Besitz als Straftat [1 ed.] 9783428501915, 9783428101917

Kern jeder Straftat ist menschliches Verhalten - nur für sein Tun oder Unterlassen darf der Mensch strafrechtlich zur Ve

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Besitz als Straftat [1 ed.]
 9783428501915, 9783428101917

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Ken Eckstein · Besitz als Straftat

Strafrechtliche Abhandlungen · Neue Folge Herausgegeben von Dr. Eberhard Schmidhäuser em. ord. Professor der Rechte an der Universität Harnburg

und Dr. Dr. h. c. (Breslau) Friedrich-Christian Schroeder ord. Professor der Rechte an der Universität Regensburg

in Zusammenarbeit mit den Strafrechtslehrern der deutschen Universitäten

Band 133

Besitz als Straftat

Von

Ken Eckstein

Duncker & Humblot · Berlin

Aufgenommen in die Reihe als Dissertation bei Prof. Dr. Dr. h. c. Friedrich-Christian Schroeder

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Eckstein, Ken: Besitz als Straftat I von Ken Eckstein. Berlin: Duncker und Humblot, 2001 (Strafrechtliche Abhandlungen ; N.F., Bd. 133) Zug!.: Regensburg, Univ., Diss., 1999 ISBN 3-428-10191-X

Alle Rechte vorbehalten

© 2001 Duncker & Humb1ot GmbH, Berlin

Fremddatenübemahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7271 ISBN 3-428-10191-X Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 8

Vorwort Die Arbeit wurde im Wintersemester 1999/2000 von der Juristischen Fakultät der Universität Regensburg als Dissertation angenommen. Herr Prof. Dr. Dr. h. c. Friedrich-Christian Schroeder hat sie angeregt und ihre Entstehung gefördert. Dafür danke ich ihm herzlich. Dank schulde ich außerdem Herrn Prof. Dr. Andreas Hoyer für das in kürzester Zeit verfaßte Zweitgutachten, Herrn Prof. Dr. Eberhard Schmidhäuser und Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. Friedrich-Christian Schroeder für die Aufnahme der Arbeit in ihre Schriftenreihe sowie Frau Christiane Rohleder und Herrn Edward Schramm für ihre Diskussionsbereitschaft. Regensburg, September 2000

Ken Eckstein

Inhaltsverzeichnis Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

Teil]

Grundlagen A. Die geschichtliche Entwicklung der Besitzdelikte I. Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

II. Der Begriff Besitzdelikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Entwicklungsphasen der Strafbarkeit des Besitzes von Gegenständen . . 1. Das Anwachsen der Besitzstrafbarkeit seit dem Ende der sechziger Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kontinuitäten - Die Besitzdelikte bis zum Ende der sechziger Jahre 3. Die beispielhafte Entwicklung der Besitzdelikte des Strafgesetzbuchs............................ . .. . . .. ............. ... ... . 4. Das fahrlässige Besitzdelikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19 20 22 24 30 33 36

B. Überblick über die Besitzdelikte des geltenden Rechts I. Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ordnungswidrigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anordnungen der Verwaltungsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Landesrechtliche Vorschriften ..... .... . . .... . . .. .... . .. ..... . . . 4. Qualifikationstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die verbleibenden Besitzdelikte gegliedert nach Tatbestandsformulierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Besitzen...... . ....... . ............. ... ................ . .... . 2. Ausüben der tatsächlichen Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Führen, mitführen und mit sich führen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vorrätig halten und bereithalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Aufbewahren und verwahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Lagern... . ........... . ... .. .. ..... ............ . . . .. ..... .. ..

41 41 44 48 52 56 61

C. Funktionen und Arten der Besitzdelikte I. Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die mit den Besitzdelikten verfolgten Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verhindem der Gewinnung eines Gegenstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhindem des Am-Ort-Seins eines Gegenstands .. . .. . ...... .... . a) Für sich genommen physisch gefährliche Gegenstände . . . . . . . . b) Kraft psychischer Vermittlung gefährliche Gegenstände . . . . . . .

66 66 67 70 70 72

39 39 39 40 40

8

Inhaltsverzeichnis c) Besitz als Rechtsgutsverletzung.................... . . . . . . . . . 3. Verhindern der Verwendung eines Gegenstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Selbstschädigende Verwendung durch Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Fremdschädigende Verwendung...... ... ............. . ..... . aa) Verhindern fremdschädigender Verwendung als Hauptzweck..... .. ................... . ............. . . . .... bb) Verhindern fremdschädigender Verwendung als Nebenzweck.... . .................... .. .............. .. .... 4. Erleichterung der Strafverfolgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111. Die Besitzdelikte im System des Rechtsgüterschutzes .. . . . . ... .. . ... . I. Rechtsgutsverletzung, Vor- und Nachverletzungsphase . . . . . . . . . . . . a) Die Vorschriften zur Verhinderung des Am-Ort-Seins eines Gegenstands. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Vorschriften zur Verhinderung der Verwendung eines Gegenstands. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Vorschriften zur Verhinderung der Gewinnung eines Gegenstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erlangung, Besitz und Verlust eines Gegenstands . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Besitzdelikte und Deliktseinteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Reine Besitzdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eingeschränkte Besitzdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Personell eingeschränkte Besitzdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Subjektiv eingeschränkte Besitzdelikte . . ............... .. ... . c) Eingeschränkte Besitzdelikte im engeren Sinne... . . . . . . . . . . . .

D. Der Besitzbegriff im Strafrecht I. Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Allgemeine Betrachtungen zum Besitzbegriff im Recht . . . . . . . . . . . . . . I. Der Besitzbegriff im Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Besitzbegriff im Polizei- und Ordnungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . a) Polizeirecht und Strafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verhaltensstörerhaftung und Verantwortung für eigenes Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Besitz und Zustandsverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Besitzbegriff im Strafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Autonomie der strafrechtlichen Begriffsbildung . . . . . . . . . . . b) Die Tatbestandsbezogenheit der strafrechtlichen Begriffsbildung c) Besitz im weiteren Sinne als abstrakter Oberbegriff... . . . . . . . . d) Besitz und Fahrlässigkeit ........... . . . . ............. .. .... 111. Der Besitzbegriff in einzelnen Straftatbeständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Besitzen im Sinne von § 29 Abs. 1 Satz I Nr. 3 und § 29a Abs. I Nr. 2 4. Var. BtMG .......................................... a) Das - objektive - Herrschaftsverhältnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der- subjektive - Herrschaftswille ... .. ............. ..... . .

73 74 75 75 75 77 79 81 81 82 82 82 83 83 84 84 84 84 84 85 85 86 89 89 91 92 94 94 96 97 100 I 02 102 I 03 103

Inhaltsverzeichnis aa) Die Zwecksetzung des Täters . .. ... . . .............. . . .. bb) Herrschaftswille und Vorsatz .... .. .. . ............... ... 2. Besitzen im Sinne von § 184 Abs. 5 Satz 2 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Besitzdienerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Datenherrschaft ohne Sachherrschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Zwecksetzung des Täters ........ . .. . ............ . . . .. . 3. Ausüben der tatsächlichen Gewalt im Sinne von Waffen- und Kriegswaffenkontrollgesetz ............ . .. ... .............. .. . . a) Unmittelbarer Besitzer, mittelbarer Besitzer und Besitzdiener .. b) Die Zwecksetzung des Täters ........... .. ..... . ....... . .. . 4. Führen im Sinne des Waffengesetzes und anderer Gesetze .. ... ... 5. Vorrätighalten im Sinne von § 184 Abs. 1 Nr. 8 StGB und § 184 Abs. 3 Nr. 3 StGB . ... .................. .. .............. .. ... 6. Aufbewahren im Sinne von § 328 Abs. I StGB und anderen Vorschriften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Verwahren im Sinne von § 149 Abs. 1 StGB und anderen Vorschriften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Lagern im Sinne von § 328 Abs. 3 Nr. 1 StGB und anderen Vorsehn ften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Teil 2

Die Besitzdelikte als Verhaltensdelikte A. Die Unterscheidung zwischen Tun und Unterlassen I. Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Meinungsstand zur Abgrenzung von Tun und Unterlassen . . . . . . . . I. Das Kriterium der Körperbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Energiekriterium ........... . ..... . ........ . ... ....... .... 3. Die Kausalität des Menschen bzw. seines Verhaltens .... .. .. ... . . a) Der Streit um die Kausalität der Unterlassung . . .............. b) Das Problem der Kausalität des Unterlassenden ..... . ......... c) Zusammenfassung . . .. .. .. . .. . . .. . . . .. .. . . . . . .. . . . . . . . . . . . 4. Der soziale Sinn des Verhaltens ... ..... ... .... . .... .. .......... 5. Weitere Abgrenzungskriterien .... . ..... ... ..... . ... .. .......... 6. Die Behandlung ambivalenter Verhaltensweisen ...... . . .. ........ 7. Bewertung und Ergebnis ......... .. . . . ... ........... . . . . . ..... III. Einordnung des Besitzens körperlicher Gegenstände in die Kategorien Tun und Unterlassen .... . ...... . ........ .. . .... ... . .... . .... . .... 1. Besitzen als ambivalentes Verhalten ..... . . . . . . . .. ............ . . 2. Die Besitzbegründung .. . . .. .. . .. .... .. ..... . .... ... . . ........ 3. Fortdauer und Aufrechterhaltung des Besitzes . ..... . . . .......... IV. Bewertung und Zusammenfassung . .. ... .. ...... . . ... . . . ... ..... . . .

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Inhaltsverzeichnis

B. Die Unterscheidung zwischen echten und unechten Unterlassungsdelikten I. Einführung . .. ....... .. ............ . .. . .. . .... . ... . ............ .. 11. Der Meinungsstand zur Abgrenzung von echten und unechten Unterlassungsdelikten ............. . .................. . .................. I. Der formal-gesetzestechnische Ansatz . .. ....... . ............... 2. Die Unterscheidung nach Tätigkeits- und Erfolgsdelikten . . . . . . . . . 3. Die Unterscheidung zwischen Ge- und Verbotsnorm ........ .... .. 4. Die Garantenstellung als Unterscheidungsmerkmal ............... 5. Der Ansatz von Gössel . . ......... . .. ... ....... . .............. 6. Der Ansatz von Schünemann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Bewertung und Ergebnis .. . .. . .. . .. . . .. .. .. . . .. . .. . .. . . . . . .. . . a) § 13 StOB als Beurteilungsmaßstab . . ................ . ...... b) Die praktische Leistungsfähigkeit der Lösungsvorschläge am Beispiel der Besitzdelikte . .. . .. .. . . .. . . . .. . .. . .. . . . .. . .. . . . c) Ergebnis ...... .. ................... . ........ . ... . . ... .... III. Formal-gesetzestechnischer Ansatz und konkludent echtes Unterlassungsdelikt ...... . ....................... ... ......... . ... ... .... I. Isolierte Auslegung der Handlungsbeschreibung ........... ... .... 2. Vollständigkeit des Unterlassungstatbestands .. ............. .. .... a) Erläuterung ..... . .... . ....... . ....... .. ................ . .. b) Einwendungen ... .. ......... . ........ .. .. . ........... .. ... c) Absicherung ..... .. .................. ... ................. . IV. Einordnung der Besitzdelikte mit Hilfe des formal-gesetzestechnischen Ansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Bewertung und Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Funktionsgerechtigkeit der Besitzdelikte als Verhaltensdelikte I. Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Konstruktive Bewältigung einer Mehrheit strafbarer Verhaltensweisen Die Besitzdelikte als Dauerdelikte .. .. . .. . .. . .. . .. .. . . .. . . .. . . .. . . . I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Dauerdelikt und Tatbestandsverwirklichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Streit um den Dauerdeliktsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Wille des Täters als maßgebliches Kriterium. . . . . . . . . bb) Der Straftatbestand als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Offene Fragen . . .... . .... . ... . ..... . ....... . .......... 2. Die Verwirklichung eines Straftatbestands durch kontinuierliches Weiterhandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Punktuelle Subsumtion der einzelnen Verhaltensweisen unter den Besitztatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Lösung der Fälle 5 bis 7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Lösung Fall 8 . .. ......................... .. ....... ... cc) Lösung der Fälle 9 und 10 .... .. ........ . ... .. .... .... . b) Schadens- oder Gefahrensteigerung versus Wiedergutmachung .

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Inhaltsverzeichnis

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c) Ergebnis ...... .. ............. . ..... . . .............. ...... 3. Die Verwirklichung eines Straftatbestands durch einen fortbestehenden Zustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Zusammenfassung zu einem einzigen andauernden Gesetzesverstoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einführung ..... . . . ... . .......... . .. .. ... . ............ . ... b) Der zutreffende Lösungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Hruschka . .. ................... .. .................... bb) Struensee . . .................... . .............. . ...... cc) Eigener Lösungsvorschlag .. .... . .................. . ... 5. Die Unterscheidung zwischen Dauerdelikt und DauerstraftaL .. .... a) Problemstellung .. ................... .. ... . ......... ... . .. . b) Lösung ....... .. .... . ............. ... ............. .. ..... 6. Ergebnis ......... .. ................ . .. . .. . ....... . .... .. ... . III. Die Funktionen der Besitzstrafbarkeit als Maßstab .... . .... . .. .. ..... 1. Erleichterung der Strafverfolgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besitz im System des Rechtsgüterschutzes . .......... . .. . ....... a) Nachverletzungsphase und Verhaltensdeliktskonzeption ........ b) Vorverletzungsphase und Verhaltensdeliktskonzeption . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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D. Verfassungsmäßigkeit der Besitzdelikte als Verhaltensdelikte I. Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 II. AnalogieverboL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 III. Bestimmtheitsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 E. Besitzen als menschliches Verhalten I. Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Streit um den strafrechtlichen Handlungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kausale Handlungslehre. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Finale Handlungslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Soziale Handlungslehre .............. ... ...................... 4. Weitere Handlungslehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Arbeitsdefinition der Handlung im Sinne eines Minimalkonsenses .. III. Anwendung auf die Besitzdelikte und Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . IV. Das Auseinanderfallen von Besitz und Handlung ........ .. .......... 1. Phasen vorübergehend fehlender Handlungsfähigkeit . . . .. ........ a) Besitzdelikte und Besitzbegründung ..................... . .. . b) Besitzdelikte als Erfolgsdelikte .................. . ....... .. . c) Ergebnis . ........ .. ..... . ............. ... ............. ... 2. Den Besitz überdauernde Handlungsunflihigkeit. ............. . . . . a) Zurechnung trotz Handlungsunfähigkeit in der Unterlassungsdogmatik .. . . .... . ..... ....... . . . .... .. . ... .. . . . .... . .. ... b) Handlungsdogma und freie Wahl des Anknüpfungspunktes .... .

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Inhaltsverzeichnis 3. Das Auseinanderfallen von strafbarem Besitz und strafbarem Verhalten im allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224

Teil 3

Die Besitzdelikte als Zustandsdelikte A. Zustandsdelikte und Strafrechtsdogmatik I. Einführung ........ ..... . . . .. ................. . . . ............ . ... II. Handlungsdogma und Zustandsverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Tatbestandsmäßigkeit, Rechtswidrigkeit und Schuld bei Zustandsdelikten .. . ................. ... ............... .. .. . ............. ... .. IV. Die Lehre von den Konkurrenzen ......... . .... .. ............... . . .

228 231

B. Zustandsdelikte und Grundgesetz I. Einführung . . .... . . . .. ... ... ... . ........ . .... .... ... . .. . ....... .. II. Der Tatbegriff in Art. 103 Abs. 2 GG .. .. ............... . ....... .. . III. Das Schuldprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Dogmatische Herleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Schuldprinzip und Besitzdelikte . .. . . .. . ..... . .................. IV. Der Verhältnismäßigkeilsgrundsatz im übrigen ... . . ... ... .. .. ... . .. . l. Zweck und Geeignetheil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erforderlichkeil und Angemessenheil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung . . .... . . . ..... . ....... .. .................... . ..

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C. Das Problem der Strafbarkeit des gebotenen Verhaltens I. Einführung . .. . . . . . . .. .. .. . . ............ . ........... . ............ II. Inhaltliche und systematische Präzisierung der Kollisionsproblematik . . 1. Inhaltliche Präzisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die kollidierenden Rechtssätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Besitzdelikt als Bezugsobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Systematische Präzisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Zumutbarkeit normgemäßen Verhaltens . . ................ b) Das Fehlen einer entlastenden Pflichtenkollision . .. ........... c) Die Lehre von den Konkurrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die allgemeinen Kollisionsregeln und das rechtliche Gefordertsein ... ... ........ . ........................... ... ........ e) Ergebnis ......... .. ........ . .. . . .. .... . ......... . ..... . .. III. Besitzdelikte, kollidierende Verbotsnormen und Nemo-tenetur-Grundsatz ... .. ... . ............ . .. .. ... . ..... .. ... . . ..... . . ... . ... . .. . 1. Das Unterbinden der Sacherlangung .. . . .. .. .. . .. . .. .. . . .. .. . . . . 2. Die Handlungsgebote im Falle bereits erlangter Sachherrschaft . . . . a) Zerstören versus Sachbeschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

227 227

243 244 244 244 245 246 247 247 248 248 249 249 249 250 250

Inhaltsverzeichnis b) Wegwerfen versus lnverkehrbringen von Betäubungsmitteln c) Abliefern versus Nemo-tenetur-Grundsatz ............... .. . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Handlungsgebote im Falle von Fortdauer und Aufrechterhaltung des Besitzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung .... ... ................ . . . . . ................ . . . D. Die allgemeinen rechtsstaatliehen Grenzen für den Einsatz des Strafrechts I. Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Il. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . .. . . . 1. Die Unterscheidung zwischen Vor- und Nachverletzungsphase . .... a) Besitz und Besitzbegründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Besitz und Besitzbeendigung ....... .. . . .............. ... ... c) Ergebnis .... . .... . ................. . . . ... . ......... ... ... 2. Das Problem des gutgläubigen Erwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der marktwirtschaftliche Ansatz ......... .. ................ . ... 4. Ergebnis . ........ . .......... . . . ....... . . . ...... . ..... . .. . ... III. Das Verbot der Verdachtsstrafe ....... . ..... ... .......... .. . ... .... 1. Verdachtsstrafe und Beweiserleichterung - zum Inhalt des Verbots der Verdachtsstrafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verdachtsstrafe und Verdachtsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13 251 252 253 253 254 254 254 256 256 257 257 258 259 261 261 261 262 263

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 Sachwortverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286

Abkürzungsverzeichnis a.A. a.a.O.

anderer Ansicht

AbfG

Gesetz über die Vermeidung und Entsorgung von Abfallen (Abfallgesetz)

am angegebenen Ort

ABlEG

Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften

Abs. ALR

Absatz Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794

AMG

Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz)

Anm.

Anmerkung

arg. Art.

argurnenturn Artikel

AtomG

Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz)

AuslG

Gesetz über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern im Bundesgebiet (Ausländergesetz)

BArtSchV

Verordnung zum Schutz wild lebender Tier- und Pflanzenarten (Bundesartenschutzverordnung)

BayDSG

Bayerisches Datenschutzgesetz

BayObLG

Bayerisches Oberstes Landesgericht

BayVBI.

Bayerische Verwaltungsblätter

BDSG

Bundesdatenschutzgesetz

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBI.

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BNatSchG

Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz)

SR-Drucksache BSeuchenG

Bundesrat. Drucksachen Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten beim Menschen (Bundes-Seuchengesetz)

BT-Drucksache

Verhandlungen des Deutschen Bundestages. Drucksachen

BtMG

Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz)

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

bzw.

beziehungsweise

ChemG

Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Stoffen (Chemikaliengesetz)

Abkürzungsverzeichnis ChemStrOWiV

DRsp-ROM DVBI. EGStGB EAV f(f). FAG FCKW-HalonVerbotsVerordnung FIRG

Fn. GA GefStoffV GewArch GG GjS GS HackfleischVO IPBPR

i.V.m. JA JR JuS JZ KWKG LG lit. LMBG

15

Verordnung zur Durchsetzung gemeinschaftsrechtlicher Verordnungen über Stoffe und Zubereitungen (Chemikalien Straf- und Bußgeldverordnung) vom 25. April 1996 (BGBI. I S. 662ff.) CD-ROM Deutsche Rechtsprechung Deutsches Verwaltungsblatt Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) folgende (Seite(n)) Gesetz über Fernmeldeanlagen Verordnung zum Verbot von bestimmten die Ozonschicht abbauenden Halogenkohlenwasserstoffen vom 6. Mai 1991 (BGBI. I s. 1090ff.) Gesetz über das Flaggenrecht der Seeschiffe und die Flaggenführung der Binnenschiffe (Flaggenrechtsgesetz) Fußnote Goltdammer's Archiv für Strafrecht Verordnung zum Schutz vor gefahrliehen Stoffen (Gefahrstoffverordnung) Gewerbearchiv. Zeitschrift für Gewerbe- und Wirtschaftsverwaltungsrecht Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Gesetz über die Verbreitung jugendgefahrdender Schriften und Medieninhalte Der Gerichtssaal Verordnung über Hackfleisch, Schabefleisch und anderes zerkleinertes rohes Fleisch (Hackfleisch-Verordnung - HFIV) Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966 (Gesetz zu dem Internationalen Pakt vom 19. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte vom 15. November 1973, BGBI. II S. 1533 ff.) in Verbindung mit Juristische Arbeitsblätter Juristische Rundschau Juristische Schulung Juristenzeitung Ausführungsgesetz zu Artikel 26 Abs. 2 des Grundgesetzes (Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen) Landgericht Iitera (Buchstabe) Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln, Tabakerzeugnissen, kosmetischen Mitteln und sonstigen Bedarfsgegenständen (Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz)

16 LStVG LuftVG LuftVZO MarkenG MDR m.w.N.

NJW

Nr. NStZ NZV OLG OWiG PAG PVG RGBl.

Rn.

s.

SGB X SprengG l. SprengV StGB StPO StV StVG TKG Var. VersG vgl. WaffG l. WaffV WaffVwV wistra ZfW zit. ZRP ZStW ZVerkV

Abkürzungsverzeichnis Gesetz über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Landesstraf- und Verordnungsgesetz) Luftverkehrsgesetz Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (Markengesetz) Monatsschrift für Deutsches Recht mit weiteren Nachweisen Neue Juristische Wochenschrift Nummer Neue Zeitschrift für Strafrecht Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht Oberlandesgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei (Polizeiaufgabengesetz) Preußisches Polizeiverwaltungsgesetz vom l. Juni 1931 Reichsgesetzblatt Randnummer Seite oder siehe Sozialgesetzbuch X - Verwaltungsverfahren Gesetz über explosionsgefährliche Stoffe (Sprengstoffgesetz) Erste Verordnung zum Sprengstoffgesetz Strafgesetzbuch Strafprozeßordnung Strafverteidiger Straßenverkehrsgesetz Telekommunikationsgesetz Variante Gesetz über Versammlungen und Aufzüge (Versammlungsgesetz) vergleiche Waffengesetz Erste Verordnung zum Waffengesetz Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht Zeitschrift für Wasserrecht zitiert Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft Verordnung über Anforderungen an Zusatzstoffe und das Inverkehrbringen von Zusatzstoffen für technologische Zwecke (Zusatzstoff-Verkehrsverordnung)

Einleitung Eine Reihe von Straftatbeständen erklärt schon den bloßen Besitz bestimmter Tatobjekte für strafbar. Zu den bekanntesten Beispielen gehören der Besitz von Betäubungsmitteln, § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG, und, seit dem 1. September 1993, der Besitz bestimmter kinderpornographischer Schriften, § 184 Abs. 5 Satz 2 StGB. Der Begriff Besitz bezeichnet jedoch im allgemeinen ebenso wie im juristischen Sprachgebrauch lediglich ein Verhältnis zwischen Personen und Sachen. 1 Sobald dieses Verhältnis entstanden ist und bis es endet, verbirgt sich hinter dem Wort Besitz nichts anderes als ein vollkommen statischer Zustand. Wie sich die Bestrafung eines solchen Zustands mit dem hergebrachten Strafrechtssystem verträgt, das vom menschlichen Verhalten, von Handlung, Begehung und Unterlassung ausgeht, ist bisher weithin ungeklärt.2 Das verwundert umso mehr, als es sich keineswegs um ein Randphänomen handelt, das unter die Schlagworte Aktionismus im Sexualstrafrecht oder Skurrilitäten der Drogenpolitik gefaßt und ad acta gelegt werden könnte. Sieht man von der variierenden Wortwahl des Gesetzes ab, so zeichnet sich nämlich eine Vielzahl weiterer Tatbestände übereinstimmend durch die gleiche Eigenart des die Strafe auslösenden Vorgangs aus. Dieser Vorgang erschöpft sich bei den einschlägigen Tatbeständen darin, daß eine Person einen Gegenstand "hat'.3. Im Sinne einer Arbeitsdefinition soll dieses bloße tatsächliche "Haben" als Besitz bezeichnet werden. Die zugehörigen Tatbestände heißen folgerichtig Besitztatbestände4 . 1 Mackensen, Lutz, Deutsches Wörterbuch, 4. Auflage, Baden-Baden 1962, S. 127: tatsächliche Herrschaft einer Person über eine Sache. Creifelds, Carl, Rechtswörterbuch, hrsg. v. Kauffmann, Hans, 13. Auflage, München 1996, S. 195: tatsächliche Beziehung zwischen dem Besitzer und der Sache. 2 Vgl. nur das umfangreiche, aber unergiebige Schrifttum zu § 245a StGB a. F. (Besitz von Diebeswerkzeug): Grüninger; LK 8. A., Jagusch; Meisch; Minnich; Olshausen 12. A., Niethammer; Rau; Schiifer/Wagner/Schafheutle; Schlüter. Eine Ausnahme bildet die verfassungsrechtlich ausgerichtete Arbeit von Lagodny. 3 Daß Haben und Besitzen genaugenommen keine Synonyme sind (Trübners Deutsches Wörterbuch, hrsg. v. Götze, Alfred, Erster Band, Berlin 1939, S. 299: Wer ein Glasauge besitzt, der muß nicht unbedingt auch ein Glasauge haben), wirkt sich nur in einem Randbereich aus, auf den es hier nicht ankommt. 4 Vgl. beispielsweise BGHSt 26, 117 ( 118).

