Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr: PpSG und TSVG - Der Praxiskommentar 9783748602651

Was ändert sich bei den Beratungsbesuchen nach § 37.3? Wie profitieren Ambulante Dienste künftig von der höheren Vergütu

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Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr: PpSG und TSVG - Der Praxiskommentar
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Andreas Heiber

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr PpSG und TSVG – Der Praxiskommentar

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Andreas Heiber

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr PpSG und TSVG – Der Praxiskommentar

Inhalt 1 Einleitung 2 Übersicht der Änderungen

Inhalt

3 § 8 Abs. 7 Förderung von Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf 3.1 Was ist neu? 3.2 Ablauf der Förderung 3.3 Chancen der Förderung 3.4 Gesetzestext 3.5 Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes nach § 8 Absatz 7 SGB XI zur Förderung von Maßnahmen ambulanter und stationärer Pflegeeinrichtungen zur Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf (Textfassung vom 28.03.2019)

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7 11 13 13 13 14 15

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4 § 8 Abs. 8 Zuschüsse zur Digitalisierung 4.1 Was ist neu? 4.2 Umsetzung 4.3 Grenzen der ambulanten Digitalisierung 4.4 Gesetzestext 4.5 Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes nach § 8 Absatz 8 SGB XI zur Förderung der Digitalisierung in stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen Richtlinie (Textfassung vom 08.04.2019)

23 23 23 23 27

5 §  37 Pflegegeld 5.1 Was ist neu? 5.2 Praxis 5.3 Gesetzestexte  5.4 Empfehlung zur Qualitätssicherung der Beratungsbesuche 5.5 Formular in der Fassung 2019

33 33 33 38 42 55

6 § 38a Zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen 6.1 Was ist neu? 6.2 Praxis 6.3 Gesetzestext

59 59 59 59

7 §  45b Entlastungsbetrag 7.1 Was ist neu? 7.2 Gesetzestext

61 61 61

28

63 63 63 66 68

9 § 89 SGB XI Grundsätze für die Vergütungsregelung und § 132a SGB V 9.1 Was ist neu? 9.2 Einheitliche Grundlagen für die Vergütungshöhe 9.3 Vergütung längerer Wegezeiten 9.4 Gesetzestexte

75 75 75 77 82

10 §  120 Pflegevertrag 10.1 Was ist neu? 10.2 Kritik und Praxis 10.3 Gesetzestext

87 87 87 88

11 § 115 Abs. 3 Ergebnisse von Qualitätsprüfungen, Qualitätsdarstellung, Vergütungskürzung 11.1 Was ist neu? 11.2 Praxis 11.3 Gesetzestext

91 91 91 92

12 § 60 Fahrtkosten SGB V 12.1 Was ist neu? 12.2 Praxis

95 95 95

Autor99

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

8 § 71 Abs. 1a Pflegeeinrichtungen 8.1 Was ist neu? 8.2 Entwicklung und Modellversuch 8.3 Viele Fragen zur praktischen Umsetzung 8.4 Gesetzestext

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1 Einleitung

Fragestellung: Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung das monatliche Medianbruttoentgelt für Krankenpflegefachkräfte in Vollzeitbeschäftigung in ambulanten Pflegediensten (bitte wenn möglich nach Bundesländern aufschlüsseln)? © Darstellung: A.Heiber, SysPra.de 2018 Krankenpflegefachkräfte Abstand Vollstationär/KH ambulant Deutschland 3.463 € 2.546 € 917 € 74 % Baden-Württembeg 3.611 € 2.905 € 706 € 80 % Bayern 3.504 € 2.716 € 788 € 78 % Berlin 3.466 € 2.491 € 975 € 72 % Brandenburg 3.109 € 2.376 € 733 € 76 % Bremen 3.515 € x Hamburg 3.494 € x Hessen 3.503 € 2.539 € 964 € 72 % Mecklenburg-Vorpommern 3.060 € x Niedersachsen 3.434 € 2.465 € 969 € 72 % Nordrhein-Westfalen 3.584 € 2.638 € 946 € 74 % Rheinland-Pfalz 3.549 € 2.722 € 827 € 77 % Saarland 3.672 € x Sachsen 3.162 € 2.182 € 980 € 69 % Sachsen-Anhalt 3.172 € x Schleswig-Hostein 3.480 € x Thüringen 3.259 € 2.232 € 1.027 € 68 % Median der Vergütungen Dez. 2017, X = keine statistisch relevanten Vergleichswerte Quelle: BT-Drs. 19/4331 vom 13.09.18, auf Basis Zahlen Agentur für Arbeit Abb. 1

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

Nach der Systemänderung durch die PSG-Gesetze dachten einige, nun sei es an der Zeit, einfach abzuwarten, wie die Änderungen in der Praxis wirken und erwarteten keine neuen gesetzlichen Änderungen. Allerdings gab es 2017 Neuwahlen und nach längerem Hin und Her eine neue Regierung mit einem neuen Gesundheitsminister, Jens Spahn. Dieser hat auch im Bereich der Pflege einige Gesetze auf den Weg gebracht, die teilweise systematische Neuerungen bringen wie beispielsweise die Zulassung eigenständiger Betreuungsdienste. Folgende Gesetze haben Änderungen für die ambulante Pflege gebracht, die hier kommentiert werden: –– Gesetz zur Fortschreibung der Vorschriften für Blut- und Gewebezubereitungen und zur Änderung anderer Vorschriften, zum 19.07.2017 –– Pflegepersonal-Stärkungs-Gesetz (PpSG) zum 01.01.2019 –– Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) zum 11.05.2019

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Einleitung 8

Nicht alle Versprechungen, wie sie insbesondere mit dem Titel: „PflegepersonalStärkungs-Gesetz“ ausgedrückt werden, gelten auch für die ambulante Pflege. Mit dem PpSG werden nicht nur ca. 13.000 stationäre Stellen geschaffen, sondern auch die von der Fallpauschale unabhängige Finanzierung der Pflege im Krankenhaus eingeführt. Was zwangsläufig dazu führt, dass die ambulante Pflege noch weiter unter Druck gerät: denn es gibt für die neu geschaffenen Stellen das Personal nicht! Da in der ambulanten Pflege noch deutlich schlechter bezahlt wird, wie es zuletzt eine Anfrage der Fraktion der Linken 2018 deutlich gemacht hat (siehe Abb. 1), besteht die ganz reale Gefahr, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abgeworben werden. Daran werden zumindest kurzfristig auch nicht die Gesetzesänderungen zur Finanzierung der Pflege (Stichwort Tarifzahlung, §§ 132a SGB V sowie 89 SGB XI) etwas ändern. Immerhin gibt es durch die beiden Förderprogramme zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie zur Digitalisierung auch etwas Geld, soweit die Einrichtung selbst die ergänzenden Mittel aufbringt/bringen kann. Dazu kommt eine durchaus positive inhaltliche Ausweitung der Beratungsbesuche nach § 37.3 in Verbindung mit einer verhandelbaren und damit deutlich besseren Vergütung. Was dazu führen wird, dass auch diese Besuche länger dauern werden/können und damit Arbeitszeit gebunden wird, die der konkreten Pflege nicht mehr zur Verfügung steht. Es sei denn, hierfür können Mitarbeitergruppen gewonnen werden, die bisher nicht (mehr) verfügbar waren: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die aufgrund des Alters weniger arbeiten wollen, aber zusätzlich Beratungstätigkeiten übernehmen wollen/könnten. Die eigenständige Zulassung der Betreuungsdienste zur Abrechnung von Sachleistungen wirft zurzeit noch viel mehr Fragen auf als damit gelöst werden: Vom Gesetz her dürfen sie zurzeit nur Betreuung ohne Hilfen bei der Mobilität erbringen, was praktisch kaum möglich ist. Sie sind nach dem Gesetzestext auch nicht berechtigt, Entlastungsleistungen abzurechnen, da sie keine Pflegedienste sind. Und warum, wie die für die Gesetzesänderung zur Begründung herangezogene Studie behauptet, durch die Zulassung von Betreuungsdiensten neue Mitarbeiter gefunden werden sollen, ist eines der weiteren Rätsel. Eher mittel- bis langfristig werden sich erst die Änderungen zur Finanzierung von Personalvergütungen sowie von längeren Wegezeiten auswirken, wie sie sowohl im SGB XI als auch im SGB V eingeführt werden: So lassen sich in vielen Katalogen höhere Wegevergütungen gar nicht so einfach umsetzen, weil sie nicht als Einzelleistungen definiert wurden. Und erst im Rahmen von individuellen Einzelverhandlungen wird man dauerhaft wirklich den realen Wegeaufwand verhandeln können.

Der Praxiskommentar ist wie die Vorgängerbücher dieser Reihe (PNG, PSG 1, 2, 3) wieder folgendermaßen gegliedert: –– Es werden zunächst die wesentlichen Änderungen kurz benannt. –– Es erfolgt eine ausführliche Würdigung und Beschreibung der Änderungen einschließlich der Kommentierung möglicher praktischer Folgen und Hinweise für die Umsetzung. –– Es werden die jeweiligen Gesetzestexte dargestellt sowie auch hier die Richtlinien zur Umsetzung der Zuschüsse zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie zur Digitalisierung und die Empfehlungen zur Qualitätssicherung der Beratungsbesuche nach § 37.3 einschließlich des neuen Formulars zur Dokumentation dieser Einsätze. Auch wenn diesmal nicht viele Vorschriften verändert wurden, es liegt weiterhin viel Arbeit auf dem Weg! Ich hoffe, mit dieser Praxiskommentierung zumindest für die besprochenen Punkte mehr Klarheit geschaffen und Orientierung für die Umsetzung gegeben zu haben!

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

Andreas Heiber Bielefeld, 10.08.2019

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2 Übersicht der Änderungen Pflege-Personalstärkungs-Gesetz (PpSG) zum 01.01.2019, Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) Hinweis. lediglich redaktionelle Änderungen (insbesondere sprachliche Anpassung auch durch neuen Einstufungsbegriff) werden hier nicht aufgeführt Betroffene Geänderte Inhalte bis zum 01.04.2019 Buch, Paragrafen Seite SGB XI Pflegeversicherung § 1 Abs. 7 Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft – gelten als Familienangehöhrige § 8 Abs. 6 Finanzierung zusätzlicher stationärer Stellen – § 8 Abs. 7 Förderung von Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Seite 13 Pflege, Familie und Beruf § 8 Abs. 8 Förderung von digitalen Anwendungen zur Entlastung der Seite 23 Pflegekräfte § 37 Defintion der Dienste, Erweiterung der Meldepflichten, Seite 33 gesetzliche Erweiterung der Qualitätsempfehlung § 38a Abs. 1 Konkretisierung der Formulierung Seite 59 § 45b Statistische Erfassung der Leistungsarten durch die PflegeSeite 61 kassen § 45d Förderung der Selbsthilfe um 0,05 € erhöht, auch auf – Bundesebene möglich § 71 Abs. 1a Definition von Betreuungsdiensten Seite 63 § 89 Berücksichtigung von längeren Wegezeiten Seite 75 § 106a Datenschutzregelung bei Mitteilungen im Rahmen der Seite 41 Beratungsbesuche nach § 37.3 § 112a Übergangsregelung für die Qualitätssicherung der Betreuungs- Seite 68 dienste § 114a Qualitätsprüfungen sind grundsätzlich anzukündigen, – nicht jedoch bei Anlassprüfungen Seite 91 § 115 Abs. 3a neu: Nichtbezahlung von in der Vergütungsverhandlung u. b. angegebenen Gehältern ist Pflichtverletzung, die zu Rück­ zahlungen führt § 120 Informationspflicht bei Ausstellung des Pflegevertrages Seite 87 SGB V Krankenversicherung § 60 Erleichterte Genehmigung von Krankenfahrten ab Pflegegrad 3 Seite 95 § 132a Analoge Regelung der Anerkennung von Gehältern wie SGB XI; Seite 75 Berücksichtigung längerer Wegezeiten in der Vergütung Abb. 2

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Die wesentlichen Änderungen für die Ambulante Pflege 2018 – 2019

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3 § 8 Abs. 7 Förderung von Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf 3.1 Was ist neu?

3.2 Ablauf der Förderung Schon der Name „Pflegepersonal-Stärkungs-Gesetz PpSG“, mit dem diese Regelung verabschiedet wurde, zeigt die Intention des Gesetzgebers: Er will die Pflege stärken und das tut er zumindest mit dieser Regelung auch für die ambulante Pflege. Gefördert werden Maßnahmen für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Pflegeeinrichtung, nicht nur für Fachkräfte. Lt. Richtlinie sind Maßnahmen dann förderfähig, wenn sie eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf zum Ziel haben (§ 1 Abs. 3). Die Richtlinie nennt auch konkrete Beispiele wie die Bezuschussung von Kinderbetreuung in eigenen oder anderen Einrichtungen einschließlich Randzeiten oder auch Ferienzeitenbetreuung. Neben dieser laufenden Bezuschussung können auch Projekte/Schulungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen gefördert werden, wie Schulungen/Veränderungen in der Dienst- und Einsatzplanungsgestaltung, veränderte Arbeitszeitmodelle etc. Die Förderung pro Jahr ‚reicht‘ für ca. 13.300 Einrichtungen, das dürfte daher für ca. 1/3 aller Einrichtungen (Versorgungsverträge ambulant, teilstationär und stationär) ‚reichen‘. Die Inanspruchnahme dürfte hier anders als bei den Digita-

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Ziel der Förderung sind Maßnahmen, die eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Pflege unterstützen und so die Attraktivität des Pflegeberufs verbessern. Gefördert werden einerseits Schulungen, Weiterbildungen und Projektentwicklungen, andererseits aber auch konkrete Entlastungsangebote wie trägereigene Kindergärten oder andere Betreuungsangebote in Randzeiten sowohl für Kinder als auch für pflegebedürftige Angehörige. Antragsberechtigt ist jede Pflegeeinrichtung (pro Versorgungsvertrag). Die Förderung beträgt 50 % der jeweiligen Maßnahme, bis zu maximal 7.500 € pro Jahr. Die Förderung ist auf jährlich 100 Millionen Euro beschränkt und wird für 6 Jahre von 2019 bis 2024 zur Verfügung gestellt. Hat eine Einrichtung die Förderung im Vorjahr nicht ausgeschöpft oder genutzt, so kann sie diese im Folgejahr dann mitnutzen, wenn das Gesamtfördervolumen (100 Mio. €) im Vorjahr noch nicht ausgeschöpft war. Zur Umsetzung ist eine Richtlinie des GKV-Spitzenverbandes erlassen worden (siehe Punkt Gesetzestexte).

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lisierungszuschüssen verhaltener sein, so dass man meist auch davon ausgehen kann, dass aus dem Vorjahr evtl. noch Mittel zur Verfügung stehen, die dann im aktuellen Jahr mit genutzt werden könnten (falls man im Vorjahr keinen Antrag gestellt hat). Konkret: Wer 2020 Projekte in Höhe von 20.000 € realisiert, könnte mutmaßlich dann auch 50 % = 10.000 € gefördert bekommen (7.500 € aus 2020, sowie 2.500 € aus 2019). Der Antrag muss neben Formalien die Beschreibung des Inhalts und des Umfangs der zu fördernden Maßnahme umfassen sowie die Nachweise über die Kosten oder einen Kostenvoranschlag der geplanten Maßnahmen. Die Anträge werden an die jeweils zuständige Pflegekasse gestellt, die Landesverbände der Pflegekassen regeln die jeweilige Zuständigkeit. Die Förderung ist nur eine Teilförderung von 50 %, einen entsprechend hohen Eigenanteil muss die Einrichtung weiterhin selbst tragen. Nicht förderfähig sind Maßnahmen, die durch andere gesetzliche Grundlagen verlangt werden (z. B. Verpflichtungen aus tarifvertraglichen Regelungen) oder deren Kosten bereits finanziert sind (z. B. Bestandteil der Vergütungsvereinbarungen oder anderen Förderprojekten).

§ 8 Abs. 7 Förderung von Maßnahmen

3.3 Chancen der Förderung

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Förderungsfähig sind zwei grundsätzlich verschiedene Leistungsbereiche: –– Zuschüsse zu Betreuungsangeboten für Kinder, Schüler oder Pflegebedürftige aus der Familie der Pflegemitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die diese ansonsten selbst betreuen müssten. –– Zuschüsse zur Entwicklung von Veränderungen, wie veränderte Arbeitszeitmodelle etc. Dabei kann es beispielsweise in einem Jahr auch zu Kombinationen kommen: z. B. wird in einem Workshop der Bedarf an Betreuung ermittelt und konkrete Betreuungsangebote entwickelt, die dann dauerhaft umgesetzt werden. Bezuschusst werden kann der Workshop selbst sowie die dann eingerichteten Betreuungsangebote (insgesamt im Rahmen der Zuschussgrenzen). Unter dem Stichpunkt Beratung/Schulung könnten für die ambulante Pflege beispielsweise folgende Projekte gefördert werden: –– Weiterentwicklung der Tourenplanung hin zu mehr Mitarbeiterorientierung, –– Schulung/Coaching der Planungskräfte zur Einsatzplanung, –– Workshops mit den Mitarbeitern zur Ideenfindung: Welche Betreuungsangebote zu welchen Zeiten können helfen etc.? –– Beratungsleistungen zur Optimierung der Dienst- und Einsatzplangestaltung: z. B. wie können Wochenenddienste anders organsiert oder entlastet

werden, wie lässt sich die Rufbereitschaft mitarbeiterschonender organisieren etc. –– … Förderfähig wären neben den Kosten für externe Beratungsleistungen dann auch die Personalkosten der Mitarbeiter, wenn diese ‚außerhalb‘(zusätzlich) der normalen Dienstbesprechungen oder Fortbildungen stattfinden (die ja über die Pflegevergütung finanziert sind).

Es gibt bereits Pflegedienste, die eigenständig Lösungen für solche Situationen umgesetzt haben: So gibt es vom Pflegedienst Busch aus Unna die „Buschbande“: Ein Betreuungsangebot über eine Tagesmutter, die im (einem eigenen Raum) Pflegedienstes eine Kindergruppe betreut1. Die Möglichkeit, sowohl die Entwicklung als auch die konkrete Umsetzung sich fördern zu lassen, sollte Pflegedienste ermutigen, sich Zeit für solche Themen zu nehmen. Denn der Pflege- und Fachkraftmangel ist und bleibt der limitierende Faktor für einen erfolgreichen Pflegedienst.

3.4 Gesetzestext § 8 Gemeinsame Verantwortung (7) Aus den Mitteln des Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung werden in den Jahren 2019 bis 2024 jährlich bis zu 100 Millionen Euro bereitgestellt, um Maßnahmen der Pflegeeinrichtungen zu fördern, die das Ziel haben, die Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf für ihre in der Pflege tätigen Mitarbeiterinnen und 1  https://www.ruhr24.de/kreis-unna/unna/warum-work-life-balance-bei-diesem-unternehmen-gross-geschrieben-wird-15846/ (Stand: 08.08.2019)

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Unter dem Stichpunkt „Betreuungsangebote“ können folgende Projekte gefördert werden: –– Randzeitenbetreuung für Kinder/Schüler: z. B. Früh- oder Spätöffnung des Kindergartens, aber auch beispielsweise folgende Idee: Die Kinder kommen morgens zu Dienstbeginn mit in den Pflegedienst, frühstücken gemeinsam und werden von einer Kraft/Mutter betreut und später zum Kindergarten gebracht, während die anderen Mütter/Mitarbeiter zur Tour fahren, –– Ferienbetreuung für Kinder/Schüler: Bezuschussung von Ferienmaßnahmen, Organisation von eigenen Betreuungsprojekten etc., –– Betreuung von pflegebedürftigen Angehörigen in diesen Randzeiten (z. B. vor Öffnung der Tagespflege etc.) –– …

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§ 8 Abs. 7 Förderung von Maßnahmen 16

Mitarbeiter zu verbessern. Förderfähig sind individuelle und gemeinschaftliche Betreuungsangebote, die auf die besonderen Arbeitszeiten von Pflegekräften ausgerichtet sind, sowie Schulungen und Weiterbildungen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf. Gefördert werden bis zu 50 Prozent der durch die Pflegeeinrichtung für eine Maßnahme verausgabten Mittel. Pro Pflegeeinrichtung ist höchstens ein jährlicher Förderzuschuss von 7 500 Euro möglich. Die Landesverbände der Pflegekassen stellen die sachgerechte Verteilung der Mittel sicher. Der in Satz 1 genannte Betrag soll unter Berücksichtigung der Zahl der Pflegeeinrichtungen auf die Länder aufgeteilt werden. Antrag und Nachweis sollen einfach ausgestaltet sein. Pflegeeinrichtungen können in einem Antrag die Förderung von zeitlich und sachlich unterschiedlichen Maßnahmen beantragen. Soweit eine Pflegeeinrichtung den Förderhöchstbetrag nach Satz 4 innerhalb eines Kalenderjahres nicht in Anspruch genommen hat und die für das Land, in dem die Pflegeeinrichtung ihren Sitz hat, in diesem Kalenderjahr bereitgestellte Gesamtfördersumme noch nicht ausgeschöpft ist, erhöht sich der mögliche Förderhöchstbetrag für diese Pflegeeinrichtung im nachfolgenden Kalenderjahr um den aus dem Vorjahr durch die Pflegeeinrichtung nicht in Anspruch genommenen Betrag. Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen erlässt im Einvernehmen mit dem Verband der privaten Krankenversicherung e. V. nach Anhörung der Verbände der Leistungserbringer auf Bundesebene bis zum 31. März 2019 Richtlinien über das Nähere der Voraussetzungen, Ziele, Inhalte und Durchführung der Förderung sowie zu dem Verfahren zur Vergabe der Fördermittel durch eine Pflegekasse. Die Richtlinien bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn die Richtlinien nicht innerhalb eines Monats, nachdem sie dem Bundesministerium für Gesundheit vorgelegt worden sind, beanstandet werden. Das Bundesministerium für Gesundheit kann im Rahmen der Richtlinienprüfung vom Spitzenverband Bund der Pflegekassen zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen anfordern; bis zu deren Eingang ist der Lauf der Frist nach Satz 12 unterbrochen. Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit sind innerhalb der von ihm gesetzten Frist zu beheben. Die Genehmigung kann vom Bundesministerium für Gesundheit mit Auflagen verbunden werden.

3.5 Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes nach § 8 Absatz 7 SGB XI zur Förderung von Maßnahmen ambulanter und stationärer Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes Pflegeeinrichtungen zur Vereinbarkeit von nach § 8 Absatz 7 SGB XI Pflege, und Beruf (Textfassung vom von Maßnahmen ambulanter und stationärer Pflegeeinrichtungen zur FörderungFamilie zur Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf 28.03.2019) Der GKV-Spitzenverband 1 hat im Einvernehmen mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. auf Grundlage des § 8 Absatz 7 Satz 10 SGB XI am 28.03.2019 die nachfolgenden Richtlinien beschlossen. Den Verbänden der Leistungserbringer auf Bundesebene wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Das Bundesministerium für

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Gesundheit hat die Richtlinien am 26.04.2019 genehmigt.

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Der GKV-Spitzenverband ist der Spitzenverband Bund der Pflegekassen nach § 53 SGB XI

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Präambel Mit dem am 1. Januar 2019 in Kraft getretenen Pflegepersonal-Stärkungsgesetz wurden verschiedene Maßnahmen zur Entlastung und Stärkung des Pflegepersonals in ambulanten und stationären Einrichtungen geschaffen. Durch die zielgerichtete, zeitlich auf sechs Jahre angelegte Förderung von Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf von professionell in der Pflege Tätigen soll die Attraktivität des Pflegeberufs gestärkt werden. Durch die Förderung dieser Maßnahmen soll den Pflegekräften ermöglicht werden, ihre berufliche Tätigkeit besser mit ihrem Familienleben, insbesondere bei der Betreuung von Kindern oder von pflegebedürftigen Angehörigen in Einklang zu bringen. Zur Förderung dieser Maßnahmen werden aus Mitteln der sozialen und privaten Pflegeversicherung durch den Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung in den Jahren 2019 bis 2024 jährlich bis zu 100 Millionen Euro bereitgestellt. Die vorliegenden Richtlinien regeln die Voraussetzungen, die Ziele, den Inhalt und die Durchführung der Förderung sowie das Verfahren zur Vergabe der Fördermittel. Die Richtlinien sind verbindlich für die Pflegekassen, Landesverbände der Pflegekassen und Ersatzkassen. Sie gelten für alle in § 1 geregelten Maßnahmen. § 1 Gegenstand der Förderung (1) Gefördert werden Maßnahmen von ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen, die das Ziel haben, die Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf für ihre in der Pflege tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verbessern. (2) In der Pflege tätige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Absatz 1 sind alle in der Einrichtung arbeitsvertraglich unmittelbar beschäftigte Personen im Pflege- und Betreuungsdienst unabhän-

§ 8 Abs. 7 Förderung von Maßnahmen

gig davon, ob es sich um Fach- oder Hilfskräfte handelt. Ein Einschluss weiterer Beschäftigtengruppen (z. B. Hauswirtschaft) in die Maßnahmen ist unschädlich, solange die Beschäftigten nach Satz 1 die Mehrheit der mit der Maßnahme erreichten Personen bilden. (3) Das Ziel der Verbesserung der Vereinbarkeit nach Absatz 1 liegt vor, wenn die Maßnahmen zur Lösung der Herausforderungen im Alltag der Beschäftigten nach Absatz 2 beitragen, die sich aus dem Zusammenspiel beruflicher und familiärer Aufgaben und Pflichten sowie außerberuflich übernommener Pflege- und Betreuungsaufgaben ergeben. (4) Förderfähig sind individuelle und gemeinschaftliche Betreuungsangebote, die auf die besonderen Arbeitszeiten von in der Pflege tätigen Mitarbeitenden ausgerichtet sind, sowie Schulungen und Weiterbildungen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf. Dies können beispielsweise sein: 

Niedrigschwellige Angebote, trägereigene Kindertagesstätten, die Unterstützung und Anpassung bzw. Erweiterung von Betreuungsangeboten auf die Ferienzeiten, an den Wo-

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chenenden und Feiertagen oder auf Zeiten des Nachtdienstes oder Randzeiten, sowie Angebote zur Betreuung von pflegebedürftigen Menschen, 

Beratung/ Coaching, Schulungen und Weiterbildungen der Führungskräfte und der in der Pflege tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Stärkung der Vereinbarkeit von familiären und beruflichen Anforderungen mit dem Ziel, flexible Arbeitszeiten für Pflegekräfte zur besseren Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf sicherzustellen (Sensibilisierung, Dienstplan-/Einsatzplangestaltung, Entwicklung und Etablierung alternativer Personalmanagementmodelle),



Projekte zur Einführung neuer familienorientierter Personalmanagementmodelle,



Beratungsleistungen zur Optimierung der Dienstplangestaltung.

