakterisierung, d.h. unter dem Zeichen der Schurkerei (nequissimus, nequioris), wird seruus hier unmittelbar mit mulier assoziiert. Endlich ist zu vermerken, dass die Darstellung des seruus und der mulier unter diesen beiden Zeichen in diesem Satz aus der Enthüllung einer nuda ueritas resultiert. seruus nequissimus (seruus = mulier) Verhältnis zu einer weiblichen Verhältnis zur Justiz Herrenfigur (Charakterisierung des seruus) Schurkerei Verbrechen (Komplize des Verbrechens der Herrin)

12. met. X, 12,4: seruus (in patibulo) suffixus [...] et nouercae quidem perpetuum indicitur exilium, seruus uero patibulo suffigitur et omnium consensu bono medico sinuntur || aurei, opportuni somni pretium. a) Kontextuelles Dieser Satz gehört zur selben Satzverbindung des vorigen und folgt ihm unmittelbar im Text. Er schließt die gesamte, vorher von Satz 9 bis 11 geschilderte Episode der Stiefmutter ab. Der Sklave und seine Herrin (nouerca) vernehmen jeweils das Urteil über ihr Verbrechen. Die Herrin wird zur Verbannung, der Sklave zur Kreuzigung verurteilt.158 Der „gute“ Arzt wird seinerseits für die Errettung des vermeintlich vergifteten Jungen belohnt, denn er hatte ja dem seruus an Stelle des Giftes ein unschädliches Schlafmittel gegeben. Über den Standpunkt, welcher der Erzähler hier einnimmt, sind die entsprechenden Anmerkungen zu den Sätzen 9, 10 und 11 zu vergleichen. 157 Dazu Zimmerman 2000: 171. Zur römischen religio als „eine außerhalb des Menschen wirkende Macht, ein Tabu, das gewissen Zeiten, Orten und Dingen anhaftet“ vgl. Kobbert 1914: Sp. 572,21 ff. 158 Zur Kreuzigungsstrafe bei Sklavenexekutionen vgl. Mommsen 1899: 920 f. Die Kreuzigung war eine Bestrafungsart servilen Ursprungs, die im Laufe der Zeit auch auf freie humiliores ausgedehnt worden ist, vgl. dazu Bauman 1996: 109 und 133 mit 199 Anm. 44.

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Die unterschiedlichen Strafen, die über den Sklaven (Kreuzigung) und die Stiefmutter (Verbannung) verhängt werden, entsprechen denen, die für solche Verbrechen in der lex Cornelia de sicariis et ueneficis vorgesehen waren. Dieses Gesetz war mit einigen Modifikationen während der Kaiserzeit noch in 159 Kraft. Dass das verschiedene Strafmaß, das jedem der Figuren beigemessen wird, weder deren unterschiedliche Intentionen noch die Verwirklichung oder nicht der Tat berücksichtigt, sondern nur den unterschiedlichen sozialen und rechtlichen Status beider, ist klar. Obwohl die Stiefmutter nequior ist (s. oben Satz 11), erhält sie als Freie und honestior eine weniger schwere Strafe als der 160 Sklave, der unfrei und humilior ist. Was nun die Stiefmutter angeht, die ein parricidium begangen hat, so zieht Apuleius hier nicht Hadrians Dispositio161 nen in Betracht, welche die Strafen in solchen Fällen verschärfen. b) Zeichen von seruus Seruus steht in diesem Satz ebenfalls in einem Kontext des Verhältnisses zur Justiz. Hier wird seruus direkt in der Sphäre der Bestrafung (patibulo suffigitur) signalisiert, genauso wie seine hier einfach nouerca genannte Herrin (perpetuum indicitur exilium). Es ist eine der wenigen Stellen, an denen seruus im Nominativ steht. Obwohl seruus im Satz grammatikalisches Subjekt ist, ist er Agens eines Passivsatzes (suffigitur) und fungiert also logisch nicht als Subjekt, sondern als Objekt der Handlung. Die Verbalhandlung drückt eigentlich eine Disposition der legalen Instanzen an, denen seruus einfach unterworfen ist. Der Parallelismus zwischen einer weiblichen Herrenfigur und seruus, der im vorigen Satz unter der Ägide des Verbrechens stand, wird hier in Verbindung mit der Bestrafung beibehalten. Dass beide unterschiedlich bestraft werden, hebt den Parallelismus aus semantischer Sicht nicht auf. Man beachte 159 Vgl. Dig. 48,9,1. Über das cornelische Mordgesetzt vgl. Mommsen 1899: 615. Wenigstens während des Prinzipates galt die Verbannung als Standardstrafe für honestiores, vgl. Bauman 1996: 159. 160 Zum sozialen bzw. rechtlichen Status der Angeklagten als strafmaßbedingend Mommsen 1899: 80 f. und 1031 ff., der anmerkt (S. 1036): „Die gesetzliche Ungleichheit in der Bestrafung des Freien und des Unfreien ist so alt wie Rom selbst“. Vgl. auch Buckland 1908: 406, Bauman 1996: 7, 141 und besonders 125: bei Mord Verbannung für honestiores und Kreuzigung oder poena ad bestias für humiliores nach lex Cornelia de sicariis. Ein Vergleich der unterschiedlichen Strafen für humiliores und honestiores bei Cardascia 1950: 320 ff. 161 Blánquez Pérez 1986: 399. Zu parricidium Bauman 1996: 30 ff., eingehender strafrechtlicher Kommentar zu dieser Stelle der Metamorphosen bei Blánquez Pérez 1986: 382 f. u. 398 f. mit weiterführender Literatur.

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Semantische Aspekte der Sklavereitermini

den stark negativen Sinn des Terminus nouerca, durch welchen die weibliche 162 Herrenfigur in diesem Satz angezeigt wird. Im Laufe dieser Episode der Metamorphosen wird die nouerca zweimal pessima genannt. Böswilligkeit (ma163 litia) und Grausamkeit (dira) gelten als typische Attribute einer Stiefmutter. Aus dem Parallelismus zwischen nouerca und seruus lässt sich wohl folgern, dass die negative Semantik von nouerca hier wie die von mulier im vorigen Satz auch einem negativen Wert von seruus entspricht. Die Ähnlichkeit (durch Vergleich / Parallelismus) zwischen einer in der Regel weiblichen Herrenfigur und einem seruus scheint jedenfalls eine Erniedrigung, eine Art Verlust der „Herrschaftlichkeit“ der ersteren zu erfordern, da ihr eine autoritative Bezeichnung (z.B. domina, era, matrona) vorenthalten und sie im allgemeinen durch einen desavouierenden Terminus (hier nouerca; vgl. noch Satz 2: femina; Satz 8: puella; Satz 11: mulier) angezeigt wird. Dass die Semantik von seruus in diesem Satz auf einen negativen Wert hinweist, wird noch durch die Opposition zwischen der nouerca und dem servus einerseits und dem medicus andererseits angezeigt. Die Opposition gründet darauf, dass die nouerca und der seruus der Bestrafung verfallen und der medicus dagegen für seine Rettertat im Fall eine Belohnung (aurei, pretium) verdient. Es könnte auch noch zum Ganzen die Beschreibung dieses Arztes met. X, 8, 2 unus e curia senior prae ceteris compertae fidi atque auctoritatis praecipue medicus hinzugezogen werden, was die Semantik von seruus /nouerca strukturell in Opposition zu den in diesem Satz vorkommenden Zeichen, insbesondere fides und auctoritas zu verstehen erlauben würde. Doch hier bleibt die Analyse auf die im Satz 12 vorkommenden Elemente beschränkt. Medicus wird durch das Adjektiv bonus unmittelbar mit einem klar positiven Wert im Satz gekennzeichnet. Auch seine Tat, das Gift durch ein Schlafmittel zu ersetzen, wird positiv als opportun (opportuni somni) beschrieben. Güte und Geschicklichkeit sind also die Zeichen, welche den respektablen medicus im Satz charakterisieren. Diese Zeichen fungieren gleichzeitig struk-

162 Zur negativen Semantik des Terminus nouerca vgl. Watson 1995: 166 ff. 163 Vgl. met. X, 5,1 und X, 6,2 bzw. met. X, 5,3: sed dira illa femina et malitiae nouercalis exemplar unicum non acerba filii morte, non parricidi conscientia, non infortunio domus, non luctu mariti uel aerumna funeris commota. Die Charakterisierung der Stiefmutter durch Apuleius folgt der Typologie der saeua, uenefica nouerca in Mimus, Märchen und Deklamationen, vgl. Scobie 1983: 21-30 und Zimmerman 2000: 115, 425 f. und 442. Zu dieser Stiefmutter in den Metamorphosen bemerkt Watson 1995: 107: „Although the tale is ostensibly based on the Phaedra myth as it appears in Tragedy, in many ways this stepmother resembles the stock character of the declamations, especially in her use of poison, as well as her anonymity“.

Semantik von seruus in den Metamorphosen: Stellenanalyse des Terminus

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turell negativ als Zeichen von seruus und nouerca, die beide somit durch Mangel an Güte und Ungeschicklichkeit angezeigt werden. Als dem bonus medicus entgegengesetzt werden seruus sowie nouerca semantisch in absentia durch [malus] markiert. Der Schluss der Stiefmutterepisode zeigt sich so als die perfekte Verwirklichung der poetischen Gerechtigkeit, nach welcher 164 die Guten belohnt und die Bösen bestraft werden. Zuletzt eine allgemeine Anmerkung. Die Forschung hat der Erzählung der nouerca viel Aufmerksamkeit geschenkt, hauptsächlich wegen der klaren 165 Ähnlichkeit mit Phaedras Tragödie im Hippolytus. Doch die Präsenz des seruus in dieser apuleianischen Version des tragischen Mythos hat die Aufmerksamkeit der Forscher bisher kaum verdient. Oft wurde diese wichtige 166 Figur der Erzählung von der Forschung unterschätzt oder einfach ignoriert. Zimmerman bemerkt zwar, der Sklave werde im zweiten Teil der Episode selbst zum Stellvertreter der nouerca, sie widmet aber der Behandlung dieser Sklavenfigur keinen eigenen Abschnitt des Anhangs, in welchem dagegen 167 andere Figuren der Episode eigens besprochen werden. In einer Studie zur Stiefmutterfigur in der Antike kommentiert Watson die apuleianische Episo168 de, ohne den seruus ein einziges Mal zu erwähnen. Tappi hat die Sequenz der Episode der nouerca bei Apuleius mit den weiteren Versionen des Phaedramythos verglichen und nur eine „condensazione“ der Rollen des seruus und der Amme im Hyppolitus des Euripides wie in der Phaedra Sene169 cas vermerkt, ohne die Idee weiter zu verfolgen. Selbst in den Augen vieler heutiger Leser ist der Sklave nicht so leicht zu sehen. Die hier vorgelegte Analyse dieses Vorkommens von seruus hat dagegen zu zeigen versucht, dass der seruus in der Episode der Phaedra des Apuleius eine Hauptrolle spielt, eine 164 Dazu vgl. Zimmerman 2000: 192. 165 Z.B. Zimmerman 2000: 417-432. 166 Für Ausnahmen vgl. Fiorencis & Gianotti 1990 und Andreassi 1997. Im Anschluss an Fiorencis & Gianotti 1990: 90 zeigt Andreassi, wie die Stiefmuttererzählung bei Apuleius (met. X, 2-12) und dem anonymen Mimus Moicheutria ähnlich sind und bemerkt die aktivere Rolle des apuleianischen seruulus dotalis bei der Ausführung des Verbrechens: „Malakos [d.h. der Diener der Stiefmutter im Mimus] is the one who knows about the killing plan, but nothing else; the seruulus dotalis instead is totally involved in the stepmother’s plots, becoming her duplicate“ (Andreassi 1997: 13). 167 Vgl. Zimmerman 2000: 429: „This character [d.h. des seruus], belonging to both comedy and mime, even becomes the representative of the nouerca, who then (from ch. 7 onward) plays no further part in the story“. Sie widmet einen eigenen Abschnitt des Anhanges nur dem Hausherrn (dominus aedium), dem älteren Sohn (iuuenis), der nouerca selbst und dem Arzt (vgl. Zimmerman 2000: 426-430). 168 Watson 1995: 105 ff. 169 Vgl. Tappi 1986: 182-185, zur „condensazione“ des seruus und der Amme Tappi 1986: 186.

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Semantische Aspekte der Sklavereitermini

Hauptrolle zwar unter dem Zeichen der Bosheit und des Verbrechens, doch 170 immerhin eine Hauptrolle. Semantisch gibt es ein direkt komplementäres Verhältnis der Figur des seruus zur Hauptfigur der Episode, der nouerca, und 171 Einiges im Satz erlauben es, beide als eng assoziiert zu erweisen. seruus suffixus Charakterisierung des seruus seruus [malus] = nouerca [mala] medicus bonus

Verhältnis zur Justiz (Verhältnis zur weiblichen Herrenfigur) Bestrafung [Mangel an Güte], [Ungeschicklichkeit] Güte, Geschicklichkeit

Belohnung

13. met. X, 13,2-4: serui fratres miles ille [...] uicinis me quibusdam duobus seruis fratribus undecim denariis uendidit. His erat diues admodum dominus. At illorum alter pistor dulciarius, qui panes et mellita concinnabat edulia, alter cocus, qui sapidissimis intrimentis sucuum pulmenta condita uapore mollibat. Vnico illi contubernio communem uitam sustinebant me que ad uasa illa compluria gestanda prae[de]stinarant, quae domini regiones plusculas pererrantis uariis usibus erant necessaria. a) Kontextuelles Für dieses Vorkommen von seruus wird sich der Ausschnitt des zu analysierenden Satzes ausnahmsweise nicht allein auf den engeren Satz beschränken, in dem seruus vorkommt, sondern sich auch auf Sätze erstrecken, die mit dem in Frage stehenden serui in Beziehung stehen und über sie wichtige Auskünfte geben. Der Satz selbst, in dem seruis steht, wird nur teilweise berücksichtigt. Ein Satz des Satzgefüges wird ausgeklammert, um die Analyse nicht mit Daten zu überladen, die sich nicht eigentlich auf den Terminus serui beziehen. Der ausgeklammerte Satz bringt in Erinnerung die letzten Begebenheiten der 170 Man kann dem kaum widerstehen, in diesem böswilligen seruus dotalis einen Vorfahren der großen servilen Halunken der abendländischen Literatur zu erblicken. Als wohl typischstes Beispiel dürfte einem Shakespeares Iago, der perverse Diener des Othello einfallen. 171 Das Komplementärverhältnis zwischen dem seruus und der nouerca wurde schon bemerkt von Andreassi 1997: 13 und Zimmerman 2000: 249.

Semantik von seruus in den Metamorphosen: Stellenanalyse des Terminus

193

vorhergehenden Episode, d.h. wie der Esel aus den Händen des hortulanus in die des miles übergeht, sowie weshalb der Soldat den Esel den beiden serui verkauft. Aus dem Satz, in dem das Zeichen seruis vorkommt, werden nur die Zeichen berücksichtigt, die sich enger auf serui beziehen wie z.B. die Tatsache, dass sie Nachbarschaftsbeziehungen (uicinis) haben, die Identität des Nachbars (miles) und dass sie zu ihm in ein Kaufverhältnis (undecim denariis, uendidit) treten. Für die semantische Analyse des Terminus serui wurde hier der Beobachtung der Zeichen, die in den unmittelbar auf den ersten Satz folgenden Sätzen stehen, der Vorzug gegeben. In ihnen kommt serui in Form von Demonstrativpronomina wie his, illorum, alter [...] alter, illi usw. vor. Von den sechs Sätzen der ganzen Stelle werden nur die ersten drei untersucht. Die Episode wird von dem Ich-Erzähler des Romanes, Lucius, erzählt. Der Besitzer des Esels Lucius, ein Soldat (miles), verkauft ihn zwei Sklaven, einem Koch und einem Konditor, die Brüder sind und einem reichen Herrn gehören. Der Esel soll die Küchen- und Tischgeräte ihres verreisten Herrn tragen. b) Zeichen von seruus Im diesem Satz wird seruus in drei Sphären signalisiert. 1. Zu den Mitgliedern der familia steht seruus in Familienverhältnissen und wird durch die Zeichen Bruderschaft (fratribus172) und Lebensgemeinschaft (unico contubernio, 173 communem uitam sustinebant) markiert. 2. Außerhalb der familia steht seruus im Bereich der Beziehungen mit der Nachbarschaft (uicinis), mit welcher er ein Geschäft (seruis [...] undecim denariis uendidit) als Tätiger eines 174 Kaufes (pra[de]stinarant ) macht. 3. Zu dem Herrn (dominus, domini) steht seruus in einem Verhältnis der Zugehörigkeit (his) und der Arbeit, spezifisch der spezialisierten Arbeit. Die Bezeichnung der durch die serui ausgeübten Berufe (cocus, pistor dulciarius), die genaue Beschreibung der Produkti172 Seruis wird hier adjektivisch zu fratribus gebraucht, vgl. Zimmerman 2000: 199 für denselben Gebrauch auch bei anderen Autoren. 173 Zu den beiden möglichen Bedeutungen von unico contubernio hier als 1. „they lived together in the same quarters“ und 2. „in a unique companionship or fellowship“ vgl. Zimmerman 2000: 203. Schon communem uitam sustinebant weist auf beide serui als eine Gesellschaft in Sachen peculium hin. Vgl. weiter unten met. X, 14,4-5: peculium latenter augere [...] diuisionem [...] societas ista, dazu Zimmerman 2000: 214. 174 Das Wort praedestinarant steht in den Manuskripten F und φ, ς emendiert zu praestinarant. Helm, Robertson u.a. übernehmen letzteres im Sinn von „erwerben“. Zu dieser Emendation vgl. Zimmerman 2000: 203: „At any rate, if praedestinarant is retained here, it must be translated ‘they had designated’; emendation to praestinarant requires ‘they had bought’“. Oben wird Helm und Robertson gefolgt.

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Semantische Aspekte der Sklavereitermini 175

onsprozesse (concinnabat, uapore mollitabat ), die Detaillierung der dabei hergestellten Produkte (panes, mellita edulia, sapidissimis intrimentis, 176 sucuum, pulmenta condita ), die unzähligen Arbeitsinstrumente (uasa compluria [...] uariis usibus) illustrieren das zur Genüge. Die spezialisierten Berufe der serui belegen die raffinierte Lebensweise ihres Herrn und müssen also mit dessen Beschreibung im Satz als diues admodum dominus zusammengenommen werden. Die Zeichen, die seruus im Satz in der Sphäre einer spezialisierten Arbeitstätigkeit markieren, lassen sich somit auch als Zeichen 177 des Wohlstandes seines Herrn lesen. Auch dass die Sklaven aus eigenen Mitteln den Esel erworben haben, belegt den Reichtum ihres Herrn. Die Möglichkeit des Sklaven, von sich aus ein Geschäft zu machen, wird ihm durch ein peculium gegeben, dessen Höhe nicht selten von der Generosität des Herrn abhängt. Und met. X, 17,1 sieht man, wie derselbe Herr den Esel von seinen serui kauft, ihnen das Vierfache des Preises dafür restituiert, den sie für das Tier bezahlt hatten, und ihn dann einem seiner Freigelassenen überlässt. Was das peculium angeht, so war es eine Art aus erhaltenen Gratifikationen oder persönlichen Unternehmungen konstituiertes Kapital. Das Eigentumsrecht darauf wurde nicht auf den Sklaven übertragen. Rechtlich blieb es dem Vermögen des Herrn zugehörig, und dieser erkannte dem Sklaven nur zum Gebrauch das peculium und die mit ihm erworbenen Güter an. Kaser bemerkt denn auch, dass zur Zeit des klassischen Rechts die dem Sklaven durch das Pekulienrecht eingeräumte wirtschaftliche Selbständigkeit wenig ins Gewicht fällt und auch hier die rechtliche Unterwerfung des Sklaven unter die fast schrankenlose Gewalt des Herrn, wie sie im Recht erscheint, weitgehend der sozialen Realität entsprochen haben dürfte.178 Zu den Erwerbsmöglichkeiten 175 Concinnare wie mollitare drücken nicht nur eine allgemein servile Tätigkeit aus, sondern eine komplexe und beruflich spezialisierte Fertigkeit. Zu concinnare bemerkt Zimmerman 2000: 201: „The two passages in the Met. where the verb occurs in its concrete meaning ‘prepare’ (referring to food here and VII,11) show that concinnare […] is not just a synonym of parare. It is to be understood to mean ‘skillfully compose a beautiful entity from different parts’, and therefore is used here quite aptly to describe a baker who creates beautifully shaped confections from different ingredients“. 176 Zur Terminologie für diese Produkte bemerkt Zimmerman 2000: 202: „This intricate phrase with its accumulation of unusual terms suggesting complex culinary procedures makes it clear that this cook has to make culinary tours de force to attempt to satisfy the discerning palate of his dominus“. 177 Zimmerman 2000: 200: „through the elaborate description of the special skills of these two slaves their wealthy dominus is indirectly represented as decadent“. Wohlstand, insbesondere was Essen und Wohnungsart betrifft, pflegte zu der aus Asien stammenden Tendenz, sich der luxuria hinzugeben, gezählt zu werden und fiel also in die Topik des Sittenverfalls. 178 Kaser 1971: 284, dort auch 262 und 286 ff. zum peculium des Sklaven.

Semantik von seruus in den Metamorphosen: Stellenanalyse des Terminus

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der Sklaven hat Norden schon in Bezug auf eben diese Stelle der Metamorphosen bemerkt, dass ihnen die Ersparnisse, obwohl sie rechtlich ihrem Herrn gehörten, oft dort überlassen wurden, wo sie ein Handwerk oder ein Gewerbe betrieben, und dass sie mit diesem peculium einen Hausstand gründen und 179 Tiere oder gar Untersklaven besitzen konnten. serui fratres Verhältnis zum Herrn

Verhältnis intrafamilia

Zugehörigkeit (zum Herrn)

Bruderschaft

Verhältnis extra-familia (Geschäftsbeziehungen) Nachbarschaft

(Spezialisierte) Arbeit Produktionsprozesse Produkte Arbeitsinstrumente

Lebensgemeinschaft

Tätiger eines Kaufes

Wohlstand des Herrn

14. met. X, 17,1: serui emptores magno denique delibutus gaudio dominus, uocatis seruis suis, emptoribus meis, iubet quadruplum restitui pretium me que cuidam acceptissimo liberto suo et satis peculiato magna praefatus diligentia tradidit. a) Kontextuelles Der Herr der beiden Sklaven, die den Esel Lucius aus eigenen Mitteln gekauft haben (siehe oben Satz 13), wundert sich über dessen Fähigkeit, für Menschen zubereitete Speisen zu verschlingen. Er kauft nun den außergewöhnlichen Esel seinen Sklaven ab und zahlt ihnen das Vierfache seines ursprünglichen Preises dafür. Danach gibt er den Esel in die Obhut eines seiner Freigelassenen, der bemittelt (satis peculiato) ist. b) Zeichen von seruus In diesem Satz kommen die serui in zwei verschiedenen Situationen vor, in denen sich Geschäfte abspielen. Zum einen kaufen die serui den Esel aus eigenen Mitteln von ihrem Nachbarn, dem miles. In Bezug auf dieses oben in Satz 13 beschriebene Geschäft werden sie als Käufer (emptoribus) charakte179 Norden 1912: 73 unter Verweis auf Dig. 15,1,6,6.

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Semantische Aspekte der Sklavereitermini

risiert. Zum anderen treten die serui in eine Geschäftsbeziehung mit ihrem Herrn, welcher den von den Sklaven erworbenen Esel für sich selbst kaufen möchte. Doch hier wird seruus nicht aktiv als Verkäufer angezeigt, sondern als Objekt der Geldrestitution (restitui), welche freigebig (quadruplum pretium) von dem Herrn gewährt wird. Interessant ist, dass bei der ersten Situation die Präsenz des Herrn nicht angezeigt wird und seruus aktiv, d.h. Handlungssubjekt (emptoribus) ist, bei der zweiten der Herr dagegen präsent und seruus passiv, d.h. Objekt der Handlung des Herrn ist. In diesem Satzgefüge wird seruus fast gänzlich in der Sphäre des Verhältnisses zum Herrn (dominus) angezeigt, der (grammatikalisches bzw. logisches) Subjekt aller vorkommenden Handlungen (uocatis180, iubet, restitui, tradidit) ist. Nicht nur die Sklaven, auch alle weiteren im Satz irgendwie referierten Individuen (d.h. liberto suo und das im Verb iubet implizierte Objekt) sind Objekte der Verbalhandlungen des Herrn. Auf die serui sind im Satz direkt die Verben uocatis und restitui bezogen. Das erste signalisiert seruus insofern als Objekt der Herrengewalt, als er den Befehlen des dominus untersteht. Innerhalb des Satzgefüges wird diese Semantik von seruus noch durch das Possessivpronomen suis verstärkt, das seruus als Objekt der Zugehörigkeit zum Herrn und als seiner Gewalt unterworfen anzeigt. Die zweite Verbalhandlung des dominus in Bezug auf seine serui wird durch restitui ausgedrückt, was seruus wie oben schon gesagt im Kontext einer Geschäftsbeziehung mit dem Herrn signalisiert. Obwohl der Herr den Esel seinen Sklaven abkauft, handelt es sich dabei nicht um ein freies Geschäft zwischen Gleichberechtigten wie das zwischen den Sklaven und dem miles (vgl. Satz 13). Es wurde oben schon angemerkt, dass die serui hier passiv Objekte der Handlungen des Herrn sind. Es gibt hier keine Verhandlung zwischen dem Herrn und seinen Sklaven, sondern nur ein Befehl (iubet) des Herrn. Er ruft (uocatis) seine serui und restituiert ihnen quadruplum pretium den Kaufpreis des Esels. Unbeschadet anderer möglichen narrativen Funktionen dieses quadruplum pretium im Text des Apuleius181 ist aus der hier eingenommenen Perspektive darauf hinzuweisen, dass die Unmäßigkeit der durch den Herrn restituierten Summe der ganzen Transaktion den Charakter eines gewöhnlichen Kaufgeschäftes nimmt. Bei einem solchen verhandeln nämlich beide Partner tête à tête um den gerechten Preis der Ware, hier aber 180 Grammatikalisch ist seruis Subjekt des Satzes mit einem ablativus absolutus, doch logisch fungiert seruis als Objekt der durch den dominus ausgeführten Verbalhandlung (uocare). 181 Onos 48, 1 erstattet der Herr den Sklaven realistischer nur das Doppelte. Apuleius übertreibt hier, um die luxuria des Herrn zu unterstreichen, vgl. Zimmerman 2000: 240 f.