2 Eckstein

18

Einleitung

Die vorliegende Untersuchung widmet sich zunächst den empirischen Grundlagen (Teil 1). Der Kreis der Besitzdelikte (Teil I B.) und der Besitzbegriff (Teil 1 D.), die historische Entwicklung der Besitztatbestände (Teil 1 A.) und ihre Funktionen (Teil I C.) sind klärungsbedürftig. Im zweiten Teil der Arbeit werden die Besitzdelikte mit dem hergebrachten Strafrechtssystem konfrontiert: Rechtsprechung und Rechtslehre konstruieren die Besitzstrafbarkeit systemkonform als Verantwortlichkeit für menschliches Verhalten, nämlich für Begründung und Aufrechterhaltung von Besitz. Dieses herrschende Modell der Besitzstrafbarkeit führt jedoch zu zahlreichen Schwierigkeiten. Probleme resultieren aus der Unterscheidung zwischen Tun und Unterlassen (Teil 2 A.) sowie aus der Unterscheidung zwischen echten und unechten Unterlassungsdelikten (Teil 2 B.). Aber auch die Verfassungsmäßigkeit der Besitzdelikte als Verhaltensdelikte5 (Teil 2 D.), ihre Funktionsgerechtigkeit (Teil 2 C.) und schließlich die Reichweite der Verhaltensverantwortung (Teil 2 E.) bedürfen näherer Analyse: Vermögen die Besitztatbestände, im Sinne der traditionellen Lehren verstanden, die ihnen zugedachten Aufgaben vollständig zu erfüllen? Am Ende der Arbeit steht der Versuch, eine strafrechtliche Zustandshaftung zu etablieren (Teil 3). Dieses Unterfangen wirft seinerseits strafrechtsdogmatische (Teil 3 A.) und verfassungsrechtliche (Teil 3 B.) Fragen auf. Es mündet abschließend in die Behandlung konstruktionsunabhängiger Fragwürdigkeilen der Besitzstrafbarkeit (Teil 3 C. und D.). Angesichts der Vielzahl einschlägiger Tatbestände können die strafrechtsdogmatischen und verfassungsrechtlichen Probleme nicht für jedes Delikt gesondert behandelt werden. Die grundlegenden Fragen gleichen sich allen Unterschieden im Detail zum Trotz - ohnehin bei sämtlichen Tatbeständen. In weiten Teilen beschränkt sich die Arbeit daher auf eine beispielhafte Analyse insbesondere des Betäubungsmittelgesetzes.

s Der Begriff Verhaltensdelikt dient als Oberbegriff für Begehungs- und Unterlassungsdelikte.

Teil I

Grundlagen A. Die geschichtliche Entwicklung der Besitzdelikte I. Einführung Wie alle Strafvorschriften knüpfen auch die Besitzdelikte Sanktionen an einen in der Vergangenheit liegenden Vorgang. Von anderen Tatbeständen heben sie sich durch die besondere Qualität des strafbegründenden Vorgangs ab. Dieser Vorgang erschöpft sich bei den Besitzdelikten darin, daß eine Person einen körperlichen Gegenstand in Besitz hat. Mit den Strafrechtsreformgesetzen von 1969 beseitigte der Gesetzgeber zwei der augenfälligsten Besitzdelikte, den Besitz von Diebeswerkzeug, § 245a StGB, und den Besitz von Wildereigerät, § 296 StGB. 1 Ausschlaggebend dafür waren verfassungsrechtliche Bedenken.2 Diese Bedenken richteten sich jedoch nicht gegen die Anordnung einer Besitzstrafbarkeit Stein des Anstoßes war paradoxerweise vielmehr ein prima vista strafbarkeitseinschränkender Passus. § 245a Abs. 1 und § 296 Abs. 1 StGB stellten den Besitz übereinstimmend nur insofern unter Strafe, als sich nicht aus den Umständen ergab, daß die Werkzeuge und Gerätschaften nicht zur Verwendung bei strafbaren Handlungen bestimmt waren. Obwohl der BGH die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung höchstrichterlich festgestellt hatte, 3 setzten sich letztlich die auf das Schuldprinzip gestützten Einwände4 durch. Sie reklamierten, es sei unzulässig, auf den positiven Nachweis zu verzieh1 § 245a war durch das Gesetz gegen gefahrliehe Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24. November 1933 (RGBI. I S. 995 ff.) in das StGB eingefügt worden, § 296 durch das Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuchs vom 28. Juni 1935 (RGBI. I S. 839ff.). Ihre Aufhebung zum 1. September 1969 ordnete Art. 1 Nr. 68 und Nr. 86 i.V. m. Art. 105 Nr. 1 lit. b des Ersten Gesetzes zur Reform des Strafrechts (1. StrRG) vom 25. Juni 1969 (BGBI. I S. 645 ff.) an. 2 BT-Drucksache IV /650 S. 400 zum Entwurf eines Strafgesetzbuches (StGB) E 1962. 3 BGHSt 21, 306 (307). 4 LG Heide1berg NJW 1959 S. 1932; in jüngerer Zeit Frister S. 82.

2"

20

I. Teil: Grundlagen

ten, daß der Beschuldigte tatsächlich eine deliktische Verwendung der Werkzeuge und Gerätschaften beabsichtigt hatte. Die Möglichkeit, den Besitz zu bestrafen, wurde dagegen durch ein gesetzliches Hintertürchen sogar auf sämtliche Gegenstände ausgedehnt, die Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können: Das 2. StrRG5 schuf das Institut der Führungsaufsicht § 145a StGB stellt Verstöße gegen Weisungen während der Führungsaufsicht unter Strafe. Und § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StGB ermächtigt das Gericht, den unter Führungsaufsicht Gestellten anzuweisen, die genannten Gegenstände nicht zu besitzen. Eine inhaltsgleiche, allerdings nicht strafbewehrte Weisung kann für die Zeit der Strafaussetzung zur Bewährung erteilt werden, § 56c Abs. 2 Nr. 4 StGB. Diese Vorschriften sollten die §§ 245a, 296 StGB ersetzen. 6 So verwundert es nicht, daß die Zahl der Besitzdelikte in der Folgezeit stetig anwuchs. Dieses Kapitel wird den wesentlichen Entwicklungslinien nachspüren (unten III.). Zunächst soll jedoch der Begriff Besitzdelikt näher erläutert werden (unten II.).

II. Der Begriff Besitzdelikt Nicht jeder Straftatbestand, der den Besitz eines Gegenstands als Tatbestandsmerkmal nennt, ist ein Besitzdelikt Die Besitzdelikte zeichnen sich vielmehr dadurch aus, daß der Besitz körperlicher Gegenstände die Tathandlung bildet. Im Unterschied dazu setzte eine Unterschlagung nach § 246 Abs. 1 StGB a. F. zwar ebenfalls Besitz oder Gewahrsam am Tatobjekt voraus. Das strafbare Verhalten bestand aber darin, sich fremde bewegliche Sachen zuzueignen. § 246 StGB rechnete daher schon vor der Neufassung durch das Sechste Gesetz zur Reform des Strafrechts7 nicht zu den Besitztatbeständen. 5 Zweites Gesetz zur Reform des Strafrechts (2. StrRG) vom 4. Juli 1969 (BGBI. I S. 717 ff.), in Kraft seit I. Januar 1975. Die Vorschriften über die Sicherungsverwahrung ausgenommen, bestimmte schon § 1 des Gesetzes über das Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Reform des Strafrechts vom 30. Juli 1973 (BGBI. I S. 909) diesen Zeitpunkt. Art. 7 des Gesetzes zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes (StVollzÄndG) vom 20. Dezember 1984 (BGBI. I S. 1654ff.) hob zwar das Gesetz über das Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Reform des Strafrechts auf. Art. 2 Abs. 3 StVollzÄndG aber ließ seinerseits das gesamte 2. StrRG am I. Januar 1975 in Kraft treten. 6 BT-Drucksache IV /650 S. 400, 450, 688 f. zum Entwurf eines Strafgesetzbuches (StGB) E 1962. Der E 1962 sprach nicht von Führungs- sondern von Sicherungsaufsicht Das Recht zur Erteilung von Weisungen regelten die §§ 75 - Strafaussetzung zur Bewährung - und 93 - Sicherungsaufsicht - E 1962. Die zugehörige Strafvorschrift fand sich in § 429 E 1962. 7 Art. I Nr. 52 des 6. StrRG vom 26. Januar 1998, BGBI. I S. 164 ff.

A. Die geschichtliche Entwicklung der Besitzdelikte

21

Auf der anderen Seite gibt es Strafvorschriften, die nicht an den Besitz von Sachen, sondern an ein tatsächliches Zuordnungsverhältnis zu einem anderen Objekt anknüpfen. Sie ähneln den Besitzdelikten insofern, als sich ihre Tathandlung im Bestehen des Zuordnungsverhältnisses erschöpft. Zu Besitzdelikten werden sie dadurch jedoch nicht, denn Besitz in klassischem Sinne ist ausschließlich Sachbesitz. Probleme bereiten in diesem Zusammenhang einige datenschutzrechtliche Straftatbestände: § 43 Abs. 1 Nr. I BDSG - unbefugtes Aufbewahren8 personenbezogener Daten -, § 43 Abs. I Nr. 2 BDSG - unbefugte Bereithaltung personenbezogener Daten zum Abruf mittels automatisierten Verfahrens -, § 85 Abs. I Nr. I SGB X- unbefugtes Aufbewahren9 von Sozialdaten - und § 85 Abs. I Nr. 2 SGB X - unbefugte Bereithaltung von Sozialdaten zum Abruf mittels automatisierten Verfahrens. Während Aufbewahrung und Bereithaltung befinden sich die Daten auf einem Datenträger, also einem körperlichen Gegenstand. Es liegt nahe, diese "Verkörperungseinheit" als Objekt tatsächlicher Sachherrschaft anzusehen. Ihre Aufbewahrung oder Bereithaltung unterfiele dann dem Besitzbegriff. 10 Durchaus plausibel erscheint ein solches Ergebnis im Falle einer Karteikartensammlung 11 . Das Bereithalten von Daten auf der Festplatte eines Computers als Besitz körperlicher Gegenstände zu erfassen, erweckt dagegen Bedenken. Diese Vorbehalte resultieren bei näherer Betrachtung nicht etwa aus einer geringeren Verkörperungsintensität. Sie zeichnen vielmehr die imaginäre Grenzlinie unmittelbarer sinnlicher Wahmehmbarkeit der Daten nach, die in § 202a Abs. 2, § 274 Abs. I Nr. 2, § 303a Abs. 1, § 303b Abs. I Nr. I StGB rechtliche Bedeutung erlangt 12• Diese Grenzziehung weist jedoch keinen Bezug zum Merkmal der Körperlichkeit auf, das für den Sachbesitz charakteristisch ist. Deshalb kann sie nicht über die Einordnung als Besitzdelikt entscheiden. Die Fixierung auf einem Datenträger begründet daher in keinem Fall die Sachqualität der Daten selbst: Eine "Verkörperungseinheit" zu konstruieren, widerspricht der isolierten Behandlung, die der Umgang mit Daten in den genannten datenschutzrechtlichen Straftatbeständen erfährt. Täter der unbefugten Datenauf8 Nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BDSG ein Unterfall des Speieheros von Daten. 9 Nach der Legaldefinition in § 67 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 SGB X ein Unterfall des Speieheros von Daten. 10 Beim Löschen von Daten eine Beschädigung des Datenträgers zu bejahen (Sch/Sch 25. A., Stree § 303 Rn. 8b a.E. m. w. N.), stellt eine ähnliche Verbindung zwischen Daten und Datenträger her, allerdings in umgekehrter Richtung. 11 Zur Karteikartensammlung als "Datei" im Sinne der Datenschutzgesetze Bergmann/Möhrle/Herb Band 2 Art. 4 BayDSG Anm. 4 und Band 1 § 3 BDSG Rn. 38. 12 Vgl. dazu Sch/Sch 25. A., Lenckner § 202a Rn. 4.

22

1. Teil: Grundlagen

bewahrung kann gerade auch sein, wer keine tatsächliche Gewalt über den Datenträger ausübt. 13 Datenschutzrechtliche Vorschriften scheiden somit als Besitzdelikte aus, denn sie knüpfen nicht an den Besitz von Sachen an. Ob ein Tatbestand als "Besitz"delikt zu qualifizieren ist, hängt schließlich nicht von der Wortwahl des Gesetzgebers ab: Die Termini "Besitz" und "besitzen" verwendet nur ein Bruchteil der einschlägigen Vorschriften. Entscheidend ist vielmehr eine Eigenart des die Strafe auslösenden Vorgangs. Bei den Besitztatbeständen erschöpft sich dieser Vorgang objektiv darin, daß eine Person einen Gegenstand "hat". Diese Voraussetzung erfüllen weder das Anbieten 14, noch das Feilbieten oder Feilhalten 15 von Gegenständen: Sie setzen einen über das bloße Haben hinausgehenden Tätereinsatz voraus. 16 Auch das unbefugte Tragen von Uniformen 17 und das sonstige Auftreten in einer verbotenen Aufmachung 18 gehören nicht zu den Besitzdelikten, denn "etwas anzuhaben" bedeutet mehr, als etwas nur zu haben. Hinter den Formulierungen "ausüben der tatsächlichen Gewalt", "führen", "mitführen" und "mit sich führen", "vorrätig halten" und "bereithalten", "aufbewahren" und "verwahren" sowie "lagern" verbergen sich dagegen im Regelfal1 19 Besitzdelikte.

111. Entwicklungsphasen der Strafbarkeit des Besitzes von Gegenständen Den Besitz von Gegenständen unter Strafe zu stellen, ist eine altbewährte Technik des Gesetzgebers. Besitztatbestände finden sich schon im römischen Recht. Spätestens seit der Lex Cornelia de sicariis et veneficis hatte beispielsweise derjenige, der in Tötungsabsicht Gift besaß, die gleiche Strafe zu gewärtigen wie der Mörder selbst20 - eine ausgesprochen weitgehende und vor allem rigide Ausdehnung der Strafbarkeit in den Bereich der Verbrechensvorbereitung. 13 §§ 43 BDSG, 85 SGB X sind Allgemeindelikte (BergTTUJnn/Möhrle/Herb Band 1 § 43 BDSG Rn. 8; E/K Band III, Wache S 110 § 85 Rn. 9); sie können nicht nur von den Normadressaten des Gesetzes begangen werden (Auemhammer § 43 Rn. 6). - Legt ein Angestellter auf der Festplatte eines Zentralrechners unbefugt eine versteckte Datei mit personenbezogenen Daten an, so bewahrt er zwar Daten auf, der Datenträger unterliegt aber nicht seiner tatsächlichen Sachherrschaft. 14 Vgl. nur§ 184 Abs. 3 Nr. 3 StOB. 1s Vgl. nur § 149 Abs. 1 StOB. 16 Zum Vorrätighalten, Feilhalten, Anbieten und Feilbieten als Stadien des Inverkehrbringens vgl. Horn NJW 1977 S. 2329 ff., 2330. 17 § 132a Abs. 1 Nr. 4 StOB. 18 S. § 27 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 lit. c VersO. 19 Zu Ausnahmen unten B.II.3., 6. 2o Vgl. Mommsen S. 635f.

A. Die geschichtliche Entwicklung der Besitzdelikte

23

Im Vergleich dazu erweist sich das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten als sehr zurückhaltend. Es beschränkt sich darauf, in polizeilicher Fürsorge unter anderem demjenigen Arrest oder Geldstrafe anzudrohen, der "ohne wahrscheinliche Gefahr eines nächtlichen Überfalls(,) geladenes Gewehr in seinem Hause" verwahrt21 • Die Tendenz, die Strafdrohung für verbotenen Besitz abzusenken, setzt sich in der Folgezeit fort. Zugleich nimmt die zahlenmäßige Bedeutung der Besitzstrafbarkeit zu. Besitzdelikte entstehen primär im Nebenstrafrecht Sie ergänzen das verwaltungsrechtliche Kontrollregime, dem der Güterverkehr mit diversen Gegenständen unterworfen wird. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang das Gesetz, betreffend den Spielkartenstempel vom 3. Juli 187822 und das Süßstoffgesetz vom 7. Juli 190223 • Unter Strafe stand der Gewahrsam an Spielkarten, die nicht mit dem erforderlichen Stempel versehen waren,24 sowie Besitz oder Gewahrsam an mehr als 50 Gramm Süßstoff, sofern er nicht von einer autorisierten Person bezogen worden war25 • Daß die Zahl der Besitzdelikte heute größer ist als noch vor 100 Jahren, liegt daher auf der Hand: Fahrlässigkeits- und Qualifikationstatbestände nicht mitgerechnet, summiert sich die Zahl der Besitzdelikte heute auf über 100. Der technische Fortschritt bringt immer neue Gegenstände hervor, die zu besitzen dem Gesetzgeber strafwürdig erscheinen kann. Außerdem hat die Zahl der Rechtsnormen und ihre Regelungsdichte ganz allgemein zugenommen. Auch diese Entwicklung schlägt nahezu zwangsläufig auf die Besitztatbestände durch. Eine rein quantitativ chronologische Betrachtung sagt deshalb wenig über den relativen Stellenwert der Besitzstrafbarkeit aus. Signifikante Ergebnisse zeitigt dagegen die Suche nach Regelungsbereichen, in die erst nachträglich Besitzdelikte implantiert wurden. Zu diesen nachträglich eingeführten Besitztatbeständen gehören auch solche, die eine bereits bestehende Besitzstrafbarkeit nicht ganz unerheblich ausweiten. Die bloße Hinzufügung weiterer Tatobjekte bleibt dabei außer Betracht. Aus dieser Perspektive tritt eine deutliche Zunahme der Besitzdelikte seit dem Ende der sechziger Jahre zutage (unten 1.). Zahlreiche Besitztatbestände stammen freilich aus älterer Zeit. Sie markieren einerseits einen Bereich sozusagen genuiner Besitzstrafbarkeit Andererseits lenken sie den Blick auf Restriktionstendenzen und Nuancierungen innerhalb der Besitzstrafbarkeit (unten 2.). 21 22 23 24 25

II 20 §§ 740, 743 ALR. RGBI. S. 133 ff. RGBI. S. 253 ff. §§ I 0, 12 des Gesetzes, betreffend den Spielkartenstempel (Fn. 22). § 8 des Süßstoffgesetzes (Fn. 23).

I. Teil: Grundlagen

24

Die Einstellung eines Tatbestands ins StGB sagt schon für sich genommen etwas über den Stellenwert dieses Tatbestands aus. Deshalb kommt den Besitzdelikten des StGB besondere Bedeutung zu. Ihre Entwicklung soll exemplarisch untersucht werden (unten 3.). Abschließend gilt das Augenmerk dem sonderbaren Phänomen fahrlässiges Besitzdelikt (unten 4.).

1. Das Anwachsen der Besitzstrafbarkeit seit dem Ende der sechziger Jahre Nachdem das 2. StrRG26 den Stein Unterderhand - durch die bereits erwähnten §§ 145a, 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StGB 27 - ins Rollen gebracht hatte, vermehrten sich die Tatbestände, in denen der Gesetzgeber den Besitz von Gegenständen unter Strafe stellte, zusehends. Schon am 16. Juli 1969 schuf das Weingesetz einen Straftatbestand bestimmte Lagerungsvorgänge.28 Die Vorschriften des Gesetzes vom Juli 1969 sind zwar nie in Kraft getreten. An ihre Stelle traten aber gleichlautenden Bestimmungen des Weingesetzes vom 14. Juli 1971. 29 wurden zu dem bereits 1969 geplanten Zeitpunkt in Kraft gesetzt. 30

für 16. die Sie

Das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Opiumgesetz) vom 22. Dezember 1971 31 stellte den Besitz von Betäubungsmitteln unter Strafe. 32 Den entsprechenden Straftatbestand enthält heute § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG. Eine derart umfassende Besitzstrafbarkeit kannte das Betäubungsmittelrecht bis dahin nicht. Das Gesetz zur Ausführung des internationalen Opiumabkommens vom 23. Januar 1912, seinerseits vom 30. Dezember 1920,33 enthielt zwar in § 8 Nr. 1 eine Strafbestimmung für den Fall der Aufbewahrung bestimmter Stoffe und Zubereitungen in nicht genehmigten Örtlichkeiten. Diese Rege26

Fn. 5.