(5) Betreuungsangebote sind förderfähig, wenn sie dazu dienen, das Ziel nach § 1 Absatz 1 sicherzustellen (z. B. wenn sie Betreuungszeiten abdecken, die von den regionalen üblich angebotenen Öffnungszeiten abweichen oder wenn sie ein individuell passgenaueres Angebot abbilden). (6) Die Maßnahmen können durch mehrere in örtlicher Nähe befindliche Pflegeeinrichtungen im Verbund durchgeführt werden, sofern der Träger einer einzelnen Einrichtung die Gesamtverantwortung für die zweckmäßige Verwendung der Fördermittel übernimmt. (7) Von der Förderung ausgeschlossen sind Maßnahmen, 1. die auf die Erfüllung ohnehin bestehender Pflichten des Einrichtungsträgers als Arbeitgeber gegenüber seinen Beschäftigten, die sich aus dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG), dem Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG), dem Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG), dem Gesetz über die Pflegezeit (PflegeZG), dem Gesetz über die

2. als Bestandteil tarifvertraglicher oder vergleichbarer Regelungen dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind oder als Arbeitgeberleistungen zusätzlich zum regulären Arbeitslohn gezahlt werden, 3. deren Kosten in der Pflegevergütung nach dem Zweiten Abschnitt des Achten Kapitels SGB XI bereits vollständig berücksichtigt sind, 4. deren Kosten bereits unter Einsatz sonstiger Fördermittel vollumfänglich finanziert werden,

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Familienpflegezeit (FPfZG) oder weiteren arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften ergeben, gerichtet sind,

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§ 2 Verteilung und Höhe der Fördermittel (1) Aus Mitteln der sozialen und privaten Pflegeversicherung werden durch den Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung in den Jahren 2019 bis 2024 jährlich bis zu 100 Millionen Euro bereitgestellt. (2) Der Gesamtförderbetrag von 100 Millionen Euro je Kalenderjahr wird unter Berücksichtigung der Anzahl der ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen durch das Bundesversicherungsamt (BVA) auf die Länder verteilt. Maßgeblich für die jährliche Verteilung der Förderbeträge sind die nach Ländern aufgeschlüsselten Daten des Statistischen Bundesamtes (Pflegestatistik) der zum 1. Januar des Jahres, für das die Verteilung erfolgt, verfügbaren Statistik. Das BVA teilt den Landesverbänden der Pflegekassen und Ersatzkassen die Höhe des auf das jeweilige Land verteilten Förderbetrags mit. (3) Die Förderung der Maßnahmen i. S. d. § 1 erfolgt in Form eines Zuschusses in Höhe von bis zu 50 v. H. der durch die Pflegeeinrichtung für die Maßnahme verausgabten Mittel. Die Höhe des Zuschusses ist pro Pflegeeinrichtung auf 7.500 Euro je Kalenderjahr begrenzt. Führt eine Pflegeeinrichtung mehrere Maßnahmen durch, so beträgt der Zuschuss je Kalenderjahr bis zu 50 v. H. der gesamten verausgabten Mittel, begrenzt auf insgesamt 7.500 Euro. (4) Eine Pflegeeinrichtung, die den Förderhöchstbetrag in Höhe von 7.500 Euro innerhalb eines Kalenderjahres nicht in Anspruch genommen hat, kann den Förderzuschuss nach Absatz 3 Satz 2 im Folgejahr um den nicht verbrauchten Betrag aus dem Vorjahr erhöhen. Dies gilt nur insoweit, dass der für das Land im vorangegangenen Jahr bereitgestellte Gesamtförderbetrag nach Absatz

§ 8 Abs. 7 Förderung von Maßnahmen

2 nicht ausgeschöpft ist. § 3 Voraussetzungen für die Förderung (1) Anspruchsberechtigt sind alle nach § 72 SGB XI zugelassenen ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen. (2) Förderfähig sind Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf i. S. d. § 1, die im laufenden Kalenderjahr, frühestens ab 01.01.2019, durchgeführt und für die Eigenmittel eingesetzt wurden. Der Antrag auf Förderung kann jedoch frühestens ab Inkrafttreten der Richtlinien und spätestens bis zum 31.12.2024 gestellt werden. (3) Eine Förderung kann nur erfolgen, sofern die nach § 2 Absatz 2 an das jeweilige Bundesland zugewiesenen Fördermittel vor Ablauf des Kalenderjahres nicht ausgeschöpft sind.

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§ 4 Antragsverfahren (1) Ein Antragsverfahren ist sowohl vor der Durchführung der Maßnahmen auf der Basis eines Kostenvoranschlags (prospektiv) als auch nach Durchführung der Maßnahmen auf der Basis von Rechnungen (retrospektiv) möglich. Bei einem prospektiven Verfahren hat der Antragsteller sich zu verpflichten, die Maßnahme zügig durchzuführen. (2) Der Antrag ist an eine als Partei der Pflegesatzvereinbarung beteiligte Pflegekasse, deren Landesverband oder den Verband der Ersatzkassen e. V. in dem Bundesland zu richten, in dem die Pflegeeinrichtung zugelassen ist. (3) Der Antrag bedarf der Schriftform 2 und muss folgende Angaben beinhalten: 

den Namen, den Sitz und das Institutionskennzeichen (IK) der Pflegeeinrichtung,



Name und Anschrift des Trägers der Einrichtung,



Beschreibung des Inhalts und des Umfangs der Fördermaßnahme(n),



Kostenangabe je Fördermaßnahme



Nachweis(e) über die verausgabten Mittel mittels Rechnungsbeleg je Fördermaßnahme oder Kostenvoranschlag bei geplanten Maßnahmen.

(4) Der Antrag kann sowohl die Förderung einer als auch mehrerer zeitlich und sachlich unterschiedlicher Maßnahmen beinhalten. (5) Bei Beantragung von Maßnahmen im Verbund nach § 1 Absatz 6 erstrecken sich die Angaben nach Absatz 2 auf alle im Verbund teilnehmenden Einrichtungen. Zusätzlich hat eine teilnehmen-

§ 5 Verwaltungsverfahren (1) Die Landesverbände der Pflegekassen sowie die Ersatzkassen legen die jeweils zuständige Pflegekasse für die Bearbeitung und Bescheiderteilung der Förderanträge und die Auszahlung fest und geben dies im Internet und in sonstiger für die Pflegeeinrichtungen geeigneter Weise bekannt. Handelt es sich bei der adressierten Stelle nach § 4 Absatz 2 nicht um die zuständige Pflegekasse, leitet diese den Antrag entsprechend unverzüglich an die zuständige Pflegekasse weiter. (2) Die jeweils zuständige Pflegekasse prüft die Anträge auf Förderung und erlässt die Bescheide über die Bewilligung der Fördermittel dem Grunde nach. Die Auszahlung der Fördermittel erfolgt erst nach Vorlage der Nachweise über die verausgabten Mittel. (3) Weichen die Nachweise über die verausgabten Mittel von der ursprünglichen Bewilligung der Fördermittel inhaltlich oder der Höhe nach ab, bedarf es einer erneuten Bescheidung.

2

Ein Musterantrag ist beigefügt

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de Einrichtung die Zuständigkeit für die Erbringung des Verwendungsnachweises zu erklären.

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(4) Die Auszahlung erfolgt ausschließlich an die gegenüber der Arbeitsgemeinschaft IK nach § 103 SGB XI i. V. m. § 293 Absatz 1 SGB V gemeldete Bankverbindung der Pflegeeinrichtung. (5) Die Landesverbände der Pflegekassen und Ersatzkassen stellen die Einhaltung der Obergrenze der dem Bundesland gemäß § 2 Absatz 2 zugewiesenen Fördermittel sicher. (6) Die jeweils zuständige Pflegekasse informiert die Landesverbände der Pflegekassen und den Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. über die Bescheidung und die Höhe der Fördermittel. § 6 Gemeinsame Servicestelle der Pflegekassen (1) Abweichend von § 5 können die Pflegekassen im Land zur gemeinsamen und einheitlichen Wahrnehmung der Aufgaben nach § 8 Absatz 7 SGB XI eine gemeinsame Servicestelle einrichten. (2) Das Nähere zu Aufgaben, Organisation und Finanzierung vereinbaren die beteiligten Pflegekassen unter Berücksichtigung der nachfolgenden Grundsätze (§ 94 SGB X): 1. Die gemeinsame Servicestelle ist für die Prüfung der im Land eingehenden Anträge zuständig. 2. Die Festsetzung der Höhe der Fördermittel erfolgt durch die gemeinsame Servicestelle. 3. Die Auszahlung der Fördermittel und die Weiterleitung von Informationen erfolgen durch die Servicestellen entsprechend § 5 Absätze 4 und 6. (3) Die kassenartenübergreifende Vereinbarung zur gemeinsamen Servicestelle ist durch die Landesverbände der Pflegekassen und Ersatzkassen im Land mit Wirkung für die Pflegekassen zu

§ 8 Abs. 7 Förderung von Maßnahmen

treffen. § 7 Inkrafttreten Die Richtlinien treten am 2.5.2019 in Kraft.

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4 § 8 Abs. 8 Zuschüsse zur Digitalisierung 4.1 Was ist neu? Die Pflegekassen bezuschussen digitale Anwendungen, technische Geräte einschließlich deren Installation und Schulung, die die Pflegekräfte entlasten. Pro Einrichtung/Versorgungsvertrag werden maximal 40 % der Kosten bis zu einer maximalen Höhe von 12.000 € gefördert. Die Zuschüsse können (auch in Teilschritten) in der Zeit von 2019 bis 2021 abgefordert werden. Die Umsetzung regelt eine entsprechende Richtlinie des GKV (siehe Punkt 4.5).

Liest man den Gesetzestext zu diesem Punkt, kommt die ambulante Pflege im Gesetzestext kaum vor: Hier werden vielmehr die stationäre Digitalisierung insbesondere auch mit der zukünftigen Erfassung der Qualitätsindikatoren sowie der Kommunikation mit den Ärzten aufgezählt. Aber auch in der ambulanten Pflege kann die weitere Digitalisierung zu Entlastungen führen. Die Richtlinie ist in der Aufzählung der möglichen Projekte wie Verbesserung der Einsatzplanung, Pflegedokumentation etc. schon ausführlicher: Förderfähig ist neben der Hardware (bis hin zu einer evtl. sinnvollen W-LAN-Struktur) auch die Finanzierung der Softwarelizenzen sowie die damit verbundene Aus-, Fortund Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Hauptzweck muss die Entlastung der Mitarbeiter sein. Die Zuschüsse stehen pro Einrichtung/Versorgungsvertrag bereit und sind nicht an Budgetgrenzen auf Bundesebene geknüpft (wie bei den Zuschüssen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie). Die Zuschüsse können auch in Teilbeträgen innerhalb der Laufzeit abgerufen werden, der letzte Antrag muss spätestens am 31.12.2021 gestellt werden. Nicht zuschussfähig sind die laufenden Kosten wie Wartungsverträge etc.

4.3 Grenzen der ambulanten Digitalisierung In der ambulanten Praxis gibt es eine sehr große Bandbreite: Von Pflegediensten, die mit Stecktafeln arbeiten und die Rechnung mit Textprogrammen schreiben, bis zu Pflegediensten, die vollkommen digital arbeiten2. Dabei gibt es einige kritische Punkte zu diskutieren:

2  so z. B. der Preisträger Vincentz Innovationspreis 2019

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

4.2 Umsetzung

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§ 8 Abs. 8 Zuschüsse zur Digitalisierung 24

Kostenträger: –– Maschinenlesbare Abrechnung: Bei der ambulanten Pflege ist ein Problempunkt insbesondere die Abrechnung mit den Krankenkassen: Bei der Vielfalt der gesetzlichen Kassen (ca. 108 aktuell3) sowie der privaten Krankenversicherungen gibt es immer wieder Probleme schon mit der reibungslosen maschinenlesbaren Abrechnung. –– Verordnungen: Im Bereich der Krankenversicherung werden weiterhin die Verordnungen in Papierform ausgetauscht/verschickt (und je nach Kasse = 108 verschiedene) in jeweiligen Varianten. –– Leistungsnachweise: Nächster Diskussionspunkt sind die Leistungsnachweise, die mal händisch, mal elektronisch geführt werden, dann aber oftmals als Papier an die Kostenträger geschickt werden müssen (neben der elektronischen Abrechnung). Exemplarisch schön hat das die AOK Niedersachsen für ihre Vertragspartner dargestellt: So ist ausführlich beschrieben, was die (ausgedruckten) Leistungsnachweise enthalten müssen und dass die Urbelege eine bestimmte Reihenfolge haben müssen, weil sonst die Kasse selbst sortieren muss4. Auch erscheint es aufgrund der verpflichtenden jährlichen Abrechnungsprüfungen nicht mehr zeitgemäß, dass die Leistungsnachweise überhaupt mitgeschickt werden, da die Richtigkeit der Abrechnung jährlich stichprobenartig überprüft wird und bei Fehlverhalten massive Sanktionen drohen. –– Angeforderte Dokumentationsunterlagen: Für eine gutachterliche Stellungnahme durch den MDK darf die Krankenkasse Dokumentationsunterlagen über den Pflegedienst anfordern, die dieser direkt dem MDK zu übersenden hat5. Auch hier geht alles per Papier weiter, selbst wenn zuvor elektronisch dokumentiert wurde oder beispielsweise die Wundberichte auch eingescannt werden könnten. Ärzte bzw. Praxen –– Natürlich freuen sich Ärzte etc., wenn der Pflegedienst die Pflegedokumentation und Wundberichte direkt auf dem Tablett mitbringt zur Besprechung. Aber weiter geht es in den allermeisten Fällen dann wieder per Papier. Selbst der Austausch von Dateien ist weder geregelt noch oftmals technisch zu bewerkstelligen, weil die meisten Arztpraxen das weder können noch beherrschen. Auch hier ist die Bandbreite der Digitalisierung riesig.

3  GKV  2019: https://www.gkv-spitzenverband.de/gkv_spitzenverband/presse/zahlen_und_grafiken/zahlen_und_ grafiken.jsp): Stand 10.08.2019 4  https://www.aok-gesundheitspartner.de/nds/pflege/ambulant_sgbxi/abrechnung/index.html (Stand: 08.08.2019) 5  § 276 Abs. 2 SGB V

6  ausführlich: Heiber/Nett Handbuch Ambulante Einsatzplanung 2014, S. 216 ff.

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

Pflegedienste –– Einsatz- und Abrechnungsprogramm: Auch wenn es leistungsfähige Tourenplanungsprogramme schon seit mehr als 15 Jahren gibt, gibt es immer noch Pflegedienste, die die Planung weiterhin händisch über eine Stecktafel erstellen. Spätestens jetzt sollten die finanziellen Zuschüsse für eine Einführung einer elektronischen Tourenplanung genutzt werden! Denn für die differenzierte Leistungsabrechnung werden alle die Daten benötigt, die auch für die Planung benötigt werden, und so spart man sich dauerhaft eine doppelte Erfassung. Und da über die Zuschüsse auch die Schulung mit finanziert werden kann, sollte man insbesondere hier nicht sparen. –– Smartphone pro Mitarbeiter: Pflegedienste auf dem aktuellen Stand nutzen ein Einsatzplanungsprogramm, das (nebenbei) auch die Abrechnung erstellt. Anstatt die Tourenpläne auszudrucken, ist der Einsatz von Smartphones nicht nur effektiver, sondern bietet darüber hinaus sehr viele Möglichkeiten der dezentralen Steuerung bis hin zur Entlastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Werden die Tourenpläne aktuell vor Tourbeginn aktualisiert, erübrigen sich die Anrufe am Nachmittag, um dem Mitarbeiter mitzuteilen, was sich bei ihm in der Tour verändert hat. Eine interne Chatfunktion ermöglicht den direkten Austausch untereinander und verringert Missverständnisse etc. Das Smartphone (oder auch Tablet) kann gleichzeitig Informationsquelle, Navigator, etc. sein und erfasst nebenher auch noch die differenzierten Arbeitszeiten. Zum reibungslosen Ablauf sollte das Smartphone in der Regel mitarbeiterbezogen eingesetzt werden. Stehen die Geräte nur pro Tour zur Verfügung, ist keiner ‚Schuld‘, wenn wieder etwas nicht geht und die anschließenden händischen Korrekturen sind deutlich teurer als zusätzliche Geräte. Eine umfassende Schulung muss in jedem Fall dazu gehören, sei es extern über die Anbieter oder/und vertiefend intern durch Multiplikatoren. Aber: Allein mit dem Einsatz von Smartphones spart man weder Zeit noch Aufwand, wenn die sonstigen Organisationsstrukturen nicht stimmen. Und ohne zeitnahen/täglichen Soll-Ist-Abgleich nutzt die beste Erfassung nichts6. Für differenzierte Daten als Grundlage von Einzelverhandlungen werden konkrete Leistungsdaten wie die tatsächlichen Wegezeiten dauerhaft immer wichtiger, auch das könnte ein Argument für eine Einführung sein –– Interne Abläufe und Unterlagen: Vieles Papier im täglichen Ablauf des Pflegedienstes kann durch digitale Komponenten ersetzt werden: vom Urlaubs­ antrag bis zum Fahrtenbuch, der Pinnwand für die Protokolle sowie die Bibliothek von Nachschlagwerken bis zu Standards. Alles kann elektronisch abgelegt werden und so von vielen Seiten (Geräten) genutzt werden, sei es

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§ 8 Abs. 8 Zuschüsse zur Digitalisierung 26

Zuhause zum Nachschauen, vor Ort im Beratungsgespräche etc. Interne Chatprogramme haben den Vorteil, dass man Inhalte missverständnisfrei kommunizieren kann (auch um jederzeit nochmal nachzusehen). Gerade auch für Aushilfen oder Teilzeitkräfte hat ein solches Infosystem unschlagbare Vorteile. –– Rechtliche Hürden: In den meisten Verträgen nach § 132a SGB V und/oder Rahmenverträgen nach § 75 auf Landesebene SGB XI sowie in den bundesweit gültigen Qualitätsmaßstäben nach § 113 ist regelt, dass die Pflegedokumentation als Instrument für die Kommunikation aller an der Pflege Beteiligten beim Pflegebedürftigen in der Wohnung aufzubewahren ist. Bei einer vollständigen Digitalisierung würden die Pflegedienste gern auf eine Mappe vor Ort verzichten, zumal Unterschriften ja heute auch auf Smartphones oder Tablets möglich sind, wie jeder Paketdienst es macht. Nur nach Änderung der Verträge wäre das zulässig. Interessant ist allerdings, dass Pflegedienste, die nichts mehr vor Ort haben, trotzdem bei Qualitätsprüfungen durch den MDK oder beauftragte Prüfer keinerlei Hinweise auf diese tatsächlichen Vertragsverstöße erhalten! –– Kommunikation mit allen an der Versorgung Beteiligten: Die ambulante Pflege ist geprägt durch die mehrheitliche Mithilfe/Pflege von anderen Pflegepersonen aus der Familie oder dem Umfeld. Wie soll mit ihnen eine Kommunikation erfolgen, wenn keine ‚Mappe‘ mehr vor Ort liegt? Wie soll die Tochter am Nachmittag sehen, was am Vormittag gemacht wurde ohne Mappe? Der pflegebedürftige Vater kann oftmals keine sichere Auskunft geben. Und auch ein zu Hilfe geholter Notarzt hätte keine Unterlagen, um nachzusehen, wann zuletzt jemand da war. Erste Softwarehersteller versuchen, diese Kommunikationslücke über Apps etc. zu schließen, über die sich die Angehörigen anmelden können, um dann ausschnittsweise die entsprechenden Dokumente einzusehen. Solch eine digitale Lösung schließt dann aber alle digitalen ‚Analphabeten‘ aus wie z. B. die Ehefrau etc. Aus meiner Sicht gibt es zurzeit noch keine andere Lösung als die handschriftlich geführte Pflegedokumentation. Natürlich wäre die Anamnese und der Maßnahmenplan ausgedruckt, aber die konkreten Verläufe wie Pflegebericht, Durchführungskontrolle oder BZ-Werte sollten weiterhin handschriftlich geführt werden. Was digital benötigt wird, kann jederzeit durch ein Foto in das digitale System eingefügt werden (so müsste der Eintrag im Pflegebericht nicht doppelt erfasst werden). Auch ist es eine Frage von Vertrauen, wenn man nicht mehr in Ruhe in der Mappe nachsehen kann, wann jemand da war. Dann kann man sich auch die Unterschrift am Monatsende auf dem Leistungsnachweis sparen, denn wer kann sich noch erinnern, wann wer da gewesen ist. Sieht man aber jeden

Tag den Leistungsnachweis vor Ort oder zumindest die Anwesenheitsmeldung, dann schafft das mehr Vertrauen. Die weitere Digitalisierung sollte mit Augenmaß und mit Blick auf den praktischen Nutzen vorangetrieben werden. Dabei darf nicht vergessen werden, dass insbesondere die Dokumentation ambulant eine viel weitergehende Funktion hat als allein die Dokumentation der eigenen Tätigkeiten. Sie ist das Bindeglied für die umfassende und einheitliche Versorgung und muss als solches auch von allen Beteiligten eingesehen werden können, barrierefrei!

4.4 Gesetzestext (8) Aus den Mitteln des Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung wird in den Jahren 2019 bis 2021 ein einmaliger Zuschuss für jede ambulante und stationäre Pflegeeinrichtung bereitgestellt, um digitale Anwendungen, die insbesondere das interne Qualitätsmanagement, die Erhebung von Qualitätsindikatoren, die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und stationären Pflegeeinrichtungen sowie die Aus-, Fort- und Weiterbildung in der Altenpflege betreffen, zur Entlastung der Pflegekräfte zu fördern. Förderungsfähig sind Anschaffungen von digitaler oder technischer Ausrüstung sowie damit verbundene Schulungen. Gefördert werden bis zu 40 Prozent der durch die Pflegeeinrichtung verausgabten Mittel. Pro Pflegeeinrichtung ist höchstens ein einmaliger Zuschuss in Höhe von 12 000 Euro möglich. Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen beschließt im Einvernehmen mit dem Verband der privaten Krankenversicherung e. V. nach Anhörung der Verbände der Leistungserbringer auf Bundesebene bis zum 31. März 2019 Richtlinien über das Nähere der Voraussetzungen und zu dem Verfahren der Gewährung des Zuschusses, der durch eine Pflegekasse ausgezahlt wird. Die Richtlinien bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn die Richtlinien nicht innerhalb eines Monats, nachdem sie dem Bundesministerium für Gesundheit vorgelegt worden sind, beanstandet werden. Das Bundesministerium für Gesundheit kann im Rahmen der Richtlinienprüfung vom Spitzenverband Bund der Pflegekassen zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen anfordern; bis zu deren Eingang ist der Lauf der Frist nach Satz 7 unterbrochen. Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit sind innerhalb der von ihm gesetzten Frist zu beheben. Die Genehmigung kann vom Bundesministerium für Gesundheit mit Auflagen verbunden werden.

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

§ 8 Gemeinsame Verantwortung

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4.5 Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes nach § 8 Absatz 8 SGB XI zur Förderung der Digitalisierung in stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen Richtlinie (Textfassung vom 08.04.2019) Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes nach § 8 Absatz 8 SGB XI zur Förderung der Digitalisierung in stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen

Der GKV-Spitzenverband 1 hat im Einvernehmen mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. auf Grundlage des § 8 Absatz 8 SGB XI am 08.04.2019 die nachfolgenden Richtlinien beschlossen. Den Verbänden der Leistungserbringer auf Bundesebene wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Das Bundesministerium für

§ 8 Abs. 8 Zuschüsse zur Digitalisierung

Gesundheit hat die Richtlinien am 26.04.2019 genehmigt.

1

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Der GKV-Spitzenverband ist der Spitzenverband Bund der Pflegekassen nach § 53 SGB XI

Präambel Mit dem am 1. Januar 2019 in Kraft getretenen Pflegepersonal-Stärkungsgesetz sollen die Pflegekräfte in ambulanten und stationären Einrichtungen durch verschiedene Maßnahmen entlastet und die Versorgung Pflegebedürftiger verbessert werden. Die Anschaffung und der richtige Einsatz digitaler oder technischer Ausrüstung birgt ein erhebliches Potential. So ist zu erwarten, dass durch den Einsatz neuer Technologien Pflegekräfte in ihrem Arbeitsalltag spürbar entlastet werden und mehr Zeit für die Pflegebedürftigen haben. Um die Digitalisierung in der Pflege und damit die Entlastung der Pflegekräfte voranzubringen, fördert die soziale und private Pflegeversicherung die Anschaffung von entsprechender digitaler und technischer Ausrüstung mit einem einmaligen Zuschuss. Die vorliegenden Richtlinien regeln die Voraussetzungen und das Verfahren zur Vergabe der Fördermittel. Die Richtlinien sind verbindlich für die Pflegekassen und die Landesverbände der Pflegekassen. Sie gelten für alle Maßnahmen gemäß § 1 dieser Richtlinien.

§ 1 Gegenstand der Förderung (1) Förderfähig sind einmalige Anschaffungen von digitaler oder technischer Ausrüstung sowie damit einhergehende Kosten der Inbetriebnahme wie der Erwerb von Lizenzen oder die Einrich-



die Entbürokratisierung der Pflegedokumentation,



die Dienst- und Tourenplanung,



das interne Qualitätsmanagement,



die Erhebung von Qualitätsindikatoren,



die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und stationären Pflegeeinrichtungen (einschließlich Videosprechstunden),



die elektronische Abrechnung pflegerischer Leistungen nach § 105 SGB XI sowie



die Aus-, Fort-, Weiterbildung oder Schulung, die insbesondere im Zusammenhang mit der Anschaffung von digitaler oder technischer Ausrüstung stehen

betreffen. (2) Die Entlastung der Pflegekräfte muss Hauptzweck der Anschaffung oder der Maßnahme sein. Ein Antrag kann mehrere zeitlich und sachlich unterschiedliche Maßnahmen und Anschaffungen enthalten, die als Gesamtkonzept betrachtet und entsprechend der Maximalbeträge in § 2 bewilligt werden können.

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

tung von W-LAN, die insbesondere

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§ 2 Höhe der Fördermittel Die Förderung erfolgt in Form eines einmaligen Zuschusses je Pflegeeinrichtung von bis zu 40 Prozent, höchstens aber 12 000 Euro, der von einer Pflegeeinrichtung nach § 71 Absatz 1 oder 2 SGB XI verausgabten und nach § 5 bewilligten Mittel. Der einmalige Zuschuss kann gesplittet werden und für mehrere Anschaffungen von digitaler oder technischer Ausrüstung wie auch für Aus-, Fort-, Weiterbildung oder Schulung in der Anwendung digitaler oder technischer Ausrüstung genutzt werden.

