Besprechungen von Urteilen, Beschlüssen und Gutachten des Bundesfinanzhofs: Lfg. 1–5 1958 [Reprint 2019 ed.] 9783111606194, 9783111231020

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Besprechungen von Urteilen, Beschlüssen und Gutachten des Bundesfinanzhofs: Lfg. 1–5 1958 [Reprint 2019 ed.]
 9783111606194, 9783111231020

Table of contents :
Vorwort
Anforderungen an eine gute Urteilsbesprechung
Benutzungsanleitung
Gesetzesregister
BFH v.8.1.1958 (I) 1 - BFH v.7.2.1958 (III) 1
BFH v.7.2.1958 (IV) 1 - BFH v.7.3.1958 (IV) 1
BFH v.7.3.1958 (IV) 3 - BFH v.17.4.1958 (III) 1
BFH v.18.4.1958 (I) 1 - BFH v.26.6.1958 (II)1
BFH v.26.6.1958 (III) 1 - BFH v.14.8.1958 (1)3
BFH v.14.8.1958 (II) 1 - BFH v.10.10.1958 (III) 3
BFH v.10.10.1958 (IV) 1 - BFH v.18.11.1958 (II) 1
BFH v. 18.11.1958 (II) 3 - BFH v.17.12.1958 (I) 1
BFH v.17.12.1958 (II) 1 - BFH v. 19.12.1958 (IV) 1

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BESPRECHUNGEN von Urleilen, Beschlüssen und Gutachten des

BUNDESFINANZHOFS In Loseblatt-Form

Herausgegeben von

HANS

U.

LOEPELMANN

Steuerberater Vereidigter Buchprüfer Berlin

19 5 8

WALTER DE GRUYTER & CO. / BERLIN W 35 vormals G. 3- Gösd>en'sd>e Verlagshandlung / J. Guttentag, Verlags« bud)handlung / Georg Reimer ' Karl ]. Trübner ' Veit & Comp.

Archiv-Nr.

28 20 58

S a t z u n d D r u c k : B e r l i n e r B u c h d r u c k e r e i U n i o n G m b H . , B e r l i n S W 61 Alle R e c h t e «

einschließlich

TOD P h o t o k o p i e n

und

des R e c h t e s Mikrofilmen,

der

Herstellung

vorbehalten

Vorwort Vorwort Das Reditsstaatsprinzip ist im Bundesgebiet zum tragenden Staatsprinzip geworden. Aus diesem ergibt sich, die Forderung nach der „Gesetzmäßigkeit der Verwaltung". Das Gefühl für die Grenzen staatlicher Einwirkungsmöglichkeiten und für die Notwendigkeit eines ausreichenden Rechtsschutzes hat sich in den letzten Jahren vertieft. Der Staatsbürger will sich jeder Zwangspflicht und insbesondere der der Steuerzahlung nur dann unterwerfen, wenn es die Rechtslage unabweisbar gebietet. Die Finanzverwaltung sollte eine Steuer dem Grunde und der Höhe nach nur dann fordern, wenn und soweit diese Forderung zwingend ist. Die Staatsbürger und ihre Berater einerseits und die Staatsdiener der Finanzverwaltung andererseits treffen sich jedoch nicht immer in dem gemeinsamen Bemühen um das „richtige" Steuerrecht. Deshalb stehen die Steuergerichte als schlichtende Instanz über beiden. Die Aufgabe der Steuergerichte ist schwer. Unser Steuerrecht kann zu wenig ausreifen; es wird zu oft geändert. Das hierdurch entstehende Gesetzesdurcheinander führt zur Reditsunsicherheit. Das Bundesverfassungsgericht ist überdies auch zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Steuergesetzen und Verordnungen berufen, soweit Grundsatzfragen des Steuerrechts in ihrer Verbindung mit dem Grundgesetz streitig werden. Es ist alles in Bewegung. Das gilt nicht zuletzt für unser Wirtschaftsleben und für die Weiterentwicklung von Rechtsauffassungen. Dieser fortlaufende Entwicklungsprozeß unseres Gemeinschaftslebens, welcher übernommene Anschauungen durch bessere ersetzt, führt auch auf dem Gebiete der Steuerrechtsprechung zu einer Weiterentwicklung und führt folgerichtig zwingend dazu, daß der BFH seine eigene Rechtsprechung laufend überprüft und hierbei alte, überholte Rechtsauffassungen aufgibt. Diese Weiterentwicklung der Rechtsprechung ist nicht leicht, weil es sich um gestaltende Eingriffe in als feststehend angenommene Rechtsgrundsätze handelt. Langsam, oft nur Schritt für Schritt, werden die neuen Erkenntnisse vom BFH erarbeitet. Eine fruchtbare Urteilskritik ist hierbei von besonderer Bedeutung. Wer einen Tatbestand steuerrechtlich beurteilen will, kann das regelmäßig nur mittels einer kritischen Analyse der Rechtsprechung des BFH. Hierbei wird er in der vorliegenden Sammlung eine wesentliche Erleichterung seiner Aufgabe finden. Geordnet nadi dem Datum der Entscheidung bzw. des Gutachtens des BFH findet der Benutzer jeweils die eigenverantwortliche Stellungnahme eines anerkannten Steuerfachmanns. Der Praktiker

II soll wissen, daß er jetzt immer mindestens eine Besprechung zu den wesentlichen Entscheidungen und Gutachten, d. h. also zu fast allen, griffbereit zur Hand hat. Ich hoffe, daß diese Arbeitshilfe so zweckmäßig ist, daß sie der verwaltenden, rechtsprechenden und beratenden Steuerpraxis die Arbeit wesentlich erleichtert. Herrn Professor Spitaler habe ich für den als „Einleitung" zu dieser Sammlung gedachten Beitrag zu danken. Dieser behandelt die Anforderungen, die an eine gute Besprechung zu stellen sind. Er hat Bedeutung für die Auswertung jeglichen steuerlichen Schrifttums. Das eingehende Studium dieser Einleitung wird empfohlen. Die Auswertung der vorliegenden Sammlung wird dann nutzbringender sein. Ich danke den Rezensenten für ihre Mitarbeit. Sie wirken, wie es in der Einleitung heißt, an der Verbesserung der Steuerkultur mit. Berlin-Charlottenburg 2, Sommer 1958.

Hans

U.

Loepelmann

Einleitung III

Anforderungen an eine gute Urteilsbesprechung Von Prof. Dr. Armin S p i t a 1 e r , Köln Ich bin von dem von mir sehr geschätzten Herausgeber der vorliegenden Besprechungssammlung zu Entscheidungen und Gutachten des Bundesfinanzhofs, Herrn Stb. und vBp. L o e p e l m a n n , gebeten worden, der Sammlung ein Geleitwort auf den Weg in die Öffentlichkeit mitzugeben. Der Herausgeber selbst hat den Zwedc der Sammlung bereits erläutert und gekennzeichnet. Meine kurzen Darlegungen wenden sich in erster Linie an alle Fachleute, die ihre Urteilsbesprechungen zum Sammelwerk beisteuern werden, und zwar glaube ich, hier ausführen zu sollen, wie ich mir eine gute Urteilsbesprechung vorstelle. Um mehr als um eine subjektive Vorstellung kann es sich dabei nicht handeln. Ich bin mir sicher, daß andere Fachleute, die sich mit gleicher Aufgeschlossenheit und Intensität wie ich mit den Urteilen des Bundesfinanzhofs befassen, in dieser Frage auch einer abweichenden Auffassung sein können. Allein das Problem des Aufbaues guter Urteilsbesprechungen hat mich oft schon beschäftigt und ich hoffe daher, daß meine Darlegungen wenigstens in einem Teil des Kreises der Mitarbeiter Zustimmung finden werden. Urteilsbesprechungen können Leistungen von hohem wissenschaftlichen und praktischen Wert sein. Von den Mitgliedern des Bundesfinanzhofs ist wiederholt selbst bezeugt worden, daß sie solche Besprechungen auch kritischen Inhalts nicht missen möchten. In der Tat spiegelt sich insbesondere in der Rechtsprechung der Fortschritt unserer Rechtserkenntnis wider. Insbesondere auch der Bundesfinanzhof vermag sogar auf eine lange Reihe ausgesprochen rechtschöpferischer Leistungen hinzuweisen. Eine Urteilsbesprechung bedarf höchster Sorgfalt; diese Sorgfalt soll keine geringere sein als diejenige, die der Rezensent auf andere, für den öffentlichen Druck bestimmte Äußerungen verwendet. Die Rechtsprechung steht oft im Mittelpunkt von Dissertationen, Habilitationsschriften und anderen akademischen Abhandlungen; sie ist häufig genug das Gerüst führender Erläuterungswerke, großer Handbücher und nicht zuletzt auch der bedeutendsten und gründlichsten wissenschaftlichen Literatur überhaupt. Nicht geringer kann das Interesse sein, das die Praxis der Rechtsprechung zuwendet. Insbesondere die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs, des Obersten Finanzgerichtshofs und des Bundesfinanzhofs darf sich rühmen, in den letzten Jahrzehnten die Praxis des steuerlichen Alltags maßgebend in unzähligen Richtungen beeinflußt zu haben. Viele Aufsätze in unseren Fachzeitschriften leben geradezu aus dem unversieglidien Born der Rechtsprechung. Die Schaffung eines Zentralorgans, das Besprechungen zu Ent-

IV Scheidungen und Gutachten des Bundesfinanzhofs sammelt, ist daher von Wissenschaft und Praxis herzlich zu begrüßen, da dadurch das Interesse an der Rechtsprechung weiter belebt wird. Urteilsbesprediungen lassen sich natürlich nidit schematisieren. Es wäre geradezu von Obel, würden sich die Rezensenten auch nur einigermaßen veranlaßt sehen, ihren Darlegungen einen schablonenhaften Aufbau zu geben. Urteile können für fachliche Erörterungen so vielseitig anregend sein, daß sich die Darbietung der Fülle der Gedanken, zu denen sie anregen, ganz gewiß in keine feste Form gießen läßt. Manchmal wird es nur ein Ausschnitt, ja vielleicht nur ein Satz einer Urteilsbegründung sein, der Anregungen zu fruchtbarer Auseinandersetzung bietet. In anderen Fällen wieder wird man eine ganze Strömung in der Rechtsprechung in das Auge zu fassen haben, um etwas Belangreiches dazu sagen zu können. Trotz des Umstands. daß sich die Besprechungen nicht werden schematisieren lassen und auch in diesem Sammelwerk nicht schematisiert werden sollen, lassen sich die Gesichtspunkte ordnen, nach denen sich trotz aller Verschiedenheiten in den Einzelheiten des Aufbaues eine gute Urteilsbesprechung strukturieren läßt. Da haben wir zunächst die Mitteilungen des erkennenden Senats über den Urteilsfall. Diese Mitteilungen sind für den Rezensenten von einer oft ausschlaggebenden Bedeutung; denn das einzelne Urteil erseht zunächst zum zugrundeliegenden Fall. Es ist häufig genug durch die besonderen Züge und charakteristischen Merkmale dieses Einzelfalls geprägt. Wer darüber hinwegsleiten zu können glaubt, bringt sich von vornherein um wesentliche Früchte des Studiums des Urteils. Vor allem aber wird er Gefahr laufen, die Tragweite des Urteils unsicher oder sogar in i r r i g e r w e i s e zu beurteilen. Wiederholt hat das höchste Steuergericht Veranlassung, darauf aufmerksam zu machen, daß Folgerungen, die aus einem seiner Urteile gezogen worden sind, zu weit gegangen sind. Häufig genug bringt aber die Urteilsbegründung auch selbst eine streng zu beachtende Eingrenzung der gedanklichen Bedeutung des Urteils. Es kann vorkommen, daß die Mitteilungen über den Urteilsfall dem Rezensenten zu knapp erscheinen werden. Es wird dann seine Aufgabe sein, darauf hinzuweisen, daß das fachliche Bild des Falles an der einen oder anderen Stelle unsichere Konturen hat. Er wird die ihm geboten erscheinenden Gliederungen der Fälle vortragen, um zu zeigen, daß seines Erachtens die Tragweite des Urteils in den einzelnen Fallgruppen unterschiedlich ist. Das Urteilsergebnis, wie es etwa in den vom erkennenden Senat formulierten, an die Spitze des Urteils gestellten Leitsätzen entgegentritt, beansprucht das allgemeinste, namentlich auch das praktische Interesse. Dies ist so selbstverständlidi, daß dieser Punkt weiterer Ausführungen nicht bedarf. Man wird außerdem auch immer zu beachten haben, welche Vorschriftenbereiche, — natürlich auch im zeitlichen Wandel —, durch das Urteil insgesamt berührt werden. Di6 amtlichen Veröffentlichungen bringen dazu die entsprechenden Hinweise. Nicht jedes Urteil ist in seinem Ergebnis von

V gleicher Aussagekraft. Der Rezensent wird gegebenenfalls diese Aussagekraft zu untersuchen haben. Nicht behebbare Unsicherheiten wird er herausstellen. Sehr schätzenswert ist für den Fachmann die Einordnung des einzelnen Urteils in die Rechtsprechung. Zumeist ist es ersichtlich oder es kann durch den Rezensenten verdeutlicht werden, ob es sich bei dem Urteil um eine erstmalige Stellungnahme zu einem Rechtsproblem, um eine Bestätigung, Entfaltung, Abwandlung der bisherigen Rechtsprechung oder um eine Abkehr von ihr handelt. Bei jeder dieser Gelegenheiten wird der erkennende Senat neue Gedanken entwickelt, gegebenenfalls die Akzente anders verteilt, Erläuterungen seiner Auffassung beigefügt haben. Das Neue soll dabei natürlich in der Rezension deutlich hervortreten. Der Rezensent wird manchmal Veranlassung haben, die Fortentwicklung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs mit jener der Finanzgerichte zu vergleichen. Die bekannte Sammlung der Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) ist außerordentlich schätzenswert. Freilich wäre es zu begrüßen, wenn die Veröffentlichungen der Urteile der Finanzgerichte und des Bundesfinanzhofs aufeinander noch besser abgestimmt wären. Man glaubt, beobachtet zu haben, daß durch die Rechtsprechung unserer Finanzgerichte ein frischer Zug geht. Insbesondere ihre Auseinandersetzung mit dem rechtsstaatlichen Gedanken ist sehr wertvoll und beachtenswert. Nach Möglichkeit sollte daher der Rezensent auch die Einordnung des von ihm besprochenen Urteils des Bundesfinanzhofs in die Rechtsprechung der Finanzgerichte in seine Betrachtung einbeziehen. Besonders interessant sind die seltenen Fälle, in denen sich ein späteres Urteil eines Finanzgerichts einem früheren Urteil des obersten Steuergerichts nicht anschließt, sondern eigene Wege geht, gegebenenfalls bei seiner früheren Rechtsprechung verbleibt, was immer mit einer sehr sorgfältigen Begründung verbunden ist. Wer als Fachmann in die Tiefe schürft, wird sich freilich mit Gedanken über das Urteilsergebnis nicht zufrieden geben; ihn wird der Gang der Urteilsbegründung interessieren. In meiner Institutsarbeit betone ich immer wieder mit großem Nachdruck, daß derjenige, der sich zum gründlichen Fachmann heranbildet oder der sich weiterbilden will, vor allem veranlaßt ist, den Gedankengang der Urteilsbegründungen so gründlich wie nur möglich zu studieren. Man soll daher über die im Urteil wiedergegebene Auffassung der Finanzverwaltung, des Finanzgerichts und der Rechtsbeschwerde niemals hinwegsehen. Freilich wird man sich wünschen, daß dieser Teil der Urteilsbegründungen manchmal ausführlicher wäre. Natürlich setzt die bekannte anhaltende Überlastung des Bundesfinanzhofs diesem Wunsch seine engen Grenzen. Oft ist es so, daß sich der erkennende Senat auf die notwendigsten Andeutungen beschränkt. Hat man selbst die Rechtsbeschwerde vertreten, so kann es einem in vereinzelten Fällen passieren, daß man seine eigenen Ausführungen so zusammengeschnitten wiederfindet, daß man sie selbst nicht mehr recht erkennt. Freilich wäre es ein Irrtum, deshalb zu vermuten, daß etwa der Vortrag der Rechtsbeschwerde und der weiteren Schriftsätze vom Senat nicht ausreichend beachtet worden wäre.

VI Es können aber Besprechungen sehr wohl auf Argumente hinweisen, die sich zur Verteidigung des Standpunkts des Beschwerdeführers angeboten haben, die aber keine Spur der Wiedergabe oder der Widerlegung im Urteil zurückgelassen haben. Es kann sein, daß sich der erkennende Senat damit begnügt hat, von einer anderen Konzeption in seiner Beurteilung auszugehen, so daß dann die Konzeption des Vertreters des Steuerpflichtigen tatsächlich vollständig zurückgetreten sein kann. Ein Höhepunkt vieler Urteile ist jene Stelle der Begründung, an der der erkennende Senat den Kern des Rechtsproblems aufgreift, es formuliert und seine geistige Bewältigung anpackt. Ich empfehle allen Rezensenten, bei dieser Stelle zu verweilen. Ist das Rechtsproblem nun wirklich richtig gesehen worden, ist es in seiner Tragweite erkannt, wäre eine andere Formulierung vorzuziehen? Wie hätte sie zu lauten? Bei der Bewältigung geistiger Probleme ist die Fragestellung von entscheidender Bedeutung. Die moderne Philosophie lebt zu einem großen und nicht zum schlechtesten Teil im Gebiet der Verbesserung der philosophischen Fragestellungen. Mit einer richtigen Fragestellung kann auch im Steuerrecht alles gewonnen sein. Was immer ein Urteil betrifft, erbitte ich die Aufmerksamkeit der Rezensenten für die Untersuchung der Wertung und Würdigung des Tatsächlichen und für das Gebiet der Anwendung der Auslegungslehre, die im besprochenen Urteil vorkommt. Die Wertung und Würdigung des Tatsächlichen und die Auslegung der Vorschriften sind die Schlüssel für die Lösung des jeweils zur Erörterung stehenden Rechtsproblems. Jeder hohe Richter und daher auch jeder Senat des Bundesfinanzhofs wird für sich auch gegenwärtig noch ein hohes Maß von Freiheit in der Handhabung der beiden Instrumentarien der Wertung und Würdigung des Tatsächlichen und der Auslegungslehre in Anspruch nehmen. Die Urteile des. Bundesfinanzhofs sind sehr häufig das Ergebnis des Abwägens einer Vielfalt von Gesichtspunkten, wobei natürlich auch das Emotionale im einzelnen Richter nicht ausgeschaltet sein kann. Menschen sind es, die Recht sprechen. Das ist unabänderbar, in vieler Hinsicht sogar gut. Niemand wird den — übrigens aussichtslosen — Versuch machen, hohe Richter durch Doktrinen des Wertungs- und Würdigungsvorgangs des Tatsächlichen und der Auslegungslehre in ihrer geistigen Bewegungsfreiheit behindern zu wollen. Allein dennoch gibt es Gesetzmäßigkeiten für die Handhabung beide* Instrumentarien, über die sich kein Richter hinwegsetzen sollte. Diese Gesetzmäßigkeiten sind dem Recht immanent, wie es in einem jahrtausendealten Entwicklungsprozeß auf uns gekommen ist. Es ist nicht wahr und darf niemals wahr werden, daß die Urteilsfindung ein Zufallsprodukt glücklicher Intuition und reiner Kunstlehre sei. Darüber habe ich mich schon oft ausgesprochen. Es ist unmöglich, die Rechtsanwendung ohne Entwicklung einer Lehre dem Umstand zu überlassen, ob jeweils für die Richterstellen wirkliche Richterpersönlichkeiten zur Verfügung stehen. Wohl jenem Staat, der ständig über eine ausreichende Anzahl echter Richterpersönlichkeiten verfügt. Die Bundesrepublik Deutschland braucht sich in dieser Hinsicht gewiß nicht unglücklich zu fühlen, sie könnte aber in dieser Hinsicht doch noch gesegneter sein.

VII Mit anderen Worten: Das Recht auf seinem höchsten Stand erfordert Rechtssicherheit und Vorausberechenbarkeit der Rechtsanwendung. Dieser Stand der Rechtskultur ist nur dann zu. erreichen, wenn der Rechtsanwendung, insbesondere der höchsten Gerichte, eine wohlausgebaute, natürlich ausreichend verfeinerte Auslegungslehre zugrunde liegt. Eine solche Auslegungslehre sollte natürlich ein hinreichendes Maß von Elastizität und von Anpassungsfähigkeit aufweisen; sie müßte auch reich gegliedert und in gewissen Grenzen sogar wandlungsfähig sein. Allein ohne ein solches von Doktrinen geprägtes Rüstzeug scheint mir die Rechtsprechung nicht auskommen zu können. Tatsächlich hat sich der Bundesfinanzhof ein solches Rüstzeug zum großen Teil erarbeitet. Die Rezensenten sollten aufmerksam verfolgen, ob und inwieweit die besprochenen Urteile dieses Rüstzeug verändern und vervollständigen, vor allem aber auch, ob und inwieweit sich die einzelnen Senate dieses Rüstzeugs gleichmäßig bedienen. Es ist dies nämlich bisher häufig nicht der Fall, ja es scheint sogar, daß die Natur der Rechtsstritte, die vor dem V. Senat ausgetragen werden, erfordert, daß die Akzente auf die wörtliche und die genetische Auslegung anders gesetzt werden, als bei der Entscheidung der Rechtsstritte, die den anderen Senaten obliegt. Dies näher auszuführen, sei einer späteren Gelegenheit vorbehalten. Ebenso wichtig wird es sein, jene Urteile zu diskutieren, in denen die wirtschaftliche Betrachtungsweise zum Zuge gekommen ist, sei es mit ausdrücklichen Worten oder nicht. Für die Erkenntnis der praktischen Anwendung und der Tragweite, insbesondere für die Erkenntnis der unscharfen Grenzlinie zwischen wirtschaftlicher Betrachtungsweise und Umdeutung des Sachverhalts muß der induktive Weg, der Weg, der vom einzelnen Fall ausgeht, immer wieder neu beschritten werden. Einer gründlichen Betrachtung werden jene Urteile zu unterwerfen sein, deren hauptsächliche Rechtfertigung vom Ergebnis her erfolgt. Gewiß läßt es sich angesichts des noch immer unfertigen Zustands unseres Steuerrechts nicht vermeiden, daß manchmal ein Urteil vom Ergebnis her mehr überzeugt als durch den Gedankengang seiner Begründung. Es kann sein, daß die in Betracht kommenden gesetzlichen Bestimmungen ein Mehr an Begründung einfach nicht hergeben. Allein Untersuchungen darüber, ob dies wirklich nicht der Fall ist, sind lohnend und förderlich. Besondere Beachtung sollte die oft erst mit der Zeit fortschreitende Prägung grundlegender Gedanken der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes finden. Zwar gibt es manche Urteile, die selbst durch die Zusammenfassung der bisherigen Rechtsprechung und ihre Abrundung zur oft sehr genauen Umschreibung solcher grundlegender Gedanken kommen. Aus guten Gründen übt aber der Bundesfinanzhof gegenüber derartigen Festlegungen Zurückhaltung. Das Schrifttum kann und soll demgegenüber — trotz aller Vorsicht — doch beherzter, ja wagemutiger zugreifen, um die Formulierung eines solchen sich herausbildenden Grundsatzes zur Diskussion zu stellen. Ein weites Gebiet fruchtbarer Erörterungen wird in den mannigfachsten Beziehungen der Vergleich mit der Rechtsprechung der Finanzgerichte und namentlich auch mit der Rechtsprechung der anderen oberen Bundesgerichte

VIII und natürlich dort, wo dies möglich ist, auch der Vergleich mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sein. Der Denkstil des Bundesfinanzhofs und des Bundesverfassungsgerichts in Steuerfragen ist aneinander noch nicht ganz angeglichen. Hier handelt es sidi um außerordentlich tiefe und auch schwierige Probleme der Rechtsanwendung, deren Lösung allerdings nur durch ganz besonders gründliche Urteilsbesprechungen gefördert werden könnte. In Urteilsbesprechungen wird natürlich, und zwar sogar vor allem die Kritik zu Worte kommen. Jeder Rezensent wird den stärkeren Impuls haben, zur Feder zu greifen, wenn er eine abweichende Auffassung vorzutragen hat. In dieser Hinsicht sei allen Rezensenten, was die Form der Kritik betrifft, Zurückhaltung und Takt empfohlen. Der Gedankenaustausch unter gebildeten Menschen soll niemals gegen jenen Ton verstoßen, der unter Gebildeten nun einmal üblich ist. Jeder Rezensent darf damit rechnen, um so bereitwilliger gehört zu werden, je schlichter und maßvoller er seine Argumente darzulegen weiß. „Fortiter in re, sed suado in modo" gilt namentlich auch für Urteilsbesprechungen. Der Gebildete wird den hohen Richtern, die die Urteile fällen, die Achtung, die ihnen gebührt, auch dann nicht versagen, wenn er dem Gedankengang eines Urteils nicht zu folgen vermag. Im übrigen sollten sich alle Rezensenten darüber klar sein, daß nur sehr gewichtige, nur wirklich durchschlagende Argumente die Rechtsprechung beeinflussen können, zumal sich ja jedes hohe Gericht der Stetigkeit seiner Rechtsprechung befleißigen wird. Der Kampf um das Recht muß namentlich auch im Gebiet des Steuerrechts mit dem Aufgebot aller Gründlichkeit geführt werden. Argumente, die nicht in das Schwarze treffen, kommen oft wie ein Bumerang auf den Kopf des frisch-fröhlichen Kritikers zurück. Auf das Ganze gesehen ist die Fülle unseres steuerlichen Schrifttums vielleicht schon zu groß. Es wird in unseren Zeitschriften nicht immer nur geredet, sondern leider auch ab und zu geschwätzt, wie Enno B e c k e r wenig Durchdachtes mit Vorliebe bezeichnet hat. Ich kann diesem Sammelwerk keinen anderen Wunsch auf den Weg mitgeben als den, daß auf diesen Blättern niemals geschwätzt, sondern immer geredet, aber auch nicht nur geredet werde, um Gedanken auszubreiten, sondern jeder von uns, der sich an der Bereicherung des Werks beteiligen wird, soll ernstlich bestrebt sein, so zu reden, daß seine Rede ein Aufhorchen verdient. Auch in diesen Blättern soll und darf es sich um nichts anderes handeln als um das, was einem Kulturvolk immer frommt: Um ernste Bemühungen zur Hebung unserer Kultur, hier unserer Steuerkultur.

Benutzungsanleitung IX Benutzungsanleitung 1. A l l g e m e i n e s Die in der Sammlung „Besprechungen von Urteilen, Beschlüssen und Gutachten des Bundesfinanzhofs", herausgegeben von Steuerberater Hans U. Loepelmann, Berlin-Charlottenburg, enthaltenen Besprechungen sind nach dem Datum geordnet. Ferner sind Aktenzeichen und Fundstelle im BStBl. III angegeben. Zur Unterscheidung von Urteilen, die an demselben Tag ergangen sind, dient die eingeklammerte r ö m i s c h e Z a h l in der Kopfleiste. Dahinter befindet sich die S e i t e n z a h l (arabisch) der Besprechung. Ist ein Urteil mehrfach besprochen worden oder überschreitet eine Besprechung den Umfang von zwei Drudeseiten, so sind alle Folgeseiten fortlaufend durchnumeriert. Es wird empfohlen, der Sammlung kein Blatt zu entnehmen, sondern wie mit einem Buch zu arbeiten. Nur dann besteht die Gewähr, daß die Sammlung immer gebrauchsfertig ist. 2. Z i t i e r w e i s e . Die Besprechungen werden unter Angabe des Rezensenten, des Datums der Entscheidung, der römischen Klammerzahl und der Seitenzahl zitiert. Beispiel:

Vgl. Brockhoff in Loepelmann, BFH-Besprechungen, BFH v. 20.3.1958 (II) 1.

3. E i n o r d n u n g d e r

Ergänzungslieferungen

Die Ergänzungsblätter werden nach dem Datum der betreffenden Entscheidung bzw. des Gutachtens

in das

Grundwerk

eingeordnet. Dabei

ist

wiederum bei gleichem Tag die Reihenfolge der römischen Zahlen und, innerhalb eines Urteils, die Reihenfolge der Seitenzahlen maßgebend. Für jeden Jahrgang wird ein Abhefteordner geliefert.

Gesetzesregister XI

Gesetzesregister Jahrgang 1958 (Lieferungen 1-5) In dem folgenden Gesetzes-Register sind a l l e G e s e t z e v e r z e i c h n e t , s o w e i t d i e s e vom B F H in den L e i t s ä t z e n h e r a n g e z o g e n w u r d e n . Beigefügt wurde der Name des Rezensenten. Hierdurch soll lediglich nachgewiesen werden, von wem das vermerkte Urteil besprochen wurde. Denkbar ist, daß die Gesetzesstelle in der Besprechung, weil in diesem Rahmen uninteressant, nicht berührt wurde. Da zur Auswertung einer Besprechung gleichzeitig die Auswertung des Urteils notwendig ist, kann dann aber im BStBl. III nachgeschlagen werden. Datum und die in Klammern gesetzte römische Zahl geben wie üblich die Fundstelle in „Loepelmann, BFH-Besprediungen" an. Die in Klammem gesetzte Jahreszahl gibt die „Fassung" des Gesetzes an. Das Gesetzes-Register 1958 wird ggf. noch um die später veröffentlichten Besprechungen ergänzt. Für die folgenden Jahrgänge sind entsprechende Gesetzes-Register vorgesehen. Abkommen v. Washington Anlage V (6.-8. 4. 1949)

11. 4. 58 (I)

Prof. Dr. Paulick

14. 3. 58 (V)

R. Steinhardt

6. 8.58 28. 3.58 20. 3.58 28. 3.58 21.11. 58 5.12.58 6. 8.58 10. 2.58 31. 1.58 26. 6.58 10. 1. 58 18.12. 58 18.12. 58 4. 9.58 14.11. 58 15.10. 58 17.12. 58 28.10. 58

Dr. Wegemer H. Boeker Dr. Wendt H. Boeker Dr. Bubenzer/Dr. Model Nake Dr. Wegemer Dr. Oswald Dr. Friedlaender Dr. Oswald Dr. Bubenzer Dr. Tipke Dr. Tipke Dr. Gallasch Prof. Dr. v. Wallis Dr. Birkholz Dr. Riepl Dr. Schwarz

AktG § 131 AO § 1 Abs. 1 Nr. 1 § 12 § 12 Abs. 1 § 13 a.F. § 13 § 22 Abs. 1 Ziff. 1 § 26 Abs. 1 Nr. 1 (1955) § 52 § 52 Abs. 4 Satz 1 § 79 § 86 § 86 § 87 § 87 Abs. 5 § 92 Abs. 3 § 94 § 94 Abs. 1 § 94 Abs. 1 Ziff. 1

(1955) (1934) (1934) (1934)

(III) (II) (III) (II) (I) (II) (III) (I) (II) (I) (III) (III) (III) (II) (II) (I) (II) (II)

XII § 96 § 96 § 96 § 96 Abs. 2 § 100 Abs. 1 § 103 § 107 a § 108 § U3 § 131 § 131 n. F. § 131 § 131 Abs. 1 § 131 Abs. 1 u. 2 § 131 Abs. 1, 2 u. 3 § 143 § 144 § 144 § 145 § 147 § 147 § 147 § 147 Abs. 1 § 150 § 150 ö. § 153 § 202 § 204 § 211 § 212 § 212 a § 212 b § 215 § 215 § 215 § 215 Abs. 2 § 215 Abs. 2 § 216 § 216 § 216 § 216 Abs. 1 Ziff. 1 § 217 § 217 § 217 § 218 Abs. 4 § 219 § 219 Abs. 1 Sätze 3, 4 § 222 Abs. 1 Ziff. 1

15.10. 58 28.10. 58 17.12.58 7.11. 58 4. 2.58 11. 7.58 11. 6. 58 11. 7.58 30. 5.58 27. 3.58 28.10. 58 1} 21.11. 58 31. 1.58 14. 8.58 27. 3.58 3. 7.58 3. 7.58 5.12. 58 III) 3. 7.58 20. 2.58 26. 6.58 3. 7.58 18.12. 58 12. 6. 58 31. 1.58 12. 6. 58 11. 6.58 30.10. 58 4.12. 58 16. 7.58 4.12. 58 4.12. 58 16. 1. 58 1. 4.58 26. 6.58 16. 9.58 30.10. 58 ) 16. 1.58 26. 6.58 30.10. 58 24. 10. 58 25. 2.58 1. 4.58 23.10. 58 21. 2.58 1. 4.58 28.11. 58 23. 5.58

Dr. Birkholz Dr. Schwarz Dr. Riepl Dr. Brockhoff Dr. Bubenzer Prof. Dr. v. Wallis Fritsdi/Dr. Gallasdi Prof. Dr. v. Wallis Haegele Prof. Dr. v. Wallis Dr. Oswald Dr. Bubenzer/Dr. Model Dr. Friedlaender Dr. Oswald Prof. Dr. v. Wallis Nake Nake Dr. Oswald Nake Dr. Oswald Dr. Oswald Nake Dr. Niepoth Dr. Niepoth Dr. Friedlaender Dr. Niepoth Dr. Bubenzer Dr. Dr. Barth Prof. Dr. v. Wallis Dr. Gallasdi Prof. Dr. v. Wallis Prof. Dr. v. Wallis Dr. Brockhoff Fritsch Dr. Friedlaender H. Boeker Nake Dr. Brockhoff Dr. Friedlaender Nake Dr. Troll Dr. Glade/Dr. Birkholz Dr. Hoffmann Fritsch Dr. Bubenzer Fritsch H. Werner Dr. Dr. Barth

Gesetzesregister XIII § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § §

222 Abs. 1 Ziff. 1 222 Abs. 1 Ziff. 1 222 Abs. 1 Ziff. 1 222 Abs. 1 Ziff. 2 222 Abs. 1 Ziff. 3 222 Abs. 1 Ziff. 3 222 Abs. 1 Ziff. 4 223 223 228 229 234 235 235 235 Ziff. 1 235 Ziff. 5 237 237 239 240 241 242 243 244 246 Abs. 3 249 249 249 Abs. 3 Satz 2 251 252 253 258 259 261 261 264 266 278 284 284 Abs. 2 u. 3 286 Abs. 1 288 Ziff. 1 296 Abs. 4 303 304 307 Abs. 3 311 Abs. 3 319 Abs. 1

10. 7. 58 18.11. 58 3.12. 58 16. 7.58 7. 2 . 5 8 18. 4 . 5 8 8. 8 . 5 8 28.10. 58 17. 12. 58 11. 6 . 5 8 6. 9.58 21. 2.58 11. 6. 58 28.10. 58 14.11. 58 30. 1. 58 30. 1. 58 11. 6. 58 1. 4. 58 25. 4. 58 20. 3 . 5 8 6. 3. 58 11. 3 . 5 8 11. 3. 58 11. 6. 58 10. 1. 58 14.11. 58 23. 5. 58 12.12. 58 30. 1. 58 19.12. 58 11. 6 . 5 8 6. 8 . 5 8 22. 5. 58 15. 7. 58 10. 1. 58 26. 6. 58 30.10. 58 11. 3. 58 17.10. 58 17. 1 . 5 8 26. 6 . 5 8 30. 4. 58 30. 1. 58 11. 6 . 5 8 23.10. 58 13. 6. 58 13. 6. 58

Dr. Gallasdi Dr. K. Vogel/Fritsch Dr. K. Vogel Dr. Gallasch Prof. Dr. v. Wallis Fritsch Prof. Dr. v. Wallis Dr. Oswald Dr. Riepl Fritsdi/Dr. Gallasdi Dr. Wegemer Dr. Bubenzer Fritsdi/Dr. Gallasch Dr. Schwarz Prof. Dr. v. Wallis Dr. Friedlaender Dr. Friedlaender Fritsch/Dr. Gallasdi Fritsch Haegele Dr. Klein Dr. Klein Dr. Gallasdi Dr. Gallasch Fritsch/Dr. Gallasdi Dr. Bubenzer Prof. Dr. v. Wallis Dr. Dr. Barth H. Boeker Firtsdi Fritsdi/Dr. Bubenzer Fritsdi/Dr. Gallasch Dr. Wegemer H. Boeker Prof. Dr. Paulidc Prof. Dr. v. Wallis Dr. Klein Dr. Dr. Barth Dr. Gallasdi Dr. Bubenzer Dr. Gallasdi Dr. Klein Fritsdi Dr. Friedlaender Fritsdi/Dr. Gallasdi Dr. Oswald Dr. Oswald Dr. Oswald

XIV § § § § § § § § § § § § §

320 320 418 420 421 422 426 450 452 453 458 488 472

24. 8. 10. 10. 10. 10. 10. 10. 10. 10. 10. 10. 10.

1.58 8.58 2.58 2.58 2.58 2.58 2.58 2.58 2.58 2.58 2.58 2.58 2.58

(IV] (I) (I) (I) (I) (I) (I) (I) [I) (I) (I) (I) (I)

Dr. Dr. Barth Prof. Dr. v. Wallis Dr. Oswald Dr. Oswald Dr. Oswald Dr. Oswald Dr. Oswald Dr. Oswald Dr. Oswald Dr. Oswald Dr. Oswald Dr. Oswald Dr. Oswald

AZO §§ 80—88

26.11. 58 (I)

Dr. Sdiwarz

23. 7.58 (II)

Dr. Wegemer

(1955)

16. 4. 58 (II)

Dr. Birkholz

(1955) (1955)

5.11.58 16. 4. 58 6. 2.58 6. 2.58

Dr. Dr. Dr. Dr.

II. Vorl. BefStDB § 3 Abs. 1 BefStDV § 34 Abs. 2 Nr. 2 BefStG § 3 Abs. 1 Nr. 5 b § 11 Abs. 2GNr. 3 Berlinhilfe § 4 Abs. 1 Ziff. 2 § 7 Abs. 1

(I) (II) (I) (I)

Birkholz Birkholz Wegemer Wegemer

BewDV § 32 Abs. 1 Ziff. 4 § 53

7.11.58 (II) 21. 3.58 (I)

R. Steinhardt Dr. Troll

BewG § 3 § 4 § 6 § 6 § 12 § 14 § 16 § 17 § 24 Ziff. 1 § 26 § 45 Abs. 1 lind 2 § 50 Abs. 1 lind 3

19.12.58 24. 1.58 24. 1.58 12. 9.58 24. 1.58 24. 1.58 12. 9.58 12. 9.58 24.10. 58 11. 4.58 13. 6.58 14. 8.58

R. Steinhardt Dr. Dr. Heissmann Dr. Dr. Heissmann R. Steinhardt Dr. Dr. Heissmann Dr. Dr. Heissmann R. Steinhardt R. Steinhardt Dr. Troll Prof. Dr. Paulick Dr. Rössler R. Steinhardt

(I) (VI) (VI) (I) (VI) (VI) (I) (I) (II) (I) (II) (II)

Gesetzesregister XV § § § § § § § § § § § § § § § § § § §

50 52 53 53 54 57 57 62 62 62 62 64 66 67 67 67 68 77 92

Abs. 3

19. 9. 58 7. 11. 58 7. 3. 58 7. 3. 58 5. 9. 58 14. 8. 58 24.10. 58 21. 3. 58 24. 1. 58 7. 3. 58 12. 9. 58 5. 9. 58 24. 1. 58 10. 10. 58 14. 2. 58 24. 1. 58 10. 10. 58 10. 10. 58 13. 6. 58

a a Abs. 2 Abs. 2

Abs. 1 Ziff. 8 Ziff. 3, 10 Ziff. 11 Ziff. 7 Abs. 1 und 2

(I)

(")

(III) (IV) (III) (II) (II) (I) (VI) (IV) (I) (III) (VI) (I) (IV) (III) (I] (III) (II)

Dr. Stenger R. Steinhardt Dr. Troll Dr. Troll Dr. Troll/Beck R. Steinhardt Dr. Troll Dr. Troll Dr. Dr. Heissmann Dr. Troll R. Steinhardt Dr. Troll/Bedc Dr. Dr. Heissmann Dr. Oswald Dr. Model Dr. Friedlaender Dr. Oswald Dr. Friedlaender Dr. Rössler

BFH-G § 1 § 4 Abs. 1 Ziff. 2 b (29. 6.1950)

10. 2. 58 (I) 27. 2. 58 (I)

Dr. Oswald Dr. W e n d t

14. 3. 58 (V) 1 0 . 1 0 . 58 (I) 24. 1. 58 (I)

R. Steinhardt Dr. Oswald Dr. Model

24. 1. 58 (II)

Prof. Dr. Paulick

10. 2. 58 (I)

Dr. Oswald

BGB §§ 536 ff. §§ 1620 u. 1624 § 2317 Besch]. d. BVfG I BvL 4/54

(17.1. 57)

BVwGG § 81 BierStG § 7 Abs. 1

6. 3. 58 (II)

Dr. Hesse

DMBG § § § § §

14. 27. 14. 27. 14.

18 18 74 74 Abs. 5 Ziff. 4 75

3. 2. 3. 2. 3.

58 58 58 58 58

(V) (II) (V) (II) (V)

R. Steinhardt Dr. Oswald R. Steinhardt Dr. Oswald R. Steinhardt

VO über d. Eink. steuerl. Behandig. d. fr. Erfind. § 4 Ziff. 3

(30. 5.1951)

20. 2. 58 (I)

Dr. Birkholz

XVI ErbStDV § 4 Abs.5 Satz 2

11. 6.58 (I)

Dr. Bubenzer

14. 2. 58 (IV)

Dr. Brockhoff

ErbStG § 22 EStDV § § § § § § § § § § § § § § § §

(1950/1951) 7 8 a Abs. 4 (1953) 9 Abs. 1 (1955) 9 Abs. 3 (1951) 12 Abs. 1 Buchstabe b (1950/1951) 12 Abs. 3 (1950) (1953) 13 14 Abs. 1 (1953) 14 Abs. 1 Ziff. 2 15 b (1953) 17 Ziff. 4 (1951/53) 18—22 (1950) 30 31; 32 (1955) 50 c Abs. 1 (1952) 58 b (1952)

16.12.58 11.12.58 22. 1. 58 11.12.58

(II) (I) (I) (I)

Dr. Dr. Dr. Dr.

Sudhoff Brockhoff Dr. Heissmann Brockhoff

5. 8.58 16. 1.58 11.12.58 14. 2.58 14. 2.58 7. 3.58 18. 7.58 7. 2. 58 10. 1.58 18. 7. 58 16. 1.58 10. 1.58

(III) (II) (I) (II) (III) (I) (III) (II) (I) (III) (III) (I)

Dr. Dr. Lenski Dr. Dr. Lenski Dr. Brockhoff Dr. Brockhoff Dr. Brockhoff H. Boeker Dr. Brockhoff Dr. Brockhoff Dr. Birkholz Dr. Brockhoff Dr. Brockhoff Dr. Birkholz

11. 2.58 17.10. 58 4. 2.58 14. 2.58 14. 3.58 28. 1.58 1. 4.58 16. 9.58 22. 5.58 22. 5.58 25. 2. 58 14. 3. 58 26. 9.58 28. 8.58 17.10.58 18. 4.58 4. 2. 58 18. 3.58 1. 4.58 15. 4.58 15. 4.58 13. 5.58

(I) (V) (III) (I) (I) (I) (I) (II) (II) (III) (II) (III) (I) (I) (IV) (II) (II) (I) (I) (II) (V) (III)

Dr. Oswald Nake Dr. Everding Dr. Birkholz Dr. Everding Dr. Birkholz Dr. Hoffmann H. Boeker Dr. Sudhoff Dr. Mutze Dr. Glade/Dr. Birkholz Dr. Birkholz H. Boeker H. Boeker Dr. Bubenzer Dr. Brockhoff Dr. Bubenzer Dr. Buchwald Dr. Hoffmann Dr. Gnam Dr. Dr. Heissmann Dr. Sudhoff

EStG § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § §

2 2 Abs. 3 Ziff. 1 2 Abs. 6 Ziff. 2 3 Ziff. 5 3 Ziff. 11 (1951) 3 a Abs. 1 Ziff. 1 (1953) 4 4 4 Abs. 1 4 Abs. 1 (11/1948 u. 1949) 4 Abs. 4 4 Abs. 4 (1949) 4 Abs. 4 (1951) 4 Abs. 4 (1953) 4 Abs. 4 (1953) 4 Abs. 4 (1955) 5 5 5 5 5 5

Gesetzesregister XVII

§ § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § §

5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 6 Ziff. 2 6 Ziff. 2 6 Ziff. 2 6 Ziff. 3 6 Ziff. 3 6 Ziff. 3 6 Abs. 1 6 Abs. 1 6 Abs. 1 6 Abs. 1 6 Abs. 1 6 Abs. 1 6 Abs. 1 6 Abs. 1 6 Abs. 1 6 Abs. 1 6a

§ § § § § § § § § § § § § § § § § § §

7 7 7 7 Abs. 1 7a 7b 7b 7 b Abs. 1 7c 7c 7c 7 e 7e 8 9 9 9 9 9

(1949) (1950) (1951) (1952) (1953) (1953) (1957) (1949) (1951) Satz 1 (1950) (1951) (11/1948 u 1949) (1952) Ziff. 1 Ziff. 1 Ziff. 1, Ziff. 2 Ziff. 1 u. 2 (1957) (1953) Ziff. 2 Ziff. 2 Ziff. 2 Ziff. 2 Ziff. 2 Satz 1 Ziff. 3 (1955)

(1955) (1952) (1950) (1953) (1953) (1950) (1951) (1953) (1950) (1950/1951)

(1953) (1953)

22. 5. 58 9. 7 . 5 8 5. 8. 58 16. 9. 58 23. 9 . 5 8 25. 2. 58 14. 1 . 5 8 22. 1. 58 5. 8 . 5 8 4. 2. 58 4. 2. 58 16.12. 58 25. 2. 58 4 . 1 2 . 58 14. 1. 58 22. 1. 58 22. 5 . 5 8 5. 8 . 5 8 26. 8. 58 3.12. 58 15. 4 . 5 8 16.12. 58 4. 2. 58 1. 4. 58 15. 4. 58 13. 5. 58 5. 8. 58 15. 4. 58 22. 1. 58 15. 4. 58 15. 4. 58 26. 8. 58 3.12. 58 11.12. 58 16. 1. 58 14. 1. 58 14. 5. 58 7. 8. 58 27.11. 58 18.11. 58 16. 1 . 5 8 5. 8 . 5 8 1. 8. 58 1. 8 . 5 8 7. 2. 58 22. 8. 58 14. 2. 58 14. 2 . 5 8

(II) (II)

(I)

(I)

(II)

(I) (III)

(IV) (II)

(II)

(I)

(I) (III) (III)

Dr. Sudhoff Dr. Hoffmann ,Dr. Everding H. Boeker Dr. Bubenzer Dr. Sudhoff Dr. Birkholz Dr. Dr. Heissmann Dr. Birkholz Dr. Birkholz Dr. Everding Dr. Everding Dr. Sudhoff Dr. Mutze Dr. Birkholz Dr. Dr. Heissmann Dr. Mutze Dr. Birkholz Dr. Everding Dr. Hoffmann Dr. Gnam Dr. Everding Dr. Birkholz Dr. Hoffmann Dr. Birkholz Dr. Sudhoff Dr. Everding Dr. Dr. Heissmann Dr. Dr. Heissmann Dr. Gnam Dr. Birkholz Dr. Everding Dr. Hoffmann Dr. Brockhoff Dr. Dr. Lenski Dr. Brockhoff Dr. Brockhoff Dr. Dr. Lenski Dr. Brockhoff Dr. Brockhoff Dr. Dr. Lenski Dr. Dr. Lenski Prof. Dr. Paulidc Prof. Dr. Paulidc Dr. Birkholz Dr. K. Vogel Dr. Brockhoff Dr. Broddioff

XVIII § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § §

9 9 9 Ziff. 1 9 Ziff. 4 9 Ziff. 4 9 Ziff. 4 9 Ziff. 5 9 Ziff. 5 9a 9 a Ziff. 2 9 a Ziff. 3 10 10 Abs. 1 10 Abs. 1 10 Abs. 1 10 Abs. 1 10 Abs. 1 10 Abs. 1 10 Abs. 1 10 Abs. 1 10 Abs. 1 10 Abs. 1 10 Abs. 1 10 Abs. 1 10 Abs. 1 10 Abs. 1 10 Abs. 1 10 Abs. 1 10 Abs. 2 10 a 10 a 10 a 10 a 10 a 10 b 10 b 11 11 Abs. 2

§ § § § § § § § §

12 12 12 12 12 13 15 15 15

(1953) (1953) (1953) (1955) (1955) (1955) (1955) (1955) (1955) (1955) (1955) Ziff. 1 Ziff. 1 (1953) Ziff. 2 (1949) Ziff. 2 a Ziff. 2 b (1951) Ziff. 2 b (1952) Ziff. 2 d (1951) Ziff. 2 d (1951) Ziff. 2 d (1953) Ziff. 2 d (1953) d (1951) Ziff. 3 (1953 + 1955) Ziff. 4 (1950) Ziff. 4 (1955) Ziff. 4 Ziff. 5 Ziff. 3 a (1953) (1950) (1950) (1950) (1953) (1953) (1951) (1953) (1955) Satz 1

Ziff. 1 Ziff. 1 Ziff. 1 Satz 2 Ziff. 2 Abs. 1 Ziff. 1 Ziff. 1 Ziff. 2 Ziff. 2

(1953) (1955) (1957) (1953)

14.11.58 12.12. 58 10.10.58 81. 4. 58 16. 5 . 5 8 19.12.58 24. 1 . 5 8 7.11.58 18. 4 . 5 8 14. 2 . 5 8 14. 2. 58 28. 3 . 5 8 24. 1 . 5 8 23. 4 . 5 8 7. 3 . 5 8 14. 3 . 5 8 26. 9 . 5 8 7. 3 . 5 8 7. 2 . 5 8 5 . 1 2 . 58 5.12.58 12.12.58 14. 3 . 5 8 25. 7 . 5 8 8. 5 . 5 8 18. 7 . 5 8 19. 8. 58 17.10.58 24. 1 . 5 8 10. 1. 58 23. 1 . 5 8 24.10.58 5. 9 . 5 8 11.12.58 13. 6 . 5 8 17.10.58 28. 3 . 5 8 28.11.58 22. 7. 28. 24. 24. 20. 15. 14. 28.

8.58 2.58 8.58 1.58 1.58 3.58 4.58 1.58 1.58

(I) (I) (IV) (III) (I) (IV) (V) (III) (II) (III) (II) (II) (II) (I) (I) (III) (I) (I) (II) (I) (I) (II) (I) (I) (I) (III) (II) (IV) (VII) (I) (I) (I) (I) (I) (IV) (IV) (II) (I) (III) (I) (I) (V) (II) (II) (I) (II) (II)

Dr. Bubenzer Dr. Birkholz Fritsch H. B o e k e r Dr. K. Vogel Dr. Birkholz H. B o e k e r Dr. Friedlaender/Dr.Horn Dr. Brockhoff Dr. Brockhoff Dr. Brockhoff H. B o e k e r Prof. Dr. Paulick Dr. Brockhoff H. B o e k e r Dr. Birkholz H. B o e k e r H. B o e k e r Dr. Brockhoff H. B o e k e r H. B o e k e r H. B o e k e r Dr. Everding Dr. Brockhoff Dr. Everding Dr. Brockhoff Dr. Birkholz Dr. Bubenzer Dr. Niepoth Dr. Birkholz Dr. Brockhoff Dr. Brockhoff Dr. Bubenzer Dr. Brockhoff Dr. Niepoth Dr. Bubenzer H. B o e k e r Dr. Hoffmann/ Dr. Everding Dr. K. Vogel Dr. Birkholz H. B o e k e r H. B o e k e r Prof. Dr. Paulick Dr. Brockhoff Dr. K. Vogel Dr. Brockhoff Dr. Dr. Lenski

Gesetzesregister XIX § 15 Ziff. 2 § 15 Ziff. 2 § 15 Ziff. 2 § 18 § 18 Abs. 1 Ziff. 1 § 18 Abs. 1 Ziff. 1 § 18 Abs. 1 Ziff. 1 § 19 § 19 § 19 § 19 § 19 § 19 § 19 § 19 § 19 § 19 Abs. 1 Ziff. 1 § 20 Abs. 2 Ziff. 1 § 20 Abs. 2 Ziff. 1 § 21 § 22 § 22 Ziff 1 a § 22 Ziff 1 a § 24 § 24 Ziff. 2 § 28 § 28 a § 26 a § 28 a Abs. 2 + 3 § 28 a. F.; § 28 a § 26 a. F. § 26 b § 28 ff. § 28 ff. § 27 § 27 § 32 Abs. 4 Ziff. 2 § 32 a § 32 a § 32 a Satz 1 § 32 b Abs. 3 § 33 § 33 § 33 § 33 § 33 § 33 § 33

(1951)

(1951) (1955) (1955) (1955) (1953) (1953) (1955) (1955) (1951) (1957) (1957) (1957) (26. 7.1957 (1957) (1955) (1953) (1949) (1957) (1957) (1952) (1949) (1953) (1953) (1955) (1955)

11. 2 . 5 8 (I) 26. 8.58 (I) 16. 9.58 (II) 20. 2.58 (I) 20. 2. 58 (II) 14. 5. 58 (I) 2. 4.58 (I) 28. 1.58 (II) 21. 3.58 (II) 28. 3.58 (II) 16. 5.58 (II) 21.11. 58 (I) 2. 4.58 (I) 27. 3.58 (V) 28. 3.58 (II) 18. 4.58 (II) 24. 6.58 (I) 1. 8.58 (I) 18.11.58 (I) 10.10. 58 (IV) 23. 4.58 (I) 27. 3.58 (V) 28. 3.58 (II) 23. 4.58 (I) 20. 2.58 (I) 24. 1.58 (II) 26. 6. 58 (II) 10.10.58 (II) 24. 1.58 (II) 11. 3.58 (I) 26. 6.58 (II) 24. 1.58 (II) 9. 5.58 (I) 19. 9.58 (II) 11. 2.58 (I) 18. 4.58 (II) 26. 9.58 (II) 21. 2. 58 (I) 8. 8.58 (IV) 10.10.58 (II) 16. 1.58 (III) 18. 7.58 (II) 8. 8.58 (III) 21. 2.58 (I) 26. 9.58 (II) 12.12.58 (I) 2. 5.58 (I) 9. 7.58 (II)

Dr. Oswald Dr. Oswald H. Boeker Dr. Birkholz Dr. Klein Dr. Birkholz Dr. Hoffmann Dr. Dr. Lenski Dr. Oswald H. Boeker Dr. Friedlaender Dr. Bubenzer/Dr. Model Dr. Hoffmann Dr. Birkholz H. Boeker Dr. Brodchoff R. Steinhardt Prof. Dr. Paulidc Dr. Brodchoff Fritsch Dr. Brodchoff Dr. Birkholz H. Boeker Dr. Brodchoff Dr. Birkholz Prof. Dr. Paulick Dr. Friedlaender Dr. Brodchoff Prof. Dr. Paulidc Dr. Gallasch Dr. Friedlaender Prof. Dr. Paulidc Dr. Horn Dr. Tipke Dr. Oswald Dr. Brodchoff Dr. Brodchoff Dr. Bubenzer Dr. Küchenhoff Dr. Brodchoff Dr. Brodchoff Dr. Oswald Dr. Brodchoff Dr. Bubenzer Dr. Brodchoff Dr. Birkholz Dr. Brodchoff Dr. Friedlaender

XX § § § § § § § § § § § § § § § § §

33 33 33 33 33 33 33 33 33 34 34 34 34 34 34 34 34

8.58 8.58 3.58 5. 58 7.58 8.58 1.58 1.58 8.58 3. 58 2.58 2.58 3.58 4.58 2. 58 3.58 7.58

(II) (I) (III) (I) (II) (I) (II) (I) (II) (I) (II) (III) (I) (I) (I) (IV) (I)

17. 14. 2. 16. 18. 18. 28. 9.

7.58 3.58 4.58 1. 58 4.58 7.58 3.58 5.58

(I) (II) (I) (I) (IV) (I) (II) (I)

Dr. Tipke Dr. Bubenzer H. B o e k e r Dr. Horn Dr. Friedlaender Dr. Bubenzer Prof. Dr. Paulick Dr. Gallasdi Dr. Tipke Dr. Everding H. Boeker Dr. Gallasdi Dr. Oswald Dr. Bubenzer Dr. Oswald Dr. Friedlaender Dr. Hoffmann/ Prof. Dr. Spitäler Dr. Hoffmann/ Prof. Dr. Spitaler Dr. Küchenhoff Dr. Brockhoff Dr. Hoffmann Dr. Birkholz Dr. Niepoth H. B o e k e r H. B o e k e r Dr. Horn

17. 18. 12. 7. 7.

1.58 7.58 6.58 3.58 3.58

[IV] (I) (I) (I) (II)

Dr. H. Dr. H. Dr.

3 3 3 4 4 4

(1950/51) (1953) (1953) (1953) (1953) (1955)

22. 29. 21. 9. 9. 29. 24. 31. 1. 27. 28. 20. 20. 30. 28. 14. 24.

§ 34 Abs. 5

(1949/54)

24. 7 . 5 8 (I)

Abs. 1 a a a a a Abs. 1 a Abs. 3 Ziff. 3 a Abs. Abs. Abs. Abs. Abs. Abs.

§ § § § § § § § 8

34 34 34 34 38 38 38 41 41

Abs. 5 Abs. 5 Abs. 5 Abs. 5 Abs. 1 Satz Abs. 3 Abs. 3 Abs. 1 Ziff. Abs. 1 Ziff. B G B L I S. 1954 B G B L

§ § § §

46 47 Abs. 3 52 Abs. 7 52 Abs. 13

(1955) (1955) (1950) (1951) (1955) (1955) (1957) (1955) (1955)

(1950) (1951) (1951) (1953) 2 u. 3 Satz 2 (1955) 3 u. 4 (1951) 3 (24. 6. 1953 413 u. 24. 4. I S. 111)

(1953) (1955)

Friedlaender Boeker Niepoth Boeker Niepoth

EStR Absdin. 125 Abs. 2 Satz 2 (1953)

2 8 . 1 1 . 5 8 (I)

Dr. Hoffmann/ Dr. Everding

FLÜSG § 12

(10. 8.1949)

5 . 1 1 . 5 8 (II)

Haegele

FVG § 19

26. 6 . 5 8 (I)

Dr. Oswald

15. 4 . 5 8 (I)

Dr. K. Vogel

GewStG § 2

Gesetzesregister XXI § § § § § § § § § § § § § § § § §

2 Abs. 1 2 Abs. 1 2 Abs. 1 4 5 Abs. 2 8 Ziff. 3 8 Ziff. 3 8 Ziff. 3 8 Ziff. 5 8 Ziff. 6 10 a 10 a 10 a 28 29 29 Abs. 1 Ziff. 2 33

GG Art. 3 Art. 3 Art. 3 Art. 3 Art. 3 Art. 3 Abs. 1 Art. 3 Abs. 1 Art. 3 Abs. 1 Art. 3 Abs. 1 Art. 3 Abs. 1 Art. 6 Art. 6 Art. 6 Art. 6 Art. 6 Art. 6 Abs. 1 Art. 6 Abs. 1 Art. 6 Abs. 1 Art. 19 Abs. 4 Art. 19 Abs. 4 Art. 19 Abs. 4 Art. 19 Abs. 4 Art. 19 Abs. 4 Art. 19 Abs. 4 Art. 19 Abs. 4 Art. 20 Art. 20 Art. 20 Abs. 3 Art. 20 Abs. 3

20. 2.58 14. 5.58 26. 8.58 13. 5.58 23. 7.58 17. 4.58 17. 4.58 18.11. 58 28. 1. 58 13. 5.58 9. 1. 58 23. 7. 58 25.11. 58 13. 5.58 13. 5.58 11. 2.58 13. 5. 58

(II) [I) (I) (IV) (I) (II) (III) (III) (II) (II) (I) (I) (I) (IV) (IV) (II) (IV)

Dr. Klein Dr. Birkholz Dr. Oswald Dr. Birkholz Dr. Hoffmann H. Boeker Dr. Dr. Lenski Dr. Friedlaender Dr. Dr. Lenski H. Boeker Dr. Dr. Lenski Dr. Hoffmann Dr. Dr. Lenski Dr. Birkholz Dr. Birkholz Dr. Klein Dr. Birkholz

28. 1.58 17. 4. 58 13. 5.58 19. 9.58 24.10. 58 24. 1.58 14. 2.58 18.11. 58 28. 2.58 8. 8.58 28. 1.58 31. 1.58 17. 4.58 13. 5.58 19. 9.58 24. 1.58 8. 8.58 24.10. 58 10. 1.58 17. 1.58 30. 1.58 10. 2.58 11. 6. 58 15. 7.58 14. 8.58 13. 5.58 19. 9. 58 28. 3.58 1. 8.58

(II) (II) (II) (II) (II) (II) (I) (IV) (II) (IV) (II) (I) (II) (II) (II) (II) (IV) (II) (II) (I) (III) (I) (II) (I) (I) (II) (II) (II) (I)

Dr. Dr. Lenski H. Boeker H. Boeker Dr. Tikpe Dr. Troll Prof. Dr. Paulick Dr. Birkholz R. Steinhardt H. Boeker Dr. Küdienhoff Dr. Dr. Lenski Dr. Gallasdi H. Boeker H. Boeker Dr. Tipke Prof. Dr. Paulick Dr. Küdienhoff Dr. Troll Prof. Dr. v. Wallis Dr. Gallasch Dr. Friedlaender Dr. Oswald Fritsch/Dr. Gallasdi Prof. Dr. Paulick Dr. Oswald H. Boeker Dr. Tipke H. Boeker Prof. Dr. Paulick

XXII Art. 20 Abs. 3 Art. 80 Art. 80 Abs. 1 Art. 93 Art. 95 Art. 98 Art. 100 Art. 101 Art. 108 Abs. 6 Art. 123 Abs. 1 Art. 129

14. 8. 58 27. 2.58 28. 3.58 10. 2. 58 10. 2.58 10. 2.58 12.12. 58 10. 2. 58 21.11. 58 28. 3. 58 21.11. 58

[I) (II) (II) (I) (I) (I) (III) (I) (I) (II) (I)

Dr. Oswald Dr. Oswald H. Boeker Dr. Oswald Dr. Oswald Dr. Oswald H. Boeker Dr. Oswald Dr. Bubenzer/Dr. H. Boeker Dr. Bubenzer/Dr.

Bayr. G. üb. Gr.erwerb.St-Befreiung f. soz. WoBau Art. 1 Ziff. 3 b (11. 2.1954) 5. 3. 58 (I) Dr. Klein GrEStG § 1 Abs. 1 Ziff. 3 § 1 Abs. 1 Ziff. 4 § 8 § 9 Abs. 1, 5 § 9 Abs. 2 § 10 Abs. 1 § 11 § 11 § 11 Abs. 1 Ziff. 4 Satz 2 § 11 Abs. 2 Ziff. 2 Satz 2

16. 26. 16. 26. 26. 16. 26. 16. 26. 25.

4. 58 2. 58 4. 58 2. 58 2. 58 4. 58 2. 58 4. 58 2. 58 3. 58

(III) (HI) (I) (III) (I) (III) (III) (III) (I) (I)

Haegele Haegele Dr. Model Haegele Dr. Klein Haegele Haegele Haegele Dr. Klein Haegele

GrStDV § 13 § 15 § 25 Abs. 1 GrStG § 1 § 4 Ziff. 1 u. 3 § 4 Ziff. 3 b, 5 b, 7 § 5 § 6

14.11.58 (IV) 14.11. 58 (IV) 7. 2.58 (IV)

Dr. Stenger Dr. Stenger Dr. Troll

28. 3. 7. 2. 14.11. 14.11. 14.11.

Prof. Dr. Paulidc Dr. Troll Dr. Stenger Dr. Stenger Dr. Stenger

58 58 58 58 58

(I) (IV) (IV) (IV) (IV)

Bayerisches Gesetz über die Grundsteuerfreiheit und Gebührenfreiheit für den sozialen Wohnungsbau § 2 (1949) 26. 9.58 (III) Dr. Stenger GVG § 13 § 121 Abs. 2

10. 2.58 (I) 10. 2.58 (I)

Dr. Oswald Dr. Oswald

14. 3. 58 (V)

R. Steinhardt

HGB §§ 38 ff.

Gesetzesregister XXIII KapVStG § 18 u. 21

26. 2 . 5 8 (II)

Dr. Frhr. v. Sdieurl

2 1 . 1 1 . 5 8 (III)

Dr. Friedlaender

18. 4. 58 (IV) 6. 3. 58 (I)

Dr. Niepoth Dr. Klein

(1955)

6. 8 . 5 8 1.10. 58 29. 1. 58 7. 5 . 5 8 6. 8. 58 6. 8 . 5 8 1.10. 58

Dr. Dr. Dr. Dr. Dr. Dr. Dr.

(1951)

1. 8. 58 (I) 24. 6 . 5 8 (I) 16. 9. 58 (I)

Prof. Dr. Paulidc R. Steinhardt Dr. Birkholz

4.11. 58 19. 8 . 5 8 19. 8 . 5 8 15. 4. 58 19. 8. 58 16. 9 . 5 8 8. 1 . 5 8 15. 4 . 5 8 25. 2. 58 24. 6 . 5 8 14. 8 . 5 8 15. 4 . 5 8 4. 3 . 5 8 16. 9. 58 18.11.58

Dr. Birkholz Dr. Birkholz Dr. Birkholz Dr. Dr. Heissmann Dr. Birkholz Dr. Birkholz Prof. Dr. v. Wallis Fritsch Dr. Glade/Dr. Birkholz R. Steinhardt Dr. Oswald Fritsdi Dr. Birkholz Dr. Birkholz R. Steinhardt

KGA-Verordnung § 7 KO § 3 Abs. 1 § 61 Nr. 2 KraftStG § § § § § § §

1 1 Abs. 2 3 3 Abs. 1 Nr. 1 3 Abs. 1 Nr. 2 10 13 Abs. 2

(1955) (1955) (1955) (1955)

(I) (I) (I) (I) (II) (I) (I)

Birkholz Birkholz Birkholz Wegemer Birkholz Birkholz Birkholz

KStDV § 1 Abs. 2 § 17 § 17 KStG § § § § § § § § § § § § § § §

1 1 Abs. 1 Ziff. 6 4 Abs. 1 Ziff. 1 6 6 6 6 6 6 Satz 2 6 Satz 2 6 Abs. 1 Satz 2 7 15 17 19 Abs. 3 Satz 2

(1951) (1953) (1953)

(1953) (1951) (1951) (1955)

(I) (I) (I) (V) (II) (I) (I) (III) (III) (I) (I) (III) (I) (I) (IV)

KZVO § 3 § 4

28. 10. 58 (II) 28. 10.58 (II)

Dr. Schwarz Dr. Sdiwarz

10.10. 58 (IV)

Fritsdi

1. Abg. DV-LA § 15

XXIV 3. AbgDV-LA § 7

14. 11. 58 (III)

Haegele

18. 4. 58 (V) 22. 8. 58 (IV)

Haegele Haegele

19. 12. 58 (II)

Haegele

10. 10. 58 (III) 18. 4.1958 (I) 10. 10. 58 (I] 19. 12. 58 (II] 10.10. 58 (III) 19.12. 58 (II) 28. 2. 58 (III) 24. 1. 58 (III) 14.11. 58 (III) 27. 6. 58 (I) 28. 2. 58 (V) 19. 9. 58 (III) 28. 2. 58 (V) 25. 4. 58 (I) 25. 4. 58 (I) 25. 4. 58 (I) 25. 4. 58 (I) 17. 1. 58 (III) 17. 1. 58 (II) 7. 2. 58 (III) 18. 4. 58 (V) 22. 8. 58 (I) 21. 11. 58 (II) 21. 11. 58 (III) 22. 8. 58 (IV) 30. 5. 58 (I) 18. 4. 58 (V) 14. 2. 58 (V) 17. 1. 58 (II) 17. 1. 58 (II)

Dr. Friedlaender Fritsch Dr. Oswald Haegele Dr. Friedlaender Haegele Haegele Dr. Friedlaender Haegele Dr. Friedlaender Dr. Friedlaender Haegele Dr. Friedlaender Haegele Haegele Haegele Haegele Haegele Haegele Prof. Dr. v. Wallis Haegele Haegele Dr. Friedlaender Dr. Friedlaender Haegele Haegele Haegele R. Steinhardt Haegele Haegele

26. 6. 58 (I)

Dr. Oswald

28. 3. 58 (II) 16. 5. 58 (II)

H. Boeker Dr. Friedlaender

8. AbgDV-LA (KGAVO) § 1 § 9 Abs. 1, 2 10. AbgDV-LA § 2 Abs. 3 LAG § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § §

17 21 21 24 Ziff. 1 d 27 27 Abs. 1 38 39 Abs. 1 Ziff. 1 b 48 Abs. 4 91 91 Abs. 1 Ziff. 1 u. 2 100 Abs. 6 101 111 123 126 127 131 146 a 161 161 Abs. 2 Ziff. 4 163 163 163 164 179 Abs. 3 189 Abs. 2 Ziff. 4 206 210 215

LeudhtmStG § 4 Abs. 3 LStDV § 1 § 2

(1952]

Gesetzesregister XXV § 2 § 2 Abs. 2 Ziff. 2 Satz 2 § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § §

(1955) 2 Abs. 3 Ziff. 2 (1950) 2 Abs. 3 Ziff. 2 (1952) 2 Abs. 3 Ziff. 2 (1955) 2 Abs. 3 Ziff. 2 Satz 3 6 Ziff. 4 20 Abs. 2 (1955) 20 Abs. 2 Ziff. 2 (1955) 20 Abs. 2 Ziff. 2 (1955) 20 a (1955) (1954) 22 (1952) 25 (1955) 25 25 a (1952) 25 a (1955) (1955) 25 a 25 a Abs. 3 Ziff. 3 (1955) (1952) 30 (1954) 32 32 a (1954) 33 46 46 Abs. 1 (1952) 46 Abs. 1 Satz 2

21.11. 58 (I)

Dr. Bubenzer/Dr. Model

27. 3. 58 (V) 28. 3. 58 (II) 28. 3. 58 (II) 28. 3. 58 (II) 28. 3. 58 (II) 14. 2. 58 (I) 18. 4. 58 (HI) 16. 5. 58 (I) 19.12. 58 (IV) 28. 3. 58 (II) 28. 2. 58 (IV) 9. 5. 58 (I) 9. 7. 58 (II) 9. 5. 58 (I) 31. 1. 58 (I) 9. 7. 58 (II) 1. 8. 58 (II) 28. 3. 58 (II) 14. 3. 58 (IV) 28. 2. 58 (II) 14. 3. 58 (IV) 18. 7.1958 (I) 28. 3. 58 (II) 18. 4. 58 (IV)

Dr. Birkholz H. Boeker H. Boeker H. Boeker H. Boeker Dr. Birkholz H. Boeker Dr. K. Vogel Dr. Birkholz H. Boeker Dr. Horn Dr. Horn Dr. Friedlaender Dr. Horn Dr. Gallasch Dr. Friedlaender Dr. Tipke H. Boeker Dr. Friedlaender H. Boeker Dr. Friedlaender H. Boeker H. Boeker Dr. Niepoth

21. 3. 58 (II)

Dr. Oswald

13. 2. 58 (II) 13. 2. 58 (II) 20. 3. 58 (III)

Dr. Wegemer Dr. Wegemer Dr. Wendt

13. 2. 58 (II)

Dr. Wegemer

10.10. 58 (I)

Dr. Oswald

17.12. 58 (III)

Dr. Wegemer

18. 4. 58 (V) 19. 9. 58 (V)

Haegele Dr. Felix

LStR Abschn. 2 Abs. 1 Ziff. 2 MinöStDV § 5 Abs. 1, 3 Nr. 1 u. 4 (26. 5.1953) § 6 § 17 Abs. 3 Satz 2 MinöStG § 3

[21. 5.1953)

RErbHG § 30 RSiedlG § 29

(11. 8.1919)

StAnpG § 1 § 1

XXVI

§ 1

2 3 . 1 0 . 5 8 (III)

§ § § § § § § § § § § § § § § § §

18.12. 58 14. 2. 58 16.12. 58 1. 4 . 5 8 13. 6. 58 11. 6 . 5 8 18. 7.58 18. 4. 58 23. 1. 58 14. 2. 58 8. 1. 58 5.11.58 18. 7. 58 20. 3. 58 19. 9. 58 17. 10. 58 1. 4 . 5 8

1 1 Abs. 2 1 Abs. 2 1 Abs. 2, 3 2 2 Abs. 2 2 Abs. 2 3 Abs. 5 Ziff. 1 a 4 Abs. 3 Ziff. 2 4 Abs. 3 Ziff. 2 6 Abs. I n . 2 7 Abs. 1 7 Abs. 3 8 Abs. 4 11 Ziff. 3 11 Ziff. 4 16 Abs. 2 Ziff. 3

(III) (II) (II) (III) (I) (II) (I) (IV) (I) (V) (I) (II) (I) (III) (I) (V) (II)

Dr. Bubenzer/Fritsch/ Dr. Niepoth Dr. Tipke Dr. Brockhoff Dr. Sudhoff Fritsch Dr. Oswald Dr. Bubenzer H. Boeker Dr. Niepoth Dr. Brockhoff R. Steinhardt Prof. Dr. v. Wallis Haegele H. Boeker Dr. Wendt Dr. Stenger Nake Dr. Birkholz

StraßenVerk.O § 4a

6. 8 . 5 8 (I)

Dr. Birkholz

15.10. 58 (I)

Dr. Birkholz

17.12. 58 (I)

Dr. Schwarz

17.12. 17.12. 17. 12. 17.12. 17. 12.

Dr. Dr. Dr. Dr. Dr.

TabStG § 81 Abs. 4

(30. 3. 1957)

Truppenvertrag Art. 35 Abs. 7 Truppenzollgesetz § § § § §

1 2 5 6 8

58 58 58 58 58

(I) (I) (I) (I) (I)

Schwarz Schwarz Schwarz Schwarz Schwarz

Verordnung zur Duriiiführung des Truppenzollgesetzes 17.12. 58 (I) Dr. Schwarz § 1 17.12. 58 (I) Dr. Schwarz § 2 UStDB § § § § § § § §

2 2 2 Abs. 1 u. 2 4 6 10 10 Satz 1 12

(1951) (1951) (1951) (1951) (1951) (1951) (1951)

11. 9. 58 17.10. 58 4. 9. 58 11. 9. 58 4. 9. 58 17. 10. 58 30.10. 58 11. 9. 58

(I) (I) (I) (I) (I) (II) (I) (I)

Prof. Dr. Paulick Prof. Dr. v. Wallis Dr. Homann Prof. Dr. Paulick Dr. Homann Dr. Homann Prof. Dr. v. Wallis Prof. Dr. Paulick

Gesetzesregister XXVII § § § § § § § § § § § § § § § § §

(1951) 12 (1951) 12 (1938 u. 1951) 12 (1938 u. 1951) 14 20; 21 nebst Anhang I (1951) 28 Abs. 2 Ziff. 9 b (1938 u. 1951) (1951) 29 Abs. 2 Nr. 9 b 29 Nr. 9 a (1951) 30 Abs. 1 Nr. 5 u. Abs. 2 (1951) (1951) 36 47 Ziff. 1 (1951) 48 Abs. 1 Satz 1 (1938) 55 Abs. 5 Satz 1; § 55 Abs. 3 u. 4 (1951) 56 Abs. 2 (1951) 70 (1951) 75 (1951) 80

17.10.58 17.10.58 21. 8. 58 21. 8 . 5 8

(I) (III) (I) [I)

Prof. Dr. v. Wallis Dr. Everding E. Bede E. Bede

30. 1. 58 (II)

Dr. Homann

30. 1 . 5 8 (I) 18. 9 . 5 8 (II) 4. 9 . 5 8 (I)

Prof. Dr. v. Wallis Dr. Homann Dr. Homann

4. 9 . 5 8 17. 10. 58 4.12. 58 18.12.58

(I) (II) (II) (I)

Dr. Homann Dr. Homann E. Bede Prof. Dr. v. Wallis

23. 1 . 5 8 19 6 . 5 8 17.10. 58 18. 12. 58 18. 12. 58

(II) (I) (III) (III) (III)

Dr. Everding E. Bede Dr. Everding Dr. Tipke Dr. Tipke

20. 2. 58 17.10. 58 30.10. 58 13. 5. 58 4. 9 . 5 8 17.10. 58 13. 5. 58 30. 9 . 5 8 30. 1. 58 4. 9 . 5 8 18. 9 . 5 8 18.12. 58 20. 2 . 5 8 17.10. 58 18. 9 . 5 8 2. 5. 58 30.10.58 13. 2. 58 13. 5 . 5 8 23. 1 . 5 8 19. 6. 58 21. 8 . 5 8 17.10.58 18. 12. 58 17.10. 58

(IV) (II) (I) (I) (I) (I) (I) (II) (I) (I) (II) (I) (IV) (II) (I) (II) (I) (II) (V) (II) (I) (I) (I) (III) (III)

Dr. Homann Dr. Homann Prof. Dr. v. Wallis Dr. Wendt Dr. Homann Prof. Dr. v. Wallis Dr. Wendt Dr. Homann Prof. Dr. v. Wallis Dr. Homann Dr. Homann Prof. Dr. v. Wallis Dr. Homann Dr. Homann Dr. Homann Dr. Homann Prof. Dr. v. Wallis E. Bede Dr. Homann Dr. Everding E. Beck E. Bede

UStG § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § § §

1 Ziff. 1 1 Ziff. 1 1 Ziff. 1 1 Ziff. 3 (1951) 3 (1951) 3 4 Ziff. 1 u. 9 4 Ziff. 2 b (1951) 4 Ziff. 4 (1934 u. 1951) 4 Ziff. 4 (1951) 4 Nr. 4 (1951) 4 Ziff. 8 4 Ziff. 9 4 Ziff. 9 4 Ziff. 17 4 Ziff. 17 Satz 3 (1951) 5 Abs. 1 Satz 1 5 Abs. 3 5 Abs. 3 7 Abs. 2 Ziff. 2 a (1951) 7 Abs. 2 Ziff. 2 b Abs. 4 7 Abs. 3 (1934 u. 1951) 7 Abs. 3 (1951) 16 16 Abs. 1

Prof. Dr. v. Wallis Dr. Tipke Dr. Everding

XXVIII VAO (10.7.1956)

1 7 . 1 . 5 8 (III)

Haegele

VBewG § 8

14. 3. 58 (V)

R. :Steinhardt

20. 3. 58 (II) 20. 2. 58 (III) 20. 2. 58 (III)

Dr. Brodchoff Dr. Gallas dl Dr. Gallasdi

27. 2. 58 (II)

Dr. Oswald

§ 10

27.11. 58 (II)

Dr. Wegemer

VStG § 1 Abs. 1 Ziff. 2 § 5

5. 9. 58 (II) 27.11. 58 (II)

Dr. Troll Dr. Wegemer

VOL § 8 Abs. 2 § 9 Abs. 2 § 11

(2. 6.1949) (2. 6.1949) (2. 6. 1949)

Vorl. Nieders. Verf Art. 32; 34; 36

(13. 4. 1951)

VStDB

VwZG 4. 12. 58 (III) 4. 12. 58 (III)

§ 9 § 17

Prof. Dr. v. Wallis Prof. Dr. v. Wallis

Wert ZO § § § § § §

(1951) (1951) (1951) (1951) (1957) (1957)

1 6 7 18 40 41

8.10. 58 10. 7. 58 2. 5. 58 8.10. 58 17. 7. 58 17. 7. 58

(I) (II) (HI) (I) (II) (II)

Dr. Dr. Dr. Dr. Dr. Dr.

Riepl Schwarz Schwarz Riepl Riepl Riepl

WG §§ 8; 9 Abs. 1 Ziff. 2

28. 2. 58 (V)

Dr. Friedlaender

18. 7. 58 (IV) 7. 8. 58 (I) 7. 8. 58 (I)

Dr. Friedlaender Dr. Dr. Lenski Dr. Dr. Lenski

4. 7. 58 (I) 18. 7. 58 (IV) 18. 7. 58 (IV)

Dr. Stenger Dr. Friedlaender Dr. Friedlaender

I. WoBauG § 7 Abs. 1 § 7 Abs. 2 b § 50 Abs. 1

(1953) (1953)

II. WoBauG § 92 Abs. 1 § 92 Abs. 1 § 110 Abs. 4

(27. 6.1956)

Gesetzesregister XXIX WoPG § § § §

2 Abs. 1 Ziff. 1 4 Abs. 1 5 Abs. 1 Satz 1 8

(1952) (17. 3.1952)

25. 7. 58 7.11. 58 7.11. 58 19. 9 . 5 8

[I) (I) (I) (IV)

Dr. Dr. Dr. Dr.

Brockhoff Brockhoff Brockhoff Niepoth

WStG § 6 Abs. 1 Ziff. 2

12.11. 58 (I)

Dr. Birkholz

17.12. 58 17. 7.58 26.11. 58 28. 10. 58 17.12. 58 17. 4 . 5 8

Dr. Dr. Dr. Dr. Dr. Dr.

ZG § 45 § 53 § 63 §§ 74 Abs. 1 u. 76 § 101 § 103 Abs. 3

(II) (II) (I) (I) (II) (I)

Riepl Riepl Schwarz Oswald Riepl Wendt

Zolltarif Tarifnr. 1907; 1908 Tarifnr. 5010 - B - 1 C Tarifnr. 7331; 7348

(1951) (1951)

19. 26. 13.

6 . 5 8 (I) 6 . 5 8 (IV) 6 . 5 8 (III)

E. Beck Dr. Riepl Dr. Stäglidi

ZTG § § § § § § § §

5 5 6 6 6 Abs. 3 6 Abs. 4 9 9 Abs. 1

(1951) . 26. 6. 58 (IV) (1951) 10. 7. 58 (II) (1951) 26. 6. 58 (IV) (1951) 10. 7.58 (II) (1951) 8.10. 58 (I) 2. 5 . 5 8 (HI) (1951) 10. 7. 58 (II) (1951) 8.10. 58 (I)

Dr. Dr. Dr. Dr. Dr. Dr. Dr. Dr.

Riepl Schwarz Riepl Schwarz Riepl Schwarz Schwarz Riepl

Zuwendgs G (26. 3.1952)

22.

1 . 5 8 (I)

Dr. Dr. Heissmann

(1.12.1950)

22.

1 . 5 8 (I)

Dr. Dr. Heissmann

26.

2 . 5 8 (I)

Dr. Klein

Zuwendgs VO

ZVG § 114 a ZVormO § 1 Abs. 6

17.12. 58 (II)

Dr. Riepl

BFH v. 8 . 1 . 1 9 5 8 (I) 1 I. Leitsatz des Urteils

I 131/57 U BStBl. 1958 III S. 97

Werden Anteile an einer sanierungsbedürftigen Kapitalgesellschaft im Zusammenhang mit der Änderung des Gegenstandes des Unternehmens im Rahmen einer Vereinbarung abgetreten, die bei wirtsdiaftlidier Betrachtung die sidi aus Verlustabzügen der Vorjahre ergebenden steuerlichen Vorteile zum Gegenstand hat, so kann ein Mißbraudi von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts vorliegen, der zur Versagung des Verlustabzugs führt. StAnpG § 6 Abs. 1 und 2; KStG 1953 § 6 in Verb, mit EStG 1953 § 10 Abs. 1 Zifi. 4.

II. Besprechung Das Urteil ist ein wertvoller Beitrag insbesondere zu § 6 StAnpG. Diese Vorschrift verbietet die Umgehung einer Steuer auf Schleichwegen. Solche Schleichwege werden manchmal durch die Zwischenschiebung von Gesellschaften beschritten, wobei wirtschaftlich aber etwas anderes erreicht werden soll, als es nach dem Vertrage erscheint (vgl. Urt. III 38/43 v. 20. 1. 44, RStBl. 1944, 435). Das vorliegende Urteil baut auf den Grundsätzen früherer Entscheidungen auf; die Betonung dieser Grundsätze scheint mir aber wohl begründet, weil in der Praxis Zweifel bestanden, ob hieran festzuhalten sei oder nicht. So wird in dem Urteil ausgeführt, daß grundsätzlich Steuerpflichtigen die Möglichkeit, zwischen mehreren Rechtsinstituten und verschiedenartigen rechtlichen Gestaltungen seiner Verhältnisse zu wählen, um einen bestimmten Erfolg zu erreichen, gegeben Sei, auch wenn steuerliche Erwägungen bei der Wahl einer bestimmten bürgerlichrechtlichen Gestaltung von entscheidender oder sogar ausschließlich bestimmender Bedeutung sind, so kann deswegen allein weder von einer Steuerumgehung noch von einem Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts im Sinne des § 6 Abs. 1 StAnpG die Rede sein; denn die Möglichkeit günstiger steuerlicher Gestaltung entspricht einem von der Rechtsordnung anerkannten und berechtigten Interesse des Steuerpflichtigen. Ferner wird grundsätzlich ausgeführt, daß, wenn bei der bürgerlich-rechtlichen Gestaltung die Absicht der Steuerersparnis im Vordergrund steht, von einem Mißbrauch nur dann gesprochen werden kann, wenn ein nach bürgerlichem Recht ungewöhnlicher Weg zur Erreichung eines bestimmten Zieles gewählt wird und damit ein steuerlicher Erfolg erreicht werden soll, der bei sinnvoller, Zweck und Ziel der Rechtsordnung berücksichtigender Auslegung vom Gesetzgeber mißbilligt wird. Als unangemessen kann eine Rechtsgestaltung nur verworfen werden, wenn sie im allgemeinen nicht beschritten wird; es ist also darauf abzustellen, ob der Weg zu dem wirtschaftlichen Erfolg ungewöhnlich ist. Dabei spielen die wirtschaftlichen Gründe, die die Beteiligten zur Wahl gerader dieser Form bestimmt haben, eine bedeutsame Rolle. In dem hier entschiedenen Falle handelte es sich um einen sogenannten „Mantelkauf", um sich die vorgetragenen Verluste einer GmbH steuerlich nutzbar zu machen. Schon der Tatbestand ist bemerkenswert: Die GmbH mit einem Stammkapital von DM 60 000 befaßte sich mit der Herstellung von Kleidern und Mänteln; Der Gesellschafter L war an dem Stammkapital mit 54 000 DM beteiligt. Die Gesellschaft hatte in den Jahren 1950 bis 1952 erhebliche Verluste, und im Jahr 1953 kam ein außergerichtlicher Vergleich zustande. Hiernach erwarb L die restlichen Anteile und erhöhte das Stammkapital auf DM 600 000, leistete die Einzahlung auf den von ihm übernommenen neuen Stammanteil durch Bareinzahlung in Höhe von DM 60 000 und durch Verrechnung des Restbetrages von DM 480 000 mit einem Teil einer Darlehnsforderung, die er gegen die GmbH hatte. Ab Mitte 1953 führte L mit einem Einzelkaufmann O Verhandlungen mit dem Ziel, den Geschäftsbetrieb dieses Unternehmens (des O) auf die GmbH zu über-

Loepelmann,

BFH-Besprechungen, IX. 68.

2 tragen. Auf Grund dieser Verhandlungen trat L an O Anteile an der GmbH in Höhe von DM 420 000 zum Kaufpreis von DM 4200 ab, und durch Gesellsdiafterbeschluß wurden Gegenstand, Firma und Sitz der GmbH geändert. In Zukunft sollte sich die GmbH im wesentlichen mit der Herstellung und dem Großhandel von Spirituosen befassen. Sie pachtete von O die bisher seinem Betrieb dienenden Betriebsgrundstücke und das Anlagevermögen und kaufte das Umlaufvermögen unter Verrechnung der übernommenen Schulden. Aus diesem Paditbetrieb erzielte die GmbH in der Folgezeit erhebliche Gewinne. Die Frage war hier, ob die Voraussetzungen des § 6 StAnpG vorliegen, insbesondere ob die Beteiligten eine unnatürliche Form gefunden haben. Bemerkenswert ist hierbei folgende Formulierung: „Je eindeutiger die von den Beteiligten beabsichtigte Steuerersparnis dem Sinn der Steuerrechtsordnung widerspricht, um so größer ist die Vermutung, daß die bei formaler Betrachtung zur Steuerersparnis führende Gestaltung eine ungewöhnliche bürgerlich-rechtliche Maßnahme darstellt." Man muß also, um die gestellte Frage zu beantworten, den Sinn der gesetzlichen Vorschrift über den Verlustabzug und den Inhalt des Vertrages einander gegenüberstellen. Der gesetzgeberische und wirtschaftliche Sinn des Verlustabzugs besteht in der Nichtbesteuerung späterer Gewinne, um mit ihnen die früheren Verluste tilgen zu können. Der Vorteil soll dem Steuerpflichtigen zugute kommen, der den Verlust erlitten hat. Die Vorschrift über den Verlustabzug ist also mit den Interessen der Person, die den Verlust erlitten hat, verbunden. Wenn demnach eine bürgerlich-rechtliche Gestaltung nur den Zweck verfolgt, den Verlustabzug auf einen anderen schon bestehenden wirtschaftlichen Organismus und Geschäftsbetrieb mit einem anderen Unternehmer zu übertragen, so erstrebt sie einen von der Steuerrechtsordnung mißbilligten Erfolg. In einem solchen Fall dient die bürgerlich-rechtliche Gestaltung nicht mehr der von der Rechtsordnung gebilligten Steuerersparnis, sondern der Steuerumgehung. Der BFH kommt m. E. zutreffend zu dem Ergebnis, daß der innere Tatbestand eines solchen Mantelkaufs mit Verlustvortrag unter Kapitalerhöhung, Anteilsabtretung und Umgestaltung des Gesellschaftszwedcs keinen anderen Sinn gehabt haben kann als den, den Verlustabzug zum Handelsobjekt der Gesellschafter zu machen. Das Urteil war bei genauem Studium der vorgehenden Rechtssprechung des RFH voraussehbar. Schon bei der Gesellschaftsteuer war der Erwerb eines GmbH-Mantels als Steuerumgehung beurteilt und die Gesellschaftsteuer noch einmal vom Gesellschaftskapital erhoben worden, wenn der Unternehmensgegenstand vollständig umgewandelt wurde. So wurde z. B. eine GmbH für die Fabrikation von Marzipan erworben und ihr Gesellschaftszwedc in den eines Verlages zur Herausgabe einer Jugendzeitschrift umgeändert (RFH II A 332/20 v. 23. 7. 1926 StW 1926 Nr. 450) und in einem anderen Fall eine Aktiengesellschaft, die ein metallverarbeitendes Unternehmen betrieb, in ein Textilwerk umgewandelt (RFH II A 457/28 v. 27. 11. 28 StW 1929 Nr. 197); in beiden Fällen wurde die Gesellschaftssteuer erhoben. Für die Körpersdiaftsteuer war bereits entschieden, daß der Verlustvortrag an die Rechtsform anknüpft und bei der übertragenden Umwandlung (RFH IV 433/40 v. 2. 7. 41 RStBl. 1941, 658) und der Neugründung (RFH I A 84/36 v. 12. 5. 36 RStBl. 1936, 789) verloren geht. Audi bei der formwechselnden Umwandlung hatte der RFH den Verlustabzug versagt (Urt. I 177/39 v. 13. 2. 40 RStBl. 1940, 722). Es waren darum nur ein kleiner Schritt von dieser Rechtsprechung bis zur Versagung des Verlustvortrags bei gänzlicher Änderung des Satzungszwedcs und der tatsächlichen Geschäftsgebarung. Obwohl hier und da die Ansicht geäußert worden war, daß § 6 StAnpG in zunehmendem Maße an Bedeutung verloren hätte, zeigt das Urteil, daß der BFH bei echten Anwendungsfällen und bei Vorliegen der o. genannten Voraussetzungen der Vorschrift Geltung verschafft. Bundesrichter Prof. Dr. H. v. W a l l i s , München

BFH v. 9 . 1 . 1 9 5 8 (I) 1 IV 250/57 U BStBl. 1958 III S. 134

I. Leitsatz des Urteils

Der Gewerbeverlust ist von Amts wegen zu berücksichtigen; es besteht kein Wahlrecht des Steuerpflichtigen, in welchem Jahre er den Verlust geltend machen will. Ist der Verlustabzug in einem Erhebungszeitraum zu Unrecht unterblieben, so ist eine Übertragung des Abzuges auf einen späteren Erhebungszeitraum nicht zulässig. GewStG § 10 a.

II. Besprechung Der Gewerbeverlust muß berücksichtigt werden, sobald eine Möglichkeit dazu besteht. Bei falscher Berücksichtigung muß von Amts wegen geholfen werden. Der BFH hat sich hinsichtlich des Gewerbeverlustes der Rechtsprechung zum Verlustabzug bei der Einkommensteuer angeschlossen, wonach der Verlust abgezogen werden muß, sobald und soweit der Steuerpflichtige nach dem Verlust wieder positive Einkünfte erzielt hat. Vgl. BFH v. 1. 12. 1955 - IV 266/54 - BStBl. 1956 III S. 41. Das Urteil zum Gewerbeverlust wird teilweise ebenso auf Widerspruch stoßen wie die Rechtsprechung zum einkommensteuerlichen Verlustabzug. Zum einkommensteuerlichen Verlustabzug wird ja noch vielfach die Ansicht vertreten, daß dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht zustehe, wenn er innerhalb der nächsten fünf Jahre nach dem Verlust den Verlustabzug geltend machen wolle. Vgl z. B. Herrmann-Heuer, Kommentar zum Einkommensteuergesetz und Körperschaftsteuergesetz, Anm. 6 zu § 10 d. EStG. Bei der Einkommensteuer ist der Wortlaut der Bestimmung audi zweifelhaft, da nach § 10 d EStG die Verluste wie Sonderausgaben abgezogen werden „können", soweit sie nicht in den vorausgegangenen Veranlagungszeiträumen ausgeglichen oder abgezogen worden sind. Aus diesem Grunde soll der Wortlaut der Bestimmung durch das jetzt im Bundestag beratene Steueränderungsgesetz im Sinne der Rechtsprechung des RFH und des BFH geändert werden, damit die Rechtslage eindeutig klargestellt wird. Bei der Gewerbesteuer liegt die Frage aber einfacher als bei der Einkommensteuer. Der Wortlaut des Gesetzes spricht jedenfalls stark für die in dem oben bezeichneten Urteil vertretene Auffasung des BFH. Denn nach § 10 a GewStG „wird" der maßgebende Gewerbeertrag um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die fünf vorangegangenen Erhebungszeiträume ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vier vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind. Es handelt sich also um eine Mußvorschrift, um eine Anweisung, den Gewerbeverlust grundsätzlich zu berücksichtigen. Für ein Wahlrecht, wie es bei der Einkommensteuer nach dem Wortlaut des § 10 d EStG vertreten werden kann, ist deshalb bei der Gewerbesteuer kein Raum. Der BFH ist auf die Abweichung im Wortlaut bei den Vorschriften über den Verlustabzug bei der Einkommensteuer und der Gewerbesteuer zwar nicht weiter eingegangen. Er weist aber ausdrücklich darauf hin, daß nach dem Wortlaut des § 10 a GewStG der Gewerbeverlust von Amts wegen berücksichtigt werden muß und ein Wahlrecht des Steuerpflichtigen deshalb nicht anerkannt werden kann. In dem Urteil wird im übrigen mehr auf die Frage eingegangen, ob die Abzugsmöglichkeit des Gewerbeverlusts verloren geht, wenn der Gewerbeverlust in einem Jahr nicht berücksichtigt worden ist, obwohl das möglich gewesen wäre. Der BFH ist auch hier der Rechtsprechung zur Einkommensteuer beigetreten. Er sieht die Abzugsmöglichkeit als verloren an, wenn der Verlust bereits in einem der Vorjahre hätte berücksichtigt werden können. Eine Abhilfemöglichkeit besteht nach seiner Ansicht „allenfalls" in einer Berichtigung der Veranlagung des Vorjahrs nach § 222 Abs. 1 Zifi. 4 AO.

Loepelmann,

BFH-Besprediungen, IX. 58.

2 Diese Auffassung des BFH befriedigt nidit ganz. Denn die Verhältnisse liegen doch beim Gewerbeverlust anders als beim Verlustabzug bei der Einkommensteuer. Bei der Einkommensteuer hat der Steuerpflichtige ein Recht, den Verlustabzug geltend zu machen. Man kann ihm deshalb, wenn er von diesem Recht keinen Gebraudi gemacht hat, die Geltendmadiung des Verlustabzugs in einem späteren Jahr insoweit absdineiden, als sich der Verlustabzug bei der rechtzeitigen Geltendmachung ausgewirkt hätte. Bei der Gewerbesteuer ist der Verlustabzug aber von Amts wegen zu berücksichtigen. Wenn er nicht berücksichtigt worden ist, ist das deshalb mehr ein Fehler des Finanzamts als des Steuerpflichtigen. Das Finanzamt müBte darum seinen Fehler wieder gutmachen. Der BFH hat in dieser Beziehung auf eine Berichtigung nach § 222 Abs. 1 Ziff. 4 AO hingewiesen. Diese Berichtigung kann aber nicht „allenfalls" in Betracht kommen, wie der BFH meint, sondern sie muß in diesen Fällen grundsätzlich durchgeführt werden. Das ist für die Finanzverwaltung ein nobile officium. Der BFH sollte dem Steuerpflichtigen einen Rechtsanspruch darauf nach den Grundsätzen von Treu und Glauben einräumen. Man wird den Steuerpflichtigen jedenfalls nicht auf einen Billigkeitserlaß vertrösten können wie das bei den meisten aaderen Steuern möglich wäre. Denn über den Erlaß von Gewerbesteuer entscheiden die Gemeinden, die einen Billigkeitserlaß auf Grund einer rechtlich falschen Behandlung durch das Finanzamt meist nicht aussprechen werden. Bisher nicht besonders hervorgehoben und insofern für die Gewerbesteuer neu ist die Feststellung des BFH, daß der Gewerbeverlust soweit gekürzt werden muß, wie überhaupt ein positiver Gewerbeertrag vorhanden ist. Ein Gewerbeverlust darf deshalb nur zu dem Teil auf das folgende Jahr übertragen werden, zu dem er höher ist als der gesamte vorhandene Gewerbeertrag des Jahrs, in dem der Gewerbeverlust erstmalig geltend gemacht werden kann. Ein Gewerbeverlust ist also auch gegen den Teil des Gewerbeertrags zu kürzen, der unter den Freibetrag fällt und darum nicht der Besteuerung unterliegt. In diesem Punkt schließt sich das Urteil ebenfalls der Rechtsprechung zur Einkommensteuer an. Bei der Einkommensteuer ist es nicht gut anders möglich, einen Verlust ohne Rüdcsicht auf die Freibeträge bis zur Höhe der gesamten positiven Einkünfte anzurechnen. Denn sonst wäre der Ausgleich oder der Abzug eines Verlustes je nach dem Familienstand verschieden. Das würde zu Ungleidimäßigkeiten und Ungerechtigkeiten führen. Bei der Steuer vom Gewerbeertrag ist der Freibetrag bei Unternehmen von natürlichen Personen und Personengesellschaften zwar gleich. Man wird aber nichts dagegen einwenden können, wenn im Interesse einer gleichen Rechtsauslegung bei der Gewerbesteuer trotzdem so verfahren wird wie bei der Einkommensteuer. Ministerialdirigent Dr. L e n s k i , Hannover

BFH v. 1 0 . 1 . 1 9 5 8 (I) 1

I. Leitsatz des Urteils

VI 46/55 U BStBl. 1958 III S. 74

Für die Frage, ob und in welcher Höhe bei der Veranlagung für den Veranlagungszeitraum 1952 wegen einer für den Veranlagungszeitraum 1950 gewährten Vergünstigung für nidit entnommenen Gewinn eine Nachversteuerung vorzunehmen ist, kann die im § 30 EStDV 1950 vorgesehene Verrechnung audi nachträglich durchgeführt werden, wenn die Veranlagungen für die Veranlagungszeiträume 1950 und 1951 zwar rechtskräftig sind, aber durch die Verrechnung nicht berührt werden. EStG 1950 § 10 a; EStDV 1950 § 30; EStDV 1952 § 58 b.

II. Besprechung Dem Urteil ist in vollem Umfange zuzustimmen. Gemäß § 58b EStDV 1952 richtet sich die Nadiversteuerung in Fällen der Inanspruchnahme des § 10 a EStG 1950 u. a. nach der Vorschrift des § 30 EStDV 1950. Nach ihr kann der Steuerpflichtige seine Ansprüche auf Erstattung nicht abzugsfähiger Steuern, soweit diese als Entnahmen behandelt — d. h. aus Betriebsmitteln bezahlt — worden sind, wie eine Einlage behandeln, vorausgesetzt, daß er andererseits die Ansprüche des Finanzamts auf Zahlung nicht abzugsfähiger Steuern wie eine Entnahme behandelt. Der Zweck dieser Vorschrift ist es, dem Steuerpflichtigen die Inanspruchnahme der steuerlichen Vergünstigung des nidit entnommenen Gewinns durch die in ihr vorgesehene Verrechnungsmöglichkeit zu erleichtern. Sie gilt jedoch auch dann, wenn ggf. entweder keine Erstattungsansprüche oder aber keine Nachzahlungsverpflichtungen vorliegen. Jedodi müssen s ä m t l i c h e v o r l i e g e n d e n Erstattungsansprüche und Zahlungsverpflichtungen b e r ü c k s i c h t i g t werden, und zwar ohne Rücksicht auf Veranlagungszeitraum und Steuerart (z. B. 1949 oder 1951 — Einkommensteuer oder Abgabe Notopfer Berlin, Kirchensteuer, Vermögensteuer, Sdienkungsoder Erbschaftsteuer, Soforthilfeabgabe auf das nidit betriebliche Vermögen). Darüber hinaus ist in Abschn. 116 d Abs. 5 EStR 1950 bzw. Abschn. 245 Abs. 7 EStR 1951 bestimmt, daß Nachforderungen nicht abzugsfähiger Steuern aufgrund von Berichtigungsveranlagungen für vorausgegangene Veranlagungszeiträume wahlweise als Entnahmen des Veranlagungszeitraums 1950 bzw. 1951 oder aber d e s Veranlagungszeitraums angesehen werden können, dessen Veranlagung berichtigt wird. Der Umstand, daß der Höhe nach noch nidit ganz feststehende Erstattungsansprüche oder Zahlungsverpflichtungen auf nicht abzugsfähige Steuern bezüglich ihrer Höhe auch geschätzt werden können, leitet über zu der Frage, ob Entnahmen und Einlagen i. S. des § 30 EStDV 1950 bilanzmäßig ausgewiesen werden, d. h. aktiviert und passiviert werden müssen, oder ob audi ein außerbilanzmäßiger Ausweis genügt. Der BFH hat diese Frage im Urteil IV 269/54 U v. 15. 9. 1955 (BStBl. 1955 III S. 345) dahin entschieden, daß bei der Berechnung des nidit entnommenen Gewinns nadi § 10 Abs. 1 Ziff. 3 EStG 1948/49 der Bestimmung des § 30 EStDV genügt ist, wenn die Ansprüche auf Erstattung und die Verpflichtung zur Zahlung nicht abzugs-

I, o e p e l m a n n , BFH-Besprediungen, IX. 58.

