Bauphysik-Kalender 2021: Schwerpunkt: (German Edition) 3433032955, 9783433032954

Die Standardkapitel zur Brandschutzbemessung von Bauteilen fr alle Bauarten nach den Eurocodes 1 bis 6 und gem Industrie

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Bauphysik-Kalender 2021: Schwerpunkt: (German Edition)
 3433032955, 9783433032954

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2021 Brandschutz

Herausgegeben von Univ.-Prof. Dr.-Ing. Nabil A. Fouad

21. Jahrgang

Hinweis des Verlages Die Recherche zum Bauphysik-Kalender ab Jahrgang 2001 steht im Internet zur Verfügung unter www.ernst-und-sohn.de

Titelbild: FLOW Tower, Köln Foto: Schöck Bauteile GmbH, Baden-Baden Umbau des ursprünglichen Bürohochhauses zum Wohnkomplex: JSWD Architekten, Köln Tragwerksplanung und Brandschutz: KEMPEN KRAUSE BERATENDE INGENIEURE GMBH, Köln

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2021 Wilhelm Ernst & Sohn, Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Rotherstraße 21, 10245 Berlin, Germany Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – durch Fotokopie, Mikrofilm oder irgendein anderes Verfahren – reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. All rights reserved (including those of translation into other languages). No part of this book may be reproduced in any form – by photoprinting, microfilm, or any other means – nor transmitted or translated into a machine language without written permission from the publisher. Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen oder sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige gesetzlich geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie als solche nicht eigens markiert sind. Umschlaggestaltung: Sonja Frank, Berlin Herstellung: pp030 – Produktionsbüro Heike Praetor, Berlin Satz: le-tex publishing services GmbH, Leipzig Druck und Bindung:

Printed in the Federal Republic of Germany. Gedruckt auf säurefreiem Papier. ISSN 01617-2205 Print ISBN 978-3-433-03295-4 ePDF ISBN 978-3-433-61056-5 ePub ISBN 978-3-433-61055-8 oBook ISBN 978-3-433-61057-2

III

Vorwort Die ganzheitliche Betrachtung des vorbeugenden und abwehrenden Brandschutzes mit einer Gesamtbewertung der baulichen, anlagentechnischen und organisatorischen Maßnahmen unter Berücksichtigung der nutzungsbedingten Gefährdungspotenziale und Schutzziele spielt bei der Planung und Errichtung von Bauwerken eine maßgebende Rolle. Alle an Entwurf, Planung und Ausführung von Bauwerken Beteiligten sowie Bauproduktehersteller, Materialprüfanstalten und Bauaufsichtsbehörden müssen ein hohes Maß an Fachkenntnis sowie einen Überblick über den aktuellen Stand aller relevanten brandschutztechnischen Bereiche besitzen. Nur durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit können sichere und optimierte Brandschutzkonzepte entwickelt und realisiert, Umplanungen vermieden und Genehmigungsverfahren optimiert werden. Der Bauphysik-Kalender 2021 widmet sich dem vorbeugenden baulichen, dem anlagentechnischen sowie dem abwehrenden Brandschutz. Er soll für die Planung und Ausführung bei Neubauten und im Bestand eine aktuelle, verlässliche und praxisgerechte Arbeitsgrundlage schaffen. Die folgenden Inhalte werden vermittelt: – Kommentierung/Erläuterung aktueller Bauordnungen, wichtiger Verordnungen und Gesetze, Leitfäden, Richtlinien sowie Normen; – Beiträge zu Brandverhalten gebräuchlicher und innovativer Baustoffe sowie Baukonstruktionen;

– Vorstellung der neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet möglicher Bemessungsverfahren im konstruktiven Brandschutz; – ausgewählte Beiträge zu aktuellen Fragestellungen und Problemen auf dem Gebiet des vorbeugenden und abwehrenden Brandschutzes. – Der Abschnitt E beinhaltet neben den jährlich aktualisierten bauphysikalischen Materialkennwerten einen Beitrag mit materialtechnischen Tabellen für den Brandschutz. Hier werden Kennwerte angegeben, die vor allem für die zunehmend im Brandschutz eingesetzten Brandsimulationen sowie Ingenieurmethoden relevant sind. Der Bauphysik-Kalender 2021 will mit der dargestellten Beitragsvielfalt den Bogen von der Forschung zur Praxis und vom Planungsbüro zur ausführenden Firma spannen und dabei auf neue Entwicklungen und Tendenzen hinweisen. Er stellt eine solide Arbeitsgrundlage sowie ein aktuelles Nachschlagewerk nicht nur für die Praxis, sondern auch für Lehre und Forschung dar. Für kritische Anmerkungen sind die Autoren, der Herausgeber und der Verlag dankbar. Der Herausgeber möchte an dieser Stelle allen Autoren für ihre Mitarbeit und dem Verlag für die angenehme Zusammenarbeit herzlichst danken. Hannover, im Dezember 2020 Nabil A. Fouad

V

Inhaltsübersicht

A

Allgemeines und Normung

A1

Entwicklung des Brandschutzes im Bauordnungsrecht Sylvia Heilmann

A2

Bauordnungsrechtliche Regelungen zur Verwendung von Bauprodukten und Bauarten Peter Proschek

A3

Leistungsbild und Honorierung im Brandschutz 33 Udo Kirchner

B

Materialtechnische Grundlagen

B1

Brandschutz von Baukonstruktionen mit Kunststoffen Edith Antonatus

B2

Brandschutzbekleidungen und -beschichtungen Peter Proschek

B3

Brandverhalten von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen Björn Kampmeier, Jochen Zehfuß

C

Nachweisverfahren

C1

Personenstromsimulationen und Evakuierungsberechnungen Volker Schneider, Burkhard Forell

C2

Grundlagen nach Eurocode 1 157 Jochen Zehfuß

C3

Brandschutzbemessung von Betonbauteilen nach Eurocode 2 Jochen Zehfuß, Björn Kampmeier

C4

Brandschutztechnische Bemessung im Stahl- und Stahlverbundbau nach Eurocode 3 und 4 Peter Schaumann, Florian Tabeling, Thomas Kirsch

C5

Brandschutzbemessung von Holzbauteilen nach Eurocode 5 Björn Kampmeier, Dirk Hollmann

C6

Brandschutzbemessung von Mauerwerkskonstruktionen nach Eurocode 6 Thorsten Mittmann

C7

Brandschutz im Industriebau Nabil A. Fouad, Nico Fischer

D

Konstruktive Ausbildung/Ausführungsplanung

D1

Building Information Modeling (BIM) im Brandschutz 339 Dominique Max

D2

Brandschutz bei hölzernen Bauteilen nach den nationalen Regeln und Brandschutzkonzepte bei hölzernen Bauwerken 353 Michael Dehne, Dirk Kruse, Björn Kampmeier

3 17

59

79 91

119

183

257 281

295

217

VI

Inhaltsübersicht

D3

Brandschutz bei Außenwandbekleidungen Thomas Merkewitsch, Nabil A. Fouad

371

D4

Zeitgemäße Ingenieuransätze für den Brandschutz von Garagen Inka Pehrs, Patrick Meyer, Klaus Veenker

D5

Realisierter Brandschutz für Schulgebäude mit offenen Raumkonzepten Madlen Graf, Eckhard Hagen, Jens Upmeyer

D6

Rauch- und Wärmeabzug 459 Gary Blume, Thomas Fr. Hegger

D7

Entrauchung mit maschinellen Entrauchungsanlagen (MRA) 501 Gary Blume, Frank Wahl

D8

Objekt- und Gebäudefunkversorgung für die Feuerwehr Gero Droste

D9

Brandsicherheit von Bussen Anja Hofmann-Böllinghaus

539

D 10 Fehler in der Brandschutzausführung 553 Sylvia Heilmann

E

Materialtechnische Tabellen

E1

Materialtechnische Tabellen für den Brandschutz 569 Nina Schjerve

E2

Materialtechnische Tabellen Rainer Hohmann

607

Stichwortverzeichnis 663

Hinweis des Verlages Die Recherche zum Bauphysik-Kalender ab Jahrgang 2001 steht im Internet zur Verfügung unter www.ernst-und-sohn.de

525

415 441

A Allgemeines und Normung

3

A 1 Entwicklung des Brandschutzes im Bauordnungsrecht Sylvia Heilmann

Prof. Dr.-Ing. Sylvia Heilmann Ingenieurbüro Heilmann Burglehnstraße 13, 01796 Pirna Seit 1999 Prüfingenieurin für Brandschutz und seit 2000 öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für baulichen Brandschutz. Studium des Bauingenieurwesens an der Technischen Hochschule Leipzig, Vertiefung konstruktiver Ingenieurbau, Promotion. Seit 1997 eigenes Ingenieurbüro für Brandschutz und Baustatik. Ab 2006 Lehrauftrag Brandschutz an der TU Dresden, ab 2016 dort Honorarprofessorin für Brandschutz. Seit 2008 Mitarbeit im DINNormenausschuss Bau 005-52-21, AG Basisnorm.

Bauphysik-Kalender 2021: Brandschutz. Herausgegeben von Nabil A. Fouad. © 2021 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2021 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

4

A1

Entwicklung des Brandschutzes im Bauordnungsrecht

Inhaltsverzeichnis 1 1.1 1.2 1.3

Grundlagen der Brandschutzentwicklung 5 Einführung 5 Grundformen der Gesetzgebung 6 Zeitabschnitte der Brandschutzentwicklung 6

2

Brandschutz im Späten Mittelalter (13.–15. Jh.) 7 Gesellschaft und Brandschutz 7 Brandschutz im spätmittelalterlichen Landrecht 8 Brandschutz im spätmittelalterlichen Stadtrecht 8

2.1 2.2 2.3 3 3.1 3.2 3.3 3.4

Brandschutz in der Frühen Neuzeit (16.–18. Jh.) 9 Gesellschaft und Brandschutz 9 Städtische Feuerordnungen als Motor der Brandschutzentwicklung 10 Territorialmacht und Landesherrliche Gebote Die Brandmauer 11

11

4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6

Brandschutz in der Moderne (19.–20. Jh.) 12 Gesellschaft und Brandschutz 12 Brandschutz in Länderhoheit 13 Der verwaltete Brandschutz 13 Terminologie der Ordnungen 14 Beginn der deutschen Brandschutznormung 14 Brandschutztüren und Brandschutzglas 15

5

Erkenntnisse

6

Literatur

16

15

Grundlagen der Brandschutzentwicklung

1

Grundlagen der Brandschutzentwicklung

1.1

Einführung

Die Geschichte des Brandschutzes wird anfangs ausschließlich von der Wahrnehmung der Brandkatastrophen (Mittelalter) geprägt. Es folgen Erklärungsversuche und erste präventive Maßnahmen (Frühe Neuzeit) bis die Moderne schließlich überzeugte Versuche der direkten Einflussnahme auf die Brandsicherheit brachte. Begleitet wird diese Entwicklung vom Glauben an die Vermeidung von Brandkatastrophen. Dieser Glaube, Gefahren reduzieren und Risiken beherrschen zu können, wurde geboren nach der kollektiven Schadenserfahrung und er ist gewachsen mit den technischen und logistischen Möglichkeiten im Bau- und Löschwesen. Dieser Glaube hatte am Beginn der Brandschutzgeschichte viel mit Gott zu tun, später mit Technik und Innovation. Die Brandschutzentwicklung im Bauordnungsrecht zu kennen und zu verstehen ist gerade heute von so großer Bedeutung, weil im Zuge von staatlicher Deregulierung, gesetzlicher Vereinheitlichung oder gar von Abschaffung sicherheitsrelevanter Vorschriften einfache Fragen im Raum stehen, die zu beantworten sind: – Kann man sicherheitsrelevante, technische Gesetze abschaffen ohne Risikoerhöhung? – Schaffen wir sie ab, weil wir sie nicht mehr brauchen? Oder schaffen wir sie ab, weil wir sie nicht mehr bezahlen wollen? – Wenn wir sie heute nicht mehr brauchen, haben wir sie in der Vergangenheit gebraucht? – Was hat sich geändert, dass wir sie heute nicht mehr brauchen? – Wer hat Auswirkungen und Folgen im gesamtgesellschaftlichen Blick und welchen Einfluss hat die Trägheit der Brandschutzgesetze? Um diese Fragen zu beantworten, ist die Kenntnis der historischen Brandschutzalgorithmen sehr hilfreich, mehr noch, sie ist essentiell. Denn Brandschutz gehört zu den ältesten Ordnungssystemen der Menschheit. Er bestimmt seit dem Mittelalter das öffentliche Bauen und die innere Sicherheit. Brandschutz ist damit seit Anbeginn Teil der staatlichen Ordnung. Sein Erfolg oder Misserfolg muss sich anhand von „Staatsaktivitäten“ und der Fortentwicklung der Brandschutzgesetze nachweisen lassen. Denn die Geschichte des Brandschutzes ist eng verbunden mit der obrigkeitlichen, später staatlichen Durchsetzung der präventiven Sicherheitsmaßnahmen. Die folgenden Erkenntnisse resultieren also aus einer empirischen Untersuchung der rechtshistorischen Brandschutzvorschriften (Gesetze, Edicte, Ordnungen), die als Primärquellen, auch in digitalen Sammlungen, zur Verfügung stehen. Sekundärquellen, wie Geschichtsdarstellungen oder Dissertationen zum Brandschutz oder zum Bauordnungsrecht, vervollständigen das Bild, das fortführend und ausführlich

5

in [1] nachzulesen ist, was insbesondere die vollständigen Primärquellenlisten und konkreten Fundstellen betrifft. Seit Beginn der kollektiven Schadenserfahrung kämpft die Gesellschaft darum, in brandfreien Zeiten für die Brandkatastrophe vorzubeugen. Ein Kampf, der offensichtlich nicht in jedem Fall gewonnen wurde und manchmal mehrere Jahrhunderte dauerte. Und so neigt auch der moderne Staat des 21. Jahrhunderts dazu, Ressourcen anderweitig als im Brandschutz einsetzen zu wollen, was legitim ist, aber mit Sorgfalt und Weitsicht abgewogen werden muss. Das Brandrisiko ist ein systemimmanentes Risiko. Es ist untrennbar mit dem menschlichen Leben verbunden. Es hat seinen Ursprung im menschlichen Handeln. Solange der Mensch kann, handelt er und erzeugt so Brandgefahren. Kein menschliches Handeln ist fehlerfrei oder frei von Optionen, sodass der Mensch mit jeder Tat ein Risiko eingeht, dem allerdings auch eine Chance gegenübersteht. Einerseits besteht das Risiko, einem Brandgeschehen ausgesetzt zu werden und Werte oder gar das Leben zu verlieren und andererseits die Chance, durch zielgenaues, aber gefahrenbehaftetes Handeln Werte zu schaffen. Es ist das Risiko, dem

Bild 1. Die Aneignung des Feuers, 1547, Johann Petrejus [1]

6

A1

Entwicklung des Brandschutzes im Bauordnungsrecht

sich der Mensch täglich seit Jahrhunderten aussetzt; in eine Gefahrensituation zu kommen oder ihr auszuweichen. Der handelnde Mensch erlebt dieses Wechselspiel und entscheidet kontrolliert oder unkontrolliert, beeinflussbar oder unausweichlich, abhängig oder ohne Rücksicht, bewusst oder unbewusst über „Wohl und Wehe“ seines Daseins. Dabei liegt es in der Natur des Menschen, ein lange erfahrenes und stetig steigendes „Wohl“ allzu leicht und ohne Not zu opfern, indem er Bewährtes in Frage stellt oder alternativlose Sicherheit durch Einsparungen, Unachtsamkeit oder gar Unbedachtheit gefährdet. Dies lässt sich einerseits aus dem obrigkeitlichen Handeln, aber auch aus der örtlich sehr differenten Durchsetzung der Gesetze und Regeln erkennen. Schauen wir also zunächst auf die drei Grundformen der Gesetzgebung.

1.2

Grundformen der Gesetzgebung

Die Geschichte des Brandschutzes ist vor allem eine Geschichte des Brandschutzrechtes. Eine Darstellung der Brandschutzgeschichte muss sich also damit befassen, welche Normen und Regeln in der Gesellschaft für die Brandsicherheit sorgten, wer sie in Kraft setzte und wer deren Einhaltung kontrollierte. Drei Grundformen der Gesetzgebung sind daher für die Bewertung der Rechtskraft und Verbindlichkeit der Brandschutzvorschriften von Bedeutung: 1. Das Weistum ist die älteste Gesetzesform (Privatrechtsbuch, siehe Bild 2). Sie umschreibt die „natürliche Ordnung des Lebens“. Sie stand über dem Einzelnen, dem Volk und auch über dem König. 2. Die Satzung ist eine Absprache, eine „willkürliche“ Einigung zwischen Rechtsgenossen (Beispiele siehe Bild 3). Es handelt sich um ein Rechtsgeschäft, in dem die einzuhaltenden Regeln und gleichzeitig die Rechtsfolgen für die Rechtsgenossen in einer Schwurgemeinschaft benannt sind. Gebunden ist der, der durch Eid zugestimmt hat. 3. Das Gebot ist ein von der Obrigkeit gegebener Befehl. Er erfordert einseitig Gehorsam. Ein Gebot hat umfassende Verbindlichkeit für jeden (Bild 4). Natürlich trieben auch Bauwirtschaft und Bautechnik den Brandschutz voran und durch die Möglichkeiten der Löschtechnik wurde er gelegentlich sogar beflügelt. Aber Taktgeber der Entwicklung waren immer die kollektive Schadenserfahrung und die darauffolgenden gesetzlichen Präventionen.

1.3

Bild 2. Heidelberger Sachsenspiegel aus dem 14. Jh. (aus [1])

Bild 3. FeuO Nürnberg 1616 und Braunschweig 1677 (aus [1])

Zeitabschnitte der Brandschutzentwicklung

Nach [1] kann die Brandschutzentwicklung drei Zeitabschnitten zugeordnet werden, die jeweils markante Veränderungen sowie sichtbare Tendenzen umfassen, wobei keine scharfe Grenze zu ziehen ist, sondern Überschneidungen erkennbar sind, die einerseits lokale, andererseits aber auch gesellschaftspolitische Ursachen haben können.

Bild 4. Preußisches ALR, 1794 (aus [1])

Brandschutz im Späten Mittelalter (13.–15. Jh.)

Romanik

Sachsenspiegel

viele Stadt- Buchdruck gründungen Amerika

1

t als trech Stad

Brandschutz verankert im ...

Ende Lehnwesen (Weistum)

Westfälischer Frieden

Aufklärung Trennung Fortschritt Justiz und Verwaltung

7

Hitler- DDR- Bauordnung Regime Regime Landesgebot

ung Satz

1 Landrecht als Gebote

Landrecht als Weistum Reichsrecht 0

12. Jh

13. Jh

14. Jh.

Heiliges Römisches Reich Hochmittelalter

Spätmittelalter 1. Zeitabschnitt

0 20. Jh. 19. Jh. 16. Jh. 17. Jh. 18. Jh. 21. Jh. R Dt. N Dt. Reich WR 3.R Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation bis 1806 B Bundesrepublik Bund B 1871-1918 -´33 -´45 DDR Industrialisierung = Moderne Frühe Neuzeit 3. Zeitabschnitt 2. Zeitabschnitt

15. Jh.

Bild 5. Zeitstrahl zur Brandschutzentwicklung bezogen auf das Stadt-, das Land- und das Reichsrecht

1. Zeitabschnitt der Brandschutzentwicklung im Sinne des Gemeinnutzes Der 1. Abschnitt umfasst das Späte Mittelalter vom 13. bis 15. Jahrhundert und ist geprägt von der Kodifikation des Gewohnheitsrechtes, also dem schriftlichen Zusammenführen der zumeist mündlich verbreiteten Gewohnheits- und Ordnungsregeln (Stammesrecht, Volksrecht). Brandschutz erscheint als Weistum im Landrecht. Erste städtische Feuerordnungen entstehen. Wichtigstes Vorschriftenwerk dieser Zeit ist Der Sachsenspiegel. 2. Zeitabschnitt der Brandschutzentwicklung im Zeichen der Gefahrenabwehr Der 2. Abschnitt umfasst die Frühe Neuzeit vom 16. bis 18. Jahrhundert. Er ist geprägt von der Präzisierung und Erweiterung der Brandschutzvorschriften als Satzungen, welche zunehmend den vorbeugenden baulichen Bandschutz zum Inhalt hatten. Das Bürgertum löste sich in den Städten immer mehr von der Gottesgnade und praktizierte zunehmend eine vorbeugende Gefahrenabwehr, forciert von den technischen Errungenschaften im 18. Jahrhundert. 3. Zeitabschnitt in der Brandschutzentwicklung im Kontext der Staatsfürsorge Der 3. Abschnitt umfasst die Moderne des 19. und 20. Jahrhundert. Brandschutz erscheint hier überwiegend als Gebot im Landesrecht. Dieser Entwicklungsabschnitt ist geprägt vom technischen Fortschritt und von der Konzentration der Werte. Einzelbrände verursachen nun hohe Schäden, obwohl die Bau- und Feuerverordnungen im Zuge der Staatsfürsorge immer dichter werden. Wir sehen im 18. bis zur Mitte des 19. Jahrhundert die größte Regelungsdichte (ca. 1600 Bauordnungen im deutschen Reich [1]), was schließlich 1880 zur Vorlage der ersten gesamtdeutschen Bau- und Brandschutzordnung führte, die jedoch nie rechtskräftig wurde. Einzig die DDR zentralisierte den Brandschutz, sodass für 40 Jahre eine Deutsche Bauordnung für das

Staatsgebiet der DDR existierte. Die Visualisierung dieser Entwicklung zeigt Bild 5: Zusammenfassend ist erkennbar: 1. Zeitabschnitt: Brandschutz erscheint als Weistum 2. Zeitabschnitt: Brandschutz ist Satzungsrecht 3. Zeitabschnitt: Brandschutz wird Gebotsrecht

2

Brandschutz im Späten Mittelalter (13.–15. Jh.)

2.1

Gesellschaft und Brandschutz

Die Gründung der Hanse 1254 sorgte zwar für einen Handelsaufschwung, aber Lesen, Schreiben und Rechnen waren nur wenigen kirchlichen Bildungsträgern zugänglich. Die Menschen kämpften permanent um ihr Überleben: – Missernten und Naturkatastrophen führten zu Hungersnöten. – Mitte des 14. Jh. wütete in den Städten die Pest. – Es folgte die Agrarkrise, die zur Landflucht und zur Überbevölkerung in den Städten führte. Das Leben in der spätmittelalterlichen Stadt war zwar erstrebenswert, weil es sicher und sättigend schien, aber es war auch brandgefährlich. Die einfachen Hütten aus Holz wurden durch schmale Gassen getrennt, die mit Müll und Stroh gefüllt waren. Die Fenster waren mit Ölpergament verhangene Luken. Die Dächer bestanden aus Stroh und waren zueinander geneigt. Räume wurden mit Tierhaardecken getrennt. Stiegen aus Holz erschlossen die Obergeschosse. Dazu kam der permanente Umgang mit offenem Feuer im Haus und außerhalb. Das Handwerk barg zudem unberechenbare Zündquellen. Ein Hausbrand war so nicht beherrschbar. Fachten starke Winde das Feuer an, war der Stadtbrand unausweichlich. Die gesellschaftlichen Reaktionen auf Stadtbrände waren indes im Mittelalter überwiegend christlich ge-

8

A1

Entwicklung des Brandschutzes im Bauordnungsrecht

Bild 6. Reaktionen im Mittelalter auf Brandkatastrophen (aus [1])

prägt, denn das Heil der Seele wurde über das Heil der Körper gestellt. Zahlreiche Brandpredigten, seitenlange Gebete und Klagelieder über Buße und Schuld liegen als Primärquellen vor. Sie alle verlangten nach einer Brandkatastrophe uneingeschränkten Gehorsam und Demut, um Gottes Wohlwollen zu erlangen. Aber auch magischem Handeln (Feuerlöschung, Feuerbannung, Feuerbeschwörung) wurde vorbeugende Kraft zugetraut (siehe weiter in [1]). Aus der Quellenlage lassen sich aber auch humane Reaktionen (medizinische Versorgung, Unterkunft, Essen, Trinken, Spenden, steuerliche Hülfen), strafrechtliche (Anklage, Klage) und weltliche Reaktionen (Vorsorge durch Gesetze) erkennen (Bild 6). In allen Reaktionen zeigt sich der unbändige Wunsch nach Sicherheit vor der Brandgefahr!

2.2

Brandschutz im spätmittelalterlichen Landrecht

Durch das ausgeprägte Fehdewesen war das Alte Reich zersplittert und territorialen Interessen ausgeliefert. Dies zeigt sich auch im normativen Brandschutz; er ist zerworfen und lokal verschieden. Es gab im Spätmittelalter keinen einheitlichen Brandschutzstandard, keine einheitliche Entwicklungstendenz. Das änderte sich erst nach dem 30jährigen Krieg, als Staatsordnung und Bildung einzogen, Gesetze reformiert und vor allem durchgesetzt wurden. Der Sachsenspiegel, der als in seiner Zeit repräsentativstes Vorschriftenwerk gilt, wurde im privaten Auftrag um 1235 als heimisches Gewohnheitsrecht zusammengetragen. Von Repgow schuf damit einen der

frühesten und wichtigsten Rechtstexte im Enumerationsprinzip, in dem drei Grundsätze mit brandschutztechnischer Wirkung enthalten sind (Bild 7): § 49 (1): „[. . . ] kein Fenster zum Hof eines anderen haben.“ Der § 49 (1) verlangt die Abtrennung durch Fensterlosigkeit zum Nachbarn. So sollte der Übertritt eines Feuers ausgeschlossen werden. § 53 (1): „Backofen, Abort und Schweinestall sollen drei Fuß von dem Zaun entfernt sein.“ Der § 53 (1) behandelt die spätmittelalterliche Abstandsfläche von 3 Fuß. Sie verhindert ebenfalls einen Brandüberschlag auf nachbarliche Gebäude. § 53 (2): „Jeder soll [. . . ] auf seinen Backofen und auf seine Feuermauer achten, damit ihm nicht Schaden dadurch erwächst, dass die Funken in den Hof eines anderen fliegen.“ Und schließlich kann der § 53 (2) mit der Forderung nach allgemeiner Achtsamkeit als Generalklausel der Gefahrenabwehr des Spätmittelalters gelten. Diese drei Grundsätze – Abtrennung, Abstand, Achtsamkeit – gelten unverändert auch noch heute!

2.3

Brandschutz im spätmittelalterlichen Stadtrecht

Die rechtsfähigen Städte verkündeten städtische Feuerordnungen. Die Brandbekämpfung wurde so durch den Eid höchste Bürgerpflicht. Die Rechtsfolge bei Nichteinhaltung wurde darin genau definiert.

Brandschutz in der Frühen Neuzeit (16.–18. Jh.)

9

Bild 7. Bilderhandschriften zum Brandschutz aus dem Heidelberger Sachsenspiegel aus dem 14. Jh. (aus [1])

Die Strafen waren drastisch, häufig malefizisch [1]. Die Feuerordnungen folgten dem Enumerationsprinzip, also der fortlaufenden taxativen Aufzählung der erforderlichen Maßnahmen. Die in [1] untersuchten städtischen Feuerordnungen beschreiben meist kostenlose Bürgerpflichten für den Brandfall. Frauen wurden ebenso zur Brandbekämpfung herangezogen wie Männer. Vorbeugende Aufmerksamkeit erhielten die Feuerstätten. Die Ratsmitglieder setzten vor allem auf die Kontrolle der Feuerstätten durch Fewer-, Baw- oder Viertelsmeister. Eine umfassend befugte Feuerpolizei, wie sie dann ab Mitte des 19. Jh. in den Quellen zu finden ist, gab es aber im Spätmittelalter noch nicht. Aus den mittelalterlichen Stadtrechten heraus entwickelte sich aufgrund der städtischen Branderfahrungen ein Vorschriftenwerk, das sowohl mit baulichen (Feuerstätten, Verbot Strohdach, Kellerhälse, Förde-

Bild 8. Feuerordnung Nürnberg, 1449 („Feuerpüchl“) (aus [1])

rung Steinbau, Vorschriften Kommunwände) als auch mit abwehrenden und organisatorischen Brandschutzmaßnahmen (Regeln zum Umgang mit Feuer, Organisation des Löschwesens und der Löschmittel) das bauliche Sicherheitsrecht bis weit ins 18. Jahrhundert prägte und damit den nächsten Zeitabschnitt der Brandschutzentwicklung einleitete.

3

Brandschutz in der Frühen Neuzeit (16.–18. Jh.)

3.1

Gesellschaft und Brandschutz

Den Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit kennzeichnen maßgebende gesellschaftliche Veränderungen: – Das aufstrebende Bürgertum in den Städten und das Ende des Lehnwesens sorgten für eine florierende Geldwirtschaft. – Die Erfindung des Buchdruckes führte ab 1450 zu einer schnellen Verbreitung der Schriftlichkeit, insbesondere von Rechtsschriften, Edicten, Gesetzen, Verordnungen. – Amerika wurde 1492 entdeckt. – Der Fernhandel blühte und brachte den Handelsstädten Reichtum, Kultur und Wissen. Die Städte entwickelten sich rasant, vor allem nach dem 30jährigen Krieg. Mit Luthers neuer Christlichkeit wich auch der „Glaube“ in Brandschutzdingen zunehmend weltlicher Logik. Das selbstbewusste Bürgertum verlangte im Zeitalter der Vernunft nach einer vernünftigen Lebensgestaltung unter würdigen Lebensbedingungen, die sich zunehmend von der religiösen Verbundenheit und vom Gottesgnadentum lösten, was einen rationalen Umgang mit dem Brandrisiko förderte. So entwickelten sich aus den mittelalterlichen Feuerordnungen, die Verhaltensregeln zur Brandverhütung und Vorgaben für die Brandbekämpfung umfassten, im zweiten Zeitabschnitt Bauordnungen mit vorbeugenden baulichen Maßnahmen, von denen eine schützende Wirkung im Brandfall zu erwarten war. Sie lassen auf eine kluge und vorausschauende Gefahrenabwehr und weitsichtige Schadensminimierung schließen.

10

A1

Entwicklung des Brandschutzes im Bauordnungsrecht

Bild 9. Stadtbrand Alten Dreßden, 1685 (aus [1])

Bild 10. Stadtbrand Aachen, 1656 (aus [1])

Allerdings blieb das Brandrisiko nach wie vor sehr groß und die Zahl der Flächenbrände (Bilder 9 und 10) stieg bis zur Mitte des 19. Jh. weiter an [2], da Vorräte, Vieh und das Handwerk auf engem Raum innerhalb der Stadtmauern untergebracht waren. Diese zunehmende Bevölkerungs- und Lebensdichte erforderte eine starke polizeiliche Autorität – die gude Policey. Sie diente dem Gemeinnutz, der notturft, der Wohlfahrt der Bürger und damit auch der Brandsicherheit in den Städten. Sie war in diesem Sinne Hüter der Ordnung, Verteidiger der Sitte, der Märkte und der Preise und sie war auch Bewahrer vor der Feuersnot. Die gude Policey des 16. und 17. Jh. steht für die Einheit aus innerer und äußerer Ordnung, was eine Trennung von privatem und öffentlichem Recht ausschließt [3]. Die Trennung des privaten vom öffentlichen Recht wird erst ein Resultat der Justizreform des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts sein. Und diese Trennung wird dann auch, bevor die Feuerpolizei im Verlauf des 19. Jahrhunderts in ganz Deutschland einen Siegeszug hält, der Beginn des Überganges von policeylichen Aktivitäten zur Durchsetzung der Bauund Feuerordnungen hin zur Bau- und Brandschutzverwaltung sein, wie wir sie heute kennen und praktizieren. Doch zunächst wurde aus der „guden Policey“ bis zum Ende des 18. Jh. eine autoritäre Sicherheitspolizei. Diese obrigkeitliche Autorität beflügelte die feuerschutzrechtliche Gebotsgebung. Im Brandschutz ergoss sich nun eine ungebremste Gesetzesflut über die Bürger. Zahlreiche Gesetze, Ordnungen, Edikte, Dekrete, Mandate, Reglements, Reskripte zum Brandschutz entstanden im Zuge dieser „Sozialdisziplinierung“, beispielsweise Edicte – gegen das Tobackrauchen und zum Feueranmachen, – zum Umgang mit Bettwärmern und Zündhölzern – oder zum sittlichen Verhalten im Wirtshaus. Am Ende der Frühen Neuzeit kündigte sich „der aktive Polizeistaat“ an und an die Stelle der guden Ordnung trat nun der Zweck.

3.2

Städtische Feuerordnungen als Motor der Brandschutzentwicklung

Die Städte waren in der Frühen Neuzeit Motor der Brandschutzentwicklung. Die städtischen Feuerordnungen entwickeln sich ab dem 16. Jahrhundert in Bezug auf inhaltliche Vorsorgemaßnahmen tendenziell einheitlich, was auch den frühneuzeitlichen Möglichkeiten der Löschtechnik entspricht. Erkennbar sind folgende Gemeinsamkeiten: – Feuerordnungen werden im Enumerationsprinzip sporadisch ernewert, meist nach Stadtbränden. – Sie wachsen mit jeder Novellierung. Sie werden detaillierter und umfänglicher. – Die Feuerordnungen beinhalten konkrete weltliche Schutzmaßnahmen, vergessen jedoch niemals das Gottesgebot. – Es kommt zunehmend zu einer Vermischung und Dopplung von baulichen und abwehrenden Maßnahmen in Feuerordnungen und Bauordnungen. – Die Feuergefährlichkeit des Handwerks wurde erkannt und zunehmend reglementiert. – Ab dem 18. Jh. werden Feuerordnungen nach dem Brandverlauf strukturiert. Sie haben meist drei (Wächter- und Alarmierungsdienst, Vorsorgemaßnahmen, Löschdienst) aber auch bis zu fünf Titel mit jeweils zugeordneten Paragrafen. Große Bedeutung und ein umfangreiches Reglement werden den Feuerstätten, ihrer Aufsicht und ihrer Visitation gewidmet, was logisch ist, bedenkt man die von den Feuerstätten ausgehenden Gefahren. Typische frühneuzeitliche Brandschutzregeln sind: – Sicherheit und bauliche Ausführung der Feuerstätten, – Wachstand und Alarmierung (Gerüft) und Zueilen zur Brandstelle, – Verbot Holz- und Strohdächer, hölzerne Altane, hölzerne Dachrinnen, Dachverkleidungen und Dachüberhänge in den Gaten/Bauwich/Ehgraben, – Verbannung der Scheunen vor die Stadtthore,

Brandschutz in der Frühen Neuzeit (16.–18. Jh.)

11

Bild 12. Auszug I, 8, § 66 ALR von 1794 (aus [1])

Bild 11. Einreißen der Häuser aus der Revidirte Feuerordnung der Stadt Elbing von 1633 (aus [1])

– Verbot über die Lagerung von Stroh und Heu für Thiere sowie Verbot der Holzlagerung, leerer Bier-, Wein-, Brandtweinfässer sowie Verbot der Aufbewahrung von Asche im Haus, – Verhaltensregeln für Gasthäuser, Brauhäuser, holzverarbeitende Handwerker, Schuster, Lohgerber, Seiler, Fackelmacher, Seiffensieder, Fleischer, Schweffelzieher usw., – Regeln für die Benutzung der Waschkessel, Umgang mit Feuer, Branntweinbrenner, Pech-Fackeln usw., – Bereithalten von Wasser in Gefäßen vor dem Haus oder auf dem Dachboden, – Duldung des Hausabrisses (Bild 11).

3.3

Territorialmacht und Landesherrliche Gebote

Nach dem Ende des 30jährigen Krieges lag die Hauptaufgabe der deutschen Reichsfürsten in einer funktionsfähigen Landesverwaltung. Neben der Sicherung und Herstellung der öffentlichen Ordnung, wozu der Brandschutz zweifellos gehörte, waren die Neuordnung des Justizwesens sowie der nachhaltige und wirksame Vollzug des Rechts von besonderer Wichtigkeit. Auch der Brandschutz kam nun in „obrigkeitliche Fürsorge“, welche, kaum merklich, im Zuge der territorialen Brandschutzgesetzgebung die mittelalterlichen städtischen Feuerordnungen mit Satzungscharakter in landesherrliche Rechtsgebote meist gleichen Namens transformierte [1]. Die städtische Feuerordnung wurde dabei zum gutmütigen Bindeglied zwischen der mittelalterlichen Stadtsatzung und dem Brandschutzgebot im absolutistischen Verwaltungsstaat der Frühen Neuzeit. Höhepunkt dieser Entwicklung war das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 (Bild 4). Es gilt als einfaches Gebotsrecht mit über 19000 Paragraphen. Erstmals in der Rechtgeschichte wird das Amt der Polizey auf den Erhalt der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und auf die Abwendung von Gefahren beschränkt. Auch Brandschutzregeln sind im ALR zu finden:

Bild 13. Auszug I, 8, § 69, 70 ALR, 1794 (aus [1])

Zunächst im § 66 die Generalklausel des Bauordnungsrechtes, die ganz allgemein dem Schaden, der Verunstaltung und der Unsicherheit Einhalt gebot (Bild 12): In Brandschutzdingen waren es die Feuerstätten, deren Errichtung eine obrigkeitliche Erlaubnis benötigte (Bild 13), und schließlich das Fenster- und Lichtrecht, das einen Abstand von 6 Fuß zum nachbarlichen Zimmer verlangte.

3.4

Die Brandmauer

Neben dem Kampf gegen die brennbaren Stroh- oder Holzschindeldächer ist die Brandmauer eine der ältesten und auch heute noch gültige bauliche Vorsorgemaßnahme im Brandschutz. Am Anfang war der Giebelstand (Bild 14). So entstand das Grabendach, bei dem sich zwei brennbare Dachflächen gegenüberliegen. Diese Dachform wird heute noch in den aktuellen Bauordnungen der Bundesländer ausführlich reglementiert. Die Brandmauer entwickelte sich erst später aus der Kommunwand, die wiederum erst mit Zusammenrücken der Gebäude (also nach dem Verzicht auf den Bauwich, Bild 15) ausschließlich bis zum Traufbereich als gemeinsames Bauteil zweier Gebäude entstand. Zwischen den giebelständigen Häusern entstehen schmale Abstände – der Bauwich, in dem sich meist Müll und Vieh befand. Der Bauwich verschwand im Zuge der Stadtverdichtung und nach Stadtbränden sowohl aus Brandschutzgründen als auch aus hygienischen Gründen. Die giebelständigen Häuser rückten aneinander. Es entstand die echte Kommunwand, die bis zum Traufbereich ein gemeinsames Bauteil zweier Gebäude wurde. Beide Hauseigentümer waren nun eine „Interessengemeinschaft“, die ein Reglement erforderte. Daher finden sich in allen Feuer- und Bauordnungen detaillierte Vorschriften zur Bauweise und zu Rechten und Pflichten an der Kommunwand. Eine weitere Entwicklungsstufe war dann die Firstschwenkung, bei der aus dem Giebelstand der Traufstand wurde. Sie musste hauptsächlich aus Brand-

12

A1

Entwicklung des Brandschutzes im Bauordnungsrecht

Bild 14. Stadtansicht von Dresden mit vollständigem Giebelstand um 1521 (aus [1])

hölzerne Regenrinne

Hof

Überhang aus Holz

Rauchmantel (auch Busen)

Vorbau aus Holz Wangelstein

Rauchhut Glintmauer (Hofmauer)

Bauwich, Ehgraben

Straße

Grabendach verschwand im Zuge Firstschwenkung

Scheidemauer Rauchabzug oder Rauchgatt (Holzfachwerk, auch bei Firstschwenkung) (aus Holz und anfangs nicht über Dach)

Grabendach

Beischlag (auch Utlucht; preußisch Hakenbude)

Kellerhals

Truppenfall (Regenfallrohr aus Holz)

Dornse (beheizbare Stube)

Feuerstelle mit rückseitiger Feuermauer (auch Feuergiebel)

Kommunmauer (gemeinsame Trennwand) Stadtverdichtung verdrängte den Bauwich und unterstützte so die Firstschwenkung

© Dr.-Ing. Sylvia Heilmann Bild 15. Skizze zur Darstellung der Hausteile, insbesondere der gemeinsamen Kommunmauer, die erst entstehen konnte, als die Häuser zusammenrückten und der Bauwich verschwand (© Dr. -Ing. Sylvia Heilmann)

schutzgründen erfolgt sein, da die Grabendächer aus Stroh bei einem Stadtbrand nicht beherrschbar waren. Die Kommunwand wurde bei der Firstschwenkung durch ein neues Giebeldreieck, meist als Holzfachwerk, ergänzt. Später wurde auch das Holzfachwerk in der Brandmauer auf der Grundstücksgrenze verboten, denn die Stadtbrandgefahr konnte nur durch steinerne Trennwände zwischen den Häusern verhindert werden.

4

Brandschutz in der Moderne (19.–20. Jh.)

4.1

Gesellschaft und Brandschutz

Die Prävention im Späten Mittelalter umfasste vor allem christliches und magisches Handeln, in der Frühen Neuzeit zunehmend auch weltlich-pragmatisches Handeln und wandelte sich erst in der Moderne zu einem bewusst vorbeugenden Handeln. Die Entwicklung wurde dabei wesentlich vom technischen Fort-

Brandschutz in der Moderne (19.–20. Jh.)

13

Bild 16. Stadtbrand Hamburg, 1842 (aus [1])

schritt, der Intensivierung der Produktivität und der Konzentration der Nutzung und Werte geprägt. Flächenbrände verursachten im 19. Jh. immer noch große Schäden, z. B. in Löbau 1846 oder auch in Hamburg 1842 (Bild 16), obwohl die Feuerpolizei die Brandsicherheit exzessiv kontrollierte. Die Trägheit des Feuerschutzsystems (siehe dazu weiter in [1]) mag hier ein Grund sein, aber auch die mangelnde Löschorganisation, die im Wesentlichen von der Bürgerschaft getragen wurde. Es war aber auch die Erkenntnis, dass dem abwehrenden Brandschutz, also der Menschenkraft im Kampf gegen das Feuer Grenzen gesetzt sind, die fortan zu einem verstärkten baulichen Brandschutz in den Gesetzen führte. Die Erfindung der Dampfmaschine, der mechanische Webstuhl und die Stahlproduktion waren zwar Säulen einer starken wirtschaftlichen Entwicklung, sie trieben jedoch das Brandrisiko in die Höhe. Auch die Bauwirtschaft boomte um die Jahrhundertwende und neue Technologien in der Stahlproduktion und dem Stahlbetonbau erlaubten einen effektiven Geschossbau. Die Löschtechnik wurde mechanisch und Löscherfolge stellten sich ein. Der Brandschutz entwickelte sich nun rasant. Am Ende des 19. Jahrhunderts existierte ein umfangreiches Brandschutzreglement, vor allem in den preußisch regierten Ländern. Die logischen Folgen sind ein steigender Sicherheitsstandard und die ab 1870 signifikant sinkende Anzahl der Stadtbrände [2]. Aber erst nach dem zweiten Weltkrieg, der viele deutsche Städte mit großen Brandschäden hinterließ und ab 1945 zum Wiederaufbau der zerstörten Städte führte, war das mehr als 800 Jahre währende Zeitalter der Stadtbrände beendet; die Stadtbrandgefahr kann endgültig gestoppt werden.

4.2

Brandschutz in Länderhoheit

Seit dem Westfälischen Frieden von 1648 wurde der Brandschutz in von Monarchen erlassenen Landesgesetzen verankert. Allerdings bestimmt die Reichsverfassung von 1871, dass die Reichsgesetze den Landesgesetzen vorgehen. Damit beginnt die Entmachtung

Bild 17. Das im königlichen Sachsen geltende Baurecht samt Feuerschutz, 1846 (aus [1])

der Landesfürsten bis schließlich 1934 die Souveränität der Länder von Hitler vollständig aufgehoben wurde. Die Bestrebungen, erstmals eine reichseinheitliche Brandschutzgesetzgebung im Deutschen Reich einzuführen, scheiterten nur knapp am Kriegsgeschehen. So blieb der Brandschutz in Deutschland bis zum Neubeginn 1949 weiter im Länderbaurecht verankert und das ist, von der rigorosen Abschaffung der Länder und der Einführung einer Deutschen Bauordnung im DDRRegime abgesehen, bis heute so.

4.3

Der verwaltete Brandschutz

Ein wesentliches Ergebnis der Revolution von 1848 war die Trennung von Regierung, Verwaltung und Justiz. Dies war gerade in Brandschutzdingen von Bedeutung, denn der absolutistische Polizeistaat führte zu einer ungebremsten und nie wieder erreichten Flut von feuertechnischen Mandaten, Edicten und Verordnungen. Zudem fehlte die Rechtsaufsicht. Dem Erfordernis nach rechtmäßigen und widerspruchsfähigen Entscheidungen konnte der Polizeibefehl nun nicht mehr gerecht werden. So „wandelte“ sich der willfährige Polizeibefehl zum hoheitlichen Verwaltungsakt, aus der Baupolizei wurde die Bauaufsicht und letztlich war die Feuerpolizei überflüssig geworden.

Abgrenzung der Verantwortlichkeiten Feuerpolizei: verantwortlich für die Art der Gefahr Baupolizei: verantwortlich für den Anlass der Gefahr

14

A1

Entwicklung des Brandschutzes im Bauordnungsrecht

Bild 18. Centralblatt der Bauverwaltung, 1882 (aus [1])

Polizeistaat des ausgehenden 18. Jh. wurden aus den mittelalterlichen Feuer- und Bauordnungen nun Bauund Feuerpolizeiordnung. Diese „verwirrende Verwendung“ des Polizeibegriffes für das bauordnungs- und feuerschutzrechtliche Reglement ist typisch für die ab 1850 erlassenen Baupolizei(ver)-ordnungen [1]. Sie beinhalten jedoch in großem Umfang den vorbeugenden baulichen Brandschutz und entsprechen in ihrem Wesen und ihrem Inhalt bereits den Bauordnungen der Länder. Die moderne Verwaltung begann dann im 19. Jh. mit einer Systematisierung des Brandschutzes. Letztlich gehen die Feuerlöschordnungen in den Katastrophenschutzgesetzen der Bundesländer auf. Und aus den kurzfristig existierenden Bau- und Feuerpolizeiverordnungen wurden nach dem 2. Weltkrieg wieder die „alten“ Bauordnungen, die noch heute im 21. Jh. den baulichen Brandschutz der deutschen Bundesländer regeln.

4.5

Bild 19. Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, 1836 (aus [1])

Abgrenzung der Aufgaben Feuerpolizei: präventiv tätig, durch Erkennen der Gefahrenart bei örtlichen Kontrollen Baupolizei: repressiv tätig, da Beseitigung baulicher Defizite veranlasst wird; aber auch präventiv tätig, da Erlass von Baugenehmigungen

Beginn der deutschen Brandschutznormung

Bis 1919 wurde die Feuerqualität eines Bauteils mit massiv, feuerfest oder feuersicher beschrieben. Der preußische Verwaltungsstaat führte dann mit der Einheitsbauordnung von 1919 die noch heute gültigen Rechtsbegriffe feuerbeständig und feuerhemmend ein. Erst 1925 wird die feuerbeständige und feuerhemmende Bauweise durch spezifische Konstruktions- und Zeitangaben (Bild 20) näher bestimmt. Damit war der Grundstein für die erste technische Brandschutznorm DIN 4102 gelegt, die 1934 veröffentlicht wurde (Bild 21). Die nunmehr fast 90jährige Geschichte dieser Brandschutznorm und die noch heute gültige Einheitstemperaturzeitkurve rechtfertigen es sicher, von einem bedeutenden Meilenstein in der Brandschutzgeschichte zu sprechen.

Der Brandschutz blieb aber auch mit der Reichsgründung von 1871 weiter in Länderhoheit.

4.4

Terminologie der Ordnungen

Aus der Primärquellenlage nach [1] ist eine sehr differierende Terminologie der Ordnungen zu erkennen. Offensichtlich konkurrieren Baupolizeiordnung mit Bauordnung, Feuerpolizeiordnung mit Feuerordnung, Feuerordnung mit Bauordnung, Feuerordnung mit Feuerlöschordnung. Zunächst waren Feuer- und Bauordnung zeitgleich als städtische Satzungen am Start (siehe Abschnitt 2.3). Nach einer Phase der Vermischung und Verteilung der Ordnungsbereiche Löschen und Bauen folgte der Übergang in landesherrliche Rechtsgebote (18. Jh.). Im

Bild 20. Einheitstemperaturkurve von 1934, DIN 4102-Blatt 3 (aus [1])

Erkenntnisse

5

Bild 21. DIN 4102-Blatt 1:1934 (aus [1])

4.6

Brandschutztüren und Brandschutzglas

Vielfältige Bauteile entwickelten sich nun im Zuge der Industrialisierung auch unter der gesetzlichen Maßgabe, feuersicher sein zu müssen. 1910 galt beispielsweise eine Türe als feuerhemmend, wenn sie – aus 4 cm dicken Eichenholz besteht, – und mit Stahlblech ummantelt ist, – selbstständig zufällt und – rauchdicht schließt. Von diesen Türkonstruktionen im Bild 22 wurde erwartet, dass sie 30 Minuten einem Feuer standhalten. Bereits im Jahre 1887 beginnt Otto Schott mit der Entwicklung von hitzbeständigem Borosilikatglas. Im Jahr 1918 folgte dann die Massenproduktion feuersicherer Gläser. Insbesondere das Siemensche Drahtglas oder das Elektroglas galten als bis zu 1000 °C temperaturbelastbar und damit als feuersicher (Bild 23). Der bauliche Brandschutz wurde durch diese feuersicheren Bauteile und Bauweisen in den Gesetzen sehr konkret und materiell.

15

Erkenntnisse

Die Geschichte des Brandschutzes ist ein Stück Rechtsgeschichte. So ist die Brandschutzentwicklung eng mit der Geschichte der Gesetzgebung verbunden, welche durch die jeweilige rechtspolitische Gesamtsituation im Deutschen Reich flankiert wird. Doch der Brandschutz ist eindeutig technisch-konstruktiven Ursprunges, der sich den Moralgesetzen völlig entzieht [4], aber sehr wohl „bis zum Inneren des Menschen“ vordringt und das menschliche Dasein in seiner ganzen Vielfalt beeinflusst. Allein seine bis heute gültige Verankerung im deutschen Recht erfordert es, bei technischen Fragen immer wieder den Bezug zur Rechtsquelle zu finden, gleichwohl wissend, dass daraus in weit größerem Maß bauliche und statisch-konstruktive Auswirkungen resultieren. Daher bleibt die baurechtliche Brandschutzpraxis bis heute den Feuerwehren, den Ingenieuren, den Architekten und Baumeistern vorbehalten, auch wenn die Koexistenz von Recht und Technik den handelnden Personen nicht immer leichtfällt, was insbesondere bei Nachweisen zum Bestandsschutz deutlich wird. Denn auch für diese spezielle Nachweisführung, die heute im Einzelfall den Bestand schützen kann, ist die Kenntnis und Auswertung baurechtshistorischer Quellen bedeutsam. Zusammenfassend erkennen wir: 1. Brandschutzgesetze gehören zu den ältesten Sicherheitsgesetzen. 2. Das gesellschaftliche Risikobewusstsein folgt immer der Schadenserfahrung. Brandschutzgesetze besitzen damit eine empirisch erzeugte Logik. 3. Brandschutz ist Teil der öffentlichen Ordnung und deshalb seit Anbeginn eine Staatsaufgabe. 4. Brandschutz ist aber dennoch unpolitisch, machtstrategisch unberührbar und gleichzeitig systemimmanenter Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens. 5. Damit ist die Brandsicherheit konkurrenzlos. Sie kennt keine Rivalität. 6. Die Brandsicherheit ist unteilbar. Es ist nicht möglich, Einzelne von dieser Sicherheit auszuschließen. 7. Brandschutz orientiert sich seit Jahrhunderten allein an den technischen und personellen Möglichkeiten und an den monetären Ressourcen der Gesellschaft. 8. Brandschutzgesetze sind träg. Diese Trägheit erlaubt keine unmittelbare Vergleichbarkeit von geltender Schutzmaßnahme und eingetretenem Schaden. Vielmehr ist der Erfolg einer „eingeführten“ Schutzmaßnahme erst Jahre später festzustellen. Brandschutz fühlt sich heute an, wie ein Theater bauen und dann keine Vorstellung geben. Man fragt sich, wofür haben wir eigentlich das Theater? Die sinkende Schadenserfahrung verringert heute unser Risikobewusstsein genauso, wie die erlebten Stadtbrände der Frühen Neuzeit zur verstärkten Vorsorge führten. Seit gut 100 Jahren gibt es keine Flächenbrände mehr und seit 40 Jahren sinkt die Zahl der Brandtoten in Deutschland. Aber ist das allein ein Fingerzeig, die offensichtlich bewährte Brandvorsorge zu reduzieren?

16

A1

Entwicklung des Brandschutzes im Bauordnungsrecht

Bild 22. Geprägtes, 0,5 mm dickes Eisenblech mit Holzfüllung (aus [1])

Bild 23. Brandschutzglas aus 6 mm bzw. 3 mm dicken Glasscheiben (aus [1])

Wir müssen beachten, dass Brandschutzgesetze nur mit großer Trägheit wirksam werden, bevor wir die mühsam über Jahrhunderte erkämpfte Brandsicherheit leichtfertig aufgeben! Ob nun die Fensterlosigkeit in Kommunwänden oder die Notwendigkeit des 2. unabhängigen Rettungsweges in Frage stehen: Wir müssen zurückschauen, wenn wir den Brandschutz der Zukunft definieren! Denn aus der Entwicklung des Brandschutzes vom Späten Mittelalter bis zur Moderne sehen wir, dass die Brandsicherheit ein fragiles und teuer erkauftes Gut ist, dass nicht allein durch Hoffnung und Glauben zu substantivieren ist.

6

Literatur

[1] Heilmann, S. (2020) Entwicklung des Brandschutzes in Deutschland vom Späten Mittelalter bis zur Moderne. 2. Auflage in Vorbereitung. Pirna: vfbp. [2] Zwierlein, C. (2011) Der gezähmte Prometheus. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht GmbH & Co. KG. [3] Stolleis, M. (1988) Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland, Reichspublizistik und Policeywissenschaft, 1. Band: 1600–1800. München: Verlag C.H. Beck. [4] Fehr, H. (1927, 1928) Recht und Wirklichkeit, Einblick in Werden und Vergehen von Rechtsformen, Band 1. Potsdam: Müller & Kiepenheuer Verlag, Zürich, Bern: Orell Füssli Verlag.

17

A 2 Bauordnungsrechtliche Regelungen zur Verwendung von Bauprodukten und Bauarten Peter Proschek

Dipl.-Ing. Peter Proschek Riemeisterstr. 50, 14169 Berlin Studium des Bauingenieurwesens an der Ruhr-Universität Bochum. Tätigkeit in Ingenieurbüros (Statik, Baukonstruktion). Laufbahnausbildung für den höheren feuerwehrtechnischen Dienst. Leitungsaufgaben in verschiedenen Bereichen der Berliner Feuerwehr. Referatsleiter Brandverhalten von Baustoffen, Brandschutzbeschichtungen beim Deutschen Institut für Bautechnik in Berlin.

Bauphysik-Kalender 2021: Brandschutz. Herausgegeben von Nabil A. Fouad. © 2021 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2021 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

18

A2

Bauordnungsrechtliche Regelungen zur Verwendung von Bauprodukten und Bauarten

Inhaltsverzeichnis 1

Anforderungen der Landesbauordnungen

2

Bauarten

3

Regelungen zur Verwendung von Bauprodukten ohne CE-Kennzeichnung 20

4

Regelungen zur Verwendung von Bauprodukten mit CE-Kennzeichen 22 Bauprodukte nach Bauproduktenverordnung 22 Allgemein 22 Leistungserklärung 23 Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit 23 Produkte nach anderen Richtlinien der EU 23

4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.2

19

19

5 5.1 5.2 5.3

Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen 23 Wesentlicher Inhalt der MVV TB 23 Brandschutz 26 Bauprodukte und Bauarten Technische Gebäudeausrüstung 27

6

Bauprodukte nach defizitären hEN

7

Weiterführende Informationen 31

8

Literatur

31

29

Bauarten

Der gleichnamige Beitrag aus dem Bauphysik-Kalender 2016 wurde aktualisiert und ergänzt.

1

Anforderungen der Landesbauordnungen

Nach den Landesbauordnungen werden Bauprodukte als Produkte, Baustoffe, Bauteile und Anlagen sowie Bausätze definiert, die hergestellt werden, um dauerhaft in bauliche Anlagen eingebaut zu werden. Als Bauprodukte gelten zudem aus Produkten, Baustoffen, Bauteilen sowie Bausätzen vorgefertigte Anlagen, die hergestellt werden, um mit dem Erdboden verbunden zu werden (z. B. Fertighäuser, Fertiggaragen und Silos). Deren Verwendung kann sich auf die Anforderungen an bauliche Anlagen auswirken (vgl. § 2 Abs. 10 MBO). Ein Bausatz ist nach der EU-Bauproduktenverordnung definiert als ein Bauprodukt, das von einem einzigen Hersteller als Satz von mindestens zwei getrennten Komponenten in Verkehr gebracht wird. Diese müssen zusammengefügt werden, um ins Bauwerk eingefügt zu werden (vgl. Bauproduktenverordnung, Art. 2 Ziff. 2). Als Bauart bezeichnet man das Zusammenfügen von Bauprodukten zu baulichen Anlagen oder Teilen von baulichen Anlagen (vgl. § 2 Abs. 11 MBO). Fragen gibt es häufig zur Unterscheidung zwischen Bausatz und Bauart. Die Bauart umfasst zusätzlich die Planung, Bemessung und Ausführung einer baulichen Anlage (vgl. § 2 Abs. 11 MBO). Nach dem Wortlaut der Musterbauordnung (MBO) [1] werden Bauprodukte verwendet, Bauarten hingegen angewendet. Die Vorschriften zu Bauprodukten und Bauarten haben bereits mit der MBO von 2016 einige grundlegende Änderungen erfahren. Auslöser hierfür war eine Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH). Der EuGH hat in einem Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen Deutschland festgestellt, dass zusätzliche nationale Anforderungen an europäisch harmonisierte Bauprodukte mit CEKennzeichnung gegen das Marktbehinderungsverbot der Bauproduktenrichtlinie 89/106/EWG [2] verstießen. Diese Richtlinie ist inzwischen durch die Bauproduktenverordnung (Verordnung (EU) Nr. 305/2011) [3] des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9.3.2011 zur Festlegung harmonisierter Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten abgelöst worden. Auch die Bauproduktenverordnung enthält ein Marktbehinderungsverbot. Produktunmittelbare Anforderungen wie sie bisher durch die Bauregelliste B für Bauprodukte mit CE-Kennzeichnung festgelegt waren, sollen durch die Neufassung der MBO vermieden werden.

19

In Anpassung an das europäische Bauproduktenrecht hat man in § 3 MBO hinsichtlich der allgemeinen Anforderungen an Anlagen bestimmt, dass die Grundanforderungen (BWR Basic Work Requirements) an Bauwerke der Bauproduktenverordnung zu berücksichtigen sind: 1. Mechanische Festigkeit und Standsicherheit 2. Brandschutz 3. Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz 4. Sicherheit und Barrierefreiheit bei der Nutzung 5. Schallschutz 6. Energieeinsparung und Wärmeschutz 7. Nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen Die Grundanforderungen stimmen von ihrer Zielsetzung her überein mit den allgemeinen Anforderungen der MBO nach §§ 12 bis 16: – § 12 MBO Standsicherheit – § 13 MBO Schutz gegen schädliche Einflüsse – § 14 MBO Brandschutz – § 15 MBO Wärme-, Schall- und Erschütterungsschutz – § 16 MBO Verkehrssicherheit Die Musterbauordnung enthält im Weiteren in § 85a Abs. 1 die Ermächtigung, im Rahmen einer Verwaltungsvorschrift die allgemeinen Anforderungen an bauliche Anlagen, Bauprodukte und andere Anlagen und Einrichtungen durch technische Baubestimmungen zu konkretisieren, aus denen sich die Anforderungen an die zu verwenden Bauprodukte ableiten lassen. Hierzu dient in erster Linie die auf Grundlage von § 85a MBO erstellte Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) [4]. Die Länder gehen davon aus, dass Anforderungen an die Verwendung von Bauprodukten weiterhin zulässig sind, da diese in die ausschließliche Kompetenz der Mitgliedstaaten fallen. Die Musterbauordnung versteht hierbei die Verwendung von Bauprodukten als Bauart, die als das Zusammenfügen von Bauprodukten zu baulichen Anlagen oder Teilen von baulichen Anlagen definiert sind. Zur Abgrenzung zwischen den Anforderungen an die Verwendung der Bauprodukte, die das Bauordnungsrecht als Bauart bezeichnet, und den produktunmittelbaren Anforderungen ist daher § 16a MBO Bauarten im Abschnitt „Allgemeine Anforderungen an die Bauausführung“ verortet. Die produktbezogenen Anforderungen und Nachweisverfahren stehen im Abschnitt „Bauprodukte, Bauarten“.

2

Bauarten

Die Landesbauordnungen bezeichnen das Zusammenfügen von Bauprodukten zu baulichen Anlagen oder Teilen von baulichen Anlagen als Bauart (MBO § 2 Abs. 11). Wie vorstehend erwähnt, sieht die Musterbauordnung eine strikte Abgrenzung zwischen Anfor-

20

A2

Bauordnungsrechtliche Regelungen zur Verwendung von Bauprodukten und Bauarten

derungen an Bauprodukte und Regelungen für das Zusammenfügen von Bauprodukten zu baulichen Anlagen (Bauarten) vor, was sich auch sprachlich ausdrückt. Die bisherige allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (sogenannte Anwendungszulassungen) oder Zustimmung im Einzelfall für Bauarten erhalten neue Bezeichnungen. Bauarten, die von Technischen Baubestimmungen nach § 85a Absatz 2 Nr. 2 oder Nr. 3 Buchstabe a) MBO wesentlich abweichen oder für die es allgemein anerkannte Regeln der Technik nicht gibt, dürfen bei der Errichtung, Änderung und Instandhaltung baulicher Anlagen nur angewendet werden, wenn für sie Folgendes vorliegt: – eine allgemeine Bauartgenehmigung (aBG) durch das Deutsche Institut für Bautechnik, – eine vorhabenbezogene Bauartgenehmigung (vBG) durch die oberste Bauaufsichtsbehörde oder – anstelle einer allgemeinen Bauartgenehmigung genügt ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis für Bauarten, wenn die Bauart nach allgemein anerkannten Prüfverfahren beurteilt werden kann. Diese Bauarten sind in MVV TB C 4 gelistet. Bauarten bedürfen einer Bestätigung ihrer Übereinstimmung mit den Technischen Baubestimmungen nach § 85a Abs. 2 MBO, den allgemeinen Bauartgenehmigungen, den allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnissen für Bauarten oder den vorhabenbezogenen Bauartgenehmigungen. Als Übereinstimmung gilt auch eine Abweichung, die nicht wesentlich ist. Das bauausführende Unternehmen gibt hierzu eine Übereinstimmungserklärung ab, in der es erklärt, dass die Bauart mit den Technischen Baubestimmungen, der allgemeinen Bauartgenehmigung, dem allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis oder der vorhabenbezogenen Bauartgenehmigung übereinstimmt. Der Übereinstimmungsnachweis für Bauarten führt nicht zum bauaufsichtlichen Ü-Zeichen. Bei Bauarten, deren Anwendung in außergewöhnlichem Maß von der Sachkunde und Erfahrung der damit betrauten Personen oder von einer Ausstattung mit besonderen Vorrichtungen abhängt, kann in der Bauartgenehmigung oder durch Rechtsverordnung der obersten Bauaufsichtsbehörde vorgeschrieben werden, dass der Anwender über solche Fachkräfte und Vorrichtungen verfügt und den Nachweis hierüber gegenüber einer Prüfstelle nach § 24 Satz 1 Nr. 6 MBO zu erbringen hat. In der Rechtsverordnung können Mindestanforderungen an die Ausbildung, die durch Prüfung nachzuweisende Befähigung und die Ausbildungsstätten einschließlich der Anerkennungsvoraussetzungen gestellt werden. Für Bauarten, die einer außergewöhnlichen Sorgfalt bei Ausführung oder Instandhaltung bedürfen, kann in der Bauartgenehmigung oder durch Rechtsverordnung der obersten Bauaufsichtsbehörde die Überwachung dieser Tätigkeiten durch eine Überwachungsstelle nach § 24 Satz 1 Nr. 5 MBO vorgeschrieben werden.

3

Regelungen zur Verwendung von Bauprodukten ohne CE-Kennzeichnung

Die Regelungen zu den baurechtlichen Nachweisen für Bauprodukte stehen in §§ 16b bis 25 MBO im Abschnitt „Bauprodukte, Bauarten“. Allgemein wird in § 16b Abs. 1 bestimmt, dass Bauprodukte nur verwendet werden dürfen, wenn bei ihrer Verwendung die bauliche Anlagen bei ordnungsgemäßer Instandhaltung während einer dem Zweck entsprechenden angemessenen Zeitdauer die Anforderungen dieses Gesetzes oder aufgrund dieses Gesetzes erfüllen und gebrauchstauglich sind. Mit dem Bezug zu den Anforderungen dieses Gesetzes wird insbesondere abgezielt auf die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen. Die Verwendbarkeit für Bauprodukte ohne CE-Kennzeichnung ergibt sich: 1. aus der Übereinstimmung mit den bekannt gemachten technischen Regeln nach Bauregelliste bzw. MVV TB C 2 (ehemals Bauregelliste A Teil 1), 2. durch einen Verwendbarkeitsnachweis (§§ 18 bis 20, allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ) oder allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP)) wenn a) es keine Technische Baubestimmung und keine allgemein anerkannte Regel der Technik gibt, b) das Bauprodukt von einer Technischen Baubestimmung (§ 85a Abs. 2 Nr. 3) wesentlich abweicht oder c) eine Verordnung nach § 85 Abs. 4a es vorsieht. Bauprodukte, die nach allgemein anerkannten Prüfverfahren beurteilt werden, bedürfen anstelle einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung nur eines allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses. Diese Bauprodukte sind in MVV TB Kapitel C 3 gelistet. Bauprodukte nach Ziffer 1. und 2. dürfen verwendet werden, wenn ihre Verwendbarkeit in dem für sie geforderten Übereinstimmungsnachweis bestätigt ist und sie deshalb das Übereinstimmungszeichen (Ü-Zeichen) tragen. Bauprodukte unterliegen einem in der MVV TB Kapitel C 2, der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung, dem allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis oder dem Nachweis der Verwendbarkeit von Bauprodukten im Einzelfall vorgeschriebenen Verfahren zum Nachweis der Übereinstimmung mit den ihnen zugrunde liegenden technischen Regeln bzw. Verwendbarkeitsnachweisen, siehe Tabelle 1. Der Hersteller dokumentiert die Übereinstimmung des Produkts durch Kennzeichnung des Produkts mit dem Übereinstimmungszeichen Ü (Ü-Zeichen) aufgrund der Bestimmungen der Übereinstimmungszeichen-Verordnungen der Länder [5]. Die Verordnungen bestimmen im Einzelnen die im Ü-Zeichen erforderlichen Angaben, die Grundlagen der Bestätigung sowie Form und Art der Anbringung.

Regelungen zur Verwendung von Bauprodukten ohne CE-Kennzeichnung Bauprodukte nach MVV TB Kapitel C 2

Bauprodukte ohne technische Regel oder Abweichung von TB

Bauprodukte nach MVV TB Kapitel C 3

abZ

abP

Übereinstimmungsnachweis ÜH, ÜHP, ÜZ

Ü-Zeichen

Bauprodukte nach MVV TB Teil D

Kein Ü-Zeichen

Anwendung unter Berücksichtigung bauaufsichtlicher Anwendungsregeln möglich

Tabelle 1. Übereinstimmungsnachweise nach den Landesbauordnungen Stelle

Maßnahme

Verfahren ÜH

Hersteller

Zugelassene Stelle

ÜHP

ÜZ

Erstprüfung

×

Prüfung von Proben nach festgelegtem Prüfplan

×

×

×

Werkseigene Produktionskontrolle (WPK)

×

×

×

Erstprüfung

×

×

Stichprobenprüfung

×

Erstinspektion (Werk und WPK)

×

Überwachung WPK

×

Die oberste Bauaufsichtsbehörde darf im Einzelfall der Verwendung von Bauprodukten (Zustimmung im Einzelfall ZiE) zustimmen, wenn die allgemeinen Anforderungen an Bauprodukte im Sinne des § 16b Absatz 1 nachgewiesen sind. Wenn Gefahren im Sinne des § 3 Satz 1 (allgemeine Anforderungen) nicht zu erwarten sind, kann die oberste Bauaufsichtsbehörde im Einzelfall erklären, dass ihre Zustimmung nicht erforderlich ist. Nicht harmonisierte Bauprodukte aus anderen Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) dürfen nach den jeweiligen Landesbauordnungen auch in allen deutschen Bundesländern ohne gesonderten deutschen Verwendbarkeitsnachweis verwendet werden. Voraussetzung ist, dass das geforderte Schutzniveau in Bezug auf Sicherheit, Gesundheit und Gebrauchstauglichkeit gleichermaßen dauerhaft erreicht wird. Auf beschränkende Maßnahmen findet die Verordnung (EG) Nr. 764/2008 [6] über das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung Anwendung, die die europäische Warenverkehrsfreiheit durch kon-

21

Bild 1. Systematik der baurechtlichen Nachweise für Bauprodukte ohne CE-Kennzeichnung

krete Nachweis- (technische oder wissenschaftliche Belege) und Verfahrensanforderungen vor dem Zugriff der mitgliedstaatlichen Behörden absichert. Die MVV TB sieht in Kapitel C 1 vor, dass bei der Bewertung der Gleichwertigkeit auch die Anforderungen an das Verfahren und die Stellen der Konformitätsbewertung einzubeziehen sind. Da diese Vorgabe die gegenseitige Anerkennung in vielen Fällen ausschließen dürfte, wird zumindest im jeweiligen Einzelfall zu prüfen sein, ob die Anforderungen über das hinausgehen, was zur Erreichung des Schutzziels unter Berücksichtigung der Bedeutung der Warenverkehrsfreiheit zu rechtfertigen ist. Für die nachstehenden Bauprodukte stellt die Bauordnung zwar die gleichen materiellen Anforderungen (z. B. Mindestbrandverhalten normalentflammbar), verzichtet aber auf die Nachweise der Verwendbarkeit und Übereinstimmung. Diese Bauprodukte dürfen kein Ü-Zeichen tragen: – Bauprodukte nach MVV TB Kapitel D 2.1 (ehemals sonstige Bauprodukte) die allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen, aber nicht in der MVV TB Kapitel C 2 bekannt gemacht sind (z. B. DVGW-Regeln, VDE-Bestimmungen), – Bauprodukte nach MVV TB Kapitel D 2.2 (ehemals Liste C), für die es keine technischen Regeln gibt und die für die Erfüllung baurechtlicher Anforderungen nur untergeordnete Bedeutung haben. Für eine flexible Handhabung der materiellen Anforderungen der Landesbauordnungen bieten diese das Instrument der „Abweichung“ an. Die Entscheidung, ob eine wesentliche Abweichung von den technischen Regeln der MVV TB Kapitel C 2, Verwendbarkeitsnachweisen bzw. Anwendbarkeitsnachweisen vorliegt, tragen bei Bauprodukten die Hersteller bzw. bei der Herstellung von Bauarten die ausführenden Unternehmen. Hierzu stellt die Oberste Bauaufsicht von Berlin fest [7]: „Die Bauordnungen der Länder fordern für Bauprodukte und Bauarten einen Übereinstimmungsnachweis. Eine Übereinstimmung mit technischen Regeln, allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen bzw. Prüfzeugnissen oder Zustimmungen im Einzelfall darf auch dann bescheinigt

22

A2

Bauordnungsrechtliche Regelungen zur Verwendung von Bauprodukten und Bauarten

werden, wenn eine nicht wesentliche Abweichung von einer der aufgeführten technischen Spezifikationen vorliegt. Die Frage, ob eine wesentliche Abweichung vorliegt, kann zunächst nur derjenige beantworten, dessen Aufgabe es ist, die Übereinstimmung mit der technischen Spezifikation festzustellen. Ist für Bauprodukte als Übereinstimmungsnachweis das Übereinstimmungszertifikat vorgeschrieben, ist es die Zertifizierungsstelle; ist lediglich die Übereinstimmungserklärung durch den Hersteller (durch Kennzeichnung mit dem Ü-Zeichen) vorgeschrieben, liegt die Verantwortung für die Richtigkeit der Übereinstimmungserklärung beim Hersteller des Bauprodukts. Bei Bauarten muss der Anwender der Bauart, d. h. der ausführende Unternehmer, formlos die Übereistimmung gegenüber dem Auftraggeber erklären. Dem ausführenden Unternehmer obliegt auch die Prüfung, ob ggf. eine „wesentliche oder nicht wesentliche Abweichung“ bei der Ausführung der Bauart von der ihm vorliegenden technischen Spezifikation gegeben ist. Er trägt öffentlich-rechtlich, aber auch im Rahmen seiner zivilrechtlichen Haftung die Verantwortung für die Übereinstimmung seines Werkes mit den zugrundeliegenden technischen Spezifikationen. Hersteller von Bauprodukten und ausführende Unternehmen, die Bauarten anwenden, müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein.“

4

Regelungen zur Verwendung von Bauprodukten mit CE-Kennzeichen

4.1

Bauprodukte nach Bauproduktenverordnung

4.1.1

Allgemein

Ein Bauprodukt, das die CE-Kennzeichnung nach Bauproduktenverordnung trägt, darf verwendet werden, wenn die erklärten Leistungen den bauordnungsrechtlichen Regelungen entsprechen (vgl. § 16c MBO). Der Wortlaut ist an Artikel 8 Absatz 4 der Bauproduktenverordnung angelehnt, wonach einem Mitgliedstaat die Bereitstellung auf dem Markt oder die Verwendung von Bauprodukten, die die CE-Kennzeichnung tragen weder untersagen noch behindern darf, wenn die erklärten Leistungen den Anforderungen für diese Verwendung in dem betreffenden Mitgliedstaat entsprechen. Die rechtskonforme Verwendung obliegt, wie bisher, den am Bau Beteiligten Bauherrn, Entwurfsverfasser und beauftragte Unternehmer. Die Beseitigung der technischen Hemmnisse im Bausektor wird durch harmonisierte technische Spezifikationen erreicht, anhand derer die Leistung von Bauprodukten bewertet wird. Ausgehend von dem Verwendungszweck eines Bauprodukts in einem Mitgliedstaat zur Erfüllung der Grundanforderungen an Bauwerke (siehe Abschnitt 1) werden in den harmonisierten technischen Spezifikationen die „Wesentlichen Merk-

male“ (z. B. Brandverhalten, Feuerwiderstand) festgelegt. Zur Bewertung der Leistung von Bauprodukten in Bezug auf ihre „Wesentlichen Merkmale“ enthalten diese harmonisierten technischen Spezifikationen Prüfungen, Berechnungsverfahren und andere Instrumente, die in harmonisierten Normen und Europäischen Bewertungsdokumenten festgelegt sind. Als harmonisierte technische Spezifikation gelten – harmonisierte europäische Produktnormen (hEN) und – Europäische Bewertungsdokumente (EAD European Assessment Document). Die europäischen Normgremien CEN und CENELEC erarbeiten auf Grundlage eines Normungsauftrags (Mandat) der Europäischen Kommission Normen. Die Europäische Kommission veröffentlicht ein Verzeichnis der Fundstellen harmonisierter Normen (hEN), die den zugehörigen Mandaten entsprechen, im Amtsblatt der Europäischen Union. Erst durch die Veröffentlichung werden hEN zu harmonisierten Normen. Nach Ablauf einer entsprechend festgelegten Koexistenzperiode ist die harmonisierte Norm die einzige Grundlage für die Erstellung einer Leistungserklärung für ein von dieser Norm erfasstes Bauprodukt. Fällt ein Produkt nicht in den Anwendungsbereich einer bestehenden harmonisierten Norm, ist das in der harmonisierten Norm vorgesehene Bewertungsverfahren für mindestens ein „Wesentliches Merkmal“ dieses Produktes nicht geeignet oder sieht die harmonisierte Norm für mindestens ein „Wesentliches Merkmal“ dieses Produktes kein Bewertungsverfahren vor, kann der Hersteller eine Europäische Technische Bewertung (European Technical Assessment ETA) beantragen. Die Organisation Technischer Bewertungsstellen (European Organisation for Technical Assessments EOTA) erarbeitet sodann ein Europäisches Bewertungsdokument. Dieses europäische Bewertungsdokument dient sodann der zuständigen Technischen Bewertungsstelle als Grundlage für die Erstellung einer Europäischen Technischen Bewertung. Die Europäischen Technischen Bewertungen werden ohne Angabe einer Gültigkeit ausgestellt. Die Bewertungsdokumente werden nach erstmaliger CE-Kennzeichnung des betroffenen Produkts veröffentlicht. In Deutschland ist aufgrund des Bauprodukten-Anpassungsgesetzes das DIBt die einzige benannte Technische Bewertungsstelle. Zum Verfahren der Erarbeitung Europäischer Bewertungsdokumente enthält die Bauproduktenverordnung in Anhang II eine Reihe von Bestimmungen, die vertragliche Vorgaben zwischen Hersteller und Technischer Bewertungsstelle betreffen. Die darin enthaltenen Terminvorgaben sollen der Beschleunigung des Verfahrens dienen, enthalten aber auch Ausweichmöglichkeiten und beziehen nicht alle Verfahrensschritte ein. Insbesondere wird die nach der Fertigstellung des Europäischen Bewertungsdokuments folgende Erarbeitung der Europäischen Technischen Bewertung nicht behandelt.

Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen EU-BauPVO

EU-Richtlinien

Bauprodukte nach harmonisierten Spezifikationen (hEN, EAD)

Bauprodukte nach EURichtlinien Konformitätsbewertungsverfahren

Leistungserklärung des Herstellers Nachweis der Leistungsbeständigkeit 1, 1+, 2+, 3, 4

Nachweis fehlender wesentlicher Merkmale durch Verwendbarkeitsnachweis nach MVV TB Kapitel B 3

Anwendung unter Berücksichtigung bauaufsichtlicher Anwendungsregelungen (ggf. aBG) möglich

4.1.2

Leistungserklärung

Ist ein Bauprodukt von einer harmonisierten Norm erfasst oder entspricht ein Bauprodukt einer europäischen technischen Bewertung, die für dieses ausgestellt wurde, so hat der Hersteller eine Leistungserklärung für das Produkt zu erstellen, wenn es in Verkehr gebracht wird. Hiermit übernimmt der Hersteller die Verantwortung für die Konformität des Bauprodukts. Die CE-Kennzeichnung ist auf Basis einer Leistungserklärung anzubringen. Sie enthält insbesondere die in Tabelle 2 ersichtlichen Angaben. Eine Abschrift der Leistungserklärung jedes Produkts, das auf dem Markt bereitgestellt wird, wird entweder in gedruckter oder elektronischer Weise zur Verfügung gestellt. Abweichend kann die Abschrift der Leistungserklärung gemäß Bedingungen, die von der Kommission in der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 57/ 2014 [9] festgelegt sind, auf einer Website zur Verfügung gestellt werden. Diese Bedingungen stellen unter anderem sicher, dass die Leistungserklärung mindestens für zehn Jahre ab dem Inverkehrbringen des Bauprodukts zur Verfügung steht. Die Leistungserklärung wird in der Sprache beziehungsweise den Sprachen zur Verfügung gestellt, die von dem Mitgliedstaat, in dem das Produkt bereitgestellt wird, vorgeschrieben werden.

4.1.3

23

Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit

Für CE-gekennzeichnete Bauprodukte nach Bauproduktenverordnung gibt es Systeme der „Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit“, vergleichbar mit denen der Übereinstimmungsverfahren nach Landesbauordnungen. Das Verfahren soll dazu dienen, sicherzustellen, dass die Produkte aus der laufenden Produktion jeweils die in der Leistungserklärung angegebenen Leistungsmerkmale aufweisen. Der Begriff der Leistungsbeständigkeit hat also nichts mit der Dauerhaftigkeit der Leistung des einzelnen Produkts zu tun.

Bild 2. Systematik der baurechtlichen Nachweise für Bauprodukte mit CE-Kennzeichnung

Hier kann eine notifizierte Stelle nach Art 39 ff. der Bauproduktenverordnung zu beteiligen sein. Die Notifizierung erfolgt jeweils für bestimmte technische Spezifikationen. Ein Verzeichnis der notifizierten Stellen ist im Rahmen des „New Approach Notified and Designated Organisations Information System“ abrufbar (siehe Abschnitt 7).

4.2

Produkte nach anderen Richtlinien der EU

Technische Gebäudeausrüstungen und Teile von Anlagen zum Lagern, Abfüllen und Umschlagen von wassergefährdenden Stoffen, die hinsichtlich ihres Verwendungszwecks bestimmte Grundanforderungen nach Art. 3 Abs. 1 der Bauproduktenverordnung an bauliche Anlagen und ihre Teile nicht erfüllen (und die weiteren harmonisierten Rechtsbereichen unterliegen), bedürfen zum Nachweis der fehlenden „Wesentlichen Merkmale“ unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 MBO einen Verwendbarkeitsnachweis. Dies gilt nicht, sofern in Tabelle B 3.2 Spalte 4, Buchst. d, eine andere Festlegung getroffen wurde. Hier ist eine Übereinstimmungserklärung zu den fehlenden „Wesentlichen Merkmalen“ nach § 22 MBO des Herstellers aufgrund vorheriger Prüfung der Bauprodukte durch eine hierfür bauaufsichtlich anerkannte Prüfstelle ausreichend.

5

Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen

5.1

Wesentlicher Inhalt der MVV TB

Die Festlegung der bauwerkseitig für einen konkreten Verwendungszweck erforderlichen Produktleistung erfolgt insbesondere durch die Landesbauordnungen und die aufgrund der Landesbauordnung erlassenen Vorschriften, wie zum Beispiel den Sonderbauvorschriften und den technischen Baubestimmungen. Die am Bau Beteiligten müssen sicherstellen, dass die entsprechende Produktleistung den bauwerkseitigen An-

24

A2

Bauordnungsrechtliche Regelungen zur Verwendung von Bauprodukten und Bauarten

Tabelle 2. Muster Leistungserklärung nach Bauproduktenverordnung Anhang III Leistungserklärung Nr. 1. Eindeutiger Kenncode des Produkttyps 2. Verwendungszweck(e) 3. Hersteller 4. Bevollmächtigter 5. System(e) zur Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit 6. a) Harmonisierte Norm Notifizierte Stelle(n) 6. b) Europäisches Bewertungsdokument Europäische Technische Bewertung Technische Bewertungsstelle Notifizierte Stelle(n) 7. Erklärte Leistung(en) 8. Angemessene Technische Dokumentation und/oder Spezifische Technische Dokumentation Die Leistung des vorstehenden Produkts entspricht der erklärten Leistung/den erklärten Leistungen. Für die Erstellung der Leistungserklärung im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 305/2011 ist allein der obengenannte Hersteller verantwortlich. Unterzeichnet für den Hersteller und im Namen des Herstellers von: [Name] [Ort] [Datum] [Unterschrift]

Tabelle 3. Systeme zur Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit nach Bauproduktenverordnung Anhang V Stelle

Hersteller

Zugelassene Stelle

Maßnahme

System 1+

1

2+

Prüfung von Proben nachfestgelegtem Prüfplan

×

×

×

Werkseigene Produktionskontrolle WPK

×

×

×

Erstprüfung

×

×

Stichprobenprüfung

×

Erstinspektion (Werk und WPK)

×

×

×

Überwachung WPK

×

×

×

3

×

Erstprüfung

4 ×

×

×

×

forderungen entspricht. Dies soll auch gelten, wenn nicht alle bauwerkseitigen Anforderungen anhand der Leistungserklärung beurteilt werden können oder von den in der harmonisierten technischen Spezifikation vorausgesetzten Rahmenbedingungen abgewichen wird. Die Musterbauordnung (MBO) enthält in § 85a die Ermächtigung, im Rahmen einer Verwaltungsvorschrift die allgemeinen Anforderungen an bauliche Anlagen, Bauprodukte und andere Anlagen und Einrichtungen durch Technische Baubestimmungen zu konkretisieren. Es werden detaillierte Vorgaben gemacht, zu welchen bauaufsichtlichen Anforderungen Konkretisierungen vorgenommen werden können. Die Konkretisierungen können durch Bezugnahme auf technische Regeln und deren Fundstellen oder auf andere Weise erfolgen, insbesondere in Bezug auf: – die Planung, Bemessung und Ausführung baulicher Anlagen und ihrer Teile, – Merkmale und Leistungen von Bauprodukten in bestimmten baulichen Anlagen oder ihren Teilen,

Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen

– Verfahren für die Feststellung der Leistung eines Bauproduktes, das nicht das CE-Zeichen nach Bauproduktenverordnung trägt, – zulässige und unzulässige besondere Verwendungszwecke für Bauprodukte, – Festlegungen von Klassen und Stufen, die Bauprodukte für bestimmte Verwendungszwecke aufweisen sollen, – Voraussetzungen für die Abgabe der Übereinstimmungserklärung für nicht harmonisierte Produkte, – Angaben zu nicht harmonisierten Bauprodukten sowie zu Bauarten, die eines allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses bedürfen sowie – Art, Inhalt und Form der technischen Dokumentation. Es gilt der Grundsatz, dass nur solche Inhalte in die MVV TB als Technische Baubestimmungen aufgenommen werden, die zur Erfüllung der Anforderungen der Bauordnungen an bauliche Anlagen, Bauprodukte und andere Anlagen und Einrichtungen unerlässlich sind. Die Bauaufsichtsbehörden können jedoch im Rahmen ihrer Entscheidungen zur Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe auch auf allgemein anerkannte Regeln der Technik zurückgreifen, die keine Technischen Baubestimmungen sind. Den am Bau Beteiligten soll es ermöglicht werden, aus den Regelungen der MBO und der auf ihrer Grundlage erlassenen MVV TB auf rechtssichere Weise abzuleiten, welche Leistungen ein Produkt erbringen muss, um im konkreten Verwendungszusammenhang die Bauwerksanforderungen zu erfüllen. Die MVV TB soll insbesondere für die von einer harmonisierten technischen Spezifikation erfassten Bauprodukte, die für die Verwendung in Deutschland notwendigen Produktleistungen in Bezug auf die Bauwerksanforderungen darstellen. Die Gliederung der MVV TB orientiert sich dabei an den Grundanforderungen an Bauwerke. Daraus resultiert, dass sich der Anwender der MVV TB, im Gegensatz zu den ehemaligen produktorientiert gegliederten Bauregellisten, die Anforderungen und Leistungsstufen für die jeweilige Verwendung zusammensuchen muss. Das Deutsche Institut für Bautechnik macht nach Anhörung der beteiligten Kreise im Einvernehmen mit den obersten Bauaufsichtsbehörden die Technischen Baubestimmungen als Muster-Verwaltungsvorschrift bekannt. Für eine unmittelbare Geltung in dem jeweiligen Land ist die öffentliche Bekanntmachung der Verwaltungsvorschrift erforderlich. In der MVV TB werden sämtliche zur Gewährleistung der Bauwerkssicherheit erforderlichen materiellen Bauwerksanforderungen, auch die bauwerksbezogenen Anforderungen an den Brandschutz, zusammengefasst und in Form von Technischen Baubestimmungen konkretisiert. In diesen Technischen Baubestimmungen gehen sowohl die Technischen Regeln, die bislang in der Muster-Liste der Technischen Baubestimmungen enthalten waren als auch diejenigen auf,

25

Tabelle 4. Überführung der Bauregelisten A und B, Liste C und Technischen Baubestimmungen in die MusterVerwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen Produktregelungen BRL A Teil 1

MVV TB C 2

BRL A Teil 2 Abschnitt 2

MVV TB C 3

BRL A Teil 3 Abschnitt 2

MVV TB C 4

BRL B Teil 1

MVV TB A oder B

BRL B Teil 2

MVV TB B 3

Liste C

MVV TB D 2.2

Sonstige Bauprodukte

MVV TB D 2.1

Technische Baubestimmungen Muster-Liste der Technischen Baubestimmungen Teil I

MVV TB A und B 2

Liste der Technischen Baubestimmungen Teil II

MVV TB A und B 2

Liste der Technischen Baubestimmungen Teil III

MVV TB B 4

die bislang in den Bauregellisten A und B sowie der Liste C geführt wurden, siehe Tabelle 4. Die MVV TB ist in vier Teile gegliedert. Teil A umfasst alle sicherheitsrelevanten Technischen Baubestimmungen, die bei der Erfüllung der Grundanforderungen an Bauwerke zu beachten sind und ist nach den Grundanforderungen für Bauwerke gemäß Anhang I der Bauproduktenverordnung wie folgt gegliedert: – A 1 Mechanische Festigkeit und Standsicherheit – A 2 Brandschutz – A 3 Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz – A 4 Sicherheit und Barrierefreiheit bei der Nutzung – A 5 Schallschutz – A 6 Wärmeschutz Kapitel A 1 enthält die Eurocodes zu den Grundlagen der Tragwerksplanung, zu den Einwirkungen auf Bauwerke sowie zur Bemessung tragender Bauteile, auch für die Einwirkung Brand. Aus deren Anwendung ergibt sich, welche Merkmale und konkreten Leistungen die verwendeten Produkte am Bauwerk zur Erfüllung der bauwerksbezogenen Anforderungen ausweisen müssen. Kapitel A 2 konkretisiert die in der MBO und in den Muster-Sonderbauvorschriften enthaltenen brandschutztechnischen Anforderungen an bauliche Anlagen oder Teile baulicher Anlagen, insbesondere im Hinblick auf das Brandverhalten und den Feuerwiderstand. In Kapitel A 3 werden die Anforderungen an bauliche Anlagen in Form der Technischen Regeln „Anforderungen an bauliche Anlagen bezüglich des Gesundheitsschutzes“ (ABG) sowie „Anforderungen an bau-

26

A2

Bauordnungsrechtliche Regelungen zur Verwendung von Bauprodukten und Bauarten

liche Anlagen bezüglich der Auswirkungen auf Boden und Gewässer“ (ABuG) konkretisiert. Kapitel A 4 Sicherheit und Barrierefreiheit bei der Nutzung konkretisiert die in der MBO geregelten Anforderungen an die Nutzungssicherheit und Barrierefreiheit baulicher Anlagen im Ganzen und in ihren Teilen. Kapitel A 5 Schallschutz enthält Technische Regeln zur Erfüllung der schallschutztechnischen Anforderungen an bauliche Anlagen und deren Teile. In Kapitel A 6 Wärmeschutz werden die Anforderungen an eine den klimatischen Verhältnissen entsprechende Nutzung einer baulichen Anlage und ihrer Teile mittels technischer Regeln konkretisiert. Teil B betrifft Sonderkonstruktionen und besondere Bauteile, die einerseits den Anforderungen von Teil A nicht eindeutig zugeordnet werden können und andererseits teilweise einen anderen Rechtshintergrund haben. Teil B enthält dabei Technische Baubestimmungen für Bauteile und Sonderkonstruktionen, die zusätzlich zu den in Teil A aufgeführten Technischen Baubestimmungen beachtet werden müssen. Die hier für bestimmte Sonderkonstruktionen und Bauteile aufgeführten technischen Regeln dienen der Konkretisierung mehrerer Grundanforderungen und sind materialübergreifend. Kapitel B 2 beinhaltet Technische Regeln für Sonderkonstruktionen und Bauteile im Hinblick auf deren Planung, Bemessung und Ausführung. Kapitel B 3 bezieht sich auf Technische Gebäudeausrüstungen und Teile von Anlagen zum Lagern, Abfüllen und Umschlagen von wassergefährdenden Stoffen, die anderen Harmonisierungsrechtsvorschriften (z. B. Maschinenrichtlinie, Niederspannungsrichtlinie, Druckgeräterichtlinie) unterliegen, aber hinsichtlich eines bestimmten Verwendungszwecks Grundanforderungen nach Artikel 3 Abs. 1 der Bauproduktenverordnung an bauliche Anlagen und ihre Teile nicht erfüllen. Für diese Produkte ist zum Nachweis der fehlenden „Wesentlichen Merkmale“ ein Verwendbarkeitsnachweis erforderlich, sofern nicht festgelegt wurde, dass eine Übereinstimmungserklärung zu den fehlenden „Wesentlichen Merkmalen“ nach § 22 MBO aufgrund vorheriger Prüfung der Bauprodukte durch eine hierfür bauaufsichtlich anerkannte Prüfstelle ausreichend ist. Kapitel B 4 beinhaltet Technische Anforderungen für Bauprodukte und Bauarten, die Anforderungen nach anderen Rechtsvorschriften unterliegen, für die nach § 85 Abs. 4a MBO eine Rechtsverordnung erlassen wurde. Dabei handelt es sich um technische Anforderungen an ortsfest verwendete Anlagen und Anlagenteile in Lager-, Abfüll- und Umschlaganlagen (LAU-Anlagen) zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen sowie an den Einbau, Betrieb und die Wartung von Anlagen mit Bauprodukten zur Abwasserbehandlung. Teil C enthält die Technischen Baubestimmungen für Bauprodukte, die nicht die CE-Kennzeichnung tragen und

für Bauarten. In Kapitel C 2 werden die Technischen Regeln sowie die Anforderungen an die zur Abgabe der Übereinstimmungserklärung für ein Bauprodukt nach § 22 MBO bestimmt. Kapitel C 3 führt Bauprodukte auf, die lediglich eines allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses bedürfen. An dieser Stelle sind auch die jeweils anerkannten Prüfverfahren und die Art der erforderlichen Übereinstimmungsbestätigung aufgeführt. In Kapitel C 4 sind die Bauarten ausgewiesen, die lediglich eines allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses bedürfen. Auch hier sind die anerkannten Prüfverfahren jeweils aufgelistet. Sofern von der maßgebenden Technischen Regel abgewichen wird, ist für Bauprodukte eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung oder eine Zustimmung im Einzelfall und für Bauarten eine allgemeine oder vorhabenbezogene Bauartgenehmigung nach § 16a MBO erforderlich. Teil D enthält die nach § 17 Abs. 3 MBO vorgesehene Liste von Bauprodukten, die keines Verwendbarkeitsnachweises bedürfen. In Kapitel D 2.1 werden Bauprodukte aufgenommen, für die es allgemein anerkannte Regeln der Technik zwar gibt und an die die Bauordnung auch Grundanforderungen nach § 3 MBO stellt, aber dennoch auf Verwendbarkeitsnachweise verzichtet wird (ehemals „sonstige Bauprodukte“). Die Liste hat klarstellenden Charakter und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Im Kapitel D 2.2 werden Bauprodukte aufgenommen, für die es weder technische Baubestimmungen noch allgemein anerkannte Regeln der Technik gibt und die für die Erfüllung der Grundanforderungen nach § 3 MBO nicht von Bedeutung sind (ehemals Liste C). Im Kapitel D 3 wird ein Weg aufgezeigt, wie mit lückenhaften und unvollständigen harmonisierten Spezifikationen umgegangen werden kann, durch einen freiwilligen Nachweis fehlender Leistungsmerkmale in Form einer technischen Dokumentation, siehe Abschnitt 6. Der Stand der Umsetzung der MVV TB in den Ländern kann auf der Website des DIBt abgerufen werden, siehe Abschnitt 7.

5.2

Brandschutz

Im Kapitel A 2 werden die schutzzielbezogenen Brandschutzanforderungen für bauliche Anlagen mit den Festlegungen der §§ 5, 26 bis 36, 39 bis 42, 46 und 47 MBO und den Anforderungen der nachfolgenden Abschnitte konkretisiert. Die Gliederung ist hierbei an der der MBO angelehnt. Ein für die Konkretisierung maßgeblicher Maßstab hinsichtlich des nationalen Anforderungsniveaus der brandschutztechnischen Anforderungen ist die Normenreihe DIN 4102 „Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen“. Zusätzlich zu den Konkretisierungen nach A 2.1.1 bis A 2.1.18 sind die Technische Anforderungen hinsichtlich Planung, Bemessung und Ausführung und tech-

Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen

27

Tabelle 5. Gliederung des Kapitels A 2, Konkretisierung der Brandschutzanforderungen A 2.1

– Allgemeine Anforderungen an bauliche Anlagen aus Gründen des Brandschutzes – Anforderungen an das Brandverhalten von Teilen baulicher Anlagen (nichtbrennbar, schwerentflammbar, normalentflammbar, Anforderung Glimmverhalten) – Anforderungen an die Feuerwiderstandsfähigkeit von Teilen baulicher Anlagen – Anforderungen an die Standsicherheit im Brandfall: feuerbeständig, hochfeuerhemmend, feuerhemmend Feuerwiderstandsfähigkeit von 120 Minuten – Anforderungen an den Raumabschluss: feuerbeständig, hochfeuerhemmend, feuerhemmend Feuerwiderstandsfähigkeit von 120 Minuten, lichtdurchlässige Flächen, Überströmöffnungen, Fugen

A 2.1.1

Anforderungen an die Zugänglichkeit baulicher Anlagen

A 2.1.2

Anforderungen an das Brandverhalten von Teilen baulicher Anlagen

A 2.1.3

Anforderungen an die Feuerwiderstandsfähigkeit von Teilen baulicher Anlagen

A 2.1.4

Tragende und aussteifende Bauteile

A 2.1.5

Außenwände

A 2.1.6

Trennwände

A 2.1.7

Brandwände und Wände, die anstelle von Brandwänden zulässig sind

A 2.1.8

Decken

A 2.1.9

Dächer

A 2.1.10

Treppen

A 2.1.11

Notwendige Treppenräume

A 2.1.12

Notwendige Flure und offene Gänge

A 2.1.13

Fahrschachtwände und Fahrschachttüren für Aufzüge

A 2.1.14

Installationsschächte und -kanäle, Systemböden und elektrische Betriebsräume

A 2.1.15

Anlagen und Bauprodukte der Technischen Gebäudeausrüstung: – Blitzschutzanlagen – Brandfallsteuerung von Aufzügen – Wärmeabzugsgeräte – Feuerwehraufzüge – Objektfunkanlagen für die Feuerwehr

A 2.1.16

Bauliche Anlagen zur Lagerung von Sekundärstoffen aus Kunststoff

A 2.1.17

Garagen

A 2.1.18

Anforderung an Sonderbauten

nische Anforderungen an Bauteile gemäß § 85a Abs. 2 MBO nach Abschnitt A 2.2.1 und Abschnitt A 2.2.2 zu beachten.

5.3

Bauprodukte und Bauarten Technische Gebäudeausrüstung

Für die weitere Konkretisierung der Grundanforderungen an bauliche Anlagen aus Gründen des Brandschutzes sind die nachstehenden technischen Regeln von zentraler Bedeutung. – A 2.2.1.2 „Bauprodukte und Bauarten – Bauaufsichtliche Anforderungen, Zuordnung der Klassen, Verwendung von Bauprodukten, Anwendung von Bauarten“, vgl. MVV TB Anhang 4 • Teile von baulichen Anlagen, an die Anforderungen an das Brandverhalten und Glimmverhalten gestellt werden,

• elektrische Leitungen und elektrische Leitungsanlagen, • Bedachungen, • Bauteile, • Abschlüsse, • Vorkehrungen für Kabel- und/oder Rohrleitungsdurchführungen in feuerwiderstandsfähigen Bauteilen, • Wärmeabzugsgeräte nach EN 1201-2:2003 für die Verwendung in Dächern in Ladenstraßen nach der Muster-Verkaufsstättenverordnung und Verwendungs- und Ausführungsbestimmungen, • Installationskanäle und -schächte, einschließlich der Abschlüsse ihrer Öffnungen, • Brandschutzverglasungen, • spezielle Brandschutzprodukte.

28

A2

Bauordnungsrechtliche Regelungen zur Verwendung von Bauprodukten und Bauarten

Tabelle 6. Technische Anforderungen hinsichtlich Planung, Bemessung und Ausführung und technische Anforderungen an Bauteile gemäß § 85a Abs. 2 MBO nach Abschnitt A 2.2.1 MVV TB Lfd Nr.

Anforderungen an Planung, Bemessung und Ausführung gem. § 85a Abs. 2 MBO 1)

Technische Regeln/Ausgabe

Weitere Maßgaben gem. § 85a Abs. 2 MBO 1)

1

2

3

4

Anlage A 2.2.1.1/1

A 2.2.1 Planung, Bemessung und Ausführung A 2.2.1.1

Flächen für die Feuerwehr

Muster-Richtlinie über Flächen für die Feuerwehr: 2009-10 2)

A 2.2.1.2

Bauprodukte und Bauarten

Bauaufsichtliche Anforderungen, Zuordnung der Klassen, Verwendung von Bauprodukten, Anwendung von Bauarten: 2019-05 2) siehe Anhang 4

A 2.2.1.3

Klassifizierte Baustoffe und Bauteile, Ausführungsregeln

DIN 4102-4:2016-05

A 2.2.1.4

Hochfeuerhemmende Bauteile in Holzbauweise

Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an hochfeuerhemmende Bauteile in Holzbauweise – M-HFHHolzR: 2004-07 2)

A 2.2.1.5

Wärmedämmverbundsysteme

WDVS mit EPS, Sockelbrandprüfverfahren: 2016-06 2) siehe Anhang 5

A 2.2.1.6

Hinterlüftete Außenwandbekleidungen

Hinterlüftete Außenwandbekleidungen: 2016-06 siehe Anhang 6

A 2.2.1.7

„Feststellanlagen“ gestrichen in der MVV TB 2019/1

A 2.2.1.8

Leitungsanlagen

Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Leitungsanlagen (Muster-Leitungsanlagenrichtlinie – MLAR): 2015-02, Redaktionsstand 05.04.2016

A 2.2.1.9

Systemböden

Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Systemböden (MSysBöR): 2005-09

A 2.2.1.10

Elektrische Betriebsräume

Muster einer Verordnung über den Bau von Betriebsräumen für elektrische Anlagen (EltBauVO): 2009-01 2)

A 2.2.1.11

Lüftungsanlagen

Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Lüftungsanlagen (Muster-Lüftungsanlagen-Richtlinie M-LüAR): 2005-09, zuletzt geändert am 11.12.2015 4)

A 2.2.1.12

Feuerungsanlagen, sonstige Anlagen zur Wärmeversorgung, Brennstoffversorgung

Muster-Feuerungsverordnung (MFeuV): 2007-09, zuletzt geändert am 28.01.2016 und 27.09.2017 2)

A 2.2.1.13

„Löschwasser-Rückhalteanlagen“ gestrichen in der MVV TB 2019/1

A 2.2.1.14

Lagerung von Sekundärstoffen aus Kunststoff

Muster-Richtlinie über den Brandschutz bei der Lagerung von Sekundärstoffen aus Kunststoff (Muster-Kunststofflagerrichtlinie – MKLR): 1996-06 2)

A 2.2.1.15

Industriebau

Muster-Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau (Muster-Industriebaurichtlinie – MindBauRL): 2019-05 2)

A 2.2.1.16

Technische Gebäudeausrüstung

Technische Regel Technische Gebäudeausrüstung (TR TGA): 2019-05 2) (siehe Anhang 14)

Anlage A 2.2.1.3/1

1) nach Landesrecht 2) Für bauordnungsrechtliche Anforderungen in dieser Technischen Baubestimmung ist eine Abweichung nach § 85a Abs. 1 Satz 3 MBO ausgeschlossen; eine Abweichung von bauordnungsrechtlichen Anforderungen kommt nur nach § 67 MBO in Betracht. § 16a Abs. 2 und § 17 Abs. 1 MBO bleiben unberührt. 4) Vorschriften zur Erfüllung der anderen Grundanforderungen an bauliche Anlagen sind zu beachten

Bauprodukte nach defizitären hEN

29

Tabelle 7. Garagen und Sonderbauten Abschnitt 2.2.2 MVV TB A 2.2.2 Garagen und Sonderbauten § 85a Abs. 1 Satz 3 MBO 1) gilt nicht für Technische Baubestimmungen nach Abschnitt A 2.2.2 A 2.2.2.1

Garagen 1), 4)

Muster einer Verordnung über den Bau und Betrieb von Garagen: 2008-05 2)

A 2.2.2.2

Beherbergungsstätten 1), 4)

Muster-Verordnung über den Bau und Betrieb von Beherbergungsstätten: 2014-05 2)

A 2.2.2.3

Verkaufsstätten 1), 4)

Musterverordnung über den Bau und Betrieb von Verkaufsstätten: 2014-07 2)

A 2.2.2.4

Versammlungsstätten 1), 4)

Musterverordnung über den Bau und Betrieb von Versammlungsstätten: 2014-07 2)

A 2.2.2.5

Schulen 1), 4)

Muster Richtlinie über bauaufsichtliche Anforderungen an Schulen: 2009-04 2)

A 2.2.2.6

Wohnformen für Menschen mit Pflegebedürftigkeit oder mit Behinderung 1), 4)

Muster Richtlinie über bauaufsichtliche Anforderungen an Wohnformen für Menschen mit Pflegebedürftigkeit oder mit Behinderung: 2012-05 2)

A 2.2.2.7

Hochhäuser 1), 4)

Muster-Richtlinie über den Bau und Betrieb von Hochhäusern: 2012-02 2)

A 2.2.2.8

Industriebau 1), 4)

Muster-Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau (Muster-Industriebaurichtlinie – MIndBauRL): 2019-05 2)

1) nach Landesrecht 2) Für bauordnungsrechtliche Anforderungen in dieser Technischen Baubestimmung ist eine Abweichung nach § 85a Abs. 1 Satz 3 MBO ausgeschlossen; eine Abweichung von bauordnungsrechtlichen Anforderungen kommt nur nach § 67 MBO in Betracht. § 16a Abs. 2 und § 17 Abs. 1 MBO bleiben unberührt. 4) Vorschriften zur Erfüllung der anderen Grundanforderungen an bauliche Anlagen sind zu beachten

– A 2.2.1.16 Technische Regel Technische Gebäudeausrüstung (TR TGA), vgl. MVV TB Anhang 14 • Feuerungsanlagen, • Brandmeldeanlagen, • Alarmierungsanlagen, • Sicherheitsbeleuchtungsanlagen, • Sicherheitsstromversorgungsanlagen, • Lüftungsanlagen, • Rauchabzugsanlagen und Rauchabzugsgeräte, • Druckbelüftungsanlagen, • CO-Warnanlagen, • Feuerlöschanlagen. Sie enthalten die Zuordnungen der Klassen zu den bauaufsichtlichen Anforderungen sowie Anwendungsregeln und für Bauprodukte nach derzeit vorhandenen europäisch harmonisierten Spezifikationen, deren Verwendung Einfluss bei der Erfüllung von Brandschutzanforderungen baulicher Anlagen hat, die bauordnungsrechtlichen Anforderungen die notwendigen Zuordnungen von Angaben zu Leistungen sowie zugehörige Verwendbarkeits- und Ausführungsbestimmungen. Sofern von den Verwendungs- oder Ausführungsbestimmungen abgewichen werden soll, sind Zustimmungen im Einzelfall gemäß § 20 MBO oder vorhabenbezogene Bauartgenehmigungen nach § 16a Abs. 2 MBO erforderlich.

6

Bauprodukte nach defizitären hEN

In der Einleitung ist bereits darauf hingewiesen worden, dass zahlreiche hEN, die im Rahmen der Baupro-

duktenverordnung erarbeitet wurden, harmonisierte Verfahren und Kriterien für die Bewertung der Leistungen dieser Bauprodukte in Bezug auf ihre „Wesentlichen Merkmale“ vermissen lassen, obwohl die betroffenen „Wesentlichen Merkmale“ im jeweiligen Anhang ZA der Norm ausgewiesen sind. Teilweise fehlen „Wesentliche Merkmale“ vollständig, obwohl sie vom Normungsauftrag (Mandat) erfasst und von Relevanz zur Erfüllung der Grundanforderungen an Bauwerke in Deutschland sind. Aufgrund der festgestellten Mängel hat die Bundesrepublik Deutschland am 21. August 2015 gegen eine erste Auswahl von hEN Einwände gemäß Artikel 18 der Bauproduktenverordnung erhoben. Der Europäischen Kommission wurde von der ARGEBAU eine Liste defizitärer hEN übermittelt, die sogenannte Prioritätenliste hEN [10]. Sie enthält auch Hinweise über die Möglichkeiten zur Erklärung der fehlenden Leistungen in den harmonisierten Normen. Die Prioritätenliste hEN ist insofern – ein Instrument, um den Lückenschluss in der Normung voranzutreiben – als auch eine Information für die am Bau Beteiligten. Soweit der Bauherr, der Entwurfsverfasser oder der beauftragte Unternehmer zum Nachweis bauaufsichtlicher Anforderungen beabsichtigt, Produktleistungen durch freiwillige Herstellerangaben darzulegen, ist dies grundsätzlich möglich. Die Länder haben gleichlautende Vollzugshinweise [11] herausgegeben, wie übergangsweise mit Bauprodukten nach defizitären hEN verfahren werden kann. Zur Darlegung des bauaufsichtlichen Anforderungsniveaus können Leistungserklärungen auf Basis

30

A2

Bauordnungsrechtliche Regelungen zur Verwendung von Bauprodukten und Bauarten

von hEN bzw. Europäischen Technischen Bewertungen (ETA) sowie eine abZ oder eine abP während ihrer ausgewiesenen Geltungsdauer herangezogen werden. Bei abZ und abP ist von dem Nachweis der bauwerksseitig gestellten Anforderungen weiterhin regelmäßig auszugehen, wenn feststeht, dass die in der abZ oder dem abP enthaltenen Nebenbestimmungen weiter erfüllt sind. Freiwillige Herstellerangaben sollten in Form einer prüffähigen technischen Dokumentation dargelegt werden. Das Kapitel D 3 der MVV TB beschreibt Rahmenbedingungen für eine technische Dokumentation nach § 85a Abs. 2 Nr. 6 MBO. Hierzu kann es je nach Produkt, Einbausituation und Verwendungszweck für die Erbringung des Nachweises erforderlich sein, in der Dokumentation anzugeben, welche technische Regel der Prüfung zugrunde gelegt wurde sowie ob und welche Stellen zur Qualitätssicherung eingeschaltet wurden. Freiwillige Leistungsangaben in Form einer technischen Dokumentation können dargelegt werden, wenn: – die unabhängige Bewertung von einer anerkannten Prüfstelle (Drittstelle) nach Art. 43 EU-BauPVO oder einer vergleichbar qualifizierten Stelle nach einer allgemein anerkannten, bekannt gemachten bzw. durch Technische Baubestimmungen eingeführten technischen Regeln, in der das Prüfverfah-

ren zur Ermittlung der erforderlichen Produktleistung vollständig beschrieben ist, durchgeführt wurde und zwar mit demselben System für die Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit, das in der hEN für das Bauprodukt festgelegt ist und nach dem auch die anderen Leistungsmerkmale überprüft wurden; oder – soweit es keine allgemein anerkannte, bekannt gemachte bzw. durch Technische Baubestimmung eingeführte technische Regel gibt, die unabhängige Bewertung von einer Prüfstelle (Drittprüfung), die den Anforderungen an eine Technische Bewertungsstelle nach Art. 30 EU-BauPVO genügt oder eine vergleichbare Qualifikation aufweist, durchgeführt wurde und eine prüffähige Bescheinigung über die Einhaltung der Bauwerksanforderungen in Bezug auf die jeweilige Leistungsangabe enthält. Eine weitere Möglichkeit der freiwilligen Leistungsangabe ist ein Gutachten des DIBt. Auf Wunsch prüft das DIBt freiwillige Herstellerangaben zur Leistung von CE-gekennzeichneten Bauprodukten, die nicht oder nicht vollständig durch harmonisierte technische Spezifikationen abgedeckt sind. In seinen Gutachten bestätigt das DIBt die Einhaltung der nationalen Anforderungen an bauliche Anlagen bei Einbau des Produkts.

Tabelle 8. Fachspezifische Internetplattformen 1

www.dibt.de

Deutsches Institut für Bautechnik: – allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen – allgemeine Bauartgenehmigungen – ETA des DIBt – Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen – Liste der harmonisierten europäischen Produktnormen – Entscheidungen der Europäischen Kommission zum Brandverhalten – nationale und europäische Rechtsgrundlagen – Newsletter

2

www.is-argebau.de

Informationsplattform der Bauministerkonferenz: – Muster-Vorschriften – Anhörungen

3

http://www.irb.fraunhofer.de/produkte/datenbanken

Fraunhofer Baudatenbank: – allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen – allgemeine bauaufsichtliche Prüfzeugnisse

4

https://ec.europa.eu/growth/tools-databases/nando

Europäische Kommission: – Nando (New Approach Notified and Designated Organisations) Information System – Informationen der Europäischen Kommission für Produkte nach europäischen Vorschriften

5

https://ec.europa.eu/growth/single-market/goods/freemovement-sectors/mutual-recognition/contacts-list_de

Europäische Kommission: − Produktinformationsstellen in den Mitgliedsstaaten

6

https://eur-lex.europa.eu/homepage.html?locale=de

Europäische Kommission: – EU-Recht – EU-Rechtsprechung

Literatur

7

Weiterführende Informationen

In Tabelle 8 sind Verweise auf fachspezifische Internetplattformen und deren Inhalte und Informationsmöglichkeiten zusammengefasst.

8

Literatur

31

[6] Verordnung (EG) Nr. 764/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 zur Festlegung von Verfahren im Zusammenhang mit der Anwendung bestimmter nationaler technischer Vorschriften für Produkte, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in den Verkehr gebracht worden sind, und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 3052/95/EG, Amtsblatt der Europäischen Union OJ L 218, 13.8.2008. [7] Feuer Trutz Magazin Ausgabe 1/2008, S. 8.

[1] Musterbauordnung MBO, Fassung November 2002, zuletzt geändert durch Beschluss der Bauministerkonferenz vom 13.05.2016. [2] Richtlinie 89/106 des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Bauprodukte (Amtsblatt der EG L 40/12, geändert durch Richtlinie 93/68/EWG des Rates vom 22. Juli 1993 (Bauproduktenrichtlinie). [3] Verordnung (EU) Nr. 305/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2011 zur Festlegung harmonisierter Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten und zur Aufhebung der Richtlinie 89/ 106/EWG des Rates in der durch die delegierten Rechtsakte 568/2014 und 574/2014 geänderten Fassung (Bauproduktenverordnung). [4] Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen MVV TB, Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt), jeweils in der gültigen Fassung. [5] Muster einer Verordnung über das Übereinstimmungszeichen (Muster-Übereinstimmungszeichen-Verordnung MÜZVO), Stand: Juni 2018.

[8] Bauproduktengesetz (BauPG), Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 305/2011 zur Festlegung harmonisierter Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten und zur Umsetzung und Durchführung anderer Rechtsakte der Europäischen Union in Bezug auf Bauprodukte (Bauproduktengesetz – BauPG) Artikel 2 G. v. 05.12.2012 BGBl. [9] Delegierte Verordnung (EU) Nr. 57/2014 der Kommission vom 30. Oktober 2013 über die Bedingungen für die Zurverfügungstellung einer Leistungserklärung von Bauprodukten auf einer Website, Amtsblatt der Europäischen Union OJ L 159, 28.5.2014. [10] Prioritätenliste [online], Deutsches Institut für Bautechnik, Berlin https://www.dibt.de/de/dibt/data/ Hinweisliste_Prioritaetenliste_hEN.pdf [Zugriff am 15.10.2017] [11] Vollzugshinweise der Länder [online], Deutsches Institut für Bautechnik, Berlin https://www.dibt.de/de/DIBt/ DIBt-EuGH-Urteil.html [Zugriff am 15.10.2017]

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A 3 Leistungsbild und Honorierung im Brandschutz Udo Kirchner

Dipl.-Ing. Udo Kirchner HALFKANN + KIRCHNER PartGmbB Beratende Ingenieure für Brandschutz Richard-Lucas-Str. 4, 41812 Erkelenz Studium des Bauingenieurwesens in Nürnberg und Braunschweig. Zunächst als Tragwerksplaner, seit 1986 bundesweit als Brandschutzingenieur und Sachverständiger tätig. Mitinhaber der Sachverständigenpartnerschaft Halfkann + Kirchner. Öffentlich und vereidigter Sachverständiger für vorbeugenden Brandschutz, staatlich anerkannter Sachverständiger für die Prüfung des Brandschutzes NRW, Nachweisberechtigter für Brandschutz in vielen anderen Bundesländern. Leiter der Fachkommission Brandschutz im AHO und Sprecher des Arbeitskreises staatlich anerkannter Sachverständiger. Mitarbeiter beim Brandschutzleitfaden für Gebäude des Bundes.

Bauphysik-Kalender 2021: Brandschutz. Herausgegeben von Nabil A. Fouad. © 2021 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2021 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

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A3

Leistungsbild und Honorierung im Brandschutz

Inhaltsverzeichnis 1

Einleitung

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2

Brandschutzplanung für das Baugenehmigungsverfahren

Visualisierung und Brandschutzpläne

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Brandschutzingenieurmethoden und Building Information Modeling (BIM) 37 Der weitere Planungsprozess

Fachbauleitung Brandschutz

44

7

Brandschutz in der HOAI

8

Leistungsbild für Brandschutz

9

Honorartafel

10

Prüfingenieure und Prüfsachverständige für Brandschutz 53

11

Literatur

45

35

3

5

6

46

37

41 54

50

Brandschutzplanung für das Baugenehmigungsverfahren

Der Beitrag „Leistungsbild und Honorierung im Brandschutz 2015“ aus dem Bauphysik-Kalender 2016 wurde ergänzt und aktualisiert.

tiven Brandbekämpfung durch die Feuerwehren im sogenannten abwehrenden Brandschutz.

2 1

Einleitung

„Am besten löscht man Feuer mit Tinte“, mit diesen Worten formulierte der ehemalige Leitende Branddirektor Kurt Klingsohr vor mehr als 30 Jahren die Bedeutung des Vorbeugenden Brandschutzes für die Branddirektion München. Angesichts der stetig komplexer werdenden Planungs- und Bauprozesse erscheint diese Erkenntnis nahezu visionär, stellt doch heute eine strukturierte und sachgerechte Planung auch und gerade für den Brandschutz die einzige Möglichkeit dar, um gestalterisch ansprechende, qualitativ hochwertige und technisch funktionale Bauobjekte zu realisieren. Da jedes Gebäude für sich ein Prototyp ist, kann nur durch einen geordneten Prozess in Planung und Ausführung dieser Anspruch erreicht werden. Dies gilt in besonderem Maße für den Brandschutz, zumal dieser eine wesentliche Komponente der Gebäudesicherheit ist und damit dem Schutz von Leben und Gesundheit dient. Nach den tragischen Ereignissen des Flughafenbrandes in Düsseldorf im April 1996 hat die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen auf Empfehlung der von dieser eingerichteten „Unabhängigen Sachverständigenkommission zur Untersuchung des Brandes im Flughafen Düsseldorf (USK)“ mit dem „Brandschutzkonzept“ eine neue Bauvorlage definiert, die verbindlich bei Sonderbauten vorzulegen ist. Dabei handelt es sich nach § 9 BauPrüfVO NRW [6] um eine „zielorientierte Gesamtbewertung des baulichen und abwehrenden Brandschutzes“, die gemäß § 54 (3) BauO NRW [12] durch staatlich anerkannte Sachverständige aufgestellt wird. Damit war nicht nur ein neuer Begriff geschaffen, sondern eine erhebliche Innovation des Baugenehmigungsverfahrens angestoßen, die auf andere Bundesländer ausstrahlte und zwischenzeitlich ein neues Berufsbild in der Erstellung wie auch der Prüfung von qualifizierten Beiträgen zum Brandschutz im Genehmigungsverfahren sowie der entsprechenden Betreuung der Bauausführung entwickelte. Hierüber berichtet der Beitrag, wobei die Tätigkeit der Prüfung nur kurz umrissen wird, während die Planungsleistungen im Brandschutz den Schwerpunkt bilden. Dabei geht es um Leistungen des vorbeugenden Brandschutzes, die bei einem Neubau, Umbau oder Nutzungsänderung von Gebäuden erforderlich werden und von privat-rechtlich tätigen Ingenieuren und Architekten bearbeitet werden. Nicht behandelt werden die ebenfalls recht umfangreichen und vielfältigen Tätigkeiten aus dem öffentlich-rechtlichen Bereich der Bauaufsichten und Brandschutzdienststellen im bauaufsichtlichen Verfahren oder gar die Aufgaben der ak-

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Brandschutzplanung für das Baugenehmigungsverfahren

Mit dem in der Einführung beschriebenen Ereignis endete die Situation früherer Jahre, bei welchen Bauantragsunterlagen lediglich rudimentäre, teilweise überhaupt keine Angaben zum Brandschutz enthielten. Nicht selten mussten damals Bauaufsichtsbehörden und Brandschutzdienststellen die Bauantragsunterlagen durch Auflagen im Genehmigungsbescheid oder Korrektureintragung in den Plänen so ergänzen, dass diese überhaupt erst ihre Genehmigungsfähigkeit erhielten. Die Behörden waren also häufig Brandschutzprüfer und Planer zugleich [4]! Dieser Zustand ist zwischenzeitlich in nahezu allen Bundesländern der Erkenntnis gewichen, dass auch der Brandschutz einer qualifizierten Ausarbeitung bereits im Bauantragsverfahren bedarf, wenngleich die bauaufsichtlichen Regelungen und Verfahren in den einzelnen Bundesländern etwas differieren. Weil, wie erwähnt, diese Erkenntnis erstmalig ihre Umsetzung in Nordrhein-Westfalen fand, werden die dortigen Regelungen in diesem Beitrag näher behandelt bzw. den Beschreibungen zugrunde gelegt. Dementsprechend enthält die BauPrüfVO NRW eine verbindliche Forderung nach einem Brandschutzkonzept für Sonderbauten und definiert in § 9 (1) BauPrüfVO [6]: „Das Brandschutzkonzept ist eine zielorientierte Gesamtbewertung des baulichen und abwehrenden Brandschutzes bei Sonderbauten.“ In der Begriffsverbindung versteht sich dabei also das „Konzept“ nicht als unverbindlicher Entwurf, erste Fassung oder Rohschrift, sondern im Sinne des lateinischen Ursprunges. Dort bedeutet „Konzeption“ die Abfassung eines Schriftstückes bzw. einen schöpferisch-planerischen Einfall. In ähnlicher Form wurde ebenso bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt in der Sachverständigen-Verordnung des Freistaates Sachsen der Begriff des Brandschutzkonzeptes erwähnt bzw. verwendet. Die Musterbauordnung MBO [1] verwendet demgegenüber z. B. in § 66 (2) MBO den Begriff „Brandschutznachweis“ und übernimmt diesen mit einer gewissen bauaufsichtlichen Systematik aus der Standsicherheit und damit in einer erheblich formaleren und statischen Form als Dokumentation einer Einhaltung von Regelvorschriften. Die gerade im Brandschutz für Sonderbauten typische und erforderliche Auseinandersetzung mit den zugrunde liegenden Schutzzielen, eine objektspezifische Risikobewertung unter Berücksichtigung gegenseitiger Abhängigkeiten kommt allerdings mit dem Begriff des „Konzeptes“ eher zum Ausdruck. Vermutlich aus dem Grund hat sich außerhalb des öffentlichen Baurechtes der Begriff „Brandschutzkon-

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A3

Leistungsbild und Honorierung im Brandschutz

zept“ weiter durchgesetzt und etabliert: Im „Brandschutzleitfaden für Gebäude des Bundes“ des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat [7] wird für die Liegenschaften der Bundesrepublik Deutschland ein solches Brandschutzkonzept als wesentlicher Bestandteil des Genehmigungs- bzw. Zustimmungsverfahrens ausgewiesen. Die Bahn AG veröffentlichte „Anforderungen der DB-Station & Service AG an ganzheitliche Brandschutzkonzepte für Personenverkehrsanlagen“ [8]. Es sei festgehalten, dass in den Erläuterungen zur Musterbauordnung der Begriff „Brandschutzkonzept“ in einem anderen Sinn verwendet wird, nämlich zur Beschreibung der Systematik bzw. Logik, die den verfahrenstechnischen Regelungen der MBO zum Brandschutz zugrunde liegt. Anlass zu Missverständnissen ist also in Literatur und Praxis reichlich gegeben. Der Begriff des „Brandschutzgutachtens“ schließlich wird in dem in diesem Beitrag behandelten Zusammenhang wohl nicht ordnungsgemäß zu verwenden sein. Er entstand aus der gerichtlichen Praxis und bezeichnet eher eine (wenngleich intensive) auf die Einzelfrage bezogene Ausarbeitung, aber nicht unbedingt die Gesamtbetrachtung. Weil dabei in der Wortverwendung vermeintlich jedoch der Anspruch nach einer fachlich qualifizierten Auseinandersetzung zum Ausdruck kommt, wird dieser Begriff gerade deshalb in der Praxis häufiger verwendet. Regional begrenzt sind teilweise besondere Begriffsschöpfungen, wie „brandschutztechnische Gebäudebeschreibung“ oder „Beitrag zur Fachplanung Brandschutz“ vorzufinden. Wesentlich bedeutender als vorstehende Begriffsverwendung sind allerdings die Inhalte, die im Brandschutz zu bearbeiten sind. Auch hier kann eine recht vollständige Angabe aus § 9 (2) BauPrüfVO NRW entnommen werden. Ähnliche Angaben finden sich auch für andere Bundesländer. Der in Nordrhein-Westfalen 18 Punkte umfassende Katalog ergänzt die unverändert im § 4 (1) BauPrüfVO NRW genannten Angaben zum Brandschutz in Bauvorlagen, wie Feuerwiderstand der Bauteile und Brandverhalten der Baustoffe. Für Brandschutzkonzepte in Sonderbauten erfolgt hierbei eine Systematik, welche den geplanten Brandschutz für Gebäude „von außen nach innen“ beschreibt. Deshalb hat sich in der Praxis inzwischen der Themenkatalog dieser Verordnung zu einer Art Gliederungsschema und Dokumentationsform von Brandschutzkonzepten entwickelt. Nach § 9 (2) BauPrüfVO NRW muss das Brandschutzkonzept insbesondere folgende Angaben enthalten: 1. Zu- und Durchfahrten sowie Aufstell- und Bewegungsflächen für die Feuerwehr, 2. den Nachweis der erforderlichen Löschwassermenge, den Nachweis der Löschwasserversorgung und die Angabe über die Hydrantenstandorte, 3. Bemessung, Lage und Anordnung der Löschwasser-Rückhalteanlagen, 4. das System der äußeren und der inneren Abschottungen in Brandabschnitte beziehungsweise Brandbekämpfungsabschnitte sowie der Rauch-

abschnitte mit Angaben zur Feuerwiderstandsfähigkeit der Bauteile und Anforderungen an das Brandverhalten der Baustoffe, 5. Lage, Anordnung, Bemessung (gegebenenfalls durch rechnerischen Nachweis) und Kennzeichnung der Rettungswege auf dem Baugrundstück und in Gebäuden mit Angaben zur Sicherheitsbeleuchtung, zu automatischen Schiebetüren und zu elektrischen Verriegelungen von Türen, 6. die höchstzulässige Zahl der Nutzer der baulichen Anlage, deren Mobilität und Grundzüge der Evakuierung, 7. Lage und Anordnung haustechnischer Anlagen, insbesondere der Leitungsanlagen, gegebenenfalls mit Angaben zum Brandverhalten im Bereich von Rettungswegen sowie von Aufzügen, 8. Lage und Anordnung der Lüftungsanlagen mit Angaben zur brandschutztechnischen Ausbildung, 9. Lage, Anordnung und Bemessung der Rauchund Wärmeabzugsanlagen mit Eintragung der Querschnitte beziehungsweise Luftwechselraten sowie der Überdruckanlagen zur Rauchfreihaltung von Rettungswegen, 10. die Alarmierungseinrichtungen und Alarmierungsanlagen, 11. Lage, Anordnung und gegebenenfalls Bemessung von Anlagen, Einrichtungen und Geräten zur Brandbekämpfung (wie Feuerlöschanlagen, Steigleitungen, Wandhydranten, Schlauchanschlussleitungen, Feuerlöschgeräte) mit Angaben zu Schutzbereichen und zur Bevorratung von Sonderlöschmitteln, 12. Sicherheitsstromversorgung mit Angaben zur Bemessung und zur Lage und brandschutztechnischen Ausbildung des Aufstellraums, der Ersatzstromversorgungsanlagen (Batterien, Stromerzeugungsaggregate) und zum Funktionserhalt der elektrischen Leitungsanlagen, 13. Lage und Anordnung von Brandmeldeanlagen mit Unterzentralen und Feuerwehrtableaus, Auslösestellen, 14. Grundzüge der funktionalen steuerungstechnischen Zusammenhänge, 15. Feuerwehrpläne, 16. betriebliche Maßnahmen zur Brandverhütung und Brandbekämpfung sowie zur Rettung von Personen (wie Werkfeuerwehr, Betriebsfeuerwehr, Hausfeuerwehr, Brandschutzordnung, Maßnahmen zur Räumung, Räumungssignale), 17. Angaben darüber, welchen materiellen Anforderungen der BauO NRW 2018 oder in Vorschriften aufgrund der BauO NRW 2018 nicht entsprochen wird und welche ausgleichenden Maßnahmen stattdessen vorgesehen werden, 18. Anwendung von Verfahren und Methoden des Brandschutzingenieurwesens. Ein nahezu analoger Aufbau findet sich im bereits zitierten „Brandschutzleitfaden für Gebäude des Bundes“ des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat [7].

Brandschutzingenieurmethoden und Building Information Modeling (BIM)

In der Praxis hat sich ebenso bewährt, objektspezifisch unzutreffende Themen mit einem Negativvermerk im Brandschutzkonzept zu dokumentieren, anstatt sie völlig unberücksichtigt zu lassen. Dies trägt bei der Prüfung von Brandschutzkonzepten im bauaufsichtlichen Verfahren und auch bei der Verwendung im Rahmen der Bauausführung zur Klarheit und Eindeutigkeit bei, da nicht vermutet werden muss, dass Einzelaspekte eventuell vergessen wurden oder später ergänzt werden sollen. Als weiteres Ergebnis einer intensiven praktischen Arbeit und Erfahrung mit Brandschutzkonzepten wurde auf der Brandschutztagung der Ingenieurkammer Nordrhein-Westfalen bereits 2002 [9] ein sogenannter Mindestinhaltekatalog vorgestellt, welcher den Themenkatalog mit einer weiteren Unterteilung in brandschutzrelevante Kriterien und Einzelthemen aufbereitete. Dabei wurde jeweils auch ein Vorschlag für eine geeignete Dokumentationsform, wie textliche Erläuterung, Tabelle oder Plan ausgewiesen, um die möglichst übersichtliche und inhaltstiefe Bearbeitung von Brandschutzkonzepten zu unterstützen. Dieser wurde zwischenzeitlich in Gesprächen mit Vertretern und Organisationen der Sachverständigen für technische Anlagen und Einrichtungen fortentwickelt. Da diese ihre entsprechenden Prüfungen auf Basis der Vorgaben im Brandschutzkonzept durchführen, konnten in dieser Weise insbesondere Schnittstellen sowie notwendige Informationen und Angaben zum reibungslosen Ineinandergreifen entwickelt werden. Die Ergebnisse dieser Abstimmung sind auch in das nachfolgende Leistungsbild des AHO Heft 17 [15,16] eingeflossen und werden dort entsprechend beschrieben. Eine weitere Entwicklungsstufe wurde mit der Einführung der Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (VV TB) [22] erreicht. Hier sind insbesondere im dortigen Anhang 14 „Technische Regel Technische Gebäudeausrüstung“ zu den sicherheitsrelevanten Brandschutzanlagen wie Brandmeldeanlagen, Alarmierungsanlagen, Sicherheitsbeleuchtungsanlagen, Sicherheitsstromversorgungsanlagen, Lüftungsanlagen, Rauchabzugsanlagen, Druckbelüftungsanlagen, CO-Warnanlagen und Feuerlöschanlagen, Angaben enthalten, die im Brandschutzkonzept, dort „Brandschutznachweis“, genannt, objektspezifisch umzusetzen sind. Für weitere Brandschutzkomponenten wie Wärmeabzüge, Feuerwehraufzüge und Objektfunkanlagen finden sich ähnliche Ausführungen in Ziffer A.2.1.15.4 bis 6 der VVTB [22].

3

Visualisierung und Brandschutzpläne

Die Neufassung zu § 9 BauPrüfVO NRW [6] hat eine wesentliche Ergänzung mit folgender Vorgabe erfahren: „Die Angaben (des Brandschutzkonzeptes) sind in einem schriftlichen Erläuterungsbericht zu formulieren und durch zeichnerische Darstellung der baulichen Anforderungen und der Angabe technischer Anforderun-

37

gen zu ergänzen.“ Dabei sollen diese Pläne nicht allein Brandschutzeintragungen zur Feuerwiderstandsdauer von Bauteilen oder besondere Baustoffanforderungen dokumentieren, sondern vielmehr die gebäudespezifische Brandschutzkonzeption visualisieren bzw. ablesbar machen. In den entsprechenden, und bestenfalls farblichen Hervorhebungen soll erkennbar werden, wie beispielsweise die Umsetzung des Abschottungsprinzips oder das System der Flucht- und Rettungswege geplant ist. In dieser Weise erleichtern derartige Pläne die Entscheidungsfindung im Baugenehmigungsverfahren und dienen zugleich als Grundlage für die weitergehende Bearbeitung des Objektplaners sowie der Fachingenieure. Beispiele können dem bereits erwähnten „Brandschutzleitfaden für Gebäude des Bundes“ [7] oder Bild 1 und 2 aus diesem Beitrag entnommen werden. Der Farbzuweisung liegt folgende Systematik zugrunde: – rote Linien: Abschottungsprinzip; Brandwände, sonstige Wände mit Feuerwiderstand, – grüne Farbe: Flucht- und Rettungswege; Treppenräume, Flure, Ausgänge etc., – blaue Linien: Anlagentechnik; Maßnahmen für den Rauchabzug, Löschanlagen, Aufzüge- oder Installationsschächte. Eine Differenzierung erfolgt durch unterschiedliche Stricharten oder abgestufte Farben. Ebenso werden brandschutzrelevante Gebäudemerkmale wie geschossübergreifende Lufträume hervorgehoben, aber auch die Einhaltung von Fluchtwegentfernungen etc. nachgewiesen. Zweifelsfrei tragen Brandschutzpläne mit einer solchen oder ähnlichen Farbsystematik erheblich zur Qualitätssicherung im Brandschutz bei und haben sich daher zu einem wesentlichen Bestandteil aktueller Brandschutzplanung entwickelt, wenngleich eine allgemein anerkannte Norm oder eine ähnliche Festlegung derzeit hierzu nicht bekannt ist. Nicht zu verwechseln sind diese Brandschutzpläne mit den in DIN 14095 genormten Feuerwehr(einsatz-)plänen, die als Orientierung und Information für den Einsatz der Feuerwehr dienen, und andere darauf ausgerichtete Planeinträge besitzen.

4

Brandschutzingenieurmethoden und Building Information Modeling (BIM)

Eine erhebliche Entwicklung und einen großen Fortschritt haben Brandschutzingenieurmethoden in den letzten Jahren genommen, die sich insbesondere mit folgenden Themenstellungen beschäftigen: – Brandsimulationen zur Unterstützung von Entrauchungskonzepten, – Personenstromberechnungen zur Unterstützung von Evakuierungskonzepten, – „heiße Bemessung“ für Bauteile unter Brandbeanspruchung.

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A3

Leistungsbild und Honorierung im Brandschutz

b > 2,0m

ABW 24 b > 2,40m ABW 9

ABW 24

ABW 10 Brandabschnitt 1 ca. 5497 m2 2,61 m

2,5

ABW 24

2,61

2,5

10,00m

0m

5m

10,00m

0m

ABW 24

10,00m

10,00m

Brandabschnitt 2 ca. 3773 m2

ABW 29

b ≥ 1,00m

Bild 1. Muster eines Brandschutzplanes; Einkaufszentrum

Bild 2. Muster eines Brandschutzplanes; Automobil Museum

ABW 29

Brandschutzingenieurmethoden und Building Information Modeling (BIM)

60 s

120 s

180 s

240 s

300 s

360 s

420 s

480 s

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Bild 3. Muster einer Auswertung für Brandsimulation mit Feldmodell

Da diese Thematik sehr ausführlich und anschaulich in weiteren Beträgen in diesem Kompendium behandelt wird, kann an dieser Stelle mit dem Querverweis auf weitere Erläuterungen verzichtet werden. Beispielhaft für das Ergebnis einer Brandsimulation im Rahmen eines Entrauchungskonzeptes zeigt Bild 3 die Auswertung einer sogenannten Feldmodellsimulation für ein Entrauchungskonzept in einem Atriumgebäude. Auch in der stetig zunehmenden Verbreitung der Planungsmethode BIM eröffnen sich neue Aufgaben und Möglichkeiten der Brandschutzplanung. Sehr anschaulich lassen sich Brandschutzanforderungen, insbesondere den Raumabschluss betreffend, in einem

BIM-Modell anhand der entsprechenden Attribute filtern und prüfen, wie Bild 4 für ein Büro- und Verwaltungsgebäude zeigt. Für weitergehende Anwendungen, ggf. auch in den nachfolgend noch angesprochenen sogenannten Fachbauleitungen, mag es sinnvoll sein, ein eigenständiges BIM-Brandschutzmodell zu entwickeln und kontinuierlich im Planungsprozess zu konkretisieren bzw. zu verdichten. Einen erheblichen Beitrag zur Weiterentwicklung der BIM-Methode im Brandschutz hat der Verein zur Förderung von Ingenieurmethoden im Brandschutz e. V. (VIB) geleistet, mit der Veröffentlichung einer Muster-Auftraggeber-Informations-

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A3

Leistungsbild und Honorierung im Brandschutz

Bild 4. BIM-Modell eines Bürogebäudes Tabelle 1. Auszug aus der Muster AIA zur Brandschutzplanung des VIB Lfd.-Nr.

1

Themen

Flächen für die Feuerwehr

Phase Modell Vorprojekt

Entwurf und Genehmigung

LOD 100/200, Lph 1–2

LOD 100/200, Lph 3–4

Bauwerks-Ebene

Raum-Ebene/Raumgruppen-Ebene (hier Außenanlagen)

Prinzipielles Erfordernis von Feuerwehrzufahrten, Feuerwehrumfahrten und Feuerwehraufstellflächen

Eintragung für die Flächen für die Feuerwehr im Modell der Außenanlagenplanung (z. B Flächen, Lage) Brandschutzobjekte Eintragung der Zugänglichkeit von Grundstück und Gebäude (z. B. Zufahrten, Gebäudezugang, Feuerwehrschlüsseldepot)

2

Löschwasserversorgung

Bauwerks-Ebene bzw. Raum-Ebene/ Raumgruppen-Ebene (hier Brandabschnitt) Feststellung des Löschwasserbedarfs (Menge), Aufzeigen von Möglichkeiten zum Decken evtl. Fehlmengen

Löschwasserrückhaltung

Bauwerks-Ebene bzw. Raum-Ebene/ Raumgruppen-Ebene Feststellung prinzipielles Erfordernis; ggf. erforderliches Löschwasserrückhaltevolumen

Brandschutzobjekte Eintragung der Einrichtungen zur Löschwasserversorgung (z. B. Löschwasserentnahmestellen und deren Leistungsfähigkeit) Bauteil-Ebene Eintragung von ggf. erforderlichen Bodenschwellen, Türschwellen Brandschutzobjekte Eintragung der Löschwasserrückhalteeinrichtungen (z. B. Volumen Rückhalteraum, Abmessungen und Lage von mobilen Barrieren)

anforderung (Muster-AIA) im Februar 2020 [23]. Diese Auftraggeber-Informationsanforderungen definieren, wann, in welchem geometrischen und alphanumerischen Detaillierungsgrad, in welchem Format, für welchen BIM-Anwendungsfall und von welchem Planer die geforderten Daten geliefert werden sollen, um die Ziele des Auftraggebers zu erreichen. Die zitierte Ausarbeitung ordnet dabei den Brandschutzthemen –

wiederum angelehnt an den Themenkatalog zu § 9 BauPrüfVO NRW – die Angaben zu, die jeweils in der Projektphase des Vorprojektes, vergleichbar der Vorplanung Phasen 1–2 bzw. der Entwurfs- und Genehmigungsplanung entsprechend Phasen 3–4 als sogenannte „Level of Detail – LoD“ erforderlich werden. Dabei erfolgt eine Differenzierung als

Der weitere Planungsprozess

– Bauwerksebene für Informationen, die das Gesamtbauwerk betreffen bzw. erläutern, – Raum- oder Raumgruppen-Ebene, welche differenziert nach jeweiligen Räumen oder Raumgruppen (z. B. Nutzungseinheiten, Brandabschnitte) Zuordnungen treffen, – Bauteilebene, welche das jeweilige Bauteil (ggf. auch sog. „BIM-Familien“) mit Attributen zuordnen – Brandschutzobjekte, die speziell für die Brandschutzplanung in das BIM-Modell symbolhaft eingefügt werden. Tabelle 1 zeigt einen Ausschnitt aus der tabellenförmigen Zuordnung.

5

Der weitere Planungsprozess

Während die vorbeschriebenen Planungen in der Regel von einem speziellen Brandschutzplaner erbracht werden, behandelt dieser Abschnitt die Umsetzung in die Fachplanung der übrigen Projektbeteiligten.

Allgemeine Betreiberund Kundenanforderungen (1)

Zur Beschreibung des ganzheitlichen Planungsprozesses sind zum einen die maßgebenden Kriterien und Schnittstellen, aber auch die Erwartungshaltung der am Bau beteiligten Kreise wie Bauherren, Objektplaner, Fachingenieure, Unternehmer etc. zu beleuchten. Brandschutz besteht zunehmend nicht allein aus baulichen Maßnahmen, wie Anforderungen an das Tragwerk, den Raumabschluss oder die Baustoffe, sondern auch aus anlagentechnischen Maßnahmen, u. a. Rauch- und Wärmeabzug und betrieblich-organisatorischen Maßnahmen und vor allem dem aufeinander abgestimmten Ineinandergreifen dieser Komponenten. Des Weiteren bestehen neben den bauaufsichtlichen Anforderungen ggf. spezielle und erweiterte Betreiberund Kundenanforderungen oder auch Anforderungen der Sachversicherer, wie dies im Merkblatt MB14-01: „Planung von Brandschutzanlagen“ der vfdb, Juni 2015 [17] recht anschaulich beschrieben wird. In dieser Veröffentlichung ist auch in recht übersichtlicher Weise der Ablauf des Planungsprozesses illustriert und wird in Bild 5 wiedergegeben.

Spezielle und erweiterte Betreiberund Kundenanforderungen (3)

Baurecht (2)

Brandschutznachweis(Brandschutzkonzept) zur Erlangung der Baugenehmigung (5)

Anforderungen der Versicherer (3)

Brandschutzkonzeption (7)

Baugenehmigung (6)

Ausführungsplanung (8)

Wechselwirkungen, Schnittstellen und Umgebungseinflüsse

Ausschreibung (9)

Bauüberwachung durch Prüfsachverständigen (11)

Installation (10)

Bauüberwachung durch Fachbauleiter Brandschutz (12)

Prüfung der einzelnen Gewerke und der Wechselwirkungen/ Schnittstellen durch Sachverständigen (14)

Prüfung der einzelnen Gewerke durch Prüfsachverständigen (13)

Betrieb (15)

Bild 5. Ablauf des Planungsprozesses aus [17]

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Leistungsbild und Honorierung im Brandschutz

Bild 6. Ermittlung der Schutzklassen mittels Risikoparameter nach [18]

Die neben den bauaufsichtlichen Anforderungen des Brandschutzkonzeptes bestehenden Erwartungen sonstiger am Bau Beteiligter werden in vorstehender Veröffentlichung mit dem Begriff „Brandschutzkonzeption“ gefasst und dort auch inhaltlich als eine ggf. über die bauaufsichtlichen Anforderungen hinausgehende Festlegung verstanden.

Auch nach der Genehmigungsphase ist es wichtig, die Belange des Brandschutzes im Verständnis des erläuterten vernetzten Gesamtsystems einzubringen und zu begleiten. Hier gilt es, die Auflagen aus den bauaufsichtlichen Verfahren in ausführungsreifen Lösungen zu konkretisieren und die Objekt- sowie Fachplanung der übrigen Projektbeteiligten in Brandschutzfragen zu unterstützen. Auch in dieser Phase können über die bauaufsichtlichen Anforderungen hinaus entsprechend den Darstellungen in Bild 5 weitere Anforderungen aus der Brandschutzkonzeption mit Einbeziehung anderer Fach- und Rechtsgebiete sowie aus der Umsetzung des technischen Regelwerks anstehen. Die Komplexität sei am Beispiel der Rauch- und Wärmeabzugsanlagen aus der FVLR-Richtlinie 09 [18] verdeutlicht, welche die Risikobeurteilung und Schutzmaßnahmen für kraftbetätigte Rauch- und Wärmeabzugsgeräte, Lüftungsund Zuluftgeräte (nach Maschinen-Richtlinie 2006/42/ EG) behandelt. Hier erfolgt eine Risikobeurteilung in der Folge logischer Schritte zur Untersuchung und Abwägung von Gefährdungen. Unter dem Schutzziel, Gefahren durch das Öffnen (oder Schließen) dieser Geräte vorzubeugen, erfolgt unter unterschiedlichen Kriterien eine objektspezifische Kategorisierung der Einbausituation in die Klassen E1 und E2, der Nutzung in die Klassen N1 bis N4, der Steuerung in den Klassen S0 bis S2, woraus dann zusammenfassend eine Zuordnung in die Schutzklassen 1 bis 4 erfolgt. Teilweise interagieren diese Klassen dergestalt, dass für die Schutzklasse 3 eine Totmannsteuerung vorgegeben wird, wonach diese dann in der Steuerung in Risikoparameter S0 zugeordnet wird und dann zur Zuordnung in die Schutzklas-

Tabelle 2. Zuordnung von Verantwortlichkeiten nach [18] Verantwortung/Maßnahme

Auftraggeber/ Architekt/ Antriebshersteller Hersteller kraftbetätigte Bauherr Fachplaner Abdeckung, Errichter ×

Benutzerinformation für den Antrieb Sicherheitshinweise

×

Einbauerklärung und Montageanleitung Antrieb

× ×

Konformitätserklärung Nutzungskonzept des Gebäudes

×

Anlagentechnisches Konzept

×

Risikobeurteilung, Gefahrenabschätzung Planungsphase

×

LV-Erstellung mit technischen/baulichen Anforderungen

× ×

Risikobeurteilung, Gefahrenabschätzung vor Einbau

×

Umsetzung technischer Sicherheitsmaßnahmen Umsetzung organisatorischer Sicherheitsmaßnahmen

×

Konformitätserklärung kraftbetätigte Abdeckung (Maschine)

×

Anbringung CE-Zeichen

×

Der weitere Planungsprozess

Legende: 1 Pneumatische Steuereinrichtung mit manueller Auslösung und Druckgasflasche (Notauslösekasten – NAK) 2 Elektrische Steuereinrichtung mit Notstromversorgung 3 manuelle Auslöseeinrichtung, elektrisch (Notauslösetaster – NAT) 4 Fremdansteuerung oder Informationsweitergabe (optional) 5 Zuluftöffnung, pneumatisch (optional automatisch betätigt) 6 Steuerleitung (pneumatisch) 7 Steuerleitung (elektrisch)

8 9 10 11 12 13

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Zuluftöffnung, elektromotorisch (optional automatisch) NRWG, pneumatisch mit Hubzylinder oder elektrisch mit Motor öffenbar Branderkennungseinrichtung, pneumatisch (Thermo-Auslöseglied – TAG) mit Druckgasflasche (CO2) Branderkennungseinrichtung, elektrisch (Rauchmelder – RM) Rauchschürze (bei Bedarf abrollbare Ausführung) Wind- und Regensensor

Bild 7. Systemübersicht RWA aus [18]

se 2 führt. Die Ermittlung dieser Schutzklassen zeigt das Diagramm in Bild 6. Selbstredend überschreitet diese Bestimmung der Schutzklassen den Umfang eines (bauaufsichtlichen) Brandschutzkonzeptes, sollte aber Inhalt einer integrierten Fachplanung und vor allem der nächsten Phase der Ausschreibung durch die Planer der technischen Gebäudeausrüstung sein. Die Richtlinie [18] ordnet demgemäß auch Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten zu und beschreibt die Tätigkeit des Architekten oder Fachplaners für das anlagentechnische Konzept, die Risikobeurteilung, Gefahrenabschätzung in der Planungsphase sowie die Erstellung des Leistungsverzeichnis mit technischen sowie baulichen Anforderungen (Tabelle 2). Auch für die übrigen Komponenten des RWA-Systems müssen Festlegungen im Rahmen der Fachplanung vorgenommen werden, um eine exakte Ausschreibung und Ausführung zu ermöglichen. Wie umfangreich diese Bearbeitung ist bzw. sein sollte, veranschaulicht Bild 7 mit einer Systemübersicht der RWA im pneumatischen bzw. elektrischen System. Letztlich muss also als Ergebnis der Ausführungsplanung/Ausschreibung eine vollständige Festlegung der Anforderungen an das RWA-System und der einzelnen

Bild 8. Kennzeichnung NRWG nach [18]

Komponenten resultieren. Für die natürlichen Rauchund Wärmeabzugsgeräte (NRWG) sind mindestens die Klassen, die letztendlich auf der CE-Kennzeichnung zu dokumentieren sind, festzulegen (Bild 8). Vorstehende Leistungen sind nicht originärer Inhalt der Brandschutzplanung, sondern teilweise der Fachplanung zur Technischen Ausrüstung oder gar bereits der Werk- und Montageplanung der ausführenden Unternehmen. Die Ausführungen zeigen aber, dass der Brandschutzplaner für diese Fragen ansprechbar und aussagefähig sein muss. Häufig wird in diesem Zusammenhang die Prüfung der Fachplanung auf Übereinstimmung mit den Vorgaben des Brandschutzkonzeptes dem Brandschutzplaner als zusätzliche Leistung übertragen.

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Fachbauleitung Brandschutz

Leistungsbild und Honorierung im Brandschutz

Der Wert einer Planungsleistung offenbart sich in der Bauausführung. Hier kommt es im Sinne einer Qualitätssicherung entscheidend darauf an, die Umsetzung der Planungsinhalte in das konkrete Bauobjekt zu begleiten und zu überprüfen. Dies gilt im besonderen Maße für den Brandschutz, sodass hier in der Praxis sich zwischenzeitlich eine „Fachbauleitung Brandschutz“ entwickelt hat, um der Bedeutung des Themas gerecht zu werden. Sehr ausgeprägt wird diese Tätigkeit beispielsweise für das Land Nordrhein-Westfalen umgesetzt, welche in § 56 (2) BauO NRW die Tätigkeit einer Bauleiterin oder Bauleiters beschreibt und im dortigen Absatz 3 Satz 2 ergänzt: „Verfügt er oder sie auf einzelnen Teilgebieten nicht über die erforderliche Sachkunde und Erfahrung, sind eine geeignete Fachbauleiterin oder ein geeigneter Fachbauleiter heranzuziehen.“ Eine Konkretisierung hierzu findet sich in den Verwaltungsvorschriften zur BauO NRW in Ziffer 54.217: „Fachbauleiterinnen und Fachbauleiter für den Brandschutz (. . . ) haben darüber zu wachen, dass das genehmigte Brandschutzkonzept während der Errichtung des Sonderbaus beachtet und umgesetzt wird sowie Änderungen oder Ergänzungen des Konzeptes einer Genehmigung zugeführt werden. Für die Fachbauleitung geeignet sind vor allem die Personen anzusehen, die als Fachplanerinnen oder Fachplaner (. . . ) das Brandschutzkonzept aufstellen können.“ Auch hier sind Schnittstellen zwischen der Tätigkeit des „Bauleiters nach Bauordnung“ gegenüber dem beschriebenen „Fachbauleiter Brandschutz“, aber auch gegenüber der Bauleitung des Unternehmens zu beachten und im Sinne von Zuständigkeiten und der Aufgabenteilung zu definieren. Dabei ist es hilfreich, eine Unterscheidung nach der Leistungstiefe vorzunehmen, da diese dann dem Aufgabenbereich der am Bau Tätigen entsprechend zugeordnet werden kann. Hier hat sich in der Praxis der letzten 10 Jahre eine Differenzierung entsprechend nachfolgenden Stufen etabliert und bewährt: – Niveau 1: prinzipielle Übereinstimmung – Niveau 2: systematisch-stichprobenartige Kontrolle – Niveau 3: baubegleitende Qualitätssicherung Die Definition dieser Begriffe und Beschreibung der damit verknüpften Leistungstiefe wird aus der Veröffentlichung AHO-Heft 17 [16] wie folgt wiedergegeben: „Niveau 1: Prinzipielle Übereinstimmung Durch eine Kombination von Ortsbegehung und der Einsichtnahme in vorgelegte Nachweise über die Verwendbarkeit der Bauprodukte und Bauarten einschließlich der hier vorzulegenden Übereinstimmungserklärungen der herstellenden, anwendenden bzw. verwendenden Unternehmer, zusammenfassend „Errichtererklärung“ genannt, erfolgt eine Plausibilitätskontrolle, bei welcher Veränderungen gegenüber dem Brandschutzkonzept erkannt und dokumentiert werden. Die Bearbeitung ba-

siert auf „vorgelegten“ Unterlagen und berücksichtigt stets die Verantwortlichkeit der übrigen Baubeteiligten für eine ordnungsgemäße, den allgemein anerkannten Regeln der Technik und Bauvorlagen entsprechende Ausführung. Folgerichtig werden auch die Prüfberichte der Sachverständigen nach den jeweiligen Prüfverordnungen der Länder ausschließlich daraufhin ausgewertet, ob sie eine abschließende Betriebssicherheit und Wirksamkeit bestätigen. In effizienter Weise wird erkannt, inwieweit eine Fortschreibung des Brandschutzkonzeptes bzw. Änderung der Genehmigung erforderlich sind (. . . ). Niveau 2: Systematisch-stichprobenartige Kontrolle Ergänzend zu dem Umfang von Niveau 1 erfolgt eine Prüfung einzelner brandschutzrelevanter Bauprodukte und -arten auf übereinstimmende Ausführung mit den einschlägigen Nachweisen über die Verwendbarkeit. Die Auswahl der Stichproben orientiert sich dabei an Bauteil-Typen, welche anhand der Ausführungsplanung oder spezieller Listen ausgewiesen sind. Diese nachvollziehbare Systematik deckt also regelmäßig wiederkehrende Bauteile ab, arbeitet zugleich aber auch im Objekt etwa vorhandene Sonderlösungen heraus, welchen objektspezifisch eine besondere brandschutztechnische Relevanz zukommt oder die eine sorgfältige Prüfung erfordern. Auch die Prüfberichte der Sachverständigen nach Prüfverordnung der Länder werden intensiver durchgearbeitet und die dort dokumentierten Feststellungen im Detail mit den Vorgaben des Brandschutzkonzeptes abgeglichen. Fehlerhafte Brandschutzausführungen können mit effizientem und vertretbarem Aufwand gezielt und frühzeitig abgestellt werden. Der hier definierte Leistungsumfang wird als insgesamt notwendig, aber auch ausreichend bei der Fachbauleitung von Sonderbauten bewertet, insbesondere wenn z. B. durch eine Bauauflage eine Bescheinigung zur Umsetzung des Brandschutzkonzeptes gefordert wird (. . . ). Niveau 3: Baubegleitende Qualitätssicherung Hier wird ergänzend zu den vorgenannten Niveaus 1 und 2 eine vollständige Prüfung aller Bauprodukte und -arten auf ordnungsgemäße Übereinstimmung mit den entsprechenden Eignungsnachweisen vorgenommen. Gegebenenfalls werden hierzu bei einzelnen Bauteilen auch zerstörende Prüfungen (die in Niveau 2 eher den Ausnahmefall darstellen) vorgenommen. Der Fachbauleiter nimmt an den Prüfungen der Sachverständigen nach den Prüfordnungen der Länder teil bzw. ist zumindest zeitweise anwesend, um etwaige Mängel im anlagentechnischen Brandschutz zu erfahren und deren Beseitigung zu unterstützen. Als Schnittstelle zu den Brandschutzbeauftragten erfolgt eine Abstimmung der betrieblich-organisatorischen Maßnahmen. Diese vollständige Prüfung ist bei Bauvorhaben entsprechender Größe praktisch ausschließlich mit einer ständigen Anwesenheit des Fachbauleiters auf der Baustelle leistbar. Nur in dieser Weise kann letztlich eine ganzheitliche Bescheinigung über die Brandschutzmaßnahmen gegeben werden.

Brandschutz in der HOAI

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Bild 9. Kalibrierter Rauchversuch mit patentierter Prüfapparatur Smoke 3

Wegen des resultierenden Aufwands wird sich dieses Niveau auf einige besondere Fallgestaltungen und Objekte beschränken und damit eine außergewöhnliche Leistung darstellen.“ Auch hier intensiviert sich der Einsatz von Ingenieurmethoden bzw. ingenieurmäßiger Prüfung. So bieten beispielsweise kalibrierte Heißrauchversuche die Möglichkeit, die Wirksamkeit eines Entrauchungskonzeptes nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ zu überprüfen. Im Idealfall wird das entsprechende Szenario vorher im Rahmen einer Computersimulation ausgewertet und die tatsächlich ausgeführte Maßnahme durch Abgleich mit dieser Prognose überprüft. Auch hier soll im Rahmen dieses Beitrages auf weitergehende Ausführungen verzichtet werden und lediglich zur Veranschaulichung eine Fotoaufnahme von einem entsprechenden, kalibrierten Rauchversuch mit einer patentierten Prüfapparatur im Bild 9 gezeigt werden.

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Brandschutz in der HOAI

Die Neufassung der HOAI im Jahr 2009 brachte bekanntermaßen die bedauerliche Abspaltung von sogenannten „verbindlichen Leistungen“ im Anwendungsbereich der HOAI und sogenannten „unverbindlichen Leistungen“ mit fortan lediglich empfehlendem Charakter für die Leistungen der Umweltverträglichkeitsstudie, thermischen Bauphysik, Geotechnik und Ingenieurvermessung. Dementsprechend schien die Aufnahme eines neuen Leistungsbildes Brandschutz als Bestandteil der offiziellen HOAI in weiter Ferne. Daher entschloss sich die im Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e. V. (AHO) als Fachkommission Brandschutz etablierte Expertengruppe zu einer Fortschreibung der dortigen Veröffentlichung Heft 17, welche bereits im Juni 2009 abgeschlossen werden konn-

te. Mit der Fortführung der HOAI entsprechend dem Beschluss des Bundesrates zur kurzfristigen Neufassung wurden unter Leitung des Bundesministeriums für Verkehr, Bauen und Städtebau (BMVBS) Facharbeitsgruppen eingerichtet, welche mit Vertretern der Auftraggeber und Auftragnehmer eine Aktualisierung der Leistungsbilder erarbeiteten. In diesem Zusammenhang wurde in einem Gespräch am 31.08.2010 in der Koordinierungsgruppe über den zukünftigen Status der Fachplanung für Brandschutz innerhalb der HOAI intensiv beraten. Im Ergebnis gelangte man zur Einschätzung, dass aus fachtechnischer Sicht keine Gründe gegen ein eigenständiges Leistungsbild Brandschutz innerhalb der HOAI sprechen bzw. dieses sogar geboten sei; aus politischen Erwägungen allerdings die Etablierung eines weiteren Leistungsbildes, insbesondere unter dem Aspekt der vermeintlichen Deregulierung, eher nicht durchsetzbar sei. Im Gutachten von Professor H. Lechner, das im Jahr 2011 die Arbeiten der Facharbeitsgruppen abschloss und zusammenführte, wurde für den Brandschutz betreffend festgehalten, dass diese in der dort beschriebenen Fallgestaltung nicht zu den Grundleistungen der Objektplanung zählen, sondern besondere Leistungen ausmachen. Diese Abgrenzung zwischen Grundleistungen und besonderen Leistungen für den Brandschutz bei der Objektplanung thematisiert auch ein Urteil des BGH vom 26.01.2012, ohne jedoch letztendlich eine Entscheidung vorzugeben, da dies im streitgegenständlichen Fall nicht relevant war. Die schließlich im Juli 2013 veröffentlichte HOAI legt nunmehr im Leistungsbild der Objektplanung unter Anlage 10, Leistungsphase 2 eindeutig als besondere Leistung fest: „Erarbeiten und Erstellen von besonderen bauordnungsrechtlichen Nachweisen für den vorbeugenden und organisatorischen Brandschutz bei baulichen Anlagen besonderer Art und Nutzung, Bestandsbauten oder im Falle von Abweichungen von der Bauordnung“.

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Leistungsbild und Honorierung im Brandschutz

Das bedeutet, dass die bezeichneten Leistungen einen eigenständigen Honorartatbestand begründen und somit separat zu vergüten sind. In der amtlichen Begründung zur Anlage 10.1 erfolgte hierzu noch einmal eine Differenzierung in Analogie zu § 11 MBauVorlV [19] und beschreibt sehr exakt sinnvolle Schnittstellen: § 11 (1) MBauVorlV enthält eine Liste von Angaben, die für den Nachweis des Brandschutzes im Lageplan, in den Bauzeichnungen und in der Baubeschreibung, soweit erforderlich, insbesondere darzustellen sind. Diese in die üblichen Bauvorlagen einzutragenden Angaben stellen somit keine besonderen bauordnungsrechtlichen Nachweise dar und sind somit den Grundleistungen der Objektplanung zuzuordnen. Bei Bestandsbauten oder im Falle von Abweichungen werden allerdings in der Regel darüberhinausgehende Unterlagen und Nachweise erforderlich, die als besondere Leistungen zuzuordnen sind. Nach § 11 (2) Satz 1 MBauVorlV müssen bei Sonderbauten, Mittel- und Großgaragen zusätzliche Angaben gemäß dortiger Auflistung gemacht werden, also besondere bauordnungsrechtliche Nachweise, die in der Regel eine eigenständige Dokumentation erfordern, die über die vorbeschriebenen Einträge in die Planunterlagen bzw. üblichen Bauvorlagen hinausgeht. Es handelt sich somit um besondere Leistungen. § 11 (2) Satz 2 MBauVorlV [19] legt fest, dass auch anzugeben ist, weshalb es der Einhaltung von Vorschriften wegen der besonderen Art oder Nutzung baulicher Anlagen oder Räume oder wegen besonderer Anforderungen nicht bedarf (§ 51 Satz 2 MBO). § 11 (2) Satz 3 MBauVorlV regelt, dass der Brandschutznachweis auch gesondert in Form eines objektbezogenen Brandschutzkonzeptes dargestellt werden kann. Die Bearbeitung dieser speziellen Fragestellungen erfordert besondere fachübergreifende Kenntnisse des baulichen, anlagentechnischen und betrieblich-organisatorischen Brandschutzes, die zumeist ausschließlich als besondere Fachplanerleistung erledigt werden kann. Zudem ist zu berücksichtigen, dass in verschiedenen Bundesländern für die Bearbeitung dieser Nachweise eine besondere Qualifikation (z. B. Nachweisberechtigung, staatliche Anerkennung) bauaufsichtlich vorgeschrieben ist. Häufig sind hierfür besondere Planunterlagen als Visualisierung des Brandschutzkonzeptes zu erstellen, die erheblich über die in § 11 (1) MBauVorlV beschriebenen üblichen Bauvorlagen hinausgehen. Somit ist im gesetzlichen Preisrecht die Grundlage für einen eigenständigen Honorartatbestand der Leistungen für Brandschutz dokumentiert. Gleichzeitig legitimiert sich die Neufassung des Heftes 17 in der Schriftenreihe des AHO. Diese Bearbeitung wurde im Jahr 2014 aufgenommen und mit einer dritten überarbeiteten Fassung zum Stand Juni 2015 veröffentlicht. Im Eindruck des EuGH-Urteils vom 04.07.2019 [24] betreffend die Honorare für Architekten und Inge-

nieure für Planungsleistungen – Mindest- und Höchstsätze – sah die Bundesregierung nicht die Möglichkeit einer ganzheitlichen, systematischen Überarbeitung der HOAI, sondern lediglich einen „minimal-invasiven Eingriff“, wie anlässlich der AHO-Herbsttagung am 19.11.2019 in Berlin ausgeführt wurde. Insoweit war auch die Bereitschaft gering, den Status der Brandschutzplanung zu ändern oder diese gar in eine fortgeschriebene HOAI aufzunehmen. Zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Fachbeitrages befand sich die Änderung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure HOAI im parlamentarischen Prozess, wobei auch die vorliegende Kabinettsvorlage [25] diese Grundhaltung dokumentiert.

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Leistungsbild für Brandschutz

Die Veröffentlichung der 3. Auflage im AHO Heft 17 führt eine Entwicklung fort, deren 1. Auflage bereits im Jahr 2003 ein Leistungsbild mit neun Phasen sowie differenzierten Grundleistungen und besonderen Leistungen enthielt und einen Honorarvorschlag in Abhängigkeit der Nutzung des Gebäudes beziehungsweise der Gebäudebereiche und objektspezifischen Schwierigkeitsbeiwerten vorschlug. Die Fortschreibung im Jahr 2009 arbeitete Praxiserfahrungen und insbesondere eine Konkretisierung zur Fachbauleitung ein und bildete so mit breiter Akzeptanz in der Praxis die Grundlage für nahezu sämtliche Ausschreibungen entsprechender Fachingenieurleistungen für größere Bauvorhaben. Dies zeichnet sich zwischenzeitlich ebenso ab für die dritte überarbeitete Fassung aus dem Jahr 2015, welche die bewährte Grundstruktur beibehielt, verschiedenen veränderten Regelungen mit der Neufassung der HOAI 2013 Rechnung trägt und wiederum aktuelle Praxiserfahrungen dieser sich stets entwickelten Planungsdisziplin einbezieht. Eine vierte, zunächst für das Jahr 2020 beabsichtigte Fortschreibung, musste aus Einschränkungen durch die Corona-Pandemie verschoben werden. Die AHO-Veröffentlichung vollzieht eine Unterscheidung in Grundleistungen und besondere Leistungen, die jeweils in der Tabelle zusammenfassend wiedergegeben sind, was in der praktischen Anwendung auch die Abgrenzung in der Leistungstiefe erleichtert (Tabelle 3). Zu den einzelnen Leistungsphasen kann folgende Erläuterung gegeben werden: Für Phase 1 sind die Leistungen unverändert zur Veröffentlichung AHO Heft 17 Fassung 2009. Die Bestandserfassung vor Ort ist als „Besondere Leistung“ ausgewiesen, da sie naturgemäß nicht bei allen Objekten anfällt und für den Aufwand nicht allgemein geltend erfassbar ist. Es wird daher eine Abrechnung nach Aufwand empfohlen, wobei darauf hingewiesen

Leistungsbild für Brandschutz

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Tabelle 3. Auszug aus einem Leistungsbild gem. AHO Heft 17 [16] Grundleistungen 1. Grundlagenermittlung – Klären der Aufgabenstellung und des Planungsumfangs; Klären, inwieweit besondere Fachplaner einzubeziehen sind und Festlegen der Aufgabenverteilung, – Zusammenstellen der Ergebnisse, 2. Vorplanung – Feststellen einschlägiger Rechtsgrundlagen und der wesentlichen materiell-rechtlichen Anforderungen aufgrund der Art, Nutzung, Bauweise, Größe, Nachbarschaft und des gestalterischen Konzeptes sowie eventuell beanspruchte Abweichungen von bauordnungsrechtlichen Vorschriften, – Erarbeiten der Grundzüge des Brandschutzkonzeptes einschließlich Möglichkeiten beim abwehrenden Brandschutz und Grundlagen für anlagentechnische Maßnahmen, – Erstellen von Brandschutzskizzen zur Visualisierung der baulichen Maßnahmen und des anlagentechnischen Konzeptes, – Stichpunkthaftes Zusammenstellen der Vorplanungsergebnisse. 3. Entwurfsplanung – Erarbeiten des Brandschutzkonzeptes ggf. unter Berücksichtigung der Wechselwirkung zwischen den baulichen und anlagentechnischen Maßnahmen, – Konkretisieren von allen objektspezifischen Brandschutzanforderungen, – Mitwirken bei Abstimmungen mit Behörden, Brandschutzdienststellen und/oder Feuerwehr, – Zusammenstellen wesentlicher Inhalte als Entwurf des textlichen Erläuterungsberichtes zum Stand der Entwurfsplanung.

sei, dass diese besondere Leistung eine erhebliche Größenordnung annehmen kann. In Phase 2 ist neben dem „Feststellen einschlägiger Rechtsgrundlagen“ die Grundleistung des „Feststellens der wesentlichen materiell-rechtlichen Anforderungen aufgrund der Art, Nutzung, Bauweise, Größe, Nachbarschaft und des gestalterischen Konzeptes sowie eventuell beanspruchter Abweichungen von bauordnungsrechtlichen Vorschriften“ verblieben. Der ausdrückliche Hinweis auf bauordnungsrechtliche Vorschriften verdeutlicht zugleich, dass andere Rechtsgebiete und gegebenenfalls verwandte Planungsbereiche (z. B. Anforderung des Arbeitsschutzes, Umweltschutzes oder barrierefreien Bauens etc.) nicht Gegenstand der Leistungen für Brandschutz nach diesem Leistungsbild sind, das heißt, auch in den ausgewiesenen Honoraren nicht enthalten sind. Das „Erarbeiten der Grundzüge des Brandschutzkonzeptes einschließlich Möglichkeiten beim abwehrenden Brandschutz und Grundlagen für anlagentechnische Maßnahmen“ beschreibt in dieser Leistungspha-

Besondere Leistungen – Bestandserfassung vor Ort, – Auswerten von übergebenen Bauakten.

– Qualitative Analyse der vorgesehenen Nutzung hinsichtlich besonderer Brand- und Explosionsgefahren oder Wassergefährdungsklassen, – Erarbeiten eines Entrauchungskonzeptes für spezielle Fragestellungen, – Erarbeiten eines Evakuierungskonzeptes für spezielle Fragestellungen, – Ermitteln von Brandlasten vor Ort, – Auswerten von übergebenen Listen/Sicherheitsdatenblättern zu brennbaren Flüssigkeiten oder Gefahrstoffen, – Abgleich mit den Vorschriften des Arbeitsschutzes zur Auslegung der Rettungswege, – Teilnehmen an Besprechungen, an denen der Brandschutz nicht gebündelt behandelt wird. – Festlegen der maßgebenden Brandszenarien und numerische Brandsimulation oder qualitative Analysen, – Erarbeiten eines Evakuierungskonzeptes auf Basis ingenieurmäßiger Methoden.

se der Vorplanung auch die Untersuchung alternativer Lösungsmöglichkeiten bei gleicher Nutzungsanforderung. Die Bearbeitung unterschiedlicher Planungsalternativen, insbesondere unterschiedlicher Nutzungsanforderungen, erfordert demgegenüber nach den generellen Regelungen der HOAI eine gesonderte Vereinbarung. Als Arbeitsergebnis erfolgt ein „skizzen- oder stichpunkthaftes Zusammenstellen der Vorplanungsergebnisse“ und nunmehr auch als Grundleistung „Brandschutzskizzen zur Visualisierung der baulichen Maßnahme und des anlagentechnischen Konzeptes“. Diese Unterlagen sind neu aufgenommen und besitzen nicht die Planungstiefe der „Brandschutzpläne“ als Grundleistung der Phase 4, veranschaulichen aber schon die Grundzüge des Brandschutzkonzeptes. Beispielsweise kann für die Brandschutzskizzen zumeist auf den Eintrag von Türanforderungen verzichtet werden, wohl aber sind Anforderungen und Verlauf von Trennwänden darzustellen. Dieses Arbeitsergebnis kann als anschauliche Grundlage für die Entwurfsplanung der üb-

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Leistungsbild und Honorierung im Brandschutz

rigen Planungsbeteiligten und als Basis der Abstimmungen mit Behörden bzw. dem Prüfsachverständigen/Prüfingenieur herangezogen werden. Aus dem Bereich der Brandschutzingenieurmethoden ist das „Erarbeiten eines Entrauchungskonzeptes für spezielle Fragestellungen“ aufgenommen, welches in der Regel auch eine Vordimensionierung mit Methoden des Brandschutzingenieurwesens umfasst. Dieses wurde um das Erarbeiten eines Evakuierungskonzeptes in der aktuellen Fassung dieser Schriftenreihe ergänzt, da als Praxiserfahrung zunehmend bereits in dieser Leistungsphase die Möglichkeit zur Optimierung mit ingenieurmäßigen Verfahren abzustimmen ist. Deutlichkeitshalber sei festgehalten, dass die Umsetzung eines Rettungswegekonzeptes allein auf Basis bauordnungsrechtlicher Vorschriften (z. B. Nachweis nach den Vorgaben der Versammlungsstättenverordnung) Gegenstand der Grundleistungen ist. Ebenso neu aufgenommen wurde der „Abgleich mit den Vorschriften des Arbeitsschutzes zur Auslegung der Rettungswege“. Wenngleich generell Aspekte des Arbeitsschutzes nicht Gegenstand des Leistungsbildes der Leistungen für Brandschutz darstellen, wird gelegentlich projektbezogen eine entsprechende Bearbeitung abgefragt, die demgemäß eine „Besondere Leistung“ darstellt. Für die Grundleistung der Phase 3 ist zunächst festzuhalten, dass hier ein „Mitwirken bei der Abstimmung mit Behörden, Abstimmung mit Brandschutzdienststellen und/oder Feuerwehr“ eine erstmalige Erwähnung innerhalb des Leistungsbildes erfährt. Damit wurde der Praxiserfahrung Rechnung getragen, dass Behördenabstimmungen in der Regel nur auf Basis einer konkret vorbereiteten und dokumentierten Vorplanung durchgeführt werden können, zumal das „Feststellen einschlägiger Rechtsgrundlagen“ von jeher im Aufgabenbereich des Brandschutzplaners liegt, d. h. nicht im Behördengespräch erfragt werden muss. Die Grundleistung kann sich dabei auf die jeweils verbindlich eingeführten bauaufsichtlichen Vorschriften und die zum Bearbeitungszeitpunkt eingeführten technischen Baubestimmungen beschränken. Als Arbeitsergebnis bereits in den Grundleistungen wurde aufgenommen: „Zusammenstellung wesentlicher Inhalte als Entwurf des textlichen Erläuterungsberichtes zum Stand der Entwurfsplanung“, sodass für die übrigen Planungsbeteiligten eine frühzeitige und möglichst detailgenaue Formulierung in Vorgriff auf die Aussagen der Genehmigungsplanung hilfreich und zielführend vorliegt. Die nochmalige Fortschreibung der Brandschutzskizzen ist in dieser Phase jedoch nicht Gegenstand der Grundleistungen. Die „Besonderen Leistungen“ befassen sich insbesondere wiederum mit den Ingenieurmethoden und beinhalten nunmehr die entsprechenden rechnerischen Nachweise. Art und Umfang der Berechnungen können projektspezifisch recht unterschiedlich sein, sodass es sich empfiehlt, bereits mit der „Besonderen Leis-

tung“ in Phase 2 eine entsprechende Bedarfsermittlung zu fixieren und diese im Rahmen der Behördenabstimmung in Phase 3 festzulegen und durchzuführen. Gelegentlich wird aus Praxiserfahrung vorgetragen, dass auch die Prüfung der Haustechnikplanung, insbesondere im Hinblick auf eine ordnungsgemäße Ausführung der Brandschutzkomponenten als „Besondere Leistung“, bereits in Phase 3 aufzunehmen sei. Trotz aller Berechtigung im Einzelfall ist festzuhalten, dass gerade die „Kollisionsprüfung“ Bestandteil der Grundleistungen der technischen Ausrüstung nach HOAI Anlage 15 für Leistungsphase 5 darstellt und daher bei den Leistungen für Brandschutz nur bedingt aufgenommen werden kann. Für die Phase 4 Genehmigungsplanung erfolgte für das „Erarbeiten des Erläuterungsberichtes“ mit dem Zusatz „gemäß den jeweils geltenden bauaufsichtlichen Verfahrensvorschriften“ eine weitmögliche Anpassung an die in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich festgelegten Anforderungen an die brandschutztechnische Bearbeitung innerhalb der Bauvorlagen. Grundsätzlich wird der Aufwand für die Bearbeitung der Bauvorlagen in den einzelnen Bundesländern im Expertenkreis der AHO-Fachkommission jedoch nicht so unterschiedlich eingeschätzt, dass eine Differenzierung der Honorierung erforderlich wäre. Wie bereits vorstehend erläutert, nehmen „Brandschutzpläne als Visualisierung der baulichen Maßnahmen und des anlagentechnischen Konzeptes“ einen wesentlichen Bestandteil der planerischen Leistungen für Brandschutz ein. Die Brandschutzpläne sind nicht identisch mit den (in der Regel) vom Objektplaner anzufertigenden Baueingabeplänen, sondern sind auf gleicher Plangrundlage erstellt und ergänzen diese in vorgenanntem Sinne. Dabei sind je nach Objektgröße Maßstäbe 1 : 200 bis 1 : 500 üblich. Als „Besondere Leistungen“ ausgewiesen ist das Überprüfen von Bauvorlagen, welche vom Objektplaner oder Fachingenieuren bereitgestellt werden. Dies ist ggf. im Interesse eines konsistenten Bauantrages bei komplexen Gebäuden zweckmäßig. Dabei verbleibt es jedoch bei der Verantwortlichkeit der einzelnen Planungsbeteiligten für ihren jeweiligen Beitrag in der Genehmigungsplanung. Neu aufgenommen wurde eine Fortschreibung des prinzipiell genehmigungsfähigen Brandschutzkonzeptes, um auf die Ergebnisse der Vorprüfung der Bauaufsichtsbehörden oder Forderungen des Prüfsachverständigen/Prüfingenieurs entsprechend einer zunehmenden Praxis-Handhabung zu reagieren. Da diese Leistung jedoch nicht bei allen Objekten und teilweise im differenzierten Umfang entsteht, ist sie systematisch als „Besondere Leistung“ auszuweisen. Gegenüber der 2. Auflage aus 2009 deutlich verändert wurden die Inhalte der Phase 5. Dadurch wurde zum einen dem Umstand Rechnung getragen, dass eine brandschutztechnische Betreuung der Ausführungs-

Leistungsbild für Brandschutz

planung wesentliche Voraussetzung für das Gelingen der Bauausführung bzw. der weiteren Leistungsphase 8 darstellt. Dies wird deutlich aus der Grundleistung „Prüfung der Baugenehmigung auf einen ggf. gebotenen Widerspruch“, wo allein der Brandschutzplaner eine sachgerechte Abwägung vornehmen kann, inwieweit diese Auflagen berechtigt sind oder in einem Widerspruch mit entsprechender Begründung Aussicht haben, angenommen zu werden. Die weitere Grundleistung „Beraten bei Anfragen der Objekt- und Fachplaner hinsichtlich der integrierten brandschutztechnischen Fachleistung bis zur ausführungsreifen Lösung auf Basis des genehmigten Brandschutzkonzeptes einschließlich der Auflagen durch die Genehmigung“ präzisiert einerseits, dass die Aktivität hier von den Objekt- oder Fachplanern ausgeht, keinesfalls also eine „Holschuld“ des Brandschutzplaners besteht. Andererseits wird klargestellt, dass auch die Auflagen aus der Genehmigung Grundlagen für die Ausführungsplanung darstellen und in die Bearbeitung des Brandschutzplaners aufgenommen und integriert werden müssen. Mit dem Begriff des „Mitwirken an der Koordination der Fachplanung an brandschutzrelevanten Schnittstellen“ wird gemäß dem allgemeinen HOAI-Sprachgebrauch verdeutlicht, dass die Federführung hier in anderen Leistungsbildern liegt. Dies gilt analog für die neu aufgenommene Leistung: „Mitwirken bei Feststellung der Eignung vorgelegter Verwendbarkeitsnachweise für die Einbausituation“, welche dem Umstand Rechnung trägt, dass die immer komplexer und zahlreicher werdenden Brandschutzprodukte ohne spezifische Fachkenntnis nicht in ihrer Eignung abschließend bewertet werden können bzw. die besondere Fachkunde des Brandschutzplaners erfordern. Gleichwohl verbleibt es auch hier im Grundsatz bei der Verantwortlichkeit des jeweiligen Objekt- und Fachplaners. Mit der weiterhin neu aufgenommenen Leistung „Prüfen, inwieweit zusätzliche genehmigungspflichtige Sachverhalte entstanden sind“ liegt die Federführung wiederum beim Brandschutzplaner, der die Anfragen und damit zugehenden Planänderung im Hinblick auf deren ggf. genehmigungspflichtige Relevanz beurteilt. Dies dient der Planungs- und Rechtssicherheit des Bauvorhabens, wenngleich als Grundleistung in dieser Phase lediglich die Bewertung bzw. der entsprechende Hinweis erfolgt, da die Entscheidung über ein anzustrengendes weiteres Genehmigungsverfahren in der Regel bei der Bauherrschaft liegt und dann eine Wiederholung der Leistungsphase 4 auslöst. Wie in der Leistung „Zusammenstellung der Ergebnisse“ beschrieben, ist das Arbeitsergebnis dieser Leistungsphase eine Zusammenstellung von Einzelberichten zu den vorstehend erläuterten Anfragen und Themen. Eine ganzheitliche Fortschreibung des Brandschutzkonzeptes im Sinne einer Gesamtdokumentation ist nicht Gegenstand der Grundleistung.

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Die Leistungen beziehen sich insgesamt dabei auf eine unveränderte Planungsgrundlage, d. h., dass wesentliche Änderungen der Planungsgrundlagen und des Raumprogramms etc. analog den allgemeinen Regelungen zur HOAI ggf. als Wiederholungsleistungen früherer Phasen zu bewerten und zu vergüten sind. Dies gilt insbesondere für die sogenannte Mieterplanung, sofern diese nicht bereits auf Basis der vorangegangenen Leistungsphasen dem genehmigten Brandschutzkonzeptes entspricht, sondern veränderte Randbedingungen oder eine individuelle Konkretisierung von Brandschutzanforderungen betrifft. Das als „Besondere Leistung“ ausgewiesene „Prüfen von Ausführungsplänen und Montageplänen der Objekt- und Fachplaner hinsichtlich des baulichen Brandschutzes“ dient noch einmal zur schärferen Abgrenzung gegenüber den Grundleistungen. Als wesentliche Fortschreibung der bisherigen Ausführungen bringt die Neufassung eine systematische Behandlung zu den in der Brandschutzpraxis sehr relevanten Fragen der „Steuermatrix“, dem „Wirkprinzipschema“ oder ähnlich bezeichneter Themenfelder. Da hier festgestellt werden musste, dass keine einheitliche Verwendung der Begriffe erfolgt oder klare verbindliche Definitionen vorliegen bzw. mit Bezug auf bauordnungsrechtliche Vorschriften oder technische Regelwerke nur bedingt möglich sind, nimmt das Leistungsbild eine eigene Differenzierung und Zuordnung wie folgt vor:

Matrix-Grobkonzept Als Festlegung der grundlegenden funktionalen steuerungstechnischen Zusammenhänge wie Alarmierungsbereiche, Alarmierungs- und Evakuierungsabfolgen, Ansteuerung von Aufzügen, Fahrtreppen, Beschallungsanlagen etc. Dieses erste Niveau wird in der Regel in einer allgemeinen, beschreibenden Form erstellt und soll der Genehmigungsbehörde eine Beurteilung des brandschutztechnischen Standards ermöglichen. Es ist daher Grundleistung der Phase 4 und dementsprechend in den Erläuterungsbericht des Brandschutzkonzeptes/Brandschutznachweises aufzunehmen. Brandfallsteuertabelle Die Detaillierung der funktional beschriebenen Abhängigkeiten erfolgt in Form einer Tabellendarstellung als Zuordnung, welche Situation bzw. welches Ereignis zu welcher Reaktion führen soll. Die Tabelle ist für Funktionsbereiche und ggf. jeden Alarmierungsbereich, nicht aber bezogen auf die Meldegruppe oder gar die einzelnen Melder, aufzubereiten. Als Basis hierfür wird durch den Fachplaner der Technischen Ausrüstung eine Anlagen- und Komponentenzusammenstellung übergeben. Diese Bearbeitung soll nunmehr als Grundleistung der Phase 5 erfolgen.

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Leistungsbild und Honorierung im Brandschutz

Gewerkeübergreifende Brandschutzmatrix In diesem Niveau werden die Komponenten-Identifikationsnummern der einzelnen Melder und Aktoren genau benannt und das jeweilige Matrixelement mit den einzelnen Komponenten zugeordnet. Die gewerkeübergreifende Brandschutzmatrix ist die Grundlage für die Programmierung der gesamten brandschutztechnischen Steuerungstechnik. Sie wird in der Regel durch den Fachplaner der Technischen Ausrüstung erarbeitet (vgl. Anlage 15, Leistungsphase 3 HOAI sowie AHO Heft 6 Besondere Leistungen bei der Planung von Anlagen der technischen Ausrüstung). Als „Besondere Leistung“ im Brandschutz kann das Mitwirken bei der Erstellung dieser gewerkeübergreifenden Brandschutzmatrix erfolgen. Für die Phase 6 – Vorbereiten der Vergabe – sowie auch Phase 7 – Mitwirken bei der Vergabe – werden in der aktuellen Fassung keine Grundleistungen definiert, sondern lediglich besondere Leistungen ausgewiesen und damit auf die entsprechende Entwicklung der Planungspraxis eingegangen. Einen Schwerpunkt demgegenüber bildet die Phase 8 – Objektüberwachung (Bauüberwachung) – die gegenüber der früheren Fassung lediglich Veränderungen bzw. Konkretisierungen im Detail erfahren hat. In den Erläuterungen zu AHO Heft 17 finden sich auf die einzelnen Brandschutzthemen zugeordnete Detailangaben zu den Leistungstiefen der Niveau 1 bis 3, wie auszugsweise in Tabelle 4 dokumentiert [16]. Als Arbeitsergebnis der Phase 8 wird in zwischenzeitlich bewährter Praxis festgelegt: „Erstellen eines Statusberichtes einschließlich Bewertungen der Möglichkeiten für die Inbetriebnahme“. Dementsprechend kann bei entsprechend verantwortlichem Umgang mit dieser sensiblen Thematik auch eine Inbetriebnahme empfohlen werden, wenn noch Restarbeiten anstehen, diese aber nicht die Brandsicherheit gefährden. In Phase 9 – Objektbetreuung – sind nunmehr keine Grundleistungen genannt, da das Erstellen weiterer „Brandschutzunterlagen“, wie beispielsweise Fluchtund Rettungswegpläne, Feuerwehrpläne oder Brandschutzordnung fallweise auch von anderen Projektbeteiligten erfolgt und auch erfolgen kann, teilweise die Prüfung dieser Unterlagen dem Brandschutzplaner angetragen wird und somit insgesamt recht variable Fallgestaltungen entstehen, die einer einheitlichen Vorgabe entgegen laufen würden. Auch zeigte die Praxis, dass die Fortschreibung des Brandschutzkonzeptes zumeist einhergeht mit einer gleichzeitigen Bearbeitung der Bauvorlagen des Objektplaners/Entwurfsverfassers, sodass hier eher eine Wiederholung der Leistungsphase 4 (oder sogar in Teilbereichen vorangegangener Leistungsphasen) entsteht. Schließlich ist auch das Mitwirken bei der Überwachung zur Beseitigung festgestellter Mängel objektspezifisch recht unterschiedlich gehandhabt, sodass sich hier eine einheitliche Festlegung als Grundleistung verbietet.

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Honorartafel

Eine Honorarermittlung war bereits in der ersten Veröffentlichung zu Leistungen im Brandschutz durch den VBI und der Baukammer Berlin [10] in Abhängigkeit der Bruttogeschossfläche BGF vorgeschlagen und für die Spreizung eine Einteilung in drei Honorarzonen für Vorhaben mittlerer Schwierigkeit, größerer Schwierigkeit und großer Schwierigkeit nach einem dort ebenfalls veröffentlichten Kriterienkatalog dargestellt. Als weiterer Ansatz wurde in [14], aufbauend auf die Systematik der Sachverständigenverordnung SVVO für Nordrhein-Westfalen, die Honorarermittlung für die Erstellung von Brandschutzkonzepten entwickelt. Hier wurden die anrechenbaren Kosten analog der für die SVVO vorliegenden Tabelle herangezogen und eine Einteilung in fünf Honorarzonen vorgenommen, die sich für verschiedene Sonderbauten ergeben. Die Veröffentlichungen des AHO-Heftes 17 [11] verwendete von Beginn an als Basis die BGF-Fläche und stellt somit eine Unabhängigkeit von anrechenbaren Kosten dar, was sich in der Praxis sehr bewährt hat. Die weitere Ermittlung erfolgt dann durch eine Bewertung der Gebäudenutzung mit entsprechenden Nutzungsbeiwerten ni sowie Schwierigkeitsbeiwerten s, welche besondere Schwierigkeiten in der brandschutztechnischen Bearbeitung berücksichtigen beziehungsweise identifizieren. Diese Systematik gestattet auch, Gebäude mit unterschiedlichen Nutzungen und Schwierigkeiten entsprechend ihrer Teilflächen zu bewerten und zu einer Art Äquivalenzfläche aufzuaddieren, sodass die Honorarermittlung einheitlich der Grundformel folgt: Honorar H (in €) = 2300 + 130 × Aq 0,61 wobei Aq = Σ(Ai × ni × si ) Dabei wurde die Tabelle der Nutzungsbeiwerte n gegenüber den früheren Ausgaben weitgehend belassen und lediglich für Industriebauten an die Begrifflichkeiten der neuen Industriebau-Richtlinie [20] angepasst. Weiterhin wurde eine Regelung für Technikflächen eingearbeitet, wonach diese als eigene Nutzungseinheit mit dem Beiwert n = 1,0 zu bewerten sind, während Technikflächen (einzelne Räume) innerhalb einer Nutzungseinheit mit den Beiwerten der Nutzungseinheit angesetzt sind. Für die Schwierigkeitsbeiwerte wurde in der Neufassung im Jahr 2015 für AHO Heft 17 [16] Erkenntnisse und Erfahrungen aus der Nachkalkulation und Analyse durchgeführter Projekte berücksichtigt und die Systematik neu gefasst. Dementsprechend wird unterschieden zwischen Schwierigkeitsbeiwerten, die das Gesamtprojekt betreffen und Schwierigkeitsbeiwerten, die für die einzelnen Teilflächen bzw. Nutzungseinheiten vorliegen oder auch nicht. Dies ermöglicht eine differenzierte, einzelfallgerechte Ermittlung, indem jeweils die Beiwerte sP und sT für die einzelnen Nutzungseinheiten ermittelt und in einem für die

Honorartafel

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Tabelle 4. Auszug Erläuterungen gem. AHO Heft 17 [16] Nr.

Themen und Inhalte des Brandschutzkonzeptes

Niveau 1 „Prinzipielle Übereinstimmung“

Niveau 2 „Systematischstichprobenartige Kontrolle“

Niveau 3 „Baubegleitende Qualitätssicherung“

1. Flächen für die Feuerwehr 1.1

Objektspezifische Anforderungen an Zugänglichkeit

Abgleich zum Brandschutzkonzept auf etwaige Veränderungen

wie Niveau 1

wie Niveau 1

1.2

Vorgesehene Zu- und Umfahrten; Aufstell- und Bewegungsflächen

Örtliche Prüfung auf Vorhandensein und prinzipielle Gestaltung

Einsichtnahme in Nachweise zur Befestigung Örtliche Prüfung von Grundmaßen und Kennzeichnung

Örtliche Prüfung von Detailausbildung, Neigung, Übergänge Mitwirken an Anleiterproben

1.3

Sicherstellung der Zugänglichkeit, ggf. gemäß Abstimmung Brandschutzdienststelle (z. B. Feuerwehrschlüsseldepot); Verknüpfung mit Belangen des Objektschutzes

Einsichtnahme in eine vorzulegende Dokumentation über die Abstimmung mit der Feuerwehr

Örtliche Prüfung der Hauptkomponenten auf korrekte Umsetzung der Feuerwehrabstimmung Einsichtnahme in Prüf-/Abnahmeberichte der Feuerwehr

Mitwirken bei der Prüfung durch Feuerwehr Funktionsprobe der Komponenten; Abgleich hinterlegter Schlüssel mit Schließplan Abstimmen und Einweisen des Einsatzdienstes der Feuerwehr

2. Löschwasserversorgung 2.1

Löschwasserbedarf; ggf. spezifische Anforderungen durch Brandschutzdienststelle

keine Prüftätigkeit

wie Niveau 1

wie Niveau 1

2.2

Verwendbare Löschwasserentnahmestellen und deren Leistungsfähigkeit bzw. Dokumentation der Auskünfte des Wasserversorgungsunternehmens

Örtliche Prüfung hinsichtlich Art und Lage der Versorgung (Brunnen, Hydranten etc.)

Örtliche Prüfung auf prinzipielle Nutzbarkeit der Löschwasserentnahmestellen

Örtliche Prüfung Zuwegung (Befestigung) und Kennzeichnung

2.3

Abgleich zwischen Löschwasserbedarf und Versorgung und Angabe ggf. Angabe vorgesehener Maßnahmen

Einsichtnahme in Bescheinigung hinsichtlich Leistungsfähigkeit

Örtliche Prüfung der Bescheinigung im Abgleich zu Angaben an den Entnahmestellen

Mitwirken bei der Prüfung der Löschwasserverhältnisse (Ausliterung)

3. Löschwasserrückhaltung 3.1

Wassergefährdende Stoffe mit Angaben zu Menge WGK und Lagerort

Einsichtnahme in die Dokumentation des Nutzers im Abgleich etwaiger Veränderungen

Örtliche Prüfung der Dokumentation auf prinzipielle Übereinstimmung

Örtliche eigene Bestandsaufnahme wassergefährdender Stoffe

3.2

Anforderungen zur Löschwasserrückhaltung aus einschlägigen Regelwerken; Ermittlung des erforderlichen Rückhaltevolumens; ggf. Negativvermerk

keine Prüftätigkeit

wie Niveau 1

wie Niveau 1

3.3

Vorgesehene Maßnahmen zur LöRüRL (Rückhalteräume, Löschwasserbarrieren)

Örtliche Prüfung der Rückhaltemaßnahmen auf Vorhandensein und prinzipielle Eignung; Einsichtnahme in Nachweise zur Dimensionierung

Einsichtnahme in Nachweise zur Dichtigkeit für die gehandhabten Stoffe und Eignung der Maßnahmen (z. B. Barrieren etc.)

Mitwirken an der Dichtigkeitsprüfung; Örtliche Prüfung der baulichen Ausführung im Abgleich zu Eignungsnachweisen

52

A3

Leistungsbild und Honorierung im Brandschutz

Tabelle 5. Auszug aus AHO Heft 17 – Nutzungsbeiwerte [16] Nutzung

Beiwert n

Garagen

0,6

erdgeschossiger Industriebau

0,6

Industriebau mit Ebenen

0,8

Technikflächen als Nutzungseinheit

1,0

Wohnen

1,0

Messe und Ausstellung

1,0

Büro/Verwaltung

1,0

Sportstätten

1,0

Verkauf

1,2

Gaststätten

1,4

Beherbergungsbetriebe

1,4

Kindergarten, Schule, Hochschulen

1,5

physikalische Labore

1,5

Justizvollzugsanstalt

1,6

Krankenhaus, Pflegeheim

1,8

Abfertigungsgebäude von Verkehrsanlagen

2,0

Kraftwerke

2,0

Versammlungsstätten, Diskotheken

2,5

chemisch-biologische Labore

3,0

Funktionsbereiche im Krankenhaus

3,0

Nutzungseinheit maßgeblichen Schwierigkeitsbeiwert si entsprechend folgender Formel zusammengeführt werden: si = (1,0 + ΣsP )(1,0 + Σ sT ) In der Veröffentlichung [16] finden sich dann tabellierte Schwierigkeitsbeiwerte für das Projekt sP für folgende Kriterien: – mehr als eine Nutzung, welche innerhalb eines Projektes den Bearbeitungsaufwand erhöhen, da stets verschiedene Vorschriften parallel ausgewertet und zum Teil divergierende Festlegungen im Brandschutzkonzept zusammengeführt werden müssen, – Variantenauswertungen, da diese z. B. für unterschiedliche Nutzungsanforderungen jeweils mehrere brandschutztechnisch-baurechtliche Auswertungen erfordern, – besondere Einsatzbedingungen der Feuerwehr; gedacht ist hier z. B. an eine schlechte oder eingeschränkte Zugänglichkeit, die eine intensive Abstimmung mit der Brandschutzdienststelle erfordert oder auch besondere Gefahren, wie Strahlenschutzbelange etc., – besondere Dokumentationsstandards, da diese einen Zusatzaufwand in der Aufbereitung von

Brandschutzkonzepten einschließlich Visualisierung entstehen lassen, – Einsatz von Datenplattformen, da als Erfahrungssatz der Praxis der Vorteil einer übersichtlichen Datenverwaltung durch solche Plattformen in Brandschutzbüros nicht durchschlägt, da diese häufig nicht nur ein Projekt mit einer entsprechenden Plattform bearbeiten, sondern parallel mehrere Plattformen bedienen müssen, was einen überproportionalen Schulungsaufwand etc. generiert, – besondere Genehmigungsverfahren, wie z. B. nach Bundesimmissionsschutzgesetz, welche in der Regel zu weiteren Gesprächspartnern und zusätzlichen Regelwerken führen, die somit in die Brandschutzplanung als erhöhter Aufwand einbezogen werden müssen, – mehrstufige Verfahren; hier hat sich eine wesentliche Erhöhung des Aufwandes herausgestellt, da mit den Unterbrechungen die aus auftraggeberseitig erforderlichen Genehmigungs- oder Bewilligungsprozessen entstehen, nicht nur der Aufwand in der Einarbeitung bei Projektfortführung, sondern auch erhöhte Anforderungen an die Dokumentation der Arbeits(zwischen)-ergebnisse resultieren. Dies trifft sowohl für mehrstufige Verfahren bei Großprojekten privater Investoren, aber auch bei typischen Verfahren der öffentlichen Hand zu. Für die Schwierigkeitsbeiwerte der Teilflächen sT werden folgende Kriterien berücksichtigt: – unterirdisches Geschoss, da hier in der Regel besondere Fragen der Zugänglichkeit, aber auch der Rauchabführung resultieren und im Brandschutzkonzept zusätzlich behandelt werden müssen, – offene Geschossverbindung, die in der Regel aus Abweichungstatbeständen resultiert, mit besonderen Bewertungen und Argumentationen im Brandschutzkonzept, – Bestandsbau, welcher üblicherweise zusätzliche Überlegungen zum Bestandsschutz, aber auch ggf. die Recherche der zum Zeitpunkt der Errichtung geltenden bauaufsichtlichen Regelungen und technischen Regelwerke erfordert, – Denkmalschutz, der einen zusätzlichen Aufwand aus dem Abgleich der unterschiedlichen Schutzziele generiert, – ungeregelter Sonderbau, gemeint ist solcher, der nicht in eine Sonderbauvorschrift einzuordnen ist, sodass für die objektspezifische Risikobewertung ein Rückgriff auf Analogieschlüsse oder sonstigen Risikobewertungen erfordert; einschließlich deren Abstimmung mit Genehmigungsbehörden und/ oder Prüfingenieuren, – überproportionaler Installationsgrad; gemeint ist hier als Bezugsbasis die übliche Installation in Abhängigkeit von der Nutzung des Gebäudes bzw. der jeweiligen Teilfläche, sodass ein „übliches“ Büround Verwaltungsgebäude eine Lüftungstechnik lediglich für Sanitärzellen und Einzelräume berücksichtigt, Maßnahmen zur Vollklimatisierung

53

Prüfingenieure und Prüfsachverständige für Brandschutz

aber einen dementsprechend überproportionalen Installationsgrad darstellen, – experimentelle Bauweise, die neu in die Fassung 2015 aufgenommen wurde, um z. B. modernen Energiekonzepten, Bauweisen mit wiederverwertbaren Baustoffen Rechnung zu tragen. Selbstverständlich können im konkreten Objekt die für Teilflächen beschriebenen und mit entsprechenden Schwierigkeitsbeiwerten sT bewerteten Kriterien auch für das gesamte Projekt zutreffen, gleichwohl ist die nunmehr vorgeschlagene Differenzierung sinnvoll, wenn man beispielsweise an eine typische Bauaufgabe denkt, wo ein denkmalgeschützter Bestandsbau mit einem Neubau erweitert wird. In diesem Fall wären die entsprechenden Schwierigkeitsbeiwerte sT für die Teilfläche des Neubaus nicht anzusetzen, was zu einer insgesamt sachgerechten Lösung führt. Die vorstehende Honorarermittlung führt zu einem Gesamthonorar der Grundleistungen Phase 1 bis 8 (Phase 9 definiert, wie vorstehend erläutert, keine Grundleistungen). Für die einzelnen Leistungsphasen kann der Anteil in tabellierten von-Hundert-Sätzen ermittelt werden. Hier ergab sich gegenüber den früheren Fassungen eine Verschiebung, wobei insbesondere entsprechend dem in der Praxis festgestellten Aufwand der Leistungsphase 8 „Objektüberwachung“ der größte Anteil zugeordnet wurde. Die Honorartafel ist in Abhängigkeit des nach vorstehender Formel ermittelten Flächenäquivalent Aq für die Gesamthonorare und in Zusammenfassung einzelner Leistungsphasen in Tabelle 6 zitiert. Deutlichkeitshalber sei an dieser Stelle festgehalten, dass das Leistungsbild und die Honorartafel nicht wie bei den verbindlichen Leistungsbildern der HOAI gleichsam aus sich heraus wirken, sondern stets eine werkvertragliche Festlegung für das Einzelprojekt erfordern, welche eben auf diese Veröffentlichung AHO Heft 17 zurückgreift bzw. diese zum Gegenstand des Werkvertrages erhebt. Bei dieser Gelegenheit können dann beispielsweise auch für die Fachbauleitung die Leistungstiefen nach dem Niveau 1 bis 3 angegeben bzw. sinnvoll auch die nicht beauftragten LeistungsNiveaus zur Abgrenzung festgehalten werden. Ebenso können Regelungen zu Nebenkosten festgelegt werden, welche nach AHO Heft 17 pauschal oder nach Einzelnachweis vorgesehen werden.

10

Prüfingenieure und Prüfsachverständige für Brandschutz

Während vorstehende Ausführungen die Leistungen und Honorierung der Brandschutzplanung behandelt haben, soll nachfolgend für den Leistungsumfang und die Honorierung der Prüfung eingegangen werden. Hier ist zunächst anzumerken, dass in der Bundesrepublik Deutschland nahezu alle Bundesländer entsprechende Regelungen enthalten, diese bedauerlicherwei-

Tabelle 6. Auszug aus AHO Heft 17 – Honorartafel [16] Flächenäquivalent

Gesamt Phase 1–8

Phase 1–4

Phase 5–7

Phase 8

Aq (m2 )

100 %

50 %

18 %

32 %

500

8059 €

4029 €

1451 €

2579 €

1000

11089 €

5545 €

1996 €

3549 €

2000

15714 €

7857 €

2829 €

5029 €

3000

19479 €

9739 €

3506 €

6233 €

4000

22774 €

11387 €

4099 €

7288 €

5000

25759 €

12880 €

4637 €

8243 €

6000

28519 €

14259 €

5133 €

9126 €

7000

31104 €

15552 €

5599 €

9953 €

8000

33548 €

16774 €

6039 €

10735 €

9000

35876 €

17938 €

6458 €

11480 €

10000

38105 €

19052 €

6859 €

12194 €

12500

43326 €

21663 €

7799 €

13864 €

15000

48152 €

24076 €

8667 €

15409 €

17500

52673 €

26336 €

9481 €

16855 €

20000

56948 €

28474 €

10251 €

18223 €

22500

61018 €

30509 €

10983 €

19526 €

25000

64916 €

32458 €

11685 €

20773 €

se aber insbesondere im Detail deutliche Unterschiede aufweisen. Bereits in der Veröffentlichung dieses Beitrages im Bauphysik-Kalender 2006 wurde auf diese Thematik eingegangen, die zwischenzeitlich keine nachhaltige Veränderung erfahren hat. Somit erfolgt die Darstellung auf Basis der eigentlich als Grundlage vorgesehenen Muster-Verordnung über die Prüfingenieure und Prüfsachverständige M-PPVO, welche als Muster der ARGEBAU in der Fassung Dezember 2012 aktuell vorliegt [2]. Diese regelt die Anerkennung und Tätigkeit von Prüfingenieuren und Prüfsachverständigen für die Fachbereiche Standsicherheit und Brandschutz sowie auch von Prüfsachverständigen für die Fachbereiche technischer Anlagen und Einrichtungen sowie Erd- und Grundbau. Die Unterscheidung in der Begriffsdefinition von „Prüfingenieuren“ gegenüber „Prüfsachverständigen“ ergibt sich aus dem Auftragsverhältnis in der Definition § 2 M-PPVO wie folgt: „[1] Prüfingenieure nehmen in ihrem jeweiligen Fachbereich bauaufsichtliche Prüfaufgaben aufgrund der MBO oder von Vorschriften aufgrund der MBO im Auftrag der Bauaufsichtsbehörden wahr. Sie unterstehen der Fachaufsicht der Obersten Bauaufsichtsbehörde oder der von ihr bestimmten Behörde.

54

A3

Leistungsbild und Honorierung im Brandschutz

[2] Prüfsachverständige prüfen und bescheinigen in ihrem jeweiligen Fachbereich im Auftrag des Bauherrn oder des sonstigen nach Bauordnungsrecht Verantwortlichen die Einhaltung bauordnungsrechtlicher Anforderungen, soweit dies in der MBO oder in Vorschriften aufgrund der MBO vorgesehen ist; sie nehmen keine hoheitlichen bauaufsichtlichen Prüfaufgaben wahr. Die Prüfsachverständigen sind im Rahmen der ihnen obliegenden Pflichten unabhängig und an Weisungen des Auftraggebers nicht gebunden.“ Für die Anerkennung sind allgemeine Voraussetzungen sowie besondere Voraussetzungen des jeweiligen Fachbereiches nachzuweisen. Dabei wurden in der Vorschrift die Vorgaben der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie berücksichtigt. Eine wesentliche Voraussetzung zur Anerkennung als Prüfingenieur oder Prüfsachverständiger ist, dass die Personen eigenverantwortlich und unabhängig tätig sind, wobei gemäß § 4 Satz 2 M-PPVO: „eigenverantwortlich tätig (. . . ) ist, 1. wer seine berufliche Tätigkeit als einziger Inhaber eines Büros selbstständig auf eigene Rechnung und Verantwortung ausübt, 2. wer a) sich mit anderen Prüfingenieuren/Prüfsachverständigen, Ingenieuren oder Architekten zusammengeschlossen hat, b) innerhalb dieses Zusammenschlusses Vorstand, Geschäftsführer oder persönlich haftender Gesellschafter mit einer rechtlich gesicherten leitenden Stellung ist und c) kraft Satzung, Statut oder Gesellschaftsvertrag dieses Zusammenschlusses seine Aufgaben als Prüfingenieur und Prüfsachverständiger selbstständig auf eigene Rechnung und Verantwortung und frei von Weisungen ausüben kann oder 3. wer als Hochschullehrer im Rahmen einer Nebentätigkeit in selbstständiger Beratung tätig ist. Unabhängig tätig im Sinne des Satzes 1 Nr. 3 ist, wer bei Ausübung seiner Tätigkeit weder eigene Produktions-, Handels- oder Lieferinteressen hat noch fremde Interessen dieser Art vertritt, die unmittelbar oder mittelbar im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit stehen.“ Diese sowie die übrigen fachlichen und persönlichen Voraussetzungen werden im Anerkennungsverfahren durch die oberste Bauaufsichtsbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde (Anerkennungsbehörde) überprüft. § 9 M-PPVO regelt ebenso die Gleichwertigkeit und gegenseitige Anerkennung zwischen den Bundesländern und führt aus: „(1) die Anerkennung als Prüfingenieur und die Anerkennung als Prüfsachverständiger für den jeweiligen Fachbereich und, soweit vorgesehen, für die jeweilige Fachrichtung sind gleichwertig. Anerkennungen anderer Länder gelten auch im Land . . . ; eine weitere Eintragung in die von der Anerkennungsbehörde nach § 6 Abs. 4 geführte Liste erfolgt nicht.“

Gerade zu diesem Themenkreis sind in der Bundesrepublik Deutschland bzw. deren einzelnen Bundesländer und Freistaaten noch erhebliche Schwierigkeiten in der praktischen Umsetzung festzustellen. Trotz der gleichen allgemeinen und besonderen Voraussetzungen sowie insbesondere der hohen fachlichen Qualifikation, die im jeweiligen Anerkennungsverfahren überprüft und nachgewiesen wird, trotz vergleichbarer Vorgaben zur Aufgabenerledigung, ergeben sich immer noch erhebliche Hindernisse für die länderübergreifende Anerkennung bzw. Tätigkeit. Ebenso bestehen unterschiedliche Regelungen zur Vergütung dieser Prüfleistungen, sodass an dieser Stelle auf nähere Angaben verzichtet wird. Die weitere Entwicklung bleibt also abzuwarten.

11

Literatur

[1] Musterbauordnung MBO, Fassung November 2002, zuletzt geändert September 2019. [2] Musterverordnung über die Prüfingenieure und Prüfsachverständige nach § 85 (2) MBO (M-PPVO), Fassung Dezember 2012. [3] Verordnung über staatlich anerkannte Sachverständige nach der Landesbauordnung (SV-VO) NRW vom 29.04.2000, Fassung April 2018. [4] Kersken, M.; Kirchner, U. (1996) Brandschutz (auch) als Ingenieuraufgaben, Beratender Ingenieur, Oktober 1996, S. 28. [5] Unabhängige Sachverständigenkommission bei Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen zur Prüfung von Konsequenzen aus dem Brand auf dem Rhein-Ruhr-Flughafen Düsseldorf, Bericht Teil I, April 1997; Teil II, Juli 1997. [6] Verordnung über bautechnische Prüfungen (BauPrüfVO) NRW vom 26.12.1995, Fassung Jan. 2020. [7] Brandschutz-Leitfaden des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat, 43. Auflage Juni 2019. [8] DB Station & Service AG (2003) Anforderungen der DB Station & Service AG an ganzheitliche Brandschutzkonzepte für Personenverkehrsanlagen, Fachstelle für Brandschutz. [9] Kirchner, U. (2002) Fachplanung Brandschutz – auf dem Weg zum Berufsbild, Bericht zur Brandschutz- und Bauphysiktagung der Ingenieurkammer NRW. [10] VBI und Ingenieurkammer Berlin (1998) Ingenieurleistungen für den Brandschutz, Beratende Ingenieure, Juni 1998, S. 54. [11] AHO-Schriftenreihe, Heft 17: Leistungen für Brandschutz, Fassung März 2003. [12] Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen – Landesbauordnung (BauO NRW) vom 21.07.2018, in der Fassung 15.04.2020.

Literatur [13] Verwaltungsvorschrift zur Landesbauordnung – VVBauO NRW – vom 12.10.2000, zwischenzeitlich ausgelaufen. [14] Kirchner, U.; Kempen, T.: Brandschutz komplett, Deutsches Ingenieurblatt, Mai 2001. [15] AHO-Schriftenreihe, Heft 17: Leistungen für Brandschutz, Fassung September 2009.

55

[20] Muster-Industriebaurichtlinie – M-IndBauRL, Fassung Mai 2019. [21] Nabil, F.A. (Hrsg.) Bauphysik-Kalender Schwerpunkt Brandschutz, Ernst & Sohn, Berlin.

2006:

[22] Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen M-VV TB, Ausgabe 2019/1 vom 07.08.2020.

[16] AHO-Schriftenreihe, Heft 17: Leistungen für Brandschutz, Fassung Juli 2015, Bezug unter [email protected].

[23] Muster-Auftraggeber-Informationsanforderung (AIA); VIB Verein zur Förderung der Ingenieurmethoden im Brandschutz, Stuttgart Febr. 2020.

[17] vfdb Merkblatt MB 14-01 Juni 2015: Planungen von Brandschutzanlagen.

[24] EuGH Urteil 04.07.2019 C 377/17 Honorare für Architekten und Ingenieure für Planungsleistungen.

[18] FVLR-Richtlinie 09: Risikobeurteilung von Brandschutzmaßnahmen für kraftbetätigte NRWG, Lüftungsund Zuluftgeräte (nach Maschinen-Richtlinie 2006/42/ IG). April 2015.

[25] Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Erste Verordnung zur Änderung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure, Kabinettsentwurf, Stand 16.09.2020.

[19] Muster-Bauvorlageverordnung – MbauVorlV, Fassung Februar 2007.

B Materialtechnische Grundlagen

59

B 1 Brandschutz von Baukonstruktionen mit Kunststoffen Edith Antonatus

Dipl. Phys. Edith Antonatus Hafnerstr. 4B, 78476 Allensbach Studium der Physik an den Universitäten Würzburg und Bremen. Von 1981 bis 1986 verantwortlich für das Fachgebiet Brandverhalten bei MBB/Airbus in Bremen. Von 1986 bis 1988 verantwortlich für die Fachgebiete Brandverhalten und Rheologie bei Dornier in Friedrichshafen. Von 1988 bis 2016 Referentin für Brandverhalten bei der BASF SE Ludwigshafen. Seit 2017 tätig als Consultant im Bereich Brandverhalten. Aktive Mitarbeit an der Normung in zahlreichen deutschen, europäischen und internationalen Gremien und Tätigkeit als Begutachterin für die DAkkS für Prüf- und Zertifizierungsstellen für das Brandverhalten.

Bauphysik-Kalender 2021: Brandschutz. Herausgegeben von Nabil A. Fouad. © 2021 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2021 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

60

B 1 Brandschutz von Baukonstruktionen mit Kunststoffen

Inhaltsverzeichnis 1

Kunststoffe im Bauwesen

2

Brandphasen und Kriterien, um die Sicherheit im Brandfall zu gewährleisten 61 Brandbeginn 61 Entstehungsbrand 62 Vollentwickelter Brand 62

2.1 2.2 2.3 3 3.1

4

61

Beurteilung von brennbaren Bauprodukten hinsichtlich ihres Brandverhaltens 63 Laborprüfverfahren – Beanspruchungsniveaus und geprüfte Eigenschaften 63

4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.3 4.4

Prüfung und Klassifizierung von Baustoffen nach den europäischen Normen 64 Kleinbrennerprüfung – Mindestanforderung für Baustoffe in Deutschland 64 Höhere Anforderungen an brennbare Baustoffe 64 Der SBI für Wand- und Deckenbekleidungen 64 Reproduzierbarkeit der SBI-Ergebnisse 67 Rauchmessung im SBI 67 SBI-Prüfung für lineare Produkte 68 Glimmverhalten 69

5

Fußbodenbeläge

6

Prüfung von Kunststoffen nach europäischen Produktnormen 70 Anwendung des SBI für Dämmstoffe 70 Anwendung des SBI für Wandund Deckenverkleidungsprodukte 71 Stahl-Sandwichelemente 71

4.1 4.2

6.1 6.2 6.3

69

7

Anwendung der europäischen Klassifizierungen von Baustoffen im deutschen Baurecht 71

8

Anforderungen für Kabel

9

Fassadendämmung

10 10.1 10.2

Brandsichere Auslegung von Dächern Brandbeanspruchung von außen 73 Brandbeanspruchung von innen 74

11 11.1 11.2 11.2.1

Photovoltaik-Module auf Gebäuden 75 Einbauvarianten von PV-Modulen auf Dächern 75 Brandrisiken beim Einsatz von PV-Modulen 75 Module und zugehörige elektrische Installationen als Brandursache 75 PV-Module und Montagesysteme als Brandlast 75 Besondere Risiken für die Feuerwehr durch PV-Module 75 Dächer mit PV-Modulen – Vorschriften und Zuständigkeiten 75 In Dächer eingebaute PV-Module 75 PV-Module auf Dächern 75 Bedachungen unter PV-Modulen 76

11.2.2 11.2.3 11.3 11.3.1 11.3.2 11.4

72

73 73

12

Weitere Beispiele für brandsicheres Bauen mit Kunststoffen 77

13

Zusammenfassung

14

Literatur

78

78

Brandphasen und Kriterien, um die Sicherheit im Brandfall zu gewährleisten

Der gleichnamige Beitrag aus dem Bauphysik-Kalender 2016 wurde aktualisiert und ergänzt.

1

Kunststoffe im Bauwesen

Kunststoffe sind heute fester Bestandteil des Werkstoffeinsatzes im Bauwesen. Ihre Anwendung erfolgt für elektrische Anlagen und Kabel, als Tür- und Fensterrahmen, bei Rohrleitungen, als Wärmedämmstoffe und als Dach- und Dichtungsbahnen. Klebstoffe, Fugenmassen und Bindemittel sind unverzichtbare Hilfsmittel im Bauwesen geworden. Als dekorative Beläge für Wände und Fußböden in Innenräumen tragen Kunststoffe zu einer beträchtlichen Verbesserung unserer Wohnkultur bei. Durch ihre Gestaltungsvielfalt und ihr Leistungsspektrum sind sie wesentlicher Bestandteil der architektonischen Planungsarbeit und des praktischen Baugeschehens. Die Langlebigkeit und Korrosionsbeständigkeit von Kunststoffen macht sie ideal für Anwendungen wie Dachabdichtungen, Fensterrahmen, Rohre und für die Isolierung von Elektroleitungen. Kunststoffrohre bewähren sich beispielsweise nicht nur bei der Sanierung alter Kanalnetze, sondern auch bei neuen Leitungssystemen – als hygienische Zuleitung für Trinkwasser oder unverwüstliche Abwasserleitung. Kunststoffe tragen wesentlich zur Ressourcenschonung bei. Polymere Wärmedämmstoffe verhindern hohe Energieverluste. Sie ermöglichen die Nutzung alternativer Energiequellen wie Solarenergie. Haltbarkeit, Langlebigkeit und Wartungsfreiheit charakterisieren Kunststoffanwendungen im Bau. Trotz der unbestreitbaren Vorteile werden gegen Kunststoffe, die ebenso wie z. B. Holz organische Werkstoffe und somit brennbar sind, immer wieder Befürchtungen und Bedenken von Bauplanern und Nutzern vorgebracht wie: – Kunststoffe begünstigen Brandentstehung und Brandausbreitung, da sie brennbar sind. – Wenn bei einem Brand Kunststoffe involviert sind, wird die Sicht durch dichten Rauch behindert und die Flucht erschwert. – Kunststoffe stellen wegen der Bildung ätzender und toxischer Brandgase eine besondere Gefahr im Falle eines Brandes dar. Der Einsatz von Polymerwerkstoffen muss jedoch durchaus keinen Widerspruch zur Sicherheit im Falle eines Brandes darstellen. Viele Kunststoffprodukte in Gebäuden und im Bausektor werden gerade aufgrund ihrer Brandsicherheitseigenschaften geschätzt. Rauchmelder werden oft aus Kunststoff hergestellt. Aufschäumende Kunststoffprodukte ermöglichen im Brandfall beispielsweise: – die Abdichtung von Türspalten gegenüber Sauerstoff, – die Abschottung gegen Wärmeentwicklung bei Feuer,

61

– die Abdichtung gegen Rauchentwicklung, – den thermischen Isolationseffekt. Um Risiken für Personen zu verhindern und Sachschäden zu minimieren, ist es unumgänglich, die Eigenschaften der verwendeten Bauprodukte ebenso wie die der eingesetzten Werkstoffverbunde zu betrachten. Die verschiedenen Kunststoffe unterscheiden sich als Materialien hinsichtlich ihres Brandverhaltens. Produkte wie z. B. PVC oder Phenolharzschaum zeigen inhärent ein günstiges Brandverhalten, d. h. sie sind schwer zu entzünden und leisten nur einen geringen Beitrag zur Brandausbreitung. Viele andere Kunststoffe erreichen diese Eigenschaften durch den Einsatz von Flammschutzmitteln oder durch geeignete Beschichtungen. Schmelzen und ggf. brennendes Abtropfen treten nur bei thermoplastischen Kunststoffen auf und die Rauchentwicklung im Falle eines Brandes unterscheidet sich bei den einzelnen Produkten erheblich. Diese Materialeigenschaften sind jedoch nur ein Baustein für die Konzeption von brandsicheren Bauwerken. Verbundprodukte, wie z. B. Stahlsandwichelemente mit Polyurethan-Dämmstoffkern, können ein anderes und oft gegenüber dem Verhalten der einzelnen verwendeten Materialien stark verbessertes Brandverhalten aufweisen. Es muss auch berücksichtigt werden, wie, wo und in welcher Menge Produkte eingebaut werden und welche Anforderungen bei der vorgesehenen Anwendung hinsichtlich der Brandsicherheit gestellt werden müssen. Die Art der Anwendung und die jeweiligen Schutzziele für ein Bauwerk sind ausschlaggebend für die Bewertung der einzelnen Produkte hinsichtlich ihrer Brandsicherheit bzw. ihres Beitrages zum Brandschutz. Für die Brandsicherheit eines Gebäudes ist das Brandschutzkonzept insgesamt entscheidend. Rauchmelder können erheblich dazu beigetragen, dass Brände bereits in der Entstehungsphase entdeckt und gelöscht werden können. Besonders bei größeren Gebäuden sind sichere Fluchtwege, Brandmelde- und Brandbekämpfungsanlagen, Entrauchungsanlagen und Evakuierungspläne die Grundlage für ein wirkungsvolles Brandschutzkonzept.

2

Brandphasen und Kriterien, um die Sicherheit im Brandfall zu gewährleisten

Um brandsicher bauen zu können, muss man zunächst analysieren, welche Phasen ein Brand hat (Bild 1) und welche Faktoren in den verschiedenen Phasen ausschlaggebend dafür sind, wie dieser Brand sich weiter ausbreitet und welche Folgen er hat.

2.1

Brandbeginn

Erstes Schutzziel muss es immer sein, die Entstehung eines Brandes zu verhindern. Immer wieder wird es

62

B 1 Brandschutz von Baukonstruktionen mit Kunststoffen

Temperatur

Voll entwickelter Brand

Brandübersprung (Flash-over)

Abklingphase

Brandentstehungsphase Brandbeginn

Zeit

vorkommen, dass kleine Zündquellen, wie z. B. ein Streichholz, eine Zigarette, eine Kerze oder ein elektrischer Kurzschluss, einen Brand auslösen. Das ist nur dann möglich, wenn die Materialien in der Nähe einer solchen Zündquelle „leicht brennbar“ sind, d. h. durch diese Zündquelle entzündet werden können und dann durch Weiterbrennen weitere Gegenstände entzünden. Das Risiko einer Brandentstehung wird reduziert durch die Verwendung schwer entzündlicher Bauprodukte in Bereichen, in denen diese mit Zündquellen in Kontakt kommen können und von Einrichtungsgegenständen, die nicht leicht entzündlich sind. Ein wichtiger Beitrag zur Sicherheit, gerade in dieser Phase eines entstehenden Brandes, ist die Installation von Warn- und/oder Löschsystemen. Durch diese werden die rechtzeitige Evakuierung von Menschen und die Begrenzung des Sachschadens möglich.

2.2

Entstehungsbrand

Von einem Entstehungsbrand spricht man dann, wenn innerhalb eines Gebäudes bereits ein Brand mit größerer Flammenentwicklung und Wärmefreisetzung entstanden ist. Innerhalb eines Raumes wäre das z. B. ein brennendes Möbelstück oder ein Papierkorb. In einem solchen Fall muss erreicht werden, dass der Brand auf den Raum oder Bereich beschränkt bleibt, in dem er begonnen hat (in diesem Bereich ist dann ohnehin nach kurzer Zeit kein Überleben mehr möglich). Von Bedeutung ist auch, dass sich der entstehende Rauch und die gefährlichen Brandgase nicht in andere Bereiche desselben oder anderer Gebäude ausbreiten und insbesondere die Fluchtwege rauchfrei bleiben, sodass Menschen nicht gefährdet werden. Bei einem Wohngebäude müssen in dieser Brandphase folgende Szenarien betrachtet werden:

Brand innerhalb eines Raumes Das Schutzziel ist zunächst, dass ein Flashover (Durchzünden der sich unter der Decke des Raumes ansammelnden heißen Brandgase) nicht oder möglichst spät

Bild 1. Schema eines typischen Brandverlaufs

eintreten sollte, da beim Flashover eine extreme Wärmeentwicklung einsetzt und ein Übergreifen des Brandes auf andere Räume zu erwarten ist. Neben der Wärmeund Flammenentwicklung innerhalb des Raumes ist es für die Ausbreitung des Brandes von Bedeutung, ob Türen und Fenster geschlossen sind, bzw. wie schnell diese durch den Brand zerstört werden, da dann Öffnungen entstehen, durch die zum einen dem Brand Sauerstoff zugeführt wird und zum anderen eine weitere Ausbreitung des Brandes und des Rauchs möglich wird.

Brand einer Fassade Beim Brand einer Fassade (z. B. durch einen brennenden Abfallcontainer unterhalb der Fassade oder Flammen, die im Falle eines Raumbrandes aus dem Fenster schlagen) darf die Fassade nicht dazu beitragen, dass sich der Brand über die Fassade nach oben oder auch zur Seite ausbreitet. Ferner darf durch Herabfallen von Teilen oder brennendes Abtropfen keine Gefährdung für Flüchtende und Rettungskräfte entstehen. Brand auf einer Dachfläche Ausgelöst durch Flugfeuer (z. B. aus Kaminen oder beim Brand eines benachbarten Gebäudes) kann sich ein Brandherd außen auf dem Dach bilden. In diesem Fall muss das Schutzziel sein, zu verhindern, dass das Dach durchbrennt, und dann das Innere des Gebäudes in Brand gesetzt werden kann. Es muss auch sichergestellt werden, dass durch die Brandausbreitung auf dem Dach keine weiteren Gebäudeteile oder angrenzende Gebäude in Brand gesetzt werden. Wird der Brand eines Daches ausgelöst durch das Durchbrennen des Daches bei einem Brand von innen, muss ebenfalls die Brandausbreitung auf dem Dach begrenzt sein. 2.3

Vollentwickelter Brand

Von einem vollentwickelten Brand spricht man, wenn sich das Feuer auf einen kompletten Raum bzw. auf große Teile des Gebäudes oder auf das ganze Ge-

Beurteilung von brennbaren Bauprodukten hinsichtlich ihres Brandverhaltens

bäude ausgebreitet hat. In dieser Phase muss verhindert werden, dass fliehende Personen und Löschmannschaften durch einstürzende Gebäudeteile gefährdet werden. Die weitere Ausbreitung des Brandes auf andere Gebäudeteile bzw. Gebäude muss durch feuerwiderstandsfähige Wände und Türen verhindert werden. Auch die Ausbreitung von Rauch und Brandgasen muss begrenzt werden (bei größeren Gebäuden müssen u. U. zusätzlich Rauch- und Wärmeabzüge vorgesehen werden), um Sichtbehinderung bei der Flucht und bei Löscharbeiten sowie Rauchvergiftungen zu vermeiden. Ausreichende und sichere Fluchtwege sind in dieser Phase von entscheidender Bedeutung für die Sicherheit der im Gebäude befindlichen Personen.

3

Beurteilung von brennbaren Bauprodukten hinsichtlich ihres Brandverhaltens

Der Einsatz von nichtbrennbaren Bauprodukten wird im deutschen Baurecht nur in Bereichen mit besonders hohem Risiko gefordert. Dazu zählen Fluchtwege in größeren Gebäuden und Fassaden von Hochhäusern. Auch Brandwände und eine Reihe von weiteren Bauteilen, bei denen Feuerwiderstand gefordert ist, müssen in der Regel aus nichtbrennbaren Bauprodukten bestehen. Für Sonderbauten werden z. T. auch in weiteren Anwendungsbereichen (z. B. für Dämmstoffe in Wänden und Dächern) nichtbrennbare Produkte gefordert. Hier ist der Einsatz von Kunststoffen in der Regel ausgeschlossen, da der Heizwert solcher Produkte nur äußerst gering sein darf und eine Entzündung selbst bei einer Temperatur von 750 °C nicht stattfinden darf. Für die übrigen Bereiche in Gebäuden ist die Verwendung brennbarer Bauprodukte, also auch von Kunststoffen erlaubt, wenn sie kein Risiko im Falle eines Brandes darstellen. Es wurden deshalb eine Reihe von verschiedenen Prüf- und Bewertungsverfahren geschaffen, um die Entzündlichkeit und den Beitrag zur Brandausbreitung und zu den Brandnebenerscheinungen wie Rauchentwicklung und brennendes Abtropfen zu beurteilen.

3.1

Laborprüfverfahren – Beanspruchungsniveaus und geprüfte Eigenschaften

Ein Weg, die Brandrisiken zu begrenzen, besteht darin, dass man das Brandverhalten von Materialien oder Verbundbaustoffen in Laborprüfverfahren untersucht und klassifiziert. In verschiedenen Ländern wurden in der Vergangenheit unterschiedliche Verfahren für die Beurteilung von Bauprodukten hinsichtlich ihres Brandverhaltens verwendet. In den letzten Jahren wurden zunehmend auch internationale Normen (ISO – International Standardisation Organisation) erarbeitet und für Europa wurde ein einheitliches System für die

63

Prüfung und Klassifizierung des Brandverhaltens von Bauprodukten eingeführt. Bei Brand-Prüfverfahren kann die Probe folgenden Bedingungen ausgesetzt werden: – offene Flamme, – Strahlungswärme, – Flamme und Strahlung gemeinsam, – hohes oder niedriges Sauerstoffangebot (auch das Sauerstoffangebot während der Prüfung ist ein wichtiger Parameter für das Prüfergebnis – besonders die Entwicklung von Rauch und verschiedenen Zersetzungsprodukten hängt stark vom Sauerstoffangebot während der Prüfung ab). Brennbare Bauprodukte können nach den folgenden Kriterien beurteilt werden: – Entzündlichkeit, – Flammenweiterleitung, – Wärmeentwicklung beim Brennen (als Beitrag zur Brandausbreitung), – brennendes Abtropfen, – Entwicklung von Rauch und giftigen oder korrosiven Brandgasen. Nicht alle diese Kriterien werden im Baurecht in Deutschland und in den harmonisierten europäischen Normen angewendet. Die Beurteilung der Toxizität von Brandgasen wird z. B. in den europäischen Prüfverfahren und im deutschen Baurecht nicht gefordert, da man davon ausgeht, dass durch die Begrenzung der Ausbreitung von Brand und Rauch hier ausreichende Vorkehrungen für die Sicherheit der Bewohner/Nutzer von Gebäuden getroffen wurden. Eine Studie der europäischen Kommission, die im Januar 2018 veröffentlicht wurde [1], kam zu dem Schluss, dass eine Bewertung der Toxizität der Brandgase von Baustoffen voraussichtlich von begrenztem Nutzen wäre, und dass es sinnvoller sein könnte, stattdessen die Brennbarkeit (und damit auch die Rauchgastoxizität) von Möbeln und Dekorationsgegenständen zu regeln. Nur für Kabel wurde ein Klassifizierungs-Kriterium für die Azidität der Brandgase eingeführt – hier ist das Ziel, Korrosionsschäden durch Brandgase zu vermeiden – die Toxizität der Brandgase wird auch hier nicht beurteilt. Je nach Prüfverfahren und nationalen Vorschriften werden mit diesen Prüfverfahren Werkstoffe allein, oft aber auch Werkstoffverbunde in anwendungsgerechtem Einbauzustand beurteilt. Wenn die Beurteilung im Laborversuch nicht als ausreichend betrachtet wird, werden Großversuche durchgeführt. Da die bisherigen nationalen Prüfverfahren in Europa für harmonisierte Bauprodukte (Produkte, für die eine harmonisierte europäische Produktnorm vorliegt) nicht mehr angewendet werden dürfen, werden in Deutschland die alten Prüfverfahren nach DIN 4102 nur noch in Ausnahmefällen verwendet. In diesem Beitrag werden ausschließlich die europäischen Prüf- und Bewertungsverfahren und ihre Anwendung im deutschen Baurecht erläutert.

64

B 1 Brandschutz von Baukonstruktionen mit Kunststoffen

Eine Ausnahme ist die Prüfung und Bewertung des Brandverhaltens von Fassadenbekleidungen in Originalbrandversuchen. Für Fassadenbekleidungssysteme, für die die Schwerentflammbarkeit gefordert ist, wird die Beurteilung mit Laborprüfverfahren in Deutschland, ebenso wie in verschiedenen anderen europäischen Ländern, nicht als ausreichend betrachtet. Ein europäisches Großbrand-Versuchsverfahren soll entwickelt werden. Die EU-Kommission hat einen Auftrag zur Entwicklung eines solchen Prüf- und Klassifizierungsverfahrens erteilt. Das Projekt soll bis zum Frühjahr 2021 abgeschlossen sein. Bisher ist noch nicht abzusehen, ob das dann entwickelte Verfahren in den verschiedenen EU-Mitgliedsländern tatsächlich eingesetzt wird. Zurzeit werden in den verschiedenen europäischen Ländern unterschiedliche nationale Verfahren angewendet. In Deutschland ist dies der OriginalBrand-Versuch nach DIN 4102-20. Zusätzlich wird für EPS-Wärmedämmverbundsysteme der sogenannte Sockelbrandversuch zur Beurteilung des Brandverhaltens im Falle eines Brandes von außen angewandt. Diese Versuche werden im Beitrag D 3 „Brandverhalten von Außenwandkonstruktionen“ im Detail beschrieben.

4

Prüfung und Klassifizierung von Baustoffen nach den europäischen Normen

Für Europa wurde 2002 ein einheitliches Prüf- und Klassifizierungssystem für das Brandverhalten von Baustoffen eingeführt. Dieses soll die Basis dafür bilden, dass alle Bauprodukte, die in Europa genormt sind und auf den Markt gebracht werden, im CEZeichen auch eine Klassifizierung hinsichtlich ihres Brandverhaltens nach einheitlichen Kriterien tragen. Ergänzt wurde das System für die Klassifizierung von Baustoffen in 2016 durch ein Prüfverfahren für die Beurteilung der Neigung eines Bauprodukts zum kontinuierlichen Schwelen. Weitere Prüfverfahren für Kabel und für Bedachungen werden in den Abschnitten 6 und 8 erläutert.

4.1

Kleinbrennerprüfung – Mindestanforderung für Baustoffe in Deutschland

Für die Prüfung der Entzündlichkeit und des brennenden Abtropfens wird in Europa das sogenannte Kleinbrennerverfahren angewendet. Ähnliche Verfahren waren schon früher in vielen europäischen Ländern vorgeschrieben. Baustoffe, die in Deutschland als normalentflammbar eingestuft werden sollen, werden nach EN ISO 11925-2 mit einer Beflammungszeit von 15 s geprüft (Bild 2). Für die Einstufung in die höheren Klassen D, C und B wird diese Prüfung zusätzlich zur SBI-Prüfung mit einer Beflammungszeit von 30 s durchgeführt. Auch brennen-

Tabelle 1. Prüfnormen für die Beurteilung des Brandverhaltens von Baustoffen in Europa (erstellt von CEN TC 127) Prüfungsmethode

Norm

Nichtbrennbarkeit – Ofenprüfung

EN ISO 1182

Heizwert (PCS)

EN ISO 1716

Single Burning Item (SBI)

EN 13823

Kleinbrennerprüfung

EN ISO 11925-2

Flooring Radiant Panel Test (Fußbodenbeläge)

EN ISO 9239-1

Neigung eines Bauprodukts zum kontinuierlichen Schwelen

EN 16733

Klassifizierung des Brandverhaltens von Baustoffen

EN 13 501-1

des Abtropfen wird, ebenso wie bisher nach DIN 4102, nach dieser europäischen Norm bewertet. Wird die Klasse E ohne Zusatz vergeben, heißt das, dass kein brennendes Abtropfen festgestellt wurde. Kunststoffe, die die Einstufung E-d2 (brennend abtropfend) erhalten, dürfen in manchen Bereichen nicht eingesetzt werden. Für mehrschichtige Baustoffe müssen alle Schichten geprüft werden, d. h. die Probe wird gedreht und auch die innenliegenden Schichten werden an der Unterkante (Schnittkante) beflammt. Damit ist sichergestellt, dass bei Verbundprodukten, wie etwa bei Stahl-Sandwichelementen, nicht nur das Produkt insgesamt die Brandanforderungen erfüllt, sondern auch die innenliegenden Schichten, die z. B. im Falle von Beschädigungen oder an Schnittkanten einer Brandbeanspruchung ausgesetzt sein könnten, zumindest die Minimalanforderung „normalentflammbar“ erfüllen, die in Deutschland für alle Baustoffe gilt. Nur Produkte bei denen ausgeschlossen ist, dass offene Schnittkanten im Falle eines Brandes einer Beflammung ausgesetzt sind, müssen diese Anforderung nicht erfüllen. Ein Beispiel dafür sind rundum geschlossene Fensterprofile, bei denen z. B. Schaumdämmstoffe rundum von Metall-Profilen eingeschlossen sind. In diesen Fällen ist die Verwendung von leichtentflammbaren Dämmstoffen erlaubt.

4.2

Höhere Anforderungen an brennbare Baustoffe

4.2.1

Der SBI für Wand- und Deckenbekleidungen

Für die weitere Differenzierung brennbarer Baustoffe gab es in Europa nur für Fußbodenbeläge ein einheitliches Verfahren, das in verschiedenen Ländern verwendet wurde. Für diese Produkte wurde in den europäischen Normen ein Verfahren festgelegt (Flooring Radiant Panel), das dem bisherigen deutschen Verfahren

Prüfung und Klassifizierung von Baustoffen nach den europäischen Normen Kantenbeflammung

65

Flächenbeflammung

Messmarke, 150 mm über dem Flammenangriffspunkt

Flammenangriffspunkt (bei mehrschichtigen Produkten wird die Probe gedreht und alle Schichten werden beflammt)

Flammenangriffspunkt

Bild 2. Kleinbrenner nach EN-ISO11925-2

weitgehend entspricht. Für die übrigen Produkte wurde für die europäische Harmonisierung ein völlig neues Verfahren entwickelt, der sogenannte SBI (Single Burning Item). Das SBI-Verfahren wurde in Korrelation zum sogenannten Room Corner Test nach ISO 9705 entwickelt und für die Beurteilung von Wand- und Deckenverkleidungen konzipiert. Man ging davon aus, dass ein Bauprodukt in „end-use conditions“, also entsprechend dem Anwendungszustand, geprüft wird. Mit der Prüfung soll es ermöglicht werden, den Beitrag eines Produktes zu einem Flashover und der daraus resultierenden Brandausbreitung in angrenzende Räume durch das eingebaute Produkt abzuschätzen. Auch die Rauchentwicklung und das brennende Abtropfen wird bewertet. Im Room Corner Test (Bild 3) werden die Wände und Decken des Raums mit dem zu prüfenden Bauprodukt bekleidet. Der Brenner erzeugt 10 Minuten lang eine Leistung von 100 kW und in den nächsten 10 Minuten 300 kW. Die geprüften Produkte werden danach beurteilt, wann der Flashover eintritt, d. h. wann die Gase, die sich bilden, durchzünden und die gemessene Wärmefreisetzung (einschließlich der Brennerleistung) 1000 kW übersteigt. Diese Prüfung wurde als grundlegendes Referenzszenario für die Klassifizierung des Brandverhaltens von Baustoffen in Europa definiert und als europäische Norm EN 14390 veröffentlicht. 30 Bauprodukte wurden für die Vorbereitung der Definition der europäischen Klassen geprüft und entsprechend der Zeit bis zum Flashover im Prüfraum bewertet. Zusätzlich wurden auch Klassen für die Rauchentwicklung definiert. Die Produkte wurden in diesem Versuch immer als Materialien, unabhängig von ih-

Bild 3. ISO 9705 Room Corner Test

rer realen Anwendung, beurteilt. Dämmstoffe wurden z. B. ohne die in der Endanwendung am Bau vorhandenen Deckschichten geprüft. Produkte, die nur als Decken- oder nur als Wandverkleidungen verwendet werden, wurden an Decke und Wand gleichzeitig geprüft und Produkte, die nur in geringen Mengen eingesetzt werden (Kleinteile oder z. B. lineare Produkte wie Kabel oder Fensterrahmen) wurden ebenfalls vollflächig auf Wände und Decken aufgebracht. Damit war eine realistische Abschätzung des Risikos im Brandfall für viele Produkte nicht möglich. Dennoch wurde dieser Ringversuch als Basis für die Klasseneinteilung im SBI verwendet (Bild 4). Die SBI-Prüfung als Laborprüfverfahren wurde folgendermaßen konzipiert (Bild 5): Der Brenner soll einen einzelnen brennenden Gegenstand (z. B. einen Papierkorb) in einer Raumecke simulieren. Zwei Proben mit den Abmessungen 1000 mm ×

66

B 1 Brandschutz von Baukonstruktionen mit Kunststoffen Beitrag zum Brand Wärmefreisetzung Flash-over Wärmefreisetzung ≥ 1 MW E/F

D

C B A

2 min

10 min

20 min

1500 mm und 500 mm×1500 mm und einer maximalen Dicke von 200 mm werden in rechtwinkliger Anordnung einer Diffusionsflamme von 30 kW ausgesetzt. Diese Flamme wird mit einem Sandbettbrenner erzeugt, dessen Flammenhöhe zwischen 0,5 m und 0,7 m beträgt. Die Wärmefreisetzung wird mit der Sauerstoffverbrauchsmethode bestimmt (Basis: die Menge des beim Brennen eines organischen Materials verbrauchten Sauerstoffs ist proportional zur freigesetzten Wärme). Bei der Entwicklung des Prüfverfahrens war vorgesehen, die folgenden Parameter zu messen: – vertikale Flammenausbreitung, – seitliche Flammenausbreitung, – Rauchentwicklung, – Wärmefreisetzung, – brennendes Abtropfen und Abfallen. Bei der Erprobung des Prüfverfahrens stellte sich heraus, dass die Flammenausbreitung auf der Probe nach oben (vertikale Flammenausbreitung) wegen der Flammenhöhe des Brenners im SBI nicht sinnvoll zu beurteilen ist. Die Flammen erreichen bei fast allen Produkten wegen der geringen verbleibenden Probenlänge über den Brennerflammen die Probenoberkante. Daher wird für die Beurteilung des Brandverhaltens im SBI lediglich die laterale Flammenausbreitung berücksichtigt (Erreichen der Seitenkante des langen Probenflügels). Schwierigkeiten ergaben sich auch bei der Beobachtung des brennenden Abtropfens, da abtropfendes Material häufig in den Brenner oder in die Nähe des Brenners fällt und dort gezündet werden kann, auch wenn es beim Abfallen/Abtropfen noch nicht brennt. Es wurde festgelegt, dass brennendes Abtropfen nur dann aufgetreten ist, wenn das Brennen von abfallenden Tropfen oder Probenteilen am Boden der Prüfapparatur außerhalb des Brennerbereichs beobachtet werden kann. Um zu verhindern, dass bei thermoplastischen Produkten nicht brennende Schmelze im Bereich des Brenners gezündet wird und dann zur Seite läuft und weiterbrennt, wurde in der Revision 2015 der Norm der Brenner etwas hochgesetzt und in der Rinne vor der Probe eine Sperre für die Schmelze eingebaut.

Zeit ab Versuchsbeginn

Bild 4. Einteilung der Baustoffklassen nach der Zeit bis zum Flashover im Room Corner Test

Messungen im Abgasstrom: - Gasanalyse (für Messung der Wärmefreisetzung) - Rauchdichte - Temperatur - Volumenstrom

Prüfraum

Proben, Eckaufbau Dreieckiger Gasbrenner

Bild 5. SBI-Prüfverfahren

Ein Ringversuch mit den 30 Bauprodukten, die im Room Corner Versuch geprüft worden waren, wurde von einer Reihe von Laboratorien mit dem SBI durchgeführt. Auf der Basis der Ergebnisse dieses Ringversuchs wurde nach Kriterien für die Beurteilung im SBI gesucht, mit denen einen Korrelation zu den Zeiten bis zum Flashover im Room Corner Test herzustellen ist. Für einen großen Teil der Produkte (4 Produkte wurden als sogenannt „exotisch“ bzw. „difficult to test“ nicht berücksichtigt) ergab sich die Möglichkeit, mit dem sogenannten FIGRA diese Korrelation herzustellen. Der FIGRA (Fire Growth Rate) wird als Quotient aus der freigesetzten Wärme beim Brennen des Produktes und der Zeit bis zum Auftreten dieser Wärmeentwicklung errechnet. Ein zusätzliches Kriterium für die Beurteilung von Produkten im SBI ist das Integral der Wärmefreisetzung THR (Total Heat Release) in den ersten 10 Versuchsminuten. Bei manchen Produkten kann in den ersten Sekunden des Versuchs ein „Peak“ der Wärmeentwicklung

67

Prüfung und Klassifizierung von Baustoffen nach den europäischen Normen

auftreten, der durch das lokale Austreten entzündlicher Gase aus dem Produkt bei der Erwärmung verursacht wird. Der daraus resultierende steile Anstieg der Wärmefreisetzung am Anfang des Versuchs würde dann trotz eines guten Verhaltens im weiteren Verlauf zu einer schlechten Beurteilung führen. Da ein kurzes Aufflackern zu Beginn der Brandbeanspruchung, das nicht zu einer größeren Entzündung oder Brandweiterleitung führt, nicht sicherheitsrelevant ist, wurde der sogenannte „threshhold value“ eingeführt. Damit wird dieser anfängliche „Peak“ nicht berücksichtigt, wenn das Integral der Wärmeentwicklung zu diesem Zeitpunkt klein genug ist. Dies ist für eine Reihe von Kunststoffen von Bedeutung, wie z. B. für PIR (Polyisocyanurat – brandschutztechnisch optimierte Variante von Polyurethan), Melaminschäume und Phenolharzprodukte, insbesondere, wenn brennbare Treibgase enthalten sind. Auch wenn Produkte (z. B. Dämmstoffe) mit sehr dünnen Deckschichten versehen sind, die zu Beginn der Brandbeanspruchung aufflammen und dadurch für eine sehr kurze Zeit schlagartig Wärme entwickeln, kann ein solcher Peak zu Beginn des Versuches auftreten. Trotz der Einführung des threshhold value ist der FIGRA nicht in allen Fällen für eine Risikobeurteilung geeignet. Vor allem Produkte, die erst spät im SBI-Versuch beginnen zu brennen, dann aber mit großer Energiefreisetzung brennen, werden relativ gut beurteilt. Dies wird auch nicht durch den zusätzlichen Klassifizierungsparameter THR600 (Total Heat Release) kompensiert, denn das Integral der Wärmefreisetzung wird nur für die ersten 10 Minuten des Versuchs bewertet (die Versuchsdauer beträgt 20 Minuten). Das trifft z. B. für eine Reihe von Holzprodukten zu. Für die Rauchentwicklung wurde analog zum FIGRA ein SMOGRA (Smoke Growth Rate) definiert, der sich aus dem Quotienten aus der Rauchentwicklung und dem Zeitpunkt, zu dem diese auftritt, errechnet. Auch hier wurde versucht, eine Korrelation zum Room Corner Test herzustellen. Dies erwies sich jedoch als wesentlich problematischer als beim FIGRA. Zusätzlich wird das Integral der Rauchentwicklung während der ersten 10 Versuchsminuten (TSP600 – Total Smoke Production) für die Klassifizierung der Rauchentwicklung verwendet. Die Korrelation zum Room Corner Test war bei den geprüften Produkten nicht zufriedenstellend, und es zeigte sich, dass im ersten SBI-Ringversuch weder die Vergleichbarkeit zwischen den Labors, noch die Wiederholbarkeit der Einzelversuche in den einzelnen Labors den Anforderungen genügte. Daraufhin erhielt die Universität Gent den Auftrag, die Rauchmessung im SBI zu verbessern. Es wurden Änderungen im Messverfahren und beim Abluftstrom vorgenommen. Ohne erneute Überprüfung wurde dann die Rauchklassifizierung mit in das Klassifizierungssystem aufgenommen. Eine weitere Korrektur der Rauchmessung erfolgt in der Revision der SBI-Norm von 2020 – der Beitrag des Hauptbrenners zur Rauchentwicklung wird von der gemessenen Rauchentwicklung subtrahiert. Diese hat allerdings

Tabelle 2. Klassifizierungskriterien für brennbare Baustoffe im SBI Brandklasse

FIGRA THR600s Rauch- SMOGRA TSP600 [W/s] [MJ] klasse [m2 /s2 ] [m2 ]

B *) (oder besser)

≤ 120

≤ 7,5

s1

≤ 30

≤ 50

C *)

≤ 250

≤ 15

s2

≤ 180

≤ 200

D

≤ 750



s3





*) Seitliche Flammenausbreitung bis zur Außenkante des langen Probenflügels nicht erlaubt

nur für wenige Produkte Auswirkungen. Die Rauchklassifizierung muss bei allen Produkten im CE-Zeichen neben der Brandklassifizierung angegeben werden. Zusammenfassend wird die Klassifizierung brennbarer Bauprodukte nach der Norm EN 13501-1 bezüglich der SBI-Messergebnisse in Tabelle 2 dargestellt.

4.2.2

Reproduzierbarkeit der SBI-Ergebnisse

Im Jahr 2004 wurde ein weiterer Ringversuch mit dem SBI durchgeführt, an dem sich praktisch alle Laboratorien in Europa beteiligten, die einen SBI besitzen (offizielle Prüfstellen und Industrielaboratorien) [2]. Die Reproduzierbarkeit der Einstufung in die verschiedenen Klassen (durch FIGRA und TSP) war bei vielen Produkten akzeptabel – sie lag im Rahmen der bei Brandversuchen üblichen Abweichungen. Auffällig war jedoch, dass der bei diesem Versuch geprüfte thermoplastische Schaum (flammgeschütztes extrudiertes Polystyrol in einer Dicke von 40 mm, Baustoffklasse B1 nach DIN 4102) extrem hohe Streuungen zeigte. Da die Versuchsbedingungen (Hinterlegung, Befestigung etc.) genau definiert waren, ist davon auszugehen, dass für solche Produkte im SBI nicht immer eine zuverlässige Beurteilung möglich ist. Die Bewertung des brennenden Abtropfens/Abfallens konnte in diesem Ringversuch nicht statistisch ausgewertet werden, da nicht genügend Produkte geprüft wurden, bei denen dies auftreten kann. Die Ergebnisse des Ringversuchs geben jedoch Grund zu der Annahme, dass bei der Beobachtung dieses Phänomens die persönliche Einschätzung des Prüfers eine wichtige Rolle spielt und keine zuverlässigen Ergebnisse erzielt werden können. Für alle geprüften Produkte hat sich gezeigt, dass die Messergebnisse für die Rauchentwicklung im SBI schlecht reproduzierbar sind. Besonders die Messung des SMOGRA ist mit erheblichen Unsicherheiten behaftet.

4.2.3

Rauchmessung im SBI

Die besondere Bewertung des Anstiegs der Rauchentwicklung in der Anfangsphase des Brandes durch den SMOGRA ist offensichtlich nicht geeignet, die Rauchentwicklung im wirklichen Brandfall zu beurtei-

68

B 1 Brandschutz von Baukonstruktionen mit Kunststoffen

len. Im SBI werden Produkte, die erst nach einigen Minuten beginnen Rauch zu entwickeln, aber dann große Mengen Rauch abgeben, zu gut beurteilt, da diese einen niedrigen SMOGRA erhalten, und das Integral der Rauchentwicklung nur innerhalb der ersten 10 Versuchsminuten bewertet wird. Holzprodukte werden z. B. gegenüber vielen Kunststoffen besser bewertet, da im SBI sofort eine Beanspruchung mit offener Flamme und guter Ventilation stattfindet – die Schwelphase, die bei einem realen Brand in der Anfangsphase häufig auftritt und mit erheblicher Rauchentwicklung verbunden ist, wird beim SBI-Versuch übersprungen. Dagegen wird oft bei Kunststoffprodukten durch die intensive Beanspruchung und die relativ große Flamme des Gasbrenners schnell das gesamte Material im Brennerbereich verbrannt, was zu einer starken Rauchentwicklung zu Beginn des Versuchs führen kann. Durch die SMOGRA-Bewertung führt dies zu einer schlechten Klassifizierung, auch wenn das Produkt den Brand nicht weiterleitet und die gesamte entstehende Rauchmenge gering ist. Rauchmessungen in dieser Form sind nicht geeignet, Risiken durch Rauchentwicklung zu beurteilen. Zum einen gibt es kein Szenario, das für alle Produkte den kritischsten Fall darstellt – manche Produkte zeigen bei heftiger Verbrennung und starker Sauerstoffzufuhr eine besonders starke Rauchentwicklung (dies ist bei einigen Kunststoffen der Fall), während andere Produktgruppen (z. B. Holzprodukte) unter Schwelbedingungen mit reduzierter Sauerstoffzufuhr eine maximale Rauchentwicklung zeigen. Um das Risiko durch Rauchentwicklung abzuschätzen, muss auch die Menge des brennenden Materials in Betracht gezogen werden. Flammgeschützte Kunststoffe können eine hohe spezifische Rauchentwicklung pro verbrannter Materialmenge zeigen, aber da durch den Flammschutz ein Weiterbrennen weniger wahrscheinlich ist, ist die gesamte entstehende Rauchmenge im realen Brandfall oft wesentlich geringer, als bei Produkten, die zu einer schnelleren Brandausbreitung beitragen. Besser als durch die Einstufung in Klassen und darauf basierende Vorschriften im Baurecht können mit Methoden des „Fire Safety Engineering“ die entstehenden Rauchmengen in Abhängigkeit vom Rauchentwicklungspotenzial der brennenden Produkte und von der Menge des brennenden Materials abgeschätzt werden. Auch die baulichen Gegebenheiten bzw. das Vorhandensein von Rauchabzügen werden in Modellrechnungen einbezogen. Damit kann dann das tatsächliche Risiko hinsichtlich der Rauchentwicklung beim Brand in einem Gebäude dargestellt werden. Trotz dieser Schwierigkeiten wurde in Deutschland mit der neuen Fassung der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (Fassung 2019, veröffentlicht im Januar 2020) für schwer entflammbare Produkte zwingend eine Einstufung in die Rauchklasse s2 oder besser eingeführt. Insbesondere wegen

der SMOGRA-Anforderung werden damit bestimmte Bauprodukte wie z. B. PVC-Platten schlechter eingestuft als dies früher mit der Einstufung nach DIN 4102 der Fall war.

4.3

SBI-Prüfung für lineare Produkte

Ein Beispiel für die erfolgreiche Erarbeitung eines realistischen Bewertungssystems sind die Rohrdämmstoffe. Während bei einer Prüfung im Brandschacht nach DIN 4102 die vertikale Brandweiterleitung direkt beurteilt werden konnte, zeigte sich bei ersten SBI-Prüfungen, dass mit der Prüfung und Klassifizierung, wie sie für flächige Produkte verwendet wird, keine sinnvolle Bewertung des Brandverhaltens von Rohrdämmstoffen möglich ist. Um eine realistische Basis für die Einstufung solcher Produkte zu bekommen, wurde von der Industrie zusammen mit dem Schwedischen Forschungsinstitut SP ein Raumversuch in Anlehnung an den Room Corner Test definiert, der die tatsächliche Anwendung dieser Produkte reflektiert (Bild 6). Die Rohrdämmstoffe wurden auf Stahlrohre montiert, und der Prüfraum wurde mit insgesamt 90 m isolierten Rohren versehen. Parallel dazu wurden SBI-Versuche durchgeführt. Hersteller für die wichtigsten Produktgruppen für diese Bauanwendung beteiligten sich an dem Forschungsprojekt und es wurden die folgenden Produkte geprüft: – Flexibler Polyethylen-Schaum – Mineralwolle – Flexibler Elastomer-Schaum – Schaumglas – Melamin-Schaum – Extrudierter Polystyrol-Schaum (XPS) – Polyurethan-/Isocyanurat-Schaum (PUR, PIR) – Halbstarres Polyurethan – Flachsmaterial – PVC-Umhüllungsprodukte

Bild 6. Modifizierter Room Corner Test für Rohrdämmstoffe

69

25

500

25

Fußbodenbeläge

25 Bild 7. SBI-Prüfung für Rohrdämmstoffe Tabelle 3. Klassifizierungskriterien für brennbare Rohrdämmstoffe im SBI Brandklasse

4.4

FIGRAmax THR600s Rauch- SMOGRAmax TSP600 klasse [m2 /s2 ] [W/s] [MJ] [m2 ]

B *) (oder ≤ 270 besser)

≤ 7,5

s1

≤ 105

≤ 250

C *)

≤ 460

≤ 15

s2

≤ 580

≤ 1600

D

≤ 2100

≤ 100

s3





*) Seitliche Flammenausbreitung bis zur Außenkante des langen Probenflügels nicht erlaubt

Auf Basis dieser und einiger ergänzender Versuche (doppelte Brandlast im Raumversuch und Variation der Dämmstoffdicke) konnte ein eigenes Klassifizierungssystem für die Einstufung von Rohrdämmstoffen im SBI erstellt werden. Die Probenanordnung im SBI ist in Bild 7 dargestellt. Der Abstand zwischen den Außenseiten der einzelnen Rohrisolierungen beträgt jeweils 25 mm. Dass Klassifizierungssystem hat andere Grenzwerte als das für flächige Produkte, ist aber geeignet, die Produkte risikogerecht einzustufen. Das hat auch der Ständige Ausschuss für Bauprodukte der EU anerkannt. Deshalb wurde die vorgeschlagene Klassifizierungstabelle offiziell für diese Produkte eingeführt (Tabelle 3). Thermoplastische Abwasserrohre, von denen einige bisher in Deutschland die Klasse B1 erreichen konnten, werden in der Regel im SBI wesentlich schlechter bewertet als bisher im Brandschacht. Wenn diese Rohre im SBI über die ganze Probenfläche montiert werden, fließt die Schmelze in die Rinne hinter dem Brenner, wird dort gesammelt und bis zur Zündung erhitzt und dadurch entsteht ein „pool fire“, das sehr viel Wärme freigibt. Um hier zu einer vernünftigen Bewertung zu kommen, wurde im Anhang H der Norm DIN EN 877 festgelegt, dass im SBI nur ein vertikales und ein horizontales Rohr einzubauen ist.

Glimmverhalten

Auf Betreiben Deutschlands wurde ergänzend zu den im Jahr 2002 eingeführten Normen für die Prüfung und Klassifizierung des Brandverhaltens für Baustoffe eine zusätzliche Norm zur Prüfung des Glimmverhaltens eingeführt (Bild 8). Während z. B. in der deutschen Brandschachtprüfung nach DIN 4102 das Glimmen nach Beendigung der Brandbeanspruchung beobachtet werden konnte, müssen im SBI die Proben nach Ende der Prüfdauer abgelöscht werden. Damit kann ein Nachglimmen nicht beobachtet und bewertet werden. Kunststoffe neigen in der Regel nicht zum Glimmen. Bei einer Reihe von Holzwerkstoffen, Dämmstoffen aus Stein- und Glasfasern sowie bei Schüttdämmstoffen, z. B. aus Zellulose, kann Glimmen auftreten. Diese Produkte müssen für einen Nachweis der Schwerentflammbarkeit zusätzlich einen Nachweis des Glimmverhaltens erbringen. Ein senkrecht in einem Rahmen angebrachter Probekörper wird einer Gasbrennerflamme ausgesetzt. Das Schwelen wird ermittelt durch Temperaturmessung mit Thermoelementen sowie die Beobachtung von andauerndem Brennen nach erneuter Entzündung. In Abstimmung mit der deutschen Bauaufsicht hat die EU-Kommission eine Liste der Produkte erstellt, die hinsichtlich ihres Glimmverhaltens geprüft werden müssen. (CPR 09/4a/3). Dämmstoffe aus Kunststoffen und andere Kunststoffprodukte sind in dieser Liste nicht enthalten.

5

Fußbodenbeläge

Fußbodenbeläge werden häufig aus brennbaren Baustoffen hergestellt. Neben Holz und Wolle kommen häufig Kunststoffe als Teppiche, Beläge oder Beschichtungen zum Einsatz. Diese Produkte müssen grundsätzlich die Kleinbrennerprüfung mit Flächenbeflammung (Beflammungsdauer 15 s) bestehen. Darüber hi-

70

B 1 Brandschutz von Baukonstruktionen mit Kunststoffen

800 700

TE3

TE1

TE4

TE5

TE6

Temperatur ϑ in °C

600 500 400 300 ϑ TE6 t = 15 min + 250 K 200 100 ϑ = 50°C

00 6: 5 4 5: 0 3 5: 5 1 5: 0 0 5: 5 4 4: 0 3 4: 5 1 4: 0 0 4: 5 4 3: 0 3 3: 5 1 3: 0 0 3: 5 4 2: 0 3 2: 5 1 2: 0 0 2: 5 4 1: 0 3 1: 5 1 1: 0 0 1: 5 4 0: 0 3 0: 5 1 0: 0 0 0: Bild 8. Prüfung für das Glimmverhalten

Tabelle 4. Klassifizierungskriterien nach EN 13501-1 für Fußbodenbeläge im Radiant Panel Test

6

Brand- Critical flux klasse (kritischer Wärmestrom) [kW/m2 ]

Bauprodukte werden in Europa in harmonisierten Produktnormen beschrieben. In diesen Produktnormen müssen alle wesentlichen Eigenschaften dieser Produkte für die Anwendung als Bauprodukte definiert und mit Klassen versehen werden. Eine der wesentlichen Eigenschaften, die in der Bauproduktenverordnung genannt werden, ist das Brandverhalten. Bauwerke müssen so entworfen werden, dass die Entstehung und Ausbreitung von Feuer und Rauch begrenzt wird und die Sicherheit der Bewohner muss gewährleistet sein. Dies muss in allen Produktnormen berücksichtigt werden. Für das Brandverhalten sind die von CEN TC 127 erstellten Normen (siehe Abschnitt 3.2) anzuwenden. In den Produktnormen wird dann festgelegt, welche Prüfverfahren angewendet werden müssen, wie die Produkte in den Prüfgeräten einzubauen sind und welchen Geltungsbereich die Ergebnisse haben. Zusätzlich wird die Anzahl der erforderlichen Wiederholungs-Prüfungen definiert. Es wird auch festgelegt, in welchem Maße offizielle Prüfstellen in die Überwachung eingeschaltet werden müssen (level of attestation of conformity). Dabei wird berücksichtigt, ob für die Produkte sichergestellt ist, dass ihre Eigenschaften bezüglich des Brandverhaltens konstant bleiben. Wenn durch Änderungen im Produktionsprozess, insbesondere durch die Zugabe von Flammschutzmitteln, das Brandverhalten eines Produktes verbessert werden kann, werden verschärfte Anforderungen an die Fremdüberwachung gestellt. Nur bei Produkten, die maximal die Klasse E erreichen, wird diese Verschärfung nicht angewendet.

Rauch- Maximale klasse Rauchentwicklung [% min]

Bfl

≥ 8,0

s1

≤ 750

Cfl

≥ 4,5

s2

≤ 750

Dfl

≥ 3,0



naus wird die Anforderung Cfl mit einem Wärmestrahler nach EN ISO 9239-1 geprüft. In dieser Prüfung werden Bodenbeläge horizontal (verklebt oder lose verlegt – je nach Anwendung) einer zum Probenende hin abnehmenden Wärmestrahlung ausgesetzt. Das Ende der Probe, an dem die Wärmestrahlung am höchsten ist, wird zusätzlich beflammt. Produkte, die in die Klasse B oder C eingestuft werden, müssen vor der Stelle erlöschen, an der die Strahlungsintensität 8,0 bzw. 4,5 kW/m2 beträgt. Mit dieser Prüfung soll sichergestellt werden, dass Fußbodenbeläge in Korridoren und Fluchtwegen nicht durch die Strahlung der im Deckenbereich aus einem Raum herausschlagenden Flammen (Flashover) entzündet werden und damit eine Brandweiterleitung in angrenzende Bereiche bewirken, bzw. die Personenrettung erschweren. Zusätzlich wird die Rauchentwicklung im Abluftstrom gemessen. Die Klassifizierung von brennbaren Fußbodenbelägen mit dem Flooring Radiant Panel Test wird in Tabelle 4 zusammengefasst. Zusätzlich muss immer die Kleinbrennerprüfung mit einer Beflammungszeit von 15 s bestanden werden.