§ 3 Voraussetzungen für die Förderung (1) Anspruchsberechtigt sind alle nach § 72 SGB XI zugelassenen ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen. (2) Digitale oder technische Ausrüstung ist nach § 1 förderfähig, sofern sie im laufenden Kalenderjahr, frühestens ab 01. Januar 2019 angeschafft wurde und hierfür Eigenmittel eingesetzt worden sind. Kosten zur Nutzung digitaler oder technischer Ausrüstung in Verbindung mit einem Leasing-Vertrag sind unter den in § 4 Absatz 4 genannten Bedingungen förderfähig. (3) Der Antrag auf Fördermittel kann frühestens ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinien und spätestens bis zum 31. Dezember 2021 gestellt werden.

§ 4 Antragsverfahren

§ 8 Abs. 8 Zuschüsse zur Digitalisierung

(1) Ein Antragsverfahren ist sowohl vor der Durchführung der Maßnahmen auf der Basis eines Kostenvoranschlags (prospektiv) als auch nach Durchführung der Maßnahmen auf der Basis von Rechnungen (retrospektiv) möglich. Bei einem prospektiven Verfahren hat der Antragsteller sich zu verpflichten, die Maßnahme zügig durchzuführen. (2) Der Antrag ist an eine als Partei der Pflegesatzvereinbarung beteiligte Pflegekasse, deren Landesverband oder den Verband der Ersatzkassen e. V. in dem Bundesland zu richten, in dem die Pflegeeinrichtung zugelassen ist. (3) Der Antrag auf Förderung bedarf der Schriftform und muss folgende Angaben beinhalten2: Name, Sitz und das Institutionskennzeichen (IK) der Pflegeeinrichtung,



Name und Anschrift des Trägers der Einrichtung,



Beschreibung des Inhalts, insbesondere zur Zweckmäßigkeit und des Umfangs der digitalen bzw. technischen Ausrüstung,



2

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Angaben zum Hersteller der digitalen bzw. technischen Ausrüstung,

Ein Antragsmuster ist beigefügt

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Angabe der Gesamtkosten, dabei bleiben regelmäßig wiederkehrende Kosten für den Betrieb der digitalen oder technischen Ausrüstung (z. B. Kosten für Wartung, Service), unberücksichtigt,



Nachweis(e) über die verausgabten Mittel mittels Rechnungsbeleg je Fördermaßnahme oder Kostenvoranschlag bei geplanten Maßnahmen.

(4) Anschaffungen in Verbindung mit einem Leasing-Vertrag, die die in den §§ 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllen, sind mit ihrem Gesamtbetrag gemäß dem zugrundeliegenden Leasingvertrag anzugeben. Der Gesamtbetrag darf dabei ausschließlich die monatlichen Leasingbeträge beinhalten, die frühestens ab dem 01. Januar 2019 und maximal bis zum 31. Dezember 2021, also innerhalb des Förderzeitraumes dieser Richtlinie, für die Einrichtung anfallen. Kosten für den Betrieb der digitalen oder technischen Ausrüstung (z. B. Zinsen oder Kosten für Wartung, Reparatur und Service) sind gemäß § 4 auch hier nicht förderfähig und von der Gesamtsumme zu subtrahieren. Als Nachweis ist mit dem Antrag eine Bescheinigung des Leasinggebers einzureichen. Eine Kündigung oder sonstige Änderung des Leasingverhältnisses ist der auszahlenden Pflegekasse unverzüglich zu melden.

§ 5 Verwaltungsverfahren (1) Die Landesverbände der Pflegekassen sowie die Ersatzkassen legen die jeweils zuständige Pflegekasse für die Bearbeitung und Bescheiderteilung der Förderanträge und die Auszahlung fest und geben dies im Internet und in sonstiger für die Pflegeeinrichtungen geeigneter Weise bekannt. Handelt es sich bei der adressierten Stelle nach § 4 Absatz 2 nicht um die zuständige Pflegekasse, leitet diese den Antrag entsprechend unverzüglich an die zuständige Pflege-

(2) Die jeweils zuständige Pflegekasse prüft die Anträge auf Förderung und erlässt die Bescheide über die Bewilligung der Fördermittel dem Grunde nach. Die Auszahlung der Fördermittel erfolgt erst nach Vorlage der Nachweise über die verausgabten Mittel. (3) Weichen die Nachweise über die verausgabten Mittel von der ursprünglichen Bewilligung der Fördermittel inhaltlich oder der Höhe nach ab, bedarf es einer erneuten Bescheidung. (4) Die Auszahlung erfolgt ausschließlich an die gegenüber der Arbeitsgemeinschaft IK nach § 103 SGB XI i. V. m. § 293 Absatz 1 SGB V gemeldete Bankverbindung der Pflegeeinrichtung. (5) Die jeweils zuständige Pflegekasse informiert die Landesverbände der Pflegekassen und den Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. über die Bescheidung und die Höhe der Fördermittel.

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

kasse weiter.

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§ 6 Gemeinsame Servicestellen der Pflegekassen (1) Abweichend von § 5 können die Pflegekassen im Land zur gemeinsamen und einheitlichen Wahrnehmung der Aufgaben nach § 8 Absatz 8 SGB XI eine gemeinsame Servicestelle einrichten. (2) Das Nähere zu Aufgaben, Organisation und Finanzierung vereinbaren die beteiligten Pflegekassen unter Berücksichtigung der nachfolgenden Grundsätze (§ 94 SGB X): 

Die gemeinsame Servicestelle ist für die Prüfung der im Land eingehenden Anträge zu-



Die Entscheidung über die Fördermittel erfolgt durch die gemeinsame Servicestelle.



Die Auszahlung der Fördermittel erfolgt gemäß § 5.

ständig.

Die kassenartenübergreifende Vereinbarung zur gemeinsamen Servicestelle ist durch die Landesverbände der Pflegekassen im Land mit Wirkung für die Pflegekassen zu treffen.

§ 7 Inkrafttreten

§ 8 Abs. 8 Zuschüsse zur Digitalisierung

Die Richtlinien treten am 2.5.2019 in Kraft.

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5 § 37 Pflegegeld Der Gesetzgeber hat den Kreis der Einrichtungen, die Beratungsbesuche nach § 37.3 erbringen darf, wieder eingegrenzt: Mit Einführung der Pflegeversicherung sollte die Beratung immer durch eine zugelassene Pflegeeinrichtung oder andere abgerufen werden. Sprachlich waren damit alle mit Versorgungvertrag zugelassenen Pflegeeinrichtungen umfasst, also auch Pflegeheime oder Tagespflegen. Mit dem PPSG hat der Gesetzgeber diese Gruppe reduziert auf ambulante Pflegedienste sowie andere von den Pflegekassen anerkannte Beratungsstellen. Pflegeeinrichtungen, die bisher schon solche Beratungsbesuche durchgeführt haben, gelten weiterhin als anerkannte Beratungsstellen (Regelung in § 146 Abs. 2). Betreuungsdienste nach § 71, 1a dürfen keine Beratungsbesuche durchführen (Abs. 9). Die bisher gedeckelte Vergütungsregelung ist aufgehoben, die Vergütungen werden nun wie auch die Sachleistungen mit den zuständigen Landesverbänden der Pflegekasse ausgehandelt. Bis dahin gelten die alten Sätze weiter (Regelung in § 146 Abs. 1). Neu in Absatz 4 eingefügt ist die Möglichkeit, dass der Pflegedienst auch dann die Pflegekasse mit dem Hinweis auf Beratungsbedarf für eine Pflegeberatung nach § 7a informieren darf, wenn ansonsten der Versicherte der Übersendung von Informationen an die Pflegekasse widerspricht. Das Formular zur den Beratungsbesuchen ist entsprechend der neuen Rechtslage angepasst worden7. Die Inhalte der Empfehlungen zur Qualitätssicherung der Beratungsbesuche nach Abs. 5 sind inhaltlich im Gesetz konkretisiert worden, allerdings sind diese Punkte schon in der Empfehlung mit Stand vom 29.05.2018 enthalten gewesen. Der zuständige Qualitätsausschuss Pflege hat eine aktualisierte Empfehlung mit Stand vom 21.05.2019 veröffentlicht8. Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen wird verpflichtet, zur systematischen Auswertung der Beratungsbesuche Richtlinien bis 2020 zu erlassen.

5.2 Praxis Die Beratungsbesuche waren immer einerseits zur Beratung des Pflegebedürftigen und seiner Pflegepersonen, aber immer auch zur Überwachung der Nutzung des Pflegegeldes gedacht. Die historisch bedingte finanzielle Deckelung (weil anfangs die Pflegebedürftigen die Besuche direkt vom Pflegegeld bezahlt haben) ist nach 7  G  KV-Spitzenverband: Nachweis über einen Beratungseinsatz https://www.gkv-spitzenverband.de/pflegeversicherung/richtlinien_vereinbarungen_formulare/richtlinien_vereinbarungen_formulare.jsp/Stand 10.9.2019 8  Geschäftsstelle Qualitätsausschuss Pflege: Empfehlungen nach § 37: https://www.gs-qsa-pflege.de/dokumentezum-download/Stand 10.08.2019

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

5.1 Was ist neu?

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§ 37 Pflegegeld

vieler Kritik nun endlich aufgehoben worden9. Die ersten Länder haben hier neue Preise vereinbart, wobei auch hier die Bandbreite groß ist. Bekannt sind Preise aus NRW mit 76,09 €, aber auch Sachsen mit 43,20 €. Sie scheint sich oftmals an den Erstgesprächen zu orientieren; deren zum Teil krass unterschiedliche Finanzierung bei in der Praxis identischen Leistungen ist weder verständlich noch nachvollziehbar. Aus dem Leistungsvergleich 201810 wurde zudem sichtbar, dass die Vergütungshöhe nicht dem sonstigen Vergütungsschema folgt: Auch Länder mit den ansonsten niedrigsten Vergütungen wie Thüringen erhalten für die Erstgespräche eine im Verhältnis sehr gute Vergütung, während diese in Baden-Württemberg kaum kostendeckend sein kann (obwohl ansonsten Baden-Württemberg mit die höchsten Leistungsvergütungen hat)11. Vergleich der Leistungskataloge SGB XI Erst- und Folgegespräche © System & Praxis, A.Heiber, Stand August 2019 (Preise einer kirchlichen Wohlfahrtseinrichtung; Quelle: www.pflegelotse.de; Stand 11.08.2019) Bundesland Erstgespräch Folgebesuch Preis mit Weg Preis mit Weg BadenWürttemberg 40,61 € 24,24 € Bayern Privat 53,66 € 15,44 € Bayern Wohlfahrt 60,50 € 12,10 € Berlin 41,89 € 19,99 € Brandenburg 49,50 € 19,32 € Bremen 55,69 € 27,01 € Hamburg 75,82 € 36,75 € Hessen Module 65,38 € 26,14 € Meckl.-Vorpommern 58,21 € 28,91 € Niedersachsen 60,42 € 35,07 € Nordrhein-Westfalen 90,18 € 50,72 € Rheinland-Pfalz 42,79 € – Saarland 28,82 € 28,82 € Sachsen 52,80 € 36,96 € Sachsen-Anhalt 25,25 € – Schleswig-Holstein 51,65 € 25,45 € Thüringen 62,16 € 36,78 € Abb. 3

Für dieses Buch wurde der Leistungsvergleich für das Erstgespräch und Folgegespräch für 2019 aktualisiert; Daten für die Beratungsbesuche stehen noch nicht weiter zur Verfügung: Für die identische Leistung reicht die Spanne von 25,25 € in

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9  s iehe auch Heiber PSG II, 2016, S. 93 10 Heiber: Leistungskataloge und Vergütungen SGB XI 1018; 2019 11 ausführlich Heiber: Leistungskataloge und Vergütungen SGB XI 2018; 2019

Die überarbeiteten Empfehlungen zur Qualitätssicherung der Beratungseinsätze sind in der aktuellen Fassung hier abgedruckt. Sie konkretisieren teilweise die Aufgaben, aber auch die Abgrenzung der Beratungsbesuche zu den anderen Beratungsleistungen nach § 45 (Schulung) oder der umfassenden Beratung nach § 7a (Pflegeberatung). Einige wesentliche Punkte sind hier zusammengefasst: –– die Beratungsbesuche müssen in der eigenen Häuslichkeit stattfinden, wie es auch der Gesetzestext formuliert. Sie dürfen weder im Büro durchgeführt werden (in das dann die Pflegeperson kommt) noch beispielsweise in der Tagespflege. –– Die Beratung muss durch geeignete Pflegekräfte (Abs. 4), aber nicht unbedingt Pflegefachkräfte erfolgen. Es könnten je nach Pflegesituation auch Nicht-Pflegefachkräfte sein, die entsprechend der Beratungssituation qualifiziert sind, auch wenn es in der Regel Pflegefachkräfte sein sollten. –– Die Beratung ist offen und berücksichtigt die besondere Lebenssituation und das Selbstbestimmungsrecht des Pflegebedürftigen. Für die Einschät12  siehe Begutachtungs-Richtlinien – BRi vom 31.03.2017, Punkt 5.3 des Formulargutachtens

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

Sachsen-Anhalt bis zu 90,18€ in NRW bei im Prinzip identischen Inhalten. Sachlich begründet sind diese Unterschiede nicht. Der Gesetzgeber hat in Absatz 4 eine tatsächliche Verschärfung für die Praxis der Beratungsbesuche eingebaut: Verweigerte in der Vergangenheit die Pflegeperson die Weitergabe der Informationen zur Versorgung an die Pflegekasse, konnte es passieren, dass trotz nicht sicher gestellter Pflege das Pflegegeld weiter gezahlt wurde, beispielsweise indem ein weiterer Pflegedienst mit dem Besuch beauftragt wurde und dieser keine negativen Anmerkungen hatte. Selbst wenn Pflegekassen auf eine nicht sichergestellte Versorgung aufmerksam gemacht wurden, gab es in der Praxis überraschend wenig Reaktionen. Mit der Einfügung in Absatz 4 ändert sich die Rechtslage: Informiert die Beratungsstelle/der Pflegedienst die zuständige Pflegekasse, dass eine weitergehende Beratung nach § 7a aus ihrer Sicht notwendig ist, muss die Pflegekasse diese Beratung anbieten. Wird diese vom Pflegebedürftigen abgelehnt (die Beratung nach § 7a ist eine freiwillige Leistung), so muss die Pflegekasse zur Überprüfung der Pflegesituation den MDK (oder die entsprechenden Prüfer anderer Versicherungen) einschalten. Denn neben der Feststellung des Pflegegrades ist es auch ein Bestandteil des Gutachtens zu prüfen, ob die häusliche Versorgung sichergestellt ist12. Lehnt der Pflegebedürftige diese Überprüfung ab, ist seine Leistung gefährdet. Das kann in der Praxis aber auch für den Pflegedienst dann zu einer ‚Verschärfung‘ führen, wenn kurz nach einem Beratungsbesuch ohne weitere Rückmeldungen der Pflegebedürftige beispielsweise aufgrund mangelhafter Pflege ins Krankenhaus muss und die zuständige Krankenkasse eine Kostenbeteiligung des Pflegedienstes erwägt, weil er die mangelhafte Pflege nicht erkannt/gemeldet hat.

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§ 37 Pflegegeld

zung der Pflegesituation ist nur ausnahmsweise und nach Zustimmung des Pflegebedürftigen eine Inaugenscheinnahme bestimmter Körperregionen nötig/notwendig, beispielsweise wenn der Pflegebedürftige über Schmerzen klagt etc. Bei Auffälligkeiten ist auch aufgrund der standesrechtlichen Grenzen eine Untersuchung/Abklärung durch einen Arzt zu empfehlen. –– Je nach Bedarfslage kann im Besuch eine erste Hilfestellung und praktische Unterstützung im Sinne einer Kurzintervention erfolgen, die aber beispielsweise keine weitergehende Schulung nach § 45 ersetzt oder überflüssig machen soll. Ebenso soll bei Bedarf eine Beratung auf die weitergehenden Leistungen der Pflegeversicherung erfolgen, insbesondere zu Schulungen oder der Pflegeberatung nach § 7a. –– Ausführlich beschreibt die Empfehlung das Vorgehen bei nicht sichergestellter Pflege: sollte die Beratungsperson die Situation als kritisch erachten, so hat sie dies entsprechend im Formular zu dokumentieren. Widerspricht der Pflegebedürftige der Weitergabe dieser Informationen, verbleibt immer die Empfehlung zur Beratung nach § 7a. In einer so eingeschätzten akuten Gefahrensituation kann/muss die Beratungsperson auch ohne jede Einwilligung zuständige Notdienste wie Rettungsdienst etc. zu Hilfe holen.

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Interessanterweise enthält die Empfehlung auch eine ausführliche Abgrenzungs­ tabelle der Leistungen § 37.3, 45 sowie 7a, die aus einer Studie zum Qualitätsrahmen für Beratung in der Pflege aus dem Jahr 2016 stammt13. Hier ist zu den verschiedensten inhaltlichen Punkten aufgelistet, welche Aufgaben/Funktionen/ Inhalte zu den verschiedensten Beratungsarten gehören. Diese Auflistung erleichtert auch die tatsächliche Abgrenzung von Beratungsbesuchen zu den anderen Beratungsleistungen. Insbesondere wird hier nochmals deutlich, welche weitreichende Aufgabe die in der Regel durch die Pflegekassen selbst durchzuführende Pflegeberatung nach § 7a hat und wie wenig davon in der Praxis der Pflegedienste ankommt. Fragt man Leitungskräfte von Pflegediensten nach ihrer persönlichen Erfahrung mit der Pflegeberatung nach § 7a und den damit zu erstellenden Versorgungsplänen, so tauchen diese in der Praxis so gut wie gar nicht auf. Obwohl sie, zumindest nach der Gesetzestheorie, eine sehr gut ausgearbeitete Orientierungs- und Arbeitshilfe bieten würden. Das neue Formular der Beratungseinsätze (siehe S. 55) ist etwas umfangreicher als die alte Fassung, insgesamt drei Seiten statt einer Seite. Dabei ist das Original an die zuständige Pflegekasse weiterzuleiten, eine Durchschrift verbleibt jeweils bei der Pflegeperson sowie bei der Beratungsperson/Pflegedienst. Da die Papierfassung mit ausführlicher Information und Datenschutzerklärung über drei Seiten geht, wird es technisch schwieriger werden, dies als Durchschreibesatz her13  Gegenüberstellung der Ausgestaltungsmöglichkeiten von Beratungsanlässen: aus: Zentrum für Qualität in der Pflege: Qualitätsrahmen für Beratung in der Pflege; 2016

Im Formular muss der Pflegebedürftige sehr differenziert verschiedenen Teilschritten zustimmen (oder ablehnen), die in einem ausführlichen Informationstext erläutert werden: –– Ziffer 3: der Einschätzung zur Sicherstellung der Pflege- und Betreuungssituation, –– Ziffer 4: der Empfehlungen zur Verbesserung der Situation, –– den (eigenen) Wunsch auf eine Pflegeberatung nach § 7a, –– der Zustimmung zur einer Inaugenscheinnahme und der Weitergabe der daraus gewonnenen Informationen, –– der Nutzung dieser Informationen für eine weitergehende Beratung nach § 7a. Im Formular ist von der Beratungsperson anzugeben, dass falls vorliegend, einer Weitergabe nicht zugestimmt wurde und dass die Pflegeperson eine Ausfertigung erhalten hat.

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

zustellen, der dann drei Seiten haben muss. Auch eine alleinige digitale Lösung (z. B. Tablet) ist nur dann einsatzfähig, wenn ein mobiler Drucker zum Ausdruck vorhanden ist. Ansonsten müsste der Ausdruck später dem Pflegebedürftigen zugeschickt werden, was jedoch weitere Kosten verursacht. Mobile Drucker, die mit einem Akku betrieben drahtlos mit einem Notebook oder Tablet verbunden werden können, gibt es schon für Preise unter 300 € und könnten im Rahmen des Digitalisierungsprojektes bezuschusst werden. Es wäre wünschenswert, wenn die Softwarehersteller für die Beratungsbesuche nicht nur passgenaue Dokumentationen zur Verfügung stellen, so dass die Historie der Beratungsbesuche und deren Ergebnisse/Empfehlungen schnell nachzulesen sind, sondern auch über die Drucksteuerung dafür sorgen, dass das Formular je nach Notwendigkeit einmal mit vollständiger erster Seite (für die Pflegekasse) oder ohne vollständige erste Seite ausgedruckt werden kann, wenn der Versicherte der Übersendung der Daten an die Pflegekasse widerspricht. Denn auch in diesem Fall erhält der Versicherte die Beobachtungen und Bewertung des Pflegedienstes, nur nicht die Pflegekasse.

37

5.3 Gesetzestexte § 37 Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen (1) Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 können anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Der Anspruch setzt voraus, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld dessen Umfang entsprechend die erforderlichen körperbezogenen Pflegemaßnahmen und pflegerischen Betreuungsmaßnahmen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung in geeigneter Weise selbst sicherstellt. Das Pflegegeld beträgt je Kalendermonat 1. 316 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 2, 2. 545 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 3, 3. 728 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 4, 4. 901 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 5.

§ 37 Pflegegeld

(2) Besteht der Anspruch nach Absatz 1 nicht für den vollen Kalendermonat, ist der Geldbetrag entsprechend zu kürzen; dabei ist der Kalendermonat mit 30 Tagen anzusetzen. Die Hälfte des bisher bezogenen Pflegegeldes wird während einer Kurzzeitpflege nach § 42 für bis zu acht Wochen und während einer Verhinderungspflege nach § 39 für bis zu sechs Wochen je Kalenderjahr fortgewährt. Das Pflegegeld wird bis zum Ende des Kalendermonats geleistet, in dem der Pflegebedürftige gestorben ist. § 118 Abs. 3 und 4 des Sechsten Buches gilt entsprechend, wenn für die Zeit nach dem Monat, in dem der Pflegebedürftige verstorben ist, Pflegegeld überwiesen wurde.

38

(3) Pflegebedürftige, die Pflegegeld nach Absatz 1 beziehen, haben 1. bei Pflegegrad 2 und 3 halbjährlich einmal, 2. bei Pflegegrad 4 und 5 vierteljährlich einmal eine Beratung in der eigenen Häuslichkeit durch einen zugelassenen Pflegedienst, durch eine von den Landesverbänden der Pflegekassen nach Absatz 7 anerkannte Beratungsstelle mit nachgewiesener pflegefachlicher Kompetenz oder, sofern dies durch einen zugelassenen Pflegedienst vor Ort oder eine von den Landesverbänden der Pflegekassen anerkannte Beratungsstelle mit nachgewiesener pflegefachlicher Kompetenz nicht gewährleistet werden kann, durch eine von der Pflegekasse beauftragte, jedoch von ihr nicht beschäftigte Pflegefachkraft abzurufen. Die Beratung dient der Sicherung der Qualität der häuslichen Pflege und der regelmäßigen Hilfestellung und praktischen pflegefachlichen Unterstützung der häuslich Pflegenden. Die Pflegebedürftigen und die häuslich Pflegenden sind bei der Beratung auch auf die Auskunfts-, Beratungs- und Unterstützungsangebote des für sie zuständigen Pflegestützpunktes sowie auf die Pflegeberatung nach § 7a hinzuweisen. Die Vergütung für die Beratung ist von der zuständigen Pflegekasse, bei privat Pflegeversicherten von dem zuständigen privaten Versicherungsunternehmen zu tra-

(4) Die Pflegedienste und die anerkannten Beratungsstellen sowie die beauftragten Pflegefachkräfte haben die Durchführung der Beratungseinsätze gegenüber der Pflegekasse oder dem privaten Versicherungsunternehmen zu bestätigen sowie die bei dem Beratungsbesuch gewonnenen Erkenntnisse über die Möglichkeiten der Verbesserung der häuslichen Pflegesituation dem Pflegebedürftigen und mit dessen Einwilligung der Pflegekasse oder dem privaten Versicherungsunternehmen mitzuteilen, im Fall der Beihilfeberechtigung auch der zuständigen Beihilfefestsetzungsstelle. Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen und die privaten Versicherungsunternehmen stellen ihnen für diese Mitteilung ein einheitliches Formular zur Verfügung. Erteilt die pflegebedürftige Person die Einwilligung nicht, ist jedoch nach Überzeugung der Beratungsperson eine weitergehende Beratung angezeigt, übermittelt die jeweilige Beratungsstelle diese Einschätzung über die Erforderlichkeit einer weitergehenden Beratung der zuständigen Pflegekasse oder dem zuständigen privaten Versicherungsunternehmen. Diese haben eine weitergehende Beratung nach § 7a anzubieten. Der beauftragte Pflegedienst und die anerkannte Beratungsstelle haben dafür Sorge zu tragen, dass für einen Beratungsbesuch im häuslichen Bereich Pflegekräfte eingesetzt werden, die spezifisches Wissen zu dem Krankheits- und Behinderungsbild sowie des sich daraus ergebenden Hilfebedarfs des Pflegebedürftigen mitbringen und über besondere Beratungskompetenz verfügen. Zudem soll bei der Planung für die Beratungsbesuche weitestgehend sichergestellt werden, dass der Beratungsbesuch bei einem Pflegebedürftigen möglichst auf Dauer von derselben Pflegekraft durchgeführt wird.

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

gen, im Fall der Beihilfeberechtigung anteilig von den Beihilfefestsetzungsstellen. Die Höhe der Vergütung für die Beratung durch einen zugelassenen Pflegedienst oder durch eine von der Pflegekasse beauftragte Pflegefachkraft vereinbaren die Pflegekassen oder deren Arbeitsgemeinschaften in entsprechender Anwendung des § 89 Absatz 1 und 3 mit dem Träger des zugelassenen Pflegedienstes oder mit der von der Pflegekasse beauftragten Pflegefachkraft unter Berücksichtigung der Empfehlungen nach Absatz 5. Die Vergütung kann nach Pflegegraden gestaffelt werden. Über die Höhe der Vergütung anerkannter Beratungsstellen und von Beratungspersonen der kommunalen Gebietskörperschaften entscheiden ab dem Jahr 2020 die Landesverbände der Pflegekassen unter Zugrundelegung der im jeweiligen Land nach Satz 5 und 6 vereinbarten Vergütungssätze jeweils für die Dauer eines Jahres. Die Landesverbände haben die jeweilige Festlegung der Vergütungshöhe in geeigneter Weise zu veröffentlichen. Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 haben Anspruch, halbjährlich einmal einen Beratungsbesuch abzurufen. Beziehen Pflegebedürftige von einem ambulanten Pflegedienst Pflegesachleistungen, können sie ebenfalls halbjährlich einmal einen Beratungsbesuch in Anspruch nehmen; für die Vergütung der Beratung gelten die Sätze 4 bis 9.