2 fähiger Steuern a u ß e r h a l b d e r B i l a n z als Einlagen und Entnahmen behandelt werden. Die gleiche Auffassung findet sich in Abschn. 245 Abs. 6 EStR 1951 im letzten Satz. Denn je mehr sidi mit der Zeit die Bilanz des Kaufmannes (§ 38 HGB) aus einer — statischen — Vermögensübersicht am Ende des Geschäftsjahres zu einer auf dem Prinzip der Abgrenzung von Aufwand und Ertrag beruhenden — dynamischen — Erfolgsbilanz entwickelte, beschränkte sie sich entsprechend auf die Erfassung und Darstellung des dem Betriebe selbst gewidmeten Vermögens des Kaufmannes. Die Abgrenzung von Aufwand und Ertrag begnügt sich mit der Erfassung der abzugsfähigen Steuern und läßt die nidit abzugsfähigen Steuern außer Betracht. Ihre Entrichtung bzw. Erstattung berührt grundsätzlich das — notwendige — Privatvermögen des Kaufmannes; ihre Entrichtung aus Mitteln des Betriebes ist zur Entnahme, ihr Rüdefluß in die Kasse des Betriebes zur Einlage geworden. Demgemäß mußte das Zusammentreffen größerer Steuernachzahlungen in einem Veranlagungszeitraum bei Entrichtung aus Betriebsmitteln die Inanspruchnahme der steuerlichen Vergünstigungen des nicht entnommenen Gewinns in Frage stellen oder gar ausschließen. Deshalb ermöglicht es § 30 EStDV dem Steuerpflichtigen, Erstattungsansprüche, die ihm am Ende des Geschäftsjahres gegen das Finanzamt zustehen, als Einlage zu behandeln, und läßt es dabei — seinem Sinne entsprechend sowie im Hinblick darauf, daß Erstattungsansprüche und Zahlungsverpflichtungen auf nicht abzugsfähige Steuern regelmäßig bilanzmäßig nicht erfaßt werden — bei einer außerbilanzmäßigen Zu- und Abrechnung bei den buchmäßig festgestellten Entnahmen und Einlagen bewenden. Dies mußte aber notwendig dazu führen, auch im vorliegenden Falle die vom Finanzamt betonte Maßgeblichkeit der (Vorjahrs-)Bilanzen für die Anwendbarkeit des § 30 EStDV zu verneinen. Audi die Frage nach der Zulässigkeit einer Bilanzänderung konnte damit nicht gestellt werden. Bedenken mußten sich allerdings daraus ergeben, daß der Steuerpflichtige in seinen Steuererklärungen 1950—1952 nur die tatsächlichen Entnahmen angegeben und seinen Willen auf Inanspruchnahme des § 30 EStDV nicht erkennbar gemacht hatte, seine Verrechnungsabsidit vielmehr erst im Laufe des Berufungsverfahrens äußerte. Damit war der Steuerpflichtige an sich an seine Erklärungen gebunden; da indes weder § 30 EStDV 1950 noch § 58 b EStDV 1952 einen Zeitpunkt für die Inanspruchnahme der Vergünstigung bestimmen, konnte dem Steuerpflichtigen — nicht zuletzt mit Rücksicht auf den inneren Sinngehalt der Vorschrift — auch die nachträgliche Verrechnung nicht verwehrt werden, wenn — wie im vorliegenden Falle — die Veranlagung 1952 noch nicht rechtskräftig war, die Veranlagungen der Vorjahre aber, wenngleich rechtskräftig, durch sie nicht berührt wurden. Dr. H. B i r k h o l z , Finanzgerichtsrat, Hannover

BFH v. 1 0 . 1 . 1 9 5 8 (II) 1 V I 323/57 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 89

Artikel 19 Abs. 4 GG hat § 264 Abs. 3 Satz 2 AO nicht außer Kraft gesetzt. Gegen Aussctzungsbesdilüsse der Finanzgeridite ist daher audi nach dem Inkrafttreten des GG die Reditsbesdiwerde nidit zulässig. GG Art. 19 Abs. 4; AO § 264.

II. Besprechung Artikel 19 Abs. 4 GG hat keine zusätzlidien gerichtlichen Instanzen geschaffen. Nach § 264 AO kann der Vorsitzende des Finanzgeridits die Entscheidung über die Berufung aussetzen, wenn wegen einer gleichen oder ähnlichen Streitfrage eine Reditsbesdiwerde anhängig ist oder sonst vor einem Geridit oder vor einer Verwaltungsbehörde ein Verfahren sdiwebt, dessen Ausgang von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Berufung ist. Nach Abs. 3 dieser Vorschrift kann jeder Beteiligte binnen zwei Wochen die Entscheidung des Finanzgerichts beantragen. Gegen die Entscheidung des Finanzgeridits ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Im vorliegenden Fall war streitig geworden, ob diese letzte Vorschrift gegen das Grundgesetz verstoße. Insbesondere hielt der Beschwerdeführer den Absatz 3 Satz 2 mit Artikel 19 Abs. 4 GG für unvereinbar. Der BFH lehnt diese Ansicht des Beschwerdeführers m. E. mit Recht ab. Es ist zweckmäßig, die Bedeutung des Art. 19 Abs. 4 GG zu verdeutlichen, wie es das obige Urteil tut und wie auch schon zuvor der VI. Senat in seinem Urteil VI 112/55 U v. 1. 2. 57, BStBl. 1957 III S. 90 getan hat. Man hatte bisher den Eindruck, daß der BFH in der Auslegung dieser Vorschrift nidit immer den richtigen Weg gefunden hat. Um so erfreulicher ist die fortschreitende Abklärung der Frage. Es mag in diesem Zusammenhang auf das Urteil des Großen Senats 1/55 S v. 10. 2. 1958 BStBl. 1958 III S. 198 hingewiesen werden, das im Ergebnis die Nachprüfung von Beschwerdeentscheidungen der Oberfinanzdirektion im V e r w a l t u n g s s t r a f v e r f a h r e n für unzulässig hält. Ferner mag auch auf die Ausführungen von Härtung im Komentar zur AO von Hübschmann-Hepp-Spitaler § 477 Anm. 11 hingewiesen werden; dieser befaßt sich dort mit den Entscheidungen des BFH IV 187/52 v. 21. 8. 52 BStBl. III 1952 S. 306 und II 63/54 v. 2 3 . 3 . - 6 . 7 . 55 BStBl. 1955 III S. 274, wonach gegen Entscheidungen der Verwaltungsbehörden über Anträge auf Erlaß einer im Verwaltungsstrafverfahren erkannten Geldstrafe der erweiterte Rechtsweg nach Art. 19 Abs. 4 GG gegeben ist. Im Ergebnis hält Härtung m. E. zu Recht die Entscheidungen für verfehlt. Auch ich vermag nicht anzuerkennen, daß Art. 19 Abs. 4 GG auch für „justizlose Hoheitsakte" — wie es der Gnadenerweis ist — einen Rechtsweg schaffen wollte. Art. 19 Abs. 4 GG eröffnet nach seinem Wortlaut den Rechtsweg in allen Fällen, in denen jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt ist; er vollendet den deutschen Rechtsstaat (vgl. Klein, Neues Deutsches Verfassungsrecht S. 77, 78) und bietet einen umfassenden und lückenlosen Rechtsschutz gegenüber Verletzungen individueller Rechte durch die L o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, IX. 58.

2 öffentliche Gewalt (vgl. v. Mangoldt-Klein, das Bonner Grundgesetz Art. 19 Anm. 7). Was hier unter öffentlicher Gewalt zu verstehen ist, ist nodi nicht restlos geklärt. Das Urteil VI 112/55 a. a. O. sagt in Obereinstimmung mit dem Schrifttum, daß die Verwaltung grundsätzlich als Träger der öffentlichen Gewalt angesehen werden muß. Während es zweifelhaft ist, ob die staatliche Gesetzgebung als „öffentliche Gewalt" im Sinne des Abs. 4 anzusehen ist, sagt das Urteil eindeutig, daß die Rechtsprechung als solche nicht in Betracht kommt. Der Art. 19 Abs. 4 GG hat sicherlich nicht die Rechtsprechung gegen die Rechtsprechung mobilisieren wollen (vgl. auch Wernidce in Bonner Kommentar Erl. II 4 e a zu Art. 19). Die Vorschrift garantiert nicht etwa zusätzliche gerichtliche Instanzen. Man kann diesen Ausführungen wohl unbedenklich zustimmen. Bleibt also für den vorliegenden Fall zu fragen, ob die Aussetzung der Entscheidung über die Berufung ein Akt der Rechtsprechung ist. Die Möglichkeit eines solchen Beschlusses dient der Prozeßökonomie und bezweckt, widersprechende Entscheidungen zu vermeiden. Gegen die Verfügung des Vorsitzenden des Gerichts kann die Entscheidung des Finanzgerichts beantragt werden. Man muß dem BFH darin zustimmen, daß diese letzte Entscheidung zur Rechtsprechung gehört; Folge dieser Erkenntnis ist dann aber, daß Art. 19 Abs. 4 GG gegen eine solche Entscheidung nicht herangezogen werden kann. Wo die Entscheidung durdi ein unabhängiges Gericht getroffen worden ist, besteht kein Bedürfnis, weitere Gerichtsinstanzen zusätzlich einzuschalten. Wo ein hinreichender Rechtsschutz schon bestand, brauchte er nicht eingeführt oder erweitert zu werden. Bundesriditer Prof. Dr. H. v. W a l l i s , München

BFH v. 1 0 . 1 . 1 9 5 8

(III) 1

III 342/57 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 119

1. Die bloße Ankündigung eines Rechtsmittels ersetzt dessen Einlegung nidbt, wenn das Schreiben nicht erkennen läßt, daß sidi der Abgabepflichtige durdi die vorangegangene Entscheidung besdiwert fühlt und ihre Nachprüfung begehrt. Besonders bei geschäftserfahrenen Abgabepflichtigen, z. B. Steuerberatern, ist davon auszugehen, daß sie klar ausdrüdcen, ob sie bereits Rechtsmittel einlegen oder dies erst später tun wollen. 2. Ganz allgemein erfordern prozessuale Erklärungen im Steuerrechtsmittelverfahren im Interesse der Reditssifherheit eine klare Ausdrudesweise. 3. Der Grundsatz, daß die Versäumung von Recbtsmittelfristen infolge Büroversehens bei Rechtsanwälten und Steuerberatern u. U. Anlaß zur Nachsiditgewährung bietet (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs III 130/54 S vom 10. September 1954 und V 123/56 U vom 13. September 1956, Slg. Bd. 59 S. 363, BStBl. 1954 III S. 350, und Slg. Bd. 63 S. 341, BStBl. 1956 III S. 327), gilt auch dann, wenn es sich um Rechtsmittel des Anwalts oder Steuerberaters selbst handelt, deren Bearbeitung er seinem eigenen Büro übertragen hat. AO §§ 249, 86.

II. Besprechung Wir müssen uns in Zukunft bemühen, die Erklärungen, die Stpfl. den Steuerbehörden (und Gerichten) gegenüber abgeben, unter dem Gesichtswinkel zu prüfen, ob es prozessuale Erklärungen sind oder solche, die materiell-rechtliche Folgen auslösen können. Der Bf. ist Steuerberater, der die Überwachung der (Rechtsmittel- usw.) Fristen seinen Angestellten überläßt. Es ging um die Frage, ob das Finanzgericht die Berufung des Steuerberaters, die in eigener Sache eingelegt worden war, zu Recht als unzulässig verworfen hat. Einige Tage nach der Zustellung der Einspruchsentscheidung war bei dem Finanzamt Stundung der Abgabe (VA) beantragt worden. Das Schreiben (vom 18. 12. 1956) war wahrsdieinlich von dem Assistenten des Bf. unterzeichnet worden. In dem Stundungsantrag hieß es weiter, daß der Bf. gegen die Einsprudisentscheidung „Berufung einlegen werde". Rund ein Jahr nach der Zustellung der Einsprudisentscheidung schrieb der Bf. an das Finanzamt: „Gegen die Einsprudisentscheidung vom 11. Dezember 1956 in der Vermögensabgabesadie Dr. B. lege idi hiermit unter Bezugnahme auf mein Schreiben vom 18. Dezember 1956 Berufung ein. Eine ausführliche Begründung reiche ich umgehend nach. Mein bisheriges Vorbringen halte idi ausdrücklich aufrecht." Reditlidi trug er vor, die schriftliche Ankündigung, das Rechtsmittel einlegen zu wollen, genüge im Steuerredit. Hilfsweise beantragte der Bf. Gewährung von Nachsicht. Es ist in unserem Steuerredit noch keineswegs klar, welche rechtliche Bedeutung den verschiedenartigsten Erklärungen, die Stpfl. den Steuerbehörden gegenüber abgeben, zukommt. Zunächst müssen wir uns in jedem L o e p e l m a n n , BFH-Besprediungen, IX. 56.

Entsdieidungsfall daran erinnern, daß das Amtsprinzip gilt; d. h. die steuerreditlidien T a t b e s t ä n d e werden ohne Rücksicht auf die Erklärungen der Stpfl. von den zuständigen Stellen (FÄ und den Gerichten) nach freier Beweiswürdigung festgestellt (§ 278 AO: Entscheidung nach freier, aus der Verhandlung und einer Beweisaufnahme geschöpften Überzeugung). Anders ist es bei den prozessualen Erklärungen. Es kommt kein ReditsmitteI-(Prozeß-)Verfahren ohne Prozeßerklärungen aus. Es wird niemand ernsthaft bezweifeln können, daß der Senat zu Recht ausführt: „Ganz allgemein erfordern prozessuale Erklärungen in dem gesetzlich geordneten Steuerrechtsmittelverfahren im Interesse der Rechtssicherheit eine Ausdrucksweise, die keine Zweifel über den Inhalt der Erklärung zuläßt." Und es kommt der Senat zu der durchaus überzeugenden Entscheidung, daß die A u s l e g u n g des FG, der „Antrag" des Berufungsführers sei lediglich auf Stundung der Vermögensabgabe gerichtet, durchaus sinnvoll ist und daß sie nicht gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der Beweiswürdigung oder gegen allgemeine Denkgesetze verstößt. Diese Auffassung müßten wir, meine ich, auch dann vertreten, wenn es sich im Entscheidungsfall nicht um eine Prozeßerklärung eines S t e u e r b e r a t e r s (Rechtsanwalts usw.) gehandelt hätte. § 249 Absatz 2 AO gilt für a l l e Stpfl.; er besagt, daß ein Rechtsmittel als eingelegt gilt, wenn aus dem Schriftstück oder aus der Erklärung hervorgeht, daß sich der Erklärende durch die Entscheidung beschwert fühlt und Nachprüfung begehrt. Die feine Unterscheidung, die wir trotzdem in der Praxis machen zwischen den nicht sehr schreibgewandten Stpfl. und beispielsweise den steuerberatenden Berufen, umschreibt der Senat mit den Worten: „Ob ein Schriftstück eine Rechtsmitteleinlegung darstellt, ist ,nach den Umständen des Einzelfalles' zu beurteilen." In die Sprache der Steuerbeamten übertragen heißt dies, daß die schreibuntüchtigen, d. h. allgemein die „kleinen Stpfl.", die keinen Berater haben, mehr Entgegenkommen zu erwarten (zu verlangen) haben als diejenigen, die täglich Willenserklärungen in dem Bewußtsein abgeben, daß diese Erklärungen rechtlich gewürdigt werden müssen. Zu den letztgenannten gehören nicht nur solche Menschen, die von Berufs wegen das Steuerrecht erforschen, sondern beispielsweise auch die Indutriellen, ihre Prokuristen, Buchhalter usw. Van der Velde, Herstellungs- und Erhaltungsaufwand, Band II der Schriftenreihe „Steuer und Recht" (Bewertung und Bilanzierung), Herne Industrie Verlag 1958, behandelt in seinem Aufsatz eine R e c h t s frage, zu der uns die Praxis tagtäglich neue Tatbestände vorsetzt, Tatbestände, die uns in der steuerlichen Erkenntnis jedesmal aber immerhin ein Stüde weiter bringen. Weil van der Velde es in seiner Schlußbetrachtung a. a. O. so praxisnah ausdrückt und wir keine klarere Darstellung finden weiden, gebe ich hier seine Worte wieder. Sie heißen: „Sie werden vielleicht als Juristen von dem Ergebnis meiner Darstellung nicht befriedigt sein. Es ist aber nicht sinnreich, etwa scharfsinnige Abgrenzungen zu entwickeln, die praxisfern sind. Wir müssen bei der Auslegung solcher Begriffe der Praxis folgen. Der Praxis ist es bisher nicht gelungen, eindeutige Abgrenzungen zu finden. In solchen Fällen muß auch der Jurist auf ein systematisches Gebäude verzichten und sich mit der Beurteilung des einzelnen Falles auf der Grundlage der Verkehrsauffassung begnügen."

BFH v. 10.1.1958 (111)3 Bei van der Velde geht es um materielles Steuerrecht. Die BFH-Entscheidung III 342/57 U, die ich hier zu besprechen habe, hat es mit den Prozeßerklärungen innerhalb unserer Steuerrechtsordnung zu tun. Dazu hat List in den letzten Jahren wertvollste Beiträge geliefert. In der FR 1958 S. 172 fi. hat List seinen Aufsatz: Die Entwicklung des Steuerprozeßredits veröffentlicht. List sagt a. a. O. in seiner Sdilußbetrachtung, daß sich das Verfahren vor den Steuergeriditen weit über die Grundsätze der AO hinaus fortentwickelt hat. Wir haben keine Veranlassung List zu widersprechen, wenn wir „Grundsätze der AO" mit „Einzelvorschriften der AO" übersetzen dürfen. List weist sodann darauf hin, daß Enno Becker das steuerliche Rechtsmittelverfahren (noch) als erweitertes Festsetzungsverfahren, das mit starken Einsdilägen aus dem Verwaltungsstreitverfahren durchsetzt ist, ansah. Sehr zweifelhaft 1 ) wird die Meinung Lists, wenn er sodann fortfährt: „Es deutet die Entwicklung immer mehr in Riditung auf ein echtes Streitverfahren hin. Immer mehr nimmt der Steuerprozeß den Charakter eines gerichtlichen Verfahrens an. Es entspricht wohl auch reditsstaatlidiem Denken, gerade im SteuerprozeB die Rechte in gleicher Weise unter die Beteiligten zu verteilen und damit vor allem den Stfl. zu einer echten Partei im Sinne „der anderen Verfahrensordnungen" werden zu lassen". Was zunächst (abgesehen von der grundsätzlichen Einstellung Lists zum Steuerprozeß) die „Verteilung der Rechte" im Steuerprozeß in gleicher Weise anbelangt, so sdmeidet der III. Senat in unserem Besprechungsurteil diese Frage ebenfalls an mit der folgenden Überlegung. Er sagt: „Wie auf der einen Seite ein Steuerberater, der nicht mit klaren Worten Rechtsmittel eingelegt hat, es mit Recht beanstanden würde, wenn die Finanzbehörde in jedem Fall ein nur angekündigtes Rechtsmittel als bereits eingelegt ansähe und ihn zur Kostentragung heranzöge, so kann sidi auf der anderen Seite ein Steuerberater, wenn es sich um die Rechtzeitigkeit der Reditsmitteleinlegung handelt, nicht dadurch benachteiligt fühlen, daß das FA oder das FG eine bloße Ankündigung des Rechtsmittels lediglich als das behandelt, was sie ihrem Wortlaut nach ist." Es erscheint sinnvoll, hier das Urteil des IV. Senats des BFH vom 12. 12. 1957 IV 10/57 U zu erwähnen. Dieses Urteil des IV. Senats ist im BStBl, später, nämlidi BStBl. 1958 III S. 154, veröffentlicht als das hier zu besprechende Urteil des III. Senats vom 10. 1. 1958 III 342/57. Hat der IV. Senat zu den Fragen um § 249 AO, die immerhin den Ausgangspunkt zu unserer heutigen Betrachtung bilden müssen, eine Auffassung vertreten, die für die Stpfl. günstiger ist als diejenige der Entscheidung des III. Senats? Die Regelung des Abs. 1 des § 249 AO, so hebt der IV. Senat — sicher zu Redit — hervor, läßt das Bestreben erkennen, Entscheidungen zur Sache so wenig wie möglich an fehlenden formellen Voraussetzungen scheitern zu lassen. Und der Leitsatz 1 der Entscheidung des IV. Senats sagt — auch durchaus richtig —: „Die Frage, ob von dem Stpfl. ein Rechtsmittel oder nur ein Erlaßantrag beabsichtigt ist, ist im Zweifelsfall unter Beachtung der Grundsätze des § 249 Abs. 1 und 2 AO im B e n e h m e n mit dem Stpfl. zu k l ä r e n . Wir werden aber, meine ich, Für List mag sprechen, was Popp FR 1958 S. 179 ff. (S. 180 r.) über Verfahrensfragen zur Ehegattenbesteuerung sagt. Es bleibt aber hoffentlich der „Antrag" zur Ehegattenbesteuerung eine Obergangsregelung.

4 nicht sagen dürfen, daß sich die beiden Senate in den Fragen um § 249 AO widersprechen, wenn wir den Sachverhalt der Entscheidung IV 10/57 nicht nur von der prozessualen Seite sehen sondern anerkennen, daß dahinter eine andere (möglicherweise ebenfalls prozessuale) sehr bedeutsame (möglicherweise materiellrechtliche u n d prozeßrechtliche) Frage stand, nämlich die Frage um die Bedeutung des „unwiderruflichen Antrags" im Steuerrecht. Dem IV. Senat war die getroffene Entscheidung zudem leichter gemacht worden insofern, als das FA den Einspruch als unzulässig verworfen hatte, das FG aber in einem Schreiben des Bf. einen rechtzeitig eingelegten Einspruch gesehen hatte, die Berufung dann aber aus materiellrechtlichen Gründen zurückgewiesen hatte. Ob wir eine Erklärung eines Stpfl. — oft als „Antrag" bezeichnet r- als eine solche des Prozeßrechts oder eine solche des materiellen Steuerredits auffassen müssen, bereitet uns in vielen Fällen noch Schwierigkeiten. Den prozessualen Erklärungen haben wir wohl lange Zeit zu wenig Beachtung geschenkt. Bei der Entscheidung des VI. Senats VI 46/55 U, die ebenfalls (erst) am 10. 1. 1958 (BStBl. 1958 III S. 74) erging, wird (beiläufig) auch eine Prozeßfrage angesprochen, nämlich die Frage nach der Änderung einer Erklärung (die Steuertatbestand wird, weil sie die Höhe der festzusetzenden Steuer beeinflußt), j e n a c h d e m die Änderung in einem noch laufenden Veranlagungsverfahren vorgebracht wird oder ob sie einer „rechtskräftigen Veranlagung zugrunde" liegt. Der VI. Senat hat uns noch keine Klarheit gebracht und seine (materiellrechtliche) Feststellung: „In der Regel ist der Stpfl. auch bei der Ausübung ihm offenstehender Wahlmöglichkeiten an seine Erklärungen gebunden" überzeugt keineswegs. Die Ausführungen, die der VI. Senat dann anschließend bringt, müssen wir doch wohl als im Widerspruch zu dieser Regel stehend werten. Ich selbst habe die Frage der Bindung des Stpfl. an seine Erklärungen in verschiedenen Veröffentlichungen anders aufgefaßt (grundsätzlich k e i n e Bindung) und in meiner letzten Veröffentlichung in Band II der Schriftenreihe „Steuer und Recht", Herne 1958 die anderen Fundstellen vermerkt. Zu § 86 AO kan ich auf den Leitsatz 3 des besprochenen Urteils Bezug nehmen. Ich füge lediglich hinzu: Es ist durchaus folgerichtig, wenn wir die entgegenkommende Entscheidung III 342/57 auch bei den anderen Stpfl. (nicht Rechtsanwälten usw.) anwenden, die für die Kontrolle ihrer Termine usw. Angestellte nötig haben. Dr. Fritz B u b e n z e r , Oberregierungsrat, Gummersbach

BFH v. 1 4 . 1 . 1 9 5 8 (I) 1 I 185/57

I. Leitsatz des Urteils

BStBl 1 9 5 8 III S. 7 5

Stellt eine Brauerei ihren Bierabnehmern für die Dauer der Bierlieferung Gegenstände zur Einrichtung der Gastwirtschaft ohne besonderes Entgelt zur Verfügung, so ist in der Regel für die Aktivierung eines Bierlieferungsrechts kein Raum. EStG 1950 § 5, § 6 Ziff. 2 Satz 1.

II. Besprechung Die Überlassung von Gegenständen zur Einrichtung einer Gastwirtschaft ohne besonderes Entgelt stellt auch im Verein mit einem langjährigen Bierlieferung8vertrage kein — selbständiges, bewertbares — positives Wirtschaftsgut „Bierlieferungsrecht" dar. Das Finanzgericht - vgl. Urteil v. 28. 6. 1957 II 83-85/57 - EFG 1957 Nr. 418 S. 333 — war von dem Gedanken ausgegangen, daß die mit der Anschaffung des den Bierabnehmern für die Dauer des Bierbezuges ohne besonderes Entgelt überlassenen Mobiliars verbundenen Aufwendungen der Bauerei — über das Eigentum an dem Mobiliar hinaus — ein als „Bierlieferungsrecht" zu aktivierendes besonderes Wirtschaftsgut erstehen ließen. Zwar seien die mit den Abnehmern geschlossenen Bierlieferungsverträge Sukzessivlieferungsverträge, also einheitliche Kaufverträge über der Gattung nach bestimmte Sachen, bei denen die Ware in zeitlich getrennten Raten geliefert und in der Regel jede Rate besonders bezahlt werde. Solche Verträge seien grundsätzlich auch von Nebenleistungsabreden unabhängig. Wo mit ihnen indes — wie im vorliegenden Falle — Nebenleistungsabreden, wie die Überlassung von Gaststättenmobiliar, verbunden würden, da werde in dem (Bierlieferungs-) Vertrage ein weiteres Moment wirksam, das angesichts des gegenseitigen Wettbewerbs der Brauereien für die Brauerei einen Wert darstelle, in der Schaffung und Erhaltung eines Kundenstammes beruhe und nicht zuletzt sidi in der Zeitdauer des Bierlieferungsvertrages äußere. Dieser Wert sei als Bierlieferungsrecht steuerlich zu erfassen und zu aktivieren. Für ihn seien der Brauerei auch Aufwendungen erwachsen, die in der Anschaffung und Hingabe des Mobiliars an die zum Bierbezug verpflichteten Gastwirte bestünden. Der Leistung der Brauerei — im Verhältnis zum Gastwirt — stehe als Gegenleistung dessen Verpflichtung zum alleinigen Bierbezug bei der Brauerei gegenüber. Denn wenn auch die Überlassung des Inventars als „Leihinventar" erfolge, so könne doch von einer unentgeltlichen Überlassung keine Rede sein. Leistungen ohne Gegenleistungen seien im Wirtschaftsleben unüblich. Anschaffung und Überlassung des Mobiliars stehe darum mit dem Abschluß der Bierlieferungsverträge in unmittelbarem Zusammenhang. Dem Umstand, daß die Brauerei das rechtliche Eigentum an dem hingegebenen Inventar behalte, komme eine selbständige Bedeutung nicht zu, da sie das wirtschaftliche Eigentum (§ 11 StAnpG) an die Bierabnehmer weggebe. „Das Inventar muß mit der Weggabe als Umlaufsvermögen aus der Bilanz herausgenommen werden. An dessen Stelle tritt der Posten „Bierlieferungsrecht". Im wirtschaftlichen Ergebnis sind daher die vollen An-

L o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, IX. 58,

2 sdiaffungskosten des hingegebenen Mobiliars als Gegenleistung für das zu aktivierende Bierlieferungsredit anzusehen." Ähnliches gelte nach der Rechtsprechung z. B. für das Recht zum alleinigen Milchbezug aus einer Gemeinde (RFH-Urteil VI A 531/37 v. 15. 9. 1937 RStBl. 1937 S. 1130), für das Recht auf mehrjährige Unterlassung des Wettbewerbs (RFH-Urteil VI A 24/35 v. 6. 5. 1936 - RStBl. 1936 S. 848) u. a. m. (vgl. Hartmann-Böttdier, Großkomm. z. ESt., Anm. 14 b zu §§ 4, 5). Richtig ist, daß von einer unentgeltlichen Gebraudisüberlassung des Mobiliars trotz der Bezeichnung „Leihinventar" keine Rede sein kann und die Überlassimg in engem Zusammenhang mit dem Bierlieferungsvertrage steht. Der vom Gastwirt gezahlte Bierpreis schließt neben dem Entgelt für das Bier auch das Entgelt für die Nebenleistung — die Überlassung des Mobiliars — ein. Da die Brauerei Eigentümerin des Mobiliars bleibt, trägt die Überlassung Mietcharakter. Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts begibt sich aber die Brauerei auch nicht des wirtschaftlichen Eigentums. Der Bierabnehmer darf während der Vertragsdauer über das Mobiliar nicht verfügen; er hat es für die Brauerei zu erhalten und pfleglich zu behandeln. Auch hat die Brauerei ein Interesse daran, über das dem Gastwirt allein zum Gebrauch überlassene Mobiliar die wirtschaftliche Bindung zu ihm möglichst eng zu gestalten. Wie alle gegenseitigen Verträge begründet auch der Bierlieferungsvertrag mit seinen Nebenabreden die Vermutung, daß sich die beiderseitigen Leistungen der Vertragspartner innerhalb der Vertragsdauer ausgleichen. Die Brauerei überläßt dem Abnehmer das Mobiliar nur so lange, wie dieser von ihr Bier bezieht. Andererseits wird die Überlassung des Mobiliars im Bierpreis mitvergütet. Damit bleibt für die Aktivierung des Wertes, den der langfristige Bierlieferungsvertrag für die Brauerei darstellen mag, aus dem Vertragsverhältnis heraus kein Raum. Etwas anderes ergibt sich auch nicht in Ansehung der von der Brauerei für das Mobiliar gemachten Aufwendungen. Mögen diese auch im Hinblick auf spätere Einnahmen „gezielt" sein, so sind sie doch nicht so abgrenzbar und bestimmbar, daß deshalb die Bildung eines selbständigen (aktiven) Wirtschaftsgutes notwendig erscheint — wenn, wie hier, die Brauerei Eigentümerin des Mobiliars bleibt. Denn die auf die Dauer des Bierbezuges beschränkte Überlassung des Gebrauchs kann auch bei wirtschaftlicher Betrachtung der Übereignung nicht gleichgeachtet werden. Insbesondere liegen in Anbetracht des Eigentums am Mobiliar (als des Gegenwerts der Aufwendungen) keine selbständigen Aufwendungen zum Erwerb von Berechtigungen vor, die entweder selbst Gegenstände des Handelsverkehrs sind oder aber der Brauerei einen mehrjährigen Vorteil bieten. Dr. H. B i r k h o l z , Finanzgerichtsrat, Hannover

B F H v . 1 4 . 1 . 1 9 5 8 (II) 1 I 159/57 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 75

1. Eine Personengesellsdiaft, zu deren Betriebsvermögen von ihr errichtete Wohngebäude gehören, darf die Sonderabschreibung nach § 7 b EStG 1953 in der Regel auch dann in vollem Umfang in Ansprudi nehmen, wenn nach Fertigstellung der Wohngebäude Gesellschafter ausscheiden oder andere Gesellschafter eintreten. 2. Absetzungen für Abnutzung, Abschreibungen, Rückstellungen usw. dürfen von Personengesellschaften grundsätzlich nur einheitlich und nicht für jeden Gesellschafter verschieden vorgenommen werden. 3. Zur sogenannten Bilanzbündeltheorie bei Personengesellschaften. EStG 1953 S 7 b, § 15 Ziff. 2.

II. Besprechung

Die Grenzen der Bilanzbündeltheorie Es muß zunächst auf den L e i t s a t z 2 eingegangen werden. Die Entscheidung der hier streitigen Frage hängt von der Bedeutung ab, die der B i l a n z b ü n d e l t h e o r i e für die Ermittlung des Gewinns einer Personengesellschaft zukommt. Nach § 15 Ziff. 2 EStG ist eine Personengesellsdiaft einkommensteuerlidi kein Steuersubjekt. Sie wird vielmehr gedanklich in Einzelunternehmen der Gesellschaft aufgegliedert. Die Gesellschafter werden als selbständige Gewerbetreibende, das Unternehmen als Zusammenschluß der einzelnen Betriebe behandelt mit der Folge, daß die Bilanz des Unternehmens sich als Zusammenfassung, als Bündel der Sonderbilanzen der Gesellschafter darstellt (Bilanzbündeltheorie). Geht man von dieser Auffassung aus, so liegt die Folgerung nahe, daß jeder Gesellschafter in seiner Sonderbilanz von Entscheidungsfreiheiten, die das Gesetz einräumt, nach Belieben Gebrauch machen kann. Das gilt z. B. für Teilwertabschreibungen, für die Bewertungsfreiheiten der Siebener-Reihe und für den Ansatz geringwertiger Wirtschaftsgüter, aber auch für die Wahl zwischen degressiver und linearer Absetzung, für die Bildung einer Rückstellung für Pensionsanwartsdiaften usw. Diese Auffassung ist in der Tat im Schrifttum vertreten worden. Der I. Senat ist in dem oben angeführten Reditspruch 2 nicht so weit gegangen. Er beruft sich mit Recht darauf, daß die Ermittlung des Gewinnanteils der einzelnen Gesellschafter eine einheitliche Bilanzierung der Gesellschaft voraussetzt. Deren Gewinn wird nach § 215 Abs. 2 AO einheitlich und gesondert festgestellt. Ein von der Geschäftsführung ausgeschlossener Gesellschafter hat grundsätzlich nicht einmal das Recht, diq einheitliche Gewinnfeststellung anzufechten (§ 239 Abs. 1 Ziff. 3 AO). Es würde das System der einheitlichen Gewinnfeststellung beeinträchtigen, wollte man die Einheitsbilanz auflösen und die Sonderbilanzen der einzelnen Gesellschafter überbetonen. Der BFH hat auch in anderen Fällen die Folgerungen, die aus der Bilanzbündeltheorie gezogen werden können, nicht überspannt. So hat er die Aufspaltung eines Arbeitsverhältnisses des Gesellschafters zur Personengesellschaft in einzelne Arbeitsverhältnisse mit den Mitgesellschaftern abLoepelmann,

BFH-Besprechungen, IX. 58.

2 gelehnt (Urteil I 256/55 U vom 25. 9. 1956, Slg. Bd. 64 S. 3, BStBl. 1957 III S. 2). In dem Urteil VI 43/56 U vom 15. 11. 1957 (BStBl. 1958 III S. 68) hat er die Möglichkeit des Abschlusses eines steuerbegünstigten Kapitalansammlungsvertrags des Gesellschafters mit seiner ein Bankgechäft betreibenden Peronengesellsdiaft verneint. Es liegt im Zuge dieser Rechtsprechung, wenn der I. Senat nunmehr ausspricht, daß Absetzungen für Abnutzung, Abschreibungen, Rückstellungen usw. von Personengesellschaften grundsätzlich nur einheitlich und nicht für jeden Gesellschafter verschieden vorgenommen werden dürfen. Grieger meint in DStZ/A 1958 S. 124, diese Entscheidung sei, wenn auch wirtschaftlich begründet, so doch nicht zwingend. Dem vermag ich nicht zuzustimmen. Eine Überbetonung der Sonderbilanzen wäre mit erheblichen praktischen Schwierigkeiten verbunden. Sie würde die Bilanzierung und Gewinnberechnung komplizieren. Diese Nachteile wären m. E. so schwerwiegend, daß der BFH bei einer sinnvollen Gesetzesauslegung zu keinem anderen Ergebnis kommen konnte. Der Gesichtspunkt der P r a k t i b i l i t ä t , der Durchführbarkeit der Steuergesetze hat angesichts unseres Gesetzeswirrwarrs entscheidende Bedeutung für die Gesetzesauslegung erlangt. Es ist nur zu begrüßen, daß der BFH in seiner neueren Rechtsprechung immer wieder darauf hinweist (vgl. z. B. die Urteile VI 141/56 S vom 8. 2. 1957, BStBl. 1957 III S. 329; I 231/56 S vom 3. 12. 1957, BStBl. 1958 III S. 27; III 125/57 S vom 28. 2. 1958, BStBl; 1958 III S. 191). Auch die Finanzverwaltung hat der Einheit der Personengesellschaft und ihrer Gewinnermittlung erhebliches Gewicht beigelegt (vgl. z. B. Finanzbehörde Hamburg, Erl. vom 1. 3. 1957 betr. § 7 d EStG, B 1957 S. 248). Es gibt trotzdem Fälle, in denen die einheitliche Bilanz aufgespaltet werden muß, so z. B. bei der Inanspruchnahme von Steuervergünstigungen, die auf persönlichen Eigenschaften des Gesellschafters beruhen, vgl. § 7 a EStG. Grundsätzlich jedoch müssen die Sonderbilanzen der Gesellschafter gegenüber der Einheitsbilanz der Personengesellschaft an Bedeutung zurüdctreten. Der oben wiedergegebene L e i t s a t z 1 ist eine Folge dieser Erkenntnis. Auch bei einem Wechsel der Gesellschafter muß man von der Einheit der Bilanz ausgehen, d. h. im Fall des § 7 b EStG die Personengesellschaft als Hersteller des Wohngebäudes ansehen. Die Identität einer Personengesellschaft darf grundsätzlich nicht von einem Wechsel ihrer Gesellschafter abhängen. Eine andere Auffassung mag berechtigt sein, wenn infolge eines tiefgreifenden Gesellsdiafterwechsels die wirtschaftliche Identität der Gesellschaft verneint werden muß. Aber auch dann wird man die Abschreibung nach § 7 b EStG in vollem Umfang und nicht nur für die neu eingetretenen Gesellschafter versagen müssen. Wird die Identität aber durch einen Gesellschafterwedisel bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht berührt, so muß auch die Abschreibung nach § 7 b EStG in vollem Umfang gewährt werden. Diese Auffassung wird m. E. entsprechend für § 7 d Abs. 1 EStG gelten müssen. Der BFH hat im Streitfall die Identität bejaht. Finanzgerichtspräsident Dr. B r o c k h o f f , Hannover

BFH v. 1 6 . 1 . 1 9 5 8 (I) 1 IV 104/57 u

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 205

Zur Berufstätigkeit eines Arztes gehört nidit nur die dem Dienst an der Gesundheit des einzelnen Mensdien unmittelbar gewidmete gutaditliche Tätigkeit. Es gehört dazu audi die Erstattung ärztlidier Gutachten zur Beurteilung soldier Umstände, die für die Reditsfindung — z. B. im Rentenfeststellungsverfahren — von Bedeutung sind. EStG 1953 § 34 Abs. 5.

II. Besprechung Das Urteil bestätigt die Rechtsprechung des BFH bezüglich der Anwendbarkeit des § 34 Abs. S EStG 1953 (§ 34 Abs. 4 EStG 1055/1957) auf Angehörige freier Berufe, insbesondere der freiberuflich tätigen Ärzteschaft. Während der nidit selbständig (freiberuflich), sondern im Angestelltenverhältnis tätige Arzt ohne besondere Schwierigkeiten die Voraussetzungen des § 34 EStG hinsichtlich der Abgrenzbarkeit seiner Einkünfte aus beruflicher Tätigkeit von denen aus wissenschaftlicher Nebentätigkeit erfüllt, zeigt sich beim selbständig (freiberuflich) tätigen Arzt dagegen eine soldie Fülle von Überschneidungen, daß eine Abgrenzung seiner Einkünfte aus Berufstätigkeit einerseits und wissenschaftlicher Tätigkeit andererseits in der Mehrzahl der Fälle nicht möglich ist. Der ärztliche Beruf ist unzweifelhaft dem Dienst an der Gesundheit des einzelnen Mensdien im weitesten Sinne gewidmet. Dieser ersdiöpft sich deshalb nidit in der Heilung erkrankter Mensdien — wenn dies auch sein Ziel und Hauptanliegen ist —, sondern umfaßt darüber hinaus notwendig auch die Krankheitsverhütung. Die Ermittlung der Krankheitsursache im Einzelfall durch die spezielle Untersuchung, das Stellen der Diagnose sowie die auf dem Befund beruhende Anordnung der geeigneten Heilmaßnahmen gehören zur beruflichen Tätigkeit des Arztes und können deshalb als solche nicht Gegenstand einer wissenschaftlichen Nebentätigkeit sein. Das gilt auch dann, wenn sich der Arzt im Einzelfalle auf die eine oder andere dieser Tätigkeiten beschränkt, z. B. auf die Untersuchung und das Stellen einer Diagnose im Rahmen eines fachärztlichen (wissenschaftlichen) Gutachtens, das zur Überweisung des Patienten an ein Krankenhaus, ein Sanatorium oder auch zur Rüdcüberstellung an den überweisenden behandelnden (praktischen) Arzt führt. Doch auch da, wo die Untersuchung mit prophylaktischem Charakter durchgeführt und ihr Ergebnis gutachtlich ausgewertet wird (z. B. Reihenuntersuchungen), gehört die Tätigkeit des Arztes noch in sein ureigenstes Aufgabengebiet. Desgleichen, wenn — wie im vorliegenden Falle — die Fachdisziplin des Steuerpflichtigen die Gewinnung neuer Erkenntnisse und Erfahrungen durch Untersuchung und gutachtliche Feststellung der Krankheitsursache verstorbener Personen einschließt. In beiden Fällen kommen die gewonnenen Erkenntnisse ihrerseits wiederum dem kranken, aber auch dem gesunden Menschen zugute, so daß sich die Tätigkeit des Arztes nicht aus dem Gebiet seiner Berufstätigkeit heraushebt.

Loepelmann,

BFH-Besprechungen, IX. 58.

2 Erst wenn sidi seine Tätigkeit schriftstellerisch niederschlägt (Aufsätze in Fachzeitschriften), eine Vortragstätigkeit wissenschaftlicher Art auslöst oder aber sich als eine Gutachtertätigkeit von der Beurteilung des Krankheitsbildes der Einzelperson löst (Beispiele siehe im BFH-Urteil IV 141/55 U v. 5. 7. 1956 - BStBl. 1956 III S. 300), wird die Abgrenzbarkeit der Einkünfte aus Berufstätigkeit und wissenschaftlicher Nebentätigkeit einwandfrei möglich sein. Dr. H. B i r k h o l z , Finanzgerichtsrat, Hannover

BFH v. 16.1.1958 (II) 1 I. Leitsatz des Urteils

IV 265/57 U BStBl. 1958 III S. 164

Bei einem überwiegend, aber zu weniger als zu 80 v. H. Wohnzwecken dienenden Gebäude kann die Steuervergünstigung des § 7 b EStG 1950 nur dann in Ansprudi genommen werden, wenn hinsichtlich des nidit Wohnzwecken dienenden Teils sämtliche Voraussetzungen des § 7 e EStG 1950 vorliegen. Zu diesen Erfordernissen gehört auch das Vorliegen einer ordnungsmäßigen Buchführung. EStG 1950 § 7 b, § 7 e; EStDV 1950 § 12 Abs. 3.

II. Besprechung

Gegen das Urteil bestehen keine Bedenken. Es handelt sich um einen der Fälle, in denen ein neu errichtetes Gebäude teils Wohnzwecken und teils solchen Zwecken dient, die durdi § 7 e EStG begünstigt sind (Fabrikation, Lagerung usw.). Für diese Misdifälle hat § 22 EStDV (früher § 12 EStDV) Grundsätze aufgestellt. Überwiegt der Gebäudeteil, der zu Zwecken benutzt wird, die nach § 7 e EStG begünstigt sind, so soll § 7 e EStG auf das Gebäude angewandt werden, wenn auch die anderen Voraussetzungen dafür gegeben sind. Überwiegt dagegen der Wohnzwecken dienende Teil des Gebäudes, so sollen die erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG in Anspruch genommen werden können. Das soll auch dann gelten, wenn der zu Fabrikations- oder Lagerzwecken dienende Teil des Gebäudes so groß ist, daß der zu Wohnzwecken dienende Teil nicht mehr die nach § 7 b EStG vorgesehenen Mindestnutzungsanteile (mehr als 80 v. H. bzw. ab 1953 mehr als 33i/s v. H.) umfaßt. In § 22 Abs. 3 EStDV ist für den zweiten Fall nicht gesagt, daß bei dem zu Fabrikations- oder Lagerzwecken dienenden Teil des Gebäudes sämtliche Voraussetzungen des § 7 e EStG erfüllt sein müssen. In dem entschiedenen Fall drehte es sich um die Frage, ob in Mischfällen aus dem Wortlaut des § 22 Abs. 3 EStDV geschlossen werden kann, daß beim Überwiegen des zu Wohnzwecken genutzten Teils für den zu Fabrikations- oder Lagerzwecken genutzten Teil die Voraussetzungen des § 7 e EStG nidit sämtlich gegeben zu sein brauchen. Der BFH hat die Frage verneint. Wenn er aus dem Sinn des Gesetzes schließt, daß bei dem nicht zu Wohnzwecken genutzten Teil des Gebäudes in den bezeichneten Misdifällen auch die anderen Voraussetzungen des § 7 e EStG (ordnungsmäßige Buchführung, unmittelbare Verwendung für eigengewerbliche Zwecke usw.) gegeben sein müssen, so ist dagegen nichts einzuwenden. Das Gesetz würde verfälscht, wenn in einigen Fällen die Voraussetzungen des § 7 e EStG für den zu Fabrikations- oder Lagerzwecken genutzten Teil verlangt würden, in anderen dagegen nidit. Durch eine Verordnung kann audi nicht auf Voraussetzungen verzichtet werden, die das Gesetz aufgestellt hat. Das wäre nur dann möglich, wenn der Gesetzgeber eine ausdrückliche Ermächtigung dazu erteilt hätte. Das ist hier aber nicht der Fall. Dem Urteil ist deshalb zuzustimmen. Es dient der sinngemäßen und gleichmäßigen Auslegung des Gesetzes. Seine praktische Bedeutung ist aber gering, da die behandelten Vorschriften nur noch für einen kleinen Personenkreis in Betracht kommen. Ministerialdirigent Dr. E. L e n s k i , Hannover L o e p e l m a n n , BFH-Besprediungen, IX. 58.

BFH v. 16.1.1958 (111)1 IV 246/56 U BStBl. 1958 III S. 327

I. Leitsatz des Urteils

1. Sind mehrere Personen an gewerblichen Einkünften beteiligt und ist zwischen den Beteiligten streitig, ob ein Vorgang als Einlage zu beurteilen ist, so ist darüber in dem nach § 215 Abs. 2 AO durchzuführenden Gewinnfeststellungsverfahren zu entsdieiden. Es gelten die gleichen Grundsätze, wie sie der erkennende Senat im Urteil IV 442/54 U vom 9. Dezember 1955 (Slg. Bd. 62 S. 180, BStBl. 1956 III S. 67) hinsichtlich der Entnahmen entwickelt hat. 2. Die Frage, ob mit Entnahmen des laufenden Veranlagungszeitraums Einlagen eines anderen Veranlagungszeitraums verrechnet werden können, ist in dem den einzelnen Steuerpflichtigen betreffenden Veranlagungsverfahren, nicht im Gewinnfeststellungsverfahren zu entscheiden. 3. Die Verrechnung der Entnahmen des laufenden Veranlagungszeitraums mit den Einlagen eines späteren Veranlagungszeitraums ist nach der zu § 32 b Abs. 3 EStG 1952 ergangenen Vorschrift des § 50 c Abs. 1 EStDV 1952 ausgeschlossen. Die Vorschrift hält sich im Rahmen der Ermächtigung des § 32 b Abs. 8 EStG 1952 und ist daher rechtsverbindlich. Gewinnfeststellungs- und Veranlagungsverfahren. EStG 1952 § 32 b Abs. 3; EStDV 1952 § 50 c Abs. 1; AO §§ 215, 216.

II. Besprechung Nach § 215 Abs. 2 AO wird der Gewinn aus Gewerbebetrieb einheitlich und gesondert festgestellt, wenn mehrere Personen an den Einkünften beteiligt sind. Die Vorschrift dient der Zweckmäßigkeit und Vereinfachung. Alle Fragen, die die Gesellschafter gemeinsam betreffen, müssen mit Wirkung für und gegen alle gelöst werden. Es soll vermieden werden, daß ein und dasselbe im Gesellschaftsverhältnis begründete Problem bei der Veranlagung der einzelnen verschieden beurteilt wird. RFH und BFH haben in ständiger Rechtsprechung diesen Grundsatz befolgt. So hat der BFH in dem Urteil I 221/55 U vom 3. 7. 1956 (BStBl. III S. 308] ausgesprochen, daß über das B e s t e h e n e i n e r P e r s o n e n g e s e l l s c h a f t , z. B. einer GmbH & Co, im Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung mit bindender Wirkung für das Einzelveranlagungsverfahren der Gesellschafter entschieden wird. Auch die Frage, ob a u ß e r o r d e n t l i c h e E i n k ü n f t e n a c h § 34 E S t G vorliegen, ist im Gewinnfeststellungsverfahren zu lösen, da sie nur einheitlich von dem Betriebsfinanzamt beurteilt werden kann (RFH VI 381/40 vom 13. 11. 1940 und VI 456/41 vom 28. 1. 1942, RStBl. 1940 S. 1042 und RStBl. 1942 S.90). Schließlich sei an die BFH-Urteile IV 442/54 U vom 9.12.1955 und 1299/55 U vom 29.5.1956 (BStBl. 1956 III S. 67 und S. 188] erinnert. Danach ist die Frage, ob ein Vorgang eine E n t n a h m e darstellt, im Rahmen des Gewinnfeststellungsverfahrens zu entscheiden. „Ob ein Vorgang Entnahme oder Betriebsausgabe ist . . . kann, ähnlich wie die Frage der O r d n u n g s m ä ß i g k e i t d e r B u c h f ü h r u n g * ) , ohne Kenntnis der be* Sperrung vom Verfasser.

Loepelmann,

BFH-Besprediungen, VII 59.

2 trieblichen Verhältnisse nicht entschieden werden. Nur bei einer Entscheidung im Rahmen des Feststellungsverfahrens wird die Einheitlichkeit gewährleistet, die den Sinn und Zweck des Feststellungsverfahrens bildet" (so zutreffend das BFH-Urteil IV 442/54 U). In demselben Sinn hat sich nunmehr der BFH für die Beurteilung von E i n l a g e n ausgesprochen. Es ist Sache des Betriebsfinanzamts, festzustellen, ob ein bestimmter Vorgang als Einlage oder als Betriebsvorgang anzusehen ist. Das leuchtet ein; denn Entnahmen und Einlagen sind eng mit dem Gewinnbegriff verbunden, und gerade die Höhe des Gewinns soll ja im Feststellungsverfahren einheitlich geprüft werden. Die im Bescheid einheitlich getroffenen Feststellungen über das Vorhandensein und die Höhe von außerordentlichen Einkünften, Einlagen und Entnahmen sind für das Veranlagungsverfahren b i n d e n d (§ 218 Abs. 2 AO). Das gilt auch für die Verteilung dieser Posten auf die Gesellschafter. Das bedeutet aber nicht, daß außerordentliche Einkünfte, Einlagen und Entnahmen im V e r a n l a g u n g s v e r f a h r e n überhaupt keine selbständige Rolle mehr spielen können. So ist die Entscheidung über die Anwendung des § 34 EStG (Steuerermäßigung für außerordentl i c h e E i n k ü n f t e ) von einem Antrag des Steuerpflichtigen abhängig; die Vorschrift kann also nur im Veranlagungsverfahren zum Zuge kommen. Auch die Frage, ob und inwieweit Beträge auf Grund einer Sonderregelung als E n t n a h m e n oder E i n l a g e n zu behandeln sind, ist erst bei der Veranlagung des Gesellschafters zu prüfen. Eine solche Sonderregelung hinsichtlich der Entnahmen sah § 32 a Abs. 1 Ziff. 3 EStG 1949 und 1950 vor. Danach war der Gewinn für buchführende Gewerbetreibende und buchführende Land- und Forstwirte unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich begünstigt, wobei gewisse Beträge nicht zu den Entnahmen rechneten. Eine entsprechende Vorschrift für Einlagen und Entnahmen befand sich in § 32 b Abs. 3 und 4 EStG 1951, 1952 (Anwendung des Körperschaftsteuersatzes auf Gewinne aus Gewerbebetrieb). Diese Abwandlung der einheitlich festgestellten Entnahmen und Einlagen konnte nur im Veranlagungsverfahren vorgenommen werden, da die §§ 32 a und b T a r i f Vorschriften waren (vgl. das oben angeführte Urteil I 299/55 U und den Leitsatz 2 des hier besprochenen Urteils). Dagegen ist für die Frage, in welcher Höhe ein nicht entnommener Gewinn vorliegt, der Feststellungsbescheid maßgebend (siehe das angegebene Urteil IV 442/54 U). Da seit 1953 nicht mehr auf den Körperschaftsteuersatz optiert werden kann, ist der oben wiedergegebene Leitsatz 3 des Urteils IV 246/56 U nicht mehr von Interesse. Finanzgerichtspräsident Dr. B r o c k h o f f , Hannover

B F H v. 1 7 . 1 . 1 9 5 8

I. Leitsatz des Urteils

1. Audi in einem auf Art. 19 Abs. 4 GG gestfitzten Berufungsverfahren vor den Finanzgeriditen ist die Reditsbeschwerde nur zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 286 Abs. 1 AO in Verbindung mit $ 6 des Gesetzes über den Bundesfinanzhof vom 29. Juni 1950 vorliegen. 2. Der Streitwert in einem Rechtsstreit über die Stundung von Steuern ist regelmäßig mit 10 v. H. des Steuerbetrags anzunehmen, dessen Stundung streitig ist. GG Art. 19 Abs. 4; AO § 286 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 des Gesetzes über den Bundesfinanzhof vom 29. Juni 1950 (BGBl. 1950 I S. 257), § 320 Abs. 4.

II. Besprechung Die Entsdieidung stellt keine Einschränkung des Rechtsweges oder des Instanzenzuges dar. Der Entsdieidung ist zuzustimmen. Sie nimmt zu drei wichtigen Fragen Stellung: 1. Der der Zulässigkeit des Rechtsweges; 2. Der des Umfanges des Instanzenzuges; 3. Der der Festsetzung des Streitwertes, wobei zu unterscheiden sind: a) Verfahren, in denen eine bestimmte Steuerschuld streitig ist ( = vermögensrechtlicher Streit); b) Verfahren, denen eine Ermessensentscheidung, Androhung einer Strafe o. S. zugrunde liegen ( = nicht vermögensrechtlicher Streit). 1. Zutreffend sind die Urteilsausführungen, wonach Art. 19 IV GG überall dort den Rechtsweg eröffnet, wo nach an sich bestehenden Rechtsvorschriften Entscheidungen — auch Reditsmittelentsdieidungen — nur von Verwaltungsbehörden getroffen werden, ohne daß eine Entscheidungsmöglichkeit durch ein unabhängiges Gericht vorgesehen ist. Walter Jellinek hat auf der Heidelberger Staatsreditslehrertagung 1949 die Vorschrift des Art. 19 IV GG „einen königlichen Artikel" genannt! Durch diese Vorschrift sollte insbesondere sichergestellt werden, daß in all den Fällen, in denen weisungsgebundene und damit abhängige Verwaltungsbehörden entscheiden, aus rechtsstaatlichen Erwägungen grundsätzlich eine Entscheidung durch ein unabhängiges, nur dem Gesetz unterworfenes Gericht ermöglicht werden sollte. Soweit jemand durch öffentliche Gewalt sich in seinen Rechten verletzt glaubt, soll ihm hier eine Rechtsschutzgarantie an die Hand gegeben werden, die ihm die Möglichkeit eröffnet, sich gegen eine Rechtsverletzung zu wehren und gleichzeitig die Gewähr bietet, daß die Entscheidung nicht von einer beteiligten oder mehr oder minder interessierten Behörde, sondern durch ein unabhängiges Gericht getroffen wird. Seit dem ausführlichen Gutachten des Gr. Senats des BFH Gr. S. D 1/51 S vom 17. 4. 51, Slg. Bd. 55 S. 277, BStBl. 1951 III S. 107 ist es allgemein anerkannten Rechts, daß im Falle einer Eröffnung des Rechtswegs die Steuergerichte die zuständigen Gerichte im Sinne des Art. 19 IV GG sind; vgl. auch § 242 AO. Diese Auffassung ist richtig und heute außerhalb jeglichen Zweifels. Steht damit fest, daß in Streitigkeiten des Steuer- und Zollredits die Finanzgerichte zur Entscheidung berufen sind, so ist damit nicht gleichzeitig die Zahl der Instanzen geklärt. 2. Zutreffend ist in der BFH-Entsdieidung vom 17. 1. 58 ausgeführt, daß sich aus Art. 19 IV GG nichts entnehmen lasse, daß mehrere Instanzen gegeben sein müßten. Der BFH hat richtig erkannt, daß. bei der Eröffnung des Rechtsweges nach Art. 19 IV GG nicht eine schrankenlose Eröffnung durch sämtlich mögliche Instanzen gewollt war, sondern lediglich dort ein gerichtlicher Rechtsschutz eingeführt werden sollte, wo er bis zum Inkrafttreten des GG nicht gegeben war. Damit

Loepelmann,

BFH-Besprediungen, IX. 58.

(I) 1

VI 163/55 S BStBl. 1958 III S. 121

2 ist nidit notwendig verbunden, daß der in diesen bestimmten Fällen neu eröffnete Rechtsweg durdi sämtliche Instanzen eröffnet werden sollte. Vielmehr muß davon ausgegangen werden, daß die auf Grund des Art. 19 I V GG neuerdings möglichen Verfahren im übrigen, d. h. außer ihrer Eröffnung, auch den sonst für andere Verfahren gültigen Vorschriften unterworfen sind. Durch Art. 19 IV GG sollte ein neuer Rechtsweg eröffnet, dieser aber, im Vergleich zu den bisherigen, nidit von vorneherein bis zur letzten Instanz eröffnet werden. Ebensowenig sollte damit der bestehende gerichtliche Instanzenzug erweitert werden. Es liegt nirgends ersichtlich ein Anhaltspunkt dafür vor, daß in Fällen der auf Grund Art. 19 IV GG nadi anderen Grundsätzen zu verfahren wäre als für diejenigen Rechtsmittel maßgeblich sind, bei denen sich die Zuständigkeit des Gerichts aus anderen Gesetzen ergibt. Neben diesen rechtlichen Feststellungen zwingen aber auch ganz reale Gründe zu einer Beschränkung des Instanzenzuges. Einer dieser Gründe ist der, daß das oberste Steuergericht, der BFH, nicht mit Bagatellsachen belastet werden darf. Für Fälle, denen geringere Bedeutung zukommt, kann nicht der Weg zur höchsten Instanz eröffnet werden. Das würde zu einer Flut von Verfahren führen, die vom BFH schon aus technischen Gründen nicht bewältigt werden könnte. Außerdem würde damit die Gefahr verbunden sein, daß auch in Fällen, die aussichtslos sind, von einer weiteren Rechtsmittelmöglichkeit Gebrauch gemacht wird, sei es aus querulatorischen oder irgend welchen anderen Gründen. Man kann einfach nicht mit jeder bedeutungslosen Sache das oberste Steuergericht befassen. Das ist weder sinnvoll noch wäre damit der Rechtspflege gedient. Solche Möglichkeiten würden dazu führen, daß ein einziges Gericht mit allen denkbaren Rechtsmittelverfahren befaßt werden könnte. Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, um zu zeigen, daß damit die Rechtssprechung lahmgelegt werden würde. Die gegenwärtigen Verhältnisse sind nicht als unbedingt erfreulich zu bezeichnen. Es ist hinreichend bekannt, wie lange ein Steuerprozeß dauert. Daran tragen die Gerichte freilich keinerlei Schuld. Dem Obelstand kann nur durch eine personelle Erweiterung der Finanzgerichte oder durch eine Erhöhung der Beschwerdesumme abgeholfen werden. Dies wäre nicht nur im Interesse einer geordneten Rechtspflege und des rechtsuchenden Steuerpflichtigen, sondern würde sich auch im fiskalischen Bereich und auf die Staatsautorität überhaupt auswirken. Daß Beschränkungen des Instanzenzuges notwendig und auch üblich sind, mag ein kurzer Vergleich mit Vorschriften aus anderen Rechtsgebieten erkennen lassen. So kann in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten bei der Geltendmachung vermögensrechtlicher Ansprüche gegen ein erstinstanzliches Urteil nur dann Berufung eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 5 0 , - DM übersteigt, § 511 a) ZPO. Die Revision ist bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten nur zulässig, wenn der W e r t 6000,- DM übersteigt, § 546 ZPO. Bei Entscheidungen, die Kosten, Gebühren oder Auslagen betreffen, ist eine Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 50,— DM übersteigt, § 567 II ZPO. Gegen Entscheidungen der Oberlandesgerichte ist eine Beschwerde nicht zulässig, § 567 III ZPO. Gegen die Entscheidungen der Beschwerdegerichte ist grundsätzlich eine weitere Beschwerde nicht zulässig, § 568 II ZPO. Eine weitere Beschwerde ist gleichfalls ausgeschlossen im Verfahren über die Bewilligung des Armenrechts, § 127 ZPO. Im Verfahren, der freiwilligen Gerichtsbarkeit entscheidet der BGH nur, wenn ein Gericht niedriger Instanz von einer Entscheidung eines anderen Gerichts abweichen will, §§ 20, 27. FGG. Somit entscheidet der BGH nur, wo dies im Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist. Im Strafverfahrensrecht sind weitere Beschwerden von der Art der Sache abhängig; sie sind nur dann zulässig, wenn es sich um Haftsachen oder um einstweilige Unterbringungen handelt, § 310 StPO. Nach dem Kartellgesetz (vom 27. 7. 57 BGBl. I 57/1081) ist

BFH v. 17.1.1958 (1)3 die - als weitere Beschwerde ausgebildete — Reditsbesdiwerde nur gegeben, wenn sie besonders zugelassen ist, § 73 I KartG. Die Zulassung ist dabei zwingend vorgeschrieben, wenn eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder wenn die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BGH erfordert, § 73 II KartG. Sonst ist die Reditsbesdiwerde nur bei groben Verfahrensmängeln, wie sie in § 73 IV KartG. aufgezählt sind, zulässig. Diese wenigen Beispiele aus verschiedenen anderen Rechtsgebieten mögen zeigen, daß der Gesetzgeber sehr häufig es unmöglich gemacht hat, mit einzelnen Verfahren bis zur letzten Instanz vorzudringen. Die den Instanzenzug beschränkende Auslegung im BFH-Urteil vom 17. 1. 58 ist erforderlich und richtig. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, daß im Entwurf zur neuen Finanzgerichtsordnung für die Zulässigkeit der Reditsbesdiwerde eine Wertgrenze von 500,— DM vorgesehen ist. 3. Nach § 320 AO ist der Wert des Streitgegenstandes soweit dies erforderlich ist, festzustellen. Die Feststellung des Streitwertes ist in all den Fällen einfach, in denen ein betimmter Betrag einer Steuerschuld streitig ist. Dieser streitige Betrag ist der Wert des Streitgegenstandes, vgl. Kühn 4. Aufl. 1954 Anm. 2 zu § 311 AO, Hübsdimann-Hepp-Spitaler Rz. 6 ff. zu § 311 AO. Hierbei ist zu beachten, daß weder unmittelbar noch mittelbar die von der streitigen Steuer abhängigen anderen Steuern dem Streit hinzugerechnet werden dürfen. Wo keine Steuerschuld unmittelbar in Frage steht — z. B. bei Streitigkeiten bezüglich der Bewertung eines Gegenstandes — ist der Streitwert in der Weise zu ermitteln, daß die sidi aus der unterschiedlichen Bewertung ableitende Steuer, d. h. die Differenz der durch die verschiedene Bewertung anfallende Steuer, den Streitwert bildet. Ist die Streitwertfeststellung in vermögensrechtlichen Streitigkeiten verhältnismäßig einfach, so ist sie in nicht vermögensrechtlichen Angelegenheiten nicht immer leicht zu treffen. Wo ein nicht in Zahlen gegebener Wert streitig ist, muß der Streitwert geschätzt werden. Dabei gilt für die Feststellung der Höhe des Wertes freies Ermessen, § 320 IV AO. „Freies Ermessen" ist nicht gleichbedeutend mit Willkür. Das Ermessen ist pflichtgemäß und in sachlichen Grenzen auszuüben. Dabei ist der Bedeutung einer Sache Rechnung zu tragen. In Praxis und Rechtsprechung haben sich gewisse Richtlinien herausgebildet. Für Streitigkeiten über Stundungen, so hat der BFH im Urteil vom 9.12. 54 Slg. Bd. 60 S. 145, BStBl. III 55/56 entschieden, könne, wenn nicht besondere Umstände im Einzelfall eine Abweichung rechtfertigen, 10 v. H. der Steuerschuld angenommen werden, für die Stundung oder Aussetzung der Vollziehung beantragt worden sei. Der BFH führt hierzu aus, daß grundsätzlich das finanzielle Interesse der Beteiligten an dem zu stundenden Betrag maßgeblich sein müßte. Dies sei im Einzelfall oft sehr verschieden und hänge von mancherlei Faktoren ab. Solche Faktoren sind die Höhe des aufzubringenden Zinssatzes, die Dauer der Stundung, die wirtschaftliche Situation des Schuldners. Es sei im Einzelfall häufig nicht möglich, das finanzielle Interesse zuverlässig zu ermitteln, mindestens würde aber eine dahingehende Berechnung unverhältnismäßig große Arbeit erfordern. Es sei daher nicht zu beanstanden, wenn grundsätzlich 10 v. H. der Steuerschuld als Wert für ein eine Stundung betreffendes Rechtsmittelverfahren angenommen wird. Dieser Auffassung des IV. Senates hat sich nunmehr auch der VI. Senat angeschlossen. Diesen vom BFH entwickelten Richtlinien ist beizupflichten. Aus Kostenersparnisgründen ist der Steuerpflichtige meist nidit an der Feststellung eines hohen Streitwertes interessiert. Mit der Höhe der zu stundenden Steuerschuld, von der bei einem festen v. H.-Satz auch der Wert des Streitgegenstandes abhängt, geht äußerlich mehr oder weniger konform die Bedeutung und das finanzielle Interesse der Sache. Beim Vorliegen besonderer Umstände im Einzelfall läßt der BFH Ausnahmen ausdrücklich zu. Eine derartige Aus-

4 nähme wird man annehmen können, wenn eine Steuerschuld bis zur Entscheidung über ein Reditsmittel gestundet werden soll. Ein dahingehender Stundungsantrag wird dann, wenn die nädiste Instanz angegangen wird, meist entsprechend erweitert oder wiederholt. Audi im Falle der Aussetzung eines Reditsmittelverfahrens, § 264 AO, wird hinsichtlich der strittigen Steuerschuld oft eine langfristige Stundung in Betracht kommen. In solchen Fällen wird man ohne Bedenken einen höheren Streitwert annehmen müssen, insbesondere dann, wenn von vorneherein erkennbar ist, daß sich eine Stundung im Rahmen eines Reditsmittelverfahrens über einen längeren Zeitraum erstrecken soll. Zur Terminologie noch eine Bemerkung: Im veröffentlichten Teil des Tatbestandes der BFH-Entscheidung vom 17. 1. 58 ist mehrfach der Ausdruck „Klage" gebraucht. Dieser Ausdruck ist nicht zutreffend. Gegen die Entscheidung der OFD ist auf Grund des Art. 19 IV GG nicht eine „Klage" gegeben, sondern — wie oben sinngemäß ausgeführt — die Berufung zum Finanzgeridit. Das früher im Instanzenzug bei der OFD beendete Verfahren wird mit der Berufung beim Finanzgericht fortgeführt; ein neues Verfahren wird nicht begonnen. Es dürfte sich empfehlen, auch insoweit auf genaue Formulierung zu achten. Rechtsanwalt u. Fachanwalt für Steuerrecht Dr. H. G a l l a s c h , Erlangen

BFH v. 1 7 . 1 . 1 9 5 8 (II) 1 III 167/57 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 127

Bei Ermittlung des der Vermögensabgabe unterliegenden Vermögens ist die Hypothekengewinnabgabe in Berlin-West audi dann mit dem um y s geminderten Betrag abzuziehen, wenn das Grundstück vor dem Inkrafttreten des 4. Änderungsgesetzes zum LAG am 18. 10. 1952 veräußert worden ist. LAG §§ 146 a, 210, 215.

n . Besprechung

Der BFH anerkennt keine steuerliche Ausgleichsmöglichkeit, sondern verweist auf den etwaigen bürgerlich-rechtlichen Ausgleich. Bei der Ermittlung des der Vermögensabgabe (VA) unterliegenden Vermögens ist die Hypothekengewinnabgabe (HGA) mit ihrem Wert am 21. 6. 1948 abzuziehen. Soweit allerdings bei der Einheitswertfeststellung gewerblicher Betriebe oder bei Ermittlung des Gesamtvermögens oder des Inlandsvermögens Beträge als HGA abgezogen worden sind, sind sie für die Zwecke der VA dem Einheitswert oder dem Vermögen wieder hinzuzurechnen (§ 210 LAG). Diese Vorschrift gilt auch für Vermögen in Berlin (West) mit der Maßgabe, daß die HGA dort nadi dem Stand vom 25. 6. 1948 abzuziehen ist f§ 215 LAG). Abzuziehen ist also nach diesen Vorschriften die HGA im Rahmen der VA mit dem Betrag zu Beginn der Abgabepflidit. Diese Vorschriften werden kaum zu Zweifeln Anlaß geben. Nun ist aber durch Art. I Ziff. 7 des Vierten Gesetzes zur Änderung des LAG vom 12. 7. 1955 (BGBl. I 403 = BStBl. I 345) ein neuer § 148 a in das LAG eingefügt worden. Nach ihm mindert sich bei HGA-Schulden in Berlin (West) der nach allgemeinen Vorschriften in Betradit kommende AbgabesdiuldBetrag um 33Va°/o. Diese rückwirkend mit dem 18. 10. 1952 in Kraft getretene neue Vorschrift ist im Hinblick auf die Sonderlage Berlins erlassen worden, weil der bereits am Währungsstichtag eingetretene und sich zweifellos noch lange Zeit auswirkende Rückgang der Verkehrswerte der Grundstücke in Berlin (West) eine solche Ermäßigung der Abgabeschuld als angebracht und notwendig erscheinen ließ. Das Urteil des BFH betrifft nun einen Fall, in dem das mit der HGA belastete Grundstück bereits vor dem 18. 10. 1952 vom Abgabeschuldner veräußert worden war, wobei der Erwerber die HGA im ungekürzten Betrag in Anrechnung auf den Kaufpreis übernommen hatte. Wäre der Verkauf erst später vorgenommen worden, so hätte sich der Verkäufer nur 2 / j der HGA auf den Kaufpreis anredinen zu lassen brauchen, so daß er weit besser abgeschnitten hätte. Mit Recht hat der Verkäufer daher versucht, auf dem Wege über die Veranlagung seiner VA wenigstens zu erreichen, daß bei ihr der volle Betrag an HGA als Verbindlichkeit abzuziehen ist, also nicht bloß der um i/ a geminderte Betrag. Der BFH hat mit der aus dem Urteil ersichtlichen Begründung einen steuerlichen Ausgleich des dem Verkäufer zweifellos erwachsenen Schadens abgelehnt und diesen auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Er hat dabei insbesondere auf ein Urteil des Oberlandesgeridits Hamburg vom 2. Februar 1955 (5 U 96/55 — Neue Juristische Wochenschrift 1956 S. 184) hingewiesen. In diesem Urteil ist folgendes festgestellt: In Fortentwicklung der Aufwertungsreditsprediung des RG kann dem Grundstücksverkäufer gemäß L o e p e l m a n n , BFH-Besprediungen, IX. 58.

2 § 242 BGB ein Ausgleidisansprudi gegen den Käufer zustehen, wenn in einem vor Inkrafttreten des LAG geschlossenen Kaufvertrag vom Käufer in Anrechnung auf den Kaufpreis Umstellungsgrundsdiulden übernommen worden sind, die zwar nach dem Hypothekensidierungsgesetz von 1948 verblieben waren, aber infolge des LAG vermindert wurden oder wegfielen. Dem Ausgleidisansprudi steht nidit entgegen, daß der Kaufvertrag bereits vollständig abgewickelt war. Der Verkäufer kann jedoch nicht die sofortige Bezahlung dieses Betrags verlangen, um den die Umstellungsgrundsdiulden gemindert wurden, denn der Käufer kann nidit schlechter gestellt werden, als er stehen würde, wenn die Umstellungsgrundsdiulden in unverminderter Höhe bestehen geblieben wäre. Für seine Ausgleichsverpfliditung kann der Käufer ferner die Zahlungsvergünstigungen des LAG in Anspruch nehmen. So weit die Entscheidung des OLG Hamburg. Dieser Entscheidung ist Wolf in der Neuen Juristischen Wochenschrift 1956 S. 1321 im Ergebnis, wenn audi nidit in der Begründung, beigetreten. Auch andere Gerichte haben bereits zu dieser Frage Stellung genommen. So hat das LG Lübeck am 5. 12. 1952 (7 S 551/52 - Neue Juristische Wochenschrift 1953 S. 789) dahin entschieden, daß, wenn der Käufer eines kriegsbeschädigten Grundstücks eine Umstellungsgrundschuld in Anrechnung auf den Kaufpreis übernommen hat und das Finanzamt nach Abschluß des Kaufvertrags, aber vor Eintragung des Käufers auf dessen Antrag auf einen Teil der Umstellungsgrundschuld verzichtet, dieser Teil nicht nur nach der dinglichen Rechtslage, sondern audi nach den zwischen den Vertragspartnern bestehenden vertraglichen Beziehungen dem Verkäufer zusteht. Siehe ferner OLG Bremen am 2. 12. 1953 (3 U 408/53 - Neue Juristische Wochenschrift 1954 S. 235} und LG Hamburg am 3. 6. 1954 (5 O 173/53 - Monatsschrift für Deutsches Recht 1953 S. 103). Aus dem Schrifttum sei auf folgende Meinungsäußerungen hingewiesen: Wörbelauer in NJW 1952 S. 1356, Schubert in NJW 1954 S. 49, Susat in MDR 1953 S. 77, Riedel in JZ 1953, 396, Nehlert in JR 1953 S. 365, Sdioel in BB 1952 S. 898, Eberhardt in BB 1953 S. 452, Weißenborn in RLA 1954 S. 318 und 1955 S. 23; Kühne-Wolff, LAG, § 112 Anm. 1 LAG, SdiulzeBrachmann-Meilicke-Georgi, LAG, Anm. 19 zu § 123 LAG, Harmening, LAG, Bd. II 100 Anm. 9. In diesen Meinungsäußerungen kommt überwiegend zum Ausdrude, daß im Anschluß an die frühere Rechtsprechung des Reichsgerichts nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB ein Ausgleidisansprudi des Verkäufers an den Erwerber besteht, wenn die Gesdiäftsgrundlage durch die Veränderung der Abgabeschuld wesentlich erschüttert ist. Der Ausgleidisansprudi ist nach den Modalitäten der HGAVerpfliditungen zu erfüllen. Ist die HGA nicht in Anrechnung auf den Kaufpreis, sondern zusätzlich zu diesem übernommen, so wird ein Ausgleidisansprudi des Veräußerers an den Erwerber in Fällen der hier behandelten Art überwiegend verneint, weil der Veräußerer nach den vertraglichen Vereinbarungen lediglich von seiner Abgabeverpfliditung freigestellt werden sollte (s. insbesondere Wörbelauer in NJW 1952 S. 1356). Schulze [NWB Fach 24 S. 235), will allerdings auch im Falle der zusätzlichen Übernahme der HGA dem Verkäufer einen Ausgleidisansprudi zuerkennen, ein Ergebnis, das an sich der Sachlage besser entsprechen würde, aber rechtlich nur schwer begründet werden kann

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Notar H a e g e 1 e , Neuenstadt a. K.

BFH v. 1 7 . 1 . 1 9 5 8

I. Leitsatz des Urteils

(III) 1

III 320/57 U BStBl. 1958 III S. 114

Bei Anwendung der Vorschriften zu § 131 LAG über Erlaß von fälligen Leistungen aus Hypothekengewinnabgabe wegen wirtschaftlicher Bedrängnis ist ihr Zweck zu beachten, der dahin geht, den volkswirtsdiaftlidi und sozialpolitisch erwünschten Besitz zu erhalten. Dem Schuldner der HGA müssen die für eine bescheidene Lebensführung unerläßliche Beträge verbleiben. Der Fall der Veräußerung des ganzen mit der Abgabe belasteten Grundstüdes ist abschließend in Tz 78 ff. der Verwaltungsanordnung vom 10. 7. 1956 geregelt, nidit in Tz 76 dieser Anordnung. Der Erlaß von Hypothekengewinnabgabe-Leistungen entfällt ohne weiteres im Falle des Verkaufs des Grundstüdes an eine Person außerhalb der sogenannten Familieneinheit, jedoch nur für denjenigen Erlaßzeitraum, in dem der Verkauf tatsächlich erfolgt ist. Der Erlaß von Leistungen für den vorhergehenden Erlaß-Zeitraum wird von Tz 78 der Verwaltungsanordnung nicht betroffen. LAG § 131, VAO vom 10. 7. 1956.

II. Besprechung Der BFH gibt wertvolle Richtlinien. Die vorstehende Entscheidung befaßt sich mit einem Teil der Fragen um § 131 LAG in Verbindung mit der dazu ergangenen BdF-Verwaltungsanordnung (VAO] vom 10. 7. 1956 [BStBl. 1956 I S. 347 = LAKartei § 131 Karte 7). Siehe dazu auch den BdF-Erlaß zur Durchführung der Erlaßverfahren nach §§ 129-132 LAG vom 31. 7. 1956 (IV C/5 LA 2610 8/56 - LAKartei § 129 LAG Karte 16) und die Ergänzung der VAO in LAKartei § 131 LAG Karte 12. Nach § 131 LAG können fällige Leistungen aus Hypothekengewinnabgabe (HGA) insoweit (gestundet oder) erlassen werden, daß dem aus der öffentlichen Last verpflichteten Grundstückseigentümer (bzw. in den Fällen des § 118 LAG dem Abgabeschuldner) der für eine bescheidene Lebensführung unerläßliche Betrag verbleibt. Die Einzelheiten dieses Erlaßverfahrens wegen sog. wirtschaftlicher Bedrängnis regelt die vorgenannte VAO, die im Bundesgebiet für die Zeit ab 1. 1. 1953 und in Berlin bereits für die Zeit ab 1. 4. 1952 gilt. Grundsatz ist, daß die fälligen Abgabeleistungen nur in der Höhe aufrecht erhalten werden sollen, in der über die für eine bescheidene Lebensführung unerläßlichen Mittel, d. h. über die Lebenshaltungskosten hinaus, verfügbare Mittel vorhanden sind. Die Lebenshaltungskosten werden dabei unter dem Gesichtspunkt der volkswirtschaftlich und sozialpolitisch erwünschten Erhaltung des Grundbesitzes mit den aus Tz 33 VAO ersichtlichen Pauschsätzen angesetzt. Zuschläge sind dabei bei Schwerbeschädigung oder Erblindung, ferner wegen wirtschaftlichen Notstands vorgesehen (Tz 34—38). Der Kreis der Angehörigen, deren Lebenshaltungskosten berücksichtigt werden, ergibt sich aus Tz 23 ff. VAO. Eingehende Vorschriften über die verfügbaren Mittel und die Einkünfte aus den einzelnen Einkunftsarten des EStG sind in Tz 39 ff. VAO enthalten. Zu diesen Vorschriften stellt der

Loepelmann,

BFH-Besprediungen, IX. 58.

BFH mit Recht fest, daß es sich hierbei um Ermessungsentscheidungen der Finanzbehörden handelt, deren richterliche Nachprüfung sich darauf zu beschränken hat, festzustellen, ob die getroSene Entscheidung einen Ermessensmißbraudi oder sonstigen Rechtsverstoß darstellt. Der Erlaß von HGA-Leistungen kommt nicht in Frage, wenn der Abgabeschuldner den mit der HGA belasteten Grundbesitz innerhalb oder mit Ende des in Frage kommenden Erlaßzeitraums — der erste allgemeine Erlaßzeitraum erstreckt sich auf die Kalenderjahre 1953—1955, der zweite auf die Kalenderjahre 1956—1958, und so fort — an eine Person im ganzen veräußert, die außerhalb der sog. Familieneinheit steht, d. h. nicht zu den Personen gehört, die nach Tz 23 ff. VAO bei der Berechnung des Erlaßumfangs zu berücksichtigen sind. In derartigen Fällen ist der Zwedk, der bei Schaffung der Vorschriften dem Gesetzgeber vorgeschwebt hat, nämlich die Erhaltung des Grundbesitzes, nicht mehr erfüllbar und gewährleistet. Im Falle der Veräußerung bleibt der Erlaß jedoch ausnahmsweise zulässig, soweit ein zur Abgabeentrichtung ausreichender Netto-Erlös nicht erzielt werden oder seine Verwendung zur Abgabenentrichtung nach den Gesamtumständen des Falles dem Veräußerer billigerweise nicht zugemutet werden kann (Tz 79 VAO). Das BFH-Urteil stellt fest, daß für eine Gesamtveräußerung in vorstehendem Sinne nicht auch Tz 76 VAO in Frage kommen kann. Nadi dieser Vorschrift ist ein Erlaß zu versagen, wenn die zur Entrichtung der Abgabeleistungen erforderlichen Barmittel, die während des Erlaßzeitraums nicht vorhanden sind, noch nachträglich durch eine den Umständen nach zumutbare Verwertung von Vermögensteilen des Antragstellers oder seiner Angehörigen beschafft werden können. Unter Umständen kann dabei auch eine Veräußerung von Teilflächen des mit HGA belasteten Grundbesitzes in Frage kommen, nicht aber die — ausschließlich in Tz 78 ff. geregelte — Veräußerung des ganzen mit der HGA belasteten Grundbesitzes. Mit Recht stellt der BFH zu der hievor behandelten Gesamtveräußerung des mit HGA-belasteten Grundbesitzes auch fest, daß wirtschaftliche Vorgänge aus einem späteren Erlaßzeitraum nicht doppelt, nämlich sowohl im früheren als auch im späteren Erlaßzeitraum, berücksichtigt werden können und in ihrer steuerlichen Auswirkung auch nidit willkürlich, entgegen dem tatsächlichen Ablauf der Geschehnisse, zeitlich verschoben werden dürfen, wenn sie bürgerlich-rechtlich, wirtschaftlich und steuerlich in den späteren Erlaßzeitraum fallen. Auch in dem hier besprochenen Urteil ist wieder einmal gesagt, daß die Vorinstanz die Entscheidung der ersten Instanz „verbösert" hat. Es wäre wirklich an der Zeit, wenn dieses so unschöne und sonst im Sprachgebrauch wohl nie verwendete Wort auch aus steuerlichen Entscheidungen verschwinden würde. Wie leidit könnte es durch einen Gebrauch der Worte „Schlechterstellung des Beschwerdeführers" oder dergl. ersetzt werden. Notar H a e g e l n , Neuenstadt a. K.

B F H v. 1 7 . 1 . 1 9 5 8 (IV) 1

I. Leitsatz des Urteils

VI 53/57 U BStBl. 1958 III S. 116

Bei Sparraten, die auf nadi dem 31. 5.1953 abgeschlossene Kapitalansammlungsverträge nach dem 1.1.1954 eingezahlt werden, ist das Sonderausgabenpausdtale von 624 DM anzuredinen. Es liegt keine unzulässige Rückwirkung des Gesetzes vom 24. 6.1953 (BGBl. I S. 413) vor. EStG § 41 Abs. 1 Ziff. 3 (in der Fassung der Gesetze vom 24. 6. 53, BGBl. I S. 413, und vom 24. 4.1954, BGBl. I S. 111.

II. Besprechung Zur Frage der Rückwirkung verschärfender Steuergesetze. I. In dem der BFH-Entsdieidung VI 53/57 U vom 17.1.1958 zugrundeliegenden Fall ging es vornehmlich um die Frage, ob dem Steuerpflichtigen (StPfl.) nachteilige steuergesetzliche Vorschriften reditswirksam sind, soweit sie sich rückwirkende Kraft beimessen. Ich habe mich zu dieser Frage in StuW 1954 Sp. 205 (hinsichtlich des übrigen Schrifttums vgl. die Zitate bei Paulick in Steuerberater-Jahrbuch 1957/58 S. 111 ff.) u. a. folgendermaßen geäußert: „Nach einer verbreiteten und auch vom BVerfG in Betracht gezogenen Meinung spielt Art. 2 GG mit seinem Schutz der freien Entfaltung der Persönlichkeit eine große Rolle in der Frage der verfassungsmäßigen Zulässigkeit von Rückwirkungen eines Steuergesetzes, die in ihm selbst vorgesehen s i n d . . . Im übrigen beschränke ich mich hier darauf, als meine unveränderte Auffassung zu erklären, daß das GG durch seine Vorschriften über die Verkündung von Gesetzen und Rechtsverordnungen im BGBl, über den Zeitpunkt des Inkrafttretens von Rechtsvorschriften (Art. 82 GG) den Grundsatz zum Ausdruck gebracht hat, daß ein Staatsbürger beanspruchen kann, ein Gesetz kennenzulernen, bevor es auf ihn angewandt wird; denn er muß in der Lage sein, seine wirtschaftlichen Maßnahmen, von denen die Steuern nach Grund und Höhe abhängen, so zu treffen, wie er dies nach seinem Dafürhalten unter Berücksichtigung der zu erwartenden steuerlichen Lasten bestens zu tun vermag. Wie sich hieraus mittelbar ergibt, würde er gegen die Rückwirkung von Steuergesetzen nicht mit Erfolg Einwendungen erheben können, wenn er mit der einschlägigen gesetzlichen Regelung als bevorstehend rechnen mußte. Ferner werden in Zeiten äußerster Staatsnot bei überwiegendem, anders nicht zu befriedigenden Interesse des Staates in Deutschland die Belange des einzelnen weniger als in normalen Zeiten berücksichtigt werden können; unter solchen Verhältnissen wird es m. E. nicht zu beanstanden sein, wenn sich ein Steuergesetz Rückwirkung beimißt, und nur mit dieser Maßgabe möchte ich für meine Person es verstehen, wenn der höchste Steuergerichtshof in der Vergangenheit mehrfach die Rückwirkung von Steuergesetzen zugelassen hat." Ich halte dies nach wie vor aufrecht. Nach meiner festen Überzeugung steht hinter Art. 82 GG der große Gedanke der R e c h t s s i c h e r h e i t . L o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, I. 59.

2 Zu den Auswirkungen dieses Rechtsgedankens gehört es audi, daß gegen einen StPfl. nachteilige Vorschriften, insbesondere auch Steuervorsdiriften, — von den von mir genannten Ausnahmen abgesehen — nidit wesentlich früher angewandt werden dürfen, bevor das Gesetz vorschriftsmäßig verkündet ist. Es könnte naheliegen, hiergegen einzuwenden, dies sei nicht als allgemeiner Grundsatz aus Art. 82 GG herauszulesen; denn dann sei ja Art. 103 Abs. 2 GG überflüssig. DaiS wäre indessen ein Fehlschluß; denn angesichts der überragenden Bedeutung der traditionellen Norm: nulla poena sine lege hat der Verfassungsgesetzgeber es als angebracht erachtet, diesen Rechtssatz des Strafrechts ganz besonders als uneinschränkbar herauszustellen, doch ohne den bloßen allgemeinen G r u n d s a t z des Verbots der Rückwirkung nachteiliger Gesetze verleugnen zu wollen. In dem Falle des Urteils VI 53/57 U hat es sich um Lohnsteuer 1954 gehandelt. Dieser Steuerabschnitt hat bestimmt nicht zu einer Zeit „äußerster Staatsnot" bei uns gehört. Eine Durchbrechung des verfassungsmäßigen Grundsatzes der Unzulässigkeit steuerbelastender Rückwirkung von Gesetzen ließe sich deshalb in dieisem Falle nur dann rechtfertigen, wenn der StPfl. bereits z. Zt. des Eintritts der Rückwirkung „mit der einschlägigen gesetzlichen Regelung als bevorstehend rechnen mußte". Mit Recht hat in dieser Beziehung der VI. Senat des BFH darauf hingewiesen, daß das Gesetz vom 24. 6.1953 (BStBl. I S. 192), das die lohnsteuerliche Abzugsfähigkeit der Sparraten bei steuerbegünstigten Kapitalansammlungsverträgen als Sonderausgaben ohne Anrechnung des Pauschsatzes von 624 DM für die Zeit ab 1.1.1954 beseitigte, bereits am 6. 5.1953 beschlossen worden ist und sich der Erlaß und die Verkündung des Gesetzes lediglich wegen der für seinen Abschnitt über den Bundesanteil am ESt.- und KSt.Aufkommen erforderlichen Zustimmung des Bundesrats verzögert hat. Der Gesetzentwurf ist, worauf der BFH hingewiesen hat, in der Öffentlichkeit lebhaft erörtert worden, bevor er Gesetz wurde. Da der StPfl. den Sparvertrag trotz des Vorliegens und der öffentlichen Erörterung des Beschlusses des Bundestages abgeschlossen hat, muß er den Fortfall der Steuervergünstigung für 1954 in Kauf nehmen. Man darf zwar im allgemeinen keine zu hohen Anforderungen an die Kenntnis der StPfl. über Entwürfe zu Steuernovellen stellen; ganz anders verhielt es sich z. B. mit dem fundamentalen und durch Radio und Presse bekanntgemachten fertigen Soforthilfegesetz. Aber vor Abschluß eines Sparvertrages, dessen Hauptzweck, wie der StPfl. hier selbst angeführt hat, die Erreichimg einer steuerlichen Vergünstigung war, hat eine rechtzeitige A n f r a g e bei dem ohnehin in Anspruch genommenen und regelmäßig bestens informierten Geldinstitut nach der Gesetzeslage nahegelegen. Der StPfl. hat jedoch in dieser Beziehung nichts geltend gemacht. Wenn er eine derartige .sachliche Anfrage unterläßt, kann er sich nicht mit Erfolg gegen die Anwendung des inzwischen in Kraft getretenen nachteiligen Steuergesetzes wehren. Hätte er die Auskunft rechtzeitig eingeholt, und wäre sie richtig erfolgt, dann hätte er anders disponiert und wäre vor Schaden bewahrt geblieben. Wäre die Auskunft des Geldinstituts indessen

BFH v . 1 7 . 1 . 1 9 5 8 (IV) 3

unrichtig ausgefallen und der StPfl. dadurch zu einer Fehldisposition veranlaßt worden, so könnte er sich auch in diesem Falle nicht auf Kosten des Steuerfiskus schadlos halten, unbeschadet der etwaigen Haftung des Geldinstituts für die Folgen der unrichtigen Auskunft. II. Für Sparverträge mit festgelegten Sparraten hat sich noch die Besonderheit ergeben, daß durch die weitere Novelle vom 24. 4.1954 (BStBl. S. 281) die geschilderte Vergünstigung für den Fall wieder eingeführt wurde, daß der Abschluß des Sparvertrages vor dem 1.6.1953 erfolgt war. In dem vom BFH entschiedenen Falle hat der StPfl., der die Novelle vom 24. 4.1954 im Jahre 1953 nicht voraussehen konnte, erst n a c h dem 31. 5.1953 den Sparvertrag abgeschlossen und ist daher nicht in den Genuß der nachträglich bewilligten Vergünstigung gelangt. Natürlich greift in solchem Falle nicht der Gesichtspunkt ungleichmäßiger Behandlung der Gruppe der Begünstigten und der Gruppe derer, die wie der StPfl. leer ausgingen, durch; denn es bleibt, dem Gesetzgeber immer unbenommen, zu bestimmen, wie lange er eine Vergünstigung gewährt. Ich erinnere an die einkommensteuerliche Vorschrift über das Zusammenleben von Eheleuten während eines Zeitraums von mindestens 4 Monaten im Jahr als Voraussetzung einer Zusammenveranlagung, ferner z. B. an die Erhöhung oder Senkung eines Steuersatzes von einem bestimmten Zeitpunkt an. Was den Grundsatz gleichmäßiger Behandlung betrifft (Art. 3 GG), so ist er in solchen Fällen gewahrt, wofern innerhalb der vom Gasetz gegebenen Zeitgrenze, z. B. im Falle des Urteils VI. 53/57 U bei nach dem 31. 5.1953 geschlossenen Sparverträgen, alle betroffenen Personen steuerlich gleichmäßig behandelt werden. Daß die StPfl. mit Sparverträgen, die nach dem 31.5.1953 abgeschlossen waren, hinsichtlich der Vergünstigung leer ausgegangen sind, ist in dem Falle des genannten Urteils um so weniger bedenklich, als der Stichtag vom 1.6.1953 nicht w i l l k ü r l i c h , vielmehr deshalb gewählt worden ist, weil der Bundestag das Gesetz vom 24. 6.1953, das die steuerliche Vergünstigung gänzlich beseitigte, bereits am 6. 5.1953 beschlossen hatte und die StPfl. sich die Kenntnis davon — zumindest bei dem Geldinstitut, bei dem sie den Sparvertrag abzuschließen beabsichtigten — im Laufe des Monats Mai 1953 verschaffen konnten. Für Sparverträge zumindest, die dennoch nach dem 31. 5.1953 abgeschlossen waren, fehlte daher ein schutzwürdiges Interesse. Demnach begegnet die Entscheidung VI 53/57 U im Ergebnis keinen Bedenken. Bundesrichter Dr. F r i e d l a e n d e r , München

BFH v. 22.1.1958 (I) 1 I 14/57 S

I. Leitsätze des Urteils

BStBl. 1958 III S. 186

1. Unterhält ein Betrieb eine redhtlidi selbständige Einriditung für die Versorgung seiner Ruhegehaltsempfänger, die im Rahmen der steuerlidien Möglichkeiten aus Betriebsmitteln finanziert wird, so kann der Betrieb für die Arbeitnehmer, die später aus der selbständigen Einriditung versorgt werden, nidit gleichzeitig in seiner Bilanz Pensionsrüdcstellungen bilden. 2. Zur Bedeutung einer betrieblichen Übung für die Entstehung von Pensionsverpfliditungen. 3. Steht es im Belieben des Arbeitgebers, ob er seinen Arbeitnehmern s p ä t e r Pensionen zahlt, so liegt eine gegenwärtige rüdcstellungsfähige Last für Pensionsanwartschaften der Arbeitnehmer nicht vor. 4. Zur Bedeutung von Vorbehalten bei Pensionszusagen. 5. Läßt ein Arbeitgeber hinsichtlich der Pensionsverpfliditungen bewußt arbeitsrechtlich unklare Verhältnisse bestehen, so kann das die Bildung von Pensionsrückstellungen unzulässig machen. EStG 1951 §§ 5, 6 Ziff. 3; EStG 1955 § 6 a; EStDV 1955 § 9 Abs. 1; ZuwendungsVerordnung vom 1. 12. 1950; Zuwendungsgesetz vom 26. 3. 1052.

II. Besprechung Das Urteil lehnt teilweise die herrschende Meinung und die bisherige Verwaltungspraxis ab, kann jedoch nicht ohne weiteres auch auf die Zeit nach dem 31.12.1954 angewandt werden. (1) R u h e g e l d r ü c k s t e l l u n g e n u n d U n t e r s t ü t z u n g s k a s s e Volle Anerkennung verdienen die Ausführungen über das Verhältnis zwischen der Bildung von Ruhegeldrückstellungen und den Zuwendungen an Unterstützungskassen (a. A. Heubeck, BB 1958 S. 443). Der Begründung könnte noch hinzugefügt werden, daß im vorliegenden Fall eine unmittelbare Inanspruchnahme des Unternehmens .deren Wahrscheinlichkeit Voraussetzung für die Rüdcstellungsbildung ist, nicht zu erwarten ist, da alle Leistungen durch die Unterstützungskasse erbracht werden. Es sind lediglich die für diese Leistungen notwendigen Zuwendungen an die Unterstützungskasse zu erwarten. Für derartige k ü n f t i g e Zuwendungen können aber keine Rückstellungen gebildet werden. [2) B e t r i e b l i c h e Ü b u n g a l s A n s p r u c h s g r u n d l a g e Die Ausführungen des BFH könnten den Eindruck erwecken, als sollten Verpflichtungen auf Grund einer betrieblichen Übung nicht mehr im gleichen Umfang rückstellungsfähig sein wie Verpflichtungen auf Grund ausdrücklicher Zusagen. Das hat der BFH jedoch nicht gemeint; er hat sich lediglich mit den Voraussetzungen beschäftigt, unter denen ein Anspruch auf Grund betrieblicher Übung entstehen kann. Seine Darlegungen stehen im Einklang mit der Arbeitsrechtsprechung. Danach ist der Verpflichtungswillen des Arbeitgebers Voraussetzung zur Entstehung einer Verpflichtung (BAG 1 AZR 123/56 vom 8. 11. 1957, NJW 1958 S. 475). Ist also der Rechtsanspruch bei den Zahlungen ausdrücklich ausgeschlossen worden, so kann ein Anspruch nicht entstehen. Sind die Zahlungen lediglich unter speziellen Vorbehalten, die einen Widerruf nur bei Vorliegen bestimmter Tatbestände vorsehen, gewährt worden, wird man annehmen können, daß Rechtsansprüche entstehen, die mit diesem Vorbehalt belastet sind (vgl. Heißmann, BB 1958 S. 633). Es ist auch richtig, daß der Anspruch erst mit Eintritt des Versorgungsfalles entsieht und vorher lediglich eine Anwartschaft besteht. Diese unerscheidet sich aber nicht von der Anwartschaft der aktiven Arbeitnehmer bei Vorliegen einer ausdrücklichen Zusage, so daß für sie in gleicher Weise Rückstellungen gebildet werden können.

Loepelmann,

BFH-Besprechungen, IX. 58,

2 (3) B e r ü c k s i c h t i g u n g v o n V o r b e h a l t e n Scharfe Kritik hat die Forderung nach einer Berücksichtigung der in den meisten Ruhegeldordnungen und -zusagen enthaltenen Vorbehalte ausgelöst (vgl. Heissmann, WPg. 1958 S. 249; Heissmann, Betrieb 1958 S. 498; Heubedc, BB 1958 S. 443; Wilke, Betrieb 1958 S. 495). Der BFH hat sich hiermit eindeutig gegen die herrschende Ansicht in Schrifttum, Praxis und Finanzverwaltung gestellt (vgl. Heissmann, Steuerfragen der betrieblichen Altersversorgung, 2. Aufl. 1957 S. 14; Schropp-Nies, Betriebliche Altersfürsorge in steuerlicher Sicht, II 14; Hilger-RauWilke, BB 1956 S. 1149 und 1957 S. 271; Heissmann, Betrieb 1958 S. 33; Heissmann, BB 1958 S. 189). Die Kritik an dem Urteil hat jedodi überwiegend verkannt, daß sich das Verfahren lediglidi auf Wirtschaftsjahre bis 1950 bezog und aus der Begründung nicht ohne weiteres auf die Rechtslage nach Inkrafttreten des § 6 a EStG am 1. 1. 1955 geschlossen werden kann. Auf der 20. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung bestätigte nunmehr der an der Entscheidung beteiligte Bundesiditer Dr. Hartz in einem öffentlichen Vortrag die Vermutung des Rezensenten (Betrieb 1958 S. 498), daß der Senat bewußt nicht zur Rechtslage unter der Herrschaft des § 6 a EStG Stellung genommen habe. Die Rechtslage nach Einführung des § 6 a EStG erscheint eindeutig, da diese Vorschrift für eine Berücksichtigung von Vorbehalten, die die Rechtsverbindlichkeit und damit die Rückstellungsfähigkeit nicht schon dem Grunde nach ausschließen, keinen Raum läßt. Das Gesetz verlangt lediglich die Rechtsverbindlichkeit einer Verpflichtung als Voraussetzung für die Anwendbarkeit der aufgestellten Bewertungsregeln, die wiederum nur den Ansatz des versidierungsmathematischen Wertes kennen. Rechtsverbindlich ist aber auch eine unter Vorbehalt gegebene Zusage. Das gilt selbst für eine unter einem allgemeinen Vorbehalt stehende Zusage, bei der der Rechtsanspruch ausdrücklich ausgeschlossen ist; denn auch in diesem Falle nimmt die Arbeitsrechtsprechung das Bestehen einer Verpflichtung an, die allerdings nach freiem Belieben — eingeschränkt nur durch das Willkürverbot - widerrufen werden kann (BAG 1 AZR 531/51 vom 14. 12. 1956, AP Nr. 18 zu § 242 Ruhegehalt). Die Vereinbarung eines rechtsgestaltenden Widerrufsrechtes ändert an der Rechtsverbindlichkeit ebensowenig wie etwa die Vereinbarung eines Rüdctrittsrechtes an der Rechtsverbindlichkeit eines Kaufvertrages. Aber auch für die Zeit vor Inkrafttreten des § 6 a EStG kann diesem Teil der Entscheidung nicht zugestimmt werden; es entspricht dem Begriff der Rückstellung, daß die Verbindlichkeit in ihrer Höhe oder in ihrer Geltendmachung durch den Gläubiger ungewiß ist. Entscheidend für die Zulässigkeit der Rüdcstellungsbildung ist damit lediglich der Grad der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme. Die entfernte Möglichkeit genügt nicht; sie muß vielmehr mit einiger Sicherheit oder wenigstens mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein (RFH VI A 1413/32 vom 13. 7. 1933, RStBl. 1933 S. 1085). Gerade das ist aber bei der Ruhegeldverpflichtung der Fall — auch dann, wenn sie unter einem allgemeinen Vorbehalt steht. Die Erfahrung lehrt, daß in der Praxis nur sehr selten von dem Widerrufsrecht Gebrauch gemacht wird. In der Regel werden dann hierfür so triftige Gründe vorliegen, daß auch ohne diesen Vorbehalt eine Kürzung oder Einstellung der Leistungen zulässig wäre, wie etwa in dem aktuellen Fall der Anpassung der betrieblichen Altersversorgung an die durch die Rentenreform erhöhten Sozialrenten. Die Rüdcstellungsbildung kann aus diesen Gründen auch bei Vorliegen eines allgemeinen Vorbehaltes nicht als unzulässig angesehen werden. Auch ein Einfluß auf die Höhe der Bewertung muß sowohl bei speziellen als auch bei allgemeinen Vorbehalten abgelehnt werden. Eine Bewertung von Wahrscheinlichkeiten der Inanspruchnahme kann nur im Rahmen der versicherungsmathematischen Berech-

BFH v. 22.1.1958 (1)3 nungen erfolgen. Die Wahrscheinlichkeit, daß ein Vorbehalt in Anspruch genommen wird, ist aber praktisch unbewertbar; denn es kommt hierfür nicht nur auf den Wortlaut der Vorbehalte an. Auch vorbehaltlos übernommene Verpflichtungen können nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen herabgesetzt werden, wenn die Existenz des Unternehmens gefährdet ist. Die Wahrscheinlichkeit, daß dieser Fall bei einem leistungsschwachen und konjunkturempfindlichen Unternehmen eintritt, ist aber größer als die Wahrscheinlichkeit, daß ein leistungsstarkes Unternehmen einen unter Umständen sehr weitgehenden Vorbehalt in Anspruch nimmt. Es ergibt sich also, daß ein Vorbehalt und seine Fassung zwar für die rechtlichen Voraussetzungen einer Kürzung von Bedeutung sind, für sich allein aber nichts über die Wahrscheinlichkeit eine Inanspruchnahme besagen. Wollte man dennoch versuchen, die Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme zu schätzen, so ergibt sich, daß diese Wahrscheinlichkeit kaum größer ist als die Wahrscheinlichkeit eines nach allgemeinen Grundsätzen zulässigen Widerrufs bei vorbehaltlos zugesagten Ruhegeldern; jedenfalls bewegt sich der Unterschied in einer so geringen Größenordnung, daß seine Nichtberücksichtigung durchaus gerechtfertigt ist. Dr. Dr. Ernst H e i s s m a n n , Steuerberater, Gutachter für betriebliche Altersversorgung, Wiesbaden

BFH v.23.1.1958 (1)1 I. Leitsatz des Urteils

IV 263/56 U BStBl. 1958 III S. 130

Werden einem Nachversteuerungsjahr v o r h e r g e h e n d e Veranlagungen berichtigt, während das Nachversteuerungsjahr selbst rechtskräftig veranlagt worden ist, und bezieht sich die Berichtigung auch auf die Nachversteuerung der vorhergehenden Jahre oder auf die Ermittlung des steuerbegünstigten nidit entnommenen Gewinnes, so ist die Veranlagung für das rechtskräftig veranlagte Nachversteuerungsjahr nach § 4 Abs. 3 Ziff. 2 StAnpG zu berichtigen. EStG 1950 § 10 a in Verb, mit Absdin. I Art. 4 des Ersten Teils des StÄndG vom 24. Juni 1953 (BStBl. 1953 I S. 192); StAnpG § 4 Abs. 3 Ziff. 2.

II. Besprechung Einer der seltenen Fälle der Anwendung von § 4 Abs. 3 Ziff. 2 StAnpG auf ESt-Besdieide. Der als steuerbegünstigt in Anspruch genommene Teil des Gewinns ist bei der Veranlagung besonders festzustellen (§ 10 a Abs. 1 EStG). Entnimmt der Steuerpflichtige in einem Folgejahr mehr als den Gewinn, so ist die Mehrentnahme bis zur Höhe des besonders festgestellten Betrags dem Einkommen zum Zweck der Nachversteuerung hinzuzurechnen (§ 10 a Abs. 2 EStG). Nach § 10 a EStG 1950 bis 1955 war die Nachversteuerungspflidit an sidi zeitlich, unbegrenzt. Im Jahr 1953 wurde aber die Möglichkeit einer freiwilligen Ablösung geschaffen. Nach Abschnitt I Art. 4 des Ersten Teils des ÄndG vom 24. 6. 1953 („Kleine Steuerreform") konnte ein Steuerpflichtiger einer ihn in Zukunft treffenden Nadiversteuerung dadurch aus dem Wege gehen, daß er freiwillig 10 v. H. des besonders festgestellten Betrags entrichtete. Damit konnte er den auf Grund des § 10 a EStG 1950 in Anspruch genommenen nicht entnommenen Gewinn ablösen (dieses Ablösungsredit wurde durch die „Große Steuerreform" in eine Ablösungspflicht umgewandelt, vgl. Art. 2 Abs. 3 des Ges. zur Neuordnung von Steuern vom 16. 12. 1954, BGBl. I S. 373 = § 52 Abs. 13 EStG 1955). Im Streitfall hatte das FA 4800 DM zum Gewinn des Jahres 19 5 0 hinzugeschätzt, offensichtlich ohne die Buchführung zu verwerfen. Es hatte die Höhe des nicht entnommenen steuerbegünstigten Gewinns unter Berücksichtigung des Zuschätzungsbetrags auf 1807 DM ermittelt. Der Steuerpflichtige hat im Jahr 1 9 5 3 von der Möglichkeit, die Nachversteuerung abzulösen, durch Bezahlung von 10 v. H. des besonders festgestellten Betrags = 180 DM Gebrauch gemacht. Die Veranlagung 1953 wurde rechtskräftig. Dagegen hatte der Steuerpflichtige gegen die Veranlagung 1950 Rechtsmittel eingelegt, mit dem er sich gegen die Höherschätzung um 4800 DM wandte. Das FG gab ihm recht und setzte die 4800 DM vom Gewinn 1950 wieder ab, ohne jedodi den Betrag des nicht entnommenen Gewinns neu zu berechnen. Das bemängelte der Vorsteher des Finanzamts in der Rechtsbeschwerde. Der Steuerpflichtige hingegen meinte, eine Änderung des nicht entnommenen Gewinns 1950 würde gegen Treu und Glauben verstoßen, da die Veranlagung 1953, bei der er bereits die Nachversteuerungspflicht abgelöst habe, rechtskräftig geworden sei. L o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, IX. 58.