V gl. oben I. §§ 50, 89 Abs. 2 Nr. 12 Gesetz über Wein, Dessertwein, Schaumwein, weinhaltige Getränke und Branntwein aus Wein (BGBI. I S. 781 ff.). 29 §§ 43, 67 Abs. 2 Nr. 10 Gesetz über Wein, Likörwein, Schaumwein, weinhaltige Getränke und Branntwein aus Wein (BGBI. I S. 893 ff.). 30 § 97 Abs. 1 Weingesetz 1969 und§ 75 Abs. 1 Weingesetz 1971: 19. Juli 1971. 31 BGBI. I S. 2092 ff., in Kraft getreten am 25. Dezember 1971 (Art. 5). 32 Art. 1 Nr. 13 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Opiumgesetz) vom 22. Dezember 1971 (BGBI. I S. 2092ff.): Strafbarkeit des Besitzes nach § 10 Abs. 1 Nr. 4, 6 lit. b Betäubungsmittelgesetz Art. I Nr. I des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Verkehr mit Betäubungsmitteln führte zugleich die neue Kurzbezeichnung "Betäubungsmittelgesetz" ein. 33 RGBI. 1921 S. 2ff. 27

28

A. Die geschichtliche Entwicklung der Besitzdelikte

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lung baute aber auf der vorausliegenden personenbezogenen Erlaubnis auf, mit Betäubungsmitteln überhaupt umgehen zu dürfen. Und auf der Ebene dieser Erlaubnis bestand gerade kein strafbewehrtes Aufbewahrungsverbot Am 19. September 1972 folgte das Waffengesetz (WaffG) 34 . Auf Initiative des Innenausschusses35 wurde die Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Schußwaffe zum strafbewehrten Genehmigungstatbestand36 erhoben. Die Idee eines solchen generellen Besitzverbots37 war nicht ganz neu. So stellte § 3 der Verordnung über Waffenbesitz vom 13. Januar 191938 jeglichen Besitz von Schußwaffen und Munition unter Strafe. Den gleichen Inhalt hatte der Befehl Nr. 2 des Kontrollrats vom 7. Januar 1946?9 Ihn löste das Gesetz Nr. 24 der Alliierten Hohen Kommission für Deutschland vom 30. März 195040 im früheren Bundesgebiet ohne Berlin ab. 41 Alle diese Vorschriften trugen aber historischen Ausnahmesituationen Rechnung. Sie resultierten einerseits aus den Verpflichtungen des Versailler Friedensvertrags, andererseits aus der alliierten Oberhoheit über Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg. Es handelte sich daher um vorläufige Regelungen für eine Übergangszeit. Allerdings dauerte diese Übergangszeit in Berlin immerhin bis zum 3. Oktober 1990. Im übrigen arbeitete der moderne Gesetzgeber42 mit mehr oder weniger weitgehenden punktuellen Besitzverboten. Das Gesetz über Schußwaffen und Munition vom 12. April 192843 untersagte allen Personen, denen aus bestimmten Gründen prinzipiell kein Waffenerwerbsschein ausgestellt werden durfte, auch den Besitz von Schußwaffen und bedrohte Zuwiderhandlungen mit Strafe.44 Dagegen beschränkte sich das Waffengesetz vom 18. März 193845 darauf, die Kreispolizeibehörden46 zu ermächtigen, PersoBGBI. I S. 1797ff., in Kraft getreten am 1. Januar 1973 (§ 62). Zu BT-Drucksache 6/3566 S. 2. 36 §§ 28, 53 Abs. 3 Nr. 1 Jit. a Waffengesetz (Fn. 34). 37 Die Unterscheidung zwischen präventivem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt und repressivem Verbot mit Befreiungsvorbehalt soll an dieser Stelle außer Betracht bleiben. 38 RGBI. S. 31 f., Wortlautberichtigung aufS. 122. 39 Einziehung und Ablieferung von Waffen und Munition (Amtsblatt der Militärregierung Deutschland S. 81 f.): Nr. 1 Verbot, Waffen und Munition in Besitz zu haben - Nr. 6b) Legaldefinition von "Waffen und Munition" als Feuerwaffen, Explosivstoffe, Seitenwaffen und Munition aller Art - Nr. 7 Strafbestimmung. 40 Überwachung bestimmter Gegenstände, Erzeugnisse, Anlagen und Geräte (Amtsblatt der Alliierten Hohen Kommission für Deutschland S. 251 ff.). 41 Art. 10 (a) Gesetz Nr. 24 der Alliierten Hohen Kommission für Deutschland (Fn. 40). 42 Zur Geschichte des Waffenrechts ReiberS. 4ff. 43 RGBI. I S. 143 ff. 44 §§ 17, 25 Abs. 1 Nr. I Gesetz über Schußwaffen und Munition (Fn. 43). 34

3s

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l. Teil: Grundlagen

nen, die sich staatsfeindlich betätigt hatten oder durch die eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zu befürchten war, im Einzelfall den Besitz von Waffen zu verbieten. 47 Auch dieses Verbot war strafbewehrt.48 Neben diese allgemeinen Vorschriften trat ein im Laufe der Zeit immer stärker anwachsender Katalog gefährlicher Gegenstände, die zu besitzen bei Strafe schlechthin verboten war. 49 Das heute geltende Waffengesetz kombiniert drei Regelungsmodelle. Es differenziert zwischen der 197250 eingeführten Erlaubnispflichtigkeit nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG, den verbotenen Gegenständen des § 37 WaffG51 und dem Verstoß gegen im Einzelfall ergangene Untersagungsverfügungen nach § 40 WaffG. Bestraft wird in der Terminologie des Waffengesetzes jeweils die Ausübung der tatsächlichen Gewalt. Die Straftatbestände variieren dabei nach der Höhe der Strafdrohung, so daß aus der verwaltungsrechtlich vorgegebenen Dreiteilung ein Heer von insgesamt elf Straftatbeständen hervorgeht: § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a lit. a und § 53 Abs. 3 Nr. 1 lit. a (zu § 28 Abs. 1 Satz 1), § 52a Abs. 1 Nr. 1 (zu § 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. d), § 52a Abs. 1 Nr. 2 (zu § 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. e), § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 (zu § 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7), § 53 Abs. 3 Nr. 3 (zu § 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1--6), § 53 Abs. 3 Nr. 6 (zu § 40 Abs. 1) sowie § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 lit. a, § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 lit. b, § 53 Abs. 3 Nr. 7 und §53 Abs. 3 Nr. 8 (Spezialfälle) WaffG. Dazu kommen noch die korrespondierenden Fahrlässigkeitstatbestände, § 52a Abs. 4, § 53 Abs. 4 WaffG. In das Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen52 fügte der Gesetzgeber am 31. Mai 197853 einen Besitztatbestand54 ein. Die Entwicklung des Kriegswaffenkontrollrechts, das erst nach dem ersten Weltkrieg entstand,55 RGBI. I S. 265 ff. §§ 33, 1 Abs. 2 Verordnung zur Durchführung des Waffengesetzes vom 19. März 1938 (RGBI. I S. 270ff.). 47 § 23 Waffengesetz (Fn. 45). 48 § 26 Abs. 1 Nr. 1 Waffengesetz (Fn. 45). 49 §§ 24, 25 Abs. 1 Nr. 1 Gesetz über Schußwaffen und Munition (Fn. 43); §§ 25, 26 Abs. 1 Nr. 1 Waffengesetz (Fn. 45). 50 Vgl. Fn. 34. 51 Verbotene Gegenstände sind beispielsweise vollautomatische Selbstladewaffen (§ 37 Abs. l Satz 1 Nr. 1 lit. d WaffG), halbautomatische Selbstladewaffen mit dem Anschein einer vollautomatischen Kriegswaffe (§ 37 Abs. 1 Satz I Nr. 1 lit. e WaffG) und Molotow-Cocktails(§ 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 WaffG). 52 Ausführungsgesetz zu Artikel 26 Abs. 2 des Grundgesetzes (Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen) vom 20. April 1961 (BGBI. I S. 444ff.), in Kraft getreten am 1. Juni 1961 (§ 29 Abs. 1). 53 Gesetz zur Änderung des Waffenrechts (BGBI. I S. 641 ff.), in Kraft getreten am 1. Juli 1978 (Art. 5). 45

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A. Die geschichtliche Entwicklung der Besitzdelikte

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ähnelt der des Waffenrechts: Ein strafbewehrtes Verbot der Aufbewahrung von Kriegsgerät enthielt erstmals das Gesetz über Kriegsgerät vom 27. Juli 1927.56 Seine Vorschriften wurden durch das Gesetz über Aus- und Einfuhr von Kriegsgerät vom 6. November 1935 aufgehoben. 57 Nach dem zweiten Weltkrieg stellte das Gesetz Nr. 43 des Kontrollrats vom 20. Dezember 194658 umfassende Lagerungsverbote59 auf. Und das Gesetz Nr. 24 der Alliierten Hohen Kommission für Deutschland vom 30. März 1950 löste das Gesetz Nr. 43 des Kontrollrats im früheren Bundesgebiet ohne Berlin ab. 60 Auf den Sonderstatus dieser Übergangsregelungen wurde bereits hingewiesen. In seiner heutigen Fassung sieht das Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen, gegliedert nach Tatobjekten, zwölf Besitztatbestände vor. § 22a Abs. 1 Nr. 6 lit. a und b sowie der zugehörige Fahrlässigkeitstatbestand, § 22a Abs. 4 KWKG, gehen auf das Gesetz zur Änderung des Waffenrechts aus dem Jahre 197861 zurück. Die Sonderregelungen für biologische, chemische und atomare Waffen beruhen auf dem Gesetz zur Verbesserung der Überwachung des Außenwirtschaftsverkehrs und zum Verbot von Atomwaffen, biologischen und chemischen Waffen vom 5. November 199062 : § 19 Abs. 1 Nr. 1 KWKG sanktioniert die Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Atomwaffen, Absatz 2 enthält zwei Qualifikationstatbestände, Absatz 4 die Fahrlässigkeitsregelung zu Absatz 1 und Absatz 5 zwei Fahrlässigkeitsvarianten für das konkrete Gefahrdungsdelikt des Absatz 2 Nr. 2. Für biologische und chemische Waffen gilt § 20 Abs. 1 Nr. 1 KWKG, die fahrlässige Tatbestandsverwirklichung erfaßt Absatz 3. Ein halbes Jahr nach der Novellierung des Kriegswaffenkontrollgesetzes erweiterte das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Versammlungen und Aufzüge vom 25. September 197863 den Straftatbestand in § 27 VersG um die Variante des Bereithaltens von gefahrliehen Gegenständen64. 65 54 Art. 2 Nr. 11 des Gesetzes zur Änderung des Waffenrechts (Fn. 53): Strafbarkeit der Ausübung der tatsächlichen Gewalt nach § 16 Abs. 1 Nr. 6 Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen. ss Vgl. Pottmeyer Einleitung Rn. I. 56 §§ 2, 9 Abs. 1 Gesetz über Kriegsgerät (RGBl. I S. 239ff.). 51 § 4 Gesetz über Aus- und Einfuhr von Kriegsgerät (RGBl. I S. 1337). 58 Verbot der Herstellung, der Einfuhr, der Ausfuhr, der Beförderung und der Lagerung von Kriegsmaterial (Amtsblatt der Militärregierung Deutschland S. 399ff.). 59 Art. I Nr. I, Art. II, Strafbestimmung in Art. VI Gesetz Nr. 43 des Kontrollrats (Fn. 58). 60 Wie Fn. 41. Besitz- und Lagerungsverbot in Art. 1 Nr. 1 (b), Strafbestimmung in Art. 7 Gesetz Nr. 24 der Alliierten Hohen Kommission für Deutschland (Fn. 40). 61 Fn. 53. 62 BGBI. I S. 2428 ff., in Kraft getreten am 11. November 1990 (Art. 7). 63 BGBl. I S. 1571 f., in Kraft getreten am I. Oktober 1978 (Art. 4).

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I. Teil: Grundlagen

Strafbestimmungen, die sich mit der Aufbewahrung66 bestimmter Gegenstände und mit dem Vorrätighalten zum Verkaufi7 beschäftigten, enthielt schon das Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz) vom 16. Mai 1961 68 • Eine signifikante Ausweitung der Besitzstrafbarkeit erfolgte aber später im Bereich der Tierarzneimittel: Das Recht der Arzneimittel, die zur Anwendung bei Tieren bestimmt sind, die der Lebensmittelgewinnung dienen, hatte die sogenannte Tierarzneimittelnovelle vom 5. Juni 197469 eingehend neugeordnet Doch erst am 24. Februar 198370 wurde § 59a AMG ins Arzneimittelgesetz eingefügt. Er reglementiert bereits die Lagerung bestimmter Rohstoffe für TierarzneimitteL Zuwiderhandlungen sind nach § 96 Nr. 13 AMG strafbar. Um sicherzustellen, daß Sendeanlagen nur besitzt, wer von ihnen auch Gebrauch machen darf, 71 regelte das Gesetz zur Verhinderung des Mißbrauchs von Sendeanlagen vom 27. Juni 198672 die Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Sendeanlagen aller Art, § 5a FAG73 . Nach § 15 Abs. 2 lit. c FAG - bei fahrlässigem Handeln § 15 Abs. 3 FAG - waren Zuwiderhandlungen strafbar. Das Telekommunikationsgesetz (TKG) vom 25. Juli 199674 erhielt dieses strafbewehrte Verbot nur in reduzierter Form aufrecht. Im Zuge der Liberalisierung des Marktes für Telekommunikationsleistungen verkehrte sich das Verhältnis von Regel - Verbot - und Ausnahme Erlaubnis - ins Gegenteil. Strafbar ist heute nur noch der Besitz von Sendeanlagen, die aufgrund bestimmter gesetzlich umschriebener Eigenschaften in besonderer Weise geeignet sind, das nichtöffentlich gesprochene Wort unbemerkt abzuhören, §§ 65, 94 Abs. 1 Nr. 1 TKG. Das Bundesnaturschutzgesetz hatte zwar schon in seiner ursprünglichen Fassung vom 20. Dezember 197675 die Ausübung der tatsächlichen Zu diesem Begriff siehe B. Fn. 222. Art. I Nr. 8 Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Versammlungen und Aufzüge (Fn. 63). 66 Vgl. § 19 Abs. 3 Nr. 1, § 45 Abs. 1 Nr. 4 AMG (Fn. 68). 67 Vgl. §§ 8, 44 Abs. 1, § 45 Abs. I Nr. 1 AMG (Fn. 68). 68 BGBI. I S. 533ff., in Kraft getreten am I. August 1961 (§ 63 Abs. 1). 69 Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes (BGBI. I S. 1245 ff.), in Kraft getreten am I. Januar 1975 (Art. 8). 70 Erstes Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes (BGBI. I S. 169ff.), in Kraft getreten am 2. März 1983 (Art. 7 Abs. 1). 71 BT-Drucksache 10/1618 S. 7. 72 BGBI. I S. 948ff., in Kraft getreten am 5. Juli 1986 (Art. 4). 73 Legaldefinition des Sendeanlagenbegriffs in § 5a Absätze 2 und 3 FAG. 74 BGBI. I S. 1120ff., in Kraft getreten am I. August 1996 (§ 100). 75 Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz BNatSchG) vom 20. Dezember 1976 (BGBI. I S. 3574ff.), in Kraft getreten am 21. Dezember 1976 (§ 40). 64

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A. Die geschichtliche Entwicklung der Besitzdelikte

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Gewalt76 über Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten verboten. 77 Straftatbestände brachte aber erst das Erste Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 10. Dezember 198678 . Eine ähnliche Entwicklung nahmen die Vorschriften über Schutzwaffen im Versammlungsgesetz. Das Verbot, Schutzwaffen mit sich zu führen, geht auf Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches und des Versammlungsgesetzes vom 18. Juli 198579 zurück. Zum Straftatbestand wurde das ursprünglich bußgeldbewehrte Verbot aber erst im Jahre 1989 hochgestuft 80 Zugleich erfolgte seine Ausdehnung auf sonstige öffentliche Veranstaltungen unter freiem Himmel und die Einbeziehung der vorgelagerten Ansammlungsphase. 81 Am 23. Juli 1993 hielt das Tatbestandsmerkmal "besitzen" erneut Einzug in den Besonderen Teil des StGB. Art. 1 Nr. 3 des 27. StrÄndG82 ergänzte § 184 StGB um einen Absatz 5, der sich mit den Abnehmern kinderpornographischer Schriften befaßt. Wer kinderpornographische Schriften besitzt, die ein tatsächliches Geschehen wiedergeben, macht sich nach § 184 Abs. 5 Satz 2 StGB strafbar. Das gleiche gilt seit dem Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz vom 22. Juli 1997 für den Besitzer kinderpornographischer Schriften, die ein wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben.83 Schließlich folgte am 25. Oktober 1994 das Markenrecht Das Markenrechtsreformgesetz84 erweiterte den Schutzbereich von Marken auf einen generellen Schutz vor unbefugter Benutzung, unabhängig von der konkreten Benutzungshandlung. Nach § 14 Abs. 3 Nr. 2 3. Var. MarkenG umfaßt das 76 § 24 des Entwurfes eines Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (BT-Drucksache 7/886 S. 12) sprach von "Besitz". 77 § 22 Abs. 2 Nr. 4 BNatSchG (Fn. 75). 78 BGBI. I S. 2349ff., in Kraft getreten am 1. Januar 1987 (Art. 4 Abs. 1). 79 BGBI. I S. 1511 f. 80 Art. 3 Abs. 1 Nr. 5 lit. b des Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung und des Versammlungsgesetzes und zur Einführung einer Kronzeugenregelung bei terroristischen Straftaten vom 9. Juni 1989, BGBI. I s. 1059ff. 81 Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes vom 9. Juni 1989 (Fn. 80). 82 Siebenundzwanzigstes Strafrechtsänderungsgesetz Kinderpornographie (BGBI. I S. 1346), in Kraft getreten am 1. September 1993 (Art. 2). 83 Art. 4 Nr. 4 lit. b des Gesetzes zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste (IuKDG), BGBI. I S. 1870ff., in Kraft getreten am I. August 1997 (Art. II ). 84 Gesetz zur Reform des Markenrechts und zur Umsetzung der Ersten Richtlinie 891104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (BGBI. I S. 3082ff.), in Kraft getreten am I. Januar 1995 (Art. 50 Abs. 3).

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1. Teil: Grundlagen

Benutzen immer auch das "Besitzen zum Zwecke des Anbietens oder Inverkehrbringens". Straftatbestände enthalten die §§ 143, 144 MarkenG. Im Gegensatz dazu untersagte das frühere Warenzeichengesetz nur einzelne Nutzungsformen. Zu diesen zählte zwar schon seit dem 30. November 1874 das Feilhalten widerrechtlich bezeichneter Waren. 85 Gegenstände feilzuhalten bedeutet aber, sie äußerlich erkennbar zum Verkauf ans Publikum bereitzustellen. 86 Das Feilhalten geht somit über das bloße Haben hinaus und begründet daher keine Besitzstrafbarkeit 2. Kontinuitäten - Die Besitzdelikte bis zum Ende der sechziger Jahre Eine Vielzahl der Besitzdelikte datiert aus der Zeit vor Erlaß des 2. StrRG. Häufig stellte der Gesetzgeber diesen Delikten später weitergehende Besitztatbestände zur Seite. Mitunter erfolgte aber im Laufe der Zeit auch eine Beschränkung der Besitzstrafbarkeit In einigen Fällen schließlich sind nur Umformulierungen und Randkorrekturen auszumachen. Strafbewehrte87 Aufbewahrungsvorschriften zu erlassen, ermöglichte bereits eine Verordnungsermächtigung88 im Gesetz, betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen vom 14. Mai 187989• Den nächsten qualitativen Sprung machte die Besitzstrafbarkeit im Lebensmittelrecht am 5. Juli 1927. An diesem Tag führten die §§ 3, 12 des Lebensmittelgesetzes90 das Vorrätighalten zum Verkauf als Tathandlung ein. Vor dem Hintergrund der Unterscheidung zwischen Lagerhaltungs- und Umsatzvorgängen bedeutete das eine klare Erweiterung der strafbaren Verhaltensweisen. Aufbewahrungsregeln betreffen nämlich die Lagerhaltung. Im Bereich des Warenumsatzes aber hatte sich das Lebensmittelrecht seit 1879 nur bis zum Feilhalten vorgewagt - eine Handlungsbeschreibung, die kein Besitzdelikt begründet, weil sie über das bloße Haben hinausgeht. Das Lebensmittelgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Januar 193691 behielt den geschilderten status quo bei. Und mit dem Lebensmittel§ 14 des Gesetzes über den Markenschutz (RGBI. S. 143ff.). Vgl. nur E/K Band IV, FuhmuJnn W 11 § 24 Anm. 10. 87 § 8 Gesetz, betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen (Fn. 89). 88 § 5 Gesetz, betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen (Fn. 89). 89 RGBI. S. 145 f. 90 Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen (RGBI. I s. l34ff.). 91 Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen (RGBI. I s. 17 ff.). 8S

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A. Die geschichtliche Entwicklung der Besitzdelikte

3I

und Bedarfsgegenständegesetz aus dem Jahre 197492 verbinden sich lediglich kleinere Randkorrekturen. Das Vorrätighalten kann nunmehr zum Verkauf oder zu sonstiger Abgabe erfolgen und dem Aufbewahren steht das Lagern gleich. 93 Das heute geltende Sprengstoffrecht versteht unter dem Umgehen mit explosionsgefährlichen Stoffen insbesondere auch das Aufbewahren dieser Stoffe.94 Die unerlaubte Aufbewahrung steht im Grundsatz unter Strafe.95 Eine vergleichbare Regelung enthielt schon das Gesetz gegen den verbrecherischen und gemeingefahrliehen Gebrauch von Sprengstoffen vom 9. Juni 188496. Sprengstoffbesitz bedurfte polizeilicher Genehmigung.97 Zuwiderhandlungen waren strafbar.98 Darüber hinaus machte sich aber auch derjenige strafbar, der Sprengstoffe unter Umständen im Besitz hatte, die nicht erwiesen, daß dies zu einem erlaubten Zweck geschah. 99 Eine derartige Risikoverteilung zu Lasten des potentiellen Täters kennt das heutige Sprengstoffgesetz nicht mehr. Den Straftatbestand der unerlaubten Aufbewahrung von Krankheitserregern schuf nicht erst § 64 Abs. 2 Nr. 1 des Bundes-Seuchengesetzes vom 18. Juli 1961 100• Schon das Gesetz, betreffend die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten vom 30. Juni 1900 101 bildete die Grundlage für eine inhaltsgleiche Regelung: Auf § 27 dieses Gesetzes beruhten die am 21. November 1917 bekanntgemachten Vorschriften über Krankheitserreger 102. Sie statuierten in den §§ 1 und 2 eine Erlaubnispflicht für die Aufbewahrung von Krankheitserregern. Und § 46 Nr. 3 des Gesetzes vom 30. Juni 1900 103 stellte Verstöße gegen diese Erlaubnispflicht unter Strafe. 92 Art. I des Gesetzes zur Neuordnung und Bereinigung des Rechts im Verkehr mit Lebensmitteln, Tabakerzeugnissen, kosmetischen Mitteln und sonstigen Bedarfsgegenständen (Gesetz zur Gesamtreform des Lebensmittelrechts) vom I5. August I974 (BGBI. I S. I945ff.): Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln, Tabakerzeugnissen, kosmetischen Mitteln und sonstigen Bedarfsgegenständen. 93 § 7 Abs. I LMBG. 94 § 3 Abs. 2 Nr. I SprengG. 95 § 40 Abs. 1 Nr. I und 3 SprengG. 96 RGBI. S. 61 ff. 97 § 1 Abs. 1 Gesetz gegen den verbrecherischen und gemeingefährlichen Gebrauch von Sprengstoffen (Fn. 96). 98 § 9 Gesetz gegen den verbrecherischen und gemeingefährlichen Gebrauch von Sprengstoffen (Fn. 96). 99 § 8 Gesetz gegen den verbrecherischen und gemeingefährlichen Gebrauch von Sprengstoffen (Fn. 96). 100 Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten beim Menschen (BGBI. I S. 1012 ff.), in Kraft getreten am l. Januar 1962 (§ 85 Abs. 1 Satz 1). 101 RGBI. S. 306 ff. 102 RGBI. S. 1069ff.

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1. Teil: Grundlagen

Wer in Luftfahrzeugen unbefugt Funkgeräte oder bestimmte gefährliche Gegenstände mitführt, verwirklicht seit dem 1. August 1922 einen Straftatbestand des Luftverkehrsgesetzes. 104 Ursprünglich gehörten auch Brieftauben zu den Tatobjekten - der technische Fortschritt kann die Zahl der Gegenstände, deren Besitz strafbar ist, durchaus einmal verringern. Die Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Schußwaffe wurde erst 1972 lückenloser, strafrechtlich abgesicherter Kontrolle unterworfen. 105 Schußwaffen zu führen, die tatsächliche Gewalt über sie also außerhalb bestimmter eigener Räumlichkeiten auszuüben, unterliegt dagegen seit langem generellen gesetzlichen Beschränkungen. Entsprechende Tatbestände kannte sowohl das Gesetz über Schußwaffen und Munition vom 12. April 1928 106 als auch das Waffengesetz vom 18. März 1938 107 . Symptomatisch für den gesetzgebensehen Zugriff auf W arenumsatzgeschäfte ist die Entwicklung des Weingesetzes. Das Gesetz, betreffend den Verkehr mit Wein, weinhaltigen und weinähnlichen Getränken vom 20. April 1892 108 begnügte sich mit der Erfassung des Feilhaltens 109• Das Weingesetz vom 25. Juli 1930 1 10 fügte das Vorrätighalten zum Verkauf1 1 1 hinzu. Und das Weingesetz 196911971 112 ergänzte das Vorrätighalten zum Verkauf um das Vorrätighalten zu sonstiger Abgabe 113 • 1930 entstand also erstmals eine Besitzstrafbarkeit, während 196911971 nur Randkorrekturen vorgenommen wurden. Das Gesetz über Versammlungen und Aufzüge vom 24. Juli 1953 114 konnte an die allgemeinen Limitierungen des Rechtes, Waffen zu führen, anknüpfen, als es den Spezialfall der Waffenführung bei Versammlungen regelte. § 27 Versammlungsgesetz droht demjenigen Strafe an, der im Zusammenhang mit öffentlichen Versammlungen oder Aufzügen ohne besondere behördliche Ermächtigung Waffen bei sich führt. Eines der Kernstücke des Atomrechts ist der Grundsatz der staatlichen Verwahrung von Kernbrennstoffen. Das Gesetz über die friedliche Verwen103

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Fn. 101. §§ 14, 31 Luftverkehrsgesetz vom I. August 1922 (RGBI. I S. 681 ff.). V gl. oben 1. Fn. 43 - §§ 15, 25 Abs. 1 Nr. 2. Fn. 45 - §§ 14, 26 Abs. 1 Nr. 2. RGBI. S. 597 ff. §§ 2, 7 Gesetz vom 20. April 1892 (Fn. 108). RGBI. I S. 356 ff. § 5 Abs. 1, § 26 Abs. 1 Nr. 3 Weingesetz (Fn. 110). Vgl. dazu oben bei Fn. 28 ff. § 52 Abs. 8 Weingesetz 1969 und § 45 Abs. 8 Weingesetz 1971. BGBI. I S. 684 ff.

A. Die geschichtliche Entwicklung der Besitzdelikte

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dung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren vom 23. Dezember 1959 115 bediente sich daher von vorneherein eines umfassenden Besitzstraftatbestands 116• Diesen Tatbestand erfüllte jeder, der Kernbrennstoffe ohne Genehmigung außerhalb der staatlichen Verwahrung aufbewahrte. Abschließend gilt das Augenmerk einer sonderbaren Form scheinbar nachträglich geschaffener Besitzstrafbarkeit Für das Chemikalienrecht war lange Zeit das Gesetz über gesundheitsschädliche oder feuergefahrliehe Arbeitsstoffe vom 25. März 1939 117 maßgeblich. § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes ermächtigte zu Verordnungen, die das Inverkehrbringen und die Verwendung gesundheitsschädlicher oder feuergefährlicher Arbeitsstoffe regelten. § 6 Abs. 2 bestimmte als Blankettnorm die Strafbarkeit für den Fall der Zuwiderhandlung. Das Lagern als Form des Verwendens führte jedoch erst die Verordnung über gefahrliehe Arbeitsstoffe vom 17. September 1971 118 ein, 119 das Vorrätighalten zum Verkauf oder zu sonstiger Abgabe als Unterfall des lnverkehrbringens sogar erst die Arbeitsstoffverordnung vom 29. Juli 1980 120. Offenbar ging der Verordnungsgeber jedoch davon aus, sich mit seinem weiten Begriffsverständnis im Rahmen der Verordnungsermächtigung aus dem Jahre 1939 zu halten. Insofern war die Besitzstrafbarkeit also von Anfang an im Gesetz vom 25. März 1939 angelegt.