39

§ 37 Pflegegeld

(5) Die Vertragsparteien nach § 113 beschließen gemäß § 113b bis zum 1. Januar 2018 unter Beachtung der in Absatz 4 festgelegten Anforderungen Empfehlungen zur Qualitätssicherung der Beratungsbesuche nach Absatz 3. Die Empfehlungen enthalten Ausführungen wenigstens 1. zu Beratungsstandards, 2. zur erforderlichen Qualifikation der Beratungspersonen sowie 3. zu erforderlichenfalls einzuleitenden Maßnahmen im Einzelfall. Fordert das Bundesministerium für Gesundheit oder eine Vertragspartei nach § 113 im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit die Vertragsparteien schriftlich zum Beschluss neuer Empfehlungen nach Satz 1 auf, sind diese innerhalb von sechs Monaten nach Eingang der Aufforderung neu zu beschließen. Die Empfehlungen gelten für die anerkannten Beratungsstellen entsprechend. (5a) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen beschließt mit dem Verband der privaten Krankenversicherung e. V. bis zum 1. Januar 2020 Richtlinien zur Aufbereitung, Bewertung und standardisierten Dokumentation der Erkenntnisse aus dem jeweiligen Beratungsbesuch durch die Pflegekasse oder das private Versicherungsunternehmen. Die Richtlinien werden erst wirksam, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie genehmigt. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn die Richtlinien nicht innerhalb von zwei Monaten, nachdem sie dem Bundesministerium für Gesundheit vorgelegt worden sind, beanstandet werden. Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit sind innerhalb der von ihm gesetzten Frist zu beheben. (6) Rufen Pflegebedürftige die Beratung nach Absatz 3 Satz 1 nicht ab, hat die Pflegekasse oder das private Versicherungsunternehmen das Pflegegeld angemessen zu kürzen und im Wiederholungsfall zu entziehen. (7) Die Landesverbände der Pflegekassen haben neutrale und unabhängige Beratungsstellen zur Durchführung der Beratung nach den Absätzen 3 und 4 anzuerkennen. Dem Antrag auf Anerkennung ist ein Nachweis über die erforderliche pflegefachliche Kompetenz der Beratungsstelle und ein Konzept zur Qualitätssicherung des Beratungsangebotes beizufügen. Die Landesverbände der Pflegekassen regeln das Nähere zur Anerkennung der Beratungsstellen. (8) Die Beratungsbesuche nach Absatz 3 können auch von Pflegeberaterinnen und Pflegeberatern im Sinne des § 7a oder von Beratungspersonen der kommunalen Gebietskörperschaften, die die erforderliche pflegefachliche Kompetenz aufweisen, durchgeführt werden. Absatz 4 findet entsprechende Anwendung. Die In40

halte der Empfehlungen zur Qualitätssicherung der Beratungsbesuche nach Absatz 5 sind zu beachten. (9) Beratungsbesuche nach Absatz 3 dürfen von Betreuungsdiensten im Sinne des § 71 Absatz 1a nicht durchgeführt werden.

§ 146 Übergangs- und Überleitungsregelung zur Beratung nach § 37 Absatz 3 (1) Für die jeweilige beratende Stelle gelten die Vergütungssätze nach § 37 Absatz 3 Satz 5 und 6 in der am 31. Dezember 2018 geltenden Fassung so lange, bis die Vergütung für Beratungseinsätze erstmals für die jeweilige beratende Stelle vereinbart oder durch die Landesverbände der Pflegekassen festgelegt wird. (2) Zugelassene stationäre Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 71 Absatz 2, die Beratungseinsätze nach § 37 Absatz 3 in der bis zum 31. Dezember 2018 geltenden Fassung durchgeführt haben, gelten ab dem 1. Januar 2019 als nach § 37 Absatz 7 anerkannte Beratungsstellen.

Zugelassene Pflegedienste, anerkannte Beratungsstellen, beauftragte Pflegefachkräfte sowie Beratungspersonen der kommunalen Gebietskörperschaften, die Beratungseinsätze nach § 37 Absatz 3 durchführen, sind mit Einwilligung des Versicherten berechtigt und verpflichtet, die für die Erfüllung der Aufgaben der Pflegekassen, der privaten Versicherungsunternehmen sowie der Beihilfefestsetzungsstellen erforderlichen Angaben zur Qualität der Pflegesituation und zur Notwendigkeit einer Verbesserung der zuständigen Pflegekasse, dem zuständigen privaten Versicherungsunternehmen und der zuständigen Beihilfefestsetzungsstelle zu übermitteln. Das Formular nach § 37 Abs. 4 Satz 2 wird unter Beteiligung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit und des Bundesministeriums für Gesundheit erstellt. Erteilt die pflegebedürftige Person die Einwilligung nicht, ist jedoch nach Überzeugung der Beratungsperson eine weitergehende Beratung angezeigt, übermittelt die jeweilige Beratungsstelle diese Einschätzung über die Erforderlichkeit einer weitergehenden Beratung der zuständigen Pflegekasse oder dem zuständigen privaten Versicherungsunternehmen.

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

§ 106a Mitteilungspflichten

41

5.4 Empfehlung zur Qualitätssicherung der Beratungsbesuche Empfehlungen nach § 37 Absatz 5 SGB XI

zur Qualitätssicherung der Beratungsbesuche nach § 37 Absatz 3 SGB XI vom 29.05.2018 – zuletzt geändert am 21.05.2019 –

Präambel Aufgrund

der

Neufassung

des

§ 37

Absatz

5

SGB XI

im

Rahmen

des

Zweiten

Pflegestärkungsgesetzes haben die Vertragsparteien nach § 113 SGB XI am 29.05.2018

Empfehlungen zur Qualitätssicherung der Beratungsbesuche nach § 37 Absatz 3 SGB XI beschlossen.

Mit den Empfehlungen werden die Anforderungen an eine qualitätsgesicherte Durchführung der

nach § 37 Absatz 3 SGB XI durch den Pflegebedürftigen abzurufenden Beratungsbesuche festgelegt. Sie dienen der Umsetzung eines bundesweit einheitlichen qualitätsgesicherten Beratungsangebotes.

Beratungsstrukturen,

Dabei

§ 37 Pflegegeld

Pflegestützpunkte, kooperieren. 1.

soll

beispielsweise

der

der

Beratungsbesuch

Pflegeberatung

bei

Bedarf

nach

§ 7a

mit

den

SGB XI

weiteren

oder

die

Grundsätze

Pflegebedürftige, die Pflegegeld nach § 37 SGB XI beziehen, haben gemäß § 37 Absatz 3 Satz 1 SGB XI •

bei Pflegegrad 2 und 3 halbjährlich einmal,



bei Pflegegrad 4 und 5 vierteljährlich einmal

eine Beratung in der eigenen Häuslichkeit abzurufen. Darüber hinaus haben Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 sowie Pflegebedürftige, die Pflegesach-

leistungen von einem ambulanten Pflegedienst beziehen, Anspruch halbjährlich einmal einen Beratungsbesuch abzurufen.

Ein Anspruch auf Beratung besteht ebenfalls für Pflegebedürftige der Pflegerade 2 bis 5, die nach § 45a Absatz 4 SGB XI regelmäßig bis zu 40 % des Pflegesachleistungsbetrages für die Inanspruch-

nahme von Angeboten zur Unterstützung im Alltag umwidmen (Umwidmungsbetrag). Sofern ein

Seite 1 von 10

42

ambulanter Pflegedienst Sachleistungen bei dem bzw. der Pflegebedürftigen erbringt, besteht für diesen Personenkreis keine Verpflichtung zum Abruf des Beratungsbesuchs.

Bezieher von Leistungen nach § 43a SGB XI sind wie Kombinationsleistungsbezieher zu behandeln.

Damit gilt für sie – ebenso wie für die anderen Pflegebedürftigen, die auch Sachleistungen nach § 36 SGB XI von einem ambulanten Pflegedienst beziehen – dass ein Recht zum Abruf der halbjährlichen Beratungsbesuche besteht, nicht aber die Pflicht hierzu. Geltungsbereich Die Empfehlungen gelten für •

die zugelassenen Pflegeeinrichtungen nach § 72 SGB XI,



die durch die zuständige Pflegekasse bzw. das zuständige Versicherungsunternehmen beauftragten, jedoch von diesen nicht angestellten Pflegefachkräften,



die von den Landesverbänden der Pflegekassen anerkannten Beratungsstellen,



die Pflegeberaterinnen und Pflegeberater i. S. d. § 7a SGB XI und



für Beratungspersonen der kommunalen Gebietskörperschaften

bei der Durchführung von Beratungsbesuchen nach § 37 Absatz 3 SGB XI. 2.

Zielsetzung des Beratungseinsatzes

Die pflegerische Beratung nach § 37 Absatz 3 SGB XI dient der Sicherung der Qualität der häuslider häuslich Pflegenden.

Die Zielsetzung der zugehenden verpflichtenden Beratungsbesuche besteht darin, die Pflegesitua-

tion regelmäßig zu beobachten, potentielle Problembereiche zu erfragen, auf bestehende Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten aufmerksam zu machen und den Adressaten der Bera-

tung eine Hilfestellung für den Bedarfsfall zu signalisieren, Kenntnisse über weitergehende Beratungs- und Schulungsmöglichkeiten für Pflegebedürftige und Pflegende zu vermitteln sowie Infor-

mationen über die Gestaltung des Pflegemixes im Rahmen des Umwandlungsanspruchs nach § 45a

Absatz 4 SGB XI zu geben. Der Beratungsbesuch soll eine Hilfestellung und praktische Unterstüt-

zung bei der häuslichen Pflege bieten und erste Lösungsschritte aufzeigen. Es werden Kurzinter-

ventionen durchgeführt und über weiterführende Beratungsangebote, wie z. B. die Pflegeberatung nach § 7a SGB XI und Pflegekurse / Schulungen nach § 45 SGB XI, informiert.

Darüber hinaus kann der Beratungsbesuch der Verzahnung der an der Pflege beteiligten Akteure und der Auskunfts-, Beratungs- und Unterstützungsangebote der Pflegekassen und der Pflegestützpunkte nach § 7c SGB XI mit den Versicherten und den Pflegepersonen dienen.

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Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

chen Pflege und der regelmäßigen Hilfestellung und praktischen pflegefachlichen Unterstützung

43

Der Beratungsbesuch nach § 37 Absatz 3 SGB XI unterscheidet sich sowohl inhaltlich als auch in seiner Zielsetzung von der Pflegeberatung nach § 7a SGB XI und den Pflegekursen bzw. Schulungen in der häuslichen Umgebung gemäß § 45 SGB XI. Die Unterschiede sind in Anlage 1 dargestellt. 3.

Strukturqualität

Die Pflegekasse bzw. das zuständige Versicherungsunternehmen klärt den Pflegebedürftigen bzw.

die Pflegebedürftige über den Beratungsbesuch nach § 37 Absatz 3 SGB XI auf. Dies kann im Rahmen des Leistungsbescheides, in einem Informationsschreiben oder durch eine Broschüre erfolgen.

Seitens der Organisationen, die Beratungsbesuche nach § 37 Absatz 3 SGB XI anbieten, ist sicherzu-

stellen, dass die Beratungsbesuche auf Grundlage dieser Empfehlungen durchgeführt werden und

darüber hinaus bei Bedarf ein interner fachlicher Austausch zu den Beratungsbesuchen stattfinden kann. 3.1

Orte der Durchführung

Die Beratungsbesuche sind nach § 37 Absatz 3 Satz 1 SGB XI in der Häuslichkeit des Pflegebedürf-

tigen bzw. der Pflegebedürftigen durchzuführen. Dies kann der eigene Haushalt, der Haushalt der

Pflegeperson oder ein Haushalt sein, in dem die bzw. der Pflegebedürftige aufgenommen wurde. 3.2

Einsatz geeigneter Kräfte

§ 37 Pflegegeld

Die nach § 72 SGB XI zugelassenen Pflegeeinrichtungen und die Pflegekasse bzw. die zuständigen

privaten Versicherungsunternehmen, die von den Landesverbänden der Pflegekassen anerkannten Beratungsstellen sowie kommunalen Gebietskörperschaft haben nach § 37 Absatz 4 SGB XI dafür

Sorge zu tragen, dass für einen Beratungsbesuch im häuslichen Bereich Pflegekräfte eingesetzt werden, die spezifisches Wissen zu dem Krankheits- und Behinderungsbild sowie des sich daraus

ergebenden Hilfebedarfes des Pflegebedürftigen mitbringen und über besondere Beratungskom-

petenz verfügen. Dies betrifft beispielsweise das Wissen über demenzielle Erkrankungen oder die besonderen Belange von Kindern sowie zum subjektiven Belastungserleben pflegender Angehöri-

ger. Die eingesetzten Beratungspersonen müssen in der Lage sein, entsprechend der individuellen Situation und des Umfeldes der bzw. des Pflegebedürftigen zu beraten.

Die gesetzlichen Qualifikationsanforderungen und die Anforderungen dieser Empfehlung machen in der Regel den Einsatz einer Pflegefachkraft erforderlich.

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44

3.2.1 Beratungsverständnis 1 Dem Beratungsbesuch liegt folgendes Beratungsverständnis zu Grunde: •

Der Beratungsbesuch findet im gegenseitigen Einvernehmen zwischen der bzw. dem Pfle-



Die Beratungshaltung der Beratungsperson ist offen, kooperativ, respektvoll, wertfrei und



Das Recht auf Selbstbestimmung der bzw. des Pflegebedürftigen und deren bzw. dessen



Die Ausdrucksweise der Beratungsperson ist für die bzw. den Pflegebedürftigen und deren



Die Beratungsinhalte werden aus Sicht der bzw. des Pflegebedürftigen und der bzw. des



Die Beratung orientiert sich am biografischen und lebensweltlichen Kontext und kulturellen



Der Beratungsprozess erfolgt strukturiert.

gebedürftigen, dem bzw. der Pflegenden und der Beratungsperson statt. empathisch.

Pflegenden wird anerkannt und gestärkt.

bzw. dessen Pflegenden angemessen und verständlich. Pflegenden thematisiert.

Hintergrund der bzw. des Pflegebedürftigen, soweit diese für die Beratung relevant sind.



Das Ergebnis des Beratungsprozesses ist offen.



Über den Beratungsprozess und die Ergebnisse besteht für den Pflegebedürftigen bzw. die



Der Beratungsbesuch wird möglichst auf Dauer von derselben Beratungsperson durchge-



Die Beratungspersonen sind sensibilisiert für Krisensituationen, Grenzsituationen und Ge-

Pflegebedürftige und den Pflegenden bzw. die Pflegende Transparenz. führt.

waltverdacht.

Die Beratungsperson muss über personale Kompetenz und Fachkompetenz verfügen. Die persona-

le Kompetenz zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass die Beratungsperson der bzw. dem

Pflegebedürftigen und den pflegenden Angehörigen empathisch und offen gegenübertritt. Sie arbeitet selbständig und eigenverantwortlich und reflektiert die persönliche Beratungshaltung und deren Übereinstimmung mit dem eigenen Beratungshandeln. Die Fachkompetenz zeichnet sich durch aktuelles Wissen und praktische Erfahrungen aus der beruflichen Tätigkeit ab. Die Bera-

tungsperson kann den Beratungsprozess selbständig planen, gestalten und den Beratungsbedarf erfassen.

1 Quelle: Zentrum für Qualität in der Pflege (2016) (Hrsg.). ZQP-Perspektivenwerkstatt Qualität in der häuslichen Pflege Potenziale von Beratung und Schulung. Büscher, A. & Oetting-Roß, C.: Bericht zur Erarbeitung des Qualitätsrahmens für Beratung in der Pflege, Seite 25 - 26. Berlin, April 2016. 2 Quelle: Zentrum für Qualität in der Pflege (2016) (Hrsg.). ZQP-Perspektivenwerkstatt Qualität in der häuslichen Pflege Potenziale von Beratung und Schulung. Büscher, A. & Oetting-Roß, C.: Bericht zur Erarbeitung des Qualitätsrahmens für Beratung in der Pflege, Seite 24 - 25. Berlin, April 2016.

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Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

3.2.2 Personale und fachliche Kompetenz 2

45

4.

Prozessqualität

4.1

Inhalt der Beratungsbesuche nach § 37 Absatz 3 SGB XI

Der Beratungsbesuch beinhaltet •

die Einschätzung der Pflegesituation (Erfassung und Analyse der Ist-Situation): In der Beratungssituation ist festzustellen, ob die Pflegesituation als zufriedenstellend ge-

wertet werden kann. Dazu werden die Einschätzungen der bzw. des Pflegebedürftigen und

der Pflegeperson/en erfragt. Zudem werden in der Beratungssituation die feststellbaren

Gegebenheiten (z. B. Belastung der Pflegeperson, häusliches Umfeld, Hinweise auf Verwahrlosung, in Anspruch genommene Hilfen) erhoben.

Wenn dies aufgrund des Gesamteindrucks geboten erscheint bzw. auf Hinweise der bzw.

des Pflegebedürftigen bzw. der Pflegeperson/en oder der gesetzlichen Betreuerin bzw. des gesetzlichen

Betreuers

erfolgt

zur

Klärung

pflegerischer

Fragestellungen

eine

Inaugenscheinnahme der betroffenen Körperregion. Voraussetzung ist die Zustimmung der bzw. des Pflegebedürftigen.

Äußerungen über belastende Situationen der häuslichen Pflege und Betreuung wird mit

Nachfragen begegnet, auch zur Suche nach Anzeichen von Gewaltphänomenen. Zum Vorgehen bei einem bestehenden Gewaltverdacht können Orientierungshilfen wie z. B. die PURFAM-Checkliste

oder

herangezogen werden 3.

der

Themenreport

„Gewaltprävention

in

der

Pflege“

und je nach individueller Bedarfslage:

§ 37 Pflegegeld



Hilfestellung und praktische pflegefachliche Unterstützung; ggf. die Durchführung

einer Kurzintervention. •

Weitergabe von Informationen und von Hinweisen auf die vorhandenen Auskunfts-, Beratungs- und Unterstützungsangebote für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen

(z. B. Pflegestützpunkte, die Pflegeberatung nach § 7a SGB XI durch die jeweilige Pflegekas-

se oder die privaten Versicherungsunternehmen bzw. die Modellkommune oder ggf. weite-

re örtliche Unterstützungsangebote) und bei Bedarf eine Weitervermittlung (z. B. Pflegeberatung nach § 7a SGB XI oder Pflegekurse/Schulungen nach § 45 SGB XI).

3 PURFAM-Checkliste: https://www.hf.unikoeln.de/data/gerontologie/File/PURFAM%20Checkliste%20Pflegekraft_aktuell.pdf [letzter Zugriff am 09.05.2019] In: Zank & Schacke (2013) (Hrsg.). Abschlussbericht: Projekt Potentiale und Risiken in der familialen Pflege alter Menschen - PurFam. Online: https://www.hf.unikoeln.de/data/gerontologie/File/PURFAM%20Abschlussbericht%20Onlinefassung_2015.pdf [letzter Zugriff am 09.05.2019] ZQP Themenreport: Zentrum für Qualität in der Pflege (2015) (Hrsg.). ZQP-Themenreport. Gewaltprävention in der Pflege. Berlin, Juni 2015. Online: http://www.pflege-gewalt.de/upload/pdfs/B_TR_Gewalt_11web_vf.pdf [Zugriff am 18.09.2017]

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46

Folgende mögliche Schwerpunkte können im Beratungsbesuch thematisiert werden: •

Themenschwerpunkte des bzw. der zu Beratenden (Pflegebedürftige/Pflegepersonen),



Reflektion der Pflegesituation,



Tagesstruktur,



Selbstversorgung,



Wohnumfeld,



Verbesserung der Pflege- und Betreuungssituation,



Stabilität der häuslichen Pflegesituation,



weitere Unterstützungsangebote,



Hilfen und Informationen für Krisen- und Grenzsituationen und Gewalt in der Pflege,



Situation der Pflegeperson.

In den Beratungsbesuchen wird individuell auf die Versorgungssituation eingegangen. Von Bera-

tungsbesuch zu Beratungsbesuch können die Beratungsschwerpunkte auch bei ein und demselben

bzw. derselben Pflegebedürftigen variieren. Des Weiteren ist auf die besonderen Belange der zu

beratenden Personenkreise, z. B. Kinder, einzugehen. 4.2

Vorgehen bei nicht sichergestellter Pflege

Der Beratungsperson ist bewusst, dass die Feststellung einer nicht sichergestellten Pflege tiefgrei-

dürftigen ist zu beachten. Der Vorrang selbst organisierter häuslicher Pflege hat jedoch dort seine

Grenzen, wo bedingt durch die familiären und sozialen Verhältnisse die Pflege nicht sichergestellt ist.

Gemäß § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB XI gilt, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld seinem Um-

fang entsprechend die erforderlichen körperbezogenen Pflegemaßnahmen und pflegerischen Be-

treuungsmaßnahmen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung in geeigneter Weise selbst sicherstellt. Das heißt, er hat die in seinem individuellen Einzelfall erforderliche Pflege in den in § 14 Abs. 2 SGB

XI betroffenen Bereichen sowie die Hilfe bei der Haushaltsführung in Eigenverantwortung und Selbstbestimmung durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen. Ergeben sich für die Beratungs-

person anhand der Angaben der bzw. des Pflegebedürftigen und der Pflegeperson/en zur Pflegesi-

tuation sowie der beobachteten Gegebenheiten vor Ort Anhaltspunkte dafür, dass der bzw. die Pflegebedürftige der Verpflichtung nach § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB XI nicht nachkommt und hierdurch

mittelfristig Gefahren für Leib oder Leben des bzw. der Pflegebedürftigen eintreten können, teilt

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Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

fend in familiäre Strukturen eingreifen kann. Das Selbstbestimmungsrecht der bzw. des Pflegebe-

47

die Beratungsperson dies der Pflegekasse bzw. dem privaten Versicherungsunternehmen mit. Hierfür ist die Einwilligung des bzw. der Pflegebedürftigen erforderlich.

Erteilt die pflegebedürftige Person die Einwilligung nicht, ist jedoch nach Überzeugung der Bera-

tungsperson eine weitergehende Beratung angezeigt, übermittelt die jeweilige Beratungsstelle diese Einschätzung über die Erforderlichkeit einer weitergehenden Beratung der zuständigen Pflege-

kasse oder dem zuständigen privaten Versicherungsunternehmen. Die Pflegekasse bzw. das private

Versicherungsunternehmen hat dem bzw. der Pflegebedürftigen eine Pflegeberatung nach § 7a

SGB XI anzubieten, deren Beratungsgegenstand die weiteren Maßnahmen zur Sicherstellung der

Pflegesituation sind, wie z. B. die Inanspruchnahme von Pflegesachleistungen oder Kombinations-

leistungen nach § 38 SGB XI oder die Inanspruchnahme von Pflegekursen durch die Pflegeperson. Zur Überprüfung der Pflegebedürftigkeit schalten die Pflegekassen ggf. den MDK und die privaten

Versicherungsunternehmen den Medizinischen Dienst der privaten Pflegeversicherung ein.

Liegt darüber hinaus eine akute Gefahrensituation (Gefahr im Verzug) vor, benachrichtigt die Bera-

tungsperson unverzüglich einen Notdienst (Krankenwagen, Feuerwehr oder Polizei). Eine akute

Gefahrensituation (Gefahr im Verzug) liegt vor, wenn nach Einschätzung der Beratungsperson ein unmittelbarer Schaden für Leib oder Leben des Pflegebedürftigen droht, weshalb ein sofortiges Einschreiten notwendig erscheint. In diesem Fall teilt die Beratungsperson dies der Pflegekasse

bzw. dem privaten Versicherungsunternehmen – auch ohne Einwilligung des bzw. der Pflegebe-

dürftigen – mit. 4.3

Empfehlungen zur Verbesserung der Pflegesituation

In der Beratungssituation werden bei Bedarf Empfehlungen über die Möglichkeiten der Verbesse-

§ 37 Pflegegeld

rung der häuslichen Pflegesituation ausgesprochen. Dazu gehören insbesondere Empfehlungen •

zur Überprüfung des Pflegegrades,



zur Verbesserung der Pflegetechniken,



zur Vermeidung von Überlastung,



zur Gestaltung des Pflegemixes.

Insbesondere ist auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme weiterer Leistungen hinzuweisen. Hierzu

gehören: •

Pflegekurse/individuelle häusliche Schulungen nach § 45 SGB XI,



Leistungen der Tages- oder Nachtpflege,



Sachleistungen zur häuslichen Pflege,



Kombinationsleistung, Seite 7 von 10

48



Angebote zur Unterstützung im Alltag,



Kurzzeitpflege,



Verhinderungspflege,



Hilfs-/Pflegehilfsmittel und technische Hilfen,



Anpassung des Wohnraumes,



Hinweis auf Freistellungsmöglichkeiten nach dem Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetz,



Hinweise auf Rehabilitationsmaßnahmen,



Hinweis auf Auskunfts-, Beratungs- und Unterstützungsangebote des für sie ggf. zuständi-

gen Pflegestützpunktes und der Pflegekassen bzw. der privaten Versicherungsunternehmen sowie auf die Pflegeberatung nach § 7a SGB XI.

Weitere Anregungen können sich beziehen auf •

die Hinzuziehung des behandelnden Arztes bzw. der behandelnden Ärztin,



die Angebote anderer Leistungsträger.

4.4

Dokumentation des Beratungseinsatzes/Nachweisformular

Die Beratungsperson dokumentiert die in dem Beratungsbesuch gewonnenen Erkenntnisse über

die Sicherstellung der Pflege und Betreuung sowie über die Möglichkeiten der Verbesserung der

häuslichen Pflegesituation auf dem ihm zur Verfügung gestellten einheitlichen Formular, dessen e.

V.

mit

dem

Bundesministerium

für

Gesundheit

Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit abgestimmt wurden.

und

der

Dazu wird mit dem Formular erfasst: •

die Einschätzung der Pflege- und Betreuungssituation aus Sicht der bzw. des Pflegebedürftigen und aus Sicht der Pflegeperson/en,



wie die Pflegefachkraft die in der Beratung festgestellte Pflege- und Betreuungssituation einschätzt,



welche Empfehlungen sie ggf. zur Verbesserung der Pflege- und Betreuungssituation gegeben hat,



Einschätzung zur Sicherstellung der Pflege,



Empfehlung zur Inanspruchnahme der Pflegeberatung nach § 7a SGB XI.