2 Der BFH hat sich dieser Ansicht nicht angeschlossen. Ändert sich die Gewinngrundlage für das Jahr 1950, so muß sich zwangsläufig auch die Berechnung des steuerbegünstigten nicht entnommenen Gewinns ändern. Die Tatsache, daß der Steuerbescheid 1953 inzwischen Rechtskraft erlangt und der Steuerpflichtige hier den begünstigten Betrag mit 10 v. H. abgelöst hat, steht dem nicht entgegen. Die Änderung des nicht entnommenen Gewinns verstößt nicht gegen Treu und Glauben. Eine andere Frage ist jedoch, was nun mit der rechtskräftigen Veranlagung 1 9 5 3 geschehen soll. Es widerspricht dem Rechtsempfinden, wollte man den Steuerpflichtigen unter Hinweis auf die Rechtskraft an dem Ablösungsbetrag von 180 DM festhalten, obwohl sich infolge der Herabsetzung des Gewinns 1950 auch der besonders festgestellte Betrag vermindert hat. Man könnte an eine entsprechende Anwendung des § 218 Abs. 4 AO denken. Danach sind auch bereits unanfechtbar gewordene Steuerbescheide, die auf einem Feststellungsbescheid beruhen, von Amts wegen durch neue Bescheide zu ersetzen, wenn eine in dem Feststellungsbescheid enthaltene Feststellung geändert wird. Gegen eine analoge Anwendung der Vorschrift bestehen jedoch so erhebliche Bedenken, daß der BFH diese Möglichkeit nicht erwogen hat. Der IV. Senat hat die Rechtsgrundlage für eine Berichtigung der rechtskräftigen Veranlagung 1953 zutreffend in § 4 Abs. 3 Ziff. 2 StAnpG gesehen. Nach dieser Vorschrift sind Steuerfestsetzungne zu ändern, wenn ein Merkmal nachträglich mit Wirkung für die Vergangenheit weggefallen ist, dessen Vorliegen das Gesetz für die Steuerbegünstigung fordert. Die Möglichkeit, den steuerbegünstigten nicht entnommenen Gewinn mit 10 v. H. abzulösen, ist eine Steuervergünstigung. Voraussetzung für ihre Anwendung war im Streitfall die gesonderte Feststellung des Betrages von 1807 DM. Diese Feststellung ist berichtigt worden. Damit ist insoweit ein vom Gesetz gefordertes Merkmal für die Inanspruchnahme des Ablösungsrechts nachträglich mit Wirkung für die Vergangenheit weggefallen. Deshalb muß die Veranlagung 1953 berichtigt werden. Die Rechtsprechung hat nur selten auf dem Gebiet der ESt. § 4 Abs. 3 Ziff. 2 StAnpG angewendet. Erinnert sei an die folgenden Fälle: a) Muß der Veräußerer nachträglich einen Teil des Kaufpreises nachlassen, so kann das eine Berichtigung der Besteuerung des V e r ä u ß e r u n g s g e w i n n s rechtfertigen (RFH vom 30. 10. 1935, StW 1936 Nr. 215; anders dagegen RFH vom 8. 11. 1933, RStBl. 1933 S. 1226). b) Das BFH-Urteil I 23/52 U vom 1. 4. 1952 (BStBl. 1952 S. 144) befaßt sich mit der nachträglichen B e r i c h t i g u n g v o n B i l a n z p o s t e n . Der BFH führt hier aus: „Eine nach rechtskräftiger Veranlagung 1/1948 durchgeführte Berichtigungsveranlagung 1945 hätte zur Folge, daß gemäß § 4 Abs. 3 Ziff. 2 StAnpG die Veranlagung I./1948 insoweit zu ändern wäre, als die Änderung der Anfangsbilanz . . . sich auf die Gewinnermittlung 1/1948 auswirkt." Finanzgerichtspräsident Dr. B r o c k h o f f , Hannover

BFH v . 2 3 . 1 . 1 9 5 8 (II) 1 V 113/56 U BStBl. 1958 III S. 137

I. Leitsatz des Urteils

R o h e s Sdinittholz, das ein Forstwirt in seinem Sägewerk (forstwirtschaftlichen Nebenbetrieb) aus in seinem Walde angefallenem Rundholz durdi Quer- und Längssdinitte herstellt (besäumte und unbesäumte Bretter, Bohlen, Kantholz), sind nach der Verkehrsansdiauung fortwirtsdiaftliche Erzeugnisse. Durch eine w e i t e r g e h e n d e Bearbeitung (z.B. Hobeln, Nuten, Kehlen, künstlidie Trocknung, Verarbeitung zu Kistenware oder sonstiger Halbfertigware) entstandene Gegenstände, die nidit mehr r o h e s Schnittholz sind, gelten nach der Verkehrsauffassung nidit als forstwirtschaftliche Erzeugnisse. UStG 1951 § 7 Abs. 2 Ziff. 2 a; UStDB 1951 § 55 Abs. 5 Satz 1 (bis 1. April 1956 gültige Fassung), § 55 Abs. 3 und 4 (bis 1. April 1956 gültige Fassung).

II. Besprechung Die Feststellung der Verkehrsanschauung kann nicht durch Überlegungen des Gerichts erfolgen, sondern gehört zur Ermittlung des Sachverhalts. Bei fehlender oder ungenügender Aufklärung liegt ein Verfahrensmangel vor, auf den die Rechtsbesdiwerde gestützt werden kann. Dem Urteil ist zuzustimmen. Es gehört zu einer Reihe von Entscheidungen des BFH, die sich mit der materiellrechtlichen und verfahrensrechtlichen Feststellung der Verkehrsansdiauung befassen (vgl. Urteile

V z 150/52 S -

v. 6. 3. 1953 -

V 87/52 U -

BStBl. 1953 III 162;

B S t B l . 1953 III 254; v. 22. 7. 1 9 5 4 -

V. 3 . 3 . 1 9 5 5 V z 1 1 9 / 5 4 U

BStBl. 1958 III 139).

-

BStBl. 1955

III 1 7 9 ;

V 105/52 S -

V. 3 0 . 1 . 1 9 5 8

V. 25. 6. 1953

-

B S t B l . 1 9 5 4 III 2 7 4 ; -

V

211/55 U

-

In einzelnen Bestimmungen des Umsatzsteuerredits ist die Verkehrsansdiauung zum ausdrücklichen Tatbestandsmoment normiert worden, so in § 12 UStDB, §§ 46 Abs. 7, 55 Abs. 6 UStDB n. F. Heranzuziehen ist die Verkehrsansdiauung sodann bei Anwendimg des Zolltarifs auf solche Gegenstände, für die eine Begriffsbestimmung im Tarif selbst nicht gegeben ist. Darüberhinaus kommt der Verkehrsansdiauung, auch wenn sie nicht als besonderes Tatbestandsmerkmal aufgezählt ist, auf dem gesamten Steuergebiet Bedeutung zu, weil nach § 1 Abs. 2 StAnpG bei der Auslegung der Gesetze und bei der Beurteilung der Tatbestände neben dem Zweck und der wirtschaftlichen Bedeutimg der Steuergesetze vor allem auch die Volksansdiauung und die Entwicklung der Verhältnisse zu berücksichtigen sind, um wirklichkeitsfremden Entscheidungen vorzubeugen. Die RFH- und die BFH-Rechtsprediung stimmen insoweit überein, als für die Frage, was unter Verkehrsansdiauung zu verstehen ist, der Standpunkt der beteiligten Wirtschaft, aus der heraus sich die Auffassung des Verkehrs bildet, als maßgebend angesehen wird. Der RFH hatte zwar schon ausgesprochen, daß die Feststellung dieser Verkehrsansdiauung nicht durch bloße Überlegungen eines Finanzgeridits oder einer Verwaltungsbehörde ersetzt werden könne, hatte jedodi in den Urteilen vom 15. 3. 1937 - V A 374/36 - RStBl. 1937/591 und 22. 9. 1939 - V 139/39 RStBl. 1939/1166 zugelassen, daß die Vorinstanzen sich ihre Überzeugung

Loepelmann,

BFH-Besprechungen, IX. 58.

2 über das Bestehen einer Verkehrsansdiauung ohne Verwertung der gutaditlichen Äußerungen aus Abnehmerkreisen und aus Teilen der Organisation der gewerblichen Wirtschaft bildeten, weil die Finanzgerichte die tatsächlichen Verhältnisse nach §§ 243, 278 AO von Amts wegen nach ihrer freien Überzeugung zu würdigen hätten und Art und Umfang notwendiger Beweiserhebungen daher im Ermessen der Rechtsmittelbehörde lägen. Diese Überlegungen haben jedoch verkannt, daß zunächst einmal die tatsächlichen Gegebenheiten, die zur Bildung einer Verkehrsanschauung führen oder sie beeinflussen, und sodann die Auffassungen, wie sie im Verkehr herrschen, ermittelt werden müssen, ehe eine Würdigung durch das Finanzgericht einsetzen kann. Lediglich allgemeine Erfahrungsregeln und offenkundige Tatsachen kann das Gericht ohne Beweiserhebung verwerten. Es ist daher zu begrüßen, daß der BFH eindeutig ausgesprochen hat, daß die Überlegungen von Finanzgerichten und Verwaltungsbehörden ebensowenig wie technische Gesichtspunkte, Verwaltungsrichtlinien oder die vergleichsweise Heranziehung von Urteilen, die einen ähnlichen Sachverhalt betreffen, den Standpunkt der beteiligten Wirtschaft ersetzen können. Es ist vielmehr erforderlich, daß die für die Verkehrsanschauung maßgebenden T a t s a c h e n ermittelt werden. Das kann durch Gutachten der Industrie- und Handelskammern, der Handwerkskammern, der Fachverbände oder sonstiger Sachverständiger geschehen. Im Rahmen des Umsatzsteuerredits gehören zu den beteiligten Wirtschaftskreisen insbesondere auch die Abnehmer derjenigen Lieferungen, um deren Beurteilung es geht. So hat auch der BFH in dem besprochenen Urteil auf die Feststellung der Verkehrsanschauung bei den Abnehmern des Schnittholzes besonderes Gewicht gelegt. Daß diese Kreise bei ihren gutachtlichen Äußerungen vielleicht nicht von dem Gedanken unbeeinflußt sind, daß eine Verkehrsanschauung, die zu einer unter dem normalen Steuersatz liegenden Umsatzsteuer führt, für sie als Abnehmer vorteilhaft sei, hat der BFH nicht verkannt. Er hat aber in dem Zusammenhang auch zu bedenken gegeben, daß mit noch mehr Vorbehalten die Äußerungen der gewerblichen Konkurrenz zu werten seien. Unter zusätzlicher Verwendung der Stellungnahmen von Forstbeamten und eines Hochschullehrers hat der BFH in dem besprochenen Urteil in vorbildlicher Weise die einzelnen in den verschiedenen Gutachten unterbreiteten Tatsachen gewürdigt und ist aus den sich dabei ergebenden tatsächlichen Gesichtspunkten zu dem Ergebnis gekommen, daß das im forstwirtschaftlichen Sägewerk erzeugte Schnittholz von der Verkehrsanschaunug insoweit als forstwirtschaftliches Erzeugnis anerkannt werde, als es sich um besäumtes oder unbesäumtes rohes Schnittholz (Bretter, Bohlen, Kantholz] handelt. In verfahrensrechtlicher Hinsicht fällt die Feststellung der Verkehrsanschauung unter die Tatsachenermittlung, die nach §§ 204, 243 AO von Amts wegen zu erfolgen hat. Die unzureichende Aufklärung des Sachverhalts ist ein nach §§ 288 Ziff. 2, 290 Abs. 1 AO im Wege der Rechtsbeschwerde zu rügender Verfahrensmangel. Zu § 55 UStDB n. F. vgl. den BdF-Erlaß v. 25. 2. 1958 (UStDB 1958/72). Dr. Karl-F. E v e r d i n g , Rechtsanwalt, Wuppertal

BFH v. 2 4 . 1 . 1 9 5 8 (I) 1

I. Leitsatz des Urteils

III 61/56 U BStBl. 1958 III S. 134

Audi wenn das Pfliditteilsredit nicht in dem der Besteuerung unterliegenden Fall entstanden ist, können Verbindlichkeiten daraus nur abgezogen werden, wenn der Ansprudi geltend gemadit ist.

II. Besprechung Sicherung des Abzugs durch Anordnungen des Erblassers. Während nach bürgerlichem Recht der Pflichtteilsanspruch, mit dem Erbfall entsteht {§ 2317 BGB), berücksichtigt das ErbStG nur geltend gemachte Pflichtteilsforderungen und -schulden (§§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 b, 23 Abs. 6 ErbStG). Unter Geltendmachung ist die Bekundung des Willens zu verstehen, den Pflichtteil gezahlt haben zu wollen. Es muß ein ernsthaftes Verlangen der Auszahlung festzustellen sein. Erst wenn der Pflichtteilsberechtigte seinen Entschluß, den Pflichtteil zu verlangen, zu erkennen gegeben hat, ist der Anspruch steuerlich von Bedeutung (so schon RFH V A e 908/28 vom 19. 4. 1929, RStBl. S. 515, RFH Bd. 25, 121 = Kartei ErbStG 1925 § 14 Abs. 1 Nr. 1 b R 1). Es genügt aber auch, wenn der Belastete sich aus freier Entschließung zur Auszahlung des Pflichtteils erbietet und der Berechtigte dieses Erbieten annimmt (RFH III A e 63/36 vom 5. 11. 1936, RStBl. S. 1131 = Kartei ErbStG 1925 § 14 Abs. 1 Nr. 1 b R 4). Nach § 23 Abs. 6 ErbStG können Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten nur insoweit als Nachlaßverbindlichkeiten abgezogen werden, als der Anspruch auf den Pflichtteil geltend gemacht wird. Jedoch kann auch das für einen verjährten Pflichtteilsanspruch Gezahlte in Abzug gebracht werden, da trotz Verjährung immer noch eine, wenn auch unvollständige, Verbindlichkeit vorliegt und der Erbe die Einrede der Verjährung nicht geltend zu machen braucht (vgl. M o d e l , Handbuch, Anm. 19 zu § 23 ErbStG und NJW 1955 S. 781). Die Meinungsverschiedenheit zwischen dem Finanzamt und dem seine Rechtsbeschwerde anerkennenden BFH einerseits und dem anders eingestellten Finanzgericht anderseits betraf die Frage, ob § 23 Abs. 6 ErbStG sich nur auf Pflichtteilsverbindlichkeiten bezieht, die aus dem der Besteuerung unterliegenden Erbfall selbst entstanden sind, oder ob diese Vorschrift auch Pflichtteilsverbindlichkeiten erfaßt, die aus einem anderen Erbfall entstanden sind. In dem vorliegenden Tatbestand hatte der 1942 verstorbene Vater seine Frau testamentarisch als Alleinerbin eingesetzt. Der nicht berücksichtigte Sohn beanspruchte 1952 beim Tod der Mutter den Abzug seines Pflichtteilsanspruchs nach dem Vater vom Wert des mütterlichen Nachlasses mit der Behauptung, er habe den Pflichtteil nach dem Vater geltend gemacht. Das Finanzamt hatte den Nachweis für die Geltendmachung als nicht ausreichend geführt angesehen. Das Finanzgericht erklärte § 23 Abs. 6 ErbStG als für den früheren Erbfall nicht anwendbar und ließ den Abzug des Pflichtteils ohne Rücksicht auf eine Geltendmachung zu. Der BFH entschied abweichend, daß ein Abzug auch in solchem Falle nur bei Geltendmachung zulässig sei.

L o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, IX. 58.

2 Die Entscheidung erscheint als zutreffend, weil das Erbschaftsteuergesetz einen Abzug nur zuläßt, soweit der Erbe tatsächlich belastet ist. Es gibt viele Pflichtteilsansprüche, die keine Belastung bedeuten, weil sich die Berechtigten nicht darauf berufen. Wo aber in der Tat nichts beansprucht wird, führt der BFH aus, gibt es auch keine zu berücksichtigende Verpflichtung. Wo immer das Erbschaftsteuergesetz steuerliche Folgen aus dem Pfliditteilsansprucii zieht, — sei es für die Steuerpflicht des Berechtigten, sei es für den Abzug beim Verpflichteten, — fordert es die Geltendmachung des Pflichtteils. Es ergibt sich nichts aus dem Gesetz, was die Einschränkung dieses Grundsatzes in dem vom Finanzgericht angenommenen Sinne rechtfertigen könnte. Wenn vom Finanzgericht angeführt würde, es bestehe kein innerer Grund, von der bürgerlich-reichtlichen Regelung abzuweichen, wenn es sich um einen gegen den Nachlaß gerichteten, aus einem anderen Erbfall entstandenen Pflichtteilsanspruch handele, so ist nach Ansicht des BFH erst recht kein Anlaß vorhanden, in diesem Falle den im Erbschaftsteuergesetz klar zum Ausdruck gekommenen Grundsatz einzuschränken und den Pfliditteilsanspruch ohne Geltendmachung anzuerkennen. Eine solche Einschränkung beträfe, bemerkt der BFH, auch die Vielzahl der Fälle, in denen Ehegatten sich gegenseitig zu alleinigen Erben einsetzen und die Kinder den Längstlebenden beerben. Der BFH hat jedodi keine Entscheidung getroffen, sondern die Sache an das Finanzgeridit zur Prüfung der Behauptung, der Sohn habe beim Tod des Vaters seinen Pflichtteilsanspruch geltend gemacht und die Mutter habe diesen anerkannt, zurückverwiesen. Die Entscheidung ist von allgemeiner Bedeutung für die beliebte Form des Berliner Testamentes, in welchem sich die Ehegatten gegenseitig als Alleinerben einsetzen und die Kinder zu Erben des letztversterbenden Elternteils (sog. Schlußerben] bestimmen. Hier gilt bürgerlich-rechtlich (vgl. § 2269 BGB) und steuerrechtlich der überlebende Ehegatte als Alleinerbe. Die übergangenen Kinder haben einen Pflichtteilsanspruch, machen ihn aber meist nicht geltend. Dazu trägt die übliche Klausel, daß der den Pflichtteil Fordernde auch nach dem Tod des letztlebenden Elternteils nur den Pflichtteil erhalten soll, bei. Es empfiehlt sich, — auch zur Ausnutzung der Freibeträge nach dem Erstversterbenden, — in einem solchen Testament den Kindern Vermächtnisse in Höhe der Pflichtteile zuzuwenden mit der Auflage, daß diese Zuwendungen erst beim Tod des letztlebenden Elternteils zu zahlen und bis dahin unverzinslich sind. Um der Gefahr vorzubeugen, daß ein Abkömmling ein solches Vermächtnis ausschlägt und den (sofort zahlbaren) Pflichtteil fordert, kann bestimmt werden, daß in diesem Falle die anderen Abkömmlinge ein erst beim Tod des letztlebenden Elternteils auszuzahlendes und bis dahin zinsloses Vermächtnis in Höhe ihres gesetzlichen Erbteils nach dem erstverstorbenen Elternteil erhalten sollen. Dadurch wird der spätere Pflichtteil des widerspenstigen Abkömmlings verringert und er durch die ihm drohende Benachteiligung gegenüber den anderen Abkömmlingen von der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs meistens abgeschreckt. Rechtsanwalt Dr. M o d e l , Fachanwalt für Steuerrecht, Moers

BFH v . 2 4 . 1 . 1 9 5 8 (II) 1 VI 9/56 S

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 77

1. Zur Behandlung von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen von zusamenlebenden Ehegatten nadi § 26 a Abs. 2 und 3 und § 26 b EStG 1957. Es macht für die steuerliche Berüdcsiditigung von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen grundsätzlich keinen Unterschied, ob die Ehegatten getrennt oder zusammen veranlagt werden. 2. Verpflichtet sich ein Ehegatte in einer notariellen Urkunde gegenüber dem Vater des anderen Ehegatten zu einer Unterhaltsrente, so sind die Rentenleistungen bei beiden Ehegatten keine Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Ziff. 1 EStG. Sie können aber unter den Voraussetzungen des § 33 a EStG 1955 bei beiden Ehegatten als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1; EStG 1957 § 10 Abs. 1 Ziff. 1, § 12 Ziff. 2, § 26 a Abs. 2 und 3, § 26 b, § 33 a; Beschluß des Bundesverfassungsgerichts 1 BvL 4/54 vom 17. Januar 1957 betreffend die Nichtigkeit des § 26 EStG 1951 (BStBl. 1957 I S. 193).

II. Besprechung Die obigen Reditsgrundsätze sind nicht bedenkenfrei. Die vorstehende Grundsatzentsdieidung, die zur Ehegattenbesteuerung ergangen ist, befaßt sich mit dem Sonderausgabenabzug bei getrennter (§ 26 a EStG 1957) Veranlagung und bei Zusammenveranlagung (§ 26 b EStG 1957) der Ehegatten. Ihr lag der folgende Sachverhalt zugrunde: Die Eheleute hatten gemeinsam in einer notariellen Urkunde dem Vater der Ehefrau wegen dessen Hilfsbedürftigkeit eine monatlidie Rente zugesagt und sidi wegen dieser Schuld der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr Vermögen unterworfen. Der Ehemann, der allein Einkünfte gehabt und allein die Rentenzahlungen geleistet hat, setzte den Jahresbetrag als Sonderausgabe ab. Das Finanzamt versagte unter Berufung auf § 12 Ziff. 2 EStG den Abzug, weil die Rente als eine Zuwendung an eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person angesehen werden müsse. Der BFH hat diese Reditsauffassung bestätigt. Sie entspricht der Rechtsauffassung auf der Grundlage des durch Beschluß des BVerfG vom 17. 1. 1957 (BStBl. 1957 I S. 193) für nichtig erklärten § 26 EStG 1951. Obwohl mit der Nichtigerklärung des § 26 EStG 1951 die Rechtsgrundlage für diese Auffassung weggefallen ist, glaubt der BFH für zusammenlebende Ehegatten gleichwohl an ihr festhalten zu müssen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die Ehegatten im einzelnen Falle getrennt oder auf ihren Antrag hin zusammen veranlagt werden. Er schließt sich insoweit vollinhaltlich den Darlegungen des BdF, der dem Verfahren beigetreten war, an. Dieser erklärte für die Zusammenveranlagung: „Die Sonderausgaben des einen Ehegatten sind ohne weiteres auch als solche des anderen anzusehen" und für die getrennte Veranlagung: „Es kommt . . . audi im Falle der getrennten Veranlagung nicht darauf an, wer von den Ehegatten die einzelnen Sonderausgaben geleistet hat. Die Aufwendungen des einen Ehegatten gelten audi hier zugleich als solche des anderen mit der Folge,

L o e p e l m a n n , BFH-Besprediungen, IX. 58.

2 daß ohne Rücksicht auf die Person des Leistenden solche Aufwendungen nicht abgezogen werden dürfen, deren Abzug als Sonderausgaben bei einem der Ehegatten ausgeschlossen ist". Gegen diese Rechtsauffassung bestehen in mehrfacher Hinsicht gewichtige Bedenken. Sie trägt dem BVerfG-Besdiluß vom 17. 1. 1957, der sich eindeutig zum Grundsatz der Individualbesteuerung bekennt, nicht hinreichend Rechnung; insbesondere läßt sie in der Frage der Abzugsfähigkeit der Rentenzahlungen als Sonderausgaben alles beim alten und beruht nach wie vor auf der Fiktion der Einheit der Ehegatten als Steuersubjekt — eine Fiktion, die in ihren ehe- und familienschädlichen steuerlichen Auswirkungen vom BVerfG als verfassungswidrig gekennzeichnet worden ist. Es kann m. E. keinem Zweifel unterliegen, daß der Grundsatz der Individualbesteuerung auch die auf § 26 EStG 1951 gegründete frühere Reditsauffassung zu dieser Frage beeinflußt. Zwar meint H a r t z (Betrieb 1957 S. 763), der Beschluß des BVerfG zwinge nicht zu so weitgehenden Folgerungen. Für diese Auffassung spricht, daß das StÄndG 1957 selbst bei der zum Grundsatz erhobenen Getrenntveranlagung (§ 26 Abs. 1 EStG 1957) für die Sonderausgaben die Veranlagungseinheit in gewissen Grenzen bestehen läßt (§§ 26 a Abs. 2 und 3 EStG 1957). Diese in erster Linie wohl auf verwaltungsmäßigen Zweckmäßigkeitserwägungen beruhende Regelung führt in der Regel zu keiner steuerlichen Benachteiligung der Ehegatten. Gleichwohl darf nicht übersehen werden, daß § 26 Abs. 1 EStG 1957 die getrennte Veranlagung zum Grundsatz erhebt und sich damit zum Prinzip der Individualbesteuerung für den Übergangszeitraum bekennt, also die Einzelbesteuerung der Ehegatten verfügt. Mit dieser das StÄndG 1957 beherrschenden Grundidee ist es nun aber sicherlich nicht vereinbar, bei getrennter Veranlagung demjenigen Ehegatten, der an einen unterhaltsberechtigten Verwandten des anderen Ehegatten eine Rente zahlt, die Abzugsfähigkeit dieser Rente als Sonderausgabe grundsätzlich zu versagen. Bei folgerichtiger Durchführung des Prinzips der Individualbesteuerung kann das Abzugsverbot des § 12 Ziff. 2 EStG nur noch wirksam werden, wenn der leistende Ehegatte dem Rentenempfänger gegenüber gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist. Die vom BFH vertretene Rechtsauffassung geht jedoch nach wie vor von der Einheit der Ehegatten als Steuersubjekt aus (wie hier B ö t t c h e r - G r a s s , Die Ehegattenbesteuerung, ForkelVerlag Stuttgart 1957, S. 99; T h e i s , Die Ehegattensteuer, 4. Aufl. 1958, S. 67). Es soll nicht verkannt werden, daß die folgerichtige Verwirklichung der Individualbesteuerung gerade in den hier erörterten Fällen mißbraucht werden kann; so z. B. wenn die Ehefrau über hinreichende Einkünfte oder über eigenes Vermögen verfügt, der Ehemann aber gleichwohl die Rentenleistung übernimmt. Hier läge eine Umgehung des Abzugsverbots des § 12 Ziff. 2 EStG vor. Ihr könnte wirksam mit § 6 StAnpG entgegengetreten werden. Wenn aber — wie in dem vom BFH entschiedenen Falle — der Ehemann der alleinige Einkommensbezieher ist und die Ehefrau offenbar selbst nicht in der Lage ist, ihrer Unterhaltspflicht nachzukommen, weil sie weder Einkünfte noch verwertbares Vermögen besitzt, kann und darf sich das Abzugsverbot nicht auf den Ehemann auswirken. Selbstverständlich

BFH v. 24.1.1958 (11)3 können dann auch nicht die Ehegatten eine andere Aufteilung der Sonderausgaben beantragen, weil auch insoweit der Tatbestand einer mißbräuchlichen Rechtsanwendung zu bejahen wäre. Auch soweit auf Antrag eine Zusammenveranlagung der Ehegatten gemäß § 26 b EStG 1957 stattfindet, kann der Entscheidung des BFH nicht zugestimmt werden. § 26 b EStG 1957 verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 1 GG; er wird auch der vom BVerfG hervorgehobenen individuellen Veranlagung nicht gerecht und führt darüber hinaus zu einer steuerlichen Ungleichbehandlung. Zwar stehen die Wahlmöglichkeiten unter den verschiedenen Veranlagungsarten grundsätzlich allen Ehegatten zur Verfügung, aber nicht alle Ehegatten können von diesen Wahlmöglichkeiten im gleichen Ausmaß Gebrauch machen. Das gilt vor allem für die Fälle, in denen nur einer der beiden Ehegatten Einkünfte bezieht. Für diese Ehegatten bleibt es zwangsläufiig auch nach der Übergangsregelung bei der vom BVerfG für nichtig erklärten Zusammenveranlagung, weil eine andere Wahlmöglichkeit gar nicht besteht. Die der Zusammenveranlagung anhaftenden unsozialen und ehe- und familienschädlichen Auswirkungen sind geblieben ( P a u l i c k , Grundgesetz und Besteuerung, Stbjb. 1957/58 S. 134 ff.]. Mag auch die vollständige Zusammenveranlagung gemäß § 26 b EStG 1957 nur auf Antrag, d. h. nur mit Zustimmung, der Ehegatten stattfinden, so kann dieser Antrag den Makel der Verfassungswidrigkeit nicht beseitigen, weil in den Fällen, wo nur der Ehemann Einkünfte bezieht, gar keine andere Wahlmöglichkeit für die Ehegatten besteht. Der Satz „Volenti non fit injuria" ist nicht anwendbar, denn auf vom Verfassungsgeber getroffene Wertentscheidungen, wie sie in Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG enthalten sind, kann wirksam nicht verzichtet werden. Es gibt keinen Verzicht auf Grundrechte ( v o n M a n g o l d t - K I e i n , Das Bonner Grundeesetz, 2. Aufl., Vorbem. B XVI 5]. Zwar kann von der Ausübung der Grundrechte, von der Geltendmachung einzelner, aus den Grundrechten fließender Befugnisse freiwillig und vorübergehend abgesehen werden, ohne daß dadurch das Grundrecht selbst und als solches berührt wird. Wo es aber — wie im Falle eines nur allein verdienenden Ehegatten — praktisch bei der bisherigen Zusammenveranlagung bleibt, führt das im Ergebnis zu einer Entziehung des in Art. 6 Abs. 1 GG verfassungsmäßig gewährleisteten Schutzes von Ehe und Familie. Mit Recht betont das Urteil des BFH vom 2. 4. 1957 I 335/56 (BStBl. 1957 III S. 162]: „Mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG wie mit dem Verfassungsgebot des Art. 6 GG . . . wäre es unvereinbar, Ehen mit eigenen Einkünften beider Ehegatten ohne besondere stichhaltige Gründe günstiger zu besteuern als Ehen, in denen der Ehemann die gesamten Einkünfte bezieht, die Ehefrau aber, weil sie im Haushalt tätig ist und die Kinder erzieht, sich im Wirtschaftsleben nicht betätigen kann. Eine steuerliche Benachteiligung solcher Ehen würde wohl auch dem Art. 6 GG widersprechen". Idi halte deshalb die Regelung des § 26 b EStG 1957 schon aus diesem Grunde für verfassungswidrig (so auch L i t t m a n n , Die Einkommensbesteuerung der Ehegatten, 1957, S. 24, 25).

4 Darüber hinaus scheint mir aber auch die Ansicht, daß für die Ermittlung der Einkünfte bei der Zusammenveranlagung nach § 26 b EStG 1957 die bisherigen Grundsätze weiterhin anzuwenden seien, unrichtig zu sein. Soweit sidi die Rechtsanwendung dabei auf die Fiktion der Einheit der Ehegatten als Steuersubjekt stützt — und davon gehen der BdF und der BFH auch heute noch aus — fehlt es für diese Fiktion auch im Falle der Zusammenveranlagung nach § 26 b EStG 1957 an der rechtlichen Grundlage. Mag diese Vorschrift auch wörtlich mit § 26 EStG 1951 übereinstimmen, so muß auch hier das Prinzip der Individualbesteuerung die Ermittlung der Einkünfte und des Einkommens unabhängig von der Veranlagungsart, für die sich die Ehegatten entscheiden, beeinflussen ( B ö t t c h e r - G r a s s a. a. O. S. 104, 105; T h e i s , S. 67: „Dieses Prinzip wird aus den mehrfach dargelegten Gründen gelten müssen, ob nun im Einzelfall tatsächlich die getrennte Veranlagung oder aber die Zusammenveranlagung durchgeführt wird"). Daraus folgt, daß der Ehemann, der als Alleinverdiener an seinen Schwiegervater eine Rente zahlt, diese auch bei der Zusammenveranlagung als Sonderausgabe absetzen darf, weil er diesem gegenüber nidit gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist. Dem tragen der BdF und der BFH nicht Rechnung, weil sie immer noch uneingeschränkt von der Einheit der Ehegatten als Steuersubjekt ausgehen. V a n g e r o w , der dem Urteil des BFH voll zustimmt (StW 1958 Sp. 352 ff.), bemerkt dazu, der Ehemann müsse das Abzugsverbot auch schon deshalb gegen sich gelten lassen, weil sonst der Wille des Gesetzgebers bei der Zusammenveranlagung mittelbar auch zugunsten der Ehefrau durchkreuzt werden könne. Auch er unterstellt dabei, daß § 26 b EStG 1957 mit Art. 6 Abs. 1 GG in Einklang steht und daß insoweit der Grundsatz der Individualbesteuerung zurückzutreten habe. Mit dem Beschluß des BVerfG vom 17. 1. 1957 ist diese Unterstellung schwerlich vereinbar. Prof. Dr. Heinz P a u 1 i c k , Mannheim

BFH v. 2 4 . 1 . 1 9 5 8

(III) 1

III 228/57 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 215

Auslegung des Begriffes der Gegenstände, die für die Berufsausbildung erforderlidi sind. LAG § 39 Abs. 1 Ziff. 1 b; BewG § 67 Ziff. 11.

II. Besprechung Wirtsdiaftlidie Betrachtungsweise bei der Vermögensabgabe. Diese Entscheidung über die Ermäßigung der Vermögensabgabe wegen des Kriegsschadens an der Fadibibliothek eines Direktors einer Fabrik mit kunstgewerblicher Produktion enthält einen erstmaligen wesentlichen Beitrag zur Definition des im Lastenausgleichsrecht wichtigen Begriffes der „Gegenstände, die für die Berufsausübung oder für die wissenschaftliche Forschung erforderlich sind". Das Urteil ist zwar lediglich zu § 39 Abs. 1 Ziff. 1 b LAG auf dem Gebiete der Ermäßigung der Vermögensabgabe wegen Kriegssachschadens ergangen. Da sich aber die grundlegende Bestimmung über den Kriegssachschaden in § 4 des Feststellungsgesetzes befindet und der Begriff in § 13 Abs. 1 Ziff. 2 a LAG (Kriegssachschäden) sowie im § 12 Abs. 1 Ziff. 2 a LAG (Vertreibungsschäden) wiederkehrt, geht die Bedeutung des Urteils weit über den Rahmen des § 39 Abs. 1 Ziff. 1 b LAG hinaus. Die Entscheidung ist durch und durch von wirtschaftlicher Betrachtungsweise getragen. Während die Vorinstanzen den Ermäßigungsantrag des Abgabepflichtigen von vornherein zurückgewiesen haben, hat der Lastenausgleichssenat des BFH den Antrag als schlüssig begründet anerkannt und den Fall zu der noch ausstehenden Sachaufklärung im einzelnen an das Finanzamt zurückverwiesen. Der BFH hat sich über kleinliche Bedenken hinweggesetzt und es als unschädlich erachtet, daß es sich um eine — neben der Bibliothek des Unternehmens, in dem der Antragsteller eine leitende Stellung bekleidete, bestehende — private Bücherei des Antragstellers in seinem Heim gehandelt hat. Das Abgabenrecht hat die Aufgabe, den Verhältnissen des Lebens, so wie es ist, gerecht zu werden. Leitende Persönlichkeiten eines Unternehmens, deren Aufgabe es, wie in dem vom BFH entschiedenen Falle, ist, richtungweisend über die kunstgewerbliche Produktion des Betriebes zu wachen, vermögen u. U. diese Aufgabe nicht vollständig und daher nicht befriedigend zu erfüllen, wenn ihre Zeit in den Geschäftsräumen z. T. durch kalkulatorische Arbeiten oder durch die in der Zeit des wirtschaftlichen Wiederaufbaues und damit auch des Personalaufbaues oft so schwierigen Personalfragen oder durch Materialbeschaffungs- oder Warenabsatzfragen in Anspruch genommen ist. Ihr Werk ist nicht zu Ende, wenn sie heimgehen. Für den Erfolg ihres Wirkens benötigen sie Anregungen zu neuer, zeitgemäßer und schöpferischer künstlerischer oder kunstgewerblicher Gestaltung. Anregende Gedanken solcher Art entstehen ehestens in einer ungestörten Atmosphäre, wie sie das Heim bietet. So kann sich eine private Fachbücherei neben der Werkbücherei als erforderlich erweisen. Dies gilt natürlich nur für den hochrangigen Aufgabenkreis eines Qualitätsarbeiters. Liegt es so nicht audi bei dem Wissenschaftler mit seiner privaten Bibliothek daheim? Würde hierher nicht z. B. auch die private

L o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, IX. 58.

2 Bücherei oder das private Laboratorium des Direktors einer chemischen oder chemotherapeutischen Fabrik rechnen können, ferner die Fachbibliothek des Direktors eines Unternehmens, das Porzellan — oder feingeschliffene Kristallglasprodukte herstellt? Hierbei kann der Eigentümer der Bücherei, wie der BFH zutreffend ausgeführt hat, nach dem richtig verstandenen Willen des Gesetzgebers nicht dadurch schlechter gestellt werden, daß zu seiner Bücherei außer den Fachbüchern audi allgemein interessante literarische Werke gehören, m. a. W. daß es sich um eine Universal-Bibliothek handelt. Von der Ermäßigung der Vermögensabgabe wird in solchem Fall nur derjenige Teil ergriffen, der die Fachbücherei darstellt und festzustellen ist. Stehen übrigens die Bücher über künstlerische Gestaltung in Frage, so würde auch Lessings „Laokoon" dazu gehören, in welchem das Problem behandelt ist, inwieweit der Künstler auch Unsympathisches darstellen soll. „Fachbücher" verlieren ihre Eigenschaft als solche nicht dadurch, daß sie auch allgemeinen literarischen Wert besitzen. Die weitere Frage, was für die Berufsausübung e r f o r d e r l i c h ist, hat der BFH mit Recht dahin beantwortet, daß die Gegenstände „unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalls und bei verständiger Würdigung des Umfangs sowie des Ranges des in Betracht stehenden beruflichen Aufgabenkreises" benötigt sein müssen. Es muß also eine gesunde Relation zu der Verantwortung und dem Aufgabenkreis des Angestellten bestehen. Ein technischer Gehilfe des leitenden Angestellten wird § 39 Abs. 1 Ziff. 1 b LAG im allgemeinen nicht für seine private Fadibüdierei in Anspruch nehmen können; er kann auf die Werkbücherei verwiesen werden. Der BFH hat sidi auch in diesem Falle mit dem Problem der Stichtagsbewertungsverhältnisse auseinandersetzen müssen, insofern nämlich, als in dem von ihm entschiedenen Falle zur Zeit der Kriegseinwirkung das Unternehmen in die Kriegsproduktion eingespannt war, also tatsächlich zu dieser Zeit ein kunstgewerblicher Betrieb fehlte und die streitig gewesene Bücherei — oberflächlich betrachtet — nicht in der Lage war, dem Unternehmen zu dienen. Doch ebenso wie sich der Gesetzgeber selbst, z. B. bei Grundstücksgesellschaften, obwohl sie Kapitalgesellschaften sind, zur Hypothekengewinnabgabepflicht entschlossen und hierbei nicht nur die Verhältnisse vom Währungsstichtag, sondern die Entwicklung bis Ende 1953 berücksichtigt hat, wird die Eingliederung in die Kriegswirtschaft auf lange wirtschaftliche Sicht nur als vorübergehende Erscheinung zu behandeln sein. So betrachtet, konnte die Fadibüdierei vorbereitenden Studien und Arbeiten für die spätere Normalproduktion der Fabrik dienen. Beachtlich bei Ermäßigungsanträgen aus § 39 Abs. 1 Ziff. 1 b LAG ist noch § 22 des Feststellungsgesetzes. Hiernach ist Feststellung des Kriegssachschadens an die Angaben des Geschädigten über die betroffenen Gegenstände in der dem Schadenseintritt vorangegangenen Vermögenserklärung gebunden, soweit solche Angaben erforderlich waren. In dem vom BFH entschiedenen Falle hat es indessen schon dem Werte nach an einer Angabepflidit gefehlt. So konnte der BFH mit Redit § 22 a. a. O. in dem Falle III 228/57 U als unschädlich erachten. Dr. Kurt F r i e d l a e n d e r , Bundesrichter beim BFH

BFH v . 2 4 . 1 . 1 9 5 8 (IV) 1

I. Leitsatz des Urteils

VI 195/56 U BStBl. 1958 III S. 122

Der Wert des Streitgegenstandes bemiBt sich nadi dem Steuerbetrag, um den in einem Verfahren unmittelbar gestritten wird. AO § 320.

II. Besprechung Es soll bei der Streitwertberedinung der Umstand, daß im Falle des Unterliegens im Folgejahr eine niedrigere Steuer festzusetzen ist, unberüdcsiditigt bleiben. Vielmehr ist allein auf das jeweils strittige Jahr abzustellen. Nach dem Tatbestand des Urteils wollte der Steuerpflichtige die Pachteinnahmen nicht für das Streitjahr 1951, sondern e r s t im Veranlagungsjahr 1952 besteuert wissen. Die früheren Instanzen waren bei der Streitwertberechnung so vorgegangen, daß sie den Betrag, um den sich die Einkommensteuer für 1951 im Fall des Obsiegens des Steuerpflichtigen gegenüber der ursprünglichen Veranlagung vermindert hatte, mit dem Betrag verrechneten, um den sich die Einkommensteuer 1952 automatisch erhöht hätte. Diese Berechnung, die der BFH für nicht zulässig hielt, ist an folgendem Beispiel zu erläutern. Eine Aktiengesellschaft, die einen Steuersatz von 45 °/o entrichtet, hat eine Warenforderung von DM 10 000,—, die im Juli 1957 voll uneinbringlich wurde in der Bilanz auf 31. 12. 1956 bereits voll abgeschrieben. Das Finanzamt trägt demgegenüber vor, daß das Ereignis, welches die Forderungsminderung gerechtfertigt habe, erst nach dem Bilanzstichtag, im April 1957, eingetreten sei und nicht mehr geltend gemacht werden könne. Wenn hier der Steuerpflichtige unterliegt, war im Veranlagungsjahr 1956 ein Steuerbetrag von 45 °/o aus DM 10 000,—, also von DM 4500,—, strittig. Nach der Entscheidung darf nicht berücksichtigt werden, daß die AG im Jahr 1957 in ihrer Bilanz ohnedies den Forderungsbetrag von DM 10 000,— ausbuchen könnte und damit jedenfalls um DM 4500,— weniger Steuern entrichten müßte. Es darf also der Streitwert nicht so errechnet werden, daß ihm nur die durch eine frühere Zahlung entstandene Zinsbelastung zugrundegelegt wird. Vielmehr ist auch bei der Streitwertfestsetzung j e d e s V e r a n l a g u n g s j a h r f ü r s i c h zu nehmen, wie das ja audi im Falle der strafbaren Steuerverkürzung geschieht (s. Härtung, Steuerstrafrecht; 2. Aufl. 1956 S. 66 und RGSt. Bd. 77, S. 196). Der BFH bezieht sich bei seiner Entscheidung auf das Urteil des RFH II A 229/20 vom 4. 2. 1921 Amtl. Slg. Bd. 15 S. 10, allerdings ohne daß die nähere Verbindung ersichtlich wäre. Diese Rechtsprechung folgt eher dem Gutechten des RFH GS D III 38 vom 28. 5. 1938 RStBl. S. 544, in dem ausgeführt wird, daß alle von der strittigen Steuer abhängigen sonstigen Leistungen nicht in den Streitwert einbezogen werden dürfen, da eine einfach gestaltete Berechnung des Streitgegenstandes weitgehenden Ermittlungen vorzuziehen sei. Das erwähnte Urteil des BFH stimmt in vollem Umfang mit der herrschenden Meinung des Schrifttums überein. So sagt Berger, Emil, „Der L o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, IX. 58.

2 Steuerprozeß" 1954 S. 594, daß sich der Streitwert schon aus dem Unterschied zwischen der festgesetzten Steuer und aus den nach dem Rechtsmittelantrag zu erhebenden bzw. zu schätzenden Betrag ergebe. Dabei gilt als maßgebender Antrag das wirkliche Begehren, wie es sich nach dem Rechtsmittelantrag errechnet (ebenso Hübschmann-Hepp-Spitaler, Kommentar zur AO Anm. 7 zu § 311), wo es heißt: „Beim Streit über einen Einkommensbetrag ist nur der Wert des strittigen Jahres zu berücksichtigen, wenngleich der Unterschied auch für spätere Jahre Geltung hat." Die gesetzliche Grundlage der Entscheidung ist der § 311 Abs. 2 AO, nach dem die Rechtsmittelgebühr nach dem Wert des Streitgegenstandes berechnet wird. In § 320 Abs. 1 AO ist weiter bestimmt, daß der Wert des Streitgegenstandes, insoweit erforderlich, festzustellen ist, und zwar im Rahmen der Zuständigkeit des § 319 Abs. 2 AO. Demnach gilt für die Streitwertfestsetzung eine billige Entscheidung, also eine, die nicht willkürlich sein darf. Wenn der BFH erklärt, daß Bemessungsgrundlage für den Streitwert nur der Steuerbetrag ist, um den in dem Verfahren u n m i t t e l b a r gestritten wird, so stehen dem die Bestimungen der AO nicht entgegen. Priv.-Doz. Dr. Dr. Kuno B a r t h , RA, WP, StB, Stuttgart-Degerloch

BFH v. 24.1.1958 (V) 1 I. Leitsatz des Urteils

VI 278/56 U BStBl. 1958 III S. 117

Ausgaben für die Anschaffung und Instandhaltung weißer Wäsche und Kragen, die zur Robe getragen werden, sind bei einem Riditer keine Werbungskosten. EStG 1955 § 9 Ziff. 5, § 12 Ziff. 1 Satz 2. II. Besprechung Auch Aufwendungen für die bürgerlidie Kleidung können Werbungskosten (Betriebsausgaben) sein, wenn der Beruf einen außergewöhnlichen Aufwand an Kleidung erfordert. Das Urteil beschäftigt sich mit der schwierigen Frage der Abgrenzung der Kosten der Lebensführung von den Aufwendungen zur Erzielung des Einkommens. Für diese Fälle hat die Rechtsprechung feste Grundsätze aufgestellt, die auf § 12 Ziff. 1 Satz 2 EStG beruhen. Danach sind Ausgaben für Kleidung Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Stpfl. mit sich bringt. Solche Aufwendungen können auch dann nicht vom Einkommen abgezogen werden, wenn sie den Beruf des Stpfl. fördern. — Nach der Rechtsprechung des RFH bezieht sich § 12 Ziff. 1 aber nicht auf Aufwendungen, die a u s s c h l i e ß l i c h durch den Beruf des Stpfl. veranlaßt sind. Solche Aufwendungen können als Werbungskosten anerkannt werden. Auch Aufwendungen, die ihren Grund sowohl in der privaten Lebenshaltung als auch im Beruf haben, können, soweit sie durch den Beruf veranlaßt sind, dann als Werbungskosten gelten, wenn sie sich von den Kosten der Lebensführung leicht und einwandfrei trennen lassen. Ist aber eine solche Trennung nicht oder nur unter Schwierigkeiten möglich, so können die Aufwendungen auch nicht teilweise abgezogen werden. Die Rechtsprechung vermeidet hiermit ein tiefes Eindringen in die persönlichen Verhältnisse des Stpfl. Die auftauchenden Fragen werden weniger nach den individuellen, als vielmehr nach den für den betreffenden Fall typischen Verhältnissen entschieden. Dies dient nicht nur der Verwaltungsvereinfachung, sondern auch dem Zweck einer möglichst gleichmäßigen Besteuerung. Nach diesen Grundsätzen sind Aufwendungen für Kleidung und Wäsche grundsätzlich Kosten der Lebenshaltung und können nur insoweit abgezogen werden, als es sich um typische Berufskleidung handelt, z. B. Amtstracht der Richter und Pfarrer, Berufskleidung der Ärzte, Chemiker, Kellner, Musiker, Schutzkleidung der Arbeiter, Theaterkleidung der Schauspieler. Dagegen sind Aufwendungen für erhöhte Abnutzung der bürgerlichen Kleidung, z. B. bei Geschäftsreisenden, Beamten im Außendienst, allgemein nicht abziehbar (RFH-U. v. 20. 9. 1933, RStBl. S. 1255 - Mehraufwand für Kleidung bei amtlichen Buchprüfern; RFH-U. v. 26. 10. 1933, RStBl. S. 1316 - Betriebsprüfer; OFH-U. v. 15. 10. 1948 MinBIFin. 1949/50 S. 332 — Aufwendungen für Schuhwerk bei einem im Außendienst tätigen Stpfl.; BFH-U. v. 24. 4. 1956, BStBl. III S. 195). Der BFH erkennt mit dem obigen Urteil nur die Ausgaben für Robe, Barett und Halsbinde als Aufwand für typische Berufskleidung und damit als abziehbar an. Die übrigen Aufwendungen — Ausgaben für die AnL o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, IX. 58.

2 Schaffung und Instandhaltung weißer Wäsche und Kragen, die zur Robe getragen werden — redinet er als nidit leicht und einwandfrei aussonderbar zu den Kosten der Lebensführung (gleicher Ansicht FG Kassel EFG 1954 Nr. 320). Zu diesem Urteil im Gegensatz steht die Entscheidung der Vorinstanz des FG Nürnberg v. 31. 8. 1956 (EFG 1957 Nr. 127), die durch das BFH-Urteil aufgehoben worden ist. Das FG hatte auf Grund der Erklärung des bayerischen Staatsministers für Justiz, zur Amtstracht gehörten auch weiße Hemden und weiße Kragen, auch die entsprechenden Aufwendungen für abziehbar erklärt und den beruflich bedingten Verschleiß auf 75 v. H. festgesetzt. — Daß weiße Hemden auch außerdienstlich getragen werden können, dürfte kaum zu bestreiten sein. Anders verhält es sich in der Regel mit den Kragen, die im Privatleben kaum noch getragen werden. Es handelt sich jedoch insoweit nur um geringfügige Beträge. Dieselbe Frage taucht auch bei Rechtsanwälten und Geistlichen auf. Aus dem Urteil des BFH darf nicht gefolgert werden, Aufwendungen für bürgerliche Kleidung könnten überhaupt nicht abgezogen werden. Auch Aufwendungen für bürgerliche Kleidung können im gewissen Umfange zu den Werbungskosten gerechnet werden, wenn einwandfrei festgestellt werden kann, daß der Beruf einen außergewöhnlichen Aufwand an Kleidung erfordert. Dies hat der RFH z. B. angenommen bei einem Reisenden für Schneiderzeitschriften, der besonders gut und oft wechselnd nach der neuesten Mode gekleidet sein müsse, um seine Schneiderzeitungen sachgemäß empfehlen zu können (U. v. 16. 9. 1931 RStBl. S. 921). Auch die Aufwendungen für Wäsche wurden in diesem Fall anerkannt. Ferner hat der RFH entschieden, Aufwendungen, die dem Direktor eines großen Hotels und dessen im Betrieb tätigen Frau für Kleidung entstehen, könnten vom Einkommen abgezogen werden. Der RFH führt aus, ohne den Betrieb hätte die Frau eines Hoteldirektors nicht so hohe Aufwendungen für Kleidung und Wäsche (U. v. 14. 11. 1934, RStBl. 1935 S. 413). Ähnliches gilt für die Direktrice eines Modeateliers, nicht dagegen für die Verkäuferin eines Kaufhauses (DStZ 1937 S. 1277). Der BFH hat diese Rechtsprechung anerkannt (U. v. 24. 4. 1956, BStBl. III S. 195). Er hat in einem nicht veröffentlichten Urteil auch bei Tanzlehrern solchen erhöhten Verschleiß anerkannt. Es entspreche der Erfahrung, daß Tanzlehrer beruflich eine bestimmte Kleidung (Frack oder Smoking, Spezialschuhe, weiße Wäsche) benötigten, die sie außerberuflich kaum verwenden könnten. Auch soweit sie gewöhnliche bürgerliche Kleidung benützten, trete durch die Art des Berufs und den häufigen Wechsel der Wäsche ein erhöhter Verschleiß ein. Der BFH hat den Mehraufwand für Berufskleidung der Tanzlehrer in Anlehnung an die in Abschn. 24 a LStR festgelegten Sätze geschätzt. — Von der Anerkennung der Aufwendungen für weiße Wäsche des Tanzlehrers bis zur Nichtanerkennung der Aufwendungen der weißen Wäsche für Richter ist allerdings nur ein kleiner Schritt. Helmut B o e k e r , Finanzgerichtspräsident, Karlsruhe

B F H v . 2 4 . 1 . 1 9 5 8 (VI) 1 III 255/56 S

I. Leitsätze des Urteils

BStBl. 1958 III S. 146

1. Ausgangswert für die Bildung der Rückstellung für Pensionsanwartschaften (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs III 161/54 S vom 26. Juli 1957 Slg. Bd. 65 S. 206, BStBl. 1957 III S. 314-) ist der Barwert der Anwartsdiaften für die bereits auf die abgelaufene Dienstzeit entfallenden Rentenanteile. 2. Dieser Barwert ist im Hinblidc auf die Fluktuation zu beriditigen. 3. Besteht für eine Wirtsdiaftsgruppe eine einheitliche Pensionsordnung, auf Grund deren die in einem Werk verbradite Arbeitszeit bei Obertritt eines Arbeiters oder Angestellten in ein anderes Werk der betreffenden Wirtsdiaftsgruppe voll angeredinet wird, so kann in einem solchen Fall die Fluktuation eventuell überhaupt unbeaditet bleiben. 4. Von den gegebenenfalls nadi Ziff. 2 berichtigten Ausgangswert ist ein Globalabsdilag von 75 v. H. vorzunehmen. BewG §§ 4, 6, 12, 14, 62, 66.

II. Besprechung Das Urteil bestätigt und ergänzt die Grundsatzentsdieidung vom 26. Juli 1957, hat jedodi die Bedenken gegen die geforderten Abschläge nidit beseitigen können. (1) Die Abzugsfähigkeit von Ruhegeldanwartschaften Die Entscheidung bringt eine widitige und notwendige Ergänzung des BFH-Urteils vom 26. 7. 1957, das erstmals feststellte, daß Ruhegeldanwartschaften nicht nur in den Ertragsteuerbilanzen, sondern nach dem „Gesetz der großen Zahl" audi bei der Einheitsbewertung abzugsfähig sind, wenn im Unternehmen mehr als hundert Anwartschaften bestehen. Leider hatte der Senat im vorliegenden Fall keine Gelegenheit, seine Forderung nach mindestens hundert Anwartschaften zu überprüfen und auf die hiergegen bestehenden Bedenken (vgl. Heissmann, WPg. 1957 5. 571 und 1958 S. 285) einzugehen. Der Senat hat jedodi ein Versäumnis nachgeholt, das die praktische Anwendbarkeit des Urteils vom 26. 7. 1957 ausschloß, nämlich die Festlegung des Ausgangswertes für die Bemessung der Rückstellung. Im vorliegenden Urteil wird dieser Ausgangswert bezeichnet als „Barwert der Anwartschaften für die auf die abgelaufene Dienstzeit entfallenden Rentenanteile". Dieser Wert ist ähnlich, aber nicht — wie der Senat fälschlicherweise annimmt - gleich dem auf eine Zusage im Eintrittsjahr bezogenen Gegenwartswert, wie er in den EStR 1955 Abschn. 41 Abs. 5 genannt ist. Er entspricht dem Wert, den der I. Senat (Urteil I 113/52 U vom 10. 2. 1953, BStBl. 1953 III S. 102] als Einmalrückstellung im Jahre der Zusage für die Ertragssteuerbilanzen der Jahre vor 1955 anerkannt hat. Der III. Senat lehnt damit sowohl den Ansatz des nach § 6 a EStG für die Ertragsteuerbilanzen geltenden Gegenwartswertes ab, der nur die Dienstzeit zwischen Zusage und Stichtag erfaßt, als auch den Barwert der Anwartschaft auf die Gesamtrente, der auch die künftige Dienstzeit berücksichtigt (vgl. zu diesen Begriffen im einzelnen Heissmann, WPg. 1957 S. 572).

L o e p e l r a a n n , BFH-Bespredmngen, IX. 58.

2 Die Wahl dieses Wertes wird man anerkennen können, obwohl manches für den Barwert der Anwartschaft auf die Gesamtrente spricht (vgl. Schandalik-Fasold, BB 1958 S. 457]. (2) Die Abschläge vom Ausgangswert Die im Urteil vom 26. 7. 1957 geforderten Abschläge in Höhe von 75 v. H. des Ausgangswertes waren Gegenstand einer sehr umfangreichen und heftigen Kritik im Schrifttum (vgl. insbesondere Heissmann, WPg. 1957 S. 569 und Beilage zu 1957 Nr. 23/24; Heubeck, Betrieb 1957 S. 928; im Anschluß an die vorliegende Entscheidung: Schandalik-Fasold, BB 1958 S. 457; Wilke, BB 1958 S. 516], Der III. Senat sah sich deshalb in der vorliegenden Entscheidung zu einer nochmaligen Stellungnahme veranlaßt. Die Begründung ist jedoch widerspruchsvoll und kann gegenüber den Argumenten des Schrifttums nicht überzeugen. Zunächst läßt das Urteil ein Eingehen auf die grundsätzlichen Bedenken gegen ein Abweichen von den versicherungsmathematischen Werten vermissen. Es setzt sich nicht mit der Tatsache auseinander, daß auch § 16 BewG für die Bewertung laufender Ruhegelder keinen Raum für derartige Abschläge läßt, obwohl die Argumente des Urteils auf die laufenden Ruhegelder in gleicher Weise zutreffen wie auf die Anwartschaften. Es läßt auch die Erfahrungen der Praxis unberücksichtigt, die erweisen, daß bei einer Veräußerung des Betriebs der volle versicherungsmathematische Wert ohne Abschläge angesetzt wird; der Teilwert richtet sich aber nach der allgemeinen Auffassung, die sich im Geschäftsverkehr herausgebildet hat (vgl. Gürsching-Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 1953 ff, Anm. 3 zu § 12 BewG). Ein nicht recht erklärlicher Widerspruch besteht zwischen dem vorliegenden Urteil und dem am gleichen Tage zu demselben Problem ergangenen, nicht zur Veröffentlichung bestimmten Urteil III 89/56 (s. Heubedc, Betrieb 1958 S. 414, und Heissmann, WPg. 1958 S. 285): Während im Urteil III 255/56 S die in einer mündlichen Verhandlung erläuterte Aufteilung der Abschläge auf die einzelnen, die Last verändernden Umstände ausdrücklich verworfen und lediglich ein Globalabschlag als angemessen bezeichnet wird, läßt der Senat im Urteil III 89/56 einen Abschlag von 50 v. H. genügen, weil im gegebenen Falle die Ruhegeldzusagen vorbehaltlos gewährt wurden, bleibt also trotz seiner ablehnenden Haltung im anderen Verfahren bei einem Abschlag von 25 v. H. wegen Vorliegens von Vorbehalten. Auch die Rechtfertigung für die Abschläge kann nicht befriedigen. Lediglich der Abschlag von 25 v. H. wegen der Erhöhung des Rechnungszinssatzes von 3,5 v. H. auf 5,5 v. H. ist nicht zu beanstanden. Der Abschlag wegen Vorliegens von Vorbehalten ist nicht ausreichend begründet. In der Entscheidung vom 26. 7. 1957 stützt der Senat die Bewertung ausdrücklich auf den Teilwertgedanken des § 12 BewG, also auf den Ansatz einer Verpflichtung durch einen fiktiven Erwerber des ganzen Betriebes. Steht somit der Gedanke der wirtschaftlichen Last im Vordergrund, so ist es unverständlich, warum der Senat die Wahrscheinlichkeit der tatsächlichen Inanspruchnahme für nicht entscheidend hält. Tatsächlich ist nämlich die Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme der Vorbehalte kaum größer als die Wahrscheinlichkeit, daß der Arbeitgeber von einem

BFH v. 2 4 . 1 . 1 9 5 8 (VI) 3 Widerrufsrecht Gebrauch madit, das ihm auch bei vorbehaltlosen Zusagen nadi allgemeinen Grundsätzen zusteht (vgl. Heissmann, Die betrieblichen Ruhegeldverpflichtungen, 2. Aufl. 1956, S. 20 ff.). Wenn sich der Senat demgegenüber auf einen formalen Standpunkt stellt und die rechtliche Möglichkeit, sich von der Last zu befreien, für ausschlaggebend hält, so hätte er aber doch den vielfach formalen Charakter der Bewertungsvorschriften in gleicher Weise beachten müssen. Der Rechtscharakter der Last wird in § 7 BewG angesprochen, nach dem auflösend bedingte Lasten wie unbedingte zu behandeln sind. Hieraus läßt sidi ein Grundgedanke des Bewertungsgesetzes entnehmen, der eine analoge Anwendung auch auf bloß wirtschaftliche Lasten rechtfertigt: Umstände, die den Wegfall der Last zur Folge haben können, sollen bei der Bewertung nicht berücksichtigt werden, wenn ihr Eintritt ungewiß ist. Gerade das ist aber bei den Vorbehalten der Fall, und zwar auch bei Vorbehalten, die den Widerruf in das freie Belieben des Arbeitgebers stellen und deshalb die Rückstellungsbildung nach Ansicht des BFH schon dem Grunde nach ausschließen. Von besonderer Bedeutung erscheint weiter der Hinweis, daß § 16 BewG bei der Bewertung laufender Ruhegelder auf eine Berücksichtigung von Vorbehalten verzichtet; es ist kein Grund ersichtlich, warum beide Lasten verschieden behandelt werden sollten. Der Senat hält auch an dem eigenkapitalähnlidien Charakter der Ruhegeldrüdcstellungen fest und bezeichnet sie als „eigengebildetes K a p i t a l . . . , nicht Fremdkapital". Der Senat hat hier übersehen, daß diese Begriffe einander nicht widersprechen: Mit dem Begriff „eigengebildetes Kapital" wird die Herkunft der Mittel, mit dem Begriff „Fremdkapital" der Schuldner der Verpflichtung bezeichnet. Es gibt deshalb durchaus „eigengebildetes Fremdkapital", worunter insbesondere die Rückstellungen fallen (vgl. Heissmann, BB 1957 S. 1106 ff.). Der Ausweis der Ruhegeldverpflichtungen unterscheidet sich nicht von sonstigem Fremdkapital. Eine abweichende Bewertung mit Rücksicht auf den Finanzierungseffekt der Ruhegeldrückstellungen ist deshalb nicht zulässig. Ob der Senat noch daran festhält, daß die Verbesserung des Betriebsklimas eine lastmindernde Wirkung habe, ist zweifelhaft. Obwohl er gegen einzelne im Schrifttum vertretene Argumente angeht, wird man annehmen müssen, daß er diese Auffassung nicht mehr aufrecht erhält. Daneben will der Senat noch die Möglichkeit des Eintritts außergewöhnlicher Umstände berücksichtigt wissen, die in späteren Zeiträumen die Last mindernd beeinflussen können, während er andererseits die künftige wahrscheinliche Steigerung des Lohn- und Gehaltsniveaus nur in völlig unzureichender Weise berücksichtigt (vgl. den zahlenmäßigen Nachweis von Heubeck, Betrieb 1957 S. 931). Zusammenfassend muß festgestellt werden, daß das Bemühen des Senats, an dem vorgefaßten Ergebnis, nämlich der Forderung nach einem Abschlag von 75 v. H., festzuhalten, in der sachlichen Begründung nur eine unzureichende Rechtfertigung findet. Dr. Dr. Ernst H e i s s m a n n , Steuerberater, Gutachter für betriebliche Altersversorgung, Wiesbaden

BFH v. 2 4 . 1 . 1 9 5 8 (VII) 1 VI 86/56 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 107

Die Festsetzung von Sonderausgaben-Hödistbeträgen in versdiiedener Höhe für den Ehemann und die Ehefrau bei zusammenlebenden Ehegatten im § 10 Abs. 2 Ziff. 3 a EStG 1953 widerspricht weder Art. 3 noch Art. 6 GG. EStG 1953 § 10 Abs. 2 Ziff. 3 a.

II. Besprechung Bedenken gegen die Einschränkung der Individualbesteuerung bei Ehegatten. Im Ergebnis ist dem Urteil zuzustimmen. Das Urteil stellt zu Recht fest, daß die unterschiedliche Höhe der Sonderausgaben-Höchstbeträge nicht gegen Art. 3 GG verstößt. Der allgemeine Gleidiheitsgrundsatz ist nur dann verletzt, wenn für die vom Gesetzgeber vorgenommene Unterscheidung jeder sachliche Gesichtspunkt fehlt, die Unterscheidung also willkürlich ist. Die unterschiedliche Bemessung der Höchstbeträge kann aus den in dem Urteil dargelegten Gründen nicht als willkürlich angesehen werden. Das gesetzgeberische Ermessen hat dabei insbesondere auch nicht die Grenze, die ihm durch die Konkretisierung des allgemeinen Gleichheitssatzes in Art. 3 Abs. 2 GG gesetzt ist, überschritten; denn die Beschränkung des Höchstbetrages auf DM 400,— betraf nicht die Frauen schlechthin, da ein Alleinstehender den Höchstbetrag von DM 800 — erhält, gleichviel, ob er Mann oder Frau ist (vgl. insoweit FG Stuttgart vom 25.11.1955, EFG 1956, S. 248 und Hartz, „Betrieb" 1958, S. 240). Bei Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit nach Art. 6 GG (Schutz der Ehe) hält sich das Urteil auf der Linie der neueren BFH-Rechtsprechung, wenn es zur Begründung der Verfassungsmäßigkeit der streitigen Bestimmung u. a. ausführt, der Grundsatz der Individualbesteuerung erfordere es nicht, daß der Gesetzgeber Ehegatten steuerlich in jeder Hinsieht wie von einander unabhängige fremde Einzelpersonen behandeln muß. Diese Feststellung dürfte jedoch schwerlich mit dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 17. 1. 1957 1 BvL 4/54 (BStBl. I 1957, 193) zu vereinbaren sein. Das BVerfG hat in diesem Beschluß es zwar nicht für unzulässig erklärt, an dem Tatbestand der Eheschließung Rechtsfolgen mit gewissen wirtschaftlichen Auswirkungen zu knüpfen, „soweit das der Natur des geregelten Lebensgebietes entspricht". Es erscheint jedoch bedenklich, das Wesen der Ehe als solches zur Grundlage einer die Ehegatten benachteiligenden Einschränkung der Individualbesteuerung zu machen. Dies dürfte nicht im Sinne des Bundesverfassungsgerichts liegen. Es kann m. E. nadi der Nichtigkeitserklärung des § 26 EStG a. F. von einer steuerlichen Einheit der Ehegatten in keiner Form mehr gesprochen werden. Die Ehegatten müssen vielmehr als vollkommen selbständige Steuersubjekte behandelt werden, wenn andernfalls eine Sdilechterstellung der Verheirateten gegenüber den Unverheirateten eintritt. Das Wesen der Ehe als einer persönlichen Lebensgemeinschaft dürfte dem nicht entgegenstehen. Ausschlaggebender Anknüpfungspunkt für eine steuerliche Einordnung der Ehegatten dürfen nicht die persönlichen, sondern müssen die wirtschaftlichen Beziehungen sein. Wenn es den Ehegatten aber erlaubt ist, bürgerlich-rechtlich ihre wirtschaftlichen

L o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, IX. 58.

2 Beziehungen als selbständige Reditssubjekte untereinander frei zu gestalten, ist kein zwingender Grund ersichtlich, weshalb das Steuerrecht nicht gehalten sein soll, diese prinzipielle Selbständigkeit ebenfalls anzuerkennen. M. E. ist jede Abweichung von der Individualversteuerung, die für die Ehegatten zwangsläufig steuerliche Nachteile bringt, verfassungswidrig. In dem Urteilsfall muß allerdings berücksichtigt werden, daß die unterschiedlichen Höchstbeträge, die isoliert betrachtet mit der Individualbesteuerung nicht zu vereinbaren sind, in ihrer Auswirkung durch den Vorteil als ausgeglichen angesehen werden müssen, daß auch dann, wenn einer der Ehegatten keine Einkünfte oder keine Sonderausgaben hat, sich für den anderen Ehegatten der ihm allein zustehende Höchstbetrag erhöht. Im Ergebnis ist dem Urteil daher zuzustimmen. Da, worauf auch in der Urteilsanmerkung in „Betriebsberater" 1958, S. 258, hingewiesen wird, ab Veranlagungszeitraum 1955 die SonderausgabenHöchstbeträge für Ehemann und Ehefrau gleich hoch sind, liegt die Bedeutung des Urteils im wesentlichen in seinem Beitrag zur Frage der Ehegattenbesteuerung im allgemeinen. Bundesrichter Dr. Hartz hält in seiner Besprechung in „Betrieb" 1958, S. 240 die getroffene Entscheidung für richtig. Nach seiner Ansicht lehnt das Urteil eine Überspitzung des Grundsatzes der Individualbesteuerung zutreffend ab. Rechtsanwalt Dr. F. N i e p o t h , Gießen

BFH v. 28.1.1958 (1)1 I. Leitsatz des Urteils

I 15/57 U BStBl. 1958 III S. 115

Erwirbt eine Hypothekenbank zur Kurspflege ausgegebene eigene Sozialpfandbriefe aus freien Mitteln zurüdc, so kann sie in Höhe der darauf entfallenden Zinsen die Steuerbefreiung nadi § 3 a Abs. 1 Ziff. 1 EStG 1953 in Anspruch nehmen. EStG 1953 § 3 a Abs. 1 Ziff. 1.

II. Besprechung Forderung und Sdiuld aus Inhaberpapieren folgen als Ausnahme nidit der Regel vom Erlösdien der Reditsverhältnisse durch Konfusion. Dies gilt — als Ausnahme — auch im Steuerrecht. Während in der Regel die Vereinigung von Forderung und Sdiuld in der Person des Gläubigers oder Schuldners das Rechtsverhältnis zum Erlöschen bringt, kennt das Gesetz eine Reihe von Ausnahmen, wo dies im Interesse der Rechtsordnung geboten erscheint. Eine solche Ausnahme gilt insbesondere in Ansehung von Rechten und Verbindlichkeiten aus Inhaberpapieren, bei denen das Recht aus dem Papier dem Recht am Papier folgt. Das Recht auf Leistung ist, ohne daß der Gläubiger genannt ist, gewissermaßen im Papier verselbständigt. Der Besitz des Papiers weist den Inhaber als zum Empfang der Leistung berechtigt aus; der aus dem Papier Verpflichtete wird durch die Leistung an den Inhaber des Papiers frei (§§ 807, 793 Abs. 1 BGB). Dodi kann der Aussteller nicht von sich selbst Zahlung verlangen, solange er das an ihn zurückgelangte Papier selbst in Besitz hat. Demgegenüber hat nun im vorliegenden Falle die Hypothekenbank die von ihr selbst ausgegebenen — emittierten — Sozialpfandbriefe, die sie im Interesse der Kurspflege vorübergehend aus freien Mitteln selbst angekauft hatte, ordnungsmäßig bedient und die auf sie entfallenden Zinsen in ihrer V. u. G.-Rechnung wirtschaftlich gesehen zutreffend als Aufwand wie zugleich als Ertrag ausgewiesen. Gleichwohl haben Finanzgericht und BFH zu Recht dem Antrag der Bank entsprochen, die als Ertrag verbuchten Zinsen gem. § 3 a Abs. 1 Ziff. 1 EStG 1953 steuerfrei zu lassen, und die Anwendbarkeit des § 13 KStG abgelehnt. Die Sozialpfandbriefe, deren Erlös zu mindestens 90 °/o zur Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus dient, erfüllen bezgl. der tatsächlichen Voraussetzungen den Tatbestand der angeführten Vorschrift. Die auf sie entfallenden Zinsen waren daher dieser Vorschrift gemäß steuerfrei. Die Auffassung des BdF, daß die Bank während der Zeit, in der sie die eigenen Pfandbriefe in Besitz hatte, Zinsen weder gezahlt noch vereinnahmt haben könne, steht mit dem bürgerlichen Recht zwar in Einklang. Es trifft auch zu, daß Zinsen begrifflich Geldleistungen sind, die der Schuldner eines Kapitals dem Gläubiger als Gegenleistung für die befristete Überlassung des Kapitals gewährt, und daß für gewöhnlich ein Zinsanspruch erlischt, wenn Forderung und Schuld sich in ein und derselben Person vereinen. Doch machen Zinsen auf Grund einer Schuld-

I

L o s p e l m a n n , BFH-Besprechungen, IX. 58.

2 versdireibung auf den Inhaber bzw. eines Inhaberpapiers hier wirtschaftlich eine Ausnahme, wie bereits Steinberg im BB 1954 S. 1024 unter Ziff. 5 zutreffend dargelegt hat (abgesehen davon, daß die Vorschrift des § 43 Abs. 1 Ziff. 5 EStG 1953 auf Zinsen der vorliegenden Art — steuerfreie Zinsen nach § 3 a EStG — keine Anwendung findet]. Dem ist audi der BFH in seinem Urteil gefolgt. Die Pfandbriefe, die in den Verkehr gegeben worden sind — für die noch nicht ausgegebenen, „nassen" Stücke gilt dies nicht! —, stellen steuerlich betrachtet selbständige Wirtschaftsgüter dar, bei denen, wie der Hauptanspruch selbst, auch der Zinsanspruch in der Person des Inhabers verselbständigt ist, gleichviel, in wessen Hand sich das Papier befindet. Soweit indes § 13 KStG — demzufolge bei einem nur zum Teil steuerpflichtigen Einkommen Ausgaben nur insoweit abgezogen werden dürfen, als sie mit steuerpflichtigen Einkünften in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen — gleichwohl die Steuerfreiheit der Zinsen in Frage zu stellen schien, verweist der BFH zu Recht auf den Sinn und damit den Vorrang der Vorsdirift des § 3 a EStG. Wirtschaftlich und sachlich handelt es sich bei diesen „technischen Steuerbefreiungen" — wie Riewald sie nennt fDStR 1953 S. 153] — um kapitalmarktpolitische Maßnahmen. Der Verzicht des Steuergläubigers auf die auf die Zinsen entfallende Steuer soll dem Käufer der Sozialpfandbriefe in der Form eines versteckten Zuschusses einen marktgerechten Mindestnettozins garantieren, ohne den nach den Verhältnissen am Kapitalmarkt die Ausgabe der Pfandbriefe nicht möglich gewesen wäre. Dies gilt ohne Ansehen der Person des jeweiligen Besitzers, ob er nun eine dem Emittenten fremde Person oder aber — z. B. aus Anlaß eines Stützungskaufes — der Emittent selbst ist. Im vorliegenden Falle trat noch hinzu, daß die Kurspflege — als Motiv des Erwerbs der eigenen Pfandbriefe — für die Kursstabilität unerläßlich und damit für die Erhaltung des Vertrauens der Pfandbriefgläubiger von besonderer Bedeutung ist, ein Umstand, der es im Verein mit dem Verzicht auf eine günstigere Anlage der aufgewendeten Mittel wirtschaftlich nicht gerechtfertigt erscheinen ließ, der Bank die einem jeden Pfandgläubiger garantierte Mindestnettoverzinsung vorzuenthalten, indem man ihr die Steuervergünstigung versagte. Audi konnte nicht übersehen werden, daß die Bank gegebenenfalls dasselbe wirtschaftliche Ergebnis im Wege der Vereinbarung gegenseitiger Stützungskäufe mit einer anderen Hypothekenbank hätte erzielen können. Dr. H. B i r k h o l z , Finanzgerichtsrat, Hannover

BFH v. 2 8 . 1 . 1 9 5 8 (II) 1 I 71/57 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 112

Die Vorschrift des § 8 Ziff. 5 GewSlG, wonadi das Gehalt eines mitarbeitenden Ehegatten, das den Gewinn eines Unternehmens gemindert hat, zur Ermittlung des Gewerbeertrags dem Gewinn wieder zuzuredinen ist, ist rechtsgültig. GG Art. 3, 6; EStG § 15 ZiS. 2, § 19; GewStG § 8 Ziff. 5.

II. Besprechung Es ist zweifelhaft, ob § 8 Ziff. S GewStG als verfassungsmäßig anzusehen ist. Das Urteil beschäftigt sich zunächst mit der Frage, ob das Gehalt eines Mitunternehmers dem Gewinn hinzuzusetzen und deshalb auch im Gewerbeertrag enthalten ist. Der BFH hat diese Frage in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung audi für den Fall bejaht, daß der Mitunternehmer nur geringfügig beteiligt ist. Er hat es abgelehnt, in diesen Fällen ein Arbeitsverhältnis zwischen Personengesellschaft und Mitunternehmer anzunehmen und beruft sich zur Begründung auf die Vorschrift des § 15 Ziff. 2 EStG. Dem BFH muß in diesem Punkt ohne Einwendungen zugestimmt werden. Er ist an die klare Bestimmung des Gesetzes gebunden und kann sich nicht anmaßen, den Gesetzgeber zu korrigieren. Der BFH hätte seine Befugnisse überschritten, wenn er dem Antrage der Steuerpflichtigen entsprochen und das Gehalt des Mitunternehmers entgegen dem klaren Wortlaut des Gesetzes nicht als Teil des Gewinns behandelt hätte. Hauptsächlich befaßt sich das Urteil aber mit einer anderen Frage. Der Ehegatte eines Mitunternehmers war in dem Betrieb der Personengesellschaft beschäftigt. Seine Tätigkeit wurde, da der Ehegatte nur geringfügig an der Personengesellschaft beteiligt war, als im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses geleistet anerkannt. Sein Gehalt wurde aber bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nach § 8 Ziff. 5 GewStG dem Gewinn hinzugerechnet. Es handelt sich nun darum, ob diese Vorschrift rechtsgültig ist oder ob sie gegen das Grundgesetz verstößt und deshalb nichtig ist. Die Meinungen prallen in dieser Frage stark aufeinander. Die hier behandelte Frage ist nur ein Teilstüdc aus dem großen Gebiet der steuerlichen Verhältnisse zwischen Ehegatten. Dieses ganze Gebiet ist durch die bekannte Entscheidung des BVG v. 17. 1. 1957, BStBl. 1957 I S. 193 in seinen Grundlagen erschüttert und zweifelhaft geworden. Da das BVG die frühere Zusammenveranlagung der Ehegatten bei der Einkommensteuer für nichtig erklärt hat, weil sie nach seiner Meinung Art. 6 Abs. 1 GG (Schutz der Ehe) verletzte, werden von vielen Seiten alle Vorschriften, in denen es sich um die Besteuerung von Ehegatten handelt, aus dem gleichen Grunde für nichtig angesehen. Darunter fällt naturgemäß auch § 8 Ziff. 5 GewStG. Es hat keinen Zwedc, hier die bezeichnete Entscheidung des BVG zu untersuchen. Das empfiehlt sich schon deshalb nicht, weil diese Entscheidung weitgehend politisch aufgefaßt und weil mit politischen Grundgedanken zu ihr Stellung genommen wurde. Auf der einen Seite stehen die Individualisten, auf der anderen Seite diejenigen, die die Ehe als eine Gemeinschaft ansehen und die naturgemäß auch sonst die Beziehungen L o e p e l m a n n , BFH-Besprediungen, IX. 58.

2 zwischen den Mensdien vom Standpunkt des Gemeinsdiaftsdenkens aus beurteilen. Es ist mißlich, bei einer sachlichen Stellungnahme auf diese weltanschaulichen Gegensätze einzugehen. Ich möchte annehmen, daß der BFH aus diesem Grunde zu den angeschnittenen Fragen nur kurz Stellung genommen und sich in der Hauptsache auf den Realsteuercharakter der Gewerbesteuer gestützt hat. Vangerow, StuW 1958 Sp. 357 sieht darin mit Recht eine Schwäche des Urteils. Wahrscheinlich war dem BFH aber schon bekannt, daß das Niedersächsische Finanzgericht in seinem Urteil v. 5. 11. 1957 - II 361/57, BB 1958 S. 264 § 8 Ziff. 5 GewStG für verfassungswidrig angesehen und die Entscheidung des BVG erbeten hat. Der BFH hat deshalb wohl auf eine ausführliche Stellungnahme zu der Frage verzichtet. Er hat sich darauf berufen, daß die Mehrheit des Bundestags bei der Beratung über die Ehegattenbesteuerung die Vorschrift für verfassungsmäßig angesehen hat, und hat weiter ausgeführt, daß nicht stets ein Verstoß gegen Art. 6 GG vorliegt, wenn eine steuerliche Bestimmung die Ehegatten irgendwie beeinträchtigt. Daß die Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Ziff. 5 GewStG die Ehegatten in gewisser Weise benachteiligt, ist nicht zu bestreiten. Es fragt sich nur, ob diese Beeinträchtigung wegen des Realsteuercharakters der Gewerbesteuer hingenommen werden muß. Der BFH hat das bejaht. Die gleiche Ansicht hat das Finanzgericht Stuttgart am 26. 11. 1957, EFG 1958 S. 99 vertreten. Man kann § 8 Ziff. 5 GewStG nur im Rahmen der Hinzurechnungsvorschriften des § 8 Ziffern 3 bis 6 GewStG sehen. Alle diese Vorschriften haben gemeinsam, daß außer den Bezügen der stillen Gesellschafter, der wesentlich Beteiligten usw. auch die Gehälter und sonstigen Vergütungen der betr. Ehegatten bei der Ermittlung des Gewerbeertrags hinzuzurechnen sind. Diese Vorschriften haben den Zweck, zum objektiven Gewerbeertrag zu gelangen. Außerdem sollen sie verhüten, daß der Gewinn durch schwer nachprüfbare Anstellungsverträge mit den Ehegatten unberechtigt gemindert wird. Es läßt sich nicht verkennen, daß die Hinzurechnung der Ehegattengehälter eine gewisse Benachteiligung der Verheirateten mit sich bringt. Die Benachteiligung ist aber gering im Verhältnis zu der durch den früheren § 26 EStG. Außerdem ist sie nicht in erster Linie durch die Ehe bedingt wie bei der Einkommensteuer, sondern mehr durch die Mitarbeit im Gewerbebetrieb. Die Auswirkung der Vorschriften ist auch gering, da die Gewerbesteuer als Betriebsausgabe abgezogen werden kann. Man kann deshalb auf keinen Fall sagen, wie Grass, Die Ehegattenbesteuerung, Forkel-Verlag, 1957, S. 170 es tut, die Hinzurechnungen wären familienfeindlicher als die frühere Zusammenveranlagung der Ehegatten bei der Einkommensteuer. Audi seine Behauptung, durch die Hinzurechnungen würde der objektive Gewerbeertrag verzerrt, ist unzutreffend. Man kann nur sagen, daß die Hinzurechnungen nicht ausreichen, um zum objektiven Gewerbeertrag zu gelangen. Immerhin ist hier vieles zweifelhaft. Man kann darum das BFH-Urteil nur als vorläufige Stellungnahme ansehen und wird die Entscheidung des BVG abwarten müssen. Ministerialdirigent Dr. L e n s k i , Hannover

B F H v. 2 9 . 1 . 1 9 5 8 (1)1 II 213/57 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 150

Ober die steuerliche Auswirkung der vorübergehenden Verwendung des Fahrzeugs für nidit steuerbegünstigte Zwecke. KraftStG 1955 § 3.

II. Besprechung Dem Urteil ist in vollem Umfang zuzustimmen. Nach § 3 KraftStG 1955 kann Körperbehinderten, die sich infolge der Körperbehinderung ein Personenkraftfahrzeug halten, die Steuer für ein Personenkraftfahrzeug von nidit mehr als 2400 ccm Hubraum auf Antrag ganz oder teilweise — jeweils nach näherer Maßgabe dieser Vorschrift — erlassen werden. Wird ein Fahrzeug, für das die Steuervergünstigung gewährt worden ist, mißbräuchlich benutzt, d. h. in einer nach § 3 Abs. 2 KraftStG unstatthaften Weise verwendet, so ist die Steuervergünstigung für die Gültigkeitsdauer der Steuerkarte oder der Bescheinigung über die Steuerbefreiung zu widerrufen (§ 3 Abs. 3 KraftStG). Im vorliegenden Falle war der Halter des Kraftfahrzeugs ein Körperbehinderter i. S. des § 3 Abs. 1 Ziff. 1 KraftStG, d. h. ein Schwerbeschädigter i. S. des Bundesversorgungsgesetzes, dem das Finanzamt die KraftSt. auf seinen Antrag für die Dauer eines Jahres erlassen hatte. Um indes für die Zeit der Benutzung einer Kur, während der er selbst das Fahrzeug nicht benötigte, seiner Ehefrau die Möglichkeit zu geben, das Fahrzeug zu fahren, meldete er es unter Rückgabe der Bescheinigung über die Steuerbefreiung für 3 Monate zur Versteuerung an. Vor Ablauf dieser Frist stellte er erneut Antrag auf Erlaß nach § 3 KraftStG und zugleich auf Erstattung eines Teiles der gezahlten KraftSt. gemäß § 16 a. a. O. Beide Anträge lehnte das Finanzamt ab. Entscheidend für die Beurteilung ist die Auslegung der Einleitungsworte der Vorschrift des § 3 KraftStG, die der Senat dahin vorgenommen hat, daß Körperbehinderten die Steuer erlassen werden könne, s o l a n g e sie sich ein Personenkraftfahrzeug i n f o l g e ihrer Körperbehinderung halten. Er ist dabei — im Ergebnis — der Auslegung der Vorschrift des Art. I Ziff. i KRG Nr. 51 gefolgt, wie sie im Urteil II 77/52 v. 15. 10. 1952 (BStBl. 1952 III S. 331) näher ausgeführt worden ist. Danach ist die Befreiung, wenn auch für einen bestimmten Zeitabschnitt ausgesprochen, keine Befreiung für diesen bestimmten Zeitabschnitt schlechthin, mit der Folge, daß sie im Falle mißbräuchlicher Benutzung des Fahrzeugs für den Rest dieses Zeitabschnitts entfallen müsse, wie das Finanzamt angenommen hatte. Denn — unbeschadet der Vorschrift des § 3 Abs. 3 KraftStG — „liegt kein innerer Grund für die Annahme vor, daß der Gesetzgeber bei der Vorschrift des § 3 KraftStG 1955 eine in dieser Beziehung grundsätzlich andere Regelung gewollt hat, als sie im § 2 a. a. O. in den dort unter Nr. 1, 2, 4 und 5 angeführten Fällen getroffen ist. Dort ist gesagt, daß das Halten der angeführten Kraftfahrzeuge und Anhänger von der Steuer befreit ist, s o l a n g e die Kraftfahrzeuge ausschließlich zu dem steuerbegünstigten Zweck

L o e p e l m a n n , BFH-Besprediungcn, IX. 58.

2 verwendet bzw. die Anhänger ausschließlich hinter steuerbefreiten Kraftfahrzeugen für deren Zwecke mitgeführt werden." So ausgelegt ergibt sidi aus der Vorschrift des § 3 KraftStG, daß ein Körperbehinderter sein Fahrzeug zeitweise ausschließlich infolge seiner Körperbehinderung — mit der Folge der Steuerbegünstigung — und zeitweise wie jeder andere, körperlich nicht Behinderte — mit der Folge der Steuerpflicht des Fahrzeugs — halten kann. Damit wird auch im zweiten Falle die Anwendbarkeit der Vergünstigung für die Zeiten des ausschließlichen Haltens infolge der Körperbehinderung nicht ausgeschlossen. Will also ein Körperbehinderter, der sein Fahrzeug ausschließlich infolge seiner Körperbehinderung hält und dem die Steuer demgemäß vom Finanzamt erlassen worden ist, sein Fahrzeug zu einem steuerlich nicht begünstigen Zwecke benutzen, hat er dem Finanzamt den Wegfall der Voraussetzung für die Steuervergünstigung anzuzeigen und die Versteuerung seines Fahrzeugs zu bewirken [§ 36 Abs. 5 Kraft-StDV). Entfällt später umgekehrt der Grund für die Benutzung des Fahrzeugs zu steuerlich nidit begünstigten Zwecken, so „endet" in Ansehung der Vergünstigungsvorschrift des § 3 KraftStG für ihn die Steuerpflicht. Der vom Finanzamt auszusprechende Erlaß der Steuer begründet von diesem Zeitpunkt ab gemäß § 16 KraftStG die Erstattung der bereits entrichteten Steuer. Denn die steuerliche Auswirkung des Erlasses steht der Beendigung der Steuerpflicht gleich. Bedenken gegen diese Art der Beurteilung bestehen insbesondere deshalb nicht, weil § 39 Abs. 3 KraftStDV eine entsprechende Handhabung vorsieht für den Fall, daß ein versteuertes Fahrzeug während des Steuerzeitraums zu einem in § 2 Ziff. 1 KraftStG bezeichneten steuerbegünstigten Zwedc verwendet wird. Beispiel: Das Personenkraftfahrzeug eines Körperbehinderten ist — da ausschließlich infolge der Körperbehinderung gehalten — durch Erlaß der Steuer begünstigt. Gültigkeitsdauer der Bescheinigung über die Steuerbefreiung 1.1.1958 bis 31.12.1958. Für die Zeit vom 1. 5. bis 31. 7.1958 beabsichtigt der Halter, es zu einem nach § 2 KraftStG steuerlich nicht begünstigten Zweck zu benutzen. Er zeigt seine Absicht dem Finanzamt an, gibt die Bescheinigung über die Steuerbefreiung zurück und versteuert das Fahrzeug für die genannten 3 Monate. Die Benutzung zu steuerlich nicht begünstigten Zwekken endet jedoch bereits am 20. 6.1958. Der Halter zeigt dies dem Finanzamt an, beantragt erneut Erlaß der Steuer — die ggf. auf ein Jahr ebensogut aber auch zunächst bis zum ursprünglichen Zeitpunkt (31.12.1958) ausgesprochen werden kann — sowie Erstattung der Steuer für den Monat Juli 1958. Dr. H. B i r k h o 1 z , Finanzgerichtsrat, Hannover

BFH v . 3 0 . 1 . 1 9 5 8 (I) 1

I. Leitsatz des Urteils

V 211/55 U BStBl. 1958 III S. 139

1. Umhüllter Schweißdraht (Schweißelektrode, Mantelelektrode) fällt unter den Begriff „Draht aller Art", Flanschen fallen unter den Begriff „Röhren" fem Sinne des § 28 Abs. 2 Ziff. 9 Buditsabeb UStDB 1938 (§ 29 Abs. 2 Ziff. 9 Buchstabe b UStDB 1951). 2. Zur Frage der Bedeutung der zolltariflidien Einordnung einer Ware für ihre Anwendung im Umsatzsteuerrecht. UStG 1934 und 1951 § 4 Ziff. 4; UStDB 1938 § 28 Abs. 2 Ziff. 9 b; (UStDB 1951 § 29 Abs. 2 Ziff. 9 b).

II. Besprechung Der zolltariflidien Einordnung von Gegenständen liegt die Verkehrsauffassung zu Grunde. Der § 4 Ziff. 4 UStG befreit von der Umsatzsteuer die Lieferungen notwendiger Rohstoffe und Halberzeugnisse im Großhandel unter bestimmten weiteren Voraussetzungen. Was unter solchen notwendigen Rohstoffen und Halberzeugnissen zu verstehen ist, sagt § 29 UStDB 1951. U. a. werden in der Ziffer 9 b „Draht aller Art" und „Röhren" genannt. Was unter diesen Benennungen zu verstehen ist, wird in dem Urteil ausgeführt. Ausgehend davon, daß der Wortlaut „Draht aller Art" auf eine weite Auslegung schließen läßt, muß unter den Begriff alles fallen, was nach Sprachgebrauch und Verkehrsauffassung noch als Draht bezeichnet werden kann. Allgemein sind die in § 29 UStDB genannten Gegenstände nadi rein objektiven Merkmalen abzugrenzen — wie schon das Urteil V 59/52 S v. 30. 6. 53 BStBl. 1953 III S. 274 ausgeführt hatte so daß es bedenklich ist, die Entscheidung auf den Verwendungszweck der Gegenstände abzustellen. Entscheidende Bedeutung hat für die Abgrenzung die Verkehrsauffassung, die aus den Ansthaungen der beteiligten Wirtschaftskreise gewonnen wird. Das Urteil führt aus, daß umhüllte wie nadcte Elektroden aus gezogenem Eisendraht hergestellt werden, daß sämtliche Elektroden — gleich welcher Art — unter der Bezeichnung „Schweißdraht" in den Handel gebracht werden und bei den Eisenhändlern jeweils in der Abteilung „Draht" geführt werden. Diese Tatsachen sprechen dafür, daß audi umhüllter Schweißdraht als Draht anzusehen ist. Ähnlich ist es mit der Frage, ob Flanschen als Röhren anzusehen sind. Das Urteil stellt heraus, daß Flanschen schlechthin als Rohrverbindungsstücke gelten und daß alle Rohrverbindungsstüdce als notwendige Ergänzungen jeder Rohrleitung den gleichen Verwendungszweck haben. Der frühere RdF hatte zwar in dem Erlaß vom 19. 6. 1939 S 4138 - 18 III (USt-Kartei S 4138 K 27) den Standpunkt vertreten, daß Flanschen nur dann als begünstigt anzusehen sind, wenn sie in Verbindung mit Röhren geliefert werden. Diese Auslegung des RdF hält das Urteil für mit der Verkehrsauffassung nicht vereinbar. Besonders instruktiv sind die Ausfüllungen des Urteils über die Bedeutung der zolltariflichen Einordnung einer Ware für ihre Anwendung im Umsatzsteuerrecht. Die zolltariflidie Einordnung kann danach insofern von BedeuL o e p e l m a n n , BFH-Besprediungen, IX. 58.

2 tung sein, als bei der Aufstellung des Zolltarifschemas die beteiligten Wirtsdiaftskreise mitwirken und sich deshalb audi die Verkehrsauffassung in dem Schema widerspiegeln kann. Es ist jedodi zu beachten, daß der Zolltarif, um den Bedürfnissen des grenzüberschreitenden Warenverkehrs entsprechen zu können, so stark aufgegliedert sein muß, wie es die verschiedenen vorgesehenen Zollsätze verlangen. Bei der Heranziehung der zolltariflichen Einordnung muß darum auf die gegenüber dem Umsatzsteuerrecht andersartige Zweckbestimmung des Zolltarifsdiemas Bedacht genommen werden. Auch wenn Gegenstände unter verschiedenen Zolltarifnummern geführt werden, so spricht dies noch nicht gegen die Gleichartigkeit solcher Gegenstände im Sinne des Umsatzsteuergesetzes. Aus der Aufführung im gleichen Abschnitt des Zolltarifs lassen sich aber bereits Rückschlüsse auf die Gleichartigkeit der Gegenstände ziehen. Der Zolltarif kann darum nicht sdiematisch nach den einzelnen Tarifnummern verwendet werden, er ist vielmehr abschnittsweise zu lesen und für die Ermittlung der Verkehrsauffassung heranzuziehen. Bundesrichter Prof. Dr. H. v. W a l l i s , München

BFH v. 3 0 . 1 . 1 9 5 8 (11)1 V 165/57 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 214

Wermutwein ist Wein im Sinne der Freiliste 2. USlG 1951 § 4 Ziffer 2 b UStDB 1951 §§ 20, 21 nebst Anhang 1 (Freiliste 2).

II. Besprechung Maßgeblidikeit der Verkehrsauffassung, Klarheit der steuerlichen Bestimmungen. Unter Zolltarifnummer 2205 fallen Weine aus frischen Trauben mit Alkohol stummgemachtem Most (Mistella) sowie Schaumwein. Für Wein, der zur Herstellung von Schaumwein, Wermutwein und zum Verschneiden dient, gelten niedrigere Steuersätze. Unter Ziffer 2206 fallen Wermutweine und andere unter Verwendung von aromatischen Pflanzen hergestellte Weine. Nach der Anmerkung ist Wermut nur dann als solcher zu behandeln, wenn sein Weingeistgehalt nicht mehr als 180 g pro Liter enthält und einen zuckerfreien Extrakt von weniger als 18 g hat, sonst fällt Wermut unter Ziffer 2209, Trinkbranntwein. In der Verordnung über Wermutwein und Kräuterwein vom 20. März 1936 ist im § 1 gesagt, daß Wermutwein ein aus Wein unter Verwendung von Wermut hergestelltes Getränk ist, in dem der dem Wermut eigene Geschmadc deutlich hervortritt und dieser muß mindestens 750 ccm Wein enthalten, sowie mindestens 119 g und höchstens 145 g Alkohol. § 8 erklärt, daß Wermutwein zur Herstellung anderer weinhaltiger Getränke mit Ausnahme von Trinkbranntweingemischen (Mixgetränken, Cobbler) nicht verwendet werden darf. Nadi Brockhaus 15. Auflage ist Wermutwein ein ursprünglich in Turin beheimateter Würzwein. Nach dem Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 6. Januar 1954 IV S. 4116 - 36/53 Umsatzsteuerkartei S. 4118, Karte 54 soll Wermut nicht als Wein angesehen werden. Nach Ansicht des Ministeriums wird, abgesehen von Schaumwein, zolltariflich nur der Wein nach Ziffer 2205 als Wein angesehen. — Wermut würde nach Ansicht des Ministers nur ein weinähnliches Getränk darstellen, — wie Apfel- und Birnenwein. Das hessische Finanzgericht hat durch Urteil vom 7. Dezember 1956 IV 566/55 EFG 1957 S. 181 ausgesprochen, daß auch Wermutwein zu den Weinen im Sinne der Freiliste 2 gehört. Die gegenteilige Auffassung kann aus der zolltariflichen Regelung nicht entnommen werden und entspricht nicht der Verkehrsauffassung. Es führt insbesondere aus, daß diese Auffassung den dem Luxus dienenden Schaumwein begünstigen würde zu Lasten des dem Massenkonsum dienenden Wermutweines. In der Anmerkung verweist der Herausgeber der EFG auf das Urteil des BFH vom 7. März 1956, BStBl. III S. 160 und sagt, daß kein Zweifel sein könne, daß auch der Wermutwein nach den Zollbestimmungen unter Ziffer 2206 als „Wein" angesehen wird, es sei denn, daß es sich um aufgespalteten Wein, Anm. zu TN 2206, handelt. Nach dem Urteil vom 7. März 1956 ist für die Einordnung einer Ware in die Freiliste 2 die zolltarifliche Einordnung der Ware maßgebend. Diese Entscheidung ist nun durch das zu besprechende Urteil bestätigt worden. Jedenfalls ergibt sich aus dem Zolltarif und auch aus dem Weingesetz nicht zweifelsfrei, was unter „Wein" im Sinne der Freiliste 2 zu verstehen ist. Es soll deshalb, wie auch der BFH ausführt, auf die Verkehrsauffassung abgestellt

L o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, IX. 58.

2 werden. Im vorliegenden Falle sind eingehende Gutachten darüber eingeholt worden. Audi in anderen Streitfällen hat der BFH entschieden, daß die Verkehrsauffassung maßgebend ist. Im Urteil vom 30. Januar 1958 V 211/55 U BStBl. III S. 139 hat der BFH bei der Frage, ob umhüllter Sdiweißdraht, unter „Draht aller Art" fällt, ausgeführt, daß die Verkehrsauffassung maßgebend ist, und daß keinesfalls das Finanzgericht über die Gutachten hinweggehen dürfe, auch die zolltariflidie Einordnung stehe dem nicht entgegen. Was die Zolltarifizierungsvorschrift betrifft, so kommen m. E. auch die handelspolitischen Gesichtspunkte zum Ausdruck, in dem Rohstoffe niedriger versteuert werden als Fertigfabrikate. Deshalb hat in Ziffer 2205 der Zolltarif Schaumwein eine erhebliche größere Belastung, während die Weine zur Herstellung von Schaumwein und Wermutwein und zum Verschnitt niedriger belastet werden. Daher ist auch der Wermutwein in Ziffer 2206 als fertiges Produkt besonders aufgeführt. Beweiskräftig für die Ansicht des Ministeriums ist diese Aufteilung aus den angeführten Gründen nicht. Es handelt sich nur um zolltechnische notwendige Aufteilungen. Weiter hat in der Frage, ob auch Champignonkonserven, die vom Züchter hergestellt sind, landwirtschaftliche Erzeugnisse sind, der BFH den gleichen Standpunkt vertreten. Vergleiche Urteil vom 20. Januar 1955 V 120/54 BStBl. 1955 III. Teil S. 93. Dieses Urteil bestätigt ein Urteil des Finanzgerichts Schleswig-Holstein vom 24. Februar 1954 III 350/53 EFG 1954 S. 115, bemerkenswert ist hierbei, daß bereits das Finanzgericht Nürnberg zum selben Ergebnis gekommen war, auf Grund der Erklärungen des Hamburger und Bayerischen Lebensmittelgroßhandels. Dieses Urteil war rechtskräftig geworden, da die Verwaltung keine Recfatsbesdiwerde eingelegt hat; trotzdem hat die Oberfinanzdirektion Düsseldorf die Finanzämter angewiesen, nach dem Urteil nicht zu verfahren, sondern nach dem Urteil des Reichsfinanzhofes vom 11. 7. 1941, das einen gegenteiligen Standpunkt vertritt. Hierzu bemerkt der Herausgeber der EFG, angesichts der sehr sorgfältig und umfassend ermittelten Verkehrsauffassung durfte aber kaum eine andere Entscheidung des BFH zu erwarten sein. Es verweist hinsichtlich der Feststellung der Verkehrsauffassung auf die Urteile des BFH vom 6. 3. 1953 BStBl. 1953 III S. 162, 163 und vom 25. 6. 1953 S. 254. Der BFH hat ebenfalls ausgeführt, daß es auf die Verkehrsauffassung der beteiligten Wirtschaftskreise ankomme. Auch das Urteil vom 25. 6. 1953 V 2 150/529 betreffend Zolltarif 1951 hat die Frage, ob eine bestimmte Sorte Schweinespeck als frischer oder gesalzener Speck zu verzollen ist, die Verkehrsauffassung als maßgebend anerkannt. Hier waren auch die Fachverbände nicht gehört worden. Mit Recht ist der BFH der Ansicht, daß aus dem Weingesetz vom 25. Juli 1930 gegenteilige Schlüsse nicht gezogen werden können, denn Schaumwein fällt ebenfalls nicht unter das Weingesetz, gehört aber andererseits zu der Tarifnummer 2205. Dagegen läßt die Verordnung über Wermutwein und Kräuterwein vom 20. März 1936 erkennen, daß auch der Verordnungsgeber Wermutwein noch zu der Gattung „Wein" rechnet. Wichtig ist in der Begründung auch, daß nach der Auffassung des BFH der Bundesminister der Finanzen, wenn er entgegen der bisherigen Verwaltungsübung auch unter dem zeitlichen Geltungsbereich des Zolltarifs

BFH v. 30.1.1958 (11)3 von 1951 nunmehr ab 1. Januar 1954 Wein im Sinne der Freiliste 2 auf Wein der Tarifnummer 2205 beschränkt wissen wollte, dieses hätte klarstellen müssen. Schon im Urteil vom 7. 2. 1952 IV 430/51 S. 52 hat der BFH folgendes ausgeführt: Solange das Gesetz eine Voraussetzung nicht vorschreibt, ist sie auch nicht erforderlich. Durch die Rechtsprechung können im Gesetz nicht aufgeführte Tatbestandsmerkmale nicht festgesetzt werden, das ist Sache des Gesetzgebers. Im Urteil vom 14. Februar 1958 IV 162/55 U BStBl. III 1958 S.207 führt der BFH ebenfalls aus, daß ein Gesetz grundsätzlich nach seinem Wortlaut ausgelegt ist, es sei denn, daß diese Auslegung dem Willen des Gesetzgebers offensichtlich widersprechen und zu einem sinnwidrigen Ergebnis führen würde. Der Bundesfinanzhof hat wiederholt ausgesprochen, daß bei der Abweichung vom Wortlaut eines Gesetzes besondere Zurückhaltung geboten ist, wenn andernfalls eine Verschärfung der Besteuerung eintreten würde. Die Steuerpflichtigen dürfen darauf vertrauen, daß die Steuergesetze so gefaßt sind, daß sie den wirklichen Willen des Gesetzgebers zum Ausdruck bringen. Es mag Fälle geben, in denen die Auslegung eines Gesetzes gegen seinen Wortlaut so zwingend ist, daß bei vernünftiger Überlegung eigentlich niemand das Gesetz anders auffassen kann. Diese Fälle werden aber selten sein. Würde die Rechtsprechung allzu leicht vom Wortlaut einer Bestimmung abweichen, so könnte das zur Rechtsunsicherheit führen. Die Abweichung wäre besonders bedenklich, wenn möglicherweise Steuerpflichtige im Vertrauen auf den Wortlaut eines Steuergesetzes Dispositionen getroffen haben. Wenn die Steuergerichte sich bei Auslegung der Steuergesetze, vor allem zu Ungunsten der Steuerpflichtigen, zu leicht vom Wortlaut lösen würden, so könnte darunter auch das Vertrauen an die Gesetzgebung und an die Objektivität der Rechtsprechung leiden. Es entspricht einer vernünftigen Interessenabwägung, in einem demokratisch-parlamentarischen Staat, in dem die Gesetzgebung und die Verwaltung die Gesetze und Durchführungsverordnungen erlassen, das Risiko unklarer Fassung nicht durch leichtherzige Abweichung vom Wortlaut einseitig auf die Steuerpflichtigen zu verlagern. Bringt die Fassung eines Gesetzes das, was gesagt werden soll, nicht zum Ausdruck, so muß in der Regel der Gesetzgeber das Gesetz ändern und es so fassen, daß es für die Zukunft seinen Willen klar wiedergibt. Es ist erfreulich, daß der BFH in seinen Urteilen deutlich zu der Frage der Klarheit der Gesetze Stellung genommen hat. Das Vertrauen zur Verwaltung kann nicht gestärkt werden, wenn, wie in dem Champignon-Urteil und in dem Wermut-Urteil trotz guter Begründung der Finanzgerichtsurteile erst der BFH das letzte Wort sprechen muß, zumal, wenn die Verwaltung ein Urteil hat rechtskräftig werden lassen. Dies schadet auch dem Ansehen der Finanzgerichte und läßt den Verdacht aufkommen, daß die Verantwortung auf den BFH verschoben wird, d. h. bei der Verwaltung ein Mangel an Verantwortungsfreudigkeit vorhanden ist, ein Umstand, der auf die nachgeordneten Behörden abfärbt, was tief zu bedauern ist. Dr. Georg H o m a n n , Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht, Kiel

B F H v . 3 0 . 1 . 1 9 5 8 (III) 1 V 64/57 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 212

Die Verfügung, durdi die ein AbgabenerlaB, der aus Billigkeitsgründen ausgesprochen ist, gemäß § 96, Abs. 2 AO zurückgenommen wird, ist unabhängig von den gegen den Abgabenrüdcforderungsbesdieid nach § 23S Ziff. 5 AO gegebenen Rechtsmitteln selbständig mit der Beschwerde gemäß §§ 237, 303 AO anfeditbar. AO §§ 235 Ziff. 5, 237, 303; GG Art. 19 Abs. 4.