6.1

Prüfung von Kunststoffen nach europäischen Produktnormen

Anwendung des SBI für Dämmstoffe

Mit den Normen für Dämmstoffe (thermal insulation products – EN 13 162 bis 13 171) ist 2001 erstmals ein

Anwendung der europäischen Klassifizierungen von Baustoffen im deutschen Baurecht

umfangreiches Paket von Produktnormen veröffentlicht worden, in denen die Klassifizierung des Brandverhaltens nach den neuen europäischen Normen gefordert wird. Diese Normen enthalten keine Festlegungen, wie die Proben im SBI zu montieren und zu befestigen sind, und der Anwendungsbereich von Prüfergebnissen ist nicht festgelegt. Darüber hinaus handelt es sich bei den Dämmstoffen um Produkte, die in der Regel nicht als Oberflächenbekleidungen, sondern praktisch immer hinter Deckschichten, wie z. B. Gipskarton, Stahl, Beton, Mörtel, eingesetzt werden. Das heißt, dass eine anwendungsgerechte Prüfung diesen Einbauzustand berücksichtigen müsste. Daher hat die zuständige Arbeitsgruppe bei CEN TC 88 zusätzlich zu den Produktnormen die Norm EN 15715 erarbeitet, in der festgelegt ist, wie die verschiedenen Wärmedämmstoffe in den Prüfgeräten zu montieren, zu prüfen und zu bewerten sind. Diese Norm berücksichtigt bei der Definition des Anwendungsbereiches für die Prüfergebnisse bei unterschiedlichen Produktvarianten das unterschiedliche Verhalten der verschiedenen Dämmstoffe. Bei thermoplastischen Dämmstoffen brennt z. B. bei der SBI-Prüfung im Bereich des Brenners das Material komplett ab. Daher ist die Wärmefreisetzung vor allem in der Anfangsphase des SBI-Versuchs von der Dicke des Produktes abhängig. Daher wurde festgelegt, dass für einen Dickenbereich für ein Produkt (z. B. EPS) die größte und die kleinste Dicke zu prüfen ist. Bei duroplastischen Dämmstoffen, wie z. B. PU-Dämmstoffen, ist der Einfluss der geprüften Dicke oft geringer. Hier ist das Ergebnis einer Prüfung an 20 mm dicken Proben auch für größere Dicken gültig. In dieser Norm sind zusätzlich Möglichkeiten beschrieben, den realen Einbauzustand von Dämmstoffen in der SBI-Prüfung zu simulieren und zu bewerten (z. B. Dämmstoff hinter Gipskarton). Die einzelnen europäischen Länder können damit im Baurecht auf Basis der reinen Materialdaten, aber auch auf Basis des Produkts im Einbauzustand bewerten, welche Produkte für die verschiedenen Anwendungsbereiche eingesetzt werden dürfen. Die Bewertung im Einbauzustand wird allerdings im aktuellen deutschen Baurecht nicht angewendet. Derzeit wird diskutiert, ob z. B. für Fassadenbekleidungs- und -Dämmsysteme die Bewertung der Schwerentflammbarkeit nicht auf Basis der Dämmstoffeigenschaften sondern auf Basis von Systemprüfungen im SBI zugelassen werden kann, wenn die zusätzlich geforderte Prüfung im Großbrandversuch nach DIN 4102 Teil 20 erfolgreich bestanden wird.

6.2

Anwendung des SBI für Wandund Deckenverkleidungsprodukte

Für Bauprodukte, die als Wand- und Deckenverkleidungen benutzt werden, wie z. B. Tapeten, Deckensichtplatten etc. ist eine Prüfung im SBI sinnvoll und

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kann anwendungsgerecht durchgeführt werden. Die direkte Flammenbeanspruchung im SBI entspricht der Realität, denn diese Produkte werden als Verkleidungsprodukte für Innenräume fertig auf den Markt gebracht. In den Produktnormen wurden Festlegungen getroffen, wie die Produkte im SBI einzubauen und zu befestigen sind. Ein Beispiel ist die Produktnorm EN 15102 für dekorative Wandbekleidungen. Bei der Prüfung im SBI muss berücksichtigt werden, auf welchem Untergrund diese Produkte verwendet werden, und welche Klebstoffe eingesetzt werden.

6.3

Stahl-Sandwichelemente

Ein Beispiel für die Einführung eines sinnvollen Prüfund Bewertungssystems mithilfe der europäischen Baustoff-Normen sind die Festlegungen in der Norm EN 14 509 für selbsttragende Stahl-Sandwichelemente, die häufig mit einem brennbaren Dämmstoffkern aus PUR/PIR hergestellt werden. Ähnlich wie bisher in Deutschland ist in der neuesten Fassung dieser Norm festgelegt, dass für die Klassifizierung als Baustoff die Elemente mit offener Schnittkante im Kleinbrenner zu prüfen sind, wenn eine der Klassifizierungen A2, B, C, D oder E erreicht werden soll. Für die SBI-Prüfung werden die Fugen zwischen den einzelnen Elementen, entsprechend dem späteren Einbau, sowohl in der Innenecke als auch in der Fläche im Prüfaufbau nachgestellt. Diese Fugen haben auch in der Realität wesentlichen Einfluss auf die Brandentstehung und -ausbreitung bei solchen Elementen. Damit kann dann die Brandausbreitung sowohl im Fugenbereich als auch durch Versagen der Deckschichten und eine daraus resultierende Entzündung des Dämmstoffs beurteilt werden. Viele in Deutschland verwendete Sandwichelemente mit einem Dämmstoffkern aus Polyurethan oder anderen Schaumkunststoffen und mit Stahldeckschichten sind so ausgelegt, dass sie bei der Prüfung nach EN 13823 die Anforderungen der Baustoffklasse B oder C erreichen. Dafür müssen die Fugen gut verschlossen sein, geeignete Dichtmaterialien verwendet werden, und auch die Oberflächenbeschichtung der Stahldeckschichten darf nur einen geringfügigen Beitrag zur Brandweiterleitung leisten.

7

Anwendung der europäischen Klassifizierungen von Baustoffen im deutschen Baurecht

Im deutschen Baurecht wurden in der Vergangenheit Baustoffe entsprechend den Vorgaben der Norm DIN 4102 als nichtbrennbar, schwer entflammbar, normal entflammbar oder leicht entflammbar eingestuft. Diese Einstufung erfolgte auf Basis der bisher in der DIN genormten Baustoff-Prüfungen. Diese Begriffe werden im Baurecht (Musterbauordnung und Landesbauordnung etc.) verwendet.

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B 1 Brandschutz von Baukonstruktionen mit Kunststoffen

Tabelle 5. Zuordnung der bauaufsichtlichen Begriffe zu den europäischen Klassifizierungen Bauaufsichtliche Anforderungen

Mindestens erforderliche Leistungen Bauprodukte, ausgenommen lineare Rohrdämmstoffe und Bodenbeläge

Lineare Rohrdämmstoffe

Bodenbeläge

Nichtbrennbar 1)

A2 – s1, d0 *)

A2L – s1, d0 *)

A2L – s1

Schwerentflammbar und nicht brennend abfallend oder abtropfend sowie geringe Rauchentwicklung

C – s1, d0 *)

CL – s1, d0 *)



Schwerentflammbar und nicht brennend abfallend oder abtropfend

C – s2, d0 *)

CL – s2, d0 *)



Schwerentflammbar und geringe Rauchentwicklung

C – s1, d2 *)

CL – s1, d2 *)

Cfl – s1

d2 *)

CL – s2, d2 *)

Cfl – s1

Schwerentflammbar

C – s2,

Normalentflammbar und nicht brennend abfallend oder abtropfend

E

EL



Normalentflammbar

E – d2

EL – d2

Efl

Angabe: Schmelzpunkt von mindestens 1000 °C

Angabe: Schmelzpunkt von mindestens 1000 °C



1) soweit erforderlich zusätzlich Schmelzpunkt > 1000 °C *) soweit erforderlich Glimmverhalten

Die baurechtlichen Anforderungen mussten nun den neuen europäischen Klassifizierungen zugeordnet werden. In der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB 2019, veröffentlicht im Januar 2020) sind die in Tabelle 5 dargestellten Festlegungen getroffen.

8

Anforderungen für Kabel

Kabel werden als Bauprodukte eingestuft, wenn sie mit einem Gebäude fest verbunden sind. In den meisten Fällen haben Kabel Kunststoffisolierungen und sind daher brennbar. Ein europäisches System für die Prüfung und Klassifizierung des Brandverhaltens von Kabeln und die relevante Produktnorm EN 50575 wurden veröffentlicht. Starkstromkabel und -leitungen sowie Steuer- und Kommunikationskabel für die dauerhafte Installation in Bauwerken fallen seit 10. Juni 2016 unter die Bauproduktenverordnung (BauPVO). Für nicht brennbare Kabel wird der Heizwert wie bei anderen Baustoffen nach EN ISO 1716 bestimmt. Die Normen für die Prüfung brennbarer Kabel weichen von den Normen für die Prüfung von anderen brennbaren Baustoffen ab. Zusätzlich zum Beitrag zu Brandausbreitung, brennendem Abtropfen und Rauchentwicklung wurde von der EU die Bewertung der Azidität der Brandgase als Kriterium für die Beurteilung von Kabeln eingeführt. Dieser Parameter dient nicht der Bestimmung der Rauchgastoxizität, sondern der Ermittlung der Korrosivität. Ziel ist es, Schäden an Anlagen und Gebäuden durch Korrosion nach einem Brand zu begrenzen.

In der Norm EN 50399 und der Normenreihe EN 60332 werden Prüfmethoden für die Bestimmung der Flammenausbreitung, der Wärmefreisetzung, der Rauchentwicklung und der Azidität der Brandgase von Kabeln festgelegt. Anforderungen bezüglich der Azidität werden jedoch nicht zwingend in allen EU-Mitgliedsländern gestellt, da es im Rahmen des Baurechts möglich ist, aus den Kennwerten, die im CE-Zeichen anzugeben sind, die auszuwählen, die im jeweiligen Land und für den jeweiligen Anwendungsbereich als sicherheitsrelevant betrachtet werden. Die Prüfnormen für das Brandverhalten sind: – EN 60332-1-2 (Prüfung der vertikalen Flammenausbreitung mit 1 kW Flamme), – EN 50399 (Prüfung der Flammenausbreitung, Wärmefreisetzung und Rauchentwicklung mit einer 20,5 kW bzw. 30 kW Flamme), – EN 61034-2 (Messung der Rauchdichte von Kabeln), – EN 60754-1 und -2 (Aziditätsprüfung). Die Klassifizierung erfolgt entsprechend der Norm EN 13501-6. In Deutschland wird grundsätzlich für Kabel Normalentflammbarkeit gefordert. Nur für Leitungsanlagen in notwendigen Treppenräumen oder Fluren legt die MLAR (Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie) teilweise höhere brandschutztechnische Anforderungen fest. Bezüglich der Azidität werden in Deutschland keine Anforderungen gestellt. Die baurechtlichen Anforderungen werden durch die in Tabelle 6 dargestellten Klassifizierungen erfüllt. Zusätzliche Anforderungen können sich ergeben, da im Brandfall Flucht- und Rettungswege nutzbar und

Brandsichere Auslegung von Dächern Tabelle 6. Anforderungen an Kabel und Leitungen in Deutschland Bauaufsichtliche Anforderung

Mindestens erforderliche Leistungen nach EN 13501-6

Nichtbrennbar

Aca

Schwerentflammbar

B1ca − s2

Schwerentflammbar und mit geringer Rauchentwicklung

B1ca − s1

Normalentflammbar

Eca

wichtige technische Einrichtungen wie Notbeleuchtungen, Brandmeldesysteme, Rauchabzugsanlagen usw. funktionstüchtig bleiben müssen. Darüber hinaus sollen die technischen Anlagen die Feuerwehren bei der Brandbekämpfung über einen ausreichend langen Zeitraum unterstützen. Um die Stromversorgung und somit den Funktionserhalt für diese technischen Einrichtungen und Anlagen im Brandfall sicherzustellen, müssen die entsprechenden Installationen mit speziellen Leitungen und Verlegesystemen ausgeführt werden. Es existieren verschiedene Konstruktionsarten, z. B.: – Die Kabel verfügen über eine spezielle Bewicklung der Kupferleiter aus Glasseide oder Glimmerband. – Im Brandfall verbrennt die Isolierung der Kabel vollständig und bildet eine isolierende Ascheschicht. Diese wird von den Bewicklungen zusammengehalten und sorgt dafür, dass die Kupferleiter voneinander getrennt bleiben und kein Kurzschluss mit dem Tragsystem stattfindet. – Neuere Kabeltypen setzen statt auf Bewicklungen auf spezielle keramisierende Kunststoffisolierungen. Das in der Isolierung enthaltene Aluminiumhydroxid bildet bei der Verbrennung eine weiche Keramikhülle. Diese sorgt für die gewünschte Isolierung der stromführenden Adern untereinander und zum Tragsystem. Zusätzlich werden in der Regel weitere Schutzmaßnahmen, wie z. B. die Verlegung in geprüften Kanälen bzw. unter entsprechenden Abdeckungen, getroffen. Für die Prüfung des Funktionserhaltes werden Kabel und Leitungen bzw. Kabeltrassen der Einheitstemperaturkurve (Basis für die Bestimmung des Feuerwiderstands) ausgesetzt. Eine Reihe von DIN-, EN- und IEC-Normen beschreibt diese Prüfverfahren für die verschiedenen Arten von Kabeln.

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Fassadendämmung

Ein wichtiger Anwendungsbereich für Kunststoffe im Bau ist die Wärmedämmung von Fassaden. Bei Gebäuden unterhalb der Hochhausgrenze können brennbare Dämmstoffe verwendet werden, wenn die Grundanforderungen zum Brandverhalten für die Fassadensyste-

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me eingehalten werden. Im Beitrag D3 werden die Anforderungen an Fassadendämmung im Detail beschrieben.

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Brandsichere Auslegung von Dächern

Bei Dächern gibt es eine Vielzahl von Anwendungsbereichen für Kunststoffe. Neben Klebern und Abdichtungsbahnen werden große Mengen von Dämmstoffen verarbeitet. Wegen ihrer Wärmeleitfähigkeit, Langzeitbeständigkeit, Druckfestigkeit und der geringen Wasseraufnahme haben in Dächern Kunststoffschäume unbestreitbare Vorteile gegenüber anorganischen Dämmstoffen aus Glas- oder Steinwolle. Da aber die organischen Dämmstoffe brennbar sind, ist es erforderlich, brandschutztechnische Konzepte zu finden, die größtmögliche Sicherheit gewährleisten. Auch das Brandverhalten der Abdichtungsschichten und Dampfsperren, die häufig aus Kunststoffen hergestellt werden, muss berücksichtigt werden.

10.1

Brandbeanspruchung von außen

Bei praktisch allen Gebäuden kann man davon ausgehen, dass das Brandverhalten des Daches sicherheitsrelevant ist, wenn durch Flugfeuer und/oder strahlende Wärme von außen die Gefahr einer Entzündung des Daches und einer Brandausbreitung auf angrenzende Gebäudeteile oder in das Gebäude hinein besteht. Daher wurde in Deutschland für fast alle Gebäude in den Bauordnungen festgelegt, dass das Dach als „harte Bedachung“ ausgeführt werden muss. Es darf bei Beanspruchung von außen nicht durchbrennen und innerhalb der Dachkonstruktion oder auf der Dachoberfläche keine Brandweiterleitung erfolgen. In Europa wurden in der europäischen Norm CEN TS 1187 vier verschiedene Prüfverfahren für Dächer definiert, die im Wesentlichen den früher in Deutschland, Frankreich, England und Skandinavien verwendeten Verfahren entsprechen. Während bei dem bisherigen deutschen Verfahren ausschließlich eine Zündquelle auf den simulierten Dachaufbau einwirkt (brennender Holzwollekorb), wirken bei den übrigen Verfahren, Wärmestrahlung und Wind zusätzlich zu einer Beflammung auf den simulierten Dachaufbau. In allen Fällen ist das gesamte System zu prüfen und die verwendeten Werkstoffe können nicht unabhängig voneinander hinsichtlich ihrer Brandsicherheit beurteilt werden. Die Anforderung an eine solche harte Bedachung kann mit einer geeigneten Außenhaut, z. B. mit Ziegeln, erfüllt werden, auch wenn die darunterliegenden Schichten brennbar sind. Bei Flachdächern erreicht man z. B. durch eine Lage Kies über der Abdichtung und dem Dämmstoff einen ausreichenden Schutz vor Brandbeanspruchung von außen. Auch Faserzement- oder Blechabdeckungen mit einer bestimmten Mindestdicke schützen den darunterliegenden Dachaufbau aus-

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B 1 Brandschutz von Baukonstruktionen mit Kunststoffen

reichend gegen eine Brandbeanspruchung von außen. Derartige Dächer müssen nicht bezüglich ihres Brandverhaltens geprüft werden, auch wenn unter der oberen Schutzschicht brennbare Produkte wie Dampfsperren oder Dämmstoffe aus Kunststoffen verwendet werden, denn die EU hat für eine Reihe von Produkten festgelegt, dass ohne Prüfung angenommen werden kann, dass sie den Anforderungen für das Merkmal „Verhalten bei einem Brand von außen“ entsprechen. Die Klassifizierung von Dachdämm- und Abdichtungssystemen erfolgt immer als Systemprüfung. Der gesamte Dachaufbau wird auf dem vorgesehenen Untergrund und mit verschiedenen Dachneigungen geprüft. Auch nichtbrennbare Dämmstoffe wie Steinoder Glaswolle müssen in Verbindung mit den übrigen für ein Dachsystem vorgesehenen Schichten geprüft werden, um auszuschließen, dass eine versteckte Brandausbreitung durch Glimmen auftritt. Um den Prüfaufwand zu verringern, wurde in Deutschland eine Norm mit Anwendungsregeln für Prüfergebnisse für Bedachungen erstellt und in Europa wird daran gearbeitet, den erweiterten Anwendungsbereich der Prüfergebnisse aus der CEN TS 1187 zu regeln.

10.2

Brandbeanspruchung von innen

Bei Industriebauten sind in der Regel große Innenräume mit erheblichen Brandlasten vorhanden. Dies können Produktionsanlagen, aber auch z. B. Lager für große Mengen brennbarer Produkte sein. In solchen Räumen können sich große Brände mit erheblicher Wärmefreisetzung entwickeln. Dann ist es wichtig, dass die Dachkonstruktion nicht durchbrennt, und über das Dach keine Brandweiterleitung auf andere Brandabschnitte oder Gebäude zu erwarten ist. Es muss auch möglichst lang verhindert werden, dass die Dachkonstruktion einstürzt, damit Lösch- und Rettungsarbeiten durchgeführt werden können. Häufig werden im Industriebau Stahltrapezprofildächer verwendet. Auf einem Tragwerk aus Stahltrapezblechen werden die Außenschichten angeordnet, die der Wärmedämmung und dem Schutz vor Nässe dienen. Die Stahlbleche selbst sind nicht feuerwiderstandsfähig. Nur wenn geeignete Dämm- und Deckschichten verwendet werden, kann dieses Schutzziel erreicht werden. Daher werden in Deutschland an solche Dächer in der Industriebaurichtlinie besondere Anforderungen gestellt, wenn die Fläche eines Brandabschnitts > 2500 m2 ist. In der DIN 18234 Teil 1 wird ein Verfahren definiert, mit dem das Verhalten solcher Dächer im Falle eines Brandes von innen untersucht werden kann. In der bis 2018 gültigen Norm wurde ein Großversuch definiert, für den ein dreiseitig geschlossener Prüfraum aufgebaut werden musste, der 11 m lang, 4,5 m breit und 4 m hoch ist. In diesem Prüfraum wurden Holzkrippen aus insgesamt 400 kg Fichtenholz abgebrannt.

Aufgrund der Größe des Prüfstands und der Brandlast war die Durchführung dieser Prüfung sehr aufwendig. Daher wurde ein neuer Prüfstand entwickelt, der unter Einhaltung der aktuellen Vorschriften zur Luftreinhaltung und mit weniger Aufwand eine reproduzierbare Prüfmethode darstellt, die mit der Realität übereinstimmende Resultate erzeugt. Der neue Prüfstand hat Abmessungen von 8 m × 2 m × 1,8 m (Länge × Breite × Höhe). Als Brandlast reichen bei dieser Raumgeometrie zwei Holzkrippen mit je 30 kg aus. Zusätzlich wurde alternativ eine Gas-Zündquelle entwickelt, die zu einer vergleichbaren Brandbelastung führt, aber besser reproduzierbar ist als die Holzkrippen. Durch Messungen und Simulationsrechnungen konnte nachgewiesen werden, dass die Beanspruchung des Daches mit dieser Prüf-Geometrie und diesen Brandlasten vergleichbar ist mit der vorherigen Normversion. Die wesentlichen Kriterien für das Bestehen dieses Versuches sind: – Das Dach darf während des Versuchs nicht einstürzen. – Auf der Oberseite des Daches darf keine Brandweiterleitung bis zum Prüfstandsrand auftreten. – Es dürfen keine brennenden Teile vom Dach abfallen. – Anschließend an den Versuch wird das Dach geöffnet, und im Inneren des Dachaufbaus darf kein Aufflammen oder fortschreitendes Glimmen auftreten. In der DIN 8234-2 sind Dachaufbauten gelistet, die geprüft sind, und die Anforderungen nach Teil 1 der Norm erfüllen. Wird auf einem Dach aus Stahltrapezprofilen ein Polystyrolhartschaum als Dämmstoff verwendet und direkt auf die Bleche gelegt, so würde dieser bei Brandbeanspruchung von unten wegen der Wärmeleitung durch die metallische Dachkonstruktion schnell schmelzen. Die Schmelze würde sich in den Sicken der Trapezbleche nach einiger Zeit entzünden können. Werden aber zusätzliche Schutzschichten unter dem Dämmstoff eingesetzt, so tritt dieser Effekt nicht auf. Polystyrolhartschaum darf daher laut DIN 18234-2 auf Stahltrapezblechen für Industriedächer eingesetzt werden, wenn eine darunterliegende Schicht aus Perlite oder Holzwolle-Leichtbauplatten dafür sorgt, dass die Dämmung nicht direkt auf dem heißen Blech liegt. Damit wird das Schmelzen der Dämmschicht begrenzt und die vorhandene Schmelze kann ihre Zündtemperatur wegen der Isolationswirkung der untenliegenden Schutzschicht nicht erreichen. Für nicht thermoplastische Schäume, wie Polyurethan oder Phenolharzschaum, sind derartige Schutzschichten nicht erforderlich. Abhängig von der Art der Verlegung/Befestigung und mit einer definierten Mindestdicke können sie ohne weitere Schutzmaßnahmen auf großflächigen Industriedächern eingesetzt werden.

Photovoltaik-Module auf Gebäuden

11

Photovoltaik-Module auf Gebäuden

Solarstrom ist ein wesentlicher Baustein für die Energiewende. Im Jahr 2019 deckte die Photovoltaik mit einer Stromerzeugung von 46,5 TWh 8,2 % des BruttoStromverbrauchs in Deutschland [3]. Neben sogenannten Solarfarmen werden sowohl auf Wohnhäusern als auch auf landwirtschaftlichen oder industriell genutzten Gebäuden häufig Solarmodule installiert. In Einzelfällen werden sie auch in Fassadenbekleidungen integriert.

11.1

Einbauvarianten von PV-Modulen auf Dächern

Solarmodule auf Dächern können in verschiedenen Einbauvarianten montiert werden: – Indachmontage: PV-Module werden in die Dachfläche integriert. Damit werden sie automatisch Bestandteil des Daches selbst. Diese Montageart wird häufig bei Schrägdächern verwendet. – Aufdachmontage. Bei der Aufdach-Variante handelt es sich um die weitaus beliebteste Form von PVAnlagen in Deutschland. Die Solarmodule werden mithilfe einer Metallkonstruktion auf dem Dach befestigt. – Aufdach liegende Photovoltaik Module.

11.2

Brandrisiken beim Einsatz von PV-Modulen

11.2.1 Module und zugehörige elektrische Installationen als Brandursache PV-Anlagen enthalten eine Reihe von elektrischen Bauteilen und es besteht immer die Gefahr von Kurzschlüssen, Lichtbögen und anderen elektrischen Fehlern. Diese können zu einer Entflammung der PVModule, der angeschlossenen elektrischen Bauteile sowie der angrenzenden Bauteile führen. Hier ist nicht nur die Qualität der verwendeten Module, sondern auch Montage und Wartung von Bedeutung.

11.2.2 PV-Module und Montagesysteme als Brandlast PV-Module, ebenso wie Montagesysteme und Unterbauten (Wannen etc.), können brennbar sein und als Brandlast zur Ausbreitung eines Brandes beitragen. Bei PV-Modulen ist der Anteil an Kunststoffen unterschiedlich. Sogenannte Glas-Glas-Module sind beidseitig, d. h. auf der Vorder- und Rückseite von einer Glasscheibe ummantelt. Bei den Glas-Folienmodulen liegen die Solarzellen zwischen einer Glasscheibe auf der Vorderseite und einer Glasfolie auf der Rückseite. Bei letzterem ist der Anteil an Kunststoffen höher und somit müssen die Anforderungen an das Brandverhalten besonders beachtet werden. Es werden auch ultraleichte flexible Module verwendet, bei denen z. B. glasfaserverstärkte Kunststoffe verwendet werden. Besonders wenn die Statik von Dä-

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chern nicht für zusätzliche Lasten ausgelegt ist, können diese verwendet werden. Auch hier besteht das Risiko, dass diese Module abbrennen und eine erhebliche Brandlast darstellen.

11.2.3 Besondere Risiken für die Feuerwehr durch PV-Module Brände auf Dächern mit PV-Modulen können für die Feuerwehr besondere Risiken darstellen und das Löschen erschweren. Neben der Gefahr durch Stromschläge kann das Löschen von Dachbränden erschwert sein, wenn PV-Module den Zugang zu darunterliegenden Dächern behindern und das Entdecken von Brandherden hinter bzw. unter den Modulen erschweren.

11.3

Dächer mit PV-Modulen – Vorschriften und Zuständigkeiten

11.3.1 In Dächer eingebaute PV-Module PV-Module, die Teil eines Daches sind (gebäudeintegrierte PV-Module), werden in Deutschland wie Bedachungen geprüft. Grundsätzlich müssen Dächer ausreichend widerstandsfähig gegen Feuer von außen und Wärmestrahlung sein (siehe Abschnitt Bedachungen). Die PV-Module werden hier wie Baustoffe behandelt – die Mindestanforderung ist, dass sie normalentflammbar sein müssen. Wenn diese Anforderungen erfüllt sind, dürfen die PV-Module bis an die Auskragungen von Brandwänden heran gebaut werden.

11.3.2 PV-Module auf Dächern Aufdach-PV-Module werden dem Bereich Elektrotechnik zugeordnet und nicht als Bauprodukte betrachtet. Für diese Module wurden national und international Vorschriften zum Brandverhalten entwickelt, die nicht aus der Normung für den Baubereich entstanden sind. Zusätzlich sind die allgemeinen baurechtlichen Anforderungen zu beachten, d. h. Brandwände dürfen nicht durch PV-Module überbaut werden und zwischen PV-Modulen und Brandwänden sollte immer ein Mindestabstand von 0,5 m eingehalten werden. Die EU hat mit der „Richtlinie 2014/35/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung elektrischer Betriebsmittel zur Verwendung innerhalb bestimmter Spannungsgrenzen auf dem Markt“ klargestellt, dass hier gesonderte Regelungen getroffen werden und diese Produkte nicht der BauPVO unterliegen. Gemäß dem Gesetz über Elektrizitäts- und Gasversorgung 2005, § 49 gilt in Deutschland: – Energieanlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass die technische Sicherheit gewährleistet ist. Dabei sind vorbehaltlich sonstiger Rechtvorschriften die allgemein anerkannten Regeln der Technik zu beachten.

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B 1 Brandschutz von Baukonstruktionen mit Kunststoffen

Bild 9. Spread of flame test für PV-Module (Currenta GmbH & Co. OHG, Leverkusen)

Bild 10. „Burning Brands“ für die Prüfung von PV-Modulen (Brandtechnologie, Currenta GmbH & Co. OHG, Leverkusen)

– Die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik wird vermutet, wenn bei Anlagen zur Erzeugung, Fortleitung und Abgabe von Elektrizität die technischen Regeln des Verbandes der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V. (VDEBestimmungen) eingehalten worden sind. In Deutschland werden PV-Module nach EN/IEC 61730 geprüft und zugelassen. Die IEC 61730 beschreibt sowohl Anforderungen an Materialien und Komponenten, wie Folien, Rahmenmaterialien, Anschlussdosen etc. als auch an vollständige PV-Module. Die Feuerbeständigkeitsanforderungen der IEC 61730-2 an PV-Module basieren auf der amerikanischen Brandprüfung für Bedachungen nach ANSI/UL 790. Für die brandtechnologische Qualifizierung von PV-Modulen im Dachbereich ist der „Spread of Flame Test“ und der „Burning Brand Test“ durchzuführen (Bilder 9 und 10). Hierbei werden sowohl dachintegrierte PV-Module als auch solche für die Aufdachmontage von der Oberseite beflammt. Die PV-Module werden in die Klassen A, B oder C eingeteilt, wobei die Klasse C die Mindestanforderungen für Deutschland enthält. Anforderungen nach IEC 61730-2 sind, dass: – kein Teil der PV-Module glühend oder brennend vom Teststand fallen darf, – die longitudinale Flammenausbreitung folgende Werte nicht überschreiten darf: • Klasse A – 1,82 m, • Klasse B – 2,40 m, • Klasse C – 3,90 m, – die laterale Flammenausbreitung begrenzt ist.

brand nach innen führen. Geprüft werden Dachaufbauten nach deutschem Baurecht entsprechend den Regeln der CEN TS 1187-1 in Verbindung mit der Klassifizierungsnorm DIN EN 13501-5 oder nach DIN 4102-7. Das Prüfszenario für harte Bedachungen wurde auf Basis der Annahme entwickelt, dass ein Brand dadurch entsteht, dass von einem Kamin oder einem brennenden Nachbargebäude Zündquellen auf das Dach fallen. Bei der Entwicklung des Prüfverfahrens wurde davon ausgegangen, dass über dem Dach keine größeren Installationen vorhanden sind. Die deutsche Bauaufsicht hat festgestellt, dass in Deutschland für Dächer unter PV-Anlagen keine weitergehenden Anforderungen erforderlich sind, da keine größeren Brandfälle bekannt wurden, in denen dieser Effekt eine Rolle gespielt hat. In den USA wurde seit 2013 neben der getrennten Betrachtung von PV-Modulen und von Dächern unter PV-Modulen ein neuer Ansatz verfolgt. In Zusammenarbeit zwischen den Normungsorganisationen und den Sachversicherern sowie dem Solar America Board for Codes and Standards (ABC) wurden die Versuchsmethoden und die Einstufung des Brandverhaltens auf Basis der Norm ANSI/UL 1703 für aufgeständerte PVModule geändert. Geprüft wird jetzt immer das Solarmodul zusammen mit dem Montagesystem und den Dacheindeckungsprodukten über denen es installiert ist. Auf Basis dieser kombinierten Prüfung wird dann eine System-Klassifizierung für einen Typ eines Solarmoduls in Verbindung mit dem Montagesystem und dem darunterliegenden Dachtyp (Bedachung mit einer festgestellten Klassifizierung) und der oder den vorgesehenen Dachneigungen erteilt [4]. Es konnte in den USA bei Anwendung dieses erweiterten Zulassungsverfahrens gezeigt werden, dass es möglich ist, Bedachungen mit Dämmstoffen aus Kunststoffen, wie zum Beispiel Polyurethan, in Kombination mit Solarmodulen sicher auszuführen. Dann besteht im Brandfall kein Risiko, dass ein Brand an oder unter Solarmodulen zu einer schnellen Entzündung des Daches und einer nicht beherrschbaren Brandausbreitung führt.

11.4

Bedachungen unter PV-Modulen

Wie in Abschnitt 10 erläutert, sind Bedachungen als Bauprodukte gemäß den Regelungen der Landesbauverordnungen und den entsprechenden Ausführungsverordnungen auszuführen. Für praktisch alle Gebäude gilt in Deutschland die Anforderung an „harte Bedachungen“ – eine Brandeinwirkung von außen darf nicht zu einer Brandausbreitung oder zu einem Durch-

Weitere Beispiele für brandsicheres Bauen mit Kunststoffen

In Europa wurden in den letzten Jahren weitere Forschungsarbeiten zu diesem Thema durchgeführt [5]. Diese haben gezeigt, dass im Falle eines Brandes die Beanspruchung für bestehende unter einem aufgeständerten Modul liegende Dächer erhöht sein kann. Die Ursachen sind Rückstrahlung der Wärme und erhöhte Strömungsgeschwindigkeiten der Luft. Es wurde daher angezweifelt, dass die Erfüllung der Anforderungen an harte Bedachungen unter diesen Umständen noch ausreichend gewährleistet ist, wenn die bisher genormten Prüfverfahren angewendet werden. Eine Reihe von Sachversicherern fordert nun für große Flachdächer, besonders im Industriebau, dass keine brennbaren Dämmstoffe (Kunststoffe) auf Dächern mit aufgeständerten Solarmodulen verwendet werden, auch wenn diese im deutschen Baurecht zulässig sind. Es ist zu erwarten, dass in den nächsten Jahren weitere Forschungsergebnisse vorgelegt werden und zumindest die Sachversicherer erhöhte Anforderungen stellen werden. Bei CEN TC 127 (dem europäischen Normungsgremium für die Prüfung des Brandverhaltens von Bauprodukten) wird derzeit diskutiert, ob eine zusätzliche Prüfnorm für die Prüfung des Brandverhaltens von Dächern unter Solarmodulen erstellt werden muss (Stand 2020).

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Weitere Beispiele für brandsicheres Bauen mit Kunststoffen

Ein Beispiel sind Sandwichelemente mit organischem Kernwerkstoff und nichtbrennbaren Deckschichten, z. B. aus Stahl. Wichtig ist bei solchen Elementen immer, dass der Kernwerkstoff vor dem direkten Angriff einer Flamme geschützt bleibt. Der Schwachpunkt bei solchen Konstruktionen sind in der Regel die Fugen. Sind diese gut konstruiert und verschraubt oder anderweitig verbunden, können die Flammen im Brandfall den Kernwerkstoff nicht erreichen und entzünden; eine Brandausbreitung im Inneren des Elements wird unmöglich gemacht. Dies kann aber nur funktionieren, wenn auch die Tragkonstruktion des Bauwerks ausreichend stabil ist und insbesondere Deckenelemente und deren Deckschichten so befestigt sind, dass auch im Falle eines Brandes gewährleistet ist, dass weder die Elemente, noch die Deckschichten herunterfallen können. Unterschiedliche Schutzziele können durch die Verwendung von Sandwichelementen mit unterschiedlichen Kernwerkstoffen erreicht werden. Soll z. B. eine Konstruktion einen langandauernden Feuerwiderstand gewährleisten, müssen bei Beflammung von einer Seite mit der sogenannten „Einheitstemperaturkurve“, die einen sich entwickelnden Brand bis hin zum Vollbrand simuliert, die folgenden Anforderungen erfüllt werden: – Die untersuchte Konstruktion muss intakt bleiben (kein Flammen- oder Rauchdurchtritt).

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– Die Temperatur auf der dem Feuer abgewandten Seite darf bestimmte Grenzwerte nicht überschreiten. Diese Ziele können mit einem Sandwichelement nur dann erreicht werden, wenn der Kernwerkstoff nicht thermoplastisch ist. Bei duroplastischen Dämmstoffen wie PUR/PIR- oder Phenolharzschäumen bleibt trotz der teilweisen thermischen Zersetzung ein Kohlenstoffgerüst stehen und damit ist eine gewisse Wärmeisolation auch nach längerer Hitzeeinwirkung gewährleistet. Ein anderer Fall kann bei der Auslegung von großen Industrie- oder Lagerhallen auftreten. Wenn hier eine große Brandlast (z. B. durch das Lagergut) im Inneren eines Raumes oder Gebäudes vorhanden ist und somit die Gefahr eines Brandes mit hoher Wärmeentwicklung besteht, kann es wünschenswert sein, dass möglichst viel Wärme nach außen abgeführt wird. Sind nun hier als Dämmstoff thermoplastische Schäume eingesetzt, so schmelzen diese schnell und die Wärmeabfuhr nach außen wird erleichtert. Dieser Effekt kann mit Mineralwolldämmung, PUR- oder Phenolharzschäumen nicht erreicht werden. Allerdings müssen hier besondere Vorkehrungen getroffen werden, dass keine flüssige Schmelze an den Kanten und Fugen heraustropft oder herausläuft und sich entzündet. Kunststoffe können auch gezielt für den Brandschutz eingesetzt werden. Die Eigenschaften bestimmter Kunststoffe können genutzt werden, um im Falle eines Brandes mehr Sicherheit zu erreichen. Ein Beispiel ist der Einsatz von thermoplastischen Verglasungen als Lichtkuppeln. Diese werden bei der Konzeption von Gebäuden oft als Öffnungen für den Rauch- und Wärmeabzug eingeplant, da sie im Falle eines Brandes schnell schmelzen und somit Öffnungen entstehen, durch die der nach oben strebende heiße Rauch abziehen kann. Bei Rohren kann das thermoplastische Verhalten der eingesetzten Kunststoffe einen Beitrag zur Brandsicherheit leisten. Wenn Rohre durch Brandwände geführt werden (die im Falle eines Brandes feuerwiderstandsfähig sein sollen, also einen Branddurchtritt in angrenzende Räume verhindern), können die Rohrdurchführungen Schwachstellen sein. Bei Verwendung thermoplastischer Rohre in Verbindung mit Produkten die im Brandfall aufschäumen, ist es möglich, einen Branddurchtritt zu verhindern, da die thermoplastischen Rohre durch die Hitzeeinwirkung erweichen. Diese können dann von dem aufschäumenden Brandschutz-Produkt (z. B. auf Basis von Wasserglas oder Blähgraphit) in einer Brandschutzmanschette zusammengedrückt werden – die Öffnung wird vollständig verschlossen und Flammen, Hitze und Rauch können nicht in angrenzende Räume durchtreten. Ein weiteres Beispiel sind Dichtmassen, die beim Brandschutz eine große Rolle spielen können, z. B. bei Türen, Durchgängen und Trennwänden. Neben schwerentflammbaren Produkten spielen hier reaktive Produkte eine große Rolle. Sie bestehen in der Re-

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B 1 Brandschutz von Baukonstruktionen mit Kunststoffen

gel aus einer Grundmasse aus Kunststoff mit Zusatzstoffen, wie Blähgraphit. Solche Dämmschichtbildner können bis auf das 70-fache ihrer Ausgangsdicke aufschäumen. Durch diesen Effekt verschließen sie Öffnungen und Hohlräume und hindern das Feuer daran, sich weiter auszubreiten. Je nach den gestellten Anforderungen gibt es Produkte mit unterschiedlichem Blähdruck, unterschiedlicher Reaktionszeit und Wirkungsrichtung. Die komplexen und vielschichtigen Eigenschaften von Dämmschichtbildnern erlauben den individuell definierten und gezielten Einsatz und garantieren den optimalen Wirkungsgrad im Brandfall.

13

Zusammenfassung

Kunststoffe sind brennbar, können aber dennoch im Bauwesen so verwendet werden, dass im Brandfall kein Risiko für die Bewohner entsteht. Bei einer Reihe von Anwendungen können sie sogar zur Verbesserung der Brandsicherheit eingesetzt werden. Das Brandverhalten von Kunststoffen für den Einsatz im Bauwesen wird nach verschiedenen Prüfmethoden beurteilt. Wie bisher in Deutschland, gibt es jetzt in Europa ein Prüf- und Klassifizierungssystem, mit dem brennbare Baustoffe in verschiedene Klassen eingeteilt werden. Die Beurteilung der werkstoffspezifischen Eigenschaften alleine hat jedoch oft wenig mit den Risiken beim tatsächlichen Anwendungsfall zu tun. Es ist und bleibt zwar sinnvoll (in Deutschland sogar vorgeschrieben), keine leichtentflammbaren Produkte zu verwenden, da diese ein besonderes Risiko für die Brandentstehung z. B. in der Bauphase darstellen, selbst wenn sie in der Endanwendung vor dem Angriff von Hitze und Flammen geschützt sind. Aber die Art und Nutzung des Ge-

bäudes, die Verwendung und der Einbau der jeweiligen Produkte und die Eigenschaften von Verbundkonstruktionen sind entscheidende Faktoren, um für das Gebäude insgesamt ein sinnvolles brandschutztechnisches Konzept realisieren zu können. Die Bestrebungen der Gesetzgeber in vielen europäischen Ländern gehen dahin, ihre Vorschriften weiterzuentwickeln, sodass nicht mehr die bisher übliche isolierte Betrachtung von Werkstoffeigenschaften im Vordergrund steht, sondern eine brandschutztechnisch sinnvolle Gesamtkonzeption von Gebäuden. Im Rahmen von Brandschutzkonzepten können dann die jeweiligen Eigenschaften von Kunststoffen optimal genutzt und Risiken durch entsprechende konstruktive Maßnahmen minimiert werden.

14

Literatur

[1] Study to evaluate the need to regulate within the Framework of Regulation (EU) 305/2011 on the toxicity of smoke produced by construction products in fires, 17.01.2018. [2] Final Technical Report – SBI 2nd Round Robin, Januar 2005. [3] Fraunhofer ISE (2020) Aktuelle Fakten zur Photovoltaik in Deutschland, 26.03.2020. [4] Solar America Board for Codes and Standards (2010) Fire classification rating testing of stand-off mounted photovoltaic modules and systems [online] http://www. solarabcs.org/about/publications/reports/flammabilitytesting/pdfs/Solar%20ABCs-36-1-pager.pdf. [5] Steemann Kristensen, J.; Merci, B.; Jomaas, G. (2017) Fire-induced reradiation underneath photovoltaic arrays on flat roofs, Proceedings of the Fire and Materials.

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B 2 Brandschutzbekleidungen und -beschichtungen Peter Proschek

Dipl.-Ing. Peter Proschek Riemeisterstr. 50, 14169 Berlin Studium des Bauingenieurwesens an der Ruhr-Universität Bochum. Tätigkeit in Ingenieurbüros (Statik, Baukonstruktion). Laufbahnausbildung für den höheren feuerwehrtechnischen Dienst. Leitungsaufgaben in verschiedenen Bereichen der Berliner Feuerwehr. Referatsleiter Brandverhalten von Baustoffen, Brandschutzbeschichtungen beim Deutschen Institut für Bautechnik in Berlin.

Bauphysik-Kalender 2021: Brandschutz. Herausgegeben von Nabil A. Fouad. © 2021 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2021 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

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B 2 Brandschutzbekleidungen und -beschichtungen

Inhaltsverzeichnis 1

Brandschutztechnische Bekleidungen und Beschichtungen 81

2

Bauprodukte zur Verbesserung des Brandverhaltens 81 Feuerschutzmittel und kesseldruckimprägniertes Holz 81 Verwendung 81 Baurechtliche Nachweise 82 Brandschutzgewebe zur Umhüllung von Leitungsanlagen 82 Verwendung 82 Baurechtliche Nachweise 82

2.1 2.1.1 2.1.2 2.2 2.2.1 2.2.2 3 3.1 3.1.1 3.1.2

Bauprodukte, die zum Feuerwiderstand von Bauteilen beitragen 83 Plattenförmige Brandschutzbekleidungen 83 Verwendung 83 Baurechtliche Nachweise 83

3.2 3.2.1 3.2.2 3.3 3.3.1 3.3.2 3.4 3.4.1 3.4.2 3.5 3.5.1 3.5.2 3.6 3.6.1 3.6.2

Brandschutzputzbekleidungen 84 Verwendung 84 Baurechtliche Nachweise 84 Reaktive Brandschutzbeschichtungen auf Stahlbauteile 86 Verwendung 86 Baurechtliche Nachweise 87 Brandschutztechnisch wirksame Bekleidung Verwendung 88 Baurechtliche Nachweise 89 Dämmschichtbildende Baustoffe 89 Verwendung 89 Baurechtliche Nachweise 89 Ablationsbeschichtungen 89 Verwendung 89 Baurechtliche Nachweise 90

4

Literatur

90

88

Bauprodukte zur Verbesserung des Brandverhaltens

81

Der gleichnamige Beitrag aus dem Bauphysik-Kalender 2016 wurde aktualisiert und ergänzt.

1

Brandschutztechnische Bekleidungen und Beschichtungen

Brandschutzbeschichtungen und -bekleidungen sind Bauprodukte, die das Brandverhalten von Bauprodukten verbessern bzw. dazu beitragen, den Feuerwiderstand von Bauteilen zu gewährleisten. Die Verbesserung des Brandverhaltens von Holzwerkstoffen wird durch Kesseldruckimprägnierung oder durch Beschichten mit einer Brandschutzbeschichtung (Feuerschutzmittel) erzielt. Bei elektrischen Leitungen und Leitungsanlagen wird das Brandverhalten durch Umhüllen mit einem mit dämmschichtbildendem Baustoff beschichteten Brandschutzgewebe verbessert. Für den Feuerwiderstand von Bauteilen kommen plattenförmige Bauteile, Brandschutzputzbekleidungen, reaktive Brandschutzbeschichtungen und dämmschichtbildende Baustoffe zur Anwendung. Im Folgenden werden brandschutztechnische Bekleidungen und Beschichtungen sowie die bauordnungsrechtlich erforderlichen Nachweise erläutert.

2

Bauprodukte zur Verbesserung des Brandverhaltens

2.1

Feuerschutzmittel und kesseldruckimprägniertes Holz

2.1.1

Verwendung

Holz ist ein brennbarer Baustoff, der bei Temperaturen > 200 °C brennbare Gase freisetzt. Die Entzündung erfolgt durch direkte Flammeneinwirkung oder durch Hitzestrahlung. Es kann zu einer schlagartigen Entzündung großer Flächen (Flashover) kommen. Der Oberflächenbrand breitet sich in der Regel schnell aus. Er ist nach Wegnahme der Zündquelle nicht selbstverlöschend. Holz ist mit einer Dicke t > 2 mm mit einer Rohdichte von ≥ 400 kg/m3 oder mit einer Dicke t > 5 mm mit einer Rohdichte von ≥ 230 kg/m3 ein normalentflammbarer Baustoff der Baustoffklasse B 2 nach DIN 4102-4 [1]. Für die Anwendungsfälle, in denen bauordnungsrechtlich schwerentflammbare Holzbaustoffe gefordert werden, kann dies erreicht werden durch: – Tränken mit meist wässrigen Salzlösungen im werkseitig auszuführenden Kesseldruckverfahren, – Beschichten mit einer Brandschutzbeschichtung (Feuerschutzmittel), siehe Bild 1 und 2. Bei kesseldruckimprägniertem Holz werden verfahrenstechnisch entzündungshemmende Chemikalien in die Holzstruktur gepresst. Brandschutzbeschichtungen zur Verbesserung des Brandverhaltens, auch als Feuerschutzmittel bezeich-

Bild 1. Feuerschutzmittel auf Holzbauteilen in einer Sporthalle (Rütgers Organics, Mannheim)

Bild 2. Holz mit Feuerschutzmittel ausgerüstet; der sich bildende Schaum schützt die Oberfläche vor Brandeinwirkung (Rütgers Organics, Mannheim)

net, werden äußerlich und in flüssiger Form auf den Baustoff aufgetragen. Der Beschichtungsaufbau besteht aus – einem Haftgrund (optional), – der dämmschichtbildenden Brandschutzbeschichtung und – dem Decklack (optional). Brandschutzbeschichtungen für Holz bilden bei Hitzeeinwirkung eine wärmedämmende Schaumschicht. Sie verbrauchen darüber hinaus Energie und setzen kühlende Gase frei. Hinweis: Von den Feuerschutzmitteln zu unterscheiden sind Flammschutzmittel. Flammschutzmittel sind Chemikalien, die einer Vielzahl von Materialien im Produktionsprozess zugesetzt werden, um deren Brandsicherheit zu erhöhen. Zum Beispiel sind viele Kunststoffe leicht zu entzünden, daher werden sie für eine Reihe von Anwendungen mit Flammschutzmitteln ausgerüstet, um das Risiko eines Brandes möglichst gering zu halten. Bei der Anwendung sind die technischen Datenblätter des Herstellers zu beachten. Besondere Sorgfalt ist auf die richtige Beurteilung und Vorbehandlung der zu beschichtenden Oberflächen zu verwenden. Die Oberflä-

82

B 2 Brandschutzbekleidungen und -beschichtungen

chen müssen frei sein von Staub, Schmutz, Fett, Wachs. Gegebenenfalls ist eine Haftgrundierung zu streichen. Das Feuerschutzmittel kann durch Streichen, Rollen oder Spritzen auf die zu schützenden Holzteile aufgebracht werden. Beschichtungen werden pigmentiert oder farblos geliefert.

2.1.2

Baurechtliche Nachweise

Der baurechtlich erforderliche Nachweis für die Verwendbarkeit erfolgt durch – allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis, – allgemeine bauaufsichtliche Zulassung/allgemeine Bauartgenehmigung oder – Europäische Technische Bewertung (ETA) nach ETAG 028 „Fire retardant products“ [2], künftig: Europäisches Bewertungsdokument EAD 350865-00-1106 [3] (kesseldruckimprägniertes Holz ausgenommen). Hinweis: Der Feuerwiderstand tragender und auch raumabschließender Bauteile sowie Feuerschutzmittel, die auf Materialien aufgebracht werden, die keine Bauprodukte im Sinne der Landesbauordnungen sind, wie z. B. Gewebe und Dekorationen, sind nicht Gegenstand der genannten Nachweise. Die vorher genannten Dokumente enthalten Angaben zum Verwendungsbereich, z. B. Vollholz, FlachpressHolzspanplatte oder Bau-Furniersperrholz. Feuerschutzmittel sind Dämmschichtbildner und daher sensibel gegenüber Feuchtigkeit und mechanischer Beanspruchung. Sie dürfen nur angewendet werden in trockenen Innenräumen und wenn nicht mit einer Abnutzung durch mechanische Beanspruchung zu rechnen ist. Für Feuerschutzmittel nach ETAG 028 sind die Anwendungsregeln der MVV TB [4] zu beachten. Sofern in der ETA nach ETAG 028 das Bauprodukt abschließend beschrieben ist, hat der Hersteller eine auf der Grundlage des Klassifizierungsdokumentes beruhende schriftliche Einbauanleitung in deutscher Sprache bereitzustellen, die mindestens folgende Angaben enthalten muss: – Beschreibung zur Verarbeitung des Bauproduktes, – Beschreibung der Mindestauftragsmenge, – Beschreibung des Einbaus der mit dem Bauprodukt ausgerüsteten Baustoffe. Feuerschutzmittel sind auf Bodenbelägen und/oder Untergründen, die durch dauerhafte Nässe und/oder UV-Bestrahlung beansprucht werden, nicht nachgewiesen.

2.2

Brandschutzgewebe zur Umhüllung von Leitungsanlagen

2.2.1

Verwendung

Ungefähr ein Drittel aller Brände hat ihren Ursprung in elektrischen Anlagen. Dabei sind Brände an Kabelanlagen insbesondere aufgrund der starken Rauchent-

wicklung mit Gefährdung von Personen durch toxische Verbrennungsprodukte und der Funktionsausfall oder die Langzeitschädigung von Einrichtungen durch korrosive Bestandteile gefürchtet. Den Wirkungen eines Kabelbrandes kann durch vorbeugende brandschutztechnische Maßnahmen begegnet werden. Dazu gehören die Verwendung schwerentflammbarer Baustoffe, Abschottungssysteme, Kapselung von Kabelanlagen durch Installationskanälen und -schächten oder qualifizierten Unterdecken. Brandschutzgewebe zur Umhüllung von Leitungsanlagen (elektrische Leitungen (Kabel) oder Leitungsanlagen (Kabelanlagen)) haben nachgewiesen, dass – bei einer Brandbeanspruchung von außen die Anforderung an schwerentflammbare Baustoffe erfüllt werden. Die mit Brandschutzgewebe umhüllten Leitungen und Leitungsanlagen erfüllen nicht die Anforderung an Kabel mit verbessertem Brandverhalten. Sie dürfen daher nicht in Bereichen verwendet werden, wo aufgrund bauaufsichtlicher Vorschriften nur eine geringe Rauchentwicklung gefordert wird. – im Falle der Selbstentzündung der elektrischen Leitungen und Leitungsanlagen durch Kurzschluss oder Überhitzung die Brandentstehung behindert und Brandweiterleitung verhindert wird. Unter Berücksichtigung der Schwerentflammbarkeit des Brandschutzgewebes muss jedoch die Zulässigkeit der Verwendung an elektrischen Leitungen oder Leitungsanlagen in Rettungswegen von der zuständigen Bauaufsichtsbehörde, z. B. im Zusammenhang mit dem Brandschutzkonzept, geprüft werden. Es ist zu beachten, dass die mit Brandschutzgewebe umhüllten Leitungen oder Leitungsanlagen keine Installationskanäle oder -schächte nach DIN 4102-11 [5] sind.

2.2.2

Baurechtliche Nachweise

Der baurechtlich erforderliche Nachweis erfolgt durch eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung/allgemeine Bauartgenehmigung (Z-56.217-. . . ). Neben den Bestimmungen der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung/allgemeinen Bauartgenehmigung sind die Anforderungen der jeweiligen Landesbauordnung und der einschlägigen Leitungsanlagenrichtlinie sowie die erforderliche Montageanleitung zu beachten. Die umhüllten Leitungen oder Leitungsanlagen sind mit einem Schild dauerhaft zu kennzeichnen, das folgende Angaben enthält: – Zulassungsnummer mit Angabe des Anwendungsbereichs nach Zulassung, – Name des Anwenders, – Einbaudatum. Der Unternehmer, der die umhüllten Leitungen oder Leitungsanlagen eingebaut hat, muss für jedes Bauvorhaben eine Übereinstimmungsbestätigung ausstellen.

Bauprodukte, die zum Feuerwiderstand von Bauteilen beitragen

Bild 3. Beispielhafter Aufbau einer Holzbalkendecke mit Brandschutzbekleidung (Promat, Ratingen; Ausschnitt aus Produktdatenblatt)

83

Bild 5. Beispielhafter Aufbau einer Holzständerwand mit Brandschutzbekleidung (Quelle: Promat, Ratingen; Ausschnitt aus Produktdatenblatt) Tabelle 1. Typische Komponenten von Bauarten mit Brandschutzbekleidungen

Bild 4. Beispielhafter Aufbau einer Brandschutzbekleidung für Stahlstützen (Quelle: Promat, Ratingen; Ausschnitt aus Produktdatenblatt)

3

Komponente

Beispiele

Bekleidungsmaterialien

Gipsbauplatten Holzwerkstoffplatten Calciumsilikatplatten Platten aus mineralisch gebundenen Fasern

Unterkonstruktion

Dünnwandige Metallbleche Holzprofile

Dämmstoff

Mineralwolle Organische Faserdämmstoffe

Anschlussdichtungsstoffe, Befestigungen an Anschlusskonstruktion

Dichtungsbänder Spachtelmassen Dübel

Bauprodukte, die zum Feuerwiderstand von Bauteilen beitragen

Tabelle 2. Nachweis der Anwendbarkeit

3.1

Plattenförmige Brandschutzbekleidungen

Bauart

Nachweis

3.1.1

Verwendung

Geregelte Bauarten: – Holzwolle-Leichtbauplatten – Gipskartonplatten-Wände – Fachwerkwände – Holztafeldecken – Holzbalkendecken/-dächer – Holzbalken/-stützen – Stahlträger/-stützen – Unterdecken (Brandbeanspruchung nur von unten!)

Ausführung nach DIN 4102-4

Nichtgeregelte Bauarten: – Wände – Brandwände – Decken/Dächer – Unterdecken – Stahl-/Holztragwerke

Allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis

Plattenförmige Brandschutzbekleidungen können in der Regel nicht eigenständig den erforderlichen Feuerwiderstand herstellen, sondern in einer Bauart. Sie können eine raumabschließende Funktion haben (Wände, Decken) oder dem Schutz von tragenden Konstruktionsteilen dienen (Träger, Stützen), siehe Bilder 3 bis 5. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die typischen Komponenten derartiger Bauarten.

3.1.2

Baurechtliche Nachweise

Die Landesbauordnungen bezeichnen das Zusammenfügen von Bauprodukten zu baulichen Anlagen oder Teilen von baulichen Anlagen als Bauart. Die Anwendbarkeit ergibt sich gemäß Tabelle 2 – für geregelte Bauarten aus der Übereinstimmung mit den bekannt gemachten technischen Regeln und

84

B 2 Brandschutzbekleidungen und -beschichtungen

– für nicht geregelte Bauarten • allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis oder • Europäische Technische Bewertung (ETA) nach ETAG 018-4 [6] bzw. EAD 350142-00-1106 [7]. Bauarten bedürfen einer Bestätigung ihrer Übereinstimmung mit den Technischen Baubestimmungen und den allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnissen für Bauarten durch den Anwender.

3.2

Brandschutzputzbekleidungen

3.2.1

Verwendung

Brandschutzputzbekleidungen werden aus einer Trockenmischung hergestellt, die sich im Wesentlichen aus einem Bindemittel (Zement oder Gips) und Zuschlag zusammensetzt, der Mineralfaser oder Vermiculite (geblähte Glimmer) enthält. Die erzielte Oberfläche ist ohne Nachglätten spritzrau. Gebrauchsfähige Oberflächen und ein optionaler mechanischer Schutz kann durch zusätzliche Hartmantel-Putze oder Blechverkleidungen erreicht werden. Die Stoßfestigkeit der 10 bis 65 mm dicken Schichten ist nur begrenzt. Transport bzw. Beschichtung vor Montage sind daher nicht machbar. Brandschutz-Putzbekleidungen werden in einer oder mehreren Lagen profilfolgend bzw. bei kleinen Profilen auch kastenförmig bis zur erforderlichen Gesamtdicke auf der Baustelle aufgespritzt. Für die Wirksamkeit von Brandschutzputzbekleidung ist deren ausreichende Haftung am Untergrund Voraussetzung. Hierfür haben sich zwei Wirkprinzipe bewährt: – Brandschutz-Putzbekleidung auf Putzträger aufgetragen, wie z. B. auf Drahtgewebe, Rippen oder Streckmetall und – Brandschutz-Putzbekleidung ohne Putzträger auf Haftgrund. Bei der Anwendung auf Stahlbauteilen ist es daher erforderlich, dass die Grundbeschichtung alkalifest sein muss, um Verseifungen und spätere Haftverluste zu vermeiden. Anwendungsbeispiele sind den Bildern 6 bis 10 zu entnehmen.

3.2.2

Bild 6. Brandschutzputzbekleidung profilfolgend (Daussan, Woippy Frankreich)

Stahlprofil mit Korrsionsschutz

Stahlgewebe oder Streckmetal

DOSSOLAN HOECO F II/1

Bild 7. Brandschutzputzbekleidung kastenförmig (Daussan, Woippy Frankreich)

Baurechtliche Nachweise

Der baurechtlich erforderliche Nachweis erfolgt durch: – die Benennung der Bauart in DIN 4102-4, – eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung für Brandschutzputzbekleidungen, die wesentlich von DIN 4102-4 oder hinsichtlich ihrer Zusammensetzung von DIN 18550 [8] abweichen oder – eine Europäische Technische Bewertung (ETA) nach ETAG 018-3 [9] bzw. EAD 350142-00-1106 [10]. Brandschutzputzbekleidungen nach allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung basieren auf den „Zulassungsgrundsätzen für Brandschutz-Putzbekleidungen“ [11]. Es werden folgende Anwendungsbereiche abgedeckt:

Bild 8. Brandschutzputzbekleidung auf Trapezprofilblech (Daussan, Woippy Frankreich)

– Stahlbauteile, Trapezblechdecken und Dächer aus Trapezblechen, – Beton, Stahlbeton und Spannbeton, – innenliegende Bauteile, die nicht unmittelbar den Witterungseinflüssen ausgesetzt sind,

Bauprodukte, die zum Feuerwiderstand von Bauteilen beitragen Betondecke

DOSSALACK 350 P

Bild 9. Brandschutzputzbekleidung auf Betondecke (Daussan, Woippy Frankreich)

Bild 10. Anwendungsbeispiel Tiefgarage, Brandschutzputzbekleidung auf Stahlkonstruktion (Daussan, Woippy Frankreich)

– außenliegende Bauteile, die unmittelbar Witterungseinflüssen ausgesetzt sind, z. B. Schlagregen, Spritzwasser, UV-Einstrahlung, – Bauteile, die besonderen Beanspruchungen, wie z. B. Tausalzen, ausgesetzt sind. Für Stahlbauteile werden die Mindestdicken der Putzdicken in den Zulassungen in Abhängigkeit von der Feuerwiderstandsklasse F nach DIN 4102-2 [12] des beschichteten Bauteils und des Profilbeiwerts angegeben. Für Betonbauteile wird angegeben, wieviel Millimeter Normalbeton durch 1 Millimeter Putz ersetzt werden kann. Bei der Verwendung von Brandschutzputzbekleidungen nach Zulassung ist im Einzelnen Folgendes zu beachten. Bei der Verwendung ist die jeweilige Verarbeitungsanleitung des Herstellers zu beachten. Gemäß Zulassung ist jedes Unternehmen, das Brandschutzputzbekleidungen nach einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung ausführen will, vom Inhaber der Zulassung mit den besonderen Bestimmungen dieser Bauart vertraut zu machen. Für die Herstellung der Brandschutzputzbekleidung sind von den Unternehmen zuverlässige, geschulte Fachkräfte einzusetzen, die bei der Ausführung von Putzarbeiten im Spritzverfahren bereits mit Erfolg tätig waren und ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen für die bestimmungsgemäße Ausführung solcher Arbeiten besitzen.

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Für jede Baustelle hat das Unternehmen, das eine Brandschutzputzbekleidung nach dieser allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung ausführt, nach Abschluss der Arbeiten eine Bescheinigung auszustellen, die folgende Angaben enthalten muss: – ausführendes Unternehmen, – Baustelle, – Datum der Herstellung, – geforderte Feuerwiderstandsdauer der mit dem Brandschutzputz bekleideten Bauteile, – Bestätigung, dass die aufgebrachte Brandschutzputzbekleidung gemäß den Bestimmungen der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung hergestellt wurde. Brandschutz-Putzbekleidungen werden auf der Baustelle hergestellt. Der Hersteller muss durch eine Übereinstimmungsbestätigung für jedes Bauwerk bescheinigen, dass die ausgeführten Bekleidungen der zugehörigen Zulassung entsprechen. Die Bestätigung erhalten der Bauherr und die Bauaufsichtsbehörde. Brandschutzputzbekleidungen nach ETA auf Basis von ETAG 018-3 bzw. EAD 350142-00-1106 beinhalten Angaben für den bewerteten Anwendungsbereich und die bewerteten Umgebungsbedingungen: – Anwendungsbereich sind die Untergründe Stahl, Beton, Holz, Mauerwerk und Plattenbaustoffe (z. B. Calciumsilikatplatten, Gipskartonplatten); es wird unterschieden in Verwendungskategorien Typ 1 bis Typ 10. – Die Umgebungsbedingungen hinsichtlich Innenund Außenanwendung, Feuchtigkeit, Frost und UVBelastung werden in vier Kategorien eingeteilt: X, Y, Z1 und Z2 . Die Mindesttrockenschichtdicken des Brandschutzputzes werden in ETA in Abhängigkeit von der Feuerwiderstandsklassifizierung des behandelten Bauteils angegeben und der Bemessungstemperaturen angegeben. Die Klassifizierung des Feuerwiderstands erfolgt entsprechend der relevanten Klassifizierungsnorm DIN EN 13501 [13, 14]. Die Ausführung einer Brandschutzputzbekleidung hat gemäß Herstelleranweisung zu erfolgen. Für die Ausführung der jeweiligen Brandschutzputzbekleidung sind nur die in der ETA genannten spezifischen Bestandteile, der Haftvermittler, der Trockenmörtel, der beschriebene Putzträger und wahlweise der Decklack zu verwenden. Der Hersteller ist dafür verantwortlich, dass alle erforderlichen Informationen dem Ausführenden korrekt und vollständig zur Verfügung gestellt werden. Von der vollen Brandschutzleistung der Putzbekleidung kann nur ausgegangen werden, wenn die Ausführung auf der Baustelle von Fachkräften vorgenommen wird, die Erfahrung mit dem Produkt haben. Bei der Ausführung einer Brandschutzputzbekleidung sollten parallel mindestens für die Prüfung der Dichte Probekörper gefertigt werden, um die Übereinstimmung der ausgeführten Putzbekleidung mit den Anforderungen dieser ETA zu belegen.

86

B 2 Brandschutzbekleidungen und -beschichtungen

Ferner ist es erforderlich, die Schichtdicke der aufgebrachten Brandschutzputzbekleidung nach dem Auftrag zu überprüfen. Die Messung sollte mithilfe eines Tiefenmessers auf markierten Kontrollfeldern von mindestens 0,5 m2 je 1000 m2 und mindestens an 6 geometrisch gleichmäßig über die Fläche verteilten Punkten erfolgen. Die Messungen sind zu dokumentieren. Die gemessenen Dicken dürfen an keiner Stelle die Mindestdicke unterschreiten. Wenn eine Verwendung der Brandschutzputzbekleidung im frei bewitterten Außenbereich vorgesehen ist, ist über die gesamte Nutzungszeit die Intaktheit eines Decklacks zu gewährleisten. Der Nutzer des Bauwerks sollte instruiert werden, entsprechende Erhaltungsmaßnahmen vorzusehen.

3.3

Reaktive Brandschutzbeschichtungen auf Stahlbauteile

3.3.1

Verwendung

Der Baustoff Stahl ist ein nichtbrennbarer Baustoff, er setzt dem Feuer jedoch einen je nach Brandentwicklung zeitlich begrenzten Widerstand entgegen. Unter Einwirkung hoher Temperaturen verliert Stahl an Festigkeit und wird verformbar. Systematische Untersuchungen haben ergeben, dass es eine Abhängigkeit zwischen der Erwärmungsgeschwindigkeit des Stahlbauteils und der Masse des zu erwärmenden Querschnitts gibt, siehe Bild 11. Als Maßstab dafür dient üblicherweise das Verhältnis von beflammtem Umfang U in m zur Querschnittsfläche A in m2 . Der sogenannte Profilfaktor U/A wird größer, je filigraner das Bauteil ist. Der Anwendungsbereich endet bei U/A = 300 m−1 . Große und massive Profile erwärmen sich langsamer und haben daher von sich aus einen höheren Feuerwiderstand als kleinere Profile. Neben dem U/A-Faktor spielt die Formel 100/t (Blechdicke t in cm) eine wichtige Rolle. Sie gilt bei der Berechnung des U/A-Faktors nach DIN 4102-4 und den Eurocodes, z. B. für vierseitig beflammte Hohlprofile mit profilfolgender Ummantelung. Die Bemessung der erforderlichen Dicken

für Brandschutzbekleidungen und -beschichtungen ist abhängig vom U/A-Faktor. Verständlich ist auch, dass der Feuerwiderstand durch abgedeckte Flächen günstig beeinflusst wird, beispielsweise durch eine aufliegende Decke oder eine anliegende Wand. Die Abhängigkeit von der tatsächlich dem Feuer ausgesetzten Oberfläche drückt sich dann im U/A-Faktor über den Umfang aus, der kleiner wird. Weil im Zähler stehend, wird der U/A-Faktor ebenfalls kleiner. Es ist auch ersichtlich, dass sich ein Doppel- T-Profil im Vergleich zu einem Rohr, dessen eingeschlossene Luftsäule die aufgenommene Wärme speichert, im Brandfall anders verhält. Man unterscheidet daher auch noch in offene und geschlossene Profile. Um eine bauordnungsrechtlich vorgegebene Feuerwiderstandsdauer zu erreichen, können tragende Konstruktionen des Stahlbaus unter anderem mit Brandschutzbekleidungen (siehe Abschn. 3.1) und reaktiven Brandschutzbeschichtungen gegen zu starke Erwärmung geschützt werden, siehe Bild 12. Reaktive Brandschutzbeschichtungen bestehen aus – einer Grundierung für den Korrosionsschutz bzw. einem Haftvermittler (z. B. bei Verzinkung),

Bild 12. Anwendungsbeispiel Dachtragwerk aus Stahl (Rütgers Organics, Mannheim)

Temperatur Einheitstemperaturzeitkurve

Brandtemperatur Stahltemperatur

Kleiner Profilfaktor

(ungeschützter Stahl)

Großer Profilfaktor

Zeit

Bild 11. Abhängigkeit zwischen Profilfaktor und Temperatur des ungeschützten Stahls (Dupont Protective Coatings, Vaihingen)

Bauprodukte, die zum Feuerwiderstand von Bauteilen beitragen

87

– der reaktiven Komponente und – optional einem Deckanstrich. Die reaktive Komponente kann aus einer dämmschichtbildenden Komponente, Ablationsbeschichtungen oder einer Kombination aus beiden Komponenten bestehen. Dämmschichtbildende Baustoffe bilden im Brandfall einen wärmedämmenden Schaum. Ablationsbeschichtungen expandieren im Brandfall nur gering, sie erzeugen einen kühlenden Effekt indem Brandenergie durch chemische und/oder physikalische Reaktionen reduziert wird.

3.3.2

Baurechtliche Nachweise

Der baurechtliche Nachweis erfolgt durch – allgemeine bauaufsichtliche Zulassung in Kombination mit einer allgemeinen Bauartgenehmigung für die Anwendung, – Europäische Technische Bewertung (ETA) auf Basis von ETAG 018-2 [14] bzw. EAD 350402-00-1101 [15]. Für die Anwendung ist zusätzlich eine Bauartgenehmigung erforderlich. Reaktive Brandschutzbeschichtungen nach allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung basieren auf den Prüfungen nach den „Zulassungsgrundsätzen für reaktive Brandschutzsysteme auf Stahlbauteilen“ [16], siehe Bilder 13 und 14. Es werden folgende Anwendungsbereiche abgedeckt: – Stahlbauteile: Träger (Vollwandträger mit Biegebeanspruchung), Druckglieder mit offenen (I-, T-, U- und L- förmige Walz- und zusammengesetzte Profile) und geschlossenen Profilen (rechteckige, quadratische und kreisförmige Hohlprofile) und eingeschränkt für Zugglieder mit offenen Profilen bis zu einem Lastausnutzungsgrad μfi = 0,5; – innenliegende Bauteile, die nicht unmittelbar den Witterungseinflüssen ausgesetzt sind, reaktive Brandschutzbeschichtungen dürfen nicht ständiger Nässe oder ständiger Luftfeuchtigkeit von mehr als 90 % rel. Feuchte und/oder stark aggressiven Gasen ständig ausgesetzt sein; – außenliegende Bauteile sind unmittelbaren Witterungseinflüssen, wie z. B. Schlagregen und UVEinstrahlung ausgesetzt, reaktive Brandschutzbeschichtungen dürfen nicht ständiger Nässe oder ständiger Luftfeuchtigkeit von mehr als 90 % rel. Feuchte und/oder stark aggressiven Gasen ständig ausgesetzt sein. Mit reaktiven Brandschutzbeschichtungen beschichtete Stahlbauteile werden in Feuerwiderstandsklassen F nach DIN 4102-2 eingestuft. Für die Bemessung werden die Mindestwerte der Gesamtschichtdicke (trocken) des Dämmschichtbildners in Abhängigkeit von der Feuerwiderstandsdauer, dem U/A-Faktor sowie der Profilart angegeben. Bei der Verwendung von reaktiven Brandschutzbeschichtungen nach allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung ist im Einzelnen Folgendes zu beachten. Es ist nachzuweisen, dass thermische Längenänderungen der Stahlbauteile bei einer Temperatur von 500 °C

Bild 13. Ein belasteter Stahlträger ist für die Brandprüfung im Prüfofen eingebaut

Bild 14. Der belastete Stahlträger nach der Brandprüfung, das reaktive Brandschutzsystem ist aufgeschäumt

vom Tragsystem ohne Beeinträchtigung der Standsicherheit aufnehmbar sind. Andernfalls sind geeignete konstruktive Maßnahmen zu treffen, um die Standsicherheit zu gewährleisten. Es gelten im Übrigen die Bestimmungen von DIN 4102-4. Zum Nachweis, dass die Eigenschaften der reaktiven Brandschutzbeschichtung durch Alterung nicht beeinträchtigt werden, sind Alterungsprüfungen an Proben, die 2, 5 und 10 Jahre ausgelagert wurden, durchzuführen. Die Ergebnisse dürfen von den bei den Zulassungsprüfungen festgestellten Werten nicht wesentlich abweichen. Bei wesentlichen Abweichungen kann die Zulassung widerrufen werden. Der Dämmschichtbildner darf nur von Fachkräften aufgebracht werden, die mit der Wirkungsweise und der Verarbeitungsweise der reaktiven Brandschutzbeschichtung durch den Hersteller des Dämmschichtbildners in intensiver Schulung vertraut gemacht worden sind. Über die Schulung der Fachkräfte hat der Hersteller Aufzeichnungen anzufertigen und diese der fremdüberwachenden Stelle auf Verlangen vorzulegen.

88

B 2 Brandschutzbekleidungen und -beschichtungen

Die Gesamtschichtdicken des Dämmschichtbildners (ohne Korrosionsschutz- und Deckanstrich) müssen trocken mindestens die für die jeweilige Feuerwiderstandsdauer geforderten Werte aufweisen, bzw. maximal den nach Zulassung angegebenen Wert einhalten. Zur Kontrolle ist die Schichtdicke an mehreren für den Brandschutz der Stahlkonstruktion wesentlichen Flächen festzustellen. Dabei sind jeweils 20 Einzelmessungen auf einer Fläche von ungefähr 500 cm2 vorzunehmen. Die erforderliche Mindestschichtdicke darf nur an 2 von 20 Messstellen, gleichmäßig verteilt gemessen, unterschritten werden. Bei der Verwendung der reaktiven Brandschutzbeschichtung ist die jeweilige Verarbeitungsanleitung des Herstellers zu beachten. Aus Gründen des Gesundheitsschutzes sind im Anschluss an den vollständigen Beschichtungsaufbau der reaktiven Brandschutzbeschichtung auf Stahlbauteilen im Aufenthaltsraum oder zugehörigen Nebenraum eine nach Zulassung vorgegebene Wartezeit vor Nutzung der Räume einzuhalten. Die mit der reaktiven Brandschutzbeschichtung behandelten Stahlbauteile dürfen keine Bekleidungen oder sonstige Ummantelungen erhalten, die den Dämmschichtbildner am Aufschäumen hindern können. Beim Anschluss anderer Bauteile ist die Anschlussstelle so auszubilden, dass eine Brandbeanspruchung des zu schützenden Bauteils ausreichend verhindert wird, oder es sind die anzuschließenden Bauteile selbst so zu schützen, dass sie die Erwärmung des zu schützenden Stahlbauteils nicht fördern. Ein notwendiger Deckanstrich hat die Aufgabe, den Dämmschichtbildner vor Feuchtigkeit und sonstigen Umwelteinflüssen zu schützen. Er muss daher stets in ordnungsgemäßem Zustand gehalten werden. Bei jeder Ausführung der zugelassenen reaktiven Brandschutzbeschichtung hat der Verarbeiter den Auftraggeber schriftlich darauf hinzuweisen, dass die Brandschutzwirkung auf die Dauer nur sichergestellt ist, wenn der Deckanstrich stets in ordnungsgemäßem Zustand gehalten wird, und anzugeben, welche Beschichtungsstoffe für Ausbesserung und Erneuerung des Deckanstrichs verwendet werden dürfen. Für reaktive Brandschutzbeschichtungen nach Europäischer Technischer Bewertung ist für deren Verwendung Folgendes zu berücksichtigen. Die Klassifizierung in Bezug auf den Feuerwiderstand erfolgt gemäß EN 13501-2 für das geschützte Bauteil, einschließlich der reaktiven Brandschutzbeschichtung. Für die mit reaktiven Brandschutzbeschichtungen beschichteten Stahlbauteile ist die Angabe IncSlow gemäß DIN EN 13501-2 in der Leistungserklärung zusätzlich zu nennen. In Ermangelung einer allgemein anerkannten Regel der Technik für die Planung, Bemessung und Ausführung ist für die Verwendung von reaktiven Brandschutzbeschichtungen auf Stahlbauteilen mit einer Europäischer Technischer Bewertung nach ETAG 018-1

und -2 bzw. EAD 350402-00-1101 eine allgemeine Bauartgenehmigung erforderlich. Die Anwendung der reaktiven Brandschutzbeschichtung auf Stahlzuggliedern aus Baustahl entsprechend EN 100251 ist nicht durch das Europäische Bewertungsdokument geregelt. Stahlzugglieder können daher nicht in einer Europäischen Technischen Bewertung behandelt werden. Die Bewertungsmethoden berücksichtigen eine Nutzungsdauer des Brandschutzbeschichtungsprodukts für den vorgesehenen Verwendungszweck von 10 Jahren, wenn es im Werk installiert ist. Die tatsächliche Nutzungsdauer des Produkts kann unter normalen Nutzungsbedingungen wesentlich länger sein, ohne dass die Grundanforderungen an Bauwerke beeinträchtigt werden. Hinsichtlich der Umgebungsbedingungen für die Innen- und Außenanwendung werden die Nutzungskategorien X, Y, Z1 und Z2 definiert. Jede Nutzungskategorie beinhaltet ein Bewertungsverfahren für die Einwirkung aus Feuchtigkeit, Frost und/oder UV-Belastung. Mit reaktiven Brandschutzsystemen beschichtete Bauteile sind durch ein oder mehrere Schilder witterungsbeständig wie folgt zu kennzeichnen: Der Dämmschichtbildner des Brandschutzsystems (Bezeichnung), entsprechend der Zulassung des DIBt vom (Datum), Zulassungs-Nr.: Z-19.11-nnn, wurde in (Anzahl) Schichten am (Datum) durch (Name und Anschrift der ausführenden Firma) aufgebracht. Für den Deckanstrich wurde (Bezeichnung) verwendet. Im Jahre . . . ist der Deckanstrich zu überprüfen. Zur Ausbesserung des Deckanstrichs dürfen nur geeignete Beschichtungsstoffe verwendet werden. Keine weiteren Anstriche aufbringen, weil sonst die Brandschutzwirkung beeinträchtigt werden kann! Die beschichteten Bauteile müssen für Kontroll- und Instandhaltungsarbeiten zugänglich sein.

3.4

Brandschutztechnisch wirksame Bekleidung

3.4.1

Verwendung

Die Verwendung von hochfeuerhemmenden Holztragkonstruktionen setzt in der Gebäudeklasse 4 die Anordnung einer brandschutztechnisch wirksamen Bekleidung und die Verwendung von ausschließlich nichtbrennbaren Dämmstoffen mit einem Schmelzpunkt ≥ 1000 °C gemäß DIN 4102-17 [18] voraus. Schutzziel ist, die Gefahr eines verdeckten Weiterbrands der Konstruktion und eines verzögerten Tragwerkversagens bzw. Durchbrands in andere Nutzungseinheiten für mindestens 60 Minuten zu verhindern. Dazu muss die Entzündung der Holzbauteile im Innern der Konstruktion zuverlässig ausgeschlossen werden. Die Brandschutzbekleidung muss die brennbaren, tragenden und aussteifenden Bestandteile der Bauteile daher für diesen Zeitraum einkapseln. Dieses Leis-

Bauprodukte, die zum Feuerwiderstand von Bauteilen beitragen

tungskriterium der Brandschutzbekleidung kann im Rahmen der bisherigen Brandprüfungen nach DIN 4102-2 nicht überprüft werden. Die europäische Norm DIN EN 14135 [19] legt ein Prüfverfahren zur Bestimmung der Fähigkeit einer Bekleidung fest, den darunterliegenden brennbaren Baustoff gegen Entzündung, Verkohlung und andere Schäden während der definierten Normbeanspruchung (ETK) zu schützen. Werden die in dieser Norm festgelegten Leistungskriterien eingehalten, wird die Brandschutzbekleidung nach DIN EN 13501-2 als K 60 klassifiziert, wobei der Buchstabe K für Kapselung steht. Die Klassifizierung der Feuerwiderstandsfähigkeit des Bauteils ist gesondert nachzuweisen.

3.4.2

Baurechtliche Nachweise

Der baurechtliche Nachweis für hochfeuerhemmende Bauteile, deren tragende, aussteifende und raumabschließende Teile aus Holz oder Holzwerkstoffen bestehen und die allseitig eine brandschutztechnisch wirksame Bekleidung aus nichtbrennbaren Baustoffen (Brandschutzbekleidung) und Dämmstoffe aus nichtbrennbaren Baustoffen haben, ist durch allgemeine bauaufsichtliche Prüfzeugnisse zu erbringen.

3.5

Dämmschichtbildende Baustoffe

3.5.1

Verwendung

Die Wirkungsweise von Dämmschichtbildner beruht auf der Bildung eines wärmedämmenden Schaums, der im Brandfall Fugen, Spalten und andere Öffnungen ausfüllt. Bei Raumtemperatur haben sie ein kleines Volumen. Erst bei Hitzeeinwirkung bei ca. 150 bis 200 °C beginnt das Bindemittel oberflächlich zu erweichen. Die von einem Treibmittel erzeugten Gase blähen die Beschichtung schaumförmig auf. Ein schaumstabilisierender Zusatzstoff sorgt für die thermische Stabilität. Es bildet sich eine dicke, wärmedämmende Schaumschicht. Sie kommen zur Anwendung in Form von Platten, Matten, Streifen, Leisten, Bänder, Gewebe, Folien, Formteile, Profile, Formkörper, Anstrichstoffe, Beschichtungsstoffe, Kitte, Pasten, Spachtelmassen, Mörtel, Granulate, Kissen, Schüttungen. Diese Baustoffe können verwendet werden – in Bauteilen zum Verschließen von Öffnungen, z. B. Feuerschutzabschlüsse, Abschottungen, – auf Bauteilen zum Schutz ihrer Oberflächen, z. B. Abschottungen, – zwischen Bauteilen oder Bauteilelementen zum Verschließen der Fugen. Bei Fugen und Abschottungen dient die aufgeschäumte Beschichtung dazu, Feuer und Rauch den Durchtritt zu verwehren. Bauteile, in denen der Baustoff verwendet wird, bedürfen zum Nachweis ihrer Feuerwiderstandsklasse eines eigenen baurechtlichen Nachweises. Die in diesen Nachweisen enthaltenen Konstruktionseinzelheiten sind zu beachten.

3.5.2

89

Baurechtliche Nachweise

Der baurechtliche Nachweis erfolgt durch: – allgemeine bauaufsichtliche Zulassung nach den Zulassungsgrundsätzen für Bauprodukte, die als dämmschichtbildende Baustoffe in Bauteilen und Bauarten zur Anwendung kommen [20] oder – Europäische Technische Bewertung (ETA) auf Grundlage des Europäischen Bewertungsdokuments EAD 350005-00-1104 „Intumescent products for fire sealing and fire stopping purposes“ [22]. In Abhängigkeit von erfolgreich bestandenen Prüfungen können dämmschichtbildende Baustoffe für verschiedene Anwendungsbereiche verwendet werden, wie z. B. in der Innen- oder Außenanwendung oder in Bereichen, in denen spezielle Beanspruchungen zu erwarten sind. Hierzu gehören Feuchträume oder vergleichbare Bereiche mit hoher Feuchtebeanspruchung, nicht jedoch ständige, unmittelbare Nässe und/oder Räume, bei denen eine kurzzeitige Einwirkung von Chemikalien gegeben ist sowie Bereiche mit Beanspruchung durch Schlagregen, Frost-Tau-Wechsel, UVEinstrahlung. Bei den Zulassungsprüfungen werden in Abhängigkeit von der Herstellungsform produktspezifische Kennwerte ermittelt für Dicke, Flächengewicht, Dichte, Gehalt an nichtflüchtigen Anteilen, Masseverlust durch Erhitzen, Schaumhöhe und Blähdruck. Diese Kennwerte sind Grundlage der werkseigenen Produktionskontrolle und der Überwachung.

3.6

Ablationsbeschichtungen

3.6.1

Verwendung

Ablationsbeschichtungen enthalten Stoffe, die sich bei Wärmeeinwirkung in einer endothermen Reaktion chemisch verändern, sie verdampfen, sublimieren bzw. schmelzen. Sie expandieren nur sehr gering. Dadurch werden die beschichteten Bauteile gekühlt. Außerdem können aus den Beschichtungen Stoffe freigegeben werden, die eine flammhemmende Wirkung haben. Nach Abschluss der chemischen und physikalischen Prozesse bleibt ein poröses, anorganisches, nichtbrennbares und fallweise zusammengesintertes Gerüst, das zusätzlich thermisch isolierend wirkt. Diese Baustoffe finden in Form von Beschichtungsstoffen oder Pasten auf den Oberflächen von Bauteilen oder Gegenständen wie z. B. bei Kabelabschottungen und als Bestandteil von Fugenverschlüssen Verwendung. Sie werden in einer oder mehreren Schichten durch Spritzen oder Streichen aufgebracht. Ablationsbeschichtungen werden überall dort eingesetzt, wo Bauteile der Feuchtigkeit oder speziellen Beanspruchungen wie Chemikalien ausgesetzt sind. Bauteile, in denen der Baustoff verwendet wird, bedürfen zum Nachweis ihrer Feuerwiderstandsklasse eines eigenen baurechtlichen Nachweises. Die in diesen Nachweisen enthaltenen Konstruktionseinzelheiten sind zu beachten.

90

B 2 Brandschutzbekleidungen und -beschichtungen

3.6.2

Baurechtliche Nachweise

Der baurechtliche Nachweis erfolgt durch allgemeine bauaufsichtliche Zulassung nach den Zulassungsgrundsätze für Bauprodukte zur Herstellung von Ablationsbeschichtungen [22]. In Abhängigkeit von erfolgreich bestandenen Prüfungen können Ablationsbeschichtungen für verschiedene Anwendungsbereiche verwendet werden, wie z. B. in der Innen- oder Außenanwendung oder in Bereichen, in denen spezielle Beanspruchungen zu erwarten sind. Hierzu gehören Feuchträume oder vergleichbare Bereiche mit hoher Feuchtebeanspruchung (nicht jedoch ständige, unmittelbare Nässe) und/oder Räume, bei denen eine kurzzeitige Einwirkung von Chemikalien gegeben ist sowie Bereiche mit Beanspruchung durch Schlagregen, Frost- Tau-Wechsel, UV-Einstrahlung. Bei den Zulassungsprüfungen werden produktspezifische Kennwerte ermittelt für Dichte, Gehalt an nichtflüchtigen Anteilen der Baustoffe, Masseverlust durch Erhitzen, Flexibilität und kritischen Sauerstoffindex (LOI). Diese Kennwerte sind Grundlage der werkseigenen Produktionskontrolle und der Überwachung. Der Verfasser dankt den folgenden Firmen für ihre freundliche Unterstützung: Daussan SAS, DupontProtective Coatings, Promat, Rütgers Organics.

4

Literatur

[1] DIN 4102-4:2016-05 (2016) Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen, Teil 4: Zusammenstellung und Anwendung klassifizierter Baustoffe, Bauteile und Sonderbauteile, Beuth, Berlin. [2] ETAG 028 Fire retardant 27.06.2013, www.eota.eu.

products,

Ausgabe

[3] Europäisches Bewertungsdokument EAD 350865-001106 für Fire retardant products (Feuerschutzmittelprodukte), unveröffentlicht. [4] Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) jeweils gültige Fassung, www.dibt.de. [5] DIN 4102-11:1985-12 (1985) Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen; Rohrummantelungen, Rohrabschottungen, Installationsschächte und -kanäle sowie Abschlüsse ihrer Revisionsöffnungen; Begriffe, Anforderungen und Prüfungen, Beuth, Berlin. [6] ETAG Nr. 018 Fire protection products, Part 4: Fire protective boards, slab and mats products and kits, Ausgabe 11.01.2012, www.eota.eu. [7] Europäisches Bewertungsdokument EAD 350142-001106 Fire protective board, slab and mat products and kits, veröffentlicht im Amtsblatt der EU 2017/C 435/07. [8] DIN 18550-1:2018-1 (2018) Planung, Zubereitung und Ausführung von Außen- und Innenputzen, Teil 1: Ergän-

zende Festlegungen zu DIN EN 13914-1:2016-09 für Außenputze, Teil 2: Ergänzende Festlegungen zu DIN EN 13914-2:2016-09 für Innenputze, Beuth, Berlin. [9] ETAG Nr. 018 Fire protection products, Part 3: Renderings and rendering kits intended for fire resisting applications, Ausgabe 27.06.2013. [10] Europäisches Bewertungsdokument 350140-00-1106 Renderings and rendering kits intended for fire resisting applications, veröffentlicht im Amtsblatt der EU 2017/C 435/ 07. [11] Deutsches Institut für Bautechnik (2002) Zulassungsgrundsätze für Brandschutz-Putzbekleidungen, DIBt Mitteilungen 5, Ernst und Sohn, Berlin. [12] DIN 4102-2:1998-05 (1998) Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen – Teil 2: Bauteile, Begriffe, Anforderungen und Prüfungen, Ernst und Sohn, Berlin. [13] DIN EN 13501-2: 2016-12 (2016) Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten – Teil 2: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Feuerwiderstandsprüfungen, mit Ausnahme von Lüftungsanlagen, Ernst und Sohn, Berlin. [14] DIN EN 13501-3:2010-02 (2010) Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten – Teil 3: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Feuerwiderstandsprüfungen an Bauteilen von haustechnischen Anlagen: Feuerwiderstandsfähige Leitungen und Brandschutzklappen, Ernst und Sohn, Berlin. [15] ETAG Nr. 018 Fire protection products, Part 2: Reactive coatings for fire protection of steel elements, Ausgabe 06.12.2011, www.eota.eu. [16] Europäisches Bewertungsdokument EAD 35040200-1101 Reactive coatings for fire protection of steel elements, veröffentlicht im Amtsblatt der EU 2017/C 435/07. [17] Deutsches Institut für Bautechnik (1998) Zulassungsgrundsätze für reaktive Brandschutzsysteme auf Stahlbauteilen, DIBt Mitteilungen 4, Ernst und Sohn, Berlin. [18] DIN 4102-17:1990-12 (1990) Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen; Schmelzpunkt von MineralfaserDämmstoffen; Begriffe, Anforderungen, Prüfung, Beuth, Berlin. [19] DIN EN 14135:2004-11(2004) Brandschutzbekleidungen, Bestimmung der Brandschutzwirkung, Beuth, Berlin. [20] Zulassungsgrundsätze für Bauprodukte, die als dämmschichtbildende Baustoffe in Bauteilen und Bauarten zur Anwendung kommen, Fassung Dezember 2013, veröffentlicht auf www.dibt.de. [21] Europäisches Bewertungsdokument EAD 35000500-1104 Intumescent products for fire sealing and fire stopping purposes, veröffentlicht im Amtsblatt der EU 2015/C 378/02. [22] Zulassungsgrundsätze für Bauprodukte zur Herstellung von Ablationsbeschichtungen, Fassung Dezember 2013, veröffentlicht auf www.dibt.de.

91

B 3 Brandverhalten von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen Björn Kampmeier, Jochen Zehfuß

Prof. Dr.-Ing. Björn Kampmeier Hochschule Magdeburg-Stendal Fachgebiete Brandschutz und Baukonstruktion Breitscheidstraße 2, 39114 Magdeburg Studium des Holzingenieurwesens an der FH Hildesheim (1997–2001); Studium des Bauingenieurwesens an der TU Braunschweig (2001–2003). Von 2004 bis 2012 wissenschaftlicher Mitarbeiter am iBMB, dort Promotion mit dem Thema „Risikogerechte Brandschutzlösungen für den mehrgeschossigen Holzbau“ (2008). Von 2010 bis 2012 Oberingenieur am iBMB im Fachgebiet Brandschutz. Seit Oktober 2012 Professor an der Hochschule Magdeburg-Stendal für die Studiengänge Bauingenieurwesen und Sicherheit und Gefahrenabwehr in den Fachgebieten Brandschutz und Baukonstruktion. Wilhelm-Klauditz-Preis für Holzforschung und Umweltschutz 2006; Sonderpreis der ProWood-Stiftung 2005; Freiberufliche Nebentätigkeit im Ingenieurbüro für Brandschutz. Mitglied des DIN-Arbeitsausschusses NA 005-52-22 AA „Konstruktiver baulicher Brandschutz“, als auch der Untergruppen zum EC 2-1-2 und zum EC 5-1-2, zudem Mitglied des vfdb-Referats 4 „Ingenieurmethoden des Brandschutzes“. Hauptarbeitsfeld ist das Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen, insbesondere von Holz- und Betonbauteilen sowie die Ingenieurmethoden im Brandschutz.

Bauphysik-Kalender 2021: Brandschutz. Herausgegeben von Nabil A. Fouad. © 2021 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2021 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

92

B 3 Brandverhalten von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Jochen Zehfuß Technische Universität Braunschweig Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (iBMB) Beethovenstraße 52, 38106 Braunschweig Studium des Bauingenieurwesens an der TU Braunschweig. Danach wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (iBMB) der TU Braunschweig. 2004 Promotion mit dem Thema „Bemessung von Tragsystemen mehrgeschossiger Gebäude in Stahlbauweise für realistische Brandbeanspruchung“ und Tätigkeit als wissenschaftlicher Leiter hhpberlin Ingenieure für Brandschutz. Seit 2011 Gesellschafter und Mitglied der Geschäftsführung von hhpberlin Ingenieure und seit 2012 Prüfingenieur für Brandschutz in Schleswig-Holstein. Seit 2013 Leiter des Fachgebiets Brandschutz am Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (iBMB) der TU Braunschweig, seit 2017 wissenschaftlicher Vorstand der Materialprüfanstalt für das Bauwesen (MPA) Braunschweig und Sprecher des Forschungszentrums für Brandschutz (ZeBra) der TU Braunschweig. Mitglied verschiedener Gremien: CEN TC 250 SC 1 WG 4 „Actions on structures supposed to fire“, CEN TC 127 WG 8 „Fire safety engineering“, CEN TC 250 SC 2 WG1 TG 5 „Design of concrete structures – Fire“, DStV AA „Brandschutz“; Obmann DIN NA „Konstruktiver Brandschutz – Eurocodes“; Stv. Obmann DIN NA „Ingenieurverfahren im Brandschutz“ sowie Vorsitzender vfdb Referat 4 „Ingenieurmethoden“.

B 3 Brandverhalten von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen

93

Inhaltsverzeichnis 1

Einleitung

94

2

Baustoffklassifizierung

3

Bauteilklassifizierung

4

Bauaufsichtliche Einschränkungen für nawaRo-Dämmstoffe 98 Allgemeines 98 Wesentliche Abweichungen in den Bundesländern 98 Wärmedämmverbundsysteme 100 Gefachdämmung in hochfeuerhemmenden Holztafelelementen 101 Sonderbauten 101

7 94

7.1 7.2

96 7.2.1

4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 5

6 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5

Schwelverhalten von nawaRo-Dämmstoffen

102

Anwendung als WDVS in den GK 4 und 5 104 Allgemeines 104 Variante 1: Dämmstoff ohne Schwelneigung 105 Variante 2: WDVS mit Dickschichtputzsystem 105 Variante 3: WDVS mit Schwelbarrieren 106 Zusammenfassung und Ausblick 106

7.3 7.4 7.5 7.6

Anwendung als Gefachdämmung in den GK 4 und 5 108 Allgemeines 108 Anforderungen an die Brandschutzbekleidung bei brennbaren Dämmstoffen 108 Bestimmung der Grenztemperatur der thermischen Zersetzung 108 Konstruktionsentwicklung mittels kleinformatiger Normbrandversuche 109 Beleg durch einen mittelformatigen ETK-Brandversuch 110 Konstruktionsregeln 112 Übertragbarkeit der Vorgehensweise auf Gebäudeklasse 5 112

8

Zusammenfassung

9

Literatur

115

114

94

B 3 Brandverhalten von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen

1

Einleitung

Vor dem Hintergrund des kaum gezügelten Ressourcenverbrauchs und der Klimadiskussion gewinnen die in dieser Hinsicht positiven Eigenschaften von Baustoffen aus nachwachsenden Rohstoffen (nawaRo) zunehmend an Bedeutung. Die Produktion benötigt wenig Energie und während ihrer Verwendung im Bauwerk dienen die Baustoffe sogar als CO2 -Speicher. Ein Kubikmeter Holz entlastet die Erdatmosphäre beispielsweise um etwa eine Tonne CO2 . Anschließend können die Baustoffe häufig sogar wiederverwendet werden, um letztendlich thermisch verwertet und als Brennstoff genutzt werden zu können. Daher ist es aus klimaschutzpolitischen Gründen sinnvoll und nachvollziehbar, die Verwendung von Baustoffen aus nachwachsenden Rohstoffen zu stärken. Hinzu kommt, dass Bauherren, die sich aus ökologischen Gründen für einen Holzbau entscheiden, diesen Weg auch konsequent verfolgen wollen. Dazu zählt auch, dass Dämmstoffe, die üblicherweise aus Mineralwolle oder Polystyrol bestehen, ebenfalls durch Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen ersetzt werden. Dem stehen allerdings bei höheren Gebäuden zumeist bauaufsichtliche Anforderungen entgegen, da Dämmstoffe aus nawaRo brennbar sind und üblicherweise zum Schwelen neigen. Im Gegensatz zu nichterneuerbaren Rohstoffen handelt es sich bei nachwachsenden Rohstoffen (auch biogene Stoffe genannt) um organische Rohstoffe, die zumeist aus land- und forstwirtschaftlicher Produktion stammen und für Anwendungsgebiete außerhalb der Nahrungsmittelproduktion verwendet werden. Ein

Anwendungsfall der nawaRos sind Dämmstoffe. Die Produktpalette ist vielfältig und reicht von Holzfaser- und Zellulosedämmstoffen als Marktführer über Hanf, Flachs, Stroh, Kork, Schafwolle bis hin zu Seegras (Bild 1). Die Rohstoffe können zu Platten, Matten oder zu Schütt- und Einblasdämmung weiterverarbeitet werden. So existiert eine breite Produktpalette. Dämmstoffe aus nawaRos haben in Deutschland einen vergleichsweise geringen Marktanteil von nur 7,2 Prozent [1]. In diesem Beitrag werden die aktuellen bauaufsichtlichen Anforderungen, die die Verwendung von nawaRo-Dämmstoffen regeln, einleitend dargestellt. Ferner werden die brandschutztechnischen Besonderheiten wie das Schwel- und Löschverhalten ausführlich erläutert und die sich daraus ergebenen Gefahren beschrieben. Abschließend wird auf aktuelle Entwicklungen in diesem Bereich eingegangen und gezeigt, wie auch bei höheren Gebäuden der Gebäudeklassen 4 und 5 diese Dämmstoffe gefahrlos eingesetzt werden können. Dabei wird im Wesentlichen auf zwei kürzlich abgeschlossene Forschungsvorhaben Bezug genommen.

2

Baustoffklassifizierung

Die Muster-Bauordnung (MBO) [3] unterscheidet in § 26 „Allgemeine Anforderungen an das Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen“ grundsätzlich zwischen nichtbrennbaren und brennbaren Baustoffen. Dämmstoffe aus nawaRos sind aufgrund ihres organischen Charakters als brennbar einzustufen. Brennba-

Bild 1. Übersicht verschiedener Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen [2]

Baustoffklassifizierung

re Baustoffe werden wiederum in schwerentflammbare, normalentflammbare und leichtentflammbare Baustoffe unterschieden. Ein schwerentflammbarer Baustoff ist dadurch gekennzeichnet, dass er sich unter den Bedingungen eines Entstehungs- oder Schwelbrandes erst nach längerer Einwirkungsdauer entzündet und nicht vollständig verbrennt, also nach Wegfall des Stützfeuers wieder selbstständig verlöscht. Normalentflammbare Baustoffe können mit einem brennenden Streichholz nach längerer Einwirkung entzündet werden und brennen danach stetig weiter. Leichtentflammbare Baustoffe lassen sich sehr leicht entzünden und brennen rasch ab. Sie dürfen deshalb nach § 26 MBO nicht verwendet werden. Zur definierten Unterscheidung werden gemäß europäischer Baustoffklassifizierung Bauprodukte hinsichtlich ihres Brandverhaltens in sieben Baustoffklassen (A1, A2, B, C, D, E und F nach DIN EN 13501-1) [4] unterteilt. Zusätzlich zum Brandverhalten werden dabei bei der Prüfung im Single Burning Item (SBI) nach DIN EN 13823 [5] und im Kleinbrennertest nach DIN EN ISO 11925-2 [6] das brennende Abtropfen und die Rauchentwicklung bewertet. Die zusätzlichen Brandparallelerscheinungen brennendes Abtropfen/Abfallen und Rauchentwicklung werden dabei wie folgt klassifiziert:

Brennendes Abtropfen/Abfallen: – d2: Es werden keine Beschränkungen gemacht. – d1: Kein brennendes Abtropfen/Abfallen, das länger als eine vorgegebene Zeit dauert. – d0: Kein brennendes Abtropfen/Abfallen zulässig. Rauchentwicklung: – s3: Es werden keine Einschränkungen an die Rauchentwicklung gefordert. – s2: Die gesamte freigesetzte Rauchmenge sowie das Verhältnis des Anstiegs der Rauchentwicklung sind beschränkt. – s1: Strengere Kriterien als für s2 werden erfüllt.

a)

b)

95

Tabelle 1. Zuordnung der bauaufsichtlichen Baustoffbezeichnungen zu den Kurzbezeichnungen Bauaufsichtliche Bezeichnung

Mindestanforderung nach DIN EN 13501-1

nach DIN 4102-1

nichtbrennbar

A2-s1, d0

A1, A2

schwerentflammbar C-s3, d2

B1

normalentflammbar E-d2

B2

leichtentflammbar

B3

F

Durch die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten der europäischen Baustoffklassen mit den Brandparallelerscheinungen sind 39 unterschiedliche Baustoffklassifizierungen möglich. Darüber hinaus dürfen ebenfalls weiterhin die nationalen Regelungen der DIN 4102-1 [7] angewendet werden. Die Umsetzung der europäischen und nationalen Kurzbezeichnungen in das deutsche Baurecht erfolgt über Zuordnungstabellen, die in der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) [8] angegeben sind, und ebenfalls die Vergleichbarkeit von Baustoffklassen nach DIN 4102-1 und DIN EN 13501-1 festlegt. Eine vereinfachte Darstellung dieser Zuordnung ist Tabelle 1 zu entnehmen. Die meisten Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen sind den Euroklassen D oder E zuzuordnen. Es gibt jedoch wenige Ausnahmen, die nach einer SBIPrüfung (Bild 2a) nach DIN EN 13823 der Euroklasse C zugeschrieben werden. Dies würde eigentlich eine Einstufung als schwerentflammbar ermöglichen, jedoch wird in der MVV TB ergänzend geregelt, dass schwerentflammbare Baustoffe nicht zum Schwelen neigen dürfen, sondern von alleine wieder selbst verlöschen müssen. Dieser Nachweis ist nach DIN EN 16733 [9] zu führen und für nawaRo-Dämmstoffe aufgrund der vorhandenen Schwelneigung im Allgemeinen nicht zu schaffen.

Bild 2. a) SBI-Test und b) Brandschachttest

96

B 3 Brandverhalten von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen

Bild 3. Fassadengroßbrandversuch nach DIN 4102-20

Im national geforderten Brandschachttest (Bild 2b) nach DIN 4102-16 [10] wird im Gegensatz zum SBITest das Schwelverhalten der Bauprodukte direkt mitgeprüft. Während beim SBI-Test die Beobachtungszeit nicht über die Beflammungsdauer hinausgeht, endet die Beobachtungszeit beim Brandschachttest erst mit dem Selbstverlöschen des Probekörpers. Daher ist im nationalen Klassifizierungssystem keine zusätzliche Untersuchung des Schwelverhaltens erforderlich. Neben der Baustoffklassifizierung durch Prüfungen im Brandschacht nach DIN 4102-15 [11] bzw. dem Single Burning Item (SBI)-Test nach DIN EN 13823 [12] wird in der Regel im Rahmen einer Bauartgenehmigung für Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) der Gebäudeklassen 4 und 5 vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) eine zusätzliche Prüfung des Gesamtsystems im Fassadenprüfstand nach DIN 4102-20 [12] gefordert. Diese Prüfung soll eine Brandbeanspruchung auf die Oberfläche einer Gebäudeaußenwand durch aus einer Außenwandöffnung schlagende Flammen infolge eines Raumbrands simulieren. Die Brandbeanspruchung wird in der Prüfung durch einen Kiesbettbrenner mit einer Leistung von 350 kW über eine Dauer von 20 Minuten in Eckanordnung aufgebracht (Bild 3). Kriterium der Prüfung ist, dass sich die Brandausbreitung dabei nicht wesentlich über den Primärbrandbereich hinaus erstrecken darf. Bezüglich des Schwelens wird gefordert, dass 15 Stunden nach Beginn des Versuchs der Prüfkörper an keiner Position Temperaturen über 50 °C aufweist. Weiterhin gehen das brennende Abfallen und Abtropfen von Material in die Bewertung ein.

3

Bauteilklassifizierung

Die in den Bauordnungen festgelegten materiellen Anforderungen an den Feuerwiderstand feuerhemmend, hochfeuerhemmend und feuerbeständig werden über die MVV TB-Feuerwiderstandsklassen zugeordnet. Die Klassifizierung des Feuerwiderstands im europäischen System erfolgt nach DIN EN 13501-2 [13] auf Grundlage der Einheitstemperaturzeitkurve (ETK) anhand verschiedener charakteristischer Leistungseigenschaften zu verschiedenen Klassifizierungszeiten (30, 60 oder 90 min). Die drei Hauptleistungseigenschaften werden mit den Klassifizierungsbuchstaben R, E und I unterschieden. Zusätzlich wird hier die Leistungseigenschaft K näher erläutert, da es für die Anwendung von nawaRo-Dämmstoffen im Holzrahmenbau eine entscheidende Bedeutung hat. Es existieren darüber hinaus viele weitere Eigenschaften wie Rauchdurchlässigkeit (s), selbstschließende Eigenschaft (c) oder Aufrechterhaltung der Energieversorgung (p), die jedoch für die Verwendung von nawaRoDämmstoffen keine wesentliche Rolle spielen.

Tragfähigkeit R Die Tragfähigkeit R ist die Fähigkeit des Bauteils, unter festgelegten mechanischen Einwirkungen einer Brandbeanspruchung auf einer oder mehreren Seiten ohne Verlust der Standsicherheit für eine Zeitdauer zu widerstehen. Die Kriterien für die Feststellung des unmittelbar bevorstehenden Zusammenbruchs sind je nach Typ des tragenden Bauteils unterschiedlich. Auf Biegung beanspruchte Bauteile, z. B. Decken und Dächer,

Bauteilklassifizierung

97

Bild 4. Vergleich der Kriterien I und K

müssen eine Verformungsgeschwindigkeit (Durchbiegung) und einen Grenzwert für die aktuelle Verformung (Durchbiegung) einhalten. Axial belastete Bauteile, z. B. Stützen und Wände, müssen eine Verformungsgeschwindigkeit (Stauchung) und einen Grenzwert für die aktuelle Verformung (Stauchung) einhalten.

Raumabschluss E Der Raumabschluss E ist die Fähigkeit eines Bauteils bei einseitiger Brandbeanspruchung die Übertragung des Feuers zur nicht dem Feuer ausgesetzten Seite infolge des Durchtritts von Flammen oder heißer Gase, zu widerstehen. Die Feststellung des Raumabschlusses wird im Allgemeinen auf Basis der folgenden drei Versagensmerkmale durchgeführt: – Risse und Öffnungen, die über bestimmte Abmessungen hinausgehen, – Entzündung eines Wattebausches, – andauernde Entflammung auf der vom Feuer abgewandten Seite. Wärmedämmung I Die Wärmedämmung I ist die Fähigkeit eines Bauteils bei einer einseitigen Brandbeanspruchung die Erwärmung auf der brandabgewandten Seite innerhalb zulässiger Grenzen zu halten. Die Übertragung muss soweit begrenzt sein, dass weder die vom Feuer abgewandte Oberfläche noch Materialien in der Nähe dieser Oberfläche entzündet werden können. Das Bauteil muss außerdem ein so großes Hindernis für die Hitze sein, dass es ausreicht, in der Nähe befindliche Personen zu schützen. Als Grenzwert wird eine Temperaturerhöhung von 140 K im Mittel angesetzt. Kapselung K Die Kapselung K beschreibt die Fähigkeit einer brandschutztechnisch wirksamen Bekleidung einen brennbaren Baustoff vor der Entzündung und/oder Verkohlung zu schützen. Dazu muss die Brandschutzbekleidung unter anderem sicherstellen, dass auf der Holzoberfläche im Mittel eine Temperaturerhöhung von

250 K nicht überschritten wird. Die Anforderung ist in Bild 4 im Vergleich zum I-Kriterium dargestellt. Zusätzlich zu den hier beschriebenen Leistungskriterien müssen feuerwiderstandsfähige Bauteile auch Anforderungen an das Brandverhalten der verwendeten Baustoffe erfüllen. Diese werden in der MBO als auch in der MVV TB gestellt: „a) feuerbeständige Bauteile: Tragende und aussteifende Teile müssen aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen, raumabschließende Bauteile müssen zusätzlich eine in Bauteilebene durchgehende Schicht aus nichtbrennbaren Baustoffen haben. b) hochfeuerhemmende Bauteile: Bestehen tragende und aussteifende Teile aus brennbaren Baustoffen müssen sie allseitig eine brandschutztechnisch wirksame Bekleidung aus nichtbrennbaren Baustoffen (Brandschutzbekleidung) und – sofern vorhanden – nichtbrennbaren Dämmstoffen haben. (. . . ) c) feuerhemmende Bauteile: Tragende und aussteifende Bauteile können aus brennbaren Baustoffen ausgeführt werden. Dies gilt auch für raumabschließende Bauteile.“ Auf nationaler Ebene regelt weiterhin die DIN 4102-2 [14] das Brandverhalten der Bauteile. Bei der Einstufung der Feuerwiderstandsdauer existieren keine nennenswerten Unterschiede, lediglich, dass die Bauteile nicht nach ihrer Funktion unterschieden werden, sondern einheitlich die Kurzbezeichnung F führen. Dafür werden die Feuerwiderstandsdauern mit den bereits erwähnten Baustoffanforderungen zu einer Kurzbezeichnung verknüpft. Die Zuordnung zu den bauaufsichtlichen Bezeichnungen ist Tabelle 2 zu entnehmen. Bauaufsichtlich eingeführte, rechnerische Bemessungsregeln zur Bestimmung der Feuerwiderstandsdauer von Bauteilen mit nawaRo-Dämmstoffen existieren aktuell nicht. Entsprechende Nachweise zum Feuerwiderstand derartiger Bauteile beschränken sich in DIN EN 1995-1-2 und DIN 4102-4 derzeit auf ungedämmte oder mit Mineralwolle gedämmte Holzrahmenelemente.

98

B 3 Brandverhalten von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen

Tabelle 2. Zuordnung der bauaufsichtlichen Bauteilbezeichnung zu den nationalen und europäischen Kurzbezeichnungen Bauaufsichtliche Bezeichnung

Europäische Kurzbezeichnung

Nationale Kurzbezeichnung

feuerhemmend

REI30/EI30/R30

F30-B

hochfeuerhemmend

REI60/EI60/R60

F60-(BA) *)

feuerbeständig

REI90/EI90/R90

F90-AB

*) Kurzbezeichnung nicht bauaufsichtlich eingeführt

Im Entwurf prEC 1995-1-2 (second draft) [15] wird aber eine deutliche Erweiterung dieses Rechenverfahrens angestrebt. Das Verfahren soll für mehr Materialvarianten in unterschiedlichen Kombinationen für eine Feuerwiderstandsdauer von bis zu 120 Minuten anwendbar sein. Grundlage hierfür bilden in erster Linie die in [9] durchgeführten Arbeiten. Auf dieser Grundlage erfolgt in [10] die Aufnahme von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen anhand von Cellulose und Holzfaserdämmstoffen unter ansonsten unveränderten Modellannahmen. Nähere Informationen hierzu finden sich im Beitrag C5 „Brandschutzbemessung von Holzbauteilen nach Eurocode 5“ [16]. Da für Bauteile mit Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen kein bauaufsichtlich eingeführtes Rechenverfahren existiert, um den Raumabschluss oder den Feuerwiderstand (Tragfähigkeit) zu berechnen, besteht zurzeit die einzige Möglichkeit der Nachweisführung in der Durchführung entsprechender Brandprüfungen und der daran anschließenden Ausstellung eines Verwendbarkeitsnachweises durch eine bauaufsichtlich anerkannte Prüfstelle. Die bislang vorliegenden Verwendbarkeitsnachweise sind auf den Internetseiten der Hersteller zu finden und zu einem wesentlichen Teil in der Datenbank www. dataholz.eu.

4

Bauaufsichtliche Einschränkungen für nawaRo-Dämmstoffe

4.1

Allgemeines

Die grundlegenden Anforderungen an den Brandschutz sind in den Landesbauordnungen geregelt. Stellvertretend wird hier auf die Musterbauordnung (MBO) in der Fassung von 2016 Bezug genommen. Sie stellt eine Leitfunktion für die einzelnen Landesbauordnungen dar. Tabelle 3 gibt die Bauteilanforderungen wieder und zeigt, dass der Einsatz brennbarer Dämmstoffe nur bei hochfeuerhemmenden Bauteilen in Holzbauweise ausdrücklich nicht zulässig ist (grau hinterlegt). Hochfeuerhemmende Bauteile mit einer tragenden Struktur aus nichtbrennbaren Baustoffen dürfen wie feuerbeständi-

ge Bauteile brennbare Dämmstoffe enthalten. Dies bedeutet, dass z. B. in einer hochfeuerhemmenden Holzständerwand der Einsatz brennbarer Dämmstoffe verboten ist. Würden nun die brennbaren Holzständer durch nichtbrennbare Metallständer ersetzt, dürften brennbare Dämmstoffe als Hohlraumdämmung eingesetzt werden. Dies sogar auch bei der Bauteilanforderung feuerbeständig. Diese Unterscheidung ist historisch gewachsen und kaum begründbar. Somit dürfen bereits aktuell übliche Trockenbauwände mit Metallprofilen als nichttragend und raumabschließend mit der Anforderung feuerbeständig mit Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen ausgeführt werden. Diese Auslegung wird in der MVV TB in Teil A unter Punkt 2.1.3.3.2 bestätigt. Dort wird zu feuerbeständigen Bauteilen ausgeführt, dass „Bestandteile von raumabschließenden Bauteilen, die nicht zu den tragenden und aussteifenden Teilen und nicht zur durchgehenden Schicht des Bauteils zählen, (. . . ) mindestens normalentflammbar sein“ müssen. In Abschnitt 8 dieses Beitrags wird gezeigt unter welchen konstruktiven Randbedingungen brennbare Dämmstoffe ebenfalls in hochfeuerhemmenden Holztafelelementen eingesetzt werden können, ohne dass das allgemein akzeptierte brandschutztechnische Sicherheitsniveau verlassen wird. Zudem wird ein Ausblick gegeben wie dies sogar für tragende feuerbeständige Holztafelbauteile angewendet werden kann. Somit stünde auch der Anwendungsbereich der Gebäudeklassen 4 und 5 den nawaRo-Dämmstoffen zur Verfügung. Die Verwendung normalentflammbarer Dämmstoffe ist im Bereich der Fassaden in den Gebäudeklassen 1 bis 3 (vgl. § 28 MBO, Abs. (5)) gestattet. Bei mehrgeschossigen Gebäuden der Gebäudeklassen 4 und 5 fordert die MBO schwerentflammbare Dämmstoffe als Bestandteil von Außenwandbekleidungen (vgl. § 28 MBO, Abs. (3)). Dabei ist anzumerken, dass Wärmedämmverbundsysteme ebenfalls zu Außenwandbekleidungen zählen (Abschnitt 4.3). Die Anforderung, dass ab einer Gebäudehöhe größer 7 m nur schwerentflammbare Dämmstoffe eingesetzt werden dürfen, betrifft somit ebenfalls Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen. Die Anforderungen der §§ 27 bis 31 der MBO sind in Tabelle 4 dargestellt.

4.2

Wesentliche Abweichungen in den Bundesländern

Die MBO Ausgabe 2016 in Verbindung mit der M-HFHHolzR 2014 [17] stellt mit geringen Abweichungen weiterhin den bauaufsichtlichen Stand in den meisten Bundesländern dar. Es gibt jedoch vielfältige Bestrebungen, die Anwendung von Baustoffen aus nachwachsenden Rohstoffen wie Holz zu erleichtern. Dies betrifft zum einen den Entwurf der MusterHolzbaurichtlinie 2020 (vgl. Beitrag D2 „Brandschutz bei hölzernen Bauteilen nach den nationalen Regeln/

Bauaufsichtliche Einschränkungen für nawaRo-Dämmstoffe

99

Tabelle 3. Zuordnung der bauaufsichtlichen Benennungen Mindestanforderung

Bauaufsichtliche Benennung

Feuerwiderstandsdauer

Baustoffanforderungen

feuerbeständig

90 Minuten

Tragende und aussteifende Teile nichtbrennbar; bei Raumabschluss durchgehende nichtbrennbare Schicht

REI 90 F 90-AB

hochfeuerhemmend

60 Minuten

Tragende und aussteifende Teile nichtbrennbar; bei Raumabschluss durchgehende nichtbrennbare Schicht

REI 60 F 60-AB

Tragende und aussteifende Teile brennbar; brandschutztechnisch wirksame Bekleidung; Nichtbrennbare Dämmstoffe

REI60 K2 60

brennbar

REI 30 F 30-B

feuerhemmend

30 Minuten

Kurzbezeichnung

Tabelle 4. Übersicht zu Bauteil- und Baustoffanforderungen der MBO sortiert nach Gebäudeklassen Bauteil nach MBO

§

GK 1

GK 2

GK 3

GK 4

GK 5

Tragende Wände, Stützen (Geschoss)

§ 27 Abs. 1



fh

fh

hfh

fb

Tragende Wände, Stützen (Keller)

§ 27 Abs. 2

fh

fh

fb

fb

fb

Außenwände

§ 28 Abs. 2, 5 –





A oder fh A oder fh

Außenwandbekleidung

§ 28 Abs. 3, 5 –





B1 *2

B1 *2

Trennwände (Geschoss)

§ 29 Abs. 3, 6 –



fh

hfh

fb

Trennwände (Keller)

§ 29 Abs. 3, 6 –



fb

fb

fb

hfh

*3

hfh + M

Fb + A + M

hfh

*3

hfh + M

Fb + A + M

§ 30 Abs. 2, 3 hfh

*3

innere Trennwand

§ 30 Abs. 2, 3 hfh

*3

Decken (Geschoss)

§ 31 Abs. 1



fh

fh

hfh

fb

Decken (Keller)

§ 31 Abs. 2

fh

fh

fb

fb

fb

Decke im Dachraum (Trennwand bis Rohdecke)

§ 29 Abs. 4, 6 –



fh

fh

fh

Decken im Dachraum, über denen Aufenthaltsräume möglich sind

§ 31 Abs. 1



fh

fh

hfh

fb

Dächer von traufseitig aneinandergebauten Gebäuden *10

§ 32 Abs. 6

fh i→a

fh i→a

fh i→a

fh i→a

fh i→a

weitere Anforderungen an Dächer

§ 32 Abs. 7







*7

*7

Decken notwendiger Treppenräume *5

§ 35 Abs. 4 *3 – *8

– *8



hfh

fb

Wände notwendiger Treppenräume

§ 35 Abs. 4 *1 – *8

– *8



hfh + M

fb + A + M

Bekleidungen und Dämmstoffe in notwendigen Treppenräumen

§ 35 Abs. 5

– *8

– *8

A

A

A

Wände notwendiger Flure (Geschoss)

§ 36 Abs. 4





fh *4

fh *4

fh *4

Wände notwendiger Flure (Keller)

§ 36 Abs. 4

fh *4 *8

fh *4 *8

fb

fb

fb

Bekleidungen und Dämmstoffe in notwendigen Fluren

§ 36 Abs. 6





A

A

A

Fahrschachtwände von Aufzügen

§ 39 Abs. 2

–*4

–*4

fh *4

hfh



fh *6

Gebäudeabschlusswand (Abstand < 5 m)

*9

Trennwände und Decken in Räumen für feste Abfallstoffe

§ 45



hfh

*3

hfh

*3

hfh

fb+ A *6

fb

100

B 3 Brandverhalten von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen

Tabelle 5. Erläuterungen zu Tabelle 4 *

Bemerkung

1

Brennbare Dämmstoffe der Außenwandkonstruktion dürfen verwendet werden, wenn sie in nichtbrennbaren geschlossenen Profilen angeordnet sind.

2

Unterkonstruktionen dürfen gem. § 28 Abs. 3 normalentflammbar sein, wenn alternative Vorkehrungen gegen die Brandausbreitung getroffen werden.

3

Alternativ auch Gebäudeabschlusswände zulässig, die jeweils von innen nach außen die Feuerwiderstandsfähigkeit der tragenden und aussteifenden Teile des Gebäudes (mindestens F30-B) und von außen nach innen die Feuerwiderstandsfähigkeit feuerbeständiger Bauteile haben (§ 30 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3).

4

(Fahrschacht-)Wände/Decken aus brennbaren Baustoffen müssen (schachtseitig) eine Bekleidung aus nichtbrennbaren Baustoffen in ausreichender Dicke haben.

5

„. . . dies gilt nicht, wenn der obere Abschluss das Dach ist und die Treppenraumwände bis unter die Dachhaut reichen.“ (§ 35 Abs. 4 Satz 3 Teilsatz 2)

6

im Kellergeschoss F90-AB

7

„Dächer von Anbauten, die an Außenwände mit Öffnungen oder ohne Feuerwiderstandsfähigkeit anschließen, müssen innerhalb eines Abstands von 5 m von diesen Wänden als raumabschließende Bauteile für eine Brandbeanspruchung von innen nach außen einschließlich der sie tragenden und aussteifenden Bauteile die Feuerwiderstandsfähigkeit der Decken des Gebäudeteils haben, an den sie angebaut werden.“ (§ 32 Abs. 7 Satz 1 MBO)

8

Es sind keine Treppenräume für notwendige Treppen in Wohngebäuden der GK 1 und 2 vorgeschrieben.

9

„Außenwandbekleidungen von Gebäudeabschlusswänden müssen einschließlich der Dämmstoffe und Unterkonstruktionen nichtbrennbar sein.“ (§ 30 Abs. 7 Satz 3)

Brandschutzkonzepte bei hölzernen Bauwerken“) [18]. Diese Regelungen wurden bereits in Hamburg weitestgehend umgesetzt. Ferner gibt es Bundesländer, die darüber hinaus Erleichterungen für den Holzbau und nawaRo-Dämmstoffe zulassen. (Tabelle 6) Mit in Kraft treten der Landesbauordnung in Baden-Württemberg (LBO B-W) zum 01. März 2015 [19] wurde der bauaufsichtlich zugelassene Bereich für den Holzbau nochmals deutlich erweitert. Bis dahin war die Anwendung von Holz in der Gebäudeklasse 4 analog zu den Vorgaben der MusterHolzbaurichtlinie geregelt. Darüber hinaus war auch schon vor März 2015 der Holzbau in der Gebäudeklasse 5 grundsätzlich zwar möglich, im Gegensatz zur Gebäudeklasse 4 mit der zugehörigen Muster-Holzbaurichtlinie existierten jedoch keinerlei technische Regeln zur Ausführung der Bauteile. Mit der LBO B-W 2015 erfolgte eine Angleichung letztgenannter Forderung auch für die Gebäudeklasse 4, sodass künftig mehrgeschossige Holzgebäude auch ohne Berücksichtigung der Anforderungen der MusterHolzbaurichtlinie 2004 errichtet werden dürfen. In der Ausführungsverordnung zur baden-württembergischen Landesbauordnung war in § 4 (3) in diesem Zusammenhang formuliert, dass tragende oder aussteifende Bauteile, die feuerbeständig sein müssen, aus brennbaren Baustoffen zulässig sind, wenn der Feuerwiderstand dieser Bauteile dem feuerbeständiger Bauteile entspricht und diese Bauteile so hergestellt und eingebaut werden, dass Feuer und Rauch nicht in an-

dere Geschosse übertragen werden können. Diese Anforderung wurde in [19] inzwischen dahingehend abgeschwächt, dass „die hinsichtlich der Standsicherheit und des Raumabschlusses geforderte Feuerwiderstandsfähigkeit nachgewiesen und die Bauteile und ihre Anschlüsse ausreichend lang widerstandsfähig gegen die Brandausbreitung sind.“ Ausgenommen sind Wände notwendiger Treppenräume und Schächte für Installationen. Damit ist es in Baden-Württemberg ohne zusätzliche Anforderungen an Brandschutzbekleidungen und nichtbrennbare Hohlraumdämmungen grundsätzlich möglich, Gebäude in Holzbauweise bis zur Hochhausgrenze zu errichten. Tabelle 6 gibt einen Überblick über die bauaufsichtlichen Anforderungen der Bundesländer bezüglich des mehrgeschossigen Holzbaus.

4.3

Wärmedämmverbundsysteme

Die MBO fordert in § 28 „Außenwände“: „Oberflächen von Außenwänden sowie Außenwandbekleidungen müssen einschließlich der Dämmstoffe und Unterkonstruktionen schwerentflammbar sein; Unterkonstruktionen aus normalentflammbaren Baustoffen sind zulässig, wenn die Anforderungen nach Absatz 1 erfüllt sind. (. . . ) Baustoffe, die schwerentflammbar sein müssen, in Bauteilen nach Satz 1 Halbsatz 1 und Satz 2 dürfen nicht brennend abfallen oder abtropfen.“ Die Anforderungen nach Absatz 1 besagen, „dass eine Brandausbreitung auf und in diesen Bauteilen ausreichend lang begrenzt ist.“ Dieser Nachweis der begrenz-

Bauaufsichtliche Einschränkungen für nawaRo-Dämmstoffe

101

Tabelle 6. Übersicht zu den bauaufsichtlichen Anforderungen der Bundesländer hinsichtlich des mehrgeschossigen Holzbaus (Vereinfachte Darstellung) [2] Holzbauweise mit brandschutztechnisch wirksamer Bekleidung in der GK 4 möglich (MBO + M-HFHHolzR)

Stand MBO + M- FHHolzR zusätzlich: Massivholzbauweise mit NE < 200 m2 und BA < 800 m2

Holzbauweise in den GK 4 + 5 ohne brandschutztechnisch wirksame Bekleidung vorgesehen, sofern Raumabschluss einschließlich Rauchdichtigkeit nachgewiesen

Bayern Brandenburg Bremen Mecklenburg-Vorpommern Niedersachsen Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt Thüringen

Hamburg

Baden-Württemberg Berlin Nordrhein-Westfalen Hessen (Umsetzung noch nicht geregelt) Schleswig-Holstein (Umsetzung noch nicht geregelt)

(Stand: 07/2020)

ten Brandausbreitung kann über den Fassadengroßbrandversuch nach DIN 4102-20 geführt werden. Bei exakter Auslegung der MBO hinsichtlich dieser Ausnahmeregelung ist jedoch zu beachten, dass diese nur für Unterkonstruktionen und nicht für die Dämmstoffe angewendet werden darf. Dieser Sichtweise nimmt sich ebenfalls die MVV TB in A 2.1.5 „Außenwände“ an: „Müssen Oberflächen von Außenwänden sowie Außenwandbekleidungen mit Ausnahme von Unterkonstruktionen gemäß § 28 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 MBO insgesamt schwerentflammbar sein, gilt dies auch für ihre einzelnen Bestandteile.“ In Abschnitt 7 dieses Beitrags werden Forschungsergebnisse vorgestellt, die eine andere Sichtweise zulassen und belegen, dass auch WDVS auf Basis normalentflammbarer nawaRo-Dämmstoffe brandsicher in den Gebäudeklassen 4 und 5 ausgeführt werden können. Für Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) mit EPSDämmstoffen wird in der MVV TB zusätzlich gefordert, dass eine Brandeinwirkung von außen, die unmittelbar im unteren Bereich der Fassade einwirkt, zu berücksichtigen ist. Dieser Nachweis ist nach MVV TB, Anhang 5 zu führen. Hierbei erfolgt die Brandeinwirkung über eine 200 kg Holzkrippe, welche einen Müllcontainerbrand mit einer Brandleistung von ca. 2,5 MW repräsentieren soll.

4.4

Gefachdämmung in hochfeuerhemmenden Holztafelelementen

Durch Einführung der bauaufsichtlichen Anforderung hochfeuerhemmend für die Gebäudeklasse 4 in der Muster-Bauordnung 2002 besteht die Möglichkeit, Gebäude bis zu 13 m Höhe (5 Vollgeschosse) in ihrer tragenden Struktur aus Holz zu errichten. Als Voraussetzung wird in § 26 Abs. 2 der MBO gefordert, dass hochfeuerhemmende Bauteile in Holzbauweise ei-

ne brandschutztechnisch wirksame Bekleidung aufweisen müssen. Die Brandschutzbekleidung muss allseitig und durchgängig aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. Sie hat die Aufgabe, die Holzbauteile während eines Zeitraums von 60 Minuten vor der Entzündung zu schützen. Die Dämmstoffe zwischen den Holzständern müssen aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen und einen Schmelzpunkt von mehr als 1000 °C besitzen. Der Anwendungsbereich von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen beschränkt sich somit als Gefachdämmung in Holztafelbauteilen auf die Gebäudeklassen 1 bis 3.

4.5

Sonderbauten

MIndBauRL: Muster-Industriebaurichtlinie (2019) [20] Bei erdgeschossigen Industriebauten existieren beim Verfahren ohne Brandlastermittlung keine Einschränkungen für den Einsatz brennbarer Dämmstoffe in tragenden Bauteilen. Für Bauteile mit einer geforderten Feuerwiderstandsdauer ≥ 60 Minuten (> 2 Geschosse) dürfen keine brennbaren Dämmstoffe verwendet werden. Beim Verfahren mit Brandlastermittlung dürfen nur für Bauteile, die Brandbekämpfungsabschnitte trennen und F 90-Bauteile der Sicherheitskategorie SKb 3 keine brennbaren Dämmstoffe verwendet werden. Für den Fall, dass brennbare Dämmstoffe verwendet werden, müssen diese ebenfalls bei der Erhebung der Brandlasten berücksichtigt werden, sofern sie thermisch umgesetzt werden. Bei beiden Verfahren werden an nichttragende Bauteile im Allgemeinen keine Anforderungen gestellt. Eine Ausnahme bilden nichttragende Außenwände. Bei Brandabschnittsflächen > 2000 m2 müssen nichttragende Außenwände, somit auch die Dämmstoffe, mindestens den Anforderungen der Baustoffklasse B1 genügen. Bei mehrgeschossigen Industriegebäuden oh-

102

B 3 Brandverhalten von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen

ne selbsttätige Löschanlage sind nur nichtbrennbare Dämmstoffe zulässig.

MBeVO: Muster-Beherbergungsstättenverordnung (2014) [21] Der Einsatz von brennbaren Dämmstoffen ist nach der MBeVO grundsätzlich nicht zusätzlich beschränkt. Der Einbau von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen ist in allen Gebäuden und Gebäudeteilen möglich, sofern die Anforderungen der Landesbauordnung (LBO) hinsichtlich Feuerwiderstandsdauer und Brandverhalten erfüllt sind. Lediglich in Wänden notwendiger Flure werden die Anforderungen erhöht und der Einsatz nichtbrennbarer Dämmstoffe gefordert. MGarVO: Muster-Garagenverordnung (2008) [22] Die MGarVO stellt über die LBO hinaus grundsätzlich keine weitergehenden Anforderungen an brennbare Dämmstoffe. Die wesentlichen Ausnahmen, in denen keine brennbaren Dämmstoffe eingesetzt werden dürfen, bilden Außenwände und innere Trennwände von Mittel- und Großgaragen.

In den Anforderungen der Musterbauordnung sowie den Sonderbauverordnungen und -richtlinien wird bei der Verwendung von Dämmstoffen in der Regel zwischen nichtbrennbarer und brennbarer Dämmung unterschieden. Eine weitere Unterscheidung der brennbaren Dämmung in schwerentflammbare und normalentflammbare Dämmstoffe findet kaum statt. Ausnahmen bilden nichttragende Außenwände von Industriebauten und erdgeschossigen bzw. gesprinklerten Verkaufsstätten, in denen eine mindestens schwerentflammbare Dämmung gefordert wird, sowie Wärmedämmverbundsysteme für Gebäude der Gebäudeklasse 4 und 5. Letztgenannte stellen zusammen mit dem Einsatz als Gefachdämmung im Holztafelbau der Gebäudeklassen 4 und 5 den größten derzeit nicht zulässigen Anwendungsbereich für nawaRo-Dämmstoffe dar. Lösungsansätze, auch diese Bereiche für nawaRo-Dämmstoffe zu erschließen, werden in den Abschnitten 7 und 8 gegeben.

5 MVkVO: Muster-Verkaufsstättenverordnung (2014) [23] In Verkaufsstätten ist der Einsatz brennbarer Dämmstoffe in Außenwänden nur bei Verkaufsstätten mit Sprinkleranlagen und erdgeschossigen Verkaufsstätten möglich, sofern sie schwerentflammbar sind. Weiterhin dürfen bei Decken und in Treppenräumen, Treppenraumerweiterungen, notwendigen Fluren und in Ladenstraßen bei Wänden keine brennbaren Baustoffe verwendet werden. MVStättV: Muster-Versammlungsstättenverordnung (2014) [24] Der Einsatz von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen ist in Versammlungsstätten nach dieser Verordnung nicht erlaubt. MSchulbauR: Muster-Schulbaurichtlinie (2009) [25] Weitergehende Anforderungen an das Brandverhalten werden nicht gestellt. Das bedeutet, dass die Anforderungen der LBO ohne Abweichungen zu übertragen sind. MHHR: Muster-Hochhausrichtlinie (2008) [26] Die Verwendung brennbarer Dämmstoffe ist in Hochhäusern grundsätzlich nicht erlaubt. Lediglich Dämmstoffe in nichtbrennbar geschlossenen Profilen sind aus brennbaren Baustoffen zulässig. Die Muster-Bauordnung mit den entsprechenden Sonderbauverordnungen und -richtlinien weist Einsatzmöglichkeiten brennbarer Dämmstoffe auf. Allein für Versammlungsstätten und Hochhäuser ist die Verwendung brennbarer Dämmstoffe grundsätzlich untersagt. Trotz dieser Möglichkeiten, beschränkt sich der Einsatz von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen derzeit hauptsächlich auf den Bau von Einfamilienhäusern.

Schwelverhalten von nawaRo-Dämmstoffen

Vorbehalte gegenüber Dämmstoffen aus nawaRo bestehen aus brandschutztechnischer Sicht vor allem wegen ihrer Glimm- und Schwelneigung, die nach Wirksamwerden eines Zündinitials auftritt. Hierbei handelt es sich um Reaktionen an den Feststoffoberflächen der Dämmstofffasern, die sich mit deutlich geringerer Geschwindigkeit ausbreiten als ein Flammenbrand. Glimmen als auch Schwelen sind sehr langsam verlaufende, exotherme und unvollständige Brandprozesse ohne Flammenbildung. Dabei unterscheidet man die beiden Begriffe durch das Vorhandensein von Lichterscheinungen, welche beim Glimmen auftreten, beim Schwelen jedoch nicht. In beiden Fällen wird jedoch Sauerstoff für die Reaktion benötigt. Schwel- und Glimmvorgänge finden häufig in porösen, schwammartigen Materialien statt. Im Porenraum kann sich eine ausreichende Menge an Sauerstoff befinden, Luft kann zur Reaktionsstelle hin diffundieren und die große relative Oberfläche fördert die Umsetzung des Materials. Diese Materialien weisen zudem häufig eine geringe Wärmeleitfähigkeit auf, die dafür sorgt, dass die entstandene Verbrennungswärme nur schlecht abgeführt wird. In diesem Beitrag wird durchgängig der Begriff des Schwelens genutzt, unabhängig davon, ob es sich eigentlich um Schwel- oder Glimmvorgänge handelt. Jedoch besteht die besondere Gefährlichkeit des Schwelens darin, dass es auch bei geringer Sauerstoffzufuhr verläuft und dadurch z. B. eine Ausbreitung im Innern von Wärmedämmverbundsystemen oder von als Dämmung vorgesehenen Bauteilen möglich ist. Diese Vorgänge können längere Zeit unentdeckt bleiben, da das Schwelen mit einer geringen Wärmeentwicklung einhergeht und von außen erst in einem fortgeschrittenen Stadium Anzeichen für einen solchen

Schwelverhalten von nawaRo-Dämmstoffen

b)

a)

c)

103

d)

Bild 5. Verlauf einer Schwelprüfung nach DIN EN 16733 bei Holzfaserdämmplatten, a) während der Beflammung, b) unmittelbar danach, c) und d) zwei und sechs Stunden nach der Beflammung

a)

b)

Bild 6. a) Vorderseite eines verputzten Probekörpers nach der Beflammung sowie b) vier typische Schwelverläufe nach Versuchsende in Holzfaserdämmstoffmitte

Prozess sichtbar werden. Wird die äußere Beplankung verletzt und damit der Zutritt von Luftsauerstoff erleichtert, schlägt ein Schwelbrand unter Umständen in einen offenen Flammenbrand um, der eine beschleunigte Brandausbreitung begünstigt. Auf europäischer Ebene wird zum Nachweis auf nichteigenständiges Schwelen ein Brandversuch nach DIN EN 16733 durchgeführt. In diesem Versuch wird der Dämmstoff über 15 min mittels Teclubrenner beflammt und während der Versuchsdauer von 6 h darf 60 cm oberhalb der beflammten Stelle keine Temperaturerhöhung von mehr als 250 K auftreten. An allen Messstellen dazwischen muss die Temperatur auf unter 50 °C gefallen sein. Ist dies der Fall, kann der Baustoff als nicht eigenständig schwelend eingestuft werden. NawaRo-Dämmstoffe bestehen diese Prüfung bisher in der Regel nicht [2]. Bild 5 zeigt den typischen Schwelverlauf einer Holzfaserdämmplatte. Der Probekörper wird mit einem Teclubrenner beflammt und bildet in diesem Bereich eine

Kohleschicht aus, wodurch beim Entfernen des Teclubrenners ein rasches Verlöschen der sichtbaren Flammen erfolgt. Lediglich kleine Rauchschwaden deuten auf ein kontinuierliches Schwelen hin. Dies vollzieht sich jedoch bis der Probekörper vollständig verkohlt ist. In Wärmedämmverbundsystemen mit Holzfaserdämmplatten werden diese vollständig mit einem Putzsystem oder Gipsplatten und mineralischem Kleber umschlossen. Im Folgenden werden die Ergebnisse von Schwelprüfungen gezeigt. Dafür wurden die Probekörper auf ihrer Außenseite beflammt, bis ein Schwelprozess im Holzfaserdämmstoff ausgelöst wurde. Sie wurden über drei bis fünf Tage bis zu ihrem selbstständigen Verlöschen beobachtet. Entgegen der weitestgehend gleichmäßigen und kompletten Zersetzung bei unverputzten Holzfaserdämmplatten, zeigten die verputzten Probekörper eine oder mehrere Schwelfronten auf, welche den verputzten Dämmstoff nur teilweise oder beinahe vollständig zersetzten (Bild 6).

104

B 3 Brandverhalten von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen

Das Schwelen wird durch eine Vielzahl von Randbedingungen beeinflusst. Eine Temperaturerhöhung der Reaktionsteilnehmer führt zu einer Beschleunigung der Reaktionsgeschwindigkeit. Der Schwelvorgang ist davon abhängig, ob Sauerstoff an die Oberfläche des Dämmstoffs gelangt. Dies geschieht langsam durch Diffusion oder gegebenenfalls schneller aufgrund von Konvektion. In einem näherungsweise geschlossenen Dämmsystem findet nur wenig Austausch mit der Umgebung statt, der Sauerstoffanteil nimmt ab und Brandprodukte nehmen zu. Für eine Verbrennungsreaktion ist ein Mindestangebot an Sauerstoff notwendig. Nähert sich die Konzentration dieser Grenze, verlangsamt sich die Reaktionsgeschwindigkeit. Weiterhin ist die Feuchtigkeit von Relevanz. Feuchte Luft hat einen geringeren Sauerstoffgehalt und die spezifische Wärmekapazität ist erhöht. Auch ein feuchter Dämmstoff benötigt mehr Energie, um eine Verbrennungsreaktion aufrecht zu erhalten. Die Dämmstoffgeometrie beeinflusst das Schwelen. Je mehr Dämmmaterial um den Schwelbrand herum vorhanden ist, desto geringer sind die Energieverluste. Die Reaktionstemperatur steigt und die Schwelreaktion wird heftiger. Das zeigt sich bei der Beobachtung des Versuchs nach DIN EN 16733 daran, dass in Dämmstoffmitte ein schnellerer Schwelfortschritt zu beobachten ist als an den Probekörperrändern; es bildet sich eine parabelförmige Schwelfront aus [28]. Im Verlauf der Herstellung werden die meisten nawaRo-Produkte mechanisch bearbeitet und thermisch beaufschlagt. So können, nicht nur hersteller-, sondern auch chargenabhängig, Eigenschaften wie Fasergröße, -verteilung und Oberflächenbeschaffenheit variieren. Ein Grundsatz chemischer Reaktionen ist, je mehr spezifische Oberfläche für die Reaktion zur Verfügung steht, desto schneller verläuft diese. Damit ist nachvollziehbar, dass eine glatte und eine raue Faser unterschiedlich reagieren. Eine Mischung aus Rohstoff- und Produkteigenschaften zeigt sich bei den thermischen und physikalischen Materialkennwerten. Die spezifische Wärmekapazität ist von den Ausgangsmaterialien und der Rezeptur abhängig. Dichte, Wärmeleitfähigkeit und Wasserdampfdiffusion werden aber auch wesentlich durch die Herstellung bestimmt. Damit gehen die Art und Größe des Porenraums einher. Dieser korreliert mit der Dichte, ist aber auch vom Rohstoff abhängig. Bei den betrachteten nawaRo handelt es sich in erster Linie um pflanzliche Produkte, die als Hauptbestandteile Cellulose, Lignin und Hemicellulose besitzen. Rohstoffabhängig unterscheiden sich die prozentualen Anteile und weitere Inhaltsstoffe (u. a. Mineralstoffe, Öle und weitere sekundäre Inhaltsstoffe) kommen hinzu. Diese liegen in verhältnismäßig geringen Konzentrationen vor, können aber dennoch das Schwelverhalten beeinflussen. Ähnlich ist es bei den Zusatzmitteln die im Herstellungsprozess dem Ausgangsmaterial beigefügt werden (Bindemittel, Hydrophobierung, Flammschutzmittel etc.) [2].

Um das Schwelen der nawaRo-Dämmstoffe zu charakterisieren, wurden in [30] zahlreiche Brandversuche durchgeführt. Die Durchführung dieser Versuche wird in [2,28,29] ausführlich vorgestellt. Im Folgenden werden die wesentlichen Ergebnisse zusammengefasst: – alle Dämmstoffe aus nawaRo neigen zum Schwelen, – eine Ertüchtigung der Materialien durch Flammschutzmittel verlangsamt den Schwelprozess, stoppt ihn aber nicht, – alle untersuchten losen Materialien weisen bei derselben Rohdichte ein ähnliches Schwelverhalten auf, – mit steigender Rohdichte verläuft der Schwelprozess langsamer, – Flammschutzmittel reduzieren die verkohlte Oberfläche während der Beflammungsdauer. Seitens der Dämmstoffhersteller wird die Entwicklung von „schwerentflammbar“ einzustufenden Dämmstoffen aus nawaRo vorangetrieben. Für ein kürzlich vorgestelltes Produkt einer Holzfaserdämmplatte konnte dieses Ziel für Materialdichten ≥ 190 kg/m3 erreicht werden. Die Holzfaserdämmplatte soll eine Baustoffzertifizierung als nichtschwelend gemäß DIN EN 16733 sowie die Baustoffklasse C-s1-d0 nach DIN EN 13501-1 besitzen [31].

6

Anwendung als WDVS in den GK 4 und 5

6.1

Allgemeines

Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) werden zur Dämmung von Gebäudeaußenwänden sowohl bei Neubauten als auch zur energetischen Sanierung von Bestandsgebäuden eingesetzt. Derzeit werden häufig Dämmstoffe auf Polystyrolbasis oder Mineralwolle verwendet. Gängige brennbare Dämmstoffe in diesem Anwendungsbereich sind polymere Hartschäume, die zwar formal eine Zulassung als schwerentflammbarer Baustoff aufweisen, aber dennoch aufgrund vergangener und zum Teil sehr heftiger Brandereignisse in die Diskussion geraten sind. Hinzu kommt, dass die Dämmstoffe aus ökologischer Sicht als bedenklich anzusehen sind, da Biozide von den Oberflächen ausgewaschen werden und im Falle einer Entsorgung die Dämmstoffe als Sondermüll einzustufen sind. Eine ökologisch sinnvolle Alternative sind WDVS auf Basis von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen wie Holzfaserdämmstoffe, die bereits in den Gebäudeklassen 1 bis 3 erfolgreich eingesetzt werden. Bei höheren Gebäuden dürfen sie jedoch nicht eingesetzt werden, da sie aufgrund ihrer Schwelneigung nicht als schwerentflammbar eingestuft werden können (Bild 7). Ziel zweier Forschungsvorhaben [30, 32] war es auch, nawaRo-Dämmstoffe in diesem Bereich einsetzen zu dürfen. Die wesentlichen Ergebnisse dieser Arbeiten werden im Folgenden vorgestellt [33].

Anwendung als WDVS in den GK 4 und 5 Gebäudeklassen

Außenwandbekleidung

1 freistehend OKF ≤ 7m ≤ 2 NE ≤ 400m2

2 OKF ≤ 7m ≤ 2 NE ≤ 400m2

3 OKF ≤ 7m

4

5

OKF ≤ 13m je NE ≤ 400m2

sonstige Gebäude (≤ 22m)

normalentflammbar

105

schwerentflammbar

Bild 7. Bauaufsichtliche Anforderungen an die Oberflächen von Außenwänden

Die Muster-Bauordnung definiert in § 14 als Schutzziele des Brandschutzes, dass – die Brandentstehung behindert werden muss, – die Brandausbreitung begrenzt sein muss, – wirksame Löscharbeiten möglich sein müssen und – die Rettung von Menschen und Tieren möglich sein muss. Diese Schutzziele sind selbstverständlich auch an der Fassade einzuhalten und gelten bei Ausführung einer Fassade mit schwerentflammbaren Dämmstoffen für Gebäude der GK 4 und 5 als erfüllt. Die Brandentstehung und Brandausbreitung können an der Fassade durch die Wahl des Baustoffs und durch die Konstruktion beeinflusst werden. Die Baustoffe müssen als schwerentflammbar eingestuft sein und dürfen nicht zum Schwelen neigen (vgl. Abschnitt 2). Dies bedeutet, dass die Dämmstoffe nach Wegfall der Beflammung selbstständig verlöschen müssen. Dies betrifft die Schutzziele Brandausbreitung und wirksame Löscharbeiten. Zwar haben Untersuchungen gezeigt, dass die Schwelgeschwindigkeit in Holzfaser-WDVS mit ca. 1 mm/min sehr langsam verläuft, jedoch kann ein Schwelbrand durch die Feuerwehr nur zuverlässig gelöscht werden, wenn diese die Konstruktion öffnen kann. Dies bedeutet zum einen, dass durch das Schwelen der Personenschutz nicht gefährdet sein darf. Daher ist sicherzustellen, dass die Brandgase nicht ins Innere des Gebäudes gelangen können. Auf der anderen Seite hat das Schwelverhalten zur Folge, dass Fassadenbereiche, die für die Feuerwehr nicht direkt erreichbar sind, nicht wirksam gelöscht werden können. Daher sind unkontrolliert verlaufende Schwelbrände auszuschließen. Um einen Einsatz von nawaRo als Dämmung im Fassadenbereich dennoch zu ermöglichen, kommen drei Strategien in Frage, die innerhalb des Forschungsvorhabens verfolgt wurden und in diesem Beitrag näher erläutert werden: 1. Entwicklung eines nicht schwelenden Dämmstoffes, 2. Verhinderung eines Schwelbrandes durch die Putzschicht (thermische Schutzschicht), 3. Kontrolle eines Schwelbrandes durch Schwelbarrieren.

6.2

Variante 1: Dämmstoff ohne Schwelneigung

Ein Lösungsweg, um das gesetzte Ziel zu erreichen, wäre somit die Entwicklung nichtschwelender Holzfaserdämmplatten: Durch eine brandschutztechnisch optimierte Rezeptur, beispielsweise mithilfe von Flammschutzmitteln, könnten diese als schwerentflammbarer Baustoff klassifiziert werden und dürften bauordnungskonform in den GK 4 und 5 eingesetzt werden. Während des Projektes wurde dieser Ansatz zwar anfänglich verfolgt, konnte jedoch für gängige Wärmeleitfähigkeiten nicht erfolgreich abgeschlossen werden. Dabei zeigte sich, dass klassische Flammschutzmittel keinen Mehrwert bringen und zudem ökologisch als bedenklich anzusehen sind. Flammschutzmittel auf natürlicher Basis konnten noch nicht erfolgreich getestet werden.

6.3

Variante 2: WDVS mit Dickschichtputzsystem

Der zweite Lösungsweg, der aus Sicht der Forschungspartner ausgewogen zwischen Brandsicherheit und Wirtschaftlichkeit vermittelt, sieht vor, dass die Schwelneigung des Dämmstoffes akzeptiert wird, allerdings ein Dickschichtputzsystem als thermische Schutzschicht im Brandfall die Auslösung von Schwelprozessen im Dämmstoff verhindert. Für die Auslegung dieser Putzsysteme wurde für die verwendeten Holzfaserdämmplatten zunächst die Initialtemperatur des Schwelvorgangs unter einer Abdeckung (vergleichbar dem Putz eines WDVS) im Labormaßstab mittels Cone-Kalorimeter bestimmt. Die Initialtemperatur ist die niedrigste Temperatur zwischen Probekörperabdeckung und Dämmstoffoberfläche, bei der ein kontinuierlicher Schwelprozess ausgelöst wurde. Die Untersuchungen zeigten, dass erst bei einer Initialtemperatur von 350 °C ein kontinuierlicher Schwelprozess ausgelöst wurde (Bild 8). Die Auswertung bereits durchgeführter Brandversuche der Forschungspartner führte zu der Entscheidung, dass ein Sturz- und Laibungsschutz aus nichtbrennbaren und nichtschwelenden Dämmstoffen zusätzlich

106

200 °C

B 3 Brandverhalten von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen

250 °C

300 °C

350 °C

400 °C

Bild 8. Oberfläche des Holzfaserdämmstoffes unter der Abdeckung nach dem Erreichen einer dargestellten Temperaturstufe

zum Dickschicht-Putzsystem im direkt beflammten Fensterbereich erforderlich ist, da eine Auslegung des Putzsystems auf die thermischen Einwirkungen in diesem Bereich unwirtschaftlich erschien. Außerdem zeigten Versuche, dass sich der Putz im Sturzbereich während der Beflammung öffnen kann. Dieser Mechanismus wurde jedoch bei keinem Brandversuch im Rahmen des Forschungsvorhabens beobachtet. Außerhalb des Sturz- und Laibungsschutzes soll das Putzsystem die Holzfaserdämmung vor einem Temperaturanstieg über die Initialtemperatur von 350 °C hinaus schützen. Die speziell für das Forschungsvorhaben entwickelten Putzvarianten wurden entsprechend dieses Leistungskriteriums untersucht und optimiert. Im Labormaßstab wurden verschiedene Putzdicken untersucht und für die Großbrandversuche eine Mindestputzdicke von 25 mm (Dickschichtputz) ausgewählt, die auch im abschließenden Belegversuch verwendet wurde. Die am Fassadenprüfstand durchgeführten Beleg-Versuche erfolgten in Anlehnung an DIN 4102-20. Hierbei handelt es sich um einen realmaßstäblichen Systemaufbau von ca. 6 m Höhe mit einer Brandeinwirkung von 350 kW über 20 min mit einem Gasbrenner. Bei den Großbrandversuchen wurde eine 100 mm starke Holzfaserdämmplatte mit Flammschutzmittel eingesetzt, die die Euroklasse C-d0-s1 erfüllt. Für den Sturz- bzw. Laibungsschutz wurde Steinwolle verwendet. Während der Beflammung und der anschließenden Beobachtungszeit von insgesamt 65 min bis zur Abkühlungsphase wurde die Initialtemperatur von 350 °C nicht erreicht. Dies zeigt auch das Öffnen des Systems nach der Beflammung (Bild 9). Das Dickschicht-Putzsystem sollte zusätzlich dem sogenannten Sockelbrandversuch unterzogen werden, der insbesondere für Systeme auf Basis von Polystyrol entwickelt wurde und im Rahmen von allgemeinen Bauartgenehmigungen durchgeführt wird. Geplant und realisiert wurde der Ausschnitt des Holzfaser-WDVS für den Sockelbrandversuch mit einem 60 cm hohen XPS-Sockelbereich mit 80 mm Dämmstoffdicke. Damit ergab sich zum eigentlichen WDVS ein deutlicher Versprung, der brandschutztechnisch einen kritischen Bereich darstellt und untersucht werden sollte. In diesem Übergangsbereich wurde ein Brandriegel aus Steinwolle eingesetzt, da ein Schmelzen des

klassisch, dünnschichtig verputzten XPS erwartet wurde. Die Temperaturaufzeichnung während der Beflammung und die anschließenden Beobachtungs- bzw. Abkühlzeiten ließen vermuten, dass keine selbsterhaltenden Schwelprozesse im Holzfaser-WDVS ausgelöst wurden. Dies wurde durch Öffnen des Systems nach der Abkühlzeit bestätigt. In Bild 10 ist nach dem Rückbau zu erkennen, dass es zu leichten Verfärbungen auf der Dämmstoffoberfläche im unteren Bereich des Holzfaser-WDVS gekommen ist. Die Putzschichtdicke in diesem Bereich wurde beim Rückbau gemessen und lag bei ca. 30 mm. Das System scheint damit an seiner Auslegungsgrenze.

6.4

Variante 3: WDVS mit Schwelbarrieren

Bei diesem System könnte im Brandfall zwar ein Schwelbrand in der Holzfaserdämmung ausgelöst werden, wäre jedoch durch die Anordnung von horizontalen und vertikalen Schwelbarrieren räumlich begrenzt, um einen Schwelprozess auch in Fassadenbereichen zuverlässig stoppen zu können, die für die Feuerwehr nicht unmittelbar erreichbar sind. Die Wirtschaftlichkeit dieses Systems hängt daher in erster Linie vom erforderlichen Abstand der Schwelbarrieren ab und ist in einer Risikoanalyse zu bewerten. Hierbei spielen die Schwelgeschwindigkeit, CO-Freisetzung und Rauchdichtigkeit der Außenwandbauteile eine entscheidende Rolle.

6.5

Zusammenfassung und Ausblick

Basierend auf den in [2, 28, 29] veröffentlichten Grundlagenuntersuchungen wurden Großbrandversuche durchgeführt. Es konnte nachgewiesen werden, dass WDVS auf Basis von Holzfaserdämmplatten mit entsprechenden Brandschutzmaßnahmen das Schutzziel Begrenzung der Brandausbreitung erreichen. Durch den Dickschichtputz wird sichergestellt, dass sich der brennbare Dämmstoff nicht am Brandgeschehen beteiligt und somit auch kein Schwelbrand ausgelöst wird. Auch beim sogenannten Sockelbrand, der mit 2,5 MW eine deutlich stärkere Brandeinwirkung darstellt und für die meisten Brandszenarien abdeckend ist [8, 9], wurde das Auslösen selbsterhalten-

Anwendung als WDVS in den GK 4 und 5

107

Putzsystem Holzfaserdämmplatte Steinwolle

a)

b)

Bild 9. Holzfaser-WDVS, a) während der Beflammung im Fassadenprüfstand; b) nach Versuchsende geöffnetes System mit ungeschädigtem Holzfaserdämmstoff im Bereich über der Brandraumöffnung

a)

b)

Bild 10. Holzfaser-WDVS, a) während der Beflammung im Sockelbrandversuch; b) nach Versuchsende geöffnetes System im Sockelbrandversuch mit leichten Verfärbungen im Bereich der Holzkrippe

der Schwelprozesse verhindert. Das Brandverhalten der Fassade entspricht bei den durchgeführten Brandversuchen damit sogar eher dem einer nichtbrennbaren Fassade. Selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass der thermische Schutz der Putzschicht aufgrund einer ungewöhnlich hohen Brandbelastung oder Ausfüh-

rungsfehlern nicht funktioniert, ist das daraus resultierende Brandverhalten weiterhin beherrschbar. Der sich dann im System entwickelnde Schwelbrand breitet sich nur sehr langsam aus, sodass der Feuerwehr ausreichend Zeit für die erforderlichen zusätzlichen Löschmaßnahmen bleibt. Es handelt sich daher im Vergleich

108

B 3 Brandverhalten von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen

zu den konkurrierenden Systemen auf Polystyrolbasis um ein äußerst robustes System. Eine derart rasche Brandausbreitung wie bei den Systemen auf Polystyrolbasis (siehe Schadensfälle der letzten Jahre [34]) ist bei den untersuchten Systemen nicht zu befürchten. Die derzeitige Regelung der Landesbauordnungen, dass keine schwelenden (und damit normalentflammbaren) Dämmstoffe bei mehrgeschossigen Gebäuden verbaut werden dürfen, auch wenn das Gesamtsystem die Anforderungen an eine schwerentflammbare Außenwandbekleidung erfüllt, sind auf Grundlage der Forschungsergebnisse nicht mehr nachvollziehbar. Die Forschungsergebnisse wurden deshalb an einige Entscheidungsträger der Obersten Bauaufsichten herangetragen, um zu prüfen, ob sie zukünftig Einzug in die bauaufsichtlichen Regelungen erhalten können. Erste positive Signale liegen bereits teilweise aus den Bundesländern vor. Die bisherigen Forschungsergebnisse liefern aber auch jetzt schon wertvolle Erkenntnisse, die beispielsweise für Zustimmungen im Einzelfall zur Realisierung mehrgeschossiger Holzfaser-WDVS genutzt werden können. Referenzobjekte bzw. -fassaden würden den Prozess zur zukünftigen baurechtlichen Regelung unterstützen und könnten zur Verbreitung der Systeme beitragen. Bei Interesse bieten die Autoren gerne ihre Unterstützung bei der Realisierung von Referenzfassaden an.

7

Anwendung als Gefachdämmung in den GK 4 und 5

7.1

Allgemeines

In den meisten Bundesländern wird der mehrgeschossige Holzbau der Gebäudeklasse 4 noch über die Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an hochfeuerhemmende Bauteile in Holzbauweise (M-HFHHolzR. (Fassung Juli 2004)) geregelt. Zentraler Bestandteil der konstruktiven Anforderungen dieser Richtlinie ist, dass die tragende Holzstruktur durch eine nichtbrennbare Bekleidung über 60 Minuten Branddauer vor einer Entzündung geschützt wird. Die Brandschutzbekleidung muss dazu derart dimensioniert werden, dass an der Oberfläche der Holzbauteile eine Temperatur von 270 °C im Mittel und 290 °C im Maximum nicht überschritten wird. Außerdem muss zur Vermeidung eines Rauchdurchtritts bei raumabschließenden Bauteilen die Bekleidung mindestens zweilagig mit versetzten Fugen ausgeführt werden. Die Hohlräume der Holztafelelemente müssen zudem mit nichtbrennbarer Dämmung mit einem Schmelzpunkt > 1000 °C gefüllt werden. Brennbaren Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen bleibt damit der Einsatz im mehrgeschossigen Holzbau vorerst verwehrt. Auch der neue Entwurf der Muster-Holzbaurichtlinie (2020) sieht zwar Erleichterungen für die Holzmassivbauweise und Holzfassaden vor, bringt allerdings kaum Erleichterungen für den Holztafelbau

und damit auch nicht für nawaRo-Dämmstoffe als Gefachdämmung. Im Rahmen zweier Forschungsvorhaben [30, 35] wurden Konstruktionen entwickelt, die auch den Einsatz von nawaRo-Dämmstoffen in den Gebäudeklassen 4 und 5 ermöglichen, ohne das akzeptierte brandschutztechnische Sicherheitsniveau unzulässig abzusenken.

7.2

Anforderungen an die Brandschutzbekleidung bei brennbaren Dämmstoffen

Die Muster-Holzbaurichtlinie [17, 18] sieht ein Verfüllen der für den Holztafelbaubau typischen Hohlräume mit nichtbrennbarer Dämmung vor, um einer Brandentstehung und -ausbreitung im Innern der Konstruktion vorzubeugen. Werden diese Hohlräume nun mit brennbaren Dämmmaterialien gefüllt, wird das brandschutztechnische Risiko offensichtlich erhöht, weil zusätzliche Brandlasten eingebracht werden, die zudem zum Schwelen neigen. Durch diese Schwelneigung können innerhalb der Konstruktion Hohlraumbrände unbemerkt über lange Zeit weiterlaufen und durch die Rauchgasentwicklung auch eine Gefahr für die Nutzer darstellen. Des Weiteren muss berücksichtigt werden, dass sich bei den brennbaren Dämmstoffen bereits bei Temperaturen unterhalb der Entzündungstemperatur aufgrund der thermischen Zersetzung brennbare Gase bilden und im Bauteilinnern ansammeln können. Dies kann eine Gefahr für die Feuerwehr darstellen, die beim Löschangriff die Konstruktion öffnen muss, um eventuell vorhandene Glutnester zu löschen. Bei der Zufuhr von Sauerstoff können die Zersetzungsgase schlagartig durchzünden. Das Schutzziel der brandschutztechnisch wirksamen Bekleidung muss demnach bei Verwendung brennbarer Dämmstoffe dahingehend erweitert werden, dass nicht nur die Entzündung der Dämmstoffe verhindert, sondern auch deren Ausgasung vermieden werden muss. Hinzu kommt, dass die Brandschutzbekleidung keine Schwachstellen in Form von Steckdosen, Schaltern oder Verteilerdosen aufweisen darf. Während solche Einbauteile beim Holztafelbau mit nichtbrennbarer Dämmung unbedenklich sind, sofern der Abstand zum benachbarten Holzständer mindestens 150 mm beträgt, können sie bei brennbarem Dämmmaterial zur Brandeinleitung in die Konstruktion führen. Ebenso dürfen keine elektrischen Leitungen als potenzielle Zündquellen ungekapselt in den Bauteilen geführt werden [36].

7.2.1

Bestimmung der Grenztemperatur der thermischen Zersetzung

Um durch die Brandschutzbekleidung sicherstellen zu können, dass keine thermische Zersetzung der Dämmstoffe im Brandfall auftritt, musste zunächst ermittelt werden, bei welcher Temperatur dies erfolgt. Für einige Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen wurde materialabhängig ein Temperaturbereich für den

Anwendung als Gefachdämmung in den GK 4 und 5

109

Bis zum Erreichen dieser Grenztemperatur konnte in Anlehnung an DIN 4102-1 nachgewiesen werden, dass die Rauchentwicklung absolut unkritisch ist und der für nichtbrennbare Baustoffe zulässige Grenzwert unterschritten wird.

7.3

Konstruktionsentwicklung mittels kleinformatiger Normbrandversuche

Durch ETK-Versuche im Kleinbrandofen nach DIN 4102-8 [37] wurde die Übertragbarkeit der Ergebnisse der Laborbrandversuche im Cone-Kalorimeter hinsichtlich der thermischen Grenztemperatur auf reale Einbaubedingungen überprüft. Dabei wurde auch der Einfluss von Schrauben und Plattenstößen in der Brandschutzbekleidung auf eine thermische Zersetzung des Dämmmaterials untersucht. Die Ergebnisse dieser Brandversuche sind wie folgt zusammengefasst:

Beginn einer thermischen Zersetzung zwischen 150 °C und 225 °C ermittelt [36]. Diese Temperaturen beziehen sich auf eine Messdauer von 60 Minuten und eine stetige Temperaturzunahme. Bis zu diesen Temperaturen ist eine thermische Schädigung des Dämmstoffes optisch nicht feststellbar. Somit ist ebenfalls sichergestellt, dass es zu keiner Entzündung und keinem eigenständigen Schwelen kommt. Der Versuchsaufbau ist Bild 11 zu entnehmen.

Bestätigung der Grenztemperatur der thermischen Zersetzung Es konnte nachgewiesen werden, dass die im ConeKalorimeter entwickelten Grenztemperaturen auch unter realitätsnahen Einbaubedingungen und Normbrandbeanspruchung zutreffend sind. Dazu wurde ein Holzrahmen mit 2 Lagen GKF-Platten d = 12,5 mm bekleidet. Während der Versuchsdauer von ca. 1 Stunde wurde die rückseitige Temperatur der Brandschutzbekleidung gemessen. Die Grenztemperatur von 200 °C für die Hanfplatte konnte in dem Versuch bestätigt werden. Bild 12 zeigt, dass bei der Oberflächentemperatur von 200 °C noch keine thermische Schädigung des Materials vorliegt.

a)

b)

Bild 11. Ermittlung der Grenztemperatur der thermischen Zersetzung im Cone-Kalorimeter [9]

Bild 12. Dämmstoffoberfläche im Kleinbrandofen, a) nach Erreichen von 225 °C, b) nach Erreichen von 200 °C

110

B 3 Brandverhalten von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen

Bild 14 zeigt das Ergebnis eines Versuchs, bei dem der thermische Schutz für den Dämmstoff aus 2 Lagen GKF-Platten d = 12,5 mm und einer 8 mm dicken Spanplatte bestand. Der Versuch wurde beendet, als eines der Thermoelemente auf der dem Feuer zugewandten Oberfläche der Holzwerkstoffplatte (TE 12 bis TE 16) die für Holz festgelegte Entzündungstemperatur von 270 °C erreichte. Auf der Rückseite der Spanplatte herrschten zu diesem Zeitpunkt Temperaturen von ca. 110 °C, sodass keine Gefahr für eine thermische Zersetzung des Dämmstoffes bestand. Dies wurde durch eine Sichtprüfung der Dämmstoffoberfläche nach dem Versuch bestätigt.

Bild 13. Thermische Zersetzung der Dämmstoffoberfläche im Stoßbereich der Brandschutzbekleidung

Bestimmung des Einflusses von Fugen in der Brandschutzbekleidung Weiterhin wurde untersucht, welchen Einfluss Fugen in der Brandschutzbekleidung auf die thermische Zersetzung des Dämmstoffes haben. Dazu wurden die beiden Lagen GKF-Platten versetzt zueinander gestoßen und verspachtelt. Der Versuch wurde abgebrochen, als im ungestörten Bereich auf der Rückseite der Brandschutzbekleidung die Grenztemperatur von 200 °C erreicht wurde. Die Temperaturen im Bereich des Stoßes der unteren GKFPlatte lagen zu diesem Zeitpunkt bereits bei 240 °C, was eine Schädigung des Dämmstoffes bewirkte. Der Stoß in der oberen Lage GKF-Platten wirkte sich hingegen nicht negativ aus (Bild 13). Nachweis des thermischen Schutzes durch Holzwerkstoffplatten Die Einbausituation der Dämmstoffe im Holztafelbau lässt sich grundsätzlich in zwei Varianten einteilen. In dem einen Fall befinden sich die Dämmstoffe direkt hinter der brandschutztechnisch wirksamen Bekleidung aus Gipskarton- oder Gipsfaserplatten. Hier muss die Brandschutzbekleidung sowohl die Entzündung der Holzbauteile als auch die thermische Schädigung der Dämmstoffe verhindern. In dem anderen Fall befindet sich jedoch zwischen Brandschutzbekleidung und Dämmstoff zusätzlich eine Holzwerkstoffplatte, die beispielsweise zur Gebäudeaussteifung herangezogen wird. Die Brandschutzbekleidung muss dann nur die Anforderungen an den Entzündungsschutz der Holzbauteile sicherstellen, während die thermische Zersetzung des Dämmmaterials durch die Holzwerkstoffplatte verhindert wird.

Einfluss metallischer Verbindungsmittel Abschließend wurde der Einfluss von Schrauben auf das thermische Zersetzungsverhalten der Bauteile untersucht. Dazu wurden Schrauben durch beide Lagen bzw. nur durch die untere Lage der Brandschutzbekleidung in das Dämmmaterial geführt. Der Versuch wurde abgebrochen, als auf der Rückseite der Brandschutzbekleidung ohne Einfluss der Schrauben die Grenztemperatur von 200 °C erreicht wurde. Wie zu erwarten war, gelangte durch die Schrauben lokal zusätzlich Wärme in das Dämmmaterial, entsprechend war in einem Radius von ca. 3 cm das Dämmmaterial verkohlt. Schrauben, die durch die obere Lage der Brandschutzbekleidung geschützt waren, wiesen zwar eine deutlich geringere Verkohlung auf, auch hier war jedoch eine punktuelle Verkohlung erkennbar (Bild 15). 7.4

Beleg durch einen mittelformatigen ETK-Brandversuch

Zum integralen Beleg der Untersuchungsergebnisse wurde ein abschließender Normbrandversuch in Anlehnung an DIN 4102-2 mit einem Deckenelement und zwei Wandelementen in realer Größe durchgeführt. In diesem Versuch sollten Bauteile mit bereits klassifizierten Brandschutzbekleidungen in Verbindung mit nawaRo-Dämmstoffen geprüft werden. Zum Einsatz kamen bei dem Deckenbauteil eine klassifizierte K 60-Bekleidung in Verbindung mit einem Schafwollflies und Hanfplatten als Gefachdämmung. Bei den Wandbauteilen kam eine K 30-Bekleidung mit dahinter angeordneter Holzwerkstoffplatte zum Einsatz, die Gefache waren mit Cellulose bzw. Flachs gedämmt. Maßgebend für die Dimensionierung der Brandschutzbekleidung ist grundsätzlich der Bereich der Verbindungsmittel, da hier aufgrund der hohen Wärmeleitfähigkeit zuerst eine Verkohlung zu erwarten ist. Dies hat zur Folge, dass während des Versuchs die Temperatur in den Feldern auf maximal 120 °C anstieg. Das bedeutet, dass der thermische Schutz der als K 60 geprüften Brandschutzbekleidung ebenfalls für die untersuchten nawaRo-Dämmstoffe ohne zusätzliche Maßnahmen ausreichend ist.

Anwendung als Gefachdämmung in den GK 4 und 5

111

300

250

Temperatur [°C]

200

150

100

50

TE 3 TE 6 TE 13 TE 16

0 0

5

10

15

20

25

30

TE 4 TE 7 TE 14 35

40

TE 5 TE 12 TE 15 45

50

Zeit [min] Bild 14. Temperaturentwicklung auf der Dämmstoffoberfläche bei thermischem Teilschutz durch eine Holzwerkstoffplatte

Bild 15. Thermische Zersetzung auf der Dämmstoffoberfläche bei durchgehenden Schrauben

Nach 60-minütiger Beflammung wurde der Versuch beendet und der Dämmstoff sofort entnommen. Alle Thermoelemente zeigten Temperaturen von maximal 130 °C, die damit deutlich unter den zuvor ermittelten

Grenztemperaturen der Materialien lagen. Demzufolge waren auch keine Verfärbungen auf den Dämmstoffen erkennbar (Bild 16). Die Wandbauteile bestanden aus 0,60 × 1,00 m2 großen Fichtenholzrahmen, die durch ein Querholz in zwei Felder unterteilt waren. Zum Einsatz kam eine K 30-Brandschutzbekleidung in Verbindung mit einer 12 mm dicken Spanplatte bzw. mit einer 15 mm dicken OSB-Platte. Die Bekleidung bestand aus 2 Lagen GKF-Platten d = 12,5 mm gemäß DIN 18180. Die GKF-Platten wurden ohne Stoß montiert. Die Holzwerkstoffplatten waren entlang des Querbalkens auf halber Wandhöhe gestoßen und verschraubt. Der Schraubenabstand auf dem Querbalken variierte zwischen 15 cm und 10 cm. Die Felder waren mit Cellulose bzw. Flachs gedämmt. Aus Vorversuchen war bekannt, dass der thermische Schutz dieser Bekleidung im ungestörten Feldbereich die Temperatur über mehr als 50 Minuten auf 270 °C begrenzt. Die Differenz zwischen der Entzündungstemperatur von Holz (270 °C) und der zulässigen thermischen Grenztemperatur der Dämmstoffe sollte bei diesem Versuchsaufbau durch die Holzwerkstoffbekleidungen ausgeglichen werden. Bei den Wandbauteilen war anhand der Temperaturen auf der Oberfläche der Holzwerkstoffplatte erkennbar, dass sich diese ungefähr in der 55. Minute entzündete. Obwohl bei Versuchsende die Temperatur auf der Rückseite der Spanplatte mit ca. 100 °C deutlich unter-

112

B 3 Brandverhalten von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen

Bild 16. Dämmstoffoberflächen nach 60-minütigem Normbrand

halb der festgelegten Grenztemperatur der Dämmstoffe lag, wiesen die Dämmstoffe in der Mitte des Querholzes leichte Verfärbungen auf. Die ungestörte Fläche der Dämmstoffe war aber unversehrt. Der Grund für die Verfärbungen war der Verbindungsmittelabstand in der Stoßfuge der Holzwerkstoffplatte, durch die Heißgase eindringen konnten. (Bild 17) Der abschließende Belegversuch hat die durch die Laborversuche gewonnenen Erkenntnisse bestätigt. Er zeigte jedoch, dass bei Einsatz einer Holzwerkstoffplatte zum thermischen Teilschutz der Abstand der Verbindungsmittel aus brandschutztechnischer Sicht reglementiert werden muss. Auf Basis der Versuchsergebnisse wird in Fugenbereichen ein maximaler Abstand der Verbindungsmittel von 8 cm vorgeschlagen, der ein frühzeitiges Eindringen der Heißgase verhindern soll.

7.5

Konstruktionsregeln

Auf der Grundlage der Risikoanalyse und der durchgeführten Brandversuche sind folgende Konstruktionsregeln zu beachten, wenn hochfeuerhemmende Bauteile in Holztafelbauweise unter Verwendung von brennbaren Dämmstoffen hergestellt werden.

Brandschutzbekleidung Die gemäß M-HFHHolzR erforderliche brandschutztechnisch wirksame Bekleidung kann gewährleisten, dass im Brandfall die Temperatur an der Oberfläche eines nawaRo-Dämmstoffes dessen Grenztemperatur der thermischen Zersetzung nicht überschreitet. Die thermische Grenztemperatur ist definiert als diejenige Temperatur, bei der im Einbauzustand keine

thermische Schädigung der Dämmstoffe auftritt und die Rauchfreisetzung im Vergleich zu nichtbrennbaren Dämmstoffen als unbedenklich einzustufen ist.

Holzwerkstoffplatten als Teil der Brandschutzbekleidung Aufgabe der Brandschutzbekleidung im Holztafelbau ist es, die Temperatur der tragenden Holzstruktur im Brandfall auf 270 °C zu begrenzen. Liegt die Grenztemperatur eines brennbaren Dämmstoffs unterhalb von 270 °C, kann eine vorhandene Bekleidung aus Holzwerkstoffplatten zur Sicherstellung des vollständigen Temperaturschutzes mit herangezogen werden. In diesem Fall sind nicht zu vermeidende Stöße der Holzwerkstoffplatte auf einem Ständer auszuführen und kraftschlüssig zu verschrauben. Der maximale Abstand der Verbindungsmittel darf 8 cm nicht überschreiten. Elektroinstallationen außerhalb der Bauteile Es dürfen keine Zündquellen innerhalb der Bauteile vorhanden sein. Elektroinstallationen wie Steckdosen, Lichtschalter, Elektrokabel und Verteilerdosen müssen außerhalb der Brandschutzbekleidung, z. B. in einer Vorwandinstallationsebene, geführt werden. 7.6

Übertragbarkeit der Vorgehensweise auf Gebäudeklasse 5

Um die Holzrahmenbauweise mit Dämmstoffen aus nawaRo auch in der Gebäudeklasse 5 einsetzen zu können, muss ein gleichbleibendes brandschutztechnisches Sicherheitsniveau nachgewiesen werden. Dies

Anwendung als Gefachdämmung in den GK 4 und 5

113

Bild 17. Erhöhte Verkohlung der Spanplatte im mittleren Bereich des Plattenstoßes (Die Verbindungsmittelabstände variierten zwischen 10 cm am Rand und 15 cm in der Mitte.)

kann geschehen, indem die Gleichwertigkeit der Holzbauweise zum konventionellen Massivbau nachgewiesen wird oder das durch den Holzbau erhöhte Brandrisiko durch alternative Maßnahmen kompensiert wird. Um die brandschutztechnische Gleichwertigkeit der Holzbauweise gegenüber einer feuerbeständigen Stahlbeton- oder Mauerwerksbauweise nachzuweisen, bietet sich als Lösungsweg die Naturbrandbemessung der bauaufsichtlich eingeführten Brandschutzteile der Eurocodes an. Durch die DIN EN 1991-1-2 [38] ist es in Deutschland gemeinsam mit dem nationalen Anhang möglich, den erforderlichen Feuerwiderstand von Bauteilen auf Basis von Naturbrandszenarien durchzuführen. Dabei wird der einwirkende Temperaturzeitverlauf in Abhängigkeit der vorliegenden Brandlasten, der Ventilationsöffnungen und der Brandraumgeometrie sowie der thermischen Eigenschaften der Umfassungsbauteile berechnet. Die Bauteile müssen diesen Brandverlauf ohne Verlust ihrer Funktion Tragfähigkeit und Raumabschluss überstehen. Dies kann für nichtbrennbare Bauteile mit einer Feuerwiderstandsdauer von 90 Minuten für übliche Brandlasten der Wohnnutzung nachgewiesen werden. Feuerbeständige Bauteile tragen daher ihre Bezeichnung zu Recht, da Naturbrandkurven über die Gesamtdauer gesehen eine geringere Brandbeanspruchung als eine 90-minütige Norm-Brandkurve aufweisen (vgl. Bild 18). Dieses in Deutschland zugelassene Verfahren kann für Bauteile aus Holz zur Nachweisführung nur erfolgreich ein-

gesetzt werden, wenn die brennbaren Baustoffe wieder selbst verlöschen oder sich erst gar nicht am Brandgeschehen beteiligen [40]. In dem Forschungsvorhaben TIMpuls [39] sind konservative repräsentative Naturbrandkurven für Wohngebäude in Holzbauweise entwickelt worden. Ziel ist es nun, Bauteile zu entwickeln, die einerseits einen Naturbrand gemäß DIN EN 1991-1-2 überstehen und andererseits sicherstellen, dass kein Schwelbrand innerhalb der mit nawaRo-Dämmstoffen gefüllten Gefache entsteht. Einen möglichen Lösungsansatz stellt die Verwendung nichtbrennbarer Bekleidungen dar. Die derzeit in der Gebäudeklasse 4 erforderliche brandschutztechnisch wirksame Bekleidung hat die Anforderung zu erfüllen, dass eine Entzündung, Verkohlung und thermische Verfärbung der tragenden Holzbauteile nicht auftreten dürfen. Die Naturbrandbemessung nach DIN EN 1991-1-2 erlaubt es grundsätzlich, dass diese Anforderungen deutlich reduziert werden können, auch in der Gebäudeklasse 5. Unter der in TIMpuls definierten repräsentativen Naturbrandkurven ist eine Verkohlung der Holzwerkstoffplatte unterhalb der Brandschutzbekleidung durchaus erlaubt. Es muss lediglich sichergestellt sein, dass, nachdem die Brandlast aus der Nutzung aufgebraucht ist, das Brandgeschehen innerhalb der Konstruktionen wieder erlöscht. Dazu muss die nichtbrennbare Brandschutzbekleidung noch eine ausreichende Schutzwirkung aufweisen und die Holzwerkstoffplatte so dimensioniert werden, dass die

114

B 3 Brandverhalten von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen

Bild 18. Darstellung der in TIMpuls entwickelten repräsentative Naturbrandkurven im Vergleich zur ETK

Grenztemperatur der thermischen Zersetzung auf der Dämmstoffoberfläche nicht erreicht wird [40]. In dem Forschungsvorhaben TIMpuls wurden bereits orientierende Kleinbrandversuche unter Naturbrandbeanspruchung im Brandofen nach DIN 4102-8 durchgeführt. In den Brandofen wurde dazu ein Holztafelelement der Größe 50 × 50 cm2 eingebaut. Das Element war mit einer 15 mm starken OSB-Platte bekleidet und brandseitig durch 2 × 18 mm Gipskartonfeuerschutzplatten geschützt. Dies entspricht einer gewöhnlichen K2 60-Brandschutzbekleidung. Das Gefach war jedoch ungedämmt und auf der brandabgewandten Seite unbekleidet, was eine erhöhte Abkühlung im Vergleich zu vollständigen Bauteilen zur Folge hat. Anschließend wurde das Bauteil mit den in TIMpuls hergeleiteten repräsentativen Naturbrandkurven beflammt, die in Bild 18 im Vergleich zur ETK abgebildet sind. Die Temperaturentwicklung in der Grenzschicht zwischen Brandschutzbekleidung und OSB-Platte wurde während des Versuchs mit vier Thermoelementen gemessen. Den Mittelwert der Temperaturentwicklung sowie die Oberfläche der OSB-Platte nach der Beflammung mit der kritischeren Naturbrandkurve 1 sind in Bild 19 dargestellt. Für den zusätzlich erforderlichen Schutz, um für den Dämmstoff den Grenzwert der thermischen Zersetzung einzuhalten, muss die Holzwerkstoffplatte entsprechend dimensioniert werden. Aus den in [9] gewonnenen Ergebnissen lässt sich ableiten, dass für einen Temperaturgewinn von etwa 100 °C mindestens 8 mm Restdicke der Holzwerkstoffplatte erhalten bleiben müssen.

Bild 19. Brandraumtemperatur (blau) und Oberflächentemperatur der OSB-Platte (orange) bei Beflammung mit Naturbrandkurve 1 aus Bild 18

8

Zusammenfassung

Die Vorzüge von Baustoffen aus nachwachsenden Rohstoffen sind wegen ihrer Nachhaltigkeit und aus klimapolitischen Gründen zu begrüßen und eine Erweiterung des Anwendungsbereichs ist wünschenswert. Es ist jedoch zu beachten, dass die Verwendung von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen aufgrund ihrer zumeist stark ausgeprägten Schwelneigung aus brandschutztechnischer Sicht bei falscher Anwendung Gefahren mit sich bringen kann. Hier-

Literatur

zu zählen insbesondere unentdeckte Hohlraum-Brände, die sehr langsam im Inneren von Bauteilen verlaufen und durch die entstehenden Rauchgase, insbesondere CO, eine Gefährdung der Nutzer darstellen können. Ebenso ist es für die Feuerwehr sehr aufwendig, Glimmbrände in nawaRo-Dämmstoffen zu löschen. Ein Blick auf die Landesbauordnungen zeigt, dass der zulässige Anwendungsbereich für die Verwendung nachwachsender Baustoffe je nach Bundesland sehr unterschiedlich erfolgt. Darin zeigt sich, dass eine Überarbeitung der Regelwerke zwingend erforderlich ist, um wieder annähernd gleiche bauaufsichtliche Anforderungen in den Bundesländern zu haben, was dem Ziel der MBO entspricht. Diese Überarbeitung kann neben Erleichterungen für den Holzbau selbst auch eine Erweiterung des Anwendungsbereichs von Dämmstoffen aus nawaRo enthalten. Voraussetzung ist, dass Konstruktionsprinzipien vorgegeben werden, die gewährleisten, dass das erforderliche Sicherheitsniveau eingehalten wird. Durch aktuelle Forschungsergebnisse konnte gezeigt werden wie dies für zwei große Anwendungsbereiche erfolgen kann. Es konnte nachgewiesen werden, dass WDVS auf Basis von Holzfaserdämmplatten mit entsprechenden Brandschutzmaßnahmen das Schutzziel Begrenzung der Brandausbreitung erreichen. Durch den Dickschichtputz wird sichergestellt, dass sich der brennbare Dämmstoff nicht am Brandgeschehen beteiligt und somit auch kein Schwelbrand ausgelöst wird. Für den Anwendungsbereich Gefachdämmung bedeutet dies, dass durch konstruktive Maßnahmen ein Mitbrennen und Schwelen der nawaRo-Dämmstoffe verhindert werden muss. Dieser Nachweis wurde für die Gebäudeklasse 4 anhand 60-minütiger ETK-Brandbelastungen geführt. Für die Gebäudeklasse 5 ist dieser Ansatz zu erweitern, da feuerbeständige Bauteile bei gewöhnlichen Randbedingungen des Wohnungsbaus einen realen Brand überstehen. Dieser Nachweis ist auf Grundlage der Naturbrandbemessung in Anlehnung an DIN EN 1991-1-2 zu führen.

9

Literatur

[1] Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (2014) Marktanalyse Nachwachsende Rohstoffe, Band 34. [2] Northe, C.; Spille, J.; Zobel, A. (2019) Untersuchung von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen zum möglichen Einsatz in den GK 4 und 5. Tagungsband der 7. Magdeburger Brand- und Explosionsschutztagen. [3] Musterbauordnung MBO, Fassung November 2002, zuletzt geändert durch Beschluss der BMK vom 13.05.2016. [4] DIN EN 13501-1:2019-05 (2019) Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten – Teil 1: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Prüfungen zum Brandverhalten von Bauprodukten, Beuth, Berlin.

115

[5] DIN EN 13823:2015-02 (2015) Prüfungen zum Brandverhalten von Bauprodukten – Thermische Beanspruchung durch einen einzelnen brennenden Gegenstand für Bauprodukte mit Ausnahme von Bodenbelägen, Beuth, Berlin. [6] DIN EN ISO 11925-2:2020-05 (2020) Prüfungen zum Brandverhalten – Entzündbarkeit von Produkten bei direkter Flammeneinwirkung – Teil 2: Einzelflammentest (ISO 11925-2:2020), Beuth, Berlin. [7] DIN 4102-1:1998-05 (1998) Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen – Teil 1: Baustoffe; Begriffe, Anforderungen und Prüfungen, Beuth, Berlin. [8] Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB), Ausgabe 2019/1 vom 15. Januar 2020, Deutsches Institut für Bautechnik, Berlin. [9] DIN EN 16733:2016-07 (2016) Prüfungen zum Brandverhalten von Bauprodukten – Bestimmung der Neigung eines Bauprodukts zum kontinuierlichen Schwelen, Beuth, Berlin. [10] DIN 4102-16:2015-09 (2015) Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen – Teil 16: Durchführung von Brandschachtprüfungen, Beuth, Berlin. [11] DIN 4102-15:1990-05 (1990) Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen; Brandschacht, Beuth, Berlin. [12] DIN 4102-20:2017-02 (2017) Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen – Teil 20: Ergänzender Nachweis für die Beurteilung des Brandverhaltens von Außenwandbekleidungen, Beuth, Berlin. [13] DIN EN 13501-2:2016-12 (2016) Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten – Teil 2: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Feuerwiderstandsprüfungen, mit Ausnahme von Lüftungsanlagen, Beuth, Berlin. [14] DIN 4102-2:1977-09 (1977) Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen; Bauteile, Begriffe, Anforderungen und Prüfungen, Beuth, Berlin. [15] prEN 1995-1-2 second draft: Eurocode 5: Design of timber structures – Part 1-2: General – Structural fire design, May 2020. [16] DIN EN 1995-1-2: 2010-12 (2010) Eurocode 5: Bemessung und Konstruktion von Holzbauten – Teil 1-2: Allgemeine Regeln – Tragwerksbemessung für den Brandfall, Beuth, Berlin. [17] Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an hochfeuerhemmende Bauteile in Holzbauweise – M-HFHHolzR (Fassung Juli 2004). [18] Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Bauteile in Holzbauweise für Gebäude der Gebäudeklassen 4 und 5 – M-HolzBauRL (Entwurf, Stand: 23.05.19). [19] Landesbauordnung Baden-Württemberg (LBO BW) in der Fassung vom 05.03.2010, zuletzt geändert durch Gesetz vom 01.03.2015.

116

B 3 Brandverhalten von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen

[20] Landesbauordnung Baden-Württemberg (LBO BW) in der Fassung vom 05.03.2010, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.07.2019.

[33] Kampmeier, B.; Zehfuß, J.; Küppers, J.; Steeger, F. (2019) Brandschutzmaßnahmen für Holzfaser-WDVS, Teil 1 + 2, Bauen mit Holz, Heft 2 und 3.

[21] Muster-Industriebau-Richtlinie – MIndBauRL (Mai 2019).

[34] Feuerwehr Frankfurt am Main: Zusammenstellung von Brandereignissen in Verbindung mit WDVS im Auftrag der AGBF-Hessen, AGBF-Bund und Deutscher Feuerwehrverband e. V.

[22] Beherbergungsstättenverordnung – MBeVO (Fassung Dezember 2000, zuletzt geändert durch Beschluss der Fachkommission Bauaufsicht von Mai 2014). [23] Garagenverordnung – MGarVO (Fassung Mai 2008). [24] Verkaufsstättenverordnung – MVKVO (Fassung September 1995, zuletzt geändert durch Beschluss der Fachkommission Bauaufsicht vom Juli 2014) [25] Versammlungsstättenverordnung – MVStättVO (Fassung Juni 2005, zuletzt geändert durch Beschluss der Fachkommission Bauaufsicht vom Juli 2014). [26] Muster-Schulbau-Richtlinie – MSchulbauR (Fassung April 2009).

[35] Hosser, D.; Kampmeier, B. (2007) Untersuchungen zur Optimierung und Standardisierung von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen; Teilprojekt 3b: Brandtechnische Untersuchungen zur Optimierung der Flammschutzmittelzusammensetzung und des Brandverhaltens auf Bauteilebene, Schlussbericht eines vom BMELV geförderten und der FNR betreuten Forschungsvorhaben, FKZ:22008905. [36] Hosser, D.; Kampmeier, B. (2007) Anwendung brennbarer Dämmstoffe im mehrgeschossigen Holzbau, Bauphysik 29 (4).

[27] Richtlinie über den Bau und Betrieb von Hochhäusern – MHHR (Fassung April 2008).

[37] DIN 4102-8:2003-10 (2003) Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen – Teil 8: Kleinprüfstand, Beuth, Berlin.

[28] Kolb, T.; Zobel, A.; Northe, C.; Schwenke, T. (2019) Glimmverhalten von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen, Holztechnologie 60 (4), ihd, Dresden.

[38] DIN EN 1991-1-2:2010-12 (2010) Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke – Teil 1-2: Allgemeine Einwirkungen – Brandeinwirkungen auf Tragwerke, Beuth, Berlin.

[29] Kampmeier, B. (2019) Dämmungen mit nachwachsenden Rohstoffen – ein beherrschbares Risiko? in Tagungband der Braunschweiger Brandschutztage 2019.

[39] TIMpuls – Brandschutztechnische Grundlagenuntersuchung zur Fortschreibung bauaufsichtlicher Regelungen in Hinblick auf eine erweiterte Anwendung des Holzbaus, Verbund-Forschungsvorhaben TU München, TU Braunschweig, Hochschule Magdeburg-Stendal, Institut für Brand- und Katastrophenschutz Heyrothsberge im Auftrag der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe e. V., 08/2017–07/2020.

[30] NawaRo-Dämmstoffe – Mehr als nur Dämmung – Zusatznutzen von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen, FNR-Verbundforschungsvorhaben, Verbundpartner u. a.: Hochschule Magdeburg-Stendal, TU Braunschweig, Fraunhofer WKI, TU Dresden im Auftrag der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe e. V., 12/ 2016–05/2020. [31] Technisches Merkblatt: Gutex Pyroresist ® wall; 12/ 2018. [32] Fassadenbrandschutz für Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) mit Holzfaserdämmplatten für die Gebäudeklassen 4 und 5, ZIM-Projekt, KF2178813HF4.

[40] Zehfuß, J.; Kampmeier, B. (2019) Bauordnungsrechtliche Situation und Forschungsarbeiten des Holzbaus in Deutschland, Tagungsband der 7. Magdeburger Brandund Explosionsschutztagen.

C Nachweisverfahren

119

C 1 Personenstromsimulationen und Evakuierungsberechnungen Volker Schneider, Burkhard Forell

Dr. Volker Schneider IST GmbH Feuerbachstraße 19, 60325 Frankfurt Studium der Physik sowie Promotion (1989) an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main. 1990 Wechsel in die Forschungs- und Entwicklungsabteilung der Intellex GmbH, Frankfurt. Seit 1993 Mitarbeiter der IST GmbH mit den Arbeitsschwerpunkten Entwicklung von Simulationsmodellen im Bereich Brandschutz (u. a. strömungsdynamische CFD-Modelle) und Personensicherheit (Konsequenzanalyse und Personenstrommodelle) sowie gutachterliche Tätigkeit. Gremienarbeit, u. a. Federführender der Arbeitsgruppe „Personensicherheit“ des vfdb-Referats 4 „Ingenieurmethoden des Brandschutzes“ und Mitwirkung am gleichnamigen vfdb-Leitfaden.

Dr.-Ing. Burkhard Forell GRS gGmbH Schwertnergasse 1, 50667 Köln Studium der Sicherheitstechnik an der Bergischen Universität Wuppertal, Projektleiter für baulichen Brandschutz, Promotion über Schadstoffentstehung bei Raumbränden an der Technischen Universität Braunschweig und der Universität Florenz, ebenda Postdoktorand mit Schwerpunkt Personensicherheit in Gebäuden und Infrastrukturanlagen, seit 2008 Sachverständiger bei der Gesellschaft für Anlagenund Reaktorsicherheit (GRS) gGmbH, Köln. Mitarbeit im Referat 4 „Ingenieurmethoden des Brandschutzes“ der „Vereinigung zur Förderung des deutschen Brandschutzes“ (vfdb e. V.) sowie in weiteren Normungsgremien des Brand- und Explosionsschutzes, Fachreferent im Brandschutz u. a. im Seminar für Brand- und Evakuierungssimulation der Ingenieurakademie West e. V., Düsseldorf.

Bauphysik-Kalender 2021: Brandschutz. Herausgegeben von Nabil A. Fouad. © 2021 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2021 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

120

C1

Personenstromsimulationen und Evakuierungsberechnungen

Inhaltsverzeichnis 1

Einleitung

2 2.1 2.2 2.3

Berechnung von Räumungszeiten Grundlagen 121 Festlegung der Personenzahl 122 Reaktionszeiten 123

3 3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1.4 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3

Personenstrommodelle 124 Makroskopische Berechnungsmethoden 124 Kapazitätsanalyse 124 Dynamische Strömungsmodelle 125 Netzwerkmodelle 126 Das Modell von Predtetschenski und Milinski 126 Mikroskopische Modelle 127 Räumlich diskrete Modelle 129 Räumlich kontinuierliche Modelle 129 Partikelmodelle 130

4

Integration relevanter Verhaltensaspekte 130 Fluchtwegewahl 130 Staubildung 131 Begriffsdefinition 131 Stauidentifizierung 131 Einfluss von Rauch und Wärme 132

4.1 4.2 4.2.1 4.2.2 4.3

121 121

5

Bewertungskriterien

6

Analyse von Verkehrsströmen

7 7.1 7.2

Anwendung und Modellvergleich 134 Einführung 134 Gebäudebeschreibung, Rettungswege und Räumungsszenarien 135 Reaktionsszeiten 136 Handrechnungen 136 Kapazitätsanalyse nach vfdb-Leitfaden 136 Dynamisches Strömungsmodell nach Predtetschenski und Milinski 138 Individualmodelle 139 Modell buildingEXODUS 139 Modell PedGo 139 Modell FDS+Evac 144 Modell ASERI 145 Modell crowd:it 146 Modell Pathfinder 149 Vergleich der Fluchtzeiten und lokalen Stauungen 151

7.3 7.4 7.4.1 7.4.2 7.5 7.5.1 7.5.2 7.5.3 7.5.4 7.5.5 7.5.6 7.6

8

Literatur

153

132 134

Berechnung von Räumungszeiten

1

Einleitung

Der Einsatz von Rechenmodellen für die Analyse von Personenströmen in Gebäuden, Anlagen und Veranstaltungsgeländen hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung und Akzeptanz gewonnen. Im Bereich des Brandschutzes ist dafür eine verstärkte Anwendung schutzzielorientierter Sicherheitskonzepte verantwortlich, in denen neben der Dynamik der Brandentwicklung und der damit einhergehenden Rauch- und Wärmeausbreitung auch das Fluchtverhalten als wichtiger komplementärer Aspekt Berücksichtigung findet. Auch unabhängig von einem Brandereignis erfordert eine Bewertung der Personensicherheit oft die rechnerische Analyse von Personenströmen für den Fall, dass eine Gefährdungslage eine Räumung erfordert oder auch um generell für größere Menschenansammlungen sichere Zugangs- und Ausgangssituationen nachzuweisen. Ein weiteres Anwendungsgebiet, welches immer stärker in den Fokus rückt, ist die Simulationen von Verkehrsströmen, z. B. in großen Verkaufsstätten oder öffentlichen Verkehrsanlagen. Hier bietet sich die Möglichkeit, schon in der Planungsphase Vorgaben für einen späteren optimalen Betrieb zu entwickeln. Obwohl die Einsatzgebiete für Personenstrommodelle also auf den ersten Blick durchaus unterschiedlich sind, lassen sich die Problemstellungen auf zwei Kernfragen reduzieren; die zeitliche Analyse der Personenströme und die Qualität der Bewegungsabläufe. Die Zeitanalyse kann sowohl die globale (z. B. die Räumung bestimmter Bereiche) als auch die individuelle (z. B. Aufenthaltsdauer) Ebene umfassen. Die Bewertung der Qualität erfordert vor allem eine Bestimmung lokaler Personendichten und eventuell sich daraus ergebender Stausituationen. Die Begriffe „Evakuierung“, „Räumung“ und „Entfluchtung (Flucht)“ werden einerseits oft synonym verwendet, besitzen andererseits aber in bestimmten Anwendungsgebieten (z. B. im Katastrophenschutz) auch spezifische Bedeutungen. Es werden im Folgenden die Begriffsdefinitionen aus dem vfdb-Leitfaden „Ingenieurmethoden des Brandschutzes“ [1] und der DIN 18009-1 [2] übernommen. Die Räumung beschreibt demnach die Leerung einer baulichen Anlage, einer Veranstaltungsfläche oder eines entsprechenden Teilbereichs aufgrund einer potenziellen oder realen Gefahr für die betroffenen Personen. Maßgeblich für die Bestimmung der Räumungsdauer ist der Zeitraum vom Eintreten eines Räumungsanlasses (Brandausbruch) bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Rettung abgeschlossen ist und alle betroffenen Personen, soweit möglich, einen sicheren Bereich erreicht haben. Dies schließt neben der Selbstrettung gegebenenfalls auch eine Fremdrettung mit ein. Flucht bezeichnet die Phase der Räumung, in welcher sich die Betroffenen selbstständig oder mithilfe anderer aus dem betroffenen Bereich entfernen, um sich in Sicherheit zu bringen.

121

Berechnungsmethoden und Simulationsverfahren zur Analyse eines Räumungsvorgangs oder bestimmter Teilaspekte eines solchen werden zusammenfassend als „Personenstrommodelle“ bezeichnet. Entsprechend spricht man in diesem Zusammenhang auch allgemein von Personenstromanalysen. Die ersten Abschnitte dieses Beitrags befassen sich mit der Personenstromanalyse im Zusammenhang mit der Räumung. Es werden die relevanten Bestimmungsgrößen definiert, die unterschiedlichen Modelltypen eingeführt und Verhaltensaspekte sowie Bewertungskriterien wie die Stauanalyse diskutiert. Der Einfluss von Rauch und Wärme auf die Möglichkeit zur Selbstrettung wird in einem separaten Abschnitt behandelt. Nach diesen auf den Notfall im Allgemeinen und den Brandfall im Besonderen bezogenen Ausführungen werden einige bei der Analyse von Verkehrsströmen im Nicht-Gefahrenfall zu beachtenden Besonderheiten vorgestellt. Den Abschluss bilden ein ausführlicher Modellvergleich mit Hinweisen zu den Anwendungsmöglichkeiten und -grenzen anhand eines Anwendungsbeispiels.

2

Berechnung von Räumungszeiten

2.1

Grundlagen

Man unterscheidet grundsätzlich zwischen der erforderlichen Räumungszeit terforderlich und der verfügbaren Räumungszeit tverfügbar . Erstere wird durch die Personenstromanalyse bestimmt, letztere im Brandfall durch eine Berechnung der Rauch- und Wärmeausbreitung. Die erforderliche Räumungszeit setzt sich aus vier aufeinander folgenden Phasen zusammen: – die Zeitspanne tDetektion vom Beginn der Gefährdungssituation (z. B. Brandausbruch) bis zu ihrer Detektion, – die Zeitspanne tAlarm von der Detektion bis zum Auslösen eines Alarms, – die Reaktionszeit tReaktion und – die Zeit der Bewegung tBewegung entlang der Fluchtwege. tReaktion und tBewegung bilden zusammen die Fluchtzeit tFlucht . Diese Phasen sind zunächst auf individueller Ebene additiv, terforderlich = tDetektion + tAlarm + tReaktion + tBewegung

(1)

werden jedoch – je nach eingesetztem Modell – oft auch für Gruppen, ausgedehnte Bereiche oder das gesamte zu räumende Areal additiv behandelt. Eine Personenstromanalyse bezieht sich üblicherweise auf den Zeitpunkt des Alarms, beinhaltet also die Fluchtzeit. Die davor liegenden Phasen tDetektion und tAlarm setzen die Möglichkeit einer anlagentechnischen Gefahrenerkennung (z. B. automatische Brandmeldeanlage und Alarmierungssystem) voraus und werden in der Regel unabhängig von der Personenstromanaly-

122

C1

Personenstromsimulationen und Evakuierungsberechnungen

se behandelt. Sie können auch zusammenfallen, wenn Personen etwa direkten Kontakt zu der Gefahrenquelle haben (z. B. Wahrnehmung von Brandgeruch). In solchen Fällen können sie auch als Element der Reaktionszeit betrachtet werden. Ist die Personenstromanalyse Bestandteil eines schutzzielorientierten Sicherheitskonzepts, wird die erforderliche Räumungszeit nach Gl. (1) zu der verfügbaren Räumungszeit in Relation gesetzt. Für jeden Bereich eines Gebäudes gilt der Grundsatz, dass die erforderliche Räumungszeit terforderlich kleiner sein muss als die verfügbare Räumungszeit tverfügbar , terforderlich < tverfügbar

(2)

Ob bzw. welche Sicherheitsfaktoren in Gl. (2) berücksichtigt werden müssen, hängt von dem konkreten Szenarium, dem eingesetzten Berechnungsmodell sowie den Bewertungskriterien ab. Grundsätzlich ist eine Vorgehensweise vorzuziehen, in welcher durch eine nachvollziehbar konservative Wahl der Randbedingungen eine ausreichende Sicherheit belegt werden kann (siehe dazu die detaillierten Ausführungen in [1, 2]). Dies vermeidet die mitunter eher willkürliche Festlegung von Sicherheitsfaktoren bei dem Einsatz einfacher Methoden (Handrechnungen).

nutzungsabhängig vorzugebenden Personendichte mit der zugehörigen Grundfläche. Empfehlungen für die Festlegung bemessungsrelevanter Personendichten findet man in Tabelle 1, in welcher eine Auswahl der in [1] aus verschiedenen nationalen und internationalen Quellen zusammengestellter Angaben enthalten ist. Es ist auch möglich, mit für den speziellen Anwendungsfall spezifischen Personenzahlen zu rechnen, sofern diese Angaben auf belegbaren empirischen Daten basieren oder als verbindliche (und in der Praxis überprüfbare) Obergrenze für die maximale Anzahl der zugelassenen Personen festgeschrieben sind. Bei der Analyse von Verkehrsströmen (z. B. in Verkaufsstätten, in öffentlichen Verkehrsanlagen oder bei Veranstaltungen) ist die Bestimmung der maßgeblichen Personenzahl oft aufwendiger. In solchen Fällen benötigt man üblicherweise statt konservativer Maximalwerte möglichst genaue Angaben für die aktuelle Situation oder gegebenenfalls verlässliche Progno-

Tabelle 1. Personenbelegung für ausgewählte Nutzungsarten [1] Nutzung

Personendichte [P/m2 ]

Stadion, Tribüne, Theater etc.

2.2

Festlegung der Personenzahl

Auch wenn sich die einzelnen Personenstrommodelle teilweise stark hinsichtlich der Komplexität der Szenarien und damit hinsichtlich des Umfangs und der Genauigkeit der vorzugebenden Anfangs- und Randbedingungen unterscheiden, benötigen sie doch alle zutreffenden Angaben zur Personenzahl. Dies betrifft die sich zum Zeitpunkt des Alarms (Anfangs- bzw. Referenzzeit der Simulation/Berechnung) im betroffenen Bereich aufhaltenden Personen sowie eventuell die während des Untersuchungszeitraums noch von außerhalb hinzukommenden Personen. Letztere können bei einer Räumung im Gefahrenfall oft vernachlässigt werden, sofern entsprechende organisatorische Vorkehrungen getroffen wurden. Gegebenenfalls ist eine Interaktion mit hinzukommenden Einsatz- und Rettungskräften zu berücksichtigen, wobei hier mitunter separate Zugangswege vorhanden sind oder geschaffen werden, was dann eher das räumliche Szenarium (Anzahl bzw. Breite der verfügbaren Fluchtwege) beeinflusst. Für die Festlegung der anfänglichen Personenzahl existieren Richtlinien, Normen oder Verordnungen, deren Forderungen oder Empfehlungen für die jeweiligen Nutzungen meist ausreichend konservativ sind. Üblich ist die Angabe einer Personendichte (Anzahl von Personen pro m2 ), bezogen auf die Grundfläche des betreffenden Raumes oder die zugehörige Geschossfläche. So gibt beispielsweise die Versammlungsstättenverordnung [3] zwei Personen pro m2 als Ermittlungsgrundlage für Sitzplätze in Reihen oder Stehplätze an. Die Personenzahl für die Personenstromanalyse ergibt sich aus der Multiplikation der

– Stehplätze

5,0

– freie Bestuhlung

2,0

– feste Bestuhlung

Anzahl der Sitzplätze

– Lobby/Foyer

1,0

Passagen, Umgänge (bei Nutzung als Versammlungsstätte)

1,4

Kunstgalerie, Museum

0,25

Bibliothek – Lesesaal

0,2

– Magazin

0,1

Ausstellung, Messe

0,6

Verkaufsgeschäfte – Bereich (Geschoss) mit Zugang ebenerdig

0,5

– sonstige Geschosse

0,3

Einkaufsmarkt (für Großgeräte, Möbel etc.)

0,1

Gaststätte, Restaurant

1,0

Bar, Club, Diskothek

4,0

Büro

0,2

Schule – Klassenzimmer

0,5

– Labor/Übungsraum

0,2

Tagesstätten

0,3

Berechnung von Räumungszeiten

123

typische Verteilung

konservative Näherung

Alarm Bild 1. Häufigkeitsverteilung (schematisch) von Reaktionszeiten

Zeit

sen für einen zukünftigen Zustand. Zu- und Abströme sind gleichermaßen zu berücksichtigen. Verteilungen der Personen sind oft nicht bekannt und müssen aus der (abgeschätzten) Aufenthaltsdauer, u. U. auch im Sinne einer Parametervariation oder Sensitivitätsanalyse, bestimmt werden.

2.3

Reaktionszeiten

Die Phase der Reaktionszeit (im Englischen sind die Begriffe „pre-movement time“, „response time“ oder „pre-evacuation time“ gebräuchlich) beschreibt nicht nur die erforderliche Zeit bis zum Wahrnehmen und Interpretieren eines Alarmsignals oder Gefahrenzeichens, sondern umfasst den Zeitraum bis zum Beginn der (individuellen) Fluchtbewegung. In diesem Zeitraum können durchaus Aktivitäten wie die Untersuchung der Umgebung, die Brandbekämpfung oder das Warnen bzw. das Suchen von Personen stattfinden. In einer rechnerischen Simulation werden diese Handlungen meist nicht im Einzelnen berücksichtigt, sondern vereinfachend in einer Reaktionszeit zusammengefasst. Erst nach Ablauf dieser Reaktionszeit bewegen sich die Personen entlang der verfügbaren Fluchtwege, zuvor werden sie als statisch betrachtet. Moderne Simulationsmodelle bieten darüber hinaus die Möglichkeit, bei Bedarf auch Details des Bewegungsablaufs innerhalb der Reaktionszeit zu beschreiben. Dies kann unter Umständen für die Flucht bedeutsam sein, etwa durch Änderung der Verteilung der Personen innerhalb des zu räumenden Bereichs oder durch die Bildung von Gruppen. Die Reaktionszeit hängt im Einzelfall von einer Vielzahl von Einflussfaktoren ab. Von besonders großer Bedeutung sind die Aufnahmebereitschaft (wach/ schlafend) der Personen, ihre Vertrautheit mit dem Gebäude, die Beschaffenheit des Alarmierungssystems, die Komplexität des Gebäudes bzw. des Geländes sowie die Qualität des Brandschutzmanagements. Für eine so charakterisierte Population kann man eine Häufigkeitsverteilung der individuellen Reaktionszeiten zuordnen, wie in Bild 1 schematisch dargestellt. Da

die für eine genauere Festlegung des Verlaufs der Verteilung erforderlichen statistischen Daten meist nicht verfügbar sind, verwendet man in der Praxis eine konservative Näherung, in welcher der Beginn (relativ zum Zeitpunkt des Alarms) und die Dauer der Reaktionszeit festgelegt werden (gepunktete Linie in Bild 1). Für spezielle Alarmierungs- oder Wahrnehmungssituationen (z. B. im Wohnungsumfeld) gibt es auch entsprechende qualitative oder quantitative Reaktionsmodelle [4]. Für einen rechnerischen Nachweis von Räumungszeiten im Rahmen eines schutzzielorientierten Sicherheitskonzeptes ist die in [1] empfohlene Festlegung von Reaktionszeiten mithilfe der Kategorisierung nach Purser [5] geeignet (Tabelle 2). Der Beginn der (individuellen) Reaktionszeit wird durch Δt1 , das Zeitintervall vom Beginn bis zum Ende der Reaktionszeit durch

Tabelle 2. Festlegung von Reaktionszeiten [1, 5] Δt1 [min]

Δt99 [min]

M1 B1 – B2 A1 – A2

0,5

1

M2 B1 – B2 A1 – A2

1

2

M3 B1 – B2 A1 – A3

(> 15)

(> 15)

M1 B1 A1 – A2

0,5

2

M2 B1 A1 – A2

1

3

M3 B1 A1 – A3

(> 15)

(> 15)

Szenarium (Haupt- und Unterkategorien) Kategorie A: wach und vertraut

B3: addiere 0,5 min zu Δt1 wegen schwierigerer Orientierung Kategorie B: wach und unvertraut

B2: addiere 0,5 min zu Δt1 wegen schwierigerer Orientierung B3: addiere 1,0 min zu Δt1 wegen schwierigerer Orientierung

124

C1

Personenstromsimulationen und Evakuierungsberechnungen

Δt99 beschrieben. Die Unterkategorien sind jeweils dreigeteilt und beschreiben die zugehörigen Randbedingungen in abgestufter (1 = höchste, 3 = niedrigste) Qualität. A steht für das Alarmierungssystem (Brandmeldesystem), B für die Gebäudekomplexität (Übersichtlichkeit) und M für das Brandschutzmanagement (inklusive Informationssystem). Weitere Details findet man in [1, 5]. Es zeigt sich also, dass Reaktionszeiten von wenigen Minuten nur verlässlich vorausgesetzt werden können, wenn für die Randbedingungen über das unbedingt erforderliche Mindestmaß hinausgehende Anforderungen erfüllt werden.

3

Bezeichnung

Symbol [Einheit]

Kommentar

Personen(zahl)

N [P]

Einheit (eigentlich ohne Dimension, da Zahl) z. B. in Personenstrom oder Personendichte

Personendichte

D [P/m2 ]

lokal oder als Mittelwert für einen ausgedehnten Bereich

Zeit

t [s]

Dauer eines Vorgangs in entsprechenden Einheiten

Geschwindigkeit V [m/s]

individueller Wert oder als charakteristischer Mittelwert einer kompakten Gruppe oder Menschenmasse

Personenstrom (Personenfluss)

F [P/s]

der über einen bestimmten Zeitraum aufrecht zu erhaltende Personenstrom („sustainable flow“)

Spezifischer Personenstrom

Fs [P/(s m)] Personenstrom (Personenfluss) pro Einheitsbreite

Personenstrommodelle

Die für eine Personenstromanalyse eingesetzten Berechnungsmethoden reichen von einfachen Handrechnungen bis hin zu aufwendigen Computermodellen. Man unterscheidet dabei zwei Hauptgruppen: – makroskopische Modelle (hydraulische Modelle) – mikroskopische Modelle (Individualmodelle) Makroskopische Modelle reichen von einfachen Kapazitätsanalysen für Engpasssituationen über Strömungsmodelle bis hin zu Netzwerkmodellen. Zu den mikroskopischen Modellen rechnet man neben den typischen räumlich diskreten oder räumlich kontinuierlichen Individualmodellen auch die eher abstrakten Partikelmodelle. Im Folgenden werden einige der wichtigsten Methoden vorgestellt, die für Fragen der Bemessung oder rechnerische Nachweise in der Praxis eingesetzt werden. Modelle, die sich mit speziellen Problemstellungen des individuellen Verhaltens oder des Orientierungsvermögens befassen (Kognitionsmodelle), werden hier nicht berücksichtigt. Größen zur quantitativen Beschreibung des Räumungsvorgangs mit den zugehörigen, nachfolgend verwendeten Symbolen und Einheiten (in Anlehnung an die in [1] verwendete Nomenklatur) findet man in Tabelle 3.

3.1

Tabelle 3. Berechnungsgrößen

Makroskopische Berechnungsmethoden

Makroskopische Modelle beschränken sich auf die Betrachtung einer im Wesentlichen kompakten Personenmenge, unter Verzicht auf individuelle Aspekte, und sind daher in ihrer Anwendung vergleichsweise einfach. Der Räumungsablauf wird dabei in getrennte Phasen zerlegt, die entweder das Zurücklegen eines Wegstücks bestimmter Länge oder das Passieren eines Wegelements bestimmter Breite (also in der Regel ein Ausgang, eine Engstelle oder eine Treppe) beschreiben. Für die zeitliche Analyse des Räumungsvorgangs benötigt man die Personendichte, die entweder als Randbedingung explizit vorgegeben oder mithilfe von Beobachtungsdaten (z. B. als Personendichte vor einem Engpass) innerhalb des Modells festgelegt werden kann. Kernpunkt aller makroskopischen Modelle ist

ein empirischer Ansatz für die Bestimmung der Durchlassfähigkeit bestimmter definierter Wegelemente. Dies kann entweder in Form von mathematischen Relationen mit entsprechenden Anpassungsparametern oder durch Interpolation in Tabellen mit den zugehörigen empirischen Daten geschehen. Maß für die Durchlassfähigkeit ist der spezifische Personenstrom, also die Anzahl der Personen, die pro Zeiteinheit ein Wegelement in der Einheitsbreite 1 m passieren können. Makroskopische Modelle berechnen direkt nur tBewegung . Eine geeignet gemittelte Reaktionszeit muss zu der makroskopisch berechneten Zeit tBewegung für eine kompakte Personenmenge addiert werden. Eine Häufigkeitsverteilung, wie in Bild 1 dargestellt, kann nicht verwendet werden. Es muss stattdessen ein fester Zeitpunkt innerhalb des Intervalls der Reaktionszeit gewählt werden (z. B. der Mittelwert oder konservativ das Ende des Intervalls), an dem alle Personen gleichzeitig mit der Flucht beginnen. Innerhalb von tBewegung unterscheidet man Zeiten tPassage , welche Personen benötigen, um ein bestimmtes Wegelement (eine Engstelle) zu passieren und Zeiten tWeg , welche die Personenmenge benötigt, um einen Weg definierter Länge (ohne Behinderung durch Engstellen) zurückzulegen.

3.1.1

Kapazitätsanalyse

Die Kapazitätsanalyse [1] ist eine einfache Berechnungsmethode, die vor allem für Situationen geeignet ist, in denen eine einzelne Engstelle eindeutig als limitierender Faktor für die Räumungszeit zu identifizieren ist. Ist das Szenarium komplexer, kann diese Methode u. U. für Abschätzungen oder Plausibilitäts-

Personenstrommodelle Tabelle 4. Berechnungsparameter für eine Kapazitätsanalyse [1, 5]

125

Wegelementes anzugeben:

Wegelement

Gehgeschwindigkeit Personenstrom V Fs

Treppe (moderate Auslastung)

0,6 m/s

0,8 P/s·m

Treppe (optimale Auslastung)

0,5 m/s

1,0 P/s·m

Korridor, Mundloch (moderate Auslastung)

1,0 m/s

1,1 P/s·m

Korridor, Mundloch (optimale Auslastung)

0,6 m/s

1,3 P/s·m

Ausgang, Türe (moderate Auslastung)

1,0 m/s

0,9 P/s·m

Ausgang, Türe (optimale Auslastung)

0,6 m/s

1,4 P/s·m

betrachtungen eingesetzt werden. Die entsprechenden Berechnungsansätze basieren auf Relationen, welche die Kapazität eines Wegelementes (Ausgang, Treppe oder Korridor) in Abhängigkeit von seiner Breite und gegebenenfalls auch anderen Parametern (z. B. Stufenabmessungen) beschreiben. Unter „Kapazität“ ist hier der über einen längeren Zeitraum aufrecht zu erhaltende Personenstrom zu verstehen. Die räumliche Struktur des zu räumenden Bereiches wird vereinfachend auf eine Weglänge L und eine Fluchtwegbreite B reduziert. Entlang dieses Fluchtweges bewegt sich eine kompakte Ansammlung von Personen, charakterisiert durch die Geschwindigkeit V und den spezifischen Personenstrom Fs . Tabelle 4 zeigt typische Bemessungsgrößen für Anwendungen im Bereich von Versammlungsstätten, Verkaufsstätten, Bürogebäuden oder Verkehrsanalagen [1]. Die Auslastungsgrade beschreiben einen bemessungsrelevanten Dichtebereich von 1 (moderat) bis 2 (optimal) P/m2 , der empirisch abgesichert ist. In der Praxis wird man für Auslegungszwecke meist die Parameter für moderate Auslastung wählen, auch wenn höhere Dichten zumindest zeitweise erwartet werden können, da dies konservative Ergebnisse für die Räumungszeit liefert. Für Treppen wird in Tabelle 4 die effektive horizontale Komponente der Gehgeschwindigkeit V angegeben. Entsprechend beziehen sich die Weglängenangaben bei Treppen auf die horizontale Weglänge in der Grundrissdarstellung. Die Fluchtzeit lässt sich nun mithilfe der Gln. (3–5) berechnen. { tPassage (3) tBewegung = max tWeg Bei der Zeit für den zurückzulegenden Weg ist der längste Weg Lmax von der Anfangsposition der Menschenansammlung bis zum Endpunkt des betrachteten

tWeg =

Lmax V

(4)

Bei der Passagezeit ist neben der Breite B des Wegelements und der Gesamtzahl N der dieses Wegelement passierenden Personen der kürzeste Weg Lmin von der Anfangsposition der Menschenansammlung bis zum Zielpunkt (also die Ankunftszeit der ersten Person) einzusetzen: tPassage =

Lmin N + V Fs ⋅ B

(5)

Enthält der zu analysierende Weg unterschiedliche Elemente (unterschiedliche Typen oder gleiche Typen mit unterschiedlichen Breiten), so ist für Lmin die Summe der Wegstücke und für die Durchgangszeit die längste der für die unterschiedlichen Wegelemente ermittelten Zeiten anzusetzen. Eine genauere Analyse dynamischer Wechselwirkungen (Überlagerung von Passage- und Wegzeiten, Verschmelzen von Personenströmen etc.) sowie eventuell auftretender Stausituationen ist mit diesem Ansatz nur näherungsweise mit zusätzlichen Annahmen und erhöhtem Aufwand möglich. Für komplexere Szenarien ist daher der Einsatz eines dynamischen Strömungsmodells oder eine mikroskopische Analyse zu empfehlen, damit die zeitliche Überlagerungseffekte entlang des Fluchtweges konsistent erfasst werden können [1]. Alternativ lässt sich die Passagezeit auch auf der Basis des Modells der effektiven Breite („effective width model“) bestimmen [6]. Die effektive Breite Beff berücksichtigt den Umstand, dass Personen in der Regel nicht die gesamte verfügbare lichte Breite ausnutzen, sondern einen gewissen Mindestabstand zu räumlichen Begrenzungen einhalten. Beispielsweise ist gemäß empirischen Studien die effektive Breite einer Treppe ohne Handlauf gegenüber der verfügbaren geometrischen Breite um 2 × 15 cm = 30 cm reduziert. Da jedoch der auf Beff bezogene spezifische Personenstrom angepasst wird, liefern beide Ansätze für Anwendungen, in denen die Breite B deutlich größer ist als die zugehörigen Randschichten, ähnliche Resultate. Liegt die lichte Breite B dagegen in einem Bereich kleiner als ungefähr 1,2 m, ergeben sich deutliche Unterschiede zwischen beiden Methoden [1]. Weitere vergleichbare Ansätze findet man auch in internationalen Richtlinien für allgemeine [7] oder spezielle [8] Anwendungsbereiche.

3.1.2

Dynamische Strömungsmodelle

Flexibler in der Anwendung sind dynamische Strömungsmodelle, welche auf empirisch abgeleiteten Zusammenhängen (sogenannten Fundamentaldiagrammen) zwischen Geschwindigkeit V bzw. spezifischem Personenstrom Fs und Dichte D basieren, V= k−a⋅k⋅D

(6)

Fs = V ⋅ D

(7)

126

C1

Personenstromsimulationen und Evakuierungsberechnungen

Die Konstanten a = 0,266 m2 /P und k werden empirisch festgelegt. k ist die unbehinderte Gehgeschwindigkeit, welche nach [6] zwischen 1,0 m/s (auf Treppen mit ungünstiger Stufengeometrie) und 1,4 m/s (ebenerdig) liegt. Der Gültigkeitsbereich von Gl. (6) liegt bei Dichten zwischen 0,5 P/m2 und 3,7 P/m2 , wobei der größte Teil der empirischen Daten relativ breit gestreut in dem zuvor schon bei der Kapazitätsanalyse genannten Dichtebereich zwischen 1 P/m2 und 2 P/m2 liegt. Bild 2 zeigt für ein ebenerdiges Wegelement die lineare Abnahme der Geschwindigkeit V mit zunehmender Personendichte sowie den parabelförmigen Verlauf des spezifischen Personenstroms Fs . Das Maximum von Fs liegt bei D = 1,8 P/m2 und entspricht somit dem Fall der optimalen Auslastung aus Tabelle 4. Bei der Anwendung der Gln. (6, 7) ist zu beachten, dass die hier angegebenen Werte für die Konstanten a und k nur für eine bestimmte Population gelten. Will man einen anderen Personenkreis (insbesondere solche mit anderen Mobilitätsparametern) beschreiben, müssen die Konstanten angepasst werden. Entsprechend sind also auch alternative Parametrisierungen der Fundamentaldiagramme möglich [9, 10], wobei in der Anwendungspraxis, insbesondere auch demographische Änderungen in der Altersstruktur und der allgemeinen Mobilität, zu berücksichtigen sind. Dies kann jedoch zu uneinheitlichen und schwer nachvollziehbaren Berechnungsansätzen führen.

3.1.3

Netzwerkmodelle

Mithilfe der Gleichungen des dynamischen Strömungsmodells und zusätzlichen Annahmen hinsichtlich der Verteilung der Personen sowie des Aufspaltens und Verschmelzens von Personenströmen lassen sich Gleichungssysteme aufstellen, die in einfachen Fällen noch per Hand lösbar sind, im Allgemeinen jedoch den Einsatz von Tabellenkalkulations-Anwendungen oder von speziellen Computerprogrammen erfordern. Dies führt auf die sogenannten Netzwerkmodelle. Bei einem Netzwerkmodell werden die für den Bewegungsfluss relevanten Wegelemente als Knoten eines vernetzten Systems dargestellt, welches die notwendigen Informationen zu Länge und Breite der Fluchtwege enthält. Die Kapazität der Knoten wird, wie bei den dynamischen Strömungsmodellen erläutert, durch empirische Relationen für die Dichteabhängigkeit des spezifischen Personenstroms bestimmt. Da durch das Aufkommen der mikroskopischen Modelle komplexe Szenarien jedoch eher mit deren weitreichenderen Möglichkeiten analysiert werden, hat die Bedeutung der Netzwerkmodelle in der Anwendungspraxis in den letzten Jahren abgenommen. In dem Überblick verfügbarer Brand- und Evakuierungsmodelle [11] ist noch das Netzwerkmodell Evacnet4 [12] aufgeführt.

3.1.4

Das Modell von Predtetschenski und Milinski

Ein aufgrund seiner hohen Flexibilität auch heute noch in der Praxis eingesetztes dynamisches Strömungsmodell ist das Verfahren nach Predtetschenski und Milinski [13]. Dort werden Begriffe und Definitionen benutzt, die von der heute international üblichen und in Tabelle 3 zusammengefassten Bezeichnungsweise abweichen: Fläche des horizontal f [m2 ] projizierten Umrisses einer Person 2 f [m ] P = ∑N 1 D=

P b⋅l

[-]

Q= D⋅v⋅b

[m2 /min]

q=D⋅v

[m/min]

v = v(D) Wegelement:

Bewegungsart:

Dichte, 0 < D ≤ 0,92 (l = Länge, b = Breite des Personenstroms) Durchlassfähigkeit (entspricht Personenstrom F) Intensität der Bewegung (entspricht spez. Personenstrom Fs) Fortbewegungsgeschwindigkeit im Personenstrom horizontaler Weg, Öffnung, Treppe aufwärts, Treppe abwärts Gefahr, normal, komfortabel

Der wesentliche Unterschied liegt also in der Definition der Dichte D, welche hier dimensionslos ist (bzw. die Einheit Personenzahl P hat, sofern man die Definitionen aus Tabelle 3 benutzt). Durch die Einführung der auf die Laufebene projizierten Körperfläche f (beanspruchte Fläche) in der Definition der Dichte können unterschiedliche Populationen (z. B. Personen mit Sommerstraßenkleidung f = 0,100 m2 , Übergangsstraßenkleidung f = 0,113 m2 , Winterstraßenkleidung f = 0,125 m2 , mit leichtem oder schwerem Gepäck f = 0,180 m2 bzw. f = 0,390 m2 ) berücksichtigt werden, gegebenenfalls durch Mittelwertbildung entsprechend der jeweiligen prozentualen Verteilung in einer Personengruppe. Wesentlicher Bestandteil dieser Berechnungsmethode sind empirisch abgeleitete komplexe Korrelationen zur Dichteabhängigkeit der Geschwindigkeit v (und damit unmittelbar auch für die Bewegungsintensität q) für die bereits genannten Wegelemente und Bewegungsarten, welche in [13] auch in einem umfangreichen Tabellenanhang aufgeführt sind. Damit ist es möglich, entweder für eine bekannte Dichte D die Geschwindigkeit v (und damit zugleich die Bewegungsintensität q) zu bestimmen oder umgekehrt, die zu einem bekannten Wert von v oder q passenden Dichten zu ermitteln. Für Stauberechnungen besonders bedeutsam sind dabei die in Tabelle 5 aufgeführten Maximalwerte von q.

Personenstrommodelle 1,6 1,5 1,4 1,3 1,2 1,1 1 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0

127

V [m/s] Fs [P./s/m]

0

0,2 0,4 0,6 0,8

1

1,2 1,4 1,6 1,8

2

2,2 2,4 2,6 2,8

3

Personendichte D [P./m2]

Die maximale Dichte hat in diesem Modell einen festen Wert Dmax = 0,92. Sie entspricht nicht der Stillstandsdichte, bei welcher gilt v(D) = 0, sondern wurde empirisch festgelegt. Kommt es an einem Engpass oder bei der Vereinigung von Strömen zu einer Staubildung, wird immer angenommen, dass sich vor dem betroffenen Querschnitt eine Zone mit Dmax bildet, bis der Stau sich mangels nachströmender Personen wieder auflöst. Kommt es nicht zu einer Staubildung, d. h. die tatsächliche Bewegungsintensität am Engpass oder der Vereinigungsstelle ist nicht größer als die maximal mögliche Bewegungsintensität für diese Engstelle, bildet sich ein stabilisierter Strom bei einer bestimmten Dichte. Zu beachten ist weiterhin, dass dieses Modell einen gleichförmigen Personenstrom der Länge l und Breite b voraussetzt. b entspricht üblicherweise der Breite B des Wegelements, d. h. freie Randschichten werden in der Regel nicht berücksichtigt. l steht damit in direktem Zusammenhang zur Dichte D. Im Gültigkeitsbereich 0 < D ≤ 0,92 hat q(D) immer ein Maximum qmax (Tabelle 5). Außer an diesem Maximum lassen sich einer bestimmten Bewegungsintensität q immer zwei Dichtewerte zuweisen. Bild 3 illustriert das anhand der Bewegungsintensität für eine normale Bewegungsart. Dies entspricht dem Fundamentaldiagramm aus den vorherigen Abschnitten. Damit lässt sich eine Auflockerung des Stroms nach Passieren Tabelle 5. Maxima der Bewegungsintensität qmax [12] Gefahr

normal

komfortabel

Horizontaler Weg

12,42 m/min

10,12 m/min

8,31 m/min

Durchgang, Engpass

13,32 m/min

10,65 m/min

8,66 m/min

Treppe aufwärts

9,19 m/min

7,29 m/min

5,98 m/min

Treppe abwärts

9,04 m/min

7,47 m/min

5,68 m/min

3,2 3,4 3,6 3,8

4

Bild 2. Fundamentaldiagramm eines makroskopischen Ansatzes

eines Engpasses beschreiben. Die Bewegungsintensität q(Dmax ) wird beibehalten, die Dichte D2 ist jedoch hinter dem Engpass niedriger, die zugehörige Geschwindigkeit v2 = v(D2 ) entsprechend höher: q(Dmax ) = q(D2 ), v2 > v(Dmax )

(8)

Weiterhin gilt das Grundprinzip der Erhaltung der Personenzahl; d. h., die Summe der Durchlassfähigkeiten Q der sich an einem Querschnitt vereinigenden Ströme ist gleich der Summe der Durchlassfähigkeiten der von diesem Querschnitt wegführenden Ströme. Im Falle von Verzweigungen muss explizit festgelegt werden, wie die Anteile der beteiligten Teilströme zu bestimmen sind. Oft wird der Anteil proportional zur Durchlassfähigkeit des Teilstroms festgelegt. Dies führt hinsichtlich der Fluchtzeiten zu optimistischen Werten. Mihilfe dieser Grundprinzipien lassen sich Staulängen und Passagezeiten berechnen. In einem komplexen räumlichen Umfeld kann dies auf recht aufwendige Gleichungssysteme führen. Es gibt daher Computerprogramme, welche den Anwender bei der Durchführung dieser Berechnungen unterstützen (beispielsweise in Form eines Tabellenkalkulationsprogramms [14]).

3.2

Mikroskopische Modelle

Viele der Einschränkungen makroskopischer Modelle lassen sich vermeiden, wenn man an die Stelle eines gleichförmigen Personenstroms die konsistente Bewegung von Einzelpersonen (im Rahmen einer numerischen Simulation üblicherweise als „Agenten“ bezeichnet) setzt. Dies führt auf den mikroskopischen Ansatz mit den Individualmodellen im engeren Sinne sowie den eher abstrakten Partikelmodellen. Eine Zwischenrolle nehmen die sogenannten „discret event Modelle“ ein. Sie berücksichtigen typischerweise einen vereinfachten geometrischen Grundriss und sind damit weniger abstrakt als die Netzwerkmodelle, benutzen jedoch für die Berechnung der Bewegungsabläufe Methoden der makroskopischen Strömungsmodellierung. Sie vertreten damit also einen hybriden Ansatz, der mikrosko-

128

C1

Personenstromsimulationen und Evakuierungsberechnungen

Bewegungsintensität q für Normalbedingungen 12

10

q [m/min]

8

6

4 Horizontalwege

Engstellen

Treppe abwärts

Treppe aufwärts

2

0 0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

1

1,7

1,8

Dichte D [-]

Bild 3. Fundamentaldiagramme im Modell von Predtetschenski und Milinski

1,8 1,6 1,4 1,2 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 0,6

0,7

0,8

0,9

1,0

1,1

1,2

1,3

1,4

1,5

unbehinderte Gehgeschwindigkeit [m/s]

pische und makroskopische Elemente kombiniert. Es gibt dazu einige neuere Forschungsansätze z. B. im Bereich des Transportwesens [15], jedoch bisher nur wenige praktische Anwendungen. Mikroskopische Modelle können bestimmte für die Flucht relevante Reaktions- und Handlungsmöglichkeiten in angemessener Vereinfachung berücksichtigen. Für die Simulation ist es grundsätzlich erforderlich, ein Gebäudemodell zu erstellen. Dabei unterscheiden sich die einzelnen Ansätze durch ihren Abstrahierungsgrad, sowohl hinsichtlich der zulässigen Komplexität der räumlichen Strukturen als auch in Bezug auf die Repräsentation der Agenten mit ihren Mobilitätseigenschaften und Verhaltensmöglichkeiten. Die Fähigkeit, den Agenten individuell eine unbehinderte Gehgeschwindigkeit zuzuordnen, ist eine Mindestanforderung für ein praxisrelevantes mikroskopisches Modell. Üblicherweise wird bei Szenarien mit hoher Personenzahl für bestimmte Personengruppen eine Häufigkeitsverteilung dieser individuellen Gehgeschwindigkeit vorgegeben, auf deren Basis den einzelnen Agenten zufallsgesteuert ein fester Wert für einen bestimmten Rechenlauf zugeordnet wird. Bild 4 zeigt eine typische, eher konservative Verteilung mit einem Maximum im Bereich etwas unterhalb der mitt-

1,6

Bild 4. Häufigkeitsverteilung der Gehgeschwindigkeit

leren Gehgeschwindigkeit eines Erwachsenen und einer deutlichen Abflachung hin zu niedrigeren und höheren Geschwindigkeiten. Manche raum-kontinuierlichen Modelle können in analoger Weise auch Häufigkeitsverteilungen für die Körpergröße (z. B. Schulter- und Brustbreite oder flächenbezogener Raumbedarf) berücksichtigen [16,17]. Ein weiteres wesentliches Unterscheidungsmerkmal mikroskopischer Verfahren ist die Behandlung der Abhängigkeit der individuellen momentanen Gehgeschwindigkeit von der lokalen Personendichte. Manche benutzen dafür direkte Vorgaben, wie bei den Fundamentaldiagrammen beschrieben, andere berechnen diese Dichteabhängigkeit direkt aus den fundamentalen individuellen Bewegungsabläufen (Aufschließen, Verzögern, Ausweichen, Überholen, Warten). Im Gegensatz zu makroskopischen Modellen ermöglichen die individuellen Aspekte einer mikroskopischen Simulation die statistische Analyse mehrerer Rechenläufe für das gleiche Szenarium. Da auch bei identischer Raumgeometrie, Personenzahl und verfügbaren Zielen sich die Anfangs- und Randbedingungen (individuelle Anfangsverteilung, individuelle Fluchtwegewahl) einzelner Rechenläufe unterscheiden, ist es bei einer mikroskopischen Berechnung erforderlich, für ein

Personenstrommodelle

129

besetzt besetzt

Zelle Bogen

Knoten

Szenarium mehrere Rechenläufe durchzuführen und diese statistisch auszuwerten. Dies eröffnet zusätzliche Bewertungsmöglichkeiten. So deutet beispielsweise eine breite Streuung von Simulationsergebnissen auf verborgenes Optimierungspotenzial, z. B. bei der Lenkung von Personenströmen im Gebäude, hin. Durch die Wahl eines ungünstigsten Simulationsergebnisses lässt sich außerdem – zusammen mit einer angemessenen konservativen Wahl des Szenariums und der Modellparameter – auch ohne zusätzliche Sicherheitszuschläge der Nachweis einer sicheren Räumung führen. Weitergehende Informationen zu den Modellen und ihren Anwendungsmöglichkeiten findet man in [1,18,19] und der dort aufgeführten Fachliteratur.

3.2.1

Räumlich diskrete Modelle

Bei den räumlich diskreten Modellen werden die verfügbaren Laufflächen durch ein horizontales Netzwerk aus Knoten oder einem zweidimensionalen Gitter aus Zellen überdeckt, deren Größe mindestens dem (auf die Lauffläche projizierten) Raumbedarf einer Person entspricht. Von einem Update der Bewegung zum nächsten können sich die Agenten in eine benachbarte freie Zelle bzw. über eine Verbindung (Bogen) zu einem angrenzenden freien Knoten bewegen, wie in Bild 5 schematisch darstellt. Die diskrete Struktur führt zu systematischen Einschränkungen bei der Modellierung der individuellen Mobilitätsparameter (insbesondere Körpergröße, aber auch Gehgeschwindigkeit) und den Freiheitsgraden der Richtungswahl. Fluchtwegbreiten werden in der Regel abgerundet, um die tatsächlichen Breiten an die möglichen diskreten Werte anzupassen. Mitunter wird an Ausgängen mit einem vorgegebenen Durchfluss als Randbedingung gerechnet. Die individuelle Fluchtwegewahl basiert auf einem abstrakten Potenzial, welches Gewichte für die Übergänge zwischen Zellen bzw. Knoten festlegt. Dieses Potenzial kann z. B. den kürzesten Weg aus dem Gebäude beschreiben. Individuelle Einflussfaktoren oder bestimmte Vermeidungsreaktion (z. B. im Zusammenhang mit einem Personenstau) können dieses Potenzial beeinflussen. Typische Vertreter räumlich diskreter Modelle sind die Computerprogramme buildingEXODUS [20] und

Bild 5. Räumliche Diskretisierung in mikroskopischen Modellen

PedGo [21]. In buildingEXODUS wird die Geometrie durch Knoten dargestellt, die durch Bögen von standardmäßig 0,5 m Länge orthogonal verbunden sind. PedGo ist ein Multi-Agenten-Modell auf einem quadratischen Zellgitter mit einer Kantenlänge von 0,4 m.

3.2.2

Räumlich kontinuierliche Modelle

Räumlich kontinuierliche Verfahren benutzen ein Modell des Gebäudes bzw. des Geländes, bei der die verfügbare Lauffläche nur durch die relevanten Umfassungsbauteile und Hindernisse des Gebäudes oder der Umgebung begrenzt ist. Die Agenten sind dabei also nicht durch eine Zell- oder Knotenstruktur in ihren Körpermaßen und ihrer Fortbewegungsgeschwindigkeit beschränkt. Anders als bei den diskreten Modellen ist hier insbesondere auch der individuelle Raumbedarf – bei fortschrittlicheren Modellen zusätzlich auch die individuelle Form des Körperumrisses – eine wesentliche Bezugsgröße für die Beschreibung der Mobilität. Üblich ist die Darstellung von Fußgängern als sogenannte „Körperellipse“, charakterisiert durch ihren (flächenbezogenen) Raumbedarf oder durch Schulterund Brustbreite (Bild 6), wodurch nun auch die Orientierung der Agenten eine Rolle spielt. Dies beeinflusst u. a. die Bestimmung lokaler Personendichten. Es ist mit diesem Ansatz auch möglich, spezielle individuelle Formen und Typen (Rollstuhlnutzer, Personen mit Gepäck, Kinderwagen, Erwachsene mit Kindern etc.) abzubilden [22]. Bild 6 zeigt exemplarisch eine Momentaufnahme aus einer Simulation mit Rollstuhlnutzern und Helfern (schwarz) in einem Personenstrom (grau) vor und auf einer Treppe einer unterirdischen Verkehrsanlage. Auf der Treppe wird der Rollstuhl durch zwei Helfer getragen. Individuelles Verhalten und insbesondere die Richtungswahl der Agenten basiert auf Einflussfaktoren, die sich aus dem Szenarium direkt ergeben (kürzester Weg, vorgegebene Präferenzen etc.), individuellen Charakteristiken und den Reaktionen auf die Bewegung anderer Agenten (Gedränge, Stau). Dabei kann, ähnlich wie bei den räumlich diskreten Modellen, auch ein abstraktes Potenzial zum Einsatz kommen oder die Entscheidungsfindung erfolgt regelbasiert.

130

C1

Personenstromsimulationen und Evakuierungsberechnungen

2

y

1

0

–1

–2 –44

–43

–42

–41

1. Lauf: 18 s

–40

–39

Partikelmodelle

Alternativ zu den bisher vorgestellten Individualmodellen kommen auch Ansätze aus der Physik der Vielteilchensysteme zum Einsatz, um Personenströme zu modellieren. Am bekanntesten ist das sogenannte „social force“ Modell [26], welches u. a. die Grundlage der Programme FDS-EVAC [27] und PTV Viswalk [28] bildet. Dabei wird die Bewegung von individuellen Einheiten in einem Feld aus sich überlagernden Kräften sozio-psychologischen Ursprungs und physikalischen Kräften simuliert. Das Potenzial zur räumlichen Orientierung resultiert etwa bei FDS-EVAC aus einem vorab berechneten Strömungsfeld, in dem Partikel in Richtung der Ausgänge „fließen“. Da bei solchen Ansätzen die durch Partikel dargestellten Agenten im Prinzip jede verfügbare Position einnehmen können, wird diese Methode trotz seines hohen Abstrahierungsgrades mitunter auch den räumlich kontinuierlichen Modellen zugeordnet.

4

–37

–36

x

Kontinuierliche Modelle zeigen also ein hohes Maß an Flexibilität, erfordern dafür jedoch in der Regel eine höhere Rechenkapazität. Typische Vertreter räumlich kontinuierlicher Modelle sind die Computerprogramme ASERI [16], Simulex [17], Legion [23], crowd:it [24] und Pathfinder [25].

3.2.3

–38

Integration relevanter Verhaltensaspekte

Bei der Diskussion relevanter Verhaltensaspekte ist zunächst der oft – vor allem in den Medien, aber auch in manchen Fachbeiträgen – benutzte Begriff der „Panik“ zu kommentieren. „Panik“ wird dabei in sehr unterschiedlichen und manchmal nicht deutlich abgegrenzten Bedeutungen verwendet. Ereignisse, die einer streng wissenschaftlichen Definition dieses Phänomens genügen, sind bei der Räumung von Gebäuden nur selten anzutreffen. Trifft man im Zusammenhang

Bild 6. Momentaufnahme aus einer ASERI-Simulation mit Rollstuhlnutzern und Fußgängern

mit Vorfällen in denen Verletzte oder gar Todesopfer zu beklagen waren auf diesen Begriff, ist meist ein mit extrem hohen lokalen Personendichten einhergehendes Unglück gemeint, welches im Englischen treffender mit dem Ausdruck „crowd disaster“ bezeichnet wird. Während der Begriff „Panik“ also eher ein vermeintlich irrationales Verhalten der Betroffenen als Ursache oder zumindest verstärkender Faktor der Gefahrensituation suggeriert, bleiben die auslösenden strukturellen oder organisatorischen Mängel damit eher im Hintergrund. Tatsächlich wird von Experten auf dem Gebiet des menschlichen Verhaltens im Brandfall dagegen immer wieder das je nach Situation überwiegend zögerliche oder altruistische Verhalten der Betroffenen betont [29–32]. Mikroskopische Modelle bieten die Möglichkeit, bestimmte individuelle Verhaltensformen in angemessener Vereinfachung in die Simulation zu integrieren. So lassen sich etwa einige der in der Phase der Reaktionszeit zusammengefassten Handlungsoptionen auch explizit modellieren. In der Praxis genügt jedoch auch bei einem mikroskopischen Ansatz meist die individuelle Zuordnung einer Reaktionszeit unter Berücksichtigung der in Tabelle 2 aufgeführten Einflussfaktoren. Drei direkt für die Phase der Flucht relevante Aspekte, die (individuelle) Wahl des Fluchtwegs, die Bildung eines Staus sowie der Einfluss von schädlichen Umgebungseinwirkungen, und hier insbesondere die Brandeinwirkungen Rauch und Wärme, werden nachfolgend vorgestellt.

4.1

Fluchtwegewahl

Eine wesentliche Grundlage für die Berechnung von Räumungszeiten ist die Aufteilung der Personen auf die verfügbaren Fluchtwege bzw. Ausgänge. Bei den makroskopischen Modellen muss dazu als Randbedingung der Berechnung die Personenzahl für jeden Fluchtweg explizit vorgegeben werden. Bei den mikroskopischen Verfahren wird der individuelle Weg der Agenten entweder durch explizite Vorgabe oder

Integration relevanter Verhaltensaspekte

durch implizite Bewegungs- bzw. Verhaltensregeln simuliert. Haben Flüchtende an einer Stelle ihres Weges die Auswahl zwischen zwei oder mehreren Wegen, erfolgt die individuelle Zuordnung der Personen auf diese Fluchtwegalternativen durch eine Attraktivitätsbewertung. Dabei ist zu beachten, dass eine optimale (im Sinne einer minimalen Gesamtfluchtzeit) Auslastung einen bestenfalls näherungsweise erreichbaren Idealzustand darstellt. Wichtig ist, welche Informationen für eine Wegentscheidung zur Verfügung stehen und wie diese aufgrund individueller Umstände (Vertrautheit mit dem Gebäude, Erfahrung mit ähnlichen Situationen, soziale Einflussfaktoren etc.) verarbeitet werden können. Dabei gibt es vier wesentliche Kriterien für die Auswahl eines Fluchtweges [1]: Kenntnis des jeweiligen Fluchtweges (durch eigene Erfahrung, geeignete Kennzeichnung oder organisatorische Maßnahmen), Häufigkeit in der täglichen Benutzung, kürzeste Entfernung bis zum Ausgang sowie die Wahrnehmung von Rauch. Neben der Weglänge spielt auch die subjektiv empfundene Qualität (Breite, Ebenmäßigkeit, Übersichtlichkeit, Ausleuchtung) des Fluchtwegs eine Rolle. Außerdem muss situationsbedingt unterschieden werden, ob die Flüchtenden sich einer unklaren Gefahrenlage gegenübergestellt sehen oder ob sie vor einer konkreten unmittelbaren Gefahr fliehen. In ersterem Fall wird eher die Länge des gesamten Fluchtweges bis zum Verlassen des Gebäudes den Ausschlag geben (global kürzester Weg), im zweiten Fall die Länge des Wegs bis zum nächsten verfügbaren Ausgang aus dem gefährdeten Raum oder Bereich (lokal kürzester Weg). Weitere Einflussfaktoren sind die Beschaffenheit der Notausgänge (Türen offen oder geschlossen, direkter Ausgang ins Freie) sowie das Verhalten der anderen Personen im Umfeld. Für Gebäude mit großer Personenzahl bzw. hoher Personendichte ist das individuelle Verhalten bei Staubildungen (Warten oder Wahl eines alternativen Fluchtweges) von wesentlicher Bedeutung. Hier bieten mikroskopische Modelle die Möglichkeit, Agenten dynamisch auf Staubildungen reagieren zu lassen, ohne dass der Anwender explizite Vorgaben machen muss. Eine ausführliche Diskussion unterschiedlicher statischer und dynamischer Optionen der Fluchtwegewahl findet man in [33].

4.2

Staubildung

Die dynamische Entwicklung lokaler Personendichten entlang der Fluchtwege ist, neben der erforderlichen Räumungszeit, eine weitere charakteristische Größe des Räumungsablaufs. Dies führt zur Frage, wie Stausituationen zu beurteilen sind. Staubildungen lassen sich nicht grundsätzlich vermeiden und führen nicht notwendigerweise zu Personengefährdungen oder Personenschäden. Vor allem in der Anfangsphase der Räumung, beim Verlassen des primären Aufenthaltsbereiches, können sich zeitlich begrenzt Stauungen ausbilden. An Ausgängen oder Treppenzugängen kann sich

131

die Bewegung deutlich verlangsamen, bis hin zu einem zeitweisen Stillstand. Innerhalb der weiterführenden Fluchtwege sollten Staubildungen möglichst vermieden werden. Als kritisch zu werten sind Staubildungen in unübersichtlichen Bereichen, da hier für die in dem Stau befindlichen Personen ein deutlich erhöhtes Maß der Gefährdung durch nachrückende Personen besteht (Staudruck) [1]. Zur Bewertung zulässiger Personendichten kann man sich an dem in [39] beschriebenen „Vier Stufen Modell“ eines Staus orientieren. Personendichten von 3−5 P/m2 können zu einem zeitweisen lokalen Stillstand im Personenstrom führen, kritische Zustände treten spätestens bei Personendichten ab 5 P/m2 auf. Möglichkeiten zur Konkretisierung dieser grundsätzlichen Beurteilungskriterien an Räumungsmodellen werden in den folgenden Unterabschnitten vorgestellt.

4.2.1

Begriffsdefinition

Ist an einer Stelle der ankommende Personenstrom größer als die Durchlassfähigkeit an diesem Wegelement, entsteht ein Stau. Dieser ist charakterisiert durch eine Reduktion der Gehgeschwindigkeit und eine entsprechende Erhöhung der Personendichte. Zwar basiert die Staubildung auf der individuellen Bewegung, ist aber aufgrund der Abhängigkeit von der kollektiven Größe des Personenstroms ein makroskopisches Phänomen. Für Personen in einem Stau ergibt sich ein zusätzlicher Zeitbedarf gegenüber einem unbehinderten Personenfluss.

4.2.2

Stauidentifizierung

Um einen Stau zu identifizieren, kommen unterschiedliche Beurteilungsgrößen in Frage, die sich entweder auf den Stau als Ganzes (makroskopisch) oder auf die Individuen innerhalb des Staus (mikroskopisch) beziehen [1]: – die individuell verfügbare Verkehrsfläche (führt auf die lokale Personendichte), – Geschwindigkeitsreduktion (gegenüber unbehinderter individueller Wunschgeschwindigkeit), – individueller Zeitverlust, – individuelle Verweildauer im Stau, – die Dauer des Staus vom Auftreten bis zur Auflösung, – die Zahl aller gleichzeitig am Stau beteiligten Personen, – die Lage und Ausdehnung (Fläche) des Staus, – die Summe der insgesamt am Stau beteiligten Personen. Für makroskopische Berechnungen sollte das Personenstromkriterium aus der Begriffsdefinition angewandt werden. Für mikroskopische Simulationen wird die Anwendung des Geschwindigkeitskriteriums (Verhältnis zur Wunschgeschwindigkeit oder die absolute Geschwindigkeit) empfohlen. Dabei wird die individuelle, im Stau reduzierte Gehgeschwindigkeit in Relation zu einem Schwellenwert gesetzt, der entweder

132

C1

Personenstromsimulationen und Evakuierungsberechnungen

als absolute Geschwindigkeit oder als Verhältnis zur Wunschgeschwindigkeit festgelegt wird. Weitere Details zu den Vor- und Nachteilen der unterschiedlichen Beurteilungskriterien unter Berücksichtigung spezifischer Anwendungsgrenzen von Rechenverfahren findet man in [34].

4.3

Einfluss von Rauch und Wärme

Im Rahmen von Nachweisverfahren zur Personensicherheit ist man in der Regel mit Situationen befasst, in denen das Schutzzielkriterium Gl. (2) erfüllt ist. Hat man also tverfügbar mit den Akzeptanzwerten aus Tabelle 8.3 des vfdb-Leitfadens [1] oder äquivalenten Bewertungsmethoden bestimmt, so hat für dieses Szenarium die Ausbreitung von Rauch und Wärme keinen relevanten Einfluss auf die Räumungsdauer. Dennoch gibt es Fälle, z. B. im Rahmen einer Brandursachenermittlung oder einer Konsequenzanalyse, in denen die Einwirkung von Rauch, Wärme oder allgemein von Schadstoffen auf die Flüchtenden in die Berechnungen einzubeziehen ist. Im Falle des Brandrauchs ist es meist die Trübung der Sichtverhältnisse, welche zuerst ein die erfolgreiche Selbstrettung gefährdendes Ausmaß erreichen kann. Mögliche Einschränkungen sind das Zurückweichen vor von Rauch betroffenen Bereichen, die Verlangsamung der Gehgeschwindigkeit mit zunehmender Rauchdichte sowie die Beeinträchtigung der Orientierungsfähigkeit in dichterem Rauch. Empirische Studien (siehe Übersicht in [35]) zeigen eine zunehmende Wahrscheinlichkeit für eine Umkehr bei Konfrontation mit Rauch auf Fluchtwegen, mit einem Maximum bei etwa 70 % der betroffenen Flüchtenden. Entsprechende Ansätze können direkt in mikroskopische Modelle integriert werden. Grundlegende Untersuchungen zur Auswirkung von Brandrauch auf die Gehgeschwindigkeit, die in dieser oder ähnlicher Form auch heute noch Anwendung in Evakuierungsmodellen finden, wurden von Jin durchgeführt [36]. Bild 7 zeigt den Zusammen-

hang zwischen dem Extinktionskoeffizienten K (dieser entspricht bis auf einen Umrechnungsfaktor der optischen Dichte pro m) und der experimentell bestimmten Gehgeschwindigkeit in Rauch mit (irrit.) und ohne (non) Reizstoffen. Auch zum Nachlassen des Orientierungsvermögens in Rauch gibt es empirische Daten, die jedoch nur schwierig quantitativ umzusetzen sind. So findet man in [37] eine auf eine experimentelle Untersuchung [38] zur Analyse des Scandinavian Star Fährschiffunglücks basierende mikroskopische Simulation für unterschiedliche Rauchausbreitungsszenarien. Unmittelbare Beeinträchtigungen der individuellen Handlungsfähigkeit sind vor allem auf die Wirkung der bei einem Brand entstehenden erstickenden Gase oder Reizgase zurückzuführen. Für die am häufigsten in Brandfällen auftretenden Komponenten gibt es rechnerische Ansätze, die in Abhängigkeit von Dosis oder Konzentration sowie auch von individuellen Parametern die Expositionsdauer bis zum Eintreten von relevanten Beeinträchtigungen bis hin zur Handlungsunfähigkeit ermitteln können. Analoge Beziehungen existieren auch für die Gefährdung durch direkten Kontakt mit heißen Gasen oder durch Wärmestrahlung. Eine ausführliche Darstellung dieser Methoden findet man in [1, 35].

5

Bewertungskriterien

Ein leistungsfähiges und aussagekräftiges Personenstrommodell sollte, um sinnvoll für die Entwicklung oder Bewertung eines Sicherheitskonzepts einsetzbar zu sein, mindestens den folgenden Anforderungen genügen: – Die Gebäudegeometrie ist in allen für den Ablauf der Räumung wichtigen Details im Modell abzubilden. – Die den Räumungsprozess unmittelbar beeinflussenden individuellen Eigenschaften, insbesondere irrit. non irrit non

1,20 1,00

v [m/s]

0,80 0,60 0,40 0,20 0

0

0,20

0,40

0,60 K [1/m]

0,60

1,00

1,20

Bild 7. Gehgeschwindigkeit in Rauch

Bewertungskriterien

die durch den persönlichen Raumbedarf und die unbehinderte Gehgeschwindigkeit geprägte Mobilität, sind angemessen zu berücksichtigen. – Fluchtwegealternativen müssen, sofern vorhanden, darstellbar sein. Falls erforderlich, muss auch die dynamische Ausbreitung von Rauch, Schadstoffen sowie die Hitzeeinwirkung in die Berechnung von Räumungszeiten einbezogen werden. Die bemessungsrelevanten Szenarien müssen, wie zuvor dargelegt, geeignet konservativ gewählt werden. Dies schließt auch die mitunter vielfältigen Einstellparameter bei komplexeren Computermodellen mit ein. Gegebenenfalls sind Parameterstudien oder Sensitivitätsanalysen durchzuführen. Notwendiges Kriterium für die Personensicherheit ist Gl. (2), welche eine zeitliche Analyse des Räumungsvorgangs erfordert. Zusätzlich spielt jedoch auch die Qualität des Räumungsablaufs, insbesondere die Entwicklung der lokalen Personendichte auf den Rettungswegen und eventuell daraus resultierende Stausituationen, eine wichtige Rolle. Staubildungen müssen festgestellt, dokumentiert und auf ihre Signifikanz hin überprüft werden (vergleiche Abschnitt 4.2). Da ein Räumungsvorgang ohne Staus oder Verzögerungen bei größeren Personenzahlen praktisch nicht möglich ist, lassen sich Kriterien diskutieren (entnommen aus [50]) wie a) maximale Fluchtzeiten aus dem Gefahrenbereich bzw. aus dem Gesamtgebäude, b) keine Staus nach Verlassen des Primärraums bzw. an gefährlichen Stellen, c) maximale Länge von Strecken oder Zeitintervallen, innerhalb derer nur sehr langsame Gehgeschwindigkeiten (bzw. analog sehr hohe Personendichten) erreicht werden, d) Maximaldauer, bis eine Person sich vom Sitzplatz/ der Anfangsposition wegbewegen kann und/oder e) maximale Staudrücke bzw. maximal an einem Stau beteiligte Personenanzahlen. Für einige dieser Kriterien sind konkrete Werte vorgeschlagen worden, wobei diese in aller Regel durch keinerlei Studien zum (Panik-)Verhalten von Personen belegt sind. Zu a) Aufgrund der zahlreichen Einflüsse auf die Räumungszeit kann sinnvoller Weise nur ein Grenz-/Richtwert für die Bewegungszeit diskutiert werden. In der MVStättV werden hier zwar keine Vorgaben gemacht, doch wurde in der Erläuterung zur MVStättV 2002 [51] die noch aktuelle Rettungswegbemessung mit Zielwerten für Bewegungszeiten (dort „Entleerungszeiten“, ohne Berücksichtigung von Reaktionszeiten) von 2 min aus Innenräumen bzw. von 6 min aus Tribünen im Freien begründet. Der dabei angenommene Fluss von 1,39 P/(m·s) stützt sich dabei auf die europäische Normung [52]. Die Fluchtzeiten sind allerdings nur bei einem optimalen Verlauf einschließlich der optimalen (nicht realen) Aufteilung der Personenströme auf die Rettungswege einzuhalten.

133

Insofern ist der Vorschlag von Mehl [53] für maximale Fluchtzeiten praxisnäher: – rechnerische Fluchtzeit aus Räumen: tFlucht ≤ 2 . . . 3 min – rechnerische Fluchtzeit aus Gebäuden: tFlucht ≤ 6 . . . 8 min (8 min als Extremwert) Diese Werte sind allerdings nicht wissenschaftlich begründet, sondern beruhen auf nationalen Erfahrungen und Entwicklungen des Baurechts. So zeigt auch der Vergleich [54] der Bemessung nach MVStättV mit europäischen Regelwerken zur Rettungswegauslegung, dass die sich ergebenen rechnerischen Fluchtzeiten aus Aufenthaltsräumen ungefähr um den Faktor 3 variieren. Fluchtzeiten nach MVStättV liegen dabei eher im hinteren Mittelfeld. Zu b) Diese Forderung wird durch reine Anwendung der MVStättV nicht erreicht, da hier nur auf die Mindestbreite der Rettungswege abgehoben wird, ohne z. B. den geringeren spezifischen Fluss auf Treppen zu berücksichtigen (vgl. auch [61]). So können vor Treppen Stauungen auftreten, die sich z. B. mit dem einfachen, dynamischen Strömungsmodell nach Predtetschenski und Milinski [13] identifizieren lassen. Bei der Vereinigung von Personenströmen können ebenfalls Stauungen entstehen, die je nach Komplexität des Vorgangs (z. B. bei verschiedenen Startzeiten) am besten mit einem Individualmodell untersucht werden können (wobei die Vereinigung von Personenströmen nicht immer nach einheitlichen Mustern erfolgt bzw. modelliert wird [13, 55]). Zu c) Auch hierzu hat Mehl [53] einen Vorschlag gemacht: 1. die Summe der Stauzeiten bzw. Verzögerungszeiten (als Gehgeschwindigkeit kleiner 0,30 m/s) sollte nicht mehr als die Hälfte der Summe der Gehzeiten betragen, 2. Stauzeiten (Einzelwerte) sollten nicht länger als eine Minute betragen bzw. 3. Verzögerungszeiten sollten nicht länger als zwei Minuten betragen. In die gleiche Richtung wie c1) bzw. c3) gehend, hatte das Autorenkollektiv der Richtlinie für mikroskopische Entfluchtungsanalysen (RiMEA) in einer älteren Fassung der Richtlinie [60] einen „signifikanten Stau“ definiert. Ein signifikanter Stau liegt demnach vor, wenn eine lokale Dichte von 4 P/m2 länger als 10 % der Räumungszeit (Gesamtfluchtungsdauer) überschritten wird. Dieses Kriterium wurde aus einem IMO Richtlinienentwurf [56] zur Evakuierung von Fahrgastschiffen übernommen. Während sich Mehls Vorschlag auf eine Grenzgeschwindigkeit bezieht, bezieht sich die RiMEA auf eine Grenzpersonendichte. Wird Mehls Vorschlag auf das Modell nach Predtetschenski und Milinski [13] bezogen (angenommene Personenprojektionsfläche von

134

C1

Personenstromsimulationen und Evakuierungsberechnungen

0,113 m2 /P, „Übergangsstraßenkleidung“), erhält man eine maximale Personendichte von 3,6 P/m2 unter „Normalbedingungen“ (vgl. Bild 11a) bzw. 6,1 P/m2 unter „Gefahrenbedingungen“. Der Wert von 4 P/m2 der RiMEA lag zwar dazwischen, doch machen die stark schwankenden Werte für die Fundamentalbeziehungen die Schwierigkeit bei der Festlegung einer maximalen Personendichte deutlich. Diese Problematik gilt besonders aber nicht ausschließlich für diskrete Individualmodelle, bei denen die darstellbare Personendichte zusätzlich von der Zellengröße abhängt. Eine minimale Gehgeschwindigkeit ist damit aus Autorensicht das bessere, weil allgemeinverbindlichere Kriterium. Die zeitlichen Dimensionen betreffend, sind die Kriterien c1 und c3 von Mehl einfacher einzuhalten als die RiMEA. Die gravierendsten Staus (Kriterium c2) treten häufig an den Ausgängen von Versammlungsräumen auf. Der zeitliche Verlauf hängt hier maßgeblich von der Verteilung der Reaktionszeiten der Personen (vgl. [1]) ab. So kann ein vollständig die materiellen Anforderungen erfüllendes Gebäude bei einer geringen Varianz der Reaktionszeiten der Agenten das Kriterium c2 häufig nicht erfüllen. Von einer strikten, unreflektierten Anwendung dieser Kriterien ist aus Autorensicht abzuraten. So ist auch das genannte Kriterium aus der RiMEA-Richtlinie in der neuen Fassung [18] entfallen. Auch aus bauaufsichtlicher Sicht wird dazu geraten, einen Stau im Einzelfall und im Kontext mit dem Räumungsanlass und der Staustelle zu beurteilen [61]. Zu d) und e) Zu diesen Kriterien sind bisher keine Vorschläge bekannt. Die Maximaldauer bis zum Verlassen der Anfangsposition ist eine Sonderform der Stauzeit, die besonders bei Personen in Sitzreihen oder auf Tribünen auftreten kann. Die Berechnung von Staudrücken und der daraus resultierenden Maximalpersonenzahlen wäre wünschenswert, da hier das eigentliche Problem der Personengefährdung liegt. Ansätze hierzu sind bei [49] zu finden. Entsprechende Methoden haben bisher noch keinen Einzug in die Ingenieurpraxis gefunden. Insgesamt kann für den Nachweis eines sicheren Fluchtverlaufs festgestellt werden, dass es hier einige Ansätze für Nachweiskriterien gibt, die teilweise auch in Individualmodellen implementiert sind. Weitere Diskussionen von Beurteilungskriterien finden sich bei Kitzlinger & Kneidl [34] und Schleich [61]. Ein quantitativer Nachweis ist noch außer Sicht, da die diskutierten Richtwerte durch die zur Verfügung stehenden Modell nicht konsistent bestimmt werden können, also modellabhängig sehr unterschiedliche Ergebnisse erzielt werden (vgl. Abschnitt 7). Ferner kommt hinzu, dass für fast alle diskutieren Kriterien nicht gezeigt werden kann, dass eine Korrelation zwischen einem Beurteilungswert und einem erhöhten Risiko im Räumungsfall besteht.