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Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

Inhalte auf Grundlage dieser Empfehlung vom GKV-Spitzenverband und dem Verband der Privaten

Krankenversicherung

49

Die Beratungsperson hat die Durchführung des Beratungsbesuchs gegenüber der Pflegekasse bzw.

dem privaten Versicherungsunternehmen zu bestätigen.

Das Original des Formulars ist inklusive der Angabe zur Sicherstellung der Pflege mit Einwilligung

des bzw. der Pflegebedürftigen durch die Beratungsperson an die Pflegekasse bzw. das private Versicherungsunternehmen weiterzuleiten. Daneben können die Empfehlungen zur Verbesserung

der Pflege- und Betreuungssituation ebenfalls nur mit Einwilligung der bzw. des Pflegebedürftigen

an die Pflegekasse bzw. das private Versicherungsunternehmen weitergeleitet werden. Ein Durchschlag verbleibt jeweils bei der bzw. dem Pflegebedürftigen und einer bei der Beratungsperson.

Abweichend davon ist bei Gefahr im Verzug das Original des Formulars inklusive der Angabe zur

nicht sichergestellten Pflege – auch ohne Einwilligung des bzw. der Pflegebedürftigen – durch die

Beratungsperson an die Pflegekasse bzw. das private Versicherungsunternehmen weiterzuleiten. 5.

Ergebnisqualität

Die Ergebnisqualität beschreibt die Wirkung des Beratungsbesuchs auf die häusliche Pflege- und

Betreuungssituation.

Die Zielsetzung des Beratungsbesuchs kann nur durch ein Zusammenwirken aller Beteiligten er-

reicht werden.

Einflussfaktoren auf die Ergebnisqualität sind: •

die Akzeptanz und Mitwirkung seitens der bzw. des Pflegebedürftigen und der Pflegeper-

§ 37 Pflegegeld

son/en,



die Durchführung eines an den Bedarfen der bzw. des Pflegebedürftigen und der Pflegeperson/en ausgerichteten Beratungsbesuchs.

Maßstäbe einer guten Ergebnisqualität sind: •

die gemeinsam gefundenen Ansätze zur Stabilisierung und Verbesserung der Pflegesituation werden von dem bzw. der Pflegebedürftigen bzw. der Pflegeperson umgesetzt,



das Ergebnis der Beratung sowie die Vorschläge zur Verbesserung der häuslichen Pflegesituation sind schriftlich in dem unter Ziffer 4.4 genannten Formular dokumentiert,



die Einleitung notwendiger Maßnahmen durch die Pflegekasse bzw. das private Versicherungsunternehmen, sofern die Pflege nicht sichergestellt ist.

Seite 9 von 10

50

Gültigkeit und Dauer der Empfehlungen nach § 37 Absatz 5 SGB XI zur Qualitätssicherung

der Beratungsbesuche nach § 37 Absatz 3 SGB XI

Die vorliegenden Empfehlungen sind zum 29.05.2018 in Kraft getreten. Sie gelten bis zur

Verabschiedung neuer Empfehlungen fort. Jede Vertragspartei kann jederzeit schriftlich zur Überarbeitung der Empfehlungen aufrufen.

Gegenüberstellung der Ausgestaltungsmöglichkeiten von Beratungsanlässen

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Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

Anlage:

51

52

Beratung

eines zielgerichteten Lernprozesses (im

eines zielgerichteten Lernprozesses

- Bei Bedarf Weitervermittlung

(Lösungsorientierung)

- Durchführung einer Kurzintervention

- Problemanalyse

(Themenbereiche)

- Erfassung der Ist-Situation

der Häuslichkeit

Experten- und/oder Prozessberatung in

keiten und Fähigkeiten durch Initiierung

Beratung

- Reflexion, Evaluation und Abschluss der

Gesprächstechniken etc.)

mittlung, Schulung/Anleitung,

- Interventionsdurchführung (Wissensver-

Zielsetzung

Beratung

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- Reflexion, Evaluation und Abschluss der

-steuerung und -überwachung

- Interventionsdurchführung,

zung und einer Versorgungsplanung

- Gemeinsame Erarbeitung einer Zielset-

Problemanalyse

- Umfassende

- Umfassende Problemanalyse - gemeinsame Erarbeitung einer

Prozessberatung

nagementprozesses)

Rahmen eines Beratungs- bzw. Case Ma-

eines zielgerichteten Lernprozesses (im

Vermittlung von pflegebezogenen Fertig-

vermittlung

Weitergabe von Informationen, Wissens-

§ 7a SGB XI, § 7c SGB XI

Prozessberatung

Rahmen eines Beratungsprozesses)

keiten und Fähigkeiten durch Initiierung

Vermittlung von pflegebezogenen Fertig-

keiten und Fähigkeiten durch Initiierung

Vermittlung von pflegebezogenen Fertig-

vermittlung

Weitergabe von Informationen, Wissens-

Schulung/Anleitung

vermittlung

Weitergabe von Informationen, Wissens-

§ 45 SGB XI

Information

§ 37 Abs. 3 SGB XI

Gegenüberstellung der Ausgestaltungsmöglichkeiten von Beratungsanlässen

Anlage zu den Empfehlungen nach § 37 Absatz 5 SGB XI zur Qualitätssicherung der Beratungsbesuche nach § 37 Absatz 3 SGB XI vom 29.05.2018

§ 37 Pflegegeld

53

plus Versorgungsplanung

eines Case Managements

- Helfer zur Problemlösung - Impulsgeber - Lotse

- Helfer zur Problemlösung - Impulsgeber - Lotse

Lern- und Beratungsmethoden

- Prozessbegleiter

- Prozessbegleiter

Lern- und Beratungsmethoden

- Zuhörer

- Zuhörer

Wissensvermittler

plus Koordinierungsinstrumente

plus Versorgungsplan

Lern- und Beratungsmethoden

- Koordinierer

- Manager

- Anwalt

- Experte - Wissensvermittler

- Experte - Wissensvermittler

Experte

- Informationsquelle

- Informationsquelle

plus Fallevaluation

plus Fallsteuerung

Beratung

Ggf. Vermittlung

Informationsquelle



Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

Methoden

Beraterrollen

Case Management

Anlage zu den Empfehlungen nach § 37 Absatz 5 SGB XI zur Qualitätssicherung der Beratungsbesuche nach § 37 Absatz 3 SGB XI vom 29.05.2018

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54

Download:

Quelle:

- Begleitung

- Begleitung

www.zqp.de/wp-content/uploads/Qualitaetsrahmen_Beratung_Pflege.pdf

lungen

von Hilfen

Seite 3 von 3

- Organisation, Planung und Steuerung

lungen

- Beratung bei komplexen Problemstel-

- Beratung bei komplexen Problemstel-

Problemlösungsprozessen

Problemlösungsprozessen

tenzförderung)

- Unterstützung von Entscheidungs- und

- Unterstützung von Entscheidungs- und

- Initiierung von Lernprozessen (Kompe-

- Bearbeitung von Wissensdefiziten

Versorgungssystem

Orientierung am Ratsuchenden und am

Zentrum für Qualität in der Pflege (Hrsg.) (2016): Qualitätsrahmen für Beratung in der Pflege, S. 14.

- Initiierung von Lernprozessen

- Initiierung von Lernprozessen (Kompe-

- Bearbeitung von Wissensdefiziten tenzförderung)

- Bearbeitung von Wissensdefiziten

- Einschätzung der Pflegesituation

Orientierung am Ratsuchenden

Inhalte

zentralen Themenbereichen

Orientierung am Ratsuchenden und an

Orientierung

Anlage zu den Empfehlungen nach § 37 Absatz 5 SGB XI zur Qualitätssicherung der Beratungsbesuche nach § 37 Absatz 3 SGB XI vom 29.05.2018

§ 37 Pflegegeld

5.5 Formular in der Fassung 2019

Nachweis über einen Beratungsbesuch nach § 37 Abs. 3 SGB XI Angaben zur pflegebedürftigen Person: Pflegeversichertennummer (ggf. entspricht diese der Krankenversichertennummer) Name Vorname Geburtsdatum:

Straße

PLZ

Ort

Bei der o.a. pflegebedürftigen Person wurde am in der Zeit von

Uhr bis

Uhr ein Beratungsbesuch durchgeführt.

Hinweis: Die nachfolgenden Einschätzungen werden von der Beratungsperson dokumentiert:

2. Die Pflege- und Betreuungssituation wird aus Sicht der Beratungsperson wie folgt eingeschätzt:

3. Nach Einschätzung der Beratungsperson ist die Pflege- und Betreuungssituation sichergestellt: ☐ Ja, weil

☐ Nein,

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

1. Die Pflege- und Betreuungssituation wird aus Sicht der pflegebedürftigen Person sowie der Pflegeperson wie folgt eingeschätzt:

55

4. Werden aus Sicht der Beratungsperson Maßnahmen zur Verbesserung der Pflege- und Betreuungssituation angeregt? ☐ Nein, es werden keine Maßnahmen angeregt ☐ Ja, es werden folgende Maßnahmen angeregt: ☐ Pflegekurs/-schulung ☐ Tages-/Nachtpflege ☐ Kombinationsleistung ☐ Angebote zur Unterstützung im Alltag ☐ Verhinderungspflege ☐ Pflege-/Hilfsmittel/technische Hilfen ☐ Rehabilitationsleistungen ☐ erneute Pflegebegutachtung ☐ Weitere Maßnahmen und Erläuterungen zu o. a. Maßnahmen

☐ Pflegesachleistungen ☐ Kurzzeitpflege ☐ Wohnraumanpassung ☐ Freistellungsmöglichkeiten Pflegezeit/ Familienpflegezeit

5. ☐ Aus Sicht der Beratungsperson ist eine weitergehende Beratung nach § 7a SGB XI angezeigt.

Information

§ 37 Pflegegeld

Der Beratungsbesuch dient der Sicherung der Qualität der häuslichen Pflege und der regelmäßigen Hilfestellung und praktischen pflegefachlichen Unterstützung der häuslich Pflegenden (§ 37 Abs. 3 SGB XI). Die Durchführung des Beratungsbesuches ist gegenüber der Pflegekasse oder dem privaten Versicherungsunternehmen zu bestätigen (§§ 37 Abs. 4, 106a SGB XI). Die Weitergabe der beim Beratungsbesuch gewonnenen Erkenntnisse über die Möglichkeiten zur Verbesserung der häuslichen Pflegesituation darf an die Pflegekasse oder das private Versicherungsunternehmen und im Fall der Beihilfeberechtigung an die zuständige Beihilfefestsetzungsstelle nur mit Einwilligung der pflegebedürftigen Person vorgenommen werden. Die Datenverarbeitung dient der regelmäßigen Hilfestellung und Beratung der Pflegenden zur Sicherung der Pflegequalität. ☐ Die pflegebedürftige Person und die Pflegeperson(en) wurden auch auf die Auskunfts-, Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten der für sie zuständigen Pflegestützpunkte sowie der Pflegeberatung nach § 7a SGB XI hingewiesen. Die Daten werden nicht an Dritte weitergegeben. Die Weitergabe der beim Beratungsbesuch gemachten Einschätzungen an die Pflegekasse oder das private Versicherungsunternehmen und im Fall der Beihilfeberechtigung an die zuständige Beihilfefestsetzungsstelle ist freiwillig. Aus einer Ablehnung der Einwilligung entstehen der pflegebedürftigen Person keine Nachteile. Bei Vorliegen einer akuten Gefahrensituation (Gefahr im Verzug) erfolgt die Weitergabe der Information, dass die Pflege nicht sichergestellt ist, jedoch auch ohne die Einwilligung der/ des Pflegebedürftigen. Eine akute Gefahrensituation liegt vor, wenn nach Einschätzung der Beratungsperson ein unmittelbarer Schaden für Leib oder Leben der/ des Pflegebedürftigen droht, weshalb ein sofortiges Einschreiten notwendig erscheint. Ebenfalls nicht erforderlich ist die Einwilligung für die Weitergabe der Information, dass aus Sicht der Beratungsperson eine weitergehende Beratung angezeigt ist. Die Einwilligung in die Datenverarbeitung kann jederzeit bei der zuständigen Pflegekasse oder dem privaten Versicherungsunternehmen und im Fall der Beihilfeberechtigung bei der zuständigen Beihilfefestsetzungsstelle – auch ohne Angaben von Gründen – ganz oder teilweise schriftlich mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Nach Erhalt des Widerrufs werden die betreffenden Daten nicht mehr genutzt bzw. verarbeitet und gelöscht. Durch den Widerruf der Einwilligung wird die Rechtsmäßigkeit der aufgrund der Einwilligung bis zum Zeitpunkt des Widerrufs erfolgten Verarbeitung nicht berührt.

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Einwilligungserklärung: ☐ Ich stimme der Übermittlung der unter Ziffer 3. gemachten Angaben zur Sicherstellung der Pflege- und Betreuungssituation an meine Pflegekasse bzw. mein privates Versicherungsunternehmen zu. ☐ Ich stimme der Übermittlung der unter Ziffer 4. genannten Empfehlungen zur Verbesserung der Betreuungs- und Pflegesituation an meine Pflegekasse bzw. mein privates Versicherungsunternehmen zu. ☐ Ich wünsche eine weitergehende Pflegeberatung nach § 7a SGB XI Im Rahmen des Beratungsbesuchs kann aufgrund des Gesamteindrucks bzw. auf Hinweise der pflegebedürftigen Person bzw. der Pflegeperson oder der gesetzlichen Betreuerin bzw. des gesetzlichen Betreuers zur Klärung von pflegefachlichen Fragestellungen eine Inaugenscheinnahme von bestimmten Körperregionen durch die Beratungsperson erforderlich sein. Eine solche Inaugenscheinnahme erfolgt nur mit Einwilligung der pflegebedürftigen Person: ☐ Ich habe einer Inaugenscheinnahme zugestimmt und stimme der Übermittlung dieser Information an meine Pflegekasse bzw. mein privates Versicherungsunternehmen zu. Im Rahmen einer Pflegeberatung nach § 7a SGB XI können die beim Beratungsbesuch gewonnenen Erkenntnisse von der Pflegekasse oder dem privaten Versicherungsunternehmen für die weitere Beratung (z. B. zu Unterstützungsangeboten) verarbeitet werden: ☐ Ich stimme der Verarbeitung der übermittelten Ergebnisse des Beratungsbesuches zur Pflegeberatung nach § 7a SGB XI zu.

Ort, Datum, Unterschrift der pflegebedürftigen Person bzw. des gesetzlichen Betreuers/ des Vertreters (nicht zutreffendes streichen)

☐ Die für die/ den Pflegebedürftigen getroffenen Einschätzungen (Ziffer 1 und 2) sind nicht dokumentiert, weil die/der Pflegebedürftige der Weitergabe dieser Daten nicht zugestimmt hat. Die Einschätzungen sind auf der Ausfertigung des Nachweises über den Beratungsbesuch für den Pflegebedürftigen dokumentiert.

Stempel und Unterschrift der Beratungsperson (Pflegedienst/ anerkannte Beratungsstelle/beauftragte Pflegefachkraft/ Pflegeberater nach § 7a SGB XI/ kommunale Beratungsstelle)

IK des Pflegedienstes/ der anerkannten Beratungsstelle/der beauftragten Pflegefachkraft/ der kommunalen Beratungsstelle

Anschrift der Pflegekasse/ des privaten Versicherungsunternehmens/ der Beihilfefestsetzungsstelle:

Name gName 2

Straße

PLZ

Ort

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

☐ Eine Ausfertigung des Nachweises wurde der pflegebedürftigen Person ausgehändigt

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6 § 38a Zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen 6.1 Was ist neu? In Absatz 1, Nr. 3 ist konkretisiert worden, in welcher Weise eine Person die Wohngemeinschaft bei der hauswirtschaftlichen Versorgung unterstützen soll/darf. Der Wohngruppenzuschlag soll in Abgrenzung zu den Sachleistungen nicht für individuelle Hauswirtschaft für den einzelnen Pflegebedürftigen genutzt werden, sondern nur für gemeinsam beauftragte Hilfen bei der Haushaltsführung.

6.2 Praxis

6.3 Gesetzestext § 38a Zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen (1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf einen pauschalen Zuschlag in Höhe von 214 Euro monatlich, wenn 1. sie mit mindestens zwei und höchstens elf weiteren Personen in einer ambulant betreuten Wohngruppe in einer gemeinsamen Wohnung zum Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung leben und davon mindestens zwei weitere Personen pflegebedürftig im Sinne der §§ 14, 15 sind, 2. sie Leistungen nach den §§ 36, 37, 38, 45a oder § 45b beziehen, 3. eine Person durch die Mitglieder der Wohngruppe gemeinschaftlich beauftragt ist, unabhängig von der individuellen pflegerischen Versorgung allgemeine organisatorische, verwaltende, betreuende oder das Gemeinschaftsleben fördernde Tätigkeiten zu verrichten oder die Wohngruppenmitglieder bei der Haushaltsführung zu unterstützen, und

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

Die sprachliche Konkretisierung verdeutlicht noch einmal, dass der sogenannte Wohngruppenzuschuss nur für die Refinanzierung gemeinsamer Aufgaben und Tätigkeiten der gesamten Wohngemeinschaft gedacht ist, nicht jedoch für konkrete Hilfen für den einzelnen Pflegebedürftigen: um es mit einem Beispiel zu verdeutlichen: die Reinigung des persönlichen Zimmers (in diesem Sinne: seiner Wohnung) kann nicht durch den Zuschuss refinanziert werden, die von der Gruppe gemeinschaftliche beauftragte Reinigung der gemeinsamen Küche oder der Wocheneinkauf für die gemeinsamen Mahlzeiten schon.

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§ 38a Zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige

4. keine Versorgungsform einschließlich teilstationärer Pflege vorliegt, in der ein Anbieter der Wohngruppe oder ein Dritter den Pflegebedürftigen Leistungen anbietet oder gewährleistet, die dem im jeweiligen Rahmenvertrag nach § 75 Absatz 1 für vollstationäre Pflege vereinbarten Leistungsumfang weitgehend entsprechen; der Anbieter einer ambulant betreuten Wohngruppe hat die Pflegebedürftigen vor deren Einzug in die Wohngruppe in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass dieser Leistungsumfang von ihm oder einem Dritten nicht erbracht wird, sondern die Versorgung in der Wohngruppe auch durch die aktive Einbindung ihrer eigenen Ressourcen und ihres sozialen Umfelds sichergestellt werden kann. Leistungen der Tages- und Nachtpflege gemäß § 41 können neben den Leistungen nach dieser Vorschrift nur in Anspruch genommen werden, wenn gegenüber der zuständigen Pflegekasse durch eine Prüfung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nachgewiesen ist, dass die Pflege in der ambulant betreuten Wohngruppe ohne teilstationäre Pflege nicht in ausreichendem Umfang sichergestellt ist; dies gilt entsprechend für die Versicherten der privaten PflegePflichtversicherung.

60

7 § 45b Entlastungsbetrag 7.1 Was ist neu? In Absatz 1 nach der Aufzählung wurden Regelungen aus dem alten Absatz zwei verschoben ohne inhaltliche Änderung. In Absatz 2 ist am Ende eine neue Regelung zur Ausweisung der Leistungen ergänzt, die der späteren statistischen Erfassung dienen soll: Im Antrag (des Versicherten auf Übernahme der Kosten) sowie in der Rechnung sollen die Leistungserbringer angeben, um welche der in Absatz 1 aufgeführten Einrichtungstypen es sich handelt. Bei Pflegediensten wäre das im Regelfall die Nr. 3: Leistungen der ambulanten Pflegedienste. Falls ein Pflegedienst aber darüber hinaus auch noch eine (weitere) Zulassung nach Landesrecht (§ 45a) hat und auch darüber Leistungen erbringt, so sind diese Leistungen und diese Abrechnungen entsprechend anders zu benennen: Nr. 4: Leistungen der nach Landesrecht anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Ergänzung keinerlei Veränderungen oder Leistungshindernisse aufbauen, sondern nur Grundlagen für eine spätere Statistik schaffen.

(1) Pflegebedürftige in häuslicher Pflege haben Anspruch auf einen Entlastungsbetrag in Höhe von bis zu 125 Euro monatlich. Der Betrag ist zweckgebunden einzusetzen für qualitätsgesicherte Leistungen zur Entlastung pflegender Angehöriger und vergleichbar Nahestehender in ihrer Eigenschaft als Pflegende sowie zur Förderung der Selbständigkeit und Selbstbestimmtheit der Pflegebedürftigen bei der Gestaltung ihres Alltags. Er dient der Erstattung von Aufwendungen, die den Versicherten entstehen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von 1. Leistungen der Tages- oder Nachtpflege, 2. Leistungen der Kurzzeitpflege, 3. Leistungen der ambulanten Pflegedienste im Sinne des § 36, in den Pflegegraden 2 bis 5 jedoch nicht von Leistungen im Bereich der Selbstversorgung, 4. Leistungen der nach Landesrecht anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag im Sinne des § 45a. Die Erstattung der Aufwendungen erfolgt auch, wenn für die Finanzierung der in Satz 3 genannten Leistungen Mittel der Verhinderungspflege gemäß § 39 eingesetzt werden. Die Leistung nach Satz 1 kann innerhalb des jeweiligen Kalenderjahres in Anspruch genommen werden; wird die Leistung in einem Kalenderjahr nicht ausgeschöpft, kann der nicht verbrauchte Betrag in das folgende Kalenderhalbjahr übertragen werden.

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

7.2 Gesetzestext

61

(2) Der Anspruch auf den Entlastungsbetrag entsteht, sobald die in Absatz 1 Satz 1 genannten Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, ohne dass es einer vorherigen Antragstellung bedarf. Die Kostenerstattung in Höhe des Entlastungsbetrags nach Absatz 1 erhalten die Pflegebedürftigen von der zuständigen Pflegekasse oder dem zuständigen privaten Versicherungsunternehmen sowie im Fall der Beihilfeberechtigung anteilig von der Beihilfefestsetzungsstelle bei Beantragung der dafür erforderlichen finanziellen Mittel gegen Vorlage entsprechender Belege über entstandene Eigenbelastungen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme der in Absatz 1 Satz 3 genannten Leistungen. Für Zwecke der statistischen Erfassung bei den Pflegekassen und den privaten Versicherungsunternehmen muss auf den Belegen eindeutig und deutlich erkennbar angegeben sein, im Zusammenhang mit welcher der in Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 bis 4 genannten Leistungen die Aufwendungen jeweils entstanden sind.

§ 45b Entlastungsbetrag

(3) Der Entlastungsbetrag nach Absatz 1 Satz 1 findet bei den Fürsorgeleistungen zur Pflege nach § 13 Absatz 3 Satz 1 keine Berücksichtigung. § 63b Absatz 1 des Zwölften Buches findet auf den Entlastungsbetrag keine Anwendung. Abweichend von den Sätzen 1 und 2 darf der Entlastungsbetrag hinsichtlich der Leistungen nach § 64i oder § 66 des Zwölften Buches bei der Hilfe zur Pflege Berücksichtigung finden, soweit nach diesen Vorschriften Leistungen zu gewähren sind, deren Inhalte den Leistungen nach Absatz 1 Satz 3 entsprechen.

62

(4) Die für die Erbringung von Leistungen nach Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 bis 4 verlangte Vergütung darf die Preise für vergleichbare Sachleistungen von zugelassenen Pflegeeinrichtungen nicht übersteigen. Näheres zur Ausgestaltung einer entsprechenden Begrenzung der Vergütung, die für die Erbringung von Leistungen nach Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 durch nach Landesrecht anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag verlangt werden darf, können die Landesregierungen in der Rechtsverordnung nach § 45a Absatz 3 bestimmen.

8 § 71 Abs. 1a Pflegeeinrichtungen Neben Pflegediensten sowie zugelassenen Einrichtungen nach Landesrecht, die im Rahmen des Umwandlungsanspruchs nach § 45a Abs. 4 Sachleistungen abrechnen oder das Budget nutzen dürfen, gibt es nun einen neuen Leistungsanbieter: Betreuungsdienste. Diese dürfen allerdings nur Pflegerische Betreuungsmaßnahmen und Hilfen bei der Haushaltsführung, nicht jedoch Körperbezogene Pflegemaßnahmen (Definition siehe § 36 in Verbindung mit § 14 Abs. 2 sowie § 18 Abs. 5a, Punkt 2, siehe auch Gesetzestexte) erbringen. Alle weiteren Regelungen für die Pflegedienste sind auch auf Betreuungsdienste anzuwenden, wenn nichts anders bestimmt ist. Folglich gelten die Rahmenverträge nach § 75 auf Landesebene, aber auch die Regelungen zu Vergütungsvereinbarungen für die Betreuungsdienste sowie die Verpflichtung zum Abschluss von Pflegeverträgen nach § 120 und die Regelungen zur Qualitäts- und Abrechnungsprüfung. Lediglich bei den Qualitätsmaßstäben und damit verbunden bei den Qualitätsprüfungen sieht der Gesetzgeber explizit Änderungen vor (siehe § 112a) Bei Betreuungsdiensten können anstelle einer Pflegefachkraft auch andere Fachkräfte, die qualifiziert, fachlich geeignet und zuverlässig sein müssen, die Leitungsfunktion übernehmen. Auch für diese Leitungskräfte gelten die anderen Bestimmungen wie Berufserfahrung sowie die Nachweispflicht einer Leitungsweiterbildung im Umfang von mindestens 460 Stunden. Ergänzend dazu werden im neuen § 112a Übergangsregelungen zur Qualitätssicherung der Betreuungsdienste bestimmt, auch zur Qualifikation der verantwortlichen Fachkräfte.