II. Besprechung Rechtsschutz gegen Rücknahme einer Abgabenvergünstigung Der Grundgedanke des Urteils Vz 64/57 U des Zollsenats des BFH, wie er sich aus den Gründen der Entscheidung ergibt, geht dahin: 1. Die Verfügung der Oberfinanzdirektion über die Rücknahme der ursprünglichen Billigkeitsentscheidung steht rechtlich selbständig neben der sidi aus ihr ergebenden Anordnung der Rückzahlung des nicht mehr als erlassen geltenden Zollbetrages und ist deshalb selbständig anfeditbar. 2. Im Falle des § 96 Abs. 2 AO hat der Pflichtige ein rechtliches Interesse an der Aufhebung der Rücknahmeverfügung wegen des in dieser enthaltenen Vorwurfs von unlauterem Verhalten. Der Zollsenat des RFH hat in seinem vom BFH leider nicht erwähnten Urteil IV A 278/32 vom 24. 11. 1932 (StW 1933 Rechtsspruch Nr. 3) zwar ebenfalls das Reditsschutzbedürfnis bejaht, aber die selbständige Anfechtbarkeit der Entscheidung über die Rücknahme des ursprünglichen Billigkeitserlasses verneint. Nach dem RFH war diese Entscheidung incidenter in dem Verfahren über die Rückforderung des Zollbetrages zu treffen. Zweifellos hat der Standpunkt des RFH den Vorzug der Einfachheit, da er aus zwei Verfahren ein Verfahren macht. Bei voller Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze und besonders des Rechtsschutzbedürfnisses der Abgabenpflichtigen wird in Anbetracht der Steuerbürde der Nation auf ein möglichst einfaches und kurzes Verfahren Wert zu legen sein. Auch gibt die Auffassung des RFH dem Zollpflichtigen einen stärkeren Rechtsschutz, weil nach der Entscheidung des RFH die Rücknahmeverfügung — anstatt im Besdiwerdeverfahren (§ 237 AO) — im ordentlichen Steuerrechtswege zu überprüfen ist; denn die Behandlung als „Incident-Punkt" im ordentlichen Rechtsmittelverfahren ergibt immerhin eine Entscheidung über die Zulassung der Rücknahme im ordentlichen steuerlichen Rechtsweg. So betrachtet, nimmt das Urteil des BFH dem Zollpflichtigen und im Falle der Rücknahme einer steuerlichen Erlaßentscheidung dem Steuerpflichtigen praktisch mehr als es ihm gibt. Dennoch ist die Entscheidung des BFH frei von Rechtsirrtum. Wenngleich das Ergebnis zu einem umständlich erscheinenden Verfahren und in der wesentlichen Frage der Rücknahme des Billigkeitserlasses zu einer Minderung des Rechtsschutzes des „Abgabepflichtigen" (Beschwerdeverfahren und erst dann Berufung und ggf. Rechtsbeschwerde) führt, ist diese Lösung die einzige, die dem Gesetz entspricht, an das die Gerichte gebunden sind. Die Rücknahme der Verfügung, mit der der frühere Billigkeitserlaß ausgesproL o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, IX. 58.

2 dien worden ist, ist — im Gegensatz zu den einen vorhandenen Steueransprudi lediglich feststellenden („deklaratorischen") Steuerbescheiden — eine r e c h t s g e s t a l t e n d e Entscheidung. Erst wenn dieser Gestaltungsakt vorgenommen worden ist, kann die darauf basierende Verfügung der Anforderung des vorher als erlassen geltenden Abgabebetrages getroffen werden, mag es sich nun um Zoll- oder Steuerbeträge handeln. Daher ist zunächst über die Rücknahme der Erlaßentscheidung und alsdann — getrennt davon — über die Anforderung des Abgabenbetrages zu befinden. Dieses Verfahren finden wir auch in dem entgegengesetzten Falle der Billigkeitsentscheidung selbst. Auch diese ist rechtsgestaltender Natur. Sie ist selbständig nach § 131 AO zu treffen und ggf. anzufechten. Wie diese nach § 237 AO lediglich mit einer Beschwerde angefochten und erst nach Ergehen der Beschwerdeentscheidung das Finanzgericht nach Art. 19 Abs. 4 GG angerufen werden kann, stellt es eine verständige parallele Lösung dar, wenn in dem entgegengesetzten Falle dasselbe Verfahren Platz greift. Im Rücknahmeverfahren nimmt der Abgabepflichtige lediglich eine Verteidigungsstellung ein; doch sachlich ist sein Petitum in beiden Fällen der Erlaß der Abgabe aus Billigkeitsgründen. Ein triftiger Grund, die beiden Fälle verfahrensmäßig verschieden zu behandeln, ist nicht ersichtlich. Wir brauchen uns auf diesen Vergleich des Rücknahmeverfahrens nach § 96 Abs. 2 AO mit dem ursprünglichen Verfahren über die Entscheidung aus § 131 AO nicht zu beschränken. Man denke z. B. an das — allerdings besonders gestaltete — Ehescheidungverfahren mit seinem Gestaltungsurteil. Das letztere vermag ebenfalls nicht dadurch ersetzt zu werden, daß im Unterhaltsprozesses der Ehefrau — incidenter — über die Ehescheidung entschieden wird. Ein weiteres Beispiel gewährt uns das Verwaltungsredit: Ein Beamter kann höheres Gehalt erst begehren, wenn er befördert worden ist. Über die Beförderung kann nicht „incidenter" im Verfahren über die Gehaltserhöhung entschieden werden. ü b e r das rechtliche Interesse des Abgabepflichtigen an der Aufhebung der Rücknahme der Billigkeitsentscheidung kann schon wegen des sich daraus ergebenden Abgabenzahlungsanspruchs kein Zweifel bestehen, unabhängig von dem vom BFH als ausschlaggebend erachteten Vorwurf unlauteren Verhaltens. Im Ergebnis jedenfalls ist dem Urteil des Zollsenats des BFH de lege lata beizupflichten, mag auch seine Begründung karg erscheinen. De lege ferenda mag aus den eingangs angeführten Gründen eine Vereinfachung des Verfahrens durch eine ausdrückliche Bestimmung in der kommenden Finanzgerichtsordnung erwägenswert sein. Dr. Kurt F r i e d l a e n d e r , Bundesrichter beim BFH

BFH v. 3 0 . 1 . 1 9 5 8 (IV) 1 IV 572/56 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 352

Bereitet die Prüfung der Zulässigkeit eines Reditsmittels unverhältnismäßig große Schwierigkeiten, ist jedodi das Reditsmittel in der Sadie offensichtlich unbegründet, so kann — unter dieser Voraussetzung — zur Sadie entschieden werden und die Frage der Zulässigkeit dahingestellt bleiben.

II. Besprechung 1. Das BFH-Urteil vom 30. 1. 1958 kann sich auf die ältere Rechtsprechung (vgl. die RFH-Urteile V A 56/21 vom 3. 11. 1921, Slg. 7,206 und VI A 16/21 vom 23. 2. 1922, Slg. 8,220) sowie auf das Schrifttum (vgl. Hübschmann-Hepp-Spitaler Anm. 1 und 2 zu § 252 AO und Riewald 2. Teil 1951 Anmerkung 1 Abs. 6 zu § 252 AO) berufen. G l e i c h w o h l k ö n n e n B e d e n k e n g e g e n das Ergebnis nicht unterdrückt werden. a) § 252 AO schreibt vor, daß die Rechtsmittelbehörde zu prüfen hat, ob das Reditsmittel zulässig ist (Abs. 1 Satz 1), und daß sie es als unzulässig zu verwerfen hat, wenn es daran fehlt (Abs. 1 Satz 2). Damit wird nichts weiter als der allgemeingültige logische Grundsatz wiedergegeben, daß jedes Verfahren, ehe darin eine sachliche Entscheidung gefällt werden kann, die Zulässigkeit bejaht haben muß. Entscheidet die Rechtsmittelbelehrung in der Sadie, nachdem sie die Zulässigkeit hat dahingestellt sein lassen, so befindet sie möglicherweise abermals in einer Sadie, die bereits rechtskräftig entdiieden ist, nämlich dann, wenn die offengelassene Frage der Zulässigkeit bei näherer Prüfung hätte verneint werden müssen. Daran ändert es nichts, daß in Fällen wie in der erwähnten Rechtsprechung die Gerichte das Rechtsmittel sachlich für aussichtslos halten. Freilidi hat, wie Hartz in der Besprechung des Urteils vom 30. 1. 1958 (siehe Betrieb 1958 S. 824) zutreffend hervorhebt, der Rechtsmittelführer gerade das erhalten, was er letztlich erstrebt: Daß das Steuergeridit seinen Fall sachlich entscheidet. Abgesehen davon, daß beide Verfahrensbeteiligte ein erhebliches und berechtigtes Interesse an der Prüfung der Formalien haben können, z. B. wenn es sich — wie in dem Fall des Urteils vom 30. 1. 1958 darum handelt, ob der Betriebsprüfer den Stpfl. durch Täuschung zur Zurücknahme seines Einspruchs veranlaßt hatte — erhält aber der Reditsmittelführer hier doch etwas anderes, als ihm rechtlich zusteht. Das kann sich, wie sogleich (siehe unten zu b) gezeigt werden soll, später auswirken, und zwar nicht nur auf seine verfahrensrechtliche Stellung, sondern auch auf diejenige des andern Verfahrensbeteiligten, des FA. Es ist aber auch bedenklich, die Anwendung eines sozusagen apriorischen Verfahrensgrundsatzes je nadi der steuergerichtlidien Beurteilung dessen auszuschließen, was der Rechtsmittelführer zur Sache vorzubringen vermag; damit wird die verfahrensrechtliche Behandlung von Dingen abhängig gemacht, die außerhalb des Gegenstands, nämlich der verfahrensrechtlichen Zulässigkeitsprüfung, liegen, von hier aus gesehen also zufällig sind. In dem umgekehrten Fall jedenfalls, wenn nämlidi bei zweifelhafter Zulässigkeit das Rechtsmittel sachlich eindeutig begründet wäre, würde kein Gericht davon absehen, die Zulässigkeit zu prüfen, ehe es in die sachliche Würdigung einträte, und dies mit Recht. Man läuft also hier in Gefahr, unterschiedliche Maßstäbe anzulegen. b) Die Abweichung von § 252 AO wird immer wieder damit zu rechtfertigen gesucht, daß das Steuergericht in beiden Fällen (ob es das Reditsmittel als unzulässig verwirft oder es als sachlich unbegründet zurückweist) dieselbe Wirkung erreiche. Für die spätere Stellung der beiden Verfahrensbeteiligten trifft dies aber nur mit Einschränkung zu.

L o e p e l m a n n , BFH-Besprediungen, I. 59.

2 Audi im Steuerrecht gibt es, wenigstens der Idee nach, eine materielle Rechtskraft. Es ist dies, wie es Friedländer in StW 1956, Spalte 233 ff., in Zusammenfassung und Würdigung der bisherigen Reditserkenntnis formuliert „die inhaltlich maßgebende Feststellungswirkung einer formell rechtskräftigen Steuerentscheidung hinsichtlich des den Streitgegenstand bildenden Steueranspruchs oder Einheitswert-Feststellungsanspruchs" (Abschnitt II Sp. 235). Damit wird aber die Rechtsfolge, die die materiell-rechtskräftige Steuerentscheidung ausspricht, der erneuten Erörterung und Rechtsentscheidung entzogen (Abschn. III Sp. 235). Dabei liegt der Nachdruck auf dem Umfang der materiellen Rechtskraft, der sich auf den Tenor der Rechtsmittelentscheidung oder auf die knappen Angaben des Steuerbescheids über den Steuerschuldner, die Steuerart, den Stichtag oder Steuerabschnitt und den Steuerbetrag bzw. den Steuerwert stützt. Zur Identifizierung des Steuer- oder Feststellungsanspruchs, über den die Steuerentscheidung ergangen ist, ist auf die Gründe oder Erläuterungen, bei Steuerbescheiden auch auf den Inhalt der Steuerakten als Auslegungsmittel zurückzugreifen, insbesondere auf die Steuererklärung und den Betriebsprüfungsbericht (Abschn. III Sp. 237 ff., IV Sp. 240). Wird das Rechtsmittel als unzulässig verworfen, so erwächst nur die formelle Entscheidung in materielle Rechtskraft. Das gilt auch dann, wenn die Rechtsmittelbehörde, wie es mitunter auch die Zivilgerichte tun, dem formellen Entscheidungsgrund noch einen materiell-rechtlichen hinzufügt, sozusagen um den Rechtsmittelführer zu trösten, daß er im Fall der Zulässigkeit seines Rechtsmittels sachlich nichts hätte erreichen können. Es kann somit der Fall eintreten, was hier allerdings nicht zur Erörterung steht, daß der Steuer- oder Feststellungsanspruch durch die aus nur formalen Gründen ergangene Entscheidung noch gar nicht verbraucht ist, z. B. wenn im Rechtsmittelverfahren der Veranlagungsbescheid wegen örtlicher Unzuständigkeit des FA aufgehoben wird. Entscheidend in dem vorliegenden Zusammenhang ist, daß der festgestellte Tatbestand, obwohl an seine Verwirklichung das Gesetz die Entstehung der Steuerschuld knüpft, an der materiellen Rechtskraft nicht teilnimmt, weil nicht über ihn, sondern über den konkreten Steueroder Feststellungsanspruch entschieden wird. Jede Abweichung des Tatbestands hat ferner die Änderung des Steueranspruchs zur Folge, wenn zur Sache entschieden wird (Abschnitt III Sp. 239, 240). In dem Fall des Urteils vom 30. 1. 1958 haben nun die Steuergeridite, statt u. U. das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen, da3 Rechtsmittel als sachlich unbegründet abgewiesen. Für die materielle Rechtskraftwirkung ist somit nicht (wie bei strikter Anwendung des § 252) der Steuerbescheid des FA maßgebend, dessen Rechtskraft durch die Einlegung der unzulässigen Rechtsmittel nicht gehindert worden wäre, sondern die steuergeriditlidie Entscheidung. Das kann, wenn auch in beiden Fällen der Steuerbetrag derselbe geblieben ist, wegen der u. U. verschiedenartigen Begründung beider Steuerentscheidungen (andersartige tatsächliche oder rechtliche Würdigung) von Bedeutung sein: Einmal für die Auswirkung auf andere Steuerarten, die für den zu Grunde liegenden Tatbestand etwa noch in Betracht kommen, zum andern für die Anwendung des § 92 Abs. 3 AO, der bei einem Versehen in der tatsächlichen oder rechtlichen Würdigung nicht anzuwenden ist. Welche Steuerentscheidung in materielle Rechtskraft erwächst, ist wegen der u. U. unterschiedlichen tatsächlichen und rechtlichen Würdigung vor allem auch für die Fehlerberichtigung nach § 222 Abs. 1 Nr. 3 und 4 AO bedeutungsvoll. Eine solche Fehlerberichtigung ist auf Grund abweichender tatsächlicher oder rechtlicher Würdigung unzulässig, wenn das FG rechtskräftig über den Sachverhalt entschieden hatte (so die BFH-Urteile III 157/54 U vom 30. 6. 1956, BStBl. III S. 216 und III

BFH v. 3 0 . 1 . 1 9 5 8 (IV) 3

185/57 U vom 18. 4. 1958, BStBl. III S. 250; vgl. auch das BFH-Urteil II 97/55 U vom 18. 5. 1955, BStBl. IIIS. 208). Dagegen steht eine rechtskräftige Steuerentscheidung der Finanzverwaltung (Steuerbescheid, Einsprudisentsdieidung des Steuerausschusses) der Fehlerberiditigung nicht entgegen (so abschließend schon das RFH-Urteil III e 27/37 vom 16. 12. 1937, Slg. 43, 34; ebenso Friedländer in S t W 1956 Sp. 667 ff. bei der Besprechung des BFH-Urteils vom 30. 6. 1956 und meine Besprechung des BFH-Urteils vom 18. 4. 1958 in dieser BesprechungsSammlung). Daß jede Änderung des Tatbestands eine Änderung des Steueranspruchs zur Folge hat, ist für die Durchbrechung der Rechtskraft wichtig, wie sie § 222 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO zuläßt: Ob neue Tatsachen oder Beweismittel bekannt geworden sind, die eine höhere oder niedrigere Veranlagung rechtfertigen, bestimmt sich in beiden Fällen nach einer u. U. verschiedenartigen Feststellung und Würdigung des Sachverhalts. 2. Hartz weist in der erwähnten Besprechung darauf hin, daß das Urteil vom 30. 1. 1958 mit der „Prozeßökonomie" auf die Zweckmäßigkeit zurückkomme, die der BFH bei der Auslegung von Verfahrensvorschriften mit Recht besonders berücksichtige. Mir will scheinen, daß hier die Begriffe „Zweck des Gesetzes" und „Zweckmäßigkeit" nicht scharf genug abgegrenzt werden, zum Mindesten aber die Tragweite der Auslegungsgrundsätze nicht beachtet wird. Der Zweck der Steuergesetze ist nach § 1 Abs. 2 StAnpG bei ihrer Auslegung zu berücksichtigen. Gemeint ist hier nichts anderes als die teleologische Auslegung (vgl. Spitaler im Steuerberater-Jahrbuch 1957/1958 S. 143 ff., hier: Absdin. V S. 147). Der Unterschied von der zweckmäßigen Anwendung ist methodisch wesentlich. Ein steuergerichtliches Urteil, das letztlich auf Zweckmäßigkeitserwägungen gestützt wird, bedient sich metajuristischer Maßstäbe, während die teleologische Auslegung im Bereich des normativen Denkens verbleibt; bei der Entscheidung nach der Zweckmäßigkeit handelt es sich überhaupt nicht mehr um die Auslegung des Steuergesetzes. Mit Recht hat deshalb der BFH in dem gerade insoweit umstrittenen Gutachten Gr. S D 1/51 S vom 17. 4. 1951, BStBl. III S. 107 unter Abschnitt 4 der Gründe ausgesprochen, daß Ermessensentscheidungen nicht, wie § 2 Abs. 2 StAnpG es seit dem 16. 10. 1934 formuliert, nach „Billigkeit und Zweckmäßigkeit", sondern nach „Recht und Billigkeit" zu treffen sind (siehe den früheren § 11 AO 1931; vgl. auch den BFH-Beschluß II 56/57 U vom 16. 6. 1958, BStBl. III S. 339 und die dort zusammengestellte bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung). Auch Ermessensentscheidungen haben nach den Steuergesetzen und im Rahmen der allgemeinen gesetzlichen Ermessungsgrenzen zu ergehen, sind somit Rechtsentscheidungen, nicht Zweckmäßigkeitsmaßnahmen im metajuristischen Sinn. Der Begriff der Zweckmäßigkeit wird in der neueren Rechtsprechung des BFH überwiegend i. S. der praktischen Durchführbarkeit, d. h. der Einfachheit und Handlichkeit verwandt (grundlegende BFH-Urteile I 39/56 S vom 29. 5. 1956, BStBl. III S. 226 und I 31/56 U vom 31. 7. 1956, BStBl. III S. 283, die neuerdings sogar bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Steuergesetzen herangezogen werden, z. B. in den zu § 38 LAG ergangenen Urteil III 125/57 S vom 28. 2. 1958, BStBl. III S. 191). Das Bedürfnis der Finanzverwaltung nach einer solchen Handhabung kann aber nicht als Grundsatz für die Auslegung der Steuergesetze in der steuerlichen Rechtsprechung herangezogen werden, etwa wie nach § 2 Abs. 2 StAnpG bei Ermessensentscheidungen bis zu dem Gutachten vom 17. 4. 1951 (Hübschmann-Hepp-Spitaler Anm. 1 und 6 zu § 2 StAnpG); sie darf nicht einmal den Ausschlag für die eine oder andere Auslegung geben, welche nach den Auslegungsregeln des § 1 Abs. 2 StAnpG im Einzelfall etwa herangezogen werden

4 könnte: Zuerst muß man wissen, wie man nach dem Gesetz die Rechte und Pflichten des Stpfl. bzw. des Fiskus abzugrenzen hat, und erst hernach kann man sich bemühen, die zweckmäßigste Art ausfindig zu machen, wie diese Lösung praktisch durchzuführen ist. Ohne auf die von Hartz angeführten Beispiele aus dem Verfahrensrecht und auf sontsige einschlägige Urteile aus jüngster Zeit einzugehen, darf ich hierzu auf meine Arbeiten in FR 1957 S. 25 ff. (siehe hierzu auch Vogt a. a. O. S. 145 und Voss a. a. O. S. 241) und im Steuerberater-Jahrbuch 1957/1958 S. 387 ff. (vor allem Abschnitt VII 2 a S. 459, 465 und Abschn. VIII 3 S. 471) verweisen. Finanzgerichtsdirektor F r i t s c h , Stuttgart

BFH v. 3 1 . 1 . 1 9 5 8 (1)1 I. Leitsatz des Urteils

VI 207/57 U BStBl. 1958 III S. 108

1. Unterstützt ein Steuerpfllditiger seine in Haushaltsgemeinsdiaft lebenden Eltern, so sind für die Anwendung des § 33 a Abs. 1 Satz 3 EStG 1955 die Einkünfte der Eltern zusammenzuredinen. Die Verwaltungsanweisung in Absdin. 190 Abs. 3 EStR 1955 entspridit soweit dem Gesetz. 2. Der Begriff „Einkünfte" in § 33 a Abs. 1 Satz 3 EStG 1955 deckt sidi nicht mit dem Begriff „Einkünfte" in § 2 EStG. GG Art. 8, E S t G 1955 § 33 a Abs. 1, LStDV 1955 § 25 a.

II. Besprechung Dem Urteil kann nur mit Vorbehalt zugestimmt werden. Das Urteil befaßt sich: 1. mit der Berechnung von Einkünften von Eheleuten bei der Anwendung des § 33 a EStG 1955, 2. mit den Begriffen „Einkünften" und „Bezügen" i. S. des § 33 a I S. 3 EStG 1955, 3. mit den Fragen, ob bei Renten nur der Ertragsanteil oder die gesamten Rentenbezüge zu berücksichtigen sind und ob Werbungskostenpauschalbeträge abgesetzt werden können. 1. Gegen die Ausführungen des BFH, daß in Abschn. 190 III E S t R 1955 die Auslegung des § 33 a E S t G 1955 dem Gesetz entspreche, läßt sich nichts Stichhaltiges einwenden. Dies gilt ausdrücklich für die in einer Haushaltsgemeinschaft lebenden Eheleute. Es wäre eine theoretische Konstruktion, behaupten zu wollen, daß die Eheleute die Lebenshaltungskosten nicht aus einem gemeinsamen Fonds bestreiten, der von beiden Eheleuten je nach Möglichkeit gespeist wird. Von den bürgerlichrechtlichen Vorschriften sei hier ganz abgesehen. Es würde aber lebensfremd sein und einer natürlichen Betrachtung der Dinge widersprechen, eine gegensätzliche Auffassung zu vertreten. Selbst wenn im Einzelfall ein getrennter Aufwand nachgewiesen würde, so müßte eine andere als die vom BFH erfolgte Auslegung abgelehnt werden, weil dann in Zweifel gezogen werden kann, ob die Ehegatten nicht dauernd getrennt leben. Dabei wird nicht verkannt, daß das Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft nicht ausschließlich danach beurteilt werden kann, ob der eheliche Aufwand aus einer gemeinsamen oder aus getrennten Kassen bestritten wird. In der Regel wird dies aber ein gewichtiger Anhaltspunkt sein, der zu sorgfältiger Prüfung Anlaß geben wird. Im Ergebnis sei festgehalten, daß dem BFH in seiner Auffassung, daß die den in einer Haushaltsgemeinschaft lebenden Ehegatten zur Verfügung stehenden Mittel zusammenzurechnen sind, zuzustimmen ist. 2. Daß die Begriffe „Einkünfte" und „Bezüge" (wenn nicht anders vermerkt, so sind diese Begriffe i. S. des § 33 a EStG 1955 zu verstehenl verschiedenen Inhalt haben, braucht nicht näher dargelegt zu werden. Der BFH verweist in dieser Entscheidung darauf, daß bereits im Urteil vom 22. 3. 57 (BFH VI 206/56 U BStBl. III 57/228) erläutert wurde, daß aus dem Wortlaut des § 33 a I S. 3 EStG der Wille des Gesetzgebers nicht klar zu entnehmen sei. Da das Gesetz die Begriffe „Einkünfte" und „Bezüge" gleichstellt und dadurch mehrdeutige Auslegungen möglich werden, muß für eine gerechte Auslegung und Entscheidung Sinn und Zweck einer Vorschrift ausschlaggebend sein. Mit den Begriffen „Einkünfte" und „Bezüge" läßt sich eine gerechte Entscheidung nicht treffen. 3. Um Wiederholungen zu vermeiden, sei hier auf die Ausführungen des BFH (BStBl. III 58/109 rechte Spalte oben, insbesondere in den Zeilen 5 mit 18 von oben gerechnet) verwiesen. Labus hat im BB 57/700 mit Recht darauf hingewiesen, daß es bei den sich widersprechenden Begriffen „Einkünfte" und „Bezüge" sinnvoll sei, die Auslegung des Begriffes „Bezüge" dem Inhalt des Begriffes „Einkünfte"

I

L o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, I. 59.

2 anzugleichen. Wenn auch die Fassung des Gesetzes meines Erachtens keine Möglichkeit zuläßt, bei Renten (wiederkehrenden Bezügen i. S. des § 22 EStG) nur den Ertragsanteil bei der Ermittlung der einer Person zur Verfügung stehenden Mittel zu berücksichtigen, so ist es nicht richtig, auch den Werbungskostenpauschbetrag gem. § 9 a E S t G außer Ansatz zu lassen. Es mag hier dahingestellt bleiben, ob der Werbungskostenpauschbetrag bei steuerfreien Einkünften nach § 3 E S t G berücksichtigt werden kann oder nicht. Es ist dem Gesetzgeber aber doch darum zu tun, daß einem unterstützenden Steuerpflichtigen dann eine tarifliche Vergünstigung gewährt werden soll, wenn die einem Unterstützten zur Verfügung stehenden Mittel eine bestimmte Grenze nicht überschreiten. Diese Grenze ist an sich sehr eng und umfaßt noch nicht einmal den Betrag, der als Existenzminimum angesehen werden muß. Es liegt kein vernünftiger Grund vor, diese an sich schon sehr enge Grenze dadurch noch weiter einzuengen, daß man Werbungskosten oder Werbungskostenpauschbeträge außer Ansatz läßt. Sinn des Gesetzes ist, dem Unterstützungsempfänger eine gewisse Mindestsumme einzuräumen, bei deren Einhaltung dem Unterstützenden die Vergünstigungen gem. § 33 a E S t G gewährt werden. Daß bei dieser Mindestsumme auf einen Nettobetrag abgestellt werden sollte und auch abgestellt werden muß, ist einleuchtend. Welchen Sinn hätte es, wenn einem Unterstützungsempfänger ( = UE) hohe (Brutto-)bezüge zufließen, die mit so hohen Werbungskosten belastet sind, daß dem UE nach deren Abzug nur ein geringer Betrag verbleibt, der die Grenze des § 33 a E S t G nicht überschreitet, so daß bei Berücksichtigung des Nettobetrages dem Unterstützenden die Steuervergünstigung zu gewähren ist. Eine Anrechnung der Bezüge in Höhe der Werbungskosten wäre nicht nur unbillig, sondern widerspricht meines Erachtens auch dem Sinn des Gesetzes. Dies hat Labus a. a. O. erkannt und plädiert nachdrücklich für eine Auslegung in diesem Sinne. Mit gutem Grund würde meiner Auffassung entgegengesetzt werden können: Die Berücksichtigung tatsächlich anfallender Werbungskosten mag noch vertretbar erscheinen. Bei der Berücksichtigung eines Werbungskostenpauschbetrages handle es sich schon um eine Vergünstigung, weil durch eine Fiktion Werbungskosten berücksichtigt werden, die in den meisten Fällen tatsächlich nicht oder in wesentlich geringerer Höhe anfielen. Weiter könnte man obigen Ausführungen nicht unberechtigt entgegenhalten, aus systematischen Gründen sei es nicht angängig, den Werbungskostenpauschbetrag zuzulassen, weil es sich bei den Werbungskosten und den entsprechenden Pauschbeträgen um Fragen der Einkommensermittlung, bei der außergewöhnlichen Belastung dagegen um eine Tarifvergünstigung handle. Diese Gegenargumentation läßt sich letztlich aber nicht aufrecht erhalten. Der Ansatz eines Werbungskostenpauschbetrages stellt eine Vereinfachung für die Praxis dar, die vom Gesetzgeber gebilligt wurde. Würde man nur tatsächlich anfallende Werbungskosten zulassen, so würde dies bei der Veranlagung des Unterstützenden zu großen Schwierigkeiten und einer unverhältnismäßig großen Belastung der Verwaltung führen. Vielfach weiß der Unterstützende nicht, ob und gegebenenfalls welche Werbungskosten beim Unterstützungsempfänger tatsächlich angefallen sind. Er hat oft keine Möglichkeit, Werbungskosten des Unterstützungsempfängers nachzuweisen. Die Ermittlung von unter der Grenze des Werbungskostenpauschalbetrages liegenden Werbungskosten ist meist mit einem zum Ergebnis in keinem Verhältnis stehenden Arbeitsaufwand verbunden. Es zeigt sich, daß allein praktische Gründe für die Zulassung des Werbungskostenpauschbetrages sprechen. Daß es sich systematisch um verschiedene Vorgänge handelt, ist für sich betrachtet noch kein Grund, die Werbungskostenpauschbeträge nicht zuzulassen. Man muß hier die vom Gesetzgeber gewollte Unterstellung berücksichtigen, daß Werbungskosten in Höhe des Pauschbetrages anfallen. Dr. H. Gallasch, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Erlangen.

B F H v . 3 1 . 1 . 1 9 5 8 (11)1 111178/55 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 184

1. Soweit die Grundsteuer von den Finanzämtern festgesetzt und erhoben wird (z.B. in Berlin), ist der Rechtsmittelzug nach der Reichsabgabenordnung und ggf. das Rechtsbesdhwerdeverfahren an den BFH (§ 52 Abs. 4 Satz 1 AO) gegeben. 2. Ein Grundsteuerbetrag, der, obwohl nidbt entrichtet (durdi Zahlung, Aufrechnung, Verrechnung), erlassen worden ist, kann nicht erstattet werden. (AO §§ 52 Abs. 4 Satz 1, 131 Abs. 1, 150 ff.)

II. Besprechung 1. Teilzuständigkeit des BFH im Festsetzungs- und Hebeverfahren der Grundsteuer. 2. Keine Erstattung erlassener Steuerbeträge. 1. In dem Urteil vom 31.1.1958 III 178/55 U geht es um die Frage der Zuständigkeit des BFH im Reditsmittelverfahren über die Festsetzung oder Erhebung von Grundsteuer in Berlin. Nadi § 8 Abs. 2 des Dritten Oberleitungsgesetzes vom 4.1.1952 (BStBl. 19521 S. 13 ff.) ist der BFH hinsichtlich Berlins nicht für Entscheidungen über die Baunotabgabe, die Notabgabe von Betriebsvermögen in Berlin (West) oder Gemeindeabgaben zuständig. Von den letzteren sind jedoch die Grundsteuer und die Gewerbesteuer ausgenommen. Also in Grundsteuersachen — wie in Gewerbesteuersachen — ist der BFH als oberste Rechtsmittelinstanz zuständig, wenn sie aus Berlin kommen. Um diese Vorschrift richtig zu verstehen, muß man sie im Zusammenhang des ganzen Gesetzes vom 4.1.1952 lesen und sich seinen Sinn und Zwedc vergegenwärtigen (§1 StAnpG). Das Ziel dieses Gesetzes war nicht, für Berlin ein Sonderrecht zu schaffen, sondern im Gegenteil die Stellung des Landes Berlin in das Finanzsystem des Bundes einzubauen und zu diesem Behufe eine Art von „Rechtsangleichung" (§ 15 a. a. O.) durchzuführen. Bei dem Dritten Überleitungsgesetz haben — außer reinen Haushaltserwägungen — weniger Rationalisierungsbestrebungen als staatspolitische Erwägungen über die Dokumentation des Zusammengehörigkeitsgefühls zwischen Berlin und der Bundesrepublik Pate gestanden. Deshalb hat man in § 8 Abs. 1 a. a. O. das Gesetz vom 29.8.1950 über den BFH auch auf Berlin für anwendbar erklärt. Nach dem BFH-Gesetz (§ 1) ist der BFH innerhalb der Bundesrepublik als oberes Bundesgericht (Art. 96 GG) für Streitfragen über alle Abgaben zuständig gewesen, die von den Hauptzollämtern, von den Finanzämtern oder von den Oberfinanzdirektionen verwaltet werden. Nach § 8 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes gilt dies seit dessen Inkrafttreten auch für Berlin. Der Zwedc dieser gesetzgeberischen Maßnahme kann nach den obigen Ausführungen nur derjenige einer Rechtsangleichung für das Gebiet Berlins an die Regelung im Bundesgebiet gewesen sein; der Gesetzgeber kann nicht für Berlin einen Sonderstatus haben schaffen wollen.

L o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, VII 59.

2 Die f ü r die Auslegung des § 8 Abs. 2 des Dritten Oberleitungsgesetzes zu klärende Frage ist demnach die, wie die Frage der steuergerichtlichen Zuständigkeit für Rechtsstreitigkeiten über die Festsetzung und Erhebung der Grundsteuer innerhalb der Bundesrepublik geregelt ist. Diese Frage ist deshalb mit Redit in dem BFH-Urteil III 178/55 U vorab behandelt. Wenn § 1 BFHG, wie wir gesehen haben, den BFH u. a. f ü r Streitfragen über alle Abgaben zuständig macht, die von den Finanzämtern verwaltet werden, und im übrigen § 2 BFHG grundsätzlich die einschlägigen Vorschriften der AO über den RFH auf den BFH bezieht, soweit die Bestimmungen des BFHG nicht entgegenstehen, so kommt es auf den Inhalt des § 52 Abs. 4 AO insofern nicht entscheidend an, als er von der Regelung des später ergangenen BFHG abweicht. Das letztere ist in der Tat schon insofern der Fall, als § 52 Abs. 4 AO den BFH über solche Abgabenfälle entscheiden läßt, die von den Finanzämtern u n d Oberfinanzdirektionen verwaltet werden, während § 1 BFHG die Verwaltung durch die Finanzämter o d e r durch die Oberfinanzdirektionen voraussetzt. Was die Verwaltung der Grundsteuer betrifft, so obliegt sie nach Art. 108 Abs. 3 GG den Landesfinanzbehörden, soweit diese sie nicht den Gemeinden (Gemeindeverbänden] übertragen. Demzufolge wird die Grundsteuer in Berlin von seinen Landesfinanzbehörden verwaltet, falls nicht das Land Berlin die Verwaltung der Grundsteuer der Gemeindebehörde übertragen hat. In Berlin liegt die Verwaltung der Grundsteuer, über die Festsetzung des Steuermeßbetrags nach § 212 a AO hinaus, ganz in den Händen der Finanzämter, die die Grundsteuer nach Maßgabe des Hebesatzes festsetzen und erheben. Weil also die Finanzämter ihrerseits in Berlin die Grundsteuer ganz verwalten, ist auch in Sachen der Festsetzung und Erhebung der Grundsteuer, über dem Verwaltungsgericht Berlin, der BFH nach § 8 Abs. 2 des Dritten Überleitungsgesetzes oberste Rechtsmittelinstanz. In dieser Vorschrift sind zwar, wie ich oben ausgeführt habe, Rechtsstreitigkeiten über Gemeindeabgaben der Zuständigkeit des BFH entzogen, und die Grundsteuer ist nach § 1 GrStG eine Gemeindesteuer. Aber gerade die Grundsteuer — wie die Gewerbesteuer — ist hiervon ausgenommen, unterliegt also der Zuständigkeit des BFH (§8 Abs. 2 a.a.O.). Dieses Ergebnis der Zuständigkeit des BFH für die Streitigkeiten über die Festsetzung und Erhebung der Grundsteuer könnte nur in der Weise vermieden werden, daß man § 8 Abs. 2 a. a. O. hinsichtlich der Grundsteuer dahin auslegt, der Gesetzgeber könne hierbei nur die Festsetzung des Meßbetrages gemeint haben; die Zuständigkeit des BFH darüber hinaus auch auf Angelegenheiten der Festsetzung und Erhebung der Grundsteuer auszudehnen, widerspreche der gesamten sonstigen Übung im Bundesgebiet, mit Ausnahme der Stadtstaaten, in denen die Finanzämter mit den früheren Gemeindesteuerbehörden zusammengelegt seien, und schaffe daher ein Sonderrecht für derartige Stadtstaaten. Diese Argumentation hat von dem Gesichtspunkt des Sinnes und Zweckes des Dritten Überleitungsgesetzes — kein Sonderrecht für Berlin, sondern im Gegenteil Anpassung an die Regelung im Bundesgebiet — viel für sich. Indessen

B F H v . 31.1.1958 (11)3

ist der BFH dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 a. a. O. gefolgt, der keinen Unterschied zwischen der Festsetzung des Meßbetrages für die Grundsteuer einerseits und der Festsetzung sowie Erhebung der Grundsteuer andererseits macht, und hat die Finanzämter auch rücksichtlidi der Festsetzung und Erhebung der Grundsteuer als Landesfinanzbehörden angesehen, wie er dies bereits für die Hamburger Gewerbesteuer in dem Urteil vom 28. 2.1957 IV 11/54 U (BStBl. 1957 III S. 421) ausgesprochen hat. Aus dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung ergibt sich die Situation, daß über die Festsetzung und Erhebung der Grundsteuer sowie über die Gewährung von Grundsteuer-Vergünstigungen in Berlin und vielleicht auch in anderen Stadtstaaten der Bundesfinanzhof in letzter Instanz zu entscheiden hat, während in dem ausgedehnten übrigen Bundesgebiet die obersten Verwaltungsgerichte der Länder für derartige Fragen zuständig sind. Bedenkt man, daß die Einrichtung der obersten Rechtsmittelinstanz nicht nur der nochmaligen rechtlichen Siebung des Einzelfalles, sondern auch der Schaffung einer einheitlichen Rechtsprechung und Rechtspraxis und damit der Gewährleistung der Rechtssicherheit dient, so muß man eine Entwicklung bedauern, in der verschiedene Steuerrechtswege — für Berlin usw. derjenige an den BFH, für die übrigen Länder an die obersten Verwaltungsgerichte der Länder — laufen. Wie kann sich hier eine einheitliche Rechtspraxis bilden?! Steht man indessen auf dem Standpunkt, daß es sich bei der Festsetzung der Grundsteuer im wesentlichen um die mechanische Anwendung des Hebesatzes der örtlich zuständigen Gemeinde auf den vom Finanzamt festgesetzten Meßbetrag {§21 Abs. 1 Satz 2 GrStG) handelt und bei der Erhebung der Grundsteuer sowie der Gewährung von Grundsteuer-Vergünstigen weniger Rechtsfragen als die einheitliche Verwaltungspraxis des Landes mit ihren Ermessensentscheidungen eine Rolle spielen, so läßt es sich nicht verstehen, warum für Berlin hinsichtlich dieser Fragen der BFH zuständig gemacht wird, während sonst grundsätzlich in den Ländern nur auf die einheitliche Landespraxis Wert gelegt wird. Ich stehe auf diesem Standpunkt, weil immer und mit Nutzen im Interesse des Eigenlebens des einzelnen Landes die Entscheidung derartiger Angelegenheiten Sache der obersten Landesverwaltungsgerichte, in Berlin des Oberverwaltungsgerichts Berlin, gewesen ist. Doch wie auch immer man diese Frage entscheiden will, sollte der Gesetzgeber nach der einen oder anderen Richtung (für alle Länder Zuständigkeit des BFH oder der obersten Landesverwaltungsgerichte) eine Klarstellung herbeiführen. Der gegenwärtige Zustand ist unbefriedigend. 2.

Was die Frage der Erstattung erlassener Steuerbeträge betrifft, so entspricht es der Vernunft und dem klaren Wortlaut der für die Erstattung maßgebenden §§ 150 ff. AO, daß lediglich entrichtete Steuerbeträge erstattet werden können. Beträge, die der Steuergläubiger nicht empfangen hat, kann er nicht erstatten, wie auch immer der Fall im einzelnen liegen mag. Insofern ist dem BFH-Urteil III 178/55 U zuzustimmen. Dr. Kurt F r i e d l a e n d e r , Bundesrichter beim BFH, München

BFH v. 4.2.1958 (1)1 I 326/56 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 110

1. Wegen des Ausgleichsanspruchs nach § 89 b HGB, den ein Handelsvertreter nadi Lösung des Vertretervertrages möglidierweise gegen den Gesdiäftsherrn erheben kann, darf der Geschäftsherr vor Lösung des Vertretervertrages grundsätzlich keine Rüdcstellimg bilden. 2. Mehrsteuern, die sich aus einer Betriebsprüfung ergeben, können nidit willkürlich zu Lasten eines Wirtschaftsjahres passiviert Werden, das .mit den nachgeforderten Steuern keinen wirtschaftlichen Zusammenhang hat. EStG 1953 § 5, § 6 Abs. 1 Ziff. 2.

II. Besprechung Dem Urteil, das abschließend zu einem in der Literatur stark umstrittenen Problem Stellung nimmt, ist in vollem Umfange zuzustimmen. Die Frage nach der rechtlichen Natur des Ausgleichsanspruchs — ob Schadensersatzansprudi besonderer Art, allgemeiner Anspruch auf Vorteilsausgleichung oder sozialer Ausgleichsanspruch — ist vom Senat in Anlehnung an die Auffassung des V. Senats - Urteil V 106/57 v. 27. 6. 1957 — BStBl. 1957 III S. 282 - im Zweifel dahin entschieden worden, daß der Gedanke der allgemeinen Vorteilsausgleichung die Vorschrift des § 89 b HGB bestimme. Expressis verbis hat der Senat bezüglich der bürgerlichrechtlichen Zweifelsfragen auf die Ausführungen von Schröder in „Der Betrieb" 1958 S. 43 verwiesen, während das Finanzgeridit — vgl. Urteil v. 21. 6. 1956 III Kö 11/56 - EFG 1957 Nr. 376 S. 336 - den Ausgleichsanspruch als einen Schadensersatzansprudi besonderer Art eingeordnet hatte. Unbeschadet dessen sind Finanzgericht und BFH davon ausgegangen, daß sich bei schwebenden Verträgen, zu denen auch der Vertretervertrag rechnet, auf die Dauer gesehen Leistung und Gegenleistung ausgleichen und deshalb aus einem solchen Vertrage für künftige mögliche Belastungen des Unternehmers in der Regel keine Rückstellungen gebildet werden können. Aus gleichen Gründen hat der BFH u. a. Rückstellungen für künftige mögliche Verpflichtungen auf Grund des Kündigungssdiutzgesetzes (BStBl. 1954 III S. 330) wie für künftige mögliche Sozialleistungen (BStBl. 1956 III S. 333) zuzulassen abgelehnt. Auch der künftige mögliche Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters ist — abgesehen davon, daß er erst n a c h Beendigung des Vertragsverhältnisses zur Entstehung gelangen kann — von einer solchen Vielzahl von Voraussetzungen abhängig, daß er v o r Lösung des Vertragsverhältnisses nicht ausreichend konkretisiert ist, um eine bereits gegenwärtige Last des Unternehmers zu sein. Dies machen nicht zuletzt die Schwierigkeiten deutlich, die sich nach Glaeser in „Der Betrieb" 1956 S. 297 der zutreffenden (zahlenmäßigen) Bestimmung des Anspruchs in Ansehung seiner verschiedenen Komponenten entgegenstellen. Mit Recht hat das Urteil die insbesondere von Risse in „Der Betrieb" 1955 S. 461 und „Der Betriebs-Berater" 1956 S. 1135 unter Abstellen auf den vermeintlichen Sozialcharakter des Anspruchs vertretene Auffassung abL o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, IX. 58.

2 gelehnt, daß der Ausgleichsansprudi des Handelsvertreters der Pensionsanwartschaft des Arbeitnehmers gleichgestellt werden könne. Beide haben zwar — als das tertium comparationis — gemeinsam, daß sie auf eine Arbeitsleistung für den Unternehmer abheben. Dennoch sind sie charakterlich grundverschieden. Die Pensionsanwartschaft beruht auf einer entsprechenden Zusage des Unternehmers. Der Ausgleichsanspruch dagegen entsteht nur dann, wenn nach Beendigung des Vertretervertrages der Unternehmer aus den vom Vertreter geschaffenen Geschäftsverbindungen nodi Vorteile zu erwarten hat. Die Höhe des Ausgleichs hängt von der Höhe der zu erwartenden Vorteile ab. Sind solche Vorteile nicht zu erwarten, gelangt ein Anspruch nicht zur Entstehung. Die bis zur Beendigung des Vertragsverhältnisses erbrachten Leistungen des Vertreters sind durch die während der Zeit seines Bestehens gezahlten Provisionen abgegolten. „Muß also der Geschäftsführer eine Ausgleichszahlung leisten, so handelt es sich wirtschaftlich um ein Entgelt für die künftigen Gewinnaussichten des Unternehmers, die der Vertreter durch seine Tätigkeit begründet hat, nicht um eine Nachzahlung auf die in der Vertragszeit verdienten Provisionen." Darüber hinaus hat nun der BFH die künftigen Gewinnaussichten des Unternehmers, die die Grundlage der Ausgleichsleistung an den Handelsvertreter bilden, als ein selbständiges bewertungsfähiges Wirtschaftsgut im Sinne des EStG charakterisiert mit der Folge, daß einer auf § 89 b HGB gegründeten Rückstellung ein Aktivposten gleicher Höhe gegenüberzustellen wäre, und der weiteren Folge, daß die an den ausgeschiedenen Vertreter oder seine Erben geleistete Ausgleichszahlung grundsätzlich zu aktivieren ist. Die Frage nach dem Ob und Wie ihrer Abschreibung hat er zunächst offen gelassen. Hierzu darf auf die Ausführungen von Hartz und Risse in „Der Betrieb" 1958 S. 408 sowie „Der Betriebs-Berater" 1958 S. 337 verwiesen werden. Weitere Stellungnahmen zu diesem Urteil: Waldner - Der Betrieb 1958 S. 113. Birkholz — Rechts- u. Wirtschafts-Praxis, Forkel-Verlag, Stuttgart, 14, Steuer-R D-Blatt Handelsvertreter, Einzelfragen 1/58. Zur Frage der Erhöhung einer sich nachträglich als zu niedrig geschätzt erweisenden Gewerbesteuer-Rückstellung hat der BFH im Urteil I 32/55 v. 17. 7. 1958 - BStBl. 1956 III S. 268 Stellung genommen. Dagegen mußte es im vorliegenden Falle bei der Wahlmöglichkeit nach Abschn. 22 EStR 1951 verbleiben, der zufolge Nachzahlungen auf Grund einer Betriebsprüfung im Jahre 1955 entweder das Jahr der Zahlung oder die wirtschaftlich betroffenen Jahre 11/1948-1952, nicht aber das Streitjahr 1953 belasten können. Dr. H. B i r k h o l z , Finanzgerichtsrat, Hannover

BFH v. 4.2.1958 (11)1 I 173/57 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 109

Ist die Höhe einer Steuerschuld bei Aufstellung der Erfolgsbilanz ungewiß, so muß sie geschätzt werden. Die Notwendigkeit der Schätzung rechtfertigt nicht, die Einkommensteuer vorläufig festzusetzen. AO § 100 Abs. 1; EStG § 5.

II. Besprechung Es steht die Periodenabgrenzung bei dieser Entscheidung im Vordergrund des Interesses. Es ging um den Gewinnfeststellungsbesdieid 1951. Die (zunächst) maßgebenden Daten sind: 31. 12. 1951 = Ende des Wirtschaftsjahres, Januar 1952 = Betriebsprüfung des FA (Bp.), 15. 3. 1952 = Bilanzaufstellung. Die Bp. ergab eine, von der Bfin. bestrittene Umsatzsteuersdiuld, die das FA aus den Umsätzen des Jahres 1951 ableitete. Die Bfin. setzte 18 520,40 DM Umsatzsteuerrückstellung in die Bilanz zum 31. 12. 1951 ein; in einer Erläuterung wurde die Rückstellung als „vorsorglich" bezeichnet. Weitere Daten: 11. 11. 1953 = v o r l ä u f i g e r Gewinnfeststellungsbesdieid, der der Steuererklärung entsprach; der Bescheid wurde rechtskräftig; September 1956 = endgültiger Umsatzsteuerbescheid 1951 mit wesentlich niedrigerer USt.-Sdiuld; d a n a c h 24. 9. 1956 = endgültiger Gewinnfeststellungsbescheid, der einen (gegenüber dem vorläufigen Bescheid] um 6465 DM höheren Gewinn (wegen der geringeren Umsatzsteuersdiuld) ergab. Das FA und das FG waren davon ausgegangen, daß das FA die von der Bfin. g e l t e n d gemachte Ungewißheit (über den Bestand der Umsatzsteuersdiuld) durch die Vorläufigkeit der Gewinnfeststellung a n e r k a n n t habe, so daß der Bescheid vom 24. 9. 1956 — und der vorläufige Feststellungsbesdieid — zu Recht ergangen seien. Der BFH hebt zu Recht alle Vorentscheidungen auf und erklärt die vorläufige einheitliche Gewinnfeststellung vom 11. 11. 1953 für endgültig. In den Entscheidungsgründen werden Überlegungen zur Vorläufigkeit von Steuerbescheiden mit solchen über das Stichtagsprinzip verbunden. Wenn wir diese Erörterungen des BFH trennen, so ergibt sich m. E. a) zur Vorläufigkeit: Die Unterscheidungen des I. Senats zwischen Bewertungsrecht (vgl. die in dem Urteil angeführten Entscheidungen des III. Senats) und dem Ertragssteuerrecht gehen in Ordnung. Ich selbst vermag aber nicht anzuerkennen, daß es eine Rolle spielen soll, ob sich die Bfin. mit einer vorläufigen Veranlagung (durch die „vorsorgliche" Rückstellung) einverstanden erklärt hatte. Diese Frage durfte, meine ich, überhaupt nicht gestellt werden, weil die Frage, ob eine vorläufige Festsetzung erfolgen soll, (allein) von AmtsL o e p e l m a n n , BFH-Besprediungen, IX. 50.

wegen geprüft werden muß. Idi weise hier hin auf Bübenzer, Vorläufige Steuererklärungen, FR 1953 S. 29. Es heißt dort am Schluß: „Das FA ist keineswegs verpflichtet, die Steuer audi vorläufig festzusetzen, nur weil eine vorläufige StErklärung eingereicht worden ist. Ob vorläufig oder endgültig zu veranlagen ist, wird ggfl. im Rechtsmittelverfahren entschieden." Zu § 100 Abs. 2 AO sagt der Senat zu Recht, daß selbst bei einer zu rechtfertigenden Vorläufigkeit des Bescheides vom 11. 11. 1953 der endgültige Bescheid (nach der zum Stichtagsprinzip von dem Senat eingenommenen Stellung) flieht von dem vorläufigen Bescheid abweichen durfte. Man vergleiche hierzu Leibrecht, Zur vorläufigen Veranlagung nach § 100 Abs. 2 AO, StW 1953 Sp. 543 ff. und BFH-U. 11. 12. 50 IV 120/50 BStBl. 1951 III S. 25 = BFH 55, 63. b) zum Stichtagsprinzip der Erfolgsbilanz: Der Senat weist darauf hin, daß für die steuerliche Gewinnermittlung die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung entscheidend sind. Er fährt fort: „Es ist die Handelsbilanz zugrundezulegen, soweit sich nicht zwingend aus den Grundsätzen des Steuerrechts Abweichungen ergeben; der Kaufmann kann mit der Aufstellung seiner Bilanz in der Regel nicht warten, bis die am S t i c h t a g bestehenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse geklärt sind und iede Ungewißheit der Bewertung beseitigt ist; es bleibt deshalb bei der Bilanzaufstellung in der Regel nichts anderes übrig, als die der Höhe oder dem Entstehungsgrund nach ungewissen Forderungen und Schulden mit einem geschätzten Betrag in die Bilanz einzusetzen und dabei die A u f h e l l u n g des am Bilanz S t i c h t a g gegebenen Sachverhaltes bis zur Bilanz a u f s t e 11 u n g zu berücksichtigen." Wir haben das Letztere oft die „Berücksichtigung der besseren späteren Erkenntnis" genannt und vermerken gern, daß der Senat den klareren Ausdruck „Aufhellen" verwendet. Es ist im übrigen interessant zu dieser Frage zunächst nachzulesen das BFH-U. 28. 9. 54 I 91/54 U BStBl. 1954 III S. 343 = BFH 59, 341 mit den Besprechungen Hoffmann's in FR 1954 S. 559 und FR 1954 S. 567 R. 1073. In meiner Abhandlung „Ordnungsmäßige Buchführung", Steuerberater-Tahrbuch 1954/55 S. 129 ff. habe ich bezweifelt, daß es richtig ist, von der Handelsbilanz auszugehen (wie es das hier besprochene BFH-U. 4. 2. 58 im Anschluß an die bisherige Rechtsprechung tut mit den Worten: „Es ist die Handelsbilanz zugrundezulegen . . . " ) . Die „Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung" besagen dies, meine ich, nicht 1 ) (vgl. auch Bübenzer, Berechtigen die Regeln der doppelten Buchführung zu steuerrechtlichen Schlußfolgerungen?, FR 1952 S. 231 ff. sowie FR 1953 S. 146 ff.). Dabei bleibt natürlich unangetastet die richtige Erkenntnis, daß die Steuerbehörde nicht zulassen kann, daß in der Steuerbilanz Posten gebildet werden, die an sich steuerrechtlich zulässig (es geht um die AfA), M .In dem BFH-U. 3. 9.1957 I 303/55 U BStBl. 1958 III S. 102 = BB 1958 S, 293 wird davon gesprochen, daß die von der kaufmännischen B u c h f ü h r u n g geformten Aufzeichnungen ordnungsgemäß, d. h. im Sinne des Handelsrechts sachlich richtig geführt werden. W a r es wirklich erforderlich, auch das Handelsrecht zu bemühen (vgl. auch Bübenzer, Ordnungsmäßige Buchführung und § 288 AO, DStR 1953 S. 85 ff.).

BFH v. 4 . 2 . 1 9 5 8 (II) 3

aber in der Handelsbilanz mit anderen Werten erscheinen (insoweit: Maßgeblichkeit der Handelsbilanz]. Richtig ist des weiteren, was in der BFHEntsdieidung 24. 8. 58 I 73/56 U BStBl. 1956 III S. 323 = StRK EStG § 5 R. 102 = BFH 63, 328 steht, nämlich, es müsse Versuchen der Stpfl. entgegengetreten werden, Gewinne ohne sachlich ausreichende Begründung in Wirtschaftsjahre zu verlagern, in die sie wirtschaftlich nicht gehören, selbst wenn es h a n d e l s r e c h t l i c h zulässig ist. Es soll hier nicht ausgelassen werden, daß es in dieser Entscheidung audi heißt: „Maßgebend sind die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung". Es folgen dann wieder Ausführungen über den Ausgangspunkt des BFH, nämlich das Handelsrecht. Und in dem BFH-U. 17. 7. 56 I 32/55 U BStBl. 1956 III S. 268 = BFH 63, 181 = StRK EStG § 5 R. 97 = BB 1957 S. 919 heißt es, daß weder das Einkommensteuerredit noch das Körperschaftsteuerrecht den unbedingten Grundsatz kennt, daß steuer(redit-)lich der betriebswirtschaftlich richtige Periodengewinn erfaßt werden muß. Die hier gegebenen kurzen Hinweise zeigen uns, daß wir vorerst noch keine Veranlassung haben, Gübbels zu widerspredien, der seinen Kongreßvortrag: „Neues zum Bilanzsteuerrecht", Steuerberater-Jahrbuch 1957/58 S. 245 ff. mit dem Satz beginnt: „Von dem Bilanzsteuerrecht kann man bekanntlich nicht sagen, daß es sich bei ihm um ein bereits in sich abgeschlossenes Rechtsgebiet handelt^)." Gübbels bringt sehr aufschlußreiche Beispiele, die uns nach meinem Dafürhalten ebenfalls zeigen, daß das Einkommensteuerrecht (die Steuerbilanz) grundsätzlich nicht auf das Handelsrecht (die Handelsbilanz] abgestellt ist. Der RFH hatte es bereits in dem Urteil 17. 12. 1930 VI A 863/28 RStBl. 1931 S. 448 = RFH 28, 49 = StW 1931 Nr. 282 = Mrozeck EStG § 12 Abs. 1 und 2 R. 34 so ausgedrückt, daß sich der Zeitpunkt, in dem sich „ein geschäftlicher Vorgang steuerlich auswirkt", gegenüber den allgemeinen Grundsätzen (selbst) des EStG verschieben kann; es gebe, so sagte der RFH, wirtschaftliche Verhältnisse, die „nicht immer auf Biegen oder Brechen auf eine kurze Formel gebracht werden können" (vgl. dazu Enno Becker, Die Grundlagen der Einkommensteuer, 1940, S. 230 und Klein StW 1951 Sp. 481). Wie würde beispielsweise die Entscheidung über die H ö h e der Umsatzsteuerrückstellung ausgefallen sein, wenn der (vorläufige) Gewinnfeststellungsbescheid (vom 11. 11. 1953) zu der Zeit als feststand, daß die Rückstellung zu hoch angesetzt war (Sept. 1956) noch nicht rechtskräftig gewesen wäre? Gegen den vorläufigen Bescheid konnte ja aus irgend einem anderen Grund Einspruch (und Berufung) eingelegt sein. Nehmen wir also an, der Bestheid vom 11. 11. 1953 hätte — weil die Berufung gerechtfertigt war — geändert werden müssen (ohne Rücksicht darauf, ob er in Wirklichkeit ein vorläufiger oder ein endgültiger Bescheid war). Ich meine, daß wir in diesem Fal diejenige Umsatzsteuerschuld einsetzen müssen, die wir im September 1956 als die richtige ansehen. Es spielt hier auch die etwas in den Hintergrund geratene Frage eine Rolle, ob das höhere Gericht so ) Vgl. auch BFH-U. 19. 12. 57 IV 432/56 U BStBl. 1958 III 162 und beispielsweise den Streit um die Behandlung der Umsatzsteuer auf Anzahlungen (zuletzt FR 1958 S. 271 ff. - S. 286 - ) . 2

4 entscheiden muß, wie die erste Instanz hätte entscheiden müssen, wenn sie d a m a l s richtig entschieden hätte 8 ]. Der Gesichtspunkt der Aufhellung des (Stichtags-) Sachverhalts muß bei dieser Prozeßfrage doch sicher ausscheiden. Der materiellrechtlichen Frage kommt man etwas näher, w e n n man durchdenkt, was Groener, Grundzüge der steuerlichen Gewinnermittlung, 1950, S. 13 ff. (unter D: Der Grundsatz der Besteuerung des jeweiligen Jahresgewinns] schreibt und zu der Bilanzierung voraussichtlicher Steuerschulden hat sich Brönner, Die Bilanz nach Handels- und Steuerrecht, Stuttgart 1956, S. 539 geäußert. Zu a) und b]: Bei der Meinung des Senats, daß die Bfln. die Umsatzsteuerschuld von 18 520 DM in ihre Bilanz zum 31. 12. 1951 einsetzen konnte, a u c h w e n n sie an ihrer Rechtsauffassung festhielt und bei ihrer Umsatzsteuererklärung einen die Forderung des FA ablehnenden Standpunkt vertrat, mag man an die nach meinem Dafürhalten audi heute noch bedeutsame Entscheidung des RFH vom 14. 11. 1934 VI A 634/33 RStBl. 1935 S. 413 = StW 1935 Nr. 10 = Mrozeck EStG 1934 § 4 Abs. 2 R. 1 denken. Dort spricht der RFH davon, daß es das eigene Verhalten des Stpfi. verlangt, daß er zu seinen früheren Angaben steht. Das ist in dem RFH-Urteil aber nicht auf das Verhalten des Stpfl. in v e r s c h i e d e n e n Veranlagungsfällen bezogen. Davon abgesehen ist die Frage, inwieweit der Stpfl. an Erklärungen, die er der Steuerbehörde gegenüber abgegeben hat (nach Treu und Glauben), g e b u n d e n sein soll, in der Rechtsprechung noch keineswegs klar 4 ). Ich denke hier insbesondere an die nach meinem Dafürhalten sehr zweifelhafte Rechtsprechung des BFH zur Bindimg des Stpfl. an Bilanzansätze (Fragen zur Bilanzänderung). ORR Dr. Fritz B u b e n z e r , Gummersbach

») Vgl. dazu den Hinweis auf die BFH-Urteile 21. 2. 52 IV 429/51 U BStBl. 1952 III S. 90 = BFH 56, 225 und 17. 4. 52 IV 27/52 U BStBl. 1952 III S. 152 = BFH 56, 389 in dem BFH-U. 27. 11. 57 II 66/56 U BStBl. 1958 III S. 51. In dem Sonderfall BFH-U. 12. 12. 57 IV 10/57 U BStBl. 1958 III S. 154 hält der Senat den Widerruf des „unwiderruflich gestellten Antrags" — so hatte der Gesetzgeber die Vorschrift gefaßt — für rechtlich zulässig und auch rechtlich wirksam, d.h. rechtzeitig erfolgt (BStBl, a. a. O. S. 157).

B F H v . 4 . 2 . 1 9 5 8 (III) 1 I 297/56 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 130

Zur Auswirkung einer Gewerbesteuerrüdcstellung in der Bilanz eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres auf die Einkommensermittlung nach § 2 Abs. 6 Ziff. 2 EStG 1953. F.StG 1953 § 2 Abs. 6 Ziff. 2, § 5.

II. Besprechung Der Gewinn eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres ist nadi dem Verhältnis der Umsätze in den beiden in Betracht kommenden Kalenderjahren aufzuteilen, eine Aufteilung der einzelnen Betriebsausgaben oder -aufwendungen selbst ist nicht zulässig. Dem Urteil ist zuzustimmen. Nadi § 2 Abs. 6 Ziff. 2 EStG 1950-1955/56 war der Gewinn des Wirtschaftsjahres bei Steuerpflichtigen für die Ermittlung des Einkommens auf das im Wirtschaftsjahr endende und auf das in demselben Wirtschaftsjahr beginnende Kalenderjahr entsprechend dem Verhältnis der gesamten im Wirtschaftsjahr erzielten und auf das jeweilige Kalenderjahr entfallenden Umsätze aufzuteilen. Dabei ist der Grundsatz zu beachten, daß Betriebsaufwendungen in aller Regel nur das Jahr belasten dürfen, in das sie wirtschaftlich gehören. Abzugsfähige Steuern, wie Gewerbesteuer, Umsatzsteuer, Grundsteuer für Betriebsgrundstücke, die für einen Zeitraum erhoben werden, der vom Wirtschaftsjahr abweicht, dürfen also nur insoweit den Gewinn eines Wirtschaftsjahres mindern, als der Erhebungszeitraum dieser Steuern in das Wirtschaftsjahr fällt. Das ist seit der RFH-Entscheidung vom 29. B./7. 11. 1939 - I 373/38 - RStBl. 1939/212 — und dem kurz darauf ergangenen RFH-Gutaditen vom 11. 12. 1940 — GrSD 6/40 — RStBl. 1940/1044, auf das das besprochene Urteil ausdrücklich Bezug nimmt, anerkannte Verwaltungspraxis. Der BFH hat inzwischen in einem Urteil vom 24. 8. 1956 - I 73/56 U - BStBl. 1956 III S. 323 den Grundsatz der richtigen Periodenabgrenzung ein klein wenig zurücktreten lassen und zu erkennen gegeben, daß der Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung jedenfalls dann eine Verlagerung von Gewinnteilen zu rechtfertigen vermag, wenn eine ausreichend sachliche Begründung vorhanden ist und die Verlagerung nicht willkürlich geschieht öder gegen Treu und Glauben verstößt. Dite hierin liegende Abschwädiung des Prinzips einer strengen Periodenabgrenzung auf steuerlichem Gebiet vermag jedoch m. E. die durch die RFH-Entscheidung vom 29. 8-/7. 11. 1939 und durch das RFH-Gutachten vom 11. 12. 1940 begründete Rechtsprechung nicht zu ändern, da diese Rechtsprechung sowohl ein Ausfluß des Grundsatzes der Ermittlung des richtigen Periodengewinns als auch des Grundsatzes ordnungsmäßiger Buchführung war. Hinsichtlich der Berücksichtigung der Gewerbesteuer in den Fällen, in denen das Wirtschaftsjahr eines Steuerpflichtigen mit dem Erhebungszeitraum der Gewerbesteuer — seit 1943 das Kalenderjahr — nicht übereinstimmt, bedingen beide Grundsätze, daß die Gewerbesteuer zu Lasten des laufenden Wirtschaftsjahres nur mit dem Teilbetrag verrechnet wird, der auf die zu dem Wirtschaftsjahr gehörenden Monate des Erhebungszèitraumes entfällt. Wird die für das gesamte Kalenderjahr noch zu entrichtende Gewerbesteuer bereits in der Schlußbilanz des Wirtschaftsjahres berücksichtigt, so muß durch Einsetzung eines Redinungsabgrenzungspostens die volle Auswirkung dés Gewerbesteuerschuldpostens auf den Gewinn verhindert werden. Der eigentliche Kern des besprochenen Urteils liegt nun darin, daß folgendes klar herausgestellt wird: Wenn der Steuerpflichtige, dessen Wirtschaftsjahr sich, wie im Urteilsfall, auf die Zeit vom 1. 7. 1953 — 30. 6. 1954 erstreckt, eine nach dein Ertrage de9 Zeitraumes vom 1. 1. — 30. 6. 1954 errechnete, anteilige Rückstellung für Gewerbesteuer 1954

Loepelmann,

BFH-Besprechungen, IX. 58.

2 bildet, so ist diese Rückstellung nicht etwa, weil sie nur den Gewerbesteuererhebungszeitraum 1954 betrifft, bei der EinkommensteueTermittlung für 1953 dem. Bilanzgewinn hinzuzurechnen, sondern sie ist zusammen mit allen anderen saldierten Erträgen und Aufwendungen nach den Umsatzverhältnissen auf die Kalenderjahre 1953 und 1954 als Einkommensteuerveranlagungszeiträume aufzuteilen. Die in § 2 Abs. 6 Zifl. 2 EStG 1950 - 1955/56 vorgesehene Aufteilung ist die einzige Vorschrift, nach der der Gewinn den Kalenderjahren zugerechnet wiyd. Diese nach den Umsatzverhältnissen ausgerichtete Aufteilungsmethode ist — so bestechend sie auf den ersten Blick auch erscheinen mag — eine Regelung« die vielfach erhebliche Berechnungen erforderlich macht und in der Praxis zu Komplizierungen führt. Wollte man, wie es das Finanzamt getan hat, einzelne Betriebsausgaben bzw. einzelnen Betriebsaufwand für sich untersuchen und getrennt aufteilen, so würden die Verhältnisse noch, schwieriger und unübersichtlicher. Richtig ist es daher, das Wirtschaftsjahr so wie es ist als Ganzes zu nehmen. Aufgeteilt nach den Umsatzverhältnissen erfolgt dann die Zurechnung des Gewinns auf die Kalenderjahre ohne Rücksicht darauf, wie sich die Gewinnbestandteile im einzelnen zu diesen Kalenderjahren verhalten. Ungleichmäßigkeiten, die sich daraus ergeben, daß etwa das Kalenderjahr 1953 anteilig mit der Gewerbesteuer 1954 belastet wird, gleichen sich, auf einen längeren Zeitraum gesehen, wieder aus. Mit Recht weist das Urteil daraufhin, daß bei dem vom Finanzamt angewendeten Verfahren im umgekehrten Falle — also wenn eine allein den Veranlagungszeitraum 1953 betreffende Gewerbesteuerschuld (Gewerbesteuerabschlußzahlung für den Erhebungszeitraum 1953) den Erfolg des Wirtschaftsjahres 1953/54 belastet — der bei einer umsatzanteiligen Aufteilung der Gewerbesteuerabschlußzahlung 1953 auf die Zeit vom 1.1. — 30. 6.1954 entfallende Anteil vom Veranlagungsgewinn 1953 gekürzt werden müßte. Ein solches Vorgehen wäre in der Tat wenig praktisch. Für vom Kalenderjahr abweichende Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. 12. 1956 enden, gilt bei Gewerbetreibenden nach § 2 Abs. 6 Ziff. 2 EStG 1957 der Gewinn des Wirtschaftsjahres nunmehr wieder als in dem Kalenderjahr bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr endet. Wenn auch die Aufteilung fortfällt, so behält das besprochene Urteil doch seine Bedeutung insoweit, als in Zukunft eine der Laufzeit des Wirtschaftsjahres im vorhergehenden Kalenderjahr entsprechende Rückstellung sich erst bei der Veranlagung des folgenden Kalenderjahres auswirkt. Beispielsweise beeinflußt die nach dem Ertrag vom 1. 7. 1957 — 31. 12. 1957 gebildete Gewerbesteuerrückstellung den Gewinn des Wirtschaftsjahres 1957/58 und kommt damit erst bei der Veranlagung 1958 zur Auswirkung. Es ist dies eine nicht zu beanstandende Folge der gesetzlichen Regelung, die im Interesse der Einfachheit und Klarheit der Besteuerung hingenommen werden muß. Dr. jur. Karl-F. E v e r d i n g , Rechtsanwalt, Wuppertal

BFH v. 6.2.1958 (I) 1 V 308/56 u

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 141

Zu der Frage, unter weldien Voraussetzungen Lieferungen eines WestBerliner Unternehmers an eine Betriebsstätte eines West-Berliner Unternehmers im Bundesgebiet von der Umsatzsteuer befreit sind. Berlinhilfegesetz § 7 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 Ziff. 2.

II. Besprechung Betriebsstätten (Filialen) müssen „im eigenen Namen" bestellen! Die Entscheidung befaßt sidi mit der Frage, unter weldien Voraussetzungen die Lieferung eines West-Berliner Unternehmers (A) an eine im Bundesgebiet befindliche Betriebsstätte (BB) eines anderen West-Berliner Unternehmers (B) von der Umsatzsteuer befreit sein kann. In den Kreis d e r K u n d e n i m B u n d e s g e b i e t , an die ein W e s t - B e r l i n e r U n t e r n e h m e r umsatzsteuerfrei liefern kann, ist — in Durchbrechung des sonstigen Unternehmerbegriffs im Umsatzsteuerrecht — auch die „im Bundesgebiet gelegene Betriebsstätte eines West-Berliner Unternehmers" einbezogen, „soweit sie im eigenen Namen . . . Gegenstände erwirbt" (§ 4 Abs. 1 Ziff. 2 BHG), oder wie es § 7 Abs. 1 Ziff. 1 Buchstabe c BHG vom Blickpunkt des liefernden West-Berliner Unternehmers aus formuliert, soweit er das der Lieferung zugrunde liegende Umsatzgeschäft mit dieser Betriebsstätte abgeschlossen hat. Die Entscheidung klärt diese Voraussetzungen an dem Beispiel von Warenlieferungen, die von der Berliner Zentrale eines Berliner Unternehmers (B) für diese selbst und die Filiale im Bundesgebiet (BB) einheitlich bestellt und bezahlt worden waren. Nach Auffassung des BFH kann das Auftreten des Mutterhauses, das nach dem Sinn dieses umsazsteuerlidien Spezialgesetzes zu fordernde „selbständige Auftreten" der Zweigstelle nicht ersetzen, auch wenn dies bürgerlich-rechtlich unter dem Gesichtspunkt der Stellvertretung möglich ist und auch wenn andererseits ein Auftreten der Filiale „im eigenen Namen" letzten Endes auch das Mutterhaus bürgerlich-rechtlich berechtigt und verpflichtet. Nur durch das Erfordernis eines selbständigen Auftretens und eines dementsprechenden „Buchführungs- und Rechnungswerks" der Filiale wird nach Auffassung des BFH den besonderen Voraussetzungen des Berlinhilfegesetzes als eines umsatzsteuerlichen Spezialgesetzes mit eigenen Rechtsbegriffen entsprochen und auch nur eine „einwandfreie Nachprüfung aller Voraussetzungen . . . unter allen Umständen gewährleistet". Nach dem — zu einer ausdehnenden Auslegung im bürgerlich-rechtlichen Sinn nicht geeigneten — Wortlaut der zitierten Bestimmungen des BHG konnte die Entscheidung nicht anders ausfallen. Sie zeigt aber die bedauerliche Unsicherheit und das rechtssystematisch Bedenkliche einer gesetzlichen Regelung, die einen klaren steuerrechtlichen Begriff wie den des Unternehmers im Umsatzsteuerrecht durch die Gleichstellung einer Betriebsstätte mit einem selbständigen Unternehmer durchbricht, bei dieser Durchbrechung aber auf halbem Weg stecken bleibt, indem das Auftreten einer Betriebsstätte im eigenen Namen verlangt wird, was wiederum mit dem bürgerlichen Recht nicht in Einklang zu bringen ist.

L o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, IX. 58.

2 Die Verquickung des Steuerredits und des bürgerlichen Redits ist um so bedenklicher, als sie auf einem ganz besonders auf klare Begriffe angewiesenem Verkehrssteuergebiet geschieht. West-Berliner Unternehmer, die der Umsatzsteuerfreiheit für Lieferungen (auch Werklieferungen} in das Bundesgebiet nicht verlustig gehen wollen, tun gut daran, bei Lieferungen von Gegenständen, die in West-Berlin hergestellt wurden, an Filialen West-Berliner Unternehmer im Bundesgebiet auf Auftragserteilung dieser Filialen „im eigenen Namen" zu bestehen. Das gilt in gleicher Weise für Werklieferungen, bei denen die in WestBerlin hergestellten Gegenstände im Bundesgebiet zusammengesetzt, eingebaut oder bei Errichtung eines Werks verwendet werden sollen und auch für Werkleistungen, die in West-Berlin im Auftrag einer Filiale (Betriebsstätte) eines West-Berliner Unternehmers im Bundesgebiet ausgeführt werden. Das besprochene BFH-Urteil ist selbstverständlich auch von Bedeutung für die von einer im Bundesgebiet gelegenen Betriebsstätte eines West-Berliner Unternehmers zu beanspruchenden Vergütungen der Umsatzsteuer bei den gleichen Tatbeständen. Das Berlinhilfegesetz gilt vorläufig bezüglich der Lieferungs- und Werkleistungen, die bis zum 31. 12. 59 bewirkt und bezüglich der Vergütungen für Entgelte, die bis zum 31. 12. 59 gezahlt werden. Rechtsanwalt Dr. P. W e g e m e r , Fachanwalt für Steuerredit, Hamburg

BFH v. 7 . 2 . 1 9 5 8 (I) 1 VI 37/56 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 165

Kosten und Gebühren für Verträge über das eheliche Güterrecht sind keine Werbungskosten. EStG §§ 9, 12 Ziff. 1.

II. Besprechung Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sidierung und Erhaltung von Einnahmen. Ihr Zusammenhang mit Einnahmen aus einer bestimmten Einkunftsart ist für ihre sachliche Einordnung begrifiswesentlich. Aufwendungen für die private Lebensführung des Steuerpfliditigen sind nidbt abzugsfähig. Der BFH hat die Frage nach der steuerlichen Einordnung von Kosten und Gebühren für Verträge über das ehelidie Güterrecht dahin entschieden, daß diese nicht den Werbungskosten, sondern der privaten Lebenssphäre der Steuerpflichtigen zuzurechnen seien. Die Entscheidung wäre für den vorliegenden Fall indes ebensogut im entgegengesetzten Sinne denkbar gewesen. Den Ausgangspunkt der Überlegungen bildet die Feststellung, daß Ehegatten, die nicht dauernd getrennt leben, gemäß § 26 EStG i. d. Fass. des Gesetzes v. 26. 7. 1957 (BStBl. 1957 I S. 352) nach Maßgabe des § 26 a EStG getrennt veranlagt werden. Diese Vorschrift kommt auch im vorliegenden Falle, den Veranlagungszeitraum 1953 betreffend, zum Zuge. Danach sind die Einkünfte aus Kapitalvermögen als solche der Ehefrau steuerlich dieser als eigene Einkünfte zuzuredinen. Dabei sollte für die hier gestellte Frage die Bedeutung des für die Ehegatten gültigen Güterstandes nicht übersehen werden, wenn sie audi für die Zeit der obligatorischen Zusammenveranlagung der Ehegatten steuerlich keine Rolle spielte. Sie ist indes besonders im Hinblick auf den Güterstand der allgemeinen Gütergemeinschaft in letzter Zeit verschiedentlich erörtert worden. Im vorliegenden Falle hatten die Steuerpflichtigen am 9. 10. 1952 die Ehe geschlossen. Sie lebten gemäß § 1363 BGB mangels einer abweichenden Vereinbarung im gesetzlichen Güterstand der Verwaltung und Nutznießung des Ehemanns am eingebrachten Gut der Frau. Der Mann erwarb die Nutzungen des eingebrachten Gutes als eigene (§ 1383, 1030, 1068 BGB). Um dies zu ändern, vereinbarten die Ehegatten am 28. 3. 1953 — also noch bevor diese Vorschriften gemäß Art. 117 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) am 1. 4. 1953 außer Kraft traten — in notarieller Form die Gütertrennung. (Der mit dem 1. 4. 1953 eingetretene gesetzlose Zustand wurde erst durch das Gesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des Bürgerlichen Rechts v. 18. 6. 1957 beendet.) Dem BFH ist darin zuzustimmen, daß ein Ehevertrag wie der vom 28. 3. 1953 in erster Linie eine Regelung der wirtschaftlichen Beziehungen innerhalb der Ehe zum Ziele hat. Er bewirkte im vorliegenden Falle zunächst eine von der gesetzlichen Vorschrift des § 1363 BGB abweichende Regelung; er beseitigte das Stammrecht, auf Grund dessen gemäß § 1383 BGB die Nutzungen des Vermögens seiner Frau dem Ehemann originär zu-

L o e p e l m a n n , BFH-Besprediungen, IX. 58.

2 flössen, und führte — „gleichsam nur als Folgeerscheinung der Gesamtregelung" (so der BFH) — zur Überführung auch der Nutzungen des Vermögens wieder in die Hand der Frau. Es unterliegt keinem Zweifel, daß vom 28. 3. 1953 - und in jedem Falle gemäß Art. 117 GG vom 1. 4. 1953 ab die Ehefrau die Nutzungen ihres Vermögens als eigene bezog und auch selbst zu versteuern hatte. M. E. würde man die Aufwendungen für den Vertrag bzw. die Eintragung der Änderung ins Güterrechtsregister nur dann nicht als Werbungskosten ansprechen dürfen, wenn sie nicht mit den Kapitalerträgen in unmittelbarem inneren Zusammenhang stünden (vgl. BFH-Urteil IV 448/51 v. 28. 2. 1952 - BStBl. 1952 III S. 265). Daß ein solcher unmittelbarer innerer Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der — in Ansehung der Einnahmen der Steuerpflichtigen aus Kapitalvermögen vom BFH als Nebenfolge beurteilten — Wiederherstellung der ursprünglichen, durch die Eheschließung und § 1363 BGB veränderten Rechtslage besteht, wird m. E. nicht geleugnet werden können. Da aber auch die Sicherung des Stammrechts nach dem Urteil des IV. Senats zugleich die Sicherung der Erträge bedeutet und ein anderer Weg, dasselbe Ziel ohne diese Aufwendungen zu erreichen, sich damals noch nicht abzeichnete, hätte der BFH m. E. ebensogut zu einer für die Steuerpflichtige günstigeren Rechtsauffassung gelangen können. Hinzu kommt, daß dem — wohl als tragend anzusprechenden — Satz, daß der Ehevertrag einen untrennbaren Teil der Regelung des ehelichen Lebens bedeute, in dieser Allgemeinheit in Ansehung des tatsächlichen Inhalts des Vertrages nicht zugestimmt werden kann, zumal auch das BGB die Vorschriften über die Wirkungen der Ehe im allgemeinen und die Vorschriften über das eheliche Güterrecht durchaus getrennt behandelt. Danach steht das Urteil m. E. mit der angezogenen Entscheidung des IV. Senats bezüglich der Beurteilung der aufgewendeten Kosten und Gebühren als Werbungskosten nicht in Einklang, m u ß t e jedenfalls nicht zu dem oben wieder gegebenen, im Ergebnis nicht befriedigenden Schluß gelangen. Seine auf das bürgerliche Recht gestützten Ausführungen vermögen die Entscheidung nicht zu begründen. Dr. H. B i r k h o l z , Finanzgerichtsrat, Hannover

BFH v. 7.2.1958 (II) 1 VI 223/56 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 149

Beiträge auf Grund von Kapitalansammlungsverträgen sind nur dann als Sonderausgaben abzugsfähig, wenn eine rechtliche Festlegung auf drei Jahre erfolgt ist. E S t G 1951 § 10 Abs. 1 Ziff. 2 d; EStDV 1951 §§ 18-22.

II. Besprechung Rechtmäßigkeit und Grundlagen der dreijährigen Sperrfrist. Das Urteil befaßt sidi mit der Frage, ob ein Steuerpflichtiger in den Jahren 1951 und 1952 Sparraten als Sonderausgaben abziehen kann. Er hat den Kapitalsammlungsvertrag am 2 3. 6. 1 9 5 0 mit Rückwirkung ab 1. 1. 1950 abgeschlossen. Nach dem Vertrag mußte er Sparleistungen bis zum 3 1. 1 2 . 1 9 5 2 , also nur während etwa 2V2 Jahren erbringen; er hat später auch keine weiteren Beiträge mehr geleistet. Ober das angesammelte Sparkapital hat er aber erst am 1 4 . J u l i 1 9 5 3 verfügt, d. h. mehr als drei Jahre nach der ersten Einzahlung. Die entscheidende Frage ist, ob damit die dreijährige Sperrfrist gewahrt ist (§ 20 EStDV 1951). Die Sperrfrist für Kapitalansammlungsbeiträge ist erst seit 1955 im Gesetz selbst geregelt (sie beträgt nach § 10 Abs. 1 Ziff. 4 E S t G 1955 sieben bzw. zehn Jahre, nach dem E S t G 1957 drei Jahre). In den EStG 1950, 1951 und 1953 war dagegen die Sperrfrist nicht im Gesetz enthalten. Hier lauteten die entsprechenden Vorschriften in § 10 Abs. 1 Ziff. 2 Buchst, d E S t G : „Sonderausgaben sind . . . Beiträge auf Grund anderer Kapitalansammlungsverträge, wenn der Zweck des Kapitalansammlungsvertrags als steuerbegünstigt anerkannt worden ist." Die Voraussetzungen der Steuerbegünstigung ergaben sich bis 1954 einschließlich lediglich aus der E S t D V . S o war für Sparratenverträge in § 20 EStDV 1950, 1951 und 1953 u. a. bestimmt, daß sich der Steuerpflichtige verpflichten muß, für die Dauer von drei Jahren mindestens vierteljährlich laufende und der Höhe nadi gleichbleibende Sparbeträge einzuzahlen. Der BFH hat in dem oben angegebenen Urteil ausschließlich geprüft, ob sich der Steuerpflichtige in ausreichender Weise zu einer dreijährigen Festlegung verpflichtet hat. Er hat aber nicht zu der V o r f r a g e Stellung genommen, o b d i e in § 20 E S t D V 1 9 5 1 g e s e t z t e D r e i j a h r e s f r i s t r e c h t e n s ist. Er unterstellt stillschweigend die Rechtmäßigkeit der Vorschrift. Es wäre aber m. E. zweckdienlich gewesen, das Problem zu erörtern, zumal die Frage von Amts wegen zu prüfen ist. Auch in dem Urteil VI 58/55 U vom 12. 12. 1956 (BStBl. 1957 III S. 87), in dem der BFH entschieden hat, daß der Obergang vom Kontensparen zum Bausparen eine Nachversteuerung auslöst, hat er zunächst untersucht, ob die Nadiversteuerungsvorsdiriften in § 25 EStDV 1953 rechtsgültig sind. Die Vorfrage, auf die hier nur kurz eingegangen werden kann, ist aus denselben Gründen wie in dem Urteil VI 58/55 U zu bejahen. Der Gesetzgeber darf nicht nach Belieben sein Recht und seine Pflicht zur Gesetzgebung auf den Verordnungsgeber abwälzen. Will er einzelne Fragen nicht selbst regeln, so muß er den Verordnungsgeber zum Erlaß einer entsprechenden Rechtsverordnung ermächt i g e n . Dabei muß er nach Art. 80 GG Inhalt, Zwedc und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz selbst bestimmen. Mit dieser reditsstaatlichen, der verfassungsmäßigen Gewaltenteilung entsprechenden Einschränkung der Befugnis zum Erlaß von Rechtsverordnungen soll der Herbeiführung eines totalitären Zustands vorgebeugt werden. § 10 E S t G 1951 enthält zwar keine Ermächtigung an den Verordnungsgeber. Nach § 51 Abs. 1 Ziff. 1 E S t G 1951 ist aber die Bundesregierung ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften zur Durchführung des EStG zu erlassen. Die Grenzen zum Erlaß von Durdiführungsvorsdiriften können weiter gesteckt sein als bei anderen Ermächtigungen. § 20 EStDV 1951 dient der Durchführung der den Abzug von Kapitalansammlungsbeiträgen regelnden Ge-

Loepelmann,

BFH-Besprechungen, IX. 58.

2 setzesvorsdirift. Man wird sagen müssen, daß die Dreijahresfrist sich im Rahmen des gesetzgeberischen Willens hält. Audi die anderen in § 10 Abs. 1 Ziff. 2 E S t G 1951 aufgeführten Beiträge zu Versicherungen, Bausparkassen und an Bau- und Wohnungsgenossenschaften setzen ihrer Natur nach regelmäßig voraus, daß sie eine Reihe von Jahren hindurch geleistet werden. Bedenken gegen die Reditsgültigkeit des § 20 EStDV 1951 sind demnach nicht zu erheben. Die vom BFH entschiedene Frage selbst ist noch für das geltende Recht bedeutsam, da auch ab 1. 1. 1955 der Sparer sich zu einer befristeten Festlegung der Beiträge verpflichten muß. Die Dreijahresfrist beginnt erst mit dem Tag des Vertragsabschlusses zu laufen. Der Sparer und das Bankinstitut hätten den Vertrag nicht rüdewirkend ab 1. 1. 1950 in Kraft setzen dürfen, da eine Rückdatierung nur für allgemeine Sparverträge zulässig ist (§ 19 E S t D V 1951). Der Steuerpflichtige war somit bereits nach 2Vz Jahren rechtlich befugt, über das angesammelte Kapital zu verfügen. Entgegen der Auffassung des FG ist der BFH der Ansicht, der Mangel der rechtlichen Festlegung auf drei Jahre werde nicht dadurch geheilt, daß der Stpfl. tatsächlich erst nach drei Jahren die Sparbeträge abgehoben hat. Das Urteil wird wahrscheinlich als formal und wirtschaftsfremd gescholten werden. Es liegt in der Linie der bisherigen Rechtsprechung zum Abzug von Kapitalansammlungsbeiträgen. Erinnert sei an die enge Auffassung, die der BFH hinsichtlich der Verwendung fremder Mittel zur Beitragsleistung vertreten hat, z. B. in VI 110/56 U vom 24. 5. 1957 (BStBl. 1957 III S. 262). Oder an das Urteil VI 146/56 U vom 29. 11. 1957 (BStBl. 1958 III S. 10), in dem der BFH eine audi nur kurzfristige Aufhebung der Sperre festverzinslicher Wertpapiere als steuerschädlich angesehen hat. M. E. sind die strengen Anforderungen, die der BFH an das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für den Abzug von Sparbeiträgen als Sonderausgaben stellt, zu b i l l i g e n . Das Sparen hat lediglich eine Vermögensumschichtung zur Folge und nichts mit dem Einkommen zu tun. Die Begünstigung der Spartätigkeit ist somit ein Fremdkörper im EStG. Sie war zwar nach der Währungsreform ein erforderliches Instrument der Wirtschaftspolitik. Seit Jahren ist sie aber nur noch mit Rücksicht auf die Alters- und Familienvorsorge gerechtfertigt und liegt damit auf einer Ebene mit dem Versidierungs- und Bausparen. Es besteht deshalb kein Anlaß, die Vorschriften über den Abzug von Kapitalansammlungsbeiträgen weit auszulegen. Audi die wirtschaftliche Betrachtungsweise darf hier nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Der BFH hat in dem oben angeführten Urteil VI 58/55 U mit Recht betont, daß ein Steuerpflichtiger, der Steuervergünstigungen in Anspruch nehmen will, sich an die vorgeschriebenen Wege halten muß; „die im Steuerrecht gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise ist kein Mittel, auf das sich ein Steuerpflichtiger berufen könnte, der in anderer als durch Rechtsnorm vorgesehenen Weise Steuererleichterungen begehrt". Finanzgerichtspräsident Dr. B r o c k h o f f ,

Hannover

BFH v. 7.2.1958 (111)1 III 273/57 S

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 157

1. Die Kreditgewinnabgabe ist eine Steuer vom Vermögen im Sinne § 222 Abs. 1 Ziff. 3 Halbsatz 2 AO. 2. Durch § 222 Abs. 1 Ziff. 3 Halbsatz 2 AO werden diejenigen Steuern der Fehlerberichtigung ausgeschlossen, die laufend erhoben werden; Ausschluß bezieht sich dagegen nicht auf Steuern, die durch einen maligen besonderen AnlaB ausgelöst werden.

von von der ein-

AO § 222 Abs. 1 Ziff. 3; LAG § 161.

II. Besprechung Mit den in § 222 Abs. 1 Ziff. 3 Halbs. 2 AO aufgeführten Steuern vom Einkommen, Ertrag, Umsatz und Vermögen sind nur die l a u f e n d erhobenen Steuern gemeint. Die Entsdieidung ist in mehrfacher Beziehung interessant. Dem ersten Leitsatz wird man unbedenklich zustimmen können, wenn auch im Schrifttum andere Ansichten geäußert worden sind (Garbe, Rdsch. f. d. Lastenausgleich 1956 S. 83; Meilicke in Festschrift für Bühler S. 102). Bei allen Lastenausgleidisabgaben handelt es sich um Abgaben vom Vermögen, wie die Entwicklung und der Sinn des LAG eindeutig dartun; daß die drei Abgaben (VA, HGA und KGA) von verschiedenen Bemessungsgrundlagen ausgehen, kann an dieser Tatsache nichts ändern. Bedeutsamer aber ist der zweite Leitsatz, daß nach § 222 Abs. 1 Ziff. 3 Halbsatz 2 AO von der Fehlerberichtigung nur die Steuern ausgeschlossen sind, die laufend erhoben werden. Durch dieses Urteil erfährt man auch, daß diese Ansicht bereits vom RFH in einem Gutachten des großen Senats 4/36 v. 11. 7. 36 vertreten, aber damals nicht veröffentlicht worden ist. Schon dieses Gutachten sagte, daß das Gesetz offenbar diejenigen Steuern begünstigen will, die im allgemeinen laufend erhoben werden. Steuern dagegen, die durch einen einmaligen besonderen Anlaß ausgelöst werden, wolle das Gesetz in der richtigen Höhe, unbeeinflußt durch Veranlagungsfehler erhoben sehen. Wenn das Gesetz in diesem Zusammenhang von Steuern vom Vermögen spreche, müsse angenommen werden, daß es damit in erster Linie die Vermögenssteuer meine und daneben diejenigen Steuern, die dieser Steuern wesensgleich seien. Diese Erkenntnis ist darum schon mehr als 20 Jahre alt, bisher aber unbekannt geblieben. Da die Lastenausgleidisabgaben einmalige Steuern sind, wenngleich auch die Zahlungen auf einen langen Zeitraum verteilt werden, so ergibt sich folgerichtig, daß bei diesen Abgaben die Aufdeckung eines Fehlers durch die Aufsichtsbehörde zur Berichtigung führt und die Beschränkung des Halbsatz 2 hier nicht Platz greift. Aus diesem Urteil ergibt sich bereits, daß das für die KGA Gesagte auch für die VA gilt, was aber auch in dem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil III 165/57 U v. 18. 4. 58 noch einmal ausdrücklich gesagt wird. Aus der Begründung mag hier noch auf die geschichtliche Entwicklung der Vorschrift hingewiesen werden, zu der Zitzlaff in StW 1936 Sp. 1499 inhaltlich folgendes sagt: Die alte Preußische Klassensteuer (Einkommensteuer), die von den Kommunalbehörden und den Landräten verwaltet wurde, war

Loepelmann,

BFH-Besprechungen, IX. 58.

2 mit der endgültigen Veranlagung im allgemeinen abgetan. Im Gegensatz hierzu war bei der Preußischen Erbschaftssteuer und der Reichserbsdiaftsteuer von 1906 eine Fehlerberiditigung jederzeit zulässig. Diese Regelungen hat man auch später insbesondere bei der Preußischen Einkommensteuer beibehalten, obwohl man bei dieser den Erklärungszwang für Einkommen über RM 3000 einführte. Die zwiespältige Regelung einmal für die Erbschaftsteuer und dann für die Einkommensteuer ist in die RAO übernommen worden. Aus dieser geschichtlichen Entwicklung folgert er und mit ihm der RFH und nunmehr der BFH, daß die Fehlerberiditigung bei den großen periodisch zu veranlagenden Steuern ausgeschlossen sein soll, während sie bei den einmaligen Steuern zulässig ist. Ob diese geschichtliche Entwicklung den Inhalt der Vorsdirift noch rechtfertigt, mag dahingestellt bleiben. Der BFH sagt aber mit Recht, daß der nachweisbare Inhalt einer Vorschrift für ihre Auslegung maßgebend ist; die Vorschrift muß nach ihrer Fassung und dem ihr zugrunde liegenden Zwedc auch dann angewendet werden, wenn Gründe für eine Änderung sprechen sollen. Bundesrichter Prof. Dr. H. v. W a l l i s , München

BFH v. 7 . 2 . 1 9 5 8 (IV) 1 III 290/57 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 185

Die Gärtnerei eines Sozialversicherungsträgers ist audi dann 'grundsteuerpflichtig, wenn sie ausschließlich Blumen und Dauerpflanzen für die Ausschmückung der Krankenzimmern usw. in den Heilstätten des Versicherungsträgers erzeugt. GrStG § 4 Ziff. 1 und 3, GrStDV § 25 Abs. 1.

II. Besprechung a) Die Träger der Sozialversicherung sind von der Grundsteuer befreit. Wenn man lediglich von dem Wortlaut des Grundsteuergesetzes ausgeht, würden die Träger der Sozialversicherung (Angestellten-, Knappschafts-, Arbeitslosen-, Kranken-, Unfall-, Invalidenversicherung usw.] grundsteuerpflichtig sein; denn sie fallen weder unter die Befreiungsvorschrift des § 4 Ziff. 1 Buchst, a GrStG nodi unter die Befreiungsvorschrift des § 4 Ziff. 3 Buchst, b GrStG. Unter § 4 Ziff. 1 Buchst, a GrStG fallen sie, obwohl sie öffentliche Aufgaben erfüllen, deshalb nicht, weil sie keine Gebietskörperschaften sind. § 4 Ziff. 3 Buchst, b GrStG kann deshalb nicht angewendet werden, weil sie nicht ausschließlich gemeinnützigen Zwecken, sondern daneben auch noch öffentlichen Zwecken dienen. Dieses Ergebnis konnte nicht befriedigen. Das BFH-Urteil v. 28. 8. 1954 III 157/53 S (BStBl. 1954 III S. 333) kam deshalb zu dem Ergebnis, daß Grundbesitz von Sozialversicherungsträgern, wenn er von diesen für die besonderen Zwecke der Sozialversicherung benutzt wird, von der Grundsteuer freizustellen ist. Wie das BFH-Urteil ausführt, können die Sozialversicherungsträger als Körperschaften des öffentlichen Rechts in Bezug auf die besonderen Zwecke ihrer Tätigkeit nicht schlechter gestellt werden als gemeinnützige Körperschaften hinsichtlich der gemeinnützigen Zwecke. Das BFH-Urteil stellt fest, daß bei Erlaß des Grundsteuer-Änderungsgesetzes v. 10. 8. 1951 (BGBl. I S. 1515) die Auswirkungen und Weiterungen, die sich aus der Einführung der Gemeinnützigkeit als Befreiungsgrund ergeben mußten, im einzelnen nicht in vollem Umfang übersehen werden konnten und daß bei der Formulierimg der Befreiungsvorsdiriften eine offensichtliche Lücke entstanden sei. Derartige offensichtliche Lücken in den gesetzlichen Vorschriften auszufüllen, sei aber Recht und Pflicht der obersten Steuergerichte. Auf die verfassungsrechtlichen Probleme, die sich ergeben, wenn Lücken des Gesetzes durch die obersten Gerichte ausgefüllt werden sollen, kann im vorliegenden Zusammenhang zwar nicht näher eingegangen werden. Im Einzelnen vgl. hierzu jedoch NJW 1952 S. 1153 ff. b) Grundbesitz, der unmittelbar land- und forstwirtsdiaftlidi genutzt wird, ist immer grundsteuerpflichtig. Wenn das BFH-Urteil v. 28. 8. 1954 zu dem Ergebnis gekommen ist, daß die Sozialversicherungsträger grundsteuerlich genauso zu behandeln sind wie Gebietskörperschaften und gemeinnützige Körperschaften, so wird nunmehr in dem vorliegenden BFH-Urteil festgestellt, daß die für Sozialversicherungsträger geltende Grundsteuerbefreiung aber auch nicht weiter gehen kann als die Grundsteuerbefreiung für die genannten anderen Körperschaften. L o c p e l m a n n , BFH-Besprechungen, I. 59.

2 Eine besondere Einschränkung der Grundsteuerbefreiung ergibt' sich aus § 25 Abs. 1 GrStDV, wonach Grundbesitz, der land- und forstwirtschaftlich genutzt wird (hierher gehört auch eine Gärtnerei), auch dann grundsteuerpflichtig ist, wenn er einem der nach dem Grundsteuergesetz begünstigten Zwecke unmittelbar dient. Diese Vorschrift der Grundsteuer-Durchführungsverordnung bringt damit eine wesentliche Einschränkung der im Grundsteuergesetz niedergelegten Befreiungstatbestände. Sie führt gegenüber dem Grundsteuergesetz zu einer Erweiterung der Steuerpflicht, was im allgemeinen durch eine Reditsverordnung nicht möglich ist. Die Rechtsgültigkeit des § 25 Abs. 1 GrStDV war deshalb sehr umstritten. Das BFH-Urteil vom 11. 1. 1957 III 274/56 S (BStBl. 1957 III S. 54) sah jedoch den § 25 Abs. 1 GrStDV als rechtsgültig an. Diese Rechtsauffassung wurde damit begründet, daß § 25 Abs. 1 GrStDV auf der Ermächtigungsvorschrift des früheren § 12 AO beruht und deshalb unter Berücksichtigung der früheren staatsrechtlichen und gesetzgeberischen Verhältnisse auch rechtsgültig erlassen worden sei. Rechtsgültiges Recht gelte aber nach Art. 123 Abs. 1 GG, soweit es dem Grundgesetz nicht widerspricht, als Bundesrecht weiter, bis es aufgehoben wird. Da dies aber bei § 25 Abs. 1 GrStDV bisher nicht erfolgt sei, müsse daran festgehalten werden, daß die Vorschrift ihre Rechtsgültigkeit behalten habe. An dieser Rechtslage habe auch das Grundsteuer-Änderungsgesetz (a. a. O.) nichts geändert. Dementsprechend würde man in § 25 Abs. 1 GrStDV auch eine Grenze für die Grundsteuerbefreiung der Sozialversicherungsträger zu erblicken haben. Es überrascht jedodi, daß in dem vorliegenden BFH-Urteil auf den § 25 Abs. 1 GrStDV nur am Rande hingewiesen wird. Dies könnte zu der Schlußfolgerung führen, daß das Ergebnis des BFH-Urteils v. 11. 1. 1957 (a. a. O.) heute dem Senat selbst nicht mehr ganz bedenkenfrei erscheint. Nachdem in § 25 Abs. 1 GrStDV ein Unterschied zwischen mittelbarem und unmittelbarem Gebrauch für die begünstigten Zwecke nicht gemacht werden braucht, wäre es sonst gar nicht mehr erforderlich gewesen, die Begründung für die Grundsteuerpflidit der Gärtnerei eines Sozialversicherungsträgers in erster Linie darin zu finden, daß diese nicht unmittelbar den besonderen Zwecken des Sozialversicherungsträgers dient. Das vorliegende BFH-Urteil kommt damit zu dem Ergebnis, daß in gleicher Weise wie die Grundsteuer-Befreiungsvorschriften selbst, für die Sozialversicherungsträger auch die Vorschriften des Grundsteuergesetzes gelten, die einer Grundsteuerbefreiung entgegenstehen. Oberregierungsrat Dr. M. T r o l l , BFM, Bonn

BFH v . l 0 . 2 . 1 9 5 8 (I) 1 Gr. S. 1/55 S

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 198

Der Große Senat weidit von den Grundsätzen des Urteils des II. Senat9 II 97/53 S vom 7. April 19S4 (Slg. Bd. 58 S. 664, BStBl. 1954 III S. 165) ab; er hält es mit dem geltenden Recht für unvereinbar, Beschwerbeentsdieidungen der Oberfinanzdirektionen im Verwaltungsstrafverfahren durdi die Steuergeridite nachprüfen zu lassen. Die Entscheidung der Frage, ob und in welchem Umfang Art. 19 Abs. 4 GG dem Beschuldigten nach Erlafi eines Besdiwerdebesdheides nach § 452 AO ein gerichtliches Nadiprüfungsredit gewährt, muß den ordentlichen Gerichten überlassen bleiben. GG Art. 19 Abs. 4, 93, 95, 96, 101; GVG §§ 13, 121 Abs. 2; BFH-Gesetz § 1; BVwGG § 81; AO §§ 52, 418, 420, 421, 422, 426, 450, 452, 453, 458, 468, 472.