6

Analyse von Verkehrsströmen

Die bisherigen Ausführungen beziehen sich im Wesentlichen auf den eine Räumung erfordernden Notfall. Die vorgestellten Modelle können jedoch auch, gegebenenfalls mit entsprechender Kalibrierung oder Erweiterung in Teilaspekten, für die Analyse allgemeiner Verkehrsströme eingesetzt werden. In der praktischen Umsetzung bedeutet dies in der Regel höhere Anforderungen, da die Personenströme weniger strukturiert und zielgerichtet sind als im Falle einer Räumung. Es sind individuelle Zirkulationsbewegungen zu betrachten, mit der zugehörigen Verweildauer in den Nutzungseinheiten oder an bestimmten Orten sowie unterschiedlichen Zielen. Gegenstrom kann dabei eine wichtige Rolle spielen. Auch ist es oft aufwendig, erforderliche Randbedingungen wie Besucherzahl oder eine individuelle Verweildauer aus verfügbaren Angaben (z. B. aus charakteristischen Wochen- oder Tageskurven) zu extrahieren. Typische Einsatzmöglichkeiten sind die Analyse von Fußgängerströmen in Einkaufszentren, Verkehrsanlagen, im Straßenverkehr oder bei Veranstaltungen. In den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen hat dabei die Durchführung von Personenstromanalysen als zusätzlicher Baustein für die Bewertung der Personensicherheit von (Groß-)Veranstaltungen. So findet sich in der MVStättVO [3] nun auch der Hinweis auf die Notwendigkeit eines Räumungskonzeptes bei Versammlungsstätten für mehr als 1000 Besucher, entweder separat oder Bestandteil des umfassenden Sicherheitskonzeptes. In den zugehörigen Erläuterungen [40] wird die Bedeutung des Zusammenhangs zwischen Besucherzahl und Anordnung und Bemessung der Rettungswege im Hinblick auf auftretende Verzögerungsund Stauzeiten betont. Letztere können durch Steuerung der Räumungsabläufe und Bildung angemessener Räumungsbereiche reduziert werden. Auf die Möglichkeit, ingenieurmäßige Verfahren für die Analyse und Beurteilung von Personenströmen einzusetzen, wird dabei ausdrücklich hingewiesen.

7

Anwendung und Modellvergleich

7.1

Einführung

Im Abschnitt 3 wurden verschiedene Typen von Personenstrommodellen vorgestellt. Im Folgenden werden einige in Deutschland häufig verwendete Modelle (Tabelle 6) genauer vorgestellt und beispielhaft auf ein Hörsaalgebäude angewandt. Mit Ausnahme der selten eingesetzten Netzwerkmodelle werden im Vergleich alle vorgestellten Modelltypen verwendet (Tabelle 6). Aus der Gruppe der makroskopischen Modelle werden die einfache Kapazitätsanalyse und das etwas komplexere dynamische Strömungsmodell verwendet, die sich beide von Hand lösen lassen. Die mikroskopischen Individualmodelle sind PC-gestützt; hier wer-

Anwendung und Modellvergleich Tabelle 6. Übersicht der verwendeten Modelle Typ

Modell

Kapazitätsanalyse

Kapazitätsanalyse nach vfdb-Leitfaden [1] „moderate“ Auslastung

dynamisches Strömungsmodell

Predtetschenski und Milinski [13] („Übergangsstraßenkleidung“, „Normalbedingungen“)

diskretes Individualmodell

buildingEXODUS (Ver. 4.00) [41] (Standardpopulation)

diskretes Individualmodell

PedGo (Vers. 2.7) [42] (Standardpopulation)

kontinuierliches Individualmodell (Partikelmodell)

FDS+Evac (Vers. FDS 5.5.3, Evac 2.3.1) [43] (Standardpopulation „adult“)

kontinuierliches Individualmodell

ASERI (Vers. 4.8) [44] („Entfluchtung“, inhomogene Population gemäß Grundeinstellungen)

kontinuierliches Individualmodell

crowd:it (Vers. 1.8.10) [24] (Standardpopulation)

kontinuierliches Individualmodell

Pathfinder (Vers. 2020.2.0527) [25] (Standardpopulation)

135

den zwei diskrete Modelle, drei kontinuierliche Modelle und ein kontinuierliches Partikelmodell vorgestellt. Wesentliche Einstellungen der gewählten Modelle sind in der Tabelle 6 dargestellt. Die Modelle wurden in ihren Grundeinstellungen bzw. typischen Einstellungen verwendet.

7.2

Gebäudebeschreibung, Rettungswege und Räumungsszenarien

Ein Hörsaalgebäude mit den Abmessungen 34 m × 29 m × 12 m (L × B × H) ist mit 20 Sitzreihen zu je 32 Plätzen ausgestattet (Bild 8). Bei Sonderveranstaltungen können sich zu den 640 Sitzplätzen zusätzliche Personen auf den Stufengängen bzw. vor den Sitzreihen aufhalten, sodass sich bis zu 1000 Personen im Gebäude befinden. Die leicht ansteigenden Sitzreihen werden durch zwei Seitenstufengänge und zwei Mittelstufengänge erschlossen (Bild 9). Hinter den Sitzreihen befindet sich eine Wandscheibe mit vier Durchgängen, durch die man von den Stufengängen über eine Vorfläche zu den beiden nebeneinander liegenden Hauptzugangstüren des Hörsaals gelangt. Die Türen führen auf die erste Ebene eines angeschlossenen Foyergebäudes. Dort führt eine Treppe hinunter durch das Erdgeschoss ins Freie. Der zweite Rettungsweg ist durch zwei vorne angeordnete Ausgangstüren links und rechts des Podiums gegeben. Die Rettungswege aus dem Hörsaal sind gemäß MVStättV (2014) [3] ausgelegt: Die Besucherzahl von

Bild 8. Grundriss des Hörsaalgebäudes (links) mit der Erschließung durch das Foyergebäude (rechts), (Darstellung A. Weilet)

136

C1

Personenstromsimulationen und Evakuierungsberechnungen

Bild 9. Blick in das Hörsaalgebäude (Darstellung A. Weilert)

knapp 1000 Personen erfordert nach § 7(4) MVStättV eine freie Fluchtwegbreite von 6,00 m. Diese Anforderungen werden durch die zwei Hauptzugänge und die Notausgänge von jeweils 2 m Breite abgedeckt (8 m Gesamtbreite). Die Öffnungen in der Wandscheibe sowie die vier Stufengänge decken die Rettungswegbreite ebenfalls ab. Die maximale Länge der Rettungswege bis zum Erreichen eines sicheren Bereichs (das Foyer bzw. das Freie) wird ebenfalls eingehalten. Es wird die Räumung über die Hauptausgänge (1. RW) und Notausgänge (2. RW) betrachtet. Mit den vorgenannten Modellen wird die Bewegungszeit bis zum Verlassen des Hörsaals bestimmt. Reaktionszeiten werden nicht betrachtet.

7.3

Reaktionsszeiten

Für die Reaktionszeiten tReaktion der Personen, die einen bedeutenden Anteil an der Gesamtdauer terforderlich haben können, wird in Abschnitt 2.3 die von Purser [5] entwickelte Vorgehensweise aufgeführt, die auch im Leitfaden [1] wiedergegeben wird. Der Hörsaal fällt unter die Gebäudekategorie B nach Tabelle 2 (Benutzer sind wach, unvertraut mit dem Gebäude und es herrscht eine hohe Personendichte). Die Gebäudekomplexität wird wegen der im Hörsaal leicht zu erkennenden Lage der Ausgänge als „einfacher Grundriss mit mehreren Räumen (auch mehrgeschossig), Bauweise entspricht überwiegend präskriptiven Vorgaben“ in die Kategorie B2 eingestuft. Es sei ein Alarmierungssystem entsprechend der Kategorie A2 „zweistufiges automatisches Brandmeldesystem mit sofortiger Alarmierung einer Zentrale und nachgeschalteter zeitverzögerter Alarmierung der betroffenen Bereiche“ vorhanden und wirksam. Zudem kann von einer direkten Alarmierung der Anwesenden durch das Feuer ausgegangen werden. Der letzte Parameter M für das Brandschutzmanagement nach Tabelle 9.4 aus [1] hat einen bedeutenden Einfluss auf die Reaktionszeit. Nur für die über den erforderlichen Mindeststandard hinausgehenden Kategorien M1 oder M2, für die u. a. ein Laut-

sprechersystem und gegebenenfalls geschultes Personal erforderlich ist, lassen sich verlässliche Reaktionszeiten festlegen. So ergibt sich nach Tabelle 9.5 aus [1] für Kategorie M1 Δt1 = 1 min und Δt99 = 2 min und somit ein Reaktionszeit-Intervall von 60 s bis 180 s, wobei wegen der hohen Personendichte im Hörsaal und der nachfolgenden Betrachtung des Bewegungsablaufs der Wert Δt99 nicht weiter von Bedeutung ist.

7.4

Handrechnungen

7.4.1

Kapazitätsanalyse nach vfdb-Leitfaden

Die Kapazitätsanalyse wird mit den Bewegungsparametern nach [1] durchgeführt, bei denen es sich um gerundete Werte nach [45] handelt. Für die Kapazitätsanalyse ist der Rettungsweg zunächst in Wegelemente (Bild 10) einzuteilen. In Tabelle 7 sind die Wegelemente des ersten (1-i) und zweiten (2-i) Rettungsweges aufgelistet sowie mit ihren zugehörigen freien Durchgangsbreiten (Sp. 4) und maximalen Weglängen (Sp. 8) versehen. Aufgrund der Gebäudenutzung als Hörsaal wird von einem gemäßigten Personenverhalten ausgegangen und den Wegelementen die spezifischen Durchflüsse (Sp. 5) und Gehgeschwindigkeiten (Sp. 9) der Tabelle 4 für „moderate Auslastung“ (D ≈ 1 P/m2 ) zugeordnet. Diese Dichte ist gegenüber der alternativen „optimalen Auslastung“ (D ≈ 2 P/m2 ) wegen der geringeren Durchflüsse konservativ. Der Durchfluss (Sp. 6) ist das Produkt aus freier Durchgangsbreite (Sp. 4) und spezifischem Durchfluss (Sp. 5). Der gesamte Durchfluss (Sp. 7) ist das Produkt aus dem Durchfluss und der Anzahl der parallelen Wegelemente im Fluchtweg (Sp. 3). Die Laufzeit (Sp. 10) ist der Quotient aus maximaler Länge (Sp. 8) und Gehgeschwindigkeit (Sp. 9). Für den 1. Rettungsweg (RW) beträgt die Laufzeit für den Kopf des Personenstroms über die seitlichen Stufengänge (Wegelement Nr. 1-1, ca. 8,3 s für die oberen 5 m), die Treppe (Nr. 1-3, 2,5 s), die Engstelle (Nr. 1-5, 0,3 s), den horizontalen Weg (Nr. 1-7, 15 s) und schließlich durch eine Eingangstür (Nr. 1-8, 0,5 s)

Anwendung und Modellvergleich

137

Tabelle 7. Kapazitätsanalyse – Eigenschaften der zu passierenden Wegelemente bei Räumung des Hörsaals. Bewegungsparameter für „moderate Auslastung“ 1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

Nr. Wegelement

Anzahl im freie Durch- spez. Durchfluss ges. Durchfluss max. Länge Geschwin- Laufzeit Rettungs- gangsbreite Durchfluss digkeit weg [m] [P/(m·s)] [P/(s)] [P/(s)] [m] [m/s] [s]

0

120

0,42

– 1)

0,63 1)

1-1 seitl. Stufengang aufwärts 2)

2

1,20

0,8

0,96

1-2 Mittelstufengang aufwärts 2)

2

1,80

0,8

1-3 Treppe zwischen seitl. Stufengang und Wandscheibe

2

1,60

1-4 Treppe zwischen Mittelstufengang und Wandscheibe

2

1-5 seitl. Engstelle in der Wandscheibe

Gang zwischen den Sitzreihen

75,60







1,92

10,0

0,6

16,7

1,44

2,88

10,0

0,6

16,7

0,8

1,28

2,56

1,5

0,6

2,5

2,00

0,8

1,60

3,20

1,5

0,6

2,5

2

1,40

0,9

1,26

2,52

0,3

1,0

0,25

1-6 Tür in der Wandscheibe für Mittelstufengang

2

2,00

0,9

1,80

3,60

0,3

1,0

0,25

1-7 Weg zwischen Wandscheibe und Eingangstüren 3)

4

2,50

1,1

2,75

11,00

15,0

1,0

15,0

1-8 Hauptausgänge

2

2,00

0,9

1,80

3,60

0,5

1,0

0,5

Foyer 4)

2

2,40

0,8

1,92

3,84

15,0

0,6

25,0

2-1 seitl. Stufengang abwärts 2)

2

1,20

0,8

0,96

1,92

10,0

0,6

16,7

2-2 Mittelstufengang abwärts 2)

2

1,80

0,8

1,44

2,88

10,0

0,6

16,7

2-3 Treppe von Mittelstufengang nach vorne

2

2,00

0,8

1,60

3,20

0,7

0,6

1,17

2-4 Treppe von dem seitl. Stufengang nach vorne

2

1,20

0,8

0,96

1,92

0,7

0,6

1,17

2-5 Weg zwischen Treppe und Notausgang

4

1,20

1,1

1,32

5,28

10,0

1,0

10,0

2-6 Notausgangstüren vorne

2

2,00

0,9

1,80

3,60

0,5

1,0

0,5

1-9 Treppe im

1) Die Kapazität zwischen den Reihen ist unabhängig von der Breite, nach [13] für „normale“ Bewegung für Personen in „Übergangsstraßenkleidung“. 2) Stufengänge werden konservativ als Treppe mit den gleichen Bewegungsparametern aufwärts und abwärts betrachtet. 3) Falls der Bereich zwischen Wandscheibe und Ausgang für Ausstellungen etc. benutzt wird, muss die Mindestbreite sichergestellt sein. 4) Die Treppe ist entsprechend [3] mittig durch einen zweiläufigen Handlauf geteilt.

138

C1

Personenstromsimulationen und Evakuierungsberechnungen

Bild 10. Draufsicht des Hörsaals mit Bezeichnung der Wegelemente des ersten (1-i) und zweiten (2-i) Rettungsweges entsprechend Tabelle 7, Treppe im Foyer (Nr. 1-9) nicht dargestellt

ins gesicherte Foyer tLauf-1 = 26,6 s. Der Hauptteil des Personenstroms muss sich durch das Wegelement mit dem geringsten Gesamtfluss (Sp. 7) hindurchbewegen und benötigt dazu die Zeit tEngpass-1 . Da die Elemente 1-1 und 1-2, 1-3 und 1-4 sowie 1-5 und 1-6 jeweils parallel durchströmt werden, sind die beiden Türen (Nr. 1-8) mit einem Gesamtfluss von 3,60 P/s der Engpass. Die 1000 Personen benötigen zum Durchströmen tEngpass = 1000 P/3,60 P/s = 277,8 s. Die Bewegungszeit als Summe von tLauf-1 und tEngpass-1 beträgt tBewegung-1 = 304 s. Für den 2. RW beträgt die Laufzeit für den Kopf des Personenstroms über die seitlichen Stufengänge (Nr. 2-1, ca. 8,3 s für die unteren 5 m), die Treppe (Nr. 2-4, 1,2 s), den horizontalen Weg (Nr. 2-6, 10 s) und schließlich durch eine Notausgangstür (Nr. 2-6, 0,5 s) tLaufzeit-2 = 20,0 s. Die Notausgangstüren weisen mit 3,6 P/s (Sp. 7) den geringsten Gesamtfluss auf. Die 1000 Personen benötigen zur Passage wiederum die Zeit tEngpass-2 = 277,8 s. Die Bewegungszeit als Summe von tLaufzeit-2 und tEngpass-2 beträgt tBewegung-2 = 298 s.

7.4.2

Dynamisches Strömungsmodell nach Predtetschenski und Milinski

Innerhalb dieser Gruppe ist das Modell von Predtetschenski und Milinski [13] am weitesten verbreitet. Für dieses Modell ist zunächst die Personengruppe zu definieren. Unter der Annahme, dass die Gruppe aus Personen in „Übergangsstraßenklei-

dung“ besteht, beträgt die durchschnittliche Projektionsfläche 0,113 m2 /P, sodass für den Zusammenhang zwischen Personendichte und Gehgeschwindigkeit (a) bzw. Personenfluss (b) die Fundamentaldiagramme nach Bild 11a und 11b gelten. Da der Hörsaal achsensymmetrisch ist, wird die Räumung von 500 Personen über einen seitlichen (200 P) und mittleren (300 P) Stufengang betrachtet (Tabelle 8, 1. RW). In Tabelle 8 und Tabelle 9 sind die Parameter für Personendichten (Sp. 8 bzw. Sp. 7), Personenflüsse (Sp. 10, 13, 15 bzw. 9, 12, 14) und Geschwindigkeiten (Sp. 17 bzw. 16) in der Schreibweise nach Predtetschenski und Milinski [13] sowie bezogen auf die Projektionsfläche von 0,113 m2 /P angegeben. Für den 1. RW gilt für die anzusetzenden Anfangsbedingungen, dass die aus den Sitzreihen ausströmenden Personen auf den Stufengängen (Element 1-1 bzw. 1-2) zu einer maximalen Personendichte von 8,14 P/m2 (Spalte 7) führen. Aus dem Bild 11a und 11b ergeben sich dann für die Stufengänge als Wegelement „Treppe aufwärts“ eine Geschwindigkeit von 0,11 m/s (Sp. 16) und ein spezifischer Fluss von 0,89 P/(m·s) (Sp. 12). Für die weiteren Wegelemente wird zunächst der erforderliche Fluss bestimmt, der sich aus dem bestehenden Fluss mal dem Verhältnis der Wegbreiten ergibt (vgl. [13]). Falls der erforderliche Fluss durch das Wegelement abgedeckt werden kann (vgl. Bild 11b), ergibt sich daraus die neue Personendichte und Geschwindigkeit. Für die Wegelemente bis zur Treppe im Foyer ergeben sich keine weiteren Staus. Die Eingangs-

Anwendung und Modellvergleich Horizontaler Weg

1.00 Engstelle 0.80 0.60

Treppe aufwärts

0.40

Treppe abwärts

0.20

1.80 spez. Durchfluss [P/(m*s)]

Geschwindigkeit [m/s]

1.20

1.60

Horizontaler Weg

1.40

Engstelle

1.20 1.00

Treppe aufwärts

0.80 0.60

Treppe abwärts

0.40 0.20 0.00

0.00 0

a)

139

2

4

6

8

0

10

Personendichte [P/m 2]

b)

2

4

6

8

10

Personendichte [P/m 2]

Bild 11. Predtetschenski und Milinski – Zusammenhang zwischen Personendichte und a) Laufgeschwindigkeit bzw. b) spezifischen Durchfluss für Personen in „Übergangsstraßenbekleidung“ (0,113 m2 /P) auf verschiedenen Wegelementen für „Normalbedingungen“ (nach [13])

tür (Nr. 1-8) wird von beiden Teilströmen mit 1,07 P/s + 1,61 P/s (Sp. 14) durchströmt. Hierdurch wird auf der Treppe (Nr. 1-9) ein spezifischer Fluss (Sp. 9) von 2,68 P/s /2,4 m = 1,12 P/(m·s) erfordert, der durch die „Treppe abwärts“ gerade nicht mehr ermöglicht wird (vgl. Bild 11b). Im Modell wird dann ein Stau mit maximaler Personendichte und geringem spezifischen Fluss von nur 0,65 P/(m·s) über die Treppe angenommen (vgl. Bild 11b). 500 Personen benötigen zum Passieren der Treppe 500 P/(0,65 P/(m·s)·2,4 m) ≈ 318 s (Sp. 18). Zusammen mit der Laufzeit für den Kopf des Personenstroms (Sp. 19) ergibt sich eine Fluchtzeit bis zum Betreten der Foyertreppe von 318 s + 39 s = 347 s. Es kann davon Kredit genommen werden, dass sich auf dem Quergang zwischen Ausgangstür (1-8) und Treppe (1-9) auf ca. 10 m2 die letzten ca. 81 Personen aufhalten, ohne in den Hörsaal rückzustauen. Damit ergibt sich für die Zeit bis zum Verlassen des Hörsaals tBewegung-1 = 347 s − 81 P/(0,65 P/(m⋅s) ⋅ 2,4 m) ≈ 295 s. Für den 2. RW gilt die Tabelle 9. Auf Stufenreihen (Nr. 2-1 u. 2-2) kommt es wieder zur maximalen Personendichte und dadurch zu einem limitierenden Personenfluss. Weitere Stauungen im Rettungswegverlauf treten nicht auf. Die Fluchtzeit beträgt tBewegung-2 = 63 s + 255 s = 318 s.

7.5

Individualmodelle

7.5.1

Modell buildingEXODUS

Das diskrete Individualmodell buildingEXODUS (bE) [41] wurde von der Universität Greenwich entwickelt. Die Geometrie wird durch Zellen dargestellt, die durch Bögen von standardmäßig 0,5 m Länge orthogonal bzw. entsprechend 0,707 m Länge diagonal verbunden werden. Das Hörsaalgebäude mit der anschließenden Treppe wird durch horizontale Zellen, Stufenzellen, Sitzplatzzellen und interne bzw. externe Ausgangszellen diskretisiert (Bild 12). Die Personen der voreingestellten „Standardpopulation“ befinden

sich auf den Sitzen und den Stufenreihen. Die Breite der Wegelemente (Tabelle 7) wurde der Empfehlung in der Dokumentation [41] folgend jeweils abgerundet, sodass z. B. die 1,40 m breiten seitlichen Engstellen an der Wandscheibe (Nr. 5) nur als 1,00 m breite Durchgänge dargestellt werden. Bezüglich der Bewegung auf Stufen besteht die alternative Option, eine Spurbreite der Personen von 0,76 m zu wählen, die der schwankenden Bewegung der Personen auf Treppen Rechnung tragen soll. Da die Steigung auf den Stufenreihen gering ist und zwei Personen nebeneinander auf einer Stufe Platz haben, wurde diese Option nicht aktiviert und ein Stufengang in der Breite von zwei Zellen (1 m) verwendet. Der Vorschlagwert des maximalen spezifischen Durchflusses an den Ausgängen von 1,33 P/(m·s) wurde übernommen. Im Gegensatz zu den anderen Modellen wurde hier eine Reaktionszeit der Personen von 0 bis 30 s verwendet. Bei der Flucht über den ersten Rettungsweg wird der Personenfluss auf den Stufengängen limitiert. Vor der Treppe (Nr. 1-9) im Foyergebäude bilden sich temporär kleine Staus, die nicht in den Hörsaal zurückwirken. Die mittlere Bewegungsdauer aus vier Rechengängen beträgt tBewegung-1 = 382 s. Beim zweiten Rettungsweg wird der Personenfluss wieder auf den Stufengängen limitiert. Dazu werden kleine, stationäre Staus vor den Notausgängen (Nr. 2-6) angezeigt. Die mittlere Bewegungsdauer beträgt tBewegung-2 = 265 s.

7.5.2

Modell PedGo

PedGo basiert auf einem zellularen Multi-Agenten Modell. Die simulierten Personen werden individuell durch Agenten repräsentiert, die sich auf einem quadratischen Zellgitter (0,4 m Kantenlänge) bewegen. Die Zellgröße (0,16 m2 ) entspricht dabei der durchschnittlichen Standfläche einer Person bei der Dichte, an der der Fluss zum Stillstand kommt (Weidmann).

2

3

4

200

200

1-7 Weg zwischen 1 Wandscheibe und Eingangstüren

1-8 Eingangstür

300

300

1-7 Weg zw. 1 Wandscheibe und Eingangstüren

1-8 Eingangstür

1-9 Treppe im Foyer

1

Zusammenfluss im Foyer

1

300

1

1-6 Engstelle an der Wandscheibe

300

1-4 Treppe zw. seitl. Stufengang und Wandscheibe

500

300

1

1

1-2 Mittelstufengang

300

2,5

0,5

4,0

0,3

1,5

2,40

1,10

2,50

2,00

2,00

1,80

0,42

20

Gang zwischen den Sitzreihen

0

0,90

2,50

1,40

1,60

1,20

Anz. Personen im Max. Lauf- freie DurchRettungsweg länge gangsbreite [m] [m]

0,5

15,0

0,3

1,5

2,5

0,42

Nr. Bezeichnung und Lage des Wegelements

Weg entlang der mittleren Stufengänge

1

200

1

1-5 Engstelle an der Wandscheibe

200

1

1-3 Treppe zw. seitl. Stufengang und Wandscheibe

200

1

1-1 Seitl. Stufengang aufwärts

200

20

Gang zwischen den Sitzreihen

0

6

Anz. Personen im Max. Lauf- freie DurchRettungsweg länge gangsbreite [m] [m]

5

8,14

4,42

1,06

1,06

3,27

8,14

Dichte [P/m2 ]

2,35

0,58

0,97

2,04

8,14

Dichte [P/m2 ]

7

9

1,19

0,43

0,77

0,67

10,50

0,920

0,500

0,120

0,120

0,370

0,920

1,12

1,46

0,64

0,80

0,80

7,00

Dichte Erf. spez. [m2 /m2 ] Fluss [P/(m·s)]

0,265

0,065

0,110

0,230

0,920

Dichte Erf. spez. [m2 /m2 ] Fluss [P/(m·s)]

8

7,58

9,92

4,36

5,45

5,45

47,46

Erf. spez. Fluss [m2 / (m·min)]

8,08

2,91

5,19

4,55

71,19

Erf. spez. Fluss [m2 / (m·min)]

10

13

14

8,08

2,91

5,19

4,55

6,06

1,07

1,07

1,07

1,07

1,07

12,60

1,46

0,64

0,80

0,80

0,89

f 6,06

4,44

9,92

4,36

5,45

5,45

1,57

1,61

1,61

1,61

1,61

1,61

12,60

spez. Fluss spez. Fluss Gesamt[P/(m·s)] [m2 / fluss (m·min)] [P/s]

1,19

0,43

0,77

0,67

0,89

f

spez. Fluss spez. Fluss Gesamt[P/(m·s)] [m2 / fluss (m·min)] [P/s]

12

Stau, da 0,65 Max: 7,47 2 [m / (m·min)]

Stau

Stau

11

10,66

10,91

10,91

10,91

10,91

10,91

85,43

Gesamtfluss [m2 /min]

7,27

7,27

7,27

7,27

7,27

85,43

Gesamtfluss [m2 /min]

15

0,08

0,33

0,61

0,76

0,24

0,11

Geschw. [m/s]

0,51

1,46

0,78

0,33

0,11

Geschw. [m/s]

16

18

19

186,5

1,0

10,3

0,3

4,6

22,8

4,83

19,83

36,58

45,49

14,68

6,58

318,1

186,5

1,5

6,6

0,3

6,1

22,8

Geschw. Stauzeit Laufzeit [m/min] [s] [s]

30,48

87,80

46,88

19,73

6,58

Geschw. Stauzeit Laufzeit [m/min] [s] [s]

17

C1

Nr. Bezeichnung und Lage des Wegelements

Weg entlang der seitlichen Stufengänge

1

Tabelle 8. Predtetschenski und Milinski, 1. RW – Parameter der Wegelemente für „Normalbedingungen“ bei einer Projektionsfläche von 0,113 m2 /P

140 Personenstromsimulationen und Evakuierungsberechnungen

2

3

4

1

1

1

2-4 Treppe vom seitl. Stufengang nach vorne

2-5 Weg zw. Treppe und Notausgang

2-6 Notausgang

200

200

200

200

1

1

1

1

2-2 Mittelstufengang

2-3 Treppe vom Mittelstufengang nach vorne

2-5 Weg zw. Treppe und Notausgang

2-6 Notausgang

300

300

300

300

300

2,5

0,5

10,0

1,5

1,00

1,20

2,00

1,80

0,42

20

Gang zwischen den Sitzreihen

0

1,00

1,20

1,60

1,20

Anz. Personen im Max. Lauf- freie DurchRettungsweg länge gangsbreite [m] [m]

0,5

10,0

0,7

2,5

0,42

Nr. Bezeichnung und Lage des Wegelements

Weg entlang der mittleren Stufengänge

1

2-1 Seitl. Stufengang abwärts

200

20

Gang zwischen den Sitzreihen

0

6

Anz. Personen im Max. Lauf- freie DurchRettungsweg länge gangsbreite [m] [m]

5

Nr. Bezeichnung und Lage des Wegelements

Weg entlang der seitlichen Stufengänge

1

2,26

2,79

0,84

8,14

Dichte [P/m2 ]

1,02

1,11

8,14

8,14

Dichte [P/m2 ]

7

9

0,79

0,65

0,65

10,50

0,255

0,315

0,095

0,920

1,18

0,98

0,59

7,00

Dichte Erf. spez. [m2 /m2 ] Fluss [P/(m·s)]

0,115

0,125

0,920

0,920

Dichte Erf. spez. [m2 /m2 ] Fluss [P/(m·s)]

8

7,99

6,66

4,00

47,46

Erf. spez. Fluss [m2 / (m·min)]

5,33

4,44

4,44

79,19

Erf. spez. Fluss [m2 / (m·min)]

10

Stau

Stau

11

13

14

5,33

4,44

4,44

4,44

0,79

0,79

0,79

0,79

12,60

1,18

0,98

0,59

0,65

f 4,44

7,99

6,66

4,00

1,18

1,18

1,18

1,18

12,60

spez. Fluss spez. Fluss Gesamt[P/(m·s)] [m2 / fluss (m·min)] [P/s]

0,79

0,65

0,65

0,65

f

spez. Fluss spez. Fluss Gesamt[P/(m·s)] [m2 / fluss (m·min)] [P/s]

12

7,99

7,99

7,99

7,99

85,43

Gesamtfluss [m2 /min]

5,33

5,33

5,33

5,33

85,43

Gesamtfluss [m2 /min]

15

Tabelle 9. Predtetschenski und Milinski, 2. RW – Parameter der Wegelemente für „Normalbedingungen“ bei einer Projektionsfläche von 0,113 m2 /P

0,52

0,35

0,71

0,08

Geschw. [m/s]

0,77

0,60

0,08

0,08

Geschw. [m/s]

16

18

19

254,5

0,6

16,7

8,7

31,1

31,24

20,93

42,63

4,83

254,5

1,0

26,7

2,1

31,1

Geschw. Stauzeit Laufzeit [m/min] [s] [s]

46,18

36,00

4,83

4,83

Geschw. Stauzeit Laufzeit [m/min] [s] [s]

17

Anwendung und Modellvergleich

141

142

C1

Personenstromsimulationen und Evakuierungsberechnungen

a)

b)

Bild 12. buildingExodus – a) Draufsicht des diskretisierten Hörsaals mit anschließender Treppe des Foyers. Die Potenzialverläufe sind hervorgehoben; b) Detailausschnitt der Diskretisierung der Sitzplätze und des linken Stufenganges, Agenten in Ausgangsposition

Um die Geometrie hinreichend genau abbilden zu können, gibt es verschiedene Zelltypen (frei, Wand, Treppe, Tür), die sich unterschiedlich auf die Bewegung der Agenten auswirken. Jeder Agent hat einen individuellen Satz von 7 Parametern (Bild 13), die seine Verhaltensweise und Bewegungsfähigkeit bestimmt. Die Reaktionsdauer und Laufgeschwindigkeiten sind dabei die Parameter mit der signifikantesten Auswirkung. „Weiche“ Parameter wie Geduld und Gruppenverhalten („clustering“) können die Verhaltensweisen erweitern. Entsprechend seiner Fähigkeiten springt ein Agent von Zelle zu Zelle in Richtung seines Ziels. Er folgt dabei den Routen, die der Benutzer durch die Definition von Zielen und Wegen vorgibt. Der Vorteil dieser Herangehensweise liegt in der sehr hohen Simulationsgeschwindigkeit der zellularen Modelle und der damit einhergehen statistischen Ergebnisverteilung. Bei jedem Simulationslauf werden die Eingabewerte neu zugewiesen (Anfangsverteilung der Agenten, Routenwahl, Eigenschaften der Agenten). Das Ergebnis nach etwa 500 Simulationsläufen deckt also alle möglichen Ausgangssituationen ab. Gegenüber früheren Analysen [59] haben sich die Ergebnisse aufgrund der aktualisierten Geometrie deut-

Bild 13. PedGo – Demographie-Dialog der Software; hier wurde die Standardpopulation nach RiMEA mit einer Reaktionsdauer von 0 s verwendet

lich verändert. Die Ergebnisse nach jeweils 500 Simulationsdurchläufen pro Szenario sind in Tabelle 10 dargestellt. Auffällig ist, dass die Ergebnisse trotz der einfachen Geometrie und der eingeschränkten Varianz in der Fluchtwegewahl um eine halbe Minute und mehr schwanken können (Minimum- bis Maximum-Dauer). Dies ist im Wesentlichen auf die Variation der Agentenparameter zurückzuführen.

Anwendung und Modellvergleich

Agenten/s

1000 900 800 700 600 500 400 300 200 100 0

143

Szenario 1 - Hinten Szenario 2 - Vorne 0

60

120

180

240

Zeit/s

Tabelle 10. PedGo – Bewegungszeiten für die Szenarien 1. und 2. RW Bewegungszeit

1. RW

2. RW

Minimum

231 s

161 s

Maximum

260 s

200 s

95 % Fraktil

252 s

186 s

Mittelwert

244 s

175 s

5s

6s

Standardabweichung

300

Bild 14. PedGo – Vergleich der Räumungskurven

Die Räumungskurven des dem Mittelwert entsprechenden Laufs sind in Bild 14 dargestellt: Der lineare Anstieg zeigt, dass die Engstellen an den Ausgängen den Personenstrom drosseln. Die Kurve des Szenario 1. RW steigt aufgrund der längeren Laufwege später an und hat die flachere Steigung, da die Treppe den Fluss reduziert. Die Screenshots (Bild 15) zeigen, dass die Räumung des Hörsaals in beiden Szenarien quasi symmetrisch abläuft. Der Unterschied in der Gesamträumungsdauer entsteht durch die längeren Wege im Szenario 1. RW.

Szenario 1:

Szenario 2:

t=0s Bild 15. PedGo – Screenshots von Szenario 1 und 2

t = 60 s

t = 120 s

144

C1

Personenstromsimulationen und Evakuierungsberechnungen

Szenario 1:

Szenario 2:

Bild 16. PedGo – Dichteplot, Pfadplot und RSETplot (v. l.) im Vergleich

Die Dichteplots (Bild 16) zeigen, dass sich im Wesentlichen auf den Stufengängen signifikante Staus bilden (violette Bereiche). Im Szenario 1 bilden sich außerdem Staus hinter der Wandscheibe vor den Ausgangstüren des Hörsaals. Aufgrund der breiteren Treppe im Foyer treten danach keine Staus mehr auf. Die Pfadplots (Bild 16) stellen die am stärksten frequentierten Bereiche in einem rot-grün-Verlauf dar. Auffällig bei diesem Ergebnis ist, dass auf den am häufigsten betretenen Stellen nicht automatisch Staus auftreten müssen (vor den Ausgängen im Szenario 2). Die RSETplots stellen die zeitabhängige Nutzung der Wege dar. Rote Bereiche wurden zuletzt betreten, violette Bereiche nach einem Schwellenwert von 180 s. Der zeitliche Unterschied zwischen Szenario 1 und 2 wird hierdurch deutlich hervorgehoben.

7.5.3

Modell FDS+Evac

Das Modell FDS+Evac ist ein Modul innerhalb der frei verfügbaren Brandsimulationssoftware Fire Dynamics Simulator (FDS). Während FDS federführend vom U.S.-amerikanischen National Institute of Standards and Technology (NIST) entwickelt wird, findet die Entwicklung von Evac am VTT Technical Research Centre of Finland statt. Das Modul ermöglicht die Simulation von Personenbewegungen. Durch die Implementierung als Modul im Programm FDS ist darüber

hinaus die Simulation von Personenbewegungen unter Brandeinwirkungen möglich. Das Modul FDS+Evac nutzt eine kontinuierliche Betrachtung von Raum und Zeit für die Personenbewegung, während die Geometrie, auf Basis der Gitternetze für die Brandsimulation, diskret betrachtet wird [46]. Informationen zur Anwendung von FDS+Evac können der Dokumentation [43] entnommen werden. Basis der Betrachtung bildet ein Gitternetz mit einer Gitterweite von 0,2 m. Die Sitzränge und die Wandscheibe werden vereinfacht geradlinig modelliert. Zur Sicherstellung der freien Bewegung der Akteure sollte eine Mindestwegbreite von 0,6 m auf allen Wegelementen eingehalten werden, da die Schulterbreite der Agenten nicht unterschritten werden sollte. Die gewählten Agenten entsprechen der FDS+Evac Standardpopulation „adult“ mit einer freien Gehgeschwindigkeit von 1,25 ± 0,30 m/s. In Anlehnung an die RiMEA [18] wird die Geschwindigkeit auf Treppen für die Auf- und Abwärtsbewegung mit 50 % der freien Gehgeschwindigkeit angesetzt. Zu Beginn der Berechnung wird mit dem Strömungslöser FFT ein Strömungsfeld (Potenzialdifferenzen) ausgehend von den Türen (DOOR) und Ausgängen (EXIT) berechnet (Bild 17). Die Bewegung der Agenten zu den Türen und Ausgängen hängt von den Einstellungen ab. In der Standardeinstellung warten die Agenten bis eine Tür

Anwendung und Modellvergleich

145

Bild 19. FDS+ Evac, 2. RW – RSET-Karte (im Postprocessing generiert) Tabelle 11. FDS+Evac – Bewegungszeiten für die Szenarien 1. und 2. RW Bild 17. FDS+Evac – Initialisierung des Strömungsfeldes (1. und 2. RW)

ermittelt wurde und bewegen sich dann dorthin – es erfolgt kein weiterer Abgleich. Standardmäßig wird erst die bekannte, dann die sichtbare Tür gewählt; andere Einstellungen sind möglich. Zu Beginn der Simulation befinden sich die Agenten in den Sitzreihen und Stufengängen. Für beide Szenarien wurden je 10 Durchläufe vorgenommen und das arithmetische Mittel der Bewegungsdauer gebildet [47]. Für die Nutzung des ersten Rettungsweges ergeben sich signifikante Stauungen vor den Ausgangstüren aus dem Hörsaal. Die Bewegungsdauer bis zum Passieren der Hörsaaltüren beläuft sich im Mittel auf 307 s (95 % Fraktilwert 309 s). Dabei wurden die Türen als „Öffnung“ modelliert. Die Modellierung als „Ausgang“ führt zu einer deutlichen Reduzierung des Flusses aufgrund der hohen Personendichte auf dem nachfolgenden Umgang (Bild 18). Für die Nutzung des 2. RW treten ebenfalls deutliche Stauungen beim Betreten der Stufengänge auf. Im Bereich der Notausgänge sind hingegen nur geringe Stauungen zu verzeichnen, sodass die reine Fluchtdauer im

Bild 18. FDS+Evac, 1. RW – RSET-Karte (im Postprocessing generiert)

Bewegungszeit

1. RW

2. RW

Minimum

302 s

341 s

Maximum

309 s

364 s

95 % Fraktil

309 s

362 s

Mittelwert

307 s

352 s

Mittel bei 352 s liegt (95 % Fraktilwert 362 s). In Bild 19 ist zu erkennen, dass sich die Personen während des Räumungsverlaufs analog zur Initialisierung des Strömungsfeldes (vgl. Bild 17) nahezu symmetrisch auf beide Notausgänge verteilen.

7.5.4

Modell ASERI

Grundlage des Evakuierungsmodells ASERI ist eine Beschreibung der individuellen Bewegung aller simulierten Personen (Agenten), wobei für das Fluchtverhalten wesentliche Aspekte wie Reaktions- und Verzögerungszeiten, Wahl des Fluchtweges, Verhalten bei Staubildung, individuelle Mobilität und Raumbedarf explizit in der Simulation berücksichtigt werden. Die Gebäudegeometrie wird in den für den Ablauf der Räumung relevanten Details in allen drei Raumdimensionen modelliert. Die Wahl des individuellen Fluchtweges erfolgt entweder auf der Basis des lokal (bezogen auf einen Raum oder bestimmten Gebäudeabschnitt) oder global (bis ins Freie oder einen anderen sicheren Bereich) kürzesten Weges, durch die Wahrnehmung von Hinweiszeichen oder anhand vorgegebener Fluchtwege. Dabei sind jedoch in allen Fällen Abweichungen möglich, z. B. durch individuelle Präferenzen, als Reaktion auf Staubildung oder in Folge der Ausbreitung von Rauch. Die Personenbewegung basiert auf der Simulation elementarer Bewegungsabläufe innerhalb einer Menschenansammlung (Aufschließen, Ausweichen, Überholen, Mindestabstand) unter Beachtung der durch die Gebäudegeometrie gegebenen Einschränkungen. Bezüglich des Raumbedarfs ist ein Agent in ASERI durch

146

C1

Personenstromsimulationen und Evakuierungsberechnungen

Bild 20. ASERI – 3D-Ansicht des Hörsaalgebäudes mit Treppe im Foyer

Tabelle 12. ASERI – Bewegungszeiten für die Szenarien 1. und 2. RW

12 10 8

Bewegungszeit

1. RW

2. RW

4

Minimum

321 s

306 s

2

Maximum

328 s

319 s

0

95 % Fraktil

327 s

318 s

Mittelwert

324 s

311 s

y

6

–2 –4 –10

–5

5

0 x

10

15

Bild 21. ASERI – 1. RW, Staubildung im Bereich vor den Hauptausgängen; Szenario „Hörsaal“ (t = 90 s; 1. Lauf) 35

y

30

25

20

–15

–10

–5

0 x

5

10

15

Bild 22. ASERI – 1. RW, Staubildung vor den Notausgängen neben dem Podium; Szenario „Hörsaal“ (t = 90,5 s; 1. Lauf)

Schulter- und Brustbreite sowie durch die momentane Bewegungsrichtung (Orientierung der Person) charakterisiert. Schulter- und Brustbreite sowie unbehinderte ebenerdige Gehgeschwindigkeit können für jede Person individuell gewählt werden, entweder durch explizite Zuordnung oder durch geeignete Verteilungsfunktionen, entsprechend der zu untersuchenden Population. Es ist möglich, spezielle Agententypen, wie z. B. Rollstuhlfahrer (mit und ohne Begleitpersonen), Personen mit Kinderwagen oder Erwachsene mit Kindern an der Hand, in der Simulation zu berücksichtigen. Direkte Änderungen der individuell zugeordneten Gehgeschwindigkeiten ergeben sich bei der Bewegung auf Treppen (empirischer Reduktionsfaktor abhängig von Stufengeometrie) sowie durch die Wirkung von

Verbrennungsprodukten. Eine Verlangsamung mit zunehmender Personendichte ergibt sich selbstkonsistent durch die Modellierung der bereits genannten elementaren Bewegungsabläufe. Die Anwendung eines (empirisch abgeleiteten) expliziten funktionalen Zusammenhangs zwischen Gehgeschwindigkeit und lokaler Personendichte ist daher nicht erforderlich. Bild 20 zeigt eine 3D-Ansicht des Hörsaalgebäudes, erstellt mit ASERI. Einen Einblick in den Räumungsverlauf für die beiden untersuchten Szenarien (1. und 2. RW) geben die Grundrisse in Bild 21 und Bild 22 mit der Personenverteilung nach jeweils 90 Sekunden Fluchtzeit. Es wurden in beiden Fällen die für rechnerische Nachweise empfohlene Grundeinstellung (Bewegungsmodus Entfluchtung, inhomogene Population) eingesetzt. Der Grundriss in Bild 21 zeigt einen Ausschnitt des Szenariums mit dem oberen Teil des Auditoriums, dem Foyer und dem oberen Abschnitt der zum Haupteingang führenden Treppe. Man erkennt, dass sich im Szenario 1. RW nicht nur vor der Treppe im Foyergebäude, sondern vor allem auch im Bereich vor den Hauptausgängen ein Stau bildet, der zeitweise auch den Personenstrom aus den beiden zentralen Ausgängen des Auditoriums behindert. Für das Szenario 2. RW ergeben sich Staubildungen direkt vor den beiden Notausgängen. Diese behindern den Zustrom aus den seitlichen Stufengängen, sodass die Personen in den seitlichen Sitzreihen zum Teil zu den Mittelstufengängen ausweichen.

7.5.5

Modell crowd:it

Der Modellierungsansatz von crowd:it folgt dem Optimal Steps Model zur Simulation von Personenströmen.

Anwendung und Modellvergleich

147

Tabelle 13. crowd:it – Standardeinstellung (Standardparameter) Einstellung/ Parameter

Beschreibung

Standardwerte

Körperumfang: Den Agenten wird zufällig ein Körperumfang gleichverteilt zwischen dem minimalen und maximalen Körperumfang zugewiesen. Die maximale Größe eines Agenten, angegeben als Durchmesser [m]

0,46

minTorsoSize

Minimaler Körperumfang eines Agenten, angegeben als Durchmesser [m]

0,42

Wunschgeschwindigkeiten: Aus den drei Werten wird eine Normalverteilung gebildet, nach der den Agenten individuelle Wunschgeschwindigkeiten zugewiesen werden.

tripwire-Hoersaalausgang

Floor: master-file-vXX Time: 1s Agents: 1000

maxTorsoSize

30 m

Bild 23. crowd:it – Ausgangssituation mit positionierten Agenten

Dabei wird die Geometrie kontinuierlich im zweidimensionalen Raum abgebildet, sodass jeder Punkt im Raum betreten werden kann; Profileinflüssen auf die Bewegung wird durch Simulationsobjekte Rechnung getragen (bei Rampen werden z. B. empirische Faktoren und auf Treppen Faktoren in Abhängigkeit von der Stufengeometrie verwendet). Damit kann im Beispiel die Hörsaalgeometrie direkt abgebildet werden; Geometrien, die die Fortbewegung verändern, wie Treppen, werden durch Simulationsobjekte ersetzt, die der Bewegungsänderung Rechnung tragen (Bild 23). Die Personen werden als Agenten mit individuellen Eigenschaften (wie Körperumfang, Geschwindigkeit, Startpunkt und Reaktionszeit) abgebildet. Im Beispiel werden die Standardpopulationsparameter angenommen (Tabelle 13) und zufällig auf die Agenten verteilt, nur die Reaktionszeit wird auf null gesetzt. Zu Beginn der Simulation sind die 1000 Personen verteilt auf die 640 Sitzplätze und die vier Stufengänge. Zur Modellierung von Laufverhalten und Wegfindung der Agenten wird eine Bewegungsrichtung vorgegeben. Hierzu wird die Geometrie mit einem Potenzialfeld ausgehend vom Ziel (hier den Ausgängen nach Rettungsweg 1 bzw. 2) geflutet. Dieses ist dynamisch

minVeloc

Minimale Geschwindigkeit, die ein Agent läuft [m/s]

0,46

maxVeloc

Maximale Geschwindigkeit, die ein Agent erreichen kann [m/s]

1,61

meanVeloc

Durchschnittsgeschwindigkeit aller Agenten [m/s]

1,34

Wahrnehmung und Komfortabstand: Hier können – je nach Szenario – Feinjustierungen vorgenommen werden. perceptionRadius

Der Wahrnehmungsradius eines Agenten in [m]: Hier wird festgelegt, bis zu welchem Abstand andere Personen wahrgenommen werden.

2

und bezieht zu jedem Simulationsschritt die anwesenden Agenten mit ein – damit können verschiedene Bewegungsmuster (gehen, stehen, laufen), Kollisionsvermeidung, Schrittgröße und -richtung nachgeahmt werden. Dazu wird das Optimal Steps Model eingesetzt. Dieses ahmt den Zusammenhang zwischen Schrittlänge und Geschwindigkeit nach; Agenten streben eine gewisse Schrittlänge und Wunschgeschwindigkeit an, wenn diese wegen Hindernissen nicht möglich sind, wird der Schritt kleiner und damit der Agent abgebremst. Die Agenten bewegen sich dann gemäß ihrer Einstellungen entlang des für sie besten Weges: Um in der Wegefindung und dem Verhalten der Agenten Unterschiede abzubilden (z. B. die Wahl des schnellsten oder kürzesten Wegs), können Ziele, Zwischenziele und Entscheidungsmöglichkeiten zwischen diesen individuell zugewiesen werden. Im Beispiel wird angenommen, dass die Personen jeweils auf dem schnellsten Weg das Gebäude verlassen und den Weg bei Stauungen anpassen. Für eine Mittelung von Läufen werden je Rettungsweg zehn Simulationsläufe ausgewertet.

148

C1

Personenstromsimulationen und Evakuierungsberechnungen Tabelle 14. crowd:it – Bewegungszeiten für die Szenarien 1. und 2. RW Bewegungszeit

1. RW

2. RW

Minimum

229 s

208 s

Maximum

237 s

231 s

95 % Fraktil

236 s

229 s

Mittelwert

234 s

217 s

Bei der Räumung über den ersten Rettungsweg wird der Personenfluss auf den Stufengängen, besonders in der Mitte, limitiert. Zudem bilden sich an Ausgang und Foyertreppe Stauungen – der Stau an der Foyertreppe wirkt dabei in den Hörsaal zurück (Bild 24). Die Position der Agenten zu verschiedenen Zeiten ist in Bild 25 zu erkennen. Die mittlere Bewegungsdauer aus zehn Rechengängen beträgt bis zum Hörsaalausgang 233 s (95 % Fraktil 236 s). Bei der Räumung über den zweiten Rettungsweg, d. h. die Notausgänge vorne, wird der sichere Bereich direkt mit Übertritt der Türen angenommen. Hier wird in der Simulation der Personenfluss auf den Stufengängen, besonders auf den Seiten, limitiert. Zudem bilden sich an den Notausgängen kleine Staus (Bild 26). Die Position der Agenten zu verschiedenen Zeiten ist in Bild 27 zu erkennen. Die mittlere Bewegungsdauer aus zehn Rechengängen beträgt 217 s (95 % Fraktil 229 s) [57].

Time: 0 s Agents: 0 Mean density in pedestrian/m 2 30 m 0.0

1.5

3.0

Bild 24. crowd:it – 1. RW, Heatmap mit der mittleren Dichte der Agenten

tripwireHoersaalausgang

Floor: master-file-vXX Time: 45s Agents: 955

tripwireHoersaalausgang

30 m

Floor: master-file-vXX Time: 2m 15s Agents: 565

Bild 25. crowd:it – 1. RW, Screenshots zur Sekunde 45, 135 und 225

tripwireHoersaalausgang

30 m

Floor: master-file-vXX Time: 3m 45s Agents: 167

30 m

Anwendung und Modellvergleich

Time: 0 s Agents: 0 0.0

Mean density in pedestrian/m 2 1.5

3.0

30 m

Bild 26. crowd:it – 2. RW, Heatmap mit der mittleren Dichte der Agenten

7.5.6

Modell Pathfinder

Die Software Pathfinder [25] wird von Thunderhead Engineering Consultants, USA, entwickelt. Sie verwendet ein agenten-basiertes Modell, bei dem den Personen individuelle Eigenschaften zugewiesen werden, um das menschliche Verhalten realitätsnah abzubilden. Jede Person sucht aus ihrer Sicht an ihrer aktuellen Position den schnellsten Weg zum Ausgang un-

Time: 30s Agents: 878

149

ter Vermeidung von Kollisionen mit anderen und mit Hindernissen. In jedem Zeitschritt der Simulation wird für jede Person der beste Weg zu einem Ausgang ermittelt. Die Suche nach diesem Weg wird von geometrischen und psychologischen Parametern beeinflusst. Personen werden mathematisch als Zylinder abgebildet, wobei als Durchmesser die Schulterbreite verwendet wird. Die zufällige Streuung der Parameterwerte wird im Modell berücksichtigt. Für die unbehinderte Gehgeschwindigkeit wurde aus der Standard-Bibliothek von Pathfinder die dort hinterlegte abgeschnittene Normalverteilung nach Fruin („AVERAGE ALL“) verwendet. Die Schulterbreite wurde auf Basis der Körpermaße nach DIN 33402 als abgeschnittene Normalverteilung angegeben. Für die wichtigsten Parameter wurden folgende Eingabewerte bzw. Verteilungsfunktionen vorgegeben: – Unbehinderte Gehgeschwindigkeit: Normalverteilung, μ = 1,2 m/s, σ = 0,2 m/s, min = 0,6 m/s, max = 1,8 m/s, – Durchmesser (Schulterbreite): abgeschnittene Normalverteilung, μ = 48,0 cm, σ = 4,5 cm, min = 39,5 cm, max = 52,5 cm, – Reduktionsfaktor: 0,7 (Bruchteil, auf den die Schulterbreite einer Person kurzzeitig in Engstellen reduziert werden kann), – Wandabstand: 15 cm (minimaler Abstand, den Personen zu Bauteilen oder Hindernissen einzuhalten versuchen), – Komfortabstand: 8 cm (minimaler Abstand, den Personen zu anderen Personen einzuhalten versuchen), – Stau-Geschwindigkeitskriterium: 25 cm/s – Personen, die sich so oder langsamer bewegen, stehen im Stau (langsamer Trippelschritt). Die individuellen Einzel- und Gesamtstauzeiten werden von Pathfinder quantitativ zur Auswertung erfasst.

Time: 2m 0s 30 m Agents: 361

Bild 27. crowd:it – 2. RW, Screenshots zur Sekunde 30, 120 und 195

30 m

Time: 3m 15s Agents: 37

30 m

150

C1

Personenstromsimulationen und Evakuierungsberechnungen

Bild 28. Pathfinder – Modellierung mit CAD-Geometrie und Darstellung der Anfangsbedingungen 4 3,6 3,2 2,8 2,4 2 1,6 1,2 0,8 0,4 1 min

2 min

3 min Pers./m2

0

Bild 29. Pathfinder – 1. RW, Personendichte zu Sekunde 60, 120 und 180

Zusätzlich zur Bewegungszeit werden von Pathfinder für jede Person Stauzeiten (Einzelstauzeit und Gesamtstauzeit) berechnet. Als Einzelstauzeit wird die Stauzeit bezeichnet, in der ein Agent fortlaufend seine Staugeschwindigkeit erreicht bzw. unterschreitet. Die maximale Einzelstauzeit einer Person ist die längste Zeitspanne, die er sich fortlaufend in einem Bereich im Stau befindet. Werden alle Einzelstauzeiten eines Agenten über die Simulationsdauer aufsummiert, so ergibt sich daraus die Gesamtstauzeit. Um den Einfluss der zufälligen Streuung der Eingabeparameter zu berücksichtigen, wurden für beide Ret-

tungswege jeweils 2000 zufällig erzeugte Varianten simuliert, bei denen die Gehgeschwindigkeit und die Schulterbreite entsprechend der vorgegebenen Normalverteilung streuen. Als Ergebnis werden die Mittelwerte der Bewegungs- und Stauzeiten angegeben. Die Verteilung der Ergebnisse kann zusätzlich angezeigt werden. Die Modellierung des Gebäudes sowie die Positionierung der Agenten zu den Anfangsbedingungen sind in Bild 28 dargestellt. Die Entwicklung der Personendichte bei der Räumung über den 1. RW ist in Bild 29 und über den 2. RW in Bild 30 ersichtlich.

151

Anwendung und Modellvergleich

4 3,6 3,2 2,8 2,4 2 1,6 1,2 0,8 1 min

2 min

3 min

Pers./m2 0,4

Bild 30. Pathfinder – 2. RW, Personendichte zu Sekunde 60, 120 und 180

Bild 31. Pathfinder – 1. RW, Bewegungszeiten (Evakuierungszeiten) sowie Gesamt- und Einzelstauzeiten für die Agenten

Bild 32. Pathfinder – 2. RW, Bewegungszeiten (Evakuierungszeiten) sowie Gesamt- und Einzelstauzeiten für die Agenten

Die Bewegungszeiten betragen als Mittelwert und 95 % Fraktil – für den 1. Rettungsweg: 261 s (95 % Fraktil 266 s), – für den 2. Rettungsweg: 194 s (95 % Fraktil 199 s). Die sich für die Agenten ergebenen Bewegungszeiten (Evakuierungszeiten) sowie Gesamt- und Einzelstauzeiten sind in Bild 31 und 32 dargestellt. Staus treten für den RW 1 (vgl. Bild 29) vor den Hauptausgangstüren (1-8) und in der Mitte der Mittelstufengänge (1-2) auf, solange auch die Personendichte auf den seitlichen Stufengängen hoch ist. Im RW 2 (vgl. Bild 30) treten Staus etwa im oberen Drittel der seitlichen Stufengänge (2-1) und in der Mitte der Mittelstufengänge (2-2) auf, solange auch die

Personendichte auf den seitlichen Stufengängen hoch ist. Weil die Personenanzahl, die an den Ausgängen des 2. Rettungswegs ankommt, durch die Breite der Stufengänge begrenzt ist, bildet sich unmittelbar an den Ausgängen (2-6) kein relevanter Stau [58].

7.6

Vergleich der Fluchtzeiten und lokalen Stauungen

Alle Modellergebnisse für den 1. und 2. Rettungsweg sind in Tabelle 15 zusammengefasst. Zur besseren Vergleichbarkeit der verschiedenen Modelltypen wird für die Individualmodelle der Mittelwert der Bewegungszeiten verwendet, falls vorhanden ist das 95 % Frak-

152

C1

Personenstromsimulationen und Evakuierungsberechnungen

Tabelle 15. Vergleich der Bewegungszeiten (95%-Fraktilwerte in Klammern) und der Lage der Stauungen der verschiedenen Modelle. Falls an mehr als einem Wegelement Stauungen auftreten, sind weniger relevanten Elemente kursiv und in Klammern aufgeführt Modell

1. RW Bewegungszeit

1. RW Stauungen

2. RW Bewegungszeit

2. RW Stauungen

Kapazitätsanalyse („moderate“ Auslastung)

304 s

Eingangstür (Nr. 1-8)

298 s

Notausgang (Nr. 2-6)

Predtetschenski und Milinski, (0,113 m2 /P., „Normalbedingungen“)

295 s

(Stufengänge (Nr. 1-1 + 1-2)), Foyertreppe (Nr. 1-9)

318 s

Stufengänge (Nr. 2-1 + 2-2)

buildingEXODUS (Standardpopulation)

382 s

Stufengänge (Nr. 1-1 + 1-2)

266 s

Stufengänge (Nr. 2-1 + 2-2)

PedGo (Standardpopulation)

244 s (252 s)

(Stufengänge (Nr. 1-1 + 1-2)), Hauptausgänge (Nr. 1-8)

175 s (186 s)

Stufengänge (Nr. 2-1 + 2-2)

FDS+Evac (Standardpopulation, „adult“)

307 s (309 s)

(Stufengänge (Nr. 1-1+1-2)), Hauptausgänge (Nr. 1-8) (Foyertreppe (Nr. 1-9))

352 s (362 s)

seitl. Stufengänge (Nr. 2-1)

ASERI („Entfluchtung“, inhomogene Population gemäß Grundeinstellungen)

324 s (327 s)

(Stufengänge (Nr. 1-1+1-2)), Hauptausgänge (Nr. 1-8)

311 s (318 s)

(Stufengänge (Nr. 2-1 + 2-2)) Notausgänge (Nr. 2-6)

crowd:it (Standardpopulation)

233 s (236 s)

(Mittel)-Stufengänge (Nr. 1-1, insbes. 1-2), Hauptausgänge (Nr. 1-8) (Foyertreppe (Nr. 1-9))

217 s (229 s)

(Seitl.) Stufengänge (Nr. 2-1 + 2-2) Notausgänge (Nr. 2-6)

Pathfinder (Standardpopulation)

261 s (266 s)

(Mittel-Stufengänge (Nr. 1-2), Hauptausgänge (Nr. 1-8)

194 s (199 s)

Stufengänge (Nr. 2-1 + 2-2)

Mittelwert (MW)

294 s

Abweichungen von –21 bis +30 % vom MW

267 s

Abweichungen von –34 % bis +33 % vom MW

til der Bewegungszeit in Klammern angegeben. Aufgrund der großen Zahl der verglichenen Modelle weisen die Ergebnisse für die mittlere Bewegungszeit für den 1. Rettungsweg eine Abweichung von –21 % bis +30 % um den Mittelwert auf. Für den 2. Rettungsweg beträgt die Abweichung vom Mittelwert jeweils ein Drittel nach oben bzw. nach unten. Die Abweichungen unter den nun acht verglichenen Modellen sind damit größer als die Abweichungen, die bei einer ersten Fassung des Vergleichs mit sechs Modellen erhalten wurden [59]. Für den zweiten, weniger komplexen Rettungsweg wurden wieder höhere Abweichungen festgestellt. Es ist nicht so, dass ein einfaches Modell wie die Kapazitätsanalyse immer die konservativsten Ergebnisse liefert. Für die meisten Modelle unterscheidet sich die Abweichung der Ergebnisse vom Mittelwert für den einen oder anderen Rettungsweg deutlich (Bild 33). Die Ergebnisse dieses Vergleichs sind aufgrund komplexer

Bild 33. Relative Darstellung der Modellergebnisse im Vergleich zum Mittelwert

Literatur

Szenarien und der vielen möglichen Einflüsse und nur sehr eingeschränkt dazu geeignet, generelle Aussagen über die Modelle zu treffen. In der Tabelle 15 werden ebenfalls die Wegelemente der wesentlichen Staus aufgeführt. Falls auf mehr als einem Wegelement Verzögerungen angezeigt werden, ist der weniger relevante Stau in Klammern gesetzt. Die Modellergebnisse bzgl. der Lage der wesentlichen Staus sind uneinheitlich. Ein Grund dafür ist, dass die relativen Veränderungen der Flüsse von verschiedenen Typen von Wegelementen von Modell zu Modell unterschiedlich sind. Ein anderer Grund ist, dass sich die Lage der Staus durch kleine Änderungen in den Wegbreiten verändern kann, wie sie z. B. durch Rundungen bei diskreten Modellen auftreten können. Die Flüsse an kritischen Stellen im Räumungsverlauf müssen im Zweifelsfall detailliert betrachtet werden. Dazu kann eine Parametervariation (insbesondere Wegbreiten) bzw. die Betrachtung mit verschiedenen Modellen dienen.

8

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154

C1

Personenstromsimulationen und Evakuierungsberechnungen

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155

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157

C 2 Grundlagen nach Eurocode 1 Jochen Zehfuß

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Jochen Zehfuß Technische Universität Braunschweig Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (iBMB) Beethovenstraße 52, 38106 Braunschweig Studium des Bauingenieurwesens an der TU Braunschweig, danach wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (iBMB) der TU Braunschweig. 2004 Promotion mit dem Thema „Bemessung von Tragsystemen mehrgeschossiger Gebäude in Stahlbauweise für realistische Brandbeanspruchung“ und Tätigkeit als wissenschaftlicher Leiter hhpberlin Ingenieure für Brandschutz. Seit 2011 Gesellschafter und Mitglied der Geschäftsführung von hhpberlin Ingenieure und seit 2012 Prüfingenieur für Brandschutz in Schleswig-Holstein. Seit 2013 Leiter des Fachgebiets Brandschutz am Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (iBMB) der TU Braunschweig, seit 2017 wissenschaftlicher Vorstand der Materialprüfanstalt für das Bauwesen (MPA) Braunschweig und Sprecher des Forschungszentrums für Brandschutz (ZeBra) der TU Braunschweig. Mitglied verschiedener Gremien: CEN TC 250 SC 1 WG 4 „Actions on structures supposed to fire“, CEN TC 127 WG 8 „Fire safety engineering“, CEN TC 250 SC 2 WG1 TG 5 „Design of concrete structures – Fire“, DStV AA „Brandschutz“. Obmann DIN NA „Konstruktiver Brandschutz – Eurocodes“; Stv. Obmann DIN NA „Ingenieurverfahren im Brandschutz“ sowie Vorsitzender vfdb Referat 4 „Ingenieurmethoden“.

Bauphysik-Kalender 2021: Brandschutz. Herausgegeben von Nabil A. Fouad. © 2021 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2021 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

158

C2

Grundlagen nach Eurocode 1

Inhaltsverzeichnis 1

Allgemeines zu den Eurocodes

2 2.1 2.2 2.3

Brandeinwirkungen auf Tragwerke Allgemeine Grundlagen 160 Thermische Einwirkungen 161 Mechanische Einwirkungen 162

3

Leistungsorientierte Festlegung der Brandeinwirkungen 163 Vorbemerkung 163 Vereinfachtes Naturbrandmodell für vollentwickelte Raumbrände 164 Brandeinwirkungen auf außenliegende Bauteile 166 Brandeinwirkungen bei lokal begrenzten Bränden 166 Bauteil im Plume- oder Deckenbereich 166 Bauteil außerhalb des Plumes 168

3.1 3.2 3.3 3.4 3.4.1 3.4.2

159

3.5 3.6 160 3.6.1 3.6.2 3.6.3 3.7 3.8

Erweiterte Brandmodelle 168 Eingangsdaten für die Anwendung von Naturbrandmodellen 170 Allgemeines 170 Bestimmung der Wärmefreisetzungsrate Ermittlung der Bemessungswerte 171 Äquivalente Branddauer 172 Konfigurationsfaktor 173

4 4.1 4.2 4.3

Beispiele 174 Vollentwickelter Raumbrand 174 Lokaler Brand 176 Lokaler Brand mit Stütze außerhalb des Plumes 179

5

Literatur

180

170

Allgemeines zu den Eurocodes

Der gleichnamige Beitrag aus dem Bauphysik-Kalender 2016 wurde aktualisiert und ergänzt.

1

Allgemeines zu den Eurocodes

Mit den Brandschutzteilen der Eurocodes 1 bis 6 und 9 stehen Bemessungsverfahren zur Verfügung, mit denen individuelle Brandschutznachweise für Einzelbauteile sowie für Teil- und Gesamttragwerke in beliebigen Nutzungen möglich sind. Neben der Brandbeanspruchung durch nominelle Temperaturkurven wie der Einheits-Temperaturzeitkurve (ETK) oder der Außenbrandkurve ermöglichen die Eurocodes auch die Bemessung mit Naturbrandmodellen, mit denen im Vergleich zur ETK ein realistischeres Abbild eines Realbrandes (Schwelbrandphase, Vollbrand, Abkühlphase) dargestellt werden kann. In Eurocode 1 Teil 1-2 (DIN EN 1991-1-2) werden die Lastannahmen für die brandschutztechnische Bemessung geregelt. Die brandschutztechnischen Bemessungsregeln finden sich jeweils baustoffbezogen in den Teilen 1-2 der Eurocodes 2 bis 6 und 9. Ergänzend zu den Eurocodes werden die sogenannten Nationalen Anhänge (NA) veröffentlicht. Sie haben zum einen die Aufgabe, die national festzulegenden Parameter (NDP: National Determined Parameters) zu definieren, mit deren Hilfe jeder Staat das gewünschte Sicherheitsniveau weiterhin individuell festlegen kann. Zum anderen können in den Nationalen Anhängen ergänzende Regeln festgelegt werden, die allerdings nicht im Widerspruch zu den Eurocodes stehen dürfen

159

(NCI: Non-contradictory Complementary Information), z. B. durch Ersetzen von informativen Anhängen der Eurocodes. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die aktuellen Fassungen der Eurocode-Brandschutzteile und der zugehörigen Nationalen Anhänge. Die Brandschutzteile der Eurocodes und deren Nationale Anhänge (NA) sind in die Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) [1] und in der Folge in den VV TB der Bundesländer aufgenommen worden. Sie sind somit bauaufsichtlich eingeführt und stellen die Regelnorm für die Brandschutzbemessung von Bauteilen und Tragwerken dar. Der aktuelle Stand kann auf der Informationsseite der Bauministerkonferenz unter www.is-argebau. de abgerufen werden. Nachweise nach DIN 4102-4 können nur noch für Fälle angewendet werden, für die in den Eurocodes keine Bemessungsregeln existieren, wie z. B. für Ausführungsdetails oder Sonderbauteile (Brandwände) oder historische Bauweisen. Die Eurocodes sehen neben Bemessungstabellen auch vereinfachte und erweiterte Bemessungsverfahren vor. Die allgemeinen Bemessungsverfahren können für die Berechnung des Tragund Verformungsverhaltens von Bauteilen oder Tragwerken im Brandfall unter Berücksichtigung temperaturabhängiger thermischer und thermo-mechanischer Materialeigenschaften und thermischer Dehnungen angewendet werden. Aufgrund der Komplexität und des vergleichsweise großen Aufwandes der erweiterten Bemessungsverfahren eignen sie sich neben der Anwendung für Beanspruchungen nach der EinheitsTemperaturzeitkurve (ETK) jedoch besonders für Na-

Tabelle 1. Übersicht über die Eurocode-Brandschutzteile und zugehörige Nationale Anhänge (Stand Oktober 2020) DIN-Norm

Nationaler Anhang

Deutscher Titel

DIN EN 1991-1-2 Dezember 2010

September 2015

Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke – Teil 1-2: Allgemeine Einwirkungen – Brandeinwirkungen auf Tragwerke

DIN EN 1992-1-2 Dezember 2010 Änderung A1 November 2019

Dezember 2010 Änderung: September 2015 Oktober 2020

Eurocode 2: Planung von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken – Teil 1-2: Allgemeine Regeln – Tragwerksbemessung für den Brandfall

DIN EN 1993-1-2 Dezember 2010

Dezember 2010

Eurocode 3: Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-2: Allgemeine Regeln – Tragwerksbemessung für den Brandfall

DIN EN 1994-1-2 Dezember 2010 Änderung A1 Juni 2014

Dezember 2010

Eurocode 4: Bemessung und Konstruktion von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton – Teil 1-2: Allgemeine Regeln – Tragwerksbemessung für den Brandfall

DIN EN 1995-1-2 Dezember 2010

Dezember 2010

Eurocode 5: Entwurf, Berechnung und Bemessung von Holzbauten – Teil 1-2: Allgemeine Regeln – Bemessung für den Brandfall

DIN EN 1996-1-2 April 2011

Juni 2013

Eurocode 6: Bemessung und Konstruktion von Mauerwerksbauten – Allgemeine Regeln – Teil 1-2: Tragwerksbemessung für den Brandfall

DIN EN 1999-1-2 Dezember 2010

März 2011

Eurocode 9: Bemessung und Konstruktion von Aluminiumtragwerken – Teil 1-2: Tragwerksbemessung für den Brandfall

160

C2

Grundlagen nach Eurocode 1

turbrandbeanspruchungen. Derartige Nachweise erfordern jedoch eine Abweichung von den bauordnungsrechtlichen Vorschriften und sind nur in Abstimmung mit den genehmigenden Stellen anwendbar. In der MVV TB werden Randbedingungen für die Anwendung der Naturbrandverfahren beschrieben, welche in der Folge von den Bundesländern sukzessive in den entsprechenden VV TB übernommen wurden. Die Brandschutzteile der Eurocodes setzen die wesentliche Anforderung für den Brandschutz gemäß Bauprodukten-Verordnung Nr. 305/2011 um. Im Anhang 1 (Grundsatzanforderungen an Bauwerke) der Bauproduktenverordnung heißt es: „Das Bauwerk muss derartig entworfen und ausgeführt sein, dass bei einem Brand – die Tragfähigkeit des Bauwerks während eines bestimmten Zeitraums erhalten bleibt, – die Entstehung und Ausbreitung von Feuer und Rauch innerhalb des Bauwerks begrenzt bleiben, – die Ausbreitung von Feuer auf benachbarte Bauwerke begrenzt bleibt, – die Bewohner das Gebäude unverletzt verlassen oder durch andere Maßnahmen gerettet werden können, – die Sicherheit der Rettungsmannschaften berücksichtigt ist.“ Nach dem Grundlagendokument Nr. 2 „Brandschutz“ darf diese wesentliche Anforderung durch Befolgen verschiedener, in den Mitgliedstaaten geltender Brandschutzstrategien erfüllt werden. Dabei dürfen entweder „konventionelle“ Brandszenarien (nominelle Brände) oder „natürliche“ Brandszenarien (z. B. parametrische Brände) zugrunde gelegt und ggf. auch Wirkungen vorbeugender und abwehrender Brandschutzmaßnahmen berücksichtigt werden. Die den konstruktiven Brandschutz betreffenden Teile der Eurocodes 2 bis 6 und 9 behandeln lediglich bestimmte Aspekte des vorbeugenden Brandschutzes, indem Regeln für die Bemessung und Konstruktion von Bauwerken und Bauteilen hinsichtlich einer ausreichenden Tragfähigkeit und, falls erforderlich, der Begrenzung der Brandausbreitung festgelegt werden [2]. In der Regel werden die funktionellen Anforderungen und die Leistungsniveaus für die Bauteile – wie bisher in Deutschland üblich – unter Bezug auf die Einheits-Temperaturzeitkurve (DIN EN 1991-1-2 3.2.1 bzw. DIN 4102) festgelegt. Wenn es nach den nationalen Brandschutzregeln zulässig ist, können die Anforderungen jedoch auch unter Berücksichtigung vorbeugender und abwehrender Brandschutzmaßnahmen individuell vorgegeben bzw. ermittelt werden. Grundsätzlich sind also zwei unterschiedliche Arten der Bemessung möglich: – Bemessung aufgrund festgelegter Vorgaben und – Bemessung aufgrund leistungsorientierter Festlegungen (Naturbrandszenarien).

2

Brandeinwirkungen auf Tragwerke

2.1

Allgemeine Grundlagen

In Eurocode 1 Teil 1-2, im Folgenden als EC 1-1-2 bezeichnet, werden Rechengrundlagen zur Ermittlung der Temperatur- und Lasteinwirkungen gegeben. Der Brandfall wird als ein außergewöhnliches Ereignis (accidental situation) angesehen, das nicht mit anderen davon unabhängigen außergewöhnlichen Ereignissen überlagert werden muss. Auch zeit- und lastabhängige Einflüsse auf das Tragverhalten, die vor Auftreten des Brandfalls wirksam werden, müssen nicht berücksichtigt werden. Dadurch ist es z. B. zulässig, das Trag- und Verformungsverhalten von Betonstützen im Brandfall ohne Berücksichtigung von Kriech- und Schwindeinflüssen zu ermitteln, die bis zum Zeitpunkt der Brandbeanspruchung bereits aufgetreten sind [2]. Aufbauend auf den Vorgaben des EC 1-1-2 sehen die Brandschutzteile der baustoffbezogenen Eurocodes 2 bis 6 und 9 grundsätzlich brandschutztechnische Nachweisverfahren in drei Ebenen vor: – mittels tabellarischer Daten (Nachweisebene 1), – mittels vereinfachter Bemessungsverfahren (Nachweisebene 2) und – mittels erweiterter Bemessungsverfahren (Nachweisebene 3). Die Nachweisverfahren mittels tabellarischer Daten beschränken sich in der Regel darauf, die Querschnittsabmessungen des zu untersuchenden Bauteils (z. B. bei Betonbauteilen den Achsabstand der Bewehrung) mit Werten zu vergleichen, die nach Brandversuchsergebnissen zum Erreichen der vorgesehenen Feuerwiderstandsdauer erforderlich sind. Mit den vereinfachten Bemessungsverfahren wird in der Regel nachgewiesen, dass alle maßgebenden Lasteinwirkungen auch nach Ablauf der vorgeschriebenen Feuerwiderstandsdauer eines Bauteils ohne Versagen aufgenommen werden können. Dafür werden u. a. Vereinfachungen bei der Temperaturermittlung für die Bauteilquerschnitte und bei der Beschreibung des Versagenszustandes im Brandfall getroffen [2]. Die erweiterten Bemessungsverfahren ermitteln für eine vorgegebene Feuerwiderstandsdauer wirklichkeitsnah das tatsächliche Tragvermögen, u. U. auch das Verformungsverhalten der Bauteile. Sie bieten Lösungen für drei Probleme des baulichen Brandschutzes [2]: – Ermittlung des Gleichgewichts- und Verformungszustands eines Einzelbauteils zu beliebigen Zeitpunkten ti bei einem vorgegebenen TemperaturZeitverlauf in der Bauteilumgebung sowie realistisch angenommenen mechanischen Einwirkungen und Lagerungsbedingungen. Damit kann ein Brandversuch simuliert werden. – Ermittlung der von einem Einzelbauteil maximal aufnehmbaren Belastung (z. B. NRd,fi , MRd,fi ) bei einem vorgegebenen Temperatur-Zeitverlauf in der Bauteilumgebung nach einer bestimmten Brandeinwirkungsdauer.

Brandeinwirkungen auf Tragwerke

– Ermittlung des Gleichgewichts- und Verformungszustandes von Gesamt- oder Teiltragwerken aus mehreren Bauteilen bei lokaler Brandbeanspruchung, wobei sowohl die ETK als auch natürliche Brände simuliert werden können.

2.2

Thermische Einwirkungen

Die thermischen Einwirkungen auf Bauteile werden in Abhängigkeit von der (Heißgas-) Temperatur Θg in der Bauteilumgebung als Netto-Wärmestrom ḣ net vorgegeben, der aus einem konvektiven und einem radiativen Anteil besteht: + ḣ (EC 1-1-2; Gl. 3.1) ḣ = ḣ net

net,c

net,r

Der konvektive Anteil des Netto-Wärmestroms ḣ net,c [W/m2 ] wird nach folgender Gleichung ermittelt: = α ⋅ (Θ − Θ ) (EC 1-1-2; Gl. 3.2) ḣ net,c

c

g

m

mit αc Wärmeübergangskoeffizient für Konvektion [W/(m2 K)] Θg Heißgastemperatur in der Umgebung des Bauteils [°C] Θm Oberflächentemperatur des Bauteils [°C] Der radiative Anteil des Netto-Wärmestroms ḣ net,r [W/m2 ] wird nach folgender Gleichung berechnet: ] [ ḣ net,r = Φ ⋅ εm ⋅ εf ⋅ σ ⋅ (Θr + 273)4 − (Θm + 273)4 (EC 1-1-2; Gl. 3.3) mit Φ Konfigurationsfaktor (zur Berücksichtigung von Abschattungen) [–] εm Emissivität der Bauteiloberfläche [–] εf Emissivität des Feuers [–] Θr Strahlungstemperatur der Umgebung [°C] σ Stefan-Boltzmann-Konstante (= 5,67 ⋅ 10−8 ) [W/(m2 K4 )] Vereinfachend dürfen der Konfigurationsfaktor Φ = 1,0 und die Strahlungstemperatur Θr gleich der Heißgastemperatur Θg gesetzt werden. Der Wärmeübergangskoeffizient für Konvektion darf auf der feuerabgekehrten Bauteilseite mit αc = 4 W/(m2 K) angenommen werden. Mit αc = 9 W/(m2 K) kann gerechnet werden, wenn die Wärmeübertragung durch Strahlung mit abgedeckt werden soll (EC 1-1-2; Kap. 3.1(5)). Falls in den baustoffbezogenen Eurocodes keine anderen Angaben gemacht werden, darf εm = 0,8 gesetzt werden; für die Emissivität der Flamme gilt im Allgemeinen εf = 1,0. Für die brandschutztechnische Bemessung werden verschiedene nominelle Temperaturzeitkurven zur Beschreibung der Heißgastemperatur Θg in Abhängigkeit der Branddauer t [min] mit dem jeweils zugehörigen Wärmeübergangskoeffizienten für Konvektion αc vorgegeben.

161

Für die Heißgastemperatur Θg ist im Regelfall die Einheits-Temperaturzeitkurve, die der ETK nach DIN 4102-2 entspricht, anzunehmen: [ ] (EC 1-1-2; Gl. 3.4) Θg = 20 + 345 ⋅ log10 (8t + 1) °C Dabei bedeutet t die Branddauer in Minuten. Für den konvektiven Wärmeübergangskoeffizienten ist αc = 25 W/(m2 K) anzusetzen (EC 1-1-2; Kap. 3.2.1(2)). Unter bestimmten Randbedingungen, z. B. bei außerhalb eines Brandraumes liegenden Bauteilen bzw. Bauteiloberflächen, kann die externe Brandkurve verwendet werden, die auch in DIN 4102-3 für Brüstungen und nichttragende Außenwände vorgegeben wird: ] [ ] [ Θg = 660 ⋅ 1 − 0,687 ⋅ e−0,32t − 0,313 ⋅ e−3,8t + 20 °C (EC 1-1-2; Gl. 3.5) Auch in diesem Fall beträgt der konvektive Wärmeübergangskoeffizient αc = 25 W/(m2 K). Für Flüssigkeitsbrände wird die sogenannte Hydrokarbonkurve angeboten: ] [ ] [ Θg = 1080 ⋅ 1 − 0,325 ⋅ e−0,167t − 0,675 ⋅ e−2,5t + 20 °C (EC 1-1-2; Gl. 3.6) Der konvektive Wärmeübergangskoeffizient beträgt dann αc = 50 W/(m2 K) (EC 1-1-2; Kap. 3.2.3(2)). Im EC 1-1-2/NA wird jedoch eingeschränkt, dass die Hydrokarbonkurve in der Regel bei Hochbauten nicht anzuwenden ist. Die drei genannten standardisierten Temperaturzeitkurven sind in Bild 1 dargestellt. Neben der Möglichkeit, die thermische Beanspruchung der Bauteile im Brandraum durch nominelle Temperaturzeitkurven aufgrund festgelegter Vorgaben zu beschreiben, stellt der Eurocode 1 Teil 1-2 verschiedene Naturbrandmodelle zur Verfügung, mit denen eine Bemessung aufgrund leistungsorientierter Festlegungen durchgeführt werden kann. Die Naturbrandmodelle werden im Haupttext von EC 1-1-2 (Kap. 3.3) nur allgemein eingeführt und in informativen Anhängen näher beschrieben: a) Vereinfachte Brandmodelle – Vollbrände Beschreibungen auf der Grundlage physikalischer Parameter • für innenliegende Bauteile (Anhang A) bzw. • für außenliegende Bauteile (Anhang B) – Lokale Brände Beschreibung mithilfe von Plume-Modellen (Anhang C) b) Allgemeine Brandmodelle (Anhang D) – Ein-Zonen-Modelle – Zwei-Zonen-Modelle – Feldmodelle Auf die leistungsorientierte Bemessung mit Naturbrandmodellen wird in Kapitel 3 noch näher eingegangen.

162

C2

Grundlagen nach Eurocode 1

1200

Hydrokarbonkurve

Temperatur [°C]

1000

Einheits - Temperaturzeitkurve

800

Externe Brandkurve

600

400

200

0 0

30

60

90

120

150

180

Zeit [min] Bild 1. Nominelle Temperaturzeitkurven nach Eurocode 1 Teil 1-2

2.3

Mechanische Einwirkungen

Der EC 1-1-2 regelt auch die im Brandfall anzunehmenden mechanischen Einwirkungen und unterscheidet dabei zwischen direkten und indirekten Einwirkungen. Indirekte Einwirkungen infolge Brandbeanspruchung sind Kräfte und Momente, die durch thermische Ausdehnungen, Verformungen und Verkrümmungen hervorgerufen werden. Sie brauchen nicht berücksichtigt zu werden, sofern sie das Tragverhalten nur geringfügig beeinflussen und/oder durch entsprechende Ausbildung der Auflager aufgenommen werden. Außerdem brauchen sie bei der brandschutztechnischen Bemessung von Einzelbauteilen nicht gesondert verfolgt zu werden. Bei der Beurteilung der indirekten Einwirkungen sind besonders zu beachten: – Zwangkräfte in Bauteilen, z. B. in Stützen mehrgeschossiger rahmenartiger Tragwerke mit aussteifenden Wänden, – unterschiedliche thermische Ausdehnung in statisch unbestimmt gelagerten Bauteilen, z. B. durchlaufenden Decken, – Eigenspannungen infolge thermischer Krümmungen, – Auswirkungen thermischer Ausdehnung auf angrenzende Bauteile, z. B. Verschiebung des Stützenkopfes infolge thermischer Ausdehnung der Decke, – Auswirkungen thermischer Ausdehnung auf Bauteile, die nicht vom Feuer beansprucht werden. Für die Ermittlung der indirekten Einwirkungen sind die thermischen und mechanischen Materialwerte aus den baustoffbezogenen Eurocodes zu verwenden. Für den Fall, dass die indirekten Einwirkungen vernachlässigt werden, wird Efi,d für den Zeitpunkt t = 0 berechnet (Ad (t = 0) = 0).

Als direkte Einwirkungen werden die bei der kalten Bemessung berücksichtigten Einwirkungen (Eigengewicht, Wind, Schnee usw.) bezeichnet. Die maßgebenden Werte der Einwirkungen sind aus DIN EN 1990 zu entnehmen, in der allgemeine Regeln zur Berücksichtigung von Schneelasten und zur Berücksichtigung von Lasten infolge Betriebs (z. B. horizontale Kräfte infolge Kranbewegung) gegeben werden. Eine Verringerung der Belastung durch Abbrand soll nicht berücksichtigt werden [2]. Bei der Kombination von Einwirkungen im Brandfall darf berücksichtigt werden, dass es sich um eine außergewöhnliche Bemessungssituation handelt. Hierfür sind in DIN EN 1990 Kombinationsregeln angegeben. Demnach darf für die maßgebende Größe einer veränderlichen Einwirkung Q1 die quasi-ständige Größe ψ2,1 ⋅ Q1k oder alternativ die häufige Größe ψ1,1 ⋅ Q1k verwendet werden. Im Nationalen Anhang des EC 1-1-2 wird empfohlen, dass auch für die veränderliche Leiteinwirkung QK,1 als Kombinationsbeiwert Ψ2,1 zu benutzen ist. Einzige Ausnahme ist, wenn der Wind die Leiteinwirkung darstellt. In diesem Fall ist dann für den Wind Ψ1,1 als Kombinationsbeiwert zu benutzen (EC 1-1-2/NA 2.2). Die Einwirkungen im Brandfall Efi,d,t ergeben sich nach den Kombinationsregeln in DIN EN 1990 zu: { Ed,fi,t = E ∑ γG,j ⋅ Gk,j ⊕ (ψ1,1 oder ψ2,i ) ⋅ Qk,1 j≥1

}

⊕ ∑ ψ2,i ⋅ Qk,i i>1

(DIN EN 1990; Gl. 6.11a, b)

Leistungsorientierte Festlegung der Brandeinwirkungen

mit Gk,j Qk,1 Qk,i γG,j ψ1,1 , ψ2,i

charakteristischer Wert der ständigen Einwirkungen charakteristischer Wert (des Leitwertes) der veränderlichen Einwirkung charakteristischer Wert weiterer veränderlicher Einwirkungen Teilsicherheitsbeiwert für ständige Einwirkungen (= 1,0) Kombinationsbeiwerte nach DIN EN 1990 bzw. nationalen Festlegungen (vgl. Tabelle 2)

Tabelle 2. Kombinationsbeiwerte (E DIN EN 1990/NA; Tab. NA.1.1) Ψ0

Ψ1

Ψ2

– Kategorie A: Wohn- und Aufenthaltsräume

0,7

0,5

0,3

– Kategorie B: Büros

0,7

0,5

0,3

– Kategorie C: Versammlungsräume

0,7

0,7

0,6

– Kategorie D: Verkaufsräume

0,7

0,7

0,6

– Kategorie E: Lagerräume

0,7

0,9

0,8

– Kategorie F: Verkehrsflächen, Fahrzeuglast ≤ 30 kN

0,7

0,7

0,6

– Kategorie G: Verkehrsflächen, 30 kN ≤ Fahrzeuglast ≤ 160 kN

0,7

0,5

0,3

– Kategorie H: Dächer

0

0

0

Schnee- und Eislasten, siehe DIN EN 1991-1-3 – Orte bis zu NN + 1000 m

0,5

0,2

0

– Orte über NN + 1000 m

0,7

0,5

0,2

Windlasten, siehe DIN EN 1991-1-4

0,6

0,2

0

Temperatureinwirkungen (nicht Brand), siehe DIN EN 1991-1-5

1,0

0,5

0

Baugrundsetzungen, siehe DIN EN 1997

0,8

1,0

1,0

0,7

0,5

Einwirkung Nutzlasten im Hochbau (Kategorien siehe EN 1991-1) a)

Sonstige Einwirkungen b), c)

a) Abminderungsbeiwerte für Nutzlasten in mehrgeschossigen Hochbauten siehe DIN EN 1991-1-1 b) Flüssigkeitsdruck ist im Allgemeinen als eine veränderliche Einwirkung zu behandeln, für die die ψ- Beiwerte standortbedingt festzulegen sind. Flüssigkeitsdruck, dessen Größe durch geometrische Verhältnisse oder aufgrund hydrologischer Randbedingung begrenzt ist, darf als eine ständige Einwirkung behandelt werden, wobei alle ψ- Beiwerte gleich 1,0 zu setzen sind. c) Ψ-Beiwerte für Maschinenlasten sind betriebsbedingt festzulegen.

163

Als Vereinfachung dürfen die Einwirkungen während der Brandbeanspruchung direkt aus den Einwirkungen bei Normaltemperatur wie folgt ermittelt werden: Efi,d,t = Efi,d = ηfi ⋅ Ed

(EC 1-1-2; Gl. 4.1)

mit Ed Bemessungswert der Einwirkungen nach Eurocode 1 Teil 1, mit Berücksichtigung der Teilsicherheitsbeiwerte für ständige und veränderliche Einwirkungen γG , γQ ηfi = (γGA + ψ1,1 ⋅ ξ)/(γG + γQ ⋅ ξ) Reduktionsfaktor, abhängig vom Verhältnis des Hauptwertes der veränderlichen Einwirkungen zur ständigen Einwirkung ξ = Qk,1 /Gk Werte für den Reduktionsfaktor ηfi sind dem jeweiligen Eurocode zu entnehmen. Entsprechend genannter Gleichung (EC 1-1-2; Gl. 4.1) liegt der brandschutztechnischen Bemessung mittels tabellarischer Daten das Lastniveau nach folgender Gleichung zugrunde: Efi,d,t = ηfi,t ⋅ Rd mit Rd ηfi,t

(EC 1-1-2; Gl. 4.2)

Bemessungswert des Bauteilwiderstands nach Teil 1 des jeweiligen Eurocodes Lastniveau für die brandschutztechnische Bemessung

3

Leistungsorientierte Festlegung der Brandeinwirkungen

3.1

Vorbemerkung

EC 1-1-2 ermöglicht neben der Vorgabe von nominellen Temperaturzeitkurven (s. Abschnitt 2.2) auch eine leistungsorientierte Festlegung der Brandeinwirkungen. Im Folgenden werden die in den Informativen Anhängen A bis G von EC 1-1-2 beschriebenen alternativen Ansätze zur leistungsorientierten Festlegung der Brandeinwirkungen vorgestellt. Für nähere Informationen wird auf [3] verwiesen. In den Anwendungsbeispielen in Abschnitt 4 wird die grundsätzliche Vorgehensweise bei der Anwendung von Naturbrandmodellen im Rahmen einer leistungsorientierten Bemessung anhand eines Vollbrandes gemäß Anhang AA des EC 1-1-2/NA und eines lokalen Brandes gemäß Anhang C des EC 1-1-2 in Kombination mit dem Sicherheitskonzept nach Anhang BB des EC 1-1-2/NA gezeigt.

164

C2

3.2

Vereinfachtes Naturbrandmodell für vollentwickelte Raumbrände

Grundlagen nach Eurocode 1

In EC 1-1-2/NA (DIN EN 1991-1-2/NA) wird basierend auf [4] und [5] ein vereinfachtes Naturbrandmodell mit parametrischen Temperaturzeitkurven beschrieben, die das in EC 1-1-2 Anhang A beschriebene Verfahren für Deutschland ersetzen, da dieses für bestimmte Fälle unrealistische Temperaturzeitverläufe beschreibt und nicht mit dem Verlauf der Wärmefreisetzungsrate korreliert. Der Anhang A des EC 1-1-2 wird daher zur Anwendung in Deutschland nicht zugelassen und stattdessen alternativ das Verfahren in Anhang AA des EC 1-1-2/NA angeboten [5]. Das Verfahren in EC 1-1-2/NA wurde anhand von umfangreichen Wärmebilanzrechnungen und von Brandversuchen abgeleitet und validiert. Das in Anhang AA des Nationalen Anhangs zum EC 1-1-2 angegebene vereinfachte Naturbrandmodell für vollentwickelte Brände kann für Räume bis zu 400 m2 Grundfläche, mit einer Raumhöhe bis 5 m, vertikalen Ventilationsöffnungen von 12,5 % bis 50 % der Raumgrundfläche und Brandlastdichten von 100 MJ/m2 bis 1300 MJ/m2 angewendet werden. Für größere und/ oder höhere Räume liegen die ermittelten Temperaturen zunehmend auf der sicheren Seite. Die Temperaturzeitkurven gelten sowohl für brandlastgesteuerte als auch für ventilationsgesteuerte Brände. Durch eine grundsätzliche Unterscheidung von ventilations- und brandlastgesteuerten Bränden kann der Einfluss der Ventilationsbedingungen auf den Brandverlauf realistisch eingeschätzt werden (s. Abschnitt 3.6.2). Daher muss zunächst festgestellt werden, ob der Brand brandlastgesteuert oder ventilationsgesteuert verläuft. Dazu ist das jeweilige Maximum der Wärmefreisetzungsrate für beide möglichen Brandverläufe zu berechnen. Für ventilationsgesteuerte Brände in Wohn-, Büro- und vergleichbaren Nutzungen kann die maximale Wärmefreisetzungsrate bestimmt werden zu: √ Q̇ max,v,k = 1,21 ⋅ Aw ⋅ hw [MW] (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.1) Für brandlastgesteuerte Brände in Wohn-, Büro- und vergleichbaren Nutzungen kann die maximale Wärmefreisetzungsrate bestimmt werden zu: Q̇ max,f,k = 0,25 ⋅ Af [MW]

(EC 1-1-2/NA; Gl. AA.2)

Der charakteristische Wert der maximalen Wärmefreisetzungsrate ist der kleinere Wert der beiden vorgenannten Werte (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.3). Zur Bestimmung der Bemessungswerte sind die charakteristischen Werte mit dem Sicherheitsbeiwert zu multiplizieren (s. Abschnitt 3.6.3).

Anschließend wird die Temperaturzeitkurve für eine Referenzbrandlastdichte von 1300 MJ/m2 berechnet. Der Brandverlauf wird im Wesentlichen durch die drei Zeitpunkte t1 , t2 und t3 beschrieben mit den dazugehörenden Temperaturen θ1 , θ2 und θ3 . Bei ventilationsgesteuerten Bränden folgt für die Referenzbrandlastdichte von q = 1300 MJ/m2 : Zum Zeitpunkt t1 : √ t1 = tα ⋅ Q̇ max,v,d [s] (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.7) Q1 =

3 1 t1 ⋅ 2 [MJ] 3 tα

Θ1 = −8,75 ⋅

(vgl. Abschnitt 3.6.1)

1 − 0,1 ⋅ b + 1175 [°C] O (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.8)

Zum Zeitpunkt t2 : Q2 = 0,7 ⋅ Qd − t2 = t1 +

t31 3 ⋅ t2α

[MJ] (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.9)

Q2 [s] Q̇ max,v,d

Θ2,v = (0,004 ⋅ b − 17) ⋅

(EC 1-1-2/NA; Gl. AA.9) 1 − 0,4 ⋅ b + 2175 ≤ 1340 [°C] O (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.10)

Zum Zeitpunkt t3 : Q3 = 0,3 ⋅ Qd [MJ] t3 = t2 +

2 ⋅ Q3 [s] Q̇ max,v,d

Θ3,v = −5,0 ⋅

Qd = q ⋅ Af √ O = Aw hw /At √ b = λ ⋅ ρ ⋅ cp

hW

At

(EC 1-1-2/NA; Gl. AA.11)

1 − 0,16 ⋅ b + 1060 [°C] O (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.12)

mit tα

AW

(EC 1-1-2/NA; Gl. AA.11)

Zeit bis eine Wärmefreisetzungsrate von 1 MW erreicht wird Gesamtbrandlast [MJ] Öffnungsfaktor [m0,5 ] Wärmespeichervermögen √ [J/(m2 ⋅ s ⋅ K)] nach Anhang AA.5 Fläche der Ventilationsöffnungen [m2 ] gemittelte Höhe der Ventilationsöffnungen, gemessen von der unteren bis zur oberen Kante der Öffnung Gesamtfläche der Umfassungsbauteile einschließlich Öffnungen [m2 ]

Leistungsorientierte Festlegung der Brandeinwirkungen

Für brandlastgesteuerte Brände erfolgt die Berechnung der Zeitpunkte t1 , t2 und t3 anstelle mit Q̇ max,v,d mit Q̇ max,f,d [EC 1-1-2/NA; Gl. AA.13, .15, .17]. Darüber hinaus gilt abweichend für die Temperaturen θ1 , θ2 und θ3 für die Referenzbrandlastdichte von q = 1300 MJ/m2 :

Für Q1 < 0,7 ⋅ Qx,d erstreckt sich der ansteigende Ast bis zum Zeitpunkt t2,x mit: t2,x = t1 +

(0,7 ⋅ Qx,d ) − Q̇ max,d √

Zeitpunkt t1 : Θ1,f = 24000 ⋅ k + 20

[°C]

Θ1,f = 980 °C

für k ≤ 0,04

und

Θ2,x = (Θ2 − Θ1 ) ⋅

für k > 0,04 (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.14)

Zeitpunkt t2 : Θ2,f = 33000 ⋅ k + 20

[°C]

Θ2,f = 1340 °C

für k ≤ 0,04

und

für k > 0,04 (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.16)

Θ3,f = 660 °C

[°C]

für k ≤ 0,04

und

für k > 0,04

Θ2,x =

( k=

Aw ⋅



)1/3

̇ 2 Qmax,f,d

(EC 1-1-2/NA; Gl. AA.19) Ausgehend von der so berechneten Referenz-Temperaturzeitkurve lassen sich Temperaturzeitkurven für beliebige Brandlastdichten < 1300 MJ/m2 ermitteln. Der ansteigende Ast der Temperaturzeitkurve ist dabei unabhängig von der Brandlastdichte und somit identisch zur Referenz-Temperaturzeitkurve. Daraus folgt für hinreichend große Brandlastdichten mit Q1 < 0,7⋅Qx,d (Bild 6): t1 = t1,x

(t2,x − t1 ) + Θ1 [°C] (t2 − t1 ) (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.21)

(Θ1 − 20) 2 ⋅ t1,x + 20 [°C] t21 (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.23)

0,6 ⋅ Qx,d + t2,x [s] (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.25) Q̇ max,d ) ( t3,x log10 60 +1 ( ) [°C] = Θ3 ⋅ t log10 603 + 1

t3,x =

Θ3,x

Für den vollständigen Verlauf der Temperaturzeitkurve muss neben den Zeitpunkten t1 , t2 und t3 mit den zugehörigen Temperaturen θ1 , θ2 und θ3 der Funktionsverlauf der Temperaturzeitkurve in den Bereichen zwischen den Punkten bekannt sein. Der Bereich 1 zwischen t = 0 und t1 zeichnet sich durch eine anfangs langsame und dann immer schnellere Steigerung der Temperaturen aus und wird durch einen quadratischen Anstieg angenähert: Für t < t1 gilt: Θ(t) =

θ1 = θ1,x Eine Ausnahme hiervon bildet das Eintreten eines frühzeitigen Flashovers – die schlagartige Entzündung aller im Brandraum befindlichen Oberflächen brennbarer Materialien. Der Zeitpunkt eines gegebenenfalls auftretenden Flashovers wird berechnet durch: √ (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.29) t1,fo = t2α ⋅ Q̇ [s] fo

Q̇ fo = 0,0078 ⋅ At + 0,378 ⋅ AW ⋅

(EC 1-1-2/NA; Gl. AA.20)

(EC 1-1-2/NA; Gl. AA.24)

hw ⋅ (At − AW ) ⋅ b

mit:

[s]

Der Zeitpunkt t3 ist definiert durch:

(EC 1-1-2/NA; Gl. AA.18) mit

t31 (3⋅t2α )

Für Q1 < 0,7 ⋅ Qx,d gilt: √ t1,x = t2,x = 3 0,7 ⋅ Qx,d ⋅ 3 ⋅ t3α [s] (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.22)

Zeitpunkt t3 : Θ3,f = 16000 ⋅ k + 20

165

√ hW [MW]

(EC 1-1-2/NA; Gl. AA.30) Wenn der Flashover vor dem Zeitpunkt t1 eintritt (t1,fo < t1 ), ist für den weiteren Rechengang anstelle von t1 mit t1,fo zu rechnen. Der Zeitpunkt t2,x bei dem die Maximaltemperatur erreicht wird, ist abhängig von der Brandlast.

(Θ1 − 20) 2 ⋅ t + 20 [°C] t21 (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.26)

Im Bereich 2 zwischen t1 und t2 steigt die Temperatur deutlich langsamer an und wird durch eine Wurzelfunktion beschrieben: √ (t − t1 ) + Θ1 [°C] Θ(t) = (Θ2,x − Θ1 ) ⋅ (t2,x − t1 ) (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.27) Der abfallende Ast der Temperaturzeitkurve im Bereich 3 (t > t2 ) wird wiederum durch eine Wurzelfunktion beschrieben: √ (t − t2,x ) + Θ2,x [°C] Θ(t) = (Θ3,x − Θ2,x ) ⋅ (t3,x − t2,x ) (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.28)

166

C2

Grundlagen nach Eurocode 1

Bild 2. Schematische Darstellung der Temperaturzeitkurve (EC 1-1-2/NA; Bild AA.1)

Bild 2 zeigt den Verlauf der Temperaturzeitkurve in den drei Bereichen.

3.3

Brandeinwirkungen auf außenliegende Bauteile

Der Ansatz nach Anhang B des EC 1-1-2 für die thermischen Einwirkungen auf außenliegende Bauteile basiert auf den Ergebnissen großmaßstäblicher Brandversuche. Das empirische Verfahren beschreibt die Temperaturen vor der Fassade eines Gebäudes, wenn Flammen und Heißgase aufgrund eines Raumbrandes im Gebäude aus einem Fenster heraustreten. Es ist jedoch sehr komplex und aufwendig für die praktische Anwendung, weil es auch den Einfluss von Windwirkungen vor der Fassade sowie eine Zwangsventilation im Brandraum möglichst allgemeingültig berücksichtigen will. Für die Praxis hat sich daher die Anwendung der Externen Brandkurve gemäß EC 1-1-2; Gl. 3.5 als vereinfachtes und in der Regel konservatives Modell der Brandeinwirkungen vor der Fassade bewährt. Sofern komplexere Geometrien vorliegen, eig-

a)

nen sich auch allgemeine Naturbrandmodelle (CFDModelle), s. Abschnitt 3.5.

3.4

Brandeinwirkungen bei lokal begrenzten Bränden

3.4.1

Bauteil im Plume- oder Deckenbereich

Das Verfahren zur Ermittlung der Brandeinwirkungen bei lokal begrenzten Bränden (Anhang C des EC 1-1-2) basiert auf der dimensionslosen Froude-Zahl, die das Fließverhalten von Flüssigkeiten beschreibt und näherungsweise auch für die aufsteigenden Heißgase im Flammenbereich angewendet werden kann. Es unterscheidet die beiden Fälle, dass die Flammen die Decke des Brandraums erreichen oder nicht erreichen. Für den Fall, dass die Flammen die Decke nicht erreichen, entspricht das Verfahren dem Ansatz von Heskestad [6]. Erreichen die Flammenspitzen das zu bemessende Deckenbauteil, wird auf Grundlage einer von Hasemi [7, 8] entwickelten Methode verfahren [3], s. Bild 3.

b)

Bild 3. Lokaler Brand; a) Flammen erreichen die Decke nicht (EC 1-1-2; Bild C.1), b) Flammen erreichen die Decke (EC 1-1-2; Bild C.2)

Leistungsorientierte Festlegung der Brandeinwirkungen

Anhang C des EC 1-1-2 kann angewendet werden, wenn sichergestellt ist, dass während der gesamten Brandphase kein Flashover stattfindet. Das bedeutet, dass zu jedem Zeitpunkt weiterhin eine Heiß- und Kaltgasschicht mit einem Plume als Verbindung bestehen. In dem in Anhang C dargestellten Verfahren ist zunächst zu prüfen, ob die Flammen die Decke erreichen. Für die Flammenlänge Lf gilt nach [6]: Lf = 0,235 ⋅ Q̇ 2/5 − 1,02 ⋅ D [m] Diese Gleichung ist dimensionsgebunden. Die Wärmefreisetzungsrate Q̇ wird in [kW] angegeben, der Durchmesser des Brandherds D und die Flammenhöhe Lf in [m]. Wird die Gleichung so umgeformt, dass die Wärmefreisetzungsrate Q̇ in [W] anstelle von [kW] einzusetzen ist (1/10002/5 ), erhält man die in Anhang C angegebene Form: Lf = −1,02 ⋅ D + 0,0148 ⋅ Q2/5 [m] (EC 1-1-2; Gl. C.1) Liegt keine kreisförmige Brandquelle vor, die Brandlast ist jedoch konzentriert auf einer Fläche lokal angeordnet, so wird D über eine Kreisfläche gleicher Größe bestimmt [6]. Der idealisierte Feuerplume, an dem die grundlegenden physikalischen Gleichungen aufgestellt werden, hat als Voraussetzung eine punktförmige Wärmequelle. Diese Annahme ist bei baupraktischen Bränden jedoch nicht realistisch. Um diesen Widerspruch auszugleichen, wird ein virtueller Brandursprung mit dem Abstand z0 zum realen Brandherd definiert [6]: z0 = 0,083 ⋅ Q̇ 2/5 − 1,02 ⋅ D [m] Die Lage des virtuellen Brandherdes ist abhängig von der Größe der Brandfläche und der Wärmefreisetzungsrate des tatsächlichen Brandherdes. Im Falle einer großen Brandfläche mit kleinen Wärmefreisetzungsraten ist z0 negativ, sodass der virtuelle Brandursprung unterhalb des tatsächlichen Brandherds liegt. Bei einer kleinen Brandfläche mit hoher Wärmefreisetzungsrate kann in seltenen Fällen z0 auch einen positiven Wert annehmen. Bei der Gleichung für z0 handelt es sich ebenfalls um einen dimensionsgebundenen Zusammenhang, in dem Q in [kW] angegeben werden muss. Die Umrechnung für Q in [W] liefert auch hier die in Anhang C beschriebene Gleichung: z0 = −1,02 ⋅ D + 0,00524 ⋅ Q

2/5

[m] (EC 1-1-2; Gl. C.3)

Messungen im Plume ergaben nach [6] für die Temperatur folgenden Zusammenhang: ( )1/3 ( )−5/3 T∞ ΔT0 = 9,1 ⋅ ⋅ Q̇ 2/3 c ⋅ z − z0 g ⋅ c2ρ ⋅ ρ2∞

167

Durch Einsetzen von T∞ = 293 K Temperatur der Umgebungsluft g = 9,81 m/s2 Erdbeschleunigung cρ = 1000 J/kg⋅K spez. Wärmekapazität der Umgebungsluft ρ∞ = 1,20 kg/m3 Dichte der Umgebungsluft erhält man die im Anhang C angegebene Gleichung zur Berechnung der Temperaturverteilung im Plume. Θ(z) = 20 + ΔT 2 ( )− 5 Θ(z) = 20 + 0,25 ⋅ Q̇ c3 ⋅ z − z0 3 ≤ 900 °C (EC 1-1-2; Gl. C.2)

Für Temperaturen > 900 °C ist eine maximale Flammentemperatur von 900 °C einzusetzen. Dies gilt ebenso, wenn zo > z ist. In diesem Falle würde die Basis zu dem Exponenten −5/3 negativ, womit die Gleichung nicht definiert wäre. Für den Fall, dass die Flammen die Decke erreichen, wird in den Gleichungen C.5 bis C.8 des Anhangs C ein Verfahren zur Berechnung der Wärmestromdichte in Oberflächen auf Deckenhöhe angegeben. Das Verfahren beruht auf einem Modell nach Hasemi und Tokunaga [7, 8]. QD ∗ =

Q 1,11 ⋅ 106 ⋅ D2,5

(EC 1-1-2; Gl. C.8)

Hasemi benutzt in seinen Ausführungen im Gegensatz zu Heskestad bei quadratischen Brandquellen für D die Seitenlänge des Brandherdes und nicht den äquivalenten Radius [7]. Um Verwirrungen im Umgang mit den vorliegenden Methoden zu vermeiden, sollte bei beiden Verfahren mit dem äquivalenten Radius gearbeitet werden, da die Auswirkungen gering sind [3]. QD ∗ wird zur Berechnung der vertikalen Lage einer virtuellen, punktförmigen Brandquelle mit einer vergleichbaren Brandleistung wie die vorhandene Brandquelle benötigt. Versuche zeigen, dass die vertikale Lage des gedachten Brandherds z′ je nach Wärmefreisetzungskoeffizient folgenden Zusammenhang aufweist: ( ) 2 2 z′ = 2,4 ⋅ D ⋅ QD ∗ 5 − QD ∗ 3 [m] ; für QD ∗ < 1,0 ′

(

z = 2,4 ⋅ D ⋅ 1,0 − QD

∗ 25

)

(EC 1-1-2; Gl. C.7) [m] ; für QD ∗ ≥ 1,0 (EC 1-1-2; Gl. C.7)

Die Flammen treffen auf die Unterseite der Decke, werden abgelenkt und verlaufen horizontal bis zu einem maximalen Abstand Lh . Während die Position der virtuellen Brandquelle von der Größe des realen Brandherds D abhängt, weist die horizontale Flammenausbreitung eine Abhängigkeit zum Abstand H zwischen Brandquelle und Decke auf. Der auf den Abstand H bezogene Wärmefreisetzungskoeffizient ist: QH ∗ =

Q 1,11 ⋅ 106 ⋅ H2,5

(EC 1-1-2; Gl. C.6)

168

C2

Grundlagen nach Eurocode 1

In [8] durchgeführte Brandversuche, bei denen eine Betondecke mittels Poolfeuer beflammt wurde, zeigen die horizontale Flammenausbreitung unterhalb der Decke. Der Quotient aus der Gesamtlänge der Flammen und dem Abstand zwischen Brandherd und Decke weist eine Abhängigkeit zu 2,9 ⋅ Fr0,4 auf. In [9] wird die im EC 1-1-2 angegebene Form der Gleichung entwickelt: Lh = [2,9 ⋅ H(QH ∗ )0,33 ] − H

(EC 1-1-2; Gl. C.5)

Zur Berechnung der Wärmestromdichte ḣ wird der Parameter y eingeführt; y ist der dimensionslose Quotient aus dem Abstand zur virtuellen Brandquelle und der virtuellen Gesamtflammenlänge. y=

r + H + z′ Lh + H + z′

3.4.2

Bauteil außerhalb des Plumes

Für Stützen, die nicht im Deckenbereich oder in der vertikalen Achse des lokalen Brandes angeordnet sind, lag bisher kein vereinfachtes Bemessungsverfahren vor. Die lokale Brandbeanspruchung war mit Naturbrandmodellen (CFD-Modellen) zu berechnen. In der Überarbeitung von Eurocode 1 Teil 1-2 (Entwurfsfassung von Juni 2020 [prEN1991-1-2]) ist ein vereinfachtes Bemessungsverfahren enthalten, mit dem die thermischen Einwirkungen (Temperatur/Netto-Wärmestromdichte) für Stützen, die sich außerhalb des Heißgasstromes befinden, ebenfalls berechnet werden können (Bild 4) [11]. In Abschnitt 5.3 wird die Anwendung des Verfahrens an einem Beispiel gezeigt.

(EC 1-1-2; Anhang C (6))

Nach [10] kann in Abhängigkeit des Parameters y die Wärmestromdichte ḣ wie folgt berechnet werden: ḣ = 100000 ḣ = 136300 − 121000 ⋅ y

wenn y ≤ 0,30 < y < 1,0

ḣ = 15000 ⋅ y−3,7

wenn y ≥ 1,0

wenn y ≤ 0,30

(EC 1-1-2; Gl. C.4) Sind in einem Raum mehrere lokal begrenzte Brände zu berücksichtigen, so dürfen die angegeben Formeln dazu verwendet werden, die Einzel-Wärmestromdichten der Brandquellen zu ermitteln. Anschließend wird die Gesamt-Wärmestromdichte durch Addition der Einzelwerte berechnet. Diese Vorgehensweise darf nur dann angewendet werden, wenn die Gesamt-Wärmestromdichte kleiner 100000 W/m2 ist [3]. ] [ ḣ tot = ḣ 1 + ḣ 2 … ≤ 100000 W/m2 (EC 1-1-2; Gl. C.10) Die Netto-Wärmestromdichte ḣ net erhält man, indem die konvektiven und radiativen Anteile von ḣ abgezogen werden, die nicht durch das Bauteil aufgenommen werden. 4 4 ̇ ḣ net = h−α c ⋅(Θm −20)−Φ⋅εm ⋅εf ⋅σ⋅[(Θm +273) −(293) ]

(EC 1-1-2; Gl. C.9) Darin sind: ḣ Netto-Wärmestromdichte [W/m2 ] αc Wärmeübergangskoeffizient für Konvektion [W/(m2 K)] Θm Oberflächentemperatur des Bauteils [°C] Φ Konfigurationsfaktor zur Berücksichtigung von Abschattungen [-] εm Emissivität der Bauteiloberfläche [-] εf Emissivität des Feuers (im Allgemeinen = 1,0) [-] σ Stefan-Boltzmann-Konstante 5,67 ⋅ 10−8 W/(m2 K4 ) Θr wirksame Strahlungstemperatur des Brandes [°C]

3.5

Erweiterte Brandmodelle

Der Anhang D des Eurocode 1 Teil 1-2 beschreibt die Grundlagen der Anwendung erweiterter Brandmodelle [3]. Diese können alternativ zur Berechnung der Temperaturentwicklung in einem Brandraum eingesetzt werden. Die beschriebenen Brandmodelle werden hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit in folgende Gruppen eingeteilt: – Ein-Zonen-Modelle, – Zwei-Zonen-Modelle, – Feld-Modelle (rechnergestützte Fluid-DynamikModelle). Das Ein-Zonen-Modell, das besser bekannt ist unter dem Namen Vollbrandmodell (oder in der englischsprachigen Literatur: postflashover model), stand am Anfang der theoretischen Brandforschung. Entsprechend der praktischen Erfahrung bei vollentwickelten Bränden in kleineren Räumen wird vorausgesetzt, dass der Raum gleichmäßig mit heißen Rauchgasen gefüllt ist: Das gesamte Brandraumvolumen wird als eine Zone (Kontrollvolumen) betrachtet, in der homogene Verhältnisse (z. B. Temperatur, Gaszusammensetzung) herrschen [3]. Eine schematische Darstellung der dem Modell zugrunde liegenden Massenstrombilanz zeigt Bild 5. Mit zunehmendem Kenntnisstand der Brandforschung wurden die Beschränkungen der Vollbrandmodelle erkannt und die Entwicklung der Zwei-ZonenModelle eingeleitet. Diese unterteilen das Brandraumvolumen physikalisch sinnvoll in eine heiße Rauchgasschicht und eine kühlere Luftschicht und berechnen die Energie und Massenbilanzen getrennt für jede Zone. Die Einmischung von Luft in die Flamme und in die aufsteigenden Flammengase (Plume) wird zusätzlich modelliert. Dies geschieht mithilfe von Plume-Modellen, die den Transport von Rauchgasen vom Brandherd in die Rauchgasschicht beschreiben. Der Plumebereich wird häufig auch als dritte Zone betrachtet [3]. Die auf den ersten Blick relativ gering erscheinenden Erweiterungen gegenüber dem Vollbrandmodell erlauben es dennoch, auch die Verhältnisse vor dem Flashover mit der Rauchgasschichtung, dem Strah-

Leistungsorientierte Festlegung der Brandeinwirkungen Deckenbereich

169

Deckenbereich H/10 Stahlstütze

Stahlstütze

Höhe H

lokaler Brand

Höhe H

lokaler Brand

Heskestad

Hasemi et al.

Deckenbereich Abstand d Stahlstütze Höhe H

lokaler Brand Neues Bemessungsverfahren

Bild 4. Vereinfachtes Bemessungsverfahren für lokale Brände nach DIN EN 1991-1-2:2010 Anhang C mit Erweiterung für die Bemessung von Bauteilen außerhalb des Plumes [11]

m· out dm dt

m· out

m· in m· fl

m· fl

m· e

m· in

Bild 5. Darstellung der Massenstrombilanz im Ein-Zonen-Modell [3]

Bild 6. Darstellung der Massenstrombilanz im Zwei-Zonen-Modell [3]

lungsaustausch zwischen unterschiedlichen Bereichen im Brandentwicklungsstadium, der Rückführung von Rauchgasen in die kühlere Luftschicht usw. realistischer zu beschreiben. Bild 6 zeigt die Massenstrombilanz des Zwei-Zonen-Modells. Feldmodelle (CFD-Modell) unterscheiden sich von den Zonenmodellen durch die erheblich größere Anzahl der benutzten Kontrollvolumina sowie durch die Methode der Modellierung des Austauschs von Masse und Enthalpie. Während das Zonenmodell hierfür vereinfachte Ansätze benutzt, wird der Austausch im Feldmodell direkt aus den grundlegenden Erhaltungsgleichungen berechnet. Das Feldmodell kommt daher mit einer geringeren Zahl an Annahmen und experimentell ermittelten Parametern aus. Es liefert bei ei-

nem entsprechend großen Modellierungsaufwand und Bedarf an Eingangsdaten sehr detaillierte Informationen z. B. bezüglich der Verteilung von Temperaturen, der Strömungsgeschwindigkeiten von Rauchgasen und Frischluft und der Zusammensetzung der Rauchgase, nicht nur in einem Brandraum, sondern auch in angrenzenden, mit dem Brandraum durch Öffnungen verbundenen Räumen [3]. Der EC 1-1-2/NA gibt die Naturbrandmodelle zur Anwendung frei, die hierfür verwendeten Rechenverfahren müssen jedoch ausreichend validiert sein. Die Bemessungsbrandlast und der Bemessungswert der Wärmefreisetzungsrate sind nach Anhang BB des EC 1-1-2/NA zu bestimmen.

170

C2

3.6

Eingangsdaten für die Anwendung von Naturbrandmodellen

Tabelle 3. Parameter tα und Wärmefreisetzungsrate RHRf (EC 1-1-2/NA; Tab. BB.2)

3.6.1

Allgemeines

Nutzung

Grundlagen nach Eurocode 1

Die rechnerische Erfassung wesentlicher Einflussfaktoren des Bemessungsbrandes wie Brandlastdichte, Heizwert der Brandlasten und zeitlicher Verlauf der Abbrandrate oder Wärmefreisetzungsrate ist eine Grundvoraussetzung für die Anwendung von vereinfachten und erweiterten Naturbrandmodellen. Das in EC 1-1-2 Anhang E enthaltene Sicherheitskonzept ist für Deutschland aus mehreren Gründen nicht zugelassen worden. Ein wesentlicher Grund ist die Berücksichtigung des gleichzeitigen Vorhandenseins mehrerer Maßnahmen der brandschutztechnischen Infrastruktur durch Multiplikation mit verschiedenen Faktoren δi . Die einzelnen Brandschutzmaßnahmen sind jedoch nicht stochastisch voneinander unabhängig, sodass dieses Vorgehen mathematisch fragwürdig ist [12]. Die große Anzahl der Faktoren δi , deren Herkunft und Größe nicht nachvollziehbar sind, führt zu einer unübersichtlichen Ermittlung der Bemessungsbrandlast und zu einem nicht definierbaren Sicherheitsniveau. Das Sicherheitskonzept in Anhang E.1 von EC 1-1-2 ist daher für die Anwendung für Deutschland nicht zugelassen. Um dennoch wesentliche Grundlagen für die Anwendung von Naturbrandmodellen sowie die Bewertung von Brandschutzmaßnahmen in einem Sicherheitskonzept für Deutschland normativ zu regeln, wurde der Anhang E.1 von EC 1-1-2 durch den Anhang BB des EC 1-1-2/NA ersetzt. Der Anhang BB liefert die Eingangsdaten für alle vereinfachten und erweiterten Naturbrandmodelle des EC 1-1-2, einschließlich des vereinfachten Naturbrandmodells für vollentwickelte Raumbrände nach Anhang AA des EC 1-1-2/NA (s. Abschnitt 3.2).

3.6.2

Brandausbreitung

t𝛂 [s]

RHRf [MW/m2 ]

1

2

3

Wohngebäude

mittel

300

0,25

Bürogebäude

mittel

300

0,25

Krankenhaus (Zimmer)

mittel

300

0,25

Hotel (Zimmer)

mittel

300

0,25

Bibliothek, Bücherei

mittel

450

0,25–0,50

Schule (Klassenzimmer)

mittel

300

0,15

Verkaufsstätte, Einkaufszentrum

schnell

150

0,25

Versammlungsstätte (Theater, Kino)

schnell

150

0,50

Transport (öffentlicher Bereich)

langsam

600

0,25

} { Q̇ max,k = min Q̇ max,f,k ; Q̇ max,v,k (EC 1-1-2/NA; Gl. BB.7) mit ̇ Qf f max,f,k Q̇ max,v,k mit RHRf

Bestimmung der Wärmefreisetzungsrate

Der zeitliche Verlauf der Wärmefreisetzungsrate eines Brandes kann nach Kapitel BB.4 ermittelt werden. Zunächst wird die Wärmefreisetzungsrate in der Brandentwicklungs- und Ausbreitungsphase bestimmt: ( )2 t (EC 1-1-2/NA; Gl. BB.4) Q̇ k = tα mit t Zeit nach Brandentstehung [s] tα Zeit bis eine Wärmefreisetzung von 1 MW erreicht wird [s] Der Parameter tα kann in Abhängigkeit der Nutzung Tabelle 3 (Tab. BB.2) entnommen werden. An die Brandentwicklungsphase schließt sich die Vollbrandphase an. In der Vollbrandphase ist die Wärmefreisetzungsrate durch den kleineren der beiden Maximalwerte für den ventilationsgesteuerten und den brandlastgesteuerten Brand beschränkt.

Af χ Hu

Aw hw

(brandlastgesteuert) (EC 1-1-2/NA; Gl. BB.5) √ = 0,1⋅χ⋅Hu ⋅Aw ⋅ hW (ventilationsgesteuert) (EC 1-1-2/NA; Gl. BB.6) charakteristischer Wert der flächenbezogenen Wärmefreisetzungsrate [MW/m2 ]; kann in Abhängigkeit der Nutzung Tabelle BB.2 entnommen werden Grundfläche des Brandraums [m2 ] Verbrennungseffektivität; für typische Mischbrandlasten im Hochbau χ = 0,8 Netto-Verbrennungswärme [MJ/m2 ]; im Hochbau darf in der Regel mit 17,5 MJ/m2 angesetzt werden Fläche der Ventilationsöffnungen [m2 ] gemittelte Höhe der Ventilationsöffnungen [m]

Alternativ kann für Mischbrandlasten mit einem Heizwert abweichend von Hu = 17,5 MJ/kg die maximale Wärmefreisetzungsrate im ventilationsgesteuerten Brand nach [13] angesetzt werden zu: √ Q̇ max,v,k = 1,57 ⋅ χO2 ⋅ Aw ⋅ hW mit χO2

Sauerstoffausnutzungsgrad; mit χO2 = 0,8

Leistungsorientierte Festlegung der Brandeinwirkungen Legende 1 Entwicklungsphase

10

·

.

Wärmefreisetzungsrate [MW]

12

171

2 stationäre Phase

b

Qmax

3 Abklingphase

8

a t2-Anstieg

c

b 70 % der Brandlast verbrannt

6

c

· Q

4

0

fo

t1,fo

0

2

1

a

2

c Verlauf bei Flashover

20

30

40

3

50

60

70

80

90

100

Zeit [min] Bild 7. Zeitverlauf der Wärmefreisetzungsrate mit Entwicklungsphase, stationärer Phase (Vollbrand) und Abkühlphase nach DIN EN 1991-1-2/NA

Der Zeitpunkt t1 errechnet sich durch Umstellen der Gleichung BB.4 nach t: √ t1 = Q̇ k ⋅ tα In Räumen mit einer Grundfläche bis zu 400 m2 ohne Öffnungen in der Dach- oder Deckenfläche kann es in der Phase der Brandentwicklung zu einem Flashover kommen, wenn die Wärmefreisetzungsrate den Wert Q̇ fo überschreitet: Q̇ fo = 0,0078 ⋅ At + 0,378 ⋅ AW ⋅

√ hW [MW]

(EC 1-1-2/NA; Gl. BB.8a) wobei der Zeitpunkt des Flashovereintritts bestimmt werden kann zu: √ t1,fo = t2α ⋅ Q̇ [s] (EC 1-1-2/NA; Gl. BB.8b) fo

Das horizontale Plateau der Vollbrandphase endet, wenn 70 % der Brandlast verbraucht sind (EC 1-1-2/ NA; Kap. BB.4). Q2 = qf,d ⋅ 0,7 t2 =

Die bis zum Zeitpunkt t1 verbrauchte Brandlast beträgt: Q1 =

∫ 0

t tα

[

)2 dt =

1 t3 ⋅ 3 tα 2

]t 1 0

In der Abklingphase fällt die Wärmefreisetzungsrate linear auf null ab (EC 1-1-2/NA; Kap. BB.4). Der Verlauf der Wärmefreisetzungsrate wird in Bild 7 gezeigt. t3 = t2 +

Ermittlung der Bemessungswerte

In der gleichen Weise wie ständige Lasten und veränderliche Lasten einer natürlichen Streuung unterliegen, ist auch das Auftreten eines Brandes mit Unsicherheiten behaftet. Um bei der Verwendung von Ingenieurmethoden in Kombination mit Naturbränden sicherstellen zu können, dass das erforderliche Sicherheitsniveau erreicht wird, müssen die Brandkenngrößen wie beispielsweise die Wärmefreisetzungsrate ebenfalls in ein Sicherheitskonzept eingebunden sein. Das im Nationalen Anhang des EC 1-1-2 im Anhang BB.5 enthaltene Sicherheitskonzept zur Bestimmung der Brandwirkung berücksichtigt neben der Entstehungshäufigkeit und Ausbreitungswahrscheinlichkeit eines Brandes ebenfalls die anlagentechnischen Brandschutzmaßnahmen des betreffenden Gebäudes wie die Löschanlage als auch die Leistungsfähigkeit der Feuerwehr [14]. Definiert werden die Bemessungswerte wie in den Eurocodes üblich durch ein semi-probabilistisches Sicherheitskonzept, bei dem der charakteristische Wert einer Einwirkung mit einem Teilsicherheitsbeiwert multipliziert wird, zum Beispiel: qf,d = qf,k ⋅ χ ⋅ γfi,q

Q2 − Q1 + t1 Qmax,f,k

t1 (

3.6.3

0,3 ⋅ qf,d ⋅2 RHRf

mit qf,d qf,k χ γfi,q

(EC 1-1-2/NA; Gl. BB.1)

Bemessungswert der Brandlastdichte charakteristischer Wert der Brandlastdichte Verbrennungseffektivität Teilsicherheitsbeiwert

Das Sicherheitskonzept nach EC 1-1-2/NA; Anhang BB.5 sieht für die Brandlastdichte und das Maximum der Wärmefreisetzungsrate 90 %-Quantile als charakteristische Werte vor. Der Teilsicherheitsbeiwert γfi,q berücksichtigt neben den Streuungen der Einflussgrößen und ggf. Modellunsicherheiten die geringe Auftretenswahrscheinlichkeit eines vollentwickelten Brandes sowie die erforderliche Zuverlässigkeit der zu be-

172

C2

Grundlagen nach Eurocode 1

Tabelle 4. Auftretenswahrscheinlichkeit p1 von mind. einem Entstehungsbrand je Jahr (EC 1-1-2/NA; Tab. BB.3) Zeile

Nutzung

Auftretenswahrscheinlichkeit je Nutzungseinheit und Jahr p1 ≈ a ⋅ Ab a

[1/(m2 ⋅a)]

p1

b

[1/a]

1

2

3

1

Wohngebäude

4,8E-5

0,9

3.0E-3

2

Bürogebäude

5,9E-5

0,9

6.2E-3

3

Krankenhaus, Pflegeheim

7,0E-4

0,75

3,0E-1

4

Hotel, Beherbergungsstätte

8,0E-5

1,0

3,7E-2

5

Schule, Bildungseinrichtung

2,0E-4

0,75

4.0E-2

6

Verkaufsstätte, Geschäftshaus

6,6E-5

1,0

8,4E-3

7

öffentl. Versammlungsstätte (Theater, Kino) sonstige Versammlungsstätte (z. B. Diskothek)

9,7E-5

0,75 1,0

2.0E-2 1.2E-1

messenden Bauteile. Die Auftretenswahrscheinlichkeit eines Brandes hängt von der Art der Nutzung des Gebäudes, von der vorhandenen Anlagentechnik (Brandmeldeanlage, Löschanlage) und von dem voraussichtlichen Eintreffen der Feuerwehr und deren Leistungsfähigkeit ab [15]. Die Auftretenswahrscheinlichkeit pfi eines Vollbrandes in einer brandschutztechnisch abgetrennten Nutzungseinheit in einem Bezugszeitraum von einem Jahr wird ermittelt mit: pfi = p1 ⋅ p2 ⋅ p3

(EC 1-1-2/NA; Gl. BB.9)

mit p1 jährliche Auftretenswahrscheinlichkeit eines Entstehungsbrandes p2 Ausfallwahrscheinlichkeit der manuellen Brandbekämpfung (Nutzer, Feuerwehr) p3 Ausfallwahrscheinlichkeit einer automatischen Löschanlage Die Auftretenswahrscheinlichkeit eines Brandes kann mit Gleichung BB.10 und Tabelle BB.3 in Abhängigkeit der Nutzung und Größe der Nutzungseinheit ermittelt werden: ) ( p1 = 1 − exp a⋅Ab ≈ a⋅Ab (EC 1-1-2/NA; Gl. BB.10) mit a Brandentstehungshäufigkeit je m2 b nutzungsabhängiger Exponent A Grundfläche der brandschutztechnisch abgetrennten Nutzungseinheit Alternativ kann p1 auch vereinfacht aus Spalte 3 der Tabelle 4 (Tab. BB.3) abgelesen werden. Die Ausfallwahrscheinlichkeit der manuellen Brandbekämpfung p2 berücksichtigt einerseits den Löschversuch der Nutzer p2,1 und andererseits den Löschangriff der Feuerwehr p2,2 . p2 = p2,1 ⋅ p2,2

(EC 1-1-2/NA; Gl. BB.11)

Die Ausfallwahrscheinlichkeit der manuellen Brandbekämpfung durch die Nutzer kann im Allgemeinen mit 50 % angenommen werden (p2,1 = 0,5). Werte für die Ausfallwahrscheinlichkeit der Löscharbeiten der Feuerwehr können Tabelle 5 (Tab. BB.4) entnommen werden, gemäß MVV TB ist die Ausfallwahrscheinlichkeit der Feuerwehr grundsätzlich zu p2,2 = 0,5 zu setzen. Die Ausfallwahrscheinlichkeit einer Löschanlage hängt von der Art und Auslegung der Anlage ab. Entsprechende Werte für p3 können ebenfalls Tabelle BB.4 entnommen werden. Aus der für alle Bauteile und alle Lastfälle geltenden zulässigen Versagenswahrscheinlichkeit pf und der ermittelten Auftretenswahrscheinlichkeit eines Vollbrandes pfi ergibt sich eine bedingte Versagenswahrscheinlichkeit im Brandfall pf,fi . Für den damit verknüpften Zuverlässigkeitsindex βfi gilt: βfi = −Φ−1 (pf,fi ) mit pf,fi =

pf pfi

pf = Φ(−β) Φ−1 ()

(EC 1-1-2/NA; Gl. BB.14)

(EC 1-1-2/NA; Gl. BB.13) (EC 1-1-2/NA; Gl. BB.12) Umkehrfunktion der Standard-Normalverteilung

Werte für pf und β können je nach Nutzung und Schadenfolgen Tabelle 6 (Tab. BB.5) entnommen werden. Im Allgemeinen ist von einer mittleren Schadenfolge auszugehen. Abschließend können die Teilsicherheitsbeiwerte für die Brandlastdichte und die maximale Wärmefreisetzungsrate aus Bild 8 (Bild BB.2) abgelesen werden.

3.7

Äquivalente Branddauer

Eine Anwendung des Verfahrens der äquivalenten Branddauer gemäß Eurocode 1 Teil 1-2, Anhang F ist in Deutschland nicht zugelassen. Für den Anwendungsbereich des Industriebaus ist dieses Verfahren in

Leistungsorientierte Festlegung der Brandeinwirkungen

173

Tabelle 5. Ausfallwahrscheinlichkeiten p2,2 und p3 (EC 1-1-2/NA; Tab. BB.4) Zeile

Brandbekämpfung durch

Ausfallwahrscheinlichkeit bei Anforderung p2,2

p3

1

2

1 1a 1b

öffentliche Feuerwehr mit Vornahmezeit < 15 min > 20 min

0,2 0,5

2 2a 2b

Betriebsfeuerwehr mit Vornahmezeit a) < 10 min (vier Staffeln) < 10 min (zwei Staffeln)

0,02 0,05

3 3a 3b 3c 3d

Automatische Löschanlage Sprinkleranlage nach VdS/CEA Standard in anderen Fällen Sonstige Wasserlöschanlage Gaslöschanlage

0,02 0,05 0,1 0,1

a) Automatische Brandmeldung und Alarmierung werden vorausgesetzt.

Tabelle 6. Richtwerte für den Zuverlässigkeitsindex βfi und die Versagenswahrscheinlichkeit pf (EC 1-1-2/NA; Tab. BB.5) Zeile

Nutzung

Schadensfolgen hoch

1

Wohngebäude, Bürogebäude und vergleichbare Nutzungen

mittel

gering

β

pf

𝛃

pf

β

pf

1a

1b

2a

2b

3a

3b

4,7

1,3E-6

4,2

1,3E-5

3,7

1,1E-4

Gebäudeklassen nach MBO

4+5

2+3

2 3 4 5 6 7

Krankenhaus, Pflegeheim Beherbergungsstätte, Hotel Schule Verkaufsstätte Versammlungsstätte Hochhaus

5,2

1,0E-7

4,7

1,3E-6

4,2

1,3E-5

8

Landwirtschaftlich genutzte Gebäude





4,2

1,3E-5

3,7

1,1E-4

Deutschland in der DIN 18230-1 genormt. Der Anhang F soll jedoch nutzungsunabhängig gelten, z. B. auch für mehrgeschossige Bürogebäude. Hiergegen bestehen aus folgenden Gründen gravierende Bedenken. Das Verfahren der DIN 18230-1 basiert auf Brandsimulationsrechnungen mit einem Zwei-Zonen-Modell für Brände, die sich in einem großen Raum ausbreiten und in der Regel brandlastgesteuert verlaufen. Die Ventilationsverhältnisse werden über den w-Faktor berücksichtigt, wobei größere Ventilationsöffnungen zu einer geringeren thermischen Beanspruchung der Bauteile, d. h. zu einer niedrigeren äquivalenten Branddauer führen. In kleinen und mittelgroßen Räumen, wie in Wohn- und Bürogebäuden, sind jedoch häu-

fig ventilationsgesteuerte Brände zu erwarten, deren thermische Einwirkungen auf die Bauteile bei Berechnung nach Anhang F unterschätzt werden. Außerdem sind bei unterschiedlichen Nutzungen die Risiken hinsichtlich Brandentstehung, Brandausbreitung, Menschenrettung und Löschmöglichkeiten verschieden. Dem wird im Anhang F nicht angemessen Rechnung getragen [3].

3.8

Konfigurationsfaktor

Anhang G stellt ein Verfahren zur Berechnung des Konfigurationsfaktors für einfache Standardfälle zur Verfügung. Der Konfigurationsfaktor beschreibt den Anteil an Wärmestrahlung, die von der einen Ober-

174

C2

Grundlagen nach Eurocode 1

Teilsicherheitsbeiwert γfi

1,6 1,4

p f,fi

βfi

5,0E-01

0,00

4,0E-01

0,25

3,1E-01

0,50

2,3E-01

0,75

1,6E-01

1,00

1,1E-01

1,25

6,7E-02

1,50

1,2 1 0,8 0,6 0,4 Kurve 1

0,2

Kurve 2

4,0E-02

1,75

2,3E-02

2,00

0 0

1

2

3

4

Zuverlässigkeitsindex βfi

1,2E-02

2,25

6,2E-03

2,50

3,0E-03

2,75

1,3E-03

3,00

Legende

5,8E-04

3,25

1 Brandlastdichte nach BB.3.2

2,3E-04

3,50

2 Wärmefreisetzungsrate nach BB.4 und Brandlastdichte nach BB.3.3

8,8E-05

3,75

3,2E-05

4,00

Bild 8. Teilsicherheitsbeiwerte für die Einflussgrößen eines Naturbrandes (EC 1-1-2/NA; Bild BB.2)

fläche ausgestrahlt wird und eine andere Oberfläche erreicht. Der Konfigurationsfaktor kann für die genauere Berechnung der Brandeinwirkungen auf externe Bauteile nach Anhang G bestimmt werden. Das vorgeschlagene Verfahren zur Ermittlung des Konfigurationsfaktors ist allerdings bereits bei Standardfällen recht aufwendig. Für komplizierte Geometrien erscheinen im Allgemeinen nur numerische Methoden sinnvoll [3].

wird aus Tabelle BB.1 als 90 %-Quantil entnommen. Aus Tabelle 3 (Tab. BB.2) werden nutzungsabhängig die Brandausbreitungsgeschwindigkeit sowie die flächenbezogene Wärmefreisetzungsrate entnommen. Somit ergeben sich folgende charakteristische Brandparameter: Brandlastdichte: qk = 584 MJ/m2 Flächenbezogene RHRf = 0,25 MW/m2 Wärmefreisetzungsrate: Brandentwicklungsdauer tα = 300 s (bis 1 MW) (mittel):

4

Beispiele

4.1

Vollentwickelter Raumbrand

Die jährliche Auftretenswahrscheinlichkeit eines Brandes in der Büronutzung wird nach Tabelle BB.3 des EC 1-1-2/NA angenommen mit:

Es soll mithilfe des vereinfachten Naturbrandmodells nach Anhang AA des Nationalen Anhangs zum EC 1-1-2 die Temperaturentwicklung in einem Büroraum ermittelt werden. Der Büroraum hat eine Grundfläche von Af = 16 m × 12,50 m, die Höhe beträgt H = 2,70 m. Die Fensterflächen betragen AW = 17 m2 , die gemittelte Höhe der Fenster beträgt hW = 1,20 m. Zunächst sind die Bemessungswerte für die Brandlastdichte und die Wärmefreisetzungsrate zu bestimmen. Das Büro verfügt über keine anlagentechnischen Brandschutzmaßnahmen, die Feuerwehr wird mit einer Anfahrtszeit von maximal 15 Minuten berücksichtigt. Der charakteristische Wert der Brandlastdichte

p1 = 6,9 ⋅ 10−3 1/a Die Ausfallwahrscheinlichkeit der manuellen Brandbekämpfung durch die Nutzer beträgt nach Anhang BB.5.1 des EC 1-1-2/NA p2,1 = 0,5. Für die öffentliche Feuerwehr wird nach Tabelle 5 (Tab. BB.4) eine Ausfallwahrscheinlichkeit von p2,2 = 0,2 (Eingreifzeit < 15 min) angesetzt. p2 = p2,1 ⋅ p2,2 = 0,5 ⋅ 0,2 = 0,1 (EC 1-1-2/NA; Gl. BB.11) Eine Löschanlage ist nicht vorhanden: p3 = 1,0

Beispiele

Somit ergibt sich die jährliche Auftretenswahrscheinlichkeit eines Schadensfeuers zu: pfi = p1 ⋅ p2 ⋅ p3 = 6,9 ⋅ 10−3 ⋅ 0,1 ⋅ 1,0 = 6,9 ⋅ 10−4

1/a

(EC 1-1-2/NA; Gl. BB.9) Für das Bürogebäude werden mittlere Schadensfolgen im Falle eines Vollbrandes unterstellt. Es ergibt sich nach Tabelle 6 (Tab. BB.5) eine akzeptierte Versagenswahrscheinlichkeit pf = 1,3 ⋅ 10−5 . Daraus folgt für die zulässige bedingte Versagenswahrscheinlichkeit im Brandfall: pf,fi =

pf 1,3 ⋅ 10−5 = = 0,0187 pfi 6,9 ⋅ 10−4 (EC 1-1-2/NA; Gl. BB.13)

Der zugehörige Zuverlässigkeitsindex βfi kann mithilfe der Umkehrfunktion der Standard-Normalverteilung Φ−1 ermittelt werden: βfi = −Φ−1 (pf,fi )

(EC 1-1-2/NA; Gl. BB.14)

oder näherungsweise aus der Tabelle in Bild 7 (BB.2) abgelesen werden. Es ergibt sich: βfi = 2,10 Damit können die Teilsicherheitsbeiwerte für die Brandlastdichte und die maximale Wärmefreisetzungsrate aus Bild 7 (BB.2) abgelesen werden: γfi,q = 0,99 γfi,RHR = 0,99 Der Bemessungswert der Brandlastdichte ergibt sich damit zu: qf,d = qf,k ⋅ χ ⋅ γfi,q

(EC 1-1-2/NA; Gl. BB.1)

qf,d = 584 ⋅ 0,8 ⋅ 0,99 = 463MJ/m2 Die Gesamtfläche der umfassenden Bauteile einschließlich der Öffnungsflächen beträgt: At = (16 + 12,5) ⋅ 2,70 ⋅ 2 + 16 ⋅ 12,5 ⋅ 2 = 553,9 m2 Die Umfassungsfläche ohne Öffnungsflächen beträgt: AT = 553,9 − 17 = 536,9 m2 Der Öffnungsfaktor ist: √ A ⋅ hw O= w At √ 17 ⋅ 1,2 = 0,0336 m0,5 O= 553,9 Die Gesamtbrandlast innerhalb des Büros beträgt: Q = q ⋅ Af Q462 = 462 ⋅ 200 = 92400 MJ Das Wärmespeichervermögen der Umfassungsbauteile beträgt näherungsweise b = 1500 J/(m2 s0,5 K). Die erforderlichen Eingangsgrößen für die Berechnung der Temperaturzeitkurve sind:

Grundfläche Höhe Öffnungsfaktor Umfassungsfläche (inkl. Öffnungen) Umfassungsfläche (ohne Öffnungen) Gesamtbrandlast für qx,d = 462 MJ/m2 Wärmespeichervermögen

175

Af = 200 m2 H = 2,70 m O = 0,0336 m1/2 At = 553,9 m2 AT = 536,9 m2 Q462 = 92400 MJ b = 1500 J/(m2 s0,5 K)

Zunächst muss anhand der charakteristischen Werte geprüft werden, ob ein ventilationsgesteuerter oder ein brandlastgesteuerter Brand vorliegt. Dazu muss jeweils das Maximum der Wärmefreisetzungsrate berechnet werden. Das Minimum entscheidet, welche Art des Brandes vorliegt. √ Q̇ max,v,k = 1,21 ⋅ Aw ⋅ hw √ Q̇ max,v,k = 1,21 ⋅ 17 ⋅ 1,2 = 22,5 MW Q̇ max,f,k = 0,25 ⋅ Af Q̇ max,f,k = 0,25 ⋅ 200 = 50,0 MW ) ( Q̇ max = MIN Q̇ max,v,k ; Q̇ max,f,k = Q̇ max,v,k = 22,5 MW Es liegt ein ventilationsgesteuerter Brand vor mit dem charakteristischen Wert der maximalen Wärmefreisetzungsrate: Q̇ max,v,k = 22,5MW Der Bemessungswert ergibt sich mit dem Teilsicherheitsbeiwert γfi,Q̇ zu: Q̇ = Q̇ ⋅γ ̇ max,v,d

max,v,k

fi,Q

Q̇ max,v,d = 22,5 ⋅ 0,99 = 22,3 MW Es wird der Brandverlauf für die Referenzbrandlastdichte von q = 1300 MJ/m2 berechnet. Davon ausgehend kann der abfallende Ast der Realbrandkurve für die tatsächlich vorliegende Bemessungsbrandlastdichte von qf,d = 397 MJ/m2 bestimmt werden. Qges = q ⋅ Af Qges = 1300 ⋅ 200 = 260000 MJ √ (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.7) t1 = tα ⋅ Q̇ max,v,d √ t1 = 300 ⋅ 22,3 = 1417 s ≈ 24 min Es ist zu überprüfen, dass vor dem Zeitpunkt t1 kein Flashover eintritt. Für den Zeitpunkt des Flashovers gilt: √ Q̇ fo = 0,0078 ⋅ AT + 0,378 ⋅ AW ⋅ hW (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.30) √ Q̇ fo = 0,0078 ⋅ 536,9 + 0,378 ⋅ 17 ⋅ 1,2 = 11,4 MW √ t1,fo = t2α ⋅ Q̇ (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.29) fo √ t1,fo = 3002 ⋅ 11,4 = 1011 s ≈ 17 min

176

C2

Grundlagen nach Eurocode 1

Zeitpunkt t2 :

Es folgt: t1,fo = 1011 s < 1417 s = t1 Somit gilt für den Zeitpunkt t1 : t1 = t1,fo = 1011 s Q1 =

t31

t2,x = t1 +

(vgl. Abschn. 3.6.1)

3 ⋅ t2α

10113 = 3828 MJ 3 ⋅ 3002 1 Θ1 = −8,75 ⋅ − 0,1 ⋅ b + 1175 O (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.8)

t2,462

Q1 =

Θ1 = −8,75 ⋅

Q2 = 0,7 ⋅ Qd −

t31 3⋅

(EC 1-1-2/NA; Gl. AA.9)

t2α

Q2,fo = 0,7 ⋅ 260000 − 3829 = 178171 MJ Q2 t2 = t1 + (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.9) Q̇ max,v,d 178171 = 8998 s ≈ 150 min t2 = 1011 + 22,3 Θ2,v = (0,004 ⋅ b − 17) ⋅

1 − 0,4 ⋅ b + 2175 ≤ 1340 °C O (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.10)

Θ2,v = (0,004 ⋅ 1500 − 17) ⋅

1 − 0,4 ⋅ 1500 + 2175 0,0336

= 1247 °C ≤ 1340 °C Θ2,v = 1247 °C und für den Zeitpunkt t3 : Q3 = 0,3 ⋅ Qd

(EC 1-1-2/NA; Gl. AA.11)

Q3 = 0,3 ⋅ 260000 = 78000 MJ 2 ⋅ Q3 t3 = t2 + (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.11) Q̇ max,v,d

Θ3,v = −5,0 ⋅

2 ⋅ 78000 = 15993 s ≈ 266 min 22,3 1 − 0,16 ⋅ b + 1060 O (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.12)

1 − 0,16 ⋅ 1500 + 1060 = 671 °C 0,0336 Zur Ermittlung des abfallenden Astes der Temperaturzeitkurve für die Bemessungsbrandlastdichte qx,d = 462 MJ/m2 muss die vorhandene Brandlast überprüft werden. Für Q1 < 0,7 ⋅ Qx,d sind zur Bestimmung von t2,x und θ2,x die Gleichungen AA.20 und AA.21 anzuwenden. Θ3,v = −5,0 ⋅

Q1 = 3828 MJ < 0,7 ⋅ Q397 = 0,7 ⋅ 92400 = 64680 MJ

t31

)

(3⋅t2α )

Q̇ max,d

(EC 1-1-2/NA; Gl. AA.20) ( ) 10113 (0,7 ⋅ 92400) − (3⋅300 2) = 3740 s = 1011 + 22,3 ≈ 62 min √

Θ2,x = (Θ2 − Θ1 ) ⋅

1 − 0,1 ⋅ 1500 + 1175 = 764 °C 0,0336

Bei einer Brandlastdichte von q = 1300 MJ/m2 gilt für den Zeitpunkt t2 :

t3 = 8998 +

(

(0,7 ⋅ Qx,d ) −

(t2,x − t1 ) + Θ1 (t2 − t1 ) √

Θ2,462 = (1247 − 764) ⋅ Zeitpunkt t3 : 0,6 ⋅ Qx,d + t2,x t3,x = Q̇ max,d

(EC 1-1-2/NA; Gl. AA.21) 3740 − 1011 + 764 = 1044 °C 8998 − 1011 (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.25)

0,6 ⋅ 92400 + 3738 = 6224 s ≈ 104 min 22,3 ) ( t3,x log10 60 +1 ( ) (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.24) Θ3,x = Θ3 ⋅ t log10 603 + 1 ( ) log10 6224 +1 60 ( ) = 558 °C Θ3,462 = 671 ⋅ log10 15993 +1 60 t3,462 =

Der vollständige Temperaturverlauf wurde anhand der folgenden Gleichungen berechnet und ist in Bild 8 dargestellt. Für Bereich 1 (t < t1 ) gilt: (Θ − 20) 2 Θ(t) = 1 2 ⋅ t + 20 (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.26) t1 Für Bereich 2 (t1 < t < t2 ): gilt: √ (t − t1 ) + Θ1 Θ(t) = (Θ2,x − Θ1 ) ⋅ (t2,x − t1 ) (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.27) Für Bereich 3 (t > t2 ) gilt: √ (t − t2,x ) + Θ2,x Θ(t) = (Θ3,x − Θ2,x ) ⋅ (t3,x − t2,x ) (EC 1-1-2/NA; Gl. AA.28) In Bild 9 wird der Verlauf der Wärmefreisetzungsrate und der Temperatur des Vollbrandes gezeigt.

4.2

Lokaler Brand

In einer Großraumdiskothek soll für eine 1 m hohe und 10 m × 6 m große Bühne aus Holzbrettern die Temperatureinwirkung der in 7 m Höhe angeordneten Deckenkonstruktion ermittelt werden. Die Brandlast der

Beispiele 1200

177

30

1000

25

800

20

600

15

400

10

200

5

0 0

t1 20

40

60 t2

100 t3

80

Wärmefreisetzungsrate [MW]

Temperatur [°C]

Heißgastemperatur Wärmefreisetzungsrate

0 120

Zeit [min] Bild 9. Verlauf der Wärmefreisetzungsrate und der Temperatur des Vollbrandes

Bühne wurde nach EC 1-1-2/NA; Kap. BB.3 im Einzelfall ermittelt und beträgt 51900 MJ. Der angrenzende Bereich sowie der Deckenbereich sind frei von Brandlasten. Es wird die Temperaturentwicklung für einen lokalen Brand nach Anhang C des EC 1-1-2 ermittelt. Zunächst sind die Bemessungswerte für die Brandlast und die Wärmefreisetzungsrate zu bestimmen. Die Diskothek verfügt über eine automatische Löschanlage nach VdS/CEA- Standard. Die Feuerwehr wird mit einer Eingreifzeit von mehr als 20 Minuten berücksichtigt. Aus Tabelle BB.2 werden nutzungsabhängig die Brandausbreitungsgeschwindigkeit sowie die flächenbezogene Wärmefreisetzungsrate entnommen: Flächenbezogene Wärmefreisetzungsrate: RHRf = 0,50 MW/m2 , Brandentwicklungsdauer (schnell): tα = 150 s (bis 1 MW). Die jährliche Auftretenswahrscheinlichkeit eines Brandes wird nach EC 1-1-2/NA; Tabelle BB.3 pauschal angenommen mit p1 = 0,121/a. Die Ausfallwahrscheinlichkeit der manuellen Brandbekämpfung durch die Nutzer beträgt nach Kapitel BB.5.1 des EC 1-1-2/NA p2,1 = 0,5. Für die öffentliche Feuerwehr wird nach Tabelle BB.4 eine Ausfallwahrscheinlichkeit von p2,2 = 0,5 (Eingreifzeit > 20 min) angesetzt. p2 = p2,1 ⋅ p2,2 = 0,5 ⋅ 0,5 = 0,25 (EC 1-1-2/NA; Gl. BB.11) Die automatische Löschanlage wird entsprechend Tabelle BB.4 des EC 1-1-2/NA mit einer Ausfallwahrscheinlichkeit p3 = 0,02 berücksichtigt. Somit ergibt sich die jährliche Auftretenswahrscheinlichkeit eines Schadenfeuers zu: pfi = p1 ⋅ p2 ⋅ p3 = 0,12 ⋅ 0,25 ⋅ 0,02 = 6,0 ⋅ 10−4 1/a (EC 1-1-2/NA; Gl. BB.9)

Für die Diskothek (Versammlungsstätte) werden mittlere Schadensfolgen im Falle eines Brandes unterstellt. Dann ergibt sich nach Tabelle BB.5 eine akzeptierte Versagenswahrscheinlichkeit pf = 1,3 ⋅ 10−6 . Daraus folgt für die zulässige bedingte Versagenswahrscheinlichkeit im Brandfall: pf,fi =

pf 1,3 ⋅ 10−6 = = 2,17 ⋅ 10−3 pfi 6,0 ⋅ 10−4 (EC 1-1-2/NA; Gl. BB.13)

Der zugehörige Zuverlässigkeitsindex βfi kann mit βfi = −Φ−1 (pf,fi )

(EC 1-1-2/NA; Gl. BB.14)

ermittelt oder näherungsweise aus der Tabelle in Bild 7 (BB.2) abgelesen werden. Es ergibt sich βfi = 2,75 Damit können die Teilsicherheitsbeiwerte für die Brandlastdichte und die maximale Wärmefreisetzungsrate aus Bild 7 (BB.2) abgelesen werden: γfi,q = 1,15 γfi,RHR = 1,10 Der Bemessungswert der Brandlastdichte ergibt sich bei der individuellen Ermittlung zu: qf,d =

∑ Mk,i ⋅ Hui ⋅ χi ⋅ ψi ⋅ γfi,q Af (EC 1-1-2/NA; Gl. BB.2)

Mit ∑ Mk,i ⋅ Hui = 51900 MJ und Af = 60 m2 ergibt sich: 51900 ⋅ 0,8 ⋅ 1,15 = 796 MJ/m2 qf,d = 60

178

C2

Grundlagen nach Eurocode 1

Daraus folgt für den Bemessungswert der Gesamtbrandlast Qf,d :

Nach Erreichen des Maximums bleibt die Wärmefreisetzungsrate konstant, bis 70 % der Brandlast verbraucht sind (EC 1-1-2/NA; Kap. BB.4).

Qf,d = Mk,i ⋅ Hui ⋅ χi ⋅ ψi ⋅ γfi,q

Für den zeitlichen Verlauf der Wärmefreisetzungsrate in der Brandentwicklungsphase gilt: ( )2 ̇Qk = t (EC 1-1-2/NA; Gl. BB.4) tα

Q2 = qf,d ⋅ 0,7 Q2 = 47748 ⋅ 0,7 = 33424 MJ Q − Q1 t2 = 2 + t1 Qmax,f,k 33424 − 9479 + 862 = 1588 s t2 = 33 Anschließend fällt die Wärmefreisetzungsrate linear auf null ab (EC 1-1-2/NA; Kap. BB.4). 0,3 ⋅ qf,d t3 = t2 + ⋅2 RHRf 0,3 ⋅ 47748 ⋅ 2 = 2456 s t3 = 1588 + 33,0 Die Brandfläche wird idealisiert kreisförmig mit dem Radius D angenommen. Für verschiedene Zeitpunkte sind in Tabelle 6 die Wärmefreisetzungsraten angegeben. Anschließend wird die Flammenlänge zu jedem Zeitpunkt berechnet. (EC 1-1-2; Gl. C.1) Lf = −1,02 ⋅ D + 0,0148 ⋅ Q̇ 2/5

Das Maximum der Wärmefreisetzungsrate wird nach √ t1 = Q̇ k ⋅ tα √ t1 = 33,0 ⋅ 150 = 862 s

Da die Flammen die Decke nicht erreichen, kann die Temperatur entlang der Plumeachse bestimmt werden mit: )−5/3 ( ≤ 900 Θ(z) = 20 + 0,25 ⋅ Q̇ 2/3 c ⋅ z − z0

erreicht. Die bis zum Zeitpunkt t1 verbrauchte Brandlast beträgt:

(EC 1-1-2; Gl. C.2) Der dafür benötigte virtuelle Ursprung z0 ist: z0 = −1,02 ⋅ D + 0,00524 ⋅ Q̇ 2/5 (EC 1-1-2; Gl. C.3)

Qf,d = 51900 ⋅ 0,8 ⋅ 1,15 = 47748 MJ Der zeitliche Verlauf der Wärmefreisetzungsrate wird nach EC 1-1-2/NA; Kap. BB.4 bestimmt. Bei einer maximalen Brandfläche von 60 m2 beträgt die maximale charakteristische Wärmefreisetzungsrate: Q̇ = RHR ⋅ A (EC 1-1-2/NA; Gl. BB.5) f

f

Der Bemessungswert der maximalen Wärmefreisetzungsrate ist: (EC 1-1-2/NA; Gl. BB.8) Q̇ max,d = Q̇ max,k ⋅ γfi,Q Q̇ max,d = 30,0 ⋅ 1,10 = 33,0 MW

t1 (

Q1 =

∫ 0

Q1 =

t tα

[

)2 dt =

1 t3 ⋅ 3 tα 2

]t 1

In Bild 10 und Tabelle 7 ist der zeitliche Verlauf der Kenngrößen des Brandes dargestellt. Da die Bühne selbst eine Höhe von 1 m hat, muss für die Brandbelastung in 7 m Höhe die Temperatur für z = 6 m berechnet werden.

0

1 8623 ⋅ = 9479 MJ 3 1502

700

Wärmefreisetzungsrate

600

Temperatur [°C]

35

Temperatur

30

500

25

400

20

300

15

200

10

100

5 0

0 0

10

t1

20

t2

30

40

Zeit [min] Bild 10. Verlauf der Wärmefreisetzungsrate und der Temperatur (H = 6,0 m) des lokalen Brandes

Wärmefreisetzungsrate [MW]

max,f,k

Q̇ max,f,k = 0,50 ⋅ 60 = 30,0 MW

Beispiele

179

Tabelle 7. Kenngrößen des lokalen Brandes zu verschiedenen Zeitpunkten Zeit

Durchmesser [m]

Flammenlänge [m]

0

Wärmefreisetzungsrate [MW] 0,00

0

0

Z0 [m]

Flammentemperatur [°C] in z = 6 m

0

20

60

0,16

0,61

1,16

0,01

52

120

0,64

1,22

1,87

–0,14

98

180

1,44

1,83

2,43

–0,34

147

240

2,56

2,43

2,94

–0,56

195

300

4

3,04

3,37

–0,81

242

360

5,76

3,65

3,77

–1,07

286

420

7,84

4,26

4,13

–1,35

326

480

10,24

4,87

4,46

–1,63

364

540

12,96

5,48

4,77

–1,92

398

600

16

6,09

5,06

–2,22

429

660

19,36

6,69

5,34

–2,52

457

720

23,04

7,3

5,59

–2,83

482

780

27,04

7,91

5,83

–3,15

505

840

31,36

8,52

6,06

–3,47

525

862

33,00

8,74

6,14

–3,58

533

1588

33,00

8,74

6,14

–3,58

533

2456

0,00

0

0

4.3

Lokaler Brand mit Stütze außerhalb des Plumes

Eine Stahlstütze (HEB 300) soll für eine lokale Brandbeanspruchung bemessen werden. Der Abstand der Stütze zum äußeren Rand des Brandherdes (Plumes) beträgt dabei 0,50 m und zur Plumemittelachse d = 2,5 m. Der Brandherd weist einen Durchmesser von Dfire = 4 m und eine Wärmefreisetzung von Q̇ = 1000 kW/m2 auf [11]. Aufgrund der großen Deckenhöhe des Brandraumes bildet sich keine Heißgasschicht im Deckenbereich. Vereinfacht wird der lokale Brand als Kegel abgebildet, der sich aus Zylindern und Ringen zusammensetzt (Bild 11a). Die Anwendung des in Abschnitt 3.4.2 beschriebenen Bemessungsverfahrens wird exemplarisch an einem Zylinder der virtuellen Flamme (lokaler Brand) und in einer Höhe von 1 m der Stahlstütze durchgeführt. In einem ersten Schritt wird die Flammenlänge Lf der virtuellen Flamme (Kegel) gemäß DIN EN 1991-1-2 berechnet zu: Lf = −1,02Dfire + 0,0148Q (t)

0.4

Lf = −1,02 ⋅ 4 m ( + 0,0148 ⋅ = 6,15 [m]

kW 1000 2 ⋅ m

[m]

((

4m 2

0

mit Flammenlänge [m] Lf Q(t) Wärmefreisetzungsrate [W] Zur Berechnung der Temperaturen der virtuellen Flamme wird eine Bereichseinteilung mit b = 0,50 m gewählt, sodass 12 Zylinder mit einer Breite von 0,50 m und jeweils zugehörige Ringe an der Oberseite der Zylinder entstehen (Bild 11b). Die Differenz von 6,15 m zu 6,00 m von 0,15 m wird dabei vernachlässigt. Der sich reduzierende Radius der jeweiligen Bereiche zj über die Flammenlänge wird gemäß der folgenden Verhältnisformel berechnet: ( ) z Dfire,i = Dfire 1 − i [m] Lf mit Dfire,i Dfire zi Lf

)

)2 ⋅π

)0,4 ⋅ 10

3

20

Durchmesser eines Bereiches bj (Zylinder) [m] Durchmesser des Brandherdes (lokaler Brand) [m] Mittlere Höhe eines Bereiches bj (Zylinder) [m] Flammenhöhe [m]

Der erste Zylinder (zj = 0 m) weist einen Durchmesser von Dfire,1 = 4 m und eine Temperatur von 900 °C auf. Für den zweiten Zylinder (zj = 0,5 m) kann der ) ( 0,5 Durchmesser zu Dfire,1 = 4 m 1 − 6,15 = 3,67 m und

180

C2

Grundlagen nach Eurocode 1

die Temperatur von 900 °C berechnet werden. Die zehn weiteren Zylinder werden entsprechend berechnet. Im nächsten Schritt wird der Konfigurationsfaktor „view factor“ gemäß DIN EN 1991-1-2 Anhang G berechnet, der die Sichtbarkeit der Flächen (Seite 1, 2 und 4) der Stahlstütze zur virtuellen Flamme (lokaler Brand) in Bezug zueinander setzt. Für die Seiten 2 und 4 reduzieren sich folglich die Zylinderradien, da Teile der virtuellen Flamme nicht im sichtbaren Bereich der Stahlstütze liegen (Bild 11c). Die thermische Einwirkung von Seite 3 der Stahlstütze wird vernachlässigt. Bei der Berechnung muss berücksichtigt werden, dass die Bestimmung des Konfigurationsfaktors für den Mittelpunkt jeder Seite der Stahlstütze durchgeführt werden muss. Ferner wird der Konfigurationsfaktor für jeden Zylinder φZylinder_zi und Ring φRing_zi der zwölf Zylinder berechnet. Nach DIN EN 1991-1-2 Anhang G ergibt sich aufgrund der geometrischen Zusammenhänge der virtuellen Flamme und der Stahlstütze für den ersten Zylinder φZylinder_zi = 0,2365 und φRing_zi = 0,0555 für Seite 1. Unter Berücksichtigung der reduzierten Radien der Zylinder ergeben sich reduzierte Konfigurationsfaktoren von φZylinder_zi = 0,0192 und φRing_zi = 0,006 für Seite 2. Die Wärmestrahlung der Stahlstütze (HEB 300) in 1 m Höhe beträgt entsprechend für Seite 1: ] [ ḣ = 5,67 ⋅ 10−8 ⋅ 0,7 ⋅ 1,0 ⋅ (900 + 273.15) 4 − 2934 −8

⋅ 0,2365 + 5,67 ⋅ 10 ⋅ 0,7 ⋅ 1,0 ] [ ] [ ⋅ (900 + 273.15) 4 − 2934 ⋅ 0,0555 W⋅m−2 ] [ ḣ = 21,866 W⋅m−2 für Seite 2 und Seite 4:

a)

b)

c) Bild 11. Stahlstütze unter lokaler Brandbeanspruchung, a) Vereinfachung des lokalen Brandes als Kegel aus 12 Zylindern und Ringen, b) mit einem Abstand d zur Stahlstütze (HEB 300), c) unter Berücksichtigung der Sichtverhältnisse der vier Seiten eines Abschnittes der Stahlstütze [11]

[ ] ḣ = 5,67 ⋅ 10−8 ⋅ 0,7 ⋅ 1,0 ⋅ (900 + 273.15) 4 − 2934

5

⋅ 0,0192 + 5,67 ⋅ 10−8 ⋅ 0,7 ⋅ 1,0 ] [ ] [ ⋅ (900 + 273.15) 4 − 2934 ⋅ 0,006 W⋅m−2 ] [ ḣ = 1.887 W⋅m−2

[1] Musterverwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB). Ausgabe 2019/1. Herausgegeben durch das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt), www. is-argebau.de.

Die Wärmestrahlung muss entsprechend für alle zwölf Zylinder und Ringe der virtuellen Flamme berechnet und anschließend summiert werden. Für die Seite 1 ergibt sich rechnerisch eine Wärmestrahlung von ḣ = 53,534 kW/m2 . Für Seite 2 der Stahlstütze ermittelt sich die Wärmestrahlung zu ḣ = 5,98 kW/m2 , die auch der Seite 4 entspricht. Die Berechnungsergebnisse der zwölf Zylinder samt Ringe zeigt Tabelle 2. Unter Berücksichtigung der Stützenbreite (HEB 300) von 0,30 m berechnet sich die Wärmestrahlung des Bereichs der Stütze bei einem 1 m zu: 53,5⋅0,3 + 5,98⋅0,3 + 0,00⋅0,3 + 5,98⋅0,3 ḣ section z1 ,total = 0,3 + 0,3 + 0,3 + 0,3 = 16,37 [kW⋅m−2 ] Mit der Wärmestrahlung kann die Stahltemperatur der Stütze nach DIN EN 1993-1-2 berechnet werden [11].

Literatur

[2] Hosser, D. (2010) Was ändert sich mit der Einführung der Eurocode-Brandschutzteile in Deutschland? in: Tagungsband Braunschweiger Brandschutz-Tage 2010. Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (iBMB), Heft 210, Braunschweig, September 2010, S. 141–170. [3] Hosser, D.; Kampmeier, B.; Zehfuss, J. (2004) Überprüfung der Anwendbarkeit von alternative n Ansätzen nach Eurocode 1 Teil 1-2 zur Festlegung von Brandschutzanforderungen bei Gebäuden. Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben ZP 52-5-3.83-1041/03 im Auftrag des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt). Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (iBMB), Braunschweig, Dezember 2004. [4] Zehfuß, J. (2004) Bemessung von Tragsystemen mehrgeschossiger Gebäude in Stahlbauweise für realistische Brandbeanspruchung. Dissertation TU Braunschweig. Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (iBMB), Heft 175, Braunschweig, August 2004.

Literatur [5] Zehfuß, J.; Hosser, D. (2005) Vereinfachtes Naturbrandmodell für die Brandschutzbemessung von Bauteilen und Tragwerken, Bauphysik 27 (2), S. 79–86. [6] Heskestad, G. (2002) Fire plumes, flame height, and air entrainment, The SFPE Handbook of Fire Protection Engineering; 3rd edn. [7] Hasemi, Y.; Tokunaga, T. (1984) Flame geometry effects on the buoyant plumes from turbulent diffusion flames, fire science and technology. [8] Wakamatsu, T.; Hasemi, Y.; Yokobayashi, Y.; Ptchelintsev, A. (1996) Experimental study on the heating mechanism of a steel beam under ceiling exposed to a localized fire, interflam. [9] Franssen, J.-M. (1997) Development of design rules for steel structures subjected to natural fires in closed car parks, Draft final report, ECSC. [10] Franssen, J.-M. (1997–1998) Contributions à la modelisation des incendies dans les bàtiments et de leurs effects sur les structures, Faculté des Sciences Appliquées, Universite de Liège. [11] Zehfuß, J.; Sander, L. (2019) Vereinfachtes Bemessungsverfahren für thermische Einwirkungen von Stützen in Stahlbauweise, Stahlbau 88 (12), S. 1144–1150. [12] Klinzmann, C.; Hosser, D. (2009) Berücksichtigung abwehrender und anlagentechnischer Maßnahmen beim brandschutztechnischen Nachweis von Bauteilen in vfdbZeitschrift 58 (2). [13] Zehfuß, J. (Hrsg.) (2020) Leitfaden Ingenieurmethoden des Brandschutzes. Technischer Bericht vfdb TB 04-01, 4. Auflage März 2020. Münster, Braunschweig: Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes e. V. (vfdb). [14] Weilert, A.; Albrecht, C. (2009) Übergreifendes Sicherheitskonzept für Brandschutznachweise mit Ingenieurmethoden in Tagungsband Braunschweiger Brandschutz-Tage ’09. Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (iBMB), Heft 208, Braunschweig, S. 89–110. [15] Klinzmann, C. (2009) Sicherheitskonzept für die Heißbemessung, Brandnews hhpberlin; Heft 2/2009; S. 11–15.

181

Zitierte Normen [16] DIN EN 1990:2010-12 (2010) Eurocode: Grundlagen der Tragwerksplanung, Beuth, Berlin. [17] DIN EN 1990/NA:2010-12 (2010) Nationaler Anhang – National festgelegte Parameter – Eurocode: Grundlagen der Tragwerksplanung, Beuth, Berlin. [18] DIN EN 1991-1-2:2010-12 (2010) Eurocode 1 – Einwirkungen auf Tragwerke; Teil 1-2: Allgemeine Einwirkungen; Brandeinwirkungen auf Tragwerke, Beuth, Berlin. [19] DIN EN 1991-1-2/NA:2015-09 (2015) Nationaler Anhang – National festgelegte Parameter – Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke; Teil 1-2: Allgemeine Einwirkungen –Brandeinwirkungen auf Tragwerke, Beuth, Berlin. [20] prEN 1991-1-2: Eurocode 1 – Actions on Structures. Part 1-2: General Actions – Actions on structures exposed to fire. Draft version June 2020, Beuth, Berlin. [21] DIN 4102-2:1977-09 (1977) Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen; Bauteile, Begriffe, Anforderungen und Prüfungen, Beuth, Berlin. [22] DIN 4102-3:1977-09 (1977) Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen; Brandwände und nichttragende Außenwände, Begriffe, Anforderungen und Prüfungen, Beuth, Berlin. [23] DIN 4102-4:2016-05 (2016) Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen; Zusammenstellung und Anwendung klassifizierter Baustoffe, Bauteile und Sonderbauteile, Beuth, Berlin. [24] DIN 18230-1:2010-09 (2010) Baulicher Brandschutz im Industriebau; Teil 1: Rechnerisch erforderliche Feuerwiderstandsdauer, Beuth, Berlin. [25] DIN 18230-3:2002-08 (2002) Baulicher Brandschutz im Industriebau; Teil 3: Rechenwerte, Beuth, Berlin.

183

C 3 Brandschutzbemessung von Betonbauteilen nach Eurocode 2 Jochen Zehfuß, Björn Kampmeier

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Jochen Zehfuß Technische Universität Braunschweig Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (iBMB) Beethovenstraße 52, 38106 Braunschweig Studium des Bauingenieurwesens an der TU Braunschweig. Danach wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (iBMB) der TU Braunschweig. 2004 Promotion mit dem Thema „Bemessung von Tragsystemen mehrgeschossiger Gebäude in Stahlbauweise für realistische Brandbeanspruchung“ und Tätigkeit als wissenschaftlicher Leiter hhpberlin Ingenieure für Brandschutz. Seit 2011 Gesellschafter und Mitglied der Geschäftsführung von hhpberlin Ingenieure und seit 2012 Prüfingenieur für Brandschutz in Schleswig-Holstein. Seit 2013 Leiter des Fachgebiets Brandschutz am Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (iBMB) der TU Braunschweig, seit 2017 wissenschaftlicher Vorstand der Materialprüfanstalt für das Bauwesen (MPA) Braunschweig und Sprecher des Forschungszentrums für Brandschutz (ZeBra) der TU Braunschweig. Mitglied verschiedener Gremien: CEN TC 250 SC 1 WG 4 „Actions on structures supposed to fire“, CEN TC 127 WG 8 „Fire safety engineering“, CEN TC 250 SC 2 WG1 TG 5 „Design of concrete structures – Fire“, DStV AA „Brandschutz“. Obmann DIN NA „Konstruktiver Brandschutz – Eurocodes“; Stv. Obmann DIN NA „Ingenieurverfahren im Brandschutz“ sowie Vorsitzender vfdb Referat 4 „Ingenieurmethoden“.

Bauphysik-Kalender 2021: Brandschutz. Herausgegeben von Nabil A. Fouad. © 2021 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2021 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

184

C3

Brandschutzbemessung von Betonbauteilen nach Eurocode 2

Prof. Dr.-Ing. Björn Kampmeier Hochschule Magdeburg-Stendal Fachgebiete Brandschutz und Baukonstruktion Breitscheidstraße 2, 39114 Magdeburg Studium des Holzingenieurwesens an der FH Hildesheim (1997–2001); Studium des Bauingenieurwesens an der TU Braunschweig (2001–2003). Von 2004 bis 2012 wissenschaftlicher Mitarbeiter am iBMB, dort Promotion mit dem Thema „Risikogerechte Brandschutzlösungen für den mehrgeschossigen Holzbau“ (2008). Von 2010 bis 2012 Oberingenieur am iBMB im Fachgebiet Brandschutz. Seit Oktober 2012 Professor an der Hochschule Magdeburg-Stendal für die Studiengänge Bauingenieurwesen und Sicherheit und Gefahrenabwehr in den Fachgebieten Brandschutz und Baukonstruktion. Wilhelm-Klauditz-Preis für Holzforschung und Umweltschutz 2006; Sonderpreis der ProWood-Stiftung 2005; Freiberufliche Nebentätigkeit im Ingenieurbüro für Brandschutz. Mitglied des DIN-Arbeitsausschusses NA 005-52-22 AA „Konstruktiver baulicher Brandschutz“, als auch der Untergruppen zum EC 2-1-2 und zum EC 5-1-2, zudem Mitglied des vfdb-Referats 4 „Ingenieurmethoden des Brandschutzes“. Hauptarbeitsfeld ist das Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen, insbesondere von Holz- und Betonbauteilen sowie die Ingenieurmethoden im Brandschutz.

C 3 Brandschutzbemessung von Betonbauteilen nach Eurocode 2

185

Inhaltsverzeichnis 1

Einleitung

2 2.1 2.2 2.3 2.3.1 2.3.2

Bemessungstabellen 186 Allgemeines 186 Biegebeanspruchte Bauteile 186 Stützen 187 Innenstützen 187 Bemessungstabellen in überarbeitetem Anhang C 188 Kragstützen 188 Allgemeines 188 Standard-Diagramme 188 Erweiterter Anwendungsbereich 188 Abgrenzung zur Bemessung bei Normaltemperatur 190

2.3.3 2.3.3.1 2.3.3.2 2.3.3.3 2.3.3.4

186

3 3.1 3.2 3.3

Vereinfachtes Bemessungsverfahren 190 Allgemeines 190 Verkleinerung des Betonquerschnitts az 193 Stützenbemessung mit der Zonenmethode 197

4 4.1 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.2.1 4.2.2.2

Erweiterte Bemessungsverfahren 197 Allgemeines 197 Thermische Analyse 198 Grundlagen 198 Hinweise zur thermischen Analyse 199 Allgemeines 199 Näherungsgleichungen zur Bestimmung der Temperaturverteilung bei ETK-Beanspruchung 200 Mechanische Analyse 201 Materialeigenschaften 201 Hinweise zu den thermo-mechanischen Materialgesetzen 202

4.3 4.3.1 4.3.2

5 5.1 5.1.1 5.1.2 5.1.3

5.4 5.4.1 5.4.2 5.4.2.1 5.4.2.2 5.4.2.3

Anwendungsbeispiele 204 Fertigteil-Dachbinder 204 System und Belastung 204 Nachweis mit Bemessungstabelle 205 Brandschutznachweis mit dem vereinfachten Bemessungsverfahren 205 Brandschutznachweis mit dem erweiterten Bemessungsverfahren 206 Ergebnisvergleich 206 Stahlbeton-Innenstütze 206 System, Betondeckung, Bauteilabmessungen 206 Brandschutznachweis nach Methode A 207 Brandschutznachweis mit Tabelle 5.2a für R 90 (Lastausnutzung vereinfacht) 207 Brandschutznachweis mit Tabelle 5.2a für R 90 (Lastausnutzung genauer) 207 Brandschutznachweis mit Gl. (5.7) für die Feuerwiderstandsklasse R 90 208 Brandschutznachweis mit dem erweiterten Bemessungsverfahren 209 Ergebnisvergleich 209 Stahlbeton-Kragstütze 211 System, Einwirkungen, Bauteilabmessungen 211 Brandschutznachweis mit Bemessungstabellen nach Anhang C 212 Stahlbeton-Kragstütze mit Horizontallast 212 System, Einwirkungen, Bauteilabmessungen 212 Brandschutznachweis 213 Allgemeines 213 Nachweis mit vergrößerter Lastausmitte 213 Nachweise mit vergrößertem Fußmoment 213

6

Zusammenfassung

7

Literatur

5.1.4 5.1.5 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.2.1 5.2.2.2 5.2.2.3 5.2.3 5.2.4 5.3 5.3.1 5.3.2

214

214

186

C3

Brandschutzbemessung von Betonbauteilen nach Eurocode 2

Der gleichnamige Beitrag aus dem Bauphysik-Kalender 2016 wurde ergänzt und aktualisiert.

1

Einleitung

In diesem Beitrag werden die Verfahren zur Brandschutzbemessung von Betontragwerken nach DIN EN 1992-1-2 (kurz: EC 2-1-2) [1] in Verbindung mit dem Nationalen Anhang (kurz: EC 2-1-2/NA) [2] vorgestellt und die Hintergründe der Regelungen in Anlehnung an [3] und [4] erläutert. Dabei wird auch auf die geplanten Neuerungen in der stattfindenden Überarbeitung des EC 2-1-2 eingegangen. In EC 2-1-2 sind Bemessungsverfahren in drei Ebenen enthalten: – Bemessungstabellen, – vereinfachte Bemessungsverfahren, – erweiterte Bemessungsverfahren. Die vereinfachten und erweiterten Bemessungsverfahren ergänzen die für den Brandschutznachweis im Betonbau in EC 2-1-2 befindlichen Bemessungstabellen. Die vereinfachten Bemessungsverfahren orientieren sich an den Tragwerksnachweisen für die Gebrauchslastfälle bei Normaltemperatur, mit denen die Tragwerksplaner vertraut sind. Allerdings müssen die speziellen brandschutztechnischen und physikalischen Grundlagen berücksichtigt werden und entsprechende Erfahrungen bei deren Anwendung vorhanden sein [4]. Wichtige Grundlagen für die brandschutztechnische Bemessung sind die thermischen und mechanischen Einwirkungen im Brandfall, die in DIN EN 1991-1-2 (kurz: EC 1-1-2) [5] behandelt werden. Die wesentlichen Regelungen aus EC 1-1-2 und dem zugehörigen Nationalen Anhang (kurz: EC 1-1-2/NA) [6] zur Ermittlung der thermischen und mechanischen Einwirkungen bei einem Brand werden im vorliegenden Bauphysik-Kalender zusammenfassend im Beitrag C 2 „Grundlagen nach Eurocode 1“ dargestellt, sodass hier nur die zum Verständnis der im Folgenden erläuterten Nachweisverfahren notwendigen Ergänzungen beschrieben werden. Gleichzeitig sollen die Hintergründe der Verfahren erläutert werden, um damit das Verständnis für die neuen Nachweisverfahren zu erhöhen und gleichzeitig Fehler bei der Anwendung zu vermeiden.

2

Bemessungstabellen

2.1

Allgemeines

Die Nachweisverfahren mittels Bemessungstabellen beschränken sich in der Regel darauf, die Querschnittsabmessungen eines Bauteils mit Werten zu vergleichen, die nach Brandversuchsergebnissen zum Erreichen der vorgesehenen Feuerwiderstandsdauer erforderlich sind.

In Abhängigkeit von der Feuerwiderstandsklasse werden Mindestwerte für die Querschnittsabmessungen und Mindestachsabstände der Bewehrung angegeben. Für Stahlbetonstützen und belastete Stahlbetonwände geht als zusätzlicher Parameter der Lastausnutzungsfaktor ein. EC 2-1-2 enthält Bemessungstabellen für Stützen mit Rechteck- oder Kreisquerschnitt bei ein- und mehrseitiger Brandbeanspruchung, für nichttragende und tragende Wände, für Zugglieder und Einfeld- und Durchlaufbalken mit Rechteck- und I-Querschnitt bei drei- oder vierseitiger Brandbeanspruchung sowie für statisch bestimmt gelagerte und durchlaufende Decken, Flachdecken und Rippendecken ohne und mit mindestens einem eingespannten Rand. Die Tabellen für Decken und Rippendecken gelten für ein- und zweiachsig gespannte Bauteile, die für Zugglieder, Balken und Decken für schlaff bewehrte und vorgespannte Bauteile. Der Anwendungsbereich der Tabellen erstreckt sich von der Feuerwiderstandsklasse R(EI) 30 bis R(EI) 240. In den Tabellen darf zwischen den angegebenen Werten linear interpoliert werden.

2.2

Biegebeanspruchte Bauteile

Für statisch bestimmt gelagerte Balken und Decken ist der Achsabstand der Bewehrung so festgelegt, dass zur betrachteten Feuerwiderstandsdauer die kritische Temperatur in der Betonstahlbewehrung Θcr = 500 °C beträgt. Bei dieser Temperatur und der Stahlspannung σs,fi erreicht der Stahl seine Fließspannung, wobei die Einwirkung Ed,fi = 0,7 ⋅ Ed und der Teilsicherheitsbeiwert für Stahl γs = 1,15 betragen. Für Spannstahl ist die kritische Temperatur geringer und beträgt für Spannstäbe Θcr = 400 °C und für Spannlitzen und -drähte nur Θcr = 350 °C. Wird ein Querschnitt nicht voll ausgelastet, kann die kritische Temperatur der Bewehrung in Abhängigkeit von der Lastausnutzung mithilfe von Gl. (1) aus Bild 1 (entspricht Bild 5.1 von EC 2-1-2) abgelesen werden. Dabei entspricht ks (θcr ) dem Verhältnis von Stahlspannung σs,fi aufgrund der Einwirkungen im Brandfall zur Streckgrenze fy (20 °C) bei Normaltemperatur: ks (θs ) = mit γs As,req As,prov Ed,fi /Ed

Ed,fi 1 As,req ⋅ ⋅ Ed γs As,prov

(1)

Teilsicherheitsbeiwert für die Bewehrung (γs = 1,15 nach EC 2-1-1, Abschn. 2) erforderliche Bewehrungsfläche für den Grenzzustand der Tragfähigkeit nach EC 2-1-1 vorhandene Bewehrungsfläche Verhältnis der Einwirkungen im Brandfall und bei Normaltemperatur

In Abhängigkeit von der kritischen Temperatur θcr kann dann der aus der Bemessungstabelle abgelesene Achsabstand a der Bewehrung mit Gl. (2) (entspricht

Bemessungstabellen ks(θcr), kp(θcr) 1 1

0,8

2 0,6 3 0,4

0,2

0 0

200

400

600

1000 1200 800 krit. Temperatur θcr [°C]

Bild 1. Bemessungskurven für die kritische Temperatur θcr von Betonstahl (Kurve 1) und Spannstahl (Stäbe, Kurve 2 bzw. Drähte, Kurve 3) als Funktion des Beiwerts ks (θcr ) = σs,fi /fyk (20 °C) oder kp (θcr ) = σp,fi /fpk (20 °C)

Gl. 5.3 in EC 2-1-2) korrigiert werden: Δa = 0,1(500 − θcr ) [mm]

(2)

Für Spannstahl gelten die Gln. (1) und (2) sinngemäß, wobei jedoch als kritische Temperatur bei voller Lastausnutzung anstelle von 500 °C θcr = 400 °C bei Spannstäben bzw. θcr = 350 °C bei Spannlitzen anzusetzen ist.

2.3

Stützen

2.3.1

Innenstützen

Die brandschutztechnische Bemessung von Stahlbetonstützen mittels tabellarischer Daten kann nach EC 2-1-2/NA mit dem als „Methode A“ bezeichneten Verfahren durchgeführt werden. Methode A bietet die Möglichkeiten der Ermittlung von Mindestquerschnittsabmessungen und Achsabständen von Stützen mit Rechteck- oder Kreisquerschnitt (EC 2-1-2, Tabelle 5.2a) oder der Ermittlung der vorhandenen Feuerwiderstandsdauer R mithilfe einer Gleichung (EC 2-1-2, Gl. 5.7 – hier Gl. (3)), in der die Lastausnutzung, der Achsabstand, die Ersatzlänge im Brandfall, die Größe und Form des Betonquerschnitts und die Bewehrungsmenge berücksichtigt wird. Als Eingangsparameter für Tabelle 5.2a dient der Lastausnutzungsfaktor μfi als Verhältnis der Bemessungswerte der vorhandenen Längskraft im Brandfall NE,fi,d,t und der Tragfähigkeit NRd . Die Anwendung der Tabellen ist an bestimmte statisch-konstruktive Randbedingungen geknüpft. Es wird grundsätzlich von Innenstützen in ausgesteiften Gebäuden ausgegangen. Die Decken ober- und unterhalb der Stütze müssen so ausgebildet sein, dass der Brand auf ein Geschoss beschränkt bleibt, die Decken also mindestens

187

die gleiche Feuerwiderstandsdauer besitzen wie die Stützen. Die Ersatzlänge der Stütze bei Normaltemperatur entspricht der Geschosshöhe, die in Tabelle 5.2a auf l = 6 m beschränkt ist. Im Brandfall reduziert sich dann die Ersatzlänge auf die halbe Stützenlänge, sofern eine rotationsbehinderte Lagerung vorliegt. Dies ist gegeben, wenn die Stütze vollflächig an die beiden Geschossdecken anschließt, was üblicherweise der Fall ist. Es ist also eine weitere Anwendungsvoraussetzung für die Tabelle 5.2a, dass sich die Ersatzlänge der Stütze zwischen der Bemessung bei Normaltemperatur und der Bemessung im Brandfall halbiert. Zudem muss der Beton einer Festigkeitsklasse bis maximal C 50/60 angehören. Für Stützen aus hochfestem Beton mit Festigkeitsklassen über C 50/60 muss der Nachweis der Feuerwiderstandsklasse nach EC 2-1-2, Abschnitt 6 geführt werden. Die Randbedingungen in den Bemessungstabellen wurden so gewählt, dass sie für die überwiegende Anzahl von Stützen auf der sicheren Seite liegen. So wurde der Bewehrungsgehalt zu As < 0,04 ⋅ Ac festgelegt. Die Tabelle wurde auf der Grundlage von Brandversuchen erstellt, die unter Prüfbedingungen zentrisch und exzentrisch belastet wurden. Für zentrisch belastete brandbeanspruchte Stahlbetonstützen wurde in [7] festgestellt, dass bei Annahme einer parabelförmigen Vorverformung mit einem Stich von l/2000 eine sehr gute Übereinstimmung zwischen Versuchs- und Rechenergebnissen nach dem erweiterten Bemessungsverfahren erzielt wird. In [8] wird nachgewiesen, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden Zuverlässigkeit als additives Sicherheitselement ein Ansatz einer spannungslosen parabelförmigen Vorverformung mit einem Stich von l/1000 bis l/2000 erforderlich ist. Für exzentrisch belastete brandbeanspruchte Stützen brauchen keine Imperfektionen angesetzt werden. Die vorhandene Längskraft im Brandfall wird über die Ausnutzungsfaktoren μfi = NE,fi,d,t /NRd = 0,7, 0,5 und 0,2 berechnet. Der dazu benötigte Bemessungswert der Tragfähigkeit NRd wurde für die Lastausmitte e1 = ei bestimmt, d. h. es wurde keine planmäßige Lastausmitte e0 angesetzt, sondern lediglich die Auswirkungen der Imperfektionen, die sich nach EC 2-1-1, 5.2 ergeben. Bei Lastausmitten e1 > ei steigt die Feuerwiderstandsdauer an, weil die Traglast NRd und die daraus resultierende Belastung im Brandfall NEfi,d,t abnehmen. In [9] wurde gezeigt, dass die Feuerwiderstandsdauer bei Zunahme der Lastausmitte und des Bewehrungsgehalts auf über 300 % des Tabellenwerts ansteigen kann. Anstelle der Tabelle 5.2a darf alternativ die Bemessungsgleichung Gl. (3) (Gl. 5.7 in EC 2-1-2) benutzt werden, die aus Regressionsanalysen der zugrunde liegenden Versuchsdaten abgeleitet wurde. Damit kann für eine Stütze die Feuerwiderstandsdauer R in Abhängigkeit der maßgebenden Einflussgrößen – Lastausnutzung (Rη fi ), Achsabstand (Ra ), Ersatzlänge im Brandfall (Rl ), Größe und Form des Betonquerschnitts (Rb ) und Bewehrungsmenge (Rn ) – berechnet werden. Die maximal zulässige Stützenlänge beträgt

188

C3

Brandschutzbemessung von Betonbauteilen nach Eurocode 2

für rechteckige Querschnitte 6 m und für Rundstützen 5 m. Die Feuerwiderstandsdauer berechnet sich zu: R = 120 ⋅ [(Rηfi + Ra + Rl + Rb + Rn )/120]1,8 Dabei ist

[ Rηfi = 83 1,00 − μfi Ra Rl Rb Rn a l0,fi

b′ ω αcc

2.3.2

(1 + ω) (0,85/αcc ) + ω

(3)

]

= 1,60(a − 30) = 9,60(5 − l0,fi ) = 0,09b′ = 0 für n = 4 (nur Eckstäbe vorhanden) = 12 für n > 4 der Achsabstand der Längsbewehrung (mm); 25 mm ≤ a ≤ 80 mm die Ersatzlänge der Stütze im Brandfall 2 m ≤ l0,fi ≤ 6 m Werte von l0,fi = 2 m geben auf der sicheren Seite liegende Ergebnisse für Stützen mit l0,fi < 2 m = 2Ac /(b + h) für Rechteckquerschnitte = φcol für Kreisquerschnitte (mm) 200 mm ≤ b′ ≤ 450 mm; h ≤ 1,5b der mechanische Bewehrungsgrad bei Normaltemperatur: ω = As fyd /(Ac fcd ) der Abminderungsbeiwert für die Betondruckfestigkeit (siehe EC 2-1-1)

Bemessungstabellen in überarbeitetem Anhang C

In [10] wurde gezeigt, dass die in der derzeitigen Fassung von EC 2-1-2 enthaltene Methode B und Anhang C Ergebnisse auf der unsicheren Seite liefern, sodass sie in Deutschland über den Nationalen Anhang nicht zugelassen sind [11]. Der deutsche Nationale Anhang [2] sieht in Anhang AA ein Bemessungsverfahren für Kragstützen vor (Abschnitt 2.3.3). Da in den anderen europäischen Ländern mit Ausnahme des erweiterten Bemessungsverfahren kein vereinfachtes Verfahren zur brandschutztechnischen Bemessung von Kragstützen oder Innenstützen zur Verfügung steht, wurden in [12] neue Bemessungstabellen entwickelt, welche als Änderung A1 von EC 2-1-2 als neuer Anhang C im November veröffentlicht wurden [13], der noch 2020 im deutschen Nationalen Anhang zur Anwendung freigegeben werden soll. Bei Anwendung der Bemessungstabellen des überarbeiteten Anhangs C [13] kann die im Brandfall zulässige Schlankheit λfi,max in Abhängigkeit der Parameter Feuerwiderstandsdauer R, Querschnittshöhe h, Lastausnutzungsgrad nfi , Ausmitte eN , Achsabstand a, geometrischer Bewehrungsgrad ω ermittelt werden. Dabei sind z. T. mehrfache Interpolationen erforderlich. Die Vorgehensweise wird im Bemessungsbeispiel in Abschnitt 5.3 exemplarisch dargestellt.

2.3.3

Kragstützen

2.3.3.1 Allgemeines Das tabellarische Nachweisverfahren in EC 2-1-2, Abschnitt 5.3.2 darf nur für Stützen angewendet werden,

die sich in einem horizontal ausgesteiften Gebäude befinden und an beiden Enden im Brandfall rotationsbehindert gelagert sind. Für die brandschutztechnische Bemessung von Kragstützen wird für Deutschland das im NA zu EC 2-1-2, Anhang AA eingeführte „Vereinfachte Verfahren zum Nachweis der Feuerwiderstandklasse R 90 von Stahlbeton-Kragstützen aus Normalbeton“ zur Verfügung gestellt [9], bei dem die Bemessung mithilfe von vier sogenannten StandardDiagrammen durchgeführt werden kann. Durch eine Erweiterung des Anwendungsbereichs auf Randbedingungen, die von den Vorgaben in den Standarddiagrammen abweichen, kann ein relativ großes Spektrum praxisrelevanter Anwendungsfälle abgedeckt werden.

2.3.3.2 Standard-Diagramme Die Standard-Diagramme gelten für StahlbetonKragstützen – aus Normalbeton der Festigkeitsklasse C30/37, – mit Querschnittsabmessungen h = 300 mm, h = 450 mm, h = 600 mm und h = 800 mm, – mit einlagiger Bewehrung aus Betonstahl B500, mit dem bezogenen Achsabstand der Längsbewehrung a/h = 0,10 und dem geometrischen Bewehrungsverhältnis ρ = 2 % und – bei vierseitiger Brandbeanspruchung. Bild 2 zeigt exemplarisch das Standard-Diagramm für den Querschnitt mit h = 450 mm. In dem Diagramm sind für den Grenzzustand der Tragfähigkeit die Bemessungswerte der bezogenen Stützentraglast νR,fi,d,90 (rechts) und des bezogenen Einspannmoments am Stützenfuß μtot,fi,d,90 (links) in Abhängigkeit von der Stützenschlankheit und der Lastausmitte dargestellt. Der Nachweis für die Feuerwiderstandsklasse R 90 erfolgt entsprechend dem Flussdiagramm in Bild 3. Darin werden im rechten Bildteil alternative Maßnahmen für den Fall genannt, dass der Bemessungswert der Einwirkungen größer ist als der Bemessungswert der Traglast νE,fi,d > νR,fi,d,90. Wenn durch diese Maßnahmen oder eine andere Brandbeanspruchung der im oberen Bildteil angegebene Anwendungsbereich der Standard-Diagramme verlassen wird, sind Überlegungen zur Erweiterung des Anwendungsbereiches anzustellen.

2.3.3.3 Erweiterter Anwendungsbereich Für gegenüber den Standard-Diagrammen abweichende Brandbeanspruchungen und abweichende statischkonstruktive Randbedingungen sind die Werte νR,fi,d,90 und μtot,fi,d,90 aus den Standard-Diagrammen nach den Gln. (4) und (5) zu modifizieren. νR,fi,d,90 = kfi ⋅ ku ⋅ kC ⋅ kρ ⋅ XR90

(4)

μtot,fi,d,90 = kfi ⋅ ku ⋅ kC ⋅ kρ ⋅ X

(5)

Dabei bedeuten: kfi Faktor zur Berücksichtigung der Brandbeanspruchung (1- oder 3-seitig) ku Faktor zur Berücksichtigung des Achsabstandes (0,05 ≤ a/h ≤ 0,15)

Bemessungstabellen

189

Bild 2. Standard-Diagramm für einen Querschnitt mit h = 450 mm, Feuerwiderstandsklasse R 90

Randbedingungen 10 ≤ l0,fi/h ≤ 50 0 ≤ e1/h ≤ 1,5 b, h, u ⇒ u/h ρ = As,tot/Ac 4-seitige Brandbeanspruchung

l0,fi = 2 · lcol (Kragstütze) e1 = max | MEd,1 | /NEd Achsabstand u vergrößern Bewehrung As ändern Querschnitt vergrößern Betonfestigkeit vergrößern

Einwirkungen im Brandfall NE,fi,d = 0,7 · NEd oder NEd,fi = NG,k + Ψ1,1 · NQ,k νE,fi,d = NEd,fi/(Ac · fcd)

Last reduzieren

aus Standard-Diagramm für l0,fi/h νR,fi,d,90 rechts und e1/h μtot,fi,d,90 links Nachweis νE,fi,d ≤ νR,fi,d,90 ja

Mtot,fi,d,90 = μtot,fi,d,90 · Ac· h · fcd nein Ende

Bild 3. Ablaufdiagramm zum Nachweis der Tragfähigkeit einer Stahlbeton-Kragstütze für die Feuerwiderstandsklasse R 90

kC kρ XR90 Xtot,90

Faktor zur Berücksichtigung der Betonfestigkeitsklasse (C20/25 bis C50/60) Faktor zur Berücksichtigung des Bewehrungsverhältnisses (1 % ≤ ρ ≤ 8 %) νR,fi,d,90 aus den Standard-Diagrammen μtot,fi,d,90 aus den Standard-Diagrammen

Für Querschnittsabmessungen, die zwischen den Standard-Werten für h liegen, darf bei Annahme konstanter Schlankheit und konstanter Lastausmitte linear zwi-

schen den Werten aus den Standard-Diagrammen interpoliert werden. Am Beispiel des Faktors ku zur Berücksichtigung des Achsabstandes der Bewehrung werden die Berechnung, die numerische Beschreibung und die grafische Darstellung gezeigt. Die Stützentraglast im Brandfall hängt stark von dem Achsabstand der Tragbewehrung ab. Bild 4 zeigt für den Querschnitt h = 450 mm das Verhältnis der Stützentraglasten für einen bezogenen Achsabstand a/h = 0,05 und a/h = 0,10. Die Stützentraglasten mit dem bezogenen Achsabstand a/h = 0,05 betragen nur 30 bis 40 % der Stützentraglasten mit dem bezogenen Achsabstand a/h = 0,10. Bei Achsabständen a/h ≥ 0,10 ergaben sich entsprechend größere Stützentraglasten. Die in Bild 4 dargestellte Abhängigkeit der bezogenen Stützentraglasten NRd,fi,90(a/h = 0,05)/NRd,fi,90(a/h = 0,10) von der bezogenen Lastausmitte e1 /h kann näherungsweise nach Gl. (6) als bilineare Funktion für den Faktor ka beschrieben werden. Für den bezogenen Achsabstand 0,05 ≤ a/h ≤ 0,10 gilt 1 − h′ u ⋅ + 2 ⋅ h′ − 1 (6) ka = 0,05 h Dabei ist (h in mm) ( ) h − 450 + k1 ; k1 h′ = 0,3 + max 0,3 ⋅ (6a) 350 ) (( ) e (6b) k1 = max 1 − 1 ⋅ k2 ; 0 h ) ( h + 0,4; 0 (6c) k2 = max −0,1 ⋅ 150 Für den bezogenen Achsabstand 0,10 ≤ a/h ≤ 0,15 wurden entsprechende Funktionen entwickelt.

190

C3

Brandschutzbemessung von Betonbauteilen nach Eurocode 2

Bild 4. Verhältnis der Stützentraglast für den bezogenen Achsabstand a/h = 0,05 und a/h = 0,10 für den Querschnitt h = 450 mm und unterschiedliche Schlankheiten

Im Rahmen eines brandschutztechnischen Nachweises kann eine Darstellung vorteilhaft sein, in der Achsabstand, Betondruckfestigkeit und Bewehrungsverhältnis als Funktion der k-Faktoren mit der bezogenen Lastausmitte als Scharparameter aufgetragen werden. Mit dem k-Faktor nach Gl. (7) kann beispielsweise für den Querschnitt h = 300 mm aus Bild 5 der erforderliche Wert für a/h direkt abgelesen werden. k=

NE,fi,d,t NR,fi,d,90

(7)

Nach Bild 5 muss für Faktoren ka > 1,0 der Achsabstand a in Abhängigkeit der Lastausmitte e1 im Vergleich zu den Standard-Diagrammen vergrößert (a > 0,10 ⋅ h) werden, wobei die Vergrößerung für kleinere Lastausmitten zunimmt. Für Faktoren ka < 1,0 kann der Achsabstand gegenüber dem Wert der Standard-Diagramme verkleinert (a < 0,10 ⋅ h) werden. Im Bild 5 ist der Bereich für Faktoren ka < 1,2 grau hinterlegt, da dieser Bereich bei Beachtung der Betondeckung nach EC 2-1-1 in der Regel nicht genutzt werden kann.

2.3.3.4 Abgrenzung zur Bemessung bei Normaltemperatur Die maßgebenden Einwirkungen im Brandfall dürfen ohne genaueren Nachweis mit dem Reduktionsfaktor ηfi = 0,7 berechnet werden.

In Bild 6 und Bild 7 ist für die Standard-Rechteckquerschnitte mit h = 300 mm und h = 800 mm jeweils der Bemessungswert der Stützentraglast im Brandfall NR,fi,d,90 bezogen auf den Wert der Stützentraglast NRd nach EC 2-1-1 aufgetragen. Für den Querschnitt h = 300 mm liegen die Verhältniswerte μfi = NR,fi,d,90 / NRd zwischen 0,04 und 0,14. Damit ist für diesen Querschnitt die Stützentraglast im Brandfall NR,fi,d,90 bemessungsrelevant. Für den Querschnitt h = 800 mm ist der Bereich mit Ausnutzungsfaktoren μfi = NR,fi,d,90 / NRd ≥ 0,7 durch Schraffur markiert, in diesem Bereich ist die Stützenbemessung für Normaltemperatur maßgebend.

3

Vereinfachtes Bemessungsverfahren

3.1

Allgemeines

Die in EC 2-1-2 enthaltenen vereinfachten Bemessungsverfahren beschreiben die Verringerung der Tragfähigkeit von Bauteilen unter Brandbeanspruchung näherungsweise durch eine temperaturabhängige Verkleinerung des Betonquerschnittes und eine temperaturbedingte Abminderung der Materialfestigkeiten. Die Verringerung des Betonquerschnitts berücksichtigt, dass die äußeren, dem Brand direkt ausgesetzten Betonbereiche zermürbt werden und nicht mehr mittragen. Der Tragfähigkeitsnachweis wird mit dem

Vereinfachtes Bemessungsverfahren

Bild 5. Faktor ku für bezogene Achsabstände 0,05 ≤ a/h ≤ 0,15 und den Querschnitt h = 300 mm 3,5

2,0

Lastausmitte e1/h

1,0

0,5 0,3 0,2

0,1 0,05 0,025

0,0 10

15

20

25

30

35

40

45

50

Schlankheit l0/h und l0,fi/h

Bild 6. Bemessungswert der Stützentraglast NR,fi,d,t bezogen auf den Bemessungswert der Stützentraglast NRd nach EC 2-1-1, Standard-Rechteckquerschnitt h = 300 mm

191

192

C3

Brandschutzbemessung von Betonbauteilen nach Eurocode 2

3,5

2,0

1,0

Lastausmitte e1/h

0,5 0,3 0,2

0,1 0,05 0,025

0,0 15

10

20

25

30

35

40

45

50

Schlankheit l 0/h und l 0,fi/h

Bild 7. Bemessungswert der Stützentraglast NR,fi,d,t bezogen auf den Bemessungswert der Stützentraglast NRd nach EC 2-1-1, Standard-Rechteckquerschnitt h = 800 mm

kc (θ)

ks (θ)

1

1

0,8

0,8

1

2 2

0,6

0,6 1

3 0,4

0,4

0,2

0,2

0

0 0

200

400

600

800

1000 1200 Temperatur θ [°C]

Bild 8. Beiwert kc (θ) zur Berücksichtigung des Abfalls der charakteristischen Druckfestigkeit fck von Normalbeton mit überwiegend quarzithaltiger (Kurve 1) bzw. überwiegend kalksteinhaltiger (Kurve 2) Gesteinskörnung

0

200

400

600

800

1000 1200 Temperatur θ [°C]

Bild 9. Beiwert ks (θ) zur Berücksichtigung des Abfalls der charakteristischen Festigkeit fyk von Zugbewehrung – warmgewalzt (Kurve 1) bzw. kaltverformt (Kurve 2) – sowie Zug- und Druckbewehrung mit εs,fi < 2 % (Kurve 3)

Vereinfachtes Bemessungsverfahren

193

300 280

140

260 120

240 220

100

200 180

400 80

160 100 140

500 60

120 600

40

300

80

700

60

800 20

200

100

40

900

700 800 900

20 0

0 0

20

40

60

80

0

20

h/b = 300 mm / 160 mm

600

400 500

40

60

80

100

120

140

h/b = 600 mm / 300 mm

Bild 10. Isothermenverläufe in dreiseitig brandbeanspruchten Balkenquerschnitten nach 90 min Normbrandbeanspruchung (aus EC 2-1-2, Anhang A)

Restquerschnitt (Beton und Bewehrung) analog zum Nachweis für Normaltemperatur nach EC 2-1-1 geführt, allerdings werden die Festigkeiten von Beton und Bewehrungsstahl temperaturabhängig mit Beiwerten kc (θ) bzw. ks (θ) abgemindert (Bild 8 und Bild 9). Zur Ermittlung der Querschnittstemperaturen von Wänden und Platten, Balken und Stützen mit üblichen Querschnittsformen bei Brandbeanspruchung nach der Einheitstemperaturzeitkurve können die im EC 2-1-2, Anhang A (informativ) zusammengestellten Diagramme mit Temperaturprofilen verwendet werden (Bild 10). Der reduzierte Betonquerschnitt und die temperaturabhängige Abminderung der Betonfestigkeit können mit dem vereinfachten Verfahren im informativen Anhang B.2 (sog. Zonenmethode) von EC 2-1-2 bestimmt werden. Im Einzelnen müssen folgende Bemessungsschritte durchgeführt werden: – Berechnung der temperaturabhängigen Verkleinerung des Betonquerschnitts um das Maß az mithilfe der in EC 2-1-2 angegebenen Gleichungen oder Diagramme (Bild 11). – Ermittlung der temperaturabhängigen Reduktionsfaktoren für Beton kc (Θ) (Bild 12) und Bewehrungsstahl ks (Θ) (Bild 13).

– Nachweis der Tragfähigkeit des Bauteils Rfi,d,t mit dem Restquerschnitt analog zum Nachweis für Normaltemperatur nach EC 2-1-1 [14] für die maßgebenden Lasteinwirkungen Efi,d,t nach EC 1-1-2 [5].

3.2

Verkleinerung des Betonquerschnitts az

Gelegentlich wurde die Verkleinerung des Betonquerschnitts az mit den Gleichungen aus der EC 2-1-2, Anhang B.2 (dort Gln. (B.11) bis (B.13)) berechnet und dann mit dem aus Bild 11 abgelesenen Wert verglichen. Dabei traten Abweichungen auf, die zur Frage führten, ob die mit der Zonenmethode ermittelten Ergebnisse auf der unsicheren Seite liegen. In diesem Zusammenhang wurde auch gefragt, warum das Maß az bei gleicher Branddauer mit zunehmender Querschnittsdicke w anwächst (Bild 11). Aus dem Verlauf der Isothermen kann dieses Verhalten nicht erklärt werden. Vergleichbare Isothermen liegen mit zunehmender Querschnittsdicke etwas näher am beflammten Querschnittsrand, was dann einer Verkleinerung des az -Wertes entsprechen würde (Bild 10). Im EC 2-1-2, Anhang B.2 sind Gleichungen (B.12 und B.13) und Bilder (B.5b und B.5c) für den Wert az enthalten: Gleichung (B.12) und Bild B.5b gelten für biegebeanspruchte Bauteile wie Balken und Platten und

194

C3

Brandschutzbemessung von Betonbauteilen nach Eurocode 2

az

t in min.

az

80

80

70

70

t in min. 240 180

60

60 240

50

50

120

180 40

40

90

120 30

90

30

20

60 30

20

10

30

10

0

a)

60

0

50

100

150

200

0

250 300 W in mm

b)

0

50

100

150

200

250 300 W in mm

Bild 11. Verkleinerung des Betonquerschnitts um das Maß az : a) eines Balkens oder einer Platte, b) einer Stütze kc (θM) 1,0 0,8

k8(θ) 1

30 min.

0,6

1

0,8

60 min. 90 min.

2

0,6

120 min.

0,4

3

0,4

180 min.

0,2

240 min. 0

0

50

100

0,2

150

200

250

300 W (mm)

0 0

Bild 12. Temperaturabhängige Reduktionsfaktoren für die charakteristische Druckfestigkeit von Beton kc (Θ)

Gleichung (B.13) und Bild B.5c (hier Bild 11) gelten für druckbeanspruchte Bauteile, bei denen Auswirkungen infolge Theorie 2. Ordnung berücksichtigt werden müssen. Die Unterscheidung zwischen biegeund druckbeanspruchten Bauteilen macht deutlich, dass der Wert az eine mechanische Bedeutung besitzt. In [14] werden die Gleichungen für das Maß az an einem unendlich langen, zweiseitig brandbeanspruchten Wandquerschnitt hergeleitet. Durch az wird die Größe der druckbeanspruchten Querschnittsfläche so festgelegt, dass die resultierende Betondruckkraft durch einen Spannungsblock mit der temperaturabhängigen Betondruckfestigkeit im Mittelpunkt der Druckfläche ermittelt werden kann (Bild 14) bzw. die infolge Brand verminderte Biegesteifigkeit eines Stützen- oder Wandquerschnitts näherungsweise erfasst wird. Nach Bild 14 lässt sich die resultierende Betondruckkraft Fc,fi,d,t für einen dreiseitig brandbeanspruchten

200

400

600

800

1000

1200 θ [°C]

Bild 13. Temperaturabhängige Reduktionsfaktoren für die charakteristische Festigkeit von Zug- und Druckbewehrung ks (Θ) – naturharter (Kurve 1) und kalt verformter (Kurve 2) Betonstahl mit εs,fi ≥ 2 % und mit εs,fi < 2 % (Kurve 3)

Querschnitt durch Gl. (8) mit dem Teilsicherheitsbeiwert für Beton im Brandfall γc,fi = 1,0 und dem Beiwert kc (Θ(z)) für die temperaturabhängige Reduktion der charakteristischen Druckfestigkeit des Betons ausdrücken. b

Fc,fi,d,t = y ⋅

∫ 0

kc (θ(z))dz ⋅

fck γc,fi

(8)

In der Regel verlaufen die Isothermen im Bereich der Betondruckzone parallel zu den Seitenflächen des Querschnitts, sodass die resultierende Betondruckkraft Fc,fi,d,t durch Gl. (9) wiedergegeben werden kann. Dabei erstreckt sich der Spannungsblock über die reduzierte Querschnittsfläche mit den Abmessungen y′ und

Vereinfachtes Bemessungsverfahren

195

Bild 14. Prinzip der Tragfähigkeitsberechnung mit brandreduziertem Betonquerschnitt und temperaturabhängig reduzierten Festigkeiten am Beispiel der Biegemomententragfähigkeit eines Stahlbeton-Rechteckquerschnitts

b′ und der Betondruckspannung kc (ΘM ) ⋅ fck,20◦ C /γc,fi mit dem Beiwert kc (ΘM ) nach Bild 12 für die Betontemperatur ΘM im Mittelpunkt der druckbeanspruchten Querschnittsfläche y′ ⋅ b′ . Fc,fi,d,t = y′ ⋅ b′ ⋅ kc (θM ) ⋅

fck γc,fi

(9)

Unter der Voraussetzung, dass – wie bei der Bemessung für Raumtemperatur – y′ ≈ 0,8 y beträgt, werden die auf die Höhe der Druckzone y bzw. y′ bezogenen Betondruckkräfte nach Gl. (8) und Gl. (9) gleichgesetzt und anschließend Gl. (10) nach der Breite des Spannungsblocks b′ aufgelöst (Gl. 11), wobei die Größe η das Verhältnis zwischen der Breite des Spannungsblocks b′ und der Breite des Querschnitts b angibt. b



kc (θ(z))dz = b′ ⋅ kc (θM )

(10)

0 b

b′ =

∫0 kc (θ(z))dz =b⋅η kc (θM )

(11)

Aus der Differenz zwischen der Breite des Querschnitts b und der Breite des Spannungsblocks b′ nach Gl. (12) ergibt sich Gl. (13) (EC 2-1-2, Anhang B: Gl. B.12) für das Maß az : 2 ⋅ az = b − b′ = b − b ⋅ η = b ⋅ (1 − η) b ⋅ (1 − η) 2 ) ( kc,m = w⋅ 1− kc (θM )

(12)

az =

(13)

mit b

kc,m =

∫0 kc (θ(z))dz b

(14)

In EC 2-1-2 wird Gl. (14) durch den Summenausdruck nach Gl. (15) (dort Gl. B.11) ersetzt: kc,m =

(1 − 0,2/n) n ⋅ ∑ kc (θi ) n i=1

(15)

Damit geht in die Berechnung von az die Anzahl n der Zonen ein, in die der brandbeanspruchte Querschnittsbereich unterteilt wird. In der Norm wird dafür lediglich n ≥ 3 gefordert. Weiterhin ist für jede Zone die Temperatur in der Mitte zu bestimmen, was bei einer

einseitigen Brandbeanspruchung einer Wand oder Decke noch zu annähernd gleichen Werten führt, aber bei einem drei- oder vierseitig brandbeanspruchten Balken- oder Stützenquerschnitt eine relativ große Streuung der Ergebnisse ergeben kann. Ergebnisse von Untersuchungen über die Auswirkung der Anzahl paralleler Zonen n auf das Maß az zeigt Bild 15. Mit größer werdender Anzahl n wird der Abstand zu den Kurven aus den Diagrammen der EC 2-1-2, Anhang B, Bild 5b geringer. Für die ausgesuchten Branddauern von 30, 90 und 180 Minuten wird mit n = 20 eine ausreichende Annäherung an die Werte der Norm erreicht. Die berechneten Werte az sind größer als die Werte im Diagramm der EC 2-1-2, Bild B.5b und liegen damit auf der sicheren Seite. Im Bild 15 sind als gestrichelte Kurven die az -Werte zu Brandbeginn (0 min) eingetragen. Naturgemäß tritt nach 0 Minuten Branddauer keine Festigkeitsabnahme im Querschnitt auf und die az -Werte müssen 0 mm betragen. Die fehlerhaften az -Werte entstehen durch den Faktor (1 − 0, 2/n) in Gl. (15). Dieser Fehler kann vermieden werden, wenn für die Berechnung des bestimmten Integrals in Gl. (14) keine Summenbildung wie in Gl. (15) benutzt wird, sondern als Näherung die Simpsonsche Regel nach Gl. (16) angewendet wird. Zu beachten ist dabei, dass n immer gerade sein muss. kc,m = (kc,0 + 4kc,1 + 2kc,2 + 4kc,3 + … + kc,n )/(3 ⋅ n) (16) Bild 16 zeigt, dass bei Anwendung der Simpson’schen Regel bereits bei n = 4 eine sehr gute Übereinstimmung mit den az -Werten aus den Diagrammen der EC 2-1-2, Bild B.5b besteht. Die Vergrößerung auf n ≥ 10 bewirkt erst für die Branddauer 180 Minuten eine geringe Vergrößerung des az -Wertes um weniger als 5 mm. Umfangreiche Vergleichsrechnungen für repräsentative Stahlbetonbauteile in [15] haben gezeigt, dass die Nachweise mit dem vereinfachten Rechenverfahren (Zonenmethode) in der Regel auf der sicheren Seite liegen. In Bild 17 sind die Bemessungswerte der Biegemomente MR,fi,d,t dargestellt, die mit dem erweiterten und dem vereinfachten Bemessungsverfahren des EC 2-1-2 berechnet wurden. Die Ergebnisse mit dem vereinfachten Bemessungsverfahren liegen für die untersuchten Branddauern t = 30 min bis t = 120 min für die schwach und für die stark bewehrten Rechteckquerschnitte auf der sicheren Seite. Die az -Werte wurden dabei jeweils aus den Diagrammen des EC 2-1-2, Anhang B, Bild B.5b abgelesen.

196

C3

Brandschutzbemessung von Betonbauteilen nach Eurocode 2

Bild 15. az -Werte eines biegebeanspruchten Bauteils, berechnet mit den Gln. (12) und (14) für eine unterschiedliche Anzahl paralleler Zonen n und az -Werten für 30, 90 und 180 Minuten Branddauer aus dem Diagramm des EC 2-1-2, Bild B.5b

Bild 16. az -Werte eines biegebeanspruchten Bauteils. Berechnet mit den Gln. (12) und (14) für eine unterschiedliche Anzahl paralleler Zonen n und az -Werten für 30, 90 und 180 Minuten Branddauer aus dem Diagramm des EC 2-1-2, Bild B.5b

Erweiterte Bemessungsverfahren

197

350 sichere Seite 30'

stark bewehrter Querschnitt

MR,fi,d,t (allg. RV) [kNm]

300

60'

90' 120'

250 schwach bewehrter Querschnitt

200

120'

90'

30'

60'

150 unsichere Seite 100 100

150

200

250

300

350

MR,fi,d,t (vereinf. RV) [kNm]

Bild 17. Bemessungswerte der Biegemomente MR,fi,d,t nach EC 2-1-2 mit dem vereinfachten Bemessungsverfahren (Zonenmethode) und dem allgemeinen Bemessungsverfahren für schwach und stark bewehrte Rechteckquerschnitte (aus [15])

3.3

Stützenbemessung mit der Zonenmethode

In EC 2-1-2, Abschnitt 4.2.1 wird in Anmerkung 1 die Anwendung der Zonenmethode nach Anhang B.2 „für kleine Querschnitte und schlanke Stützen“ empfohlen. Für Stützen, bei denen die Auswirkungen infolge Theorie 2. Ordnung berücksichtigt werden müssen, wird eine Gleichung zur Berechnung der geschädigten Zone az angegeben (dort Gl. B.13), alternativ kann az direkt aus dem Diagramm (dort Bild B.5) abgelesen werden. Die weiteren Angaben im Anhang B.2 (9) legen dann die Anwendung eines Berechnungsverfahrens für Normaltemperatur nahe, unter Berücksichtigung des reduzierten Querschnitts, der temperaturabhängigen Festigkeiten und des neuen Elastizitätsmoduls. Die Angaben in EC 2-1-2, Anhang B.2 sind für eine praxisrelevante brandschutztechnische Stützenbemessung unter Berücksichtigung der Stützenverformungen unzureichend. Aus diesem Grund wird in [16], welches Berichtigungen und Korrekturen zum EC 2-1-2 von deutscher Seite enthält, das vereinfachte Bemessungsverfahren (Zonenmethode) lediglich für kleine Querschnitte empfohlen, die Empfehlung für schlanke Stützen wurde gestrichen. Folgerichtig wird auch im EC 2-1-2/NA die Anwendung der Zonenmethode nach Anhang B.2 für Druckglieder eingeschränkt. Auf die Möglichkeit von Erweiterungen der Zonenmethode im Hinblick auf eine vereinfachte Bemessung von schlanken Druckgliedern – bei Absicherung des Anwendungsbereichs mithilfe von allgemeinen Rechenverfahren oder Versuchen – und auf Veröffentlichungen derart erweiterter Zonenmethoden [17–19] wird hingewiesen.

4

Erweiterte Bemessungsverfahren

4.1

Allgemeines

Die erweiterten Bemessungsverfahren dienen zur numerischen Simulation des Trag- und Verformungsverhaltens brandbeanspruchter Einzelbauteile, Teil- und Gesamttragwerke mit beliebiger Querschnittsform bei voller oder lokaler Temperaturbeanspruchung. Sie erfordern im Vergleich zum tabellarischen Nachweis und zum vereinfachten Bemessungsverfahren den größten Aufwand, da in der Regel eine thermische Analyse zur Ermittlung der Bauteiltemperaturen und anschließend eine mechanische Analyse zur Ermittlung des Trag- und Verformungsverhaltens durchgeführt werden muss. Für den Nachweis werden Rechengrundlagen zur Ermittlung der Temperatur- und Lasteinwirkungen benötigt, die in EC 1-1-2 [5] genormt sind. Weiterhin werden Angaben über die temperaturabhängige Veränderung der thermo-mechanischen Eigenschaften der Baustoffe (Wärmeleitfähigkeit, Festigkeit, thermische Dehnung usw.) benötigt. Für Stahlbetonbauteile sind dazu detaillierte Angaben in EC 2-1-2 enthalten, die hier nur verkürzt dargestellt werden. Im Rahmen der thermischen Analyse werden die Temperaturen im Bauteilquerschnitt berechnet. Dabei wird von den Heißgastemperaturen im Brandraum ausgegangen, die als thermische Einwirkungen nach EC 1-1-2 [5] vorgegeben werden. Bei der Berechnung der Temperaturen im Bauteilquerschnitt müssen die temperaturabhängigen thermischen Materialkennwerte des Bauteilquerschnitts und – sofern vorhanden – der Schutzschichten berücksichtigt werden.

198

C3

Brandschutzbemessung von Betonbauteilen nach Eurocode 2

Im Rahmen der mechanischen Analyse werden das Trag- und ggf. auch das Verformungsverhalten der brandbeanspruchten Bauteile oder Tragwerke berechnet. Der Brandfall wird als ein außergewöhnliches Ereignis (accidental situation) angesehen, das nicht mit anderen, davon unabhängigen außergewöhnlichen Ereignissen überlagert werden muss. Zeit- und lastabhängige Einflüsse auf das Tragverhalten, die vor dem Auftreten des Brandes wirksam werden, müssen nicht berücksichtigt werden. Auf der Einwirkungsseite müssen die Einflüsse aus der Belastung, aus behinderten thermischen Verformungen (Zwangskräfte und -momente) sowie gegebenenfalls aus geometrischen (Theorie 2. Ordnung) Nichtlinearitäten berücksichtigt werden. Auf der Widerstandsseite gehen die temperaturabhängigen thermomechanischen Eigenschaften der Baustoffe und die thermischen Dehnungen ein. Das Tragverhalten nach dem Abkühlen des Tragwerks, die sog. Resttragfähigkeit im wieder erkalteten Zustand, wird in der Regel nicht betrachtet.

4.2

Thermische Analyse

4.2.1

Grundlagen

Ausgehend von dem nach EC 1-1-2 ermittelten zeitlichen Verlauf der Heißgastemperatur werden die thermischen Einwirkungen auf die Bauteile ermittelt. In diesem Beitrag wird als Heißgastemperaturverlauf nur die Einheitstemperaturzeitkurve betrachtet. Hierfür wird der Netto-Wärmestrom in die Bauteiloberfläche mit dem Wärmeübergangskoeffizienten für Konvektion αc = 25 W/(m2 K) aus EC 1-1-2 und der Emissivität εm = 0,7 aus EC 2-1-2 berechnet. Grundlage für die Berechnung der Temperaturverteilung in Bauteilen ist die Differenzialgleichung von Fourier (Gl. (17)) zur Beschreibung der instationären Wärmeleitung in Festkörpern. Dabei wird vorausgesetzt, dass keine Wärmequellen oder -senken im Körperinneren vorhanden sind. ( 2 ) δ θ δ2 θ δ 2 θ δθ =a⋅ + + (17) δt δx2 δy2 δz2 mit T t a=

λ ρ⋅cp

λ ρ cp x, y, z

Temperatur [K] Zeit [s] Temperaturleitzahl [m2 /s] Wärmeleitfähigkeit [W/(mK)] Rohdichte [kg/m3 ] spezifische Wärme [J/(kgK)] Raumkoordinaten [m]

Eine analytische Lösung für Gl. (17) lässt sich nur für den Sonderfall eines homogenen und isotropen Körpers mit eindimensionalem Wärmestrom und temperaturunabhängigen thermischen Materialeigenschaften finden. Zur Berechnung der Temperaturverteilung innerhalb brandbeanspruchter Bauteile aus Beton und

Stahl müssen die temperaturabhängigen thermischen Materialeigenschaften – Wärmeleitfähigkeit λ, spezifische Wärme cp und Rohdichte ρ – berücksichtigt werden. Damit ist die Zielgröße der Berechnung, die Bauteiltemperatur, von temperaturabhängigen Eingangsparametern abhängig. Zur Lösung werden numerische Methoden wie die Finite-Elemente-Methode (FEM) oder die Methode der Finiten Differenzen mit Integrationsverfahren über die Zeitschritte eingesetzt. Für baupraktische Fälle werden dabei folgende Vereinfachungen getroffen: – Die Temperaturausbreitung in Bauteillängsrichtung wird vernachlässigt. In stabförmigen Bauteilen wird die Temperaturausbreitung nur in der Querschnittsfläche (zweidimensional) und in flächigen Bauteilen nur über die Querschnittsdicke (eindimensional) berechnet. – Wasserdampfbewegungen werden nicht erfasst. – Beim Beton wird der Energieverbrauch für das Verdampfen von Wasser und sonstige Energie verzehrende Vorgänge über die Wahl des Rechenwerts für die spezifische Wärmekapazität des Betons im Temperaturbereich 100 °C bis 200 °C berücksichtigt (Bild 18). – Beton wird bezüglich seiner thermischen Materialeigenschaften als homogener Baustoff angesehen. Das heterogene Gefüge, Kapillarporen und Risse werden pauschal in den thermischen Materialgesetzen erfasst. In Bild 18 wird der Verlauf der Rechenwerte der temperaturabhängigen thermischen Materialkennwerte nach EC 2-1-2 gezeigt. Die thermische Leitfähigkeit von Beton sinkt mit steigender Temperatur aufgrund der Verdunstung des gebundenen Wassers [20]. In EC 2-1-2 [1] sind für die thermische Leitfähigkeit von Beton eine obere und eine untere Grenzwertfunktion angegeben. Für Deutschland ist in EC 2-1-2/NA [2] die obere Grenzwertfunktion für die thermische Leitfähigkeit festgelegt, einige europäische Länder haben die untere Grenzwertfunktion festgelegt. Sowohl die obere als auch die untere Grenzwertfunktion spiegeln keine gemessenen thermischen Leitfähigkeiten wider, sondern wurden anhand von Nachrechnungen durchgeführter Versuche bestimmt. Sie sind daher als effektive thermische Leitfähigkeiten zu betrachten, die die Modellunsicherheiten (u. a. Feuchtetransport) mit abdecken. Im Bestreben einer einheitlichen Regelung und um eine bessere Übereinstimmung mit neueren Versuchsergebnissen zu erreichen, wurde daher ein neuer Ansatz („mixed curve“) für eine Funktion der thermischen Leitfähigkeit entwickelt, der die beiden Grenzwertfunktionen miteinander kombiniert [20]. Wie Bild 19 zeigt, verläuft die neue Ansatzfunktion im Temperaturbereich bis 140 °C deckungsgleich mit der oberen Grenzwertfunktion nach EC 2-1-2. Zwischen 140 °C und 160 °C fällt die thermische Leitfähigkeit linear ab und verläuft im Temperaturbereich zwischen 160 °C und 1200 °C deckungsgleich mit der unteren Grenzwertfunktion.

Erweiterte Bemessungsverfahren

199

Bild 18. Rechenwerte der temperaturabhängigen thermischen Materialkennwerte von Beton

thermische Leitfähigkeit [W/(mK)] 2,5 Neuer Ansatz der thermischen Leitfähigkeit 2 obere Grenzwertfunktion EN 1992-1-2

1,5

1

0,5

0

untere Grenzwertfunktion DIN EN 1992-1-2 0

200

400

600

800

Im Ergebnis der Nachrechnung von Brandversuchen hat sich gezeigt, dass mit dem Ansatz der „mixed curve“ die Temperaturen von Betonbauteilen mit einer besseren Genauigkeit und überwiegend auf der sicheren Seite liegend bestimmt werden können. Im Entwurf des überarbeiteten Eurocodes 2-1-2 [21] wird daher die thermische Leitfähigkeit von Beton nach dem Ansatz der „mixed-curve“ festgelegt.

4.2.2

Hinweise zur thermischen Analyse

4.2.2.1 Allgemeines Für die Berechnung der Temperaturverteilung in hochbautypischen Bauteilen können die folgenden Hinwei-

1000 1200 Temperatur [°C]

Bild 19. Neuer Ansatz „mixed-curve“ der thermischen Leitfähigkeit im Vergleich zu den Grenzwertfunktionen nach DIN EN 1992-1-2

se nützlich sein. Zusätzlich sind die Angaben in den Handbüchern der benutzten Programme zu beachten. – Bei der Diskretisierung der Bauteilquerschnitte sollte die Größe der finiten Elemente der Temperaturverteilung angepasst werden. Im Bereich großer Temperaturgradienten – z. B. an den beflammten Querschnittsrändern – sollte eine feinere Diskretisierung als im Querschnittsinneren vorgenommen werden. – Die Länge der Elementseiten sollten im Verhältnis kleiner oder gleich 1 : 2 gewählt werden. – Symmetriebedingungen hinsichtlich der Beflammung sollten ausgenutzt werden, um die Anzahl der Elemente zu begrenzen.

200

C3

Brandschutzbemessung von Betonbauteilen nach Eurocode 2

– die Dichte von Beton beträgt bei Normaltemperatur 2300 kg/m3 , – der Wärmeübergangskoeffizient beträgt α = 25 W/(m 2 K).

Einseitige Brandbeanspruchung Die Temperaturverteilung in einem einseitig ETKbrandbeanspruchten Betonbauteil kann nach Gl. (18) berechnet werden. θ(x, Rfi ) = θ1 (x, Rfi ) + 20 [°C]

Bild 20. Temperaturverlauf in einem einseitig brandbeanspruchten Wandabschnitt; die durchgezogene Linie zeigt die Temperaturen im Bereich ohne Bewehrung, die gestrichelte Linie im Bereich mit Bewehrung

– Die Diskretisierung der thermischen und mechanischen Analyse sollten aufeinander abgestimmt sein. – Das Zeitintervall zur Berechnung der Temperaturverteilung sollte bei Stahlbetonquerschnitten nicht mehr als 1 bis 2 Minuten betragen. – Für Stahlbetonquerschnitte mit praxisüblichem Bewehrungsgehalt darf die Bewehrung bei der thermischen Analyse vernachlässigt werden. Die Temperatur in der Achse des Bewehrungsstabs entspricht in etwa der Temperatur im ungestörten Beton (Bild 20). Für Bauteile und Tragwerke wird der brandschutztechnische Nachweis in der Regel als Querschnittsanalyse und/oder Analyse des Systemverhaltens durchgeführt. Dabei wird von der berechneten Temperaturverteilung im Bauteilquerschnitt ausgegangen, zusätzlich werden die temperaturabhängigen Baustoffeigenschaften (Festigkeit, Elastizitätsmodul, thermische Dehnung) berücksichtigt.

4.2.2.2 Näherungsgleichungen zur Bestimmung der Temperaturverteilung bei ETK-Beanspruchung Allgemeines Im Entwurf des zukünftigen Eurocodes 2-1-2 [21] sind Näherungsgleichungen enthalten, mit denen die Temperaturverteilung in 1-, 2-, 3- und 4-seitig ETK-beflammten rechteckigen Querschnitten berechnet werden können. Die Näherungsgleichungen basieren auf folgenden Annahmen: – die Emmissivität der Betonoberfläche ist zu ε = 0,7 gesetzt, – die thermische Leitfähigkeit des Betons ist gemäß der „mixed-curve“ gewählt (Bild 19), – die spezifische Wärme des Betons wurde für eine Feuchte von 1,5 % angesetzt (die Gleichungen sind konservativ für höhere Feuchtegehalte),

(18)

wobei der Temperaturanstieg bei Beanspruchung nach der Einheitstemperaturzeitkurve (ETK) berechnet werden kann zu: ) ( 7(Rfi − ΔRfi ) +1 θ1 (x, Rfi ) = 345 ⋅ log10 60 ( √ ) 0,9k ⋅ exp −x (19) Rfi Rfi

ist die Feuerwiderstandsdauer (in s), Rfi ≥ 1800 s, x ist der Abstand von der brandbeanspruchten Oberfläche (in m), ΔRfi = 720 s repräsentiert eine Verzögerung zwischen der Temperatur im Brandraum und der Betonoberflächentemperatur als Näherung der Effekte von Konvektion und Strahlung. cp = 3,3 ⋅ 106 s/m2 k=ρ⋅ λ Die Gln. (18) und (19) gelten für eine Mindestdicke gemäß Tabelle 1. Tabelle 1. Mindestdicke einseitig brandbeanspruchter Betonbauteile für die Anwendung der Gln. (18, 19) Feuerwiderstandsdauer (ETK)

R30 R60 R90 R120 R180 R240

Mindestdicke (mm)

60

70

100

120

150

200

Mehrseitige Brandbeanspruchung Die Temperaturerhöhung in einem Betonbauteil, welches an zwei gegenüberliegenden Seiten brandbeansprucht wird, kann nach folgenden Gleichungen berechnet werden (Bild 21). θ2 (y, Rfi ) = θ1 (y, Rfi ) + θ1 (b − y, Rfi ) für die Situation A (20) θ2 (z, Rfi ) = θ1 (z, Rfi ) + θ1 (h − z, Rfi ) für die Situation B (21) Die Temperaturverteilung in einem Betonbauteil, welches an zwei gegenüberliegenden Seiten brandbeansprucht wird, berechnet sich zu: θ(y, Rfi ) = θ2 (y, Rfi ) + 20 [°C] für die Situation A (22) θ(z, Rfi ) = θ2 (z, Rfi ) + 20 [°C] für die Situation B (23)

Erweiterte Bemessungsverfahren

ac = 0,10

201

für eine Feuerwiderstandsdauer von mehr als 60 Minuten

Bei einem dreiseitig brandbeanspruchten Bauteil kann die Temperaturverteilung nach Gl. (26) berechnet werden: θ (y, Rfi ) ⋅ θ1 (z, Rfi ) θ(y, z, Rfi ) = θ2 (y, Rfi ) + θ1 (z, Rfi ) − 2 θ1 (0, Rfi ) ) ( (26) + Δθ y′ , z′ , Rfi + 20 °C

Bild 21. Koordinatensystem für zweiseitig beanspruchte Bauteile [21]

Bei einem vierseitig brandbeanspruchten Bauteil kann die Temperaturverteilung nach Gleichung (24) berechnet werden: θ (y, Rfi ) ⋅ θ2 (z, Rfi ) θ(y, z, Rfi ) = θ2 (y, Rfi ) + θ2 (z, Rfi ) − 2 θ1 (0, Rfi ) ) ( (24) + Δθ y′ , z′ , Rfi + 20 °C ( ′ ′ ) Mit dem Beitrag Δθ y , z , Rfi , werden die Eckeffekte berücksichtigt (Gl. (25)): ( ) ) ( ) ( ′ ′ 8Rfi = 345 ⋅ log + 1 − θ , z , R (0, R ) Δθ y fi 10 1 fi 60 ( ) ( ) ac − y′ ⋅ ac − z′ ⋅ (25) a2c wobei ac = 0,04 m für eine Feuerwiderstandsdauer bis 60 Minuten,

wobei die Eckeneffekte Δθ(y′ , z′ , Rfi ) nur in den zweiseitig beanspruchten Ecken berücksichtigt werden müssen. In Bild 22 wird anhand eines Beispiels eines dreiseitig beflammten Querschnitts (b = 150 mm, h = 300 mm) die Temperaturverteilung mit den vorstehenden vereinfachten Nachweisgleichungen nach [21] berechnet und mit der thermischen Analyse des erweiterten Berechnungsverfahrens verglichen. Für die thermische Leitfähigkeit wurde in beiden Berechnungen die „mixed-curve“ angesetzt (Bild 19). Es zeigt sich, dass die Temperaturverteilung im Querschnitt mit den vereinfachten Nachweisgleichungen gut nachvollzogen werden kann.

4.3

Mechanische Analyse

4.3.1

Materialeigenschaften

Grundlage der brandschutztechnischen Bauteil- und Tragwerksanalyse sind die temperaturabhängigen Spannungs-Dehnungs-Linien und thermischen Dehnungen der Baustoffe. Exemplarisch sind in Bild 23 temperaturabhängige Spannungs-Dehnungs-Linien für Beton mit überwiegend quarzithaltiger Gesteins-

Temperatur [°C] 1200

z=0 ADM z=0_vereinfacht

1000

z=30 ADM z=30_vereinfacht

800

z=60 ADM 600

z=60_vereinfacht z=120 ADM

400

z=120_vereinfacht z=240 ADM

200

z=240_Analytisch z=270_vereinfacht

0 0

50

100

150 y [mm]

z=270 ADM

Bild 22. Vergleich der Temperaturverteilung nach 90 Minuten ETK-Beanspruchung in einem dreiseitig beflammten Betonquerschnitt (b = 150 mm, h = 300 mm) berechnet mit den vereinfachten Nachweisgleichungen nach [21] („vereinfacht“) und mit dem allgemeinen Berechnungsverfahren (ADM) für verschiedene z-Koordinaten (z = 0 beflammte Bauteiloberfläche)

202

C3

Brandschutzbemessung von Betonbauteilen nach Eurocode 2

körnung und in Bild 24 für Betonstahl B500B, warmgewalzt, wiedergegeben. Im EC 2-1-2, Kapitel 3 werden Gleichungen und temperaturabhängige Parameter für die Druckfestigkeit fc,Θ und die zugehörige Stauchung εc1,Θ für Normalbeton mit überwiegend quarzit- oder kalksteinhaltiger (mindestens 80 Gew.-%) Gesteinskörnung angegeben. Die Zugfestigkeit des Betons soll in der Regel nicht in Ansatz gebracht werden. Wenn die Zugfestigkeit ausnahmsweise bei vereinfachten oder allgemeinen Rechenverfahren berücksichtigt werden soll, ist der Wert fct,k bei Normaltemperatur temperaturabhängig zwischen 100 °C und 600 °C linear auf null zu reduzieren. Die temperaturabhängigen Spannungs-DehnungsBeziehungen für Betonstahl (Bild 24) und Spannstahl werden durch Gleichungen und temperaturabhängige Parameter für die Proportionalitätsgrenze fsp,Θ , das maximale Spannungsniveau fsy,Θ und die Neigung im linear-elastischen Bereich Es,Θ vorgegeben. Die Parameter werden für warmgewalzten und kaltverformten Betonstahl sowie kaltgezogenem (Drähte und Litzen) und vergütetem (Stäbe) Spannstahl angegeben. Die Spannungs-Dehnungs-Beziehungen dürfen auch für druckbeanspruchten Betonstahl und bei Simulation eines natürlichen Feuers als zutreffende Näherung verwendet werden, insbesondere für den Bereich abfallender Temperaturen. Bild 25 zeigt die thermischen Dehnungen für Beton, Betonstahl, Spannstahl und Baustahl. In EC 2-1-2, Abschnitt 3 sind alle wesentlichen Informationen zur temperaturabhängigen Veränderung der mechanischen Baustoffwerte enthalten. Zur numerischen Beschreibung temperaturabhängiger Spannungs-Dehnungs-Linien und der thermischen Dehnungen sind Gleichungen angegeben. Eingangswerte für die Berechnung der temperaturabhängigen Spannungs-Dehnungs-Linien sind die charakteristischen Werte der maßgebenden Festigkeiten fck und fyk , beim Spannstahl wegen des Fehlens einer ausgeprägten Streckgrenze der Wert 0,9 fpk .

4.3.2

Hinweise zu den thermo-mechanischen Materialgesetzen

Die thermo-mechanischen Materialgesetze des Eurocodes geben in vereinfachter, für den brandschutztechnischen Nachweis aber ausreichend genauer Form, das Festigkeits- und Verformungsverhalten der Baustoffe bei erhöhten Temperaturen wieder. Durch die Darstellung des Baustoffverhaltens in Form von temperaturabhängigen Spannungs-Dehnungs-Linien wird an bekannte Grundlagen aus der Bemessung bei Normaltemperatur angeknüpft. In den temperaturabhängigen Spannungs-Dehnungs-Linien des Eurocodes sind alle während der Aufheizphase entstehenden Verformungen enthalten. Neben den temperaturabhängigen elastischen und plastischen Dehnungen sind auch die sehr viel größeren instationären Hochtemperatur-Kriechanteile integriert, wodurch die Tangentenneigung im Ursprung der Spannungs-Dehnungs-Linien nicht als

temperaturabhängiger Elastizitätsmodul der Baustoffe interpretiert werden darf. Er ist deutlich größer und führt im Vergleich zu den Spannungs-DehnungsLinien des Eurocodes zu einem steileren Anstieg, was einem steiferen Baustoffverhalten entspricht. Unter dem Begriff „Kriechen“ werden im Hochtemperaturbereich im Wesentlichen die temperaturabhängigen, mit zunehmender Temperatur größer werdenden, nicht elastischen, lastabhängigen Verformungsanteile zusammengefasst und nicht wie bei Normaltemperatur die vornehmlich zeitabhängigen, einem angebbaren Endwert zustrebenden Verformungen unter andauernden Spannungen. Die temperaturabhängigen Spannungs-DehnungsBeziehungen von Beton werden für Dehnungen εc > εc1,Θ , d. h. nach Überschreiten der maximalen Druckfestigkeit fc,Θ (εc1,Θ ) mit einem linearen oder nichtlinearen abfallenden Kurventeil bis zur Dehnung εc = εcu1,Θ fortgeführt, bei Normaltemperatur beträgt εcu1,Θ = 20 ‰ (EC 2-1-2, Tabelle 3.1). Im EC 2-1-1, Tabelle 3.1 werden die Spannungs-Dehnungs-Linien für Beton ≤ C50/60 auf εcu1 = εcu2 = 3,5 ‰ begrenzt. Die Dehnungen εcu2 bzw. εcu1,Θ haben unterschiedliche Bedeutung im Modell der Spannungs-Dehnungs-Beziehungen von EC 2-1-1 und EC 2-1-2. Im EC 2-1-1 wird mit der Spannungs-Dehnungs-Linie für Beton und der Randdehnung εcu2 die Tragfähigkeit beim Bruch der Betondruckzone definiert. Im EC 2-1-2 gibt die Dehnung εcu1,Θ die maximale Verformung im dehnungsgesteuerten Druckversuch wieder und wird zusammen mit dem abfallenden Kurventeil überwiegend für numerische Zwecke benötigt, z. B. um die numerische Stabilität bei der Ermittlung der Bruchschnittgrößen bei Brandeinwirkung zu vergrößern. Bei der iterativen Berechnung der Momenten- und Normalkrafttragfähigkeit für Temperaturen Θ ≫ 20 °C wird durch den abfallenden Kurventeil verhindert, dass die Betonspannung alternierend zwischen den Werten σC,Θ ≈ 0 und σC,Θ ≈ fC,Θ schwankt. Aufgrund der unterschiedlichen physikalischen Bedeutung von εcu2 und εcu1,Θ sollten die „heißen“ Spannungs-Dehnungs-Linien des EC 2-1-2 ausschließlich für die brandschutztechnische Bemessung und die „kalten“ Spannungs-DehnungsLinien zusammen mit den Dehnungsbegrenzungen des EC 2-1-1, Abschnitt 6.1 ausschließlich für die Bemessung bei Normaltemperatur verwendet werden. Zur Ermittlung der Bemessungswerte werden die charakteristischen Werte der Baustoffkennwerte mit temperaturabhängigen Reduktionsfaktoren für Festigkeit bzw. E-Modul kM,θ multipliziert und durch die von den Streuungen der Baustoffkennwerte im Brandfall abhängigen Teilsicherheitsbeiwerte γM,fi dividiert. Generell werden die Teilsicherheitsbeiwerte für die thermomechanischen Baustoffkennwerte in den Brandschutzteilen der Eurocodes und den Nationalen Anhängen zu γM,fi = 1,0 gesetzt. Zur Erfüllung der Gleichgewichts- und Verträglichkeitsbedingungen werden Dehnungen im Querschnitt ermittelt. Dafür wird angenommen, dass die Querschnitte auch nach der Verformung eben bleiben

Erweiterte Bemessungsverfahren

203

Bezogene Spannung σc,θ / fyk

Beton C20/25 - C50/60 fck = (20 50) N/mm2

Bild 23. Temperaturabhängige Spannungs-Dehnungs-Linien von Beton mit überwiegend quarzithaltiger Gesteinskörnung

Dehnung εs

1,2 Θ = 20 – 400°C Bezogene Spannung σ(Θ) / fyk

1,0

0,8

500

0,6 600 0,4 700

0,2

Betonstahl B500 fyk = 500 N/mm²

0 0

0,002

0,004

0,006

0,008 Dehnung εs

0,010

0,012

0,014

0,016

Bild 24. Temperaturabhängige Spannungs-Dehnungs-Linien von Betonstahl B500B, warmgewalzt

0,016 Beton C 20/50- C 50/60 0,014

Thermische Dehnung

0,012 0,010 0,008 0,006 Betonstahl BSt 500 S 0,004

Spannstahl 1500/1770

Baustahl S 235

0,002 0,000

0

100

200

300

500 600 400 Temperatur [°C]

700

800

900

1000

Bild 25. Thermische Dehnungen von Beton, Betonstahl, Spannstahl und Baustahl

204

C3

Brandschutzbemessung von Betonbauteilen nach Eurocode 2

(Bernoulli-Hypothese) und die Dehnungen ε eines Querschnitts sich zueinander verhalten wie ihre Abstände z von der Dehnungs-Nulllinie (Gl. (27)); bei einachsiger Biegung wird ε = ε0 + dε/dz ⋅ z = ε0 + k ⋅ z

(27)

Die Dehnungen im Querschnitt setzen sich nach Gl. (28) aus den spannungserzeugenden Dehnungen εσ der Baustoffe und aus ihren thermischen Dehnungen εth zusammen ε = εσ + εth

a)

(28)

Zur Spannungsermittlung wird εσ gemäß Gl. (29) benötigt, um damit σ(εσ , θ) aus den temperaturabhängigen Spannungs-Dehnungs-Linien zu ermitteln εσ = ε − εth = ε0 + k ⋅ z − εth

(29)

Die Dehnungsverteilung zur Erfüllung der Gleichgewichts- und Verträglichkeitsbedingungen muss iterativ bestimmt werden. Das kann dadurch geschehen, dass angenommene Randdehnungen εi und εa iterativ verbessert werden, bis der Dehnungszustand mit εi und εa die vorgegebenen Schnittgrößen liefert. Zur Beschleunigung des Iterationsprozesses können mit den Gln. (30) und (31) für den Dehnungszustand εi und εa Differenzquotienten ΔN/Δεi und ΔM/Δεi sowie ΔN/Δεa und ΔM/Δεa bestimmt und damit vorhandene Abweichungen dN und dM der Schnittgrößen durch Dehnungsänderungen dεi und dεa beseitigt werden [11]. ΔN ΔN dε + dε + dN = 0 Δεi i Δεa a ΔM ΔM dε + dε + dM = 0 Δεi i Δεa a

b) z

c) Bild 26. 4-seitig brandbeanspruchter Stützenquerschnitt h = 450 mm nach 90 min Branddauer mit den Einwirkungen NE,fi,d,90 = −218 kN und Mtot,fi,d,90 = 204,3 kNm; a) Dehnungsverteilung in Höhe der z-Achse, b) Isothermenverlauf, c) Betonspannungen σC,fi

(30) 200

(31)

Die thermische und mechanische Analyse sind numerisch aufwendig und können sinnvoll nur programmgesteuert erfolgen. Rechenprogramme für das allgemeine Rechenverfahren müssen validiert sein. Dies soll anhand der im EC 1-1-2/NA, Anhang CC beschriebenen Validierungsbeispiele mit zulässigen Toleranzen der Ergebnisse erfolgen. In Bild 26 sind die einzelnen Dehnungsanteile am Beispiel einer Stahlbeton-Kragstütze nach 90 Minuten Branddauer dargestellt. Der grau unterlegte Bereich der thermischen Betondehnungen kennzeichnet die spannungserzeugenden Dehnungen εσ des Betons.

600

45,5 2 ∅ 25 90

2 ∅ 20 150

43

Bild 27. Querschnitt des Spannbeton-Fertigteilbinders

5

Anwendungsbeispiele

5.1

Fertigteil-Dachbinder

5.1.1

System und Belastung

Der in Bild 27 im Querschnitt dargestellte FertigteilDachbinder soll für die Feuerwiderstandsklasse R 60 bemessen werden. Da die Dachdecke aus Porenbetonplatten mit einer Feuerwiderstandsdauer von mindestens 60 Minuten besteht, ist von einer dreiseitigen

Brandbeanspruchung gemäß Einheitstemperaturzeitkurve auszugehen. Der Bemessung sind folgende Randbedingungen zugrunde zu legen: Baustoffe: Beton C35/45 und Betonstahl B500 System: statisch bestimmt gelagert Einwirkung – bei Normaltemperatur: MEd = 360 kNm – im Brandfall: ME,fi,d = 0,7 ⋅ 360 = 252 kNm

Anwendungsbeispiele

205

140 120

90

θs2 ≈ 320 °C

100 43 150

80 60 40

θs1 ≈ 450 °C

20 0 0

20

40

60

80

Bild 28. Ermittlung der Stahltemperaturen mit EC 2-1-2, Anhang A; a) Anhang A, Bild A.4; b) R60

Bewehrung – untere Lage: 2 Ø 20, As1 = 628 mm2 – obere Lage: 2 Ø 25, As2 = 982 mm2 Achsabstand: siehe Bild 26

Anhang B.2 enthaltenen vereinfachten Bemessungsverfahren, der Zonenmethode, durchgeführt. Verkleinerung des Betonquerschnitts (Bild 11a):

Der Fertigteilbinder soll im Folgenden mit allen drei Nachweisverfahren vergleichend bemessen werden, den Bemessungstabellen, dem vereinfachten Bemessungsverfahren (Zonenmethode) und dem erweiterten Bemessungsverfahren.

Damit ergeben sich folgende Abmessungen des reduzierten Querschnitts:

5.1.2

Beiwert kc (θM ) für die temperaturabhängige Abminderung der Betondruckfestigkeit (vgl. Bild 8):

Nachweis mit Bemessungstabelle

Für den Brandschutznachweis mittels Bemessungstabelle von statisch bestimmt gelagerten Balken enthält EC 2-1-2, Tabelle 5.5 Mindestmaße für die Balkenbreite und Achsabstände, die zum Erreichen der vorgesehenen Feuerwiderstandsklasse R 60 erforderlich sind. Querschnittsabmessungen: (EC 2-1-2, Tabelle 5.5, Spalte 2) Balkenbreite: bmin = 120 mm < vorh b > 150 mm Achsabstand: erf a = 40 mm < vorh am = 2 ⋅ (314 ⋅ 43 + 491 ⋅ 45,5)/1610 = 44,5 mm mit 2 Ø 20(Asi = 314 mm2 , ai = 43 mm) 2 Ø 25(Asi = 491 mm2 , ai = 45,5 mm) ΣAs,i = 1610 mm2 Der Dachbinder kann in die Feuerwiderstandsklasse R 60 eingestuft werden.

5.1.3

Brandschutznachweis mit dem vereinfachten Bemessungsverfahren

Alternativ zum Nachweisverfahren mit Tabelle 5.5 wird der brandschutztechnische Nachweis des Fertigteil-Dachbinders mit dem in EC 2-1-2, Kapitel 4.2 und

w = 150/2 = 75 mm → az ≈ 15 mm

h′ = h − az = 600 − 15 = 585 mm b′ = b − 2 ⋅ az = 150 − 2 ⋅ 15 = 120 mm

w ≈ 200 mm → kc (θM ) ≈ 1,0 Temperatur in der Bewehrung (Bild 28): untere Lage mit a = 43 mm → θs ≈ 450 °C obere Lage mit a = 45,5 mm → θs ≈ 320 °C Der Abminderungsfaktor ks (θ) wird mit EC 2-1-2, Bild 4.2a (Bild 9) ermittelt. Dabei wird konservativ Kurve 3 zugrunde gelegt, die für Stahldehnungen εs < 2,0 % gilt. Man erhält: untere Lage mit θs ≈ 450 °C → ks (θ) = 0,63 obere Lage mit θs ≈ 320 °C → ks (θ) = 0,78 Mit diesen Werten kann die Zugkraft Fsd,fi in der Bewehrung berechnet werden: Fsd,fi = ks (θ) ⋅ fyk ⋅ As untere Lage: obere Lage: res. Zugkraft:

Fs1d,fi = 0,63 ⋅ 500 ⋅ 628 = 197,8 kN Fs2d,fi = 0,78 ⋅ 500 ⋅ 982 = 383,0 kN Fsd,fi = Fs1d,fi + Fs2d,fi = 580,8 kN

Betondruckkraft bei reiner Biegung: Fcd,fi = Fsd,fi = 580,8 kN = b′M ⋅ y′ ⋅ kc (θM ) ⋅ fck Höhe des Spannungsblocks (Bild 29): y′ = Fcd,fi /(b′M ⋅ kc (θM ) ⋅ fck ) = 0,114 m

206

C3

Brandschutzbemessung von Betonbauteilen nach Eurocode 2 bM'≈ 165

fck ⋅ kc(θ M)

0,389

580,8 kN

+M

y'

585

143

zfi = 0,47 m 385

383,0 kN 1,05 Dehnungen 120

197,8 kN

580,8 kN

Spannungen und Schnittkräfte

Bild 29. Innere Spannungen und Schnittkräfte im Querschnitt

Mit dem inneren Hebelarm zfi ≈ 0,47 m errechnet sich der Bemessungswert des aufnehmbaren Biegemoments:

Tabelle 2. Ergebnisse der brandschutztechnischen Nachweise für den Fertigteil-Dachbinder Nachweisverfahren

Einstufung R 60

Aufnehmbares Moment [kNm]

Dieser Wert ist größer als der Bemessungswert des einwirkenden Moments ME,fi,d = 252 kNm.

Tabelle 5.5 (vereinfachte Eingangswerte)

ja



Der Dachbinder kann somit in die Feuerwiderstandsklasse R 60 eingestuft werden und weist noch gewisse Tragreserven auf.

vereinfachtes Bemessungsverfahren

ja

273,8

erweitertes Bemessungsverfahren

ja

317,8

MR,fi,d = Fsd,fi ⋅ zfi = 580,8 ⋅ 0,47 = 273,6 kNm

5.1.4

Brandschutznachweis mit dem erweiterten Bemessungsverfahren

Als dritte Nachweisvariante wird das erweiterte Bemessungsverfahren angewendet. Dabei werden die temperaturabhängigen Materialeigenschaften gemäß Abschnitt 4.3.1 berücksichtigt. Als Ergebnis der numerischen Simulation im Zeitschrittverfahren ist in Bild 30 der Bemessungswert des aufnehmbaren Momentes MR,fi,d über der Branddauer t aufgetragen. Dieses liegt nach 60 Minuten mit MR,fi,d = 317,8 kNm deutlich über dem einwirkenden Moment ME,fi,d = 252,0 kNm. Somit kann der Dachbinder in die Feuerwiderstandsklasse R 60 eingestuft werden. Mit einem Versagen durch Unterschreiten des einwirkenden Moments ist erst nach ca. 80 Minuten zu rechnen. Der Binder weist also Reserven hinsichtlich der Belastung oder der Feuerwiderstandsdauer auf.

5.1.5

Ergebnisvergleich

In Tabelle 2 sind nochmals alle Ergebnisse der brandschutztechnischen Nachweise für den Fertigteil-Dachbinder zusammengefasst. Obwohl alle drei Nachweise

zu einer Einstufung des Dachbinders in die Feuerwiderstandsklasse R 60 führen, zeigen sich doch jeweils Tragreserven beim vereinfachten Rechenverfahren gegenüber dem Tabellenverfahren und beim allgemeinen gegenüber dem vereinfachten Rechenverfahren.

5.2

Stahlbeton-Innenstütze

5.2.1

System, Betondeckung, Bauteilabmessungen

Nach [19] gelten für die Stahlbeton-Innenstütze folgende Vorgaben (Bild 31): Baustoffe: Beton C20/25 und Betonstahl B500B Länge: l = 5,20 m Betondeckung: nom cBü = 25 mm Bauteildicke: h/b = 300 mm/300 mm Lasten (Einwirkungen) NEd = 720 kN Ungewollte Ausmitte ea = 1,30 cm Bei der Schnittgrößenermittlung bei Normaltemperatur wurde in [22] eine frei drehbare Lagerung am Stützenkopf und -fuß angenommen.

Aufnehmbares Moment MR,fi,d,t [kNm]

Anwendungsbeispiele

207

MR,fi,d,t = 317,8 kNm

Branddauer t [min]

Bild 30. Bemessungswert des aufnehmbaren Moments in Abhängigkeit von der Branddauer

im Zusammenhang mit der Nachweisführung im Abschnitt 5.2.2.3 überprüft.

≈30

NEd

59

5.2.2.1 Brandschutznachweis mit Tabelle 5.2a für R 90 (Lastausnutzung vereinfacht)

l = 5,20

4,90

NE,fi,d,t = ηfi ⋅ NEd = 0,7 ⋅ (−720) = −504 kN 30 · 30 cm

NRd ≈ NEd = −720 kN μfi = −504/(−720) = 0,7 Querschnittsabmessungen: Mindestmaß der Stützenbreite: bmin = 350 mm (Tab. 5.2a, Spalte 4) Vorhandener Achsabstand: vorh a = nom c + ØBü + ØL /2 = 25 + 8 + 12/2 = 39 mm

300

∅ 12 mm ∅ 8 mm 25 300 Bild 31. Statisches System, Belastung und Querschnitt der Stahlbeton-Innenstütze

5.2.2

Brandschutznachweis nach Methode A

EC 2-1-2 bietet im Kapitel 5.3.2 als Methode A den Brandschutznachweis mittels tabellarischer Daten (Tabelle 5.2a) und mithilfe der Gl. (5.7) (hier Gl. (3)) an. Die Randbedingungen für den Nachweis mit Tabelle 5.2a (Abschnitt 2.3.1) werden in diesem Beispiel eingehalten, die Randbedingungen für den Nachweis mithilfe der Gl. (3) (Abschnitt 2.3.1) werden

Mindestmaß des Achsabstandes: erf a = 53 mm (Tab. 5.2a, Spalte 4) Wegen bmin = 350 mm > vorh b = 300 mm und erf a = 53 mm > vorh a = 39 mm kann die Stahlbeton-Innenstütze nicht in die Feuerwiderstandsklasse R 90 eingestuft werden. Im vorstehenden Nachweis 5.2.2.1 wurde mit Näherungswerten für den Lastausnutzungsfaktor ηfi = 0,7 und dem Bemessungswert der Tragfähigkeit NRd ≈ NEd gerechnet. Im folgenden Nachweis 5.2.2.2 werden diese beiden Werte genauer ermittelt.

5.2.2.2 Brandschutznachweis mit Tabelle 5.2a für R 90 (Lastausnutzung genauer) NEk = NGk + NQk = −338 + (−176) = 514 kN NEd = NGd + NQd = −338 ⋅ 1,35 + (−176) ⋅ 1,5 = −720 kN

208

C3

Brandschutzbemessung von Betonbauteilen nach Eurocode 2

Bild 32. Ermittlung des Bemessungswertes des Bauteilwiderstandes NRd

ηfi =

γGA + ψ2,1 ⋅ ξ 1 + 0,8 ⋅ 0,52 = = 0,66 γG + γQ ⋅ ξ 1,35 + 1,5 ⋅ 0,52

mit ξ = NQk /NGk = −176/(−338) = 0,52 NE,fi,d,t = ηfi ⋅ NEd = 0,66 ⋅ (−720) = −475,2 kN Der Bemessungswert der Tragfähigkeit der Stütze bei Normaltemperatur NRd wird durch Vergleich der Querschnittstragfähigkeit und der Stützentragfähigkeit nach Bild 32 ermittelt. Für die Berechnung der Querschnittstragfähigkeit werden die Bemessungswerte der Beton- und Betonstahlfestigkeit fcd und fyd nach EC 2-1-1, Gl. (3.17) verwendet, für die Berechnung der Stützentragfähigkeit mit Berücksichtigung der Auswirkungen nach Theorie II. Ordnung wird der Mittelwert der Betondruckfestigkeit nach EC 2-1-1, Gl. (3.14) angesetzt. Weitere Vorgaben der Berechnung sind im Bild 31 vermerkt. Man erhält μfi = −475,2/(−1025) ≈ 0,46

Der Mindestachsabstand erf a = 42 mm ist geringfügig größer als der vorhandene Achsabstand vorh a = 39 mm. Trotzdem ist die Einstufung der Stütze in die Feuerwiderstandsklasse R 90 brandschutztechnisch unbedenklich, da die Werte in Tabelle 5.2a für eine Stütze mit der Ersatzlänge im Brand l0,fi = 3 m gelten, im Beispiel die Ersatzlänge aber nur l0,fi = 5,2/2 = 2,6 m beträgt. Zudem ist zu beachten, dass die Tabelle 5.2a auf einem Wert von αcc = 1,0 für die Dauerstandfestigkeit beruht. In der aktuell gültigen Fassung des EC 2 wird die Dauerstandfestigkeit zu αcc = 0,85 angesetzt. Hierdurch ergeben sich bei gleichem Ausnutzungsgrad μfi geringere Lasten für Ed,fi und damit längere Feuerwiderstandsdauern. Die kleinere Ersatzlänge und das in der Tabelle angenommene αcc = 0,85 können als Ausgleich für den fehlenden Achsabstand Δa = 42 − 39 = 3 mm angesehen werden.

5.2.2.3 Brandschutznachweis mit Gl. (5.7) für die Feuerwiderstandsklasse R 90

Stützenbreite bmin

300

300

300

Gleichung (5.7) in EC 2-1-2 (hier Gl. (3)) beschreibt die vorhandene Feuerwiderstandsdauer R einer Stahlbetonstütze in Abhängigkeit der maßgebenden Einflussfaktoren – Lastausnutzung Rη fi , Achsabstand der Bewehrung Ra , Stützenlänge Rl , Querschnittsbreite Rb und Bewehrungsanordnung Rn . Im Abschnitt 6.2 werden die Grundlagen dieser Gleichung erläutert. Prüfung der Randbedingungen von Gl. (5.7): Achsabstand: 25 mm ≤ a ≤ 80 mm

Achsabstand a

25

≈ 42

45

vorh a = 39 mm

Die Interpolation in Tabelle 5.2a zwischen Spalte 2 mit μfi = 0,2 und Spalte 3 mit μfi = 0,5 zeigt Tabelle 3. Tabelle 3. Interpolation in Tabelle 5.2a, Feuerwiderstandsklasse R 90 für μfi = 0,46 Abmessungen [mm]

μfi = 0,2

μfi = 0,46

μfi = 0,5

Anwendungsbeispiele

209

Bild 33. Temperaturprofil im Schnitt A–A nach 30, 60, 90 und 120 min Normbrandbeanspruchung

Ersatzlänge im Brand: 2 m ≤ l0,fi ≤ 6 m vorh l0,fi = 2,6 m Querschnittsabmessungen: h ≤ 1,5 ⋅ b vorh h = 300 mm < 1,5 ⋅ 300 = 450 mm 200 mm ≤ b′ ≤ 450 mm vorh b′ = (2 ⋅ Ac )/(b + h) = (2 ⋅ 3002 )/(300 + 300) Ermittlung der Einflussfaktoren: ] [ (1 + ω) Rηfi = 83 1,00 − μfi (0,85/αcc ) + ω [ ] 1 + 0,193 = 83 1,0 − 0,46 ⋅ = 44,02 0,85/0,85 + 0,193 mit μfi ω αcc Ra Rl Rb Rn

= 0,46 = As,tot /Ac ⋅ fyd /fcd = 452,4/3002 ⋅ 38,4 = 0,193 = 0,85 = 1,60 ⋅ (a − 30) = 1,60 ⋅ (39 − 30) = 14,4 = 9,60 ⋅ (5 − l0,fi ) = 9,60 ⋅ (5 − 5,2/2) = 23,04 = 0,09 ⋅ b′ = 0,09 ⋅ 300 = 27 = 0 für n = 4 (nur Eckstäbe vorhanden)

Vorh. Feuerwiderstandsdauer R = 120 ⋅ ((Rη fi + Ra + Rl + Rb + Rn )/120)1,8 R = 120 ⋅ ((44,02 + 14,4 + 23,04 + 27 + 0)/120)1,8 = 100 min Die Stahlbeton-Innenstütze kann ohne Zusatzmaßnahmen in die Feuerwiderstandsklasse R 90 eingestuft werden.

5.2.3

Brandschutznachweis mit dem erweiterten Bemessungsverfahren

Mit dem erweiterten Bemessungsverfahren wird das Trag- und Verformungsverhalten der StahlbetonInnenstütze numerisch simuliert. Es erfordert im Vergleich zum tabellarischen Nachweis den größeren Aufwand, da eine thermische Analyse zur Ermittlung der Bauteiltemperaturen und anschließend eine mechanische Analyse zur Ermittlung des Trag- und Verformungsverhaltens durchgeführt werden muss. Die dafür benötigten Rechengrundlagen sind im Abschnitt 4 zusammengestellt.