8.2 Entwicklung und Modellversuch Im Referentenentwurf zum PNG 201314 wurde erstmals 2012 der Versuch unternommen, reine Betreuungsdienste zuzulassen, wobei schon damals die gleichen formalen Rahmenbedingungen geplant waren, wie sie mit dem TSVG nun umgesetzt sind (Abrechnung von Betreuung und Hauswirtschafft, andere Qualifikation als Fachkraft, 460 Std. Fortbildung). Im Gesetzgebungsverfahren des PNG wurde dieser eigenständige Versorgungsbereich erst einmal nur im Rahmen eines Modellversuchs im § 125 i. d. Fassung 2013 eingeführt. Dieser Modellversuch sollte in den Jahren 2013 und 2014 erproben, wie die Wirkung von Betreuungsdiensten sich auf die pflegerische Versorgung bezüglich der Qualität, Wirtschaftlichkeit, Inhalt der erbrachten Leistungen und Akzeptanz bei den Pflegebedürftigen auswirkt. Im Rahmen des Modellvorhabens konnten die entsprechenden Regelungen des § 71 angepasst werden. 14  R  eferentenentwurf, Stand 20.01.2012 zum PNG

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

8.1 Was ist neu?

63

§ 71 Abs. 1a Pflegeeinrichtungen 64

An dem bis 2017 laufenden Modellversuch haben letztendlich 49 Betreuungsdienste teilgenommen15. Die wissenschaftliche Begleitforschung hat neben den Betreuungsdiensten als Vergleichsgruppen auch Pflegedienste und niedrigschwellige Betreuungseinrichtungen (nach Landesrecht) in die Befragungen einbezogen, um dem Auftrag gerecht zu werden. Die Studie hat auf der Basis von drei Befragungen (pro Jahr eine Befragungsrunde) der Nutzer sowie der Dienste Erkenntnisse zur Wirkung und Wirksamkeit gesammelt. Die in der Studie eingebrachten Einrichtungen auch der Vergleichsgruppen sind in Bezug auf die Bundesländer teilweise sehr einseitig repräsentiert. Dabei ist schon methodisch zu bemängeln, dass in einigen Ländern zum Zeitpunkt der Befragung nicht alle Leistungsangebote zur Verfügung standen (siehe Abb. 4): In Baden-Württemberg und NRW wurde die Sachleistung Häusliche Betreuung, die gemäß § 124 i. d. F. 2013 bundesweit eingeführt wurde, erst Ende 2016 vertraglich und als Leistung umgesetzt, als zwei Befragungsrunden schon abgeschlossen waren. In diesen Ländern, die in der Studie mit 26 der 49 Betreuungsdienste vertreten sind, gab es keine Alternative für die Pflegebedürftigen, wenn sie Betreuungsleistungen über ihr Sachleistungsbudget abrechnen wollten, als die Angebote der neuen Betreuungsdienste. Auch Aussagen zum Kooperationsverhalten der Pflegedienste werden so sicherlich anders ausfallen, als wenn sie selbst die Möglichkeit der Abrechnung gehabt hätten. Die Mehrzahl der in die Befragung einbezogenen Pflegedienste (8 von 16) fanden sich in Sachsen, obwohl es hier nur eine teilnehmende Betreuungseinrichtung, aber kein teilnehmendes niedrigschwelliges Betreuungsangebot gab. Daher sind viele der Ergebnisse tatsächlich kritisch zu hinterfragen, gerade wenn sie im Vergleich zu anderen Angeboten bewertet werden16. Folgende Studienergebnisse sind bemerkenswert: Bei der Fragestellung der Leistungsabgrenzung hat die Studie deutlich auf eine Problematik hingewiesen, die praktisch zu erwarten ist: die Abgrenzung zu körperbezogenen Pflegemaßnahmen, insbesondere aus dem Bereich der Selbstversorgung: „Pflegerische Handlungen i. e. S. – körperbezogene Pflegemaßnahmen in der Diktion des § 36 SGB XI in der ab 1.1.2017 geltenden Fassung – werden von Betreuungskräften bei manchen Kunden durchaus häufiger durchgeführt. Dabei handelt es sich ganz überwiegend um Maßnahmen, die im Rahmen eines häuslichen Betreuungseinsatzes regelhaft erforderlich sind (Hilfe beim Toilettengang, An- und Auskleiden oder Essen und Trinken) und daher realistischerweise nicht abgetrennt werden können.“17 Zwar schreiben die Autoren weiter, dass sie sonst keine Hinweise auf systematische „Grenzüberschreitungen“ im Sinne einer unzulässigen Erbringung von Pflegeleistungen durch Betreuungsdienste gefunden 15  A  bschlussbericht der wissenschaftlichen Begleitforschung gem. § 125 SGB XI, IGES Institut 2018, S. 432 16  siehe auch Häusliche Pflege 10/2018, Heiber spricht … 17  Abschlussbericht der wissenschaftlichen Begleitforschung gem. § 125 SGB XI, IGES Institut 2018, S. 436

haben18, dabei missachten sie jedoch die Definition der „Grundpflege“, die gemäß § 124 i.d.F. 2013 nicht Bestandteil der Betreuungsleistung sein durfte. Dazu gehörten gemäß der Definition in § 14 Abs. 2 i. d. F. von 2013 auch die Hilfen bei der Mobilität. In der Gesetzesbegründung zum PNG hat der Gesetzgeber selbst diese Diskrepanz angelegt, da er einerseits festschreibt, dass die Leistungen nicht Bestandteil der Angebote der Grundpflege sein dürfen, später aber als Beispiele auch Begleitung zu Verwandten oder zum Friedhof benennt, was im Regelfall zwangsläufig auch Hilfen bei der Mobilität mit einschließt19. Betreuungsdienste Studie IGES 2018 Teilnahme bei Befragung Frühjahr 2015 PD 2 0 2 8 4 16

Abb. 4

Die Frage der Wirtschaftlichkeit wird insbesondere daran gemessen, dass immerhin ca. 30 % der Befragten die Betreuungsleistungen auch als Sachleistungen in Anspruch nahmen und so auf Pflegegeld verzichtet haben. Anderseits wird von den Betreuungsdiensten auch die unzureichende Vergütung seitens der Kostenträger als Problem erwähnt20. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass Betreuungsdienste als eigenständige Versorgungsform auch deshalb zu begrüßen sind, weil neue Leistungsanbieter eine höhere „Dynamik, Kreativität und Orientierung an den Kundenbedürfnissen entwickeln“21 werden als vorhandene wie beispielsweise die Pflegedienste. Auch 18  19  20  21 

a.a.O. PNG Gesetzentwurf BT.DRS. 17/9369, S. 53 Abschlussbericht der wissenschaftlichen Begleitforschung gem. § 125 SGB XI, IGES Institut 2018, S 437 a.a.o. S. 441

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

BD nBA Baden-Württemberg 7 5 Bayern 2 Berlin 3 Brandenburg 3 Hessen 2 Mecklenburg-Vorpommern 1 Niedersachsen 3 12 Nordrhein-Westfalen 19 9 Rheinland-Pfalz 1 Sachsen 1 0 Sachsen-Anhalt 3 9 Thüringen 1 Gesamt 46 (47) 35 BD = Betreuungsdienste, nBA: Niedrigschwerllige Betreuungsangebote, PD = Pflegedienste Zusammenstellung: A.Heiber 2019

65

die zu beobachtende Kooperationsbereitschaft der Pflegedienste wird erwähnt sowie der Aspekt, dass Betreuungsdienste ‚untypische‘ berufliche Ausgangsqualifikationen zur Betreuung gewinnen können. Daher sprechen sich die Autoren für eine Verankerung dieser Leistung als eigenständigen Bereich aus22. Auf Basis dieser Studie hat der Gesetzgeber mit dem TSVG die Betreuungsdienste geschaffen. Der Gesetzgeber erhofft sich ähnlich wie die Studienautoren eine größere Auswahlmöglichkeit und mehr Angebote gerade in unterversorgten Regionen 23.

§ 71 Abs. 1a Pflegeeinrichtungen

8.3 Viele Fragen zur praktischen Umsetzung

66

Warum ausgerechnet Betreuungsdienste eher und besser an Personal in unterversorgten Regionen kommen sollen als beispielsweise Pflegedienste, ist eine der offenen Fragen, die man sich stellen muss: Viele Pflegedienste erbringen deshalb keine oder zu wenig Leistungen im Bereich der Entlastungsleistungen oder der Sachleistung „Pflegerische Betreuung“, weil das Personal fehlt, das sie ansonsten gern anstellen würden. Auch die verhandelten Preise sind teilweise der Grund für fehlendes Interesse der Pflegedienste, das dürfte aber die Betreuungsdienste, wie in der Studie auch ausgeführt, ebenfalls betreffen. Den Aspekt, dass neue Wettbewerber mehr Schwung bringen, kann man annehmen. Aber der Gesetzgeber hat in keiner Weise auf die drohenden und in der Studie auch beschriebenen Konflikte zur Abgrenzung der körperbezogenen Pflegemaßnahmen reagiert. Formal dürfen die Betreuungsdienste keinerlei körperbezogene Pflegemaßnahmen erbringen, also auch keine Hilfen bei der Mobilität. Selbst die Leistungen der Entlastungsleistung nach § 45b Abs. 1, Satz 3, Nr. 3 erlauben die Erbringung von Leistungen der Mobilität gemäß § 14 Abs. 2 Punkt 1. Wie soll praktisch eine pflegerische Betreuung funktionieren ohne Hilfen beim Aufstehen oder Gehen und ohne Toilettengänge? Muss dann jedes Mal der/ein Pflegedienst kommen? Nach der langen Modellversuchszeit sowie den klaren Hinweisen aus dem Gutachten hätte man sich hier eine praxistaugliche gesetzgeberische Regelung von Beginn an gewünscht. Spätestens bei durchzuführenden Qualitätsprüfungen muss es hier Probleme geben, wenn die Prüfer feststellen müssen, dass die Betreuungsdienste Leistungen erbringen, zu denen sie vertraglich nicht zugelassen sind. Daneben ergeben sich weitere Fragen: Pflegedienste müssen zu Beginn der Versorgung nicht nur einen Pflegevertrag abschließen, sondern im Rahmen des Erstgesprächs eine umfassende Anamnese und Pflege bzw. Maßnahmenplanung einschließlich Beratung zu den gefundenen Problemfeldern durchführen. Betreuungsdienste müssen keine Pflegefachkräfte als Leitungskräfte beschäftigen. Sie sind daher formal gar nicht in der Lage, Erstgespräche im Sinne der jeweiligen Leistungskataloge durchzuführen, müssen aber gleichzeitig Pflegeverträge 22  a .a.O. S. 441 – 442 23  Bt-Drs. 19/6337, S. 153

Wer darf was im Rahmen der Pflegeversicherung abrechnen? Pflegedienst Betreuungs- Angebote nach dienst § 71 Landesrecht Abs. 1a Sachleistungen Hilfen bei der Mobilität x – – Selbstversorgung x – – (Körperpflege) Pflegerische Betreuung x x bis 40 % Hilfen bei der Haushaltsx x bis 40 % führung Kostenerstattungs­ leistungen Verhinderungspflege (mit x x x allen Inhalten) Entlastungsleistung § 45b x (x) ? x

nicht zugelassene Dienstleister – – – –

x – Abb. 5

24  siehe Gesetzesbegründung PNG 2013; BT-Drs. 17/9369, S. 41

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

abschließen. Das heißt: Bei Pflegebedürftigen, die nur von Betreuungsdiensten Sachleistungen beziehen, kann keine pflegerische Beratung durch die Betreuungseinrichtung stattfinden. Sie kann nur freiwillig im Rahmen von Beratungsbesuchen nach § 37.3 durch Pflegedienste oder zugelassene Beratungsstellen oder über die Pflegeberatung nach § 7a erfolgen, aber nicht systematisch. Sind mehrere Dienstleister (Pflegedienst und Betreuungsdienst) bei einem Pflegebedürftigen aktiv, ist nicht geregelt, wer in welcher Höhe das Budget abrechnen darf und wer ansonsten eine Eigenanteilsrechnung zu stellen hat. Was zwangsläufig dazu führen wird, dass es hier Diskussionen und Probleme geben muss, die der Pflegebedürftige ‚ausbaden‘ muss. Auch wenn beide Anbieter in ihren Kostenvoranschlägen nach § 120 Abs. 3 nachfragen, wer noch abrechnet und den Nutzungsgrad angeben müssen (siehe § 120), so gibt es für den Pflegebedürftigen keine ‚Gesamtrechnung‘, sondern je nach Situation zumindest programmierte Missverständnisse. Eine ähnliche Konstellation (Abrechnung des gleichen Budgets) gab es zeitweise bei der Nutzung der ambulanten Sachleistungen durch die Tagespflege, was der Gesetzgeber mit einer gesetzlichen Klarstellung im PNG über den damaligen § 42 Abs. 7 geregelt hat24. Weiterhin dürfen nach dem Wortlaut des Gesetzes Betreuungsdienste (nach § 71, 1a) keine Entlastungsleistungen abrechnen. Denn lt. Gesetzestext dürfen dies nur Pflegedienste, die in § 71 Abs. 1 definiert sind. Für den Versicherten wird es damit noch unübersichtlicher bei der Frage, welcher Dienstleister darf welche Leistungen erbringen und abrechnen: Die Tabelle zeigt einmal die aktuelle Situation aufgrund der gesetzlichen Regelungen:

67

§ 71 Abs. 1a Pflegeeinrichtungen 68

Während Pflegedienste alles erbringen und abrechnen dürfen, können alle anderen Dienstleister nur eingeschränkte Leistungen anbieten. Das wird in der Beratung dann schwierig, wenn Leistungsgrenzen verschwimmen wie es zwangsweise bei der Mobilität passieren wird, ebenso bei der Frage der Toilettengänge im Rahmen einer stundenweisen Betreuung. Bleibt hier die klare Grenze nicht erhalten, dann können genau die Billigpflegedienste entstehen, die gewollt oder geduldet Leistungen erbringen, die ansonsten richtigen Pflegediensten vorbehalten sind. Spätestens im Rahmen der Qualitätsprüfungen müsste das auffallen und zu Konsequenzen führen. Über den neu eingefügten § 112a sollen Übergangsregelungen zur Qualitätssicherung der Betreuungsdienste vom Spitzenverband Bund der Pflegekassen bis zum 31.07.2019 erlassen werden. Da sie anschließend vom Bundesministerium für Gesundheit genehmigt werden müssen, liegen sie zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Buches noch nicht vor. Die Übergangsrichtlinien sollen Anforderungen an das Qualitätsmanagement und die Qualitätssicherung für ambulante Betreuungsdienste enthalten. Eine Qualitätsberichterstattung zu Betreuungsdiensten findet übergangsweise nicht statt, bis sowohl für die Pflege- als auch Betreuungsdienste ein neues Qualitätsprüfungssystem nach § 113b Abs. 4 Satz 2, Nr.1 eingeführt worden ist (ein neues Prüfungssystem analog dem aktuell stationär einzuführenden Indikatorenmodell). In der Praxis werden die Betreuungsdienste ebenso wie Pflegedienste geprüft, einschließlich der Abrechnungsprüfung. Spätestens hier wird zu beobachten sein, ob die Prüfer tatsächlich auch Leistungsüberschreitungen wegen der vertragswidrigen Erbringung von körperbezogenen Pflegemaßnahmen dokumentieren und die Pflegekassen darauf reagieren werden. Die gesetzliche Grundlage lässt aber kein anderes Handeln erwarten.

8.4 Gesetzestext § 71 Pflegeeinrichtungen (1) Ambulante Pflegeeinrichtungen (Pflegedienste) im Sinne dieses Buches sind selbständig wirtschaftende Einrichtungen, die unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft Pflegebedürftige in ihrer Wohnung mit Leistungen der häuslichen Pflegehilfe im Sinne des § 36 versorgen. (1a) Auf ambulante Betreuungseinrichtungen, die für Pflegebedürftige dauerhaft pflegerische Betreuungsmaßnahmen und Hilfen bei der Haushaltsführung erbringen (Betreuungsdienste), sind die Vorschriften dieses Buches, die für Pflegedienste gelten, entsprechend anzuwenden, soweit keine davon abweichende Regelung bestimmt ist.

(3) Für die Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft im Sinne von Absatz 1 und 2 ist neben dem Abschluss einer Ausbildung als 1. Gesundheits- und Krankenpflegerin oder Gesundheits- und Krankenpfleger, 2. Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin oder Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger oder 3. Altenpflegerin oder Altenpfleger eine praktische Berufserfahrung in dem erlernten Ausbildungsberuf von zwei Jahren innerhalb der letzten acht Jahre erforderlich. Bei ambulanten Pflegeeinrichtungen, die überwiegend behinderte Menschen pflegen und betreuen, gelten auch nach Landesrecht ausgebildete Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger sowie Heilerzieherinnen und Heilerzieher mit einer praktischen Berufserfahrung von zwei Jahren innerhalb der letzten acht Jahre als ausgebildete Pflegefachkraft. Bei Betreuungsdiensten kann anstelle der verantwortlichen Pflegefachkraft eine entsprechend qualifizierte, fachlich geeignete und zuverlässige Fachkraft mit praktischer Berufserfahrung im erlernten Beruf von zwei Jahren innerhalb der letzten acht Jahre (verantwortliche Fachkraft) eingesetzt werden. Die Rahmenfrist nach den Sätzen 1, 2 oder 3 beginnt acht Jahre vor dem Tag, zu dem die verantwortliche Pflegefachkraft im Sinne des Absatzes 1 oder 2 bestellt werden soll. Für die Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft ist ferner Voraussetzung, dass eine Weiterbildungsmaßnahme für leitende Funktionen mit einer Mindeststundenzahl, die 460 Stunden nicht unterschreiten soll, erfolgreich durchgeführt wurde. Anerkennungen als verantwortliche Fachkraft, die im Rahmen der Durchführung des Modellvorhabens zur Erprobung von Leistungen der häuslichen Betreuung durch Betreuungsdienste erfolgt sind, gelten fort. Für die Anerkennung einer verantwortlichen Fachkraft ist ferner ab dem 1. Juni 2021 ebenfalls Voraussetzung, dass eine Weiterbildungsmaßnahme im Sinne von Satz 5 durchgeführt wurde. § 112a Übergangsregelung zur Qualitätssicherung bei Betreuungsdiensten (1) Bis zur Einführung des neuen Qualitätssystems nach § 113b Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 gelten für die Betreuungsdienste die Vorschriften des Elften Kapitels für ambulante Pflegedienste nach Maßgabe der folgenden Absätze.

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

(2) Stationäre Pflegeeinrichtungen (Pflegeheime) im Sinne dieses Buches sind selbständig wirtschaftende Einrichtungen, in denen Pflegebedürftige: 1. unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft gepflegt werden, 2. ganztägig (vollstationär) oder tagsüber oder nachts (teilstationär) untergebracht und verpflegt werden können.

69

(2) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen beschließt bis zum 31. Juli 2019 unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen und des Prüfdienstes des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. Richtlinien zu den Anforderungen an das Qualitätsmanagement und die Qualitätssicherung für ambulante Betreuungsdienste. Dabei sind die in dem Modellvorhaben zugrunde gelegten Vorgaben zu beachten. Die auf Bundesebene maßgeblichen Organisationen für die Wahrnehmung der Interessen und der Selbsthilfe der pflegebedürftigen und behinderten Menschen wirken nach Maßgabe von § 118 bei der Erarbeitung oder bei einer Änderung des Beschlusses mit.

§ 71 Abs. 1a Pflegeeinrichtungen

(3) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen hat die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene, die Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene, den Verband der privaten Krankenversicherung e. V. sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und die kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene bei der Erarbeitung oder bei einer Änderung des Beschlusses zu beteiligen. Ihnen ist innerhalb einer angemessenen Frist vor der Beschlussfassung und unter Übermittlung der hierfür erforderlichen Informationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung über den Inhalt der Richtlinien einzubeziehen. (4) Die Richtlinien sind durch das Bundesministerium für Gesundheit zu genehmigen. Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit sind innerhalb der von ihm gesetzten Frist zu beheben. (5) Eine Qualitätsberichterstattung zu Betreuungsdiensten findet in der Übergangszeit bis zur Einführung des neuen Qualitätssystems nach § 113b Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 nicht statt. (6) Die Qualitätsprüfungs-Richtlinien des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen sind unverzüglich im Anschluss an den Richtlinienbeschluss nach Absatz 2 Satz 1 entsprechend anzupassen.

Weitere Auszüge (relevante Textteile unterlegt) § 36 Pflegesachleistung

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(1) Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 haben bei häuslicher Pflege Anspruch auf körperbezogene Pflegemaßnahmen und pflegerische Betreuungsmaßnahmen sowie auf Hilfen bei der Haushaltsführung als Sachleistung (häusliche Pfle-

gehilfe). Der Anspruch umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 genannten Bereichen Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen und psychische Problemlagen, Selbstversorgung, Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen sowie Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte. (2) Häusliche Pflegehilfe wird erbracht, um Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten des Pflegebedürftigen so weit wie möglich durch pflegerische Maßnahmen zu beseitigen oder zu mindern und eine Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit zu verhindern. Bestandteil der häuslichen Pflegehilfe ist auch die pflegefachliche Anleitung von Pflegebedürftigen und Pflegepersonen. Pflegerische Betreuungsmaßnahmen umfassen Unterstützungsleistungen zur Bewältigung und Gestaltung des alltäglichen Lebens im häuslichen Umfeld, insbesondere 1. bei der Bewältigung psychosozialer Problemlagen oder von Gefährdungen, 2. bei der Orientierung, bei der Tagesstrukturierung, bei der Kommunikation, bei der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte und bei bedürfnisgerechten Beschäftigungen im Alltag sowie 3. durch Maßnahmen zur kognitiven Aktivierung.

(2) Maßgeblich für das Vorliegen von gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten sind die in den folgenden sechs Bereichen genannten pflegefachlich begründeten Kriterien: 1. Mobilität: Positionswechsel im Bett, Halten einer stabilen Sitzposition, Umsetzen, Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs, Treppensteigen; 2. kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld, örtliche Orientierung, zeitliche Orientierung, Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen, Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen, Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben, Verstehen von Sachverhalten und Informationen, Erkennen von Risiken und Gefahren, Mitteilen von elementaren Bedürfnissen, Verstehen von Aufforderungen, Beteiligen an einem Gespräch; 3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten, nächtliche Unruhe, selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten, Beschädigen von Gegenständen, physisch aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen, verbale Aggression, andere pflegerelevante vokale Auffälligkeiten, Abwehr pflegerischer und anderer unterstützender Maßnahmen, Wahnvorstellungen, Ängste, Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage, sozial inadäquate Verhaltensweisen, sonstige pflegerelevante inadäquate Handlungen;

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

§ 14 Begriff der Pflegebedürftigkeit

71

§ 71 Abs. 1a Pflegeeinrichtungen 72

4. Selbstversorgung: Waschen des vorderen Oberkörpers, Körperpflege im Bereich des Kopfes, Waschen des Intimbereichs, Duschen und Baden einschließlich Waschen der Haare, An- und Auskleiden des Oberkörpers, An- und Auskleiden des Unterkörpers, mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und Eingießen von Getränken, Essen, Trinken, Benutzen einer Toilette oder eines Toilettenstuhls, Bewältigen der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma, Bewältigen der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma, Ernährung parenteral oder über Sonde, Bestehen gravierender Probleme bei der Nahrungsaufnahme bei Kindern bis zu 18 Monaten, die einen außergewöhnlich pflegeintensiven Hilfebedarf auslösen; 5. Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen: a) in Bezug auf Medikation, Injektionen, Versorgung intravenöser Zugänge, Absaugen und Sauerstoffgabe, Einreibungen sowie Kälte- und Wärmeanwendungen, Messung und Deutung von Körperzuständen, körpernahe Hilfsmittel, b) in Bezug auf Verbandswechsel und Wundversorgung, Versorgung mit Stoma, regelmäßige Einmalkatheterisierung und Nutzung von Abführmethoden, Therapiemaßnahmen in häuslicher Umgebung, c) in Bezug auf zeit- und technikintensive Maßnahmen in häuslicher Umgebung, Arztbesuche, Besuche anderer medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, zeitlich ausgedehnte Besuche medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, Besuch von Einrichtungen zur Frühförderung bei Kindern sowie d) in Bezug auf das Einhalten einer Diät oder anderer krankheits- oder therapiebedingter Verhaltensvorschriften; 6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen, Ruhen und Schlafen, Sichbeschäftigen, Vornehmen von in die Zukunft gerichteten Planungen, Interaktion mit Personen im direkten Kontakt, Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds.

§ 18 Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit (5a) 2. Haushaltsführung: Einkaufen für den täglichen Bedarf, Zubereitung einfacher Mahlzeiten, einfache Aufräum- und Reinigungsarbeiten, aufwändige Aufräumund Reinigungsarbeiten einschließlich Wäschepflege, Nutzung von Dienstleistungen, Umgang mit finanziellen Angelegenheiten, Umgang mit Behördenangelegenheiten. Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen wird ermächtigt, in den Richtlinien nach § 17 Absatz 1 die in Satz 3 genannten Kriterien pflegefachlich unter Berücksichtigung der Ziele nach Satz 2 zu konkretisieren.

§ 45b Entlastungsbetrag

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

(1) Pflegebedürftige in häuslicher Pflege haben Anspruch auf einen Entlastungsbetrag in Höhe von bis zu 125 Euro monatlich. Der Betrag ist zweckgebunden einzusetzen für qualitätsgesicherte Leistungen zur Entlastung pflegender Angehöriger und vergleichbar Nahestehender in ihrer Eigenschaft als Pflegende sowie zur Förderung der Selbständigkeit und Selbstbestimmtheit der Pflegebedürftigen bei der Gestaltung ihres Alltags. Er dient der Erstattung von Aufwendungen, die den Versicherten entstehen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von 1. Leistungen der Tages- oder Nachtpflege, 2. Leistungen der Kurzzeitpflege, 3. Leistungen der ambulanten Pflegedienste im Sinne des § 36, in den Pflegegraden 2 bis 5 jedoch nicht von Leistungen im Bereich der Selbstversorgung, 4. Leistungen der nach Landesrecht anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag im Sinne des § 45a.

73

9 § 89 SGB XI Grundsätze für die Vergütungsregelung und § 132a SGB V 9.1 Was ist neu? In diesem Kapitel werden die neuen Regelungen aus dem SGB V und SGB XI gemeinsam erläutert, weil sie teilweise wortgleich sind und der Gesetzgeber sie selbst miteinander verknüpft hat. Es geht um folgende Neuerungen: –– Vergütungshöhe: Nun ist auch im SGB V geregelt, dass die Bezahlung von Gehältern bis zur Höhe tarifvertraglich vereinbarter Vergütungen sowie entsprechender Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen nicht als unwirtschaftlich abgelehnt werden können. Dies bedingt auch eine Nachweispflicht, wie sie im SGB XI über § 84 Abs. 7 geregelt ist. –– Berücksichtigung längere Wegezeiten, insbesondere im Ländlichen Raum: Hier hat der Gesetzgeber sogar geregelt, dass die Vergütungsvereinbarungen nach SGB XI die Inhalte der Bundes-Rahmenempfehlungen nach § 132a Abs. 1 zu diesem Punkt zu berücksichtigen haben, die bis zum 30.06.2019 zu verabschieden sind.