Semantik von seruus in den Metamorphosen: Stellenanalyse des Terminus

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wird das Geschäft als ein Willensakt aus übergroßer Freizügigkeit des Herrn dargestellt. Es ist sicherlich durch seine Euphorie (magno gaudio) hinsichtlich des fabelhaften Esels motiviert, den seine Sklaven besaßen. Wie oben bemerkt hatte der Sklave ja kein Eigentumsrecht, alles, was er durch sein pe182 culium erwarb, war rechtlich Eigentum seines Herrn. Auch der von den serui erworbene Esel war Eigentum ihres Herrn. Dass dieser den serui für den Esel soviel Geld gibt, zeigt, dass es sich dabei nicht um einen normalen Kauf handelt, sondern um die freiwillige und generöse Restitution des Herrn. Unter dasselbe Zeichen der Generosität des Herrn fällt auch die Tatsache, dass dessen Freigelassener im Satz als satis peculiato charakterisiert wird. serui emptores Im Verhältnis extra familia (miles) Käufer

Geschäftsbeziehungen Im Verhältnis zum Herrn (dominus) Gewalt des Herrn (Objekt der)Herrengewalt

Generosität des Herrn (Objekt der) Geldrestitution

Zugehörigkeit zum Herrn

15. met. XI, 20,1: seruus Candidus Nocte quadam plenum gremium suum uisus est mihi summus sacerdos offerre ac requirenti, quid utique istud, respondisse partes illas de Thessalia mihi missas, seruum etiam meum indidem superuenisse nomine Candidum. a) Kontextuelles Der durch den Schutz der Isis bereits in einen Menschen zurückverwandelte Lucius hat eine enigmatische Traumerscheinung. Der Hohepriester der Göttin zeigt ihm im Traum Anteile (partes illas), die ihm aus Thessalien geschickt worden wären, und mit ihnen wäre auch ein Diener namens Candidus gekommen. Der Traum ist ein spezifischer, nicht von dem modernen Roman übernommener Topos des antiken Romanes. Neuerdings wurde ihm in der For-

182 Das peculium vermindert die Distanz zwischen Herren und Sklaven, so z.B. Dumont 1987: 405: „déjà à un niveau très humble il introduit l’esclave dans un cycle d’échanges de cadeaux avec ses maîtres“, mit Verweis in Fußnote 633 auf Plautus Phor. 41-50.

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Semantische Aspekte der Sklavereitermini

schung sogar eine narratologische Funktion im Rahmen des Romanes zuge183 schrieben. Als Thema jedenfalls hat er die Funktion, die Übermittlung von Befehlen und Botschaften der Götter an die Menschen zu ermöglichen. Dies stellt den antiken Roman unter die doppelte Kausalität der Fortuna und des 184 Götterwillens, wie es auch der Fall des Lucius in den Metamorphosen ist. Der Satz wird von dem Ich-Erzähler Lucius erzählt. Der Teil in indirekter Rede (respondisse partes illas […] Candidum) ist die Rede des Priesters an Lucius im Traum. b) Zeichen von seruus In diesem Satz steht seruus ganz im Bereich des Verhältnisses zu dem Herrn, doch mit der besonderen Bestimmung, Trauminhalt des Herrn zu sein (nocte, uisus est). Die Beschreibung des Trauminhaltes lässt einen Parallelismus zwischen seruus und partes illas, d.h. den dem Herrn aus Thessalien gesandten Gütern zum Vorschein kommen. Wie die partes dem Besitzer (mihi) aus Thessalien (de Thessalia) geschickt (missas) werden, so (etiam) „kommt“ der seruus seinem Besitzer (meum) aus demselben Ort (indidem) „hinzu“ (superuenisse).185 Seruus ist also eine Hinzufügung zu den partes, welche der Priester gerade Lucius im Traum gibt. Die Zeichen, die sich aus diesem Parallelismus zwischen partes und seruus ergeben, können so resümiert werden: seruus = par[te]s par[te]s

seruus

Zugehörigkeit (zum Herrn)

mihi

meum

Entgegennahme (des Herrn)

oferre, missas

superuenisse

Herkunft

de Thessalia

indidem

183 Nach Kenaan 2004: 248 stellt die psychologische Traumerfahrung „the basis of the novel’s fictional language“ dar. Für eine Diskussion der jüngeren Forschung zum Thema des Traumes im Roman vgl. Kenaan 2004: 251 f. 184 Vgl. Létoublon 1993: 202 f. : „La volonté des dieux est la source des épreuves rencontrées par les héros et justifie donc leurs constantes apostrophes à la ‘Fortune’“. 185 Zum ersten Sinn von superuenio vgl. LDH s.v. „I) darüberkommen, über etwas kommen, um es zu bedecken usw., a) übh.: unda supervenit undam“, doch hier wohl im zweiten Sinn „II) dazukommen a) übh.: legati superveniunt, [...] Liv.: signa legionum supervenerunt, kamen dazu (zu Hilfe)“.

Semantik von seruus in den Metamorphosen: Stellenanalyse des Terminus

199

Es ist hier hervorzuheben, dass die Ankunft beider Güter dem Besitzer Lucius durch einen summus sacerdos angekündigt wird. Dies stellt beides, partes und seruum, unter das Zeichen der Sakralität, zumal durch den umfassenderen Kontext klar ist, dass Lucius diesen Traum während seiner Präparation für die Einweihung in die Isismysterien hat. Die Auslieferung der partes an Lucius durch den Priester wird durch das Verb offerre angezeigt, das nicht religiöser Konnotationen entbehrt. Die Traumverdichtung erlaubt es, die Auslieferung der Güter an den Herrn als eine Art religiöser Gabe zu kennzeichnen. Dadurch wird der Annahme der dem Herrn / „Gott“ durch den Priester vorgelegten /angekündigten partes und seruum der (semantische) Wert einer Opfergabe verliehen. Zuletzt ist noch auf das in den Metamorphosen Seltene zu verweisen, dass seruus hier, wo der Terminus als Trauminhalt des Herrn in einem sakralen Kontext vorkommt, nicht nur allgemein durch seine Herkunft (indidem = Thessalia) identifiziert wird, sondern auch individuell durch einen Eigennamen (nomine Candidum). seruus Candidus Traum des Herrn Verhältnis zum Herrn > Sakralität Trauminhalt (des Herrn)

Identifizierung des seruus Herkunft

Entgegennahme (durch den Herrn) > Opfergabe

Eigenname

Zugehörigkeit (zum Herrn)

16. met. XI, 20,2: seruus nuncupatus hanc experrectus imaginem diu diu que apud cogitationes meas reuoluebam, quid rei por||tenderet, praesertim cum nullum unquam ha|buisse me seruum isto nomine nuncupatum certus essem. a) Kontextuelles Dieser Satz folgt Satz 15. Lucius, der Erzähler des Satzes, versucht die Bedeutung seines Traumes zu interpretieren. Besonders rätselhaft scheint ihm die Anspielung auf den Sklaven namens Candidus zu sein, da er nie einen Sklaven mit diesem Namen besessen hat.

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Semantische Aspekte der Sklavereitermini

b) Zeichen von seruus Wie in Satz 15 lässt sich seruus hier gleichfalls ganz im Bereich des Verhältnisses zu dem Herrn verstehen. Viele der Elemente, die seruus im vorigen Satz anzeigen, sind auch in diesem Satz vorhanden. Es ist als Trauminhalt (imagi186 nem) des Herrn und als dem Herrn zugehöriger Gegenstand (habuisse), dass seruus hier angezeigt wird. Die persönliche Identifizierung durch den Eigennamen, den seruus im Traum verdient hatte (vgl. Satz 15), kehrt hier wieder (isto nomine nuncupatum). Es gibt aber einen wesentlichen kontextuellen Unterschied zwischen dem Vorkommen von seruus in Satz 15 und hier in Satz 16. Dort fügt es sich ganz in den Traumkontext, d.h. in den Bereich unbewusst symbolischer Rede ein, hier gehört es aber schon in die bewussten Überlegungen des erwachten (experrectus) Herrn. Seruus kommt hier also wesentlich als Gegenstand der Reflexionen des Herrn (cogitationes meas reuoluebam) vor, der dadurch die Bedeutung (quid rei portenderet) des eigenen Traumes interpretieren will.187 Hauptpunkt dieser Reflexionen ist eben das Problem, welches der Name des seruus aufgibt. Im vorigen Satz, d.h. im Traumbereich, war der Name des seruus als eine Tatsache gegeben. Doch hier, im Bereich der Wachheit, wird dieser Name nicht erkannt, und eben deshalb wird der Besitz eines seruus solchen Namens nicht anerkannt (nullum unquam habuisse me seruum isto nomine). Im Bereich der bewussten cogitationes des Herrn müssen also die Zeichen von seruus als ein Individuum, welches diesen Namen trägt und als Gegenstand dem Herrn gehört, mit einem negativen Vorzeichen gelesen werden. seruus nuncupatus Wachheit des Herrn Verhältnis zum Herrn Charakterisierung des seruus Trauminhalt (-)Eigenname Gegenstand der Reflexion (-) Zugehörigkeit zum Herrn

186 Traum wird in den Metamorphosen nicht immer durch somnium, sondern manchmal „par ce qu’il donne à voir: image, représentation figurée, chose vue plus simplement“ (Annequin 1996: 188) angezeigt. Neben imago finden sich nach Annequin auch simulacrum, species, uisum, somnium, diuinatio, oraculum. 187 Die im Traum gesehenen Bilder galten in der Antike als göttergesandte Anzeichen der Zukunft. Danach zu trachten, sie zu deuten, war demnach ein vernünftiges Verhalten. Von der damaligen Spezialliteratur zur Traumdeutung ist uns das Lehrbuch des Artemidoros erhalten. Vgl. dazu Annequin 1996: 137.

Semantik von seruus in den Metamorphosen: Stellenanalyse des Terminus

201

17. met. XI, 20,7: seruus equus quare sollertiam somni tum mirabar uel maxime, quod praeter congruentiam lucrosae pollicitationis argumento serui Candidi equum mihi reddidisset colore candidum. a) Kontextuelles Die Bedeutung des Traumes des Lucius (vgl. Beschreibung der Situation in Sätzen 15 und 16) wird durch ein wirkliches Ereignis offenbart. Die famuli des Lucius kehren nämlich aus Hypata zurück und bringen auch den geliebten Schimmel ihres Herrn mit. Lucius soll in der Begleitung dieser famuli in Hypata eingetroffen sein und hätte sie nach seiner Verwandlung in einen Esel zurücklassen müssen. Die Abenteuer ihres Herrn soll dann den famuli zu Ohren gekommen sein. Sie stießen nun zu ihrem Herrn (vgl. met. XI, 20, 6), der wieder in Menschengestalt unter den Isispriestern lebte. In der Forschung wird das Auftauchen mehrerer famuli an dieser Stelle als eine narrative Unstimmigkeit des Apuleius angesehen, denn in den vorhergehenden Büchern der Metamorphosen ist nur im Singular von Lucius’ Sklaven die Rede.188 Wie dem auch sei, dieses Ereignis wäre in völliger Übereinstimmung (congruentia) mit dem, was der Priester Lucius im Traum angekündigt hatte. Es ist hier anzunehmen, dass die lucrosa pollicitatio, welche die Rückkehr der famuli für den Herrn bedeutete, im Traum der Rückerstattung der partes illas aus Hypata (vgl. Satz 15) entspricht. Über diese Annahme sei sofort bemerkt, dass die Kongruenz der im Traum erwähnten partes illas mit den famuli im Text nicht direkt ausgesprochen, sondern nur dadurch angedeutet wird, dass beide den Wert eines lucrum certum (met. XI, 20, 3) und einer lucrosa pollicitatio des Herrn Lucius haben.189 Auch der rätselhafte Name des Sklaven Candidus (vgl. Sätze 15 und 16), dessen Rückkehr der Traum ebenfalls in Aussicht stellt, erweist sich dann als eine Anspielung auf die weiße Farbe (colore candidum) des wiedererlangten Pferdes.

188 Vgl. z.B. Harrauer 1973: 132: „nirgends in den M ist die Rede von famuli des Lucius, nur einmal wird ein seruulus meus [...] erwähnt“. Ähnliches bei met. R & V Bd. I: 42 Anm. 1. Summers 1967: 245 Anm. 3 behauptet sogar, es gäbe überhaupt keinen Hinweis darauf, „that Lucius had journeyed to Hypata with slave or slaves“. Helm (Praef. Flor.: XVI) soll zuerst Apuleius diese Inkohärenz vorgeworfen haben, vgl. van der Paardt 1971: 74, der Helm zustimmt und eine Zusammenfassung des sogenannten „Dienerproblems“ bringt. 189 Zur religionssymbolisch bestimmten Identität der partes und der famuli vgl. Harrauer 1973: 133 f. Weiter unten in diesem Kapitel soll darauf zurückgekommen werden.

202

Semantische Aspekte der Sklavereitermini

b) Zeichen von seruus Als Genitivus explicativus ist serui in diesem Satz unmittelbar mit dem Substantiv argumento verbunden, das hier sowohl „Stoff, Inhalt“ wie noch ein 190 Synonym für signum, symbolum sein kann. Dies weist in diesem Satz auf seruus als Trauminhalt (somni) des Herrn hin, d.h. auf ein Element im symbolischen Bereich. Nach Artemidoros Oneirokritika kann dieser Traum in die Kategorie der allegorischen Träume eingeordnet werden. Das sind Träume, die 191 gewisse Sachen vermittels anderer Sachen bedeuten und also eine Deutung brauchen. Das argumentum seruus hat also keinen Wert an sich, sondern ist nur ein Repräsentant, d.h. seruus steht im Traum anstatt eines anderen. Dieses durch seruus repräsentierte Andere zeigt sich „in Wirklichkeit“ als ein Pferd (equum). Somit fungiert seruus im träumenden Geist des Herrn als ein Symbol (argumentum) für equus, d.h. equus wird hier durch das Zeichen des Sklaventums markiert. Die Signifikation geht aber in beide Richtungen. Die Tierheit des equus kann ihrerseits als ein seruus identifizierendes Zeichen in diesem Satz genommen werden. Der Prozess, der die symbolische Identifizierung von seruus und equus ermöglicht, wird im Satz durch congruentia angezeigt. Die Traumverdichtung lässt beide symbolisch zusammenfallen. Obschon Produkt eines individuellen träumenden Geistes ist die Möglichkeit der Verdichtung von seruus und einem Reittier (equus) vor allem kulturell bedingt. Sie muss im Rahmen einer umfassenderen Kultur gedacht werden, in welcher die Annäherung eines Vierfüßers (namentlich eines Lasttieres) und eines Sklaven so viele Lebensbereiche durchdringt, dass sie praktisch zu einem locus communis der Literatur192 und von daher durch eine sollertia somni selbst zum Inhalt (argumentum) des Traumunbewussten eines Individuums 193 dieser Kultur werden kann.

190 Zu argumentum als symbolum, signum, vgl. Harrauer 1973: 20 s.v. argumentum lunae, in met. XI, 3,4. Es ist auch mit zwei Stellen aus Buch XI der Metamorphosen, dass LDH diesen Sinn des Terminus belegt, vgl. s.v. argumentum: „- III) das Symbol, Apul. met. 11, 3 u. 11,11“. 191 Annequin 1996: 144. Ein anderes Merkmal des allegorischen Traumes ist, dass er „dévoile toujours une vérité, annonce toujours l’avenir“ (Annequin 1996: 146), was eben im Traum des Lucius der Fall ist. 192 Dazu vgl. z.B. Finley 1980: 99, bes. Gianotti 1986: 23 ff. und Fitzgerald 2000: 99 ff. mit Stellenangaben. 193 Nach der Traumdeutung des Artemidoros sind Last- bzw. Reittiere wie Ochsen und Esel oft durch die Symbolik der Sklaverei markiert (vgl. z.B. Artemidoros Oneir. 1, 24 und 37; 4, 56). Apuleius kannte wohl das Oneirokriticon und scheint ähnliche Deutungsschemata anzuwenden. Dazu vgl. Gianotti 1986: 25 f.

Semantik von seruus in den Metamorphosen: Stellenanalyse des Terminus

203

Die Verdichtung seruus / equus kann auch von dem Standpunkt der individuellen Erfahrung des Träumenden aus und somit als eine Erinnerungsspur aus dem von Lucius Erlebten betrachtet werden. In der Gestalt eines Lasttieres hat ja Lucius Erfahrungen gesammelt, „als ob“ er ein Sklave wäre, und dabei oft Gebrauch von der Terminologie des Sklaventums gemacht, um den Leser die Nöte seines Eseldaseins nachvollziehen zu lassen. Es ist auch in Betracht zu ziehen möglich, dass Lucius seinen Schimmel als eine Art Lieblingsdiener ansah. Zu seiner Benennung verwendet er im Laufe der Romanhandlung oft Termini aus dem Sklaventum,194 was ihn jetzt im Traum in der Form eines seruus auftreten lässt. All das muss letztlich als Teil der narrativen Strategien eines allwissenden Schriftstellers angesehen werden, weshalb die Analyse der Träume in den Metamorphosen das erfordert, was Annequin hervorgehoben hat, nämlich die von ihnen angenommenen Funktionen im narrativen System 195 und in der Symbolik der Erzählung zu situieren. Dies muss alles vor Augen gehalten werden, will man die im Traum des Lucius vorgenommene Verdichtung von seruus und equus genauer bewerten. Doch die Betrachtung dieser Frage aus all den genannten Perspektiven geht über das Ziel dieser Untersuchung hinaus. Hier wurden die Informationen über seruus strikt aus den Daten gewonnen, welche der sprachliche Umkreis des Satzes liefert, in dem der Terminus steht. Rein im Anschluss an diese Zielsetzung wurden hier die Elemente identifiziert, die im Rahmen dieses Satzes die congruentia von seruus und equus herzustellen erlauben. Der Terminus, durch welchen seruus mit equus unmittelbar im Satz identifiziert wird, ist candidus (serui Candidi, equum candidum). Die Farbe (colore) des Pferdes, ein Element des physischen Aussehens des Tieres, nimmt im Traumunbewussten des Herrn den Wert des Eigennamens des seruus an. Die Verdichtung seruus / equus geschieht also nach folgendem Paradigma: Traum seruus (argumentum) Eigenname [nomen] Candidus

Wirklichkeit = equus = Farbe = color: candidus

194 Vgl. z.B. met. III, 26,5: illi gratissimo famulo; VII, 3,5: me cum famulo meo que uectore illo equo factum conseruum atque coniugem. 195 Annequin 1996: 135. Zur Natur und Funktion des Traumes in der Narrative der Metamorphosen vgl. Annequin 1996: bes. 143 ff. und Kenaan 2004: 251 ff.

204

Semantische Aspekte der Sklavereitermini

Eine der traditionellen Weisen, Sklaven zu benennen, kam kurioserweise von deren Körpereigenschaften, und einige dieser Benennungen fußten eben auf 196 Farbennamen. Dasselbe ist im vorliegenden Fall zu beobachten, da Candidus, der Eigenname des seruus, der weißen Farbe des Pferdes des Lucius entspricht. Als Bezeichnung für die weiße Farbe hat candidus im Kontext des Traumes von Lucius noch einen symbolischen Wert. Weiß ist die Lieblingsfarbe im Isiskult, sie kommt in den Mystengewändern, Tempelvorhängen usw. vor und 197 hat die allgemeine Bedeutung von Rettung oder Heil. Im vorliegenden Fall fällt die Rettung des Lucius, welche durch Namen und Farbe seines seruus bzw. Pferdes symbolisiert wird, mit der Wiedererlangung seiner Güter bzw. Sklaven (famuli) und seines Rosses (equum mihi reddidisset) zusammen, die 198 im Satz durch den Ausdruck lucrosa pollicitatio angezeigt wird. Die Referenz auf die aus Hypata zurückkehrenden famuli des Lucius steht im unmit199 telbar vorhergehenden Satz. Man bemerke auch (siehe oben Satz 15), dass die Ankunft der famuli durch dasselbe Verb angezeigt wird (superueniunt), mit welchem der Priester im Traum des Lucius die Ankunft des seruus Candidus ankündigt (seruum [...] superuenisse nomine Candidum). Beide, die famuli und der seruus Candidus, kommen aus Hypata. Die Wiedererlangung stellt Lucius’ Zustand als Gutsbesitzer bzw. Sklavenherr wieder her, dieser fundamentale Schritt geht seiner definitiven Einweihung in die Isismysterien 200 voraus, die im nächsten Satz thematisch wird. Es ist nicht ohne Ironie, dass Lucius’ Wiedereinstellung in seinen Wohlstand der Einweihung vorausgeht, denn zu deren Durchführung ist Lucius gehalten, der Göttin und ihrem Bruder 201 Gemahl ständig beträchtliche Geldsummen zu spenden.

196 Eine Liste der auf Farbennamen basierenden Sklavennamen in Inschriften aus der Stadt Rom bei Solin 1996: 53-56 (lateinische Namen) und 400 (griechische Namen). In der Liste lateinischer Namen kommt auch Candidus mit einem Beleg aus dem 2./3. Jh. und zwei Belegen aus dem 2. Jh. n. Chr. vor, auch das Femininum Candida ist zwischen dem 1. und 3. Jh. n. Chr. belegt (Solin 1996: 53). 197 Dazu vgl. Harrauer 1973: 134. Zu den möglichen religiös-symbolischen Konnotationen, die in der weißen Farbe bzw. dem Namen des Pferdes impliziert sind, vgl. Drake 1968. 198 Vgl. met. XI, 18. Diese der Traumepisode vorhergehende Stelle zeigt, wie die familiares und uernulae des Lucius auf die Nachricht, er sei am Leben, ihm entgegenlaufen mit Geschenken und Lebensmitteln, damit er dadurch seine Ausgaben beim Kult der Göttin bestreiten möge (oblationes honestas [...] quippe cum mihi familiares, quo ad cultum sumptum que largiter succederet, deferre prospicue curassent). 199 Vgl. met. XI, 20,6: et ece superueniunt Hypat[ri]a quos ibi reliqueram famulos. 200 Vgl. met. XI, 24-26. 201 Vgl. u.a. met. XI, 14,6; 18,3; 28,1-4.

Das Signifikat des seruus: Bilanz der Ergebnisse

205

Nach Annequin sind die Träume im Buch XI mit Lucius’ Wiedergeburt as202 soziiert. Lucius’ Wiederaufnahme der Herrenrolle ist Teil seiner „menschlichen Wiedergeburt“, sie bedeutet das Ende des Eseldaseins, das er erlebt hat, 203 „als ob“ er ein Sklave wäre. An derselben Stelle bemerkt Annequin, dass die Funktion der Träume des Lucius im Buch XI in der narrativen Folge dazu beitragen, den Abenteuerzyklus der romanhaften Irrungen und Wirrungen abzuschließen. Lucius’ Rettung, auf die mit der im Namen Candidus steckenden Symbolik der weißen Farbe angespielt wird, ist als die Errettung eben aus dem Herumirren zu verstehen, dem Lucius als Tier und „Sklave“ bzw. als NichtHerr unterworfen war. Deshalb ist seruus im diesem Satz noch unter zwei für den Herrn günstigen Zeichen zu verstehen: zunächst religiös als ein Zeichen geistiger Wiederherstellung, d.h. als Errettung oder Heil (Candidi, candidum) des Herrn, was durch die Symbolik der weißen Farbe im Isiskult nahegelegt wird, dann aber auch weltlich als ein Zeichen materieller Wiederherstellung, d.h. des Wohlstandes des Herrn (lucrosae pollicitationis)204, insofern seruus unter die Zugehörigkeit zum Herrn (mihi reddidisset) gestellt wird. seruus equus Verhältnis zum Herrn Trauminhalt

Identifizierung des seruus Tierheit

Heil (geistige Wiederherstellung des Herrn)

Eigenname (= Farbe)

Wohlstand (materielle Wiederherstellung des Herrn) Zugehörigkeit zum Herrn

D. Das Signifikat des seruus: Bilanz der Ergebnisse Aus der Analyse von 17 Stellen mit dem Terminus seruus in ihren jeweiligen Satzzusammenhängen wurde eine Menge Zeichen herausgefunden, welche an jeder dieser Stellen die Semantik von seruus jeweils umschreibt. Nun ist hier eine Bilanz der erzielten Resultate zu ziehen. 202 Annequin 1996: 179. 203 Zur „Kontamination“ von Servilität und Bestialität in den Metamorphosen vgl. Gianotti 1986: 11-31 und Annequin 1998: bes. 114 ff. 204 Vgl. met. XI, 20,3, wo Lucius den Sinn seines Traumes deutet als lucrum certum (ut tamen sese praesagium somni porrigeret, lucrum certum modis omnibus significari partium oblatione credebam).