II. Besprechung Der Entscheidung ist zuzustimmen. Nadi dem Grundsatzurteil des II. Senates, der für AO-Fragen zuständig ist, vom 7. 4. 1954 II 97/53 S (BStBl. 1954 III, 165) war gegen die Entscheidung der OFD über die Beschwerde gegen einen finanzamtlidien Strafbescheid das Berufungsverfahren zulässig, wenn der Betroffene geltend macht, durch die Entscheidung in seinen Rechten, insbesondere auch durch Ermessensmißbraudi verletzt zu sein; zu dieser Rechtsansicht war der AOSenat auf Grund des Art. 19/4 Grundgesetz (GG) gelangt, wonach jedermann, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird, der Rechtsweg offen steht, wobei — soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist — der ordentliche Rechtsweg gegeben ist. — Diese Entscheidung hat zum Teil Zustimmung gefunden und zum anderen, und zwar größeren Teil Ablehnung, insbesondere haben verschiedene Finanzgerichte, wie Düsseldorf, Karlsruhe, Kassel, im gegenteiligen Sinne entschieden, auch im Schrifttum war die Frage umstritten. Nunmehr ist dieser Meinungsstreit beendet durch das Urteil des Großen Senates des BFH vom 10. 2. 1958 - Gr. S. 1/55 S (BStBl. 1958 III, 198); es lehnt die Ansicht des Urteiles des AO-Senates vom 7. 4. 1954 ab und erklärt, daß Beschwerbeentscheidungen einer OFD im Verwaltungsstrafverfahren durch die Steuergerichte nicht nachprüfbar sind, die . weitere Frage,, ob andere Gerichte zu einer solchen Nachprüfung berechtigt sind, als welche, die ordentlichen Gerichte in Frage . kommen, bleibt diesen ordentlichen Gerichten überlassen. Wie aus den Gründen der neuen Plenarentscheidung hervorgeht, muß auch nach Ansicht des Großen Senates die strafrechtliche Beschwerbeentscheidung einer OFD gemäß Art. 19/4 GG gerichtlich nachgeprüft werden können, es stellt sich aber die Frage, ob zu dieser Nachprüfung die Steuergeridite berufen sind oder die ordentlichen Gerichte. Das Urteil verweist auf Art. 19/4 GG, wonach der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten führt, soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, und spricht aus, daß eine solche andere Zuständigkeit eben nicht gegeben ist, weder ist sie in der AO begründet, noch kann sie aus jenen Grundsätzen abgelei-

Loepelmann,

BFH-Besprediungen, IX. 58.

2 tet werden, die der Große Senat in dem bekannten Gutachten vom 17. 4. 1951 Gr D 51/S (BStBl. 1951 III, 107) entwickelt hat. - Das Urteil des Großen Senates stimmt dem des AO-Senates darin bei, daß die Beschwerdeentscheidungen der OFD ein Verwaltungsakt ist, betont aber zugleich, daß sie nach ihrem sachlichen Gehalt dem Gebiet des Strafrechtes angehört, es müßten daher bei Nachprüfung eines solchen Verwaltungsaktes die Steuergerichte nicht mehr als Abgabengerichte, sondern als Strafgerichte tätig werden, — eine Konsequenz, die der Große Senat ablehnt, zweifellos mit Recht. — Nach weiteren, umfassenden und sehr sorgfältigen Erwägungen weist der Große Senat darauf hin, daß es für den Fall einer steuergerichtlichen Nachprüfung völlig an einer entsprechenden Verfahrensordnung fehlt, deren Entwicklung der Rechtsprechung jedoch verwehrt ist, und gelangt zu dem Ergebnis, daß über die Tragweite des Art. 19/4 GG jedenfalls die Steuergerichte nicht zu befinden haben, weil nach dem geltenden Recht nur die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte festgestellt werden kann, denn durch Art. 19/4 GG wird weder eine zusätzliche gerichtliche Instanz, noch eine neue Zuständigkeit geschaffen. Der neuen Entscheidung ist zuzustimmen und diese Zustimmung werden auch die bisherigen Vertreter der Gegenmeinung nicht versagen können, von allen anderen Gründen abgesehen, die in der Urteilsbegründung überzeugend dargelegt werden, schon deshalb nicht, weil das steuergerichtliche Verfahren der AO für Strafsachen völlig ungeeignet ist. Für den Beschuldigten bringt die neue Plenarentscheidung eine Verschlechterung der Rechtslage mit sich, denn die steuergerichtliche Nachprüfung der Beschwerdeentscheidung vollzog sich unter Ausschluß der Öffentlichkeit und war nicht mit dem Wagnis einer Verböserung belastet — beides Vorteile, die in Wegfall kommen, wenn nunmehr die Nachprüfung durch die ordentlichen Gerichte stattfindet. Das Urteil entscheidet die Streitfrage nur negativ, indem es ausspricht, daß die Steuergerichte nicht zuständig sind, die positive Entscheidung dagegen, welche Gerichte nunmehr zuständig sind, läßt es offen, indem es sie den ordentlichen Gerichten vorbehält. Wie diese künftige Entscheidung lauten wird, die letzten Endes dem Bundesgerichtshof vorbehalten ist, darüber kann man zur Zeit nur Vermutungen äußern. Daß der Beschuldigte und die Nebenbeteiligten gegen den Strafbescheid des Finanzamtes auf gerichtliche Entscheidung antragen können, steht außer Zweifel, denn dies ist im § 450 AO ausgesprochen, die Frage ist aber, ob auch die Beschwerdeentscheidung der OFD gerichtlich nachprüfbar ist, anders gesprochen, ob dem Artikel 19/4 GG schon Genüge getan ist, wenn gegen den finanzämtlichen Strafbescheid der Beschuldigte gemäß § 450 AO auf gerichtliche Entscheidung antragen kann oder ob diese verfassungsrechtliche Vorschrift darüber hinaus gebietet, daß der Beschuldigte auch die Beschwerdeentscheidung der OFD gerichtlich nachprüfen lassen kann. Selbst bei vorsichtiger Abwägung des Für und Wider erachte ich, daß diese Frage zu bejahen ist, und zwar ungeachtet der Bestimmung des § 450/2 AO, wonach die Einlegung der Beschwerde den Antrag auf gerichtliche Entscheidung ausschließt, ungeachtet auch der Vor-

BFH v. 1 0 . 2 . 1 9 5 8 (1)3 schrift des § 458 AO, wonach Besdiwerdebesdieide wie ein rechtskräftiges Urteil wirken. Wie die Plenarentscheidung zutreffend ausspricht, ist die Beschwerdeentscheidung der OFD ein Verwaltungsakt, dieser aber muß gemäß Art. 19/4 gerichtlich nachprüfbar sein, und diese Nachprüfung muß nicht nur gegen einen finanzämtlichen Strafbescheid offen stehen, sondern ebenso gegen eine Beschwerdeentscheidung der OFD, denn auch durch diese kann der Beschuldigte in seinen Rechten verletzt und damit die Voraussetzung erfüllt sein, die Artikel 19/4 GG für die gerichtliche Nachprüfbarkeit von Akten der öffentlichen Gewalt aufstellt. Geht man von der hier vertretenen Auffassung aus, daß auch die Beschwerdeentscheidung der OFD von dem ordentlichen Strafgericht nachgeprüft werden kann, so stellen sich eine Reihe weiterer Einzelfragen, die sich meines Erachtens verhältnismäßig sicher beantworten lassen. Bei sinngerechter und zweckmäßiger Auslegung der strafverfahrensrechtlichen Vorschriften der AO wird man annehmen dürfen, daß die Bestimmungen der §§ 450 ff., die das Verfahren regeln, wenn gegen den finanzamtlichen Strafbescheid auf gerichtliche Entscheidung angetragen wird, sinngemäß auch in dem Fall gelten müssen, daß die Beschwerdeentscheidung der OFD gerichtlich nachgeprüft werden soll. Ist diese Ansicht richtig, so ergibt sich zunächst, daß für diesen Antrag auf gerichtliche Entscheidung die Frist eine Woche beträgt, wie es im § 450/1 bestimmt ist; der Antrag wird schriftlich oder auch mündlich zulässig sein, wie ebenfalls an dieser Gesetzesstelle bestimmt ist, dagegen wird er — bei sinngemäßer Auslegung des § 450/1 AO — nicht beim Finanzamt, sondern bei der OFD zu stellen sein, denn der Sinn des § 450/1 AO ist der, daß der Antrag bei jener Behörde zu stellen ist, deren Entscheidung angefochten wird, das ist vorliegend nicht das Finanzamt, sondern die OFD. Dringt diese Ansicht durch, so ergibt sich für die OFD die Verpflichtung, den Beschuldigten über den ihm zustehenden Rechtsbehelf zu belehren. Für diese Amtspflicht wird man zunächst verweisen auf § 477 AO, der diese Belehrungspflicht statuiert für den Fall, daß ein finanzämtlicher Strafbescheid in Frage steht und die im Fall der Anfechtung einer Beschwerdeentscheidung sinngemäß Anwendung finden muß. Härtung (Neue Juristische Wochenschrift 1958, 810) weist zutreffend darauf hin, daß § 447 AO nur eine Sollvorschrift enthält, die daher grundsätzlich den Fristablauf nicht hemmt, wenn die Belehrung unterbleibt, sieht aber, eine Abhilfe darin, daß eine solche Unterlassung gegebenen Falles dem Beschuldigten das Recht gibt, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Fristversäumung zu verlangen. Näheres bei Hübsdimann — Hepp — Spitäler — Härtung, Kommentar zur AO, Anmerkung 11 zu § 447 und Vorbemerkung 3 zu den §§ 461 ff. Demgegenüber glaube ich, daß es eines solchen Ausweges nicht bedarf, denn die Beschwerdeentscheidung der OFD ist — wie in Übereinstimmung mit der Plenarentscheidung immer wieder festzustellen ist — ein Verwaltungsakt und gemäß § 21 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz muß jede Bundesbehörde, die einen anfechtbaren Verwaltungsakt erläßt, diesem eine Erklärung beigeben, durch welche die Beteiligten u. a. über den Rechtsbehelf

4 und die Reditsmittelfrist belehrt werden, und gemäß dem gemeinsamen Rundschreiben des Bundesinnen- und des Bundesfinanzministers vom 30. 9. 1952 (Ministerialblatt des Finanzministeriums 1952, Seite 575) gilt diese Belehrungspflidit für die Bundesbehörden jeder Stufe, von der obersten bis zur untersten. — Nun stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob die OFD als Bundes- oder Landesbehörde tätig wird, eine Frage, die wohl nur im Einzelfall zu entscheiden ist. Praktisch sollte indessen diese Frage keine entscheidende Rolle spielen, denn man möchte erwarten, daß auch dann, wenn man nur von der Sollvorschrift des § 447 AO ausgeht, gleichwohl die OFD in jedem Falle die Rechtsmittelbelehrung beifügen wird. Was im übrigen das Verfahren betrifft, so werden, wie erwähnt, die §§ 461 ff. AO anzuwenden sein, und zwar sinngemäß. Wie diese Anwendung im Einzelnen vor sich zu gehen hat, werden die ordentlichen Strafgerichte im Wege der Auslegung dieser Vorschriften entscheiden müssen, da mit einer gesetzgeberischen Lösung dieses Problemkreises nicht zu rechnen ist, insbesondere auch nicht im Rahmen der künftigen Finanzgerichtsordnung. Rechtsanwalt Dr. O s w a l d , Weißenhorn Krs. Neu-Ulm

BFH v . 1 1 . 2 . 1 9 5 8 (I) 1 I 352/56 U BStBl. 1958 III S. 254

I. Leitsatz des Urteils

1. Gewinnanteile minderjähriger Kinder an Personengesellsdiaften sind, wenn den Eltern das Recht zur Verwaltung und Nutznießung am Vermögen der Kinder zusteht, eigene gewerbliche Einkünfte der Eltern. 2. Das Redit der Eltern zur Verwaltung und Nutznießung am Vermögen ihrer minderjährigen Kinder kann audi mit steuerlicher Wirkung nur in den bürgerlichrechtlich vorgeschriebenen Formen ausgeschlossen werden. Der Senat tritt insoweit der Entscheidung des Bundesfinanzhofes IV 25/57 U vom 10.10.1957 (SIg. Bd. 65 S. 482, BStBl. 1957 III, S. 419) bei. 3. Eine Genehmigung des Vormundsdiaftsgeridites gemäß § 1822 Ziff. 3 BGB zum Eintritt eines Minderjährigen als Komanditist in eine Kommanditgesellschaft steht nicht ohne weiteres der Genehmigung des Vormundsdiaftsgeridites im Sinne der § 112 BGB zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäftes durch den Minderjährigen gleich. EStG §§ 2, 15 Ziff. 2, 27.

II. Besprechung Die obigen Redhtsgrundsätze sind nidit bedenkenfrei. Nach § 1649 BGB in der bis zum 30. 6. 1958 geltenden Fassung steht dem Vater, bzw. seit 1. 4. 1953 beiden Eltern die Nutznießung am Kindesvermögen zu, mit der Rechtsfolge, daß die Einkünfte aus diesem Kindesvermögen audi steuerlich nicht dem Kind, sondern dem Vater, bzw. den Eltern zugerechnet werden. Diese Hinzurechnung und der daraus folgenden Progressionssteigerung wird dadurch begegnet, daß man das Nutznießungsrecht ausschaltet, was wiederum auf zwei Wegen möglich ist: einmal nach § 1651 BGB in Verbindung mit § 112 BGB dadurch, daß der gesetzliche Vertreter mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes das Kind zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäftes ermächtigt, sodann gemäß § 1662 BGB durch Verzicht auf die elterliche Nutznießung; dieser Verzicht erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Vormundschaftsgericht, die in öffentlich beglaubigter Form abzugeben ist. Zu beiden Möglichkeiten nimmt der I. Senat in dem neuen Urteil Stellung. Die erste Möglichkeit erkennt er, wenn audi unausgesprochen, im Grundsatz an, findet aber, daß die Voraussetzungen nicht gegeben sind. Daß der Vater die Söhne zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäftes mit vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung nicht ermächtigt hatte, wie es die §§ 1651 und 112 BGB erfordern, steht fest, doch hatte man geltend gemacht, in dem Abschluß des Gesellschaftsvertrages zwischen Vater und Söhnen und der Genehmigung desselben läge zugleich eine Genehmigung zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäftes im Sinne des § 112 BGB. — Bereits das FG hatte gegen eine solche Umdeutung Bedenken geäußert, die sodann der BFH in der Urteilsbegründung des Näheren ausführt; diesen Argumenten, insbesondere der Herausarbeitung des Schutzgedankens ist zuzustimmen. Somit hat der BFH zu Recht ausgesprochen, daß eijie Ermächtigung des Kindes zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäftes im Sinne der § 112 und 1651 BGB nicht vorliegt. Audi die zweite Möglichkeit, nämlich den Verzicht der Eltern auf das Nutznießungsrecht im Sinne des § 1662 BGB erkennt der BFH nicht an, und zwar — im Gegensatz zu der ersten Möglichkeit — nicht nur für den vorliegenden Fall, sondern grundsätzlich nicht. Diesen Verzicht haben die Eltern zwar in der vorgeschriebenen Form des § 1662 BGB gerichtlich erklärt, jedoch erst im Jahre 1954, wogegen für die Einkommensteuerveranlagung das Jahr 1952 in Frage stand. Die Rüdebeziehung des Verzichtes auf das frühere Jahr hatte das FG zugelassen, der

Loepelmann,

BFH-Besprechungen, IX. 58.

BFH hat sie abgelehnt, nadi meinem Dafürhalten durchaus zu Recht, denn Rüdebeziehungen mit steuerlicher Auswirkung werden grundsätzlich nicht anerkannt. Dagegen eradite ich, daß das Urteil insofern reditsirrig ist als es im Grundsatz die Möglichkeit ausschließt, daß es bei Fehlen eines rechtsförmlidien Verzichtes nach § 1662 BGB nicht zureichen soll, wenn die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Verzichtes eintreten und bestehen lassen. Diese Möglichkeit, die im § 5/3 StAnpG normiert ist, lehnt der I. Senat grundsätzlich ab; eine Begründung für diese Rechtsansicht gibt er in dem neuen Urteil nicht, sondern beschränkt sich darauf, auf die vorangegangenen Urteile des IV. Senates zu verweisen, und zwar vom 27. 4. 1955 (BStBl. 1955 III, 184) und vom 10. 10. 1957 (BStBl. 1957 III, 419). Auffallender Weise enthält jedoch das Urteil vom 27. 4. 1955 keine Begründung für diese Rechtsansicht, sondern gibt nur den Rechtsspruch, daß steuerlich der Verzicht des Vaters auf die Nutznießung am Kindesvermögen nur anerkannt werden kann, wenn der Verzicht durch eine öffentlich beglaubigte Erklärung gegenüber dem Vormundschaftsgericht erfolgt ist; dabei fällt es auf, daß zu diesem Rechtsspruch der, wie gesagt, einer Begründung entbehrt, der entschiedene Fall überhaupt keinen Anlaß bot! Dieses Urteil hat weitgehend Ablehnung gefunden, so durch mich (Betrieb 1955, Seite 700), wobei ich für meine Auffassung auf Kühn (Anmerkung 4 zu § 5 StAnpG), Hübschmann-Hepp-Spitaler (Anmerkung 6 zur selben Gesetzesstelle), Riewald (Anmerkung 5 zur selben Gesetzesstelle) sowie auf die Urteile des RFH vom 16. 5. 1935 (RStBl. 1935, 1060) und vom 12. 5. 1942 (RStBl. 1942, 580) verweisen konnte. Auf diese meine Darlegungsen hatte sich der Beschwerdeführer im Fall des späteren Urteiles vom 10. 10. 1957 bezogen, doch ist auch in diesem Urteil der BFH bei den Grundsätzen des Urteiles vom 27. 4. 1955 verblieben. Er nimmt, was das Urteil vom 27. 4. 1955 unterlassen hatte, des Näheren zu § 5/3 StAnpG Stellung, wonach dann, wenn ein Rechtsgeschäft wegen Formmangels nichtig ist, dies für die Besteuerung insoweit und solange ohne Bedeutung ist, als die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis des Rechtsgeschäftes eintreten und bestehen lassen. Die Gegenmeinung, daß diese Vorschrift, die ihre Wurzel in der wirtschaftlichen Betrachtungsweise findet, auch einzugreifen hat, wenn ein Verzicht auf die elterliche Nutznießung der vorgeschriebenen bürgerlich-rechtlichen Form ermangelt, lehnt der BFH mit dem Hinweis auf die Urteile vom 13. 9. 1956 IV 317/55' U (BStBl. 1956 III, 380) und vom 21. 6. 1957 VI 115/55 U (BStBl. 1957 III, 300) ab: „Zwar beurteile das Einkommensteuerrecht den Tatbestand wirtschaftlich und sei gemäß § 5 Abs. 3 StAnpG nicht streng an die Form gebunden. Dem stehe aber nicht entgegen, daß bei der Beurteilung der Frage, ob ernsthaft gemeinte Vereinbarungen zwischen Familienangehörigen vorlägen, der Erfüllung der vom bürgerlichen Recht vorgeschriebenen Form wesentliche Bedeutung zukomme. Bürgerlich-rechtlich wegen Formmangels nichtige Vereinbarungen sprächen gegen die Ernsthaftigkeit. Diese Ausführungen stimmen mit dem in ständiger Rechtsprechung aufrechterhaltenen Grundsatz überein, daß zwischen Familienangehörigen klare Verhältnisse geschaffen sein müssen, wenn sie steuerlich anerkannt werden sollen (vgl. Urteil des BFH I 4-5/55 U vom 31. 7. 1956, BStBl. 1956 III S. 288, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung). Dazu gehört aber wesentlich die Einhaltung der vom bürgerlichen Recht vorgeschriebenen Form. Daß gerade auf familienrechtlichem Gebiet die uneingeschränkte Anwendung des § 5 Abs. 3 StAnpG nicht in Betracht kommt, ergibt sich aus dem Urteil des BFH VI 115/55 U vom 21. 6. 1957; dort ist ausgesprochen, daß, wenn die Anwendung einkommensteuerrechtlicher Vorschriften von dem Bestehen einer Ehe abhängt, für die Beurteilung dieses Erfordernisses allein bürgerlich-rechtliche Gundsätze maßgebend sind."

BFH v. 11.2.1958 (1)3 Dies also sind die Gründe, die nunmehr für den I. Senat in seinem Urteil vom II. 2. 1958 maßgebend waren. Meines Erachtens vermögen sie nidit zu überzeugen, verstoßen vielmehr gegen § 5/3 StAnpG. Diese Bestimmung hat allgemeine Geltung und es ist angesidits des eindeutigen Wortlautes derselben nidit angängig, sie für den Fall von Vereinbarungen unter nahen Angehörigen auszuschließen, wie es der I. Senat in dem neuen Urteil tut und der IV. Senat in den früheren Urteilen getan hat. Daß bei Rechtsverhältnissen zwischen Angehörigen strenge Anforderungen gestellt werden, ist berechtigt, diese Erwägung aber kann lediglich dazu führen, daß die Frage des Nachweises strenger beurteilt wird als sonst, keinesfalls aber berechtigt sie dazu, die allgemein und ohne Einschränkung gehaltene Vorschrift des § 5/3 StAnpG für den Bereich der Rechtsverhältnisse unter Angehörigen außer Geltung zu setzen. — Indessen hätte es der ausdrücklichen Vorschrift des § 5/3 StAnpG nicht bedurft, sondern auch ohne diese Vorschrift mußte es bei richtiger Auffassung genügen, wenn die Beteiligten die Wirkungen des formlos ausgesprochenen Verzichtes gelten lassen, denn dies ergibt sich bereits aus der wirtschaftlichen Betrachtungsweise. In diesem Sinne hat das FG Düsseldorf mit dem nichtveröffentlidien Urteil vom 26. 11. 1952 II 149/52 E einen gleichgelagerten Fall entschieden, indem es die Anteile einer Tochter am Gewinn einer OHG nicht als Einkünfte des Vaters, sondern als solche der Tochter anerkannt hat; es führt aus: „Zwar hat der Berufungsführer lediglich formlos verzichtet, während der Verzicht auf die Nutznießung nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes in öffentlich beelaubigter Form gegenüber dem Vormundschaftsgericht zu erklären ist f§ 1662 BGBl. Diesem Formmangel kann iedodi für die Besteuerung dann keine Bedeutung zukommen, wenn die Beteiligten sich tatsächlich an diesen Verzicht gehalten und die entsprechenden Folgerungen daraus gezogen haben. Auf Grund der das gesamte Steuerrecht beherrschenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise haben privatrechtliche Gesichtspunkte gegenüber den wirtschaftlichen in den Hintergrund zu treten. Demnach kommt es im vorliegenden Fall allein darauf an, wem die auf die Tochter entfallenden Gewinnanteile tatsächlich zugeflossen sind. Die durch einen Beamten des Finanzgerichtes an Hand der Buchführung der oHG vorgenommenen Ermittlungen haben keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die als Entnahme der Tochter ausgewiesenen Beträge nicht in deren Hand gelangt sind. Die Entnahmen der Tochter wurden vor und nach dem Eintritt der Volliährigkeit buch- und kassenmäßig in gleicher Weise wie die der übrigen Gesellschafter behandelt. Damit werden die Angaben der Tochter bestätigt, sie habe seit Gründung der OHG von ihrem Vater keinen Unterhalt erhalten, sondern Kostgeld abgeben müssen; ihre sämtlichen Aufwendungen habe sie aus den entnommenen Beträgen bestritten, über die sie selbständig und ohne Zustimmung des Vaters verfügen konnte." Wie ersichtlich, gelangt das Finanzgericht deshalb dazu, die Zusammenredinung der Kindeseinkünfte mit denen des Vaters abzulehnen, weil es dèh formlosen Verzicht des Vaters auf die Nutznießung als hinreichend erachtet; es stützt diese Ansicht auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise, hätte aber auch die Bestimmung des § 5/3 StAnpG heranziehen können, die indessen wiederum nur eine Konkfetisierung dieser wirtschaftlichen Betrachtungsweise darstellt, die gemäß § 1 StAnpG das gesamte Steuerrecht beherrscht. Schon damals hat diese Rechtsansicht nicht die Zustimmung des BFH gefunden, er — und zwar der IV. Senat — hat sie in dem nichtveröffentlichten Urteil vom 13. 8. 1953 IV 36/53 (auszugsweise wiedergegeben von Theis im Betrieb 1956, Seite 75, erwähnt in dem neuen Urteil des I. Senates vom 11. 2. 1958 BStBl. 1958 III, Seite 255 links oben) abgelehnt. Somit liegt insoweit eine ständige Rechtsprechung des IV. Senates vor, der nun auch der I. Senat beigetreten ist. Gleichwohl erachte ich, daß dieser Rechtsprechung

4 nicht zugestimmt werden kann, daß man vielmehr in künftigen Fällen bemüht sein muß, sie zu beseitigen, und zwar im Hinblidc auf die eindeutige Vorschrift des § 5/3 StAnpG und die wirtschaftliche Betrachtungsweise! Das Urteil betrifft — wie ersichtlich — Einkünfte der Jahre 1952 und 1953, es war somit § 1649 BGB zugrunde zu legen, wie er für diese Jahre noch in Geltung stand. Diese Vorschrift ist jedoch mit Ablauf des 30. 6. 1958 außer Kraft getreten, denn am Tage danach hat das neue Gleichberechtigungsgesetz Wirksamkeit erlangt. Durch dieses ist das elterliche Nutznießungsrecht am Kindesvermögen beseitigt und der bezügliche § 1649 BGB völlig neu gefaßt, und zwar dahin, daß unter gewissen Voraussetzungen und in bestimmtem Umfang die Eltern ermächtigt sind, Einkünfte des Kindesvermögens für den eigenen Unterhalt und den Unterhalt der Geschwister des Kindes zu verwenden. Somit besteht kein Anlaß mehr zu Maßnahmen, durch welche die progressionssteigemden Auswirkungen dieses Nutznießungsrechtes behoben werden sollen. Eine Zusammenrechnung der Einkünfte des Kindes mit denen der Eltern ist daher ab 1. 7. 1958 nicht mehr möglich, soweit sie auf dem nunmehr beseitigten Nutznießungsrecht der Eltern beruht. Gleichwohl kommt dem Urteil auch für die Zukunft Bedeutung zu, denn Fälle aus der Zeit vor dem 1. 7. 1958 werden noch auf Jahre hinaus die Finanzbehörden und die Rechtsmittelinstanzen beschäftigen. Dabei ist zu beachten, daß nur jene Zusammenrechnung der Einkünfte des Kindes mit denen der Eltern ab 1. 7. 1958 beseitigt ist, die auf der güterrechtlichen Vorschrift des § 1649 BGB beruht, nicht dagegen jene, die in der steuerlichen Bestimmung des § 27 E S t G ihre Grundlage findet. Es wird zwar mit guten Gründen geltend gemacht, daß auch diese Zusammenrechnung nach § 27 E S t G ebenso verfassungswidrig ist wie § 26 EStG alte Fassung, dessen Verfassungswidrigkeit das Bundesverfassungsgericht mit dem Beschluß vom 17. 1. 1957 ausgesprochen hat, doch steht demgegenüber der Bundesfinanzhof auf dem Standpunkt, daß § 27 EStG mit dem Grundgesetz vereinbar ist; die Rechtslage bei § 27 EStG ist nun nicht genau die gleiche wie zu § 26 E S t G und deshalb bleibt der Rechtsspruch des BVerfG abzuwarten. Solange dieser nicht in dem Sinn ergangen ist, daß § 27 E S t G gegen die Verfassung verstößt, behalten die vorstehenden Darlegungen praktische Bedeutung. Rechtsanwalt Dr. O s w a l d , Weißenhorn Krs. Neu-Ulm

BFH v. 11.2.1958 (II) 1 I B 23/57 U

I. Leitsatz des Beschlusses

BStBl. 1958 III S. 182

Bei der Zerlegung von Gewerbesteuermeßbeträgen nach dem Maßstab der Arbeitslöhne ist die Frage der Zugehörigkeit von Arbeitnehmern zu dem Gewerbebetrieb nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu entscheiden. GewStG § 29 Abs. 1 Ziff. 2.

II. Besprechung Der BFH-Beschluß ist nicht unbedenklich. Der Gesamthafenbetrieb (GHB) ist eine Einrichtung der Hafenstädte und mit Rücksicht darauf gebildet worden, daß die Hafeneinzelbetriebe infolge der besonderen Verhältnisse in den Seehäfen einen ständig wechselnden Bedarf an Arbeitskräften haben. Durch die Einrichtung der GHBe wird seitens der angeschlossenen Betriebe angestrebt, im Bedarfsfall eingearbeitete und mit den Verhältnissen im Hafen vertraute Arbeitskräfte in dem jeweils erforderlichen Umfang zur Verfügung zu haben. Bereits durch Urteil vom 29. 4. 1941 I 409/40 (RStBl. 1941 S. 381) hat sich der I. Senat des RFH mit der Körperschaftsteuerpflicht eines GHB befaßt. Damals handelte es sich um den GHB einer besonders großen Hafenstadt (G), der auf Grund der Zwölften VO zur Durchführung des Gesetzes zur Ordnung der nationalen Arbeit vom 8. 4. 1935 (RGBl. 1935 I S. 510) gebildet worden war. Der Streitfall betrifft dagegen einen freiwilligen Zusammenschluß der 4 Hafenbetriebe einer Kleinstadt (K) — darunter einer Betriebsstätte der OHG X & Co. in Y —; der Zusammenschluß hat die Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Der I. Senat des BFH läßt in dem jetzt entschiedenen Fall unerörtert, ob der GHB K als gewerbesteuerpflichtiges Gebilde angesehen werden kann oder nicht. Dazu sei bemerkt: Allerdings hat der RFH in dem vorerwähnten Urteil vom 29. 4.1941 den GHB G nicht als körperschaftsteuerpfliditig behandelt, weil damals der Aufbau und die Durchführung des Zusammenschlusses nicht auf der Willensmeinung der Hafeneinzelbetriebe, sondern auf den Entschließungen des Treuhänders der Arbeit und des von ihm berufenen Betriebsführers beruhten. Unter den veränderten Verhältnissen wäre der GHB G (— dieser GHB wurde sicherlich der besonderen Rechtsstellung entkleidet, die ihm durch die vorerwähnte VO vom 8. 4. 1935 zugewiesen worden war —) ein nicht-rechtsfähiger Verein im Sinn des § 1 Abs. 1 Ziff. 5 KStG und des § 2 Abs. 3 GewStG. Siehe insoweit auch die RFH-Urteile vom 28. 2. 1939 I 270/37 (RStBl. 1939 S. 746) und vom 8. 10. 1940 I 103/40 (RStBl. 1941 S. 374). Daß der GHB G andererseits einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinn der § 2 Abs. 3 GewStG und § 8 GewStDV betrieb, bedarf keiner Erörterung. Im Hinblick auf dieses Ergebnis entsteht die Frage, ob nicht auch der GHB K als gewerbesteuerpflichtig im Sinn des § 2 Abs. 3 GewStG gelten muß. Der aus dem Beschluß ersichtliche Tatbestand reicht nicht aus, um hierzu abschließend Stellung nehmen zu können. Immerhin wird angenommen werden können, daß die Vereinigung einen eigenen Namen, eigene Organe und eine eigene Satzung hat, vom Wechsel ihrer Mitglieder un-

L o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, I. 59.

2 abhängig ist und im Innenverhältnis der Mitglieder ein selbständiges Unternehmen darstellt. Daß die Mitgliederzahl nur gering ist, ist nicht ausschlaggebend, vorausgesetzt, daß das Gebilde ein Organ besitzt, dessen Entscheidungen sich das einzelne Mitglied nidit entziehen kann. Siehe dazu die RFH-Urteile vom 31. 5. 1938 I 383/37 (RStBl. 1938 S. 736) und vom 8. 10. 1940 I 103/40 (RStBl. 1941 S. 374). Hiernach ist der GHB K vermutlich als nichtrechtsfähiger Verein im Sinn des § 2 Abs. 3 GewStG und damit als gewerbesteuerpfliditig anzusehen. Eine andere Frage ist natürlich, ob die Arbeitnehmer als Arbeitnehmer des GHB K oder, wie der BFH meint, als solche der Hafeneinzelbetriebe anzusprechen sind (— obwohl, um es zu wiederholen, wahrscheinlich auch im erstgenannten Fall die Erhebung von Gewerbesteuer zu Gunsten der Gemeinde K in Betracht kommt —). Bürgerlich-rechtlich liegt ein Dienstverschaffungsvertrag („Arbeitsleihvertrag") vor. Die Arbeitnehmer gelten als Arbeitnehmer des GHB. Siehe dazu Palandt, BGB, 17. Aufl., 1958, Einf. 3 d vor § 611. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der GHB die Arbeitslöhne im eigenen Namen zahlt, daß der GHB die Sozialversidierungsbeträge einzubehalten hat, an die dafür zuständigen öffentlichen Kassen abführen muß und in den Fällen der Nichtbefolgung strafrechtlich verantwortlich ist. Steuerlich gilt folgendes: 1. Im Sinn des Lohnsteuerrechts ist Arbeitgeber der GHB. Es kommt nicht darauf an, wer den Lohn auszahlt (— im Streitfall geschieht dies durch den GHB —), sondern darauf, wer die Arbeitnehmer anstellt und entläßt und ihnen Weisungen erteilt (— z. B. zur Verrichtung der Arbeit bei den Hafeneinzelbetrieben —). Siehe dazu die RFH-Urteile vom 23. 5. 1928 VI 853/27 (RStBl. 1928 S. 266), vom 10. 4. 1935 VI A 123/35 (RStBl. 1935 S. 1158) und vom 19. 6. 1935 III e A 40/35 (RStBl. S. 1096) sowie Blümich-Falk, Komm. z. Einkommensteuergesetz, 7. Aufl., 1955, S. 869. Das Anstellungs-, Entlassungs- und Weisungsrecht hat aber im Streitfall der GHB. 2. Im Sinn der lohnsummensteuerlichen Vorschriften des GewStG (§ 23 ff.) ist Arbeitgeber gleichfalls der GHB. Die für die Lohnsteuer maßgeblichen Grundsätze gelten entsprechend. Siehe dazu den BFH-Beschluß vom 25. 11. 1952 I B 135/52 (StRK GewStG § 24 R. 3), Abschn. 104 GewStR 1955 sowie Blümich-Boyens-Steinbring, Erläuterungsbuch zum Gewerbesteuergesetz, 6. Aufl., 1958, Anm. 2 Abs. 14 zu § 24. 3. Die gleiche Auffassung galt bisher bezüglich der Vorschriften über die Zerlegung (§ 29 ff. GewStG). „Bei der Betriebsstätte beschäftigte Arbeitnehmer" im Sinn des § 29 Abs. 1 Ziff. 2 GewStG bedeutete dasselbe wie „Arbeitnehmer der in der einzelnen Gemeinde belegenen Betriebsstätte" im Sinn der § 23 Abs. 1, § 24 Abs. 1 GewStG. Siehe dazu Blümich-Boyens-Steinbring, a. a. O., Anm. 3 zu § 23. Der im Streitfall ergangene BFH-Beschluß durchbricht plötzlich die bisher im Steuerrecht vorhanden gewesene einheitliche Betrachtungsweise, und zwar anscheinend, ohne daß die Bundesfinanzverwaltung (— und damit

BFH v. 11.2.1958 (11)3 außerdem die Kommunalabteilung des Bundesinnenministeriums —) vorher gehört wurde. Siehe dazu § 287 Ziff. 2 AO. In einem Urteil vom 1. 8. 1958 VI 13/57 U (BStBl. 1958 III S. 390) führt der VI. Senat des BFH aus, daß besonders schwerwiegende Gründe vorliegen müssen, wenn ein oberstes Steuergericht von einer fest eingewurzelten Rechtsauslegimg abweichen darf; es sei dies ein wesentlicher Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips des Art. 20 GG. Der I. Senat hat diesen Rechtsgrundsatz in einem Urteil vom 14. 8. 1958 I 39/57 U nodi stärker herausgestellt. Ob der im Streitfall ergangene BFH-Beschluß mit derartigen rechtsgrundsätzlidien Erwägungen übereinstimmt, sei dahingestellt. In einem Urteil zu § 8 Ziff. 8 Satz 2 GewStG vom 23. 7. 1957 I 50/55 U (BStBl. 1957 III S. 306] weist der I. Senat darauf hin, daß das Steuerrecht ein Bestandteil der allgemeinen Rechtsordnung sei; der Inhalt seiner Rechtsbegriffe müsse sich deshalb, soweit nicht das Gesetz erkennbar etwas anderes bestimme, mit dem üblichen Inhalt dieser Reditsbegriffe decken. Demgegenüber ist im Streitfall die bürgerlich-rechtliche Struktur der seitens des GHB abgeschlossenen Arbeitsverträge (siehe oben) nicht hinreichend gewürdigt worden. Andererseits erscheint mir zweifelhaft, ob die Arbeitnehmer bei wirtschaftlicher Betrachtung als solche der Hafeneinzelbetriebe angesehen werden können. Die vom I. Senat für seine Auffassung angeführten Umstände werden von mir keinesfalls verkannt; diese Umstände sind nach meinem Dafürhalten jedoch nicht derart schwerwiegend, daß sie angesichts der oben zu Gunsten der entgegengesetzten Auffassung angeführten Gründe entscheidend ins Gewicht fallen könnten. Aus der Tatsache, daß die in Betracht kommenden Arbeitnehmer „unständige Arbeiter" sind (d. h. bei Nichtbesdiäftigung keinen Anspruch auf Arbeitslohn haben), kann nicht bereits gefolgert werden, daß der GHB wirtschaftlich nur die Stellung eines Arbeitsvermittlers hat, zumal das Rechtsverhältnis zwischen diesem und den Arbeitnehmern oft jähre- oder jahrzehntelang besteht, ehe die Arbeitnehmer von den Hafeneinzelbetrieben als „ständige" Arbeitnehmer übernommen werden. Auch die Vorschußzahlungen an den GHB können nicht als bedeutsam angesehen werden, wenn berücksichtigt wird, daß dieser eigene Gewinne nicht hat, sondern ausschließlich auf die Zahlungen der Mitgliederbetriebe angewiesen ist. Richtig ist, daß bei der Gemeinde K Steuerausfälle eintreten können, wenn die Arbeitnehmer als Arbeitnehmer der GHB behandelt werden; denn in diesem Fall könnte offenbar eine Steuer- vom Gewerbeertrag bzw. vom Gewerbekapital nicht erhoben werden. Darin aber bereits eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Härte zu erblicken, halte ich für bedenklich. Derartige Mindereinnahmen werden dadurch ausgeglichen, daß sich in anderen Fällen gleiche oder ähnlich gelagerte Tatbestände zu Gunsten der Gemeinde K auswirken. Außerdem hat der Gesetzgeber zum Ausgleich derartiger Ausfälle die Möglichkeit der Erhebung von Lohnsummensteuer zugelassen. Davon abgesehen, war auch dem Gesetzgeber bekannt, daß es Fälle geben kann, in denen die Zerlegung unter Zugrundelegung der Arbeitslöhne zu Unbilligkeiten führt. Nach der vom I. Senat nicht angewendeten Vorschrift des § 33 GewStG soll jedoch in diesen Fällen eine abweichende Verlegung nur dann eintreten, wenn andernfalls ein „offenbar" unbilliges Ergebnis eintreten würde.

4 Daß es eine weitere Komplikation des ohnehin sehr komplizierten Steuerredits bedeutet, wenn dieselben Arbeitnehmer für die Lohnsteuer und die Lohnsummensteuer als Arbeitnehmer des GHB, für die gewerbesteuerlidie Zerlegung aber als Arbeitnehmer der Hafeneinzelbetriebe (— oder der anderen Betriebe, bei denen ähnliche Verhältnisse bestehen —) angesehen werden, bedarf keiner Hervorhebung. Demgemäß vermag ich mich von der Richtigkeit und Zweckmäßigkeit des im Streitfall ergangenen BFH-Besdilusses nidit zu überzeugen. Dr. Otto K l e i n , Bundesriditer beim Bundesfinanzhof

BFH v . 1 3 . 2 . 1 9 5 8 (I) 1

I. Leitsatz des Urteils

V 209/57 U BStBl. 1958 III S. 158

Hat ein Gläubiger in Ansehung derselben Forderung zwei Schuldner, und fordert er den Betrag vom Sdiuldner A, geht der von A gezahlte Betrag sodann durdi die Hand des Schuldners B an den Gläubiger, so ist der Betrag bei B ein durchlaufender Posten. UStG S 5 Abs. 3.

II. Besprechung 1. Das Umsatzsteuerredit hat den Begriff der durchlaufenden Posten in § 5 Abs. 3 UStG besonders definiert und bestimmt, daß nur solche Beträge als durchlaufende Posten nicht zum Entgelt gehören, die der Unternehmer ausdrücklich im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt. Diese Bestimmung bedeutet eine Einschränkung gegenüber dem Handelsrecht und Einkommensteuerrecht. 2. In dem zur Entscheidung stehenden Falle handelt es sich um Gebühren für die Schlachttier- und Fleischbeschau, die in dem Schlachthaus des Schlachters vorgenommen wird. Nach der in dem Urteil angeführten Niedersächsisdien Verordnung stellen die Fleischbeschauer jeweils die Gebührenrechnung auf den Namen des Landwirts und nicht auf den Namen des Schlachters aus. Dieser gibt die Rechnungen an die Zentralgenossenschaft für Viehverwertung (ZG) weiter, die von dem Landwirt mit der bestmöglichen Verwertung des Viehs beauftragt ist und die andererseits die verauslagten Gebühren in ihren Abrechnungen mit dem Landwirt über den erzielten Kaufpreis verrechnet. Solche Schlachthof- und Fleischbeschaugebühren sind wiederholt Gegenstand der Rechtsprechung gewesen. In dem RFH-Urteil V A 232/34 V. 19. 7. 1935 (RStBl. 1935 S. 1165) handelte es sich darum, ob bei einem Viehagenten durchlaufende Posten i. S. des Umsatzsteuerrechts vorliegen, wenn der Viehagent Gebühren für die Benutzung von Einrichtungen eines Viehhofes bezahlt. In diesem Falle standen dem Viehagenten auf dem Viehhof Futterställe und Verkaufsstände zur Verfügung. Der Agent muß für die Benutzung dieser Einrichtungen Standgelder bezahlen und läßt sich diese von den Vieheinsendern ersetzen. Die Standgebühren sind Geschäftsunkosten des Agenten und keine durchlaufenden Posten. Vgl. auch RFH-Urteil V A 226/32 v. 13. 7. 1932 (RStBl. 1933 S. 283). Der Grund hierfür ist, daß der Viehagent Schuldner der Standgelder gegenüber dem Viehhof ist. Das gleiche gilt für Marktgebühren von Viehhändlern und Viehkommissionären, und zwar auch für den Fall, daß eine Gebührenordnung den Vieheigentümer als Schuldner der Marktgebühren bezeichnet (RFH-Urteil V A 380/36 s. 19. 2. 1937, RStBl. 1937 S. 492). Andererseits hat der Bundesfinanzhof in einem Urteil V 153/56 U. v. 28. 2. 1957 (BStBl. 1957 III S. 179) bei Schlachthofgebühren eines Kopfsdilachters (Stücksdilachters), der im Auftrag von Ladenfleischern das Schlachten auf dem Schlachthof vornimmt, durchlaufende Posten anerkannt. Nach dem in diesem Fall maßgebenden Gesetz ist „derjenige, der für eigene Rechnung die Einrichtungen benutzt oder benutzen läßt", zahlungsverpfliditet. Das ist in dem vorliegenden Fall nicht der Kopfschlachter, sondern dessen Auftraggeber, also der Ladenfleischer. Die Gebühren sind bei dem Kopfschlachter durchlaufende Posten und daher nicht steuerbar. 3. In dem vorliegenden Fall sind nach der erwähnten Niedersächsisdien Verordnung „zur Deckung der Kosten von den Besitzern der Sdilachttiere und des Fleisches Gebühren zu erheben". Es ist vom Bundesfinanzhof zu Recht festgestellt

Loepelmann,

BFH-Besprediungen, IX. 58.

2 worden, daß hier mit Bedacht von „Besitzern" und nidit von „Eigentümern" gesprochen wird, um dem Schlatthof die Möglichkeit zu geben, die Gebühren von demjenigen einzubeziehen, der die Schlachttiere anliefert und ihn der Notwendigkeit zu entheben, die Eigentumsverhältnisse bei den eingelieferten Tieren zu klären. Der Bundesfinanzhof stellt auf Grund der tatsächlichen Vorgänge fest, daß sowohl der unmittelbare Besitzer, also hier der Schlachter als auch der mittelbare Besitzer, nämlich der Landwirt als Eigentümer der Schlachttiere, als Gebührenschuldner in Frage kommt. Beide seien im Sinne des Bürgerlichen Rechts „Besitzer". Es steht ferner tatsächlich fest, daß die Fleischbeschauer die Gebührenrechnungen und damit die Gebührenforderungen an die Landwirte richten, die damit »eindeutig als Schuldner der Gebühren festgelegt werden". Es liegt also im vorliegenden Fall nach Ansicht des Bundesfinanzhofes bei der Gebührenschuld ein Gesamtschuldverhältnis vor. Nach § 421 BGB steht es bei einem Gesamtschuldverhältnis dem Gläubiger frei, die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner einzufordern. In dem vorliegenden Fall hat sich der Fleischbeschauer als Gebühreneinzugsstelle in der Praxis dazu entschlossen, die Gebührenforderungen nicht an den unmittelbaren Besitzer der Schlachttiere, nämlich den Schlachter, sondern an die mittelbaren Besitzer, die Landwirte, zu richten. Er hat damit von dem Entscheidungsrecht des § 421 BGB Gebrauch gemacht. Im Einklang mit dem Bürgerlichen Recht stellt daher der Bundesfinanzhof fest, daß die Zahlung der Gebühren von dem Schlächter im fremden Namen, nämlich im Namen des Landwirts als des Schuldners vorgenommen wird, von dem der Beschauer als Gebühreneinzugsstelle die Gebühren fordert. Allerdings könnte auch der Schlachter als unmittelbarer Besitzer der Schlachttiere und Gesamtschuldner der Gebühren von der Gebühreneinzugsstelle in Anspruch genommen werden. Doch werden tatsächlich die Rechnungen nicht auf den Namen des Schlachters, sondern auf die Namen der Landwirte zu Händen der ZG ausgestellt. Daher erfolgt die Verauslagung der Gebühren durch den Schlächter im fremden Namen, nämlich im Namen der Landwirte. Die Wiedervereinnahmung dieser verauslagten Beträge von den Landwirten auf dem Wege über die ZG unterliegt beim Schlachter nicht der Umsatzsteuer. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 UStG sind gegeben. Das neue Urteil ist in gewisser Weise eine Ergänzung des oben erwähnten RFHUrteils vom 28. 2. 1957. Es klärt den bisher von der Rechtsprechung nicht entschiedenen Fall, daß sowohl der die Gebühren zahlende Unternehmer als auch der Vieheinsender Schuldner der Gebühren sind, und stellt die Entscheidung auf die tatsächliche Handhabung bei der Rechnungserteilung durch die Gebühreneinzugsstelle ab. Auffallend ist, daß der Bundesfinanzhof in der Urteilsbegründung u. a. ausführt, daß die Rechnungen „offenbar" auf Grund dienstlicher Anweisungen an die Landwirte gerichtet sind, die damit eindeutig als Schuldner der Gebühren festgelegt werden. Eine solche Annahme einer nicht genau festgestellten Tatsache scheint bedenklich. Wenn der Bundesfinanzhof eine solche Anweisung an die Fleischbeschauer durch die vorgesetzte Stelle als wesentlich für die Entscheidung ansehen wollte, so hätte man es nicht auf eine Annahme abstellen dürfen, sondern feststellen müssen, ob und mit welchem Wortlaut tatsächlich eine solche Anweisung erteilt worden war. Anderenfalls sollte von der Erwähnung einer Anweisung Abstand genommen werden, deren Vorhandensein nur „offenbar" angenommen wird, aber nicht wirklich feststeht. Finanzpräsident i. R. E. B e c k , Wiesbaden

BFH v . 1 3 . 2 . 1 9 5 8 (II) 1

I. Leitsatz des Urteils

Vz 211/54 u BStBl. 1958 III S. 151

Zum Begriff Herstellungsbetrieb im Sinn der mineralölsteuerreditlidien Bestimmungen. MinöStG vom 21. Mai 1953 § 3; MinöStDV vom 26. Mai 1953, § 5 Abs. 1, Abs. 3 Nrn. 1 und 4, § 6.

II. Besprechung Ortlidi getrennte Betriebsteile gehören nidit zum Betrieb im Sinne der Befreiungsvorsdirift des § 5 Abs. 3 MinöStDV. Bei der Mineralölsteuer ist — abgesehen von bestimmten Tatbeständen in einem Steuerlager — die Entstehung der Steuerschuld an das Vorhandensein eines Herstellungsbetriebs, nämlich eines Betriebs, in dem steuerbares Mineralöl gewonnen oder bearbeitet wird, gebunden. Die Steuerschuld entsteht nur, wenn steuerbares Mineralöl aus einem solchen Herstellungsbetrieb entfernt oder innerhalb des Betriebs zu anderen Zwecken als zur Aufrediterhaltung des Betriebs entnommen wird. Betriebe, in denen nur angefallenes Mineralöl zur Wiederverwendung mechanisch (ohne Destillation) gereinigt wird, gelten nicht als Herstellungsbetriebe. Damit entfallen auch die oben geschilderten Vorgänge für die Auslösung der Steuerschuld. Umstritten ist, wie ein solcher nicht als Herstellungsbetrieb geltender Betrieb abzugrenzen ist. Im vorliegenden Fall ist die Sireitfrage, ob örtlich vom Hauptbetrieb (Umspannwerk) getrennt liegende Betriebsanlagen (Transformatorenstationen) mineralölsteuerrechtlich als zu diesem Betrieb gehörig zu rechnen sind. Die praktische Folge dieser Frage ist, ob Altöle, die in diesen Trafostationen angefallen sind, als im Hauptbetrieb, wohin sie gebracht und mechanisch gereinigt worden sind, angefallen zu betrachten sind oder nicht. Hiervon ist wiederum abhängig, ob der Hauptbetrieb als Herstellungsbetrieb und somit der Reinigungsvorgang als Herstellungsvorgang gilt oder nicht, was für die Entstehung der Mineralölsteuerschuld bei Wiederverwendung des gereinigten Altöls von ausschlaggebender Bedeutung ist. Die Entscheidung löst sich völlig von naheliegenden Begriffen anderer Steuerrechtsgebiete, wie z. B. von den für das Gewerbesteuerrecht maßgeblichen Begriffen des Gewerbebetriebs und der Betriebsstätte des § 16 StAnpG, und betont, daß die Bedeutung des Begriffs „Herstellungsbetrieb" nur unter Berücksichtigung der vom Mineralölsteuerrecht verfolgten Zwecke nach dessen Sonderbestimmungen erfolgen könne. Danach könnten räumlich getrennte Betriebe und Einrichtungen, auch wenn sie einem einheitlichen Zwedc dienten, nicht zu einem „Betrieb", der dann nicht als Herstellungsbetrieb zu gelten habe, zusammengefaßt werden. In diesem besonderen Begünstigungsfall wären Anfall, Reinigung und Wiederverwendung Vorgänge, die sich in e i n e m Betrieb und nicht in örtlich getrennten Betriebsteilen ereignen müßten, um die Auslösung der Steuerschuld zu verhindern. L o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, IX. 58.

2 Es erscheint äußerst bedenklich, in Fällen dieser Art für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 3 MinöStDV eine Betriebseinheit nicht zu bejahen, sondern sich auf den formalistischen, offenbar nur vom Sicherungsbedürfnis diktierten Standpunkt zurückzuziehen, alles, was nicht in engster räumlicher Einheit zusammengefaßt ist, als außerhalb eines Betriebs befindlich anzusehen. Verständlich erschiene der Standpunkt nur, wenn es sich bei den Betriebsteilen um für sich abgrenzbare Herstellungsstätten gehandelt hätte. Trafostationen eines Elektrizitätsversorgungsunternehmens sind aber für sich allein nicht denkbare Betriebsteile. Es sind betriebsbedingte Einrichtungen, die als eigene Betriebe im Sinne des MinöSt-Rechts anzusehen eine Zerreißung des Begriffs „Betrieb" bedeuten. Auch S c h ä d e l , Mineralölsteuer und Mineralölzoll 1. Aufl. S. 20, 2. Aufl. S. 76 verlangt eine „natürliche Betriebseinheit" und hält offenbar diese — wie seine Beispiele zeigen — bei einer räumlichen Trennung nicht mehr für gegeben. Er fordert andererseits auch, daß diese „Tatfragen . . . nicht kleinlich beurteilt werden dürften". Nicht nur wenig großzügig, sondern audi wirklichkeitsfremd ist es m. E. aber, technisch unmittelbar verbundene Betriebsteile, ohne die eine einheitliche gewerbliche Leistung nicht erbracht werden kann, als getrennte Betriebseinheiten anzusprechen. Rechtsanwalt Dr. P. W e g e i n e r , Fachanwalt für Steuerredit, Hamburg

BFH v. 14.2.1958 (1)1 VI 127/56 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 166

Ein Beschädigter, dessen Versorgungsrente nadi dem Bundesversorgungsgesetz ruht, kann nidit verlangen, daB ein Teil seiner Einkünfte in Höhe der ruhenden Rente nach § 3 Ziff. S EStG steuerfrei bleibt. GG Art. 3 Abs. 1; EStG § 3 Ziff. 5; LStDV § 6 Ziff. 4.

II. Besprechung Die Steuergeridite sind allein zur Auslegung der geltenden Gesetze berufen; zu steuerpolitisdien Korrekturen der Gesetze sind sie nicht befugt. Der BFH hat wiederholt, zuletzt im Urteil IV 10/57 v. 12. 12. 1957 (BStBl. 1958 III S. 154) die Aufgabe des Richters dahin umrissen, „den wirklichen Sinn des Gesetzes zu ermitteln und diesem den Vorrang vor dem Wortlaut einzuräumen, wenn eine wortgetreue Auslegung zu einem der wirtschaftlichen Vernunft widersprechenden, sinnwidrigen Ergebnis führen würde". Steuerpolitik zu betreiben oder Billigkeitsmaßnahmen zu treffen (§ 131 AO), ist dagegen Sache des Gesetzgebers bzw. der Finanzverwaltungsbehörden. Deshalb konnte der BFH auch im vorliegenden Falle zu keinem für den Steuerpflichtigen günstigeren Ergebnis gelangen. Nach § 3 Ziff. 5 EStG sind solche Bezüge steuerfrei, „die auf Grund gesetzlicher Vorschriften aus öffentlichen Mitteln versorgungshalber an Kriegsbeschädigte, Kriegshinterbliebene und ihnen gleichgestellte Personen gezahlt werden, soweit es sich nicht um Bezüge handelt, die auf Grund der Dienstzeit gewährt werden". Die nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) zustehenden Ansprüche ruhen (§ 65 a. a. O.), wenn der Berechtigte auf Grund der gleichen Ursache Versorgung nach allgemeinen beamtenrechtlichen Vorschriften erhält (und zwar in Höhe des Unterschieds zwischen dieser und einer Versorgung aus der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge). Im vorliegenden Falle hatte der Steuerpflichtige zunächst Versorgungsbezüge nach dem BVG, im Streitjahr — 1953 — dagegen nach beamtenrechtlidien Vorschriften (insbesondere den §§ 140, 141 des Bundesbeamtengesetzes v. 14. 7. 1953) ein Unfallruhegehalt als Berufsoffizier bezogen. Seine Ansprüche auf Versorgung nach dem BVG ruhten. Danach wurden ihm seine Bezüge nicht „versorgungshalber" i. S. des § 3 Ziff. 5 EStG. sondern „auf Grund der Dienstzeit" gezahlt (vgl. hierzu auch Abschn. 8 a LStR 1955). Die abweichende Auffassung des Steuerpflichtigen, nach der die Grundrente nach dem BVG gewissermaßen in sein Unfallruhegehalt „eingebaut" sei, trifft nicht zu. Es handelt sich bei den Ansprüchen nach dem BVG einerseits und nach dem Bundesbeamtengesetz andererseits um zwei von einander völlig getrennte Ansprüche, die in keiner irgendwie denkbaren Weise mit einander verschachtelt sind. Der BFH hat deshalb bereits wiederholt in ähnlich gelagerten Fällen auch die Gewährung von Pauschbeträgen nach § 26 LStDV, Abschn. 40 LStR abgelehnt, weil Unfallruhegehaltsbezüge keine Beschädigtenversorgung darstellen oder einschließen (vgl. Urteile IV 411/51 v. 16. 1. 1952 und IV 149/53 v. 5. 11. 1953 BStBl. 1952 III S. 44 und 1953 III S. 363). Die Regelung des § 3 Ziff. 5 EStG verstößt auch nicht gegen Art. 3 des Grundgesetzes. Der Gesetzgeber konnte

L o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, IX. 58.

2 sehr wohl, ohne willkürlich zu verfahren, beschädigten Personen die ihnen versorgungshalber gewährte Grundrente steuerfrei stellen, ohne beschädigten Personen, deren Grundrente infolge anderweitiger Versorgung ruht, einen entsprechenden Teilbetrag ihrer Einkünfte steuerfrei stellen zu müssen. Wenn die Finanzverwaltung - vgl. Ab sehn. 153 Abs. 3 EStR 1953 (Abschnitt 194 Abs. 1 EStR 1957) bzw. Absdin. 40 Abs. 1 LStR 1955/57 - den steuerfreien Pauschbetrag nach § 26 LStDV/§ 65 EStDV 1957 den Körperbeschädigten, denen nach den maßgebenden Versorgungsvorschriften Beschädigtenversorgung zusteht, auch dann gewährt, wenn die Versorgung ruht, so berechtigt dies den Richter dennoch nicht, eine gesetzliche Vorschrift über ihren klaren Inhalt hinaus erweiternd anzuwenden. Dr. H. B i r k h o l z , Finanzgerichtsrat, Hannover

BFH v.14.2.1958 (11)1 I. Leitsatz des Urteils

VI 162/55 U BStBl. 1958 III S. 207

1. Der Werbungskosten-Pausdibetrag gemäß § 14 Abs. 1 Ziff. 3 EStDV 1953 (§ 9 a Ziff. 3 EStG 1955) steht, wenn beide Ehegatten eine Rente beziehen, jedem von ihnen zu. 2. Bei der Auslegung eines Gesetzes entgegen seinem Wortlaut ist besondere Zurückhaltung geboten, wenn anderenfalls eine Verschärfung der Besteuerung eintreten würde. StAnpG § 1 Abs. 2, EStG 1953 § 9, EStG 1955 § 9 a Ziff. 3, EStDV 1953 § 14 Abs. 1.

II. Besprechung

Vorsicht bei Auslegung einer Vorschrift entgegen ihrem Wortlaut. Jeder Ehegatte bezieht eine Rente aus der Angestelltenversidierung. Die Ehegatten werden zusammen veranlagt. Streitig ist, ob der Werbungskosten-Pausdibetrag (§ 9 a Ziff. 3 EStG 1955) einmal oder zweimal zu gewähren ist. Nach Abschnitt 86 Abs. 2 EStR 1955 und 1956/57 soll der Pauschbetrag nur einmal abgesetzt werden. Der BFH ist anderer Ansidit. Bereits in dem Urteil IV 325/54 U vom 3. 11. 1955 (BStBl. 1955 III S. 390) hat er sich mit der Frage befaßt, ob bei Einnahmen aus n i c h t s e l b s t ä n d i g e r A r b e i t der Werbungskosten-Pausdibetrag (§ 9 a Z i f f . 1 EStG 1955) einfach oder doppelt abzuziehen ist, wenn beide Eheleute Arbeitslohn bezogen haben. Er hat hier zutreffend ausgeführt, der Pauschbetrag gelte die tatsächlich entstandenen Werbungskosten ab. Auch im Lohnsteuerverfahren erhalte jeder Ehegatte den Pauschbetrag. Es wäre unbillig, wollte man dem einen Ehegatten lediglich wegen der Zusammenveranlagung den ihm im Lohnsteuerabzugsverfahren zuerkannten Pauschbetrag wieder entziehen. Der VI. Senat räumt in dem hier zu besprechenden Fall zwar ein, daß der Gesetzgeber beim Werbungskosten-Pauschbetrag für wiederkehrende Bezüge an eine T a r i f m i l d e r u n g für Sozialrentner gedacht habe, da hier gewöhnlich keine Werbungskosten entstehen. Im Gesetz sei das aber nicht zum Ausdrude gekommen. § 9 a EStG sei überschrieben „Pauschbeträge für Werbungskosten". Die Fassung der Ziffer 3 weiche im entscheidenden Punkt nicht von der in Ziff. 1 der Vorschrift ab. Da ein Gesetz grundsätzlich nach seinem Wortlaut auszulegen sei, müsse auch hier jedem Ehegatten der Pauschbetrag eingeräumt werden. Man kann dem Urteil nur zustimmen. Ein Gesetz auslegen heißt, den Willen des Gesetzgebers ermitteln und vollziehen. Dieser Wille kommt im allgemeinen im Wortlaut einer Bestimmung zum Ausdruck. Deshalb ist in erster Linie der Wortlaut für die Auslegung maßgebend. Ihm kommt, schon im Interesse der Rechtssicherheit, besondere Bedeutung zu (vgl. z. B. BFH VI 125/56 U vom 9. 9. 1957, BStBl. 1957 III S. 387). Nur wenn die wortgetreue Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis führen würde, ist eine A u s l e g u n g e n t g e g e n d e m W o r t l a u t möglich, weil dann anzunehmen ist, daß dieser nicht dem Willen des Gesetzgebers entspricht (BFH IV 7/57 U vom 22. 8. 1957, BStBl. 1957 III S. 354). Das gilt in erster Linie für S o n d e r f ä l l e , an die der Gesetzgeber nicht gedacht hat. So hat der BFH z. B. entschieden, daß die Vorschrift des § 43 EStDV 1952, nach der Einkünfte aus niditselbständiger Arbeit der Ehefrau aus einem ihrem Ehemann fremden Betrieb bei der Zusammenveranlagung ausscheiden, nach ihrem Sinn und Zweck nicht gilt, wenn die getrennte Besteuerung sich zum Nachteil der Steuerpflichtigen auswirken würde (IV 325/54 U vom 3. 11. 1955, BStBl. 1955 III S. 390). In einem solchen Sonderfall ist das Gesetz entgegen seinem Wortlaut, und zwar so auszulegen, wie annehmbar der Gesetzgeber den Fall geregelt hätte, wenn er ihm bekannt gewesen wäre.

Loepelmann,

BFH-Bespreehungen, IX. 58.

2 Die Loslösung vom Wortlaut kann sich audi auf Grund der F o r t e n t w i c k l u n g d e r V e r h ä l t n i s s e als notwendig erweisen (vgl. z. B. BFH IV 39/51 U vom 13. 3. 1952, BStBl. 1952 III S. 120; IV 10/52 U vom 30. 4. 1952, BStBl. 1952 III S. 164). Der Gesetzeswortlaut kann audi von vornherein w e n i g e r ausdrücken als dem Zweck der Vorschrift entspricht (vgl. RFH VI A 852/28 vom 4. 6. 1930, Slg. Bd. 27 S. 67 ff.). Er kann aber auch w e i t e r gehen, als dem Sinn und Zweck der Vorschrift entspricht (vgl. BFH IV 10/57 U vom 12. 12. 1957, BStBl. 1958 III S. 154). In allen diesen Fällen ist es möglich, das Gesetz entgegen seinem Wortlaut auszulegen, wenn nur auf diese Weise der Wille des Gesetzgebers vollzogen wird. Diese Fälle sind jedodi s e l t e n . Der Richter muß bei einer Abweichung vom klaren Wortlaut einer Vorschrift schon deshalb Zurückhaltung üben, um nicht die verfassungsmäßige Grenze zwischen Gesetzgebung und Rechtsprechung zu verwischen (vgl. BFH I 285/56 U vom 7. 5. 1957, BStBl. 1957 III S. 264). Besondere Vorsicht ist bei der Abweichung vom Wortlaut geboten, wenn dadurch die Steuerpflidit v e r s c h ä r f t werden würde (BFH VI 125/56 U vom 9. 9. 1957, BStBl. 1957 III S. 387). „Die Steuerpflichtigen dürfen darauf vertrauen, daß die Steuergesetze so gefaßt sind, daß sie den wirklichen Willen des Gesetzgebers zum Ausdrude bringen. . . Würde die Rechtsprechung allzu leicht vom Wortlaut einer Bestimmung abweichen, so könnte das zur Rechtsunsicherheit führen. Die Abweichung wäre besonders bedenklich, wenn möglicherweise Steuerpflichtige im Vertrauen auf den Wortlaut eines Steuergesetzes Dispositionen getroffen haben. Wenn die Steuergerichte sidi bei Auslegung der Steuergesetze, vor allem zu Ungunsten der Steuerpflichtigen, zu leicht vom Wortlaut lösen würden, so könnte darunter auch das Vertrauen in die Gesetzgebung und in die Objektivität der Rechtsprechung leiden. Es entspricht einer vernünftigen Interessenabwägung, in einem demokratisdi-parlamentarisdien Staat, in dem die Gesetzgebung und die Verwaltung die Gesetze und Durchführungsverordnungen erlassen, das Risiko unklarer Fassung nicht durch leichtherzige Abweichung vom Wortlaut einseitig auf die Steuerpflichtigen zu verlagern. Bringt die Fassung eines Gesetzes das, was gesagt werden soll, nicht zum Ausdruck, so muß in der Regel der Gesetzgeber das Gesetz ändern und es so fassen, daß es für die Zukunft seinen Willen klar wiedergibt." Diese Ausführungen in dem Urteil VI 162/55 U (siehe oben Leitsatz 2) sind so beachtlich, daß sie es verdienen, wörtlich zitiert zu werden. Die vorliegende Streitfrage ist kein „Sonderfall" im Sinn der obigen Ausführungen. Auch sagt der Gesetzeswortlaut nidit weniger und nidit mehr aus als dem Sinn des Gesetzes entspricht. Es bedarf deshalb keiner Auslegung entgegen dem Wortlaut des Gesetzes. Der Abzug des doppelten Werbungskosten-Pauschbetrages ergibt auch einen durchaus vernünftigen Sinn. Stellt man den sozialpolitischen Zwedk der Bestimmung in den Vordergrund, so liegt es nahe, bei SozialrentnerEhegatten den in § 9 a Ziff. 3 E S t G bezeichneten Pauschbetrag doppelt zu gewähren, da es sich im allgemeinen um wirtschaftlich schwache Steuerpflichtige handelt. Dr. B r o c k h o f f ,

Finanzgeriditspräsident,

Hannover

BFH v . 1 4 . 2 . 1 9 5 8 (III) 1 I. Leitsatz des Urteils

VI 19/56 U BStBl. 1958 III S. 208

Einem Ehegatten steht der Werbungskostenpausdibetrag nach § 14 Abs. 1 Ziff. 2 EStDV 1953 (§ 9 a Ziff. 2 EStG 1955) bei den Einnahmen aus Kapitalvermögen nidit zu, wenn sein Einkommen und das seines mit ihm zusammen lebenden Ehegatten insgesamt die Grenze von 3000}— DM (ab 1* Januar 1955 6000,— DM) überstiegen hat. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Ehegatten getrennt oder zusammen veranlagt werden. EStG 1953 § 9, EStG 1955 § 9 a Ziff. 2, EStDV 1953 § 14 Abs. 1 Ziff. 2.

II. Besprechung Ist auch bei getrennter Veranlagung das Einkommen beider Ehegatten maßgebend, wenn eine Steuerermäßigung von der Höhe des Einkommens abhängt? Es gibt im Einkommensteuerrecht Begünstigungen, die von der Höhe des Einkommens abhängen. So werden z. B. die F r e i b e t r ä g e f ü r L a n d w i r t e (§ 13 Abs. 3 und 4 EStG) nur gewährt, wenn das Einkommen 6000,- DM nicht übersteigt. Der Abzug a u ß e r g e w ö h n l i c h e r B e l a s t u n g e n setzt voraus, daß die nach dem Einkommen orientierte zumutbare Eigenbelastung überschritten wird (§ 33 Abs. 1 EStG; § 64 EStDV). Die Tarifvergünstigung des § 3 4 A b s . 1 u n d 2 kommt nur zum Zuge, wenn das Einkommen höher als 6000,— DM ist. In diesen Fällen fragt sich, ob bei g e t r e n n t e r Veranlagung von Ehegatten es nur auf das Einkommen des betreffenden Ehegatten oder auf ihr gemeinsames Einkommen ankommt. Der BFH hatte sidi bisher nodi nidit ausdrücklich mit dieser Frage befaßt. Er hat aber ähnlidi liegende Fälle entschieden. In dem Urteil VI 9/56 S vom 24. 1. 1958 (BStBl. 1958 III S. 77) handelte es sich um die Unterhaltsrente eines Steuerpflichtigen an seinen Schwiegervater. Der Steuerpflichtige begehrte den Abzug der Rente als S o n d e r a u s g a b e mit der Begründung, das Abzugsverbot des § 12 Ziff. 2 EStG greife nicht ein, da er seinem Schwiegervater gegenüber nicht unterhaltspflichtig sei. Der B d F war dem Verfahren beigetreten. Für den Fall der Z u s a m m e n v e r a n l a g u n g vertrat er die Ansicht, es sei gleichgültig, welcher Ehegatte die Sonderausgabe leiste. Sonderausgaben des einen Ehegatten seien ohne weiteres auch als solche des anderen anzusehen. Entsprechend könne aber auch eine Ausgabe nicht berücksichtigt werden, wenn ihr Abzug als Sonderausgabe kraft besonderer Vorschrift bei einem der Ehegatten untersagt sei. Das Entsprechende ergebe sich aus § 26 a Abs. 2 und 3 EStG für den Abzug von Sonderausgaben im Sinn der §§ 10, 10 b EStG und von außergewöhnlichen Belastungen bei g e t r e n n t e r V e r a n l a g u n g . Der Gesetzgeber sei hier davon ausgegangen, daß Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen eine Einheit bildeten; es komme deshalb nidit darauf an, welcher Ehegatte sie geleistet habe. Der B F H hat sidi dieser Auffassung des BdF angeschlossen. In dem Fall des Urteils VI 207/57 U vom 31.1.1958 (BStBl. 1958 III S. 108) handelte es sich um einen Steuerpflichtigen, der seine Eltern unterstützte und dafür den F r e i b e t r a g n a c h § 3 3 a A b s . 1 E S t G 1 9 5 5 beanspruchte. Bekanntlich vermindert sidi der Freibetrag u. U. bis zu 0 DM, wenn die unterhaltene Person eigene Einkünfte oder Bezüge hat. Im Streitfall hatte nur der Vater Einkünfte. Deshalb meinte der Steuerpflichtige, ihm müsse zumindest der Freibetrag für die Unterstützung seiner Mutter zustehen. Der BFH hat entschieden, die Ansicht des Steuerpflichtigen widerspreche der Lebenserfahrung, nach der Eheleute aus einer gemeinsamen Wirtschaftskasse leben. Deshalb müßten hier die Einkünfte und Bezüge der zusammen lebenden Eltern insgesamt betrachtet werden. B e d e n k l i c h dagegen ist die Auffassung des BFH in dem hier zu erörternden Urteil VI 19/56 U, dessen Leitsatz oben wiedergegeben ist. Es handelt sidi darum,

Loepelmann,

BFH-Besprediungen, IX. 58.

2 ob beim Abzug des Werbungskostenpausdibetrags von den Einnahmen aus Kapitalvermögen, der nach § 9 a Ziff. 2 E S t G nur bei einem Einkommen bis zu 6000,— DM gewährt wird, auf das Einkommen beider Ehegatten abzustellen ist. Der BFH hat unter Berufung auf die beiden oben erwähnten Urteile entschieden, die Einkommen der zusammen lebenden Ehegatten seien zusammenzuredinen. Es komme auch nach der Neuregelung der Ehegattenbesteuerung durch das Gesetz vom 26. 7. 1957 nicht darauf an, ob die Eheleute zusammen oder getrennt veranlagt werden. Zur Begründung führt der BFH aus, § 9 a Ziff. 2 E S t G sei ein Kleinrentner-Privileg. „Für Vergünstigungen, die nicht auf bestimmte Einnahmen, sondern auf das Einkommen bezogen sind, ist aber das Einkommen der zusammen lebenden Ehegatten maßgebend . . . " . Zuzugeben ist, daß der Werbungskostenpausdibetrag bei Einnahmen aus Kapitalvermögen nicht nur der Vereinfachung dient, sondern zugleich die Bezieher geringer Kapitaleinnahmen begünstigt. Richtig ist ferner, daß der hier entschiedene Fall insofern Parallelen zu den oben angeführten Urteilen VI 9/56 S und VI 207/57U aufweist, als auch dort Begünstigungen, wie der Abzug von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen, sich auf das Einkommen beziehen. Trotzdem kann sich m. E. der BFH nicht auf jene Urteile berufen. In jenen Fällen beruht der Urteilsspruch auf der Erwägung, daß sich innerhalb des persönlichen Lebensbereichs Einnahmebeträge und Ausgabebeträge nicht auf die beiden Ehegatten aufteilen lassen. Hinsichtlich dieser Beträge wirtschaften Ehegatten, die gemeinsam leben, ohne Rücksicht auf die Art ihrer Veranlagung in einen und aus einem gemeinsamen Topf. Beide Urteile sind deshalb verständig und lebensnahe. Im vorliegenden Streitfall handelt es sich aber um etwas anderes. Hier begünstigt der Gesetzgeber Kapitaleinnahmen geringen Umfangs. Die Einnahmen fließen aus einer bestimmten Quelle; ihr Empfänger — Ehemann oder Ehefrau — steht fest. Werden die Eheleute getrennt veranlagt, so sind die Kapitaleinkünfte nur dem Ehegatten zuzurechnen, der sie bezogen hat (§ 26 a Abs. 1 Satz 1 EStG). Gegenstand der getrennten Veranlagung eines Ehegatten aber ist die Ermittlung s e i n e s Einkommens. Der Gesetzgeber geht in § 26 Abs. 1 Satz 1 E S t G von dem Grundsatz aus, daß Ehegatten getrennt „veranlagt" werden, d. h. ihr Einkommen getrennt zu ermitteln ist. Damit ist m. E. nicht mehr vereinbar, wenn der BFH als Regel aufstellt, das Einkommen beider Ehegatten sei zu berücksichtigen, wenn sich Vergünstigungen auf das Einkommen beziehen. Dieser Satz kann nicht die Regel, sondern muß die A u s n a h m e sein. Er darf nur für die wenigen Fälle gelten, bei denen sich typischerweise nicht ermitteln läßt, welchem Ehepartner ein Betrag zu- bzw. abgeflossen ist. Das sind die Fälle der Sonderausgaben im engeren Sinn (§§ 10, 10 b EStG) und der außergewöhnlichen Belastungen. Die Auffassung der VI. Senats führt dazu, daß es auch für die Anwendung der Landwirtsfreibeträge und der Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 1 und 2 E S t G auf die Einkommen beider Ehegatten ankommt. Dieses Ergebnis wäre m. E. bei getrennter Veranlagung der Eheleute nicht mehr mit dem Gesetz vereinbar. Finanzgerichtspräsident Dr. B r o c k h o f f ,

Hannover

BFH v. 1 4 . 2 . 1 9 5 8 (IV) 1 III 199/55 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 236

Girosammeldepotansprüdie wegen deutscher Aktien kannten bereits vor dem Inkrafttreten des Wertpapierbereinigungsgesetzes vom 19. August 1949 (WiGBl. S. 295), auch schon für einen Stichtag im I. Halbjahr 1948, als ansatzfähige Wirtschaftsgüter der Erbsdhaftsteuer unterworfen werden, wenn sie im Telefonverkehr der Banken gehandelt worden waren. ErbStG § 22; BewG §§ 67 Ziff. 3, 10.

II. Besprechung Das Finanzamt kann die Erbschaftsteuer vorläufig veranlagen (§ 31 ErbStG). Nachweisbare Freiverkehrspreise können den gemeinen Wert von Wertpapieren und Anteilen bestimmen. Die Entscheidung nimmt zunächst zu der verfahrensrechtlichen Frage Stellung, ob das Finanzamt eine v o r l ä u f i g e V e r a n l a g u n g vornehmen darf oder ob es sofort die für notwendig gehaltenen Auskünfte einholen und endgültig entscheiden muß. Sie bejaht das Recht zum vorläufigen Bescheid. Nach § 100 AO kann ein Finanzamt in jedem Falle eine Steuer vorläufig festsetzen, wenn aus besonderen Gründen der Wert eines Gegenstandes nicht sofort zu ermitteln ist. Da solche Ungewißheiten gerade bei Erbfällen häufig vorkommen und ihre Ausklärung oft längere Zeit erfordert, der Eingang der Erbschaftsteuer aber beschleunigt werden soll, bestimmt § 31 ErbStG, daß der einer Erbschaftsteuererklärung entsprechende Betrag als vorläufige Zahlung zu entrichten ist und das Erbsdiaftsteuerfinanzamt nach Eingang der Erbschaftsteuererklärung durdi v o r l ä u f i g e n B e s c h e i d den zu zahlenden Erbschaftsteuerbetrag festsetzt, ohne die Angaben in der Erklärung nachprüfen oder sonstige Ermittlungen anstellen zu müssen, sofern es sich nicht um verhältnismäßig kleine Steuerbeträge handelt (Ziff. 18 Abs. 1 ErbStVA vom 1. 7. 1952, BStBl. 1952 I S. 545). Die in der Rechtsbeschwerde des Steuerpflichtigen erhobene verfahrensrechtliche Rüge war daher nicht berechtigt. W e r t p a p i e r e und Anteile sind für die Berechnung der Erbschaftsteuer mit dem g e m e i n e n W e r t anzusetzen (§§ 22 Abs. 1 ErbStG, 10 und 13 BewG). Als solcher gilt für Wertpapiere, für welche im Inland ein Kurswert an einer Börse festgestellt wird, der K u r s w e r t d e s S t i c h t a g e s , also i. d. R. des Todestages des Erblassers bzw. des Tages, an welchem eine Schenkung ausgeführt ist. Für Aktien und Anteile, welche im Inland keinen Kurs haben, ist der gemeine Wert am Stichtag anderweit festzustellen. Falls Verkaufspreise bekannt geworden sind, wird aus ihnen der Durchschnitt errechnet und der Bewertung als gemeiner Wert zugrunde gelegt. Diese Bewertungsgrundsätze gelten auch für Wertpapiere, welche sich an dem für die Erbschaftsteuer maßgebenden Stichtag in einem Girosammeidepot befunden haben. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war die Erblasserin am 19. 4. 1948 verstorben und die Bewertung der zu ihrem Nachlaß gehörigen G i r o s a m m e l d e p o t a n s p r ü c h e auf diesen Tag vorzunehmen. Der L o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, IX. 58.

2 steuerpflichtige Erbe beanspruchte, diese Werte ganz außer Ansatz zu lassen, weil sie am Stichtag noch wertlos gewesen seien, da damals die Wertpapierbereinigung noch nicht geregelt gewesen sei und greifbare Anhaltspunkte für das Wiederaufleben der früheren Aktionärredite gefehlt hätten. Er sah diese Ansprüche am Bewertungsstichtage nur als aufschiebend bedingte Ansprüche an, weil das Wertpapierbereinigungsgesetz erst habe geschaffen werden müssen und außerdem eine Anmeldung und Zuteilung erforderlich gewesen sei, und berief sich auf die §§ 4 ff. BewG, wonach Wirtschaftsgüter, deren Erwerb vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, erst berücksichtigt werden, wenn die Bedingung eingetreten ist. Das Finanzamt setzte jedoch die I. G. Farben-Aktien mit dem ungekürzten Börsenkurs von 65 v. H. an und bewertete die übrigen zum Nachlaß gehörigen Girosammeldepotansprüdie mit 50 v. H. des Börsenkurses der effektiven Stücke. Das Finanzgericht trat dem bei, nachdem ihm vom Vorstand einer Wertpapierbörse mitgeteilt worden war, daß in der Zeit vom 1. 1. bis zum 20. 6. 1948 Girosammeldepotansprüdie bei fünf der streitigen acht Werte außerhalb der Börse im Telefonverkehr der Banken zu Preisen u m g e s e t z t worden waren, die weit über 50 v. H. der Preise der in gleicher Zeit gehandelten effektiven Stücke lagen. Die Rechtsbeschwerde des Steuerpflichtigen war ohne Erfolg, da nach Ansicht des BFH (vgl. Urteil III 232/55 U vom 20. 1. 1956, Bd. 62, S. 190; BStBl. 1956 III S. 71) die Anerkennung des Wertes von Girosammeldepotansprüdien steuerlich nicht von ihrer Anerkennung im Wertpapierbereinigungsverfahren abhänge und auch schon bald nach dem Zusammenbruch die ersten Schritte zur Bereinigung des deutschen Wertpapierwesens unternommen worden seien. Am 19. 4. 1948 (Stichtag) sei in den beteiligten Kreisen bereits mit dem W e r t p a p i e r b e r e i n i g u n g s g e s e t z gerechnet worden. Die spätere Regelung durch dieses Gesetz habe die Ansprüche nicht erst entstehen lassen, sondern nur die Höhe ihrer Bewertung beeinflußt. Auch die Vorschriften der Besatzungsmächte hinsichtlich der I. G. Farben-Girosammeldepotansprüche hätten nur deren Börsenhandel verboten, ihnen aber nicht die Verkehrsfähigkeit genommen. Hinsichtlich der Höhe der Bewertung erklärte sich der BFH gemäß § 296 Abs. 1 AO an die Entscheidung des Finanzgerichts gebunden. Auf das Bedenkliche, daß das Finanzgericht aus der Tatsache, daß fünf der streitigen acht, Arten voh Girosammeldepotansprüchen. gehandelt waren, auch den dtei weiteten Arten einen wirtschaftlichen Wert beimessen zu können glaubte, ist daher nicht eingegangen worden. Rechtsanwalt Dr. M o d e l , Fachanwalt' für Steuerrecht, Moers

BFH v. 14.2.1958 (V) 1 III 45/57 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 222

Die Änderung des § 206 LAG durdb das 3. ÄndGLAG bietet keine Handhabe, reditskräftige Feststellungen vom Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 21. Juni 1948 zu berichtigen, bei denen die die Kreditgewinnabgabe übersteigenden Umstellungsgrundsdiulden auf Grund der ursprünglichen Fassung des § 206 LAG zum Abzug zugelassen worden sind. StAnpG § 4 Abs. 3 Ziff. 2; LAG § 206.

II. Besprechung Die Rüdewirkung eines Gesetzes greift gegenüber rechtskräftigen Bescheiden nicht durdi. Die Bedeutung des Urteils liegt nidit so sehr in der Klärung der speziellen Frage, ob auf Grund der Änderung des § 206 LAG durch das 3. ÄndGLAG auch rechtskräftige Einheitswertbesdieide des Betriebsvermögens auf den 21. Juni 1948 geändert werden können, als vielmehr in der ganz allgemein interessierenden Frage, ob die Rückwirkung, die sich ein Gesetz beilegt, auch gegenüber rechtskräftigen Bescheiden durchdringt. Interessant ist, daß das Urteil nicht mehr auf die Frage eingeht, ob durch die rückwirkende Änderung des § 206 LAG nicht ein Fall des § 4 Abs. 3 Ziff. 2 StAnpG gegeben ist. Das erübrigte sich auch, weil der Vorsteher des Finanzamt als Bf. die Entscheidung des Finanzgerichts, die diese Frage verneinte, insoweit anerkannte. Kühne/Wolf halten in ihrem Kommentar zum LAG (Anm. 2 zu § 206 LAG S. 566) den § 4 Abs. 3 Ziff. 2 StAnpG im vorliegenden Fall für anwendbar. Es heißt dort: „Die neuen Vorschriften haben die bisherigen Bestimmungen mit Rüdewirkung ab Inkrafttreten des LAG beseitigt, so daß die alten Vorschriften als überhaupt nicht existent anzusehen sind (Art. 5 des 3. ÄndGLAG). Auf ihnen beruhende Feststellungen sind also insoweit rechtlich unrichtig und müssen nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 StAnpG geändert werden." Auch Hopf/Littmann vertreten in ihrem Kommentar zum LAG (§§ 206-217 zu E, S. 609) die gleiche Auffassung im Gegensatz zu einem von ihnen zitierten Erlaß des BFM vom 22.10.1953. Der Entscheidung des Finanzgerichts, die offenbar auch vom BFH gebilligt wird, ist beizutreten. Wenn auch § 4 Abs. 3 Ziff. 2 StAnpG nicht nur auf Fälle einer bedingten Steuerschuld beschränkt ist, sondern mindestens entsprechend auf Fälle angewandt werden kann, in denen der richtig ermittelte und beurteilte Sachverhalt nachträglich durch den Wegfall eines Besteuerungsmerkmals anders geworden ist, so würde seine Anwendung im vorliegenden Fall m. E. zu weit gehen. Barske [Band 4 der Bücherei des Steuerredits, S. 106) hat bereits Bedenken, ob man die durch die Änderung der Rechtsprechung neu geschaffene Grundlage unter § 4 Abs. 3 Ziff. 2 StAnpG fallen lassen kann, wie es der RFH in seinem im RStBl. 1940 S. 925 abgedruckten Urteil getan hat. Die Bedenken leitet er daraus her, weil in einem Fall dieser Art das Besteuerungsmerkmal als solches nicht tatsächlich wegfalle, sondern wegen der veränderten Beurteilung eben keine steuerliche Bedeutung mehr habe. Man würde m. E. dem Wortlaut des § 4 Abs. 3 Ziff. 2 StAnpG noch mehr Gewalt antun, wenn man die rückwirkende

Loepelmann,

BFH-Besprechungen, IX. 58.

2 Änderung eines Gesetzes als „Wegfall eines Besteuerungsmerkmals" ansehen würde. Davon kann man doch wohl nur dann sprechen, wenn sidi die S a c h läge, nicht aber, wenn sich die R e c h t s läge geändert hat. Dem Urteil ist aber auch insoweit zuzustimmen, als es eine Auswirkung der Rückwirkung eines Gesetzes auf bereits rechtskräftige Bescheide kategorisch ablehnt. Es setzt sich allerdings damit in Widerspruch zu einem Urteil des OFH vom 12. 5. 1950 II 9/50 (Amtl. Sammlung Band 54 S. 78). Gegen dieses Urteil haben schon Hübsdimann/Hepp/Spitaler in ihrem AOKommentar (Anm. 18 zu § 1 StAnpG) Einwendungen erhoben. Ich halte diese Einwendungen für berechtigt. Das OFH-Urteil berücksichtigt nicht genügend die große Bedeutung, die der Rechtskraft im rechtsstaatlichen Denken zukommt. Der BFH vermeidet zwar eine abschließende Stellungnahme zu diesem Fragenkreis. Er stützt seine Entscheidung in erster Linie auf seine bereits im Urteil vom 19. 6. 1951 (BStBl. 1952 III S. 25) geäußerte Auffassung von der Bedeutung einer „sogenannten" Rückwirkung von Rechtsnormen und darauf, daß im 3. ÄndGLAG keine Bestimmung enthalten sei, daß es die Rechtskraftwirkung von Bescheiden, die vor seinem Ergehen erlassen worden sind, durchbrechen wolle. Seine Berufung auf die von ihm zitierten Urteile des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesfinanzhofs läßt aber m. E. klar erkennen, daß er eine solche Bestimmung im 3. ÄndGLAG für verfassungswidrig gehalten hätte, weil „dem Gedanken der Rechtskraftwirkung der Vorrang vor den Interessen der Steuerverwaltung und dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung" gebührt. Der Hinweis im letzten Absatz der Urteilsgründe auf den gesetzgeberischen Zwedc des 3. ÄndGLAG ist sicher richtig. Mag er auch für die Entscheidung in diesem speziellen Fall mitbestimmend gewesen sein, so tritt doch seine Bedeutung gegenüber den vorher dargelegten allgemein gültigen Grundsätzen erheblich zurück. Regierungsdirektor Rolf S t e i n h a r d t ,

Stuttgart

BFH v. 20.2.1958 (1)1 I. Leitsatz des Urteils

IV 179/57 U BStBl. 1958 III S. 209

Die Steuervergünstigung des § 4 Ziff. 3 der Verordnung vom 30. Mai 1951 (BStBl. 1951 I S. 181) setzt voraus, daß die Erfindertätigkeit von dem Steuerpfliditigen persönlich ausgeübt wird; dem Erben des Erfinders steht sie nidit zu. EStG §§ 18, 24 Ziff. 2; Verordnung über die einkommensteuerliche Behandlung der freien Erfinder vom 30. Mai 1951 (BStBl. 1951 I S. 181) § 4 Ziff. 3.

II. Besprechung Entsdieidend für die Beurteilung ist, daß es sidi um eine persönlidie, nicht um eine sachliche Steuerbefreiung handelt, die ihres öSentlidi-reditlidien Charakters wegen auf den Gesamtreditsnadifolger nicht übergeht. Freie Erfinder i. S. der VO v. 30. 5. 1951 sind „natürliche Personen, die ihre Erfindertätigkeit nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ausüben". Sie können für ihre Einkünfte aus der Erfindertätigkeit auf Antrag — und bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen der VO — nach näherer Maßgabe des § 4 Ziff. 3 eine tarifmäßige Steuervergünstigung erhalten. Die Inanspruchnahme der Vergünstigung ist jedoch davon abhängig, daß der Steuerpflichtige von der Möglichkeit der Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 4 EStG 1955/1957 für seine Einkünfte aus der freien Erfindertätigkeit keinen Gebrauch macht. Die Frage, ob im vorliegenden Falle die Vergünstigung auch vom Gesamtrechtsnachfolger [Erben] des Erfinders in Anspruch genommen werden könne, ist der im Urteil IV 160/56 U v. 7. 12. 1957 (BStBl. 1958 III S. 25) behandelten Frage gleichgelagert. Während indes im vorliegenden Falle bereits der Wortlaut des § 1 der VO v. 30. 5. 1951 ihrer Bejahung entgegensteht, trifft dies in Ansehung des § 34 EStG nicht zu. Darauf kommt es indes nicht an, da erst in zweiter Linie der Wortlaut, in erster Linie Sinn und Zweck einer Gesetzesvorschrift entscheidend sind. In beiden Fällen aber bezwedct das Gesetz eine steuerliche Belohnung der eigenen Leistung bzw. Leistungssteigerung d e s T ä t i g w e r d e n d e n . Es will einen Anreiz geben zur Erzielung eines höheren Einkommens durch eine nicht in das Berufsgebiet fallende wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische oder Erfindertätigkeit und so diese Gebiete zugleich als solche fördern. Es setzt somit ein eigenes Tätigwerden bei dem Begünstigten voraus. Damit aber charakterisiert das Gesetz in beiden Fällen auch die Vergünstigung als eine solche, die ihres besonderen (eben auf die Person abstellenden) Charakters wegen nicht vererblich ist. Audi der Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge, der nach § 1922 BGB den Erben in vollem Umfange in die Rechtsstellung des Erblassers einrücken läßt, führt hier zu keinem anderen Ergebnis. Es gibt Rechte, die als aus einem öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnis fließend, einer Rechtsnachfolge — auch der des Erben — nicht zugänglich sind. Sie müssen, um für den Erben Geltung zu erlangen, in seiner Person sozusagen neu entstehen. Ähnliches gilt z. B. für die Unternehmereigenschaft (vgl. Urteil des Niedersächsisdien Finanzgerichts Hannover v. 21. 6. 1956 III [V] 71/55 - EFG 1957

L o e p e l m a n n , BFH-Besprediungen, IX. 58.

2 Nr. 15 S. 11). In beiden Fällen - dem der VO v. 30. 5. 1951 und dem des § 34 EStG — fehlt es hierzu an der erforderlichen Voraussetzung des eigenen Tätigwerdens des Erben als des Steuerpfliditigen. Absdin. 121 Abs. 6 EStR 1953, 121 Abs. 7 EStR 1955/1957 enthält mithin nur eine Billigkeitsmaßnahme. Dr. H. B i r k h o l z , Finanzgerichtsrat, Hannover

BFH v. 2 0 . 2 . 1 9 5 8 (II) 1 IV 560/56 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 182

Zur Frage der Gewerbesteuerpflidit der Werbeberater. GewStG § 2 Abs. 1; EStG § 18 Abs. 1 Ziff. 1.

II. Besprechung Auflodcerung der bisherigen Rechtsprechung. Zu den steuerpflichtigen Einkünften im Sinn des § 2 GewStG sind die Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit im Sinn des § 18 Abs. 1 Ziff. 1 EStG grundsätzlich nicht zu rechnen. Der Beruf des Werbeberaters ist in der letztgenannten Vorschrift nicht ausdrücklich angeführt; er gehört auch nicht zu den dort erwähnten „ähnlichen Berufen". Demnach ist die Tätigkeit als Werbeberater nur dann eine solche freiberuflicher Art, wenn sie als „künstlerisch" im Sinn der bezeichneten Gesetzesvorschrift anzusprechen ist. Siehe dazu BFH I 206/53 U vom 25. 10. 1955 (BStBl. 1955 III S. 386). Nach der bisherigen gewerbesteuerlichen Rechtsprechung wurde unter Zugrundelegung der typischen Betrachtungsweise darauf abgestellt, daß der Hauptzweck der Tätigkeit des Werbefachmanns die Kundenwerbung zum Nutzen des werbenden Lieferanten war, selbst dann, wenn es sich um einen sog. qualifizierten Werbeberater handelte. Ein etwaiges Ineinanderfließen künstlerischer und gewerblicher Tätigkeit sei unbeachtlich, weil der eigenschöpferische Arbeitserfolg nur als Voraussetzung eines gewerblichen Erfolges geleistet, also gewissermaßen gewerblichen Zwecken dienstbar gemacht werde. Siehe dazu die BFH-Urteile I 206/53 U vom 25. 10. 1955 (oben) und IV 413/55 KU vom 21. 3. 1957 (Betrieb 1957 S. 447). Der IV. Senat hat zwar in dem jetzt ergangenen Urteil an der bisherigen Rechtsprechung grundsätzlich festgehalten, jedoch unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen zugelassen. Ausdrücklich wird aber die Anlegung eines strengen Maßstabes gefordert, zwischen der eigenschöpferisdien Begabung und der durch Schulung und Übung erlernbaren handwerksmäßigen Fähigkeit unterschieden und ausgesprochen, daß der besonders hohe Umfang der gerade vom Werbeberater anzuwendenden Phantasie allein nicht genügt. Das jetzt ergangene BFH-Urteil, durch das die bisherige gewerbesteuerpflichtige Rechtsprechung aufgelockert wird, ist zu begrüßen. Jedoch dürfen an die Auswirkungen des Urteils nicht zu hohe Erwartungen gestellt werden, da für den Begriff der künstlerischen Tätigkeit sehr strenge Voraussetzungen aufgestellt worden sind. Bemerkt sei aber: 1. Die Frage, ob künstlerische Tätigkeit vorliegt oder nicht, richtet sich nicht nach der Auffassung eines Kunstsachverständigen, sondern nach der Verkehrsanschauung (§ 1 Abs. 3 StAnpG). 2. Ist eine Tätigkeit teils als künstlerisch, teils als gewerblich anzusehen, so wird unter bestimmten Voraussetzungen eine Aufspaltung der Einkünfte zugelassen werden können. Siehe dazu BFH I 116/55 U vom 23. 10. 1956 (BStBl. 1957 III S. 17), IV 413/55 KU vom 21. 3. 1957 (oben) sowie IV 390/55 U vom 28. 3. 1957 (BStBl. 1957 III S. 182). L o e p e l m a n n , BFH-Besprediungen, IX. 58.

2 3. Das vorliegende Urteil wird auf die Gewerbesteuerpflicht anderer ähnlicher Berufe (z. B. der Schaufenstergestalter und Gebrauchsgraphiker) nicht ohne Einfluß bleiben. Dr. Otto K l e i n , Bundesrichter beim Bundesfinanzhof

BFH v. 2 0 . 2 . 1 9 5 8

(III) 1

IV 552, 556/54 S

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 131

1. Gewinne aus außerordentlichen Waldnutzungen sind durch einen Zuschlag nach § 9 Abs. 2 VOL zu erfassen. 2. Zur Anwendung des § 34 Abs. 3 EStG 1950/51. 3. An der abweichenden Auffassung im Urteil IV 450/53 S vom 10. 6. 1954 (Slg. Bd. 59 S. 58, BStBl. 1S54 III S. 231) wird nidit mehr festgehalten. VOL vom 2. Juni 1949 § 9 Abs. 2, § 11; EStG 1950/51, § 34 Abs. 3.

II. Besprechung Gegen das Urteil sind erhebliche Bedenken geltend zu machen, weil vom BFH ein Tatbestandsmerkmal errichtet wurde, das einer gesetzlichen Grundlage entbehrt. Der Entscheidung kann nicht zugestimmt werden. Von besonderer Bedeutung erscheinen folgende Fragen: 1. Zu welchen Betriebseinnahmen sind Sonderzuschläge gem. § 9 Abs. 2 VOL zu berechnen? a) nachhaltige Einnahmen; b) andere, sonstige Einnahmen. A. In dem zur Entscheidung gekommenen Fall hat der Beschwerdeführer ( = Bf.) seinen Gewinn nach der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen tür die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft vom 2. 6. 49 — im folgenden als „VOL" bezeichnet - (Steuer- und Zollblatt 1949 S. 158) ermittelt. Die innerhalb seines landwirtschaftlichen Betriebes forstwirtschaftlich genutzten Grundstücksflächen überschreiten nicht die in § 8 II VOL bezeichnete Grenze ( = mehr als 10 v. H. des gesamten Einheitswertes, mindestens aber einen Teileinheitswert von 5000,— DM). Der zum 1. 1. 35 festgestellte Einheitswert betrug 6300,— DM, wovon 1475,— DM auf forstwirtschaftlich genutzte Flächen entfallen. Der nachhaltige Gesamtgewinn beträgt jährlich 1330,— DM, wovon ab 1946 jährlich 123,— DM auf Waldnutzungen entfallen. In diesem Zusammenhang ist wichtig, daß der Bf. seine Gewinne aus Waldnutzungen — da er die Grenzen des § 8 II VOL nicht überschreitet — einheitlich, d. h. zusammen mit dem Betrag aus seinen landwirtschaftlich genutzten Flächen versteuert. Dabei bleibt auf Grund der nach der VOL erfolgenden Pauschalbesteuerung außer Betracht, ob überhaupt ein forstwirtschaftlicher Gewinn oder ein höherer oder niedrigerer, als der sich aus der Pauschalbesteuerung ergebende forstwirtschaftliche Gewinn erzielt wurde. Der Gesetzgeber hat auf eine genaue und individuelle Gewinnermittlung verzichtet. Der Grund für diesen Verzicht mag im Streben nach Vereinfachung und Zweckmäßigkeit gesehen werden. Es kommt neben diesem Grund vor allem darauf an, daß der Gesetzgeber für kleinere Landund Forstwirte die Durchschnittsbesteuerung nach den Vorschriften der VOL zwingend vorgeschrieben hat. 1. Zu welchen Betriebseinnahmen sind Sonderzuschläge gemäß § 9 II VOL zu berechnen? a) In § 9 II VOL ist ausdrücklich festgelegt, daß es sich um Betriebseinnahmen handeln muß, die „neben den nachhaltigen Einnahmen nur in einzelnen Jahren erzielt werden". Hier muß zunächst geklärt werden, was unter dem Begriff „nachhaltige Einnahmen" zu verstehen ist. Es ergibt sich aus § 7 S. 1 VOL, daß unter „nachhaltigen Einnahmen" im Sinne des § 7 und (da sich Gegenteiliges nicht erkennen läßt) § 9 Abs. 2 S. 1 VOL der Gewinn zu verstehen ist. In dem besprochenen Urteil (vom 20. 2. 58) ist unter Hinweis auf § 2 VOL vom nachhaltigen Gewinn gesprochen. Am Rande sei bemerkt, daß schon der Gesetzgeber nicht auf genaue Formulierungen achtete. Es ist aber dringend erforderlich, präzise Formulierungen zu verwenden, da sonst die Gesetze nur an — unnötiger — Unklarheit leiden. Der

Loepelmann,

BFH-Besprechungen, IX. 58.

Unterschied zwischen Einnahmen und Gewinn braucht nicht erörtert zu werden. Um so mißlicher ist es, wenn der Gesetzgeber selbst für Gewinn den unzutreffenden Ausdruck Einnahmen gebraucht. Als Beispiele sind Einnahmen aus Lohnfuhren, aus überhöhten Preisen und sonstige Einnahmen genannt. Im Streitfall hat der Bf. Einnahmen aus Kahlschlägen von Waldflächen erzielt. Meines Erachtens sind dies keine Einnahmen n e b e n den nachhaltigen Einnahmen (Gewinnen) im Sinne des § 9 II VOL, weil diese Erlöse unter solche Einnahmen fallen, aus denen sich der nach §§ 2 ff. VOL zu berechnende Durchschnittsgewinn (nachhaltiger Gewinn) ergibt. Es erscheint deshalb sehr fraglich, ob solche Einnahmen, aus denen sich der Durchschnittsgewinn errechnet, überhaupt mit Sonderzuschlägen belegt werden können, weil es in § 9 Abs. 2 VOL heißt, daß die mit Sonderzusdilägen belegbaren Betriebseinnahmen n e b e n den „nachhaltigen Einnahmen" (neben dem nach §§ 2 ff. VOL zu berechnenden Durchschnittsgewinn) erzielt werden müssen. Offensichtlich wollte der Gesetzgeber die „Nebeneinnahmen" (z. B. aus Lohnfuhren, überhöhten Preisen usw.) nicht mit den „nachhaltigen Einnahmen" (richtig: Durchschnittsgewinn) identifizieren. Eine eindeutige und zweifelsfreie Auslegung des § 9 II VOL erscheint in dieser Richtung wegen der ungenauen gesetzgeberischen Formulierung nicht möglich. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist es meines Erachtens nicht möglich, den nachhaltigen Gewinn mit Sonderzuschlägen zu belegenl Dringend erforderlich erscheint, daß bei einer künftigen Neufassung dieser Vorschrift eindeutige Formulierungen gebraucht werden müssen, b) Dagegen sind Sonderzuschläge zulässig bei Einnahmen, die nicht Grundlage für die Berechnung des nachhaltigen Gewinns sind. Dies trifft zu etwa für Einnahmen aus Lohnfuhren u. ä. Nicht eindeutig ist aus § 9 II VOL zu entnehmen,' auf welche Einnahmen sich solche aus „überhöhten Preisen" beziehen. Nach dem Wortlaut müßte angenommen werden, daß sich der Begriff „Betriebseinnahmen aus überhöhten Preisen" wiederum nur auf solche Einnahmen bezieht, die n e b e n denjenigen Einnahmen erzielt werden, die der Berechnung des nachhaltigen Gewinns zu Grunde liegen. Die Konsequenz dieser Auffassung ist, daß die Einnahmen, die bei der Berechnung nach Durdischnittssätzen die Grundlage für den nachhaltigen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft bilden, n i c h t mit Sonderzuschlägen belegt werden können. Mag der Gesetzgeber ein anderes Ergebnis im Auge gehabt haben, so halte ich aus rechtlichen Gründen es für nicht zulässig, für Einnahmen, die den nachhaltigen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft abgeben, Sonderzuschläge zu erheben. Aus diesen prinzipiellen Erwägungen ist daher auch das BFH-Urteil vom 22. 8. 51 IV 147/50 U Slg. Bd. 55 S. 455, BStBl. III 51/183 abzulehnen. So sehr das Ergebnis dieser Entscheidung steuerreditspolitisch wünschenswert erscheinen mag, halte ich die Berechnung von Sonderzuschlägen auf Einnahmen, aus denen sidi der nachhaltige Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft errechnet, aus den o. a. Gründen für rechtlich bedenklich. B. Aus den vorstehend dargelegten Gründen ergibt sich, daß auch das BFH-Urteil vom 20. 2. 58 abzulehnen ist. Der entscheidende Senat gibt in diesem Urteil ohne ersichtlichen Grund seine im Urteil vom 10. 6. 54 IV 450/53 Slg. Bd. 59 S. 58 BStBl. III 54/231 vertretene Auffassung auf, ohne im einzelnen gleichzeitig darzulegen, weshalb die Entscheidung vom 10. 6. 54 nicht haltbar erscheint. Im Urteil vom 20. 2. 58 hat der gleiche Senat gerade entgegengesetzt wie im Urteil vom 10. 6. 54 entschieden. Die den Entscheidungen zu Grunde gelegenen Sachverhalte waren nicht ursächlich für die unterschiedliche Rechtsauffassung. Im Urteil vom 20. 2. 58 unternimmt der BFH den Versuch, die Zulässigkeit von Sonderzuschlägen auf Betriebseinnahmen, die an sich Grundlage der Berechnung des nachhaltigen Gewinns sind, damit zu begründen, daß es sich um einen „Mehrgewinn von einiger Bedeutung" handeln müsse.