3. Die beispielhafte Entwicklung der Besitzdelikte des Strafgesetzbuchs Vom "Besitzen" als Tathandlung in den Tatbeständen des StGB war bereits mehrfach die Rede. Zwischen 1933 bzw. 1935 und 1969 121 stellten die §§ 245a, 296 StGB den Besitz von Diebeswerkzeug und Wildereigerät unter Strafe. Seit dem 1. September 1993 122 macht sich nach § 184 Abs. 5 Satz 2 StGB strafbar, wer bestimmte kinderpornographische Schriften besitzt. Daneben spricht das StGB heute noch von "Vorrätighalten" (§§ 86, 86a, 130, 131, 184 StGB), "Verwahren" (§§ 87, 149, 152a Abs. 5, §§ 261, 275, 276, 310, 316c StGB), "Aufbewahren" (§ 328 StGB) und "Lagern" BGBI. I S. 814ff., in Kraft getreten am 1. Januar 1960 (§59). § 45 Abs. 1 Nr. 3 Atomgesetz. 117 RGBI. I S. 581. 118 BGBI. I S. 1609ff., in Kraft getreten am 1. Januar 1972 (§ 30 Abs. 1). 119 § 1 Abs. 5, §§ 13 f., 26 Nr. 2 Verordnung vom 17. September 1971 (Fn. 118). 120 § 1 Nr. 5, §§ 24f. Verordnung über gefährliche Arbeitsstoffe (ArbStoffV), BGBI. I S. 1071 ff., in Kraft getreten am 1. Oktober 1980 (§ 30 Abs. 1). 121 Vgl. Fn. 1. 122 Vgl. Fn. 82. 115

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3 Eckstein

I. Teil: Grundlagen

34

(§ 328 StGB) 123 • Die Verwendung dieser Formulierungen folgt einem

gewissen System.

In den (Schriften-) Verbreitungstatbeständen ist von "Vorrätighalten" die Rede, während das "Verwahren" in typisierten Vorbereitungsdelikten 124 zur Anwendung kommt. Aus der Reihe fallen nur § 261 StGB und scheinbar auch § 276 StGB. Bezeichnenderweise stammen diese beiden Vorschriften aus jüngster Zeit. § 261 StGB beruht auf Art. 1 Nr. 19 OrgKG 125, § 276 StGB auf Art. 1 Nr. 19 Verbrechensbekämpfungsgesetz 126 . Im Falle des § 276 StGB zeigt sich jedoch bei näherem Zusehen, daß er sehr wohl als Vorbereitungsdelikt ausgestaltet ist: Die erforderliche Absicht, den Gebrauch eines falschen amtlichen Ausweises zur Täuschung im Rechtsverkehr zu ermöglichen, stellt den Vorbereitungszusammenhang her. Denn der Gebrauch falscher Urkunden ist seinerseits nach §§ 267, 271, 273 StGB strafbar. "Aufbewahrung" und "Lagerung" schließlich interessieren den Gesetzgeber des StGB nur bei gefährlichen Gegenständen. Historisch gesehen fand als erstes das "Vorrätighalten" Aufnahme ins StGB. Das Gesetz, betreffend Änderungen und Ergänzungen des Strafgesetzbuchs vom 25. Juni 1900 127 stellte in § 184 Nr. 1 StGB das Vorrätighalten unzüchtiger Schriften zum Zwecke der Verbreitung unter Strafe. Dem Vorrätighalten folgte das "Verwahren". Diese Handlungsbeschreibung, die heute ausschließlich das StGB benutzt, geht auf § 311 a StGB, den heutigen § 310 StGB zurück. Durch den neu eingefügten § 311a StGB ersetzte das Siebente Strafrechtsänderungsgesetz vom 1. Juni 1964 128 den früheren § 7 des Gesetzes gegen den verbrecherischen und gemeingefährlichen Gebrauch von Sprengstoffen 129• "Aufbewahren" und "Lagern" sind jüngeren Datums. Das "Aufbewahren" von Kernbrennstoffen wechselte 1980 vom Atomgesetz ins StGB. 130 Und 1994 übernahm Art. 1 Nr. 12 des 31. StrÄndG- 2. UKG 131 das "Lagern" aus dem Chemikalienrecht in den neuen § 328 Abs. 3 Nr. 1 StGB. 132 Zu § 326 StGB unten B.II.6. Zum Begriff vgl. Jakobs AT S. 708. m Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität vom 15. Juli 1992 (BGBl. I S. 1302ff.). 126 Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung und anderer Gesetze vom 28. Oktober 1994 (BGBI. I S. 3186ff.). 127 RGBI. S. 301 ff. 128 BGBI. I S. 337 f. 129 Fn. 96. 130 Art. 1 Nr. 18 (§ 328 Abs. 1 Nr. 2 lit. a StGB) und Art. 14 Nr. 2 (Aufhebung von § 45 AtomG) Achtzehntes Strafrechtsänderungsgesetz - Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität - (18. StrÄndG) vom 28. März 1980 (BGBI. I S . 373 ff.), in Kraft getreten am 1. Juli 1980 (Art. 17). l23

124

A. Die geschichtliche Entwicklung der Besitzdelikte

35

Daß die Tatbestände des StGB zum Teil auf Vorläufern im Nebenstrafrecht basieren, wurde bereits am Beispiel der §§ 310, 328 StGB deutlich. § 310 StGB hat nicht nur Sprengstoffrecht in sich aufgenommen. Das EGStGB vom 2. März 1974 verband mit der Umbenennung des alten § 311a StGB in den neuen § 311b StGB- heute§ 310 StGB- zugleich seine Verschmelzung mit § 42 Atomgesetz. 133 Ein kurzer Überblick über die verbleibenden neu entstandenen Besitzdelikte bestätigt das bereits diagnostizierte Anwachsen der Besitzstrafbarkeit seit dem Ende der sechziger Jahre: Am 25. Juni 1968 schuf das Achte Strafrechtsänderungsgesetz die heutigen §§ 86, 87 StGBY4 Am 16. Dezember 1971 folgte § 316c StGB 135 und am 23. November 1973 § 131 StGB 136. Auf dem Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch vom 2. März 1974 beruhen die §§ 149, 275 StGB. 137 § 86a StGB geht zwar auf den 1960 eingefügten § 96a StGB 138 zurück, die Tatbestandsalternative "Vorrätighalten" kam aber erst mit dem 21. StrÄndG vom 13. Juni 1985 139 ins Gesetz. Dem Zweiten Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom 15. Mai 1986 entstammt § 152a StGB, 140 der durch das Sechste Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 26. Januar 1998 141 eine erhebliche Ausweitung erfahren hat. Und § 130 StGB basiert zwar ebenso wie § 86a StGB auf dem Sechsten Strafrechtsänderungsgesetz aus dem Jahre 1960. 142 Mit einem Besitztatbestand wurde er aber erst 1994 angereichert. 143 131 Einunddreißigstes Strafrechtsänderungsgesetz - Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität vom 27. Juni 1994 (BGBI. I S. 1440ff.), in Kraft getreten am 1. November 1994 (Art. 13). 132 § 326 StGB bleibt wegen seiner Sonderstellung (siehe unten B.II.6.) außer Betracht. 133 Art. 19 Nr. 172 (§ 311 b StGB) und Art. 192 Nr. 1 (Aufhebung von § 42 AtomG) Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch (BGBI. I S. 469ff.), in Kraft getreten am 1. Januar 1975 (Art. 326 Abs. 1). 134 Art. 1 des Achten Strafrechtsänderungsgesetzes (BGBI. I S. 741 ff.), in Kraft getreten am 1. August 1968 (Art. 10 Abs. 1). 135 Art. 1 Nr. 3 des Elften Strafrechtsänderungsgesetzes (BGBI. I S. 1977 f.), in Kraft getreten am 19. Dezember 1971 (Art. 4). 136 Art. 1 Nr. 6 des Vierten Gesetzes zur Reform des Strafrechts (4. StrRG), BGBI. I S. 1725ff., in Kraft getreten am 28. November 1973 (Art. 12 Abs. 1). 137 Art. 19 Nr. 59(§ 149 StGB) und Nr. 143 (§ 275 StGB) EGStGB (Fn. 133). 138 Art. I Nr. I des Sechsten Strafrechtsänderungsgesetzes vom 30. Juni 1960 (BGBI. I S. 478). 139 Einundzwanzigstes Strafrechtsänderungsgesetz (BGBI. I S. 965 f.), in Kraft getreten am I. August 1985 (Art. 6). 140 Art. 1 Nr. 5 des 2. WiKG (BGBI. I S. 721 ff.), in Kraft getreten am 1. August 1986 (Art. 12). 141 Art. I Nr. 18 des 6. StrRG, BGBI. I S. 164ff. 142 Art. 1 Nr. 2 des Sechsten Strafrechtsänderungsgesetzes (Fn. 138).

36

1. Teil: Grundlagen

4. Das fahrlässige Besitzdelikt Das Wort Besitz steht ganz allgemein gesprochen für eine besondere Form menschlicher Herrschaftsmacht 144 Es bezeichnet die spezifische Möglichkeit des Besitzers, an bestimmten Objekten seinen eigenen Willen zu vollziehen. Fahrlässigen Besitz anzuerkennen und unter Strafe zu stellen, erscheint vor diesem Hintergrund beinahe als Widerspruch in sich. Ob und wie dieser Widerspruch dogmatisch aufzulösen ist, soll hier allerdings noch nicht interessieren. 145 Vorerst genügt es festzustellen, daß das fahrlässige Besitzdelikt besondere Aufmerksamkeit verdient. Seine geschichtliche Entwicklung verlief jedoch unspektakulär. Fahrlässige Besitzdelikte entstanden in der Regel schlicht synchron mit den korrespondierenden Vorsatzdelikten: So erfaßte § 6 Abs. 2 des Gesetzes über gesundheitsschädliche oder feuergefährliche Arbeitsstoffe vom 25. März 1939 146 Vorsatz und Fahrlässigkeit gleichermaßen. Das Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren vom 23. Dezember 1959 147 bediente sich von vomeherein eines Vorsatz und Fahrlässigkeit umfassenden Besitzstraftatbestands 148. Im Waffenrecht geht auch die generelle Strafbarkeit fahrlässigen Besitzes - heute § 52a Abs. 4, § 53 Abs. 4 WaffG- auf das Waffengesetz (WaffG) vom 19. September 1972 149 zurück. In das Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen 150 fügte der Gesetzgeber am 31. Mai 1978 151 nicht nur einen vorsätzlichen152, sondern zugleich einen fahrlässigen Besitztatbestand 153 ein. Die Sonderregelungen für biologische, chemische und atomare Waffen beruhen wiederum einheitlich auf dem Gesetz zur Verbesserung der Überwachung Art. 1 Nr. 7 Verbrechensbekämpfungsgesetz (Fn. 126). Mackensen, Lutz, Deutsches Wörterbuch, 4. Auflage, Baden-Baden 1962, S. 127: tatsächliche Herrschaft einer Person über eine Sache. 14S Näher dazu unten D.II.3.d). 146 Näher dazu oben bei Fn. 117. 147 BGBI. I S. 814ff., in Kraft getreten am 1. Januar 1960 (§59). 148 § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 Atomgesetz. 149 BGBI. I S. 1797 ff., in Kraft getreten am 1. Januar 1973 (§ 62). ISO Ausführungsgesetz zu Artikel 26 Abs. 2 des Grundgesetzes (Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen) vom 20. April 1961 (BGBI. I S. 444ff.), in Kraft getreten am 1. Juni 1961 (§ 29 Abs. 1). •s• Gesetz zur Änderung des Waffenrechts (BGBI. I S. 641 ff.), in Kraft getreten am 1. Juli 1978 (Art. 5). m Art. 2 Nr. 11 des Gesetzes zur Änderung des Waffenrechts (Fn. 151 ): Strafbarkeit der Ausübung der tatsächlichen Gewalt nach § 16 Abs. 1 Nr. 6 Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen. JSJ Art. 2 Nr. 11 des Gesetzes zur Änderung des Waffenrechts (Fn. 151): Strafbarkeit der fahrlässigen Ausübung der tatsächlichen Gewalt nach § 16 Abs. 4 Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen. 143

144

A. Die geschichtliche Entwicklung der Besitzdelikte

37

des Außenwirtschaftsverkehrs und zum Verbot von Atomwaffen, biologischen und chemischen Waffen vom 5. November 1990 154. Und das Erste Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 10. Dezember 1986 155 stellte nicht nur vorsätzliche, sondern gleichzeitig auch fahrlässige Verbotsverstöße unter Strafe. Daß Vorsatz- und Fahrlässigkeitsstrafbarkeit verschiedene Wege gehen können, zeigt sich dagegen im Weinrecht Das Weingesetz vom 16. Juli 1969 schuf zwar einen Straftatbestand für bestimmte vorsätzliche Lagerungsvorgänge156, fahrlässige Zuwiderhandlungen stufte es aber als bloße Ordnungswidrigkeit ein 157• Erst das Weingesetz vom 14. Juli 1971 erhob auch das Fahrlässigkeitsdelikt zum Straftatbestand. 158 Die Vorschriften des Gesetzes vom 16. Juli 1969 sind allerdings nie in Kraft getreten. An ihre Stelle traten unmittelbar die Bestimmungen des Gesetzes vom 14. Juli 1971. Sie wurden zu dem bereits 1969 geplanten Zeitpunkt in Kraft gesetzt. 159 Einige um die Wende zum zwanzigsten Jahrhundert entstandene Besitztatbestände schließlich lassen die eher beiläufige Entwicklung der fahrlässigen Besitzdelikte in einem neuen Licht erscheinen. Diesen Tatbeständen ist nämlich auf den ersten Blick überhaupt nicht zu entnehmen, ob es sich um reine Vorsatzdelikte handelt oder nicht. Das gilt für die §§ 5, 8 Gesetz, betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen vom 14. Mai 1879, 160 für § 1 Abs. 1, § 9 Gesetz gegen den verbrecherischen und gemeingefahrliehen Gebrauch von Sprengstoffen vom 9. Juni 1884, 161 für die §§ 27, 46 Nr. 3 Gesetz, betreffend die Bekämpfung gemeingefahrlieber Krankheiten vom 30. Juni 1900 i.V.m. §§ 1, 2 der am 21. November 1917 bekanntgemachten Vorschriften über Krankheitserreger 162 und für die§§ 14, 31 Luftverkehrsgesetz vom 1. August 1922 163 . BGBI. I S. 2428 ff., in Kraft getreten am 11. November 1990 (Art. 7). m BGBI. I S. 2349 ff., in Kraft getreten am 1. Januar 1987 (Art. 4 Abs. 1). 156 §§ 50, 89 Abs. 2 Nr. 12 Gesetz über Wein, Dessertwein, Schaumwein, weinhaltige Getränke und Branntwein aus Wein (BGBI. I S. 781 ff.). 157 § 91 Abs. I Gesetz über Wein, Dessertwein, Schaumwein, weinhaltige Getränke und Branntwein aus Wein (BGBI. I S. 781 ff.). 158 §§ 43, 67 Abs. 2 Nr. 10, Abs. 4 Gesetz über Wein, Likörwein, Schaumwein, weinhaltige Getränke und Branntwein aus Wein (BGBI. I S. 893 ff.). 159 § 97 Abs. 1 Weingesetz 1969 und § 75 Abs. I Weingesetz 1971: 19. Juli 1971. 160 Näher dazu oben bei Fn. 89. 161 Näher dazu oben bei Fn. 96. 162 Näher dazu oben bei Fn. 101. 163 Näher dazu oben bei Fn. 104. 154

38

1. Teil: Grundlagen

Die Unsicherheiten resultieren daraus, daß eine dem heutigen § 15 StGB 164 entsprechende allgemeine Regelung, die die Frage nach der Fahrlässigkeitsstrafbarkeit beantwortet hätte, nicht existierte. Stattdessen hielt die wohl herrschende Auffassung im Falle einer sogenannten Übertretung165 regelmäßig auch die fahrlässige Begehung für ausreichend. 166 Und bei Vergehen 167 judizierte das Reichsgericht zwar, grundsätzlich sei Vorsatz erforderlich. Ausnahmen bedurften aber keiner ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung. Sie konnten vielmehr auch im Wege der Auslegung ermittelt werden. 168 Für die genannten Tatbestände bedeutete das, daß zumindest de facto erst die Rechtsprechung über die Fahrlässigkeitsstrafbarkeit zu befinden hatte. Fest stand nur, daß eine gewisse Vermutung bei den Übertretungen (§§ 5, 8 Gesetz, betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen, §§ 27, 46 Nr. 3 Gesetz, betreffend die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten) für und bei den Vergehen (§ 1 Abs. 1, § 9 Gesetz gegen den verbrecherischen und gemeingefahrliehen Gebrauch von Sprengstoffen, §§ 14, 31 Luftverkehrsgesetz) gegen einen Fahrlässigkeitstatbestand sprach. Das Fahrlässigkeitsdelikt war demnach einerseits für den Gesetzgeber sozusagen bloßer Annex des Vorsatztatbestands. Andererseits jedoch ermöglichte die gebotene Tatbestandsauslegung durch die Gerichte ausgesprochen differenzierte Lösungen. Die Auslegung konnte zu dem bemerkenswerten Ergebnis führen, daß einzelne Tatbestandsmerkmale eines grundsätzlich auch fahrlässig zu verwirklichenden Tatbestands begrifflich vorsätzliches Handeln erforderten. 169 Beide Gesichtspunkte sind für die weitere Entwicklung der fahrlässigen Besitzdelikte bedeutsam. Denn sie liefern eine Erklärung dafür, daß fahrlässige Besitzdelikte auch unter der Geltung des heutigen § 15 StGB ganz selbstverständlich und weitestgehend synchron mit den korrespondierenden Vorsatzdelikten entstanden: Der Gleichlauf von Vorsatz und Fahrlässigkeit erscheint zum einen als historisch gewachsene Normalität, und er präjudiziert zum anderen nicht die schwierige Entscheidung darüber, ob fahrlässiges Besitzen möglich ist.

164 Eingeführt durch Art. 1 Nr. 1 des Zweiten Gesetzes zur Reform des Strafrechts (2. StrRG) vom 4. Juli 1969 (BGBI. I S. 717ff.), in Kraft seit I. Januar 1975

(Fn. 5).

Legaldefinition in § 1 Abs. 3 StGB a. F. Frank 2. A. S. 455; Olshausen 6. A. S. 206. 167 Legaldefinition in § 1 Abs. 2 StGB a. F. 168 RGSt 49, 116 (118). Noch BGHSt 6, 131 (l32f.) schloß sich dieser Rechtsprechung an und verwarf auf den Nulla-poena-Grundsatz gestützte Bedenken. 169 RGSt 48, 321 (323). IM

166

B. Überblick über die Besitzdelikte des geltenden Rechts

39

B. Überblick über die Besitzdelikte des geltenden Rechts I. Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands Angesichts der Vielzahl in Betracht kommender Rechtsnormen ist es ein Gebot der Praktikabilität, einen überschaubaren Kernbereich zu definieren, auf den sich der Überblick über die Besitzdelikte beschränken kann. Dieser Kernbereich umfaßt alle Vorschriften, die bundeseinheitlich einen abstrakt generellen Befehlsinhalt mit Strafe sanktionieren und dabei nicht nur Abwandlungen von Tatbeständen sind, die selbst nicht zu den Besitzdelikten gehören. Darunter fallen nicht: 1. Ordnungswidrigkeiten Ordnungswidrigkeit und Straftat lassen sich nicht nur unter dem formalen Gesichtspunkt der angedrohten Sanktion 170, sondern auch materiell nach dem verwirklichten Unrecht 171 voneinander unterscheiden. Besitzdelikte des Ordnungswidrigkeitenrechts wie beispielsweise das Verwahren von Sachen, die zur Geld- oder Urkundenfälschung benutzt werden können - § 127 Abs. 1 OWiG - und das Verwahren von papiergeldähnlichen Drucksachen oder Abbildungen - § 128 Abs. 1 Nr. 2 OWiG - bleiben im Folgenden außer Betracht. Aufgrund der Strukturverwandtschaft von Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht - beide formulieren eine repressive staatliche Reaktion auf vorangegangenes Verhalten - sind die Ergebnisse dieser Untersuchung auf das Ordnungswidrigkeitenrecht übertragbar. 2. Anordnungen der Verwaltungsbehörden Da die ausfüllende Norm in das Blankett hineinzulesen ist, 172 knüpfen Blankettstrafgesetze 173, deren Verbotsinhalt durch einen Verwaltungsakt Art. 5 EGStGB einerseits und § 1 OWiG andererseits. Teilweise wird die Ordnungswidrigkeit als sozial-ethisch neutrale Mißachtung von Verwaltungsbefehlen charakterisiert, die von der strafrechtlichen Rechtsgutsverletzung artverschiedenes Unrecht typisiert (BGHSt 11, 263 (264); WolfS. 525; für eine qualitative Unterscheidung auch KK OWiG, Bohnert Einleitung Rn. 110). Nach anderer Ansicht besteht - zumindest primär - eine bloß graduelle Unrechtsdifferenz (Roxin AT§ 2 Rn. 30, 40ff. m.w.N.; für eine rein quantitative Differenzierung Schmidhäuser 8/105 ff.; für eine im Grenzbereich quantitative Differenzierung bei im übrigen qualitativer Abgrenzung der Kernbereiche BVerfGE 9, 167 (171); 27, 18 (29f.); 51, 60 (74); Baumann/Weber/Mitsch § 4 Rn. 16). 172 Vgl. BGHSt 20, 177 (181); Sch/Sch 25. A., Cramer § 15 Rn. 100; Wessels AT Rn. 106. 173 Zum Begriff BGHSt 6, 30 (40/41); Binding S. 161 f. 170 171

40

1. Teil: Grundlagen

konstituiert wird, 174 an konkret individuelle Verhaltensbefehle an. § 35 Satz 1 VwVfG spricht in diesem Zusammenhang von Einzelfallregelungen. Die denkbaren Fallgestaltungen sind auf der abstrakten Ebene der Blankettvorschrift nicht abschließend formulierbar. Besitzdelikte wie das Aufbewahren175 von Sprengstoffen entgegen einer Untersagungsverfügung 176 bei Eintritt einer konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Sachen von bedeutendem Wert-§§ 42, 41 Abs. 1 Nr. 3, § 32 Abs. 4 SprengG- haben deshalb keine Aufnahme gefunden. 3. Landesrechtliche Vorschriften Art. 31, 74 Abs. 1 Nr. 1 GG, Art. lff., 288ff. EGStGB belassen dem Landesgesetzgeber nur wenig Raum für den Erlaß strafrechtlicher Vorschriften. Das Landesstrafrecht ist daher von untergeordneter Bedeutung. Aus diesem Grund finden sich landesrechtliche Straftatbestände von vorneherein nicht in der folgenden Zusammenstellung der Besitzdelikte.

4. Qualifikationstatbestände

In § 244 Abs. 1 Nr. 1, § 244a Abs. 1 2. Var., § 250 Abs. 1 Nr. 1 StGB 177 dient das Beisichführen von Waffen bei Diebstahl, Raub, räuberischem Diebstahl und räuberischer Erpressung 178 als QualifikationsmerkmaL Unrechtskonstituierend bleibt in all diesen Fällen der Grundtatbestand, 174 Die Streitfrage, ob von einem Blankettstrafgesetz nur dann gesprochen werden kann, wenn den in Bezug genommenen Einzelanordnungen rechtssatzvertretender Charakter zukommt (näher dazu Warda S. 18f.; Kühl FS Lackner S. 815ff., 834 f. jeweils m. w. N. - LK 11. A., Gribbohm § 1 Rn. 34 verwendet den Terminus Blankettstrafgesetz nur in den Fällen der Tatbestandsergänzung durch Gesetz oder Rechtsverordnung), kann im vorliegenden Zusammenhang offen bleiben: Auch als Tatbestandsmerkmal anzusehende Verwaltungsakte tragen den - allein maßgeblichen - empirischen Befund, daß die erfaßten Sachverhaltskonstellationen auf Normebene nicht feststehen. Stellt eine Vorschrift freilich nicht den Verstoß gegen durch Verwaltungsakt begründete Verhaltenspflichten unter Strafe, sondern ein bestimmtes tatbestandlieh umschriebenes Verhalten, sofern es ohne gestattenden Verwaltungsakt vorgenommen wird, so fehlt die dem Blankettstrafgesetz wesenseigene Ausfüllungsbedürftigkeit Zur Vereinbarkeil mit dem Bestimmtheilsgrundsatz (Art. 103 Abs. 2 GG) vgl. BVerfGE 78, 374 (382f.). 175 Nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 2 Nr. I SprengG ein Unterfall des Umgangs mit Sprengstoffen. 176 Im Bereich der Erlaubnisfreiheit nach § I Abs. 2-4, § 2 Abs. I und 3-4a, § 4 Abs. 2, § 5 Abs. 4 1. SprengV. 177 Bloßen Regelbeispielen - § 113 Abs. 2 Nr. I StGB -fehlt bereits die notwendige Tatbestandsqualität 178 Die Formulierung "gleich einem Räuber" in §§ 252, 255 StGB führt zur Anwendbarkeit von § 250 Abs. 1 Nr. I StGB.