Für die thermische Analyse wurde die Betonfeuchte mit k = 3 M.-%, die Betonrohdichte mit ρ = 2400 kg/m3 und die Wärmeleitfähigkeit mit der oberen Grenzfunktion von EC 2-1-2, Bild 3.7 nach der Festlegung im NA zu EC 2-1-2 berücksichtigt. Die Temperaturabhängigkeit der Wärmeleitfähigkeit λ, der Rohdichte ρ und der spezifischen Wärme cp sowie der thermischen Dehnung wurde nach den Angaben von Bild 18 und Bild 23 berücksichtigt. Die Ergebnisse der thermischen Analyse sind in Bild 33 als Temperaturprofile nach 30, 60, 90 und 120 min Normbrandbeanspruchung und in Bild 34 als Temperaturentwicklung in der Bewehrung zusammengefasst. In der mechanischen Analyse wurden die thermomechanischen Baustoffeigenschaften aus Abschnitt 4.3.1, Bild 22 und Bild 23 sowie die im Brandfall vorhandenen Auflagerbedingungen berücksichtigt. Die Ergebnisse der mechanischen Analyse sind in Bild 35 und Bild 36 zusammengefasst. Bild 35 zeigt die Verformung der Stütze zu Brandbeginn und nach 30, 60, 90, 120 und 125 min Branddauer. In Bild 36 sind die horizontalen Verformungen in Stützenmitte über der Branddauer dargestellt. Durch die rotationsbehinderte Lagerung wird die Innenstütze im Brandfall beidseitig eingespannt, das bedeutet statisch gesehen Euler-Fall 4, wobei die bei der Bemessung für Normaltemperatur anzusetzende Imperfektion ei durch eine Vorverformung in Stützenmitte von l/2000 ersetzt wurde, um damit in der Berechnung die Abweichungen zwischen den Ist-Werten und den Nenngrößen der Stütze zu berücksichtigen. Bild 36 zeigt das Versagen der Stütze nach der 125. Minute. Um die vorhandenen Tragreserven nach 90 Minuten Branddauer abzuschätzen, wurde die Belastung bis zum Versagen auf NE,fi,d,t = −752 kN gesteigert. Das entspricht einer Sicherheit von −752/(−475,2) = 1,58 nach 90 Minuten Branddauer.

5.2.4

Ergebnisvergleich

In Tabelle 4 sind die Ergebnisse der brandschutztechnischen Nachweise für die Stahlbeton-Innenstütze zusammengefasst. Die erreichte Feuerwiderstandsdauer steigt mit dem Aufwand, der für den Nachweis erfor-

210

C3

Brandschutzbemessung von Betonbauteilen nach Eurocode 2

Bild 34. Temperaturentwicklung in der Bewehrung

Bild 35. Verformung der Stütze nach 30, 60, 90, 120 und 125 min Branddauer

Anwendungsbeispiele

211

Bild 36. Horizontale Verformung in Stützenmitte

derlich ist. Beim Nachweis mit Tabelle und Eingangswerten, die auf der sicheren Seite liegend aus der Bemessung bei Normaltemperatur übernommen wurden, konnte die angestrebte Feuerwiderstandsklasse R 90 nicht erreicht werden. Wurden die Eingangswerte aufwendiger bestimmt, war die Einstufung der Stütze in die Feuerwiderstandsklasse R 90 möglich, beim vereinfachten Bemessungsverfahren wurden bereits Tragreserven für 90 Minuten Branddauer aufgezeigt, die beim Nachweis mit dem erweiterten Bemessungsverfahren noch deutlicher ausfielen.

5.3

Stahlbeton-Kragstütze

5.3.1

System, Einwirkungen, Bauteilabmessungen

Eine Stahlbeton-Kragstütze einer Industriehalle soll mit dem Nachweisverfahren nach EC 2-1-2/A1, Anhang C für die Feuerwiderstandsklasse R 90 nachgewiesen werden. Die Stütze wird durch eine Längsdruckkraft und eine Horizontalkraft belastet und wird einer 4-seitigen Brandbeanspruchung entsprechend der Einheitstemperaturzeitkurve nach EC 2-1-2 ausgesetzt. Bild 37 zeigt das statische System und die Belastung der Kragstütze.

Tabelle 4. Ergebnisse der brandschutztechnischen Nachweise für die Stahlbeton-Innenstütze Nachweisverfahren

Einstufung R 90

Feuerwiderstandsdauer t [min]

Tabelle 5.2a (vereinfachte Eingangswerte)

nein



Tabelle 5.2a (genaue Eingangswerte)

ja



Gleichung (5.7)

ja

100

allgemeines Rechenverfahren

ja

125

NEd,fi = 500 kN m

e = 0,05 m l = 3,25 m

Bild 37. System und Belastung der Kragstütze

212

C3

Brandschutzbemessung von Betonbauteilen nach Eurocode 2

Tabelle 5. Mindestbewehrungsanzahl in Abhängigkeit des mod. Mechanischen Bewehrungsgrades ω und der Querschnittsbreite b ω

Minimum dimension of column section, b 600 mm 500 mm 400 mm 300 mm 250 mm 200 mm

0,1 3

3

3

2

2

2

0,2 3

3

3

2

2

2

0,5 3

3

3

2

2

2

1,0 5

4

3

2

2

2

Eingangsgrößen für die Anwendung der Tabellen zur Ermittlung der max. zulässigen Schlankheit λfi,max sind die Querschnittsbreite b, der mod. mechanische Bewehrungsgrad ω, die mod. Exzentrizität eN , der Achsabstand a und die Lastausnutzung nfi . Letztere ergibt sich wie folgt: NEd,fi ) nfi = ( Ac ⋅ fcd /αcc + 2 ⋅ Min(Asc,e; Ast,e ) ⋅ fyd =

500,0 = 0,086 < 0,2 (452 ⋅ 17/0,85 + 2 ⋅ 19,63 ⋅ 43,5)

Beton C30/37 mit fcd = 17 N/mm2 Betonstahl B500 mit fyd = 435 N/mm2 Betonquerschnitt: b/h = 450 mm/450 mm mit Ac = 2025 cm2 Bewehrung 4 Ø 25 jeweils auf Zug- und Druckseite: Ast,e = Asc,e = 19,63 cm2 Achsabstand der Längsbewehrung: a = 45 mm Einwirkung: NEfi,d,t = 500 kN, Ausmitte: eN = 0,05 m

Weichen die genannten Eingangsgrößen von den angegebenen Werten in den Bemessungstabellen ab, wird eine Interpolation zwischen den Kenngrößen notwendig. Auf das Anwendungsbeispiel bezogen, bedeutet dies: b = 450 mm Interpolation zwischen 400 mm und 500 mm keine Interpolation, Wahl von nfi = 0,2 nfi < 0,2 auf der sicheren Seite keine Interpolation, eN ω = 0,422 Interpolation zwischen 0,2 und 0,5 a = 45 mm keine Interpolation

5.3.2

Interpolation

Baustoffe:

Brandschutznachweis mit Bemessungstabellen nach Anhang C in [13]

Die Anzahl der Längsbewehrungsstäbe in den „Bereichen“ Asc (Druck) und Ast (Zug) dürfen die in Tabelle 5 vorgegebenen Werte nicht unterschreiten. Der modifizierte mechanische Bewehrungsgerad ω berechnet sich nach [13] (C.1) zu: ω=

2 ⋅ Min(Asc,e; Ast,e ) ⋅ fyd Ac ⋅ fcd /αcc

=

2 ⋅ 19,63 ⋅ 43,5 45 ⋅ 45 ⋅ 1,7/0,85

≈ 0,422 Die geforderte Mindeststabanzahl von 3 Stäben wird mit jeweils 4 Stäben auf Druck- und Zugseite eingehalten. Die maximal ansetzbare Betondruckfestigkeit fck ≤ 50 N/mm2 wird nicht überschritten. In Abhängigkeit des Längsbewehrungsdurchmessers, berechnet sich der Achsabstand a zu: In Übereinstimmung mit 4.4.1.2 (3), EC 2-1-1 muss das Verhältnis a ≥ 1,5 ⋅ Øsl eingehalten werden: a ≥ 1,5 ⋅ Øsl



45 mm ≥ 1,5 ⋅ 25 = 37,5 mm .

Für den Nachweis der Feuerwiderstandsdauer wird die Schlankheit der Stütze im Brandfall einer interpolierten max. zulässigen Schlankheit aus den Bemessungstabellen aus [13] gegenübergestellt. Es gilt: λfi ≤ λfi,max Die Stützenschlankheit im Brandfall berechnet sich zu: l0,fi 6,50 = = 50,0 λfi = i 0,13 mit l0,fi effektive Knicklänge im Brandfall = βfi ⋅ lcol βfi = 2,0 für Kragstützen i Trägheitsradius (hier: für Rechteckquerschnitte √ i = b/ 12 = 0,13)

ω

b

ω

500

400

450

0,422

0,2

52

46

49

0,5

55

53

54

b

52,7

Nacheinander wird zwischen den Tabellenwerten der Querschnittsbreite b und für den modifizierten mechanischen Bewehrungsgrad ω interpoliert. Im Ergebnis ergibt sich eine max. zulässige Schlankheit von λfi,max,90 = 52,7 für eine Brandbeanspruchung von 90 Minuten. Diese ist größer als die tatsächliche Schlankheit der Stütze: λfi ≤ λfi,max,90 → 50,0 ≤ 52,7 Der Nachweis für R 90 ist erfüllt.

5.4

Stahlbeton-Kragstütze mit Horizontallast

5.4.1

System, Einwirkungen, Bauteilabmessungen

Die in Bild 38 dargestellte Stahlbeton-Kragstütze einer Lagerhalle soll mit dem Nachweisverfahren im EC 2-1-2/NA, Anhang AA für die Feuerwiderstandsklasse R 90 nachgewiesen werden. Die Stütze wird durch eine Längsdruckkraft und eine Horizontalkraft belastet und wird einer 4-seitigen Brandbeanspruchung entsprechend der Einheitstemperaturzeitkurve nach EC 2-1-2 ausgesetzt. Baustoffe: Beton C30/37 mit fcd = 17 N/mm2 Betonstahl B500 mit fyd = 435 N/mm2 Achsabstand der Längsbewehrung: d1 /h = a/h = 0,10 Bewehrungsverhältnis ρ = 0,02 (ω = 0,512) Einwirkungen bei Normaltemperatur:

Anwendungsbeispiele

213

Die Stütze kann somit in die Feuerwiderstandsklasse R 90 eingestuft werden. Die programmierte Berechnung mit dem allgemeinen Rechenverfahren ergibt für die Stütze eine Feuerwiderstandsdauer von t = 134 min.

5.4.2.3 Nachweise mit vergrößertem Fußmoment Berücksichtigung der Horizontalkraft beim einwirkenden Moment am Stützenfuß Eingangsparameter für das Standard-Diagramm h = 450 mm (Bild 2): bez. Lastausmitte e1 /h = 0,09/0,45 = 0,20 und Schlankheit l0,fi /h = (2 ⋅ 9,0)/0,45 = 40 Bild 38. System und Belastung der Kragstütze

Eigenlast: NGk = −50 kN Wind: Hwk = 22 kN NEd = −(1,35 ⋅ 50 + 0 ⋅ 0) = −67,5 kN HEd = 1,35 ⋅ 0 + 1,5 ⋅ 22 = 33 kN μEd = (67,5 ⋅ 0,09 + 33 ⋅ 9) ⋅ 106 /(4502 ⋅ 450 ⋅ 17) = 0,196 Einwirkungen beim Brand: (ψ2,1 = 0,8 für Lagerräume, ψ1,1 = 0,5 für Wind): NE,fi,d,t = −(1,0 ⋅ 50 + 0,8 ⋅ 0) = −50 kN(νE,fi,d,t = −0,0145) HE,fi,d,t = 1,0 ⋅ 0 + 0,5 ⋅ 22 = 11 kN Bezogenes Moment nach Theorie 1. Ordnung am Stützenfuß im Brandfall: μE,fi,d,1 = (50 ⋅ 0,09 + 11 ⋅ 9) ⋅ 106 /(4502 ⋅ 450 ⋅ 17) = 0,0671

5.4.2

|νR,fi,d,90| = 0,075 > |νE,fi,d | = 0,0145 μtot,fi,d,90 = 0,106 k-Faktoren für 4-seitige Brandbeanspruchung: kfi = 1,0 – Eckbewehrung > 50 %: kBew = 1,0 – Achsabstand a/h = 0,10: ka = 1,0 – Betonfestigkeitsklasse fck = 30 N/mm2 : kC = 1,0 – Bewehrungsverhältnis ρ = 2,0 %: kρ = 1,0 Für eine Abschätzung der Momentenbeanspruchung am Stützenfuß reicht es oft aus, das Zusatzmoment infolge Verformungen aus dem Gesamtmoment μτoτ,fi,d,90 = 0,106 und dem Verhältnis der Längskrafteinwirkung zur Normalkrafttragfähigkeit νE,fi,d / νR,fi,d,90 zu bestimmen (Bild 39): μE,fi,d,2 = νE,fi,d ⋅ (μtot,fi,d,90 /νR,fi,d,90 + e1 /h) = −0,0145 ⋅ (0,106/(−0,075) + 0,2) = 0,0176 vorh μtot,fi,d,90 = μE,fi,d,1 + μE,fi,d,2 = 0,0671 + 0,0176 = 0,0847 < 0,106

Brandschutznachweis

5.4.2.1 Allgemeines Es werden zwei Nachweise für die Feuerwiderstandsklasse R 90 geführt. Im ersten Nachweis wird die Horizontalkraft durch Vergrößerung der Lastausmitte e1 und im zweiten Nachweis beim einwirkenden Moment am Stützenfuß berücksichtigt.

Auch bei dieser Vorgehensweise kann die StahlbetonKragstütze in die Feuerwiderstandsklasse R 90 eingestuft werden.

5.4.2.2 Nachweis mit vergrößerter Lastausmitte Berücksichtigung der Horizontalkraft durch Vergrößerung der Lastausmitte e1 e1 /h = μE,fi,d,1 /|νE,fi,d,t | = 0,0671/| − 0,0145| = 4,63 > 3,5 Die Anwendungsgrenze des Standard-Diagramms e1 /h = 3,5 wird überschritten. Die Stütze wird nach EC 2-1-2, Tabelle 5.5 als vorwiegend auf Biegung beanspruchtes Bauteil mit 4-seitiger Brandbeanspruchung für die Feuerwiderstandsklasse R 90 nachgewiesen. vorh h = 450 mm > bmin = 300 mm vorh a = 45 mm > erf a = 40 mm vorh Ac = 2025 cm2 ≥ erf Ac = 2 ⋅ bmin 2 = 1800 cm2

a)

b)

Bild 39. Momentenverteilung bei den Stützen der Standard-Diagramme (a) und Näherung für Kragstützen mit horizontaler Beanspruchung (b)

214

C3

Brandschutzbemessung von Betonbauteilen nach Eurocode 2

Das Fundament ist nachzuweisen für das Einspannmoment am Stützenfuß von: vorh Mtot,fi,d,90 = 0,0847(4502 ⋅ 450 ⋅ 17)/10−6 = 131,2 kNm

6

Zusammenfassung

Die Brandschutzteile der Eurocodes und ihre zugehörigen Nationalen Anhänge sind die Regelbemessungsnormen für Brandschutznachweise. Für die nicht in den Eurocodes enthaltenen Konstruktionen wie Sonderbauteile und historische Bauweisen wird die DIN 4102-4 als überarbeitete und konsolidierte „Restnorm“ auch weiterhin eine unverzichtbare Bemessungsgrundlage in Deutschland bleiben. Ebenso werden hier Aussagen zur konstruktiven Ausbildung der Bauteilanschlüsse getroffen. Der Brandschutzteil des Eurocodes 2 bietet Nachweisverfahren in drei Ebenen, die tabellarischen Bemessungsverfahren (1) sowie als rechnerische Verfahren die vereinfachten (2) und erweiterten (3) Bemessungsverfahren. Generell sollte man versuchen, das gewünschte Bemessungsergebnis mit möglichst geringem Aufwand zu erreichen. Einzelbauteile können für Normbrandbeanspruchung effizient mit dem tabellarischen Bemessungsverfahren bemessen werden. Wenn die Anwendungsvoraussetzungen der Tabellen nicht erfüllt sind oder die Mindestabmessungen für die geforderte Feuerwiderstandsklasse nicht eingehalten werden, bieten die vereinfachten Bemessungsverfahren eine ingenieurtechnische Lösung ohne großen Rechenaufwand. Durch Vergleichsrechnungen für repräsentative Bauteile wurde nachgewiesen, dass die Ergebnisse des vereinfachten Bemessungsverfahrens für gleiche Bauteile etwas günstiger als nach dem tabellarischen Nachweis sind. Wenn das Bemessungsziel auch mit dem vereinfachten Bemessungsverfahren noch nicht erreicht wird, bleibt das erweiterte Bemessungsverfahren als vollständige numerische Simulation des Brandgeschehens und Tragwerksverhaltens. Hierfür sind allerdings eine geeignete, für den betreffenden Anwendungsbereich validierte Software und einschlägige Kenntnisse und Erfahrungen des Anwenders erforderlich. Die Ergebnisse des erweiterten Bemessungsverfahrens sind für gleiche Bauteile wiederum günstiger als die des vereinfachten Bemessungsverfahrens, sodass der Anwender für den größeren Aufwand durch eine günstigere Bemessung belohnt wird. Für die Bemessung von Tragwerken für Naturbrandbeanspruchung stellen die erweiterten Bemessungsverfahren vielfach die einzige Lösungsmöglichkeit dar. Das betrifft sowohl Neubauten mit ausgedehnten und hohen Räumen wie Hallen oder Atrien oder mit ungewöhnlichen Brandlasten wie Parkhäuser oder Einkaufspassagen als auch Bestandsbauten mit nicht nach DIN 4102-4 klassifizierbaren Stahlbetonkonstruktio-

nen. In diesen Fällen ist der rechnerische Nachweis trotz des relativ hohen Aufwandes in der Regel deutlich kostengünstiger als unerwünschte, zusätzliche Brandschutzmaßnahmen. Die in Abschnitt 5 vorgeführten Anwendungsbeispiele sollen die Anwendung der Brandschutznachweise der Eurocodes exemplarisch zeigen. Sie machen deutlich, dass die Brandschutzbemessung den Standsicherheitsnachweisen bei Normaltemperatur durchweg sehr ähnlich ist und daher den Tragwerksplanern ohne größere Schwierigkeiten zugänglich sein sollte.

7

Literatur

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215

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217

C 4 Brandschutztechnische Bemessung im Stahlund Stahlverbundbau nach Eurocode 3 und 4 Peter Schaumann, Florian Tabeling, Thomas Kirsch

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Peter Schaumann Leibniz Universität Hannover Institut für Stahlbau Appelstraße 9A, 30167 Hannover Studium des Bauingenieurwesens und Promotion (1984) an der Ruhr-Universität Bochum. Nach Tätigkeiten in Industrie und Consulting im Jahre 1996 Berufung zum Universitätsprofessor und Leiter des Instituts für Stahlbau der Leibniz Universität Hannover. Vorsitzender/Mitglied in zahlreichen nationalen und internationalen Verbands- und Normungsgremien auf den Gebieten Stahlbau, Windenergie und baulicher Brandschutz. Beratender Ingenieur, Gutachter und Sachverständiger im Bauwesen. Seit 2009 Geschäftsführender Gesellschafter der SKI Ingenieurgesellschaft in Hannover und seit 2010 im Nebenamt Standortleiter Hannover des Fraunhofer Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES). Ab 2014 geschäftsführender Leiter des Testzentrums Tragstrukturen Hannover (TTH).

Dr.-Ing. Florian Tabeling shl ingenieure GmbH Lange Laube 19, 30159 Hannover Studium des Bauingenieurwesens an der Fachhochschule Mainz 2009, Promotion an der Leibniz Universität Hannover 2014. Von 2014 bis 2016 Projektingenieur im Büro shl ingenieure GmbH sowie seit 2014 Lehrbeauftragter an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) in Hildesheim für Stahlbau und Stahlverbundbau mit baulichem Brandschutz. Seit 2016 Geschäftsführender Gesellschafter, Beratender Ingenieur und Sachverständiger im Büro shl ingenieure GmbH.

Prof. Dr.-Ing. Thomas Kirsch Jade Hochschule Oldenburg Fachbereich Bauwesen, Geoinformation, Gesundheitstechnologie Ofener Str. 16, 26121 Oldenburg Studium des Bauingenieurwesens und Promotion (2013) an der Leibniz Universität Hannover. Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Stahlbau an der Leibniz Universität Hannover und von 2012 bis 2019 Tragwerksplaner im Ingenieurbüro TSS-Ingenieure, 2019 Berufung zum Professor für Tragwerksplanung im Massivbau an die Jade Hochschule Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth.

Bauphysik-Kalender 2021: Brandschutz. Herausgegeben von Nabil A. Fouad. © 2021 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2021 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

218

C4

Brandschutztechnische Bemessung im Stahl- und Stahlverbundbau nach Eurocode 3 und 4

Inhaltsverzeichnis 1 1.1 1.2 1.3

Einleitung 219 Allgemeines 219 Brandschutztechnische Anforderungen Stand der Normung 220

2 2.1 2.2 2.3

Einwirkungen 221 Allgemeines 221 Thermische Einwirkungen 221 Mechanische Einwirkungen 222

3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5

Materialeigenschaften 223 Allgemeines 223 Wärmeleitfähigkeit 223 Wärmekapazität 224 Thermische Dehnung 225 Spannungs-Dehnungsbeziehung

4 4.1 4.2

Bemessungsverfahren nach EC 3 227 Allgemeines 227 Stahltemperaturen von Bauteilen mit und ohne konventionelle Brandschutzbekleidung 228 Stahltemperaturen von Bauteilen mit dämmschichtbildenden Brandschutzsystemen 229 Stahltemperaturen von Bauteilen mit Holz als Brandschutzbekleidung 232 Nachweis auf Temperaturebene (θcr -Verfahren) 233 Nachweis auf Tragfähigkeitsebene 234 Allgemeine Berechnungsverfahren 236

4.3

4.4 4.5 4.6 4.7 5 5.1 5.2 5.3 5.3.1 5.3.2 5.3.3 5.4 5.4.1 5.4.2

219

6 6.1 6.1.1 6.1.2 6.1.3 6.2 6.2.1 6.2.2 6.2.3 6.2.4 6.2.5

226

Bemessungsverfahren nach EC 4 236 Allgemeines 236 Bemessungstabellen (Ebene 1) 237 Vereinfachte Bemessungsverfahren (Ebene 2) 238 Verbunddecken nach Ebene 2-Verfahren 238 Verbundträger nach Ebene 2-Verfahren 238 Verbundstützen nach Ebene 2-Verfahren 239 Allgemeine Bemessungsverfahren (Ebene 3) 240 Anwendungshinweise 240 Anwendungsbeispiel „Anschlussuntersuchung“ 240

7 7.1 7.2 7.3 7.4

Berechnungsbeispiele 242 Stahlträger nach EC 3 242 System, Belastung und Querschnittswerte Nachweis auf Temperaturebene nach EC 3-1-2 242 Nachweis auf Tragfähigkeitsebene 243 Verbundstütze nach EC 4 244 System, Belastung und Querschnittswerte Nachweis nach EC 4 Tabelle 4.6 245 Nachweis nach EC 2 Kapitel 5.3.2 (Methode A) 246 Nachweis mit dem Simulationsprogramm BoFire 248 Fazit 249

242

244

Software 250 Allgemeines 250 Hilfen für die Anwendung vereinfachter Bemessungsverfahren 250 Software für die Simulation von Bränden 250 Software für die brandschutztechnische Bemessung von Bauteilen und Tragwerken 251

8

Zusammenfassung und Ausblick

9

Literatur

253

252

Einleitung

Der gleichnamige Beitrag aus dem Bauphysik-Kalender 2016 wurde ergänzt und aktualisiert.

1

Einleitung

1.1

Allgemeines

Die Anforderungen an den Feuerwiderstand von Bauteilen ergeben sich aus den Bauordnungen und ggf. Sonderbauordnungen der Länder. Die Bauordnungen widmen sich in erster Linie den Gebäuden normaler Art und Nutzung. Damit sind vorrangig Wohnungsbauten gemeint. Die Regelungen zum vorbeugenden baulichen Brandschutz betreffen Anforderungen an Flucht- und Rettungswege, die Begrenzung der Brandausbreitung durch räumliche Trennung und Anforderungen an Baustoffe und Bauteile. Von den tragenden Bauteilen wird im Grundsatz Feuerbeständigkeit gefordert, was praktisch der Feuerwiderstandsklasse R 90 entspricht. Ausnahmen von dieser Regel bilden Gebäude geringer Höhe (ca. drei Geschosse) mit der Feuerwiderstandsklasse R 30 und Einfamilienhäuser mit einer Wohnung, bei denen keine Anforderungen gestellt werden. Die Abstufung der Anforderungen an den Feuerwiderstand nach der Gebäudehöhe findet sich analog auch in den Sonderbauverordnungen wieder. Aus brandschutztechnischer Sicht nehmen die Sonderbauten der offenen, oberirdischen Parkhäuser eine besondere Stellung ein. An diese Gebäude werden in Deutschland in der Regel keine Anforderungen an den Feuerwiderstand der Bauteile gestellt. Eine Folge dieser Festlegung ist die eindrucksvolle Entwicklung des Marktanteils von Stahl- und Stahlverbundbauten im Marktsegment des Parkhausbaus in den letzten Jahren. Damit wird deutlich, welche Optionen sich ergeben, wenn es gelingt, die Anforderungen an den Feuerwiderstand von Stahl- und Stahlverbundbauteilen zu erfüllen, ohne aufwendige Brandschutzmaßnahmen vorzunehmen. Dies würde zu einer günstigeren Wettbewerbssituation führen und die Möglich-

keiten des Stahlbaus erweitern. Denn Brandschutzbekleidungen für Stahlkonstruktionen – gleich welcher Feuerwiderstandsklasse – bedeuten erhebliche Mehrkosten, die in der Größenordnung der Materialkosten für den Baustahl liegen. Stahl- und Stahlverbundkonstruktionen unterscheiden sich hinsichtlich ihres Erwärmungsverhaltens grundlegend. Stahlbauteile haben von sich aus einen geringen Feuerwiderstand und erwärmen sich unter Brandeinwirkung sehr schnell. Die Ursache für dieses Verhalten liegt zum einen in der hohen Wärmeleitfähigkeit des Baustoffs Stahl und zum anderen in der geringen Massigkeit der Bauteile. Diese Eigenschaften führen im Brandfall zu einer entsprechend reduzierten Tragfähigkeit des Bauteils. Stahlverbundbauteile bieten vielseitige Möglichkeiten zur Erhöhung der Feuerwiderstandsdauer durch spezielle Querschnittsgestaltungen. Es lassen sich leicht hohe Feuerwiderstandsklassen von R 90 und mehr erreichen. Die isolierende Wirkung des Betons kann hier vorteilhaft genutzt werden. Bei der Wahl des Querschnitts ist dazu lediglich sicherzustellen, dass der Stahlanteil möglichst zum Querschnittsmittelpunkt hin angeordnet wird, wo sich im Brandfall kühlere Zonen einstellen. Die im Beton langsamer fortschreitende Erwärmung schirmt den Stahlanteil im Inneren des Querschnitts ab, sodass die Reduzierung der Tragfähigkeit zeitlich verzögert erfolgt. Für Stahl- und Stahlverbundbauten im Hoch- und Ingenieurbau sind drei „heiße“ Eurocodes (EC) von Bedeutung. Die Einwirkungen im Brandfall werden in DIN EN 1991-1-2 [7] (kurz: EC 1-1-2) geregelt, während die Regeln zur brandschutztechnischen Tragwerksbemessung für Stahlbauten in DIN EN 1993-1-2 [6] (kurz: EC 3-1-2) bzw. für Verbundtragwerke aus Stahl und Beton in DIN EN 1994-1-2 [8] (kurz: EC 4-1-2) enthalten sind. Die zugehörigen Nationalen Anhänge (NA) wurden im Dezember 2010 veröffentlicht. Diese Normen sind bundesweit in der Liste der Technischen Baustimmungen enthalten. Die Eurocodes werden zurzeit auf breiter Ebene überarbeitet. Die Autoren erwarten die Neufassungen der Brandschutzteile nicht vor 2025. Dieser Beitrag soll in einer Übersicht die Grundlagen der Eurocodes zur Bemessung von Stahl- und Stahlverbundbauteilen im Brandfall vermitteln sowie Hinweise zur Anwendung geben und Bemessungsbeispiele zeigen.

1.2

Bild 1. Brand im Gebäude der Fakultät für Architektur und Bauingenieurwesen an der TU Delft, 2008

219

Brandschutztechnische Anforderungen

Bauwerke lassen sich bauaufsichtlich in „Regelbauwerke“ und „Sonderbauten“ klassifizieren. Die gesetzliche Grundlage für die Brandschutzanforderungen bildet im Wesentlichen die Musterbauordnung (MBO) [1] und die korrespondierenden Landesbauordnungen (LBO) sowie die entsprechenden Sonderbauvorschriften. Das oberste Schutzziel ist der Schutz von Personen, Tieren und Sachwerten. Dieser Grund-

220

C4

Brandschutztechnische Bemessung im Stahl- und Stahlverbundbau nach Eurocode 3 und 4

satz ist in § 14 der Musterbauordnung mit folgendem Wortlaut verankert: „Bauliche Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind.“ Die Anforderungen an den Feuerwiderstand tragender und aussteifender Bauteile hängen u. a. von der Gebäudeart und -nutzung ab. In diesem Zusammenhang werden in der MBO [1] fünf Gebäudeklassen definiert (§ 2 Absatz 3). Dabei haben die Gebäudeklassen 1 bis 3 eine Gebäudehöhe von bis zu 7 m. Dieses Maß kennzeichnet immer die Höhe der Fußbodenoberkante über Gelände des höchstgelegenen Geschosses, in dem ein Aufenthaltsraum möglich ist. Die tragenden und aussteifenden Bauteile dieser Gebäudekategorie müssen die Anforderungen an die Feuerwiderstandklasse R 30 erfüllen. Gebäude der Gebäudeklasse 4 dürfen eine entsprechende Höhe von 13 m aufweisen, was eine Feuerwiderstandsklasse R 60 erfordert. Sonstige Gebäude der Gebäudeklasse 5 sind durch eine maximale Höhe von 22 m begrenzt. Bei diesen Bauwerken ist eine Feuerwiderstandsdauer von R 90 einzuhalten. Gebäude, die diese Begrenzung nicht einhalten, werden im Allgemeinen als Hochhäuser deklariert. Diese gelten als Sonderbauten und sind nach der Hochhausrichtlinie zu errichten. Die Mindestanforderungen an den Brandschutz von Industriebauten werden in der Muster-Industriebaurichtlinie [16] festgelegt. Industriebauten, die diesen Anforderungen hinsichtlich – der Feuerwiderstandsfähigkeit der Bauteile und der Brennbarkeit der Baustoffe, – der Größe der Brandabschnitte bzw. Brandbekämpfungsabschnitte, – der Anordnung, Lage und Länge der Rettungswege entsprechen, erfüllen die Schutzziele des § 17 Abs. 1 MBO. Für den Nachweis der Brandsicherheit von Industriebauten werden nunmehr drei Verfahren bereitgestellt: – vereinfachtes Nachweisverfahren ohne Brandlastermittlung, – Nachweisverfahren mit Ermittlung der Brandlast auf Grundlage von DIN 18230-1 [17], – Methoden des Brandschutzingenieurwesens. Die Anwendung der Richtlinie setzt die Einhaltung allgemeiner Anforderungen bezüglich des Löschwasserbedarfs, der Lage und Zugänglichkeit des Gebäudes, der Rettungswege sowie der Treppen und Treppenräume, des Rauchabzugs, der Brandmelde- und Feuerlöschanlagen, der Dächer und Wände sowie der betrieblichen Maßnahmen zum Brandschutz und zur Gefahrenverhütung voraus. Die Einordnung von Bauteilen in Feuerwiderstandsklassen erfolgt unter bestimmten mechanischen Einwirkungen sowie einer Beflammung nach EinheitsTemperaturzeitkurve (ETK) (vgl. Abschnitt 2.2). So-

fern das Bauteil für die jeweilige Dauer der geforderten Feuerwiderstandsklasse ausreichend standsicher ist, kann eine entsprechende Einstufung erfolgen. So wird beispielsweise ein Bauteil, das den Einwirkungen 34 min widersteht, in die Feuerwiderstandsklasse R 30 eingeordnet.

1.3

Stand der Normung

Die Auslegung für den Brandfall erfolgt in Deutschland derzeit für eine Vielzahl von Bauteilen nach DIN 4102. Diese Norm setzt sich aus 18 Teilen zusammen, wobei Teil 4 [3] die Zusammenstellung und Anwendung klassifizierter Bauteile enthält. Dieser Normenabschnitt bildet die Grundlage für die Bauteilbemessung. Während die ursprüngliche Ausführung der Norm noch durch die Anpassungsnormen DIN 4102-4/A1 [4] und DIN 4102-22 [5] an das heute gängige semi-probabilistische Sicherheitskonzept angepasst werden musste, beinhaltet die aktuelle Version der DIN 4102-4 [3] diese Anpassungen und ist ohne weitere Normen anwendbar. Die DIN 4102-4 [3] beinhaltet einen Bauteilkatalog. Dieser Katalog umfasst im Bereich Stahl- und Stahlverbundbau u. a. Träger und Stützen. Einstufungen in die Feuerwiderstandsklassen F 30 bis F 180 sind vorgesehen. Die Klassifizierung erfolgt tabellarisch durch die Einhaltung vorgegebener Bauteilgeometrien. Kriterien sind dabei das A/V-Verhältnis, Mindestabmessungen, Mindestbetondeckung und Bewehrungsgrade. Rechnerische Nachweisverfahren sind in der DIN 4102 [3] nicht enthalten. Die Nachweisverfahren von Stahlbauteilen nach EC 3-1-2 [6] basieren auf der Ermittlung des Temperaturfeldes im Stahlquerschnitt im Brandfall. Dabei kann aufgrund der hohen Wärmeleitfähigkeit des Materials vereinfachend eine konstante Temperaturverteilung über den Querschnitt angenommen werden. Die temperaturabhängige Abminderung der Festigkeiten und Steifigkeiten führt zu einer reduzierten Tragfähigkeit der Bauteile. Bei der Ermittlung der Stahltemperaturen wird im EC 3-1-2 [6] prinzipiell zwischen dem Nachweis von ungeschützten und geschützten Stahlbauteilen unterschieden. Im EC 3-1-2 [6] wird der Wärmestrom für ungeschützte Stahlbauteile gemäß EC 1-1-2 [7] mit einer Emissivität des Brandes von εf = 1,0 und einer Emissivität der Materialoberfläche von Baustahl εm = 0,7 bzw. für nichtrostenden Stahl von εm = 0,4 berechnet. Jüngere Forschungsarbeiten [47] haben zwischenzeitlich zu dem Vorschlag geführt, für feuerverzinkte Stahlbauteile eine bis 500 °C reduzierte Emissivität εm = 0,35 anzusetzen. Der zukünftige EC 3-1-2 wird solche Regeln enthalten. In der Zwischenzeit soll eine DASt-Richtlinie die Anwendung in Deutschland ermöglichen. Bei ungeschützten I-Profilen darf unter Normbrandbedingungen ein sog. Abschattungseffekt berücksichtigt werden, der den Wärmestrom reduziert.

Einwirkungen

Im EC 4-1-2 [8], der die Bemessung von Verbundbauteilen im Brandfall regelt, ist ein analoges Vorgehen zur Bemessung im Stahlbau in vielen Fällen nicht ohne Weiteres möglich. Vielmehr stellt sich bei Verbundbauteilen wegen der stark unterschiedlichen Wärmeleitfähigkeit von Stahl und Beton ein inhomogenes Temperaturfeld ein, das Sekundärbeanspruchung im Querschnitt in Form von thermisch bedingten Zwängungen hervorrufen kann. Diese zusätzlichen Beanspruchungen sind in den vereinfachten Berechnungsmethoden implizit enthalten. Eine explizite Berücksichtigung dieser zusätzlichen Beanspruchungen ist mit vereinfachten Berechnungsmethoden derzeit nicht möglich. Solche Fälle können jedoch nach dem allgemeinen Berechnungsverfahren des EC 4-1-2 [8] nachgewiesen werden. Im EC 4-1-2 [8] sind sowohl die temperaturabhängigen thermischen als auch mechanischen Werkstoffparameter von Normal- und Leichtbeton sowie Bau- und Bewehrungsstahl enthalten. Damit können die Feuerwiderstandsdauern von Verbundbauteilen mit numerischen Simulationsverfahren berechnet werden [25]. Die Wärmeleitfähigkeit von Normalbeton ist in Deutschland im nationalen Anhang geregelt. Für diesen Parameter wird es im zukünftigen EC 4-1-2 eine europaweit einheitliche Definition geben.

2

Einwirkungen

2.1

Allgemeines

Für den brandschutztechnischen Nachweis der Bauteile sind grundsätzlich zwei Arten von Einwirkungen zu berücksichtigen. Es handelt sich um mechanische Einwirkungen infolge äußerer Belastungen wie Eigengewicht und Verkehrslasten sowie um thermische Einwirkungen infolge des Brandereignisses. Weitere schädigende Einwirkungen wie beispielsweise chemische Einwirkungen infolge der Rauchgase werden hier nicht behandelt, da hierdurch keine unmittelbare Gefahr für das Tragwerk im Brandfall ausgeht. Folgend sollen hier kurz die thermischen und mechanischen Einwirkungen auf das Tragwerk beschrieben werden. Für eine umfassende Beschreibung wird an dieser Stelle auf weitere Quellen wie [26] oder [27] verwiesen.

2.2

Normative Brandkurven stellen vereinfachte Temperaturzeitbeziehungen dar. Sie ermöglichen eine Bauteilbemessung, ohne den natürlichen Verlauf des Brandes zu berücksichtigen. Im Regelfall wird die Einheits-Temperaturzeitkurve (ETK) als Einwirkung herangezogen. Diese wird durch folgende Gleichung beschrieben: θg = 20 + 345 ⋅ log10 (8 ⋅ t + 1)

[°C]

(1)

mit θg Gastemperatur im Brandabschnitt [°C] t Zeit [min] Die ETK entspricht der Standardkurve der internationalen Norm ISO 834, die in vielen Ländern angewendet wird. Damit wurde auch die Grundlage für einheitliche Prüfbedingungen von Bauteilen geschaffen, auf deren Grundlage eine Klassifizierung in Feuerwiderstandsklassen erfolgen kann. In den meisten Fällen wird die Annahme der ETK zu konservativen Ergebnissen führen, da diese kontinuierlich ansteigende Temperaturen vorsieht. Eine Abklingphase wird nicht dargestellt. Weitere in EC 1-1-2 [7] vorgegebene Normbrandkurven sind die Hydrocarbon-Brandkurve und die externe Brandkurve. Die externe Brandkurve entspricht der „abgeminderten Einheits-Temperaturzeitkurve“ wie sie laut 4102-3 [2] z. B. für Brüstungen Anwendung findet. Bild 2 gibt den Temperatur-Zeitverlauf der drei Normbrandkurven wieder. Wie beschrieben, sehen alle normativ geregelten Brandtemperaturverläufe keinen Temperaturrückgang und kein Ende des Brandes vor. Allein daraus ist ersichtlich, dass es sich nicht um realistische Brände handelt. Der charakteristische Verlauf eines Brandes besteht aus Entwicklungs- und Vollbrandphase, die über den Flashover ineinander übergehen. Für eine genaue Beschreibung des Brandverlaufs wird hier auf das Stahlbau Brandschutz Handbuch [28] verwiesen. Ein so beschriebener Brand bzw. die für die Bauteilbemessung relevante Vollbrandphase kann ebenfalls als thermische Einwirkung herangezogen werden. In diesem Fall wird im Gegensatz zum Normbrand von einem Naturbrand gesprochen.

Thermische Einwirkungen

Der Abschnitt „Thermische Einwirkungen“ bezieht sich ausdrücklich nur auf die Bestimmung der Brandraumtemperatur (auch Gastemperatur). Die Temperaturentwicklung im Bauteil sowie der Temperaturübergang basieren auf Materialkennwerten, die in Abschnitt 3 erläutert werden. EC 1-1-2 [7] bietet verschiedene Verfahren zur Ermittlung der Gastemperatur an, die nachfolgend vorgestellt werden.

221

Bild 2. Temperaturverlauf normativer Brände

222

C4

Brandschutztechnische Bemessung im Stahl- und Stahlverbundbau nach Eurocode 3 und 4

Bild 3. Temperaturverlauf eines Naturbrandes

Bild 4. Visualisierung einer numerischen Simulation mit dem Feldmodell FDS [48]

Naturbrände bieten die Möglichkeit, einen gebäudespezifischen, parametrisierten Brandverlauf zu bestimmen und erlauben es, wichtige Faktoren, die den Brandverlauf beeinflussen, zu berücksichtigen. In EC 1-1-2 werden in diesem Zusammenhang Verfahren zur Verfügung gestellt, die eine vereinfachte Berechnung des natürlichen Brandverlaufs ermöglichen. Hier sind vor allem die parametrischen TemperaturZeitkurven nach Anhang A des EC 1-1-2 [7] zu nennen, die jedoch nach deutschem Nationalen Anhang [9] Abschnitt AA durch ein vereinfachtes Naturbrandmodell, das auf Arbeiten von Zehfuß [29] zurückgeht, ersetzt werden. Die Temperaturermittlung dieses Verfahrens basiert auf der Energiefreisetzungsrate, mit der sich ein Bemessungsbrand physikalisch eindeutig beschreiben lässt. Auf dieser Grundlage sind im Nationalen Anhang Gleichungen für definierte Brandphasen angegeben, die eine Berechnung der Brandraumtemperaturen als Funktion der Zeit ermöglichen. Bild 3 zeigt beispielhaft einen Naturbrand sowie den zeitlichen Verlauf der freigesetzten Energie (Rate of Heat Release), kurz RHR. Gegenüber der vereinfachten Berechnung von Naturbränden ist es zusätzlich möglich, computergestützte Rechenmodelle zu verwenden. Hier wird in Zonenmodelle und Feldmodelle unterschieden. Während Zonenmodelle verhältnismäßig einfach sind und regelmäßig in der Praxis verwendet werden, handelt es sich bei Feldmodellen (auch CFD) um Strömungssimulationen, die numerisch aufwendig sind und von Brandschutzplanern zur Rauchgassimulation eingesetzt werden. Verschiedene – teils kostenlose – Software im Bereich Zonen- und Feldmodelle sind im Abschnitt 7.3 angegeben. In Bild 4 ist eine Brandsimulation mit dem Feldmodell FDS [48] visualisiert.

mit Gk,j Qk,1 Qk,I ψ1,1

2.3

Mechanische Einwirkungen

Bei einem Brand handelt es sich um ein außergewöhnliches Ereignis, daher ist nach EC 1-1-2 [7] Kapitel (4.2.1(2)) die außergewöhnliche Beanspruchungskombination nach EC 0 [10] (6.4.3.3) (Gl. 6.11) anzuwenden, die folgend dargestellt ist: ( ) (2) ∑ Gk,j + ψ1,1 order ψ2,1 Qk,1 + ∑ Ψ2,i Qk,i j≥1

i>1

ψ2,i

ständige Lasten führende veränderliche Last begleitende veränderliche Lasten Kombinationsfaktor für den häufigen Wert einer veränderlichen Last Kombinationsfaktor für den quasi ständigen Wert einer veränderlichen Last

Ob der Wert ψ1,1 oder ψ2,1 zu verwenden ist, wird im jeweiligen Nationalen Anhang (NA) festgelegt. Der deutsche NA [11] regelt, dass grundsätzlich der quasi ständige Wert (ψ2,1 ) zu verwenden ist. Einzige Ausnahme bilden Bauteile, deren führende Einwirkung der Wind ist. Hierfür ist für die Einwirkung aus Wind der Kombinationsfaktor für den häufigen Wert (ψ1,1 ) zu verwenden. Werte für die Kombinationsfaktoren ψ1 und ψ2 sind generell in EC 0 [10] Tabelle A1.1 angegeben. Für die Bemessung in Deutschland ist diese Tabelle im zugehörigen deutschen NA [11] durch die leicht abweichende Tabelle NA1.1 ersetzt worden. Die brandschutztechnische Bemessung erfolgt meist dann, wenn die Bemessung der Bauteile im Grenzzustand der Tragfähigkeit bei Raumtemperatur abgeschlossen ist. Da beide auf der Anwendung von Kombinations- und Teilsicherheitsbeiwerten beruhen, ist es möglich, die Einwirkung im Brandfall durch eine Gegenüberstellung mit den verwendeten Beiwerten aus dem Grenzzustand der Tragfähigkeit zu berechnen. Der Eurocode führt für diese Berechnung das Lastniveau im Brandfall ηfi mit ηfi = Ed,fi /Ed ein. Dabei ist Ed die Einwirkung bei Raumtemperatur und Ed,fi die Einwirkung im Brandfall. Alternativ kann das Lastniveau wie folgt berechnet werden: ηfi,t = mit Gk Qk,1 γG γQ,1 ψfi,1

Gk + ψfi,1 ⋅ Qk,1 γG ⋅ Gk + γQ,1 ⋅ Qk,1 ständige Last (charakteristischer Wert) maßgebende veränderliche Last (charakteristischer Wert) 1,35 1,50 Kombinationsbeiwert (ψ1,1 oder ψ2,1 (s. o.))

(3)

Materialeigenschaften

Bild 5. Lastniveau ηfi in Abhängigkeit von Qk,1 /Gk für verschiedene Kombinationsbeiwerte

Das Lastniveau ηfi hängt stark von dem Kombinationsbeiwert ψ1,1 ab. Dieser variiert wiederum in Abhängigkeit der Lastart (z. B. Verkehrslast infolge Lagerflächen oder Büronutzung). In EC 3 [6] und EC 4 [8] ist dargestellt, welchen Einfluss die Lastausnutzung in Abhängigkeit des Verhältnisses von ständigen zu veränderlichen Lastanteilen (Qk,1 /Gk ) und des Kombinationsfaktors ψ1,1 auf das Lastniveau hat (Bild 5). In Bild 5 ist zu sehen, dass das Lastniveau für realistische Lastverhältnisse (Q/G > 0,5) unter 0,65 (Lagerflächen 0,7) sinkt. Daher ist es nach EC 3 [6] erlaubt, für das Lastniveau vereinfacht einen Wert von ηfi = 0,65 anzunehmen. Von dieser Vereinfachung ausgenommen sind Lagerflächen, für die ein Wert von 0,7 empfohlen wird. Zusätzlich zu den direkten Einwirkungen, die aus der Berechnung bei Raumtemperatur übernommen werden können, ist darauf zu achten, ob infolge behinderter thermischer Dehnungen Zwangsspannungen entstehen. Diese sind bei der Tragwerksberechnung zu berücksichtigen. In EC 1 [7] Kapitel 4.1 werden allgemeine Hinweise gegeben, welche Zwangsbeanspruchungen berücksichtigt werden müssen und wann eine Berücksichtigung entfallen kann.

sche und mechanische Eigenschaften, beschrieben. Zusätzlich werden thermische Materialkennwerte für verschiedene brandschutztechnische Bekleidungen angegeben, die im reinen Stahlbau zur thermischen Isolation des Tragwerks häufig verwendet werden und daher im EC 3 NA [14] geregelt sind. Bei der Beschreibung der Materialkennwerte für Baustahl wird folgend ausschließlich auf EC 3 [6] Bezug genommen. Es sei jedoch erwähnt, dass die sowohl in EC 3 [6] als auch in EC 4 [8] angegebenen Eigenschaften identisch sind. Neben den Eigenschaften der Bauteile selbst, die für die Wärmeübertragung im Bauteil verantwortlich sind, sind Eigenschaften der Bauteiloberfläche zur Beschreibung des Wärmeübergangs vom Luftraum in das Bauteil von großer Bedeutung für das Temperaturfeld und damit für die Tragfähigkeit. Der Wärmeübergang in ein Bauteil erfolgt hauptsächlich über die zwei Mechanismen: Konvektion und Wärmestrahlung. Die Konvektion, also die Energieübertragung von den vorbeiströmenden Brandgasen in das Bauteil, ergibt sich gemäß EC 1 [7] aus dem Produkt der Temperaturdifferenz zwischen Gas- und Bauteiltemperatur und dem Wärmeübergangskoeffizienten αc . Für die Einheits-Temperaturzeitkurve ist der Wert mit 25 W/m2 K angegeben. Der masselose Wärmeübergang infolge Wärmestrahlung, durch den Wärmeenergie über Strahlung vom Feuer direkt in das Bauteil eingeleitet wird, hängt unter anderem von der Emissivität des Feuers (εf ) und der Emissivität des Bauteils (εm ) ab. Die Werte sind in EC 1 [7] allgemein für alle Bauteile konservativ zu εf = 1,0 und εm = 0,8 festgelegt. Die baustoffspezifische Emissivität der Oberflächen von Stahl und Beton wird im EC 3 [6] und EC 4 [8] jedoch auf εm = 0,7 reduziert. An dieser Stelle sei noch einmal auf Abschnitt 1.3 verwiesen, in welchem die aktuelle Entwicklung gerade bei der Emissivität von feuerverzinkten Bauteilen beschrieben wird.

3.2

3

Materialeigenschaften

3.1

Allgemeines

Wichtige Grundlage für die Berechnungsverfahren ist, dass in EC 3 [6] und EC 4 [8] die Berechnungsansätze für die Temperaturabhängigkeit der Werkstoffkennwerte der verschiedenen Materialien festgelegt wurden. Dabei sind mechanische Kennwerte wie Spannungs-Dehnungsbeziehungen (σ-ε-Linien) und thermische Dehnungen εth als auch thermische Kennwerte wie Wärmeleitfähigkeit (λ), spezifische Wärme (c) und Dichte (ρ) erfasst. Diese Werkstoffkennwerte des Baustahls, des Betons sowie des kaltverformten Bewehrungsstahls werden als Rechenwertfunktionen in Abhängigkeit von der Temperatur angegeben. Im Folgenden werden die nach EC 3 [6] und EC 4 [8] vorgegebenen Materialkennwerte, unterteilt in thermi-

223

Wärmeleitfähigkeit

Stahl gilt als nichtbrennbarer Baustoff und gehört daher der Baustoffklasse A1 nach [12] an. Jedoch erreichen ungeschützte Bauteile aus Stahl im Allgemeinen eine sehr geringe Feuerwiderstandsdauer. Dies ist zum Großteil auf ihre geringe Massigkeit zurückzuführen, es hängt aber auch mit der hohen Wärmeleitfähigkeit von Baustahl zusammen. Zur Bestimmung der Wärmeleitfähigkeit sind in EC 3 [6] Gleichungen angegeben, die die Wärmeleitfähigkeit als Funktion der Bauteiltemperatur angeben. Die Gleichung lautet wie folgt: λa,θ = 54 − 3,33 ⋅ 10−2 ⋅ θa

für θa < 800 °C

(4)

mit θa Temperatur im Stahl [°C] Oberhalb von 800 °C ist der Wert 27,3 W/mK anzusetzen. Die Auswertung der Gleichung ist zusammen mit

224

C4

Brandschutztechnische Bemessung im Stahl- und Stahlverbundbau nach Eurocode 3 und 4

hat, wenigstens für die bisher nach DIN 4102-4 [3] geregelten Brandschutzmaterialien, entsprechende Angaben im NA [14] niedergelegt. Die dort definierte temperaturunabhängige Wärmeleitfähigkeit ist in Tabelle 1 dargestellt. Weitere Angaben für die Wärmeleitfähigkeit von Brandschutzmaterialien sind beispielsweise in [30] und [31] zu finden. Auf die Hersteller kommt die Aufgabe zu, solche Materialkennwerte aus vorhandenen oder neuen Prüfergebnissen zu ermitteln und bereitzustellen. Das Verfahren für die Ermittlung ist auf europäischer Ebene bereits beschrieben [32]. Bild 6. Wärmeleitfähigkeit für Baustahl und Normalbeton in Abhängigkeit von der Temperatur

3.3

der Wärmeleitfähigkeit von Normalbeton in Bild 6 als Diagramm dargestellt. Vereinfachend darf die Wärmeleitfähigkeit auch unabhängig von der Stahltemperatur zu λa = 45 W/mK angenommen werden. Für Bewehrungsstahl gilt die gleiche Wärmeleitfähigkeit. Da die Wärmeleitfähigkeit von Beton infolge der Inhomogenität des Baustoffs stark streuen kann, sind in EC 4 [8] eine obere und eine untere Grenze angegeben. Nach deutschem Nationalen Anhang (NA) [13] ist nach derzeit gültigen Regelungen auf der sicheren Seite liegend die obere Grenze der Wärmeleitfähigkeit zu verwenden. Diese berechnet sich über die folgende Gleichung: λc,θ = 2 − 0,2451(θc /100) + 0,0107(θc /100)2

(5)

mit θc Temperatur im Beton [°C] Es ist zu erkennen, dass die Wärmeleitfähigkeit von Beton weit unter der von Stahl liegt. Dies macht deutlich, warum Stahl wesentlich empfindlicher für thermische Beanspruchungen ist, da durch die hohe Wärmeleitfähigkeit wesentlich mehr Wärmeenergie in das Bauteil eindringen kann. Daher werden im Stahlbau in der Regel durch Bekleidungen und Beschichtungen nachträglich Brandschutzmaßnahmen appliziert, wenn bei der Verwendung von Stahlbauteilen Anforderungen an den Feuerwiderstand zu erfüllen sind. Diese Brandschutzmaßnahmen unterliegen traditionell Zulassungen durch Prüfung in autorisierten Prüfanstalten. Die Angaben der Hersteller sind daher exklusiv für ihr Produkt und beziehen sich meist auf Mindestdicken der Bekleidungen, zugeordnet zu den Feuerwiderstandsklassen gemäß Normbrandversuch. Daher ist auch verständlich, dass in EC 3 [6] keine Angaben zur Wärmeleitfähigkeit für Bekleidungen oder Beschichtungen geregelt werden, sondern auf diesbezügliche Prüfvorschriften und -ergebnisse verwiesen wird. Die Folge davon ist, dass für die Berechnung der Erwärmungskurven geschützter Stahlbauteile wesentliche Parameter fehlen. Die deutsche Bauaufsicht hat diesen Mangel erkannt und

Wärmekapazität

Neben der Wärmeleitfähigkeit hängt die thermische Reaktion eines Bauteils auf eine äußere Temperatureinwirkung ausschließlich von der Wärmekapazität ab. Diese gibt an, wie viel Energie notwendig ist, um ein bestimmtes Volumen eines Materials um eine bestimmte Temperatur zu erhöhen. Die Wärmekapazität wird im Eurocode für Stahl und Beton als spezifische Wärmekapazität angegeben. Diese bezieht sich auf die Masse des Werkstoffs, nicht etwa auf das Volumen. Daher ist zusätzlich die Dichte der Materialien von großer Wichtigkeit. Sie ist ebenfalls in Abhängigkeit der Temperatur in EC 3 [6] bzw. EC 4 [8] angegeben und wird ebenfalls in diesem Abschnitt erläutert. Nach EC 3 [6] darf die Dichte von Stahl über den gesamten Temperaturbereich bis 1200 °C mit dem Wert bei Raumtemperatur gleichgesetzt werden. Die Wärmekapazität des Stahls wird dadurch bei erhöhten Temperaturen etwas überschätzt. In der Praxis hat sich gezeigt, dass diese Überschätzung als vernachlässigbar klein eingestuft werden kann. Für Bewehrungsstahl gelten die gleichen Regeln. Zur genauen Berechnung der Dichte von Beton über die Temperatur wird in EC 4 [8] auf EC 2 [15] Kapitel 3.3.2(3) verwiesen. Es werden alternativ die folgende Gleichung für eine vereinfachte Berechnung sowie die Möglichkeit gegeben, den konservativen temperaturunabhängigen Wert 2300 kg/m3 anzusetzen. Die vereinfachte Gleichung zur Berechnung der temperaturabhängigen Dichte von Beton lautet: ρc,θ = 2354 − 23,47(θc /100)

(6)

mit θc Temperatur im Beton [°C] Die Gleichung und der konservative Wert gelten ausschließlich für Normalbeton. Für Leichtbeton gibt es weitere Angaben im EC 4 [8] und EC 2 [15]. Die spezifische Wärmekapazität von Stahl ist in EC 3 [6] Kapitel 3.4.1.2 über einen Formelsatz gegeben, der für vier Temperaturbereiche separate Gleichungen verwendet. Dies ist notwendig, da der Verlauf der spezifischen Wärmekapazität über die Temperatur nicht stetig ist, sondern im Bereich von 735 °C einen plötzlichen Anstieg und anschließenden starken Abfall verzeichnet. In diesem Temperaturbereich finden im

225

Materialeigenschaften Tabelle 1. Thermische Materialkennwerte von Brandschutzbekleidungen Brandschutzmaterial

Wärmeleitfähigkeit λp [W/(mK)]

Spezifische Wärme cp [J/(kg K)]

Dichte ρp [kg/m3 ]

Putzbekleidungen: Mörtel einschließlich Vermiculite- und Perlitemörtel nach DIN 4102-4

0,12

1100

550

Plattenbekleidungen: Für feuerwiderstandsfähige Bauarten geeignete Gipsplatten nach DIN 4102-4

0,20

1700

945

Bild 7. Volumenbezogene Wärmekapazität von Stahl und Beton über die Temperatur

Stahl zwei Prozesse statt, die α/γ-Gefügeumwandlung (723 °C) und die Entmagnetisierung (768 °C). Die benötigte Energie wird durch eine erhöhte Wärmekapazität numerisch berücksichtigt. Bild 7 zeigt unter anderem den temperaturabhängigen Verlauf der über die Dichte angepassten volumenbezogenen Wärmekapazität von Stahl. Auf eine Wiedergabe der Gleichungen des Eurocodes wird hier verzichtet. Als Vereinfachung wird im EC 3 [6] eine spezifische Wärmekapazität ca = 600 J/kg K über den gesamten Temperaturbereich vorgeschlagen. Die Speicherkapazität wird im Vergleich zur tatsächlich vorhandenen geringer angenommen. Die spezifische Wärmekapazität von Beton berechnet sich nach EC 4 [8] in zwei Schritten. Zunächst wird die spezifische Wärmekapazität für trockenen Beton nach EC 2 [15] Kapitel 3.3.2(4) über einen Formelsatz oder eine vereinfachte Gesamtgleichung berechnet. Anschließend wird die temperaturabhängige Kurve um einen Maximalwert ergänzt, der den Einfluss des Verdampfens des gebundenen Porenwassers wiedergibt. Die Höhe dieses Maximalwertes ist abhängig vom Feuchtegehalt des Betons und wird im Regelfall mit cc ∗ = 2020 J/kg K (für einen Feuchtegehalt von 3 % des Betongewichts) angesetzt. Bei betongefüllten Stahlhohlprofilen kann aufgrund der Verdunstungsbehinderung auch ein Feuchtegehalt von 10 % berücksichtigt werden. Der Einfluss des Verdampfens der Feuchtigkeit ist in Bild 7 als gestrichelte Linie gegenüber der für den trockenen Beton durchgezogenen Linie dargestellt.

Die volumenbezogene Wärmekapazität von Beton geht ebenfalls aus Bild 7 hervor. Es ist zu erkennen, dass die Wärmekapazität von Beton durchgehend geringer ist als die von Stahl. Dies ist auf die wesentlich höhere Dichte von Stahl (ρa,0 = 7850 kg/m3 ) gegenüber der von Normalbeton (ρc,0 = 2300 kg/m3 ) zurückzuführen. Es ist festzuhalten, dass die Wärmekapazität von Stahl und Beton einen geringeren Unterschied aufweisen, als dies bei der Wärmeleitung der Fall ist. Die deutlichen Unterschiede bei der Reaktion der Baustoffe auf hohe Temperatureinwirkungen sind also eher auf die Wärmeleitfähigkeit als auf die Wärmekapazität zurückzuführen. Die spezifische Wärmekapazität für Brandschutzmaterialien nach EC 3 NA [14] ist neben der Wärmeleitfähigkeit ebenfalls als temperaturunabhängiger Wert in Tabelle 1 angegeben.

3.4

Thermische Dehnung

Durch die Temperaturerhöhung dehnen sich Stahl und Beton wie nahezu alle festen Körper aus. In Abschnitt 2.3 wurde bereits dargelegt, dass dieses Verhalten zusätzliche mechanische Einwirkungen hervorrufen kann, die bei der Bauteilbemessung zu berücksichtigen sind. Für den temperaturabhängigen Verlauf der thermischen Dehnung, die zumeist als Längenänderung bezogen auf die Ausgangslänge (Δl/l) beschrieben wird, stehen nach EC 3 [6] und EC 4 [8] verschiedene Formelsätze zur Verfügung. Für Bau- und Bewehrungsstahl gilt gleichermaßen der folgende Formelsatz: Für den Bereich 20 °C ≤ θc < 750 °C: Δl/l = −2,416 ⋅ 10−4 + 1,2 ⋅ 10−5 ⋅ θa + 0,4 ⋅ 10−8 ⋅ θa (7) Für den Bereich 750 °C ≤ θc < 860 °C: Δl/l = 11 ⋅ 10−3

(8)

Für den Bereich 860 °C ≤ θc < 1200 °C: Δl/l = −6,2 ⋅ 10−3 + 2 ⋅ 10−5 ⋅ θa

(9)

mit θa Temperatur im Stahl [°C] Für Normalbeton und Beton mit quarzhaltigen Zuschlägen, nicht aber für Beton mit kalksteinhaltigen Zuschlägen, kann die folgende Gleichung verwendet werden.

226

C4

Brandschutztechnische Bemessung im Stahl- und Stahlverbundbau nach Eurocode 3 und 4

Für den Bereich 20 °C ≤ θc < 700 °C: Δl/l = −1,8 ⋅ 10−4 + 9 ⋅ 10−6 ⋅ θc + 2,3 ⋅ 10−11 ⋅ θc

(10)

Für den Bereich 700 °C ≤ θc < 1200 °C: Δl/l = 14 ⋅ 10−3

(11)

mit θc Temperatur im Beton [°C] Da viele Rechenmodelle die Vorgabe des Wärmeausdehnungskoeffizienten bezogen auf die Ausgangstemperatur (20 °C) erfordern, ist eine Anpassung über die folgende Gleichung notwendig: αθ,20 =

Δl/l Δl/l = Δθ (θi − 20)

(12)

mit θi Temperatur im Beton bzw. Stahl

3.5

Spannungs-Dehnungsbeziehung

Bei der Verwendung von vereinfachten Bemessungsverfahren (Ebene 2, siehe Abschnitt 4.1) sind anstelle der vollständigen Spannungs-Dehnungsbeziehung zum Teil nur die abgeminderte Druckfestigkeit von Beton sowie die abgeminderten Streckgrenzen des Baustahls und der Bewehrung erforderlich. Hierfür sind in EC 4 [8] (Tabellen 3.2, 3.3 und 3.4) Abminderungsfaktoren in Abhängigkeit der Temperatur vorgegeben. Eine grafische Auswertung der jeweils auf die Tragfähigkeit bei Raumtemperatur bezogenen Festigkeiten ist in Bild 8 dargestellt. Für die vollständige Berechnung des Trag- und Verformungsverhaltens von Stahl- und Stahlverbundbauteilen vom Zustand bei Raumtemperatur bis zum Erreichen der Versagenstemperatur im Brandfall ist jedoch eine eindeutige temperaturabhängige Spannungs-Dehnungsbeziehung erforderlich. Die mathematische Beschreibung dieses Zusammenhangs für den Werkstoff Stahl nach EC 3 [6] ist nach einem Modell möglich, das schematisch in Bild 9 wiedergegeben ist [33]. Die einzelnen Parameter sind dabei über Formelsätze in Abhängigkeit des E-Moduls (Ea,θ ), der effektiven Fließgrenze (fy,θ ) und der Proportionalitätsgrenze

Bild 8. Abminderung der Festigkeiten verschiedener Baustoffe infolge Temperatur nach EC 4 [8]

Bild 9. Schema zur Ermittlung der temperaturabhängigen Spannungs-Dehnungsbeziehung von Stahl nach EC 3 [6] Hierin bedeuten: fy,θ effektive Fließgrenze fp,θ Proportionalitätsgrenze Ea,θ Steigung im elastischen Bereich εp,θ Dehnung an der Proportionalitätsgrenze εy,θ Fließdehnung εt,θ Dehnung an der Streckgrenze εu,θ maximale Bruchdehnung

Bild 10. Reduktionsfaktoren für Materialkennwerte von Stahl in Abhängigkeit der Temperatur nach EC 3 [6]

(fp,θ ) zu ermitteln. Für diese drei Eingangsparameter sind weiterhin tabellarisch Reduktionsfaktoren gegeben, die den Einfluss der Temperatur berücksichtigen. Diese sind in Diagrammform in Bild 10 dargestellt. Die Ermittlung der Spannungs-Dehnungsbeziehung für warmverformten Bewehrungsstahl ist identisch. Für kaltverformten Bewehrungsstahl gelten bei gleichem Rechenschema leicht abweichende Reduktionsfaktoren nach EC 4 [8] (Tabelle 3.4). In EC 4 [8] Kapitel 3.2.2(1) ist ein Modell vorgegeben, mit welchem, ähnlich dem Modell für Stahl, die Spannungs-Dehnungsbeziehung für Beton im Druckbereich für jede Betonfestigkeitsklasse und für jede Temperatur konstruiert werden kann. Eine Auswertung des Rechenschemas zur Erstellung der Spannungs-Dehnungsbeziehung von Beton im Druckbereich für eine Betonfestigkeitsklasse C35/45 zeigt Bild 11. Die aufnehmbaren Zugspannungen des Betons können näherungsweise zu null gesetzt werden. Da es sich als numerisch sehr instabil herausgestellt hat, ohne Be-

Bemessungsverfahren nach EC 3

Bild 11. Spannungs-Dehnungsbeziehung eines C35/45 im Druckbereich für verschiedene Temperaturen

Bild 12. Spannungs-Dehnungsbeziehung im Zugbereich eines C35/45 mit bilinearem abfallenden Ast

tonzugfestigkeit zu rechnen, ist es erlaubt, in allgemeinen Rechenverfahren die Festigkeit im Zugbereich anzusetzen, solange Grenzwerte nach EC 2 [15] Kapitel 3.2.2.2 nicht überschritten werden. Zum Verlauf der Spannungs-Dehnungsbeziehung von Normalbeton im Zugbereich werden in EC 2 bzw. EC 4 keine Angaben gemacht. Ein möglicher Ansatz für den Verlauf, wie er beispielsweise in [34] verwendet wurde, ist in Bild 12 dargestellt. Es ist zu erkennen, dass die Zugspannung mit zunehmender Dehnung zunächst stark ansteigt. Bei Erreichen der Zugfestigkeit beginnt die Entfestigung, d. h. der Bereich abnehmender Zugspannungen. Dieser ist hier bilinear approximiert. Einen Überblick über verschiedene Ansätze der Spannungs-Dehnungsbeziehungen für Normalbeton im Zugbereich liefert [35]. Hier sind auch die zur Herleitung der gezeigten Spannungs-Dehnungsbeziehung benötigten temperaturabhängigen Variablen genauer beschrieben.

4

Bemessungsverfahren nach EC 3

4.1

Allgemeines

Von tragenden Bauteilen wird gefordert, dass ihre Tragfähigkeit im Brandfall unter den Bemessungslasten für eine geforderte Branddauer erhalten bleibt. Allgemein sieht der Eurocode für den Nachweis des Feu-

227

erwiderstands tragender Bauteile neben dem Brandversuch folgende Nachweisebenen vor: – Ebene 1 Klassifizierung der Bauteile mithilfe von Tabellen (entspricht dem Verfahren nach DIN 4102-4 [3]) – Ebene 2 Nachweis mit vereinfachten Berechnungsverfahren Diese Nachweisform geht von geeigneten vereinfachten und vereinfachenden Annahmen aus. Beispielsweise wird bei Stahlquerschnitten eine über den Querschnitt konstante Temperatur angenommen. – Ebene 3 Nachweis mit allgemeinen Berechnungsverfahren Dieser Nachweis beinhaltet die vollständige thermische und mechanische Analyse in einem numerischen Simulationsmodell. Diese Nachweismethode darf nach EC 3-1-2 [6] auf Bauteile, Tragwerksteile und Gesamtkonstruktionen angewendet werden. Der Berechnungsaufwand steigt von Ebene 1 nach Ebene 3. Das Konzept der drei Nachweisstufen ist so angelegt, dass das Bemessungsergebnis umso konservativer ausfällt, je einfacher das gewählte Nachweisverfahren ist; ggf. auch zu Lasten der Wirtschaftlichkeit. Im EC 3-1-2 [6] sind keine Tabellen für klassifizierte Stahlbauteile (Ebene 1) enthalten. Dies erklärt sich aus der Tatsache, dass Brandschutzbekleidungen und -beschichtungen für Stahlbauteile Produkte sind, die explizit durch die Hersteller auf dem Wege der Zulassung auf den Markt kommen und deshalb häufig nicht genormt sind. Die Standsicherheit von Tragwerken aus Stahl kann für die außergewöhnliche Bemessungssituation des Brandfalls mit folgenden Verfahren des EC 3 [6] nachgewiesen werden: – Zeitebene tfi,d ≥ tfi,Rd – Tragfähigkeitsebene Rfi,d ≥ Efi,d – Temperaturebene θcr ≥ θmax Der EC 3 [6] sieht neben vereinfachten Verfahren (Ebene 2) allgemeine Bemessungsverfahren (Ebene 3) für den Nachweis von Stahlbauteilen im Brandfall vor. Die vereinfachten Verfahren zielen zum einen auf die Einhaltung einer kritischen Temperatur und zum anderen auf den Nachweis der Tragfähigkeit ab. Sie gehören somit zu den Nachweisformen der Temperatur- bzw. Tragfähigkeitsebene. Die allgemeinen Bemessungsverfahren sind auf Grundlage von numerischen Simulationen zu führen. Ein Nachweis kann dabei aufgrund des hohen Informationsgehaltes dieses Verfahrens auf Zeit-, Tragfähigkeits- oder Temperaturebene erfolgen. Eine Gemeinsamkeit bei allen Nachweisen im EC 3 [6] ist, dass zunächst die Stahltemperaturen zu ermitteln sind. Aus diesem Grund werden in den folgenden Abschnitten zunächst verschiedene Verfahren zur Temperaturermittlung vorgestellt, bevor im Anschluss (ab Abschnitt 4.5) die Tragfähigkeitsnachweise gezeigt werden.

228

C4

Brandschutztechnische Bemessung im Stahl- und Stahlverbundbau nach Eurocode 3 und 4 Tabelle 3. Profilfaktoren ungeschützter Stahlprofile Am /V [m−1 ] für 3- und 4-seitige Beflammung

Tabelle 2. Ermittlung des Profilfaktors Art der Bekleidung Dreiseitige Brandbeanspruchung

Profilfolgend

h b

b

Profilfaktor Ap /V

Mantelfläche−b A

2⋅h+b A

Allseitige Brandbeanspruchung

Profilfolgend

Kastenförmig

h

h

b

b

4.2

Mantelfläche A

2⋅h+2⋅b A

Stahltemperaturen von Bauteilen mit und ohne konventionelle Brandschutzbekleidung

Die Erwärmung von Stahlbauteilen unter Brandbeanspruchung wird maßgeblich von der Massigkeit bestimmt. Je massiger ein Stahlbauteil ist, desto mehr Energie kann gespeichert werden. Dies bewirkt bei gleicher Oberfläche niedrigere Stahltemperaturen. Die Massigkeit wird durch den sog. Profilfaktor ausgedrückt. Der Profilfaktor Am /V (ungeschützt) bzw. Ap /V (bekleidet) ist nach EC 3-1-2 [6] als Verhältnis von brandbeanspruchter Oberfläche Am zum Volumen V des Stahlbauteils pro Längeneinheit definiert. Für Bauteile mit über der Länge gleichbleibendem Querschnitt ist der Profilfaktor identisch mit dem Wert U/A nach DIN 4102-4 [3]. Beispiele für die Ermittlung des Profilfaktors bei I-Profilen zeigt Tabelle 2. In den Tabellen 3 und 4 sind die Profilfaktoren Am /V ungeschützter Walzprofile für drei- und vierseitige Brandbeanspruchung wiedergegeben. Bei profilfolgender Bekleidung sind die Profilfaktoren Ap /V identisch mit Am /V. Zur Ermittlung der Temperatur im Stahlbauteil bietet der EC 3-1-2 für ungeschützte Stahlbauteile die Möglichkeit einer vereinfachten Temperaturermittlung für ein ausgewähltes Zeitinkrement Δt: Δθa,t = ksh ⋅

Am /V ̇ ⋅h ⋅ Δt [°C] ca ⋅ ρa net,d

(13)

Bei der numerischen Lösung sollten die Zeitinkremente Δt nicht mehr als 5 Sekunden betragen. Der Wärmestrom setzt sich aus dem Anteil aus Konvektion und Wärmestrahlung zusammen. Der konvektive Anteil wird wie folgt berechnet: ḣ = α (θ − θ ) (14) net ,c

c

g

HE-A 3

h

Profilfaktor Ap /V

h

Kastenförmig

a

mit αc Wärmeübergangskoeffizient [W/m2 K]

HE-AA

HE-B

HE-M

4

3

4

3

4

3

4

100 217

264

290

355

180

218

96

116

120 220

267

296

361

167

202

92

111

140 208

253

281

342

155

187

88

106

160 192

234

244

297

140

169

83

100

180 187

226

229

279

131

159

80

96

200 174

211

211

256

122

147

76

92

220 161

195

200

242

115

140

73

88

240 147

178

185

225

108

131

61

73

260 141

171

176

214

105

127

60

72

280 136

165

168

204

102

123

59

71

300 126

153

158

192

96

116

50

60

320 117

141

152

184

91

110

50

60

340 112

134

147

177

88

106

50

60

360 107

128

142

170

86

102

51

61

400 101

120

135

161

82

97

52

62

450

96

113

133

156

79

93

53

62

500

92

107

130

152

76

89

55

63

550

90

104

123

142

76

88

56

64

600

89

102

120

138

75

86

57

65

650

87

100

118

135

74

85

58

66

700

85

96

114

129

72

82

59

67

800

84

94

108

122

72

81

60

68

900

81

90

101

113

70

78

62

69

1000

81

89

98

108

70

78

64

70

1100

80

88

71

78

65

71

Der Anteil aus Strahlung ist mit einer weiteren Gleichung zu ermitteln: } { (15) ḣ net ,r = Φ ⋅ εres ⋅ σ (θg + 273)4 − (θa + 273)4 mit Φ Konfigurationsfaktor (0,9) [–] εres result. Emissionswert (0,7) [–] σ Stefan-Boltzmann-Konstante [W/m2 k4 ] = 5,6697 ⋅ 10−8 Durch Addition der beiden Anteile ergibt sich der Nettowärmestrom in das Bauteil zu: ḣ net = ḣ net,c + ḣ net,r

(16)

Die Gastemperatur θg im Brandraum folgt der ETK nach Gl. (1).

Bemessungsverfahren nach EC 3

229

Tabelle 4. Profilfaktoren ungeschützter Stahlprofile Am /V [m−1 ] für 3- und 4-seitige Beflammung h

IPE 3

4

80

369

429

100

334

387

120

311

140

IPE a 3

4

360

370

428

291

335

354

409

160

269

310

332

382

180

253

291

308

200

235

270

220

221

254

240

205

270

IPE o

IPE v

3

4

3

4

354

226

260

283

326

212

244

260

298

200

230

236

240

276

185

213

197

227

230

265

170

195

300

188

216

216

248

163

187

330

175

200

199

228

152

175

360

163

186

185

211

142

162

400

152

174

176

200

135

154

122

139

Wird jedoch die Energieaufnahme in der Bekleidung, die aufgrund des geringen Bekleidungsgewichtes eine untergeordnete Rolle spielt, vernachlässigt, so vereinfacht sich Gl. (17) mit ϕ = 0 zu:

450

143

162

165

187

122

138

109

124

Δθa,t =

500

134

151

152

172

114

129

96

108

550

124

140

142

160

108

121

84

95

600

115

129

131

147

93

104

79

89

Bild 13. Erwärmungskurven ungeschützter Stahlquerschnitte unter Einheits-Temperaturzeitkurve; Kurvenparameter: Profilfaktor Am /V [m−1 ]

Den Funktionsverlauf der Gl. (13) zeigt Bild 13 für verschieden massige Stahlquerschnitte. Es wird deutlich, dass unter der ETK-Beanspruchung lediglich massige, ungeschützte Stahlbauteile so langsam erwärmt werden, dass die Stahltemperaturen bis zu 30 Minuten Branddauer unterhalb einer üblichen Versagenstemperatur von etwa 500 °C bleiben. Der Temperaturanstieg im Zeitinkrement Δt bekleideter Stahlbauteile lässt sich gemäß EC 3-1-2 [6] nach Gl. (17) berechnen: Δθa,t =

A p λp θg,t − θa,t 1 ⋅ ⋅ ⋅ ⋅ Δt − (eϕ/10 − 1) ⋅ Δθg,t V dp ca ⋅ ρa 1 + ϕ3 (17)

Dabei ergibt sich ϕ wie folgt: ϕ=

cp ⋅ ρp ca ⋅ ρa

⋅ dp ⋅

Ap V

(18)

Bei der numerischen Lösung sollten die Zeitinkremente Δt nicht größer als 30 Sekunden sein. Die Gl. (17) enthält so viele, teils temperaturabhängige, Parameter, dass eine übersichtliche Darstellung der Lösungsfunktion wie bei den ungeschützten Querschnitten in Bild 13 nicht ohne Weiteres möglich ist.

Ap V



λp dp



θg,t − θa,t ca ⋅ ρa

⋅ Δt

(19)

Diese kann für verschiedene Verhältnisse von (Ap /V) ⋅ (λp /dp ) numerisch gelöst und grafisch dargestellt werden (Bild 14). Für Stahlbauteile hat der Verfasser in [36] Näherungsformeln veröffentlicht, mit denen die Temperaturen in Abhängigkeit von der Branddauer und dem Profilfaktor unter ETK einfach errechnet werden können. Diese Kurven sind insbesondere für Feuerwiderstandsdauern bis 30 min nützlich, da hier keine schrittweise Berechnung des Temperaturanstieges notwendig ist. Die Berechnungsformeln sind in Tabelle 5 dargestellt.

4.3

Stahltemperaturen von Bauteilen mit dämmschichtbildenden Brandschutzsystemen

Im modernen Hochbau werden Stahlbauteile häufig als gestalterische Elemente eingesetzt. Um dabei den architektonischen Ansprüchen zu genügen, werden vielfach dämmschichtbildende Brandschutzsysteme (DSBBS) eingesetzt. Diese Beschichtungssysteme ermöglichen es aufgrund der geringen Auftragsdicken, einerseits Ansprüche an die Ästhetik der Stahlbauweise und andererseits Anforderungen an die Feuerwiderstandsdauer der Bauteile zu erfüllen. Die Funktionsweise dieser Brandschutzsysteme beruht darauf, dass die Beschichtung bei thermischer Einwirkung reagiert und seine anfänglich geringe Schichtdicke (Trockenschichtdicke) um etwa das 30- bis 40fache vergrößert. Dabei wird eine Schaumschicht mit hohen wärmedämmenden Eigenschaften ausgebildet, die die Er-

230

C4

Brandschutztechnische Bemessung im Stahl- und Stahlverbundbau nach Eurocode 3 und 4

Bild 14. Erwärmungskurven geschützter Stahlquerschnitte unter ETK-Einwirkung Tabelle 5. Erwärmungsfunktionen von Stahlbauteilen als Funktion der Branddauer t [min] unter Einheits-Temperaturzeitkurve (Näherungsfunktionen) Allgemeiner Ansatz: θa,t =

c1 ⋅c2 +c3 ⋅tc4 c2 +tc4

ungeschützte Stahlbauteile Kurvenparameter: Profilfaktor c1 =

20 °C

c2 =

15780 ⋅

(

Am V

[°C]; mit t in min (

Am V

)

[m−1 ]

bekleidete Stahlbauteile (

(

)−1,13

47827 ⋅

Ap

(

Ap V

( 10000( 0,3+1,896⋅ln

Am V



V

133685 ⋅ c3 =

Ap

Kurvenparameter:

λp

V

λp

)[

dp

)−0,9233

dp λ

A

λp

)−0,7517

dp





W m3 K

]

für: 100 ≤

Ap

für: 400
20 Minuten: k0 = 1,0 7 mm

(EC 5-1-2; Gl. 4.1)

Bild 7. Bemessung einer Stütze

Vereinfachte Rechenverfahren

Es ergeben sich folgende Querschnittwerte:

Es ergeben sich folgende Spannungen:

b (t) = b

= 18,0 cm

σc,0,d,fi =

h (t) = h − 1 ⋅ def

= 18 − 3,1

Nd,fi Ar

σm,y,d,fi =

ΔMd,fi 1,16 ⋅ 106 = = 1,74 N/mm2 Wy,r 666 ⋅ 103

Ar

= b (t) ⋅ h (t) = 18,0 ⋅ 14,9 = 268,2 cm2 b (t) ⋅ h (t) 18,0 ⋅ 14,93 = = 4962 cm4 12 12 b (t)3 ⋅ h (t) 18,03 ⋅ 14,9 = = 7241 cm4 = 12 12 b (t) ⋅ h (t)2 18,0 ⋅ 14,92 = = 666 cm3 = 6 6 3

Iy,r = Iz,r Wy,r

= 14,9 cm

Für den brandschutztechnischen Nachweis sind zwei Lastfallkombinationen zu untersuchen. Bei Lastfallkombination 1 wird die Verkehrslast FQ,k als Leiteinwirkung angenommen, sodass aufgrund des Kombinationsbeiwertes Ψ2,W für die Windlast diese nicht zu berücksichtigen ist. Die Schnittgrößen im Brandfall betragen für die Lastfallkombination 1: Nd,fi = γGA ⋅ FG,k + ψ2,1 ⋅ FQ,k = 1,0 ⋅ 50 + 0,3 ⋅ 75 = 72,5 kN

fd,fi = kmod,fi ⋅ kfi ⋅

fk γM,fi

(EC 5-1-2; Gl. 2.1, 2.4)

Sd,fi = kmod,fi ⋅ kfi ⋅

S05 γM,fi

(EC 5-1-2; Gl. 2.2, 2.5)

mit kfi = 1,25

=

Md,tot,fi

ψ2,W ⋅ qw,k ⋅ l2 =0 8 = ΔMd,fi = 1,16 kNm

Bei der Lastkombination 2 wird der Wind als Leiteinwirkung angenommen und daher mit dem Kombinationsbeiwert Ψ1 multipliziert. Das Zusatzmoment, hervorgerufen aus dem einseitigen Abbrand, wird auf der sicheren Seite liegend nicht berücksichtigt, da es der Momentenbeanspruchung aus Wind entgegenwirkt und somit entlasten würde. Es folgt: Nd,fi

= γGA ⋅ FG,k + ψ2,1 ⋅ FQ,k = 1,0 ⋅ 50 + 0,3 ⋅ 75 = 72,5 kN

ΔMd,fi = wird nicht berücksichtigt Md,fi Md,tot,fi

ψ1,W ⋅ qw,k ⋅ l2 0,2 ⋅ 2,0 ⋅ 3,502 = = 0,61 kNm 8 8 = Md,fi = 0,61 kNm =

Lastfallkombination 1 ist maßgebend, da Md,tot,fi (LFK1) = 1,16 kNm > Md,tot,fi (LFK2) = 0,61 kNm.

21,0 = 26,3 N/mm2 1,0 24,0 = 30,0 N/mm2 = 1,0 ⋅ 1,25 ⋅ 1,0 7333 = 9250 N/mm2 = 1,0 ⋅ 1,25 ⋅ 1,0

fc,0,d,fi = 1,0 ⋅ 1,25 ⋅

Ed,fi

Md,fi

(EC 5-1-2 (NA); Kap. 5 zu 2.3 (1))

Kmod,fi wird ebenfalls zu 1,0 gesetzt, da die Festigkeitsund Steifigkeitsreduzierung aufgrund der Temperaturerhöhung beim Verfahren mit reduziertem Querschnitt bereits über den um 7 mm erhöhten Abbrand berücksichtigt wurde. Es folgt:

ΔMd,fi = Nd,fi ⋅ e

ΔMd,fi

(EC 5-1-2; Tab. 2.1)

γM,fi = 1,0

fm,d,fi

e

72,5 ⋅ 103 = 2,70 N/mm2 268,2 ⋅ 102

Die Bemessungswerte der Festigkeiten und Steifigkeiten errechnen sich im Brandfall nach Abschnitt 3.2:

Durch den einseitigen Abbrand entsteht ein zusätzliches Moment. Der Hebelarm entspricht dem halben rechnerischem Abbrand (def ).

d 31 ⋅ 10−1 = 1,6 cm = ef = 2 2 −2 = 72,5 ⋅ 1,6 ⋅ 10 = 1,16 kNm

=

265

Der Stabilitätsnachweis wird analog zur Bemessung unter Normaltemperatur nach dem Ersatzstabverfahren geführt: Die Knicklänge ist: lef,y = βy ⋅ l lef,z = βz ⋅ l βy = 1,0 = βz

(Eulerfall 2)

lef,y = lef,z = β ⋅ l = 1,0 ⋅ 3,50 = 3,50 m Für die Bestimmung der Schlankheit der Stütze ist der erhöhte Abbrand zu berücksichtigen. lef,y 3,50 ⋅ 102 = 81,4 = √ λy,fi = √ 4962/268,2 Iy /Ar lef,z 3,50 ⋅ 102 λz,fi = √ = 67,4 = √ Iz /Ar 7241/268,2 Die Knickbeiwerte sind: kc,fi =

kfi +



1 k2fi − λ2rel,fi

(EC 5-1-1; Gl. 6.25, 6.26)

] [ ( ) ky,fi = 0,5 ⋅ 1 + βc ⋅ λrel,y,fi − 0,3 + λ2rel,y,fi (EC 5-1-1; Gl. 6.27)

266

C5

Brandschutzbemessung von Holzbauteilen nach Eurocode 5

[ ] ( ) kz,fi = 0,5 ⋅ 1 + βc ⋅ λrel,z,fi − 0,3 + λ2rel,z,fi (EC 5-1-1; Gl. 6.28) βc = 0,2 (Vollholz) √ λy,fi fc,0,d,fi ⋅ λrel,y,fi = π Ed,fi √ 26,3 81,4 ⋅ = 1,38 λrel,y,fi = π 9250 √ λz,fi fc,0,d,fi λrel,z,fi = ⋅ π Ed,fi √ 26,3 67,4 ⋅ = 1,14 λrel,z,fi = π 9250

(EC 5-1-1; Gl. 6.29) (EC 5-1-1; Gl. 6.21)

(EC 5-1-2; Gl. 6.22)

Es folgt: ] [ ky,fi = 0,5 ⋅ 1 + 0,2 ⋅ (1,38 − 0,3) + 1,382 = 1,56 ] [ kz,fi = 0,5 ⋅ 1 + 0,2 ⋅ (1,15 − 0,3) + 1,152 = 1,25 { } 1 kc,y,fi = min ; 1,0 = 0,44 √ 1,56 + 1,562 − 1,382 { } 1 ; 1,0 = 0,57 kc,z,fi = min √ 1,25 + 1,252 − 1,152 Der Spannungsnachweis lautet: σm,y,d,fi σm,z,d σc,0,d,fi + + km ⋅ ≤1 kc,y,fi ⋅ fc,0,d,fi fm,y,d,fi fm,z,d (EC 5-1-1; Gl. 6.23) Der Materialbeiwert km berücksichtigt den Einfluss der Spannungsverteilung in Bezug auf die Inhomogenität von Holz. Er beträgt bei Rechteckquerschnitten aus Vollholz: km = 0,7

(EC 5-1-1; Kap. 6.1.6 (2))

Da keine Biegespannungen σm,z vorliegen, muss dieser Term nicht berücksichtigt werden. Für den Spannungsnachweis gilt: 1,74 2,70 + = 0,29 < 1,0 Nachweis für R30 erbracht! 0,44 ⋅ 26,3 30,0

das Verhältnis des beflammten Umfangs (p) zur Querschnittfläche (Ar ) des Restquerschnitts bestimmt werden. Die Reduzierung der Festigkeit erfolgt über den Modifikationsbeiwert kmod,fi . Der Verlauf der Festigkeitsabnahme ist dem folgenden Diagramm zu entnehmen bzw. kann mit den in EC 5-1-2 angegebenen Formeln berechnet werden. Je größer der Quotient aus p/Ar wird, desto höher ist die mittlere Temperatur im Restquerschnitt, desto kleiner ist der kmod,fi -Wert, desto geringer ist die Restfestigkeit. Da die Reduzierung der Zug-, Druck- und Biegefestigkeit sowie des E-Moduls und Schubmoduls in der Berechnung berücksichtigt wird, kann mit dem „realen“ Restquerschnitt gerechnet werden.

4.2.2

Beispiel 2: Bemessung eines Biegebalkens

Bei diesem Beispiel handelt es sich um einen homogenen Brettschichtholzträger aus GL 28h mit einem Querschnitt von 18 cm × 80 cm. Die Spannweite des Bauteils beträgt 15,0 m. Der Träger ist im Abstand von 3,0 m durch Sparrenpfetten seitlich gehalten. Der Balken ist dreiseitig durch die ETK brandbeansprucht. Es soll der Nachweis für R30 geführt werden. Das Bauteil wird durch folgende Streckenlasten beansprucht: Eigengewicht: 4,0 kN/m Schneelast: 5,25 kN/m (Ort über 1000 m NN) Die maßgebende Lastkombination für den Biegespannungsnachweis bei Normaltemperatur ist: ED = γG ⋅ GK + γQ,1 ⋅ QK,1 + ψ0 ⋅ γQ,2 ⋅ QK,2 ED = 1,35 ⋅ 4,0 + 1,5 ⋅ 5,25 = 13,3 kN/m Das maximale Biegemoment ist somit: q ⋅ l2 8 13,3 ⋅ 15,02 = 374 kNm My,d = 8 Der Spannungsnachweis bei Normaltemperatur nach EC 5-1-1 ergibt eine Spannungsausnutzung von 97 %. Die Kombinationsregel für Einwirkungen im Brandfall lautet: { Ed,fi,t = E ∑ γG,j ⋅ Gk,j ⊕ (ψ1,1 oder ψ2,i ) My,d =

j≥1

4.2

Genaues Bemessungsverfahren mit reduzierter Steifigkeit und Festigkeit

4.2.1

Grundlagen

Das Modell des genauen Bemessungsverfahrens entspricht eher den tatsächlich vorliegenden Bedingungen. Durch die Durchwärmung des Querschnitts vermindern sich seine Festigkeits- und Steifigkeitswerte. Dies muss bei der brandschutztechnischen Bemessung berücksichtigt werden. Die mittlere Temperatur Tm im Restquerschnitt ist entscheidend für die Bestimmung der Festigkeits- und Steifigkeitswerte des Restquerschnittes. Diese Temperatur kann indirekt über

}

⋅ Qk,1 ⊕ ∑ ψ2,i ⋅ Qk,i i>1

(DIN EN 1990; Gl. 6.11a, b) mit ψ2,1 = 0,2

(DIN EN 1990 (NA); Tab. NA.1.1)

Ed,fi = 1,0 ⋅ 4,0 + 0,2 ⋅ 5,25 = 5,05 kN/m Das maximale Biegemoment im Brandfall beträgt: q ⋅ l2 8 5,05 ⋅ 15,02 = 142,0 kNm = 8

Mfi,d = Mfi,d

Vereinfachte Rechenverfahren

267

Bild 8. Entwicklung der mechanischen Eigenschaften unter Temperatureinfluss (EC 5-1-2; Kap. 4.2.3)

Bild 9. Bemessung eines Biegebalkens

Vereinfacht darf auch für die Einwirkungen im Brandfall der Bemessungswert mit 60 % des Wertes der kalten Bemessung angenommen werden. Ed,fi = ηfi ⋅ Ed mit ηfi = 0,6

(EC 5-1-2; Gl. 2.8) (EC 5-1-2 (NA); Kap. 5 zu 2.4.2 (3))

ME,d,fi = 0,6 ⋅ 374 = 224,4 kNm Bei kleinen Querschnitten führt der Nachweis mit vereinfachter Annahme der Einwirkungen oft zu unwirtschaftlichen Querschnitten, da viele veränderliche Einwirkungen im Brandfall kaum oder gar nicht berücksichtigt werden müssen. Hier empfiehlt sich die exakte Berechnung. Das vereinfachte Verfahren nach Gleichung 2.8 des EC 5-1-2 kann jedoch für große Querschnitte problemlos angewendet werden, da hier meistens die kalte Bemessung maßgebend ist. Im weiteren Verlauf wird daher mit Mfi,d = 224,4 kNm gerechnet. Die rechnerisch anzusetzende Abbrandtiefe entspricht bei der Methode mit reduzierten Eigenschaften der Abbrandrate multipliziert mit der erforderlichen Feuerwiderstandsdauer. dchar,n = βn ⋅ t mit

(EC 5-1-2; Gl. 3.2)

Abbrandrate: βn = 0,7 mm/min

(EC 5-1-2; Tab. 3.1)

Branddauer: t = 30 min dchar,n = 0,7 ⋅ 30 = 21 mm Es handelt sich um einen 3-seitig beflammten Querschnitt, da die Oberseite durch den Deckenaufbau über die geforderte Feuerwiderstandsdauer vor der Beflammung geschützt ist. bfi

= 18 − 2 ⋅ 2,1 = 13,8 cm

hfi

= 80 − 2,1 = 77,9 cm

Wy,fi =

13,8 ⋅ 77,92 = 13957 cm3 6

Für die Biegespannung folgt: σm,y,d = σm,y,d

My,d Wy

22440 = 1,61 kN/cm2 = 16,1 N/mm2 = 13957

Zur Berechnung der Festigkeits- und Steifigkeitsreduzierung im Brandfall wird als Eingangswert das Verhältnis aus beflammtem Umfang p [m] zur Fläche Ar

268

C5

Brandschutzbemessung von Holzbauteilen nach Eurocode 5

[m2 ] – ermittelt am Restquerschnitt – benötigt.

Daraus folgt:

p = 1 ⋅ b (t) + 2 ⋅ h (t)

kcrit,fi = 1,0

= 1 ⋅ 13,8 + 2 ⋅ 77,9

= 169,6 cm = 1,696 m

Ar = b (t) ⋅ h (t) = 13,8 ⋅ 77,9 = 1075 cm2 = 0,108 m2 Daraus folgt für die temperaturabhängige Abnahme der Biegefestigkeit: p 1 ⋅ (EC 5-1-2; Gl. 4.2) kmod,fi = 1 − 200 Ar 1 1,696 ⋅ = 0,92 kmod,m,fi = 1 − 200 0,108 und für die temperaturabhängige Abnahme des E-Moduls: p 1 kmod,fi = 1 − ⋅ (EC 5-1-2; Gl. 4.4) 330 Ar 1 1,696 ⋅ = 0,95 kmod,fi = 1 − 330 0,108 Die Bemessungswerte der Biegefestigkeit und des E-Moduls werden bestimmt durch: f fd,fi = kmod,fi ⋅ kfi ⋅ k (EC 5-1-2; Gl. 2.1, 2.4) γM,fi Sd,fi = kmod,fi ⋅ kfi ⋅

S05 γM,fi

mit kfi = 1,15

(EC 5-1-2; Gl. 2.2, 2.5)

(EC 5-1-2; Tab. 2.1)

fk = 28,0 N/mm

2

(E DIN EN 338; Tab. 1)

E0,g,05 = 10200 N/mm

2

γM = 1,0

(DIN EN 1194; Tab. 1)

(EC 5-1-2 (NA); Kap. 5 zu 2.3 (1))

Es folgt: 28,0 = 29,6 N/mm2 1,0 10200 = 11144 N/mm2 Ed,fi = 0,95 ⋅ 1,15 ⋅ 1,0 Der Träger ist im Abstand von 3,0 m seitlich gegen Kippen durch Pfetten gehalten. Der Kippbeiwert berechnet sich zu:

fm,d,fi = 0,92 ⋅ 1,15 ⋅

für λrel,m,fi ≤ 0,75 ⎧1 ⎪ kcrit,fi = ⎨1,56 − 0,75 ⋅ λrel,m,fi für 0,75 < λrel,m,fi ≤ 1,4 ⎪ 21 für 1,4 > λrel,m,fi ⎩ λrel,m,fi (EC 5-1-1; Gl. 6.34) √ fm,d,fi (EC 5-1-1; Gl. 6.30) λrel,m,fi = σm,crit lef = 3,0 m σm,crit =

(EC 5-1-1; Gl. 6.32)

0,78 ⋅ 138 ⋅ 11144 = 70,83 N/mm2 779 ⋅ 3,0 ⋅ 103 √ 29,6 = 0,65 = 70,83

σm,crit = λrel,m,fi

0,78 ⋅ b(t)2 ⋅ Ed,fi h(t) ⋅ lef 2

Für den Nachweis der Biegespannung im Brandfall gilt: σm,y,d σm,z,d + km ⋅ ≤ 1,0 (EC 5-1-1; Gl. 6.11) kcrit ⋅ fm,y,d fm,z,d 16,1 N/mm2 = 0,54 ≤ 1,0 Nachweis für R30 erbracht! 1,0 ⋅ 29,6 N/mm2

5

Bemessung anfangs geschützter Bauteile

5.1

Grundlagen

Der EC 5-1-2 bietet auch ein Rechenverfahren zur Bemessung bekleideter Bauteile. Als Bekleidungen können zum Beispiel Holz-, Holzwerkstoff-, Gips- oder Mineralfaserplatten zum Einsatz kommen. Zur Beschreibung des Abbrandes geschützter Bauteile werden drei Zeitpunkte definiert, zwischen denen sich das Abbrandverhalten grundsätzlich ändert. Der Zeitpunkt tch markiert den Beginn des Abbrandes. Zu diesem Zeitpunkt wird an der Oberfläche des zu schützenden Querschnitts eine Temperatur von etwa 300 °C erreicht. Bis zum Zeitpunkt tch hat der Querschnitt noch keine bleibende Schädigung durch Pyrolyse erfahren. Der Zeitpunkt tf beschreibt den Versagenszeitpunkt (das Abfallen) der Brandschutzbekleidung. Bei Bekleidungen mit schlechter Wärmedämmung oder Rissneigung kann es bereits vor dem Abfallen der Bekleidung zu einem Abbrand kommen. In dem Zeitraum zwischen tch und tf wird der Querschnitt mit einer (gegenüber den Werten nach Tabelle 3.1 des EC 5-1-2) reduzierten Abbrandrate geschädigt, da die Bekleidung das Bauteil weiterhin vor der direkten Beflammung schützt. Bei gut dämmenden Bekleidungen fällt der Beginn des Abbrandes tch mit dem Versagen der Brandschutzbekleidung tf zusammen. Um ein vorzeitiges Abfallen der Bekleidung auszuschließen, muss die Verankerungslänge der Verbindungsmittel la mindestens 10 mm im unverkohlten Querschnitt betragen. Daraus folgt für die Mindestlänge der Verbindungsmittel: lf,req = hp + dchar,0 + la mit hp Dchar,0 la

(EC 5-1-2; Gl. 3.16)

Dicke der Bekleidung eindimensionale Abbrandtiefe Mindestverankerungslänge (= 10 mm)

Nach dem Abfallen der Bekleidung zum Zeitpunkt tf brennt der Querschnitt mit einer erhöhten Abbrandrate bis zum Zeitpunkt ta . Dies rührt daher, dass der verbleibende Restquerschnitt zum Zeitpunkt des Abfallens der Bekleidung bereits vorerwärmt und getrocknet ist. Der Zeitpunkt ta ist dadurch gekennzeichnet,

Bemessung anfangs geschützter Bauteile

269

Bild 10. Darstellung der Abbrandtiefe in Abhängigkeit von der Zeit für tch = tf und einer Abbrandtiefe von 25 mm zum Zeitpunkt ta (EC 5-1-2; Bild 3.4) Legende 1) Verlauf für während der Branddauer ungeschützte Bauteile mit der ideellen Abbrandrate βn (oder β0 ) 2) Verlauf für anfänglich geschützte Bauteile nach dem Versagen der Brandschutzbekleidung 2a) Nach dem Abfall der Brandschutzbekleidung, Beginn des Abbrandes mit erhöhten Werten 2b) Nach Überschreiten der Abbrandtiefe von 25 mm reduziert sich die Abbrandrate auf die Werte der Tabelle 3.1

dass die Abbrandtiefe den wie folgt definierten Wert erreicht: ⎧Abbrandtiefe ohne ⎪ Minimum ⎨Brandschutzbekleidung ⎪25 mm ⎩ (EC 5-1-2; Kap. 3.4.3.1 (1)) Nach dem Zeitpunkt ta entsprechen die Abbrandraten wieder den Werten nach Tabelle 3.1 des EC 5-1-2. Die 25 mm Abbrandtiefe, ab der sich die Auswirkungen der Bekleidung auf die Abbrandrate wieder ausgeglichen haben, gelten vereinfacht für βn und β0 . Für einige Fälle stellt der Eurocode Daten der charakteristischen Zeitpunkte der Abbrandrate zur Verfügung. Sofern die Rechengrundlagen nicht normiert sind, müssen die fehlenden Werte auf der Grundlage von Brandversuchen ermittelt werden. Das Verfahren darf grundsätzlich auch für andere Materialien, wie z. B. Dämmschichtbildner eingesetzt werden, jedoch liegen hierzu keine Formeln und Rechenwerte vor. Da an einigen Stellen die erforderlichen Eingangswerte fehlen und durch Brandversuche ermittelt werden müssen, wird das prinzipielle Vorgehen nur an einem Beispiel erläutert.

5.2

Beispiel 3: Bemessung eines bekleideten Zugstabes

Zu bemessen ist ein Zugstab mit einem Querschnitt von 16 cm × 16 cm. Der Zugstab besteht aus Nadelholz der Festigkeitsklasse C16 und ist durch eine Bekleidung aus Gipskartonbauplatten in einer Stärke von 9,5 mm allseitig geschützt. Der Zugstab wird vierseitig beflammt und ist durch eine Zugkraft Ed = 100 kN belastet. Für den Zugstab ist eine Feuerwiderstandsdauer

Bild 11. Bemessung eines bekleideten Zugstabes

von 30 Minuten nachzuweisen. Die ideelle Abbrandrate beträgt 0,8 mm/min (Tab. 3.1; EC 5-1-2). Der Abbrand des Querschnitts beginnt zum Zeitpunkt tch : tch = 2,8 ⋅ hp − 14

(EC 5-1-2; Gl. 3.11)

tch = 2,8 ⋅ 9,5 − 14 = 12,6 min Dieser Zeitpunkt entspricht ebenfalls dem Versagenszeitpunkt tf der Gipskartonplatte: tf = tch = 12,6 min

(EC 5-1-2; Gl. 3.15)

Nach dem Versagen der Gipskartonplatte verdoppelt sich der rechnerische Abbrand aufgrund der Vorerwär-

270

C5

Brandschutzbemessung von Holzbauteilen nach Eurocode 5

mung gemäß EC 5-1-2; Kap. 3.4.3.2. Daraus folgt: 0,8 ⋅ 2 = 1,6 mm/min Die erhöhte Abbrandrate βn,erhöht ist anzusetzen bis zum Zeitpunkt ta : { 2 ⋅ tf ta = min (EC 5-1-2; Gl. 3.8) 25 + tf k3 ⋅βn { 2 ⋅ 12,6 = 25,2 min ta = min 25 + 12,6 = 28,2 min 2⋅0,8 Die Abbrandtiefe bis zum Zeitpunkt ta ist: ) ( dchar,n,1 = ta − tf ⋅ βn,erhöht dchar,n,1 = (25,2 − 12,6) ⋅ 1,6 = 20,2 mm Die Abbrandtiefe zwischen dem Zeitpunkt ta und der geforderten Feuerwiderstandsdauer von 30 Minuten ist: ( ) dchar,n,2 = 30 − ta ⋅ βn dchar,n,2 = (30 − 25,2) ⋅ 0,8 = 3,8 mm Die gesamte Abbrandtiefe nach einer Branddauer von 30 Minuten beträgt somit: dchar,n,gesamt = dchar,n,1 + dchar,n,2 dchar,n,gesamt = 20,2 + 3,8 = 24 mm Der Nachweis der Feuerwiderstandsdauer wird mit der Methode mit reduziertem Querschnitt geführt. Es ergeben sich somit die folgenden Querschnittwerte: def = dchar,n + k0 ⋅ d0

(EC 5-1-2; Gl. 4.1)

def = 24 + 1,0 ⋅ 7 = 31 mm b (t) = h (t) = b − 2 ⋅ def = 14 − 2 ⋅ 3,1 = 7,8 cm

6

Bemessung von Holzverbindungen

Es ist allgemein bekannt, dass die Feuerwiderstandsdauer einer Konstruktion nur so hoch sein kann, wie ihr schwächstes Glied. Die Schwachpunkte aus brandschutztechnischer Sicht sind im Holzbau oftmals die Verbindungen zwischen den Bauteilen, die im modernen Ingenieurholzbau und Holzrahmenbau fast ausschließlich in Stahl ausgeführt werden. Die zumeist unbekleideten, filigranen Stahlverbindungen haben die Eigenschaft, sich im Brandfall aufgrund ihrer geringen Masse sehr schnell aufzuheizen und verlieren dadurch ihre Festigkeit. Zudem führt die hohe Wärmeleitfähigkeit der Verbindungsmittel zu einem erhöhten Temperatureintrag in den Querschnitt und damit zu einer verstärkten Schädigung des Bauteils in diesem Bereich. Ungeschützte Verbindungen besitzen je nach Ausführung und Auslastung in der Regel nur eine Feuerwiderstandsdauer von 15 bis maximal 25 Minuten. Es ist also für eine Erhöhung der Feuerwiderstandsdauer erforderlich, die Stahlverbindungen vor Temperatureintrag zu schützen. Das Grundprinzip zur Verlängerung der Feuerwiderstandsdauer ist es, die Verbindungsmittel im Innern des Bauteils anzuordnen bzw. sie durch Bekleidungen zu schützen. Durch die Anordnung von Bekleidungen ist es leicht, die Feuerwiderstandsdauer auf 30 bis sogar 60 Minuten zu erhöhen. Der Einsatz von Holz oder Holzwerkstoffen eröffnet dabei die Möglichkeit, werkstoffgetreu und zugleich wirtschaftlich zu arbeiten. Zum Beispiel können freiliegende Köpfe von Bolzen oder Passbolzen versenkt und mit einer eingeklebten Holzscheibe geschützt, bzw. Nagelverbindungen durch aufgenagelte Laschen verdeckt werden. Die Anwendungsregeln für Verbindungen, bei denen die Verbindungsmittel auf Abscheren beansprucht werden, sind in den Abschnitten 6.2 und 6.3 angege-

Ar = b (t) ⋅ h (t) = 7,82 = 60,8 cm2 Vereinfacht wird für die Einwirkungen im Brandfall der Bemessungswert mit 60 % des Wertes der kalten Bemessung angenommen. Ed,fi = ηfi ⋅ Ed

Dübel + Bolzen

Nägel

(EC 5-1-2; Gl. 2.8)

EdA = 0,6 ⋅ 100 kN = 60 kN Es ergibt sich folgende Normalspannung im Brandfall: σc,0,d,fi =

Nd,fi 60 ⋅ 103 = 9,87 N/mm2 = Ar 6080

Die Beanspruchbarkeit ist: fd,fi

= kmod,fi ⋅ kfi ⋅

ft,0,d,fi = 1,0 ⋅ 1,25 ⋅

fk γM,fi

(EC 5-1-2; Gl. 2.1, 2.4)

10,0 = 12,5 N/mm2 1,0

Somit lautet der Spannungsnachweis: σt,0,d,fi 9,87 = 0,79 < 1,0 Nachweis für R30 = ft,0,d,fi 12,5 erbracht!

t

t Holzscheiben

t

t Decklaschen

Bild 12. Möglichkeiten zum Schutz von Stahlverbindungsmitteln [5]

Bemessung von Holzverbindungen

ben. Die Regeln gelten ausschließlich für zweischnittige Verbindungen mit einem symmetrischen Aufbau. Die Regeln gelten sowohl für Holz-Holz- als auch für Holz-Stahl-Verbindungen. Ähnlich wie bei der brandschutztechnischen Bemessung der Bauteile existieren auch für den Nachweis der Verbindungen zwei alternativ anwendbare Wege. Bemessungsregeln für auf Herausziehen beanspruchte Schrauben sind in Kapitel 6.4 des EC 5-1-2 dargestellt. Für zimmermannsmäßige Verbindungen existieren im EC 5-1-2 keine Bemessungsregeln.

Tabelle 3. afi -Werte für eine Feuerwiderstandsdauer von 30 Minuten Art des Verbindungsmittels

Vereinfachte Regeln

Im EC 5-1-2 werden in Tabelle 6.1 die Feuerwiderstandsdauern für Verbindungen angegeben, die bei Normaltemperatur gemäß EC 5-1-1 bemessen wurden. Hieraus ist ersichtlich, dass bei Einhaltung der Anforderungen an die Seitenholzdicke oder den Verbindungsmitteldurchmesser eine Feuerwiderstandsdauer von 15 Minuten in jedem Fall gewährleistet ist. Für Verbindungen mit Stabdübeln beträgt die Feuerwiderstandsdauer sogar 20 Minuten. Bei der vereinfachten Regel können die Feuerwiderstandsdauern der Tabelle für Schrauben, Bolzen und Stabdübel erhöht werden, indem die Seitenholzdicke und -breite sowie die Rand- und Seitenabstände der Verbindungsmittel gegenüber den erforderlichen Werten der Bemessung bei Normaltemperatur um den Wert afi vergrößert werden. Die erforderliche Seitenholzdicke wird durch das Erreichen des Versagensfalls 4 (Lochlaibungsversagen mit Fließgelenkausbildung in den Seitenhölzern) definiert [6]. Die erforderliche Seitenholzdicke beträgt: ) √ ( √ My,k β +2 ⋅ [8] t1,req = 1,15 ⋅ 2 ⋅ 1+β fh,1,k ⋅ d Die Größe von afi wird neben der geforderten Feuerwiderstandsdauer – die maximal 30 Minuten betragen darf – durch die Abbrandrate des Holzes bzw. Holzwerkstoffes und durch die Leitfähigkeit des Verbindungsmittels beeinflusst. afi = βn ⋅ kflux ⋅ (treq − td,fi ) mit βn kflux treq td,fi

(EC 5-1-2; Gl. 6.1)

Abbrandrate Koeffizient zur Berücksichtigung des erhöhten Wärmeflusses (i. d. R. = 1,5) erforderliche Feuerwiderstandsdauer Feuerwiderstandsdauer der ungeschützten Verbindung

Für eine Feuerwiderstandsdauer von 30 Minuten ist die oben angegebene Gleichung ausgewertet und die Werte für afi in Tabelle 3 angegeben worden. Mit der vereinfachten Methode kann somit für ungeschützte Verbindungen mit Nägeln, Schrauben oder Stabdübeln maximal eine Feuerwiderstandsdauer von 30 Minuten nachgewiesen werden. Für Bolzen und Dübel besonderer Bauart ist die Feuerwiderstandsdauer sogar auf 20 Minuten begrenzt.

afi für Nadelholz

afi für Brettschichtholz

Nägel

18

16

Schrauben

18

16

Stabdübel

12

11

6.2 6.1

271

Methode mit reduzierten Beanspruchungen

Die Methode mit reduzierten Beanspruchungen führt im Vergleich zur vereinfachten Methode im Allgemeinen zu höheren Feuerwiderstandsdauern. Sie bietet zudem die Möglichkeit, innerhalb ihrer Anwendungsgrenzen die erforderliche Feuerwiderstandsdauer ohne eine Erhöhung der Bauteilabmessungen zu erreichen. Die Anwendungsgrenzen sind in Tabelle 4 dargestellt. Für höhere Feuerwiderstandsdauern müssen analog zur vereinfachten Methode die Abstände und Bauteilabmessungen erhöht werden. Bis zu einer Feuerwiderstandsdauer von 30 Minuten gelten dazu die Angaben nach der vereinfachten Methode, bis 60 Minuten Feuerwiderstandsdauer müssen die Werte verdoppelt werden. Der Anwendungsbereich wird zudem für Bolzen und Stabdübel in Abhängigkeit der Dicke der Seitenhölzer eingeschränkt. Die Seitenholzdicke muss mindestens t1 betragen: { 50 (EC 5-1-2; Gl. 6.4) t1 = max 50 + 1,25 ⋅ (d − 12) mit d Durchmesser des Verbindungsmittels Tabelle 4. Parameter k (EC 5-1-2; Tab. 6.3) Verbindung mit

k

Maximale Gültigkeitsdauer für ungeschützte Verbindungen [min]

Nägeln und Schrauben

0,08

20

Bolzen, Holz-Holz mit d ≥ 12 mm

0,065

30

Bolzen, Stahl-Holz mit d ≥ 12 mm

0,085

30

Stahldübel, Holz-Holz a) mit d ≥ 12 mm

0,04

40

Stahldübel, Stahl-Holz a) mit d ≥ 12 mm

0,085

30

Verbindungsmittel entspr. EN 912

0,065

30

a) Die Werte für Stabdübel gelten für Verbindungen mit einem Bolzen je vier Stabdübel.

272

C5

Brandschutzbemessung von Holzbauteilen nach Eurocode 5

Der Nachweis kann wahlweise über die Tragfähigkeit oder über die Zeit geführt werden.

Nachweis im Festigkeitsbereich Die Tragfähigkeit eines Verbindungsmittels unter Normbrandbeanspruchung wird durch Reduzierung der Tragfähigkeit bei Normaltemperatur ermittelt. Die Tragfähigkeit bei Normaltemperatur ist der kleinste Wert der vier möglichen Versagensfälle: Lochlaibungsversagen der Seitenhölzer (g): Fv,Rk = fh,1,k ⋅ t1 ⋅ d

(EC 5-1-1; Gl. 8.7)

Lochlaibungsversagen des Mittelholzes (h): Fv,Rk = 0,5 ⋅ fh,2,k ⋅ t2 ⋅ d

(EC 5-1-1; Gl. 8.7)

Lochlaibungsversagen mit Fließgelenkausbildung im Mittelholz (j): fh,1,k ⋅ t1 ⋅ d Fv,Rk = 1,05 ⋅ 2+β ] [√ 4 ⋅ β ⋅ (2 + β) ⋅ My,Rk 2 ⋅ β ⋅ (1 + β) + −β ⋅ fh,1,k ⋅ d ⋅ t21 Fax,Rk (EC 5-1-1; Gl. 8.7) 4 Lochlaibungsversagen mit Fließgelenkausbildung in den Seitenhölzern (k): √ Fax,Rk 2⋅β √ ⋅ My,Rk ⋅ fh,1,k ⋅ d + Fv,Rk = 1,15 ⋅ 1+β 4 +

(EC 5-1-1; Gl. 8.7) Nach Erreichen des Versagensfalls 4 bringt eine zusätzliche Erhöhung der Seitenholzstärke keine höhere Tragfähigkeit. Die zur anschließenden Reduzierung der Festigkeit anzuwendende Gleichung 6.5 des EC 5-1-2 enthält jedoch einen Fehler, da nicht berücksichtigt wird, dass im Brandfall als Ausgangsfestigkeit die 20%-Fraktile zu verwenden ist. Die 20%-Fraktile wird durch den Faktor kfi ermittelt. Die so korrigierte Formel wird über die Änderung A1 zum EC 5-1-2 eingeführt [6]. Fv,Rk,fi = η ⋅ kfi ⋅ Fv,Rk mit η = e−k⋅td,fi

Darin ist Fv,Rk charakteristische Festigkeit eines Verbindungsmittels auf Abscheren unter Normaltemperatur η Umrechnungsfaktor Faktor zur Ermittlung des 20%-Fraktilwerts kfi k Parameter nach Tabelle 4 (Tab. 6.3 des EC 5-1-2) Bemessungswert der Feuerwiderstandsdauer td,fi Die angegebene Gleichung Fv,Rk,fi = η ⋅ kfi ⋅ Fv,Rk !Korrektur! (EC 5-1-2; Gl. 6.5) gilt nur für reine Zug- oder Druckbeanspruchungen, da nur hier sichergestellt ist, dass sich durch die im Brandfall mögliche Reduzierung der veränderlichen Lasten der Kraft-zur-Faser-Winkel nicht ändert. Bei kombinierten Beanspruchungen darf die Gleichung nur über einen Umweg genutzt werden. Es ist für die maßgebende Lastkombination im Brandfall der Kraftzur-Faser-Winkel zu ermitteln. Die hieraus resultierende Beanspruchbarkeit unter Normaltemperatur ist dann in die korrigierte Gleichung 6.5 des EC 5-1-2 einzusetzen.

Nachweis im Zeitbereich Alternativ kann der Nachweis über die Zeit geführt werden. Die erreichbare Feuerwiderstandsdauer kann in Abhängigkeit des Ausnutzungsgrades der Verbindung unter Normaltemperatur, der Beanspruchung im Brandfall und der Art der Verbindungsmittel bestimmt werden. Die dazu im EC 5-1-2 angegebene Gleichung 6.7 enthält jedoch Fehler. Die korrigierte Fassung der Gleichung wird ebenfalls über die Änderung A1 zum EC 5-1-2 bereitgestellt [6]. In der korrigierten Form lautet die Gleichung zur Bestimmung des Bemessungswertes der Feuerwiderstandsdauer: td,fi = −

mit k ηfi γM γMfi kfi

6.3

Bild 13. Versagensmechanismen für Holz- und Holzwerkstoffverbindungen (EC 5-1-1; Bild 8.2)

ηfi ⋅ α ⋅ kmod ⋅ γM,fi 1 ⋅ ln !Korrektur! k γM ⋅ kfi (EC 5-1-2; Gl. 6.7)

Parameter nach Tabelle 6.3 des EC 5-1-2 Abminderungsfaktor für den Bemessungswert der Einwirkungen Teilsicherheitsbeiwert für die Verbindung bei Normaltemperatur Teilsicherheitsbeiwert für Holz im Brandfall (= 1,0) Faktor zur Ermittlung des 20%-Fraktilwerts

Geschützte Verbindungen

Eine weitere Verbesserung der Feuerwiderstandsdauer ist durch die Anordnung einer Bekleidung möglich. Die Bekleidungen können aus Holz, Holzwerkstoffen oder Gipsplatten ausgeführt werden. Durch die Bekleidung wird der Zeitpunkt der Entzündung der Holz-

Bemessung von Holzverbindungen

Feuerwiderstandsdauer der ungeschützten Verbindung (td,fi)

Schutzdauer der Bekleidung (tch)

273

Gesamt F-dauer (treq)

Bild 14. Grundsatz zur Bestimmung der Feuerwiderstandsdauer einer geschützten Verbindung

bauteile verzögert. Da jedoch bereits vor der Entzündung eine Vorerwärmung der Verbindung auftritt und diese dadurch in ihrer Tragfähigkeit geschwächt wird, muss die Summe aus Feuerwiderstandsdauer der ungeschützten Verbindung und der Schutzdauer der Bekleidung in jedem Fall größer sein als die geforderte Feuerwiderstandsdauer. Bei Holzbekleidungen, Holzwerkstoffplatten und Gipsplatten von Typ A oder H gilt für den Beginn des Abbrandes tch (vgl. Abschnitt 5):

FGK = 50 kN (ständige Einwirkungen) FQK = 40 kN (veränderliche Einwirkungen)

tch ≥ treq − 0,5 ⋅ td,fi

(DIN EN 1990 (NA); Tab. NA.1.2(A)) gQ,1 = 1,5 Fd = γG ⋅ FG,k + γQ ⋅ FQ,k = 1,35⋅ 50+ 1,50⋅ 40 = 127,5 kN

(EC 5-1-2; Gl. 6.2)

Für Gipsplatten des Typ F gilt: tch ≥ treq − 1,2 ⋅ td,fi

(EC 5-1-2; Gl. 6.3)

Bei der Anwendung der Formeln ist zu beachten, dass sichergestellt sein muss, dass ein frühzeitiges Abfallen der Bekleidung nicht auftritt. td,fi kann sowohl nach dem vereinfachten Verfahren als auch mit der Methode mit reduzierten Beanspruchungen ermittelt werden.

6.4

Beispiel 4: Bemessung eines Zugstoßes

Die Verbindung besteht aus 8 Stabdübeln und 2 Bolzen. Die Stabdübel werden auf Abscheren beansprucht, während die Bolzen zur Lagesicherung dienen und ein Aufklaffen der Verbindung im Brandfall verhindern. Dies ist Voraussetzung zur Anwendung der Tabelle 6.3 des EC 5-1-2. Die Bolzen werden nicht zur Übertragung der Scherkräfte herangezogen. Die Verbindung soll für eine Feuerwiderstandsdauer von 30 Minuten bemessen werden. Die Verbindung wird durch folgende Einwirkungen beansprucht:

Die Bemessungswerte der Einwirkungen unter Normaltemperatur sind: { } Ed = E ∑ γG,j ⋅ Gk,j ⊕ γQ,1 ⋅ Qk,1 ⊕ ∑ γQ,i ⋅ ψ0,i ⋅ Qk,i j≥1

i>1

(DIN EN 1990; Gl. 6.9b, 6.10) mit gG,j = 1,35

Es ergeben sich folgende für die Verbindung maßgebenden Beanspruchungen für – ein Seitenholz F 127,5 = 63,8 kN NS,d = d = 2 2 – das Mittelholz NM,d = Fd = 127,5 kN Bei der genauen Ermittlung des Bemessungswertes der Einwirkungen im Brandfall gilt: { Ed,fi,t = E ∑ γG,j ⋅ Gk,j ⊕ (ψ1,1 oder ψ2,i ) j≥1

}

⋅ Qk,1 ⊕ ∑ ψ2,i ⋅ Qk,i i>1

(DIN EN 1990; Gl. 6.11a, b) mit ψ2,1 = 0,3

(DIN EN 1990 (NA); Tab. NA.1.1)

Fd,fi = FG,k + ψ2,1 ⋅ FQ,k = 50 + 0,3 ⋅ 40 = 62 kN

Bild 15. Bemessung eines Zugstoßes

274

C5

Brandschutzbemessung von Holzbauteilen nach Eurocode 5

Daraus ergeben sich die für die Verbindung maßgebenden Beanspruchungen im Brandfall für – ein Seitenholz Fd,fi 62 = = 31 kN NS,d,fi = 2 2 – das Mittelholz

Eine Vergrößerung der Querschnitthöhe ist nicht erforderlich. Die erforderliche Seitenholzdicke beträgt: √

( t1,req = 1,15 ⋅

2⋅

NM,d,fi = Fd,fi = 62 kN Im Folgenden wird die Feuerwiderstandsdauer R30 für die Verbindung sowohl mit den vereinfachten Regeln als auch nach der Methode mit reduzierten Beanspruchungen nachgewiesen. Der Tragfähigkeitsnachweis für die Bauteile (Seitenhölzer und Mittelholz) ist zusätzlich nach EC 5-1-2, Kapitel 4.2.2 oder 4.2.3 zu führen, wird hier jedoch nicht dargestellt.

6.4.1

Nachweis mit den Vereinfachten Regeln

Voraussetzung zur Anwendung der Tabelle 6.1 des EC 5-1-2 ist bei einer Stabdübelverbindung, dass die Seitenholzdicke t1 ≥ 45 mm beträgt. Dies ist mit 100 mm erfüllt, sodass die Verbindung ohne weiteren Nachweis eine Feuerwiderstandsdauer td,fi von 20 Minuten aufweist. Die Feuerwiderstandsdauer kann durch Erhöhung der Randabstände gegenüber den Mindestabständen nach EC 5-1-1 auf 30 Minuten erhöht werden. afi = βn ⋅ kflux ⋅ (treq − td,fi ) mit kflux = 1,5

(EC 5-1-2; Gl. 6.1) (EC 5-1-2; Kap. 6.2.1.1(3))

βn = 0,8 mm/min

) √ My,k β +2 ⋅ 1+β fh,1,k ⋅ d

[6, 8]

mit der Lochlaibungsfestigkeit für die Seitenhölzer: fh,0,k = 0,082 ⋅ (1 − 0,01 ⋅ d) ⋅ ρk fh,1,k = fh,2,k = 0,082 ⋅ (1 − 0,01 ⋅ 18) ⋅ 350 = 23,5 N/mm2 (EC 5-1-1; Gl. 8.32) und das Fließmoment: My,Rk = 0,3 ⋅ fu,k ⋅ d2,6 My,Rk = 0,3 ⋅ 360 ⋅ 18

2,6

(EC 5-1-1; Gl. 8.30) = 198213 Nmm

Es folgt: ( t1,req = 1,15 ⋅ 2 ⋅



) √ 1,0 198213 +2 ⋅ = 85 mm 1 + 1,0 23,5 ⋅ 18

t1,fi = t1,req + afi = 85 + 12 = 97 mm Eine Erhöhung der Seitenholzdicke ist nicht erforderlich.

(EC 5-1-2; Tab. 3.1))

afi = 0,8 ⋅ 1,5 ⋅ (30 − 20) = 12 mm Die erforderlichen Randabstände unter Normaltemperatur nach EC 5-1-1, Tabelle 8.5 betragen: a3,t = max (7 ⋅ d; 80 mm) = 7 ⋅ 18 = 126 mm

6.4.2

Nachweis mit der Methode mit reduzierten Beanspruchungen

Die Methode ist nur anwendbar, wenn die Seitenholzdicke größer ist als {

(beanspruchtes Hirnholzende) a4,c = 3 ⋅ d = 3 ⋅ 18 = 54 mm

t1 = max (unbeanspruchter Rand)

Die im Brandfall für eine Feuerwiderstandsdauer von 30 Minuten erforderlichen Randabstände sind: a3,t,fi = a3,t + afi = 126 + 12 = 138 mm (beanspruchtes Hirnholzende) a4,c,fi = a4,c + afi = 54 + 12 = 66 mm (unbeanspruchter Rand)

50

50 + 1,25 ⋅ (18 − 12) = 57,5 mm (EC 5-1-2; Gl. 6.4)

Dies ist bei einer Seitenholzdicke von 100 mm erfüllt. Der charakteristische Widerstand auf Abscheren im Brandfall beträgt für ein Verbindungsmittel je Scherfuge: Fv,Rk,fi = kfi ⋅ η ⋅ Fv,Rk !Korrektur! (EC 5-1-2; Gl. 6.5)

Der Mindestabstand der beiden Verbindungsmittelreihen beträgt gemäß Tabelle 8.5 des EC 5-1-1:

mit

(Abstand rechtwinklig zur a2 = 3⋅d = 3⋅18 = 54 mm Faserrichtung)

η = e−k⋅td,fi

Zur Einhaltung der Abstände für eine Feuerwiderstandsdauer von 30 Minuten muss der Querschnitt eine Mindesthöhe aufweisen von:

Die charakteristische Scherfestigkeit eines Verbindungsmittels bei Normaltemperatur wird begrenzt durch den Minimalwert nach Gleichung 8.7 des EC 5-1-1:

hfi = a2 + 2 ⋅ a4,c,fi = 54 + 2 ⋅ 66 = 186 mm < 200 mm

(EC 5-1-2; Gl. 6.6)

Zu erwartende Neuerungen im zukünftigen Eurocode 5

Fv,Rk

⎧ fh,1,k ⋅ t1 ⋅ d ⎪ ⎪ 0,5 ⋅ fh,2,k ⋅ t2 ⋅ d ⎪ ⎪ ⎪ f ⋅t1 ⋅d 1,05 ⋅ h,1,k ⎪ 2+β ⎪ [√ ] = min ⎨ 4⋅β⋅(2+β)⋅My,Rk 2 ⋅ β ⋅ (1 + β) + − β ⎪ ⋅ fh,1,k ⋅d⋅t21 ⎪ ⎪ Fax,Rk + 4 ⎪ ⎪ √ √ ⎪ F 2⋅β ⎪ 1,15 ⋅ ⋅ My,Rk ⋅ fh,1,k ⋅ d + ax,Rk 1+β 4 ⎩

Wie beim vereinfachten Verfahren berechnet, beträgt die Lochlaibungsfestigkeit für die Seitenhölzer: fh,1,k = fh,2,k = 23,5 N/mm2 My,Rk = 198213 Nmm Es folgt:

Fv,Rk

Fv,Rk

⎧ 23,5 ⋅ 100 ⋅ 18 ⎪ ⎪ 0,5 ⋅ 23,5 ⋅ 140 ⋅ 18 ⎪ ⎪ ⎪ 1,05 ⋅ 23,5⋅100⋅18 = min ⎨ 2+1 ⎪ [√ ] 4⋅1⋅(2+1)⋅198213 ⎪ ⋅ 2 ⋅ 1 ⋅ (1 + 1) + 23,5⋅18⋅1002 − 1 ⎪ √ ⎪ √ 2⋅1 ⎪ 1,15 ⋅ ⋅ 198213 ⋅ 23,5 ⋅ 18 1+1 ⎩ ⎧ ⎪ ⎪ = min ⎨ ⎪ ⎪ ⎩

⎧ ⎪4 √ nef = min ⎨ 100 = 2,82 ⎪40,9 ⋅ 4 13⋅18 ⎩ Da es sich um eine zweireihige Verbindung handelt, beträgt die effektive Anzahl der Stabdübel je Scherfuge: nef,ges = 2 ⋅ nef = 2 ⋅ 2,82 = 5,64 Der Tragfähigkeitsnachweis für die Verbindung lautet für die 30. Minute daher: N1,d,di 31 31 = = 0,88 < 1,0 = nef,ges ⋅ Rd,fi 5,64 ⋅ 5,14 35,4 Der Nachweis über die Zeit ist alternativ wie folgt zu führen: td,fi = −

und das Fließmoment:

16818 N 14892 N

ηfi ⋅ α ⋅ kmod ⋅ γM,fi 1 ⋅ ln k γM ⋅ kfi

(EC 5-1-2; Gl. 6.7)

Zur Bestimmung des Ausnutzungsgrades α der Verbindung bei Normaltemperatur muss zunächst die Beanspruchbarkeit bei Normaltemperatur ermittelt werden. Rd = kmod ⋅

Rk γM

Rv,Rd = 0,9 ⋅ α=

(EC 5-1-1; Gl. 2.17)

14,9 = 10,3 kN 1,3

N1,d,s 63,8 = 0,90 = nef,ges ⋅ Fv,Rd 6,88 ⋅ 10,3

Der Abminderungsfaktor ηfi für die Lastkombination im Brandfall beträgt:

42300 N 29610 N

275

ηfi =

Gk + ψfi ⋅ Qk,1 γG ⋅ Gk + γQ,1 ⋅ Qk,1

ηfi =

62 50 + 0,3 ⋅ 40 = = 0,49 1,35 ⋅ 50 + 1,5 ⋅ 40 127,5

(EC 5-1-2; Gl. 2.9)

η = e−k⋅td,fi = e−0,04⋅30 = 0,30

Die Feuerwiderstandsdauer der Verbindung beträgt:

Die charakteristische Beanspruchbarkeit eines Verbindungsmittels im Brandfall beträgt:

td,fi = −

0,49 ⋅ 0,90 ⋅ 0,9 ⋅ 1,0 1 ⋅ ln = 33 Minuten 0,04 1,3 ⋅ 1,15

Fv,Rk,fi = kfi ⋅ η ⋅ Fv,Rk = 1,15 ⋅ 0,30 ⋅ 14,9 = 5,14 kN Da der Teilsicherheitsbeiwert γM,fi im Brandfall 1,0 ist, entspricht der charakteristische Wert dem Bemessungswert: Rd,fi =

Fv,Rk,fi 5,14 = 5,14 kN = γM,fi 1,0

Wenn mehrere Stabdübel in Faserrichtung des Holzes hintereinanderstehen, muss die wirksame Anzahl der Verbindungsmittel gegebenenfalls reduziert werden. Es gilt: ⎧ ⎪n √ nef = min ⎨ a1 ⎪n0,9 ⋅ 4 13⋅d ⎩

(EC 5-1-1; Gl. 8.34)

7

Zu erwartende Neuerungen im zukünftigen Eurocode 5

Derzeit läuft auf europäischer Ebene die Fortschreibung der Eurocodes. Im Mai 2020 wurde prEN 1995-1-2 (second draft) zur Kommentierung freigegeben. Aufgrund noch zu erwartender Änderungen sollen in diesem Beitrag zunächst nur exemplarische Kenntnisse vermittelt werden. Dieses sind Regelungen zu Holz-Beton-Verbunddecken, Brettsperrholzelementen, dem Bemessungsverfahren mit reduziertem Querschnitt und dem Verfahren zur Bestimmung des Raumabschlusses und der Tragfähigkeit zusammengesetzter Bauteile des Holzrahmenbaus.

276

C5

7.1

Holz-Beton-Verbunddecken

Brandschutzbemessung von Holzbauteilen nach Eurocode 5

darstellen:

Bei Holz-Beton-Verbunddecken (HBV-Decken) sind zwei Haupttypen zu unterscheiden: Systeme mit linearen Holz-Unterzügen und Systeme mit flächigen Holzschichten wie Brettstapel oder Brettsperrholz. In diesem Beitrag wird der Focus auf Systeme mit Holz-Unterzügen gelegt, bei denen der Verbund zwischen Holz und Beton durch axial belastete Verbundschrauben hergestellt wird. Die in den Holzbalken dreiseitig eindringende Temperatur hat Auswirkungen auf die Festigkeit und Steifigkeit des Verbundes. Bild 16 zeigt exemplarisch die Temperaturentwicklung in der Mittellinie eines HBV-Querschnittes. Vor dem Hintergrund der Angaben zum temperaturabhängigen E-Modul von Holz gemäß Bild 6, ist ein signifikanter Verlust der Steifigkeit im Verbindungsmittel bereits bei Temperaturen von weniger als 100 °C zu erwarten. Folgerichtig finden sich in prEN 1995-1-2 (second draft) entsprechende Regelungen, um die Auswirkungen zu ermitteln. Die Steifigkeit im Brandfall ermittelt sich zu: Kfi = ηK,fi ⋅ K mit Kfi K ηK,fi

(prEN 1995-1-2; Gl. 7.140)

ηK,fi

für 0,65 ⋅ treq ≤ a1 ≤ 0,8 ⋅ treq + 3 für 0,8 ⋅ treq + 3 ≤ a1 ≤ treq + 24 für a1 ≥ treq + 24

mit a1 Seitliche Überdeckung des Verbindungsmittels treq Erforderliche Feuerwiderstandsdauer in min Die damit einhergehenden geometrischen Randbedingungen werden in Bild 17 dargestellt. Die Tragfähigkeit der Verbindungsmittel ist durch den Temperaturanstieg im Querschnitt ebenfalls reduziert. Der charakteristische Widerstand im Brandfall lautet: Rk,fi = ηR,fi ⋅ RK

RK

Für die Ermittlung des Reduktionsfaktors ist die Durchführung einer eigenen thermischen Analyse nicht erforderlich. ηK,fi lässt sich vereinfacht über die seitliche Überdeckung der Verbindungsmittel mit Holz

für a1 ≤ 0,65 ⋅ treq

(prEN 1995-1-2; Gl. 7.141)

mit RK,fi Verschiebungsmodul im Brandfall Verschiebungsmodul für Normaltemperatur gemäß EC 5-1-1 oder Verwendbarkeitsnachweis Reduktionsfaktor für Steifigkeit

⎧ 0 ⎪ ⎪ ⎪ 0,2⋅a1 −0,12⋅treq 0,2⋅treq +3 ⎪ =⎨ 0,8⋅a 1 −0,6⋅treq +1,8 ⎪ ⎪ 0,2⋅treq +21 ⎪ 1,0 ⎪ ⎩

ηR,fi

(prEN 1995-1-2; Gl. 10.10)

Charakteristische Tragfähigkeit der Verbindungsmittel im Brandfall Charakteristische Tragfähigkeit der Verbindungsmittel für Normaltemperatur gemäß EC 5-1-1 oder Verwendbarkeitsnachweis Reduktionsfaktor für Widerstand

Der Reduktionsfaktor für den Widerstand ηR,fi für zugbeanspruchte Schrauben wird analog zur Steifigkeit in Abhängigkeit von der seitlichen Überdeckung

T [°C] 100

75

50

25

0 0

10

20

30

40

50

Bild 16. Thermische Analyse einer HBV-Decke: Betondeckschicht h = 12 cm; Brettschichtholz 14/24 cm/cm. Temperaturverlauf in Mittellinie zwischen Holz und Beton

60 t [min]

Zu erwartende Neuerungen im zukünftigen Eurocode 5

277

Teilschnittgrößen nachzuweisen. Die Betonplatte wird nach DIN EN 1992-1-2 nachgewiesen.

mit a2 ≥ a1 + 40 a3 ≥ a1 + 20 Abmessungen in mm

Bild 17. Querschnitt und mit geometrischen Randbedingungen [prEN 1995-1-2; Bild 7.18]

ermittelt:

ηK,fi

⎧ 0 ⎪ ⎪ 0,44⋅a − 0,264⋅t 1 req ⎪ 0,2⋅treq +5 ⎪ =⎨ ⎪ 0,56⋅a1 − 0,36⋅treq +7,32 0,2⋅treq +23 ⎪ ⎪ ⎪ 1,0 ⎩

für a1 ≤ 0,65 ⋅ treq für 0,65 ⋅ treq ≤ a1 ≤ 0,8 ⋅ treq + 5 für 0,8 ⋅ treq + 5 ≤ a1 ≤ treq + 28 für a1 ≥ treq + 28 (prEN 1995-1-2; Gl. 10.11)

In Bild 18 werden die Verläufe der Gleichungen 7.141 und 10.11 (prEN 1995-1-2) exemplarisch für die Feuerwiderstandsklasse R30 in Abhängigkeit von der Überdeckung aufgezeigt. Dabei wird von einer zweireihigen Verbindungsmittelanordnung mit einem Abstand der Schrauben in Querrichtung von 40 mm ausgegangen. Für geringere Abstände werden in prEN 1995-1-2 weitergehende Regelungen getroffen, da sich die gegenüberliegenden Wärmeströme überlagern. In Bild 18 wird deutlich, dass der Verlust der Steifigkeit dem Verlust der Festigkeit vorauseilt. Der Teilquerschnitt aus Holz ist grundsätzlich über das Verfahren mit reduziertem Querschnitt für die

7.2

Der Brandschutznachweis für Brettsperrholz (Cross Laminated Timber (CLT)) wird in prEN 1995-1-2 ebenfalls aufgenommen. Das CLT besteht aus kreuzweise verklebten Nadelholzlamellen, was entsprechenden Bauteilen eine hohe Formstabilität verleiht. Der Einsatz erfolgt im Holzmassivbau für Wände und Decken. Dabei werden aus brandschutztechnischer Sicht grundsätzlich zwei Arten von CLT unterschieden: 1. CLT with glue line integrity: zu Deutsch „CLT mit intakter Klebefuge“ 2. CLT without glue line integrity: zu Deutsch „CLT ohne intakte oder versagende Klebefuge“ Hintergrund des CLT mit versagender Klebefuge ist, dass, wenn die Abbrandgrenze die Klebefuge erreicht, ein Abfallen der schützenden Holzkohle einsetzt. Dann verhält sich ein eigentlich massiver, einteiliger Querschnitt vom Prinzip wie ein anfänglich geschütztes Bauteil. Die erste Lamelle brennt mit „normaler“ Abbrandgeschwindigkeit. Aufgrund der Vorerwärmung brennt die nächste Lamelle mit einer erhöhten Abbrandgeschwindigkeit bis zu einer Tiefe von 25 mm. In dieser sogenannten Konsolidierungsphase normalisieren sich die Wärmeströme wieder und es brennt danach mit „normaler“ Geschwindigkeit weiter bis es zu einem erneuten Versagen der Klebefuge kommt. Aufgrund der Mehrschichtigkeit des Brettsperrholzes können insbesondere bei den höheren Feuerwiderstandsdauern im „CLT mit versagender Klebefuge“ mehrere Konsolidierungsphasen auftreten. Die qualitativen Verläufe der Abbrandgrenzen beider Typen werden in Tabelle 5 vergleichend dargestellt. In prEN 1995-1-2 wird ein Prüfverfahren für die Klebefuge beschrieben. Aus Sicht der Autoren ist es für hohe Feuerwiderstandsdauern sinnvoll, ausschließlich Bauprodukte mit intakter Klebefuge zuzulassen. Dadurch wird die Gefahr von Planungsfehlern verringert und der „Ease of Use“ erhöht. Bei geringen Feuerwiderstandsdauern kann es bei entsprechend dick ausgeführten Decklamellen auch unerheblich sein, da ein Versagen der Klebefuge erst gar nicht zum Tragen kommt.

7.3

Bild 18. Auswertung der Gleichungen 7.141 und 10.11 aus prEN 1995-1-2 für eine Feuerwiderstandsdauer von 30 Minuten

Brettsperrholz

Nachweis mit reduziertem Querschnitt

Im Rahmen der Überarbeitung des EC 5-1-2 wird das Verfahren mit reduziertem Querschnitt einer grundlegenden Überarbeitung unterzogen. Das Bemessungsverfahren mit genauen Festigkeiten und Steifigkeiten wird zukünftig nicht mehr in der Norm enthalten sein, um einander konkurrierende Verfahren innerhalb einer Anwendungsregel auszuschließen. Dieses wird der Nutzerfreundlichkeit der Norm entgegenkommen.

278

C5

Brandschutzbemessung von Holzbauteilen nach Eurocode 5

Tabelle 5. Qualitativer Vergleich des Abbrandes in CLT; oben: mit intakter Klebefuge; unten: mit versagender Klebefuge; [basierend auf den Bildern 5.9 und 5.10 prEN 1995-1-2] Darstellung

Klebefuge

d char, n

CLT mit intakter Klebefuge 1: Abbrand in anfänglich ungeschütztem Querschnitt über alle Lamellen hinweg t Zeit [min] dchar,n Nennwert der Abbrandtiefe [mm] βn Nennwert der Abbrandrate [mm/min] βn

1

3

h2

25 mm

4

CLT mit versagender Klebefuge 1: Abbrand in anfänglich ungeschützter erster Lamelle 3: Erhöhte Abbrandgeschwindigkeit in anfänglich geschützter Lamelle bis 25 mm Abbrand erreicht sind 4: Konsolidierter Abbrand in Lamelle bis zur nächsten Klebefuge h1 , h2 , h3 Dicken der Lamellen [mm] tf,i Versagenszeitpunkt der abgebrannten Lamelle [min] ta,i Konsolidierungszeitpunkt in einer Lamelle [min]

h3

d char, n

t

3

h1

1 tf,1 ta,2

tf,2

t

Im derzeit gültigen Bemessungsverfahren mit reduziertem Querschnitt wird nach Ablauf der 20. Minute mit einem konstanten d0 = 7,0 mm gerechnet, vgl. Abschnitt 4.1 dieses Beitrags. Es wird dementsprechend bei der Ermittlung der reduzierten Querschnittswerte nicht nach Zug, Druck und Biegung bzw. eine Kombination daraus unterschieden. Dieses Vorgehen ist jedoch in mechanischer Hinsicht vor dem Hintergrund der in Bild 5 gezeigten Unterschiede zwischen den temperaturabhängigen Festigkeitseigenschaften grundsätzlich zu hinterfragen. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob mit der Dauer der Brandbeanspruchung das Temperaturfeld hinter der Abbrandgrenze unverändert immer tiefer in den Restquerschnitt eindringt und diesen entsprechend schwächt. In prEN 1995-1-2 werden nun entsprechende Differenzierungen vorgenommen und exemplarisch für lineare Bauteile wiedergegeben. Nach Tabelle 6 ist keine Unterscheidung zwischen anfänglich geschützten und ungeschützten Querschnitten erforderlich. Erwartungsgemäß ist d0 mit steigender Branddauer größer. Ferner ist der reduzierte Querschnitt bei Druckbeanspruchung kleiner anzunehmen als bei Zug- oder Biegebeanspruchung. Das überarbeitete Verfahren ist nicht mehr so anwenderfreundlich wie das bisherige – aber sicherlich noch mittels Handrechnung beherrschbar. Für plattenförmige Querschnitte bzw. Brettsperrholz werden in prEN 1995-1-2 weitere Bemessungsmodelle geliefert. Auf eine Wiedergabe soll hier aber vor dem Hintergrund des laufenden Normungsverfahrens noch verzichtet werden.

Tabelle 6. Parameter d0 in mm des überarbeiteten Bemessungsverfahrens mit reduziertem Querschnitt gemäß prEN 1995-1-2; Tab. 7.7 Beanspruchung

R30 geschützt

ungesch.

R60 und höher ungesch.

geschützt

Zug

7

9

Biegung

7

10

Schub

9

14

Druck

14

16

7.4

Nachweis von Wand- und Deckenbauteilen in Holzrahmenbauweise

Das Rechenmodell der DIN EN 1995-1-2 bezieht sich derzeit auf den Nachweis der Tragfähigkeit (R) und des Raumabschluss (EI) von bekleideten Wand- und Deckenbauteilen in Holzrahmenbauweise. Das Modell ist auf eine maximale Feuerwiderstandsdauer von 60 Minuten begrenzt. Der Nachweis des „Tragverhaltens von Holztafelwänden oder Deckenkonstruktionen aus Holzbauteilen“ unterscheidet sich in die Fälle mit Mineralwolle gedämmter Gefache (Anhang C; DIN EN 1995-1-2) und ungedämmter Gefache (Anhang D). Anhang C der DIN EN 1995-1-2 gibt die Eingangswerte zur Berechnung des ideellen verbleibenden Restquerschnitts, der ideellen Abbrandtiefe und der ideellen Abbrandrate an. Dabei wird der „Bemessungswert

Zu erwartende Neuerungen im zukünftigen Eurocode 5

279

Bild 19. Aufbau eines mehrschichtigen Holzbauteils mit der Unterscheidung in schützende und isolierende Schichten

der eindimensionalen Abbrandrate bei Normbrandbeanspruchung“ mit Faktoren für Querschnitt, Dämmung, Formbeiwert und Schutz durch verbleibende Dämmung unter Berücksichtigung des Versagenszeitpunktes bewertet. Zudem wird die temperaturbedingte Abminderung der Festigkeits- und Steifigkeitsparameter des Holzes im Brandfall berücksichtigt. Anhang D baut inhaltlich auf das Bemessungsverfahren nach Abs. 3.4 der DIN EN 1995-1-2 auf. Es entfällt, im Vergleich zu Anhang C, die Schutzwirkung durch die Dämmung im Zwischenraum, da das Vorhandensein einer Dämmschicht zu einem Wärmestau zwischen Bekleidung und Dämmmaterial führt [9]. In der ideellen Abbrandrate sind Eckausbrand und Rissbildung berücksichtigt. Anhang E der DIN EN 1995-1-2 behandelt die Bestimmung der raumabschließenden Funktion eines mehrschichtigen Bauteils mit Holzrahmen. Der Raumabschluss gilt als gegeben, wenn sowohl das Isolationskriterium (Temperaturerhöhung im Mittel kleiner 140 K) erfüllt wird und die feuerabgewandte Bekleidung nicht abfällt. Im Entwurf prEN 1995-1-2 (second draft) wird eine deutliche Erweiterung des Rechenverfahrens angestrebt. Das Verfahren soll für mehr Materialvarianten in unterschiedlichen Kombinationen für eine Feuerwiderstandsdauer bis zu 120 Minuten anwendbar sein. Grundlage hierfür bilden in erster Linie die in [9] durchgeführten Arbeiten, die eine Erweiterung des ursprünglichen Verfahrens der DIN EN 1995-1-2 zum Ziel hatten. Auf dieser Grundlage erfolgt in [10] die Aufnahme von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen anhand von Cellulose und Holzfaserdämmstoffen unter ansonsten unveränderten Modellannahmen. Zur erweiterten Anwendung wurde das bisherige Modell insbesondere um den sogenannten Positionsbeiwert ergänzt. Die Schutzwirkung einer Schicht hängt nicht ausschließlich von ihrer Dicke und deren Brandverhalten ab, sondern ebenfalls von der Lage im Bauteil. So weist die direkt zu Brandbeginn beflammte Schicht eine höhere Schutzdauer als weiter innenliegende Schichten auf, die erst später im Brandverlauf direkt der Beflammung ausgesetzt sind. Der Grund dafür ist, dass die weiter innen liegenden Schichten dann bereits vorerwärmt sind und die ETK höhere Temperaturen aufweist [9]. Es gibt somit keine wesentlichen Einschränkungen für den Aufbau des mehrschichtigen Bauteils.

Zur Anwendung des Modells wird das Bauteil entsprechend Bild 19 in eine isolierende Schicht auf der brandabgewandten Seite und schützende Schichten, die davor angeordnet sind, unterteilt. Die Funktion der schützenden Schichten ist in Anlehnung an das Kapselkriterium K (Temperaturerhöhung im Mittel ≤ 250 K) zu verstehen, während die letzte Schicht das Isolationskriterium I (Temperaturerhöhung im Mittel ≤ 140 K) erfüllen muss. Zur Berechnung des Raumabschlusses des Bauteils sind zunächst die Grundschutzzeiten der einzelnen Schichten zu bestimmen. Dazu stehen je nach Material verschiedene Gleichungen zur Verfügung. So lautet diese zum Beispiel für Gipsplatten: ( )1,2 hi (prEN 1995-1-2; Gl. 7.5) tprot,0,i = 30 ⋅ 15 Für die letzte Platte auf der brandabgewandten Seite sind abweichende Formeln zu benutzen, da wie bereits erläutert ein abweichendes Temperaturkriterium einzuhalten ist. So lautet für diesen Fall die Gleichung für Gipsplatten: ( )1,4 hn (prEN 1995-1-2; Gl. 7.22) tins,0,n = 24 ⋅ 15 Die so ermittelten Grundschutzzeiten werden beeinflusst durch die davor und dahinter angeordneten Schichten des Bauteils. Dies wird berücksichtigt durch die Faktoren kpos,exp und kpos,unexp . Die Schutzwirkung einer Bauteilschicht wird durch das Vorhandensein von Fugen abgemindert werden, was durch den Fugenbeiwert kj zu berücksichtigen ist. Befindet sich brandseitig vor der zu bewertenden Schicht eine Gipsplatte, wird diese Schicht vergleichsweise spät abfallen und die dahinterliegende Schicht länger vor einer direkten Brandeinwirkung schützen. Dieser positive Einfluss auf die Schutzzeit kann durch den Beiwert Δt berücksichtigt werden. Somit lässt sich aus den zuvor ermittelten Grundschutzzeiten der tatsächliche Anteil der jeweiligen Bauteilschicht an der Feuerwiderstandsdauer ermitteln mit: ( ) tprot,i = tprot,0,i ⋅ kpos,exp,i ⋅ kpos,unexp,i + Δti ⋅ kj,i (prEN 1995-1-2; Gl. 7.4) ) ( tins,n = tins,0,n ⋅ kpos,exp,n + Δtn ⋅ kj,n (prEN 1995-1-2; Gl. 7.21)

280

C5

Brandschutzbemessung von Holzbauteilen nach Eurocode 5

Die Feuerwiderstandsdauer kann anschließend durch Addition der bewerteten Schutzzeiten der einzelnen Schichten berechnet werden: i=n−1

tins = ∑ tprot,i + tins,n

(prEN 1995-1-2; Gl. 7.3)

i=1

Hinsichtlich brennbarer Dämmstoffe konnte das Modell um Holzfaser- und Celluloseprodukte erweitert werden, die den größten Anteil unter den nawaRoDämmstoffen ausmachen. Da es im Deckenbereich und bei der Verwendung von losen Cellulose-Einblasdämmstoffen zum Herausfallen, und damit zu einer verringerten Schutzwirkung, kommen kann, wird der Berechnung der Schutzzeit der Dämmschicht der Abminderungsfaktor kfall hinzugefügt.

8

Literatur

[1] Kampmeier, B.; Kruse, D. (2005) Sichere Holzkonstruktionen durch Hochleistungsbrandschutzbeschichtung, Tagungsband Braunschweiger Brandschutztage 2005, iBMB der TU Braunschweig, Heft 185. [2] Spearpoint, M.J. (1999) Predicting the ignition and burning of wood in the cone calorimeter using an integral model, Dissertation, Universität von Maryland, USA. [3] Malhotra, H.L. (1979) Fire behaviour and acceptability of timber. London: B.W.P.A: Annual Convention. [4] TRADA Technology (1991) Timber and wood-based materials in fire. Section 4, Sheet 11. Trada wood information, England. [5] Kordina, K.; Meyer-Ottens, C. (1994) Holz-Brandschutz-Handbuch. Deutsche Gesellschaft für Holzforschung, 2. Aufl. [6] Scheer, C. et al. (2009) Holz-Brandschutz-Handbuch. Deutsche Gesellschaft für Holzforschung, 3. Aufl. [7] Scheer, C. et al. (2005) Überführung in die EN Fassung von Eurocode 5 Teil 1-2, Forschungsbericht, Deutsches Institut für Bautechnik, Berlin.

[10] Winter, S.; Werther, N.; Hofmann, V.; Kammerer, E.; Rauch, M. (2019) Standardisierung der brandschutztechnischen Leistungsfähigkeit von Holztafelkonstruktionen mit biogenen Dämmstoffen, Abschlussbericht F3101 Forschungsinitiative Zukunftbau, Fraunhofer-IRB-Verlag.

Zitierte Normen [11] DIN EN 1990:2010-12 (2010) Eurocode: Grundlagen der Tragwerksplanung, Beuth, Berlin. [12] E DIN EN 1990/NA:2010-12 (2010) Nationaler Anhang – National festgelegte Parameter – Eurocode: Grundlagen der Tragwerksplanung, Beuth, Berlin. [13] DIN EN 1991-1-2:2010-12 (2010) Eurocode 1 – Einwirkungen auf Tragwerke; Teil 1-2: Allgemeine Einwirkungen; Brandeinwirkungen auf Tragwerke, Beuth, Berlin. [14] DIN EN 1991-1-2/NA:2015-09 (2015) Nationaler Anhang – National festgelegte Parameter – Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke; Teil 1-2: Allgemeine Einwirkungen – Brandeinwirkungen auf Tragwerke, Beuth, Berlin. [15] DIN EN 1995-1-1:2010-12 (2010) Eurocode 5: Bemessung und Konstruktion von Holzbauten; Teil 1-1: Allgemeines – Allgemeine Regeln und Regeln für den Hochbau, Beuth, Berlin. [16] DIN EN 1995-1-1/NA: 2013-08 (2013) Nationaler Anhang – National festgelegte Parameter – Eurocode 5: Bemessung und Konstruktion von Holzbauten; Teil 1-1: Allgemeines – Allgemeine Regeln und Regeln für den Hochbau, Beuth, Berlin. [17] DIN EN 1995-1-2:2010-12 (2010) Eurocode 5: Bemessung und Konstruktion von Holzbauten; Teil 1-2: Allgemeine Regeln – Tragwerksbemessung für den Brandfall, Beuth, Berlin. [18] DIN EN 1995-1-2/NA:2010-12 (2010) Nationaler Anhang – National festgelegte Parameter – Eurocode 5: Bemessung und Konstruktion von Holzbauten; Teil 1-2: Allgemeine Regeln – Tragwerksbemessung für den Brandfall, Beuth, Berlin.

[8] Blaß, H.J. et al. (1995) Holzbauwerke nach Eurocode 5 – Bemessung und Baustoffe – STEP 1, Informationsdienst Holz, Arbeitsgemeinschaft Holz e. V. (Hrsg.), Düsseldorf.

[19] DIN 4102-4:2016-05 (2016) Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen; Zusammenstellung und Anwendung klassifizierter Baustoffe, Bauteile und Sonderbauteile, Beuth, Berlin.

[9] Schleifer, V. (2009) Zum Brandverhalten von raumabschließenden mehrschichtigen Holzbauteilen im Brandfall, Dissertation, ETH Zürich Nr. 18156.

[20] prEN 1995-1-2 second draft: Eurocode 5: Design of timber structures – Part 1-2: General – Structural fire design. May 2020.

281

C 6 Brandschutzbemessung von Mauerwerkskonstruktionen nach Eurocode 6 Thorsten Mittmann

Dipl.-Ing. Thorsten Mittmann Materialprüfanstalt für das Bauwesen (MPA) Beethovenstraße 52, 38106 Braunschweig Studium des Bauingenieurwesens an der TU Braunschweig, Diplomarbeit aus dem Bereich Brandschutz am iBMB der TU Braunschweig. Anschließende Tätigkeit in einem Ingenieurbüro für Brandschutz. Seit 2002 beschäftigt bei der Materialprüfanstalt für das Bauwesen Braunschweig, Fachbereich Brandschutz (MPA BS); Leiter der Fachgruppe „Bauwerke und Bauteile“ und seit 2016 stellvertretender Fachbereichsleiter des Fachbereichs „Brandschutz“. Obmann des DIN-Normenausschusses NA 005-52-02 AA „Arbeitsausschuss Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen – Bauteile“. Mitarbeiter in deutschen und europäischen Normungsausschüssen im Bereich Brandschutz. Sachverständiger in diversen Sachverständigenausschüssen des DIBt, unter anderem Brandschutz und Wandbauelemente.

Bauphysik-Kalender 2021: Brandschutz. Herausgegeben von Nabil A. Fouad. © 2021 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2021 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

282

C6

Brandschutzbemessung von Mauerwerkskonstruktionen nach Eurocode 6

Inhaltsverzeichnis 1

Gesetzliche Grundlagen

2

2.2

Brandschutztechnische Anforderungen an die Bauteile 283 Feuerwiderstand von Bauteilen 283 Europäische Klassifizierung 283 Nationale Klassifizierung 284 Anwendung der Klassen im bauaufsichtlichen Verfahren 284 Brandverhalten der Baustoffe 285

3 3.1 3.2 3.3 3.4

Erläuterungen der Begriffe 286 Nichttragende Wände 286 Tragende Wände 286 Raumabschließende Wände 286 Nichtraumabschließende Wände 287

4

Nachweise im bauaufsichtlichen Verfahren 287

5

Maßgebende Nachweise bei Mauerwerkskonstruktionen 287 Änderungen durch die Musterbauordnung seit 2016 288 Änderungen bei den prüftechnischen Nachweisen 288 Ausnutzungsfaktor αfi 289 Ausnutzungsfaktor α6,fi 290 Zusammenfassung der Änderungen der Prüfnormen 290 Extrapolationsnormen 290

2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3

5.1 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.3

283

6

6.1.5 6.1.6

Brandschutztechnische Bemessung von Mauerwerk 291 Bemessung nach DIN EN 1996-1-2/NA 291 Nichttragende Wände 291 Bemessungsbeispiel: Nichttragende Wand 292 Tragende Wände 292 Bemessungsbeispiel: Tragende Wand aus Hochlochziegel HLz12, 1,2, Normalmauermörtel NM IIa 292 Putze 292 Details 293

7

Zusammenfassung

8

Literatur

6.1 6.1.1 6.1.2 6.1.3 6.1.4

294

293

Brandschutztechnische Anforderungen an die Bauteile

1

Gesetzliche Grundlagen

Regelungen die den Brandschutz betreffen sind wesentlicher Bestandteil der Bauordnungen der Länder. Daher bildet die Bauordnung auch die wesentliche gesetzliche Grundlage bei der brandschutztechnischen Bemessung von Bauteilen. Da die Bundesrepublik Deutschland föderal organisiert ist und das Baurecht im Regelungsbereich der Bundesländer liegt, sind daher jeweils die geltenden Regeln des jeweiligen Bundeslandes zu beachten. Im Rahmen dieses Beitrages wird, sofern es um konkrete Anforderungen geht, auf die Musterbauordnung (MBO) [1] Bezug genommen. Im konkreten Einzelfall sind die Anforderungen mit den jeweils im speziellen Bundesland geltenden Vorschriften abzugleichen. Hier kann es unter Umständen, z. B. durch unterschiedliche Entwicklungsstände der Übernahme der Musterbauordnung, zu Unterschieden zu dem jeweiligen Mustertext der Verordnung geben. Bezogen auf die Anforderungen an die Feuerwiderstandsdauer sind die Unterschiede als gering zu bezeichnen.

2

Brandschutztechnische Anforderungen an die Bauteile

2.1

Feuerwiderstand von Bauteilen

Der Feuerwiderstand von Bauteilen beschreibt die Eigenschaft eines Bauteils, einer genormten Brandbeanspruchung einer gewissen Zeit zu widerstehen, ohne dass es zu einem Versagen der Tragfähigkeit und/oder der raumabschließenden oder wärmedämmenden Eigenschaft kommt. Der Feuerwiderstand von Bauteilen ist daher durch eine Zeit in Minuten gekennzeichnet. Die in Deutschland maßgebenden Feuerwiderstandsklassen stellen Zeiten von 30, 60 und 90 Minuten dar. Weiterhin wird die Eigenschaft „Feuerwiderstand“ in Verbindung mit Bauarten verwendet. Bei Bauarten handelt es sich um Konstruktionen, die aus verschiedenen einzelnen Bauprodukten auf der Baustelle zusammengefügt werden (z. B. eine Wand aus Mauersteinen und einem nachher aufgetragenen Putz). Daher ist es nicht möglich, die Eigenschaft „Feuerwiderstand“ mit einem einzelnen Produkt in Verbindung zu bringen, wie z. B. ein „F 90-Stein“ oder eine „F 90-Platte“. Hier ist immer die Gesamtkonstruktion (die zusammengefügten Produkte) mit den Anschlussrandbedingungen an die angrenzenden Bauteile zu betrachten. Hinsichtlich des Feuerwiderstandes gelten grundsätzlich die Anforderungen der Bauordnung. Diese stuft in Abhängigkeit der Gebäudeklasse die Anforderungen ab. Die Anforderungen starten bei „ohne Anforderung“ und enden im Rahmen der Musterbauordnung bei der Anforderung „feuerbeständig“. Wichtig hierbei ist, dass mit diesen Begriffen kein Klassifizierungssystem (z. B. „F-Klasse“ nach DIN 4102-2:1977-09 [3] oder „Euroklasse“ nach DIN EN 13501-2 [7]) vorgeschrieben wird. Allerdings wird mit diesen Anfor-

283

derungen eine Einschränkung der Verwendung von brennbaren Baustoffen vorgenommen. Während die Anforderung „feuerhemmend“ auch bei Verwendung von ausschließlich brennbaren Baustoffen erreicht werden kann, ist ein Erfüllen der Anforderung „feuerbeständig“ nur möglich, wenn die tragenden und aussteifenden Teile der Bauteile aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen und bei raumabschließenden Bauteilen zusätzlich eine in Bauteilebene durchgehende Schicht aus nichtbrennbaren Baustoffen vorhanden ist. Gegebenenfalls wird im Gesetzestext eine weitere Einschränkung wie „ausschließlich aus nichtbrennbaren“ Baustoffen vorgenommen. Insbesondere bei Bauarten die über eine europäische Klassifizierung verfügen, muss diese Anforderung an die verwendeten Baustoffe überprüft werden, da es keine Kurzbezeichnung der Feuerwiderstandsklasse mit einer Kombination der jeweiligen Klasse des Brandverhaltens der in der Bauart verwendeten Produkte gibt. Dieses wird im nationalen Klassifizierungssystem zum Beispiel durch F 30-A ermöglicht. Diese Kurzbezeichnung steht für die Feuerwiderstandsklasse F 30, wobei ausschließlich nichtbrennbare Baustoffe verwendet werden. Bei „hochfeuerhemmenden“ Bauteilen dürfen die tragenden und aussteifenden Teile aus brennbaren Baustoffen bestehen. Allerdings muss gleichzeitig allseitig eine brandschutztechnisch wirksame Bekleidung aus nichtbrennbaren Baustoffen (Brandschutzbekleidung) und Dämmstoffe aus nichtbrennbaren Baustoffen vorhanden sein.

2.1.1

Europäische Klassifizierung

Für Bauteile erfolgt die europäische Klassifizierung nach DIN EN 13501-2. Im Gegensatz zur nationalen Klassifizierung nach DIN 4102-2 werden die einzelnen Leistungskriterien separat betrachtet und können miteinander kombiniert werden. Die Kriterien der DIN EN 13501-2 werden im Folgenden erläutert [7].

Tragfähigkeit R Die Tragfähigkeit R ist die Fähigkeit des Bauteils, unter festgelegten mechanischen Einwirkungen einer Brandbeanspruchung auf einer oder mehreren Seiten ohne Verlust der Standsicherheit für eine Zeitdauer zu widerstehen. Die Kriterien für die Feststellung des unmittelbar bevorstehenden Zusammenbruchs sind je nach Typ des tragenden Bauteils unterschiedlich. Auf Biegung beanspruchte Bauteile, z. B. Decken und Dächer, müssen eine Verformungsgeschwindigkeit (Durchbiegegeschwindigkeit) und einen Grenzwert für die Durchbiegung einhalten. Auf Druck beanspruchte Bauteile, z. B. Stützen und Wände, müssen eine Stauchungsgeschwindigkeit und einen Grenzwert für die Stauchung einhalten. Bei Bauteilen aus Mauerwerk spielen diese Werte aber nur eine theoretische Rolle, da meistens ein schlagartiges Versa-

284

C6

Brandschutzbemessung von Mauerwerkskonstruktionen nach Eurocode 6

gen ohne vorhergehende große Verformung oder Verformungsgeschwindigkeit auftritt.

Raumabschluss E Der Raumabschluss E ist die Fähigkeit eines Bauteils mit raumtrennender Funktion, der Beanspruchung eines nur an einer Seite angreifenden Feuers, ohne die Übertragung des Feuers zur nicht dem Feuer ausgesetzten Seite, als Ergebnis des Durchtritts signifikanter Mengen von Flammen oder heißer Gase zu widerstehen, die dabei eine Entzündung der dem Feuer abgekehrten Oberfläche oder in der Nähe dieser Oberfläche befindlicher Materialien verursachen. Der Raumabschluss wird anhand folgender Kriterien überprüft: – Risse und Öffnungen, die über bestimmte Abmessungen hinausgehen, – Entzündung eines Wattebausches, – Andauernde Entflammung auf der vom Feuer abgewandten Seite.

her erfolgt die Beanspruchung immer von der unbeflammten Seite und stellt somit eine Stellvertreter-Prüfung dar.

2.1.2

Nationale Klassifizierung

Die Wärmedämmung I ist die Fähigkeit eine Bauteils, einer einseitigen Brandbeanspruchung ohne die Übertragung von Feuer als Ergebnis einer signifikanten Übertragung von Wärme von der dem Feuer zugekehrten Seite zu der vom Feuer abgewandten Seite zu widerstehen. Die Übertragung muss so begrenzt sein, dass weder die vom Feuer abgewandte Oberfläche noch Materialien in der Nähe dieser Oberfläche entzündet werden können. Das Bauteil muss außerdem ein ausreichend großes Hindernis für den Wärmedurchtritt sein, um auf der brandabgekehrten Seite befindliche Personen zu schützen. Hierbei gelten als Grenzwerte eine mittlere Temperaturerhöhung auf der unbeflammten Seite von weniger als 140 °C sowie im Maximum von 180 °C.

Die nationalen Prüfnormen spielen im Bereich Mauerwerksbau nur noch eine untergeordnete Rolle, da die wesentlichen Parameter alle in den europäischen Prüfnormen zu finden sind. Die Prüfungen sind also im Wesentlichen vergleichbar, sodass an dieser Stelle nicht näher darauf eingegangen werden muss. In Gegensatz zum europäischen System kann aus der Feuerwiderstandsklasse nach DIN 4102-2 nicht abgeleitet werden, ob es sich um ein tragendes oder nichttragendes Bauteil handelt oder ob es raumabschließend oder nichtraumabschließend ist, da in beiden Fällen eine Klasse F verwendet wird. Bei den Brandwänden, die nach DIN 4102-3 geprüft werden, ist beschrieben, dass es sich um tragende Wände handelt. Weiterhin ist in DIN 4102-3 vorgeschrieben, dass es zusätzliche Stoßbeanspruchungen auf die Befestigungsmittel geben muss. Diese Anforderung findet sich in der europäischen Prüfnorm nicht mehr. Hier wird die Stoßbeanspruchung immer in der Wandmitte aufgebracht. Die nationalen Normen der DIN 4102-Serie spielen für Mauerwerksbauteile also prüftechnisch nur noch eine geringe Rolle. Da aber in den Normen auch die Klassifizierung geregelt wird, kann über die Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) 2019-1, 2020, Anlage C 4.6 für eine europäisch durchgeführte Prüfung, bei Einhaltung der Kriterien, eine nationale Klassifizierung F ausgesprochen werden. Dieses hat den Vorteil, dass national vorhandene Extrapolationsregeln, die europäisch nicht zu harmonisieren waren, weiterhin angewendet werden können, ohne im Konflikt mit europäischen Regelungen zu stehen.

Widerstand gegen mechanische Beanspruchung M

2.1.3

Der Widerstand gegen mechanische Beanspruchung M ist die Fähigkeit eines Bauteils, einer Stoßbeanspruchung zu widerstehen, die den Fall repräsentiert, wenn ein Tragfähigkeitsverlust eines anderen Bauteils im Brandfall eine Stoßbeanspruchung auf das betroffene Bauteil verursacht. Diese Beanspruchung wird von der unbeflammten Seite, kurz nach dem Abschluss der jeweilig angestrebten Klassifizierungszeit, durchgeführt. Das Aufbringen dieser Zusatzbeanspruchung von der unbeflammten Seite führt häufig zu Irritationen, da der Intention folgend eigentlich eine Stoßbeanspruchung von der beflammten Seite erfolgen müsste (Zusammenbruch eines anderen brandbeanspruchten Bauteils). Dieses lässt sich aber aus prüftechnischen Gründen nicht realisieren, da im Brandraum nach 90 Minuten Temperaturen von 1000 °C herrschen und so das Prüfmittel (Bleischrotsack) nicht mehr funktionsfähig wäre. Da-

Die Zuordnung der in den bauaufsichtlichen Nachweisen enthaltenen Feuerwiderstandsklassen zu den Anforderungen der Bauordnung erfolgt über die MVV TB (Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) 2019-1, 2020), die in den jeweiligen Bundesländern in Landesrecht überführt werden muss. Im Anhang 4 der MVV TB kann ermittelt werden, mit welchen Leistungseigenschaften der Klassifizierung die bauaufsichtliche Anforderung erfüllt werden kann. Dabei wird jetzt unterschieden, dass es europäische Klassen nur noch aus europäischen Nachweisen gibt und in deutschen Nachweisen ausschließlich die Klassifizierungen nach der DIN 4102-Reihe vorgenommen werden. Weiterhin sind die allgemeingültigen Anforderungen an die Feuerwiderstandsfähigkeiten aus dem Abschnitt A2 der MVV TB zu beachten.

Wärmedämmung I

Anwendung der Klassen im bauaufsichtlichen Verfahren

Brandschutztechnische Anforderungen an die Bauteile

285

Bild 1. Ablaufschema der Übersetzung einer bauaufsichtlichen Anforderung in eine konkrete Feuerwiderstandsklasse

Da sich aus den bauordnungsrechtlichen Anforderungen nicht ein Klassifizierungssystem ableiten lässt, muss auch nicht der Schluss gelten, dass es sich bei den europäischen Klassen um „neuere“ Klassifizierungen handelt und die F-Klassen veraltet sind. Sicherlich wird irgendwann in der Zukunft nur noch das europäische Klassifizierungssystem gelten. Im Bereich Mauerwerkbau gibt es auch, im Gegensatz zu manchen anderen Bauarten, bereits europäische Extrapolationsnormen, die eine Erweiterung von Prüfergebnissen ermöglichen. Es bleibt aber auch hier der Spagat, wie man einem „Produkt“ (= Stein) eine Eigenschaft zuweisen soll, die nur mit der daraus errichteten Konstruktion (Bauart, z. B. Wand) erreicht werden kann (Bilder 2 und 3). Nur die Bauart kann, bei ordnungsgemäßem Anschluss an die angrenzenden Bauteile, über den Feuerwiderstand verfügen. Daher gibt es auch für die Zukunft durchaus gute Argumente im alten Klassifizierungssystem der DIN 4102-2:1977-09 [3] zu bleiben. Hierdurch ergibt sich (nur aus formalen Gründen) auch die Möglichkeit, gegebenenfalls andere als

Produkt CE-Zeichen

Leistungseigenschaften des Produktes

Bild 2. Leistungseigenschaft mit direktem Bezug auf das Produkt

Produkt

Produkt

Produkt

CE-Zeichen

CE-Zeichen

CE-Zeichen

Produkt

Produkt

CE-Zeichen

CE-Zeichen

Produkt

Produkt

Produkt

CE-Zeichen

CE-Zeichen

CE-Zeichen

Feuerwiderstand

Bild 3. Leistungseigenschaft Feuerwiderstand kann nur durch zusammenfügen der Produkte erreicht werden

die über europäisch harmonisierte Normen vorhandenen Erweiterungen von Prüfergebnissen zu nutzen, ohne im Konflikt mit dem europäischen System zu stehen.

2.2

Brandverhalten der Baustoffe

Im Gegensatz zum Feuerwiderstand beschreibt das Brandverhalten eine Eigenschaft der verwendeten Produkte. Hier werden verschiedene Klassen erreicht, die im europäischen Klassifizierungssystem auch einzeln miteinander kombiniert werden. Es wird unterschieden in

286

C6

Brandschutzbemessung von Mauerwerkskonstruktionen nach Eurocode 6

– nichtbrennbare, – schwerentflammbare und – normalentflammbare Baustoffe. Baustoffe, die nicht mindestens normalentflammbar sind (d. h. es handelt sich um leichtentflammbare Baustoffe), dürfen nicht verwendet werden. Wenn sie in Verbindung mit anderen Baustoffen nicht leichtentflammbar sind, gilt dieses allerdings nicht mehr. Auch bei den Anforderungen an das Brandverhalten wird im Rahmen der Bauordnung keine Festlegung auf das Klassifizierungssystem gemacht. Die nationalen DIN-Klassifizierungen oder die europäischen Klassifizierungen gelten parallel. Auch für die Baustoffklassen sind in der MVV TB „Übersetzungstabellen“ vorhanden. Im Anhang 4 werden auch hier die nationalen und europäischen Klassen den bauaufsichtlichen Anforderungen gegenübergestellt, wobei hier zum Teil noch weitergehende Anforderungen gestellt werden, als über die Klassifizierungsnorm abgedeckt werden kann. Im Rahmen der nationalen Klassifizierung des Feuerwiderstands einer Bauart ist die Angabe des Brandverhaltens der verwendeten Produkte im Rahmen der Kurzbezeichnung möglich. Somit kann die Feuerwiderstandsklasse mit den jeweils verwendeten Baustoffen auf einen Blick abgelesen werden. Im europäischen Klassifizierungssystem ist dieses nicht vorgesehen. Das bedeutet, dass Feuerwiderstandsklasse sowie die jeweilige Einstufung des Brandverhaltens der jeweils verwendeten Baustoffe für jede Bauart separat überprüft werden müssen. Die konkreten Anforderungen hinsichtlich des Brandverhaltens der verwendeten Baustoffe werden in der MBO gegeben. Das Verwendungsverbot von „leichtentflammbaren“ Baustoffen ist bereits erwähnt worden.

3

Erläuterungen der Begriffe

Im Rahmen der Anwendung von brandschutztechnischen Bemessungen sind die folgenden Begriffsdefinitionen erforderlich.

3.1

3.2

Tragende Wände

Nach DIN 4102-4:2016-05 werden tragende Wände als Wände definiert, die als überwiegend auf Druck beanspruchte und scheibenartige Bauteile zur Aufnahme vertikaler Lasten, z. B. Deckenlasten sowie horizontaler Lasten, z. B. Windlasten, dienen.

3.3

Raumabschließende Wände

Raumabschließende Wände schließen einen Brandraum über die angegebene Zeit ab, d. h. es kommt nicht zu einem Durchtritt von Feuer und Rauch. Das bedingt, dass diese Wände eigentlich öffnungslos sind. Ausnahmen sind hier nur über die Bauordnung möglich, die in solchen Wänden z. B. Öffnungsverschlüsse mit einer gleichwertigen Feuerwiderstandsfähigkeit (Brandwand mit einem erforderlichen, mindestens feuerbeständigen Abschluss) oder einem Abschluss einer geringeren Feuerwiderstandsfähigkeit (feuerbeständige Wand mit einem feuerhemmenden Abschluss) zulässt. Einen Automatismus einer feuerbeständigen Wand mit einem feuerhemmenden Abschluss gibt es nicht! Hier sind immer die Anforderungen der Bauordnung zu beachten. Bei Brandwänden gibt es die Anforderung, dass diese bei Verwendung als Gebäudeabschlusswände öffnungslos sein müssen. Es gibt aber auch Sonderfälle. So werden in DIN 4102-4:2016-05 auch Wände als raumabschließend definiert, die nicht raubabschließend sind, aber dennoch als raumabschließende Wände gelten und auch so bemessen werden. Hierzu zählen beispielsweise Außenwandscheiben mit einer Breite > 1,0 m. Diese Wandabschnitte können durch die Öffnungen (Fenster ohne klassifizierte Feuerwiderstandsfähigkeit) rechts und links nicht die Anforderung an raumabschließende Wände erfüllen. Dennoch müssen sie nicht als mehrseitig brandbeanspruchte Wände bemessen werden. Es reicht also, die Tabellenwerte für die normalen raumabschließende Wände zu verwenden, da durch die Außenseite und den geringer werdenden Anteil der Brandbeanspruchung von der Außenseite diese sich deutlich günstiger verhalten, als beispielsweise ein Pfeiler.

Nichttragende Wände

Nach der Definition in DIN 4102-4:2016-05 handelt es sich bei nichttragenden Wänden um Wände, die als scheibenartige Bauteile im Brandfall überwiegend nur durch ihre Eigenlast beansprucht werden und auch nicht der Knickaussteifung tragender Wände dienen; sie müssen aber auf ihre Fläche wirkende Windlasten auf tragende Bauteile, z. B. Wand- oder Deckenscheiben, abtragen. Sie erfüllen diese Anforderungen aber nur, wenn die angrenzenden und aussteifenden Bauteile ebenfalls die gleiche Feuerwiderstandsfähigkeit aufweisen.

Abschluss mit gleicher Feuerwiderstandsfähigkeit

Bild 4. Raumabschließendes Bauteil mit gleichwertigem Abschluss

Maßgebende Nachweise bei Mauerwerkskonstruktionen

> 1,0 m

Bild 5. Nichtraumabschließender Wandabschnitt, der als raumabschließend gilt

≤ 1,0 m

Bild 6. Mehrseitige Brandbeanspruchung bei Außenwandscheiben

3.4

Nichtraumabschließende Wände

Entsprechend DIN 4102-4:2016-05 gelten als nichtraumabschließende Wandabschnitte aus Mauerwerk Querschnitte, deren Fläche > 0,10 m2 und deren Breite < 1,0 m ist. Bei Wandabschnitten mit Breiten ≤ 1,0 m sind diese Wandabschnitte als nichtraumabschließende Bauteile, also für eine mehrseitige Brandbeanspruchung, zu bemessen. Als Basis können hierfür z. B. Angaben für Pfeiler genutzt werden. Hier wirkt sich der positive Einfluss der Außenwand nicht so stark aus, sodass hier, auf der sicheren Seite liegend, die Werte für eine mehrseitige Brandbeanspruchung verwendet werden müssen. Als Pfeiler oder kurze Wände aus Mauerwerk gelten Querschnitte, die aus einem oder mehreren ungetrennten Steinen oder aus getrennten Steinen mit einem Lochanteil < 35 % bestehen und nicht durch Schlitze oder Aussparungen geschwächt sind oder deren Querschnittsfläche < 0,10 m2 ist.

– Technische Baubestimmungen, – allgemeine Bauartgenehmigung (aBG), – allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP), – vorhabenbezogene Bauartgenehmigung (vBG). Unter dem Sammelbegriff „Technische Baubestimmungen“ sind die jeweils in den Bundesländern bekanntgemachten technischen Regeln zu verstehen. Darüber kann z. B. für tragende Bauteile der Brandschutznachweis geführt werden, indem das Bauteil entweder „heiß“ bemessen wird oder ein tabellarisches Verfahren angewendet wird. Die tabellarische Anwendung der DIN 4102-4 [5, 6] wurde durch den Eurocode DIN EN 1996-1-2:2011-04 in Verbindung mit DIN EN 1996-1-2/NA:2013-06 abgelöst. In DIN 4102-4:2016-05 finden sich nur noch allgemeine Ausführungsregeln und Regelungen zu Vergusstafeln. Wenn von den technischen Regeln abgewichen wird oder es gar keine Regeln gibt, kommen nur die drei Punkte aBG, abP oder vBG zur Nachweisführung in Betracht. Nichttragende Wandkonstruktionen können beispielsweise in den Tabellen der DIN EN 1996-1-2/ NA:2013-06 oder in einem allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis (abP) gefunden werden. Problematisch ist der Nachweis des Feuerwiderstandes bei Produkten nach europäisch harmonisierten Produktnormen, da in diesen meist die in Deutschland übliche Verwendung von Bauart (zusammenfügen von verschiedenen Produkten) oder der Einbau vor Ort (Anschluss an die angrenzende Konstruktion und die brandschutztechnische Anforderung an diese Konstruktion) und der entsprechende Nachweis darüber schlecht regelbar ist. Im europäischen System ist der Hersteller der maßgebende Akteur, der über die CE-Kennzeichnung Leistungseigenschaften seines Produktes deklariert. Damit muss der vor Ort Ausführende die entsprechenden Einbau- und Montageanleitungen vorliegen haben, um die entsprechende Konstruktion fachgerecht montieren zu können. Das in Deutschland bei den Bauarten bewährte System der Übereinstimmungserklärung des Anwenders, mit der dieser die nachweiskonforme Verwendung der Produkte und deren Einbau bestätigt, findet sich in dem europäischen System nicht wieder. Im Regelfall erfolgt in Deutschland der Nachweis für harmonisierte Produkte über mit DIN EN 1996-1-2/NA:2013-06 bzw. eine allgemeine Bauartgenehmigung.

5 4

Nachweise im bauaufsichtlichen Verfahren

Zum Nachweis der Feuerwiderstandsfähigkeit und des Brandverhaltens kommen im deutschen bauaufsichtlichen Verfahren die folgenden Verwendbarkeitsnachweise in Betracht:

287

Maßgebende Nachweise bei Mauerwerkskonstruktionen

Durch die Einführung der Eurocodes wurde auch im Mauerwerksbau das von den anderen Baustoffen bekannte System der Trennung zwischen „kalter“ und „heißer“ Bemessung eingeführt. Dieses bedeutet, dass zukünftig eine „kalte“ Bemessung nach DIN EN 1996-1-1 durchgeführt wird, während die „heiße“ Be-

288

C6

Brandschutzbemessung von Mauerwerkskonstruktionen nach Eurocode 6

messung für die genormten Produkte nach DIN EN 1996-1-2 erfolgt. Für die Produkte, die über eine aBG verfügen, sind die Angaben, die über die bereits geregelten Leistungen der harmonisierten Produktenorm für die „kalte“ und „heiße“ Bemessung hinausgehen, in der allgemeinen Bauartgenehmigung angegeben. In der DIN 4102-4:2016-05 sind hinsichtlich einer Bemessung nur noch die Produkte zu finden, die nicht im Eurocode 6 geregelt sind (z. B. Porenbeton-Wandbauplatten) sowie für Mauertafeln. Durch die Einführung der Eurocodes für die kalte Bemessung und die damit einhergehende Einführung des semiprobabilistischen Sicherheitskonzeptes ergab sich für alle Baustoffe der Eurocodes die Notwendigkeit der Überprüfung der bisherigen brandschutztechnischen Einstufungen. Insbesondere die häufig größeren zulässigen Spannungen führten dazu, dass gegebenenfalls Querschnitte größer als bisher üblich erforderlich wurden (z. B. Stahlbetonstützen), um den Feuerwiderstand zu gewährleisten.

5.1

Änderungen durch die Musterbauordnung seit 2016

Durch die Änderung der Musterbauordnung im Jahr 2016 hat sich das Nachweissystem in Deutschland bei den Bauarten komplett neu gestaltet. Dieses hat zur Folge, dass für die Bauarten als Nachweis im Regelfall allgemeine Bauartgenehmigungen vorliegen. Weitere Regelungen sind in der MVV TB enthalten. Das Produkt selbst wird über im Regelfall über die europäischen Produktnormen beschrieben.

5.2

Änderungen bei den prüftechnischen Nachweisen

In der Vergangenheit wurden Brandprüfungen in Deutschland nach DIN 4102-2:1977-09 [3] durchgeführt. Diese ermöglicht nach erfolgreicher Prüfung die Einstufung in eine der dort angegebenen Feuerwiderstandsklassen F. Seit Mitte der 1990er-Jahre begann die Erarbeitung von europäischen Prüfnormen. Ab diesem Zeitraum wurden die Feuerwiderstandsprüfungen nach und nach auf das europäische Normenkonzept umgestellt. Eine wesentliche Unterscheidung ist, dass im nationalen Prüfkonzept der DIN 4102-2:1977-09 immer zwei Prüfungen durchzuführen sind, wobei das ungünstigste Ergebnis zählt. Zum Nachweis von Brandwänden nach DIN 4102-3:1977-09 [4] sind insgesamt zwei bzw. drei Versuche durchzuführen, wobei unter Umständen (bei Zermürbungen oder Zerstörungen der Oberfläche der beflammten Seite) die exzentrische Lasteinleitung wechselt. Im europäischen Prüfkonzept wird nur noch eine Prüfung durchgeführt. Da der Nachweis des Widerstands bei mechanischer Beanspruchung erst nach Ablauf des Klassifizierungszeitraumes durchgeführt wird, ist das „M“-Kriterium ein optionaler Parame-

ter, der bei einem möglicherweise auftretenden Versagen während der Stoßbeanspruchung mit dem Bleisack nicht das Kriterium des Feuerwiderstandes negativ beeinflusst. Das bedeutet, dass eine Wandkonstruktion immer noch als „REI 90“ klassifiziert werden kann, auch wenn die „M“-Prüfung zu einem Versagen geführt hat. Bei Versuchen nach DIN 4102-3:1977-09 [4] war dieses nur möglich, da es immer einen klassischen F 90-Versuch geben musste und die mechanische Beanspruchung vor der 90sten Minute aufgebracht werden muss. Durch die Kombination von Prüf- und Klassifizierungsnorm ist es bei Prüfungen nach DIN 4102-2: 1977-09 möglich (und auch erforderlich) neben der reinen Feuerwiderstandsklasse auch die Benennung mit aufzunehmen (z. B. F 90-A). Damit ist sofort erkennbar, ob ein Bauteil ausschließlich aus nichtbrennbaren Baustoffen besteht (-A) oder ob die „übrigen Bestandteile“ aus brennbaren Baustoffen (-AB) bestehen. Dieses gibt es im europäischen Klassifizierungssystem nicht. Hier muss das Brandverhalten der verwendeten Baustoffe einzeln betrachtet werden und ist nicht sofort aus der Feuerwiderstandsklassifizierung ablesbar. Die Verwendung von europäischen und nationalen Kurzbezeichnungen in Anlagen zu Bauordnungen oder Durchführungsverordnungen (gemeint wohl als verkürzte Darstellung der Anforderungen) sind nach Auffassung des Autors unglücklich gewählt und eher verwirrend als hilfreich. Bezeichnungen wie z. B. F 90-A+M, F 60-A+M, F 90-BA+M oder auch F 90BA sind alle nicht existent im nationalen Klassifizierungssystem der DIN 4102-2:1977-09. Sie sehen aber so ähnlich aus, obwohl sie keine Klassifizierungen darstellen. Die Umsetzung in tatsächliche Klassifizierungs-Klassen muss wieder mit der „Übersetzungstabelle“ der Bauregelliste und den dort unter den Tabellen angegebenen Erläuterungen erfolgen. Weitere technische Änderungen liegen in der Erhöhung des Überdrucks im Brandraum von 10 Pa auf 20 Pa und in der Erhöhung der Rohdichte der verwendeten Abdeckplättchen der Temperaturmessstellen auf der unbeflammten Seite von ca. 200 bis 240 kg/m3 auf ca. 900±100 kg/m3 . Mit Einführung der überarbeiteten DIN EN 1363-1 [8] im Jahr 2012 und der Anpassung der Prüfnormen für tragende und nichttragende Wände wurde der Abstand der Temperaturmessstellen von Unstetigkeiten (Fugen oder planmäßige Spalten) von 15 mm auf 20 mm vergrößert. Weiterhin wird im nationalen Verfahren im Brandraum eine Temperaturerhöhung über die Ausgangstemperatur gefordert, während bei der europäischen Prüfung eine absolute Temperatur vorgeschrieben ist, unabhängig wie warm es zu Beginn der Prüfung war. Zur Beurteilung des Raumabschlusses wird bei Prüfungen nach DIN 4102-2:1977-09 ein Wattebausch verwendet. Die weiteren Prüfungen von austretenden, entzündbaren Gasen mit einer Lunte oder einer mechanischen Beanspruchung (Festigkeitsprüfung) mit einer

Maßgebende Nachweise bei Mauerwerkskonstruktionen

15 bis 25 kg schweren Stahlkugel bei nichttragenden Wänden sowie der Löschwasserversuch bei Stützen mit Bekleidung wurde über die Bauregelliste außer Kraft gesetzt und findet daher keine Anwendung. Eine weitere wesentliche Änderung ist das in der europäischen Prüfnorm vorgeschriebene Plattenthermometer zur Bestimmung der Temperatur im Brandraum. Dieses besteht aus einer 100 mm × 100 mm breiten Platte, die durch „Voralterung“ (z. B. im Brandraum) über eine schwarze Oberfläche verfügt. Es ist zum Probekörper hin mit einer Isolierschicht versehen. Im Gegensatz zu den in der DIN 4102-2:1977-09 vorgeschriebenen Mantelthermoelementen, die nur über eine kleine Messspitze (Mantelthermoelement mit 3,2 mm Durchmesser) verfügen, haben die europäischen Plattenthermoelemente eine etwas verzögerte Ansprechzeit. Da diese aber die Hintergrundstrahlung aus dem Brandofen besser erfassen können, ergibt sich eine insgesamt geringere Streubreite der Temperaturbeanspruchung während der unterschiedlichen Brandprüfungen. Da es sich bei den Mauerwerkskonstruktionen meist um verputze Wände handelt, die weiterhin alleine durch das Eigengewicht und die Dicke eine gewisse Robustheit mit sich bringen, kann der Einfluss der vorbeschriebenen prüftechnischen Änderungen als gering bezeichnet werden [2]. Von deutlich größerem Einfluss ist die gewählte Auflast während des Brandversuchs sowie die Art der Wandkopfhalterung während des Brandversuchs. Mit Überarbeitung der europäischen Prüfnorm für tragende Wände DIN EN 1365-1:2013-08 [9] wurde zusätzlich zu dem bisher vorgeschriebenen Vierkant am Wandkopf, der eine gewisse Gelenkausbildung ermöglicht, die vollflächige Auflagerung mit aufgenommen. In einer Versuchsserie, die durch den europäischen Verband der Kalksandstein-Produzenten (ECSPA – European Calcium Silicate Producers Association) in der MPA Braunschweig durchgeführt wurde, konnte gezeigt werden, dass nur durch Änderung des Wandkopfauflagers deutliche Steigerungen der Feuerwiderstandsdauer von 90 auf über 240 Minuten bei ansonsten gleichen Randbedingungen ermöglicht werden konnten. Diese Änderung hat einen deutlichen Einfluss auf die Feuerwiderstandsdauer. Die Anwendung dieser neuen Auflagerart ist in Deutschland in der Diskussion, da bei Außenwänden nicht immer von einer vollflächig aufliegenden Decke ausgegangen werden kann und damit Zweifel bestehen, ob durch diese Wandkopflagerung wirklich eine umfassende Übertragung auf andere Konstruktionen in der Praxis möglich ist. Dieses wird zumindest vom Deutschen Institut für Bautechnik in Berlin im Rahmen von Zulassungen so betrachtet. Die Prüfnorm selbst enthält keinerlei Einschränkungen hinsichtlich der Anwendung der Ergebnisse. Mit welcher Auflagerung eine Prüfung durchgeführt wurde, kann man im Zweifel nur aus dem Prüfbericht erkennen. Im Klassifizierungssystem gibt es keine Kennzeichnung, mit welchem Wandkopfauflager das Prüfergebnis erzielt wurde.

289

Tabelle 1. Zusammenstellung der Ausnutzungsfaktoren Ausnutzungs- Verwendet in faktor Verbindung mit

Bemerkung

αfi

DIN EN 1996-1-1 maximal mögliche und Ausnutzung beträgt DIN EN 1996-1-2, αfi = 0,7 abZ

α6,fi

DIN EN 1996-1-1 und DIN EN 1996-1-2/NA

Berechnung des Ausnutzungsgrades aus Basis DIN 1053-1, vereinfachtes Verfahren; maximal mögliche Ausnutzung beträgt α6,fi = 0,7

In der Vergangenheit wurde die Auflast für die Prüfung nach dem vereinfachten Verfahren aus Abschnitt 6 der DIN 1053-1:1996-11 berechnet. Durch die Einführung der Eurocodes (DIN EN 1996-1-1) wurde das genauere Verfahren zum Standardverfahren zur Berechnung der Prüflast. Dieses ergibt im Regelfall ca. 20 % höhere Lasten als nach dem bisherigen vereinfachten Verfahren. Das bedeutet, dass Prüfungen mit „voller Ausnutzung“ nach dem alten Verfahren, nicht 1 : 1 auf das genauere Verfahren des Eurocodes umgeschrieben werden können. Daraus ergeben sich folgende Konsequenzen: Entweder sind die Brandversuche mit der höheren Auflast erneut durchzuführen oder die alten Brandversuche müssen auf das heutige Belastungsniveau umgerechnet werden. Durch die Weiterentwicklungen, insbesondere im Ziegelbereich, liegen mittlerweile Ergebnisse für höhere Auflasten vor bzw. die Ergebnisse werden hinsichtlich des Ausnutzungsgrades auf das höhere mögliche Belastungsniveau bezogen. Bei den eingangs erwähnten Versuchen der Kalksandsteinindustrie konnten (ab größeren Wanddicken) teilweise die erforderlichen Lasten nach EN 1996-1-1 schon nicht mehr im Brandversuch aufgebracht werden, sodass Versuche an dünneren und damit schlankeren Wänden durchgeführt werden mussten. Um die möglichen höheren Lasten nach Eurocode und dem genaueren Verfahren bei der Bemessung wieder herauszurechnen, wurden verschiedene Ausnutzungsfaktoren α eingeführt, die ggf. in der Endanwendung etwas unübersichtlich wirken.

5.2.1

Ausnutzungsfaktor 𝛂fi

Der Ausnutzungsfaktor αfi wird in DIN EN 1996-1-2/ NA:2013-06 definiert. Er wird berechnet als: NEd,fi αfi = NRd Setzt man für ηfi den nach DIN EN 1996-1-2/ NA:2013-06 empfohlenen Wert von 0,7 ein und wählt die Einwirkungen so, dass sie dem maximalen Bauteil-

290

C6

Brandschutzbemessung von Mauerwerkskonstruktionen nach Eurocode 6

widerstand NRd entsprechen, so erhält man: αfi =

ηfi ⋅ NEd ηfi ⋅ NRd = = ηfi NRd NRd

Das αfi, entspricht bei Bezug auf die volle Ausnutzung im Kalten eigentlich dem ηfi . Dieses hätte in der Anwendung den Vorteil, dass man nach Festlegung der einwirkenden Lasten im Brandfall sofort das ηfi bestimmen kann und sich somit eine eigentlich hinfällige Umrechnung über den Ausnutzungsgrad erspart. Dieser Ausnutzungsfaktor wird in der Zukunft größere Bedeutung erlangen, da die heute durchgeführten Brandversuche auf das höhere Spannungsniveau des genaueren Rechenverfahrens des Eurocodes abgestimmt sind und daher der Wert immer vorliegt.

5.2.2

Ausnutzungsfaktor 𝛂6,fi

Der Faktor α6,fi wird in DIN EN 1996-1-2/NA:2013-06 verwendet. Er ist für die Tabellen im Anhang NA.B erforderlich, für die noch keine neuen Werte nach dem genaueren Verfahren vorliegen. Mit der ebenfalls nach der Schlankheit abgestuften Berechnungsformel (analog zur Anwendung von α2 ) wird der Ausnutzungsgrad auf die Werte nach dem vereinfachten Verfahren der DIN 1053-1 zurückgeführt. Dabei wird auf den Umrechnungsfaktor ω zurückgegriffen, mit dem die verschiedenen Stein-/Mörtelkombinationen erfasst werden. Diese ω-Faktoren stehen hauptsächlich nur für Steinarten mit Normalmörtel zur Verfügung. Außer bei Kalksand-Plansteinen bzw. Kalksand-Planelementen sowie Porenbetonsteinen gibt es auch Werte für die Verwendung mit Dünnbettmörtel. Für Leichtbeton Voll- bzw. Lochsteine sowie für Mauerziegel und Kalksandsteine liegen auch Werte für eine Kombination mit Leichtmauermörtel vor.

5.2.3

Zusammenfassung der Änderungen der Prüfnormen

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Art der Prüfnorm (abgesehen von der Wandkopfhalterung) einen eher geringen Einfluss auf das Ergebnis haben wird. Wenn man die Wandkopfhalterung und die gewählte Auflast identisch lässt, werden die Prüfergebnisse vergleichbar sein bzw. man kann nach Auffassung des Autors auch DIN 4102-2:1977-09 erzielte Ergebnisse zur Ergänzung von Prüfreihen nach DIN EN 1365-1 verwenden. Formal bleibt es aber bei zwei unterschiedlichen Konzepten, die nicht gemischt werden können. So ist ein „F. . . “-Ergebnis nicht automatisch als ein „REI. . . “-Ergebnis zu werten, auch wenn bei tatsächlicher Durchführung einer Prüfung das gleiche Ergebnis herauskommen könnte. Im deutschen bauaufsichtlichen Verfahren ist dieses auch nicht notwendig, da durch die Landesbauordnungen keine Feuerwiderstandsklassen, sondern Anforderungen definiert werden. Die „Übersetzungstabelle“ dieser bauaufsicht-

lichen Anforderungen zu den jeweiligen Feuerwiderstandsklassen ist in der Bauregelliste enthalten. So kann z. B. die Anforderung „feuerhemmend“ durch die nationale Feuerwiderstandsklasse „F 30“ oder die europäische Klasse „REI 30“ erfüllt werden. Beachtet werden muss dabei jedoch, dass das Brandverhalten der verwendeten Produkte nicht aus der europäischen Feuerwiderstandsklasse erkennbar ist. So sind „Brandwände“ nur aus nichtbrennbaren Baustoffen in Deutschland zulässig. Damit sind Mauersteine mit integrierter brennbarer Wärmedämmung zur Verwendung bei Brandwänden trotz Erreichen der europäischen Feuerwiderstandsklasse REI 90-M nicht zulässig. Im nationalen Verfahren hat es Vorteile, bei dieser Zweiteilung der beiden Klassifizierungssysteme zu bleiben, da im Rahmen von Extrapolationen von Prüfergebnissen nicht erst eine Einigung auf europäischer Seite herbeigeführt werden muss, sondern Festlegungen auf nationaler Ebene in den entsprechenden Kreisen ausreichend sind.

5.3

Extrapolationsnormen

Um europäische Prüfergebnisse auch auf andere Konstruktionen zu übertragen, werden sogenannte Extrapolationsnormen erarbeitet. Für Mauerwerk liegen die DIN EN 15254-2:2009-10 [11] „Erweiterter Anwendungsbereich der Ergebnisse aus Feuerwiderstandsprüfungen – Nichttragende Wände – Teil 2: Mauersteine und Gips-Wandbauplatten“ sowie die DIN EN 15080-12:2011-04 [10] „Erweiterter Anwendungsbereich der Ergebnisse aus Feuerwiderstandsprüfungen – Teil 12: Tragende Mauerwerkswände“ vor. Da Mauerwerkswände meistens als tragende Wände ausgeführt werden, ist die DIN EN 15080-12 von größerer Bedeutung. In dieser Norm werden verschiedene Änderungen an Steinen auf Basis von Brandprüfungen ermöglicht. Dieses geht von der Änderung der Festigkeiten der Steine, der Lochanteile über die Änderung des zu verwendenden Mörtels bis hin zur Änderung der zu verwendenden Putze. Basis ist eine oder mehrere Prüfergebnisse nach europäischer Prüfnorm. In Abhängigkeit der Steinart ergeben sich dann die möglichen Änderungen und Erweiterungen des Prüfergebnisses. Aufgrund des als eher gering zu bezeichnenden Einflusses der prüftechnischen Randbedingung (zumindest im Vergleich zur DIN 4102-2:1977-09), können auch Ergebnisse nach nationalen Prüfnormen im Rahmen eines Extrapolationsberichtes herangezogen werden. In Deutschland spielt diese Extrapolationsnorm zurzeit noch eine eher untergeordnete Rolle. Im Bereich der Kalksandsteine und Porenbetonsteine sind bereits umfangreiche Regelungen zur Anwendung in Bezug auf den Brandschutz in DIN EN 1996-1-2/NA enthalten. Für die Ziegelsteine, die meist in Deutschland über allgemeine Bauartgenehmigung geregelt sind,

Brandschutztechnische Bemessung von Mauerwerk

werden die Brandschutzregeln bisher in den Zulassungen mit aufgenommen. Im Rahmen von Beratungen der interessierten Kreise hat sich gezeigt, dass einige Regelungen ggf. noch einmal überprüft oder präzisiert werden sollten. So entsprechen im europäischen Sprachgebrauch nicht alle Begriffe denen, die bisher in Deutschland verwendet werden (z. B. Vollsteine, bei denen andere Lochanteile möglich sind). Weiterhin entsprechen einige technische Regelungen in der Extrapolationsnorm nicht denen, die bisher in Deutschland angewendet wurden. Im Zuge der europäischen Regelungen sind diese Vorgaben noch einmal zu hinterfragen, auch wenn dieser Schritt eigentlich schon bei der Erarbeitung der Norm hätte erfolgen müssen. Die Arbeit von Normungsgremien auf europäischer Ebene hat somit direkten Einfluss auf die Regelungen in Deutschland. Die bisherige Verfahrensweise der Nachregelung auf nationaler Ebene hat sich damit in der bisher praktizierten Form als nicht zielführend erwiesen, sodass die deutschen Interessen direkt bei der Einsetzung von europäischen Normungsprojekten bis zu deren Abschluss eingebracht werden sollten.

6

Brandschutztechnische Bemessung von Mauerwerk

Mit Stand Oktober 2015 sind in fast allen Bundesländern die Bemessungsregeln von DIN EN 1996-1-2 und DIN EN 1996-1-2/NA bauaufsichtlich eingeführt. Parallel gibt es eine Veröffentlichung der Fachkommission Bautechnik der Bauministerkonferenz, die sich für eine Anwendung der DIN EN 1996 mit den zugehörigen nationalen Anhängen als gleichwertige Lösung entsprechend § 3 Abs. 3 Satz 3 Musterbauordnung (MBO) abweichend von den korrespondierenden Technischen Baubestimmungen zusammen mit den bauaufsichtlich eingeführten Eurocodeteilen unter gewissen

291

Bedingungen anzuwenden, auch wenn diese noch nicht im jeweiligen Bundesland bauaufsichtlich eingeführt wurden. Weiterhin wird in dem Papier ausgesagt, dass DIN 1053-1 noch parallel bis zum 31.12.2015 als Technische Baubestimmung angewendet werden kann.

6.1

Bemessung nach DIN EN 1996-1-2/NA

Durch die Vorgaben des Nationalen Anhang DIN EN 1996-1-2 sind die vereinfachten und genaueren Bemessungsverfahren nicht zulässig. Damit bleibt es im Mauerwerksbau bei tabellarischen Bemessungsverfahren, wie sie bisher aus DIN 4102-4 bekannt sind. Die Tabellen liegen vor für – nichttragende und raumabschließende Wände, – tragende und raumabschließende Wände, – tragende und nichtraumabschließende Wände, – tragende Pfeiler und – Brandwände.

6.1.1

Nichttragende Wände

Bei Anwendung der Tabellen für nichttragende Wände sind die Randbedingungen aus DIN EN 1996-1-2/ NA zu beachten. Diese bestehen in einer maximal zulässigen Wandhöhe von 6 m und einer Schlankheit λc = hef /tef ≤ 40. Bei Wänden aus Ziegeln liefern die Tabellen Klassifizierungen unter Verwendung von Normalmauermörtel und Leichtmauermörtel. Für Dünnbettmörtel liegen keine Aussagen vor. Für Kalksandsteinmauerwerk, Betonsteinmauerwerk und Mauerwerk aus Porenbetonsteinen liegen auch Werte bei Verwendung von Dünnbettmörtel vor. Tabelle 2 stellt beispielhaft die Anwendung für nichttragendes Ziegelmauerwerk gemäß DIN EN 1996-1-2/ NA, Tabelle NA.B.1.1 – Ziegel-Mauerwerk – Mindestdicke nichttragender, raumabschließender Wände (Kriterien EI) zur Einstufung in Feuerwiderstandsklassen (DIN EN 1996-1-2/NA: 2013-06, 2013) dar.

Tabelle 2. Mindestdicke nichttragender, raumabschließender Wände (Kriterien EI) zur Einstufung in Feuerwiderstandsklassen gem. DIN EN 1996-1-2/NA:2013-06, 2013 Materialeigenschaften

Mindestwanddicke (mm) tF zur Einstufung in die Feuerwiderstandsklasse EI in (Minuten) tfi,d 30

60

90

120

180

Voll- und Hochlochziegel nach DIN EN 771-1 in Verbindung mit DIN 20000-401 und DIN EN 1996-1-1/NA:2012-05, Anhang M, bzw. DIN 105-100 Lochung: Mz, HLz A, HLz B, HLz W, HLzT1, HLzT2, HLzT3 und HLzT4 unter Verwendung von Normalmauermörtel und Leichtmauermörtel

115 (70)

115 (70)

115 (100)

115 (115)

175 (115)

Langlochziegel nach DIN EN 771-1 in Verbindung mit DIN 20000-401 und DIN EN 1996-1-1/NA:2012-05, Anhang M, bzw. DIN 105-100 unter Verwendung von Normalmauermörtel und Leichtmauermörtel

115 (70)

115 (70)

140 (115)

175 (140)

190 (175)

Die Klammerwerte gelten für Wände mit beidseitigem Putz nach 4.2 (1)

292

C6

6.1.2

Bemessungsbeispiel: Nichttragende Wand

Brandschutzbemessung von Mauerwerkskonstruktionen nach Eurocode 6

Wanddicke t = 115 mm Wandhöhe: h = 2,75 m λc = hef /tef = ρ ⋅ h/t = 1,0 ⋅ 2750/115 = 24 ≤ 40 mit hef = h und tef = t Für Voll- und Hochlochziegel mit den entsprechenden Lochbildern der Tabelle wird bei einer Wanddicke von 115 mm ohne Putz die Feuerwiderstandsklasse EI 90 erreicht. Das Ergebnis entspricht den bisherigen Regelungen aus DIN 4102-4.

6.1.3

Tragende Wände

Zur Bemessung für tragende Wände müssen zunächst die Einwirkungen im Brandfall bestimmt werden. Die grundsätzlichen Regeln werden in DIN EN 1991-1-2 festgelegt und in DIN EN 1996-1-2/NA konkretisiert. Für die Einwirkungen darf entsprechend NCI zu 2.4.2(3) ηfi = 0,7 ohne genaueren Nachweis angesetzt werden. Damit können die Einwirkungen NEd,fi = ηfi ⋅ NEd berechnet werden. Die Berechnung des Ausnutzungsgrads αfi wurde bereits vorgestellt. Dieser Wert kann in den Tabellen jedoch nicht für alle Stein/Mörtelkombinationen verwendet werden. Er liegt für Kalksandsteinmauerwerk aus Voll- und Plansteinen sowie Planelementen nach den Tabellen NA.B.2.2, NA.B.2.3, NA.B.2.4 vor, da hier bereits Versuchsergebnisse mit höheren Auflasten nach DIN EN 1996-1-1 vorlagen. Bei allen anderen Stein/Mörtelkombinationen muss eine Umrechnung über den Ausnutzungsgrad α6,fi entsprechend DIN EN 1996-1-2/NA erfolgen. NEd,fi hef ) ≤ 0,7 für ( < 10 α6,fi = ω⋅ emk,fi fk t l⋅t⋅ ⋅ 1−2⋅ k0

t

sowie α6,fi = ω ⋅

15 25 −

hef t



l⋅t⋅

fk k0

NEd,fi ( ⋅ 1−2⋅

emk,fi

) ≤ 0,7

t

hef ≤ 25 t Dabei werden durch den Anpassungsfaktor ω die unterschiedlichen Steinarten sowie die unterschiedlichen Niveaus von den bisher verwendeten Grundwerten für die Druckspannung σ0 sowie charakteristische Druckfestigkeit fk vorgenommen. Die Werte für ω können der Tabelle NA.1 aus DIN EN 1996-1-2/NA entnommen werden (DIN EN 1996-1-2/ NA: 2013-06, 2013). für 10 ≤

6.1.4

Bemessungsbeispiel: Tragende Wand aus Hochlochziegel HLz12, 1,2, Normalmauermörtel NM IIa

Abmessungen der Wand Wanddicke: t = 175 mm Wandhöhe: h = 2,75 m Wandlänge: 6,0 m

Werte aus statischer Berechnung NEd = 950 kN Knicklänge hef = ρ2 ⋅ h = 0,75 ⋅ 2,75 = 2,06 m Charakteristische Mauerwerksdruckfestigkeit fk = 5,0 N/mm2 Brandschutzbemessung Bemessungswert der Normalkraft im Brandfall: NEd,fi = 0,7 ⋅ 950 kN = 665 kN Anpassungsfaktor ω aus Tabelle NA.1 aus DIN EN 1996-1-2/NA ω = 2,2 hef /t = 2,06 m/0,175 = 11,8 ≥ 10 Faktor k0 = 1,0 (kein kleiner Wandquerschnitt) Planmäßige Ausmitte emk,fi = 0 gesetzt, da Annahme getroffen wurde, dass die Bemessung mit dem vereinfachten Verfahren nach DIN EN 1996-3/NA durchgeführt wurde. Bestimmung des Ausnutzungsfaktors im Brandfall α6,fi = ω ⋅

15 25 −

hef t



l⋅t⋅

fk k0

NEd,fi ( ⋅ 1−2⋅

emk,fi

) ≤ 0,7

t

h für 10 ≤ ef ≤ 25 t 15 665 kN ( α6,fi = 2,2 ⋅ ⋅ 2,06 3 25 − 0,175 6,0 ⋅ 0,175 ⋅ 5⋅10 ⋅ 1 − 2 ⋅ 1,0

0 0,75

)

= 0,315 Die Bemessung erfolgt mit Tabelle NA.B.1.2. Dort kann entnommen werden, dass bis zu einem Ausnutzungsgrad α6,fi ≤ 0,42 eine verputzte Wand mit einer Wanddicke von 115 mm bereits bis in die Feuerwiderstandsklasse REI 180 eingruppiert werden kann. Unverputzt könnte eine 140 mm dicke Wand in die Feuerwiderstandsklasse REI 90 eingestuft werden. Die 175 mm dicke Wand erfüllt also die Voraussetzungen zur Einstufung in die Feuerwiderstandsklasse REI 90. Das entspricht den bekannten Regelungen aus DIN 4102-4:1994-03 [5]. Bei einer brandschutztechnischen Bemessung nach einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung sind die dort genannten Randbedingungen zu beachten. Im Regelfall wird bei neueren Zulassungen, bei denen die Auflast im Brandversuch nach dem genaueren Verfahren nach DIN EN 1996-1-1 [12–14] bestimmt wurde, direkt ein αfi angegeben. Ja nach der Höhe der aufgebrachten Belastung im Brandversuch können die Grenzen für den Ausnutzungsgrad von denen in DIN EN 1996-1-2 [15, 16] abweichen. Hier lohnt es sich, vorher einen Blick in die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung zu werfen, um nicht nachher aufgrund eines zu hohen Ausnutzungsgrades im Brandfall eine Neuplanung durchführen zu müssen.

6.1.5

Putze

Putze verbessern bei ausreichender Haftung am Mauerwerk in der Regel die Feuerwiderstandsfähigkeit von Mauerwerkswänden. In einigen Situationen, wenn kei-

293

Zusammenfassung Tabelle 3. Anpassungsfaktor ω in Abhängigkeit der verwendeten Stein-Mörtel-Kombination Steine

Mörtel

zugehörige Tabelle in DIN EN 1996-1-1/NA:2012-05 bzw. DIN EN 1996-3/NA:2012-01

ω

Hochlochziegel HLzA, HLzB Mauertafelziegel T1 Kalksand-Loch- und Hohlblocksteine

NM

NA.4 NA.D.1

2,2

Hochlochziegel HLzW Mauertafelziegel T2, T3, T4

NM

NA.5 NA.D.2

1,8

Vollziegel Kalksand-Voll- und Blocksteine

NM

NA.6

NM II

3,3

NA.D.3

NM IIa

3,0

NM III, IIIa

2,6

Kalksand-Plansteine Kalksand-Planelemente

DM

NA.7 NA.D.4

2,2 a)

Mauerziegel-, Kalksandsteine

LM

NA.8 NA.D.5

2,2

Leichtbeton- und Betonsteine

NM

NA.9

Hbl, Hbn

2,1

NA.D.6

V, Vbl

2,5

Vn, Vbn, Vm, Vmb

2,8

Leichtbeton-Vollblöcke mit Schlitzen Vbl S, Vbl SW

NM

NA.9 NA.D.7

2,2

Leichtbeton-Voll- und Lochsteine

LM

NA.9 NA.D.8

2,2 b)

Porenbetonsteine

DM

NA.10 NA.D.9

2,1

a) Bei Planelementen und Plan-Vollsteinen der Steindruckfestigkeitsklassen ≥ 28 ist ω = 2,6 b) Bei Leichtbeton-Voll- und Lochsteinen der Steindruckfestigkeitsklassen 6 und 8 und Leichtmauermörtel LM 21 ist ω = 3,0

ne Ergebnisse an unverputzten Wänden vorliegen, sind Putze grundsätzlich erforderlich. Gipsputzmörtel nach EN 13279-1 oder Leichtputze LW oder T nach EN 998-1 gelten entsprechend DIN EN 1996-1-2 als Putze, die den Feuerwiderstand verbessern. Hersteller haben aber bereits auch Versuche mit anderen Putzen durchgeführt. Diese sind dann in den entsprechenden allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen benannt. Wie aus den Tabellen der DIN EN 1996-1-2 erkennbar, gibt es Wandkonstruktionen, die auch ohne Putz in eine Feuerwiderstandsklasse eingestuft werden können. Bei diesen Wänden wurden im Regelfall die vertikalen Stoßfugen im Brandversuch knirsch ausgeführt und es kam nicht zu einem Verlust der Leistungskriterien der Prüfnorm. Wenn diese Wände so in Bauvorhaben ausgeführt werden, kann es bei Wohnungstrennwänden durch unvermörtelte Stoßfugen zu einer Geruchsübertragung kommen. Dieses hat, sofern der entsprechende Nachweis vorliegt, brandschutztechnisch keine Relevanz. Es empfiehlt sich jedoch, auch auf diesen Wänden, insbesondere wenn sie als Trennwände eingesetzt werden, einen Putz aufzutragen um spätere Streitigkeiten zwischen Nutzer, Bauherrn und Ausführenden zu vermeiden.

6.1.6

Details

Die Anschlüsse der Mauerwerkswände sind im informativen Anhang E von DIN EN 1996-1-2 enthalten. Diese entsprechen im Wesentlichen den bewährten Anschlüssen von DIN 4102-4. Weiterhin sind die bekannten Angaben aus DIN 4102-4 zu Schlitzen und Einzelkabeldurchführungen durch die Wände in DIN EN 1996-1-2 enthalten.

7

Zusammenfassung

Im Rahmen dieses Beitrages wurden zunächst die gesetzlichen Grundlagen und die brandschutztechnischen Anforderungen an die Bauteile erläutert. Dabei wurde der Blick auf das europäische und das bisherige nationale Prüf- und Klassifizierungssystem gelenkt. Anschließend wurde der Bezug zu den Nachweisen im bauaufsichtlichen Verfahren geschaffen. Das Brandverhalten der Baustoffe wurde kurz beleuchtet, da dieses meist bei Brandwänden interessant wird, da diese nur aus nichtbrennbaren Baustoffen errichtet werden dürfen.

294

C6

Brandschutzbemessung von Mauerwerkskonstruktionen nach Eurocode 6

Die Begrifflichkeiten, die sich in Deutschland etabliert haben, wurden im folgenden Abschnitt beleuchtet. Dabei wurde auch der wesentliche Unterschied zwischen raumabschließenden und nichtraumabschließenden Wänden erläutert. Die Nachweise im bauaufsichtlichen Verfahren bilden den Schwerpunkt des daran anschließenden Kapitels. Dabei werden die für den Mauerwerksbau wesentlichen Nachweise beleuchtet und die Änderungen in der prüftechnischen Nachweisführung beschrieben. Diese äußert sich im Wesentlichen in der höheren Auflast aufgrund der europäischen Bemessungsnorm DIN EN 1996-1-1 [12–14]. Das bisher in Deutschland häufig zur Bestimmung der Auflast für die Brandversuche lieferte meist geringere Auflasten. Die sich daraus ergebende Problematik mit unterschiedlichen Ausnutzungsfaktoren wurde behandelt. Mit Bemessungsbeispielen für eine nichttragende und eine tragende Wand schließt der Beitrag ab. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die bekannten Regeln aus DIN 4102-4 in das europäische System transferiert werden konnten. In den Bereichen wo bereits Ergebnisse mit höheren Auflasten vorliegen, konnten auch die europäisch vorgegebene Ausnutzungsfaktoren direkt umgesetzt werden, ohne dass eine Zurückrechnung auf das „alte“ Niveau erfolgen muss.

8

Literatur

[1] Musterbauordnung MBO. Fassung November 2002, zuletzt geändert durch Beschluss der Bauministerkonferenz vom 21.09.2012. [2] Hahn, C.; Nause, P. (2009) Gibt es durch die harmonisierten europäischen Prüfnormen Auswirkungen auf das Brandverhalten von Mauerwerk? in Mauerwerk (2), S. 92–99.

Weiterführende Literatur [3] DIN 4102-2:1977-09 (1977) Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen; Bauteile, Begriffe, Anforderungen und Prüfungen, Beuth, Berlin. [4] DIN 4102-3:1977-09 (1977) Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen; Brandwände und nichttragende Außenwände, Begriffe, Anforderungen und Prüfungen, Beuth, Berlin. [5] DIN 4102-4:1994-03 (1994) Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen – Teil 4: Zusammenstellung und Anwendung klassifizierter Baustoffe, Bauteile und Sonderbauteile, Beuth, Berlin.

[6] DIN 4102-4/A1:2004-11 (2004) Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen – Teil 4: Zusammenstellung und Anwendung klassifizierter Baustoffe, Bauteile und Sonderbauteile; Änderung A1, Beuth, Berlin. [7] DIN EN 13501-2:2010-02 (2010) Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten – Teil 2: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Feuerwiderstandsprüfungen, mit Ausnahme von Lüftungsanlagen, Beuth, Berlin. [8] DIN EN 1363-1:2012-10 (2012) Feuerwiderstandsprüfungen – Teil 1: Allgemeine Anforderungen, Beuth, Berlin. [9] DIN EN 1365-1:2013-08 (2013) Feuerwiderstandsprüfungen für tragende Bauteile – Teil 1: Wände, Beuth, Berlin. [10] DIN EN 15080-12:2011-04 (2011) Erweiterter Anwendungsbereich der Ergebnisse aus Feuerwiderstandsprüfungen – Teil 12: Tragende Mauerwerkswände, Beuth, Berlin. [11] DIN EN 15254-2:2009-10 (2009) Erweiterter Anwendungsbereich der Ergebnisse aus Feuerwiderstandsprüfungen – Nichttragende Wände – Teil 2: Mauersteine und GipsWandbauplatten, Beuth, Berlin. [12] DIN EN 1996-1-1:2013-02 (2013) Eurocode 6. Bemessung und Konstruktion von Mauerwerksbauten – Teil 1-1: Allgemeine Regeln für bewehrtes und unbewehrtes Mauerwerk, Beuth, Berlin. [13] DIN EN 1996-1-1/NA:2012-05 (2012) Nationaler Anhang – National festgelegte Parameter – Eurocode 6: Bemessung und Konstruktion von Mauerwerksbauten – Teil 1-1: Allgemeine Regeln für bewehrtes und unbewehrtes Mauerwerk, Beuth, Berlin. [14] DIN EN 1996-1-1/NA/A1:2014-03 (2014) Nationaler Anhang – National festgelegte Parameter – Eurocode 6: Bemessung und Konstruktion von Mauerwerksbauten – Teil 1-1: Allgemeine Regeln für bewehrtes und unbewehrtes Mauerwerk; Änderung A1, Beuth, Berlin. [15] DIN EN 1996-1-2:2011-04 (2011) Eurocode 6: Bemessung und Konstruktion von Mauerwerksbauten – Teil 1-2: Allgemeine Regeln – Tragwerksbemessung für den Brandfall, Beuth, Berlin. [16] DIN EN 1996-1-2/NA:2013-06 (2013) Nationaler Anhang – National festgelegte Parameter – Eurocode 6: Bemessung und Konstruktion von Mauerwerksbauten – Teil 1-2: Allgemeine Regeln – Tragwerksbemessung für den Brandfall, Beuth, Berlin.

295

C 7 Brandschutz im Industriebau Nabil A. Fouad, Nico Fischer

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Nabil A. Fouad 3B Bauconsult GmbH & Co. KG Hauptniederlassung Hannover Herrenhäuser Kirchweg 19, 30167 Hannover Studium des Bauingenieurwesens an der Ain Shams Universität in Kairo mit dem M.Sc. Abschluss 1989. Von 1991 bis 1999 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Allgemeiner Ingenieurbau/Ingenieurhochbau an der TU Berlin, 1997 Promotion. 1992 bis 2001 Mitarbeit bei der Ingenieurgemeinschaft CRP GmbH und anschließend bis 2018 Leiter der Niederlassung Hannover der CRP Bauingenieure GmbH. Seit 2018 geschäftsführender Gesellschafter der 3B Bauconsult GmbH & Co. KG mit Sitz in Hannover und Hamburg. Von 2001 bis 2007 Professor für Bauplanung und Bauwerkserhaltung und seit 2007 Professor für Bauphysik und Bauwerkssanierung an der Fakultät für Bauingenieurwesen und Geodäsie der Leibniz Universität Hannover. Von der IHK Hannover öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Bauphysik und vorbeugenden Brandschutz. Mitglied in Norm- und Sachverständigenausschüssen des DIN e. V. und des Deutschen Instituts für Bautechnik.

Dipl.-Ing. Nico Fischer 3B Bauconsult GmbH & Co. KG Hauptniederlassung Hannover Herrenhäuser Kirchweg 19, 30167 Hannover Studium des Bauingenieurwesens an der Leibniz Universität in Hannover. Von 2011 bis 2017 Mitarbeiter als Projektleiter in der CRP Bauingenieure GmbH in den Niederlassungen Hamburg und Hannover, davon 2012 bis 2014 Leiter der Niederlassung Hamburg. Seit 2016 gemäß DIN EN ISO/IEC 17024 zertifizierter Sachverständiger für den vorbeugenden Brandschutz. Ab 2018 geschäftsführender Gesellschafter der 3B Bauconsult GmbH & Co. KG mit Sitz in Hannover und Hamburgs. Verantwortlich u. a. für die Erstellung von Brandschutzkonzepten für Neu- und Bestandsbauten aller Nutzungen, die ganzheitliche brandschutztechnische Beratung der am Bau Beteiligten Personen im Rahmen der Ausführungsplanung und der Baubegleitung sowie der Erstellung von gutachtlichen Stellungnahmen und der Untersuchung und Prüfung von Baukonstruktionen.

Bauphysik-Kalender 2021: Brandschutz. Herausgegeben von Nabil A. Fouad. © 2021 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2021 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

296

C7

Brandschutz im Industriebau

Inhaltsverzeichnis 1

Einleitung

2

Die aktualisierte Muster-Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau (MIndBauRL – Fassung Mai 2019) 297 Zweck und Ziel 297 Anwendungsbereich 298 Begriffe 298 Brandabschnitt und Brandabschnittsfläche 298 Brandbekämpfungsabschnitt, Grundfläche des Brandbekämpfungsabschnitts und Brandbekämpfungsabschnittsfläche 299 Geschoss, oberirdische Geschosse, Kellergeschosse 299 Ebene 300 Einbauten 301 Brandsicherheitsklassen 301 Sicherheitskategorien 301 Werkfeuerwehr 301 Nachweisverfahren 302 Allgemeine Anforderungen 302 Vorbemerkungen 302 Löschwasserbedarf 302 Lage und Zugänglichkeit 302 Geschosse und Flächen unter der Geländeoberfläche 303 Rettungswege 303 Rauchableitung 305 Feuerlöschanlagen 306 Brandmeldeanlagen 307 Brandwände und Wände zur Trennung von Brandbekämpfungsabschnitten 307 Feuerüberschlagsweg 308 Außenwände und Außenwandbekleidungen 308 Dächer 309 Sonstige Brandschutzmaßnahmen, Gefahrenverhütung 309

2.1 2.2 2.3 2.3.1 2.3.2

2.3.3 2.3.4 2.3.5 2.3.6 2.3.7 2.3.8 2.4 2.5 2.5.1 2.5.2 2.5.3 2.5.4 2.5.5 2.5.6 2.5.7 2.5.8 2.5.9 2.5.10 2.5.11 2.5.12 2.5.13

3

3.1

3.2

297

Anforderungen an Baustoffe und Bauteile sowie an die Größe der Brandabschnitte im Verfahren ohne Brandlastermittlung 310 Zulässige Größe der Brandabschnittsflächen und Anforderungen an die tragenden und aussteifenden Bauteile 310 Besondere Anforderungen an Lagergebäude und an Gebäude mit zusammenhängenden Lagerbereichen 312

4

4.3.6.3 4.3.6.4 4.3.6.5

Anforderungen an Baustoffe und Bauteile sowie an die Größe der Brandbekämpfungsabschnitte unter Verwendung des Rechenverfahrens nach DIN 18230-1 313 Vorbemerkungen und Grundsätze des Nachweises 313 Vorgaben der MIndBauRL 313 Zuordnung der Bauteile zu Brandsicherheitsklassen 313 Anforderungen an die Trennung und Ausbildung von Brandbekämpfungsabschnitten 314 Zulässige Größen von Brandbekämpfungsabschnittsflächen bis 60000 m2 316 Anforderungen an die Bauteile von Brandbekämpfungsabschnittsflächen bis 60000 m2 317 Brandbekämpfungsabschnittsflächen mit einer Größe von mehr als 60000 m2 317 Rechenverfahren nach DIN 18230-1 317 Vorbemerkungen 317 Anwendungsbereich 319 Beschreibung der Nachweisverfahren 320 Grundsätze des Nachweises 320 Globaler Nachweis 320 Teilabschnittsnachweis 321 Ebenennachweis 321 Teilflächennachweis 321 Rechnerisch erforderliche Feuerwiderstandsdauer erf. tF 322 Äquivalente Branddauer tä 322 Rechnerische Brandbelastung qR 324 Ermittlung der rechnerischen Brandbelastung qR für den globalen Nachweis 324 Ermittlung der rechnerischen Brandbelastung qR,T für den Teilflächennachweis 324 Erfassung von Brandlasten 325 Umrechnungsfaktor c 329 Wärmeabzugsfaktor w 330

5

Literatur

4.1 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4

4.2.5 4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3 4.3.3.1 4.3.3.2 4.3.3.3 4.3.3.4 4.3.3.5 4.3.4 4.3.5 4.3.6 4.3.6.1 4.3.6.2

335

Die aktualisierte Muster-Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau (MIndBauRL – Fassung Mai 2019)

1

Einleitung

Nach den allgemeinen Anforderungen der Musterbauordnung (MBO) [1] sowie aller Landesbauordnungen sind bauliche Anlagen und Einrichtungen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht gefährdet werden. In diesem Zusammenhang werden in der MBO [1] bzw. in den Landesbauordnungen speziell auch brandschutztechnische Anforderungen an bauliche Anlagen definiert. Diese Anforderungen sollen gewährleisten, dass bauliche Anlagen so beschaffen sind, dass – der Entstehung und Ausbreitung von Rauch und Feuer vorgebeugt wird, – bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind. Die brandschutztechnischen Anforderungen der Bauordnungen zielen dabei im Allgemeinen auf Nutzungen zu Wohn- bzw. Büro- und Verwaltungszwecken – oder vergleichbare Nutzungen – ab, die durch standardisierte Vorgaben vergleichsweise einfach zu reglementieren sind. In Abhängigkeit von Größe und Anzahl der in einem Gebäude vorhandenen Nutzungseinheiten sowie der Gebäudehöhe erfolgt die Einordnung in eine Gebäudeklasse, aus der wiederum alle brandschutztechnischen Vorgaben hinsichtlich der baulichkonstruktiven Ausbildung sowie der Gestaltung der Rettungswege abgeleitet werden. Neben Wohn- und Bürogebäuden existieren eine Vielzahl an anderwärtig genutzten bzw. gestalteten Gebäuden (Verkaufsstätten, Versammlungsstätten, Krankenhäuser usw.), die in der MBO [1] unter den Begriff „Sonderbau“ fallen. Für ebenjene Sonderbauten können im Einzelfall zur Schaffung eines schutzzielorientierten, brandschutztechnischen Sicherheitsniveaus besondere Anforderungen gestellt, aber auch Erleichterungen von den materiellen Vorschriften der Bauordnungen gestattet werden. Gebäude mit industrieller Nutzung sind dementsprechend in der Regel bauordnungsrechtlich Sonderbauten, da im Industriebau zum Beispiel: – meistens größere Brandabschnitte erforderlich sind, die die zulässigen Brandabschnittsflächen gemäß MBO [1] deutlich überschreiten, – die Produktion und Lagerung von unterschiedlichen Materialien in großen Mengen erfolgt, die leicht entflammbar sein können oder eine erhöhte Brandlast (zum Beispiel Holzlager, Reifenlager) darstellen, – bei einer Mischnutzung aus Produktionsbereichen und Büroräumen ein höheres Brandrisiko entstehen kann. Im Industriebau ist es somit in vielen Fällen weder notwendig noch sinnvoll, die standardisierten Anforderungen der MBO [1] an Wohn- und Bürogebäude schematisch zu übertragen. Es gilt vielmehr, zur Wahrung der allgemeinen Schutzziele zum baulichen Brandschutz, den spezifischen Belangen einer industri-

297

ellen Nutzung in jedem Einzelfall angemessen Rechnung zu tragen. Oftmals ist es beispielsweise im Interesse der Bauherren, sehr aufwendige und kostenintensive Brandschutzmaßnahmen in einem industriellen Gebäude zu realisieren (zum Beispiel Einbau einer Feuerlöschanlage oder Vorhalten von besonderen Löschmitteln), um mögliche Produktionsausfallrisiken und die damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen durch ein Brandereignis zu reduzieren bzw. zu eliminieren. In anderen Fällen reicht es aus, lediglich die bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen zu erfüllen. In diesem Beitrag wird der Nachweis des baulichen Brandschutzes für Industriegebäude auf Grundlage der Muster-Industriebau-Richtlinie – MIndBauRL in der aktuellen Fassung von Mai 2019 [2] und der DIN 18230-1 (Fassung September 2010) [7] vorgestellt. Die „neue“ MIndBauRL 2019 wurde mit der amtlichen Mitteilung Nr. 2 vom 13.11.2019 durch das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) [10] nach ihrer Notifizierung durch die Europäische Union veröffentlicht und damit offiziell in das deutsche Bauordnungsrecht eingeführt. Ein offizielles, aktualisiertes Erläuterungsdokument zur MIndBauRL 2019 [2] wurde seitens der Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz bis zum Redaktionsschluss dieses Beitrags noch nicht veröffentlicht. Hier liegt bislang lediglich der Entwurfsstand von September 2018 [3] vor, sodass fallweise auch auf die Erläuterungen zur MIndBauRL aus 2014 [5] zurückgegriffen wurde.

2

Die aktualisierte Muster-Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau (MIndBauRL – Fassung Mai 2019)

2.1

Zweck und Ziel

Das Ziel der MIndBauRL ist es, als technische Baubestimmung (vergleiche Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) [11]) die Mindestanforderungen an den baulichen, anlagentechnischen, organisatorischen und abwehrenden Brandschutz von Industriebauten auf Grundlage des § 3 MBO [1] zu regeln, um damit die Schutzziele des § 14 der MBO [1] zu erfüllen. Hierbei handelt es sich um Mindestanforderungen, die insbesondere gestellt werden an – die Feuerwiderstandsfähigkeit der Bauteile und das Brandverhalten der Baustoffe, – die Größe der Brandabschnitte und der Brandbekämpfungsabschnitte, – die Anordnung, Lage und Länge der Rettungswege, – das Vortragen wirksamer Löscharbeiten unter Berücksichtigung der Sicherheit der Einsatzkräfte. Die MIndBauRL [2] erleichtert auf der eine Seite Bauherren, Entwurfsverfassern und Fachplanern die Pla-

298

C7

Brandschutz im Industriebau

nung sowie auf der anderen Seite den Behörden die Beurteilung und Genehmigung von Industriebauten. Sie erspart den Bauherren Nachweise für im Einzelfall beabsichtigte Erleichterungen oder Abweichungen von den sonst geltenden Vorschriften der Bauordnung, insbesondere hinsichtlich tragender Bauteile (Wände, Pfeiler oder Stützen), Brandwänden, Decken und Dächern sowie den Rettungswegen. Sie ermöglicht weiterhin den prüfenden und den genehmigenden Behörden eine einheitliche Beurteilung gleich gelagerter Risiken bei unterschiedlichen Gebäudestrukturen und führt somit bei gleichartigen Fällen zu analogen Anforderungsprofilen und vergleichbaren Bewertungsergebnissen.

2.2

Anwendungsbereich

Die MIndBauRL [2] sowie DIN 18230-1 [7] gelten für Gebäude oder Gebäudeteile im Bereich der Industrie und des Gewerbes, das heißt Gebäude, die der Produktion (Herstellung, Behandlung, Verwertung und Verteilung von Produkten und Gütern) oder Lagerung von Produkten bzw. Gütern dienen. Hierzu zählen auch die zugehörigen betriebsnotwendigen Nebenräume (zum Beispiel Büros, Sozialräume, Laborräume, Prüfstandsbereiche, Entwicklungsflächen usw.). Sie setzen voraus, dass keine Unterteilung der Gebäude in Brandabschnitte entsprechend den Vorgaben der Bauordnung (Seitenlänge ≤ 40 m) erfolgt. Vielmehr werden Industriebauten in größere Brandabschnitte (bis maximal 10000 m2 im Verfahren nach Abschnitt 6) bzw. einoder mehrgeschossige Brandbekämpfungsabschnitte unterteilt (bis maximal 120000 m2 im Verfahren nach Abschnitt 7; gilt nur für eingeschossige Industriebauten ohne Ebenen). Die Grundfläche gemäß MIndBauRL [2] ist dabei die Fläche eines Industriebaus zwischen den aufgehenden Umfassungsbauteilen bzw. die Fläche zwischen deren Umfassungswänden von Räumen innerhalb eines Industriebaus. Diesbezüglich liegt also eine Unterscheidung zur MBO [1] vor, die bei allen Flächen auf die Bruttogrundfläche abzielt und daher auch die entsprechenden Wandquerschnitte berücksichtigt. Für Industriebauten jenseits der Hochhausgrenze ist die Muster-Hochhaus-Richtlinie (MHHR) [6] zusätzlich anzuwenden. In solchen Fällen ist die höhere Anforderung der jeweiligen Richtlinie zu berücksichtigen. Häufig werden Räume, die lediglich zu Wartungs- und Kontrollzwecken begangen werden müssen, an oberster Stelle der Gebäude vorgesehen. Liegen ausschließlich solche nur vorübergehend genutzte Räume oberhalb der Hochhausgrenze, ist für das Gebäude die MIndBauRL [2] und nicht die MHHR [6] anzuwenden. Bei einer Nutzungsdauer von unter 2 Stunden pro Tag kann von einer vorübergehenden Nutzung ausgegangen werden [5].

Für Industriebauten mit geringeren Brandgefahren, wie – Industriebauten, die überwiegend offen sind, wie überdachte Freianlagen oder Freilager, oder die aufgrund ihres Verhaltens im Brandfall diesen gleichgestellt werden können und – Industriebauten, die lediglich der Aufstellung technischer Anlagen dienen und die nur vorübergehend zu Wartungs- und Kontrollzwecken begangen werden, (Einhausungen, zum Beispiel aus Gründen des Witterungs- oder Immissionsschutzes), können Erleichterungen gestattet werden, wenn die bauordnungsrechtlichen Schutzziele erfüllt sind. Die Gestattung von Erleichterungen für derartige Industriebauten ist sachdienlich, da die pauschale Anwendung der MIndBauRL [2] mit allen Anforderungen diesbezüglich meist nicht zielführend oder überzogen ist. Für Regallager mit brennbarem Lagergut und einer Oberkante der Lagerguthöhe von mehr als 9,0 m können weitergehende Anforderungen gestellt werden. Diese Lagertypen sind vom Anwendungsbereich der DIN 18230-1 [7] generell ausgeschlossen, da der Abbrandfaktor der Lagergüter ab dieser Höhe nicht mehr ermittelt werden kann und hier grundsätzlich von der Notwendigkeit einer Regalsprinklerung auszugehen ist. Werden in solchen Regallagern jedoch ausschließlich nichtbrennbare Materialien gelagert, sind keine über die Anforderungen der MIndBauRL [2] hinausgehenden Maßnahmen erforderlich. Reinraumgebäude (= Gebäude, die ausschließlich unter Reinraumbedingungen betrieben werden) werden vom Anwendungsbereich der MIndBauRL [2] ausgenommen. Die Begriffe „Produktion“ und „Lagerung“ beziehen sich nicht auf Tierhaltungsanlagen, eine Anwendung der MIndBauRL [2] auf Tierhaltungsanlagen scheidet somit ebenfalls aus. Die MIndBauRL [2] kann jedoch auch zur Begründung von Erleichterungen nach § 51 MBO [1] für Gebäude und bauliche Anlagen verwendet werden, die nicht unmittelbar vom Geltungsbereich der MIndBauRL [2] erfasst werden, jedoch hinsichtlich ihres Brandrisikos mit Industriebauten vergleichbar sind (zum Beispiel gewerbliche Nutzung im Bereich des Kfz-Handels usw.), wobei dies nicht die Regelungen für die Rettungswege betrifft.

2.3

Begriffe

2.3.1

Brandabschnitt und Brandabschnittsfläche

Ein Brandabschnitt ist der Bereich eines Gebäudes zwischen seinen Außenwänden und/oder den Wänden, die als Brandwände über alle Geschosse ausgebildet sind. Die Brandabschnittsfläche ist die Grundfläche des Geschosses mit der größten Ausdehnung eines Brandabschnitts zwischen den aufgehenden Umfassungsbauteilen. Sie ist also nicht die Fläche, die sich aus der Summe der Flächen der einzelnen Geschosse ergibt (Bild 1).

Die aktualisierte Muster-Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau (MIndBauRL – Fassung Mai 2019)

2.3.2

Brandbekämpfungsabschnitt, Grundfläche des Brandbekämpfungsabschnitts und Brandbekämpfungsabschnittsfläche

Ein Brandbekämpfungsabschnitt ist ein auf das kritische Brandereignis normativ bemessener, gegenüber anderen Gebäudebereichen brandschutztechnisch abgetrennter Gebäudebereich mit spezifischen Anforderungen an Wände und Decken, die diesen Brandbekämpfungsabschnitt begrenzen; Kellergeschosse sind keine Teile von Brandbekämpfungsabschnitten. Hierbei wird davon ausgegangen, dass ein (übergroßer) Brandabschnitt in „Unterabschnitte“, in sogenannte Brandbekämpfungsabschnitte unterteilt wird. Als „übergroße“ Brandabschnitte werden solche bezeichnet, bei denen die Abstände zwischen den Außenwänden oder den Brandwänden weit mehr als die bauordnungsrechtlich vorgeschriebenen 40 m betragen. Die Grundfläche des Brandbekämpfungsabschnitts ist die Grundfläche des untersten oberirdischen Geschosses zwischen den Umfassungsbauteilen (vergleiche Bild 2). Die Brandbekämpfungsabschnittsfläche ist die Summe der Grundflächen von Geschossen und Ebenen des Brandbekämpfungsabschnitts zwischen den aufgehenden Umfassungsbauteilen (vergleiche Bild 3). Bei der brandschutztechnischen Bemessung eines Brandbekämpfungsabschnittes ist davon auszugehen, dass im Hinblick auf die Konstruktion die gleiche Sicherheit für den Brandbekämpfungserfolg besteht wie bei einem Brandabschnitt nach der Bauordnung unter genormten Brandbedingungen nach DIN 4102-2 [12]. Dies deshalb, weil die Bemessung eines Brandbekämpfungsabschnitts unter Annahme der realen geometrischen Verhältnisse (Abmessungen, Lage der Öffnungen in den Wänden oder Decken etc.), den tatsächlich vorhandenen Brandlasten sowie deren Anordnung im Gebäude und unter Berücksichtigung der vorhandenen brandschutztechnischen Infrastruktur (Löschwasserversorgung, Feuerlöschanlagen, Werkfeuerwehr etc.) erfolgt.

2.3.3

299

Geschoss, oberirdische Geschosse, Kellergeschosse

Die Definition des Begriffs „Geschoss“ ist erforderlich, da sich die Anforderungen der MIndBauRL [2] sowohl nach der Geschossigkeit des betrachteten Gebäudes bzw. nach der Geschossigkeit seiner Brandabschnitte (Abschnitt 6 der MIndBauRL [2]) oder auch nach der Geschossigkeit der Brandbekämpfungsabschnitte (Abschnitt 7 der MIndBauRL [2]) richten. Ein Geschoss umfasst alle auf gleicher Höhe liegenden sowie in der Höhe versetzten Räume und Raumteile eines Brandabschnitts oder eines Brandbekämpfungsabschnitts. Geschosse werden durch Geschossdecken getrennt, die raumabschließend und standsicher sein müssen. Die Grundfläche eines Geschosses ist die Flä-

Brandwand

BA 1

A2

BA 1

A2

Bild 1. Brandabschnittsflächen A1 und A2 für 2 durch eine Brandwand getrennte Brandabschnitte

Keine Brandwand

AG - BBA 3

AG - BBA 4

AG - B B A 1

AG - BBA 2

Bild 2. Beispielhafte Darstellung der Grundfläche der Brandbekämpfungsabschnitte AG-BBA1 , AG-BBA2 , AG-BBA3 und AG-BBA4

Keine Brandwand

AG - BBA 3

AG - BBA 4

AG - B B A 1

AG - BBA 2

Bild 3. Beispielhafte Darstellung der Brandbekämpfungsabschnittsfläche für den Brandbekämpfungsabschnitt BBA 3

300

C7

Brandschutz im Industriebau

che zwischen den aufgehenden Umfassungsbauteilen oder Brandwänden eines Geschosses. Die Definition des „oberirdischen Geschosses“ gemäß MBO [1] wurde nunmehr unmittelbar in die Begriffsdefinition der MIndBauRL [2] aufgenommen: Geschosse sind oberirdische Geschosse, wenn ihre Deckenoberkanten im Mittel mehr als 1,4 m über die Geländeoberfläche hinausragen. Im Übrigen sind sie Kellergeschosse. Dabei ist zu beachten [5], dass Decken mit Öffnungen oder Decken mit Öffnungsverschlüssen, die nicht in der gleichen Feuerwiderstandsfähigkeit der Decken verschlossen werden, keine Geschosse von Industriebauten trennen. Die Flächen unter- und oberhalb solcher „offenen Decken“ sind somit Bestandteil desselben Geschosses. Geschosse sind dreidimensional ausgebildet: Der Raumbereich eines Geschosses umfasst das gesamte Volumen von der (unteren) Geschossdecke bis zur nächsten Decke, die Geschosse oder Brandbekämpfungsabschnitte trennt oder bis zum Dach. Damit fallen alle sich darin befindenden Räume (zum Beispiel Zimmer) aber auch Ebenen und Einbauten in das Geschoss. Anlagen der technischen Gebäudeausrüstung und Räume für diese Anlagen auf einem Dach sind keine Geschosse, sofern sie nur vorübergehend zu Wartungs- und Kontrollzwecken begangen werden. Neu in der MIndBauRL 2019 [2] ist der Begriff des „eingeschossigen Industriebaus“. Eingeschossige Industriebauten haben nur ein oberirdisches Geschoss; sie dürfen Kellergeschosse haben. Der Begriff löst die bisherigen „erdgeschossigen Industriebauten“ gemäß MIndBauRL 2014 [4] ab. Diese Änderung ist aus Sicht der Autoren insofern zielführend, dass nunmehr Industriebauten mit nur einem oberirdischen Geschoss und einem zusätzlichen Kellergeschoss in Bezug auf das oberirdische Geschoss ohne Abweichungstatbestand im Verfahren nach Abschnitt 6 als eingeschossig beurteilt werden können. Bisher waren erdgeschossige Industriebauten mit zusätzlichem Kellergeschoss formal als zweigeschossige Gebäude zu bewerten, sodass das Erdgeschoss ohne Abweichungstatbestand im Verfahren nach Abschnitt 6 nicht mittels eines nichtbrennbaren Gebäudetragwerks nachgewiesen werden konnte. Da Kellergeschosse in Gebäuden der Gebäudeklasse 3 – in die Industriebauten aufgrund ihrer Flächenausdehnung von in der Regel mehr als 400 m2 Grundfläche mindestens einzustufen sind – gemäß MBO [1] ohnehin feuerbeständig zu dem darüberliegenden Geschoss abzutrennen sind und die MIndBauRL 2019 [2] für Kellergeschosse analog feuerbeständige tragende und aussteifende Wände und Stützen sowie Decken fordert, ist es aus brandschutztechnischer Sicht nur sinnvoll, einen Industriebau mit einem oberirdischen Geschoss und einem zusätzlichen Kellergeschoss als eingeschossig zu bewerten. Diesbezüglich wird entsprechend auch auf die Erleichterungen für zweigeschossige Industriebauten mit Zufahrten hingewiesen: Wird bei einem zweigeschossigen Industriebau das untere Geschoss mit Bauteilen ein-

Tabelle 1. Maximale Grundfläche einzelner Einbauten nach MIndBauRL [2] Sicherheitskategorie

K1

K2

K 3.1 K 3.2 K 3.3 K 3.4 K 4

max. Grundfläche in m2

400 600 720

800

920

1000 1400

schließlich der Decken feuerbeständig und aus nichtbrennbaren Baustoffen hergestellt und werden für beide Geschosse Zufahrten für die Feuerwehr angeordnet, dann kann das obere Geschoss wie ein eingeschossiger Industriebau behandelt werden. Ferner dürfen Fußböden von oberirdischen Geschossen grundsätzlich nicht mehr als 1 m unter der Geländeoberfläche liegen. Ausnahmen wie tieferliegende oberirdische Geschosse sind möglich, wenn – die tieferliegenden Bereiche ausschließlich betriebstechnische Einrichtungen mit einer Größe gemäß Tabelle 1 aufweisen (vergleiche Abschnitt 2.3.5 „Einbauten“) und in Summe nicht mehr als 25 % der Grundfläche des Geschosses betragen, – diese Bereiche als Teile von Brandbekämpfungsabschnitten mit dem Verfahren auf der Grundlage von DIN 18230-1 [7] nachgewiesen werden oder – die Geschosse oder Ebenen mindestens an einer Seite auf ganzer Länge für die Feuerwehr von außen ohne Hilfsmittel zugänglich sind.

2.3.4

Ebene

Eine Ebene umfasst alle auf gleicher Höhe liegenden Räume oder Raumteile in einem Brandbekämpfungsabschnitt zwischen den Außenwänden oder den Wänden zur Trennung von Brandbekämpfungsabschnitten. Ebenen sind durch Decken getrennt, deren Standsicherheit brandschutztechnisch bemessen sein muss. Die Decken haben Öffnungen, nicht klassifizierte Abschlüsse oder Abschottungen. Bei der Ermittlung der Grundfläche der jeweiligen Ebene werden die Flächen von Öffnungen und nicht klassifizierte Abschlüsse oder Abschottungen nicht angerechnet (vergleiche Bild 4). Eine Ebene ist nach DIN 18230-1 [7] keine Fläche, sondern ein Raum, der vergleichbar mit einem Geschoss

Ebene Einbau

Bild 4. Beispielhafte Darstellung eines Brandbekämpfungsabschnitts mit Ebenen und einem Einbau

Die aktualisierte Muster-Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau (MIndBauRL – Fassung Mai 2019)

ist. Eine Ebene erstreckt sich – wie ein Geschoss – zwischen den Umfassungsbauteilen eines Brandbekämpfungsabschnitts. Sie unterscheidet sich von Geschossen nur derart, als dass die Decke der Ebene zwar standsicher bemessen werden muss, sie aber im Gegensatz zur Geschossdecke nicht raumabschließend ist. Zwar gehört zu jeder Ebene ein Geschoss, aber nicht jedes Geschoss hat eine Ebene. Die Grundfläche eines Geschosses kann mit der untersten Ebene identisch sein [5].

2.3.5

Einbauten

Einbauten umfassen einzelne auf gleicher Höhe liegende begehbare Bauteile oberhalb des Fußbodens von Geschossen und Ebenen. Einbauten sind brandschutztechnisch nicht bemessen. Die Grundfläche von Einbauten ist die Fläche zwischen ihren Umfassungswänden bzw. den freien Rändern (vergleiche ebenfalls Bild 4). Einbauten werden genutzt, um beispielsweise Behälter und Maschinen zugänglich zu machen oder um auf ihnen Räume unterzubringen; sie dürfen grundsätzlich für alle Industriebauzwecke genutzt werden, auch für Büro- und Verwaltungszwecke. Einbauten sind auch im Verfahren nach Abschnitt 6 (ohne Ermittlung der Brandlast) zulässig. Der Begriff „Einbauten“ beschreibt im Verfahren nach Abschnitt 7 zum Beispiel Räume auf Bühnen mit Abdeckungen aus Gitterrosten und Blechen, die nicht für die erforderliche Feuerwiderstandsfähigkeit bemessen sind und bei der Ermittlung der Brandbekämpfungsabschnittsfläche nicht angerechnet werden [5]. In Abhängigkeit von der Sicherheitskategorie sind auf den Grundflächen von Geschossen und Ebenen maximal folgende Grundflächen von Einbauten zulässig: Bei der Ermittlung der Grundfläche von Einbauten werden Öffnungen innerhalb des Einbaus nicht abgezogen. Einbauten nach Tabelle 1 dürfen mehrfach nebeneinander angeordnet werden, wenn sie durch brandlastfreie Zonen von mindestens 5 m Breite (Freistreifen) getrennt sind; sie dürfen nicht übereinander angeordnet werden. In Summe dürfen deren Flächen jeweils nicht mehr als 25 % der Grundfläche des Geschosses, – der Brandbekämpfungsabschnittsfläche, – der Grundfläche der Ebene und – des Teilabschnittes betragen. Einbauten sind so anzuordnen, dass die Feuerwehr geeignete Löschmaßnahmen von einem sicheren Standort aus vortragen kann.

2.3.6

Brandsicherheitsklassen

Brandsicherheitsklassen sind Klassierungsstufen, mit denen die unterschiedliche brandschutztechnische Bedeutung von Bauteilen bewertet wird. Die Brandsicherheitsklassen werden im Abschnitt 4.2.1 noch näher definiert.

2.3.7

301

Sicherheitskategorien

Sicherheitskategorien sind Klassierungsstufen für die brandschutztechnische Infrastruktur. Sie ergeben sich aus den Vorkehrungen für die Brandmeldung, der Art der Feuerwehr und der Art einer Feuerlöschanlage. Sie werden wie folgt unterschieden: – Sicherheitskategorie K 1: Brandabschnitte oder Brandbekämpfungsabschnitte ohne besondere Maßnahmen für Brandmeldung und Brandbekämpfung – Sicherheitskategorie K 2: Brandabschnitte oder Brandbekämpfungsabschnitte mit automatischer Brandmeldeanlage – Sicherheitskategorie K 3.1: Brandabschnitte oder Brandbekämpfungsabschnitte mit automatischer Brandmeldeanlage in Industriebauten mit Werkfeuerwehr in mindestens Staffelstärke; diese Staffel muss aus hauptberuflichen Kräften bestehen – Sicherheitskategorie K 3.2: Brandabschnitte oder Brandbekämpfungsabschnitte mit automatischer Brandmeldeanlage in Industriebauten mit Werkfeuerwehr in mindestens Gruppenstärke – Sicherheitskategorie K 3.3: Brandabschnitte oder Brandbekämpfungsabschnitte mit automatischer Brandmeldeanlage in Industriebauten mit Werkfeuerwehr mit mindestens 2 Staffeln – Sicherheitskategorie K 3.4: Brandabschnitte oder Brandbekämpfungsabschnitte mit automatischer Brandmeldeanlage in Industriebauten mit Werkfeuerwehr mit mindestens 3 Staffeln – Sicherheitskategorie K 4: Brandabschnitte oder Brandbekämpfungsabschnitte mit selbsttätiger Feuerlöschanlage Hinweis: In Brandabschnitten oder Brandbekämpfungsabschnitten, in denen durch ständige Personalbesetzung eine sofortige Brandentdeckung und Weitermeldung an die zuständige Feuerwehralarmierungsstelle sichergestellt ist, kann dies hinsichtlich der Branderkennung und -meldung einer automatischen Brandmeldeanlage gleichgesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn eine automatische Brandmeldeanlage als Voraussetzung zur Verlängerung der Rettungswege herangezogen wird.

2.3.8

Werkfeuerwehr

Werkfeuerwehr im Sinne der MIndBauRL [2] ist eine nach Landesrecht anerkannte Werkfeuerwehr, die jederzeit in spätestens 5 Minuten nach ihrer Alarmierung die Einsatzstelle erreicht; Einsatzstelle ist die Stelle des Industriebaus, von der aus vor Ort erste Brandbekämpfungsmaßnahmen vorgetragen werden.

302

C7

2.4

Nachweisverfahren

Brandschutz im Industriebau

Zur Nachweisführung des baulichen Brandschutzes kann nach der MIndBauRL [2] eines der folgenden drei Verfahren angewendet werden: a) Vereinfachtes Nachweisverfahren Im Verfahren nach Abschnitt 6 der MIndBauRL [2] wird in Abhängigkeit – von der Feuerwiderstandsfähigkeit der tragenden und aussteifenden Bauteile, – von der brandschutztechnischen Infrastruktur der baulichen Anlage (ausgedrückt durch die Sicherheitskategorien) und – der Anzahl der oberirdischen Geschosse die zulässige Brandabschnittsfläche für einen Brandabschnitt ermittelt. Eine ausführliche Beschreibung dieses Nachweisverfahrens ist in Abschnitt 3 dieses Beitrags dargestellt. b) Nachweisverfahren auf der Grundlage von DIN 18230-1 [7] Im Verfahren nach Abschnitt 7 der MIndBauRL [2] werden auf der Grundlage der Rechenverfahren nach DIN 18230-1 – die zulässige Fläche und – die Anforderungen an die Bauteile nach den Brandsicherheitsklassen für einen Brandbekämpfungsabschnitt bestimmt. Eine ausführliche Beschreibung dieses Nachweisverfahrens ist in Abschnitt 4 dieses Beitrags dargestellt. c) Anwendung der Methoden des Brandschutzingenieurwesens Anstelle des vereinfachten Verfahrens nach Abschnitt 6 und des Verfahrens nach DIN 18230-1 [7] lässt die MIndBauRL [2] zu, dass der Nachweis zur Einhaltung der brandschutztechnischen Schutzziele auch unter Anwendung der Methoden des Brandschutzingenieurwesens erbracht wird. Zu der Anwendung dieser Methoden werden im normativen Anhang 1 zur MIndBauRL [2] Rahmenbedingungen für die Nachweisführungen konkretisiert, die auf einer rechnerischen Brandsimulation – insbesondere unter Verwendung der Wärmebilanztheorien – basieren. Auf der Grundlage von Methoden des Brandschutzingenieurwesens wird nach DIN 18009-1 [13] nachgewiesen, dass für sicherheitstechnisch erforderliche Zeiträume die fraglichen Schutzziele erfüllt sind. Das kann insbesondere erfolgen für den Nachweis, dass – die Rettungswege benutzbar sind, – eine wirksame Brandbekämpfung möglich ist, – die Standsicherheit der Bauteile gewährleistet ist. Für den betrachteten Industriebau müssen aufgrund der vorgesehenen Nutzung die Brandszenarien festlegbar sein, welche insbesondere – der Nutzung entsprechen und – auf der sicheren Seite liegende Brandwirkungen ergeben. Die Sicherheitskriterien und die Zeiträume zur Einhaltung der Sicherheitskriterien sind mit den

zuständigen Behörden festzulegen. Es ist nachzuweisen, dass die Sicherheitskriterien generell im Industriebau partiell in relevanten Raumbereichen eingehalten werden. Der Nachweis muss vollständig, nachvollziehbar und überprüfbar sein. Genereller Hinweis zu den Nachweisverfahren: Industriebauten – insbesondere solche mit Tragwerken ohne klassifiziertem Feuerwiderstand – müssen statisch konstruktiv so errichtet werden, dass bei Versagen von Bauteilen bei lokal begrenzten Bränden nicht ein plötzlicher Einsturz des Haupttragwerkes außerhalb des betroffenen Brandbereichs durch zum Beispiel Bildung einer kinematischen Kette angenommen werden muss.

2.5

Allgemeine Anforderungen

2.5.1

Vorbemerkungen

Unabhängig von den bereits genannten Nachweisverfahren zum baulichen Brandschutz von Industriebauten werden in der MIndBauRL [2] bestimmte Anforderungen, sogenannte „Allgemeine Anforderungen“, an die bauliche Industrieanlage gestellt, um den übergeordneten Schutzzielen im Sinne des § 14 der MBO [1] u. a. hinsichtlich der Flucht- und Rettungswege, dem organisatorischen Brandschutz sowie dem Vortragen wirksamer Löscharbeiten gerecht zu werden. Diese werden im Folgenden wiedergegeben.

2.5.2

Löschwasserbedarf

Für Industriebauten ist der Löschwasserbedarf im Benehmen mit der Brandschutzdienststelle unter Berücksichtigung der Flächen der Brandabschnitte oder Brandbekämpfungsabschnitte sowie der Brandlasten festzulegen. Hierbei ist auszugehen von einem Löschwasserbedarf über einen Zeitraum von zwei Stunden – von mindestens 96 m3 /h bei Abschnittsflächen bis zu 2500 m2 und – von mindestens 192 m3 /h bei Abschnittsflächen von mehr als 4000 m2 . Zwischenwerte können linear interpoliert werden. Bei Industriebauten mit selbsttätiger Feuerlöschanlage genügt eine Löschwassermenge für Löscharbeiten der Feuerwehr von mindestens 96 m3 /h über einen Zeitraum von einer Stunde.

2.5.3

Lage und Zugänglichkeit

Jeder Brandabschnitt und jeder Brandbekämpfungsabschnitt müssen mit mindestens einer Seite an einer Außenwand liegen und von dort für die Feuerwehr zugänglich sein. Dies gilt nicht für Brandabschnitte und Brandbekämpfungsabschnitte, die eine selbsttätige Feuerlöschanlage haben. Freistehende sowie aneinandergebaute Industriebauten mit einer Grundfläche von insgesamt mehr als 5000 m2 müssen eine für Feuerwehrfahrzeuge befahrbare Umfahrt haben. Umfahrten müssen die Anfor-

Die aktualisierte Muster-Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau (MIndBauRL – Fassung Mai 2019)

Löschwasserbedarf [m 3/h] 200 192 m 3/h 150 100

96 m 3/h

50 0 1000 2000 3000 4000 5000 Fläche des Brand-/Brandbekämpfungsabschnitts [m 2] Bild 5. Anforderungen an den Löschwasserbedarf nach MIndBauRL [2]

derungen der Muster-Richtlinie über Flächen für die Feuerwehr [14] erfüllen. Über die nach § 5 MBO [1] für die Feuerwehr erforderlichen Zufahrten, Durchfahrten und Aufstell- und Bewegungsflächen hinaus, sind auch die Umfahrten ständig freizuhalten. Hierauf ist dauerhaft und leicht erkennbar hinzuweisen (Kennzeichnung).

2.5.4

Geschosse und Flächen unter der Geländeoberfläche

Kellergeschosse sind durch raumabschließende, feuerbeständige Wände aus nichtbrennbaren Baustoffen in Abschnitte zu unterteilen, deren Grundfläche im ersten Kellergeschoss nicht größer als 1000 m2 und in jedem tiefer gelegenen Geschoss nicht größer als 500 m2 sein darf. Dies ist nicht erforderlich, wenn die Geschosse oder Ebenen mindestens an einer Seite auf ganzer Länge für die Feuerwehr von außen ohne Hilfsmittel zugänglich sind. Werden in Kellergeschossen selbsttätige Feuerlöschanlagen angeordnet oder dienen die Kellergeschosse ausschließlich dem Betrieb von Wasserkläroder Wasseraufbereitungsanlagen, dürfen die genannten Flächenwerte auf das Dreieinhalbfache erhöht werden.

2.5.5

notwendigen Treppenraum zu den übrigen Bereichen des Geschosses. Im Übrigen gelten für diese Bereiche die Regelungen für die Rettungswege von Einbauten entsprechend. Kellergeschosse mit einer Grundfläche von mehr als 200 m2 müssen in Industriebauten bei Vorhandensein eines oberirdischen Geschosses, dessen Tragwerk aus nichtbrennbaren Baustoffen im vereinfachten Nachweisverfahren nach Abschnitt 6 der MIndBauRL [2] nachgewiesen ist, und beim Nachweisverfahren auf der Grundlage von DIN 18230-1 [7] nach Abschnitt 7 der MIndBauRL [2] jeweils zwei bauliche Rettungswege haben. Einer der Rettungswege darf zu anderen Brandabschnitten oder zu anderen Brandbekämpfungsabschnitten oder über eine Außentreppe, über offene Gänge und/oder über begehbare Dächer auf das Grundstück führen, wenn diese im Brandfall ausreichend lang standsicher sind und die Benutzer durch Feuer und Rauch nicht gefährdet werden können (Bild 6). Bei Ebenen darf der zweite Rettungsweg auch über eine notwendige Treppe ohne notwendigen Treppenraum in eine unmittelbar darunterliegende Ebene oder ein unmittelbar darunterliegendes Geschoss führen, sofern diese Ebene oder dieses Geschoss Ausgänge in mindestens zwei sichere Bereiche hat (siehe Bild 7). Die Rettungswege aus im Produktions- oder Lagerraum eingestellten Räumen dürfen über den gleichen Produktions- oder Lagerraum führen. In diesem Fall sind die Räume oder Raumgruppen mit Aufenthaltsräumen offen auszuführen. Alternativ können sie durch Wände mit ausreichender Sichtverbindung abgetrennt werden. Bei geschlossenen Räumen mit mehr als 20 m2 Grundfläche ist zusätzlich sicherzustellen, dass

E E

Rettungswege

Zu den Rettungswegen in Industriebauten gehören insbesondere die Hauptgänge in den Produktions- und Lagerräumen, die Ausgänge aus diesen Räumen, die notwendigen Flure, die notwendigen Treppen und die Ausgänge ins Freie. Für Industriebauten mit einer Grundfläche von mehr als 1600 m2 müssen in jedem Geschoss mindestens zwei möglichst entgegengesetzt liegende bauliche Rettungswege vorhanden sein. Dies gilt für Ebenen oder Einbauten mit einer Grundfläche von jeweils mehr als 200 m2 entsprechend. Für tieferliegende Bereiche unter der Geländeoberfläche (= oberirdische Geschosse, deren Fußböden mehr als 1 m unter der Geländeoberfläche liegen dürfen, vergleiche Abschnitt 2.3.3) reichen notwendige Treppen ohne

303

Grundriss

Schnitt

Bild 6. Beispielhafte Darstellung der Rettungswegführung über Dach gemäß [5]

304

C7

Brandschutz im Industriebau

Treppenraum

Rettungsweglänge [m] 80 bei autom. BMA oder 70 Sprinkleranlage 60 50 40 30 20 10 0 0 5

10 15 lichte Raumhöhe [m]

Bild 7. Beispielhafte Darstellung der Rettungswegführung von einer Ebene gemäß [5]

Bild 8. Darstellung der Rettungsweglänge in Abhängigkeit der brandschutztechnischen Infrastruktur [2]

die dort anwesenden Personen im Brandfall rechtzeitig in geeigneter Weise gewarnt werden. Von jeder Stelle eines Produktions- oder Lagerraumes soll mindestens ein Hauptgang nach höchstens 15 m Lauflänge erreichbar sein. Hauptgänge müssen mindestens 2 m breit sein; sie sollen geradlinig auf kurzem Wege zu Ausgängen ins Freie, zu notwendigen Treppenräumen, zu Außentreppen, zu Treppen von Ebenen und Einbauten, zu offenen Gängen, über begehbare Dächer auf das Grundstück, zu anderen Brandabschnitten oder zu anderen Brandbekämpfungsabschnitten führen. Diese anderen Brandabschnitte oder Brandbekämpfungsabschnitte müssen Ausgänge unmittelbar ins Freie oder zu notwendigen Treppenräumen mit einem sicheren Ausgang ins Freie haben. Von jeder Stelle eines oberirdischen Produktions- oder Lagerraumes muss mindestens ein Ausgang ins Freie, ein Zugang zu einem notwendigen Treppenraum, zu einer Außentreppe, zu einem offenen Gang oder zu einem begehbaren Dach, ein anderer Brandabschnitt oder ein anderer Brandbekämpfungsabschnitt – bei einer mittleren lichten Höhe von bis zu 5 m in höchstens 35 m Entfernung, – bei einer mittleren lichten Höhe von mindestens 10 m in höchstens 50 m Entfernung erreichbar sein. Bei Vorhandensein einer Alarmierungseinrichtung für die Nutzer (Internalarm) ist es zulässig, dass der vorgenannte Ausgang – bei einer mittleren lichten Höhe von bis zu 5 m in höchstens 50 m Entfernung, – bei einer mittleren lichten Höhe von mindestens 10 m in höchstens 70 m Entfernung erreicht werden (Bild 8). Bei mittleren lichten Höhen zwischen 5 m und 10 m darf zur Ermittlung der zulässigen Entfernung zwischen den vorstehenden Werten interpoliert werden. Die Auslösung von Alarmierungseinrichtungen muss erfolgen bei Auslösen – einer automatischen Brandmeldeanlage oder – einer selbsttätigen Feuerlöschanlage.