206

Semantische Aspekte der Sklavereitermini

1. Netz der Assoziationen und Oppositionen des Terminus seruus Die hier vorgelegte Analyse des Terminus seruus in den Metamorphosen erlaubt die Erstellung eines Netzes von Termini, mit denen seruus durch Negation oder Identität in Assoziation steht. Diese Termini können also hier als in einem semantischen Komplementärverhältnis zu seruus stehend verstanden werden und ermöglichen es, das Signifikat von seruus im Text des Apuleius einzugrenzen. Der Wertaspekt des Signifikates kann besser präzisiert werden, wenn man die Zeichen, die seruus qualifizieren, an jeder Stelle beobachtet, an der diese Assoziationspaare von seruus identifiziert werden können: Seruus Satz

Oppositionen /Assoziationen

qualifizierendes Zeichen

3

≠ [uir] (= femina)

humilis

11

≠ [uir] (= mulier)

nequissimus

12

≠ bonus (medicus) (= nouerca)

[malus]

5

≠ ciuis romanus (= mancipium)

bonus et frugi

7

≠ asinus (= homo)

[Sexualobjekt]

205

206

Die Assoziation von seruus mit femina geschieht in Satz 3 durch die Zeichen Furcht / Feigheit und Untätigkeit. Seruus ist hier Gegensatz von uir und wird unter der Ägide der humilitas charakterisiert. Die Assoziation von seruus mit mulier und nouerca geschieht in den jeweiligen Sätzen unter der Ägide des Deliktes. Deshalb wird seruus in diesen Sätzen als nequissimus und als das Gegenteil von bonus, d.h. als [malus] charakterisiert. Positiv wird seruus nur in Assoziation mit mancipium qualifiziert. Unter dem im Terminus mancipium implizierten Aspekt der Ware signalisiert (vgl. Kommentar zu Satz 5) wird seruus als bonus qualifiziert. Der Sinn dieses Adjektivs ist aber nicht moralisch zu verstehen, denn er wird durch das Syntagma bonus et frugi eingegrenzt, d.h. der bonus seruus ist gut im Sinne von „für etwas taugend“ (frugi), nämlich für die Arbeit. Als mancipium ist seruus entgegengesetzt dem ciuis (romanus), dem freien unveräußerlichen, also nicht durch Kauf zu 205 In eckigen Klammern stehen Zeichen, die im Text nicht positiv belegt, sondern durch Negation deduziert wurden. In diesem Satz erhält seruus keine konkrete Qualifikation, doch wegen seiner Opposition zu bonus (medicus) ist negativ zu schließen, dass seruus hier in absentia als malus qualifiziert wird. 206 Durch Opposition zu maritus, dazu vgl. oben Kommentar zu Satz 7.

Das Signifikat des seruus: Bilanz der Ergebnisse

207

erwerbenden Menschen. Zuletzt wird seruus direkt mit homo assoziiert, doch nur insofern er asinus entgegengesetzt wird. Die „Humanität“ des seruus wird hier rein negativ signalisiert, d.h. nur zur Unterscheidung von dem Tier. Es ist hervorzuheben, dass diese Unterscheidung im Kontext eines ironischen Spieles getroffen wird, in dem der Esel an Stelle eines seruus homo zur Ausübung sexueller Funktionen einer domus angeboten wird. 2. Bereiche der Signalisierung von seruus Für Darstellungszwecke können die hier analytisch gewonnenen Zeichen von seruus in verschiedene Bereiche eingeteilt werden: a) b) c) d) e)

Charakterisierung von seruus Verhältnis des seruus zu Frauen Verhältnis des seruus zu (männlichen) Herren Verhältnis des seruus zum Rechtswesen Verhältnis des seruus zu anderen Instanzen bzw. Individuen e1) seruus und andere Individuen der domus (Verhältnis intra-familia) e2) seruus und außerhalb der domus stehende Individuen (Verhältnis extra-familia)

Es sei hier angemerkt, dass streng genommen eine genaue Grenze zwischen diesen Bereichen nicht immer gezogen werden kann. Das Verhältnis des seruus zum Rechtswesen z.B. lässt sich eigentlich nicht von dem Verhältnis des seruus zum Herrn trennen, denn seruus wird in der Regel in Verbundenheit mit dem Herrn in einem legalen Kontext thematisch. Auch die Charakterisierung des seruus geschieht im Kontext des Verhältnisses zu anderen Instanzen, namentlich zum Herrn und zum Rechtswesen, aber auch zu Frauen. Die obige Einteilung ist aber für die Zwecke dieser Arbeit insofern nützlich, als sie geordneter eine Übersicht über die Resultate erlaubt, die im Laufe der Analyse des vorliegenden Kapitels gewonnen wurden. Der obige Bereich e) wird wegen seiner Vielfältigkeit in dieser Zusammenfassung nicht berücksichtigt. Zu e1) ist hier zunächst Satz 4 zu erwähnen. Er signalisiert seruus im Verhältnis zu zwei Individuen weiblichen Geschlechtes, einem, welches der domus angehört (conserua coniuga), und einem, welches außerhalb der domus steht (libera mulier extraria, Liebhaberin des seruus). Dieser Satz wird also unter b) berücksichtigt. Unter e1) fällt auch das Verhältnis zu frater in Satz 13. Was nun e2) angeht, so wären hier die Sätze 1 (Verhältnis zu einer Gottheit), 4 (Verhältnis zu einer Liebhaberin), 5 (Verhältnis zu einem Händler), 8 (Sexualverhältnis zu einer Herrin aus einem anderen Haus),

208

Semantische Aspekte der Sklavereitermini

14 (Verhältnis zum Nachbarn) und 15 (Verhältnis zu einem Priester) zu nennen. Zu den verschiedenen Aspekten, die in Beziehung zu dieser bunten Liste hier jeweils anzusprechen wären, sei auf den analytischen Kommentar zu den entsprechenden Sätzen verwiesen. a) Charakterisierung von seruus: Ein schlechtes Wesen Die Charakterisierung von seruus wird in den jeweiligen Sätzen normalerweise durch Termini angezeigt, welche seruus direkt qualifizieren (z.B. Adjektive) oder welche Auskunft über seine Identität geben (z.B. Eigenname, herkunftsoder artanzeigende Substantive). Diese Termini markieren seruus unter folgende Zeichen: Flucht (Satz 1) Unmännlichkeit (Satz 3) Niedrigkeit (Satz 3) Furcht (Satz 3) Untätigkeit (Satz 3) Tauglichkeit (Satz 5) (Körperliche) Schönheit (Satz 6) Beharrlichkeit (Satz 8) Geldgier (Satz 8) Sexualbegierde (Satz 4 [des eigenen seruus], 8 [der Herrin]) Schurkerei (Sätze 10, 11) Schlechtheit / Böswilligkeit (=[Mangel an Güte]) (Satz 12) Zugehörigkeit zur Menschengattung (Satz 7) Tierheit (Satz 17) Identität (Eigenname, Herkunft) (Sätze 15, 16, 17) [Weiße] Farbe (Satz 17) Nur zwei Zeichen (Farbe und Schönheit) grenzen seruus aufgrund physischer Merkmale ein. Es sei hervorgehoben, dass körperliche Schönheit seruus im Kontext von Sexualfunktionen auszeichnet, welche seruus im Verhältnis zu dem Herrn auszuüben hat. Es ist also zur Abgrenzung von seruus als Sexualobjekt des Herrn, dass seruus im Hinblick auf Schönheit signalisiert wird (vgl. Satz 6). Die meisten Zeichen, die seruus kennzeichnen, weisen aber auf Charakterzüge. Meist sind es Zeichen, die Charakterschwäche anzeigen und seruus in der Regel in seinem Verhältnis zu dem Herrn oder öfter noch zum Rechtswesen bestimmen. Es ist merkwürdig, dass Ähnliches schon für den Sklaven in den Digesta konstatiert wurde, in denen über 90 % der in die Rub-

Das Signifikat des seruus: Bilanz der Ergebnisse

209 207

rik Bildnis des Sklaven fallende Textstellen sich auf den Sklaven „mauvais“ beziehen. Meist handelt es sich dabei um moralische Mängel wie Feigheit, Geldgier, lügnerisches Wesen u.dgl.m. Zwei Zeichen weisen auf Tugenden hin, Tauglichkeit und Beharrlichkeit. Seruus wird als tauglich (bonum et frugi) dargestellt, wenn er auf dem Markt feilgeboten wird. Diese Charakterisierung ist hier Teil der Verkaufsrhetorik des 208 praeco (vgl. Satz 5). In einem anderen Kontext wird seruus in seiner Beharrlichkeit (serui tenacitatem) dargestellt, die Befehle seines extrem strengen Herrn auszuführen (vgl. Satz 8). Die Beharrlichkeit des seruus kommt also aus Angst vor der Strafe von seiten des Herrn zum Vorschein. Wohlgemerkt, die Tugenden des seruus sind relativer Art. Sie werden nicht immanent aus der Perspektive des seruus als Person bestimmt, sondern aus der Perspektive des Herrn, denn sie betreffen die Eigenschaften des seruus nur als Diener seines 209 Herrn. Die Charakterschwächen (Begierde, Geldgier, Niedrigkeit, Ungehorsam, Neigung zur Flucht usw.) dagegen werden seruus als wesentliche Attribute zugeschrieben, die aus seiner Eigenart oder aus Handlungen fließen, welche er von sich aus in der Regel gegen eine männliche Herrenfigur oder in dessen Abwesenheit begeht. b) Verhältnis des seruus zu Frauen: Charakterschwäche und Delikt Seruus erscheint fünfmal (Sätze 3, 4 [zweimal] 8, 11, 12) im Verhältnis zur Frau. In Satz 3 wird seruus mit Frau (femina) allgemein, d.h. als Gattungswesen assoziiert. Die Assoziation steht unter den Zeichen der Furcht und der Untätigkeit, welche seruus mit femina gemein hat und zugleich die humilitas des seruus kennzeichnen. In den restlichen Stellen kommt seruus in Beziehung mit zwei Arten individueller Frauen im Roman vor: 1. mit einer außerhalb der domus stehenden Frau (Satz 4) und 2. mit einer zur domus gehörenden Frau (Sätze 4, 8, 11, 12). Im ersten Fall wird seruus durch die Zeichen der Sexualbegierde und des Deliktes eingegrenzt, da er mit einer freien, einem anderen Haus angehörenden Frau (liberae cuiusdam extrariaeque mulieris) Ehebruch begeht. Im zweiten Fall handelt es sich um eine conserua (Satz 4) 207 Vgl. Morabito 1981 271 ff., besonders 271-272 Anm. 45-73 zu den Stellen in den Digesta. 208 Es scheint gerade eine allgemeine Topik der Eigenschaften des Sklaven bestanden zu haben, denn sie kehrt nicht nur in Handlungssituationen wie hier, sondern auch in den Komödien des Plautus und selbst in juristischen Texten wieder, vgl. dazu Dumont 1987: 445. 209 Dasselbe trifft nach Dumont auf die Charakterisierung des guten Sklaven in der lateinischen Komödie zu: „il s’agit, au départ, de qualités fonctionnelles conformes à l’intérêt du maître“ (Dumont 1987: 445).

210

Semantische Aspekte der Sklavereitermini

und um Herrenfiguren (Sätze 8, 11, 12). Im Verhältnis zur conserua erscheint seruus im Zeichen einer regulären ehelichen Beziehung (conseruam coniugam). Bemerkenswert ist das Resultat aus den Sätzen 8, 11 und 12, in denen seruus im Verhältnis zu einer weiblichen Herrenfigur steht. In allen wird seruus unter das Zeichen eines Deliktes gestellt. Als Komplize erleichtert er der Herrin den Ehebruch (Satz 8), er ist seiner Herrin behilflich in der Verwirklichung ihrer verbrecherischer Absichten, nämlich des parricidium und der fälschlichen Anklage, beide aus dem Trieb zum Ehebruch begangen (vgl. Satz 11 und für die Bestrafung Satz 12). Im Gegensatz zu männlichen Herrenfiguren werden weibliche Herrenfiguren in den Sätzen, in denen seruus vorkommt, durch Termini pejorativen Wertes angezeigt, die also ihrer Herrschaftlichkeit Abbruch tun wie mulier, puella, nouerca usw. Auch die Zugehörigkeit des seruus zu seiner Herrin wird im Satz nicht durch Elemente wie Possessivpronomina, Genitivus possessivus usw. markiert, wie es in den Sätzen vorkommt, in denen männliche Herrenfiguren erwähnt werden. Man beachte aber, dass dies nur für die Zeichen im engeren Kontext der Sätze gilt, in denen seruus steht. In anderen Kontexten des Romanes lassen sich natürlich Zeichen feststellen, welche das Herrenverhältnis weiblicher Figuren zu ihren Sklaven betreffen, doch dann wird der Sklave seltsamerweise nicht durch den Terminus seruus angezeigt. Sexualbegierde und Verbrechen scheinen somit das Zeichenpaar zu bilden, welches öfter eine direkte Assoziation zwischen Frau und seruus im Roman des Apuleius erlaubt. Die Unmäßigkeit der sexuellen Lust, die Assoziation mit unerlaubtem Sex und der Hang zum Verbrechen waren Teil der traditionell frauenfeindlichen Topik in der griechisch-römischen Welt.210 Was sich aus der Analyse der Stellen, in denen seruus in den Metamorphosen vorkommt, feststellen ließ, ist, dass diese Zeichen auch auf den Sklaven angewendet werden, und die häufige Assoziation von seruus mit Frau (mulier, femina, puella, nouerca) verstärkt noch das Stereotyp. c) Verhältnis des seruus zu (männlichen) Herren: Das Wohlhaben des Herrn Unter den 17 analysierten Stellen mit seruus in den Metamorphosen gibt es 13, in denen er im Bereich des Verhältnisses zu einem männlichen Herrn vorkommt. Es muss hier das männliche Geschlecht der Herrenfiguren unterstrichen werden, zu denen seruus wirklich in einem Beherrschungsverhältnis 210 Vgl. oben in diesem Kapitel Anmerkungen 60, 127 und 155 für weiterführende Literatur.

Das Signifikat des seruus: Bilanz der Ergebnisse

211

steht. Freilich kommt seruus dreimal auch in Beziehung mit weiblichen Herrenfiguren vor, doch im Gegensatz zu den männlichen Herren werden die weiblichen Herrenfiguren nicht im engen Rahmen der hier analysierten Sätze, in denen seruus steht, als herrschaftliche Figuren angezeigt. Die Zeichen von seruus, die im Rahmen des Verhältnisses zu „Herrinnen“ identifiziert werden können, weisen nicht auf Beherrschungs- bzw. Subordinierungsverhältnisse hin, sondern lassen sich eher in die Liste der Zeichen für seruus in seinem Verhältnis zu Frauen im Allgemeinen einfügen. Es ist also eher unter der Ägide der Gleichstellung (nämlich mit einem Laster) und der Komplizität (an einem Verbrechen), nicht aber der Beherrschungsverhältnisse, dass seruus in Beziehung zu weiblichen Herrenfiguren gesetzt wird. Aus diesem Grund schien es hier ratsam, die im Rahmen des Verhältnisses mit solchen Figuren identifizierten Zeichen von seruus in den Bereich des Verhältnisses des seruus zu Frauen allgemein zu verweisen. Die Zeichen, durch welche seruus im Bereich des Verhältnisses zu einem dominus identifiziert werden kann, sind folgende: Zugehörigkeit zum Herrn (Sätze 1, 2, 4, 13, 14, 15, 16, 17) Besitzobjekt des Herrn (Sätze 6, 7) Objekt der Herrengewalt (Satz 14) Nähe (Mitwisserschaft) (Satz 2) Verbrechen / Straftat (des Herrn) (Satz 2) Arbeit (Sätze 4, 5, 13) Sexualfunktion (für den Herrn) (Sätze 6, 7) Objekt der Geldrestitution (Satz 14) Trauminhalt (des Herrn) (Sätze 15, 16, 17) Gegenstand der Reflexion (des Herrn) (Satz 16) Entgegennahme (durch den Herrn) > Opfergabe (Satz 15) Wohlstand (des Herrn) (Sätze 13, 17) Heil (des Herrn) (Satz 17) Einige der oben unter „a) Charakterisierung von seruus“ erwähnten Zeichen von seruus liegen direkt im Bereich des Verhältnisses zu dem Herrn beschlossen. Es sind folgende: Ungehorsam (Satz 1) Unmännlichkeit (Satz 3, siehe oben unter a)) Beharrlichkeit (Satz 8)

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Semantische Aspekte der Sklavereitermini

Die massive Häufigkeit von seruus im Bereich des Verhältnisses zu einem Herrn lässt seruus im Text des Apuleius als ein praktisch von dominus nicht zu trennendes Zeichen verstehen. Das heißt, dass viele der hier aufgelisteten Zeichen von seruus mit umgekehrtem Wert auch als Zeichen von Herren fungieren. So markiert seruus z.B. den Herrn als einen Besitzer, als wohlhabend, als ein machtbesitzendes Individuum usw., wie auch dominus, erus den seruus als etwas Besessenes, als unterworfenes Individuum, als jeder Machtausübung bares Wesen usw. Das Zeichen von seruus, welches öfter im Bereich des Verhältnisses zum Herrn vorkommt, ist das der Zugehörigkeit des seruus zum Herrn. Dieses Zeichen wird in der Regel durch Possessivpronomina, Genitivus possessivus u.a. im Satz angezeigt. Innerhalb der Vorstellung der Zugehörigkeit kann noch der Spezialfall vorkommen, dass seruus als ein Besitzobjekt angezeigt wird, aber nicht gleichzeitig der Aspekt seiner Zugehörigkeit zur Herrengewalt (familia, domus). In diesem Fall wird seruus als eine eben durch einen Kauf erworbene Ware markiert, d.h. es handelt sich um eine Situation des Übergangs, in der die Zugehörigkeit des seruus zum Herrn sozusagen noch „frisch“ ist und der Herr seruus rechtlich schon besitzt, dieser aber noch nicht in die domus eingeführt wurde. Es ist interessant, dass die meisten Zeichen, welche seruus im Bereich des Verhältnisses zu dem Herrn bestimmen, für den Herrn positive Zeichen sind, die seine Macht und Autorität anzeigen oder ihm einen Gewinn in Aussicht stellen. Negativ im Verhältnis zu dem Herrn wird seruus durch drei Zeichen bestimmt: a) Verbrechen: dessen sein Herr angeklagt wird, wobei seruus gesetzmäßig der Folter unterzogen wird, um seinen Herrn zu verraten (vgl. Satz 2) b) Ungehorsam: insofern er als profugus die Eigentumsrechte seines dominus verletzt (vgl. Satz 1) c) Unmännlichkeit: insofern er mit femina assoziiert sich als das Gegenteil von dem Herrn, der ein uir ist, darstellt (vgl. Satz 3). Unmännlichkeit und Ungehorsam weisen auf die natürliche Eigenart des seruus bzw. auf eine von ihm aus eigenem Antrieb begangene Tat (Flucht) hin, Verbrechen weist auf eine Lage hin, in welcher seruus der Macht einer Entität (d.h. der Justiz) ausgeliefert ist, die nicht sein Herr ist. Insofern er aber ganz als ein Objekt der potestas des Herrn verstanden wird, bedeutet seruus immer etwas Positives für den Herrn (z.B. materiellen wie geistigen Gewinn, Autorität und Besitz, Lust und Wohlstand usw.). Merkwürdig ist, dass diese „Bedeutung“

Das Signifikat des seruus: Bilanz der Ergebnisse

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von seruus in den Metamorphosen eine dermaßen symbolische Kraft erlangt, dass sie die Traumphantasie des Herrn besetzt (vgl. Sätze 15, 16 und 17). Auch das Zeichen der Arbeit markiert seruus oft im Bereich des Verhältnisses zu dem Herrn. Zwei von drei einschlägigen Stellen erwähnen spezifische Funktionen oder Berufe (Satz 4: uillicare, auch tutela familiae; Satz 13: cocus, pistor dulciarius) und eine erwähnt eine allgemeine Funktion (Satz 5: iuuare). Letztere Erwähnung geschieht, als seruus durch einen praeco feilgeboten wird. Iuuare – das Verb, welches der praeco zur Angabe der Tätigkeit gebraucht, die der von ihm feilgebotene seruus ausüben kann – bestimmt zwar nicht die Spezialität des seruus als Arbeiter, doch eben deswegen stellt es ihn als zur Erledigung irgendwelcher Aufgabe fähig dar, die der künftige dominus ihm auferlegen mag. Die spezialisierten Funktionen bzw. Berufe erscheinen beide Male in „Kollokation“ mit Zeichen, die des Herrn Wohlstand indizieren (vgl. Analyse der Sätze 4 und 13). Diese Zeichen, die in Bezug auf seruus die Ausübung spezialisierter Aufgaben anzeigen, können ebenfalls in Bezug auf den Herrn als Zeichen des Wohlstandes genommen werden. Es sei endlich bemerkt, dass dort, wo seruus mit einem Herrn assoziiert wird, er in der Regel als (logisches bzw. syntaktisches) Objekt der Handlung des Herrn bzw. anderer Machtinstanzen wie die Justiz fungiert. In diesen Fällen steht seruus oft im Akkusativ, d.h. in der passiven Rolle des Objektes und nicht der aktiven des Subjektes. Nur einmal steht seruus im Nominativ (Satz 4). Zu diesem seltenen Fall ist zu bemerken, dass seruus hier, wo er außerhalb des Herrenmachtbereiches steht und als „Agens“ markiert ist, auch unter dem Zeichen des Deliktes steht. Nach dem Text des Apuleius scheint seruus immer dann zur Delinquenz bestimmt, wenn er nicht unter der „Hand“ des männlichen Herrn steht und seiner eigenen Willkür überlassen ist. d) Verhältnis des seruus zum Rechtswesen: Der delinquente seruus Morabito hat bei seiner Untersuchung der Vorstellung des Sklaven in den Digesta bemerkt, dass „l’idéologie dominante apparaît à travers la prise en considération de l’esclavage, mais surtout elle nous apporte, de manière plus précise, un portrait-type de l’esclave“211. Dasselbe könnte man zum Vorkommen von seruus in Bezug auf das Rechtswesen im Roman des Apuleius sagen. Doch welches wäre das aus diesem Vorkommen fließende „portrait-type“ des seruus? Die Untersuchung des apuleianischen Textes zeigt, dass seruus in den Fällen, in denen der Terminus in einem legalen Kontext steht, immer gelegent211 Morabito 1981: 269.

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Semantische Aspekte der Sklavereitermini

lich eines Deliktes erscheint, sei es ein von seruus selbst begangenes, sei es ein von einem Dritten begangenes Delikt, dessen seruus Opfer oder Zeuge ist. Das „portrait-type“ des seruus tritt klarer hervor, wenn man die Zeichen anführt, die seruus bei jeder dieser legalen Gelegenheiten am evidentesten charakterisieren: 1. seruus als Täter eines Deliktes 1.1. seruus fugitiuus gesetzliches Verbot 1.2. seruus nequissimus Missachtung der Autorität Gegenstand der Anklage Gegenstand der rechtlichen Untersuchung Bestrafung (Kreuzigung) 2. Seruus als Gegenstand eines Deliktes 2.1. seruus mancipium (Ware) Delikt des Verkäufers (plagium: Verkauf eines ciuis romanus als seruus) 3. seruus als Informationsquelle über ein Delikt (des Herrn) 3.1. seruus sciens Verbrechen (des Herrn) (freiwilliger) Zeuge / Informant (seruus als sciens) 3.2. seruus index Verbrechen (des Herrn) (gezwungener) Zeuge / Komplize Haft Folter Tod In diesem Kontext steht seruus unter Zeichen, welche auf die Passivität des seruus oder auf ihn als Gegenstand der Justiz weisen. Dies wird durch die syntaktischen Funktionen von seruus in den Sätzen angedeutet, in denen der Terminus in einem legalen Kontext steht. Er ist nämlich dort gewöhnlich Objekt der Verbalhandlung oder Agens des Passivsatzes. Wäre es zu gewagt, für diese syntaktische Situation des Terminus seruus in den Metamorphosen eine Entsprechung in dem Dogma der prinzipiellen Verfahrensunfähigkeit des Sklaven zu sehen, welches im römischen Recht präsent ist? Das Fragment des Gaius cum seruo nulla actio est212 formuliert nach Biscardi die „Quintes212 Gaius I ad ed. prou., durch Justinian Dig. 50,17,107 erfasst.