BFH v. 2 0 . 2 . 1 9 5 8 (111)3 Die Vorsidit, mit der der IV. Senat des BFH diese Begründung formuliert, ist nidit zu übersehen. Es hat den Anschein, daß im Streitfall des Urteils vom 20. 2. 58 sich der Senat vom Ergebnis her hat leiten lassen. Audi hilft die Argumentation mit dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung über die Fehlentscheidung nicht hinweg. Der Begriff „Mehrgewinn von einiger Bedeutung" ist aus dem Text der VOL nicht zu entnehmen. Es wurde vom BFH damit ein Tatbestandsmerkmal geschaffen, das einer gesetzlichen Grundlage entbehrt. Wie schwerwiegend die dagegen geltend zu machenden Bedenken sind, erhellt daraus, daß nicht klar ist, wann ein „Mehrgewinn von einiger Bedeutung" vorliegt und wo die Grenzen eines „Mehrgewinns von einiger Bedeutung" liegen. Dies muß zu Schwierigkeiten führen. Hier hat der BFH die Funktion des Gesetzgebers übernommen, was nach dem Prinzip der Gewaltenteilung unzulässig ist, Art. 20 GG. Abzulehnen ist auch die Begründung des BFH, daß die Vereinfachung dort ihre Grenze findet, wenn sie mit dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht mehr vereinbar sei. Der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung kann Gültigkeit nur im Rahmen des Gesetzes selbst beanspruchen. Durch diesen Grundsatz wird nicht die Möglichkeit eröffnet, die Steuerpflicht zu erweitern oder einzuschränken. C. Zutreffend ist die Begründung des Urteils vom 10. 6. 54. Dort ist zum Ausdruck gebracht, daß die Durchschnittssätze für Steuerpflichtige und Finanzverwaltung gleichermaßen bindend sind. Es werde vom Gesetzgeber in Kauf genommen, daß sich der ermittelte Durchschnittsgewinn mit dem tatsächlichen Gewinn innerhalb eines Wirtschaftsjahres nicht dedcen würde. Gewöhnlich glichen sich die Unterschiede im Verlauf mehrerer Wirtschaftsjahre aus. Meist handle es sich um kleinere Landwirtschaften und außerdem erschiene der Verzicht auf genaue und individuelle Gewinnermittlung im Hinblick auf die erstrebte Vereinfachung vertretbar. Ausdrücklich ausgesprochen hat der BFH im Urteil vom 10. 6. 54, daß von der VOL-Besteuerung nicht abgewichen werden darf, auch wenn eine andere Besteuerungsmethode günstiger erschiene. Es würde hier zu weit führen, darauf einzugehen, ob und unter welchen Voraussetzungen sich Mehr- oder Mindergewinne (im Vergleich zu dem sich auf Grund der VOL ermittelten nachhaltigen Durchschnittsgewinn) und innerhalb welcher Zeiträume ausgleichen oder nidit. Selbst wenn man entgegen den obigen Ausführungen die Auffassung vertritt, daß auch solche Einnahmen mit Sonderzusdilägen belegt werden können, aus denen sich der nachhaltige Durchschnittsgewinn errechnet, bestehen gegen das Urteil vom 20. 2. 58 Bedenken. Im Urteil vom 22. 8. 51 hat der BFH ausgesprochen, daß nicht nur Einnahmen, die neben den nachhaltigen Einnahmen auf Grund derer der Durchschnittsgewinn ermittelt wird, sondern auch diese selbst mit Sonderzusdilägen belegt werden können. Im Falle des Urteils vom 22. 8. 51 — es handelte sich dort um Einnahmen in den Zeiträumen 1946 mit I./1948 — beruhten diese offensichtlich auf überhöhten Preisen. Es ist anzunehmen, daß es sich dabei um ausgesprochene Schmarzmarktpreise handelte. Im Gegensatz hierzu kann bei dem im Urteil vom 20. 2. 58 in Frage stehenden Preisen nicht von überhöhten Preisen im erwähnten Sinne gesprochen werden. Die Zeit zwischen Kriegsende und der Währungsumstellung war nicht normal, ebensowenig die damaligen wirtschaftlichen Verhältnisse. Die in dieser Zeit erzielten Preise müssen auch dann als objektiv überhöht angesprochen werden, wenn es sich dabei nicht um ausgesprochene Schwarzmarktpreise handelte. Die in den Veranlagungszeiträumen 1950 mit 1952 erzielten Preise mögen im Vergleich zu heutigen Preisen höher und auch objektiv als hoch zu bezeichnen sein. Sie können jedoch nicht als „überhöhte Preise" i. S. von § 9 II VOL bezeichnet werden. Die 1950 mit 1952 erzielten Preise waren durch

4 die Marktwirtschaft bedingt. Sie können durch konjunkturelle Schwankungen möglicherweise höher als heute gewesen sein. Doch ergaben sie sich damals aus der Marktlage und der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung. Preisschwankungen hat es nach der Währungsumstellung mehrfach gegeben. Doch können auch die seit der Währungsumstellung erzielten Höchstpreise (unabhängig davon, wann diese erzielt wurden) nicht als überhöhte Preise nach § 9 II VOL bezeichnet werden, wenn man die Entwicklung der freien Marktwirtschaft in Betracht zieht. Die Besteuerung von Einnahmen aus außerordentlichen Waldnutzungen außerhalb der VOL oder auch die Erhebung von Sonderzuschlägen ist jedoch nach geltendem Recht nicht zulässig. Sollen Fälle wie der dem Urteil vom 20. 2. 58 zu Grunde liegende im Ergebnis so besteuert werden, wie es in diesem Urteil aufgezeigt wurde, so ist dies nur auf Grund einer Änderung der gesetzlichen Grundlagen zu erreichen. Diese Aufgabe obliegt ausschließlich dem Gesetzgeber. Sie kann durch verschiedene Möglichkeiten gelöst werden. Diese im einzelnen zu erörtern, würde hier zu weit führen. D. Die vom BFH im Urteil vom 20. 2. 58 erfolgte Auslegung des § 34 III EStG 1950/51 ist zutreffend. Der Holzeinschlag war aus wirtschaftlichen Gründen nidit geboten. Die vom Gesetz geforderte Zwangslage hat nicht bestanden. Deshalb konnte § 34 EStG keine Anwendung finden. Es sei hier noch darauf hingewiesen, daß seit der für den Veranlagungszeitraum 1955 geltenden Fassung des EStG (§ 34 b I Nr. 1 in der Neufassung) nicht mehr gefordert wird, daß Nutzungen außerhalb des festgesetzten Nutzungssatzes aus wirtschaftlichen Gründen geboten sein müssen; es genügt seit der ab 1. 1. 55 geltenden Neufassung, daß sie aus wirtschaftlichen Gründen erfolgt sind, ohne geboten gewesen zu sein. „Nachtrag zu A : Vgl. zum Problem der Auslegung und der Frage der Zwedcmäßigkeits- oder RechtsEntscheidung die Ausführungen von Fritsch FR 57/25, Vogt FR 57/145, Voss FR 57/241 und Vogt FR 57/288." Dr. H. G a l l a s c h , Rechtsanwalt, Fadianwalt für Steuerrecht, Erlangen

BFH v. 20. 2.1958 (IV) 1 V 140/53 S

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 S. 271

Der Bundesfinanzhof hält an seiner bisherigen Rechtsprechung (Urteil des Bundesfinanzhofes V 80/51 S vom 27. November 1952, Slg. Bd. 57 S. 114, Bundessteuerblatt 1953 III S. 44), wonadi bei dem Einbringen von Betriebsvermögen einer Personengesellsdiaft zur gesamten Hand in eine Kapitalgesellsdiaft gegen Gewährung von Gesellsdiaftsrediten der Kapitalgesellsdiaft an die bisherigen Gesamthandseigentümer in jedem Fall zwei Veräußerungen dieses Betriebsvermögens vorliegen, von denen die eine von der abgebenden Gesellschaft an die Gesellschafter Umsatzsteuerpflicht auslöst, die andere von den Gesellschaftern an die Kapitalgesellsdiaft nach § 4 Ziff. 9 UStG steuerfrei ist, nidit mehr fest. Der Bundesfinanzhof ist nunmehr der Auffassung, daB sich ein Übergang des Vermögens von einer Gesamthandsgemeinschaft auf eine juristische Person auch in a n d e r e r Weise vollziehen kann, so daß die Annahme eines doppelten Umsatzes solchenfalls entfällt. UStG § 1 Ziff. 1, § 4 Ziff. 9.

II. Besprechung Änderung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise bei Umwandlung von Personengesellschaften in Kapitalgesellschaften auf Grund des Schrifttums. Die Entscheidung ist praktisch von einschneidender Bedeutung und erleichtert die Umwandlung von Personengesellschaften in Kapitalgesellschaften. Durch Urteil vom 27. November 1952 - V 81/51 BStBl. 53 III S. 44 hatte der BFH noch an der Rechtsprechung festgehalten, daß dann, wenn die Gesellschafter einer OHG das Vermögen dieser Gesellschaft in eine Kapitalgesellschaft einbringen, zwei Veräußerungen des Vermögens vorliegen, nämlich von der OHG an die Kapitalgesellschafter und von den Gesellschaftern an die Kapitalgesellsdiaft. Die 2. Veräußerung ist nach § 4 Ziff. 8 UStG umsatzsteuerfrei, die vorhergehende dagegen umsatzsteuerpflichtig. Das Finanzgericht Schleswig-Holstein hat durch rechtskräftiges Urteil vom 17. September 1957 III 341—43/57 EFG 1958, S. 219 zu der Frage, ob bei Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft, an der die gleichen Personen im gleichen Verhältnis beteiligt sind, ein Wechsel in der Person des Unternehmers eintritt, diese Frage verneint und ausgeführt, daß auch dann, wenn die Personengesellschaft erst bei Umwandlung begründet wird, beide Gesellschaften für kurze Zeit nebeneinander bestehen, denn die Überführung des Vermögens auf die Personengesellschaft setzt begreiflich voraus, daß eine solche bereits besteht. Der Herausgeber weist darauf hin, daß in Kürze ein Urteil des BFH veröffentlicht wird, das einen umgekehrten Fall der Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellsdiaft behandelt und seine bisherige Rechtsprechung aufgibt. Damit wird die Rechtsprechung über die Unternehmereinheit gar nidit mehr berührt. Auch das Hess. Finanzgeridit ist in seiner Entscheidung v. 22. 9. 55 I 993/53 EFG 1956 S. 154 gegen eine unmittelbare Übertragung des Vermögens einer bürgerlichen Gesellschaft auf eine KG auf Aktien, auch wenn es sich um Teile des Betriebsvermögens handelt. Auf der anderen Seite hat das Finanzgeridit München durch Urteil vom 25. Oktober 1956 EFG Seite 160 ausgesprochen, daß die Umwandlung von Gesellschaften des bürgerlichen Rechts in eine Kapitalgesellschaft unter gleichzeitiger Aufnahme zweier neuer Gesellschafter (Kommanditisten) keine Umsatzsteuerpflicht auslöst. Audi in dem Urteil des Finanzgerichts München vom 30. September 1954 EFG Seite 317, das durch das nicht zu Veröffentlichung bestimmte Urteil des BFH vom 26. April 1955 V 278/54 bestätigt ist, ist ausgesprochen, daß die vom RFH in den Urteilen vom 18. 1. 1935 RStBl. 1935 Seite 37 und vom 28. 9. 1944 RStBl. 1945 S. 28 vertretene Auffassung, daß beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer zweigliedrigen OHG für die Vereinigung des Betriebsvermögen

L o e p e l m a n n , BFH-Besprediungen, I. 59.

2 in der Hand des das Unternehmen fortführenden Gesellschafters keine Umsatzsteuer geschuldet wird, entsprechend audi bei einer zweigliedrigen Gesellschaft des bürgerlichen Rechts gilt. In dem Erläuterungsbudi von Plückebaum 6. Auflage, Seite 280 nimmt dieser eine einmalige Übertragung des Betriebsvermögens nur an, wenn die einbringende Gesellschaft selbst Gesellschafter der aufnehmenden Gesellschaft wird. Wenn nicht die Gesellschaft selbst, sondern deren Gesellschafter in die übernehmende Gesellschaft eintreten, ist davon auszugehen, daß das Betriebsvermögen zweimal veräußert wird, einmal von der Gesellschaft an die Gesellschafter gegen Verzicht auf die Gesellschaftsrechte und von diesen an die übernehmende Gesellschaft gegen Erwerb von Gesellschaftsrechten. Hiergegen hat sich nun das Schrifttum ausgesprochen: Hueck hat in Steuer und Wirtschaft 1953 Seite 315 ausgeführt, daß der nächstliegende Weg der ist, die offene Handelsgesellschaft, die man nicht mehr will, aufzulösen, das Vermögen auf die Gesellschafter zu verteilen und daß diese es von neuem gegen Gesellschaftsrechte in die neue Gesellschaft einbringen. In diesem Falle liegt eine doppelte Vermögensübertragung vor. Wird aber das Gesellschaftsvermögen direkt auf die GmbH übertragen, oder wird das Vermögen der OHG ohne Einzelübertragung übergeben, so ist es handelsrechtlich durchaus möglich, daß das Vermögen von Personengesellschaften ohne Übergang über die Gesellschafter unmittelbar auf die Kapitalgesellschaft übertragen wird. Auch Böttcher in Steuer und Wirtschaft Seite 324 aus 1953 vertritt die Ansicht, daß bei der Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft keine Umsatzsteuer entsteht. In Steuer und Wirtschaft 1956 Spalte 7 ff. kommt RA Leibrecht zu dem Ergebnis, daß bei Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft, wenn die Vertragsgestaltung dahin geht, daß das Vermögen der Personengesellschaft ungeteilt mit Aktiven und Passiven auf die Kapitalgesellschaft übergeht, dies auch für die Umsatzsteuer gelten muß. Die Personengesellschaft überträgt als die allein hierzu Berechtigte ihr Vermögen auf die Kapitalgesellschaft und diese räumt den Gesellschaftern die entsprechenden Geschäftsanteile ein. Es handelt sich also zwischen Personengesellschaft und Kapitalgesellschaft und einen Vertrag zu Gunsten der Personengesellschafter als Einzelpersonen. Diese treten als Privatpersonen nur insoweit auf, als sie die Anteile an der Kapitalgesellschaft in Empfang nehmen. Es ist zu begrüßen, daß sich den Ausführungen der Wissenschaft auch der Senat angeschlossen hat und mit Recht ausführt, daß auch bei einer Beurteilung nach rein umsatzsteuerlicher und wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine zweimalige Steuer bei Übertragung des Gesellschaftsvermögens zuerst von der OHG auf die Gesellschafter und von diesen dann auf die übernehmende GmbH, nicht unterstellt zu werden braucht. Diese Auffassung wird nach der durchaus begründeten Ansicht des BFH durch die Überlegung gestützt, daß die Lage bei Umwandlung einer AG in eine GmbH nicht anders ist. Auch bei einer derartigen Umwandlung muß die GmbH den ehemaligen Aktionären ihre Geschäftsanteile ausfolgen. Gerade die umsatzsteuerliche Situation der OHG nötigt dazu, den hier streitigen Vorgang jedenfalls in seiner steuerlichen Auswirkung ähnlich zu beurteilen, wie wenn eine Kapitalgesellschaft die Rechtsform einer anderen Kapitalgesellschaft annimmt. Es ist aber hierbei zu beachten, daß nach dem vorliegenden Sachverhalt die Gesellschafter der Berufungsführenden das ungeteilte Vermögen zu Gunsten Dritter, nämlich der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft in diese Kapitalgesellschaft eingebracht hatten, so daß also nicht vorher eine Aufteilung des Vermögens auf die Gesellschafter der OHG erfolgte. (Vgl. hierzu Ausführungen von Huedc.) Dr. Georg Homann, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht, Kiel.

BFH v. 20. 2.1958 (V) 1 V 140/57 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 433

Der Auftrag des Finanzamtes an die Betriebsprüfungsstelle zur Vornahme einer Betriebsprüfung bei einem bestimmten Steuerpflichtigen stellt eine die Verjährung unterbrediende Handlung im Sinne des § 147 der Reidisabgabenordnung dar. AO § 147

II. Besprechung Das Urteil vom 20. 2. 1958, vom Umsatzsteuersenat erlassen, sieht bereits in dem Auftrag zur Vornahme einer Betriebsprüfung, den das Finanzamt der Betriebsprüfungsstelle erteilt, eine die Verjährung unterbrediende Handlung im Sinne des § 147 AO; im Gegensatz hierzu steht das Urteil des Einkommensteuersenats vom 3. 7. 1958 IV 156/57 U (BStBl. 1958 III, 472}, das einem solchen Prüfungsauftrag die unterbrediende Wirkung abspricht. Somit steht Ansicht gegen Ansicht und es ist auch nicht abzusehen, wann diese Diskrepanz behoben wird, denn keine der beiden Entscheidungen ist als S-Urteil bezeichnet, so daß — mindestens im Augenblick — nicht die Aussicht besteht, der Große Senat des BFH werde den Streit beseitigen. Die hierdurch geschaffene Rechtslage ist denkbau unerfreulich: Kommt ein derartiger Fall vor den IV. Senat, dann bekommt der Pflichtige das Urteil, daß die Verjährung nicht unterbrochen ist, gehört die Sache dagegen zum V. Senat, dann erhält der Pflichtige bei genau der gleichen Rechtslage den gegenteiligen Rechtsspruch und kommt sie schließlich vor einen der übrigen Senate — zur Zeit ist die Zahl der Senate auf sieben gestiegen — so ist es das reine Rätselraten, wie die Entscheidung lauten wird. Daß ein derartiger Rechtszustand dem Ansehen der Steuerrechtspflege und des BFH abträglich ist, bedarf keiner weiteren Darlegungen; man wird durchaus anerkennen, daß jeder Senat das Recht und sogar die Pflicht hat, sich seine eigene Rechtsansicht zu bilden, in derartigen Grundsatzfragen aber, die nach den verschiedensten Richtungen ausstrahlen, sollte der oberste Steuergerichtshof darauf bedacht sein, zu einer einheitlichen Meinungsbildung zu gelangen. Beide Urteile stimmen darin überein, daß nur solche Handlungen des Finanzamtes die Verjährung zu unterbrechen geeignet sind, die nach außen wirken; sie gehen auseinander in der weiteren Frage, wann ein solches Nachaußenwirken gegeben ist und wann nicht. Nach Ansicht des V. Senates ist bereits der Auftrag zur Vornahme einer Betriebsprüfung, den das Finanzamt der Betriebsprüfungsstelle erteilt, eine solche nach außen wirkende Handlung; nach Ansicht des IV. Senates ist sie es nicht. Eine nähere Begründung für seine Ansicht gibt der V. Senat nicht, er beschränkt sich vielmehr auf die Zitierung älterer Urteile und zweier Literaturstellen, nämlich Hübsdimann-Hepp-Spitaler und Berger. Es wäre jedoch angezeigt gewesen, auch jene Autoren anzuführen, die die Gegenmeinung vertreten, so Kühn (AO, Anm. 2 und 4 zu § 147) und Riewald (RAO Teil I 1941, Seite 628). Nach diesem tritt die Unterbrechung nicht schon mit der Erteilung des Prüfungsauftrages ein, denn dieser ist

L o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, IV. 59.

2 noch eine innerdienstliche, nidit nach außen wirkende Maßnahme, sondern vielmehr erst mit dem Beginn der Betriebsprüfung; für diese Ansicht kann Riewald auf das Urteil des RFH (RStBl. 1934, Seite 32) verweisen. - Im gleichen Sinne, jedoch ohne Bezugnahme auf Riewald oder sonst eine Äußerung im Schrifttum, spricht der IV. Senat aus, daß die Erteilung eines Auftrages an den Betriebsprüfer noch keine Außenwirkung hat, dies auch dann nidit, wenn er einer anderen Dienststelle angehört! Im Schrifttum wird die Ansicht des IV. Senates gebilligt, die des V. Senates abgelehnt, auch von Autoren, die der Verwaltung angehören, so von Nake von der OFD Stuttgart (Betriebsberater 1958, Seite 1304). - Dieser Stellungnahme ist meines Erachtens beizupflichten, nicht deshalb, weil sie die für den Pflichtigen günstige Ansicht vertritt, sondern deshalb, weil diese Ansicht den Grundsätzen der Rechtssicherheit und des ausreichenden Rechtsschutzes besser entspricht als die Gegenmeinung. Ich verkenne nicht, daß die Gegenmeinung manche Gründe für sich hat, bin aber der Ansicht, daß diese Gründe geringeres Gewicht haben. Dies vor allem dann, wenn man berücksichtigt, daß bei Auslegung der Steuergesetze einerseits der übergesetzliche Rechtsgedanke von Treu und Glauben eingreift, andererseits der im § 1 Steueranpassungsgesetz verankerte Grundsatz, daß die Entwicklung der Verhältnisse zu berücksichtigen ist; zu dieser Entwicklung der Verhältnisse aber gehört auch die Tatsache, daß wir nun das Grundgesetz haben, dessen Existenz in vielen Einzelfragen zu einer wesentlich geänderten Beurteilung geführt hat. Die Auffassung des V. Senates bedeutet im Wesentlichen ein Verbleiben auf der Rechtsprechung des RFH, somit aus der Zeit vor dem Grundgesetz. Von dieser früheren Rechtsprechung erklärt der IV. Senat abzugehen und dem ist meines Erachtens zuzustimmen, und zwar auch auf Grund jener Erwägungen, die er im Einzelnen unter sorgfältiger Erwägung des Für und Wider darlegt. Siehe aus jüngster Zeit Vangerow, Steuer und Wirtschaft 1958, 809, und das dort verzeichnete Schrifttum. Rechtsanwalt Dr. O s w a l d , Weißenhorn Kr. Neu-Ulm

BFH v. 2 1 . 2 . 1 9 5 8 ( 1 )

1

VI 97/56 u

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 167

1. Die Besteuerung gewerblidier Einkünfte nadi § 32 a EStG 1949 schließt eine Steuerermäßigung nach § 33 EStG nicht aus. Das Urteil IV 530/53 U vom 30. 9. 1954 BFH 59, 313 = BStBl. 1954 III S. 331 stellt dem nicht entgegen. 2. Mit dem Urteil RFH VI 305/33 vom 12. 9. 1934 RStBl. 1934 S. 1134 hält der Senat gegen einen nach § 218 Abs. 4 AO geänderten Besdieid auch soldie Einwendungen für zulässig, die gegen den ursprünglichen rechtskräftigen Bescheid nicht erhoben wurden. Es gilt jedoch hinsichtlich der Höhe der angefochtenen Steuer die Einschränkung des § 234 AO. EStG 1949 § 32 a, § 33; AO § 218 Abs. 4, § 234.

II. Besprechung Der Satz: Im Zweifel muß das Gesetz zugunsten des Stpfl. ausgelegt werden, g i l t , wenn es sidi um systemwidrige Vorschriften innerhalb eines Steuergesetzes handelt. Es geht um eine ESt-Veranlagung 1949. Der hier in Rede stehende § 32 a EStG 1949 hatte bereits im Jahre 1950 eine nennenswerte andere Fassung. In dem EStG 1951 war der § 32 a gestrichen; es wurde eingefügt der § 32 b EStG 1951 über die Anwendung des Körpersdiaftssteuersatzes bei Gewinnen aus Gewerbebetrieb. § 32 b EStG war sodann nadi Art. 1 Ziff. 12 i. V. mit Art. 3 Abs. 1 Ges. vom 24. 6. 1953 BGBl. I S. 413 = BStBl. I S. 192 mit erstmaliger Wirkung für den Veranlagungszeitraum 1953 nicht mehr anzuwenden. Es gab aber Nachversteuerungsvorschriften. Diese Vorschriften waren im System des Einkommensteuerrechts Fremdkörper. Es wird auch kaum noch Veranlagungsfälle 1949 geben, die noch nicht rechtskräftig entschieden sind und jetzt nach den Grundsätzen des Leitsatzes 1 (Steuerermäßigung nach § 33 EStG bei Besteuerung nach § 32 a) zu Ende gebracht werden müßten. Trotzdem hat uns dieses Urteil für die tägliche Arbeit nodi manches zu sagen. Es geht um die Auslegungsregeln des Steuerrechts. Wenn wir die Entscheidungsgründe des FG in Ruhe lesen, werden wir nicht sagen dürfen, daß sie unlogisch sind. Wir werden aber gleichzeitig die entgegenstehende Beurteilung des VI. Senats als eine weise Entscheidung ansprechen müssen. Es ist, meine ich, für das Verständnis des Urt. VI 97/56 ratsam, zunächst auf die beiden Entscheidungen, die Ende des Jahres 1957 zu § 32 b EStG 1951 ergangen sind, einzugehen. Es sind die Urteile vom 21. 11. 57 IV 206/56 U BStBl. 1958 III S. 49 und vom 12.12. 57 IV 10/57 U BStBl. 1958 III S. 154. In allen drei Fällen geht es um den „ A n t r a g" im Steuerredit (bei VI 97/56 „nur" um den „Antrag", § 33 EStG anzuwenden). In dem Fall IV 206/56 lehnt der BFH mit klarer Begründung Nachsichtgewährung nach § 86 AO ab, weil es sich (im Urteilsfall) bei dem versäumten Antrag nicht um einen rechtsmittelähnlichen Behelf handelte. Immerhin will ich hier einmal unterstreichen eine Überlegung des IV. Senats, die — wiederum aus formellrechtlichen Gründen — in dem Entsdieidungsfall IV 206/56 den Ausschlag n i c h t geben konnte. Es sind die Sätze: Es kann dahingestellt bleiben, welche rechtliche Bedeutung dem Vorbringen des Bf. unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben oder sonstigen allgemeinen rechtlichen Erwägungen etwa im Hinblick darauf zukommen könnte, daß das FA verpflichtet gewesen wäre, den Bf. auf die Unerläßlichkeit schriftlicher Antragstellung hinzuweisen. Die . . Tatsachen . . können nach §§ 288, 296 Abs. 1 AO nicht mehr berücksichtigt werden. Was den Leitsatz 2 des Urt. IV 206/56 [d. i. die Frage der Zulässigkeit nachträglicher Antragstellung bei — oder im Zusammenhang mit — der späteren Änderung der Beurteilungsgrundlagen) anbelangt, so wird uns in der Zukunft noch oft beschäftigen müssen (vgl. allein die Übergangsregelung zur Ehegattenbesteuerung), was der Senat umschreibt mit Bindung des Stpfl. an den Antrag und das in dem Antrag liegende Risiko für den Stpfl. Im Falle IV 206/56 versprach sich der Stpfl.

L o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, IX. 58.

2 auf der Grundlage des von ihm erklärten Gewinns eine Tarifvergünstigung und es kam dann später bei der Betriebsprüfung anders. Es wird noch einige Zeit vergehen, bis klar ist, was die Verwaltung und die FG tun werden, wenn der Stpfl. falsch kalkuliert hatte. In dem Fall 12. 12. 57 IV 10/57 U hat der Senat die Frage nach der Verpflichtung des F A zur Klarstellung und Einwirkung auf den Stpfl., sachdienliche Anträge zu stellen, in den Leitsatz 1 seiner Entscheidung aufgenommen. Der Senat geht davon aus, daß hier die tarifliche Auswirkung des § 32 b EStG 1951 für den Bf. eine besondere Härte bedeutet. Er spricht auch davon — und dies verdient in unserem Zusammenhang besonders hervorgehoben zu werden —, daß § 32 b E S t G eine „so komplizierte" Vorschrift war. Das Urteil VI 97/56 U vom 21. 2. 1958, das ich hier zu besprechen habe, stellt mit Recht — an den Anfang seiner Entsdieidungsgriinde den Satz: „Die Regelung in den E S t R 1948 und 1949, die für Blinde einen Pauschbetrag von 1440 DM als außergewöhnliche Belastung vorsieht, stellt einen M i l d e r u n g s erlaß dar, der von den FG zu beachten und auszulegen ist. Hoffmann veröffentlicht S t W 1958 Sp. 297 ff. seinen Aufsatz: Verordnungen und Milderungserlasse des BdF in ihrer Fortentwicklung im demokratischen Rechtsstaat und die neueste Rechtsprechung des BFH hierzu. Hoffmann sagt a.a.O. Sp. 304: „Die Entscheidung läßt die Tendenz des BFH erkennen, in Lagen, die derart zweifelhaft sind, die Würdigung zugunsten des Stpfl. vorzuziehen." Vorher heißt es: Der BdF, der an dem Verfahren beteiligt war, war im Streitfall der Meinung, das die . . Richtlinien lediglich das Gesetz für einen Sonderfall ausgelegt haben. Für die Meinung des BdF spricht viel. Die Entscheidung des BFH ist nidit zwingend. Auch die Auslegung, die der BFH den Richtlinien selbst gibt, ist nicht zwingend. Ich habe mich in verschiedenen Veröffentlichungen dagegen ausgesprochen, daß im Steuerrecht der Satz anerkannt werden soll: Im Zweifel zugunsten des Stpfl. Ich meine, es streubt sich in uns alles dagegen, strafrechtliche Grundsätze auf das Steuerrecht zu übernehmen. Hoffmann hatte (bei der Besprechung des BFH-U. 28. 8. 52 IV 202/52 BStBl. 1952 III S. 268 = BFH 56, 697 = S t W 1952 Nr. 246) in FR 1953 S. 27 u. a. gesagt: Die Erwägungen des BFH sind nicht zwingend. Aber auch eine abweichende Auffassung hat nicht mehr für sich. In derartigen Fällen entspricht es der Lage, daß man zugunsten des Schwächeren entscheidet, und das ist im Verhältnis von Staat und Stpfl. der Stpfl. Der Staat ist in der Lage, das Gesetz zu ändern, wenn er mit den Ergebnissen der Auslegung der Gerichte hinsichtlich seiner Gesetze nicht einverstanden ist. Es hat dann auch der I. Senat kurz nachher so gesprochen (BFH-U. 8. 9. 1953 I 57/52 U BStBl. III S. 344 - S. 347 - ) . In unserem Fall — BFH-U. VI 97/56 — gab es, wie idi eingangs erwähnt habe, ebenfalls verschiedene Auslegungsmöglichkeiten. In meinem Aufsatz „Wortauslegung", S t W 1953 Sp. 65 ff. habe ich vorgetragen, daß jedenfalls diejenige Auslegung gefunden werden muß, die zu einem billigen und zweckmäßigen Ergebnis führt. Es spricht, so habe ich Baumbach dort zitiert, eine Vermutung für die Vernunft des Gesetzes. Das bedeutet, anders ausgedrückt, noch lange nicht, daß (möglichst, im Zweifel usw.) zugunsten des Stpfl. entschieden werden muß. Die oben erwähnten drei BFH-Entscheidungen (zu § 32 a EStG 1949 und § 32 b EStG 1951) lehren uns aber, daß wir eine Ausnahme machen müssen, wenn es sich innerhalb eines bestimmten Steuergesetzes um systemwidrige Vorschriften handelt. Dies alles gilt nur für die A u s l e g u n g des Gesetzes. Es sollte selbstverständlich sein, daß die Tatbestandsermittlung mit solchen Überlegungen nichts zu tun hat. Es würde sonst lediglich der Bequemlichkeit das Wort geredet. Dr. Fritz B u b e n z e r ,

Oberregierungsrat, Gummersbach

BFH v. 25. 2.1958 (!) 1 I 244/56 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 168

Zur Bilanzierung der Kommissionsforderungen des Schiffsmaklers. EStG 1949 § 5, § 6, Ziffer 2.

II. Besprechung Nicht die Kommissionsforderungen, nur die „Kommissionsaufwendungen" sind zu aktivieren. In der Entscheidung vom 25. 2. 1958 ist nicht nur vom Finanzamt und vom Finanzgericht, sondern ebenso auch von der steuerpflichtigen Maklerfirma die Aktivierungspflicht der Kommissionsforderungen unterstellt worden. Streitig war nur die Höhe der Aktivierung. Dagegen weist der BFH mit Recht darauf hin, daß dann, wenn das Geschäft noch nicht zum Abschluß gelangt ist, nur die Aufwendungen auf das bereits schwebende Geschäft bilanzmäßig zu erfassen sind. 1. Nach Handels- und Steuerrecht dürfen nichtrealißierte Gewinne in keinem Falle ausgewiesen und aktiviert werden. Es muß daher zunächst festgestellt werden, wann tatsächlich die Gewinnverwirklichung beim Schiffsmakler als vollzogen anzunehmen ist. Der Schiffsmaklervertrag stellt sich nun aber, ebenso wie der Handelsvertretervertrag, als gegenseitiger Vertrag dar. Es kann daher hier die Steuerrechtsprechung zum Handelsvertretervertag herangezogen werden. In beiden Fällen handelt es sich um die Bewertung von Forderungen aus schwebenden Verträgen. Die einzelnen Leistungen des Schiffsmaklers können nicht einzeln, isoliert betrachtet werden. Es entsteht vielmehr aus dem einheitlichen Maklervertrag auch nur ein einheitlicher Kommissionsanspruch, der erst dann rechtlich und wirtschaftlich zur Verwirklichung gelangt, wenn der Makler die ihm obliegenden Vertragspflichten im wesentlichen erfüllt und der Geschäftsherr die Leistung abgenommen hat (so BFH in BStBl. 1954 III S. 149 und in BStBl. 1956 III S. 349). In der späteren Entscheidung vom 29. 11. 1956 (BStBl. 1957 S. 234) hat zwar der BFH darauf hingewiesen, daß der Abnahme der Leistung durch den Auftraggeber kein entscheidendes Gewicht beizumessen sei. Er hat aber auch in dieser jüngeren Entscheidung ausdrücklich betont, daß eine Aktivierungspflicht solange nicht in Betracht komme, als noch ein nicht unbedeutendes Risiko hinsichtlich der Abnahme der g e s a m t e n Leistung durch den Geschäftsherrn bestehe. Im vorliegenden Streitfalle hatten die Auftraggeber (fünf ausländische Reedereien) die Leistungen der Maklerfirma nicht nur nicht angenommen; die Maklerleistung war überhaupt noch nicht vollständig erbracht, weil auch noch nach Abgang der Schiffe Arbeiten von Seiten des Schiffsmaklers auszuführen waren, die das Finanzamt auf V« der Gesamtleistung veranschlagt. Es kann bei dieser Sachlage kein Zweifel daran bestehen, daß das Gesamtrisiko noch nicht übergegangen, der Vertrag von Seiten des Maklers noch nicht erfüllt war, also noch keine Gewinnrealisierung stattgefunden hat

L o e p e l m a n n , BFH-Besprediungen, IX. 58.

2 und daß aus diesem Grunde aktiviert werden dürfen.

die Kommissionsforderungen nodi nicht

2. Die Kommissionsforderung des Schiffsmaklers entsteht auf Grund des einzelnen Maklervertrages als einheitlicher, geschlossener Anspruch. Dieser einheitliche Anspruch kann nicht — entsprechend der fortschreitenden Leistung der Maklerfirma — in Teilansprüche aufgespalten werden, und zwar selbst dann nicht, wenn von Seiten der Reedereien — entsprechend der Leistung des Schiffsmaklers — Abschlagzahlungen entrichtet worden sind. Derartige Abschlagzahlungen sind erfolgsneutral zu buchen, weil in der einzelnen Abschlagzahlung keine Gewinnrealisierung — auch keine teilweise — zu erblicken ist. Mit Recht hat daher der BFH in der besprochenen Entscheidung vom 25. 2. 1958 die teilweise Aktivierung der Kommissionsforderungen von Seiten des Finanzamtes für die bis zum Abgang der Schiffe bereits vollbrachte Leistung nicht mitgemacht, ebensowenig aber auch die Methode des Finanzgerichts, welches unter Berücksichtigung des Reingewinnes die Kommissionsansprüche mit 38,5 bzw. 26,5 %> aktivieren wollte. 3. Sehr zu unterscheiden von der Aktivierung der K o m m i s s i o n s f o r d e r u n g des Schiffsmaklers ist nun aber die evtl. Aktivierung der A u f w e n d u n g e n auf das bereits schwebende, teilweise erfüllte Geschäft. Diese Aktivierung der Aufwendungen ist rechtlich und wirtschaftlich etwas ganz anderes. Rechtlich handelt es sich bei der Kommissionsforderung um einen obligatorischen Anspruch aus einem gegenseitigen Vertrage; wirtschaftlich um einen Anspruch einschließlich Gewinnquote. Ganz im Gegensatz dazu haben wir es bei dem aktivierungspflichtigen Aufwand des Maklers um Herstellungs-(Anschaffungs-) kosten für ein aktivierungspflichtiges Wirtschaftsgut (ohne Gewinnquote) zu tun. Eine solche Aktivierung der Aufwendungen kann auch bei Handelsvertretern und Schiffsmaklern dann am Platze sein, wenn es sich um einen besonders aufwendigen, getrennt abrechenbaren Auftrag gehandelt hat (Vangerow in StW 1957 Sp. 564). Zu aktivieren sind aber immer nur die unmittelbar mit den einzelnen Geschäften zusammenhängenden Aufwendungen, während gemäß Urteil des BFH vom 25. 8. 1955 (BStBl. 1955 III S. 307) die lediglich anteilig auf das vermittelte Geschäft zu verrechnenden allgemeinen Aufwendungen nicht aktiviert zu werden brauchen, sofern durch diese Art der Bilanzierung das Jahresergebnis nicht wesentlich verändert wird. Unter Bezugnahme auf diese Entscheidung vom 25. 8. 1955 wird auch in der besprochenen Entscheidung vom 25. 2. 1958 ausdrücklich bemerkt, daß lediglich diejenigen Beträge zu aktivieren waren, die unmittelbar mit dem einzelnen Geschäft zusammenhingen. Mit Recht weist aber Vangerow in „StW" 1954 Sp. 354 darauf hin, daß theoretisch zwar die Aufwendungen des Agenten, soweit es sich nicht um verlorenen Aufwand handele, aktiviert werden müßten, jedenfalls dann, wenn die Provisionsforderung (Kommissionsforderung) selbst noch nicht ausgewiesen werde. Praktisch müsse aber anders verfahren werden, weil der Aufwand in den meisten Fällen getrennt für das einzelne Geschäft nur

BFH v. 2 5 . 2 . 1 9 5 8 (I) 3

schwer feststellbar sei. Das ist tatsächlich auch der Grund dafür, daß in der Praxis die erwähnten Aktivierungen in zahlreichen Fällen nicht durchgeführt werden (Theis in Betrieb 1956 S. 830). Die laufend anfallenden und sich auf viele Einzelaufträge verteilenden Aufwendungen werden vielmehr von den meisten Vertretern und Maklern sofort über Kosten abgebucht. Will man daher, wie im vorliegenden Falle, eine Aktivierung der Aufwendungen vornehmen, so muß man im einzelnen feststellen, welche Aufwendungen an Lohn, Material und unmittelbar angefallenen Kosten für das einzelne Geschäft zum Bilanzstichtage entstanden sind. Nur diese nachweisbaren, unmittelbaren Kosten dürfen überhaupt aktiviert werden, während alle nicht unmittelbar zurechenbaren Kosten auszuscheiden haben. Ebenso wie bei der Inventurbewertung könnte man natürlich — entsprechend dem Gedankengang des Finanzgerichts- im vorliegenden Falle bei der Ermittlung des aktivierungspflichtigen Aufwandes hinten anfangen, also von der Kommissionsforderimg (einschließlich Gewinnanteil) ausgehend, den Gewinnanteil sowie die Vertriebs- und nicht unmittelbar zurechenbaren Kosten ausscheiden und nur den dann noch verbleibenden Rest an unmittelbaren Kosten aktivieren. Man muß sich bei dieser Art der Rechenmethode aber darüber im Klaren sein, daß der Kommissionsanspruch nur als Hilfswert einbezogen wird, und zwar auch nur in Höhe des bis zum Bilanzstichtag entstandenen Anteils, daß tatsächlich aber nicht der Kommissionsanspruch (auch nicht teilweise) aktiviert wird, vielmehr nur der auf diese Weise indirekt ermittelte Betrag an aktivierungspflichtigen Aufwendungen. Fehlerhaft ist es aber in jedem Falle, aus einem Absinken des Reingewinns in den Jahren 1948—1951 auch auf ein prozentuales Absinken der aktivierungspflichtigen Beträge zu schließen. Das Umgekehrte könnte richtig sein. Werden die Gesamtgewinne geringer, so wird auch die in der einzelnen Kommissionsforderung enthaltene Gewinnquote geringer geworden sein. Diese Gewinnquote darf aber gerade — als nichtrealisierter Gewinnanteil — nicht aktiviert werden, ebensowenig wie die Vertriebsund die sonstigen nicht unmittelbar zurechenbaren Kosten. 4. Der Bundesfinanzhof räumt dem bilanzierenden Kaufmann auch in der hier besprochenen Entscheidung ein Wahlrecht dahingehend ein, ob er ein Geschäft im wesentlichen als erfüllt und damit als aktivierungspflichtig ansehen will oder nicht. Dieses Wahlrecht besteht aber nur — das muß hier ausdrücklich betont werden — im Rahmen des üblichen, kaufmännischen Ermessens. Sobald ein Geschäft nach kaufmännischer Übung als erfüllt anzusehen ist, muß die aus diesem Geschäft resultierende Provisions- bzw. Kommissionsforderung aktiviert werden. Umgekehrt darf bis zum Zeitpunkt der Erfüllung eine Aktivierung nicht erfolgen, weil unrealisierte Gewinne in keinem Falle bilanziert werden dürfen. Das erwähnte Wahlrecht des Kaufmanns „innerhalb des natürlich gegebenen Ermessens-Rahmens" besteht aber nicht nur bei der Frage, ob und wann ein Geschäft als erfüllt anzusehen ist, sondern ebenso auch bei der Frage, ob und inwieweit Aufwendungen bei Eingehung und in Durchführung eines Geschäftes zu aktivieren sind. Nicht jede in Erfüllung eines

4 Geschäftes gemachte Aufwendung und nicht jeder gegen Entgelt erlangte wirtschaftliche Vorteil stellt ohne weiteres ein aktivierungspflichtiges Wirtschaftsgut dar. Von einem aktivierungspflichtigen Wirtschaftsgut kann vielmehr nur dann die Rede sein, wenn die gemachte Aufwendung als solche von Bedeutung und bei einer Veräußerung greifbar ist, es sich also nicht um Aufwendungen handelt, die sich ins Allgemeine verflüchtigen. [So BFH in BStBl. 1954 III S. 109). Die einzelne aktivierungspflichtige Aufwendung muß also konkretisierbar, zurechenbar sein. Nur diejenigen Aufwendungen, die unmittelbar einem bestimmten Geschäft zugerechnet werden können, kommen überhaupt für eine Aktivierung in Frage. Insoweit greift dann aber wiederum das vom BFH an anderer Stelle betonte Wahlrecht des Kaufmanns ein. Außerdem ist hier auch der in einer der neueren Entscheidungen des BFH (BFH-Urteil vom 19. 12. 1957 in BStBl. 1958 III S. 162) zur Frage der Rechnungsabgrenzung hervorgehobene Grundsatz zu beachten, wonach die Forderung nach Abgrenzung des betriebswirtschaftlich richtigen Periodengewinnes schon deshalb nicht überspannt werden darf, weil im Einkommensteuerrecht die Regel nur den betriebswirtschaftlich richtigen Periodengewinn zu erfassen (BFH-Urteil vom 17. 7. 1956 in BStBl. III S. 268), nicht gilt. Erforderlich ist im Steuerredit nur, daß die Stetigkeit der Gewinnermittlung gewahrt, also in den Gewinnermittlungsmethoden nicht grundlos gewechselt wird. Dies auf den vorliegenden Fall angewandt, könnte man vielleicht sogar der Meinung sein, es hätte auch eine Aktivierung der bis zum Bilanzstichtage auf die angelaufenen Maklerverträge gemachten Aufwendungen nicht verlangt werden können, wenn diese Aufwendungen periodisch immer wieder anfielen und die steuerpflichtige Maklerfirma derartige Aufwendungen stets als laufenden Aufwand behandelt hatte. Dr. S u d h o f f , Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer, Neheim-Hüsten

BFH v. 25.2.1958 (11)1 I 337/56 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 II! S. 229

1. Zur Frage der angemessenen Gehälter bei Gesellsdiafter-Geschäftsführern von Kapitalgesellschaften. 2. Die Angemessenheit muß im einzelnen Fall unter Berücksichtigung aller Umstände gesdiätzt werden. Eine rechnerische Ermittlung nadi bestimmten Formeln ist nidit möglich. 3. Überschreiten die von der Gesellschaft angesetzten Gehälter nicht wesentlich den vom Finanzamt als angemessen geschätzten Betrag, so ist der Ansatz der Gesellschaft maßgebend. KStG § 6 Satz 2; EStG § 4 Abs. 4; AO § 217.

II. Besprechung Unangemessene Vergütungen an Gesellscbafter-Gesdiäftsführer von Kapitalgesellschaften als verdedcte Gewinnausschüttungen. Es sei vorausgeschickt, daß die Entscheidung als wohlgelungen bezeichnet werden muß. Der BFH bestätigt einerseits wesentliche Grundsätze des RFH und wahrt die Stetigkeit der Rechtsprechung. Er bereichert die bisherigen Maßstäbe jedoch um eine wichtige Aussage, da er sich erstmalig mit besonderer Deutlichkeit für die Anwendung der allgemeinen Schätzungsgrundsätze auch bei der Bestimmung und Beurteilung der Angemessenheit von Vergütungen an Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften ausspricht. Zwangsläufig ergibt sich aus dieser Grundeinstellung eine entschiedene Ablehnung jeder Schematisierung der Bezüge durch rechnerische Ermittlung mit Hilfe von Formeln und Tabellen. In diesem Urteil setzt der BFH das Recht über die Verwaltungsvereinfachung, da er sich eindeutig hinter die nun einmal nicht wegzuleugnende besondere Problematik der Bestimmung von angemessenen Geschäftsführervergütungen stellt. Leicht hätte er die Problematik der Beurteilung aus steuerlicher Sicht einengen können, wenn er die Seifen- oder SpitalerFormel „18 bis 25 mal Qudratwurzel aus dem Umsatz" bzw. die daraus abgeleitete Unternehmerlohntabelle als steuerliche Maßstäbe gestützt hätte. Der Rechtssicherheit dient die Entscheidung aber zweifellos dadurch mehr, daß sie die Meinungsverschiedenheiten in einem sowohl für die Gesellschaften als auch für die Finanzverwaltung annehmbaren, weil gerechten Sinne löst. I. D e r

Sachverhalt

Mit dem Urteil hat der BFH Gesamtvergütungen des Jahres 1953 für vier Gesellschafter-Geschäftsführer einer 1950 gegründeten GmbH in Höhe von DM 162 500 anerkannt, und zwar für A DM 42 250, B DM 34125 - im BStBl, wohl irrtümlich DM 43 125 angegeben - C DM 34 125 und D DM 52 000, weil die Schätzungen von FA und FG nur unwesentlich von dieser Gesamtsumme abweichen. Die im Verhältnis zum Stammkapital der Gesellschaft von DM 20 000 - mit Anteilen des A von DM 5000, B DM 4500, C DM 2500 und D DM 8000 - und zu den Umsätzen - 1951 DM 625 000, 1952 DM 1 552 000, 1953 DM 2 213 000, 1954 DM 3 269 000 und 1955 DM 3 384 000 recht erheblichen Vergütungen wurden von der beschwerdeführenden Ge-

L o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, IV. 59,

2 sellsdiaft (Bf.) damit begründet, daß es sich bei den Geschäftsführern um besonders qualifizierte Gießereifachleute handele, und daß das nach Abzug der Geschäftsführergehälter von der Bf. versteuerte Einkommen noch ein Mehrfaches des Stammkapitals betragen habe. FA und FG wollten jeweils nur DM 136 500 als Gesamtvergütungen für 1953 anerkennen, obwohl das FA für 1952 auf Grund eines Gutachtens der Industrie- und Handelskammer bereits Gesamtvergütungen von DM 157 000 als angemessen hingenommen hatte. Der übereinstimmende Betrag von DM 136 500 war vom FA nach der Unternehmerlohn-Tabelle (vgl. GmbHRdsch. 1954 S. 49 ff.] unter Hinzurechnung ganz erheblicher Zuschläge vom FG nach der Spitaler Formel jedoch unter Zubilligung weit geringerer Zuschläge ermittelt. II. A u s d e r B e g r ü n d u n g 1. D i e a l l g e m e i n e n G r u n d s ä t z e f ü r d i e B e u r t e i l u n g d e r Angemessenheit Der BFH geht bei seiner Entscheidung im wesentlichen auch von den anerkannten Grundsätzen des RFH aus, der in ständiger Rechtsprechung (RFH v. 26. 3. 1920 I A 314/19, Bd. 2 S. 266; v. 8. 7. 1921 I A 60/21, Bd. 6 S. 266; v. 16. 11. 1926 I A 335/26, Bd. 21, S. 1 u. a. m.) berücksichtigt: a) Art und Umfang der Tätigkeit der Geschäftsführer im Rahmen der Gesellschaft, b) die Ertragsaussichten des Unternehmens zur Zeit der Festsetzung der Bezüge, c) die Vergütungen, die einem fremden Geschäftsführer für eine gleichartige Tätigkeit üblicherweise zugebilligt worden wären. Der BFH betont jedoch in seinem Urteil besonders, daß bei der Schätzung der angemessenen Vergütungen nicht nur innerbetriebliche Tatsachen einen Anhalt bieten, sondern daß auch außerbetriebliche Gesichtspunkte herangezogen werden können. Im einzelnen weist der BFH auf die Beachtung der folgenden innerbetrieblichen, bedeutsamen Tatsachen hin: 1. Die Vergütungen müssen für den einzelnen Fall unter Berücksichtigung aller Umstände bestimmt werden. Dabei sind im Urteilsfall die Erfahrungen der vier Gesellschafter-Geschäftsführer als wesentliches Aktivum des Betriebes von besonderer Bedeutung, demgegenüber das Kapital keine ausschlaggebende Rolle spielt. 2. Die Vergütungen dürfen keinesfalls offensichtlich der Gewinnabsaugung dienen. Das kann z. B. der Fall sein, wenn die Bezüge je nach dem Gewinn der Gesellschaft bemessen werden, wenn die Vergütungen bei mehreren Gesellschaftern mehr nach den Kapitalbeteiligungen als nach den Leistungen ausgerichtet sind, oder wenn der Kapitalgesellschaft nach Abzug der Vergütungen auf die Dauer keine angemessene Rendite bleibt. 3. Die Bezüge der Gesellschafter-Geschäftsführer müssen zu den Vergütungen von Nichtgesellschafter-Geschäftsführern oder anderen leitenden Angestellten des Betriebes in einem angemessenen Verhältnis stehen.

BFH v. 25.2.1958 (11)3 Als heranzuziehende außerbetriebliche Gesichtspunkte kommen nach Ansicht des BFH vor allem Vergleiche mit Vergütungen in Betracht, die gleichartige Betriebe ihren leitenden Angestellten für entsprechende Leistungen gewähren. Mit Recht weist der BFH aber darauf hin, daß die Verhältnisse mehrerer Betriebe und die Leistungen der Angestellten in diesen Betrieben nicht ohne weiteres vergleichbar sind, daß also bei der Heranziehung derartiger Maßstäbe eine gewisse Vorsicht erforderlich ist. Für Zweifelsfälle empfiehlt der BFH, eine gutachtliche Äußerung der zuständigen Industrieund Handelskammer einzuholen oder die Betriebsprüfungsstellen der Oberfinanzdirektionen um sachdienliche Auskünfte anzugehen. Sowohl BFH als auch RFH haben jedoch bisher nicht erwähnt, daß auch für die Beurteilung von Art und Umfang der Leistungen des Gesellschafter-Geschäftsführers sowie der Ertragslage äußere Gesichtspunkte herangezogen werden können, nämlich einerseits die Seltenheit einer Leistung, durch die nach anerkannten Grundsätzen nicht zuletzt der Wert bestimmt wird, andererseits das Verhältnis der betrieblichen Ertragslage zur branchenüblichen Ertragslage, da dieses Verhältnis die besondere positive oder negative Leistung der Geschäftsführung widerspiegelt. 2. F o r m e l n a l s A n h a l t s p u n k t f ü r d i e B e u r t e i l u n g d e r Angemessenheit Der BFH hat sich eindeutig gegen jede Schematisierung der Geschäftsführerbezüge durch Berechnung mit Hilfe von Formeln ausgesprochen. Dabei stellt er sich ausdrücklich hinter die von mir vorgebrachten gewichtigen Bedenken gegen eine Verallgemeinerung der Spitaler'schen Formel (vgl. „Betrieb" 1956 S. 924, GmbH-Rdsdi. 1958 S. 103). Andererseits wird vom BFH aber auch erklärt, daß Formeln in einzelnen Fällen mit als Anhaltspunkt bei der Bestimmung von angemessenen Geschäftsführervergütungen verwertet werden können, ohne daß sie aber davon befreien, den besonderen Verhältnissen des einzelnen Falle's nachzugehen. Die Seifen-Formel bietet in der von Spitäler vorgeschlagenen Form heute jedoch keinen Anhaltspunkt mehr. Und selbst Spitäler hat in einer Besprechung dieses Urteils (GmbH-Rdsch. 1958 S. 105) zugegeben, daß die Formel ab 1953 infolge des allbekannten großartigen Wirtschaftsaufstiegs unanwendbar geworden ist. Die Seifen-Formel, die auf eine zeitgemäße Form gebracht „30 mal Quadratwurzel aus dem Umsatz" lauten müßte (Glade, Angemessene Vergütungen an Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften, Stuttgart 1958 S. 25), und die daraus abgeleitete Unternehmerlohn-Tabelle stellen aber nicht, wie nahezu allgemein angenommen wird, die einzige Möglichkeit dar, durch formelmäßige Berechnung einen Anhalt für angemessene Bezüge zu bekommen. Neben der Unternehmerlohntabelle für die LSÖ-Prüfungen (vgl. Fischer, LSÖ, Kosten, Preise S. 109 f., Glade, a. a. O. S. 26) hat Lehmann bereits 1941 die Wertschöpfungs-Formel entwickelt (Lehmann, Der praktische Betriebswirt 1941 S. 693 f.), die auf eine zeitgemäße Form gebracht „40 mal Quadratwurzel aus Wertschöpfung" lautet (Glade, a. a. O. S. 31). Als Wertschöpfung ist dabei der Mehrbetrag des Umsatzes gegenüber dem gesamten Materialeinsatz zuzüglich etwaiger Fremdleistungen anzusehen. Zintzen hat jüngst eine weitere Formel entwickelt (Zintzen, Gegenwarts-

4 fragen des Steuerredits, Köln 1958 S. 201 f.), die auch von Spitaler als hochinteressant und beachtenswert bezeichnet wird (Spitaler, Die Angemessenheit der Bezüge geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH, Köln 1958 S. 66), und von mir nach einer kritischen Untersuchung („Betrieb" 1958 S. 989) abgewandelt worden ist auf „Unternehmerlohn = (y + p) mal U durch Quadratwurzel M". In dieser Formel bedeuten: U = Umsatz, M = Materialeinsatz, p = steuerlicher Gewinn in v. H. des steuerlichen Eigenkapitals und y einen nach der Kapitalumschlagshäufigkeit gestaffelten Faktor — und zwar ist bei einer Kapitalumschlagshäufigkeit (KU.) bis 3mal y = 11, bei einer KU. von 3 bis 6mal y = 10 usw. und bei einer KU. von mehr als 15mal y = 6 —. Bei einer Mehrheit von Geschäftsführern gelten einheitlich als angemessene Teilbeträge: bei zwei Geschäftsführern je 75 v. H., bei drei je 67 v. H., bei vier je 62 v. H. und bei fünf und mehr je 60 v. H. der Formelwerte. Aber auch diese Aufteilung darf keinesfalls schematisdi übernommen werden, und es sei nochmals besonders eindringlich betont, daß derartige Formelwerte höchstens einen Anhalt bieten, eine gewisse Vorstellung zu vermitteln vermögen, mehr aber nicht. Keinesfalls dürfen Formeln das Weiterdenken und die genaue Untersuchung des einzelnen Falles ersparen, Mühen, die sich wohl nie vermeiden lassen. — Über weitere Versuche zur Bestimmung angemessener Vergütungen und die Begrenzungsrechnung nach „Frank" vgl. Glade, a. a. O. S. 34 f. 3. D i e B e d e u t u n g d e r a l l g e m e i n e n S c h ä t z u n g s g r u n d sätze In der Entscheidung I 107/54 U v. 6. 12. 1955 (BStBl. 1956 III S. 30) stellt der BFH erstmalig den Schätzungscharakter der Bestimmung von angemessenen Vergütungen heraus, erklärt aber erst in dieser Entscheidung auch die allgemeinen Schätzungsgrundsätze, wie sie für andere Fälle aufgestellt sind, für anwendbar. Jeder Schätzung haftet von Natur aus Unsicherheit an, und die Grenzen des Schätzungsrahmens sind flüssig. Da aber der Kaufmann die Verhältnisse seines Betriebes am besten kennt, kommt seiner Auffassung auch eine besondere Bedeutung zu. Die Finanzbehörden werden der Schätzung des Kaufmanns grundsätzlich folgen können, wenn ihr Schätzungsergebnis, wie im vorliegenden Fall, von dem des Kaufmanns nicht wesentlich abweicht. Ob aber wie in diesem Urteil ein Spielraum von rund 16 v. H. immer als unwesentlich anzusehen ist, dürfte doch fraglich sein, da bei der Anerkennung auch die Besonderheiten des Falles, wahrscheinlich vor allem das Verhalten des FA für das Jahr 1952, eine Rolle gespielt haben werden. III. Z u s a m m e n f a s s u n g : Dieses Urteil muß als ein Markstein in der Reihe der Entscheidungen zur Frage der angemessenen Vergütungen an geschäftsführende Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft angesehen werden, denn es bemüht sich nicht nur durch Betonung der individuellen Bewertung und Beurteilung besonders gerecht zu sein, sondern räumt den Gesellschaften einen angemessenen Schätzungsspielraum ein, der sicherlich zur Lösung von Spannungen beitragen W r
s bleibt dem angerufenen Gericht hier wie stets die Prüfung der vom Finanzamtsvorsteher seiner Entscheidung zugrunde gelegten Zweckmäßigkeitserwägungen versagt. Der Steuerpflichtige könnte seine Klage nur auf die Behauptung stützen, der Finanzamtsvorsteher habe sich bei seiner Entscheidung von unsachlichen Gesichtspunkten leiten lassen, rechtlich unerhebliche Gesichtspunkte seiner Entscheidung zugrunde gelegt oder sonst die Grenzen des pflichtmäßigen Ermessens überschritten. Das entspräche dem rechtsstaatlichen Grundsatz, daß die Rechtsstellung der Staatsbürger nicht ohne rechtlichen Grund beeinträchtigt und die den Behörden gezogenen äußeren und inneren Schranken ihres Ermessens nicht zu deren Nachteil überschritten werden dürfen. Daß auch eine Überprüfung der Versagung der Einwilligung in diesem Sinne erforderlich werden kann, zeigt sich in allen den Fällen, in denen nur eine Rechtsfrage streitig ist und von vornherein feststeht, daß das Finanzamt seinen einmal eingenommenen Rechtsstandpunkt nicht aufzugeben gewillt ist. Hier verstieße es gegen die berechtigten Interessen aller Beteiligten und käme es einer mißbräuchlichen, weil jedes vernünftigen Sinnes und Zwedces entbehrenden Rechtsausübung gleich, wollte man den Steuerpflichtigen durch die Versagung der Zustimmung zur Sprungberufung zwingen, erst einmal das von vornherein für ihn völlig aussichtslose und deshalb mit vermeidbaren Kosten verbundene Einspruchsverfahren durchzuführen. Ein solches Verfahren wäre, wenn es praktiziert werden sollte, von schikanöser Rechtsausübung nicht weit entfernt. Diesen Erwägungen steht allerdings, worauf der BFH mit Recht hinweist, § 261 Satz 2 AO entgegen, weil der Ausgang eines besonderen Reditsmittelverfahrens über die Erklärung des Finanzamtsvorstehers nach Ablauf der dort für die Erteilung der Zustimmung festgelegten Ausschlußfrist nicht mehr berücksichtigt werden könnte. Eine gewisse Schutzmöglichkeit für den Steuerpflichtigen bietet jedoch § 314 AO, wonach Rechtsmittelgebühren — hier die Kosten des Einspruchsverfahrens —, die durch unrichtige Behandlung der Sache ohne Schuld des Steuerpflichtigen entstanden sind, nicht erhoben werden. Prof. Dr. Heinz P a u I i c k , Mannheim

BFHv. 16.7.1958 (1)1 II 160/57 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 426

Die Vorschrift des § 2221 Ziff. 2 AO ist auf Gesellschaftssteuerbesdieide nicht anwendbar. AO §§ 212, 222 Abs. I Ziff. 2.

II. Besprechung Dem Urteil ist nach der geltenden Rechtslage zuzustimmen, jedoch bestehen dagegen Bedenken, die eine Änderung de lege ferenda wünschenswert erscheinen lassen. In der vorliegenden Entscheidung wurde zu den Fragen 1. ob ein Gesellschaftssteuerbescheid als Steuerbescheid i. S. des § 222 AO zu betrachten ist, 2. ob eine Berichtigung zu Gunsten des Steuerpflichtigen möglich ist, 3. und zu verfassungsrechtlichen Fragen Stellung genommen. Gelegentlich einer Betriebsprüfung bei einer Organgesellschaft ergab sich, daß der entstandene Verlust niedriger war als der ursprünglich errechnete und veranlagte. Für den von der Organträgerin übernommenen Verlust war Gesellschaftssteuer festgesetzt worden. Die Organgesellschaft erstrebte die Berichtigung des Gesellschaftssteuerbescheides zu ihren Gunsten. Der gleiche Senat des BFH hat im Urteil vom 18. 5.55 - II 97/55 U BStBl. III 1955 S. 208 ausgeführt, daß auf Grund des § 6 II 1 Kap. VStDV Gesellschaftssteuerbescheide nicht förmliche Steuerbescheide i. S. des § 212 AO sind. In diesem Zusammenhang könnten allenfalls Bedenken dagegen bestehen, ob die Kapitalverkehrssteuerdurchführungsbestimmungen als „Gesetz" im Sinne der §§ 2 I, 222 I AO zu betrachten sind. Wie Fließbach in „Steuer und Wirtschaft" 1958 Sp. 832 ausführt, ist diese Frage zu bejahen. Es mag hier dahingestellt bleiben, welche Gründe zu dieser gesetzlichen Regelung führten und ob sie innerlich berechtigt ist. Die Tatsache der gesetzlichen Regelung kann nicht übergangen werden und aus Rechtsgründen läßt sich mit Erfolg dagegen nichts einwenden. Gem. § 222 I Nr. 2 AO findet eine Berichtigung eines im Gesetz selber vorgesehenen schriftlichen (Steuer-)Bescheides statt, wenn durch eine Betriebsprüfung vor Ablauf der Verjährungsfrist neue Tatsachen und Beweismittel bekannt werden, die eine niedrigere Veranlagung rechtfertigen. Der BFH kommt nach der geltenden Rechtslage zu dem richtigen Ergebnis, daß diese Vorschrift auf Gesellschaftssteuerbescheide nicht angewendet werden kann, weil es sich bei einem Gesellschaftssteuerbescheid nicht um einen — formellen — im Gesetz selbst vorgesehenen schriftlichen Bescheid handelt. § 210 b AO sieht die Erteilung eines schriftlichen Bescheides nur für die Steuern vom Ertrag, vom Umsatz und vom Vermögen vor. Somit ist eine Berichtigung zu Gunsten des Steuerpflichtigen nicht möglich, da der Gesellschaftssteuerbesdieid ein nicht förmlicher Bescheid im Sinne des Gesetzes ist. In diesem Zusammenhang stellt der BFH das Moment des Vertrauensschutzes unter dem Gesichtspunkt in den Vordergrund, daß auch die Allgemeinheit ein gewisses Interesse und Vertrauen an der Rechtsbeständigkeit eines rechtskräftigen Steuerbescheides hat. L o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, IV. 59.

2 Mit der „Allgemeinheit" kann nur der Staat oder hier speziell der Steuerfiskus gemeint sein. Daß vom rein fiskalischen Standpunkt ein Interesse an der Reditsbeständigkeit eines rechtskräftigen Steuerbescheides besteht, und zwar aus guten Gründen, iist nicht von der Hand zu weisen. Dann hätte der Gesetzgeber aber auch dem Steuerpflichtigen den gleichen Schutz zuteil werden lassen müssen. Nach heutiger Auffassung wird man wohl zu dem Ergebnis kommen, daß auch der Gesetzgeber bezüglich der Berichtigungsmöglichkeiten eines Steuerbescheides den Steuerpflichtigen im Verhältnis zum Staat nicht willkürlich schlechter stellen darf. Wenn nach der heutigen Rechtslage dieser Tatbestand gegeben ist, so wird man bei einer Neuregelung dieser Fragen diesen Unterschied berücksichtigen und wenn vielleicht auch nicht völlig beseitigen, so doch erheblich einschränken müssen. Das Ziel der Rechtsprechung ist, nicht nur zu einer möglichst großen Rechtssicherheit zu gelangen, denn mehr erstrebenswert erscheint wohl noch die Gerechtigkeit, die doch zu einem sehr wesentlichen Teil aus der richtigen Steuerfestsetzung besteht. Stellt man das Ziel der richtigen Steuerfestsetzung voran, so läßt sich dagegen wohl kaum ein Einwand erheben. Es kann dem Staat nicht daran gelegen sein, eine nicht richtige Steuerfestsetzung unter allen Umständen rechtsbeständig zu erhalten, während er sich unter Hintansetzung des Grundsatzes der Reditsbeständigkeit, Berichtigungsmöglichkeiten zu Ungunsten der Steuerpflichtigen offen hält. Eine solche Regelung würde die Steuermoral gefährden. Dabei könnte bei einem Steuerpflichtigen der — gewiß falsche — Eindruck entstehen, das Argument der Rechtssicherheit sei als Rechtfertigung fiskalischer Interessen nur vorgeschoben. Aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit müßte dem Fiskus an einer gleichen Behandlung und vor allem an einer richtigen Steuerfestsetzung gelegen sein. Der Steuerpflichtige, der einmal ans Gründen der Reditsbeständigkeit objektiv zu viel gezahlte Steuern nicht erstattet erhält, wird stets der Versuchung ausgesetzt sein, dies — und nicht nur dies allein — auf andere, mit dem Gesetz nicht zu vereinbarende Weise auszugleichen. Der BFH weist am Ende der Entscheidungsgründe auf die verfassungsrechtliche Problematik hin und wirft die Frage auf, ob die Anwendung des § 222 I Nr. 2 AO auf Gesellsdiaftssteuerbescheide rechtsstaatlichen Grundsätzen besser entsprechen würde. Aber nicht hierauf allein beschränkt sich dieser Fragenkreis, sondern klärungsbedürftig erscheint die unterschiedliche Berichtigungsmöglidikeit von Steuerbescheiden im Rahmen des § 222 AO überhaupt. Obwohl offenbar beim BFH in dieser Richtung erhebliche Bedenken bestehen, erfolgte noch keine Vorlage gemäß Art. 100 GG an das Bundesverfassungsgericht. Die Frage ist die, ob die "unterschiedliche Behandlung von Fiskus und Steuerpflichtigen mit dem Grundgesetz (Art. 3) vereinbar ist und ob der Gesetzgeber in solchen — speziell diesen — Fällen eine derart unterschiedliche Behandlung statuieren kann. Dr. H. Gallasch, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht, Erlangen

BFH v . 1 7 . 7 . 1 9 5 8 (I) 1

I. Leitsatz des Urteils

IV 101/56 U BStBl. 1958 III S. 360

Zur Frage der steuerbegünstigten Nebentätigkeit eines Reditsanwalts, der Lehrbeauftragter an einer Hochschule ist. EStG 1950 § 34 Abs. 5.

II. Besprechung Dem Urteil, der reditsbesdiwerdeführende (rbf) nebenberufliche Lehrbeauftragte (Lb) stehe in selbständiger Arbeit, ist nicht zuzustimmen; auch nebenberuflidxe Lb an einer Hochschule stehen regelmäßig in niditselbständiger Arbeit; von dieser Regel bildet der vorliegende Fall keine Ausnahme. Der BFH begründet seine Auffassung im wesentlichen damit, daß der nebenberufliche Lb nach Werner Thieme, Deutsches Hodischulrecht 1956, nur lose und nicht personenrechtlich mit der Hochschule und ihrem Träger verbunden, in seiner Nebentätigkeit nicht beschränkt und nicht zur Hingabe seiner vollen Arbeitskraft verpflichtet sowie schließlich „auch nicht Mitglied der Hochschulkorporation" sei; der Lehrauftrag (La) sei daher nur ein „öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis, dm Bürgerlichen Recht vergleichbar dem Werkvertrag"; weiter damit, daß nach Art. 2 des bay. Hochschullehrer-Gesetzes vom 15. 11. 1948 (GVB1. S. 254) die Lb nicht „Hochschullehrer im Sinne dieses Gesetzes sind". Aus der Nichtbehandlung der Lb in diesem Gesetz entnimmt der BFH den „Niederschlag der Verkehrsauffassung . . . , daß es bei den Lb an einer festen Eingliederung in den Organismus der Hochschule mangelt". Diese seine Schlußfolgerungen scheint der BFH in der Hauptsache aus der Nichtzugehörigkeit des rbf Lb zur Hochschulkorporation und aus der Deutung des La als Quasi-Werkvertrag durch Thieme herzuleiten, da er die Zurechnung der Lb-Tätigkeit zur steuerlich selbständigen oder nichtselbständigen Arbeit wohl kaum daraus entscheiden will, daß die Lb für die besonderen Rechtsfolgen-Setzungen eines bestimmten (!) Beamten (l)-Gesetzes nicht als Hochschullehrer bezeichnet werden. Dabei scheint der BFH zunächst die von § 1 III LStDV geforderte „feste Eingliederung" in den Hochschulbetrieb mit der Mitgliedschaft in der Hochr schulkorporation gleichzusetzen, da er sagt, den Lb mangele es an „einer festen Eingliederung i n d e n O r g a n i s m u s der Hochschule". Abgesehen davon, daß an einigen Hochschulen auch die Lb zum Lehrkörper gehören, ist eine solche Gleichsetzung unzutreffend. Die Z u g e h ö r i g k e i t z u m „ L e h r k ö r p e r " als einer Einrichtung der akademischen Selbstverwaltung ist f ü r d i e s t e u e r r e c h t l i c h e Beurteilung unerheblich. Die Zugehörigkeit zum Lehrkörper ist zwar Voraussetzung für die Mitgliedschaft in den wichtigsten anderen Gliederungen der Hochschule (Fakultäten, Senate). Diese sind aber nur Verwaltungsorgane in Fragen der personellen Zusammensetzung der akademischen Lehrerschaft (Mitwirkung am Berufungs- und Lehrauftragsverfahren, Durchführung der Habilitationen) und ihrer Hilfskräfte (Assistenten, wissenschaftliche Hilfskräfte u. a. Angestellte), der äußeren Organisation von Lehre und Forschung (Hörsaal- und Stundenverteilung, Instituts-, Bibliotheks- und Hausordnungen), der Verleihung akademischer Titel und

L o e p e l m a n n , BFH-Besprediungen, l. 59.

2 Ehrenrechte sowie der äußeren Repräsentation der Universität. Sie haben dagegen nichts mit der iesten Eingliederung in den Lehrbetrieb zu tun. Dies wird aus einem V e r g l e i c h d e r R e c h t s s t e l l u n g d e r L b m i t d e r j e n i g e n d e r H o n o r a r p r o f e s s o r e n deutlich, deren Tätigkeit vom BFH, anscheinend wegen ihrer Zugehörigkeit zum Lehrkörper nach dem bay. Hochschullehrergesetz, zur Einkunftsart nichtselbständige Arbeit gezählt wird. Im Unterschied zu den Lb sind nämlich die Honorarprofessoren — unabhängig davon, ob sie zum Lehrkörper gezählt werden oder nicht — überall zur akademischen Lehre n u r b e r e c h t i g t , n i c h t v e r p f l i c h t e t . Sie dürfen im Unterschied zu allen anderen Hochs chul-Lehrpersonen ganz nach Belieben und ohne jeden Einfluß auf ihre Stellung als Honorarprofessor Vorlesungen usw. ankündigen oder unterlassen, aufnehmen, unterbrechen oder abbrechen. Gebunden sind sie nur an eine vernünftige äußere Ordnung des Lehrbetriebs. Dagegen sind alle anderen Hochschul-Lehrpersonen verpflichtet, Vorlesungen usw. zu halten. Kommen sie dieser Verpflichtung nicht nach, müssen sie als Beamte mit einem Disziplinarverfahren, als Privatdozenten mit Entziehung der venia legendi, als Lb mit der Entziehung des La rechnen. Insbesondere sind die Lb kraft Ihres La in dieser Weise verpflichtet. Diese unterschiedliche Eingliederung von Lb und Honorarprofessoren in den Lehrbetrieb zeigt sich ganz besonders klar dann, wenn ein Honorarprofessor einen La erhält. Darüber heißt es bei Thieme S. 290 Ziffer 3 Abs. 2: „Eine Änderung der Pfiichtensteiiung des Honorarprofessors kann durch die Erteilung eines Lehrauftrages eintreten. Der Honorarprofessor hat dann die Verpflichtung, Vorlesungen entsprechend dem Lehrauftrag anzukündigen und abzuhalten. Auch in seinem Urlaub ist er dann, wie die Lehrstuhlinhaber, während des Semesters beschränkt." Diese Stelle ergibt klar, daß der Honorarprofessor mit La und damit auch jeder Lb dem Hochschulbetrieb weit mehr verpflichtet ist, als der Honorarprofessor ohne La, dessen Lehrtätigkeit vom BFH — unrichtig — zur Einkunftsart nichtselbständige Arbeit gezählt wird. Sie ergibt damit weiter, daß die Zugehörigkeit zur Hochschulkorporation für das Ausmaß der Eingliederung in den Hochschulbetrieb nichts hergibt. Diese Stelle bei Thieme widerspricht auch der vom BFH zitierten D e u t u n g des La-Verhältnisses a l s Q u a s i - W e r k v e r t r a g durch Thieme. Denn wo gibt es im Rahmen eines Werkvertrages wohl eine Beschränkung des Werkunternehmers „in seinem Urlaub"? Die Lb werden dagegen „nach denselben Bestimmungen beurlaubt wie die außerplanmäßigen Professoren und Dozenten" (vgl. „Die Deutsche Hochschulverwaltung" 1943 S. 110 Ziff. 6 Abs. 2). Im Widerspruch zu Thiemes Deutung des La-Verhältnisses als Quasi-Werkvertrag steht auch sein weiterer Hinweis auf S. 239 Ziffer 4 Abs. 2, daß die Lb im Unterschied zu allen anderen, insbesondere den beamteten Hochschullehrern, oft nicht einmal die Themen ihrer Vorlesungen usw. selbst wählen können, d. h. daß sie dieselben auch nicht aus Eigenem Arbeit stehenden planmäßigen Hochschullehrer. Die Deutung des La-Verhältnisses als Quasi-Werkvertrag ist aber auch aus den oben angeführten mit den anderen Lehrpersonen abstimmen können. Auch dies bedeutet, daß sie weit weniger „selbständig" sind, als die unstreitig in nichtselbständiger

BFH v. 17.7.1958 (1)3 Gründen d e r V e r p f l i c h t u n g des Lb zur Abhaltung von Vorlesungen usw. w ä h r e n d einer bestimmten Zeit eben k r a f t des La unzutreffend. Im übrigen und vor allem aber h a b e n gerade d i e n e b e n b e r u f l i c h e n Lb im L e h r b e t r i e b e i n e r j e d e n H o c h s c h u l e wichtige A u f g a b e n ; sei es die W a h r n e h m u n g von überkommenen oder sich neu entwickelnden theoretischen Spezialgebieten auf Grund ihrer eigenen Spezialforschungen, f ü r die ein Ordinariat oder Extraordinariat nicht oder noch nicht besteht oder mit besteht und infolgedessen auch noch kein hauptberuflicher wissenschaftlicher Nachwuchs heranwächst fz. B. an den meisten Hochschulen nach dem 1. Weltkrieg: Arbeitsrecht, heute noch: Steuerrecht, Sozialversicherungsrecht, Patentrecht), sei es die notwendige praktische Durchblutung des theoretischen Unterrichts, b e s o n d e r s im Hinblick auf vorwiegend praktisch bestimmte Staatsexamina fz. B. durch Repetitorien und Klausurenkurse). Für solche Aufgaben bedarf die Hochschule der nebenberuflichen Lb. Diese n e h m e n oft jähre- u n d jahrzehntelang ihre Fachgebiete in Vorlesunsen. Obungen und S e m i n a r e n wahr. Diese Tätigkeit ist notwendiger Bestandteil des regelmäßigen, ordentlichen und laufenden Hochschulbetriebs. So erklärt sich auch die „Gewährung einer l a u f e n d e n oder einmaligen Zuwendung (Unterstützung)" f ü r den Fall, daß „ausscheidende Lehrkräfte durch den Wegfall der Lehrauftrassvergütung in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten w ü r d e n " fvgl. Ziffer 3 des Runderlasses des Reichskultusministers vom 21. 1. 1937 W I a 1997/36 Fbl: Die Deutsche Hochschulverwaltung 1943 S. 110/11 u n t e r der Oberschrift „Altersgrenze f!) der nichtbeamteten Lehrkräfte"). Alle diese Merkmale, die bei n e b e n b e r u f lichen Lb regelmäßig vorliegen und die beim rbf Lb von 1946—1950 sogar in wesentlich verstärktem Umfange vorlagen fz. B. in 1950 durch Vorlesungen, Übungen und Kollonuien von zusammen 12, 11 und 10 Wochenstnnden, sogar im Bereich der Pflichtvorlesungen!, h a b e n mit der Reditswirklichkeit eines W e r k v e r t r a g e s nichts zu tun. Sie zeigen vielmehr, daß auch ein nebenberuflicher Lb. bei dem die vorstehend beschriebenen Täti«*keitsmerkmale vorliegen, in den Lehrbetrieb der Hochschule fest eingegliedert ist. Der BFH schließt das Gegenteil am Rande weiterhin durch eine knann formulierte Zustimmung zur Vorentscheidung daraus, daß der La des Rbf aus organisatorischen Gründen w ä h r e n d d e s S e m e s t e r s entzogen w u r d e u n d daß dem k e i n K ü n d i g u n g s s c h u t z entgegenstand. Es ist nicht einzusehen, inwiefern dies gegen die A n n a h m e nichtselbständiger Arbeit sprechen soll. W e n n der BFH anscheinend auch der Folgerung des FG zustimmt, daß einer E n t z i e h u n g d e s L a w ä h r e n d d e s S e m e s t e r s die Berechtigung des Lb korresDondiert, seine Lehrtätigkeit jederzeit abzubrechen, so ist dies nicht n u r nach den diesbezüglichen Reditsanindlaapn unric+itig, wie sie hier dargestellt, vom FG und B^H daoesen anscheinend rein SDekulativ erschlossen wurden, sondern auch logisch unschlüssig, da die angenommene Korresnondenz w e d e r logisch noch rechtlich zwingend ist: z.B. korresnondiert der Befugnis zum jederzeiticen Widerruf des Widerrufsbeamten-Verhältnisses nicht etwa die Befugnis des Widerrufsbeamten, jederzeit seine Tätigkeit einzustellen oder zu unterbrechen.

4 Weiter trifft auch der "Schluß aus dem F e h l e n e i n e s K ü n d i g u n g s s c h u t z e s nicht zu; abgesehen von allgemeinen arbeitsrechtlichen Erwägungen, von der haushaltsmäßigen B e f r i s t u n g der erstmaligen Erteilung und jeweiligen Verlängerung der La auf jeweils ein bis zwei Semester und von der Rechtsstellung des Widerrufsbeamten: auch der nichtbeamtete, aber an sämtlichen Hochschulen dem Lehrkörper angehörende und unstreitig in nichtselbständiger Arbeit stehende Privatdozent genießt keinen Kündigungsschutz. Noch mehr verfehlt ist es, daß das FG ausdrücklich und womöglich stille schweigend audi der BFH „auf die E i g e n v e r a n t w o r t l i c h k e i t und inhaltliche Gestaltung der Vorlesungen"- Bezug nehmen, um ihre Annahme der selbständigen Arbeit zu begründen. Denn eigenverantwortlich und in der inhaltlichen Gestaltung seiner Lehrveranstaltungen frei ist noch weit mehr als der Lb der beamtete planmäßige Hochschullehrer. Alles in allem zeigt das Urteil einmal mehr, wie schwer es jedem, der nicht selbst fest in den Hochschulbetrieb eingegliedert ist, fallen muß, die besonderen Verhältnisse des Hochschullehrerrechts zu durchdringen, besonders wenn es sich um Sachverhalte handelt, in denen die persönliche Rechtsstellung oder die berufsbezogenen Aufwendungen von Hochschul-Lehrpersonen wegen ihrer besonderen „Eigenverantwortung" in Lehre und Forschung von den üblichen Schemata anderer akademischer Berufe abweichen (vgl. dazu: Friedrich Klein, Die Besteuerung der Hochschullehrer, 2. Auflage 1956). Dr. Erich K ü c h e n h o f f, Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Steuerrecht der Universität Münster i. W.

B F H v . 17.7.1958 (11)1 V z 34/58 U BStBl. 1958 III S. 369

I. Leitsätze des Urteils

1. Ein mit der Begriffsbestimmung des Normalpreises in Widerspruch stehender Preisnachlaß für Vorauszahlung (Vorauszahlungskonto) liegt nur vor, wenn der Käufer den Rechnungspreis vor der Auslieferung der Ware bezahlt. 2. Zur Unterscheidung von Ziel- und Nettokassenpreisen. ZG § 53; WertZO 1957 §§ 40, 41. ZG § 53; WertZO 1957 §§ 40, 41.

II. Besprechung Unterschied zwischen Kreditierungsskonto und Barzahlungsskonto. Das Urteil stellt — fußend auf der Definition des Normalpreises, dem ein Barzahlungsgeschäft zugrunde liegt — klar, in welchen Fällen ein Kreditierungsskonto und wann ein Barzahlungs- oder Kassenskonto vorliegt. Es stellt es dabei auf den Tatbestand ab, w a n n die Bezahlung der Ware erfolgt, d. h. ob vor Lieferung oder nach Lieferung derselben. Diese Entscheidung ist klar und eindeutig und richtet sich dabei genau nach dem wirtschaftlichen Tatbestand. Wenn jemand zu einem gewissen Zeitpunkt einen bestimmten Betrag schuldet und er beispielsweise vier Wochen früher bezahlt, dann kann er sich die Zinsen vom Tage der Zahlung bis zum Fälligkeitstage anrechnen, d. h. er braucht weniger als den Nominalbetrag zu entrichten, weil unter Hinzurechnung der bis zum Fälligkeitstage anfallenden Zinsen gerade die zu leistende Summe erreicht wird. Wertzollrechtlich gesehen, heißt das: Für eine eingeführte Ware ist am Einfuhrtage, d. h. an dem Tage, an dem das Zollgut zur Abfertigung gestellt wird, ein bestimmter Barpreis zu entrichten. Wird vorher unter Abzug von Zinsen, d. h. eines „Vorauszahlungsskontos", bezahlt, dann kann dieser Skonto den Zollwert nicht beeinflussen; denn unter Hinzurechnung dieses Skontos bis zum Tage der Zollgestellung ergibt sich der an diesem Tage fällige und zu zahlende „Normalpreis". Liegt der Fälligkeitszeitpunkt der Schuld aber hinter dem Lieferungszeitpunkt, z. B. bei einem Ziel von 30 Tagen, dann muß sich im umgekehrten Sinn der Zollwert im Zeitpunkt der Zollgestellung um die bis zum Zahlungsziel im Preis enthaltenen Zinsen ermäßigen. Bei einem Zielkauf stellt nämlich der Rechnungspreis nicht nur den Preis für die gelieferte Ware dar, er enthält darüber hinaus auch noch die Kosten für die Kreditierung des Kaufpreises, wenn der Käufer den Kredit dadurch in Anspruch nimmt, daß er nicht bei Empfang der Ware oder innerhalb einer bestimmten Frist bezahlt. Als Fixpunkt, von dem die Betrachtung auszugehen hat, ist hier der für die Anwendung der Zollvorschriften maßgebende Zeitpunkt, d. h. der Tag der Gestellung des Zollgutes anzusehen. Vom Bewertungszeitpunkt aus gesehen, muß sich immer derselbe Normalpreis ergeben, gleichgültig, ob die Bezahlung früher oder später erfolgt. Im ersteren Falle ist der Skonto nicht zu berücksichtigen, im letzteren Falle sehr wohl, weil bei einem Zielpreis in dem Preis bereits Zinsen vom Fälligkeitstage ab enthalten sind. Dieser Ziel-

Loepelmann,

BFH-Besprediungen, X 59.

2 preis ist aber nicht mehr der Barzahlungspreis, er wird erst zu diesem, w e n n der sogenannte „Kassenskonto" in Abzug gebracht ist. Das ergibt sich — wie schon e r w ä h n t — daraus, daß der Zollwert ein Barzahlungspreis ist, der f ü r die eingeführte W a r e bei einem Zug-um-Zug-Gesdiäft im maßgebenden Bewertungszeitpunkt (Auslieferung der W a r e an den Käufer gegen sofortige Bezahlung in diesem Zeitpunkt) erzielbar ist. Der BFH hat deshalb ausgesprochen, daß ein mit dem Normalpreis in Widerspruch stehender Preisnachlaß vorliegt, w e n n der Käufer den Rechnungspreis v o r der Auslieferung bezahlt. Zur Unterscheidung von Zielund Nettokassenpreis hat er weiter das Folgende gesagt: Von einem „Vorauszahlungsskonto" im Sinne des § 40 Abs. 2 Ziff. 3 WertZO kann nur dann die Rede sein, w e n n der Kaufpreis vor Auslieferung der W a r e entrichtet und d a f ü r ein Skonto gewährt wird. W e n n die W a r e erst nach dem Eintreffen beim Steuerpflichtigen bezahlt wird, dann ist keine Vorauszahlung b e w i r k t w o r d e n . Der Skonto k a n n nur d a n n als zollwertm i n d e r n d a n e r k a n n t werden, w e n n der Rechnungspreis ein Zielpreis ist, es sich mithin um einen Barzahlungs- oder Kassaskonto handelt und der Skonto der Höhe nach angemessen ist. Ist nämlich der Rechnungspreis ein Zielpreis, so enthält dieser durch die gewährte Kreditierung des Kaufpreises auch die Kosten der Kreditgewährung. Der Verkäufer verlangt diese Kosten nicht, w e n n der Käufer alsbald bezahlt und infolgedessen Kreditkosten nicht entstehen. Dies geschieht in der Form einer Vereinbarung des Skontos. In einem solchen Fall kann nur der u m den Skonto verminderte Rechnungspreis, der sogenannte N e t t o k a s s e n p r e i s , als Zollwert angesehen werden. Bei der P r ü f u n g der Frage, ob ein Ziel- oder Nettokassenpreis vorliegt, müssen die vereinbarten Zahlungsbedingungen herangezogen w e r d e n . Nettokassenpreise pflegen im Handelsverkehr durch die Klauseln: „Netto Kassa", „Netto Kassa gegen F a k t u r a " oder auch „V a. Kassa" vereinbart zu w e r d e n . Auch dann, w e n n der Preis „ohne Abzug" zu zahlen ist, wird es sich um einen Nettokassenpreis handeln. Umgekehrt wird dann, w e n n ein Skonto vereinbart ist, in der Regel ein Zielpreis vorliegen. W e n n bei einer Zahlung vor dem sonst üblichen Termin von beispielsweise 30 Tagen ein Skonto gewährt wird, dann handelt es sich um einen Barzahlungs- oder Kassaskonto im Sinne des § 41 WertZO 1957, der zur Begriffsbestimmung des Normalpreises nicht in Widerspruch steht. Als Zollwert ist in einem solchen Falle der den Skonto berücksichtigende Rechnungspreis anzusehen. Steuerberater Dr. Franz R i e p 1, Hamburg

BFH v. 18.7.1958 (1)1 VI 1 3 4 / 5 7

I. Leitsatz des Urteils

Mat der Arbeitgeber den Steuerabzug zu Unrecht unterlassen, wird aber der Arbeitnehmer nach § 46 EStG veranlagt, so muß das FA besonders prüfen, ob der Arbeitgeber wegen der Lohnsteuer (LSt.) sofort in Anspruch genommen oder der Steuerabzug im Wege der Veranlagung des Arbeitnehmers nachgeholt werden soll. Die Veranlagung des Arbeitnehmers ist insbesondere in der Regel dann angebracht, wenn, zweifelhaft ist, ob der Steuerpflichtige Arbeitnehmer ist oder wie hoch die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind. StAnpG §§ 2 Abs. 2, 7 Abs. 3; EStG §§ 38 Abs. 3, 46; LStDV § 46.

II. Besprechung Der BFH tritt der Praxis der FÄ entgegen, die bei zu Unredit unterlassenem Steuerabzug in der Regel den Arbeitgeber in Ansprudh nehmen. Die eigentliche Streitfrage war, ob ein Fahrlehrer fK.l, der von einem anderen Fahrlehrer fdem Bf.l beschäftigt wurde, Arbeitnehmer oder freier Mitarbeiter war. Der Bf. beschäftigte K. etwa ein Tahr mit dem Abhalten von Vorträeen. die von montags bis freitags täglich von 8—12.45 Uhr und von 15—17.45 Uhr stattfanden. Dafür erhielt K. eine Vergütung von 1000 DM und später von 1440 DM monatlich. — Diese Merkmale sprachen zweifellos für unselbständige Arbeit. Es war aber zu beachten, daß K. während des größten Teils seiner Beschäftigungszeit beim Bf. daneben noch eine eigene Fahrschule betrieb. Nach der Rechtsprechung fRFH-U. v. 27. 1. 1955 IV 504/54, BStBl. 1955 III S. 229 sind nebenberuflich tätige Lehrkräfte dann Arbeitnehmer, wenn sie in den Schulbetrieb fest eingegliedert sind. Eine solche Eingliederung hat z. B. das FG Karlsruhe mit rechtskräftigem Urteil vom 15. 11. 1955 fEFG 1956 Nr. 901 beiaht bei einem Studienrat, der nebenamtlich als Dozent an einer städtischen Ingenieurschule tätig war. dagegen verneint für einen freischaffenden Architekten, der einen Lehrauftrag bei einem Staatstechnikum von nur wenigen Wochenstunden hatte (U. v. 25. 9. 1958, BB 1958 S. 1160). Im Streitfall haben FG und BFH mit Recht Eingliederung angenommen. Es überrascht daher zunächst, daß der BFH die Vorentscheidung aufhebt, die den vom FA gegen den Bf. als Arbeitgeber erlassenen LSt-Haftungsbescheid bestätigt. Die Gründe dafür gehen aus dem Leitsatz des Urteils hervor. Es kam dem BFH offensichtlich darauf an, mit diesem Urteil der Praxis der FÄ entgegenzutreten, die bei zu Unrecht unterlassenem Steuerabzug in der Regel den Arbeitgeber in Anspruch nehmen. Ist einer der Fälle gegeben, die in § 38 Abs. 3 EStG f§ 46 Abs. 2 I.StDVl bezeichnet sind, so sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer Gesamtschuldner. Das FA kann nach seinem Ermessen entscheiden, welchen der beiden Gesamtschuldner es zur Steuerleistung heranziehen will. Nach der Rechtsprechung des RFH entspricht es den Zwecken des Steuerabzugsverfah^ens, wenn das Gesetz die Haftung der Arbeitgeber i n d i e e r s t e L i n i e stellt und diese Haftung f ü r j e d e n F a l l ausspricht. Die in § 38 Abs. 3 EStG vorgesehene Inanspruchnahme der Arbeitnehmer ist nach dem RFH überhaupt auf geL o e p e l m a n n , BFH-Besprediungen, I. 59.

U

BStBl. 1 9 5 8 III S. 3 8 4

2 wisse Fälle beschränkt. Der RFH hatte aber schon gewisse Grundsätze für die Ausübung des Ermessens des FA aufgestellt. So hat er ausgesprochen, es sei nicht ausgeschlossen, daß die Steuerbehörde sich in Ausnahmefällen zunächst an den erst in zweiter Linie haftenden Arbeitnehmer hält, so z. B. dann, wenn der Arbeitgeber zahlungsunfähig ist oder die Inanspruchnahme des Arbeitgebers vor dem Arbeitnehmer nach den Gesamtumständen des Falles gegen die Billigkeit verstoße (U. v. 2. 10. 1929 VI A 1346/28, RStBl. 1930 S. 486; vgl. Oeftering, LSt-Recht § 46 Anm. 2). Der RFH hatte weiter entschieden, die Haftung des Arbeitgebers trete zurück, wenn er ernsthaft und ohne großes Verschulden daran zweifeln konnte, daß es sich bei einer von ihm beschäftigten Person um einen Arbeitnehmer handele (U. v. 20. 2. 1929 VI A 211/29, StW 1929 Nr. 396). Oeftering (a. a. O.) führt dazu aus, es müsse hier von dem Arbeitgeber verlangt werden, daß er sich in Zweifelsfällen an das FA um Auskunft wende. Unterlasse er dies, obwohl ihm Zweifel über die Arbeitnehmereigenschaft und damit über seine Verpflichtung zur Vornahme des LSt-Abzugs kämen, so werde er mit Recht in Anspruch genommen. Auf der gleichen Linie liegen die Ausführungen von Hartz-Over (LSt. ABC „Haftung für LSt." Ziff. 1 und 5 a), wenn sie ausführen, das FA solle grundsätzlich das Veranlagungsverfahren durchführen, wenn die Steuer entweder durch Haftungsbesdieid vom Arbeitgeber oder Arbeitnehmer oder durch Veranlagung des Arbeitnehmers angefordert werden könne. Der Arbeitnehmer sei der eigentliche Steuerschuldner; das Veranlagungsverfahren sei das endgültige Verfahren. Ähnlich hat das FG Freiburg entschieden (U. v. 28. 9. 1956, EFG 1957 Nr. 158). Die gesamte Problematik, die der Haftung des Arbeitgebers im LSt-Verfahren zugrunde liegt, erörtert Hartz eingehend im „Betrieb" 1957 S. 878. Hartz weist mit Recht auf die Entwicklung der Verhältnisse seit der Schaffung der Arbeitgeberhaftung hin: Komplizierung des LSt-Redits, die sich besonders durch die Angleichung des LSt-Rechts an das ESt-Recht seit der Währungsumstellung ergeben hat, die in der Praxis nicht so sehr in Erscheinung tretende Anrufungsauskunft und die Fragwürdigkeit des Rückgriffs des Arbeitgebers beim Arbeitnehmer. Das Urteil VI 134/57 entspricht diesen Grundsätzen, indem es besonders herausstellt, daß der Arbeitnehmer der eigentliche Steuerschuldner ist. Immerhin bleibt zu bedenken, daß dem Arbeitgeber offenbar selbst Zweifel über die Arbeitnehmereigenschaft des K. gekommen sind. Er hatte — allerdings erst 4 Monate vor Beendigung der Tätigkeit des K. — beim FA angefragt, ob LSt. einzubehalten sei. Trotz der diese Frage bejahenden Auskunft hatte er keine LSt. einbehalten. — Selbstverständlich kann das FA, wenn die LSt. beim Arbeitnehmer nicht hereingeholt werden kann, sich noch an den Arbeitgeber halten. Daß der so herangezogene Arbeitgeber vom Arbeitnehmer die für ihn bezahlten Steuern erstattet verlangen kann, stellt das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27. 3. 1958 (Betrieb 1958 S. 931) fest. Finanzgerichtspräsident Helmut B o e k e r , Karlsruhe

BFH v. 18.7.1958(11)1 I. Leitsatz des Urteils

VI 16/57 U BStBl. 1958 III S. 388

Eine zur Ablösung laufender Unterhaltszahlungen an einen gesdiiedenen Ehegatten geleistete einmalige Zahlung ist nicht ohne weiteres eine außergewöhnliche Belastung. EStG 1953 § 33.

II. Besprechung 1. Das Urteil ist zunächst deshalb wichtig, weil e3 die erste Entscheidung des BFH zur Frage der Kapitalabfindung darstellt, die ein Mann an die geschiedene Frau zahlt. Ausgangspunkt ist § 62 Ehegesetz. Nach Absatz 1 ist der Unterhalt grundsätzlich durch Zahlung einer Geldrente zu gewähren, die monatlich im Voraus zu entrichten ist. Es ist jedodi auch die Zahlung in einer Abfindungssumme möglich, dies zunächst dann, wenn die geschiedenen Eheleute sich hierüber einigen; ohne eine solche Einigung hat die geschiedene Frau einen Anspruch nur dann, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt sind, d. h. sie kann eine Abfindung in Kapital verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und der Mann dadurch nicht unbillig belastet wird. — Nach herrschender und durchaus zutreffender Ansicht ist es nicht hinreichend, daß die laufenden Unterhaltsrenten zwangsläufig sind, vielmehr muß auch die Kapitalabfindung an sidi dem Erfordernis der Zwangsläufigkeit genügen und dies ist offenbar auch die Ansicht des neuen Urteils, wenn es sagt, die Zwangsläufigkeit einer Aufwendung müsse diese in ihrem gesamten Umfang, d. h. sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach rechtfertigen. Wann im Einzelnen diese Voraussetzungen erfüllt sind, darüber gibt das Urteil nur sehr spärlich Auskunft, denn es gelangt schon aufgrund gewisser, auf den Besonderheiten des Falles beruhenden Erwägungen zur Versagung einer außergewöhnlichen Belastung, bringt daher die übrigen Gesichtspunkte, die von allgemeiner Bedeutung wären, nicht zur Sprache. Das Urteil geht aus von § 62/2 Ehegesetz, wonach unter anderem gefordert ist, daß der Mann durch die Kapitalabfindung nicht unbillig belastet wird, und findet bereits diese Voraussetzung nicht erfüllt. Zunächst deshalb nicht, weil der Mann geltend gemacht hatte, die Abfindung wäre ihm nur unter schweren Opfern möglich gewesen; wenn hieraus das Urteil folgert, daß der Mann in dieser Abfindung auch einen Vorteil für sidi selbst gesehen habe, so ist diese Erwägung wohl nidit zwingend. Größeres Gewicht hat dagegen die weitere Erwägung, daß entgegen dem Wortlaut des Vergleiches der Mann nicht nur die Unterhaltsansprüche der geschiedenen Frau abfinden wollte, sondern auch ihre Mitarbeit im gemeinsamen Friseurgeschäft; wenn hiezu das Urteil sagt, eine Abfindung dieser Art falle in die Vermögenssphäre und komme daher schon aus diesem Grunde von vornherein nicht als außergewöhnliche Belastung in Frage, so wird man dem zustimmen müssen, allerdings nur im Grundsatz, zugleich aber verlangen, daß die Abfindung gerechter Weise aufgeteilt wird in eine solche für die Unterhaltsansprüche und eine solche für die Mitarbeit. L o e p e l m a n n , BFH-Besprediungen, I. 59.

2 Einen weiteren Gesichtspunkt deutet das Urteil lediglich• an:- es stellt die Frage, ob nicht wegen des Wegfalles der künftigen Zahlungsverpflichtungen in einer solchen Ablösung nur ein das Vermögen angehender Vorgang liegt, der für eine Berücksichtigung nach § 33 EStG — es handelt sich um das Jahr 1953, nunmehr gilt § 33 a EStG — von vornherein ausscheidet. Hiermit berührt das Urteil einen Gesichtspunkt, dem ersichtlich größte Bedeutung zukommt, ohne ihn jedoch zu klären. Nach meinem Dafürhalten sollte diese Erwägung nicht durchgreifen, denn die Abfindung, die der Mann an die geschiedene Frau zahlt, ist ein Vorgang, der eben- nicht in der Vermögenssphäre wurzelt — es stehen ja zunächst laufende Rentenzahlungen in Frage sondern der erst späterhin in diese Sphäre übergeführt wird, also ein wesentlich anderer Fall als der des Urteils vom 11. 10. 1956 (BStBl. 1956 III, 383), auf den das neue Urteil verweist und in dem ein Erbsdiaftsstreit und die dazu gehörigen Prozeßkosten in Frage standen. Dieses Argument der Vermögenssphäre wird, so viel ich sehe, auch sonst nirgend geltend gemacht, obzwar man es ohne Zweifel geprüft hat, weder in den Verwaltungsanweisungen zu dieser Frage, noch auch in der Rechtsprechung. Dieser weitere Reditsstoff wird — zumal es in Zeitschriften verstreut und nur wenig bekannt ist — im Nachfolgenden in Kürze behandelt, da er eine wesentliche Ergänzung des Urteils des BFH darstellt. Zunächst liegt die Verfügung der OFD München vom 14. 11. 1953 S 2209 330 St V (Betrieb 1953, 1004) vor. Sie geht aus von Absatz 1 des § 62 EheG, wonach zur Zahlung einer Kapitalabfindung in aller Regel eine Verpflichtung nicht besteht, folgert daraus, daß dort, wo dennoch eine Kapitalabfindung gezahlt wird, es insoweit an der Voraussetzung der Zwangsläufigkeit der Belastung fehlt, und erkennt daher als außergewöhnliche Belastung lediglich einen Jahresbetrag der Unterhaltsrente an, soweit er angemessen und notwendig ist. Schließt man sich dieser Ansicht an, so könnte man daran denken, die Kapitalabfindung, wenn sie schon im Jahr der Zahlung nur mit einem geringen Teil berücksichtigt werden kann, wenigstens auf die folgenden Jahre zu verteilen; eine solche Verteilung lehnt jedoch die Verfügung ab. Anders ist die Rechtslage, wenn die Frau gemäß Absatz 2 des § 62 EheG Anspruch auf eine Kapitalabfindung hat. Wird in einem solchen Fall eine Kapitalabfindüng durch gerichtliche Entscheidung festgesetzt, so sind nach der Verfügung die Voraussetzungen des § 33 EStG dem Grunde nach gegeben; ob und inwieweit aber die Aufwendungen dem Gebot des Außergewöhnlichen und des Zwangsläufigen entsprechen, sowie ob und inwieweit sie bei Berücksichtigung der gesamten Lebensverhältnisse des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen sind, dies ist n a d i der Verfügung nur von Fall zu Fall zu entscheiden. Einen Fall dieser Art betrifft das rechtskräftige Urteil des FG Hannover vom 14. 12. 1955 (EFG 1956 Nr. 289). Hier war die Ehe aus dem Alleinverschulden des Mannes geschieden worden, der sich bereits vor Einleitung des Scheidungsprozesses durch notarische Urkunde verpflichtet hatte, im Fall der Scheidung der Frau eine Unterhaltsabfindung von 10 000 DM zu bezahlen. FA und FG haben eine außergewöhnliche Belastung verneint, dieses aus folgenden Erwägungen: „Nach § 33 EStG ist eine außergewöhnliche Belastung nur dann steuerlich zu berücksichtigen, wenn die Aufwen-

BFH v. 18.7.1958 (11)3 düngen zwangsläufig sind.' Eine Verpflichtung zur Zahlung einer Kapitalabfiridung an den geschiedenen Ehegatten besteht aber nur in dem besonderen Fall des Absatzes 2 des § 62 EheG, die Zwangsläufigkeit einer Kapitalabfindung wird daher nur ausnahmsweise gegeben sein. Ob diese Voraussetzungen vbrliegen und ob die Abfindung auch notwendig und angemessen ist, kann nur von Fall zu Fall unter Berücksichtigung der gesamten lebensverhältnisse des Steuerpflichtigen entschieden werden." Anschließend verlangt das FG den Nachweis der Zwangsläufigkeit un'd fährt sodann fort: „Wenn der eine Ehegatte, dem keine Scheidungsgründe zu Gebote stehen, den anderen durch das Versprechen einer Kapitalabfindung zur Erhebung der Scheidungsklage veranlaßt, so wird damit das Erfordernis der Zwangsläufigkeit nicht begründet. Zwar ist nach § 72 EheG eine Vereinbarung über die Unterhaltspflicht vor Rechtskraft des Scheidungsurteiles nicht schon deshalb nichtig, weil sie die Scheidung erleichtert, ob eine derartige Vereinbarung eine tatsächliche, rechtliche oder sittliche Notwendigkeit darstellt. Sie ist zu verneinen. Der Gesetzgeber hält die Aufrechterhaltung der Ehe grundsätzlich für erwünscht und läßt eine vereinbarte Scheidung nicht zu. Daher ist es auch nicht angängig, zuzulassen, daß ein Ehegatte, der selbst keine Scheidungsgründe hatte und sich mithin in keiner sittlichen Zwangslage befunden hat, die ihm für die Veranlassung der Scheidung entstandenen Aufwendungen nach § 33 EStG auf die Allgemeinheit abwälzt." Dem Urteil ist zuzustimmen, sowohl im Ergebnis wie auch in der Begründung. Im gleichen Sinne lautet die Rundverfügung der OFD Hannover vom 6. 4. 1956 S. 2193 (Betrieb 1956, 412). Die weitere Frage geht dahin, in welcher Höhe die Kapitalabfindung anzuerkennen ist. Nach der Verfügung der OFD Hannover darf angesichts der Urteile des BFH vom 27. 3. 1952 und vom 30. 9. 1954 (BStBl. 1952 III, 135 nnd BStBl. 1954 III, 3491 nur ein angemessener Betrag berücksichtigt werden, und zwar auch im Fall einer gerichtlichen Entscheidung, d. h. die Abfindungssumme, mag sie nun unter den Parteien vereinbart oder vom Gericht festgesetzt sein, ist der Höhe nach für die Finanzbehörde nicht bindend; vielmehr wäre „nur jene Abfindungssumme als angemessen anzusehen, die sich durch Kapitalisierung der laufenden Unterhaltsrenten, soweit sie nach § 33 EStG anzuerkennen wären, ergibt, und zwar auf Grund der §§ 15 oder 16 Bewertungsgesetz". Diesen Ausführungen der OFD Hannover ist meines Erachtens nur insofern zuzustimmen, als sie auf die Angemessenheit der Abfindungssumme abstellen, nicht dagegen insoweit, als nur jener Betrag berücksichtigungsfähig sein soll, der sich auf Grund der Kapitalisierungsvorschriften des Bewertungsgesetzes ergibt; bei richtiger Auffassung ist eine solche starre Regelung nach einem bestimmten Schema nicht zutreffend, es wird vielmehr die Angemessenheit von Fall zu Fall unter Berücksichtigung der gesamten Verhältnisse der Beteiligten zu ermitteln sein, wie dies auch die Verfügung der OFD München vom 14. 11. 1953 vorsieht. Da nun seit 1. 1. 1955 Unterhaltsleistungen nur bis zum Höchstbetrag von 720 bzw. 900 DM im Jahr absetzbar sind, stellt sich die Frage, ob diese Begrenzung auch bei einer Kapitalabfindung eingreift. Nach dem Kommentar

4 von Herrmann-Heuer (Anmerkung 10 zu § 33 a EStG neue Fassung) würde diese Begrenzung auch für die Zahlung einer Kapitalabfindung gelten, da auch sie eine „Aufwendung für den Unterhalt" ist. Diese Ansicht ist wohl nicht haltbar, denn sie stellt eine reine Wortauslegung dar. Offensiditlidi hat die Beschränkung auf den Jahresbetrag von 720 bzw. 900 DM nur dann Platz zu greifen, wenn der Unterhalt in Form einer laufenden Rente gezahlt wird, an den Fall einer Kapitalabfindung ist hier überhaupt nicht gedacht; es wäre ein Unrecht, wollte man diese Beschränkung auch auf die Kapitalabfindung anwenden, um so mehr, als in den folgenden Jahren der Betrag nicht mehr abgezogen werden kann, weil ja die Zahlung sich in einem einzigen Jahr erschöpft. Ich bin daher der Meinung, daß die Kapitalabfindung als außergewöhnliche Belastung nicht nur bis zum Höchstbetrag von 720 bzw. 900 DM berücksichtigt werden kann, sondern darüber hinaus in dem angemessenen Umfange, wie er sich aus den Verhältnissen des Einzelfalles ergibt. Das Gesagte gilt nur für den Fall, daß die Abfindung dem Grunde nach als zwangsläufig anerkannt ist. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, d. h. ist nicht die Abfindung als solche zwangsläufig, sondern nur die Rente, so ist nur ein einziger Betrag von 720 bzw. 900 DM im Jahre der Zahlung der Abfindung absetzbar; hier also kann der Zahlende nur einen geringen Teilbetrag zur Geltung bringen. Dies die Rechtslage beim Mann, der die Abfindung zahlt. Anders bei der geschiedenen Frau, die die Abfindung erhält; bei ihr ist dieser Zugang überhaupt nicht steuerbar, denn das Abfindungskapital fällt unter keiner der sieben Einkunftsarten, die im § 2 EStG aufgezählt sind und die allein den Gegenstand der Einkommensteuer bilden. 2. Das neue Urteil des BFH prüft auch die Frage, ob die Kosten des Scheidungsprozesses als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen sind, es bejaht sie und bekräftigt damit die neue Rechtsprechung laut dem Urteil vom 21. 3. 1958 (BStBl. 1958 III, 329), durch welche die frühere gegenteilige Rechtsprechung - siehe das Urteil vom 22. 9. 1955 (BStBl. 1955 III, 347) überholt ist. Rechtsanwalt Dr. O s w a l d , Weißenhorn Krs. Neu-Ulm

BFH v . 1 8 . 7 . 1 9 5 8 (III) 1 VI 11/57 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 376

Das in einem Versorgungsstodc eines Angestellten im öffentlichen Dienst angesammelte Guthaben kann der Angestellte zur steuerbegünstigten Kapitalansammlung für einen allgemeinen Sparvertrag verwenden. EStG 1955 § 10 Abs. 1 Ziff. 4; EStDV 1951/1953 § 17 Ziff. 4; EStDV 1955 §§ 31, 32.