Bei der selbsttätigen Feuerlöschanlage ist zusätzlich eine Handauslösung der Alarmierungseinrichtungen vorzusehen. Liegt ein Ausgang ins Freie unter einem Vordach, beginnt das Freie erst am Rande des Vordachs. Unter mindestens zweiseitig offenen Vordächern ist eine zusätzliche Entfernung in der Tiefe des Vordachs, jedoch maximal 15 m, zulässig. Dies gilt nicht, wenn der Bereich unter dem Vordach einen eigenen Brandabschnitt oder Brandbekämpfungsabschnitt bildet. Hinweis zur Bestimmung der tatsächlichen Rettungsweglänge: Die vorgenannten Entfernungen werden in der Luftlinie, jedoch nicht durch Bauteile gemessen. Die tatsächliche Lauflänge darf jedoch nicht mehr als das 1,5-fache der jeweiligen Entfernung betragen. Liegt eine Stelle des Produktions- oder Lagerraumes nicht auf der Höhe des Ausgangs oder Zugangs, so ist von der zulässigen Lauflänge das Doppelte der Höhendifferenz abzuziehen. Bei der Ermittlung der Entfernung bleibt diese Höhendifferenz unberücksichtigt. Kontroll- und Wartungsgänge, die nur gelegentlich begangen werden und aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen, dürfen über Steigleitern erschlossen werden. Die Steigleiter muss in einer Entfernung von maximal 100 m, bei nur einer Fluchtrichtung in maximal 50 m, erreicht werden können. Die mittlere lichte Höhe einer Ebene ergibt sich als nach Flächenanteilen gewichtetes Mittel der lichten Höhe bis zur nächsten Decke oder dem Dach. Bei der Ermittlung der mittleren lichten Höhe bleiben Einbauten sowie Ebenen mit einer maximalen Grundfläche nach Tabelle 1 unberücksichtigt. Für Einbauten sowie Ebenen mit einer maximalen Grundfläche nach Tabelle 1 ist die mittlere lichte Höhe die der Ebene oder des Geschosses, über deren/dessen Fußboden sie angeordnet sind. Bei Einbauten und Ebenen mit einer maximalen Grundfläche nach Tabelle 1 dürfen die Rettungswege über notwendige Treppen ohne notwendigen Treppenraum geführt werden, wenn sie in eine unmittelbar darunterliegende Ebene oder ein unmittelbar darunterliegendes Geschoss füh-

Die aktualisierte Muster-Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau (MIndBauRL – Fassung Mai 2019)

ren, sofern diese Ebene oder dieses Geschoss Ausgänge in mindestens zwei sichere Bereiche hat und ein Ausgang in einer der vorstehenden Entfernungen erreicht wird. Die Lauflänge auf dem Einbau oder der Ebene bis zu einer Treppe darf in diesen Fällen höchstens – bei Brandbelastung in Brandbekämpfungsabschnitten < 15 kWh/m2 50 m, – bei Vorhandensein einer Alarmierungseinrichtung für die Nutzer, deren Auslösung über eine automatische Brandmeldeanlage oder eine selbsttätige Feuerlöschanlage mit zusätzlicher Handauslösung der Alarmierungseinrichtung, 35 m, – im Übrigen 25 m betragen. Notwendige Treppen müssen aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. Wände notwendiger Treppenräume müssen den Anforderungen nach § 35 MBO [1] für die Gebäudeklasse 5, also der Bauart von Brandwänden, entsprechen.

305

Summe mind. 1,5 m2/400m2

> 200 2

Bild 9. Rauchableitung aus Produktions- und Lagerräumen ohne Ebenen > 200 m2 – Anordnung eines Rauchabzugsgerätes mit insgesamt mindestens 1,5 m2 aerodynamisch wirksamer Fläche je 400 m2 Grundfläche

Summe mind.

2.5.6

Rauchableitung

Produktions-, Lagerräume und Ebenen mit jeweils mehr als 200 m2 Grundfläche müssen zur Unterstützung der Brandbekämpfung entraucht werden können.

Rauchableitung aus Produktions- und Lagerräumen ohne Ebenen Die Anforderung ist insbesondere erfüllt, wenn – diese Räume Rauchabzugsanlagen haben, bei denen je höchstens 400 m2 der Grundfläche mindestens ein Rauchabzugsgerät im Dach oder im oberen Raumdrittel angeordnet wird, – die aerodynamisch wirksame Fläche dieser Rauchabzugsgeräte insgesamt mindestens 1,5 m2 je 400 m2 Grundfläche beträgt (Bild 9), – je höchstens 1600 m2 Grundfläche mindestens eine Auslösegruppe für die Rauchabzugsgeräte gebildet wird sowie – Zuluftflächen im unteren Raumdrittel von insgesamt mindestens 12 m2 freiem Querschnitt vorhanden sind (Bild 10). Die Anforderung ist insbesondere erfüllt für Produktions- und Lagerräume mit nicht mehr als 1600 m2 Grundfläche (Bild 11), wenn – diese Räume entweder an der obersten Stelle Öffnungen zur Rauchableitung mit einem freien Querschnitt von insgesamt 1 v. H. der Grundfläche oder – im oberen Drittel der Außenwände angeordnete Öffnungen, Türen oder Fenster mit einem freien Querschnitt von insgesamt 2 v. H. der Grundfläche haben sowie Zuluftflächen in insgesamt gleicher Größe jedoch mit nicht mehr als 12 m2 freiem Querschnitt vorhanden sind, die im unteren Raumdrittel angeordnet werden sollen. Die Anforderung ist insbesondere auch erfüllt, wenn maschinelle Rauchabzugsanlagen vorhanden sind, bei denen je höchstens 400 m2 der Grundfläche der Räume mindestens ein Rauchabzugsgerät oder eine Absaug-

1,5 m 2/400m 2

Zuluft mind. 12m 2

> 2002

Bild 10. Rauchableitung aus Produktions- und Lagerräumen ohne Ebenen > 200 m2 – Anordnung der Zuluftfläche

1% der Grundfläche oder 2% der Grundfläche

Zuluft so groß wie Abluft > 200 2 und < 1.600m2

Bild 11. Rauchableitung aus Produktions- und Lagerräumen ohne Ebenen > 200 m2 – Freie Rauchabzugsflächen und Zuluftflächen für Räume mit nicht mehr als 1600 m2 Grundfläche

stelle mit einem Luftvolumenstrom von 10000 m3 /h im oberen Raumdrittel angeordnet werden. Bei Räumen mit mehr als 1600 m2 Grundfläche genügt – zu dem Luftvolumenstrom von 40000 m3 /h für die Grundfläche von 1600 m2 ein zusätzlicher Luftvolumenstrom von 5000 m3 /h je angefangene weitere 400 m2 Grundfläche; der sich ergebende Gesamtvolumenstrom je Raum ist gleichmäßig auf die anzuordnenden Absaugstellen der Rauchabzugsgeräte zu verteilen oder – ein Luftvolumenstrom von mindestens 40000 m3 /h je Raum, wenn sichergestellt ist, dass dieser Luft-

306

C7

Brandschutz im Industriebau

volumenstrom im Bereich der Brandstelle auf einer Grundfläche von höchstens 1600 m2 von den anzuordnenden Absaugstellen oder Rauchabzugsgeräte gleichmäßig gefördert werden kann. Die Zuluftflächen müssen im unteren Raumdrittel in solcher Größe und so angeordnet werden, dass eine maximale Strömungsgeschwindigkeit von 3 m/s nicht überschritten wird. Maschinelle Rauchabzugsanlagen sind für eine Betriebszeit von 30 Minuten bei einer Rauchgastemperatur von 600 °C auszulegen. Die Auslegung kann mit einer Rauchgastemperatur von 300 °C erfolgen, wenn der ermittelte Luftvolumenstrom mindestens 40000 m3 /h je Raum beträgt. Maschinelle Lüftungsanlagen können als maschinelle Rauchabzugsanlagen betrieben werden, wenn sie die an diese gestellten Anforderungen erfüllen.

Rauchableitung aus Brandbekämpfungsabschnitten mit Ebenen in Produktions- und Lagerräumen Die Anforderung ist insbesondere erfüllt, wenn – diese Räume Rauchabzugsanlagen haben, bei denen je höchstens 400 m2 der Dachfläche mindestens ein Rauchabzugsgerät im Dach angeordnet wird, – die aerodynamisch wirksame Fläche dieser Rauchabzugsgeräte insgesamt mindestens 1,5 m2 je 400 m2 Brandbekämpfungsabschnittsfläche beträgt, – je höchstens 1600 m2 Dachfläche mindestens eine Auslösegruppe für die Rauchabzugsgeräte gebildet wird, – die Brandbekämpfungsabschnitte in Rauchabschnitte je < 5000 m2 Brandbekämpfungsabschnittsfläche unterteilt werden sowie – der freie Querschnitt aller Öffnungsflächen im Dach in allen Ebenen sowie als Zuluftfläche in der untersten Ebene vorhanden ist. Es dürfen nur Öffnungen in Ebenen mit einem freien Querschnitt von mindestens 1 m2 angerechnet werden. Die Anforderung ist insbesondere erfüllt für Ebenen mit Grundflächen von jeweils nicht mehr als 1000 m2 bzw. 1600 m2 bei Vorhandensein einer Werkfeuerwehr, wenn – die Räume in den Außenwänden Öffnungen, Türen oder Fenster mit einem freien Querschnitt von insgesamt 2 v. H. der Grundfläche der jeweiligen Ebene haben und – die Öffnungen, Türen oder Fenster im oberen Drittel der Außenwand angeordnet sind sowie – Zuluftflächen in insgesamt gleicher Größe im unteren Raumdrittel oder in den darunterliegenden Ebenen vorhanden sind. Es dürfen nur Öffnungen in Ebenen mit einem freien Querschnitt von mindestens 1 m2 angerechnet werden. Rauchableitung in Produktions- und Lagerräumen mit selbsttätigen Feuerlöschanlagen Die Anforderung ist auch erfüllt in Produktions- und Lagerräumen mit selbsttätigen Feuerlöschanlagen,

wenn in diesen Räumen vorhandene Lüftungsanlagen automatisch bei Auslösen der selbsttätigen Feuerlöschanlagen so betrieben werden, dass sie nur entlüften und die Luftvolumenströme einschließlich Zuluft erreicht werden, soweit es die Zweckbestimmung der Absperrvorrichtungen gegen Brandübertragung zulässt; in Leitungen zum Zweck der Entlüftung dürfen Absperrvorrichtungen nur thermische Auslöser haben. Abweichend davon muss bei Vorhandensein einer automatischen Brandmeldeanlage der Sicherheitskategorien K 2 bis K 3.4 die Lüftungsanlage mit Auslösen der Brandmeldeanlage so betrieben werden. Auf die automatische Ansteuerung der Lüftungsanlage kann mit Zustimmung der Brandschutzdienststelle verzichtet werden.

Weitere Anforderungen an die Rauchableitung aus Produktions- und Lagerräumen – Anstelle von Öffnungen zur Rauchableitung ist die Rauchableitung über Schächte mit strömungstechnisch äquivalenten Querschnitten zulässig, wenn die Wände der Schächte raumabschließend und so feuerwiderstandsfähig wie die durchdrungenen Bauteile, mindestens jedoch feuerhemmend sowie aus nichtbrennbaren Baustoffen sind. – Fenster, Türen und mit Abschlüssen versehene Öffnungen zur Rauchableitung müssen Vorrichtungen zum Öffnen haben, die von jederzeit zugänglichen Stellen leicht von Hand bedient werden können; sie können an einer jederzeit zugänglichen Stelle zusammengeführt werden. Geschlossene Öffnungen, die als Zuluftflächen dienen, müssen leicht geöffnet werden können. Dies gilt zum Beispiel als erfüllt für Toranlagen, die in der Nähe einer Zugangstür liegen und auch bei Stromausfall, zum Beispiel über Kettenzug, geöffnet werden können. – Rauchabzugsanlagen müssen automatisch auslösen und von Hand von einer jederzeit zugänglichen Stelle ausgelöst werden können. Geschlossene Öffnungen, die als Zuluftflächen dienen, müssen bei natürlichen Rauchabzugsanlagen leicht geöffnet werden können (siehe vorstehenden Aufzählungspunkt). Bei maschinellen Rauchabzugsanlagen muss die Zuluftführung durch automatische Ansteuerung spätestens gleichzeitig mit Inbetriebnahme der Anlage erfolgen. – Manuelle Bedienungs- und Auslösestellen sind mit einem Hinweisschild mit der Bezeichnung „RAUCHABZUG“ und der Angabe des jeweiligen Raumes zu versehen. An den Stellen muss die Betriebsstellung der jeweiligen Anlage, der Fenster, Türen oder des Abschlusses erkennbar sein. 2.5.7

Feuerlöschanlagen

Selbsttätige Feuerlöschanlagen Es dürfen nur selbsttätige, für das vorhandene Brandgut geeignete flächendeckende Feuerlöschanlagen beim Nachweis der Rettungsweglängen, der Rauch-

Die aktualisierte Muster-Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau (MIndBauRL – Fassung Mai 2019) 1,00 m

ableitung und beim Nachweis von Brandbekämpfungsabschnittsflächen mit einer Größe von mehr als 60000 m2 sowie in der Sicherheitskategorie K4 berücksichtigt werden.

Halbstationäre Feuerlöschanlagen Halbstationäre Feuerlöschanlagen können angerechnet werden. Es dürfen flächendeckende, halbstationäre Feuerlöschanlagen nur in Verbindung mit einer Werkfeuerwehr bei der Ermittlung der Sicherheitskategorien K 3.1 bis K 3.3 berücksichtigt werden, wenn diese unter Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Technik ausgelegt sind. Sie dürfen ferner nur in Ansatz gebracht werden, wenn eine automatische Branderkennung und -meldung über eine geeignete Brandmeldeanlage vorhanden sind und eine Weiterleitung an eine ständig besetzte Stelle gegeben ist. 2.5.8

Brandmeldeanlagen

Es dürfen nur flächendeckende Brandmeldeanlagen mit automatischen Brandmeldern berücksichtigt werden, die mit technischen Maßnahmen zur Vermeidung von Falschalarmen ausgeführt und betrieben werden (automatische Brandmeldeanlagen). Brandmeldungen sind unmittelbar zur zuständigen Feuerwehralarmierungsstelle zu übertragen. Brandmeldeanlagen können ohne besondere Maßnahmen zur Vermeidung von Falschalarmen ausgeführt werden, wenn die Brandmeldeanlage unmittelbar auf die Leitstelle der zuständigen Werkfeuerwehr aufgeschaltet ist.

2.5.9

Brandwände und Wände zur Trennung von Brandbekämpfungsabschnitten

Brandwände müssen auch unter zusätzlicher mechanischer Beanspruchung feuerbeständig sein und aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. Diese Anforderung gilt auch für Gebäude, die nicht der Gebäudeklasse 5 zuzuordnen sind. Brandwände und Wände zur Trennung von Brandbekämpfungsabschnitten sind mindestens 0,5 m über Dach zu führen (Bild 12); darüber dürfen brennbare Teile nicht hinweggeführt werden. Bauteile mit brennbaren Baustoffen dürfen in diese Wände nur so weit eingreifen, dass der verbleibende 0,5 m 0,5 m

Brandwand

A1

A2

Bild 12. Ausbildung einer Brandwand im Dach und im Außenwandbereich gemäß Anforderung der MIndBauRL [2]

307

0,5 m

Brandwand

A1

A2

Bild 13. Ausbildung einer Brandwand im Dach und im Außenwandbereich gemäß Anforderung der MIndBauRL [2], Alternative zu Bild 12

Wandquerschnitt die erforderliche Feuerwiderstandsklasse aufweist. Dies gilt für Leitungen, Leitungsschlitze und Schornsteine entsprechend. Im Bereich der Außenwände ist durch geeignete Maßnahmen eine Brandübertragung auf andere Brandabschnitte und Brandbekämpfungsabschnitte zu behindern. Geeignete Maßnahmen sind zum Beispiel: – ein mindestens 0,5 m vor der Außenwand vorstehender Teil der Brandwand oder der Wand, die Brandbekämpfungsabschnitte trennt, der einschließlich seiner Bekleidung aus nichtbrennbaren Baustoffen besteht (vergleiche Bild 12), – ein im Bereich der Brandwand oder der Wand, die Brandbekämpfungsabschnitte trennt, angeordneter Außenwandabschnitt mit einer Breite von mindestens 1,0 m, der einschließlich seiner Bekleidung aus nichtbrennbaren Baustoffen besteht (vergleiche Bild 13). Sofern die Außenwandbekleidung aus brennbaren Baustoffen durchlaufend angeordnet wird, gilt als geeignete Maßnahme eine auf beiden Seiten der Brandwand oder der Wand, die Brandbekämpfungsabschnitte trennt, auf einer Länge von jeweils 1,0 m angeordnete Wand in der Feuerwiderstandsklasse der trennenden Wand. Anstelle einer inneren Brandwand sind zwei sich gegenüberstehende raumabschließende, feuerbeständige Wände aus nichtbrennbaren Baustoffen zulässig. Sie müssen voneinander unabhängig standsicher sein. Die diese Wände unterstützende oder aussteifende Bauteile sind, sind sie mit der gleichen Feuerwiderstandsdauer auszuführen wie die tragenden Bauteile des zugeordneten Brandabschnitts. Öffnungen in inneren Brandwänden sind zulässig, wenn sie auf die für die Nutzung erforderliche Zahl und Größe beschränkt sind und wenn sie feuerbeständige, dicht- und selbstschließende Abschlüsse haben. Öffnungen in Wänden zur Trennung von Brandbekämpfungsabschnitten sind nach den Vorgaben in der Tabelle 6 der MIndBauRL [2] zu verschließen. Die Abschlüsse, die aus betrieblichen Gründen offenzuhalten sind, müssen mit Feststellanlagen versehen werden, die bei Raucheinwirkung ein selbsttätiges Schließen bewirken. Lichtdurchlässige

308

C7

Brandschutz im Industriebau

Brandwand

A2

A1

5,00 m

Bild 14. Ausbildung einer Brandwand im Außenwandbereich bei Gebäuden oder Gebäudeteilen, die über Eck zusammenstoßen, gemäß Anforderung der MIndBauRL [2]

Teilflächen müssen als Brandschutzverglasungen mindestens die Feuerwiderstandsfähigkeit wie die angrenzenden Wände haben und sich auf die für die Nutzung erforderliche Zahl und Größe beschränken. Müssen Gebäude oder Gebäudeteile, die über Eck zusammenstoßen, durch eine Brandwand oder eine Wand, die Brandbekämpfungsabschnitte trennt, abgeschlossen oder unterteilt werden, so muss die Wand über die innere Ecke mindestens 5,0 m hinausragen. Dies gilt nicht, wenn die Gebäude oder Gebäudeteile in einem Winkel von mehr als 120◦ über Eck zusammenstoßen (Bild 14).

2.5.10 Feuerüberschlagsweg Im Bereich der Außenwand ist eine vertikale Brandübertragung zwischen versetzt übereinander angeordneten Brandabschnitten und zwischen Brandbekämpfungsabschnitten durch geeignete Vorkehrungen zu behindern. Geeignete Vorkehrungen hierfür können sein: – mindestens 1,5 m weit auskragende ausreichend feuerwiderstandsfähige Bauteile, – ausreichend feuerwiderstandsfähige Bauteile mit einer Höhe von mindestens 1,5 m zwischen Öffnungen. Bei Brandabschnitten und Brandbekämpfungsabschnitten der Sicherheitskategorien K 3.1, K 3.2, K 3.3, K 3.4 und K 4 können die vorstehenden Werte auf 1,0 m reduziert werden. Ausreichend feuerwiderstandsfähig sind Bauteile, wenn sie der Feuerwiderstandsfähigkeit der Decke entsprechen und einschließlich der Wärmedämmung aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen.

2.5.11 Außenwände und Außenwandbekleidungen Nichttragende Außenwände, Oberflächen von Außenwänden und Außenwandbekleidungen einschließlich der Dämmstoffe und Unterkonstruktionen sind so auszubilden, dass eine Brandausbreitung auf und in diesen Bauteilen begrenzt ist. Dies gilt als erfüllt, wenn sie den Anforderungen des § 28 Abs. 2 bis 4 MBO [1] entsprechen. Nichttragende Außenwände dürfen aus schwerentflammbaren Baustoffen, die nicht brennend abfallen oder abtropfen, bestehen bei

– eingeschossigen Industriebauten, – Brandbekämpfungsabschnitten mit Ebenen mit einem Ausbreitungsfaktor FA = 1,7 (Tabelle 4 der MIndBauRL [2]), – Brandbekämpfungsabschnitten mit Ebenen mit einem Ausbreitungsfaktor FA < 1,0 (Tabelle 4 der MIndBauRL [2]), wenn gegen die Brandausbreitung über die Außenwand besondere Vorkehrungen getroffen sind oder – Brandabschnitten mit mehreren Geschossen, wenn gegen die Brandausbreitung über die Außenwand besondere Vorkehrungen getroffen sind. Diese Anforderungen gelten nicht für planmäßig als Wärmeabzugsflächen eingesetzte Bauteile. Wenn der Abstand der Außenwand zur Nachbargrenze weniger als 5 m beträgt, muss die Außenwand aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. Um im Brandfall eine Übertragung von Feuer ins Gebäude, entlang der Außenwände oder über eine Brandwand hinweg in den benachbarten Abschnitt hinreichend lang zu verhindern, ist die Lagerung brennbarer Stoffe, zum Beispiel Paletten, Verpackungsmaterial, Abfälle und Abfallbehälter, an Außenwänden und deren Öffnungen, etwa auf Rampen oder unter Vordächern, nur zulässig, wenn folgende Mindestabstände eingehalten werden: – 6 m, wenn die Außenwand aus mindestens schwerentflammbaren Baustoffen besteht und – 3 m, wenn die Außenwand aus nichtbrennbaren Baustoffen besteht. Darüber hinaus ist die Lagerung brennbarer Stoffe vor Außenwänden ohne Abstand zulässig, wenn a) die Außenwand einschließlich ihrer Öffnungsverschlüsse mindestens feuerbeständig und aus nichtbrennbaren Baustoffen ausgebildet ist oder b) die bewertete Lagerfläche vor den Außenwänden von Industriebauten – im Verfahren nach Abschnitt 6 MIndBauRL [2] von der zulässigen Brandabschnittsfläche nach Tabelle 2 der MIndBauRL [2], – im Verfahren nach Abschnitt 7.4 MIndBauRL [2] mit Bemessung der Bauteile von der zulässigen bewerteten Brandbekämpfungsabschnittsfläche oder – im Verfahren nach Abschnitt 7.5.2 MIndBauRL [2] ohne Bemessung der Bauteile von der zulässigen Brandbekämpfungsabschnittsfläche abgezogen wird. Zur Ermittlung der bewerteten Lagerfläche ist bei eingeschossigen Industriebauten der Sicherheitskategorie K 1 die Grundfläche der Lagerung mit – mindestens feuerhemmenden Außenwänden einschließlich ihrer Öffnungsverschlüsse aus nichtbrennbaren Baustoffen mit dem Faktor 0,2, – nichtbrennbaren Außenwänden mit dem Faktor 0,5, – schwerentflammbaren Außenwänden mit dem Faktor 1

Die aktualisierte Muster-Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau (MIndBauRL – Fassung Mai 2019)

zu multiplizieren. Bei mehrgeschossigen Industriebauten oder Industriebauten mit mehr als einer Ebene ist der jeweilige Faktor zu verdoppeln. Die nach b) zu ermittelnde bewertete Lagerfläche ist bei Industriebauten der Sicherheitskategorien K 2 bis K 4 um die Hälfte zu reduzieren.

2.5.12 Dächer Zusammenhängende Dachflächen von mehr als 2500 m2 sind so auszubilden, dass eine Brandweiterleitung innerhalb eines Brandabschnitts oder eines Brandbekämpfungsabschnitts über das Dach behindert wird. Dies gilt im Sinne dieser Richtlinie zum Beispiel als erfüllt bei Dächern – nach DIN 18234-1 [15] bzw. DIN 18234-2 [16] (Verzeichnis von Dächern), – mittragender Dachschale aus mineralischen Baustoffen (zum Beispiel Stahl- und Porenbeton) oder – aus geschlossenen Stahltrapezprofilen mit einer Mindestblechdicke tN = 0,75 mm und harter Bedachung aus nicht bituminöser Dampfsperre, nichtbrennbaren Dämmstoffen und Kunststoff-Dachbahnen. Hinweis: Die Anforderungen gelten nicht für eingeschossige Lagerhallen mit einer Dachfläche bis zu 3000 m2 , wenn im Lager ausschließlich nichtbrennbare Stoffe oder Waren (zum Beispiel Sand, Salz, Klinker, Stahl) unverpackt oder so gelagert sind, dass die Verpackung und/oder die Lager-/Transporthilfsmittel (zum Beispiel Paletten) nicht zur Brandausbreitung beitragen. Im Bereich von Dachdurchdringungen ist bei solchen Dächern durch konstruktive Maßnahmen eine Brandweiterleitung bei einer Einwirkung eines Entstehungsbrandes von unten zu behindern. Dies gilt zum Beispiel als erfüllt bei Dächern nach DIN 18234-1 [15] und -2 [16], wenn die Durchdringungen nach DIN 18234-3 [17] und DIN 18234-4 [18] (Verzeichnis von Durchdringungen) ausgebildet werden. Die Anforderung nach § 32 Abs. 1 MBO [1] (harte Bedachung) gilt nicht für erforderliche Rauch- und Wärmeabzugsflächen.

2.5.13 Sonstige Brandschutzmaßnahmen, Gefahrenverhütung Feuerlöscher, Wandhydranten und Sonderlöschmittel Abhängig von der Art oder Nutzung des Betriebes müssen in Industriebauten geeignete Feuerlöscher und in Räumen, die einzeln eine Grundfläche von mehr als 1600 m2 haben, Wandhydranten für die Feuerwehr (Typ F) in ausreichender Zahl vorhanden sowie gut sichtbar und leicht zugänglich angeordnet sein. Auf Wandhydranten kann mit Zustimmung mit der Brandschutzdienststelle aus einsatztaktischen Gründen der Feuerwehr verzichtet werden. Statt Wandhydranten können in Brandabschnitten oder in Brandbekämpfungsabschnitten der Sicherheitskategorien K 3.1 bis K 3.4 und K 4 auch trockene Löschwasserleitungen zugelassen werden, wenn die

309

Brandschutzdienststelle zustimmt. Neben der erforderlichen Löschwasserversorgung kann das Vorhalten anderer Löschmittel, wie Schaummittel oder Pulver, verlangt werden. Werden Rettungs- und/oder Angriffswege über offene Gänge und/oder über begehbare Dächer auf das Grundstück geführt, sind Wandhydranten oder Entnahmestellen trockener Löschwasserleitungen an diesen Ausgängen vorzusehen. An Einspeisestellen müssen Bewegungsflächen für Fahrzeuge der Feuerwehr vorgesehen werden, die nicht mehr als 15 m von der Einspeisestelle entfernt sein dürfen.

Feuerwehrpläne, Gebäudefunkanlagen, Brandschutzbeauftragter und Brandschutzordnung Im Einvernehmen mit der Brandschutzdienststelle sind für Industriebauten mit einer Summe der Grundflächen der Geschosse aller Brandabschnitte bzw. aller Brandbekämpfungsabschnittsflächen von insgesamt mehr als 2000 m2 Feuerwehrpläne anzufertigen und fortzuschreiben. In den Feuerwehrplänen ist die Feuerwiderstandsfähigkeit der tragenden und aussteifenden Bauteile darzustellen. Die Feuerwehrpläne sind der Feuerwehr zur Verfügung zu stellen. In Industriebauten mit einer Brandbekämpfungsabschnittsfläche von insgesamt mehr als 30000 m2 sind im Einvernehmen mit der Brandschutzdienststelle Vorkehrungen zu treffen, die eine Funkkommunikation der Feuerwehr ermöglichen. Der Betreiber eines Industriebaus mit einer Summe der Grundflächen der Geschosse aller Brandabschnitte bzw. aller Brandbekämpfungsabschnittsflächen von insgesamt mehr als 5000 m2 , hat einen geeigneten Brandschutzbeauftragten zu bestellen. Der Brandschutzbeauftragte hat die Aufgabe, die Einhaltung des genehmigten Brandschutzkonzeptes und der sich daraus ergebenden betrieblichen Brandschutzanforderungen zu überwachen und dem Betreiber festgestellte Mängel zu melden. Die Aufgaben des Brandschutzbeauftragten sind im Einzelnen schriftlich festzulegen. Der Name des Brandschutzbeauftragten und jeder Wechsel sind der Brandschutzdienststelle auf Verlangen mitzuteilen. Der Betreiber eines Industriebaus hat im Einvernehmen mit der Brandschutzdienststelle in Abhängigkeit von der Art oder Nutzung des Betriebes, stets jedoch bei Industriebauten mit einer Summe der Grundflächen der Geschosse aller Brandabschnitte bzw. aller Brandbekämpfungsabschnittsflächen von insgesamt mehr als 2000 m2 , eine Brandschutzordnung aufzustellen. Die Betriebsangehörigen sind bei Beginn des Arbeitsverhältnisses und danach in Abständen von höchstens zwei Jahren über die Lage und die Bedienung der Feuerlöschgeräte, der Brandmelde- und Feuerlöscheinrichtungen sowie über die Brandschutzordnung zu belehren. Freihalten der Rettungswege und Sicherheitsabstände zu brennbaren Baustoffen In notwendigen Treppenräumen, in Räumen zwischen Treppenräumen und Ausgängen ins Freie, in notwen-

310

C7

Brandschutz im Industriebau

digen Fluren sowie innerhalb der erforderlichen Breite von Hauptgängen dürfen keine Gegenstände abgestellt werden. Zu brennbaren Baustoffen müssen Betriebsanlagen und -einrichtungen sowie Installationen der Gebäudetechnik ausreichende Abstände einhalten oder es müssen geeignete Vorkehrungen getroffen werden, um einer Brandentstehung vorzubeugen. Dies gilt auch für Arbeitsverfahren mit offener Flamme oder mit Funkenflug. Anforderungen an Baustoffe und Bauteile sowie an die Größe der Brandabschnitte im Verfahren ohne Brandlastermittlung gemäß Abschnitt 6 der MIndBauRL [2].

3

Anforderungen an Baustoffe und Bauteile sowie an die Größe der Brandabschnitte im Verfahren ohne Brandlastermittlung

3.1

Zulässige Größe der Brandabschnittsflächen und Anforderungen an die tragenden und aussteifenden Bauteile

Das vereinfachte brandschutztechnische Nachweisverfahren für Industriebauten wird in Abschnitt 6 der MIndBauRL [2] beschrieben. Hierbei werden die Größe der Brandabschnitte und die Anforderungen an Bauteile und Baustoffe auf der Grundlage von Tabellenwerten ermittelt. Die zulässigen Größen der Brandabschnittsflächen bestimmen sich in Abhängigkeit von – den Sicherheitskategorien K1 bis K4, – der Feuerwiderstandsfähigkeit der tragenden und aussteifenden Bauteile sowie – der Anzahl der oberirdischen Geschosse. Die Angaben zu den maximal zulässigen Brandabschnittsflächen sind in Tabelle 2 zusammengefasst. Bei der Anwendung der Tabellenwerte sind die nachfolgenden Bedingungen einzuhalten: – Für Geschosse mit Ebenen kann der Brandschutz nach dem vereinfachten Tabellenverfahren nicht nachgewiesen werden. – Tragende und aussteifende Bauteile, Geschossdecken, Verschlüsse von Öffnungen in Geschossdecken sowie das Haupttragwerk des Daches (zum Beispiel Binder) sind mit der Feuerwiderstandsfähigkeit und dem Brandverhalten der Baustoffe nach Tabelle 2 herzustellen. – Unterdecken einschließlich ihrer Aufhängungen sowie Decken- und unterseitige Dachbekleidungen einschließlich ihrer Dämmstoffe und Unterkonstruktionen müssen aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. Nähere Erläuterungen zur Tabelle 2: – Die Flächen wurden unter dem Grundsatz festgelegt, dass in Übereinstimmung mit den Regelungen der MBO [1] eingeschossige Industriebauten

mindestens eine feuerhemmende und mehrgeschossige Industriebauten mindestens eine feuerbeständige Konstruktion aufweisen müssen. – Die Tabellenwerte ergeben sich aus der Anwendung des Verfahrens nach Abschnitt 7 MIndBauRL Fassung März 2000 unter folgenden Annahmen: F1 gemäß Tabelle 3 der MIndBauRL [2] = 1,0 (tä ≥ 90 min) F2 gemäß Tabelle 4 der MIndBauRL [2] F3 gemäß Tabelle 5 der MIndBauRL [2] = 1,0 (eingeschossige Gebäude) F4 gemäß Tabelle 6 der MIndBauRL [2] F5 gemäß Tabelle 7 der MIndBauRL [2] = 1,0 (klassifizierte Geschossdecken mit klassifizierten Abschlüssen bzw. Abschottungen) – Eine Unterbemessung der erforderlichen Feuerwiderstandsfähigkeit der tragenden und aussteifenden Bauteile für mehrgeschossige (feuerbeständig) und für eingeschossige Gebäude (feuerhemmend) wird durch Reduzierung auf die Größen der Brandabschnittsflächen gemäß Tabelle 2 ermöglicht. Demgegenüber führt eine Erhöhung der sonst erforderlichen Feuerwiderstandsfähigkeit nicht zu einer Sicherheitssteigerung, die größere Flächen zulassen würde. – Eingeschossige Industriebauten dürfen ohne brandschutztechnische Bemessung der tragenden und aussteifenden Bauteile errichtet werden, wenn diese eine maximale Breite von 40 m aufweisen und Wärmeabzugsflächen von mindestens 5 % der Brandabschnittsfläche vorhanden sind. Diese Bedingungen hinsichtlich der Breite und der Wärmeabzugsflächen sollen der Feuerwehr wirksame Löscharbeiten ermöglichen und bei hoch anzunehmender Brandbelastung eine ausreichende Wärmeentlastung durch Wärmeabfuhr gewährleisten. Für eingeschossige Industriebauten der Sicherheitskategorie K4 (Industriebauten mit flächendeckender selbsttätiger Feuerlöschanlage) werden bei Gebäuden mit einer Brandabschnittsfläche von bis zu 10000 m2 weder brandschutztechnische Anforderungen an das Tragwerk, noch an die maximale Breite oder an die Wärmeabzugsflächen gestellt. Hier wird zum Beispiel der Bau brandschutztechnisch ungeschützter Stahlkonstruktionen möglich. Neu in der Fassung der MIndBauRL von 2019 [2] ist die Möglichkeit, eingeschossige Industriebauten anstelle von Konstruktionen aus nichtbrennbaren Baustoffen mittels Holzkonstruktionen ohne klassifizierten Feuerwiderstand zu errichten. Hierzu genügt es, wenn • die Konstruktion nach DIN EN 1995-1-1 [19] bemessen ist, • die Holzbauteile im Falle von reinen Biegeträgern und Zugstäben eine Mindestquerschnittsabmessung von 10 cm × 10 cm und in allen anderen

311

Anforderungen an Baustoffe, Bauteile und Größe der Brandabschnitte Tabelle 2. Zulässige Größe der Brandabschnittsflächen in m2 nach MIndBauRL [2] Sicherheitskategorie

Anzahl der oberirdischen Geschosse

1

2

3

4

5

Feuerwiderstandsfähigkeit und Brandverhalten von Baustoffen der tragenden und aussteifenden Bauteile 1 1

2

3

4

5

aus nichtFeuerFeuerHochfeuerbrennbaren hemmend hemmend hemmend Baustoffen 5) und aus nichtbrennbaren Baustoffen

7

8

9

10

Feuerbeständig und aus nichtbrennbaren Baustoffen

Hochfeuerhemmend und aus nichtbrennbaren Baustoffen

Feuerbeständig und aus nichtbrennbaren Baustoffen

Feuerbeständig und aus nichtbrennbaren Baustoffen

Feuerbeständig und aus nichtbrennbaren Baustoffen

2400

1200 2), 3)

1800

1500

1200

K1

1800 1)

3000

K2

2700 1), 4)

4500 4)

1200 2), 3)

2400 2)

3600

1800 2)

2700

2300

1800

4

K 3.1

3200 1)

5400

1400 2), 3)

2900 2)

4300

2100 2)

3200

2700

2200

5

K 3.2

3600 1)

6000

1600 2)

3200 2)

4800

2400 2)

3600

3000

2400

6

K 3.3

4200 1)

7000

1800 2)

3600 2)

5500

2800 2)

4100

3500

2800

7

K 3.4

4500 1)

7500

2000 2)

4000 2)

6000

3000 2)

4500

3800

3000

8

K4

8500

8500

8500

6500

6500

5000

4000

2 3

10000

10000

800 2), 3) 1600 2)

6

1) Breite des Industriebaus ≤ 40 m und Wärmeabzugsfläche ≥ 5 % (siehe Anhang 2 MIndBauRL [2]) 2) Wärmeabzugsfläche ≥ 5 % (siehe Anhang 2 MIndBauRL [2]) 3) Für Gebäude der Gebäudeklasse 3 und 4 ergibt sich nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 i. V. m. § 30 Abs. 2 Nr. 2 MBO [1] eine zulässige Größe von 1600 m2 4) Die zulässige Größe darf um 10 % überschritten werden, wenn in dem Brandabschnitt die Produktions- und Lagerräume Rauchabzugsanlagen haben, bei denen – je höchstens 200 m2 der Grundfläche ein oder mehrere Rauchabzugsgeräte mit insgesamt mindestens 1,5 m2 aerodynamisch wirksamer Fläche im Dach angeordnet wird, – je höchstens 1600 m2 Grundfläche mindestens eine Auslösegruppe für die Rauchabzugsgeräte gebildet wird, – Zuluftflächen mit einem freien Querschnitt von mindestens 36 m2 im unteren Raumdrittel vorhanden sind sowie – die Anforderungen der Nrn. 5.7.4.3 und 5.7.4.4 MIndBauRL [2] erfüllt sind. 5) Anstelle von Konstruktionen aus nicht brennbaren Baustoffen sind Holzkonstruktionen zulässig, wenn – die Konstruktion nach DIN EN 1995-1-1 [19] bemessen ist, – die Holzbauteile im Falle von reinen Biegeträgern und Zugstäben eine Mindestquerschnittsabmessung von 10 cm × 10 cm und in allen anderen Fällen eine Mindestquerschnittsabmessung von 12 cm × 12 cm aufweisen und – die Knotenpunkte als Holz-Holz-Verbindungen mit Verbindungsmitteln nach Tabelle 6.1 der DIN EN 1995-1-2 [20] oder mindestens zweischnittige Stahl-Holz-Verbindungen mit eingeschlitzten Blechen verwendet werden.

Fällen eine Mindestquerschnittsabmessung von 12 cm × 12 cm aufweisen und • die Knotenpunkte als Holz-Holz-Verbindungen mit Verbindungsmitteln nach Tabelle 6.1 der DIN EN 1995-1-2 [20] oder mindestens zweischnittige Stahl-Holz-Verbindungen mit eingeschlitzten Blechen verwendet werden. Zur Begründung führt die Fachkommission der Bauministerkonferenz in ihrem Entwurf des Erläuterungsdokuments mit Stand September 2018 [3] folgendes an:

„Nach Fußnote 5) in Tabelle 2 sind die tragenden und aussteifenden Bauteile eingeschossiger Industriebauten auch in Holzbauweise möglich. Dies ist das Ergebnis des „Untersuchungsbericht zu Hallen in Holzbauweise nach MIndBauRL“. In diesem Untersuchungsbericht wurde zunächst nach den Kriterien der DIN 18230 eine Bewertung zum Abbrandverhalten von typischen Holzkonstruktionen durchgeführt. Im Sinne der geforderten „Robustheit“ wurden nicht für den Brandfall bemessene, tragende und aussteifende Bauteile hinsichtlich ihrer Standsicherheit und Stabilität unter Brandbeanspruchung

312

C7

Brandschutz im Industriebau

untersucht und im Hinblick auf eine „einfache Praxisregelung“ beurteilt. Die Untersuchungen zeigen, dass alleine aufgrund der kalten Bemessung einer Tragkonstruktion aus Holz grundsätzlich von einer brandschutztechnisch robusten Konstruktion auszugehen ist. Dies ergibt sich aus den für den Brandfall abzumindernden Lasten und aus der geringen Abbrandgeschwindigkeit des Holzes, die eine vergleichsweise langsame Schwächung der Tragfähigkeit hervorruft im Vergleich zur Tragfähigkeitsschwächung von Stahlbauteilen durch die Erwärmung. Das gilt zumindest für Industriebauten mit üblichen Höhen und Achsabständen. Allerdings dürfen die Querschnittsabmessungen für reine Biegeträger und Zugstäbe 10 cm und in allen anderen Fällen 12 cm nicht unterschritten werden, da robuste Konstruktionen nicht wie filigrane Nagelplattenbinder im Brandfall frühzeitig und umfangreich versagen dürfen. Weiterhin sind aus diesem Grunde nur bestimmte Verbindungen als zulässig vorgesehen. Unter diesen Voraussetzungen sind Industriebauten in Holzbauweise sogenannte „robuste“ Konstruktionen, die ohne brandschutztechnische Bemessung ähnlich sicher wie unbemessene, ungeschützte Stahlkonstruktionen sind.“ Aus Sicht der Autoren wird diesbezüglich die Auffassung der Bundesvereinigung der Prüfingenieure für Bautechnik e. V. gemäß Anhörung zum Entwurf der Änderung der Muster-Industriebaurichtlinie (MIndBauRL) [21] geteilt. Darin wurde angeregt, die Fußnote 5 dahingehend zu ergänzen, dass anstelle von Konstruktionen aus nichtbrennbaren Baustoffen Holzkonstruktionen zulässig sind, wenn „für die Konstruktion einschließlich ihrer Verbindungsmittel eine Feuerwiderstandsdauer von mindestens 15 Minuten nachgewiesen werden kann“. Dies deshalb, „weil ansonsten kein konkretes Nachweiskriterium für die Robustheit benannt ist und zugleich die Gefahr besteht, dass für die möglichen Lösungen [Verwendung von Holzbauteilen anstelle von nichtbrennbaren Tragwerkselementen] aus bauordnungsrechtlicher Sicht ggf. Abweichungen nach § 67 MBO [1] erforderlich werden.“ – Die Festlegungen zulässiger Brandabschnittsflächen gehen harmonisch in das Sicherheitskonzept der DIN 18230-1 [7] über, für das als Grenzwert zulässige Brandbekämpfungsabschnitte eingeschossiger Gebäude mit einem flächendeckenden Sprinklerschutz in der Größe von 10000 m2 nachgewiesen worden sind. Die Festlegungen der zulässigen Brandabschnittsflächen liegen daher in jedem Fall auf der sicheren Seite, wobei ein genauerer Nachweis nach DIN 18230-1 [7] jedoch zu kostengünstigeren Lösungsvarianten führen kann. – Hinsichtlich der Wärmeabzugsflächen (5 % der Brandabschnittsfläche) dürfen nur solche Flächen angerechnet werden, die den Bedingungen des Anhangs 2 der MIndBauRL [2] bzw. Abschnitt 8.2 DIN 18230-1 [7] genügen. Folgende Flächen dürfen oh-

ne weiteren Nachweis als Wärmeabzugsflächen angesetzt werden: • ständig vorhandene Flächen von Öffnungen im Dachbereich oder in Wandbereichen, die ins Freie führen, • Flächen von Rauch- und Wärmeabzugsgeräten nach DIN EN 12101-2 [22], • Flächen von Toren, Türen und Lüftungseinrichtungen, die ins Freie führen und die von außen ohne Gewaltanwendung geöffnet werden können; dazu reichen betriebliche/organisatorische Maßnahmen, • Flächen von Öffnungen mit Abschlüssen oder Einrichtungen aus Kunststoffen mit einer Schmelztemperatur ≤ 300 °C, • Flächen von Öffnungen mit Verglasungen, die bei Brandeinwirkung ganz oder teilweise zerstört werden, wie: – Verglasungen mit Einfach-Fensterglas, – Verglasungen mit handelsüblichem Zweischeibenisolierglas, • Flächen von Öffnungen, die mit Materialien abgedeckt oder verschlossen sind, die bei Brandeinwirkung zerstört werden. Als Wärmeabzugsfläche gilt jeweils: • die lichte freiwerdende Öffnung, • bei Rauch- und Wärmeabzugsgeräten die geometrisch freie Fläche der Eintrittsöffnung, • bei nach DIN 18232-4 [23] geprüften Wärmeabzügen die jeweils bei der Prüfung festgestellte Wärmeabzugsfläche, • in anderen Fällen vereinfacht auch 85 % der Fläche, die sich aus den Rohbaumaßen ergibt. Verglasungen, deren Zerstörung im Brandfall nicht zu erwarten ist oder die im Brandfall nicht geöffnet werden können, dürfen nicht angerechnet werden. Dies sind zum Beispiel: • Brandschutzverglasungen, • angriffshemmende Verglasungen, • Verglasungen mit Drahtglas, • Verbundsicherheitsglas, • Dreischeibenisolierglas.

3.2

Besondere Anforderungen an Lagergebäude und an Gebäude mit zusammenhängenden Lagerbereichen

Bei Lagergebäuden und bei Gebäuden mit Lagerbereichen ohne selbsttätige Feuerlöschanlage ist in jedem Geschoss die Fläche jedes Brandabschnitts oder Lagerbereichs durch Freiflächen in Lagerabschnitte von höchstens 1200 m2 zu unterteilen. Die Freiflächen müssen bei einer Lagerguthöhe (Oberkante) von bis zu 4,5 m eine Breite von mindestens 3,5 m und bei einer Lagerguthöhe (Oberkante Lagergut) von 7,5 m eine Breite von mindestens 5,0 m haben. Die Mindestbreiten der Freiflächen bei Lagerguthöhen zwischen 4,5 m und 7,5 m ergeben sich durch Interpolation (Bild 15).

Anforderungen an Baustoffe, Bauteile und Größe der Brandbekämpfungsabschnitte

erf. Freistreifenbreite [m]

6 5 4 3 2 1 0 0

1

2

3 4 5 6 Höhe der Lagerung [m]

7

8

Bild 15. Erforderliche Breite von Freistreifen in Abhängigkeit von der Höhe der Lagerung [3]

In Lagergebäuden und Gebäuden mit Lagerbereichen müssen bei Lagerguthöhen (Oberkante Lagergut) von mehr als 7,5 m selbsttätige Feuerlöschanlagen angeordnet werden.

4

Anforderungen an Baustoffe und Bauteile sowie an die Größe der Brandbekämpfungsabschnitte unter Verwendung des Rechenverfahrens nach DIN 18230-1 [7]

4.1

Vorbemerkungen und Grundsätze des Nachweises

Das brandschutztechnische Nachweisverfahren für Industriebauten unter Anwendung des Rechenverfahrens nach DIN 18230-1 [7] wird in Abschnitt 7 der MIndBauRL [2] beschrieben. Dieses Verfahren kann für Industriebauten angewendet werden, die nicht nach dem vereinfachten Verfahren (vgl. Abschnitt 3) beurteilt werden können. Es kann weiterhin für Industriegebäude angewendet werden, die zwar nach dem vereinfachten Verfahren beurteilt werden können, diese Beurteilung in Einzelfällen jedoch mit einer hohen Sicherheit und daher gleichbedeutend mit einer möglichen Unwirtschaftlichkeit behaftet wäre. Durch den genaueren Nachweis nach dem Rechenverfahren gemäß DIN 18230-1 [7] kann in diesen Fällen eine kostengünstigere Lösung erreicht werden – wie zum Beispiel hinsichtlich der notwendigen Wärmeabzugsflächen. In diesem Nachweisverfahren richten sich die Anforderungen an das Brandverhalten der Baustoffe sowie an die Standsicherheit der Bauteile nach der MIndBauRL [2] (Prinzip der Brandsicherheitsklassen), wobei die brandschutztechnische Bemessung dieser Bauteile (oder Gebäude) nach der DIN 18230-1 [7] durchgeführt wird. Die MIndBauRL [2] und die DIN 18230-1 [7] bilden daher zusammen das Sicherheitskonzept.

313

Für die Ermittlung der zulässigen Flächen und die Ermittlung der erforderlichen Feuerwiderstandsfähigkeit von Bauteilen werden gemäß folgender Systematik getrennte Nachweise geführt: – Die Beurteilung von Fragen der Standsicherheit erfolgt im Rahmen der DIN 18230-1 [7] mit den dortigen Festlegungen von Sicherheitsfaktoren und einer speziellen Bewertung der brandschutztechnischen Infrastruktur. – Die Festlegung zulässiger Flächen baut auf dem „physikalischen Teil“ der DIN 18230-1 [7] auf, der mit der Ermittlung der äquivalenten Branddauer endet. Darauf wird das Sicherheitskonzept der MIndBauRL [2] aufgesetzt, das zum Beispiel die Wirkung der brandschutztechnischen Infrastruktur teilweise stärker (also höherwertig) berücksichtigt.

Grundsätzliches Vorgehen beim Nachweis Auf der Grundlage der ermittelten Brandlasten und der bewerteten Wärmeabzugsflächen wird durch Rechenverfahren nach DIN 18230-1 [7] aus dem globalen Nachweis oder aus dem Teilabschnittsnachweis – die äquivalente Branddauer tä insbesondere zur Bestimmung der zulässigen Fläche des Brandbekämpfungsabschnitts und – die rechnerisch erforderliche Feuerwiderstandsdauer erf. tF zur Bestimmung der Anforderungen an die erforderliche Feuerwiderstandsfähigkeit der Bauteile entsprechend ihrer brandschutztechnischen Bedeutung gemäß ihrer Zuordnung zu den Brandsicherheitsklassen für jeden Brandbekämpfungsabschnitt ermittelt. Wichtig: Ergibt sich aus dem globalen Nachweis oder aus dem Teilabschnittsnachweis nach DIN 18230-1 [7] für die Brandsicherheitsklasse SKb 3 eine höhere rechnerisch erforderliche Feuerwiderstandsdauer erf. tF als 90 Minuten, so darf nicht nach Abschnitt 7 verfahren werden. Die Feuerwiderstandsfähigkeit der Bauteile muss im jeweiligen Brandbekämpfungsabschnitt mindestens der rechnerisch erforderlichen Feuerwiderstandsdauer erf. tF entsprechen. Eingeschossige Industriebauten sind ohne Anforderungen an die Feuerwiderstandsfähigkeit der tragenden und aussteifenden Bauteile zulässig, wenn sie den Anforderungen nach Abschnitt 7.5.1 oder 7.5.2 MIndBauRL [2] entsprechen. 4.2

Vorgaben der MIndBauRL [2]

4.2.1

Zuordnung der Bauteile zu Brandsicherheitsklassen

In der MIndBauRL [2] werden die einzelnen Bauteile eines industriellen Gebäudes entsprechend ihrer brandschutztechnischen Bedeutung unterschiedlichen Brandsicherheitsklassen (SKb 1 bis SKb 3) zugeordnet. Es werden Bauteile mit geringen, mittleren und hohen Anforderungen unterschieden, für die jeweils die erfor-

314

C7

Brandschutz im Industriebau

derliche Feuerwiderstandsdauer und daraus die Feuerwiderstandsklasse ermittelt wird. Bauteile, die keine brandschutztechnische Bedeutung aufweisen (zum Beispiel nichttragende innere Trennwände oder Bauteile, die unmittelbar die Dachhaut tragen) werden keiner Brandsicherheitsklasse zugeordnet. An diese Bauteile werden keine brandschutztechnischen Anforderungen gestellt.

Brandsicherheitsklasse SKb 1 Bauteile mit geringer brandschutztechnischer Bedeutung bzw. Bauteile, an die geringe Anforderungen gestellt werden, sind der Brandsicherheitsklasse SKb 1 zugeordnet. Diese sind: – Bauteile des Dachtragwerks, sofern das Versagen einzelner Bauteile nicht zum Einsturz der übrigen Dachkonstruktion des Brandbekämpfungsabschnittes führt. Brandsicherheitsklasse SKb 2 Bauteile mit mittlerer brandschutztechnischer Bedeutung bzw. Bauteile, an die mittlere Anforderungen gestellt werden, sind der Brandsicherheitsklasse SKb 2 zugeordnet. Diese sind: – Bauteile, deren Versagen nicht zum Einsturz der tragenden Konstruktion oder der Konstruktion des Brandbekämpfungsabschnittes führen kann, wie zum Bespiel nicht aussteifende Decken (ausgenommen raumabschließende Bauteile wie Geschossdecken und Trennwände), – Bauteile des Dachtragwerks, deren Versagen zum Einsturz der übrigen Dachkonstruktion des Brandbekämpfungsabschnittes führen kann, einschließlich ihrer Unterstützung (ausgenommen Bauteile des Dachtragwerks, wenn ihr Versagen zum Einsturz der tragenden Konstruktion oder der Konstruktion des Brandbekämpfungsabschnitts führt), – Feuerschutzabschlüsse, Rohrabschottungen, Kabelabschottungen und dergleichen in trennenden Bauteilen mit geforderter Feuerwiderstandsklasse, – Lüftungsleitungen und dergleichen, die Bauteile mit geforderter Feuerwiderstandsklasse überbrücken, einschließlich Brandschutzklappen und – Installationsschächte und -kanäle, die Bauteile mit geforderter Feuerwiderstandsklasse überbrücken. Brandsicherheitsklasse SKb 3 Bauteile mit hoher brandschutztechnischer Bedeutung bzw. Bauteile, an die hohe Anforderungen gestellt werden, sind der Brandsicherheitsklasse SKb 3 zugeordnet. Diese sind: – Wände und Decken, die Brandbekämpfungsabschnitte zu den Seiten, nach oben und nach unten von anderen Brandbekämpfungsabschnitten trennen, einschließlich Geschossdecken und Decken von Ebenen, – Trennwände und Decken zur Abtrennung von Brandlasten nach DIN 18230-1 [7] einschließlich ihrer Tragwerke,

– tragende und aussteifende Bauteile, deren Versagen zum Einsturz der tragenden Konstruktion (Tragwerk, Gesamtkonstruktion) oder der Konstruktion des Brandbekämpfungsabschnittes führen kann, – Lüftungsleitungen und dergleichen, die Brandbekämpfungsabschnitte überbrücken, einschließlich Brandschutzklappen, – Installationsschächte und -kanäle, die Brandbekämpfungsabschnitte überbrücken, – Feuerschutzabschlüsse, Rohrabschottungen, Kabelabschottungen und dergleichen in Bauteilen, die Brandbekämpfungsabschnitte trennen und – Stützkonstruktion von Behältern mit ψ < 1. Ergänzende Hinweise: – Bauteile des Dachtragwerkes, deren Versagen nicht zum Einsturz der übrigen Dachkonstruktion des Brandbekämpfungsabschnitts führt, werden keiner Brandsicherheitsklasse zugeordnet, sofern das Dach zur Brandbekämpfung nicht begangen werden muss. – Eine brandschutztechnische Bemessung der Bauteile des Dachtragwerkes ist nicht erforderlich, wenn es vom übrigen Brandbekämpfungsabschnitt durch eine Geschossdecke (Brandsicherheitsklasse SKb 3) brandschutztechnisch abgetrennt ist und außer dem Dachtragwerk keine zusätzlichen Brandlasten vorhanden sind. – Eine brandschutztechnische Bemessung für Einbauten ist nicht erforderlich.

4.2.2

Anforderungen an die Trennung und Ausbildung von Brandbekämpfungsabschnitten

In der MIndBauRL [2] werden an die Umschließungsbauteile eines Brandbekämpfungsabschnittes sowie an die Zugänglichkeit bzw. an die Verkehrswege, die der Brandbekämpfung innerhalb eines Brandbekämpfungsabschnittes dienen, die im Folgenden aufgeführten Anforderungen gestellt: – Brandbekämpfungsabschnitte sind voneinander durch Bauteile zu trennen (Decken, Wände), die eine entsprechend Tabelle 6 geforderte Feuerwiderstandsklasse aufweisen. – Bauteile zur Trennung von Brandbekämpfungsabschnitten müssen so beschaffen sein, dass sie bei einem Brand ihre Standsicherheit nicht verlieren und die Ausbreitung von Feuer und Rauch auf andere Brandbekämpfungsabschnitte ausreichend lang verhindern. Bauteile, die trennende Bauteile unterstützen und/oder aussteifen, müssen so beschaffen sein, dass sie bei einem Brand ihre Standsicherheit nicht verlieren. Bauteile, die trennende Bauteile überbrücken, müssen so beschaffen sein, dass durch sie bei einem Brand eine Ausbreitung von Feuer und Rauch auf andere Brandbekämpfungsabschnitte verhindert wird. Diese Bauteile müssen einschließlich ihrer Unterstützungen mindestens für die äquivalente Brand-

Anforderungen an Baustoffe, Bauteile und Größe der Brandbekämpfungsabschnitte

dauer tä ausgelegt werden. Eine Abminderung durch αL bei der Ermittlung von erf. tF – insbesondere auch bei Vorhandensein einer brandschutztechnischen Infrastruktur, die zu einem αL < 1 nach DIN 18230-1 [7] führt – darf nur soweit in Ansatz gebracht werden, dass erf. tF nicht kleiner als tä wird. Diese Vorgabe hat den Zweck, dass bei Versagen des Löschangriffes durch die Feuerwehr oder bei Ausfall einer eingebauten selbsttätigen Löschanlage der angrenzende Brandbekämpfungsabschnitt entsprechend dem Schutzniveau der MBO [1] gesichert bleibt. – Wände zur Trennung von Brandbekämpfungsabschnitten müssen in der Bauart von Brandwänden errichtet werden. Bauteile, die eine Trennwand zwischen Brandbekämpfungsabschnitten aussteifen, unterstützen oder überbrücken, müssen feuerbeständig sein. Dies ist nicht erforderlich für aussteifende Bauteile, wenn sie redundant in beiden angrenzenden Brandbekämpfungsabschnitten vorhanden sind und die Funktionsfähigkeit der Trennwand beim Versagen der Aussteifung auf der brandbeanspruchten Seite durch konstruktive Maßnahmen gewährleistet ist. Anmerkung der Autoren: Trennwände von Brandbekämpfungsabschnitten müssen gemäß MIndBauRL [2] pauschal in der Bauart einer Brandwand ausgeführt sein, und zwar unabhängig davon, ob die Bemessung bzw. Berechnung nach DIN 18230-1 [7] niedrigere Feuerwiderstandsdauern von zum Beispiel 60 oder 30 Minuten für die Bauteile des betrachteten Brandbekämpfungsabschnitts in Abhängigkeit der jeweiligen Brandsicherheitsklassen ergibt. Dies kann dazu führen, dass Industriegebäude mit mehreren Brandbekämpfungsabschnitten mit einer errechneten Feuerwiderstandsfähigkeit der Bauteile in der Qualität „feuerhemmend“ (Feuerwiderstandsdauer 30 Minuten) dennoch durch „Brandwände“ (Feuerwiderstandsdauer von 90 Minuten) getrennt werden müssen. Diese Vorgehensweise ähnelt somit stark der Vorgehensweise im Verfahren ohne Brandlastermittlung gemäß Abschnitt 6 der MIndBauRL [2], weshalb in Einzelfällen zu überprüfen ist, ob der zeitliche Aufwand für eine detaillierte Brandlastermittlung – insbesondere für kleinere, eingeschossige Industriehallen – lohnenswert ist, weil in beiden Verfahren analoge Ergebnisse in Bezug auf die Feuerwiderstandsfähigkeit der Bauteile zu erwarten sind. Im Verfahren mit Brandlastermittlung besteht sogar der Nachteil, dass die der Berechnung zugrundeliegende Brandlastdichte ohne Neubewertung nicht erhöht werden darf. Die festgelegte zulässige Brandbelastung ist für die Bau- und Betriebsgenehmigung eine bedeutende Grundlage: Überschreitungen dieser Werte können zu einem neuen Genehmigungsverfahren und zu weitergehenden Brandschutzmaßnahmen führen. Nutzungsänderungen erfordern in der Regel (schon allein zur Prüfung im Hinblick auf eine höhere Brandbelastung) eine Neubewertung

315

mit dem Rechenverfahren, vergleiche [3]. Demgegenüber kann im Verfahren ohne Brandlastermittlung das Industriegebäude quasi ohne Brandlastbeschränkung genutzt werden. In den Erläuterungen [3] der Fachkommission wird diesbezüglich folgendes ausgeführt: „Trennwände, die der geforderten Stoßbeanspruchung genügen, sind feuerbeständig. Trennwände mit geringerer Feuerwiderstandsfähigkeit, die der geforderten Stoßbeanspruchung genügen, werden auf dem Markt nicht angeboten. Der in der MIndBauRL Fassung März 2000 im Abschnitt 7.4.6 verlangte „Zusatznachweis“ als Teilflächennachweis mit DIN 18230-1 für einen Bereich von 10 m um die trennenden Bauteile wurde in der Vergangenheit nicht geführt. Auch mit der DIN 18230-1 Fassung 09.2010 ist dies – nach deren Erläuterung E 5 – nicht ausreichend möglich bzw. nicht zulässig, weil das Rechenverfahren der Norm eine derartige Bauteilauslegung nicht ausreichend zuverlässig ermöglicht. Es wären weitergehende Maßnahmen erforderlich (zum Beispiel Feuerlöschanlagen). Eine solche Bemessung könnte folglich nur ingenieurmäßig erfolgen. Deshalb wird als Wand zur Trennung von Brandbekämpfungsabschnittwänden ausschließlich eine Wand in der Bauart einer Brandwand (feuerbeständig, mechanische Beanspruchung, 0,50 m über Dach) gefordert. Die Anforderungen an die übrigen Bauteile, speziell Türen, bleiben bestehen.“ Hierzu ist anzumerken, dass zwischenzeitlich „Brandersatzwände“ – insbesondere in Trockenbauweise aller gängigen Hersteller – am Markt verfügbar sind, die beispielsweise die Anforderung hochfeuerhemmend und widerstandsfähig gegen mechanische Einwirkung (F60-M) erfüllen. Richtig ist, dass gemäß Anhang E5 der DIN 18230-1 [7] bei Teilflächen mit lokal erhöhten Brandlasten die Wirkung auf die Bauteile nicht ausreichend erfasst ist. Dies ist aus Sicht der Autoren jedoch nur dann der Fall, wenn ein Teilflächennachweis nach DIN 18230-1 [7] überhaupt geführt werden muss. Diese Erfordernis ergibt sich nach Anhang E5 der DIN 18230-1 [7] wiederum nur dann, wenn auf der ermittelten Teilfläche die mittlere lokale Brandbelastung qR,T den 1,6-fachen Wert der mittleren Brandbelastung qR des betrachteten Brandbekämpfungsabschnitts überschreitet und damit als „lokal erhöht“ zu bewerten ist. Für Fälle, in denen diese Überschreitung nicht vorhanden ist, genügt der globale Nachweis, der Teilabschnittsnachweis oder der Ebenennachweis, da dann im Sinne der DIN 18230-1 [7] von einer gleichmäßig verteilten rechnerischen Brandbelastung ausgegangen wird. Bei eben jenen gleichmäßig verteilten rechnerischen Brandbelastungen ist es aus Sicht der Autoren ausreichend, wenn die Wände zur Trennung von Brandbekämpfungsabschnitten in derselben Qualität wie die errechnete Feuerwiderstandsfähigkeit der Bauteile in Abhängigkeit der Brandsicherheitsklassen ausgeführt werden. Das Kriterium widerstandsfähig

316

C7

Brandschutz im Industriebau

gegen mechanische Einwirkung (M) ist dabei zu beachten (zum Beispiel (R)EI30-M oder (R)EI60-M). In der Folge erscheint ein derartiger Sachverhalt als begründeter Abweichungstatbestand genehmigungsfähig. – Brandbekämpfungsabschnitte mit einer Grundfläche von mehr als 10000 m2 sind durch für die Feuerwehr zugängliche Verkehrswege in Flächen von höchstens 10000 m2 zu unterteilen. Diese Verkehrswege müssen eine Mindestbreite von 5,0 m haben und möglichst geradlinig zu Ausgängen führen. Bei Vorhandensein einer Werkfeuerwehr, einer selbsttätigen Feuerlöschanlage und bei einer rechnerischen Brandbelastung von weniger als 100 kWh/m2 beträgt die Mindestbreite 3,5 m. – Für den Fall geringer Brandbelastungen von bis zu 15 kWh/m2 auf Einbauten in Brandbekämpfungsabschnitten, wie zum Beispiel bei Wartungs- und Montageflächen oder Verkehrswegen, bestehen keine Einschränkungen hinsichtlich deren Grundfläche und Anordnung.

4.2.3

Die Ermittlung der zulässigen Größe der Brandbekämpfungsabschnittsflächen erfordert nach der MIndBauRL [2] folgende Vorgehensweise: Die zulässige Größe ergibt sich in Abhängigkeit der Sicherheitskategorien K1 bis K4 (siehe Abschnitt 2.3.7) und der äquivalenten Branddauer tä aus der zulässigen Summe der bewerteten Grundflächen der einzelnen Geschosse und Ebenen. Hierzu sind die Grundflächen der einzelnen Geschosse und Ebenen Ai mit den Faktoren FH und FA zu bewerten. Dabei bewertet der Faktor FH die Höhe der Grundfläche Ai über dem Bezugsniveau gemäß Tabelle 3. Der Faktor FA berücksichtigt die Gefahr der vertikalen Brandausbreitung gemäß Tabelle 4 in Abhängigkeit der Ausführung von Öffnungen in den Grundflächen der Ebenen. Die Summe der bewerteten Grundflächen der einzelnen Geschosse und Ebenen Ai darf den Wert zul. Abew gemäß Tabelle 5 nicht überschreiten. n

(1)

i=2

mit AG AEI i n

Abstand zum Bezugsniveau

0 m 5 m 10 m 15 m 20 m

Faktor FH 1,0 1,1 1,2 Über oder gleich Bezugsniveau

1,3

1,4

Tabelle 4. Faktoren FA zur Berücksichtigung der Art des Öffnungsverschlusses der jeweiligen Ebene nach MIndBauRL [2] Öffnungen

durch Bauteile nach SKb 3 geschlossen

durch Bauteile mit nichtbrennbaren Baustoffen geschlossen

ohne Verschluss

Faktor FA

0,4

0,7 *)

1,7

*) Sofern der Anteil der mit nichtbrennbaren Bauteilen geschlossenen Flächen den Wert von 10 % der jeweiligen Ebene überschreitet, ist der Faktor FA = 1,7 anzusetzen

Tabelle 5. Zulässige Summe der bewerteten Grundflächen der Geschosse und Ebenen eines Brandbekämpfungsabschnitts zul. Abew in m2 nach MIndBauRL [2]

Zulässige Größen von Brandbekämpfungsabschnittsflächen bis 60000 m2

zul. Abew > AG ⋅ FH1 ⋅ FA1 + ∑ AEi ⋅ FHi ⋅ FAi

Tabelle 3. Faktor FH zur Bewertung der Grundflächen der Geschosse bzw. Ebenen oberhalb des Bezugsniveaus nach MIndBauRL [2]

Grundfläche des Brandbekämpfungsabschnitts Grundfläche des Geschosses i oder der Ebene i Laufindex für weitere Geschosse und Ebenen Anzahl der Geschosse und Ebenen

Zwischenwerte in den Tabelle 3 und 5 dürfen linear interpoliert werden. Zusätzliche Hinweise gemäß [3]: – Das Verfahren verlangt grundsätzlich, dass die Bauteile entsprechend der nach DIN 18230-1 [7] ermittelten erforderlichen Feuerwiderstandsdauer erf. tF bemessen werden und legt unter dieser Prämisse die Flächenregelungen fest. Die Regelungen des Ab-

Sicherheitskategorie

äquivalente Branddauer tä in Minuten 15

30

K1

0 40000

20000

12000

K2

60000

30000

K 3.1

72000

36000

K 3.2

80000

40000

K 3.3

92000

46000

K 3.4

100000

K4

140000

60

≥ 90

6000

4000

18000

9000

6000

21600

10800

7200

24000

12000

8000

27600

13800

9200

50000

30000

15000

10000

70000

42000

21000

14000

schnitts 7 berücksichtigen daher als primäres Risikomerkmal die bewertete Brandbelastung – ausgedrückt in der äquivalenten Branddauer nach DIN 18230-1 [7] – als Maßstab für die mögliche Brandentwicklung bzw. für die Brandeinwirkung auf die Konstruktion. Eine höhere Beanspruchung führt konsequenterweise zu einer Verringerung der zulässigen Größen von Brandbekämpfungsabschnitten. – Darüber hinaus wird die brandschutztechnische Infrastruktur (ausgedrückt in der Sicherheitskategorie) berücksichtigt und zu einer Vergrößerung der zulässigen Größen von Brandbekämpfungsabschnitten herangezogen. – Die Flächenermittlung bezieht sich auf den gesamten Brandbekämpfungsabschnitt, also die aufaddierten bewerteten Grundflächen der Geschosse und Ebenen. Für die Ermittlung zulässiger Flächen, kommt insbesondere den Interventionsmöglichkeiten der Feuerwehr im Hinblick auf die Zugänglich-

Anforderungen an Baustoffe, Bauteile und Größe der Brandbekämpfungsabschnitte

keit/Erreichbarkeit des potentiellen Brandortes und den Risiken einer vertikalen Brandausbreitung besondere Bedeutung zu. Als Bezugsniveau ist dabei die Geländeoberfläche an dem Gebäudezugang anzusetzen, von dem die Feuerwehr die Brandbekämpfung durchführt. Bei Höhenversätzen in der Grundfläche des Brandbekämpfungsabschnitts ist FH1 als gewichtetes Mittel zu ermitteln. Liegt der Fußboden der Ebene oder des Geschosses unterhalb des Bezugsniveaus, ist jeweils das Doppelte des Wertes nach Tabelle 3 anzusetzen. Liegen Brandbekämpfungsabschnitte vollständig unter der Geländeoberfläche, sind die Regelungen für Kellergeschoss anzuwenden (vergleiche Abschnitt 2.3.3). Bei der Bewertung der Flächen ist die Grundfläche des Brandbekämpfungsabschnitts mit dem Faktor FA1 = 1,0 anzusetzen. Ist die Ebene mit der größten Ausdehnung nicht die Grundfläche des Brandbekämpfungsabschnitts, ist stattdessen der Faktor FAi = 1,0 für die Ebene mit der größten Ausdehnung anzusetzen. Zu beachten ist, dass die tatsächliche Grundfläche jedes einzelnen Geschosses oder jeder einzelnen Ebene 75 % des Wertes zul. Abew nicht überschreitet und die Brandbekämpfungsabschnittsfläche von 60000 m2 nicht überschritten werden darf.

4.2.4

Anforderungen an die Bauteile von Brandbekämpfungsabschnittsflächen bis 60000 m2

In der MIndBauRL [2] werden die erforderlichen Feuerwiderstandsklassen der zu bemessenden Bauteile in Abhängigkeit von der jeweiligen rechnerisch nach DIN 18230-1 [7] ermittelten erforderlichen Feuerwiderstandsdauer erf. tF angegeben. Diese Anforderungen der MIndBauRL [2] werden in Tabelle 6 zusammengefasst. Eingeschossige Industriebauten ohne Ebenen sind, sofern es sich nicht bereits aus den Regelungen nach Tabelle 6 ergibt, ohne Anforderungen an die Feuerwiderstandsfähigkeit der tragenden und aussteifenden Bauteile des oberirdischen Geschosses zulässig (ausgenommen Wände zur Trennung von Brandbekämpfungsabschnitten), wenn – die tatsächliche Fläche des Brandbekämpfungsabschnitts nicht größer, – die Wärmeabzugsflächen (bezogen auf die Fläche des Brandbekämpfungsabschnitts) nicht kleiner und – die Breite des Industriebaus nicht größer sind als die Werte der Tabelle 7 (Zwischenwerte dürfen linear interpoliert werden) und bei der Berechnung nach DIN 18230-1 [7] eine äquivalente Branddauer von weniger als 90 min berechnet wird.

4.2.5

Brandbekämpfungsabschnittsflächen mit einer Größe von mehr als 60000 m2

Die MIndBauRL [2] lässt Brandbekämpfungsabschnittsflächen von mehr als 60000 m2 ohne brandschutztechnische Bemessung der tragenden und aus-

317

steifenden Bauteile unter definierten Randbedingungen zu, die im Folgenden wiedergegeben sind: – es handelt sich um eingeschossige Industriebauten ohne Ebenen, – die rechnerische Brandbelastung beträgt nicht mehr als 100 kWh/m2 und – eine Werkfeuerwehr ist vorhanden. Dabei sind in Abhängigkeit von der Hallenhöhe folgende Flächengrößen zulässig: – bis zu 90000 m2 bei einer lichten Raumhöhe von mehr als 7,0 m, – bis zu 120000 m2 bei einer lichten Raumhöhe von mehr als 12,0 m. Dabei sind folgende Anforderungen zu erfüllen: – Bei einer rechnerischen Brandbelastung von mehr als 15 kWh/m2 ist eine selbsttätige Feuerlöschanlage anzuordnen. – Brandbekämpfungsabschnitte ohne selbsttätige Feuerlöschanlage müssen für Fahrzeuge der Feuerwehr befahrbar sein. – Die Brandbekämpfungsabschnitte müssen durch geeignete automatische Brandmeldeanlagen überwacht sein (vergleiche Abschnitt 2.5.8). – Innerhalb der Brandbekämpfungsabschnitte sind Vorkehrungen für die Alarmierung des Personals und für die Brandbekämpfung (Selbsthilfeeinrichtungen) ausreichend anzuordnen. – Die Löschwassermenge muss mindestens 192 m3 /h über einen Zeitraum von 2 Stunden betragen. – Eine zusätzliche Löschwasserversorgung für die Entnahme im Brandbekämpfungsabschnitt, die mit der Brandschutzdienststelle abzustimmen ist, muss vorhanden sein. Dabei sind in Brandbekämpfungsabschnitten ohne selbsttätige Feuerlöschanlagen rechnerische Brandbelastungen bis zu 45 kWh/m2 zulässig, wenn die zugeordneten Flächen nicht mehr als 400 m2 betragen. In allen Brandbekämpfungsabschnitten sind zulässig: – konzentrierte Brandbelastungen bis zu 200 kWh/m2 , wenn diese sich für eine Fläche von nicht mehr als 10 m2 ergeben, – rechnerische Brandbelastungen bis zu 200 kWh/m2 , wenn die zugeordneten Flächen nicht mehr als 400 m2 betragen und hierfür eine geeignete selbsttätige Feuerlöschanlage angeordnet ist. Diese Flächen müssen untereinander einen Abstand von mindestens 6,0 m einhalten.

4.3

Rechenverfahren nach DIN 18230-1 [7]

4.3.1

Vorbemerkungen

Die DIN 18230-1 [7] beschreibt ein brandschutztechnisches Bemessungsverfahren mit dem in Abhängigkeit von der Brandlast sowie verschiedener baulicher, nutzungsbedingter und brandschutztechnischer Parameter die erforderliche Feuerwiderstandsdauer von Bauteilen ermittelt wird. Die Grundidee des Rechenverfahrens ist ein Wärmebilanzmodell, in dem im Brandfall die freiwerdende Wärme zum Teil über Öffnungen und

318

C7

Brandschutz im Industriebau

Tabelle 6. Anforderungen an die Baustoffe und Bauteile nach MIndBauRL [2]

1

2

1

2

3

4

erf. tF nach DIN 18230-1 in Minuten

Feuerwiderstandsfähigkeit und Brandverhalten von

Feuerwiderstandsfähigkeit und Brandverhalten von

Feuerwiderstandsfähigkeit und Brandverhalten von

1. Decken, die Brandbekämpfungsabschnitte trennen und Bauteile, die diese Decken tragen, aussteifen oder überbrücken

1. Bauteilen in der Brandsicherheitsklasse SKb 3, die nicht in Zeile 1, Spalte 2, Nr. 1 einzuordnen sind

1. Bauteilen

2. Abschlüsse von Öffnungen in Bauteilen nach Nr. 1 und in Brandbekämpfungsabschnittstrennwänden

2. Abschlüssen von Öffnungen in Geschossdecken mit Feuerwiderstandsfähigkeit

3. Lüftungsleitungen, Installationsschächten und -kanälen oder Vorkehrungen gegen Brandübertragung bei Leitungen, Lüftungsleitungen, Installationsschächten und -kanälen ohne Feuerwiderstandsfähigkeit, die Bauteile mit Feuerwiderstandsfähigkeit überbrücken in der Brandsicherheitsklasse SKb 2 und SKb 1

≤ 15

2. Abschlüssen von Öffnungen in Bauteilen mit Feuerwiderstandsfähigkeit

3. Lüftungsleitungen, Installationsschächten und -kanälen oder Vorkehrungen gegen Brandübertragung bei Leitungen, Lüftungsleitungen, Installationsschächten und -kanälen ohne Feuerwiderstandsfähigkeit, die Brandbekämpfungsabschnitte überbrücken

3. Lüftungsleitungen, Installationsschächten und -kanälen oder Vorkehrungen gegen Brandübertragung bei Leitungen, Lüftungsleitungen, Installationsschächten und -kanälen ohne Feuerwiderstandsfähigkeit, die Geschossdecken mit Feuerwiderstandsfähigkeit überbrücken

zu 1. feuerhemmend und aus nichtbrennbaren Baustoffen

keine Feuerwiderstandsfähigkeit, normalentflammbare Baustoffe 3)

keine Feuerwiderstandsfähigkeit, normalentflammbare Baustoffe 3)

zu 1. feuerhemmend und in den wesentlichen Teilen aus nichtbrennbaren Baustoffen 1)

zu 1. feuerhemmend

zu 2. feuerhemmend, dichtund selbstschließend

zu 3. feuerhemmend

zu 2. feuerhemmend, dichtund selbstschließend zu 3. feuerhemmend 3

> 15 bis ≤ 30

zu 1. feuerhemmend und aus nichtbrennbaren Baustoffen zu 2. feuerhemmend, dichtund selbstschließend zu 3. feuerhemmend

zu 2. feuerhemmend, dichtund selbstschließend

zu 3. feuerhemmend 4

> 30 bis ≤ 60

zu 1. hochfeuerhemmend und aus nichtbrennbaren Baustoffen zu 2. hochfeuerhemmend, dichtund selbstschließend zu 3. hochfeuerhemmend

zu 1. hochfeuerhemmend und in den wesentlichen Teilen aus nichtbrennbaren Baustoffen 1) zu 2. hochfeuerhemmend, dichtund selbstschließend

zu 1. hochfeuerhemmend und aus nichtbrennbaren Baustoffen zu 2. hochfeuerhemmend, dichtund selbstschließend zu 3. hochfeuerhemmend

zu 3. hochfeuerhemmend 5

> 60 2)

zu 1. feuerbeständig und aus nichtbrennbaren Baustoffen zu 2. feuerbeständig, dichtund selbstschließend zu 3. feuerbeständig

zu 1. feuerbeständig zu 2. feuerbeständig, dichtund selbstschließend zu 3. feuerbeständig

zu 1. feuerbeständig und aus nichtbrennbaren Baustoffen zu 2. feuerbeständig, dichtund selbstschließend zu 3. feuerbeständig

1) Für Bauteile in Industriebauten bis zu 2 Geschossen oder 1 Geschoss mit maximal 1 Ebene je Brandbekämpfungsabschnitt feuerhemmend bzw. hochfeuerhemmend und aus brennbaren Baustoffen zulässig; wenn in der Ermittlung erf. tF die brennbaren Baustoffe berücksichtigt sind. 2) Die Werte der Spalten 2 bis 4 gelten auch für eine rechnerisch erforderliche Feuerwiderstandsdauer erf. tF von mehr als 90 Minuten, die sich insbesondere aus einem Teilflächennachweis ergeben könnte. 3) Zu Zeile 1 Spalten 3 und 4 Nr. 3: Der Raum zwischen solchen Leitungen, Schächten oder Kanälen und dem umgebenden Bauteil ist jedoch mit Baustoffen aus Mineralfasern oder mit im Brandfall aufschäumenden Baustoffen vollständig zu verschließen. Der lichte Abstand zwischen solchen Leitungen, Schächten oder Kanälen und dem umgebenden Bauteil darf bei Verwendung von Baustoffen aus Mineralfasern nicht mehr als 50 mm, bei Verwendung von im Brandfall aufschäumenden Baustoffen nicht mehr als 15 mm betragen. Die Mineralfasern müssen eine Schmelztemperatur von mindestens 1000 °C aufweisen. Werden Hüllrohre verwendet, müssen diese nichtbrennbar sein; Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend.

Anforderungen an Baustoffe, Bauteile und Größe der Brandbekämpfungsabschnitte Tabelle 7. Zulässige Größe der Brandbekämpfungsabschnittsfläche eingeschossiger Industriebauten ohne Ebenen und ohne Anforderungen an die Feuerwiderstandsfähigkeit der tragenden und aussteifenden Bauteile in m2 nach MIndBauRL [2] Sicherheitskategorie

äquivalente Branddauer tä in Minuten 15

K1

9000

K2

13500 2)

K 3.1

16000

K 3.2 K 3.3

30

60

90

5500

2700

1800

8000 2)

4000 2)

2700 2)

10000

5000

3200

18000

11000

5400

3600

20700

12500

6200

4200

K 3.4

22500

13500

6800

4500

K4

30000 1)

20000 1)

10000 1)

10000 1)

Mindestgröße der Wärmeabzugsflächen in % nach DIN 18230-1

1

2

3

4

Zulässige Breite des Industriebaus in m

80

60

50

40

1) Die Anforderungen hinsichtlich der Wärmeabzugsflächen und der Breite des Industriebaus gelten nicht für Brandbekämpfungsabschnitte der Sicherheitskategorie K 4. 2) Die zulässige Größe darf um 10 % überschritten werden, wenn in dem Brandabschnitt die Produktions- und Lagerräume Rauchabzugsanlagen haben, bei denen – je höchstens 200 m2 der Grundfläche ein oder mehrere Rauchabzugsgeräte mit mindestens insgesamt 1,5 m2 aerodynamisch wirksamer Fläche im Dach angeordnet wird, – je höchstens 1600 m2 Grundfläche mindestens eine Auslösegruppe für die Rauchabzugsgeräte gebildet wird, – Zuluftflächen mit einem freien Querschnitt von mindestens 36 m2 im unteren Raumdrittel vorhanden sind sowie – die Anforderungen der Nrn. 5.7.4.3 und 5.7.4.4 MIndBauRL [2] erfüllt sind.

Umfassungsbauteile in die Umgebung des betrachteten Bereiches abfließt und zum anderen Teil die Bauteile innerhalb dieses Bereiches beansprucht. Basierend auf einer Brandlastermittlung wird mit dem Rechenverfahren zunächst die äquivalente Branddauer tä berechnet. Anschließend wird die rechnerisch erforderliche Feuerwiderstandsdauer erf. tF zur Bestimmung der Anforderungen an die Bauteile nach den Brandsicherheitsklassen für einen Brandbekämpfungsabschnitt entsprechend der MIndBauRL [2] ermittelt.

4.3.2

Anwendungsbereich

Der Anwendungsbereich der DIN 18230-1 [7] ist auf Gebäude oder Teile davon im Industrie- und Gewerbebereich begrenzt, die für die Produktion (Herstellung, Behandlung, Verwertung und Verteilung von Produk-

319

ten und Gütern) oder Lagernutzung bestimmt sind. Ausdrücklich ausgeschlossen aus dem Anwendungsbereich sind folgende bauliche Anlagen: – Hochhäuser (das Rechenverfahren darf jedoch angewendet werden bei Industriegebäuden, bei denen einzelne Geschosse oberhalb der Hochhausgrenze angeordnet werden, wie zum Beispiel Laborgebäude. In solchen Fällen sind nach der Muster-Hochhausrichtlinie [6] zum Beispiel hinsichtlich der Ausbildung der Flucht- und Rettungswege besondere Bedingungen zu beachten), – Regallager mit Lagerhöhen von mehr als 9,0 m (Oberkante Lagergut über Oberkante Fußboden), – Silos, – energieerzeugende und -verteilende Betriebsgebäude, – Schüttgutlager großer Ausdehnung, – Industriebauten mit Reinräumen (nur Gebäude mit sehr hoher Brandbelastung; hier wird eine besondere Behandlung erforderlich). Für Verkaufsstätten (Geschäftshäuser), Büro- und Verwaltungsgebäude, Versammlungsstätten, Krankenhäuser usw. sind eigene Sondervorschriften vorhanden. Hierfür sind die Bemessungsverfahren nach der MIndBauRL [2] in Verbindung mit der DIN 18230-1 [7] nicht anzuwenden. Die Norm darf nur angewendet werden, wenn folgende Randbedingungen erfüllt sind: – die Brandbelastung wird genau festgestellt bzw. ermittelt, – allgemeine erforderliche Brandschutzmaßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Bränden stehen zur Verfügung, insbesondere: • eine öffentliche Feuerwehr nach Landesrecht und • eine ausreichende Löschwasserversorgung (nach der MIndBauRL [2]). Die Ermittlung bzw. Feststellung der Brandbelastung kann auf zwei Wegen erfolgen: a) Abschätzung der Brandbelastung: Hier wird eine auf der sicheren Seite anzunehmende bzw. abzuschätzende Brandbelastung dem Rechenverfahren zur Ermittlung der erforderlichen Feuerwiderstandsdauer zugrunde gelegt. b) Genaue Ermittlung der Brandlasten: Hier wird die Brandlast aus den Angaben der vorhandenen bzw. zu erwartenden Menge und der Art sowie der Verteilung der brennbaren Stoffe ermittelt. Eventuell können hierbei Zuschläge angerechnet werden. Ergänzende Hinweise nach [7]: Änderungen der Brandbelastung nach Größe oder Anordnung, Änderungen bei der Brandschutzinfrastruktur oder Änderungen im Bereich betrieblicher Maßnahmen, die bei nach dieser Norm berechneten Gebäuden zu höheren Anforderungen führen, sind baugenehmigungsrelevant. Der Bauherr und der Brandschutzfachplaner sollten mögliche spätere Nutzungs- oder bauliche Änderungen, die eine höhere

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C7

Brandschutz im Industriebau

erforderliche Feuerwiderstandsfähigkeit ergeben könnten, schon bei der Planung berücksichtigen. Vorgaben und Festlegungen für den brandschutztechnischen Nachweis im Zuge des Genehmigungsverfahrens, zum Beispiel Brandlasten, sind vom Brandschutzfachplaner vollständig zu dokumentieren und an Bauherrn und Betreiber zu übergeben. Weiterhin wird darauf hingewiesen, dass der Betreiber verpflichtet ist, durch eine auf der Grundlage der Planungsunterlage und Baudokumentation erstellten Betriebsanleitung dafür zu sorgen, dass die für die Bemessung nach dieser Norm festgelegte höchstzulässige bewertete Brandbelastung nicht überschritten wird. Das Anbringen eines entsprechenden Hinweisschildes am Hauptzugang zum Brandbekämpfungsabschnitt mit Angaben der zulässigen Brandbelastung – ggf. auch in Verbindung mit objekttypischer Art von Brandlasten – ist zweckmäßig.

4.3.3

Beschreibung der Nachweisverfahren

4.3.3.1 Grundsätze des Nachweises Wie in Abschnitt 4.1 bereits einführend erläutert, richten sich die Anforderungen an die Standsicherheit der Bauteile im Brandfall nach der MIndBauRL [2]. Der Nachweis nach DIN 18230-1 [7] dient der Ermittlung der rechnerisch erforderlichen Feuerwiderstandsdauer erf. tF , die wiederum als Eingangswert für die Bestimmung der Anforderungen an die Baustoffe und Bauteile in Abhängigkeit der jeweiligen Brandsicherheitsklasse nach der MIndBauRL [2] herangezogen wird (vergleiche Tabelle 6 im Abschnitt 4.2.4). Die brandschutztechnische Bemessung der Bauteile beruht auf dem Nachweis der ausreichenden Feuerwiderstandsdauer, bezogen auf den Normbrand nach DIN 4102-2 [12]. Hierfür werden die äquivalente Branddauer tä und die rechnerisch erforderliche Feuerwiderstandsdauer erf. tF durch Berechnung ermittelt. Der Nachweis gilt als erbracht, wenn die vorhandene Feuerwiderstandsfähigkeit der Bauteile der erforderlichen Feuerwiderstandsdauer mindestens entspricht oder diese übersteigt. Um den jeweiligen, örtlichen Rahmenbedingungen der Gebäudegeometrie, der Ausführung der Decken, der Brandlasten sowie den Ventilationsbedingungen eines Industriegebäudes zu genügen, sind zur Ermittlung der äquivalenten Branddauer tä unterschiedliche Nachweise zu führen: Globaler Nachweis, Teilabschnittsnachweis, Geschoss- oder Ebenennachweis sowie Teilflächennachweis. Für die Anwendung des rechnerischen Nachweisverfahrens sind folgende Angaben erforderlich, die im Rahmen der Nachweisführung zu beschreiben und prüfbar zu dokumentieren sind: a) die Nutzung der Flächen des Gebäudes und des Brandbekämpfungsabschnittes, beispielsweise: – Produktionsflächen, – Lagerflächen, – Verkehrsflächen oder Freiflächen, – Nebenräume.

b) die Gebäudestruktur (Abschnitt 5 DIN 18230-1 [7]), beispielsweise: – begrenzende Bauteile (Art, Anordnung und Konstruktion), – Anzahl der Ebenen des Brandbekämpfungsabschnittes, – Abmessungen und Lage des Brandbekämpfungsabschnittes, – Unterteilung in Teilabschnitte, – Bestimmung von Teilflächen. c) die Brandbelastung im Brandbekämpfungsabschnitt (Abschnitt 6 DIN 18230-1 [7]), beispielsweise: – Lagerguthöhe, – Masse und Heizwert aller brennbaren Stoffe, – Abbrandverhalten, – Brandbelastung aus ungeschützten Stoffen, – Brandlasten in geschlossenen Systemen, – Brandbelastung auf Teilflächen, – mit flächendeckenden Löschanlagen geschützte Brandlasten, – mit Einrichtungsschutzanlagen oder besonderen Löschanlagen für Teilflächen geschützte Brandlasten. d) die Einflussgrößen für die Berechnung der äquivalenten Branddauer (Abschnitte 7 und 8 DIN 18230-1 [7]), beispielsweise: – Wärmedämmung der Umfassungsbauteile (Wärmeeindringverhalten), – Wärmeabzugsöffnungen (Art, Lage und Größe), – Wärmeabzugsöffnungen in Teilabschnitten und Teilflächen (Art, Lage und Größe). e) weitere Einflussgrößen für die Berechnung der rechnerisch erforderlichen Feuerwiderstandsdauer (Abschnitt 10 DIN 18230-1 [7]), beispielsweise: – Werkfeuerwehr, – automatische Brandmeldeanlagen, – Feuerlöschanlagen.

4.3.3.2 Globaler Nachweis Entsprechend DIN 18230-1 [7] muss zunächst für ein Brandbekämpfungsabschnitt mit der Fläche AB ein globaler Nachweis geführt werden. In diesem Nachweis wird von einem Brandgeschehen ausgegangen, bei dem sämtliche vorhandenen bzw. zu erwartenden Brandlasten eines Brandbekämpfungsabschnittes berücksichtigt werden. Es wird hier von gemittelten Brandlasten und Ventilationsbedingungen ausgegangen. Bei Brandbekämpfungsabschnitten mit mehreren Ebenen und nachgewiesenem Feuerwiderstand darf die äquivalente Branddauer tä dabei als flächenmäßig gewichtetes Mittel der äquivalenten Branddauer tä,i der jeweiligen Ebene berechnet werden. Zu beachten ist dabei, dass dies nur gilt, wenn die rechnerische Brandbelastung auf einer Ebene im Mittel 60 kWh/m2 und an Stellen maximaler Brandbelastung maximal 100 kWh/m2 beträgt.

Anforderungen an Baustoffe, Bauteile und Größe der Brandbekämpfungsabschnitte

4.3.3.3 Teilabschnittsnachweis Der Teilabschnittsnachweis kann den globalen Nachweis ersetzen, wenn ein Brandbekämpfungsabschnitt in einem eingeschossigen Industriegebäude in Teilabschnitte unterteilt wird, die gegenseitig so abgetrennt sind, dass die Ausbreitung von Feuer über die Abtrennung hinweg nicht anzunehmen ist. Die rechnerisch erforderliche Feuerwiderstandsdauer erf. tF darf dann für jeden Teilabschnitt (Fläche AA ) getrennt nachgewiesen werden. Hierbei darf vom flächenmäßig gewichteten Mittel der äquivalenten Branddauer tä aller Teilabschnitte ausgegangen werden. Von einer wirksamen Abtrennung der Teilabschnitte untereinander kann ausgegangen werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: – Die Teilabschnitte müssen voneinander durch brandlastfreie Flächen (Freistreifen) mit den in Tabelle 8 angegebenen Mindestbreiten und Voraussetzungen getrennt sein; hierbei bleiben Kabelbrandlasten bis 35 kWh, verteilt auf 5 m2 , unberücksichtigt, weil sie erfahrungsgemäß nicht zur Brandübertragung beitragen. Bei der Berechnung der Teilabschnittsfläche AA dürfen die Flächen der Freistreifen nicht angerechnet werden. – Die zu bestimmende rechnerische Brandbelastung qR,A der Teilabschnitte muss auf 100 kWh/m2 begrenzt sein. – Die lichte Raumhöhe bis zum Dach muss mindestens 7 m betragen. – Es müssen Rauch- und Wärmeabzugsanlagen nach DIN EN 12101-2 [22] mit einer aerodynamisch wirksamen Öffnungsfläche von mindestens 1,0 %, bezogen auf die Grundfläche eines jeden Teilabschnittes, vorhanden sein. – Der Brandbekämpfungsabschnitt muss durch eine Brandmeldeanlage überwacht sein. – Die Teilabschnitte dürfen höchstens 30 m breit sein. – Befinden sich im Bereich der Freistreifen Einbauten mit brennbaren Stoffen (zum Beispiel Schaltschrankbühnen), sind dort zusätzliche Brandschutzmaßnahmen (zum Beispiel Kapselung oder Einrichtungsschutzanlage) vorzusehen. – Durch organisatorische Maßnahmen ist ein ständiges Freihalten der Freistreifen von Brandlasten sicherzustellen. Für die weitere mögliche Abtrennung der Teilabschnittsflächen voneinander, unabhängig von der Brandbelastung, siehe Anhang A, Abschnitt A.2.2 in DIN 18230-1 [7].

4.3.3.4 Ebenennachweis Zusätzlich zum globalen Nachweis ist in Brandbekämpfungsabschnitten mit mehreren Ebenen für jede Ebene die äquivalente Branddauer tä,Ei zu bestimmen. Hierbei sind nach DIN 18230-1 [7] folgende Randbedingungen für übereinander liegende Ebenen zu beachten, die den Einfluss einer möglich Brandbeanspru-

321

Tabelle 8. Mindestbreite von Freistreifen in Abhängigkeit von der rechnerischen Brandbelastung qR,A nach [7] Brandbelastung in kWh/m2 ≤ 45

> 45 bis 100

Mindestbreite in m

Voraussetzungen

4,5

Keine

3,5

Werkfeuerwehr nach 10.2 oder selbsttätige Löschanlagen nach 10.4

4,5

Werkfeuerwehr nach 10.2 oder selbsttätige Löschanlagen nach 10.4

3,5

Werkfeuerwehr nach 10.2 oder selbsttätige Löschanlagen nach 10.4

chung bzw. Brandweiterleitungsgefahr zwischen den Ebenen in Abhängigkeit der Größe vorhandener Deckenöffnungen abbilden: – Wird für eine Ebene eine niedrigere äquivalente Branddauer tä,Ei als die äquivalente Branddauer tä aus dem globalen Nachweis berechnet, darf diese niedrigere äquivalente Branddauer nur angewendet werden, wenn es sich um die oberste Ebene eines Gebäudes handelt. – Ergibt sich für eine Ebene eine höhere äquivalente Branddauer tä,Ei als die äquivalente Branddauer aus dem globalen Nachweis, so gilt für die darüberliegende Ebene folgende Regelung: a) Ist die Summe der Deckenöffnungen ≤ 2 % der Deckenfläche, so ist die höhere äquivalente Branddauer tä,Ei nur für die betreffende Ebene maßgebend. b) Ist die Summe der Deckenöffnungen je Ebene ≥ 20 % der Deckenfläche, so ist die höhere äquivalente Branddauer tä,Ei auch für die darüberliegende Ebene maßgebend. c) Bei Deckenöffnungen zwischen den in a) und b) benannten Grenzen ist die äquivalente Branddauer tä,Ei für die darüberliegende Ebene durch eine lineare Interpolation zu ermitteln. d) Bei Öffnungsflächen > 20 m2 ist für die darüberliegende Ebene die höhere äquivalente Branddauer tä,Ei maßgebend. Im Ebenennachweis gilt vereinfachend, dass auf die Berücksichtigung der Wärmeabzugsöffnungen zwischen den Ebenen verzichtet werden kann. Alternativ darf der Ebenennachweis entsprechend den detaillierten Ausführungen gemäß Anhang B in DIN 18230-1 [7] geführt werden.

4.3.3.5 Teilflächennachweis Zusätzlich zum globalen Nachweis, zum Teilabschnittsnachweis und zum Ebenennachweis ist die äquivalente Branddauer tä,Ti für Teilflächen zu ermitteln, wenn

322

C7

Brandschutz im Industriebau

Tabelle 9. Sicherheitsbeiwerte γ nach [7] 1

2

Fläche des Brandbekämpfungs- oder Teilabschnittes [m2 ] ≤ 2500

3

4

5

Gebäude mit einem Geschoss ohne Ebenen

6

7

Brandbekämpfungsabschnitte mit mehreren Geschossen oder Ebenen

SKb 3

SKb 2

SKb 1

SKb 3

SKb 2

SKb 1

1,00

0,60

0,50

1,25

0,90

0,50

5000

1,05

0,60

0,50

1,35

1,00

0,60

10000

1,10

0,70

0,50

1,45

1,10

0,70

20000

1,20

0,80

0,50

1,55

1,20

0,80

30000

1,25

0,90

0,50

1,60

1,25

0,90

60000

1,35

1,00

0,55







120000

1,50

1,10

0,60







– eine ungleichmäßig verteilte Brandbelastung vorliegt, – ungleichmäßig verteilte horizontale Wärmeabzugsöffnungen vorhanden sind oder – planmäßig geschlossene Systeme, bei denen eine Havarie zu berücksichtigen ist, gelagert werden. Ist dabei die äquivalente Branddauer für eine Teilfläche größer als im globalen Nachweis, im Teilabschnittsnachweis oder im Ebenennachweis berechnet, so ist tä,Ti für die Bauteilbemessung in der Teilfläche AT maßgebend. Öffnungen und Brandlasten müssen immer geometrisch korrekt der Teilfläche zugeordnet werden. Hinweis: Wie im Abschnitt 4.2.2 bereits angemerkt, liegt eine ungleichmäßig verteilte Brandbelastung dann vor, wenn die mittlere lokale Brandbelastung qR,T der Teilfläche den 1,6-fachen Wert der mittleren Brandbelastung qR des Brandbekämpfungsabschnitts überschreitet.

4.3.4

Rechnerisch erforderliche Feuerwiderstandsdauer erf. tF

Die rechnerisch erforderliche Feuerwiderstandsdauer erf. tF in Minuten wird aus der Multiplikation der äquivalenten Branddauer tä mit einem Sicherheitsbeiwert (in Abhängigkeit von der Brandsicherheitsklasse der betrachteten Bauteile) und einem Zusatzbeiwert zur Berücksichtigung der brandschutztechnischen Infrastruktur nach Gl. (2) wie folgt berechnet: erf. tF = tä ⋅ γ ⋅ αL

(2)

mit tä äquivalente Branddauer tä in min nach Gl. (3) γ Sicherheitsbeiwert für Bauteile der Brandsicherheitsklassen SKb 3, SKb 2 und SKb 1 gemäß Abschnitt 9 DIN 18230-1 [7] αL Zusatzbeiwert zur Begrenzung der Behinderung der Brandausbreitung aufgrund der brandschutztechnischen Infrastruktur gemäß Abschnitt 10 DIN 18230-1 [7]

Sicherheitsbeiwert 𝛄 Die zu berücksichtigten Sicherheitsbeiwerte γ sind in Abhängigkeit der Brandsicherheitsklassen SKb und den jeweils maßgebenden Flächen der Tabelle 9 zu entnehmen. Der Beiwert für andere als in der Tabelle angegebenen Flächen darf linear interpoliert werden. Zusatzbeiwert 𝛂L Der Zusatzbeiwert αL berücksichtigt die Begrenzung der Brandausbreitung im Brandbekämpfungsabschnitt infolge der vorhandenen brandschutztechnischen Infrastruktur, wie zum Beispiel das Vorhandensein einer anerkannten Werkfeuerwehr, das Vorhandensein einer automatischen Brandmeldeanlage und/ oder die Installation einer Feuerlöschanlage. Die Ermittlung des Zusatzbeiwertes erfolgt nach Tabelle 10 als Produkt der bewerteten brandschutztechnischen Infrastruktur (Multiplikation der Spaltenwerte). Hinweis: Zur Ermittlung der erforderlichen Feuerwiderstandsfähigkeit der einen Brandbekämpfungsabschnitt trennenden Bauteile (zum Beispiel Wände oder Geschossdecken) ist die rechnerisch erforderliche Feuerwiderstandsdauer des zu begrenzenden Brandbekämpfungsabschnitts maßgebend. Das heißt, dass αL in diesem Fall pauschal zu 1,0 gesetzt wird, was einen Entfall des Einflusses der brandschutztechnischen Infrastruktur bei der Berechnung von erf. tF gemäß Gl. (2) bedeutet. Bei geringer rechnerischer Brandbelastung darf der Zusatzbeiwert αL wie folgt abgemindert werden: auf 80 % bei qR ≤ 45 kWh/m2 , auf 90 % bei qR ≤ 100 kWh/m2 . Voraussetzung für die Abminderung ist jedoch, dass die Bewertung der Gesamtmaßnahmen für αL nach Tabelle 10, Spalte 5, ≤ 0,85 ergibt. 4.3.5

Äquivalente Branddauer tä

Die äquivalente Branddauer tä ist diejenige Zeitdauer in Minuten, nach der ein Bauteil unter Normbrandbedingungen (Brandverlauf nach der Einheitstempe-

Anforderungen an Baustoffe, Bauteile und Größe der Brandbekämpfungsabschnitte

323

Tabelle 10. Zusatzbeiwerte αL nach [7] 1 Werkfeuerwehr Schichtstärke hauptneben(Personen) beruflich beruflich keine

1,0

1,0

1 Staffel (6)

0,90

0,95

1 Gruppe (9)

0,85

0,90

2 Staffeln (12)

0,80

0,85

3 Staffeln (18)

0,70

0,80

4 Staffeln (24)

0,60

0,75

2

3

flächendeckende automatische Brandmeldeanlagen

flächendeckende flächendeckende halbstationäre selbsttätige Löschanlagen Feuerlöschanlage

0,90

1,0 b

0,95

4

0,85

0,60

5 Gesamtbewertung der Maßnahmen 𝛂aL

Produkt der Spalten (1) · (2) · (3) oder (1) · (2) · (4)

Brandwirkung im Bauteil [K]

a) Sofern zu den Spalten 1 bis 4 keine anrechenbaren Maßnahmen vorhanden sind, ist der Tabellenwert jeweils mit 1,0 anzusetzen. b) 0,95 mit Zustimmung der zuständigen öffentlichen Feuerwehr Anmerkung: Die Aufschaltung auf eine ständig besetzte Stelle (Brandmeldung) ist bei selbsttätigen Feuerlöschanlagen bereits im Zusatzbeiwert αL = 0,6 berücksichtigt, d. h., der zusätzliche Wert 0,90 bzw. 0,95 nach Tabelle 3, Spalte 2, bleibt in der Regel ohne Ansatz (Ausnahme siehe 10.3), sofern keine zusätzliche automatische Brandmeldeanlage verwendet wird. Temperaturen im Brandraum beim Normbrand

Temperaturen im Brandraum beim natürlichen Brand

Temperaturerhöhung im Bauteil beim Normbrand

Temperaturerhöhung im Bauteil beim natürlichen Brand

t



Branddauer [min]

Bild 16. Ermittlung der äquivalenten Branddauer aus dem Vergleich der Bauteiltemperaturverläufe unter Naturbrand und Normbrand (ETK)

raturzeitkurve gemäß DIN 4102-2 [12]) die Temperatur erreicht, die es in einem natürlichen Brandereignis maximal erreichen würde. Dieser Zusammenhang ist in Bild 16 dargestellt. Die Abbildung verdeutlicht, dass aus der äquivalenten Branddauer keine Aussage über die „tatsächlich zu erwartende“ Branddauer abzuleiten ist. Die tatsächliche Branddauer kann kürzer (bei einem intensiven Brandverlauf) oder länger (bei einem vergleichsweise geringfügigen Brandverlauf) als die äquivalente Branddauer sein. Die äquivalente Branddauer tä wird aus der rechnerischen Brandbelastung unter Berücksichtigung der Wärmeabzugsverhältnisse und der thermischen Eigenschaften der Umfassungsbauteile ermittelt. Nach der Bestimmung der rechnerischen Brandbelastung qR für

den jeweiligen Brandbekämpfungsabschnitt wird aus dem Produkt dieser Brandbelastung mit einem Umrechnungsfaktor c sowie einem Wärmeabzugsfaktor w die äquivalente Branddauer tä in Minuten nach Gl. (3) wie folgt berechnet: tä = qR ⋅ c ⋅ w

(3)

mit qR rechnerische Brandbelastung in kWh/m2 gemäß Abschnitt 6 DIN 18230-1 [7] c Umrechnungsfaktor in min⋅m2 /kWh gemäß Abschnitt 7 DIN 18230-1 [7] w Wärmeabzugsfaktor (dimensionslos) zur Berücksichtigung der Ventilationsbedingungen gemäß Abschnitt 8 DIN 18230-1 [7]

324

C7

4.3.6

Rechnerische Brandbelastung qR

Brandschutz im Industriebau 2 1,9

4.3.6.1 Ermittlung der rechnerischen Brandbelastung qR für den globalen Nachweis

1,8 1,7

darin ist: ∑(Mi ⋅ Hui ⋅ mi ) qR,u = in [kWh/m2 ] AB ∑(Mi ⋅ Hui ⋅ mi ⋅ Ψi ) qR,g = in [kWh/m2 ] AB mit Mi Hui mi ψi AB

(5) (6)

Masse des einzelnen ungeschützten oder geschützten Stoffes in kg Heizwert des einzelnen Stoffes in kWh/kg, ermittelt nach DIN 51900-2 [24] (siehe auch DIN 18230-3 [9]) Abbrandfaktor des einzelnen brennbaren Stoffes, wobei Abbrandfaktoren von m < 0,2 unzulässig sind Kombinationsbeiwert Fläche des Brandbekämpfungsabschnittes; beim Nachweis des Teilabschnittes ist anstelle von AB die Fläche AA anzusetzen, beim Ebenennachweis die Fläche AE,i und beim Nachweis von Teilflächen die Fläche AT

Der Faktor ψi ist ein Kombinationsbeiwert nach DIN 18230-1 [7], der kleiner als 1 ist und die geschützten Brandlasten zusätzlich bewertet (siehe Abschnitt 4.3.6.3).

Abbrandfaktor m Der Abbrandfaktor m ist ein dimensionsloser Beiwert, mit dem die Brandlast aus einem Stoff oder Stoffgemisch zur Berücksichtigung ihres Brandverhaltens in bestimmter Form, Verteilung, Lagerdichte und Feuch-

1,6 1,5 1,4 Abbrandfaktorm

Grundlage des Berechnungsverfahrens ist die Erfassung aller im zu bemessenden Brandbekämpfungsabschnitt vorhandenen brennbaren Stoffe. Alle vorhandenen Brandlasten werden in ihrer Masse Mi [kg] und ihrem Heizwert Hui [kWh/kg] erfasst. Die Brandlast Q [kWh] ist eine Angabe über das Energie- bzw. das Wärmepotenzial eines brennbaren Stoffes, welches sich aus der Masse des brennbaren Stoffes Mi und seinem Heizwert Hui durch Multiplikation der beiden Werte errechnet. Die Bewertung der Wärmeenergiefreisetzung im Brandbekämpfungsabschnitt erfolgt mittels eines sogenannten Abbrandfaktors mi [–]. In der DIN 18230-1 [7] werden die Brandlasten immer als bewertete Brandlast in kWh/m2 angegeben. Die rechnerische Brandbelastung qR setzt sich aus der Summe der Brandbelastung aus ungeschützten Brandlasten qR,u und der Brandbelastung aus geschützten Brandlasten qR,g (siehe Abschnitt 4.3.6.3) nach Gl. (4) wie folgt zusammen, wobei immer eine rechnerische Mindestbrandbelastung qR = 15 kWh/m2 zugrunde zu legen ist: ] [ (4) qR = qR,u + qR,g in kWh/m2

1,3 1,2 1,1 1 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0 0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

Lagerguthöhe [m]

Bild 17. Einfluss der Lagerhöhe auf den Abbrandfaktor m

te bei der Rechnung nach DIN 18230-1 [7] zu multiplizieren ist. Ausgehend von dem Abbrandfaktor m = 1 für den Stoff Holz in Krippenform (vergleiche DIN 18230-2 [8]) wird der Abbrandfaktor m für Stoffe aus der Beziehung der äquivalenten Branddauer unter Berücksichtigung eines Zeitfaktors entsprechend DIN 18230-2 [8] ermittelt. Beispiele für den Abbrandfaktor m sind in DIN 18230-3 [9], dortige Tabelle 1 angegeben. Da die DIN 18230-2 [8] zwischenzeitlich ruht, können nicht in dieser Tabelle aufgeführte Abbrandfaktoren m derzeit zum Beispiel über gutachtliche Stellungnahmen anhand von Versuchen abgeleitet werden. Der in Tabelle 1 in DIN 18230-3 [9] angegebene Abbrandfaktor m eines Stoffes gilt im Bereich von gelagerten Materialien nur für eine Lagerguthöhe von bis zu 4,5 m. Bei Lagerguthöhen von mehr als 4,5 m und bis zu 9,0 m ist der Abbrandfaktor m angemessen, entsprechend dem Diagramm in Bild 17, zu erhöhen. Der Grund hierfür ist, dass bei Bränden, die im unteren Bereich des Lagers entstehen, sich das höher gelegene Lagergut vorerwärmt und somit eine deutlich größere Abbrandgeschwindigkeit erreicht als im nicht vorgewärmten Zustand.

4.3.6.2 Ermittlung der rechnerischen Brandbelastung qR,T für den Teilflächennachweis Bei erhöhter bzw. ungleichmäßig verteilter Brandbelastung ist ein Teilflächennachweis zu führen. Eine derartige Brandbelastung liegt vor, wenn die mittlere loka-

Anforderungen an Baustoffe, Bauteile und Größe der Brandbekämpfungsabschnitte

le Brandbelastung qR,T der Teilfläche den 1,6-fachen Wert der mittleren Brandbelastung qR des Brandbekämpfungsabschnitts überschreitet (siehe Gl. (7)). qR,T > 1,6 ⋅ qR

(7)

Im Teilflächennachweis darf die anzusetzende Teilfläche pauschal auf 5 % der Fläche des Brandbekämpfungsabschnittes oder auf 400 m2 beschränkt werden. Bei Teilflächen von weniger als 5 % der Fläche AB oder weniger als 400 m2 sind die Flächen mit ihren ausgewiesenen Größen, jedoch nicht geringer als 100 m2 , zu berücksichtigen. Ungleichmäßig verteilte Brandlasten auf Teilflächen AT von weniger als 100 m2 dürfen auf einer Fläche von 100 m2 als gleichmäßig verteilt angesetzt werden. Um die größte erforderliche Feuerwiderstandsdauer beweglicher Brandlasten zu ermitteln, sind diese an ungünstigster Stelle anzunehmen.

4.3.6.3 Erfassung von Brandlasten Ungeschützte Brandlasten Hierunter fallen alle brennbaren Betriebs- und Lagerstoffe, Verpackungen sowie alle brennbaren Baustoffe von Bauteilen einschließlich deren Verkleidungen. Zu den brennbaren Baustoffen zählen alle Baustoffe, die nach DIN 4102-2 [12] in die Baustoffklasse B eingestuft werden. Die mindestens anzusetzende ungeschützte Brandbelastung beträgt qR,u = 15 kWh/m2 . Geschützte Brandlasten/Brandlasten in geschlossenen Systemen 1. Mit Einrichtungsschutzanlagen geschützte Brandlasten Selbsttätige Feuerlöschanlagen als Einrichtungsschutzanlagen, die Brandlasten in Anlagen und Einrichtungen schützen, dürfen pauschal mit der Mindestbrandbelastung von 15 kWh/m2 bei der Ermittlung der Brandbelastung berücksichtigt werden. Diese geschützten Brandlasten dürfen zur Brandentwicklung und zur Ausbreitung von Feuer im betreffenden Brandbekämpfungsabschnitt nicht beitragen. In diesem Zusammenhang muss eine wirksame Abtrennung nach Abschnitt 4.3.3.3 vorhanden sein. Die eingebauten Einrichtungsschutzanlagen dürfen beider Ermittlung des Zusatzbeiwertes αL nicht angerechnet werden. Die maximal zulässige Schutzfläche beträgt 400 m2 . In Brandbekämpfungsabschnitten von mehr als 4000 m2 darf die Summe dieser Flächen nicht mehr als 10 % der Brandbekämpfungsabschnittsfläche betragen. 2. Mit Löschanlagen gesondert geschützte Teilflächen mit erhöhten Brandlasten Auch erhöhte Brandlasten auf einzelnen Teilflächen wie Behälter, Block- oder Regallager, dürfen mit der Mindestbrandbelastung von 15 kWh/m2 bei der Brandlastermittlung berücksichtigt werden, sofern für die Teilfläche eine selbsttätige Feuerlöschanlage oder eine halbstationäre Feuerlöschanlage installiert bzw.

325

vorgesehen wird. Diese geschützten Brandlasten dürfen zur Brandentwicklung und zur Ausbreitung von Feuer im betreffenden Brandbekämpfungsabschnitt wiederum nicht beitragen. Ebenfalls muss in diesem Zusammenhang eine wirksame Abtrennung nach Abschnitt 4.3.3.3 vorhanden sein. Außerdem ist zu beachten, dass die gesamte Wirkfläche der Feuerlöschanlage mindestens doppelt so groß wie die geschützte Teilfläche sein muss und die notwendigen Freistreifen zu angrenzenden Bereichen allumfassend durch die Feuerlöschanlage mit in den Schutzbereich einbezogen werden.

3. Geschützte Brandlasten in geschlossenen Systemen Brandlasten, die durch geeignete Baustoffe und Bauteile, Behälter, kühlende Einrichtungen oder Maßnahmen zur Verringerung der Brandlasten im Brandfall vor einer Entzündung geschützt werden, tragen nur begrenzt und/oder erst verspätet zum Brandgeschehen bei. Als geschlossene Systeme werden beispielsweise Rohrleitungen oder Behälter, die aus nichtbrennbaren und im Brandfall nicht zerbrechlichen Werkstoffen bestehen (Stahlblech oder im Brandverhalten vergleichbare Baustoffe), angesehen. Zur Erfassung der geschützten Brandlasten wird in DIN 18230-1 [7] der Kombinationsbeiwert ψi eingeführt (vergleiche Gl. (6)). Dieser Kombinationsbeiwert berücksichtigt die Wahrscheinlichkeit, mit der brennbare Stoffe in geschlossenen Systemen zur Gesamtbrandbelastung beitragen. Durch den Beiwert ψi wird generell das Zusammenwirken ungeschützter und geschützter Brandlasten berücksichtigt. Der Beiwert darf nicht angesetzt werden (ψi = 1), wenn im Brandfall mit der Zerstörung der schützenden Umhüllung (brennbar oder zerbrechlich) innerhalb des Bemessungszeitraumes zu rechnen ist und bei brennbare Flüssigkeiten in Behältern (Fässer) bis 450 Liter Inhalt ohne Druckentlastung (diese sind wie ungeschützte Brandlasten zu behandeln). Stoffe, bei denen sichergestellt ist, dass sie während des Bemessungszeitraums nicht am Brandgeschehen teilnehmen, dürfen unberücksichtigt bleiben (ψi = 0). DIN 18230-1 [7] regelt die rechnerische Erfassung von geschützten Brandlasten grundsätzlich in drei Kategorien, die nachfolgend zusammenfassend wiedergegeben werden. A) Brandlasten von Flüssigkeiten mit Flammpunkt > 100 °C Brennbare Flüssigkeiten in geschlossenen Systemen mit einem Flammpunkt über 100 °C, wie zum Beispiel Schneid- oder Schmieröle sowie Hydrauliköl in Maschinen, werden mit einem Abminderungsfaktor (Kombinationswert ψi ) bewertet, um so die geringe Wahrscheinlichkeit zu berücksichtigen, mit der sie am Brandgeschehen teilnehmen (siehe vorher). Abhängig von der eventuell vorhandenen ungeschützten Brandlast, wird der Kombinationswert ψi wie folgt festgelegt:

326

C7

Brandschutz im Industriebau

a) ψ1 = 0,8 für den Behälter/das System mit der größten Brandlast, b) ψi = 0,0 für alle weiteren Behälter/Systeme, c) ψi ist wahlweise nach dem vereinfachten Verfahren gemäß B) oder nach dem genauen Verfahren gemäß C) zu ermitteln, wenn die zusätzliche ungeschützte Brandlast qR,u > 45 kWh/m2 ist. Bei a) und b) wird nur die Brandbelastung aus dem ungünstigsten System zugrunde gelegt, die Inhalte weiterer Systeme bleiben rechnerisch unberücksichtigt. Die so ermittelte Brandbelastung wird über die Bezugsfläche AB als gleichmäßig verteilt angenommen. Zusätzliche Teilflächennachweise sind nicht erforderlich. Der beschriebenen Aufteilung entsprechend der vorhandenen ungeschützten Brandbelastung liegt die Überlegung zugrunde, dass die Möglichkeit eines äußeren Brandes, der zur Aufheizung der Flüssigkeiten in den geschlossenen Behältern und somit zu deren Entflammung führt, umso größer wird, je größer die ungeschützte Brandlast ist. B) Vereinfachte Berücksichtigung von geschützten Brandlasten Bei der vereinfachten Berücksichtigung von geschützten Brandlasten müssen alle im betrachteten Brandbekämpfungsabschnitt befindlichen Systeme berücksichtigt werden. Das System mit der größten Brandlast ist mit ψ1 = 0,8 und die weiteren sind mit ψi = 0,55 zu bewerten. Auch hier darf die so ermittelte geschützte rechnerische Brandbelastung qR,g als gleichmäßig über den Brandbekämpfungsabschnitt verteilt angenommen werden. Besondere Anforderungen an die Bauart der Behälter werden nicht gestellt. C) Genaue Berücksichtigung von geschützten Brandlasten Das Verfahren zur genauen Berücksichtigung der geschützten Brandlasten wird im Anhang D zur DIN 18230-1 [7] beschrieben. Die Anwendung dieses Verfahrens ist im Allgemeinen nur für bestimmte Industriebauten möglich, für die zum Beispiel bereits im Vorfeld eine abgeschlossene Anlagenplanung vorliegt, aus der der genaue Standort der geschützten Brandlasten hervorgeht (wie beispielsweise Gebäude oder Gebäudeteile in der chemischen Industrie). Die Brandlasten werden also nicht, wie bei den anderen Nachweisverfahren, gleichmäßig einem bestimmten Brandabschnitt, sondern ihrer Lagerposition (Teilfläche) zugeordnet. Im genauen Verfahren nach Anhang D der DIN 18230-1 [7] werden an die Behälter und ihre Unterkonstruktion brandschutztechnische Anforderungen nach den gleichen Gesichtspunkten wie für die bauliche Konstruktion des Gebäudes gestellt. Somit wird ihre Teilnahmewahrscheinlichkeit am Brandgeschehen erfasst. Es erfolgt eine Einteilung der Behälter in drei Gruppen hinsichtlich ihrer Feuerwiderstandsfähigkeit bei einer Brandbelastung von außen, die verallgemeinert wie folgt beschrieben werden können:

– Behältergruppe I mit einem hohen Widerstand • Druckbehälter und Rohrleitungen mit Dämmung bzw. mit einer ausreichend dimensionierten Brandschutzkühlung, • die Behälter müssen in jedem Fall eine Druckentlastung in sichere Bereiche aufweisen, • Behälter mit Feststoffen. – Behältergruppe II mit einem mittleren Widerstand • Druckbehälter und Rohrleitungen ohne Dämmung oder mit Maßnahmen zum Strahlenschutz; Druckentlastung in sichere Bereiche, • Behälter mit pastösen Stoffen. – Behältergruppe III mit einem geringen Widerstand • Rohrleitungen ohne Dämmung, • Behälter mit Druckentlastung in sichere Bereiche, • Behälter ohne Druckentlastung. Zunächst ist die Brandbelastung zur Einstufung des Brandbekämpfungsabschnittes zu bestimmen sowie damit die erforderliche Feuerwiderstandsdauer und die erforderliche Feuerwiderstandsfähigkeit abzuleiten (globaler Nachweis). Darauf aufbauend sind für die betroffenen Bauteile der Behälter Teilflächennachweise nach Maßgabe zu führen. Der jeweilige Teilflächennachweis kann dabei zu lokal höheren erforderlichen Feuerwiderstandsdauern gegenüber dem globalen Nachweis führen. In Abhängigkeit von Anzahl und Größe der geplanten Behältersysteme können mehrere Teilflächennachweise erforderlich werden.

Brandbelastung für den globalen Nachweis Beim globalen Nachweis wird davon ausgegangen, dass ein Brandereignis, von den ungeschützten Brandlasten ausgehend, die geschützten Brandlasten (Behälter) so aufheizt, bis diese mit am Brandgeschehen teilnehmen. Die geschützte Brandbelastung wird in vier Arbeitsschritten ermittelt: 1. Ermittlung der äquivalenten Branddauer tä,u mit – der ungeschützten mittleren Brandbelastung des Brandbekämpfungsabschnittes oder – der ungeschützten Brandbelastung auf der zur geschützten Brandlast zugehörigen Teilfläche. In der Regel sollte die mittlere ungeschützte Brandbelastung des Brandbekämpfungsabschnittes angesetzt werden, da hier ein viel geringerer Rechenaufwand gegenüber dem Nachweisverfahren unter Ermittlung des ungünstigsten Behälters einer Teilfläche entsteht. 2. Ermittlung des Grundwerts βB In Abhängigkeit von der unter 1. ermittelten äquivalenten Branddauer tä,u und dem Verhältnis der Oberfläche eines Behälters zu seinem Volumen (O/Vk ) wird ein Grundwert βB für jeden Behälter ermittelt. Der Grundwert βB wird gemäß Gl. (8) berechnet bzw. aus dem Diagramm in Bild 18 entnommen. ] ( )0,9 [ tä,u − 10 O − 0,2 (8) ⋅ βB = Vk 140 mit dem Gültigkeitsbereich 0 ≤ βB ≤ 0,5

Anforderungen an Baustoffe, Bauteile und Größe der Brandbekämpfungsabschnitte O/Vk = 16,00

8,00

4,00

3,00

2,00

1,50

1,25

327

1,00

0,5 0,45 0,4 O/Vk = 0,75

Grundwert ßB

0,35 0,3 0,25 O/Vk = 0,50

0,2 0,15

0,1 0,05 0 0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

110

120

äquivalente Branddauerausungeschützter Brandbelastung [min] Bild 18. Grundwert βB nach DIN 18230-1 [7]

mit O Oberfläche des Behälters in m2 Vk Volumen des Behälters und zugehöriger Rohrleitungen unter Berücksichtigung des Füllstandes, in der Regel 80 % des Behälternennvolumens zuzüglich 5 % Zuschlag für Rohrleitungen in m3 tä,u äquivalente Branddauer aus ungeschützter Brandbelastung in min 3. Ermittlung des ungünstigsten Behälters Mit dem Grundwert βB und in Abhängigkeit von der jeweiligen Behältergruppe (Gruppe I bis III) werden die Kombinationsbeiwerte ψ1 (der ungünstigste Wert) und ψi (alle anderen) für jeden Behälter bestimmt. Die bewerteten Brandlasten der Behälter berechnen sich dabei wie folgt: [ ] (9) Ψi ⋅ Qi = Vki ⋅ ρi ⋅ Hi ⋅ mi kWh mit i = 1 für die maximale bewertete Brandlast und i = 2, 3, 4, usw. für alle weiteren mit ψi bewerteten Brandlasten mit Qi Brandlast im Behälter i in kWh ψi Kombinationsbeiwerte nach Tabelle 11 Vki Volumen der Brandlast in m3 nach Gl. (8) ρi spezifisches Gewicht des einzelnen brennbaren Stoffes in kg/m3 Hui Heizwert des einzelnen Stoffes in kWh/kg mi Abbrandfaktor des einzelnen brennbaren Stoffes Die Kombinationsbeiwerte ψ1 und ψi sind in Tabelle 11 angegeben. Falls keine brandschutztechni-

Tabelle 11. Kombinationsbeiwerte ψ1 und ψi nach [7] Grundwert βB

≤ 0,05 0,10 0,20 0,30 0,40 0,50

Gruppe I ungünstiger Behälter – ψ1 0,00 weitere Behälter – ψi 0,00

0,00 0,05 0,10 0,20 0,30 0,00 0,00 0,05 0,10 0,15

Gruppe II ungünstiger Behälter – ψ1 0,05 weitere Behälter – ψi 0,00

0,10 0,20 0,30 0,40 0,50 0,05 0,10 0,15 0,20 0,25

Gruppe III ungünstiger Behälter – ψ1 0,20 weitere Behälter – ψi 0,10

0,30 0,40 0,50 0,60 0,70 0,15 0,20 0,25 0,30 0,35

sche Bemessung der Bauteile des Gebäudes erfolgt, ist der Kombinationsbeiwert um 50 % zu erhöhen, jedoch mit der Bedingung ψmax = 1,0. 4. Ermittlung der gesamten geschützten Brandbelastung qR,g Abschließend wird die gesamte geschützte Brandbelastung QR,g aus der Summe aller so ermittelten Brandlasten, bezogen auf die Fläche des Brandbekämpfungsabschnitts AB , wie folgt ermittelt: qR,g =

QR,g [ ] kWh/m2 AB

(10)

darin ist n [ ] QR,g = Ψ1 ⋅ Q1 + ∑ Ψi ⋅ Qi kWh i=2

(11)

328

C7

Brandschutz im Industriebau

Brandbelastung für den Teilflächennachweis Für die Bauteile im Einflussbereich eines geschlossenen Systems ist die erforderliche Feuerwiderstandsdauer zu ermitteln. Beim Teilflächennachweis wird im Gegensatz zum globalen Nachweis von einer Havarie des ungünstigsten Behälters und dem Abbrennen des Behälterinhaltes ausgegangen. Nach DIN 18230-1 [7] muss eine Havarie jedoch nicht unterstellt werden bei: – doppelwandigen Systemen, – druckstoßfesten Systemen, – durchgehend geschweißten Stahlrohrleitungen, – ohne untere Abgänge, die drucklos betrieben werden und durch mess- und regeltechnische Ausrüstung (MSR) überwacht werden und – Behälter mit Stoffen, die im Havariefall nicht austreten. Zur Bewertung der Auftretenswahrscheinlichkeit einer Havarie wird der Beiwert ψa eingeführt. Der Beiwert ψa wird wie folgt angenommen: ψa = 0,8

(Regelfall) und

ψa = 0,6

bei MSR (Messen, Steuern, Regeln) überwachten Systemen.

Zur Bewertung der größeren Wahrscheinlichkeit eines Löscherfolges bei speziell ausgewiesenen (kleineren) Auffangflächen wird der Beiwert ψb ≤ 1 angesetzt. Mit der Verkleinerung der Oberfläche, auf der sich der Abbrand ereignet, verringert sich die Abbrandrate und somit die Wärmemenge. Dieser Beiwert wird aus dem Verhältnis der Flächen zueinander wie folgt errechnet: √ AD ≤1 (12) Ψb = max. AB darin ist

( )2/3 [ 2 ] m max. AD = 40 ⋅ Vk mit ψb AD max. AD Vk

(13)

Beiwert zur Bewertung der Wahrscheinlichkeit für einen Löscherfolg Größe der Auffangfläche je Behälter in m2 Größe der speziellen Auffangflächen in m2 Volumen der Brandlast in m3 nach Gl. (8)

Die Ermittlung der Brandbelastung eines Teilflächenabschnitts kann entsprechend DIN 18230-1 [7] nach einem der drei folgenden Rechenverfahren durchgeführt werden, soweit die jeweiligen Randbedingungen erfüllt sind: 1. Teilflächenbrandbelastung qR,T bei Fehlen einer brandschutztechnischen Infrastruktur (αL = 1,0) nach Tabelle 10 Die Teilfläche AT , für die die Brandlast als gleichmäßig verteilt angenommen werden darf, kann gleich Größe der speziellen Auffangflächen AD nach Gl. (13) gesetzt werden. Die Brandbelastung auf diese Fläche beträgt: qR,T = qR,u +

] Ψa ⋅ Ψb ⋅ Q1 [ kWh/m2 AT

(14)

mit Q1 qR,u AT ψa ψb

maximal bewertete Behälter-Brandlast entsprechend Gl. (9) in kWh vorhandene ungeschützte Brandbelastung in kWh/m2 betrachtete Teilfläche nach Gl. (13) Beiwert zur Bewertung der Auftretenswahrscheinlichkeit einer Havarie Beiwert zur Bewertung der Wahrscheinlichkeit für einen Löscherfolg

Bei der Beteiligung weiterer Behälter beträgt die Brandbelastung, für die der Teilflächennachweis zu führen ist: qR,T

) ( ] Ψa ⋅ Ψb ⋅ Q1 + ∑ni=2 Ψi ⋅ Qi [ kWh/m2 = qR,u + AT (15)

2. Teilflächenbrandbelastung qR,T beim Vorhandensein einer brandschutztechnischen Infrastruktur nach Tabelle 10 Für den Fall, dass eine geeignete brandschutztechnische Infrastruktur (vergleiche Tabelle 10) vorhanden ist, darf nach DIN 18230-1 [7] der Teilflächennachweis mit folgender Brandbelastung geführt werden: ] [ qR,T = Ψa ⋅ Ψb ⋅ q (t) kWh/m2

(16)

mit q(t) 100 kWh/m2 für Maßnahmen, die zu αL ≤ 0,6 führen 120 kWh/m2 für Maßnahmen, die zu αL ≤ 0,7 führen 150 kWh/m2 für Maßnahmen, die zu αL ≤ 0,8 führen 200 kWh/m2 für Maßnahmen, die zu αL ≤ 0,9 führen Beiwert zur Bewertung der ψa Auftretenswahrscheinlichkeit einer Havarie ψb Beiwert zur Bewertung der Wahrscheinlichkeit für einen Löscherfolg Bei der Bestimmung von erf. tF für die so berechnete Teilfläche dürfen Zusatzbeiwerte αL < 1,0 nicht angesetzt werden. 3. Teilflächenbrandbelastung qR,T bei Rückhalteflächen außerhalb des Brandbekämpfungsabschnittes Für den Fall, dass Rückhalteflächen, zum Beispiel Rückhaltebecken für Löschwasser (siehe LöRüRL [25]), außerhalb des Brandbekämpfungsabschnittes angelegt sind und die größte bei einer Havarie freigesetzte Brandlast in diese auslaufen kann, ist die nach Gl. (17) im Brandbekämpfungsabschnitt im Brandfall freigesetzte Energie abhängig von: – der Fläche des Auffangbehälters in der der Behälter steht und – der Zeit tb [min], in der die Flüssigkeit mit freier Oberfläche im Auffangbehälter brennen kann. Diese Zeit ist nachzuweisen.

Anforderungen an Baustoffe, Bauteile und Größe der Brandbekämpfungsabschnitte

Der Teilflächennachweis mit qR,T wird wie folgt geführt: [ ] qR,T = qR,u ⋅ Ψa ⋅ Ψb ⋅ 10tB kWh/m2 mit qR,u tB ψa ψb

(17)

vorhandene ungeschützte Brandbelastung in der Ableitfläche in kWh/m2 Dauer der nachzuweisenden Ableitung in min Beiwert zur Bewertung der Auftretenswahrscheinlichkeit einer Havarie Beiwert zur Bewertung der Wahrscheinlichkeit für einen Löscherfolg

Brandlasten, die unberücksichtigt bleiben Nach DIN 18230-1 [7], Abschnitt 6.4.2 dürfen folgende Brandlasten bei der Erfassung der Brandlasten für den o. g. Nachweis unberücksichtigt bleiben: – Stoffe, die in einem Zustand verarbeitet oder bevorratet werden, bei dem eine Entzündung bei der zu erwartenden Brandeinwirkung ausgeschlossen ist (zum Beispiel brennbare Stoffe in ständig wassernassem Zustand). – Ohne Hohlräume auf Massivdecken verlegte Fußböden aus schwerentflammbaren Baustoffen nach DIN 4102 [12]. – Brennbare Bestandteile von Bauteilen, sofern durch eine durchgehende Schicht oder Ummantelung aus nichtbrennbaren Baustoffen sichergestellt ist, dass die brennbaren Teile während der rechnerisch erforderlichen Feuerwiderstandsdauer nicht zum Brandgeschehen beitragen. – Trapezblechdächer nach DIN 18234-1 bis DIN 18234-4 ([15] bis [18]), wenn die äquivalente Branddauer tä ≤ 15 min nicht überschritten wird. – Bauteile innerhalb des Dachtragwerkes aus brennbaren Baustoffen, die innerhalb eines Brandbekämpfungsabschnittes wirksam durch eine mindestens nach Brandsicherheitsklasse SKb 3 bemessene Decke oder Unterdecke aus nichtbrennbaren Baustoffen vom übrigen Brandbekämpfungsabschnitt abgetrennt werden. – Gasförmige Betriebsmittel in Leitungen (zum Beispiel aus Stahl oder anderen im Brandverhalten vergleichbaren Werkstoffen), wenn im Übrigen die Mindestbrandbelastung von 15 kWh/m2 nicht überschritten wird und die Möglichkeit des kurzfristigen Abschieberns außerhalb des Brandbekämpfungsabschnittes gegeben ist. – Brandlasten in, im Hinblick auf die Fläche der Ebenen, untergeordneten Räumen, deren Umschließungen zu angrenzenden Räumen für die erforderliche Feuerwiderstandsdauer (SKb 3) bemessen oder feuerbeständig mit mindestens feuerhemmenden Türen ausgebildet sind. – Kabel einschließlich Kabeleinführungen in Schaltschränken aus nichtbrennbaren Baustoffen wie aus Stahlblech, die bis auf die Bodenplatte reichen und

329

allseitig mit nichtbrennbaren Materialien geschlossen sind. Hinweis für Brandlasten, die teilweise unberücksichtigt bleiben: Bei Außenwänden aus brennbaren Baustoffen, wie Polycarbonat, Polyester oder ähnliche, zum Beispiel in Fenstern, kann nicht davon ausgegangen werden, dass von ihnen kein Einfluss auf die Temperaturentwicklung im Gebäudeinneren im Brandfall ausgeht. Ihre Brandlast darf deshalb nur zu maximal 50 % reduziert werden.

4.3.6.4 Umrechnungsfaktor c Die von den Umfassungsbauteilen aufgenommene und abgeführte Wärmemenge reduziert die Beanspruchung der Bauteile des betrachteten Brandbekämpfungsabschnittes. Das Maß der Reduzierung wird mit dem Umrechnungsfaktor c berücksichtigt. Die Wärmeeindring- bzw. die Wärmedämmeigenschaften der Baustoffe haben einen wesentlichen Einfluss auf die Größe des Umrechnungsfaktors c. In der DIN 18230-1 [7] erfolgt eine Einstufung der Umfassungsbauteile in drei Einflussgruppen: – Einflussgruppe I: Bauteile bzw. Baustoffe mit großem Wärmeabfluss, wie zum Beispiel Verglasungen, Aluminium, Stahl, mehrschichtige Metallbauteile, die nachweisbar unter Brandeinwirkung ihre Dämmfähigkeit verlieren (Wärmeeindringzahl b > 42 W⋅h0,5 /(m2 ⋅K)) – Einflussgruppe II: Bauteile bzw. Baustoffe mit mittlerem Wärmeabfluss, wie zum Beispiel Beton, Leichtbeton mit einer Rohdichte > 1000 kg/m3 , Kalksandstein, Bauteile mit Putz, Mauerziegel (Wärmeeindringzahl 12 ≤ b ≤ 42 W⋅h0,5 /(m2 ⋅K)) – Einflussgruppe III: Bauteile und Baustoffe mit geringem Wärmeabfluss, wie zum Beispiel Baustoffe mit einer Rohdichte ≤ 1000 kg/m3 (Faserdämmstoffe, Porenbeton, Holz, Holzwolle-Leichtbauplatten, Leichtbeton, Dämmputz, mehrschichtige Bauteile, Wärmeeindringzahl b < 12 W⋅h0,5 /(m2 ⋅K)) Der Umrechnungsfaktor c darf als über die Fläche der Umfassungsbauteile gewichtetes Mittel berechnet werden und ist der folgenden Tabelle 12 zu entnehmen. Bei Umfassungsbauteilen, die unter Brandwirkung ihre Dämmwirkung verlieren, darf der c-Faktor mit 0,15 (Einflussgruppe I) angenommen werden. Für mehrschichtig aufgebaute Umfassungsbauteile wird in Tabelle 12. Umrechnungsfaktor c nach [7] c min ⋅ m2 /kWh

Einflussgruppe der Umfassungsbauteile

0,15

I

0,20

II

0,25

III

330

C7

Brandschutz im Industriebau

Tabelle 13. Beispiel für die Wärmeeindringzahl nach [7] Baustoffe

Wärmeeindringzahl b a) W⋅h1/2 /(m2 ⋅K)

Rohdichte ρi (circa-Werte) kg/m3

Normalbeton

38

2400

Leitbeton

14

1200

Porenbeton

7

800

Faserzement

18

2000

Stahl

250

8000

Aluminium

370

2700

Vollziegel

20

1800

Kalksandsteine

22

1800

Leichtbetonsteine

11

900

Holz

10

800

Putz

21

1800

Dämmputz

6

600

Holzwolle-Leichtbeton

5

480

Mineralischer Faserdämmstoff

0,7

50

Polysterol-Hartschaum

0,6

20

Polyurethan-Hartschaum

0,5

30

a) Die angegebenen Werte sind Durchschnittswerte für die jeweilige Stoffgruppe. Je nach der vorliegenden Rohdichte des Stoffes können im Einzelfall abweichende Werte maßgebend sein. Rechenwerte für die Wärmeleitfähigkeit λ und für die spezifische Wärmekapazität cp sind im Allgemeinen in der Fachliteratur zu bauphysikalischen Fragen, z. B. zum Wärmeschutz, enthalten.

DIN 18230-1 [7] eine Zuordnung zu den Einflussgruppen durch die Ermittlung der mittleren Wärmeeindringzahl bges zugelassen. √ √ n √ ∑ si ⋅ ρi ⋅ cp,i (18) bges = √ i=1 n si ∑i=1 λ i

mit Dicke je Schicht in m si Rohdichte je Schicht in kg/m3 ρi cp,i spezifische Wärmekapazität je Schicht in W·h/(kg·K) Wärmeleitfähigkeit in W/(m·K) λi Tabelle 13 enthält Beispiele für die Wärmeeindringzahl b verschiedener Baustoffe. Hinweis: Es ist zulässig, dass bei Teilflächen sowie bei Teilabschnittsnachweisen für die offenen Seiten der Teilfläche der Umrechnungsfaktor näherungsweise mit c = 0,15 angesetzt wird.

4.3.6.5 Wärmeabzugsfaktor w Anrechenbare Wärmeabzugsflächen Der Wärmeabzugsfaktor w berücksichtigt die Ventilationsverhältnisse im Brandbekämpfungsabschnitt, das heißt den Wärmeverlust durch die vorhandenen Öffnungen in den Decken und Wänden des Brandbekämpfungsabschnittes, wodurch die thermische Beanspruchung der Bauteile verringert wird. Eine ausreichende Zuluft ist dabei sicherzustellen. Die Zuluftflächen müssen in der unteren Hälfte, mindestens jedoch in der unteren Ebene des betrachteten Brandbekämpfungsabschnittes oder der betrachteten Ebene angeordnet werden, mindestens 6 m2 groß und durch die Feuerwehr leicht zu öffnen sein. Maßgebend für die Intensität des Wärmeabzuges ist die Größe der Decken- und Wandöffnungen, die ins Freie führen. Folgende Flächen dürfen beim Nachweis des Wärmeabzugs gemäß DIN 18230-1 [7] ohne Weiteres angesetzt werden: – Ständig vorhandene Flächen von Öffnungen im Dachbereich oder in Wandbereichen, die ins Freie führen sowie Öffnungen in den Decken von Ebenen im Rahmen des Ebenennachweises mit einer Mindestgröße der einzelnen freien Öffnungen von 1 m2 , – Flächen von Rauch- und Wärmeabzugsgeräten nach DIN EN 12101-2 [22], – Flächen von Toren, Türen und Lüftungseinrichtungen, die ins Freie führen und die von außen ohne Gewaltanwendung geöffnet werden können, sofern das Öffnen sichergestellt ist, – Flächen von Öffnungen mit Abschlüssen oder Einrichtungen aus Kunststoffen mit einer Schmelztemperatur ≤ 300 °C • im Dachbereich zu 100 %, • in der oberen Hälfte des Außenwandbereiches, – bei tä ≤ 15 min zu 50 % (bei Vorhandensein einer Werkfeuerwehr zu 100 %), – bei tä ≥ 30 min zu 100 %. Zwischenwerte können durch Interpolation ermittelt werden. Wenn nachgewiesen wird, dass die Werkfeuerwehr technisch und organisatorisch in der Lage ist, die Abschlüsse aus Kunststoffen vollständig und rasch zu zerstören, so darf die gesamte Öffnungsfläche des Außenwandbereiches angesetzt werden. – Flächen von Öffnungen mit Verglasungen, die bei Brandeinwirkung ganz oder teilweise zerstört werden, wie: • Verglasungen mit Einfach-Fensterglas bei tä ≤ 15 min zu 80 % (bei Vorhandensein einer Werkfeuerwehr darf der Wert zu 100 %), bei tä ≥ 30 min zu 100 %, • Verglasungen mit handelsüblichem Zweischeibenisolierglas – bei tä < 15 min zu 35 % (bei Vorhandensein einer Werkfeuerwehr darf der Wert verdoppelt werden),

Anforderungen an Baustoffe, Bauteile und Größe der Brandbekämpfungsabschnitte

331

Tabelle 14. Anrechenbarkeit von Öffnungen bei der Berechnung des w-Faktors nach [7] Zeile

Art des Öffnungsverschlusses

Anrechenbarkeit

1

ständig offen

immer

2

Flächen von RWA-Geräten

immer

3

von außen ohne Gewaltanwendung zu öffnen

immer

4

Verglasungen mit Kunststoffen mit einer Schmelztemperatur < 300 °C

im Dachbereich zu 100 % in der oberen Hälfte des Außenwandbereiches: – bei tä ≥ 15 min zu 50 % a) – bei tä ≥ 30 min zu 100 % (Zwischenwerte durch Interpolation)

5

Verglasungen, die bei Brandeinwirkung ganz oder teilweise zerstört werden

Einfach-Fensterglas: – bei tä ≤ 15 min zu 80 % a) – bei tä ≤ 30 min zu 100 % handelsübliches Zweischeiben-Isolierglas: bei tä ≤ 15 min zu 35 % b) bei 15 min < tä ≤ 30 min zu 50 % b) bei tä > 30 min zu 100 %

6

Flächen von Wärmeabzugsöffnungen

mit Nachweis, wenn die äquivalente Branddauer (ohne Berücksichtigung der betrachteten Öffnungen) größer ist als die Auslösezeit nach DIN 18232-7

7

Flächen von Öffnungen mit Abdeckungen, die im Brandfall zerstört werden

mit Nachweis flächiger Freigabe der Öffnungen durch Brandeinwirkung nach ETK

a) Bei Vorhandensein einer Werkfeuerwehr darf der Wert 100 % angesetzt werden. b) Bei Vorhandensein einer Werkfeuerwehr darf der Wert verdoppelt werden.

– bei tä = 15 min bis tä ≤ 30 min zu 50 % (bei Vorhandensein einer Werkfeuerwehr darf der Wert verdoppelt werden), – bei tä > 30 min zu 100 %. Als Wärmeabzugsfläche gilt dabei jeweils: – die lichte freiwerdende Öffnung, – bei Rauch- und Wärmeabzugsgeräten die geometrisch freie Fläche der Eintrittsöffnung, – bei nach DIN 18232-4 [18] geprüften Wärmeabzügen die jeweils bei der Prüfung festgestellte Wärmeabzugsfläche. In anderen Fällen vereinfacht auch 85 % der Fläche, die sich aus den Rohbaumaßen ergibt. Verglasungen, die im Brandfall nicht zerstört werden beziehungsweise die im Brandfall nicht geöffnet werden können wie Brandschutzverglasungen, angriffshemmende Verglasungen, Verglasungen mit Drahtglas und Verbundsicherheitsglas, dürfen nicht angerechnet werden. Tabelle 14 zeigt die Zusammenfassung der bei der Ermittlung des Wärmeabzugsfaktors w anrechenbaren Öffnungsflächen.

Ermittlung des Wärmeabzugsfaktors w Auf der Grundlage von umfangreichen Untersuchungen mithilfe von Brandsimulationsprogrammen wurde ein Verfahren entwickelt, mit dem die Wärmeabzugsverhältnisse relativ genau ermittelt werden können. Die Diagramme, die in der DIN 18230-1 [7] zur Ermittlung

des Wärmeabzugsfaktors angegeben sind, sind durch Auswertung von Wärmebilanzrechnungen mithilfe des Brandsimulationsprogramms MRFC [26] entstanden. Aus den äquivalenten Branddauern der Simulationsrechnungen sind unter Berücksichtigung der rechnerischen Brandbelastung und des Umrechnungsfaktors c die Wärmeabzugsfaktoren berechnet worden. Der in DIN 18230-1 [7] definierte Wärmeabzugsfaktor w ist im Wesentlichen von folgenden Parametern abhängig: – dem Verhältnis der vertikalen bzw. geneigten Außenwandöffnungsflächen AV zur Fläche des maßgebenden Bemessungsabschnittes A als bezogene Öffnungsfläche av = AV /A, – dem Verhältnis der horizontalen bzw. geneigten Dach- bzw. Deckenöffnung Ah zur Fläche des Bemessungsabschnittes A als bezogene Öffnungsfläche ah = Ah /A, – dem Vorhandensein von Öffnungen im oberen Randbereich Av,ob und – der Hallenhöhe. Bei der Ermittlung des Wärmeabzugsfaktors w werden in DIN 18230-1 [7] einige einzuhaltende Randbedingungen angegeben: – Der Wärmeabzugsfaktor w darf nicht kleiner als 0,5 angesetzt werden. – Bei geringen oder fehlenden horizontalen Öffnungsflächen (ah ≤ 0,005) darf Av nur mit höchstens der

332

C7

Brandschutz im Industriebau

doppelten Fläche der in der oberen Außenwandhälfte befindlichen Wandöffnungen angesetzt werden (Av ≤ 2 ≤ Av,ob ). – Die anrechenbare Größe der Wandöffnungen ist zwischen 2,5 % und 25 % bezüglich der Fläche des jeweiligen maßgebenden Bemessungsabschnittes begrenzt (0,025 ≤ av ≤ 0,25). Der Wärmeabzugsfaktor w errechnet sich aus w = w0 ⋅ αw ≥ 0,5

(19)

darin ist w0 =

( )4 1,0 + 145,0 ⋅ 0,40 − av 1,6 + βw ⋅ ah

βw = 20,0 ⋅ (1 + 10 ⋅ av − 64 ⋅ a2v ) ≥ 16,0 )0,3 ( 6,0 αw = h

2,5

0

horizontale Ventilation ah

0,005 0,01 0,015

0,02 0,025 0,03

2

0,035 0,04 0,045 0,05

0,06

1,75

0,07 0,08

Faktor wo

0,09 0,1 0,125

1,5

0,15

0,2 0,25

1,25

1

0,75

0,5 0

0,05

0,1

(22)

mit w0 Faktor zur Berücksichtigung der horizontalen und vertikalen Wärmeabzugsflächen nach Gl. (20) oder Bild 19 αw Faktor zur Berücksichtigung der mittleren Höhe h des maßgebenden Bemessungsabschnittes nach Gl. (22) oder Bild 20

(20)

2,25

(21)

0,15

vertikale Ventilation av

Bild 19. Faktor w0 in Abhängigkeit von av und ah nach DIN 18230-1 [7]

0,2

0,25

Anforderungen an Baustoffe, Bauteile und Größe der Brandbekämpfungsabschnitte 1,6 1,4

Faktor αw

1,2 1

0,8 0,6 0,4 0,2 0

0

2

4

6

8

10

12

14

mittlere lichte Höhe h [m]

16

18

20

Bild 20. Faktor αw für den Einfluss der mittleren lichten Höhe auf den w-Faktor nach DIN 18230-1 [7]

Ermittlung des Wärmeabzugsfaktors wT für Teilabschnitte und Teilflächen Für Teilabschnitte und Teilflächen mit ungleichmäßig verteilten oder konzentrierten Brandbelastungen bzw. planmäßig geschlossenen Systemen, bei denen eine Havarie zu berücksichtigen ist, wird der Wärmeabzugsfaktor wT ermitteln: ( ) A wT = 0,45 + T ⋅ w ≤ w (23) AG mit w Wärmeabzugsfaktor des Brandbekämpfungsabschnittes nach Gl. (19) AG Grundfläche des Brandbekämpfungsabschnittes in m2 AT Teilfläche in m2 Es gilt generell, dass wT nicht kleiner als 0,5 angesetzt werden darf. Der betrachtete Teilabschnitt oder die Teilfläche muss mindestens an zwei Seiten mit Öffnungsflächen von mindestens 25 % der Teilabschnittsbzw. der Teilfläche offen mit dem Brandbekämpfungsabschnitt, also ohne Trennwände, verbunden sein. Bei ungleichmäßig verteilten Wärmeabzugsöffnungen, das heißt, wenn die bezogene horizontale Wärmeabzugsfläche ah,T auf mindestens einer Teilfläche AT von ≤ 25 % der Fläche des Brandbekämpfungsabschnittes mehr als 50 % von dem mittleren Wert ah (siehe „Ermittlung des Wärmeabzugsfaktors w“ im Abschnitt 4.3.6.5) abweicht, ist die Fläche als Teilfläche zu behandeln. Es gilt: ah,T = mit Ah,T AT

Ah,T AT

(24)

die im Dach innerhalb von AT vorhandene Wärmeabzugsfläche in m2 Teilfläche in m2

Als aV darf hierbei der Wert aus dem globalen Nachweis verwendet werden.

Brandbekämpfungsabschnitte mit mehreren Ebenen oder Geschossen Bei Brandbekämpfungsabschnitten mit mehreren, insbesondere übereinanderliegenden Ebenen ist der Wär-

333

meabzugsfaktor wE,i zusätzlich für jede Ebene zu ermitteln, wobei die auf die Grundflächen der Ebenen bezogenen Öffnungsflächen analog den Ausführungen „Ermittlung des Wärmeabzugsfaktors w“ im Abschnitt 4.3.6.5 zu berechnen sind. In einem ersten Schritt ist der globale Nachweis zu führen. Bei Geschossen wird analog vorgegangen. Horizontale Öffnungen in den Decken oberhalb der nachzuweisenden Ebenen innerhalb des Brandbekämpfungsabschnitts dürfen bei der Ermittlung von ah nur mit der Fläche angerechnet werden, die auch in den darüberliegenden Geschossdecken sowie im Dach zur Verfügung stehen. Daher ist bei von unten nach oben kleiner werdenden Flächengrößen der Öffnungen in den Decken und im Dach die kleinste Flächengröße für die Ermittlung von ah maßgebend. Steigen die Flächengrößen in den Decken und im Dach dagegen von unten nach oben, so kann für den jeweiligen Ebenennachweis die Flächengröße über der betrachteten Ebene zur Ermittlung von ah angesetzt werden. Bei der Anordnung der Öffnungen ist zu unterscheiden, ob diese übereinanderliegen oder versetzt angeordnet sind. Übereinanderliegend bedeutet in diesem Zusammenhang, dass in den Decken sowie im Dach alle Öffnungen gleich groß sind und direkt übereinanderliegen. Versetzt angeordnete Öffnungen können immer dann angerecht bzw. berücksichtigt werden, wenn diese gleichmäßig verteilt sind. Von einer gleichmäßigen Verteilung wird dann gesprochen, wenn bezogen auf eine Fläche von 400 m2 jeweils mindestens eine Öffnung in übereinanderliegenden Bezugsflächen vorhanden ist. Darüber hinaus sind bei der Berechnung des Wärmeabzugsfaktors die beiden nachfolgend dargestellten Szenarien zu unterscheiden: 1. Brandbekämpfungsabschnitte mit mehreren Ebenen mit Öffnungen < 20 % in den Decken und im Dach In diesem Szenario wird unterstellt, dass eine gleichmäßige Verteilung der Öffnungen (siehe oben) in den jeweiligen Bezugsebenen gegeben ist. Falls keine gleichmäßige Verteilung vorhanden ist, kann der Wärmeabzugsfaktor wi je Ebene nur mittels Ingenieurmethoden nachgewiesen werden. Alternativ darf die äquivalente Branddauer tä,Ei je Ebene bzw. Geschoss näherungsweise bestimmt werden, in dem die horizontalen Öffnungsflächen in den Bezugsebenen mit dem Ansatz αh = 0,8 berücksichtigt werden. Die Öffnungsflächen Av,i und 0,8Ah,i werden dabei auf die jeweilige Ebenenfläche AE,i bezogen. Es ist ferner zu berücksichtigen, ob die einzelnen Höhen der Ebenen gleich groß sind oder variieren. Durch die Untersuchung des Brandverhaltens in den jeweiligen Ebenen hat sich gezeigt, dass eine kleinere Höhe hi+1 in der über der Ebene, die betrachtet wird, liegenden Ebene i+1 im Vergleich zur Höhe hi der betrachteten Ebene i zu ungünstigeren Brandweiterleitungseffekten führt als dies bei analogen Ebenen- oder Geschosshöhen der Fall wäre. Bei Höhen hi+1 > hi , sprich dann, wenn die Ebenenhöhe der darüberliegenden Ebene größer als die Höhe

A v,i+1

C7

Brandschutz im Industriebau

A i+1 A h,i

A v,i

h i+1

334

A h,i

hi

Ai

A v,i-1

h

A h,i-1

h i-1

A i-1

Legende Fläche des Brandbekämpfungsabschnitt [m2] (A B= A c+ ∑A i) AB AG Grundfläche des Brandbekämpfungsabschnittes [m2] Ai Fläche der betrachteten Ebene i [m2] A v,i Fläche der vertikalen Öffnungen in den Außenwandflächen der Ebene i [m2] A h,i Fläche der horizontalen Öffnungen in der Decke der Ebene i in [m2] hG Höhe des Brandbekämpfungsabschnittes [m2] h i, h i-1 Höhe der jeweiligen Ebene [m]

AG

Bild 21. Beispiel zur Ermittlung des Wärmeabzugsfaktors w in Brandbekämpfungsabschnitten mit gleichmäßig verteilten Öffnungen in den Decken und im Dach < 20 % nach DIN 18230-1 [7]

A h,i

A v,i

h E,i

h i+1

A i+1 A h,i

hG

ih

A v,i Ai

Legende A B Fläche des Brandbekämpfungsabschnitt [m2] (A B= A c+ ∑A i) AG Grundflächedes Brandbekämpfungsabschnittes [m2] A i Fläche der betrachteten Ebene i [m2] A v,i Fläche der vertikalen Öffnungen in den Außenwandflächen der Ebene i [m2] A h,i Fläche der horizontalen Öffnungen in der Decke der Ebene i in [m2] h G Höhe des Brandbekämpfungsabschnittes [m2] h E,i Höhe zwischen der Oberkante Fußboden der Ebene i und der Unterkante Dachdecke [m] h i Höhe der Ebene i [m]

AG

Bild 22. Beispiel zur Ermittlung des Wärmeabzugsfaktors w in Brandbekämpfungsabschnitten mit übereinanderliegenden Öffnungen in den Decken mit klassifiziertem Feuerwiderstand und im Dach ≥ 20 % nach DIN 18230-1 [7]

der betrachteten Ebene ist, tritt dagegen ein positiver Effekt auf. In Fällen von hi+1 < hi ist der Wärmeabzugsfaktor wi der Ebene i daher wie folgt zu vergrößern (siehe auch Bild 21): – bei hi+1 < 0,5 hi um 25 %, – bei 0,5 < hi+1 /hi < 1,0 kann die prozentuale Vergrößerung interpoliert werden. Die äquivalente Branddauer tä,Ei in der betrachteten Ebene i ist nach Gl. (25) zu ermitteln. Um dabei die Brandübertragung von der unter der betrachteten Ebene i gelegenen Ebene i–1 in die Ebene i abzubilden, wird neben der rechnerischen Brandbelastung qR,i , ein zusätzlicher Anteil der rechnerischen Brandbelastung qR,i−1 berücksichtigt. ( ) tä,Ei = ci ⋅ wi ⋅ qR,i + βv ⋅ qR,i−1 (25) mit tä,Ei ci wi

Äquivalente Branddauer in der Ebene i in min (Hinweis: Wenn tä,Ei < tä,Ei-l , so ist tä,Ei = tä,Ei-1 zu setzen) Umrechnungsfaktor zur Berücksichtigung der Umfassungsbauteile in der Ebene i Wärmeabzugsfaktor für die Ebene i

Rechnerische Brandbelastung in der Ebene i in kWh/m2 qRi−1 Rechnerische Brandbelastung in der Ebene i–1 in kWh/m2 βv dimensionsloser Faktor zur anteiligen Berücksichtigung der rechnerischen Brandbelastung qRi−1 in der Ebene i (ohne weiteren Nachweis βV = 0,3) 2. Brandbekämpfungsabschnitte mit mehreren Ebenen mit unmittelbar übereinanderliegenden Öffnungen ≥ 20 % in den Decken und im Dach Bei Brandbekämpfungsabschnitten mit mehreren Ebenen, mit übereinanderliegenden Öffnungen in den Decken und im Dach (siehe Bild 22) sowie mit horizontalen Öffnungsflächen ≥ 20 % erfolgt eine Berücksichtigung des Kamineffektes durch den Ansatz größerer Höhen als nur der Ebenenhöhe hi der betrachteten Ebene. Als maßgebende Höhe wird in diesem Szenario der Abstand zwischen dem Fußboden der jeweiligen Ebene und der Unterkante der Dachdecke angesetzt. Dabei wird zwischen Decken mit und ohne Feuerwiderstand differenziert. Bei Decken, die nicht qRi

Literatur

nach dem erforderlichen Feuerwiderstand bemessen sind (zum Beispiel Gitterrostbühnen), entspricht die wirksame Höhe dem lichten Abstand hG zwischen der Grundfläche und dem Dach. Bei Decken mit klassifiziertem Feuerwiderstand (zum Beispiel Betondecken) ist der lichte Abstand hE,i zwischen dem Fußboden der Ebene i und dem Dach maßgebend.

5

Literatur

[1] Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz (2016) Musterbauordnung (MBO), Fassung September 2002, zuletzt geändert am 13.05.2016. [2] Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz (2019) Muster-Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau (Muster-Industriebau-Richtlinie – MIndBauRL), Stand Mai 2019. [3] Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz (2018) Erläuterungen zur Muster-Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau (Muster-Industriebau-Richtlinie – MIndBauRL), Entwurf Stand September 2018. [4] Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz (2014) Muster-Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau (Muster-Industriebau-Richtlinie – MIndBauRL), Stand Juli 2014. [5] Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz, Projektgruppe Muster-Industriebau-Richtlinie: Erläuterungen zur Muster-Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau (Muster-Industriebau-Richtlinie – MIndBauRL), Stand Juli 2014. [6] Fachkommission Bauaufsicht, Projektgruppe MHHR (2008) Muster-Richtlinie über den Bau und Betrieb von Hochhäusern (Muster-Hochhaus-Richtlinie – MHHR), Stand April 2008. [7] DIN 18230-1:2010-09 (2010) Baulicher Brandschutz im Industriebau – Teil 1: Rechnerisch erforderliche Feuerwiderstandsdauer, Beuth, Berlin. [8] DIN 18230-2:1999-01 (1999) Baulicher Brandschutz im Industriebau – Teil 2: Ermittlung des Abbrandverhaltens von Materialien in Lageranordnung, Werte für den Abbrandfaktor m, Beuth, Berlin. [9] DIN 18230-3:2002-08 (2002) Baulicher Brandschutz im Industriebau – Teil 3: Rechenwerte, Beuth, Berlin. [10] Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt): Amtliche Mitteilungen Nr. 2/13.11.2019 – Muster-Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau (Muster-Industriebau-Richtlinie – MIndBauRL). [11] Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt): Amtliche Mitteilungen vom 15.01.2020 – Veröffentlichung der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB), Ausgabe 2019/1 [12] DIN 4102-2:1977-09 (1977) Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen; Bauteile, Begriffe, Anforderungen und Prüfungen, Beuth, Berlin.

335

[13] DIN 18009-1:2016-09 (2016) Brandschutzingenieurwesen – Teil 1: Grundsätze und Regeln für die Anwendung, Beuth, Berlin. [14] Fachkommission Bauaufsicht: Muster-Richtlinien über Flächen für die Feuerwehr, Stand Februar 2007, zuletzt geändert Oktober 2009. [15] DIN 18234-1:2018-05 (2018) Baulicher Brandschutz großflächiger Dächer – Brandbeanspruchung von unten – Teil 1: Geschlossene Dachflächen – Anforderungen und Prüfung, Beuth, Berlin. [16] DIN 18234-2:2018-05 (2018) Baulicher Brandschutz großflächiger Dächer – Brandbeanspruchung von unten – Teil 2: Verzeichnis von Dächern, welche ohne weiteren Nachweis die Anforderungen nach DIN 18234-1 erfüllen – Dachflächen, Beuth, Berlin. [17] DIN 18234-3:2018-05 (2018) Baulicher Brandschutz großflächiger Dächer – Brandbeanspruchung von unten – Teil 3: Durchdringungen, Anschlüsse und Abschlüsse von Dachflächen – Anforderungen und Prüfung, Beuth, Berlin. [18] DIN 18234-4:2018-05 (2018) Baulicher Brandschutz großflächiger Dächer – Brandbeanspruchung von unten – Teil 4: Verzeichnis von Durchdringungen, Anschlüssen und Abschlüssen von Dachflächen, welche ohne weiteren Nachweis die Anforderungen nach DIN 18234-3 erfüllen, Beuth, Berlin. [19] DIN EN 1995-1-1:2010-12 (2010) Eurocode 5: Bemessung und Konstruktion von Holzbauten – Teil 1-1: Allgemeines – Allgemeine Regeln und Regeln für den Hochbau, Beuth, Berlin. [20] DIN EN 1995-1-2:2010-12 (2010) Eurocode 5: Bemessung und Konstruktion von Holzbauten – Teil 1-2: Allgemeine Regeln – Tragwerksbemessung für den Brandfall, Beuth, Berlin. [21] Bundesvereinigung der Prüfingenieure für Bautechnik e. V. (2018) Anhörung zum Entwurf der Änderung der Muster-Industriebaurichtlinie (MIndBauRL) vom 21.12.2018. [22] DIN EN 12101-2:2017-08 (2017) Rauch- und Wärmefreihaltung – Teil 2: Natürliche Rauch- und Wärmeabzugsgeräte, Beuth, Berlin. [23] DIN 18232-4:2003-04 (2003) Rauch- und Wärmefreihaltung – Teil 4: Wärmeabzüge (WA), Beuth, Berlin. [24] DIN 51900-2:2003-05 (2003) Prüfung fester und flüssiger Brennstoffe – Bestimmung des Brennwertes mit dem Bomben-Kalorimeter und Berechnung des Heizwertes – Teil 2: Verfahren mit isoperibolem oder static-jacket Kalorimeter, Beuth, Berlin. [25] Fachkommission Bauaufsicht (1992) Richtlinie zur Bemessung von Löschwasser-Rückhalteanlagen beim Lagern wassergefährdender Stoffe (LöRüRL), Fassung August 1992. [26] Schneider, U.; Kersken-Bradley, M.; Max, U. (1990) Forschungsbericht zur Neuberechnung der Wärmeabzugsfaktoren w für DIN V 18230-1, Baulicher Brandschutz im Industriebau; Fraunhofer IRB Verlag, 1990.

D Konstruktive Ausbildung/ Ausführungsplanung

339

D 1 Building Information Modeling (BIM) im Brandschutz Dominique Max

Dipl.-Ing. Dominique Max Karlsruher Institut für Technologie Forschungsstelle für Brandschutztechnik am Engler-Bunte Institut Teilinstitut und Lehrstuhl Verbrennungstechnik Hertzstraße 16, 76187 Karlsruhe Studium des Bauingenieurwesens, 2013 Diplom mit Schwerpunkt „Konstruktiver Ingenieurbau“ am Karlsruher Institut für Technologie, danach wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Forschungsstelle für Brandschutztechnik am Karlsruher Institut für Technologie. Seit 2016 Fachplaner für vorbeugenden Brandschutz (EIPOS)

Bauphysik-Kalender 2021: Brandschutz. Herausgegeben von Nabil A. Fouad. © 2021 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2021 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

340

D1

Building Information Modeling (BIM) im Brandschutz

Inhaltsverzeichnis 1

Einleitung

2 2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.1.4.1 2.2 2.2.1

Rahmenwerk 341 Kollaboration 341 Leistungsniveaus 342 Software 342 Leistungstiefe 343 Attribuierung 344 Industry Foundation Classes (IFC) 345 BIM-Anwendungsfälle 346 Model View Definition (MVD)/Schnittstellen

3 3.1

Beispiel 346 Grundzüge der brandschutztechnischen Anforderungen 347 Attribuierung 347 Anforderungen an die Modellierung 347

3.1.1 3.1.2

341

3.2

346

3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.4 3.2.5

Anwendungsfall (AwF) Planunterlagen für die Genehmigung erstellen 348 BIM-Zieldefinition 348 Mehrwert 348 Kurzbeschreibung der BIM-Anwendung 348 Voraussetzung für die BIM-Anwendung 349 Darstellung der BIM-Anwendung 349

4

Fazit

5

Nomenklatur

6

Literatur

349

351

351

Rahmenwerk

1

Einleitung

2

Unter dem Stichwort der Digitalisierung wird auch die Planungsmethode Building Information Modeling (BIM) als Digitalisierung der Baubranche verstanden. Wie jede Form der digitalen Migration von Prozessen mit der sich die Industrie bereits auseinandersetzt, bedeutet BIM eine Transformation von Arbeitsweisen. Dabei bleibt zu betonen, dass die fachlichen Prozesse und deren Teilschritte, die zu einem Ergebnis führen, weiterhin durchlaufen werden müssen. Es wird jedoch so sein, dass die Digitalisierung ermöglicht, (Teil-)Prozesse zu automatisieren und es wird erforderlich sein, Prozessschritte neu zu denken. Die Anforderungen und Tätigkeiten aller Prozessbeteiligten werden sich verlagern und es werden neue Rollen definiert. Es stellt sich daher die Frage, inwieweit eine digitale Migration der Fachdisziplin Brandschutz, mit unterschiedlichsten Anforderungen an das Gebäude und somit an weitere Fachdisziplinen, einen Mehrwert für das Projekt, aber auch für den Verantwortlichen im Brandschutz selbst bedeutet. Für die Umsetzung einer Planungsmethode benötigt man ein einheitliches Verständnis und Vokabular. So wird die Einführung neuer Begrifflichkeiten erforderlich. Die Durchgängigkeit der Informationen im Lebenszyklus eines Gebäudes (Bild 1) bietet einen großen Mehrwert für alle Projektbeteiligten. Dabei spielt das Gebäude-Modell oder BIM-Modell eine zentrale Rolle. Es kann Dreh- und Angelpunkt eines Projektes sein und als Vehikel der Informationsspeicherung und des Informationsaustauschs eine kollaborative Arbeitsweise fördern. Bevor man die Methode anwendet, sollten der Nutzen und die Ziele, die mit der Durchführung erreicht werden sollen, definiert werden. Diese stellen auch den Rahmen für die Verwendung der Planungsmethode dar. Es können unterschiedliche Ziele mit der Anwendung von BIM erreicht werden. In der VDI 2552 Blatt 2 [1] werden Beispiele für BIM-Ziele beschrieben. Darunter sind Kostensicherheit, zentrales Datenmanagement oder Öffentlichkeitsarbeit.

Betrieb+ Unterhalt

Bauausführung

BIM Planung+ Vergabe

Rückbau

Projektidee Bild 1. Lebenszyklus eines Gebäudes

341

Rahmenwerk

Es gibt eine Vielzahl möglicher Anwendungen, die mit BIM abgewickelt werden können. Nicht jede Anwendung ist für das zu erreichende Ziel erforderlich. Zu Beginn eines Projektes sollte man daher, wenn möglich, die Ziele (der Planungsmethode) definieren. Diese sollten dann in einer Auftraggeber-Informationsanforderung (AIA) münden. Die Ziele, Anwendungen, Rollen und Meilensteine (Data Drops) müssen nach VDI 2552 Blatt 1 [1] als Grundelemente einer AIA vom Auftraggeber gesetzt werden. Die AIA dienen auch der Marktabfrage und können für die Vergabe von Leistungen herangezogen werden. Die technische Ausgestaltung der Zusammenarbeit, die nur im Dialog aller Prozessbeteiligten erarbeitet werden kann, wird in einem BIM-Abwicklungsplan (BAP) festgehalten. Oftmals ist zu Projektbeginn der Aufwand nicht im Detail abzuschätzen. So können sich die Anwendungen, aber auch die Ziele im Laufe eines Projektes ändern. Daher ist der BAP als „Lebendes Dokument“ [1] zu verstehen. Da der BAP Bestandteil eines Vertragsverhältnisses ist, ist es wichtig, bei Änderung alle Projektbeteiligten in den Änderungsprozess einzubinden.

2.1

Kollaboration

Die Zusammenarbeit kann durch BIM erleichtert werden. Bei größeren Projekten ist im Falle der Planung eines Gebäudes die Koordination von Planungen aus unterschiedlichen Gewerken erforderlich. Der Brandschutz stellt dabei ein wichtiges Gewerk dar, das in den Gesamtprozess eingebettet werden muss. Im BIM-Prozess kann die Koordination neue Rollen erfordern, die ein Zusammenführen der Informationen bewerkstelligen. Diese Rollen tragen dazu bei, dass Informationen entsprechend ihrem erforderlichen Informationsgehalt dem Projekt zugeführt werden. Grundsätzlich ist es hilfreich, schon früh innerhalb eines Projektes die Informationsübergabe zu regeln. In Bild 2 werden die Planungsbeteiligten und die entsprechenden Rollen, auf die im Weiteren eingegangen wird, in einer Übersicht dargestellt. Die Informationskoordinatoren überprüfen, ob die Informationen, die mit einem Informationspaket an einem Datenübergabepunkt (Data Drop-DD) übermittelt werden, der geforderten Qualität entsprechen und fügen diese in einen Gesamtkontext ein. Informationsmanager sind verantwortlich für das Common Data Environment (CDE), die AIA und den BAP. Weiterhin sind sie für den Bauherrn der erste Ansprechpartner [1]. Denkbar ist, dass die Rollen auch von denselben Personen besetzt werden. Es gibt im Planungsprozess Unterprozesse. Diese sind oder sollen nicht digital abgebildet werden. Lediglich das Planungsergebnis ist relevant und ist am Datenübergabepunkt in der vereinbarten Qualität und zu einem vereinbarten Zeitpunkt in den Planungsprozess

342

D1

Building Information Modeling (BIM) im Brandschutz

Bild 2. Übersicht des Planungsprozesses und der Planungsbeteiligten [2]

einzufügen. Werden die Informationen in ein BIMModell geschrieben, wird die einfügende Organisation/ Person zu einem Informationsautor (BIM-Autor1) ). Organisationen oder Personen die Informationen aus einem Modell entnehmen, werden als Informationsnutzer (BIM-Nutzer1) ) bezeichnet. Die Zentralisierung von Daten wird durch das CDE sichergestellt. Auf diesem zentralen Ablageort werden die projektspezifischen Daten abgelegt, wie z. B. die Gebäudemodelle der Fachdisziplinen oder das Koordinations-/Referenzmodell.

2.1.1

Leistungsniveaus

In der VDI-Richtlinie VDI 2552 Blatt 1 [1] werden Leistungsniveaus wie der Grad der Integration und Kommunikation innerhalb die Planungsmethode definiert, die eine beauftragte Firma erfüllen soll. Ein Schema der einzelnen Leistungsniveaus wird in Bild 3 gezeigt, beginnend mit Leistungsniveau 0, welches sich auf eine Kooperation auf Projektbasis sowie dateibasierten Datenaustausch bezieht. Damit ist beispielsweise der Austausch von Informationen per E-Mail oder mittels proprietärer Formate gemeint. Im Leistungsniveau 1 werden auf einer gemeinsamen Datenumgebung (CDE) in einer zwei- bzw. dreidimensionalen Geometrie/Modelle standardisiert, Informationen hinterlegt und angereichert. Im gezeigten Leistungsniveau kann der Brandschutzsachverständige seine Informationen über das Building Collaboration Format (BCF) oder objektbezogen über Datenbanken oder Listen austauschen. Diese Modelle können für die Anwendungsfäl1) Alte Nomenklatur

le Kosten- (4-D) und Zeitplanung (5-D) für das Leistungsniveau 2 weiter zu Bauinformationsmodellen angereichert werden. Die Leistungsniveaus 3 und folgende stellen den höchsten Grad an datenzentrischer Kollaboration mit BIM dar.

2.1.2

Software

Die datenzentrische Ablage (CDE) von Informationen für Leistungsniveau 3 kann unterschiedlich ausgestaltet sein. Die Kollaboration wird dabei hinsichtlich der Interoperabilität unterschieden. Wird innerhalb des Projektes für den Informationsaustausch ein Programm oder eine Programmfamilie mit dessen proprietären Datenformaten eines Softwareherstellers verwendet, so spricht man von closedBIM. Von verschiedenen Herstellern gibt es bereits cloudbasierte Dienstleistungen, die innerhalb eines festgelegten Datenraumes den Austausch von Informationen zulassen. Bei einer openBIM-Anwendung werden offene Standards wie das Industry Foundation Classes (IFC)Format (Abschnitt 2.1.4.1) verwendet. Dadurch wird die Verwendung innerhalb des Projektes nicht auf die Software oder Softwarepakete eines Herstellers eingeschränkt und eine breite Anwendung von Softwareprodukten mit fachspezifischem Hintergrund und entsprechenden Schnittstellen (Abschnitt 2.2.1) wird ermöglicht. In Bild 4 werden die Kollaborationsbezeichnungen schematisch dargestellt. Es wird neben der Auswahl der Softwareumgebung auch der Grad der Zusammenarbeit organisationsübergreifend bewertet. Die Zusammenarbeit der Planungsbeteiligten ist sehr projektspezifisch. Die Beauftragungskonstellation kann dabei eine wesentliche Rolle spielen. Generalpla-

Rahmenwerk

Leistungsniveau 0

Leistungsniveau 1

343

Leistungsniveau 2

Bild 3. Prinzipielle Darstellung der Leistungsniveaus nach [3] im Planungsprozess

2.1.3

Bild 4. Schematische Darstellung der Kollaborationsbezeichnungen

ner, die große Teile der Planungsleistung zentralisieren, mit gegebenenfalls vorhandenen Planern als Unterauftragnehmern, haben die Möglichkeit, eine Planungsumgebung einer bestimmten Firma vorzugeben. Dadurch werden Schnittstellen weitestgehend vermieden und ein durchgängiger Informationsfluss ist gegeben. Private Bauherren können ebenso die Verwendung eines einheitlichen Softwarepaketes bei der Beauftragung fordern. Diese Konstellationen würden eine closedBIM-Anwendung darstellen. Öffentliche Auftraggeber können auch in einem eingeschränkten Maß closedBIM-Anwendungen beauftragen. Jedoch ist sorgfältig zu prüfen, ob dadurch nicht eine Verletzung des Wettbewerbes entsteht und die Anforderungen an eine öffentliche Vergabe noch eingehalten sind. Zentral dabei ist, dass eine Einengung des Bewerberfeldes durch die an die Verwendung eines bestimmten Produktes gekoppelte Beauftragung nicht wesentlich ist. Eine openBIM-Anwendung schränkt durch die Verwendung öffentlicher Standards, zu dem große Teile der gängigen Softwarepakete eine Schnittstelle besitzen, die Vergabe in der Regel nicht ein. Zusätzlich besteht der Vorteil, dass durch den offenen Standard eine größere Anzahl von Anwendungsfällen abbildbar ist. Eine openBIM-Lösung sollte daher immer das Ziel sein.

Leistungstiefe

Die Leistungen, die durch einen Fachplaner erbracht werden, hängen von der Beauftragung ab. Mit der Beauftragung wird geregelt, welche Leistung zu welchem Zeitpunkt erbracht werden muss bzw. abgerufen wird. Diese gestufte Leistungsabfrage ist für die Einbettung in einen Gesamtprozess wichtig. In der Regel werden die Leistungsphasen der Honorarordnung für Ingenieure und Architekten herangezogen. Im AHO-Heft 17 Brandschutz [4] werden die Leistungen für die Fachdisziplin Brandschutz beschrieben. In Bild 5 sind die Leistungsphasen als Zeitstrahl über den Lebenszyklus eines Gebäudes mit entsprechenden beispielhaften Anforderungen dargestellt. Die BIM-Methode ermöglicht schon zu einem frühen Projektzeitpunkt eine größere Planungstiefe. Dadurch kann eine bessere Kostensicherheit erzielt werden, da Planungsänderungen zu einem frühen Zeitpunkt weniger Kosten verursachen. Gleichzeitig steigt mit einer erhöhten Planungstiefe der Planungsaufwand. Dieser Effekt wird mit einem Schaubild veranschaulicht werden, welches auch unter dem Namen „MacLeamyCurve“ bekannt ist [5]. Das AHO-Heft 11 zum Thema BIM [6] beschreibt die Modelldetaillierungsgrade (MDG) oder auch Level of Detail (LOD), wie sie in den einzelnen Leistungsphasen erforderlich sind. Unter anderem sind die MDG oder LOD für die Objektplanung beschrieben. Das LOD setzt sich dabei aus dem Level of Information (LOI) und dem Level of Geometry (LOG) zusammen, deren Detaillierung sich innerhalb des Projektes erhöhen. Die Muster-AIA [7] des Vereins zur Förderung von Ingenieurmethoden im Brandschutz (VIB) definiert die LOD für die Leistungsphasen 1 bis 4. Die AIA hat zum Ziel, die Brandschutzplanung umfänglich mit BIM abzubilden, mit allen genehmigungsrelevanten Themen. Es kann durchaus sein, dass im Projekt eine andere Zielstellung vereinbart wird und in der Folge auch die entsprechenden LOD in den Leistungsphasen angepasst werden müssen. Grundsätzlich

344

D1

Building Information Modeling (BIM) im Brandschutz

Bild 5. Leistungsphasen mit beispielhaften Leistungen nach AHO-Heft 17 [4]

Bild 6. Leistungsphasen mit brandschutzbezogenen MDGs für die Objektplanung nach AHO-Heft 11 [6] mit Darstellung der Datenübergabepunkte/Data-Drops (DD) nach VDI 2552 Blatt 1 [1]

Bild 7. Modifizierte MacLeamy-Kurve in Anlehnung an [5]

gilt, dass die Informationen und die Informationstiefe sich nach dem werkvertraglichen Erfolg ableiten lassen [8]. Eine Definition innerhalb des Projekts erscheint dennoch sinnvoll und etwaige Modellierungsrichtlinien können in einen BAP überführt werden. Die Erarbeitung einer projektspezifischen AIA bzw. BAPs sind Teil der Grundlagenermittlung (Lph 1) [6]. Vergleicht man Bild 5 und Bild 6 miteinander, erkennt man, dass objektbezogene Brandschutzparameter jeweils in der Leistungsphase 3 erstmals abgefragt werden. Eine durch BIM mögliche Verschiebung des Planungsaufwandes, wie sie die „MacLeamy-Kurve“ (Bild 7) zeigt, wird augenscheinlich nicht durch die Einteilung in Phasen nach AHO-Heft 11 [6] unterstellt.

Dabei generiert sich der dargestellte Mehrwert nicht allein durch die Anwendung der BIM-Methode. Vielmehr gilt, dass eine frühzeitig vertiefte Planungstiefe Bauprojekten im Allgemeinen Kostensicherheit bringt. Dennoch vereinfacht die BIM-Methode die Weiterverarbeitung von Daten erheblich und setzt die Projektbeteiligten zu einem frühen Projektzeitpunkt in die Lage projekt- und kostenrelevante Entscheidungen zu treffen.

2.1.4

Attribuierung

Die Attribuierung von Bauteilen ermöglicht das Ablegen objektspezifischer Informationen. Neben geo-

Rahmenwerk

metrischen Eigenschaften und Materialitäten können auch brandschutzspezifische Eigenschaften mit Bauteilen verknüpft werden. Diese Information kann beispielsweise für die Planung von Schlitzen und Durchbrüchen hilfreich sein und mögliche Kollisionen aufzeigen oder ganz allgemein bei der Ermittlung von Mengen und Kosten helfen. Diese Anwendungen der BIM-Methode erfordern bei der Modellierung die Einhaltung von Modellierungsgrundsätzen, damit die Daten sinnvoll weiterverarbeitet werden können. Einheitliche Standards für die Attribuierung von Objekten sind daher sinnvoll, die mindestens innerhalb eines Projektes einzuhalten sind. Auf den Brandschutz bezogen hat sich beispielsweise bewährt, in frühen Projektphasen (Lph 1 bis 4) die bauordnungsrechtlichen, materiellen Anforderungen des Bauordnungsrechtes an Bauteile zu verwenden. Dieser Grundsatz wird durch die Muster-AIA [7] aufgegriffen. Kommt das Projekt in die Ausführungsplanung, wird für die Ausschreibungen und die Vergabe die Auswahl von Bauprodukten oder Bauarten mit bestimmten Eigenschaften und Leistungen erforderlich. Der Nachweis der Eigenschaft wird durch normierte und zertifizierte Prüfungen oder durch normierte Konstruktionsregeln erbracht. Die Verknüpfung der bauaufsichtlichen Anforderungen mit Leistungskriterien wird durch die Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) [9] hergestellt. Insbesondere in Anhang 4 [10] der MVV TB wird die Zuordnung von normativen Klassen dargestellt. Bauteile können für die Sicherstellung des Brandschutzes mehrere Schutzziele verfolgen, die durch die Bauordnung definiert werden. Beispielsweise werden an die tragenden und aussteifenden Bauteile Anforderungen an die Standsicherheit gestellt. Raumabschließende Bauteile müssen sicherstellen, dass die Brandausbreitung über einen bestimmten Zeitraum verhindert wird. Es ist daher zwischen den Schutzzielen zu unterscheiden. Eine Decke kann beispielsweise tragend und raumabschließend sein, wohingegen eine Trennwand nicht tragend ist, aber den Raumabschluss sicherstellen muss. Dieser Unterscheidung tragen die Klassen bzw. Nomenklatur nach Eurocode Rechnung. Beispielsweise wird eine feuerhemmende, tragende und raumabschließende Wand durch die in Bild 8 gezeigte Abkürzung gekennzeichnet. Mit einem Bauprodukt oder der Bauart sind daher zwangsläufig Leistungskriterien und entsprechend normative Vorgaben verknüpft. Mit der DIN BIM CLOUD [11] gibt es eine frei zugängliche Datenbank, die als Basis für eine Attribuierungsstruktur verwendet

R E I Résistance Tragfähigkeit

Étanchéité Raumabschluss

345

werden kann; diese stellt eine Verknüpfung zu normativen Vorgaben dar. Insbesondere für spätere Projektphasen (5–8) sollte für die Ausschreibung und Vergabe die Attribuierung von der bauordnungsrechtlichen Nomenklatur auf eine bauproduktspezifische/normative Nomenklatur umgestellt werden.

2.1.4.1 Industry Foundation Classes (IFC) Die Industry Foundation Classes (IFC) sind ein offener Datenstandard mit einer Datenstruktur nach DIN EN ISO 16739 [12], welcher als herstellerneutrales Format die Interoperabiltät mit der Planungsmethode BIM erhöht. Durch die Bereitstellung von neutralen Datenformaten wie IFC wird die Durchführung von openBIM-Projekten ermöglicht. Mit IFC können die für die Planung wesentlichen Informationen abgespeichert und übermittelt werden. Derzeit gibt es verschiedene Versionen von IFC-Standards, die fortlaufend durch buildingSMART weiterentwickelt werden. Der aktuelle IFC-Standard ist IFC4. Weiterhin wird der IFC 2 × 3-Standard von den meisten Programmen verwendet [13]. Im IFC-Standard sind Elementtypen vorgefertigt, denen Attribute zugeordnet werden können. Beispielsweise kann in IFC4 eine Wand mit dem Schlüsselwort ifcWall mit folgenden vordefinierten, den Brandschutz betreffenden Eigenschaften versehen werden, die unter der übergeordneten Sammlung von Standardeigenschaften bzw. Attributen (Property Set PSet) subsumiert sind. Nicht jeder IFC-Parameter ist auch standardmäßig in der Attribuierungsstruktur der Modellierungssoftware enthalten. So ist in Revit® lediglich die Feuerwiderstandsdauer standardmäßig als Attribut für den Brandschutz, beispielsweise einer Wand, vorgesehen [13]. Innerhalb der Datenstruktur eines Gebäudemodelles bekommt jedes Objekt im Gebäudemodell eine eindeutige Bezeichnung. Diese Bezeichnung ist die Globally Unique Identifier (GUID), über die in einer Datenbank jedes Objekt mit seinen Attributen und Eigenschaften abgefragt und geändert werden kann. Im Leistungsniveau 1 (Bild 3) können somit über Datenbanken Attribute auch hinsichtlich des Brandschutzes ausgetauscht und im Modell über die GUID objektbezogen zugeordnet werden.

Tabelle 1. Brandschutzattribute mit IFC4 für eine Wand [14] Schlüsselwort

Beschreibung

Wert

FireRating

Feuerwiderstandsdauer

Text

Combustible

Brennbarkeit des Baustoffes

Ja/Nein

Pset_WallCommon

30 Isolation-Wärmedämmung (unter Brandeinwirkung)

Bild 8. Nomenklatur nach Eurocode und Zuordnung der Schutzziele

SurfaceSpreadOfFlame Brandverhalten des Baustoffes

Text

Compartmentation

Ja/Nein

Brandabschnittsbegrenzende Wand

346

D1

Building Information Modeling (BIM) im Brandschutz

Tabelle 2. Beispielhafte Gliederung von BIM-Anwendungsfällen Beschreibung

Anwendungsfall-Gruppe nach [15]

Lph

BIM-Ziel nach [1]

Ableiten von Brandschutzplänen für die Genehmigung aus dem BIM-Modell

AwF 7

4

Optimierung der Planungsqualität

Erstellung von Entwurfs- und Genehmigungsplänen

Bild 9. Ablaufdiagramm für die Definition einer MVD

2.2

BIM-Anwendungsfälle

Die Anwendung von BIM ist mit dem Erreichen von Projektzielen verknüpft. Die Arbeitsschritte und -prozesse, über welche das Ziel im BIM-Prozess erreicht werden soll, müssen zunächst beschrieben werden, um diese beispielsweise für die AIA und im Detail durch den BAP regeln zu können. Die Sammlung von BIM-Anwendungsfällen (AwF) oder Use Cases (UC) mit der Katalogisierung ist daher ein wichtiger Schritt, eine Vereinheitlichung zu generieren. Die AwF können entsprechend in Obergruppen [15] unterteilt, einer Leistungsphase und einem BIM-Ziel [1] zugeordnet werden. In Tabelle 2 wird ein üblicher AwF, der den Brandschutz betrifft und im Weiteren näher beschrieben wird, aufgeführt. Das BIM-Institut der Bergischen Universität Wuppertal hat eine Sammlung von Anwendungsfällen [16] veröffentlicht. Darüber hinaus wird von buildingSMART International eine Webseite [17] betrieben, über die aktuelle und in Arbeit befindliche AwF aufgerufen werden können. Die AwF sind Ausgangspunkt für die Definition der Informationsaustausch-Anforderungen (IAA) oder Exchange Requirements (ER), die beispielsweise an einem Datenübergabepunkt (DD) erforderlich sind, um den AwF durchzuführen. Man unterscheidet dabei fachliche und technische Prozesse.

2.2.1

Model View Definition (MVD)/Schnittstellen

Eine Model View Definition (MVD) ermöglicht ein Austauschszenario für einen bestimmten Anwendungsfall (AwF) und dient dem gezielten Transport von Informationen [13]. Es werden nur Informationen ausgetauscht die für den Anwendungsfall benötigt werden. Daher ist es innerhalb eines Anwendungsfalles erforderlich, über die Informationsaustauschanforderungen (ER) zu definieren, welche Informationen zu welchem Zeitpunkt geliefert werden müssen, um einen Export/MVD zu generieren. Die Abfolge der Zwischenschritte die bis zur Definition einer MVD durchlaufen werden müssen, werden in Bild 9 gezeigt. Standardmäßig werden mit den Modellierungswerkzeugen Exporter auf Basis einer MVD zur Verfügung gestellt, die den Export von BIM-Modellen in das neutrale Datenformat IFC gestatten. Es ist dabei zu beachten, dass der Export szenario-abhängig definiert

ist. Für Referenzmodelle, die der Koordination dienen, werden bei der IFC4: Reference View nur die notwendigsten geometrischen Informationen übertragen [13, 18]. Die Übertragung von Parametern ist bei den meisten MVD auf den Verwendungszweck stark spezifiziert. Mit mvdXML gibt es einen durch buildingSMART definierten Standard, um maschinenlesbar MVD zu definieren [19]. Derzeit fehlt für diesen Zweck eine MVD Brandschutz. Die Übertragung ist daher über selbst gewählte Exporteinstellungen herzustellen. Es können Zuordnungstabellen verwendet werden und Attributen beim Export bestimmte IFC-Attribute zugeordnet werden. Nach erfolgtem Export ist es ratsam, in einem Viewer zu überprüfen, ob alle Informationen, die übertragen werden sollten, auch übertragen wurden.

3

Beispiel

Das folgende akademische Beispiel wurde dafür entwickelt, unterschiedliche Anwendungsfälle zu testen. Das Gebäudemodell wurde mit dem Softwareprodukt REVIT® von Autodesk modelliert. Dabei sollen die Methoden geprüft und die Durchführbarkeit verschiedener Anwendungsfälle nachgewiesen werden. Das vorliegende Gebäude wird in einer Mischnutzung verwendet. Es sind vereinzelt Labore vorhanden. Überwiegend dient das Gebäude der Büro- und Verwaltungsnutzung. Bild 10 zeigt die dreidimensionale Ansicht des digitalen Gebäudemodells, somit das Gebäude und eine rudimentäre Umgebungsmodellierung.

Bild 10. Dreidimensionale Ansicht des Gebäudemodells

Beispiel

347

Bild 11. Grundriss Erdgeschoss des Gebäudemodells

In Bild 11 ist der Grundriss des Erdgeschosses dargestellt, welcher aus dem Gebäudemodell abgeleitet wurde.

3.1

Grundzüge der brandschutztechnischen Anforderungen

Im Folgenden werden die wesentlichen brandschutztechnischen Anforderungen an das Gebäude bestimmt, die beispielgebend in ein Gebäudemodell übertragen werden. Die aufgeführten Anforderungen sind nicht abschließend und sollen lediglich der Demonstration dienen. Die geometrischen Eckdaten des Gebäudes sind folgende: Länge 50 m Breite 20 m Geschosse Untergeschoss, Erdgeschoss und 2 Obergeschosse Gebäudehöhe nach MBO § 2 kleiner 7 m Nutzungseinheitsgröße größer 400 m2 Aus den geometrischen Grunddaten lässt sich nach Musterbauordnung (MBO) [18] § 2 die Gebäudeklasse (GKL) ermitteln, die für die Bestimmung der materiellen Anforderungen maßgebend ist. Im Beispiel ist das Gebäude in die Gebäudeklasse 3 einzuordnen. Die tragenden und aussteifenden Bauteile, Decken, Wände und Stützen sind nach MBO § 27 bzw. § 31 feuerhemmend (fh) auszubilden. Durch die Ausdehnung des Gebäudes wird eine innere Brandwand nach MBO § 30 erforderlich. Damit entstehen zwei Brandabschnitte. Im Gebäude steht an den Stirnseiten jeweils ein Treppenraum zur Verfügung, zusammen stellen sie den ersten bzw. zweiten baulichen Rettungsweg dar. Die Trep-

penräume sind notwendige Treppenräume (nTr) nach MBO § 35 und sind entsprechend abzutrennen. Aufgrund der Größe der Nutzungseinheiten werden Anforderungen an den Anschluss der Rettungswege zu den notwendigen Treppenräumen gestellt und notwendige Flure (nFl) nach MBO § 36 erforderlich. Im Erdgeschoss wird ein Gefahrstofflager als Raum mit erhöhter Brandgefahr angenommen. Dadurch sind nach MBO § 29 und 31 die angrenzenden Trennwände und Decken feuerbeständig (fb) herzustellen.

3.1.1

Attribuierung

Im vorliegenden Fall wird mit der Attribuierungsstruktur der Muster-AIA [7] gearbeitet. Insbesondere werden folgende Attribute zur Anwendung des Anwendungsfalles aus Tabelle 3 benötigt. Die Attribuierung im Beispiel wird, wie auch die Modellierung, mit Revit® durchgeführt. Standardmäßig sieht Revit® die Attribuierung hinsichtlich des Brandschutzes mit dem Attribut Brandschutzanforderung vor. Diesem Attribut kann ein beliebiger Text zugeordnet werden. Oft ist die brandschutzbezogene Attribuierung nicht auf ein Attribut beschränkt, wie beispielsweise die Attribute an Feuerschutzabschlüsse aus Tabelle 3 zeigen. Die Definition eigener Attribute, die sich an eine bestimmte Struktur anlehnen sollte, wird daher erforderlich.

3.1.2

Anforderungen an die Modellierung

Objektbasierte Eigenschaften werden dem gesamten Objekt zugeschrieben. Bei bestimmten Situationen wie beispielsweise bei dem Gefahrstofflager im Erdgeschoss ist es wahrscheinlich, dass der Modellierer, in der Regel der Architekt, die Flurwand als ein Objekt, das sich durch das Geschoss zieht, modelliert. Gleiches

348

D1

Building Information Modeling (BIM) im Brandschutz

Tabelle 3. Attribuierung nach Muster-AIA [7] für das Beispiel Thema

Attribuierungsebene

Beschreibung

Attribut

System der äußeren und inneren Abschottung

Raum

Brandabschnitt

BS_Brandabschnitt

1, . . .

Raum

Nutzungseinheit

BS_Nutzungseinheit

1, . . .

Raum

Raum mit besonderer Brandgefahr

BS_Raum_besondere_Brandgefahr

Ja/Nein

Bauteil

Feuerwiderstandsfähigkeit von Wänden Stützen und Decken

BS_Feuerwiderstand

fh/hfh/fb/bw

Raumabschluss

BS_Raumabschluss 1)

Ja/Nein

Feuerschutzabschlüsse und sonstige Türen mit Brandschutzeigenschaften

BS_Tür_Brand

fh/fb

BS_Tür_Rauch

D/rd

BS_Tür_Schließ

Ja/Nein

BS_Raum

nTr/nFl

Bauteil

Flucht- und Rettungsweg

Raum

Rettungswegbestandteile, wie z. B. notwendige Treppenräume oder notwendige Flure

Wert

1) Kein Attribut nach Muster-AIA [7]

sachverständigen durchgeführt, agiert dieser als Informationsautor. Insbesondere in einem solchen Fall bietet es sich an, ein eigenes Fachmodell Brandschutz zu erstellen und zu betreiben.

3.2

Anwendungsfall (AwF) Planunterlagen für die Genehmigung erstellen

Eine zentrale Aufgabe von Brandschutzsachverständigen ist die Anfertigung von Unterlagen für den Bauantrag. Das Ableiten von Planunterlagen für die Genehmigung ist damit ein zentraler Anwendungsfall innerhalb der Planungsmethode BIM. Die Beschreibung dieses Anwendungsfalles (AwF) erfolgt anhand einer vordefinierten Struktur mit den folgenden Oberpunkten [19].

3.2.1

Bild 12. Anforderungen an die Modellierung

gilt für die Geschossdecke. Die Brandschutzanforderungen für die Wände und Decke im Bereich des Gefahrstofflagers sind von den Anforderungen anderer Wand- und Deckenteile verschieden. Diese Problemstellung lässt sich nur durch geometrische Änderungen oder aber durch Anforderungen hinsichtlich der Modellierung lösen. Es kann sein, dass sich aus der Brandschutz-Attribuierung geometrische Änderungen ergeben, wie beispielsweise die Trennung von Wandstücken im vorliegenden Beispiel. Wird die Änderung durch den Brandschutz-

BIM-Zieldefinition

Im vorliegenden Anwendungsfall sollen die in einem Bauwerksinformationsmodell hinterlegten Informationen zum Brandschutz für die automatisierte Erstellung von Brandschutzplänen verwendet werden.

3.2.2

Mehrwert

Durch die automatisierte Erstellung können die 2D-Pläne schneller erstellt und Planungsänderungen können bei nachgeführter Attribuierung schneller berücksichtigt werden. Dadurch erhöht sich die Planungsqualität und es verkürzt sich die Prozessdauer.

3.2.3

Kurzbeschreibung der BIM-Anwendung

Ableiten der Planunterlagen für die Genehmigung üblicherweise in der Lph 4.

Fazit

3.2.4

Voraussetzung für die BIM-Anwendung

Voraussetzung für die Abbildung dieses AwF ist die Implementierung aller relevanter Parameter im BIMModell. Die Informationen, die für einen Bauantrag ausgetauscht werden müssen, werden durch die Musterbauvorlagenverordnung (MBauVorlV) [20] geregelt. Darin sind Angaben für den planerischen bzw. schriftlichen Teil des Brandschutznachweises geregelt. Normalerweise werden nicht alle benötigten Informationen in einem Brandschutzplan abgelegt. Unter anderem werden die folgenden materiellen Anforderungen im Plan dargestellt: 1. Feuerwiderstandsdauer der Bauteile, z. B. Brandwände, Decken, Trennwände und Rauchschutztüren, 2. der erste und zweite Rettungsweg mit den dazugehörenden Bestandteilen, z. B. notwendiger Treppenraum, Ausgänge, notwendige Flure. Die gezeigte Aufzählung ist nicht abschließend, kann jedoch für die Anfertigung von Brandschutzplänen für das Beispiel herangezogen werden. Üblicherweise werden in einem Brandschutzplan nur Bauteile mit Anforderungen an den Raumabschluss dargestellt. Die Anforderungen an tragende und aussteifende Bauteile wird dann im schriftlichen Teil des Brandschutznachweises beschrieben. Um einer Verwechslung vorzubeugen, sollte früh in einem Projekt definiert werden, welche Bauteile mit einer Brandschutzanforderung attribuiert werden. Beispielsweise könnte als Konvention vereinbart werden, dass lediglich die Brandschutzanforderungen an raumabschließende Bauteile im Modell hinterlegt werden. Sollen auch tragende und aussteifende Bauteile attribuiert werden, beispielsweise für die Tragwerksplanung, kann ein zusätzliches Attribut (Tabelle 3) oder die Einführung der Nomenklatur nach Eurocode (Bild 8) hilfreich sein, um den AwF vereinfacht darzustellen. Es gibt neben der Informationsmenge zusätzlich die Anforderung, Informationen systematisch abzulegen, um über Filter- und Beschriftungsfunktionen eine sinnvolle Darstellung der Inhalte zu erzielen. Das gelingt über einheitliche Attributdefinitionen (Abschnitt 3.1.1).

3.2.5

Darstellung der BIM-Anwendung

Sind die Attribute im BIM-Modell implementiert und die entsprechende Konvention wurde eingehalten, können über die Einstellungen der Sichtbarkeit entsprechend den Attributen Flächen wie die Schnittebene von Wänden oder Räumen eingefärbt werden. Diese Filter können erstellt und wie auch die globalen Parameter für weitere Projekte verwendet werden. Dadurch verringert sich der Aufwand mit jedem Projekt. Die Beschriftung der Türen kann entsprechend automatisiert werden. Hierfür muss jedoch die Beschriftungsfamilie in Revit® geändert oder neu erstellt werden. Es ist jedoch auch möglich, die Beschriftung über das Kommentarattribut zu realisieren.

349

Bei der Ermittlung der Laufweglänge zum nächsten Ausgang in den Treppenraum oder ins Freie kann bei Revit® ein automatisiertes Werkzeug (Bewegungspfad bestimmen) verwendet werden, das zwischen zwei definierten Punkten die Distanz mit der kürzesten Entfernung bestimmt. Dadurch kann sowohl die Länge bestimmt werden, aber auch der Laufweg wird im Plan dargestellt. Die Prozesse, die für diesen AwF durchlaufen werden müssen, können auch in einem Prozessdiagramm dargestellt werden. Bild 13 zeigt ein solches vereinfachtes Prozessdiagramm. Aufgaben, die mit zwei Zahnrädern markiert sind, stellen technische Prozesse dar. Wird der AwF durchlaufen, ist das Ergebnis ein Brandschutzplan. In Bild 14 ist als Beispiel der Brandschutzplan des Erdgeschosses dargestellt.

4

Fazit

Der Brandschutz als Querschnittsgewerk mit vielfältigen Anforderungen an weitere Fachdisziplinen lässt sich in das digitale Umfeld einer BIM-Planung migrieren und kann dem Projekt einen deutlichen Nutzen erbringen, indem Kommunikation und Datentransfer vereinfacht und zentralisiert wird. Dabei sollten der Aufwand und der Nutzen für den Fachplaner bzw. für das Projekt in einem sinnvollen Verhältnis stehen. Hier gibt es mehrere Möglichkeiten, die Zusammenarbeit und das Leistungsniveau auszugestalten, welche zielgerichtet für jedes Projekt gewählt werden sollten. Es wurde an einem einfachen Beispiel gezeigt, dass innerhalb eines Projektes schnell geometrische Änderungen für eine sinnvolle Attribuierung erforderlich werden. Auf absehbare Sicht wird somit auch der Brandschutzsachverständige als Informationsautor nicht nur Attribute ergänzen, sondern auch beispielsweise Wände teilen und Änderungen an der Geometrie vornehmen. Dabei ist ein hohes Maß an Abstimmung und festen Vorgaben innerhalb des Projektes erforderlich, da Änderungen schnell Auswirkungen auf Mengen und Kosten haben können, aber auch Haftungsfragen aufwerfen. Die Arbeit eines Brandschutzsachverständigen kann durch die BIM-Methode vereinfacht werden, indem Planunterlagen schnell und einfach aus dem digitalen Gebäudemodell abgeleitet werden können. Hervorzuheben ist, dass der Abstimmungsaufwand und eine einheitliche Struktur wesentlich für den Erfolg der Anwendung von BIM sind. Es fehlen derzeit noch erprobte Standards, aber auch Schnittstellen beziehungsweise MVD, um die Brandschutzinformationen zuverlässig innerhalb einer openBIM-Umgebung zu übertragen. An der (Weiter-)Entwicklung wird intensiv innerhalb der Fachgruppe Brandschutz der buildingSMART Deutschland gearbeitet. Nur wenn alle Beteiligten den Nutzen einer Methode erkennen und durch Schulung befähigt werden, Werkzeuge anzuwenden, die der Methode dienen, entsteht allgemeine Akzeptanz für die erfolgreiche Anwendung der BIM-Methode.

350

D1

Building Information Modeling (BIM) im Brandschutz

Bild 13. Prozessdiagramm Anfertigung von Genehmigungsunterlagen

1 WCH

3 Büro 2

4 Büro 3

8 Server

15 Labor 2

14 Lager

28 Kaffeeküche

13 Besprechung

10,23 m 2

47,03 m 2

46,24 m 2

21,32 m 2

45,45 m 2

22,41 m 2

22,41 m 2

66,60 m 2

26 WC D 17,41 m 2

9 Raum

2 TRH 1

25 Flur

101,93 m 2

16 TRH 2

101,06 m 2

14,84 m 2

14,45 m 2

5 Besprechung

6 Büro 4

7 Büro

10 Labor 1

11 Gefahrstoffe

27 Büro

12 Büro

69,44 m 2

61,01 m 2

50,57 m 2

50,96 m 2

29,55 m 2

29,55 m 2

69,05 m 2

Bild 14. Abgeleiteter Brandschutzplan für das Erdgeschoss

Literatur

5

Nomenklatur

4D 5D AIA AwF BAP BCF BIM Bw CDE D DD ER Fb Fh GUID IAA IFC LOD LOG LOI Lph MBO MDG MVV TB nTr nFl S UC

6

Kostenplanung Terminplanung Auftraggeber-Informationsanforderungen Anwendungsfall BIM-Abwicklungsplan Building Collaboration Format Building Information Modelling Brandwand Common Data Environment dichtschließend Data Drop Exchange Requirements feuerbeständig feuerhemmend Globally Unique Identifier Informationsaustauschanforderungen Industry Foundation Classes Level of Detail Level of Geometry Level of Information Leistungsphase Musterbauordnung Modelldetaillierungsgrad Musterverwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen notwendiger Treppenraum notwendiger Flur selbstschließend Use Case

Literatur

[1] VDI-Gesellschaft Bauen und Gebäudetechnik-Fachbereich Bautechnik (2019) VDI 2552 Blatt 1 Building Information Modelling Grundlagen, Verein Deutscher Ingenieure, Düsseldorf. [2] buildingSMART Fachgruppe Brandschutz mit BIM (2019) White Paper, buildingSMART Deutschland, Dresden. [3] VDI-Gesellschaft Bauen und Gebäudetechnik-Fachbereich Bautechnik (2018) VDI 2552-Blatt 2 Building Information Modeling-Begriffe, Verein Deutscher Ingenieure, Düsseldorf. [4] AHO-Fachkommission Brandschutz (2015) Leistungen für Brandschutz, AHO-Heft Nr. 17, Bundesanzeiger Verlag. [5] The Construction Users Roundtable CURT (2004) Collaboration, Integrated Information and the Project Lifecycle in Building Design, Construction and Operating, August 2004.

351

[6] AHO-Arbeitskreis „Building Information Modeling (BIM)“ (2019) Leistungen Building Information Modeling – Die BIM Methode im Planungsprozess der HOAI, AHO-Heft Nr. 11, Reguvis Bundesanzeiger Verlag. [7] Verein zur Förderung von Ingenieurmethoden im Brandschutz VIB (2020) BIM Muster-AIA Einbindung der Brandschutzplanung in den Gesamtplanungsprozess mit Building Information Modeling, Stuttgart. [8] Bodden, J.L.; Elixmann, R.; Eschenbruch, K. (2017) BIM Leistungsbilder, Kapellmann Rechtsanwälte. [9] Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB), Januar 2020. [10] Anhang 4 Bauaufsichtliche Anforderungen, Zuordnung der Klassen, Verwendung von Bauprodukten, Anwendung von Bauarten, in Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen, Januar 2020, S. 175–206. [11] DIN Bauportal GmbH – Dynamische BauDaten (2020) DIN BIM CLOUD [online], https://www.din-bimcloud.de [Zugriff am 30. Juli 2020]. [12] DIN Normenausschuss Bauwesen (NBau) (2017) DIN EN ISO 16739 – Industry Foundation Classes (IFC) für den Datenaustausch in der Bauindustrie und im Anlagenmanagement, Beuth, Berlin. [13] Autodesk, Revit IFC Handbuch (2018) Ausführliche Anleitung für den Umgang mit IFC Dateien, Februar 2018. [14] buildingSMART International Ltd 1996–2020 (2020) Industry Foundation Classes Release 4 (IFC 4)-6.1.4.23 Pset_WallCommon [online], https://standards. buildingsmart.org/IFC/RELEASE/IFC4/FINAL/HTML [Zugriff am 30. Juli 2020]. [15] BIM4Infra2020 (2018) Umsetzung des Stufenplanes „Digitales Planen und Bauen“ AP 1.2 „Szenariendefinition“ AP 1.3 „Empfehlung“, Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. [16] BIM-Institut Bergische Universität Wuppertal (2020) BIM-Anwendungen, Bergische Universität Wuppertal, Wuppertal. [17] buildingSMART International (2020) buildingSMART International-Use case Management [online] https://ucm.buildingsmart.org [Zugriff am 31. Juli 2020]. [18] Musterbauordnung MBO November 2002; letzte Änderung September 2012. [19] Helmus, M.; Meins-Becker, A.; Daiki John, F.; Brian, K.; Gamze, H.; Zhiwei, M. (2020) Anhang 2: Template zum Leitfaden zur Strukturierung und Aufbau von BIM-Anwendungen, Bergische Universität Wuppertal, Wuppertal. [20] Muster einer Verordnung über Bauvorlagen und bauaufsichtliche Anzeigen (Musterbauvorlagenverordnung) MBauVorlV, Februar 2007.

353

D 2 Brandschutz bei hölzernen Bauteilen nach den nationalen Regeln und Brandschutzkonzepte bei hölzernen Bauwerken Michael Dehne, Dirk Kruse, Björn Kampmeier

Dr.-Ing. Michael Dehne Von der Ingenieurkammer Niedersachsen öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Vorbeugenden Brandschutz Dehne, Kruse Brandschutzingenieure GmbH & Co. KG Gustav-Schwannecke-Straße 13, 38518 Gifhorn Studium des Bauingenieurwesens an der TU Braunschweig; zwischen 1999 und 2004 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachgebiet Brandschutz des Instituts für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (iBMB) der TU Braunschweig, dort Promotion mit dem Thema „Probabilistisches Sicherheitskonzept für den vorbeugenden Brandschutz“. Seit 2000 Tätigkeit als Brandschutzgutachter mit den Schwerpunkten Brandschutzkonzepte für Sonderbauten aller Art, Brandsimulation und Personenstromsimulation. Seit 2005 Geschäftsführer des Ingenieurbüros für Brandschutz, Dehne, Kruse Brandschutzingenieure GmbH & Co. KG. Autor von über 60 wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Auszeichnung mit dem „Deutschen Brandschutzpreis 2006“ und dem „Wilhelm-Klauditz-Preis 2006“.

Prof. Dr.-Ing. Dirk Kruse Sachverständiger für Vorbeugenden Brandschutz Dehne, Kruse Brandschutzingenieure GmbH & Co. KG Gustav-Schwannecke-Straße 13, 38518 Gifhorn Ausbildung zum Energieelektroniker bei der PreussenElektra AG und folgendem Studium der Elektrotechnik und des Bauingenieurwesens an der Technischen Universität Braunschweig. Von 1994 bis 2013 Mitarbeiter am Fraunhofer Institut für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut (WKI), zuletzt in der Funktion als Abteilungsleiter. Seit 2006 geschäftsführender Gesellschafter von Dehne, Kruse Brandschutzingenieure GmbH & Co. KG. Seit 2009 lehrt er an der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung in Eberswalde. 2018 Berufung zum Professor für Brandschutz.

Bauphysik-Kalender 2021: Brandschutz. Herausgegeben von Nabil A. Fouad. © 2021 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2021 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

354

D2

Brandschutz bei hölzernen Bauteilen nach den nationalen Regeln und Brandschutzkonzepte bei hölzernen Bauwerken

Prof. Dr.-Ing. Björn Kampmeier Hochschule Magdeburg-Stendal Fachgebiet Brandschutz und Baukonstruktion Breitscheidstraße 2, 39114 Magdeburg Studium des Holzingenieurwesens an der FH Hildesheim (1997–2001); Studium des Bauingenieurwesens an der TU Braunschweig (2001–2003). 2004 bis 2012 wissenschaftlicher Mitarbeiter und Oberingenieur am iBMB der TU Braunschweig, dort Promotion mit dem Thema „Risikogerechte Brandschutzlösungen für den mehrgeschossigen Holzbau“ (2008); Wilhelm-Klauditz-Preis für Holzforschung und Umweltschutz 2006; Sonderpreis der ProWood-Stiftung 2005. Freiberufliche Nebentätigkeit im Ingenieurbüro für Brandschutz. Seit 2012 Professor an der Hochschule Magdeburg-Stendal im Fachbereich Wasser, Umwelt, Bauen und Sicherheit für die Fachgebiete Brandschutz und Baukonstruktion.

D 2 Brandschutz bei hölzernen Bauteilen nach den nationalen Regeln und Brandschutzkonzepte bei hölzernen Bauwerken

355

Inhaltsverzeichnis 1 2

Einleitung

356

Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Bauteile in Holzbauweise für Gebäude der Gebäudeklassen 4 und 5 – M-HolzBauRL, Stand 23.05.19 357 2.1 Allgemeines 357 2.2 Neuerungen der M-HolzBauRL 358 2.3 Anforderungen an Gebäude der Gebäudeklassen 4 und 5 in Massivholzbauweise 359 2.4 Oberflächen von Massivholzbauteilen 360 2.5 Rauchdichtigkeit von raumabschließenden Massivholzbauteilen 360 2.5.1 Rauchdichtigkeit von Massivholzwänden 360 2.5.1.1 Rauchdichtigkeit von Elementfugen 360 2.5.1.2 Rauchdichtigkeit von Bauteilfugen 360 2.5.2 Rauchdichtigkeit von Geschossdecken 361 2.6 Anforderungen an Außenwandbekleidungen aus Holz und Holzwerkstoffen bei Gebäuden der Gebäudeklasse 4 und 5 361 2.6.1 Konstruktive Grundsätze für Holzfassaden in der Gebäudeklasse 4 und 5 363

2.6.1.1 2.6.1.2 2.6.1.3 2.6.2 2.7 2.7.1 2.7.2

Hinterlüftung/Nichtbrennbare Trägerplatte 363 Horizontale Brandsperren 363 Vertikale Brandsperren 363 Wirksame Löscharbeiten für die Feuerwehr 364 Installationen 364 Allgemeines 364 Elektrische Leitungen 364

3

3.1 3.2 3.3 3.4 3.5

Projektbeispiel: Brandschutzkonzept für ein siebengeschossiges Studentenwohnheim in Holz-Hybrid-Bauweise in Bremen 364 Beschreibung des Gebäudes 364 Erschließung für die Feuerwehr 365 Flucht- und Rettungswege 365 Baulicher Brandschutz 366 Anlagentechnischer Brandschutz 367

4

Zusammenfassung

5

Literatur

368

368

356

D2

Brandschutz bei hölzernen Bauteilen nach den nationalen Regeln und Brandschutzkonzepte bei hölzernen Bauwerken

Der gleichnamige Beitrag aus den Bauphysik-Kalender 2016 wurde aktualisiert und ergänzt.

1

Einleitung

Holz war in Mitteleuropa und anderen Teilen der Welt über viele Jahrhunderte der dominierende Baustoff bei der Konstruktion von Gebäuden und Inneneinrichtungen. Im 20. Jahrhundert verlor der Baustoff Holz, einerseits durch neue, technisch herstellbare Baustoffe wie Stahl, Stahlbeton und auch Kunststoffe und andererseits aufgrund der Branderfahrungen im 2. Weltkrieg, stark an Bedeutung. Neue ökologische und ökonomische Zielsetzungen und Nutzungsbedürfnisse haben in den letzten 20 Jahren dazu geführt, dass der Baustoff Holz bzw. der Holzbau wieder mehr an Bedeutung gewinnt, auch im mehrgeschossigen und verdichteten Wohnungsbau. Mit der Novellierung der Musterbauordnung (MBO) [1] im Jahr 2002 und Einführung der Muster-Holzbaurichtlinie im Jahr 2004 eröffnete sich dem Holzbau mit Einführung einer neuen Gebäudeklasse 4 ein Markt für mehrgeschossige Gebäude bis 13 m Höhe. Zuvor war der Holzbau auf Gebäude geringer Höhe bis 7 m beschränkt. Um diese Erweiterung des Anwendungsbereiches zu erzielen, mussten eine Reihe von Bedenken ausgeräumt werden. So wurde befürchtet, dass ein Brandeintrag in die Tragkonstruktion erfolgt und zu einem Durch-

Bild 1. Gebäudeklassen nach Musterbauordnung [1]

brand in angrenzende Nutzungseinheiten führt. Zudem bestand die Sorge, dass anders als bei Massivbauteilen die raumabschließenden Bauteile in Leichtbauweise keine ausreichende Rauch- und Gasdichtigkeit aufweisen. Insbesondere wurde die Frage aufgeworfen, ob in mehrgeschossigen Holzbauten das Schutzziel der Ermöglichung einer wirkungsvollen Brandbekämpfung durch die Feuerwehr erfüllt werden kann, da mögliche Brände im Inneren der Holzbauteile sowie eine unkontrollierte Brandausbreitung über Hohlräume einen Löscherfolg erschweren können. Außerdem könnten die Einsatzkräfte auch noch nach dem Löschangriff durch ein gegebenenfalls eintretendes verzögertes Tragwerksversagen infolge eines versteckten Weiterbrandes in Hohlräumen gefährdet werden. Diesen Bedenken wurde mittels theoretischer Grundlagenuntersuchungen und eines umfangreichen Brandversuchsprogramms [2] am Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (iBMB) der TU Braunschweig gezielt nachgegangen. Letztendlich wurde der Nachweis erbracht, dass das hohe brandschutztechnische Sicherheitsniveau in Deutschland auch bei mehrgeschossigen Gebäuden in Holzbauweise aufrechterhalten werden kann, wenn geeignete konstruktive Maßnahmen ergriffen werden. Diese Ergebnisse bildeten die Grundlage für die Erarbeitung der Muster-Holzbaurichtlinie (M-HFHHolzR) von 2004 [3]. Zentraler Bestandteil ist die brandschutztechnisch wirksame Bekleidung, die eine Entzündung der tragenden Holzstruktur über 60 Minuten Branddauer verhindert. Im Allgemeinen ist dazu

Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Bauteile in Holzbauweise

eine mehrlagige Bekleidung aus nichtbrennbaren Platten, z. B. Gipskarton- oder Gipsfaserplatten, erforderlich. Zudem wird gefordert, dass die Hohlräume des Holztafelbaus mit nichtbrennbaren Dämmstoffen zu füllen sind. Die Muster-Holzbaurichtlinie hat sich seit ihrer Einführung in der Praxis vielfach bewährt. Auf Grundlage der Richtlinie sind bereits zahlreiche Gebäude der Gebäudeklasse 4 errichtet worden. Auffallend ist jedoch, dass es dabei in nahezu allen Fällen zu Abweichungen von der Muster-Holzbaurichtlinie kam. Meistens bestand die Abweichung in einer reduzierten Leistungsfähigkeit der Brandschutzbekleidung. Gründe hierfür waren zum einen wirtschaftliche Überlegungen und zum anderen der Wunsch nach schlankeren Konstruktionen. Vorteile hinsichtlich des Schallschutzes und des Lastabtrags bietet die Massivholzbauweise, die daher zunehmend im mehrgeschossigen Holzbau angewendet wird. Außerdem entspricht sie der Erwartung von Bewohnern eines Holzhauses, dass die ökologische Bauweise auch von außen erkennbar sein soll, insbesondere an den Oberflächen massiver, flächiger Holzbauteile. Das widerspricht jedoch den Anforderungen der Muster-Holzbaurichtlinie Stand 2004 hinsichtlich einer nicht brennbaren Bekleidung. Nach Meinung der Autoren ist der Ausschluss der Massivholzbauweise aus der Gebäudeklasse 4 allerdings nicht sinnvoll, da gerade die hohlraumlosen Holzbauteile ein relativ geringes Risikopotenzial beinhalten. Während bei der Holzständer- oder Holztafelbauweise mögliche Ausführungsfehler wie Fehlstellen in der Brandschutzbekleidung einen Hohlraumbrand zur Folge haben könnten, ist dies bei massiven Holzbauteilen aufgrund der hohlraumlosen Konstruktion praktisch ausgeschlossen. Bemängelt wird an der Muster-Holzbaurichtlinie Stand 2004, dass keinerlei sichtbare Holzkonstruktionen möglich sind, sondern alle Holzbestandteile, auch Aussteifungselemente aus Holzwerkstoffplatten, mit der Brandschutzbekleidung eingekapselt werden müssen. Die aktuellen Bauordnungen einiger Bundesländer lassen dagegen tragende oder aussteifende sowie raumabschließende Bauteile, die hochfeuerhemmend oder feuerbeständig sein müssen, in unbekleideter Holzbauweise zu, wenn die geforderte Feuerwiderstandsdauer nachgewiesen wird und die Bauteile so hergestellt werden, dass Feuer und Rauch nicht über die Grenzen von Brand- oder Rauchabschnitten sowie Geschosstrennungen hinweg übertragen werden können. Die anstehende Novellierung der Muster-Holzbaurichtlinie berücksichtigt diese Entwicklung und definiert die Randbedingungen, mit denen unbekleidete massive Holzbauteile bis zur Gebäudeklasse 5 unter Beibehaltung des erforderlichen brandschutztechnischen Sicherheitsniveaus errichtet werden können.

357

2

Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Bauteile in Holzbauweise für Gebäude der Gebäudeklassen 4 und 5 – M-HolzBauRL, Stand 23.05.19

2.1

Allgemeines

Gemäß den aktuellen Bauordnungen (Redaktionsstand April 2020) der Länder – Baden-Württemberg, – Berlin, – Bremen, – Hamburg, – Hessen, – Nordrhein-Westfalen und – Schleswig-Holstein sind tragende oder aussteifende sowie raumabschließende Bauteile, die hochfeuerhemmend oder feuerbeständig sein müssen, unter bestimmten Voraussetzungen in nicht gekapselter Holzbauweise zulässig. Die einzelnen Landesbauordnungen weisen hierbei Unterschiede auf, die im Rahmen dieses Beitrags nicht vollumfänglich wiedergegeben werden können. So lässt beispielsweise Hamburg nicht gekapselte massive Holzbauteile in Gebäuden bis 22 m Fußbodenoberkante zu, wenn die Grundfläche der Nutzungseinheiten nicht mehr als 200 m2 und die Brandabschnittsflächen nicht mehr als 800 m2 pro Geschoss betragen. Die Feuerwiderstandsfähigkeit der tragenden oder aussteifenden sowie der raumabschließenden Holzbauteile ist selbstverständlich nachzuweisen. Einige Bundesländer wie Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen fordern hingegen bei raumabschließenden nicht gekapselten Holzbauteilen zusätzlich den Nachweis, dass Feuer und Rauch nicht über die Grenzen von Brand- und Rauchabschnitten sowie Geschosstrennungen hinweg übertragen werden können. Die Umsetzung dieser Anforderung wird in dem Forschungsvorhaben „Entwicklung einer Richtlinie für Konstruktionen in Holzbauweise in den GK 4 und 5 gemäß der LBO BW (HolzbauR-LBW)“ [11], welches über das Land Baden-Württemberg sowie den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert wird, untersucht. Ziel ist es, den Nachweis zu erbringen, dass eine ausreichende Rauchdichtheit durch die ohnehin vorhandenen luftdichten Schichten erreicht werden kann. Es ist zu erwarten, dass die Erweiterung der Holzbauweise in die Gebäudeklasse 5 auch in die nächste Novellierung der Musterbauordnung aufgenommen wird. Die Art der Nachweisführung (z. B. Feuerwiderstand, Rauchdichtigkeit) wird hierbei in den Landesbauordnungen nicht näher erläutert. Mit wenigen Ausnahmen (z. B. Hamburg „Bauprüfdienst BPD 2018-3 Bauen in Massivholzbauweise“ BPD Massivholzbau) feh-

358

D2

Brandschutz bei hölzernen Bauteilen nach den nationalen Regeln und Brandschutzkonzepte bei hölzernen Bauwerken

Bild 2. Anschluss tragende und raumabschließende Wand an Decke, Spannrichtung der Deckenbalken senkrecht zur Wand (Vertikalschnitt)

len konstruktive Vorgaben unter anderem für die Ausführung von Anschlussdetails der Massivholzbauteile. Die abstrakt formulierten gesetzlichen Regelungen sollen daher durch die künftige Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Bauteile in Holzbauweise für Gebäude der Gebäudeklassen 4 und 5 (M-HolzBauRL) als technische Regel konkretisiert werden.

2.2

Neuerungen der M-HolzBauRL

Auf Grundlage der bisherigen positiven Erfahrungen und des politischen Willens in Zukunft verstärkt den ökologischen und klimafreundlichen Baustoff Holz auch im mehrgeschossigen Wohnungsbau einsetzen zu wollen, wurden die Regelungen der bisherigen MusterRichtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an hochfeuerhemmende Bauteile in Holzbauweise (M-HFHHolzR Stand 2004) durch die Fachkommission Bautechnik fortgeschrieben und wesentliche Konstruktionsvorschläge entwickelt. Dies geschah unter der Vorgabe nur die Konstruktionen für die Gebäudeklassen 4 und 5 zuzulassen, wo durch Forschungsergebnisse und Praxiserfahrungen deren sichere Anwendung zweifelsfrei belegt werden konnte. Eine darüber hinausgehende Öffnung des mehrgeschossigen Wohnungsbaus für den Holzbau wird in Aussicht gestellt, sofern entsprechende Ergebnisse vorliegen. Diese sollen zum Beispiel aktuell in den FNR-Forschungsvorhaben TIMpuls [4] und nawaRo-Dämmstoffe [12] entwickelt werden. Der Entwurf (Stand Mai 2019) der Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Bauteile in Holzbauweise für Gebäude der Gebäudeklassen 4 und 5 (M-HolzBauRL) [5] beinhaltet im Wesentlichen folgende Neuerungen:

Anschlüsse Die bisherigen Regelungen der M-HFHHolzR für Gebäude der Gebäudeklasse 4 in Holzrahmen- und Holz-

tafelbauweise werden um bestimmte Erleichterungen erweitert. Dies betrifft die Ausbildung der Bauteilanschlüsse im Bereich der Brandschutzbekleidung. Im Einzelnen werden hier wahlweise zwei Ausbildungsvarianten der Anschlüsse zugelassen: – Variante 1 (Fugenversatz) Im Anschlussbereich bei Variante 1 sind die Brandschutzbekleidungen der Bauteile mit Fugenversatz, Stufenfalz oder Nut- und Federverbindungen so auszubilden, dass keine durchgängigen Fugen entstehen (Bild 2). – Variante 2 (stumpfer Stoß) Anstelle des Fugenversatzes bei Variante 1 kann die Brandschutzbekleidung bei Anschlüssen von Wand- oder Deckenbauteilen auch stumpf gestoßen werden, sofern in der Bauteilfuge ein mindestens 20 mm dicker Streifen aus Mineralfaserdämmung (Schmelzpunkt mindestens 1000 °C) komprimiert eingebaut wird (Bilder 3 und 4), der den Rauchdurchtritt im Brandfall verhindert. Durch den stumpf gestoßenen Bauteilanschluss werden die Vorfertigung der Holzelemente und das Zusammenfügen auf der Baustelle erheblich erleichtert [6].

Massivholzbauweise Als Neuerung gegenüber der M-HFHHolzR wurde in den Entwurf der M-HolzBauRL die sogenannte Massivholzbauweise aufgenommen. In der bisherigen M-HFHHolzR lag lediglich eine Ausnahme für brandschutztechnisch wirksam bekleidete Brettstapelelemente vor. Die Massivholzbauweise besteht aus einer durchgehend massiven, monolithischen, hohlraumfreien Konstruktion. Wand- und Deckenelemente werden als großformatige, plattenförmige Vollholzelemente hergestellt. Konstruktiv handelt es sich dabei um Brettstapel-, Brettschicht- oder Brettsperrholzelemente. Einzelne Brettlagen werden dabei miteinander verleimt oder mit Holzdübeln oder Drahtstiften verbunden. Die

Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Bauteile in Holzbauweise

359

klasse 4 und 5 aus brennbaren Baustoffen ermöglicht werden, wenn eine Brandausbreitung durch die Ausbildung von Brandsperren wirksam behindert wird.

2.3

Bild 3. Anschluss tragender, raumabschließender Wände an durchlaufende Wand mit zusätzlichem Stiel, stumpf gestoßener Bauteilanschluss (Horizontalschnitt)

großformatigen Wand- und Deckenelemente werden präzise im Werk vorgefertigt/vormontiert und auf der Baustelle zusammengefügt. Bei der Massivholzbauweise im Sinne der M-HolzBauRL können auch nichtbrennbare Bauteile verwendet werden (sogenannte Hybrid-Bauweisen wie HolzBeton-Verbunddecken). Unter bestimmten Voraussetzungen, die im Weiteren noch erläutert werden, dürfen Massivholzbauteile in Gebäuden der Gebäudeklasse 4 und 5 ohne Brandschutzbekleidung verwendet werden, sofern der erforderliche Feuerwiderstand nachgewiesen wird und die Bauteile monolithisch hohlraumfrei angefertigt werden.

Außenwandbekleidungen Der Entwurf der M-HolzBauRL beinhaltet konstruktive Regelungen für die Ausbildung von hinterlüfteten Außenwandbekleidungen in Holzbauweise, sodass künftig auch Fassaden von Gebäuden der Gebäude-

Anforderungen an Gebäude der Gebäudeklassen 4 und 5 in Massivholzbauweise

Für die Feuerwehr schwer zu entdeckende und schwierig zu bekämpfende Hohlraumbände sind bei der Massivholzbauweise ausgeschlossen. Allerdings erhöht sich die Brandlastdichte durch das Einbringen der größeren immobilen hölzernen Tragkonstruktion. Um trotz vergrößerter Brandlastdichte und einer möglicherweise erhöhten Brandausbreitungsgeschwindigkeit über die sichtbaren Holzoberflächen die bauaufsichtlichen Schutzziele, insbesondere eine wirksame Brandbekämpfung durch die Feuerwehr, zu erfüllen, setzt die Errichtung von Gebäuden der Gebäudeklasse 4 und 5 in Massivholzbauweise die Einhaltung bestimmter Randbedingungen voraus: Standardgebäude mit einer Fußbodenhöhe des obersten Geschosses mit Aufenthaltsräumen von bis zu 22 m sind in Massivholzbauweise zulässig, sofern in den Gebäuden lediglich Nutzungseinheiten enthalten sind, die jeweils eine maximale Größe von 200 m2 aufweisen. Ein Standardgebäude im Sinne der M-HolzBauRL ist ein Gebäude, dass kein Sonderbau nach § 2 Abs. 4 der Musterbauordnung und keine Mittel- oder Großgarage nach § 1 der Muster-Garagenverordnung ist. Die Feuerwiderstandsdauer der hochfeuerhemmenden oder feuerbeständigen Bauteile muss nachgewiesen werden, zum Beispiel durch eine Brandschutzbemessung nach Eurocode 5-1-2. Brandwände und Wände notwendiger Treppenräume in der Gebäudeklasse 5 müssen jedoch grundsätzlich aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. Damit wird dem erforderlichen erhöhten Sicherheitsniveau bei diesen Bauteilen Rechnung getragen – ein Brandüber-

Bild 4. Anschluss Decke an durchlaufende raumabschließende Wand (z. B. Treppenraumwand), (Vertikalschnitt)

360

D2

Brandschutz bei hölzernen Bauteilen nach den nationalen Regeln und Brandschutzkonzepte bei hölzernen Bauwerken

schlag über Brandwände hinweg muss verhindert werden und der notwendige Treppenraum muss ausreichend lange als Flucht- und Rettungsweg sowie als Angriffsweg und auch als Rückzugsweg für die Feuerwehr zur Verfügung stehen.

2.4

Oberflächen von Massivholzbauteilen

An der Muster-Holzbaurichtlinie (M-HFHHolzR Stand 2004) wurde oft kritisiert, dass alle tragenden, aussteifenden und raumabschließenden Holzbauteile mit einer Brandschutzbekleidung gekapselt sein müssen. Von außen betrachtet, ist infolge der nichtbrennbaren Bekleidungen somit gar nicht ersichtlich, dass es sich um einen Holzbau handelt. Gemäß dem Entwurf der M-HolzBauRL [5] sind je Raum entweder die Decke oder maximal 25 % der Wände und Stützen mit brennbaren Oberflächen zulässig. Dies gilt jedoch nicht für die Bauteiloberflächen von Wänden anstelle von Brandwänden und in Rettungswegen (notwendige Flure und notwendige Treppenräume). Diese Bauteile und die restlichen 75 % der Oberflächen der Massivholzbauteile müssen eine Bekleidung aus nichtbrennbaren Baustoffen in ausreichender Dicke haben, mindestens in Form einer 18 mm dicken Gipsplatte. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um die Qualität einer Brandschutzbekleidung in K2 60-Qualität, die z. B. aus 2 ×18 mm Gipsfaserplatten oder Gipskartonfeuerschutzplatten bestehen muss. Es wurde für erforderlich gehalten, den Anteil der sichtbaren Holzoberflächen wie oben beschrieben zu begrenzen, um die Gefahr einer noch schnelleren Brandausbreitung über die Holzoberflächen zu mindern. Nur so kann sichergestellt werden, dass für die Feuerwehren weiterhin ein beherrschbares Brandszenario bei Eintreffen vorliegt. Bei durchgängig brennbaren Oberflächen würde sich die Zeitspanne bis zum Flashover verkürzen und im Brandraum nicht umgesetzte Pyrolysegase könnten sich vor der Fassade in Verbindung mit dem Luftsauerstoff entzünden und dort zu einer unkontrollierbaren vertikalen Brandausbreitung führen [6].

2.5

halten. Daher werden entsprechende Konstruktionsgrundsätze in die M-HolzBauRL aufgenommen.

2.5.1

Rauchdichtigkeit von Massivholzwänden

2.5.1.1 Rauchdichtigkeit von Elementfugen Für eine ausreichende Rauchdichtigkeit der Elementfugen von Wandbauteilen ist mindestens eine Wandseite mit einer Bekleidung aus 18 mm dicken Gipsplatten oder mit einer bekleideten Vorsatzschale zu versehen. Bei werkseitig vorgefertigten Holzelementen kann eine Wand auch unbekleidet bleiben, sofern die Elementfugen ausreichend rauchdicht ausgeführt werden. Dies kann als erfüllt angesehen werden, wenn die Elemente mit einer doppelten Nut-Feder-Verbindung durch eine kraftschlüssige Verschraubung bzw. mit außenseitig aufgebrachtem Koppelbrett zusammengefügt werden. Die Bilder 5 bis 7 verdeutlichen die Anforderungen.

2.5.1.2 Rauchdichtigkeit von Bauteilfugen Bei Wandanschlüssen (Wand/Wand) sind besondere Vorkehrungen hinsichtlich der Rauchdichtigkeit der Bauteilfuge erforderlich. Dies gilt als erfüllt, wenn unbekleidete Wände stumpf gestoßen werden und in die Stoßfuge ein mindestens 20 mm dicker Streifen aus Mineralfaserdämmung nach DIN 4102-17 (Schmelzpunkt mindestens 1000 °C) [8] eingelegt und durch eine kraftschlüssige Verschraubung quer zur Fuge komprimiert wird. Der Anschluss an eine Wand mit durchlau-

Bild 5. Wand mit Bekleidung aus 18 mm Gipsplatte (Horizontalschnitt)

Rauchdichtigkeit von raumabschließenden Massivholzbauteilen

Raumabschließenden Wände und Decken mit Anforderungen an den Feuerwiderstand müssen eine ausreichende Rauchdichtigkeit haben, sodass sich Brandrauch nicht über die Grenzen von Brandabschnitten, Rauchabschnitten, Nutzungseinheiten oder Geschossen ausbreiten kann. Besonderes Augenmerk ist dabei auf die Elementfugen und auf die Bauteilanschlüsse zu legen, die konstruktiv rauchdicht auszubilden sind. Für Massivholzwände und Massivholzdecken sind in der aktuell gültigen DIN 4102-4 (Mai 2016) [7] keine Konstruktionsvorgaben für die rauchdichte Ausführung der Anschlüsse von Massivholzwänden und Massivholzdecken ent-

Bild 6. Wand mit Vorsatzschale (Horizontalschnitt)

Bild 7. Wand mit Koppelbrett (Horizontalschnitt)

Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Bauteile in Holzbauweise

Bild 8. Anschluss Wand/Wand, durchlaufende Bekleidung (Horizontalschnitt)

mineralischer Schüttung (oder einer gleichwertig dichten Schicht), einer mindestens normalentflammbaren Trittschalldämmung, einem nichtbrennbarem Estrich (in Verbindung mit nichtbrennbaren Randdämmstreifen) und Trennlagen zwischen den einzelnen Schichten besteht (Bild 10). Sofern die Elementfuge des Deckenbauteils oberhalb einer raumabschließenden Wand verläuft, muss die Stoßfuge der Deckenbauteile mit einem mindestens 20 mm dicken Streifen aus Mineralwolle (Schmelzpunkt mindestens 1000 °C) [8] ausgefüllt werden, der durch die kraftschlüssige Verbindung der Deckenbauteile miteinander zu komprimieren ist. Die Verschraubung der Deckenbauteile untereinander muss diagonal/kreuzweise und versetzt zur senkrechten Verschraubung der Deckenbauteile mit dem Wandbauteil erfolgen (Bild 11). Beim Anschluss einer unbekleideten Massivholzdecke an eine durchlaufende massive Wand (zum Beispiel Brandwand, Treppenraumwand), muss die Bauteilfuge an der Stirnseite des Massivholzbauteils mit Mineralfaserdämmung (Schmelzpunkt mindestens 1000 °C) [8] ausgestopft werden. Es ist außerdem ein nichtbrennbarer Estrichranddämmstreifen einzubringen, dabei ist die Abdichtungsbahn des Fußbodenaufbaus luftdicht an die aufgehende massive Wand anzubringen (Bild 12).

2.6

Bild 9. Anschluss Wand-Treppenraumwand, mit Steinwolle ausgestopfte Stoßfuge und Brandschutzdichtmasse (Horizontalschnitt)

fender Bekleidung sowie der Anschluss von bekleideten Wänden, deren Bekleidung stumpf gestoßen wird, ist ebenfalls mit einem Mineralfaserdämmstreifen in der Fuge auszuführen, Bild 8 verdeutlicht dies. Bei Anschlüssen von Holzmassivwänden an eine Stahlbeton- oder Mauerwerkswand (beispielsweise Treppenraumwand aus Stahlbeton oder Mauerwerk) ohne kraftschlüssige Verbindung ist zusätzlich beidseitig eine Brandschutzdichtmasse (Mindesteindringtiefe 25 mm) einzubringen (Bild 9).

2.5.2

Rauchdichtigkeit von Geschossdecken

Eine ausreichende Rauchdichtigkeit der Elementfugen bei Massivholzdecken gilt durch die Ausbildung eines mehrschichtigen Fußbodenaufbaus als erfüllt, sodass auf eine unterseitige Bekleidung der Decke verzichtet werden kann, wenn der Fußbodenaufbau aus

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Anforderungen an Außenwandbekleidungen aus Holz und Holzwerkstoffen bei Gebäuden der Gebäudeklasse 4 und 5

Die bauordnungsrechtliche Anforderung an die Baustoffklasse von Fassaden von Gebäuden der Gebäudeklassen 4 und 5 lautet einschließlich der Dämmung und der Unterkonstruktion „schwerentflammbar“. Diese Anforderung kollidiert mit dem häufigen Wunsch der Bauherren und Planer, in einem Holzbau die nachhaltige Bauweise auch von außen erkennbar zu machen. Denn die Anforderung an die Baustoffklasse „schwerentflammbar“ kann bei Verwendung einer Holzfassade grundsätzlich nicht erfüllt werden. Es existiert bis dato keine witterungsbeständige Holzbrandschutzbeschichtung, welche dauerhaft diese Anforderung erfüllt. In Deutschland wurde nichtsdestotrotz bereits eine Vielzahl von Gebäuden der Gebäudeklassen 4 und 5 mit Holzfassaden ausgestattet. Bisher war dies jedoch nur im Rahmen von Abweichungen vom Baurecht und ganzheitlichen Brandschutzkonzepten mit entsprechenden Kompensationsmaßnahmen möglich. Auf Grundlage von zahlreichen Brandversuchen an Fassaden im In- und Ausland wurden Konstruktionsgrundsätze für Holzfassaden entwickelt und in den Entwurf der M-HolzBauRL aufgenommen, um sowohl die Planung von Holzfassaden als auch die Prüfung im bauaufsichtlichen Verfahren künftig zu erleichtern.

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D2

Brandschutz bei hölzernen Bauteilen nach den nationalen Regeln und Brandschutzkonzepte bei hölzernen Bauwerken

Bild 10. Unbekleidete Massivholzdecke mit verschraubter Elementfuge und mehrschichtigem Fußbodenaufbau (Vertikalschnitt)

Bild 11. Bauteilanschluss raumabschließende Wand/Decke (Vertikalschnitt)

Bild 12. Bauteilanschluss unbekleidete Massivholzdecke an Massivwand (Vertikalschnitt)

Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Bauteile in Holzbauweise

2.6.1

Konstruktive Grundsätze für Holzfassaden in der Gebäudeklasse 4 und 5

≥ 250

2.6.1.1 Hinterlüftung/Nichtbrennbare Trägerplatte

A

Bild 13. Ausbildung der Außenwandbekleidung bei Innenecken der Außenwand (Horizontalschnitt)

2.6.1.2 Horizontale Brandsperren Bei hinterlüfteten Außenwandbekleidungen sind jeweils geschoßweise ausreichend auskragende horizontale Brandsperren auszuführen. Die Brandsperren sind durchgehend in Höhe der Geschossdecken anzuordnen. Sie sind zwischen Wand und Bekleidung einzubauen und auf der nichtbrennbaren Trägerplatte zu verankern. Hierdurch wird eine geschossweise hinterlüftete Fassade erreicht, d. h. ein ungünstiger Kamineffekt bei einem Brand im Fassadenzwischenraum wird dadurch unterbunden. Das Maß der horizontalen Auskragung der Brandsperre ist abhängig von der Materialität der Brandsperre und der jeweiligen Konstruktion der Außenwandbekleidung und bewegt sich zwischen 50 mm und 250 mm. Die Bemessungskriterien sind in einer Tabelle im Anhang des Entwurfes der M-HolzBauRL [5] zusammengefasst. Zur Begrenzung der Brandausbreitung in Innenecken von Außenwänden sind besondere Vorkehrungen zu treffen. Das gilt als erfüllt, wenn die horizontalen Brandsperren mindestens 250 mm vor der Außenwandbekleidung hervorkragen oder die Außenwandbekleidung im Bereich der Innenecke jeweils zu beiden Seiten mit einer mindestens 1,0 m breiten nichtbrennbaren Bekleidung gemäß DIN EN 13501-1 [9] ausgeführt wird. Bei kraft- und formschlüssigen Schalungen sowie flächigen Holzwerkstoffplatten darf das Maß der Auskragung der horizontalen Brandsperre in Innenecken von Außenwänden auf 100 mm reduziert werden, sofern Öffnungen einen Abstand von mindestens 1 m zur Innenecke einhalten. Im Bereich von Fensterelementen darf auf horizontale Brandsperren verzichtet werden, wenn durch die Art der Fensteranordnung eine Brandausbreitung im Hinterlüftungsspalt ausgeschlossen ist (z. B. durchgehende

A

≥ 250

Auf eine Außenwand in Holzbauweise ist eine mindestens 15 mm dicke nichtbrennbare Trägerplatte aufzubringen (z. B. Faserzementplatte), sofern die Außenwand nicht bereits über eine durchgehende nichtbrennbare Bekleidung verfügt. Die Tiefe der Unterkonstruktion für einen Hinterlüftungsspalt ist auf maximal 50 mm zu begrenzen (einfache Lattung 30 mm, doppelte Lattung/Kreuzlattung mit max. 2 × 25 mm). Bei Kreuzlattungen ist der Hinterlüftungsspalt jeweils zwischen Fenstern, mindestens jedoch in horizontalen Abständen von nicht mehr als 5 m, durch Aufdopplung der vertikalen Lattung zu schließen.

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≥100

≥1000

Bild 14. Auskragende horizontale Brandsperre in Innenecke; hier: flächige Holzwerkstoffplatte (Horizontalschnitt)

Fensterbänder, geschossübergreifende Fensterelemente).

2.6.1.3 Vertikale Brandsperren Im Bereich von Brandwänden bzw. stoßfesten hochfeuerhemmenden Wänden, die anstelle von Brandwänden zulässig sind, ist die brennbare Außenwandbekleidung auf einer Breite von mindestens 1 m durch nichtbrennbare Baustoffe zu unterbrechen. Der Hinterlüftungsspalt darf über die Brandwand nicht hinweggeführt werden, sondern ist mindestens in Brandwanddicke mit einem im Brandfall formstabilen Dämmstoff (Mineralfaserdämmung nach DIN 4102-17, Schmelzpunkt mindestens 1000 °C) [8] auszufüllen (Bild 15). Bei hinterlüfteten Außenwandbekleidungen sind bei der Ausbildung von Außenecken besondere Vorkehrungen zur Begrenzung einer Brandausbreitung erforderlich. Das gilt als erfüllt mit einer Verblockung

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D2

Brandschutz bei hölzernen Bauteilen nach den nationalen Regeln und Brandschutzkonzepte bei hölzernen Bauwerken

Bild 15. Ausbildung Außenwandbekleidung im Bereich von Brandwänden (Horizontalschnitt)

80

80

Bild 16. Ausbildung Außenwandbekleidung bei Außenecken (Horizontalschnitt)

im Hinterlüftungsspalt der Außenecke mit mindestens 80 mm breiten Holzlatten (Bild 16).

2.6.2

Wirksame Löscharbeiten für die Feuerwehr

Jede Gebäudeseite mit einer Außenwandbekleidung aus Holz oder Holzwerkstoffen muss für wirksame Löscharbeiten von der Feuerwehr erreicht werden können. Falls erforderlich, sind hierfür Zu- oder Durchfahrten entsprechend der Musterrichtlinie über Flächen für die Feuerwehr herzustellen (Technische Regel A 2.2.1.1 der MVVTB) [10].

2.7 2.7.1

Installationen Allgemeines

Installationen (Leitungs- und Lüftungsanlagen) dürfen in hochfeuerhemmenden oder feuerbeständigen Bauteilen in Holzbauweise nicht geführt werden. Sie sind vor Wänden in Vorsatzschalen bzw. unterhalb von Decken oder in Schächten und Kanälen zu führen. Im Bereich von Öffnungen in Wänden und Decken zur Durchführung von Schächten, Kanälen und von Installationen ist die Brandschutzbekleidung in den Öffnungslaibungen mit Fugenversatz, Stufenfalz oder Nut- und Federverbindungen auszuführen.

2.7.2

Elektrische Leitungen

Einzelne Leitungen oder einzelne Hüllrohre aus nichtbrennbaren Baustoffen mit bis zu drei Leitungen, die zur Versorgung des angrenzenden Raumes innerhalb derselben Nutzungseinheit dienen, dürfen innerhalb von Wänden und Decken geführt werden. Werden Leitungen in gekapselten Holzbauteilen durch die Brandschutzbekleidung geführt, müssen die verbleibenden Hohlräume in der Brandschutzbekleidung mit nichtbrennbaren Baustoffen (z. B. Gipsspachtel) ausgefüllt werden. Bei hochfeuerhemmenden Bauteilen in Holzrahmenoder Holztafelbauweise dürfen einzelne Hohlwanddosen zum Einbau von Steckdosen, Schaltern und Verteilern eingebaut werden, wenn der Abstand zum nächsten Holzständer bzw. zur nächsten Holzrippe mindestens 150 mm beträgt. Gegenüberliegende Hohlwanddosen müssen gefachversetzt eingebaut werden. Sie müssen innerhalb des Wandhohlraumes vollständig mit Mineralfaserdämmung (Schmelzpunkt mindestens 1000 °C) umhüllt werden, wobei der hohlraumfüllende Dämmstoff im Bereich der Hohlwanddosen auf eine Mindestdicke von 30 mm gestaucht werden darf.

3

Projektbeispiel: Brandschutzkonzept für ein siebengeschossiges Studentenwohnheim in HolzHybrid-Bauweise in Bremen

3.1

Beschreibung des Gebäudes

Im Bremer Stadtteil Osterholz auf dem ca. 10 Hektar großen Plangebiet „Stiftungsdort Ellener Hof“ wurde ein Studentenwohnheim in Holz-Hybrid-Bauweise errichtet. Es handelt sich um ein siebengeschossiges, nicht unterkellertes Gebäude mit einem fünfeckigen Grundriss und den Maßen 20,71 m (Länge) × 19,30 m (Breite) × 21,45 m (Höhe). Die Fußbodenhöhe des obersten Geschosses mit Aufenthaltsräumen (6. OG) beträgt +18,10 m über dem Geländeniveau. Das Erdgeschoss wurde vollständig in Stahlbetonbauweise errichtet. Dort befinden sich ein überdachter

Projektbeispiel: Brandschutzkonzept für ein siebengeschossiges Studentenwohnheim in Holz-Hybrid-Bauweise in Bremen

365

einen Sonderbau nach § 2 Abs. (4) Nr. 11 BremLBO (Wohnheim).

3.2

Bild 17. Studentenwohnheim während der Bauphase (Bremer Kontor GmbH)

Eingangsbereich mit Fahrradstellplätzen, ein Gemeinschaftsraum, die Haustechnikräume, eine Werkstatt, das Hausmeisterbüro, der Waschsalon und ein Lagerraum. Die in der südlichen und nördlichen Gebäudeecke angeordneten notwendigen Treppenräume und die Verbindungsflure zwischen den Treppenräumen sind ebenfalls in Stahlbetonbauweise errichtet. In den sechs Obergeschossen befinden sich am Mittelflur jeweils 11 Apartments in reiner Holzbauweise, sodass das Gebäude insgesamt 66 Wohneinheiten beinhaltet. Die Apartments besitzen holzsichtige Brettsperrholzdecken, Stützen und Träger sowie nichttragende und nichtaussteifende Holztafelaußenwände mit geschossweise hinterlüfteten holzverschalten Fassaden. Baurechtlich handelt es sich bei dem Studentenwohnheim um ein Gebäude der Gebäudeklasse 5 und um

a)

b)

Erschließung für die Feuerwehr

Das Grundstück ist über die Ludwig-Roselius-Allee mit Feuerwehrfahrzeugen anfahrbar. Von der LudwigRoselius-Allee zweigt im Nordwesten eine Planstraße ab, die an der Westseite und an der Südseite des Grundstücks der benachbarten Gebäude entlangführt. Von der Planstraße ausgehend, wurden befahrbare Flächen so ausgebildet, dass drei Seiten des Studentenwohnheims mit einer Drehleiter erreicht werden können. Die für Feuerwehrfahrzeuge befahrbaren Flächen können Bild 19 entnommen werden (grau markiert). Es werden im gesamten Gebäude beide Rettungswege über die zwei notwendigen Treppenräume baulich sichergestellt, sodass Aufstellflächen für Leitern der Feuerwehr zum Zwecke der Sicherstellung des 2. Rettungsweges nicht erforderlich sind. Aufgrund der Herstellung von Holzfassaden an drei Gebäudeseiten (Nordwesten, Südwesten und Südosten) ist gemäß der M-HolzBauRL [5] deren Erreichbarkeit mit einer Drehleiter zur Sicherstellung einer wirksamen Brandbekämpfung bei einem Fassadenbrand zu gewährleisten. Die entsprechenden Aufstellflächen sind vorhanden. Die Nordostseite des Gebäudes ist nicht mit einer Drehleiter erreichbar. Dort wurde daher keine Holzfassade, sondern eine Zementfaserplattenfassade hergestellt.

3.3

Flucht- und Rettungswege

Die Obergeschosse besitzen zwei bauliche Rettungswege in Form von notwendigen Treppenräumen, die an den Enden eines notwendigen Flures platziert sind. Sowohl die notwendigen Flure als auch die notwendigen Treppenräume sind der Konzeption der

c)

Bild 18. Studentenwohnheim; a) Grundriss Erdgeschoss, b) Grundriss Regelgeschoss und c) Vertikalschnitt (Atelier PK Architekten, Berlin)

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D2

Brandschutz bei hölzernen Bauteilen nach den nationalen Regeln und Brandschutzkonzepte bei hölzernen Bauwerken

Bild 19. Erschließungsmöglichkeiten für die Feuerwehr

M-HolzBauRL [5] folgend vollständig aus nichtbrennbaren Baustoffen errichtet (Stahlbeton). Beide Rettungswege dürfen gemäß § 33 Abs. (1) BremLBO über denselben notwendigen Flur sichergestellt werden. Da die zulässige 30 m-Rauchabschnittslänge eingehalten wird, keine Stichflure vorliegen und der Flur brandlastfrei gehalten wird, bestehen keine brandschutztechnischen Bedenken. Positiv wirkt sich zudem aus, dass die Treppenräume im freien Luftverbund liegen und daher eine Verrauchung praktisch ausgeschlossen ist. Die Rettungsweglänge beträgt in den Obergeschossen maximal 18 m, sodass das zulässige Maß von 35 m bei Weitem nicht ausgenutzt wird.

3.4

Baulicher Brandschutz

An die tragenden Wände, Pfeiler und Stützen des Gebäudes besteht gemäß § 27 Abs. (1) BremLBO die Anforderung „feuerbeständig“ (F90-AB bzw. R90). Diese Anforderung impliziert gemäß § 26 Abs. (2) BremLBO die Herstellung in den wesentlichen Bestandteilen aus nichtbrennbaren Baustoffen. Die tragenden Innenwände der notwendigen Flure, die Treppenraumwände und die Fahrschachtwände wurden in Stahlbetonbauweise feuerbeständig (F90-AB bzw. R90) hergestellt. Die sonstigen tragenden Bauteile wurden in Massivholzbauweise (Stützen und Balken in Brettschichtholzbauweise, Geschossdecken in Brettsperrholzbauweise) in F90-B-Qualität hergestellt. Gemäß § 26 Abs. (3) BremLBO ist dies zulässig, da die Fußbodenhöhe des Gebäudes < 22 m beträgt, die Nutzungseinheiten in allen Ebenen eine Grundfläche von < 200 m2 aufweisen und die Brandabschnittsfläche < 800 m2 ist.

Bild 20. Sichtbare Brettsperrholzdecke sowie Brettschichtholzstützen und -binder in den Apartments (Bremer Kontor GmbH)

Die Stützen und Balken in Brettschichtholzbauweise sowie die Decke in Brettsperrholzbauweise wurden auf Grundlage einer statischen Heißbemessung in der Feuerwiderstandsklasse F90-B (R90) hergestellt. Hohlraumbrände können absolut ausgeschlossen werden, da die tragenden Bauteile in Massivholzbauweise hohlraumlos hergestellt wurden. Gemäß M-HolzBauRL [5] darf entweder die Decke oder 25 % der Wandflächen eines Raumes holzsichtig sein. Im vorliegenden Fall wurden zusätzlich zur Brettsperrholzdecke auch die Stützen und Balken ohne Gipsplattenverkleidung ausgeführt. Hiergegen bestehen jedoch aufgrund der Installation einer automatischen Brandmeldeanlage mit Aufschaltung zur Feuerwehr und wegen der geringen Grundfläche der Nutzungseinheiten von jeweils nur ca. 20 m2 ≪ 200 m2 keine brandschutztechnischen Bedenken.

Projektbeispiel: Brandschutzkonzept für ein siebengeschossiges Studentenwohnheim in Holz-Hybrid-Bauweise in Bremen

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Bild 21. Ausführung der horizontalen Brandsperren (Atelier PK Architekten, Berlin)

Die in Holztafelbauweise geplanten Außenwände sind im vorliegenden Fall nicht tragend und nicht aussteifend. Gemäß § 28 Abs. (3) BremLBO besteht an die Baustoffklasse der Außenwandoberflächen (Fassaden) die Anforderung schwerentflammbar. Bei hinterlüfteten Fassaden sind nach § 28 Abs. (4) BremLBO außerdem besondere Vorkehrungen gegen eine Brandausbreitung in der Hinterlüftungsebene zu treffen. Die nicht mit einer Drehleiter der Feuerwehr anfahrbare Fassade an der Nord-Ostseite wurde im 1. OG bis 6. OG schwerentflammbar aus Faserzementplatten und im EG nichtbrennbar mit U-Bauglas als Reglitfassade hergestellt. Die mit einer Drehleiter der Feuerwehr anfahrbaren Außenwandoberflächen (Nord-Westseite, Süd-Ostseite, Süd-Westseite) wurden als Erleichterung zu § 28 Abs. (3) BremLBO vom 1. OG bis einschließlich 6. OG als Holzfassade ausgeführt. Diese Erleichterung wurde wie folgt kompensiert: – Es wurden durchgehende horizontale Brandsperren in jeder Geschossebene aus nichtbrennbaren Baustoffen hergestellt (Bild 21). Die Länge der Auskragung, gemessen ab der Oberfläche der Holzfassade, beträgt 15 cm. Die Ausführung erfolgte aus gekantetem Stahlblech. Es erfolgt somit eine geschossweise Belüftung des Fassadenzwischenraums, sodass eine Brandausbreitung innerhalb der Fassade und auch an der Außenwandoberfläche wirksam behindert wird. Unter diesen Umständen bestanden gegen eine Holzunterkonstruktion der Fassade keine brandschutztechnischen Bedenken. – Es wurden in und auf den Außenwänden ausschließlich nichtbrennbare Mineralfaserdämmstoffe mit einem Schmelzpunkt von mindestens 1000 °C verwendet. – Die Außenwände weisen zum Hinterlüftungsspalt hin eine 18 mm dicke, nichtbrennbare Brandschutzbekleidung aus Gipsfaserplatten auf. Damit wird

sowohl ein Einbrand in den Hinterlüftungsspalt bei einem raumseitigen Brandereignis als auch eine Brandausbreitung in die Gefache der Außenwand bei einem Brand im Hinterlüftungsspalt wirksam behindert. – Als Kompensationsmaßnahme für die Erleichterung dient eine automatische Brandmeldeanlage nach DIN VDE 0833-2, DIN 14675 und DIN EN 54. – Die drei Gebäudeseiten mit der Holzfassade sind richtlinienkonform [10] mit einer Drehleiter der Feuerwehr erreichbar, sodass bei einem Fassadenbrand eine wirkungsvolle Brandbekämpfung erfolgen kann. Eine Löschwasserentnahmestelle befindet sich im Abstand < 100 m zum Gebäude. Die Außenwände im Bereich der Treppenräume wurden nichtbrennbar ausgebildet (Stahlbeton). Die Trennwände zwischen den einzelnen Apartments wurden in Trockenbauweise in der Feuerwiderstandsklasse F90 (EI 90) errichtet. Die Trennwände zwischen den Apartments und den notwendigen Fluren bestehen aus Stahlbeton (mind. F30 bzw. EI 30) mit nichtbrennbaren Bauteiloberflächen. Wie bereits erwähnt, wurden auch die Aufzugsschachtwände sowie die Treppenraumwände aus Stahlbeton errichtet. Die Treppenraumwände erfüllen die Anforderung F90 (EI 90) bei zusätzlicher mechanischer Beanspruchung. Die Abschottung der geschossübergreifenden haustechnischen Installationen erfolgte mit dem Installationsschachtsystem IBS 90 von Würth, bestehend aus einer Deckenplatte und einer Trockenschüttung in Kombination mit einer mindestens 18 mm dicken Gipskartonplatte als Installationsschachtverkleidung.

3.5

Anlagentechnischer Brandschutz

Da die M-HolzBauRL [5] bisher nur als Entwurf vorliegt, sodass die Herstellung einer Holzfassade eine Erleichterung von der Bremischen Landesbauordnung darstellt und es sich bei dem Gebäude um einen Sonderbau (Wohnheim für Studenten) handelt, wurde eine

368

D2

Brandschutz bei hölzernen Bauteilen nach den nationalen Regeln und Brandschutzkonzepte bei hölzernen Bauwerken

automatische Brandmeldeanlage mit Aufschaltung zur Einsatzleitstelle der Feuerwehr installiert. Es liegen flächendeckend Rauchmelder als Raumschutz und Handfeuermelder vor. Die Brandmeldeanlage dient hier vorrangig zwei Zwecken: – Zum einen werden die anwesenden Personen im Brandfall frühzeitig akustisch gewarnt, sodass die Selbstrettung vonstatten geht, bevor sich ein größeres Brandszenario entwickeln kann. – Zum anderen findet die ebenso frühzeitig alarmierte Feuerwehr bei ihrem Eintreffen noch ein beherrschbares Brandszenario vor. Unterstützt wird dies durch die sehr kleinzellige Bauweise mit lediglich ca. 20 m2 großen Apartments, die in F90-Qualität (EI 90) voneinander abgetrennt sind. Für die Kennzeichnung der Fluchtwege wurden Rettungszeichenleuchten nach DIN EN ISO 7010:2012-10 und ASR A1.3 installiert. Die Rettungszeichenleuchten besitzen eine Sicherheitsstromversorgung über Einzelbatterien. Für die Brandbekämpfung in der Entstehungsphase wurden Handfeuerlöscher in den notwendigen Fluren angeordnet. Die notwendigen Treppenräume liegen im offenen Luftverbund, sodass auf zusätzliche Maßnahmen für die Rauchableitung aus den Treppenräumen verzichtet werden konnte. Die Ausarbeitung einer Brandschutzordnung, Fluchtund Rettungsplänen und Feuerwehrplänen rundet das Brandschutzkonzept ab.