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senz“ dieses Dogmas, welches unzählige Male in der antiken Rechtsliteratur und in der modernen Forschung wiederholt worden ist. Liegt nun diese Verfahrensunfähigkeit im allgemeinen dem apuleianischen Bild des Sklaven in einem Umfeld rechtlichen Verfahrens zu Grunde, wenn man nun einmal die Zeichen von Passivität und Subordination betrachtet, welche für ihn den Terminus seruus in diesem Kontext markieren? Die Antwort auf diese Frage, deren Voraussetzung die Aufrollung des rechtlichen Hintergrundes ist, wäre für die künftige Forschung wohl nicht uninteressant, doch sie übersteigt die Zielsetzung der vorliegenden Untersuchung. Es wurde schon bemerkt, dass im Kontext des Verhältnisses zum Rechtswesen seruus im Text des Apuleius vorwiegend in Deliktsituationen vorkommt. In solchen Situationen wird seruus nur einmal als Objekt eines Deliktes bestimmt, und zwar als Opfer eines durch einen Dritten begangenen Deliktes. Dies besteht darin, dass ein ciuis romanus in die Sklaverei verkauft wird. Das heißt, dass seruus nur bei der Möglichkeit, mit einem ciuis verwechselt zu werden, als Gegenstand des Deliktes, und zwar eines durch einen Verkäufer (praeco) begangenes angezeigt wird. Die Bemerkung ist wichtig, denn sie indiziert, dass seruus an keiner Stelle als Opfer eines von dem Herrn begangenen Deliktes beschrieben wird. Und in der Tat, in einem legalen Kontext bedeutet die Präsenz des seruus stets etwas dem Herrn Abträgliches, denn seruus kann von sich aus Delikte wie z.B. Flucht, falsche Aussage, Komplizenschaft mit den gegen den Herrn gerichteten Handlungen der Herrin usw. (s. oben Zeichen unter 1) begehen oder als Zeuge gegen den eines Verbrechens angeklagten Herrn aussagen (siehe oben Zeichen unter 3). Als Zeuge kommt seruus in zwei Situationen vor, wobei er jeweils anders kennzeichnet wird. Als index wird seruus unter Folter gezwungen, vor Gericht gegen seinen Herrn auszusagen. Er wird im Gefängnis (publicam custodiam) verhört (siehe Kommentar zu Satz 9). Als sciens jedoch liefert seruus in einem Gerichtskontext die von den legalen Instanzen verlangten Informationen, und er tut es bereitwilligst. Die in diesem Satz seruus kennzeichnenden Termini sind zwar von einem positiven Wert erfüllt, doch dies darf nicht zu dem Schluss führen, dass seruus hier durch den Erzähler positiv charakterisiert wird. Aus dem oben gebotenen Kommentar zu Satz 9 ist ersichtlich, dass das 213 Biscardi 1975: 142. Dieses Dogma ist aber angesichts der Ausnahmesituationen, bei denen der Sklave zumal im Interesse seines dominus vor Gericht erscheinen konnte, nicht unangreifbar. Die Juristen scheinen nicht immer säuberlich die Fähigkeit des Sklaven, in eigener Sache vor Gericht zu treten, von seiner Fähigkeit unterschieden zu haben, es im Interesse seines Herrn zu tun. Die prozessuale Unfähigkeit des Sklaven scheint also rein rechtlich nicht immer gegeben zu sein. Vgl. dazu Biscardi 1975: 146.

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Semantische Aspekte der Sklavereitermini

narrative Spiel den Adjektiven, die seruus dort beigelegt werden (sciens, promptissimum), eher einen sardonischen Wert gibt. Der Leser weiß ja, dass genannter seruus sciens nur zu bereit ist, gegen den Herrn falsches Zeugnis abzulegen. Die Einstellung des Erzählers zu solchem seruus ist offene Verachtung, denn der seruus verletzt in diesem Falle bewusst die dem – wohlgemerkt: ungerechterweise eines Verbrechens angeklagten männlichen – Herrn geschuldete fides. Es ist also offensichtlich, dass der seruus in den Metamorphosen vorwiegend ein Delinquentenbild bietet, wenn er im Verhältnis zum Rechtswesen auftritt. Für den Herrn ist dieses Bild immer nachteilig, sei er unschuldig oder selber ein Delinquent. Dieses Resultat legt eine Überlegung zum Wert von seruus als Rechtsterminus nahe. Die Situationen, in denen der Terminus seruus in den Metamorphosen in einem Rechtskontext oder bei Erwähnung legaler Instanzen vorkommt, involvieren ein Delikt, welches der seruus begangen hat oder in welchem seruus als Komplize verwickelt ist. Es könnte wohl die eingehendere Erforschung dessen lohnend sein, ob sich dieser Sachverhalt nicht in anderen, insbesondere juristischen Quellen oft wiederholt. Die Forschung bietet schon Ansätze in dieser Richtung, doch es wäre überdies zu verifizieren, ob der Terminus seruus im juristischen Gebrauch nicht tendenziell der Strafrechtssphäre zuzuordnen ist. Als juristischer Terminus ist seruus von den Zwölftafelgesetzen an belegt. Die drei Stellen, in welchen der Terminus dort vorkommt, bringen seruus als Täter eines Deliktes bzw. als Gegenstand der Anwendung legaler Strafen. Die Stellen wurden durch Rix zusammengestellt.214 Er bestimmt seruus als einen eminent rechtlichen Terminus, doch er bemerkt nicht die Koinzidenz, dass die drei Stellen sich auf einen strafrechtlichen Kontext beziehen. Ähnliches hat Morabito für die Digesta festgestellt. Nach ihm kommt der Terminus seruus in den Digesta meist in Situationen vor, in denen seruus „agent de fait juridique“, 215 d.h. Täter eines Deliktes ist. Unter dieser Rubrik fasst Morabito die Stellen zusammen, in denen seruus direkt oder indirekt als Täter erscheint, d.h. in Fragen der Unterbindung, Anklage oder des einfachen Verdachtes. Als „agent de fait juridique“ tritt seruus in 69% der Paragraphen bzw. 61% der Zitate auf, 214 Taf. XII 2: si seruus furtum faxit noxiamue noxit; Taf. VIII 3: manu fustiue si os fregit libero; Taf. VIII 14: seruos [...] furti manifesti prensos uerberibus adfici et saxo praecipitari. Vgl. Rix 1992: 54 f. 215 Morabito 1981: 127 und auch 228, eine Liste der nach den Digesta durch Sklaven begangenen Delikte id.: 223. Zum Vergleich sei hier angemerkt, dass der Sklave, wenn er „objet de fait juridique“ ist, im Gegensatz dazu in 96% der in den Texten der Digesta vorkommenden Fällen durch den Terminus homo bezeichnet wird (vgl. Morabito 1981: 128).

Das Signifikat des seruus: Bilanz der Ergebnisse

217

in denen seruus in Bezug auf eine Rechtstat erscheint. Ähnliches gelte für 216 andere sklavenbezeichnende Termini wie z.B. familia. Eine Zunahme der 217 Sklavendelinquenz würde kurioserweise in die Antoninenzeit fallen , die Zeit also, in welcher die Metamorphosen geschrieben worden sein sollen. Die Musterung der Paragraphen aus Texten dieser Zeit zeigt dasselbe Bild. Die Situationen, in denen der Sklave allgemein als Opfer oder Gegenstand z.B. des Raubes („esclave volé“) erwähnt wird, stellen 20% dar, das Vorkommen des Skla218 ven als Täter eines Raubes („esclave voleur“) dagegen 80%. Die Erwähnung dieser Evidenzen erlaubt es nicht, im Rahmen der vorliegenden Studie über die Formulierung einer Hypothese hinauszugehen, nämlich dass seruus als juristische Bezeichnung für den Sklaven tendenziell in einem strafrechtlichen Zusammenhang vorkommt. Es ist aber zu wünschen, dass sie künftige Forschungen zur Relevanz dieses Aspektes in der Semantik des Terminus seruus in seinem juristischen Gebrauch anzuregen vermag.

216 Morabito 1981: 214 ff. 217 Morabito 1981: 228 218 Morabito 1981: 224.

IV Schluss Es war das Ziel der vorliegenden Untersuchung, einen Beitrag zu einem angemesseneren Verständnis des antiken Sklavenwesens zu leisten. Mit „angemessener“ möchte hier das Verständnis des Verständnisses begriffen werden, welche die Menschen der Antike von dem Sklaven hatten. Dies hat zu der Frage danach geführt, was der Sklave für die Kultur der antiken Sklavenhaltergesellschaften nach ihren eigenen Maßstäben bedeutete. Die Frage nach der Bedeutung, das will nun die Frage nach der Sprache heißen. Die Untersuchung musste also nicht auf den Gegenstand „Sklaven“, sondern auf die sprachlichen Zeichen für den Sklaven gerichtet werden, welche ihn als Gegenstand im Prozess der Kommunikation vorstellen und bestimmen. Zu diesem Zweck wurde als Gegenstand der Untersuchung ein Text aus der lateinischen Literatur gewählt, welcher den Gebrauch und das Funktionieren dieser Sprachzeichen über den Sklaven in communicatione paradigmatisch beobachten ließ. Aus dem im ersten Kapitel dieser Arbeit vorgelegten Bericht über den einschlägigen Forschungsstand zu den Metamorphosen des Apuleius dürfte hinlänglich hervorgegangen sein, dass dieses Werk für eine Untersuchung dieser Art sehr ergiebig sein könnte. Nicht nur ist die Thematik des Sklavenwesens in diesem Werk als eine strukturierende Größe präsent, sondern Apuleius gebraucht noch zudem das Vokabular des Sklavenwesens auf eine ungewöhnliche Weise, was zur Offenlegung subtilerer Seiten der Signifikation dieses Vokabulars verhelfen könnte. Im genannten Bericht wurde auch danach gestrebt, die von der Forschung zum Thema des Sklavenwesens im Roman des Apuleius noch nicht genügend untersuchten Punkte zu identifizieren. Unter ihnen sei die von der Forschung bisher noch nicht berührte Frage des möglichen komischen Tenors, welche das Vorkommen der zum Sklavenwesen gehörenden Elemente in den Metamorphosen kennzeichnen. Viele dieser dort vorhandenen Elemente – in der Forschung wurden sie unter dem Gesichtspunkt „seriöser“ Themen sozialer, philosophischer oder religiöser Natur behandelt – gewinnen eine neue Bedeutung, wenn sie im Lichte ihres Zusammenhanges mit der Komödie z.B. des Plautus oder des (parodistischen) Verhältnisses betrachtet werden, in welchem der Roman des Apuleius zur Tradition des griechischen romantischen Romanes steht. Die Forschung ist zwar bereits auf das Problem des zum Sklavenwesen gehörenden Vokabulars in den Metamorphosen aufmerksam geworden, doch hat sie ihm bisher noch nicht eingehende Untersuchungen gewidmet. Der oben erwähnte besondere Gebrauch, den Apuleius von diesem Vokabular macht, erlaubt ihm die Assimilierung der Strukturen des Sklavenwesens an

Schluss

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andere Verhältnisse von Herrschaft und Unterwerfung wie dem des Tieres zu seinem Besitzer oder des Gläubigen zu seinem Gott. Doch eine systematischere Untersuchung zu dem Gebrauch dieser Terminologie und den Signifikationen, die sie im Text aufweist, steht noch aus. Die hier vorgelegte Studie über die auf das Sklavenwesen bezogene Terminologie möchte einen ersten Beitrag dazu leisten, diese Lücke zu schließen helfen. Die einführenden theoretischen Auseinandersetzungen mit der Frage über das Zeichen und das Signifikat, welche den ersten Teil des zweiten Kapitels dieser Arbeit in Anspruch nahm, haben dazu geführt, die vorliegende Untersuchung methodisch auf zwei Leitideen zu gründen. Die erste dieser Ideen stammt aus der strukturellen Sprachauffassung Saussures und besagt, das Signifikat eines Terminus sei kein positiver Inhalt, sondern eine oppositionelle Struktur, d.h. eine Struktur, die sich nur unter Bezugnahme auf andere Strukturen bzw. Termini bestimmen lässt. Die zweite dieser Ideen hat ihren Ursprung im pragmatischen Ansatz Firths und lautet, diese Struktur zeige sich allein in der praktischen Sprachgebrauchssituation. Aus der Anwendung dieser methodischen Leitideen auf die Sklavenbezeichnungen, die sich im Roman des Apuleius vorfinden, konnte nun für die Analyse von deren Signifikaten vorerst zweierlei gefolgert werden. Zum ersten musste die Analyse in der Identifizierung der anderen Termini bestehen, zu denen die – jeweils in Frage stehenden – auf das Sklavenwesen bezogenen Termini in Beziehung stehen, und zum zweiten musste sie ex obseruatione aus den praktischen Kontexten erfolgen, in denen diese Termini vorkommen. Erste Voraussetzung zu einer solchen semantischen Analyse wäre also die weitgehende Bestandesaufnahme der sklavenbezeichnenden Termini, die in den Metamorphosen des Apuleius vorkommen, sowie der respektiven Gebrauchszusammenhänge. Aus diesem Fundus wäre dann eine enger eingegrenzte Auswahl von Termini und Textstellen aus denen zu treffen, welche die in Frage kommenden Sklavenbezeichnungen enthalten und deren Gebrauch paradigmatisch veranschaulichen. Auf diese engere Auswahl sollte sich dann die semantische Untersuchung konzentrieren. Die Erarbeitung einer Bestandesaufnahme der auf das Sklavenwesen bezogenen Termini in den Metamorphosen war das Ziel des zweiten Teils des zweiten Kapitels dieses Buches. Es wurden also die 11 Bücher der Metamorphosen nach den Termini durchforscht, durch welche in ihnen Sklaven bezeichnet werden. Dieses gar nicht so einfache Unterfangen hat vor Probleme gestellt, die einige unkanonischen methodische Lösungen erforderten. Diese Probleme hingen allgemein damit zusammen, dass der statutarische Sklavenbegriff nicht den Einbezug

220

Schluss

eines großen Teils der Stellen aus dem Text des Apuleius ermöglicht, in denen sklavenbezeichnende Termini vorkommen. Der Grund dafür besteht darin, dass der im Text häufig anzutreffende metaphorische Gebrauch der auf das Sklavenwesen bezogenen Terminologie die Beziehung zwischen Terminus und Referenten bricht. Das heißt, dass die logische Entsprechung der sklavenbezeichnenden Terminologie und des Wesens, welches eigentlich ein Sklave ist, nicht immer gegeben ist. Um den ganzen Bestand an Termini aufzunehmen, welche Sklaven bezeichnen, musste diese Entsprechung als Suchkriterium aufgegeben werden und der Begriff des „sklavenbezeichnenden Terminus“ in eine umfassendere Kategorie eingefügt werden. Der strukturelle Begriff des Personals – d.h. der Individuen, die in einem (im eigentlichen oder metaphorischen Sinne verstandenen) Haushalt zur Leistung eines Dienstes an eine (ebenfalls im eigentlichen oder metaphorischen Sinne verstandene) Herrenfigur gehalten oder ihr einfach unterworfen sind – hatte hier den statutarischen Sklavenbegriff zu ersetzen. Dieser Begriff des Personals konnte auch die Bezeichnungen von Tieren, unbelebten Wesen, mythologischen Wesen, Naturelementen und auch Wesen unter sich begreifen, die zeitweilig als unter der Gewalt eines Herrn stehend charakterisiert wurden. Alle diese Wesen und auch deren Beziehungen mit höherstehenden Figuren werden nämlich im Text des Apuleius oft durch das Vokabular des Sklavenwesens dargestellt und mussten deshalb in einer allgemeinen Bestandesaufnahme der auf das Sklavenwesen bezogenen Terminologie berücksichtigt werden. Das Resultat der Bemühungen, den Bestand der in den Metamorphosen auf das Personal hinweisenden Termini aufzunehmen, wird in einer Tabelle gegeben, die im Anhang der vorliegenden Untersuchung steht. Ein Blick in diese Tabelle kann davon überzeugen, dass die Liste der aus dem Text des Apuleius stammenden Termini, welche das hier als „Personal“ Bestimmte bezeichnen, sehr heterogen ist. Sie umfasst Termini, die u.a. anzeigen die Bindung an eine domus (wie famulus, familiares, uernula usw.), Bindungen irgendeiner anderen Art (wie seruus, captiuus, mancipium usw.), Familienbande (wie uxor, maritus, filius, frater usw.) oder auch physische und moralische Zustände (wie claudus, homicida usw.) und ausgeübte Funktionen (pastor, pistor, nutrix, cocus, agaso usw.) bis hin zu Termini, welche Tiere (asinus, equus, palumbus usw.) oder natürliche und übernatürliche Elemente (wie uentus, spiritus, uox usw.) signalisieren. Ein großer Teil der in dieser Liste aufgenommenen Termini gehören zu den „Termini, welche die Ausübung einer Funktion anzeigen“, namentlich eine Arbeitstätigkeit. Da nun einmal die Arbeitstätigkeiten einen sozialen Wert

Schluss

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haben, können viele dieser Termini auch als Anzeichen der sozialen Stellung des durch sie bezeichneten Individuums gelesen werden. Dies ist z.B. der Fall von Termini wie nutrix, paedagogus oder cocus, welche auf Arbeitstätigkeiten hinweisen, die typisch für Abhängige, im allgemeinen Sklaven oder weniger oft Freigelassene sind. Es wurde auch festgestellt, dass die meisten Funktionsbezeichnungen für das Personal gebraucht wurden, das auf dem Land tätig war. Termini, die über den Status der Personalglieder direkt Aufschluss geben könnten (wie seruus, mancipium usw.,), kommen in Bezug auf das Landpersonal nur äußerst selten in den Metamorphosen vor. Dagegen kommt in Bezug auf das Landpersonal eine Fülle von Termini vor, welche die von dem betreffenden Individuum ausgeübte Tätigkeit anzeigen, sei es eine spezifischere Tätigkeit (opiliones, equisones, agaso usw.), sei es eine allgemeinere (operarii, gregarii usw.), wobei es sich um Tätigkeiten handelt, die sowohl von Sklaven als auch von freien Arbeitern ausgeübt werden konnten. Es ist aus der Forschung bekannt, dass zur Zeit des Apuleius namentlich auf dem Lande bereits die Tendenz zu spüren war, die materiellen Lebensbedingungen der freien Arbeiter und der Sklaven zu homogenisieren. Die statutarisch ununterschiedliche Terminologie, die Apuleius zur Bezeichnung des Landpersonals verwendet, scheint mit dieser historischen Gegebenheit im Einklang zu sein. Es wurde im Laufe der vorliegenden Untersuchung wiederholt hervorgehoben, dass die Metamorphosen unmittelbar einen im Rahmen der gesamten lateinischen Literatur seltenen (oder in Anbetracht des Detailreichtums gar einzigartigen) Einblick in das intime Familienleben von Sklaven und Abhängigen gewähren. In dieser Beziehung erschließen sich dem Leser sowohl die domus der Stadt wie auch das Landmilieu. Dies kommt auch darin zum Vorschein, dass Termini die Verwandtschaft und allgemein affektive Beziehungen anzeigen, oft auf Personalglieder angewendet werden. Vxor oder maritus z.B., welche in die Rubrik „Termini, die soziale Verhältnisse anzeigen“ der in dieser Arbeit vorgeschlagenen Klassifikation eingetragen wurden, werden im Text des Apuleius nicht wie gewöhnlich von anderen Autoren dazu gebraucht, notwendig Individuen anzuzeigen, die durch das rechtlich voll anerkannte matrimonium verheiratet sind, sondern sie werden auch auf Sklaven und selbst Tiere angewendet. Solche Termini üben im Text sehr oft eine rhetorische Funktion aus. Sie dienen etwa dazu, komische Effekte zu erzielen oder das Tragische einer Episode, in welcher z.B. Individuen aus einer Sklavenfamilie auftreten, insofern zu intensivieren, als sie das die Individuen einende affektive Band unterstreichen.

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Personalglieder werden im Text des Apuleius oft durch Termini bezeichnet, die Alter oder Geschlecht anzeigen. Wie es in dieser Untersuchung bemerkt wurde, beschränkt sich der Gebrauch solcher Termini kaum darauf, nur das Alter oder das Geschlecht des Bezeichneten anzuzeigen. Terminiwie femina, homo, puer, uirgo, infantulus usw. haben auch andere semantische Werte und verleihen dem Bezeichneten durch die Alters- oder Geschlechtsangabe einen je nach Kontext gefühlsbetonten, erniedrigenden, abwertenden usw. Charakter. In dieser Beziehung ist der häufige Gebrauch von Diminutiven mit ihrer Doppelsemantik der Zuneigung und des Abwertenden (z.B. paruulus, infantulus, homunculi, anicula, adulescentula usw.) unter dieser Rubrik der Liste zu beachten. Es wurde auch konstatiert, dass einige der in diese Rubrik eingeordneten Termini wie z.B. puer, puella, adulescens oder iuuenis oft im Kontext von Sexualbeziehungen gebraucht werden und in diesem Fall dazu dienen, die klare Unterlegenheit des servilen Individuums zu markieren. Personalglieder können im Roman des Apuleius auch durch Termini bezeichnet werden, die physische oder moralische Züge signalisieren. Bedeutsam ist dabei die Tatsache, dass unter den zehn in diese Rubrik fallenden Termini nur 20%, d.h. praesidium und melitulla, Träger eines sozusagen positiven Wertes sind, wobei der zweite in einem Sexual- bzw. Liebesbereich gebraucht wird. Die restlichen Termini weisen auf eher negative Züge hin, denn entweder indizieren sie ungünstige oder abnorme physische Merkmale (claudus, inuisus, eunuchi und das im Text des Apuleius oft mit einem pejorativen Wert versehene quadrupes) oder sie markieren das bezeichnete Individuum mit dem Zeichen der Kriminalität (adulter, homicida, noxii, sacrilegus). In der apuleianischen Narrative wird das Personal einer domus überdies durch eine depersonalisierende Terminologie bezeichnet wie z.B. durch die bloße Erwähnung eines Gegenstandes, der von dem Diener manipuliert wird, oder eines Körperteiles bzw. -elementes des Dieners. Dieses metonymische Bezeichnungsverfahren ist in den Metamorphosen mehr als eine Redefigur. Dank der in einem Fiktionswerk möglichen poetischen Lizenz geht es ins Faktische über. In der domus regia Cupidos und Psyches z.B. wird man wie ein Luxusgast verwöhnt, doch man sieht dort keinen Diener. An Stelle der ancillas und famulas hört man nur Stimmen, und die Musikinstrumente spielen dort von selbst. Dieses Fehlen des Dieners, ohne dass es das Fehlen des Dienstes mit sich zieht, wird in dieser Episode als ein idealisierendes Element, als ein Zeichen „göttlichen Reichtums“ dargestellt, welcher den Neid menschlicher Herren erweckt. Dies hat die Frage aufzuwerfen erlaubt, inwiefern diese Fabel des Dieners inuisus nicht zum Teil den realen Erwartungen in Bezug auf den

Schluss

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„vollkommenen Diener“ entsprechen würde. Der Diener wäre um so besser, desto weniger seine Anwesenheit bemerkt würde. Der oft bei Apuleius anzutreffende Gebrauch depersonalisierender Verfahren, das Personal eines Haushaltes zu bezeichnen, scheint in vielen Fällen auf diesem Ideal der heilen Herrenwelt zu beruhen, in welcher man bedient wird, ohne die Existenz des Dieners erwähnen bzw. zur Kenntnis nehmen zu müssen. Selbst auf die Gefahr hin, einem Anachronismus zu verfallen, kann man hier ähnlich gelagerter Beispiele aus der modernen Welt gedenken. Die mit einem Luxusrestaurant oder -hotel verbundenen Erwartungen eines „competent service“ schließen ein Dienstpersonal ein, dessen Präsenz „so diskret wie möglich“ sein soll. Im heutigen Brasilien, wo die Einstellung von Hausbediensteten in Familienhäusern aus der Mittelschicht eine Selbstverständlichkeit ist, hört man sehr oft das stille und unscheinbare Wesen eines Hausdieners mit den Worten loben, „er ist so unauffällig, dass man seine Anwesenheit überhaupt nicht merkt“. Zurück nun zur im zweiten Kapitel vorgelegten terminologischen Bestandesaufnahme. Die Formenvielfalt der Bezeichnungen für Personal in den Metamorphosen entsprechen der Vielfalt der Blickwinkel, aus welchen die Abhängigkeitsverhältnisse in der lateinischen Sprache und Kultur, aus denen der Text des Apuleius stammt, verstanden werden können. Abhängige Individuen werden in diesen Verhältnissen nicht nur nach ihrem juristischen Status definiert, sondern auch nach ihren Verwandtschaftsverhältnissen, Liebschaften und Freunden, weiterhin danach, ob es sich bei ihnen um Männer oder Frauen handelt, ob sie bestimmte Tätigkeiten ausüben, ob sie Kinder, Jugendliche oder Alte sind, ob sie einen gewissen Körperbau oder Charakter haben, ob sie einen Eigennamen tragen u.dgl.m. Die Wahl dieses oder jenes Terminus für einen Abhängigen hängt von dem Aspekt ab, welcher an ihm im jeweiligen Kontext zur Geltung gebracht werden soll. Aus der Liste der Termini, die das Personal bezeichnen, wurde als eine Art Stichprobe zu einer eingehenden semantischen Analyse alle siebzehn Stellen vorgenommen, in welchen der Terminus seruus im Text des Apuleius vorkommt. Es sei hier daran erinnert, dass in dieser Stichprobe nicht die sechs Stellen aufgenommen wurden, in denen conseruus und conserua in den Metamorphosen vorkommen. Mit Ausnahme der beiden Stellen, in denen conserua zur Bezeichnung der Gattin eines Sklaven gebraucht wird (vgl. met. VIII, 22 und VIII, 31), kommt serua in den Metamorphosen überhaupt nicht vor, denn die weibliche Dienerin wird in diesem Werk durch Termini wie ancilla, puella, famula usw. angezeigt.