B. Überblick über die Besitzdelikte des geltenden Rechts

41

der darüber entscheidet, welches Delikt - in qualifizierter Form - vorliegt. Die Tathandlung von § 244 Abs. 1 Nr. 1, § 244a Abs. 1 2. Var., § 250 Abs. 1 Nr. 1 StGB erschöpft sich nicht im Waffenbesitz, sondern wird maßgeblich von den §§ 242, 249, 252, 255 StGB geprägt. Diese Gemengelage rechtfertigt es, bloße Abwandlungen von Tatbeständen, die selbst keine Besitzdelikte sind, im Folgenden auszublenden.

II. Die verbleibenden Besitzdelikte gegliedert nach Tatbestandsformulierungen Als Gliederungspunkte für einen Katalog der Besitzdelikte bieten sich die verschiedenen gesetzlichen Tatbestandsformulierungen an: "besitzen", "Ausüben der tatsächlichen Gewalt", "führen", "mitführen" und "mit sich führen", "vorrätig halten" und "bereithalten", "aufbewahren" und "verwahren" sowie "lagern". 1. Besitzen

Nach § 184 Abs. 5 Satz 2 StGB wird bestraft, wer kinderpornographische Schriften besitzt, 179 die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben. Im Nebenstrafrecht stellt § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG denjenigen unter Strafe, der unerlaubt Betäubungsmittel besitzt, 179 Die Verweisung auf § 11 Abs. 3 StOB stellt den Schriften Ton-, Bildträger, Datenspeicher, Abbildungen und andere Darstellungen gleich. Dadurch werden alle für eine gewisse Dauer verkörperten Zeichen gedanklichen Inhalts erfaßt, die unmittelbar oder mit technischer Hilfe sinnlich wahrnehmbar sind (Sch/Sch 25. A., Eser § 11 Rn. 78). Tatobjekt bilden also - anders als im Datenschutzrecht (vgl. oben A.II.) - grundsätzlich die Datenträger in ihrer Substanz (vgl. Hitgendorf JuS 1997 S. 323ff., 329f.; Sieher JZ 1996 S. 494ff., 495; Watther NStZ 1990 S. 523ff., 523, 525; mißverständlich Tr § 11 Rn. 44). Ob der Schriftenbegriff einer Entmaterialisierung weg vom Datenträger zugänglich ist, hat das OLG Stuttgart NStZ 1992 S. 38 erwogen. Die Neufassun~ des § 11 Abs. 3 StOB durch Art. 4 Nr. 1 luKDG (oben A. Fn. 83) erteilt solchen Uberlegungen jedoch eine Absage. Ganz im Sinne der schon vorher herrschenden Auffassung (vgl. Bilgendorf JuS 1997 S. 323ff., 329f.; Sieher JZ 1996 S. 494ff., 495; Watther NStZ 1990 S. 523 ff., 523; mißverständlich Tr § 11 Rn. 44) stellt der Gesetzgeber klar, daß zwar alle Formen von .,Datenspeichem" inklusive der sogenannten Arbeitsspeicher unter § 11 Abs. 3 StOB fallen, nicht aber die nur kurzfristige Zwischenspeicherung zum Zwecke der Echtzeitübermittlung und daher insbesondere nicht das bloße Bild am Computermonitor (BT-Drucksache 13/7385 S. 36). Schwierigkeiten bereitet unter diesen Vorzeichen der Fall der Datenherrschaft ohne tatsächliche Sachherrschaft über den Datenträger (vgl. das Bsp. oben A. Fn. 13). Inwieweit der Besitzbegriff einer funktionalen Betrachtungsweise zugänglich ist, die die Zugriffsmöglichkeit auf den Datenträger mit der tatsächlichen Sachherrschaft auf eine Stufe stellt, soll erst an späterer Stelle erörtert werden (unten D.III.2.b)).

42

l. Teil: Grundlagen

§ 29a Abs. 1 Nr. 2 4. Var. BtMG enthält einen Qualifikationstatbestand für die Fälle nicht geringer Menge. Sendeanlagen zu besitzen, die aufgrund bestimmter gesetzlich umschriebener Umstände in besonderer Weise geeignet sind, das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen von diesem unbemerkt abzuhören, verstößt gegen § 65 Abs. 1180, § 94 Abs. 1 Nr. 1 TKG. § 143 Abs. 1 Nr. 1-5, Abs. 1a - Qualifikation nach Absatz 2 bei gewerbsmäßigem Handeln - und § 144 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 MarkenG normieren eine Vielzahl von Besitzdelikten. Das Gesetz spricht zwar nur in § 143 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG ausdrücklich von "besitzen", im übrigen dagegen von "benutzen". Der Gesetzgeber hat aber lediglich aus Vereinfachungsgründen darauf verzichtet, die in § 14 Abs. 3 MarkenG beispielhaft definierten Benutzungshandlungen einzeln aufzuzählen. Das "Benutzen" umfaßt gemäß § 14 Abs. 3 Nr. 2 3. Var. MarkenG immer auch das "Besitzen zum Zwecke des Anbietens oder Inverkehrbringens". 181

Strafbar macht sich, wer im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Anbietens oder Inverkehrbringens: unter einem mit einer Marke identischen Zeichen Waren besitzt, die mit den Waren identisch sind, für die die Marke Schutz genießt, oder unter einem Zeichen Waren besitzt, dessen Ähnlichkeit mit einer Marke zusammen mit der Ähnlichkeit dererfaßten Waren die Gefahr von Verwechslungen begründet (§ 143 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG) unter einem Zeichen, das einer im Inland bekannten Marke ähnlich ist, Waren besitzt, die den Waren, für die die Marke Schutz genießt, nicht ähnlich sind, und dadurch absichtlich die Unterscheidungskraft oder Wertschätzung der Marke ausnutzt oder beeinträchtigt (§ 143 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG) - Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel mit einem einer Marke ähnlichen Zeichen besitzt, soweit die Benutzung des Zeichens für Waren oder Dienstleistungen untersagt wäre, 182 im Falle des § 14 Ausnahmen enthält § 65 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 TKG. BT-Drucksache 12/6581 S. 125, 77. Fezer § 14 Rn. 460, § 15 Rn. 20 und § 127 Rn. 2. 182 Die Verknüpfung des Aufmachungs-, Verpackungs- und Kennzeichnungsmittelbesitzes mit der verbotenen Benutzung des geschützten Zeichens für Waren oder Dienstleistungen ist ersichtlich mißlungen. Auf die Gefahr einer verbotenen Benutzung soll es bei § 143 Abs. I Nr. 3 MarkenG - anders als beim zugehörigen zivilrechtliehen Verletzungstatbestand, § 14 Abs. 4 MarkenG-offenbar nicht ankommen: § 143 Abs. I Nr. 3 MarkenG nimmt ausdrücklich nur die einzelnen Nummern des § 14 Abs. 4 MarkenG in Bezug, nicht die nachfolgende, für alle Nummern geltende GefahrklauseL Außerdem wäre sonst auch die selbständige Verweisung auf die Benutzungsverbote des § 14 Abs. 2 MarkenG in § 143 Abs. I Nr. 3 lit. a und b MarkenG überflüssig. BT-Drucksache 12/ 6581 S. 125 verwendet im Zusammenhang mit § 143 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG zwar den Begriff Gefahr. Angesprochen ist damit aber nicht die Gefahr einer verbotenen Benutzung, sondern enger und in untechnischem Sinne die .,Gefahr der Ausnutzung 180 181

B. Überblick über die Besitzdelikte des geltenden Rechts

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Abs. 2 Nr. 3 MarkenG in der Absicht, die Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft oder Wertschätzung der bekannten Marke zu ermöglichen (§ 143 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG). § 143 Abs. 1 Nr. 4 und 5 MarkenG beinhalten den Nr. 1 und 2 nachgebildete Vorschriften zum Schutz geschäftlicher Bezeichnungen; eines eigenen Tatbestands für Aufmachungen, Verpackungen und Kennzeichnungsmittel bedarf es nicht, weil § 15 MarkenG anders als § 14 MarkenG nicht zwischen der Kennzeichnung der Ware und der Kennzeichnung der genannten Hilfsmittel unterscheidet 183 . Die sogenannten Gemeinschaftsmarken, also Marken des Europäischen Gemeinschaftsrechts, werden durch den nachträglich eingefügten § 143 Abs. 1a MarkenG 184 strafrechtlich abgesichert. 185 § 144 Abs. 1 Nr. 1 und 2 186 MarkenG erweitern den Strafrechtsschutz auf geographische Herkunfts-

oder Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft oder Wertschätzung einer bekannten Marke", also das Absichtserfordernis in § 143 Abs. 1 Nr. 3 lit. b MarkenG. Die Formulierung "soweit Dritten die Benutzung des Zeichens nach § 14 Abs. 2 untersagt wäre" stellt prima vista eine über den Gefahrbegriff hinausgehende objektive Beziehung zur verbotenen Benutzung für Waren oder Dienstleistungen her. Schließlich kann die Strafvorschrift auch nicht weiter reichen als der zivilrechtliche Verletzungstatbestand. Und daß der Besitz nur insoweit verboten sein soll, als eine Benutzung ohnehin ausscheidet, scheint den Bereich strafbaren Verhaltens durchaus sinnvoll einzuschränken. Für welche Waren oder Dienstleistungen Aufmachungs-, Verpackungs- oder Kennzeichnungsmittel später benutzt werden, braucht allerdings im Zeitpunkt des Besitzes dieser Hilfsmittel noch nicht festzustehen. Und verbotene Benutzungen können durchaus häufiger theoretisch denkbar als tatsächlich geplant sein. Kriterien, mit denen sich das Bezogensein des Besitzes auf eine spätere verbotene Benutzung näher bestimmen ließe, nennt das Gesetz nicht. Es begnügt sich damit, ein sozusagen hypothetisches Tatbestandsmerkmal aufzustellen; Besitz und hypothetisch verbotene Benutzung stehen letztlich beziehungslos nebeneinander. Aus der beabsichtigten Strafbarkeilseinschränkung wird auf diese Weise ein Einfallstor für Willkürentscheidungen. Unter welchen Voraussetzungen der Aufmachungs-, Verpackungs- und Kennzeichnungsmittelbesitz strafbar ist, weil Dritten die Benutzung des eingesetzten Zeichens für Waren oder Dienstleistungen untersagt wäre, bleibt im Dunkeln. 183 BT-Drucksache 12/6581 S. 76. 184 Art. I Nr. 6 lit. a Markenrechtsänderungsgesetz 1996 vom 19. Juli 1996 (BGBI. I S. 1014ff.). 185 Grundlage ist die Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABlEG Nr. L II/I ). Zur Komplettierung des § 143 Abs. Ia MarkenG als Blankettstrafgesetz bedarf es einer Rechtsverordnung nach § 143 Abs. 7 MarkenG. Sie legt die strafbaren Verhaltensweisen fest. Bis zu ihrem Erlaß muß offenbleiben, ob auch der Besitz zum Zwecke des Anbietens oder lnverkehrbringens als Benutzungshandlung unter Strafe gestellt wird. 186 Die Ausnutzungs- oder Beeinträchtigungsabsicht fungiert bei § 144 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG als überschießende Innentendenz, denn in objektiver Hinsicht genügt für§ 127 Abs. 3 MarkenG-im Unterschied zu §§ 14, 15 MarkenG-die Eignung, Ruf oder Unterscheidungskraft auszunutzen oder zu beeinträchtigen.

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1. Teil: Grundlagen

angaben und § 144 Abs. 2 MarkenG sanktioniert als Blankettstrafgesetz die Verletzung europarecht1ich geschützter geographischer Angaben. 187 Im gewerblichen Rechtsschutz finden sich noch zwei weitere Besitztatbestände. Unter Strafe steht jeweils der Besitz zum Zwecke des Herstellens, Anbietens, lnverkehrbringens oder Gebrauchens. § 25 Abs. 1 Nr. 1 Gebrauchsmustergesetz nennt als Tatobjekt Erzeugnisse, die Gegenstand eines Gebrauchsmusters sind. § 142 Abs. 1 Nr. 1 Patentgesetz - Qualifikation nach Absatz 2 bei gewerbsmäßigem Handeln - bezieht sich auf Erzeugnisse, die Gegenstand eines Patents oder eines ergänzenden Schutzzertifikats sind oder unmittelbar durch ein geschütztes Verfahren hergestellt wurden. Von "im Besitz haben" spricht neuerdings das Arzneimittelgesetz. Strafbar machen sich unter bestimmten Voraussetzungen Tierhalter, die Tierarzneimittel im Besitz haben, § 96 Nr. 11 b i. V. m. § 57 Abs. 1a AMG.

2. Ausüben der tatsächlichen Gewalt Diese Formulierung findet sich vor allem im Waffengesetz und im Kriegswaffenkontrollgesetz. Das System der waffenrechtliehen Straftatbestände folgt den verwaltungsrechtlichen Vorgaben, differenziert also zwischen der Erlaubnispflichtigkeit nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG 188 , den verbotenen Gegenständen des § 37 WaffG und Altwaffen im Sinne der §§ 59, 59b, 59c WaffG. Bestraft wird die Ausübung der tatsächlichen Gewalt über: vollautomatische Selbstladewaffen entgegen § 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. d WaffG 189 und halbautomatische Selbstladewaffen mit dem Anschein einer vollautomatischen Kriegswaffe entgegen § 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. e WaffG (§ 52a Abs. 1 Nr. 1 und 2 WaffG) - MolotowCocktails entgegen § 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 WaffG (§ 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 WaffG) - verbotene Gegenstände entgegen § 37 Abs. 1 Satz 1 187 Ausfüllungsnonnen sind die Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 des Rates vom 14. Juli 1992 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABlEG Nr. L 20811) und eine noch ausstehende Rechtsverordnung nach § 144 Abs. 6 MarkenG, der die Schaffung konkreter Straftatbestände vorbehalten ist (vgl. BT-Drucksache 12/6581 S. 126). Ob sie auch den Besitz zum Zwecke des Anbietens oder Inverkehrbringens als Benutzungshandlung unter Strafe stellen wird, bleibt abzuwarten. 188 Erlaubniserteilung durch Ausstellung einer sog. Waffenbesitzkarte, § 28 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz WaffG. 189 "Entgegen § 37 Absatz 1 Satz 1 Nr. .. . WaffG" bedeutet, daß die Ausnahmeregelungen in § 37 Absätze 2 und 4 WaffG den Tatbestand ausschließen (vgl. E/K Band IV, SteindorfW 12 § 52a Rn. 6 und§ 53 Rn. 19) und die Ausnahmebewilligung nach § 37 Abs. 3 WaffG rechtfertigende Wirkung entfaltet (Steindorf FS Saiger S. 173, 183).

B. Überblick über die Besitzdelikte des geltenden Rechts

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Nr. 1-6 WaffG 190 und verbotene Gegenstände entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 1-5 1. WaftV (§ 53 Abs. 3 Nr. 3 1. Var. WaffG und § 53 Abs. 3 Nr. 3 2. Var. WaffG i. V. m. § 42a 1. WaftV) - halbautomatische Selbstladewaffen mit einer Länge von nicht mehr als 60 cm ohne die erforderliche Erlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG (§ 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a lit. a WaffG) Schußwaffen ohne die erforderliche Erlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG (§ 53 Abs. 3 Nr. 1 lit. a WaffG) 191 - Schußwaffen in Gaststätten oder Arbeitnehmerunterkünften 192, wenn die Waffen entweder ohne die nach WaffG oder KWKG erforderliche Erlaubnis erworben wurden 193 (§ 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 lit. a WaffG) oder als Altwaffen nach § 59 WaffG nicht rechtzeitig angemeldet wurden 194 und zusätzlich bereits nach altem Recht erwerbserlaubnispflichtig waren 195 (§ 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 lit. b WaffG) - Altwaffen, die nicht rechtzeitig nach § 59 WaffG angemeldet wurden, in anderen als den in § 53 Abs. I Satz 1 Nr. 7 lit. b WaffG bezeichneten Fällen (§ 53 Abs. 3 Nr. 7 WaffG) 196 - Altwaffen, die nicht 190 Insoweit besteht kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung Subsidiarität gegenüber § 52a WaffG. 191 Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung besteht Subsidiarität gegenüber § 53 Abs. I Satz I Nr. 3a WaffG. 192 Diese Tatumstände, die eine besonders gefahrenträchtige Situation charakterisieren, gehen über die verwaltungsrechtlichen Vorgaben des WaffG hinaus. Dadurch, daß nicht nur das "Führen" der Waffen (§ 4 Abs. 4 WaffG), sondern jedes "Ausüben der tatsächlichen Gewalt" über sie unter Strafe gestellt ist, kann Täter auch der jeweils zur Raumnutzung Berechtigte sein (§ 4 Abs. 4 WaffG: "außerhalb seiner"!; vgl. E/K Band IV, SteindorfW 12 § 53 Rn. 11). 193 Dem Erwerb gleichgestellt sind die Einfuhr und das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich des WaffG; die im Vergleich zu § 53 Abs. I Satz 1 Nr. 3a lit. a, § 53 Abs. 3 Nr. 1 lit. a WaffG kompliziertere Tatbestandsfassung beruht darauf, daß das KWKG keinen Genehmigungstatbestand für die Ausübung der tatsächlichen Gewalt kennt (vgl. Fn. 204). 194 Näher dazu Fn. 196. 195 Eine Erlaubnispflicht für die Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Schußwaffen hat erst § 28 Abs. I Satz 1 des Waffengesetzes vom 19. September 1972 (BGBI. I S. 1797ff.) begründet (vgl. E/K Band IV, Steindorf W 12 § 28 Rn. 1); § 10 Abs. 1 Gesetz über Schußwaffen und Munition vom 12. April 1928 (RGBI. I S. 143ff.), § 11 Abs. 1 Waffengesetz vom 18. März 1938 (RGBI. I S. 265ff.) stellten allein auf den Erwerbsvorgang ab. Über den Wortlaut hinaus wird das Fehlen einer entsprechenden Erlaubnis gefordert (E/K Band IV, Steindorf W 12 § 53 Rn. 11). 1% Das Besitzverbot des § 59 Abs. 4 Satz 1 WaffG, auf das § 53 Abs. 3 Nr. 7 WaffG Bezug nimmt, greift unter folgenden Voraussetzungen ein: Ausübung der tatsächlichen Gewalt(!) über eine Schußwaffe, die ihrer Art nach der Erlaubnispflicht nach § 28 Abs. 1 WaffG unterfallt - ohne Bedeutung daher Erwerbstatbestand, Berechtigung zum Erwerb und Erwerbserlaubnispflichtigkeit nach altem Recht (E/K Band IV, Steindorf W 12 § 59 Rn. 2) -, (2) am I. 3. 1976 ohne daß die Waffe (3) nach dem I. I. 1973 bis zum 30. 6. 1976 angemeldet (vgl. Hinze Kommentar WaffG §59 Anm. 10 S. 19; enger E/K Band IV, SteindorfW 12 §59 Rn. 4) oder

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1. Teil: Grundlagen

rechtzeitig nach § 59b Abs. 2, § 59c Abs. 2 WaffG angemeldet wurden (§ 53 Abs. 3 Nr. 8 WaffG) 197 . 198 Bemerkenswert erscheint, daß § 52a Abs. 4, § 53 Abs. 4 WaffG die fahrlässige Begehung unter Strafe stellen. Das Kriegswaffenkontrollgesetz statuiert, gegliedert nach Tatobjekten, zehn einschlägige Straftatbestände: § 19 Abs. 1 Nr. 1 KWKG sanktioniert die Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Atomwaffen im Sinne des § 17 Abs. 2 KWKG; 199 Absatz 2 der Vorschrift enthält zwei Qualifikationstatbestände,200 Absatz 4 begründet eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit und Absatz 5 liefert die Fahrlässigkeitsregelung filr das konkrete Gefährdungsdelikt des Absatz 2 Nr. 2201 . Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 KWKG wird bestraft, (4) vor dem I. 7. 1976 einem anderen überlassen worden wäre. Die in § 53 Abs. I Satz 1 Nr. 7 lit. b WaffG bezeichneten Fälle unterscheiden sich nicht nur durch die besondere Tatsituation, sondern auch durch das Erfordernis der Erwerbserlaubnispflichtigkeit nach altem Recht von § 53 Abs. 3 Nr. 7 WaffG. Probleme bereitet die Abgrenzung zu § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a lit. a, § 53 Abs. 3 Nr. 1 lit. a WaffG: BGH NStZ 1985 S. 414 und BayObLG NStE Nr. 3 zu § 28 WaffG betrachten § 53 Abs. 3 Nr. 7 WaffG als Iex specialis für Schußwaffen, die bis zum I. 3. 1976 erlangt worden sind; auf Tatbestandsebene erfassen § 53 Abs. 1 Satz I Nr. 3a lit. a, § 53 Abs. 3 Nr. 1 lit. a WaffG folglich jeden Waffenbesitz ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens (l. 7. 1978 bzw. l. l. 1973). Runkel NStZ 1986 S. 415f. hält §53 Abs. I Satz l Nr. 3a lit. a, § 53 Abs. 3 Nr. l lit. a WaffG dagegen nur für anwendbar, wenn die tatsächliche Gewalt nach dem l. 3. 1976 bzw. dem I. 7. 1978 erworben wurde. Zu einem anderen Ergebnis gelangt Schnerring NStZ 1986 S. 171 und NStZ 1987 S. l78f., der §53 Abs. 3 Nr. 7 WaffG auf die Fallkonstellationen des § 55 Abs. 1 Nr. 15 WaffG beschränken und im übrigen nach § 53 Abs. l Satz l Nr. 3a lit. a, § 53 Abs. 3 Nr. l lit. a WaffG - in den Grenzen des § 59 Abs. 2 WaffG- bestrafen will. 197 Die Regelung lehnt sich an §§59, 53 Abs. 3 Nr. 7 WaffG an; vgl. dazu Fn. 196. 198 § 53 Abs. 3 Nr. 6 WaffG gehört zu den oben l.l.b) angesprochenen Vorschriften, die eine Anordnung der Verwaltungsbehörde voraussetzen. 199 Gegenüber Teil A I. der Kriegswaffenliste ist § 17 Abs. 2 KWKG insofern enger gefaßt, als Nr. 2 der Vorschrift die bloße Wesentlichkeit für eine Waffe im Sinne der Nr. l nicht ausreichen läßt; eine weitere Einschränkung errährt der Allwendungsbereich des § 19 KWKG durch § 16 KWKG (zu den Intentionen des Gesetzgebers BT-Drucksache ll/4609 S. 8/9; kritisch Pottmeyer §§ 16-17 Rn. 5). Für diese vom generellen Umgangsverbot ausgenommenen Fälle verbleibt es bei den allgemeinen Vorschriften, insbesondere gilt § 22a KWKG (BT-Drucksache ll/4609 S. 9; BGHSt 38, 205 (211)). Ergänzend Fn. 202. 200 Strafschärfend wirkt die gewerbs- oder bandenmäßige Begehung - § 19 Abs. 2 Nr. l KWKG - und die Herbeiführung einer konkreten Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, ihre auswärtigen Beziehungen (insoweit bedarf es einer erheblichen Gefährdung) oder das friedliche Zusammenleben der Völker - § 19 Abs. 2 Nr. 2 KWKG. 201 Zu § 19 Abs. 2 Nr. 1 KWKG existiert kein Fahrlässigkeitspendant; Fahrlässigkeit und gewerbs- oder bandenmäßiges Handeln schließen einander - abgesehen von der reichlich konstruierten Konstellation erkennbarer aber vom Vorsatz nicht umfaßter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds - begrifflich aus. Als offen-