4

Zusammenfassung

Bereits 7 von 16 deutschen Bundesländern haben in ihren Landesbauordnungen den Einsatz von tragenden, aussteifenden oder raumabschließenden Holzbauteilen bis einschließlich zur Gebäudeklasse 5 verankert. Damit wird der bisher auf die Gebäudeklasse 4 beschränkte Einsatzbereich des Holzbaus erheblich erweitert. Die Bauindustrie hat den verstärkten Einsatz der Holzbauweise registriert, was sich unter anderem an der Entwicklung von Brandschutzklappen speziell für den Massivholzbau zeigt. Es fehlen jedoch noch Konstruktionsgrundsätze für Anschlüsse Wand/Wand und Wand/Decke. Die verfügbaren Prüfzeugnisse beinhalten in der Regel nur den Anschluss an Massivbauteile, was jedoch nur Stahlbeton und Mauerwerk beinhaltet und nicht, wie irrtümlicherweise oft angenommen, die Massivholzbauweise. So gibt es zum Beispiel keinen bauaufsichtlichen Verwendbarkeitsnachweis für den Anschluss einer F90 (EI 90)-Trockenbauwand an eine unbekleidete Massivholzwand- oder Decke. Es ist auch völlig unklar, wie der in einigen Landesbauordnungen geforderte Nachweis einer ausreichenden Dichtigkeit gegenüber einer Übertragung von Rauch in andere Nutzungseinheiten,

Brand- oder Rauchabschnitte oder Geschosse zu führen ist. Dies kann im Extremfall dazu führen, dass ein Bauvorhaben in Holzbauweise genehmigt wird, jedoch keine Inbetriebnahme erfolgen kann, weil die erforderlichen Verwendbarkeitsnachweise z. B. für Anschlussdetails nicht vorgelegt werden können. Die M-HolzBauRL [5] soll mit ihren konstruktiven Mindestanforderungen das nötige Rüstzeug liefern, um Ausführungsdetails korrekt planen und herstellen zu können. Die Forschungsinstitute und die Bauindustrie sind jedoch weiterhin gefordert, vermehrt Brandprüfungen mit Holzbauteilen durchführen zu lassen, auf deren Basis Prüfzeugnisse ausgestellt werden können, die auch die Ausführung der Anschlussfugen zu Massivholzbauteilen abdecken müssen.

5

Literatur

[1] Musterbauordnung (MBO) Fassung Nov. 2002, zuletzt geändert am 22.02.2019. [2] Hosser, D.; Dehne, M.; Zehfuß, J. (2000) Theoretische und experimentelle Grundlagenuntersuchungen zum Brandschutz bei mehrgeschossigen Gebäuden in Holzbauweise. Forschungsauftrag der Deutschen Gesellschaft für Holzforschung unter Beteiligung des iBMB/MPA der TU Braunschweig sowie der VHT Heusenstamm; Stufe 2: Experimentelle Grundlagenuntersuchungen; Abschlussbericht Juli 2000. [3] Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an hochfeuerhemmende Bauteile in Holzbauweise – M-HFHHolzR, Fassung 2004. [4] TIMpuls – Brandschutztechnische Grundlagenuntersuchung zur Fortschreibung bauaufsichtlicher Regelungen in Hinblick auf eine erweiterte Anwendung des Holzbaus. Verbund-Forschungsvorhaben TU München, TU Braunschweig, Hochschule Magdeburg-Stendal, Institut für Brand- und Katastrophenschutz Heyrothsberge im Auftrag der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe e. V., 08/2017–07/2020. [5] Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Bauteile in Holzbauweise für Gebäude der Gebäudeklassen 4 und 5 – M-HolzBauRL (Entwurf, Stand: 23.05.19). [6] Hohmann, H. (2019) Fortschreibung M-HFHHolzR – Regelungen für Gebäude der GK 4 und 5 in Massivholzbauweise. Braunschweiger Brandschutz-Tage 2019. [7] DIN 4102-4:2016-05 (2016) Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen; Zusammenstellung und Anwendung klassifizierter Baustoffe, Bauteile und Sonderbauteile, Beuth, Berlin. [8] DIN 4102-17:1990-12 (1990) Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen, Schmelzpunkt von MineralfaserDämmstoffen, Begriffe, Anforderungen, Prüfung, Beuth, Berlin.

Literatur [9] DIN EN 13501-1:2019-05 (2019) Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten – Teil 1: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Prüfungen zum Brandverhalten von Bauprodukten, Deutsche Fassung EN 13501-1: 2018, Beuth, Berlin. [10] Muster-Richtlinie über Flächen für die Feuerwehr, Fassung Februar 2007, zuletzt geändert im Oktober 2009. [11] Entwicklung einer Richtlinie für Konstruktionen in Holzbauweise in den GK 4 und 5 gemäß der LBO BW (HolzbauRLBW) (3/2018–10/2020) Verbund-Forschungsvorhaben Hochschule Rottenburg, Hochschule

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Magedeburg-Stendal, TU München im Auftrag des Landes Baden-Württemberg und des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). [12] NawaRo-Dämmstoffe – Mehr als nur Dämmung – Zusatznutzen von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen (12/2016–05/2020) FNR-Verbundforschungsvorhaben. Verbundpartner u. a.: Hochschule MagdeburgStendal, TU Braunschweig, Fraunhofer WKI, TU Dresden im Auftrag der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe e. V.

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D 3 Brandschutz bei Außenwandbekleidungen Thomas Merkewitsch, Nabil A. Fouad

Dr.-Ing. Thomas Merkewitsch Leibniz Universität Hannover Institut für Bauphysik Appelstraße 9A, 30167 Hannover Studium des Bauingenieurwesens an der Leibniz Universität Hannover. 2010 bis 2012 Mitarbeiter der HOCHTIEF Solution AG, Consult IKS Energy in Frankfurt für das Fachgebiet Tragwerksplanung und Brandschutz, danach bis 2017 Mitarbeiter der CRP Bauingenieure GmbH Niederlassung Hannover und Hamburg mit dem Schwerpunkt Gutachten, Brandschutzkonzepte und Fachbauleitung im Bereich Brandschutz. Seit 2018 Geschäftsführender Gesellschafter der 3B Bauconsult GmbH & Co. KG mit Sitz in Hannover und Hamburg. Seit 2013 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Leibniz Universität Hannover am Institut für Bauphysik; verantwortlich für das Fachgebiet vorbeugender Brandschutz.

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Nabil A. Fouad Leibniz Universität Hannover Institut für Bauphysik Appelstraße 9A, 30167 Hannover Studium des Bauingenieurwesens an der Ain Shams Universität in Kairo mit dem M.Sc. Abschluss 1989. Von 1991 bis 1999 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Allgemeiner Ingenieurbau/Ingenieurhochbau an der TU Berlin, 1997 Promotion. 1992 bis 2001 Mitarbeit bei der Ingenieurgemeinschaft CRP GmbH und anschließend bis 2018 Leiter der Niederlassung Hannover der CRP Bauingenieure GmbH. Seit 2018 Geschäftsführender Gesellschafter der 3B Bauconsult GmbH & Co. KG mit Sitz in Hannover und Hamburg. Von 2001 bis 2007 Professor für Bauplanung und Bauwerkserhaltung und seit 2007 Professor für Bauphysik und Bauwerkssanierung an der Fakultät für Bauingenieurwesen und Geodäsie der Leibniz Universität Hannover. Von der IHK Hannover öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Bauphysik und vorbeugenden Brandschutz. Mitglied in Norm- und Sachverständigenausschüssen des DIN e. V. und des Deutschen Instituts für Bautechnik.

Bauphysik-Kalender 2021: Brandschutz. Herausgegeben von Nabil A. Fouad. © 2021 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2021 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

372

D3

Brandschutz bei Außenwandbekleidungen

Inhaltsverzeichnis 1

Einleitung

2 2.1

Baurechtliche Anforderungen 373 Anforderungen nach MBO und Mustersonderbauvorschriften 373 Schutzziele 373 Nichttragende Außenwände 376 Oberflächen von Außenwänden und Außenwandbekleidungen 376 Anforderungen aus Sonderbauvorschriften 377 Brandschutztechnische Nachweisverfahren und Klassifizierungen 378 Nachweis der Ver- und Anwendbarkeit in Deutschland 380 Bauprodukte 380 Bauarten 381 Brandversuche für Außenwandbekleidungen 382 Großbrandversuch für den Raumbrand nach DIN 4102-20 382 Großbrandversuch für den Sockelbrand nach MVV TB 382 Ausblick europäische Brandversuche 383

2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.2 2.3 2.3.1 2.3.2 2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.3 3 3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.2 3.2.1 3.2.2

373

Thermische Beanspruchungen von Außenwandbekleidungen 385 Brandszenarien 385 Brand in einem Gebäude 385 Brand von außen, angrenzend zur Fassade 385 Brand in einem Nachbargebäude 386 Verhalten im Brandfall 387 Wärmedämm-Verbundsysteme 387 Hinterlüftete Außenwandbekleidungen 389

4 4.1

Brandschutzausführungen 389 Maßnahmen zur Verbesserung des Brandschutzes während der Bauphase 389 4.2 Maßnahmen zur Verbesserung des Brandschutzes während der Nutzungsphase 390 4.3 Ausführungsgrundsätze bei WDVS mit EPS 390 4.3.1 Ausführung nach den Zulassungsgrundsätzen – Allgemeines 390 4.3.2 Ausführung nach den Zulassungsgrundsätzen – ab 3. OG/3. Brandriegel 395 4.3.3 Ausführungen mit ETA 399 4.4 Ausführungsgrundsätze bei WDVS außer EPS 400 4.4.1 Mineralwolle – MiWo 400 4.4.2 Polyurethane – PUR 400 4.4.3 Phenolhartschaum – PF 400 4.5 Ausführungsgrundsätze bei hinterlüfteten Außenwandbekleidungen 400 4.5.1 Vorgehängte hinterlüftete Außenwandbekleidungen – VHF 400 4.5.1.1 Vorgehängte hinterlüftete Außenwandbekleidungen mit Holz 404 4.5.2 Doppelfassaden 405 4.6 Ausführungsgrundsätze bei Vorhangfassaden 407 4.7 Ausführung von Außenwandbekleidungen bei Sonderbauteilen 408 4.7.1 Ausbildung im Bereich von Brandwänden 408 4.7.2 Ausbildung bei Sonderkonstruktionen 409 4.7.2.1 Sockelbereich 409 4.7.2.2 Gebäuderücksprünge 411 4.7.3 Ausbildung in Rettungswegen 411 5

Zusammenfassung

6

Literatur

412

411

Baurechtliche Anforderungen

1

Einleitung

Der Brandschutz bei Außenwandbekleidungen ist mit dem Anstieg der energetischen Anforderungen an Gebäuden zunehmend bedeutsamer geworden. Dabei spielen unter anderem die stetig größer gewordenen Aufbaudicken der Außenwandbekleidungen und die zunehmend komplexeren Außenwandbekleidungssysteme eine wesentliche Rolle. Im Weiteren sind aber auch die Materialvielfalt der einzelnen Komponenten von Außenwandbekleidungen sowie die Nachweisführung der Ver- und Anwendbarkeit europäisch harmonisierter Bauprodukte sowie nationaler Bauprodukte und Bauarten im Zusammenhang mit dem Baurecht anspruchsvoller geworden. Außenwandbekleidungen kommen in unterschiedlichsten Ausführungsformen bei Neubauten und energetischen Sanierungen von Bestandsgebäuden vor. Die in Deutschland in der Regel zur Anwendung kommenden Systeme sind: 1. Wärmedämm-Verbundsysteme (WDVS) 2. Außenwandkonstruktionen mit geschossübergreifenden Hohl- und Lufträumen – Vorgehängte hinterlüftete Außenwandbekleidung (VHF) – Doppelfassaden 3. Vorhangfassade Dieser Beitrag soll den am Bau beteiligten als Planungs- und Ausführungshilfe für den Brandschutz bei Außenwandbekleidungen dienen und im Weiteren ein besseres Verständnis und einen Überblick zur komplexen Thematik vermitteln.

2

Baurechtliche Anforderungen

2.1

Anforderungen nach MBO und Mustersonderbauvorschriften

In Deutschland werden die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an Oberflächen von Außenwänden und Außenwandbekleidungen in den jeweiligen Landesbauordnungen bzw. den eingeführten Sonderbauvorschriften geregelt. Grundlage für die in der Gesetzgebungskompetenz der Länder liegenden Landesbauordnungen und Sonderbauverordnungen/-richtlinien stellen die durch die Bauministerkonferenz (ARGEBAU) erarbeitete Musterbauordnung (MBO) [34] sowie die Mustersonderbauverordnungen/ -richtlinien dar. Daraus resultieren in den einzelnen Bundesländern bei den Anforderungen zu den Oberflächen von Außenwänden und Außenwandbekleidungen bundesweit in der Regel einheitliche Vorschriften. Einzelne Bundesländer sehen aber gegenüber der Musterbauordnung Erleichterungen insbesondere an die vorzusehenden Dämmstoffe vor. Zum Beispiel sind in Rheinland-Pfalz normalentflammbare Dämmstoffe in schwerentflammbar geprüften Außenwandbekleidungen auf Grundlage der letzten Novellierung der Landesbauordnung zulässig.

373

Aus den Bauordnungen, Verordnungen und Richtlinien lassen sich die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an Außenwandbekleidungen und deren Oberflächen ableiten. In Abhängigkeit der Größe und der Nutzung des Gebäudes werden unterschiedliche Anforderungen in der MBO sowie den einzelnen Mustervorschriften deklariert. In der MBO werden die Anforderungen für Wohngebäude bzw. Büro- und Verwaltungsgebäude, die nicht als Sonderbau nach MBO gelten, festgelegt. Dabei spielt die Gebäudeklasse (GKL) die wesentliche Rolle zur Feststellung der notwendigen Anforderungen. Die GKL hängt nach MBO [34] zum einen von der Höhe des höchstgelegenen Aufenthaltsraumes über der Geländeoberfläche im Mittel und zum anderen von der Größe und Anzahl der Nutzungseinheiten ab. Eine Übersicht der GKL ist in Tabelle 1 dargestellt.

2.1.1

Schutzziele

Wesentlich für die materiellen Anforderungen an Außenwandbekleidungen von Gebäuden sind die zugrunde gelegten allgemeinen Schutzziele. Die Schutzziele für den Brandschutz von Gebäuden werden im § 14 MBO [34] definiert:

§ 14 MBO: „Bauliche Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind.“ Aus den allgemeinen Schutzzielen wird deutlich, dass neben der Begrenzung der Ausbreitung von Feuer und Rauch sowie der Rettung von Menschen und Tieren auch die Wirksamkeit von Löscharbeiten ein wesentlicher Aspekt für den ganzheitlich zu betrachtenden Brandschutz ist. Im § 28 (1) MBO [34] werden die genannten Schutzziele für Außenkonstruktionen und Außenwandbekleidungen und deren Oberflächen konkretisiert, wonach es heißt: § 28 (1) MBO: „Außenwände und Außenwandteile wie Brüstungen und Schürzen sind so auszubilden, dass eine Brandausbreitung auf und in diesen Bauteilen ausreichend lang begrenzt ist.“ Somit müssen für die Einhaltung der allgemein gehaltenen Schutzziele auch die Außenwandbekleidungen und deren Oberflächen der Außenwände so beschaffen sein, dass eine Brandausbreitung auf und in diesen Bauteilen ausreichend lang begrenzt ist und somit wirksame Löscharbeiten und vor allem die Rettung von Personen möglich sind. Insbesondere die Brandausbreitung und Brandweiterleitung über eine brennbare Außenwandbekleidung oder brennbaren Oberflächen von Außenwänden kann die Feuerwehr vor sehr große Herausforderungen stellen und im ungünstigsten

374

D3

Brandschutz bei Außenwandbekleidungen

Tabelle 1. Gebäudeklassen nach Musterbauordnung § 3 [34] GKL 1

a

Freistehende Gebäude mit einer Höhe *) bis zu 7 m und nicht mehr als zwei Nutzungseinheiten von insgesamt nicht mehr als 400 m **)

max. 400m2

1

b

≤ 7m

2

1

2

1

2

0,0m

Freistehende land- und forstwirtschaftlich genutzte Gebäude 1

GKL 2

Gebäude mit einer Höhe *) bis zu 7 m und nicht mehr als zwei Nutzungseinheiten von insgesamt nicht mehr als 400 m **)

max. 400m2

1 N

GKL 3

0,0m

≤ 7m

2

1

2

1

2

0,0m

Sonstige Gebäude mit einer Höhe *) bis zu 7 m ≤ 7m

N 0,0m

GKL 4

Gebäude mit einer Höhe *) bis zu 13 m und Nutzungseinheiten mit jeweils nicht mehr als 400 m **)

max. 400m2 je NE

N

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10 11 12

≤ 13m

13 14 15 16 17 18 19

GKL 5

n

0,0m

Sonstige Gebäude einschließlich unterirdischer Gebäude ≤ 22m

N

0,0m

*) Höhe ist das Maß der Fußbodenoberkante des höchstgelegenen Geschosses, in dem ein Aufenthaltsraum möglich ist, über der Geländeoberfläche im Mittel. **) Die Grundflächen der Nutzungseinheiten im Sinne dieses Gesetzes sind die Bruttogrundflächen; bei der Berechnung der BruttoGrundflächen bleiben Flächen im Kellergeschoss außer Betracht.

Baurechtliche Anforderungen

375

Bild 1. Darstellung der Brandausbreitungsmechanismen an einem mehrgeschossigen Gebäude über eine Lochfassade gemäß BRE 135 3rd Edition [5]

Fall sogar die Möglichkeit zur Durchführung wirksamer Löscharbeiten durch die Feuerwehr verhindern. Auf Grundlage der Schutzziele lassen sich hinsichtlich der Größenordnung der zulässigen Brandausbreitung keine unmittelbaren Kenngrößen ableiten. In Bezug auf § 31 (4) Punkt 2 MBO [34] sind Nutzungseinheiten bis 400 m2 über maximal zwei Geschosse zulässig, sofern in jedem Geschoss ein unabhängiger baulicher Rettungsweg erreicht werden kann. Somit wird aus bauordnungsrechtlicher Sicht die Brandausbreitung innerhalb einer Nutzungseinheit über zwei Geschosse toleriert, ohne dass die Schutzziele gemäß § 14 und § 28 MBO [34] grundsätzlich in Frage gestellt werden. Im Weiteren ist die Brandausbreitung über eine Bauwerksöffnung im Bereich einer Lochfassade zu betrachten. Bild 1 zeigt die schematisch mögliche vertikale Brandausbreitung über die Geschosse. Dazu haben Untersuchungen gezeigt, dass eine vertikale Brandausbreitung über zwei Geschosse zwischen zwei Räumen bzw. zwischen zwei unterschiedlichen Nutzungseinheiten unabhängig von der Brennbarkeit der Außenwandbekleidungen im ungünstigsten Fall innerhalb von wenigen Minuten nach Eintritt des Vollbrandes stattfinden kann [40]. In Abhängigkeit von der Brandentwicklung des Sekundärbrandes kann sich die beschriebene Brandausbreitung über die Geschosse kontinuierlich fortsetzen, sodass eine Brandausbrei-

tung über mehr als zwei Geschosse in weniger als 20 Minuten nach Brandentstehung im Primärgeschoss erreicht werden kann. Dieser Worst-Case ist grundsätzlich nicht der Regelfall, da eine Vielzahl an ungünstig wirkenden Einflussfaktoren, wie übereinanderliegende, offenstehende Fenster und Brandlasten (z. B. brennbare Vorhänge) in jedem Geschoss zum Brandverlauf beitragen müssten. Brandversuche zum Versagenszeitpunkt energieeffizienter Fenster (teilweises oder vollständiges Zerbersten der Fensterscheiben) haben gezeigt, dass ein deutlich längerer Raumabschluss gegenüber Fenstern mit Einscheibenverglasung erzielt werden kann [1,27,28]. Dadurch wird die geschossweise Brandausbreitung im günstigsten Fall verlangsamt oder sogar vollständig unterbunden. Die Strahlungswirkung einer möglichen Flamme durch ein geschlossenes Fenster bleibt davon unberührt. Auf Grundlage der bauordnungsrechtlichen Akzeptanz der Brandausbreitung innerhalb einer zweigeschossigen Nutzungseinheit sowie der Akzeptanz einer Lochfassade und der daraus resultierenden Möglichkeit eines Feuerübersprungs in eine oder mehrere Geschosse oberhalb des Brandgeschosses vor dem Einsetzen wirksamer Löscharbeiten, lassen sich die Schutzziele der MBO [34] im Zusammenhang mit brennbaren Außenwandbekleidungen gemäß [18] wie folgt konkretisieren:

376

D3

Brandschutz bei Außenwandbekleidungen

Konkretisierung der allgemeinen Schutzziele bei brennbaren Außenwandbekleidungen gemäß [18]: „Die Brandausbreitung auf und in brennbaren Außenwandbekleidungen sowie die Brandweiterleitung ist bis zum Einsetzen wirksamer Löscharbeiten auf maximal zwei Geschosse zu begrenzen. Unter Berücksichtigung der Einsatzmöglichkeiten der Feuerwehren ist dieser Zeitraum in der Regel mit 20 Minuten nach Brandentdeckung anzusetzen, um bauordnungsrechtlich eine ausreichende Sicherheit zu gewährleisten.“ Auf Grundlage der beschriebenen Schutzziele können konkrete Leistungskriterien an Außenwandbekleidungen abgeleitet werden. Diese Leistungskriterien sind bereits in grundlegender Form Bestandteil der in Deutschland anzuwendenden Brandversuche für Außenwandbekleidung. Hierzu wird im Weiteren auf Abschnitt 2.4 verwiesen. 2.1.2

Nichttragende Außenwände

Außenwandbekleidungen bilden im konventionellen Hochbau den äußeren Abschluss einer Außenwand als thermische Außenwand aus. Dabei werden Außenwandbekleidungen wie z. B. Wärmedämm-Verbundsysteme oder vorgehängte hinterlüftete Fassaden im Bereich von Lochfassaden appliziert. Bei Gebäudeklasse 4 und 5 bestehen erhöhte Anforderungen an nichtragende Außenwände und Teile nichttragender Außenwände. Die Anforderungen ergeben sich nach § 12 (2) MBO [34] wie folgt:

§ 28 (2) MBO: „Nichttragende Außenwände und nichttragende Teile tragender Außenwände müssen aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen; sie sind aus brennbaren Baustoffen zulässig, wenn sie als raumabschließende Bauteile feuerhemmend sind. Satz 1 gilt nicht für: 1. Türen und Fenster, 2. Fugendichtungen und 3. brennbare Dämmstoffe in nichtbrennbaren geschlossenen Profilen der Außenwandkonstruktionen.“ Die vorangegangenen Erleichterungen für den Punkt 1 sind nicht auf Rollladenkästen zu übertragen. Rollladenkästen fallen unter die Richtlinie über Rollladenkästen (RokR) gemäß Anhang 13 MVV TB [36]. Aus diesem Grund sind die Anforderungen an Außenwandbekleidungen für die zugehörige GKL zu berücksichtigen. 2.1.3

Oberflächen von Außenwänden und Außenwandbekleidungen

Zu den allgemeinen Schutzzielen werden in der MBO [34] ergänzend die Anforderungen an die Baustoffe von Oberflächen der Außenwände und Außenwandbekleidungen für die GKL 4 und 5 definiert. Diese Anforderungen lassen sich prinzipiell als zweite Anforderungssäule betrachten. Es werden somit Anforderungen an die Gesamtkonstruktion als Bauart und an das einzelne Bauprodukt bzw. den Baustoff gestellt.

Die Anforderungen sind gemäß § 28 (3) MBO [34] wie folgt definiert:

§ 28 (3) MBO „Oberflächen von Außenwänden sowie Außenwandbekleidungen müssen einschließlich der Dämmstoffe und Unterkonstruktionen schwerentflammbar sein; Unterkonstruktionen aus normalentflammbaren Baustoffen sind zulässig, wenn die Anforderungen nach Absatz 1 erfüllt sind. Balkonbekleidungen, die über die erforderliche Umwehrungshöhe hinaus hochgeführt werden und mehr als zwei Geschosse überbrückende Solaranlagen an Außenwänden müssen schwerentflammbar sein. Baustoffe, die schwerentflammbar sein müssen, in Bauteilen nach Satz 1 Halbsatz 1 und Satz 2 dürfen nicht brennend abfallen oder abtropfen.“ Somit sind gemäß § 28 (3) MBO [34] für Gebäude der GKL 4 und 5 mindestens schwerentflammbare Außenwandbekleidungen vorzusehen. Zusätzlich werden Anforderungen an den einzelnen verwendeten Baustoff gestellt, sodass insbesondere Dämmstoffe unabhängig von der Klassifizierung der Außenwandbekleidung ebenfalls mindestens schwerentflammbar sein müssen. Des Weiteren dürfen die einzelnen Komponenten der Außenwandbekleidung nicht brennend abfallen oder abtropfen, wodurch ein Sekundärbrand im Sockelbereich des Gebäudes ausgeschlossen werden soll. Außerdem wird dadurch eine Gefährdung von Rettungswegen aufgrund von abtropfender, brennender Schmelze oder herabfallenden brennenden Bauteilen vermieden und der Einsatz der Feuerwehr nicht zusätzlich gefährdet. Eine gesonderte Anforderung an die Standsicherheit im Brandfall wird nicht getroffen, sodass grundsätzlich das Versagen von einzelnen Bauteilen der Außenwandbekleidung nicht einschränkt wird. Dies ist insbesondere aus einsatztaktischer Sicht der Feuerwehr bei Rettungsmaßnahmen und bei wirksamen Löscharbeiten zu berücksichtigen. Für vorgehängte hinterlüftete Außenwandbekleidungen (VHF) und für Doppelfassaden werden aufgrund der besonderen konstruktiven Ausbildung (Hinterlüftungsspalt) gemäß § 28 (4) MBO [34] gesonderten Anforderungen definiert. Es gilt: § 28 (4) MBO: „Bei Außenwandkonstruktionen mit geschossübergreifenden Hohl- oder Lufträumen wie hinterlüfteten Außenwandbekleidungen sind gegen die Brandausbreitung besondere Vorkehrungen zu treffen. Satz 1 gilt für Doppelfassaden entsprechend.“ Die allgemein formulierten Hinweise gemäß § 28 (4) MBO [34] werden für hinterlüftete Außenwandbekleidungen im Anhang 6 MVV TB [36] konkretisiert und im hier vorliegenden Beitrag im Abschnitt 4.5 ausführlich behandelt. Die genannten Anforderungen gemäß § 28 (3) und (4) MBO [34] gelten nicht für Gebäude der Gebäudeklasse 1 bis 3, in denen normalentflammbare Außenwandkonstruktionen und -bekleidungen zulässig sind.

Baurechtliche Anforderungen

Somit werden bei diesen Gebäudeklassen auch keine Einschränkungen hinsichtlich des brennenden Herabfallens oder Abtropfens einzelner Baustoffe gestellt. Jedoch ist zu beachten, dass auch bei Doppelfassaden in der Gebäudeklasse 3, ergänzend zur GKL 4 und 5, entsprechende Vorkehrungen, insbesondere gegen eine geschossweise Brandausbreitung, vorzusehen sind. Weitere Anforderungen an Oberflächen von Außenwänden und der Außenwandbekleidungen werden im Bereich von inneren Brand- und Brandersatzwänden sowie bei Gebäudeabschlusswänden gemäß § 30 (7) MBO [34] gestellt. Es gilt:

schwerentflammbar gestellt werden, ist sicherzustellen, dass es nicht durch unbemerktes fortschreitendes Glimmen und/oder Schwelen zu einer Brandausbreitung kommen kann.“ Dabei stehen mineralische Dämmstoffe im Fokus. Insbesondere Holzfaserdämmstoffe und Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen neigen zum Glimmen und Schwelen, weshalb es hier nur eine eingeschränkte Bauproduktenauswahl gibt, die die Klassifizierung schwerentflammbar erzielen und nachgewiesen nicht glimmen und schwelen.

2.1.4 § 30 (7) MBO: „Bauteile mit brennbaren Baustoffen dürfen über Brandwände nicht hinweggeführt werden.“ und „Außenwandbekleidungen von Gebäudeabschlusswänden müssen einschließlich der Dämmstoffe und Unterkonstruktionen nichtbrennbar sein.“ Neben den Anforderungen aus der MBO werden ergänzende Anforderungen in der MVV TB [36] an nichtbrennbare und schwerentflammbare bauliche Anlagen bzw. Teilen davon gestellt, die somit auch im Zusammenhang mit Außenwänden und Außenwandbekleidungen gelten. Gemäß A 2.1.2.1 MVV TB [36] heißt es: A 2.1.2.1 MVV TB: „Bei baulichen Anlagen oder Teilen von baulichen Anlagen, bei denen die Anforderungen nichtbrennbar oder

377

Anforderungen aus Sonderbauvorschriften

Zusätzliche Anforderungen zur MBO [34] ergeben sich aus den Sonderbauvorschriften. Eine zusammenfassende Übersicht zu den wesentlichen Gebäudenutzungen und deren Anforderungen an Außenwandbekleidungen sind in der Tabelle 2 dargestellt. Im Zuge der Betrachtung der einzelnen Sonderbauverordnungen bzw. Sonderbaurichtlinien wird deutlich, dass in einigen Vorschriften dem erhöhten Personenrisiko bei den Anforderungen an die Außenwandbekleidungen Rechnung getragen wird. Hinzu kommen weitere Anforderungen gegenüber der MBO [34] im Bereich des baulichen, anlagentechnischen und betrieblichen Brandschutzes, die hier aufgrund der Komplexität nicht dargestellt werden.

Tabelle 2. Zusammenfassende Darstellung der Anforderungen an Außenwandbekleidungen von Gebäuden nach MBO bzw. den jeweiligen Sonderbauvorschriften Richtlinie/Verordnung

Gebäudeart

Anforderungen an Außenwandbekleidungen

Musterbauordnung

GKL 1 bis 3

normalentflammbar

GKL 4 bis 5

schwerentflammbar *)

Muster-Schulbaurichtlinie

Schulen

wie GKL1-GKL5 nach MBO

Muster-Beherbergungsstättenverordnung

Beherbergungsstätten

wie GKL1-GKL5 nach MBO

Muster-Hochhaus-Richtlinie

Hochhäuser

nichtbrennbar

Muster-Industriebaurichtlinie

Industriebauten

schwerentflammbar

Muster-Verkaufsstättenverordnung

Verkaufsstätten (ohne Sprinkleranlage)

nichtbrennbar

Verkaufsstätten (mit Sprinkleranlage)

schwerentflammbar

Verkaufsstätten (erdgeschossig)

schwerentflammbar

Muster-Versammlungsstättenverordnung

Versammlungsstätten

nichtbrennbare Dämmstoffe mehrgeschossig: nichtbrennbare Außenwände

Krankenhaus- und Pflegeheimverordnung **)

Krankenhäuser und Pflegeheime

nichtbrennbare Dämmstoffe mehrgeschossig: nichtbrennbare Außenwände

*) Konkretisierung der Anforderungen gemäß diesem Abschnitt **) Am Beispiel der Verordnung über bauaufsichtliche Anforderungen an Krankenhäuser und Pflegeheime im Land Brandenburg

378

D3

2.2

Brandschutztechnische Nachweisverfahren und Klassifizierungen

Brandschutz bei Außenwandbekleidungen

Das Brandverhalten der einzelnen Baustoffe bzw. Bauprodukte von Außenwandbekleidungen wird auf Grundlage der europäischen Norm DIN EN 13501-1 [15] oder der deutschen Norm DIN 4102-1 [12] geprüft. Die europäische Norm DIN EN 13501-1 „Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten“ [15] beschreibt die Klassifizierung des Bauprodukts und das dazugehörige anzuwendende Prüfverfahren. Daraus resultieren auf europäischer Ebene einheitliche Prüfungen zur Klassifizierung von europäisch harmonisierten Bauprodukten. Im Anhang 4 MVV TB [36] ist die Zuordnung der europäischen Klassifizierungen zu den bauaufsichtlichen Anforderungen erläutert und Bauprodukte, ausgenommen lineare Rohrdämmstoffe und Bodenbeläge, in Tabelle 3 zusammenfassend dargestellt. Sofern Bauprodukte nicht europäisch harmonisiert sind und es sich dabei um nicht geregelte Bauprodukte handelt, besteht weiterhin die Möglichkeit, diese nach den nationalen Prüfverfahren zu prüfen und baurechtlich über einen nationalen Verwendbarkeitsnachweis zu regeln. Die Brandparallelerscheinungen werden bei den Bezeichnungen gemäß DIN 4102-1 [12] für schwerentflammbare Baustoffe nur ausgewiesen, wenn diese in den entsprechenden Prüfverfahren die Grenzwerte überschreiten. Die Baustoffklassifizierungen nach der deutschen Norm DIN 4102-1 [12] sind in der Tabelle 4 den bauaufsichtlichen Benennungen zugewiesen. In der MVV TB [36] sind die europäischen Klassifizierungen und deren Leistungsanforderungen und Parameter für Bauprodukte gegenübergestellt sowie in Tabelle 5 zusammenfassend dargestellt. Es wird deutlich, dass für schwerentflammbare Bauprodukte maximal ein begrenzter Beitrag und für nichtbrennbare Bauprodukte kein Beitrag zum Brand zulässig sind.

Zusätzlich zur Euroklasse werden auf europäischer Ebene gemäß DIN EN 13501-1 [15] die sogenannten Brandparallelerscheinungen berücksichtigt. Hierbei werden jeweils 3 Klassen für die Rauchentwicklung (smoke: s1, s2, s3) und das brennende Abtropfen/Abfallen (droplets: d0, d1, d2) von Baustoffen definiert. Dabei bedeuten die aufsteigenden Ziffern jeweils eine Verschlechterung der brandtechnischen Eigenschaften. Die Brandparallelerscheinungen werden bei den Bezeichnungen gemäß DIN 4102-1 [12] nicht ausgewiesen, jedoch in den Prüfverfahren berücksichtigt. Die Prüfungen für Bauprodukte bzw. Baustoffe erfolgen in der Regel ausschließlich in Laborversuchen im skalierten Maßstab mit sogenannten kleinskalierten Brandversuchen. Die Tabelle 6 stellt die nationalen und europäischen Prüfungen für die einzelnen Klassen gegenüber. Bauarten bzw. Bausätze können zusätzlich unter der Zusammenführung der einzelnen Bauprodukte bzw. Baustoffe geprüft werden. Die Prüfungen werden beispielsweise für eine europäische Klassifizierung im Single Burning Items-Test (SBI-Test) oder für eine nationale Klassifizierung im Brandschacht umgesetzt. Für Außenwandbekleidungen sind diese kleinskalierten Brandversuche nicht ausreichend, da die Brandbeanspruchung und der begrenzte Prüfaufbau wesentlich von einer realen Einbausituation und einer kritischen Naturbrandbeanspruchung abweichen. Des Weiteren lässt sich beim SBI-Test durch den skalierten Prüfaufbau mit einer maximalen möglichen Aufbaudicke des Prüfkörpers von 20 cm und insbesondere durch die Höhe von maximal 1,5 m das wesentliche Schutzziel bei Außenwandbekleidungen der Vermeidung einer Brandausbreitung über zwei Brandgeschosse nicht beobachten. Eine interessante Problematik zwischen der nationalen und europäischen Klassifizierung zeigt die Tabel-

Tabelle 3. Mindestklassifizierung von Bauprodukten nach DIN EN 13501-1 [15] für die zugeordneten bauaufsichtlichen Benennungen Bauaufsichtliche Anforderungen

Bauprodukte ausgenommen lineare Rohrdämmstoffe und Bodenbeläge

nichtbrennbar *)

A2 – s1,d0

schwerentflammbar nicht brennend abfallend oder abtropfend sowie geringe Rauchentwicklung

C – s1,d0

schwerentflammbar nicht brennend abfallend oder abtropfend

C – s2,d0

schwerenflammbar geringe Rauchentwicklung

C – s1,d2

schwerentflammbar

C – s2,d2

normalentflammbar nicht brennend abfallend oder abtropfend

E

normalentflammbar

E – d2

*) ggf. zusätzlich Schmelzpunkt > 1000 °C nach DIN 4102-17

Baurechtliche Anforderungen

379

Tabelle 4. Klassifizierung von Baustoffen nach DIN 4102-1 [12] und die zugeordneten bauaufsichtlichen Benennungen Bauaufsichtliche Anforderungen

Baustoffklasse nach DIN 4102-1 und weitere Angaben

nichtbrennbar *)

A1 A2

schwerentflammbar

B1 und begrenzte Rauchentwicklung (l ≤ 400 % x Min. bei Prüfung nach DIN 4102-15)

schwerentflammbar B1 und nicht brennend abfallend oder abtropfend sowie begrenzte Rauchentwicklung und nicht brennend abfallend oder abtropfend (l ≤ 400 % x Min. bei Prüfung nach DIN 4102-15) schwerentflammbar und geringe Rauchentwicklung

B1 und geringe Rauchentwicklung (l ≤ 100 % x Min. bei Prüfung nach DIN 4102-15)

schwerentflammbar B1 und nicht brennend abfallend oder abtropfend sowie geringe Rauchentwicklung und nicht brennend abfallend oder abtropfend (l ≤ 100 % x Min. bei Prüfung nach DIN 4102-15) sowie geringe Rauchentwicklung normalentflammbar B2 und nicht brennend abfallend oder abtropfend normalentflammbar

B2 (auch brennend abfallend oder abtropfend)

*) ggf. zusätzlich Schmelzpunkt > 1000 °C nach DIN 4102-17

Tabelle 5. Leistungsanforderungen und Parameter hinsichtlich des Brandverhaltens an die einzelnen Euroklassen Euroklasse

Leistungsanforderungen und Parameter

A

kein Beitrag zum Brand

B

sehr begrenzter Beitrag zum Brand

C

begrenzter Beitrag zum Brand

D

hinnehmbarer Beitrag zum Brand

E

hinnehmbares Brandverhalten

F

keine Leistung festgestellt

le 7 auf. Während sich entsprechend den nationalen Baustoffprüfungen EPS in schwerentflammbar einstufen lässt, erreicht dieser Dämmstoff nach europäischer Klassifizierung lediglich die Anforderung normalentflammbar. Sofern WDVS europäisch harmonisiert

werden, kann dies zukünftig zu einer Problematik durch die Einzelanforderung an den Dämmstoff bei GKL 4 und 5 gemäß MBO [34] bzw. gemäß den Landesbauordnungen führen, da momentan mit Ausnahme von Rheinland-Pfalz alle weiteren Bundesländer schwerentflammbare Dämmstoffe in den genannten Gebäudeklassen fordern. Außenwandbekleidungen mit der Anforderung schwerentflammbar müssen national, ergänzend zu den einzelnen Baustoffprüfungen, zusätzlich im mittelskalierten Brandversuch gemäß DIN 4102-20 [14] als zusammengefügtes System geprüft werden. Sofern ein WDVS mit EPS von den Zulassungsgrundsätzen des DIBt (vgl. Abschnitt 4.3) oder bei WDVS mit ETA von den Vorgaben für schwerentflammbare WDVS mit EPS gemäß Anhang 11 MVV TB [36] abweicht, ist ergänzend zusätzlich eine Prüfung im sogenannten „Sockelbrandversuch“ gemäß MVV TB [36] durchzuführen.

Tabelle 6. Bauordnungsrechtliche Benennung von Baustoffen bzw. Bauprodukten und deren Zuweisung zu nationalen und europäischen Prüfverfahren Bezeichnung in der Bauordnung

Bisherige deutsche Klassifizierung gemäß DIN 4102 und Prüfverfahren

Europäische Klassifizierung gemäß DIN EN 13501-1 und Prüfverfahren

nichtbrennbar

A1

Ofenprüfung Heizwertprüfung Rauchentwicklung (Brandschacht für Glimmverhalten)

A1

Ofenprüfung und Heizwert

A2

Ofenprüfung Heizwertprüfung Rauchentwicklung und Brandschacht

A2 s1 d0

Ofenprüfung oder Heizwert und SBI

schwerentflammbar

B1

Brandschacht und Kleinbrenner

B bis D

normalentflammbar

B2

Kleinbrenner

SBI und Kleinbrenner

leichtentflammbar

B3

keine Prüfung erforderlich

F

keine Prüfung erforderlich

380

D3

Brandschutz bei Außenwandbekleidungen

Tabelle 7. Nationale und europäische Klassifizierung von typisch eingesetzten Dämmstoffen in Außenwandbekleidungen und deren mögliche Einstufung als Außenwandbekleidung im System (WDVS) Dämmstoffe bei Außenwandbekleidungen

Baustoffklasse des Dämmstoffs (DIN 4102-1)

Klassifizierung des Dämmstoffs (DIN EN 13501-1)

Mineralwolle nach EN 13162



A1

Mineralschaum nach Verwendbarkeitsnachweis



A1

expandierter Polystyrolschaum *) nach EN 13163

B1

E

Polyurethan **) nach EN 13165

B2

E

Phenolhartschaum nach EN 13166

B2

B-s1, d0

Holzfaser nach EN 13171

B2

E (C-s1,d0)

Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen

B2

Einstufung Brandverhalten WDVS

nichtbrennbar

schwerentflammbar

***)

normalentflammbar ****)

E

*) **)

Schwerentflammbar mit zulassungsgemäßen Brandschutzmaßnahmen Schwerentflammbar im geprüften System in Abhängigkeit der verwendeten Putzarten und ggf. der Dicke (abhängig vom Anwendbarkeitsnachweis) ***) Hersteller Gutex; schwerentflammbar nicht schwelend nach DIN EN 16733 [17] – ein Anwendbarkeitsnachweis für WDVS mit dem Brandverhalten schwerentflammbar ist dem Zulassungsverzeichnis des DIBt (Stand 07.2020) nicht zu entnehmen ****) Hinweise zur Ausführung im Beitrag B 3 Brandverhalten von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen

2.3

Nachweis der Ver- und Anwendbarkeit in Deutschland

Im Zusammenhang mit der Anwendbarkeit von Bauprodukten und Bauarten bei Außenwandbekleidungen sind gemäß Abschnitt 2.1 Anforderungen an das Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen (Teile der baulichen Anlage) gestellt. Im Zusammenhang mit dem gewünschten europäischen freien Handel von Bauprodukten auf Grundlage der Bauproduktenverordnung BauPVO [21] ergeben sich unterschiedliche Verfahren zum Nachweis der Einhaltung der Bauwerksanforderungen. Um sich mit der Ver- und Anwendbarkeit von Bauprodukten und Bauarten im Zusammenhang mit Außenwandbekleidungen sowie deren Nachweisführung aus brandschutztechnischer Sicht auseinandersetzen zu können, müssen die Begriffe „Bauprodukt“ und „Bauarten“ im baurechtlichen Sinne erläutert werden.

2.3.1

Bauprodukte

Bei Bauprodukten handelt es sich gemäß der MBO grundsätzlich um Produkte, Baustoffe, Bauteile oder Bausätze, die nachfolgende Kriterien erfüllen müssen: – sie werden hergestellt oder als Anlage vorgefertigt, – sie werden dauerhaft in bauliche Anlagen eingebaut oder als vorgefertigte Anlage mit dem Erdboden verbunden und – sie wirken sich auf die allgemeinen Anforderungen aus, die nach § 3 MBO an bauliche Anlagen gestellt werden.

Als Bauprodukte werden somit jegliche Produkte oder Bausätze bezeichnet, die hergestellt und in Verkehr gebracht werden, um dauerhaft in Bauwerke oder Teile davon eingebaut zu werden und deren Leistungen sich auf die Leistung des Bauwerks im Hinblick auf die Grundanforderungen an Bauwerke auswirken. Bei der Verwendbarkeit wird unterschieden zwischen harmonisierten und nicht harmonisierten Bauprodukten. Harmonisierte Bauprodukte sind demnach Bauprodukte die nach einer europäischen Spezifikation in Verkehr gebracht werden. Eine europäische Spezifikation kann entweder sein, 1. eine harmonisierte Produktnorm (hEN) oder 2. eine Europäische Technische Bewertung (ETA), welche auf Grundlage eines freiwilligen Verfahrens mit einem Europäischem Bewertungsdokument (EAD) erfolgt. Bei der Anwendung eines harmonisierten Bauproduktes ist es notwendig, dass die ausgewiesenen Leistungen des Bauproduktes den entsprechenden Bauwerksanforderungen (MBO und/oder MVV TB) entsprechen (Bild 2). Die meisten Dämmstoffe, die zur Anwendung in WDVS kommen, sind europäisch harmonisiert (Tabelle 7). Für diese Dämmstoffe ist kein nationaler Verwendbarkeitsnachweis mehr erforderlich. Parallel geführte allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen sind mit Stand 20.01.2020 ausgelaufen und nicht mehr gültig. Bei Bauprodukten die nicht europäisch harmonisiert sind, erfolgt der Nachweis der Verwendbarkeit über na-

Baurechtliche Anforderungen

381

Bild 2. Anwendung von Bauprodukten am Bauwerk

tionale Bestimmungen. Dabei wird unterschieden, ob es sich um ein „geregeltes“ oder „nicht geregeltes“ Bauprodukt handelt. Geregelte Bauprodukte müssen einer allgemein anerkannten Regel der Technik (aaRdT) oder einer technischen Baubestimmung entsprechen und gelten auch dann als verwendbar, wenn diese von den Vorgaben dieser geringfügig abweichen. Ungeregelte Bauprodukte müssen über einen Verwendbarkeitsnachweis verfügen. Dabei bestehen folgende Möglichkeiten: 1. Ungeregelte Bauprodukte, die nach allgemein anerkannten Prüfverfahren beurteilt werden können, benötigen als Verwendbarkeitsnachweis ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP), welches durch akkreditierte Materialprüfanstalten ausgestellt wird. 2. Ungeregelte Bauprodukte dürfen in Einzelfällen im Rahmen einer durch die oberste Bauaufsichtsbehörde des jeweiligen Bundeslandes ausgestellte Zustimmung im Einzelfall (ZiE) verwendet werden. 3. In allen anderen Fällen benötigen ungeregelte Bauprodukte eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ), die im Rahmen eines Zulassungsverfahrens beim Deutschen Institut für Bautechnik beantragt werden kann.

2.3.2

Bauarten

Im Zusammenhang mit Außenwandbekleidungen am Gebäude kommen insbesondere zusammengefügte Bauprodukte zur Anwendung. In diesem Zusammenhang spricht man von sogenannten Bauarten. Bauarten werden definiert als das Zusammenfügen von Bauprodukten zu baulichen Anlagen oder Teilen von baulichen Anlagen. Bei Bauarten handelt es sich um Regelungen für die Ausführung (die Tätigkeit des Zusammenfügens von Bauprodukten) und nicht um Anforderungen an Bauprodukte. Auch hier wird unterschieden zwischen geregelten und ungeregelten Bauarten. Geregelte Bauarten dürfen entsprechend einer allgemein anerkannten Regel der Technik (aaRdT) oder Technischen Baubestimmung angewandt werden. Ungeregelte Bauarten müssen über einen Anwendbarkeitsnachweis verfügen. Dabei bestehen folgende Möglichkeiten:

1. Ungeregelte Bauarten, die nach allgemein anerkannten Prüfverfahren beurteilt werden können, benötigen als Verwendbarkeitsnachweis ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP), welches durch akkreditierte Materialprüfanstalten ausgestellt wird. 2. Ungeregelte Bauarten dürfen in Einzelfällen im Rahmen einer durch die oberste Bauaufsichtsbehörde des jeweiligen Bundeslandes ausgestellte vorhabenbezogene Bauartgenehmigung (vBG) durch die oberste Bauaufsichtsbehörde verwendet werden. 3. In allen anderen Fällen benötigen ungeregelte Bauarten eine allgemeine Bauartgenehmigung (aBG) die im Rahmen eines Zulassungsverfahrens beim Deutschen Institut für Bautechnik beantragt werden kann. Die allgemeine Bauartgenehmigung ersetzt fortan die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung für Bauarten. Die Bauartgenehmigung behandelt dabei ausschließlich das Zusammenfügen bzw. die Anwendung von Bauprodukten im Bauwerk und stellt keine produktbezogenen Anforderungen. In Deutschland kommen als Außenwandbekleidungssysteme unterschiedliche Bauarten zur Anwendung. Häufig verwendete Systeme sind unter anderem vorgehängte hinterlüftete Außenwandbekleidungen, Vorhangfassaden und insbesondere WDVS. Bei vorgehängten hinterlüfteten Außenwandbekleidungen die in der GKL 4 und 5 oder bei Gebäuden mit der Anforderung an die Außenwandbekleidung nichtbrennbar zur Anwendung kommen sollen, sind in Anhang 6 MVV TB [36] technische Regeln zur Ausführung beschrieben (ausgenommen die äußere Wetterschutzschicht). Für den äußeren Abschluss (Wetterschutzschicht) sind dann weiterführende Angaben in den Teilen der DIN 18516 [9–11] angegeben, welche wiederum in Teil B MVV TB [36] ausgewiesen sind. Für die bauliche Umsetzung sind aber auch bei vorgehängten hinterlüfteten Außenwandbekleidungen meistens Anwendbarkeitsnachweise erforderlich, da schon bei geringfügigen Abweichungen zu den genannten technischen Baubestimmungen gesonderte Nachweise in Form von Brandversuchen erforderlich werden. Somit werden diese dann hinsichtlich der Anwendbarkeit wie ungeregelte Bauarten behandelt.

382

D3

2.4

Brandversuche für Außenwandbekleidungen

2.4.1

Großbrandversuch für den Raumbrand nach DIN 4102-20

Brandschutz bei Außenwandbekleidungen

Zur Erlangung einer aBG für schwerentflammbare Außenwandbekleidungen ist gemäß Teil A 2.1.5 MVV TB [36] die Durchführung eines mittelskalierten Brandversuches gemäß DIN 4102-20 [14] notwendig. Dieser Brandversuch wird von Materialprüfanstalten durchgeführt und über einen Prüfbericht dokumentiert. Der Prüfansatz ist Bestandteil der Zulassungsgrundsätze des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) und prüft modellhaft (skaliert) die Beanspruchung der Außenwandbekleidung durch Flammen, die aus einer Wandöffnung schlagen bzw. austreten. Eine rückseitige Brandbeanspruchung („Durchbrennen“ der raumabschließenden Wand) wird ausgeschlossen.

Versuchsbedingungen Die Außenwandbekleidungen werden an einer Prüfwand appliziert und durch einen Propangasbrenner (7,4 g/s; mittlere Wärmefreisetzung während der Vollbrandphase von ca. 0,34 MW) oder durch eine ca. 30 kg Holzkrippe (mittlere Wärmefreisetzung während der Vollbrandphase von ca. 0,40 bis 0,45 MW) als Prüffeuer über eine Brandraumöffnung beflammt. Die Beanspruchungszeit für die Prüfung von schwerentflammbaren Außenwandbekleidungen beträgt 20 Minuten. Die zusätzliche Beobachtungszeit beträgt mindestens 40 Minuten nach Abschalten des Brenners bzw. nach Löschen der Holzkrippen. Das Auftreten, das Ausmaß und die Dauer von Glimm- und Schwelprozessen sind mit geeigneten Messmethoden (Raster von Thermoelementen, Infrarotkameras) zu erfassen. Die für die Bewertung relevante maximale Beobachtungszeit beträgt 15 Stunden. Die Beobachtung darf vorher beendet werden, wenn an keiner Stelle des Prüfkörpers Temperaturen von mehr als 50 °C gemessen werden. Die Prüfwand hat eine abgewickelte Breite von mindestens 4,0 m (Rückwand 2,5 m und Eckwand 1,5 m) bei einer Höhe von mindestens 5,5 m. In der Rückwand des Versuchsstandes befindet sich im Eckbereich eine zurückgesetzte Brandkammer mit einer Breite und Höhe von 1 m und einer Länge bzw. Tiefe von 0,8 m. In der Brandkammer wird entweder der Gasbrenner oder die Holzkrippe platziert. Der Prüfstand gemäß DIN 4102-20 [14] ist in Bild 3 mit einem beispielhaften Prüfaufbau mit WDVS dargestellt. Die Prüfungen sind in einer Versuchshalle witterungsunabhängig durchzuführen. Dabei muss die Versuchshalle eine hinreichende Größe aufweisen, sodass die Geometrie dieser keinen Einfluss auf die Prüfung hat. Es müssen ausreichend dimensionierte Zu- und Abluftöffnungen zur Gewährleistung natürlicher Lüftungsbedingungen vorgesehen werden oder eine maschinell betriebene Abluft, welche die Strömungsgeschwindigkeiten vor dem Prüfstand nicht negativ beeinflusst. Zudem ist sicherzustellen, dass vor Prüfbeginn im Mittel

eine Strömungsgeschwindigkeit von 0,5 m/s (kurzzeitig maximal 1 m/s) mittig in 1 m Höhe über der Brandkammeröffnung und in 100 mm Abstand zur Fassade nicht überschritten wird.

2.4.2

Großbrandversuch für den Sockelbrand nach MVV TB

Sofern bei der Ausführung von den Grundsätzen des DIBt zur Erlangung einer aBG bzw. von den technischen Regeln gemäß Anhang 11 MVV TB [36] zur Erlangung einer ETA bei WDVS mit EPS und der Anforderung schwerentflammbar abgewichen wird, ist zusätzlich eine Brandprüfung im Sockelbrandversuch notwendig. Die Sockelbrandprüfung deckt modellhaft im Vollbrand befindliche Brandquellen vor der Fassade wie kleinere Lagerungen bei Umzügen, Müllbereitstellungen in üblichen Größenordnungen, mehrere Mülltonnen oder maximal ein Müllsammelcontainer, kleinere Sperrmüllbereitstellungen sowie maximal ein einzelnes Kleinkraftfahrzeug ab.

Versuchsbedingungen Die Prüfwand hat eine abgewickelte Breite von mindestens 6,0 m (Rückwand 4,0 m und Eckwand 2,0 m) bei einer Höhe von mindestens 9,8 m. Der Prüfstand repräsentiert einen Spritzwasserbereich mit einer Höhe von ca. 1,0 m und drei Vollgeschosse von jeweils ca. 3 m Höhe (Bild 4). Die Prüfzeit beträgt mindestens 25 Minuten (eine direkte Brandbeaufschlagung des WDVS ≥ 20 Minuten ist einzuhalten). Nach Ablauf der Prüfzeit ist die Holzkrippe so abzulöschen, dass der Prüfkörper nicht beeinträchtigt wird. Daran schließt sich eine Beobachtungszeit an, die frühestens 60 Minuten nach Versuchsbeginn beendet werden darf. Die Außenwandbekleidungen werden im Brandversuch analog zum realen Einbauzustand an die Prüfwand appliziert. Die Brandbeanspruchung erfolgt durch eine ca. 200 kg Holzkrippe aus Fichtenholz mit einer Grundfläche von ca. 1,1 m × 1,1 m und einer Höhe von ca. 0,72 m. Die Holzkrippe wird durch eingeschobene mit Isopropanol gefüllte Stahlblechwannen entzündet. Die maximale Wärmefreisetzungsrate nach Entzündung der Holzkrippe beträgt ca. 3,0 bis 3,5 MW. Die durchschnittliche Wärmefreisetzungsrate während der Vollbrandphase beträgt im Mittel ca. 2,5 MW [31]. Auch hier muss der Prüfstand in einer ausreichend witterungsgeschützten Versuchshalle positioniert sein. Im Rahmen der aktuellen Normierung des Brandversuchs (DIN E 4102-24) sind bereits geometrische Rahmenbedingungen erarbeitet worden, die als Mindestmaße für die geometrische Abmessungen der Versuchshalle zugrunde gelegt werden sollen [30]. Der Versuch soll unter freiventilierten Lüftungsbedingungen erfolgen. Eine Beeinflussung des Versuchsablaufes durch Luftströmungen (Wind oder maschinelle Entrauchung) ist zu vermeiden bzw. auf ein vertretbares Minimum zu redu-

Baurechtliche Anforderungen

383

Bild 3. Beispielhafter Prüfaufbau für ein WDVS im Prüfverfahren gemäß DIN 4102-20 [14]

zieren. Dies gilt als eingehalten, wenn unmittelbar vor Versuchsbeginn im Mittel eine Strömungsgeschwindigkeit von 0,5 m/s – kurzzeitig maximal 1 m/s – mittig in 1 m Höhe über der Oberkante der Holzkrippe und in 100 mm Abstand zur Oberfläche des WDVS nicht überschritten wird.

2.4.3

Ausblick europäische Brandversuche

Grundsätzlich zeichnet sich ein gemeinsamer europäischer Weg für eine einheitliche Prüfung in Brandversuchen für Außenwandbekleidungen ab. Es ist davon auszugehen, dass in naher Zukunft die Nachweisführung für brennbare aber auch für nichtbrennbare Außenwandbekleidungen über eine harmonisierte europäische Prüfnorm geregelt wird. Entscheidend wird dabei aber auch sein, inwieweit Außenwandbekleidun-

gen wie z. B. WDVS oder VHF in diesem Zusammenhang in europäisch harmonierte Produktnormen überführt werden, sodass die Anwendung des Prüfverfahrens zur Erzielung einer brandschutztechnischen Klassifizierung auch verbindlich geregelt ist. Im Rahmen eines länderübergreifenden Konsortiums wurden der bestehende mittelskalierte Brandversuch aus Deutschland mit Gasbrenner oder Holzkrippe gemäß DIN 4102-20 [14] und der britische großskalierte Brandversuch mit einer ca. 400 kg Holzkrippe gemäß BS 8141-1/-2 [3, 4] aufgegriffen und hinsichtlich gemeinsamer Übereinstimmungen an die Prüfverfahren aus den europäischen Länder der EU bewertet und weiterentwickelt. Ein wesentliches für Deutschland neues Kriterium ist dabei die Anordnung einer zusätzlichen Fensteröffnung im Bereich der Prüfwand (Bild 5).

384

D3

Brandschutz bei Außenwandbekleidungen

Bild 4. Beispielhafter Prüfaufbau für ein WDVS im Prüfverfahren im Sockelbrandversuch nach MVV-TB [36]

Die Ergebnisse der Ausarbeitung sind im Abschlussbericht gemäß [2] dargestellt. Auf Grundlage der Ergebnisse aus dem Dokument werden aktuell in einem nächsten Arbeitsschritt europaweit sogenannte „Rundversuche“ durchgeführt, welche die verschiedenen Fragestellungen im Zusammenhang mit den Prüfverfahren klären soll [22]. Dabei liegt ein Fokus auf die Klassifizierungskriterien bei der Anwendung der Brandversuche sowie im Weiteren auch Fragestellungen zur Übereinstimmung von Ergebnissen bei Wiederholung der Brandversuche an der derselben und der Reproduzierbarkeit der Brandversuche an unterschiedlichen Prüfstellen. Die beiden europäischen Prüfansätze repräsentieren in unterschiedlicher Skalierung des Prüffeuers grundsätzlich einen Raumbrand, bei dem die Flammen aus einer Öffnung schlagen. Inwieweit der Brandversuch in Anlehnung an BS 8141-1/-2 [3, 4] auch die nationale Prüfung für den Sockelbrand gemäß Anhang 11 MVV

Bild 5. Prinzipielle Darstellung des mittelskalierten Brandversuchs (links) und des großskalierten Brandversuchs (rechts) nach [2]

Thermische Beanspruchungen von Außenwandbekleidungen

TB [36] abdeckt und somit das deutsche Sicherheitsniveau dahingehend absichert, ist momentan noch nicht abschließend geklärt.

3

Thermische Beanspruchungen von Außenwandbekleidungen

3.1

Brandszenarien

Die Brandausbreitung auf der Außenwandbekleidung eines Gebäudes wird im Wesentlichen durch die Art und Intensität sowie den Ort des Entstehungsbrandes beeinflusst. Die Außenwandbekleidung eines Gebäudes kann durch drei auftretende Brandszenarien (Bild 6) thermisch beansprucht werden. Dabei wird zwischen folgenden Szenarien unterschieden: – Brand in einem Nachbargebäude, – Brand von außen, angrenzend zur Außenwand (u. a. im Sockelbereich und auf Balkonen sowie Loggien), – Brand in einem Gebäude (Raumbrand). Die auftretenden Brandszenarien unterscheiden sich unter anderem im Schadensrisiko und in der Häufigkeit.

3.1.1

385

ben aufgrund der hohen Temperaturbeanspruchungen im Bereich der Lochfassade zerspringen und Flammen in der Folge schlagartig aus dem Gebäude austreten. Auch geöffnete Fenster oder Türen sind ein zu betrachtendes Szenario. Die Flammenhöhe hängt dabei unmittelbar von der Brandleistung, aber auch von der Geometrie der Öffnung, ab. Die aus der Bauwerksöffnung austretenden Flammen können in Abhängigkeit der Intensität des Brandes im Regelfall eine Höhe bis zu ca. 4,0 m erreichen [18]. Durch die damit erreichte thermische Beanspruchung einer möglichen Öffnung im darüberliegenden Geschoss kann es zu einer geschossweisen Brandweiterleitung zwischen zwei übereinanderliegenden Nutzungseinheiten kommen. Brennbare Fensterelemente oder auch geöffnete Fenster begünstigen die Brandweiterleitung. Aber auch geschlossene Fenster können bei andauernder thermischer Beanspruchung zerbersten und eine Brandweiterleitung in das nächstgelegene Geschoss begünstigen. Des Weiteren ist die Brandausbreitung in und auf der Außenwandbekleidung durch ein sogenanntes „Lauffeuer“ über mehrere Geschosse als äußerst kritisch zu bewerten. Eine ausführliche Auswertung des Raumbrandes und deren mögliche Brandbeanspruchung auf die Außenwandbekleidung kann [18] entnommen werden.

Brand in einem Gebäude

Raumbrände sind ein häufiges Brandszenario, welches jedoch nicht immer eine Brandbeanspruchung auf die Außenwand bzw. auf die Außenwandbekleidung zur Folge hat. Bei einem Raumbrand beziehungsweise einem Brand in einer Nutzungseinheit hängt die Brandentwicklung unter anderem von der vorhandenen Brandlast und den Ventilationsbedingungen ab. Es muss ein ausreichendes Sauerstoffangebot vorhanden sein, damit ein kritischer Vollbrand entstehen kann. Frühzeitig eingeleitete wirksame Löscharbeiten können das Risiko der Entstehung eines Vollbrandes reduzieren. Bei einem Vollbrand können Fensterschei-

Brand eines benachbarten Gebäudes

3.1.2

Brand von außen, angrenzend zur Fassade

In Deutschland wurde seit den 2010er-Jahren das Sockelbrandszenario neben dem Raumbrandszenario als weiteres kritisches Brandszenario insbesondere bei WDVS mit EPS identifiziert. Hierzu sind einschlägige Untersuchungen an brennenden Müllcontainern, welche als Brandquelle für die Brandursache dienten, durchgeführt worden, um die daraus resultierende Brandbeanspruchung in Form eines geeigneten Prüffeuers auf eine Außenwand mit einer Außenwandbekleidung zu definieren. Die Untersuchungen sind im Rahmen des Forschungsvorhabens „Brandverhal-

Brand außerhalb eines Gebäudes

Brand innerhalb eines Gebäudes

Bild 6. Mögliche Brandbeanspruchungen durch unterschiedliche Brandszenarien auf die Außenwandbekleidung

386

D3

Brandschutz bei Außenwandbekleidungen

ten von Wärmedämm-Verbundsystemen mit Polystyrol-Dämmstoff“ durchgeführt [33] und in die Zulassungsgrundsätze des DIBt 2016 überführt worden. Die auftretenden Brandquellen des Brandszenarios „Brand von außen“ sind unterschiedlichen Ursachen zuzuordnen. Dabei spielen insbesondere folgende Brandquellen eine Rolle: – Müllcontainer, – Sperrmüll, – Bauabfälle im Sockelbereich oder auf Baugerüsten (Bauphase), – abgestellte Fahrzeuge, – brennbare Carports, – Vegetation. Als Brandszenario von außen in höher gelegenen Geschossen auf z. B. Balkonen, Loggien oder Laubengängen sind unter anderem folgende Brandquellen für Außenbrände als Ursache zu identifizieren: – Möblierung, – Verpackungsmaterial, – Lagergut, – Grillgeräte. Aufgrund der genannten Brandereignisse ist eine Brandausbreitung auf die Außenwandbekleidung oder auch in das Innere des Gebäudes möglich. Der Sockel- oder Spritzwasserbereich (Balkone, Loggien etc.) ist aus brandschutztechnischer Sicht als konstruktive Risikostelle zu betrachten. Dies beruht z. B. bei WDVS mit EPS auf der Tatsache, dass in diesem Bereich aufgrund des Spritzwassers ein Materialwechsel auf extrudiertes Polystyrol (XPS) notwendig ist. Dieser Materialwechsel kann aufgrund der ungünstigeren brandschutztechnischen Eigenschaften von XPS gegenüber beispielsweise EPS und den gegebenenfalls erforderlichen notwendigen Übergangsprofilen aus PVC das Brandverhalten des Gesamtsystems ungünstig beeinflussen. Ein außenliegender Brand ist grundsätzlich ein brandlastgesteuerter Brand, da eine ausreichende Sauerstoffzufuhr gewährleistet ist. Somit hängt die Intensität im Wesentlichen von der Brandlast (Heizwerte, Zündtemperatur etc.) und den wirksamen Brandflächen der Brandquelle ab. Bauordnungsrechtliche Anforderungen hinsichtlich der Aufstellung oder Vermeidung der genannten Brandquellen sind bisher nicht berücksichtigt und bezüglich der organisatorischen Umsetzung nicht immer realisierbar. Für die Aufstellung von Müllcontainern und Ablagerungen von Sperrmüll oder Bauabfällen gibt es unterschiedliche Hinweispapiere mit Empfehlungen zu einzuhaltenden Abständen oder Einhausungen zur Vermeidung dieser Brandgefahr im Bereich von Außenwänden [6, 23, 38, 39]. Für das Brandszenario von außen in höher gelegenen Geschossen, wie z. B. auf Balkonen oder Loggien, ist bei schwerentflammbaren Außenwandbekleidungen die mittelskalierte Brandprüfung gemäß DIN 4102-20 [14] für den Raumbrand maßgebend.

3.1.3

Brand in einem Nachbargebäude

In Deutschland sind aufgrund der bauordnungsrechtlichen Anforderungen Mindestabstände zwischen angrenzenden Gebäuden oder zu Grundstücksgrenzen einzuhalten oder alternativ Gebäude durch Gebäudeabschlusswände (Brandwände beziehungsweise Brandersatzwände) vor einem Brandüberschlag zu schützen (vgl. MBO [34]). Wenn der Abstand zwischen benachbarten Gebäuden bzw. der Grundstücksgrenze entsprechend den bauaufsichtlichen Anforderungen ausgebildet ist, wird das Risiko eines Brandüberschlags von einem brennenden Gebäude oder Teilen davon über eine direkte Flammeneinwirkung auf die benachbarte Fassade erheblich reduziert. Die maßgebende thermische Beanspruchung resultiert bei diesem Brandszenario dann in der Regel aus der Wärmestrahlung des brennenden Gebäudes auf das Nachbargebäude. Die Intensität der auftreffenden Wärmestrahlung ist wiederum abhängig vom Entwicklungsstadium des Brandes, der Größe der strahlenden Fläche, dem Abstand des Nachbargebäudes sowie der Anordnung der Gebäude untereinander. Durch ungünstige Windverhältnisse kann auch Flugfeuer eine zusätzliche Brandbeanspruchung darstellen. Wirksame Schutzmaßnahmen, ergänzend zu den vorbeugenden baulichen Maßnahmen und den Löscharbeiten am Primärbrand, können dann ausschließlich durch die Feuerwehr mittels Abkühlens durch Löschwasser an der thermisch beanspruchten Fassade des angrenzenden Gebäudes eingeleitet werden. Die Notwendigkeit solcher Maßnahmen ist grundsätzlich als ungünstig anzusehen, da Einsatzkräfte unabhängig vom Primärbrand während eines Löscheinsatzes gebunden werden. Die Berücksichtigung von Gebäudeabständen in einem Prüfverfahren für Außenwandbekleidungen weist sich grundsätzlich als schwierig auf, da hierbei zu dem geprüften Wandaufbau zusätzlich der Einfluss einer Nachbarbebauung berücksichtigt werden müsste. Dies würde bei einer Brandprüfung durch Ausbildung zusätzlicher Gebäudenachbildungen zu einem erhöhten technischen Aufwand führen, der aufgrund der bisher registrierten Brandereignisse in Deutschland [24] in diesem Zusammenhang nicht gerechtfertigt wäre. In der thematischen Auseinandersetzung von Kunze [29] zum Thema „Herleitung des Gebäudeabstandes unter dem Aspekt der Brandausbreitung“ wird deutlich, dass im konventionellen Wohnungsbau der notwendige Mindestabstand zur Ausführung ohne notwendige Brandschutzmaßnahmen im Bereich der Außenwände bei einem Abstand der Gebäude von ≥ 5 m als ausreichend sicher angesehen werden kann. Insbesondere das frühzeitige Einsetzen von wirksamen Löscharbeiten begünstigt den Ansatz. Besondere Brandszenarien wie Brände in Ladenstraßen von Verkaufsstätten mit hohen Brandlasten und großen Fensteröffnungen können zu einer kritischen Brandübertragung führen, denen jedoch bauordnungsrechtlich durch die erhöhten Anforde-

Thermische Beanspruchungen von Außenwandbekleidungen

rungen gemäß Muster-Verkaufsstättenverordnung – MVKV [35] Rechnung getragen wird.

3.2

Verhalten im Brandfall

3.2.1

Wärmedämm-Verbundsysteme

Das Brandverhalten von Wärmedämm-Verbundsystemen hängt von zahlreichen Faktoren ab. Wesentliche Einflussfaktoren sind zum einen das Brandverhalten der einzelnen verwendeten Baustoffe und im Weiteren das Zusammenwirken der aufeinander abgestimmten Baustoffe im System. Der Dämmstoff weist in der Regel den größten Volumenanteil auf. Dabei unterscheiden sich die Dämmstoffe nach dem Brandverhalten in nichtbrennbar, schwer- und normalentflammbar. WDVS mit nichtbrennbaren Dämmstoffen und Putzsystemen leisten grundsätzlich keinen bzw. nur einen sehr geringen Beitrag zum Brand. Bei schwer- und normalentflammbaren Dämmstoffen ist der Beitrag zu einem Brand nicht ausgeschlossen. Dabei unterstehen WDVS mit EPS einem besonderen Fokus. Hierbei spielen der große Marktanteil und die damit verbundene weite Verbreitung die wesentliche Rolle. Aber auch WDVS mit Phenolharz-Hartschaumplatten (PF) und WDVS mit Polyurethan-Hartschaum (PUR) finden Verwendung. Alle drei WDVS können im System den Nachweis schwerentflammbar erreichen. Bei der Errichtung eines WDVS mit schwerentflammbaren Anforderungen sind bezüglich des Brandschutzes immer die Anwendbarkeitsnachweise bzw. die Anforderungen aus der MVV TB [36] zu beachten, die angeben, falls zusätzliche Anforderungen zum Erreichen der Schwerentflammbarkeit zu berücksichtigen sind. Dies können Anforderungen an konstruktive Maßnahmen sein (Brandriegel Sturzschutz) oder Anforderungen an die vorzusehende Putzschicht. Aufgrund der vorangegangenen Feststellungen wird im Weiteren besonders auf WDVS mit der Anwendung der drei genannten Dämmstoffe eingegangen. Zuerst sind die chemischen Eigenschaften der einzelnen Dämmstoffe zu betrachten. Dämmstoffe aus PF und aus PUR werden als duroplastische Kunststoffe bezeichnet. Duroplasten weisen eine sehr engmaschige und stark vernetzte Polymerstruktur auf. Bei thermischen Beanspruchungen kommt es zu keiner Verschiebung der Polymere, da sich die Moleküle gegenseitig behindern. Daraus resultierend findet grundsätzlich keine thermische Verformung und kein Schmelzen von Duroplasten statt. Sie bilden bei Flammeneinwirkung an der Oberfläche eine stabile Karbonschicht, die die darunterliegenden Materialschichten schützt. Ein brennendes Abtropfen findet in der Regel nicht statt. PUR ist bei einer kurzzeitigen thermischen Beanspruchung bis 250 °C temperaturbeständig und eine thermische Zersetzung beginnt bei > 300 °C. Dämmstoffe aus EPS sind thermoplastische Kunststoffe bestehend aus Makromolekülen, die eine fadenförmig verschlungene aber nicht vernetzte Polymer-

387

struktur haben. Aus diesem Grund beginnen Dämmstoffe aus EPS bei einer Temperatur von > 100 °C zu schrumpfen bzw. mit steigender Temperatur zu schmelzen. Dämmstoffe aus EPS können brennend abtropfen, wenn diese z. B. nicht durch eine Putzschicht isoliert und einer längeren erhöhten thermischen Beanspruchung ausgesetzt sind (Bauphase) oder die applizierte Putzschicht versagt und brennende Schmelze aus dem System austritt. Der Industrieverband Hartschaum (IVH) hat zahlreiche Brandversuche mit unterschiedlichen Brandquellen an verputzten WDVS im Montagezustand durchgeführt und dabei aufgezeigt, dass für WDVS zugelassene schwerentflammbare EPSDämmstoffe nicht fahrlässig oder versehentlich entzündet werden können [37]. Es bedarf für ein eigenständiges Weiterbrennen einer intensiven Beflammung, sodass die Zündtemperatur von EPS (Hauptbestandteil Polystyrol) von ca. 370 °C (Selbstentzündungstemperatur 450 °C [26]) dauerhaft vorherrscht. Eine derartige thermische Beanspruchung entsteht unter Betrachtung der Vorsätzlichkeit in der Regel erst durch gezielte Brandstiftung. Der Dämmstoff in einem WDVS ist im verbauten Zustand immer vollflächig mit einer Deckschicht umhüllt. Die Deckschicht besteht aus einem aufgetragenen Unterputz mit Armierungsgewebe und als oberen Abschluss aus einem Oberputz oder alternativ aus Dekorprofilen. Bei den verwendeten Putzen handelt es sich um mineralisch oder organisch gebundene Putzsysteme. Das Gefüge von Putzen besteht bei WDVS überwiegend aus nichtbrennbaren mineralischen Materialien. Der hohe nichtbrennbare Anteil verhindert ein fortschreitendes „Lauffeuer“ auf der Putzoberfläche. Zur Verbesserung der Stabilität und Widerstandsfähigkeit gegen mechanische Beschädigungen und auch zur Gewährleitung des Intaktbleibens im Brandfall enthält der Unterputz zusätzlich immer ein Armierungsgewebe das in der Regel aus einem nichtbrennbaren Glasfasergewebe besteht. Für den Brandfall hat der Putz aus brandschutztechnischer Sicht die Hauptfunktion eine direkte Flammenbeanspruchung zu vermeiden und gleichzeitig eine Isolierung zu schaffen, die das übermäßige Ausgasen von Pyrolysegasen und das brennende Abtropfen von auftretender Schmelze verhindert. Nachfolgend soll am Beispiel eines im Vollbrand befindlichen Raumes mit der thermischen Beanspruchung über ein Fenster auf die Fassade das grundlegende Brandverhalten eines WDVS mit EPS größer 100 mm Dicke, einem Unterputz mit Armierungsgewebe aus Glasfaser und einem Oberputz erläutert werden. Das System ist ohne konstruktive brandschutztechnische Maßnahmen (Sturzschutz oder Brandriegel) ausgeführt. Das mögliche Einsetzen wirksamer Löscharbeiten während der betrachteten Brandbeanspruchung wird nicht berücksichtigt. Das WDVS ist auf einem nichtbrennbaren mineralischen massiven Untergrund aufgebracht. Es wird in vier verschiedene zeitliche Phasen unterschieden. Bild 7 erläutert diese Phasen graphisch.

388

D3

Brandschutz bei Außenwandbekleidungen

Bild 7. Darstellung der vier unterschiedlichen Brandphasen eines WDVS mit EPS

In der ersten Brandphase wird durch die austretenden Flammen das WDVS zweiseitig thermisch beansprucht. Der Wärmeeintrag erfolgt unterhalb des Sturzes und über die vertikale Außenoberfläche in das System. Die höchsten Temperaturen sind im Sturzbereich zu erwarten und nehmen mit zunehmender vertikaler Höhe aufgrund der Frischlufteinmengung ab. Es sind Temperaturen im Sturzbereich von über 900 °C bei einem im Raum vollentwickelten Vollbrand zu erwarten. Der Wärmestrom in das WDVS führt zu einem Temperaturanstieg innerhalb des Systems. In der zweiten Phase beginnt der innenliegende Dämmstoff zu schrumpfen und zu schmelzen. Die Schmelztemperatur von EPS-Dämmplatten beginnt bei ca. 100 °C [17]. Dabei verliert der aus Polystyrol hergestellte Dämmstoff aufgrund seiner thermoplastischen Eigenschaften die Bindung (Nebenvalenzen) der Polymerketten. Insbesondere der untere horizontale Sturzbereich sowie der untere Bereich der vertikalen Oberfläche im Überlappungsbereich der Wärmeströme (unten und seitlich) führt zu einer erhöhten thermischen Beanspruchung. Die Polymerschmelze sammelt sich am Boden des entstandenen Hohlraums am Sturzbereich im WDVS. In der dritten Phase ergeben sich erhöhte Mengen an Pyrolysegasen im entstandenen Hohlraum des WDVS.

Des Weiteren dehnt sich die Luft im Hohlraum aufgrund der Erwärmung aus. Es entsteht ein innerer Druck, der sich auf die Umfassungsflächen des Hohlraums auswirkt. Aufgrund der massiven und dichten Bauweise der Außenwand gibt die Putzfläche dem Überdruck nach, dehnt sich aus und verwölbt sich. Der Innendruck im Hohlraum hängt maßgeblich von der isolierenden Wirkung des Putzes ab. Durch entstehende Risse im Putz oder durch Abbrennen von gegebenenfalls vorhandenen organischen Bestandteilen können Pyrolysegase sowie erhitzte Luft durch die Leckagen austreten und den Überdruck reduzieren. Einen weiteren Einfluss haben die Diffusionseigenschaften der Putze. Diffusionsoffene Putzsysteme haben den Vorteil, dass sie Pyrolysegase sowie die erhitzte Luft von Innen nach Außen abgeben können. Dies hilft, den Überdruck im Hohlraum des WDVS zu reduzieren und ein Versagen der Putzschicht zu verhindern. In der vierten Brandphase kann es zum Versagen des bisher geschlossenen WDVS kommen. Aufgrund des Gewichts der Schmelze auf den Sturzbereich, welche von der abgeschmolzenen Menge und der Rohdichte des verwendeten Dämmstoffes abhängt, und dem Überdruck im Hohlraum kann es zu einer Überlastung der Putzschicht am Anschlussbauteil kommen. Bei einem möglichen Versagen der Putzschicht öffnet

Brandschutzausführungen

389

sich das System. Dabei kann Polystyrolschmelze brennend abtropfen. Es kann zu einem Sekundärbrand am Boden, aber auch zu einem direkten Entzünden der Schmelze am Austrittsbereich kommen. Die Flammen können ungehindert in das System eindringen und der ungeschützte Dämmstoff brennt durch direkte Flammenbeanspruchung ab. Die Wirkungsweise von WDVS mit EPS zeigt auf, dass das Brandverhalten der einzelnen Baustoffe des Systems nicht ausschließlich maßgebend sind, sondern vor allem das Zusammenwirken aller eingesetzten Baustoffe mit gegebenenfalls zusätzlichen konstruktiven Maßnahmen schlussendlich den Nachweis der Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Schutzziele erreichen. Zum Brandverhalten von WDVS mit Holzfaserdämmstoffen und Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen wird an dieser Stelle auf den Beitrag B 3 in diesem Bauphysik-Kalender verwiesen.

3.2.2

Hinterlüftete Außenwandbekleidungen

Bei Außenwandkonstruktionen mit geschossübergreifenden Hohl- oder Lufträumen handelt es sich in der Regel um vorgehängte hinterlüftete Außenwandbekleidungen bzw. Fassaden (VHF) oder um Doppelfassaden. Beide Außenwandbekleidungssysteme haben einen Luftspalt gemeinsam, der über das komplette Gebäude führt. Bei einer Brandbeanspruchung in den Lüftungsspalt können vor allem aufsteigende Pyrolysegase im Hohlraum entzünden, die insbesondere bei fehlenden Brandschutzmaßnahmen zu einer großflächigen Brandausbreitung und ggf. Brandweiterleitung in darüberliegende Geschosse führen kann. Bild 8 stellt die Brandausbreitungsmechanismen im Hinterlüftungsspalt bzw. im Luftraum bei fehlenden horizontalen Brandsperren zur besseren Übersicht schematisch dar. Untersuchungen in den 2000er-Jahren, in Anlehnung an den 2017 normierten mittelskalierten Brandversuch gemäß DIN 4102-20 [14], haben die rasante Brandausbreitung bei VHF ohne brandschutztechnische Maßnahmen bestätigt. Aus den Versuchsergebnissen wurde auch deutlich, dass sich die Brandausbreitung überwiegend im Hinterlüftungsspalt hinter der Abschlussbekleidung vollzieht. Auch bei vollständig nichtbrennbaren Systemen einschließlich der einzelnen Komponenten ist eine Flammenweiterleitung in Form eines „Kamineffektes“ zu beobachten gewesen. In diesem Zusammenhang hat sich bei weiteren Brandversuchen auch herausgestellt, dass nichtbrennbare Dämmungen wie Glaswolle aufgrund der deutlich geringeren Temperaturbeständigkeit (ca. 600 °C) gegenüber Mineralwolle mit einem Schmelzpunkt > 1000 °C gemäß DIN 4102-17 [13] bei besonders kritischen geometrischen Randbedingungen zu einer ungünstigen Brandweiterleitung beitragen können. Auch aus diesem Grund müssen die notwendigen horizontalen Brandsperren bei VHF (Brandverhalten schwerentflammbar) bei Anwendung von nichtbrennbaren Dämmungen, die kei-

Bild 8. Darstellung einer vorgehängten hinterlüfteten Außenwandbekleidung bei einer Brandbeanspruchung über eine Bauwerksöffnung (Fenster)

nen Schmelzpunkt > 1000 °C nach DIN 4102-17 [13] aufweisen, vollständig unterbrochen werden. Genauere Informationen zu den Ausführungsgrundsätzen von VHF gemäß Anhang 6 MVV TB [36] sind dem Abschnitt 4.5.1 zu entnehmen.

4

Brandschutzausführungen

4.1

Maßnahmen zur Verbesserung des Brandschutzes während der Bauphase

Für den Brandschutz während der Bauphase im Zusammenhang mit energetischen Sanierungsmaßnahmen ist im Wesentlichen zunächst die Rettungswegsituation zu beachten. Dabei ist auf die Ausbildung des 1. und 2. Rettungsweg und dabei insbesondere auf den Erhalt dieser Rettungswege während der Bauphase zu achten. Der 1. Rettungsweg wird in der Regel baulich über einen notwendigen Treppenraum gewährleistet. Dieser notwendige Treppenraum darf weder versperrt oder mit Gegenständen verstellt werden. Für den 2. Rettungsweg, der im konventionellen Wohnungsbau wiederum in der Regel über das Rettungsgerät der Feuerwehr erfolgt, müssen zur Gewährleistung der Anleiterbarkeit der einzelnen Nutzungseinheiten zwingend die Zu- und Durchfahrten (falls vorhanden) sowie die Feuerwehraufstellflächen freigehalten werden. Außerdem müssen diese Rettungswege während der Bauphase jederzeit funktionsfähig sein. Sofern dies aufgrund der Bauablaufplanung nicht gewährleistet werden kann, sind ausreichende Kompensationsmaßnahmen vorzusehen.

390

D3

Brandschutz bei Außenwandbekleidungen

Neben der Freihaltung von Rettungswegen ist im Weiteren auf die grundsätzliche schnellstmögliche Fertigstellung von brandschutztechnischen Maßnahmen zu achten, da vor allem der Brandschutz oftmals bei Teilen von baulichen Anlagen (Bauarten) erst nach dem ordnungsgemäßen Zusammenfügen der einzelnen Bauprodukte erfüllt wird. Darüber hinaus ist der VdS-Leitfaden 2021 [38] für Maßnahmen während der Bauphase als zusätzliches Arbeitspapier für brandschutztechnische Aspekte dienlich. Hierbei werden vorbeugende, betriebliche und organisatorische Maßnahmen beschrieben, die eine erhebliche Verbesserung des Brandschutzes während dieser Phase berücksichtigen. Die nachfolgende Auflistung stellt eine Reihe von möglichen Maßnahmen zur Verbesserung des Brandschutzes während der Bauphase dar. Hierbei handelt es sich hauptsächlich um Empfehlungen, die über die bauordnungsrechtlichen Anforderungen hinausgehen. – Werden Baugerüste für Fassadendämmarbeiten eingesetzt, sollten diese so ausgebildet werden, dass eine Rettung vom Baugerüst im Brandfall immer über zwei unabhängig liegende Fluchtrichtungen gewährleistet ist. – Auf Baugerüsten sollten brennbare Materialien nicht dauerhaft gelagert und ausschließlich zur direkten Verarbeitung zwischengelagert werden. – Die Baustelle ist gegen unbefugtes Betreten durch eine feste Umzäunung zu sichern. – Brennbare Materialien wie nicht verarbeitete Dämmstoffe, Bauabfälle oder Bauholz sollten nicht direkt an gedämmten Fassaden gelagert werden. Ein ausreichender Abstand von mindestens 5 m vom Gebäude sollte eingehalten werden. Alternativ kann die Lagerung in nicht brennbaren geschlossenen Containern erfolgen, wobei eine unmittelbare Lagerung auch dann nicht vor der Fassade erfolgen sollte. – Brennbare Abfälle sind regelmäßig, idealerweise arbeitstäglich zu entsorgen. – Geeignete Feuerlöscher sind in ausreichender Stückzahl griffbereit aufzustellen und die Beschäftigten sind regelmäßig in deren Bedienung zu unterweisen. – Mit Bezug auf die ASR 2.2 sind auf der Baustelle für jedes eingesetzte Heißarbeits-Arbeitsmittel jeweils ein geeigneter Feuerlöscher mit mindestens sechs Löschmitteleinheiten vorzuhalten. Dabei ist ein ausreichender Sicherheitsabstand bei feuergefährlichen Arbeiten zur Fassade zu beachten. – Der Arbeitsbereich ist nach Beendigung von Heißarbeiten nochmals zu kontrollieren, da sich Schwelbrände zunächst auch z. B. unter dem Putz ausbreiten können. Hierzu sollten entsprechende zeitliche Vorgaben sowie personenbezogene Angaben (Brandwachen) im Erlaubnisschein dokumentiert werden. – Bei WDVS ist eine schnellstmögliche Schließung mit dem aufzubringenden Putz vorzunehmen.

4.2

Maßnahmen zur Verbesserung des Brandschutzes während der Nutzungsphase

Zusätzlich zu den konstruktiven Maßnahmen aus den Anwendbarkeitsnachweisen bzw. der MVV TB gibt es Empfehlungen für die Lagerung von Brandlasten vor der Fassade während der Nutzungszeit. Für die Lagerung von brennbaren Materialien (z. B. Brennholz) wird ein Mindestabstand von 3 m empfohlen [6]. Bei Müllcontainern vor der Fassade sollte als Schutz eine nicht brennbare Einhausung aus mineralischen Stoffen und mit metallischen Einwurfklappen vorgesehen oder alternativ ein ausreichender Abstand von 5 m zur Fassade eingehalten werden [39]. Aber auch die ordnungsgemäße Instandhaltung eines WDVS während der Nutzung ist zu beachten, sodass die Schutzfunktion bei einem Raum- oder Sockelbrand erhalten bleibt [6, 37].

4.3

Ausführungsgrundsätze bei WDVS mit EPS

4.3.1

Ausführung nach den Zulassungsgrundsätzen – Allgemeines

Aufgrund des Beschlusses der Bauministerkonferenz zur Berücksichtigung des „Sockelbrandes“ wurden zusätzliche Schutzmaßnahmen an WDVS mit EPS zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit gegen Brandeinwirkungen von außen bei Neubauten, Erneuerungen und der nachträglichen Dämmung bei Bestandsgebäuden beschlossen [8]. Die zusätzlichen Schutzmaßnahmen sind in den abZ bzw. aBG und für WDVS mit ETA im Anhang 11 MVV TB [36] eingeflossen und ergänzen die bis Ende 2015 ausschließlich geltenden brandschutztechnischen Maßnahmen wie Sturzschutz über den Bauwerksöffnungen (Fenster/Türen) oder den alternativ ausführbaren Brandriegel in jedem zweiten Geschoss für den Raumbrand. Zusätzliche brandschutztechnische Maßnahmen für den Sockelbrand sind bei WDVS mit EPS und der Anforderung schwerentflammbar unabhängig von der Dicke des Systems umzusetzen. Somit wurden die bisherigen Anforderungen für WDVS mit EPS erhöht. Aufgrund der Änderungen der abZ hinsichtlich der Berücksichtigung des Sockelbrandes seit 01.01.2016 sind die Brandschutzmaßnahmen für den Raumbrand (Sturzschutz bzw. Brandriegel in jedem zweiten Geschoss) erst ab dem dritten Geschoss bzw. ab dem dritten Brandriegel maßgebend. Bis zu dem Bereich sind bei WDVS mit EPS mit der Anforderung schwerentflammbar, die konstruktiven Maßnahmen für den Sockelbrand zu berücksichtigen. Nachfolgend werden die Anforderungen für ein schwerentflammbares WDVS mit EPS für ein Gebäude der GKL 4 oder 5 mit unterschiedlichen Dicken der Außenwandbekleidungen und der Bauarten der Außenwände vorgestellt. Ergänzend zu den beschriebenen Brandschutzmaßnahmen werden die Maßnahmen in den Bildern 9 bis 12 übersichtlich zusammenfassend dargestellt.

Brandschutzausführungen

Brandriegel Schutzzone Sockelbrand Die Brandriegel im Bereich Schutzzone Sockelbrand bis zum 3. OG müssen in allen Anwendungen folgende Anforderungen erfüllen: – Höhe ≥ 200 mm, – nichtbrennbare Mineralwolle-Lamellenstreifen, Klassen A1, A2 nach DIN 4102-1 [12] oder A1, A2-s1, d0 nach DIN EN 13501-1 [15] nicht glimmend, aus Steinfasern mit einem Schmelzpunkt von mindestens 1000 °C geprüft nach DIN 4102-17 [13], mit einer Rohdichte zwischen 60 und 100 kg/m3 , – mit mineralischem Klebemörtel (Bindemittel: Kalk und/oder Zement) vollflächig angeklebt und zusätzlich mit WDVS-Dübeln angedübelt, – Verdübelung mit zugelassenen WDVS-Dübeln, bestehend aus Dübelteller und Hülse aus Kunststoff sowie Spreizelement aus Stahl; Durchmesser des Dübeltellers ≥ 60 mm, Rand- und Zwischenabstände der Dübel mindestens 10 cm nach oben und unten, maximal 15 cm zu den seitlichen Rändern eines Brandriegel-Streifenelements sowie maximal 45 cm zum benachbarten Dübel. Entsprechend dem Hinweispapier des DIBt [7] dürfen alternativ zu den genannten Brandriegeln aus Mineralwolle-Lamellen auch Mineralwolle-Dämmplatten (mit vorwiegend parallel zum Untergrund liegenden Fasern) verwendet werden, sofern sie folgende Anforderungen erfüllen: – Höhe ≥ 200 mm, – Brandverhalten: nichtbrennbar (Baustoffklasse A1 oder A2 nach DIN 4102-1 [12] bzw. Klasse A1 oder A2-s1, d0 nach DIN EN 13501-1 [15], nicht glimmend), – hergestellt aus Steinfasern mit einem Schmelzpunkt von mindestens 1000 °C, geprüft nach DIN 4102-17 [13], – mit einer Rohdichte von ≥ 90 kg/m3 (Kleinstwert aller Messungen) und mit einer Querzugfestigkeit von ≥ 5 kPa als Mittelwert, Einzelwerte dürfen den Mittelwert um nicht mehr als 15 % unterschreiten. a) WDVS mit angeklebtem EPS oder angeklebten und zusätzlich angedübelten EPS mit Dicken bis 300 mm sowie WDVS mit schienenbefestigtem EPS mit Dämmstoffdicken bis maximal 200 mm auf massiv mineralischen Untergründen mit Putzschicht Bei schwerentflammbaren WDVS mit angeklebtem EPS oder angeklebten und zusätzlich angedübelten EPS mit Dicken bis 300 mm sowie WDVS mit schienenbefestigtem EPS mit Dämmstoffdicken bis maximal 200 mm auf massiv mineralischen Untergründen müssen ergänzend zu den bis Ende 2015 vorgeschriebenen Brandschutzmaßnahmen aus bis dahin gültigen abZ zusätzlich folgende brandschutztechnische Ausführungen gegen eine Brandeinwirkung von außerhalb des Gebäudes ausgeführt werden:

391

1. ein Brandriegel an der Unterkante des WDVS bzw. maximal 90 cm über Geländeoberkante oder genutzten angrenzenden horizontalen Gebäudeteilen (z. B. Parkdächer), 2. ein Brandriegel in Höhe der Decke des 1. Geschosses über Geländeoberkante oder angrenzenden horizontalen Gebäudeteilen nach Nr. 1, jedoch zu dem darunter angeordneten Brandriegel mit einem Achsabstand von nicht mehr als 3 m; bei größeren Abständen sind zusätzliche Brandriegel einzubauen, 3. ein Brandriegel in Höhe der Decke des 3. Geschosses über Geländeoberkante oder angrenzender horizontaler Gebäudeteile nach Nr. 1, jedoch zu dem darunter angeordneten Brandriegel mit einem Achsabstand von nicht mehr als 8 m; bei größeren Abständen sind zusätzliche Brandriegel einzubauen, 4. weitere Brandriegel an Übergängen der Außenwand zu horizontalen Flächen (z. B. Durchgängen, -fahrten, Arkaden), soweit diese in dem durch einen Brand von außen beanspruchtem Bereich des 1. bis 3. Geschosses liegen. Weiterhin ist ein Brandriegel (wie vorstehend beschrieben) maximal 1,0 m unterhalb von angrenzenden brennbaren Bauprodukten (z. B. am oberen Abschluss des WDVS unterhalb eines Daches) in der Dämmebene des WDVS anzuordnen. Dieser Brandriegel ist mit einem Klebemörtel vollflächig anzukleben; eine zusätzliche Verdübelung mit zugelassenen WDVS-Dübeln ist jedoch nur auszuführen, wenn sie zur Aufnahme der Lasten aus Winddruck (Windsog) benötigt wird. Das applizierte WDVS muss von der Unterkante des WDVS bis mindestens zur Höhe des Brandriegels nach Nr. 3 folgende Anforderungen erfüllen: – Mindestdicke des Putzsystems (Oberputz und Unterputz) von 4 mm, bei Ausführung vorgefertigter, klinkerartiger Putzteile (Flachverblender) Dicke des Unterputzes ≥ 4 mm, – an Gebäudeinnenecken sind in den bewehrten Unterputz Eckwinkel aus Glasfasergewebe, Flächengewicht 280 g/m2 und Reißfestigkeit > 2,3 kN/5 cm (im Anlieferungszustand) einzuarbeiten, – Verwendung von EPS mit einer Rohdichte max. 25 kg/m3 und – Verwendung eines Armierungsgewebes mit einem Flächengewicht von ≥ 150 g/m2 . Die für den Raumbrand bereits bis 2015 in den allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen für schwerentflammbare WDVS vorgeschriebenen Maßnahmen im Bereich von Außenwandöffnungen müssen erst oberhalb des Brandriegels über dem 3. Geschoss ausgeführt werden und sind im Weiteren in Abschnitt 4.3.2 erläutert. Bild 9 stellt die beschriebenen Maßnahmen graphisch dar.

Zusatz: Bei WDVS mit schienenbefestigtem EPS-Dämmstoff mit Dämmstoffdicken bis maximal 200 mm auf massiv mineralischen Untergründen mit Putzschicht sind Durchdringungen der Brandriegel durch PVC-Profi-

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D3

Brandschutz bei Außenwandbekleidungen

Bild 9. WDVS mit angeklebtem bzw. angeklebtem und zusätzlich angedübelten EPS-Dämmstoff mit Dicken bis 300 mm auf massiv mineralischen Untergründen mit Putzschicht sowie WDVS mit schienenbefestigtem EPS-Dämmstoff mit Dicken bis maximal 200 mm

le der Schienenbefestigung des EPS-Dämmstoffs nicht zulässig.

b) WDVS mit EPS-Dämmstoff mit Dicken über 300 mm bis maximal 400 mm Bei schwerentflammbaren WDVS mit mehr als 300 mm bis maximal 400 mm dicken EPS-Dämmstoffen müssen ergänzend zu den bis Ende 2015 vorgeschriebenen Brandschutzmaßnahmen aus bis dahin gültigen abZ zusätzlich folgende brandschutztechnische Ausführungen gegen eine Brandeinwirkung von außerhalb des Gebäudes ausgeführt werden: 1. Ausführung einer nichtbrennbaren Außenwandbekleidung oberhalb eines maximal 90 cm hohen Spritzwassersockels (beliebiger Ausführung) über Geländeoberkante oder genutzten angrenzenden horizontalen Gebäudeteilen (Parkdächer u. a.) bis zur Höhe der Decke über dem 2. Geschoss, jedoch auf mindestens 6 m Höhe, 2. ein Brandriegel an der Unterkante des WDVS mit EPS-Dämmstoff, 3. ein Brandriegel in Höhe der Decke über dem 3. Geschoss über Geländeoberkante oder angrenzenden horizontalen Gebäudeteilen nach Nr. 1, jedoch zu dem darunter angeordneten Brandriegel mit einem Achsabstand von nicht mehr als 3 m; bei größeren Abständen sind zusätzliche Brandriegel einzubauen,

4. weitere Brandriegel an Übergängen der Außenwand zu horizontalen Flächen (z. B. Durchgängen, -fahrten, Arkaden), soweit diese in dem durch einen Brand von außen beanspruchtem Bereich des 1. bis 3. Geschosses liegen. Weiterhin ist ein Brandriegel (wie bereits beschrieben) maximal 1,0 m unterhalb von angrenzenden brennbaren Bauprodukten (z. B. am oberen Abschluss des WDVS unterhalb eines Daches) in der Dämmebene des WDVS anzuordnen. Dieser Brandriegel ist mit einem Klebemörtel vollflächig anzukleben; eine zusätzliche Verdübelung mit zugelassenen WDVS-Dübeln ist jedoch nur auszuführen, wenn sie zur Aufnahme der Lasten aus Winddruck (Windsog) benötigt wird. Das applizierte WDVS muss von der Unterkante des WDVS bis mindestens zur Höhe des Brandriegels nach Nr. 3 folgende Anforderungen erfüllen: – Mindestdicke des Putzsystems (Oberputz und Unterputz) von 4 mm, bei Ausführung vorgefertigter, klinkerartiger Putzteile (Flachverblender) Dicke des Unterputzes ≥ 4 mm, – an Gebäudeinnenecken sind in den bewehrten Unterputz Eckwinkel aus Glasfasergewebe, Flächengewicht 280 g/m2 und Reißfestigkeit > 2,3 kN/5 cm (im Anlieferungszustand) einzuarbeiten, – Verwendung von EPS mit einer Rohdichte max. 25 kg/m3 und – Verwendung eines Armierungsgewebes mit einem Flächengewicht von ≥ 150 g/m2 .

Brandschutzausführungen

393

Bild 10. WDVS mit EPS-Dämmstoff mit Dicken über 300 mm bis maximal 400 mm

Die für den Raumbrand bereits bis 2015 in den allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen für schwerentflammbare WDVS vorgeschriebenen Maßnahmen im Bereich von Außenwandöffnungen müssen erst oberhalb des Brandriegels über dem 3. Geschoss ausgeführt werden und sind im Weiteren in Abschnitt 4.3.2 erläutert. Bild 10 stellt die beschriebenen Maßnahmen graphisch dar.

c) WDVS mit angeklebtem und zusätzlich angedübeltem EPS-Dämmstoff mit Dämmstoffdicke bis maximal 200 mm auf massiv mineralischen Untergründen mit angeklebter Keramik- oder Natursteinbekleidung Bei schwerentflammbaren WDVS mit bis zu 200 mm dicken EPS-Dämmplatten müssen zu den bis Ende 2015 gültigen allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen vorgeschriebenen Brandschutzmaßnahmen zusätzlich folgende Brandschutzmaßnahmen gegen eine Brandeinwirkung von außerhalb des Gebäudes ausgeführt werden: 1. Ausführung einer nichtbrennbaren Außenwandbekleidung oberhalb eines maximal 90 cm hohen Spritzwassersockels (beliebiger Ausführung) über Geländeoberkante oder genutzten angrenzenden horizontalen Gebäudeteilen (Parkdächer u. a.) bis zur Höhe der Decke über dem 1. Geschoss, jedoch auf mindestens 3 m Höhe,

2. ein Brandriegel an der Unterkante des WDVS mit EPS-Dämmstoff, 3. ein Brandriegel in Höhe der Decke des 3. Geschosses über Geländeoberkante oder angrenzender horizontaler Gebäudeteile nach Nr. 1, jedoch zu dem darunter angeordneten Brandriegel mit einem Achsabstand von nicht mehr als 8 m; bei größeren Abständen sind zusätzliche Brandriegel einzubauen, 4. weitere Brandriegel an Übergängen der Außenwand zu horizontalen Flächen (z. B. Durchgänge, -fahrten, Arkaden), soweit diese in dem durch einen Brand von außen beanspruchtem Bereich des 1. bis 3. Geschosses liegen. Weiterhin ist ein Brandriegel (wie vorstehend beschrieben) maximal 1,0 m unterhalb von angrenzenden brennbaren Bauprodukten (z. B. am oberen Abschluss des WDVS unterhalb eines Daches) in der Dämmebene des WDVS anzuordnen. Dieser Brandriegel ist mit einem Klebemörtel vollflächig anzukleben; eine zusätzliche Verdübelung mit zugelassenen WDVS-Dübeln ist jedoch nur auszuführen, wenn sie zur Aufnahme der Lasten aus Winddruck (Windsog) benötigt wird. Das applizierte WDVS muss von der Unterkante des WDVS bis mindestens zur Höhe des Brandriegels nach Nr. 3 folgende Anforderungen erfüllen: – Mindestdicke des armierten Unterputzes von 2 mm, soweit in den allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen keine größere Mindestdicke des Unterputzes vorgeschrieben ist,

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Brandschutz bei Außenwandbekleidungen

Bild 11. WDVS mit angeklebtem und zusätzlich angedübeltem EPS-Dämmstoff mit Dämmstoffdicken bis maximal 200 mm auf massiv mineralischen Untergründen mit angeklebter Keramik oder Natursteinbekleidung

– an Gebäudeinnenecken sind in den bewehrten Unterputz Eckwinkel aus Glasfasergewebe, Flächengewicht 280 g/m2 und Reißfestigkeit > 2,3 kN/5 cm (im Anlieferungszustand) einzuarbeiten, – Verwendung von EPS mit einer Rohdichte max. 25 kg/m3 sowie – Verwendung eines Armierungsgewebes mit einem Flächengewicht von ≥ 150 g/m2 . – Die bisher in den allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen für schwerentflammbare WDVS vorgeschriebenen Maßnahmen im Bereich von Außenwandöffnungen müssen erst oberhalb des Brandriegels nach Nr. 3 ausgeführt werden. Die für den Raumbrand bereits bis 2015 in den allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen für schwerentflammbare WDVS vorgeschriebenen Maßnahmen im Bereich von Außenwandöffnungen müssen erst oberhalb des Brandriegels über dem 3. Geschoss ausgeführt werden und sind im Weiteren in Abschnitt 4.3.2 erläutert. Bild 11 stellt die beschriebenen Maßnahmen graphisch dar.

d) WDVS mit angeklebtem EPS-Dämmstoff mit Dämmstoffdicke bis maximal 200 mm auf Untergründen des Holztafelbaus mit Putzschicht Bei schwerentflammbaren WDVS mit maximal 200 mm dicken EPS-Dämmplatten müssen zu den bisher in den allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen vorgeschriebenen Brandschutzmaßnahmen zusätzlich

folgende Brandschutzmaßnahmen gegen eine Brandeinwirkung von außerhalb des Gebäudes ausgeführt werden: 1. äußere Beplankung der Wände bis zur Höhe der Decke des 3. Geschosses über Geländeoberkante oder genutzten angrenzenden horizontalen Gebäudeteilen (z. B. Parkdächer u. a.) mit nichtbrennbaren Plattenwerkstoffen (Baustoffklasse A1 oder A2 nach DIN 4102-1 [5] oder Klassen A1 bzw. A2-s1, d0 nach DIN EN 13501-1 [15]), 2. Ausführung einer nichtbrennbaren Außenwandbekleidung oberhalb eines maximal 90 cm hohen Spritzwassersockels über Geländeoberkante oder genutzten angrenzenden horizontalen Gebäudeteilen nach Nr. 1 bis zur Höhe der Decke über dem 1. Geschoss, jedoch auf mindestens 3 m Höhe, 3. ein Brandriegel an der Unterkante des WDVS mit EPS-Dämmstoff, 4. ein Brandriegel in Höhe der Decke des 3. Geschosses über Geländeoberkante oder angrenzenden horizontalen Gebäudeteilen nach Nr. 1, jedoch zu dem darunter angeordneten Brandriegel mit einem Achsabstand von nicht mehr als 8 m. Bei größeren Abständen sind zusätzliche Brandriegel einzubauen. 5. Weitere Brandriegel an Übergängen der Außenwand zu horizontalen Flächen (z. B. Durchgänge, -fahrten, Arkaden), soweit diese in dem durch einen Brand von außen beanspruchtem Bereich des 1. bis 3. Geschosses liegen.

Brandschutzausführungen

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Bild 12. WDVS mit angeklebtem EPS-Dämmstoff mit Dämmstoffdicke bis maximal 200 mm auf Untergründen des Holztafelbaus mit Putzschicht

Die Platten für die Beplankung nach Nr. 1 müssen mindestens in die Klasse K2 30 nach DIN EN 13501-2 [16] eingestuft sein. Die für den Raumbrand bereits bis 2015 in den allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen für schwerentflammbare WDVS vorgeschriebenen Maßnahmen im Bereich von Außenwandöffnungen müssen erst oberhalb des Brandriegels über dem 3. Geschoss ausgeführt werden und sind im Weiteren in Abschnitt 4.3.2 erläutert. Bild 12 stellt die beschriebenen Maßnahmen graphisch dar.

4.3.2

Ausführung nach den Zulassungsgrundsätzen – ab 3. OG/3. Brandriegel

Oberhalb des 3. Geschosses werden Brandschutzmaßnahmen für WDVS mit EPS mit der Anforderung schwerentflammbar und Dicken > 100 mm nach den bis Ende 2015 gültigen Zulassungsgrundsätzen durchgeführt. Ausgenommen davon ist der Brandriegel als oberster Abschluss des Außenwandbekleidungssystems unterhalb von brennbaren Bauprodukten (z. B. Dächern) analog den Darstellungen gemäß den Bildern 9 bis 12. Somit wird in diesem Bereich als maßgebende Brandbeanspruchung weiterhin der Raumbrand mit einer Brandbeanspruchung über eine Bauwerksöff-

nung (z. B. Fenster oder Tür) in der Außenwand auf die Fassade bewertet. Dabei stehen in Abhängigkeit der konstruktiven Ausbildung der Gebäudehülle sowie der Ausführung des WDVS als brandschutztechnische Maßnahmen entweder der Brandriegel in jedem zweiten Geschoss oder alternativ der Sturzschutz über Öffnungen von Türen und Fenstern zur Verfügung. Hierbei sind zwingend die Anforderungen für das jeweilige System aus den abZ/aBG zu beachten und anzuwenden. Die nachfolgenden Ausführungsgrundsätze stellen die brandschutztechnischen Maßnahmen übersichtlich zusammen, ersetzen jedoch nicht die Vorgaben aus den jeweiligen Anwendbarkeitsnachweisen des WDVS, die schlussendlich für die Anwendung maßgebend sind.

a) Sturzschutz Der Sturzbereich über Fenstern und Türen unterliegt bei allen Gebäuden im Falle eines Raumbrands mit einem Flammenaustritt auf die Fassade besonders hohen Beanspruchungen. Wie in Abschnitt 3.2.1 beschrieben, kann es insbesondere bei einer Dämmschichtdicke > 100 mm zu einem Öffnen der Sturzkante kommen. Dabei kommt es zu einer direkten Brandbeanspruchung des Dämmstoffes. Durch den Einbau eines zusätzlichen Sturzschutzes oberhalb der Bau-

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D3

Brandschutz bei Außenwandbekleidungen

Bild 13. Sturzschutz über Fenster für WDVS mit EPS d > 100 mm

werksöffnungen (Fenster/Türen) oberhalb des 3. Obergeschosses wird dieser kritische Bereich brandschutztechnisch verbessert. Die Ausbildung des Sturzschutzes erfolgt bei in der Rohbauebene liegenden Fenstern nach Bild 13 und ist oberhalb jeder Öffnung im Bereich des Sturzes mindestens 200 mm hoch und mindestens beidseitig 300 mm seitlich überstehend auszuführen. Der Sturzschutz kann dabei wie folgt ausgebildet werden: – vollflächig angeklebte nichtbrennbare Mineralwolle-Lamellendämmstreifen oder MineralwolleDämmplatten A1 bzw. A2-s1, d0 gemäß DIN EN 13501-1 [15], Rohdichte ≥ 60 kg/m3 , Schmelzpunkt > 1000 °C gemäß DIN 4102-17 [13]) und – in Abhängigkeit des Anwendbarkeitsnachweises ggf. zusätzlich angedübelt. Die Verklebung des Sturzschutzes erfolgt grundsätzlich mit mineralischen Mörteln. Bei WDVS die nach dem Anwendbarkeitsnachweis geklebt und gedübelt oder schienenbefestigt werden müssen, ist zusätzlich zur vollflächigen Verklebung immer eine Verdübelung mit allgemein bauaufsichtlich zugelassenen WDVSDübeln für den Sturzschutz erforderlich. Um einen Wärmebrückeneffekt zu vermeiden und gleichzeitig den brandschutztechnischen Anforderungen zu genügen, bestehen keine Bedenken den Fensterrahmen mit bis zu maximal 40 mm mit dem Sturzschutz zu überdämmen. Werden auch Laibungen gedämmt, ist für die Dämmung der horizontalen Laibung im Sturzbereich ebenfalls nichtbrennbarer Mineralwolle-Dämmstoff zu verwenden. In schienenbefestigten Systemen ist die mechanische Befestigung mit Halte- und Verbindungsleisten in diesem Bereich zu unterbrechen und durch eine vollflächige Verklebung und ggf. eine Verdübelung des Sturzschutzes zu ersetzen [37]. Bei Fenstern, deren Rahmen nicht mehr als 4 cm vor die Rohbaukante ragen, genügt aus brandschutztech-

nischer Sicht, wie in Bild 13 dargestellt, die Ausbildung des Mineralwolle-Sturzes nur oberhalb des Fensters. Bei Fenstern, die mehr als 40 mm in die EPS-Dämmebene einbinden, müssen diese, wie in Bild 14 dargestellt, oberhalb und an beiden Seiten durch einen mindestens 200 mm hohen bzw. breiten vollflächig verklebten nichtbrennbaren Mineralwolle-Dämmstreifen (Klasse A1 oder A2-s1, d0 nach DIN EN 13501-1 [15]) umschlossen sein. Dadurch wird der aus brandschutztechnischer Sicht ungünstigen Einbindung der Fenster in das WDVS entgegengewirkt. Die Ausführung für die Sturzschutzvariante ist bei Dämmdicken d > 100 mm sowie bei Dämmdicken bis 300 mm in Abhängigkeit der Angaben im Anwendbarkeitsnachweis notwendig. Bei Sonnenschutzvorrichtungen wie z. B. Rollladen und Jalousien sind grundsätzlich zusätzliche konstruktive Hinweise im Zusammenhang mit dem auszubildenden Sturzschutz zu berücksichtigen. Die dazugehörigen Ausführungsgrundsätze nach den entsprechenden Anwendbarkeitsnachweisen sowie den Hinweisen gemäß [37] sind in den Bildern 15 bis 18 zusammengestellt. Wichtig ist dabei, dass auch für den Rollladenkasten selbst Anforderungen an das Brandverhalten zu beachten sind. Rollladenkästen fallen unter die Richtlinie über Rollladenkästen (RokR) gemäß Anhang 13 MVV TB [35]. Aus diesem Grund sind die Anforderungen an Außenwandbekleidungen für die zugehörige GKL zu berücksichtigen. Somit sind für Gebäude bei denen die Anforderung an die Außenwandbekleidung schwerentflammbar ist, diese auch bei den Rollladenkästen einzuhalten.

b) Umlaufender Brandriegel in jedem 2. Geschoss Das Schutzziel eines Brandriegels besteht aus brandschutztechnischer Sicht in der Verhinderung einer fortschreitenden, geschossübergreifenden Brandweiterleitung in der Dämmebene von WDVS und soll somit die Schutzziele nach § 28 (1) MBO erfüllen. Bei Ausfüh-

Brandschutzausführungen

Bild 14. Sturzschutz über und seitlich am Fenster bei Fenstern deren Rahmen mehr als 40 mm vor die Rohbaukante ragt

Bild 15. Sturzschutz bei der Ausführung mit Einbaurollläden

Bild 16. Dreiseitige Umschließung von Vorbaurollläden bei Ausführung mit dem Sturzschutz

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Brandschutz bei Außenwandbekleidungen

Bild 17. Sturzschutz bei der Ausführung mit Aufsatzrollläden und einer Überdämmung ≤ 40 mm

Bild 18. Dreiseitige Umschließung von Jalousien durch den Sturzschutz

rung des Brandriegels muss dieser in mindestens jedem zweiten Geschoss durch vollständige, horizontal umlaufende Unterbrechung der brennbaren Dämmebene ausgeführt werden. Der Brandriegel findet bei WDVS mit EPS (B1 nach DIN 4102-1 [12]) mit der Anforderung schwerentflammbar und bei Dämmstoffdicken d > 100 mm bis d ≤ 300 mm Anwendung. Der Brandriegel aus Mineralwollestreifen muss dabei folgenden Anforderungen genügen: – h ≥ 200 mm, – nichtbrennbar (Baustoffklasse A1 oder A2 nach DIN 4102-1 [12] bzw. Klasse A1 oder A2 -s1,d0 nach DIN EN 13501-1 [15], nicht glimmend), – Schmelzpunkt ≥ 1000 °C gemäß DIN 4102-17 [13], – Rohdichte ≥ 60 kg/m3 , – formstabil. Alternative Materialien und Lösungen bedürfen gesonderter Prüfungen und dazugehöriger Benennung in den entsprechenden Anwendbarkeitsnachweisen für die Anwendung als Brandriegel im WDVS.

Bei der Anordnung des Brandriegels ist darauf zu achten, dass ein maximaler Abstand von 0,5 m zwischen Unterkante Sturzdämmung und Unterkante Brandriegel, analog Bild 19, eingehalten wird. Dabei ist insbesondere auf Vorsprünge der Bauwerksöffnungen in der Außenwand in den einzelnen Geschossen zu achten. Bauliche Unterbrechungen des WDVS aus nichtbrennbaren, hinreichend formbeständigen Konstruktionen oder Materialien wie beispielsweise bei Gesimsen, Kragplatten von Balkonen, durchgängigen Fensterbändern oder rückspringenden Bebauungen (Staffelgeschosse) usw. können in die Ausbildung des Brandriegels mit einbezogen werden. Somit können die genannten Konstruktionen den Brandriegel teilweise oder sogar vollständig ersetzen. Der Brandriegel ist nur auf massiven mineralischen Untergründen zulässig und darf z. B. nicht auf Untergründen des Holztafelbaus verwendet werden. Ausgenommen sind Brandriegel für das Sockelbrandszenario bis zum 3. Oberge-

Brandschutzausführungen

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Bild 19. Ausführung umlaufender Brandriegel oberhalb von Öffnungen bei Dämmstoffdicken d > 100 mm bis d ≤ 300 mm

Bild 20. Ausführungsprinzip eines umlaufenden Brandriegels bei der Überdämmung von Jalousie- und Rollladenkästen

schoss (vgl. hierzu Bild 12) in dabei besonders benannten konstruktiven Brandschutzmaßnahmen. Im Bereich zwischen den Brandriegeln können beim Einbau von Verschattungseinrichtungen wie Rollladenkästen oder Jalousien im Bereich der Außenwandöffnungen oder bei „vorgesetzten“ Fenstern, die ganz oder teilweise in der Dämmebene liegen, weitere Brandschutzmaßnahmen entfallen. Das Bild 20 stellt die Ausführungsvarianten im Zusammenhang mit dem Umlaufenden Brandriegel übersichtlich zusammen. Bei WDVS mit angeklebtem EPS reicht eine Verklebung des Brandriegels aus, insofern dies nicht in den Zulassungsgrundsätzen anders geregelt ist. Die Verklebung im Bereich des Brandriegels muss vollflächig mit mineralischem Mörtel ausgeführt werden, sodass keine Fuge zwischen Brandriegel und Untergrund entstehen kann. Dadurch wird einem Durchbrennen entgegengewirkt. Der zu verwendende Klebemörtel ist in der Systemzulassung des WDVS genannt. Bei WDVS mit angeklebten und zusätzlich angedübelten EPS mit Dicken bis 300 mm sowie WDVS mit

schienenbefestigtem EPS muss der Brandriegel zusätzlich zu seiner vollflächigen Verklebung immer mit allgemein bauaufsichtlich zugelassenen WDVS-Dübeln befestigt werden.

4.3.3

Ausführungen mit ETA

Neben der Möglichkeit bei WDVS mit EPS die Anwendbarkeit über einen nationalen Anwendbarkeitsnachweis (aBG) nachzuweisen, besteht alternativ die Variante, die Anwendbarkeit über eine ETA und unter zusätzlicher Berücksichtigung der Anforderungen gemäß Anhang 11 MVV TB [36] nachzuweisen. Dabei handelt es momentan aber nur um einen theoretischen Ansatz, da gemäß Anhang 11 MVV TB [36] WDVS mit einer ETA und der Anforderung schwerentflammbar hinsichtlich der Anwendung für den Dämmstoff EPS eine Klassifizierung C-s2,d0 gemäß DIN EN 13501-1 [15] erzielen müssen. Die Klassifizierung erreichen die auf dem Markt erhältlichen EPS-Dämmstoffe nach aktuellem Stand (07.2020) nicht. In der Regel

400

D3

Brandschutz bei Außenwandbekleidungen

sind EPS-Dämmstoffe der Klassifizierung E nach DIN EN 13501-1 [15] zuzuordnen (Tabelle 7). Die Tabelle 8 stellt unabhängig davon die zusätzlichen Anforderungen an WDVS mit EPS Bauwerk mit der Anforderung an die Außenwandbekleidung schwerentflammbar gemäß Anhang 11 MVV TB [36] dar. Sofern die Bestimmung für die Verwendung des WDVS mit EPS gemäß Tabelle 8 nicht umgesetzt wird, ist das WDVS hinsichtlich des Brandverhaltens als normalentflammbar der Klasse E nach DIN EN 13501-1 einzustufen. Somit sind auf Grundlage der Erläuterung zur Einstufung des Dämmstoffes nach europäischen Klassifizierungsverfahren nach aktuellem Stand in Deutschland WDVS mit ETA nach ETAG 004 nur bis zur Gebäudeklasse 3 mit der Anforderung normalentflammbar hinsichtlich des Brandschutzes anwendbar.

4.4

Ausführungsgrundsätze bei WDVS außer EPS

4.4.1

Mineralwolle – MiWo

Wärmedämm-Verbundsysteme mit einer nichtbrennbaren Mineralwolle können in Abhängigkeit der verwendeten einzelnen Komponenten des WDVS die Anforderung nichtbrennbar erzielen. Wesentlich ist dabei u. a. die äußere Putzschicht, welche so ausgebildet sein muss, dass sich vor allem auf dieser Schicht kein „Lauffeuer“ ergibt und somit nicht zu einer geschossweisen Brandausbreitung beiträgt. Die Anforderungen an die Komponenten eines nichtbrennbaren WDVS zur Einstufung in eine Systemklassifizierung nichtbrennbar lassen sich dem jeweiligen Anwendbarkeitsnachweis des Herstellers entnehmen. Mögliche Anforderungen an den Unter- und Oberputz lassen sich dem Anhang 11 MVV TB [36] sowie nachfolgend der Tabelle 9 entnehmen, der die Bestimmung für die Anwendung von WDVS mit Mineralwolle-Dämmstoffen nach EN 13162 und ETA nach ETAG 004 [20] für den Brandschutz regelt.

4.4.2

Polyurethane – PUR

WDVS mit einem Dämmstoff aus Polyurethan (PUR) kann in Abhängigkeit der Systemkomponenten eine Klassifizierung des Außenwandbekleidungssystems schwerentflammbar erzielen. Maßgebend bei der Ausführung ist in der Regel die Ausbildung des äußeren Abschlusses (Unter- und Oberputz). Angaben dazu lassen sich den Anwendbarkeitsnachweisen der jeweiligen Systemhersteller entnehmen. Um WDVS mit PUR bei Gebäuden mit der Anforderung an die Außenwandbekleidung einschließlich des Dämmstoffes schwerentflammbar anwenden zu dürfen, muss aufgrund der Einstufung des Dämmstoffes in normalentflammbar ein materieller Abweichungsantrag gemäß § 67 MBO [34] bei der unteren Bauaufsicht beantragt werden. Dabei sind die Anforderungen der jeweiligen Landesbauordnungen maßgebend (vgl. Abschnitt 2.1).

4.4.3

Phenolhartschaum – PF

WDVS mit einem Dämmstoff aus Phenolhartschaum (PF) kann sowohl für das ganzheitliche System als auch für den einzelnen Dämmstoff die bauordnungsrechtliche Anforderung schwerentflammbar erzielen. Die Klassifizierung kann dabei ohne zusätzliche konstruktive Brandschutzmaßnahmen, wie z. B. Brandriegeln, erzielt werden. Die Ausführungen hinsichtlich der einzelnen Systemkomponenten sind den jeweiligen Anwendbarkeitsnachweisen der Systemhersteller zu entnehmen.

4.5

Ausführungsgrundsätze bei hinterlüfteten Außenwandbekleidungen

4.5.1

Vorgehängte hinterlüftete Außenwandbekleidungen – VHF

Bei vorgehängten hinterlüfteten Außenwandbekleidungen bzw. Fassaden (VHF) sind bei Gebäuden mit der Anforderung schwerentflammbar für die Außenwandbekleidungen gemäß § 28 (4) MBO [34] besondere Vorkehrungen für den Brandschutz umzusetzen. Dabei ist der möglichen Brandausbreitung, gemäß den Erläuterungen nach Abschnitt 3.2.2, entgegenzuwirken. Die zusätzlichen konstruktiven Brandschutzmaßnahmen sind bei vorgehängten hinterlüfteten Außenwandbekleidungen nach A 2.1.5 MVV TB [36] und bei Außenwänden mit hinterlüfteten Bekleidungen, die geschossübergreifende Hohlräume haben oder die über Brandwände hinweggeführt werden, auch dann anzuwenden, wenn sie aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. Die konkretisierten Anforderungen für die Ausbildung bei vorgehängten hinterlüfteten Außenwandbekleidungen sind mit der Einführung der MVV TB [36] von der Muster-Liste Technische Baubestimmungen (MLTB) in den Anhang 6 „Hinterlüftete Außenwandbekleidungen“ MVV TB [36] überführt worden. Im Anhang 6 MVV TB [36] wird zunächst der Anwendungsbereich und die im Zusammenhang mit vorgehängten hinterlüfteten Außenwandbekleidungen notwendigen Begriffe beschrieben:

Anwendungsbereich und Begriffe Anhang 6 MVV TB [36]: Bei hinterlüfteten Außenwandbekleidungen, die – geschossübergreifende Hohl- oder Lufträume haben oder – über Brandwände hinweggeführt werden, sind nach § 28 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 5 sowie nach § 30 Abs. 7 MBO besondere Vorkehrungen gegen die Brandausbreitung zu treffen. Hinterlüftete Außenwandbekleidungen bestehen aus: – Bekleidungen mit offenen oder geschlossenen Fugen, sich überdeckenden Elementen bzw. Stößen, – Unterkonstruktionen (z. B. Trag- und gegebenenfalls Wandprofilen aus Metall, Holzlatten (Traglatten), Konterlatten (Grundlatten)),

C-s2,d0

C-s2,d0

WDVS: schwerentflammbar

Dämmstoff: schwerentflammbar

Rohdichte: ≤ 25 kg/m3 , Dämmstoffdicke: ≤ 300 mm

Bestimmungen für die Verwendung

1. ein Brandriegel an der Unterkante des WDVS bzw. maximal 90 cm über Geländeoberkante oder genutzten angrenzenden horizontalen Gebäudeteilen (Parkdächer u. a.), 2. ein Brandriegel in Höhe der Decke des 1. Geschosses über Geländeoberkante oder angrenzenden horizontalen Gebäudeteilen nach Nr. 1, jedoch zu dem darunter angeordneten Brandriegel mit einem Achsabstand von nicht mehr als 3 m; bei größeren Abständen sind zusätzliche Brandriegel einzubauen, 3. ein Brandriegel in Höhe der Decke des 3. Geschosses über Geländeoberkante oder angrenzender horizontaler Gebäudeteile nach Nr. 1, jedoch zu dem darunter angeordneten Brandriegel mit einem Achsabstand von nichtmehr als 8 m; bei größeren Abständen sind zusätzliche Brandriegel einzubauen, 4. weitere Brandriegel an Übergängen der Außenwand zu horizontalen Flächen (z. B. Durchgänge, -fahrten, Arkaden), soweit diese in dem durch einen Brand von außen beanspruchtem Bereich des 1. bis 3. Geschosses liegen. Weiterhin ist ein Brandriegel (wie vorstehend beschrieben) maximal 1,0 m unterhalb von angrenzenden brennbaren Bauprodukten (z. B. am oberen Abschluss des WDVS unterhalb eines Daches) in der Dämmebene des WDVS anzuordnen. Das applizierte WDVS muss von der Unterkante des WDVS bis mindestens zur Höhe des Brandriegels nach Nr. 3 folgende Anforderungen erfüllen: – Mindestdicke des Putzsystems (Oberputz und Unterputz) 4 mm, bei Ausführung vorgefertigter, klinkerartiger Putzteile (Flachverblender) Dicke des Unterputzes ≥ 4 mm, – an Gebäudeinnenecken sind in den bewehrten Unterputz Eckwinkel aus Glasfasergewebe, Flächengewicht 280 g/m2 und Reißfestigkeit > 2,3 kN/5 cm (im Anlieferungszustand) einzuarbeiten und – Verwendung eines Bewehrungsgewebes mit einem Flächengewicht von ≥ 150 g/m2 .

1. Dämmstoffdicken d > 100 mm bis d ≤ 300 mm bei geklebten bzw. geklebt-gedübelten WDVS Bei Verwendung von: – ausschließlich mineralisch oder organisch gebundenen Klebemörteln (keine Klebeschäume), – mineralisch gebundenen Unter- und Oberputzen (Bindemittel Zement/Kalk) mit – Gehalt an organischen Bestandteilen in der Trockenmasse von Unter- und Oberputz jeweils ≤ 5 %, – Nassauftragsmenge jeweils ≥ 2,5 kg/m2 , Gesamtputzdicke (Unter- und Oberputz) ≥ 4 mm – organisch gebundenen Unter- und Oberputz (Bindemittel: Kunstharz-, Silikonharz- oder Silikatdispersion) mit • Gehalt an organischen Bestandteilen in der Trockenmasse von Unter- und Oberputz jeweils ≤ 10 %, • Nassauftragsmenge jeweils 2,5 bis 8 kg/m2 , • Gesamtputzdicke (Unter- und Oberputz) 4 bis 14 mm sind in folgenden Bereichen Brandschutzmaßnahmen auszuführen: a) Oberhalb jeder Öffnung im Bereich der Stürze, mindestens 300 mm seitlich überstehend (links und rechts der Öffnung) und im Bereich gedämmter Laibungen, b) beim Einbau von Rollladen oder Jalousien unmittelbar oberhalb von Öffnungen bzw. bei der Montage von Fenstern in der Dämmebene sind diese dreiseitig – oberhalb und an beiden Seiten, mindestens 200 mm hoch bzw. breit, wie unter a) beschrieben – zu umschließen. Die Ausführung nach a) und b) darf entfallen, wenn mindestens in jedem 2. Geschoss ein horizontal um das Gebäude umlaufender Brandriegel angeordnet wird. Der Brandriegel ist so anzuordnen, dass ein maximaler Abstand von 0,5 m zwischen Unterkante Sturz und Unterkante Brandriegel eingehalten wird. 2. Dämmstoffdicken ≤ 100 mm: Der Einbau der Fenster erfolgt bündig mit oder hinter der Rohbaukante.

Brandschutzmaßnahmen bei Brandbeanspruchung aus Außenwandöffnungen, oberhalb Brandriegel nach Nr. 3:

konstruktive Maßnahmen (Brandriegel): nichtbrennbar, formstabil bis 1000 °C, Rohdichte ≥ 60 kg/m2 , standsicher, auch im Brandfall: Querzugfestigkeit ≥ 5 kPa Mindestabmessungen: Höhe: ≥ 200 mm

Brandschutzmaßnahmen gegen Brandeinwirkung von außen:

Klassifizierung nach DIN EN 13501-1

Bauaufsichtliche Anforderung

Tabelle 8. Anforderungen an WDVS mit ETA nach ETAG 004 mit expandiertem Polystyrol (EPS)-Dämmstoff nach EN 13163 für die Anwendung am Bauwerk mit der Anforderung an die Außenwandbekleidung schwerentflammbar gemäß Anhang 11 MVV TB [36]

Brandschutzausführungen

401

402

D3

Brandschutz bei Außenwandbekleidungen

Tabelle 9. Anforderungen an WDVS mit ETA nach ETAG 004 mit Mineralwolle (MW)-Dämmstoff nach EN 13162 für die Anwendung am Bauwerk mit der Anforderung an die Außenwandbekleidung nichtbrennbar, schwer-, und normalentflammbar gemäß Anhang 11 MVV TB [36] Bauaufsichtliche Anforderung

Klassifizierung nach DIN EN 13501-1

Bestimmungen für die Verwendung

WDVS nichtbrennbar

A1 A2 – s1,d0

Dämmstoff: nichtbrennbar

A1 A2 – s1,d0

– mineralisch gebundene Unter- und Oberputze (Bindemittel Kalk u./o. Zement) mit ≤ 5 % organischen Bestandteilen in der Trockenmasse oder – organisch gebundene Unter- und Oberputze (Bindemittel Kunst- oder Silikonharz bzw. Silikatdispersion) mit Gesamtputzdicke (Unter- und Oberputz) ≤ 10 mm, Gehalt anorganischer Bestandteile in der Trockenmasse von Unter- und Oberputz jeweils ≤ 10 % – PCS-Wert des Unterputzes ≤ 3,0 MJ/kg – PCS-Wert des Oberputzes ≤ 2,6 MJ/kg

WDVS: schwerentflammbar

C-s2,d0

Dämmstoff: schwerentflammbar

C-s2,d0

WDVS normalentflammbar

E

Dämmstoff: normalentflammbar

E





– Halterungen (Verankerungs-, Verbindungs-, Befestigungselemente), – Zubehörteilen (z. B. Anschlussprofile, Dichtungsbänder, thermische Trennelemente), – Hinterlüftungsspalt, – ggf. Wärmedämmung mit Dämmstoffhaltern. Hinterlüftungsspalt ist der Luftraum zwischen der Bekleidung und der Wärmedämmung oder zwischen der Bekleidung und der Wand, soweit keine außenliegende Wärmedämmung vorgesehen ist. Brandsperren dienen der Begrenzung der Brandausbreitung im Hinterlüftungsspalt über eine ausreichend lange Zeit durch Unterbrechung oder partielle Reduzierung des freien Querschnitts des Hinterlüftungsspalts. Die Begrifflichkeiten und die Funktionsweise einer vorgehängten hinterlüfteten Außenwandbekleidung gemäß Anhang 6 MVV TB [36] sind ergänzend in Bild 21 dargestellt. Die bauphysikalische Besonderheit einer VHF wird unter Betrachtung von Bild 21 deutlich. Eindringende Feuchtigkeit von der Außenwand und der äußeren Umgebung in den Bereich des Hinterlüftungsspalts des Außenwandbekleidungssystems wird durch den natürlichen Luftstrom aus dem System abgeführt und gewährleistet dadurch optimierte bauphysikalische Bedingungen. Diesem positiven bauphysikalischen Effekt steht das Schutzziel der Begrenzung der geschossweisen Brandausbreitung entgegen, weshalb konkretisierte Anforderungen an die Dämmstoffe, die Unterkonstruktionen und an den Hinterlüftungsspalt im Anhang 6 MVV TB [36] gestellt werden.

Dämmstoffe, Unterkonstruktionen, Hinterlüftungsspalt Anhang 6 MVV TB [36]: Abweichend von § 28 Abs. 3 Satz 1 MBO [34] muss die Wärmedämmung nichtbrennbar sein. Die Dämmstoffe sind entweder mechanisch oder mit einem Klebemörtel, der schwerentflammbar ist oder einen Anteil von nicht mehr als 7,5 % an organischen Bestandteilen aufweist, auf dem Untergrund zu befestigen. Stabförmige Unterkonstruktionen aus Holz sind zulässig (§ 28 Abs. 3 Satz 1, Halbsatz 2 MBO). Die Tiefe des Hinterlüftungsspalts darf nicht größer sein als – 50 mm bei Verwendung einer Unterkonstruktion aus Holz und – 150 mm bei Verwendung einer Unterkonstruktion aus Metall. Die Anforderung an nichtbrennbare Dämmstoffe sowie die Beschränkung der Tiefe des Hinterlüftungsspalts in Abhängigkeit der verwendeten brandschutztechnischen Eigenschaften der Unterkonstruktion sind wesentliche Aspekte, um eine Brandausbreitung zu begrenzen. Aber wie bereits in Abschnitt 3.2.2 zum Brandverhalten von vorgehängten hinterlüfteten Außenwandbekleidungen erläutert, ist auch bei Verwendung von ausschließlich nichtbrennbaren Baustoffen eine Brandausbreitung über und ggf. sogar im Hohlraum nicht ausgeschlossen (Kamineffekt). Aus diesem Grund werden im Anhang 6 MVV TB [36] Anforderungen an die Ausbildung von zusätzlichen horizontalen Brandsperren gestellt.

Brandschutzausführungen

403

Bild 21. Prinzipielle Ausführung einer vorgehängten hinterlüfteten Außenwandbekleidung

Horizontale Brandsperren Anhang 6 MVV TB [36]: 1. In jedem zweiten Geschoss sind horizontale Brandsperren im Hinterlüftungsspalt anzuordnen. Die Brandsperren sind zwischen der Wand und der Bekleidung einzubauen. Bei einer außenliegenden Wärmedämmung genügt der Einbau zwischen dem Dämmstoff und der Bekleidung, wenn der Dämmstoff im Brandfall formstabil ist und einen Schmelzpunkt von > 1000 °C aufweist. 2. Unterkonstruktionen aus brennbaren Baustoffen müssen im Bereich der horizontalen Brandsperren vollständig unterbrochen werden. 3. Die Größe der Öffnungen in den horizontalen Brandsperren ist insgesamt auf 100 cm2 /lfm Wand zu begrenzen. Die Öffnungen können als gleichmäßig verteilte Einzelöffnungen oder als durchgehender Spalt angeordnet werden. 4. Die horizontalen Brandsperren müssen über mindestens 30 Minuten hinreichend formstabil sein (z. B. aus Stahlblech mit einer Dicke von d ≥ 1 mm). Sie sind in der Außenwand in Abständen von ≤ 0,6 m zu verankern. Die Stahlbleche sind an den Stößen mindestens 30 mm zu überlappen. 5. Laibungen von Außenwandöffnungen (Türen, Fenster) dürfen integraler Bestandteil von Brandsperren sein, soweit der Hinterlüftungsspalt durch Bekleidung der Laibungen und Stürze der Außenwandöffnungen verschlossen ist; die Bekleidung muss den Anforderungen nach Ziffer 4.4 entsprechen, Unterkonstruktionen und eine ggf. vorhandene Wärmedämmung müssen aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. 6. Horizontale Brandsperren sind nicht erforderlich: a) bei öffnungslosen Außenwänden, b) wenn durch die Art der Fensteranordnung eine Brandausbreitung im Hinterlüftungsspalt ausge-

schlossen ist (z. B. durchgehende Fensterbänder, geschossübergreifende Fensterelemente) und c) bei Außenwänden mit hinterlüfteten Bekleidungen, die einschließlich ihrer Unterkonstruktionen, Wärmedämmung und Halterungen aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen, wenn der Hinterlüftungsspalt im Bereich der Laibung von Öffnungen umlaufend im Brandfall über mindestens 30 Minuten formstabil (z. B. durch Stahlblech mit einer Dicke von d ≥ 1 mm) verschlossen ist. Im Bild 22 sind die zwei möglichen Ausführungsvarianten der Brandsperre bei Anordnung einer nichtbrennbaren Dämmung dargestellt. Grundsätzlich muss bei Außenwänden mit Bauwerksöffnungen (z. B. Fenster und Türen) in jedem zweiten Geschoss eine Brandsperre angeordnet werden. Die Brandsperren müssen eine brennbare Unterkonstruktion unterbrechen. Sofern eine nichtbrennbare Dämmung ausgeführt wird, die formstabil und einen Schmelzpunkt > 1000 °C gemäß DIN 4102-17 [13] aufweist, muss die Dämmebene nicht unterbrochen werden. Als horizontale Brandsperren sind mindestens 30 Minuten hinreichend formstabile Stahlbleche mit einer Dicke von d ≥ 1 mm geeignet. Dabei sind die Verankerungen in der Außenwand in Abständen von ≤ 0,6 m vorzusehen und die Stahlbleche an den Stößen sind mindestens 30 mm zu überlappen. Dabei kann von der Ausführung Stahlblechvariante abgewichen werden, wenn die Gleichwertigkeit der Konstruktion gemäß § 85a MBO [34] über eine alternative Konstruktionsform bei Einhaltung der gestellten Grundsatzanforderungen (Formstabilität und Standsicherheit im Brandfall über 30 Minuten) gewährleistet werden kann. Um die notwendige Hinterlüftung nicht vollumfänglich zu unterbinden, sind Öffnungen in den horizon-

404

D3

Brandschutz bei Außenwandbekleidungen

Bild 22. Ausführung von umlaufenden Brandsperren im Hinterlüftungsspalt in Abhängigkeit der Baustoffeigenschaften der nichtbrennbaren Dämmung in der Dämmebene

talen Brandsperren zulässig. Diese Öffnungen sind jedoch insgesamt auf maximal 100 cm2 /lfm der Wand zu begrenzen. Die Öffnungen können dabei als gleichmäßig verteilte Einzelöffnungen oder als durchgehender Spalt angeordnet werden. Im Weiteren können Fenster und Fensterbänder integrativ in die Anordnung von konstruktiven Brandschutzmaßnahmen eingebunden werden. Das Bild 23 zeigt die Anordnung, das Bild 24 die Anforderungen und die Detailausbildung der daraus resultierenden umzusetzenden konstruktiven Schutzmaßnahmen im Bereich der Laibungen zur Verhinderung eines Brandeintrags in das Außenwandbekleidungssystem. Für die äußere Wetterschutzschicht als Abschluss der Außenwandbekleidung sind in der MVV TB [36] hinterlüftete Außenwandbekleidungen mit Naturwerkstein gemäß DIN 18516-3 [10] und Betonwerkstein gemäß DIN 18516-5 [11] aufgeführt und somit geregelt. Es bedarf aus diesem Grund keines zusätzlichen Anwendbarkeitsnachweises für das Außenwandbekleidungssystem, sofern auch die Grundsätze gemäß Anhang 6 MVV TB [36] eingehalten sind. In der Regel haben die Systemhersteller jedoch Anwendbarkeitsnachweise für ihre spezifischen vorgehängten hinterlüfteten Außenwandbekleidungen, da die Systeme hinsichtlich ihrer Ausführungskonstruktion und vor allem der Baustoffe meist von den technischen Regeln abweichen. Insbesondere die äußere Wetterschutzschicht als Abschluss der Außenwandbekleidung ist schon aus bauphysikalischen aber auch gestalterischen Gründen meist anders ausgeführt.

Die technischen Baubestimmungen gemäß Anhang 6 MVV TB [36] sehen für hinterlüftete Außenwandbekleidungen an eine Brandwand zum Erreichen der Schutzziele konkrete Anforderung an die vertikale Ausbildung vor. Diese werden wie folgt beschrieben und im Abschnitt 4.7.1 hinsichtlich möglicher Ausführungsvarianten konkretisiert.

Vertikale Brandsperren im Bereich von Brandwänden Anhang 6 MVV TB [36]: Der Hinterlüftungsspalt darf über die Brandwand nicht hinweggeführt werden. Der Hinterlüftungsspalt ist mindestens in Brandwanddicke mit einem im Brandfall formstabilen Dämmstoff mit einem Schmelzpunkt von > 1000 °C auszufüllen. § 30 Abs. 7 Satz 1 MBO bleibt unberührt. 4.5.1.1 Vorgehängte hinterlüftete Außenwandbekleidungen mit Holz Eine zunehmend in den Fokus rückende Ausführung sind vorgehängte hinterlüftete Außenwandbekleidungen mit einer äußeren Abschlussschicht aus Holz. Im Zuge des Forschungsvorhabens „Regeldetailkatalog für den mehrgeschossigen Holzbau in Gebäudeklasse 4“ [25] wurden unterschiedliche Konstruktionsformen diesbezüglich zusammenfassend ausgearbeitet. Dabei ist zu beachten, dass die Abschlussschicht einer Außenwandbekleidung mit Holz nach den momentanen bauordnungsrechtlichen Anforderungen für Gebäude mit der Anforderung an die Außenwandbekleidung

Brandschutzausführungen

405

Bild 23. Ausführungsmöglichkeiten von umlaufenden Brandsperren oberhalb von Öffnungen

Das Bild 25 wird durch die konkretisierten Hinweise in Tabelle 10 ergänzt. Dabei werden die Mindestüberstände der Brandschürzen gemäß Bild 25 in Abhängigkeit des Bekleidungstyps, der Baustoffe/Bauteile und der konstruktiven Ausbildung abgeleitet.

4.5.2

Bild 24. Mögliche Ausführung der horizontalen Brandsperren im Bereich entlang oberhalb einer Öffnung

schwerentflammbar immer eine Abweichung zum materiellen Bauordnungsrecht darstellt, da Holz als reiner Werkstoff als normalentflammbar einzustufen ist. Dies stellt hinsichtlich der Ausführungsform eine Abweichung zum § 28 (3) MBO [34] dar und ist somit über eine Abweichung gemäß § 67 MBO [34] bei der unteren Bauaufsichtsbehörde hinsichtlich der Ausführung als materielle Abweichung genehmigen zu lassen. Das Bild 25 stellt mögliche Konstruktionsformen dar, die grundsätzlich so ausgebildet sind, dass diese neben der Unterbrechung des Hinterlüftungsspalts und der Unterkonstruktion auch eine bauliche Trennung der Abschlussschicht vorsehen.

Doppelfassaden

Doppelfassaden bilden bauordnungsrechtlich den äußeren Abschluss des Gebäudes und sind somit integrativer Bestandsteil des Gebäudes. Durch die vorgesetzte Doppelfassade bilden sich zwischen der Außenwandkonstruktion bzw. ersten „Fassade“ und der abschließenden zweiten „Fassade“ (Doppelfassade) geschossübergreifende Hohlräume, die aufgrund des großen Luftspaltes ohne weitere Brandschutzmaßnahmen zu einem hohen Brandausbreitungsrisiko führen. Da maximal zweigeschossige Nutzungseinheiten mit einer Grundfläche ≤ 400 m2 gemäß § 31 (4) MBO [34] zulässig sind, sieht der Gesetzgeber schon ab Gebäudeklasse 3 (in der Regel dreigeschossig) besondere Vorkehrungen für diesen Außenwandbekleidungstyp vor. Grundsätzlich müssen bei Doppelfassaden neben den Schutzzielen für Außenwände und Außenwandbekleidungen auch die Schutzziele für die im Hohlraum der Doppelfassade fehlenden durchgängigen Decken erzielt werden. Um dies zu erreichen, wären baulich theoretisch geschossweise angeordnete Schottungssysteme vorzusehen, welche aber

Offene Schalung

Brettdicke ≥ 18 mm Brettquerschnittsfläche ≥ 1000 mm2 Dicke von Abdeckleisten ≥ 10 mm Brettbreite frei

Offene Schalung Leistenschalung Deckelschalung Stülpschalung Deckleistenschalung

Schalung überfälzt T-Leistenschalung

Kraftschlüssige Entlastungsnuten: Schalung Beplankungsdicke ≥ 18 mm Brettbreite frei

vertikal

horizontal

vertikal

horizontal

Schalung Nut + Feder horizontal/ Deckleistenschalung mit Profil vertikal Nut und Feder

horizontal/ vertikal

≤ 100 mm

≤ 50 mm

≤ 100 mm

≤ 50 mm

≤ 100 mm

≤ 50 mm

≤ 100 mm

≤ 50 mm

≤ 100 mm

≤ 50 mm

≤ 100 mm

≤ 50 mm

Bereich brandsicherer Fassadenkonstruktionen durch äquivalente Erfüllung des baurechtlich gestellten Schutzziels – schwerentflammbar

≥ 20 mm

Mindestüberstand (Maß X, vgl. Bild 25) der Brandschürze bei geschossweiser Anordnung Ausrichtung Tiefe der ≥ 200 mm ≥ 100 mm ≥ 50 mm Hinterlüftungsebene

Formschlüssige Entlastungsnuten: Schalung Beplankungsdicke ≥ 18 mm Brettbreite: markfrei ≤ 160 mm habrift oder rift ≤ 250 mm

Beispiele

Massivholzplatten Brettsperrholz Furniersperrholz Furnierschichtholz OSB Holzspanplatten

horizontale vertikale Ausrichtung Ausrichtung

Schemaskizze

Flächiger Holz oder Holzwerkstoff Holz-Werkstoff Rohdichte ≥ 330 kg/m3 Fläche geschlossen Plattendicke ≥ 18 mm Kantenlänge ≥ 200 mm Plattenfläche ≥ 0,20 m2

Bekleidungstyp Baustoff/Bauteil

D3

Tabelle 10. Mögliche Ausführungsarten von Holzfassaden nach [25]

406 Brandschutz bei Außenwandbekleidungen

Brandschutzausführungen

407

Bild 25. Mögliche Ausführungsarten von Holzfassaden zur Anwendung in der GKL 4 und ggf. GKL 5 nach [25]

nach aktuellem Stand auf dem Markt nicht erhältlich sind. Die alternative und gängige Praxis ist die Anordnung einer flächendeckenden Sprinkleranlage (in Analogie z. B. zur Muster-Verkaufsstättenverordnung – MVKVO [35]), die im Fassadenbereich einen verdichteten Sprinklerschutz erhält. Dadurch kann einem Brandüberschlag und der Ausbreitung von Brandgasen zwischen den Geschossen über den Luftraum der Doppelfassade ausreichend sicher entgegengewirkt werden. Dabei ist zusätzlich zu beachten, dass im Luftraum der Fassade keine brennbaren Materialen angeordnet sein dürfen, da diese eine Brandausbreitung wesentlich begünstigen würden. Das Bild 26 stellt die beschriebene Ausführung dar.

Für die Ausführung nach Bild 26 bedarf es einer Abweichung gemäß § 67 MBO [34] und somit ist die Zustimmung der unteren Bauaufsichtsbehörde zur Ausführung notwendig.

4.6

Ausführungsgrundsätze bei Vorhangfassaden

Die erhöhten Anforderungen bei Vorhangfassaden bei GKL 4 und 5 hinsichtlich des vorbeugenden Brandschutzes werden je nach Aufbau der Außenwandkonstruktion über zwei verschiedene Möglichkeiten nachgewiesen. Dabei wird die Vorhangfassade entweder als nichttragende Außenwand oder als Außenwandbekleidung bewertet. Sofern die Vorhangfassade die Funktion der Außenwand erfüllen muss (vgl. z. B. Kon-

408

D3

Brandschutz bei Außenwandbekleidungen

Bild 27. Möglicher Anschluss einer Vorhangfassade an eine raumabschließende Geschossdecke mittels Sollbruchstellen und Unterbrechung der Vorhangfassadenelemente

Bild 26. Mögliche Kompensationsmaßnahmen zur Ausführung einer Doppelfassade ab der GKL 3

struktionsaufbau Bilder 27 und 28), sind die Anforderungen gemäß § 28 (2) MBO [34] einzuhalten. Das heißt, entweder erfüllt die Vorhangfassade bei GKL 4 und 5 (Regelbau) die Anforderungen an eine feuerhemmende raumabschließende Außenwand (Oberfläche der Außenwand mindestens schwerentflammbar) und verfügt entsprechend über ein Anwendbarkeitsnachweis (in der Regel abP) oder die Vorhangfassade wird vollständig nichtbrennbar vorgesehen. Um gleichzeitig auch den Schutzzielen für Außenwände gemäß § 28 (1) MBO [34] den Schutzzielen von raumabschließenden Geschossdecken gemäß § 31 (1) MBO [34] zwischen zwei Nutzungseinheiten ausreichend zu genügen, müssen auch hinsichtlich der konstruktiven Ausbildung am Anschlusspunkt zwischen Vorhangfassade und Geschossdecke Maßnahmen getroffen werden. Die Bilder 27 und 28 stellen zwei unterschiedliche Ausführungsvarianten gegenüber. Wenn die Vorhangfassade als thermischer Abschluss auf eine Außenwand zusätzlich appliziert wird, nimmt die Vorhangfassade prinzipiell die bauordnungsrechtliche Funktion der Außenwandbekleidung ein. Das heißt, dass diese bei GKL 4 und 5 (Regelbau) dann mindestens die Anforderung schwerentflammbar erfüllen muss. Im Rahmen moderner energetischer Sanierungsformen (serielles Sanieren mit vorgefertigten Elementen) werden Vorhangfassaden teilweise als Außenwandkonstruktionen bewertet, was prinzipiell dem Bauordnungsrecht nicht widerspricht (Außenwand auf

Bild 28. Möglicher Anschluss einer Vorhangfassade an eine raumabschließende Geschossdecke mittels Stahlwinkelanschluss ohne Unterbrechung der Vorhangfassadenelemente

Außenwand). Dabei ist aber zwingend darauf zu achten, dass bei mehrgeschossigen Ausführungen der Wandelemente ein großflächiges Versagen nicht eintreten darf, um so die Einsatzkräfte der Feuerwehr nicht zu gefährden, sowie die geschossweise Brandausbreitung ausreichend zu begrenzen. Um den genannten Schutzzielen ausreichend zu genügen, können z. B. Sollbruchstellen analog Bild 27 geschossweise vorgesehen werden.

4.7

Ausführung von Außenwandbekleidungen bei Sonderbauteilen

4.7.1

Ausbildung im Bereich von Brandwänden

Wie ab Abschnitt 2.1 beschrieben, dürfen Bauteile mit brennbaren Baustoffen Brandwände sowie Brandersatzwände nicht überbrücken bzw. über diese Wände hinweggeführt werden. Bei mineralischen Außenwänden führt die Brandwand bis zur Außenwand und das

Brandschutzausführungen

409

WDVS (brennbar)

Bild 29. Zusammenstellung von Anschlüssen von brennbaren WDVS an eine Brandwand bzw. Brandersatzwand

jeweilige Außenwandbekleidungssystem kann, wie in den Bildern 29 bis 34 dargestellt, ausgebildet werden. Nichtbrennbare mineralische Putzsysteme bei brennbaren WDVS dürfen über die Brandwand bzw. Brandersatzwände ohne weiteren Nachweis hinweggeführt werden. Bei organisch gebundenen Putzen sollte in jedem Fall Rücksprache mit der unteren Bauaufsichtsbehörde gehalten werden. Die Fugendämmung zwischen zweischaligen Brand- oder Brandersatzwänden sollte aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. Die Dicke des auszuführenden Brandriegels im Bereich von Außenwandbekleidungen muss mindestens der Dicke der Brandwand entsprechen, sollte aber bei WDVS mit brennbarer Dämmung nicht kleiner als 200 mm sein (Bild 29a). Als vertikale Brandriegel sind zum Beispiel nicht brennbare, raumbeständige bzw. formbeständige Dämmstoffe mit einem Schmelzpunkt ≥ 1000 °C nach DIN 4102-17 [13] und nicht glimmend vorzusehen. Die Anforderungen an die Formbeständigkeit werden in der Regel bei Mineralwolle aus Steinfasern und einer Rohdichte ≥ 60 kg/m3 erfüllt. Die vordere Fugenabdichtung darf normalentflammbar sein (Bild 29b). Bei nichtbrennbaren WDVS (einschließlich der wesentlichen Einzelkomponenten) ist die Anordnung von zusätzlichen Brandriegeln in der Regel nicht erforderlich. Bei vorgehängten hinterlüfteten Außenwandbekleidungen muss zusätzlich beachtet werden, dass der Hinterlüftungsspalt nicht eine horizontale Brandausbreitung begünstigt. Dabei sind in der Regel zwei Varianten denkbar. In Bild 30a wird der Hinterlüftungsspalt durch die Anordnung eines Brandriegels unterbrochen, sodass sich Pyrolysegase nicht in den angrenzenden Brandabschnitt ausbreiten können. Alternativ können bei vollständig nichtbrennbar ausgebildeten vorgehängten hinterlüfteten Außenwandbekleidungen auf jeder Seite der abzutrennenden Brandabschnitte über 30 Minuten ausreichend formstabi-

le und standsichere Stahlbleche angeordnet werden (Bild 30b). Bei nichtbrennbaren Vorhangfassaden muss die Konstruktion so ausgebildet sein, dass ein Teilversagen der Konstruktion nicht zur Ausbildung von kritischen Fugen führt die im Weiteren eine Brandausbreitung zur Folge haben könnten. Dabei kommen die Varianten gemäß Bild 31 für die Ausführung in Betracht. Nach MBO [34] sind Außenwandbekleidungen von Gebäudeabschlusswänden (GKL 1 bis GKL5) einschließlich der verwendeten Dämmstoffe und Unterkonstruktionen nichtbrennbar auszuführen. Bild 32 zeigt die Ausführung einer Gebäudeabschlusswand bei einem Abstand zur Grundstücksgrenze < 2,5 m sowie bei einer gegenüberliegenden Außenwandbekleidung mit Versatz. Die Baustoffe der Außenwandbekleidung im Bereich der Gebäudeabschlusswand müssen nichtbrennbar ausgeführt werden. Die seitlichen Abschlüsse der Gebäudeabschlusswand sind ebenfalls nichtbrennbar auszuführen. Dabei ist insbesondere im Übergangsbereich unterschiedlicher Dämmstoffe (z. B. Übergang Mineralwolle nichtbrennbar und EPS schwerentflammbar) darauf zu achten, dass Verzahnungen außerhalb der seitlichen Abschlüsse der Gebäudeabschlusswände ausgeführt werden.

4.7.2

Ausbildung bei Sonderkonstruktionen

4.7.2.1 Sockelbereich Aufgrund des erhöhten Feuchteeintrags werden im Spritzwasserbereich am Sockel des Gebäudes, an Balkonen und an offenen Gängen in höher gelegenen Geschossen höhere bauphysikalische Anforderungen gestellt. Hier kommen in der Regel brennbare Dämmstoffe (z. B. EPS-Perimeterdämmung) mit teilweise zusätzlichen hochdispersiven Anstrichen zur Anwendung. Bei Gebäuden (z. B. Hochhäusern) oder Gebäudeteilen (Gebäudeabschlusswänden) besteht die

410

D3

Brandschutz bei Außenwandbekleidungen

Vorgehängte hinterlüftete Außenwandbekleidungen

a)

b)

Bild 30. Zusammenstellung von Anschlüssen von vorgehängten hinterlüfteten Außenwandbekleidungen an eine Brandwand bzw. Brandersatzwand, a) unterbrochener Hinterlüftungsspalt, b) Anordungen von Stahlblechen

Vorhangfassaden

Bild 31. Zusammenstellung von Anschlüssen von Vorhangfassaden an eine Brandwand bzw. Brandersatzwand

Bild 32. Ausbildung der Außenwandbekleidung im Bereich von Gebäudeabschlusswänden

Zusammenfassung

411

Bild 33. Ausbildung des Sockelbereichs mit mindestens normalentflammbarem spritzwassergeeignetem Dämmstoff bei Gebäuden oder Gebäudeteilen mit der Anforderung nichtbrennbar an die Außenwandbekleidung (WDVS)

bauordnungsrechtliche Anforderung an die Ausbildung der Außenwandbekleidungen einschließlich der Dämmstoffe nichtbrennbar, sodass die Ausführung einer brennbaren Dämmung im Sockelbereich eine materielle Abweichung gemäß § 67 MBO [34] darstellt. Zu der Thematik hat der Fachverband WDVS zwei Naturbrandversuche mit nichtbrennbaren WDVS und einer ≤ 0,6 m hohen brennbaren Dämmung im Spritzwasserbereich durchgeführt [37]. Die Brandversuche haben gezeigt, dass eine Ausführung im Spritzwasserbereich mit einer brennbaren ≤ 0,6 m hohen Perimeterdämmung bei nichtbrennbaren WDVS aus brandschutztechnischer Sicht keine Bedenken bestehen. Unabhängig von der breiten Akzeptanz der Ausführung sollte die Ausführung im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens bei der unteren Bauaufsicht als Abweichung genehmigt werden. Weitere konkretisierte Anforderungen an die Ausführung der Perimeterdämmung sind den Technischen Systeminformation WDVS und Brandschutz [37] zu entnehmen (prinzipielle Ausführung vgl. Bild 33).

4.7.2.2 Gebäuderücksprünge Gebäuderücksprünge stellen im Außenwandbereich einen aus brandschutztechnischer Sicht besonders kritischen Bereich dar. Durch die besondere geometrische Ausbildung kann es dazu kommen, dass sich bei einem Brand aus einer Gebäudeöffnung (Lochfassade) oder einem Außenbrand (Sockelbrand oder Balkonbrand) weniger Frischluft in die Flammen bzw. den Heißgasstrom mischt und somit zu einer Verlängerung der Flammen im Außenbereich kommt. Im Weiteren erhöht sich die unmittelbar durch die Strahlung beeinflusste Außenwand- bzw. Außenwandbekleidungsoberfläche. Daraus kann sich ein beschleunigter und intensiverer Abbrand, insbesondere von brennbaren Außenwandbekleidungen, ergeben. Gemäß den Empfehlungen nach [37] sollte bei Gebäuderücksprüngen

Bild 34. Ausführung der Außenwandbekleidung bei Gebäuderücksprüngen nach [18, 37]

mit einer Breite ≤ 4,0 m und einer Tiefe ≥ 1,0 m die Außenwandbekleidung, unabhängig der bauordnungsrechtlichen Anforderungen, nichtbrennbar ausgeführt werden. Numerische Untersuchungen nach [18] haben diese Anforderung bestätigt.

4.7.3

Ausbildung in Rettungswegen

Ergänzend zu den bisher beschriebenen Ausführungen bestehen zusätzliche Anforderungen der nichtbrennbaren Ausführung von Außenwandbekleidungen im Bereich von Rettungswegen. Dazu zählen Rettungswege entlang der Außenwände wie z. B. offene Gänge (Laubengänge) oder notwendige Treppen im Außenbereich, aber auch zurückspringende Gebäudezugänge, die als Notausgänge genutzt werden. Des Weiteren ist auch im Bereich von Feuerwehrdurchfahrten eine nichtbrennbare Ausführung erforderlich. Die Anforderung sollte auch auf Untersichten wie z. B. Loggien übertragen werden, ist aber bauordnungsrechtlich nicht unmittelbar gefordert. Hierzu ist den Technischen Systeminformation WDVS und Brandschutz [37] eine detaillierte Beschreibung zu entnehmen, die grundsätzlich auch auf andere brennbare Außenwandbekleidungssysteme übertragen werden können.

5

Zusammenfassung

Im Beitrag wurden zunächst die rechtlichen Grundlagen von Außenwandbekleidungen mit dem Schwerpunkt des vorbeugenden Brandschutzes in Deutschland erläutert. Im Weiteren wurde die brandschutztechnische Nachweisführung der einzelnen Bauprodukte sowie des am Bauwerk schlussendlich applizierten Außenwandbekleidungssystem erläutert. Die möglichen

412

D3

Brandschutz bei Außenwandbekleidungen

Brandszenarien wurden dargelegt und das Brandverhalten an den in Deutschland am häufigsten vorkommenden Außenwandbekleidungen erörtert. Auf Basis dieser Grundlagen wurden die Ausführungsgrundsätze für WDVS, hinterlüftete Außenwandbekleidungen und Vorhangfassaden hinsichtlich des Brandschutzes ausgearbeitet sowie ergänzend eine Vielzahl an Ausführungsmöglichkeiten zur Ausbildung von Außenwandbekleidungen bei Sonderkonstruktionen und Rettungswegen vorgestellt.

[12] DIN 4102-1:1998-05 (1998) Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen – Teil 1: Baustoffe Begriffe, Anforderungen und Prüfungen, Beuth, Berlin.

6

[15] DIN EN 13501-1:2010-01 (2010) Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten – Teil 1: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Prüfungen zum Brandverhalten von Bauprodukten, Beuth, Berlin.

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[16] DIN EN 13501-2:2010-02 (2010) Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten – Teil 1: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Feuerwiderstandsprüfungen, mit Ausnahme von Lüftungsanlagen, Beuth, Berlin. [17] DIN EN 16733:2016-07 (2016) Prüfungen zum Brandverhalten von Bauprodukten – Bestimmung der Neigung eines Bauprodukts zum kontinuierlichen Schwelen, Beuth, Berlin. [18] Merkewitsch, T. (2019) Ein Prüfverfahren zur Begrenzung der Brandausbreitung von Außenwandbekleidungen, Dissertation, Leibniz Universität Hannover. [19] Elsner, P.; Eyerer, P.; Hirth, T. (2012) Kunststoffe, Eigenschaften und Anwendungen, 8. Aufl. S. 384. [20] ETAG 004 (2013) Guidline for European technical approval of external thermal insulation composite systems (ETICS) with rendering, Ed. 2000 Amended February 2013. [21] EU-Bauproduktenverordnung EU.BauPVO Verordnung (EU) Nr. 305/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2011, konsolidierte Fassung vom 16.06.2014. [22] European Commission: Call for Tender, No 761/PP/ GRO/IMA/19/1133/11140, Finalisation of the European approach to assess the fire performance of facades, Open procedure, Tender Specifications part 2: Technical specifications hereafter referred to as Technical specifications, 24.09.2019. [23] Fachbereich Feuerwehren, Hilfelistungen, Brandschutz, DGUV (2012) 0.1 Brände von Dämmsystemen, Hinweise zur Arbeitssicherheit, Stand 12/2012.

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[11] DIN 18516-5:2013-09 (2013) Außenwandbekleidungen, hinterlüftet – Teil 5: Betonwerkstein; Anforderungen, Bemessung, Beuth, Berlin.

[25] Gräfe, M.; Merk, M.; Werther, N.; Fülle, C.; Leopold, N.; Sprinz, D.; Busch, M.; Brunn, M. (2015) Bauforschung für die Praxis, Band 111, Regeldetailkatalog für den mehr-

Literatur geschossigen Holzbau in Gebäudeklasse 4, Fraunhofer IRB Verlag Stuttgart. [26] Güteschutzgemeinschaft Hartschaum e. V. (2004) Muster eines EPS-Sicherheitsdatenblatts, Stand März 2004. [27] Huizinga, R.A. (2012) Influence of the performance of trible and double glazing on the fire development in a dwelling, Master thesis, Universitiy of Technology Eindhoven. [28] Kunkelmann, J. (2013) Feuerwehreinsatztaktische Problemstellung bei der Brandbekämpfung in Gebäuden moderner Bauweise Teil 2: Verhalten von Verglasungen bei thermischer Beanspruchung; Verhalten von Verglasungen beim Feuerwehreinsatz; Mechanische Zerstörung von Verglasung; Zerstörung von Verglasungen durch Explosivmitte, Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Forschungsstelle für Brandschutztechnik, Forschungsbericht Nr. 164, Karlsruhe, Februar 2013. [29] Kunze, C. (1987) Herleitung des Gebäudeabstandes unter dem Aspekt der Brandausbreitung, Schadensprisma Nr. 4. [30] Merkewitsch, T (2018) Untersuchung zur Auswirkung der Rückstrahlung durch die Umfassungswände im Sockelbrandversuch, DIN 4102-24 Ausschuss-Sitzung am 12. September 2018 (unveröffentlicht). [31] Merkewitsch, T. (2019) Zwischenergebnisse aus Kalibrierungsversuchen Holzkrippe, DIN 4102-24 AusschussSitzung am 14. November 2019 (unveröffentlicht). [32] MFPA Leipzig e. V. (2000) Forschungsbericht BI5-8001 96-18 zur Erarbeitung realer Prüfbedingungen für die Durchführung von Original-Brandprüfungen an B1-Fassadensystemen und eines Verfahrens zur Berechnung von Brandabläufen an Fassaden, 03.10.2000 (unveröffentlicht).

413

[33] MFPA Leipzig GmbH (2016) Brandverhalten von Wärmedämm-Verbundsystemen mit Polystyrol-Dämmstoff, Untersuchung des Brandverhaltens von WDVS bei Brandbeanspruchung im Sockelbereich, Abschlussbericht DIBt-Geschäftszeichen: P-52-5-4.192-1461/ 14 – Stand 09. August 2016 (unveröffentlicht). [34] Musterbauordnung (MBO) – November 2002, zuletzt geändert mit dem Beschluss der Bauministerkonferenz vom 22.02.2019. [35] Musterverordnung über den Bau und Betrieb von Verkaufsstätten (Muster-Verkaufsstättenverordnung – MVKVO) Fassung September 1995, zuletzt geändert durch Beschluss der Fachkommission Bauaufsicht vom Juli 2014. [36] Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen – MVV TB, Ausgabe 2019/1. [37] VDPM, Verband für Dämmsysteme, Putz und Mörtel e. V. (2018) Technische Systeminformation WDVS und Brandschutz, Kompendium, Ausgabe März 2018. [38] Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (2010) Unverbindlicher Leitfaden für ein umfassendes Schutzkonzept, Baustellen, VdS 2021: 2010-01. [39] VdS 3461: 2015-02 (2015) Wärmedämmverbundsystem – Leitfaden zum Brandschutz, Beuth, Berlin. [40] Wilk, E; Kotthoff, I. (2014) Der Brand in Räumen – Sperrwirkungen von Kragplatten – Teil 6, vfdb-Zeitschrift 3/2014.

415

D 4 Zeitgemäße Ingenieuransätze für den Brandschutz von Garagen Inka Pehrs, Patrick Meyer, Klaus Veenker

Dr.-Ing. Inka Pehrs Hagen Ingenieurgesellschaft für Brandschutz mbH Lange Laube 19, 30159 Hannover Studium des Bauingenieurwesens und Promotion im Themengebiet des konstruktiven baulichen Brandschutzes an der Leibniz Universität Hannover. Seit 2017 Büroleitung Standort Hannover und fachliche Leitung „Ingenieurmethoden im Brandschutz“ bei der Hagen Ingenieurgesellschaft für Brandschutz. Mitglied im Project Team CEN/TC 250/SC4/PT SC4.T7 zur Fortschreibung des Eurocodes EN 1994-1-2 (Verbundbauteile im Brandfall). Seit 2018 Dozentin bei EIPOS.

M. Sc. Patrick Meyer Leibniz Universität Hannover Institut für Stahlbau Appelstraße 9A, 30167 Hannover Studium des Bauingenieurwesens mit der Vertiefung des konstruktiven Ingenieurbaus an der Leibniz Universität Hannover, seit 2015 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Themenbereich Brandschutz am Institut für Stahlbau der Leibniz Universität Hannover.

Dipl.-Ing. Klaus Veenker Hagen Ingenieurgesellschaft für Brandschutz mbH Keekener Straße 98A, 47533 Kleve Studium des Bauingenieurwesens im Themengebiet des konstruktiven Ingenieurbaus an der Leibniz Universität Hannover. Seit 2004 mehrjährige Tätigkeit als Projektleiter im Bereich Brandschutz, Mitglied im Normenausschuss „Außenwandbekleidungen“ (NA 005-52-23 AA). Seit 2017 Gesellschafter der Hagen Ingenieurgesellschaft für Brandschutz, Partner der Prüfgesellschaft Hagen und Partner – Prüfingenieure für Brandschutz, seit 2019 Prüfingenieur für Brandschutz und ab 2020 Dozent bei EIPOS.

Bauphysik-Kalender 2021: Brandschutz. Herausgegeben von Nabil A. Fouad. © 2021 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2021 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

416

D4

Zeitgemäße Ingenieuransätze für den Brandschutz von Garagen

Inhaltsverzeichnis 1

Einleitung

2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5

Baurechtliche Einordnung 418 Allgemeines 418 Definitionen 418 Anforderungen an das Tragwerk 419 Anwendbarkeit von Ingenieurmethoden Weitere baurechtliche Anforderungen an Garagen 421

3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5

417

4 4.1 4.2 4.3 420

Brandszenarien für Fahrzeugbrände in Parkgaragen 421 Allgemeines 421 Grundlagen zur Bemessung von Tragstrukturen in Parkgaragen 422 Anzahl der am Brandgeschehen beteiligten Fahrzeuge 423 Brandüberschlag zwischen benachbarten Fahrzeugen 424 Wärmefreisetzungsrate von unterschiedlichen Fahrzeugen 424

4.3.1 4.3.2 4.3.3 4.4 4.5 5 5.1 5.2 5.3 5.4

Bewertung des Tragverhaltens der Tragstruktur eine Parkgarage im Brandfall 428 Allgemeines 428 Bewertungsmöglichkeit der Tragstruktur 429 Ingenieurmethoden zur Bemessung von Parkgaragen 430 Vereinfachte Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Brandgastemperaturen 430 Genauere Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Brandgastemperaturen 430 Grundlagen der Kopplung von FDS und SAFIR 431 Anwendungsbeispiel zur Bewertung der Bemessungsmöglichkeiten 431 Einordnung der Bemessungsergebnisse 435 Aspekte der E-Mobilität im bauordnungsrechtlichen Verfahren 436 Elektrisch betriebene Fahrzeuge in Garagen 436 Abstellen von elektrisch betriebenen Fahrrädern in Garagen 437 Abstellen von elektrisch betriebenen Fahrrädern in Kellerräumen 437 Abstellen von elektrisch betriebenen Fahrzeugen zu Ausstellungszwecken 437

6

Zusammenfassung

7

Literatur

439

438

Einleitung

1

Einleitung

Das Bauen unterliegt einem stetigen Wandel, der in direktem Zusammenhang mit den Erfahrungen, Entwicklungen und den einhergehenden Anforderungen der Gesellschaft steht. In Bezug auf den Parkhausbau sind dabei insbesondere zwei Entwicklungen in den vergangenen Jahrzehnten als maßgebende Einflüsse zu identifizieren: Zum einen die gesellschaftlich getriebene Entwicklung hinsichtlich der Fahrzeuge, die üblicherweise in den Garagen abgestellt werden. Dabei ist eine stetige Zunahme der Fahrzeuggrößen und -gewichte zu verzeichnen sowie ein Trend hin zu neuen Antriebstechniken – insbesondere der Elektromobilität – vorhanden. Zum anderen beeinflussen die technologischen Entwicklungen hinsichtlich immer präziser werdenden Berechnungsmethoden den konstruktiven Garagenbau, die sowohl für die Tragfähigkeit unter Raumtemperaturbedingungen als auch im Brandfall angewendet werden können. Letztere ermöglichen dabei besonders wirtschaftliche Konstruktionen, bei denen gegenüber vereinfachten Berechnungsmethoden auch sekundäre Tragreserven berücksichtigt werden können. Beide voranstehenden Entwicklungen wirken sich auch indirekt auf den erforderlichen Brandschutz in Garagen aus. Baurechtlich wird durch die Garagenverordnungen der Länder ein Rahmen für den Bau von Garagen geschaffen. Zum Teil können, abweichend von diesen Regelungen jedoch unter Anwendung von Ingenieurmethoden, gleichwertige Lösungen unter Berücksichtigung der realen Gebäudestruktur und der realen Brandlasten nachgewiesen werden, die wirtschaftlichere Konstruktionen zulassen. Diese zeitgemäßen Ansätze müssen dabei dem gültigen Sicherheitskonzept genügen und bedürfen fundierter Annahmen, die die realen Gegebenheiten widerspiegeln. Der Parkhausbau ist in Deutschland einer der Bereiche des Bauwesens, in dem regelmäßig Stahl- und Stahlverbundbaukonstruktionen zum Einsatz kommen. Dies steht in direktem Zusammenhang mit den baurechtlichen Regeln, die unter bestimmten Randbedingungen Konstruktionen ohne Anforderungen an den Feuerwiderstand ermöglichen. Für Parkhäuser, die diese Randbedingungen nicht erfüllen und an die Anforderungen an den Feuerwiderstand gestellt werden, wird es meist erforderlich, Stahlkonstruktionen brandschutztechnisch geschützt auszuführen – was sich unmittelbar auf die Wirtschaftlichkeit der Bauweise auswirkt. Die Anwendung von rechnerischen Methoden stellt unter Berücksichtigung von Naturbrandszenarien für diese Fälle eine attraktive Bemessungsmethode dar. Ingenieurmethoden ermöglichen eine Bemessung von Tragwerken im Brandfall unter Berücksichtigung der realen Gegebenheiten hinsichtlich der Brandszenarien und der Geometrie des Gebäudes. Beim Einsatz von Ingenieurmethoden wird es dadurch häufig möglich, Stahl- und Verbundkonstruktionen in einer unge-

417

schützten oder teilweise geschützten Bauweise zu realisieren, wohingegen bei der Anwendung herkömmlicher Bemessungsmethoden und Normbrandszenarien Brandschutzsysteme eingesetzt werden müssen. Daher bilden Parkgaragen, die nicht alle baurechtlichen Anforderungen an offene Garagen erfüllen, einen prädestinierten Anwendungsbereich für Ingenieurmethoden des Brandschutzes. Der Anwendungsbereich kann dabei sowohl die Ermittlung der Brandgastemperaturen (Brandsimulationen) als auch die Tragwerksbemessung im Brandfall (Heißbemessung) umfassen. Die Ingenieurmethoden unterliegen einer stetigen Entwicklung, die mit dem Fortschritt der Wissenschaft und Technik einhergeht. Die Methoden werden dabei immer präziser und ermöglichen eine immer genauer werdende Abbildung des realen Bauwerks und dessen Randbedingungen. Dies resultiert in zunehmend realitätsnahen Bemessungsgrundlagen für das Objekt, die sich unmittelbar auf die Wirtschaftlichkeit der Gebäude auswirken. Bezogen auf die Tragkonstruktion von Parkgaragen erfolgt die Bemessung standardmäßig auf Grundlage der Einheits-Temperaturzeitkurve. Sofern baurechtlich Anforderungen an den Feuerwiderstand gestellt werden, sind in der Regel brandschutztechnische Maßnahmen für Stahl- und Verbundtragwerke erforderlich. Vereinzelt wurden in den vergangenen Jahren auch bereits Nachweise der Tragkonstruktion auf Grundlage von Naturbrandszenarien (Pkw-Bränden) durchgeführt, wobei diese in der Regel auf Basis der maximalen Brandgastemperatur, die in einem Brandsimulationsmodell ermittelt wurde, geführt wurden. Eine Temperaturverteilung entlang der Elemente der Tragstruktur wird dabei entweder nicht oder nur stark vereinfacht berücksichtigt. Neuste Entwicklungen im Bereich der Ingenieurmethoden ermöglichen nunmehr die Berücksichtigung einer realitätsnahen Verteilung der Brandgastemperaturen bei der Bemessung der Tragkonstruktion. Dafür wurde von einem Forschungs- und Anwendungskonsortium [11] eine Schnittstelle zwischen den Programmen Fire Dynamics Simulator (FDS; Brandsimulationsberechnung [9]) und SAFIR (FE-Programm; Bemessung der Tragstruktur [10]) entwickelt. Mithilfe dieser Kopplung ist eine realitätsnahe Berechnung der Temperaturverteilung im Tragwerk unter Einwirkung lokaler Brandszenarien möglich. In dem vorliegenden Beitrag werden die Grundlagen der Kopplung zwischen den Programmen FDS und SAFIR erläutert und ihr Einsatz gegenüber etablierten ingenieurmäßigen Methoden zur Bemessung der Tragstruktur am Beispiel einer Parkgarage vergleichend bewertet. Für die Anwendung dieser Ingenieurmethoden spielen die Bemessungsgrundlagen und die Eingangswerte eine entscheidende Rolle. Diese müssen nicht zuletzt die eingangs beschriebenen gesellschaftlich geprägten Entwicklungen in geeigneter Weise repräsentieren. Der Trend zu stetig größer werdenden Fahrzeugen wirkt

418

D4

Zeitgemäße Ingenieuransätze für den Brandschutz von Garagen

sich unmittelbar auf die Abstände und damit auch den potenziellen Feuerüberschlag zwischen benachbarten Fahrzeugen aus. Zudem weisen Fahrzeuge heutzutage größere Gewichte und damit verbundene größere Brandlasten gegenüber üblichen Fahrzeugen der vergangenen Jahrzehnte auf. Auch diese Entwicklung ist bei der Bemessung auf Grundlage von realen Brandszenarien zu erfassen. Eine weitere wesentliche Veränderung gegenüber vorigen Jahrzehnten ergibt sich zudem aus der Zunahme von elektrisch betriebenen Fahrzeugen an dem zu berücksichtigenden Fahrzeugkollektiv. Das Brandverhalten elektrisch betriebener Fahrzeuge ist in zeitgemäßen ingenieurmäßigen Ansätzen zur brandschutztechnischen Bewertung von Garagen zu berücksichtigen. In dem vorliegenden Beitrag werden die durch den Wandel der Fahrzeugzusammensetzung eingetretenen Entwicklungen betrachtet und es werden Rückschlüsse auf eine erforderliche Umsetzung in ingenieurmäßigen Bemessungsansätzen gezogen. Zudem werden diverse praktische Fragestellungen diskutiert, die vielfach in bauordnungsrechtlichen Genehmigungsverfahren auftreten und in direktem Zusammenhang mit den beschriebenen Entwicklungen stehen. Diese umfassen neben dem Brandverhalten elektrisch betriebener Fahrzeuge an sich beispielsweise auch die Zulässigkeit der Positionierung von Ladevorrichtungen innerhalb von Garagen. Viele der letztgenannten Fragestellungen entstehen unter anderem auch durch mediale Berichte, in denen Brände von elektrisch betriebenen Fahrzeugen dokumentiert und kommentiert werden. Nicht selten wird dabei über einen erhöhten Löschwasserbedarf und die Wiederentzündung von Batterien berichtet. Die Auswirkungen der neuen Antriebstechnik auf Gebäude, in denen diese Fahrzeuge abgestellt werden, sind aus bauordnungsrechtlicher Sicht dabei einzig vor dem Hintergrund der Schutzziele des Brandschutzes zu bewerten: Der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch muss vorgebeugt werden und bei einem Brand müssen die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sein. Vor diesem Hintergrund wird die Zunahme von E-Mobilität in deutschen Garagen im vorliegenden Beitrag bauordnungsrechtlich eingeordnet.

2

Baurechtliche Einordnung

2.1

Allgemeines

In dem vorliegenden Beitrag wird die Anwendung zeitgemäßer Ingenieuransätze für den Brandschutz von Garagen beschrieben. Dabei wird grundsätzlich Bezug auf das deutsche Bauordnungsrecht genommen. Die in Deutschland geltenden Regelungen werden im Folgenden auch international geltenden Regelungen gegenübergestellt, um sie im internationalen Vergleich zu bewerten. Zum einen werden die baurechtlichen Defi-

nitionen und Anforderungen an den Feuerwiderstand der Tragwerke der Länder verglichen. Zum anderen werden normativ geregelte Ansätze für Ingenieurmethoden – beispielsweise den Bemessungsbrandszenarien –, die in anderen Ländern normativen Charakter besitzen, zusammengetragen.

2.2

Definitionen

Grundsätzlich handelt es sich nach der Definition in der MBO ([5], § 2 (7)) bei Garagen um Gebäude oder Gebäudeteile zum Abstellen von Kraftfahrzeugen. Garagen sind dabei nicht als Sonderbau definiert. Nach § 85 (1) MBO wird die oberste Bauaufsicht ermächtigt, durch Rechtsverordnungen Vorschriften über die Anforderungen an Garagen zu erlassen. Dies wurde in allen deutschen Bundesländern umgesetzt. Zudem wurde eine Muster-Garagenverordnung [6] von der Fachkommission Bauaufsicht erstellt, auf die im Folgenden Bezug genommen wird. Den Definitionen in den Bundesländern ist gemein, dass generell zwischen offenen und geschlossenen Garagen unterschieden wird. An dieser Kategorisierung richten sich die Anforderungen an die konstruktiven und anlagentechnischen Bestandteile der Garage maßgeblich aus. Die Definition einer offenen Garage ist dabei deutschlandweit gleich. Offene Garagen müssen per Definition unmittelbar ins Freie führende, unverschließbare Öffnungen in einer Größe von einem Drittel der Gesamtfläche der Umfassungswände haben. Zudem dürfen zwei sich gegenüberliegende Umfassungswände mit Öffnungen nicht mehr als 70 m Abstand zueinander aufweisen, um eine ständige Querlüftung zu ermöglichen. Garagen, die diese Bedingungen nicht aufweisen, sind per Definition geschlossene Garagen. Ferner werden Garagen entsprechend ihrer Nutzfläche in Kleingaragen (bis 100 m2 ), Mittelgaragen (100 m2 bis 1000 m2 ) und Großgaragen unterteilt. Dabei umfasst die Definition der Nutzfläche die Summe aller miteinander verbundenen Flächen der Garageneinstellplätze und der Verkehrsfläche. Auch diese Kategorisierung wirkt sich auf die Anforderungen hinsichtlich der Konstruktion sowie der Anlagentechnik der Garage aus. Auch in anderen Ländern erfolgt eine Einteilung von Garagen in offene und geschlossene bzw. andere Garagen und auch dort ist dies der wesentliche Faktor, an dem sich die Anforderungen an den Feuerwiderstand der Konstruktion orientieren. Dabei unterscheiden sich die Definitionen einer offenen Garage je nach Land. Allen gemein ist dabei jedoch, dass die reduzierten Anforderungen an das Tragwerk offener Garagen mit einer ausreichenden natürlichen Belüftung der Garage einhergehen. Diese natürliche Ventilation bewirkt den erforderlichen Wärmeabzug, aus der eine thermische Entlastung resultiert und die Bauteile vor einer übermäßigen Erwärmung schützt. Der temperaturabhängigen Reduktion von Steifigkeits- und Festigkeits-

Baurechtliche Einordnung

419

Tabelle 1. Definition offener Garagen im internationalen Vergleich Land

Min. prozentualer Anteil von Öffnungsflächen in der Fassade bezogen auf jede Ebene

bezogen auf die Gesamtfassade

bezogen auf die Grundfläche

Max. Abstand von Fassaden mit Öffnungen

Max. Gebäudehöhe

Belgien

33 %







10 m

Deutschland

33 %





70 m

22 m

Finnland

30 %







8 Ebenen

Großbritannien





5%

90 m

15 m

Italien



60 %







Niederlande

33 % 1)



2,5 % 1) , 2)

54 m

20 m

Norwegen

33 %







16 m

Österreich

25 %

50 %



70 m

8 Ebenen

Schweiz

25 %





70 m



USA

20 %

variabel



80 m

23 m

1) Nur eine der beiden Bedingungen muss erfüllt sein, 2) die 2,5 % müssen in jeder Fassade mit Öffnungen vorhanden sein.

eigenschaften der verwendeten Baustoffe wird dadurch wirksam vorgebeugt. Van der Heijden [40] hat die unterschiedlichen Definitionen offener Garagen in europäischen Ländern sowie den USA zusammengefasst, wie in Tabelle 1 dargestellt. Die Aufstellung verdeutlicht, dass in allen Ländern entweder eine Definition der erforderlichen Öffnungsflächen in der Fassade als Anteil der Fläche der Umfassungswände oder aber als prozentualer Anteil der Grundfläche des jeweiligen Geschosses getroffen wurde. Bei einer Definition über den Anteil der Umfassungsfläche betragen die Forderungen üblicherweise zwischen 25 % und 33 %, womit Deutschland vergleichsweise hohe Anforderungen stellt. Lediglich in den USA wird ein deutlich geringerer Öffnungsfaktor von 20 % gefordert. Zudem begrenzen einige Länder ebenso wie Deutschland den maximalen Abstand gegenüberliegender Fassaden mit Öffnungen als weiteres Kriterium zur Gewährleistung einer effektiven Querlüftung. Dabei reichen diese Definitionen von 54 m bis 90 m und zeigen somit eine vergleichsweise große Varianz. Die in Deutschland geforderten 70 m liegen im internationalen Vergleich im mittleren Anforderungsniveau. Fast alle aufgeführten Länder geben zudem eine maximale Höhe der Garagen an, bis zu denen die Definitionen der Garagen anwendbar sind. Diese korrelieren in der Regel mit den Rettungsgeräten der Feuerwehr und enden spätestens mit dem Erreichen der Hochhausgrenze. In Belgien, Großbritannien und Norwegen werden, verglichen mit den anderen Ländern, nur deutlich geringere Höhen zugelassen. Offene Parkgaragen können in diesen Ländern bei üblichen Geschoss-

höhen nur zwischen vier und sechs Geschosse aufweisen, wohingegen die Definitionen in den anderen Ländern üblicherweise Garagen mit bis zu acht Geschossen einschließen. In den Niederlanden kann entweder über den Anteil der Öffnungsfläche an der Fassadenfläche oder an der Grundfläche eines jeden Geschosses bestimmt werden, ob es sich um eine offene Garage handelt. Eine weitere Definition für offene Garagen wird in den Niederlanden zudem auf physikalischen Grundlagen ermöglicht. Diese zielt auf den Nachweis einer erforderlichen Strömungsgeschwindigkeit der Luft sowie einer maximalen CO-Konzentration im Gebäude ab. Entsprechende analytische Gleichungen werden durch die zugehörigen Richtlinien bereitgestellt.

2.3

Anforderungen an das Tragwerk

Die vergleichsweise geringen Anforderungen an den Feuerwiderstand von Tragwerken offener Garagen begründen sich unmittelbar aus den Erfahrungen aus Versuchen und realen Brandfällen, in denen beobachtet wurde, dass aufgrund der großen Öffnungsflächen und der Querlüftung, die in offenen Garagen eintritt, lediglich geringe Temperaturen am Tragwerk erreicht werden. An das Tragwerk von Kleingaragen werden in Deutschland generell keine Anforderungen an den Feuerwiderstand gestellt. Lediglich im Zusammenhang mit anderen Gebäudeteilen können sich Anforderungen ergeben. Kleingaragen werden daher im Folgenden nicht explizit betrachtet. Für offene Mittel- und Großgaragen räumt die Garagenvorordnung die Möglichkeit zur Erstellung des

420

D4

Zeitgemäße Ingenieuransätze für den Brandschutz von Garagen

Tragwerks aus nichtbrennbaren Baustoffen ohne Anforderungen an den Feuerwiderstand ein. Sofern dieser Tatbestand erfüllt wird, ist eine brandschutztechnische Bemessung des Tragwerks demnach nicht erforderlich. Ungeschützte Tragwerke in Stahl- oder Stahlverbundbauweise sind für diese Garagen in der Regel eine besonders wirtschaftliche Lösung. Ferner wird für oberirdische Mittel- und Großgaragen ein feuerhemmendes Tragwerk aus nichtbrennbaren Baustoffen zugelassen, sofern sich aus der MBO keine weiterführenden Anforderungen ergeben. Diese Kategorie von Garagen – an deren Tragwerk moderate Anforderungen an den Feuerwiderstand gestellt werden – stellt den potenziellen Anwendungsbereich von Ingenieurmethoden dar. Ungeschützte Tragwerke, die keine feuerhemmende Klassifizierung aufweisen, können zum Teil unter Einbezug ingenieurmäßiger Ansätze und allgemeiner Bemessungsmethoden unter Ansatz von Naturbrandszenarien nachgewiesen werden. Es ist dabei zu berücksichtigen, dass für Mittel- und Großgaragen der Brandschutznachweis in Deutschland bauaufsichtlich geprüft oder von einem Prüfsachverständigen oder Prüfingenieur bescheinigt werden muss. Sofern Ingenieurmethoden zum Nachweis des Tragwerks herangezogen werden sollen, ist es daher ratsam, dies frühzeitig während des Planungsprozesses mit den genehmigenden bzw. prüfenden Stellen abzustimmen. In allen anderen Garagen sind nach deutschem Baurecht die tragenden Bauteile grundsätzlich feuerbeständig auszuführen. Ungeschützte Tragwerke in Stahl- oder Stahlverbundbauweise erfüllen diese Anforderung in der Regel nicht. Auch durch den Einsatz von Ingenieurmethoden ist eine Ausführung in ungeschützter Stahl- oder Stahlverbundbauweise für diese Gebäude in der Regel nicht realistisch. Daher werden diese im Folgenden nicht näher betrachtet. In anderen europäischen Ländern werden ebenfalls unterschiedliche Anforderungen an den Feuerwiderstand von Tragwerken gestellt – je nachdem, ob es sich um offene oder geschlossene Garagen handelt. Üblicherweise werden dabei an offene Garagen deutlich geringe Anforderungen gestellt (Tabelle 2). Die deutschen Regelungen, die auch Tragwerke ohne Feuerwiderstand ermöglichen, werden europaweit in ähnlicher Weise von Belgien, Dänemark, den Niederlanden, Italien und der Schweiz umgesetzt. In Großbritannien werden für das Tragwerk offener Garagen unterhalb der Hochhausgrenze in der Regel 15 Minuten Feuerwiderstand gefordert. Diese geforderte Feuerwiderstandsklasse stellt dabei eine für Parkhäuser spezifische Besonderheit dar. Ebenso gibt es in Norwegen die Minimalanforderung eines 10-minütigen Feuerwiderstandes, der eine für Garagen spezifische Besonderheit hinsichtlich der Klassifizierung darstellt. Häufig erreichen Stahlbauteile diese genannten Feuerwiderstandsdauern bereits im ungeschützten Zustand oder aber durch eine gezielte Reduzierung des Lastausnutzungsgrades.

Tabelle 2. Anforderungen an das Tragwerk offener Garagen im internationalen Vergleich Land

Mindestanforderung des Feuerwiderstands

Ausführung in Bemessung auf ungeschützter Grundlage von Stahlbauweise Naturbrand

Belgien

R0



ja

Dänemark

R0-R60

ja

ja

Deutschland R0

ja

ja

Finnland

R60

nein

ja

Frankreich

bis zu R60

nein

ja

Großbritannien

R15

ja

ja

Italien

R0





Luxemburg

R0-R30





Niederlande R0-R30





Norwegen

R10-R60

ja



Österreich

bis zu R90

ja

ja

Polen

R60

nein



Portugal

R60-R180



ja

Schweden

bis zu R90

ja

ja

Schweiz

R0





Spanien

R60-R120





Ungarn

R30-R90

nein

nein

–: keine Angabe

In Ländern wie Spanien, Ungarn, Polen und Portugal sind keine derart geringen Anforderungen zulässig. In diesen Ländern werden auch für die Tragwerke offener Garagen übliche Feuerwiderstandsklassen ab R30 oder R60 gefordert. Das deutsche Baurecht umfasst folglich bezüglich des Feuerwiderstands der tragenden Bauteile offener Garagen relativ geringe Anforderungen, die sich jedoch auch in anderen Ländern wiederfinden lassen. Die Anforderungen korrelieren dabei mit dem national festgelegten Sicherheitsniveau und gehen mit der brandschutztechnischen Infrastruktur des Landes einher.

2.4

Anwendbarkeit von Ingenieurmethoden

Grundsätzlich ist mit der Einführung der Eurocodes in den europäischen Ländern eine normative Grundlage geschaffen worden, mit der die Anwendung von allgemeinen Bemessungsverfahren ermöglicht wurde. Diese können sowohl hinsichtlich der Ermittlung der Brandgastemperaturen als auch hinsichtlich der Bauteilbemessungen angewendet werden. Es wurde damit

Brandszenarien für Fahrzeugbrände in Parkgaragen

die Möglichkeit geschaffen, sowohl Naturbrandszenarien als auch lokale Brandszenarien als Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen. Es ist ferner möglich, neben Einzelbauteilnachweisen auch Teil- oder Gesamttragwerksanalysen unter Einsatz der Finite-Elemente-Methode durchzuführen. In Bezug auf Garagen ist es damit möglich, auch charakteristische Pkw-Brände als realistische Brandeinwirkung auf die Tragstruktur zu berücksichtigen. Einzig in Ungarn wird die Anwendung von Naturbrandszenarien für den Nachweis des Tragwerks von Garagen baurechtlich ausgeschlossen (Tabelle 2). In einigen Ländern wie Österreich, Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Portugal, Großbritannien und Schweden wird die Zulässigkeit eines Nachweises unter Berücksichtigung von Naturbrandszenarien explizit in den baurechtlichen Grundlagen legitimiert. Das deutsche Baurecht enthält keine explizite Regelung bezüglich der Anwendbarkeit von Naturbrandszenarien für die Tragwerksbemessung von Garagen. Durch die Einführung der Eurocodes über die M-VVTB ist die Anwendung jedoch allgemein zulässig. In DIN EN 1991-1-2 [2] nebst dem zugehörigen Nationalen Anhang werden Grundlagen für die Definition von Naturbrandszenarien beschrieben. Spezielle Regelungen sind darin unter anderem für Raumbrände enthalten. Für Pkw-Brände werden jedoch keine gesonderten Szenarien beschrieben. Folglich sind die realitätsnahen Ansätze anderweitig – insbesondere unter Berücksichtigung der in der Fachliteratur beschriebenen Erkenntnisse –, herzuleiten. Im bauordnungsrechtlichen Verfahren ist ferner zu berücksichtigen, dass die Anwendung von Brandszenarien, die von der Einheits-Temperaturzeitkurve abweichen, für den Nachweis der tragenden oder aussteifenden Bauteile generell einer Abweichung nach § 67 Abs. 1 MBO bedarf. Die Anwendung der Verfahren kann auch im Rahmen des § 51 MBO zugelassen werden. Unter Verwendung der Naturbrandszenarien ist in jedem Fall nachzuweisen, dass unter Berücksichtigung des Zweckes der Anforderungen des Baurechtes sowie der öffentlich-rechtlichen Belange die allgemeinen Anforderungen des § 3 MBO erfüllt werden, wonach Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten sind und dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen nicht gefährdet werden. In den jeweiligen Teilen 1-2 der Eurocodes für die Bemessung von Beton-, Stahl- und Stahlverbundbauteilen (DIN EN 1992-1-2, DIN EN 1993-1-2 bzw. DIN EN 1994-1-2 jeweils nebst dem zugehörigen Nationalen Anhang) werden ferner die Grundlagen für die Anwendung allgemeiner Bemessungsverfahren zur Tragwerksbemessung beschrieben. In den baustoffspezifischen Eurocodes werden unter anderem sowohl die thermischen als auch die mechanischen Materialkennwerte beschrieben, die eine wesentliche

421

Grundlage für entsprechende Simulationen darstellen. Ferner werden sowohl für Einzelbauteil-, Teiltragwerks- und Gesamttragwerksmodelle Randbedingungen definiert, die durch die Berechnungsmodelle erfasst werden müssen. Bei den beschriebenen Methoden gilt dabei der Grundsatz, dass Berechnungsansätze, die einen höheren Detaillierungsgrad aufweisen grundsätzlich zu wirtschaftlicheren Ergebnissen führen, wohingegen vereinfachte Ansätze jederzeit zu Ergebnissen auf der sicheren Seite – und damit tendenziell unwirtschaftlicheren Ergebnissen – führen.

2.5

Weitere baurechtliche Anforderungen an Garagen

Im Zusammenhang mit den Brandgefahren einer Garage wurden in Deutschland neben den Anforderungen an das Tragwerk insbesondere Anforderungen an die Ausbildung von Rauchabschnitten in den Garagenverordnungen der Länder definiert. In offenen Garagen müssen keine Rauchabschnitte ausgebildet werden. In geschlossenen Garagen sind Rauchabschnitte hingegen erforderlich. In oberirdischen geschlossenen Garagen dürfen die Rauchabschnitte maximal 5000 m2 betragen. In sonstigen Garagen dürfen sie nur maximal 2500 m2 groß sein. Übliche Tiefgaragen sind demzufolge durch mindestens feuerhemmende Wände mit Rauchschutzabschlüssen in maximal 2500 m2 große Bereiche zu unterteilen. Ferner wird ein allgemeines Verbot zur Aufbewahrung brennbarer Stoffe außerhalb von Kraftfahrzeugen für Mittel- und Großgaragen in den Garagenverordnungen der Länder definiert.

3

Brandszenarien für Fahrzeugbrände in Parkgaragen

3.1

Allgemeines

Wenn der Feuerwiderstand der Konstruktion einer Garage auf Grundlage von Ingenieurmethoden nachgewiesen werden soll, bilden die zugrunde gelegten Brandszenarien mit den entsprechenden Wärmefreisetzungsraten der Pkw eine wesentliche Bemessungsgrundlage. Im Folgenden wird eine Übersicht zu national sowie international geregelten bzw. wissenschaftlich anerkannten Brandszenarien zur Bemessung der tragenden und aussteifenden Konstruktion oberirdischer Parkgaragen gegeben. In diesem Zusammenhang wird auf dokumentierte reale und experimentelle Fahrzeugbrände eingegangen sowie der Zeitpunkt des Brandüberschlags zwischen den einzelnen Fahrzeugen diskutiert. Zudem werden Erkenntnisse zur Wärmefreisetzungsrate von Fahrzeugen mit elektrischem Antrieb sowie mit Verbrennungsmotor für moderne Fahrzeuge vergleichend zusammengetragen.

422

D4

3.2

Grundlagen zur Bemessung von Tragstrukturen in Parkgaragen

Zeitgemäße Ingenieuransätze für den Brandschutz von Garagen

Die Bemessung der Tragstruktur von Parkgaragen kann generell entweder auf Grundlage des Normbrandes (Einheits-Temperaturzeitkurve, im Folgenden ETK) gemäß DIN EN 1991-1-2 oder unter Anwendung von Naturbrandszenarien zur Abbildung lokaler Brandereignisse erfolgen. Bei letzterem Vorgehen können die Brandgastemperaturen mit einem Feldmodell, z. B. FDS [9], berechnet und anschließend zur Bemessung der Tragstruktur der Parkgarage verwendet werden. Die Wahl der Bemessungsbrandszenarien für die Tragstruktur der Parkgarage muss dabei die realen Gegebenheiten berücksichtigen und zugleich eine ausreichende Sicherheit beinhalten. Das deutsche Baurecht enthält derzeit keine definierten Angaben darüber, welche Bemessungsbrandszenarien für Pkw-Brände zugrunde zu legen sind. Es obliegt somit dem Nachweisersteller die Anzahl, Positionierung und Ausprägung der Szenarien objektbezogen zu definieren. Im Gegensatz zu Deutschland werden beispielsweise in Frankreich durch einen nationalen Leitfaden [8] diverse Bemessungsbrandszenarien für die Bemessung horizontaler und vertikaler Tragelemente einer Parkgarage definiert. Häufig werden in Deutschland dabei ebenso wie in den französischen Regelungen unterschiedliche Brandszenarien für die Bemessung von Trägern bzw. Stützen zugrunde gelegt. Im Folgenden werden beispielhaft die französischen Regelungen im Vergleich zu den national anerkannten Bemessungsbrandszenarien erläutert. Für die Bemessung der vertikalen und horizontalen Tragelemente der Parkgarage können auf nationaler Ebene unterschiedliche Szenarien verwendet werden. In Bild 1 sind beispielhaft ein etabliertes Szenario, das für die Bemessung von Trägern herangezogen werden kann und eines zur Bemessung von Stützen dargestellt. Das Brandszenario zur Trägerbemessung umfasst da-

bei den Brand dreier Fahrzeuge mit zeitlichem Versatz nach den Angaben von Joyeux et al. (2002) [25]. Im Brandszenario nach Fraud et al. [8] zur Bemessung einer Stütze werden vier Fahrzeuge mit zeitversetztem Abbrand rund um die zu bemessende Stütze berücksichtigt. Der zeitversetzte Abbrand bzw. Brandüberschlag zwischen den einzelnen Fahrzeugen wird nach Darstellung der üblichen nationalen und französischen Szenarien erläutert. Im Gegensatz zu Deutschland werden in Frankreich konkrete Regelungen im Leitfaden Guide pour la vérification du comportement au feu de parcs de stationnement largement ventiles en superstructure métallique [8] für Brandszenarien zur Bemessung von Trägern und Stützen von Parkgaragen definiert. Neben der Definition der Szenarien werden in dem Leitfaden auch Hinweise zur Ermittlung der Brandgastemperaturen mit unterschiedlichen Methoden – beispielsweise dem lokalen Konzept von Hasemi gemäß DIN EN 1991-1-2 [1] – und zur Überprüfung der Stabilität mit ingenieurmäßen Modellen gegeben. In Bild 2 sind zwei der drei in dem französischen Leitfaden definierten Brandszenarien zur Ermittlung der Brandgastemperaturen dargestellt, wobei beide Szenarien zur Trägerbemessung angewendet werden. Bei dem ersten Brandszenario zur Trägerbemessung wird ein Fahrzeug direkt mittig unterhalb des Trägers im Bereich des Fahrstreifens berücksichtigt. Dabei wird bei diesem Brandszenario mit nur einem Fahrzeug eine Wärmefreisetzungsrate von einem Nutzfahrzeug (Van) zugrunde gelegt. Bei dieser Wärmefreisetzungsrate, welche in Abschnitt 3.5 beschrieben wird, handelt es sich um eine fiktive Wärmefreisetzungsrate, die nicht durch Brandprüfungen ermittelt wurde. Das zweite Brandszenario zur Trägerbemessung umfasst den Brand von insgesamt sieben Fahrzeugen mit einem zeitlichen Versatz von je 12 Minuten zwischen benachbarten Fahrzeugen. Eines der an zweiter Position brennenden Fahrzeuge ist ebenfalls mit der Wärmefreisetzungsrate des Nutzfahrzeugs zu berücksichtigen. Die

Bild 1. Übliche Brandszenarien zur Berechnung der Brandgastemperaturen in einer Parkgarage

Brandszenarien für Fahrzeugbrände in Parkgaragen

423

Bild 3. Statistik zur Anzahl brennender Fahrzeuge bei einem Brandereignis in Parkgaragen [22]

Bild 2. Brandszenarien zur Berechnung der Brandgastemperaturen in einer Parkgarage gemäß des französischen Leitfadens von Fraud et al. (2004) [8]

anderen sechs Fahrzeuge weisen hingegen eine geringere Wärmefreisetzungsrate eines Kompaktfahrzeugs (sog. „Class-3“) auf. Auch bei dem im französischen Leitfaden definierten Brandszenario für die Bemessung einer Stütze, welches dem in Bild 1 entspricht, ist eines der an zweiter Position brennenden Fahrzeuge mit der Wärmefreisetzungsrate eines Nutzfahrzeugs zu berücksichtigen.

3.3

Anzahl der am Brandgeschehen beteiligten Fahrzeuge

Die Anzahl der Fahrzeuge, welche am Brandereignis beteiligt sind, wirkt sich entscheidend auf die Entwicklung der Brandgastemperaturen und damit den späteren Bauteilnachweis aus. Sie stellt somit einen zentralen Parameter in dem ingenieurmäßigen Nachweisverfahren dar. Zur begründeten Festlegung dieses Parameters kann u. a. die 2002 von Joyeux et al. [25] veröffentlichte Statistik herangezogen werden, die Brandereignisse aus den Großstädten Paris, Marseille, Brüssel und Berlin erfasst (Bild 3). Die Statistik beinhaltet 213 Fahrzeugbrände in Pariser Garagen, 14 Brände in Marseille, 28 Fahrzeugbrände in Brüssel sowie 31 Brände in Berliner Parkgaragen. Die Statistik verdeutlicht, dass in über 70 % der dokumentierten Parkhausbrände nur ein Fahrzeug betroffen war. Des Weiteren bestätigt eine 2018 publizierte Studie aus Frankreich [7], dass in 62 % der Fälle nur ein Fahrzeug betroffen war.

Anhand der voranstehenden Statistiken kann abgeleitet werden, dass die Brandszenarien nach Joyeux et al. und Fraud et al. [8] gegenüber den real auftretenden Bränden eine konservative Anzahl brennender Pkw berücksichtigen und somit hinsichtlich der Bemessung der Tragkonstruktion eine ausreichende Sicherheit beinhalten. Jüngste Brandereignisse von Fahrzeugen in Parkgaragen in Liverpool (2017), am Flughafen Münster-Osnabrück (2019) sowie am Flughafen Stavanger (2020) zeigten jedoch ein anderes Bild, bei dem entgegen den genannten Statistiken eine Vielzahl von Fahrzeugen am Brandgeschehen beteiligt waren. Die Brände in den drei Parkgaragen sind jedoch als außergewöhnliche Brandereignisse zu betrachten, bei denen sich die Brände aufgrund der baulichen Situation der Parkgaragen ausgebreitet haben. Die verheerende Brandausbreitung über mehrere Ebenen und weite Bereiche der Parkgarage in Liverpool resultierte dem offiziellen Untersuchungsbericht [38] zufolge aus auslaufendem Kraftstoff der Fahrzeuge, der über die Kunststoff-Drainage der Parkgarage verteilt wurde. Durch die Entzündung des auslaufenden Kraftstoffs sind die Kunststoff-Drainagen geschmolzen und somit konnte sich der Brand über mehrere Ebenen der Parkgarage ausbreiten. Bei dem Brand in der Parkgarage am Flughafen Stavanger kam es ebenfalls zu einer Brandausbreitung über mehrere Ebenen der Parkgarage. Die Brandausbreitung über mehrere Ebenen der Parkgaragen wurde dabei – inoffiziellen Berichten zufolge – durch Kunststofffugen zwischen den einzelnen Elementen der Betondeckensysteme verursacht, die infolge des Brandes geschmolzen sind. Die Brandausbreitung wurde medialen Berichten zufolge wohl auch dadurch begünstigt, dass es zunächst organisatorische Unstimmigkeiten zwischen der lokalen Feuerwehr und der Flughafenfeuerwehr gab, die dazu führten, dass das Brandgeschehen beim Eintreffen der Rettungskräfte bereits so fortgeschritten war, dass kein Innenangriff mehr vorgenommen werden konnte. Dies deckt sich mit den offiziellen Angaben des Untersuchungsberichts [39] wo-

424

D4

Zeitgemäße Ingenieuransätze für den Brandschutz von Garagen

nach der Brand erst nach ca. 8 Minuten entdeckt und die Feuerwehr alarmiert wurde. Bis zum Eintreffen der Feuerwehr nach ungefähr 20 Minuten standen dem Bericht zufolge daher bereits 8 bis 10 Fahrzeuge in Flammen. Der Brand hat sich den Angaben zufolge dabei zum einen durch auslaufenden Kraftstoff ausgebreitet und zum anderen wurde eine markante Brandausbreitung in Windrichtung beobachtet. Zu dem Brandereignis am Flughafen Münster-Osnabrück liegen keine offiziellen Untersuchungsberichte vor, aus denen Details zu der Brandausbereitung und dem Brandverlauf abgeleitet werden können. Die jüngsten Brandereignisse, bei denen eine Vielzahl von Fahrzeugen am Brandgeschehen beteiligt war und sich der Brand über mehrere Ebenen der Parkgaragen ausbreiten konnte, sind folglich durch bauliche Bedingungen ermöglicht worden, denen in der Regel durch die konsequente Umsetzung der baurechtlichen Vorgaben vorgebeugt wird. Diese besonderen Situationen der Brandereignisse sind offensichtlich Ausnahmen, die nicht zu einer generellen Anpassung der Bemessungsgrundlagen und des Sicherheitsniveaus führen müssen.

3.4

Brandüberschlag zwischen benachbarten Fahrzeugen

Die zeitliche Abfolge des Brandüberschlags zwischen benachbarten Fahrzeugen ist ein weiterer wesentlicher Parameter in der Definition der Bemessungsbrandszenarien. Die Szenarien zur Bemessung der Träger bzw. Stützen einer Parkgarage setzen sich, wie voranstehend beschrieben, jeweils aus mehreren Fahrzeugen zusammen, bei denen die Brandweiterleitung zwischen den einzelnen Fahrzeugen ausgehend von der Brandquelle mit einem Zeitversatz erfolgte. Der Brandüberschlag bezeichnet den Zeitpunkt, bei dem der Brand auf das nächste Fahrzeug übergeht. Der Zeitpunkt des Brandüberschlags zwischen den einzelnen Fahrzeugen ist im Wesentlichen von den Entzündungstemperaturen der Materialien der Fahrzeuge abhängig. Schleich [24] leitet den Zeitpunkt für den Brandüberschlag aus experimentellen Untersuchungen ab, bei denen der Zeitpunkt des Brandüberschlags dokumentiert wurde. Als Zeitpunkt für den Brandüberschlag zwischen den einzelnen Fahrzeugen gibt Schleich [24] einer Dauer von 12 Minuten an. Diesen Zeitpunkt für den Brandüberschlag zwischen den Fahrzeugen von 12 Minuten übernehmen Joyeux et al. sowie Fraud et al. in ihren Veröffentlichungen. Weitere Erkenntnisse zum Brandüberschlag zwischen Pkws liefern die Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen von Steinert [22, 23]. Ein Brandüberschlag auf das benachbarte Fahrzeug erfolgt demnach bei Oberflächentemperaturen zwischen 280 °C und 380 °C, je nach Oberflächenbeschaffenheit. Der Brandüberschlag in den experimentellen Untersuchungen von Steinert erfolgte dabei jedoch nur dann, wenn darüber hinaus von dem brennenden Fahrzeug eine Wärme-

freisetzung von mindestens 3 MW über einen gewissen Zeitraum ausging. Es müssen folglich zwei physikalische Bedingungen gleichzeitig eintreten, um einen Brandüberschlag zu erzeugen. Eine konkrete Dauer bis zum Eintritt des Brandüberschlags auf das benachbarte Fahrzeug wird von Steinert nicht definiert. Neuere numerische Studien von Schaumann et al. [15, 16] bewerten den Brandüberschlag auf Basis einer kritischen Temperatur von 300 °C, die der Entzündungstemperaturen einzelner Materialien der Fahrzeuge entspricht sowie einer kritischen Wärmestromdichte von 10 kW/m2 . Bei der Studie von Schaumann et al. werden die geometrischen Abmessungen einzelner Fahrzeugklassen als 90 %-Quantilwerte und somit implizit der Fahrzeugabstand zueinander innerhalb einer Garage berücksichtigt. Die Studie zum Brandüberschlag von Schaumann et al. resultiert in einer Dauer von 7 Minuten als Zeitspanne, bei dem der Brand in einer Garage herkömmlicher Abmessungen auf das benachbarte Fahrzeug übergeht.

3.5

Wärmefreisetzungsrate von unterschiedlichen Fahrzeugen

Als Grundlage für die Ermittlung der Brandgastemperaturen werden den zuvor beschriebenen Fahrzeuganordnungen in den rechnerischen Verfahren Wärmefreisetzungsraten der Fahrzeuge zugeordnet. Die Wärmefreisetzungsrate der einzelnen Fahrzeuge des Brandszenarios ist dabei vom Fahrzeugtyp bzw. -segment abhängig. Das Kraftfahrt-Bundesamt differenziert die zugelassenen Fahrzeuge in verschiedene Segmente entsprechend Bild 4. Die Zuordnung der Fahrzeuge zu den einzelnen Segmenten hängt dabei unter anderem vom Gewicht oder den Abmessungen des Fahrzeugs ab. Die Fahrzeugsegmente Kleinwagen, Kompaktklasse und Mittelklasse haben insgesamt einen Anteil von 57 % am Fahrzeugkollektiv und stellen somit den Großteil der Fahrzeuge dar. Eine prozentuale Aufteilung, eine beispielhafte Zuordnung einzelner Fahrzeuge zu den jeweiligen Fahrzeugsegmenten sowie das durchschnittliche Leergewicht des Fahrzeugsegments sind in Bild 4 dargestellt. Für einzelne Fahrzeugsegmente wurden die Wärmefreisetzungsraten beispielsweise von Schleich (1999) [24], Lecocq et al. (2014) [26] oder Lam et al. (2016) [28] für kraftstoffbetriebene Fahrzeuge ermittelt. Die Wärmefreisetzungsrate nach Schleich [24] (Bild 5a) wurde bereits vielfach als Grundlage für Nachweise basierend auf Naturbrandszenarien angewendet. Sie repräsentiert ein Fahrzeug mit einem Gewicht von ca. 1300 kg und einem zu drei Vierteln gefüllten Tank. Die freigesetzte Wärmeenergie bei diesem Fahrzeugbrand beträgt 6,7 GJ bei einer maximalen Wärmefreisetzungsrate von 8,3 MW. Neuere Untersuchungen zu kraftstoffbetriebenen Fahrzeugbränden von Lecocq et al. des Fahrzeugsegments Kompaktklasse wurden an vollgetankten

Brandszenarien für Fahrzeugbrände in Parkgaragen

425

20 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0

8 Fraud [8]

8,3 MW Schleich [24]

7,1 MW

7

6,1 MW

6 5

Lecocq [26]

4

Lam [28]

3 2 1 0

0 a)

Wärmefreisetzungsrate [MW]

Wärmefreisetzungsrate [MW]

Bild 4. Verteilung der Fahrzeugsegmente gemäß dem Kraftfahrt-Bundesamt (Stand: 01. Januar 2020) [43] unter Angabe der durchschnittlichen Leergewichte (mSchnitt ) des jeweiligen Fahrzeugsegments [44]

10

20 30 40 Zeit [min]

50

0

60

10

b)

20 30 40 Zeit [min]

50

60

Bild 5. Vereinfachte Verläufe der Wärmefreisetzungsrate für a) kraftstoffbetriebenes Fahrzeug nach Schleich [24] und fiktives Nutzfahrzeug nach Fraud [8], b) kraftstoffbetriebene Fahrzeuge nach Lecocq et al. [26] und Lam et al. [28]

Fahrzeugen mit einem Gewicht von ca. 1400 kg durchgeführt. Diese Fahrzeuge haben eine deutlich höhere Wärmeenergie von 10 GJ bei einer etwas geringeren maximalen Wärmefreisetzungsrate von 6,1 MW freigesetzt (Bild 5b). Bei den experimentellen Untersuchungen von Lam et al. wurden Versuche mit vollgetankten kraftstoffbetriebenen Fahrzeugen durchgeführt. Weitere Informationen hinsichtlich des Fahrzeuges wurden nicht dokumentiert. Das kraftstoffbetriebene Fahrzeug von Lam et al. hat mit einer Wärmefreisetzungsrate von 7,1 MW temporär eine höhere Wärmefreisetzungsrate als das Fahrzeug von Lecocq et al. (Bild 5b). Allerdings ist im Vergleich zu Lecocq et al. die Wärmeenergie mit 3,29 MJ deutlich geringer. Die in Bild 5 dargestellten Wärmefreisetzungsraten für die kraftstoffbetriebenen Fahrzeuge von Schleich, Le-

cocq et al. und Lam et al. sind der Kategorie der Kompaktklasse gemäß dem Kraftfahrt-Bundesamt zuzuordnen. Des Weiteren ist in Bild 5a die zuvor erwähnte fiktive Wärmefreisetzungsrate, die ein Nutzfahrzeug repräsentieren soll, gemäß des französischen Leitfadens [8] dargestellt. Die maximale Wärmefreisetzungsrate des fiktiven Nutzfahrzeugs beträgt 18 MW und ist über einen Zeitraum von 10 Minuten konstant. Begründete Informationen zu dieser fiktiven Wärmefreisetzungsrate werden im französischen Leitfaden nicht angeführt. Die dargestellten Verläufe der Wärmefreisetzungsraten der kraftstoffbetriebenen Fahrzeuge von Schleich aus dem Jahr 1999, Lecocq et al. aus dem Jahr 2014 sowie Lam et al. aus dem Jahr 2016 implizieren die Auswirkung der Entwicklung von Fahrzeuggewicht und -aus-

426

a)

D4

Zeitgemäße Ingenieuransätze für den Brandschutz von Garagen

b)

Bild 6. a) Entwicklung der maximalen Wärmefreisetzungsrate und der freigesetzten Wärmeenergie von kraftstoffbetriebenen Fahrzeugen in diversen experimentellen Untersuchungen im Zeitraum von 1978 bis 2015; b) Durchschnittliches Leergewicht von neu zugelassenen Personenkraftwagen in Deutschland von 2006 bis 2018 (gemäß dem Kraftfahrt-Bundesamt, Stand August 2019) [41]

Bild 7. Durchschnittliche Gewichte neu zugelassener Personenkraftwagen ausgewählter Hersteller in Europa von 2001 bis 2018 [42]

stattung auf das Brandverhalten von Pkws. In Bild 6a ist dieser Effekt anhand der in experimentellen Untersuchungen dokumentierten Wärmeenergie und maximalen Wärmefreisetzungsrate statistisch aufbereitet. Die jeweiligen Trendlinien belegen, dass sowohl die Wärmefreisetzungsrate als auch die freigesetzte Wärmeenergie bei einem Pkw-Brand in den letzten 30 Jahren angestiegen sind. Beide Faktoren sind für die ingenieurmäßige Bemessung im Brandfall von entscheidender Bedeutung. Dies steht in direktem Zusammenhang mit der Entwicklung der durchschnittlichen Fahrzeuggewichte. In Bild 6b sind die durchschnittlichen Gewichte neu zugelassener Fahrzeuge in Deutschland von 2006 bis 2018 dargestellt. Bezogen auf 2006 erhöhte sich das Leergewicht von neu zugelassenen Fahrzeugen in Deutschland um ca. 6 %. Die Statistik begründet somit in Teilen die Zunahme der Wärmefreisetzungsrate und der freigesetzten Wärmeenergiemenge, welche in experimentellen Untersuchungen ermittelt wurde. Demnach entspricht die bisher häufig für rechnerische Nachweise zugrunde gelegte Wärmefreisetzungsrate nach Schleich auf Grundlage eines 1300 kg schweren Fahr-

zeugs nicht mehr den heute typischen Fahrzeuggewichten. Bei einer ausschließlichen Betrachtung des durchschnittlichen Leergewichts von neu zugelassenen Pkws in Deutschland (Bild 6b) scheint auch die Wärmefreisetzungsrate von Lecocq et al. auf Grundlage eines ca. 1400 kg schweren Fahrzeugs nicht den Durchschnitt zu repräsentieren, welcher eher bei 1500 kg liegt. Hierbei hat jedoch auch die Anzahl der einzelnen Fahrzeuge am Fahrzeugkollektiv einen Einfluss, der durch die Statistik nicht impliziert wird. Bei einer Analyse der Fahrzeuggewichte, aufgeschlüsselt nach einzelnen Herstellern von Pkws, sind signifikante Unterschiede bei den Fahrzeuggewichten festzustellen. In Bild 7 sind die durchschnittlichen Gewichte neu zugelassener Pkws ausgewählter Hersteller in Europa im Zeitraum von 2001 bis 2018 dargestellt. Unabhängig vom Hersteller des Fahrzeugs nimmt das Fahrzeuggewicht von 2001 bis 2018 zu, was wiederum im direkten Zusammenhang mit der Wärmefreisetzungsrate sowie der freigesetzten Wärmeenergie steht. Im Wesentlichen weisen jedoch nur die Fahrzeuge der Hersteller Mercedes-Benz, BMW, Audi und Volvo im Durchschnitt ein Fahrzeuggewicht von mehr als

Brandszenarien für Fahrzeugbrände in Parkgaragen

427

Bild 8. Anzahl der Fahrzeuge mit alternativen Antriebstechnologien in Deutschland von 2006 bis 2020 (gemäß dem Kraftfahrt-Bundesamt, Stand: März 2020) [31]

1400 kg auf. Im Jahr 2018 hatten diese Hersteller ein Marktanteil von lediglich 18 % [42]. Die Pkws anderer Hersteller wiesen ein Fahrzeuggewicht von weniger als 1400 kg auf. Quantitativ weisen also mehr Fahrzeuge im Gesamt-Fahrzeugkollektiv ein Gewicht von weniger als 1400 kg auf, wohingegen einzelne Fahrzeuge höhere Gewichte aufweisen. Im europaweiten Durchschnitt wiesen die neu zugelassenen Pkws im Durchschnitt ein Leergewicht von ca. 1397 kg auf. Demnach repräsentieren die experimentellen Untersuchungen von Lecocq et al. zur Wärmefreisetzungsrate von kraftstoffbetriebenen Fahrzeugen mit einem Gewicht von ca. 1400 kg den heutigen Standard von Pkws und sind der in der Vergangenheit häufig angewendeten und etablierten Wärmefreisetzungsrate nach Schleich vorzuziehen. Als weiterer Faktor, der das Brandverhalten moderner Fahrzeuge und somit die geeignete Wahl von Bemessungsbränden beeinflussen kann, ist der zunehmende Einsatz von Fahrzeugen mit Elektromotoren zu berücksichtigen. Die Anzahl der elektrisch betriebenen Fahrzeuge und Hybridfahrzeuge ist in dem Zeitraum von 2006 von 2020 deutlich angestiegen. Die Entwicklung der Anzahl von Fahrzeugen mit alternativen Antriebstechnologien ist in Bild 8 dargestellt. Die Anzahl von Hybridfahrzeugen ist dabei im Vergleich zu E-Fahrzeugen in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Insbesondere seit 2017 zeichnet sich eine deutliche Zunahme der Anzahl von E- und Hybridfahrzeugen ab. Trotz des stetig wachsenden Bestands an E- und Hybridfahrzeugen, spielen die alternativen Antriebstechnologien im Antriebsmix der in Deutschland zugelassenen Personenkraftwagen noch eine untergeordnete Rolle. Der Anteil an Pkw mit einem reinen Verbrennungsmotor lag Anfang des Jahres 2020 bei mehr als 98 Prozent. Für eine ingenieurmäßige Bemessung der Konstruktion von Parkgaragen im Brandfall ist neben der Wärmefreisetzungsrate von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren nunmehr ebenso die Kenntnis der Wärmefreisetzungsrate von Fahrzeugen mit alternativen Antriebstechnologien entscheidend. Experimentelle Untersuchungen zu Fahrzeugen mit alternativen Antriebstechnologien wurden von Lecocq et al. [26],

Lam et al. [27] und Tramoni et al. [29] durchgeführt. Ferner wurden von Kunkelmann [27] Untersuchungen zum Brandverhalten von Lithium-Ionen-Batterien durchgeführt. Insbesondere das Brandverhalten der Akkumulatoren gegenüber dem Brand eines Kraftstofftanks kann zu Unterschieden beim Brand von Pkws mit unterschiedlichen Antriebstechnologien führen. Charakteristisch für Lithium-Ionen Akkumulatoren ist das thermische Durchgehen – der sogenannte Thermal Runaway der Batterie. Der Thermal Runaway ist eine sich selbst verstärkende, exotherme chemische Reaktion, bei der ein Vielfaches der gespeicherten elektrischen Energie in Form von thermischer Energie freigesetzt werden kann. Nach Kunkelmann kann der Thermal Runaway durch eine Selbstentzündung oder Fremdeinwirkung ausgelöst werden, die aus folgenden Faktoren resultieren kann: 1. Mechanische Einwirkung 2. Elektrische Einwirkung (Kurzschlüsse) 3. Überladung 4. Überentladung (Tiefentladung) 5. Thermische Einwirkung (starke Erwärmung, Brandfall) In Bild 9 sind Messungen der Wärmefreisetzungsrate von E-Fahrzeugen von Lecocq et al. und Lam et al. dargestellt, welche gemäß dem Kraftfahrt-Bundesamt der Kategorie der Kompaktklasse zuzuordnen sind. Der dargestellte Verlauf der Energiefreisetzung nach Lecocq et al. wurde an einem vollgeladenen E-Fahrzeug mit einem Gewicht von 1501 kg ermittelt und weist eine freigesetzte Energie von 8,5 GJ bei einer maximalen Wärmefreisetzungsrate von 4,3 MW auf. In den Untersuchungen von Lam et al. brannte ein vollgeladenes E-Fahrzeug ab, wobei die maximale Wärmefreisetzungsrate 6,0 MW betrug. Die Untersuchungen von Lecocq et al. und Lam et al. zeigen, dass E-Fahrzeuge einen charakteristischen Verlauf der Wärmefreisetzungsrate mit zwei zeitlich versetzten Spitzen aufweisen, wobei die zweite Spitze auf das Zünden der Batterie zurückzuführen ist. Grundsätzlich ist jedoch weder in der Wärmefreisetzungsrate noch der freigesetzten Energie ein Unterschied zu kraftstoffbetriebenen Pkw zu verzeichnen, der eine explizite Be-

428

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Zeitgemäße Ingenieuransätze für den Brandschutz von Garagen

den. Dies gilt sowohl für die Maximalwerte der Trägertemperaturen als auch die zeitliche Dauer, in der hohe Temperaturen am Träger erreicht werden. Detailliertere Analysen der Wärmefreisetzungsraten und Wärmeenergie von kraftstoffbetriebenen Fahrzeugen und von E-Fahrzeugen werden in dem aktuellen Forschungsprojekt „Brandrisikoanalyse von Parkgaragen unter Berücksichtigung der E-Mobilität“ von Schaumann et al. [15, 16] durchgeführt. Des Weiteren werden in dem laufenden Forschungsprojekt Modellierungsvorschläge zur Darstellung von Fahrzeugbränden in Parkgaragen entwickelt, die auf statistischen Auswertungen zu Fahrzeugkategorien und -abmessungen sowie Analysen zum Brandüberschlag basieren.

Lam [28]

Lecocq [26]

Bild 9. Vereinfachte Verläufe der Wärmefreisetzungsrate für Fahrzeuge der Kompaktklasse mit Elektroantrieb nach Lecocq et al. [26] und Lam et al. [28]

rücksichtigung in den Bemessungsgrundlagen erfordert. Neben Lecocq et al. und Lam et al. führten auch Tramoni et al. (2019) [29] experimentelle Untersuchungen an Fahrzeugen mit unterschiedlichen Antriebstechnologien durch. Bei den Untersuchungen wurden unter anderem die Auswirkungen von Wasserstoff- (H2) und Elektroantrieben (EV) auf die Temperaturentwicklung im Brandfall analysiert. In Bild 10a sind die Temperaturzeitverläufe des Trägers einer Parkgaragenstruktur dargestellt. In den Untersuchungen von Tramoni et al. wurden jeweils zwei Fahrzeuge in Brand gesetzt, wobei eines der Fahrzeuge jeweils ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor war und lediglich das zweite Fahrzeug über eine alternative Antriebstechnologie verfügte. Letztlich zeigt sich anhand der Trägertemperaturen, dass sich die Temperaturen der Fahrzeuge mit unterschiedlichen Antriebstechnologien, bezogen auf den Referenzversuch mit zwei kraftstoffbetriebenen Fahrzeugen (ICEV), nicht signifikant unterschei-

a)

4

Bewertung des Tragverhaltens der Tragstruktur eine Parkgarage im Brandfall

4.1

Allgemeines

Grundlage für die Bewertung des Tragverhaltens der Tragstruktur einer Parkgarage sind die Wärmefreisetzungsraten von Fahrzeugen, die in der Brandsimulation verwendet werden. Eine Bewertung des Tragverhaltens der Konstruktion von Parkgaragen unter Verwendung ingenieurmäßiger Ansätze basiert in der Regel auf Brandsimulationsmodellen, mit denen die Brandgastemperaturen innerhalb eines definierten Brandraumes (in der Regel eine Ebene der Parkgarage, bei SplitLeveln auch angrenzende Bereiche) numerisch ermittelt werden. Die Brandsimulationen erfolgt in der Regel mit Feldmodellen wie dem Programm FDS, die auf Basis der Energie-, Masse- und Impulsbilanz die Brandgastemperaturen berechnen und auch die Rauchgasentwicklung abbilden können. Das Programm FDS zur Berechnung der Brandgastemperaturen findet auf nationaler [12, 13] sowie internationaler [11, 30] Ebe-

b)

Bild 10. Untersuchungen zu Fahrzeugbränden mit unterschiedlichen Antriebstechnologien von Tramoni et al. [29]; a) Temperaturzeitverläufe der Trägertemperaturen an Messstelle B3, b) Versuchsaufbau der Brandversuche

Bewertung des Tragverhaltens der Tragstruktur eine Parkgarage im Brandfall

ne regelmäßig Anwendung, um die Verteilung von Brandgastemperaturen in einer gegebenen geometrischen Gebäudesituation möglichst realitätsnah zu ermitteln. Die mit dem Programm FDS ermittelten Brandraumtemperaturen bzw. Verteilung der Brandgastemperaturen innerhalb des definierten Brandraumes sind die Grundlage für die nachgeschaltete Bewertung des Erwärmungs- sowie Tragverhaltens der Tragstruktur. Im Folgenden werden zunächst die grundlegenden Methoden der Bewertungsmöglichkeiten für Tragstrukturen oberirdischer Parkgaragen dargestellt. Dabei werden verschiedene Ansätze beschrieben, die sich im Detaillierungsgrad der jeweils zugrunde liegenden Brandund Traglastsimulationen unterscheiden. Abschließend werden anhand eines Bemessungsbeispiels die unterschiedlichen Bewertungsmöglichkeiten angewendet. Dabei werden die Unterschiede zwischen den einzelnen Bewertungsmöglichkeiten bzw. Methoden zur Bewertung des Tragverhaltens der Tragstruktur detailliert dargestellt sowie die Auswirkungen der Methoden auf die Wirtschaftlichkeit der Bemessung der Tragstruktur erläutert.

4.2

Bewertungsmöglichkeit der Tragstruktur

Die Bewertung des Tragverhaltens von Stahl- und Stahlverbundkonstruktionen im Parkhausbau kann im Sinne der Eurocodes auf Basis von drei unterschiedlichen Bemessungsverfahren erfolgen. Zu den Bemessungsverfahren zählen gemäß DIN EN 1994-1-2 [3] die Bemessungstabellen (Level 1), vereinfachte Bemessungsverfahren (Level 2) oder allgemeine Bemessungsverfahren (Level 3), welche detailliert in Schaumann et al. [17–19] erläutert werden. Mit zunehmender Komplexität des Bemessungsverfahrens nimmt dabei der Detaillierungsgrad der Berechnungen zu und die Wirtschaftlichkeit der Bemessungsergebnisse steigt. Zur Erzielung einer möglichst wirtschaftlichen Tragkonstruktion aus Stahl- oder Stahlverbundbauteilen in Parkgaragen, an die moderate Anforderungen an den Feuerwiderstand gestellt werden, bietet sich somit der Einsatz allgemeiner Bemessungsverfahren im Sinne der Eurocodes an. Die Anwendung von Bemessungstabellen und vereinfachten Verfahren würde hingegen in der Regel eine brandschutztechnische Ertüchtigung der Bauteile erfordern. Bei der Anwendung von Ingenieurmethoden zum Nachweis der Tragfähigkeit können unterschiedliche Bemessungsansätze verfolgt werden. Die Ansätze der allgemeinen Bemessungsverfahren unterscheiden sich dabei im Detaillierungsgrad der Berechnungen bzw. Simulationen und folglich im zu erwartenden Ergebnis. Dabei steigt mit zunehmendem Detaillierungsgrad der Berechnungen die Wirtschaftlichkeit der Konstruktion, da auch sekundäre Tragreserven sowie die Verteilung der Brandgastemperaturen innerhalb der Parkgarage genauer in den Simulationen berücksichtigt werden können. Besonders wirtschaftliche Konstruk-

429

tionen sind zu erwarten, wenn reale Tragstrukturen unter der Einwirkung realer Brandszenarien nachgewiesen werden. Die Wahl des Detaillierungsgrades hängt dabei insbesondere von den gegebenen Randbedingungen ab. Im Wesentlichen können vier Ansätze unterschieden werden, wobei die ersten drei Methoden im Brandschutzingenieurwesen bereits etabliert sind und die vierte Methode bisher aufgrund ihres Aufwandes seltener genutzt wurde und erst im Zuge neuer Entwicklungen eines Forschungskonsortiums [11] praktikabler für die Anwendung geworden ist. 1. Normbrandszenario gemäß ETK: Die Bewertung des Tragverhaltens der Tragstruktur erfolgt auf Basis einer thermischen Einwirkung gemäß der ETK über die gesamte Bauteillänge. Unter Anwendung von vereinfachten oder allgemeinen Bemessungsverfahren (thermische und mechanische Simulationen) können die Bauteiltemperaturen genauer berechnet und ggf. Reserven der Tragstruktur durch Umlagerungen berücksichtigt werden. 2. Vereinfachte Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Brandgastemperaturen: Bei dieser Vorgehensweise zur Bewertung des Tragverhaltens der Tragstruktur werden die Brandgastemperaturen auf Basis der vereinfachten Berechnungsformeln für lokale Brände gemäß DIN EN 1991-1-2 [2] berechnet. Die thermische Einwirkung kann dabei konservativ über die gesamte Bauteillänge oder gestaffelt entlang der Bauteillänge angesetzt werden. In dem Stabwerksprogramm SAFIR [10] sind die vereinfachten Berechnungsformeln bereits implementiert, wodurch auf Basis der Wärmefreisetzungsraten der Fahrzeuge die Bauteiltemperaturen entlang eines Bauteils berechnet werden können. 3. Maximale Brandgastemperatur des Naturbrandszenarios: Bei diesem Ansatz wird zunächst in einem Brandsimulationsmodell die Verteilung der Brandgastemperatur auf Grundlage eines Naturbrandszenarios berechnet. Der Nachweis der Tragfähigkeit der Tragstruktur erfolgt unter Berücksichtigung der maximalen Brandgastemperatur, wobei diese konservativ über die gesamte Bauteillänge angesetzt wird. 4. Reale Temperaturverteilung im Brandraum: Der Nachweis der Tragfähigkeit der Tragstruktur erfolgt bei diesem Ansatz unter Berücksichtigung der Temperaturverteilung im Brandraum auf Grundlage eines Naturbrandszenarios, wobei auch die Temperaturverteilung entlang der Tragkomponenten abschnittsweise berücksichtigt wird. Dies ist insbesondere für Träger in Parkgaragen, die in der Regel zwei Parkstreifen sowie einen mittigen Fahrstreifen überspannen, ein wirtschaftlicher Ansatz. Bei einer händischen Übertragung mehrerer Temperaturzeitkurven für unterschiedliche Bereiche der Bauteile steigt der Simulationsaufwand schnell deutlich an. Jüngste Entwicklungen einer

430

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Zeitgemäße Ingenieuransätze für den Brandschutz von Garagen

Kopplung [11] zwischen dem Brandsimulationsmodell FDS und dem Stabwerksprogramm SAFIR automatisieren die Übertragung der ermittelten Brandgastemperaturen an die FE-Software. Die Kopplung zwischen den Programmen FDS und SAFIR stellt einen wesentlichen Schritt hin zur Bemessung realer Tragstrukturen unter Einwirkung realer Brandszenarien dar. Sie bietet damit eine fortschrittliche Alternative zu den bisherigen ingenieurmäßigen Methoden. Der Auswahl der Brandposition innerhalb der Parkgarage sowie des Brandverlaufs kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu.

4.3

Ingenieurmethoden zur Bemessung von Parkgaragen

4.3.1

Vereinfachte Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Brandgastemperaturen

Mithilfe des vereinfachten Berechnungsverfahrens der lokalen Brände gemäß DIN EN 1991-1-2 [1] können die Brandgastemperaturen realitätsnäher als unter Ansatz der ETK abgebildet werden. Die vereinfachten Berechnungsgleichungen der DIN EN 1991-1-2 basieren auf den Plume-Modellen von Heskestad [34, 35] zur Ermittlung der Brandgastemperaturen eines Bauteils in der Plumeachse eines Brandes sowie von Hasemi [36, 37] zur Berechnung der Brandgastemperaturen im Deckenbereich des Nahbereichs eines Brandes. Mit den vereinfachten Bemessungsgleichungen können somit die Brandgastemperaturen gestaffelt über die Höhe einer Stütze innerhalb der Plumeachse des Brandes sowie für Träger im Deckenbereich in einem bestimmten horizontalen Abstand zur Plumeachse des Brandes ermittelt werden (Bild 11). Ein wesentlicher Eingangswert der Berechnungsgleichungen von Heskestad sowie Hasemi zur Berechnung der Brandgastemperaturen ist die Wärmefreisetzungsrate des lokalen Brandereignisses. Für Parkgaragen wurden verschiedene Ansätze der Wärmefreisetzungsrate von Pkws in den vorigen Abschnitten beschrieben, die als Eingangswerte für die vereinfachte Ermittlung der Brandgastemperaturen genutzt werden können. Die bisherige Begrenzung der vereinfachten Berechnungsformeln für lokale Brände auf eine Stütze innerhalb der Plumeachse wurde in dem europäischen

Bild 11. Modell eines lokalen Brandszenarios gemäß DIN EN 1991-1-2 [2]

Forschungsprojekt „Temperature assessment of a vertical steel member subjected to localised fire“ (kurz: LOCAFI) [33] durch experimentelle Untersuchungen sowie numerische Simulation auf Stützen außerhalb der Plumeachse erweitert. Die Erweiterungen bzw. Anpassungen zur Berechnung der Brandgastemperaturen aus dem Forschungsprojekt LOCAFI werden im Zuge der Novellierung der Eurocodes, im Speziellen der DIN EN 1991-1-2 [2], berücksichtigt. Eine Beschreibung und Erläuterung der Erweiterung des vereinfachten Bemessungsverfahrens für lokale Brände ist in Zehfuß et al. (2019) [32] dargestellt. Zur vereinfachten Anwendung des Bemessungsverfahrens der lokalen Brände wurde das Formelwerk bereits in die FE-Software SAFIR implementiert, sodass auf Basis der Wärmefreisetzungsrate die Bauteiltemperaturen einer Stütze oder eines Trägers auf dieser Grundlage automatisch berechnet werden können. Durch die Integration der vereinfachten Bemessungsgleichungen kann auf aufwendige CFD-Simulationen mit dem Programm FDS verzichtet werden. Dem Grundsatz der Eurocodes folgend, führen die vereinfachten Bemessungsgleichungen (beispielsweise der lokalen Brände gemäß DIN EN 1991-1-2 [2]) im Vergleich zu den allgemeinen Bemessungsverfahren (FDS) jedoch zu höheren Brandgas- und folglich auch Bauteiltemperaturen. Die Kombination einer vereinfachten Temperaturermittlung und einer detaillierten Tragwerksanalyse kann jedoch ein geeigneter Kompromiss sein, um eine gegenüber der Bemessung auf Grundlage der ETK zu umgehen und gleichzeitig den zeitlichen Aufwand einer Brandsimulation einzusparen.

4.3.2

Genauere Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Brandgastemperaturen

Bei den genaueren ingenieurmäßigen Ansätzen wird zur Ermittlung der Brandgastemperaturen der Brandraum zunächst in einem Feldmodell mit der Software FDS abgebildet. In dem Modell werden die wesentlichen geometrischen Randbedingungen, die die Strömungen der Brandgase beeinflussen, realitätsnah abgebildet. In einer Parkgarage hat dabei auch die Modellierung der Träger einen signifikanten Einfluss auf die Strömungen der Brandgase, wodurch diese in der Brandsimulation explizit zu berücksichtigen sind. Die Abbildung der Stützen hat hingegen in der Regel einen untergeordneten Einfluss auf die Strömungen der Brandgase, weshalb auf eine Modellierung der Stützen im Modell verzichtet werden kann. Das Brandszenario wird begründet gewählt und dementsprechend im Brandraum platziert. In dem Brandsimulationsmodell können diverse Messstellen implementiert werden, mit denen die Brandgastemperaturen an signifikanten Stellen über die Dauer der Brandsimulation aufgezeichnet werden können. Diese können als Eingangswerte für die subsequente thermische Simulation dienen, wobei entweder die absolut höchste Temperatur als maßgebende thermische

Bewertung des Tragverhaltens der Tragstruktur eine Parkgarage im Brandfall

Einwirkung berücksichtigt werden kann oder eine abschnittsweise unterschiedliche Temperaturentwicklung in den folgenden Simulationen zugrunde gelegt werden kann.

4.3.3

Grundlagen der Kopplung von FDS und SAFIR

Die durch das Forschungskonsortium [11] entwickelte Schnittstelle zwischen den Programmen FDS und SAFIR bewirkt, dass im Zuge der Brandsimulation in FDS eine Datei erzeugt wird, die einen automatischen Ergebnistransfer zur FE-Software SAFIR ermöglicht. Bei der Kopplung von FDS und SAFIR handelt es sich um eine schwache Kopplung, bei der die Brandgastemperaturen Θ, die Konvektionsfaktoren αc und die richtungsabhängigen Strahlungsintensitäten εα eines zuvor definierten Bereichs innerhalb des Modells in einem Transfer-File gespeichert werden und für die weitere Verwendung in SAFIR genutzt werden können. Der Bereich des Transfer-Files ist entsprechend der in der Tragwerksanalyse zu betrachtenden Bauteile zu definieren. Im Folgenden kann in SAFIR für die jeweiligen Bauteile automatisiert eine Vielzahl von thermischen Analysen durchgeführt werden, in denen auf Grundlage des Transfer-Files die richtungsabhängige Strahlungsintensität sowie die Ausrichtung und die Position des Querschnitts in Bezug auf die Brandquelle berücksichtigt werden. Somit werden Temperaturgradienten in Quer- und Längsrichtung des Querschnitts bzw. des Tragsystems berechnet. Wesentliche Bedingung für die korrekte Übertragung der thermischen Einwirkungen auf die Bauteile ist die Definition desselben Koordinatensystems und -ursprungs für die Modelle in FDS und SAFIR. Im Anschluss an die multiplen thermischen Analysen werden die zuvor bereichsweise ermittelten Bauteiltemperaturen in das mechanische Modell übertragen. Unter Berücksichtigung der mechanischen Einwirkungen wird somit das Tragverhalten im Brandfall realitätsnah abgebildet. Der schematische Ablauf der Kopplung von FDS und SAFIR ist in Bild 12 skizziert. Die Anwendung eignet sich besonders für Gebäude und Bauteile, bei denen von einem lokalen Brandereignis auszugehen ist, welches die Konstruktion nur lokal schwächt und Kraftumlagerungen auf andere Bereiche möglich sind.

4.4

Anwendungsbeispiel zur Bewertung der Bemessungsmöglichkeiten

Im Folgenden werden die zuvor beschriebenen Ansätze von Ingenieurmethoden anhand eines Beispiels miteinander verglichen. Die Bewertung der unterschiedlichen Ingenieurmethoden erfolgt auf thermischer und mechanischer Ebene. Die Gegenüberstellung der Ingenieurmethoden zur Bemessung der Tragstruktur einer Parkgarage erfolgt am Beispiel eines ungeschütz-

431

ten Verbundträgers und basiert auf dem Beispiel von Schaumann et al. [17, 20, 21].

Beispiel Beim Anwendungsbeispiel wird ein Verbundträger betrachtet, der aus einem IPE450 (S355) und einem Betongurt (C40/50) mit einer Höhe von 100 mm und einer mittragenden Breite von 2,5 m besteht. Die thermischen und mechanischen Materialeigenschaften werden für die numerischen Simulationen gemäß DIN EN 1994-1-2 [3] implementiert. Der Verbundträger wird als Einfeldträger mit einer Spannweite von 16 m abgebildet (Bild 13). Die Geschosshöhe der Parkgarage wird mit 2,75 m berücksichtigt. Die mechanische Belastung des Verbundträgers im Brandfall beträgt 11,4 kN/m und setzt sich aus dem Eigengewicht, den Installations- und den Verkehrslasten gemäß DIN EN 1991-1-1 [1] und DIN EN 1991-1-2 [2] zusammen. Die Ermittlung der Brandgastemperaturen erfolgt durch eine FDS-Simulation mit dem in Bild 15 dargestellten Modell eines Garagenausschnitts in vollgeschossiger Bauweise. Der Modellausschnitt hat eine Breite von 32 m, was zwei Einfeldsystemen mit je einer Länge von 16 m entspricht. Dies repräsentiert einen typischen Aufbau einer oberirdischen Parkgarage. Bei der Modellierung werden ausschließlich die Stahlquerschnitte der Träger in einem Raster von 2,5 m als Strömungshindernisse berücksichtigt. Weitere Bauteile der Parkgarage wie beispielsweise die Stützen werden bei der Modellbildung nicht berücksichtigt. Als Brandszenario wird ein Szenario mit drei Fahrzeugen nach Joyeux et al. [25] gewählt (siehe Bild 1 und Bild 15). Dabei wird die typische Anordnung der beiden Parkstreifen im Bereich der Trägerauflager und des Fahrstreifens unterhalb der Trägermitte unterstellt. Als Grundlage für das Brandszenario wird die Wärmefreisetzungsrate nach Lecocq et al. [26] für jedes der drei zeitlich versetzt brennenden Fahrzeuge berücksichtigt (Bild 5a). Der Brandüberschlag wird gemäß den Untersuchungen von Schaumann et al. [15, 16] mit 7 Minuten berücksichtigt. Unter dem Ansatz der Wärmefreisetzungsrate nach Lecocq et al. für jedes der drei Fahrzeuge ergibt sich eine maximale Wärmefreisetzungsrate im Brandsimulationsmodell von 16,2 MW. Der Verlauf der implementierten Wärmefreisetzungsrate ist in Bild 14 dargestellt. Die Modellierung der Fahrzeuge erfolgt in Anlehnung an den erarbeiteten Modellierungsvorschlag aus dem Forschungsprojekt von Schaumann et al. [15, 16], bei dem die geometrischen Abmessung der Fahrzeugklasse durch den 90%-Quantilwert abgebildet werden. Die Abmessungen des Pkws wurden hier mit einer Breite von 1,75 m, einer Länge von 4,5 m und einer Höhe von 1,3 m implementiert. Als Brandfläche werden alle seitlichen Flächen des Pkws berücksichtigt. Des Weiteren wird auf der Oberseite des Fahrzeugs eine brennende Fläche angeordnet, die repräsentativ für die frei nach oben strömende

432

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Zeitgemäße Ingenieuransätze für den Brandschutz von Garagen

Bild 12. Ablaufschema Kopplung zwischen FDS und SAFIR

Energie aus dem Bereich der Front- und Heckscheiben steht.

Temperaturentwicklung innerhalb der Parkgarage infolge des Naturbrandes Der Verlauf der berechneten Brandgastemperaturen des maßgebenden Trägers unter Einwirkung des Na-

turbrandszenarios ist in Bild 16 für sechs ausgewählte Positionen entlang der Trägerlängsachse dargestellt. Zudem werden die berechneten Brandgastemperaturen der ETK gegenübergestellt. Für die folgende Bauteilbemessung sind zwei Effekte zu berücksichtigen. Zum einen liegen die ermittelten Brandgastemperaturen im Bereich der Fahrzeu-

Bewertung des Tragverhaltens der Tragstruktur eine Parkgarage im Brandfall

Bild 13. Statisches System und Verbundträger des Anwendungsbeispiels in Anlehnung an Schaumann et al. [17, 21]

Bild 14. Verlauf der Wärmefreisetzungsrate der einzelnen Fahrzeuge sowie der kumulierten Wärmefreisetzungsrate im Bemessungsbeispiel

433

ge für einen begrenzten Zeitraum oberhalb des Verlaufs der ETK. Die Brandgastemperaturen oberhalb des Verlaufs der ETK sind allerdings nur zeitlich beschränkt und räumlich auf den Bereich der brennenden Fahrzeuge begrenzt (Bild 17). Dies kann in der Tragwerksbemessung den entscheidenden Unterschied ausmachen, ob eine brandschutztechnische Beschichtung erforderlich wird oder nicht. Zum anderen zeigt der Verlauf der Brandgastemperaturen entlang der Trägerachse, dass die Brandgastemperaturen ausschließlich im Bereich der Pkw die Temperaturen der ETK übersteigen. Außerhalb des Bereichs der Pkw sind die Brandgastemperaturen im Vergleich deutlich geringer. Neben den brennenden Pkw weisen die Brandgastemperaturverläufe entlang der Trägerachse einen signifikanten Temperaturgradienten auf. Anders als bei der Bemessung auf Grundlage der ETK für ein F30-Bauteil muss jedoch unter Berücksichtigung des Naturbrandszenarios die Bemessung über die gesamte Branddauer – inklusive der Abkühlphase – erfolgen. Im vorliegenden Fall wirkt demnach deutlich länger als 30 Minuten Wärme auf das Bauteil ein.

Thermische Analyse der Tragstruktur Der Vergleich des Erwärmungs- und Tragverhaltens des Verbundträgers erfolgt gemäß Abschnitt 4.3 infolge einer thermischen Einwirkung entsprechend der ETK, entsprechend der maximalen Brandgastemperatur aus der FDS-Berechnung (Θmax,FDS ), der vereinfachten Bemessungsmethode für lokale Brände von Hasemi mit SAFIR sowie unter Anwendung der Kopplung von FDS und SAFIR. Beispielhaft sind die Temperaturzeitverläufe des ungeschützten Stahlflansches des maßgebenden Verbundträgers infolge der vier thermischen Einwirkungen in

Bild 15. FDS-Modell des Anwendungsbeispiels der Parkgarage

434

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Zeitgemäße Ingenieuransätze für den Brandschutz von Garagen

Bild 16. Vergleich der Temperaturzeitverläufe der ETK und der Brandgastemperaturen im Trägernahbereich der FDS Simulation am Ort der maximalen Temperatur (C), in Trägermitte (B, E) und am Trägerende (A, F)

Bild 17. Brandgastemperaturen entlang der Trägerachse des maßgebenden Trägers zu ausgewählten Zeitpunkten in der FDS-Simulation

Bild 18. Vergleich der Flanschtemperaturen infolge der Brandgastemperaturen gemäß Bild 16 sowie der thermischen Einwirkung nach den vereinfachten Ansätzen nach Hasemi

Bewertung des Tragverhaltens der Tragstruktur eine Parkgarage im Brandfall

Bild 18 dargestellt. Nach einer 30-minütigen Einwirkung entsprechend der ETK beträgt die Stahltemperatur des unteren Flansches des I-Profils knapp 800 °C. Bei der Berücksichtigung der maximalen Brandgastemperaturen aus FDS als allseitige Brandeinwirkung auf den Querschnitt wird im Flansch eine maximale Temperatur von ca. 900 °C erreicht. Bei der Anwendung der Kopplung von FDS und SAFIR wird im Flansch eine maximale Temperatur im Bereich der Brandquelle von ca. 700 °C berechnet. Des Weiteren wird bei dieser Methode durch die im Brandsimulationsmodell ermittelten Brandgastemperaturen ein Temperaturgradient in Längsrichtung des Bauteils berücksichtigt. In Trägermitte ist die Flanschtemperatur aufgrund der Entfernung zur Brandquelle mit ca. 300 °C bereits deutlich geringer. Ein ähnliches Erwärmungsverhalten zeigt sich bei der Anwendung des Konzepts der lokalen Brände unter Verwendung von SAFIR. Dabei wird allerdings im Bereich der brennenden Fahrzeuge eine maximale Temperatur von ca. 900 °C erreicht, welche im Bereich der maximalen Brandgastemperaturen aus FDS (Θmax,FDS ) liegt. Jedoch wird bei diesem Konzept ebenfalls der Temperaturgradient in Trägerlängsrichtung berücksichtigt. Bereits in Trägermitte ist die Flanschtemperatur bereits deutlich reduziert (Bild 18). Im vorliegenden Beispiel ergibt sich im Schnitt A bei Anwendung der vereinfachten Bemessungsgleichung des lokalen Brandkonzeptes nach Hasemi eine niedrigere Temperatur als bei Verwendung der Kopplung, was auf den Einfluss der Umfassungsstruktur zurückzuführen ist, die bei den vereinfachten Berechnungsformeln nach Hasemi nicht abgebildet wird. Der Unterschied zwischen der berechneten Flanschtemperatur infolge Θmax,FDS und der mittels der Kopplung ermittelten Temperatur im Schnitt C entsteht durch den unterschiedlichen Ansatz der thermischen Einwirkung in der thermischen Analyse. Im ersten Fall wird diese profilfolgend mit Θmax,FDS angesetzt, wohingegen sie im zweiten Fall unter Berücksichti-

435

gung der abschattenden Wirkung des Unterflansches sowie der richtungsabhängigen Strahlungsintensitäten auf die Profiloberfläche einwirkt.

Mechanische Analyse der Tragstruktur Basierend auf den thermischen Simulationen wird im Folgenden das Tragverhalten des maßgebenden Verbundträgers in einer mechanischen Simulation bewertet. Das Verformungsverhalten des Verbundträgers infolge der Bemessungsansätze und das Versagenskriterium für die maximal zulässige Durchbiegung gemäß DIN EN 1363-1 [4] sind in Bild 19 dargestellt. Infolge einer thermischen Einwirkung entsprechend der ETK, der maximalen berechneten Brandgastemperatur aus FDS sowie des Konzepts der lokalen Brände von Hasemi wird das Versagenskriterium gemäß DIN EN 1363-1 [4] überschritten. Einzig die Berücksichtigung einer realitätsnahen Temperaturverteilung mittels der Kopplung von FDS und SAFIR führt rechnerisch zu wesentlich geringen Verformungen und einem positiven Nachweis der Tragfähigkeit. Dies ist hauptsächlich auf die Temperaturverteilung in Längsrichtung des Verbundträgers zurückzuführen, die insbesondere im Bereich der höchsten Biegebeanspruchung in Feldmitte deutlich reduzierte Temperaturen und somit einen höheren Widerstand bewirkt. 4.5

Einordnung der Bemessungsergebnisse

Mit dem voranstehend beschriebenen Beispiel wird gezeigt, dass die Anwendung von Ingenieurmethoden den gewünschten Effekt erzielen und dass durch eine genauere Berechnungsmethode hinsichtlich der Ermittlung der Brandraumtemperaturen und des Tragwiderstandes eine besonders wirtschaftliche Bemessung erfolgen kann. Mit den geeigneten Methoden können so ungeschützte Stahl- oder Stahlverbundtragwerke realisiert werden, die bei der Anwendung üblicher Bemessungsansätze brandschutztechnisch geschützt aus-

Bild 19. Verformung des Verbundträgers infolge der unterschiedlichen ingenieurmäßigen Bemessungsansätze

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Zeitgemäße Ingenieuransätze für den Brandschutz von Garagen

geführt werden müssten. Dies kann in einem realen Bauvorhaben ein wesentliches Einsparpotenzial für die Kalkulation der Konstruktion darstellen, wodurch Bauweisen wettbewerbsfähig werden können, die ansonsten keine wirtschaftliche Lösung darstellen würden. Gleichzeitig weist die Anwendung der vorgestellten Methoden weiterhin diverse Annahmen auf der sicheren Seite und somit ein ausreichendes Sicherheitsniveau auf. So beinhaltet das Bemessungsbrandszenario gegenüber den statistisch erfassten realen Brandszenarien sowohl hinsichtlich der Anzahl der brennenden Fahrzeuge als auch dem Ansatz der Brandüberschlagsdauer konservative Annahmen. Zudem stellt die Modellierung der brennenden Fahrzeugkubatur für die thermische Einwirkung auf die Bauteile eine kritische Anordnung dar, die in der Tendenz zu höheren Bauteiltemperaturen als andere Modellierungsansätze führt. Ferner werden Effekte infolge der natürlichen Ventilation innerhalb der Garagen in den numerischen Modellen nicht berücksichtigt. Da diese Ventilation in der Realität zu einer thermischen Entlastung der Bauteile beiträgt, stellt dies ebenfalls eine konservative Annahme dar. Nicht zuletzt wurde in dem dargestellten Beispiel die Bemessung anhand eines Einzelbauteils beschrieben. Tragreserven, die sich durch das Zusammenwirken der Konstruktion ergeben, wie beispielsweise Momenten- und Kräfteumlagerungen oder Durchlauftragwirkungen, werden dabei nicht berücksichtigt. Auch wurden sekundäre Tragmechanismen wie die Membrantragwirkung nicht in Ansatz gebracht. Die Anwendung von Ingenieurmethoden stellt somit eine geeignete Methode dar, um gleichzeitig wirtschaftliche Bemessungen unter Berücksichtigung realer Strukturen und realer Brandszenarien zu ermöglichen und weiterhin ein ausreichendes Sicherheitsniveau für die geplanten Tragwerke zu gewährleisten.

5

Aspekte der E-Mobilität im bauordnungsrechtlichen Verfahren

5.1

Elektrisch betriebene Fahrzeuge in Garagen

Sowohl die Landesbauordnungen als auch die Garagenverordnungen wurden in ihren Grundzügen vor den gesellschaftlichen Entwicklungen hin zur E-Mobilität beschlossen. Die Frage, ob diese neuartige Antriebstechnik durch das geltende Baurecht ausreichend berücksichtigt ist und ob das Sicherheitsniveau gleichermaßen erfüllt werden kann, ist daher zunächst einmal grundsätzlich zulässig und muss durch den Gesetzesgeber beantwortet werden. Grundlage für eine fundierte Aussage können dazu insbesondere Erkenntnisse aus Brandversuchen und realen Brandereignissen bieten. Einige dieser Erkenntnisse wurden in dem vorliegenden Beitrag bereits angesprochen. Sie führten zu der

Einschätzung, dass weder in Bezug auf die maximale Wärmefreisetzungsrate noch die Gesamtenergie, die bei einem Pkw-Brand freigesetzt wird, ein Unterschied zu beobachten ist, der zu einer Risikoerhöhung in Bezug auf die tragende und aussteifende Konstruktion von Garagen führt. Diese Erkenntnisse werden im Folgenden zur bauordnungsrechtlichen Diskussion herangezogen. Zu der bayrischen Garagen- und Stellplatzverordnung wurden häufig gestellte Fragen seitens des Bayrischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr offiziell beantwortet. In der Beantwortung wird unter anderem definiert, dass sowohl gasbetriebene als auch elektrisch betriebene Kraftfahrzeuge in Garagen abgestellt werden dürfen. Auch das Aufladen mittels Kabel von elektrisch betriebenen Fahrzeugen ist zulässig, sofern dies keinen längeren Aufenthalt von Personen erfordert. In den Erläuterungen zur Sonderbauverordnung NRW wird ebenso klargestellt, dass Pkw jeglicher Antriebsart in Garagen abgestellt werden dürfen. Auch hinsichtlich der Ladestationen für Elektrofahrzeuge wird eine Legalität attestiert, die sich dadurch begründet, dass diese Teile von Leitungsanlagen sind und einen Bestandteil der technischen Gebäudeausrüstung darstellen. Damit sind sie wie elektrische Verteiler oder Steckdosen zu bewerten. Weder die Landesbauordnung noch die Sonderbauverordnung enthält ein Verbot zur Installation von Leitungen einschließlich Ladeeinheiten. Daher sind einzig die Regelungen der Leitungsanlagenrichtlinie sowie der entsprechenden VDE-Normen umzusetzen. In der hessischen Verordnung über den Bau und Betrieb von Garagen und Stellplätzen wird explizit geregelt, dass mindestens 5 % der Einstellplätze in Garagen über einen Anschluss an Ladestationen für Elektrofahrzeuge verfügen müssen. Dies stellt eine besonders fortschrittliche Forderung im geltenden Baurecht dar, die den gesellschaftlichen Trend widerspiegelt. Da in der Verordnung keine sich darauf beziehenden weiterführenden Anforderungen definiert werden und in der Neufassung, in der diese Anforderung erstmals geregelt wurde, gegenüber vorherigen Fassungen keine höheren Anforderungen an das Tragwerk definiert wurden, impliziert diese Verordnung, dass sich das Brandrisiko durch das Einbringen von elektrisch betriebenen Fahrzeugen sowie deren Ladestationen nicht wesentlich verändert hat. In den Verordnungen anderer Länder sowie den zugehörigen offiziellen Kommentaren der jeweiligen Gesetzgeber sind keine weiteren Festlegungen hinsichtlich des Umgangs mit elektrisch betriebenen Fahrzeugen sowie deren Ladestationen getroffen worden. Insgesamt finden sich im Umkehrschluss somit keine Vorschriften in deutschen Regelwerken, die dem Abstellen von elektrisch betriebenen Fahrzeugen oder dem Bereitstellen elektrischer Ladestationen widersprechen.

Aspekte der E-Mobilität im bauordnungsrechtlichen Verfahren

In Frankreich gibt es hinsichtlich dieses Aspektes für Gebäude öffentlicher Hand hingegen spezielle Regelungen [7]: Sofern es sich nicht um offene Garagen, gesprinklerte Garagen oder die oberste Ebene anderer Garagen handelt, sind Ladestationen für elektrisch betriebene Fahrzeuge nur in der Zufahrtsebene sowie den Ebenen über und unter dieser zulässig. Zudem sind die Anzahl der Ladestationen an sich sowie die Gesamtleistung der Ladestationen innerhalb der Garage beschränkt. Sofern Ladestationen innerhalb des Gebäudes verteilt angeordnet werden, sind diese in einem Abstand von mindestens 15 m vorzusehen, als solche zu kennzeichnen und mit einem separaten Feuerlöscher auszustatten. Zudem sind Steigleitungen als Hilfsmittel für einen schnellen Löschangriff durch die Feuerwehr zu installieren. Die voranstehenden französischen Regelungen implizieren somit eine Veränderung des bewerteten Risikos durch die Installation von Ladestationen. Diese Meinung wird von den deutschen Behörden nicht geteilt. Die Erkenntnisse aus der dokumentierten Literatur, den realen Bränden und insbesondere auch dem Dialog mit den deutschen Feuerwehren haben zu der Einschätzung geführt, dass elektrisch betriebene Fahrzeuge samt der zugehörigen technischen Infrastruktur zu keiner Erhöhung des Risikos führen, die durch Anpassungen in den baurechtlichen Anforderungen zu kompensieren ist. Im bauordnungsrechtlichen Verfahren sind somit keine Besonderheiten durch das Einbringen elektrisch betriebener Fahrzeuge in Garagen jeglicher Größe zu berücksichtigen. Den gesellschaftlichen Entwicklungen kann somit unter Wahrung des festgelegten Sicherheitsniveaus beim Umsetzen der bestehenden Regelungen ohne Einschränkungen für elektrisch betriebene Fahrzeuge entsprochen werden.

5.2

Abstellen von elektrisch betriebenen Fahrrädern in Garagen

Einen weiteren bauordnungsrechtlichen Aspekt, der häufig in Planungsprozessen diskutiert wird, bildet die Frage, ob das Abstellen von Fahrrädern – und damit auch E-Bikes oder Pedelecs – innerhalb von Garagen zulässig ist. In dem bayrischen Hintergrunddokument zur Garagenverordnung wird klargestellt, dass in Garagen lediglich nachgeordnete Flächen für das Abstellen von Fahrrädern vorgesehen werden dürfen. Somit wird impliziert, dass das Abstellen von Fahrrädern in Garagen nicht ausgeschlossen ist, obwohl die Definition der Landesbauordnungen Garagen als Gebäude oder Gebäudeteile zum Abstellen von Kraftfahrzeugen dienen. Auch wird klargestellt, dass die Flächen, die zum Abstellen von Fahrrädern vorgesehen werden, nicht in die Berechnung der Nutzfläche der Garage eingehen. In den Erläuterungen zur Sonderbauverordnung NRW wird definiert, dass auch Fahrräder, E-Bikes und Pedelecs in Garagen abgestellt werden dürfen. In der Erläuterung wird explizit darauf eingegangen, dass die-

437

se Gefährte gegenüber Personenkraftwagen einschließlich Elektrofahrzeugen aus ingenieurwissenschaftlicher Sicht eine sehr viel geringere Brandlast darstellen und ein Verbot des Abstellens daher aus Sicht des vorbeugenden Brandschutzes unbegründet ist.