Ambulante Pflegedienste sind von ihrem Leistungsspektrum her immer ‚gemischte‘ Einrichtungen mit mindestens drei verschiedenen Kostenträgern und entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen, denn sie erbringen im Normalfall folgende Leistungen: –– Sachleistungen nach SGB XI, –– Leistungen der Behandlungspflege (§ 37) nach SGB V, –– weitere Leistungen wie Kostenerstattungsleistungen (§§ 39/45b SGB XI) oder andere Privatleistungen. Seit langer Zeit hat das Bundessozialgericht ausgehend von den grundlegenden Urteilen aus dem Jahr 200925 festgestellt, dass eine tariflich bedingte Vergütung wirtschaftlich ist und somit nicht mehr über den externen Vergleich zu prüfen ist. Der Gesetzgeber hat diese Rechtsprechung dann schrittweise ins SGB XI überführt, zuletzt mit dem PSG III26. Nun können die Pflegedienste in Vergütungsverhandlungen SGB XI zwar die Personalkosten bis zur Höhe tariflich vereinbarter 25  a mbulant: BSG 19.12.2009 B 3 P 3/08 R 26  ausführlich siehe Heiber,PSG III 2017, S. 77 ff.

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

9.2 Einheitliche Grundlagen für die Vergütungshöhe

75

§ 89 SGB XI Grundsätze 76

Vergütungen durchsetzen (was sich in der Praxis allerdings oft als schwierig erweist), aber im SGB V fehlte eine entsprechende Regelung. Da die Mitarbeiter aber in allen Bereichen arbeiten, konnte man schlecht eine Vergütungserhöhung nur für die Arbeitszeit vereinbaren, die nach SGB XI finanziert wurde. Trotzdem haben die Krankenkassen diese Argumente in ihren Vergütungsverhandlungen oftmals nicht berücksichtigt. Auch das BSG hat in seiner ständigen Rechtsprechung klargestellt, dass es keine Unterscheidung zwischen SGB XI und V sieht und daher die Grundsätze zur Ermittlung einer leistungsgerechten Vergütung aus dem SGB XI auf Verträge nach § 132a übertragen hat27. Daher ist die gesetzliche Klarstellung im SGB V nur folgerichtig. Insbesondere war es notwendig, die in der Praxis immer als Bremsklotz fungierende Regelung der Beitragssatzstabilität aus dem § 71 SGB V für diese Fälle auszusetzen: Vergütungserhöhungen über die Grundlohnsummensteigerung hinaus wurden, auch wenn sie aus Personalkostensteigerungen resultierten, meist mit Hinweis auf die Grundsätze zur Beitragsstabilität abgelehnt. Nun gilt dieser auch für die Krankenkassen einfache Prüfmaßstab nicht mehr: Nachvollziehbare (auch angekündigte und in jedem Fall nachweisbare Vergütungssteigerungen) müssen als wirtschaftlich anerkannt werden. Erhöht oder plant ein Pflegedienst beispielsweise die Vergütung seiner Mitarbeiter zu erhöhen, sei es aus Wettbewerbsgründen, wegen tarifvertraglicher Vereinbarungen, zum Nachholen ausgelassener Vergütungssteigerungen oder aus anderen Gründen, so ist diese Erhöhung ein Grund für die Steigerung der Vergütung und kann nicht mehr mit Verweis auf die Wirtschaftlichkeit (Beitragssatzstabilität etc.) abgelehnt werden. Zumindest ist so die Rechtsgrundlage für bessere Verhandlungen geschaffen worden. Wegen der unterschiedlichsten ‚Vergütungswerke‘ der Pflegedienste (z. B. AVR, Tarifverträge etc.28) wird es dauerhaft nicht mehr plausibel sein, dass für alle Pflegeeinrichtungen die gleichen Vergütungssätze gelten: Die Verträge nach § 132a wurden bisher von den Krankenkassenverbänden oftmals auf Landesebene einheitlich für alle Dienste vereinbart. Zukünftig könnte und müsste logischerweise auch hier eine Differenzierung nach Tarifgruppen/Vergütungsgruppen vorgenommen werden, wie es im SGB XI in einzelnen Ländern wie Rheinland-Pfalz schon zu beobachten ist. Solange es keine bundesweit einheitliche Bezahlung gibt (selbst die Tarif- und Vergütungsvereinbarungen der Wohlfahrtsverbände weisen große Unterschiede auf29), bleibt nur der aufwendigere Weg über differenziertere Verträge. Der Weg über Einzelverhandlungen im SGB V ist theoretisch und praktisch für jede Einrichtung möglich, wegen der hier noch vorhandenen Schiedspersonenregelung allerdings sehr steinig30, wo27  s iehe BSG 23.06.2016, B 3 KR 25/15 R, RZ 35 28  a usführlich auf über 60 Seiten dargestellt im Rahmen der Konzertieren Aktion Pflege (KAP), Arbeitsgruppe 5, Anlagen 2 und 3; https://www.bundesgesundheitsministerium.de/konzertierte-aktion-pflege.html/Stand 10.08.2019 29  siehe KAP, Arbeitsgruppe 5 30  Häusliche Pflege, 3/2019, S. 11

bei gegen diese Regelung eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht für 2019 anhängig ist.

Der Aufwand für die Wege zum Kunden ist ein wesentlicher Kostenfaktor. Als Wegezeiten werden nicht nur die reinen Fahrtzeiten, sondern auch die Wege vom Auto zum Haus bzw. zur Wohnung definiert31. In der Pflegeversicherung liegt der Wegezeitanteil bei ca. 25 %, bei der Krankenversicherung eher bei 50 %32: Je kürzer die Einsätze, desto höher ist der Wegezeitanteil: eine Wegezeit von 7 Minuten für einen Einsatz mit einer Medikamentengabe von 5 Minuten bedingt eine andere Wertigkeit als eine Wegezeit von 7 Minuten für einen Körperpflegeeinsatz von 30 Minuten. Dabei ist die Wegezeit im ländlichen Raum nicht automatisch höher als im großstädtischen Umfeld: Der längere Weg wird in der Stadt oft mit Parkplatzsuche und dem Erreichen des 4. Stocks ‚kompensiert‘. Trotzdem ist es gerade im ländlichen Raum wirtschaftlich kaum sinnvoll, für eine Medikamentengabe 15 Minuten Wegezeit für einen Weg aufzuwenden, wenn die Vergütung dafür nicht leistungsgerecht ist. Dabei ist die Wegezeit (anders als die Leistungszeit für eine konkrete Leistung) relativ einfach zu kalkulieren, denn sie besteht nur aus nachvollziehbarer Arbeitszeit (die auch über Routenplanerprogramme etc. plausibilisiert werden könnte) sowie den Sachkosten. Bei den Sachkosten sind allerdings im SGB XI nur die reinen Verbrauchskosten zu berücksichtigen (Kraftstoff, Steuer, Versicherung), weil die anderen Kosten investive Kosten gemäß § 82 Abs. 1 SGB XI sind und über Zuschüsse oder eine (private) Weiterberechnung zu refinanzieren sind (§ 82 Abs. 4), während diese Kosten in der Krankenversicherung ebenfalls direkt von der Krankenkasse finanziert werden33. Daher müssten folglich die Wegepauschalen im SGB V höher sein als im SGB XI. Wollte man längere Wegezeiten im Einzelfall berücksichtigen, dann müsste das Vergütungssystem (sowohl SGB V als auch XI) die Wegefinanzierung separat als eigenständige Position ausweisen. Ist die Vergütung der Wegezeit als separate Pauschale mit einen Preis vereinbart, könnte man diese Position für Pflegedienste mit nachweisbar längeren Wegezeiten einfach entsprechend erhöhen oder gleich individuell verhandeln. Aber dank des förderalen Systems in Deutschland haben wir sowohl im Bereich SGB XI als auch SGB V die unterschiedlichsten Vergütungsvarianten, auch bei den Wegepauschalen34, die eine einfache Umsetzung der veränderten Rechtslage(wie beschrieben) gar nicht zulassen. 31  H  eiber/Nett Kostenrechnung und Preiskalkulation 2013; S. 53 32  Heiber: Wegezeiten: Die unterschätzten Kostenfaktoren; Carekonkret, Wochenzeitung, Ausgabe 15.11.2002, Hannover 33  Ausführlich Heiber: Kostenrechnung und Vergütungsverhandlung 2017, S. 18 ff. 34  ausführlich mit Preisen für 2018: Heiber: Leistungskataloge und Vergütungen SGB XI 2018; 2019

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

9.3 Vergütung längerer Wegezeiten

77

§ 89 SGB XI Grundsätze 78

Vergleich der Leistungskataloge SGB XI Wegekosten der Bundesländer in der Studie © System & Praxis, A.Heiber, Stand August 2019 (Preise einer kirchlichen Wohlfahrtseinrichtung; Quelle: www.pflegelotse.de; Stand 11.08.2019) Wegekosten Wegekosten Bewer- EinPreis bes. HP bei kombinierten Einsätzen SGB V tung schränkungen Badenfest Pro Einsatz 4,22 € reduziert 2,38 € Württemberg pro Einsatz Bayern Wohlfahrt fest pro Einsatz 4,54 € reduziert 2,27 € pro Einsatz Bayern Privat fest pro Einsatz 4,52 € reduziert 2,26 € pro Einsatz Berlin Punkte pro Einsatz 3,56 € keine – Regelung Brandenburg Punkte pro Einsatz 4,23 € reduziert 2,11 € pro Einsatz Bremen Punkte max. 3 Einsätze 3,55 € keine – Regelung Hamburg Punkte pro Einsatz 3,25 € reduziert 1,63 € pro Einsatz Hessen: fest pro Einsatz 6,52 € reduziert 3,26 € Leistungskomplexe pro Einsatz Hessen: Zeitmodell fest pro Einsatz 5,24 € reduziert 2,62 € pro Einsatz MecklenburgPunkte pro Einsatz 4,49 € reduziert 2,25 € Vorpommern pro Einsatz Niedersachsen fest pro Einsatz 4,65 € reduziert 2,33 € pro Einsatz Nordrheinfest pro Einsatz, max. 3,90 € 5,45 € keine Regelung Westfalen 2 x; 2 verschiede– ne Pauschalen Rheinland-Pfalz fest max. 3 Einsätze 6,18 € reduziert3,09 € pro Einsatz Saarland keine gesonderte Vergütung keine – Regelung Sachsen-Anhalt keine gesonderte Vergütung keine – Regelung Sachsen keine gesonderte Vergütung keine – Regelung Schleswig-Holstein Punkte max. 2 Einsätze 4,49 € keine – Regelung Thüringen keine gesonderte Vergütung keine – Regelung Abb. 6 Quelle: Heiber: Leistungskataloge und Vergütungen SGB XI 2018: ein bundesweiter Vergleich – Studie, S. 136, aktualisiert auf 2019

Nur in den 4 Ländern/6 Katalogen mit Preisen pro Weg ohne Deckelung lässt sich eine differenzierte Regelung leicht umsetzen. In den Katalogen, in denen die Wegepauschalen mit Punktmengen definiert sind, ist der Preis zwangsläufig an den Punktwert gekoppelt und nicht einzeln verhandelbar. In Katalogen mit einer Deckelung der Abrechenbarkeit stellt sich die Frage, wie sich diese Deckelung auf die tatsächlichen Preise (wegen der potenziellen Menge der Einsätze pro Tag) auswirkt. In den vier Ländern mit Katalogen ohne ausgewiesene Wegepauschalen lässt sich der gesetzgeberische Wille kaum umsetzen, da der Wegekostenanteil in den Leistungen weder klar definierbar noch ein höherer Wegeaufwand transparent einzupreisen ist. Ohne Änderung der Regelungen der Wegepauschalen wird es in vielen Ländern sehr schwierig sein, die gesetzgeberische Intention umzusetzen. Im Bereich SGB V ist die Vielfalt ebenfalls groß (siehe Abb. 7) Vorweg bemerkt: Da nach § 132a SGB V die jeweiligen Krankenkassen die Vertragspartner sind (und nicht wie im SGB XI die Landesverbände der Pflegekassen gemeinsam), gibt es im SGB V auch innerhalb der Bundesländer je nach Kassenart verschiedene Verträge (z. B. in Baden-Württemberg, Hamburg oder Berlin). Hier sind sie nur dann aufgeführt, wenn sich auch die Katalogstrukturen unterscheiden, wie es in Hamburg der Fall ist. 1. Ausgewiesene Wegepauschalen: in 13 Ländern/Katalogen 2. Leistungsgruppen einschließlich Wegekosten: in 5 Ländern/Katalogen. Zumindest die Kataloge, in denen die Preise Bestandteil der Pauschalleistung sind, müssten verändert werden, um die Wegekosten zu differenzieren.

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

Im SGB XI gibt es folgende Varianten (bei 18 Katalogen, siehe Abb. 6): 1. Preise pro Einsatz in Euro: in 6 Katalogen/Ländern (Baden-Württemberg, Bayern (Wohlfahrt und Privat), Hessen (beide Kataloge), Niedersachsen) 2. Preise pro Einsatz in Euro mit Deckelung der Menge: 2 Kataloge/Länder (Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz) 3. Preise ermittelt über Punktwert: 4 Kataloge/Länder (Berlin, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern) 4. Preise ermittelt über Punktwert mit Deckelung: 2 Kataloge/Länder (Bremen, Schleswig-Holstein) 5. Kataloge ohne ausgewiesene Wegepauschalen = Wegekosten sind kalkulatorisch Bestandteil jeder Leistung: 4 Kataloge/Länder (Saarland, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen)

79

§ 89 SGB XI Grundsätze

Leistungskataloge der Bundesländer Vertragsregeln SGB V (© System & Praxis, A.Heiber, Stand Juni 2018) Bundesland Einzelleis- Leistungstung gruppen BadenWürttemberg x Bayern Wohlfahrt x Bayern Privat x Berlin x Brandenburg x Wohlfahrt Bremen x Hamburg AOK/IKK/ x BKK Hamburg VDEK x Hessen Module x Hessen x Zeitabrechnung Meckl.-Vorpommern x Niedersachsen x Nordrhein-Westfalen x Rheinland-Pfalz x Saarland x Sachsen x Sachsen-Anhalt x Schleswig-Holstein x Thüringen x

80

Wege­ pauschale

SGB XI Preis Wege- Wege­ pauschale pauschale

x x

5,32€ 5,32€

4,40€ 4,40€

x

4,62€

4,09€

x

4,04€

3,41€

x x x

6,84€ 6,47€ 6,47€

3,14€ 6,00€ 5,00€

x x

4,53€ 4,06€

4,24€ 3,95€

x x

5,95€ 3,47€

5,95€

x

2,58€

x

3,73€

4,38€

Abb. 7 Quelle: Heiber: Leistungskataloge und Vergütungen SGB XI 2018: ein bundesweiter Vergleich – Studie, S. 160

Die Wegepauschalen im SGB V müssen wegen der hier mit zu finanzierenden Investitionskosten höher sein als im SGB XI, was auch in fast allen Katalogen mit separaten Preisen (bis auf Rheinland-Pfalz) der Fall ist Bei kombinierten Einsätzen (also wenn in einem Einsatz sowohl Leistungen von SGB XI als auch SGB V erbracht werden) sind zwei Kostenträger für die Finanzierung zuständig, aber die Wegekosten entstehen nur einmal. Folglich würde man hier Regelungen erwarten, dass dann jeder Kostenträger nur die hälftigen Kosten trägt (siehe Abb. 7): In 10 von 18 Katalogen im Bereich der Pflegeversicherung (und analog der Krankenversicherung) gibt es dazu Regelungen, in 8 Ländern/Katalogen fehlen diese jedoch. Bevor die Bundesländer also die gesetzlichen Regelungen zur Differenzierung der Wegekosten umsetzen können, müssten sie im Einzelfall prüfen, ob die jeweilige Katalogstruktur im SGB V und SGB XI dies ermöglicht, ansonsten die Ka-

Der Bundesgesetzgeber hat (auch wenn in den Hinweisen zur Änderung im Gesetzgebungsverfahren keine konkrete Begründung angegeben ist35) mit der Idee, über die gemeinsamen Bundesempfehlungen zu den Verträgen nach § 132a eine gemeinsame Grundlage zu schaffen, sicherlich versucht, diese ‚Vielfalt‘ dauerhaft zu vereinheitlichen. Die Bundesempfehlung zu diesem Punkt hätte bis Ende Juni 2019 verabschiedet werden müssen. Da sich die Parteien der Anbieter und Kostenträger jedoch bisher nicht auf eine Fassung einigen konnten, wird hier wohl die zuständige Schiedsstelle angerufen. Man darf auch dann davon ausgehen, dass die hier formulierten Grundsätze zu Katalogänderungen führen müssen, aber es weiterhin keine bundesweite Vereinheitlichung geben wird. Insbesondere die Kataloge ohne ausgewiesene Wegepauschalen werden sich ändern müssen. Da dieser Prozess erfahrungsgemäß langwierig ist, wird es eine schnelle Umsetzung auch dann nicht geben, wenn die Bundesrahmenempfehlung verabschiedet/durch die Schiedsstelle entschieden ist. Da insbesondere im Bereich der Krankenversicherung der Wegeaufwand meist mehr Arbeitszeit/Kosten auslöst als der eigentliche Leistungsaufwand, ist es für die Pflegedienste auch strategisch existenziell, wenn dieser Bestandteil besser/ leistungsgerecht vergütet wird. Andererseits drohen damit den Krankenkassen mutmaßlich höhere Kosten, was die Verhandlungen nicht vereinfachen wird. Sind die vertraglichen Voraussetzungen vorhanden oder angepasst worden, wird es für Pflegedienste mit höherem Wegezeitaufwand nur dann möglich sein, angemessene Vergütungen dafür zu erhalten, wenn sie diese in Einzelverhandlungen durchsetzen. Pauschale Regelungen werden hier weder sachgerecht noch hilfreich sein, denn zuverlässige Definitionen für einen höheren Wegezeitaufwand wie „ländlicher Bereich“ gibt es nicht, im Gegenteil: Je nach Einzugs- und Versorgungsgebiet, aber auch je nach Anbieterdichte wird sich der Wegeaufwand sehr stark unterscheiden. Andererseits darf man nicht vergessen, dass die Kostenträger der Kranken- und Pflegeversicherung gegenüber ihren Versicherten den Sicherstellungsauftrag haben, nicht die einzelnen Pflegedienste! Die Kostenträger müssen auch durch eine angemessene Vergütung sicherstellen, dass auch im weit entfernten Bauernhof die Versorgung mit Häuslicher Krankenpflege und Leistungen der Pflegeversicherung durchgeführt werden kann.

35  siehe BT-Drs. 19/5593, S. 116/132

Beratungsbesuche, Betreuungsdienste und mehr

taloge anpassen. Erfahrungsgemäß wird dies Zeit brauchen, weil sich dann insbesondere in Ländern ohne ausgewiesene Wegepauschalen sofort die Frage nach der Gesamtvergütungsstruktur stellt, die neu ausgehandelt werden muss.

81

9.4 Gesetzestexte § 89 Grundsätze für die Vergütungsregelung

§ 89 SGB XI Grundsätze

(1) Die Vergütung der ambulanten Leistungen der häuslichen Pflegehilfe wird, soweit nicht die Gebührenordnung nach § 90 Anwendung findet, zwischen dem Träger des Pflegedienstes und den Leistungsträgern nach Absatz 2 für alle Pflegebedürftigen nach einheitlichen Grundsätzen vereinbart. Sie muß leistungsgerecht sein. Die Vergütung muss einem Pflegedienst bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen, seine Aufwendungen zu finanzieren und seinen Versorgungsauftrag zu erfüllen unter Berücksichtigung einer angemessenen Vergütung ihres Unternehmerrisikos. Die Bezahlung von Gehältern bis zur Höhe tarifvertraglich vereinbarter Vergütungen sowie entsprechender Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen kann dabei nicht als unwirtschaftlich abgelehnt werden. Für eine darüber hinausgehende Bezahlung bedarf es eines sachlichen Grundes. Eine Differenzierung in der Vergütung nach Kostenträgern ist unzulässig.

82

(2) Vertragsparteien der Vergütungsvereinbarung sind die Träger des Pflegedienstes sowie 1. die Pflegekassen oder sonstige Sozialversicherungsträger, 2. die Träger der Sozialhilfe, die für die durch den Pflegedienst versorgten Pflegebedürftigen zuständig sind, sowie 3. die Arbeitsgemeinschaften der unter Nummer 1 und 2 genannten Träger, soweit auf den jeweiligen Kostenträger oder die Arbeitsgemeinschaft im Jahr vor Beginn der Vergütungsverhandlungen jeweils mehr als 5 vom Hundert der vom Pflegedienst betreuten Pflegebedürftigen entfallen. Die Vergütungsvereinbarung ist für jeden Pflegedienst gesondert abzuschließen und gilt für den nach § 72 Abs. 3 Satz 3 vereinbarten Einzugsbereich, soweit nicht ausdrücklich etwas Abweichendes vereinbart wird. (3) Die Vergütungen können, je nach Art und Umfang der Pflegeleistung, nach dem dafür erforderlichen Zeitaufwand oder unabhängig vom Zeitaufwand nach dem Leistungsinhalt des jeweiligen Pflegeeinsatzes, nach Komplexleistungen oder in Ausnahmefällen auch nach Einzelleistungen bemessen werden; sonstige Leistungen wie hauswirtschaftliche Versorgung, Behördengänge oder Fahrkosten können auch mit Pauschalen vergütet werden. Die Vergütungen haben zu berücksichtigen, dass Leistungen von mehreren Pflegebedürftigen gemeinsam abgerufen und in Anspruch genommen werden können; die sich aus einer gemeinsamen Leistungsinanspruchnahme ergebenden Zeit- und Kostenersparnisse kommen den Pflegebedürftigen zugute. Bei der Vereinbarung der Vergütung sind die Grundsätze für die Vergütung von längeren Wegezeiten, insbesondere in ländlichen Räumen, die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Num-

mer 5 des Fünften Buches vorzusehen sind, zu berücksichtigen. § 84 Absatz 4 Satz 2 und Absatz 7, § 85 Absatz 3 bis 7 und § 86 gelten entsprechend.

(1) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der Interessen von Pflegediensten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene haben unter Berücksichtigung der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 gemeinsam Rahmenempfehlungen über die einheitliche und flächendeckende Versorgung mit häuslicher Krankenpflege abzugeben; für Pflegedienste, die einer Kirche oder einer Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts oder einem sonstigen freigemeinnützigen Träger zuzuordnen sind, können die Rahmenempfehlungen gemeinsam mit den übrigen Partnern der Rahmenempfehlungen auch von der Kirche oder der Religionsgemeinschaft oder von dem Wohlfahrtsverband abgeschlossen werden, dem die Einrichtung angehört. Vor Abschluß der Vereinbarung ist der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in den Entscheidungsprozeß der Partner der Rahmenempfehlungen einzubeziehen. In den Rahmenempfehlungen sind insbesondere zu regeln: 1. Eignung der Leistungserbringer einschließlich Anforderungen an die Eignung zur Versorgung nach § 37 Absatz 7, 2. Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Fortbildung, 3. Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des Leistungserbringers mit dem verordnenden Vertragsarzt und dem Krankenhaus, 4. Grundsätze der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung einschließlich deren Prüfung, 5. Grundsätze der Vergütungen und ihrer Strukturen einschließlich der Transparenzvorgaben für die Vergütungsverhandlungen zum Nachweis der tatsächlich gezahlten Tariflöhne oder Arbeitsentgelte sowie erstmals bis zum 30. Juni 2019 Grundsätze für die Vergütung von längeren Wegezeiten, insbesondere in ländlichen Räumen, durch Zuschläge unter Einbezug der ambulanten Pflege nach dem Elften Buch und 6. Grundsätze zum Verfahren der Prüfung der Leistungspflicht der Krankenkassen sowie zum Abrechnungsverfahren einschließlich der für diese Zwecke jeweils zu übermittelnden Daten. Um den Besonderheiten der intensivpflegerischen Versorgung im Rahmen der häuslichen Krankenpflege Rechnung zu tragen, sind in den Rahmenempfehlungen auch Regelungen über die behandlungspflegerische Versorgung von Versicherten, die auf Grund eines besonders hohen Bedarfs an diesen Leistungen oder einer Bedrohung ihrer Vitalfunktion einer ununterbrochenen Anwesenheit einer Pflegekraft bedürfen, vorzusehen. In den Rahmenempfehlungen nach Satz 4 Nummer 6 können auch Regelungen über die nach § 302 Absatz 2 Satz 1 und Ab-

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§ 132a Versorgung mit häuslicher Krankenpflege

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satz 3 in Richtlinien geregelten Inhalte getroffen werden; in diesem Fall gilt § 302 Absatz 4. Die Inhalte der Rahmenempfehlungen sind den Verträgen nach Absatz 4 zugrunde zu legen. (2) Kommt eine Rahmenempfehlung nach Absatz 1 ganz oder teilweise nicht zu Stande, können die Rahmenempfehlungspartner die Schiedsstelle nach Absatz 3 anrufen. Die Schiedsstelle kann auch vom Bundesministerium für Gesundheit angerufen werden. Sie setzt innerhalb von drei Monaten den betreffenden Rahmenempfehlungsinhalt fest.

§ 89 SGB XI Grundsätze

(3) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der Interessen von Pflegediensten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene bilden erstmals bis zum 1. Juli 2017 eine gemeinsame Schiedsstelle. Sie besteht aus Vertretern der Krankenkassen und der Pflegedienste in gleicher Zahl sowie aus einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern. Die Amtsdauer beträgt vier Jahre. Über den Vorsitzenden und die zwei weiteren unparteiischen Mitglieder sowie deren Stellvertreter sollen sich die Rahmenempfehlungspartner einigen. Kommt eine Einigung nicht zu Stande, gilt § 89 Absatz 3 Satz 5 und 6 entsprechend. Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über die Zahl und die Bestellung der Mitglieder, die Erstattung der baren Auslagen und die Entschädigung für den Zeitaufwand der Mitglieder, das Verfahren sowie über die Verteilung der Kosten regeln. § 129 Absatz 9 und 10 Satz 1 gilt entsprechend.