224

Schluss

Die Analyse der Stellen, in denen seruus vorkommt, wurde im dritten Kapitel dieses Buches geboten. Das analytische Verfahren bestand in der Beobachtung des Terminus seruus in der Umgebung des Satzes, in dem er steht, um daraus zunächst eine Menge Zeichen zu entnehmen, die an jeder der analysierten Stellen die Vorstellung von seruus umschreiben. Dieses Verfahren wurde methodisch durch die Notwendigkeit motiviert, das einschlägige Sprachmaterial aus einem Fiktionswerk zu sichten, ohne dabei der für die Fiktion unangebrachten Scheidung zwischen einer denotativen und einer konnotativen oder abgeleiteten (bzw. „uneigentlichen“) Referenz zu verfallen. Da es nun der Zweck dieser Studie war, die aus dem Sprachgebrauch des Apuleius fließenden Signifikationen des Sklaven zu rekonstruieren, hätte es wenig Sinn, diese beiden Referenzebenen gesondert zu behandeln. Auf diese Weise wird übrigens immer dann vorgegangen, wenn aus dem analysierten Material unter einem rein faktischen Gesichtspunkt ein Teil abgesondert werden soll, welcher glaubwürdiger sein soll als ein anderer Teil desselben Materials. Doch semantisch ist alles, was in einem literarischen Fiktionswerk steht, gleich glaubwürdig, denn es macht Sinn für die Leser des Werkes. Zudem wurde durch dieses methodische Verfahren der Versuch unternommen, einen Zugang zu einigen in den herkömmlichen Ansätzen gemeinhin unberücksichtigten neuen Seiten der Signifikation des Terminus seruus zu haben. Wie es aus den im dritten Kapitel erzielten Resultaten zu ersehen ist, war dieser methodische Versuch nicht vergeblich. Bevor diese Resultate hier in ihren Hauptpunkten zusammengefasst werden sollen, ist hier noch einmal daran zu erinnern, dass das hier eingesetzte methodische Verfahren durch eine Reflexion über die Frage der Signifikation und des Funktionierens des Sprachzeichens motiviert wurde. Die Auseinandersetzung mit dieser Frage war Gegenstand des ersten Teils des zweiten Kapitels. Als theoretischer Anschluss für die hier angewandte Methodik dienten die semiologischen bzw. semantischen Arbeiten von Sprachwissenschaftlern wie Firth, Saussure, Lyons, Barthes und Eco. Es ist dabei von der Saussureschen Auffassung des Signifikates als derjenigen Seite des Zeichens ausgegangen worden, die der mentalen Vorstellung entspricht und die durch die materielle Seite des Sprachzeichens (d.h. durch den Signifikanten) übermittelt wird. Die mentale Vorstellung, die in einem Sprachzeichen wie z.B. /seruus/ enthalten ist, ist jedoch demnach kein positiv objektivierter Inhalt (so etwas wie etwa eine intentionale Definition des Sklaven), sondern eine Struktur, die sich nur in Bezug auf andere Strukturen in demselben System identifizieren lässt. Unter System ist hier ein sozialisierter Kode zu verstehen, eine im Rahmen einer

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Kultur bestimmte „langue“. Das Signifikat eines sprachlichen Zeichens für Sklaven in der lateinischen Sprache ist demnach als ein Wert anzusehen, welchen der gemeinsame Kode (d.h. die Lateinische Sprache) mit seinen entsprechenden Signifikanten zu assoziieren erlaubt. Es sei hier bemerkt, dass dieses „erlaubt“ nicht auf eine rein individuelle Möglichkeit anspielt, sondern auf einen kulturell bedingten sozialen Konsens, womit denn auch das Signifikat als eine kulturelle Einheit zu verstehen ist. Die Frage nach dem Signifikat des Sklaven für die alten Römer z.B. impliziert endlich die Frage nach den Werten, die in deren Kultur mit den Zeichen für Sklaven assoziiert wurden. Doch wie sind diese Werte zu identifizieren? Es ist oben gesehen worden, dass der Zugang zu den Werten eines Terminus und somit zu seiner vollen Signifikation die Aufmerksamkeit nicht nur auf den vereinzelten Terminus erfordert (da ja dessen Signifikation kein positiver Inhalt ist), sondern auf die Beziehungen, welche dieser Terminus mit anderen Termini in einem bestimmten Kontext eingeht (da ja seine Signifikation kontextuell ist). Die Analyse muss also von dem Kontext ausgehen, in welchem der Terminus eine Signifikation „ausübt“. Die hier durchgeführte Analyse ist der Bemerkung Saussures gefolgt, dass „c’est du tout solidaire qu’il faut partir pour obtenir par analyse les éléments qu’il [d.h. der Terminus] renferme“1. Der Zugang zu diesem „solidarischen Ganzen“, d.h. zu der „langue“, in welcher die auf das Sklavenwesen bezogenen lateinischen Termini Signifikation erhalten, wurde in der vorliegenden Studie exemplarisch von einem seiner Ausschnitte, nämlich dem Text des Apuleius aus versucht. Konkret wurden die Artikulationen eines auf das Sklavenwesen bezogenen Terminus wie /seruus/ mit anderen Termini innerhalb dieses Textes mit dem Ziel beobachtet, durch eine sprachliche Analyse zur Identifizierung der Werte beizutragen, die mit einem solchen Terminus verbunden sind und seine Signifikation eingrenzen helfen. Es handelt sich dabei bewusst um einen Teilbeitrag, denn der Text des Apuleius ist nun einmal nur ein unter so vielen „Fenstern“, durch welche das signifikative Vermögen der sklavenbezeichnenden Termini innerhalb des überaus weiten Bereiches der Texte in lateinischer Sprache beobachtet werden kann. Doch das Fenster, welches die Metamorphosen eröffnen, kann substantielle Informationen bieten. Diese punktuellen Informationen können künftig mit weiteren Ergebnissen der Forschung verglichen und auf diesem Wege eine reichere Bestimmung des Signifikationsspektrums solcher Termini angestrebt werden, d.h. des Spektrum der Artikulationen, welche diesen Termini konventionell in der lateinischen Sprache bzw. Kultur zugeteilt wurden. 1

Saussure: 1916: 157.

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Schluss

Aus diesen theoretischen Erwägungen heraus wurden einige Voraussetzungen für das Vorgehen im dritten Kapitel festgelegt. Es ist davon ausgegangen worden, dass das Signifikat von seruus z.B. im Text des Apuleius nicht in einem extratextuellen Referenten zu suchen ist, sondern sich in der Funktion des Zeichens /seruus/ im System selbst des Textes manifestiert, und zwar in dem Verhältnis dieses Zeichens zu anderen Zeichen im analysierten Textcorpus. Mit anderen Worten, das Signifikat von seruus liegt in einem Text wie dem des Apuleius nicht in der Referenz auf einen konkreten Sklaven und auch nicht in einer Definition des Sklaven, sei sie nun rechtlicher oder philosophischer Natur, sondern in der Art und Weise selbst, den Sklaven im Text auszusagen. Deswegen muss auf die Natur der (signifikanten) Wörter, mit denen der Sklave im Text angezeigt wird, und auf die Beziehungen Acht gegeben werden, welche diese Wörter mit anderen Wörtern im Textzusammenhang eingehen. Daraus sind dann die Ideen (Signifikate) zu entnehmen, die mit den Wörtern gekoppelt sind und durch sie übermittelt werden. Der Blick richtet sich hier also nicht auf eine außerhalb der Sprache existierende Sache, sondern auf die durch Sprache ausgesagte Sache, d.h. auf das Zeichen. In Anbetracht dessen wurde im dritten Kapitel dieser Arbeit der Terminus seruus unter Einbeziehung seiner Verhältnisse zum sprachlichen Umfeld an jeder Stelle untersucht. Daraus wurden wichtige Aspekte seiner Signifikation gesehen, die ein präziseres Vorstellungsbild des Sklaven in der Antike zu zeichnen helfen. Einige Aspekte bestätigen Resultate, welche in der früheren Forschung schon erzielt wurden, andere haben zu deren Vervollständigung beigetragen. Die Analyse der Stellen mit dem Terminus seruus im Roman des Apuleius hat gezeigt, dass der Terminus zur Bezeichnung der Mitglieder des Hauspersonals – haben sie nun Menschen- oder Tiergestalt – hauptsächlich in zwei Kontexten gebraucht wird, nämlich im Kontext des Verhältnisses zum Herrn und im Kontext des Verhältnisses zum Rechtswesen. Im ersten Fall wird seruus durch Zeichen markiert, die oft auf die Zugehörigkeit zu einem Herrn, doch auch auf die Ausübung einer Arbeitstätigkeit sowie auf das Wohlergehen des Herrn hinweisen. Seruus wird somit zum Anzeichen des Reichtums und des Wohlstands des Herrn. Im zweiten Fall, d.h. im Kontext des Verhältnisses zum Rechtswesen, fällt seruus oft unter das Zeichen eines Deliktes, sei es ein durch seruus selbst, sei es ein durch den Herrn begangenes. Die positive Charakterisierung des seruus ist in den Metamorphosen sehr selten. Sie betrifft allein die Tauglichkeit des seruus für die Ausübung irgendeiner Funktion, die für den Herrn angenehm oder nützlich ist. Der apuleianische seruus ist schön, wenn er Sexualobjekt des Herrn ist, er ist tauglich als Arbeitskraft, die einem neuen

Schluss

227

Herrn verkauft werden kann, er ist unter Androhung schwerer Strafen beharrlich in der Ausführung der Befehle, die ihm von einem strengen Herrn gegeben werden. Schon die negativen Attribute von seruus kommen viel häufiger vor. Sie heben speziell Charakterfehler hervor wie Sexualbegierde, Geldgier, Gemeinheit (in welche auch Feigheit oder Furchtsamkeit, Neigung zum Fluchtergreifen und Untätigkeit fallen), Schurkerei, Bosheit usw. In dieser Hinsicht steht seruus nicht selten in einem Ähnlichkeitsverhältnis zu oder in Assoziation mit weiblichen Figuren, denn diese haben ja der Charakterisierung des Apuleius zufolge Teil an dieselben Charakterfehler. Diese Daten scheinen demnach eine tendenziell negative semantische Wertung des Terminus seruus zumindest im Text des Apuleius zu zeigen. Es wäre anschließend die Frage aufzuwerfen, ob dieser auch bei anderen Autoren der privilegierte Terminus für die Bezeichnung des Dienenden in Situationen ist, in denen er von einer eher negativen Seite dargestellt werden soll. Eine relevante Frage, welche im Anschluss an die Resultate dieser Analyse aufgeworfen werden konnte, betrifft die in der Forschung übliche Bestimmung von seruus als juristischem Begriff. Wie oben in dem dritten Kapitel dargetan, weisen Lexika und Forschung auf die Opposition zwischen seruus und liber als auf „die“ Opposition hin, welche die Definition par excellence des Terminus seruus ausmacht. Aufgrund der klassischen Bestimmung des Ulpian, seruus sei restlos als das contrarium zu liber zu verstehen (Dig. 1, 1,4), wurde dieser semantische Zug des Terminus in der Tat – vor allem in der Nachfolge der Studie Benvenistes zu seruus – auf seine lexikalische Definition ausgedehnt. Die Analyse der Stellen mit seruus im Roman hat aber weitere, von den klassischen Definitionen des Terminus nicht in Betracht gezogene Oppositionen entdeckt. Unter ihnen kann z.B. die zwischen seruus und uir genannt werden, welche die Seite der Unmännlichkeit des seruus insofern hervorkehrt, als seruus in Assoziation mit Termini wie femina, mulier, nouerca vorkommt. Die Ähnlichkeit von Sklaven und Frauen lässt sich von ihren Lastern ableiten, so wie sie in der antiken frauenfeindlichen Topik angeführt werden. Diese Laster sind z.B. die Feigheit, der Mangel an Sinn für Beratschlagung oder Untätigkeit, die Lüge, das Verbrechen, die straffällige Sexualbegierde – alles Laster, welche den Mannestugenden entgegengesetzt sind. Seruus erscheint hier als mehr denn als das unfreie Wesen, er erscheint als ein „unmännliches“ Wesen. Der Terminus kommt noch in Opposition zu ciuis romanus, also zu dem Mann vor, welcher Subjekt ziviler Rechte ist. In diesem Kontext wird seruus als mancipium bestimmt, im Gegensatz zum ciuis also als käufliches bzw. verkäufliches Objekt, das den Wert eines Eigentumsobjektes hat. In einem ande-

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Schluss

ren Kontext steht seruus in Assoziation mit homo. Die Funktion dieser Assoziation besteht darin, seruus von asinus zu unterscheiden, d.h. die Menschlichkeit des seruus wird rein negativ zur Unterscheidung von dem bloßen Tier anerkannt. Es ist nicht zu bestreiten, dass die Opposition zwischen seruus und liber für die Semantik von seruus fundamental ist, doch die eben gebotene stichwortartige Zusammenfassung der aus der in diesem Buch vorgelegten Analyse des Terminus zeigen, dass sie nicht als die einzige die möglichen Werte des Terminus in der lateinischen Sprache erschöpft. Schenkt man den Kontexten Aufmerksamkeit, in denen die Opposition zwischen seruus und liber am häufigsten vorkommt, so scheinen sie diese Opposition als eine spezifisch statutarische zu erweisen. Sie wird aus dem Vorkommen des Terminus in vorwiegend juristischen Quellen gewonnen (man beachte, dass Benveniste in seinem grundlegenden Aufsatz zu diesem Thema praktisch nur Rechtsquellen benutzt hat) oder in solchen, die sich auf ganz präzise Rechtskontexte beziehen. In der Opposition zwischen seruus und liber scheint immer das Problem der diuisio personarum anzuklingen. Es ist speziell in den Kontexten, in denen diese Statusunterscheidung hervorgehoben werden muss, dass seruus als Gegenbegriff zu liber verstanden werden kann. Der in der Opposition zu liber behauptete rechtliche Statusaspekt des Terminus seruus ist aber in den Kontexten irrelevant, in welchen die Hervorhebung anderer semantischer Werte durch andere Grundoppositionen sinnvoll ist. Die Forschung hat denn auch auf zwei weitere Oppositionen hingewiesen, die den Terminus seruus z.B. in den Digesta prägen, und zwar die zwischen seruus und dominus und die zwischen seruus und filius.2 Jede von ihnen bringt eine spezifische semantische Seite des Terminus zum Vorschein. Aus dem Ganzen erhellt, dass die Bestimmung von seruus als einem Rechtsterminus, welcher Gegenbegriff zu liber ist, eine Teildefinition ist. Ihre Geltung wird durch die Art der in Betracht gezogenen Quelle und durch die Kontexte bedingt, die bei der Stellenanalyse des Terminus privilegiert worden sind. Man muss also dessen eingedenk bleiben, dass die Semantik von seruus sich nicht ganz ohne Rekurs auf andere Oppositionen verstehen lässt, in welche die lateinische Sprache ihn in anderen Quellen und in anderen Kontexten einfügt. Ein weiterer relevanter Punkt betrifft die Charakterschwäche des seruus. Im Text des Apuleius kommt sie in der Regel im Kontext des Verhältnisses des seruus zu dem Herrn und öfter noch zum Rechtswesen vor. Die Forschung hatte denn auch schon bemerkt, dass Rechtstexte wie die Digesta ein fast nur 2

Vgl. Morabito 1981: 142 ff.

Schluss 3

229

mit Lastern behaftetes Bild des Sklaven zeichnen. Die Liste der dort auf den Sklaven angewandten Bestimmungen umfasst den sozusagen kanonischen Lasterkatalog (Sexualbegierde, Geldgier, Feigheit usw.). Es bedarf keiner Anstrengung, in dieser Liste dieselben Fehler wiederzufinden, welche seruus 4 in der Komödie aufweist. Es ist auffallend, dass die Zeichen für moralische Fehler in den Metamorphosen häufiger in Verbindung mit seruus erscheinen, wenn er in einem Verhältnis zum Rechtswesen steht. Das Bild des schlechten oder gar bösen Sklaven wiederholt sich in einem fiktionalen Roman, in komischen Theaterstücken und in einem nicht fiktionalen Rechtstext. Die Wiederholung deutet klar auf eine in traditioneller Topik verankerte vorgefasste Vorstellung über den Sklaven als gemeines oder verbrecherisches Wesen. Aus den Digesta ist auch ersichtlich, dass diese Topik nicht nur zum Aufbau fiktiver Literaturfiguren dient, sondern auch zur sozialen Definition und zur realen Verurteilung des Sklaven als eines tendenziell delinquenten Wesens. Dadurch wurde die in Bezug auf den Sklaven vorwiegend punitive Haltung der römischen Gesetzgebung rechtfertigt. Die Forschung hat denn auch geurteilt, dass die Beilegung einer wesenhaften Bösartigkeit und Stupidität an den Sklaven die krudeste und gröbste Art Rechtfertigung der Institution des Sklavenwesens darstellt.5 Nebenbei bemerkt eine Institution, welche die Römer selbst vom Standpunkt des Naturrechts aus als eine „illegale“ betrachteten. Doch in der antiken Literatur trifft man eher auf einen Diskurs über die natürliche Illegalität des Sklavenindividuums als auf eine Auseinandersetzung mit der natürlichen Illegalität dieser Institution. Die Analyse der Stellen mit seruus im Text des Apuleius führt zur Konstatierung, dass der Terminus in einem juristischen Zusammenhang vorwiegend in Deliktsituationen gebraucht wird. Nur einmal erscheint seruus dann als Gegenstand (d.h. Opfer) des Deliktes, in den anderen Fällen ist seruus selbst Täter oder Komplize eines von seinem Herrn begangenen Verbrechens. Dieses Resultat deckt sich mit dem Gebrauch des Terminus in anderen Quellen. Im dritten Kapitel wurde auch auf die Forschungsergebnisse hingewiesen, dass schon die Zwölftafelgesetze seruus nur als Täter oder Objekt legaler Bestrafung aufweisen und die Digesta ihn meist als Täter eines Deliktes erwähnen. Dieses Bild lässt über das Problem des Wertes von seruus als einem Rechtsterminus die Frage als sinnvoll erscheinen, ob seruus im juristischen Usus nicht ein tendenziell enger der Sphäre des Strafrechts angehörender Terminus 3 4 5

Zur Angaben der Stellen in den Digesta vgl. Morabito 1981: 271 ff. Vgl. dazu Dumont 1987: 442 ff. Garnsey: 1996: 74.

230

Schluss

ist. Nach dieser Hypothese würde zwar seruus als juristische Bezeichnung für Sklaven gelten, doch vorwiegend in Situationen, in denen seruus als Täter oder als Zeuge eines durch einen dritten verübten Deliktes auftritt (seruus index). Die Aufklärung dieser Hypothese erfordert freilich, den Gebrauch des Terminus in anderen Quellen zu untersuchen, um zu sehen, ob es sich tatsächlich so mit relevanter Frequenz verhält, und falls ja, in welchem Zeitraum, in welcher Art Quelle und in welchen Gebrauchszusammenhängen. Die Resultate, die aus der Untersuchung des Terminus seruus in dem Werk des Apuleius erzielt worden sind, können der künftigen Forschung sicherlich in dieser Hinsicht als Anstoß dienen. Bei der Feststellung der Häufigkeit, mit welcher seruus in den Digesta als Täter erscheint, hat Morabito die Frage gestellt, ob diese Häufigkeit die Realität des Sklaven oder die durch das Sklavenwesen geprägte Mentalität der Juristen reflektiert. Indem er die Ergebnisse seiner Forschung mit dem modernen Diskurs der Franzosen über nordafrikanische Gastarbeiter vergleicht, kommt er zu dem Schluss, dass deren Ansehen nicht „plus reluisante à ce niveau que ne l’était celle de l’esclave jadis“6 ist. Die Vorstellung, welche im sklavenhalterischen und selbst noch im heutigen Brasilien über den Arbeiter aus Afrika vorherrscht, unterscheidet sich auch nicht grundlegend von derjenigen, welche die Alten von dem Sklaven hatten. Dies betrifft insbesondere den Diebstahl, übrigens nach Morabito das meist verbreitete Sklavendelikt den Digesta zufolge. Welche Familie aus der gehobenen Mittelschicht Brasiliens besitzt nicht ihr Repertoire an Geschichten darüber, dass Hausdiener irgendetwas geklaut hätten? Dieselbe Frage könnte angesichts der aus dem Text des Apuleius gewonnenen Ergebnisse gestellt werden. Ist die Semantik der „Delinquenz“ von seruus in den Metamorphosen ein „Reflex“ der Wirklichkeit oder ein Zug der Mentalität ihres Autors bzw. Erzählers? Sei es als Reflex des Realen, sei es als fiktionale Phantasie in einem Fiktionswerk wie die Metamorphosen ist die Darstellung des Sklaven immerhin ein Konstrukt, eine Erfindung. Sie impliziert notwendig eine Wahl des Autors, ihn auf diese und nicht auf andere Weise, mehr auf diese als auf andere Weise usw. darzustellen. Die Behauptung, das im Werk dargestellte Sklavenbild hänge von der persönlichen Wahl des Apuleius als des Romanautors ab, führt aber nicht notwendig – wenigstens nicht vereinfachend – dazu, Apuleius einer präzisen ideologischen Linie zuzuordnen. Eine Untersuchung der Ideologie des Autors darf nicht das im Werk komplexe Problem der „narrative voices“ umgehen. Unterlässt man es, dieses Problem in Betracht zu ziehen, so läuft man Gefahr, „auctor“ und 6

Morabito 1981: 224.

Schluss

231

„narrator“ naiv zu vermengen. Apuleius zeigt als „auctor“ eine ironische Einstellung zum „narrator“ Lucius, und es können deshalb zwischen beiden wesentliche Differenzen bestehen. Es wäre angesichts dessen immer zu fragen, ob das Sklavenbild, welches im Text hervorsticht, nicht Teil des ironischen Blickes des Autors Apuleius auf den Erzähler Lucius ist. Die vorliegende Untersuchung hat das von Winkler ausführlich untersuchte Problem der narratologischen Unterscheidung zwischen auctor und narrator nicht eigens behandelt. Sie muss aber immer im Hintergrund präsent sein, vor allem wenn man voreilige Schlüsse über die Ideologie des Autors der Metamorphosen vermeiden will. Es muss hier jedenfalls festgehalten werden, dass es sich bei der Darstellung des Sklaven in einem fiktionalen Text immer um einen Diskurs handelt, der nicht direkt die Realität, sondern immer letztendlich eine Mentalität reflektiert. Es ist kurios, dass diese fiktionale Realität der Metamorphosen mit der „realen“ Realität koinzidiert. Es könnte aus dieser Koinzidenz vordergründig geschlossen werden, dass der Text des Apuleius ein realistischer Text ist, weil er mit den realen Daten seiner Zeit, d.h. mit den Daten derjenigen Realität konform ist, welche durch realitätsbezogene Texte wie die juristischen tradiert wurden. Doch diese Koinzidenz gestattet auch den umgekehrten Gedankengang. Juristische und andere realitätsbezogene Texte könnten ja genau so gut mit einer Fiktion konform sein. Fiktion meint ja hier nicht etwas, welches nicht dem Realen entspricht, sondern eine „erarbeitete“ Sicht des Realen. Wie ein literarischer Text ist auch ein juristischer Text ein Diskurs, und die Realität, die er darstellt, ist also ebenfalls im etymologischen Sinne eine res ficta, d.h. etwas Gemachtes, Konstruiertes. Es ist paradox, dass historische oder juristische Quellen die Forscher gründlicher als die Phantasie der Fiktionsliteratur zu dem illusorischen Glauben verleiten, mit ihnen die Realität „unmittelbar“ vor sich zu haben. In Wahrheit stehen sie nur vor einem Diskurs über die Realität. So „realitätsbezogen“ sie auch sein wollen, die juristischen Texte sind wie auch die literarischen stets den Intentionen, der Wahl und den Prioritäten der Redakteure unterworfen, sie können somit nur eine begrenzte Version des Realen darstellen. Es ist also die Frage am Platz, ob das Bild des delinquenten seruus in den Metamorphosen nicht auf der Version der Realität fußt, die in den Rechtstexten der Zeit Eingang gefunden hat. Oder allgemeiner, inwiefern dieses Bild zur Zeit des Apuleius nicht zu einem Redetopos geworden war, der in realitätsbezogenen wie in sogenannten fiktionalen Texten aufgenommen die Semantik von seruus geprägt hat. So formuliert liegt der Nerv der Frage nicht im Prob-

232

Schluss

lem der Realitätsbezogenheit des Bildes des Sklaven als Delinquenten, sondern in der Häufigkeit dieses Bildes in den Texten, in der Insistenz, mit welcher ein furchterregendes Bild des Sklaven, sein Bild als ein schreckliches und treuloses, wesentlich zum Verbrechen neigendes Geschöpf in einem – real oder fiktiv – rechtlichen Kontext verbreitet wurde. „On se méfie de l’esclave, il fait peur“, wie es Morabito feststellt. Und in unmittelbarem Zusammenhang damit: Et il n’est pas moins intéressant de constater que, selon l’analyse directe, cette crainte liée à l’esclave délinquant est la plus forte sous les Antonins, précisément à une époque où le développement d’une certaine capacité de l’esclave 7 connaît ses formes les plus avancées.