5.3

Abstellen von elektrisch betriebenen Fahrrädern in Kellerräumen

Hinsichtlich des Abstellens von E-Bikes in Kellerräumen werden baurechtlich keine Einschränkungen definiert. Die Brandlast in Kellerräumen wird grundsätzlich baurechtlich nicht begrenzt. Auch die Installation von Steckdosen und die Lagerung von Akkus in haushaltsüblichen Mengen in Kellerräumen sind legal. Daher sind sowohl das Abstellen an sich als auch das Laden von Akkus in Kellerräumen aus baurechtlicher Sicht uneingeschränkt möglich. Auch die Ausbildung von Fahrradkellern, in denen auch eine Vielzahl von Fahrrädern abgestellt werden können, unterliegt demnach keiner Beschränkung hinsichtlich der Legalität zur Schaffung von Ladeeinrichtungen für Akkus von E-Bikes. Von den E-Bikes samt den Akkumulatoren gehen keine Brandlasten und Brandentstehungswahrscheinlichkeiten aus, die die Gefahren in üblichen Kellerräumen übersteigen. Die Regelungen der Landebauordnung hinsichtlich der Trennung und den Abschlüssen von Kellerräumen sind gleichermaßen für Fahrradkeller anwendbar.

5.4

Abstellen von elektrisch betriebenen Fahrzeugen zu Ausstellungszwecken

Nicht zuletzt muss auch die Möglichkeit zum Ausstellen von elektrisch betriebenen Fahrzeugen zu Promotionszwecken in diversen Gebäuden diskutiert werden. Insbesondere in Verkaufsstätten, Flughafengebäuden und Hotels werden immer wieder Fahrzeuge präsentiert. In heutigen Zeiten vermehren sich dabei insbesondere die Anfragen hinsichtlich der Aufstellung von E-Fahrzeugen. Ob einer Aufstellung zugestimmt werden kann, ist dabei nicht pauschal zu beantworten, da für diese Sonderbauten häufig individuelle brandschutztechnische Konzepte entwickelt wurden, die der jeweiligen Gebäudecharakteristik samt der enthaltenen Anlagentechnik entsprechen. Sonderlösungen und Zugeständnisse in Form von Abweichungen und Erleichterungen von baurechtlichen Anforderungen sind dabei nicht unüblich und müssen individuell berücksichtigt werden. Generell kann jedoch beispielsweise für Verkaufsräume bei Umsetzung der sonstigen baurechtlichen Anforderungen (z. B. an das Tragwerk, die verwendeten Baustoffe, die Gestaltung der Rettungswege, die vorhandene Anlagentechnik) festgestellt werden, dass keine Einschränkung der Brandlast besteht. Welche Art von Produkten in Verkaufsräumen ausgestellt wird, ist demzufolge nicht bestimmt. Anders sieht es beispielsweise innerhalb von Ladenstraßen aus, die gleichzei-

438

D4

Zeitgemäße Ingenieuransätze für den Brandschutz von Garagen

Bild 20. Berechnete Oberflächentemperatur an der Karosserie eines benachbarten Pkws im Nachbereich eines Pkw-Brandes in Abhängigkeit des Abstandes der Pkw zueinander

tig eine Brandabschnittstrennung darstellen. In diesen Bereichen ist das Einbringen von Einbauten und Einrichtungen generell nicht gestattet und kann höchstens individuell durch Darlegung gleichwertiger Lösungen zugestimmt werden. Um die Gefahr einer Brandweiterleitung zwischen mehreren Pkws, die zu Promotionszwecken in ein Gebäude eingebracht werden, zu beurteilen, wurde eine rechnerische Untersuchung durchgeführt. Zur Bewertung, ab welchem Abstand zweier Fahrzeuge ein Brandüberschlag unwahrscheinlich ist, wurde ein Brandsimulationsmodell erstellt, in dem im Umfeld eines brennenden Pkw die für einen Brandüberschlag entscheidenden Kennwerte entfernungsabhängig ermittelt wurden. Die Untersuchung ist detailliert in [14] beschrieben und wird hier lediglich ergebnisorientiert zusammengefasst. Wenn Fahrzeuge zu Ausstellungszwecken aufgestellt werden, stehen diese häufig mit einem größeren Abstand zueinander auf den Präsentationsflächen. Die Fahrzeuge stehen zu Ausstellungszwecken mit großem Abstand in dem Schauraum, damit Türen zur Ansicht geöffnet werden und Kunden ungehindert einsteigen können. Aus Brandversuchen ist bekannt, dass sich Fahrzeuge, je nach Oberflächenbeschaffenheit und Anordnung der Fahrzeuge, an dem Brand beteiligen [22]. In der Regel erfolgt der Feuerübersprung, wenn die Oberflächentemperatur an der Karosserie des benachbarten Fahrzeuges Werte je nach Oberflächenbeschaffenheit zwischen 280 °C und 380 °C annimmt. Der Feuerübersprung erfolgte in den Versuchen in [22] jedoch nur dann, wenn darüber hinaus von dem brennenden Fahrzeug eine Wärmefreisetzung von mindestens 3 MW über einen gewissen Zeitraum ausging. In den rechnerischen Untersuchungen wurde für das brennende Fahrzeug konservativ eine maximale Wärmefreisetzung von 8,5 MW angesetzt. Der Brandraum wurde hinsichtlich Höhe und Wärmeabzug so modelliert, dass er den geometrischen Randbedingungen typischer Schauräume entspricht. Die Brandsimulationen wurden mit dem Feldmodell Fire Dynamics Simu-

lator (FDS) durchgeführt. Dabei wurde berechnet, wie hoch die Oberflächentemperatur auf der Karosserie eines benachbarten Fahrzeuges in Abhängigkeit des Abstandes der Fahrzeuge zueinander ist. In den Berechnungen wurden die Abstände zwischen dem brennenden Fahrzeug und dem benachbarten Fahrzeug von 0,5 m bis zu 5,0 m variiert (Bild 20). Unter Berücksichtigung der in [22] dokumentierten Bedingungen für einen Feuerübersprung ist bei einem Abstand zwischen Fahrzeugen von mindestens 1,5 m auf Ausstellungsflächen davon auszugehen, dass kein Brandüberschlag eintritt. Diese Überlegung kann als Grundlage für die Positionierung von Pkws in Ausstellungsräumen herangezogen werden. In Abhängigkeit der Aufstellung kann damit ein Bemessungsbrand ermittelt werden, der eben nur diese Fahrzeuge impliziert, die den zuvor genannten Abstand von 1,5 m, bei dem ein Brandüberschlag zu erwarten ist, unterschreiten. In der Regel kann der Brand somit organisatorisch auf ein einzelnes Fahrzeug beschränkt werden. Auf Grundlage dieses Bemessungsbrandszenarios kann dann beispielsweise eine Brandsimulation und eine Heißbemessung der Bauteile durchgeführt werden, um eine Gleichwertigkeit oder aber die spezifische Tragfähigkeit der Konstruktion nachzuweisen.

6

Zusammenfassung

Im vorliegenden Beitrag wurden diverse Aspekte zeitgemäßer Ingenieuransätze für den Brandschutz von Garagen diskutiert. Im Zuge einer baurechtlichen Einordnung wurde identifiziert, für welche Art von Garagen die Anwendung von Ingenieurmethoden einen prädestinierten Anwendungsbereich bilden: Garagen, an die moderate Anforderungen an den Feuerwiderstand gestellt werden. Da im deutschen Baurecht keine Bemessungsbrandszenarien für Fahrzeugbrände definiert werden, wurden

Literatur

diverse Aspekte, die einen wesentlichen Einfluss auf die Ermittlung von Bemessungsbrandszenarien aufweisen, hergeleitet. Die Entwicklungen hin zu größer und schwerer werdenden Fahrzeugen sowie hin zu alternativen Antriebstechnologien wurden vor dem Hintergrund der daraus resultierenden Wärmefreisetzungsraten im Brandfall diskutiert. Im Wesentlichen wurde daraus die Erkenntnis abgeleitet, dass die Erhöhung der Brandlast in den Bemessungsbrandszenarien zu berücksichtigen ist, wohingegen der Einfluss von elektrisch betriebenen Fahrzeugantrieben auf das Brandverhalten vernachlässigbar ist. Auch die Fortschritte in den numerischen Methoden der ingenieurwissenschaftlichen Ansätze wurden beschrieben. Der Trend hin zur Simulation realer Brandszenarien in realen Gebäudestrukturen kann dabei eine besonders wirtschaftliche Bemessung von Konstruktionen ermöglichen. Neue Entwicklungen wie die automatische Kopplung zwischen dem Brandsimulationsmodell in der Software FDS und der Tragwerksanalyse in der Software SAFIR stellen einen wesentlichen Schritt in dieser Entwicklung dar. Anhand eines Berechnungsbeispiels eines Ausschnitts einer Garage wurde gezeigt, dass durch diese präzise Art der Bemessung die Realisierung einer ungeschützten Verbundbauweise ermöglicht werden kann, wohingegen unter diversen anderen Bemessungsansätzen eine brandschutztechnische Ertüchtigung des Tragwerks erforderlich wäre. Abschließend wurde ein kleiner Exkurs eingefügt, in dem verschiedene Aspekte der E-Mobilität in baurechtlichen Verfahren diskutiert wurden. Auch diese Fragestellungen, die in praktischen Bauvorhaben zunehmend beantwortet werden müssen, erfordern zumindest ingenieurwissenschaftliches Verständnis oder eine ingenieurmäßige Abschätzung, um eine etwaige Veränderung der Risikolage gegenüber den Grundlagen, auf denen das deutsche Baurecht fundiert, zu identifizieren und einzuschätzen.

7

Literatur

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439

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440

D4

Zeitgemäße Ingenieuransätze für den Brandschutz von Garagen

tionen, in Stahlbaukalender 2014 (Hrsg. Kuhlmann, U.), Ernst & Sohn, Berlin, S. 333–412.

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441

D 5 Realisierter Brandschutz für Schulgebäude mit offenen Raumkonzepten Madlen Graf, Eckhard Hagen, Jens Upmeyer

M.Sc. Madlen Graf Hagen Ingenieurgesellschaft für Brandschutz mbH Barther Straße 30, 18437 Stralsund Studium Sicherheit und Gefahrenabwehr mit der Vertiefung Brandschutz an der Otto von Guericke Universität Magdeburg/Hochschule Magdeburg-Stendal (2014), Projektleitung bei der Hagen Ingenieurgesellschaft für Brandschutz (2014), Brandschutzplaner (2018), Zugführer der Freiwilligen Feuerwehr (2018).

Dr.-Ing. Eckhard Hagen Hagen Ingenieurgesellschaft für Brandschutz mbH Keekener Straße 98A, 47533 Kleve Studium der Physik und Promotion (1990) im Themengebiet der experimentellen und theoretischen Untersuchungen von Raumbränden an der Technischen Universität Braunschweig, Industrietätigkeit (1990 bis 1999), Mitglied in verschiedenen nationalen Gremien zum Thema Brandschutz sowie in Normenausschüssen zur Entrauchung (DIN 18232) und zum Brandschutzingenieurwesen (DIN 18009), staatlich anerkannter Sachverständiger zur Prüfung des Brandschutzes (1995), öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Brandschutz (1996), Gesellschafter der Hagen Ingenieurgesellschaft für Brandschutz (1999), Prüfingenieur für Brandschutz (2008), Partner der Prüfgesellschaft Hagen und Partner – Prüfingenieure für Brandschutz (2014).

Bauphysik-Kalender 2021: Brandschutz. Herausgegeben von Nabil A. Fouad. © 2021 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2021 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

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Realisierter Brandschutz für Schulgebäude mit offenen Raumkonzepten

Dr.-Ing. Jens Upmeyer Hagen Ingenieurgesellschaft für Brandschutz mbH Keekener Straße 98A, 47533 Kleve Studium des Bauingenieurwesens und Promotion (2001) im Themengebiet des konstruktiven baulichen Brandschutzes an der Leibniz Universität Hannover, mehrjährige Tätigkeit in der Tragwerksplanung im Hochbau (1993–1996), Lehrauftrag „Brandschutz im Stahlbau“ an der Leibniz Universität Hannover (2006), Mitglied in verschiedenen nationalen Gremien zum Thema Brandschutz sowie in Normenausschüssen zum Industriebau (DIN 18230) und den Brandschutz-Eurocodes (DIN EN 199x-1-2), öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für vorbeugenden Brandschutz (2007), Prüfingenieur für Brandschutz (2008), Gesellschafter der Hagen Ingenieurgesellschaft für Brandschutz (2011), Partner der Prüfgesellschaft Hagen und Partner – Prüfingenieure für Brandschutz (2014), Prüfer für Bautechnische Nachweise des Eisenbahn-Bundesamtes (2016).

D 5 Realisierter Brandschutz für Schulgebäude mit offenen Raumkonzepten

Inhaltsverzeichnis 1

Moderne Schulformen

2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5

Bauaufsichtliche Regelwerke 444 Allgemeines 444 Musterbauordnung (MBO) 444 Muster-Schulbau-Richtlinie (MSchulbauR) 445 Schulbau-Richtlinien der Länder 445 Merkblatt der Bauaufsicht der Freien und Hansestadt Hamburg 446 Entscheidungshilfen der Obersten Bauaufsicht Berlin 447

2.6

3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7

444

Offene Lernbereiche in Schulen 447 Literaturquellen 447 Das Münchner Lernhaus (2014) 448 AGBF Bund und DFV (2015) 448 Leitfaden der Feuerwehr Köln (2016) 449 Düsseldorfer Schulbauleitlinie (2017) 449 DBU-Forschungsvorhaben (2017) 450 Vorschlag der Autoren 451

4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 4.8

Integrierte Gesamtschule „Erwin-Fischer“ 453 Grundlegende Randbedingungen 453 Regelwerke 453 Tragwerk 453 Offene Freilernbereiche 453 Anlagentechnischer Brandschutz 456 Organisatorischer Brandschutz 456 Abwehrender Brandschutz 456 Projektbeteiligte 456

5

Schlussfolgerungen und Ausblick

6

Literatur

457

456

443

444

D5

1

Moderne Schulformen

Realisierter Brandschutz für Schulgebäude mit offenen Raumkonzepten

In den letzten Jahren haben sich in Deutschland die gesellschaftlichen und pädagogischen Anforderungen an die Bildungslandschaft und insbesondere an das Lernen in den Schulen verändert. Diese Veränderungen werden in zahlreichen Studien untersucht. Die Weiterentwicklung der Lernkonzepte wird sowohl durch den Bund als auch durch die Länder vorangetrieben (vgl. [1, 2, 11, 12] u. a.). Die neuen Anforderungen an das Lernen haben dabei auch Auswirkungen auf die Schulgebäude. Neben den klassischen Schulgebäuden mit abgetrennten Klassenräumen sind für moderne Lernkonzepte zunehmend offene Freilernbereiche mit zugeordneten Erschließungsflächen gewünscht, die ebenfalls zu Unterrichtszwecken nutzbar sind. Es sollen großzügige und anregende offene Freilernbereiche entstehen, die möglichst flexibel nutzbar sind, in denen der herkömmliche Frontalunterricht seine Dominanz verliert und das Lernen alleine, zu zweit und in Kleingruppen möglich wird. Es entstehen somit Lernumgebungen mit offenen Freilernbereichen in großzügig gestalteten Erschließungsbereichen vor den Klassenräumen (Bild 1) Die üblichen langen und schmalen Flure in den bestehenden Schulen sind nicht mehr gewünscht. Die Räume sollen offen zusammen genutzt werden. Es werden mehrere Klassenräume und deren zugeordnete Erschließungsbereiche mit den offenen Freilernbereichen als sogenannte Lernbereiche zusammengefügt. Diese Lernbereiche werden in den einzelnen Städten und Ländern unterschiedlich bezeichnet. In Berlin [9], Köln [16], Düsseldorf [17] und Dresden [14] spricht man beispielsweise von Lernclustern, in Hamburg von Kompartments [8], in München [12] und in BadenWürttemberg [11] von Lernhäusern mit Lernclustern oder Lernlandschaften. In einigen Quellen werden die Lernlandschaften auch als Freilernbereiche bezeichnet. Schlussendlich meinen alle diese Definitionen das Glei-

che: Es handelt sich um eine flexibel nutzbare Gruppierung von Räumen zu Raumgruppen mit Freilernbereichen und somit um offene Raumkonzepte innerhalb der Schulen. In diesem Beitrag wird der Begriff „Lernbereich“, welcher sich aus Klassenräumen und deren zugeordneten Erschließungsbereichen mit den offenen Freilernbereichen zusammensetzt, verwendet. Die offenen und flexiblen Raumkonzepte bringen für den vorbeugenden Brandschutz neue Herausforderungen mit sich, da die rechtlichen Rahmenbedingungen, basierend auf der Musterbauordnung (MBO) [3] und der Muster-Schulbau-Richtlinie (MSchulbauR) [4], nur auf klassische Schulbauten mit traditionellen Raumaufteilungen ausgelegt sind. Ein Brandschutzkonzept auf der Grundlage der aktuell geltenden Regelwerke mit notwendigen Fluren und traditionellen Klassenräumen lässt wenige Möglichkeiten, um die gestalterischen Anforderungen moderner Schulgebäude zu realisieren. Vielmehr bedarf es innovativer und schutzzielorientierter Brandschutzkonzepte, die auf die modernen Lernbereiche ausgelegt sind.

2

Bauaufsichtliche Regelwerke

2.1

Allgemeines

Grundsätzlich gelten für die Bewertung baulicher Anlagen in den Bundesländern die jeweiligen Bauordnungen der Länder. Schulbauten sind Anlagen und Räume besonderer Art oder Nutzung, sogenannte Sonderbauten. Für Schulbauten gelten in den Ländern in der Regel Sonderbaurichtlinien, welche die besonderen Randbedingungen der Gebäude und die Bedürfnisse der Nutzer berücksichtigen sollen. Durch die föderale Struktur des Bauordnungsrechts ergeben sich in den einzelnen Ländern unterschiedliche Anforderungen an den Brandschutz. Daher wird an dieser Stelle zunächst auf die MBO [3] und die MSchulbauR [4] zurückgegriffen, um eine allgemeingültige Beurteilungsbasis zu beschreiben.

2.2

Bild 1. Beispiel für einen Freilernbereich mit Erschließungsflächen in einem internen Flur mit offen angrenzenden Klassenräumen (frank.milenz.rabenseifner – architekten, 2019)

Musterbauordnung (MBO)

Die Schutzziele des Brandschutzes sind in § 14 der MBO festgeschrieben. Demnach sind bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind. Diese vier Schutzziele des § 14 MBO werden für Regelbauten erfüllt, indem die übrigen Paragrafen der MBO hinsichtlich des Brandschutzes umgesetzt werden. In § 2 MBO werden neben den Regelbauten auch die Sonderbauten als bauliche Anlagen und Räume besonderer Art oder Nutzung definiert. Schulbauten sind Sonderbauten entsprechend § 2 (4) Nummer 13. An die Sonderbauten können im Einzelfall zur Verwirkli-

Bauaufsichtliche Regelwerke

445

Bild 2. Brandschutztechnisch abgegrenzte Einheiten in Schulen als Lernbereiche mit offenen Raumkonzepten (Nutzungseinheiten) von bis zu 200 m2 , abgeleitet aus der MBO [3]

chung der allgemeinen Anforderungen des § 3 (1) MBO entsprechend § 51 MBO besondere Anforderungen gestellt werden. Erleichterungen können gestattet werden, soweit es der Einhaltung von Vorschriften wegen der besonderen Art oder Nutzung baulicher Anlagen oder wegen besonderer Anforderungen nicht bedarf. Nach § 67 MBO können Abweichungen von den Anforderungen der MBO zugelassen werden, wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderungen und unter Würdigung der öffentlichrechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen und insbesondere mit den Anforderungen des § 3 (1) MBO vereinbar sind. Bauliche Anlagen sind entsprechend den allgemeinen Anforderungen des § 3 (1) MBO so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen nicht gefährdet werden. Existieren für Sonderbauten gesonderte Vorschriften, die bauaufsichtlich eingeführt sind, handelt es sich um sogenannte „geregelte“ Sonderbauten. Von diesen Sonderbauverordnungen oder Richtlinien sind ebenfalls Abweichungen im Sinne des § 67 MBO möglich (vgl. [7]). Dies gilt entsprechend der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) [6] auch für Schulen. Existieren für Sonderbauten weder Verordnungen noch Technische Baubestimmungen, dann handelt es sich um „ungeregelte“ Sonderbauten. Bei den Abweichungen für diese Gebäude handelt es sich um Erleichterungen nach § 51 MBO. Die besonderen Anforderungen oder Erleichterungen an Sonderbauten können sich insbesondere auf die in § 51 MBO genannten Punkte der Nummern 1 bis 23 beziehen. In der MBO werden Lernbereiche der modernen Schulformen nicht berücksichtigt. Dort finden sich ausschließlich Regelungen für kleine brandschutztechnisch abgegrenzte Einheiten (Nutzungseinheiten) mit nicht mehr als 200 m2 bei beliebiger Nutzung oder mit nicht mehr als 400 m2 für Büro- oder Verwaltungs-

nutzung. Größere Einheiten müssen mit Trennwänden nach § 29 Absatz 2 Nummer 1 in Teile mit nicht mehr als 200 m2 bzw. 400 m2 unterteilt werden – Anforderungen an brandschutztechnische Anlagentechnik werden nicht gestellt. Für die Schulnutzung gilt damit auf der Grundlage der MBO als Obergrenze für Nutzungseinheiten, bei denen auf notwendige Flure verzichtet werden soll, eine Fläche von maximal 200 m2 (Bild 2).

2.3

Muster-Schulbau-Richtlinie (MSchulbauR)

Die MSchulbauR regelt über die MBO hinaus folgende Anforderungen für Gebäude zur Schulnutzung: Der Abstand der Brandwände darf 60 m betragen bei geringeren Anforderungen an die Feuerschutzabschlüsse. Für jeden Klassenraum werden zwei bauliche Rettungswege gefordert, von denen einer über eine Halle mit Brandlasten führen darf. Die Rettungswege müssen eine lichte Breite von mindestens 1,2 m je darauf angewiesene 200 Personen haben. Die Breite der notwendigen Flure muss mindestens 1,5 m betragen. Türen im Zuge von Rettungswegen müssen in Fluchtrichtung des ersten Rettungsweges aufschlagen, ausgenommen Türen von Klassenräumen. Regelungen für die Ausbildung von Nutzungseinheiten oder den Verzicht auf notwendige Flure sind nicht vorhanden. Allerdings werden Anforderungen an die Sicherheitsbeleuchtung in den Erschließungsflächen und an eine Hausalarmierungsanlage gestellt. Bei Berücksichtigung dieser zusätzlichen Anforderungen werden die Schutzziele des § 14 MBO gleichwertig erfüllt.

2.4

Schulbau-Richtlinien der Länder

Die Tabelle 1 enthält eine Übersicht der SchulbauRichtlinien der Länder. Diese wird ergänzt durch das Ergebnis einer Anfrage an die Obersten Bauaufsichten der Länder aus dem Frühjahr 2020 hinsichtlich ergänzender Regelungen oder Literaturstellen, die als Bewertungsgrundlage für moderne Schulen mit Lernbereichen und offenen Freilernbereichen in Genehmi-

446

D5

Realisierter Brandschutz für Schulgebäude mit offenen Raumkonzepten

Tabelle 1. Schulbau-Richtlinien der Länder und ergänzende Regelungen als Ergebnis einer Anfrage bei den Obersten Bauaufsichten der Länder aus dem Frühjahr 2020 hinsichtlich moderner Schulformen mit offenen Freilernbereichen Bundesland

Regelwerk

Fassung

Ergänzende Regelungen

Baden-Württemberg

VOSchulBau

22. Juni 2017

keine 1)

Bayern





keine 1)

Berlin

MSchulbauR

April 2009

[9] und [10]

Bremen

MSchulbauR

April 2009

keine 1)

Brandenburg

MSchulbauR

April 2009

siehe [9] und [10] 1)

Hamburg

BPD 6/2011

Juni 2011

[8]

Hessen

MSchulbauR

April 2009

Keine 1)

Mecklenburg-Vorpommern

BASchulRL M-V

23. März 2009

keine 1)

Niedersachsen

SchulbauR

12. November 2012

keine 1)

Nordrhein-Westfalen

SchulbauR

16. Mai 2019

SchulBauR mit offenen Lernlandschaften/ Lernclustern in Kürze geplant 1)

Rheinland-Pfalz

Bauaufsichtliche Anforderungen an Schulen

18. März 2004

keine 2)

Saarland

SchulbauR

19. Dezember 2011

keine 1)

Sachsen

SächsSchulBauR

18. April 2017

keine 1)

Sachsen-Anhalt

SchulbauR LSA

16. Dezember 2009

keine 1)

Schleswig-Holstein

SchulbauR

13. Juli 2017

keine 1)

Thüringen

ThürSchulbauR

November 2010

keine 1)

1) Antwort der Anfrage bei der obersten Bauaufsicht 2) keine Antwort der obersten Bauaufsicht, Ergebnis einer eigenen Literaturrecherche

gungsverfahren herangezogen werden können. Aus der Tabelle 1 geht hervor, dass in den Ländern Berlin, Bremen, Brandenburg und Hessen die MSchulbauR verwendet werden kann. Die anderen Länder haben eigene Schulbau-Richtlinien veröffentlicht, die sich in der Regel an der MSchulbauR orientieren. In Bayern existiert keine derartige Regelung. Hier erfolgt die brandschutztechnische Bewertung somit unter Beachtung der Schutzziele im Einzelfall basierend auf der BayBO. Es muss bezogen auf den jeweiligen Einzelfall entschieden werden, ob weitergehende Anforderungen zu stellen sind, wenn dies im Einzelfall zur Abwehr von Gefahren oder Nachteilen erforderlich ist (Art. 54 Abs. 3 Satz 1 BayBO). Somit sind in Bayern moderne Schulen nur mit entsprechenden Erleichterungen von der BayBO möglich. Die Oberste Bauaufsicht Berlin und die Bauaufsicht der Freien und Hansestadt Hamburg haben Entscheidungshilfen [9,10] bzw. ein Merkblatt [8] für die brandschutztechnische Bewertung von Lernbereichen veröffentlicht. Die Inhalte werden in den folgenden Abschnitten zusammengefasst. Die oberste Bauaufsicht des Landes Brandenburg hat empfohlen, sich analog zu [9] und [10] an den 400 m2 aus § 36 Absatz 1 BbgBO für Büro- und Verwaltungsnutzungen zu orientieren

und großflächigere Nutzungseinheiten im Einzelfall zu beurteilen und ggf. durch weiterführende Anforderungen zu kompensieren. Das Bauministerium des Landes Nordrhein-Westfalen plant derzeit die Überarbeitung der Schulbau-Richtlinie und wird darin Regelungen für offene Lernlandschaften einfließen lassen. Diese soll in Kürze veröffentlicht werden.

2.5

Merkblatt der Bauaufsicht der Freien und Hansestadt Hamburg

In dem Merkblatt „Kompartments in Schulen, Hinweise und Anforderungen“ sind in Hamburg [8] für Schulen offene Freilernbereiche vorgesehen, bei denen die Flächen zwischen den Klassenräumen, nämlich insbesondere die Verkehrsflächen, genutzt werden dürfen. Es wird in [8] die Bildung von brandschutztechnisch abgegrenzten Einheiten bis zu Größen von 500 m2 als sogenannte „Kompartments“ vorgeschlagen. Entsprechend [8] können in einem Kompartment maximal vier Gruppenräume zusammengefasst werden. Die Personenzahl je Kompartment wird auf 120 begrenzt. Für jedes Kompartment sind zwei voneinander unabhängige bauliche Rettungswege erforderlich. Beide Ret-

Offene Lernbereiche in Schulen

447

Bild 3. Brandschutztechnisch abgegrenzte Einheiten in Schulen als Lernbereiche mit offenen Raumkonzepten (Kompartments) von bis zu 500 m2 , abgeleitet aus [8] für Hamburg

tungswege dürfen nicht über ein anderes Kompartment oder durch andere, nicht dem Kompartment zugehörige Räume oder Nutzungsbereiche geführt werden, sondern müssen über notwendige Flure oder notwendige Treppenräume geführt werden (Bild 3). Die Abweichungen zur Landesbauordnung oder zur Schulbau-Richtlinie in Hamburg werden durch Brandmeldung und Alarmierung kompensiert. Es wird in [8] eine Brandmeldeanlage nach DIN 14675-1 mit automatischen und nichtautomatischen Brandmeldern mit dem Schutzumfang der Überwachung als „Vollschutz“ innerhalb der Kompartments mit einem Fernalarm auf die Leistelle der Feuerwehr gefordert.

2.6

Entscheidungshilfen der Obersten Bauaufsicht Berlin

In der Stadt Berlin können auf der Grundlage von [9] und [10] in Schulen die Klassenräume und Erschließungsflächen als räumliche Einheit zu einem Cluster zusammengefasst werden, der eine brandschutztechnisch abgegrenzte Einheit darstellt. Die zwischen den Klassenräumen vorhandenen Erschließungsflächen dürfen zudem um offene Bereiche ergänzt werden und mit diesen zusammen als Dispositionsflächen für temporäre Erweiterungen der Klassenräume zur Verfügung stehen. Die Größe dieser Cluster darf eine Fläche von nicht mehr als 400 m2 aufweisen. Um eine möglichst große Transparenz und Variabilität zu erzielen, sollen die Klassenraumwände mit Verglasungen ausgestattet werden und bei Bedarf mit verschiebbaren Elementen zu öffnen sein. Es dürfen auch mehrere Cluster aneinander gereiht werden. Dabei ist zu beachten, dass aus jedem Cluster mindestens ein Ausgang ins Freie oder in einen notwendigen Treppenraum inner-

halb von 35 m erreichbar sein muss. Der zweite Rettungsweg darf dann über weitere Cluster geführt werden, die jeweils über einen Ausgang ins Freie oder notwendige Treppenräume verfügen. Als Kompensation der Nutzung von Flächen bis zu 400 m2 als Cluster muss eine Alarmierungsanlage als Hausalarmanlage vorgesehen werden. Für die Alarmierungsanlage sind an den Ausgängen eines jeden Clusters nicht automatische Brandmelder vorzusehen. Bei Brandalarm erfolgt die Alarmierung im gesamten Schulgebäude. Bei Inklusionsschulen sowie bei Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt muss die Alarmierung auf die jeweiligen Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler abgestimmt werden. Bild 4 zeigt ein mögliches Beispiel für die Ausbildung der Cluster.

3

Offene Lernbereiche in Schulen

3.1

Literaturquellen

Einige Interessengemeinschaften (vgl. [13,17] u. a.) und Feuerwehren [16] haben Regelungen für die Bewertung von offenen Freilernbereichen erarbeitet und veröffentlicht. Im Folgenden werden einige dieser Veröffentlichungen, in denen Regelungen zum Brandschutz enthalten sind, wiedergegeben. Die angegebenen Literaturstellen sollen keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Sie sollen lediglich die wesentlichen Entwicklungen und Tendenzen hinsichtlich des Brandschutzes für den modernen Schulbau wiederspiegeln. Die Veröffentlichungen werden chronologisch nach dem Erscheinungsdatum aufgeführt.

448

D5

Realisierter Brandschutz für Schulgebäude mit offenen Raumkonzepten

Bild 4. Brandschutztechnisch abgegrenzte Einheiten in Schulen als Lernbereiche mit offenen Raumkonzepten (Cluster) von bis zu 400 m2 , abgeleitet aus [10] für Berlin

3.2

Das Münchner Lernhaus (2014)

Die Veröffentlichung „Münchner LERNHAUS – Chancen für alle“ der bayerischen Landeshauptstadt München wurde in Zusammenarbeit mit der Branddirektion München erarbeitet. Dieses Dokument enthält selbst keine Regelungen zum Brandschutz. Die Empfehlungen und Regelungen zum Brandschutz sind im Wesentlichen in [13] (siehe Abschnitt 3.3 dieses Beitrages) enthalten und berücksichtigen den abwehrenden Brandschutz der Berufsfeuerwehren.

3.3

AGBF Bund und DFV (2015)

Der Arbeitskreis „Vorbeugender Brand- und Gefahrenschutz“ bestehend aus der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren in Deutschland (AGBF Bund) und des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV) hat 2015 Empfehlungen zur Sicherstellung der Rettungswege aus offenen Freilernbereichen für moderne Schulbauten und zukünftige Unterrichtskonzepte herausgegeben [13]. In [13] werden folgende Hinweise zur Sicherstellung der Rettungswege aus diesen offenen Freilernbereichen formuliert: Die Empfehlungen beziehen sich auf Schulbauten, die mit Ausnahme des Abschnittes 3.1 im Wesentlichen der MSchulbauR entsprechen. In Abschnitt 3.1 der MSchulbauR sind die Anforderungen an Rettungswege beschrieben und es wird unter allgemeinen Anforderungen aufgeführt, dass für jeden Klassenraum in demselben Geschoss mindestens zwei voneinander unabhängige Rettungswege zu Ausgängen ins Freie oder zu notwendigen Treppenräumen vorhanden sein müssen. Anstelle eines dieser Rettungswege darf ein Rettungsweg über Außentreppen ohne Treppenräume, Rettungsbalkone, Terrassen und be-

gehbare Dächer auf das Grundstück führen, wenn dieser Rettungsweg im Brandfall nicht gefährdet ist. Die davon abweichenden Empfehlungen zur Sicherstellung der Rettungswege aus den Lernbereichen sind in [13] mittels Skizzen dargestellt. Für die Einhaltung der Schutzziele werden Kompensationsmaßnahmen benannt. Die betrachteten Größen der Lernbereiche reichen von 200 m2 bis zu 400 m2 . Sie dürfen unter bestimmten Randbedingungen auch größer als 400 m2 sein. Bild 5 enthält die brandschutztechnischen Anforderungen für Lernbereiche mit offenen Raumkonzepten mit Größen von mehr als 400 m2 . Eine Obergrenze für die Größe der Lernbereiche wird nicht angegeben. Als Kompensationen werden Sichtbeziehungen, von den Lernbereichen unabhängige Rettungswege, eine Unterteilung der Lernbereiche durch feuerhemmende Wände mit dichtschließenden Türen und anlagentechnische Brandschutzmaßnahmen angegeben. Entsprechend [13] sind gesicherte Rettungswege i. d. R. über Erschließungsbereiche zu notwendigen Fluren oder notwendigen Treppenräumen möglich, wenn aus jedem Aufenthaltsraum ein zweiter gesicherter Rettungsweg unmittelbar aus den Aufenthaltsräumen heraus zur Verfügung steht und wenn die Abtrennung zwischen Lernbereichen und Aufenthaltsräumen analog Abschnitt 2.1 der MSchulbauR zur Unterteilung der Lernbereiche in Bereiche mit maximal 400 m2 durch feuerhemmende Trennwände mit dichtschließenden Türen erfolgt. Zur Kompensation ist eine Brandmeldeanlage nach DIN 14675-1 mit automatischen und nichtautomatischen Brandmeldern mit dem Schutzumfang der Überwachung als „Vollschutz“ mit einem Fernalarm auf die Leistelle der Feuerwehr erforderlich.

Offene Lernbereiche in Schulen

449

Bild 5. Brandschutztechnisch abgegrenzte Einheit in Schulen als Lernbereich mit offenen Raumkonzepten größer als 400 m2 , Rettungsweglänge (RWL) kleiner als 35 m, zusätzlicher Rettungsweg unabhängig vom offenem Freilernbereich, abgeleitet aus [13] der AGBF Bund und des DFV

3.4

Leitfaden der Feuerwehr Köln (2016)

Im Jahr 2016 wurden von der Feuerwehr Köln [16] Hinweise für die Planung von Schulbauten mit modernen Unterrichtsformen in Form eines Leitfadens veröffentlicht. Bei den Betrachtungen wird im Wesentlichen auf die Ausbildung und Gestaltung von Rettungswegen sowie Brandbekämpfungs- und Brandabschnitten eingegangen. Hilfsweise wurden bei der Erstellung des Leitfadens Abschnitte der Sonderbauverordnungen des Landes Nordrhein-Westfalen und die Empfehlungen der AGBF Bund und des DFV sowie technische Regeln wie z. B. die ASR A2.1 „Raumabmessungen und Bewegungsflächen“ herangezogen. Die Größe der Lerncluster orientiert sich an der Brandabschnittslänge der SchulbauR des Landes NordrheinWestfalen und beträgt damit maximal 60 m. Darüber hinaus wird eine Brandabschnittsgröße von maximal 1600 m2 empfohlen. In [16] wird bei einem Platzbedarf von etwa 4,5 m2 pro Schüler dem Lerncluster eine Fläche von ungefähr 450 m2 zuzüglich der untergeordneten Räume zugeordnet. Durch den Entfall der notwendigen Flure fehlt u. a. die Schutzfunktion der Flure innerhalb der Flucht- und Rettungswegkaskade. Aus diesem Grund kann bei bestimmten Anbindungen zwischen Cluster und Treppenraum eine Schleuse zur Verhinderung der Rauchverschleppung erforderlich werden. Die zulässige Rettungsweglänge von 35 m gemäß SchulbauR NRW sollte grundsätzlich aufgrund der fehlenden notwendigen Flure nicht ausgeschöpft werden. Innerhalb der Lerncluster müssen möglichst geradlinige Verkehrswege ausgebildet sein, die frei von Einengungen und Bestuhlungen sind. Um diese Berei-

che in jedem Fall frei zu halten, sind sie beispielsweise durch andersfarbige Bodenbeläge deutlich zu kennzeichnen. Dienen diese Verkehrswege auch zeitgleich als Rettungswege aus anderen Lernclustern, so sind sie durch feste, unverrückbare Bestuhlung zu begrenzen. Die durchgängige, dauerhaft freie Sichtverbindung ist ein elementarer Bestandteil der Brandfrüherkennung innerhalb eines Lernclusters. Kann bzw. soll nicht zu jedem Raum eine dauerhafte Sichtverbindung bestehen, ist eine Brandfrüherkennung unabdingbar. Hierbei ist auf jeden Fall die Kenngröße Rauch zu wählen. Es wird hier grundsätzlich eine Brandmeldeanlage mit automatischen und nichtautomatischen Meldern mit einem Fernalarm auf die Leitstelle der Feuerwehr empfohlen, die auch als Alarmierungseinrichtung verwendbar ist.

3.5

Düsseldorfer Schulbauleitlinie (2017)

Im Jahr 2017 wurden in [17] in Abstimmung mit der unteren Bauaufsicht und der Feuerwehr der Stadt Düsseldorf brandschutztechnische Anforderungen für Cluster veröffentlicht. Es handelt sich dabei um einen Planungsleitfaden zur brandschutztechnischen Beurteilung der Clusterkonzepte. Die Clusterlösungen wurden in vier unterschiedlichen Größen als 400 m2 -, 600 m2 -, 800 m2 - und bis zu 900 m2 -Einheiten unter Angabe von baulichen, anlagentechnischen und organisatorischen Anforderungen untersucht. Die Varianten mit brandschutztechnisch abgegrenzten Einheiten von 400 m2 bis zu 900 m2 ohne Ausbildung von notwendigen Fluren sind aus brandschutztechnischer Sicht, je nach Größe, Schülerzahlen, Führung

450

D5

Realisierter Brandschutz für Schulgebäude mit offenen Raumkonzepten

Bild 6. Brandschutztechnisch abgegrenzte Einheit in Schulen als Lernbereich mit offenen Raumkonzepten für Größen von bis zu 900 m2 , abgeleitet aus [17] für Düsseldorf

der Rettungswege und anlagentechnischer Maßnahmen. Entsprechend den Vorgaben aus [17] werden die Schutzziele der BauO NRW gleichwertig erreicht, wenn die folgenden Randbedingungen eingehalten werden: – zwei unabhängige bauliche Rettungswege, – Bypass als zweiter Rettungsweg durch Klassenräume beziehungsweise angrenzenden Cluster, – Abtrennung innerhalb des Clusters, feuerbeständige Trennwände, feuerhemmende und rauchdichte Türen ggf. mit autarker Offenhaltung, – Abtrennung zwischen Klassenraum und offenem Freilernbereich, feuerhemmende Trennwände, Türen dichtschließend, Türbreiten aus dem Cluster in notwendige Flure oder Treppenräume oder als Bypass 1,20 m, – freigehaltene Rettungswege zu den Treppenräumen in einer Breite von 1,20 m, – Freihaltung einer Fläche vor und hinter den Bypasstüren von 1,50 m × 1,50 m, – maximal 200 Schülerinnen/Schüler und Lehrerinnen/Lehrer in einem Cluster, – Rettungsweglänge ≤ 35 m als Lauflänge, – Sicherheitsbeleuchtung im Mehrzweckbereich und in den Rettungswegen und – Brandmelde- und Alarmierungsanlage mit dem Überwachungsumfang Vollschutz aufgeschaltet auf die Leitstelle der Feuerwehr. Die brandschutztechnischen Anforderungen für die brandschutztechnisch abgegrenzten Einheiten in Schulen mit offenen Freilernbereichen abgeleitet aus [17] für Größen von bis zu 900 m2 sind in Bild 6 dargestellt. Dabei wird der Lernbereich durch eine Trennwand mit feuerhemmenden, rauchdichten und selbstschließenden Türen in zwei Abschnitte von maximal 450 m2 unterteilt.

3.6

DBU-Forschungsvorhaben (2017)

In den Jahren 2015 bis 2017 wurde an der Technischen Universität Kaiserslautern ein Forschungsvorhaben [18] mit dem Titel „Brandschutz im Schulbau“ bearbeitet, welches die pädagogischen Konzepte hinsichtlich der neuen Lehr- und Lernmethoden in Schulen bezüglich der brandschutztechnischen Anforderungen bewerten sollte. Die Betrachtungen von Lorenz und Höhne [18] führten in dem Forschungsvorhaben zu dem Ergebnis, dass brandschutztechnisch abgegrenzte Einheiten, bestehend aus offenen Freilernbereichen und Klassenräumen mit einer Fläche von maximal 600 m2 , möglich werden, bei Berücksichtigung von verschiedenen Randbedingungen (Bild 7). Die zulässige Rettungsweglänge bis zu einem Ausgang ins Freie, einem notwendigen Treppenraum oder einer sicher benutzbaren Außentreppe beträgt 35 m entsprechend der Regelungen aus der MBO. Darüber hinaus wird die zulässige Rettungsweglänge innerhalb der brandschutztechnisch abgegrenzten Einheit in einen sicheren Bereich oder in eine zweite brandschutztechnisch abgegrenzte Einheit auf maximal 25 m begrenzt. Darüber hinaus ist entweder eine ausreichende Sichtverbindung oder eine Brandfrüherkennung in Verbindung mit einer internen Alarmierung als Kompensation erforderlich. Als ausreichende Sichtverbindung wird vorgeschlagen, aus den Regelungen der MBO ansatzweise eine Größenordnung für transparente Flächen von mindestens 1/8 der Netto-Grundfläche des Raumes abzuleiten. Die hier geforderten Sichtverbindungen sind im Einklang mit den Überlegungen des Amokschutzes zu betrachten. Die Größen der brandschutztechnisch abgegrenzten Einheiten von bis zu 600 m2 werden hergeleitet aus Gegenüberstellungen der Brandlasten und Brandentste-

Offene Lernbereiche in Schulen

451

Bild 7. Brandschutztechnisch abgegrenzte Einheiten in Schulen als Lernbereiche mit offenen Raumkonzepten von bis zu 600 m2 , abgeleitet aus dem Forschungsvorhaben der TU Kaiserslautern [18]

hungsgefahren für Wohnungen und Büros unter Berücksichtigung der Werte aus den Brandschutz-Eurocodes, insbesondere den Brandlastdichten der DIN EN 1991-1-2 in Verbindung mit dem Nationalen Anhang DIN EN 1991-1-2/NA durch Verhältnisbildungen der Brandlasten für Büros und Wohnungen mit Schulen. Dabei bleiben Räume erhöhter Brandgefahr wie Werk- und Laborräume sowie Küchen und Mensen im Sinne der hier betrachteten schulischen Nutzung außer Betracht. Die Begrenzung der Rettungsweglänge wird zum einen durch die erforderlichen Möglichkeiten der Brandbekämpfung und einer Strahlrohr-Wurfweite von etwas mehr als 20 m begründet. Zum anderen muss auf der Grundlage der Überlegungen der Verkaufsstätten-Verordnung aus jedem Verkaufsraum in höchstens 25 m Entfernung ein Ausgang erreicht werden. Die Ergebnisse aus dem Forschungsvorhaben [18] sind in die Veröffentlichungen des Bundes Deutscher Architekten [1, 2] eingeflossen.

3.7

Vorschlag der Autoren

Abschließend wird ein Vorschlag der Autoren für die Bewertung offener Freilernbereiche ohne notwendige Flure in modernen Schulen vorgestellt, mit dem die Schutzziele des Brandschutzes entsprechend § 14 der MBO gleichwertig erreicht werden sollen. Bei der Herleitung dieses Vorschlages wird zur Beurteilung der Risiken auf Regelungen für andere Sonderbauten, wie z. B. die der Muster-Verkaufsstättenverordnung (MVKVO) sowie die der DIN EN 1991-1-2 in Verbindung mit dem Nationalen Anhang DIN EN 1991-1-2/NA (Brandschutz-Eurocode, Einwirkungen im Brandfall), zurückgegriffen. Die Übertragung der Regelungen der MVKVO auf den Sonderbau Schule ist konservativ möglich aufgrund der speziellen Rand-

bedingungen der Nutzung als Schule. Die Nutzer der Schule sind ortskundig. Sie schlafen nicht im Gebäude. Die Personenbelegungen der Räume befinden sich in einer vergleichbaren Größenordnung zur MVKVO. Die Lehrerinnen und Lehrer sind als Aufsichtspersonal vor Ort. Die Schülerinnen und Schüler benötigen Anweisungen für die Gebäudeevakuierung im Gefahrenfall, die durch die Lehrerinnen und Lehrer gegeben werden. Der Brandschutz-Eurocode wird zur Bewertung der Brandlasten und den möglichen Größen der Brandbekämpfungsabschnitte herangezogen. In DIN EN 1991-1-2/NA werden in Tabelle BB.1 Brandlastdichten in MJ/m2 für verschiedene Nutzungen als 90 %-Quantil-Werte angegeben. Für Verkaufsstätten findet sich dort der pauschale Wert von 835 MJ/m2 und für Schulen 397 MJ/m2 . Bei Betrachtung des Verhältnisses von etwa zwei, müssten demnach in Schulen deutlich größere Flächen ohne brandschutztechnische Abtrennung möglich sein als in Verkaufsstätten bei gleicher brandschutztechnischer Anlagentechnik und Rettungswegführung. Allerdings ist es nicht gerechtfertigt, das Verhältnis von Brandlastdichten zu Brandbekämpfungsabschnittsfläche linear zu betrachten, da die Brandausbreitungsgeschwindigkeit einen maßgeblichen Einfluss hat. Unter Beachtung der Schutzziele der MBO und einer möglichen Brandbekämpfung durch die Feuerwehr sollte der Abstand der brandschutztechnischen Unterteilung daher nicht mehr als 40 m betragen, wenn keine automatischen Feuerlöschanlagen vorgesehen werden. Bei Einhaltung der maximalen Abstände von brandschutztechnischen Abtrennungen von 40 m in beide Richtungen wäre damit eine Fläche von 1600 m2 möglich (Bild 8). Entsprechend MVKVO dürfen in sonstigen Verkaufsstätten ohne Sprinkleranlagen (automatische Feuerlöschanlagen) Brandabschnitte ohne weitere Unterteilung in einem Geschoss nicht mehr als 1500 m2 betragen,

452

D5

Realisierter Brandschutz für Schulgebäude mit offenen Raumkonzepten

Bild 8. Brandschutztechnisch abgegrenzte Einheit in Schulen als Lernbereich mit offenen Raumkonzepten von bis zu 1600 m2 , zusätzlicher Rettungsweg unabhängig vom offenem Freilernbereich, Vorschlag der Autoren

wenn sich die Verkaufsstätten über nicht mehr als drei Geschosse erstrecken und die Gesamtfläche aller Geschosse innerhalb eines Brandabschnitts nicht mehr als 3000 m2 beträgt. Weitere brandschutztechnische Abtrennungen sind innerhalb der 3000 m2 nicht erforderlich. In der MVKVO werden allerdings höhere Anforderungen hinsichtlich der Rettungswege und der brandschutztechnischen Anlagentechnik gestellt. Die Rettungsweglänge wird in Verkaufsräumen auf 25 m begrenzt. Zusätzlich werden Hauptgänge mit einer Breite von 2,0 m gefordert, die dann selbstverständlich auch für die Tür- und Treppenbreiten gelten. Die Rettungswege werden in Verkaufsräumen oder Ladenstraßen an Brandlasten ohne Abtrennungen/Trennwände vorbeigeführt. Die Analogie führt für die Rettungswege in Schulen mit Lernbereichen dazu, dass Brandlasten neben den Rettungswegen zulässig sind, wenn diese freigehalten werden und beispielsweise durch Bodenmarkierungen sichtbar sind (vgl. Bild 1). Rettungswegbreiten von 1,20 m je darauf angewiesene 200 Personen sind in den Lernbereichen in der Regel ausreichend. Zusätzlich werden Rettungswege, unabhängig von den offenen Freilernbereichen, beispielsweise über Bypässe mit zwei Fluchtrichtungen geführt. Die Größe der Fläche ohne Abtrennung und die Rettungswegführung wird in der MVKVO kompensiert durch Brandmeldetechnik, Sicherheitsbeleuchtung, Wandhydranten und Öffnungen zur Rauchableitung. Diese sicherheitstechnischen Anlagen sollten schutzzielorientiert in Schulen mit diesen großen Lernbereichen ebenfalls vorgesehen werden. Darüber hinaus ist eine Brandmeldeanlage nach DIN 14675-1 mit automatischen und nichtautomatischen Brandmeldern

mit dem Schutzumfang der Überwachung als „Vollschutz“ mit einem Fernalarm auf die Leistelle der Feuerwehr vorzusehen. Entsprechend MVKVO dürfen Räume bis 1000 m2 Grundfläche entweder an der obersten Stelle Öffnungen zur Rauchableitung mit einem freien Querschnitt von insgesamt 1 % der Grundfläche oder im oberen Drittel der Außenwände angeordnete Öffnungen, Türen oder Fenster mit einem freien Querschnitt von insgesamt 2 % der Grundfläche mit entsprechend dimensionierter Zuluftfläche aufweisen. In Schulen sind in den Aufenthaltsräumen in der Regel Fenster in der Größe von 1/8 der Grundfläche vorhanden. Diese sind allerdings nicht alle immer öffenbar. Somit wird empfohlen, auch in den Schulen mit Lernbereichen, Öffnungen zur Rauchableitung in Form von Türen oder Fenstern mit einem freien Querschnitt von mindestens 2 % der Grundfläche zu realisieren. Diese sollten manuell zu öffnen sein. Darüber hinaus sollten Rauchabschnitte von bis zu 1000 m2 gebildet werden, ggf. können hierzu innerhalb des Lernbereiches rauchdichte und selbstschließende Türen bereits nach 30 m angeordnet werden. Im Folgenden werden die zusätzlichen Maßnahmen für Lernbereiche von bis zu 1600 m2 nochmal zusammengefasst: – zwei unabhängige bauliche Rettungswege, – Anordnung eines zusätzlichen, von den offenen Freilernbereichen unabhängigen Rettungsweges, ggf. auch über Bypässe mit zwei Fluchtrichtungen zu einem Ausgang ins Freie oder zu einem notwendigen Treppenraum, – Abtrennung zwischen Klassenräumen und offenem Freilernbereich durch Wände, Verglasungen aus

Integrierte Gesamtschule „Erwin-Fischer“

Einscheiben- oder Verbundsicherheitsglas sind möglich, Türen dichtschließend, – Türbreiten aus dem Lernbereich in notwendige Flure oder Treppenräume oder als Bypass 1,20 m je darauf angewiesene 200 Personen, – freigehaltene Rettungswege zu den Treppenräumen in einer Breite von 1,20 m, – Rettungsweglänge (RWL) ≤ 35 m, – manuell öffenbare Fenster mit einer Größe von 2 % der Grundfläche des Lernbereiches, – Unterteilung des Lernbereiches in Rauchabschnitte von maximal 1000 m2 , – Sicherheitsbeleuchtung im offenen Freilernbereich und in den Rettungswegen und – Brandmelde- und Alarmierungsanlage mit dem Überwachungsumfang Vollschutz aufgeschaltet auf die Leitstelle der Feuerwehr. Werden diese Überlegungen auf die Grundflächen der brandschutztechnisch abgegrenzten Einheiten in Schulen mit offenen Freilernbereichen übertragen, dann sind Flächen von 1600 m2 möglich bei Einhaltung der Schutzziele aufgrund der Brandlasten in Schulen und bei Einhaltung eines von den offenen Freilernbereichen unabhängigen Rettungsweges. Ähnliche Größenordnungen der brandschutztechnisch abgegrenzten Einheiten werden auch durch Foth und Theimer in [22] vorgeschlagen.

4

Integrierte Gesamtschule „Erwin-Fischer“

4.1

Grundlegende Randbedingungen

Im Jahr 2019 wurde der Neubau der Gesamtschule „Erwin-Fischer“ in der Universitäts- und Hansestadt Greifswald fertiggestellt (vgl. Bild 9). Das Gebäude dient als integrierte Gesamtschule für die Klassenstufen 5 bis 10. Die Brandschutzplanung für den Neubau

453

wurde im Jahr 2016 begonnen. Die Baugenehmigung wurde im gleichen Jahr erteilt. Das dreigeschossige Gebäude weist eine Länge von ca. 72 m und eine Breite von ca. 37 m auf und besitzt damit eine Grundfläche von etwa 2665 m2 . Das Gebäude wird durch eine Brandwand in zwei Brandabschnitte unterteilt, wobei der größere Brandabschnitt zusätzlich durch eine feuerbeständige Wand in zwei brandschutztechnische Einheiten unterteilt wird. Die Brandabschnitte weisen somit Flächen von etwa 950 m2 und 1715 m2 auf. Die Erschließung des Gebäudes erfolgt über drei notwendige Treppenräume und eine offene Treppe in der Aula. Im Erdgeschoss stehen neben der Aula weitere Zugänge unabhängig von den Treppenräumen zur Verfügung. Bild 10 enthält exemplarisch den Grundriss des 1. Obergeschoss, wobei das Erdgeschoss und das 2. Obergeschoss prinzipiell baugleich sind. Die Aula mit einer Fläche von fast 1000 m2 teilt das Gebäude in zwei nahezu symmetrische Gebäudeteile mit offenen Freilernbereichen und angrenzenden Klassenräumen. Die Aula gleicht einer Halle, deren Luftraum über alle drei Geschosse reicht (Bild 11). Die offenen Freilernbereiche in den Fluren bilden zusammen mit den Klassenräumen brandschutztechnisch abgegrenzte Einheiten mit Flächen von bis zu 890 m2 (vgl. Bilder 10 und 12). Die Klassenräume werden durch Rauchschutzwände mit dichtschließenden Türen von den offenen Freilernbereichen in den Fluren abgetrennt.

4.2

Regelwerke

Die brandschutztechnische Bewertung des Schulgebäudes erfolgte auf der Grundlage der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern (LBauO M-V) als Sonderbau unter Zuhilfenahme der Richtlinie über bauaufsichtliche Anforderungen an Schulen (BASchulRL M-V). Die Aula im Erdgeschoss fällt aufgrund der geplanten Nutzung mit bis zu 800 Personen in die Verordnung über den Bau und Betrieb von Versammlungsstätten (VstättVO M-V).

4.3

Tragwerk

Das Tragwerk des Gebäudes ist feuerbeständig. Es handelt sich um eine Stahlbetonkonstruktion.

4.4

Bild 9. Integrierte Gesamtschule „Erwin Fischer“ in Greifswald (frank.milenz.rabenseifner – architekten, 2019)

Offene Freilernbereiche

Die brandschutztechnisch abgegrenzten Einheiten, bestehend aus offenen Freilernbereichen und den Klassenräumen, weisen in diesem Schulgebäude Flächen von bis zu etwa 890 m2 auf. Aufgrund der Größe dieser Bereiche wurde auf die Ausbildung der Flucht- und Rettungswege und die Anzahl der Personen, die auf diese angewiesen sind, besonderen Wert gelegt. Zur Sicherstellung der Rettungswege stehen drei notwendige Treppenräume zur Verfügung. An jede brandschutz-

454

D5

Realisierter Brandschutz für Schulgebäude mit offenen Raumkonzepten

Bild 10. Grundriss des 1. Obergeschosses der integrierten Gesamtschule „Erwin Fischer“ in Greifswald mit brandschutztechnisch abgegrenzten Einheiten von bis zu 890 m2 mit zusätzlichen Rettungswegen über Bypässe mit zwei Fluchtrichtungen

Bild 11. Aula der integrierten Gesamtschule „Erwin Fischer“ in Greifswald (frank.milenz.rabenseifner – architekten, 2019)

Bild 12. Typischer Freilernbereich im internen Flur mit offen und transparent angrenzenden Klassenräumen, integrierte Gesamtschule „Erwin Fischer“ in Greifswald (frank.milenz.rabenseifner – architekten, 2019)

Integrierte Gesamtschule „Erwin-Fischer“

455

Bild 13. Geradlinige Rettungswegführung mit zwei Fluchtrichtungen als Bypass-Lösung in den Klassenräumen der integrierten Gesamtschule „Erwin Fischer“ in Greifswald

Bild 14. Computermodell für die Evakuierungssimulationen für die integrierte Gesamtschule „Erwin Fischer“ in Greifswald

technisch abgegrenzte Einheit schließt mindestens ein notwendiger Treppenraum unmittelbar an. Die Rettungsweglänge beträgt maximal 35 m. Die zweiten Rettungswege führen über die angrenzende Einheit. Zusätzlich werden Rettungswege unabhängig von den offenen Freilernbereichen über Bypässe mit zwei Fluchtrichtungen (Bild 13) zu einem weiteren notwendigen Treppenraum geführt. Die Aula weist von diesen Klassenbereichen unabhängige Rettungswege auf. Zur Beurteilung der Qualität der Rettungswege wurde eine Studie bezüglich der Evakuierungszeiten durch Simulationsberechnungen durchgeführt. Hierfür wurde das Simulationsprogramm PTV Viswalk [24] – ein zeitschritt- und verhaltensbasiertes Simulationsmodell zur Nachbildung von Fußgängerbewegungen – verwendet (vgl. Bild 14). In den Simulationen wurden insbesondere drei Fälle der Entfluchtung aus den offenen Freilernbereichen untersucht. Fall 1 beinhaltet die Entfluchtung über die offenen Freilernbereiche. Die Fälle 2 und 3 sollen einen Brandfall im offenen Freilernbereich simulieren, daher führen die Rettungswege

nur über die Bypässe. Fall 2 berücksichtigt den Bypass mit zwei Fluchtrichtungen. Fall 3 besitzt Bypässe mit nur einer Fluchtrichtung und wurde konstruiert, um Vergleichswerte zu bekommen. Bei den Simulationen wurde zwischen Schülern und Erwachsenen in Größe und Laufgeschwindigkeit unterschieden. Die Personenzahlen ergaben sich aus voll besetzten Klassenräumen (Maximalbesetzung). Die Tabelle 2 enthält die berechneten Laufzeiten in Sekunden aus den Evakuierungssimulationen mit PTV Viswalk ohne Berücksichtigung der Detektions- und Reaktionszeiten. Um diese zu berücksichtigen, müssten zu den dort angegebenen Zeiten ein bis vier Minuten addiert werden. Die Ergebnisse der Simulationen zeigen, dass sich die reinen Laufzeiten bei einer Evakuierung des gesamten Gebäudes für alle drei Fälle nicht deutlich unterscheiden und zwischen 300 und 370 Sekunden liegen. Die Entfluchtung über die Bypässe mit zwei Fluchtrichtungen wirkt sich positiv auf die Laufzeiten aus. Sie sind sogar kürzer als bei der Führung der Rettungswege über die offenen Freilernbereiche. Es

456

D5

Realisierter Brandschutz für Schulgebäude mit offenen Raumkonzepten

Tabelle 2. Laufzeiten in Sekunden als Ergebnisse der Evakuierungssimulationen für die integrierte Gesamtschule „Erwin Fischer“ in Greifswald

4.7

Laufzeiten

Geschoss Fall 1 Offener Freilernbereich

Fall 2 Bypass mit zwei Fluchtrichtungen

Fall 3 Bypass mit einer Fluchtrichtung

Erdgeschoss

30 s

30 s

30 s

1. Obergeschoss

120 s

120 s

200 s

2. Obergeschoss

220 s

180 s

280 s

Gesamtes Gebäude

300 s

280 s

370 s

handelt sich bei der Bypass-Lösung mit zwei Fluchtrichtungen demnach eindeutig um eine Kompensation für die offenen Freilernbereiche mit Brandlasten.

4.5

Anlagentechnischer Brandschutz

Das Schulgebäude ist schutzzielorientiert mit einer Brandmeldeanlage nach DIN 14675-1 mit automatischen und nichtautomatischen Brandmeldern mit dem Schutzumfang der Überwachung als „Vollschutz“ mit einem Fernalarm auf die Leistelle der Feuerwehr ausgestattet. Die Brandmelder detektieren die Kenngröße Rauch. Die Alarmierungsanlage resultiert auch aus der BASchulRL M-V. Durch diese soll im Gefahrenfall die Gesamträumung der Schule eingeleitet werden. Da die Grundfläche der Versammlungsstätte kleiner als 1000 m2 ist, ergeben sich aus der VstättVO M-V keine höheren Anforderungen für die Brandmeldeanlage. In den notwendigen Treppenräumen, in den notwendigen Fluren, in den offenen Freilernbereichen sowie in den Versammlungsräumen und deren Nebenräumen ist eine Sicherheitsbeleuchtung vorgesehen. Die Rettungswege besitzen beleuchtete Sicherheitszeichen an den Ausgängen. Die Entrauchung der Aula erfolgt mit Öffnungen zur Rauchableitung entsprechend VstättVO M-V. Die Rauchableitungsöffnungen öffnen automatisch. Die Zuluft wird über die Türen sichergestellt, die durch die Feuerwehr manuell geöffnet werden. Die Entrauchung der offenen Freilernbereiche und der Klassenräume erfolgt über die Fenster.

4.6

Greifswald wurde für das Gebäude ein Brandschutzbeauftragter benannt.

Organisatorischer Brandschutz

Für das Gebäude wurden in enger Abstimmung mit der Brandschutzdienststelle sowohl eine Brandschutzordnung als auch Flucht- und Rettungspläne erstellt. Die Rettungswege in den offenen Freilernbereichen wurden im Bereich des Bodens farblich markiert (vgl. Bild 12). Durch die Universitäts- und Hansestadt

Abwehrender Brandschutz

Die Zufahrt für die Feuerwehr erfolgt auf dem Schulgelände bis zum Gebäude. Die erforderlichen Flächen für die Feuerwehr entsprechend der LBauO M-V sind vorhanden. Für den Einsatzfall wurden Feuerwehrpläne erstellt.

4.8

Projektbeteiligte

Die Universitäts- und Hansestadt Greifswald war der Bauherr dieses Schulgebäudes. Bezüglich des Brandschutzes waren an der Planung und Realisierung folgende Unternehmen beteiligt: Die Entwurfsverfasser waren frank.milenz.rabenseifner – architekten aus Greifswald. Die Brandschutzplanung erfolgte durch die Hagen Ingenieurgesellschaft. Der Prüfingenieur für Brandschutz war Prof.-Dr. Riesner aus Wismar [23]. Das Gebäude fällt in den Zuständigkeitsbereich der Bauaufsicht und der Berufsfeuerwehr der Universitätsund Hansestadt Greifswald.

5

Schlussfolgerungen und Ausblick

Moderne Schulbauten benötigen in der Zukunft Lernbereiche, die aus Klassenräumen und offenen Freilernbereichen in großzügigen Erschließungsbereichen bestehen. Diese Lernbereiche übersteigen die Regelungen der MBO hinsichtlich der Größe der brandschutztechnischen Einheiten erheblich. Auch in der MSchulbauR befinden sich keine Regelungen zu derartig großen Lernbereichen. In diesem Beitrag werden daher bereits veröffentlichte und auch in der Praxis angewendete Regelungen zur Ausbildung der Lernbereiche in Schulen zusammengefasst. Darüber hinaus wird von den Autoren ein Vorschlag für die brandschutztechnische Bewertung der Lernbereiche von bis zu 1600 m2 hergeleitet. Es wird dargestellt, wie in diesen Lernbereichen von bis 1600 m2 die Schutzziele der MBO gleichwertig erfüllt werden können. Der Beitrag endet mit der Vorstellung des Neubaus der integrierten Gesamtschule „Erwin-Fischer“ in Greifswald. In diesem Projekt konnten auf der Grundlage der vorgestellten Überlegungen Lernbereiche mit Größen von bis zu 890 m2 schutzzielorientiert geplant, genehmigt und realisiert werden.

Literatur

6

Literatur

[1] Bund Deutscher Architekten BDA, Deutsche Bundesstiftung Umwelt, Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft, Technische Universität Kaiserslautern, Unfallkasse NRW, Verband Bildung und Erziehung (VBE) (2017) Brandschutz im Schulbau – Neue Konzepte und Empfehlungen. [2] Bund Deutscher Architekten BDA, Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft, Verband Bildung und Erziehung (VBE) (2017) Leitlinien für leistungsfähige Schulbauten in Deutschland, 3. überarb. Aufl.

457

land (AGBF Bund) und des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV) (2014) Moderne Schulbau- und Unterrichtskonzepte, Empfehlungen zur Sicherstellung der Rettungswege aus Lernbereichen (2014-4), Sitzungsergebnis Oktober 2014, aktualisiert im Mai 2015 (Punkt 2), München. [14] Landeshauptstadt Dresden, Schulverwaltungsamt (2015) Entwurf der Dresdner Schulbauleitlinie, 06. Mai 2015. [15] Stadt Köln, Amt für Schulentwicklung (2016) Planungsrahmen für pädagogische Raumkonzepte an Kölner Schulen, 2. Aufl.

[4] Muster-Richtlinie über bauaufsichtliche Anforderungen an Schulen – Muster-Schulbau-Richtlinie – MSchulbauR (2009), Fassung April 2009.

[16] Spangardt, G.; Schulzki, B. (2016) Brandschutztechnische Anforderungen für den Bau und Betrieb von Bildungslandschaften, Hinweise für die Planung von Schulbauten mit modernen Unterrichtsformen, Amt für Feuerschutz, Rettungsdienst und Bevölkerungsschutz [online] www.stadtkoeln.de, Köln.

[5] Muster-Richtlinie über bauaufsichtliche Anforderungen an Schulen – Muster-Schulbau-Richtlinie – MSchulbauR, Erläuterungen (2009), Fassung April 2009.

[17] Wandt, D. et. al. (2017) Landeshautstadt Düsseldorf, Schulverwaltungsamt: Schulbauleitlinie [online] www. duesseldorf.de, 1. Aufl., Düsseldorf.

[6] Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen – MVV TB (2020), Ausgabe 2019/1.

[18] Lorenz, D.; Höhne, Th. (2017) Brandschutz im Schulbau, Forschungsvorhaben der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, DBU AZ, 32459/01, Schriftreihe des Fachgebietes Baulicher Brandschutz – Band 2, Fachbereich Bauingenieurwesen, Technische Universität Kaiserslautern, Kaiserlautern.

[3] Musterbauordnung – MBO (2002), Fassung November 2002, zuletzt geändert am 13.05.2016.

[7] Hagen, E.; Upmeyer, J. (2016) Umgang mit Abweichungen bei Bestandsgebäuden in Bauphysik-Kalender 2016 (Hrsg. N. Fouad), Ernst & Sohn, Berlin, S. 329–364. [8] Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Amt für Bauordnung und Hochbau (2015) Merkblatt – Kompartments in Schulen, Hinweise und Anforderungen, Hamburg. [9] Espich, G. (2016) Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen in Berlin, Entscheidungshilfen der Obersten Bauaufsicht, EHB bis 12/2016, Berlin. [10] Espich, G. (2019) Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen in Berlin, Entscheidungshilfen der Obersten Bauaufsicht, EHB ab 01/2017, Berlin. [11] Schneider, J.; Meyer, U.M.; Seydel, O. (2013) Empfehlungen für einen zeitgemäßen Schulhausbau in Baden-Württemberg, Grundlagen für eine Überarbeitung der Schulbauförderrichtlinien, Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, Baden-Württemberg, Stuttgart. [12] Seydel, O. (2014) Das Münchner LERNHAUS – Chancen für alle, Landeshauptstadt München, Referat für Bildung und Sport, München. [13] Bachmeier, P. et. al (2015) Arbeitskreis Vorbeugender Brand- und Gefahrenschutz bestehend aus der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren in Deutsch-

[19] Schneider-Paschen, L. (2014) Integrierte Gesamtschule, FeuerTrutz Magazin, Heft 2.2014, S. 12–17. [20] Schürmann, F.; Dettinger, E. (2016) Beiträge und Projekte zum Schulbau, München. [21] Demirel, C.; Krabbe, M. (2019) Sicherheitskonzepte für moderne Schulformen. Brandschutz in Lernlandschaften (Cluster), Düsseldorfer Schulbauleitlinie, Ingenieurakademie West, Brandschutz-Tagung 2019, S. 115–139, Düsseldorf. [22] Foth, K.; Theimer, P. (2019) Flurschule war gestern, Trends im Schulbau aus Sicht des vorbeugenden Brandschutzes am Beispiel von Berlin und München, Fachbeitrag Schulbau, hhpberlin, Berlin. [23] Graf, M.; Luxenburger, C. (2019) Brandschutzmaßnahmen für moderne Schulformen am Beispiel des Ersatzneubaus „Integrierte Gesamtschule Erwin Frischer“ in Greifswald, 14. Brandschutztag, Wismar. [24] PTV Vissim 11 (2019) Benutzerhandbuch zu PTV Viswalk, PTV AG, Karlsruhe.

459

D 6 Rauch- und Wärmeabzug Gary Blume, Thomas Fr. Hegger

Dr.-Ing. Gary Blume MPA Braunschweig Beethovenstraße 52, 38106 Braunschweig Studium des Maschinenbaus an der TU Braunschweig und anschließend Promotion im Fachbereich Bauingenieurwesen. Ab 1992 am Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz bei Professor K. Kordina und Professor D. Hosser tätig. Seit 2000 an der MPA Braunschweig, Abteilung Brandschutz mit dem Schwerpunkt Brandschutzprüfungen von Bauprodukten für Lüftung und Entrauchung, Differenzdruckanlagen. Prüf- und Überwachungsstellenleiter und seit 2014 Fachbereichleiter Brandschutz. Mitglied in Sachverständigen Ausschüssen A/B des DIBt sowie Mitglied in nationalen und europäischen Normungsgremien, darunter stellv. Obmann NA 005-52-32 AA (Entrauchung), Obmann CEN TC127/WG2/TG3 (Lüftungs- und Entrauchungsleitungen), Obmann CEN TC156/WG9/TG2 (Lüftungsleitungen) und CEN TC191/WG6/TG2 (EN 12101-6).

Dipl.-Ing. Thomas Fr. Hegger Fachverband FVLR Tageslicht und RWA e.V Ernst-Hilker-Str. 2, 32758 Detmold Nach einer Bauzeichnerlehre Studium der Kunststofftechnik in Darmstadt. Nach dem Studium tätig als Anwendungstechniker bei der Klaus Esser KG in Norf und folgend für 14 Jahre Leiter Produktmanagement Flachdach bei der Eternit AG in Neuss. Danach Leiter Marketing und Technik bei der Essmann GmbH & Co. KG in Bad Salzuflen. Seit 1992 ehrenamtlicher Vorsitzender des FVLR e. V. Fachverband Lichtkuppel, Lichtband und Rauch- und Wärmeabzugsanlagen und seit 2001 hauptberuflich Geschäftsführer des FVLR e. V. und Geschäftsführer der FVLR DienstleistungsGmbH in Detmold. Aktive Mitarbeit in zahlreichen nationalen, europäischen und internationalen Normenausschüssen, so u. a. Obmann Normenausschuss DIN 18232 (Rauchableitung), stellvertretender Obmann Normenausschuss DIN 18234 (Brandschutz Dächer), Obmann Normenausschuss ISO TC 21 SC 11 (Rauchableitung) und Leiter des Referats 14 in der vfdb.

Bauphysik-Kalender 2021: Brandschutz. Herausgegeben von Nabil A. Fouad. © 2021 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2021 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

460

D6

Rauch- und Wärmeabzug

Inhaltsverzeichnis 1

Einleitung

461

2

Methoden der Entrauchung

7 464

3 3.1 3.1.1

Einfluss der Raumgröße 466 Ausspülen von Rauchgasen 466 Ausspülen von Rauchgasen mit Hochdrucklüftern 466 3.1.2 Ausspülen von Rauchgasen mit Lüftungsanlagen 466 3.1.3 Ausspülen von Rauchgasen mit Strömungsschneisen 467 3.2 Treppenräume 468 3.2.1 Einleitung 468 3.2.2 Verschiedene Arten von Treppenräumen 468 3.2.3 Maschinelle Rauchableitung über Spülung 470 3.2.3.1 Maschinelle Rauchableitung über Spülung ohne Druckkontrolle 471 3.2.3.2 Maschinelle Rauchableitung über Spülung mit Druckkontrolle 471 3.2.4 Rauch-Differenzdruck-Anlagen (RDA) 472 3.2.5 Zusammenfassung 475 3.3 Bildung einer raucharmen Schicht 475 4

Bauordnung und Sonderbauordnungen

5

Normen und Richtlinien

6 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6

DIN 18232-2 und DIN 18232-5 482 Rauchfrei entspricht raucharm 482 Rauchableitung durch Wandöffnungen 482 Plume-Modell 483 Rauchmelderauslösung bevorzugt 483 Sprinkler berücksichtigt 484 Einfluss der Oberkante Zuluftöffnung und Unterkante der Rauchschürze auf die Höhe der raucharmen Schicht 484 Rauchabschnitt 485

6.7

7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 8 8.1 8.2

9

Hinweise zur Planung einer Rauchund Wärmeabzugsanlage 486 Einleitung 486 Aus der Praxis lernen 487 Keep it small 487 Keep it simple 488 Wechselwirkungen 489 Ingenieurverfahren 490 Werkzeuge zur Berechnung der Rauchausbreitung 490 Beispiel zur Dimensionierung der Rauchableitung 491

9.1 9.2

Konkretisierung der Bauordnung durch die MVV TB 494 Novellierung der Bauordnung 494 Konkretisierungen für natürliche Rauchund Wärmeabzugsgeräte (NRWG) nach EN 12101-2:2003 495

10

Praxisbeispiele

11

Zusammenfassung

12

Literatur

477

481

498

497 497

Einleitung

Der Beitrag D3 aus dem Bauphysik-Kalender 2016 wurde aktualisiert und ergänzt.

1

Einleitung

Menschen, die sich im Brandfall in Gebäuden aufhalten, sollen – sich nach den Regeln der Bauordnung vor allem durch Flucht selber in Sicherheit bringen können, – aber auch bei Verletzungen oder Behinderungen oder im Einzelfall von Dritten gerettet werden können. Dazu muss die Feuerwehr unter möglichst guten Sichtbedingungen diese Menschen schnell finden und bergen, aber auch den Brandherd schnell lokalisieren und dann gezielt bekämpfen können. (siehe auch OVG NRW 2A 182/11 vom 29.11.2012)

461

Da sich auch schon bei kleineren Schadensfeuern in sehr kurzer Zeit Rauch in enormen Mengen bildet und ausbreitet, muss dieser schnell und gezielt aus dem Aufenthaltsbereich der Menschen und aus dem Gebäude abgeleitet werden. Auch für die Reduzierung von Brandfolgeschäden und zur Vermeidung oder Verzögerung des FlashoverEffektes ist die Rauchabführung sehr vorteilhaft. Bei den Versicherern übersteigen die Rauchschäden die reinen Brandschäden in erheblichem Umfang. Im Brandfall ist in der Regel zu Beginn besonders die kurzfristige Freisetzung der im großen Umfang entstehenden Rauchgasmenge zu beachten und zu bekämpfen. Die Brandhitze selbst wird dagegen erst zu einem späteren Zeitpunkt dominant. Nun ist es aber gerade das Fatale, dass zum Zeitpunkt der Selbstrettung und nach dem Eintreffen der Feuerwehr für die Erkundung, Fremdrettung und danach Brandbekämpfung bereits die größte Rauchausbreitung vorliegt. Für die Phase bis zum Flashover ist also der Rauchvermeidung bzw. der Rauchabführung die oberste Priorität zuzuordnen. Der Hauptgegner der Feuerwehr ist der Rauch, nicht die Brandhitze. Zur Abführung des Brandrauches dienen heute Rauch- und Wärmeabzugsgeräte, die vermeiden, dass die Feuerwehr erst im Einsatzfall unter Zerstörung der Gebäudehülle Öffnungen vornimmt (Bild 1). Die Rauchgaskonzentration ist zu Beginn des Brandes bei meist noch unvollständiger Verbrennung deutlich größer als im späteren Vollbrand (siehe Bild 2 ohne RWA und Bild 3 mit frühzeitig geöffneter RWA). Beim Vollbrand ist dagegen mit dem größeren Rauchvolumen zu rechnen. Deshalb werden zur Projektierung einer Rauchabzugsanlage auch immer die niederenergetische und die hochenergetische Phase untersucht.

Bild 1. Die für die Feuerwehr lebensgefährliche früher übliche Art eine Öffnung zur Rauchableitung herzustellen, gehört heute zur Vergangenheit Alamierung Flucht Ausrücken Löschangriff

Menschenrettung Innenangriff?

verhindern Feuerübersprung Außenangriff?

flash over

Brandentstehung Schwelbrand Vollbrand langsamer Temperaturaufbau Totalverlust große Rauchentwicklung entw. Brand stetiger Temperaturanstieg

Zeit

Grafik: FVLR

Bild 2. Zeitliche Rauchgas- und Energiefreisetzung im Brandfall (ohne installierte Rauch- und Wärmeabzugsanlage)

462

D6

Alamierung Flucht Ausrücken Löschangriff

Rauch- und Wärmeabzug Menschenrettung Innenangriff?

Sprinkler-„Innenangriff” Feuerübersprung verhindern Außenangriff

Rauchableitung/Wärmeableitung Sprinkleraktivierung

Brandentstehung Schwelbrand Ablöschen langsamer Temperaturaufbau kleinerer Rauchschäden große Rauchentwicklung sich entwickelnder Brand stetiger Temperaturanstieg

Zeit

Grafik: FVLR

Bild 3. Zeitliche Rauchgas- und Energiefreisetzung im Brandfall (mit installierter Sprinkler- und Rauchund Wärmeabzugsanlage)

Brandschutzfachleuten, die aus dem traditionellen Brandschutz kommen, von denen, die aus der Anlagenund Strömungstechnik stammen, oft unterscheiden. Die Höhe der Rauchschäden übersteigt heute die der Verbrennungsschäden um ein Vielfaches. Waren schon die von reinem und trockenem Holz ausgehenden Brandgase nicht unbedingt gesundheitsförderlich, werden bei der Verbrennung der heute üblichen Materialien und deren Gemische erhebliche Mengen sicht- und atmungsbehindernder, stark reizender oder auch toxischer Brandgase freigesetzt. Die Ausbreitung der Rauch- und Brandgase in geschlossenen, also nicht entrauchten Räumen, wird bestimmt durch die Brandquelle und die Aufstiegshöhe (in der Regel die Raumhöhe) des nach oben gerichteten Thermikstroms (Bild 4), auch Plume genannt. Da die aus dem unteren Raumbereich durch den Verbren-

Strömung unterhalb der Decke (Deckenstrom)

Rauchschürze

Rauchschürze

Im Gegensatz dazu betrachtet der traditionelle Brandschutz (ETK nach DIN 4102) nahezu ausschließlich das Vollbrandszenario. Während dies für die Fragen der Standsicherheit auch sicher die richtige Vorgehensweise ist (die höhere Energiefreisetzung ist hier das höhere Risiko), gilt das für die Entrauchung nicht so pauschal. Niederenergetische Brände (gekennzeichnet durch geringe Wärmefreisetzungsraten und kleinere Brandflächen) sind zu untersuchen, damit die Wirksamkeit des geplanten Entrauchungssystems einschließlich der Brandmeldeeinrichtungen betrachtet werden kann. Hochenergetische Brände sind dagegen für die Beurteilung der ausreichenden Rauchabführungsleistung anzusetzen. Diese unterschiedlichen Betrachtungsweisen erklären vielleicht, warum sich Brandschutzkonzepte von

Heiße Gase, die in die Brandsäule hineingezogen werden

Luft, die in die Brandsäule eintritt

Grafik: FVLR

Bild 4. Strömungsmuster bei geschlossenen, nicht entrauchten Räumen

Einleitung

463

Bild 5. Die Wirkung des Brandrauchs

nungsprozess und durch Konvektion entnommene und die auf dem Strömungsweg dem Thermikstrahl durch Induktion zugemischte Raumluft im unteren Raumbereich wieder ersetzt werden muss. Dadurch ergibt sich in nicht entrauchten Räumen zwangsläufig eine Rezirkulation der Rauchgase im gesamten Brandraum. Das heißt, in nicht entrauchten Räumen müssen Rückströmungen aus dem verrauchten Deckenbereich in den bodennahen Aufenthaltsbereich stattfinden. Da der Induktionsprozess im Bereich des voll ausgebildeten Thermikstrahls die höchsten Werte erreicht, wird zwar zunächst vornehmlich der obere Raumbereich verrauchen. Die Verrauchung des unteren Bereichs verläuft dagegen etwas langsamer, da dort zunächst die vorhandene kältere Schichtung aufzulösen ist. Die dafür notwendige Zeitspanne beträgt aber meist nur wenige Minuten [1]. Diese Strömungsprozesse sind den Heizungs- und Klimatechnikern schon seit langem bekannt: Unsere Konvektionsheizsysteme nutzen diese Zusammenhänge seit Jahrhunderten. Und im Brandfall ist die Rauchausbreitung mit diesen Strömungsprozessen direkt vergleichbar, lediglich hinsichtlich der Intensität ist der Brand etwas Besonderes. Die Theorien der Rauchableitung können damit auf seit langem bewährte Erkenntnisse der Strömungstechnik zurückgreifen. Die Rauchentstehung hängt wesentlich vom verbrennenden Stoff selbst (z. B. Zusammensetzung, Heizwert, Oberfläche, Trocknungsgrad) und den Umgebungsbedingungen (z. B. Sauerstoffkonzentration) ab. Die vom Brandgut abgegebene Rauchmenge (Quellterm) ist dabei auch schon bei kleineren Brandlasten erheblich. So können beispielsweise bei typischen Büroausstattungen (verschiedene Materialien in einem Produkt) von etwa folgenden Rauchfreisetzungen [2] ausgegangen werden:

PC-Drucker Kleiderständer Kühlschrank

2000 m3 /h 4000 m3 /h 6000 m3 /h

Bei einem brennenden PKW kann mit 80000 bis 100000 m3 Rauchfreisetzung gerechnet werden. Aber auch bei reinen, also nicht vermischten Stoffen ist die Rauchfreisetzung [3] nicht unerheblich. Holz 10 kg 8000 m3 /h Schaumstoffe 10 kg 20000 m3 /h Die Rauchmenge wird aus dem am Brandherd abgebenden Volumen (Quelltherm) und der über Induktion aus der Umgebungsluft in den Plume eingemischten Luft gebildet. Dabei wird das sich ausbreitende und abzuführende Rauchvolumen mit zunehmender Raumhöhe immer größer. Brandrauch nimmt nicht nur die Sicht, er be- oder verhindert die Atmung und er kann auch zu gesundheitlichen Langzeitschäden und erheblichen Sachschäden führen. Für das Sicherheitsgefühl ist es für die meisten Menschen erforderlich, in einem Raum mindestens 20 m (Bild 5) weit sehen zu können, ohne dass dies durch Raucheintrübungen o. ä. gestört wird. Sinkt die Sichtweite dagegen unter 10 m herab, ist bekannt, dass die Menschen sich dann sehr schnell unkontrolliert verhalten und in Panik fallen. Eine gezielte Flucht unter vorhersagbaren und damit planbaren Bedingungen ist dann kaum noch sichergestellt. Die einzelnen Bestandteile des Rauches hängen sehr stark von den verbrennenden Stoffen und den Verbrennungsbedingungen ab (Tabelle 1). Für wenige unvermischte einzelne Materialien gibt es Angaben zu den freiwerdenden Stoffen. Für wenige reine Stoffe kennt man, meist aus Tierversuchen, Anhaltswerte über deren Vergiftungswirkung.

464

D6

Rauch- und Wärmeabzug

Tabelle 1. Physiologische Effekte von einzelnen Brandgasbestandteilen [4] Letaler Effekt nach Sofortiger letaler 30 min in [ppm] Effekt in [ppm] Kohlenmonoxid CO

5500

8000–10000

Blausäure

HCN

170

Salzsäure

HCl

3800

1300–2000

Schwefeldioxid SO2

1400

500–600 200–700

Nitrose Gase

NOx

120

Ammoniak

NH3

1000

Kohlendioxid

CO2

70000

180–270

2500–5000 –

Es gibt bis heute kaum abgesicherte Daten über die Freisetzung von Stoffen aus Materialgemischen und auch kaum gesicherte Daten über die gemeinsame Wirkung dieser Rauchgase auf den Menschen. Was wir kennen, sind nur die isoliert betrachteten Auswirkungen einzelner Komponenten.

2

fläche . . . müssen Rauchabzugsanlagenvorhanden sein, die so bemessen sind, dass sie eine raucharme Schicht von mindestens 2,50 m . . . ermöglichen.“ – M-IndBauRL: „5.7.1 Rauchableitung aus Produktions- und Lagerräumen ohne Ebenen 5.7.1.1 Die Anforderung ist insbesondere erfüllt, wenn diese Räume Rauchabzugsanlagen haben, • bei denen je höchstens 400 m2 der Grundfläche mindestens ein Rauchabzugsgerät im Dach oder im oberen Raumdrittel angeordnet wird, • die aerodynamisch wirksame Fläche dieser Rauchabzugsgeräte insgesamt mindestens 1,5 m2 je 400 m2 Grundfläche beträgt, . . . “ [37]

Methoden der Entrauchung

Bei den „Maßnahmen zur Entrauchung“ werden häufig verschiedene Begriffe verwendet, wobei man meinen könnte, diese bezeichnen die gleiche technische Einrichtung. Einerseits wird von „Rauchabzügen“ gesprochen, an anderer Stelle wird eine „Rauchableitung“ erwähnt. Beides bezeichnet aber etwas völlig Verschiedenes. Hinter diesen beiden Begriffen Rauchableitung und Rauchabzug stehen nicht nur unterschiedliche Schutzziele, sondern es sind damit auch unterschiedliche Anforderungen an die Technik, an Prüfungen und Eignungsnachweise sowie an die Funktionssicherheit verbunden. In baurechtlichen Bestimmungen findet man sowohl die Bezeichnungen Rauchabzug, Rauchabzugsanlage und Rauchabzugsgerät als auch Rauchableitung, Rauchableitungsöffnung sowie Öffnung zur Rauchableitung: – MBO § 35 (8): „Für innenliegende notwendige Treppenräume und notwendige Treppenräume in Gebäuden mit einer Höhe . . . von mehr als 13 m ist an der obersten Stelle eine Öffnung zur Rauchableitung mit einem freien Querschnitt von mindestens 1 m2 erforderlich . . . “ [35] – MVStättVO § 16 (2): „Für die Entrauchung von Versammlungsräumen . . . mit nicht mehr als 1000 m2 Grundfläche genügen Rauchableitungsöffnungen mit einer freien Öffnungsfläche von insgesamt 1 Prozent der Grundfläche, Fenster oder Türen mit einer freien Öffnungsfläche von insgesamt 2 Prozent der Grundfläche . . . “ [36] – MVStättVO § 16 (3): „Für die Entrauchung von Versammlungsräumen . . . mit mehr als 1000 m2 Grund-

Natürliche Rauchabzugsgeräte sind auszuführen nach DIN EN 12101-2 Die erreichten Leistungsklassen für die verlangen Funktionen sind gemäß MVV TB zu belegen. Üblicherweise verfügen die NRWG (Bild 6) über eine automatische Auslösung und können auch fernbedient aktiviert werden. Diese Geräte sowie die Auslegung der Geräte sind entsprechend den Anforderungen der „Technischen Prüfverordnungen“ der einzelnen Bundesländer vor der ersten Inbetriebnahme oder nach nennenswerten Änderungen einer Überprüfung durch einen Sachverständigen zu unterziehen. Neben der eigentlichen Eignung des Gerätes für den jeweiligen Anwendungsfall überprüft der Sachverständige, ob unter anderem die Leistungsklassen entsprechend den Anforderungen des jeweiligen Bauvorhabens gewählt wurden und ob die Funktion und die Geräte der ursprünglich geprüften Ausführung entsprechen. Diese Überprüfung durch einen Sachverständigen ist entsprechend den Vorgaben der Technischen Prüfverordnungen in regelmäßigen Abständen zu wiederholen. Weiter sind Natürliche Rauchabzugsgeräte in regelmäßigen Abständen von Fachfirmen zu warten und gegebenenfalls wieder instand zu setzen.

Erreichbare Schutzziele: – Unterstützung beim Personenschutz (Selbst- und Fremdrettung), – gezielter Löscheinsatz der Feuerwehr und auch Begrenzung der Rauchausbreitung (Sachschutz). Bei Einsatz derartiger Geräte wird sich in den Räumen im Brandfall eine raucharme Schicht in einer vorhersagbaren Höhe ausbilden. Dadurch können gesicherte Vorhersagen zur Ausbreitung von sicht- und atmungsbehindernden Rauchgasen erfolgen. Durch praxisgerechte technische Anforderungen, regelmäßige Wartungen und Überprüfungen ist eine hohe Funktionssicherheit nachgewiesen.

Rauchableitung Öffnungen zur Rauchableitung werden in der MBO als Mindestanforderung für innenliegende notwendi-

Methoden der Entrauchung

465

Bild 6. Natürliche Rauchabzugsgeräte in Verbindung mit Lichtkuppeln und Jalousien oder Klappen für Lichtbänder oder Glasdächer

ge Treppenräume gefordert oder auch in der M-IndBauRL als Entrauchungsmöglichkeit aufzeigt. Diese Öffnungen dienen nicht zur Rauchfreihaltung bzw. Schaffung einer raucharmen Schicht, sondern nur zur Rauchableitung nach der Evakuierung. Sie unterliegen keinen technischen Anforderungen (außer der bauaufsichtlichen Anforderung an das Brandverhalten normalentflammbar) und sie brauchen auch nur manuell geöffnet zu werden. Es entfallen auch sämtliche Verwendbarkeits- und Übereinstimmungsnachweise. Es werden auch keine Überprüfungen durch Prüfsachverständige beispielsweise vor der Inbetriebnahme vorgeschrieben. Erreichbares Schutzziel der Rauchableitung: – (Undefinierte) Unterstützung der Feuerwehr bei der Brandbekämpfung Durch Öffnungen zur Rauchableitung (Bild 7) können keine raucharmen Schichten sichergestellt werden und auch keine gesicherten Vorhersagen zur Ausbreitung von sicht- und atmungsbehindernden Rauchgasen erfolgen. Auch die thermische Entlastung der Gebäudestruktur, die sich bei Einsatz von natürlichen Rauch- und Wärmeabzugsgeräten (NRWG) einstellt, kann nicht sicher beurteilt werden. Selbst bei einem sicheren Öffnen der Geräte werden die Räume im Brandfall meist kurzfristig und vollständig verrauchen. Dies führt z. B. in Produktionshallen durch die Brandgase, die chemischen Zersetzungsprodukte und die erhöhte Temperatur zu erhöhten Belastungen der Gebäudestruktur, zur Schädigung der Produktionsanlagen, der Rohprodukte und der Fertigwaren. Durch die fehlenden technischen Anforderungen an die Geräte und die nicht erforderlichen Überprüfungen ist nur mit einer geringen Funktionssicherheit zu rechnen.

Rauchabzug Natürliche Rauchabzugsgeräte (NRWG) sind nach MVV TB auszuführen und werden nach DIN EN 12101-2 geprüft und zertifiziert. Die Prüfungen und die dabei erreichten Leistungsklassen oder Werte sind zu belegen. Diese wird auf Basis eines Zertifikates einer notifizierten Zertifizierungsstelle ausgestellt. Am Gerät ist ein CE-Zeichen mit den für die Funktion relevanten Leistungsklassen aufzubringen. Üblicherweise

Bild 7. Öffenbare Lichtkuppeln, Lichtbandklappen und Flügel in Glasdächern bilden in Verbindung mit elektrischen oder pneumatischen Antrieben Öffnungen zur Rauchableitung

verfügen die Geräte über eine automatische Auslösung und können auch fernbedient aktiviert werden. Diese Geräte sowie die Auslegung der Geräte sind entsprechend den Anforderungen der „Technischen Prüfverordnungen“ der einzelnen Bundesländer vor der ersten Inbetriebnahme oder nach nennenswerten Änderungen einer Überprüfung durch einen Sachverständigen zu unterziehen. Neben der eigentlichen Eignung des Gerätes für den jeweiligen Anwendungsfall überprüft der Sachverständige, ob u. a. die Leistungsklassen entsprechend den Anforderungen des jeweiligen Bauvorhabens gewählt wurden und ob die Funktion und die Geräte der ursprünglich geprüften Ausführung entsprechen. Diese Überprüfung durch einen Sachverständigen ist entsprechenden den Vorgaben der Technischen Prüfverordnungen in regelmäßigen Abständen zu wiederholen. Weiter sind Natürliche Rauchabzugsgeräte in regelmäßigen Abständen von Fachfirmen zu warten und gegebenenfalls wieder instand zu setzen. Erreichbare Schutzziele: – Unterstützung beim Personenschutz (Selbst- und Fremdrettung), – gezielter Löscheinsatz der Feuerwehr und auch Begrenzung der Rauchausbreitung (Sachschutz).

466

D6

Rauch- und Wärmeabzug

Bei Einsatz derartiger Geräte wird sich bei entsprechender Projektierung der Rauch- und Wärmeabzugsanlage in den Räumen im Brandfall eine raucharme Schicht in einer vorhersagbaren Höhe ausbilden. Dadurch können gesicherte Vorhersagen zur Ausbreitung von sicht- und atmungsbehindernden Rauchgasen erfolgen. Durch praxisgerechte technische Anforderungen und regelmäßige Wartungen ist eine hohe Funktionssicherheit nachgewiesen.

3

Einfluss der Raumgröße

Die Raumgröße hat einen erheblichen Einfluss auf die sich im Raum ausbildenden Strömungsprozesse und auf die Geschwindigkeit einer Verrauchung vom Decken- bis in den Bodenbereich. Da die horizontale Rauchausbreitung mit etwa 1 bis 5 m/s deutlich schneller ist als die Brandausbreitung mit etwa 0,2 bis 0,5 m/min, verrauchen Räume mit weniger als etwa 200 m2 Fläche und einer Höhe niedriger als 3 m in der Regel schneller, als eine Wärmedetektion entsprechende Entrauchungsmaßnahmen wirksam einleiten kann. In Räumen kleiner als 200 m2 werden sich auch keine stabilen Rauchschichten ausbilden, sodass hier lediglich ein Ausspülen der Rauchgase mit den nachfolgend beschriebenen Einschränkungen der Wirksamkeit umgesetzt werden kann.

3.1

Ausspülen von Rauchgasen

Eine Methode, Rauchgase aus einem Gebäude herauszubekommen, stellt die Ausspülung dar. Hier werden die Rauchgase durch große Luftvolumenströme nach außen abgeleitet und dabei so verdünnt, dass das Restrauchvolumen anschließend nicht mehr so kritisch ist. Bei dieser Methode muss jedoch berücksichtigt werden, dass es bei dieser Verdünnungsmethode grundsätzlich zu erheblichen Verwirbelungen der Rauchgase im gesamten Raumvolumen kommt, sich also keine raucharmen Schichten ausbilden und deshalb diese Methode erst nach Abschluss der Flucht, Evakuierung, Rettung und Erkundung in Frage kommt. Weiter sind die aufzuwendenden Volumenströme für den Laien unvorstellbar hoch, benötigt man so doch z. B. bei Ölbränden pro m3 Rauchgas über 1000 m3 Frischluft, um zu einer Verdünnung zu kommen, die eine Sichtweite von gerade ca. 10 m ermöglicht. Während des Brandes ist wegen der enorm hohen und deshalb nicht umsetzbaren Volumenströme diese Methode nicht geeignet die Luftqualität in den Räumen entscheidend zu verbessern.

Bild 8. Hochdrucklüfter zerstören die Rauchschichtgrenze und führen zu Rauchverwirbelungen

3.1.1

Ausspülen von Rauchgasen mit Hochdrucklüftern

Will man die Räume z. B. vor Beginn der Aufräumungsarbeiten mit dieser Methode spülen, müssen auch die Art und Lage der Abströmflächen geklärt sein. Denn sonst würde der Rauch sogar in bisher nicht betroffene Bereiche gespült werden können. Bei Bränden in Wohngebäuden sieht man häufiger, dass die Feuerwehr sogenannte Hochdrucklüfter (Bild 8) zum Einsatz bringt. Mit diesen Hochdrucklüftern werden dann die Treppenräume vom Rauch gespült. Voraussetzung für den Einsatz solcher Hochdrucklüfter ist unter anderem, dass dann im oberen Wand- oder Deckenbereich des Treppenraumes entsprechende Rauchabzugsöffnungen (z. B. NRA) offenstehen und die übrigen Öffnungen, z. B. Türen zu den Wohnungen, geschlossen sind, damit der Hochleistungslüfter auch hier nicht die Rauchgase in zuvor vom Rauch noch nicht betroffene Bereiche hineindrückt.

3.1.2

Ausspülen von Rauchgasen mit Lüftungsanlagen

Die in einigen Sonderbauvorschriften erlaubte Verwendung von mechanischen Raumentlüftungsanlagen zur Rauchableitung ist sehr kritisch zu bewerten. Einerseits sind die Raumentlüftungsanlagen anlagentechnisch nicht auf den Brandfall eingerichtet (z. B. Temperaturbelastung, Notstromversorgung, bei Rauch oder Temperatur schließende Brandschutzklappen) und andererseits sind bei den heute üblichen geringen Luftwechseln der Lüftungsanlagen von nur dem 1- bis 2-fachen des Raumvolumens die damit erreichbaren möglichen Fördervolumina für den Brandfall, hier werden 20- bis 25-fache Luftwechsel benötigt, einfach viel zu klein. In der Regel wird bei Lüftungsanlagen die Zuluft vom Deckenbereich her in den Raum eingeblasen, sodass es

Einfluss der Raumgröße

467

Bild 10. Tiefgaragenentrauchung Bild 9. Über eine nicht abgeschaltete Lüftungsanlage wurde der Brandrauch in großen Mengen auch in vorher nicht vom Brand betroffene Nebenräume übertragen (Brechler.Kiküm.Klein GmbH, Warendorf)

hier im Brandfall zu erheblichen Verwirbelungen und nicht zur Bildung von raucharmen Schichten kommt. Daneben muss sich der Betreiber bereits bei einem kleinen Brandereignis mit der Frage beschäftigen, wie er sein Lüftungsanlagensystem danach von dem dort eingesaugten Brandrauch (Bild 9) wieder reinigen will. Hier wird in vielen Fällen ein teurer Austausch der vorhandenen Systeme erforderlich werden. Eine normale Lüftungsanlage ist deshalb für die Aufgabe der Entrauchung absolut ungeeignet. Man sollte die Anlage deshalb im Brandfall entweder automatisch oder so schnell es geht manuell ausschalten.

3.1.3

Ausspülen von Rauchgasen mit Strömungsschneisen

Ein weiteres System im Bereich der Spülung wird in Tiefgaragen eingesetzt, wo mit großen düsenartigen Ventilatoren (Bild 10) der beim Brand entstehende Rauch durch einen Strahlbereich mit sehr großer Luftströmung mitgerissen, auf eine Absaugstelle geleitet und dort aus dem Raum herausgesaugt wird. In Ansaugrichtung des Ventilators ist dabei vor dem Brandherd mit einer relativ raucharmen Luft zu rechnen, dahinter kommt es aber zu schweren Verwirbelungen. Diese sind in Tiefgaragen zu finden, die im Übrigen zu den am schwierigsten zu entrauchenden Räumen gehören. Denn in Garagen mit meist nur ca. 2,3 m lichter Raumhöhe und einer umfangreichenreichen haustechnischen Installation unter der Decke können sich keine stabilen Rauchschichten ausbilden. In 2020 wurde der Entwurf einer neuen europäischen Vornorm (TS 21927-11) veröffentlicht, der für große unterirdische Tiefgaragen Lösungen mit Impulsventilatoren anbietet. Bei diesem Entrauchungssystem wird von der Ansaugöffnung der Außenluft bis zur Brand-

fläche eine Luftschneise gebildet, durch die die angreifende Feuerwehr noch eine gewisse Sicht auf die brennenden Fahrzeuge behält. Von dort bis hin zur Absaugstelle einer maschinellen Rauchabzugsanlage wird der gesamte Raum aber verrauchen. Da dadurch die Flucht von Personen gravierend behindert wird, dürfen diese Impulsventilatoren erst angeschaltet werden, wenn die Entfluchtung der Tiefgarage abgeschlossen ist. Man kann einen Produktionsraum mit hohen Regalen bereits als Hochregallager bezeichnen, weil dort bestimmte Lagerhöhen überschritten werden (z. B. 9 m Oberkante Lagergut). Man kann den Begriff Hochregallager aber auch nur auf vollautomatisierte Hochregallager begrenzen, in denen kein Personenaufenthalt erlaubt und erforderlich ist, da die Läger über computergesteuerte Einlagerungs- sowie Aus- und Einladesysteme betrieben werden. Die Bezeichnung Hochregallager wird also nicht einheitlich genutzt. Die Rauchabzugsanlage eines Hochregallagers in gemischt genutzten Räumen, die zum Betrieb (hier ist als Schutzziel die Selbst- und Fremdrettung sowie der Innenangriff der Feuerwehr) von Personen betreten und genutzt werden, ist komplett mit raucharmen Schichten nach DIN 18 232-2 (für NRA) bzw. nach DIN 18232-5 für MRA zu projektieren und auszuführen. Dabei müssen die natürlichen Rauchabzugsgeräte nach DIN EN 12101-2, die maschinellen Rauchabzugsventilatoren nach DIN EN 12101-3 geprüft und zertifiziert sein. Bei den vollautomatisierten Hochregalanlagen kann die Rauchabzugsanlage dagegen allein nach der VDIRichtlinie 3564 projektiert werden. In Hochregallagerbereichen, bei denen die Selbst- und Fremdrettung von Personen und auch der Innenangriff durch die Feuerwehr nicht erforderlich sind, soll nach VDI 3564 die Bemessung und Ausführung einer natürlichen Rauchabzugsanlage nach folgenden Kriterien erfolgen: – Es soll mindestens ein Rauchabzug mit Aw ≥ 1,0 m2 (aerodynamisch wirksame Öffnungsfläche) je 200 m2 Grundfläche des Hochregallagerbereichs vorgesehen sein.

468

D6

Rauch- und Wärmeabzug

1. Rettungsweg

2. Rettungsweg

+

=

notwendiger Treppenraum

Alternative

+

=

notwendiger Treppenraum

+

=

Fehlt

Der Treppenraum ist als Sicherheitstreppenraum auszuführen.

notwendiger Treppenraum

Bild 11. Gestaltung des 1. und 2. Rettungswegs in verschiedenen Gebäuden

– Die Rauchabzüge sind pro maximal 1600 m2 Grundfläche in Gruppen zusammenzufassen. – Die Rauchabzüge sind jeweils in der Mittellinie der Regalgasse(n) anzuordnen. – Pro Regalgasse sind mindestens zwei Rauchabzüge vorzusehen. – Der Abstand zwischen den Rauchabzügen untereinander soll 10 m nicht überschreiten. – Die Abstände der Rauchabzüge zu den Stirnwänden des Hochregallagerbereiches sollen höchstens 10 m betragen. Als Nachströmung sind mindestens 50 % der geometrischen Rauchabzugsfläche als geometrische Öffnungsfläche für Zuluft in Bodennähe des Hochregallagerbereichs erforderlich. Türen und Tore, die ins Freie führen, können angerechnet werden, wenn diese im Brandfall von außen zerstörungsfrei geöffnet werden können. Im Hochregallagerbereich halten sich im Regelfall (Ausnahme: Wartungsarbeiten) keine Personen auf. Deshalb wird für den Brandfall auch kein Erfordernis für eine Rauchfreihaltung (keine Flucht und Rettung erforderlich) gesehen. Durch die ebenfalls geforderten automatischen Regallöschanlagen entfällt im Regelfall auch die Notwendigkeit für einen Innenangriff der Feuerwehr. Damit dient die im Raum einer vollautomatisierten Hochregalanlage zu installierende Rauchabzugsanlage

überwiegend der Feuerwehr zur Entscheidungsfindung im Einsatz und zur Sichtverbesserung z. B. für Nachlöscharbeiten.

3.2

Treppenräume

3.2.1

Einleitung

Der Treppenraum ist klassisch der bevorzugte Fluchtund Rettungsweg (Bild 11) aus dem Gebäude – natürlich auch im Brandfall. Deshalb, so meint der Laie, muss der Treppenraum im Brandfall immer sicher und damit auch (möglichst) frei von Rauch sein. Beim Sicherheitstreppenraum ist das so, bei den übrigen Treppenräumen aber nicht in jedem Fall.

3.2.2

Verschiedene Arten von Treppenräumen

Im Baurecht gibt es zuerst einmal den notwendigen (und damit zwangsweise auch den allerdings nicht so benannten) nicht notwendigen Fluchtweg. Für den nicht notwendigen Fluchtweg gibt es keine baurechtlichen Anforderungen. Ob dies der Gebäudenutzer so weiß oder von außen erkennen kann? Und was, wenn er, ohne es zu ahnen, den falschen Fluchtweg nutzt? Der notwendige Treppenraum gilt eigentlich baurechtlich als gesicherter Bereich.

Einfluss der Raumgröße

Warum? Im Baurecht geht man erstens grundsätzlich davon aus, dass es zu einer bestimmten Zeit nur an einer Stelle brennt, also niemals an zwei oder mehr Stellen in einem Gebäude zur gleichen Zeit. Zweitens muss jeder Aufenthaltsraum von Personen generell über zwei verschiedene Rettungswege ins Sichere verlassen werden können. Als sicher gelten der baulich abgetrennte Treppenraum, ein anderer Brandabschnitt oder das Freie. Schon daraus wird erkennbar, dass es im Brandfall baurechtlich auch ausreicht, wenn nur einer der beiden Rettungswege (Treppenräume) passierbar ist. Nach dem Motto, wenn es nur an einer Stelle brennt, kann auch nur ein Treppenraum durch Brandfolgen belastet werden. Der andere darf also im Brandfall z. B. durch Rauch versperrt und nicht passierbar sein. Dies gilt nicht beim Sicherheitstreppenraum. Die Nutzbarkeit gilt dort baurechtlich als gegeben, wenn in dem Gebäude zwei bauliche Treppenräume (bei Hochhäusern sogar bis 60 m Höhe erlaubt) oder in z. B. Wohngebäuden unterhalb der Hochhausgrenze ein baulicher Rettungsweg und ein Weg über Mittel der Feuerwehr (z. B. Steck- oder Drehleiter) oder ein Sicherheitstreppenraum vorhanden sind. Der Rettungsweg über die Mittel der Feuerwehr kann natürlich erst nach Eintreffen der Feuerwehr aufgebaut werden. Dieser Weg wird damit in der Regel erst etwa 15 Minuten nach Brandmeldung bei der Feuerwehr nutzbar sein. Die Anzahl von über diesen Weg rettbaren Personen wird auf wenige beschränkt sein. Deshalb ist diese Möglichkeit für Verkaufs- und Versammlungsstätten, Hotels, Krankenhäuser oder Pflegeheime usw. baurechtlich nicht erlaubt, hier ist immer der zweite bauliche Rettungsweg (zwei Treppenräume oder ein Sicherheitstreppenraum) vorzuhalten. Je nach städtebaulicher Situation kann es auch sein, dass die Feuerwehr diesen zweiten Rettungsweg auch gar nicht anbieten kann. Zum Beispiel für Gebäude mit oberster Fensterbrüstungshöhe von über 7,5 m in Straßen mit für den Bewegungsraum der Drehleiter zu geringer Breite, mit hohem Baumbestand oder einer Straßenbahnoberleitung. Auch hier ist immer der zweite bauliche Rettungsweg (zwei Treppenräume oder ein Sicherheitstreppenraum) vorzuhalten. Notwendige Treppenräume müssen nach MBO § 35 belüftet und zur Unterstützung wirksamer Löscharbeiten entraucht werden können. Sie müssen 1) in jedem oberirdischen Geschoss unmittelbar ins Freie führende Fenster mit einem freien Querschnitt von mindestens 0,50 m2 haben, die geöffnet werden können oder 2) an der obersten Stelle eine Öffnung zur Rauchableitung haben. Bei 1) ist in Gebäuden der Gebäudeklasse 5 an der obersten Stelle eine Öffnung zur Rauchableitung erforderlich.

469

Bei 2) sind in Gebäuden der Gebäudeklassen 4 und 5, soweit dies zur Erfüllung der Anforderungen nach Satz 1 erforderlich ist, besondere Vorkehrungen (z. B. NRA statt Öffnung zur Rauchableitung) zu treffen. Öffnungen zur Rauchableitung müssen einen freien Querschnitt von mindestens 1 m2 und Vorrichtungen zum Öffnen ihrer Abschlüsse haben, die vom Erdgeschoss sowie vom obersten Treppenabsatz aus bedient werden können. In den Landesbauordnungen vor der Ausgabe 2019 gab es unterschiedliche Anforderungen an innen- und außenliegende Treppenräume (Tabelle 2). Speziell für das Land Hamburg hat das Amt für Bauordnung in der Bauprüfdienstvorschrift 05/2012 für innenliegende Treppenräume folgendes vorgeben: § 33 Abs. 3 Satz 2 Innenliegende notwendige Treppenräume Sind nur zulässig, wenn ihre Nutzung ausreichend lange nicht durch Raucheintritt gefährdet wird. Dies ist gewährleistet 1) bei Gebäuden bis GK4 und GK 5 bis 13 m: Durch eine NRA, eingebaut an oberster Stelle, freie Öffnungsfläche mind. 1,0 m2 , Auslösung vom EG und vom obersten Treppenabsatz, Zuluftöffnung mind. 1,0 m2 , Tür mit Feststelleinrichtung. 2) bei sonstigen Gebäuden GK 5: Die NRA von 1) ist durch eine Spüllüftung (mind. 10000 m3 /h) zu ergänzen, max. 100 N Türöffnungskraft, Leitungen L90, Notstrom durch „Sprinklerpumpenschaltung“. Bei dem geforderten freien Querschnitt handelt es sich um die bei geöffneter Abdeckung (z. B. Lichtkuppel oder Fenster) vorhandene Öffnung zur Ableitung der Rauchgase, nicht etwa um die Rohbau- oder Einbauöffnung. Die Öffnung zur Rauchableitung muss mindestens vom Erdgeschoss sowie vom obersten Treppenabsatz geöffnet werden können. Weitere Stellen, z. B. in Verkaufs- und Versammlungsstätten, können verlangt werden. Bei Betätigung der Auslösevorrichtung muss das sichere Öffnen der Rauchableitungsöffnung gewährleistet sein. Damit ist klar, dass eine normale Stromversorgung nicht ausreicht, weil die bekannterweise im Brandfall ausfallen oder durch Kurzschluss sogar Brandursache sein kann. Es muss also eine netzunabhängige Energie zur Öffnung zur Verfügung stehen. Zum Beispiel eine Stromersatzversorgung (für 230V-Antriebe), Akkus (für 24V-Antriebe) oder CO2 -Patronen/Flaschen (für pneumatische Antriebe). Öffnungsaggregate können im Dach in Dachflächenfenstern, Lichtkuppeln oder Lichtbändern oder in der Außenwand in möglichst deckennahen Fenstern eingebaut werden. Im Brandfall gilt: Auch wenn zur Rauchspülung des Treppenraums von der Feuerwehr später sogenannte Hochdrucklüfter eingesetzt werden, sind vorher im Dach oder im oberen Wandbereich Rauchableitungsöffnungen freizugeben, damit die Volumenströme dort nach außen abgeleitet werden können.

470

D6

Rauch- und Wärmeabzug

Tabelle 2. Umsetzung der früheren MBO § 35 in den verschiedenen Bundesländern Bundesland

Treppenraum innenliegend

Fläche

Bedienung

Baden-Württemberg

Keine Anforderungen für Nicht-Sonderbauten

Bayern

ja

mehr als 13 m

mindestens 1 m2

EG und oberster Treppenabsatz

Berlin

ja

mehr als 13 m

mindestens 1 m2

EG und oberster Treppenabsatz

Brandenburg

ja

mehr als 13 m

mindestens 1 m2

EG und oberster Treppenabsatz

Bremen

ja

mehr als 5 Geschosse

mindestens 5 % der Grundfläche, mindestens 1 m2

EG und oberster Treppenabsatz

Hamburg

ja

mehr als 13 m

mindestens 1 m2 (1)

EG und oberster Treppenabsatz

Hessen

ja

Gebäudeklasse 5

mindestens 1 m2

EG und oberster Treppenabsatz

mehr als 13 m

mindestens 1 m2

EG und oberster Treppenabsatz

Mecklenburg-Vorpommern

Andere Treppenräume

Niedersachsen









Nordrhein-Westfalen

ja

mehr als 5 Geschosse

mindestens 5 % der Grundfläche, mindestens 1 m2

EG und oberster Treppenabsatz

Rheinland-Pfalz

ja

mehr als 5 Geschosse

mindestens 5 % der Grundfläche, mindestens 1 m2

EG und oberster Treppenabsatz (2)

Saarland

ja

mehr als 13 m

mindestens 1 m2

EG und oberster Treppenabsatz

Sachsen

ja

mehr als 13 m

mindestens 1 m2

EG und oberster Treppenabsatz

Sachsen-Anhalt

ja

mehr als 13 m

mindestens 1 m2

EG und oberster Treppenabsatz

Schleswig-Holstein

ja

mehr als 13 m

mindestens 1 m2

EG und oberster Treppenabsatz

Thüringen

ja

mehr als 13 m

mindestens 1 m2

EG und oberster Treppenabsatz

(1) Bei Treppenräumen von über 40 m2 Grundfläche sind besondere Vorkehrungen notwendig. (2) Es kann verlangt werden, dass der Rauchabzug auch von anderer Seite aus bedient werden kann.

Baurechtlich nicht verlangt aber in der Praxis bewährt hat sich, dass man die als Zuluft- bzw. Nachströmöffnung eingesetzte Haustüre mit einer Feststellvorrichtung versieht, um das Offenstehen dieser Türe einfach realisieren zu können. Die bei der natürlichen Rauchableitung eingesetzten Systeme sind in der Regel robust und überschaubar. Obwohl nach dem Baurecht für die Produkte keine Verwendbarkeitsnachweise zu erbringen sind, empfiehlt es sich, VdS-anerkannte Systeme einzusetzen. Es gib bei der Rauchableitung kaum Verknüpfungen zur Haustechnik. Die Anforderungen an die an Planung, Installation und Instandhaltung sind zwar über-

schaubar, es empfiehlt sich aber auch eine VdS-Errichter-Anerkennung mit Einschluss der DIN EN 16763 vorzugeben.

3.2.3

Maschinelle Rauchableitung über Spülung

Eine andere Methode Rauch durch Verdünnung mit sauberer Luft aus dem Gebäude abzuleiten besteht darin, Zuluftventilatoren im Kellerbereich zu installieren, die über eine Rohrleitung mit sauberer Außenluft verbunden sind. Die im Dach oder in den oberen Wandflächen des Treppenraums installierten Rauchableitungsöffnungen

Einfluss der Raumgröße

müssen immer vor Anlaufen des Ventilators aktiviert und geöffnet sein. Unterhalb der Ansaugöffnung dürfen keine anderen Gebäudeöffnungen vorhanden sein, damit über diese beim Brand im Gebäude kein Rauch angesaugt und in den Treppenraum geleitet wird. Die oft diskutierte Frage, ob unter diesen Ansaugöffnungen Müllcontainer oder Motorräder usw. abgestellt werden dürfen, ist gar nicht so einfach zu beantworten. Baurechtlich gesehen ja, denn es brennt ja nur an einer Stelle gleichzeitig: Entweder im Gebäude, dann brennen weder Müllcontainer noch außen geparkte Motorräder; oder die Müllcontainer brennen, dann brennt es aber nicht innen und die Rauchableitung wird nicht aktiviert. In der Praxis gibt es aber Brände die nahezu zeitgleich vor und im Gebäude ablaufen. Die bei Lüftungsanlagen verlangte Verschlussmöglichkeit der Zuluftöffnung (der Kanalrauchmelder wird dann durch eine Brandschutzklappe geschlossen) hilft uns hier nur dann weiter, wenn die Ansaugöffnung 2oder 3-fach installiert wird und den Ventilator mit verschiedenen Gebäudeseiten verbindet. Über eine kleine Steuerung kontrolliert, darf dann nur der Lufteingang genutzt werden, der gerade nicht durch Rauch belastet wird. Jede Türe zwischen den Nutzungseinheiten und dem Treppenraum ist mit Türschließern auszustatten, damit diese Türen im Regelfall geschlossen bleiben. Damit wird die Menge des in den Treppenraum einströmenden Rauches aus dem brennenden Geschoss gemindert. In jedem Fall ist bei dieser Methode darauf zu achten, dass die Haustüre überwiegend geschlossen bleibt, da sonst die maschinell herangeführte Luft eher über die Haustüre ins Freie wieder abströmt, als zur Rauchverdünnung durch den Treppenraum über eine möglichst hoch oben vorhandene Abströmöffnung abgeleitet zu werden. Der Betreiber des Gebäudes muss das System mindestens halbjährlich überprüfen und die Ergebnisse in einem Kontrollbuch dokumentieren. Diese Überprüfung erfolgt überwiegend durch Inaugenscheinnahme folgender Punkte: – keine Beschädigung an sichtbaren Kabeln, Leitungen, Bedienstellen, – zeigt das System eine Störung (z. B. blinkende gelbe LED), siehe unten, – keine sichtbaren Beschädigungen an den Öffnungen zur Rauchableitung, – keine sichtbaren Beschädigungen an den Zuluftöffnungen, – Einhaltung der Instandhaltungstermine (mindestens jährlich). Werden bei dieser Überprüfung Mängel festgestellt, ist deren Behebung umgehend zu veranlassen. Bei festgestellten Mängeln sind bis zu deren Behebung gegebenenfalls Ersatzmaßnahmen zur Einhaltung des Schutzziels zu ergreifen.

471

Nach Angaben des Herstellers/Errichters ist das System der maschinellen Rauchableitung mit den – Betätigungs- und Steuerungselementen, – Öffnungsaggregaten, der Energieversorgung und -zuleitungen und seinem Zubehör im Regelfall mindestens einmal im Jahr, auf Funktionsfähigkeit und Betriebsbereitschaft – zu prüfen, – zu warten und – gegebenenfalls instand zu setzen. Die durchgeführten Arbeiten sind in einem Prüfbuch zu dokumentieren. Der genaue Umfang der Wartungsarbeiten ergibt sich aus der jeweiligen hersteller- und anlagenspezifischen Wartungsanleitung und den Angaben des Errichters.

3.2.3.1 Maschinelle Rauchableitung über Spülung ohne Druckkontrolle Wird über den Zuluftventilator ohne Kontrolle der sich beim Betrieb entstehenden Drücke Luft in den Treppenraum eingeleitet, können die Drücke schnell so hoch werden, dass sie an der Türklinke von in den Treppenraum hinein öffnenden Türen (Türen öffnen in Fluchtrichtung) Öffnungskräfte von über 100 N erfordern. Dies ist nach Stand der Technik und zahlreichen Regeln und Richtlinien aber nicht erlaubt, da kleinere und/oder schwächere Personen dann glauben könnten, dass diese Türe verschlossen ist und nicht mehr durch sie geöffnet werden kann.

3.2.3.2 Maschinelle Rauchableitung über Spülung mit Druckkontrolle Die maschinelle Rauchableitung über Spülung mit Druckkontrolle ist der ohne Druckkontrolle vorzuziehen, da hier die an den Türen benötigten Türöffnungskräfte über entsprechende Ansteuerungen begrenzt bleiben. Zur Druckkontrolle können folgende Methoden angewendet werden:

Maschinelle Rauchableitung über Spülung mit Druckkontrolle über barometrische Komponenten Hier wird in einer etwas größeren Rauchableitungsöffnung eine durch Feder- oder Gewichtskraft verstellbare Jalousieklappe (Bild 12) eingesetzt, die bei Innendrücken, die zu einer Türöffnungskraft von über 100 N führt, zunehmend Luftvolumen (und damit Druck) nach außen ableitet. Bei auf unter 100 N sinkenden Drücken wird die Jalousieklappe zunehmend geschlossen. Bei der Installation muss die im jeweiligen Gebäude erforderliche Gewichts- bzw. Federkraft für die Jalousie ermittelt und eingestellt werden. Maschinelle Rauchableitung über Spülung mit Druckkontrolle über Drucksensoren und regulierbare Rauchableitungsöffnungen Rauchableitungsöffnungen (Klappen oder Jalousien, siehe Bild 13) werden mit Öffnern (meist Elektromo-

472

D6

Rauch- und Wärmeabzug

toren) über im Treppenraum installierte Drucksensoren so gesteuert, dass über eine Variation des abfließenden Luftvolumenstroms die Türöffnungskraft auf unter 100 N bleibt. Je nach Innendruck könnten unterschiedliche Abströmflächen eingestellt werden. Bei der Installation muss die im jeweiligen Gebäude erforderliche Klappenposition ermittelt und eingestellt werden.

Bild 12. Barometrisch gesteuerte Jalousie, hier vorgebaut an der Einleitung des Zuluftventilators in den Treppenraum

a)

Maschinelle Rauchableitung über Spülung mit Druckkontrolle über Drucksensoren und Bypass-Steuerung des Zuluftventilators Vor der Einblasstelle des Zuluftventilators in den Treppenraum wird in der Zuleitung eine Klappe oder Jalousie mit einem Elektroöffner über im Treppenraum installierte Drucksensoren so gesteuert, dass nur so viel Luft in den Treppenraum einfließt, dass die Türöffnungskraft auf unter 100 N bleibt. Der nicht benötigte Volumenstrom wird wieder auf die Ansaugseite des Ventilators umgeleitet (Bypass). Bei der Installation müssen die im jeweiligen Gebäude erforderliche Klappenpositionen ermittelt und eingestellt werden. Maschinelle Rauchableitung über Spülung mit Druckkontrolle über Drucksensoren und Volumensteuerung (Frequenzumrichter) des Zuluftventilators Über im Treppenraum installierte Drucksensoren wird der Zuluftventilator durch einen Frequenzumrichter so gesteuert, dass dieser nur so viel Luft produziert und in den Treppenraum einführt, dass die Türöffnungskraft auf unter 100 N bleibt. Bei der Installation müssen die im jeweiligen Gebäude erforderliche Ventilatordrehzahlen ermittelt und eingestellt werden.

b) Bild 13. Über Drucksensoren gesteuerte Rauchableitungsklappe; a) Abströmeinheit geschlossen, b) Abströmeinheit geöffnet

Bild 14. Rauch-Differenzdruck-Anlagen (RDA)

3.2.4

Rauch-Differenzdruck-Anlagen (RDA)

Soll der Treppenraum im Brandfall der Treppenraum zur Entfluchtung und auch zum Löschangriff rauchfrei bleiben, werden Rauch-Differenzdruckanlagen eingesetzt. Die eingesetzte Technologie ähnelt der maschinellen Rauchableitung über Spülung mit Druckkontrolle, erfordert aber noch zusätzlich eine Abströmung der Rauchgase in dem (Brand-) Geschoss, wo die Türe zum Treppenraum geöffnet wird. In den meisten europäischen Ländern wird der zu schützende Bereich (zumindest der Sicherheitstreppenraum) mit Überdruck geschützt, in England dagegen mit einem Unterdruck. Die Anforderungen an eine RDA (Bild 14) werden in der EN 12101-13 geregelt. Mit der Veröffentlichung als Europäische Norm ist noch in 2020 zu rechnen. Was sind die wesentlichen Inhalte der neuen Norm EN 12101-13? Unter Verwendung eines nach EN 12101-6 zertifizierten Bausatzes kann nun für ein individuelles Gebäude

Einfluss der Raumgröße Tabelle 3. Grundanforderungen an eine RDA nach EN 12101-13 Parameter

Klasse 1

Türöffnungskraft

≤ 100 N

Differenzdruck

≥ 30 Pa

Luftströmungsgeschwindigkeit

≥ 1 m/s

Ansprechzeit

≤ 60 s

Betriebsstunden

≤ 120 s

Regelzeit

≤5s

Klasse 2

≥ 2 m/s

a) eine Bemessung der notwendigen Volumenströme mit denen sich dann im individuellen Gebäude ergebenen Druckdifferenzen nachgewiesen werden. Für Gebäude bis 60 m Höhe sind der Norm dazu bereits alle notwendigen Daten zu entnehmen. Dies ist für höhere Gebäude auch möglich, wenn alle 60 m eine vertikale Unterteilung des Sicherheitstreppenraumes erfolgt. Jede Unterteilung erhält dann ihre eigene RDA. Für höhere Gebäude mit durchgehendem Sicherheitstreppenraum sind in einem Anhang auch weitere Regeln, u. a. CFD-basierte Projektionsmöglichkeiten, aufgeführt. Diese vereinheitlichten Projektierungsregeln lassen mögliche Fehler in der Planung reduzieren und auch die bessere Vergleichbarkeit verschiedener Lösungen zu. b) die RDA durch individuell Komponenten zusätzlich erweitert werden. Für diese Komponenten sind dann auch noch die jeweiligen Prüfungs- und Zertifizierungsverfahren benannt. c) bei der Ausführung mögliche Fehler reduziert und auch die bessere Vergleichbarkeit verschiedener Lösungen erreicht werden. d) bei der Abnahme mögliche Fehler reduziert und auch die bessere Vergleichbarkeit verschiedener Lösungen erreicht werden. e) bei der Dokumentation mögliche Fehler reduziert, eine sichere Bedienbarkeit besser aufrechterhalten und auch die bessere Vergleichbarkeit verschiedener Lösungen erreicht werden. f) bei der Instandhaltung mögliche Fehler reduziert, eine sichere Bedienbarkeit besser aufrechterhalten und auch die bessere Vergleichbarkeit verschiedener Lösungen erreicht werden. Die Grundanforderungen an eine RDA (Tabelle 3) lauten nach der künftigen E 120101-13: a) Die RDA wird über automatische Rauchmelder aktiviert a. entweder über eine im Gebäude installierte flächendeckende Brandmeldeanlage oder b. über Rauchmelder, die mindestens in jeder Etage vor der Türe zum zu schützenden Bereich eingebaut sind. b) Die Türöffnungskraft darf bei eingeschalteter RDA nicht mehr als 100 N betragen.

473

c) Die Druckdifferenz zwischen dem geschützten Bereich und dem Raum, wo die Luftableitung erfolgt (in der Regel über Fenster oder Schacht), muss mindestens 30 Pa betragen. Damit sind bei bis zu 60 m hohen Gebäuden alle Einflüsse verschiedener Breiten und Ausführungen von Treppenaugen, Geländern usw. sowie der Sommer- und Winterfall berücksichtigt. d) Die Durchströmungsgeschwindigkeiten durch die im potenziellen Brandgeschoss möglicherweise geöffneten Türe beträgt a. mindestens 1 m/s, wenn − das Gebäude mit einer automatischen flächendeckenderen Sprinkleranlage (max. 72 °C, RTI 50) ausgestattet ist, − es sich um reine Wohngebäude unterhalb der Hochhausgrenze handelt, − in Wohngebäuden, wenn zwischen dem geschützten Bereich (brandlastfrei) und dem potenziellen Raum, in dem es brennen kann, mindestens zwei Räume ohne Brandlast (z. B. Vorraum und Flur) mit jeweils selbstschließenden Türen sind oder − die Bauaufsicht dies genehmigt. b. mindestens 2 m/s, wenn − die Regeln für 1 m/s nicht zutreffen, − das Gebäude nicht mit einer automatischen flächenmäßigen Sprinkleranlage (max. 72 °C, RTI 50) ausgestattet ist, oder − die Bauaufsicht dies fordert. e) Die Aktivierungszeit (Anlauf des Zuluftventilators) darf max. 60 Sekunden nach dem erhaltenen Signal aus der Brandmeldeanlage/Rauchmelder betragen. f) Die gesamte RDA muss spätestens 120 Sekunden nach dem erhaltenen Signal aus der Brandmeldeanlage/Rauchmelder ihre volle Leistungsfähigkeit erreicht haben. g) Nach Wiederschließen einer geöffneten Türe muss die Anlage spätestens nach 5 Sekunden wieder auf die geforderten Leistungswerte eingeschwungen sein. Die zeitlichen Zusammenhänge der Ansteuerung und Aktivierung kann dem Bild 15 entnommen werden. Da es keine allgemein verbindlichen Angaben zur Detektionszeit einer Brandmeldeanlage gibt, erfolgt die Zeitberechnung für die RDA ab dem Eintreffen des Signals aus der BMA in der RDA-Zentrale. In der EN 12101-13 sind dann für Überdruck-RDASysteme und weitere für die Unterdrucksysteme verschiedene Anlagenausführungen aufgeführt. In Bild 16 ist eine eher einfache Konstellation abgebildet. Der Sicherheitstreppenraum ist der geschützte Bereich, in den etagenweise die unter Überdruck stehende Zuluft eingebracht wird. Die Entlüftung erfolgt im Vorraum über einen Schacht. Mit dem Einschalten der RDA ist die Abströmöffnung im Vorraum des Brandgeschosses Flur zu aktivieren. Soll der ungeschützte Vorraum (Raum 2) gespült werden können, ist zwischen dem Raum 1 und 2 ein air transfer damper einzusetzen. Da dieser die Brandwand

474

D6

Rauch- und Wärmeabzug

≤ 120 s

≤5s

≤ 60 s t Fire

t Det

t0

Tür zu

Tür offen

Tür zu

Betriebszeit

Startzeit

Aktivierung des Druckdifferenzsystems (RDA)

Entdeckung des Brandes

Beginn des Brandes

Phasen eines Brandes

Innerhalb des Rahmens: Zeiten im Geltungsbereich dieser Norm

≤5s t 60

t 120

t door_c

t door_o

t door_c

Zeit

Bild 15. Zeitliche Zusammenhänge der Ansteuerung und Aktivierung

Legende: 1 Treppe 2 Schleuse/Vorraum 3 – 4 5 6 7 8

Nutzung Zuluft Abströmung Tür zum Treppenraum –

9 Tür zur Nutzung 10 – Luftströmungsrichtung ++

zwischen Raum 1 und 2 durchbricht, ist hier baurechtlich eine Abweichung zu beantragen. Da aber beide Räume brandlastfrei zu halten sind, bestehen im Regelfall gute Aussichten für diese Abweichung. Die Türe 7 muss mit einem automatischen Türschließer ausgestattet sein. Da dieser Auswirkung auf die 100 N Türöffnungskraft und auf die Zeit 120 Sekunden (Wiederherstellung der Leistungsdaten) hat, ist der Türschließer Bestandteil der RDA und muss vor Ort zusammen geprüft werden. (Wird später ein defekter Türschließer ersetzt, ist die Überprüfung der RDA erneut vorzunehmen.)

Geschützter Raum

Bild 16. Anlagenausführung 1: Etagenplan eines RDA-Überdrucksystems; der geschützte Bereich ist der Treppenraum, die Luftableitung erfolgt über einen Schacht aus dem Vorraum

Gibt es keine anderslautenden nationalen Bauvorschriften, sind auch die Türen 9 mit automatischen Türschließern auszustatten. Pfeile zeigen an, wohin an welchen Türöffnungen bei eingeschalteter RDA die Luft strömen muss. In Bild 17 ist eine komplexere Konstellation abgebildet. Der Sicherheitstreppenraum, der Vorraum und auch der Feuerwehraufzug ist ein geschützter Bereich, in den etagenweise die unter Überdruck stehende Zuluft eingebracht wird. Die Entlüftung erfolgt im Flur über einen Schacht.

Einfluss der Raumgröße

475

Legende: 1 Treppenraum 2 Schleuse/Vorraum 3 Flur 4 Nutzung 5 Zuluft 6 Abströmung 7 Tür zum Treppenraum 8 Tür zu Schleuse/Vorraum 9 Tür zur Nutzung 10 Feuerwehraufzugsschacht Luftströmungsrichtung ++

Mit dem Einschalten der RDA ist die Abströmöffnung im Brandgeschoss auf dem Flur zu aktivieren. Zwischen dem Raum 1 und 2 sowie zwischen Raum 2 und Raum 3 ist ein air transfer damper einzusetzen. Da dieser die Brandwand durchbricht, ist hier baurechtlich eine Abweichung zu beantragen. Da aber alle drei Räume brandlastfrei zu halten sind, bestehen im Regelfall gute Aussichten für diese Abweichung. Die Türen 7 und 8 müssen mit einem automatischen Türschließer ausgestattet sein. Da dieser Auswirkung auf die 100 N Türöffnungskraft und auf die Zeit 120 Sekunden (Wiederherstellung der Leistungsdaten) hat, ist der Türschließer Bestandteil der RDA und muss vor Ort zusammen geprüft werden. (Wird später ein defekter Türschließer ersetzt, ist die Überprüfung der RDA erneut vorzunehmen.) Gibt es keine anderslautenden nationalen Bauvorschriften, sind auch die Türen 9 mit automatischen Türschließern auszustatten. Pfeile zeigen an, wohin an welchen Türöffnungen bei eingeschalteter RDA die Luft strömen muss. Damit bei der Überprüfung und Abnahme der RDA nachzuvollziehende und nachstellbare Ergebnisse erzielt werden können, müssen auch die Messverhältnisse und Messstellen vereinheitlicht werden. Auch dies wird in der EN 12101-13 ausgeführt. Das Bild 18 zeigt jeweils die Bereiche, wo bei den Messungen der Differenzdrücke die Messungen abzugreifen sind.

3.2.5

Zusammenfassung

Je nach Gebäude und umzusetzendem Schutzziel darf der Treppenraum baurechtlich manchmal verraucht

Geschützter Raum

Bild 17. Anlagenausführung 9: Etagenplan eines RDA-Überdrucksystems; der geschützte Bereich ist der Treppen- und der Vorraum, sowie der Feuerwehraufzug. Die Luftableitung erfolgt über einen Schacht aus dem angrenzenden Flur

sein, entraucht oder auch vollständig rauchfrei gehalten werden müssen. Natürlich ist ein im Brandfall verrauchter Treppenraum für alle Beteiligten gefährlich und nicht wünschenswert. Deshalb sollte man, wenn immer möglich, zumindest auf eine vernünftige Entrauchung setzen. Dabei ist bei den maschinellen Systemen auf die Einhaltung der Türöffnungskräfte zu achten. Die Rauchfreihaltung ist von den erreichbaren Schutzzielen zwar die beste Lösung, die hierzu erforderlichen Installationen aber auch die aufwendigsten. Die Planung der Entrauchung verlangt umfangreiches Fachwissen und Erfahrung, was bei VdS-anerkannten Errichtern abgerufen werden kann.

3.3

Bildung einer raucharmen Schicht

Bodennahe Zuluftöffnungen im unteren Wandbereich und Abluftöffnungen möglichst im oberen Wand- oder besser noch im Dachbereich sorgen in Verbindung mit dem thermischen Auftrieb dafür, dass sich bei sachgerechter Projektierung oberhalb des Aufenthaltsbereiches von Menschen eine stabile Rauchschichtgrenze (Bild 19) bildet. Darunter befindet sich die raucharme, darüber die giftige und schwarze Rauchgasschicht. Bei dieser Methode ist es besonders wichtig, dass es an der Rauchschichtgrenze nicht zu einer Verwirbelung kommt, z. B. durch zu hohe Zulufteintrittsgeschwindigkeiten, oder durch Absinken des Rauches (Abkühlung bei zu großen Rauchabschnitten), denn dies würde zu einer Verwirbelung und/oder auch Absenkung der Rauchschicht in den geplanten raucharmen Bereich führen.

476

D6

Rauch- und Wärmeabzug

Druckdifferenzen - Alle Türen sind geschlossen Luftgeschwindigkeit - Tür 7 ist je nach Konzept offen (1 oder 2 m/s) - Türen 9 sind geschlossen - Endausgangstür nach 5.4 und Konzept Türöffnungskraft - Tür 7 wird gemessen - alle anderen Türen (9) sind geschlossen Position der Aufzugskabine - Die Position(en) der Aufzugskabine sowie die Position ihrer Tür(en) entsprechen dem Konzept oder den nationalen Anforderungen.

Bild 18. Vereinheitlichte Messverhältnisse und Messstellen

Diese Methode liegt u. a. auch den Anforderungen zu den raucharmen Schichten zahlreicher Sonderbauverordnungen und auch den Normen der DIN 18232, DIN EN 12101 und den VdS CEA Richtlinien 4020 zu Grunde. Für Flucht- und Rettungswege ist die hier beschriebene Methode der Rauchfreihaltung mit NRA oder MRA durch Schaffung einer raucharmen Schicht eine wesentliche Voraussetzung, damit diese Wege ausreichend lange passiert werden können. Wie wirksam eine natürliche Ableitung über den thermischen Auftrieb von Rauchgasen oder die maschinelle Entrauchung ist, zeigt uns auch die tägliche Erfahrung der Feuerwehr, die diese raucharme Schicht ebenfalls zur Erkundung, Rettung, aber auch zur Durchführung eines gezielten Innenangriffs dringend benötigt. Durch NRA (Natürlich wirkende Rauchabzugsanlagen) erfolgt die Ableitung der Rauchgase über das thermische Auftriebsprinzip. Wichtig hierbei ist u. a., dass die entsprechenden Rauchabzugsgeräte (Bilder 20 und 21) auch gegen äußere Seitenwindeinflüsse ausreichend geschützt sind (z. B. Typenprüfung der Rauchabzugsgeräte im Windkanal). Die NRA hat bei zunehmenden Temperaturen physikalisch bedingt den Vorteil, dass sie durch höhere Abzugsleistung die bei höheren Temperaturen zusätzlich entstehenden Rauchgasvolumen (physikalisch automatisch) angepasst abtransportieren.

Bild 19. Das Funktionsprinzip „Rauchabzug“ führt im unteren Bereich des Raumes zu einer raucharmen Schicht, darüber trennt eine Grenzschicht die wärmeren und giftigen Rauchgase ab

Durch MRA (Maschinelle Rauchabzugsanlagen) werden die Rauchgase mit einem konstanten Fördervolumen mechanisch über entsprechende Ventilatoren – mit oder ohne Kanalsystem – ins Freie abgeleitet. Besonders bei niedrigen Brandrauchtemperaturen ist die-

Bauordnung und Sonderbauordnungen

477

Bild 22. Größere MRA

Bild 20. Natürliches Rauchabzugsgerät

Brandverlauf in einem Gebäude – ohne Brandlüftung

– mit Brandlüftung

Bild 21. Zu einer NRA gehören immer mindesten ein Rauchund Wärmeabzugsgerät, eine automatische und eine manuelle Auslösungsmöglichkeit und entsprechende Nachströmöffnungen

ses Verfahren gut wirksam. Bei höheren Temperaturen kann es dagegen vorkommen, dass das konstante Fördervolumen der Ventilatoren (Bild 22) die durch die Temperatur wachsenden Volumenströme der Rauchgase nicht angepasst ausreichend abführen kann.

Anforderungen an Leitungen und Energieversorgung Die NRA wird im Regelfall in einem so frühen Zeitpunkt des Brandes aktiviert, dass bis dahin die Energie- und Steuerleitungen nicht durch die Brandhitze geschädigt werden. Sobald die NRWG geöffnet und in der Endlage verriegelt sind, ist eine weitere Energieversorgung nicht mehr erforderlich. Die MLAR (Musterleitungsanlagen-Richtlinie) regelt dies so: – für NRA, die mit Druckgasen betrieben werden und metallische Leitungen verwenden: keine Anforderungen an den Feuerwiderstand der Leitungen,

– für NRA, die mit elektrischer Energie betrieben werden: L 30 oder in Verbindung mit Rauchmeldern, die die NRA frühzeitig aktivieren keine Anforderungen an den Feuerwiderstand der Leitungen. Die Energieversorgung erfolgt bei gasbetriebenen NRA (z. B. über CO2 ) über integrierte Druckflaschen oder Windkessel, bei schwachstrombetriebenen NRA durch integrierte Akkumulatoren in Verbindung mit Netzladegeräten. Die MRA wird zwar im Regelfall über eine BMA ebenfalls sehr frühzeitig aktiviert, die Ventilatoren und Regelsysteme benötigen aber in der gesamten Einsatzzeit Steuerungssignale und elektrische Energie. Dies bedeutet, dass die Leitungen und die Energieversorgung mindestens für die geplante Einsatzzeit zur Verfügung stehen müssen. In dem Informationsblatt Nr. 5 des VDMA [5] findet man dazu weiterführende Informationen.

4

Bauordnung und Sonderbauordnungen

Die bauordnungsrechtlichen Schutzziele, die zur Erlangung einer Baugenehmigung zu beachten sind, umfassen [6] den – Personenschutz Dies soll vor allem durch die Verwendung bestimmter Baustoffklassen (z. B. kein B 3 = leicht entflammbar) und die Einhaltung von maximal erlaubten Rettungsweglängen erreicht werden. – Nachbarschaftsschutz Dies soll vor allem durch die Einhaltung von Mindestabständen der Gebäude untereinander und der Bauteilklasse der harten Bedachung für Dächer erreicht werden. – Umweltschutz Dies soll vor allem durch die Verwendung bestimmter Baustoffe (z. B. keine Baustoffe, die krebserregende Stoffe freisetzen) und durch die Einhaltung bestimmter Baustoffklassen (z. B. kein B 3 = leicht entflammbar) erreicht werden.

478

D6

Rauch- und Wärmeabzug

Werden nun in baurechtlichen Vorschriften Regelungen zur Rauchableitung bzw. zum Rauchabzug veröffentlicht, sollen diese bei Einhaltung der quantitativen Grenzen des Baurechts (z. B. Einhaltung der maximal erlaubten Fluchtweglänge) entsprechend dem sogenannten Grundsatzpapier Entrauchung vor allem der Unterstützung der Feuerwehr bei deren Löschangriff dienen. Hierzu erlaubt das Baurecht zum Teil auch die Verwendung von nicht qualifizierten Öffnungen zur Rauchableitung, für die nach Liste C der Bauregelliste keine technischen Anforderungen oder Verwendbarkeitsnachweise gestellt werden. Werden die quantitativen Grenzen des Baurechts dagegen überschritten, muss dies in jedem Einzelfall mit der unteren Bauaufsichtsbehörde abgestimmt werden. Zur Kompensation dieser Abweichung wird dann in vielen Fällen eine qualifizierte Entrauchungsanlage (qualifizierte Rauchabzugsgeräte nach DIN EN 12101 mit einer qualifizierten Projektierung nach DIN 18232) eingesetzt. Diese Zusammenhänge sind auch in Bild 23 dargestellt. Neben den genannten baurechtlich relevanten Schutzzielen, die zur Erlangung der Baugenehmigung zu beachten sind, kommen bei der Ausführungsplanung, der Errichtung und dem Betrieb eines Gebäudes weitere Schutzziele hinzu, die ebenfalls zu beachten sind. Dies können sein Sachschutz, Drittschutz (Verkehrssicherungspflicht), Erfolgshaftung usw. Zur Einhaltung dieser zusätzlichen Schutzziele ist im Regelfall meist eine qualifizierte Entrauchung sinnvoll und notwendig, siehe auch VDMA-Grundlagenpapier Entrauchung [7].

Dies kann mit einer natürlichen Rauchabzugsanlage (NRA), die nach DIN 18232-2 projektiert wurde und mit Produkten, die nach DIN EN 12101 zertifiziert sind, erreicht werden. Die hohe, über viele Jahre reichende Funktionssicherheit dieser Anlagen ist nachgewiesen (RWA-Funktionssicherheits-Statistik abrufbar unter http://www.fvlr.de/index.htm? rau_gesetzeslage.htm). Weiter kann eine qualifizierte Rauchabzugsanlage auch mit maschinellen Rauchabzugsventilatoren (zertifiziert nach DIN EN 12101-3) erreicht werden, wenn die Projektierung nach DIN 18232-5 erfolgt. Die in Bild 23 dargestellen Regeln gelten für die Beantragung der Baugenehmigung und abschließend nur, wenn keine Abweichungen zum materiellen Baurecht vorliegen und auch keine zusätzlichen Schutzziele erreicht werden sollen. Anderenfalls sind die allgemein anerkannten Regeln der Technik anzuwenden.

Industriebaurichtlinie Die ARGEBAU (Arbeitsgemeinschaft der Bauministerien in den Bundesländern) hat im Jahr 2019 eine überarbeitete Musterindustriebaurichtlinie veröffentlicht. In einzelnen Bundesländern wurde diese Musterrichtlinie ab 2020 in die bauordnungsrechtlichen Regeln jeweils aufgenommen. Danach ist in diesen Bundesländern diese Richtlinie im Baugenehmigungsverfahren anzuwenden. Die für die Entrauchung relevanten Passagen sind im Absatz 5.7 aufgeführt, in dem der Anwendungsbereich wie folgt vorgegeben ist:

Bild 23. Die in den Bauordnungen/Sonderbauordnungen veröffentlichten Vorgaben zur Umsetzung der Entrauchung

Bauordnung und Sonderbauordnungen

479

Bild 24. Durch den neuen Regelbeispielkatalog eröffnet die neue M-IndBauRL mindestens sechs gleichberechtigte Lösungen, die aber nicht zu gleichwertigen Ergebnissen führen

„Produktions-, Lagerräume und Ebenen mit jeweils mehr als 200 m2 Grundfläche müssen zur Unterstützung der Brandbekämpfung entraucht werden können.“ Im Gegensatz zu der Fassung 2000 der M-IndBauRL, wo es für eine Aufgabe nur eine Lösungsmöglichkeit gab (Abweichungen davon mussten jeweils beantragt und genehmigt werden), wird in der jetzigen Fassung ein sogenannter Regelbeispielkatalog veröffentlicht. Im Folgenden der Text für Industriegebäude mit Räumen ohne Ebenen (siehe auch Bild 24): „5.7.1 Rauchableitung aus Produktions- und Lagerräumen ohne Ebenen 5.7.1.1 Die Anforderung ist insbesondere erfüllt, wenn – diese Räume Rauchabzugsanlagen haben, bei denen je höchstens 400 m2 der Grundfläche mindestens ein Rauchabzugsgerät im Dach oder im oberen Raumdrittel angeordnet wird, – die aerodynamisch wirksame Fläche dieser Rauchabzugsgeräte insgesamt mindestens 1,5 m2 je 400 m2 Grundfläche beträgt, – je höchstens 1600 m2 Grundfläche mindestens eine Auslösegruppe für die Rauchabzugsgeräte gebildet wird sowie – Zuluftflächen im unteren Raumdrittel von insgesamt mindestens 12 m2 freiem Querschnitt vorhanden sind. 5.7.1.2 Die Anforderung ist insbesondere erfüllt für Produktions- und Lagerräume mit nicht mehr als 1600 m2 Grundfläche, wenn – diese Räume entweder an der obersten Stelle Öffnungen zur Rauchableitung mit einem freien Querschnitt von insgesamt 1 v. H. der Grundfläche oder – im oberen Drittel der Außenwände angeordnete Öffnungen, Türen oder Fenster mit einem freien Querschnitt von insgesamt 2 v. H. der Grundfläche haben sowie Zuluftflächen in insgesamt gleicher Größe jedoch mit nicht mehr als 12 m2 freiem Querschnitt vorhanden sind, die im unteren Raumdrittel angeordnet werden sollen.

5.7.1.3 Die Anforderung ist insbesondere auch erfüllt, wenn maschinelle Rauchabzugsanlagen vorhanden sind, bei denen je höchstens 400 m2 der Grundfläche der Räume mindestens ein Rauchabzugsgerät oder eine Absaugstelle mit einem Luftvolumenstrom von 10000 m3 /h im oberen Raumdrittel angeordnet werden. Bei Räumen mit mehr als 1600 m2 Grundfläche genügt – zu dem Luftvolumenstrom von 40000 m3 /h für die Grundfläche von 1600 m2 ein zusätzlicher Luftvolumenstrom von 5000 m3 /h je angefangene weitere 400 m2 Grundfläche; der sich ergebende Gesamtvolumenstrom je Raum ist gleichmäßig auf die nach Satz 1 anzuordnenden Absaugstellen oder Rauchabzugsgeräte zu verteilen oder – ein Luftvolumenstrom von mindestens 40000 m3 /h je Raum, wenn sichergestellt ist, dass dieser Luftvolumenstrom im Bereich der Brandstelle auf einer Grundfläche von höchstens 1600 m2 von den nach Satz 1 anzuordnenden Absaugstellen oder Rauchabzugsgeräte gleichmäßig gefördert werden kann. Die Zuluftflächen müssen im unteren Raumdrittel in solcher Größe und so angeordnet werden, dass eine maximale Strömungsgeschwindigkeit von 3 m/s nicht überschritten wird.“ Für Räume ohne Ebenen werden damit sechs mögliche Verfahren zur Umsetzung der Rauchableitung benannt: – qualifizierte natürliche Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (Geräte und Bemessung nach allgemein anerkanntem Stand der Technik), – qualifizierte maschinelle Rauchabzugsanlagen (Geräte und Bemessung nach allgemein anerkanntem Stand der Technik), – qualifizierte natürliche Rauchabzugsgeräte (Geräte nach allgemein anerkanntem Stand der Technik, Bemessung nach Vorgabe), – nicht qualifizierte Rauchableitungsöffnungen im Dach (Geräte ohne Anforderung, Bemessung nach Vorgabe),

480

D6

Rauch- und Wärmeabzug

Tabelle 4. Umsetzung und erreichbare Schutzziele für die unterschiedlichen Regeln der neuen M-IndBauRL für Räume ohne Ebenen Umsetzung der Anforderung durch

Wesentliche technische Daten

Erreichbare Schutzziele

Qualifizierte natürliche Rauch- und Wärmeabzugsanlage (Geräte und Bemessung nach allg. anerkanntem Stand der Technik)

ca. 6 bis 12 m2 Rauchabzugsfläche Aw (je nach Rauchschichtdicke)

Raucharme Schicht Selbst- und Fremdrettung Gezielter Löschangriff Sachschutz

Qualifizierte maschinelle Rauchabzugsanlage (Geräte und Bemessung nach allg. anerkanntem Stand der Technik)

ca. 80000 bis 150000 m3 /h Rauchabzugsvolumen (je nach Rauchschichtdicke

Raucharme Schicht Selbst- und Fremdrettung Gezielter Löschangriff Sachschutz

Qualifizierte natürliche Rauchabzugsgeräte (Geräte nach allg. anerkanntem Stand der Technik, Bemessung nach Vorgabe)

6 m2 Rauchabzugsfläche Aw

NRWG geöffnet Verrauchter Raum

Nicht qualifizierte Rauchableitungsöffnungen im Dach (Geräte ohne Anforderung, Bemessung nach Vorgabe)

16 m2 freie Rauchableitungsöffnung

NRWG geöffnet Verrauchter Raum

Nicht qualifizierte Rauchableitungsöffnungen in der Fassade (Geräte ohne Anforderung, Bemessung nach Vorgabe)

32 m2 freie Rauchableitungsöffnung

NRWG geöffnet Verrauchter Raum

Qualifizierte maschinelle Rauchabzugsgeräte (Geräte nach allg. anerkanntem Stand der Technik, Bemessung nach Vorgabe)

40000 m3 /h Rauchableitungsvolumenstrom

Ventilatoren in Betrieb Verrauchter Raum

– nicht qualifizierte Rauchableitungsöffnungen in der Fassade (Geräte ohne Anforderung, Bemessung nach Vorgabe), – qualifizierte maschinelle Rauchabzugsgeräte (Geräte nach allg. anerkanntem Stand der Technik, Bemessung nach Vorgabe). Als eine Alternative zu den qualifizierten natürlichen Rauchabzugsgeräten erlaubt die neue M-IndBauRL für den Einsatz in Räumen kleiner 1600 m2 auch nicht qualifizierte Rauchableitungsöffnungen. Die deutlich schlechtere Wirksamkeit dieser Öffnungen soll durch eine Vergrößerung der Rauchableitungsflächen kompensiert werden. Nach der früheren Ausgabe konnte man auch Türen und Tore als Rauchableitungsöffnungen einsetzen. Da nach der neuen Fassung Rauchableitungsöffnungen nur noch im oberen Wanddrittel anzuordnen sind, entfällt diese Möglichkeit künftig. Und auch die notwendige Zuluft ist jetzt als Öffnung im unteren Wanddrittel gefordert. Es ist erfreulich, dass sich an diversen Stellen wohl die Physik durchgesetzt hat. Vergleicht man die in Bild 24 gezeigten sechs verschiedenen Vorgaben, ergeben sich die in Tabelle 4 dargestellten Anlagen. Erfreulich ist bei der qualifizierten natürlichen Rauchund Wärmeabzugsanlage, dass sich hier nahezu alle Schutzziele mit Rauchabzugsflächen umsetzen lassen, die komplett im wirtschaftlichen Bereich liegen. Zukünftig macht es auch aus Kostengesichtspunkten nur noch wenig Sinn, nicht qualifizierte Rauchableitungsöffnen vorzuziehen.

„5.7.3 Rauchableitung in Produktions- und Lagerräumen mit selbsttätigen Feuerlöschanlagen Die Anforderung ist auch erfüllt in Produktionsund Lagerräumen mit selbsttätigen Feuerlöschanlagen nach 5.8.1, wenn in diesen Räumen vorhandene Lüftungsanlagen automatisch bei Auslösen der selbsttätigen Feuerlöschanlagen so betrieben werden, dass sie nur entlüften und die Luftvolumenströme einschließlich Zuluft nach 5.7.1.3 erreicht werden, soweit es die Zweckbestimmung der Absperrvorrichtungen gegen Brandübertragung zulässt; in Leitungen zum Zweck der Entlüftung dürfen Absperrvorrichtungen nur thermische Auslöser haben. Abweichend von Satz 1 muss bei Vorhandensein einer automatischen Brandmeldeanlage der Sicherheitskategorien K 2 bis K 3.4 die Lüftungsanlage mit Auslösen der Brandmeldeanlage so betrieben werden. Auf die automatische Ansteuerung der Lüftungsanlage kann mit Zustimmung der Brandschutzdienststelle verzichtet werden.“ Konnte nach der früheren Fassung bei dem Vorhandensein einer Sprinkleranlage eine verringerte Entrauchungsfläche gewählt werden oder sogar die vorhandene Raumentlüftungsanlage zur Rauchableitung verwendet werden, ist das zukünftig anders. Die Verringerung der Entrauchungsfläche entfällt, was auch der Wirkung der verschiedenen Systeme entspricht. An die Raumentlüftungsanlage werden nur höhere Anforderungen an die Steuerung und vor allem an die Volumenströme gestellt. In Tabelle 5 der neuen M-IndBauRL ist dargestellt, welche maximale Brandabschnittsgröße erlaubt ist,

Normen und Richtlinien

481

Tabelle 5. Angabe der maximal erlaubten Brandabschnittsflächen nach Verfahren 6 der M-IndBauRL

Sicherheitskategorie

Anzahl der oberirdischen Geschosse des Gebäudes erdgeschossig

2-geschossig

3-geschossig

4-geschossig 5-geschossig

Feuerwiderstandsfähigkeit der tragenden und aussteifenden Bauteile Aus nicht- Feuerbrennbaren hemBaustoffen mend

Feuerhemmend

Hochfeuerhemmend und aus nicht brennbaren Baustoffen

Hochfeuerhemmend und aus nicht brennbaren Baustoffen

Feuerbeständig und aus nichtbrennbaren Baustoffen

Feuerbeständig und aus nichtbrennbaren Baustoffen

Feuerbeständig und aus nichtbrennbaren Baustoffen

2400

1200 2) ,3)

1800

1500

1200

K1

1800 1)

3000

K2

2700 1),4)

4500 4)

1200 2) ,3)

2400 2)

3600

1800 2)

2700

2300

1800

K3.1

3200 1)

5400

1400 2) ,3) 2900 2)

4300

2100 2)

3200

2700

2200

K3.2

3600 1)

6000

1600 2)

3200 2)

4800

2400 2)

3600

3000

2400

K3.3

4200 1)

7000

1800 2)

3600 2)

5500

2800 2)

4100

3500

2800

K3.4

4500 1)

7500

2000 2)

4000 2)

6000

3000 2)

4500

3800

3000

8500

8500

8500

6500

6500

5000

4000

K4 1) 2) 3) 4)

10000

10000

800 2) ,3) 1600 2)

Feuerbeständig und aus nicht brennbaren Baustoffen

Breite des Industriebaus ≤ 40 m und Wärmeabzugsfläche ≥ 5 % (s. Anh. 2) Wärmeabzugsfläche ≥ 5 % (s. Anh. 2) Für Gebäude der GK 3 und 4 ergibt sich nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 i. V. m. § 30 Abs. 2 MBO eine zulässige Größe von 1600 m2 . Die zulässige Größe darf um 10 % überschritten werden, wenn in dem Brandabschnitt die Produktions- und Lagerräume Rauchabzugsanlagen haben, bei denen – je höchstens 200 m2 der GFL ein oder mehrere Rauchabzugsgeräte mit insgesamt mind. 1,5 m2 aerodynamisch wirksamer Fläche im Dach angeordnet wird, – je höchstens 1600 m2 Grundfläche mind. Eine Auslösegruppe für die Rauchabzugsgeräte gebildet wird, – Zuluftflächen mit einem freien Querschnitt von mind. 36 m2 im unteren Raumdrittel vorhanden sind sowie – die Anforderungen der Nrn. 5.7.4.3 und 5.7.4.4 erfüllt sind.

wenn das sogenannte Verfahren 6 (Tabelle 5) angewendet wird (ohne Berücksichtigung individueller Brandlasten). Je nach Geschosszahl, Feuerwiderstandsfähigkeit der tragenden und trennenden Bauteile und installierter Sicherheitskategorie K1 = ohne anlagentechnischen Brandschutz, K2 = installierte BMA, K3 = Werksfeuerwehr in unterschiedlicher Größe, K4 = installierte Sprinkleranlage) ergibt sich die erlaubte maximale Größe des Brandabschnittes. Dabei ist u. a. eine der im Regelbeispielkatalog benannten Rauchabzugs- oder Rauchableitungsanlagen sowie 5 % Wärmeabzugsfläche zu berücksichtigen. Sehr erfreulich ist es nun, dass bei Installation einer BMA (= K2) und einer RWA mit mindestens 1 NRWG mit 1,5 m2 Aw pro 200 m2 Grundfläche, die in der Tabelle erlaubte max. Brandabschnittsfläche um 10 % vergrößert werden darf. Damit bestätigt das deutsche Baurecht erstmals, dass eine qualifizierte natürliche Rauch- und Wärmeabzugsanlage auch zur Kompensation größerer Brandabschnittsflächen herangezogen werden darf. Weiterführende Informationen zu den Anforderungen der Rauchableitung und deren Umsetzung kann dem Heft 14 des FVLR entnommen werden [8].

5

Normen und Richtlinien

Die DIN 18232-1 beschreibt allgemeine Grundsätze, Ziele und Aufgaben der Rauch- und Wärmeableitung. Die DIN 18232-2 beschreibt die Bemessung und Anforderungen an die Natürliche Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (NRA) und enthält zahlreiche Hinweise zum Einbau. Um die Entrauchung von Räumen fachgerecht und sicher planen und ausführen zu können, stellt diese Norm die allgemein anerkannte Regel der Technik für die Ableitung von Brandrauch mit dem natürlichen Auftriebsprinzip aus Räumen dar. Die DIN 18232-5 gilt für die Bemessung Maschineller Rauchabzugsanlagen (MRA) und stellt die allgemein anerkannte Regel der Technik für die Ableitung von Brandrauch aus Räumen mit maschinellem Antrieb dar. Ein Prüfverfahren für Wärmeabzüge ist in DIN 18232-4 aufgeführt. Ein entsprechendes Bewertungsverfahren ist in DIN 18232-7 veröffentlicht. Die DIN EN 12101-1 beschreibt die Anforderungen und den Einbau von Rauchschürzen. Anforderungen an natürliche Rauchabzugsgeräte werden geregelt in der DIN EN 12101-2. Der Europäische Report TR 12101-4 regelt das Zusammenspiel der einzelnen Geräte und Komponenten als sogenannten Bausatz (englisch: kit).

482

D6

Rauch- und Wärmeabzug

Die DIN EN 12101-6 beschreibt die Prüfungen und Anforderungen, die an den Bausatz für Differenzdruckanlagen gestellt werden. In den DIN EN 12101-13 werden die Anforderung an die Projektierung, den Einbau, Abnahme und die Instandhaltung von Differenzdruckanlagen beschrieben. Erfolgt die maschinelle Entrauchung über Rauchkanäle gilt hier die DIN EN 12101-7. Die dort eingebauten Entrauchungsklappen sind in der DIN EN 12101-8 beschrieben. Die Kontroll- und Schaltgeräte einer Rauch- und Wärmeabzugsanlage werden in dem Normenentwurf prEN 12101-9 beschrieben, der noch nicht endgültig verabschiedet ist. Die Energieversorgung ist in der DIN EN 12101-10 beschrieben. Die DIN EN 12101-11 wird die Projektierung von Entrauchungsanlagen für Tiefgaragen beschreiben. Die von den europäischen Sachversicherern erarbeitet und in Deutschland vom VdS veröffentlichte Richtlinie VdS 2098 beschreibt die Projektierungsanforderungen an eine NRA besonders unter dem Gesichtspunkt des Sachschutzes. Da die wesentlichen Eingangsdaten und das Ergebnisniveau (Stückzahl und Aw -Fläche der Rauchabzüge, Rauchabschnittsflächen usw.) nahezu identisch zu denen der DIN 18232-2 sind, wird hier nicht näher auf dieses Regelwerk eingegangen. Die Richtlinie VDI 3564 beschreibt spezielle Anforderungen an den Brandschutz und damit u. a. auch an den Rauchabzug für Gebäude (-hüllen), die automatische Hochregalanlagen beinhalten. Solche automatischen Hochregalanlagen sind insofern sehr spezielle Gebäude, weil sie zum Betrieb menschenleer und mit Regalsprinklern ausgestattet sind. Die Entrauchung wird hier nur für die Feuerwehr und besonders als deren Entscheidungsgrundlage für die Feststellung „Feuer aus, Sprinkleranlage kann abgeschaltet werden und/ oder die Feuerwehr kann abrücken“. Die Richtlinien VDI 6010-1 und VDI 6010-2 beschreiben sehr ausführlich die Anwendung von Simulationsberechnungen im Rahmen der Brandschutzingenieurverfahren für Entrauchungsfragen in den unterschiedlichen Brandphasen. Die Betrachtung der niederenergetischen Brandphase ist wichtig, um die Rauchausbreitung und die Funktionskette einer Rauch- und Wärmeabzugsanlage bewerten zu können. Hochenergetische Brände sind dagegen zu untersuchen, um die Leistungsfähigkeit der abführbaren Rauchmengenströme vorherzusagen. Die verschiedenen Brandphasen sind auch unter der Einwirkung möglicher Sprinklerwirkungen oder des Löschbeginns durch die Feuerwehr näher erläutert. Weiter gibt diese Richtlinie interessante Hinweise für die Durchführung von Rauchversuchen in Gebäuden und die Anwendbarkeit von ermittelten Ergebnissen.

6

DIN 18232-2 und DIN 18232-5

Die gesamte Normenreihe 18232 hat in den letzten Jahren den früher auf den reinen Industriebau beschränkten Anwendungsbereich auf alle Gebäude erweitert.

6.1

Rauchfrei entspricht raucharm

Die alte Bezeichnung „rauchfrei“ wurde für die Schichtenentrauchung durch den auch in der Gesetzgebung verwendeten Begriff „raucharm“ ersetzt. Diese Umbenennung berücksichtigt den Zustand, dass schon ein einziges Rauchmolekül eine vorher absolut reine Luftschicht (also eine theoretisch rauchfreie Luft) verunreinigen kann. Eine technisch messbare Verschlechterung (z. B. Erhöhung der CO2 -Konzentration oder gar eine Verringerung der Sichtweite) dieser Luftschicht selbst ist aber aus dieser reinen Namensänderung von rauchfrei auf raucharm nicht ableitbar. Die Anforderungen an die Luftkonditionen selbst haben sich nämlich durch diese Namenskorrektur natürlich nicht verändert. Der Begriff rauchfrei wird jetzt nur noch für die durch Druckdifferenzanlagen vor dem Eindringen von Rauchgasen geschützten Sicherheitstreppenräume verwendet.

6.2

Rauchableitung durch Wandöffnungen

Die DIN 18323-2 berücksichtigt in einem Anhang der Norm auch die Rauchableitung über Wandöffnungen. Für Rauch- und Wärmeabzugsflächen, die in Außenwänden eines Gebäudes eingesetzt werden – beispielsweise weil die Decke des Raumes nicht gleichzeitig das Dach des Gebäudes Einschränkungen zu der Wirksamkeit gibt, sind in diesem Anhang Lösungen aufgeführt, die bewährt und nachgewiesen sind (Bild 25). Die Rauchabzugsöffnung in der Fassade muss komplett in der Rauchschicht liegen, die Unterkante mindestens einen Abstand von 0,5 m zur Grenze der kalkulierten raucharmen Schicht einhalten. In Abhängigkeit zum Öffnungswinkel ist die „wirksame Öffnungsfläche“ noch mit entsprechenden Faktoren zur Rohbauöffnung umzurechnen.

Max 0,5m Min 0,5m

Umrechnungsfaktoren für NRWG in Wänden Vollständig geöffnete Fläche Jalousien Dreh- oder Kippflügel Dreh- oder Kippflügel Dreh- oder Kippflügel

90° -Öffnungswinkel ≥ 60°-Öffnungswinkel ≥ 45°-Öffnungswinkel ≥ 30°-Öffnungswinkel

Öffnungswinkel Toleranz von ± 5°

Bild 25. NRWG in Wänden

0,65 0,65 0,5 0,4 0,3

DIN 18232-2 und DIN 18232-5

Bild 26. Wandentrauchung ohne Seitenwind

Bild 27. Wandentrauchung bei Seitenwind

Für den Einsatzfall ohne Seitenwind (an weniger als 10 % aller Tagesstunden) wird die sich für den Rauchabschnitt aus Tabelle 3 der Norm 18232-2 ergebende aerodynamisch wirksame Rauchabzugsfläche vom Zahlenwert verdoppeln und als „wirksame Öffnungsfläche“ in zwei gegenüberliegende Außenwände gleichmäßig verteilt eingebaut werden. Im Brandfall werden alle Rauchabzugsflächen (Bild 26) geöffnet. Für den Einsatzfall mit Seitenwind (an 90 % aller Tagesstunden haben wir in Deutschland Wind mit mehr als 1 m/s), wird die sich für den Rauchabschnitt aus der Norm 18232-2 ergebende aerodynamisch wirksame Rauchabzugsfläche vom Zahlenwert ebenso verdoppelt und als „wirksame Öffnungsfläche“ in gegenüberliegende Außenwände gleichmäßig verteilt eingebaut werden. Eine windrichtungsabhängige Steuerung stellt dann im Brandfall sicher, dass die NRA nur in der Wandseite (Bild 27) öffnen, die jeweils nicht windbelastet sind.

6.3

Plume-Modell

Für die Berechnung des Massenstroms, der über die Rauchgassäule (Plume) aus der unteren Schicht in die

483

Rauchgasschicht eingetragen wird, wurden in der Literatur bereits umfangreiche Arbeiten veröffentlicht. In den verschiedenen Arbeiten sind aber teilweise unterschiedliche Formeln für die Berechnung angegeben, die in weiten Grenzen streuen. Natürlich dürfen so empirisch festgestellte Formelsätze später auch nur für die Szenarien angewendet werden, die durch das zugrunde liegende Brandmodell auch abgedeckt sind. So ist eine Plumeformel, die sich aus einem Flüssigkeitsbrand ableitet, nicht generell auf einen Feststoffbrand zu übertragen. In der Arbeit von Brein [9] wird eine Übersicht über in der Literatur verwendete Plumeformeln gegeben. Grundsätzlich ist zu beachten, dass für die jeweiligen Plumeformeln immer verschiedene Gültigkeitsgrenzen zu berücksichtigen sind. In den bisherigen Fassungen der DIN 18232-2 und auch in Teil 5 dieser Norm wurde ausschließlich das weit verbreitete Modell nach Thomas und Hinkley [10] angewendet. Dieses Modell gilt aber nur für große Räume, und auch nur dann, wenn die Flammenspitzen in die Rauchgasschicht hineinschlagen. Dies ist bei den Brandszenarien nach den unterschiedlichen Bemessungsgruppen auch meist gegeben. Bei hohen Räumen und kleinen Brandflächen dagegen gilt dies aber nicht mehr für alle angegebenen Höhen der raucharmen Schichten. In diesen Fällen gilt das Modell nach Zukoski [11] mit virtuellem Ursprung, welches in der Neufassung der Norm entsprechend berücksichtigt wurde. Da die Rauchmenge eines Feuers nicht von der Fläche des Raumes abhängt in dem es ausbricht, sondern vom jeweiligen Feuer (Art des Materials, Oberfläche, Trocknungsgrad, Sauerstoffgehalt usw.) selbst, der Aufstiegshöhe des Plume [12] und der angestrebten raucharmen Schicht, ist Grundlage der Norm, dass die zur Rauchableitung vorgesehene Rauchabzugsfläche (siehe Tabelle 6 bzw. sinngemäß Tabelle 7) für den gesamten jeweiligen Rauchabschnitt gleich groß anzusetzen ist. Teil 2 und Teil 5 der DIN 18232 benutzen gleiche Plume-Modelle.

6.4

Rauchmelderauslösung bevorzugt

Die der DIN 18232 zugrunde liegenden Berechnungen gehen vereinfachend von einer stationären Betrachtung des Brandgeschehens aus. Da der Realbrand aber immer instationär verläuft, sind einige Festlegungen speziell wegen dieser Vereinfachung implementiert. Das bedeutet, dass es bei der Brandentwicklung zum Zeitpunkt vor der Öffnung der Rauchabzugsflächen, die über Thermoelemente ausgelöst werden, möglicherweise zeitweise zu einer Verrauchung auch unterhalb der kalkulierten Verrauchungsgrenze kommen kann. Für die Projektierung von Rettungswegen ist deshalb immer eine möglichst frühzeitige Auslösung über automatische Rauchmelder anzustreben. Bei der DIN 18232-2 ist für die NRA bei der Bestimmung der Brandentwicklungsdauer (Addition von

484

D6

Rauch- und Wärmeabzug

Tabelle 6. Ausschnitt der Tabelle in DIN 18232-2 zur Bestimmung der aerodynamisch wirksamen Rauchabzugsfläche m2 Aw pro Rauchabschnitt bei einer NRA Raumhöhe in [m]

Höhe der Rauchschicht in [m]

Höhe der raucharmen Schicht in [m]

2

3

4

5

3,00

0,50

2,50

4,8

6,2

8,2

11,0

15,4

3,50

1,00

2,50

3,4

4,4

5,8

7,8

10,6

4,00

1,50

2,50

2,8

3,6

4,7

6,4

8,9

1,00

3,00

4,9

6,2

8,0

10,6

14,4

2,00

2,50

2,4

3,1

4,1

5,5

7,7

1,50

3,00

4,0

5,0

6,5

8,7

11,8 18,6

4,50

5,00

1,00

3,50

6,7

8,4

10,7

13,9

2,50

2,50

2,2

2,8

3,7

4,9

6,9

2,00

3,00

3,4

4,4

5,7

7,5

10,2

1,50

3,50

5,4

5,9

8,7

11,4

15,2

1,00

4,00

8,5

10,9

13,8

17,7

23,4

Tabelle 7. Ausschnitt der Tabelle in DIN 18232-5 zur Bestimmung des pro Rauchabschnitt abzuleitenden Rauchgasvolumenstroms in m3 /h bei einer Wärmefreisetzung von 300 kW/m2 Höhe der raucharmen Schicht in [m] 2,0

1

23000 38000

64000 112000 –

2,5

29000 46000

75000 128000 223000

3,0

34000 55000

88000 145000 248000

4,0

43000 72000 115000 184000 303000

5,0

50000 85000 143000 229000 366000

Bemessungsgruppe 2

3

4

5

Entdeckungs- und Löschangriffszeit) die Auslösung der Rauchabzüge über eine BMA mit einem sehr hohen Bonus, bei Rauchmeldern (Melder nach DIN EN 54-7) mit einem kleineren Bonus belohnt. Damit können kleinere Rauchabzugs- und Zuluftflächen bewirkt werden. Bei der DIN 18232-5 ist für die MRA immer die Auslösung durch eine BMA vorgesehen. Damit soll erreicht werden, dass die sehr früh alarmierte Feuerwehr etwa 10 Minuten nach Brandausbruch eintrifft. Die MRA ist auf diese kurzen Zeiten abgestimmt (Volumenströme, Temperaturen usw.).

6.5

1

Sprinkler berücksichtigt

Durch das VdS-Merkblatt [13] VdS-2815 „Zusammenwirken von Wasserlöschanlagen und Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA)“ ist nun seit vielen Jahren geklärt, dass ein kombinierter Einsatz von RWA und Sprinklern in der Regel sinnvoll ist und dass es zu keinem Wirkkonflikt zwischen diesen Systemen kommt. Dies war zuvor über viele Jahre heftig diskutiert, denn es wurden immer wieder Befürchtungen ausgespro-

chen, dass durch eine (zu) frühzeitig geöffnete RWA im Deckenbereich nicht mehr genügend Wärme vorhanden wäre, den Sprinkler auszulösen. Es hat sich aber nun die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine geöffnete RWA grundsätzlich die Auslösung von Wasserlöschanlagen nicht verzögert, sondern im Regelfall wegen der höheren Strömungsgeschwindigkeiten in der Heißgasschicht (verbesserte Wärmeübertragung) die Sprinkler früher aktiviert. Beim Ansprechen des Sprinklers nimmt die Rauchgasmenge (durch den sich bildenden Wasserdampf) zuerst sogar noch zu (Bild 28), die Rauchgase werden darüber hinaus in Richtung Aufenthaltsbereich heruntergedrückt, es tritt also zuerst sogar eine Verschlechterung in der raucharmen Schicht ein. Bei Räumen mit aktivierter RWA ist dieser Effekt aber auf den unmittelbaren Feuerbereich beschränkt, was tolerabel erscheint. Vor diesem Hintergrund wurde beschlossen, dass vorhandene automatische Sprinkleranlagen bei der Bemessung einer NRA nach DIN 18232-2 zu einer Bemessungsgruppe 3 und bei der Bemessung einer MRA nach DIN 18232-5 zur Reduzierung einer Bemessungsgruppe führen.

6.6

Einfluss der Oberkante Zuluftöffnung und Unterkante der Rauchschürze auf die Höhe der raucharmen Schicht

Zur Erreichung des Schutzziels einer bestimmten raucharmen Schicht ist es unverzichtbar, dass sich zwischen der im oberen Raumbereich befindlichen Rauchschicht (Bild 29) und dem im unteren Raumbereich geplanten Aufenthalts-, Flucht- und Angriffsbereich eine möglichst verwirbelungsfreie Grenzschicht ausbildet. Damit dies sichergestellt ist, müssen Verwirbelungen, die immer hinter frei angeströmten Kanten entstehen, entschärft werden. Dafür sind mindestens folgende

DIN 18232-2 und DIN 18232-5

Alamierung Flucht Ausrücken Löschangriff

Menschenrettung Innenangriff?

485

Sprinkler-„Innenangriff” Feuerübersprung verhindern Außenangriff

Sprinkleraktivierung

Brandentstehung Schwelbrand Ablöschen langsamer Temperaturaufbau Rauchschäden große Rauchentwicklung sich entwickelnder Brand stetiger Temperaturanstieg

Zeit

Grafik: FVLR

Bild 28. Beim Ansprechen des Sprinklers nimmt die Rauchgasmenge (durch den sich bildenden Wasserdampf) zuerst zu

1,0 0,5 >1,5

< 1,25 > 1,25

mind. 1m hoch

0,0 bei d > 4,0 0,5 bei d < 4,0

0,5 -1,0

? horizontal,impulsarm

d > 2,5

Kriterien, die in der Norm aufgeführt sind, einzuhalten: – Zwischen der Oberkante der höchsten Zulufteintrittsöffnung (z. B. Tor) und der Unterkante der projektierten Rauchgasschicht muss mindestens eine Beruhigungszone von 1 m Höhe vorhanden sein. – Ist die Zuluftöffnung z. B. mit einem zur Rauminnenseite aufwärts gerichteten äußeren Wetterschutzgitter (z. B. in Holzlagerhallen) ausgerüstet, ist ein Abstand von mindestens 1,50 m einzuhalten. – Bei schmalen Zulufteintrittsöffnungen (Fenster oder Türen bis zu 1,25 m Breite) reicht eine Beruhigungshöhe von 0,5 m aus. – Die Zuluftöffnungen sollen an mindestens zwei Gebäudeseiten angeordnet und möglichst gleichmäßig in diesen Außenwänden verteilt sein. – Bei raucharmen Schichten bis zu 4 m Höhe muss eine Rauchschürze immer mindestens 0,5 m in die raucharme Schicht hineingeführt werden.

Bild 29. Abstände von Zuluftöffnungen und Rauchschürzenunterkante zur Rauchschichtgrenze

6.7

Rauchabschnitt

Ist ein Raum größer als die maximal erlaubte Rauchabschnittsfläche (in der Regel 1600 m2 ), muß der Dachraum sowohl bei NRA nach DIN 18232-2 als auch bei MRA nach DIN 18232-5 mit entsprechenden Rauchschürzen in einzeln Rauchabschnitte (Bild 30) zu unterteilt werden. Die in der Regel bei solch großen Räumen meist vorhandenen mehr als 1 m hohen Binder oder Dachträger können bereits als solche Schürzen genutzt werden, wenn sie geschlossenwandig sind. Fachwerkträger, die gleichzeitig als Rauchschürze genutzt werden, müssen entsprechend verkleidet werden. Mit der Höhe der Rauchschürze wird aber auch die Höhe der raucharmen Schicht festgelegt. Höhere Rauchschichten erfordern damit längere Rauchschürzen. Sind z. B. aus betrieblichen Gründen längere Rauchschürzen nicht einsetzbar, sind höhere raucharme Schichten und damit bei NRA größere

486

D6

Rauch- und Wärmeabzug

a)

b)

c)

d)

Bild 30. Verschiedene Lösungen mit Rauchschürzen, a) Standardlösung für Räume zwischen 1600 m2 und 3200 m2 , hier ist eine Rauchschürze zu installieren; b) Standardlösung für Räume < 1600 m2 ; c) Standardlösung für Räume zwischen 3200 m2 bis 4800 m2 , hier sind zwei Rauchschürzen zu installieren; d) Sonderlösung nach Erleichterung B der DIN 18232-2

Rauchabzugsflächen oder bei MRA größere Entrauchungsvolumenströme vorzusehen. Werden Rauchabschnitte zu groß (Bild 31), kommt es zu Rückströmungen aus dem Deckenbereich, die raucharme Schicht wird schnell zerstört. Die von der Decke in den Raum hineinragenden Rauchschürzen, die in großen Räumen die Rauchabschnitte voneinander trennen, sind manchmal aus der Raumnutzung (bestimmte Transport- und Lagersysteme) oder auch aus architektonischen Gründen (Shoppingcenter, Theater) nicht gewünscht. Für solche Fälle können die Rauchabschnitte auch mit beweglichen Rauchschürzen (Bild 32) gebildet werden. Damit es in Räumen, in denen sowohl Hallenlaufkräne als auch bewegliche Rauchschürzen installiert werden, nicht zu einer Kollision zwischen diesen Systemen kommt, sind die Steuerungen aufeinander abzugleichen. Verschiedene organisatorische aber auch steuerungstechnische Lösungen dazu sind in der FVLRRichtlinie 6 veröffentlicht [14].

Bild 32. Bewegliche Rauchschürzen bestehen in der Regel aus einem speziellen Glasfasergewebe, sie werden ähnlich einem Rollo durch Eigengewicht und/oder 24V-Motoren abgerollt

7

Hinweise zur Planung einer Rauchund Wärmeabzugsanlage

7.1

Einleitung

Der anlagentechnische Brandschutz wird zunehmend zur Kompensation von baulichen Abweichungen eingesetzt, erlauben doch oft Sprinkler-, Brandmeldeoder Rauchabzugsanlagen erst so komplexe und großflächige Bauwerke wie sie heute von vielen Architekten und Bauherren gewünscht werden. Können wir heute beim Betrieb einer sorgfältig geplanten Anlage bereits auf eine hohe Funktionssicherheit des Einzelsystems zurückblicken [15], ist dies bei der verknüpften Anlage mit anderen schon völlig anders. Wechselwirkungen werden oft vernachlässigt, Anschlüsse überlastet oder falsch verdrahtet – und dies schon in der Planungsphase. Je großflächiger die Brand- und die Rauchabschnitte und je mehr Verknüpfungen der unterschiedlichsten Systeme untereinander geplant werden, umso schneller kommt es zu Fehlern und Fehlfunktionen. In der Nutzung und erst recht nach den ersten Nutzungsänderungen im Gebäude (und die kommen frü-

Bild 31. Zerstörung der Rauchschicht bei zu großen Rauchabschnitten

Hinweise zur Planung einer Rauch- und Wärmeabzugsanlage

her als gedacht) steht der Betreiber oft vor dem Problem, dass er die verschiedensten Komponenten und deren Verdrahtung nicht mehr mit dem Gebäude und seinen Risiken zusammenbringen kann (fehlende Dokumentation, Matrixen und deren konsequente Weiterschreibung). Keep it simple (nutze nicht jede Kombination aus, die sich theoretisch anbietet, halte einzelne Systeme möglichst überschaubar) und keep it small (begrenze Abschnittsgrößen, damit gibt es eine bessere Übersichtlichkeit) lässt dann auch bei Nutzungsänderungen meist noch Reserven nutzen. Am Beispiel von Rauch- und Wärmeabzugsanlagen wird dies im Folgenden verdeutlicht.

7.2

Aus der Praxis lernen

Der berühmt berüchtigte neue Berliner Flughafen zeigt allen sehr deutlich, was schieflaufen kann, wenn man „keep it simple and keep it small“ vernachlässigt und dann noch mit fehlender Koordination der Gewerke verbindet. Die folgenden Informationen über den BER wurden einem Vortrag [16] von Herrn Jörg Marks „Brandschutz auf schwierigen Baustellen-BER“ entnommen, der auf der 65. Jahres- Fachtagung der vfdb in Duisburg 2018 gehalten wurde: – Während der Bauphase wurde das ursprüngliche Konzept verändert, z. B. durch • die neu entstandenen doppelstöckigen Fluggastbrücken (ca. 8000 m2 BGF), • die verbundene zusätzliche Etage E0Z (ca. 40000 m2 BGF), • den Bau der Piers Nord und Süd (ca. 46000 m2 BGF) sowie der Pavillons, • umfangreiche Umbauten und Erweiterung der Flächen für Ladenlokale im Marktplatz (ca. 20000 m2 BGF). Diese Erweiterungen führten dazu, dass viele Rettungswege jetzt „erhebliche Überlängen“ (von bis zu 140 m) aufwiesen, was als zusätzliche Abweichung wiederum zu höheren Auflagen führte. Es änderten sich fast 40 % der Räume (Lage, Nutzung und Ausstattung). Die Erstgenehmigung musste während der Ausführungsplanung und der Bauphase durch vier zusätzliche Baugenehmigungsnachträge auf ca. 375000 m2 BGF erweitert werden. Die Insolvenz des Planungsbüros IGK-IGR innerhalb der ARGE „PG BBI“ führte im Jahr 2010 dazu, dass die beschriebenen Änderungen insbesondere an der technischen Gebäudeausstattung nicht in der erforderlichen Qualität geplant und umgesetzt wurden. Da kein GU gefunden wurde, erfolgte die Erstellung der Ausführungsplanung durch 26 Firmen. Keiner dieser Firmen trug eine Gesamtverantwortung, obwohl die Systeme allesamt übergreifend aufgebaut waren. – Durch die zahlreichen Abweichungen zum Baurecht musste aus einer unqualifizierten Rauchableitung ei-

487

ne qualifizierte Rauchabzugsanlage umgebaut werden. Jeder der ca. 4300 Räume sollte nun über eine qualifizierte Rauchabzugsanlage verfügen, es sei denn, • der Raum ist kleiner als 20 m2 oder • verfügt nur über geringe Brandlasten und kann über einen angrenzenden Raum mit entraucht werden. Die „rauchfreie Schicht von mindestens 2,5 m“ soll am BER mindestens bis zu 16 Minuten gehalten werden können. Allerdings waren die Deckenräume meist schon komplett mit anderen Systemen voll belegt! Der Umbau auf oder genauer gesagt die Neuinstallation einer qualifizierten Rauch- und Wärmeabzugsanlage stieß sehr schnell an seine Realisierungsgrenzen. Über 30000 Rauchmelder steuern tausende von Szenarien. Dies führt zu überlangen Rechenzeiten in den jeweiligen Zentralen und dadurch zu sehr langen Aktivierungszeiten. Und dann kommt ganz sicher der nächste Umbau, die nächste Nutzungsänderung!

7.3

Keep it small

Am Beispiel des Rauch- und Wärmeabzugs soll im Folgenden die These „keep it simple and keep it small“ für einen großen Raum (Bild 33) näher erläutert werden. Wenn es gelingt, die Größe von Brand- und auch Rauchabschnitten nicht zu groß werden zu lassen, reduziert sich das Risiko erheblich, es bleiben auch oft noch Reserven für spätere Nutzungsänderungen oder Anbauten. Und wenn der Brandabschnitt auch mehrere tausend m2 groß sein muss, mit der Einteilung der Decken durch Rauchschürzen (bei ästhetisch anspruchsvollen Gebäuden gibt es auch im Deckenbereich „unsichtbar“ integrierte und erst im Brandfall sich abrollende Rauchschürzen) in Rauchabschnitte von 1600 m2 wird das Risiko und auch die Notwendigkeit weiterer Kompensationen oft schon gut begrenzt. Bereits die Einteilung in verschiedene Brandabschnitte (Bild 34) durch Brandwände reduziert die Brandauswirkung auf nur einen Brandabschnitt. Besonders bei nachträglich eingebauten Durchdringungen ist auf die Einhaltung der Brandschutzanforderungen in diesen Wänden zu achten. Denn sonst wäre die Brandwand offen und unwirksam.

Aus der Praxis: Verbieten Sie ungeplante, ungenehmigte und nicht abgenommene Arbeiten an den Brandwänden. Nicht nur das Anlegen von neuen Durchdringungen, auch Veränderungen an bestehenden Abschlüssen oder auch das Befestigen von Maschinen, Regalen usw. Durch die Unterteilung der Brandabschnitte in Rauchabschnitte (Bild 35) wird im Brandfall sich der Rauch in nur einem der Rauchabschnitte ausbreiten und

488

D6

Rauch- und Wärmeabzug

Bild 33. Großer Raum (oben Schnitt, unten Grundriss) mit diversen Treppenräumen

Bild 34. Unterteilung des großen Raumes in Brandabschnitte

Bild 35. Unterteilung der Brandabschnitte in Rauchabschnitte

Schäden anrichten können. Die in vielen Räumen vorhandenen Binder können bereits als Rauchschürze mitgenutzt werden. Die Nachströmöffnungen (Bild 36) der RWA sind zu planen (Türe und Tore können oft mitgenutzt werden). Unter Berücksichtigung der Abstände zu anderen Installationen (z. B. Lüftungskamine, Deckenlüftungen oder Heizungen, Photovoltaikanlagen) sind die Positionen der NRWG und deren Auslösestellen festzulegen (Bild 37).

7.4

Keep it simple

Alleine durch die Einteilung in kleinere Brand- und Rauchabschnitte wird auch die Planung, Ausführung und der Unterhalt der Energie- und Steuerungssysteme einfacher und übersichtlicher. Soll ein Produkt mit verschiedenen Funktionen genutzt werden, empfiehlt sich eine Trennung der Steuerung in brandschutzrelevante und in Zusatzfunktionen. Soll z. B. ein natürliches Rauchabzugsgerät (NRWG) auch zur Raumlüftung eingesetzt werden, wird dafür in der Regel für die Lüftungsfunktion ein separater Elektromotor genutzt. Diesen separaten Mo-

tor kann man über die Haustechnik bedienen und ansteuern, denn die Lüftungsfunktion wird in der Regel mit und über die Heizungs-, Lüftungs- und Klimaregelung bedient. Völlig unabhängig davon wird die Rauchabzugsfunktion gesteuert. Die in jedem Rauchabschnitt zusammengefasste Natürliche Rauchabzugsanlage (NRA) wird von einer eigenen autarken Steuerung betrieben, die z. B. auch die im Abschnitt benötigten absenkbaren Rauchschürzen oder die zu öffnenden Zuluftöffnungen ansteuert. Wird diese NRA nicht nur von im Rauchabschnitt vorhandenen Handauslösestellen und/oder von im einzelnen NRWG integrierten Rauch- oder Thermoauslösern, sondern zusätzlich von einer im Brandabschnitt vorhandenen Brandmeldeanlage (BMA) ausgelöst, ist die BMA über potenzialfreie Kontakte in der RWA-Steuerung anzuschließen. Will ein Bauherr in seiner zentralen Haustechnik Funktionsanzeigen auch von der RWA integrieren, können diese an die Haustechnik zur Anzeige abgegeben werden (nice to have connection). Eine Ansteuerung der Brandschutztechnik direkt über die Haustechnik ist dagegen abzulehnen.

Hinweise zur Planung einer Rauch- und Wärmeabzugsanlage

489

Bild 36. Die Fluchtwege (und deren Längen), die Größe und Lage der Flucht- und Angriffstüren sowie der anderen Türen und Tore sind zu planen

Bild 37. Die Position der natürlichen Rauch- und Wärmeabzugsgeräte (NRWG) und die Lage der Auslösestellen sind festzulegen

7.5

Wechselwirkungen

max. 5m

Zur Aufrechterhaltung der Funktionssicherheit der Brandschutzanlagen sind die möglichen Wechselwirkungen zwischen – den verschiedenen Anlagen der Brandschutztechnik untereinander (z. B. Rauchabzug kombiniert mit Sprinkleranlage), – den verschiedenen Anlagen der Brandschutztechnik zur Haustechnik (z. B. Sprinkleranlage zur Lüftungsanlage) und – den verschiedensten Anlagen der Brandschutztechnik zu den baulichen Einrichtungen (z. B. Rauchabzugsanlage und großflächige Dachoberlichter) zu erkennen und zu berücksichtigen. Zur ersten und schnellen Überprüfung, ob es zwischen den verschiedenen Anlagen der Brandschutztechnik Wechselwirkungen gibt, die die gemeinsame Anwendung ausschließen oder zusätzliche besondere Maßnahmen erfordern, ist die Veröffentlichung der vfdb [17] sehr hilfreich. Die besonders gerne in großen Verkaufsstätten geplanten sehr großen Dachoberlichtflächen über den Gas-

tronomie- und Erholungsbereichen führen im Sommer bei intensivem Sonnenschein dazu, dass sich der Luftraum unter diesen Glasflächen erheblich erwärmt. Rot eingefärbte Sprinklerfässchen könnten dann ungewollt zur Kühlung dieser Flächen auslösen, die Klimaanlage wird zur Höchstleistung getrieben. Und im Brandfall wird die unter dem großen Glasoberlicht sehr warme Luftschicht die von unten aufsteigenden Rauchgase durch eine sich bildenden Sperrschicht daran hindern, die unter dem Glasoberlicht eingebauten Rauchmelder zu erreichen. Damit wird der Brandalarm deutlich verzögert und auch die RWA wird nicht ausgelöst. Abhilfe schafft eine Querlüftung unter der Verglasung (nach VDI 6019 mindestens 1 % der Raumgrundfläche) oder unter der Sperrschichtgrenze eingebaute Linear-Rauchmelder. Die Öffnungs- und Entrauchungsfunktion wird auch beeinflusst durch auf dem Dach aufgesetzte Photovoltaikmodule. Oft werden diese nachträglich von Montagefirmen aufgestellt, die wenig Kenntnis und Verständnis für den Brandschutz haben. Werden die in Bild 38 gezeigten Abstände und Gerätehöhen eingehalten, besteht keine negative Wechselwir-

mind. 2m

mind. 5m

Bild 38. Keine negativen Wechselwirkungen zwischen einem NRWG und einem Photovoltaik-Modul ist zu erwarten, wenn das Photovoltaik-Modul niedriger als das NRWG ist und das NRWG ausreichend Platz (> 2 m) auf der Öffnungsseite hat (links im Bild) oder das Photovoltaikmodul max. 2 m höher als das NRWG ist und ein umlaufender Abstand von 5 m eingehalten ist (rechts im Bild)

490

D6

Rauch- und Wärmeabzug

Bild 39. Misch- und Umluft-Lüftungsanlagen verwirbeln die Rauchgase im gesamten Raum

kung zwischen dem NRWG und der Photovoltaikanlage. Die Module dürfen aber nicht die Dachfläche komplett bedecken, da die NRWG zur Instandhaltung einzeln dem Wartungspersonal zugänglich sein müssen. Auch oft gesehen und gefährlich falsch: Die Stromleitungen der Photovoltaikanlage werden offen und auch über Brandwände hinweg verlegt. Misch- oder Umluft-Lüftungsanlagen (Bild 39) führen ihre Zuluft über den Deckenbereich in die Räume hinein. Und genau dorthin wollen die Rauchgase über den thermischen Auftrieb hinströmen, um dann von dort abgeleitet zu werden. Die zum Boden strömenden Strahlen der Lüftungszuluft treffen so auf die nach oben strömenden Rauchgase, verwirbeln diese und verrauchen damit den gesamten Raum. Raucharme Schichten werden zerstört, der Personenund der Sachschutz wird ausgehebelt. Aus diesem und auch vielen weiteren zusätzlichen Gründen sollten Misch- und Umluft-Lüftungsanlagen im Brandfall schnell und möglichst automatisch (z. B. über Kanalrauchmelder) abgeschaltet werden.

8

Ingenieurverfahren

8.1

Werkzeuge zur Berechnung der Rauchausbreitung

Neben den in Abschnitt 6 genannten Normen und Richtlinien zur Dimensionierung einer Rauch- und Wärmeabzugsanlage werden ingenieurgemäße Verfahren zur Berechnung der Temperatur- und Rauchausbreitung im Brandfall verwendet. Als Werkzeug zur Dimensionierung der Rauchableitung und Entrauchung werden in Deutschland beispielsweise 1. Physikalische Modelle (verkleinerte Gebäudemodelle), 2. Plume-Modelle, 3. Zonenmodelle und 4. Feldmodelle (CFD-Technik)

eingesetzt, die unter dem Begriff der Brandsimulation mit den unterschiedlichen Techniken der Punkte (1) bis (4) zusammengefasst werden können. Zum einen werden Brandsimulationen in Verbindung mit Brandversuchen bzw. Ähnlichkeitsuntersuchungen variablen Maßstabes vorgenommen, wobei mit der Wahl des Maßstabes auch der Abstraktionsgrad festgelegt wird. Je kleiner der Maßstab, desto größer sind die vorzunehmenden Einschränkungen für die erzielten Ergebnisse (Allgemeingültigkeit). Bei dieser Art der Dimensionierung ist es wichtig, alle relevanten Details bezüglich der Rauchgasströmung im Vorfeld zu analysieren und zu berücksichtigen. Neben der geometrischen ist die physikalische Ähnlichkeit einzuhalten, wobei für die Entrauchung die dimensionslosen Kennzahlen Euler-Zahl, Archimedes-Zahl und Prandtl-Zahl bestimmend sind [18]. Zum anderen kann für die Durchführung von rechnerischen Nachweisen eine Brandsimulation auf der Basis von mathematischen Modellen vorgenommen werden. Diese rechnerischen Nachweise auf der Grundlage deterministischer Modelle können mit empirischen Formeln (Plume-Modelle) oder mit genauen Rechenverfahren (3) und (4) erbracht werden. Die empirischen Plume-Modelle behandeln im Wesentlichen die oberhalb eines Brandherdes entstehenden Bedingungen hinsichtlich des Massenstroms, der durch den Brand selbst initiiert wird und die damit einhergehende Temperaturentwicklung der aufsteigenden Rauchgase. Dieser Plume entsteht aufgrund der beim Verbrennungsprozess freigesetzten Wärme, die, nach Überschreitung eines gewissen Mindestwertes der lokalen Temperaturerhöhung, zu einer nach oben gerichteten Konvektionsströmung führt. Sie umfasst neben der Verbrennungszone (Flammenbereich) auch den darüberliegenden Teil der Auftriebsströmung. Bis zur Ausbildung einer definierten Rauchgasschicht steigt diese Rauchgassäule (Plume) bis zur Decke auf und breitet sich dort in radialer Richtung aus (Ceiling Jet). Die auf diesem Strömungsweg vorherrschenden Prozesse bestimmen sowohl die Rauchgasproduktion als auch die Temperaturentwicklung und sind Gegenstand der nachstehenden Erläuterungen. Zur Ableitung und Absicherung von Modellansätzen für die Berechnung von Plume-Temperaturen sind zahlreiche Arbeiten im internationalen Rahmen durchgeführt worden [9, 19–21]. Neben den grundsätzlichen Einflussgrößen wie der Energiefreisetzungsrate und dem vertikalen Abstand zum Brandherd, wurden dabei auch der Einfluss der Brandfläche (bzw. die räumliche Struktur der Brandquelle), das Auftreten einer ausgeprägten Rauchgasschicht und die Zahlenwerte der auftretenden Konstanten untersucht und bestimmt. Hinsichtlich weiterer Einflussgrößen (wie dem Abstand von Wänden und Ecken) gelten die bereits beschriebenen Gesetzmäßigkeiten. Mit den genauen Rechenverfahren wird bei geringerem Detaillierungsgrad über Energie- und Massenbilanzen die Erwärmung der Raumluft (Mehrzonen-Modelle) und der Umfassungsbauteile berechnet. Dazu wird der

Ingenieurverfahren

zu untersuchende Bereich in mehrere Kontrollvolumina (Zonen) unterteilt, für die homogene Zustandsgrößen (z. B. Temperatur oder Konzentrationen) für die Kaltgas- und die darüberliegende Heißgasschicht berechnet werden [22]. Diese Schichten werden als Zonen bezeichnet. Ergebnis dieser Berechnungen sind die thermischen Brandwirkungen eines natürlichen Brandes. Bei Berechnungen zur Rauch- und Wärmeausbreitung mit Modellen auf der Basis der numerischen Lösung der Navier-Stoke’schen Gleichungen (CFD-Brandsimulation oder Feldmodelle) werden die Vereinfachungen, die das Konzept der Zonenmodelle bildet, vermieden. Grundlage für die Berechnung der Temperatur-, Geschwindigkeits- und Konzentrationsfelder sind die fundamentalen Gleichungen für die Massen-, Impuls- und Energieerhaltung. Sie liegen in Form partieller Differentialgleichungen allgemeingültig vor und müssen unter gegebenen Randbedingungen gelöst werden. Die Mehrzonenmodelle sind international als Hilfsmittel zur Beurteilung der sich bei unterschiedlichen Ventilationsverhältnissen und Brandentwicklungen einstellenden Rauchgasschicht [23–29] anerkannt und dienen vornehmlich der Berechnung der mittleren Rauchgastemperatur (der homogenen Heißgasschicht) und der Dicke der Rauchgasschicht. Ebenso können die Massenanteile von Brandprodukten abgeschätzt werden. Zu diesem Zweck müssen die Entstehungsraten als Quellterm bekannt sein, deren Bestimmung auf analytischem Wege zurzeit noch nicht uneingeschränkt möglich ist. Die Abbrand- bzw. Energiefreisetzungsrate muss in der Regel aus experimentellen Daten gewonnen und als Eingangsgröße vorgegeben werden. Wenn eine Reihe von Informationen als Anfangswerte vorhanden ist, kann dieses Modell erfolgreich zur Simulation der Brandausbreitung z. B. in möblierten Räumen eingesetzt werden. Ein Vergleich von Experiment und Berechnung zeigt positive Ergebnisse, aber auch die Grenzen in Anwendungsbeispielen der Zonenmodelle [30, 31]. Sollen lokale Größen berechnet werden, so ist der Einsatz der CFD-Technik (Feldmodelle) nicht zu umgehen. Eine detailliertere Berechnung benötigt naturgemäß auch eine höhere Genauigkeit bei der Beschreibung der Ausgangsgeometrie. Das bedeutet, dass Hindernisse wie Unterzüge oder geometrische Besonderheiten der Gebäudekubatur genau im Modell beschrieben werden müssen. In der Konsequenz entsteht ein weitaus größerer Zeitbedarf bei der Beschreibung der Geometrie des Modells als bei der „richtigen“ Beschreibung des Rechengitters. Entsprechend sind auch Veränderungen der Gebäudestruktur während des simulierten Brandes zu berücksichtigen. Weiterhin benötigen die Berechnungen auf Basis der CFD-Technik ebenso die Bereitstellung der Quellterme, sodass sich auf diesem Wege Vereinfachungen in den Berechnungen ergeben. Die Vorgabe der Energiefreisetzungsrate hat bei allen Modellen einen wesentlichen Einfluss auf das Ergebnis der Berechnungen.

491

Neben dem absoluten Betrag der Energiefreisetzungsrate inklusive Zeitabhängigkeit ist es auch von Bedeutung, in welcher Höhe sich das Feuer befindet (z. B. Hochregal) und wie sich dieser Ort des Feuers mit der Zeit verändert. Die Feldmodelle sind auch abhängig von den gewählten Submodellen z. B. zur Modellierung der Turbulenz oder Strahlung. Diese sind nicht immer durch den Anwender selbst wählbar. Voraussetzung hierfür ist, dass eine programmierbare Schnittstelle vorhanden und der Anwender in der Lage ist, die entsprechende Programmierung vorzunehmen. Wenn die vorhandenen Möglichkeiten eines CFDModelles genutzt werden können, so besitzen die berechneten Ergebnisse einen hohen Detaillierungsgrad. Dafür müssen aber die zur Verfügung stehenden Eingaben einen entsprechend hohen Genauigkeitsgrad haben. Unter diesen Voraussetzungen erfordern die Berechnungen einen hohen Zeitaufwand. Im Rahmen der europäischen Normung wurde versucht, innerhalb der Normenreihe EN 12101 zur „Rauch- und Wärmefreihaltung“ mit dem Teil 5 ein Bemessungsverfahren bereitzustellen. Allerdings konnte das Gremium, welches das Thema bearbeitet hat, aufgrund unterschiedlicher Auffassungen keinen geschlossenen Entwurf erarbeiten.

8.2

Beispiel zur Dimensionierung der Rauchableitung

Sowohl mit Zonen- als auch mit Feldmodellen können Berechnungen zur Dimensionierung der Rauchableitung durchgeführt werden. Ein wesentlicher Vorteil für den Einsatz von Zonenmodellen liegt in der leichteren Handhabung gegenüber den Feldmodellen. Das zu lösende Problem kann mit wenigen geometrischen Eingabedaten definiert werden. Die Wahl des Brandszenariums ist für beide Modellarten gleich. Ein weiterer Vorteil bei den Zonenmodellen liegt in dem deutlich geringeren Zeitbedarf zur Durchführung der Berechnungen bzw. Lösung der eingesetzten Gleichungssysteme. Während Feldmodelle für die Berechnung der ersten 10 Minuten eines Brandes (in Abhängigkeit der Auflösung des Raumes) auch auf leistungsfähigen Personal-Computern mehrere Stunden oder Tage benötigen können, erfolgt die Berechnung mit einem Zonenmodell innerhalb weniger Minuten. Im Folgenden werden die Ergebnisse einer Zonen- und einer Feldmodellberechnung dargestellt. Es sollte die Rauchentwicklung in einem Raum mit der Grundfläche B × L = 43 m × 86 m berechnet werden (Bild 40). Die Raumhöhe betrug H = 5,6 m. In dem Raum war eine Zwischenebene vorhanden. Der Brandherd wurde wegen des größeren Rauchgasmassenstromes (größere Einmischung von Umgebungsluft in den Plume) auf der unteren Raumebene angeordnet. Durch die Modellbildung nach Bild 40 wurde versucht, die reale Raumgeometrie (Bild 41) in dem Modell für die Berechnung abzubilden. Als Brandszenario im Bereich der PC-Arbeitsplätze (Bild 41) wurde eine Energiefrei-

492

D6

Rauch- und Wärmeabzug

Bild 40. Geometrie des Berechnungsgebietes

Bild 41. Blick auf die PC-Arbeitsplätze, die den Bereich der Energiefreisetzungsrate bilden, hinüber zu den Regalen der Ebenen 00 und 01

setzungsrate gemäß Bild 42 in Anlehnung an [32] verwendet. Um die Berechnungsergebnisse des Feldmodells FDS mit denen des Zonenmodells CFAST einfacher vergleichen zu können, wurde aus berechneten vertikalen Temperaturprofilen jeweils eine homogene Temperatur in der Heißgasschicht TS und in der Kaltgasschicht TL sowie die Lage der Grenze zwischen den beiden Schichten über dem Boden zi mit dem in [36] vorgestellten Verfahren bestimmt. Die Raumhöhe wird mit zr bezeichnet. Die dazu benötigten Gleichungen haben folgende Gestalt: zr

Im =

z −z z 1 dz = r i + i ∫ Tr (z) TS TL

(1)

0 zr

Ie =



Tr (z) dz = (zr − zi ) ⋅ TS + zi ⋅ TL

(2)

0

Gl. (1) ist eine Bedingung für die Massenbilanz, Gl. (2) beschreibt die Mittelwertbildung, hat aber in der Form keine physikalische Bedeutung. Durch Multiplikation mit den thermischen Stoffwerten der Dichte und der spezifischen Wärmekapazität bei konstantem Druck sowie der betreffenden Fläche ergibt sich eine Energiebilanz. Für die praktische Ausführung dieser Berechnungen wird vorgeschlagen, die Temperatur der untersten Gitterzelle für den Ort des vertikalen Temperaturprofiles als TL zu definieren und dann die anderen

Unbekannten zu bestimmen. Die Lage der Grenze zi wird bestimmt als die Höhe, bei der die Steigung des Temperaturprofiles den Maximalwert hat. Die Temperatur der oberen Schicht TS lässt sich anschließend aus Gl. (1) bestimmen. Die Raumhöhe wird mit zr bezeichnet. ( ) TL ⋅ Ie ⋅ Im − z2r (3) zi = Ie + Im ⋅ T2L − 2 ⋅ TL ⋅ zr Die Möglichkeit, dass diese Berechnungen für einen beliebigen Ort innerhalb des Berechnungsgebietes vom Computerprogramm selbst ausführbar sind, liegt erstmals in der Version 4 von FDS vor. Inwischen liegt die Version 6.7.5 vor. In Bild 43 und Bild 44 werden die mit CFAST und mit FDS berechneten Ergebnisse anhand der Temperatur in der Heißgasschicht TS und die Lage der Grenze zwischen Kalt- und Heißgasschicht zi verglichen. Die Höhenangabe für zi bezieht sich auf das Bodenniveau des Gebäudes. Für CFAST ist eine Wertekurve in den Diagrammen dargestellt. Für die Berechnung mit FDS wurden exemplarisch jeweils zwei Wertekurven in den Diagrammen gezeichnet. Diese sind mit den Zusätzen „17“ und „33“ gekennzeichnet und bezeichnen die y-Koordinate in Meter. Die jeweilige x-Koordinate beträgt x = 7,5 m (Bild 40). Im Gegensatz zu den Temperaturwerten der Zonenmodellberechnung weisen die Kurven der FDS-Berech-

Ingenieurverfahren

493

Brandentwicklung von PC-Arbeitsplätzen 10000 9000

Energiefreisetzungsrate in kW

8000 7000 6000 5000 4000 3000 2000 1000 0

0

100

200

300

400

500

600

700

800

900

Zeit in Sekunden

Bild 42. Energiefreisetzungsrate für PC-Brand in Anlehnung an [32] (Für den Vergleich der Ergebnisse wurde als Zonenmodell CFAST – Version 5 – [33] und als Feldmodell FDS – Version 4 – [34, 35] eingesetzt.) Temperatur in der Heißgasschicht 120 Zonen-Modell TEMPU_17 TEMPU_33

100

Temperatur in °C

80

60

40

20

0

0

100

200

300

400

500

Zeit in Sekunden

nung fluktuierende Werte auf. Dies resultiert aus der Tatsache, dass hier lokal unterschiedliche Werte berechnet werden, die bei einer Feldmodellberechnung auch von Einflüssen aus der Berücksichtigung der Strömung und der Turbulenz innerhalb des Berechnungsgebietes abhängen. Durch den Vergleich der hier durchgeführten Berechnungen zeigt sich, dass beide Modelle ähnliche Ergebnisse erzielen. Dies stellt sich insbesondere für die Flächen-Koordinate x = 7,5 und y = 33 heraus. Die Schwankungen bei der Lage der Grenze zwischen der Kalt- und Heißgasschicht bei den Berechnungen nach den Gln. (1–3) resultieren aus den temporären, gerin-

600

700

800

900

Bild 43. Vergleich der mit Zonen- und Feldmodell berechneten Temperaturentwicklung in der Heißgasschicht

gen Temperaturschwankungen zu Beginn des Brandes. Diese Schwankungen erfolgen, wenn die ersten Rauchgase mit geringfügig höheren Temperaturen als die Umgebungsluft die betrachtete Stelle erreichen und dadurch die Steigung des Temperaturprofiles geändert wird. Es ist zu vermuten, dass der Übergang bei y = 17 m von der Dicke der Rauchgasschicht DS = 0 auf DS = 2,5 m nicht so abrupt eintreten wird und die zuvor erläuterten Schwankungen den Übergang einleiten. Deutlich zu erkennen ist, dass mit größerem Abstand zum Brandherd (y = 17 m ist weiter vom Brandherd entfernt als y = 33 m) die Temperaturerhöhung zu einem späteren Zeitpunkt auftritt. Der Brandherd liegt

494

D6

Rauch- und Wärmeabzug Lage der Grenze zwischen Kalt- und Heißgasschicht

7 Zonen-Modell INTFA_17 INTFA_33

Höhe über dem Boden in m

6

5

4

3

2

1

0

0

100

200

300

400

500

600

Zeit in Sekunden

bei y = 39 m. Die mit CFAST berechnete Temperatur bildet für die beiden beispielhaft dargestellten mit FDS berechneten Temperaturen ungefähr den Mittelwert. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass ein erfahrener Anwender mit beiden Modelltypen im Rahmen der Anwendungsgrenzen [22] in der Lage ist, eine Rauchableitung zu dimensionieren. Dabei ist die Lage der Grenze zwischen Kalt- und Heißgasschicht über dem Boden als die Höhe der raucharmen Schicht zu bewerten. Im Hinblick auf den Anwender ist zu sagen, dass eine gewisse Erfahrung durch eine Validierung der Programme und der strömungstechnischen Prozesse der angewandten Modelltypen vorliegen sollte. Letztendlich muss der Anwender die Ergebnisse der Berechnungen mit Erkenntnissen aus Brandversuchen auf Plausibilität hin überprüfen. Sollen lokale Werte zur Beurteilung bestimmter Situationen betrachtet werden, so muss in den meisten Fällen auf eine Feldmodellberechnung zurückgegriffen werden, insbesondere bei der Betrachtung komplexer Geometrien mit strömungsbeeinflussenden Einbauten.

9

Konkretisierung der Bauordnung durch die MVV TB

9.1

Novellierung der Bauordnung

Die in diesem Abschnitt beschriebenen Anforderungen betreffs Planung, Bemessung und Ausführung sowie der Beschaffenheit von – für die Verwendung/Anwendung von – Bauprodukten und Bauarten beziehen sich lediglich auf das deutsche Baurecht/Baugesetzgebung. Die Ausführungen in diesem Abschnitt sind auf die Musterbauordnung MBO des Bundes bezogen.

700

800

900

Bild 44. Vergleich der mit Zonen- und Feldmodell berechneten Lage der Grenze zwischen Kaltgasschicht und Heißgas- bzw. Rauchgasschicht

Mit Novellierung der Musterbauordnung (MBO) aus dem Jahre 2016 [37] wurde das geltende Recht an die im Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 16.10.2014 enthaltenen Grundaussagen im Hinblick auf die nunmehr in Kraft getretene Bauproduktenverordnung angepasst. Zentraler Ausgangspunkt der Anpassungen ist das europarechtliche Marktbehinderungsverbot, gegen welches die Bundesrepublik Deutschland mit dem System aus Bauordnung und mit den über die Bauregellisten, in denen zusätzliche Anforderungen an CE-gekennzeichnete Bauprodukte gestellt wurden, nach Auffassung des EuGH verstoßen hat. Diese zusätzlichen Anforderungen verhinderten den wirksamen Marktzugang und die Verwendung von Bauprodukten in Deutschland, die von den mandatierten harmonisierten Normen (Produktnormen) erfasst wurden und mit der CEKennzeichnung versehen waren. Letzten Endes dürfen CE-gekennzeichnete Bauprodukte von Herstellern aus allen Staaten, die Mitglieder des Europäischen Wirtschaftsraumes EWR sind, auf den Märkten aller Mitgliedsstaaten gehandelt werden. Vor dem Hintergrund das Niveau der Bauwerkssicherheit zu halten und zu gewährleisten, ist es erforderlich, die Bauwerksanforderungen zu konkretisieren. Das entsprechende Niveau darf jeder Mitgliedsstaat in eigener Verantwortung bestimmen und ist nicht an EUVorgaben gebunden. Die Bundesrepublik Deutschland bestimmt das Niveau über die Baugesetzgebung, zu der auch die MBO zählt. Den am Bau Beteiligten muss es ermöglicht werden, aus den Regelungen der MBO und der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen und Verwaltungsvorschriften auf rechtssichere Weise abzuleiten, welche Leistungen ein Produkt erbringen muss, um im konkreten Verwendungszusammenhang die Bauwerksanforderungen zu erfüllen. Die Konkretisierung der Bau-

Konkretisierung der Bauordnung durch die MVV TB

werksanforderungen ist im Übrigen auch im Bereich der nicht harmonisierten Bauprodukte hilfreich, da ja auch hier die MBO die Behörden nur ermächtigt, Produktanforderungen zu stellen, die sich unmittelbar aus Bauwerksanforderungen ergeben. Diese Vorschrift wird von der MBO-Novelle ins Landesbauordnungsrecht gespiegelt, sodass künftig ein Bauprodukt, das die CE-Kennzeichnung nach der EU-Bauproduktenverordnung (EU-BauPVO) Nr. 305/ 2011 trägt, verwendet werden darf, wenn die erklärten Leistungen den in der Bauordnung oder aufgrund der Bauordnung festgelegten bauwerksseitigen Anforderungen für diese Verwendung entsprechen. Dazu ist es wichtig, für die in der Praxis verwendeten Bauprodukte die jeweilige Mindestleistung anhand der in der zutreffenden Produktnorm genannten Wesentlichen Leistungsmerkmale festzulegen. Für die von einer Produktnorm erfassten und mit der CE-Kennzeichnung versehenen Bauprodukte besteht eine die Mitgliedstaaten bindende Brauchbarkeitsvermutung, die sich – ordnungsgemäße Planung und Bauausführung vorausgesetzt – auf die Erfüllung der in § 3 MBO (Allgemeine Anforderungen an Anlagen, Bauwerke) genannten wesentlichen Anforderungen an Bauwerke bezieht und die die Übereinstimmung mit der jeweiligen harmonisierten Norm voraussetzt. Welche Leistungen die Bauprodukte im Rahmen einer Produktprüfung erbracht haben, wird vom Hersteller/ Inverkehrbringer des Bauproduktes durch eine Leistungserklärung nach EU-BauPVO angegeben. Obwohl für Bauprodukte in den Produktnormen durchweg mehrere Wesentliche Leistungsmerkmale aufgeführt werden, ist es nach Artikel 6 EU-BauPVO ausreichend, wenn die Leistung von zumindest einem der Wesentlichen Leistungsmerkmale des Bauprodukts erklärt wird. Darum ist es für die Mitgliedsstaaten der EU dringend angeraten, alle für den Mitgliedsstaat wichtigen Mindestanforderungen an die in der Produktnorm aufgeführten Wesentlichen Leistungsmerkmale festzulegen. Mit anderen Worten, wenn die Mitgliedsstaaten keine Leistungsanforderungen hinsichtlich der Wesentlichen Leistungsmerkmale der Bauprodukte stellen, darf von dem am Bau Beteiligten angenommen werden, dass ein solches Bauprodukt mit der Angabe irgendeiner Leistung für den in der Produktnorm beschriebenen Anwendungsbereich auch in der Bundesrepublik Deutschland installiert und verwendet werden darf. Vor diesem Hintergrund wurde zusammen ebenfalls eine auf die novellierte MBO abgestimmte MusterVerwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) eingeführt, deren erste Fassung im Jahr 2017 erschienen ist. In der MVV TB wurden die Bauregellisten und die Technischen Baubestimmungen zusammengefasst. Darüber hinaus enthält sie allgemeine Anforderungen an bauliche Anlagen, Bauprodukte und Bauarten. In erster Linie werden in der MVV TB die bauordnungsrechtlichen Anforderungen konkretisiert. Bezogen auf Differenzdrucksysteme sowie an natürliche Rauch- und Wärmeabzugsgeräte werden An-

495

forderungen erst mit der im Januar 2020 veröffentlichten Ausgabe der MVV TB 2019/1 [38] konkretisiert.

9.2

Konkretisierungen für natürliche Rauchund Wärmeabzugsgeräte (NRWG) nach EN 12101-2:2003

In der MVV TB 2019/1 gibt es zwei Fundstellen, bei denen Anforderungen an NRWG festgelegt werden. Einmal als Wärmeabzugsgerät und ein andermal als Rauchabzugsgerät in einer Entrauchungsanlage. [38] gibt ebenfalls die Auskunft, dass EN 12101-2:2003 in Deutschland umgesetzt wurde durch DIN EN 12101-2: 2003-09, Wärmeabzugsgeräte nach EN 12101-2:2003 für die Verwendung in Dächern in Ladenstraßen nach der Muster-Verkaufsstättenverordnung und Verwendungs- und Ausführungsbestimmungen. Zum einen werden im Anhang 4 „Bauaufsichtliche Anforderungen, Zuordnungen der Klassen, Verwendung von Bauprodukten, Anwendung von Bauarten“ für NRWG in Abschnitt 7 bestimmt, wenn diese Bauprodukte als Wärmeabzugsgeräte in der Bedachung von Dächern in Ladenstraßen verwendet werden sollen. Wenn für die Geräte das Brandverhalten nicht mindestens mit A2-s1, d0 (nichtbrennbar) klassifiziert wird, muss die Widerstandsfähigkeit gegen Flugfeuer und strahlende Wärme nachgewiesen werden. Es sei denn, die in § 32 MBO geforderten Abstände werden eingehalten. Werden davon abweichend die Geräte in lichtdurchlässigen Bedachungen verwendet, die schwerentflammbar mit der zusätzlichen Eigenschaft „nicht brennend abtropfend“ sein dürfen, muss die Leistungsangabe für das Brandverhalten mindestens als C-s3, d0 klassifiziert sein. Bei den Klassifizierungen wird DIN EN 13501-1 zugrunde gelegt. Die Angabe für die mindestens erforderliche Leistung des Brandverhaltens nach Tabelle 8 scheint im Widerspruch mit dem im vorgehenden Abschnitt Beschriebenen zu stehen. Mit der Klassifizierung E-d2 wird eine deutlich geringere Anforderung als C-s3, d0 (Richtung schwerentflammbar) oder A2-s1, d0 gestellt.

Technische Regel Technische Gebäudeausrüstung TR TGA – Rauchabzugsanlagen und Rauchabzugsgeräte Zum anderen sind Anforderungen in der MVV TB Anhang 14 (TR TGA), Abschnitt 7 „Rauchabzugsanlagen und Rauchabzugsgeräte“ zu finden. Diese Anlagen werden nach Abschnitt 3.3 dieses Beitrages verwendet, um im Brandfall eine raucharme Schicht herzustellen. Rauchabzugsanlagen und Rauchabzugsgeräte sind nach Maßgabe von Sonderbauverordnungen und Sonderbaurichtlinien erforderlich oder wenn Rauchabzugsanlagen und Rauchabzugsgeräte im bauaufsichtlichen Verfahren gefordert werden. Müssen mehrere Geräte für den Rauchabzug zusammenwirken, um die bauordnungsrechtlichen Anforderungen zu erfüllen, so bilden diese Einrichtungen gemeinsam eine Anlage. Wenn natürliche Rauch- und Wärmeabzugsgeräte NRWG nach EN 12101-2:2003 als Teil der Rauch-

496

D6

Rauch- und Wärmeabzug

Tabelle 8. Mindestens erforderliche Leistungen für Wärmeabzugsgeräte nach MVV TB [38] EN 12101-2:2003

Mindestens erforderliche Leistungen

4.1 Auslöseelement

Thermoelement nach 4.1.1 a) und Handauslösung nach 4.1.1 d)

4.2 Öffnungsmechanismus

erfüllt

4.4 Größe der geometrischen Öffnungsfläche

Angabe (m2 ), Breite ≥ 1,0 m

7.1.1 Klassifizierung der Funktionssicherheit

Re 50

7.1.3 NRWGs mit Doppelfunktion ja, wenn zusätzlich Lüftungsfunktion 7.2.1.1 Schneelastklassifizierung

SL 500

7.3.1 Klassifizierung bei Einsatz bei niedrigen Umgebungstemperaturen

T (0)

7.4.1 Windlastklassifizierung

WL 1500

7.5.1 Klassifizierung der Wärmebeständigkeit (Brandprüfung)

B 300

7.5.2 Die Leistung für das Brandverhalten nach EN 13501-1

E-d2 (normalentflammbar)

abzugsanlage verwendet werden, dann müssen diese Geräte die in Tabelle 9 geforderten Mindestleistungen über die Leistungserklärung nachweisen. Im Unterschied zu den Anforderungen an Wärmeabzugsgeräte nach Tabelle 8 müssen Rauchabzugsgeräte nach Tabelle 9 bei Umgebungstemperaturen

bis zu –5 °C auslösen und öffnen. Außerdem ist bei den Rauchabzugsgeräten eine aerodynamisch wirksame Fläche vorgeschrieben, während bei den Wärmeabzugsgeräten nur die geometrische Fläche betrachtet wird; und das nur, weil an die aerodynamisch wirksame Fläche höhere Anforderungen, mit der Betonung auf wirksam, gestellt werden, als an die geometrische Öffnungsfläche bei Wärmeabzügen. Auch bei den Rauchabzugsgeräten muss die Klassifizierung des Brandverhaltens mindestens die Klasse A2-s1, d0 sein, wenn diese in Dächern (hinsichtlich der Lage und Anordnung als lichtdurchlässige Flächen) verwendet werden sollen. Alternativ ist der Nachweis gemäß A 2.1.9 MVV TB für eine gegen Flugfeuer und strahlende Wärme widerstandsfähige Bedachung zu führen, oder die bauliche Anlage hat die Abstände zu benachbarten Gebäuden oder Öffnungen nach § 32 Abs. 2 MBO einzuhalten. Anforderungen an Geräte nach EN 12101-2 wurden erstmalig in der MVV TB 2019/1 festgeschrieben. Um in der Zeit davor bereits normative Festlegungen nutzen zu können, wurde die im Jahr 2016 veröffentlichte DIN 18232-9 vom DIN-Normenausschuss NA 005-52-32 AA (Entrauchung) erarbeitet. Diese Norm legt fest, zu welchen Wesentlichen Leistungsmerkmalen eines natürlichen Rauch- und Wärmeabzugsgerätes (NRWG) der Hersteller einen technischen Wert in der Leistungserklärung anzugeben hat und legt – abhängig von der vom Hersteller vorgegebenen Einbaulage (Einbau in Dächern oder in Wänden) – die einzuhaltenden Mindestwerte zu den jeweiligen Wesentlichen Leistungsmerkmalen fest. In der aktuellen MVV TB wurden die in DIN 18232-9 geforderten Mindestwerte übernommen, allerdings nicht die Schneelastangabe von SL 0, wenn NRWG in Fassaden eingebaut werden.

Tabelle 9. Mindestens erforderliche Leistungen für Rauchabzugsgeräte nach MVV TB [38] EN 12101-2:2003

Verwendung in notwendigen Treppenräumen von Verkaufs- und Versammlungsstätten

Rauchabzugsanlagen

4.1 Nominale Auslösebedingungen/Empfindlichkeit

Thermoelement nach 4.1.1 a) und Handauslösung nach 4.1.1 d)

Thermoelement nach 4.1.1 a) und Auslöseeinrichtung nach 4.1.1 b) oder c) oder d)

6 Aerodynamisch wirksame Öffnungsfläche

Angabe (m2 )

Angabe (m2 )

7.1.1 Klassifizierung der Funktionssicherheit

Re 50

Re 50

7.1.3 Klassifizierung der Funktionssicherheit

ja, wenn zusätzlich Lüftungsfunktion

ja, wenn zusätzlich Lüftungsfunktion

7.2.1.1 Schneelastklassifizierung, ausgenommen lotrechter Einbau

SL 500

SL 500

7.3.1 Klassifizierung niedrige Umgebungstemperatur

T (-05)

T (-05)

7.4.1 Windlastklassifizierung

WL 1500

WL 1500

7.5.1 Klassifizierung Wärmebeständigkeit

B 300

B 300

7.5.2 Leistungsverhalten Wärmebeständigkeit

E-d2

E-d2

Zusammenfassung

10

497

Praxisbeispiele

– Jalousien als Rauchabzugsgeräte in Lichtbändern

– Lichtkuppeln als Rauchabzugsgeräte

– Rauchabzugsgeräte in Lichtbändern

11

Zusammenfassung

Im Brandfall ist zu Beginn besonders die kurzfristige Freisetzung der im großen Umfang entstehenden sicht- und atmungsbehindernden Rauchgase zu beachten und zu bekämpfen. Die möglichst frühzeitige Erkennung und Ableitung der Rauchgase ist daher ein wesentlicher Baustein im individuellen Brandschutzkonzept.

Rauch- und Wärmeabzugsanlagen liefern im Brandfall eine deutliche Verbesserung für die Selbst- und Fremdrettung, den Löschangriff, den Sachschutz für Gebäude und Inhalte und somit auch der Unternehmenssicherung. Negative Wechselwirkungen zwischen RWA- und Sprinkleranlagen bestehen im Brandfall nicht. Lüftungsanlagen sollten dagegen möglichst automatisch und frühzeitig abgeschaltet werden, da gerade die Zu-

498

D6

Rauch- und Wärmeabzug

luft häufig von der Raumdecke her eingeblasen wird und dadurch die Rauchgase in Richtung Boden in den Aufenthaltsbereich von Personen und Tieren gedrückt werden. Für die Bemessung einer geeigneten Rauchabzugsanlage können im Regelfall die DIN 18232-2 für NRA oder die DIN 18232-5 für MRA und EN 12101-13 für RDA herangezogen werden. Besondere Anwendungen in komplexeren Gebäuden können mit den Ingenieurmethoden projektiert werden.

[12] Detzer, R.; Jung, G. (1998) Rauchausbreitung in Gebäuden. Gutachten für FVLR e. V., Köln (Bezug über www.fvlr.de).

12

[16] Marks, J. (2018) Brandschutz auf schwierigen Baustellen-BER, Tagungsfachband der 65. Jahresfachtagung der vfdb in Duisburg.

Literatur

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[37] Musterbauordnung (MBO) Fassung November 2002, zuletzt geändert durch Beschluss der Bauministerkonferenz vom 13.05.2016.

[31] Rockett, J.A. (1982) Modelling of NBS Mattress Tests with the Harvard Mark V Fire Simulation. NBSIR 81–2440.

[38] Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB), Fassung 2019/1; Amtliche Mitteilungen des Deutschen Instituts für Bautechnik 2020/1 (Ausgabe: 15. Januar 2020).

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Weiterführende Literatur [39] Hegger, T. (2002) Neues Verfahren zur Projektierung von Rauch- und Wärmeabzugsanlagen, vfdb 1/2002, S. 26–32. [40] Detzer, R. Überprüfung der Rauchabschnittsgröße, Parameterstudie, Hamburg, erhältlich über www.fvlr.de. [41] Schneider, U. und 5 Mitautoren (2004) Ingenieurmethoden im Baulichen Brandschutz, Expert Verlag.

Weitere Informationen zur Entrauchung können auch über www.fvlr.de abgerufen oder angefordert werden.

501

D 7 Entrauchung mit maschinellen Entrauchungsanlagen (MRA) Gary Blume, Frank Wahl

Dr.-Ing. Gary Blume MPA Braunschweig Fachbereich Brandschutz Beethovenstraße 52, 38106 Braunschweig Studium des Maschinenbaus an der TU Braunschweig und anschließend Promotion (2002) im Fachbereich Bauingenieurwesen. Ab 1992 am Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz bei Prof. Kordina und Prof. Hosser tätig. Seit 2000 an der MPA Braunschweig, Abteilung Brandschutz mit dem Schwerpunkt Brandschutzprüfungen von Bauprodukten für Lüftung und Entrauchung, Differenzdruckanlagen. Seit 2004 stellvertretender Abteilungsleiter der Abteilung Brandschutz, Prüf- und Überwachungsstellenleiter und seit 2014 Fachbereichsleiter Brandschutz. Mitglied in Sachverständigen Ausschüssen A/B des DIBt sowie Mitglied in nationalen und europäischen Normungsgremien, darunter stellv. Obmann NA 005-52-32 AA (Entrauchung), Obmann CEN TC127/WG2/TG3 (Lüftungs- und Entrauchungsleitungen), Obmann CEN TC156/WG9/TG2 (Lüftungsleitungen) und CEN TC191/WG6/TG2 (EN 12101-6).

Dipl.-Ing. (FH) Frank Wahl TROX X-FANS GmbH Heinz Trox Str. 1, 36251 Bad Hersfeld Studium des Maschinenbaus an der Fachhochschule Giessen. Seit 1991 bei der TROX X-FANS GmbH tätig. Seit 2001 Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Mitarbeit in verschiedenen Ausschüssen des VDI/VDMA und DIN im Bereich Akustik, Ventilatoren und Entrauchung.

Bauphysik-Kalender 2021: Brandschutz. Herausgegeben von Nabil A. Fouad. © 2021 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2021 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

502

D7

Entrauchung mit maschinellen Entrauchungsanlagen (MRA)

Inhaltsverzeichnis 1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.4.1 1.4.2 1.4.3

1.4.4 1.4.5 1.4.6 1.5 1.6 2 2.1 2.2 2.3

Maschinelle Entrauchung (MRA) 503 Begriffe, Bezeichnungen, Richtlinien 503 Anwendungsbereich 504 Aufgaben und Schutzziele von maschinellen Rauchabzugssystemen 505 Anforderungen an maschinelle Rauchabzugssysteme 505 Aufstellung und Ausführung der Entrauchungsventilatoren 505 Antriebe, Einschaltvorgang und Regelung 506 Zusätzliche energetische Anforderungen für Notabzugsgeräte und Geräte im Kombibetrieb Lüftung/Entrauchung 508 Auslösung/Inbetriebnahme von maschinellen Rauchabzugssystemen 509 Energieversorgung der maschinellen Rauchabzugssysteme 509 Wartung/Inspektion/Funktionsprüfungen 509 Bemessung 509 MRA – Aktuell 510 Differenzdrucksysteme 510 Begriffe, Bezeichnungen, Richtlinien 510 Anwendungsbereich 512 Aufgaben und Schutzziele von Differenzdrucksystemen 512

2.4

2.6 2.6.1 2.6.2 2.6.3

Physikalische Effekte bei Differenzdrucksystemen 513 Planung, Bemessung und Ausführung nach MVV TB 515 Novellierung der Rechtsnormen 515 Bemessung 516 Weitere Randbedingungen für den Betrieb einer Druckbelüftungsanlage 517 Installationen zur Führung der Luftströme 518 Auslösung 518 Bauprodukte und Bauarten von Druckbelüftungsanlagen 519 Erläuterung der vorgenannten Tabellen aus der MVV TB 519 Festlegung für Zuluftventilatoren 520 Ausnahme für Überströmklappen zwischen Vorraum und notwendigem Flur oder Nutzungseinheit 520 Differenzdrucksysteme – Aktuell 520 Historie der EN 12101-6 520 Wesentliche Inhalte der „neuen“ EN 12101-6 521 Wesentliche Inhalte der prEN 12101-13 522

3

Literatur

2.5 2.5.1 2.5.2 2.5.3 2.5.4 2.5.5 2.5.6 2.5.7 2.5.8 2.5.9

522

Maschinelle Entrauchung (MRA)

Der Beitrag D4 aus dem Bauphysik-Kalender 2016 wurde aktualisiert und ergänzt.

1

Maschinelle Entrauchung (MRA)

1.1

Begriffe, Bezeichnungen, Richtlinien

Entsprechend der DIN 18232-1 ist zu unterscheiden nach Rauch- und Wärmeabzugssystemen (RWA) mit thermischer Funktion NRA und WA sowie maschinellen Systemen MRA und RDA. Darin bedeuten: NRA: Natürliche Rauchabzugs-Anlage MRA: Maschinelle Rauchabzugs-Anlage RDA: Rauch-Differenzdruck-Anlage WA: Wärmeabzug RWA: Rauch- und Wärmeabzugs-Anlage Das Herzstück einer maschinellen Rauchabzugs-Anlage stellen die maschinellen Rauch- und Wärmeabzugsgeräte (Entrauchungsventilatoren) dar. Eine maschinelle Rauch- und Wärmeabzugs-Anlage kann aus einem oder mehreren Entrauchungsventilatoren, die direkt auf dem Dach oder an der Fassade eines Rauchabschnittes installiert sind, bestehen. Oder die MRA besteht aus einem Netz von Klappen und Leitungen, in das die Entrauchungsventilatoren als Antrieb zum Transport der Rauchgase innerhalb dieses Netzes installiert sind. Die Anforderungen für Rauch- und Wärmeabzugsanlagen zur Rauchableitung aus Gebäuden wurden aufgrund der europäischen Harmonisierung neu in der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) geregelt. Die Bestimmungen der MVV TB werden in der Regel von den einzelnen Bundesländern unverändert oder bundeslandabhängig in angepasster/ergänzter Form rechtskräftig veröffentlicht. Die Bemessung maschineller Rauch- und Wärmeabzugsanlagen ist national geregelt und kann nach anerkannten technischen Regeln, wie DIN 18232-5, VDI 6019, Vorgaben der Sonderbaurichtlinien, Vorgaben der Sonderbauverordnungen oder anderen anerkannten Ingenieurverfahren erfolgen. Die technischen Spezifikationen für Entrauchungsventilatoren sind seit 2002 in der europäischen mandatierten und harmonisierten Produktnorm EN 12101-3 geregelt. Im Dezember 2015 ist eine Neufassung erschienen, in der auch die Berichtigungen aus dem Jahr 2006 verarbeitet sind. Die Anwendung und das Inverkehrbringen von harmonisierten Bauprodukten sind durch die CE-Kennzeichnung geregelt. Zusätzliche nationale Anforderungen, die nicht durch europäische Normen abgedeckt sind, werden national geregelt. Die Anhänge ZA (informativ 1) der Produktnormen der Normenreihe EN 12101 beschreiben die speziellen Prüf- und Anwendungskriterien sowie die wesentli-

503

chen Merkmale der harmonisierten Bauprodukte. Für Entrauchungsventilatoren findet Teil 3 der Normenreihe EN 12101 (EN 12101-3) Verwendung. Die Klassifizierungsnorm EN 13501-4 definiert die Produktklassifizierungen der wesentlichen Produktmerkmale. Wesentliche Merkmale für Entrauchungsventilatoren sind z. B. die Temperaturklassifizierung (F200, F300, F400, F600, F842) und die Aufrechterhaltung des Rauchgasvolumenstromes der sich innerhalb des Prüfzeitraumes nicht mehr als –10 % verringern darf. Staatlich benannte und überwachte Stellen der europäischen Union, sogenannte notified bodies (Überwachungs- und Zertifizierungsstellen), führen die entsprechenden Erstprüfungen und die Konformitätsbewertung gemäß EN 12101-3 im Auftrag der Hersteller durch. Als Nachweis dient das Zertifikat der Leistungsbeständigkeit, das die Zertifizierungsstelle erstellt. Als Grundlage für die Erstellung des Zertifikats der Leistungsbeständigkeit dient der Prüfbericht der Erstprüfung und die regelmäßige Durchführung einer werkseigenen Produktionsüberwachung durch notifizierte Zertifizierungsstellen. Eine Liste der notifizierten PrüfÜberwachungs- und Zertifizierungsstellen wird auf der Nando Datenbank (New Approach Notified and Designated Organisations) veröffentlicht. Seit dem 1. Juli 2013 löste die europäische Bauproduktenverordnung (BauPVO, Nr. 305/2011) die Bauproduktenrichtlinie (BPR, Nr. 89/106/EWG) ab. Die BauPVO ist als europäische Verordnung unmittelbar in allen Mitgliedsstaaten der EU umzusetzen. Der Nachweis der Leistung des Bauproduktes ist gemäß der Bauproduktenverordnung durch eine Leistungserklärung des Herstellers (DoP) zu dokumentieren. Der Verband Deutscher Ingenieure (VDI) und der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) erarbeiten Informationsblätter sowie Richtlinien im Bereich Entrauchung. Als Beispiele sind zu nennen: – VDMA Einheitsblatt 24177, – Richtlinien für Ventilatoren zur Rauch- und Wärmefreihaltung von Gebäuden im Brandfall, – weitere Informationsblätter des VDMA, die über die Anwendung, Rauchfreihaltung und Energieversorgung, Funktionserhalt von Leitungen von MRA informieren. Die im Dezember 2015 erschienene überarbeitete Produkt-Prüfnorm für Entrauchungsventilatoren DIN EN 12101-3 wurde im Wesentlichen in folgenden Punkten geändert bzw. ergänzt: – Bewertung bei Produktveränderungen, – Prüfvorschriften und Bewertung bei Wechsel des Motorfabrikats, – Prüfvorschriften bei Betrieb mit Frequenzumrichter, – Definition der wesentlichen Merkmale der Entrauchungsventilatoren, – Konformitätsbewertung bezüglich der Produktanwendung.

504

D7

Entrauchung mit maschinellen Entrauchungsanlagen (MRA)

Bild 1. Beispiel: Baurechtlicher Nachweis für Entrauchungsventilatoren

Bild 2. Beispiel: CE-Kennzeichnung Entrauchungsventilator und wesentliche Merkmale

Betreffs der Funktionsprüfung, Wartung und Instandhaltung dieser Bauprodukte nach europäischer Normenreihe EN 12101-1 bis 10 ist zurzeit keine durchgängig einheitliche Auffassung festzustellen. Die Bauproduktenverordnung bringt aber Hersteller und Betreiber von Entrauchungsanlagen bezüglich Installation, Funktion, Instandhaltung und Wartung stärker in die Verantwortung und Haftung. Baurechtliche Anforderungen an maschinelle Rauchund Wärmeabzugsanlagen werden in Deutschland durch die Verwaltungsvorschriften technische Baubestimmungen der einzelnen Bundesländer gestellt.

1.2

Anwendungsbereich

Maschinelle Rauch- und Wärmeabzugsanlagen bestehen aus Bauprodukten gemäß den entsprechenden

mandatierten Teilen der harmonisierten europäischen Produktnorm der Reihe EN 12101 Rauch- und Wärmefreihaltung: Teil 1: Bestimmungen für Rauchschürzen Teil 2: Natürliche Rauch- und Wärmeabzugsgeräte Teil 3: Bestimmungen für maschinelle Rauch- und Wärmeabzugsgeräte Teil 6: Festlegungen für Differenzdrucksysteme, Bausätze Teil 7: Entrauchungskanalstücke Teil 8: Entrauchungsklappen Teil 9: Steuerungstafeln Teil 10: Energieversorgung Diese Bauprodukte sind auf den Nutzungsbereich in Gebäuden anzuwenden. Flure und Treppenräume werden mit Differenzdrucksystemen für den Rauchschutz

Maschinelle Entrauchung (MRA)

nach EN 12101-6 ausgeführt. In Gebäuden mit großen Menschenmengen mit ungenügender Gebäudekenntnis kann es erforderlich sein, Rauchabzugssysteme und Differenzdrucksysteme parallel zu installieren.

1.3

Aufgaben und Schutzziele von maschinellen Rauchabzugssystemen

In der Musterbauordnung (MBO), § 17 Absatz 1 sind die generellen Anforderungen an RWA-Anlagen formuliert: „Bauliche Anlagen müssen so beschaffen sein, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind“. Konkret haben sich diese allgemeinen Grundforderungen durch die Schaffung „raucharmer Schichten“ mittels RWA-Anlagen aber auch die Rauchableitung ohne Schichtbildung umgesetzt. Maschinelle Rauchabzugssysteme in Gebäuden bieten die Möglichkeit in Rauchabschnitten, durch Bereitstellen eines Unterdruckes, Brandrauch in geplantem Umfang aus dem Gebäude heraus zu transportieren. Auch in Verbindung mit Differenzdrucksystemen sind somit über festgelegte Zeiträume haltbare Bedingungen schaffbar, die die Personenrettung, die Brandbekämpfung und den Gebäudeschutz unterstützen.

Aufgaben: Lebensrettung: Die Aufrechterhaltung verträglicher Bedingungen in den Bereichen, die zur Eigenrettung der Nutzer im Gebäude dienen. Geeignete Zugangswege für Brandbekämpfungsmaßnahmen: Damit die Brandbekämpfungsmaßnahmen wirksam verlaufen, sollten geschützte Zugangswege im Wesentlichen rauchfrei gehalten werden, mindestens aber, dass die Rauchausbreitung in den Zugangswegen begrenzt bleibt. Schutz des Gebäudes/Sachwerte: Über Rauchabzugssysteme wird verhindert, dass sich der Rauch ausbreitet und in empfindliche Bereiche eintritt. Schutzziele: – Schaffung raucharmer Schichten in Nutzungseinheiten durch kontinuierliche Abfuhr von Rauch und Wärme und Einleitung von Frischluft unterhalb der Rauchschicht, – Rauchverdünnung durch ausreichende Frischluftzufuhr und Abtransport über mechanische Abzugsanlagen, – Schaffung von raucharmen Bereichen durch Rauchabschnittsbildung über mechanische Zuluft- und/

505

oder Rauchabzugsanlagen oder bauliche Maßnahmen. Unter der verrauchten Zone im Raumdeckenbereich befindet sich die raucharme (europäisch: rauchfreie) Schicht, die eine Eigenrettung und den Feuerwehrangriff begünstigt. Darüberhinausgehende Schutzziele für RWA-Anlagen sind national und europäisch nicht bekannt. Bei niedrigen Raumhöhen unter 3 m und innenliegenden fensterlosen Fluren sowie unterirdischen Bauten ist die Bildung von raucharmen Schichten oder eine Rauchabschnittsbildung nicht möglich. Für niedrige Räume als auch für Fluchtwege wie z. B. Metro-Zu- und Abgänge haben sich Systeme als geeignet erwiesen, die eine gezielte Zuluft-/Abluftströmung gegen die Fluchtrichtung der Nutzer erzeugen, um die entsprechenden Bereiche weitgehendst rauchfrei/raucharm zu halten. Systeme dieser Art sind in Garagen bereits Stand der Technik. Hierbei kommen Entrauchungsventilatoren als Zentralventilatoren, die für die notwendige Frischluftzufuhr und/oder Rauchgasableitung sorgen, zum Einsatz. Die Strömungslenkung, -führung und -verteilung erfolgt durch Einsatz zusätzlicher sogenannter Jet- oder Strahlventilatoren. Das Prinzip der gezielten Zu- und Abluftführung durch Zentralventilatoren mithilfe von Jet- und Strahlventilatoren ist auch zur Rauchfreihaltung und Belüftung von Rettungswegen und Zufahrten eine alternative Möglichkeit. In großflächigen Parkgaragen sollte die Strömungslenkung durch selektive Beschaltung Einzelner oder Gruppen von Jet- oder Strahlventilatoren erfolgen. Je nach Lage des Brandortes ist aufgrund einer abschnittsweisen Rauchdetektion eine optimale Rauchgasableitung durch gezielte Beschaltung der notwendigen Jet- und Strahlventilatoren möglich.

1.4

Anforderungen an maschinelle Rauchabzugssysteme

1.4.1

Aufstellung und Ausführung der Entrauchungsventilatoren

Maschinelle Rauchabzugssysteme enthalten Bauprodukte der Normreihe EN 12101. Im Regelfall wird die Nachströmung über geeignete Gebäudeöffnungen auf natürlichem Wege gesichert. Maschinelle Luftzufuhr als Frischluftnachströmung ist zulässig. Die Lage und Anzahl der Absaugöffnungen beeinflusst maßgeblich die Schaffung rauchfreier Schichten und ist in Verbindung mit Lage und Anzahl entsprechender Nachströmöffnungen für das Erreichen des Schutzzieles verantwortlich. Die Aufstellung und Ausführung der Entrauchungsventilatoren (Bild 3) unterteilt sich in: – I → OA außerhalb von Gebäuden ohne Wärmedämmung – I → OAI außerhalb von Gebäuden mit Wärmedämmung

506

D7

Entrauchung mit maschinellen Entrauchungsanlagen (MRA)

Wandventilatoren, mit/ohne Ansaugkasten für die Montage an der Innen- und Außenwand, in axialer und radialer Bauform; Radialventilatoren, mit Riementrieb und Direktantrieb, wärmegedämmte und nicht wärmegedämmte Gehäuse; Axialventilatoren mit Direktantrieb, wärmegedämmte und nicht wärmegedämmte Gehäuse.

a)

b)

c) Bild 3. Aufstellung und Verwendung von Entrauchungsventilatoren; a) witterungsbeständig und funktionssicher bei Witterungseinflüssen wie Wind und Schnee; b) Wärmedämmung erforderlich, Kühlung des Aufstellraumes notwendig; c) keine Wärmedämmung erforderlich, bauartabhängig ist eine Motorkühlung erforderlich

verrauchte Schicht H h

h = Raucharme Schichthöhe H = Raumhöhe

Bild 4. Beispiel Rauchschichtbildung

– I → OG innerhalb von Gebäuden, außerhalb Brandraum ohne Wärmedämmung – I → OGI innerhalb von Gebäuden, außerhalb Brandraum mit Wärmedämmung – I ↔ O innerhalb Brandraum Die Temperatur-Zeit-Kategorien gemäß DIN EN 12101-3 betragen für Entrauchungsventilatoren: F 842 842 °C 30 min F 600 600 °C 60 min F 400 400 °C 120/90 min F 300 300 °C 60 min F 200 200 °C 120 min Geprüfte Entrauchungsventilatoren werden in verschiedenen Bauarten angeboten: Dachventilatoren, mit/ohne Dachsockel, in axialer und radialer Bauform;

Entrauchungsventilatoren sind über elastische Verbindungen mit Entrauchungsleitungen zu verbinden, um eine mechanische Beanspruchung auf das Kanalsystem durch Schwingungen zu verhindern. Ausgenommen davon sind Entrauchungsdachventilatoren, die auf Beton- oder Dachsockeln, welche zusammen mit dem Entrauchungsdachventilator geprüft wurden, montiert werden. Bei der Aufstellungsart der Entrauchungsventilatoren auf Dächern oder an Außenwänden von Gebäuden sind der dauerhafte Korrosionsschutz, die Vermeidung von Kaltlufteinfall und Kondensatbildung planerisch zu berücksichtigen. Als wesentliches Merkmal ist insbesondere die Sicherstellung der Funktion bei äußeren Umwelteinflüssen wie Wind und Schnee zu nennen. Die Anforderung der sogenannten Schneelastklasse ergibt sich aus der je nach Aufstellregion des Ventilators zugeordneten Schneelast, die sich aus der EN 1991-1-3 ergibt. Je nach Aufstellregion und Aufstellhöhe ergibt sich eine notwendige Schneelastklasse, die das Bauprodukt erfüllen muss. In Abhängigkeit der Ventilatorausführung ergeben sich unterschiedliche Anforderungen je nach Lage und Ausführung der Ausströmöffnungen (Bilder 5 und 6). Im Sicherheitsbetrieb der Entrauchungsventilatoren sind generell keine akustischen Anforderungen einzuhalten, trotzdem besteht oftmals Handlungsbedarf im Hinblick auf Schallimmission bei Funktionstests und Wartungsbetrieb. Aber auch der immer häufigere Einsatz von akustischen Fluchtweg-Lenkungssystemen macht den Einsatz von geeigneten und geprüften Schalldämpfmaßnahmen bzw. Schalldämpfern erforderlich. Auch die akustischen Einflüsse, wie zum Beispiel durch Verkehrslärm ins Innere der Gebäude, erfordern bei Entrauchungsanlagen in der Betriebsart „auf Abruf“ geeignete Schalldämmeigenschaften. Insbesondere Versammlungsstätten wie Theater und Konzertsäle sowie Tonstudios sind davon betroffen. Der Einsatz von Entrauchungsklappen oder als Entrauchungsventilatorzubehör funktionsgeprüften Verschlussklappen mit entsprechenden akustischen Schalldämmeigenschaften für den geschlossenen Zustand sind dann gefordert.

1.4.2

Antriebe, Einschaltvorgang und Regelung

Elektrische Antriebe werden in der Regel direkt oder über eine Stern-/Dreieck-Schaltung gestartet. Sanftanlaufsteuerungen zur Reduzierung der Anlaufströme

Maschinelle Entrauchung (MRA) keine Prüfung

Flächenlastprüfung

Flächenlastprüfung

507

keine Prüfung

vertikale Ausströmung

Ausstömung Neigung 200 (kW/m 3)

541

fen von anderen Verkehrsteilnehmern rechtzeitig verlassen [6]. Bei dem Busbrand im Juli 2017 in Bayern kamen 18 Passagiere ums Leben. Bild 2 zeigt den Bus nach dem Brand. Vermutlich lief nach einem Unfall Kraftstoff aus, der zu einer sehr schnellen Brandausbreitung geführt hat. Die Brandausbreitung erfolgt bei den Busbränden meist sehr schnell und führt bei einem Brand im Fahrgastraum zu einem Totalverlust des Busses. Auch bei Schadensereignissen, bei denen viele Fahrzeuge auf engem Raum stehen, wie in Busdepots oder Garagen, kann es zum Totalverlust vieler Fahrzeuge kommen: Im Dezember 2011 verursachte ein Feuer in einem Busdepot in NRW einen Totalverlust der kompletten Abstellhalle und aller 70 dort abgestellten Busse bzw. Fahrzeuge [7–9]. Die Grundfläche der Halle umfasste ca. 5000 m2 und wurde 1976 erstellt. Es handelte sich um ein massives Gebäude mit Stahlbetonstützen und Stahlbetonbindern für die Dachkonstruktion. Die Dacheindeckung bestand aus Trapezblechen mit Wärmedämmung und Bitumenbahnen. Lichtkuppeln waren ebenso wie integrierte Rauch-/Wärmeabzugsanlagen vorhanden. Überraschend waren neben dem Totalverlust der Halle und aller abgestellten Busse die extrem schnelle Brandausbreitung, die sehr hohe Abbrandgeschwindigkeit und die Chancenlosigkeit der Feuerwehr trotz schneller Anrück- und Angriffszeit. Ein Überwachungsvideo zeigt, dass innerhalb von ca. 20 Minuten die gesamte Halle im Vollbrand stand. Numerische Untersuchungen ergaben, dass die schnelle Ausbreitung in dem Busdepot auf die in Bussen verwendeten Materialien zurückzuführen ist. Bild 3 gibt einen Eindruck der Ergebnisse der numerischen Untersuchungen.

Bild 1. Numerische Untersuchung des Busbrands 2008 in Deutschland [2, 3]

Bild 2. Bus nach dem Brand, 2017 in Bayern (Freiwillige Feuerwehr Münchberg)

542

D9

Brandsicherheit von Bussen

a)

b)

Time 0.0

>0 (kW/m 3)

Time 471.6

>0 (kW/m 3)

Bild 3. Numerische Untersuchungen des Brandes im Busdepot in Deutschland 2011, a) zu Beginn des Brandes, b) ca. 8 Minuten nach Brandbeginn

Weitere Brände in Busdepots, beispielsweise in Springe 2014 und 2016, zeigten ähnliche Verläufe [10]. Auch das Busdepot in Bielefeld brannte 2019 vollständig aus, wobei mehrere Autos und Busse verbrannten [11]. Wegen der Brennbarkeit der Kunststoffe und ihrer Eigenschaft im Brandfall große Wärmemengen freizusetzen, ist die Hauptbrandlast in Busbränden oft nicht mehr der mitgeführte Brennstoff, sondern die verbauten Kunststoffe im Bus, die zudem auch leicht zu entzünden sind. Neben der Entflammbarkeit der Materialien sind aber für die Brandsicherheit auch die Rauchproduktion, die Rauchentwicklung und -ausbreitung sowie deren Toxizität für die Gefährdung der Sicherheit der Passagiere von großer Bedeutung.

2

Vorschriften zur Brandsicherheit von Bussen

In Deutschland leiten sich die Brandsicherheitsanforderungen von Kraftfahrzeugen grundsätzlich aus dem § 30 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) für die Bau- und Betriebsvorschriften von Fahrzeugen ab, indem „Fahrzeuge so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass die Insassen insbesondere bei Unfällen vor Verletzungen möglichst geschützt und das Ausmaß und die Folgen von Verletzungen möglichst gering bleiben.“ Die Sicherheitsanforderungen an Busse sind international durch die UNECE (United Nations and their Economic Commission for Europe) geregelt. Die ECE Richtlinie 36 regelt den „Bau von Fahrzeugen des

öffentlichen Verkehrs“. Die Richtlinie 107 legt die Anforderungen für Fahrzeuge bestimmter Kategorien fest. Die EU-Richtlinie 2001/85/EG wird allgemein als „Busrichtlinie“ bezeichnet und regelt die „besonderen Vorschriften für Fahrzeuge zur Personenbeförderung mit mehr als acht Sitzplätzen“ auf europäischer Ebene. In der EU-Richtlinie 95/28/EG werden konkrete Anforderungen „über das Brennverhalten von Werkstoffen der Innenausstattung“ vorgegeben. Die EURichtlinien sind inhaltlich meist identisch mit korrespondierenden Reglungen auf UNECE-Ebene (UNWirtschaftskommission für Europa). Die ECE R 36 für Eindeck- und Gelenkfahrzeuge zur Personenbeförderung sowie die ECE R 107 für Eindeck-, Gelenk und Doppelstockfahrzeuge regeln die „besonderen Vorschriften für Fahrzeuge zur Personenbeförderung mit mehr als acht Sitzplätzen“. Die ECE R 118 umfasst die Brandschutzanforderungen für „das Brennverhalten (Entzündbarkeit, Brenngeschwindigkeit und Schmelzverhalten) von Materialien der Innenausstattung“. Dabei ist Brandsicherheit im Fahrgastraum von Kraftomnibussen europaweit durch die ECE Richtlinien 107 und 118 geregelt. Die vorgeschriebenen Brandprüfungen gehen auf den amerikanischen Standard FMVSS 302 zurück. Es hat sich allerdings der Kunststoffanteil in Kraftomnibussen seit der Entwicklung dieses Standards in den 1960er-Jahren etwa verzehnfacht [12]. Die verbauten Kunststoffe besitzen ungefähr eine Brandlast im Umfang des mitgeführten Treibstoffs [13] und reichen für den Abbrand des gesamten Busses. In den Richtlinien wird der Schutz gegen Entflammung durch kleinere Zündquellen, wie Zigaretten oder Feuerzeu-

Prüfung zur Bestimmung der horizontalen Brenngeschwindigkeit von Werkstoffen

543

Tabelle 1. Prüfverfahren nach ECE 118 Prüfverfahren

Wiederzufinden in: Regelwerke

Werksnormen GS 97038 (BMW) DBL 5307 (Daimler) FLTM-BN 24-2 (Ford) GM 6090 M (GM) MES DF 050D (Mazda) ES–X60410 (Mitsubishi) PTL 8501 (Porsche) D45 1333; (Renault) STD 5031,1 (Volvo) TL 1010 (VW)

Anhang 6

Prüfung zur Bestimmung der horizontalen Brenngeschwindigkeit von Werkstoffen

ECE R118 (Int.) ISO 3795 (Int.) FMVSS 302 (USA) U.T.A.C. 18-502/1 (F) DIN 75200 (D) BS AU 169 (GB) JIS D 1201 (J)

Anhang 7

Prüfung zur Bestimmung des Schmelzverhaltens von Werkstoffen

ECE R118 (Int.) NF P92-505 (F) U.T.A.C. 18-502/2 (F)

Anhang 8

Prüfung zur Bestimmung der vertikalen Brenngeschwindigkeit von Werkstoffen

ECE R118 (Int.) EN-ISO 6941 (Int.)

ge, vorgeschrieben. Brände infolge eines Zusammenstoßes oder sich entzündender Elektrik mit deutlich höheren Temperaturen werden nicht berücksichtigt. Die niedrigen Anforderungen der geltenden Brandprüfungen lassen sich am besten daran veranschaulichen, dass selbst ein Streichholz als Material den aktuellen Anforderungen für die Innenausstattung von Kraftomnibussen für horizontal eingebaute Innenraummaterialien entspricht [14]. Außerdem werden Brandnebenprodukte, wie die Rauchgasmengen und die -toxizität, bislang nicht betrachtet. Auch alle anderen weltweit vergleichbaren Standards zum Brandschutz von Straßenfahrzeugen gehen ebenfalls auf den FMVSS 302 zurück. In Tabelle 1 sind nationale und internationale Vorschriften und Normen sowie Herstellerstandards zu den Brandprüfverfahren für Innenraummaterialien dargestellt. Die Anforderungen an die Brandsicherheit von Bussen richten sich auch nach dem Einsatz und der Konstruktion der Busse. Dafür werden in den Richtlinien Kategorien und Klassen festgelegt: – Kategorie M2: Fahrzeuge zur Beförderung von Passagieren, die mehr als acht Sitze zusätzlich zum Fahrersitz besitzen und ein Maximalgewicht von 5 Tonnen nicht überschreiten. – Kategorie M3: Fahrzeuge zur Beförderung von Passagieren mit mehr als acht Sitzen zusätzlich zum Fahrersitz, deren Maximalgewicht 5 Tonnen überschreitet. – Klasse 1: Fahrzeuge mit Stehplätzen für regelmäßiges Ein- und Aussteigen. – Klasse 2: Fahrzeuge zur Beförderung von sitzenden Passagieren, die zur Beförderung von stehenden Passagieren Gänge oder Flächen besitzen, die den Platz von zwei Doppelsitzen nicht überschreiten.

Fahrzeuge der Kategorien M2 und M3, deren Kapazität 22 Passagiere zuzüglich Fahrer nicht überschreitet, haben zwei Klassen: – Klasse A: Fahrzeuge, die dafür konzipiert sind, stehende Passagiere zu befördern, ein Fahrzeug dieser Klasse hat Sitze und Flächen für stehende Passagiere. – Klasse B: Fahrzeuge, die zur Beförderung von sitzenden Passagieren konzipiert sind; diese Fahrzeuge haben keine vorgesehenen Flächen für stehende Passagiere. Im Folgenden sind die Prüfverfahren für Innenraummaterialien von Bussen näher beschrieben.

3

Prüfung zur Bestimmung der horizontalen Brenngeschwindigkeit von Werkstoffen

Der fundamentale Werkstofftest für Materialien der Inneneinrichtung in Kraftomnibussen ist das Prüfverfahren zur Bestimmung der horizontalen Brenngeschwindigkeit. Dabei werden mindestens fünf Prüfkörper geprüft. Die Prüfkörper werden für den Versuch in einen U-förmigen Probenhalter eingespannt und erhalten im Abstand von 38 mm und 292 mm von der vorderen Kante Markierungen, die während des Versuchs zur Ermittlung der Brenngeschwindigkeit dienen. Die Halterung wird horizontal in den Brennkasten, wie in Bild 4 zu sehen, eingeschoben, um den Probekörper mit einer 38 mm langen Bunsenbrennerflamme gezielt für fünfzehn Sekunden an der unteren Vorderkante zu beflammen.

544

D9

Brandsicherheit von Bussen

30

1

2 3

Probenhalter/ Probe

1 = Heizkörper 2 = Probe 3 = Gitterrost (für den Probenhalter) 4 = Watte 5 = Behälter 300

Bunsenbrenner

Bild 4. Brennkasten nach UN ECE-R 118 Anhang 6 [15]

Die Brennzeit, die die Flamme auf der Brennstrecke zwischen den beiden Markierungen benötigt, wird festgehalten. Falls die Flamme der Prüfprobe vor der zweiten Markierung erlischt, wird die Brennstrecke abgemessen. Die Anforderungen der Prüfung nach Anhang 6 sind erfüllt, wenn unter Berücksichtigung des schlechtesten Ergebnisses die horizontale Brenngeschwindigkeit 100 mm/min nicht übersteigt oder wenn die Flamme ausgeht, bevor die letzte Markierung erreicht ist.

4

Prüfung zur Bestimmung des Schmelzverhaltens von Werkstoffen

Ein weiterer Werkstofftest für die Innenverkleidung des Daches und angrenzende Bauteile besteht aus einem Tropftest. Es sind mindestens vier Prüfkörper zu testen. Bei dem Tropftest wird der Prüfkörper in 30 mm Abstand zu dem Heizkörper horizontal auf einem Rost angeordnet. Der elektrische Heizkörper bestrahlt die Probe mit einer Intensität von 30 kW/m2 . Während der Prüfdauer von 10 Minuten werden das Abtropf- und Entzündungsverhalten der Probe und der darunterliegenden Zellstoffwatte beobachtet. In Bild 5 ist der Versuchsaufbau skizziert. Zündet die Probe während der ersten fünf Versuchsminuten, wird der Strahler innerhalb von drei Sekunden bis zum Verlöschen der Flammen weggeschwenkt. Nach fünf Versuchsminuten bzw. nach dem Verlöschen des Prüfkörpers wird für weitere fünf Minuten die thermische Belastung ununterbrochen auf die Probe ausgeübt. Im zweiten Versuchsintervall soll die Strahlung unabhängig von einer Entzündung für fünf Minuten einwirken. Die Anforderungen der Prüfung sind erfüllt, wenn während der gesamten Prüfung keine Tropfen auftreten, die die 300 mm unterhalb der Probe liegende Zellstoffwatte entzünden.

4 5

Bild 5. Prüfaufbau nach UN ECE-R 118, Anhang 7 [15]

5

Prüfung zur Bestimmung der vertikalen Brenngeschwindigkeit von Werkstoffen

Der dritte Werkstofftest ist eine Prüfung für Vorhänge, Jalousien und ähnliche Behangwerkstoffe, die die Anforderungen des Tests zur Bestimmung der senkrechten Brenngeschwindigkeit erfüllen müssen. Zusätzlich müssen seit 2017 alle vertikal eingebauten Materialien diesen Test bestehen. Es sind drei bzw. bei anisotropen Werkstoffen sechs Proben zu überprüfen. Während des Tests wird eine 40 mm lange Brennerflamme für fünf Sekunden auf die untere Probenkante gerichtet. Entzündet sich die Probe nicht, wird ein weiterer Probensatz für fünfzehn Sekunden beflammt. Die Proben dürfen eine Brenngeschwindigkeit von 100 mm/min nicht übersteigen.