B. Überblick über die Besitzdelikte des geltenden Rechts

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wer die tatsächliche Gewalt über biologische oder chemische Waffen ausübt; 202 die fahrlässige Tatbestandsverwirklichung erfaßt Absatz 3. Während die §§ 19, 20 KWKG mit den verwaltungsrechtlichen Verboten der §§ 17, 18 KWKG korrespondieren, knüpft § 22a Abs. 1 Nr. 6 KWKG, der sich mit der Ausübung der tatsächlichen Gewalt über sonstige Kriegswaffen203 befaßt, in Variante a) an einen verwaltungsrechtlich neutralen Vorgang an; die Ausübung der tatsächlichen Gewalt unterliegt im KWKG keiner Genehmigungspflicht204 . § 22a Abs. 1 Nr. 6 lit. a KWKG stellt deshalb die Ausübung der tatsächlichen Gewalt unter Strafe, wenn ihr keine Erwerbsgenehmigung nach dem KWKG zugrunde liegt205 ; § 22a Abs. 1 Nr. 6 lit. b KWKG beruht auf der Verletzung der Anzeigepflichten nach § 12 Abs. 6 Nr. 1, § 26a KWKG, die für bestimmte Formen des originären Erwerbs206 und für Alterwerbungen gelten. 207 Den zugehörigen Fahrlässigkeitstatbestandnormiert § 22a Abs. 4 KWKG. kundig fehlerhaft erscheint die im Vergleich zum Grundtatbestand niedrigere Strafdrohung für die Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination (§ I9 Abs. 5 Nr. I KWKG); näher dazu Oswald NStZ I99I S. 322f. 202 Biologische und chemische Waffen unterliegen nach § I8 KWKG einem allgemeinen Umgangsverbot, von dem § 22 KWKG für chemische Waffen Ausnahmen vorsieht (dazu BT-Drucksache 11/4609 S. 11). Durch die Ausgliederung aus den Genehmigungstatbeständen wollte der Gesetzgeber die Bestrafung von Auslandstaten ermöglichen-§ 21 KWKG enthält das zugehörige Strafanwendungsrecht - und den Täterkreis erweitern (BT-Drucksache li /4609 S. 7; kritisch Pottmeyer §§ 16-17 Rn. 3). Die Regelung ähnelt derjenigen für Atomwaffen im Sinne von § 17 Abs. 2 KWKG- ergänzend Fn. I99. 203 Daß für biologische, chemische und Atomwaffen im Sinne von § I7 Abs. 2 KWKG nur noch die besonderen Straftatbestände der §§ I9f. KWKG gelten, ergibt sich bereits aus § I Abs. 3 KWKG (BT-Drucksache 11/4609 S. 8; klarstellend auch die Überschrift des § 22a KWKG). Über die dogmatische Begründung herrscht Streit: Teilweise wird das Verhältnis zwischen § 22a und §§ 19f. KWKG auf der Konkurrenzebene gelöst (Potrykus/Steindorf § 19 KWKG Rn. 20 und § 20 KWKG Rn. 8: Spezialität), teilweise bereits auf der Tatbestandsebene (Pottmeyer §§ 19-22 Rn. 1: § 22a KWKG bestraft den Verstoß gegen Genehmigungserfordernisse). Dem Waffengesetz geht das Gesetz über die Kontrolle von Kric:~swaffen grundsätzlich vor (§ 6 Abs. 3 1. Halbsatz WaffG; zum gegenständlichen Uberschneidungsbereich Pottmeyer Einleitung Rn. 81). Etwas anderes bestimmt § 6 Abs. 3 2. Halbsatz für tragbare Schußwaffen und die dazugehörige Munition, indem er eine Reihe von Vorschriften des Waffengesetzes für anwendbar erklärt. Ob diese Regelung das Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen ergänzt oder verdrängt, ist umstritten (BGH NStZ 198I S. I04 bezeichnet das Waffengesetz als Iex specialis; zur Gegenauffassung Pottmeyer Einleitung Rn. 131ff.); § 22a Abs. I Nr. 6 KWKG freilich tritt kraft ausdrücklich angeordneter Subsidiarität zurück. 204 Vgl. dazu BT-Drucksache 8/977 S. 5 und Fn. 193. 20s Diese Einschränkung sorgt für die Straflosigkeit erlaubter Verhaltensweisen (näher dazu Pottmeyer § 22a Rn. 36ff.). 206 § 2 Abs. 2 KWKG unterwirft nur den - derivativen - Erwerb "von einem anderen" einem Genehmigungsvorbehalt; originäre Erwerbsvorgänge begründen le-

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1. Teil: Grundlagen

3. Führen, mitführen und mit sich führen Das Waffengesetz bezeichnet die Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Waffe außerhalb bestimmter eigener Räumlichkeiten als Führen der Waffe, § 4 Abs. 4 WaffG. Strafbar ist das Führen von: halbautomatischen Selbstladewaffen mit einer Länge von nicht mehr als 60 cm ohne die erforderliche Erlaubnis nach § 35 Abs. I Satz 1 WaffG 208 (§ 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a lit. b WaffG) - Schußwaffen ohne die erforderliche Erlaubnis nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WaffG (§ 53 Abs. 3 Nr. 1 lit. b WaffG) 209 Schuß-, Hieb- und Stoßwaffen bei öffentlichen Veranstaltungen entgegen § 39 Abs. 1 WaffG210 (§ 53 Abs. 3 Nr. 5 WaffG)211 . Auch fahrlässiges diglich Anzeigepflichten nach § 12 Abs. 6 KWKG. Strafbar ist dabei nur der Verstoß gegen § 12 Abs. 6 Nr. 1 KWKG - im übrigen greift allein der Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 22b Abs. 1 Nr. 3 KWKG ein. Näher dazu BT-Drucksache 811614 S. 17; Pottmeyer § 2 Rn. 62 und§ 12 Rn. 72ff. 207 Die Reichweite des § 22a Abs. 1 Nr. 6 lit. a KWKG zu bestimmen, bereitet Probleme: Pottmeyer § 22a Rn. 35 beschränkt die Vorschrift auf Fälle der Erwerbserlaubnispflichtverletzung. Vorausgesetzt wird danach ein derivativer Erwerbsvorgang (vgl. dazu Fn. 206) zu einer Zeit, zu der für diesen Erwerbsvorgang eine Genehmigungspflicht bestand. Wer die tatsächliche Gewalt originär oder vor Entstehen der Genehmigungspflicht erworben hat, kann für ihre Ausübung allenfalls nach § 22a Abs. 1 Nr. 6 lit. b KWKG bestraft werden (Pottmeyer § 22a Rn. 41). Eine andere Konzeption kommt im Beschluß des BayObLG vom 2. 4. 1990 (NZV 1990 S. 364 f.) zum Ausdruck. Das Gericht bezeichnet § 22a Abs. 1 Nr. 6 lit. a KWKG (damals § 16 Abs. 1 Nr. 6 lit. a KWKG) als Auffangtatbestand, der keinen Verstoß gegen Genehmigungsvorschriften erfordert (a. a. 0. S. 365). Ebenso formuliert Potrykus/Steindorf § 22a KWKG Rn. 8. Der Entscheidung des BayObLG lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nachdem er aus dem Dienst ausgeschieden war, hatte sich der Angeklagte einer Feldhaubitze der Bundeswehr bemächtigt und mit ihr am Straßenverkehr teilgenommen. Nach Auffassung des BayObLG soll in diesem Fall § 22a Abs. 1 Nr. 6 lit. a KWKG eingreifen, offenbar ohne Rücksicht auf den Erwerbsvorgang. Die Erfassung originärer Erwerbsvorgänge über § 22a Abs. 1 Nr. 6 lit. a KWKG würde jedoch die bewußte Entscheidung des Gesetzgebers unterlaufen, in § 22a Abs. 1 Nr. 6 lit. b KWKG nur bestimmte Anzeigepflichten strafrechtlich zu sanktionieren (vgl. Fn. 206). Selbst im Falle deliktischen originären Erwerbes gilt nichts anderes, denn auch die Aneignung durch Diebstahl oder Unterschlagung löst eine Anzeigepflicht aus (Pottmeyer § 12 Rn. 75), die nur im Rahmen des § 22a Abs. I Nr. 6 lit. b KWKG strafbewehrt ist. 208 Erlaubniserteilung durch Ausstellung eines sog. Waffenscheins, § 35 Abs. 1 Satz 2 WaffG. 209 Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung besteht Subsidiarität gegenüber § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a WaffG. 210 "Entgegen § 39 Absatz 1 WaffG" bedeutet, daß die Ausnahmebewilligungen nach § 39 Absätze 2 und 3 WaffG rechtfertigende Wirkung entfalten (E/K Band IV, Steindorf W 12 §53 Rn. 2I; Steindorf FS Saiger S. 178, 183), während die Ausnahmeregelung in § 39 Abs. 6 WaffG den Tatbestand ausschließt. 2 11 § 39 Abs. I WaffG begrenzt die durch Waffenschein erteilte Befugnis zum Führen von Schußwaffen (BVerwG GewArch I984 S. 245f., 245); umgekehrt be-

B. Überblick über die Besitzdelikte des geltenden Rechts

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Handeln steht unter Strafe, § 53 Abs. 4 WaffG. Im übrigen wird das Führen einer Waffe als besonders intensive Form des Ausübens der tatsächlichen Gewalt von diesem Tatbestandsmerkmal erfaßt. 212 Nach § 15 Abs. I ARG macht sich der Verantwortliche für ein Seeschiff strafbar, wenn er vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 6 Abs. 1 ARG eine andere Nationalflagge als die Bundesflagge führt. Die umgekehrte Konstellation unbefugten Führens der Bundesflagge oder einer Dienstflagge fällt unter § 15 Abs. 2 ARG. Den Tatbestand der unbefugten Raggenführung verwirklicht aber erst das Zeigen der Aagge, 213 und der bloße Raggenbesitz erfährt dadurch nicht nur eine nähere modale Bestimmung: Phänomenologisch tritt die Tatsache des Besitzens vielmehr in den Hintergrund. Übrig bleibt eine Art Äußerungsdelikt Die Tathandlung erschöpft sich somit nicht im "Haben" der Aagge? 14 Noch klarer liegen die Dinge beim Führen eines Kraftfahrzeugs ohne die erforderliche Fahrerlaubnis, § 21 Abs. 1 Nr. 1 1. Var. StVG, denn zum "Haben" muß hier das Inbewegungsetzen hinzukommen215. Nicht jedes Führen führt demnach zum Besitzdelikt; die Bedeutung der Tatbestandsmerkmale richtet sich immer nach dem Zusammenhang, in dem sie verwendet werden216. Einen Besitzstraftatbestand des LuftVG verwirklicht, wer in Luftfahrzeugen217: entgegen § 27 Abs. 1 Satz 1 LuftVG 218 bestimmte gefährliche Gegenstände219 mitführt, soweit sie nicht zulässigerweise220 als Fracht oder aufgegebenes Gepäck befördert werden (§ 60 Abs. I Nr. 5 LuftVG) - entdarf keines Waffenscheins, wer mit Erlaubnis nach § 39 WaffG handelt, § 35 Abs. 4 Nr. 2 lit. d WaffG. 212 Das gilt beispielsweise im Rahmen von § 52a WaffG (E/K Band IV, Steindorf W 12 § 52a Rn. 6 und § 53 Rn. 34). Wo das Gesetz zwischen dem Führen einer Waffe und der Ausübung der tatsächlichen Gewalt über sie unterscheidet, stehen diese Straftaten zueinander in Tateinheit (BGH NStZ 1985 S. 221; E/K Band IV, Steindorf W 12 § 53 Rn. 38 mit Nachweisen auch zur Gegenmeinung), es sei denn, das Führen der Waffe beruht auf einem neuen Willensentschluß, der eine realkonkurrierende materiell-rechtlich selbständige Handlung begründet (BGHSt 36, 151 (154)). Mit dem allgemeineren Tatbestandsmerkmal des Ausübens der tatsächlichen Gewalt kann sich der Gesetzgeber immer dann begnügen, wenn weder eine Verletzung der - differierenden - Erlaubnispflichten nach § 28 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 35 Abs. 1 Satz 1 WaffG noch der Verstoß gegen ein isoliertes Waffenführungsverbot (§ 39 WaffG) zu sanktionieren ist; namentlich also in den Fällen des § 37 WaffG. 213 E/K Band II, Stöcke/ F 121 § 15 Rn. 2 mit Nachweisen zur Gegenmeinung. 214 Ähnlich verhält es sich mit den Formulierungen "tragen" in § 132a Abs. 1 Nr. 4 StGB, § 28 VersG, "aufgemacht sein" in § 27 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 lit. c VersG sowie "ausstellen" in § 130 Abs. 2 Nr. 1 lit. b, § l30a Abs. I und Abs. 2 Nr. I, § 131 Abs. I Nr. 2, § I84 Abs. I Nr. 2 und Abs. 3 Nr. 2 StGB, § 21 Abs. I Nr. 2 GjS. 215 Jagusch!Hentschel § 21 StVG Rn. 11. 216 Vgl. Larenz S. 321, 324ff. 4 Ecksrein

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1. Teil: Grundlagen

gegen § 27 Abs. 1 Satz 3 LuftVG ohne Erlaubnis221 Funkgeräte mitführt (§ 60 Abs. 1 Nr. 5a LuftVG). Bei nur fahrlässigem Handeln greift § 60 Abs. 2 LuftVG ein. § 27 VersG differenziert einerseits zwischen gefährlichen Gegenständen222 und Schutzwaffen223 , andererseits nach der Art der Veranstaltung 217 Luftfahrzeuge sind Geräte, die der Eigenschaft der Luft bedürfen, um sich in der Luft zu halten (Hofmann/Grabherr § 1 Rn. 33; E/K Band III, Meyer L 213 § 1 Anm. 3); Aufzählung in § 1 Abs. 2 LuftVG. 218 Die Bewilligung einer Ausnahme nach § 27 Abs. 1 Satz 2 LuftVG schließt nach allgemeinen Grundsätzen die Rechtswidrigkeit aus (vgl. Sch/Sch 25. A., Lenckner Vorbem §§ 32ff. Rn. 61). 219 § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1-3 LuftVG nennt Schuß-, Hieb- und Stoßwaffen sowie Sprühgeräte, die zu Angriffs- oder Verteidigungszwecken verwendet werden (Nr. 1), Munition und explosionsgefährliche Stoffe (Nr. 2) sowie Gegenstände, die ihrer äußeren Form oder ihrer Kennzeichnung nach den Anschein von Waffen, Munition oder explosionsgefährlichen Stoffen erwecken (Nr. 3). Den Inhalt der in Nr. I und 2 verwendeten technischen Begriffe definieren § 1 Abs. 1, 2 und 7, § 2 Abs. I und 2 WaffG, § 1 Abs. 1 SprengG; im einzelnen E/K Band III, Meyer L 213 § 27 Anm. 2.b). 220 D.h. unter Einhaltung der Bestimmungen über die Beförderung gefährlicher Güter - in Ermangelung einer Ausführungsverordnung zu § 3 des Gesetzes über die Beförderung gefährlicher Güter vom 6. August 1975 (BGBI. I S. 2121 ff.) gelten weiterhin § 27 Abs. 3 LuftVG, §§ 76ff. LuftVZO (Hofmann/Grabherr § 27 Rn. 10, 19ff.; E/K Band III, Meyer L 213 § 27 Anm. 2.b)dd), 5.). 221 Zur Erlaubniserteilung §§ 79f. LuftVZO. 222 Das Versammlungsgesetz spricht von "Waffen" und sonstigen "Gegenständen, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen oder zur Beschädigung von Sachen geeignet und bestimmt sind"; diese Formulierung umfaßt sowohl Waffen im technischen Sinne als auch Waffen im nichttechnischen Sinne. Um Waffen im technischen Sinne handelt es sich bei Gegenständen, die ihrer Natur, ihren Konstruktionsmerkmalen oder ihren besonderen Eigenschaften nach von vomeherein zur Verletzung von Menschen bestimmt sind (Dietel/Gintzel/Kniesel § 2 Rn. 14f.; von Mutius Jura 1988 S. 30ff., 37; E/K Band IV, Wache V 55 § 2 Rn. 11 knüpft an§ 1 WaffG und an die Kriegswaffenliste an). Die teilweise als gefährliche Gegenstände bezeichneten Waffen im nichttechnischen Sinne beziehen ihre Qualität aus einer Zweckbestimmung des Täters; hinzukommen muß die der Fabrikationsart entspringende Eignung zumindest zur Beschädigung von Sachen (Dietel/Gintzel/Kniesel § 2 Rn. 16ff.; E/K Band IV, Wache V 55 § 2 Rn. 12). 223 Unter Schutzwaffen - im technischen Sinne - versteht das Versammlungsgesetz Gegenstände, die, ohne Waffen im technischen Sinne zu sein, von vomeherein dazu bestimmt sind, der Verteidigung gegen Angriffe zu dienen (BT-Drucksache 10/3580 S. 4; Dietel/Gintzel/Kniesel § 17a Rn. 14; E/K Band IV, Wache V 55 § 17a Rn. 3). Den Schutzwaffen stehen Gegenstände gleich, die "als Schutzwaffen geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, Vollstreckungsmaßnahmen eines Trägers von Hoheitsbefugnissen abzuwehren"; essentielle Bedeutung für die Einordnung als Schutzwaffe im nichttechnischen Sinne erlangt wiederum die Zweckbestimmung durch den Täter (näher dazu BT-Drucksache 10/3580 S. 4; Dietel/Gintzel/Kniesel § 17a Rn. 15; E/K Band IV, Wache V 55§ 17a Rn. 4).

B. Überblick über die Besitzdelikte des geltenden Rechts

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und dem Veranstaltungsstadium, in dem sich die Tatbegehung abspielt. Bestraft wird das Mitsichführen von gefährlichen Gegenständen: ohne behördliche Ermächtigung bei öffentlichen Versammlungen oder Aufzügen (§ 27 Abs. 1 Satz 1 VersG) - ohne behördliche Ermächtigung auf dem Weg zu öffentlichen Versammlungen oder Aufzügen (§ 27 Abs. 1 Satz 2 1. Var. VersG) 224 - durch eine Person, die sich im Anschluß an oder sonst im Zusammenhang mit einer öffentlichen Veranstaltung unter freiem Himmel mit anderen zusammenrottet (§ 27 Abs. 2 Nr. 3 lit. a VersG) und das Mitsichführen von Schutzwaffen: entgegen § 17a Abs. 1 VersG225 bei öffentlichen Veranstaltungen unter freiem Himmel oder auf dem Weg dorthin (§ 27 Abs. 2 Nr. 1 VersG) - durch eine Person, die sich im Anschluß an oder sonst im Zusammenhang mit einer öffentlichen Veranstaltung unter freiem Himmel mit anderen zusammenrottet (§ 27 Abs. 2 Nr. 3 lit. b VersG). Das Mitsichführen von Stoffen oder Zubereitungen aus Stoffen226 entgegen § 59a Absätze 1 und 2 AMG stellt § 96 Nr. 13 AMG unter Strafe. § 59a AMG bestimmt Täterkreis und Tatobjekte: Absatz 1 regelt den Verkehr mit Stoffen und Zubereitungen aus Stoffen, die aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 6 AMG227 bei der Herstellung von Arzneimitteln für Tiere nicht verwendet werden dürfen, Absatz 2 betrifft nach §§ 48, 49 AMG 228 verschreibungspflichtige Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen. Verboten ist das Mitsichführen der jeweiligen Stoffe und Zubereitungen: für die Herstellung von Arzneimitteln für Tiere oder für die Anwendung bei 224 § 27 Abs. I VersG bedroht den Verstoß gegen § 2 Abs. 3 VersG mit Strafe. § 2 Abs. 3 VersG begrenzt die durch Waffenschein erteilte Befugnis zum Führen von Schußwaffen (BVerwG GewArch 1984 S. 245f., 245); umgekehrt bedarf keines Waffenscheins, wer mit Ermächtigung nach § 2 Abs. 3 VersG handelt, § 35 Abs. 4 Nr. 2 lit. d WaffG. Für das Verhältnis zu § 39 Abs. I WaffG, Strafnorm in § 53 Abs. 3 Nr. 5 WaffG, gilt: Der Anwendungsbereich des § 2 Abs. 3 VersG beschränkt sich auf öffentliche Versammlungen und Aufzüge im Sinne von § I Abs. I VersG, umfaßt aber über die Schuß-, Hieb- und Stoßwaffen hinaus alle Waffen im technischen Sinne sowie sonstige gefahrliehe Gegenstände (vgl. Fn. 222) und verbietet in Satz 2 schon bestimmte Vorbereitungshandlungen (BT-Drucksache 8/1845 S. 11; E/K Band IV, Wache V 55§ 2 Rn. 6 und SteindorfW 12 §53 Rn. 21). Im Überschneidungshereich tritt § 27 Abs. 1 Satz 1 VersG hinter § 53 Abs. 3 Nr. 5 WaffG zurück (BT-Drucksache 8/1845 S. 11; kritisch Dietel/Gintzel/Kniesel § 27 Rn. 18). 225 Der Passus "entgegen § 17a ... VersG" verweist auf die Ausnahmen und Befreiungen nach § 17a Abs. 3 VersG (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel § 27 Rn. 6): Die gesetzliche Ausnahmeregelung in Satz I schließt den Tatbestand aus, während der in Satz 2 geregelte Dispens vom repressiven Verbot mit Befreiungsvorbehalt nach allgemeinen Grundsätzen rechtfertigend wirkt (vgl. Sch/Sch 25. A., Lenckner Vorbem §§ 32ff. Rn. 61). 226 Legaldefinition in § 3 AMG; näher E/K Band I, Pe/ehen A 188 § 2 Rn. 2, 3. 227 Zusammenstellung bei E/K Band I, Pe/ehen A 188 § 6 Rn. 2. 228 Zu den aufgrund der §§ 48, 49 AMG ergangenen Rechtsverordnungen E/K Band I, Pe/ehen A 188 § 48 Rn. 1 und§ 49 Rn. 3. 4•

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1. Teil: Grundlagen

Tieren durch in § 47 Abs. 1 AMG229 aufgeführte Personen, Betriebe und Einrichtungen (§ 59a Abs. 1 Satz 1 AMG) - durch Tierhalter und andere Personen, Betriebe und Einrichtungen, die in § 47 Abs. 1 AMG nicht aufgeführt sind, es sei denn die Stoffe und Zubereitungen sind für eine nicht verbotene Herstellung oder Anwendung bestimmt (§ 59a Abs. 1 Satz 2 AMG) - durch Personen, Betriebe und Einrichtungen, die in § 47 Abs. 1 AMG nicht aufgeführt und keine Tierhalter sind, es sei denn die Stoffe und Zubereitungen sind für einen anderen Zweck als zur Anwendung bei Tieren bestimmt (§ 59a Abs. 2 Satz 3 AMG). Beachtung verdient die unterschiedliche Verknüpfung von Tathandlung und Zweckbestimmung in § 59a Abs. 1 Satz 1 AMG und § 59a Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 3 AMG - hier positiv, dort negativ gefaßte Tatbestandsvoraussetzung.230 Zusammenfassend läßt sich sagen, daß dem Führen, Mitführen und Mitsichführen eine gewisse Außenwirkung wesenseigen ist. Der Gesetzgeber bedient sich dieser Tatbestandsforrnulierungen, um Vorgänge zu kennzeichnen, die typischerweise ein Moment körperlicher Bewegung aufweisen und dadurch die räumliche Privatsphäre des Täters verlassen.

4. Vorrätig halten und bereithalten Bestimmte Gegenstände vorrätig oder bereit zu halten, löst nur dann eine strafrechtliche Sanktion aus, wenn die Absicht der Verwendung zu inkriminierten Zwecken hinzutritt. 231 Vorschriften des Strafgesetzbuchs untersagen das Vorrätighalten von: Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen232 zur Verbreitung im In- oder Ausland (§ 86 Abs. l StGB) - Gegenständen, die Kennzeichen233 einer in § 86 Abs. l Nr. 1, 2, 4 StGB bezeichneten Partei oder Vereinigung darstellen oder enthalten, zur Verbreitung oder öffentlichen234 Verwendung im In- oder Ausland (§ 86a Abs. 1 Nr. 2 StGB) - volksverhetzenden Schriften235, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke zu verbreiten 236 oder Sog. Großhandelsprivileg, E/K Band I, Pelchen A 188 § 47 Rn. I. Vgl. dazu Teil 3 0.111.2. 231 Es handelt sich also um Delikte mit sog. überschießender Innentendenz, vgl. Wessels AT Rn. 138. Eine Ausnahme bildet § 21 Abs. 1 Nr. 3a GjS. 232 Legaldefinition der Propagandamittel in § 86 Abs. 2 StGB; die betroffenen verfassungswidrigen Organisationen nennt § 86 Abs. 1 Nr. 1-4 StGB. 233 Aufzählung in § 86a Abs. 2 StGB. 234 § 86a Abs. 1 Nr. 2 StGB spricht von beabsichtigter Verwendung "in der in Nummer l bezeichneten Art und Weise"; der öffentlichen Verwendung steht daher die Verwendung in einer Versammlung oder in vom Täter verbreiteten Schriften gleich. 235 § 130 Abs. 2 Nr. 1 StGB: Schriften, die zum Haß gegen Teile der Bevölkerung oder gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihr Volkstum be229

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B. Überblick über die Besitzdelikte des geltenden Rechts

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einem anderen ihre Verbreitung237 zu ermöglichen (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 lit. d, Abs. 4 StGB) - Gewalt darstellenden Schriften238 , um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke zu verbreiten 239 oder einem anderen ihre Verbreitung240 zu ermöglichen (§ 131 Abs. 1 Nr. 4 StGB) - pornographischen Schriften, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke in der in § 184 Abs. 1 Nr. 1-7 StGB bezeichneten Weise zu verwenden oder einem anderen eine solche Verwendung zu ermöglichen (§ 184 Abs. 1 Nr. 8 StGB) - Schriften, die "harte" Pornographie zum Gegenstand haben, 241 um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke zu verbreiten242 oder einem anderen ihre Verbreitung243 zu ermöglichen (§ 184 Abs. 3 Nr. 3 StGB).