II. Besprechung Kleiner Beitrag zur Kunst der Gesetzesanwendung und -auslegung. 1. Z u f ü h r u n g v o n B e i t r ä g e n z u m V e r s o r g u n g s s t o c k als steuerbegünstigte Kapitalansammlung? Beiträge des Arbeitgebers und Arbeitnehmers zum Versorgungsstodc für Angestellte des öffentlichen Dienstes waren durch besondere Anordnung des Direktors der Verwaltung der Finanzen des Vereinigten Wirtschaftsgebiets als steuerbegünstigte Beiträge zu Kapitalansammlungsverträgen fingiert (Abschnitt 101 Ziff. 1 EStR 1950). Die Anordnung beruhte auf § 17 Ziff. 4 EStDV 1949 bis 1953. Der BFH hat in dem Urteil IV 91/53 U vom 19. 11. 1953 (BStBl. 1954 III S. 14) die Auffassung der Richtlinien bestätigt und weiter ausgesprochen, daß auch die Z i n s e n zu den begünstigten Beiträgen zählen. In dem hier zu erörternden Urteil stellt sich der VI. Senat gleichfalls auf die Grundlage der früheren Richtlinien. Ab 1. 1. 1955 ist übrigens die Rechtsfrage insoweit uninteressant geworden, als eine dem § 17 Ziff. 4 der früheren EStDV entsprechende Vorschrift nicht in die EStDV 1955, 1956/57 übernommen worden ist. Trotzdem ist bemerkenswert, daß der VI. Senat die Verwaltungsanordnung des derzeitigen Direktors der Verwaltung für Finanzen unbesehen seiner Beurteilung zugrunde legt. Das gibt Anlaß zu einigen grundsätzlichen Betrachtungen. Nach § 17 Ziff. 4 EStDV 1949 bis 1953 waren als steuerbegünstigte Kapitalansammlungsverträge im Sinne des § 10 EStG „andere Kapitalansammlungsverträge" anerkannt, „die auf Grund einer besonderen Anordnung des Direktors der Verwaltung für Finanzen*) „den allgemeinen Sparverträgen und den Sparratenverträgen gleichgestellt worden sind. In den Einkommensteuer g e s e t z e n jener Jahre war der Begriff des Kapitalansammlungsvertrages nicht bestimmt; es hieß hier lediglich, der Zweck des Kapitalansammlungsvertrags müsse als steuerbegünstigt anerkannt worden sein (§ 10 Abs. 1 Ziff. 2 Buchst, d EStG 1949 bis 1953). Im einzelnen waren die Voraussetzungen der Steuerbegünstigungen in der E S t D V enthalten. Es tauchte deshalb die Frage auf, ob dieses Verfahren noch mit dem G r u n d g e s e t z vereinbar war, d. h. ob die Vorschriften über die Steuerbegünstigung von Kapitalansammlungsbeiträgen in der EStDV rechtsgültig waren. Der VI. Senat hat das Problem in dem Urteil VI 88/55 U vom 12. 12. 1956 (BStBl. 1957 III S. 87) eingehend geprüft und überzeugend dargetan, daß die in jenem Fall strittigen Nachversteuerungsvorschriften des § 25 EStDV 1953 auf einer hinreichenden Ermächtigung im Sinn des Art. 80 GG beruhten. In gleicher Weise wäre m. E. in dem hier erörterten Urteil zunächst zu prüfen gewesen, ob § 17 Ziff. 4 EStDV 1949 bis 1953 durch eine ausreichende E r m ä c h t i g u n g gedeckt war. Die Frage ist deshalb bedeutsam, weil die Vorschrift den gesetzlichen Begriff des steuerbegünstigten Kapitalansammlungsvertrags nicht abgrenzte, sondern ausweitete, indem sie es der Verwaltung überließ, auf Grund besonderer Anordnung andere Verträge den Kontensparverträgen gleichzustellen. Das war jedoch nicht unbedenklich. Nach Art. 80 Satz 1 GG kann nur der G e s e t z g e b e r die Bundesregierung, einen Bundesminister oder eine Landesregierung zum Erlaß von Rechtsnormen in der Form von Rechtsverordnungen er*) Bzw. der Bundesregierung, die der Zustimmung des Bundesrates bedurfte.

I

L o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, IV. 59.

2 mächtigen. Die hier in Betracht kommende Verwaltungsanordnung des Direktors der Verwaltung für Finanzen beruhte jedoch auf einer Ermächtigung des V e r o r d n u n g s g e b e r s . Nun ist anerkannten Rechts, daß der Verordnungsgeber seine Ermächtigung nicht ohne gesetzliche Erlaubnis weiter übertragen darf. Das hat u. a. auch der BFH in den Urteilen IV 62/54 U vom 26. 5. 1955 (BStBl. III S. 232) betr. die Bewertung von Sachbezügen und VI 72/56 U vom 22. 11. 1957 (BStBl. 1958 III S. 44) betr. den Pauschbetrag für körperbeschädigte Arbeitnehmer ausgesprochen. M. E. wäre in unserem Fall in gleicher Weise zunächst zu prüfen gewesen, ob die Verwaltungsanordnung überhaupt rechtens war. Ich glaube kaum, daß vom Standpunkt der nunmehr geläuterten Rechtsauffassung her der Senat die Frage bejaht hätte. 2, W i e d e r h o l t e Festlegung eines steuerbegünstigten Sparbetrags? Der Steuerpflichtige hatte die als steuerbegünstigte Kapitalansammlung anerkannten Beiträge zum Versorgungsstock e r n e u t auf Grund eines allgemeinen Sparvertrags steuerbegünstigt gespart. Hiergegen hatte die Finanzverwaltung Bedenken erhoben. Der VI. Senat teilt diese Bedenken nicht. Er führt aus, das Gesetz fordere nicht, daß eine steuerbegünstigte Kapitalbildung aus dem laufenden Einkommen herrühre; auch aus bereits vorhandenem Vermögen könnten Kapitalbeträge steuerbegünstigt angesammelt werden. Hierzu könnten auch Beträge wiederverwendet werden, die ein Steuerpflichtiger s c h o n einmal steuerbegünstigt gespart habe. Diese Schlußfolgerung ist sicher mit dem W o r t l a u t des Gesetzes vereinbar; ob sie aber seinem S i n n entspricht, erscheint mir fraglich. Lenski hat in DStZ/A 1957 S. 193 ausgeführt, daß bewanderte Steuerpflichtige vor 1955 denselben Sparbetrag dreimal hintereinander steuerbegünstigt angelegt und damit eine Steuerermäßigung erhalten haben, die höher war als der Sparbetrag! Es ist kaum anzunehmen, daß der Gesetzgeber das gewollt hat, denn hier steht das wirtschaftliche Ergebnis — die Steuerersparnis — für den Steuerpflichtigen und die öffentliche Hand in einem Mißverhältnis zum Sparaufwand. Man könnte deshalb die Meinung vertreten, eine sinnvolle Auslegung der gesetzlichen Förderungsmaßnahme lasse die mehrfache steuerbegünstigte Festlegung desselben Sparbetrags nidit zu. Damit würde sich zwar der Richter vom Gesetzeswortlaut entfernen. Aber auch in anderen Fällen ist der BFH so verfahren. Erinnert sei z. B. an das Urteil IV 325/54 U vom 3. 11. 1955 (BStBl. III S. 390), nach dem § 4 3 EStDV 1952 entgegen seinem Wortlaut nicht anwendbar ist, wenn sich die getrennte Besteuerung zum Nachteil des Steuerpflichtigen auswirken würde. Auf derselben Linie bewegt sidi das Urteil VI 163/58 U vom 10. 10. 1958 (BStBl. III S. 428); hier hat der BFH entgegen dem eindeutigen Wortlaut des § 32 a Satz 1 EStG 1957 ausgesprochen, daß getrennt veranlagte Ehegatten nur dann in die Steuerklasse I fallen, wenn sie beide eigene Einkünfte gehabt haben. Ob allerdings ein Richter mit einer solch rechtschöpferischen Arbeit nicht bereits in die ihm versagte Kompetenz des Gesetzgebers eingreift, ist eine andere Frage, die hier nicht vertieft werden kann. Finanzgeriditspräsident Dr.

Brockhoff,

Hannover

BFH v. 18.7.1958 (IV) 1 III 222/57U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 364

Der Senat verbleibt bei den Grundsätzen seiner Entscheidungen III 102/55 S und III 166/54 S vom 18. 11. 1955 (BStBl 1956 III S. 8 bzw. 10, Slg. Bd. 62 S. 19 bzw. 24) über die Erstarrung des Grundsteuermeßbetrags nach § 7 Abs. 1 des I. WoBauG. I.WoBauG § 7 Abs. 1; II. WoBauG §§ 92 Abs. 1 und 110 Abs. 4.

II. Besprechung Der Erstarrungsgrundsatz des I. WoBauG als Grundsteuervergünstigung. Der Grundgedanke der Grundsteuervergünstigung nach § 7 Abs. 1 des I. WoBauG hat darin bestanden: Der Wohnbau sollte dadurch angeregt werden, daß bei Errichtung von Neubauwohnungen oder bei Wiederaufbau zerstörter oder Wiederherstellung beschädigter Gebäude die Grundsteuer — ungeachtet des neuen Bauaufwandes — lediglich nach demjenigen Meßbetrag erhoben werden sollte, der sich für das Grundstück vor dem neuen Bauaufwand ergeben hatte. Diese Vergünstigung sollte zehn Jahre lang bestehen. Nach § 9 Abs. 1 des I. WoBauG begann diese Vergünstigung von dem 1. April desjenigen Jahres zu laufen, das auf das Kalenderjahr folgte, in dem der Bau bezugsfertig geworden war. Es war dies der Grundsatz der „Erstarrung" der Grundsteuer auf zehn Jahre zugunsten des Stpfl. An diese vom Gesetzgeber im Interesse der Förderung des Wohnungsbaus gewollte „Erstarrung" der Grundsteuer sind die Steuerbehörden und die Steuergerichte gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG), gleichviel ob dieses Prinzip der Systematik des Grundsteuergesetzes widersprach, wie der BFH die durch das I. WoBauG geschaffene Gesetzeskonstellation in dem Urteil III 102/55 S vom 18.11.1955 (BStBl. 1956 III S. 8] kennzeichnete. Es kann nicht zweifelhaft sein, daß § 7 Abs. 1 des I. WoBauG nicht als verfassungswidrig angesehen werden kann. Ein Widerspruch zwischen dieser Vorschrift und der Systematik des Grundsteuergesetzes oder — anders ausgedrückt — eine gesetzliche Regelung, die für eine normierte Gruppe von Fällen von der Regelung anderer Fälle abweicht, ist, insofern die Behandlung innerhalb der besonderen Gruppe (mit ihren besonderen Merkmalen) gleichmäßig stattfindet, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber hat offenbar nach einem möglichst einfachen Prinzip gesucht, um den Wohnungsbau steuerlich zu begünstigen und hierdurch anzuregen. Ob seine Lösung als gelungen zu bezeichnen ist, ob sie nicht teilweise zu unbefriedigenden Ergebnissen führt, ob bessere Lösungen denkbar sind, darauf kommt es — de lege lata — verfassungsrechtlich nicht an. So bleibt allein die Frage der Auslegung des Gesetzes. In dieser Beziehung hat der BFH in dem Urteil III 222/57 U vom 18. 7.1958 daran festgehalten, daß die Erstarrung nur ein Prinzip ist, das Ausnahmen, L o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, VII 59.

2 nämlich Korrekturen an dem alten Grundsteuerbetrag, zuläßt. Er begrenzt diese Ausnahmen auf solche Fälle, in denen Bewertungsfragen nicht aufgerollt zu werden brauchen, oder in denen andere Veränderungen am Steuergegenstand als solche durch Neubau, durch Wiederaufbau zerstörter oder Wiederherstellung beschädigter Gebäude vorliegen. Im Falle des Urteils III 222/57 U hat der BFH keinen Ausnahmefall der vorbezeichneten Art (Korrekturmöglichkeit ohne Aufrollung von Bewertungsfragen, auch keine Veränderungen anderer Art, als in § 7 Abs. 1 des I. WoBauG vorgesehen) als vorliegend, vielmehr die Anwendung des Erstarrungsprinzips als geboten erachtet. Was aber wäre rechtmäßig gewesen, wenn eine andere Veränderung am Grundstück vorgelegen hätte, als sie ein Neubau oder ein Wiederaufbau oder die Wiederherstellung beschädigter Gebäude dargestellt hätte? Da § 7 Abs. 1 WoBauG für andere als die vorgnannten Veränderungen keine Erstarrungsvergünstigungen vorsieht, und da das Erstarrungsprinzip für andere Veränderungen seinen Sinn und Zweck verliert, ist der Standpunkt des BFH, in solchen Fällen das Erstarrungsprinzip nicht anzuwenden, richtig. Eine Ausdehnung des Erstarrungsprinzips über die Sonderfälle des § 7 Abs. 1 des I. WoBauG hinaus würde das Grundsteuergesetz und den Grundsatz gleichmäßiger steuerlicher Behandlung verletzen. Schwieriger ist die Frage zu beantworten, ob § 7 Abs. 1 a. a. O. nicht für Fälle gilt, in denen Bewertungsfragen nicht aufgerollt zu werden brauchen. Ist z. B. ein Trümmerabschlag bei dem alten Meßbetrag berücksichtigt, soll er dann wegen des Erstarrungsprinzips zehn Jahre fortlaufen, obwohl die Trümmer vor der Errichtung des Neubaus beseitigt worden sind? Kann der Gesetzgeber das gewollt haben? Schließlich ist sein Wille entscheidend. Hier steht dem Grundsatz, davon auszugehen, daß der Gesetzgeber das Vernünftige will, die These gegenüber, eine Gesetzesvorschrift sei starr nach ihrem Wortlaut auszulegen. Ich meine, daß man sich hier für die erstere Auffassung zu entscheiden hat. Das BFH-Urteil III 222/57 U kann nicht besprochen werden, ohne daß auf das BFH-Gutaditen III 1/57 S vom 4. 7.1958 (BStBl. 1958 III S. 362) hingewiesen wird, das zu § 92 Abs. 1 des II. WoBauG (vom 27.6.1956) ergangen ist. Hier hat der BFH seine Rechtsprechung zu § 7 Abs. 1 des I. WoBauG grundsätzlich aufrechterhalten, nur anerkannt, daß hier der Gesetzgeber eine stärkere Erstarrung — unabhängig davon, ob sie sich zum Vorteil oder zum Nachteil des Stpfl. auswirkt — angeordnet hat. Doch auch für § 92 Abs. 1 des II. WoBauG sieht der BFH mit Recht keine ausnahmslose Erstarrung als gegeben an. Der Rechtsprechung des BFH hinsichtlich des Erstarrungsgedankens kann beigetreten werden, weil sie eine sinnvolle Anwendung des wenig klaren Gesetzes anstrebt. Es wäre indessen vorzuziehen gewesen, wenn die gesetzliche Regelung weniger Zweifelsfragen ergeben hätte. Bundesrichter beim Bundesfinanzhof Dr. Kurt F r i e d l a e n d e r , München

BFH v. 23.7.1958(1) 1 I. Leitsatz des Urteils

I 139/57 U BStBl. 1958 II! S. 426

1. Der I. Senat schließt sich zur Frage der Anrechnung des Gewerbeverlustes bei Unternehmerwecfasel dem Urteil des IV. Senats IV 666/55 U vom 19. Dezember 1957, BStBl. 1958 III S. 210, Slg. Bd. 66 S. 548, an. 2. Im Fall der Erbfolge liegt keine Unternehmergleichheit zwischen dem Erblasser und den Erben vor. Die vorweggenommene Erbfolge schließt in der Regel die Anrechnung des Gewerbeverlustes dann nicht aus, wenn der Übertragende an der Personengesellschaft beteiligt bleibt. GewStG § 10 a, § 5 Abs. 2.

II. Besprechung Der BFH bemüht sich in der Streitfrage eine mittlere Linie einzuhalten. Gehen wir für die Besprechung der Entscheidung von dem Rechtssatz 1 aus, da er die Grundlage für die Beurteilung des Reditsatzes 2 bildet. Der I. Senat des BFH ist mit diesem Rechtssatz der Auffassung des IV. Senates über die Frage des Unternehmerwechsels im Gewerbesteuerrecht beigetreten. Im Mittelpunkt des Rechtsproblems steht die wirtschaftlich bedeutsame Frage der Behandlung des Gewerbeverlustes bei Gründung einer Personengesellschaft, beim Wechsel der Gesellschafter und bei Überführung der Personengesellschaft in eine Einzelfirma. Nach der bisherigen Rechtsprechung, die in der BFHEntsch. IV 666/55 vom 19. 12. 57 BStBl. III 1958 S. 210 im einzelnen wiedergegeben ist, wurde in diesen Fällen auf Grund des § 5 Abs. 2 GewStG stets ein Unternehmerwechsel angenommen. Diese Rechtsprechung hat ganz erhebliche Härten zur Folge gehabt, und war in ihren Grundlagen sehr zweifelhaft. Einen Einbruch in diese Rechtsprechung haben bereits zwei Urteile des I. Senates des BFH gebracht, nämlidi die Urteile I 37/54 vom 21. 6. 54 BStBl. III S. 243 und I 27/54 vom 24. 8. 54 BStBl. III S. 323. Das Ergebnis nach der bisherigen Rechtsprechung war bes. dort unerfreulich, wo im Wege der vorweggenommenen Erbschaft der Vater den Sohn in den Betrieb als Gesellschafter aufgenommen hat. Dieser sozial zu fördernde Vorgang wurde mit dem Nachteil des Verlustes der Vergünstigung des Gewerbeverlustes belastet. Der I. Senat hielt dieses Ergebnis nicht mehr vertretbar und hat für diese Fälle anerkannt, daß kein Unternehmerwechsel im Sinne des Gewerbesteuerrechtes gegeben sei. Zweifelhaft blieb natürlich die Frage, wie der Eintritt eines fremden Gesellschafters zu würdigen war. Der IV. Senat des BFH hat in der Entsch. IV 666/55 vom 19. 12. 57 hierzu Stellung genommen und gleichartige Grundsätze wie der I. Senat angewandt. Er war der Ansicht, daß auch hier kein Unternehmerwechsel eingetreten sei. Dieser Ansicht stimme ich unbedingt zu. Der Begriff des Unternehmerwechsels muß nadi wirtschaftlichen Gesichtspunkten entschieden werden. Die bisherige Rechtsprechung hat sich eng an die R e c h t s p r e c h u n g d e s R e i c h s g e r i c h t e s zur Aufstellung von Bilanzen bei Gründung, Gesellsdiafterwedisel und Beendigung der Personengesellschaften angeschlossen. Es handelte sich hierbei aber um eine Rechtsprechung, der die bes. Erwägungen des Gläubigerschutzes zugrundelagen. Sie paßt für die ganz anders geartete wirtschaftliche Frage des Gewerbeverlustes nicht. Der Gewerbeverlust hat den Sinn der geminL o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, IV. 59.

2 derten Leistungsfähigkeit eines Betriebes auf Grund von Vorjahrsverlusten Rechnung zu tragen. Es ist schwer zu erkennen, warum dieser Gesichtspunkt nicht zum Tragen kommen soll, wenn der Vater seinen Sohn in das Geschäft aufnimmt. Ebenso ist es schwer zu verstehen, warum ein Gesellschafter einer Personengesellschaft, den man in der Frage der Haftung für die Steuerschulden des Unternehmens als den Unternehmer ansieht, die Vergünstigung entzieht, wenn sein Mitgesellschafter aus dem Unternehmen ausscheidet. (Zur Haftungsfrage siehe die BFH-Entsch. I 99/54 U vom 2. Aug. 55 BStBl. III S. 294, die die volle Haftung sogar für den Kommanditisten ausspricht.) Man wird davon annnehmen können, daß durch die Entsch. I 139/57 das Rechtsproblem seine endgültige Erledigung gefunden hat und damit der formalistische bisherige Standpunkt der Rechtsprechung aufgegeben ist. Sehr bedeutsam ist aber in diesem Zusammenhang der Rechtsatz 2 der Entscheidung. Geht man davon aus, daß Erbvorgänge den Gewerbeverlust nicht beseitigen, und dafür könnte die Entsch. I 37/54 sprechen, so liegt die Folgerung nahe, daß auch durch Erbfolge in Verbindung mit dem Tode des Erblassers die Vergünstigung nicht untergeht. Das Urteil erkennt an, daß man über diese Frage streiten kann. Es läßt sich aber nicht bestreiten, daß bisher die Rechtsprechung, die Verwaltung und ganz überwiegend die Literatur in der Erbfolge einen Unternehmerwechsel erblickt haben. Da es sich um eine ständige Übung handelt, muß man annehmen, daß diese Ansicht auch vom Gesetzgeber geteilt worden ist. Gewiß ist dies Argument nicht zwingend, aber auch nicht ohne jedes Gewicht. Der BFH hat sich im Ergebnis dieser Rechtsauffassung angeschlossen, er sah jedenfalls keine ausreichenden Gründe, die konstante bisherige Auslegung des Gesetzes aufzugeben. Der wesentliche Unterschied der Erbfolge von den vom Senat bisher entschiedenen Fällen der vorweggenommenen Erbfolge besteht darin, daß d e r V a t e r a l s U n t e r n e h m e r i m B e t r i e h e verblieb. Im Grundegenommen handelte es sich um eine Rechtsprechung zu Personengesellschaften, beschränkt auf die engste Familie. Bedeutsam an der Entscheidung ist der in ihr enthaltene Hinweis auf den rechtlichen Unterschied zwischen dem Gewerbeverlust und den Verlustabzug des Einkommens t e u e r r e c h t s , der in der Entsch. IV 666/55 nicht ausreichend deutlich zutage tritt. Der Gewerbeverlust ist eine Gewinnermittlungsvorschrift, während der Verlustabzug des EinkStRedites eine Vergünstigung bei Ermittlung des Einkommens, nicht der gewerblichen Einkünfte darstellt. Im einzelnen siehe BFH-Gutachten I D 4/50 S vom 25. 1. 51 BStBl. III S. 68. Senatspräsident Dr. F. H o f f m a n n , BFH, München

B F H v. 2 3 . 7 . 1 9 5 8 (11)1 II 93/57 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 372

Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 16. Januar 1952 über das Inkrafttreten von Vorsdiriften des Gesetzes über die Beförderung von Personen zu Lande (Bundesgesetzblatt 1952 I S. 21) ist Ortslinienverkehr im Sinne des § 3 Abs. 1 II. Vorl. BefStDB auch der linienmäßige Verkehr mit anderen Kraftfahrzeugen als Kraftomnibussen. II. Vorl. BefStDB § 3 Abs. 1.

II. Besprechung Das Urteil kann nur noch Bedeutung haben für nodi nicht abgeschlossene Beförderungsteuerfälle, die Personenbeförderungen im Ortslinienverkehr mit anderen Kraftfahrzeugen als Kraftomnibussen vor Inkafttreten des BefStG 1955 zum Gegenstand haben. Das BefStG in der Fassung vom 13. 6.1955 ist nach § 23 dieses Gesetzes auf Beförderungen anzuwenden, die nach dem 31. 5.1955 ausgeführt worden sind. Für Beförderungen nach dem 31. 5.1955 ist für die beförderungsteuerliche Begünstigung des Orts- und Nachbarortslinienverkehrs (4 v. H. statt 10 v. H.) im Gegensatz zu der durch das Urteil festgestellten Rechtslage vor dem 1. 6.1955 wieder die Abgrenzung der Kraftomnibusse von anderen Personenkraftfahrzeugen bedeutungsvoll. Zu beachten ist dabei, daß nunmehr Kraftfahrzeuge, die nach ihrer Bauart und Errichtung zur Beförderung von mehr als 7 Personen (einschl. Kraftfahrzeugführer) geeignet und bestimmt sind, nicht mehr als Personenkraftwagen, sondern als Kraftomnibusse (Kombi) behandelt werden, während zur Zeit der Geltungsdauer der im Urteil behandelten früheren Beförderungssteuerbestimmungen in dem Personenkraftfahrzeug mehr als 8 Sitzplätze (einschl. Führersitz) vorhanden sein mußten, um die beförderungsteuerliche Begünstigung des Ortslinienverkehrs erreichen zu können. VW-Kleinbusse z. B. können daher jetzt im beförderungsteuerlich begünstigten Orts- und Nachbarortslinienverkehr verwendet werden. Dies spielt eine besondere Rolle z. B. bei der Beförderung von Arbeitnehmern von und zur Arbeitsstätte, bei der sich der Einsatz großer Kombi nicht lohnt, ein Kleinomnibus aber unter Umständen sogar von Arbeitnehmern für die Transporte zur Verfügung gestellt und von diesen als beförderungsteuerliche Unternehmer betrieben werden kann. Eine Beförderung gilt allerdings nur dann linienmäßig, wenn planmäßige Fahrten zwischen bestimmten Punkten ausgeführt werden, die dem öffentlichen Verkehr dienen. Grundsätzlich dient dem öffentlichen Verkehr nur ein Unternehmen, dessen Einrichtungen nach seiner Zweckbestimmung jedermann benutzen kann. Der Bundesgerichtshof hat aber schon in einem Urteil vom 23.1.1951 (III ZR 12/50 = BGZ Bd. 1, S. 99) entschieden, daß der Umfang eines industriellen Betriebs und der Verkehr der Betriebsangehörigen nach und von ihrer Arbeitsstätte das entstehende Verkehrsbedürfnis und den zu seiner Befriedigung eingerichteten Verkehr zu einem öffentlichen machen können, so daß also die Einschränkung des Benutzerkreises in diesem Fall dem Beförderungsunternehmen nicht den Charakter eines dem öffentlichen Verkehr dienenden Unternehmens nehmen kann. Rechtsanwalt Dr. P. W e g e m e r , Fachanwalt für Steuerrecht, Hamburg

L o e p e l m a n n , BFH-Besprediungen, VII 59.

BFH.v. 24.7.1958 (1)1 I. Leitsatz des Urteils Für Einkünfte aus Ziff. 1 EStG kann währt werden; an S. 106, Slg. Bd. 55 EStG 1949-1954 §

IV 146/57 U BStBl. 1958 III S. 389

einer hauptberuflichen Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 die Steuervergünstigung des § 34 Abs. 5 EStG nicht gedem Urteil IV 193/50 U vom 6. April 1951 (BStBl. 1951 III S. 274) wird nidht mehr festgehalten. 34 Abs. 5 (EStG 1955 § 34 Abs. 4).

II. Besprechung Die Entscheidung engt die bisherige Auslegung der Vergünstigungsvorschrift ein. Die Frage geht dahin, ob dies notwendig war. M. E. ist dies nicht der Fall. Ich bin sogar der Ansicht, daß die Auffassung der BFH-Entsch. IV 193/50 vom 24. 7. 58 BStBl. III S. 106 mehr dem Wortlaut und Sinn des Gesetzes entspricht. Die Entsch. IV 146/57 verwendet die Begriffe „hauptberufliche" Tätigkeit und Nebentätigkeit und gibt ihnen einen bestimmten Inhalt, von dem sie annimmt, daß sie dem Gesetz entspreche. Dafür fehlt aber die Unterlage. Beide BegriSe sind im Gesetz nidit enthalten. Das Gesetz spricht lediglich von Nebeneinkünften. Nebeneinkünfte sind alle Einkünfte, die der Steuerpflichtige n e b e n den Einkünften bezieht, an die das Gesetz die Steuervergünstigung knüpft (Einkünfte aus niditselbständiger Arbeit, aus selbständiger Arbeit). Es wird lediglich gefordert, daß sie nicht zu den Einkünften aus niditselbständiger Arbeit gehören und von den Einkünften aus selbständiger Arbeit abgrenzbar sind. Der Begriff der Haupteinkünfte kann nach dem Wortlaut und Sinn des Gesetzes nur unter dem Gesichtspunkt gebraucht werden, daß sie Träger der Vergünstigung sind. Hinsichtlich der Höhe der Einkünfte hat die Grenzen das Gesetz bestimmt. Es kann nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht bestritten werden, daß der Gesetzgeber auch Einkünfte von der Höhe, wie sie Gegenstand des Streitverfahrens waren, begünstigen wollte, ja daß er sogar wesentlich darüber hinausging, da er nur eine Relation, aber keine absolute Grenze schuf. Er fordert lediglich, daß die begünstigten Einkünfte die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und die Einkünfte aus der Berufstätigkeit nicht übersteigen. Es läßt sich doch schwer bestreiten, daß vom Standpunkt des Beziehers der Einkünfte zwei Einkunftsarten, die sich in ihrer Höhe nur geringfügig unterscheiden, im wesentlichen gleichbedeutend sind und man nicht von e i n e r hauptberuflichen Tätigkeit sprechen kann. In der gesetzlichen Vorschrift kommt durch die vorgeschriebenen Grenzen klar zum Ausdruck, daß auch die Nebeneinkünfte Haupteinkünfte im Sinne der Entsch. IV 146/57 sein können. Die Entsdi. verwendet den Ausdruck Nebentätigkeit im gleichen Sinne, wie den Ausdruck Nebeneinkünfte. Das kann man. Aber bereits die Entsch. IV 193/50 hat darauf hingewiesen, daß man bisher in Rechtsprechung und Verwaltungsübung ihm einen anderen Inhalt gegeben hat. Unter Nebentätigkeit hat man eine einer Haupttätigkeit tatsächlich nachgeordnete Tätigkeit verstanden, eine Hilfstätigkeit zur Haupttätigkeit. Es mußte sich um die gleiche Einkommensart, wie die Haupttätigkeit handeln, in ihrer Höhe ihr aber nachgeordnet sein. Der Gesetzgeber hat in § 34 EinkStG bewußt den

L o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, I. 59.

2 Ausdruck Nebentätigkeit nicht gebraucht. Er konnte es nicht, weil die von ihm vorgesehenen Einkunftsquellen (wissenschaftlicher, künstlerischer und schriftstellerischer Art), nach den vorgesehenen Grenzen dies nicht zuließen. Es trifft zu, daß die ersten Entscheidungen des BFH wohl den Rahmen der steuerbegünstigten Einkünfte etwas zu weit gesteckt haben. Dies gilt bes. von der Entsch. IV 104/52 vom 13. 11. 52 BStBl. 1953 III S. 33. Der Gedanke dieser Entscheidung lag seinerzeit allgemein der Rechtsprechung zugrunde. Idi habe diese Frage bei Besprechung der Entsch. IV 230/57 vom 2. 4. 58 bereits erwähnt. Der Begriff der wissenschaftlichen Tätigkeit wurde wohl über seinen Inhalt im Sinne des § 18 Abs. 1 Ziff. 1 EinkStG hinaus ausgedehnt. Als wissenschaftliche Tätigkeit wird man wohl streng genommen eine Tätigkeit zu verstehen haben, die mit Forschung auf wissenschaftlicher Grundlage sich berührt. Tatsächlich ist man mit der Entsdi. IV 73/52 vom 30. 4. 52 BStBl. III S. 165 weit darüber hinausgegangen. Hierfür sprachen soziale Erwägungen bei Auslegung eines Gesetzes, das einen sozialen Zweck verfolgt. Man hat in die wissenschaftliche Tätigkeit im Ergebnis die gesamte freiberufliche Tätigkeit einbezogen, soweit sie nicht routinemäßig ist und soweit akademische Vorbildung für sie erforderlich ist. Mit dem Problem hat sich mit Recht die BFH-Entsch. IV 171/55 vom 6. 12. 56 (BStBl. 1957 III S. 129) auseinandergesetzt und auf die Abgrenzung der wissenschaftlichen Tätigkeit von der freiberuflichen Tätigkeit hingewiesen. Schon vorher hat die Entsch. IV 245/56 vom 21. 6. 56 BStBl. III S. 247 zutreffend die freiberufliche Tätigkeit eines Arztes, die er neben seiner nichtselbständigen Tätigkeit ausübt, nicht als begünstigt angesehen. Trotzdem hat die Rechtsprechung auch weiterhin den Kreis der wissenschaftlichen Tätigkeit noch sehr weit gezogen und damit einem berechtigten sozialen Bedürfnis im Rahmen der durch das Gesetz gesetzten Grenzen Rechnung getragen. Im Streitfalle IV 146/57 handelt es sich um die freiberufliche Tätigkeit eines Diplomingenieurs. Geht man von den oben dargestellten Grundsätzen aus, nach denen nur bestimmte freiberufliche Tätigkeiten steuerbegünstigt sind und legt man den oben dargestellten Rahmen der wissenschaftlichen Tätigkeit an, so wird man kaum die gesamte Tätigkeit eines solchen Mannes als wissenschaftlich im Sinne der Vergünstigung ansehen können. Genau so wie im Falle der Entsch. IV 245/56 die freiberufliche Tätigkeit des Arztes, kann im Streitfalle die freiberufliche Tätigkeit des Ingenieurs nicht generell steuerbegünstigt werden. Man wird deshalb dem Ergebnis der Entsch., nicht aber der Begründung zustimmen können. M E. hätten auch praktisdie Gesichtspunkte (von den oben dargestellten rechtlichen abgesehen) dafür gesprochen der alten Rechtsprechung zu folgen. Der Begriff der hauptberuflichen Tätigkeit neben der nichtselbständigen Arbeit und der selbständigen Arbeit ist ein unklarer Begriff. Bereits der Streitfall zeigt, wie schwer er abzugrenzen ist. Wie ist es mit den Relation zu den Haupteinkünften, die steuerbegünstigt sind? Wie ist es mit der absoluten Höhe? Die nach dem Wortlaut des Gesetzes klare Regelung hat auch den großen Vorteil der einfachen Handhabung. Hierzu kommt die ebenfalls sehr beachtliche Erwägung, daß ein Schwanken der Rechtsprechung der Rechtssicherheit nicht dienlich ist. Zusammenfassend hätte ich einer Weiterführung der Rechtsprechimg im Sinne der Entsdi. IV 193/50 vom 24. 7. 58 den Vorzug gegeben. Senatspräsident Dr. F. H o f f m a n n , München, Bundesfinanzhof

BPH v. 2 4 . 7 . 1 9 5 8 (I) 3. Zweite Besprechung

[unabhängig von der vorhergehenden Besprechung entstanden).

1. Der Tatbestand Der BFH hatte in dem oben bezeichneten Urteil zu entscheiden, ob ein im Ruhestand lebender Dipl.-Ingenieur für Einkünfte aus der Beratung verschiedener Firmen zum Zwedc von Betriebsumstellungen und Verbesserungen des Produktionsablaufs die Steuervergünstigungen nach § 34 Abs. 5 EStG 1949 bis 1954 (§ 34 Abs. 4 EStG 1955) in Anspruch nehmen konnte. Seine Einnahmen daraus betrugen im Streitjahr 9600,— DM, seine Einkünfte daraus 5446,— DM. Im übrigen hatte er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 805 — DM und sonstige Einkünfte von 1480,— DM. Den Einkünften aus dem Ruhegehalt von 7392,— DM standen demnach übrige Einkünfte in der Höhe von 805,- + 1480,- + 5446,- = 7731,- DM gegenüber. Bei Anwendung des § 34 Abs. 4 EStG wären seine Einkünfte aus der Beratung der Firmen in der Höhe von 7392,— : 2 = 3696,— DM nach dem letzten Satz der Vorschrift zu begünstigen gewesen. Das Finanzgericht lehnte dies ab, da die Voraussetzungen für die Anwendung der Vorschrift nicht gegeben waren, da die übrigen Einkünfte mit 7731,— DM die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Betrag von 7392— DM überstiegen haben. 2. Das Urteil des BFH Überraschenderweise ist nun der IV. Senat in dem hier zu besprechenden Urteil auf diesen naheliegenden Grund für die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde nicht eingegangen, sondern er verneint die Voraussetzung für die Anwendung des § 34 Abs. 5 EStG 1949 bis 1954, die darin liegt, daß es sich um Nebeneinkünfte handeln müsse. Nebeneinkünfte seien jedoch nur Einkünfte aus einer Nebentätigkeit. Die Tätigkeit des Bf. habe einen derartigen Umfang, daß sie nicht mehr als eine Nebentätigkeit angesehen werden könne. Zwar habe der Senat in dem vom FG angeführten Urteil IV 193/50 U vom 6. April 1951 ausgesprochen, daß zu den steuerbegünstigten Einkünften auch Einkünfte aus einer Haupttätigkeit gehören, die neben der nichtselbständigen Arbeit oder neben einer Berufstätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Zitt. 1 EStG ausgeübt wird. An dieser Auffassung hat nun der IV. Senat nicht mehr festgehalten. Zwar komme es nicht allein auf die Höhe der Nebeneinkünfte im Verhältnis zu den anderen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder einer abgrenzbaren freiberuflichen Tätigkeit an; man darf vielmehr den Charakter der freiberuflichen wissenschaftlichen Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Ziff. 1 EStG nicht unberücksichtigt lassen und etwa die Frage der Steuervergünstigung ausschließlich von dem zahlenmäßigen Größenverhältnis abhängig machen. Täte man dies, so könnte letztlich die Steuervergünstigung auch dann Platz greifen, wenn ein Berufsträger seinen Beruf teils im Angestelltenverhältnis, teils freiberuflich ausübt. Es geht aber nicht an, daß z. B. ein angestellter Arzt, der daneben eine freie Praxis ausübt, mit den Einkünften aus dieser freien Praxis solange steuerlich begünstigt würde, als diese die Einkünfte aus

4 seinem Anstellungsverhältnis nicht übersteigen. Ähnliches würde für einen Syndikus gelten, der gleichzeitig die Praxis eines Rechtsanwalts ausübt. 3. Die Kritik durch Finanzgerichtspräsident Dr. B r o c k h o f f , Hannover. B r o c k h o f f widmet dem Urteil in DStZ 1958 S. 376 ff. eine ausführlidie Kritik. Zwar kommt audi er zu dem Ergebnis, daß dem Stpfl. die Begünstigung zu versagen war; allein B r o c k h o f f ist mit dem Gedankengang der Urteilsbegründung in keiner Weise einverstanden. Seine Haupteinwände sind die folgenden: a) Der IV. Senat habe im Gegensatz zur ständigen Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß Nebeneinkünfte im Sinne der Begünstigungsvorschrift aus einer Nebentätigkeit fließen müßten. Da sich der Begriff einer Nebentätigkeit außerordentlich sdiwer umschreiben lasse, habe der IV. Senat ohne Anlaß ein Element der Unsicherheit in die Rechtsprechung hineingetragen. b) Er habe überdies mit der bisherigen Rechtsprechung gebrochen. Damit sei, ohne daß dies notwendig gewesen wäre, der elementare Grundsatz der Rechtssicherheit gefährdet worden. c) Schließlich sei der Leitsatz zu weit gefaßt und deshalb mißverständlich. 4. Tragweite des Urteils. Dem Stpfl. ist im Urteilsfall ganz gewiß kein Unrecht widerfahren, er hätte mit seiner Rechtsbeschwerde so oder so nicht durchdringen können. Darin bin ich mir mit B r o c k h o f f vollkommen einig. Auch im entscheidenden Kern seiner Kritik wird man ihm beipflichten müssen, und zwar darin, daß Nebeneinkünfte im Sinne der Begünstigungsvorschrift im Interesse der zu fordernden leichten Handhabbarkeit und im Sinne der Rechtssicherheit nicht in Einkünfte aus einer Nebentätigkeit umgedeutet werden sollten. Man hat den Eindruck, daß der IV. Senat bei der Urteilsfällung geglaubt hat, daß die Schwierigkeiten, die sich nunmehr ergeben, in Kauf genommen werden müßten. Schon bei der Veranlagung für das Jahr 1956 regen sich die Finanzämter und greifen Fälle auf, in denen bei vernünftiger Auslegung des Gesetzes kein Zweifel an der Anwendbarkeit der BegünstigungsVorschrift bestehen sollte. Der Senat wird es freilich nicht allzu schwer haben, in den nun streitig werdenden Fällen, wenn sie an ihn gelangen, irgendwie nach dem Gesamtbild des Sachverhaltes bald so und bald anders zu entscheiden. Er hätte aber bedenken sollen, welch weitläufige Auseinandersetzungen heraufbeschworen worden sind. Die Rechtsprechung des BFH ist häufig dadurch gekennzeichnet, daß sie in der fiskalischen Sorge, ein Stpfl. könnte eine kleine Begünstigung erlangen, obwohl die Begünstigungsvorschrift anscheinend auf seine Verhältnisse nicht gemünzt sei, zu sehr gewagten und bedenklichen Sachverhaltswürdigungen und Auslegungen des Gesetzes greift, die die zweifellos bestehende Rechtskrise des Steuerrechts durch Hineintragen weiterer Unsicherheiten nur noch erhöht. Was wollte das Bundesfinanzministerium, das zur Zeit des höchsten Steuerdrucks die Vorschrift des § 34 Abs. 5 EStG 1949 vorgeschlagen hat? Es wollte die zahlreichen Beamten, insbesondere der Ministerien, die sich als wissenschaftliche Fachschriftsteller betätigen, davor schützen, daß durch eine grausame Besteuerung der Anreiz zur Schriftstellerei unterbunden

BFHv. 24.7.1958 (1)5 werde. Das Bundesfinanzministerium wußte, daß sich das Fachsdirifttum in einem Dilemma befand. Sollte die normale Besteuerung getragen werden, so hätten die Honorare wesentlich hinaufschnellen und die Bücher und Zeitschriften noch viel teurer werden müssen. Es war klug und vernünftig, diese Weiterungen durch den Einbau der Vergünstigungsvorschrift in das EStG zu verhindern. Es wäre nun natürlich nicht vertretbar gewesen, die Begünstigung allein auf Beamte abzustellen. Man erweiterte daher die Vorschrift von Anfang an in dem Sinn, daß man die Begünstigung allen geistigen Arbeitern zuteil werden ließ, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie nicht selbständig oder selbständig waren. Dabei hat aber der Gesetzgeber nichts darüber gesagt, wie sich Einkünfte aus wissenschaftlicher, künstlerischer und schriftstellerischer Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Ziff. 1 EStG von Nebeneinkünften aus diesen Tätigkeiten im Sinne des § 34 Abs. 4 EStG unterscheiden. B r o c k h o f f ist gewiß beizupflichten, wenn er ausführt, daß Nebeneinkünfte keineswegs immer Einkünfte aus einer Nebentätigkeit sein müssen, sondern daß dieser Ausdruck auch ohne Schwierigkeit so verstanden werden könne, daß der Stpfl. die Einkünfte eben neben seiner freiberuflichen oder nichtselbständigen Berufstätigkeit erzielt, ohne daß also damit etwas über den Umfang dieser weiteren Tätigkeit ausgesagt wird. Das hier besprochene Urteil des IV. Senats geht auf diese natürliche Deutungsmöglichkeit nicht ein, sondern stellt lapidar und ohne jedes Wort der Begründung fest, daß als Nebeneinkünfte nur Einkünfte aus einer Nebentätigkeit in Betracht kämen. Das Fehlen jeder Begründung für diese durchaus nicht selbstverständliche Auffassung fällt um so mehr auf, als der Senat bis dahin nicht etwa nur im Urt. IV 193/50 U vom 6. April 1951 Bd. 55 S. 274 BStBl. 1951 III S. 106, sondern - wie B r o c k h o f f nachgewiesen hat — noch in drei weiteren Urteilen die Auffassung vertreten hat, daß nach § 34 Abs. 4 EStG begünstigte Einkünfte auch aus einer zweiten Haupttätigkeit herrühren können. Die Lage ist demnach folgende: Seit dem Urt. vom 6. April 1951 ist dem Bundesfinanzministerium und dem Gesetzgeber aus ständiger Rechtsprechung bekannt, daß begünstigte Einkünfte auch aus einer zweiten Haupttätigkeit herrühren können. Die Folgen, die dies haben kann, konnte man sidi leicht vergegenwärtigen. Wenn das Bundesfinanzministerium und der Gesetzgeber nicht einverstanden gewesen wären, so hätten sie in der Zwischenzeit geradezu eine Menge von Gelegenheiten zu einer gesetzlichen Änderung ausnützen können. Die Stpfl. dürfen, wie das Urt. des BFH VI, 192/55 U vom 14. Februar 1958 BStBl. 1958 III S. 207 treffend ausgeführt hat, darauf vertrauen, daß die Steuergesetze so gefaßt sind, daß sie den wirklichen Willen des Gesetzgebers zum Ausdruck bringen. Der IV. Senat hat dem Bundesfinanzministerium und dem Gesetzgeber bei vier Gelegenheiten klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, daß nach § 34 Abs. 4 EStG begünstigte Einkünfte nicht etwa nur Einkünfte aus einer Nebentätigkeit, sondern auch Einkünfte aus einer zweiten Haupttätigkeit sein können. Wenn dies das Bundesfinanzministerium und der Gesetzgeber akzeptierten, ohne darauf durch eine Gesetzes-

6 änderung zu reagieren, so konnte im Rechtsstaat jedermann damit redmen, daß diese Auslegung richtig ist, daß sie vom Bundesfinanzministerium und vom Gesetzgeber gebilligt und daher bestehen bleiben wird. Die früheren Urteile waren nicht nur formell, sondern materiell einwandfreie Rechtsprechung; das neue Urteil ist es recht eigentlich nur noch im formellen Sinn. Im materiellen Sinn hat der IV. Senat in dieser Frage die Rolle des Gesetzgebers übernommen, wobei er fiskalischer denkt als das Bundesfinanzministerium und der Gesetzgeber selbst. Diese beiden Stellen haben sich nicht daran gestört, daß die alte Auslegung das Anwendungsgebiet der Begünstigungsvorschrift über die Fälle, für die sie gedacht war, erweitern könnte. Dem IV. Senat war es unter Opferung der Rechtssicherheit und damit Unter Opferung eines Rechtsguts, das zu wahren e'r berufen ist, darum zu tun, dasjenige nachzuholen, was nach seiner Auffassung der Gesetzgeber offenbar versäumt hat, nämlich den Kreis der Fälle, in denen die Begünstigung zur Anwendung kommen kann, wieder einzuschränken. Das Bundesverfassungsgericht, die anderen oberen Bundesgerichte, auch der I. Senat des BFH haben wiederholt die Bedeutung der Rechtssicherheit außerordentlich deutlich unterstrichen. Der IV. Senat tut aber in dem hier besprochenen Urteil so, als ob die Rechtssicherheit im Rechtsstaat bereits bei geringen Anlässen zurücktreten müsse. Die Finanzverwaltung wäre, angesichts der vom IV. Senat herbeigeführten Rechtsunsicherheit gut beraten, wenn sie sich bei der Beurteilung der zahlreichen Fälle, in denen § 34 Abs. 4 EStG in Frage kommt, davon leiten lassen würde, daß dieses Urteil offensichtlich einen ganz bestimmten eingeschränkten Kreis von Fällen im Auge hat und daß es unmittelbar nur auf diese Fälle bezogen werden kann. Der im BStBl, veröffentlichte Rechtssatz ist, wie auch B r o c k h o f f festgestellt hat, zu weiit gefaßt und deshalb mißverständlich. Er wird von dem Urteil selbst nicht getragen. In Wirklichkeit kommt es nach dem Urteil auf die Unterscheidung zwischen Nebentätigkeit und Haupttätigkeit an. Die Finanzämter werden sich dabei nach dem Gesamtbild des Falles zu entscheiden haben. Bei einem Beamten oder Richter wird .die wissenschaftliche, künstlerische oder sdiriftstellerisdie Tätigkeit, die ein solcher Berufsträger entfaltet, in der Regel eine Nebenlätigkeit sein, so daß auch weiterhin seine daraus erzielten Einkünfte als Nebeneinkünfte im Sinne des § 34 Abs. 4 EStG werden angesehen werden können. Ein gewisses Anzeichen, daß die wissenschaftliche, künstlerische oder schriftstellerische Tätigkeit bei solchen Personen nur eine Nebentätigkeit ist, wird darin liegen, daß sie im Gemeinschaftsleben in erster Linie eben doch als Beamte oder Richter werden angesehen werden. Anders liegt es bei einem angestellten Arzt, der daneben eine freie Praxis ausübt, oder bei einem Syndikus, der gleichzeitig die Praxis eines Rechtsanwalts ausübt. Soweit solche Personen die freiberufliche Praxis ausüben, treten sie im Gemenschaftsleben eben als Freiberufler und nicht als Angestellte auf. Sie werden von ihren Klienten bzw. Mandaten doch gewiß immer nur als Berufsträger eines freien Berufs und nicht als Angestellte gewürdigt werden. Allerdings ist dieses Anzeichen bei weitem nicht in jedem Fall sicher. Andere Ge-

BFH v. 24.7.1958 (1)7 siditspunkte aus dem Gesamtbild werden ebenso beachtet werden müssen, wie etwa die Unterhaltung einer eigenen Kanzlei, eines eigenen Büros oder eines eigenen Ateliers, die Anzahl und die Zusammensetzung des Mandanten- oder Klientenkreises, die Beschäftigung von Personal zur Hilfeleistung für die wissenschaftliche, künstlerische und schriftstellerische Arbei, das offenbare Ausmaß der diesen Tätigkeiten gewidmeten Zeit, die Höhe und Stetigkeit der Umsätze. Freilidi ist die Würdigung des Gesamtbilds, ab eine Nebentätigkeit oder Haupttätigkeit vorliegt, die an und für sidi in häufigen Fällen sehr schwierig und kontrovers sein wird, obendrein noch dadurch erschwert, daß ja wissenschaftliche, künstlerische oder schriftstellerische Nebentätigkeiten im Vergleich, zueinander wiederum große Unterschiede aufweisen können. Jedenfalls steht aber nach dem Urteil des IV. Senats vom 24. Juli 1958 doch klar und eindeutig fest, daß in den meisten in Betracht kommenden Fällen auch weiterhin Nebeneinkünfte nach § 34 Abs. 4 EStG und nicht Einkünfte nach § 18 Abs. 1 Ziff. 1 EStG vorliegen werden. — Die Rückkehr zur früheren Auffassung wäre aber in jeder Hinsicht vorzuziehen. Prof. Dr. Armin S p i t a 1 e r , Köln

BFH v. 2 5 . 7 . 1 9 5 8 ( 1 ) 1 V I 325/57 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 368

Beiträge an Bausparkassen sind audi nach der Zuteilung der Vertragssumme prämienbegünstigt, wenn von der Zuteilung zulässigerweise kein Gebrauch gemacht wird. Die Begünstigung entfällt aber, wenn die Vertragssumme, ganz oder auch nur zum Teil, ausgezahlt worden ist. WoPG 1952 § 2 Abs. 1 Ziff. 1; EStG 1953, 1955 § 10 Abs. 1 Ziff. 3.

II. Besprechung Satz 2 des Reditssprudis ist nicht bedenkenfrei. 1. S a t z 1 d e s R e c h t s s p r u c h s : B e i t r a g s z a h l u n g n a c h A b lehnung der Z u t e i l u n g Sdion der RFH hat in dem Urteil IV 123/42 U vom 3. 12. 1942 {RStBl. 1943 S. 19) Bausparbeiträge zum Sonderausgabenabzug zugelassen, die ein Bausparer n a c h vertraglich erlaubter Ablehnung einer Zuteilung der Bausparsumme in Fortsetzung seines Vertrags leistet. Der BFH teilt diese Auffassung. Nach dem EStG bzw. WoPG sind Beiträge an Bausparkassen „zur Erlangung von Baudarlehen" begünstigt. Der Bausparer hat das Darlehen erst mit seiner Auszahlung „erlangt". Mit der Zuteilung erwirbt er nicht bereits das Darlehen, sondern lediglich einen Anspruch auf Auszahlung der Bausparsumme. Diese Auslegung entspricht nicht nur dem Wortlaut, sondern auch dem Sinn des Gesetzes. B i s z u r A u s z a h l u n g der Summe spart der Steuerpflichtige die Mittel an, die es der Bausparkasse ermöglichen, Baudarlehen zu gewähren. Dem steht nicht entgegen, daß der Bausparer vor der tatsächlichen Auszahlung eine ihm angebotene Zuteilung nicht angenommen hat. Anders liegt es jedoch bei Beträgen, die ein Bausparer n a c h A u s z a h l u n g weiter leistet. Sie dienen nicht mehr der Erlangung eines Baudarlehns, sondern der Verzinsung und Tilgung des geborgten Kapitals; deshalb können diese Beiträge keine Sonderausgaben sein oder nach dem WoPG begünstigt werden. 2. S a t z 2 d e s R e c h t s s p r u c h s : W e i t e r e B e i t r a g s z a h l u n g nachAbruf eines Teils derBausparsumme Im Streitfall hatte der Steuerpflichtige im Jahr 1 9 4 9 einen Bausparvertrag über 6000 DM abgeschlossen; 1 9 5 3 hatte er die Zuteilung abgelehnt; 1 9 5 4 hatte er sich das bis dahin angesparte Kapital von 2530 DM zurückzahlen lassen; streitig war der Abzug der im Jahr 1 9 5 5 geleisteten Beiträge. Der VI. Senat des BFH hat der Rechtsbeschwerde des Steuerpflichtigen nicht stattgegeben, weil dieser sich im Jahr 1954 das angesammelte Kapital hatte zurückzahlen lassen. Diese Ansicht erscheint nicht zweifelsfrei. Nach § 10 Abs. 2 Ziff. 2 EStG 1 9 5 5 (§ 2 Abs. 2 WoPG i. d. F. vom 21. 12. 1954) ist es zwar grundsätzlich steuerschädlich, wenn sich der Bausparer innerhalb von fünf Jahren seit Vertragsabschluß die Bausparsumme oder die geleisteten Beiträge ganz oder zum Teil aus- bzw. zurückzahlen läßt oder Ansprüche aus dem Bausparvertrag abtritt. Diese Mißbrauchsvorsdirift L o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, I. 59.

2 kommt hier jedoch nicht zum Zuge. Einmal hat sich der Rf. im Jahr 1955 nichts zurückzahlen lassen. Zum andern gilt die Vorschrift nicht schon für im Jahr 1949 abgeschlossene Bausparverträge {§ 52 Abs. 7 EStG 1955, § 10 Abs. 3 WoPG i. d. F. vom 21. 12. 1954). Hinsichtlich der Rückzahlung im Jahr 1954 kommt aber auch die Mißbrauchsvorschrift des § 10 Abs. 1 Ziff. 2 vorletzter Satz EStG 1 9 5 3 (entsprechend § 2 Abs. 3 WoPG vom 17. 3. 1952} nicht zum Zuge, da danach die Sperrfrist nur drei Jahre betrug. Die Rückzahlung im Jahr 1954 war somit nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht steuerschädlich. Der VI. Senat hat sich auch nicht auf die angeführten Mißbraudistatbestände berufen. Er meint aber, mit der Rückzahlung hätten sich der Inhalt des Bausparvertrags und die Stellung des Bausparers geändert. Dieser habe der Bausparkasse nicht mehr das gesparte Kapital, sondern nur die weiterentrichteten Beiträge für die Erfüllung ihrer Aufgaben belassen. Unter diesen Umständen widerspreche es dem Sinn und Zweck des Gesetzes, die weitergeleisteten Beiträge zu begünstigen. Dagegen läßt sich einwenden, daß die Bausparsumme aus dem Baudarlehen, Bausparguthaben den geleisteten Beiträgen und den angesammelten Zinsen besteht. Der Rf. hat im Jahr 1954 nicht das Darlehen in Anspruch genommen, sondern lediglich die angesparten Beiträge zurückgerufen. Die weiter geleisteten Beiträge dienen deshalb noch der Erlangung des Baudarlehns (natürlich muß in einem solchen Fall die Bausparsumme um den schon vorweg ausgezahlten Betrag und den für die Bausparkasse eingetretenen Zinsverlust gekürzt werden). Audi ist zu bedenken, daß ein Z w i s c h e n k r e d i t dem Abzug der weitergeleisteten Beiträge grundsätzlich nicht entgegensteht (vgl. Abschnitt 92 Abs. 10 EStR 1956/57). Anderseits muß verhindert werden, daß ein Bausparer die Vergünstigung doppelt erhält, indem er z. B. die zurückgezahlten Beiträge erneut zur Beitragszahlung verwendet. Daß der Rf. in dem vorliegenden Fall so verfahren wäre, ergibt sich jedoch nicht aus dem Tatbestand. 3. B a u s p a r s u m m e u n d B a u d a r l e h e n Nach dem Gesetzeswortlaut müssen die Beiträge zur Erlangung eines „Baudarlehns" dienen. Die Verwaltung vertritt mit Recht die Ansicht, daß auch Beiträge begünstigt sind, die ein Steuerpflichtiger über die vertraglich vereinbarte Höhe hinaus leistet, selbst wenn er dadurch die volle Bausparsumme erbringt, für die Gewährung eines Baudarlehns also kein Raum mehr bleibt (vgl. BdF-Erl. vom 29. 3. 1955, DStR S. 549). Zur Vermeidung von Unklarheiten wäre es deshalb zweckmäßig, in den Gesetzes Vorschriften das Wort „Baudarlehen" durch „Bausparsumme" zu ersetzen. Finanzgerichtspräsident Dr. B r o c k h o f f ,

Hannover

BFH v . l . 8.1958 (1)1 VI 13/57 u I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 390

1. Freianteile, die Kapitalgesellschaften ihren Gesellschaftern gewähren, sind als besondere Vorteile im Sinne des § 20 Abs. 2 Ziff. 1 EStG Einkünfte aus Kapitalvermögen. Sie sind einkommensteuerlidi mit dem Nennwert der Anteile zu bewerten. Der Senat tritt der Reditsauffassung des I. Senats in der Entscheidung I 165/54 S vom 17. September 1957 (BStBl. 1957 III, S, 401, Slg. Bd. 65 S. 437) bei. 2. Ein etwaiger Wertverlust, der durch die Ausgabe der Freianteile bei den alten Anteilen eintritt, gehört nicht zu den Werbungskosten im Sinne des | 9 EStG. 3. Zur Abgrenzung der Aufgaben von Gesetzgebung und Rechtsprechung. GG Art. 20 Abs. 3; EStG §§ 8, 9, 20 Abs. 2 Ziff. 1; KapStDV § 1 Abs. 2.

II. Besprechung Dem Urteil ist hinsichtlich seiner Ausführungen zu Leitsatz 3 zuzustimmen. Die Leitsätze 1 und 2 werden im folgenden nidit besprochen, weil die hier erörterten Rechtsfragen durch das zur Zeit dem Bundestag im Entwurf vorliegende Gesetz über steuerliche Maßnahmen bei Erhöhung des Nennkapitals aus Gesellschaftsmitteln endgültig geregelt werden und deshalb nicht mehr von Interesse sind. In der Begründung nimmt der BFH zu grundsätzlichen Fragen über das Verhältnis von Gesetzgebung und Rechtsprechung Stellung, die für ein rechtsstaatlich geordnetes Steuerwesen von grundlegender Bedeutung sind. Er geht bei Beurteilung der Frage nach der Steuerpflidit der Freianteile davon aus, daß der Gesetzgeber die ständige Rechtsprechung des RFH über die einkommensteuerrechtliche Behandlung der Freianteile eindeutig zum Bestandteil des EStG vom 16. 10. 1934 gemacht habe und daß dieser Wille auch später nicht erkennbar geändert worden sei. „Trifft das aber zu, so würden die Steuergerichte das Gesetz verletzen, wenn sie diesen Willen des Gesetzgebers nicht beachteten. In einem demokratisch-parlamentarischen Rechtsstaat, wie die Bundesrepublik, der auf dem Grundsatz der Dreiteilung der Staatsgewalt aufgebaut ist (Art. 20 Abs. 3 GG), besteht der verfassungsmäßige Auftrag der Gerichte darin, die Gesetze auszulegen. Ein Gesetz auslegen heißt, den Willen des Gesetzgebers zu ermitteln und vollziehen. In diesem Sinne umschreibt § 20 Abs. 3 GG die Funktion der Gerichte in der Ausübung der Staatsgewalt dahin, daß die Gerichte an das Gesetz und das Recht gebunden seien. Sie sind also nicht selbst zur Rechtsetzung berufen; diese Funktion obliegt dem Verfassungs- und Gesetzgeber. Deshalb können die Steuergerichte auch nicht prüfen, ob eine bestehende gesetzliche Regelung zweckmäßig ist oder war oder aufrechterhalten werden soll". Der BFH weist weiterhin auf die Bedeutung der Stetigkeit der Rechtsprechung eines oberen Gerichts als einer Voraussetzung für die Rechtssicherheit hin, die ihrerseits ein wesentlicher Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips des Art. 20 GG sei. Bei Auslegung der Steuergesetze sei zwar auch die Entwicklung der Verhältnisse zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 2 StAnpG). Das könne aber nicht dazu führen, daß die Steuergerichte ein bestehendes Gesetz, das den Willen des Gesetzgebers zum Ausdruck bringt, nicht mehr

Loepelmann,

BFH-Besprechungen, I. 59.

2 beachten. „In solchen Fällen müssen die Steuergeridite das Gesetz anwenden, bis der Gesetzgeber es aufhebt oder ändert." Das verfassungsrechtliche Grundproblem, das hier angerührt wird, ist die sadigerechte Abgrenzung der Aufgaben der Rechtsprechung von denjenigen der Gesetzgebung in einem Staatswesen, das auf dem rechtsstaatlichen Prinzip der Gewaltenteilung beruht — ein Problem, mit dem sich auch das BVerfG in mehreren im Normenkontrollverfahren ergangenen Entscheidungen befaßt hat. Bei der Verwirklichung und Durchsetzung des Rechtsstaatsprinzips kommt den Gerichten die Aufgabe zu, darüber zu wachen, daß die Gesetzgebungsakte der Legislative der verfassungsmäßigen Ordnung entsprechen und nicht gegen die vom Verfassungsgesetzgeber getroffenen Wertentscheidungen verstoßen. Das ergibt sich aus der Gesamtkonzeption der Bundesrepublik als einer konstitutionell-rechtsstaatlich beschränkten Demokratie, in der auch der parlamentarische Gesetzgeber als der Repräsentant des Volkes und Voikswiiiens nicht absolut und allmächtig, sondern an die verfassungsmäßige Ordnung und damit an Recht und Gerechtigkeit als die den sozialen Rechtsstaat tragenden Grundelemente gebunden ist. Unter dem Blickpunkt der Gewaltenteilung bestehen gegen die den Gerichten eingeräumten Befugnisse zur Nachprüfung der Gesetzgebungsakte keine grundlegenden Bedenken, da Gesetz und Recht als einheitliche Bindung des Richters und die allgemeinen Rechtsprinzipien als Domäne jurisprudentieiier Rechtsschöpfung anzusehen sind, die in der Natur von Recht und Rechtsprechung und in der Notwendigkeit lebensgerechter Interpretation der Gesetze ruht. In diesem Sinne bemerkt der Bundesgerichtshof in seinem Gutachten vom 6. 9. 1953 (StRK GG Art 3 R. 11) mit Recht: „Der Grundsatz der Gewaltenteilung schließt die Bildung von Richterrecht dann nicht aus, wenn der Richter durch die Entfaltung allgemeiner, ihm durch den Gesetzgeber, die Rechtsordnung oder die allgemeine Werteordnung vorgegebener und vollziehbarer Rechtssätze Recht findet. E r w ä r e a b e r v e r l e t z t , w e n n d e r R i c h t e r es u n t e r n ä h m e o d e r w e n n er a n g e w i e s e n - w ü r d e , k r a f t b l o ß e r e i g e n e r W i l l e n s entschlüsse rein nach Zweckmäßigkeitsgesichts p u n k t e n a l l g e m e i n v e r b i n d l i c h e s R e c h t z u s e t z e n . " Es gehört nicht zu den Aufgaben des Gerichts und überschreitet dessen Kompetenz, seine politisch-sachlichen Erwägungen an die Stelle des rechtspolitischen Willensentschlusses des Gesetzgebers zu setzen. In mehreren Entscheidungen, die für alle Gerichte von grundsätzlicher und richtungweisender Bedeutung sind, hat das BVerfG die These formuliert, daß die (Verfassungs-) Gerichtsbarkeit nicht die gegebene Ordnung, die zwischen Gesetzgeber und Richter obwaltet, umstoßen und nicht spezifisch gesetzgeberische Aufgaben an sich reißen dürfe. Sie darf nicht das gesetzgeberische Ermessen der verfassungsmäßig berufenen Legislativorgane durch ihr eigenes Ermessen ersetzen. Die Tätigkeit der Gerichte ist primär E r k e n n e n auf der Grundlage gesetzlich gegebener Wertungen. Die gesetzgeberische Tätigkeit dagegen ist primär E n t s c h l u ß mit dem Ziel, eine bestimmte soziale Ordnung zu schaffen. Das Ermessen des Gesetzgebers findet jedoch nach dem GG seine - verfassungsgerichtlich nachprüfbare — Grenze in dem

BFH v. 1.8.1958 (1)3 Gleichheitsgrundsatz und in dem aus ihm sich ergebenden Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG], in den Konkretisierungen des allgemeinen Gleichheitssatzes [Art. 3 Abs. 2 und 3 GG) und an den sonstigen Grundsatznormen, in denen für bestimmte Bereiche der Rechts- und Sozialordnung Wertentscheidungen des Verfassungsgesetzgebers ausgedrückt sind. Die Gerichte nehmen, wenn sie die Verfassungsmäßigkeit der Gesetzgebungsakte nachprüfen, keine gesetzgeberischen Funktionen wahr. Sie sorgen nur dafür, daß Gesetze, die mit der verfassungsmäßigen Ordnung nicht in Einklang stehen — mit Fehlern behaftete Gesetzgebungsakte nicht zur Anwendung kommen. So führt das BVerfG fBVerfGE 1, 14 ff.; 3, 19 ff.: 24 ff.) aus: „Das BVerfG hat nur die Rechtmäßigkeit einer angegriffenen Norm, n i c h t a u c h i h r e Z w e c k m ä ß i g k e i t nachzuprüfen. Insbesondere ist es nicht befugt, darüber zu entscheiden, ob der Gesetzgeber von dem ihm eingeräumten Ermessen den richtigen Gebrauch gemacht hat." Das bei allen Gesetzen maßgeblich mitwirkende gesetzgeberische Ermessen als solches entzieht sich der richterlichen Nachprüfung. Es handelt sich dabei um letzte, von den Gerichten nicht nachprüfbare Entscheidungen des Gesetzgebers, die weitestgehend von politischen, wirtschaftspolitischen und sozialpolitischen Zweckmäßigkeitserwägungen getragen werden. Eine gegenteilige Ansicht vertreten hieße, den Gerichten die Nachprüfung von für das gesamte Staatswesen bedeutsamen Fragen wirtschaftlicher und politischer Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit übertragen, die nach der verfassungsmäßigen Ordnung allein den Gesetzgebungsorganen vorbehalten sind. Das müßte zwangsläufig zu einer im Interesse des Staatsganzen untragbaren R e c h t s u n s i c h e r h e i t führen, darüber hinaus auch zu einer Verlagerung spezifisch gesetzgeberischer Aufgaben a u f d i e R e c h t s p r e c h u n g und damit zu einer V e r l e t z u n g d e s verfassungsmäßig festgelegten Gewaltenteilungsp r i n z i p s . Es kann nicht dem Ermessen der Gerichte überlassen sein, die nach langdauernden Beratungen in den Ausschüssen und im Plenum des Bundestages für notwendig erachtete gesetzliche Regelung auf ihre sachlich materielle „Richtigkeit" hin nachzuprüfen und gegebenenfalls durch eine andere, von ihnen für „richtig" befundene Regelung zu ersetzen. Insoweit entziehen sich die Gesetze ihrer Natur nach der justizmäßigen Kontrolle. Wollte man den Gerichten auch die Prüfung der Zweckmäßigkeit eines Gesetzes zugestehen, so stände die Rechtsprechung nicht, wie es dem Grundsatz der Gewaltenteilung entspricht, auf der gleichen Ebene wie die Gesetzgebung, sondern über ihr. Sie würde die ihr verfassungsmäßig gezogenen Grenzen überschreiten, wenn sie in den politischen Bereich, d. h. in das Ermessen des Gesetzgebers, eindringen wollte (BVerfGE 3, 19 ff., 24 ff.; BFH vom 2. 8. 1955, BStBl. 1955 III S. 293; H a r t z , Stbjb. 1955/56 S. 89, 90; d e r s., Betrieb 1958, S. 1224 ff.). Gesetze sind nur daraufhin zu prüfen, ob der Gesetzgeber die äußersten Grenzen seines Ermessens eingehalten und dieses nicht mißbraucht hat fBVerfGE 1, 264 ff., 279; 4, 7 ff.). Wo sich aber über Fragen der Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung ernsthaft diskutieren läßt, hat die Legislative, nicht die Justiz das letzte Wort. Diesen Gedankengängen folgt der BFH in der vorliegenden Entscheidung.

4 Aber noch ein weiterer, vom BFH ebenfalls beachteter Gesichtspunkt ist wichtig. Das Steuerrecht als „rechtsstaatlich geordnetes Eingriffsredit" wird in ganz besonderem Maße von dem G r u n d s a t z d e r G e s e t z m ä ß i g k e i t bestimmt und beherrscht. Dieser besagt nicht nur, daß die Tatbestände, an die die Leistungspflicht geknüpft wird, im Gesetz festgelegt sein müssen (§ 1 Abs. 1 AO, § 3 Abs. 1 StAnpG) und daß die Finanzbehörden nur dann zur Erhebung von Steuern rechtmäßig befugt sind, wenn im konkreten Falle der im Gesetz festgelegte Tatbestand verwirklicht ist; er besagt auch und vor allem, daß die Finanzbehörden und die Finanzgerichte an das Gesetz gebunden sind und bei der Durchsetzung der Steueransprüche des Staates so verfahren müssen, wie das Gesetz es vorschreibt, audi wenn ihnen das aus wirtschaftlichen, wirtschaftspolitisdien, sozialen, sozialpolitischen, kapitalmarkt- oder steuerpolitischen Gründen nicht zweckmäßig erscheint. Aufgabe der Gesetzesauslegung ist es, den Willen des Gesetzgebers zu erforschen. Niemals kann aber im Wege der Gesetzesauslegung der im Gesetz selbst eindeutig zum Ausdruck gelangte Wille des Gesetzgebers beiseitegeschoben und durch eine andere Rechtsüberzeugung des Richters, die vermeintlich der Sachlage besser gerecht wird, ersetzt werden. Das ergibt sich aus der Bindung der Rechtsprechung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) und aus der Unterworfenheit des Richters unter das Gesetz (Art. 97 Abs. 1 GG). Andernfalls wären die Vorausberechenbarkeit der Reditsanwendung und die Rechtssicherheit in ihrem Bestände aufs stärkste gefährdet, mit ihnen zugleich aber auch das Rechtsstaatsprinzip, dessen immanenter Bestandteil die Rechtssicherheit ist, und die materielle Gerechtigkeit. Die im vorliegenden Urteil zum Ausdruck gelangte Reditsauffassung des BFH entspricht allenthalben dein Wesen und der Funktion des Rechtsstaats, der in der klassischen Formulierung F r i e d r i c h J u l i u s S t a h l s „die Bahnen und Grenzen seiner Wirksamkeit wie die freie Sphäre seiner Bürger in der Weise des Rechts genau bestimmen und unverbrüchlich sichern" soll, „dessen Zweck die Schaffung und Erhaltung eines materiell gerechten Reditszustandes ist, dessen gesamte Tätigkeit in Übereinstimmung mit dem Redit erfolgt" (vgl. auch die Besprechungen von B a r s k e und L a b u s , Betriebs-Berater 1958, S. 1012). Prof. Dr. Heinz P a u 1 i c k , Mannheim

BFH v. 1.8.1958 (11)1 VI 12/57 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 377

Ein gesundes Kleinkind ist nidit körperlich hilflos im Sinne des § 33 a Abs. 3 Ziff. 3 EStG 1955. EStG 1955 § 33a Abs. 3 Ziff. 3; LStDV 1955 § 25a Abs. 3 Ziff. 3.

II. Besprechung Dem Urteil ist zuzustimmen. Ein verwitweter Steuerpflichtiger hatte zur „Betreuung" seines etwa dreijährigen Kindes eine „Hausgehilfin" eingestellt und beantragt, die Aufwendungen für diese Hilfe als außergewöhnliche Belastung im Rahmen des § 33a EStG 1955 anzuerkennen. Sein Antrag wurde abgelehnt. Berufung und Rechtsbeschwerde hatten keinen Erfolg. Dem BFH-Urteil liegt offenbar die Vorentscheidung des FG Kassel vom 30.11.1956 III 49/56 zugrunde, die in DStZ A 1957 S. 334 veröffentlicht worden ist. BFH-Urteil und Vorentscheidung sprechen von der „Betreuung des Kindes durch eine Hausgehilfin". Ob die vom Steuerpflichtigen beschäftigte Kraft tatsächlich eine Hausgehilfin war, wird nicht näher untersucht. Das Gesetz setzt diesen Begriff voraus. In Abschnitt 192 Abs. 2 EStR und Abschnitt 39c LStR 1955 heißt es dazu: „Hausgehilfin im Sinn des § 33a Abs. 3 EStG ist nur eine Arbeitnehmerin, die einfache häusliche Arbeiten verrichtet und entweder in den Haushalt des Steuerpflichtigen aufgenommen oder im Tagesdurchschnitt mindestens acht Stunden im Haushalt des Steuerpflichtigen beschäftigt ist". Häusliche Arbeiten sind die Arbeiten, die erforderlich sind, einen Haushalt in Gang zu halten. Als einfache Arbeiten werden solche angesehen, die der Tätigkeit einer Arbeiterin ähnlich sind. In einem Urteil vom 13.2.1959 VI 260/57 U, das soeben bekannt geworden ist (DB 1959 S. 392), hat der BFH sich auf den Standpunkt gestellt, daß die auf die RFH-Rechtsprediung zurückgehende Ansicht der Richtlinien, es müsse sich um eine e i n f a c h e Tätigkeit handeln, in Anbetracht der Entwicklung der Verhältnisse nicht mehr aufrechterhalten werden könne. Eine gewisse Selbständigkeit sei mit dem Begriff der Hausgehilfin vereinbar. Daher seien auch Haushälterinnen, Wirtschafterinnen und u. U. auch Hausdamen als Hausgehilfinnen im Sinne des § 33a EStG anzusehen. Dem kann man zustimmen. Zur Hausarbeit gehören in erster Linie die Reinigung der Wohnung und das Zubereiten des Essens, aber auch das Warten von Kindern. Daher wird man wohl auch ein Kindermädchen noch als Hausgehilfin ansehen können. Eine Kinderpflegerin oder eine Kinderschwester, die mit den übrigen Hausarbeiten nichts zu tun hat, und die im allgemeinen für ihren Beruf besonders ausgebildet worden ist, möchte ich aber nicht dazu rechnen. Der Steuerpflichtige hat offenbar keine Kinderpflegerin oder Kinderschwester beschäftigt, sondern eine Hausgehilfin. Er brauchte jemanden, der seinen ganzen Haushalt versorgte. Jedenfalls läßt sich aus den Urteilen nichts anders entnehmen. Unter welchen Voraussetzungen Aufwendungen für eine Hausgehilfin als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden können, ist in § 33a L o e p e l m a n n , BFH-Besprediungen, VII 59.

2 Abs. 3 EStG 1955 abschließend geregelt. Die Voraussetzungen der Ziff. 2 und 3 a. a. O. lagen nicht vor. Daher konnte der Steuerpflichtige sich nur auf Ziff. 3 a. a. O. berufen. Danach können Aufwendungen für die Hausgehilfin, höchstens jedoch ein Betrag von 720 DM, u. a. anerkannt werden, wenn ein zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehöriges Kind nicht nur vorübergehend körperlich hilflos ist. Der Wortlaut dieser Vorschrift sprach für den Steuerpflichtigen. Das erwähnt auch das FG-Urteil (DStZ A 1957 S. 334] ausdrücklich. Aber beim nackten Wortlaut sind sowohl das FG als auch der BFH mit Recht nicht stehengeblieben. Sie haben den Sinn der Vorschrift erforscht. Dafür stand ihnen m. E. in erster Linie die Systematik des § 33a EStG zur Verfügung. Es konnte nicht übersehen werden, daß nach Ziff. 1 a. a. O. mindestens drei Kinder unter achtzehn Jahren zum Haushalt gehören müssen. Man konnte nicht gut annehmen, daß Ziff. 1 a. a. O. nur „nicht hilflose" Kinder meint. Setzt Ziff. 1 drei Kinder voraus, so kann Ziff. 3 sich nicht mit einem Kind begnügen wollen. Dieser Sinnzusammenhang sprach gegen den Steuerpflichtigen. Ferner konnten der BFH und das FG sich auf die Entstehungsgeschichte berufen. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts kommt der Entstehungsgeschichte einer Vorschrift allerdings nur insoweit Bedeutung zu, als sie die Richtigkeit der Auslegung nach dem in der Gesetzesvorschrift zum Ausdruck kommenden objektivierten Willen des Gesetzgebers bestätigt oder Zweifel behebt, die auf dem Wege der Ergründung des Wortlauts der Gesetzesbestimmung und des Sinnzusammenhangs, in den diese hineingestellt ist, allein nicht auszuräumen sind (Urt. vom 21. 5.1952 — 2 BvH 2/52 - BVerfGE Bd. 1, 312]. Im Beschluß vom 30.11.1955 - 1 BvG 2/52 (BVerfGE Bd. 4, 358) hat das Bundesverfassungsgericht den entstehungsgeschichtlichen Umständen allerdings größeres Gewicht beigemessen. Aber selbst wenn man das Urteil vom 21.5.1952 a. a. O. zugrundelegt, durfte der Bundesfinanzhof die Entstehungsgeschichte berücksichtigen. Das FG hat darüber hinaus mit dem Zweck des § 33a EStG operiert und zunächst erwähnt, daß in allen in § 33a EStG geregelten Fällen die Außergewöhnlichkeit anzunehmen und dazu in den in Abs. 3 erwähnten Fällen der Beschäftigung einer Hausgehilfin auch die Zwangsläufigkeit zu unterstellen sei. Es dürfte zutreffen, daß der Gesetzgeber in den Fällen des Abs. 3 die Außergewöhnlichkeit und die Zwangsläufigkeit nicht geprüft wissen wollte. Dann erscheint es mir aber nicht gerechtfertigt, zu Auslegungszwecken zu fragen, ob die Außergwöhnlichkeit gegeben sei, wenn der Steuerpflichtige behauptet, er habe eine Hausgehilfin unter den vom Wortlaut des § 33a Abs. 3 geforderten Voraussetzungen beschäftigt. Der BFH ist denn auf diesen Gedankengang des FG auch nicht zurückgekommen. Die Ausführungen des FG zur Außergewöhnlichkeit sind auch keineswegs zwingend. Es ist zum mindesten ungenau, zu fragen: „Ist es außergewöhnlich, daß zu einem Haushalt ein Klein- oder Kleinstkind gehört?" Genau genommen mußte gefragt werden: „Muß ein Steuerpflichtiger, der verheiratet oder verwitwet ist, und in bestimmten Einkommens- und Vermögensverhältnissen lebt, infolge der Betreuung eines

BFHv. 1.8.1958 (11)3 Klein- und Kleinstkindes mehr aufwenden als andere Steuerpflichtige, die in gleichen Verhältnissen leben? Die Antwort auf diese Frage dürfte zum mindesten zweifelhaft sein. Wenn der Gesetzgeber im Jahre 1955 erst bei drei Kindern Aufwendungen für eine Hausgehilfin als außergewöhnliche Belastung in Grenzen zum Abzug zuließ, so m. E. deshalb, weil er davon ausging, daß das Halten einer Hausgehilfin bei einer geringeren Kinderzahl im allgemeinen nicht zwangsläufig sei. Der Gesetzgeber hat in § 33a Abs. 3 EStG bewußt typisiert, denn es sind durchaus Fälle denkbar, in denen die Zwangsläufigkeit oder die Außergewöhnlichkeit bei Vorliegen des Tatbestandes des § 33a Abs. 3 EStG zu verneinen wäre, wenn man den Maßstab des § 33 EStG anlegen würde. Umgekehrt gibt es auch Fälle, in denen die Zwangsläufigkeit und Außergewöhnlichkeit zu bejahen ist und trotzdem kein Tatbestand des § 33a Abs. 3 EStG vorliegt. Im Streitfall lag mindestens die Zwangsläufigkeit, m. E. aber auch die Außergewöhnlidikeit vor. Das dürfte den Steuerpflichtigen audi bewogen haben, bis zur letzten Instanz zu gehen. Übersehen hat er nur, daß das Gesetz keinen Unterschied macht zwischen Verheirateten und Verwitweten mit Kindern, die dieselbe Steuerklasse erhalten. Audi Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 6. Aufl., zu § 33 a Tz 12 hat dem BFH-Urteil zugestimmt. Vgl. ferner, Hermann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftssteuer, 8. Aufl., zu § 33 a Anm. 23—24. Dr. Klaus T i p k e , Finanzgerichtsrat,

Hamburg

BFH v. 5.8.1958 (1)1 I. Leitsatz des Urteils

I 89/58 U BStBl. 1958 III S. 396

Ein in der sowjetisdien Besatzungszone enteignetes, nicht in das Bundesgebiet verlagertes Kreditinstitut darf in der Regel zur Zeit keine Zinsrfidcstellungen für die vor der Bestellung des Treuhänders begründeten Verbindlichkeiten zu Lasten des steuerlichen Gewinns madien. EStG 1952 §§ 5, 6 Ziff. 3; UGDV § 9.

II. Besprechung Das Urteil schließt eine Problemreihe ab, bei der die Natur der zur Entscheidung gestellten Fragen und der zu ihrer Lösung gegebenen Mittel keine allseits befriedigende Lösung erwarten lassen konnte. § 9 der 35. DV-UmstG (StuZBl. 1949 S. 401) schreibt vor, daß für die Verwaltung der im Währungsgebiet vorhandenen Vermögenswerte von Geldinstituten, die ihren Sitz am 21. 6. 1948 in einem nicht zum Währungsgebiet gehörenden Gebiet Deutschlands nach dem Stande vom 31. 12. 1937 hatten und die am 21. 6. 1948 im Währungsgebiet weder eine Niederlassung i. S. des § 1 Buchst, a) a. a. O. haben noch nach § 3 a. a. O. als verlagert anerkannt sind, durch die Bank deutscher Länder (BdL) Treuhänder zu bestimmen sind. Über diese Vermögenswerte darf bis zum Erlaß weiterer Vorschriften (die auch heute noch ausstehen) nicht zum Zwecke der Erfüllung von Verbindlichkeiten des Geldinstituts verfügt werden, die vor der Bestellung des Treuhänders oder nach seiner Bestellung außerhalb des Währungsgebiets begründet worden sind. Ebenso findet keine Zwangsvollstreckung aus diesem Grunde in diese Vermögenswerte statt. 1. Die erste Frage, die die steuerrechtliche Einordnung dieser Vermögenswerte aufwarf, war die, ob diese Vermögenswerte (Westvermögen) des — im vorliegenden Falle in der sowjetischen Besatzungszone enteigneten und im Handelsregister des zuständigen Amtsgerichts gelöschten — Geldinstituts als eine beschränkt körperschaftsteuerpflichtige Vermögensmasse i. S. des § 2 Abs. 1 Ziff. 1 und Abs. 2 KStG oder aber als eine unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft zu behandeln seien. Die erste Alternative wurde von den Finanzverwaltungsbehörden in besonderen Erlassen (vgl. auch das Rundschreiben Nr. 2 der BdL v. 20. 5.1952 an die obiger Vorschrift gemäß bestellten Treuhänder) vertreten und — nach seiner Anrufung — auch vom Finanzgericht geteilt. Der BFH entschied indes im Urteil v. 24. 8. 1956 I 57/56 (BStBl. 1956 III S. 289) zugunsten der zweiten, vom Treuhänder vertretenen Alternative. Die Feststellung einer Geschäftsleitung im Bundesgebiet hänge nicht von der Entfaltung einer werbenden, ihrem Charakter nach gewerblichen Tätigkeit ab; es genüge allein die Belegenheit des den Fortbestand der Rechtspersönlichkeit begründenden Vermögens und seine Verwaltung im Bundesgebiet. Deshalb sei auch die Einschränkung der dem Treuhänder zustehenden Befugnisse — verglichen mit den Befugnissen eines Vorstandes — unerheblich. Auch sei nicht einzusehen, weshalb zwar die Geschäftsleitung einer Vermögensmasse, nicht aber die Geschäftsleitung der — nach ständiger Rechtsprechung der obersten Zivilgerichte — fortbestehenden Kapitalgesellschaft im Bundesgebiet liegen solle.

L o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, I. 59.

2 Damit war die unbesdiränkte Steuerpflicht gegeben, die auch der III. Senat im Urteil v. 16. 5. 1957 III 229/58 (BStBl. 1957 III S. 243) für das Gebiet der Vermögensteuer bejaht hat. 2. Während bis dahin die Frage nach der Zinsbedienung der am 21. 6. 1948 bestehenden — gemäß § 6 DMBG umgestellten — Verbindlichkeiten des Geldinstituts gegenüber seinen nicht in der Bundesrepublik wohnhaften Gläubigern (Ostgläubigern) im Hinblick auf § 50 EStG ohne steuerliche Bedeutung war, trat hierin nach Feststellung der unbeschränkten Steuerpflicht des Geldinstituts ein Wandel ein. Das Finanzgericht (EFG 1958 Nr. 230 S. 175) ließ dem Grunde nach eine entsprechende Rückstellung für Zinsverpflichtungen gegenüber Ostgläubigern zu. Das Westvermögen hafte — ungeachtet der in der sowjetischen Besatzungszone vorgenommenen Enteignung des Unternehmens und der Teilabfindung seiner Ostgläubiger — auch für die Forderungen der Ostgläubiger, da Enteignung nicht auch zugleich Freistellung von Verbindlichkeiten bedeute. Weder die Möglichkeit noch die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme des (im Bundesgebiet fortbestehenden) Geldinstituts aus diesen Verbindlichkeiten sei auszuschließen. Für die Zinsbedienung dieser Verbindlichkeiten sei deshalb den erzielten Erträgen ein entsprechender Passivposten gegenüberzustellen. Der BFH stimmte dieser Auffassung des Finanzgerichts nicht zu. Der Grad der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme, der nach § 6 Ziff. 3 bzw. 2 EStG für die Zulässigkeit einer Rückstellung erforderlich ist, könne in diesem Falle nicht als erreicht angesehen werden. Niemand könne die künftige gesetzliche Regelung dieser Ostverbindlichkeiten übersehen; bedenke man jedoch das Zahlungsverbot des § 9 der 35. DV-UmstG und die Unzulänglichkeit der Erträge des Westvermögens zur Erfüllung aller Zinsverpflichtungen gegenüber West- und Ostgläubigern, so sei es nicht wahrscheinlich, daß der Gesetzgeber angesichts der fehlenden Deckung die Erfüllung der Zinsverpflichtungen anordnen werde. Man mag den Grad der Wahrscheinlichkeit der künftigen Inanspruchnahme des Geldinstituts aus der Zinsverpflichtung beurteilen wie man will — niemand aber vermag m. E. schon heute die künftige Entwicklung sowohl der Vermögenslage des Geldinstituts wie einer etwa auf ihr basierenden gesetzlichen Regelung vorauszusehen. Ehe der Gesetzgeber jedoch sich zu einer Regelung entschließt, die eine etwa notwendige richterliche Vertragshilfe vorwegnimmt, halte ich dafür, daß er schon im Interesse der Gesetzessystematik die Zinsansprüdie der Gläubiger wie die Verpflichtung des Schuldners zur Verzinsung der Verbindlichkeiten grundsätzlich anerkennen wird. Denn die Unmöglichkeit der Leistung befreit im Falle einer Gattungsschuld den Schuldner nicht (§ 279 BGB). Auch die Vorschriften der §§ 2 Abs. 4 und 21 UmstG (StuZBl. 1948 S. 207) sprechen m. E. für eine solche Regelung. Dr. H. B i r k h o l z , Finanzgerichtsdirektor, Hannover

BFH v. 5.8.1958 (11)1 I 70/57 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 392

Der Kaufmann ist nidit verpflichtet, die auf den Gewerbeertrag entfallende Gewerbesteuer anteilig zu den Fertigungsgemeinkosten und damit zu den Herstellungskosten zu redinen. § 5, § 6 Abs. 1 Ziff. 2 Satz 1 EStG.

II. Besprechung Die Gewerbesteuer nach dem Ertrag beruht weitgehend auf dem steuerlichen Gewinn. Bei den am Bilanzstichtag vorhandenen selbst hergestellten Wirtsdiaftsgütern wird ein Gewinn erst durch die Veräußerung in den folgenden Jahren realisiert. Es besteht daher kein Zwang, die Gewerbeertragssteuer als Kostenbestandteil den Fertigungsgemeinkosten zuzuredinen. Dem Urteil ist zuzustimmen. Nach § 6 Abs. 1 ZiS. 2 EStG sind selbstgefertigte Wirtsdiaftsgüter des Umlaufvermögens grundsätzlich mit den Herstellungskosten anzusetzen. Unter Herstellungskosten sind alle auf die Herstellung des Wirtschaftsgutes verwendeten Kosten zu verstehen. Dazu gehören nicht nur die Material- und Lohnkosten, sondern auch die auf die Fertigung entfallenden Gemeinkosten, wie bereits durch das Gutachten des Großen Senats des RFH vom 4. 2. 1939 - Gr. S. D 7/38 RStBl. 1939/321 - festgestellt worden ist. Nach dem Urteil des RFH vom 5. 3. 1940 1 67/39 RStBl. 1940/683 - rechnen Personensteuern (z. B. Körperschaftsteuern, Vermögensteuern) und die Umsatzsteuer nicht zu den aktivierungspflichtigen Fertigungsgemeinkosten, wohl aber wurde das damals für die Aufwendungen an Gewerbesteuer bejaht. Die Einkommensteuerriditlinien bestimmen, daß die Gewerbesteuer anteilig zu den Herstellungskosten zu rechnen ist, wobei der Anteil geschätzt werden muß (Abschn. 33 Abs. 2 EStR 1956/57). Ausgehend von diesen Richtlinien ist in der Wirtschaft wohl überwiegend nur die Gewerbekapitalsteuer im Rahmen der Bewertung der selbst hergestellten Anlagegüter und Erzeugnisse aktiviert, die Gewerbeertragsteuer dagegen als nicht mit der Fertigung im Zusammenhang stehend angesehen worden. In diesem Vorgehen wird man die Ausübung der in den EStR vorgesehenen Schätzung erblicken können. Ein Rest von Unsicherheit ist aber stets geblieben. Dieser ist durch das hier besprochene BFH-Urteil erfreulicherweise beseitigt. Der BFH prüft die Rechtslage, indem er an die Erkenntnisse der Betriebswirtschaftslehre anknüpft und untersucht, ob sie mit steuerlichen Gesichtspunkten vereinbar sind. In diesem Zusammenhang werden die unterschiedliche Zweck- und Zielsetzung der betrieblichen Kalkulation und der steuerlichen Aktivierung in verdienstvoller Weise herausgestellt. Der BFH kommt zu dem Ergebnis, daß sich aus der kostenmäßigen Behandlung der Gewerbesteuer im Rahmen der Preisermittlung kein sicherer Anhaltspunkt für die steuerliche Beurteilung ableiten lasse, weil nicht ausreichend feststehe, ob die Gewerbesteuer echte Kosteneigenschaft habe oder im Gewinnzuschlag abgegolten werde und sie zudem nach den LSP nur als kalkulatorischer Posten, nicht als tatsächliche Aufwendung zu berücksichtigen sei. Dem ist beizupflichten, denn die in den LSP als reine Preisermittlungsvorschriften getroffene Feststellung, daß die Gewerbeertragsteuer zu den als Fertigungsgemeinkosten kalkulierbaren Steuern gehöre, sagt nichts Bindendes darüber, ob die Gewerbeertragsteuer zu den Herstellungskosten i. S. des § 6 EStG zu rechnen ist. Die Entscheidung dieser Frage muß unter handels- und steuerrechtlichen Gesichtspunkten getroffen werden.

L o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, 1. 59

2 Die Gewerbeertragsteuer könnte nur dann zu den Herstellungskosten gezählt werden, wenn sie mit der Herstellung des Wirtsdiaftsgutes zusammenhängt. Die Bewertung bezweckt die Feststellung des Wertes der Erzeugnisse nach Maßgabe des bisherigen tatsächlichen Aufwandes. Steuern und sonstige allgemeine Unkosten, die nicht auf das einzelne Wirtschaftsgut entfallen, also nicht mittelbar oder unmittelbar zu seiner Fertigstellung aufgewendet werden mußten, sondern sich aus dem Gesamtergebnis des Betriebes ableiten, rechnen nicht zu den Herstellungskosten. Die Abgrenzung ist im einzelnen Fall schwierig. Sie muß unter Beachtung des Grundsatzes vorgenommen werden, daß niditrealisierter Gewinn nicht ausgewiesen werden darf. Der Objektsteuercharakter der Gewerbeertragsteuer, der in den vorgeschriebenen Zurechnungen und Absetzungen seinen Ausdrude findet, vermag nicht die Steuer als eine den Herstellungsvorgang belastende Aufwendung erscheinen zu lassen. Die Gewinnabhängigkeit der Gewerbeertragsteuer bleibt vielmehr dadurch gewahrt, daß die Hinzurechnungen eine Gewerbesteuer nur dann auslösen, wenn der Gewerbebetrieb nicht mit einem entsprechenden Verlust arbeitet. Der BFH stützt sich in seiner Entscheidung auch darauf - wobei er an ein Urteil des RFH vom 4. 6. 1940 - III 74/39 RStBl. 1940/1067 anknüpft — daß die dem Gewerbeertrag hinzuzurechnenden Zinsen fiir Fremdkapital nicht zu den Herstellungskosten gehören u r d daher folgerichtig auch die auf diesen Zinsen ruhende Steuer vom Gewerbeertrag nicht anders behandelt werden könne. Diesem Gesichtspunkt, der im Urteil näher ausgeführt wird, kommt ebenfalls Bedeutung zu. Maßgebend für die Beurteilung der Rechtsfrage ist es aber letztlich, daß die am Bilanzstichtag vorhandenen, noch nicht veräußerten Bestände überhaupt nicht mit Gewerbeertragsteuer belastet sind, diese Steuer vielmehr ausschließlich auf Gewinnen aus anderen Vorgängen ruht. Der durch den Herstellungsvorgang betriebswirtschaftlich erzielte Überschuß bei den am Bilanzstichtag vorhandenen Wirtschaftsgütern wird erst durch die Veräußerung in den folgenden Jahren realisiert. Solange die Wirtschaftsgüter noch nicht veräußert sind, ist die Frage, ob ein Gewinn ezielt wird, noch offen, so daß es bis dahin völlig ungeklärt ist, ob überhaupt eine Gewerbeertragsteuer zu entrichten sein wird. Eine Aktivierung der Gewerbeertragsteuer bei der Bewertung der Bestände wüde deshalb gegen den handelsrechtlichen Grundsatz verstoßen, der eine Aktivierung noch nicht realisierten Gewinns verbietet. Der BFH hat sich dafür entschieden, die Frage der Aktivierung oder Nichtaktivierung der eigenen Würdigung des Kaufmanns in Form eines Wahlrechts zu überlassen. Das dürfte dazu führen, daß die bisher überwiegende Praxis, die Gewerbeertragsteuer nicht unter den Fertigungsgemeinkosten zu aktivieren, beibehalten wird. Die Bedeutung des Urteils liegt darin, daß es klar herausstellt, wie betriebswirtschaftliche Betrachtungsweisen oft eigenen speziellen Zweck- und Zielsetzungen dienen und darum nicht vom Steuerrecht ohne weiteres übernommen werden können. Sodann gibt das Urteil — ohne das hier näher darauf eingegangen werden kann — klar zu verstehen, daß in Zweifelsfragen der Gesichtspunkt einer gleichmäßigen, einfachen und unkomplizierten Ermittlung bei der Abwägung von Bedeutung ist, ein Aspekt, der zunehmende Beachtung verdient. RA Dr. Karl-F. E v e r d i n g ,

Fachanwalt für Steuerrecht, Wuppertal

BFH v. 5. 8 . 1 8 5 8 (111)1 I 74/57 U BStBl. 1958 III S. 417

I. Leitsatz des Urteils

Großhandelsbetriebe können die Bewertungsfreiheit nadi § 7 e EStG 1950/1951 für Lagergebäude in Ansprudi nehmen, wenn die Herstellungskosten der brandieüblidien und unmittelbar dem Großhandel dienenden Büroräume 20 v. H. der Herstellungskosten des Gebäudes nidit übersteigen. EStG 1950/1951 § 7e; EStDV 1950/1951 § 12 Abs. 1 Buchstabe b.

II. Besprechung Es handelt sidi um eine Billigkeitsentsdieidung, durch die das Gesetz ausgedehnt wird. Die Entscheidung ist von geringer praktischer Bedeutung, da § 7e EStG schon seit langem nur für Vertriebene und Verfolgte gilt und von diesem Personenkreis Lagerhäuser nur in geringem Umfang errichtet werden. Von Interesse ist das Urteil aber deswegen, weil man bei seinem Lesen die Frage aufwerfen muß, ob der BFH hier nicht die Grenzen überschritten hat, die der rechtsprechenden Gewalt gezogen sind. Es ist wohl nicht zu bezweifeln, daß das Urteil dem klaren Wortlaut des Gesetzes widerspricht, obwohl das Gesetz nicht zu unmöglichen oder untragbaren Ergebnissen führt. Durch die EStDV (früher § 12, jetzt § 22] ist zwar auch aus Gründen der Billigkeit vom Gesetz abgewichen worden, wenn darin zugelassen ist, daß die Bewertungsfreiheit unter bestimmten Voraussetzungen nicht dadurch ausgeschlossen wird, daß in dem Lagerhaus auch die mit der Lagerung zusammenhängenden üblichen Kontorräume eingerichtet werden. Es ist schon fraglich, ob diese Bestimmung durdi eine Ermächtigung gedeckt wird. Fraglich dürfte aber nicht sein, daß durch § 12 (22) EStDV nur die Büroräume begünstigt sein sollten, die unmittelbar mit der Lagerung in Zusammenhang stehen. Wenn der BFH über diese Vorschrift hinausging, legte er nicht mehr das gesetzte Recht aus, sondern er setzte selbst neues Recht. Er trat damit also an die Stelle des Verordnungsgebers. Ein zwingendes praktisches Bedürfnis lag dazu nicht vor, da die Abgrenzung zwischen den unmittelbar und den nur mittelbar der Lagerung dienenden Büroräumen keine Schwierigkeiten macht. Dem BFH schien aber offenbar das bestehende Recht zu unbilligen Ergebnissen zu führen. Seine Meinung, daß die Büroräume des Großhandels in der Regel in einem Gebäude mit den Lagerräumen vereinigt sind, trifft aber nicht zu. Die Praxis zeigt in den meisten Fällen das Gegenteil. Außerdem ist es nicht Sache des BFH, von dem geltenden Recht aus Billigkeitsgründen abzuweichen. Es wäre zwar wenig gegen eine Billigkeitsentscheidung, zumal in einem so unbedeutenden Fall zu sagen, wenn nicht derselbe Senat wiederholt Billigkeitsentscheidungen der Verwaltung als unzulässig gerügt hätte. So muß der Senat aber darauf hingewiesen werden, daß er seine sachliche Zuständigkeit in diesem Fall offenbar überschritten hat. Ministerialdirigent Dr. Dr. L e n s k i , Hannover

Loepelmann,

BFH-Besprediungen, VII 59.

BFH v. 6 . 8 . 1 9 5 8 (I) 1 II 109/57 u

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 402

Das Verkehrsverbot für bestimmte Kraftfahrzeuge und für Anhänger hinter Lastkraftwagen an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen (§ 4 a Straßenverkehrsordnung) begründet keine Ermäßigung der Kraftfahrzeugsteuer. KraftStG §§ 1, 10; Straßenverkehrs-Ordnung § 4 a.