Die Metamorphosen scheinen eben zu dieser Zeit (ca. 160 n. Chr.) verfasst worden zu sein. Das Bild des delinquenten bzw. charakterschwachen Sklaven an verschiedenen Stellen des Werkes lässt sich also anscheinend im Rahmen eines allgemein verbreiteten Diskurses über den Sklaven und d.h. einer Topik verstehen, welche Rechtstexte wie auch die literarische Phantasie eines Romanes nährt bzw. sie von ihr genährt werden. Diese Topik möchte als eine realitätsnahe Version des delinquenten Charakters des Sklaven gelten. Und es ist auf dem Hintergrund dieser Version, dass sich die Semantik von seruus in den Metamorphosen oft namentlich in den Szenen einzeichnen lässt, in denen irgendeine Art Intervention des Rechtswesens zu beobachten ist.

7

Morabito 1981: 216.

Anhang Tabelle der Haushalte in den Metamorphosen samt Hauspersonal und dessen Bezeichnungen 1. Allgemeine Bemerkungen zur Tabelle Aus den im zweiten Kapitel angeführten Gründen werden für die vorliegende Untersuchung ein Verzeichnis des Personals und die Auflistung der entsprechenden Bezeichnungen in den Metamorphosen in einer Tabelle geboten. Zum besseren Verständnis der hier gebotenen Daten soll kurz erklärt werden, wie die Tabelle zusammengestellt worden ist. Vorher sind aber noch einige Bemerkungen allgemeiner Art beigegeben. Es ist zunächst die Wichtigkeit des im zweiten Kapitel Dargelegten noch einmal zu unterstreichen. Die Individuen und deren Bezeichnungen werden hier nicht nach dem Kriterium des Status aufgezählt, den sie im Text wirklich aufweisen, sondern nach dem ihrer (wirklichen oder rhetorisch zugeschriebenen, gegenwärtigen oder vergangenen) Funktion als Mitglieder des Personals im Sinne, wie dieser Begriff im zweiten Kapitel bestimmt worden ist. Sie gelten hier als Wesen, die durch eine oder durch beide Bestimmungen dieser Funktion, also durch Abhängigkeit oder durch die Erbringung von Dienstleistungen an eine (auch funktional und nicht statutarisch definierte) Herrenfigurgebunden sind. Zum zweiten ist hier zu erwähnen, was dieses Verzeichnis nicht vorlegen will. Die Tabelle berücksichtigt praktisch nur das Vorkommen nominaler Bezeichnungen, d.h. fast nur die Fälle der Bezeichnungen, die konkret im Text besonders durch ein Substantiv oder (Personal- bzw. Demonstrativ- oder Indefinit)pronomen belegt werden können. Adjektive und Partizipien werden in einigen wenigen spezifischen Fällen einbezogen. Im Laufe der Untersuchung ist oft darauf hingewiesen worden, dass der Text des Apuleius natürlich andere diskursive Formen aufweist, welche die Präsenz von Personalgliedern anzeigen können. Verbalformen (Verben mit oder ohne Adverbien, verbale und adverbiale Ausdrücke) z.B. weisen auf eine Arbeitsaufgabe hin, die durch das Satzsubjekt (im Fall der Verben im Aktiv1) oder durch einen normalerweise elidierten2 1 2

So z.B. met. VIII, 22,2: (seruus quidam), qui uilicabat; VI, 23,1 (liber) uinum ministrabat. Viele Beispiele in den Metamorphosen: VII, 14,1 (iubet [...] praesepium meum ordeo repleri [...] faenumque [...] adponi), X, 16,3 (dominus aedium duci me iussit), XI, 34,4

234

Anhang

Agens (im Fall der Verben im Passiv) zu bewältigen ist, oder sie zeigen irgend3 einen Zustand der Unterwerfung an . Nominalformen wie Possessivpronomina oder der Gebrauch des Genitivs, die ebenfalls Personalglieder anzeigen können, wurden in der Auflistung nicht aufgenommen. Sie werden im Kommentar zu der Klassifikation (im zweiten Kapitel unter C.3) berücksichtigt, wenn sie die Individuen, auf die sie (in Ausdrücken wie etwa famulus suus oder equus meus) referieren, als Mitglieder des Personals ausweisen oder wenn sie sich (in Ausdrücken wie dominus meus oder magister meus) auch auf Herrenfiguren beziehen und dadurch das Verhältnis eines bestimmten Individuums zu dieser Figur anzeigen. Für die Eintragung des sprachlichen Materials in die Tabelle wurde auch nicht die „narrative voice“ in Betracht gezogen. Dieses Problem ist in einem polyphonen Roman wie die Metamorphosen komplex. Lucius leitet eine Hauptnarrative, die durch viele von anderen Figuren erzählten Nebennarrativen unterbrochen wird, in denen die Figuren direkt durch Dialoge oder durch Rekurs auf die indirekte Rede eine eigene Stimme erhalten. So sind viele der Bezeichnungen von Personalgliedern Selbstbezeichnungen, namentlich wenn die Episode von einem Individuum erzählt wird, das selbst als ein Personalglied anzusehen ist.4 In diesem narrativen Netz ist also immer darauf zu achten, wer genau wen nennt, d.h. wer genau einem hier als Personalglied klassifizierten Individuum eine bestimmte Bezeichnung erteilt. Diese Kontextinformation, die für das Verständnis der in der Semantik des Terminus involvierten sozialen Aspekte wichtig ist, wird bei der Eintragung der Terminologie in die Tabelle nicht berücksichtigt, sondern nur bei der semantischen Analyse im dritten Kapitel dieser Arbeit. Es sei hier gleichfalls daran erinnert, dass zwecks Eintragung in die Tabelle alle Termini, die irgendwie als auf Sklaven oder das Sklavenwesen bezogene im Text des Apuleius identifiziert wurden, auch die Pronomina, hier im Nominativ wiedergegeben werden. Im Text des Apuleius kommen sie allerdings in verschiedenen Kasus vor. Zuletzt etwas zu den elektronischen Suchmaschinen. Während der ersten Phase der Arbeit, in der es um die Erstellung eines Verzeichnisses des Perso-

3 4

(discernebatur lectus) usw. Zum Passiv mit elidiertem Agens vgl. Kap. II C.3.(6) Kommentar zur Klassifikation der Termini, welche die Ausübung einer Funktion anzeigen. Vgl. z.B. met. III, 19,5: in seruilem modum addictum; IV, 24,4: seruiliter clausa. In den von dem Esel Lucius erzählten Episoden, vgl. z.B. Haushalt 15.Tb: u.a. (molae machinariae) subiugus (met. VII, 15,3), (laboriosae machinae) adtentus (met. VII, 15,5); und Haushalt 7.T: u.a. conseruus (met. VII, 3,5). Aber auch in Episoden wie die von „einem der famuli von Charite“ erzählte (vgl. met. VIII, 1 ff.).

Tabelle der Haushalte in den Metamorphosen

235

nals und der betreffenden Bezeichnungen in den Metamorphosen ging, wurde von dem Gebrauch dieser Möglichkeit Abstand genommen. Sie hätte eine vorgängig feststehende Liste von Termini vorausgesetzt. Diese Liste sollte aber aus der Lektüre des Textes selbst gewonnen werden. Die Suche nach den Bezeichnungen für das Personal nur unter Rekurs auf elektronische Suchmaschinen hätte zur Aufnahme nur eines Teils der Bezeichnungen für Sklaven bzw. das Personal geführt. Die Untersuchung wäre dabei nur auf den Wortschatzteil angewiesen, welcher herkömmlich mit Sklaven bzw. anderem Hauspersonal verbunden wird. Ganz besondere und individualisierte Formen, die Sklaven bzw. andere Personalglieder im Text des Apuleius anzeigen und ihren Platz in der dritten Tabellenspalte gefunden haben, würden der Forschung entgehen. Die Anwendung elektronischer Suchmaschinen hat sich aber in nachfolgenden Momenten der Arbeit als ratsam erwiesen, z.B. um die Frequenz herauszufinden, mit der ein bestimmter Terminus im Roman vorkommt, oder um ganz genau eine vollständige Liste der Belege einer schon durch die Lektüre des Corpus identifizierten Bezeichnung zu erstellen. Zu diesem Zweck hat sich das Suchsystem, das in der elektronischen Ausgabe der Metamorphosen des Apuleius in der Bibliotheca Teubneriana Latina eingebaut ist, sehr wohl bewährt.

2. Technische Bemerkungen zur Tabelle Die verschiedenen Probleme, die sich dem Versuch einer tabellarischen Klassifikation und Registrierung des in den Metamorphosen auftretenden Personals und der betreffenden Bezeichnungen entgegenstellen, haben einige präsentationstechnische Lösungen erfordert, die nun darzulegen sind. Sie betreffen die allgemeine Organisation der Tabelle sowie auch besondere Kennzeichnungen, dessen Einführung zur Markierung bestimmter Distinktionen unerlässlich ist. Bevor also die Tabelle mit dem Verzeichnis geboten wird, sind hier die allgemeinen Prinzipien ihrer Organisation zu erörtern. Besonderen Zeichen, die in der dritten Spalte der Tabelle Verwendung gefunden haben, werden dann anschließend erläutert. a) Teile der Tabelle Die Haushalte wurden in drei Typen je nach der Art der Verhältnisse, durch welche die Verbundenheit der Personalglieder mit Herrenfiguren identifiziert werden kann:

236

Anhang

1. Verhältnisse zwischen und unter Menschen, in der Tabelle durch M identifiziert. 2. Verhältnisse zwischen Menschen und Tieren, in der Tabelle durch T identifiziert. 3. Verhältnisse zu Herrenfiguren mit übermenschlicher Macht (durch Magie oder Divinität), in der Tabelle durch D identifiziert. b) Zeilen der Tabelle Jede Zeile der Tabelle stellt ein Haushalt dar, der aus Herrenfigur(en) (zweite Spalte) und entsprechendem Personal (dritte Spalte) besteht. Zum besseren Gebrauch der Daten der Tabelle werden die Haushalte durch ein Sigel identifiziert (erste Spalte), dass aus einer arabischen Ziffer und dem Buchstaben M, T oder D besteht, je nach der Art des Verhältnisses zwischen dem Personal und der Herrenfigur, wie es unmittelbar oben unter a) erklärt wurde: 4.M

Demeas

*

uernaculi I, 26, 3

Wenn eine Zeile mehr als einen Haushalt registriert, so sind die angeführten Haushalte als untereinander verbundene anzusehen und gehören demselben Textbereich an. Ein Beispiel sind die Verhältnisse des Lucius zu seinem Personal (vgl. zweite Zeile der Tabelle). Im selben Bereich übt dort Lucius Herrenfunktionen über sein Personal (Haushalt 2.M) und sein Pferd aus (Haushalt 2.Ta), und ein Mitglied seines Personals übt ebenfalls Herrenfunktionen über 5 Lucius selbst aus, wenn dieser in Eselsgestalt auftritt (Haushalt 2.Tb ). Somit:

5

Die kleinen Buchstaben „a“ und „b“ unterscheiden hier mehrere Haushalte desselben Typs (in diesem Fall des Typs T mit Herrschafts- und Unterwerfungsverhältnissen zwischen Menschen und Tieren).

Tabelle der Haushalte in den Metamorphosen

2.M

Lucius

2.Ta

Lucius

2.Tb

Seruulus III,27,4

237

(Reisebegleiter des Herrn) * pueri II,15,5 *famuli XI,20,6 *famulus II,31,4 *puer III,8,7 *seruulus III,27,4 *seruus VII,2,2 (Hauspersonal der Familie von Lucius) * nutrix II, 3, 2 (seiner Mutter und Byrrhena, vgl. 5.M) * uernulae XI,18,1 (Pferd) * equuus I,2,2; III,26,4 u.a. *uector (meus) I,20,5; III,26,4 u.a. *famulus III, 26, 8 *seruus (meus) XI,20,7 *Candidus XI,20,1 (Esel Lucius) * Cantherius III,27,5 *Sacrilegus *debilis *claudus III,27,6

c) Spalten der Tabelle Die Tabelle hat drei Spalten: – In der ersten Spalte wird der Haushalt durch ein Sigel identifiziert (zu dessen Aufbau vgl. unmittelbar oben unter b). – In der zweiten Spalte werden die Wesen aufgelistet, welche im betreffenden Haushalt Herrenfunktionen ausüben. Sollten Familienmitglieder des Hausherrn bzw. Hausherrin erwähnt werden, werden sie auch in dieser Spalte eingetragen, denn sie besitzen ebenfalls Herrengewalt über das entsprechende Personal. Termini oder Ausdrücke, durch welche die herrschaftliche Stellung des bzw. der in der zweiten Spalte erwähnten Wesen(s) in Bezug auf die in der dritten Spalte als Personalglieder eingetragenen Individuen im Text angezeigt wird, also Termini wie z.B. dominus, erus usw., werden auch in der zweiten Spalte in Klammern registriert. – Die dritte Spalte bringt Termini, durch die das (im eigentlichen oder übertragenen Sinne, als Individuum oder Gruppe vorkommendes) Personal im Text bezeichnet wird.

238

Anhang

d) Besonderheiten der dritten Spalte: d.1) Die das Personal(glied) anzeigende Termini werden vertikal aufgelistet. Oben steht eingeklammert in Fettdruck die durch diese Termini im Text referierte Art Individuum oder Individuengruppe. So z.B.: (Reisebegleiter des Lucius) *pueri II,15,5 (Liebhaber) *Socrates I,6,1 (Pferd) *conseruusVII,3,5 d.2) Die Bezeichnungen des Personals werden in der dritten Spalte nur zum Zweck der tabellarischen Präsentation grundsätzlich im Nomi6 nativ aufgelistet. d.3) Das Symbol * deutet auf einen Terminus (Ausdruck oder Wort) hin, welcher (im Singular oder Plural) das Personal(glied) anzeigt. d.4) Die Einrückung einiger Termini in der Auflistung der Bezeichnungen kann eine zweifache Bedeutung haben. Zum einen können die eingerückten Termini weitere Bezeichnungen des Individuums darstellen, welches zuerst im Text durch den nichteingerückten Terminus bezeichnet wurde. Zum anderen können die eingerückten Termini auch Spezifikationen von Individuen sein, welche auch in einer oder mehreren kollektiven Bezeichnung(en) mitgemeint sind, und deshalb werden diese spezifischeren Termini unter den allgemeineren in eingerückter Form angeführt. Z.B.: * familiares II,26,4; 26,6 *Philodespotus *actor II,26,3 *ancillula II,24,8 *Myrrhina II,24,8 *ancilla *senex II,21,4-5 *praeco II,23,1

6

Bei der semantischen Analyse der betreffenden Termini in dem dritten Kapitel dieser Untersuchung werden die Termini jeweils im Kasus angeführt, in welchem sie im Text erscheinen.

Tabelle der Haushalte in den Metamorphosen

239

* familiares ist hier eine Kollektivbezeichnung, welche alle Individuen umfasst, die unter ihr durch eingerückte Termini bezeichnet werden. Unter *familiares stehen als Spezifikationen die eingerückten Termini *Philodespotus *actor, *ancillula und *senex. Dasselbe Wesen, welches im Text zuerst als *ancillula bezeichnet wird, wird danach durch den Eigennamen *Myrrhina und noch durch *ancilla bezeichnet, weshalb diese Bezeichnungen unter der im Text zuerst vorkommenden Bezeichnung dieses Individuums *ancillula eingerückt erscheinen. Dasselbe gilt für *senex, der später durch den Terminus *praeco bezeichnet wird, der die durch denselben senex ausgeübte Funktion benennt. d.5) Wenn zwei oder mehr Termini, welche dasselbe Individuum anzeigen, in einem einzigen Ausdruck integriert erscheinen, werden die verschiedenen in diesem Ausdruck erscheinenden Termini nicht eingerückt aufgelistet, sondern nebeneinander, wie sie im Ausdruck selbst vorkommen. Z.B. wird registriert: * Philodespotus *actor, und nicht * Philodespotus *actor d.6) Neben den Bezeichnungen des Personals werden auch die betreffenden Stellennachweise angegeben. Soll eine Bezeichnung unzählige Male im Laufe des Textes vorkommen, werden nur einige wenige, und zwar die repräsentativsten Belege gefolgt von der Abkürzung „u.a.“ gebracht. d.7) Intrareferentielle Termini wie die mit dem Präfix con- (z.B. conseruus, commilito) sind reziproke Bezeichnungen, die mehrere Individuen involvieren. Es musste also für sie ein System von Kreuzverweisen erfunden werden. Wenn sie für das abgeleitet mitimplizierte Individuum stehen, werden sie in eckigen Klammern gesetzt mit darauf folgender Angabe der Individuen, auf welche die Termini sich direkt beziehen, und der Haushalte, welchen diese Individuen unter diesen Bezeichnungen angehören. So nennt sich der Esel Lucius an einer Stelle conseruum atque coniugem seines Pferdes.7 Beide Termini gelten also als direkte Bezeichnungen des Esels im Haushalt 7.T und 7

Vgl. met. VII, 3,5.

240

Anhang

stehen auch abgeleitet für das Pferd im selben Haushalt. Conseruus und coniunx müssen also zweimal in der dritten Spalte dieses Haushaltes stehen, einmal für den Esel und einmal für das Pferd. Im letzten Fall werden aber conseruus und coniunx als Bezeichnungen für ein abgeleitet mitimpliziertes Element in eckigen Klammern markiert wie z.B.: (Lucius’ Pferd) * [conseruus] VII,3,5 (d.h., des Esels Lucius, s.u.) *[coniunx] VII,3,5 (d.h., des Esels Lucius, s.u.) (Esel Lucius) * conseruus VII,3,5 (d.h., des Pferdes von Lucius, s.o.) *coniunx VII,3,5 (d.h., des Pferdes von Lucius, s.o.) d.8) Oft wird die Bezeichnung für Personal(glied) in der Tabelle unmittelbar von Termini wie z.B. Possessivpromina oder Unterwerfung signalisierende Verben begleitet, deren Semantik für die Inklusion des Bezeichneten in das Personal wichtig ist. Wo nötig werden solche Termini nach ihrer Reihenfolge im Text vor oder nach der eigentlichen Bezeichnung in Klammern eingetragen. d.9) Nur vereinzelt auftretende Fälle werden in Fußnoten zur Tabelle erklärt.

Tabelle der Haushalte in den Metamorphosen

241

3. Tabellarischer Überblick über die Haushalte samt dazugehörendem Personal Haushalt Sigel

Herren- / Herrinfigur und seine / ihre Familienmitglieder im Haus

Personal und entsprechende Bezeichnungen

1.D

Meroe (eine alte Zauberin, die Inhaberin einer Gaststätte ist)

(Liebhaber) * Socrates I,6,1 * Endymion I,12,4 * Catamitus (meus) I,12,4 * Ulixes I,12,6 (Helferin der Zauberin) * soror *Panthia I,12,4;*Panthia (sua) I,12,6

2.M

Lucius

(Reisebegleiter des Herrn) * pueri II,15,5 * famuli XI,20,6 * famulus (meus) II,31,4 * puer III, 8,7 * seruulus III,27,4 * seruus VII,2,2 (Hauspersonal der Familie von Lucius) * nutrix II,3,2 (seiner Mutter und Byrrhena, vgl. 5.M) * uernulae XI,18,1 (Liebhaberin)8 * (mea) Photis II,7,1 u.a. * (mea) festiuitas II,10,3 * (tibi mutua uoluntate) mancipata II,10,6

2.Ta

8 9

Lucius

(Pferd)9 * equuus I,2,2; III,26,4 u.a. * uector (meus) I,20,5; III,26,4 u.a. * famulus III,26,8 * seruus (meus) XI,20,7 * Candidus XI,20,1

Photis, ancilla des Milo, in dessen Haus Lucius als Gast weilt. Vgl. noch 3.Ma und 3.Mb. Vgl. auch 7.T.

242

Anhang

Haushalt Sigel

Herren- / Herrinfigur und seine / ihre Familienmitglieder im Haus

Personal und entsprechende Bezeichnungen

2.Tb

Seruulus III,27,4 (d.h. des Lucius)

(Esel Lucius) * Cantherius III,27,5 * Sacrilegus *debilis *claudus III,27,6

3.Ma

Milo (erus tuus I,22,3) und * ancillula I,21,7; 23,7 seine Frau Pamphila (domina * adulescentula I,22,2 II,16,1; era mea III,15,7) * Photis I,23,7; I,24,2; I,26,1 u.a. * ancilla I,26,1; III,12; VII,1,6 * famula II,6,6 * puella II,7,7 * femina III,26,2

3.Mb

Photis (mea Photis II,7,1 u.a.; mancipata II,10,6)

(Lucius ihr Liebhaber) * (in seruilem modum) addictum III,19,5 * (in seruilem modum) mancipatum III,19,5 * (tuumque) mancipium III,22,5

3.T

Milo

(Ein Esel) * asinus III,27,4

3.D

Pamphila

(Übernatürliche Elemente) * manes (obediunt) III,15,7 * sidera (turbantur) III,15,7 * numina (coguntur) III,15,7 * elementa (seruiunt) III,15,7

4.M

Demeas

* uernaculi I,26,3

5.M

Byrrhena

* famulitio II,2,3 * senex II,2,5 * ceteri omnes II,5,1 * dibiritores II,19,3 * pueri II,19,3 * famulus III,12,2 (Hausdienerin ihrer Familie und auch der Familie des Lucius, vgl. 2.M) * nutrix II,3,2

Tabelle der Haushalte in den Metamorphosen

243

Haushalt Sigel

Herren- / Herrinfigur und seine / ihre Familienmitglieder im Haus

Personal und entsprechende Bezeichnungen

6.M

Matrone aus Larissa

* familiares II,26,4; 26,6 * Philodespotus *actor II,26,3 * ancillula II,24,8 *Myrrhine II,24,8 * ancilla * senex II,21,4 * praeco II,23,1

(domina II,26,5)

(gelegentlich im Hause als Leichnamswache angestellt) * Telyphron II,24,4 * puer et *peregrinus II,21,7 * iuuenis II,26,4 * [unus] (inter ceteros) familiares II,26,4 * famulus (tuus) II,26,5

Diebe

* anus IV,7,1 u.a. * anicula IV,24,3 u.a. * anilis IV,27,8

7.M

(Gefangene) * Charite * uirgo IV,23,2 u.a.; *uirgo (regia fugiens captivitatem) VI,29,3 * puella IV,23,3 u.a * (rapinae) praeda IV,24,4 * mancipium (effecta) IV,24,4 * (seruiliter) clausa IV,24,4 * captiua *puella VI,25,1

244

Anhang

Haushalt Sigel

Herren- / Herrinfigur und seine / ihre Familienmitglieder im Haus

Personal und entsprechende Bezeichnungen

7.T

Diebe (Lucius’ Pferd) domini IV,5,5 (d.h. des Esels * equuus (meus) III,28,5 Lucius); VII,9,6 (uestrorum * (meus) famulus VII,3,5 (d.h. des Luconsiliorum rerumque cius) domini) * (meus) uector VII,3,5 (idem) * [conseruus VII,3,5 (des Esels Lucius, s.u.) * [coniunx] VII,3,5 (des Esels Lucius, s.u.) (Mehrere Esel) * asini III,28,5 (Esel Lucius, Milos Esel) * commilito IV,5,5 (d.h. Esel des Milo, Kamerad des Esels Lucius, s.u.) (Esel Lucius) * asellus VI,26,1 * asinus VI,31,3 * bestia VII,3,1 * quadripes VII,3,1 * conseruus VII,3,5 (seines Pferdes, s.u.) * coniunx VII,3,5 (seines Pferdes, s.u.) * [commilito] IV,5,5 (d.h. des Esels von Milo)

7.Ta

Mulier asinaria10

(Esel) * asellus VII,8,1

8.T

pagani

(Hunde) * canes (magni et numero multi) IV,3,6-9

10

Es handelt sich um den Räuber Haemus, der sich als Frau verkleidet, um einer Gefahr zu entgehen. Haemus ist wiederum die fiktive Identität von Tlepolemus, dem Verlobten der Charite, der sich als Räuber ausgibt, um sich in die Gruppe der Entführer seiner Braut einzuschleusen und sie zu retten zu versuchen.

Tabelle der Haushalte in den Metamorphosen

Haushalt Sigel

Herren- / Herrinfigur und seine / ihre Familienmitglieder im Haus

Personal und entsprechende Bezeichnungen

9.M

Demochares (uir et genere primarius et opibus plurimus et liberalitate praecipuus digno fortunae suae splendore publicas uoluptates instruebat IV,13,1)

* familia IV,17,6; 18,8; IV,19,3 * custodes IV,18,4 * ianitor IV,18,5 * seruulus IV,19,1 * quidam IV,21,1 * alius IV,21,1 * plurimi IV,21,1

245

(Schauspielpersonal) * gladiatores * uenatores IV,13,4 * noxii (ad bestias) IV,6,6 9.T

idem

(Schauspieltiere) * ferae IV,13,6 * ursae IV,13,7 (captiuitas IV,14,2) * besta IV,16,3 (als Bär maskierter Räuber) (Haustiere: Hunde) * canes *uenaticii IV,19,5

246

Anhang

Haushalt Sigel

Herren- / Herrinfigur und seine / ihre Familienmitglieder im Haus

10.D

Cupido (dominus V,8,3 u.a.) (Hausdiener) und Psyche (domina V,2,3) * Zephyrus V,6,8; 7,4 u.a. * famulus V,6,8 (d.h. von Cupido) * uentus V,9,7 * Zephyrus (noster) V,13,2 (nullus) *serviens V,3,3 * hominum (nemo) V,3,5 * uoces *famulae (u.a.) V,2,4 * multitudo *uocis V,3,5 * chorus V,3,5 * uoces *ancillae V,9,7 * uocumque *seruientium (populosa)*familia V,8,1 * uox (quaedam) V,2,3 * uox (informis) V,3,2 * quidam (cantauit) *inuisus V,3,5 * alius (citharam pulsauit) V,3,5 * cithara V,15,2 * tibiae V,15,2 * chorae V,15,2 * spiritus (spiritu subministrantur) V,3,3 * lucerna V,23,5

11.M

11

Personal und entsprechende Bezeichnungen

Cupido (meus dominus VI,1,2)

(seine Frau Psyche) * uxor VI,1,1 (seruilibus pretibus propitiare) * contubernalis VI,10,5

Ehemänner von Psyches Schwestern

(Ehefrauen bzw. Psyches Schwestern) * (maritis) ancillae V,9,3; 10,9 * medica (laboriosa) V,10,211

Vgl. met. V,10,3: seruili animo.