Nach § 6 Nr. 1 und 2 GjS unterfallen die von § 130 Abs. 2244, §§ 131, 184 StGB erfaßten Schriften zugleich den Vertriebsbeschränkungen des GjS.Z45 § 4 Abs. 1 GjS verbietet das Vorrätighalten jedoch nur insoweit, als stimmte Gruppe aufstacheln, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordern oder die Menschenwürde anderer dadurch angreifen, daß Teile der Bevölkerung oder eine vorbezeichnete Gruppe beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden. § 130 Abs. 4 i.V. m. Abs. 3 StGB: Schriften, die eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 220a Abs. 1 bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, billigen, leugnen oder verharmlosen. 236 Das Verbreiten steht stellvertretend für alle in § 130 Abs. 2 Nr. 1 lit. a-c StGB genannten Verwendungsmöglichkeiten. 237 Vgl. Fn. 236. 238 § 131 Abs. 1 StGB: Schriften, die grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen in einer Art schildern, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt. 239 Das Verbreiten steht stellvertretend für alle in § 131 Abs. 1 Nr. 1-3 StGB genannten Verwendungsmöglichkeiten. 240 Vgl. Fn. 239. 241 Pornographische Schriften, die Gewalttätigkeiten, den sexuellen Mißbrauch von Kindem oder sexuelle Handlungen von Menschen mit Tieren zum Gegenstand haben (§ 184 Abs. 3 StGB), werden als harte Pornographie bezeichnet und unterliegen einem absoluten Verbreitungsverbot (Schroeder Pornographie S. 9). 242 Das Verbreiten steht stellvertretend für alle in § 184 Abs. 3 Nr. 1 und 2 StGB genannten Verwendungsmöglichkeiten. 243 Vgl. Fn. 242. 244 Schriften des in § 130 Abs. 4 i.V. m. Abs. 3 StGB niedergelegten Inhalts (vgl. Fn. 235) haben im Zuge der Änderung der §§ 130f. StGB, 6 Nr. 1 GjS durch das Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28. 10. 1994 keine Aufnahme gefunden: Die Aufstachdung zum Rassenhaß entstammt dem Regelungsbereich des § 131 StGB, aus dem sie durch den neuen § 130 Abs. 2 StGB herausgelöst wurde; die Folgeänderung des § 6 Nr. 1 GjS vollzieht diesen Aufspaltungsvorgang nach (BT-Drucksache 12/6853 S. 47). Absatz 3 und 4 des § 130 StGB finden sich erst in der Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses (BT-Drucksache 1217584 S. 4/5).

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1. Teil: Grundlagen

es zum Zwecke des Vertreibens, Verbreitens oder Verleihens im Einzelhandel außerhalb von Geschäftsräumen (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 GjS), in Kiosken oder anderen Verkaufsstellen, die der Kunde nicht zu betreten pflegt (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 GjS), im Versandhandel (§ 4 Abs. 1 Nr. 3 GjS) oder in gewerblichen Leihbüchereien oder Lesezirkeln (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 GjS) erfolgt. Verstöße gegen § 4 Abs. 1 GjS sind nach § 21 Abs. 1 Nr. 4 GjS strafbar. Tatobjekt bilden allerdings nicht in erster Linie nach § 6 Nr. 1-3 GjS per se jugendgefährdende Schriften, sondern die gemäß §§ 1 f. GjS indizierten Schriften ab Bekanntmachung der Indizierung?46 Eigenständige Bedeutung erlangt das GjS außerdem durch die im StGB fehlende Fahrlässigkeitsstrafbarkeit, § 21 Abs. 3 GjS, und durch die Sonderregelung für das bloße Bereithalten durch elektronische Dienste, § 21 Abs. 1 Nr. 3a i. V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 4 GjS. Das gewerbs- oder gewohnheitsmäßige, vorsätzliche, zu Verkaufszwekken247 erfolgende Vorrätighalten von Tieren oder Pflanzen248 einer besonders geschützten Art249 oder sonstiger Tatobjekte im Sinne von § 20f Abs. 2a BNatSchG entgegen § 20f Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG250 wird nach § 30a Abs. 1 i.V. m. § 30 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG bestraft. § 30a Abs. 1 i.V. m. § 30 Abs. 2a Nr. 3 BNatSchG stellen gewerbs- oder gewohnheitsmäßige vorsätzliche Verstöße gegen Art. 8 Absätze 1 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 251 unter Strafe, zu denen wiederum insbesondere das Vorrätighalten zu Verkaufszwecken zählt. Bezieht sich die Tat auf 243 Im Überschneidungsbereich treten die Vorschriften des GjS im Wege der Gesetzeskonkurrenz zurück (MSM BT 2, Schroeder § 89 Rn. 13; LK 11. A., lAufhütte § 184 Rn. 56 m. w. N. auch zu abweichenden Auffassungen; anders im Falle des § 131 StGB LK 11. A., von Bubnoff § 131 Rn. 40). 246 Die Bekanntmachung entfaltet konstitutive Wirkung (E/K Band II, Steindorf J 214 § 3 Rn. 2f. und § 21 Rn. 4). Zur Ausnahmeregelung in § 18 GjS E/K Band II, Steindorf J 214 § 21 Rn. 3a. 247 Dem Verkaufen stehen das Tauschen und das entgeltliche Überlassen zum Gebrauch oder zur Nutzung gleich, § 20a Abs. 2 BNatSchG. 248 Die Begriffe Tier und Pflanze erfahren in § 20a Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BNatSchG nähere Bestimmung; zu den Fiktionen in § 20a Abs. 1 Nr. 1 lit. c und d sowie Nr. 2 lit. c und d BNatSchG vgl. § 20e Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG i.V. m. § 4 BArtSchV. 249 Vgl. § 20f Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG. Legaldefinition der .,besonders geschützten Arten" in § 20a Abs. 1 Nr. 7 BNatSchG. § 20f Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG nimmt nur § 20a Abs. 1 Nr. 7 lit. b und c BNatSchG in Bezug. Für .,besonders geschützte Arten" nach § 20a Abs. 1 Nr. 7 lit. a BNatSchG gelten europarechtliche Schutzvorschriften, auf die § 20f Abs. 2 Satz 2 BNatSchG ausdrücklich hinweist. 2so Die Variante .,Vorrätighalten" findet sich in § 20f Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 lit. a BNatSchG. Der Passus .,entgegen § 20f Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG" nimmt die Ausnahmevorschriften in § 20f Abs. 3, §§ 20g, 20e Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG i.V.m. § 2 BArtSchV in Bezug.

B. Überblick über die Besitzdelikte des geltenden Rechts

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Tiere oder Pflanzen einer streng geschützten Art252, so gelten § 30a Abs. 2 i.V. m. § 30 Abs. 1 Nr. 3 bzw. § 30 Abs. 2a Nr. 3 BNatSchG, bei Gewerbs- oder Gewohnheitsmäßigkeit zusätzlich § 30a Abs. 3 BNatSchG, bei Fahrlässigkeit § 30a Abs. 4 BNatSchG253 • Im Lebensmittelrecht verlieren sich die Spuren der Besitzstrafbarkeit in den zahlreichen Blankettstrafgesetzen. Auf eine vollständige Angabe der blankettausfüllenden Normen kann ohne weiteres verzichtet werden, denn sie unterscheiden sich nur im Tatobjekt voneinander. Es genügt ein Überblick über die Regelungsstruktur. Nach § 7 Abs. 1 LMBG ist das Vorrätighalten zum Verkauf oder zu sonstiger Abgabe als Unterfall des Inverkehrbringens anzusehen. Diese Legaldefinition gilt auch für die aufgrund des LMBG ergangenen Rechtsverordnungen.254 Straftatbestände normieren § 51 Abs. 1 - bei Fahrlässigkeit Absatz 4 - Nr. 1-6 LMBG, § 51 Abs. 1a Nr. 1-3 LMBG - beschränkte Fahrlässigkeitsstrafbarkeit nach Absatz 4m -, § 52 Abs. 1 Nr. 1-6 und Nr. 9-11 LMBG und § 52 Abs. 2 Nr. 1-10 LMBG. Blankettausfüllende Normen finden sich beispielsweise in § 16 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4 HackfleischVO (zu § 51 Abs. 1 Nr. 2 LMBG), § 7 Abs. 2 Nr. 3 ZVerkV (zu § 52 Abs. 1 Nr. 2 LMBG), § 16 Abs. 2 HackfleischVO (zu § 52 Abs. 1 Nr. 11 LMBG). Verstöße gegen europarechtliche Vorschriften zu bestrafen, ermöglichen die §§ 56 f., 60 LMBG. 251 Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABlEG Nr. L 6111). 252 Legaldefinition in § 20a Abs. I Nr. 8 BNatSchG. 253 Die Formulierung "in den Fällen des Absatzes 2" deutet darauf hin, daß das dort aufgestellte Erfordernis einer vorsätzlichen Handlung nach § 30 Abs. 1 Nr. 3 bzw. § 30 Abs. 2a Nr. 3 BNatSchG auch für den Fahrlässigkeitstatbestand gelten soll. Fahrlässigkeit genügt also nur für die zusätzlichen eigenen Tatbestandsmerkmale des § 30a Abs. 2 BNatSchG, während § 30 Abs. 1 Nr. 3 bzw. § 30 Abs. 2a Nr. 3 BNatSchG vorsätzlich verwirklicht sein müssen. Auch wenn dem Gesetzgeber insofern keine eindeutige KJarstellung gelungen ist (ebenso Pfohl wistra 1999 S. 161 ff., 164) -allein im Rahmen einer solchen Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination gewinnt das Tatbestandsmerkmal vorsätzlich in § 30a Abs. 2 BNatSchG Bedeutung. Denn für § 30a Abs. 2 BNatSchG selbst folgt das Vorsatzerfordernis bereits aus Art. I Abs. 1 EGStGB, § 15 StGB. Zum Ganzen BGH wistra 1997 S. 24f.; Gassner, Bendomir-Kahlo § 30a Rn. 6 m. w. N. auch zu abweichenden Auffassungen. 254 E/K Band II, Zipfel L 52 § 7 Rn. 1. 255 § 51 Abs. 4 LMBG ordnet die Strafbarkeit fahrlässigen Verhaltens in den Fällen des § 51 Abs. la LMBG nur für denjenigen Täter an, der die Stoffe zugeführt oder die Lebensmittel in den Geltungsbereich des LMBG verbracht hat; andere Personen verwirklichen bei Leichtfertigkeit den Ordnungswidrigkeitentatbestand in § 53 Abs. 2 Nr. 2 LMBG.

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l. Teil: Grundlagen

Eine dem § 7 Abs. 1 LMBG wörtlich entsprechende Legaldefinition des Inverkehrbringens enthält § 2 Nr. 18 1. Halbsatz Weingesetz. Auf ihrer Grundlage ist das Vorrätighalten zum Verkauf oder zu sonstiger Abgabe unter anderem nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 Weingesetz (i.V. m. § 16 Abs. 1 Weingesetz), § 48 Abs. 1 Nr. 2 Weingesetz (i.V. m. § 39 Nr. 1 Wein-Überwachungsverordnung), - den zugehörigen Fahrlässigkeitstatbestand normiert § 48 Abs. 2 Weingesetz- und § 49 Nr. 4, Nr. 5 Weingesetz strafbar. 256 Auf einer vergleichbaren Definition des Inverkehrbringens in § 2b Abs. 1 Nr. 6 Futtermittelgesetz beruht die Strafbarkeit des Vorrätighairens bestimmter Futtermittel, § 20 Abs. 1 Nr. 2 Futtermittelgesetz. Als Unterfall des Inverkehrbringens hat das Vorrätighalten zum Verkauf oder zu sonstiger Abgabe auch ins Arzneimittelgesetz Eingang gefunden. 257 Die Straftatbestände in § 95 Abs. 1 Nr. 1-3, Sa und § 96 Nr. 1-3, 5, 7-9, 13, 14 AMG knüpfen daran an. Gefährliche Gegenstände 258 zur Verwendung bei öffentlichen Versammlungen oder Aufzügen bereit zu halten, steht nach § 27 Abs. 1 Satz 2 3. Var. VersG259 unter Strafe.

5. Aufbewahren und verwahren Nach § 328 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer ohne die erforderliche Genehmigung260 Kembrennstoffe261 (Nr. 1) bzw. grob pflichtwidrig ohne die erforderliche Genehmigung262 sonstige gefährliche263 radioaktive 256 Maßgebliche Regelungen enthält daneben das Europäische Gemeinschaftsrecht. § 48 Abs. 1 Nr. 4 Weingesetz (i.V. m. § 2 Nr. 1, Nr. 13 und Nr. 14 Verordnung zur Durchsetzung des gemeinschaftlichen Weinrechts) und § 49 Nr. 6 Weingesetz (i.V.m. § 3 Abs. l Nr. l und Nr. 2 Verordnung zur Durchsetzung des gemeinschaftlichen Weinrechts) sehen korrespondierende Blankettstrafgesetze vor. Auf europarechtlicher Ebene fehlt allerdings eine dem § 2 Nr. 18 l. Halbsatz Weingesetz entsprechende Legaldefinition - § 3 Abs. 1 der Verordnung zur Durchsetzung des gemeinschaftlichen Weinrechts stellt das Vorrätighalten zum Verkauf selbständig neben das lnverkehrbringen. 257 Legaldefinition des Inverkehrbringens in § 4 Abs. 17 AMG. 258 V gl. Fn. 222. 259 V gl. Fn. 224. 260 Die Tatbestandsalternative "entgegen einer vollziehbaren Untersagung" gehört zu den oben I.l.b) angesprochenen Vorschriften, die eine Anordnung der Verwaltungsbehörde voraussetzen. 261 Legaldefinition in § 2 Abs. 1 Satz 2 AtomG in seiner zukünftigen Fassung vom 3. Mai 2000 (BGBI. I S. 636 ff.). 262 Die Tatbestandsalternative "entgegen einer vollziehbaren Untersagung" gehört zu den oben I.l.b) angesprochenen Vorschriften, die eine Anordnung der Verwaltungsbehörde voraussetzen.

B. Überblick über die Besitzdelikte des geltenden Rechts

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Stoffe264 (Nr. 2) aufbewahrt; handelt der Täter fahrlässig, so kommt § 328 Abs. 5 StGB zur Anwendung. In der Terminologie des Sprengstoffgesetzes umfaßt das Umgehen mit explosionsgefahrliehen Stoffen - der Legaldefinition in § 3 Abs. 2 Nr. 1 SprengG zufolge - auch das Aufbewahren dieser Stoffe. Einen Straftatbestand erfüllt das Aufbewahren von: explosionsgefahrliehen Stoffen265 entgegen § 7 Abs. 1 Nr. 1 SprengG266 ohne die erforderliche Erlaubnis (§ 40 Abs. 1 Nr. 1 SprengG) - explosionsgefahrliehen Stoffen mit Ausnahme pyrotechnischer Gegenstände267 entgegen § 27 Abs. 1 SprengG268 ohne die erforderliche Erlaubnis (§ 40 Abs. 1 Nr. 3 SprengG) - pyrotechnischen Gegenständen entgegen § 27 Abs. 1 SprengG269 , wenn dadurch vorsätzlich oder fahrlässig eine Gefahr für Leib oder Leben eines Menschen oder für Sachen von bedeutendem Wert herbeigeführt wird (§§ 42 i.V. m. 41 Abs. 1 Nr. 13 SprengG). Die wissentliche Gefahrdung von Leib oder Leben eines anderen oder von fremden Sachen von bedeutendem Wert verwirklicht in den Fällen des § 40 Abs. 1 Nr. 1 und 3 SprengG den Qualifikationstatbestand nach § 40 Abs. 3 SprengG. Die Grundtatbestände können auch fahrlässig begangen werden, § 40 Abs. 4 SprengG. § 64 Abs. 2 Nr. 1 BSeuchenG (ab Januar 2001: § 75 Abs. 1 Nr. 3 Infektionsschutzgesetz) stellt denjenigen unter Strafe, der ohne die nach § 19 BSeuchenG erforderliche Erlaubnis 270 die dort bezeichneten Krankheitserreger aufbewahrt. Verursacht die Tat die Verbreitung einer der in § 3 Absätze 1 und 2 BSeuchenG bezeichneten meldepflichtigen Krankheiten, so 263 § 328 Abs. 1 Nr. 2 StGB: Stoffe, die nach Art, Beschaffenheit oder Menge geeignet sind, durch ionisierende Strahlen den Tod oder eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen herbeizuführen. 264 Legaldefinition in § 2 Abs. l Satz 1 AtomG in seiner zukünftigen Fassung vom 3. Mai 2000 (BGBI. I S. 636 ff.). 265 Den Geltungsbereich des Sprengstoffgesetzes bestimmt nicht allein die Legaldefinition der explosionsgefahrliehen Stoffe in § l Abs. l Sätze l und 2 SprengG; Einschränkungen und Erweiterungen ergeben sich aus § l SprengG und §§ l-5 l. SprengV. 266 "Entgegen § 7 Abs. I Nr. I SprengG" bedeutet, daß der Anwendungsbereich dieser Vorschrift eröffnet sein muß - Gewerbsmäßigkeit, Selbständigkeit im Rahmen einer wirtschaftlichen Unternehmung bzw. eines land- oder forstwirtschaftliehen Betriebes oder Handeln bei der Beschäftigung von Arbeitnehmern; E/K Band III, SteindorfS 169 § 40 Rn. 4. 267 Legaldefinition in § 3 Abs. I Nr. 2 SprengG. 268 § 27 SprengG bildet im nicht gewerblichen Bereich das Pendant zu § 7 SprengG (vgl. Fn. 266). 269 § 42 SprengG spricht von einer in § 41 Abs. I Nr. 13 SprengG bezeichneten vorsätzlichen Handlung. "Entgegen § 27 Abs. I SprengG" bedeutet insbesondere ohne die erforderliche Erlaubnis. 270 Ausnahmetatbestände in §§ 20f. BSeuchenG.

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1. Teil: Grundlagen

trifft den Täter die Qualifikation nach § 64 Abs. 3 BSeuchenG. Für das Grunddelikt normiert § 64 Abs. 4 BSeuchenG einen Fahrlässigkeitstatbestand. Auch im Lebensmittel- und im Chemikalienrecht findet sich die Formulierung aufbewahren. Die Legaldefinitionen in § 3 Nr. 10 ChemG und § 7 Abs. 1 LMBG machen das Aufbewahren zum Unterfall des Verwendens bzw. Behandelns. Daneben sprechen einige Tatbestände aber auch unmittelbar vom Aufbewahren. Auf eine vollständige Angabe blankettausfüllender Normen wurde aus Gründen der Übersichtlichkeit wiederum verzichtet. Unabhängig von den genannten Legaldefinitionen sind im Lebensmittelrecht zwar § 16 Abs. 1 Nr. 3 HackfleischVO und § 7 Abs. 2 Nr. 1, 3 ZVerkV. Die zugehörigen Blankettgesetze, § 51 Abs. 1 Nr. 2 und§ 52 Abs. 1 Nr. 2 LMBG, basieren aber auf§ 7 Abs. 1 LMBG. Diese Vorschriften regeln unter anderem, daß bestimmte Erzeugnisse aus zerkleinertem Fleisch271 im Rahmen der gewerbsmäßigen Behandlung272 nur unter Beachtung der in § 4 Abs. 1 HackfleischVO vorgeschriebenen Raumtemperaturen aufbewahrt werden dürfen (§51 Abs. 1 Nr. 2 LMBG i.V.m. § 16 Abs. 1 Nr. 3 HackfleischVO- bei fahrlässigem Verhalten greift § 51 Abs. 4 LMBG). 273 Der inkriminierte Besitz erhält also eine nähere modale Bestimmung. Das ändert jedoch nichts an der Einordnung als Besitzdelikt, denn die Tathandlung erschöpft sich weiterhin im bloßen "Haben"274 • Im Chemikalienrecht kommt § 27 Abs. 2 2. Var. ChemG - Fahrlässigkeitstalbestand in Absatz 4 Nr. 2- (i.V.m. § 26 Abs. 1 Nr. 8 lit. b ChemG, dieser i.V. m. § 50 Abs. 1 Nr. 19, Abs. 2275 GefStoffV) ohne die Legaldefinition des § 3 Nr. 10 ChemG aus. Auf den Legaldefinitionen in § 3 Nr. 10 ChemG und § 7 Abs. 1 LMBG beruhen dagegen die Besitzdelikte in § 51 Abs. 1 Nr. 1-6 LMBG - Fahrlässigkeitstalbestand in Absatz 4 -, in § 52 Abs. 1 Nr. 2-4, § 52 Abs. 2 Näher dazu § 1 HackfleischVO. Vgl. § 1 Abs. 1 HackfleischVO; die Legaldefinition in § 7 Abs. 1 LMBG gilt auch für die aufgrunddes LMBG ergangene HackfleischVO, E/K Band II, Zipfel L 52§ 7 Rn. 1. 273 Die in § 4 Abs. 1 Satz 2 HackfleischVO geregelte kurzzeitige Aufbewahrung hat deshalb in § 16 Abs. 1 Nr. 3 HackfleischVO eigens Aufnahme gefunden, weil das Lagern prinzipiell auf längere Zeit angelegt ist (vgl. E/K Band II, Zipfel L 52 § 7 Rn. 22). § 4 Abs. 2 Satz 2 HackfleischVO als Ausnahmetatbestand gegenüber § 4 Abs. 2 Satz 1 HackfleischVO in den Fällen des Vorrätighaltens zum Verkauf bedurfte dagegen keiner besonderen Erwähnung. 274 Anders oben bei Fn. 213. 27S § 50 Abs. 2 GefStoffV ordnet für den Fall der Geflihrdung von Leben, Gesundheit oder fremden Sachen von bedeutendem Wert Strafbarkeit nach § 27 Absätze 2-4 ChemG an; neben § 27 Abs. 2 2. Var., Abs. 3, Abs. 4 Nr. 2 ChemG verbleibt dieser Vorschrift lediglich klarstellende Funktion. 271

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B. Überblick über die Besitzdelikte des geltenden Rechts

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Nr. 1, 6, 7, 10 LMBG und in § 27 Abs. 1 Nr. 1 ChemG276 - Qualifikationstatbestand in Absatz 2 1. Var., Fahrlässigkeitstatbestand in Absatz 4 Nr. 1 (i.V. m. §51 Nr. 1-3, 5, 6 GefStoffV, § 9 Abs. 1 Nr. 2, 4, 6, 7 FCKWHalon-Verbots-Verordnung). Als Unterfall des Behandelns, § 2 b Abs. 1 Nr. 5 Futtermittelgesetz, ist auch das Aufbewahren von Futtermitteln in bestimmten Fällen strafbar, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Futtermittelgesetz. Eine seltsame Kombination findet sich im Weingesetz. § 1 Nr. 9 der Verordnung zur Durchsetzung des gemeinschaftlichen Weinrechts verweist für bestimmte Aufbewahrungsvorgänge auf die Strafbestimmung in § 48 Abs. 1 Nr. 3 Weingesetz. Die Strafvorschrift selbst verwendet die Tatbestandsformulierung aufbewahren gar nicht. Einen weiteren Fall des Aufbewahrens stellt § 48 Abs. 1 Nr. 4 Weingesetz (i.V. m. § 2 Nr. 13 Verordnung zur Durchsetzung des gemeinschaftlichen Weinrechts) unter Strafe. An das Verwahren von Gegenständen knüpft eine Reihe von Vorschriften des Strafgesetzbuchs an. Verboten ist das Verwahren von: Sabotagemitteln277, wenn der Täter dadurch einen ausländischen Auftrag278 zur Vorbereitung von Sabotagehandlungen279 befolgt und sich wissentlich für staatsfeindliche Bestrebungen einsetzt280 (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 StGB)281 - Vorrichtungen oder Papier82, wenn dadurch eine Geld- oder Wertzei276 § 27 Abs. 1 Nr. 3 ChemG sanktioniert als Blankettstrafgesetz die Verletzung europarechtlicher Vorschriften, soweit es eine Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt. Die ChemStrOWiV verweist in § 1 Nr. 2 und 3 für europarechtliche Verwendungstatbestände auf § 27 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, Abs. 4 ChemG. Auf europarechtlicher Ebene fehlt allerdings eine dem § 3 Nr. 10 ChemG entsprechende Legaldefinition. 277 Näher dazu LK 11. A., Laufhütte § 87 Rn. 11. 278 § 87 Abs. 1 StGB: Einen Auftrag einer Regierung, Vereinigung oder Einrichtung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes. 279 § 87 Abs. 1 StGB: Sabotagehandlungen, die im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes begangen werden sollen. Legaldefinition der Sabotagehandlung in § 87 Abs. 2 StGB. 280 § 87 Abs. 1 StGB: Bestrebungen gegen den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder gegen Verfassungsgrundsätze; vgl. dazu § 92 Abs. 3 StGB. Sich wissentlich für die genannten Bestrebungen einzusetzen, ist ein zusätzliches Merkmal allein des subjektiven Tatbestands (LK 11. A., Laufhütte § 87 Rn. 16). 281 Spezialregelung gegenüber dem allgemeinen Rechtsanwendungsrecht - insbesondere dem Ubiquitätsprinzip des § 9 StGB- in § 91 StGB. 282 § 149 Abs. 1 StGB: Platten, Formen, Drucksätze, Druckstöcke, Negative, Matrizen oder ähnliche Vorrichtungen, die ihrer Art nach zur Begehung der Tat geeignet sind (Nr. 1), oder Papier, das einer solchen Papierart gleicht oder zum Verwechseln ähnlich ist, die zur Herstellung von Geld oder amtlichen Wertzeichen bestimmt und gegen Nachahmung besonders gesichert ist (Nr. 2).