II. Besprechung Die Nichtbenutzung eines versteuerten — zulassungspflichtigen oder zulassungsfreien — Kraftfahrzeugs beeinträchtigt die Steuerpflidit des Halters nicht, gleichgültig, ob die Nichtbenutzung durdi Gesetz (z. B. zeitlich begrenzte Verkehrsverbote} durch polizeilichen Zwang (z. B. nach Alkoholgenuß), durch den freien Willen des Halters oder andere in seiner Person gegebene Umstände bedingt ist. In aller Regel begründet d a s H a l t e n eines Kraftfahrzeugs zum Verkehr auf öffentlichen Straßen — den Sonderfall der widerrechtlichen Benutzung einmal ausgenommen — die Kraftfahrzeoigsteuerpflicht. Der Umstand, daß d i e B e n u t z u n g des Kraftfahrzeugs zum Verkehr auf öffentlichen Straßen dennoch mitunter Einschränkungen — z. B. der vorgenannten Art — unterliegt, ändert an der Tatsache des Haltens wie am Bestehen (Fortbestehen) der an das Halten geknüpften Steuerpflicht nichts. Insbesondere kann, wie der BFH eingehend dargelegt hat, auch daraus nichts Gegenteiliges geschlossen werden, daß das KraftStG in seinen Vorschriften vom zulassungspflichtigen Kraftfahrzeug ausgeht und die Steuerpflicht auf die Dauer der Zulassung des Kraftfahrzeugs beschränkt. Denn auch die Zulassung zum Verkehr auf öffentlichen Straßen begründet nicht das Recht einer uneingeschränkten räumlichen und zeitlichen Benutzung des Kraftfahrzeugs. So können insbesondere auch öffentliche Straßen vorübergehend gesperrt werden, sei es für jeden Verkehr fz. B. wegen Bauarbeiten), sei es für bestimmte Gruppen von Verkehrsteilnehmern (z. B. für Motorradfahrer in Kurorten in der Zeit von 20—5 Uhr), sei es für bestimmte Verhaltensweisen (z. B. Parken). Beeinträchtigen nun solche Verkehrsverbote für bestimmte Zeiten — wie im vorliegenden Falle — bestimmte Gruppen von Verkehrsteilnehmern kraft Gesetzes, so berechtigt dies weder die Finanzverwaltungsbehörden noch -gerichte, das KraftStG entgegen dem klaren Wortlaut und Sinn seiner Vorschriften i. S. einer Ermäßigung der Steuer auszulegen. Es muß vielmehr dem Gesetzgeber überlassen bleiben, eine solche Ermäßigung vorzuschreiben, wenn sie ihm angesichts der von ihm vorgeschriebenen Verkehrsverbote notwendig erscheint. Für eine solche Notwendigkeit könnte u. a. auch auf den Charakter der KraftSt. als einer Pauschalsteuer verwiesen werden, die — wie jede pauschale Regelung — gewisse Ungleichheiten in der Besteuerung mit sich bringt und denjenigen, der sein Kraftfahrzeug nur selten und/oder nur für kurze Strecken benutzt, relativ stärker belastet. Es ist deshalb schon erworgen worden, die KraftSt. mit dem Preis für Treibstoffe zu koppeln; doch hat sich ergeben, daß eine solche Koppelung abrechnungsmäßig (was L o e p e l m a n n , BFH-Besprediungen, IV. 59.

2 insbesondere audi Steuervergünstigungen anbelangt) so schwierig ist, d a ß die Unebenheiten des augenblicklichen Verfahrens diesen Schwierigkeiten gegenüber das kleinere Übel bilden. Hinzukommt, daß eine solche Regelung umgekehrt diejenigen Verkehrsteilnehmer stärker als bisher belastet, die ihr Fahrzeug überdurchschnittlich benutzen — und wo soll der Durchschnitt angenommen werden? Dennoch kann, wie im Urteil ausgeführt, der derzeitigen Regelung deshalb noch nicht die Verfassungsmäßigkeit abgesprochen werden. Und das um so weniger, als das hier beanstandete Verkehrsverbot in Ansehung der §§ 105 a und b der Gewerbeordnung für einen großen Teil der Kraftfahrzeughalter keine zusätzliche Einschränkung ihrer Möglichkeiten bedeutet. Dr. H. B i r k h o l z , Finanzgerichtsdirektor, Hannover

B F H v . 6 . 8 . 1 9 5 8 (II) 1 II 4 0 / 5 8 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 403

Der Umstand, daß ein unter Nr. 2 der Vergünstigungsvorsdirift fallender Körperbehinderter auf gesetzlichen Unterhalt angewiesen ist, reditfertigt nitht ohne weiteres einen ErlaB der Kraftfahrzeugsteuer. KraftStG 1955 § 3 Abs. 1 Nr. 2.

II. Besprechung 1. Zur Frage des gegebenen Rechtsmittels in den Fällen des § 3 KraftStG 1955. 2. Hat ein Dritter einem Körperbehinderten aufgrund gesetzlidier Verpflichtung Unterhalt zu leisten, so sind für die Frage des Steuererlasses die wirtsdiaftlidien Verhältnisse des Dritten entscheidend. 1. Körperbehinderte, die sich infolge ihrer Körperbehinderung ein Personenkraftfahrzeug halten, k a n n die Steuer für ein Personenkraftfahrzeug von nicht mehr als 2400 ccm Hubraum auf Antrag e r l a s s e n werden, wenn die in Ziff. 1 oder Ziff. 2 des § 3 KraftStG aufgestellten Voraussetzungen auf sie zutreffen. Danach besteht weder für die Gruppe der unter Ziff. 1 nodi für die Gruppe der unter Ziff. 2 einzureihenden Körperbehinderten ein Rechtsanspruch auf Steuerbefreiung. Das war noch in § 9 KraftStDVO v. 29. 7. 1949, der an die Stelle der §§ 44 und 45 KraftStDB 1935 getreten war, durch den ausdrücklichen Hinweis auf § 131 AO klargestellt. Diese Vorschrift ist nunmehr mit dem Inkrafttreten des Dritten Gesetzes zur Aufhebung des Besatzunesrechts v. 23. 7. 1958 (BGBl. I, S. 5401 aufgehoben worden. Aus ihrer inhaltlichen Aufnahme in das KraftStG 1955 folgt indes weder generell nodi — im Gegensatz zur Auffassung des FG Düsseldorf im Urteil v. 12. 12. 1956 (EFG 1957 Nr. 167 S. 1371 - für die Gruppe der Ziff. 1 speziell, daß damit materiell-rechtlich eine Änderung eingetreten sei (so auch FG Stuttgart im Urteil v. 30. 4. 1957, EFG 1957 Nr. 461 S. 368). Vielmehr tritt — wie bisher — die Steuerbefreiung des Körperbehinderten erst aufgrund der gemäß § 3 a. a. O. ergehenden Erlaßverfügung der FinanzVerwaltungsbehörde ein. Daraus ergibt sich, daß als Rechtsmittel im Falle der Ablehnung eines auf § 3 Abs. 1 KraftStG gestützten Antrages nach § 237 AO nur die Beschwerde in Betracht kommt. Erst nach Aussdiöpfung der nach § 237 AO gegebenen Rechtsbehelfe kann über Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes das Gericht zur Nachprüfung angerufen werden. Der Umfang seines Prüfungsrechts ist im BFH-Gutachten v. 17. 4. 1951 Gr. S. D 1/51 S (BStBl. 1951 III S. 107} eingehend dargestellt worden. Dasselbe gilt für den Widerruf der Steuerbefreiung wegen mißbräuchlicher Benutzung des Kraftfahrzeugs, für das dem Halter eine Steuervergünstigung gewährt worden war (§ 3 Abs. 3 KraftStG). Wird jedoch der Widerruf im Bescheid über die Nachforderune bzw. Anforderung der Steuer ausgesprochen, so ist gem. §§ 228, 229, 235 Abs. 5 AO das Berufungsverfahren gegeben (RFH-Urteil v. 26. 3. 1928 Gr. S. 1/28 - amtl. Slg. Bd. 23 S. 134; Komm. z. AO, Hübschmann-Hepp-Spitaler, Anm. 5, Kühn, 3. Aufl., Anm. 3 zu § 235). L o e p e l m a n n , BFH-Besprediungen, IV. 59.

2 2. Ist ein Kraftfahrzeug auf einen Körperbehinderten zugelassen worden und wird es somit von ihm gehalten und nach Maßgabe des § 3 KraftStG genutzt, so ist es für die Frage mach einem Erlaß der Steuer in der Regel ohne Bedeutung, daß die Kosten der Anschaffung und der Unterhaltung von einem Dritten getragen werden, wenn die eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse dem Körperbehinderten dies nicht erlauben. Ist der Dritte dem Körperbehinderten indes kraft Gesetzes zur Übernahme dieser Kosten verpflichtet — Unterhaltspflicht und Redit auf Unterhalt zwischen Verwandten gerader Linie sind nach Grund und Umfang in §§ 1601 ff. BGB geregelt —, ist nicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Körperbehinderten, sondern auf die des Dritten abzustellen. Dr. H. B i r k h o l z , Finanzgeriditsdirektor, Hannover

BFH v. 6.8.1958 (111)1 II 251/57 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 379

In Grunderwerbsteuersadien ist auch im Lande Baden-Württemberg gemäfi § 1 Abs. 1 Nr. 1 des baden-württembergischen AO-Anpassungsgesetzes vom 27. Juni 1955 nadi wie vor das Einsprudisverfahren nadi §§ 229, 259 AO gegeben; § 26 Abs. 1 Nr. 1 des baden-württembergisdien Landesverwaltungsgesetzes vom 7. November 1955 ist insoweit nidit anwendbar. AO §§ 229, 259; baden-württembergisches AO-Anpassungsgesetz vom 27. Juni 1955 § 1 Abs. 1 Nr. 1; baden-württembergisches Landesverwaltungsgesetz vom 7. November 1955 § 26 Abs. 1 Nr. 1.

II. Besprechung

Das Urteil ist trotz der zitierten AO-Bestimmungen örtlich und zeitlich nur von sehr begrenzter Bedeutung. Es stellt im Grunde lediglich klar, daß auch für die Zeit vom 1.4.1956 (Inkrafttreten des baden-württembergischen Landesverwaltungsgesetzes vom 7.11.1955) bis zum Inkrafttreten des baden-württembergischen Gesetzes über die Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 12. 5.1958 in diesem Bundesland Grunderwerbsteuerbescheide nur mit dem Rechtsmittel des Einspruchs bzw. der Sprungberufung nach § 261 AO angefochten werden können. Zweifel an dieser Rechtslage waren durch das Landesverwaltungsgesetz vom 7.11.1955 entstanden, das sich aber, wie der BFH richtig hervorhebt, nur zum Ziel gesetzt hatte, uneinheitliche Rechtsmittelregelungen auf dem Verwaltungssektor innerhalb der verschiedenen früheren Landesteile Baden, Württemberg-Hohenzollern und Nord-Württemberg zu vereinheitlichen, nicht aber das 5 Monate vorher am 27.6.1955 ergangene baden-württembergische AO-Anpassungsgesetz anzutasten. Nach diesem im BStBl. 1955 II S. 128 veröffentlichten Gesetz ist — wie wohl in allen anderen Ländern — auch in Württemberg-Baden auf öffentlich-rechtliche Abgaben, die der Gesetzgebung des Bundes nicht unterliegen und von den Landesfinanzbehörden verwaltet werden, die AO in der jeweiligen Fassung anzuwenden, die für die bundesrechtlich geregelten Steuern gilt. Dieses Verhältnis der zitierten Landesgesetze untereinander bezüglich der Rechtsmittelregelung für Grunderwerbsteuerbescheide hat der II. Senat zutreffend unter Verwendung der bekannten höchstrichterlichen Auslegungsregeln (IV 10/57 U vom 12.12.1957 = BStBl. 1958 III S 154 = Slg. Bd. 66 S. 401 und II 128/57 U vom 16.4.1958 = BStBl. 1958 III S. 280) herausgearbeitet und zur Auslegung vor allem die Begründung zum Landesverwaltungsgesetz vom 7.11.1955 herangezogen. Bemerkenswert ist der Schlußsatz des Urteils. Danach hat der II. Senat keine Bedenken, daß, selbst wenn der Steuerpflichtige mit seinem durch, das Urteil zugelassenen Einspruch gegen den Grunderwerbsteuerbescheid im Ergebnis unterliegen sollte, die Rechtsbeschwerdegebühren und die dem BFH durch die Rechtsbeschwerde entstandenen Kosten ganz erlassen werden. Ich sehe darin einen verständigen Hinweis, daß der insoweit auf dem Rüdcen des Steuerpflichtigen ausgetragene Rechtsstreit, hervorgerufen durch eine nidit eindeutige Landesgesetzgebung, dem Steuerpflichtigen nicht auch noch zusätzliche Rechtsmittelkosten verursachen soll. Rechtsanwalt Dr. P. W e g e m e r , Fachanwalt für Steuerrecht, Hamburg L o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, VII 59.

BFH v. 7.8.1958 (1)1 IV 174/56 U BStBl. 1958 III S. 394

I. Leitsatz des Urteils

Ausnahmegenehmigungen auf Grund § 7 Abs. 2 b WoBauG sind für die Finanzbehörden und Finanzgerichte verbindlich, und zwar gemäß § SO Abs. 1 WoBauG auch hinsichtlich der in der Zeit vom 1. Januar 1950 bis zum 31. Juli 1953 bezugsfertig gewordenen Wohnungen oder Gebäude. EStG 1950 § 7c; WoBauG in der Fassung vom 25. August 1953 §§ 7 Abs. 2b, 50 Abs. 1.

II. Besprechung

Ausnahmegenehmigung haben rechtsbegründenden Charakter Es handelt sidi um eine Frage aus dem Gebiet der Anerkennung von 7c-Besdieinigungen. Für alle Fälle nach dem 1. 7.1956 ist die Behandlung dieser Bescheinigungen eindeutig geklärt. Denn nach § 95 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes v. 27.6.1956 (BGBL I S. 523) sind die Bescheinigungen der zuständigen Behörden in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht verbindlich und unterliegen nicht der Nachprüfung durch die Finanzbehörden und Finanzgerichte. Für die vorhergehende Zeit war die Sachlage anders. Damals konnten die Finanzbehörden die von den zuständigen Verwaltungsbehörden ausgestellten 7c-Besdieinigungen auch hinsichtlich ihrer sachlichen Richtigkeit nachprüfen. Eine Ausnahme von dem Nachprüfungsrecht wurde durch das Wohnungsbaugesetz in der Fassung vom 25.8.1953 (BGBl. I S. 1047) geschaffen. Sie betraf die sog. Ausnahmegenehmigungen, durch die insbesondere Überschreitungen der zulässigen Wohnfläche gestattet werden können. In dem entschiedenen Fall handelte es sich vornehmlich um die Frage, ob den durch die Fassung des Wohnungsbaugesetzes vom 25. 8.1953 neu eingeführten Ausnahmegenehmigungen rückwirkende Kraft beigelegt werden konnte, so daß sie noch mit Wirkung ab 1.1.1950 wirksam waren. Der BFH hat diese Frage bejaht. Eine Ausnahmegenehmigung nach § 7 Abs. 2b WoBauG hat, wie er mit Recht feststellt, für alle Beteiligten rechtsbegründenden Charakter. Es würde auch zu großen Unzuträglichkeiten führen, wenn eine Verwaltungsstelle eine größere als die sonst zulässige Wohnfläche ausdrücklich genehmigt, eine andere Verwaltungsstelle diese Genehmigung aber als unbeachtlich behandelt. Das Unerfreuliche an diesem Fall ist nur, daß eine Ausnahmegenehmigung erst nach Ablauf von über vier Jahren seit dem Bau des Hauses und seit Ablauf von über zwei Jahren seit der gesetzlichen Schaffung der Möglichkeit zur Erteilung von Ausnahmegenehmigungen gegeben wurde. Eine Ausnahmegenehmigung sollte doch vor dem Bau des Hauses, zumindest aber kurz hinterher erteilt werden. Die rechtliche Möglichkeit, eine Ausnahmegenehmigung so spät zu erteilen, ist aber vorhanden. Wenn davon Gebrauch gemacht wird, um einen unbefriedigenden Fall aus der Welt zu schaffen, sollte man das begrüßen. Dem BFH gab jedenfalls die späte Erteilung der Ausnahmegenehmigung, da sie rechtlich zulässig ist, keinen Anlaß, dem Finanzamt beizupflichten. Gegen die Entscheidung ist nichts einzuwenden. Ministerialdirigent Dr. Dr. L e n s k i ,

Loepelmann,

BFH-Besprediungen, VII 59.

Hannover

BFH v. 8.8.1958 (I) 1 VI 127/58 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 385

Beantragt ein Steuerpflichtiger im Reditsstreit über eine Steuererstattung ausdrütklidi die Verzinsung des Erstattungsbetrags, so ist der Zins bei der Feststellung des Streitwerts außer Betradit zu lassen. AO § 320.

II. Besprechung Als Streitgegenstand gilt nur, was für die Steuer, über die zu entsdieiden ist, erstrebt wird. Für den Wert des Streitgegenstandes ist der Steuerbetrag maßgebend, um den gestritten wird. Daraus ergibt sich, daß, wenn z. B. von der Festsetzung der Einkommensteuer die Höhe von Handelskammer- oder Krankenkassenbeiträgen oder von der Erreichung eines bestimmten Einkommens die Zahlung von Renten usw. abhängt, diese nicht bei der Feststellung des Werts des Streitgegenstandes mitzurechnen sind, da sie keine Steuern im Sinn der AO darstellen. Für die Frage, welche steuerrechtlidien Belange des Pflichtigen bei der Bemessung des Streitwerts zu berücksichtigen sind, wird unterschieden, ob sich das Rechtsmittel gegen die Heranziehung zu einer bestimmten Steuerart richtet oder ob es sich etwa um Einheitswertsachen handelt, wo der strittige Einheitswert sich auf verschiedene Steuern des Bundes, der Länder und der Gemeinden auswirkt, oder um die Festsetzung eines Steuermeßbetrags, der die Grundlage für den von der Gemeinde zu erhebenden Steuerbetrag bildet, oder um eine einheitliche Gewinnfeststellung, von der die Veranlagung der Gesellschaften zur Einkommensteuer abhängig ist. In den letzteren Fällen, wo unmittelbar kein Steuerbetrag in Streit befangen ist, ist der Streitwert nach den Wirkungen zu bemessen, die die Entscheidung über das Rechtsmittel auf die abhängigen Steuern ausübt. Handelt es sich dagegen um ein Rechtsmittel gegen die Heranziehung zu einer bestimmten Steuerart, so sind die sich anschließenden Bundes- und Landessteuern nicht in den Streitwert einzubeziehen. (Vgl. RFH-Gutachten Gr. S. D 3/38 vom 28. 5. 1938, RStBl. 1938 S. 554.) Als Streitgegenstand gilt also nur das, was für die Steuern, über die unmittelbar zu entscheiden ist, erstrebt wird. Auf dieser Grundlage hat der BFH im Urteil IV 410/55 U vom 25. 8. 1955, BStBl. 1955 III, 298, entschieden, daß in dem Verfahren über ein Rechtsmittel, das ein Steuerpflichtiger gegen den Einkommensteuerbescheid eingelegt hat, bei der Feststellung des Werts des Streitgegenstandes weder die Abgabe Notopfer Berlin noch die Kirchensteuer zu berücksichtigen ist. Daß auch die Gewerbesteuer, soweit sie sich an die im Rechtsmittelverfahren umstrittene Einkommensteuer anschließt, für die Bemessung des Streitwertes auszuscheiden hat, ist in dem Urteil VI A 986/33 vom 12. 9. 1933, RStBl. 1933 S. 964, ausdrücklich gesagt. Für Zinsen hat der RFH in dem Urteil IV A 209/25 vom 17. 11. 1925, Bd. 17 S. 284 ausgesprochen, daß Verzugszinsen bei der Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes nicht zu berücksichtigen sind, wenn sie als NebenL o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, I. 59.

2 forderung geltend gemacht und nur deshalb bestritten werden, weil die Hauptforderung bestritten ist. Bei dieser Entscheidung stützt sich der RFH ebenso wie jetzt der BFH in den oben bezeichneten Urteilen auf § 4 Abs. 1 ZPO, wonach für die Wertberechnung Zinsen unberücksichtigt bleiben, wenn sie als Nebenforderung geltend gemacht werden. Es könnte die weitere Frage aufgeworfen werden, ob denn bei der Erstattung überhaupt Zinsen von dem Erstattungsberechtigten mit Recht gefordert werden können. Dem steht m. E. der Wortlaut des § 20 Abs. 3 StAnpG entgegen, wonach weder bei der Erstattung oder Vergütung, noch bei der Hinterlegung baren Geldes Steuerzinsen gezahlt werden. Der Anspruch auf Zinsen könnte also nur gerechtfertigt sein, wenn diese Vorschrift für ungültig erklärt oder geändert würde. Für eine Ungültigerklärung sehe ich keinen Grund. Bei einer Änderung der gesetzlichen Vorschrift ist zu bedenken, daß dann die entsprechende Anordnung über Stundungszinsen sicherlich auch wieder zur Geltung käme. Hätte aber die Einführung von Erstattungszinsen auch die Einführung von Stundungszinsen zur Folge, könnte sich hieraus für die Steuerpflichtigen sicherlich kein Vorteil ergeben. Daß der BFH in dem entschiedenen Falle diese Frage nicht angeschnitten hat, zeigt, daß er seiner Entscheidung über die Streitwertstellung auf breiter Basis und unabhängig von der Frage kundtun wollte, ob ein Zinsanspruch überhaupt besteht. Bundesrichter Prof. Dr. v. W a l l i s , München

BFH v . 8 . 8 . 1 9 5 8 (II) 1 VI 137/57 u BStBl. 1958 III S. 409

I. Leitsatz des Urteils Zur Frage der Fehlerberiditigung nach § 222 Abs. 1 Ziff. 4 AO. AO § 222 Abs. 1 Ziff. 4.

II. Besprechung Redit und Billigkeit können erfordern, daB ein Fehler von der Aufsichtsbehörde nadi § 222 Abs. 1 Ziff. 4 AO zugunsten des Steuerpflichtigen aufgedeckt und die Beriditigung der fehlerhaften Veranlagung veranlaßt wird. Alle Staatseinnahmen, also auch die Steuern, erfahren eine Nachprüfung durch die Aufsichtsbehörde (Rechnungshof, OFD); führt diese Nachprüfung zur Aufdeckung von Fehlern, so ist es nur folgerichtig, der Nachprüfung auch dadurch Wirkung zu verschaffen, daß sie eine Berichtigung der Veranlagung veranlaßt. Hierüber hat sich der Gesetzgeber in den Ziff. 3 und 4 des § 222 AO ausgesprochen, wobei er zum Schutz des Steuerpflichtigen die Berichtigung zu dessen Ungunsten (Ziff. 3) erheblich eingeschränkt hat; denn die laufenden Steuern vom Einkommen, Ertrag, Umsatz und Vermögen dürfen nicht zu Ungunsten des Steuerpflichtigen berichtigt werden (vgl. BFH III 273/57 S vom 7. 2. 1958, BStBl. 1958 III S. 157). Eine solche Beschränkung besteht bei einer Berichtigung zugunsten des Steuerpflichtigen (Ziff. 4) nicht. Die Berichtigungsmöglichkeit nach § 222 Abs. 1 Ziff. 4 AO gilt nur für Fehler des Finanzamts, nicht wenn dem Steuerpflichtigen ein Versehen unterlaufen ist. Dies ist durch Urteil IV 444/53 U vom 1. 7. 1954, BStBl. 1954 III, 265 für die Fehlerberichtigung nach § 92 Abs. 3 AO klargestellt, darf aber auch hier angenommen werden. Die Aufsichtsbehörde ist grundsätzlich berechtigt, Fehler aufzudecken, nicht dagegen verpflichtet. Der Steuerpflichtige kann also nicht durchsetzen, daß jeder nach der Rechtskraft erkannte Fehler bei der Veranlagung durdi die Aufsichtsbehörde aufgedeckt und berichtigt wird. Ein Recht des Steuerpflichtigen könnte als Reflexrecht nur dann angenommen werden, wenn das Gesetz die Aufsichtsbehörde zur Fehleraufdeckung verpflichtet hätte. Dies ist aber eindeutig nicht der Fall; eine solche Vorschrift würde idi auch nicht für empfehlenswert halten, weil das Institut der Rechtskraft im Steuerredit hierdurch zur Bedeutungslosigkeit verurteilt würde — während die Notwendigkeit hierfür im Interesse der Rechtssicherheit unbestritten ist. Eine solche Forderung würde ohne Zweifel das Bestreben der Verwaltung fördern, auch ihrerseits die Aufhebung der Rechtskraft zu Ungunsten des Steuerpflichtigen anzustreben, was aber aus rechtsstaatlidhen Gründen vom BFH abgelehnt worden ist (vgl. BFH IV 320/53 vom 18. 2. 1954, BStBl. 1954 III, 133). Der Steuerpflichtige hat kein Anrecht darauf, daß die Aufsichtsbehörde den Fehler aufdeckt; ihre Weigerung kann u. U. gegen Treu und Glauben verstoßen und nach Ausschöpfung des Beschwerdeweges ein finanzgerichtlidies Verfahren wegen Ermessensmißbrauchs auslösen. Unter diesem Gesichtspunkt hat der BFH die Ablehnung der Fehleraufdeckung für gerechtfertigt gehalten, wenn ein rechtskräftiges Urteil des Finanzgerichts in der Sache bereits vorlag. (Vgl. Urteil III 188/50 U vom L o e p e l m a n n , BFH-Besprediungen, IV. 59.

2 1. 2. 1957, BStBl. III, 98). Macht der Abgabepflichtige, obwohl er einen nach seiner Ansicht vorliegenden Veranlagungsfehler rechtzeitig erkannt hat, von der Möglichkeit eines Rechtsmittels keinen Gebrauch, so ist die Aufsichtsbehörde nicht gehalten, eine Anregung des Abgabepflichtigen, die Fehlerberichtigung im Wege des § 222 Abs. 4 AO herbeizuführen, Folge zu leisten. Man wird darüber hinaus sagen dürfen, daß die Fehleraufdedcung nicht gefordert werden kann, wenn sich infolge Änderung der Rechtsprechung herausstellt, 'daß eine rechtskräftige Veranlagung dieser nunmehr vom BFH geforderten Auslegung nidit entspricht, also unrichtig ist. Gleichwohl hat der BFH auch in einem solchen Fall die Fehleraufdeckung für geboten gehalten, in dem Schenkungssteuer zu Unrecht erhoben worden war. (BFH IV 196/54 U vom 27. 4. 1955, BStBl. 1955 III, 201.) Mit dem Urteil III 75/54 S vom 28. 8. 1954, BStBl. 1954 III, 306 hatte der BFH entschieden, daß Zuwendungen zur Förderung des Wohnungsbaus, bei denen die Voraussetzungen des § 7 c EStG gegeben sind, keine Schenkungen i. S. des Erbschaftsteuergesetzes darstellen und daß sie daher auch d a n n nicht der ErbSt unterliegen, wenn sie an Personen der Steuerklasse I bis IV gegeben werden. Der BFH hat mit diesem Urteil ausgesprochen, daß § 18 Abs. 1 Ziff. 16 a ErbStG insoweit gegenstandslos war. Bei dem Urteil IV 196/54 ist der BFH wohl von dem Gedanken ausgegangen, daß der Staat selbst die. Steuerpflichtigen • durch eine widerspruchsvolle Gesetzestextierung zu täuschen vermochte* — d a ß es aber unbillig, sei, wenn alle diejenigen Steuerpflichtigen geschädigt blieben, die im Vertrauen darauf, daß der Gesetzgeber widerspruchsfrei, taxtiere, die in Betracht kommenden Schenkungsteuerveranlagungen rechtskräftig werden, ließen. Mit dieser Entscheidung hat der BFH die Frage,-ob die Ablehnung der Fehlerberichtigung gerechtfertigt ist, unter das. Gebot von Treu und Glauben gestellt. Der. Rechtsalz von Treu und Glauben wird über die positive Gesetzesvorschrift gestellt, — was- nicht allenthaltben gebilligt wird (vgl. u. a. Kruse, An den- Grenzen von Treu und Glauben in StW 1958 Sp. 719 ff.). Hier — wo es sich um die Frage der Berichtigungsmöglichkeit handelt — scheint es mir aber richtig zu sein, nicht zuzulassen, daß die Verwaltung sich wider Treu und Glauben auf das Gesetz beruft — der Mißbrauch eines Rechts ist nicht Recht. Recht und Billigkeit erfordern eine Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen (BFH V z 183/54 S v. 7, 12. 55, BStBl. 1956 III, 75) und der BFH hat ausgesprochen, daß sich der Steuerpflichtige nicht über den Verlust eines Rechtes beklagen kann, wenn er seine Mitwirkungspflicht verletzt hat. Erfüllt er aber diese Pflicht, so tut er das, was ihn vor Schaden bewahrt. Damit ist er aber nicht von der Rechtskraft geschützt; entspricht der Steuerbescheid nicht seinen Wünschen, so kann er Rechtsmittel einlegen. -Legt er kein Rechtsmittel ein, so muß er die fehlerhafte Veranlagung hinnehmen. Man muß dem Steuerpflichtigen dasselbe entgegenhalten, was der III. Senat im Urteil III 188/56 a. a. O. getan hat. Im vorliegenden Falle hat der BFH die Nichtbeachtung einer mündlichen Besprechung beim FA für so schwerwiegend gehalten, daß er dem FA

BFH v . 8 . 8 . 1 9 5 8 ( 1 1 ) 3 versagte, sich auf die Rechtskraft zu berufen. Der Steuerpflichtige hat zunächst eine unrichtige Erklärung zu seinen Ungunsten abgegeben und diese in einer mündlichen Besprechung berichtigt; die mündliche Berichtigung ist bei der Veranlagung übersehen worden. Aus dem Tatbestand geht nicht hervor, daß das FA die Veranlagung schuldhaft zum Nachteil des Steuerpflichtigen gefertigt hat; das Urteil spricht von einem „Versagen". Wenn in dem enschiedenen Fall ein Verschulden des FA vorliegt, wenn es sich um mehr handelt als um einen bloßen Irrtum oder wenn im Anschluß an die Besprechung besondere Zusagen des FA erfolgt sind, will ich dem Urteil folgen. Wenn aber nicht m e h r feststellbar ist als ein Irrtum des Finanzamts, könnte m. E. der Fall nicht anders entschieden werden als wenn das FA trotz richtiger Steuererklärung irrtümlich eine fehlerhafte Veranlagung zu Ungunsten des Steuerpflichtigen vorgenommen hat. Für diese letzte Annahme spricht manches: Das Unteil sagt nicht deutlich, daß es dem FA mehr zum Vorwurf machen will, als daß es sich geirrt habe. Es sagt, der Steuerpflichtige müsse sich darauf verlassen können, daß ein mündlich klargelegter, rechtlich nicht zweifelhafter Sachverhalt richtig von den Veranlagungsbeamten gewürdigt wird. Diesem Satz — für sich betrachtet — kann man m. E. nicht zustimmen; wenn man ihn verallgemeinern wollte, würde er eine nicht zu rechtfertigende Durchbrechung der Rechtskraft darstellen, wie ich sie oben geglaubt habe, ablehnen zu sollen (vgl. auch Hübschmann-Hepp-Spitaler, AO § 222 Anm. 14). M. E. kann sich grundsätzlich der Steuerpflichtige nicht darauf verlassen, daß seine Erklärungen im Steuerbescheid voll gewürdigt sind; er muß sich die Mühe machen, den Steuerbescheid zu lesen und mit seiner Erklärung zu vergleichen. Ich erkenne keinen Unterschied zwischen Anträgen, die der Steuerpflichtige in seiner Erklärung macht und solchen, die er später zur Berichtigung seiner Erklärung abgibt. In beiden Fällen kann Treu und Glauben das FA nicht zu einer Berichtigung der Veranlagung veranlassen, die durdi Versäumung des Rechtsmittels rechtskräftig geworden ist. Es muß also bei der Besprechung beim FA mehr geschehen sein als der Tatbestand aussagt. Dafür spricht jener Satz, daß der Steuerpflichtige „auf Grund der ihm gegebenen Aufklärung durch den Veranlagungsbeamten darauf vertrauen durfte, daß der gegen ihn ergangene Steuerbescheid dem Gesetz entspreche". Wenn der Veranlagungsbeamte dem Steuerpflichtigen auf Grund der Besprechung z. B. gesagt hat, er könne beruhigt nach Hause gehen, es werde alles in seinem Sinne erledigt, oder wenn er in anderer Weise veranlaßt hat, daß der Steuerpflichtige kein Rechtsmittel einlegte, nur dann scheinen mir Treu und Glauben zu gebieten, dem FA die Berufung auf die Rechtskraft zu versagen. Nur wenn das FA eine solche, über den Irrtum bei der Veranlagung hinausgehende Bindung geschaffen hat, verstößt m. E. die Ablehnung der Berichtigung gegen Treu und Glauben. Bundesrichter Prof. Dr. H. v. W a l l i s , München

B F H v . 8 . 8 . 1 9 5 8 (III) 1 VI 194/57 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 378

Die Aufwendungen für die Beschaffung eines Fernsehgeräts können audi dann nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden, wenn der Steuerpflichtige als Sowjetzonenflüchtling Hausrat und Kleidung verloren hat. EStG § 33.

II. Besprechung Steuerermäßigung für die Beschattung von Hausrat. 1. Hausrat als Gegenwert Die Anschaffung eigenen Hausrats ist nicht nadi § 33 EStG begünstigt, da der Steuerpflichtige lediglich sein Vermögen umschichtet, d. h. G e g e n w e r t e erlangt (BFH IV 243/52 U vom 5. 3. 1953, BStBl. 333 S. 126). Nun ist allerdings die Frage, wann der Erwerb eines Gegenwerts der Anwendung des § 33 EStG entgegensteht, n o c h n i c h t s y s t e m a t i s c h g e k l ä r t . In dem nicht veröffentlichten Urteil IV 357/51 vom 27. 3. 1952 (angeführt in BStBl. 1953 III S. 299) hat zwar der BFH die Frage schlechthin bejaht. Dem kann man m. E. nicht folgen, denn im allgemeinen steht jeder Leistung ein Wert gegenüber. Auch der BFH hat an seiner Auffassung nicht festgehalten. In dem Urteil IV 376/51 S vom 16. 10. 1952 (BStBl. 1 III S. 298) führt er aus, man könne nicht starr an dieser allgemeinen Kegel festhalten, müsse vielmehr v o n F a l l z u F a l l entscheiden, ob die Erlangung eines Gegenwertes die Steuerermäßigung nach § 33 EStG verbiete. M. E. muß man unterscheiden, ob sich der Gegenwert auf der Aktivseite des Vermögens auswirkt oder lediglich zu einer Minderung des Passivvermögens führt. Bei einer U m s c h i c h t u n g d e s A k t i v v e r m ö g e n s (z. B. Hingabe von Geld zur Anschaffung von Hausrat) ist § 33 EStG ausgeschlossen. M i n d e r t d e r G e g e n w e r t d a g e g e n d a s P a i s s i v v e r m ö g e n (z.B. Schuldentilgung und damit Fortfall einer Zahlungspflicht), so wird er im allgemeinen unschädlich sein. Das ergibt sich bereits aus § 33 a EStG. Nach dieser Vorschrift erhält der Steuerpflichtige bestimmte Freibeträge, wenn er seiner Unterhaltspflicht nachkommt; Unterhaltsleistungen vermindern jedoch die Unterhaltspflicht und haben insoweit das Entstehen eines Gegenwerts zur Folge. Der Gesetzgeber sieht das aber als unschädlich an. 2. Ausnahmeregelung für die Wiederbesdhafiung von Hausrat. Schafft sich ein Steuerpflichtiger Hausrat- und Kleidungsstücke an, die er früher verloren hat, so erlangt er zwar auch Gegenwerte; in diesem Ausnahmefall ist das jedoch unschädlich im Sinn des § 33 EStG. Das war früher ausdrücklich in § 33 Abs. 2 EStG 1950 bis 1953 vorgeschrieben. Eine entsprechende Vorschrift ist zwar nicht in § 33 EStG 1955 ff. übernommen worden. Trotzdem hat der IV. Senat in dem hier erörterten Fall, der sich im Jahre 1956 abspielte, den Reditsgedanken aus den Einkommensteuergesetzen der Vorjahre übernommen. Dem ist zuzustimmen. Der Bf. hatte

L o e p e l m a n n , BFH-Besprediungen, IV. 59.

2 als Sowjetzonenflüditling Hausrat und Kleidung eingebüßt und mußte sich im Bundesgebiet erneut ausstatten. Unter diesen Umständen darf der Gegenwert grundsätzlich nicht der Anwendung des § 33 EStG entgegenstehen. Die Ausnahmeregelung in § 33 Abs. 2 EStG 1950 bis 1953 betraf nur Fälle, in denen ein Steuerpflichtiger Hausrat und Kleidung durch K r i e g s e i n w i r k u n g oder durch A u f g a b e d e s W o h n s i t z e s in einem zum Inland gehörenden Gebiet außerhalb des Bundesgebietes verloren und keinen Ersatz aus öffentlichen Mitteln erhalten hatte. Nach Fortfall dieser Vorschrift in den EStG 1955 ff. muß m. E. entsprechendes auch für andere Fälle der Wiederbeschaffung von Hausrat gelten, sofern der Verlust unvermeidbar war. So darf m. E. der Erwerb eines Gegenwerts auch dann nicht dem § 33 EStG entgegenstehen, wenn etwa ein Steuerpflichtiger infolge S c h e i d u n g einen Teil der Wohnungseinrichtung seiner früheren Ehefrau überlassen mußte und er deshalb zu Wiederbeschaffungen gezwungen ist. Mit anderen Worten: beruht der Verlust von Hausrat und Kleidung auf einem unabwendbaren Ereignis (auch B r a n d und D i e b s t a h l gehören regelmäßig hierher) und hat der Steuerpflichtige keinen Geldersatz erlangt, so fallen die Wiederbeschaffungskosten grundsätzlich unter § 33 EStG 1955 ff. 3. Zwangsläufigkeit der Wiederbeschaffung. In dem Streitfall hatte sich der Bf. ein F e r n s e h g e r ä t angeschafft, das er offensichtlich früher nicht gehabt hatte. Er war der Meinung, die Frage der Wiederbeschaffung beurteile sich nicht nach den jeweils angeschafften E i n z e l s t ü c k e n ; es komme nur darauf an, ob die Wohnungseinrichtung in ihrer G e s a m t h e i t verloren gegangen sei und durch eine andere ersetzt werde. Der IV. Senat läßt diese Frage offen. Er läßt auch dahingestellt, ob jede Wiederbeschaffung zwangsläufig sein müsse. Er verneint jedoch die Zwangsläufigkeit der Anschaffung von Gegenständen, die ein Steuerpflichtiger w e d e r v e r l o r e n hat, n o c h z u r a n g e m e s s e n e n A u f f ü l l u n g von Hausrat und Kleidung üblicherweise n o t w e n d i g sind. Dem ist ohne weiteres zu folgen. Ein Fernsehgerät gehört in der heutigen Zeit noch nicht zwangsläufig zum üblichen Hausrat. Kommt hinzu, daß der Steuerpflichtige es früher nicht verloren hat, so ist für die Anwendung des § 33 EStG kein Raum. Finanzgeriditspräsident Dr. B r o c k h o f f ,

Hannover

BFH v . 8 . 8 . 1 9 5 8 (IV) T VI 90/58 U BStBl. 1958 III S. 418

I. Leitsatz des Urteils

Die Bestimmung des § 32 a Satz 1 EStG 1957, wonadi Ehegatten, wenn sie nach § 26 a EStG 1957 getrennt veranlagt werden, in die Steuerklasse I fallen, ist rechtsgültig. GG. Art. 3 Abs. 1, Art. 0 Abs. 1; EStG 1957 § 32 a.

II. Besprechung Dem zutreffenden Ergebnis fehlt die hinreichende Begründung. Das Urteil betrifft eine Spezialfrage aus der verfassungsrechtlichen Problematik um die Übergangsregelung der Ehegattenbesteuerung durch das EStG 1957. Diese Problematik beruht darauf, daß der für die streitige Übergangsregelung ursächliche Beschluß des BVerfG v. 17. 1. 1957 1 BvL 4/54 über die Nichtigkeit des § 26 EStG 1951 (BVerfGE 6, 55 - 84 = BStBl. 1957 I S. 193 — 202) für eine Übergangszeit in gewissem Umfange zu neuen Ungereimtheiten führen mußte, wenn der Ubergangsgesetzgeber dem für diesen Beschluß allein maßgebenden 1 ) Verfassungsrechtsschatz über den besonderen staatlichen Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 I GG) so schnell wie möglich Rechnung tragen wollte. Im vorliegenden Fall hatte der Rechtsbeschwerdeführer (Rbf.) geltend gemacht, die Zuweisung getrennt veranlagter Ehegatten in die Steuerklasse I gemäß § 32 a EStG 1957 sei verfassungswidrig, sie verletze „Art. 6 I und Art. 3 GG . . . ; die Regelung bedeute eine mit dem GG nicht vereinbare Benachteiligung von Ehegatten und werde dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts v. 17. 1. 1 9 5 7 . . . nicht gerecht". Der BFH läßt nicht erkennen, ob er diese Einwände „an sich" für berechtigt hält und ihnen nur mit Rücksicht auf den von ihm angenommenen „Übergangsnotstand" keine Folge gibt, oder ob er auch einen Verstoß gegen einen, gegen mehrere oder gegen alle der vom Rbf. benannten Maßstäbe verneint. Einmal heißt es, das Schwergewicht des BVerfG-Beschlusses v. 17. 1. 1957 liege in der Feststellung, daß § 26 EStG 1951 in Verbindung mit dem überkommenen stark progressiven Einkommensteuertarif „oft zu einer ungerechten und mit dem Grundrecht des Art. 6 Abs. 1 G G . . . schwer zu vereinbarenden Benachteiligung der Ehegatten" geführt habe; diesem verfassungsrechtlichen Bedenken habe der Übergangsgesetzgeiber dadurch Rechnung getragen, daß er die Ehegatten wie Unverheiratete stellte; deshalb liege es nahe, auch jeden Ehegatten nach Steuerklasse I zu behandeln; dagegen könnten „aus dem Wortlaut und dem Sinn der Entscheidung des BVerfG keine Bedenken (!) erhoben werden". Zum andern aber heißt es, gegen eine Gewährung der Steuerklasse II an einen oder beide Ehegatten könnten „von den nicht dadurch begünstigten Ehegatten (sc. vor allem der Einverdiener-Ehen) unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 GG) und des Schutzes und der Förderimg der Ehe (Art. 6 Abs. 1 GG) zumindest ebenso (?) gewichtige (?) verfassungsrechtliche Bedenken (!) erhoben wer') Vgl. Friedrich K l e i n : Der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts zur Ehegattenbesteuerung in verfassungsrechtlicher Sicht, DÖV 1957 S. 567-578, S. 572 unter III vor 1 und S. 575 unter IV vor 1.

Loepelmann,

BFH-Besprechungen, IV. 59.

2 den, wie der Bf. sie von seinem Standpunkt (?) aus gegen die jetzige Regelung . . . erhebt" 1 3 ]. Und schließlich greift der BFH auf die „besonders schwierige Lage" des Übergangsgesetzgebers, auf „gute Gründe" für die von ihm gewählte Regelung und auf den „unter diesen Umständen" gewahrten Rahmen des „politischen Ermessens" sowie schließlich darauf zurück, „daß der Gesetzgeber bemüht war, die bei der Übergangsregelung... unvermeidlich auftretenden Schwierigkeiten so schnell wie möglich aus der Welt zu schaffen, indem er durch das G e s e t z . . . v. 18. 7. 1958 (BGBl. 1958 I S. 473 = BStBl. 1958 I S. 412) mit Rückwirkung ab 1. 1. 1958 die Ehegattenbesteuerung auf der Grundlage des Splitting-Tarifs endgültig geregelt hat". Nach diesen W i d e r s p r ü c h e n u n d nach der ungewöhnlichen E n t scheidung über die materielle Rechtmäßigkeit einer Norm auch aus dem Zeitpunkt ihrer späteren Ablösung bleibt als eigentliche Grundlage des Urteils nur der Eindruck eines Ergebnis-Pragmatismus, der vor einer Auseinandersetzung mit den vom Rbf. angeführten Grundrechtsbestimmungen und mit den ¡aus dem BVerfG-Beschluß v. 17. 1. 1957 für den vorliegenden Fall zu ziehenden Folgerungen resigniert. Selbst dafür bleibt das Urteil eine schlüssige Begründung schuldig. Insbesondere ist es sachlich unrichtig, wenn der BFH zur Umschreibung der „besonders schwierigen Lage" des Gesetzgebers ausführt: „Der Gesetzgeber stand vor der Notwendigkeit, bei der Übergangsregelung zahlreiche schwerwiegende und z. T. sich überschneidende verfassungsrechtliche Grundsätze miteinander in Einklang zu bringen." Denn es geht in dem Streit um die vom BFH hier allein behandelten Fragen des materiell-verfassungsrechtlichen Ehegattenbesteuerungsrechts weder um zahlreiche noch um zahlreiche schwerwiegende verfassungsrechtliche Grundsätze, sondern ausschließlich um die Beachtung des Art. 6 I GG unter diesbezüglicher Wahrung des Art. 3 I GG in einer Übergangsregelung. Noch mehr befremdet, daß sich der BFH für diesen Satz auf den BVerfG-Beschluß v. 12. 12. 1957 1 BvR 678/57 (BVerfGE 7, 194-198 = BStBl. 1958 I S. 52/53) beruft. Denn in diesem Beschluß ist weder ausdrücklich noch sinngemäß von „zahlreichen schwerwiegenden" oder von „z. T. sich überschneidenden" verfassungsrechtlichen Grundsätzen oder von der Notwendigkeit die Rede, solche „miteinander in Einklang zu bringen"; darüberhinaus steht dieser BVerfG-Beschluß in einem inhaltlich ganz anderen Zusammenhang. Während der BFH von den Notwendigkeiten der materiellen Neuregelung der Ehegattenbesteuerung spricht, handelt es sich in dem BVerfG-Beschluß v. 12. 12. 1957 nämlich nach dessen eigenen Worten nur um den Vorrang (also nicht um den Einklang) der zwei (!) sich widerstreitenden (also nicht „z. T. sich überschneidenden") Grundsätze der Rechtssicherheit und der Gerechtigkeit; und dies nur auf la] Ähnlich das spätere BFH-Urteil v. 19. 9. 1958-VI 164/58 U BStBl. 1958 III S. 442, gegen dessen gleichartige Ausführungen über die „Einverdiener-Ehe" durchweg die gleichen Einwände zu erheben sind wie hier. Der Leitsatz jenes Urteils lautet: „Es verstößt nicht gegen das GG, daß (nach dem Übergangsgesetz) bei sog. Einverdiener-Ehen das Einkommen nur dem Ehegatten zugerechnet wird, der es erzielt hat."

BFH v. 8 . 8 . 1 9 5 8 (IV) 3

der formell-verfahrensrechtlichen Ebene, nämlidi „bei der gesetzlichen Regelung der Frage, welche Wirkungen die Nichtigerklärung einer Rechtsnorm für die nicht mehr anfechtbaren Hoheitsakte hat, die auf der nachträglich für nichtig erklärten Norm beruhen." Bei dem Versuch, Tenor und Leitsatz des BFH-Urteils hinreichend zu begründen, muß zunächst beachtet werden, daß der BVerfG-Beschluß v. 17. 1. 1957 a u s s c h l i e ß l i c h a u f A r t . 6 I G G g e g r ü n d e t ist (vgl. oben Fußnote 1). Der an diesen Beschluß gebundene Übergangsgesetzgeber mußte also edles vermeiden, was Steuerpflichtige auf Grund ihrer Eheschließung steuerlich schlechter stellen würde als ohne Eheschließung, weil die Ehegatten gegen eine solche Schlechterstellung kraft Art. 6 I GG in seiner verbindlichen Auslegung durch das BVerfG ein subjektiv-verfassungsrechtliches Abwehrrecht besitzen. Ein darüber hinausgehendes Recht auf positive Förderung durch ein bestimmtes Maß steuerlicher Besserstellung läßt sich dagegen aus Art. 6 I GG nicht entnehmen, weil dieser hierfür nicht bestimmt genug2) und die steuerrechtlich erheblichen Tatsachen ehelicher Einkommensverteilung zu vielfältig sind. Die dem BFH im Hinblick auf Art. 6 I GG gestellte Frage lautete also nur: Werden die Ehegatten dadurch e n t g e g e n A r t . 6 I G G s c h l e c h t e r gestellt als wenn sie nicht verheiratet wären, daß sie bei der nunmehr möglichen getrennten Veranlagung in Steuerklasse I fallen? Diese Frage war zu verneinen, da die Übergangsregelung gerade die Gleichstellung der Ehegatten im Verhältnis zu sich selbst vor der Eheschließung oder nach einer Ehetrennung beinhaltet. Dagegen wäre die Frage, oh den getrennt veranlagten Ehegatten nicht außer der getrennten Veranlagung (mit ihrem Wegfall der bisherigen stärkeren Progression) a u c h n o c h d i e S t e u e r k l a s s e I I zuerkannt werden müsse, nicht mehr nur die Frage einer Nichtschlediterstellung auf Grund der Eheschließung, sondern bereits die Frage einer Besserstellung auf Grund der Eheschließung, für die Art. 6 I GG, wie dargelegt, keinen Maßstab hergibt. Unter dem Gesichtspunkt des A r t. 3 I G G stellte sich dem BFH die Frage, ob bei Zuerkennung nur der Steuerklasse I oder bei Ablehnung der Steuerklasse II für die Mehrverdiener-Ehegatten die sogenannten EinverdienerEhegatten gleichheitssatzwidrig benachteiligt würden. Der BFH beschränkt sich insoweit wie schon in seinen früheren Urteilen zur Übergangsregelung (v. 2. 4.1957 I 335/56 U» BStBl. III S. 162; v. 28. 2.1958 III 125/57 S, BStBl. III S. 191) und mit Berufung auf diese Urteile auf die bloße Behauptung, es sei „die Übergangslösung insofern für die sogenannten Einverdiener-Ehen ungünstig . . . , als in diesen Fällen die Progression auf das Familieneinkommen, das nur ein Ehegatte erwirbt, voll zur Auswirkung kommt". Eine Rechtsfolge leitet er aus dieser Behauptung jedoch offenbar nicht ab. Um zwischen diesen Vergleichsgruppen eine Ungleichheit festzustellen, hätte es freilich nicht genügt, deren zahlenmäßige Steuerleistung unter den verschiedenen in Rede stehenden Besteuerungssystemen an einer mathematischen Einhedts) BVerfG-Besdjeid v. 5. 3. 1958 - 1 BvR 113/58, Deutsche Zeitung und WirtschaftsZeitung Nr. 30 v. 16. 4. 1958.

!

4 Gleichheit zu messen. Denn die Anwendung des allgemeinen Gleidiheitssatzes gemäß Art. 3 I GG setzt voraus, daß die zu beurteilenden Sachverhalte im Tatsächlichen gemäß den in Betracht kommenden Beurteilungsgesichtspunkten w e s e n t l i c h gleichartig sind. Es hätte also nicht genügt, das Vorhandensein einer Ehe mit ehelichem Einkommen ohne Rücksicht auf die Art seines Erwerbs festzustellen. Vielmehr kommt es für die steuerrechtliche Gleichheit unter dem Grundsatz „gleichmäßige Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit" bei Ehegatten wesentlich gerade auf die Art des Einkommens-Erwerbs und der Arbeitsteilung in der Ehe und ihrer wirtschaftlichen und soziologischen Grundlagen an. Berücksichtigt man dies, so erweist sich die wiederholte Behauptung des BFH von einer angeblichen Benachteiligung der Einverdiener-Ehegatten schlechthin als zu vordergründig; und zwar selbst dann, wenn nur eine tatsächliche Benachteiligung gemeint sein sollte. Es zeigt sich nämlich 3 ), daß die Haushaltsbesteuerung von Einverdiener-Ehegatten im Verhältnis zu der Nicht-Haushaltsbesteuerung von Mehrverdiener-Ehegatten überhaupt nur dann zu Lasten der Einverdiener-Ehegatten den allgemeinen Gleichheitssatz verletzen könnte, wenn und soweit die Mehrverdiener-Ehegatten nur wegen (!) ihrer Mitarbeit die Tätigkeit in Haushalt und Familie nicht allein wahrnehmen, sondern von anderen Personen wahrnehmen lassen. Nehmen nämlich die MehrverdienerEhegatten außer den zusätzlichen Berufspflichten auch die Pflichten in Haushalt und Familie allein wahr, so leisten sie damit insoweit nichts weniger als die dem BFH vorschwebenden Einverdiener-Ehegatten ohne fremde Hilfe in Haushalt und Familie, dafür aber im Beruf eben mehr als diese. Die berufliche Mehrleistung verhindert die Annahme von Gleichheit ebenso in dem umgekehrten Vergleichsfalle, in dem sich nicht nur die Mehrverdiener-, sondern auch die Einverdiener-Ehegatten von der Arbeit in Haushalt und Familie entsprechend entlasten. Diese Gesichtspunkte hat der BFH leider schon wiederholt übersehen 4 ) und insbesondere trotz entsprechender Kritik 5 ) noch immer offen gelassen, „wie er in den zahlreichen Fällen vor allem junger Ehen urteilen würde, in denen die Frau außer der Übernahme der vollen Pflichten als Hausfrau und Mutter noch verdienen muß, um überhaupt erst eine Lebensgrundlage für die eheliche Gemeinschaft zu schaffen". Abgesehen von diesen mehr quantitativ-wirtschaftlichen Gesichtspunkten des Aufwandes von mehr Arbeitszeit und mehr Arbeitskraft durch die Mehrverdiener-Ehegatten hat die Rechtsordnung auch die von derjenigen der regelmäßigen Einverdiener-Ehe wesensverschiedene soziologische Struktur der regelmäßigen Mehrverdiener-Ehe zu beachten, man denke außer an den Unterschied von jungen existenzungesicherten und älteren existenzgesicherten Ehen nur an ein Ärzte-, Künstler- oder Wissenschaftler-Ehepaar einerseits, an die Ehe eines Beamten oder Facharbeiters andererseits. Gerade in die Richtung aller dieser Unterschiede ging ja das vom BdF immer wieder vorgebrachte „Edukations"-Argument, das im BVerfG-Beschluß v. 17.1.1957 mit Recht zurückgewiesen wurde, weil „die Verteilung der ehelichen Auf3

) Vgl. ) Vgl. BStBl. 5 ) Vgl.

4

zum Folgenden Friedrich Klein a. a. O. S. 578 unter c. die Kritik von Friedrich Klein ebenda am BFH-Urteil v. 2. 4. 1957 I 335/56 U, III S. 162-164. dazu und zum Folgenden Friedrich Klein ebenda.

BFH v. 8 . 8 . 1 9 5 8 (IV) 5

gaben in Haushaltsführung und Unterhaltsgewinn . . . nach dem Menschenund Ehebilde des GG ausschließlich .innere' Angelegenheit der Ehegatten" sei*). Überhaupt nichts mit dem Fragenkreis der Art. 6 I und 3 I GG hat die weitere Frage zu tun, ob eine Übergangsregelung, die in einem vielschichtigen Reditsgebiet einen gesetzlosen Zustand beseitigen soll, S t e u e r p f l i c h t i g e i m V e r h ä l t n i s z u i h r e r e i g e n e n (!) B e s t e u e r u n g v o r E i n t r e t e n d e s g e s e t z l o s e n Z u s t a n d e s steuerlich schlechter stellen darf. Eine solche Schlechterstellung kann hier eintreten, wenn die getrennte Veranlagung zu einer höheren Steuerlast führt, als sie vor Eintreten des gesetzlosen Zustandes bestand, ohne daß die verschiedenen Wahlrechte an dieser Verschlechterung vorbeiführen. Dies ist insbesondere kein Problem des allgemeinen Gleichheitssatzes gemäß Art. 3 I GG. Denn einmal ist bei dieser Teil-Fragestellung Vergleichssachverhalt gerade nicht die Besteuerung anderer Steuerpflichtiger nach demselben Steuergesetz, sondern die Besteuerung derselben Steuerpflichtigen nach 2 verschiedenen zeitlich aufeinanderfolgenden Steuergesetzen; nur auf die rechtliche Behandlung verschiedener Personen in derselben gleichzeitig geltenden Regelung bezieht sich aber Art. 3 I GG. Dieser ist ebensowenig anwendbar, wenn man fragt, ob eine solche Schlechterstellung nicht im Vergleich zu der (immer im Verhältnis zum EStG 1951) Besserstellung oder Gleichstellung anderer gleichheitssatzwidrig sei. Denn eine solche Fragestellung würde die eben behandelte gleichheitssatzfremde Teil-Fragestellung nach der zeitlich unterschiedlichen Besteuerung derselben Steuerpflichtigen mit der Frage nach der gleichzeitigen Besteuerung verschiedener Steuerpflichtiger unzulässig ebenso vermengen, wie dies in der bisherigen Diskussion fast überall geschieht. Was die letztere, bereits oben unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 I GG behandelte Frage anlangt, so sei hier wiederholt, daß sich die in Rede stehenden Fälle in steuerlich wesentlichen Hinsichten gerade in ihren tatsächlichen Verhältnissen von denjenigen Fällen unterscheiden, in denen eine Verschlechterung nicht eintritt. In der bisherigen Diskussion um die Übergangsregelung ist die hier behandelte Frage nach der zeitlich unterschiedlichen Besteuerung derselben Steuerpflichtigen mit den Problemen aus Art. 3 I und 6 I GG unheilvoll vermengt (so besonders in dem vom BFH angeführten Aufsatz von Hans Matthies: Steuerklasse bei getrennter Veranlagung der Ehegatten, DB 1958 S. 438—440). So wird denn auch die Antwort auf diese Frage manchem unerwartet kommen: Die Zulässigkeit individueller Steuererhöhungen in einem solchen Zusammenhange ist noch niemals bezweifelt worden. Das Gegenteil folgt insbesondere weder aus dem Gesichtspunkt des Rechtsstaats (dessen beschleunigte Verwirklichung im Sinne größtmöglicher Gerechtigkeit mit der Übergangsregelung gerade und im großen und ganzen auch erfolgreich angestrebt wurde), noch aus dem Gesichtspunkt der unvorhersehbaren Rückwirkung von Steuerbelastungen (weil Änderungen in der Steuerbelastung im Rahmen der Übergangsregelung schon in Anbetracht des jahrelangen Streits um die Ehegattenbesteuerung allgemein vorhersehbar waren). 6

) Vgl. auch hierzu Friedrich Klein ebenda unter d.

6 Ist Tenor und Leitsatz des BFH-Urteils mithin auch zuzustimmen, so darf man dodi wünschen, ja muß man hoffen, daß der BFH bei weiteren einschlägigen Entscheidungen seine Auslegung und Anwendung der seiner Entscheidung zugrunde gelegten Verfassungsvorsdiriften und sonstigen Rechtsprinzipien ausführlicher verdeutlicht. Dr. Erich K ü c h e n h o f f ,

Münster

BFH v . 1 4 . 8 . 1 9 5 8 (I) 1

I. Leitsätze des Urteils

I 39/57 U BStBl. 1958 III S. 409

1. Die Reditsnatur der Riditlinien nach § 131 Abs. 2 AO im Gegensatz zu Verwaltungsanweisungen, die Iediglidi der Auslegung des Gesetzes dienen. 2. Eine Änderung der Rechtsprechung hinsichtlich der Auslegung eines Gesetzes sowie eine neue, von der bisherigen Verwaltungsübung abweidhende Rechtsprechung können die Finanzverwaltung zur Vermeidung unbilliger Härten zu einer Dbergangsregelung auf Grund des § 131 AO in der Fassung des Abgabenordnungs-Änderungsgesetzes vom 11. 7. 1953 ermächtigen. 3. Zur Bedeutung der Rechtsprediung des Bundesfinanzhofs für die Prüfung der Frage, ob eine Unbilligkeit im Sinne der Ziffer 2 gegeben ist. Verhältnis von Rechtsprediung und Verwaltung im demokratisdien Rechtsstaat. Die Rechtssicherheit als wesentliches Element des rechtsstaatlichen Prinzips. 4. Die Richtlinien nach § 131 Abs. 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 3 AO im finanzgerichtlichen Verfahren, das die Körperschaftssteuer-(Einkommensteuer-)Veranlagung zum Gegenstand hat. 5. Auf die Ausführungen in Ziff. I Abs. 2 des koordinierten Erlasses der Finanzminister (Finanzsenatoren) der Länder betreffend körpersdiaftsteuerrechtliche Behandlung von Organschaften mit Ergebnisabführungsvertrag (Erlaß des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen S 2526 a — 5369/V A - 2 vom 18. Juli 1957, BStBl. 1957 Teil II S. 140), die die Zeitdauer von Ergebnisabführungsverträgen zum Gegenstand haben, kann kein im finanzgeriditlidien Verfahren verfolgbarer Rechtsanspruch gestützt werden. AO § 131 Abs. 1, 2; GG Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3; KStG § 8 Abs. 1 Satz 2.

II. Besprechung Bloße Verwaltungsanweisungen dürfen die Steuergerichte nidit anwenden, noch auslegen — dies ist die feststehende, auf Artikel 20/3 GG gegründete Reditsansidit, die der BFH in ständiger Rechtsprediung betätigt. Eine Ausnahme läßt er nur für den Fall zu, daß es sidi um einen Milderungserlaß handelt, der seinem sachlichen Gehalt nach aus der Zeit vor der Geltung des GG stammt und auf § 12 oder auf § 13 AO (alte Fassung) gestützt wurde oder gestützt werden konnte; nur hier erkennt der BFH an, daß die Verwaltungsanweisung, eben der Milderungserlaß, dem Pflichtigen einen gerichtlich durchsetzbaren Rechtsanspruch gewährt. Von dieser einen Ausnahme abgesehen hält jedoch der BFH an seiner grundsätzlichen Einstellung fest und ist von ihr abzugehen auch dann nicht bereit, wenn man den Gleichheitsgrundsatz, den Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben, gegebenenfalles auch andere übergesetzlidie Rechtprinzipien geltend macht. Aus der langen Reihe der bezüglichen Entscheidungen seien lediglich aus letzter Zeit genannt das Urteil des IV. Senates vom 15. 11. 1956 (BStBl. 1957 III, 148), wonach Abschnitt 2/2 Ziffer 2 LStR über die steuerliche Behandlung von Fehlgeldentschädigungen kein Milderungserlaß und

i

L o e p e l m a n n , BFH-Besprediungen, IV. 59.

2 daher von den Steuergerichten nicht zu beachten ist, weiter das des VI. Senates vom 8. 2. 1957 (BStBl. 1957 III, 133), wonach die Vorschrift der EStR 1955, Abschnitt 59 über die Nachholling von versäumten § 7 b-Absetzungen von der Rechtsprechung nicht zu beachten ist, und schließlich das ebenfalls vom IV. Senat gefällte Urteil vom 22. 11. 1957 (BStBl. 1958 III, 44), wonach Abschnitt 40/1, Ziffer 2 LStR 1955 über steuerliche Vergünstigungen für körperbeschädigte Arbeitnehmer als bloße Verwaltungsanweisung von den Steuergerichten nicht zu beachten ist. Daß diese Rechtsprechung nicht zu befriedigen vermag, soweit begünstigende Verwaltungsanweisungen in Frage stehen, liegt klar zu Tage, denn sie führt zu schwersten Verstößen gegen den Gleichheitsgrundsatz. Obwohl auf diese und andere Auswirkungen dieser Rechtsprechung das Schrifttum immer wieder hingewiesen hatte, hat der BFH diese Bedenken nicht gelten lassen und ist bei seiner Ansicht verblieben. Die Bedeutung des Urteils vom 14. 8. 1958 liegt nun darin, daß es einen ersten, wenn auch sehr zurückhaltenden Einbruch in diese geheiligte Tradition bedeutet. Der Senat, und zwar der I., geht aus von der Ansicht, daß Verwaltungsanweisungen im finanzgerichtlichen Verfahren ohne Bedeutung seien, und erklärt, daß er ihr in dieser allgemeinen Fassung nicht beipflichtet. Er stellt ab auf Abs. 2 des § 131 AO, wonach für bestimmte Gruppen von gleidigearteten Fällen für die entsprechende Anwendung des Absatzes 1 dieses Paragraphen Richtlinien aufgestellt werden können, lind bemerkt in Übereinstimmung mit Flume, daß solche Richtlinien rechtlich anders geartet sind als Verwaltungsanweisungen zur Auslegung eines Gesetzes, denn sie sind keine Erläuterungen des Gesetzes, sondern ein Vorgang im Rahmen der Rechtsgestaltung, die die Verwaltung auf Grund der Ermächtigung des § 131 AO tätigt und die den Steueranspruch in seiner Höhe materiell verändert. Er zieht seine RechtSDrediung, wonach die Finanzämter nach dem Grundsatz von Treu und Glauiben zu dem Wort ihres Beamten zu stehen haben, heran und spricht aus, daß bei Richtlinien im Sinne des Absatzes 2 des § 131 AO gleichartige Grundsätze zu beachten sind. Zusammenfassend kommt der Senat zu dem Ergebnis, daß die im BStBl. Teil I und Teil II veröffentlichten Obergangsregelungen auch für das finanzgerichtliche Verfahren von Bedeutung sind, vorausgesetzt nur, daß sie sich im Rahmen der Vorschriften für die Anwendung des § 131 AO halten, sie müssen sachlich und formell Ordnungsmäßig erlassen werden. Für die Prüfung dieser Voraussetzung stellt der Senat eine Reihe von Gesichtspunkten heraus und gibt in diesem Zusammenhang die — seit langem vermißte, daher besonders erwünschte — Klarstellung, daß die Begriffe Unbilligkeit und Treu und Glauben unbestimmte Rechtsbegriffe sind. — Er entscheidet nun den vorliegenden Fall dahin, daß der zu Grunde liegende Verwaltungserlaß einen im finanzgerichtlichen Verfahren verfolgbaren Rechtsanspruch nicht gewährt, doch wird durch dieses Ergebnis die grundlegende Bedeutung des Urteiles nicht gemindert, denn es erkennt — wenn man von dem schüchternen Ansatz in dem Urteil des Zollsenates vom 27. 3. 1958 (BStBl. 1958 III, 248) absieht - zum ersten Mal an, daß die bisherige, als unumstößlich geltende Ansicht, Verwaltungsanweisungen

BFH v. 14.8.1958 (1)3 müßten für das steuergeriditlidie Verfahren ohne jede Bedeutung bleiben, dodi nicht mehr uneingeschränkt gilt. Idi möchte aus diesem Urteil die Hoffnung schöpfen, der BFH werde auf diesem vorerst nur zaghaft besdirittenen Wege in Zukunft entschlossen weitersdireiten und den gesamten Fragenbereich „Verwaltungsanweisungen und Rechtsprechung" von Grund auf nachprüfen, mit dem Ziel, vor allem in Ermessensfällen zu einer Rechtsprechung zu gelangen, die im Gegensatz zur bisherigen zu befriedigen vermag. Selbst wenn man mit der herrschenden Meinung anerkennt, daß Verwaltungsanweisumgen die Rechtsprechung unmittelbar nicht zu binden vermögen, muß man nach meinem Dafürhalten eine mittelbare Bindung anerkennen, in dem Sinne, daß die Verwaltung durch ihre Anweisungen sich selbst gebunden hat und daß diese Selbstbindung der Verwaltung dazu führen muß, daß bei begünstigenden Verwaltungsanweisungen der Pflichtige einen Rechtsanspruch auf Anwendung der Verwaltungsanordnung hat und daß er diesen Rechtsanspruch auch vor den Steuergerichten durchsetzen kann. Nachdem als erster Flume diese Frage angesprochen und sofort die richtige Lösung gegeben hatte (Steuerberaterjahrbuch 1953/54, Seite 81, insbesondere 105/107) habe ich meine Auffassung im Mitteilungsblatt der Steuerberater (1958, Seite 98, Heft 5, von Anfang Mai 1958) unter dem Titel „Verwaltungsanweisungen und Rechtsprechung", ferner in RWP Nr. 366 vom 20. 5. 1958 in einem Aufsatz „Steuergeriditlidie Nachprüfung von Verwaltungserlassen ohne Rechtsnormcharakter" bekanntgegeben. — Bald darauf hat Seithel fFinanzrundsdiau vom 20. 7. 1958, Seite 314) das Problem aufgegriffen, wobei er wertvolle Hinweise aus dem allgemeinen Verwaltungsrecht bringt, und in jüngster Zeit hat Bachmayr (StW vom September 1958 Sp. 561 ff.) „Die Selbstbindung der Verwaltung im Steuerrecht" umfassend behandelt. Mögen diese gedrängten Hinweise den BFH veranlassen, auf dem mit dem Urteil vom 14. 8. 1958 besdirittenen Wege weiterzuschreiten und zu einer befriedigenden Lösung zu gelangen. Er wird hierbei ein Vorbild finden in der Rechtsprechung der allgemeinen Verwaltungsgerichte, aus der ich lediglich die wichtigsten Entscheidungen anführe: 1. das Urteil des VG Stuttgart vom 24. 6. 1949 I 76/49 (StW 1949 Nr. 54) - 2. das Urteil des OVG Münster vom 24. 10. 1951 III A 402/50 (StW 1952 Nr. 161 - 3. das Urteil desselben Gerichtes vom 11. 12. 1951 II A 441/51 (Monatsschrift für Deutsches Recht 1952, 378) und schließlich — von entscheidender Bedeutung! — 4. das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27. 6. 1955 III C 25/54 (NJW 1955, 1570, Juristenzeitung 1956, 33). Rechtsanwalt Dr. O s w a l d , Weißenborn Kr. Neu-Ulm

BFH v . 1 4 . 8 . 1 9 5 8 (II) 1 III 3 8 2 / 5 7

I. Leitsatz des Urteils

1. Die Umzäunung eines Grundstüdes folgt, wenn sie Grundstüdesbestandteil ist, grundsätzlidi der Bewertung des Grund und Bodens. 2. Eine soldie Umzäunung gehört, da bei ihr die besondere Beziehung zu dem auf dem Grundstück ausgeübten gewerblidien Betrieb fehlt, nidit zu den Betriebsvorriditungen im Sinne des Bewertungsgesetzes. S. Eine soldie Umzäunung gehört in der Regel nidit zu den Gebäuden, die der Pächter des Grundstüdes auf dem fremden Grundstüdc errichtet hat. BewG § 50 Abs. 1 und 3, § 57.

II. Besprechung Bewertung von Nebenanlagen bei Gebäuden auf fremden Grund und Boden nach § 50 Absatz 3 BewG. Mit diesem Urteil hat der BFH zum ersten Male zu einer Frage Stellung genommen, die in den letzten Jahren heftig umstritten war. Es handelt sich um die Frage, ob Nebenanlagen (Wege- und Platzbefestigungen, Einfriedigungen usw.), die nicht von dem Grundstückseigentümer, sondern von einem Mieter oder Pächter errichtet worden sind, zusammen mit dem Grund und Boden oder zusammen mit dem nach § 50 A'bs. 3 BewG als selbständiges Grundstüdc zu behandelnden Gebäude oder als Betriebsvorriditung bewertungsrechtlich zu erfassen sind. Diese Frage ist in letzter Zeit vor allem bei Tankstellen praktisch geworden und hat dort eine ziemlich große Bedeutung, weil bei diesen die Nebenanlagen im Verhältnis zum Grund- und Bodenwert und im Verhältnis zum Gebäudewert einen nicht unerheblichen Wert haben. Das Finanzgericht Münster hatte in einem Urteil vom 24. 2. 1954 (EFG 1954 Nr. 197) entschieden, daß die Außenanlagen bei der Bewertung des Gebäudes nach § 50 Abs. 3 BewG außer Betracht zu lassen seien. Die Frage, wie sie bei der Bewertung des Grund und Bodens zu erfassen seien, hatte das Finanzgericht Münster offengelassen, hatte aber bemerkt, daß auch nach Ansicht des Finanzamts die Außenanlagen für sich allein für den Eigentümer des Grund und Bodens keinen wirtschaftlichen Wert besitzen. Gegen dieses „negative Ergebnis" hat sich Uhlich in DStZ Ausgabe A 1955 S. 177 ff. gewandt. Wenn solche Außenanlasen auf fremden Grund und Boden errichtet sind, sind sie nach seiner Auffassung meistens schon zivilrechtlich nach § 95 BGB nicht Bestandteile des Grundstücks geworden, weil sie entweder nur zu einem vorübergehenden Zweck oder auf Grund eines Rechts an dem Grundstück mit diesem verbunden worden seien. M. E. steht diese Auffassung im Widerspruch zu der praktischen Wirklichkeit. Es wird verhältnismäßig selten sein, daß Außenanlagen nur zu einem vorübergehenden Zweck errichtet werden. Auf Grund eines Rechts an dem Grundstück werden sie nur errichtet, wenn es sich dabei um ein dingliches Recht handelt [vgl. Palandt BGB, 12. Aufl., Anm. 3 zu S 95), was bei Anwendung des § 50 Abs. 3 BewG gerade in der Regel nicht der Fall sein wird. So verneint auch der BFH in dem von ihm entschie-

L o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, IV. 59.

u

BStBl. 1958 III S. 400

2 denen Fall das Vorliegen der Voraussetzungen des § 95 BGB. Sind aber die Außenanlagen zivilrechtlidi wesentliche Bestandteile des Grundstücks geworden, so folgen sie, wie der BFH zutreffend bemerkt, nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BewG grundsätzlich der Bewertung des Grundstücks, wenn keine Ausnahmevorschrift Platz greift. Als Ausnahmevorsdiriften kommen dabei § 50 Abs. 1 Satz 2 oder § 50 Abs. 3 BewG in Betracht. Es ist dem BFH darin zuzustimmen, daß § 50 Abs. 1 Satz 2 BewG auf die Außenanlagen nicht angewandt werden kann, denn sie sind keine Betriebsvorrichtungen im Sinne dieser Vorschriften, weil sie nicht in einer besonderen Beziehung zu den auf dem Grundstück ausgeübten gewerblichen Betrieb stehen. Auch Uhlidi (a. a. O. S. 178) ist dieser Auffassung, ebenso Diedenhofen/Langer (DStZ Ausgabe A 1956 S. 355 ff.). Anderer Ansicht ist, soweit ersichtlich, nur Wegemer (DStR 1956 S. 128). Seine Auffassung steht aber im Widerspruch zu der vom BFH zitierten Rechtsprechung des RFH und zu einem von Heider-Engel-Dürschke (Bewertungsgesetz und Bodenschätzungsgesetz, 3. Aufl., Anm. 3 zu § 57) zitierten nicht veröffentlichten Urteil des BFH. Dem BFH ist m. E. auch darin zuzustimmen, daß die Ausnahmevorschrift des §_ 50 Abs. 3 BewG ebenfalls nicht auf die Außenanlagen anzuwenden ist, weil diese kein „Gebäude" im Sinne dieser Vorschrift sind. Diese Auffassung wurde bereits vom Finanzgericht Münster in der oben zitierten Entscheidung vom 24. 2. 54 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des RFH und des BFH vertreten. Uhlich ist (a. a. O. S. 179) dagegen der Ansicht, daß die Rechtsprechung zu § 50 Abs. 1 Satz 2 BewG hier nicht angewandt werden könne. Er folgert das insbesondere aus § 46 BewDV, wonach bei der Verteilung des Gesamtwerts des Grundstücks auf Erbbauberechtigten und Grundeigentümer die Außenanlagen mit zum Gebäudewert zu rechnen seien. Diedenhofen/Langer treten (a. a. O. S. 357) dieser Auffassung „unter Zurückstellung formalrechtlicher Bedenken" bei. Auch das Finanzgericht Rheinland/Pfalz nimmt in einem Urteil vom 16; 8. 1957 (DStZ Ausgabe B 1957 S. 400) den gleichen Standpunkt ein. M. E. bestehen dagegen nicht nur „formalrechtliche" Bedenken. Zunächst ist dem Finanzgericht Münster beizustimmen, daß es nur e i n e n Gebäudebegriff im Bewertungsrecht geben kann. Sodann ist aus § 46 BewDV für § 50 Abs. 3 BewG m. E. nichts zu folgern. Beim Erbbaurecht ist Uhlidi's Auffassung schon aus bürgerlichrechtlichen Gründen richtig, weil beim Erbbauredit § 95 BGB eingreift, der nach § 12 Abs. 2 ErbbRVO anzuwenden ist, so daß die Außenanlagen nicht Bestandteile des Grundstücks werden. In Ziff. 4 der Urteilsbegründung deutet der BFH an, daß die Außenanlagen bei der Bewertung des Grund und Bodens durch einen Zuschlag erfaßt werden können. Der Hinweis auf Abschn. 35 VStR 1949 (= Abschn. 29 VStR 1913) zeigt, wie sich der BFH diesen Zuschlag vorstellt. Er ist m. E. nach den Herstellungskosten der Außenanlagen, umgerechnet auf die Wertverhältnisse auf 1. 1. 35, zu bemessen. Den Einwand, daß die Außenanlagen für den Grundeigentümer keinen Wert haben, läßt der BFH für den Normalfall mit Recht nicht gelten. Regierungsdirektor Rolf S t e i n h a r d t ,

Stuttgart

BFH v. 1 9 . 8 . 1 9 5 8 (1)1 I 182/57 u I. Leitsätze des Urteils

BStBl. 1958 III S. 429

Die Deutsdie Bundesbahn unterliegt mit den Einkünften aus den Verpachtungen ihrer Bahnhofshotels und Bahnhofsgastwirtsdiaften nicht der Körpers chaftsteuer. KStG § 1 Abs. 1 Ziff. 6, § 4 Abs. 1 Ziff. 1.

II. Besprechung Das Urteil entspridit dem Wortlaut und dem inneren Sinngehalt der Vorschrift des § 4 Abs. 1 Ziff. 1 KStG. Ihm ist ohne Einschränkung zuzustimmen. 1. Die Vorschriften des § 1 Abs. 1 und des § 2 KStG begründen die persönliche, sachlich unbeschränkte bzw. beschränkte Steuerpflicht der mit ihnen im einzelnen der Steuer unterworfenen Rechtsträger (Steuersubjekte). Zu diesen wäre auch das Sondervermögen „Deutsche Bundesbahn" zu zählen, wäre die Deutsche Bundesbahn (DBB) nicht durch die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Ziff. 1 KStG von der Körperschaftsteuer befreit. Diese Befreiung ist nach herrschender Auffassung eine persönliche Befreiung von der persönlichen (unbeschränkten) Steuerpflicht des § 1 KStG. Sie greift gemäß der sachlichen Einschränkung in § 4 Abs. 2 KStG nicht Platz für solche inländischen Einkünfte, die dem Steuerabzug unterliegen, insbesondere also für Einkünfte aus Kapitalvermögen. Wie nun bereits das FG Düsseldorf in seinem Urteil (EFG 1957 Nr. 524 S 416) ausgeführt hat, folgt aus dem Wesen der persönlichen Steuerpflicht — gleichgültig, ob die Steuerpflicht sachlich als unbeschränkte Steuerpflicht sämtliche Einkünfte oder als beschränkte Steuerpflicht nur einen bestimmten Teil der Einkünfte des Steuerpflichtigen erfaßt —, daß es eine teilweise persönliche Steuerpflicht nicht gibt. Eine teilweise persönliche Steuerpflicht würde die Möglichkeit einer Aufspaltung des Rechtsträgers, insbesondere der juristischen Person, als des Steuersubjekts voraussetzen, wie sie auch der BFH erst kürzlich in seinem zur formwechselnden Umwandlung ergangenen Urteil I 78/58 v. 19. 8. 1958 (BStBl. 1958 III S. 468) mit der Ablehnung der Aufspaltung einer GmbH in eine Rechtsperson „nach Handelsrecht" und eine solche „nach Steuerrecht" verneint hat. Demgemäß ist auch die persönliche Befreiung eines Steuerpflichtigen von der Steuerpflicht unteilbar und vollständig, soweit sachliche Einschränkungen — über den Rahmen des § 4 Abs. 2 KStG hinaus — im Gesetz nicht enthalten sind. 2. Die DBB ist „ein wirtschaftliches Gebilde eigener Art mit gemeinwirtschaftlicher Zielsetzung". Sie darf ihren Betrieb nicht wie ein Privatunternehmen nach erwerbswirtschaftlichen Interessen betreiben und ist dadurch im Wettbewerb mit der Privatwirtschaft von vornherein „gehandikapt". Das ergibt sich bereits in Ansehnung der ihr in § 4 des Bundesbahngesetzes zugewiesenen Aufgaben, wie z. B. der Verpflichtung, die Anlagen und Fahrzeuge der DBB sowie das gesamte Zubehör dauernd nach den Bedürfnissen des Verkehrs und nach dem jeweiligen Stand der Technik zu erneuern und weiterzuentwickeln.

I. o e p e l m a n n , BFH-Besprechungen, IV. 59.

2 Wie bereits für die Deutsche Reidisbahn-Gesellschaft und die Deutsche Reichsbahn gilt auch für die DBB, daß ihr Aufgabenbereich nicht allein auf den Verkehrsbetrieb beschränkt ist, sondern auch seine Nebenbetriebe umfaßt, und daß die Steuerbefreiung infolgedessen auch diese Nebenbetriebe einschließt. Was als Nebenbetrieb in diesem Sinne anzusehen ist, kann streitig sein und ist z. B. für den Betrieb von Schlaf- und Speisewagen, die Einrichtung von Wechselstuben und Verkaufsläden und -ständen auf dem Bahnhofsgelände bereits früher klargestellt worden. Auch der dem Verfahren beigetretene Bundesminister der Finanzen hat eingeräumt, daß für die Entscheidung dieser Frage insbesondere die Entwicklung der Verhältnisse, wie z. B. die veränderten Ansprüche des reisenden Publikums von Bedeutung seien. Auch der BFH hat diesem Moment entscheidende Bedeutung beigemessen. Ausgehend von der Vermutung, daß sich die DBB mit den von ihr übernommenen Tätigkeiten im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages halte, stünden Umfang und Art dieser Aufgaben — als Verkehrsaufgaben — nicht ein für allemal fest, sondern seien von den Zeitumständen, insbesondere von der Entwicklung der Technik und des Verkehrs, abhängig. Mit der Einrichtung und Verpachtung von Bahnhofsgastwirtsdiaften wird jedenfalls dieser Rahmen selbst dann nicht überschritten, wenn man mit Sarter-Knittel (Die Deutsche Bundesbahn, S. 236) fordert, „daß diese Nebenbetriebe in einem so engen Sachzusammenhang mit dem eigentlichen Eisenbahnbetrieb stehen, daß sie von der Allgemeinheit auf Grund lang dauernder Übung als Bestandteil des Eisenbahnbetriebes angesehen werden". Dem Urteil ist aber auch bezüglich der Einrichtung und Verpachtung der — bis auf eine Ausnahme — erst nach dem letzten Kriege errichteten Bundesbahnhotels zu folgen. Nicht die Absicht, mit den (zunächst nur wenigen) verbliebenen Hotels in Wettbewerb zu treten, sondern der Gedanke an die Betreuung der Reisenden die auf das Geriet der Unterbringung vielfach erst auf Vorstellungen der Kommunalbehörden ausgedehnt wurde, ist der für die Einordnung entscheidende Gesichtspunkt. Dr. H. B i r k h o l z , Finanzgerichtsdirektor, Hannover

BFH v. 1 9 . 8 . 1 9 5 8 (II) 1 I 78/58 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 468

Bei der formwediselnden Umwandlung einer Kapitalgesellschaft nach den §§ 263 ff. des Aktiengesetzes ist die handelsrechtliche Personengleichheit auch steuerrechtlich anzuerkennen und deshalb der Verlustabzug zulässig. KStG § 6; E S t G 1953 § 10 Abs. 1 Ziff. 4

II. Besprechung Das Urteil, mit dem die bisherige, seit je stark umstrittene Rechtsprechung des früheren RFH aufgegeben wurde, stellt einen wertvollen Beitrag zur Wiederherstellung der Übereinstimmung von Handels- und Steuerrecht in einem keineswegs nebensächlichen Punkte dar. Das Problem der steuerrechtlichen Beurteilung der formwediselnden Umwandlung einer Kapitalgesellschaft zeigt seine praktische Bedeutung in der Frage, ob eine Kapitalgesellschaft den Verlust, den sie in ihrer früheren Rechtsform, z. B. als AG, erlitten hatte, auch in ihrer nach der Umwandlung gegebenen neuen Rechtsform, z. B. als GmbH, gemäß § 10 d EStG zum Abzug geltend machen darf. Der RFH hatte diese Frage verneint. Obwohl nach den Vorschriften der §§ 259, 265, 274, 279, 281, 285 und 287 Abs. 2 AktG handelsrechtlich die Kapitalgesellschaft „von der Eintragung der Umwandlung an als . . . (neue Rechtsform) . . . weiterbesteht", und somit der Fortbestand der Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft trotz der Umwandlung den Kern und das W e s e n der formwechselnden Umwandlung ausmacht, war der RFH dem in seinen Urteilen v. 13. 2. 1940 I 177/39 und v. 7. 3. 1944 I 210/43 (RStBl. 1940 S. 722 und 1944 S. 502) nicht gefolgt. Er hatte vielmehr der trotz der Umwandlung fortbestehenden Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft „nach Handelsrecht" eine solche „nach Steuerrecht" gegenübergestellt. Die Steuerpflicht der Kapitalgesellschaft sei nach dem Körperschaftsteuerrecht an ihre Rechtsform geknüpft. Ändere sich diese Rechtsform — und auch handelsrechtlich trete eine Änderung der Rechtsform ein — so müsse trotz handelsrechtlichen Fortbestehens der Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft ihre steuerliche Rechtspersönlichkeit erlöschen und die an die bisherige Rechtsform geknüpfte Steuerpflicht notwendig entfallen. Demgegenüber hat der BFH nunmehr festgestellt, daß der handelsrechtlich begründete Fortbestand der Kapitalgesellschaft im Falle der formwechselnden Umwandlung auch für die steuerrechtliche Beurteilung maßgebend sein muß. Ausgehend von dem [handelsrechtlichen) Unterschied zwischen der übertragenden und der formwechselnden Umwandlung, deren erste das Erlöschen der Rechtspersönlichkeit der umwandelnden Gesellschaft und den Übergang ihres Vermögens auf eine andere Rechtsperson (wenn auch unter Ausschluß der Abwicklung) bewirkt, deren zweite dagegen die Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft und damit ihr Vermögen und ihre Rechtsverhältnisse unberührt läßt, stellt der BFH in seinem Urteil zunächst die geschichtliche Entwicklung sowie die handelsrechtlichen und prozeßredillidien Folgen der formwechselnden Umwandlung dar. Die Untersuchung, die sich alsdann der Rechtsprechung des früheren RFH sowie der an ihr geübten Kritik im Schrifttum zuwendet, verliert indes als entscheidende Leitsätze nicht aus dem Auge, daß der Verlustabzug ein höchstpersönliches Recht und an das Weiterbestehen einer Körperschaft als juristischer Person geknüpft ist (Urteil I 254/55 v. 31. 1. 1956 - BStBl. 1956 III S. 91), und daß bei der Entscheidung der Frage, ob Personengleichheit vorliege oder ein Wechsel der steuerlichen Rechtspersönlichkeit angenommen werden müsse, grundsätzlich von der bürgerlichrechtlichen Rechtslage auszugehen ist (Urteil I 131/57 v. 8. 1. 1958 - BStBl. 1958 III S. 97). „Eine hiervon abweichende Beurteilung ist nach der wirtschaftlichen

I. o e p e l m a n n ,

BFH-Besprediungen, IV. 59.

2 Betrachtungsweise nur dann möglidi, wenn der Sinn und Zweck der steuerlichen Rechtsordnung und der wirtschaftliche Gehalt der Vorgänge dies rechtfertigen." Die persönlich unbeschränkte Körpersdiaftsteuerpflidit folgt aus § 1 Abs. 1 KStG. Ihr unterliegen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, also Rechtsgebilde, die sich ihrer Reditsform nach in eine dieser im Gesetz abschließend aufgeführten Gruppen einordnen lassen, und ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland haben. Die Steuerpflicht knüpft an diese Rechtsformen an oder setzt sie — genauer gesagt — voraus. Denn Steuersubjekt ist nicht die Rechtsform (als solche), sondern die in ihr (der Reditsform) mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattete Personenmehrheit = Körperschaft (juristische Person). Die Reditsform als solche ist hier allein ein der steuerrechtlichen Einordnung dienendes Tatbestandsmerkmal. Deshalb sind, wie im Einkommensteuerrecht für Begriff, Entstehen und Ende der natürlichen Person die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, im Körperschaftsteuerrecht für Begriff, Entstehen und Ende der Kapitalgesellschaften die Vorschriften des Handelsrechts maßgebend. Ist eine Kapitalgesellschaft handelsrechtlich durch Erlangung der Rechtsfähigkeit entstanden, ist sie auch steuerrechtlich Träger der Steuerpflicht und bleibt sie es, bis sie nach Handelsrecht ihr Ende gefunden hat. — Daß eine noch nicht rechtsfähige Gründergesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen schon vor der Eintragung in das Handelsregister als Körperschaft behandelt wird, ist eine der durch die wirtschaftliche Betrachtungsweise gebotenen Ausnahmen (so BFH-Urteil III 214/51 S V. 16. 5. 1952 - BStBl. 1952 III S. 180). Es ist deshalb nicht möglich, die Rechtsperson (juristische Person) in eine solche „nach Handelsrecht" und eine solche „nach Steuerrecht" aufzuspalten und für beide von einander abweichende Entstehungs- und Beendigungsgründe anzunehmen. Hierzu fehlt es an ausdrücklichen Vorschriften des Steuerrechts. Und auch die wirtschaftliche Betrachtungsweise läßt eine solche Annahme nicht geboten erscheinen. Im Gegenteil; die wirtschaftliche Betrachtung macht die Gleichheit der Person trotz Änderung der Rechtsform erst recht deutlich. Gesellschafter, Vermögen, Beziehungen zu Dritten erfahren keinerlei Veränderung, und eben diese wirtschaftliche Gleichheit trotz Wechsels der Rechtsform bestimmte erst den Gesetzgeber des AktG zur rechtlichen (gesetzlichen) Festlegung der Unternehmeridentität. Schließlich konnte auch nicht übersehen werden, daß die Rechtsprechung des RFH die formwechselnde Umwandlung gegenüber der übertragenden Umwandlung in nicht vertretbarer Weise benachteilige, als es bei dieser die Gesellschafter in der Hand haben, die Steuerfreiheit der umwandelnden Gesellschaft nach § 15 Abs. 2 KStG sicherzustellen und durch Auflösung stiller Reserven auch die Ausnutzung eines noch steuerlich offenen Verlustes herbeizuführen zum Vorteil auch der übernehmenden Gesellschaft. Bei der formwechselnden Umwandlung dagegen besteht die Möglichkeit nicht, sodaß auch aus diesem Grunde die gefundene Lösung — Zulassung des Verlustabzuges — als die allein richtige erschien. Dr. H. B i r k h o l z ,

Finanzgerichtsdirektor, Hannover

BFH v. 2 1 . 8 . 1 9 5 8 (1)1 I. Leitsatz des Urteils

V 212/55 U BStBl. 1958 III S. 434

Zur umsatzsteuerlidien Beurteilung von Kaufgesdiäften, bei denen das zum Verkauf anstehende Holz durdi vom Käufer angeworbene Arbeitskräfte eingeschlagen wird, insbesondere zur Frage der Zurechnung von Bearbeitungsmaßnahmen. UStG 1934 und 1951: § 7 Abs. 3; UStDB 1938 und 1951: §§ 12, 14.

II. Besprechung Das Urteil behandelt drei Probleme: 1. F e s t s t e l l u n g d e s Sachverhalts Für die Richtigkeit der Rechtsprechung ist entscheidend, daß der Sachverhalt vollständig und richtig dargestellt wird. Der Bundesfinanzhof als Rechtsbeschwerdeinstanz ist nicht in der Lage, tatsächliche Feststellungen zu machen. Es ist aber seine Aufgabe zu prüfen, ob die angefochtene Entscheidung des Finanzgerichtes den Akteninhalt gemäß den gesetzlichen Bestimmungen richtig würdigt und insbesondere, ob bei der Entscheidung nicht wider den klaren Inhalt der Akten verstoßen wird (§ 288 Ziff. 1 AO). In dem vorliegenden Fall beanstandet der Bundesfinanzhof, daß die tatsächliche Würdigung des Finanzgerichts nicht dem Akteninhalt entspricht. Das Finanzgericht ist davon ausgegangen, daß die Beschwerdeführerin die Leitung, Überwachung und Organisation des Holzeinschlags übernommen habe. Es ist, wie der BFH ausführt, nicht ersichtlich, auf Grund welcher tatsächlichen Feststellungen das Finanzgeridit zu dieser Beurteilung des Sachverhalts gelangt. Das Finanzamt weise allerdings in seiner Stellungnahme zur Rechtsbeschwerde darauf hin, das Finanzgeridit habe sich in seinem Urteil auf diese Feststellung beschränken können, weil darüber kein Streit bestand habe. Die Bfin habe in ihrer Berufungsbegründung selbst eingeräumt, daß sie den Einschlag des Holzes durch ihre Arbeitskräfte selbst ausführen lasse. Dabei verkenne jedoch das Finanzamt, daß die Bfin damit noch keineswegs zugegeben habe, ihr habe Leitung, Organisation und Überwachung des Holzeinschlages obgelegen. Das Finanzgericht hätte vielmehr bei dem Vorbringen der Bfin allen Anlaß gehabt, über diese rechtlich entscheidenden Maßnahmen einer maßgeblichen Beteiligung Ermittlungen anzustellen. Schon aus diesem Grunde müsse daher die Vorentscheidung aufgehoben werden. Dem ist zuzustimmen. Ein Verstoß wider den klaren Inhalt in den Akten liegt andererseits auch dann vor, wenn eine nach den Akten klar feststehende Tatsache von der Rechtsmittelinstanz nicht berücksichtigt worden ist, vorausgesetzt, daß sie für die Entscheidung wesentlich ist (RFH V A 181/21 vom 7. 3.1922, RFH Band 8 Seite 174). Vgl. auch Hübschmann - Hepp - Spitaler, Kommentar zur AO § 288 Anm. 3. 2. G e s t e l l u n g v o n A r b e i t s k r ä f t e n Strittig ist, ob ein Holzgroßhändler die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes von 1 v. H. nach § 7 Abs. 3 UStDB verliert, wenn er für das Schlagen des Holzes eigene Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt hat. Die L o e p e l m a n n , BFH-Besprediungen, VII 59.

2 Gestellung von Arbeitskräften durdi den Käufer des Holzes allein genügt noch nicht, um dem Holzhändler die Großhandelseigensdiaft zu nehmen. Wie die Vorinstanz mit Recht hervorgehoben hat, kommt es darauf an, ob die Leitung, Überwachung und Organisation des Holzeinschlags in Händen des Waldbesitzers oder in denen des Holzhändlers liegt. Die Gestellung von Arbeitskräften allein stellt noch keine Bearbeitung oder Verarbeitung des Holzes im Sinne von § 12 UStDB dar. In dem vorliegenden Fall lag die Organisation und Leitung des Holzeinschlages bei dem Waldbesitzer bzw. bei dem Beauftragten des Forstamts. Der Hiebort und das zum Einschlag vorgesehene Holz wurden durch den Verkäufer oder das Forstamt angewiesen und bezeichnet. Audi die Aufmessung gesdiah durch einen Beauftragten des Forstamtes. Der Käufer hatte auch bei der Abfuhr des Holzes den Anweisungen des V e r k ä u f e r s Folge zu leisten. Mit Recht stellt der Bundesfinanzhof fest, daß die Tätigkeit des Käufers sich demnach auf die Gestellung von Arbeitskräften beschränkte. Hierbei mußte hinsichtlich der Auswahl auf die Wünsche des Waldbesitzers Bedacht genommen werden. Das anfallende Brennholz verblieb in der Regel dem Waldbesitzer. Der Waldbesitzer hatte auch im wirtschaftlichen Ergebnis die Einschlagkosten (Hauerlöhne) zu tragen. Beachtlich ist, daß nach der einschlägigen Verordnung über den marktmäßigen Absatz von Holz die Veräußerung stehenden Holzes nur in der Weise gestattet war, daß Gegenstand des Rechtsgeschäftes die nach dem Einschlag anfallende und vorschriftsmäßig aufzuarbeitende Holzmenge war. Doch wäre diese Anordnung nidit entscheidend, wenn tatsächlich abweichend von dieser Verordnung verfahren worden wäre. Dafür bietet aber der Akteninhalt keinen Anhaltspunkt. Der Bundesfinanzhof stellt ferner fest, daß ein wirksamer Kaufvertrag erst nach dem Einschlag geschlossen und die Verfügungsmacht gleichzeitig mit der Verschaffung des Eigentums auf die Bfin übergegangen war. Hierzu ist zu betonen, daß der Zeitpunkt des Kaufvertrages umsatzsteuerrechtlich keine Rolle spielen dürfte. Es würde die Großhandelseigenschaft des Käufers nicht beeinträchtigen, wenn der Kaufvertrag schon vor dem Einschlag abgeschlossen worden wäre. Der Bundesfinanzhof verweist auf sein früheres Urteil V 107/55 vom 13. 12. 1955 (BStBl. 1956 III S. 218 = StRK UStG § 3 Abs. 1 R 16). Entscheidend ist, wann der Händler die Verfügungsmadit über das Holz erhalten hat, also ob dies vor dem Einschlag geschehen ist oder nachher. Im ersteren Falle würde der Käufer ungeschlagenes Holz am Stamm gekauft und durch seine eigenen Arbeitskräfte das Holz geschlagen u n d damit die Marktgängigkeit des Holzes im Sinne von § 12 UStDB geändert haben. Eine solche frühere Verschaffung der Verfügungsmacht würde nur dann in Betracht kommen, wenn der Händler im Zuge eines einheitlich als Lieferung zu beurteilenden Vorganges durch die Beistellung von Arbeitskräften den Arbeitsvorgang des Einschlags wirklich unmittelbar

BFH v.21.8.1958 (1)3 und in maßgebender Weise in seinem Sinne beeinflußt hätte. Der Bundesfinanzhof bezeichnete die Interessenlage der Beteiligten als ein wesentliches Beweisanzeichen für die Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse. Der Bundesfinanzhof beanstandet aber, daß hier der Tatbestand nicht vollständig festgestellt, sondern ein fingierter Tatbestand der Entscheidung zugrunde gelegt worden sei. Die Vorinstanz war von einem Kauf des Holzes auf dem Stamm ausgegangen, obwohl ein solcher Kauf überhaupt nicht stattgefunden hatte. 3. V e r s c h a f f u n g d e r Verfügungsmacht Entscheidend ist, ob die Verfügungsmacht über das Holz vor dem Einschlagen und Schälen des Holzes oder später stattgefunden hat. In dem vorliegenden Falle lag die durch das Einschlagen und das Schälen des Holzes bewirkte Änderung der Marktgängigkeit v o r der Verschaffung der Verfügungsmacht. Eine Mitwirkung des Käufers selbst beim Schlagen des Holzes hat nicht stattgefunden. Der BFH verweist hierzu auf das Urteil des BFH vom 30. (nicht 20.] April 1953 (BStBl. III S. 180 = StRK UStG § 7 Abs. 3 R. 13). Die Zurverfügungstellung seiner Arbeitskräfte durch den Händler war nur eine bloße Hilfeleistung für den Waldbesitzer, der selbst das Einschlagen und Schälen des Holzes vornehmen ließ und die Verfügungsmacht über das geschlagene Holz auf den Händler übertrug (BFHUrteil vom 13.12.1955 a.a.O.). Vergleiche auch Stehling in UStR 1956 S. 117 und 157. Im übrigen wird auch auf die Besprechung des BFH-Urteils vom 11. September 1958 V 43/57 U in dieser Sammlung hingewiesen. Ernst B e c k ,

Finanzpräsident i. R., Wiesbaden

BFH v. 2 2 . 8 . 1 9 5 8 (I) 1 III 2 1 3 / 5 7 U

I. Leitsatz des Urteils

BStBl. 1958 III S. 401

1. Nach den am 21. Juni 1948 geltenden Vorschriften durfte ein Minderkaufmann ein Hausgrundstück nur in dem Umfang in seine Bilanz aufnehmen, in dem es dem Betrieb tatsächlich diente. 2. Eine Hypothekenschuld, die zum Erwerb des Grundstüdes aufgenommen worden ist, ist soweit Betriebssdiuld, als das Grundstüdc Betriebsvermögen ist. LAG § 163.

II. Besprechung Der BFH steht auf dem Standpunkt, daß es nicht gegen Treu und Glauben verstößt, wenn das Finanzamt die Frage der Zugehörigkeit eines Grundstücks und einer darauf eingetragenen Hypothek zum Betriebsvermögen bei der Kreditgewinnabgabe anders behandelt als bei der Einkommensteuerveranlagung. Der Sdiuldnergewinn aus der Umstellung einer Verbindlichkeit unterliegt, wenn er vom LAG überhaupt erfaßt wird, entweder der Hypothekengewinnabgabe (HGA) oder — diese Abgabe ausschließend — der Kreditgewinnabgabe (KGA). Dies gilt auch für Abgabepflichtige, deren Betrieb als solcher der KGA unterliegt. Handelt es sich um eine Betriebssdiuld, so kommt in diesen Fällen HGA nicht in Frage (§ 97 Abs. 1 Ziff. 1 LAG). Die Frage, ob im Einzelfalle die HGA für den Schuldner günstiger ist als die KGA, ist bei Besprechung des BFH-Urteils vom 18. 4. 1958 III 224/56 U kurz untersucht worden. Für die Frage, ob eine mit dem Erwerb eines Grundstücks zusammenhängende Schuld als Betriebssdiuld anzusehen ist, kommt es darauf an, ob und inwieweit das Grundstüdc am Währungsstichtag zum Betriebsvermögen gehört hat. Allerdings ist es für die Frage, ob HGA oder KGA zu zahlen ist, grundsätzlich gleichgültig, ob eine Verbindlichkeit an einem zum Privatvermögen oder zum Betriebsvermögen des Betriebsinhabers gehörenden Grundstück gesichert ist (s. auch Raabe in RLA 1952 S. 21). Doch werden die mit dem Erwerb eines Grundstücks zusammenhängenden Schulden als Betriebsschulden anzusehen sein, wenn das Grundstüdc Betriebsvermögen ist. Dabei kommt es darauf, ob das Grundstüdc in der Handelsbilanz aufgenommen ist, nicht an, denn ein Kaufmann soll auch sein Privatvermögen in der Handelsbilanz aufweisen (Peters-Hermann, Anm. 10 zu § 4 EStG). Zu beachten sind vielmehr die Grundsätze über die Zurechnung von Grundstücken zum Betriebsvermögen, wie sie für das Einkommensteuerrecht entwickelt worden sind (vgl. Ring im RIA 1953 S. 75 Abschn. I 8, Kühne-Wolff, LAG Anm. 2 zu § 163, Harmening-Werber, HGA, S. 104 Fußnote 1). Nach diesen Grundsätzen kann ein Grundstück entweder notwendiges Betriebsvermögen oder notwendiges Privatvermögen oder — bei Vollkaufleuten — gewillkürtes Betriebsvermögen sein (vgl. Baltzer in RLA 1954 S. 366). Das Grundstück ist notwendiges Betriebsvermögen, soweit es eigenbetrieblidi genutzt wird, und zwar sowohl bei eingetragenen wie bei nicht eingetragenen Kaufleuten, es sei denn, der eigenbetrieblich genutzte Teil mache nidit mehr als 1/$ und nicht mehr als 10 000 DM aus. Das Grundstück ist notwendiges Privatvermögen bei nicht eingetragenen L o e p e l m a n n , BFH-Besprediungen, IV. 59.

2 Kaufleuten, soweit es eigenen Wohnzwecken dient, bei eingetragenen Kaufleuten, falls mehr als 50°/o eigenen Wohnzwecken dienen. Im übrigen ist ein Grundstück bei nicht eingetragenen Kaufleuten notwendiges Privatvermögen, bei eingetragenen Kaufleuten Privatvermögen oder gewillkürtes Betriebsvermögen. Für die LA-Abgaben ist dabei maßgebend die Lage am 21. Juni 1948. Ein Grundstück kann mithin zum Teil zum Betriebsvermögen, zum Teil zum Privatvermögen gehören. Und es kann daher auch der Schuldnergewinn aus einem auf dem Grundstück am Währungsstichtag eingetragenen, nur 10 : 1 umgestellten Grundpfandrecht teils dem Privatvermögen, teils dem Betriebsvermögen des Schuldners zuzuredinen sein und mithin teils von der HGA teils von der KGA erfaßt werden. Dies ist auch in Tz. 31 des 2. KGA-Sammelerlasses vom 12. Juli 1954 (BStBl. 1954 I S. 350} festgestellt. Dort ist u. a. folgendes Beispiel gegeben, nachdem zuvor darauf hingewiesen ist, daß die einkommensteuerlichen Grundsätze über das notwendige und das gewillkürte Betriebsvermögen einerseits und das notwendige Privatvermögen anderereits auch in den hier behandelten Fällen gelten. Ein gemischt genutztes Grundstück eines buchführenden Minderkaufmanns ist zu 40