Tabelle der Haushalte in den Metamorphosen

247

Haushalt Sigel

Herren- / Herrinfigur und seine / ihre Familienmitglieder im Haus

Personal und entsprechende Bezeichnungen

12.D

Venus (domina IV,31,4 u.a.)

(Hausdiener, Gefolge) *(marinum) obsequium IV,31,5-7 *exercitus IV,31,7 *(Nerei) *filiae *chorus IV,31,6 *Portunus IV,31,6 *Salacia IV,31,6 *Palaemon IV,31,6 *Tritones IV,31,7 *Gratiarum *ministerium V,28,7 *auis V,28,6 u. 8 (mihi seruis amanter V,28,7) *(Veneris canora) familia VI,6,4 *columbae VI,6,2 *passeres et *aues VI,6,3 *Mercurio (*praedicator) VI,7-8 *famulitio VI,8,5 *Consuetudo VI,8,5 *ancillae VI,9,2 *Sollicitudo VI,9,2 *Tristities VI,9,2 (Hauspersonal mit Verwandtschaftsbeziehungen zu der Herrin) (Sohn) *Cupido (solus) VI,11,3 *(custodia) clausus VI,11,3 *puer (suus) IV,30,4 (Schwiegertochter) *Psyche V,28,8 u.a. *puella V,28,8 u.a. *(regis) filia VI,8,2 *fugitiua V,31,2; VI,8,2 *custodita VI,3,2 *serui (alieni) VI,4,5 *(delitescens) ancilla u.a. VI,7,3; 8,2 (Veneris ancilla) *pupula VI,16,3 (Andere) *spurius VI,9,6 (Psyches Kind) *uernulae V,29,5 (mögl. Adoptivkinder)

Venus (domina VI,5,3; 8,5 u.a.)

248

Anhang

Haushalt Sigel

Herren- / Herrinfigur und seine / ihre Familienmitglieder im Haus

Personal und entsprechende Bezeichnungen

13.D

Proserpina

(Hund als Hauswache) *canis (seruat uacuam Ditis domum) XI,19,3

14.D

Jupiter

(Personal bei der Hochzeitsfeier von Cupido und Psyche) *Mercurio VI,23,1 *Liber (uinum ministrabat) VI,24,2 *pocillator VI,24,2 *(rusticus) *puer VI,24,2 *Vulcanus (cenam coquebat) VI,24,2 *Horae (rosis et ceteris floribus purpurabant) VI,24,3 *Musae (canora personabant, chorum canerent) VI,24,3 *Apollo (cantauit citharam) VI,24,3 *Venus (saltauit) VI,24,3 *Saturnus (tibias inflaret) VI,24,3 *Panisculus (ad fistulam diceret) VI,24,3

15.M

Charite und ihre Eltern

*familia IV,24,4; IV,26; VIII,6,1 *familiares IV,26,8; VIII,7,1; VIII,14,3 *uernulae IV,24,4 *alumni VII,13,1 *famuli VIII,1,1 *nutrix VIII,8,5; VIII,9,2 *anus VIII,9,2 *(unus ex) *famulis Charites VIII,1,1 *clientes VII,13,1 *necessarii VIII,7,6 (gefangene Diebe) *captiui VII,12,2 *latrones VII,13,5 (latronum captiuitas) (Landarbeiter) *pastores VII,22 *rustici VII,23,1; VIII,15,1 *gregarii VII,20,3 *operarii VII,22,3 *conserui VIII,1,2

Tabelle der Haushalte in den Metamorphosen

Haushalt Sigel

Herren- / Herrinfigur und seine / ihre Familienmitglieder im Haus

249

Personal und entsprechende Bezeichnungen *equisones VIII,1,3 *opiliones VIII,1,3 *busequae VIII,1,3 *armentarius equiso VII,15,1 *gregarius VII,15,3 *pastor (equinis armentis) VII,16,1; VIII,17,9 *equorum magister VIII,15,2 *maritus (suus) VIII,17,4 *uxor (eius) VII,15,3 (d.h. des armentarius) *mulier VII,13,5; VIII,17,5 *puer (u.a.) *praefectus VII,17,2 *agaso VII,25,6 *peremptor VII,24,3 (des Esels Lucius) *ductor VII,25,7 (des Esels Lucius) *conseruus *magister (d.h. des Esels Lucius s.u.) VII,27,7 *comes VII,27,7 (d.h. des Esels Lucius s.u.) *pastor VII,27,7 (des Esels Lucius) *magister VII,27,3 (des Esels Lucius) *(puerum) parentes VII,26,4 (d.h. des puer praefectus, s. o.) *mater (pueri) VII,27,2 *unus (ex) *illis VII,22,2 *quidam (de illo) *coetu *rusticorum VII,23,1 *rusticanus VII,26,4 *(in) his *unus VII,26,5 *fugitiui VIII,16,1 *ductores VIII,16,1 (der Esel) *pastores VIII,16,4; 23,3 *infantuli VIII,15,3 *mulieres VIII,15,3 *unus (e) *nostris VIII,19,1 *unus (prae) *ceteris VIII,21,1 *iuuenis VIII,21,2

250

Haushalt Sigel

Anhang

Herren- / Herrinfigur und seine / ihre Familienmitglieder im Haus

Personal und entsprechende Bezeichnungen *comes VIII,21,2 *conseruus VIII,21,3 (d.h. des arcessitor) *arcessitor VIII,21,1 *pastor VIII,21,4 *[conseruus] VIII,21,3 (d.h. einer aus der Gruppe der Flüchtigen s.o.)

15.Ta

Charite und ihre Eltern

- Tlepolemus (dominus suus VIII,5,8) - Charite

(Pferde und andere Maultiere) *greges *equini VII,14,5 *equinis *armentum VII,16,1 *equae *concubinae VII,16,2 *mulae*alumnaeVII,14,5 *mares VII,16,3 *equus VIII,5,5-8 *quadrupes VIII,5,8 (Esel Lucius) *praesidium (meae libertatis meaeque salutis) VI,28,4 *sospitator VI,28,6; VII,14,1 *asinus *uector VI,29,3 *asinus (meus) VI,29,5

Tabelle der Haushalte in den Metamorphosen

251

Haushalt Sigel

Herren- / Herrinfigur und seine / ihre Familienmitglieder im Haus

Personal und entsprechende Bezeichnungen

15.Tb

Landpersonal der Familie Charites

(Esel Lucius) *(molae machinariae) subiugus VII,15,3 *(laboriosae machinae) adtentus VII,15,5

- armentarius equiso (domi- (andere Haustiere) nus VIII,25,6) und seine Frau *(alia) iumenta VIII,15,2 *pulli VIII,15,3 VII,15 ff. *passeres VIII,15,3 *aedi VIII,15,3 *catelli VIII,15,3 (Esel Lucius) - puer *[conseruus] VII,27,7 (d.h. des puer) Mihi praefectus VII,17,2 *quadrupes (nequissimus) VII,27,5 Peremptor meus VII,24,3 *homicida VII,27,9 Conseruus magister *Meleager *asinus VII,28,4 VII,27,7 (d.h. Mitsklave des Esels) Comes VII,27,7 (des Esels) Pastor VII,27,7 Ductor VII,25,7 - pastores VII,22,1 ff.; Fugitiui ductores nostri VII,18,5

(Esel Lucius) *(publicus) maritusVII,22,2 *adulter VII,22,2 *asinus VII,23,1 (opera seruitioque tam necessario) *(trux) amator (atque insuauis) *(pessimus) asinus VII,26,4 (andere Maultiere) *asini VII,23,3; VIII,23,3 u.a. *equi VII,23,3; VIII,16,1 u.a. *iumenta VIII,23,3

252

Anhang

Haushalt Sigel

Herren- / Herrinfigur und seine / ihre Familienmitglieder im Haus

15.D

Liber (imagines defuncti, (Charite, seine Witwe) d.h. Tlepolemus, verstorbe*puella (seruitio diuinis) VIII,7,4-7 ner Gatte der Charite als Gott *Charite VIII,8,4 Liber vorgestellt) *coniunx VIII,8,7

16.T

uiator VII,25,1

(Esel Lucius) *solitarius *uagusque12 VII,25,1 *asinus VII,25,8

17.T

Coloni

(Hunde) *canes (rabidi et immanes) VIII,17,1

18.M

Plotina und ihr angesehener Mann

*famuli VII,7,2

19.M

Großgrundbesitzer

*familia VIII,22,2 *famulitio VIII,22,2 *seruus VIII,22,2 (uilicabat) *maritus VIII,22,3 *seruulus VIII,22,5 *[conseruus] *[coniunx]VIII,22,2 (d.h. seiner Gattin,s.u.) *conserua *coniuga VIII,22,2 (d.h. des seruus uillicus, s.o.) *uxor (eius) VIII,22,3 (idem) *infantulus (de eodem marito) VIII,22,4 *paruulus VIII,22,4

20.T

Praeco VIII,23,3 ff.

(Esel Lucius) *cantherius (iste) VIII,23,6 *Cappadocus VIII,24,3 *mancipium VIII,24,4 *ueruex VIII,25,1 *(modestus) homo VIII,25,1

12

Personal und entsprechende Bezeichnungen

D.h. ohne die Präsenz eines Herrn, was den uiator daran hindert, sich des Esels anzueignen.

Tabelle der Haushalte in den Metamorphosen

Haushalt Sigel

Herren- / Herrinfigur und seine / ihre Familienmitglieder im Haus

Personal und entsprechende Bezeichnungen

21.M

Philebus (Hauptpriester) und die homosexuellen Priester der Dea Syria (puellae VIII,26,1; chorus cinaedorum VIII,26,2)

(Sexual- und Hausdiener) *iuuenis VIII,26,5 *(partiarius) concubinus

21.T

253

(gelegentlicher Sexualdiener) *rusticanus

Philebus VIII,25,6 ff. (Esel Lucius) (meus dominus VIII,25,6) *nouicius *famulus VIII,26,1 und die Priester der Dea Syria *seruus (pulchellus) VIII,26,1 (mei domini IX,2,5) *homo *seruulus VIII,26,2 (ministerio suo paratum) *asinus (pro homine) VIII,26,3 *maritus VIII,26,3 * pullulus VIII,26,4 Iuuenis (Diener des Philebus und seiner Gruppe, s. 21.M)

*uicarius VIII,26,6

254

Anhang

Haushalt Sigel

Herren- / Herrinfigur und seine / ihre Familienmitglieder im Haus

Personal und entsprechende Bezeichnungen

22.M

Hochangesehener Bürger (uir *familiares IX,2,1 principalis) einer wichtigen *(plures) alii (ex) *familia IX,2,3 Stadt (nobilem ciuitatem), *famuli IX,2,5 pater familias (IX,1,3) eines *colonus VIII,31,1 geräumigen Hauses (domus *cocus VIII,31,2 amplissimae) (VIII,30,4-5) *maritus VIII,31,3 *uerbero VIII,31,5 *[conseruus] VIII,31,5 (d.h. seiner Frau, s.u.) *filius (paruulus suus) VIII,31,2 (d.h. des Kochs) *uxor (eius) VIII,31,3 (d.h. des Kochs) *conserua VIII,31,5 (d.h. ihres Mannes, des cocus, s.o.) *famulus IX,1,3 *puer IX,2,1 *Myrtilus *mulio IX,2,3 *Hephaestio *cocus IX,2,3 *Hypnophilus *cubicularius IX,2,3 *Apollonius *medicus IX,2,3 *illos (qui meae tutelae peruigiles) IX,3,1 *unus (ex his) IX,3,3

Tabelle der Haushalte in den Metamorphosen

255

Haushalt Sigel

Herren- / Herrinfigur und seine / ihre Familienmitglieder im Haus

Personal und entsprechende Bezeichnungen

23.T

idem

(Hunde und Esel) *canes *uenatici IX,2,2 *canis *uenaticus VIII,31,1 *iumenta IX,2,2

24.M

Der pistor und seine Frau

*complures IX,11,6 *coetus IX,12,1 *homunculi IX,12,3 *familia IX,13,3; 31,2 *familiares IX,31,2 *opifices IX,30,5 *seruuli IX,30,5 *anus IX,15,4; 22,1; 22,5 (dient der Herrin) *anicula IX,16,1 *senex IX,27,1 *duo (e) *familia IX,28,3 (Liebhaber) *iuuenis IX,15,3 *familiar IX,16,1 *Philesitherus *adulescens IX,16,2 *puer IX,22,6; 27,3; 2,1-3 *adulescens IX,23,1 *stuprator IX,26,2 *adulterus IX,27,2; 28,4 *puellus IX,27,4 *filius IX,27,3

Tochter des Müllers (Erbin der Güter des verstorbenen Vaters)

13

(Hauspersonal als Erbgut) *familia IX,31,213

Nach dem Tod des Müllers verkauft seine Tochter das ganze Erbe (darunter Sklaven, Maultiere, Möbel). Vgl. met. IX, 31,2: familiam, supellectilemque et omnia iumenta ad hereditariam deducit auctionem.

256

Anhang

Haushalt Sigel

Herren- / Herrinfigur und seine / ihre Familienmitglieder im Haus

Personal und entsprechende Bezeichnungen

24.T

Pistor (nouus dominus XI,11,2; meus dominus IX,26,4; erus IX,27,1), seine Frau (pessima, deterrima, saeua u.a. IX,14)

(Maultiere) *(compluria) iumenta IX,11,1 *(meum iumentarium) contubernium IX,13,1 (d.h. des Esels Lucius) *muli (senes) IX,13,1 *cantherii (debiles) IX,13,1 *familia IX,13,3 (Esel Lucius) *nouicius *asinus IX,15,1 *(scabiosus) asinus IX,22,1 *homo (curiosus ad iumenti faciem) IX,30,2

Tochter des Müllers (als Erbin *(omnia) iumenta IX,31,2 (s.o. 24.M) des toten Vaters) 25.M

Der fulo und seine Frau

(Liebhaber) *adulter IX,24,1 *iuuenis IX,24,1 *homo IX,25,2

26.M

Der Dekurio Barbarus und seine Frau

*familiares IX,21,1 *conserui IX,21,2 *seruuli IX,21,4 *seruulus IX,17,3 *Myrmex IX,17,3 *seruus IX,18,4

26.T

Pauperculus hortulanus XI,31,3 (dominus u.a. XI,32,1)

(Esel Lucius)14 *asellus IX,39,7 *(suus) asinus IX,40,4

27.M

Landbesitzer (paterfamilias IX,33,1) und seine drei Söhne

*familia IX,34,4 *puer IX,33,5 *unus (e cela uinaria) IX,34,2 *seruulus IX,35,1

14

Vgl. auch met. IX, 32,1: seruitii mei disciplina.

Tabelle der Haushalte in den Metamorphosen

Haushalt Sigel

Herren- / Herrinfigur und seine / ihre Familienmitglieder im Haus

Personal und entsprechende Bezeichnungen

27.T

idem

(Pferd) *fessus *equus IX,33,1

257

(Hund) *canis *pastoricus IX,33,3 (Huhn) *ancilla IX,33,4-5 28.M

Großgrundbesitzer (magnos et beatos agros possidebat; potens et diues et iuuenis IX,35,3)

*seruuli XI,36,1 u.a. *pastores XI,36,5 *familiares XI,38,7 *quidam (de seruulis) XI,36,7

28.T

idem

(Hunde) *canes pastoricii uillatici IX,36,4

29.T

Miles (IX,39,2) und seine Kameraden

(Esel Lucius) *(uacuus) *asinus IX,39,2 *asinus IX,39,4 u.a. (mihi opera eius opus est) *(uelut) captiuus IX,42,4 (Maultiere) *(cetera) iumenta IX,39,5

30.M

Dekurio

*seruulus X,1,3

30.T

Seruulus

(Esel Lucius) *commendatus X,1,3 (cuidam seruulo)

31.M

Herr eines Hauses (dominus aedium X,2,1), seine beiden Söhne und seine Frau

*familia X,5,2 *educator *senex X,4,3 *paedagogus X,5,2 *dotalis *seruulus X,4,6 (d.h. der Frau); *seruulus X,8,3 *seruus X,7,6; X,10,3; 12,4 *cruciarius X,7,7

32.M

Arzt und altes Mitglied der Kurie (X,8,2)

*(de meis) aliquis X,9,4

33.M

Thiasus (diues admodum dominus X,8,2)

*(plures) conserui X,15,5 *familia X,16,1; 35,1

258

Anhang

Haushalt Sigel

Herren- / Herrinfigur und seine / ihre Familienmitglieder im Haus

Personal und entsprechende Bezeichnungen *serui *fratri X,8,2; *serui X,17,1 *pistor dulciarius X,8,3 *cocus X,8,3 *[contubernales] X,13,5 d.h. unter sich und des Esels Lucius, s.u. 33.Ta *emptores (mei) X,13,1 (d.h. des Esels) *puer X,16,8 *libertus X,17,1; 23,1 *praepositus X,19,1 (d.h. des Esels) *magister X,23,1; 35,1 (d.h. des Esels) (Schauspielpersonal) *gladiatores X,18,2 *(bestiis) addicta X,18,2 *damnata X,34,3 *scaenici X,29,3 *puelli X,29,4 *adulescens X,30,2 (spielt Paris) *puer X,30,5 (spielt Mercurio) *scaenici *pueri X,31,3 *(sui) comes X,31,3 (Begleiter der Göttinnen in der Pantomime, s.u)15 *puellae X,29,4 *uirgines (quae deae putabantur) X,31,3 *puella X,30,6; X,31,3 (spielt Juno, s.u.) *alia [puella] X,30,7 (spielt Minerva, s.u.) *alia [puella] X,31,1 (spielt Venus, s.u.) *tibiae X,32,2 (d.h. die Flötenspieler)

15

Im Rahmen des von Thiasus gestifteten Schauspiels findet eine Pantomime über das Urteil von Paris statt. Die pueri und puellae sind hier Schauspieler (scaenici), die auf der Bühne die Begleiter (sui comes) jeder der Göttinnen Juno, Minerva und Venus darstellen. Als Schauspieler gehören sie also zum Haushalt des Thiasus, und als die Figuren, die sie darstellen, zu den Haushalten der entsprechenden Göttinnen.

Tabelle der Haushalte in den Metamorphosen

259

Haushalt Sigel

Herren- / Herrinfigur und seine / ihre Familienmitglieder im Haus

Personal und entsprechende Bezeichnungen

33.Da

Juno (in der Pantomime über (Begleiter) das Urteil von Paris, die in *Castor et *Pollux X,31,3 dem von Thiasus gestifteten *[scaenici pueri] X,31,3 (s.o.) Schauspiel stattfindet, s.o.) *[sui comes] X,31,1

33.Db

Minerva (in der Pantomime über das Urteil von Paris, s.o.)

(Begleiter) *duo pueri X,31,5 *comites*armigeri X,31,5 *Terror et *Metus X,31,5

33.Dc

Venus (in der Pantomime über das Urteil von Paris, s.o.) domina X,32,1-2

(Begleiter) *populi (laetissimorum) *paruulorum X,32,1 *puelli X,32,1 *Cupidines X,32,1 *(innuptarum) puellarum (decorae)*soboles X,32,2 *Gratiae X,32,2 *Horae X,32,2

33.Ta

Duo serui fratri X,13,1 (Emptores mei X,17,1; [contubernales] d.h. einander und auch des Esels X,13,5, s. nebenstehende Spalte)

(Esel Lucius) *(tertius) contubernalis X,13,5 *asinus X,14,1

33.Tb

Thiasus X,17,1 (Esel Lucius) (dominus u.a. X,6,3; 18,1; *asinus X,16,5 [contubernalis] d.h. des *sodalis X,16,6 Esels Lucius, s. nebenstehen*contubernalis (noster) X,16,7 (d.h. des de Spalte) Thiasus) *parasitus (meus) X,16,8 *sodalis X,17,6 *conuiua X,17,6; 18,4 *uector X,18,4 (Weitere Tiere) *ferae X,18,2 *equi Thessalici X,18,3 *iumenta Gallicana X,18,3

260

Anhang

Haushalt Sigel

Herren- / Herrinfigur und seine / ihre Familienmitglieder im Haus

33.Tc

Libertus (des Thiasus) X,17,1 (Esel Lucius) magister X,17,5; 23,1 praepositus meus X,19,1 altor meus X,19,4

34.M

Matrone aus Corinth (matro- *quattuor eunuchi X,20,2 na pollens et opulens X,19,3)

34.T

Matrone aus Corinth (Uxor mea X,23,2)

(Esel Lucius=Liebhaber) *palumbulus X,22,3 *passer X,22,3

35.M

Herr eines Hauses, seine Frau, sein Sohn,

*familia X,25,3

seine Schwiegertochter

(Personal der Schwiegertochter) *seruulus X,24,3 (der Schwiegertochter) *medicus X,25,2 *cubicularii X,25,5

Isis (Elementorum omnium domina XI,5,1 Orbis totiusque domina XI,7,4 Iubens domina XI,21,6)

(Natürliche und übernatürliche Elemente) *res humanae XI,1,216 *pecuina et *ferina XI,1,2 *inanima XI,1,2 *elementa omnia XI,5,1 *caeli luminosa culmina XI,5,1 *maris salubria flamina XI,5,1 *inferum deplorata silentia XI,5,1 *orbis totus XI,7,4 *canorae auiculae XI,7,4 *arbores XI,7,5

36.D

16

Personal und entsprechende Bezeichnungen

Als dea praepotens (XI, 1,4) hat Isis Gewalt über alles. Die Liste dessen, worüber sie Gewalt hat, ist im Text entsprechend immens und erstreckt sich auf Natürliches, Menschliches und Göttliches. Ihre Gewalt ist sehr unterschiedlicher Art: Isis ist domina (u.a. XI, 5,1), regina (u.a. XI, 2,1), parens (u.a. XI, 5,1), mater (u.a. XI, 5,2) usw. je nach dem Synkretismus ihres Kultes bei verschiedenen Völkern (vgl. XI, 2,1-3 und XI, 5,1-3). In die Tabelle wurden nur die Elemente aufgenommen, die im Text syntaktisch mit Zeichen der Herrenautorität der Göttin oder dessen, was ihr zu Diensten ist, verbunden sind. Demnach wurden hier auch übernatürliche und natürliche Elemente genannt, die ihrer (göttlichen) Herrengewalt unterstehen. Da sie nicht unter „Häusliches“, „Ländliches“ usw. unterzuordnen sind, wurden sie in eine besondere Gruppe zusammengefasst.