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(4) Über die Einzelheiten der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege, über die Preise und deren Abrechnung und die Verpflichtung der Leistungserbringer zur Fortbildung schließen die Krankenkassen Verträge mit den Leistungserbringern. Wird die Fortbildung nicht nachgewiesen, sind Vergütungsabschläge vorzusehen. Dem Leistungserbringer ist eine Frist zu setzen, innerhalb derer er die Fortbildung nachholen kann. Erbringt der Leistungserbringer in diesem Zeitraum die Fortbildung nicht, ist der Vertrag zu kündigen. Die Krankenkassen haben darauf zu achten, dass die Leistungen wirtschaftlich und preisgünstig erbracht werden. Verträge dürfen nur mit Leistungserbringern abgeschlossen werden, die die Gewähr für eine leistungsgerechte und wirtschaftliche Versorgung bieten. Die Bezahlung von Gehältern bis zur Höhe tarifvertraglich vereinbarter Vergütungen sowie entsprechender Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen kann dabei nicht als unwirtschaftlich abgelehnt werden; insoweit gilt § 71 nicht. Der Leistungserbringer ist verpflichtet, die entsprechende Bezahlung der Beschäftigten nach Satz 6 jederzeit einzuhalten und sie auf Verlangen einer Vertragspartei nachzuweisen. Im Fall der Nichteinigung wird der Vertragsinhalt durch eine von den Vertragspartnern zu bestimmende unabhängige Schiedsperson in-

nerhalb von drei Monaten festgelegt. Einigen sich die Vertragspartner nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die vertragschließende Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde innerhalb eines Monats nach Vorliegen der für die Bestimmung der Schiedsperson notwendigen Informationen bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihrer Vielfalt, insbesondere der Bedeutung der freien Wohlfahrtspflege, Rechnung zu tragen. Die Leistungserbringer sind verpflichtet, an Qualitäts- und Abrechnungsprüfungen nach § 275b teilzunehmen; § 114 Absatz 2 des Elften Buches bleibt unberührt. Der Leistungserbringer hat der Krankenkasse anzuzeigen, dass er behandlungspflegerische Leistungen im Sinne des Absatzes 1 Satz 5 erbringt, wenn er diese Leistungen für mindestens zwei Versicherte in einer durch den Leistungserbringer oder einen Dritten organisierten Wohneinheit erbringt. Abweichend von Satz 1 kann die Krankenkasse zur Gewährung von häuslicher Krankenpflege geeignete Personen anstellen.

(1) Die Vertragspartner auf Seiten der Krankenkassen und der Leistungserbringer haben die Vereinbarungen über die Vergütungen nach diesem Buch so zu gestalten, dass Beitragserhöhungen ausgeschlossen werden, es sei denn, die notwendige medizinische Versorgung ist auch nach Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven nicht zu gewährleisten (Grundsatz der Beitragssatzstabilität). Ausgabensteigerungen auf Grund von gesetzlich vorgeschriebenen Vorsorge- und Früherkennungsmaßnahmen oder für zusätzliche Leistungen, die im Rahmen zugelassener strukturierter Behandlungsprogramme (§ 137g) auf Grund der Anforderungen der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 137f oder der Rechtsverordnung nach § 266 Abs. 7 erbracht werden, verletzen nicht den Grundsatz der Beitragssatzstabilität. (2) Um den Vorgaben nach Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 1 zu entsprechen, darf die vereinbarte Veränderung der jeweiligen Vergütung die sich bei Anwendung der Veränderungsrate für das gesamte Bundesgebiet nach Absatz 3 ergebende Veränderung der Vergütung nicht überschreiten. Abweichend von Satz 1 ist eine Überschreitung zulässig, wenn die damit verbundenen Mehrausgaben durch vertraglich abgesicherte oder bereits erfolgte Einsparungen in anderen Leistungsbereichen ausgeglichen werden.

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§ 71 Beitragssatzstabilität (Auszug)

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10 § 120 Pflegevertrag 10.1 Was ist neu? Im Absatz 3 sind die letzten zwei Sätze neu eingefügt: Pflegedienste sollen nun beim Vertragsabschluss ausdrücklich berücksichtigen, ob der Pflegebedürftige auch andere (Sach-) Leistungen in Anspruch nimmt, die dann Auswirkungen auf die verbleibenden Sachleistungen haben: Nutzt beispielweise ein Betreuungsdienst ebenfalls Sachleistungen, dann ist zu klären, wer von beiden Dienstleistern wie viel abrechnet und wie hoch dann die Eigenanteile für den Versicherten sind. Auch sollen Informationen für den Versicherten bereit gestellt werden zur Nutzung für Leistungen nach § 45a (Umwandlungsanspruch).

Beide Neuregelungen sind im Zusammenhang mit der Nutzung der Sachleistungsbudgets durch andere Dienstleister zu verstehen: Die Budgets nach § 36 können nun auch von den neu geschaffenen Betreuungsdiensten nach § 71, Absatz 1a genutzt werden. Bisher konnten Versicherte auch im Rahmen des Umwandlungsanspruchs nach § 45a noch vorhandene Sachleistungen nutzen. Dann kann es zu Komplikationen bei der Abrechnung kommen, wenn beide oder sogar drei Dienstleister jeweils die vollen (oder die möglichen) Sachleistungssätze abrechnen wollen. Daher muss jeder Dienstleister (Pflegedienst oder Betreuungsdienst) bei Vertragsabschluss fragen, ob schon andere Verträge über die Sachleistung geschlossen worden sind und, falls dies der Fall ist, soll der Pflege-, bzw. Betreuungsdienst auf die Auswirkungen für die Abrechnung hinweisen36. Leider hat der Gesetzgeber es nicht geregelt, wie dann zu verfahren ist außer der Aufklärung/Abfrage bei Vertragsabschluss. Es wird wohl darauf ankommen, wer zuerst abrechnet; wer zu spät abrechnet, muss dann die Eigenanteilsrechnungen erklären. Dieser Ärger dürfte vorprogrammiert sein. Die weitere Ergänzung (Informationen zur Nutzung des Umwandlungsanspruchs) ist nicht dahin gehend zu verstehen, dass jeder Pflegedienst nun ausführlich erklären soll, was ein Umwandlungsanspruch nach § 45b Abs. 4 für Dienstleister nach Landesrecht ist: In der Gesetzesbegründung heißt es wörtlich: „Insbesondere durch die bereitgestellten Informationen zur Ausschöpfung des Sachleistungsbetrages wird transparent, in welcher Höhe der Sachleistungsbetrag monatlich jeweils ggf. noch zur Verfügung steht. Zugleich können Pflegebedürftige hierdurch Informationen für eine Nutzung des Umwandlungsanspruchs nach § 45a Absatz 4 erhalten. (Fettdruck durch Autor)“37 Es reicht also, 36  s iehe BT-Drs. 10/6337, S. 154 37  a.a.O. S 155

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10.2 Kritik und Praxis

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wenn Pflegedienste den Prozentsatz im Kostenvoranschlag aufführen, der die Nutzung der Sachleistungen darstellt. Dann ist klar, wie viel verbleibende Leistungen in Prozent noch genutzt werden können. Die ausführliche Beratung über die andere Nutzung der verbleibenden Leistungen ist nicht primäre Aufgabe der Pflege- oder Betreuungsdienste, sondern bei Bedarf insbesondere der Pflegeberatung nach § 7a durch die Pflegekassenberater oder andere, wie der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung ausführt38. In den meisten Kostenvoranschlägen, die aktuell verwendet werden, wird schon zur Information das dann noch verfügbare Pflegegeld als Information ausgewiesen. Zusätzlich müsste dann nur noch die Prozentzahl der Ausnutzung der Sachleistungen dargestellt werden, um den gesetzgeberischen Willen umzusetzen. Weil zurzeit in einigen Veröffentlichungen39 aus der Gesetzesformulierung ein umfassender Zwang zur Beratung konstruiert wird, ist zur Klarstellung und Transparenz die komplette Gesetzesbegründung zu diesem Paragrafen ebenfalls unter Gesetzestexte dokumentiert.

10.3 Gesetzestext

§ 120 Pflegevertrag

§ 120 Pflegevertrag bei häuslicher Pflege (1) Bei häuslicher Pflege übernimmt der zugelassene Pflegedienst spätestens mit Beginn des ersten Pflegeeinsatzes auch gegenüber dem Pflegebedürftigen die Verpflichtung, diesen nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit, entsprechend den von ihm in Anspruch genommenen Leistungen der häuslichen Pflegehilfe im Sinne des § 36 zu versorgen (Pflegevertrag). Bei jeder wesentlichen Veränderung des Zustandes des Pflegebedürftigen hat der Pflegedienst dies der zuständigen Pflegekasse unverzüglich mitzuteilen. (2) Der Pflegedienst hat nach Aufforderung der zuständigen Pflegekasse unverzüglich eine Ausfertigung des Pflegevertrages auszuhändigen. Der Pflegevertrag kann von dem Pflegebedürftigen jederzeit ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden. (3) In dem Pflegevertrag sind mindestens Art, Inhalt und Umfang der Leistungen einschließlich der dafür mit den Kostenträgern nach § 89 vereinbarten Vergütungen für jede Leistung oder jeden Leistungskomplex gesondert zu beschreiben. Der Pflegedienst hat den Pflegebedürftigen vor Vertragsschluss und bei jeder wesentlichen Veränderung in der Regel schriftlich über die voraussichtlichen Kosten zu

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38  a .a.O. S. 154 39  so Häusliche Pflege 8/2019, S. 16; 22

unterrichten. Bei der Vereinbarung des Pflegevertrages ist zu berücksichtigen, dass der Pflegebedürftige Leistungen von mehreren Leistungserbringern in Anspruch nimmt. Ebenso zu berücksichtigen ist die Bereitstellung der Informationen für eine Nutzung des Umwandlungsanspruchs nach § 45a Absatz 4. (4) Der Anspruch des Pflegedienstes auf Vergütung seiner Leistungen der häuslichen Pflegehilfe im Sinne des § 36 ist unmittelbar gegen die zuständige Pflegekasse zu richten. Soweit die von dem Pflegebedürftigen abgerufenen Leistungen nach Satz 1 den von der Pflegekasse mit Bescheid festgelegten und von ihr zu zahlenden leistungsrechtlichen Höchstbetrag überschreiten, darf der Pflegedienst dem Pflegebedürftigen für die zusätzlich abgerufenen Leistungen keine höhere als die nach § 89 vereinbarte Vergütung berechnen. Begründung TSVG zu § 120 SGB XI (Bundestags-Drucksache 19/6337

Für die Sicherstellung der ambulanten pflegerischen Versorgung einschließlich der pflegerischen Betreuung ist es für Pflegebedürftige von Bedeutung, dass sie aus dem bestehenden Leistungsangebot vor Ort das jeweils für ihre individuelle Hilfesituation passende Arrangement nach ihren individuellen Bedürfnissen wählen können. Im Einzelfall hängt die genaue Eignung und Abstimmung der verschiedenen Anbietertypen für die Pflegebedürftigen von der jeweiligen Bedarfskonstellation insgesamt ab, die den zentralen Dreh- und Angelpunkt insbesondere im Rahmen der Pflegeberatung nach § 7a darstellt. Um die Transparenz in der ambulanten Versorgung für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen zu stärken, ist bei Vereinbarung eines Pflegevertrages für häusliche Pflege die Inanspruchnahme von Sachleistungen mehrerer Leistungserbringer sowie ggf. von Leistungen der nach Landesrecht anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag nach § 45a Absatz 4 ausdrücklich zu berücksichtigen. So sind Pflegebedürftige beim Abschluss sowie bei Änderungen des Pflegevertrages von dem ambulanten Leistungserbringer zu fragen, ob und in welchem Umfang sie weitere Leistungserbringer bzw. Angebote zur Unterstützung im Alltag zusätzlich nutzen bzw. nutzen wollen. Dabei ist gegebenenfalls auf die damit verbundenen Auswirkungen bei der Abrechnung des Sachleistungsbetrages hinzuweisen. Insbesondere durch die bereitgestellten Informationen zur Ausschöpfung des Sachleistungsbetrages wird transparent, in welcher Höhe der Sachleistungsbetrag monatlich jeweils ggf. noch zur Verfügung steht. Zugleich können Pflegebedürftige hierdurch Informationen für eine Nutzung des Umwandlungsanspruchs nach § 45a Absatz 4 erhalten. Dadurch kann der Ablauf für den Pflegebedürftigen vorausschauender gestaltet und der Gefahr einer Überschreitung des zur Verfügung stehenden maximalen Pflegesachleistungsbetrages bei Nut-

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Zu Nummer 12 (§ 120)

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§ 120 Pflegevertrag

zung verschiedener Leistungserbringer bzw. des Umwandlungsanspruches gemäß § 45a Absatz 4 entgegengewirkt werden.

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11 § 115 Abs. 3 Ergebnisse von Qualitätsprüfungen, Qualitätsdarstellung, Vergütungskürzung 11.1 Was ist neu? Mit dem „Gesetz zur Fortschreibung der Vorschriften für Blut- und Gewebezubereitungen und zur Änderung anderer Vorschriften“ vom 19. Juli 2017 hat im SGB XI den § 115 Abs. 3 ergänzend formuliert: nun gilt als Pflichtverletzung zu einer qualitätsgerechten Leistungserbringung auch die Nichtbezahlung von in der Vergütungsverhandlung vereinbarten Gehältern (3a, Satz 2). In Verbindung mit der in Abs. 3b definierten Vereinbarung über die Kürzung der Pflegevergütung ist nun geregelt, dass eine nicht eingehaltene Vergütungsregelung zu unmittelbaren Rückzahlungsverpflichtungen führt.

Im Kern basierte die Gesetzesänderung 2017 auf der Umsetzung eines BSG-Urteils aus dem Jahre 201240, dass eine rückwirkende Kürzung von Pflegevergütungen nur bei einer solchen Verletzung von vertraglichen Verpflichtungen vorsieht, die auch zu Qualitätsmängeln in der Pflege führt. Speziell ging und geht es bei der Gesetzesänderung vor allem um die stationäre Pflege und hier darum, Personalmengenunterschreitungen eines Pflegeheims auch im Nachhinein finanziell sanktionieren zu können. In diesem Zusammenhang hat der Gesetzgeber zusätzlich auch eine Regelung zur vereinbarungswidrigen Bezahlung eingefügt: Werden in der Vergütungsverhandlung als Basis Gehälter nach einem Tarifwerk oder einer anderen Richtlinie in einer bestimmten Höhe angegeben und auf dieser Basis Preise vereinbart, muss die Pflegeeinrichtung diese Zahlung auf Verlangen einer Vertragspartei jederzeit nachweisen41. Wird festgestellt, dass die tatsächliche Bezahlung von der vereinbarten Regelung abweicht, ist dies nun eine Vertragsverletzung zur qualitätsgerechten Leistungserbringung, die damit einen Rückzahlungsanspruch auslöst. Praktisch gesprochen: Wird für eine Vergütungsvereinbarung behauptet und angenommen, dass beispielsweise Pflegefachkräfte 50.000 € kosten, sie tatsächlich aber nur 40.000 € gekostet haben (was bei einer Überprüfung nach § 84 Abs. 7 sichtbar wird), dann ist die Differenz gemäß der Vereinbarung zur Kürzung der

40  B  SG, Urteil vom 12.09.2012, Az. B 3 P 5/11 R 41  §  89 Abs. 1 und 3 in Verbindung mit § 85 Abs. 3 und § 84 Abs. 7

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11.2 Praxis

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Verfügung nach § 115 Abs. 3b zurückzuzahlen: sprich: die 10.000 € sind an die Pflegebedürftigen bzw. die Pflegekassen zurückzuzahlen. Positiv gesprochen könnten damit Vergütungsverhandlungen, bei denen von den Pflegeeinrichtungen mit konkreten Gehalts-/Tarifhöhen argumentiert wird und dies auch vertraglich vereinbart wurde, einfacher ablaufen: Die Pflegekassen bzw. sogar jeder einzelne Vertragspartner könnte während der Laufzeit der Vereinbarung oder später jederzeit den Nachweis sich zeigen lassen und bei Verstößen Rückforderungen stellen, gegen die sich keine Pflegeeinrichtung mehr wehren kann42.

11.3 Gesetzestext

§ 115 Abs. 3 Ergebnisse

§ 115 Ergebnisse von Qualitätsprüfungen, Qualitätsdarstellung, Vergütungskürzung (3) Hält die Pflegeeinrichtung ihre gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen, insbesondere ihre Verpflichtungen zu einer qualitätsgerechten Leistungserbringung aus dem Versorgungsvertrag (§ 72) ganz oder teilweise nicht ein, sind die nach dem Achten Kapitel vereinbarten Pflegevergütungen für die Dauer der Pflichtverletzung entsprechend zu kürzen. Über die Höhe des Kürzungsbetrags ist zwischen den Vertragsparteien nach § 85 Abs. 2 Einvernehmen anzustreben. Kommt eine Einigung nicht zustande, entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei die Schiedsstelle nach § 76 in der Besetzung des Vorsitzenden und der beiden weiteren unparteiischen Mitglieder. Gegen die Entscheidung nach Satz 3 ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben; ein Vorverfahren findet nicht statt, die Klage hat aufschiebende Wirkung. Der vereinbarte oder festgesetzte Kürzungsbetrag ist von der Pflegeeinrichtung bis zur Höhe ihres Eigenanteils an die betroffenen Pflegebedürftigen und im Weiteren an die Pflegekassen zurückzuzahlen; soweit die Pflegevergütung als nachrangige Sachleistung von einem anderen Leistungsträger übernommen wurde, ist der Kürzungsbetrag an diesen zurückzuzahlen. Der Kürzungsbetrag kann nicht über die Vergütungen oder Entgelte nach dem Achten Kapitel refinanziert werden. Schadensersatzansprüche der betroffenen Pflegebedürftigen nach anderen Vorschriften bleiben unberührt; § 66 des Fünften Buches gilt entsprechend. (3a) Eine Verletzung der Verpflichtungen zu einer qualitätsgerechten Leistungserbringung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 wird unwiderlegbar vermutet 1. bei einem planmäßigen und zielgerichteten Verstoß des Trägers der Einrichtung gegen seine Verpflichtung zur Einhaltung der nach § 84 Absatz 5 Satz 2 Nummer 2 vereinbarten Personalausstattung oder

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42  siehe auch Heiber Kostenrechnung und Vergütungsverhandlungen 2017; S. 92

2. bei nicht nur vorübergehenden Unterschreitungen der nach § 84 Absatz 5 Satz 2 Nummer 2 vereinbarten Personalausstattung. Entsprechendes gilt bei Nichtbezahlung der nach § 84 Absatz 2 Satz 5 beziehungsweise nach § 89 Absatz 1 Satz 4 zu Grunde gelegten Gehälter. Abweichend von Absatz 3 Satz 2 und 3 ist das Einvernehmen über den Kürzungsbetrag unverzüglich herbeizuführen und die Schiedsstelle hat in der Regel binnen drei Monaten zu entscheiden. Bei Verstößen im Sinne von Satz 1 Nummer 1 können die Landesverbände der Pflegekassen gemeinsam den Versorgungsvertrag gemäß § 74 Absatz 1, in schwerwiegenden Fällen nach § 74 Absatz 2, kündigen; § 73 Absatz 2 gilt entsprechend. (3b) Die Vertragsparteien nach § 113 vereinbaren durch den Qualitätsausschuss gemäß § 113b bis zum 1. Januar 2018 das Verfahren zur Kürzung der Pflegevergütung nach den Absätzen 3 und 3a. Die Vereinbarungen sind im Bundesanzeiger zu veröffentlichen und gelten vom ersten Tag des auf die Veröffentlichung folgenden Monats. Sie sind für alle Pflegekassen und deren Verbände sowie für die zugelassenen Pflegeeinrichtungen unmittelbar verbindlich.

(7) Der Träger der Einrichtung ist verpflichtet, im Falle einer Vereinbarung der Pflegesätze auf Grundlage der Bezahlung von Gehältern bis zur Höhe tarifvertraglich vereinbarter Vergütungen sowie entsprechender Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen, die entsprechende Bezahlung der Beschäftigten jederzeit einzuhalten. Auf Verlangen einer Vertragspartei hat der Träger der Einrichtung dieses nachzuweisen. Personenbezogene Daten sind zu anonymisieren. Das Nähere zur Durchführung des Nachweises wird in den Verträgen nach § 75 Absatz 1 und 2 geregelt.

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§ 84 Bemessungsgrundsätze Abs. 7

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12 § 60 Fahrtkosten SGB V 12.1 Was ist neu? Die Übernahme von Fahrtkosten durch die Krankenversicherung bei Pflegebedürftigen bedurfte bisher nicht nur eines Antrags, sondern auch noch einer vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse. Für eine bestimmte Personengruppe hat der Gesetzgeber mit dem PPSG nun das Verfahren vereinfacht und verbessert: Für Schwerbehinderte mit den Merkmalen „aG“ (außergewöhnliche Gehbehinderung), „Bl“ (Blindheit), „H“(Hilflosigkeit) sowie für Pflegebedürftige der Pflegegrade 4 und 5 sowie für Pflegebedürftige mit Pflegegrad 3 sowie zusätzlich einer dauerhaften Beeinträchtigung der Mobilität gilt nun die Genehmigung automatisch als erteilt und muss folglich nicht mehr vorher geprüft werden.

Der Gesetzgeber begründet die Änderung insbesondere mit Verweis auf die zu verbessernde ärztliche und zahnärztliche Versorgung in stationären Einrichtungen. Dabei ist die Problematik ambulant ebenfalls groß und führt meist zu praktischen Problemen: Oftmals fahren Pflegedienste die Pflegebedürftigen zum Arzt, weil vor Ort keine anderen Verkehrsmittel vorhanden sind. Abgerechnet wird dies oft über Leistungen der Begleitung außer Haus (die nur die Begleitperson, nicht das Verkehrsmittel beinhaltet und finanziert) oder über Entlastungsleistungen nach § 45b. Die Pflegebedürftigen nutzen auch deshalb gern diesen Fahrdienst, weil er viel günstiger ist (weil von der Pflegeversicherung finanziert) als ein privat selbst zu bezahlendes Taxi. Aber mit dem Transport von Pflegebedürftigen ergeben sich formal für den Pflegedienst drei Probleme: –– lt. Personenbeförderungsgesetz dürfte es sich hier im Regelfall um eine erlaubnispflichtige Personenbeförderung handeln, da die Kosten im Regelfall die Betriebskosten übersteigen und die Beförderung auch nicht unentgeltlich erfolgt43, –– das Fahrzeug entsprechend versichert ist, –– die Erträge für diese Leistung, insbesondere Kilometergeld etc. evtl. auch steuerpflichtig sind. Da die Durchführungsbehörden des Personenbeförderungsgesetzes die zuständigen Kreise oder kreisfreien Städte sind, gibt es zur Frage der Anwendung des Per43  § 1 Abs. 1, Satz 2 sowie Abs. 2 Satz 1

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12.2 Praxis

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sonenbeförderungsgesetzes mindestens so viele Aussagen wie es Kreise/Kreisfreie Städte gibt. Je ländlicher die Gegend, desto weniger wird hier die Geltung gesehen. Andererseits setzen in städtischen Bereichen gern auch Fahrdienst- und Taxiunternehmen die Geltung des Personenbeförderungsgesetzes durch, weil sie hier (nicht zu Unrecht) eine Konkurrenz sehen. Ein Teil dieser Problematik kann sich durch die neue, großzügigere Fahrtkostenregelung des SGB V erledigen: Warum soll ein Pflegedienst einen Pflegebedürftigen der Pflegegrade 3 (mit Einschränkung) oder 4 – 5 mit dem Dienstwagen zum Arzt fahren, wenn die Krankenkasse auch die Kosten eines zugelassenen Fahrdienstes übernimmt? Zudem stellt sich auch vor dem Hintergrund der Personalknappheit die Frage, ob man die Pflegekräfte nicht besser einsetzen kann als für ‚reine‘ Fahrdienste.

§ 60 Fahrtkosten SGB V

§ 60 Fahrkosten (1) Die Krankenkasse übernimmt nach den Absätzen 2 und 3 die Kosten für Fahrten einschließlich der Transporte nach § 133 (Fahrkosten), wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Welches Fahrzeug benutzt werden kann, richtet sich nach der medizinischen Notwendigkeit im Einzelfall. Die Krankenkasse übernimmt Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung unter Abzug des sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrages in besonderen Ausnahmefällen, die der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 festgelegt hat. Die Übernahme von Fahrkosten nach Satz 3 und nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 für Fahrten zur ambulanten Behandlung erfolgt nur nach vorheriger Genehmigung durch die Krankenkasse. Für Krankenfahrten zur ambulanten Behandlung gilt die Genehmigung nach Satz 4 als erteilt, wenn eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt: 1. ein Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen „aG“, „Bl“ oder „H“, 2. eine Einstufung gemäß § 15 des Elften Buches in den Pflegegrad 3, 4 oder 5, bei Einstufung in den Pflegegrad 3 zusätzlich eine dauerhafte Beeinträchtigung der Mobilität, oder 3. bis zum 31. Dezember 2016 eine Einstufung in die Pflegestufe 2 gemäß § 15 des Elften Buches in der am 31. Dezember 2016 geltenden Fassung und seit dem 1. Januar 2017 mindestens eine Einstufung in den Pflegegrad 3. Weitere Gesetzestexte: Personenbeförderungsgesetz § 1 Sachlicher Geltungsbereich

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(1) Den Vorschriften dieses Gesetzes unterliegt die entgeltliche oder geschäftsmäßige Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, mit Oberleitungsomnibussen (Obussen) und mit Kraftfahrzeugen. Als Entgelt sind auch wirtschaftliche

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Vorteile anzusehen, die mittelbar für die Wirtschaftlichkeit einer auf diese Weise geförderten Erwerbstätigkeit erstrebt werden. (2) Diesem Gesetz unterliegen nicht Beförderungen 1. mit Personenkraftwagen, wenn diese unentgeltlich sind oder das Gesamtentgelt die Betriebskosten der Fahrt nicht übersteigt; 2. mit Krankenkraftwagen, wenn damit kranke, verletzte oder sonstige hilfsbedürftige Personen befördert werden, die während der Fahrt einer medizinisch fachlichen Betreuung oder der besonderen Einrichtung des Krankenkraftwagens bedürfen oder bei denen solches auf Grund ihres Zustandes zu erwarten ist. Satz 1 Nummer 1 gilt auch, wenn die Beförderungen geschäftsmäßig sind.

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Autor

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Andreas Heiber begleitet seit 1993 die Entstehung und Umsetzung der Pflegeversicherung in der ambulanten Praxis. Er hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, u. a. zu Themen wie Ambulante Einsatzplanung, Beratung und Umsetzung der gesetzlichen Änderungen, Kostenrechnung und Preisverhandlung. Er ist Referent bei zahlreichen Veranstaltungen (u. a. Altenpflegemesse, Häusliche Pflege Managertage) und Verbänden sowie Autor von Studienbriefen und schreibt regelmäßig für PDL Praxis.

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...weitere Titel des Autors Andreas Heiber

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