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1. Teil: Grundlagen

chenfälschung283 vorbereitet wird (§ 149 Abs. 1 StGB) - Vorrichtungen oder Papier284 , wenn dadurch eine Fälschung von Zahlungskarten285 oder Euroscheckvordrucken286 vorbereitet wird (§ 152a Abs. 5 i.V. m. § 149 Abs. 1 StGB) - Gegenständen, die aus bestimmten rechtswidrigen Taten herrühren, 287 wenn der Täter die Herkunft des Gegenstands im Zeitpunkt seiner Erlangung gekannt288 hat (§ 261 Abs. 2 Nr. 2 StGB)289 - Vorrichtungen, Papier290 oder Vordrucken für amtliche Ausweise, wenn dadurch eine Fälschung von amtlichen Ausweisen vorbereitet wird (§ 275 Abs. 1 StGB)291 - unechten oder verfälschten amtlichen Ausweisen oder amtlichen Ausweisen, die eine falsche Beurkundung der in den §§ 271, 348 StGB bezeichneten Art enthalten, in der Absicht, ihren Gebrauch zur Täuschung im Rechtsverkehr zu ermöglichen (§ 276 Abs. 1 Nr. 2 StGB)292 Kembrennstoffen293 , sonstigen radioaktiven Stoffen294, Sprengstoffen295 oder für die Ausführung der Tat erforderlichen besonderen Vorrichtungen, wenn es zur Vorbereitung eines Explosions- oder Strahlungsverbrechens erfolgt296 (§ 310 Abs. 1 StGB) - Schußwaffen, Sprengstoffen oder sonst § 146 Abs. 1 Nr. 1, § 148 Abs. 1 Nr. 1 StOB auch i.V.m. §§ 151, 152 StOB. § 152a Abs. 5 i.V.m. § 149 Abs. 1 StOB: Platten, Formen, Drucksätze, Druckstöcke, Negative, Matrizen oder ähnliche Vorrichtungen, die ihrer Art nach zur Begehung der Tat geeignet sind (Nr. 1), oder "Papier", das einer solchen "Papierart" gleicht oder zum Verwechseln ähnlich ist, die zur Herstellung von Zahlungskarten oder Euroscheckvordrucken bestimmt und gegen Nachahmung besonders gesichert ist (Nr. 2). § 149 Abs. 1 StOB auf die Vorbereitung einer Zahlungskartenfälschung entsprechend anzuwenden, bedeutet, dem Papier für Euroscheckvordrucke das Rohmaterial für Zahlungskarten, also entsprechende Kunststoffrohlinge, gleichzustellen. 285 Legaldefinition in § 152a Abs. 4 StOB. 286 § 152a Abs. 1 Nr. 1 StOB. 287 Näher dazu § 261 Abs. 1 Satz 2, Abs. 8 StOB. 288 Mit Blick auf § 261 Abs. 5 StOB genügt dolus eventualis; Sch/Sch 25. A., Stree § 261 Rn. I3; a.A. Bottke wistra 1995 S. I2I ff. , 123. 2 89 Einschränkung des Anwendungsbereichs in § 261 Abs. 6 StOB. 290 § 275 Abs. I StOB: Platten, Formen, Drucksätze, Druckstöcke, Negative, Matrizen oder ähnliche Vorrichtungen, die ihrer Art nach zur Begehung der Tat geeignet sind (Nr. 1), oder Papier, das einer solchen Papierart gleicht oder zum Verwechseln ähnlich ist, die zur Herstellung von amtlichen Ausweisen bestimmt und gegen Nachahmung besonders gesichert ist (Nr. 2). 291 § 276a StOB erstreckt den Anwendungsbereich der Norm auf aufenthaltsrechtliche Papiere und Fahrzeugpapiere. § 275 Abs. 2 StOB enthält einen Qualifikationstatbestand für die Fälle gewerbs- oder bandenmäßiger Begehung. 292 § 276a StOB erstreckt den Anwendungsbereich der Norm auf aufenthaltsrechtliche Papiere und Fahrzeugpapiere. § 276 Abs. 2 StOB enthält einen Qualifikationstatbestand für die Fälle gewerbs- oder bandenmäßiger Begehung. 293 Legaldefinition in § 2 Abs. 1 Satz 2 AtomG (oben Fn. 261). 294 Legaldefinition in § 2 Abs. I Satz I AtomG (oben Fn. 264). 295 Näher dazu LK 11. A., Wolff § 311 b Rn. 5 und § 311 Rn. 3. 283

284

B. Überblick über die Besitzdelikte des geltenden Rechts

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zur Herbeiführung einer Explosion oder eines Brandes bestimmten Stoffen oder Vorrichtungen, wenn es zur Vorbereitung einer Straftat nach § 316c Abs. 1 StGB erfolgt297 (§ 316c Abs. 4 StGB). Nach § 261 Abs. 5 StGB kann § 261 Abs. 2 StGB auch bei leichtfertigem Verkennen der Tatobjektseigenschaft - Herrühren aus einer rechtswidrigen Katalogtat - verwirklicht werden. Im übrigen verbleibt es beim Vorsatzerfordernis des § 15 StGB?98

6. Lagern Das StGB beschäftigt sich mit dem Lagern von Gegenständen nur im Bereich der Straftaten gegen die Umwelt299 : Nach § 326 Abs. 1 StGB wird bestraft, wer bestimmte besonders gefährliche Abfalle 300 außerhalb einer dafür zugelassenen Anlage oder unter wesentlicher Abweichung von einem vorgeschriebenen oder zugelassenen Verfahren 301 lagert302 ; fahrlässiges 296 Der Passus "zur Vorbereitung ... " gehört als sog. überschießende Innentendenz zum subjektiven Tatbestand; LK II. A., Woif.f§ 311b Rn. 13 m.w.N. zur umstrittenen Frage der erforderlichen Vorsatzform. § 310 Abs. I StGB: Zur Vorbereitung eines bestimmten Unternehmens im Sinne des § 307 Abs. I oder des § 309 Abs. 2 (Nr. 1) oder einer Straftat nach § 308 Abs. 1, die durch Sprengstoff begangen werden soll (Nr. 2). 297 Der Passus "zur Vorbereitung ... " gehört als sog. überschießende Innentendenz zum subjektiven Tatbestand; Lackner, Kühl§ 316c Rn. 13 und§ 310 Rn. 3. 298 Sch/Sch 25. A., Stree § 261 Rn. 19. Bottke wistra 1995 S. 121 ff., 123 will der Kenntnisklausel in § 261 Abs. 2 Nr. 2 StGB Vorrang vor § 261 Abs. 5 StGB einräumen und begründet das in systematischer Hinsicht damit, daß anderenfalls ihr Anordnungssinn - neben § 15 StGB - "verkümmere". Dieses Argument überzeugt jedoch nicht. § 261 Abs. 2 Nr. 2 StGB verlangt, daß der Täter die Herkunft des Gegenstands im Zeitpunkt seiner Erlangung gekannt hat; die entscheidende Bedeutung dieser Regelung liegt darin, einen von den §§ 15, 16 Abs. 1 Satz 1 StGB abweichenden zeitlichen Bezugspunkt für den subjektiven Tatbestand festzulegen: "Bei Begehung der Tat" (§ 16 Abs. 1 Satz 1 StGB; näher dazu LK 11. A., Schroeder § 16 Rn. 111) hieße für das Verwahren als Dauerdelikt irgendwann während der Ausübung des Gewahrsams. Eine so verstandene Kenntnisklausel behält auch dann ihren Sinn, wenn nach § 261 Abs. 5 StGB Leichtfertigkeit an die Stelle des Vorsatzes tritt. 299 Besonderer Teil, Neunundzwanzigster Abschnitt, §§ 324-330d StGB, eingefügt durch das Achtzehnte Strafrechtsänderungsgesetz - Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität- (18. StrÄndG) vom 28. März 1980 (BGBI. I S. 373ff.). 300 Aufzählung in § 326 Abs. 1 Nr. 1-4 StGB. 301 In der Variante der wesentlichen Abweichung von durch Verwaltungsakt vorgeschriebenen oder zugelassenen Beseitigungsverfahren (Sch/Sch 25. A., Lenckner § 326 Rn. 12 m.w.N.) gehört§ 326 Abs. I StGB zu den oben l.l.b) angesprochenen Vorschriften, die eine Anordnung der Verwaltungsbehörde voraussetzen. 302 Die Begehungsform des Ablageros scheidet als Besitzdelikt von vomeherein aus, denn ablagern bedeutet mit dem Ziel der Dauerentledigung endgültig ablegen (Franzheim S. 67; LK 11. A., Steindorf § 326 Rn. 107; mit etwas anderer Formulierung auch BT-Drucksache 8/2382 S. 18; Lackner, Kühl § 326 Rn. 7b; Sack A 1.18

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l . Teil: Grundlagen

Handeln steht nach § 326 Abs. 5 Nr. l StGB unter Strafe. 303 § 328 Abs. 3 Nr. 1 StGB untersagt die Lagerung von radioaktiven Stoffen304 oder Gefahrstoffen im Sinne des Chemikaliengesetzes305 beim Betrieb einer Anlage unter grober Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten306, wenn dadurch die Gesundheit eines anderen, dem Täter nicht gehörende Tiere oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefahrdet werden; die Strafbarkeit fahrlässigen Verhaltens ordnet § 328 Abs. 5 StGB an. Den unerlaubten Umgang mit gefahrliehen Abfallen, § 326 Abs. 1, Abs. 5 Nr. l StGB, in der Begehungsform des Lagerns als strafbaren Abfallbesitz aufzufassen, erscheint prima vista einleuchtend, denn Abfalle zu lagern bedeutet nach ganz allgemeiner Ansicht, sie mit dem Ziel, sich ihrer erst später endgültig zu entledigen, vorübergehend aufzubewahren 307 . Diese Formulierung darf jedoch nicht dazu verleiten, den Beseitigungsaspekt des Lagerungsvorgangs aus den Augen zu verlieren - das Lagern wird vom Gesetz als Unterfall des Beseitigens angesehen. Pointiert kommt dieser Perspektivwechsel bei Hom308 zum Ausdruck, der das Lagern als vorübergehendes Sichentledigen definiert. Besitzdelikte zeichnen sich dadurch aus, daß ihre Tathandlung im Besitzen körperlicher Gegenstände besteht und sich darin erschöpft. Das "Haben" der Gegenstände konstituiert das tatbestandlieh vertypte Unrecht. Dagegen genügt es für die Einordnung als Besitzdelikt nicht, wenn der tatbestandsmäßige Geschehensablauf zwar als Besitz körperlicher Gegenstände beschrieben werden kann, vom Gesetz aber unter einem anderen Gesichtspunkt mit Strafe bedroht ist. Nach überwiegender Auffassung verbietet § 326 StGB das Lagern von Abfallen im Sinne des Absatz l unter dem Blickwinkel unzulässiger Orts§ 326 StGB Rn. 197; Sch/Sch 25. A., Lenckner § 326 Rn. 10a), also den Besitz aufgeben (vgl. dazu OLG Köln NJW 1986 S. lll7ff., 1119; Rogall NStZ 1992 S. 561ff., 562; SK, Horn§ 326 Rn. 17). 303 Zur strafbefreienden Minimaklausel in § 326 Abs. 6 StGB vgl. Sch/Sch 25. A., Lenckner § 326 Rn. 17 ff. 304 § 2 Abs. l AtomG; vgl. Sack A 1.20 § 328 StGB Rn. 70, 12, 34. 305 § 19 Abs. 2 ChemG; vgl. BT-Drucksache 121192 S. 23. 306 In der Variante der groben Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten im Sinne von § 330d Nr. 4 lit. b-e StGB gehört § 328 Abs. 3 Nr. I StGB zu den oben l.l.b) angesprochenen Vorschriften; gerichtliche Entscheidung und öffentlich-rechtlicher Vertrag stehen den Anordnungen der Verwaltungsbehörden in Ansehung des entscheidenden empirischen Befundes gleich. 307 BT-Drucksache 8/2382 S. 18; BGHSt 37, 333 (337); Franzheim S. 63; Lackner, Kühl § 326 Rn. 7b; LK 11. A., Steindoif § 326 Rn. 100f.; Sack A 1.18 § 326 StGB Rn. 195; Sch/Sch 25. A., Lenckner § 326 Rn. lOa. Treffend zu den denkbaren Entledigungsarten - Wiederverwertung oder sonstige Entsorgung - BGHSt 37, 333 (337) und Sack A 1.18 § 326 StGB Rn. 195. 308 SK, Horn § 326 Rn. 18.

B. Überblick über die Besitzdelikte des geltenden Rechts

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bestimmung;309 die sich anschließende Phase des Aufrechterhaltens der dadurch entstandenen Sachherrschaftsbeziehung310 liegt außerhalb des Tatbestands311 . Diese punktuelle Betrachtungsweise entspricht dem Wesen des § 326 StGB als abstraktes Gefahrdungsdelikt312, denn alle potentiellen Gefahren für die geschützten Umweltmedien313 birgt bereits der mit abgeschlossener Ortszuweisung eingetretene Zustand. 314 Somit läßt sich das Lagern von Abfallen im Sinne des § 326 Abs. 1 StGB zwar auf SachverVgl. SK, Horn§ 326 Rn. 18. Als Täter des § 326 Abs. I StGB kommt nicht nur der Abfallbesitzer, sondern beispielsweise auch ein beteiligter Amtsträger in Betracht (Franzheim S. 71; Lackner, Kühl § 326 Rn. 14; LK 11. A., Steindorf § 326 Rn. 13lf.; Sack A 1.18 § 326 StGB Rn. 290, 292; Schiftenhelm GA 130 (1983) S. 310ff., 320ff.; Sch/Sch 25. A., Lenckner § 326 Rn. 21; SK, Horn § 326 Rn. 30); folgerichtig führt auch das Lagern nicht notwendig zur Entstehung und Aufrechterhaltung einer Sachherrschaftsbeziehung. Dadurch erübrigt sich aber nicht die Frage nach der Behandlung eines im Einzelfall tatsächlich fortbestehenden Herrschaftsverhältnisses. 311 Literatur und Rechtsprechung diskutieren diesen Aspekt der Tatbestandsstruktur unter dem Stichwort Dauerdelikt Da der Täter des § 326 Abs. 1 StGB den von ihm geschaffenen rechtswidrigen Zustand nicht willentlich aufrechterhalte, sondern das Geschehen aus der Hand gebe (Schittenhelm GA 130 (1983) S. 310ff., 323/ 324), und der strafrechtliche Vorwurf sich nur auf die Schaffung eines Zustands, nicht aber auf seine Aufrechterhaltung stütze (Sch/Sch 25. A., Lenckner § 326 Rn. 20; für die Begehungsform des Lagems im Ergebnis offen gelassen von BGHSt 36, 255 (257f.)), statuiere § 326 Abs. 1 StGB kein Dauerdelikt Zum gleichen Ergebnis kommen Lackner, Kühl § 326 Rn. 13; LK 11. A., Steindorf § 326 Rn. 100 (anders noch die Vorauflage LK 10. A., Steindorf § 326 Rn. 53); SK, Horn § 326 Rn. 23; Wessei S. 39; BayObLG wistra 1993 S. 313f. zu § 18 Abs. I Nr. 1 AbfG; anderer Ansicht sind Pranzheim ZfW 1987 S. 9ff., 10; Jburg NJW 1988 S. 2338ff., 2340; Sack A 1.18 § 326 StGB Rn. 323 m.w.N. Wie HauS. 70/71 und Hruschka GA 1968 S. 193 ff., 193 überzeugend dargelegt haben, leistet das auf Sachverhaltsebene anknüpfende Kriterium der willentlichen Aufrechterhaltung eines geschaffenen Zustands keine sichere Abgrenzung zwischen den Deliktskategorien; entscheidendes Kennzeichen der Dauerdelikte ist vielmehr, daß die Aufrechterhaltung des Zustands auf Tatbestandsebene vom Gesetz als Unrecht erfaßt wird (vgl. Jescheck FS Welzel S. 683 ff., 687). Das wiederum hängt davon ab, ob aus der Aufrechterhaltung des geschaffenen Zustands neue Schäden bzw. Gefahren für das geschützte Rechtsgut erwachsen (HauS. 71/72; Hruschka GA 1968 S. l93ff., 198). Auf dieser Grundlage kann der Streit um die Einordnung als Dauerdelikt auch im hier interessierenden Zusammenhang fruchtbar gemacht werden. Zum Dauerdeliktsbegriff s. Teil 2 C.II. 312 Sch/Sch 25. A., Lenckner § 326 Rn. la m. w. N. 313 Näher zur Problematik des geschützten Rechtsguts Sch/Sch 25. A., Lenckner § 326 Rn. la m.w.N. 314 BayObLG wistra 1993 S. 313 f. charakterisiert das Lagern von Abfällen mit folgender Begründung als Zustandsdelikt (zur Relevanz des Streites um die Deliktsnatur vgl. Fn. 311 ): Zwischen den Begehungsformen des Lagems und des Ablageros dürfe in der Frage der Verjährung kein Unterschied gemacht werden; da das Ablagern nach allgemeiner Ansicht nicht als Dauerdelikt angesehen werden könne, dürfe auch derjenige Abfallbesitzer, der den umweltgefährdenden Zustand noch än309 310

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I. Teil: Grundlagen

haltsebene als Abfallbesitz beschreiben, 315 unter Strafe steht aber nur die anfangliehe unzulässige Ortsbestimmung; § 326 StGB zählt daher nicht zu den Besitzdelikten. Obwohl es Bestrebungen gab, den Umgang mit gefährlichen Stoffen nicht in § 328 Abs. 3 StGB zu regeln, sondern § 326 StGB entsprechend zu erweitem,316 sind die Erwägungen zum Lagern als Form der Abfallbeseitigung nicht auf § 328 Abs. 3 Nr. 1 StGB übertragbar317 : Das Lagern fungiert in dieser Vorschrift als Unterfall des Verwendens und der Verwendungsbegriff orientiert sich an § 3 Nr. 10 ChemG. 318 Daher bildet die Legaldefinition in § 3 Abs. 3 GefStoffV eine Richtschnur für die Interpretation des Lagerns. 319 Radioaktive Stoffe oder Gefahrstoffe zu lagern bedeutet demnach, sie zur späteren Verwendung oder zur Abgabe an andere aufzubewahren. Angesprochen ist damit auch auf Tatbestandsebene - und nicht nur auf Sachverhaltsebene - das Unterhalten einer Sachherrschaftsbeziehung; die Tathandlung erschöpft sich im bloßen "Haben", so daß ein Besitzdelikt vorliegt. Für die Straftatbestände des Chemikaliengesetzes gelten die Legaldefinitionen in § 3 Nr. 10 ChemG, § 3 Abs. 3 GefStoffV unmittelbar. Das Lagern bestimmter gefährlicher Stoffe steht nach § 27 Abs. 2 2. Var. ChemG - Fahrlässigkeitstatbestand in Absatz 4 Nr. 2 - (i.V. m. § 26 Abs. 1 Nr. 8 lit. b ChemG, dieser i.V.m. §50 Abs. 1 Nr. 19, Abs. 2320 GefStoffV) unter Strafe. Aufgrund der Legaldefinition des § 3 Nr. 10 ChemG, die das Lagern zum Unterfall des Verwendens macht, kommt § 27 Abs. 1 Nr. 1 ChemG321 - Qualifikationstatbestand in Absatz 2 1. Var., Fahrlässigkeitstatbestand in Absatz 4 Nr. 1 - (i.V.m. §51 Nr. 1-3, 5, 6 GefStoffV, § 9 Abs. 1 Nr. 2, 4, 6, 7 FCKW-Halon-Verbots-Verordnung) hinzu. § 27 Abs. 6 ChemG ordnet Subsidiarität gegenüber § 328 Abs. 3 Nr. 1 StGB an, der sich durch die Beschränkung auf anlagenbezogene Handlungen und gegenüber § 27 Abs. 1 Nr. 1 ChemG - durch das zusätzliche Erfordernis einer konkreten Gefährdung - bei § 27 Abs. I Nr. I ChemG Qualifikationsmerkmal nach § 27 Abs. 2 1. Var. ChemG - auszeichnee 22 • dem oder beseitigen wolle - die Abfälle also nur lagert - hinsichtlich der Verjährung nicht durch Annahme eines Dauerdelikts schlechter gestellt werden. 315 Vgl. dazu Fn. 310. 316 Heine/Meinberg D 137 unter Berufung auf die ohnehin ungeklärte Abgrenzung zwischen Abfall und Wirtschaftsgut 317 Irreführend Tr, Fischer § 328 Rn. 11, der auf die Erläuterungen zu § 326 StGB verweist. 318 BT-Drucksache 121192 S. 24. 319 Vgl. Kloepfer!Vierhaus Rn. 149. 320 Zu § 50 Abs. 2 GefStoffV vgl. Fn. 275. 321 Zu § 27 Abs. I Nr. 3 ChemG vgl. Fn. 276.

B. Überblick über die Besitzdelikte des geltenden Rechts

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Das Lagern von Stoffen oder Zubereitungen aus Stoffen323 entgegen § 59a Absätze 1 und 2 AMG stellt § 96 Nr. 13 AMG unter Strafe. § 59a AMG bestimmt Täterkreis und Tatobjekte: Absatz 1 regelt den Verkehr mit Stoffen und Zubereitungen aus Stoffen, die aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 6 AMG 324 bei der Herstellung von Arzneimitteln für Tiere nicht verwendet werden dürfen, Absatz 2 betrifft nach §§ 48, 49 AMG325 verschreibungspflichtige Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen. Verboten ist das Lagern der jeweiligen Stoffe und Zubereitungen: für die Herstellung von Arzneimitteln für Tiere oder für die Anwendung bei Tieren durch in § 47 Abs. 1 AMG 326 aufgeführte Personen, Betriebe und Einrichtungen (§ 59a Abs. 1 Satz 1 AMG) - durch Tierhalter und andere Personen, Betriebe und Einrichtungen, die in § 47 Abs. 1 AMG nicht aufgeführt sind, es sei denn, die Stoffe und Zubereitungen sind für eine nicht verbotene Herstellung oder Anwendung bestimmt (§ 59a Abs. 1 Satz 2 AMG) - durch Tierhalter für eine Anwendung bei Tieren, wenn sie nicht von einem Tierarzt als Arzneimittel verschrieben oder durch einen Tierarzt abgegeben worden sind (§ 59a Abs. 2 Satz 2 AMG) - durch Personen, Betriebe und Einrichtungen, die in § 47 Abs. 1 AMG nicht aufgeführt und keine Tierhalter sind, es sei denn, die Stoffe und Zubereitungen sind für einen anderen Zweck als zur Anwendung bei Tieren bestimmt (§ 59a Abs. 2 Satz 3 AMG). Beachtung verdient die unterschiedliche Verknüpfung von Tathandlung und Zweckbestimmung in § 59a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 AMG und § 59a Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 3 AMG - hier positiv, dort negativ gefaßte Tatbestandsvoraussetzung.327 Aufgrund der Legaldefinition in § 7 Abs. 1 LMBG, die das Lagern zum Unterfall des Behandelns macht, finden sich entsprechende Besitzdelikte in §51 Abs. 1 - Fahrlässigkeitstatbestand in Absatz 4- Nr. 1-6, § 52 Abs. 1 Nr. 2-4, § 52 Abs. 2 Nr. 1, 6, 7, 10 LMBG. Ohne Anspruch auf vollständige Aufzählung sind als blankettausfüllende Normen zu nennen: § 16 Abs. 1 Nr. 3 HackfleischV0328 (i.V.m. §51 Abs. 1 Nr. 2 LMBG) und§ 7 Abs. 2 Nr. 1, 3 ZVerkV (i.V.m. §52 Abs. 1 Nr. 2 LMBG). Ähnlich liegen die Dinge im Futtermittelgesetz: Nach § 2 b Abs. 1 Nr. 5 f