Tabelle der Haushalte in den Metamorphosen

Haushalt Sigel

Herren- / Herrinfigur und seine / ihre Familienmitglieder im Haus

261

Personal und entsprechende Bezeichnungen *mare XI,7,5 *caelum XI,7,5 *mundus XI,25,3 *Tartarus XI,25,3 *sidera XI,25,3 (tibi respondent) *tempora XI,25,3 (redeunt) *numina XI,25,3 (gaudent) *elementa XI,25,3 (seruiunt) *flamina XI,25,4 *nubila XI,25,4 *semina XI,25,4 *germina XI,25,4 *aues XI,25,4 *ferae XI,25,4 *serpentes XI,25,4 *beluae XI,25,4 (Individuen im religiösen Dienst bzw. in der Anbetung der Göttin) *mei sacerdotes XI,5,5 *sacerdos u.a. XI,6,1 *sacerdos meus u.a. XI,6,3 *populus u.a. XI,6,4 (in der Isisprozession) *anteludia exornata pulcherrume XI,8,1 *miles XI,8,2 *uenator XI,8,2 *femina XI,8,2 *gladiator XI,8,3 *magistratus XI,8,3 *philosophus XI,8,3 *aucupes XI,8,3 *piscator XI,8,3 *ursa =*matrona XI,8,4 *simia =*Catamitus *pastor XI,8,4 *asinus =*Pegasus XI,8,4 *senex =*Bellerophon XI,8,4

262

Haushalt Sigel

Anhang

Herren- / Herrinfigur und seine / ihre Familienmitglieder im Haus

Personal und entsprechende Bezeichnungen

*(sospitatricis deae peculiaris) pompa XI,9,1 *mulieres XI,9,2 *aliae XI,9,2 *quae XI,9,3 *illae XI,9,3 *magnus (sexus utriusque) numerus XI,9,4 *fistulae et *tibiae XI,9,4 *chorus (lectissimae) *iuuentutis XI,9,5 *(dicati magno Sarapi) tibicines XI,9,6 *plerique XI,9,6 *turbae (sacris diuinis) initiatae XI,10,1 *uiri *feminaque (omnis dignitatis et omnis Aetatis) XI,10,1 *antistes *sacrorum XI,10,2 *(quorum) primus XI,10,3 *secundus XI,10,4 *tertius XI,10,4 *quartus XI,10,5 *quintus XI,10,6 *sextus XI,10,6 *dei XI,11,1 *Anubis XI,11,1 *bos XI,11,2 *unus e *ministerio XI,11,2 *alius XI,11,2 *alius XI,11,3 *sacerdos u. a. XI,12,1 *religiosi XI,13,2 *(e) cohorte religionis *unus XI,14,5 *(sancta) militia XI,15, *agmen (religiosum) XI,16,2 *sacrorum *geruli XI,16,10 *populus tam*religiosi quam*profani XI,16,9

Tabelle der Haushalte in den Metamorphosen

Haushalt Sigel

Herren- / Herrinfigur und seine / ihre Familienmitglieder im Haus

263

Personal und entsprechende Bezeichnungen

(im Tempel) *sacerdos (maximus) XI,17,1 *(summus) sacerdos XI,20,1 *(primarius) sacerdos XI,21,2 *senex (comissimus) XI,21,7 *sacerdos u. a. XI,22,3; XI,23,1 *Mithra (suus) *sacerdos (praecipuus) XI,22,3 *sacrorum minister XI,22,3 *quique (diuinas effigies progerebant) XI,17,1 *initiati XI,17,1 *ex his *unus XI,17,2 *grammatea XI,17,2 *coetus *pastophorum XI,17,2 *(sacrosanctum) collegium XI,17,3 *collegium *pastophorum XI,30,4 (collegium uetustissimum) XI,30,5 *quemquam de suo *numero XI,21,6 (d.h. aus der Anzahl der initiati) *populus XI,17,4; XI,24,4 *populares XI,17,4 *cultores XI,21,9 *(mei) socii XI,23,1 (d.h. des Lucius) *(religiosa) cohors XI,23,1 *turba *sacrorum XI,23,4 *profani XI,23,4 *sacrati XI,24,3 *quidam de *sacratis XI,27,4 *de patophoris *unus XI,27,7 *Asinius Marcellus XI,27,7 (Lucius) *Lucius XI,5,1; XI,15,1 *(deae ministeriis) adpositus XI,19,1 *(numinis magni) cultor XI,19,1; 26,3 *(imperiis sacris suis) destinatus XI,19,2 Osiris

*(magno deo) famulus XI,27,3

Bibliographie Anmerkung: Auf Forschungsliteratur wird grundsätzlich unter Angabe des Autors, des Jahres der Veröffentlichung und der Seite verwiesen, in welcher sich das betreffende Zitat oder Stelle befindet. Allgemeine Nachschlagwerke werden mit Kürzeln zitiert, die hier in der Bibliographie aufgeschlüsselt werden. Wo nichts anderes vermerkt ist, werden antike Texte nach der CD-ROMAusgabe der Bibliotheca Teubneriana zitiert. Die dabei verwendeten Abkürzungen möchten nur dazu dienen, das jeweils zitierte Werk eindeutig zu identifizieren.

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Register Abhängige 35, 36, 37, 39, 43, 98, 101, 105, 113, 115, 221 Ablativus originis 136, 161 Achilleus Tatios 66 addictio 32, 48, 49, 64 addictus 49, 117 Afrika 36, 52, 99, 230 Amerika, Lateinamerika Siehe Sklaven: Amerika, Brasilien Amme 107, 191 Amor 15, 43, 44 amor 80 ancilla 43, 44, 47, 73, 75, 114, 117, 129, 134, 142, 148, 222, 223 andrapodon 45, 57, 173 Apologia 14, 34, 37, 61 Apuleius Biographisches 14, 61 Ideologie 37-42, 230 Lucius und Apuleius 40 Aristoteles 9, 45, 54-58, 61, 92 Armen 35, 39, 62, 105, 128, 129 Artemidoros 51, 200, 202 Arzt 118, 132, 184-186, 190-192, 206 asellus 52, 59, 119, 129 Asellus, Asella 51 asinus 56, 80, 108, 119, 122, 129, 173, 175, 177, 206, 207, 220, 228 auctoritas 184, 185, 190 Augustinus 14 Aulus Gellus 64 Barbar siehe Fremde Bauer siehe Landarbeit, Landarbeiter beneficium 51 Berufe 194, 213, 220 Berufsbezeichnungen 74, 118, 126, 193

Bestechung 178, 179 Beziehungen zwischen Herren und Sklaven (siehe auch seruus: Vehältnis zum Herrn) 16, 35, 38, 39, 50, 75, 100, 102, 109, 153, 171 Brasilien siehe Sklaven: Amerika, Brasilien Bürger (siehe auch ciuis) 32, 55, 75, 92, 104, 165, 166, 174 Candidus 11, 47, 132, 197, 199, 201, 203, 204, 205 Cappadocus 118, 123, 124 captiuus 50, 117, 121, 220 Cato der Ältere 45, 101, 126, 160 Cervantes 67 Chariton 66 Christentum 31, 52 Cicero 49, 58, 59, 115, 127, 156, 161, 168 ciuis (siehe auch Bürger) 80, 92, 165, 166, 168, 169, 174, 206, 214, 215, 227 concubinus, concubina 118, 148, 176 coniunx 118, 158, 160, 161, 162, 164, 179, 203, 207, 210 contubernalis 50, 65, 118, 122, 137, 148, 162 contubernium 118, 122, 160, 192, 193 cupido 80, 158, 159, 163 curiositas 47, 59, 176 De deo Socratis 15 De mundo 15 De Physiognomia Liber 156 De Platone 15, 37, 54, 59 decurio 177 Deklamationen 180, 190 Delikt (siehe auch Rechtswesen: Strafrecht) 11, 32, 151-161,

Register

163, 164, 166, 169, 178, 179, 180-192, 206, 209- 216, 222, 226-232 Diebstahl 65, 151, 217, 230 Digesta 46, 111, 143, 145, 148, 151, 154, 160, 166, 167, 168, 171, 174, 178, 181, 189, 195, 208, 209, 213, 214, 216, 227230 Diminutiv 52, 123, 161, 162, 222 domina 43, 44, 51, 130, 177, 178, 179, 184, 187-190, 192, 207, 208, 210, 211, 215 dominatio 100, 101 dominus (siehe auch seruus: Verhältnis zum Herrn) 36, 50, 74, 75, 80, 100-104, 145, 153, 157, 159, 160, 162-164, 177, 178, 181, 185, 193, 194, 196, 197, 199, 200, 201, 205, 210213, 226 domus 51, 101, 102, 117, 121, 122, 134, 135, 138, 169, 170, 172, 175, 177, 190, 207, 209, 212, 220-222 doulos 92, 112, 124, 170 Ehe 39, 44, 63, 91, 107, 120, 122, 160-162, 221 Ehebruch 158, 161, 162, 164, 177, 179, 181, 209, 210 Eigenname 74, 80, 119, 130-134, 168, 199, 200, 203-205, 208 Elegie 20, 48 ergastulum 49 erus 101, 152-155, 157, 212 Esel 15, 17, 42, 46, 49-59, 63, 6580, 94, 110, 115, 124, 125, 129, 134, 142, 158, 166, 167, 170, 171, 172, 175, 176, 193, 194, 195, 201, 202, 207 Laster 54, 65 Metempsychose 54 Symbolik 59, 176

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Eselmensch 16, 17, 30, 35, 41-43, 47, 49, 51-59, 61, 65, 66, 69, 203 Eselsroman 15 fabula 150 Familie 16, 17, 30, 35, 36, 122, 138, 180 familia 44, 46, 101, 106, 117, 122, 127, 132, 133, 135, 136, 137, 138, 142, 157, 158, 164, 170, 176, 193, 195, 197, 207, 212, 217 familiares 117, 133, 137, 142, 204, 220 Sklavenfamilie 17, 148, 158, 160-62, 192, 195, 207, 221 famulitio 44, 106, 117, 122, 133, 137, 142, 158, 160 famulus 10, 47, 50, 73, 75, 112, 117, 122, 129, 133, 134, 137, 142, 144, 156, 169, 170, 172, 201, 203, 204, 220 famula 117, 222, 223 Farbe 201, 203, 204, 205, 208 Weiß 204 Feigheit 157, 206, 209, 227, 229 femina 48, 107, 118, 123, 125, 156-158, 181, 190, 206, 209, 210, 212, 222, 227 fides 180, 182, 183, 184, 185, 188, 190, 216 filius 118, 122, 137, 145, 180, 220, 228 Florida 14, 15, 61 Flucht 227 Flucht (siehe auch fugitiuus) 50, 56, 147, 151, 208, 209, 212, 215 Flüchtige siehe fugitiuus Folter 42, 43, 50, 68, 69, 110, 153, 154, 155, 162, 212, 214, 215 fortuna 31, 58, 198

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Register

Frauen (siehe auch femina und mulier) 138, 147, 148, 156, 157, 160, 161, 179, 187, 190, 192, 206, 207, 209, 210, 211, 227 Freie siehe liber Freigelassene (siehe auch libertus) 34, 35, 50, 68, 91, 103, 113, 114, 127, 145, 156, 174, 194, 195, 197, 221 Freiheit 17, 20, 58, 59, 68, 80, 92 Freilassung 31, 51, 91, 144, 170 Fremde 91, 92, 104, 174 Freundschaft 122, 138 fugitiuus 35, 43, 44, 117, 122, 150-152, 214 Furcht 155, 156, 157, 158, 206, 208, 209, 227, 232 Gaius 62, 75, 143, 144, 145, 161, 214 Geldgier 63, 178, 179, 208, 209, 227, 229 Genitiv 136, 149, 153, 156, 157, 178, 186, 210, 212 Gift 180, 184, 188, 190 Haft 155, 214 Handwerker 34, 36 Haushalt 102, 105 Herr siehe dominus und erus Herrin siehe domina Hirten 106, 107, 118, 133, 220 homo 46, 118, 123, 166, 172, 173, 174, 175, 176, 177, 206, 207, 216, 222, 228 homunculi 46, 107, 118, 123, 222 Homosexuelle 124, 169, 170, 171, 172 honestiores siehe Oberschichten Horaz 13, 48, 168 Humanität, Menschsein 38, 56, 173, 174, 175, 177, 207, 208 humanitas 90

humiliores siehe Unterschichten humilitas (siehe auch seruus: humilis) 155, 156, 157, 158, 206, 209 ingenuus 75, 91, 145 Inzest 180 Isidor 46, 166 Isis 15, 17, 31, 43, 47, 50, 51, 52, 57, 60, 62, 63, 69, 129, 130, 134, 170, 197, 199, 204, 205 Befreiung 51 Einweihung 17, 31, 43, 47, 62, 199, 204 Knechtdienst 31, 43 Juvenal 111, 112, 113, 114, 124, 128, 135 Kinder 44, 107, 118, 123, 138, 147, 148, 158, 161, 162, 222 Kinderaussetzung 37, 64 Klienten 34, 117, 174 Köche 65, 118, 126, 127, 132, 138, 161, 192, 193, 213, 220, 221 Kollektiva 106, 117, 118, 119, 121, 133, 136 Kolonen 34, 35, 36, 37, 39, 102, 103, 118, 128, 138 Komödie 17, 19, 34, 64, 65, 77, 78, 126, 153, 209, 218, 229 Landarbeit, Landarbeiter 36, 37, 105, 117, 125, 127, 133, 147, 221 Landgut, Landbesitzer 34, 36, 37, 38, 39, 133 Landkonflikte 36 Landsklaven siehe Sklaven: Landsklaven Lazarillo de Tormes 67 liber 55, 75, 80, 98, 105, 113, 115, 143, 144, 145, 146, 158, 174, 160, 189, 227, 228, 233 libera 158, 163, 207 liberi 75, 102, 103, 137, 143, 144

Register

libertas (siehe auch Freiheit) 80, 92 libertus 102, 114, 117, 122, 143, 195, 196 liberum arbitrium 56, 57 Liebe, Liebende siehe Sexualbzw. Liebesbeziehungen List 50, 89 Lüge 184, 209, 227 Lukian 15, 30 Magie siehe Zauberei mancipatio 32, 48, 49, 64 mancipium 46-50, 58, 75, 79, 112, 117, 121, 129, 144, 165, 166, 167, 168, 169, 170, 206, 214, 221, 227 Männer (siehe auch homo, uir) 138, 156, 157, 158, 206, 227 manumissio 17, 20, 43 maritus 108, 118, 122, 160, 161, 162, 173, 175, 176, 206, 220, 221 Markt siehe Sklaven: Sklavenmarkt Martial 111, 112, 113, 114, 115, 124, 128, 132, 135, 149, 168, 171, 172 mater 118, 130, 147, 148 matrimonium 32, 64, 122, 160, 221 miles 65, 118, 192-195, 196, 197 Mimus 180, 190, 191 minister 114, 117 ministerium 44, 172, 174 Mithra 119, 134 Mord 163, 180, 189 Mühlenarbeit 35, 38, 41, 46, 52, 109 mulato 52 mulier 48, 118, 147, 148, 158, 159, 160, 161, 164, 186, 187, 188, 190, 206, 207, 209, 210 munera 37

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Mysterien (siehe auch Isis) 14, 15, 31, 43, 47, 57, 62, 134 Mythologie 108, 132 narrative Stimmen 40, 70, 181, 230 nequam siehe seruus: nequissimus nobilitas 158 nouicium 171 nutrix 118, 127, 138, 220, 221 Oberschichten 104, 154, 156, 189 obsequium 44, 51, 118, 133 Oligarchie, munizipale 38, 39 Onos 15, 30, 36, 43, 54, 57, 66, 69, 124, 170, 172, 196 operarius 118, 126 Ovid 160, 180 paedagogium 52 paedagogus 118, 127, 138, 221 parasitus 65, 118 parricidium 180, 189, 210 Passivsatz 74, 127, 151, 182, 189, 213, 214 paterfamilias 103, 138, 174 patrocinium 51 patronus 121 Paulus 160 peculium 193, 194, 195, 197 Personal 74, 90, 97, 102, 103, 104, 105, 108, 109, 110, 117, 118, 129, 136, 220, 223 Petron 66, 67, 68, 69 Pferd 47, 52, 115, 117, 124, 170, 201, 202, 203, 204 Phaedra 180, 191 pistor 118, 126, 192, 193, 213, 220 plagium 166, 214 Platon 53, 54, 55, 60, 89 Platonismus 53, 54, 57, 60, 61, 62, 63

278

Register

Plautus 21, 32, 48, 64, 65, 78, 106, 107, 126, 129, 153, 168, 178, 187, 197, 209, 218 Pluralia 106 postlimnium 32 potestas 102, 154, 212 Pronomen 119, 135, 136, 153, 157, 161, 164, 169, 170, 171, 184, 193, 196, 210, 212 Properz 48 Prügel siehe Folter Psyche 15, 17, 32, 43, 44, 58, 68, 119, 134, 135, 142, 150, 152, 222 Publikum 61, 69, 131 puella 107, 117, 118, 123, 137, 142, 169, 170, 171, 172, 177, 178, 179, 190, 210, 222, 223 puellus 118, 123, 142 puer 73, 113, 114, 118, 123, 133, 136, 137, 142, 144, 147, 171, 222 pulchellus 171 Quellenfrage 36, 228 fiktionale Quellen 21, 22, 34, 35, 71, 76-81, 98, 104, 114, 115, 116, 229-231 juristische Quellen 49, 146, 174, 228, 231 Met. als Quelle für die Forschung zur Sklaverei 16, 17, 18, 24, 25, 29, 30, 33-37, 40, 41, 69, 70, 71, 165, 218 Räuberwesen 19, 20, 21, 34, 35, 37, 68, 109, 142, 150, 152, 153 Piraten 19, 68 Realismus 16, 41, 76, 79 im Roman 66, 67 in den Met. 16, 30, 33, 35, 36, 40, 231 Rechtswesen 32, 33, 35, 38, 44, 45, 46, 48, 58, 63, 64, 75, 76, 92, 143, 144, 146, 150, 151,

152, 153, 155, 161, 162, 163, 165, 166, 194, 215, 216, 227, 228, 230, 231 als komisches Motiv 65 Gerichtsszene 180-188 Strafrecht 32, 33, 35, 36, 38, 39, 46, 52, 151, 152, 154, 155, 159, 160, 162, 163, 166, 178, 179, 180, 182, 183, 185, 189, 191, 216, 217, 229 religio 184, 185, 187, 188 Roman (siehe auch Realismus) 64-67, 107, 177, 197, 218 als historische Quelle 21, 34, 36, 77, 78 Schelmenroman 67 Sklaverei, Unfreiheit 19, 34 rusticus 107, 118, 123, 124, 125, 133 Satire 69, 152 scelus 152, 153, 154, 163, 187 Schauspiel 109 Schimpfwörter (für Sklaven) 126, 184, 185 Schutz 151, 152, 154, 164, 197 Schwarze siehe Sklaven: Rassenzugehörigkeit Selbstmord 50, 68, 69, 155, 162, 163 semantisches Feld 88-90, 93 Seneca 38, 40, 49, 58, 180, 191 senex 118, 176 serua 117, 223 seruitium 20, 31, 48, 50, 51, 170 seruitium amoris 20, 48 seruitus 58, 92, 110 seruulus 50, 117, 121, 141, 146, 147, 148, 149, 162, 180, 191, 201 seruus (siehe auch Sklaven) 26, 27, 72, 79, 80, 92, 93, 99, 102, 106, 109, 110, 114, 116, 117,

Register

121, 129, 140, 141, 143, 144, 147, 148, 149, 167, 170, 190, 205, 216, 217, 224, 226, 227, 228, 229 als Objekt 75, 139, 149, 151, 167, 171, 172, 174, 175, 177, 178, 181, 183, 189, 200, 212, 213, 214, 216, 227 als Subjekt 151, 159, 163, 189, 196 Arbeit 159, 164, 169, 176, 213, 226 Charakterisierung 164, 165, 168, 169, 172, 177-179, 186188, 190-192, 200, 206-209, 211, 215, 226, 228 conserua 117, 147, 148, 158, 159, 160, 161, 163, 164, 207, 209, 210, 223 conseruus 47, 50, 65, 115, 117, 121, 129, 141, 142, 146-149, 203, 223 Definition (siehe auch Sklaven: Definition) 143-146, 227 Delinquenz (siehe auch Delikt) 217, 226, 229, 230, 231 Geschäftsbeziehungen 195, 197 Heil 205 humilis (siehe auch humilitas) 155, 156, 158, 206, in der Komödie 65, 106 index 152, 154, 155, 180, 181, 182, 185, 214, 215, 230 inuisus 135, 222 Körpereigenschaften 68, 69, 171, 172, 204, 208, 226 Menschliches 173, 228 Nachbarschaft 140, 193, 195 nequam, nequissimus 148, 184-188, 206, 214, Passivität (siehe auch Passivsatz) 128, 149, 154,

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155, 182, 189, 196, 212, 214, 215 Sakralität 199 sciens 180-183, 214-216 serua 147, 148 seruulus 163, 172, 174 seruus dotalis 107, 117, 121, 180, 181, 184, 191, 192 Sexualbegierde 159, 161, 163, 164, 179, 208-210, 227, 229 Tierheit 202, 205, 208 Unmännlichkeit 157, 158, 208, 211, 212, 227 Vehältnis zur Gottheit 152, 170 Verhältnis zu Frauen 159, 161, 163, 164, 209-211, 227 Verhältnis zu Mitsklaven 159, 162, 164 Verhältnis zum Herrn 153-155, 157-158, 159-164, 167, 169, 171, 172, 181, 189, 193-200, 205-207, 210-213, 216, 232, zur Herrin 180, 181, 184, 187-190, 192, 210 Verhältnis zum Recht 11, 169, 181-189, 192, 207, 213, 215, 226-228 Sexual- bzw. Liebesbeziehungen (siehe auch seruus: Sexualbegierde) 47, 58, 67, 68, 69, 80, 108, 109, 110, 121, 126 129, 131, 138, 148, 158, 163, 169, 171, 172, 175, 176, 177, 179, 180, 181, 206, 208, 210, 211, 222, 226 Sklaven alltägliches Leben 16, 34, 35, 77 als persona 75 als res 75, 167, 174 als Werkzeug 45, 46, 54 Amerika, Brasilien 52, 91-93, 101, 137, 162, 223, 230

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Anzahl 97, 106 Charaktereigenschaften (siehe auch seruus: Charakterisierung) 126, 222 Definition (siehe auch seruus: Definition) 25, 72-76, 91, 98, 113, 224, 227 geographische Herkunft 124 Grabinschriften 160 Haussklaven 17, 35, 36, 133 Kauf/Verkauf 34, 50, 124, 154, 165, 166, 167, 170-172, 174, 193, 214 Körpereigenschaften (siehe auch seruus: Körpereigenschaften) 126, 222 Körperteile 131, 134 Landsklaven 17, 35, 36, 37, 127, 155, 158 Rassenzugehörigkeit 91 Sklaven des Lucius 153, 201 Sklavenbild 24, 72, 226, 229231 Sklavenfamilie siehe Familie Sklavenhändler 46, 165, 166 Sklavenmarkt 34, 49, 50, 165, 169 Verderbung 179 Verfahrensunfähigkeit 214 Sklaverei als Metapher 17, 20, 24, 25, 29, 42, 44, 47, 48, 49, 50, 52, 53, 80, 115, 116, 203, 218, 220 Sokrates 131 Sophistik, zweite 15, 61, 62, 64 Sozialgeschichte 9, 16, 19, 20, 21, 30, 32, 33, 34, 35, 37, 39, 63, 112 spurius 32, 44, 118, 122 Status, juristischer 25, 33, 35, 44, 49, 74-76, 79, 97-104, 105, 108,

110, 113-115, 117, 121, 138, 143-145, 156, 189, 219, 221, 223, 228 Stiefmutter 180, 181, 184, 186, 187-192, 206, 210, 227 Stoa 37, 38, 57, 58, 61 Strafen (siehe auch Rechtswesen: Strafrecht) 102, 110, 159, 162, 163, 166, 178, 180, 189, 190, 192, 209, 210, 214, 216, 227, 229 ad bestias 189, 245 Kreuzigung 188, 189, 214 Mühlenarbeit siehe Mühlenarbeit Verbannung 162, 188, 189 Tagelöhner 36 Tapferkeit 157, 158 Terenz 21, 64, 65, 78, 101, 126, 153, 272 Terminologie der Sklaverei 14, 23, 25, 27, 29, 31, 32, 44-52, 64, 71-76, 81, 83, 95, 96, 99, 104, 110-115, 117, 127, 138, 170, 194, 203, 218-222 Sklavenbezeichnung 23-28, 45, 72-74, 80, 87, 90, 97-99, 101, 104-109, 111-117, 120, 124, 129, 136-140, 143, 148, 160, 167, 170, 173, 174, 217, 219, 220, 225 Tertullian 160 Thessalien 30, 197, 198 Tibull 179 Tier 10, 18, 38, 45, 46, 47, 50, 5559, 69, 74, 80, 100, 103, 104, 108, 112, 119, 120, 122, 124, 128-132, 166, 170, 173, 194, 195, 205, 207, 220, 221, 228 Metempsychose 53 Symbolik 129, 176 Tod 38, 50, 110, 126, 152, 153, 155, 159, 162, 163, 214

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Traum 47, 51, 107, 197--205, 211 tutela 51, 127, 164, 213 uadimonium 32, 48, 64 uerna 137 uernula 117, 137, 204, 220 uicarius 50, 117, 175, 176 uillicus 127, 158-160, 164 uir 156-158, 174, 206, 212, 227 Ulpian 143, 144, 151, 171, 181, 227 Ungehorsam 151, 152, 209, 211, 212 Unterschichten 16, 34-39, 41, 104, 105, 154, 155, 156, 188, 189 uoluptas, uoluptates 47, 48, 53, 58, 59, 80, 176 uxor 102, 108, 118, 120, 122, 137, 147, 148, 160, 161, 162, 176, 220 Varro 45, 118 Venus 43, 44, 119, 125, 128, 129, 150 Verben 127, 128, 151, 159, 160, 166, 171, 178, 182, 185, 196 Befehlsverben 74 Partizipien 154 Versklavung 19, 20, 32, 42, 47, 48, 68, 69

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als Vertierung 52, 58 Philosophisches 53 Vita Aesopi 66 Vorstellung 86, 87, 88, 112, 146, 226, 229, 230, 231 Wiedergeburt 205 Xenophon 45 Xenophon von Ephesos 19, 66, 68 Zauberei 14, 15, 41, 48, 49, 58, 63, 108, 130, 148 Zeichen 25, 72-85, 97, 107, 112, 116, 117, 150, 157, 205, 218, 224 Kontext 27, 86, 94, 95, 96, 107, 139, 140, 150, 219, 225 kulturelle Einheit 88, 225 Referent 78, 80, 112, 116, 117, 150, 224 Signifikant 74, 81-84, 88, 224, 225 Signifikat 25, 27, 49, 73, 74, 79-90, 93, 94, 95, 96, 106, 143, 146, 150, 205, 206, 219, 224, 225, 226 Signifikation 14, 23, 26, 27, 72, 73, 76, 79-88, 96, 114, 120, 140, 144, 150, 219, 224 Wert 85-89, 146, 206, 225 Zeichentheorie 78, 80, 81, 88