6

Anpassung der Vorschriften

Aufgrund der vorher beschriebenen Brände sowie weiterer Brände in anderen Ländern wurden die Vorschriften für Busse weiterentwickelt. Einzelne Brände können besonders schwer sein und viele Mitreisende betreffen. Insbesondere bei Bränden nach Verkehrsunfällen ist dies der Fall. In den vergangenen Jahren wurde eine Vielzahl von Aspekten des Brandschutzes in die internationalen fahrzeugtechnischen Vorschriften eingebracht, z. B. Brandmelder und Motorlöschsysteme. Weiterhin wurden die vorgeschriebenen Prüfungen zur

5

Anpassung der Vorschriften

180

150

6

dritter Markierfaden

150 180

560

6

zweiter Markierfaden

Materialprobe erster Markierfaden

180

220

6

Befestigungshilfe

Ø 2 Abstandhalter (wahlweise)

20

20

5

150

10

6

Brenner

Bild 6. Prüfaufbau und Prüfkörper nach UN ECE-R 118, Anhang 8 [15]

Brandgeschwindigkeit und zum Tropfverhalten fortgeschrieben. Zunächst wurde die Richtlinie 107 dahingehend erweitert, dass Branddetektionssysteme im Motorraum und an den Stellen, wo Heizgeräte vorhanden sind, verpflichtend wurden. Dann wurden Rauchmelder in den vom Fahrer nicht einsehbaren Bereichen, wie Toiletten oder in der Schlafkabine des Fahrers, vorgeschrieben. Die Richtlinie 118 wurde hinsichtlich der Vorschriften für elektrische Kabel und Dämmmaterialien erweitert. Da die bisherige Version der Richtlinie 118 nur vorschrieb, alle Materialien – unabhängig von der Einbausituation – horizontal zu testen (nur Vorhänge wurden in einer vertikalen Anordnung geprüft), wurde die Richtlinie dahingehend erweitert, dass die Einbausituation nun berücksichtigt werden muss, um ein realistischeres Szenario zu prüfen. Alternativ zur Durchführung der Horizontal- und Vertikalprüfungen ist die Prüfung nach den für Schienenfahrzeuge geltenden Anforderungen zulässig. Zusätzlich gelten die Anforderungen für den Passagierraum nun für den gesamten Innenraum des Fahrzeugs. Die Richtlinie 107 „Einheitliche Bedingungen für die Genehmigung von Fahrzeugen der Klassen M2 und M3 hinsichtlich ihrer allgemeinen Konstruktionsmerkmale“ wurde hinsichtlich der Anforderungen an die verwendeten Materialien und Branddetektion erweitert: – „Im Motorraum dürfen keine entflammbaren schalldämmenden Stoffe oder Materialien, die sich mit Kraftstoff, Schmiermitteln oder sonstigem brennbaren Material vollsaugen können, verwendet werden, sofern sie nicht mit einer undurchlässigen Beschichtung versehen sind.“

545

– „Bei Fahrzeugen, deren Motor sich hinter dem Fahrerraum befindet, muss der Fahrerraum mit einem Alarmsystem ausgestattet sein, das dem Fahrzeugführer sowohl durch ein akustisches als auch durch ein visuelles Signal eine Überhitzung des Motorraums und jedes einzelnen Raumes anzeigt, in dem sich ein Verbrennungsheizgerät befindet. Das Alarmsystem muss so ausgelegt sein, dass es im Motorraum und in jedem einzelnen Raum, in dem sich ein Verbrennungsheizgerät befindet, eine Temperatur feststellt, die die normale Betriebstemperatur überschreitet.“ Auch für andere vom Fahrer nicht einsehbare Räume ist ein Branddetektor vorgesehen: – Toilettenräume, Fahrerschlafräume und andere separate Räume von Fahrzeugen sollen mit einem Branddetektor (Temperatur-/Rauchmelder) ausgestattet werden. – Der Motorraum muss mit einer Löschanlage ausgestattet sein. ECE Richtline 118 „Einheitliche technische Vorschriften über das Brennverhalten von Materialien der Innenausstattung von Kraftfahrzeugen bestimmter Klassen“ wurde hinsichtlich der Spezifikationen für das Brandverhalten von Komponenten, die im Innenbereich verwendet werden, im Motorraum und in jedem Bereich mit einem Heizelement sowie den Aufnahmeeigenschaften von Brennstoffen oder anderen Flüssigkeiten bei Dämmmaterialien, die im Motorraum oder separaten Heizräumen verwendet werden, erweitert: – Die Materialien und/oder Ausrüstungsgegenstände, die im Fahrgastraum und/oder bei Bauteilen verwendet wurden, die als solche genehmigt worden sind, müssen so eingebaut sein, dass die Gefahr einer Flammenentwicklung und der -ausbreitung möglichst gering ist. – Solche Materialien und/oder Ausrüstungsgegenstände der Innenausstattung dürfen nur unter Berücksichtigung ihrer beabsichtigten Verwendung und der Prüfungen, denen sie insbesondere im Hinblick auf ihr Brenn- und Schmelzverhalten (horizontale/vertikale Richtung) unterzogen worden sind, eingebaut werden. – Klebstoffe, die verwendet wurden, um das Material der Innenausstattung an seiner Trägerstruktur zu befestigen, dürfen das Brennverhalten des Materials möglichst nicht negativ beeinflussen. Für Materialien, die in Bussen verwendet werden, gibt die Richtlinie fünf Materialtests an (sie sind jeweils in einem separaten Anhang der ECE-R 118 beschrieben), die je nach Einbausituation von den Materialien bestanden werden müssen (ausgenommen sind Teile aus Metall oder Glas): – Materialien und Komponenten, die in horizontaler Richtung eingebaut sind, müssen den Test zur Bestimmung der horizontalen Brenngeschwindigkeit bestehen. Das Prüfergebnis gilt als zufriedenstellend, wenn unter Berücksichtigung der ungünstigsten Prüfergebnisse die horizontale Brenngeschwin-

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D9

Brandsicherheit von Bussen

digkeit nicht mehr als 100 mm/Minute beträgt oder die Flamme vor Erreichen des letzten Messpunkts erlischt. – Materialien und Komponenten, die mehr als 500 mm über dem Sitz oder in der Decke des Fahrzeugs verbaut sind, sowie Dämmmaterialien im Motorraum oder in einem separaten Heizraum müssen einen „Tropftest“ bestehen, in dem das Schmelzverhalten der Probe untersucht wird. Das Prüfergebnis gilt als zufriedenstellend, wenn sich unter Berücksichtigung der ungünstigsten Prüfergebnisse kein Tropfen bildet, der die Watte entzündet. – Materialien und Komponenten, die in vertikaler Richtung eingebaut sind, werden einem Test zur Bestimmung der vertikalen Brandausbreitungsgeschwindigkeit unterzogen. Das Prüfergebnis gilt als zufriedenstellend, wenn unter Berücksichtigung der ungünstigsten Prüfergebnisse die vertikale Brenngeschwindigkeit nicht mehr als 100 mm/Minute beträgt. – Alle Dämmmaterialien, die im Motorraum oder in separaten Heizräumen verwendet werden, müssen auf ihre Saugfähigkeit hin geprüft werden. Die Gewichtszunahme der Probe darf 1 g nicht überschreiten. – Elektrische Kabel müssen auf ihren Widerstand gegen Brandweiterleitung nach ISO 6722:2006, Paragraph 12 geprüft werden. Jede Flamme des brennenden Dämmmaterials muss innerhalb von 70 Sekunden verlöschen und es muss mindestens eine Restlänge von 50 mm Dämmmaterial am oberen Ende der Probe unverbrannt bleiben. Anstatt der Prüfung zum Schmelzverhalten („Tropftest“) und der Prüfung zum vertikalen Abbrandverhalten, die in den Anhängen der Richtline ECE-R 118 beschrieben sind, ist es auch gestattet, Prüfungen nach ISO 5658-2 [17] durchzuführen, die für Materialien für Schienenfahrzeuge vorgeschrieben sind: – Materialien, die einen gemittelten CFE (critical heat flux at extinguishment, kritischer Wärmefluss bei Verlöschen) größer oder gleich 20 kW/m2 erreichen, wenn sie nach ISO 5658-2 geprüft werden, erfüllen automatisch die bereits genannten Anforderungen an Busmaterialien, wenn kein brennendes Abtropfen auftritt, wobei das schlechteste Prüfresultat berücksichtigt werden muss. Da Dämmmaterialien häufig mit Betriebsflüssigkeiten in Kontakt kommen und in dieser Kombination die Entzündbarkeit und die Brennbarkeit der Materialien negativ beeinflusst wird, wurde in der Richtlinie 118 ein zusätzlicher Test für das Dämmmaterial aufgenommen. Zur Verringerung der Flammenausbreitung entlang von Kabeln wurde die Prüfung nach ISO 6722, Paragraph 12 in die Regelung ECE R 118 eingebracht. Als Ersatz für den Vertikaltest und den Tropftest nach den Anhängen der ECE R 118 kann ebenfalls die Prüfung nach ISO 5658-2 mit Bestimmung des kritischen Wärmestroms (CFE) verwendet werden. Der Test nach ISO 5658-2 ist der Standardtest für seitlichen Flam-

Tabelle 2. Erweiterungen der Vorschriften für die Brandsicherheit von Bussen in den letzten Jahren Detektion von Bränden im Motorraum [ECE-R 107]

31.12.2013

Brandverhalten von Materialien (elektrische Kabel, Dämmmaterialien) [ECE-R 118]

09.12.2015

Brand- bzw. Rauchdetektor in abgetrennten Bereichen [ECE-R 107]

26.7.2015

Brandverhalten von Materialien (Berücksichtigung 26.7.2017 der Einbaurichtung, Einsatz von Materialien, die nach ISO 5658-2 getestet sind) [ECE-R 118] Löschsysteme im Motorraum [ECE-R 107]

18.06.2019

menfortschritt auf Produkte im Transportbereich, die vertikal verbaut sind. Bei dieser Prüfung wird der seitliche Flammenfortschritt auf der Oberfläche einer vertikal angebrachten Probe bestimmt. Die meisten Innenraummaterialien von Schienenfahrzeugen oder Passagierschiffen müssen die Anforderungen dieses Tests erfüllen. Die Akzeptanz von Materialien, die die Anforderungen des ISO 5658-2 Tests erfüllen, ermöglicht theoretisch den unkomplizierten Einsatz von Materialien aus dem Schienenfahrzeugverkehr in Bussen. Die beschriebenen Erweiterungen der Vorschriften sind in Tabelle 2 zusammengefasst.

7

Diskussion mit Vergleich zu anderen Transportsektoren

Diese bisher erreichten Veränderungen der Vorschriften sind allerdings nur ein Anfang. Der verabschiedete Vertikaltest stellt zwar eine Verbesserung in gewissen Bereichen dar, aber besonders gefährliche Bereiche wie der Deckenbereich des Fahrgastraums, über die sich der Brand wegen der dort herrschenden sehr hohen Temperaturen besonders schnell ausbreiten kann, werden aufgrund ihrer horizontalen Einbaulage nicht in den Veränderungen der Vorschriften berücksichtigt und es findet auch keine Prüfung hinsichtlich der Rauchgasproduktion und der Toxizität statt. Durch die Einführung eines verpflichtenden Einsatzes von Rauchmeldern wird der Busfahrer gewarnt und durch das Motorlöschsystem werden Brände im Motorraum schnell erkannt und im überwiegenden Teil der Fälle gelöscht bzw. soweit unter Kontrolle gebracht, dass eine weitere Brandausbreitung verhindert wird [3, 16]. Bei den Erweiterungen der Vorschriften für Innenraummaterialien blieben allerdings größere Zündquellen bei den möglichen Brandursachen und die ent-

Diskussion mit Vergleich zu anderen Transportsektoren

stehenden Rauchgase der Materialien und deren Toxizität unberücksichtigt, obwohl Passagiere bei einem Brand im Fahrgastraum einer sehr hohen Gefährdung durch die extrem schnelle Brandausbreitung ausgesetzt sind. Gerät der Fahrzeuginnenraum in Brand, brennt in den meisten Fällen das gesamte Fahrzeug vollständig aus. Die schnelle Brandentwicklung mit ebenfalls sehr rascher Rauchausbreitung stellt für die Insassen eine große Gefahr dar, da die Zeit, die zur Selbstrettung zur Verfügung steht, oft nur 2 bis 4 Minuten beträgt. Der Selbstrettung kommt bei Busbränden eine hohe Bedeutung zu, da durch die schnelle Brandausbreitung im Fahrzeug eine Fremdrettung durch die Feuerwehr meist nicht mehr möglich ist. Die Zeit, die für die Selbstrettung zur Verfügung steht, ist die Zeit von Brandbeginn (bzw. Brandentdeckung) bis zum Erreichen der Erträglichkeitskriterien in der Fahrgastzelle. Sowohl bei höheren Temperaturen als auch bei höheren Konzentrationen giftiger Rauchgase ist eine Selbstrettung nicht mehr möglich. Vor einigen Jahren wurde in einem Projekt der Busbrand auf der A2 bei Hannover untersucht, bei dem im Jahre 2008 20 der 36 Fahrgäste starben und 13 schwer verletzt wurden. Von der Staatsanwaltschaft Hannover wurde das vom TÜV Nord angefertigte Gutachten zu diesem Unfall zur Verfügung gestellt. Der Unfall wurde in einer numerischen Simulation mit dem Fire Dynamics Simulator (FDS, Version 5) nachgebildet und mithilfe des Gutachtens validiert. Im Anschluss konnten dann weitere Szenarien wie die Verwendung anderer Materialien, andere Zündquellen, andere Lüftungsbedingungen und der Einsatz von Rauchmeldern simuliert werden. Zur Bestimmung der in der Berechnung verwendeten Materialien wurden Proben aus einem Linienbus entnommen und mittels ATR-Spektroskopie auf ihre Materialzusammensetzung hin untersucht. Diese ermittelten Werte und weitere Parameter, die der Literatur entnommen wurden, wurden als Eingangsdaten für die numerische Berechnung verwendet [2, 3, 16]. Es wurden Experimente an Busmaterialien in verschiedenen Versuchseinrichtungen durchgeführt, um einen Vergleich mit der Brandsicherheit von Materialien des Schienenverkehrs zu erstellen, d. h. es wurde geprüft, ob die verbauten Materialien in Bussen die Brandvorschriften, wie sie in Zügen gefordert werden, erfüllen. Keines der getesteten Materialien hätte die Bahnanforderungen für die unteren Gefahrenklassen (HL1 und HL2, engl. hazard level, HL) erfüllt und könnte somit im Schienenverkehr – auch im Nahverkehrsbereich – nicht eingesetzt werden. HL1 und HL2 beziehen sich auf die Einsatzbereiche von Schienenfahrzeugen im Stadtverkehr (mit und ohne Tunnelbenutzung). Diese Einsatzbereiche sind mit den Einsatzbereichen von Bussen vergleichbar. Der Vergleich der Brandschutzanforderungen an Schienenfahrzeuge mit denen an Bussen zeigt, wie wichtig eine Weiterentwicklung der Brandschutzvorschriften in Fahrzeugen und insbesondere in Bussen ist, in denen bisher weder die Wär-

547

mefreisetzung noch die Rauchfreisetzung der Materialien begrenzt ist und auch keine Grenzwerte hinsichtlich der Toxizität der Rauchgase vorgeschrieben sind. Dies wird insbesondere bei der Betrachtung der Zeit deutlich, die bei einem Busbrand für die Selbstrettung der Passagiere zur Verfügung steht. Neben der Analyse von realen Bränden konnte dies auch in Versuchen gezeigt werden: Im schwedischen Institut RISE wurde 2008 ein Brandversuch mit einem Bus durchgeführt [17]. Folgende Ergebnisse konnten aus dem Versuch gewonnen werden: Die Zeit für eine erfolgreiche Evakuierung der Fahrgäste beträgt nur etwa 4–5 Minuten, in denen das Fahrzeug meist erst noch zum Stehen gebracht werden muss. Besonders für mobilitätseingeschränkte Personen, nach einem Unfall und bei doppelstöckigen Bussen ist diese kurze Zeitspanne sehr kritisch. In dieser Zeit steigen des Weiteren die Rauchgaskonzentrationen auf ein gefährliches Niveau und die Sichtbarkeit nimmt stark ab. Die Sichtbarkeit sinkt bei vollständiger Beleuchtung nach 5–6 Minuten auf ein paar Meter (schlechte Beleuchtung 2–4 Minuten). Die rasche Ausbreitung des Feuers erhöht die Gefahr für Menschen in einem Tunnel oder einem unterirdischen Busbahnhof, da ein Flashover innerhalb von etwa 15 Minuten erfolgt. Vergleicht man die Vorschriften für Innenraummaterialien mit denen anderer Transportsektoren, stellt man fest, das in allen anderen Transportsektoren die Vorschriften sehr viel strikter sind. Tabelle 3 gibt einen Überblick über die Anforderungen an Innenraummaterialien in den verschiedenen Transportsektoren. Den Einfluss dieser Vorschriften auf das Brandverhalten lässt sich gut anhand des Brandverhaltens von Sitzen verdeutlichen. Es wurden mehrere Versuche mit Sitz-Mock-ups durchgeführt, wobei der verwendete Schaum und die Textilien verschiedenen Vorschriften genügten. In den Bildern 7 und 8 sind die Ergebnisse von Versuchen im offenen Kalorimeter für Sitz-Mockups aus unterschiedlichen Materialien dargestellt. In Bild 7 sind die mit der Sauerstoffverbrauchsmethode gemessenen Wärmefreisetzungsraten (engl. heat release rate, HRR) dargestellt, in Bild 8 die Transmission. Es wurden Sitz-Mock-ups getestet, die jeweils aus einer Schaumfüllung und einem Bezug aus Textil bestanden. Die Mock-ups wurden aus zwei Teilen zusammengesetzt – einer horizontal angeordneten Sitzfläche und einer vertikal angeordneten Rückenlehne. Die schwarzen durchgezogenen Linien zeigen die Messergebnisse für einen Mock-up aus Materialien, die in Schienenfahrzeugen eingesetzt werden. Die gestrichelten Linien zeigen die Ergebnisse für Materialien wie sie vor der Erweiterung der Vorschriften um den Vertikaltest für vertikal eingebaute Materialien verwendet wurden (Bus 1). Die gepunkteten Linien zeigen die Ergebnisse für einen Mock-up bei dem alle verwendeten Materialien auch die Prüfung mit dem Vertikaltests bestehen (Bus 2). Die grauen gestrichelte Linien zeigen die Ergebnisse für ein Mock-up bei der gemäß den Erweite-

548

D9

Brandsicherheit von Bussen

Tabelle 3. Überblick zu Brandschutzrichtlinien und -tests für Innenraummaterialien verschiedener Verkehrssektoren Parameter

Kraftfahrzeuge

Schienenfahrzeuge

Schifffahrt

Luftfahrt

UN ECE R 118

EN 45545-2

SOLAS, chapter II-2

FAR/JAR/CS 25.853

Horizontale Brandausbreitung

ISO 3795 bzw. R 118, Anhang 6





FAR/JAR/CS 25.853 b(5)

Vertikale Brandausbreitung

ISO 3795 bzw. R 118, Anhang 7 (für vertikal verbaute Komponenten)

EN ISO 11925-2 (Filter)

ISO 6940/41 (Vorhänge)

FAR/ JAR/ CS 25.853 b(4)

Tropfen

UN ECE R 118, Anhang 8







Wärmefreisetzungsrate



ISO 5660-1

ISO 5660-1

FAR/JAR/CS 25.853(d)

Rauchdichte



ISO 5659-2

ISO 5659-2

FAR/JAR/CS 25.853 (d)

Toxizität der Rauchgase



ISO 5659-2

ISO 5659-2

BSS 7239/ABD 0031

Brennbarkeit durch Strahlung



EN-ISO 9239-1

Subpart 687.017

FAR 25.856

Brennbarkeit der Sitze



ISO 9705-2

ISO 8191-1/-2

FAR/JAR/CS 25.853(c)

Schienenfahrzeuge (2017) Bus 1, horiz. (2017) Bus 2, vert./vert. (2018) HRR in kW

Bus 3, horiz./vert. (2018)

Zeit in s

Bild 7. Gemessene Wärmefreisetzungsrate HRR von unterschiedlichen Sitz-Mock-ups

rungen der Vorschriften alle vertikal eingebauten Materialien den Vertikaltest bestehen (Sitzlehne) und alle horizontal eingebauten Materialien den Horizontaltest (Sitzfläche) (Bus 3). Die höheren Anforderungen an Materialien für Schienenfahrzeuge zeigen sich an den sehr niedrigen Werten für die Wärmefreisetzungsrate und nur einer sehr geringen Reduktion der Transmission. Eine hohe Wärmefreisetzungsrate macht eine Ausbreitung des Brandes auf benachbarte Objekte sehr wahrscheinlich und trägt damit zu einer schnellen Brandausbreitung bei. Eine Verringerung der Transmission bedeutet eine Verringerung der Sichtweite, die bei einem realen Brand zu einer Verschlechterung der

Bedingungen für die Selbstrettung führt. Bei allen Versuchen mit Mock-ups für den Busbereich (Bus 1, 2 und 3 in den Bildern 7 und 8) liegen die Wärmefreisetzungsraten um mindestens eine Größenordnung höher als bei den Materialien für Schienenfahrzeuge. Auch die Transmission nimmt in allen Fällen sehr stark ab. Das bedeutet, dass es zu einer starken Rauchentwicklung gekommen ist. Eine Verbesserung des Brandverhaltens lässt sich innerhalb der Busmaterialien nur für den Versuch Bus 2 feststellen, bei dem es in den ersten 260 s zu einer geringeren Wärmefreisetzung kommt. Danach steigt die Wärmefreisetzungsrate dann stark an.

549

Transmission

Fazit

Schienenfahrzeuge (2017) Bus 1 horiz. (2017) Bus 2, vert./vert. (2018) Bus 3, horiz./vert. (2018)

Zeit in s

Bild 8. Gemessene Transmission von unterschiedlichen Sitz-Mock-ups

Das bedeutet, dass nur eine verbindliche Prüfung mit dem Vertikaltest für alle verwendeten Materialien eine Verbesserung des Brandverhaltens der Sitze (bzw. hier der Mock-ups) zur Folge hat. Der Vertikaltest ist aber nur für vertikal eingebaute Materialien vorgeschrieben. Das Ergebnis für diese Materialkombination ist im Versuch Bus 3 (graue gestrichelte Linien) gezeigt. Durch die Erweiterung der Vorschriften für die Brandsicherheit von Bussen ist bezüglich des Brandverhaltens von kombinierten Materialien, wie sie in einem Sitz vorkommen, keine Verbesserung des Brandverhaltens erreicht worden. Somit kann gezeigt werden, dass weder eine Reduzierung der Wärmefreisetzungsrate zu verzeichnen ist, noch eine Verminderung der starken Rauchentwicklung (die Rauchentwicklung nimmt mit fallender Transmission zu). Der positive Einfluss von höheren Anforderungen an Innenraummaterialien (Anforderungen wie bei Schienenfahrzeugen) auf den Brandverlauf im Fahrgastraum konnte mit numerischer Simulation eines Busbrands gezeigt werden [2, 3, 13, 16, 18–20]. Es wurde mit dem Fire Dynamics Simulator der Brand in einem Bus simuliert, der durch eine auf einem Sitz der hintersten Reihe angezündeten Zeitung entsteht. Es wurde der Brandverlauf unter der Annahme, dass einmal Busmaterialien und einmal Schienenfahrzeugmaterialien verbaut sind, berechnet. Die Brandausbreitung ist für verschiedene Zeiten in Tabelle 4 dargestellt. Auf der linken Seite sind die Simulationen für die Busmaterialien zu sehen, auf der rechten die Ergebnisse für die Annahme, dass im Bus Materialien für Schienenfahrzeuge verbaut sind.

8

Fazit

Die Fachempfehlung zur Verbesserung der Brandsicherheit von Bussen, die als Positionspapier der Vereinigung zur Förderung des deutschen Brandschutzes (vfdb), der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren (AGBF) und dem Deutschen Feuerwehrverband herausgegeben wurde, fasst die Situation in der wir uns heute befinden zusammen: Etwa 80 Prozent der Busbrände entstehen im Motorraum. Seit 2016 sind Motorlöschanlagen in den europäischen Regularien verankert. Nach einer Übergangsfrist sollen diese in den nächsten Jahren für alle Busse verbindlich eingeführt werden. Diese Entwicklung ist ein großer Fortschritt für die Brandsicherheit von Bussen [21]. Brände, die außerhalb des Motorraums entstehen und sich im Innenraum eines Busses ausbreiten, treten seltener auf, sind aber aufgrund der dokumentiert rasanten Brand- und Rauchausbreitung besonders gefährlich. Ursächlich für die schnelle Brand- und Rauchausbreitung im Innenraum von Bussen sind die dort verbauten Materialien. In den letzten Jahrzehnten haben sich die in Bussen verwendeten Materialien, hinsichtlich ihres Kunststoffanteiles, stark verändert. In einem modernen Reisebus ist die größte Brandlast nicht mehr der mitgeführte Treibstoff, sondern die verwendeten Innenraummaterialien [21]. Die Brandschutzanforderungen an die verbauten Materialien in Bussen sind auf einem deutlich geringeren Schutzniveau als die Anforderungen an Materialien in Personenzügen, Schiffen oder gar Flugzeugen. Vergleicht man einen Linienbus mit einer Straßenbahn

550

D9

Brandsicherheit von Bussen

Tabelle 4. Numerische Berechnung von Brandverläufen bei einem Busbrand mit unterschiedlichen Innenraummaterialien Innenausstattung mit Busmaterialien

Innenausstattung mit Materialien für Schienenfahrzeuge

50 s

135 s

245 s

400 s

und einen Reisebus mit einem Fernzug, sind die Risiken vergleichbar; die Vorschriften hinsichtlich des Brandschutzes unterscheiden sich jedoch sehr stark. An Materialien für Schienen- und Luftfahrzeuge werden sowohl an die Entflammbarkeit der Materialien als auch an die Wärme- und Rauchfreisetzung weit höhere Ansprüche gestellt. Für Busse gehen die aktuellen Vorschriften hinsichtlich der Materialien auf die 1960er-Jahre zurück. Damals war es Ziel, dass ein Fahrzeug nicht durch Raucherutensilien in Brand gerät. Die Materialien werden daher nur mit verhältnismäßig kleinen Zündquellen getestet. Eine Begrenzung der Wärme- und Rauchfreisetzung erfolgt gar nicht. Eine hohe Wärmefreisetzung der Materialien begünstigt eine schnelle Brandausbreitung. Neben der entstehenden Wärme ist die Rauchfreisetzung im Brandfall entscheidend. Brandrauch behindert die Sicht, ist toxisch und kann daher die Fluchtmöglichkeiten von Passagieren stark einschränken [21]. Austretender Kraftstoff nach einem Unfall kann einen Brand zudem stark beschleunigen. Sowohl bei einem gravierenden Busbrand in Frankreich 2015 mit 43 Toten als auch bei dem Brand 2017 auf der A 9 wird dies als ein weiterer Faktor für die heftige Brandausbreitung vermutet. Bei verschiedenen Brandereignissen mit Bussen und bei Großversuchen wurde über eine

Zeitspanne von deutlich weniger als fünf Minuten von der Brandentstehungsphase bis zum Vollbrand berichtet. Durch die große Personendichte ist ein Brand in einem Reisebus nicht mit einem Wohnungsbrand vergleichbar. Besonders für mobilitätseingeschränkte Personen oder bei Bränden nach einem Unfall sind die Zeiten, die den Passagieren für die Selbstrettung zur Verfügung stehen, deutlich zu kurz. Beim Eintreffen der Feuerwehr kann der Übergang zum Vollbrand bereits stattgefunden haben. Ist es in dieser kurzen Zeit nicht allen Passagieren gelungen, selbst das Fahrzeug zu verlassen, kann auch die Feuerwehr nicht mehr helfen. Es sollte nicht hingenommen werden, dass trotz schneller Eingreifzeiten der Feuerwehren eine Fremdrettung in vielen Fällen aufgrund der heftigen Brandentwicklung nicht mehr möglich ist. Die Vorschriften für Businnenraummaterialien müssen daher angepasst werden [21]. Resultierend aus Praxiserfahrungen und vorliegenden Forschungsergebnissen ist es notwendig, den Brandschutz bei Bussen, vergleichbar zu anderen Transportmitteln, in ein Gesamtkonzept einzubetten. Hierbei sind sowohl die Ausstattung und Gestaltung der Fahrzeuge als auch die verschiedenen Einsatzgebiete, wie Stadtverkehr, Autobahnen und Tunnel, zu berücksichtigen [21].

Literatur

9

Literatur

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553

D 10 Fehler in der Brandschutzausführung Sylvia Heilmann

Prof. Dr.-Ing. Sylvia Heilmann Ingenieurbüro Heilmann Burglehnstraße 13, 01796 Pirna Seit 1999 Prüfingenieurin für Brandschutz und seit 2000 öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für baulichen Brandschutz. Studium des Bauingenieurwesens an der Technischen Hochschule Leipzig, Vertiefung konstruktiver Ingenieurbau, Promotion. Seit 1997 eigenes Ingenieurbüro für Brandschutz und Baustatik. Ab 2006 Lehrauftrag Brandschutz an der TU Dresden, ab 2016 dort Honorarprofessorin für Brandschutz. Seit 2008 Mitarbeit im DINNormenausschuss Bau 005-52-21, AG Basisnorm.

Bauphysik-Kalender 2021: Brandschutz. Herausgegeben von Nabil A. Fouad. © 2021 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2021 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

554

D 10

Fehler in der Brandschutzausführung

Inhaltsverzeichnis 1

Einleitung

555

2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6

Fehler bei der Bauausführung 555 Rettungswege 555 Konstruktiver Brandschutz 557 Trockenbau 558 Trennwände und Fugen 560 Leitungsanlagen 560 Fazit 560

3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5

Fehler bei der Nutzung 561 Arten der Nutzergewohnheiten 561 Bestimmungsgemäße Nutzergewohnheiten Unzulässige Nutzergewohnheiten 562 Veränderbare Nutzungsgewohnheiten oder Nutzungseinschränkungen 564 Resümee 565

4

Literatur

565

561

Fehler bei der Bauausführung

1

555

Einleitung

Kein Menschenwerk ist perfekt. Auch Bauwerke nicht. Bauen ist ein Wagnis und ein Abenteuer zugleich. Ein Wagnis, weil auch die sorgfältigste Planung, die perfekteste Organisation und die klügsten Sicherheitsmargen nicht vor Fehlern schützen. Und wenn das Papier, auf dem das Bauwerk geplant und vermasst wurde, nicht so recht zur gebauten Wirklichkeit passen will, dann beginnt das Abenteuer. Nein, keine Baustelle bleibt von Fehlern frei. Ausführungsfehler im Brandschutz sind dabei nicht nur monetär bedeutungsvoll, sondern auch deshalb, weil das Bauwerk feuerwiderstandsfähig sein und fliehenden Menschen Sicherheit bieten muss. Im Brandfall muss das Bauwerk halten, was auf dem Papier geplant, konzipiert und versprochen wurde. Aber erst in der gebauten Realität zeigt sich, ob alle papiernen Rechnungen aufgehen, ob das Risiko richtig kalkuliert, die Kompromisse gleichmäßig verteilt und die Konzepte klug erdacht worden sind. Fehler in der Bauausführung resultieren meistens aus Missverständnissen, oder, höflich gesagt, aus Interpretationsschwierigkeiten. Ärgerlich sind im Zeitalter unentwegter Kommunikation jene Fehler, die aus Kommunikationsproblemen resultieren. Und ja: Die meisten Fehler entstehen wegen Geld- oder Zeitmangel – und nicht selten auch aus schlichter Dummheit. Wer ist dagegen schon gefeit? Am unangenehmsten sind jene Fehler, die sich im Nachhinein als vermeidbar erweisen. Schauen wir also zunächst – natürlich beispielhaft, anonym und respektvoll – auf das Fehlerpotenzial während der Ausführung und beginnen mit einem Klassiker.

2

Fehler bei der Bauausführung

2.1

Rettungswege

Im Bild 1 sieht man, dass durch eine querlaufende Fensterstrebe nicht nur die Fensterrettung schwierig wird, sondern das man dadurch auch nicht gut hinausschauen kann. Bei der Ursachenforschung, die im Werkertragsrecht immer die Suche nach dem Sündenbock umfasst, war zunächst auf dem Papier, also im Brandschutznachweis, ein Rettungsfenster eingezeichnet, das ein „unverbautes“, also lichtes Maß von 0,90 m × 1,20 m vorgab. Es sei zugegeben, dass das Wort „unverbaut“ im Zusammenhang mit einem Rettungsfenster selten Anwendung findet. Wer kalkuliert schon ein, dass „jemand“ ein Fenster mit einer querlaufenden Strebe ausstattet. Bei der weiteren Suche nach dem Sünder, also dem Verursacher, muss nun der Tragwerksplaner seine Papiere offenbaren. Was ist hier passiert? Der Architekt, wie auch der Brandschutzplaner, entwickeln ihre Planunterlagen, indem sie das zu bauende Gebäude horizontal in etwa einem Meter Höhe über dem Fußboden gedanklich durchschneiden und das

Bild 1. Der geplante zweite Rettungsweg führt durch ein Fenster, das im Zuge der Bauausführung von einer tragenden Fassadenstrebe durchkreuzt wurde

dann nach unten Sichtbare als Grundriss darstellen. Der Tragwerksplaner hingegen schneidet das Gebäude gedanklich zwar auch horizontal durch, allerdings an anderer Stelle. Er schneidet etwa einen Meter unterhalb der Decke und sieht dann nach oben. Die Planer blicken also, wenn sie ihre Papiere erarbeiten, in entgegengesetzte Richtung. Das ist nun in unserem Beispiel (Bild 1) fatal, denn der Brandschutzplaner hat bei seiner Blickrichtung ein Meter über dem Fußboden noch keine Strebe im Fenster gesehen, und unter der Decke hat die Strebe das Fensterfeld bereits verlassen. In den jeweiligen Planunterlagen war also diese „Strebe“ im Fenster nicht dargestellt, was jedoch den Bauunternehmer nicht davon abhielt, sie trotzdem einzubauen. Erst der Prüfingenieur für Brandschutz hat bei der Bauüberwachung im Vier-Augen-Prinzip dieses Fenster als ungeeignet bewertet. Dass Fehler, die zu Behinderungen bei der Flucht und der Rettung führen ein besonderes Haftungsrisiko für die Planenden und Bauenden darstellen, soll der Einbaufehler im Bild 2 verdeutlichen. Die im Bild 2 gegen die Fluchtrichtung aufschlagende Tür findet in dieser Einbausituation keine öffentlich-rechtliche und auch keine privat-rechtliche Akzeptanz. Da rettet auch der Feuerlöscher nichts. Die Gründe sind offensichtlich, wenn man sich sein eigenes Fluchtverhalten vorstellt. Überhaupt ist die Personifizierung von Gefahren hilfreich bei der Vermittlung von Risiken für die Flucht und Rettung und die Akzeptanz von Maßnahmen [1]. Wenn im Brandfall der Fliehende entscheiden muss, welchem der beiden angezeigten Fluchtmöglichkeiten

556

D 10

Fehler in der Brandschutzausführung

Bild 2. Die Tür schlägt im Zuge des Rettungsweges dem Fliehenden nicht nur entgegen, sie verbaut den Durchgang derart, dass auch bei kleinen Personenzahlen ein Stau, eine Blockade, eine Behinderung entstehen können (Bild 6)

Bild 3. Die Qual der Wahl kann wertvolle Zeit kosten, wenn der Fliehende erst überlegt und z. B. fragt, welcher Weg geht wohl schneller oder wo parkt mein Auto. Instinktiv verlässt man in Notfall das Gebäude meist so, wie man es betreten hat

er folgt (Bild 3), wird ein Entscheidungsprozess provoziert, der möglicherweise wertvolle Zeit kostet und sogar zum Stau führen kann. Bei der Rettungswegbeschilderung im Gebäude gelten die folgenden beiden Grundsätze: 1. Es soll von jeder Stelle nur ein Rettungswegzeichen erkennbar sein. 2. Es wird der kürzeste Rettungsweg ausgeschildert. Wenn die letzte Hoffnung eine Strickleiter (Bild 4) ist, dann benutzt man auch die, um sich in Sicherheit zu

bringen. Planmäßig allerdings ist ein solcher Rettungswegnachweis nicht genehmigungsfähig! Die Gründe sind naheliegend: Die Leiter muss über die Brüstung gehoben werden, darf sich dabei nicht verknoten und eine zielführende Benutzung ist aus physiologischen Gründen sowieso nicht für jedermann möglich. Rettungswege, deren Benutzung nicht jederzeit mit einem Griff in voller Breite gewährleistet werden kann, wie im Bild 5a und 5b zu sehen, sind abzulehnen.

Bild 4. Eine Strickleiter als Rettungsweg und die vage Hoffnung, dass sie mich rettet

Fehler bei der Bauausführung

a)

557

b)

Bild 5. a) Ein Notausgang, der in einen Lichtschacht führt, der nicht aufrecht und nur mit erheblicher Kraftanstrengung „benutzbar“ wird, ist nicht akzeptabel, b) Der Notausstieg ist fest vergittert und es steht zu befürchten, dass dies im Brandfall eine Gefahr ist

2.2

Konstruktiver Brandschutz

Auch im Bereich der Tragwerkssicherheit begegnen uns immer wieder Fehler, deren Auswirkungen im Brandfall im wahrsten Sinne des Wortes katastrophal sein können, da im „Betonzeitalter“ mit einem Tragverlust im Brandfall kaum zu rechnen ist. So ist, wie im Industriebau üblich, die Aussteifung einer Brandwand über die Dachkonstruktion oder eine Rahmenkonstruktion

unzulässig, wenn diese selbst keinen Feuerwiderstand hat (Bild 6). Die Prüfung der Widerstandsfähigkeit der Brandwand gegen Stoßbeanspruchung erfolgt dabei nach dem in DIN 4102 Teil 3 beschriebenen Verfahren (Bild 7), wobei die erforderliche Stoßenergie für die zusätzliche mechanische Beanspruchung nach § 30 (3) MBO durch eine schwingende Fallbewegung des Prüfsacks (Ge-

Bild 6. Aussteifung der Brandwand durch brandschutztechnisch ungeschützte Bauteile ist nach DIN 4102-4:2016-05, Kap. 5.12.2, Kap. 6.4.2 (2) oder Kap. 9.5.1 (3) unzulässig

558

D 10

Fehler in der Brandschutzausführung

Belastungsgerüst

Ausklinkvorrichtung Flaschenzug

Komplextrennwand 4000 Nm

2000

1500

Brandwand 3000 Nm

h 3000

h/2 = 1500

h/2 = 1500

= 3000

200 kg Bleischrott

O.K.F. Halle

Presse 1500

Bild 7. Prüfaufbau der Stoßbeanspruchung nach DIN 4102-3:1977-06

wicht: 200 kg) aus einer Fallhöhe von 2,0 m erzeugt wird. Um diese Stoßbeanspruchung in Wandmitte kostensparend aufzunehmen, erfolgt die Aussteifung der Brandwand meistens über „benachbarte“ Bauteile, was naheliegend ist, im Falle von brandschutztechnisch ungeschützten Tragteilen aber eher gefährlich sein kann (Bild 6). Das gilt insbesondere für die Aussteifung einer Brandwand, deren Funktionsfähigkeit genau dann von Bedeutung ist, wenn keine Brandbekämpfung mehr im Inneren möglich ist und wenn sich die Gefahr der Brandausbreitung über jene Brandwand hinweg an deren Raumabschluss bemisst [2].

2.3

Trockenbau

Ein üppig mit Ausführungsfehlern gespicktes Gewerk ist der Trockenbau. In kaum einem anderen Baubereich sind die Unzulänglichkeiten so gravierend wie hier (Bild 8). Es beginnt mit der oft mangelhaften oder in der ersten Beplankungslage gar fehlenden Verspachtelung der Fugen oder der Schrauben-, Klammer- und Nagelköpfe. Erweitert wird dieses Mangelbild von unzureichenden Trockenbauanschlüssen an die benachbarten Bauteile. Gern wird auf Trenn- und Dichtungsstreifen verzichtet oder ganz auf die Stahlblechprofile (Bild 9b). Auch die Dämmschicht zwischen den GKF-Platten muss nach DIN 4102-4:2016-05, Kap. 10.2.4 (2) durch „flankenförmiges Einpassen“ gegen Herausfallen gesichert sein. Das bedeutet, die Dämmung muss beim Einbau nicht einfach nur zwischen die Ständer/Riegel gestellt, sondern bis etwa 10 mm gestaucht, also „press“ eingebaut werden.

Fehler bei der Bauausführung

a)

b)

559

c)

≤30

Bild 8. Trockenbauprobleme, a) fehlende Trennstreifen, b) fehlende Verspachtelung, c) fehlende CE-Profile

≥20

1 2 3

d

Legende 1 Stahlwinkel 2 Nichtbrennbare Dämmschicht 3 Mauerwerk

Bild 9. a) Unzureichender Deckenanschluss einer nicht tragenden F90-Wand, b) Korrekter Deckenanschluss nach DIN 4102-4:2016-05, Kap. 9.8.2, Bild 9.1

Trennlage

Altbau OG03

F30 von oben erfolgt durch Trockenestrich Dauerelastische Verfugung in F30 (z.B. durch F30-Fugenband) Aluminium-Winkel 80/80/2 mm betonseitig verputzt

50 cm Mineralwolle Kantholz STB Unterzug gem. Statik

50 cm Mineralwolle

Bestandbalken ca. 13,5/24 cm Bestandsträger 2 × NP 300

Abhänger Grundprofil Tragprofil

Altbau OG02

Der Deckenzwischenbereich ist um die Gussstützend umlaufend auf einer Länge von mind. 50 cm dicht mit Mineralwolle (Schmelzpunkt >1000 °C) auszustopfen. Die Mineralwolle ist 1 cm zu stauchen.

a)

b)

Bild 10. a) Feuerschutz für Holz, Stahl und Gusseisen durch Trockenbau und Dämmschichtbildner (DSB), b) Detail eines Anschlusspunktes aus Holz, Stahl, Guss, geschützt durch Trockenbau und DSB

Grundprofil geteilt und mit CD-Längsverbinder verbunden

Bewegungsfuge nach AbP GK-Decke, F30 von unten 2x12,5 mm Feuerschutzplatte gem. DIN EN 520 Abhängung Grundprofile aller 50 cm Grund- und Tragprofil max. Abstände entsprechend AbP UK-Unterhangdecke nicht tiefer als UK quadratische Kopfplatte Gleitender Anschluss 2x12,5 mm Feuerschutzplatte nach AbP Stützenkopf ist mit F30-Anstrich zu versehen

560

D 10

Fehler in der Brandschutzausführung

Apropos Anschlüsse: Auch der folgende Fehler ist auf der Baustelle häufig anzutreffen: Es wird eine nicht tragende feuerbeständige Wand an die Massivdecke angeschlossen (Bild 9a), indem die circa fünf Zentimeter breite (und damit zu breite) Fuge schlicht mit Mineralwolle mehr oder weniger dicht verfüllt (leider nicht verstopft) wird. Ein Blick auf Bild 9b zeigt die Problematik. Kommen wir nochmal zum Trockenbau zurück. Seine Kombination mit anderen Baustoffen ist eine tatsächliche Herausforderung auf der Baustelle. So muss nicht selten im Bestand ein Stahlunterzug, der eine Holzbalkenkonstruktion trägt, durch eine Stahl- oder eine Gussstütze getragen werden (Bild 10a). Allesamt haben sie Feuerwiderstandsanforderungen zu erfüllen, da sie tragende oder auch aussteifende Bauteile sind. In einer solchen Situation die Einbaubedingungen des jeweiligen Schutzproduktes einzuhalten, ist eine fast unlösbare Aufgabe. Wir bewegen uns im Bereich der Abweichungen von Zulassungen oder Prüfzeugnissen für ungeregelte Bauprodukte bzw. technischen Normen für geregelte Bauprodukte (Bild 10b), die erfahrungsgemäß nur im Einzelfall vor Ort und direkt mit den Beteiligten (also der Bauaufsicht, dem Prüfingenieur für Brandschutz oder Statik und/oder dem Zulassungsinhaber) zu klären sind.

erkannt. Schuldige wurden auch gefunden: es war der Maurer in Absprache mit dem Elektriker. Der Elektriker bat den Maurer um ein „Loch“ 30 cm × 50 cm in der Wohnungstrennwand, in das er dann diesseits den einen Elektrounterverteiler und jenseits den anderen einbaute. Er arretierte beide Verteiler mit etwas Bauschaum und tapezierte die Fugen geschickt weg. Fertig. Diese Ausführung ist nicht nur ein erhebliches Brandschutzproblem, auch aus Schall- und Wärmeschutzgründen ist dies nicht akzeptabel. Bild 12 zeigt einen Fehler im Sturzbereich eines EI90 Tores. Der durch die Fugen durchscheinende Sonnenstrahl ließ Zweifel am Raumabschluss der Brandwand aufkommen und verhinderte letztlich die mängelfreie Endabnahme.

2.4

2.6

Trennwände und Fugen

Ein auch zum Landgericht führender Fehler ist im Bild 11 dargestellt. Ursächlich beklagte sich der Mieter aus Wohnung 6, dass er den Zigarrenqualm des stark rauchenden Mieters aus Wohnung 7 nicht mehr zu ertragen in der Lage wäre und kündigte, mit der Begründung, dass da wohl die Wohnungstrennwand nicht dicht sei. Dass „dicht“ allein nicht reicht, wurde schnell

Wohnung 2W 5W 6W 9W

10~ 4~

a)

2.5

Leitungsanlagen

Ein letztes Wort soll noch den Leitungsanlagen gewidmet sein. Auch wenn von den Fehlern, die in den Bildern 13a und 13b zu sehen sind, meistens keine konkrete Gefährdung zu erwarten ist, bleiben sie doch Gefahren, Mängel, Defizite, Unzulänglichkeiten, schwer zu betreibende Gebäudeausrüstungen – und im Brandfall ein erhebliches Risiko für die Vermögensinteressen des Bauherrn.

Fazit

Jede Bauinvestition ist nur so sicher, wie ihr schwächstes Glied. Damit wird die Rentabilität – also die Kennzahl für den Erfolg einer Investition – auch vom Brandschutz abhängig. Die Fehler stellen dabei nicht nur die Genehmigungsfähigkeit des gesamten Bauvorhabens in Frage, sondern konterkarieren auch das dem Planervertrag zugrunde liegende Werkvertragsrecht. Das

Wohnung 3W 4W 7W 8W

10~ [cm]

b)

Bild 11. a) Schnitt durch Wohnungstrennwand im Bereich der Elektrokästen, b) Ansicht der Elektrokästen

Bild 12. Offene Fugen im Sturzbereich des EI90 Tores in einer Brandwand

Fehler bei der Nutzung

a)

561

b)

Bild 13. a) Unzureichende Leitungsführung und Schottung in einer Holzbalkendecke, b) Unzureichende Leitungsführung und fehlende Leitungsschottung im Trockenbau

Werkvertragsrecht verlangt den Erfolg! Wird dieser geschuldete Erfolg nicht „geliefert“, erlischt der Honoraranspruch. Ist die Bauausführung abgeschlossen, dann vollendet der Nutzer das, was der Planer für ihn erdacht, der Prüfingenieur bestätigt, das Bauaufsichtsamt genehmigt und was der Bauunternehmer errichtet hat. Erst dann zeigt sich die Praktikabilität und Realitätsnähe des geplanten und gebauten Brandschutzes. Schwierigkeiten und Fehler des Nutzers widmet sich Abschnitt 3 [3].

3

Fehler bei der Nutzung

3.1

Arten der Nutzergewohnheiten

Der Bauherr investiert, der Planer plant, der Prüfer prüft, die Behörde genehmigt, der Unternehmer baut – und der Nutzer? Als letzter Teilnehmer an der Wertschöpfungskette Bau nutzt er nicht immer alles so, wie es gedacht, geplant und gebaut worden ist. Dieser Beitrag zeigt einige Probleme auf und diskutiert Nutzerbelange, die oft nicht in vollem Umfang bei der Planung und Ausführung berücksichtigt wurden. Dass der Mensch ein unberechenbares Wesen ist, zeigt sich auch und gerade während der Nutzung mit großer Deutlichkeit. Planer denken zwar voraus, kalkulieren alle Risiken und berechnen mögliche Eventualitäten – scheitern aber dennoch nicht selten an der Unvorhersehbarkeit menschlichen Handelns. Er macht was er will, der Nutzer, und das ist sein gutes Recht – solange er nichts Falsches tut, z. B.: – den Brandschutzbeauftragte entlassen, – Fluchttüren verriegeln, – Fluchtwegkennzeichen zuhängen, – regelmäßige Schulungen zum Brandschutz zur Kaffeerunde degradieren,

– frühere Lager als Büroräumen nutzen, – Rettungswegpläne nicht korrigieren, – die Brandschutzordnung unlesbar werden lassen oder – die alten Handfeuerlöscher nicht ins Feuerwehrmuseum abgeben.

Doch welche Nutzergewohnheiten sind zwar falsch, aber nicht gefährlich? Brandschutz ist grundsätzlich dann wirksam und langfristig praktikabel, wenn er die tägliche Nutzung nicht behindert oder einschränkt. Dann können die vorgesehenen Maßnahmen im Brandfall ihre Wirkung entfalten und das konzipierte Sicherheitsniveau erreicht werden. Die Wirksamkeit einer Prävention beweist sich allerdings erst im Brandfall. Und auch dann funktioniert der Sicherheitsbeweis nur unter der Annahme, dass die Kausalität der Ereignisse eine logische Folge des Sicherheitskonzeptes ist, was bei der ausgesprochenen Dynamik des Verbrennungsvorganges und der Vielzahl der unkalkulierbaren, unvorhersehbaren Einflüsse eine optimistische, mutige und schwer beweisbare Hypothese ist. Daher spielen die Nutzergewohnheiten eine entscheidende Rolle. Man unterscheidet zwischen bestimmungsgemäßen, unzulässigen und veränderbaren Nutzergewohnheiten [4]. 3.2

Bestimmungsgemäße Nutzergewohnheiten

Durch bestimmungsgemäße Nutzungsabläufe oder Gewohnheiten, die zwar nutzertypisch, aber in der Planung nicht berücksichtigt worden sind, kann Brandschutz wirkungslos werden. Hier ist der Einfluss durch organisatorische Maßnahmen nur bedingt möglich. Das ist damit zu begründen, dass bestimmungsgemäße Nutzungsabläufe tatsächlich dem Zweck dienen müssen – also zur Nutzung gehören – und deshalb

562

D 10

Fehler in der Brandschutzausführung

Bild 14. Garderoben im Flur einer Kindertagesstätte sind meist unveränderbar

durch unzweckmäßige oder gar erzwungene Organisation kaum beeinflussbar sind (Bild 14). Es ist zudem nicht zielführend, unverzichtbare Nutzungsabläufe oder bestimmungsgemäße Nutzergewohnheiten eingrenzen oder verändern zu wollen (Bild 22). Daher müssen bereits zum Zeitpunkt der Planung die Nutzeranforderungen so konkret wie möglich benannt werden und das Nutzungskonzept Bestandteil des Planungsauftrages sein. Zu bestimmungsgemäßen Nutzergewohnheiten gehören z. B.: – Garderoben in Fluren von Grundschulen oder Kindertagesstätten (Bild 14), – Rollen am Pflegebett in einem Altenheim, – tatsächlich notwendige Brandlasten in den notwendigen Fluren von Hotels (Bild 15), Büroeinheiten (Bild 16) oder Krankenhäusern (Bild 23) usw. Diese meist unveränderbaren Nutzergewohnheiten können bei der Nutzung zu Sicherheitsdefiziten führen, wenn sie im Brandschutzkonzept planerisch nicht bedacht werden.

Bild 15. Notwendige Sitzgruppe ist eine Brandlast im notwendigen Flur eines Hotels

Bild 16. Notwendige Aktenschränke stellen eine Nutzungsänderung des notwendigen Flures dar und erfordern eine Planungsanpassung

3.3

Unzulässige Nutzergewohnheiten

Meist unbemerkt im Laufe der Zeit entstandene Sicherheitsdefizite ergeben sich dann, wenn die Gebäudenutzer im Nachhinein Änderungen vornehmen. Diese können z. B. im Eingangsbereich oder im Foyer angeordnete Informationsstände, Empfangstresen oder Sitzmöbel – und damit Brandlasten – sein, die in der Brandschutzplanung nicht berücksichtigt worden sind. Diese Brandlasten befinden sich dann meist direkt am oder im Rettungsweg und können zudem die Breite einschränken. Oft ist der notwendige Ausgang aus dem Treppenraum betroffen, der so nicht mehr sicher benutzbar ist. Diese Situation bedarf einer brandschutztechnischen Bewertung und ist nur zulässig, wenn andere Rettungswege und Ausgänge ins Freie vorhanden sind. Alternativ kann die Sicherheit dieses Rettungsweges anlagentechnisch gewährleistet werden, z. B. mit einer Brandmeldeanlage oder einer Sprinkleranlage. Häufig wird der organisatorische Brandschutz, d. h. die regelmäßige Kontrolle der Einhaltung der Sicherheitsvorschriften im Gebäude, im normalen Betriebsablauf vernachlässigt. So sind in der Praxis immer wieder eigentlich vermeidbare Situationen vorzufinden, die zu einer konkreten Gefahr führen (siehe Bilder 17, 18 und 19). Zu den unzulässigen Nutzergewohnheiten gehören auch: – Notausgänge versperren (Bild 20), – Rettungswege als Aufenthaltsbereiche zu benutzen, z. B. mit Sitzgruppen in notwendigen Fluren oder gar Treppenraum (Bild 17), – Rettungswege als Funktionsbereiche nutzen, z. B. Kaffee- und Speiseautomaten in Treppenräumen, Kopierer oder Garderoben in notwendigen Fluren, Infotresen im Foyer usw. (Bilder 22, 23, 25),

Fehler bei der Nutzung

563

– unzulässige Offenhalter an Brand- oder Rauchschutztüren (Bild 19). Die Zustände die in den Bildern 17, 18, 20 und 21 gezeigt werden, sind Beispiele mangelnden organisatorischen Brandschutzes. Sie stellen eine konkrete Gefahr dar und sind unverzüglich abzustellen! Da die organisatorischen Maßnahmen meist keine baulichen Änderungen bedingen, scheint für die „Unverzüglichkeit der Mängelabstellung“ ein zeitlicher Rahmen von maximal zwei Wochen angemessen. Die in den Bildern 14 bis 16 und 19 erkennbaren Situationen in notwendigen Fluren sind zunächst unzulässig, können aber konzeptionell im Brandschutznachweis gelöst werden (z. B. durch den zulässigen Verzicht auf notwendige Flure durch Bildung von Nutzungseinheiten) oder durch bauliche Anpassungen (z. B. für den Offenhalter im Bild 19 der Einbau einer zugelassenen und verlässlichen Feststellanlage angeraten) [4]. Bild 17. Bei einem brennbaren Sitzmöbel im notwendigen Treppenraum ist ein sofortiges Handeln, das heißt Entfernung, erforderlich

Bild 18. Unzulässige Brandlasten im Treppenraum

Bild 20. Die Fläche vor dem notwendigen Ausgang wird als Flaschenlager genutzt

Bild 19. Unzulässige „Türstopper“ machen Brandschutztüren wirkungslos und kaputt

Bild 21. Schlechte Nutzergewohnheiten und mangelnder organisatorischer Brandschutz

564

D 10

Fehler in der Brandschutzausführung

Bild 22. Die Nutzung der Treppenhalle sollte nicht verboten werden/sein

Bild 24. Die Nutzung unter dem Treppenlauf ist zu unterbinden

Bild 23. Krankenhausflur mit vermeidbaren Brandlasten?

3.4

Veränderbare Nutzungsgewohnheiten oder Nutzungseinschränkungen

Ein Brandschutzkonzept umfasst bauliche, anlagentechnische und betrieblich-organisatorische Maßnahmen. Der vorbeugende Brandschutz besteht dabei nicht aus isolierten Einzelmaßnahmen, sondern aus einem aufeinander abgestimmten System von Vorkehrungen, deren Zusammenwirken erst den vollständigen Schutz ergibt. So kann durch den Verzicht auf eine betriebliche Maßnahme oder durch die Änderung eines Nutzungsablaufes das Sicherheitskonzept hinfällig werden. Im Extremfall kann durch veränderte Nutzungsparameter eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auftreten. Deshalb muss das Brandschutzkonzept die alltägliche, zweckmäßige Nutzung würdigen. Nutzungseinschränkungen sind als Maßnahme für den Nachweis des erforderlichen Sicherheitsniveaus nicht geeignet. Diese erfordern eine straffe und langfristig abgesicherte organisatorische Kontrolle, die menschlich und zeitlich bedingt einem Verschleiß unterliegt. Nutzungseinschränkungen sind deshalb unrealistisch und auch uneffektiv.

Bild 25. Der „berühmte“ Kopierer im notwendigen Flur ist unzulässig

Denn wenn die Baulichkeit eine Nutzung zwar erlauben würde (Bild 22), diese aber wegen der Sicherheit eingeschränkt werden muss, ist das eine Verschwendung vorhandener Ressourcen. Deshalb sollte planerisch die Nutzungsfreiheit nachgewiesen werden. Ein klassisches Beispiel einer Nutzungseinschränkung ist die Begrenzung der maximal möglichen Personenzahl, was meist auf die zur Verfügung stehende Ausgangsbreite zurück zu führen und nur durch zusätzliche Notausgänge zu vermeiden ist. Ist eine Nutzungsbeschränkung unvermeidbar (Bild 25), dann muss der Nutzer ihre Einhaltung gewährleisten.

Literatur

565

meinte Investitionen können wirkungslos werden, was es unbedingt zu vermeiden gilt. Deshalb müssen die Nutzerwünsche und Nutzergewohnheiten wesentliche Grundlagen eines Brandschutzkonzeptes bereits in der Konzeptphase sein. Nur dann ist es funktionierend und langfristig praktikabel und damit nachhaltig. Nutzungseinschränkungen sind zu minimieren. Sind sie jedoch unvermeidbar, muss der Betreiber für deren Einhaltung sorgen und vollumfänglich haften (Bilder 24 und 25). Denn eine Erkenntnis sollte allen Beteiligten gegenwärtig sein: Unser Rechtssystem liebt die Sünde, aber nicht den Sünder!

Bild 26. Suchbild – der Hydrant ist kaum zu finden

Auch die Feuerwehr und ihr uneingeschränktes Wirken dürfen nicht vergessen werden. Nicht auszudenken, wie ein Brandverlauf endet, wenn die angerückte Feuerwehr nicht weiter löschen kann, weil der anzuschließende Hydrant unauffindbar ist, da er zugestellt wurde (Bild 26)!

3.5

Resümee

Fakt ist, dass die nicht beachteten, normalen Nutzergewohnheiten (Bilder 14, 15, 16 und 22) und unzulässige Nutzergewohnheiten (Bilder 19 bis 21, 24 bis 26) eine große Rolle bei dem tatsächlich erreichbaren Sicherheitsniveau in einem Gebäude spielen. Gut ge-

4

Literatur

[1] Weller, B.; Heilmann, S. (2018) Brandschutz, in Wendehorst – Beispiele aus der Baupraxis (Hrsg. Vismann, U.), Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH. [2] Weller, B.; Heilmann, S. (2018) Brandschutz in Wendehorst – Bautechnische Zahlentafeln (Hrsg. Vismann, U.), Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH. [3] Heilmann, S. (2020) Entwicklung des Brandschutzes in Deutschland vom Späten Mittelalter bis zur Moderne, 2. Aufl. in Vorb., vfbp, Pirna. [4] Heilmann, S. (2020) Brandschutz in Kindertagesstätten, Schulen und Hochschulen, 3. Aufl. in Vorb., vfbp, Pirna. [5] Musterbauordnung 2012. MBO. Abzurufen unter www.is-argebau.de.

E Materialtechnische Tabellen

569

E 1 Materialtechnische Tabellen für den Brandschutz Nina Schjerve

Dr. techn. Dipl.-Ing. Nina Schjerve FSE Ruhrhofer & Schweitzer GmbH Mariahilferstraße 115/12, A-1060 Wien Studium der Architektur an der Technischen Universität Wien, Abschluss 2002. Mitarbeit in Architekturbüros und Ziviltechnikerbüros (Industriebau). 2002–2003 wissenschaftliche Mitarbeit am Institut für Baustofflehre, Bauphysik und Brandschutz im Fachbereich Brandschutz. 2005–2012 Projektassistentin bzw. Univ. Assistentin am Institut für Hochbau und Technologie, im Fachbereich Brandschutz der TU Wien. 2011 Promotion zum Doktor der technischen Wissenschaften an der Fakultät für Bauingenieurwesen der TU Wien. Seit 2010 Vortragstätigkeiten an der Donau Universität Krems, Zentrum für Infrastrukturelle Sicherheit. Seit 2012 Brandschutz Fachplanung und Projektleitung, seit 2018 bei FSE Ruhrhofer & Schweitzer GmbH.

Bauphysik-Kalender 2021: Brandschutz. Herausgegeben von Nabil A. Fouad. © 2021 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2021 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

570

E1

Materialtechnische Tabellen für den Brandschutz

Inhaltsverzeichnis 1 1.1 1.2 1.3

Einleitung 571 Relevanz von Materialdaten 571 Prüfverfahren ausgewählter Materialdaten 571 Einheiten und Einheiten-Konvertierung 572

2 2.1 2.2 2.3 2.4

Stoffdaten 572 Zündtemperaturen und Entzündungskriterien Abbrand 577 Brandausbreitung 579 Heizwerte 580

2.5 2.6 2.7 2.8 2.9

572 3

Lagerungsdichte und m-Faktoren 587 Luftbedarf 590 Verbrennungseffektivität und Verbrennungsanteile 591 Zusätzliche Stoffdaten für Kunststoffe 595 Flächenbezogene Brandleistung und Brandentwicklung 598 Literatur

604

Einleitung

Der gleichnamige Beitrag aus dem Bauphysik-Kalender 2019 wurde durchgesehen.

1

Einleitung

1.1

Relevanz von Materialdaten

Zur Beurteilung des Brandverhaltens von Baustoffen und Bauteilen werden Materialdaten der verschiedensten Art verwendet. Dabei sind die für Normungszwecke bzw. für die Klassifizierung von Baustoffen und Bauteilen erforderlichen Kennwerte und Beurteilungsgrößen von solchen zu unterscheiden, die physikalische oder chemische Effekte beschreiben und bei Bränden bzw. der Beurteilung von Baustoffen oder Bauteilen zu beachten sind. Letztere werden insbesondere zur Simulation des Brandgeschehens in Gebäuden benötigt und nur bedingt für die Klassifizierung von Bauprodukten. Sie sind vor allem für die im baulichen Brandschutz zunehmend eingesetzten Ingenieurmethoden relevant und werden im Folgenden zusammenfassend dargestellt.

1.2

Aus der großen Palette der Materialdaten werden im Hinblick auf die gebotene Kürze dieses Beitrages nur einige Gruppen von Materialkennwerten behandelt, welche für die praktische Anwendung von Rechenverfahren besonders wichtig sind. Dabei ist zu beachten, dass die angegebenen Messwerte für bestimmte Stoffe durchaus einen gewissen Wertebereich umfassen können, dies insbesondere dann, wenn die Messwerte an Stoffgemischen ermittelt wurden. Bei vielen Messwerten ist die Genauigkeit somit nicht bekannt. Wenn man jedoch von genormten Messverfahren ausgeht, dann werden die Stoffwerte im Rahmen der für das Messverfahren angegebenen Genauigkeit liegen. Generell kann man sagen, dass die Bandbreiten von Brandschutzdaten in der Regel im Bereich von einigen Prozent liegen, wenn man gleiche Stoffe prüft und die Messwerte untereinander vergleicht. Die Streuung von Materialdaten wird im Rahmen von Sicherheitskonzepten für den Brandschutz durch entsprechende Verteilungsfunktionen und Bemessungswerte berücksichtigt, soweit dieses erforderlich ist.

Prüfverfahren ausgewählter Materialdaten

Tabelle 1. Ausgewählte Materialdaten und deren Prüfnormen (Auszug) Materialkennwert

Dimension

Prüfnormen

Literatur

Entzündung, Flammpunkt, Zündtemperatur, Kritischer Wärmestrom

°C

ISO-5660-1

[1]

W/m2

DIN EN ISO 2719

[40]

DIN 54836

[4]

DIN EN ISO 11925-2

[5]

Abbrandgeschwindigkeit

ISO-5660-1

[1]

Brandausbreitung

ISO 5658-2

[2]

Heizwert Brennwert Unt. Heizwert

DIN EN 60332-1-1

[7]

DIN EN ISO 1716

[13]

DIN 51900-1

[9]

DIN 51900-2

[10]

DIN 51900-3

[11]

Spezifische Brandleistung

kW/m2

ISO-5660-1

[1]

Abbrandfaktor m

1

DIN 18230-2

[3]

DIN 4599

[8]

DIN EN 13501-1

[12]

Begriffe, Klassifikation

571

572

E1

1.3

Einheiten und Einheiten-Konvertierung

Materialtechnische Tabellen für den Brandschutz

Tabelle 2. Umrechnung von technischen Einheiten massenbezogen Einheitenbezeichnung

umwandeln

kWh/kg

Kilowattstunde pro Kilogramm

1 kWh/kg

=

1

Kilojoule pro Kilogramm

1 kJ/kg

=

2,778 × 10−4 × 10−1

kJ/kg

MJ/kg

Mcal/kg

3,600

8,598 × 10−1

1,000 × 10−3

2,388 × 10−4

1

2,388 × 10−1

4,187 × 103

4,187

1

kJ/l

MJ/l

Mcal/l

3,600

Megajoule pro Kilogramm

1 MJ/kg

=

2,778

Megakalorie pro Kilogramm

1 Mcal/kg

=

1,163

× 103

1 1,000

× 103

volumenbezogen Einheitenbezeichnung Kilowattstunde pro Liter

umwandeln 1 kWh/l

kWh/l =

1

3,600

Kilojoule pro Liter

1 KJ/l

=

2,778

Megajoule pro Liter

1 MJ/l

=

Megakalorie pro Liter

1 Mcal/l

× 10−4

2,388 × 10−4

2,778 × 10−1

1,000 × 103

1

2,388 × 10−1

=

1,163

4,187 × 103

4,187

1

kJ/m3

MJ/m3

Mcal/m3

3,600 × 103

3,600

8,598 × 10−1

umwandeln

=

Kilowattstunde pro Kubikmeter

1 kWh/m3

=

1 × 10−4

Kilojoule pro Kubikmeter

1

kJ/m3

=

2,778

Megajoule pro Kubikmeter

1 MJ/m3

=

2,778 × 10−1

1

× 10−3

1,000

Einheitenbezeichnung

Megakalorie pro Kubikmeter

8,598 × 10−1

3,600

1

kWh/m3

Mcal/m3

× 103

=

1,163

2

Stoffdaten

2.1

Zündtemperaturen und Entzündungskriterien

1

1,000

1,000 × 103 4,187

× 103

× 10−3

2,388 × 10−4

1

2,388 × 10−1

4,187

1

Tabelle 3. Zündtemperaturen Feststoffe (ohne Kunststoffe) Feststoff

Flammpunkt in °C

Anthrazit Autoreifen

≈ 270

Zündtemperatur in °C

[19]

≈ 440

[19]

230–270

Braunkohle

250–280

Cellulosenitrat

305 230

Ethylen-Propylen-Gummi Epoxydharz Erdölbitumen

300–350

Ethylcellulose Heu

204

Holz Holz: Eiche

250–254

[25] [21]

475

[25]

365

100

[19]

378

410

[25]

410–415

500–505

[25]

380–400

[19]

291

296

[25]

333

70

[19]

220–320 238

Literatur

500

Baumwolle

Dachpappe

Selbstentzündungstemperatur in °C

375

[21] ≈ 120

[19]

Stoffdaten

573

Tabelle 3. Zündtemperaturen Feststoffe (ohne Kunststoffe) (Fortsetzung) Feststoff

Flammpunkt in °C

Zündtemperatur in °C

Selbstentzündungstemperatur in °C

Literatur

Holz: Fichte

241

397

≈ 120

[19]

Holz: Kiefer

255

399

≈ 80

[19]

Holzfaserplatte

≈ 220

310–340

≈ 80

[19]

Holzfaserplatte

310

[25]

Holzspäne: Eiche

229

342

≈ 100

[19]

Holzspäne: Fichte

214

347

≈ 100

[19]

Holzspäne: Kiefer

230

306

≈ 80

[19]

380

384

[25]

Isolierwolle (Wollabfälle 90 %, Baumwollfasern 10 %)

290

370

80

[19]

Kautschuk, Naturkautschuk

130

Kiefernharze

182

Hypalon Gummi

Koks

[19] 338

[19]

500–640

[21]

Kunstleder, Dermatin

165

165

Lacke und Anstrichstoffe

0–60

≈ 300

40

[19] [19]

Latexkleber

289

330

[25]

Melamin Formaldehyd mit Glasfasern

475–500

623–645

[25]

Melanine Formaldehyd mit Papierarmierung

398

433

[25]

Mineral fiber marine board (mit organ. Bindemittel)

494

494

[25]

100

[19]

Papier Papier Paraffin

160–195

Pressspanplatte

360

[21]

310

[19]

280–350

[20]

PVC Linoleum

330

≈ 410

[19]

Ruß

180

240–400

[19]

Silage

230

430

Spanplatte Sperrholz

≈ 360

Viskosefaser

235

460

Weizenstroh

200

310

Wellpappe

285

427

Torf

Zelluloid

[20] ≈ 70 70

Zeitungen

229 100

141

[19] [20]

393 ≈ 220

Tabak

70

240–350

[19] [19] [19]

80

[19] [19]

229

[25] [19]

574

E1

Materialtechnische Tabellen für den Brandschutz

Tabelle 4. Zündtemperaturen Kunststoffe Kunststoff

Flammpunkt in °C

Zündtemperatur in °C

Akrylsäurenitrilpolymere und Kopolymere

549

630

Azetatfaser

320

Cloringewebe (Pe-Ce-Fasern)

Selbstentzündungstemperatur in °C

Literatur [19]

445

[19]

540

[19]

Cloroprenkautschuk

285

436

[19]

Isorprenkautschuk

290

340

[19]

Kapronfasern (Dederon, Perlon)

395

440

[19]

Nylon (Anidfasern)

335

435

Nylon 11

[19] 476

[25]

Nylon 6

413

439

[25]

Nylon 6,6

420–450

425–480

[25]

482

[25]

Önanthfaser

415

Phenolformaldehyd

435 430

Polyakrylnitril (Polyvinylzyanid)

230

620

Polyakrylnitrilfasern (Nitrofaser)

200

505

Polychloroprene Gummi (Neopren)

300–307

[19]

[19] [19] 390

[25]

Polycorbonate

440–522

516–580

[25]

Polyester, glasverstärkt

346–399

447–488

[25]

350–410

420–500

[25]

Polyester, ungesättigt Polyesterfaser (Trevira, Dralon)

390

Polyethylen

270–430

Polyethylenterephtalat (PET) Polymethylmetacrylat (PMMA)

440

260

[19] 350–457

[25]

374

[25]

460

[19]

Polymethylmetacrylat (PMMA)

270

Polymethylmetacrylat (PMMA)

280–378

392–520

[25]

Polypropylen

250–443

325–440

[25]

Polystyrene

365

416–518

[25]

Polystyrol

488

470

Polystyrolplatten

350–400

450–500

Polytetrafluoroethylen (Teflon)

[20]

[19] [19] 503–540

[25]

Polyurethan (PU) – weich

270

[20]

Polyurethan fest (kein Schaum)

271

[25]

Polyurethan Schaum, flexibel

335–363

335–378

[25]

Polyurethan Schaum, starr

378

502

[25]

Polyurethan Schaum, starr (Polyehter)

310

416

[25]

Polyurethan-Hartschaum (PU-HS)

≈ 400

> 450

[19]

Polyurethan-Weichschaum (Porolon)

≈ 440

> 480

[19]

Polyvinylchlorid (PVC) Polyvinyl-Acatat

220–350

[21] 520

[25]

Stoffdaten

575

Tabelle 4. Zündtemperaturen Kunststoffe (Fortsetzung) Kunststoff

Flammpunkt in °C

Zündtemperatur in °C

Selbstentzündungstemperatur in °C

Literatur

Polyvinylfluorid

420

480

[25]

Polyvinylidenchlorid

> 532

> 532

[25]

PVC, fest

360–430

480–550

[25]

PVC, rein mit Weichmacher

441

474

[25]

PVC, Bodenplatten

441

441

[25]

PVC, flexibel

250–422

424

[25]

PVC, unspezifierter Grad

357–390

454

[25]

Styrol-Acrylnitril Kopolymer (SAN)

329–366

454–484

[25]

Styren-Butadien Kautschuk (SBR)

360

450

[25]

Silikone, m. Glasfaserbewehrung

490–527

550–564

[25]

Vinyl Asbest

431

434

[25]

Vinyl Epoxy Kleber

333

414

[25]

Zündtemperatur in °C

Selbstentzündungstemperatur in °C

Literatur

1,2-Butadiene

428,9

[18]

1-Butene

383,9

[18]

1-Pentene

217,2

[18]

Acetaldehyd

185

[18]

Acetylen

305,0

[18]

Ammonium

651,1

[18]

617,2

[18]

Tabelle 5. Zündtemperaturen Flüssigkeiten Flüssigkeit

Flammpunkt in °C

Anilin Azeton

540

[21]

Azeton

537,8

[18]

Benzene

562,2

[18]

Benzin

470–530

Benzin Benzin

[21] 300–429

220–260

[25] [19]

Benzylalkohol

436,1

[18]

Butanone

515,6

[18]

Carbon Disulfid

90,0

[18]

Carbon Monoxid

608,9

[18]

Cyclobutan

426,7

[18]

Cyclohexan

260,0

[18]

Cyclohexen

265

[18]

Cyclopentan

361,1

[18]

Cyclopropan

497,8

[18]

576

E1

Materialtechnische Tabellen für den Brandschutz

Tabelle 5. Zündtemperaturen Flüssigkeiten (Fortsetzung) Flüssigkeit

Flammpunkt in °C

Zündtemperatur in °C

Selbstentzündungstemperatur in °C

Literatur

d-Champhor

466,1

[18]

Diesel

225–256

[25]

Diethylether

180,0

[18]

Ethan

515,0

[18]

Ethanol

422,8

[18]

Ethylacetat

426,7

[18]

Ethylamin

383,9

[18]

428,9

[18]

Ethylenoxid Fuselöl

400

[19]

Gasöl

350–400

[21]

Harzöl (Kolophoniumöl)

130

342

Hydrogen Iso-Propanol Kerosin Lanolin

[19] 400,0

[18]

398,9

[18]

300–400 238

[19]

445

[19]

Methan

600,0

[18]

Methanol

463,9

[18]

Methylformat

356,1

[18]

m-Xylen

527,8

[18]

n-Buten

405,0

[18]

n-Decan

207,8

[18]

n-Heptan

222,8

[18]

n-Hexan

408,9

[18]

n-Nonan

206,1

[18]

n-Octan

220,0

[18]

n-Pentan

260,0

[18]

o-Xylen

436,9

[18]

Propan

450,0

[18]

p-Xylen

528,9

[18]

Schmieröl

510–610

Solaröl

142

[19]

Spiritus

425–650

[21]

Terpentinöl

275

[21]

Terpentinöl

300

Toluene Vaselinöl

290

[21]

(auf Lappen) 20

[19]

536,1

[18] [19]

Stoffdaten

577

Tabelle 6. Entzündungskriterien für brennbare Stoffe mit/ohne Pilotflamme [20] Stoff

Wärmestrom für die Entzündung [kW/m2 ]

FR-PS Schaum

Oberflächentemperatur für die Entzündung [°C]

Pilotflamme

spontan

Pilotflamme

spontan

14,8



326



Holz

12

28

220–350

600

Melamin-Beschichtung

25



440



PM

12







Polyethylen (PE)

22







Polymethylmetacrylat (PMMA)

21



270



Polyurethan (PU) – weich

16



270



Polyvinylchlorid (PVC)

25

30–50

220–350

340–520

POM

17







Pressspanplatte

27



280–350



PVC-Beschichtung

12



284



Spanplatte

18



240–350



Spanplatte B1

17



353



Sperrholz

20



393



2.2

Abbrand

Tabelle 7. Abbrandgeschwindigkeiten für feste Stoffe (ohne Kunststoffe) nach [15, 22] Abbrandgeschwindigkeit in kg/m2 min und kW/m2 nach

Feststoff

[22]

[15]

[kg/m2 min]

[kW/m2 ]

[kg/m2 min]

[kW/m2 ]

Autoreifen

0,53

388

0,86 1) –1,0 1)

630–732

Baumwolle

0,24

62





Baumwollstoff

0,72

268





Bücher (Regal)

0,33

83



– 624–864 512–630

Dachbahn





1,3 1) –1,8 1)

Gummiformteile

0,53–0,8

388–588

0,7–0,86

Holz

0,67–1,0

193–288

> 2,0 1)



Holzmöbel

0,9

259

0,93–1,2

268–346

Kautschuk

0,53–0,8

388–588





Karton





1,3–1,5

328–378

1,3–2,2 1)

374–634

Korbwaren





Margarine





0,38–0,5

205–270

Papier

0,4–0,48

91–103

1,2–1,6

274–365

Putzlappen (ölig)





0,7–0,86

370–545

Roggenmehl





0,54–0,6

149–166

Sanitärkrepp





0,53–0,65

118–144

578

E1

Materialtechnische Tabellen für den Brandschutz

Tabelle 7. Abbrandgeschwindigkeiten für feste Stoffe (ohne Kunststoffe) nach [15, 22] (Fortsetzung) Abbrandgeschwindigkeit in kg/m2 min und kW/m2 nach

Feststoff

[22]

[15]

[kg/m2 min]

[kW/m2 ]

[kg/m2 min]

[kW/m2 ]

Schuhkarton





1,3–1,7

328–428

Sperrholz





0,5–0,59

144–170

Teppichfilz





0,35–1,2

126–432

Tonkassetten





0,29–0,57

104–205

Textilabfall mit Polymeren

0,25–1,04

123–512





1) Versuche wurden bei Luftunterschuss durchgeführt.

Tabelle 8. Abbrandgeschwindigkeiten von Kunststoffen nach [15, 17, 23] Abbrandgeschwindigkeit in kg/m2 min und kW/m2 nach

Kunststoff

[23] und [17]

[15]

[kg/m2 min]

[kW/m2 ]

[kg/m2 min]

[kW/m2 ]

Polymethylmethacrylat (PMMA)

0,6–1,4

248–580





Polyamid





0,39–0,504

190

Polycarbonat

1,5

774





Epoxitharz





0,45–0,534

246–292

Polyesterharz

0,54–1,0

172–318





Polyethylen

0,84

615

0,408–0,522

299–382

Polyethylen-Formteile





0,414–0,648

303–474

Polypropylen

0,504–0,84

369–615

0,174–0,462

127–338

Polyoxymethylen

0,384–0,96

99–248





Polystyrol

0,846–2,1

563–1399

0,348–0,408

231–272

PVC – weich





0,552–0,72

173–268

PU-hart

1,6–2,7

643–1085

0,552–0,72

222–289

PU-weich

0,492–1,9

189–730

1,2–1,5 1)

461–576

PVC-Kabel

1,0–1,3

300–390

0,576–0,684

173–205

1) Versuche wurden bei Luftunterschuss durchgeführt.

Tabelle 9. Abbrandgeschwindigkeiten für brennbare Flüssigkeiten nach [15, 17, 22] Spez. Abbrandgeschwindigkeit in kg/m2 min und kW/m2 nach

Brennbare Flüssigkeit

[22]

Azeton

[17]

[15]

[kg/m2 min]

[kW/m2 ]

[kg/m2 min]

[kW/m2 ]

[kg/m2 min]

[kW/m2 ]

2,63

1262

2,5

1200



– 714–1499 –

Benzin

1,53

2106

3,3

2356

1,0 1) –2,1 1)

Benzol

0,87



5,1

3397



Cyclohexan









0,51–1,4 1)

379–1042

Dieselöl

1,1

772

2,1

1474





Stoffdaten Tabelle 9. Abbrandgeschwindigkeiten für brennbare Flüssigkeiten nach [15, 17, 22] (Fortsetzung) Spez. Abbrandgeschwindigkeit in kg/m2 min und kW/m2 nach

Brennbare Flüssigkeit

[22]

[17]

[15]

[kg/m2 min]

[kW/m2 ]

[kg/m2 min]

[kW/m2 ]

[kg/m2 min]

[kW/m2 ]

Erdöl

1,2

835

1,3

905





Ethylalkohol

0,93

419

0,9

405



– 302–1193 144–495

Heizöl

0,92

646





0,43–1,7 1)

Isopropanol









0,32–1,1 1)

Kerosin

0,82



2,3

1656





Maschinenöl

0,67



3,1

1823





Methylalkohol

0,95

308

1,0

324

2,8–3,8

907–1231

Motorenöl

0,55



3,2

1882





Petroleum

2,9

2105







– 307–785

Reinigungsbenzin





2,9

2071

0,43–1,1 1)

Terpentinöl

2,05

1415









Toluol

2,31

1566









Xylol

1,73

1152









1) Versuche wurden bei Luftunterschuss durchgeführt.

2.3

Brandausbreitung

Tabelle 10. Brandausbreitungsgeschwindigkeit bei festen Stoffen nach [22] Brennbare Stoffe, Objekte

Brandausbreitungsgeschwindigkeit in m/min

Bauten mit Holzkonstruktionen, Möbel usw.

1,0–1,2

Gummierzeugnisse im Stapel auf offener Fläche

1,1

Bretterstapel

2,0

Rundholzstapel

0,23–0,70

Kautschuk in geschlossenem Lager

0,4

Strohdach (trocken)

25,0

Papier in Rollen

0,27

Textilerzeugnisse in geschlossenem Lager

0,33

Torf in Stapeln

1,0

Decken bei großen Werkhallen

1,7–3,2

Tabelle 11. Brandausbreitungsgeschwindigkeit für brennbare Gase (räumlicher Verbrennung), nach [22] Brennbares Gas

Lineare Brandausbreitungsgeschwindigkeit in m/min

Wasserstoff

160,0

Methan

22,2

Acethylen

81,0

Ethylen

37,8

579

580

E1

Materialtechnische Tabellen für den Brandschutz

Tabelle 12. Brandausbreitungsgeschwindigkeit von brennbaren Flüssigkeiten nach [22] Brennbare Flüssigkeit

Brandausbreitungsgeschwindigkeit in m/min bei 10 °C

bei 20 °C

Azeton

19,0



Ethylalkohol

7,8

22,8

Buthylalkohol

2,5

4,8

Diethylalkohol

22,5



Toluol

10,2

50,4

2.4

Heizwerte

Tabelle 13. Heizwert von Feststoffen (ohne Kunststoffe) Feststoff

Oberer Heizwert in kWh/kg

Unterer Heizwert in kWh/kg

Acrylfaser

8,5–8,6

[15]

Anthrazit

8,30–9,37

[19] 8,5–9,5

Literatur

Anthrazitkohle

8,6–9,6

Arbeitsschuhe mit Oberleder und Polyurethan-Sohlen, in Kartons verpackt

5,6

[15]

Autoreifen

9,1

[15]

Autoreifen

12,2

[20]

Baumwolle

4,5–5,6

[15]

Baumwolle

4,34

[19]

Baumwolle

4,3

[20]

Baumwolle, Fasern zu Ballen gepresst

4,3

[6]

Baumwolle, Gewebeballen

4,3

[6]

Bitumen

9,8

Bitumenkohle

6,9–10,0

Braunkohle

3,10–6,19

[19]

Braunkohle

5,8

[20]

Brechkoks

8,1

[20]

Butter

10,6

[15]

Dachbahn

8,0

[20]

Dachpappe

0,37–0,40

[19]

Dynamit

1,5

[15]

[6]

[20] 6,6–9,8

[15]

Epoxydharz 1)

10,8–9,3

Holz: Fichte

4,8

[6]

Fluoreldichtung

3,9–4,2

[15]

Gummi, Dichtungsbänder

5,8

[6]

Gummi, Fahrzeugreifen aus Kautschuk auf Holzpaletten

8,7 *)

[6]

Gummi, Fahrzeugreifen aus Kautschuk, lose gelagert

12,2

[6]

Gummi, Fördergurte geschichtet

12,2

[6]

(Fußnoten siehe Seite 584)

8,6–8,7

[15]

Stoffdaten

581

Tabelle 13. Heizwert von Feststoffen (ohne Kunststoffe) (Fortsetzung) Feststoff

Oberer Heizwert in kWh/kg

Unterer Heizwert in kWh/kg

Gummi: Buna-N

9,6–9,9

[15]

Gummi: Butyl

12,7

[15]

Gummi: GRS

12,3

[15] 11,8

Literatur

Gummi: Isopren C5 H8

12,5

Gummi: Latexschaum

9,4–11,3

[15]

[15]

Heu

4,14

[19]

Holz

4,8

[20]

Holz: Ahorn

5,3

4,9

[15]

Holz: Birke

5,6

5,2

[15]

Holz: Buche

5,6

5,2

[15]

Holz: Buche

4,41

Holz: Douglasfichte

5,8

5,4

[15]

Holz: Eiche

5,6

5,2

[15]

Holz: Eiche

4,46–4,91

Holz: Fichte

6,1

Holz: Fichte

4,96

[19]

[19] 5,7

[15] [19]

Holz: Kiefer

4,58–5,2

Holz: Kiefer, weiß

5,3

[19]

Holzfaserplatten

4,21–5,2

Holzkohle

9,4–9,6

Holzkohle

8,30

[19]

Holzkohle

9,1

[20]

Holzmehl

5,5

[15]

4,9

[15] [19]

9,2–9,5

[15]

Holzmöbel

4,8

[20]

Holzspäne: Kiefern

4,58

[19]

Hypalondichtung

7,9

[15]

Isolierwolle (Wollabfälle 90 % und Baumwollfasern 10 %)

4,66

[19]

Kabel mit PVC-Isolierung als Kabelbündel auf Kabelrosten

5,0 **)

[6]

Kalkammonsalpeter in Säcken aus Polyester, dicht gestapelt

0,6

[6]

Kalkammonsalpeter in Säcken aus Polyester, dicht gestapelt, auf Holzpaletten

1,2

[6]

Karton gestrichen oder ungestrichen

4,2

[6]

Karton, Pappe

4,2

[20]

Kautschuk

11,7

[20]

Kautschuk, Naturkautschuk

11,10

[19]

Kleinmöbel aus Holzwerkstoffen, unverpackt

4,8

[6]

Koks

7,8–8,6

Koks, in Verbindung mit Holz (Holzbauteile ≈ 35 %) lose geschüttet

6,9 *)

[6]

Koks, lose geschüttet

8,1

[6]

Korbwaren

4,8

[20]

(Fußnoten siehe Seite 584)

7,7–8,7

[15]

582

E1

Materialtechnische Tabellen für den Brandschutz

Tabelle 13. Heizwert von Feststoffen (ohne Kunststoffe) (Fortsetzung) Feststoff

Oberer Heizwert in kWh/kg

Unterer Heizwert in kWh/kg

Literatur

Korbwaren

4,8

Kork

7,3

[15]

Kunstleder, Dermatin

5,40

[19]

Lanolin (Wollfett)

11,3

[15]

Leder

5,1–5,5

[15]

[6]

Leder

5,3

[20]

Leder, lose gelagert

5,3

[6]

Lignin, C2,6 H3 O

6,9–7,3

Lignit

6,2–9,3

Margarine

9,0

Naphta

11,9–13,1

Neoprengummi, C5 H5 Cl

6,8

[15]

Neoprenschaum, C5 H5 Cl

2,7–7,4

[15]

Nomexfaser, C14 H10 O2 N2

7,5–8,0

[15]

Packpapier (braun)

5,0–4,9

Papier

3,8

Papier, Altpapier

4,2 *)

[6]

Papier, Bücher (Regal)

4,2

[6]

Papier, Sanitärkrepppapier

3,7

[6]

Papier, Schreib- und Druckpapier

3,8 *)

Paraffin

12,8

Polyacrylnitrilfasern zu Ballen gepresst, Gemisch aus Polyamidfasern, Wolle sowie Baumwolle

8,2 *)

[6]

Polyacrylnitrilfasern zu Ballen gepresst, modifiziert mit ≈ 35 % Vinylidenchlorid

6,6 *)

[6]

Polyamidfasern zu Ballen gepresst

7,9 *)

[6]

Polyamidfasern zu Ballen gepresst

7,6 *)

[6]

Pressspanplatte

5,5

[15]

Putzlappen

8,8

[20]

Rayonfaser

3,8–5,4

[15]

Roggenmehl

4,6

[20]

Roggenmehl in Papier-Säcke, dicht gestapelt

4,6 *)

[6]

6,5–7,0

[15] [15] [20]

11,4–12,2

4,2

[15]

[15] [20]

[6] 12

[15]

Ruß

3,72–6,94

[19]

Sanitärkrepp

3,7

[20]

Schafwolle

5,8

[6]

Schafwolle, lose gelagert

5,8

[6]

Schafwolle, zu Ballen gepresst

5,8

[6]

Schießpulver

0,8–0,9

[15]

Schmierfett im offenen Blechbehälter

11,5

[6]

Schwefel



(Fußnoten siehe Seite 584)

2,5

[15]

Stoffdaten

583

Tabelle 13. Heizwert von Feststoffen (ohne Kunststoffe) (Fortsetzung) Feststoff

Oberer Heizwert in kWh/kg

Unterer Heizwert in kWh/kg

Literatur

Schweineschmalz

11,1

[15]

Silage

3,37

[19]

Silikon, SiC2 H6 O

4,3–4,7

[15]

Silikonschaum

3,9–5,4

[15]

Spannplatten (B2 nach DIN 4102-1) Horizontal dicht gestapelt

4,8

[6]

Spannplatten (B2 nach DIN 4102-1) Horizontal dicht gestapelt auf Holzpaletten

4,8 *)

[6]

Spanplatten

4,8

[20]

Speisefett, Margarine mit min. 15 % Wassergehalt

9,0

[6]

Speisefett, Margarine mit min. 15 % Wassergehalt auf Holzpaletten gelagert

8,2 *)

[6]

Sprengstoff

0,6–0,7

[15]

Stärke

4,9

Steinkohle

9,3

[20]

Stroh

4,3

[15]

Tabak

4,4

[15]

Tabak

3,64–4,09

[19]

Teppichboden, aus Filzplatten, aus Fasern aller Art, horizontal dicht gestapelt auf Holzpaletten

5,6 *)

[6]

Teppichboden, aus Filzplatten, aus Fasern aller Art, horizontal dicht gestapelt

6,0

[6]

Teppichboden, Rohware ohne Rücken, aus Fasern aller Art, horizontal gelagert

6,0

[6]

Teppichfilz

6,0

[20]

Textilien, Abfallmaterial, Bekleidungstextilien aus beliebiger Fasern, hängend

6,2 *)

[6]

Textilien, Abfallmaterial, Putzlappen, ölgetränkt, im offenen Blechbehälter

8,8 *)

[6]

Textilien, Abfallmaterial, zu Ballen gepresst aus Baumwolle, Polyamid und Polyacrylnitril-Fasern

8,0 *)

[6]

Tierfett

11,1

[15]

Tonkassetten

6,0

[20]

Torf

4,6–6,0

[15]

Vaseline, C7,118 H12,957 O0,091

12,8

[15]

Wachspapier

6

[15]

Weizen

4,2

[15]

Weizenstroh

4,26

[19]

Wolle

5,8–7,4

[15]

Zeitschriftenpapier

3,5

[15]

Zeitungspapier

5,5

[15]

Zelluloid

4,9–5,7

Zellulose

4,47

Zelluloseazetatfaser, C8 H12 O6

4,9–5,1

Zellulosediazetatfaser, C10 H14 O7

5,2

(Fußnoten siehe Seite 584)

4,5

4,6–5,3

[15]

[15] [16]

4,6–4,9

[15] [15]

584

E1

Materialtechnische Tabellen für den Brandschutz

Tabelle 13. Heizwert von Feststoffen (ohne Kunststoffe) (Fortsetzung) Feststoff

Oberer Heizwert in kWh/kg

Zellulosenitrat 2)

2,5–3,8

Zellulosetriazetatfaser 3)

5,2

Zucker

4,6

[20]

Zucker in Papier-Säcken, dicht gestapelt

4,6 *)

[6]

1) 2) 3) *) **)

Unterer Heizwert in kWh/kg

Literatur [15]

4,8

[15]

C11,9 H20,4 O2,8 N0,3 /C6,064 H7,550 O1,222 C6 H9 NO7 /C6 H6 N2 O9 /C6 H7 N3 O11 C12 H16 O8 Heizwert Stoffgemisch Der Heizwert bezieht sich nur auf die brennbaren Bestandteile.

Tabelle 14. Heizwert von Kunststoffen Kunststoff

Heizwert in kWh/kg

Literatur

Acrylnitril

8,9

[20]

Acrylnitril-Butadien-Styrol-Formteile in Pappkartons

9,9 *)

[6]

Akrylsäurenitrilpolymere und Kopolymere

7,63

[19]

Azetatfaser

≈ 4,66

[19]

Azetatzelluloid

4,58–5,65

[19]

Cloringewebe (Pe-Ce-Fasern)

≈ 4,26

[19]

Cloroprenkautschuk

9,74

[19]

Epoxydharz, nicht getränkt, lose geschüttet

9,1

[6]

Isorprenkautschuk

11,22

[19]

Kapronfasern (Dederon, Perlon)

7,63

[19]

Kfz-Instrumententafel aus Ethylen-Propylen-Dien-Mastik (mineralischer Füllstoffanteil ≈ 20 %), in Papierkartons gelagert

8,4 *)

[6]

Kfz-Radhausverkleidung aus Polypropylen-Copolymeren in Pappkartons gelagert

10,7 *)

[6]

Melamin

5,4

[20]

Nylon (Anidfasern)

7,63

[19]

Nylon 6.6

8,2

[20]

Nylon 66

8,89

[16]

Önanthfaser

7,95

[19]

Phenolharz Schaum

4,97

[16]

Phenolharz, Hartschaumplatten mit oder ohne Glasvlieskaschierung nach (B1 nach DIN 4102-1)

6,0

[6]

Polyakrylnitril (Polyvinylzyanid)

7,71

[19]

Polyakrylnitrilfasern (PAN, Akrylan)

7,63

[19]

Polyamid

7,9

[20]

Polyamid, Folien auf Rollen gewickelt

8,1

[6]

Polycarbodiimid, Hartschaum (Dichte ≈ 16,8 kg/m3 )

8,6

[6]

Polycarbonat

8,3

[20]

Polyester

7,6

[20]

Polyesterfaser (Lawasan, Trevira, Dralon)

5,60

[19]

Polyesterharz (GFK)

5,3

[20]

Stoffdaten

585

Tabelle 14. Heizwert von Kunststoffen (Fortsetzung) Kunststoff

Heizwert in kWh/kg

Literatur

Polyesterharz gesättigt, Formteile, glasfaserverstärkt

5,3

[6]

Polyesterharz gesättigt, Formteile, glasfaserverstärkt, mit Wärmedämmung aus PUR-Schaum

5,3 *)

[6]

Polyethylen

12,2

[20]

Polyethylen-Behälter (auch mit nicht brennbarem Inhalt) oder Polyethylen-Formteile (gestapelt oder geschüttet)

12,2

[6]

Polyethylen-Folien auf Rollen gewickelt

12,2

[6]

Polyethylen-Granulat in einzelnen Säcken

12,2

[6]

Polyethylenterephthalat

6,1

[20]

Polyisocyanurate Schaum

7,28

[16]

Polykaprolaktan (Polyamid 6, Perlon, Nylon 6)

7,68

[19]

Polymehtylmetacrylat (PMMA)

6,9

[6], [14]

Polymethylmetacrylat (PMMA)

7,12

[19]

Polymethylmetacrylat (PMMA)

6,9

[20]

Polymethylmetacrylat (PMMA)

7,28

[16]

Polyoxymethylen

4,3

[20]

Polyoxymethylen

4,31

[16]

Polypropylen

12,91

[16]

Polypropylen

12,2

[20]

Polypropylen

12,0

[14]

Polypropylen-Formteile in Pappkartons

12,6 *)

[6]

Polypropylen-Granulat in Säcken, dicht gestapelt

12,8

[6]

Polypropylen-Granulat in Säcken auf Holzpaletten

9,6 *)

[6]

Polypropylen-Rohre (B2 nach DIN 4102-1)

12,2

[6]

Polystyrene

11,56

[16]

Polystyrene

11,3

[14]

Polystyrol

11,1

[20]

Polystyrol Formteile aus dünnwandigem Polystyrol, ungeschäumt im offenen Blechbehälter

11,0

[6]

Polystyrolplatten

9,66–10,41

[19]

Polytetrafluorethylen

1,4

[20]

Polyurethan – hart

6,7

[20]

Polyurethan Schaum

6,78

[16]

Polyurethan – weich

6,4

[20]

Polyurethan, PUR-Hartschaum

6,4–6,7

[6]

Polyurethan-Hartschaum (PU-HS)

≈ 6,62

[19]

Polyurethan-Weichschaum (Porolon)

≈ 7,31

[19]

Polyvinylchlorid

5,0

[20]

Polyvinylchlorid (PVC)-Kabel

5,0

[20]

Polyvinylchlorid (PVC)-Platten

≈ 3,59

[19]

Polyvinylchlorid, PVC-P-Formteile

5,0

[6]

Polyvinylchlorid, PVC-U-Formteile

5,0

[6]

Polyvinylchloride

5,53

[16]

PS-Hartschaum (B1 nach DIN 4102-1, Dichte ≈ 20 kg/m3 )

11,0

[6]

586

E1

Materialtechnische Tabellen für den Brandschutz

Tabelle 14. Heizwert von Kunststoffen (Fortsetzung) Kunststoff

Heizwert in kWh/kg

Literatur

PS-Hartschaum (B3 nach DIN 4102-1, Dichte ≈ 20 kg/m3 )

11,0

[6]

Viskosefaser

3,87

[19]

Zellophan

4,31

[19]

Zelluloid

4,04–5,08

[19]

Zellulose

4,9

[20]

*) Heizwert Stoffgemisch

Tabelle 15. Heizwert von Flüssigkeiten

Tabelle 15. Heizwert von Flüssigkeiten (Fortsetzung)

Brennbare Flüssigkeit

Heizwert in kWh/kg

Literatur

Brennbare Flüssigkeit

Heizwert in kWh/kg

Literatur

Azeton

8,6

[20]

Methanol

5,5

[20]

Azeton

8,0

[6]

Methanol

5,56

[14]

Azeton

7,17

[14]

Mineralöl

12,7–12,8

[15]

Benzin

12,1–13

[15]

Nitroverdünnung

7,5

[6]

Benzin

11,9

[20]

n-Oktan

12,4

[20]

Benzin

12,4

[14]

n-Pentan

12,6

[20]

Benzol

11,1

[20]

Olivenöl

11

[15]

c-Hexan

12,2

[20]

Paraffin

13,06

[19]

Chlorbenzol

11,2

[20]

Petroleum

12,1

[20]

Cyclohexan

12,1

[6]

Reinigungsbenzin

11,9

[6]

Dieselkraftstoff, leichtes Heizöl

11,7

[6]

Rizinusöl

10,3

[15]

Dimethylformamid

6,1

[6]

Schweres Heizöl

11,4

[6]

Erdöl

11,6

[20]

8,9

[6]

Erdöl und Erdölprodukte

10,78–11,40

[19]

Silicon-Transformatorenflüssigkeit

Ethanol

7,4

[20]

Sonnenöl

11,6

[15]

Ethanol

7,44

[14]

Terpentin

11,5

[20]

11,3

[6]

Ethylalkohol

7,5

[6]

Toluol

Flugbenzin J P1

11,9

[15]

Xylol

11,1

[20]

Xylol

11,3

[14]

Flugbenzin J P3

12,1

[15]

Flugbenzin J P4

12,1–12,9

[15]

Flugbenzin J P4

12,08

[14]

Flugbenzin J P5

11,9–12,8

[15]

Tabelle 16. Heizwert von brennbaren Gasen nach [20]

Flugbenzin J P5

11,94

[14]

Gasart

4,6

[20]

Heizwert in kWh/kg

Literatur

Glycol Heizöl EL

11,7

[20]

Acetylen

13,4

[20]

Hydrauliköl

9,8

[20]

Butan

12,9

[20]

Isopropanol

7,5

[20]

CO

2,8

[20]

Kerosin

12–12,9

[15]

Ethan

13,2

[20]

Kerosin

12,0

[14]

Methan

13,9

[20]

Leinsamenöl

10,8–10,9

[15]

Propan

12,8

[20]

Maschinenöl, Motorenöl

9,8

[6]

Wasserstoff

33,6

[20]

Stoffdaten

2.5

Lagerungsdichte und m-Faktoren

Tabelle 17. m-Faktor von Feststoffen (ohne Kunststoffe) nach [6] Feststoff

Lagerungsdichte [%]

Abbrandfaktor m 0,2 *)

Altpapier einschließlich Karton zu Ballen verpresst Altpapier lose

3

2

Arbeitsschuhe mit Oberleder und Polyurethan-Sohlen, in Kartons verpackt

100

0,9 0,2 *)

Baumwolle Fasern zu Ballen verpresst Baumwolle Gewebeballen

0,4

Bitumen, Blöcke

100

0,6

Bitumen, Dachbahn mit Rohfilzeinlage

60

0,5

Braunkohlebriketts lose geschüttet oder gestapelt

50

0,3

Brechkoks in Verbindung mit Holz (Holzbauteile – 35 %), lose geschüttet

60

0,2

Brechkoks lose geschüttet

60

0,2

Dispersionsfarbe in PE-Eimern auf Holzpalette

80

0,05

Fichte Holzbretter

50

1

Fichte Holzbretter

70

0,8

Fichte Holzwolle in loser Schüttung, gepresst zu Einzelballen

8

1

Fichte Holzwolle in loser Schüttung, gepresst zu Einzelballen

60

0,2 *)

Fichte Kanthölzer 100 mm × 100 mm

50

0,7

Fichte Kanthölzer 100 mm × 100 mm

90

0,5

Fichte Kanthölzer 200 mm × 200 mm

50

0,3

Fichte Kanthölzer 200 mm × 200 mm

95

0,2 *)

Fichte Kanthölzer 40 mm × 40 mm

50

1

Fichte Kanthölzer, zu Blöcken 500 mm × 500 mm dicht gefügt

50

0,2 *)

Fichte Kanthölzer, zu Blöcken 500 mm × 500 mm dicht gefügt

98

0,2 *)

Fichte Rundholz, geschält mit Durchmesser 150 mm bis 300 mm

50

0,7

Gummi, Dichtungsbänder

20

0,8

Gummi, Fahrzeugreifen aus Kautschuk, lose gelagert

10

0,4

Gummi, Fördergurte, geschichtet

100

0,2

Kabel mit PVC-Isolierung als Kabelbündel auf Kabelrosten

30 bis 90

0,5

Kalkammonsalpeter in Säcken aus Polyester, dicht gestapelt

90

0,2 *)

Kalkammonsalpeter in Säcken aus Polyester, dicht gestapelt, auf Holzpaletten

80

1,2

Karton auf Rollen eng gewickelt, stehend oder liegend gelagert

75

0,2 *)

Karton Behälter, leer, gestapelt

6

1,8

Karton geschnitten, auf Holzpaletten gelagert

100

0,2 *)

Karton lose, horizontal gestapelt, einschließlich Wellpappe

20

0,4

Kleinmöbel aus Holzwerkstoffen, unverpackt

15

1,2

Korbwaren

10

1,5

587

588

E1

Materialtechnische Tabellen für den Brandschutz

Tabelle 17. m-Faktor von Feststoffen (ohne Kunststoffe) nach [6] (Fortsetzung) Feststoff

Lagerungsdichte [%]

Abbrandfaktor m

Leder, lose gelagert

5 bis 15

1,2

Margarine mit mindestens 15 % Wassergehalt

100

0,2 *)

Margarine mit mindestens 15 % Wassergehalt auf Holzpaletten gelagert

40 bis 60

1,6

Papier auf Rollen eng gewickelt, Rollen stehend, liegend oder auf Holzpaletten gelagert

75

0,2 *)

Papier großformatig geschnitten, gelagert auf jeweils einzeln auf dem Fußboden abgestellten Holzpaletten mit hL ≤ 1 m

100

0,05

Papier grosformatig geschnitten, mehrlagige Holzpalettenlagerung

100

0,2

Polyacrylnitril zu Ballen verpresst: Fasern, Gemisch aus Polyamidfasern, Wolle sowie Baumwolle

0,8

Polyacrylnitril zu Ballen verpresst: Fasern, modifiziert mit ≈ 35 % Vinylidenchlorid

0,2 *)

Polyamidfasern zu Ballen verpresst Polyamidfasern zu Ballen verpresst

1,1 30

Roggenmehl in Papier-Säcken, dicht gestapelt

0,2 *) 1

Sanitärkrepppapier in Großrollen

80

1,3

Sanitärkrepppapier in Rollen, in Beuteln verpackt

95

1,9

Schafwolle lose gelagert

10

0,8

Schafwolle zu Ballen verpresst



0,2 *)

Schmierfett im offenen Blechbehälter

100

0,5

Spanplatten (B2 nach DIN 4102-1)

99

0,2 *)

Sperrholz horizontal dicht gestapelt

0,2 *)

Sperrholz horizontal dicht gestapelt auf Holzpaletten

0,8

Teppichboden aus Filzplatten, aus Fasern aller Art, horizontal dicht gestapelt auf Holzpaletten

1,1

Teppichboden aus Filzplatten, aus Fasern aller Art, horizontal dicht gestapelt

0,2 *)

Teppichboden Rohware ohne Rücken, aus Fasern aller Art, horizontal lose gelagert

1,5

Textilien: Bekleidungstextilien aus beliebigen Fasern, hängend

10 bis 30

0,7

Textilien: Putzlappen, ölgetränkt, im offenen Blechbehälter

10

0,7

Textilien: zu Ballen verpresst aus Baumwolle, Polyamid- und Polyacrylnitril-Fasern

0,8

Ton- und Datenträgerkassetten, nicht festgelegt, lose gelagert

80

1,6

Ton- und Datenträgerkassetten, Polycarbonat-Gehäuse und Polyester-Band, lose gelagert

80

0,4

Ton- und Datenträgerkassetten, Polycarbonat-Gehäuse und Polyester-Band in Schachteln aus Karton

100

0,2 *)

Zucker in Papier-Säcken, dicht gestapelt *) Abbrandfaktor m, angesetzt nach DIN 18230-2:1990-1, 8.2 letzter Absatz

0,2 *)

Stoffdaten Tabelle 18. m-Faktor von Kunststoffen nach [6] Kunststoff

Lagerungsdichte [%]

Abbrandfaktor m

Acrylnitril-Butadien-Styrol-Formteile in Pappkartons

10

0,9

Epoxydharz, nicht verstärkt, lose geschüttet

80

0,6

Formteile aus dünnwandigem, ungeschäumtem Polystyrol im offenen Blechbehälter

10

2,1

Kfz-Instrumententafel aus Ethylen-Propylen-Dien-Mastik (mineralischer Füllstoffanteil 20 %), in Papierkartons gelagert

30 bis 90

0,4

Kfz-Radhausverkleidungen aus Polypropylen-Copolymeren in Pappkartons gelagert

30 bis 90

1,1

Phenolharz Hartschaumplatten mit oder ohne Glasvlieskaschierung nach (B1 nach DIN 4102-1)

100

0,7

Polyamid Folien auf Rollen gewickelt

30

1,4

100

0,2 *)

Polyesterharz, ungesättigt: Formteile, glasfaserverstärkt, dicht gestapelt

90

0,9

Polyesterharz, ungesättigt: Formteile, glasfaserverstärkt, lose gestapelt

5 bis 25

1,1

Polyesterharz, ungesättigt: Formteile, glasfaserverstärkt, mit Wärmedämmung aus PUR-Schaum

5 bis 10

1,1

Polyethylen-Behälter (auch mit nichtbrennbarem Inhalt) oder Polyethylen-Formteile (gestapelt oder geschüttet)

10

0,8

Polyethylen-Folien auf Rollen gewickelt

30

1,1

Polycarbodiimid Hartschaum (Dichte ≈ 16,8

kg/m3 )

Polyethylen-Granulat in einzelnen Säcken

0,8

Polypropylen-Formteile in Pappkartons

15

0,8

Polypropylen-Granulat in Sacken auf Holzpaletten

80

1,3

Polypropylen-Granulat in Sacken, dicht gestapelt

1,2

Polypropylen-Rohre (B2 nach DIN 4102-1)

10

0,8

kg/m3 )

100

0,4

PS-Hartschaum (B3 nach DIN 4102-1, Dichte ≈ 20 kg/m3 )

100

0,9

PUR-Hartschaum (B1 nach DIN 4102-1, Dichte ≈ 36

kg/m3 )

100

0,2 *)

PUR-Hartschaum (B2 nach DIN 4102-1, Dichte ≈ 36 kg/m3 )

100

0,3

PUR-Weichschaum (B3 nach DIN 4102-1, Dichte ≈ 36 kg/m3 ) in Drahtkörben

90

1,2

PUR-Weichschaum (B3 nach DIN 4102-1, Dichte ≈ 36 kg/m3 ) in Verbindung mit Holzkonstruktion (Polstermöbel)

50

1,4

PVC-P-Formteile in Drahtkörben

10

0,7

PVC-U-Formteile in Drahtkörben

30

0,4

PVC-U-Formteile in Pappkartons

30 bis 90

0,4

PVC-U-Rohre auf Holzpaletten horizontal gelagert

10

0,4

PVC-U-Rohre horizontal gelagert

10

0,2

PS-Hartschaum (B1 nach DIN 4102-1, Dichte ≈ 20

*) Abbrandfaktor m, angesetzt nach DIN 18230-2:1990-1, 8.2 letzter Absatz

589

590

E1

Materialtechnische Tabellen für den Brandschutz

Tabelle 19. m-Faktor von Flüssigkeiten nach [6]

Tabelle 19. m-Faktor von Flüssigkeiten nach [6] (Fortsetzung)

Flüssigkeit

Lagerungsdichte [%]

Abbrandfaktor m

Flüssigkeit

Lagerungsdichte [%]

Abbrandfaktor m

Benzin

100

0,7

100

0,6

Chlorbenzol

100

0,5

Maschinenöl, Motorenöl

Cyclohexan

100

0,6

Methanol

100

1

Dieselkraftstoff, leichtes Heizöl

100

0,7

Nitroverdünnung

100

1

schweres Heizöl

100

0,7

Dimethylformamid

100

1,8

0,2

100

1,9

Silicon-Transformatorenflüssigkeit

100

Glycol Isopropanol

100

1,1

Terpentin

100

0,6

2.6

Luftbedarf

Tabelle 20. Luftbedarf fester Stoffe (ohne Kunststoffe) nach [20]

Tabelle 21. Luftbedarf von Kunststoffen nach [20]

Feststoff

Luftbedarf Energie/ [kg Luft/kg Luftmenge 1) Brennstoff] [kWh/kg Luft]

Kunststoff

Luftbedarf Energie/Luft[kg Luft/kg menge Brennstoff] [kWh/kg Luft]

Autoreifen

13,6

≈ 0,9

Acrylnitril

9,7

0,917

Baumwolle

4,8

≈ 0,9

Cellulose

5,1

0,953

Braunkohle

6,4

≈ 0,9

Melamin

6,4

0,840

Brechkoks

9,0

≈ 0,9

Nylon 6.6

10,0

0,817

Bitumen

10,9

≈ 0,9

Polyamid

8,9

0,884

Dachbahn

8,9

≈ 0,9

Polycarbonat

9,8

0,844

Holz

5,2

0,930

Polyester

8,5

0,890

Holzmöbel

5,2

≈ 0,9

6,0

0,890

Holzkohle

11,5

≈ 0,9

Polyesterharz (GFK)

Kautschuk

13,0

≈ 0,9

Karton, Pappe

4,7

≈ 0,9

Korbwaren

5,3

≈ 0,9

Leder

5,9

≈ 0,9

Margarine

10,0

≈ 0,9

Papier

4,2

≈ 0,9

Polyethylen

15,0

0,814

Polyethylenterephthalat

7,2

0,850

Polymethylmetacrylat (PMMA)

8,3

0,836

Polyoxymethylen

4,6

0,933

Polypropylen

15,0

0,814

Polystyrol

13,3

0,836

Polytetrafluorethylen

2,8

0,503

Putzlappen

9,8

≈ 0,9

Roggenmehl

5,1

≈ 0,9

Polyurethan (PU) – hart

7,5

0,894

7,2

0,894

Sanitärkrepp

4,1

≈ 0,9

Polyurethan (PU) – weich

Spanplatten

5,3

≈ 0,9

Polyvinylchlorid

6,0

0,828

0,814

Polyvinylchlorid (PVC)-Kabel

6,0

0,828

Steinkohle

11,4

Teppichfilz

6,7

≈ 0,9

Tonkassetten

6,7

≈ 0,9

Zucker

5,1

≈ 0,9

1) Für Kohlenwasserstoffverbindungen gilt als guter Näherungswert: 0,9 kWh/kg Luft

Stoffdaten

591

Tabelle 22. Luftbedarf von brennbaren Flüssigkeiten nach [20]

Tabelle 23. Luftbedarf von brennbaren Gasen nach [20]

Flüssigkeit

Luftbedarf [kg Luft/kg Brennstoff]

Energie/Luftmenge [kWh/kg Luft]

Gasart

Luftbedarf [kg Luft/kg Brennstoff]

Energie/Luftmenge [kWh/kg Luft]

Azeton

9,5

0,903

Acetylen

13,2

1,014

Benzol

13,2

0,842

Butan

15,6

0,825

Benzin

13,5

0,884

CO

2,5

1,139

Chlorbenzol

12,9

0,852

Ethan

16,1

0,822

Ethanol

8,9

0,831

Methan

17,2

0,808

15,5

0,825

34,5

0,977

Erdöl

13,0

0,855

Propan

Glycol

5,4

0,890

Wasserstoff

Heizöl EL

13,1

0,898

Hydrauliköl

10,9

0,831

Isopropanol

9,0

0,853

Methanol

6,4

0,825

n-Pentan

15,3

0,825

n-Oktan

15,0

0,825

c-Hexan

14,8

0,825

Petroleum

13,6

0,890

Terpentin

12,9

0,890

Xylol

12,5

0,890

2.7

Verbrennungseffektivität und Verbrennungsanteile

Tabelle 24. Verbrennungseffektivität und Verbrennungsanteile (Yield) von Holz, nach [44] Feststoff

Unterer Heizwert in MJ/kg [44]

Yield CO2 in g/g [44]

Yield CO in Yield Ruß g/g [44] in g/g [44]

Effektiver Heizwert in MJ/kg [44]

Verbrennungseffektivität versch. Stoffe *)

Douglasie

16,4

1,31

0,004



13

0,793

Kiefer

17,9

1,33

0,005



12,4

0,693

Roteiche

17,1

1,27

0,004

0,015

12,4

0,725

*) Verbrennungseffektivität = Effektiver Heizwert/Unterer Heizwert

592

E1

Materialtechnische Tabellen für den Brandschutz

Tabelle 25. Verbrennungseffektivität und Verbrennungsanteile (Yield) von Kunststoffen, nach [44] Kunststoff

Unterer Heizwert in MJ/kg [44]

Yield CO2 in g/g [44]

Yield CO in Yield Ruß g/g [44] in g/g [44]

Epoxy-1

28,8

1,59

0,08



17,1

0,594

Epoxy-2

28,8

1,16

0,086

0,098

12,3

0,427

Nylon

30,8

2,06

0,038

0,075

27,1

0,880

PE

43,6

2,76

0,024

0,06

38,4

0,881

PMMA

25,2

2,12

0,01

0,022

24,2

0,960

Polycarbonate (PC-CH0.88O0.13)

31,6

1,5

0,054

0,112

18,4

0,582

Polyester-1

32,5

1,65

0,07

0,091

20,6

0,634

Polyester-2

32,5

1,56

0,08

0,089

19,5

0,600

Polyetheretherketone (PEEK-CH0.63O0.16)

31,3

1,6

0,029

0,008

17,5

0,559

Polyetherimide (PEI-CH0.68N0.05O0.14)

30,1

2

0,026

0,014

27,2

0,904

Polyethersulfone (PES-CH0.67O0.21S0.08)

25,2

1,5

0,04

0,021

20,4

0,810

Polyethylen Schaum 1

41,2

2,62

0,02

0,056

34,4

0,835

Polyethylen Schaum 2

40,8

2,78

0,026

0,102

36,1

0,885

Polyethylen Schaum 3

40,8

2,6

0,02

0,076

33,8

0,828

Polyethylen Schaum 4

40,8

2,51

0,015

0,071

32,6

0,799

Polystyren Schaum GM49

38,2

2,3

0,065

0,21

25,6

0,670

Polystyren Schaum GM51

35,6

2,34

0,058

0,185

24,6

0,691

Polystyren Schaum GM53

37,6

2,34

0,06

0,2

25,9

0,689

Polystyren Schaum GM47

38,1

2,3

0,06

0,18

25,9

0,680

Polysulfone (PSO-CH0.81O0.15S0.04) 29

1,8

0,034

0,02

24,3

0,838

Polyurethan Schaum GM21

26,2

1,55

0,01

0,131

17,8

0,679

Polyurethan Schaum GM23

27,2

1,51

0,031

0,227

19

0,699

Polyurethan Schaum GM25

24,6

1,5

0,028

0,194

17

0,691

Polyurethan Schaum GM27

23,2

1,57

0,042

0,198

16,4

0,707

Polyurethan Schaum GM29

26

1,52

0,031

0,13

16,4

0,631

Polyurethan Schaum GM31

25

1,53

0,038

0,125

15,8

0,632

Polyurethan Schaum GM35

28

1,58

0,025

0,104

17,6

0,629

Polyurethan Schaum GM37

28

1,63

0,024

0,113

17,9

0,639

Polyurethan Schaum GM41

26,2

1,18

0,046



15,7

0,599

Polyurethan Schaum GM43

22,2

1,11

0,051



14,8

0,667

POM

15,4

1,4

0,001



14,4

0,935

PP

43,4

2,79

0,024

0,059

38,6

0,889

PS

39,2

2,33

0,06

0,164

27

0,689

Silicone

21,7

0,96

0,021

0,065

10,6

0,488

Silicone Gummi

21,7

0,96

0,021

0,078

10,9

0,502

*) Verbrennungseffektivität = Effektiver Heizwert/Unterer Heizwert

Effektiver Heizwert in MJ/kg [44]

Verbrennungseffektivität versch. Stoffe *)

Stoffdaten

593

Tabelle 26. Verbrennungseffektivität und Verbrennungsanteile (Yield) von Flüssigkeiten, nach [44] Flüssigkeit

Unterer Heizwert in MJ/kg [44]

Yield CO2 in g/g [44]

Yield CO in Yield Ruß g/g [44] in g/g [44]

Effektiver Heizwert in MJ/kg [44]

Verbrennungseffektivität versch. Stoffe *)

Aceton

29,7

2,14

0,003

0,014

27,9

0,939

Ethanol

27,7







26,2

0,946

Ethyl Alkohol

27,7

1,77

0,001

0,008

25,6

0,924

Heptan

44,4







40,3

0,908

Isopropyl Alkohol

31,8

2,01

0,003

0,015

29

0,912

Methanol

20







19,8

0,990

Methyl Alkohol

20

1,31

0,001



19,1

0,955

Mineralöl

46







44,3

0,963

*) Verbrennungseffektivität = Effektiver Heizwert/Unterer Heizwert

Tabelle 27. Verbrennungseffektivität und Verbrennungsanteile (Yield) von Gasen, nach [44] Gas

Unterer Heizwert in MJ/kg [44]

Yield CO2 in g/g [44]

Yield CO in Yield Ruß g/g [44] in g/g [44]

Effektiver Heizwert in MJ/kg [44]

Verbrennungseffektivität versch. Stoffe *)

1,3-Butadien

44,6

2,46

0,048

0,125

33,6

0,753

Acetylen

47,8

2,6

0,042

0,096

36,7

0,768

Butan

45,4

2,85

0,007

0,029

42,6

0,938

Ethan

47,1

2,85

0,001

0,013

45,7

0,970

Ethylen

48

2,72

0,013

0,043

41,5

0,865

Methan

50,1

2,72





49,6

0,990

Propan

46

2,85

0,005

0,024

43,7

0,950

Propylen

46,4

2,74

0,017

0,095

40,5

0,873

*) Verbrennungseffektivität = Effektiver Heizwert/Unterer Heizwert

Tabelle 28. Verbrennungseffektivität und Verbrennungsanteile (Yield) von Chemikalien und Lösungsmitteln, nach [44] Stoff

Unterer Heizwert in MJ/kg [44]

Yield CO2 in g/g [44]

Yield CO in Yield Ruß g/g [44] in g/g [44]

Effektiver Heizwert in MJ/kg [44]

Verbrennungseffektivität versch. Stoffe *)

1,3 Dichloropropene (C3 H4 Cl2 )

14,2

0,35

0,09

0,169

5,6

0,394

2,6 Dichlorobenzonitrile (dichlobenil) (C7 H3 NCl2 )

17,8

0,39

0,068



4,3

0,242

3 Chloropropene (C3 H5 Cl)

23

0,75

0,076

0,179

10,8

0,470

Acetronitrile (C2 H3 N)

29,6

2,04

0,025

0,026

29

0,980

Aclonifen (C12 H9 O3 N2 Cl)

19,7

0,68

0,063

0,186

7

0,355

Adiponitrile (C6 H8 N2 )

33,1

2,35

0,045

0,045

31,1

0,940

Chloronitrobenzoic acid (C7 H4 O4 NCl) 15,9

0,39

0,057



4,4

0,277

Dichloromethane (CH2 Cl2 )

0,11

0,088

0,081

2

0,333

6

594

E1

Materialtechnische Tabellen für den Brandschutz

Tabelle 28. Verbrennungseffektivität und Verbrennungsanteile (Yield) von Chemikalien und Lösungsmitteln, nach [44] (Fortsetzung) Stoff

Unterer Heizwert in MJ/kg [44]

Yield CO2 in g/g [44]

Yield CO in Yield Ruß g/g [44] in g/g [44]

Effektiver Heizwert in MJ/kg [44]

Verbrennungseffektivität versch. Stoffe *)

Diphenylmethanediisocyanate MDI (C15 H10 O2 N2 )

27,1

0,95

0,042

0,154

19,6

0,723

Diuron (C9 H10 ON2 Cl2 )

20,3

0,76

0,08

0,159

10,2

0,502

Ethylisonicotate (C8 H9 O2 N)

26,3

2,37

0,029

0,142

24,3

0,924

Ethylmonochloroacetate (C4 H7 O2 Cl)

15,7

1,24

0,019

0,138

14,1

0,898

Hexamethylenediamine (C6 H16 N2 )

35,3

2,28

0,029

0,045

32,6

0,924

Isoproturon (C12 H18 ON2 )

32,8

1,7

0,056

0,115

23,9

0,729

Metatrifluoromethylphenylacetonitrile (C9 H6 NF3 )

16

0,89

0,058

0,168

7,3

0,456

Methylthiopropionylaldehyde (C4 H8 OS)

25

1,62

0,001

0,005

23,8

0,952

Monochlorobenzene (C6 H5 Cl)

26,4

0,86

0,083

0,232

11,2

0,424

Phenol (C6 H6 O)

31

2,63

0,057

0,099

27,6

0,890

Polymeric MDI (C23 H19 O3 N3 )

29,6

1,22

0,032

0,165

23,3

0,787

Tetrahydrofuran (C4 H8 O)

32,2

2,29

0,021



30,3

0,941

Tetramethylthiurammonosulfide (C6 H12 N2 S3 )

22,6

1,06

0,041



19,6

0,867

Toluenediisocyanate (C9 H6 O2 N2 )

23,6

1,77

0,052

0,141

19,3

0,818

Trifluoromethylbenzene (C6 H5 CF3 )

18,7

1,19

0,069

0,185

10,8

0,578

*) Verbrennungseffektivität = Effektiver Heizwert/Unterer Heizwert

Tabelle 29. Verbrennungseffektivität und Verbrennungsanteile (Yield) von Pestiziden, nach [44] Stoff

Unterer Heizwert in MJ/kg [44]

Yield CO2 in g/g [44]

Yield CO in Yield Ruß g/g [44] in g/g [44]

Effektiver Heizwert in MJ/kg [44]

Verbrennungseffektivität versch. Stoffe *)

2,4 D acid (Herbicide, C8 H6 O3 Cl2 )

11,5

0,5

0,074

0,163

4,5

0,391

Chlorfenvinphos (C12 H24 O4 Cl3 P)

18

0,43

0,011

0,288

7,7

0,428

Chlormephos (C5 H12 O2 S2 CIP)

19,1

0,51

0,075

0,055

13,9

0,728

Folpel (C9 H4 O2 NSCl3 )

9,1

0,37

0,072

0,205

3,6

0,396

Mancozeb (C4 H6 N2 S4 Mn)i Zn0,4 )

14

0,5





9,5

0,679

*) Verbrennungseffektivität = Effektiver Heizwert/Unterer Heizwert

Stoffdaten

2.8

595

Zusätzliche Stoffdaten für Kunststoffe

Tabelle 30. Zersetzungstemperatur, Kohlenstoff Yield und Sauerstoffindex von Kunststoffen, nach [43] Kunststoff

Zersetzungstemperatur in °C

Kohlenstoff Yield in %

Limitierender Sauerstoff Index in %

Polybenzobisoxazol (PBO)

789

75

56

Polyparaphenylen

652

75

55

Polybenzimidazol (PBI)

630

70

42

Polyamideimid (PAI)

628

55

45

Polyaramid (Kevlar)

628

43

28

Polyetherketoneketone (PEKK)

619

62

40

Polyetherketone (PEK)

614

56

40

Polytetrafluoroethylen (PTFE)

612

0

95

Polyether Ether Keton (PEEK)

606

50

35

Polyephenylsulfon (PPSF)

606

44

38

Polypara(benzoyl)phenylen (PX)

602

66

41

Fluor-Zynat-Ester

583

44

40

Polyphenylenesulfid (PPS)

578

45

44

Polyetherimide (PEI)

575

52

47

Polypromellitimid (PI)

567

70

37

Polycorbonat (PC)

546

25

26

Polysulfon (PSF)

537

30

30

Polyethylen (PE)

505

0

18

Polyamid 6 (PA6)- Nylon

497

1

21

Polyethyleneterphthalat (PET)

474

13

21

Acrylnitrilbutadienstyrol (ABS)

470

0

18

Polyurethan Elastomer (PU)

422

3

17

Polymethylmetacrylat (PMMA)

398

2

17

Polychlorotrifluoroethylene

380

0

95

Polyvinylchlorid (PVC)

370

11

50

Polystyrol (PS)

364

0

18

Polyoxymethylene (POM)

361

0

15

Polyvinylidenfluorid (PVDF)

355

0

44

596

E1

Materialtechnische Tabellen für den Brandschutz

Tabelle 31. Unterer Heizwert und andere Eigenschaften von Polymeren nach [18] Polymerart

Chem. Formel

Molekulargewicht g/Mol

Hu Heizwert MJ/kg

Hu /ro Sauerstoffbedarf MJ/kg O2

Acrylnitrilbutadienstyrolcopolymer





33,75



Bisphenol-A-Epoxy

C11.85 H20.37 O2.83 N0.3

212,10

31,42

13,41

Butadien-Acrylonitril 37 % Copolymer





37,42



Butadien-Styrol 8,58 % Copolymer

C4.18 H6.09

56,30

42,49

13,11

Butadien-Styrol 25,5 % Copolymer

C4.60 H6.29

61,55

41,95

13,07

Zelluloseacetat

C12 H16 O8

288,14

17,66

13,25

Zelluloseacetatbutyrat

C12 H18 O7

274,27

22,3

14,67

Expoxy, ungehärtet

C31 H36 O5.5

496,63

31,32

13,05

Expoxy, ausgehärtet

C39 H40 O8.5

644,74

28,90

13,01

Melaminformaldehyd

C6 H6 N6

162,08

18,52

12,51

Nylon 6

C6 H11 NO

113,08

28,0–29,6

12,30

Nylon 6.6

C12 H22 N2 O2

226,16

29,5–29,6

12,30

Nylon 11 (Rilsan)

C11 H21 NO

183,14

34,47

12,33

Phenolformaldehyd

C15 H12 O2

224,17

26,7–30,4

11,80

Phenolschaum





20,2–26,2



Polyacenaphthalen

C12 H8

152,14

38,14

12,95

Polyacrylnitril

C3 H3 N

53,04

30,98

13,70

Polyallylphthalat

C14 H14 O

198,17

26,19

9,54

Polyamides → Nylon

C4 H6

54,05

42,75

13,13

Poly-1.4-Butadien

C4 H8

56,05

43,35

12,65

Polycarbonat

C16 H14 O3

254,19

29,78

13,14

Polycarbondioxid

C3 O2

68,03

13,78

14,64

Polychlortrifluorethylen

C2 F3 CI

116,47

1,12

2,04

Polydiphenylbutadien

C16 H10

202,18

38,2

13,05

Polyester, ungesättigt

C5.77 H6.25 O1.63

101,60

20,3–28,5

11,90

Polyether, chloroniert

C5 H8 OCI2

154,97

16,71

12,45

Polyethylen

C2 H4

28,03

43,1–43,4

12,63

Polyethylenoxid

C2 H4 O

44,02

24,66

13,57

Polyethylenterephthalat

C10 H8 O4

192,11

21,27

12,77

Polyformaldehyd

CH2 O

30,11

15,86

14,88

Poly-1-Hexan-Sulfon

C6 H12 SO2

148,13

28,00

14,40

Polycyanwasserstoff

HCN

27,02

22,45

15,17

Polyisocyanatschaum





22,2–26,2



Polyisopren

C5 H8

68,06

42,30

12,90

Poly-3-Methyl-1-Butan

C5 H10

70,06

43,42

12,67

Polymethylmethacrylat

C5 H8 O2

100,06

24,88

12,97

Poly-4-Methyl-1-Pentan

C6 H12

84,08

43,39

12,67

Stoffdaten

597

Tabelle 31. Unterer Heizwert und andere Eigenschaften von Polymeren nach [18] (Fortsetzung) Polymerart

Chem. Formel

Molekulargewicht g/Mol

Hu Heizwert MJ/kg

Hu /ro Sauerstoffbedarf MJ/kg O2

Poly-α-Methylstyrol

C9 H10

118,11

40,45

13,00

Polynitroethylen

C2 H3 O2 N

73,03

15,06

19,64

Polyoxymethylen

CH2 O

30,01

15,65

14:68

Polyoxytrimethylen

C3 H6 O

58,04

29,25

13,27

Poly-1-Pentan

C5 H10

70,06

42,45

12,39

Polyphenylacetylen

C8 H6

102,09

38,70

13,00

Polyphenyloxid

C8 H8 O

120,09

33,13

13,09

Polypropansulfon

C3 H6 SO2

106,10

22,58

16,64

Poly-β-Propiolaceton

C3 H4 O2

72,14

18,13

13,62

Polypropylen

C3 H6

42,04

43,23

12,62

Polypropylenoxid

C3 H6 O

58,04

28,90

13,11

Polystyrol

C8 H8

104,10

39,7–39,8

12,93

Polystyrolschaum





35,6–40,8



Polybutansulfon

C4 H8 SO2

120,11

22,25–25,01

14,79

Polyschwefel

S

32,06

9,72

9,74

Polytetrafluorethylen

C2 F4

100,02

5,00

7,81

Polytetrahydrofuran

C4 H8 O

72,05

31,85

13,04

Polyurea

C15 H18 O4 N4

318,20

23,67

13,45

Polyurethan

C6.3 H7.1 NO2.1

130,30

22,70

13,16

Polyurethanschaum





23,2–28,0



Polyvinylacetat

C4 H6 O2

86,05

21,51

12,86

Polyvinylalkohol

C2 H4 O

44,03

23,01

12,66

Polyvinylbutyral

C8 H14 O2

142,10

30,70

13,00

Polyvinylchlorid

C2 H3 CI

62,48

16,90

12,00

Polyvinylschaum









Polyvinylfluorid

C2 H3 F

46,02

20,27

10,60

Polyvinyliden

C2 H2 CI2

96,93

10,07

12,21

Polyvinylidenfluorid

C2 H2 F2

64,02

14,08

11,26

Ureaformaldehyd

C3 H6 O2 N2

102,05

14,61

13,31

598

E1

2.9

Flächenbezogene Brandleistung und Brandentwicklung

Materialtechnische Tabellen für den Brandschutz

Tabelle 32. Flächenbezogene Brandleistung von Feststoffen (ohne Kunststoffe), nach [6] Feststoff

Flächenbezogene Brandleistung in kW/m2 [41], [15], [42]

Altpapier lose

328 bis 378

Altpapier, einschließlich Karton zu Ballen gepresst



Baumwolle, Fasern zu Ballen gepresst

62

Baumwolle, Gewebeballen

268

Fichte, Bretter

193 bis 288

Fichte, Kanthölzer 40 × 40 mm

259 bis 346

Gummi, Fahrzeugreifen aus Kautschuk, lose gelagert

388 bis 864

Gummi, Fördergurte geschichtet

388 bis 630

Kabel mit PVC-Isolierung als Kabelbündel auf Kabelrosten

173 bis 205

Karton, Behälter, leer, gestapelt

328 bis 428

Karton, lose, horizontal gestapelt, einschließlich Wellpappe

328 bis 378

Kleinmöbel aus Holzwerkstoffen, unverpackt

259 bis 346

Korbwaren

374 bis 634

Margarine mit min. 15 % Wassergehalt

205 bis 270

Sanitärkrepppapier, in Großrollen

118 bis 144

Sanitärkrepppapier, in Rollen, in Beuteln verpackt

118 bis 144

Schreib- und Druckpapier großformatig geschnitten, mehrlagige Holzpalettenlagerung

274 bis 365

Schreib- und Druckpapier, auf Rollen eng gewickelt, Rollen stehend, liegend oder auf der Holzpalette gelagert

274 bis 365

Schreib- und Druckpapier, Bücher (Regal)

83

Schreib- und Druckpapier, großformatig geschnitten, gelagert auf jeweils einzeln auf dem Fußboden abgestellten Holzpaletten

91 bis 109

Spannplatten (B2 nach DIN 4102-1)

144 bis 170

Sperrholz, horizontal dicht gestapelt

144 bis 170

Sperrholz, horizontal dicht gestapelt auf Holzpaletten

144 bis 170

Teppichboden, Rohware ohne Rücken, aus Fasern aller Art, horizontal gelagert

126 bis 432

Textilien, Abfallmaterial, zu Ballen gepresst aus Baumwolle, Polyamid und Polyacrylnitril-Fasern

126 bis 525

Textilien, Abfallmaterial, Putzlappen, ölgetränkt, im offenen Blechbehälter

370 bis 454

Textilien; Polyacrylnitril zu Ballen gepresst, Fasern, Gemisch aus Polyamidfasern, Wolle sowie Baumwolle

123 bis 512

Ton- und Datenträgerkassetten, nicht festgelegt, lose gelagert

104 bis 205

Ton- und Datenträgerkassetten, Polycarbonat-Gehäuse und Polyester-Band lose gelagert

104 bis 205

Ton- und Datenträgerkassetten, Polycarbonat-Gehäuse und Polyester-Band in Schachteln aus Karton

104 bis 205

Flächenbezogene Brandleistung in kW/m2 [16], [17]

300 bis 309

Stoffdaten

599

Tabelle 33. Flächenbezogene Brandleistung von Kunststoffen, nach [6] Kunststoff

Flächenbezogene Brandleistung in kW/m2 [41], [15], [42]

Polyamid, Folien auf Rollen gewickelt

190

Flächenbezogene Brandleistung in kW/m2 [16], [17]

Polycarbodiimid, Hartschaum (Dichte ≈ 16,8 kg/m3 )

774

Polyesterharz gesättigt, Formteile, glasfaserverstärkt, dicht gestapelt

173 bis 318

Polyesterharz gesättigt, Formteile, glasfaserverstärkt, lose gestapelt

172 bis 318

Polyethylen-Granulat in einzelnen Säcken

299 bis 382

Polymehtylmetacrylat

615 248 bis 580

Polystyrol Formteile aus dünnwandigem, ungeschäumtem Polystyrol im offenen Blechbehälter

231 bis 272

563 bis 1399

Polyurethan-Hartschaum (B1 nach DIN 4102-1, Dichte ≈ 36 kg/m3 )

222 bis 289

643 bis 1085

461 bis 576

189 bis 730

Polyurethan-Hartschaum (B3 nach DIN 4102-1, Dichte ≈ 36 Polyvinylchlorid-P-Formteile in Drahtkörben

kg/m3 )

in Drahtkörben

173 bis 268

Tabelle 34. Flächenbezogene Brandleistung von brennbaren Flüssigkeiten in Wannen oder offenen Blechbehälter unterhalb der Siedetemperatur, nach [6] Brennbare Flüssigkeit

Flächenbezogene Brandleistung in kW/m2 [41], [15], [42]

Flächenbezogene Brandleistung in kW/m2 [16], [17]

Azeton

1261

1200

Benzin

2106

2356

Benzol

3397

Cyclohexan

3274

Dieselkraftstoff, leichtes Heizöl

722 bis 1193

1474

Erdöl

835

905

Ethylalkohol

419

405

Isopropanol

490 bis 780

Kerosin (Flugbenzin)

1656 bis 2322

Maschinenöl, Motorenöl

1823 bis 1882

Methanol

308 bis 340

Petroleum

2105

Reinigungsbenzin

324

2071

Schweres Heizöl

646

Terpentin

1415

Toluol

1566

Xylol

1152

600

E1

Materialtechnische Tabellen für den Brandschutz

Tabelle 35. Brandentwicklung und spezifische Brandleistung für ausgewählte Lagerstoffe und Waren, aus Versuchen im Maßstab 1 : 1 ermittelt Lagerstoff oder Waren

Lagerungsart

Lagerungshöhe [m]

Geschwindigkeit Max. spezifische Literatur der BrandentBrandleistung wicklung [kW/m2 ]

Holzpaletten (Abmessungen: 1,2 × 1,2 × 0,14 m; Feuchtigkeitsgrad: 6,0–12,0 %)

gestapelt/ Blocklagerung

0,5

mittel – schnell

1420,0

[14, 26]

Holzpaletten (Abmessungen: 1,2 × 1,2 × 0,14 m; Feuchtigkeitsgrad: 6,0–12,0 %)

gestapelt/ Blocklagerung

1,5

schnell

4000,0

[14, 26]

Holzpaletten (Abmessungen: 1,2 × 1,2 × 0,14 m; Feuchtigkeitsgrad: 6,0–12,0 %)

gestapelt/ Blocklagerung

3,0

schnell

6800,0

[14, 26]

Holzpaletten (Abmessungen: 1,2 × 1,2 × 0,14 m; Feuchtigkeitsgrad: 6,0–12,0 %)

gestapelt/ Blocklagerung

4,9

schnell

10 200,0

[14, 26]

Papierrollen

senkrecht gestapelt

6,1

sehr schnell



[14, 26]

Bekleidung aus Baumwolle, PE, PE/Baumwolle, Acryl/Nylon/PE

Regale

3,7

sehr schnell



[14, 26]

Leerkartons aus Holzpaletten

gestapelt/ Blocklagerung

4,6–9,1

mittel – schnell



[14, 26]

Papierartikel in Kartons

gestapelt/ Blocklagerung

6,1

langsam – mittel –

[14, 26]

gefüllte Briefboxen auf Rollwagen

gestapelt/ Blocklagerung

1,5

schnell

8500,0

[14, 26]

PE-Kehrichteimer in Kartons

gestapelt/ Blocklagerung

4,5

sehr schnell

2000,0

[14, 26]

GFK-Duschkabine in Kartons

gestapelt/ Blocklagerung

4,6

sehr schnell

1400,0

[14, 26]

PE-Flaschen in unterteilten Kartons

Regale

4,5

sehr schnell

6200,0

[14, 26]

PE-Flaschen in unterteilten Kartons

gestapelt/ Blocklagerung

4,5

sehr schnell

2000,0

[14, 26]

PE-Paletten

gestapelt/ Blocklagerung

0,9

schnell



[14, 26]

PE-Paletten

gestapelt/ Blocklagerung

1,8–2,4

sehr schnell



[14, 26]

PU-Hartschaum Isolationsplatten

gestapelt/ Blocklagerung

4,6

sehr schnell

1900,0

[14, 26]

PS-Becher in unterteilten Kartons

gestapelt/ Blocklagerung

4,5

sehr schnell

14 200,0

[14, 26]

PS-Zuber in Kartons

gestapelt/ Blocklagerung

4,2

schnell

5400,0

[14, 26]

PS-Spielzeugteile in Kartons

gestapelt/ Blocklagerung

4,5

schnell

2000,0

[14, 26]

PS-Hartschaum Isolationsplatten

gestapelt/ Blocklagerung

4,2

sehr schnell

3300,0

[14, 26]

Stoffdaten

601

Tabelle 35. Brandentwicklung und spezifische Brandleistung für ausgewählte Lagerstoffe und Waren, aus Versuchen im Maßstab 1 : 1 ermittelt (Fortsetzung) Lagerstoff oder Waren

Lagerungsart

Lagerungshöhe [m]

Geschwindigkeit Max. spezifische Literatur der BrandentBrandleistung wicklung [kW/m2 ]

PVC-Flaschen in verteilten Kartons

gestapelt/ Blocklagerung

4,5

sehr schnell

3400,0

[14, 26]

PP-Kübel in unterteilten Kartons

gestapelt/ Blocklagerung

4,5

sehr schnell

4400,0

[14, 26]

PP oder PE Folienrollen

gestapelt/ Blocklagerung

4,1

schnell

6200,0

[14, 26]

PE-Kisten mit gefüllten (Bier/alkoholfreie Getränke) PET/Glasflaschen

gestapelt/ Blocklagerung



langsam



[34, 35]

Kleinladungsträger (KLT): – PE – PP mit Graphit – HDPE

gestapelt/ Blocklagerung

2,95

schnell – sehr schnell



[36]

Normal brennbare Gegenstände

Regale

4,6–9,1

schnell – sehr schnell



[26]

PE: PU: PS: PP: PET: HDPE: GFK:

Polyethylen Polyurethan Polystyrol Polypropylen Polyethylenterephtalat Polyethylen hoher Dichte Glasfaser verstärkter Polyester

Hinweis: Die Brandausbreitungsgeschwindigkeit wächst mit Steigen der Lagerungshöhe.

Tabelle 36. Brandentwicklung und spezifische Brandleistung von einzelnen Möbeln; Ergebnisse von Brandversuchen im Maßstab 1 : 1 nach [14], [31], [26], [37–39] Aufbau des getesteten Möbels

Geschwindigkeit der Brandentwicklung

Max. spezifische Brandleistung [kW/m2 ]

Matratze aus flammhemmendem Material mit Ausnahme der ebenfalls getesteten normalen Bettwäsche

langsam

17,0

Federmatratze aus Baumwolle/Polyester mit Bettwäsche

mittel

567,5

Federmatratze aus Polyurethan mit Bettwäsche

schnell

908,0

Keep Kleiderschrank aus dünnem (3,2 mm Dicke), lamellenverleimtem Holz (1,3 × 0,61 × 1,8 m Höhe)

sehr schnell

6810,0

Kleiderschrank aus dünnem (3,2 mm Dicke), lamellenverleimtem Holz (1,3 × 0,61 × 1,8 m Höhe) mit flammhemmenden Anstrich

sehr schnell

3860,0

Kleiderschrank aus Holzspanplatten (12,7 mm Dicke); (1,3 × 0,61 × 1,8 m Höhe)

sehr schnell

4704,0

Kleiderschrank mit Schubladen aus Holzspanplatten (19,0 mm Dicke); (1,3 × 0,61 × 1,8 m Höhe)

schnell

2554,0

schwere 1) Polstermöbel, Typ A 2)

schnell

5107,0

Polstermöbel, Typ A 2) ,

mittleres 1)

Gewicht

schnell

4086,0

Polstermöbel, Typ A 2) , kleineres 1) Gewicht

schnell

2497,0

leichte 1)

schnell

1702,0

Polstermöbel, Typ A 2)

(Fußnoten siehe Seite 602)

602

E1

Materialtechnische Tabellen für den Brandschutz

Tabelle 36. Brandentwicklung und spezifische Brandleistung von einzelnen Möbeln; Ergebnisse von Brandversuchen im Maßstab 1 : 1 nach [14], [31], [26], [37–39] (Fortsetzung) Aufbau des getesteten Möbels

Geschwindigkeit der Brandentwicklung

Max. spezifische Brandleistung [kW/m2 ]

schwere 1) Polstermöbel, Typ B 2)

mittel

1986,3

Polstermöbel, Typ B 2) ,

mittleres 1)

Gewicht

mittel

1645,8

Polstermöbel, Typ B 2) , kleineres 1) Gewicht

mittel

1021,5

leichte 1)

mittel

681,0

Polstermöbel, Typ B 2)

schwere 1)

Polstermöbel, Typ

C 2)

langsam

795,0

Polstermöbel, Typ C 2) , mittleres 1) Gewicht

langsam

681,0

Polstermöbel, Typ C 2) , kleineres 1) Gewicht

langsam

397,3

leichte 1) Polstermöbel, Typ C 2)

mittel

170,3

1) Möbelgewichte

schwere Möbel: mittleres Gewicht: kleineres Gewicht: leichte Möbel:

spezifische Last größer als 73,0 kg/m2 . Das Gewicht einer normalen Couch von 1,8 m Länge ist größer als 136,0 kg. Spezifische Last liegt zwischen 49,0 und 73,0 kg/m2 . Das Gewicht einer normalen Couch von 1,8 m Länge liegt zwischen 68,8 und 136,0 kg. Spezifische Last liegt zwischen 25,0 und 45,0 kg/m2 . Spezifische Last ist kleiner als 24,5 kg/m2 . Das Gewicht einer normalen Couch ist kleiner als 34,0 kg.

2) Möbelaufbau/Möbeltyp

Typ A: Typ B:

Typ C:

Möbel bestehend aus: normalen Schaum oder Schaumstoff, bedeckt mit einer Nylonhülle oder mit einem Kunststoff, der unter Hitzeeinwirkung schmilzt. Möbel bestehend aus: normalen oder leicht flammhemmend behandeltem Schaum, bedeckt entweder mit Nylonhülle oder mit Kunststoff, der unter Hitzeeinwirkung schmilzt. Gleichzeitiges Vorhandensein dieser zwei Hüllen ist ausgeschlossen. Möbel bestehend aus: flammhemmend behandeltem Schaum, bedeckt mit einer Kunststoff- oder Baumwollhülle oder anderen Textilien, die nicht unter Hitzeeinwirkung schmelzen.

Anm.: Die Werte der Brandleistung wurden für Möbel mit einfacher Form ermittelt (z. B. Sitzlehne, Armstützen, Sitzfläche – einfache, rechteckige/quadratische, nicht gerundete Formen). Für Möbel mit gerundeten Formen werden diese Werte um bis zu 50,0 % erhöht.

Tabelle 37. Maximale spezifische Brandleistung (kW/m Breite) von Holz und Kunststoffen, Einfluss der Lagerungshöhe, nach [26] Stoff/Lagerungsart

Höhe

Holz oder PMMA (senkrecht)

0,61 m 1,83 m 2,44 m 3,66 m 0,61 m 1,83 m 2,44 m 3,66 m 0,61 m 1,83 m 2,44 m 3,66 m

Polystyrol (PS) fest (senkrecht)

Polypropylen (PP) fest (senkrecht)

PMMA = Polymethylmethacrylat PS = Polystyrol PP = Polypropylen

Max. spezifische Brandleistung in kW/m Breite 100 240 620 1000 220 450 1400 2400 220 350 970 1600

Stoffdaten

603

Tabelle 38. Brandentwicklung und Brandleistung für ausgewählte Nutzungseinheiten, aus Versuchen im Maßstab 1:1 Art der Nutzung

Geschwindigkeit der Brandentwicklung

Max. erreichte Brandleistung in MW

Literatur

PC-Arbeitsplatz; massive Möbel (Holzspanplatten); freie Verbrennung

langsam

1,8

[43]

PC-Arbeitsplatz; massive Möbel (Holzspanplatten); Versuch in einem Raum mit ISO 9705-mäßigen Abmessungen

langsam

2,5

[28]

PC-Arbeitsplatz in einem Großraumbüro; massive Möbel (Holzspanplatten) und mit brennbaren Wandschirmen unterteilt

schnell

6,8

[27, 29]

Büro; Papier – Dokumentation auf Metallregalen; freie Verbrennung

bis 200 s – mittel und nach 200 s – schnell

1,6

[28]

Büroeinheit; massive Möbel (Holzspanplatten), Versuch in einem Raum mit ISO 9705-mäßigen Abmessungen

langsam

2,25

[28]

Verschiedene Büro-Gegenstände (Ausrüstung von Arbeitsplätzen); freie Verbrennung

im Durchschnitt langsam



[27]

Mobile Metallregale mit Archivdokumenten

schnell



[30]

Pkw in einem öffentlichen Parkhaus

langsam

2,0

[31]

Pkw in einer kleinen, gut belüfteten Garage

schnell

8,5

[31]

Chemielabor

sehr schnell

2,0

[32]

Diverse Ausstellungen

langsam



[14]

Normales Bett in einem schwedischen Spital

langsam

0,3

[33]

Tabelle 39. Maximale spezifische Brandleitung für Materialien in Personenzügen [45] Material

Max. spezifische Brandleistung [kW/m2 ]

Sitzpolster

Schaumstoff Auflage Stoff PVC

80 30 420 360

Sitzpolster

Schaumstoff Auflage Stoff

80 30 265

Sitz-Unterbau

Chloropren

295

Sitz-Unterbau

FR Cotton Muslin

190

Sitz-Verkleidung

PVC/Acrylic

110

Armlehne, Sitzplatz

Schaumstoff auf Metall

610

Fußablage

Chloropren Elastomer

400

Matratzen und Bettpolsterung

Schaumstoff Auflage Stoff

80 25 150

Wandbelag

Wollteppich

655

Wandbelag

Wollstoff

745

Komponente Bestandteile von Sitzen und Betten

Wand- und Fensteroberflächen

604

E1

Materialtechnische Tabellen für den Brandschutz

Tabelle 39. Maximale spezifische Brandleitung für Materialien in Personenzügen [45] (Fortsetzung) Komponente

Material

Max. spezifische Brandleistung [kW/m2 ]

Raumteiler

Polycarbonat

270

Wand Material

FRP/PVC

120

Wand Paneel

FRP

270

Fenster Verglasung

Polycarbonat

330

Beschattung/Fensterläden

FRP

210

Vorhang (Fenster, Türe)

Wolle/Nylon

310

Vorhang

Polyester

175

Bettdecke

Wolle

170

Bettdecke

Modacrylic

18

Polster

Baumwolle, Polyester Füllung

340

Teppich

Nylon

245

Gummimatte

Styrene, Butadiene

300

Tisch

Phenolis/Holz Laminat

250

Luftleitung

Neoprene

140

Isolierung der Lüftungsleitung

Schaumstoff

95

Fensterdichtung

Chloroprene Elastomere

210

Türdichtung

Chloroprene Elastomere

200

Vorhänge, Dekorationen, Stoffe

Bodenbeläge

Sonstiges

3

Literatur

[1] ISO 5660-1:2015 (2015) Reaction to fire tests – Heat release, smoke production and mass loss rate, Part 1: Heat release rate (cone calorimeter method). International Standard. [2] ISO 5658-2:2006 (2006) Reaction to fire tests Spread of flame. Part 2: Lateral spread on building and transport products in vertical configuration. International Standard. [3] DIN 18230-2:1999-01 (1999) Baulicher Brandschutz im Industriebau – Teil 2: Ermittlung des Abbrandverhaltens von Materialien in Lageranordnung, Werte für den Abbrandfaktor m. Beuth, Berlin. [4] DIN 54836:1984-02 (1984) Prüfung von brennbaren Werkstoffen. Bestimmung der Entzündungstemperatur, Beuth, Berlin.

[7] DIN EN 60332-1-1:2017-09 (2017) Prüfungen an Kabeln, isolierten Leitungen und Glasfaserkabeln im Brandfall – Teil 1-1: Prüfung der vertikalen Flammenausbreitung an einer Ader, einer isolierten Leitung oder einem Kabel, Beuth, Berlin. [8] DIN 5499:2018-07 (2018) Brennwert und Heizwert. Begriffe, Beuth, Berlin. [9] DIN 51900-1:2004-02 (2020) Prüfung fester und flüssiger Brennstoffe: Bestimmung des Brennwertes mit dem Bomben-Kalorimeter und Berechnung des Heizwertes. Teil 1: Allgemeine Angaben, Grundgerät, Grundverfahren, Beuth, Berlin. [10] DIN 51900-2:2003-05 (2003) Prüfung fester und flüssiger Brennstoffe: Bestimmung des Brennwertes mit dem Bomben-Kalorimeter und Berechnung des Heizwertes – Teil 2: Verfahren mit isoperibolem und static-jacket Kalorimeter, Beuth, Berlin.

[5] DIN EN ISO 11925-2:2020-07 (2020) Prüfungen zum Brandverhalten von Bauprodukten. Entzündbarkeit von Produkten bei direkter Flammeneinwirkung – Teil 2: Einzelflammentest, Beuth, Berlin.

[11] DIN 51900-3:2005-01 (2005) Prüfung fester und flüssiger Brennstoffe. Bestimmung des Brennwertes mit dem Bomben-Kalorimeter und Berechnung des Heizwertes. Teil 3: Verfahren mit adiabatischem Mantel, Beuth, Berlin.

[6] DIN 18230-3:2002-08 (2002) Baulicher Brandschutz im Industriebau – Teil 3: Rechenwerte. Beuth, Berlin.

[12] DIN EN 13501-1:2019-05 (2019) Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten –

Literatur

605

Teil 1: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Prüfungen zum Brandverhalten von Bauprodukten, Beuth, Berlin.

and Engineering Conference, Interscience Communications, London.

[13] DIN EN ISO 1716:2018-10 (2018) Prüfungen zum Brandverhalten von Bauprodukten – Bestimmung der Verbrennungswärme (des Brennwerts), Beuth, Berlin.

[30] Lougheed, G.D. et al. (1994) Full-Scale Fire Tests and the Development of Design Criteria for Sprinkler Protection of Mobile Shelving Units. Fire Technology, NFPA, Quincy, MA.

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[26] NFPA 204:2015: Standard for Smoke and Heat Venting. NFPA, Quincy, MA.

[42] Baulicher Brandschutz im Industriebau. Kommentar zur DIN 18230. 2. Auflage, Beuth Verlag GmbH, Berlin, 1999.

[27] Madrzykowski, D.; Vettori, R. (1992) A Sprinkler Fire Suppression Algorithm for the GSA Engineering Fire Assessment System. NISTIR 4833, U.S. Department of Commerce, Gaithersburg.

[43] Tewarson, A. (2008) Generation of Heat and Gaseous, Liquid and Solid Products in Fires. in: SFPE Handbook of Fire Protection Engineering. 4th edition, Society of Fire Protection Engineering, Boston.

[28] Walton, W.; Budnick, E. (1998) Quick Response Sprinkler in Office Configurations: Fire Test Results. NBSIR 88–3695, U.S. Department of Commerce, Gaithersburg.

[44] Di Nenno, P.J. et al. (2002) SFPE Handbook of Fire Protection Engineering. 3rd edition, Society of Fire Protection Engineering, Boston, 2002.

[29] Madrzykowski, D. (1996) Office work station heat release study: Full scale vs bench scale. Interflam 96 – Conference Proceedings, 7th International Fire Science

[45] Peacock, R.; Braun, E. (1999) Fire Safety of Passenger Trains, Phase I: MAterila Evaluation (Cone Calorimeter). NISTIR 6132, U.S. Department of Commerce, Gaithersburg.

607

E 2 Materialtechnische Tabellen Rainer Hohmann

Prof. Dr.-Ing. Rainer Hohmann Fachhochschule Dortmund Fachbereich Architektur, Fachgebiet Bauphysik Emil-Figge-Straße 40, 44047 Dortmund Professor für Bauphysik an der Fachhochschule Dortmund. Mitglied im Sachverständigenausschuss „Bauwerks- und Dachabdichtung“ des DIBt, Obmann im DINAusschuss der DIN 18197 „Abdichten von Fugen in Beton mit Fugenbändern“ und der DIN 18541 „Fugenbänder aus thermoplastischen Kunststoffen zur Abdichtung von Fugen in Ortbeton“, Mitglied im DAfStb-Ausschuss „Wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton“ (WU-Richtlinie) sowie in den DBV-Arbeitskreisen „Injektionsschlauchsysteme und quellfähige Einlagen für Arbeitsfugen“ und „Hochwertige Nutzung von Untergeschossen“.

Bauphysik-Kalender 2021: Brandschutz. Herausgegeben von Nabil A. Fouad. © 2021 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2021 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

608

E2

Materialtechnische Tabellen

Inhaltsverzeichnis 1

Vorbemerkungen

2

Wärme- und feuchtetechnische Kennwerte 611

3

Schallschutztechnische und akustische Kennwerte 649

4

Literatur

661

609

Vorbemerkungen

1

609

Vorbemerkungen

Im Folgenden werden wärme- und feuchtetechnische sowie schallschutztechnische und raumakustische Kennwerte von Baustoffen und Materialien tabellarisch als Zahlenwerte oder grafisch in Diagrammform angegeben. Neben den wesentlichen Tabellen aus den

derzeit gültigen DIN-Normen wurden aus der Literatur ergänzende Stoffwerte zusammengestellt. Die folgende Zusammenstellung gibt einen Überblick über die Tabellen und dient als Wegweiser.

Übersichtstabelle – A. Wärme- und feuchteschutztechnische Kennwerte Kenngrößen

Quelle

Wärmeleitfähigkeit λ und Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahlen μ

DIN 4108-4, Tabelle 1

Wärmedurchlasswiderstände R

Tabelle

Seite

1

611

DIN 4108-4, Tabelle 2

2

619

DIN EN ISO 10456, Tabelle 3

3

622

Decken

DIN 4108-4, Tabelle 6

4

627

Luftschichten

DIN EN ISO 6946, Tabelle 8

5

628

Dachräume

DIN EN ISO 6946, Tabelle 9

6

629

Wärmeübergangswiderstände

Rsi , Rse

DIN EN ISO 6946, Tabelle 7

7

629

Erdreich

Wärmeleitfähigkeiten

DIN EN ISO 13370, Tabelle 1

8

630

DIN EN ISO 13370, Tabelle G.1

9

630

Tore und Türen

Bemessungswerte DU,BW von Toren

DIN 4108-4, Tabelle 13

10

630

Bemessungswerte DU,BW von Türen

DIN 4108-4, Tabelle 8

11

631

Fenster und Verglasung

Korrekturwerte ΔUg zur Berechnung der Bemessungswerte Ug,Bw

DIN 4108-4, Tabelle 9

12

631

Gesamtenergiedurchlassgrad und Lichttransmissionsgrad

DIN 4108-4, Tabelle 10

13

631

Korrekturfaktoren c für den Gesamtenergiedurchlassgrad

DIN 4108-4, Tabelle 11

14

632

Typische Abminderungsfaktoren FC von Sonnenschutzvorrichtungen

DIN 4108-2, Tabelle 7

15

632

Wärmedurchgangskoeffizienten für Lichtkuppeln

DIN 4108-4, Tabelle 12

16

633

Physikalische Kenngrößen für Wasser, Wasserdampf und Eis

Literatur

17

634

Sättigungsdampfdruck für Wasserdampf

DIN E 4108-3, Tabelle C.2

18

634

Wasserdampfsättigungsdruck pS

DIN E 4108-3, Tabelle C.1

19

635

Physikalische Kennwerte Wasser, Wasserdampf, Eis

Sonstige Kennwerte

Taupunkttemperatur θS

DIN E 4108-3, Tabelle C.3

20

636

Emissionsfaktoren, Absorptionsfaktoren und Strahlungskonstanten

Literatur

21

637

Richtwerte für Strahlungsabsorption

DIN 4108-6, Tabelle 8

22

638

610

E2

Materialtechnische Tabellen

Übersichtstabelle – A. Wärme- und feuchteschutztechnische Kennwerte (Fortsetzung) Kenngrößen

Quelle

Tabelle

Seite

Wärmeausdehnungskoeffizient αT

Literatur

23

638

Spezifische und volumenbezogene Wärmekapazität weiterer Stoffe

Literatur

24

640

Rohdichte, Porosität, spezifische Wärmekapazität, Wärmeleitfähigkeit, feuchtebedingte Zunahme der Wärmeleitfähigkeit, Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahl, Bezugsfeuchtegehalt, freie Wassersättigung, Wasseraufnahmekoeffizient

Literatur

25

641

Feuchtebereichabhängige Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahlen einiger Baustoffe

Literatur

26

645

Feuchteschutztechnische Eigenschaften und spezifische Wärmekapazität von Wärmedämmund Mauerwerksstoffen

DIN EN 10456, Tabelle 4

27

646

Wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke von Folien

DIN EN 10456, Tabelle 5

28

648

Ausgleichsfeuchtegehalte von Baustoffen

DIN 4108-4, Tabelle 3

29

648

Tabelle

Seite

Literatur

30

649

Beispiele für die frequenzabhängige äquivalente Schallabsorptionsfläche A von Personen und Gestühl

DIN 18041, Anhang G, Tabelle G.2

31

656

Beispiele für den Schallabsorptionsgrad αs für eine frequenzabhängige Dimensionierung

DIN 18041, Tabelle G.1

32

657

Literatur

33

659

Literatur

34

659

Feuchteschutztechnische Kennwerte

B. Raumakustische Kennwerte Kenngrößen

Quelle

Schallabsorptionsgrade αS

Schallwellenwiderstand Z Dynamischer Elastizitätsmodul Edyn , Dehnwellengeschwindigkeit CD , Verlustfaktor η

Wärme- und feuchtetechnische Kennwerte

2

611

Wärme- und feuchtetechnische Kennwerte

Tabelle 1. Bemessungswerte der Wärmeleitfähigkeit und Richtwerte der Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahlen (DIN 4108-4, Tabelle 1) [6] Zeile

Stoff

Rohdichte a) b)

Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit

Richtwert der WasserdampfDiffusionswiderstandszahl c)

ρ

λB

μ

kg/m3

W/(m⋅K)



1800

1,00

15/35 10

1

Putze, Mörtel und Estriche

1.1

Putze

1.1.1

Putzmörtel aus Kalk, Kalkzement und hydraulischem Kalk

1.1.2

Gipsputzmörtel

1400

0,70

1.1.3

Leichtputz

< 1300

0,56

1.1.4

Leichtputz

≤ 1000

0,38

1.1.5

Leichtputz

≤ 700

0,25

1.1.6

Gipsputz ohne Zuschlag

1200

0,51

10

1.1.7

Kunstharzputz

(1100)

0,70

50/200

1.2

Mauermörtel

1.2.1

Zementmörtel

(2000)

1,60

1.2.2

Normalmörtel NM

(1800)

1,20

1.2.3

Dünnbettmauermörtel

(1600)

1,00

1.2.4

Leichtmauermörtel nach DIN EN 1996-1-1, DIN EN 1996-2

≤ 1000

0,36

1.2.5

Leichtmauermörtel nach DIN EN 1996-1-1, DIN EN 1996-2

≤ 700

0,21

1.2.6

Leichtmauermörtel

250 400 700 1000 1500

0,10 0,14 0,25 0,38 0,69

5/20

2300

0,90

d)

1.3

Estriche

1.3.1

Gussasphaltestrich

1.3.2

Zement-Estrich

(2000)

1,40

1.3.3

Calciumsulfat-Estrich (Anhydrit-Estrich)

(2100)

1,20

1.3.4

Magnesia-Estrich

1400 2300

0,47 0,70

2

Betonbauteile

2.1

Beton nach DIN EN 206-1

(Fußnoten siehe Seite 618)

Siehe DIN EN ISO 10456 [14] (siehe auch Tabelle 3, S. 622)

15/20

15/35

15/35

612

E2

Materialtechnische Tabellen

Tabelle 1. Bemessungswerte der Wärmeleitfähigkeit und Richtwerte der Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahlen (DIN 4108-4, Tabelle 1) [6] (Fortsetzung) Zeile

2.2

2.3

Stoff

Leichtbeton und Stahlleichtbeton mit geschlossenem Gefüge nach DIN EN 206-1 und DIN 1045-2, hergestellt unter Verwendung von Zuschlägen mit porigem Gefüge nach DIN EN 13055-1, ohne Quarzsandzusatz d)

Dampfgehärteter Porenbeton nach DIN EN 12602

2.4

Leichtbeton mit haufwerkporigem Gefüge

2.4.1

– mit nichtporigen Zuschlägen nach DIN EN 12620, z. B. Kies

2.4.2

– mit porigen Zuschlägen nach DIN EN 13055-1, ohne Quarzsandzusatz e)

(Fußnoten siehe Seite 618)

Rohdichte a) b)

Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit

Richtwert der WasserdampfDiffusionswiderstandszahl c)

ρ

λB

μ

kg/m3

W/(m⋅K)



800 900 1000 1100 1200 1300 1400 1500 1600 1800 2000

0,39 0,44 0,49 0,55 0,62 0,70 0,79 0,89 1,00 1,15 1,35

70/150

350 400 450 500 550 600 650 700 750 800 900 1000

0,11 0,12 0,13 0,14 0,16 0,18 0,19 0,20 0,21 0,23 0,26 0,29

5/10

1600 1800

0,81 1,10

3/10

2000

1,30

5/10

600 700 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000

0,22 0,26 0,28 0,36 0,46 0,57 0,75 0,92 1,20

5/15

Wärme- und feuchtetechnische Kennwerte

613

Tabelle 1. Bemessungswerte der Wärmeleitfähigkeit und Richtwerte der Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahlen (DIN 4108-4, Tabelle 1) [6] (Fortsetzung) Zeile

2.4.2.1

2.4.2.2

Stoff

– ausschließlich unter Verwendung von Naturbims

– ausschließlich unter Verwendung von Blähton

Rohdichte a) b)

Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit

Richtwert der WasserdampfDiffusionswiderstandszahl c)

ρ

λB

μ

kg/m3

W/(m⋅K)



400 450 500 550 600 650 700 750 800 900 1000 1100 1200 1300

0,12 0,13 0,15 0,16 0,18 0,19 0,20 0,22 0,24 0,27 0,32 0,37 0,41 0,47

400 450 500 550 600 650 700 800 900 1000 1100 1200 1300 1400 1500 1600 1700

0,13 0,15 0,16 0,18 0,19 0,21 0,23 0,26 0,30 0,35 0,39 0,44 0,50 0,55 0,60 0,68 0,76

5/15

5/15

3

Bauplatten

3.1

Porenbeton-Bauplatten und Porenbeton-Planbauplatten, unbewehrt, nach DIN 4166

3.1.1

Porenbeton-Bauplatten (Ppl) mit normaler Fugendicke und Mauermörtel, nach DIN EN 1996-1-1, DIN EN 1996-2 verlegt

400 500 600 700 800

0,20 0,22 0,24 0,27 0,29

5/10

Porenbeton-Planbauplatten (Pppl), dünnfugig verlegt

350 400 450 500 550 600 650 700 750 800

0,11 0,13 0,15 0,16 0,18 0,19 0,21 0,22 0,24 0,25

5/10

3.1.2

(Fußnoten siehe Seite 618)

614

E2

Materialtechnische Tabellen

Tabelle 1. Bemessungswerte der Wärmeleitfähigkeit und Richtwerte der Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahlen (DIN 4108-4, Tabelle 1) [6] (Fortsetzung) Zeile

3.2

3.3

Stoff

Wandplatten aus Leichtbeton nach DIN 18162

Gips-Wandbauplatten nach DIN EN 12859

3.4

Gipskartonplatten nach DIN 18180, DIN EN 520

4

Mauerwerk, einschließlich Mörtelfugen

4.1

Mauerwerk aus Mauerziegeln nach DIN 105-100, DIN 105-5 und DIN 105-6 bzw. Mauerziegel nach DIN EN 771-1 in Verbindung mit DIN 20000-401

4.1.1

Vollklinker, Hochlochklinker, Keramikklinker

4.1.2

4.1.3

Vollziegel, Hochlochziegel, Füllziegel

Rohdichte a) b)

Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit

Richtwert der WasserdampfDiffusionswiderstandszahl c)

ρ

λB

μ

kg/m3

W/(m⋅K)



800 900 1000 1200 1400

0,29 0,32 0,37 0,47 0,58

5/10

750 900 1000 1200

0,35 0,41 0,47 0,58

5/10

800

0,25

4/10

NM/DM f)

1800 2000 2200 2400

0,81 0,96 1,20 1,40

50/100

1200 1400 1600 1800 2000 2200 2400

0,50 0,58 0,68 0,81 0,96 1,20 1,40

5/10

Hochlochziegel mit HLzA und HLzB 550 600 650 700 750 800 850 900 950 1000

(Fußnoten siehe Seite 618)

LM21/ LM36 f)

NM/DM f)

0,27 0,28 0,30 0,31 0,33 0,34 0,36 0,37 0,38 0,40

0,32 0,33 0,35 0,36 0,38 0,39 0,41 0,42 0,44 0,45

5/10

Wärme- und feuchtetechnische Kennwerte

615

Tabelle 1. Bemessungswerte der Wärmeleitfähigkeit und Richtwerte der Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahlen (DIN 4108-4, Tabelle 1) [6] (Fortsetzung) Zeile

4.1.4

4.2

4.3

Rohdichte a) b)

Stoff

Hochlochziegel HLzW

Mauerwerk aus Kalksandsteinen nach DIN V 106 bzw. DIN EN 771-2 in Verbindung mit DIN 20000-402

Mauerwerk aus Porenbeton-Plansteinen (PP) nach DIN EN 771-4 in Verbindung mit DIN 20000-404

4.4

Mauerwerk aus Betonsteinen

4.4.1

Hohlblöcke (Hbl) nach DIN V 18151-100, Gruppe 1 e) Steinbreite, in cm

Anzahl der Kammerreihen

17,5 20,0 24,0 30,0 36,5 42,5 49,0

2 2 2–4 3–5 4–6 6 6

(Fußnoten siehe Seite 618)

Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit

Richtwert der WasserdampfDiffusionswiderstandszahl c)

ρ

λB

μ

kg/m3

W/(m⋅K)



550 600 650 700 750 800 850 900 950 1000

0,19 0,20 0,20 0,21 0,22 0,23 0,23 0,24 0,25 0,26

0,22 0,23 0,23 0,24 0,25 0,26 0,26 0,27 0,28 0,29

5/10

NM/DM f) 1000 1200 1400

0,50 0,56 0,70

5/10

1600 1800 2000 2200 2400 2600

0,79 0,99 1,10 1,30 1,60 1,80

15/25

350 400 450 500 550 600 650 700 750 800

0,11 0,13 0,15 0,16 0,18 0,19 0,21 0,22 0,24 0,25

5/10

450 500 550 600 650 700 800 900 1000 1200 1400 1600

LM21/ DM f) i) 0,20 0,22 0,23 0,24 0,26 0,28 0,31 0,34

LM36 f) i)

NM f)

0,21 0,23 0,24 0,25 0,27 0,29 0,32 0,36

0,24 0,26 0,27 0,29 0,30 0,32 0,35 0,39 0,45 0,53 0,65 0,74

5/10

616

E2

Materialtechnische Tabellen

Tabelle 1. Bemessungswerte der Wärmeleitfähigkeit und Richtwerte der Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahlen (DIN 4108-4, Tabelle 1) [6] (Fortsetzung) Zeile

Rohdichte a) b)

Stoff

Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit

ρ

λB

kg/m3 4.4.2

11,5 15,0 17,5 30,0 36,5 42,5 49,0

4.4.3

4.4.4

1 1 1 2 3 5 5

Vollblöcke (Vbl, S-W) nach DIN V 18152-100

Vollblöcke (Vbl) und Vbl-S nach DIN V 18152-100 aus Leichtbeton mit anderen leichten Zuschlägen als Naturbims und Blähton

W/(m⋅K)



LM36 f) i)

NM f)

450 500 550 600 650 700 800 900 1000 1200 1400 1600

0,22 0,24 0,26 0,27 0,29 0,30 0,34 0,37

0,23 0,25 0,27 0,28 0,30 0,32 0,36 0,40

0,28 0,29 0,31 0,32 0,34 0,36 0,41 0,46 ≤ 0,50 ≤ 0,56 ≤ 0,70 0,76

450 500 550 600 650 700 800 900 1000

0,14 0,15 0,16 0,17 0,18 0,19 0,21 0,25 0,28

0,16 0,17 0,18 0,19 0,20 0,21 0,23 0,26 0,29

0,18 0,20 0,21 0,22 0,23 0,25 0,27 0,30 0,32

5/10

450 500 550 600 650 700 800 900 1000 1200 1400

0,22 0,23 0,24 0,25 0,26 0,27 0,29 0,32 0,34

0,23 0,24 0,25 0,26 0,27 0,28 0,30 0,32 0,35

0,28 0,29 0,30 0,31 0,32 0,33 0,36 0,39 0,42 0,49 0,57

5/10

0,62 0,68 0,74

10/15

1600 1800 2000 (Fußnoten siehe Seite 618)

μ

LM21/ DM f) i)

Hohlblöcke (Hbl) nach DIN V 18151-100 und Hohlwandplatten nach DIN 18148, Gruppe 2 Steinbreite, in cm Anzahl der Kammerreihen

Richtwert der WasserdampfDiffusionswiderstandszahl c)

5/10

Wärme- und feuchtetechnische Kennwerte

617

Tabelle 1. Bemessungswerte der Wärmeleitfähigkeit und Richtwerte der Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahlen (DIN 4108-4, Tabelle 1) [6] (Fortsetzung) Zeile

Stoff

Rohdichte a) b)

Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit

ρ

λB

kg/m3

W/(m⋅K)

4.4.5 Vollsteine (V) nach DIN V 18152-100 450 500 550 600 650 700 800 900 1000 1200 1400

4.4.6 Mauersteine nach DIN V 18153-100 aus Beton bzw. DIN EN 771-3 in Verbindung mit DIN V 20000-403

μ –

LM21/ DM f) i)

LM36 f) i)

NM f)

0,21 0,22 0,23 0,24 0,25 0,27 0,30 0,33 0,36

0,22 0,23 0,25 0,26 0,27 0,29 0,32 0,35 0,38

0,31 0,32 0,33 0,34 0,35 0,37 0,40 0,43 0,46 0,54 0,63

1600 1800 2000

Richtwert der WasserdampfDiffusionswiderstandszahl c)

5/10

0,74 0,87 0,99

10/15

800 900 1000 1200

0,60 0,65 0,70 0,80

5/15

1400 1600 1800 2000 2200 2400

0,90 1,00 1,10 1,30 1,60 2,00

20/30

5

Wärmedämmstoffe – siehe DIN 4108-4, Tabelle 2 (siehe auch Tabelle 2, S. 619)

6

Holz- und Holzwerkstoffe

7

Beläge, Abdichtstoffe und Abdichtungsbahnen

7.1

Fußbodenbeläge

Siehe DIN EN ISO 10456 [12] (siehe auch Tabelle 3, S. 622)

7.2

Abdichtstoffe

Siehe DIN EN ISO 10456 [12] (siehe auch Tabelle 3, S. 622)

7.2.1 Asphaltmastix Dicke d ≥ 7 mm

Siehe DIN EN ISO 10456 [12] (siehe auch Tabelle 3, S. 622)

(2000)

0,70

d)

7.3.1 Bitumendachbahn nach DIN EN 13707

(1200)

0,17

20000

7.3.2 Nackte Bitumenbahnen nach DIN 52129

(1200)

0,17

2000/20000

7.3

7.4

Dachbahnen, Dachabdichtungsbahnen

Folien

7.4.1 PTFE-Folien Dicke d ≥ 0,05 mm





10000

7.4.2 PA-Folie Dicke d ≥ 0,05 mm





50000

7.4.3 PP-Folie Dicke d ≥ 0,05 mm





1000

(Fußnoten siehe Seite 618)

618

E2

Materialtechnische Tabellen

Tabelle 1. Bemessungswerte der Wärmeleitfähigkeit und Richtwerte der Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahlen (DIN 4108-4, Tabelle 1) [6] (Fortsetzung) Zeile

Stoff

8

Sonstige gebräuchliche Stoffe g)

8.1

Lose Schüttungen, abgedeckt h)

8.1.1

– aus porigen Stoffen: Korkschrot, expandiert Hüftenbims Blähschiefer Bimskies Schaumlava

8.1.2

– aus Polystyrolschaumstoff-Partikeln

8.1.3

– aus Sand, Kies, Splitt (trocken)

8.2

Fliesen, Keramik, Porzellan

8.3

Glas

8.4

Natursteine

8.5

Lehmbaustoffe

8.6

Böden, naturfeucht

8.7

Keramik und Glasmosaik

8.8

Metalle

a) Die in Klammern angegebenen Rohdichtewerte dienen nur zur Ermittlung der flächenbezogenen Masse, z. B. für den Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes. b) Die bei den Steinen genannten Rohdichten entsprechen den Rohdichteklassen der zitierten Stoffnormen. c) Es ist jeweils der für die Baukonstruktion ungünstigere Wert einzusetzen. Bezüglich der Anwendung der μ-Werte siehe DIN 4108-3. d) Praktisch dampfdicht; nach DIN EN 12086 oder DIN EN ISO 12572: d ≥ 1500 m e) Bei Quarzsand erhöhen sich die Bemessungswerte der Wärmeleitfähigkeit um 20 %. Die Bemessungswerte der

Rohdichte a) b)

Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit

Richtwert der WasserdampfDiffusionswiderstandszahl c)

ρ

λB

μ

kg/m3

W/(m⋅K)



(≤ 200) (≤ 600) (≤ 400) (≤ 1000) (≤ 1200) (≤ 1500)

0,055 0,13 0,16 0,19 0,22 0,27

3

(15)

0,050

3

(1800)

0,70

3

Siehe DIN EN ISO 10456 [12] (siehe auch Tabelle 3, S. 622)

500 600 700 800 900 1000 1200 1400 1600 1800 2000

0,14 0,17 0,21 0,25 0,30 0,35 0,47 0,59 0,73 0,91 1,10

5/10

Siehe DIN EN ISO 10456 [12] (siehe auch Tabelle 3, S. 622)

f)

g) h) i)

Wärmeleitfähigkeit sind bei Hohlblöcken mit Quarzsandzusatz für 2 K Hbl um 20 % und für 3 K Hbl bis 6 K Hbl um 15 % zu erhöhen. Bezeichnung der Mörtelarten nach DIN 1053-1: NM – Normalmörtel; LM21 – Leichtmörtel mit λ = 0,21 W/(m⋅K); LM36 – Leichtmörtel mit λ = 0,36 W/(m⋅K); DM – Dünnbettmörtel. Diese Stoffe sind hinsichtlich ihrer wärmeschutztechnischen Eigenschaften nicht genormt. Die angegebenen Wärmeleitfähigkeitswerte stellen obere Grenzwerte dar. Die Dichte wird bei losen Schüttungen als Schüttdichte angegeben. Wenn keine Werte angegeben sind, gelten die Werte der Spalte „NM“.

Wärme- und feuchtetechnische Kennwerte

619

Tabelle 2. Zeile 5 von DIN 4108-4, Tabelle 1 für Wärmedämmstoffe nach harmonisierten europäischen Normen (DIN 4108-4, Tabelle 2) [6] Zeile

5.1

5.2

5.3

5.4

5.5

5.6

Stoff

Nennwert

Bemessungswert

λD

λB

0,030 0,031 ⋯ 0,049 0,050

0,031 0,032 ⋯ 0,050 0,052

1

0,030 0,031 ⋯ 0,049 0,050

0,031 0,032 ⋯ 0,050 0,052

20/100

Extrudierter Polystyrolschaum (XPS) nach DIN EN 13164 a)

0,022 0,023 ⋯ 0,045

0,023 0,024 ⋯ 0,046

80/250

Polyurethan-Hartschaum (PU) nach DIN EN 13165 a)

0,020 0,021 ⋯ 0,040

0,021 0,022 ⋯ 0,041

40/200

Phenolharz-Hartschaum (PF) nach DIN EN 13166 a)

0,020 0,021 ⋯ 0,035

0,021 0,022 ⋯ 0,036

10/60

Schaumglas (CG) nach DIN EN 13167 a)

0,037 0,038 ⋯ 0,049 0,050 0,055

0,038 0,039 ⋯ 0,050 0,052 0,057

0,060 0,061 ⋯ 0,069 0,070 ⋯ 0,089 0,090 ⋯ 0,10

0,063 0,064 ⋯ 0,072 0,074 ⋯ 0,093 0,095 ⋯ 0,105

Mineralwolle (MW) nach DIN EN 13162 a)

Expandierter Polystyrolschaum (EPS) nach DIN EN 13163 a)

5.7

Holzwolle-Leichtbauplatten nach DIN EN 13168

5.7.1

Holzwolle-Platten (WW)

5.7.2

Richtwert der WasserdampfDiffusionswiderstandszahl a) μ

f)

2/5

Holzwolle-Mehrschichtplatten nach DIN EN 13168 (WWC) mit expandiertem Polystyrolschaum (EPS) nach DIN EN 13163 a)

(Fußnoten siehe Seite 622)

0,030 0,031 ⋯ 0,049 0,050

0,031 0,032 ⋯ 0,050 0,052

20/50

620

E2

Materialtechnische Tabellen

Tabelle 2. Zeile 5 von DIN 4108-4, Tabelle 1 für Wärmedämmstoffe nach harmonisierten europäischen Normen (DIN 4108-4, Tabelle 2) [6] (Fortsetzung) Zeile

Stoff

mit Mineralwolle (MW) nach DIN EN

13162 a)

Holzwolledeckschicht(en) nach DIN EN 13168 d)

5.8

5.9

5.10

5.11

5.12

Blähperlit (EPB) nach DIN EN 13169 a)

Expandierter Kork (ICB) nach DIN EN 13170 e)

Holzfaserdämmstoff (WF) nach DIN EN 13171 b)

Nennwert

Bemessungswert

λD

λB

0,030 0,031 ⋯ 0,049 0,050

0,031 0,032 ⋯ 0,050 0,052

1

0,10 0,11 0,12 0,13 0,14

0,12 0,13 0,14 0,16 0,17

2/5

0,045 0,046 ⋯ 0,049 0,050 ⋯ 0,070

0,046 0,047 ⋯ 0,050 0,052 ⋯ 0,072

5

0,040 0,041 0,042 ⋯ 0,045 0,046 ⋯ 0,049 0,050 ⋯ 0,055

0,049 0,050 0,052 ⋯ 0,055 0,057 ⋯ 0,060 0,062 ⋯ 0,068

5/10

0,032 0,033 ⋯ 0,049 0,050 ⋯ 0,060

0,034 0,035 ⋯ 0,051 0,053 ⋯ 0,063

3/5

Wärmedämmputz nach DIN EN 998-1 der Kategorie T1

0,120

Wärmedämmputz nach DIN EN 998-1 der Kategorie T2

0,24

Wärmedämmstoff aus Polyurethan (PUR)- und Polyisocyanurat (PIR)- Spritzschaum nach DIN EN 14315-1 c)

(Fußnoten siehe Seite 622)

0,020 0,021 ⋯ 0,034 0,035 ⋯ 0,040

0,023 0,024 ⋯ 0,037 0,039 ⋯ 0,044

Richtwert der WasserdampfDiffusionswiderstandszahl a) μ

5/20

Wärme- und feuchtetechnische Kennwerte

621

Tabelle 2. Zeile 5 von DIN 4108-4, Tabelle 1 für Wärmedämmstoffe nach harmonisierten europäischen Normen (DIN 4108-4, Tabelle 2) [6] (Fortsetzung) Zeile

Stoff

Nennwert

Bemessungswert

λD

λB

5.13

Wärmedämmung aus Produkten mit expandiertem Perlite (EP) nach DIN EN 14316-1 a)

0,040 0,041 ⋯ 0,049 0,050 ⋯ 0,060

0,041 0,042 ⋯ 0,050 0,052 ⋯ 0,062

5.14

Selbsttragende Sandwich-Elemente mit beidseitigen Metalldeckschichten nach DIN EN 14509 a) g)

0,020 0,021 ⋯ 0,047

0,021 0,022 ⋯ 0,048

5.15

An der Verwendungsstelle hergestellte Wärmedämmung aus Blähton-Leichtzuschlagstoffen (LWA) nach DIN EN 14063-1 b)

0,090 0,091 ⋯ 0,095 ⋯ 0,10 0,11 ⋯ 0,13

0,095 0,096 ⋯ 0,10 ⋯ 0,105 0,12 ⋯ 0,14

5.16

An der Verwendungsstelle hergestellte Wärmedämmung mit Produkten aus expandiertem Vermiculit (EV) nach DIN EN 14317-1 d)

0,052 0,053 ⋯ 0,057 0,058 ⋯ 0,062 0,063 ⋯ 0,067 0,068 ⋯ 0,072 0,073 ⋯ 0,077 0,078 0,079 0,080

0,062 0,064 ⋯ 0,068 0,070 ⋯ 0,074 0,076 ⋯ 0,080 0,083 ⋯ 0,086 0,088 ⋯ 0,092 0,094 0,095 0,096

5.17

An der Verwendungsstelle hergestellte Wärmedämmung aus Mineralwolle (MW) nach DIN EN 14064-1 a)

0,032 0,033 ⋯ 0,049 0,050

0,033 0,034 ⋯ 0,050 0,052

(Fußnoten siehe Seite 622)

Richtwert der WasserdampfDiffusionswiderstandszahl a) μ

622

E2

Materialtechnische Tabellen

Tabelle 2. Zeile 5 von DIN 4108-4, Tabelle 1 für Wärmedämmstoffe nach harmonisierten europäischen Normen (DIN 4108-4, Tabelle 2) [6] (Fortsetzung) Zeile

Stoff

Nennwert

Bemessungswert

λD

λB

5.18

Werkmäßig hergestellte Produkte aus Polyethylenschaum (PEF) nach DIN EN 16069 d)

0,035 0,036 0,037 0,038 ⋯ 0,042 0,043 ⋯ 0,047 0,048 ⋯ 0,052 0,053 ⋯ 0,057 0,058 0,059 0,060

0,042 0,043 0,044 0,046 ⋯ 0,050 0,052 ⋯ 0,056 0,058 ⋯ 0,062 0,064 ⋯ 0,068 0,070 0,071 0,072

5.19

An der Verwendungsstelle hergestellter Wärmedämmstoff aus dispensiertem Polyurethan (PUR)- und Polyisocyancat (PIR)-Hartschaum nach DIN EN 14318-1 c)

0,020 0,021 ⋯ 0,034 0,035 ⋯ 0,040

0,023 0,024 ⋯ 0,037 0,039 ⋯ 0,044

a) b) c) d) e) f) g)

Richtwert der WasserdampfDiffusionswiderstandszahl a) μ

λ Bemessung = λD ⋅ 1,03; aber mindestens ein Zuschlag von 1 mW/(m⋅K); λ Bemessung = λD ⋅ 1,05; aber mindestens ein Zuschlag von 2 mW/(m⋅K); λ Bemessung = λD ⋅ 1,10; aber mindestens ein Zuschlag von 3 mW/(m⋅K); λ Bemessung = λD ⋅ 1,10; λ Bemessung = λD ⋅ 1,23; Es ist jeweils der für die Baukonstruktion ungünstigere Wert einzusetzen. Die Anforderungen nach Fußnote a sind übertragbar auf den Bemessungswert des Wärmedurchgangskoeffizienten (U). UB = UD ⋅ 1,03.

Tabelle 3. Wärmeschutztechnische Bemessungswerte für Baustoffe, die gewöhnlich bei Gebäuden zur Anwendung kommen (DIN EN ISO 10456, Tabelle 3) [12] Stoffgruppe oder Anwendung

Rohdichte ρ

Bemessungswärmeleitfähigkeit λ

Spezifische Wärmespeicherkapazität cp

WasserdampfDiffusionswiderstandszahl μ

kg/m3

W/(m·K)

J/(kg·K)





2100

0,70

1000

50000

50000

Als Stoff

1050

0,17

1000

50000

50000

Membran/Bahn

1100

0,23

1000

50000

50000

Mittlere Rohdichte

1800

1,15

1000

100

60

2000

1,35

1000

100

60

2200

1,65

1000

120

70

trocken Asphalt Bitumen Beton a)

(Fußnoten siehe Seite 627)

feucht

623

Wärme- und feuchtetechnische Kennwerte Tabelle 3. Wärmeschutztechnische Bemessungswerte für Baustoffe, die gewöhnlich bei Gebäuden zur Anwendung kommen (DIN EN ISO 10456, Tabelle 3) [12] (Fortsetzung) Stoffgruppe oder Anwendung

Rohdichte ρ

Bemessungswärmeleitfähigkeit λ

Spezifische Wärmespeicherkapazität cp

WasserdampfDiffusionswiderstandszahl μ

kg/m3

W/(m·K)

J/(kg·K)





Hohe Rohdichte

2400

2,00

1000

130

80

Armiert (mit 1 % Stahl)

2300

2,30

1000

130

80

Armiert (mit 2 % Stahl)

2400

2,50

1000

130

80

Gummi

1200

0,17

1400

10000

10000

Kunststoff

1700

0,25

1400

10000

10000

Unterlagen, poröser Gummi oder Kunststoff

270

0,10

1400

10000

10000

Filzunterlage

120

0,05

1300

20

15

Wollunterlage

200

0,06

1300

20

15

Korkunterlage

< 200

0,05

1500

20

10

Korkfliesen

> 400

0,065

1500

40

20

Teppich/Teppichböden

200

0,06

1300

5

5

Linoleum

1200

0,17

1400

1000

800

Luft

1,23

0,025

1008

1

1

Kohlendioxid

1,95

0,014

820

1

1

Argon

1,70

0,017

519

1

1

Schwefelhexafluorid

6,36

0,013

614

1

1

Krypton

3,56

0,009

245

1

1

Xenon

5,68

0,0054

160

1

1

Natronglas (einschließlich Floatglas)

2500

1,00

750





Quarzglas

2200

1,40

750





Glasmosaik

2000

1,20

750





Eis bei −10 °C

920

2,30

2000

Eis bei 0 °C

900

2,20

2000

Schnee, frisch gefallen (< 30 mm)

100

0,05

2000

Neuschnee, weich (30 . . . 70 mm)

200

0,12

2000

Schnee, leicht verharscht (70 . . . 100 mm)

300

0,23

2000

Schnee, verharscht (< 200 mm)

500

0,60

2000

Wasser bei 0 °C

1000

0,60

4190

Wasser bei 40 °C

990

0,63

4190

Wasser bei 80 °C

970

0,67

4190

Aluminiumlegierungen

2800

160

880





Bronze

8700

65

380





trocken

Fußbodenbeläge

Gase

Glas

Wasser

Metalle

(Fußnoten siehe Seite 627)

feucht

624

E2

Materialtechnische Tabellen

Tabelle 3. Wärmeschutztechnische Bemessungswerte für Baustoffe, die gewöhnlich bei Gebäuden zur Anwendung kommen (DIN EN ISO 10456, Tabelle 3) [12] (Fortsetzung) Stoffgruppe oder Anwendung

Rohdichte ρ

Bemessungswärmeleitfähigkeit λ

Spezifische Wärmespeicherkapazität cp

WasserdampfDiffusionswiderstandszahl μ

kg/m3

W/(m·K)

J/(kg·K)





Messing

8400

120

380





Kupfer

8900

380

380





Gusseisen

7500

50

450





Blei

11300

35

130





Stahl

7800

50

450





Nichtrostender Stahl b) , austenitisch oder austenitisch-ferristisch

7900

17

500





Nichtrostender Stahl b) , ferritisch oder martensitisch

7900

30

460





trocken

feucht

7200

110

380





Massive Kunststoffe Acrylkunststoff

1050

0,20

1500

10000

10000

Polykarbonate

1200

0,20

1200

5000

5000

Polytetrafluorethylenkunststoff (PTFE)

2200

0,25

1000

10000

0000

Polyvinylchlorid (PVC)

1390

0,17

900

50000

50000

Polymethylmethacrylat (PMMA)

1180

0,18

1500

50000

50000

Polyazetatkunststoff

1410

0,30

1400

100000

100000

Polyamid (Nylon)

1150

0,25

1600

50000

50000

Polyamid 6,6 mit 25 % Glasfasern

1450

0,30

1600

50000

50000

Polyethylen/Polyethen hoher Rohdichte

980

0,50

1800

100000

100000

Polyethylen/Polyethen niedriger Rohdichte

920

0,33

2200

100000

100000

Polystyrol

1050

0,16

1300

100000

100000

Polypropylen

910

0,22

1800

10000

10000

Polypropylen mit 25 % Glasfasern

1200

0,25

1800

10000

10000

Polyurethan (PU)

1200

0,25

1800

6000

6000

Epoxyharz

1200

0,20

1400

10000

10000

Phenolharz

1300

0,30

1700

100000

100000

Polyesterharz

1400

0,19

1200

10000

10000

Naturkautschuk

910

0,13

1100

10000

10000

Neopren (Polychloropren)

1240

0,23

2140

10000

10000

Butylkautschuk (Isobutylenkautschuk) hart/heiß geschmolzen

1200

0,24

1400

200000

200000

Zink

Gummi

(Fußnoten siehe Seite 627)

625

Wärme- und feuchtetechnische Kennwerte Tabelle 3. Wärmeschutztechnische Bemessungswerte für Baustoffe, die gewöhnlich bei Gebäuden zur Anwendung kommen (DIN EN ISO 10456, Tabelle 3) [12] (Fortsetzung) Stoffgruppe oder Anwendung

Rohdichte ρ

Bemessungswärmeleitfähigkeit λ

Spezifische Wärmespeicherkapazität cp

WasserdampfDiffusionswiderstandszahl μ

kg/m3

W/(m·K)

J/(kg·K)





60 bis 80

0,06

1500

7000

7000

Hartgummi (Ebonit), hart

1200

0,17

1400





Ethylen-Propylenedien, Monomer (EPDM)

1150

0,25

1000

6000

6000

Polyisobutylenkautschuk

930

0,20

1100

10000

10000

Polysulfid

1700

0,40

1000

10000

10000

Butadien

980

0,25

1000

100000

100000

Silicagel (Trockenmittel)

720

0,13

1000





Silikon ohne Füllstoff

1200

0,35

1000

5000

5000

Silikon mit Füllstoff

1450

0,50

1000

5000

5000

Silikonschaum

750

0,12

1000

10000

100000

Urethan-/Polyurethanschaum (als wärmetechnische Trennung)

1300

0,21

1800

60

60

Weichpolyvinylchlorid (PVC-P) mit 40 % Weichmacher

1200

0,14

1000

100000

100000

Elastomerschaum, flexibel

60 bis 80

0,05

1500

10000

10000

Polyurethanschaum (PU)

70

0,05

1500

60

60

Polyethylenschaum

70

0,05

2300

100

100

Gips

600

0,18

1000

10

4

Gips

900

0,30

1000

10

4

Gips

1200

0,43

1000

10

4

Gips

1500

0,56

1000

10

4

Gipskartonplatten c)

700

0,21

1000

10

4

Gipskartonplatten c)

900

0,25

1000

10

4

Gipsdämmputz

600

0,18

1000

10

6

Gipsputz

1000

0,40

1000

10

6

Gipsputz

1300

0,57

1000

10

6

Gips, Sand

1600

0,80

1000

10

6

Kalk, Sand

1600

0,80

1000

10

6

Zement, Sand

1800

1,00

1000

10

6

Ton oder Schlick oder Schlamm

1200 bis 1800

1,5

1670 bis 2500

50

50

Sand und Kies

1700 bis 2200

2,0

910 bis 1180

50

50

Kristalliner Naturstein

2800

3,5

1000

10000

10000

Sediment-Naturstein

2600

2,3

1000

250

200

Leichter SedimentNaturstein

1500

0,85

1000

30

20

trocken Schaumgummi

Dichtungsstoffe, Dichtungen und wärmetechnische Trennungen

Gips

Putze und Mörtel

Erdreich

Gestein

(Fußnoten siehe Seite 627)

feucht

626

E2

Materialtechnische Tabellen

Tabelle 3. Wärmeschutztechnische Bemessungswerte für Baustoffe, die gewöhnlich bei Gebäuden zur Anwendung kommen (DIN EN ISO 10456, Tabelle 3) [12] (Fortsetzung) Stoffgruppe oder Anwendung

Rohdichte ρ

Bemessungswärmeleitfähigkeit λ

Spezifische Wärmespeicherkapazität cp

WasserdampfDiffusionswiderstandszahl μ

kg/m3

W/(m·K)

J/(kg·K)





1600

0,55

1000

20

15

Basalt

2700 bis 3000

3,5

1000

10000

10000

Gneis

2400 bis 2700

3,5

1000

10000

10000

Granit

2500 bis 2700

2,8

1000

10000

10000

Marmor

2800

3,5

1000

10000

10000

Schiefer

2000 bis 2800

2,2

1000

1000

800

Kalkstein, extraweich

1600

0,85

1000

30

20

Kalkstein, weich

1800

1,1

1000

40

25

Kalkstein, mittelhart

2000

1,4

1000

50

40

Kalkstein, hart

2200

1,7

1000

200

150

Kalkstein, extrahart

2600

2,3

1000

250

200

Sandstein (Quarzit)

2600

2,3

1000

40

30

Naturbims

400

0,12

1000

8

6

Kunststein

1750

1,3

1000

50

40

Ton

2000

1,0

800

40

30

Beton

2100

1,5

1000

100

60

Keramik/Porzellan

2300

1,3

840

Kunststoff

1000

0,20

1000

10000

10000

450

0,12

1000

50

20

500

0,13

1600

50

20

trocken Poröses Gestein, z. B. Lava

Dachziegelsteine Platten Nutzholz d)

Holzwerkstoffe d)

feucht



700

0,18

1600

200

50

Sperrholz e)

300

0,09

1600

150

50

Sperrholz e)

500

0,13

1600

200

70

Sperrholz e)

700

0,17

1600

220

90

Sperrholz e)

1000

0,24

1600

250

110

Zementgebundene Spanplatte

1200

0,23

1500

50

30

Spanplatte

300

0,10

1700

50

10

Spanplatte

600

0,14

1700

50

15

Spanplatte

900

0,18

1700

50

20

OSB-Platten

650

0,13

1700

50

30

Holzfaserplatte, einschließlich MDF f)

250

0,07

1700

5

2

(Fußnoten siehe Seite 627)

627

Wärme- und feuchtetechnische Kennwerte Tabelle 3. Wärmeschutztechnische Bemessungswerte für Baustoffe, die gewöhnlich bei Gebäuden zur Anwendung kommen (DIN EN ISO 10456, Tabelle 3) [12] (Fortsetzung) Stoffgruppe oder Anwendung

Rohdichte ρ

Bemessungswärmeleitfähigkeit λ

Spezifische Wärmespeicherkapazität cp

WasserdampfDiffusionswiderstandszahl μ trocken

feucht

kg/m3

W/(m·K)

J/(kg·K)





Holzfaserplatte, einschließlich MDF f)

400

0,10

1700

10

5

Holzfaserplatte, einschließlich MDF f)

600

0,14

1700

20

12

Holzfaserplatte, einschließlich MDF f)

800

0,18

1700

30

20

Anmerkung 1: Für Computerberechnungen kann der ∞-Wert, wie z. B. 106 , ersetzt werden. Anmerkung 2: Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahlen sind als Werte nach den in DIN ISO 12571:2000:04, Wärme- und feuchtetechnisches Verhalten von Baustoffen und -produkten – Bestimmung der Wasserdampfdurchlässigkeit, festgelegten „Dry-cup-“ und „Wet-cup-Verfahren“ angegeben. a) Die Rohdichte von Beton ist als Trockenrohdichte gegeben. b) Eine ausführliche Liste nichtrostender Stähle ist in EN 10088-1 enthalten. Sie kann verwendet werden, wenn die genaue Zusammensetzung des nichtrostenden Stahles bekannt ist. c) Die Wärmeleitfähigkeit schließt den Einfluss der Papierdeckschichten ein. d) Die Rohdichte von Nutzholz und Holzfaserplattenprodukten ist die Gleichgewichtsdichte bei 20 °C und 65 % relativer Luftfeuchte.

e) Als Interimsmaßnahme und bis zum Vorliegen hinreichend zuverlässiger Daten können für Hartfaserplatten/wood panels (SWP) und Bauholz mit Furnierschichten (LVL, laminated veneer lumber) die für Sperrholz angegebenen Werte angewendet werden. f) MDF bedeutet Medium Density Fibreboard/mitteldichte Holzfaserplatte, die im sog. Trockenverfahren hergestellt worden ist.

Tabelle 4. Wärmedurchlasswiderstand R von Decken (DIN 4108-4, Tabelle 6) [6] Zeile

Deckenart und Darstellung

Dicke s mm

Wärmedurchlasswiderstand R (m2 ⋅K)/W

1

Stahlbetonrippen- und Stahlbetonbalkendecken nach DIN 1045-1, DIN 1045-2 mit Zwischenbauteilen nach DIN 4158

1.1

Stahlbetonrippendecke (ohne Aufbeton, ohne Putz)

120 140 160 180 200 220 250

0,20 0,21 0,22 0,23 0,24 0,25 0,26

0,06 0,07 0,08 0,09 0,10 0,11 0,12

1.2

Stahlbetonbalkendecke (ohne Aufbeton, ohne Putz)

120 140 160 180 200 220 240

0,16 0,18 0,20 0,22 0,24 0,26 0,28

0,06 0,07 0,08 0,09 0,10 0,11 0,12

2

Stahlbetonrippen- und Stahlbetonbalkendecke mit Zwischenbauteil nach DIN EN 15037-3 in Verbindung mit DIN 20000-129

2.1

Ziegel als Zwischenbauteile nach DIN 4160 ohne Querstege (ohne Aufbeton, ohne Putz)

im Mittel

115 140 165

0,15 0,16 0,18

an der ungünstigsten Stelle

0,06 0,07 0,08

628

E2

Materialtechnische Tabellen

Tabelle 4. Wärmedurchlasswiderstand R von Decken (DIN 4108-4, Tabelle 6) [6] (Fortsetzung) 2.2

Ziegel als Zwischenbauteile nach DIN 4160 mit Querstegen (ohne Aufbeton, ohne Putz)

3

Stahlsteindecken nach DIN 1045 aus Deckenziegeln nach DIN 4159

3.1

Ziegel für teilvermörtelbare Stoßfugen nach DIN 4159

3.2

Ziegel für vollvermörtelbare Stoßfugen nach DIN 4159

4

Stahlbetonhohldielen nach DIN 1045-1, DIN 1045-2 (ohne Aufbeton, ohne Putz)

190 225 240 265 290

0,24 0,26 0,28 0,30 0,32

0,09 0,10 0,11 0,12 0,13

115 140 165 190 215 240 265 290

0,15 0,18 0,21 0,24 0,27 0,30 0,33 0,36

0,06 0,07 0,08 0,09 0,10 0,11 0,12 0,13

115 140 165 190 215 240 265 290

0,13 0,16 0,19 0,22 0,25 0,28 0,31 0,34

0,06 0,07 0,08 0,09 0,10 0,11 0,12 0,13

65 80 100

0,13 0,14 0,15

0,03 0,04 0,05

Tabelle 5. Wärmedurchlasswiderstand, in (m2 ⋅K)/W, von ruhenden Luftschichten – Oberflächen mit hohem Emissionsgrad (DIN EN ISO 6946, Tabelle 8) [8] Dicke der Luftschicht mm

Richtung des Wärmestromes Aufwärts

Horizontal

Abwärts

0

0,00

0,00

0,00

5

0,11

0,11

0,11

7

0,13

0,13

0,13

10

0,15

0,15

0,15

15

0,16

0,17

0,17

25

0,16

0,18

0,19

50

0,16

0,18

0,21

100

0,16

0,18

0,22

300

0,16

0,18

0,23

Anmerkung: Zwischenwerte können mittels linearer Interpolation ermittelt werden.

Wärme- und feuchtetechnische Kennwerte

629

Tabelle 5. Wärmedurchlasswiderstand, in (m2 ⋅K)/W, von ruhenden Luftschichten – Oberflächen mit hohem Emissionsgrad (DIN EN ISO 6946, Tabelle 8) [8] (Fortsetzung) Bauteil mit schwach belüfteten Luftschichten

Bauteil mit stark belüfteter Luftschicht

Öffnungen zwischen Luftschicht und Außenluft

> 500 bis 1500 je m Länge für vertikale Luftschichten > 500 mm2 bis 1500 mm2 je m2 Oberfläche für horizontale Luftschichten

> 1500 mm2 je m Länge für vertikale Luftschichten > 500 mm2 je m2 Oberfläche für horizontale Luftschichten

Bemessungswert

Hälfte des entsprechenden Wärmedurchlasswiderstandes der obigen Tabelle. Wenn der Wärmedurchlasswiderstand der Schicht zwischen Luftschicht und Außenumgebung 0,15 (m2 ⋅K)/W überschreitet, muss mit einem Höchstwert von 0,15 (m2 ⋅K)/W gerechnet werden.

Der Wärmedurchgangswiderstand eines Bauteils mit stark belüfteter Luftschicht wird berechnet, indem der Wärmedurchlasswiderstand der Luftschicht und aller Schichten zwischen Luftschicht und Außenluft vernachlässigt wird und ein äußerer Wärmeübergangskoeffizient verwendet wird, der dem bei ruhender Luft entspricht.

mm2

mm2

Tabelle 6. Wärmedurchlasswiderstand Ru von Dachräumen (DIN EN ISO 6946, Tabelle 9) [8] Zeile

Beschreibung des Daches

Ru (m2 ⋅K)/W

1

Ziegeldach ohne Pappe, Schalung oder Ähnlichem

0,06

2

Plattendach oder Ziegeldach mit Pappe oder Schalung oder Ähnlichem unter den Ziegeln

0,20

3

Wie 2, jedoch mit Aluminiumverkleidung oder einer anderen Oberfläche mit geringem Emissionsgrad an der Dachunterseite

0,30

4

Dach mit Schalung und Pappe

0,30

Anmerkung: Die Werte in dieser Tabelle enthalten den Wärmedurchlasswiderstand des belüfteten Raums und der (Schräg-)Dachkonstruktion. Sie enthalten nicht den äußeren Wärmeübergangswiderstand Rse .

Tabelle 7. Wärmeübergangswiderstände in (m2 ⋅K)/W (DIN EN ISO 6946, Tabelle 7) [8] Wärmeübergangswiderstand

Richtung des Wärmestromes Aufwärts

Horizontal

Abwärts

Rsi

0,10

0,13

0,17

Rse

0,04

0,04

0,04

Liegen für die Wärmeübergangswiderstände keine besonderen Angaben über Randbedingungen vor, so gelten für Wärmestromrichtungen ± 30° zur horizontalen Ebene (ebene Oberflächen) die in Tabelle 7 angegebenen Werte. Bei abweichenden Randbedingungen siehe DIN EN ISO 6946 [8]. Hinweis: Nach DIN EN ISO 10211-1 [9] werden zur Berechnung der Oberflächentemperaturen folgende Werte für den inneren Wärmeübergangswiderstand empfohlen: Verglasung Rsi = 0,13 (m2 ⋅K)/W Obere Raumhälfte Rsi = 0,25 (m2 ⋅K)/W Untere Raumhälfte Rsi = 0,35 (m2 ⋅K)/W

Wärmeübergang wird durch Gegenstände, z. B. durch Möbel, erheblich beeinträchtigt Rsi = 0,50 (m2 ⋅K)/W DIN 4108-2 [4] nennt im Hinblick auf die Vermeidung von Schimmelpilzbildung einen inneren Wärmeübergangswiderstand: Rsi = 0,25 (m2 ⋅K)/W In [3] werden im Hinblick auf die Vermeidung von Schimmelpilzbildung folgende Wärmeübergangswiderstände genannt: Einbauschränke Rsi = 1,00 (m2 ⋅K)/W Freistehende Schränke vor einer Wand Rsi = 0,50 (m2 ⋅K)/W Gardinen vor einer Wand Rsi = 0,25 (m2 ⋅K)/W

630

E2

Materialtechnische Tabellen

Für die wärmetechnischen Eigenschaften des Erdreichs können folgende Werte angewandt werden: – Werte, die für die tatsächliche Lage über einer der Breite des Gebäudes entsprechenden Tiefe unter Berücksichtigung des üblichen Feuchtegehaltes ermittelt wurden,

– bei bekannter Beschaffenheit des Erdreichs, können die Werte der Tabelle 8 verwendet werden, – andernfalls werden folgende Werte angenommen: λ = 2,0 W/(m⋅K), ρ ⋅ c = 2,0 ⋅ 106 J/(m3 ⋅K).

Tabelle 8. Wärmetechnische Eigenschaften des Erdreichs (DIN EN ISO 13370, Tabelle 1) [15] Kategorie

Beschreibung

Wärmeleitfähigkeit λ W/(m⋅K)

Volumenbezogene Wärmekapazität ρ⋅c J/(m3 ⋅K)

1

Ton oder Schluff

1,5

3,0 ⋅ 106

2

Sand oder Kies

2,0

2,0 ⋅ 106

3

homogener Felsen

3,5

2,0 ⋅ 106

Tabelle 9. Wärmeleitfähigkeit des Erdreichs (DIN EN ISO 13370, Tabelle G.1) [14] Art des Erdreichs

Trockenrohdichte ρ

Massebezogener Feuchtegehalt u

Sättigungsgrad S

Wärmeleitfähigkeit λ

Repräsentative Werte für λ

kg/m3

kg/kg

%

W/(m⋅K)

W/(m⋅K)

Schluff

1400 bis 1800

0,1 bis 0,3

70 bis 100

1,0 bis 2,0

1,5

Ton

1200 bis 1600

0,2 bis 0,4

80 bis 100

0,9 bis 1,4

1,5

Torf

400 bis 1100

0,05 bis 2,0

0 bis 100

0,2 bis 0,5



Trockener Sand

1700 bis 2000

0,04 bis 0,12

20 bis 60

1,1 bis 2,2

2,0

Nasser Sand

1700 bis 2100

0,10 bis 0,18

85 bis 100

1,5 bis 2,7

2,0

Felsen

2000 bis 3000

1)

1)

2,5 bis 4,5

3,5

1) Üblicherweise sehr gering (Feuchtegehalt < 0,03), mit Ausnahme von porösem Gestein.

Tabelle 10. Bemessungswerte des Wärmedurchgangskoeffizienten UD,BW von Toren in Abhängigkeit der konstruktiven Merkmale (DIN 4108-4, Tabelle 13) [6] Konstruktionsmerkmale

Bemessungswert des Wärmedurchgangskoeffizienten UD,BW W/(m2 ⋅K)

Tore a) mit einem Torblatt aus Metall (einschalig, ohne wärmetechnische Trennung)

6,5

Tore a) mit einem Torblatt aus metall- oder holzbeplankten Paneelen aus Dämmstoffen (λ ≤ 0,04 W/(m⋅K) bzw. RD ≥ 0,5 (m2 ⋅K)/W bei 15 mm Schichtdicke)

2,9

Tore a) mit einem Torblatt aus Holz und Holzwerkstoffen, Dicke der Torfüllung ≥ 15 mm

4,0

mit einem Torblatt aus Holz und Holzwerkstoffen, Dicke der Torfüllung ≥ 25 mm

3,2

Tore a)

a) Unter Tor wird hier verstanden: Eine Einrichtung, um eine Öffnung zu schließen, die in der Regel für die Durchfahrt von Fahrzeugen vorgesehen ist. Der allgemeine Begriff für „Tor“ ist in DIN EN 12433-1 definiert.

631

Wärme- und feuchtetechnische Kennwerte Tabelle 11. Bemessungswerte des Wärmedurchgangskoeffizienten UD,BW von Außentüren in Abhängigkeit der konstruktiven Merkmale (DIN 4108-4, Tabelle 7) [6] Konstruktionsmerkmale

Bemessungswert des Wärmedurchgangskoeffizienten UD,BW W/(m2 ⋅K)

Außentüren aus Holz, Holzwerkstoffen und Kunststoff

2,9

Außentüren aus Metallrahmen und metallenen Bekleidungen

4,0

Tabelle 12. Korrekturwerte ΔUg zur Berechnung der Bemessungswerte Ug,Bw (DIN 4108-4, Tabelle 9) [6] Korrekturwert ΔUg W/(m2 ⋅K)

Grundlage

+0,1

Sprossen im Scheibenzwischenraum (einfaches Sprossenkreuz)

+0,2

Sprossen im Scheibenzwischenraum (mehrfache Sprossenkreuze)

Tabelle 13. Gesamtenergiedurchlassgrad und Lichttransmissionsgrad in Abhängigkeit der Konstruktionsmerkmale des Ug Wertes und des Wärmedurchgangskoeffizienten (DIN 4108-4, Tabelle 10) [6] Konstruktionsmerkmale der Glastypen

Anhaltswerte für die Bemessung Ug W(m2 ⋅K)

g⊥ a)

τe

τV

Einfachglas

5,8

0,87

0,85

0,90

Zweifachglas mit Luftfüllung, ohne Beschichtung

2,9

0,78

0,73

0,82

Dreifachglas mit Luftfüllung, ohne Beschichtung

2,0

0,70

0,63

0,75

Wärmedämmglas zweifach mit Argonfüllung, eine Beschichtung

1,7

0,72

0,60

0,74

1,4

0,67

0,58

0,78

1,2

0,65

0,54

0,78

1,1

0,60

0,52

0,80

Wärmedämmglas dreifach mit Argonfüllung, zwei Beschichtungen

0,8

0,60

0,50

0,72

0,7

0,50

0,39

0,69

Sonnenschutzglas zweifach, mit Argonfüllung, eine Beschichtung

1,3

0,48

0,44

0,59

1,2

0,37

0,34

0,67

1,2

0,25

0,21

0,40

1,1

0,36

0,33

0,66

Sonnenschutzglas dreifach, mit Argonfüllung, zwei Beschichtungen

a) Gesamtenergiedurchlassgrad bei senkrechtem Strahlungseinfall.

1,1

0,27

0,24

0,50

0,7

0,24

0,21

0,45

0,7

0,34

0,29

0,63

632

E2

Materialtechnische Tabellen

Tabelle 14. Korrekturfaktoren c für den Gesamtenergiedurchlassgrad (DIN 4108-4, Tabelle 11) [6] Außenscheibe Dicke d mm

Korrekturfaktor c bei Schichttyp εn ≤ 0,1

εn > 0,1

4 bis 6

1,00

1,00

7 bis 10

0,90

0,85

11 bis 14

0,85

0,80

> 14

0,75

0,70

Messung ist mit dickerer Außenscheibe erfolgt

1,00

1,00

Der Bemessungswert g für den Gesamtenergiedurchlassgrad eines Isolierglases wird bestimmt aus dem Wert g, für den Gesamtenergiedurchlassgrad durch Multiplikation mit einem Korrekturfaktor c. Für den Bemessungswert des Gesamtenergiedurchlassgrades g gilt in jedem Fall g = g0 ⋅ c Für dickere Innenscheiben kann der festgelegte g-Wert weiter verwendet werden.

Tabelle 15. Anhaltswerte für Abminderungsfaktoren FC von fest installierten Sonnenschutzvorrichtungen in Abhängigkeit vom Glaserzeugnis (DIN 4108-2, Tabelle 7) [4] Zeile

Sonnenschutzvorrichtung a)

FC ≤ 0,40 (Sonnenschutzglas)

1

ohne Sonnenschutzvorrichtung

2

Innenliegend oder zwischen den Scheiben b)

zweifach

dreifach

zweifach

1,00

1,00

1,00

0,65

0,70

0,65

2.1

weiß oder hoch reflektierende Oberflächen mit geringer Transparenz c)

2.2

helle Farben oder geringe Transparenz d)

0,75

0,80

0,75

2.3

dunkle Farben oder höhere Transparenz

0,90

0,90

0,85

3

Außenliegend 3.1

Fensterläden, Rollläden

3.1.1

Fensterläden, Rollläden, 3⁄4 geschlossen

3.1.2

Fensterläden, Rollläden, geschlossen e)

3.2

Jalousie und Raffstore, drehbare Lamellen

3.2.1

0,35

0,30

0,30

0,15 e)

0,10 e)

0,10 e)

Jalousie und Raffstore, drehbare Lamellen, 45° Lamellenstellung

0,30

0,25

0,25

3.2.2

Jalousie und Raffstore, drehbare Lamellen, 10° Lamellenstellung e)

0,20 e)

0,15 e)

0,15 e)

3.3

Markise, parallel zur Verglasung d)

0,30

0,25

0,25

3.4

a) b) c) d) e)

g > 0,40

Vordächer, Markisen allgemein, freistehende 0,55 0,50 0,50 Lamellen f) Die Sonnenschutzvorrichtung muss fest installiert sein. Übliche dekorative Vorhänge gelten nicht als Sonnenschutzvorrichtung. Für innen- und zwischen den Scheiben liegende Sonnenschutzvorrichtungen ist eine genaue Ermittlung zu empfehlen. Hoch reflektierende Oberflächen mit geringer Transparenz, Transparenz ≤ 10 %, Reflexion ≥ 60 %. Geringe Transparenz, Transparenz < 15 %. FC -Werte für geschlossenen Sonnenschutz dienen der Information und sollten für den Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes nicht verwendet werden. Ein geschlossener Sonnenschutz verdunkelt den dahinterliegenden Raum stark und kann zu einem erhöhten Energiebedarf für Kunstlicht führen, da nur ein sehr geringer bis kein Einfall des natürlichen Tageslichts vorhanden ist.

Wärme- und feuchtetechnische Kennwerte

633

f) Dabei muss sichergestellt sein, dass keine direkte Besonnung des Fensters erfolgt. Dies ist näherungsweise der Fall, wenn – bei Südorientierung der Abdeckwinkel β ≥ 50° ist; – bei Ost- und Westorientierung der Abdeckwinkel β ≥ 85° ist γ ≤ 115° ist. Der FC -Wert darf auch für beschattete Teilflächen des Fensters angesetzt werden. Dabei darf der Abminderungsfaktor FS infolge Verschattung, z. B. durch Nachbarbebauung nach DIN V 18599-2:2011-12 A.2, nicht angesetzt werden. Zu den jeweiligen Orientierungen gehören Winkelbereiche von ± 22,5°. Bei Zwischenorientierungen ist der Abdeckwinkel β ≥ 80° erforderlich. Vertikalschnitt durch Fassade

Horizontalschnitt durch Fassade

Tabelle 16. Anhaltswerte für Lichttransmissionsgrade τD65 , U- und g-Werte von Lichtkuppeln und Lichtbänder (DIN 4108-4, Tabelle 12) [6]

Lichtband

Lichtkuppel

Typ

U W/(m2 ⋅K)

g⊥

τD65

klar

5,4

0,85

0,92

opal

5,4

0,80

0,83

PMMA-Massivplatte, doppelschalig

klar/klar

2,7

0,78

0,80

PMMA-Massivplatte, doppelschalig

opal/klar

2,7

0,72

0,73

PMMA-Massivplatte, doppelschalig

opal/opal

2,7

0,64

0,59

PMMA-Massivplatte, doppelschalig

klar, IR b) -reflektierend

2,7

0,32

0,47

PMMA-Massivplatte, dreischalig

opal/opal/klar

1,8

0,64

0,60

PC-/PETG-Massivplatte, einschalig

klar

5,4

0,75

0,88

PC-Stegdoppelplatte, 8 mm (PC-SDP8)

klar

3,3

0,81

0,81

PC-Stegdoppelplatte, 8 mm (PC-SDP8)

opal

3,3

0,70

0,62

PC-Stegdoppelplatte, 10 mm (PC-SDP10)

klar

3,1

0,85

0,80

PC-Stegdoppelplatte, 10 mm (PC-SDP10)

opal

3,1

0,70

0,50

PC-Stegvierfachplatte, 10 mm (PC-S4P10)

opal

2,5

0,59

0,50

PC-Stegdreifachplatte, 16 mm (PC-S3P16)

klar

2,4

0,69

0,72

PC-Stegdreifachplatte, 16 mm (PC-S3P16)

opal

2,4

0,55

0,48

PC-Stegfünffachplatte, 16 mm (PC-S5P16)

opal

1,9

0,52

0,45

PC-Stegsechsfachplatte, 16 mm (PC-S6P16)

opal

1,85

0,47

0,42

PC-Stegfünffachplatte, 20 mm (PC-S5P20)

klar

1,8

0,70

0,64

PC-Stegfünffachplatte, 20 mm (PC-S5P20)

opal

1,8

0,46

0,44

PC-Stegsechsfachplatte, 25 mm (PC-S6P25)

klar

1,45

0,67

0,62

PC-Stegsechsfachplatte, 25 mm (S6P25)

opal

1,45

0,46

0,44

PMMA-Stegdoppelplatte, 16 mm (PMMA-SDP16)

klar

2,5

0,82

0,86

PMMA-Stegdoppelplatte, 16 mm (PMMA-SDP16)

opal

2,5

0,73

0,74

PMMA-Stegdoppelplatte, 16 mm (PMMA-SDP16)

IR b) -reflektierend

2,5

0,40

0,50

PMMA-Stegvierfachplatte, 32 mm (PMMA-S4P32)

klar

1,6

0,71

0,76

PMMA-Stegvierfachplatte, 32 mm PMMA-S4P32)

klar, IR b) -reflektierend

1,6

0,50

0,45

PMMA-Stegvierfachplatte, 32 mm (PMMA-S4P32)

opal

1,6

0,60

0,64

PMMA-Stegvierfachplatte, 32 mm (PMMA-S4P32)

opal, IR b) -reflektierend

1,6

0,30

0,40

Aufbau und Werkstoffe a)

Einfärbung

PMMA-Massivplatte, einschalig PMMA-Massivplatte, einschalig

a) Werkstoffe und ihre Bezeichnungen: (PC = Polycarbonat, PETG = Polyethylenterephthalat, glykolisiert, PMMA = Polymethylmethacrylat) b) IR = Infrarot

634

E2

Materialtechnische Tabellen

Tabelle 17. Physikalische Kenngrößen für H2 O (Wasser, Wasserdampf und Eis) (aus [26]) Aggregatzustand flüssig

gasförmig

fest

1000 (4 °C)

0,80 (20 °C)

917 (0 °C)

Viskosität

1,0 (20 °C)

12,5 (100 °C)

2,6 (−10 °C)

μPa⋅s

Spezifische Wärmekapazität

4,18 (20 °C)

1,84 (20 °C)

2,09 (0 °C)

kJ/(kg⋅K)

Wärmeleitfähigkeit

0,59 (20 °C)

0,105 (100 °C)

2,22 (0 °C)

W/(m⋅K)

Verdampfungswärme

2500 (0 °C)

2250 (100 °C)

2830 (0 °C)

kJ/kg





334 (0 °C)

kJ/kg

0,073 (20 °C)





N/m

Dichte

Schmelzwärme Oberflächenspannung

kg/m3

Tabelle 18. Sättigungsdampfkonzentration für Wasserdampf in Luft über flüssigem Wasser bzw. über Eis in Abhängigkeit von der Temperatur (DIN 4108-3, Tabelle C.2) [5] Sättigungsdampfkonzentration, in 10−3 kg/m3 für Temperaturschritte in Zehntel °C

Temperatur in °C ,0

,1

,2

,3

,4

,5

,6

,7

,8

,9

30

30,3

30,5

30,6

30,8

31,0

31,2

31,4

31,5

31,7

31,9

29

28,7

28,9

29,0

29,2

29,4

29,5

29,7

29,9

30,0

30,2

28

27,2

27,3

27,5

27,6

27,8

28,0

28,1

28,3

28,5

28,6

27

25,7

25,9

26,0

26,2

26,3

26,5

26,6

26,8

26,9

27,1

26

24,3

24,5

24,6

24,8

24,9

25,0

25,2

25,3

25,5

25,6

25

23,0

23,1

23,3

23,4

23,5

23,7

23,8

24,0

24,1

24,3

24

21,7

21,9

22,0

22,1

22,3

22,4

22,5

22,7

22,8

22,9

23

20,5

20,7

20,8

20,9

21,0

21,2

21,3

21,4

21,5

21,7

22

19,4

19,5

19,6

19,7

19,9

20,0

20,1

20,2

20,4

20,5

21

18,3

18,4

18,5

18,6

18,8

18,9

19,0

19,1

19,2

19,3

20

17,3

17,4

17,5

17,6

17,7

17,8

17,9

18,0

18,1

18,2

19

16,3

16,4

16,5

16,6

16,7

16,8

16,9

17,0

17,1

17,2

18

15,3

15,4

15,5

15,6

15,7

15,8

15,9

16,0

16,1

16,2

17

14,5

14,5

14,6

14,7

14,8

14,9

15,0

15,1

15,2

15,3

16

13,6

13,7

13,8

13,9

14,0

14,1

14,1

14,2

14,3

14,4

15

12,8

12,9

13,0

13,1

13,1

13,2

13,3

13,4

13,5

13,6

14

12,0

12,1

12,2

12,3

12,4

12,4

12,5

12,6

12,7

12,8

13

11,3

11,4

11,5

11,6

11,6

11,7

11,8

11,9

11,9

12,0

12

10,6

10,7

10,8

10,9

10,9

11,0

11,1

11,1

11,2

11,3

11

10,0

10,1

10,1

10,2

10,3

10,3

10,4

10,5

10,5

10,6

10

9,4

9,5

9,5

9,6

9,6

9,7

9,8

9,8

9,9

10,0

9

8,8

8,9

8,9

9,0

9,0

9,1

9,2

9,2

9,3

9,4

8

8,3

8,3

8,4

8,4

8,5

8,5

8,6

8,7

8,7

8,8

7

7,7

7,8

7,8

7,9

8,0

8,0

8,1

8,1

8,2

8,2

6

7,3

7,3

7,4

7,4

7,5

7,5

7,6

7,6

7,7

7,7

5

6,8

6,8

6,9

6,9

7,0

7,0

7,1

7,1

7,2

7,2

635

Wärme- und feuchtetechnische Kennwerte Tabelle 18. Sättigungsdampfkonzentration für Wasserdampf in Luft über flüssigem Wasser bzw. über Eis in Abhängigkeit von der Temperatur (DIN 4108-3, Tabelle C.2) [5] (Fortsetzung) Sättigungsdampfkonzentration, in 10−3 kg/m3 für Temperaturschritte in Zehntel °C

Temperatur in °C ,0

,1

,2

,3

,4

,5

,6

,7

,8

,9

4

6,4

6,4

6,4

6,5

6,5

6,6

6,6

6,7

6,7

6,8

3

5,9

6,0

6,0

6,1

6,1

6,2

6,2

6,2

6,3

6,3

2

5,6

5,6

5,6

5,7

5,7

5,8

5,8

5,8

5,9

5,9

1

5,2

5,2

5,3

5,3

5,3

5,4

5,4

5,5

5,5

5,5

0

4,8

4,9

4,9

4,9

5,0

5,0

5,1

5,1

5,1

5,2

0

4,8

4,8

4,8

4,7

4,7

4,6

4,6

4,6

4,5

4,5

−1

4,5

4,4

4,4

4,4

4,3

4,3

4,3

4,2

4,2

4,1

−2

4,1

4,1

4,1

4,0

4,0

4,0

3,9

3,9

3,9

3,8

−3

3,8

3,8

3,7

3,7

3,7

3,7

3,6

3,6

3,6

3,5

−4

3,5

3,5

3,5

3,4

3,4

3,4

3,3

3,3

3,3

3,3

−5

3,2

3,2

3,2

3,2

3,1

3,1

3,1

3,1

3,0

3,0

−6

3,0

3,0

2,9

2,9

2,9

2,9

2,8

2,8

2,8

2,8

−7

2,7

2,7

2,7

2,7

2,7

2,6

2,6

2,6

2,6

2,5

−8

2,5

2,5

2,5

2,5

2,4

2,4

2,4

2,4

2,4

2,3

−9

2,3

2,3

2,3

2,3

2,2

2,2

2,2

2,2

2,2

2,1

−10

2,1

2,1

2,1

2,1

2,1

2,0

2,0

2,0

2,0

2,0

Tabelle 19. Sättigungsdampfdruck für Wasserdampf in Luft über flüssigem Wasser bzw. über Eis in Abhängigkeit von der Temperatur (DIN 4108-3, Tabelle C.1) [5] Temperatur in °C

Sättigungsdampfdruck, in Pa für Temperaturschritte in Zehntel °C ,0

,1

,2

,3

,4

,5

,6

,7

,8

,9

30

4241

4265

4289

4314

4339

4364

4389

4414

4439

4464

29

4003

4026

4050

4073

4097

4120

4144

4168

4192

4216

28

3778

3800

3822

3844

3867

3889

3912

3934

3957

3980

27

3563

3584

3605

3626

3648

3669

3691

3712

3734

3756

26

3359

3379

3399

3419

3440

3460

3480

3501

3522

3542

25

3166

3185

3204

3223

3242

3261

3281

3300

3320

3340

24

2982

3000

3018

3036

3055

3073

3091

3110

3128

3147

23

2808

2825

2842

2859

2876

2894

2911

2929

2947

2964

22

2642

2659

2675

2691

2708

2724

2741

2757

2774

2791

21

2486

2501

2516

2532

2547

2563

2579

2594

2610

2626

20

2337

2351

2366

2381

2395

2410

2425

2440

2455

2470

19

2196

2210

2224

2238

2252

2266

2280

2294

2308

2323

18

2063

2076

2089

2102

2115

2129

2142

2155

2169

2182

17

1937

1949

1961

1974

1986

1999

2012

2024

2037

2050

16

1817

1829

1841

1852

1864

1876

1888

1900

1912

1924

15

1704

1715

1726

1738

1749

1760

1771

1783

1794

1806

636

E2

Materialtechnische Tabellen

Tabelle 19. Sättigungsdampfdruck für Wasserdampf in Luft über flüssigem Wasser bzw. über Eis in Abhängigkeit von der Temperatur (DIN 4108-3, Tabelle C.1) [5] (Fortsetzung) Temperatur in °C

Sättigungsdampfdruck, in Pa für Temperaturschritte in Zehntel °C ,0

,1

,2

,3

,4

,5

,6

,7

,8

,9

14

1598

1608

1619

1629

1640

1650

1661

1672

1683

1693

13

1497

1507

1517

1527

1537

1547

1557

1567

1577

1587

12

1402

1411

1420

1430

1439

1449

1458

1468

1477

1487

11

1312

1321

1330

1338

1347

1356

1365

1374

1383

1393

10

1227

1236

1244

1252

1261

1269

1278

1286

1295

1303

9

1147

1155

1163

1171

1179

1187

1195

1203

1211

1219

8

1072

1080

1087

1094

1102

1109

1117

1124

1132

1140

7

1001

1008

1015

1022

1029

1036

1043

1050

1058

1065

6

935

941

948

954

961

967

974

981

988

994

5

872

878

884

890

897

903

909

915

922

928

4

813

819

824

830

836

842

848

854

860

866

3

757

763

768

774

779

785

790

796

801

807

2

705

710

715

721

726

731

736

741

747

752

1

656

661

666

671

676

680

685

690

695

700

0

611

615

619

624

629

633

638

642

647

652

0

611

605

601

596

591

586

581

576

571

567

−1

562

557

553

548

544

539

535

530

526

521

−2

517

513

509

504

500

496

492

488

484

479

−3

475

471

468

464

460

456

452

448

444

441

−4

437

433

430

426

422

419

415

412

408

405

−5

401

398

394

391

388

384

381

378

375

371

−6

368

365

362

359

356

353

350

347

344

341

−7

338

335

332

329

326

323

320

318

315

312

−8

309

307

304

301

299

296

294

291

288

286

−9

283

281

278

276

274

271

269

266

264

262

−10

259

257

255

252

250

248

246

244

241

239

Tabelle 20. Taupunkttemperatur für Wasserdampf in Luft in Abhängigkeit von der Temperatur und der relativen Luftfeuchte (DIN 4108-3, Tabelle C.3) [5] Temperatur in °C

Taupunkttemperatur °C bei einer relativen Luftfeuchte % 30

35

40

45

50

55

60

65

70

75

80

85

90

95

30

10,5

12,9

14,9

16,8

18,4

20,0

21,4

22,7

23,9

25,1

26,2

27,2

28,2

29,1

29

9,7

12,0

14,0

15,9

17,5

19,0

20,4

21,7

23,0

24,1

25,2

26,2

27,2

28,1

28

8,8

11,1

13,1

15,0

16,6

18,1

19,5

20,8

22,0

23,1

24,2

25,2

26,2

27,1

27

8,0

10,2

12,3

14,1

15,7

17,2

18,6

19,9

21,1

22,2

23,3

24,3

25,2

26,1

26

7,1

9,4

11,4

13,2

14,8

16,3

17,6

18,9

20,1

21,2

22,3

23,3

24,2

25,1

25

6,2

8,5

10,5

12,2

13,9

15,3

16,7

18,0

19,1

20,3

21,3

22,3

23,2

24,1

Wärme- und feuchtetechnische Kennwerte

637

Tabelle 20. Taupunkttemperatur für Wasserdampf in Luft in Abhängigkeit von der Temperatur und der relativen Luftfeuchte (DIN 4108-3, Tabelle C.3) [5] (Fortsetzung) Temperatur in °C

Taupunkttemperatur °C bei einer relativen Luftfeuchte % 30

35

40

45

50

55

60

65

70

75

80

85

90

95

24

5,4

7,6

9,6

11,3

12,9

14,4

15,8

17,0

18,2

19,3

20,3

21,3

22,3

23,1

23

4,5

6,7

8,7

10,4

12,0

13,5

14,8

16,1

17,2

18,3

19,4

20,3

21,3

22,2

22

3,6

5,8

7,8

9,5

11,1

12,5

13,9

15,1

16,3

17,4

18,4

19,4

20,3

21,2

21

2,8

5,0

6,9

8,6

10,2

11,6

12,9

14,2

15,3

16,4

17,4

18,4

19,3

20,2

20

1,9

4,1

6,0

7,7

9,3

10,7

12,0

13,2

14,4

15,4

16,4

17,4

18,3

19,2

19

1,1

3,2

5,1

6,8

8,4

9,8

11,1

12,3

13,4

14,5

15,5

16,4

17,3

18,2

18

0,2

2,3

4,2

5,9

7,4

8,8

10,1

11,3

12,5

13,5

14,5

15,4

16,3

17,2

17

−0,6

1,4

3,3

5,0

6,5

7,9

9,2

10,4

11,5

12,5

13,5

14,5

15,3

16,2

16

−1,4

0,6

2,4

4,1

5,6

7,0

8,2

9,4

10,5

11,6

12,6

13,5

14,4

15,2

15

−2,1

−0,3

1,5

3,2

4,7

6,0

7,3

8,5

9,6

10,6

11,6

12,5

13,4

14,2

14

−2,9

−1,1

0,6

2,3

3,8

5,1

6,4

7,5

8,6

9,6

10,6

11,5

12,4

13,2

13

−3,7

−1,8

−0,2

1,4

2,8

4,2

5,4

6,6

7,7

8,7

9,6

10,5

11,4

12,2

12

−4,4

−2,6

−1,0

0,5

1,9

3,3

4,5

5,6

6,7

7,7

8,7

9,6

10,4

11,2

11

−5,2

−3,4

−1,8

−0,4

1,0

2,3

3,5

4,7

5,7

6,7

7,7

8,6

9,4

10,2

10

−6,0

−4,2

−2,6

−1,2

0,1

1,4

2,6

3,7

4,8

5,8

6,7

7,6

8,4

9,2

Zwischenwerte dürfen näherungsweise gradlinig interpoliert werden.

Tabelle 21. Emissionsfaktoren, Absorptionsfaktoren und Strahlungskonstanten einiger Stoffe [22] Stoff

Strahlungskonstante C zwischen 0 und 100 °C

Emissionsfaktor ε bei etwa 20 °C

Absorptionsfaktor für Sonnenstrahlung (kurzwellige Strahlung) as

W/(m2 ⋅K4 )





Aluminium, walzblank

0,23

0,04

Kupfer, poliert

0,18

0,03

Stahl, geschmirgelt

1,40

0,25

Stahl, verrostet

4,90

0,61

Stahl, Walzhaut

5,23

0,77

0,87

Emaillelack, schwarz

5,25

0,95

0,90

Heizkörperlack

5,40

0,93

Ölfarbe usw., dunkel

5,20

0,90

0,87

Beton

5,45

0,96

0,55

Gips

5,23

0,90

0,32

Holz

5,40

0,94

0,40

Putz, grau

5,45

0,97

0,65

Putz, weiß

5,45

0,97

0,36

Ziegelstein, rot

5,35

0,93

0,55

Metalle

Anstriche

Mineralische Baustoffe

638

E2

Materialtechnische Tabellen

Tabelle 21. Emissionsfaktoren, Absorptionsfaktoren und Strahlungskonstanten einiger Stoffe [22] (Fortsetzung) Stoff

Strahlungskonstante C zwischen 0 und 100 °C

Emissionsfaktor ε bei etwa 20 °C

Absorptionsfaktor für Sonnenstrahlung (kurzwellige Strahlung) as

W/(m2 ⋅K4 )





5,35

0,90

0,90

Sonstiges Dachpappe Eis

5,50

0,97

Floatglas (6 mm)

5,25

0,91

0,12

Tabelle 22. Richtwerte für den Strahlungsabsorptionsgrad verschiedener Oberflächen im energetisch wirksamen Spektrum des Sonnenlichts (DIN V 4108-6, Tabelle 8) [7] Oberfläche Wandflächen

Dächer (Beschaffenheit)

Strahlungsabsorptionsgrad α heller Anstrich

0,4

gedeckter Anstrich

0,6

dunkler Anstrich

0,8

Klinkermauerwerk

0,8

helles Sichtmauerwerk

0,6

ziegelrot

0,6

dunkle Oberfläche

0,8

Metall (blank)

0,2

Bitumendachbahn (besandet)

0,6

Tabelle 23. Wärmeausdehnungskoeffizient αT verschiedener Baustoffe αT

Material

Quelle

10−6 /K Metalle

Mineralische Baustoffe

Stahl

11,5

[21]

Eisen

123

[21]

Aluminium

23,8

[22]

Kupfer

16,5

[21]

Messing

18,4

[21]

Beton

9–12

[22]

Gasbeton

6–8

[22]

Kalksandsteine

8,0

[27]

6,0

[27]

Mauerziegel DIN 105 Klinker

2,8–4,8

[22]

Ziegel, Fliesen

5–8

[22]

Leichtbetonsteine

10

[27]

Leichtbetonsteine mit vorwiegend Blähton als Zuschlag

8

[27]

Leichtbetonsteine mit Bimszuschlägen

6,0–8,9

[23]

Leichtbetonsteine mit Blähtonzuschlag

5,9–7,3

[23]

Porosierte Leichthochlochziegel

5,2–7,2

[23]

Wärme- und feuchtetechnische Kennwerte Tabelle 23. Wärmeausdehnungskoeffizient αT verschiedener Baustoffe (Fortsetzung) αT

Material

Quelle

10−6 /K Betonsteine

10

[27]

Porenbetonsteine

8

[27]

Porenbeton

8

[29]

Vollklinker

4

[29]

8,0–10,0

[29]

Edelputze

4,6–9

[21]

Granit, Syenit

5–11

[27]

7,4

[16]

Hüttensteine Natursteine

Granite, Arkosen, Quarzporphyre Kalkstein

7

[21]

Dichte Kalksteine, Dolomite, Marmore

5–10

[27]

Sonstige Kalksteine

4–12

[27]

Quarzitischer Sandstein

8–12

[27]

Sonstiger Sandstein

8–12

[27]

Diorit, Gabbro

4–8

[27]

Porphyre

5

[27]

Basalt

5–8

[27]

Diabas

4–7

[27]

Trachyt

Feuerfeste Steine

12,5

[27]

Quarzit, Grauwacke

10–12

[27]

Vulkanische Tuffsteine

6–10

[27]

Travertin

4–12

[27]

Marmore

4,5

[16]

Quarzite, Kieselschiefer, Kalksandstein

11,8

[16]

Tonschiefer

10,1

[16]

Dolomite, Magnesite

8,5

[16]

5,2–6,5

[21]

5–6,3

[21]

5,5–6,8

[21]

Polystyrol-Hartschaum

68

[21]

Polyurethan-Hartschaum

70

[21]

Bauxitsteine Quarzschamottesteine Schamottesteine

Dämmstoffe

Styrodur

65

[21]

Schaumglas

8,5

[21]

3–10

[22]

Holz

Vollholz ∥ Faser Vollholz ⊥ Faser

25–60

[22]

Kunststoffe

PVC, hart

70–80

[22]

125–180

[22]

Sonstiges

Glas

8–9

[22]

PVC, weich

639

640

E2

Materialtechnische Tabellen

Tabelle 24. Spezifische und volumenbezogene Wärmekapazität weiterer Stoffe [22] Werkstoff

Metalle

Mineralische Baustoffe

Holz

Dämmstoffe

Sonstiges

Rohdichte

Spezifische Wärmekapazität

Volumenbezogene Wärmekapazität

ρ kg/m3

c kJ/(kg⋅K)

ρ⋅c kJ/(m3 ⋅K)

Aluminium

2700

0,80

2160

Kupfer

8900

0,40

3560

Stahl

7850

0,50

3925

Bimsbeton

1000

1,05

1050

Stahlbeton

2400

1,09

2616

Gipsdielen

1000

0,84

840

Granit, Gneis

2500

0,84

2100

Kalkstein, Sandstein

1800

0,88

1584

Kalkputz, Gipsputz

1600

0,92

1472

Zementputz

2200

1,05

2310

Steingut

2300

0,84

1932

Ziegel

1850

0,84

1554

Schamotte

1800

0,80

1440

Eiche

820

2,39

1960

Kiefer

550

2,72

1496

Buche

720

2,51

2023

Sperrholz

600

2,72

1632

PS-Hartschaum

25

1,38

35

PU-Hartschaum

35

1,38

48

Holzwolleplatten

400

2,30

920

Glaswolle

100

0,84

84

Steinwolle

120

0,84

101

Schaumglas

150

0,84

126

Wasser

1000

4,19

4190

Luft (0 °C)

1,29

1,00

1,29

Bitumen

1100

1,70

1870

Glas

2500

0,84

2100

641

Wärme- und feuchtetechnische Kennwerte Tabelle 25. Feuchte- und wärmetechnische Kenngrößen [19] Material

Roh- Porosidichte tät

ρ

p

kg/m3

m3 /m3

Spezif. WärmeWärmeleitkapazität fähigkeit

ctr J/(kg·K)

FeuchteWasser- BezugsFreie bedingte dampffeuchte- WasserZunahme Diffusions- gehalt sättigung der widerWärmeleit- standszahl fähigkeit

λtr W/(m·K)

% / M.-%

Wasseraufnahmekoeffizient

μtr

U80

Uf

A

w



kg/m3

kg/m3

kg/(m2 ·s0,5 )

kg/(m2 ·h0,5 )

Natursteine Baumberger Sandstein

1980

0,23

850

1,7

8

20

35,6

210

0,043

2,58

Cottaer Sandstein

2050

0,22

850

1,8

8

15

12

180

0,095

5,7

j)

Krensheimer Muschelkalk

2440

0,13

850

2,25

8

140

2,5

75

Oberkirchener Sandstein

2150

0,14

850

2,3

8

32

3,4

110

0,05

3

Rüthener Sandstein

1950

0,24

850

1,7

8

17

12,4

200

0,286

17,16

Sander Sandstein

2120

0,17

850

1,6

8

33

19

130

0,021

1,26

Ummendorfer Sandstein

2080

0,227

850

1,7

8

14

0,075

170

0,26

15,6

Worzeldorfer Sandstein

2263

0,13

850

1,8

8

26

10,4

110

0,016

0,96

Zeitzer Sandstein

2300

0,05

850

2,3

8

70

6

40

0,0025

0,15

Mineralische Baustoffe Beton w/z = 0,5

2300

0,18

850

1,6

8

180

85

150

0,003

0,18

Beton B 15

2200

0,18

850

1,6

8

92

8

175

0,016

0,96

Beton B 25 (HOZ)

2220

0,18

850

1,6

8

105

8

160

0,019

1,14

Beton C 35/45

2220

0,16

850

1,6

8,0

248

8

147

0,009

0,54

Calziumsulfat-Fließestrich (obere Schicht)

1960

0,23

850

1,6

1,0

18,0

8,0

185,0

0,212

12,72

Calziumsulfat-Fließestrich (untere Schicht)

1910

0,237

850

1,6

1,0

18,0

8,0

168,0

0,148

8,88

Zement-Fließestrich (mittlere Schicht)

1970

0,177

850

1,6

1,0

69,0

8,0

152,0

0,016

0,96

Zement-Fließestrich (obere Schicht)

1890

0,2

850

1,6

1,0

58,0

8,0

168,0

0,025

1,5

Zement-Fließestrich (untere Schicht)

1990

0,175

850

1,6

1,0

99,0

8,0

145,0

0,012

0,72

Entsalzungskompresse

1000

0,35

850

0,14

3,7

12,0

34,0

342,0

0,0

0

Hydraulischer Kalkmörtel mit feinem Zuschlag

1700

0,35

850

0,8

6,29

14,8

12,07

249,5

0,087

5,22

Hydraulischer Kalkmörtel mit grobem Zuschlag

1830

0,27

850

0,7

9,98

20,0

10,23

211,0

0,067

4,02

Kalkmörtel, fein

1785

0,28

850

0,7

6,25

15,0

6,53

274,6

0,153

9,18

Kalkzementmörtel mit feinem Zuschlag

1880

0,28

850

0,6

10,25

50,0

25,66

210,0

0,057

3,42

Kalkzementmörtel mit grobem Zuschlag

1910

0,25

850

0,8

7,03

45,9

24,65

200,0

0,085

5,1

Sanierputz

1150

0,6

850

0,13

3,876

12,3

44,54

163,2

0,002

0,12

Innenputz (Gipsputz)

850

0,65

850

0,2

8

8,3

6,3

400

0,287

17,22

642

E2

Materialtechnische Tabellen

Tabelle 25. Feuchte- und wärmetechnische Kenngrößen [19] (Fortsetzung) Material

Rohdichte

Porosität

Spezif. WärmeWärmeleitkapazität fähigkeit

ρ

p

ctr

λtr

kg/m3

m3 /m3

J/(kg·K)

W/(m·K)

FeuchteWasser- BezugsFreie bedingte dampffeuchte- WasserZunahme Diffusions- gehalt sättigung der widerWärmeleit- standszahl fähigkeit

% / M.-%

μtr

U80

Uf



kg/m3

kg/m3

Wasseraufnahmekoeffizient

A

w

kg/(m2 ·s0,5 ) kg/(m2 ·h0,5 )

Kalkputz

1600

0,3

850

0,7

8

7

30

250

0,047

2,82

Kalksandstein (ρ = 1900 kg/m3 )

1900

0,29

850

1

8

28

25

250

0,045

2,7

Kalkzementputz

1900

0,24

850

0,8

8

19

45

210

0,03

1,8

Kalkzementputz (w = 1,0 kg/m2 ⋅h0,5 )

1900

0,24

850

0,8

8

19

45

210

0,017

1,02

Kunstharzoberputz

1100

0,12

850

0,7

0

1000

10

100

0,0013

0,078

Zementputz

2000

0,3

850

1,2

10

25

35

280

0,0076

0,456

Porenbeton (ρ = 400 kg/m3 )

400

0,81

850

0,1

3,7

7,9

8,4

380

0,056

3,36

Porenbeton, alte Rezeptur (ρ = 400 kg/m3 )

400

0,81

850

0,1

3,7

7

11

340

0,052

3,12

Porenbeton (ρ = 500 kg/m3 )

500

0,77

850

0,12

3,7

8

9,8

435

0,067

4,02

Porenbeton, alte Rezeptur (ρ = 600 kg/m3 )

600

0,72

850

0,14

3,7

8

17

470

0,083

4,98

Porenbeton (ρ = 600 kg/m3 )

600

0,72

850

0,14

3,7

8,3

10,7

470

0,0832

4,99

Bimsbeton

664

0,67

850

0,14

10,0

4,0

28,0

291,0

0,047

2,82

Vollziegel, alt

1800

0,31

850

0,6

15

15

4,5

230

0,36

21,6

Vollziegel, extrudiert

1650

0,41

850

0,6

15

9,5

9,2

370

0,4

24

Vollziegel, handgestrichen

1725

0,38

850

0,6

15

17

2,7

200

0,3

18

Vollziegelmauerwerk

1900

0,24

850

0,6

15

10

18

190

0,11

6,6

Historischer Wiener Ziegel

1560

0,38

850

0,6

8,5

14,9

11,8

387

0,583

35

Hochdämmender Ziegel

600

0,77

850

0,12

10,0

16,0

11,0

188,0

0,095

5,7

Hochdämmender Ziegel

650

0,74

850

0,13

10,0

15,0

15,0

178,0

0,097

5,82

Kalksandstein

1830

0,35

850

1,0

7,999

34,1

27,5

257,1

0,059

3,54

Gipskartonplatte

850

0,65

850

0,2

8

8,3

6,3

400

0,287

17,2

Gipsfaserplatte

1153

0,52

1200

0,32



16

35

399,7





CaSi-Platte (Lüneburg)

230

0,9

920

0,05

1,656

3,23

4,76

849,7

1,667

100

CaSi-Platte (Washington)

230

0,9

920

0,05

1,656

2,93

8,27

833,06

1,26

75,6

EPS (Polystyrol-Partikelschaum) λ = 0,04 W/(m⋅K) ρ = 15 kg/m3

15

0,95

1500

0,04



30

0

0

0

0

EPS (Polystyrol-Partikelschaum) λ = 0,04 W/(m⋅K) ρ = 30 kg/m3

30

0,95

1500

0,04



50

0

0

0

0

Dämmstoffe

643

Wärme- und feuchtetechnische Kennwerte Tabelle 25. Feuchte- und wärmetechnische Kenngrößen [19] (Fortsetzung) Material

Roh- Porosidichte tät

Spezif. WärmeWärmeleitkapazität fähigkeit

FeuchteWasser- BezugsFreie bedingte dampffeuchte- WasserZunahme Diffusions- gehalt sättigung der widerWärmeleit- standszahl fähigkeit

ρ

p

ctr

λtr

kg/m3

m3 /m3

J/(kg·K)

W/(m·K)

% / M.-%

μtr

U80

Uf



kg/m3

kg/m3

Wasseraufnahmekoeffizient

A

w

kg/(m2 ·s0,5 ) kg/(m2 ·h0,5 )

Flachsdämmplatte

38

0,95

1600

0,038

0,5

1,5

5,0

348

0,027

1,62

Hobelspänedämmung Holz S 45

65

0,95

2100

0,045

0

2,5

9,6

426

1,0

60

Holzfaserdämmplatte (WLG 040)

155

0,981

2000

0,042

0,5

3,0

19,0

980

0,007

0,42

Holzfaserdämmplatte

159

0,89

1700

0,04

0,5

2,6

26,0

830

0,0018

0,11

Holzfaserdämmplatte

165

1,00

2000

0,04

0,5

2,9

27,0

999

0,0015

0,09

Holzweichfaserplatte

165

0,083

2100

0,044

0,5

3,3

17,3

526

0,0033

0,198

KlimatecFlock

50

0,95

2000

0,038

0,5

1,8

5,5

426

0,3

18

Mineralische Dämmplatte

115

0,95

850

0,043

3,7

3,4

4,5

297

0,03

1,82

Mineralfaserplatte

112

0,94

850

0,036

2,0

5,2

5,6

554

0,231

13,86

Kork λ = 0,04 W/(m⋅K)

150

0,9

1880

0,04



10

0

0

0

0

Mineralfaser λ = 0,04 W/(m⋅K)

60

0,95

850

0,04



1,3

0

0

0

0

PF (Phenolharzschaum) λ = 0,04 W/(m⋅K)

43

0,95

1500

0,04



30

0

0

0

0

PU (Polyurethanschaum) λ = 0,025 /(m⋅K)

40

0,95

1500

0,025



50

0

0

0

0

PU (Polyurethanschaum) λ = 0,03 W/(m⋅K)

40

0,95

1500

0,03



50

0

0

0

0

UF (Harnstoff-Formaldehydharz) λ = 0,04 W/(m⋅K)

13

0,95

1500

0,04



2

0

0

0

0

XPS-Kern (extrudiertes Polystyrol) λ = 0,03 W/(m⋅K)

40

0,95

1500

0,03



100

0

0

0

0

XPS-Schäumhaut (extrudiertes Polystyrol) λ = 0,04 W/(m⋅K)

40

0,95

1500

0,03



450

0

0

0

0

Zellulosefaser λ = 0,04 W/(m⋅K)

70

0,95

2500

0,04

1

1,5

1

1

1

60

Schaumglas

120

0,25

850

0,045

0,0

10000

8,4

380

0,056

685

0,72

1500

0,13

1,3

8

115

500

0,0073

0,438

Eiche radial

685

0,72

1500

0,13

1,3

140

115

500

0,0007

0,042

Fichte (ρ = 600 kg/m3 )

600

0,2

2000

0,16

3,272

132,6

72,09

121,87

0,001

0,06

Fichte longitudinal

455

0,73

1500

0,09

1,3

4,3

80

600

0,007

0,42

Fichte radial

455

0,73

1500

0,09

1,3

130

80

600

0,004

0,24

Holz und Holzwerkstoffe Eiche longitudinal

644

E2

Materialtechnische Tabellen

Tabelle 25. Feuchte- und wärmetechnische Kenngrößen [19] (Fortsetzung) Material

Rohdichte

Porosität

Spezif. WärmeWärmeleitkapazität fähigkeit

FeuchteWasser- BezugsFreie bedingte dampffeuchte- WasserZunahme Diffusions- gehalt sättigung der widerWärmeleit- standszahl fähigkeit

ρ

p

ctr

λtr

kg/m3

m3 /m3

J/(kg·K)

W/(m·K)

% / M.-%

Hartholz

650

0,47

1500

0,13

Holzfaserplatte

300

0,8

1500

0,05

MDF-Platte

μtr

U80

Uf



kg/m3

kg/m3

1,3

200

98

370

1,5

12,5

45

150

Wasseraufnahmekoeffizient

A

w

kg/(m2 ·s0,5 ) kg/(m2 ·h0,5 )

750

0,64

1880

0,101

1,5

33

33

636

0,047

2,82

bautechnische MDF-Platte 530

528,0

0,8

2000,0

0,1

1,5

12,0

70,0

667,0

0,0012

0,072

bautechnische MDF-Platte 510

508,0

0,667

1700,0

0,12

1,5

15,0

66,0

667,0

0,0012

0,072

HWL-Bauplatte

450

0,55

1500

0,08

2,5

9

68

350

OSB-Platte

555

0,6

1880

0,101

1,5

287

37

593

OSB-Platte

600

0,6

1880

0,101

1,5

650

1,0

1,0

OSB-Platte

630

0,6

1500

0,13

1,5

650

1,5

1,0

OSB-Platte

670

0,6

1300

0,09

1,5

240

86

600

1,5

90

Pressspanplatte

600

0,5

1500

0,11

1,5

70

90

400

Furniersperrholz Buche BFU-BU

708

0,53

2500

0,12

1,5

242

101

530

0,0045

0,27

Furniersperrholz BFU 100

427

0,66

2500

0,12

1,5

188

70

572

0,0022

0,13

Furnierschichtholz

462

0,63

2500

0,13

1,5

156

76

525

0,0022

0,13

Sperrholzplatte

500

0,5

1500

0,1

1,5

700

75

350

Sperrholzplatte

578

0,8

1880

0,102

1,0

917

70

578

Spanplatte grob (MSB)

664

0,59

2500

0,12

1,5

92

91

590

0,0018

0,11

620,0

0,74

2500,0

0,12

1,5

44,0

110

738,0





0,0015

0,09

0

Spanplatte V 100 Dreischichtplatte Fichte

454

0,56

2500

0,12

1,5

203

73

534

Weichholz

400

0,73

1500

0,09

1,3

200

60

575

Luftschicht 5 mm

1,3

0,999

1000

0,047



0,79

0

0

0

Luftschicht 10 mm

1,3

0,999

1000

0,071



0,73

0

0

0

0

Luftschicht 20 mm

1,3

0,999

1000

0,13



0,56

0

0

0

0

Luftschicht 25 mm

1,3

0,999

1000

0,155



0,51

0

0

0

0

Luftschicht 30 mm

1,3

0,999

1000

0,18



0,46

0

0

0

0

Luftschicht 40 mm

1,3

0,999

1000

0,23



0,38

0

0

0

0

Luftschicht 50 mm

1,3

0,999

1000

0,28



0,32

0

0

0

0

Dachbahn V 13 a)

2400

0,001

1000

0,5



50000









Kraftpapier

800

0,6

1500

4,2



b)

Natronkraftpapier

120

0,6

1500

0,42



1250 c)

1,8

11,2





PA-Folie d)

65

0,001

2300

2,9



75000

1,8

11,2

0

0

Luftschichten

Folien

645

Wärme- und feuchtetechnische Kennwerte Tabelle 25. Feuchte- und wärmetechnische Kenngrößen [19] (Fortsetzung) Material

Roh- Porosidichte tät

Spezif. WärmeWärmeleitkapazität fähigkeit

FeuchteWasser- BezugsFreie bedingte dampffeuchte- WasserZunahme Diffusions- gehalt sättigung der widerWärmeleit- standszahl fähigkeit

Wasseraufnahmekoeffizient

ρ

p

ctr

λtr

μtr

U80

Uf

kg/m3

m3 /m3

J/(kg·K)

W/(m·K)

% / M.-%



kg/m3

kg/m3

PE-Folie e)

130

0,001

2300

2,3



33500









PE-Folie f)

130

0,001

2300

2,3



13500

Intello

115

0,086

2500

2,4



26000

6,6

84





Vario KM Duplex

83

0,111

1800

1,0



4000

3,5

110





0

0

0

0

PVC-Dachbahn

1000

0,0002

1500

0,16



g)

Polyolefin-Spinnvlies (Unterspannbahn)

590

0,001

1500

1,6



h)

Vinyltapete

471

0,01

2300

23

a) sd = 100 m f) sd = 2 m

b) sd = 0,4 m g) sd = 15 m

c) sd = 3 m h) sd = 0,04 m

A

w

kg/(m2 ·s0,5 ) kg/(m2 ·h0,5 )

i)

d) sd = 3,8 m i) sd = 0,2 m

e) sd = 5 m j) keine Messung möglich – zu inhomogen

Tabelle 26. Feuchtebereichabhängige Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahlen einiger Baustoffe Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahlen μ für

Material

Quelle

φuntere Grenze [%]/φobere Grenze [%] 0/52 0/55 3/50 52/75 44/63 55/65 50/93 65/75 75/85 85/93 75/86 80/90 86/96 Natursteine Baumberger Sandstein





20,0



17,0



14,0









8,8



[25]

Oberkirchener Sandstein





32,0



30,0



28,0









18,0



[25]

Rüthener Sandstein





17,0



16,0



13,0









9,4



[25]

Sander Sandstein





33,0



30,0



22,0









13,0



[25]

Mineralische Baustoffe Gips





8,3







7,3













[25]

Gipsputz

9,0





4,4









2,9

2,1







[28]

Gipsputz



8,6







8,7



7,8





8,6



4,8

[31]

Gipssandputz



10,9







9,1



8,9





9,2



5,3

[31]

Kalkgipsputz

11,7





5,6









3,3

2,8







[28]

Kalkgipsputz



8,2







8,3



8,0





9,4



4,2

[31]

Kalksandstein





28,0



24,0



18,0









13,0



[25]

Kalktrassputz



7,2







6,4



5,8





7,0



3,9

[31]

Kalkzementputz

11,5





6,6









3,7

3,2







[28]

Kalkzementputz



13,5







13,7



14,0





13,5



4,5

[31]

78,8





24,8









17,8

9,7







[28]





7,6







6,7













[25]

Normalbeton Porenbeton

646

E2

Materialtechnische Tabellen

Tabelle 26. Feuchtebereichabhängige Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahlen einiger Baustoffe (Fortsetzung) Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahlen μ für

Material

Quelle

φuntere Grenze [%]/φobere Grenze [%] 0/52 0/55 3/50 52/75 44/63 55/65 50/93 65/75 75/85 85/93 75/86 80/90 86/96 Vollziegel





9,5



8,8



8,0









6,9



[25]

14,8





10,7









9,8

6,6







[28]

Buche

123,3





58,3









12,4

8,4







[28]

Fichte

166,2





46,6









12,1

5,6







[28]

Kiefer

171,7





47,7









19,1

3,1







[28]

Lärche

135,1





40,3









16,1

10,8







[28]

Spanplatte

76,5





45,4









28,3

21,9







[28]

HWL fein

2,7





1,3









1,4

1,5







[28]

HWL grob

2,8





1,7









1,7

1,3







[28]

Mineralfaserplatte

2,9





1,4









2,4

1,7







[28]

Raufaser

90,8





42,9









8,4

4,6







[28]

Tapete, geprägt 130 g/m2

137,6





87,7









19,1

7,2







[28]

Tapete, 120 g/m2 mit 45 g/m2 Aufdruck aus Plastisole (PVC), ausgeschäumt

97,4





56,0









14,7

8,8







[28]

Zementputz Holz und Holzwerkstoffe

Dämmstoffe

Sonstiges

Tabelle 27. Feuchteschutztechnische Eigenschaften und spezifische Wärmekapazität von Wärmedämm- und Mauerwerksstoffen (DIN EN ISO 10456, Tabelle 4) [12] Werkstoff

Rohdichte Feuchtegehalt 1) Feuchtegehalt 1) Umrechnungsfaktor bei 23 °C, bei 23 °C, für den 50 % relativer 80 % relativer Luftfeuchte Luftfeuchte Feuchtegehalt ρ kg/m3

u

ψ

kg/kg

m3 /m3

u

ψ

fu

kg/kg

m3 /m3





Wasserdampf- Spezifische DiffusionsWärmewiderstandszahl kapazität μ trocken feucht

cp







J/(kg⋅K)

Expandierter Polystyrol-Hartschaum

10 bis 50

0

0

4

60

60

1450

Extrudierter Polystyrol-Hartschaum

20 bis 65

0

0

2,5

150

150

1450

Polyurethanschaum

28 bis 55

0

0

6

60

60

1400

Mineralwolle

10 bis 200

0

0

4

1

1

1030

5

50

50

1400





1000

Phenolharz-Hartschaum

20 bis 50

0

0

Schaumglas

100 bis 150

0

0

0

Perliteplatten

140 bis 240

0,02

5

5

900

Expandierter Kork

90 bis 140

0,008

0,011

6

10

5

1560

Holzwolle-Leichtbauplatten

250 bis 450

0,03

0,05

1,8

5

3

1470

0,03

0,8

647

Wärme- und feuchtetechnische Kennwerte

Tabelle 27. Feuchteschutztechnische Eigenschaften und spezifische Wärmekapazität von Wärmedämm- und Mauerwerksstoffen (DIN EN ISO 10456, Tabelle 4) [12] (Fortsetzung) Werkstoff

Rohdichte Feuchtegehalt 1) Feuchtegehalt 1) UmrechWasserdampf- Spezifische nungsfaktor DiffusionsWärmebei 23 °C, bei 23 °C, für den widerstandszahl kapazität 50 % relativer 80 % relativer μ Luftfeuchte Luftfeuchte Feuchtegehalt ρ

u

ψ

kg/m3

kg/kg

m3 /m3

u

ψ

kg/kg

m3 /m3

Holzfaserdämmplatten

40 bis 250

0,02

Harnstoff-Formaldehydschaum

10 bis 30

0,1

Polyurethanschaum

30 bis 50

0

0

6

Lose Mineralwolle

15 bis 60

0

0

4

1

0,03

fu







1,4

0,15

0,7

trocken feucht

cp





J/(kg⋅K)

5

3

2000

2

2

1400

60

60

1400

1

1030

Lose Zellulosefasern

20 bis 60

0,11

0,18

0,5

2

2

1600

Blähperlite-Schüttung

30 bis 150

0,01

0,02

3

2

2

900

Schüttung aus expandiertem Vermiculit

30 bis 150

0,01

0,02

2

3

2

1080

Blähtonschüttung

200 bis 400

0

2

2

1000

Polystyrol-Partikelschüttung

10 bis 30

0

0,001 0

4 4

2

2

1400

Vollziegel (gebrannter Ton)

1000 bis 2400

0,007

0,012

10

16

10

1000

Kalksandstein

900 bis 2200

0,012

0,024

10

20

15

1000

Beton mit Bimszuschlägen

500 bis 1300

0,02

0,035

4

50

40

1000

Beton mit nichtporigen Zuschlägen und Kunststein

1600 bis 2400

0,025

0,04

4

150

120

1000

Beton mit Polystyrolzuschlägen

500 bis 800

0,015

0,025

5

120

60

1000

Beton mit Blähtonzuschlägen

400 bis 700

0,02

0,03

2,6

6

4

1000

Beton mit überwiegend Blähbetonzuschlägen

800 bis 1700

0,02

0,03

4

8

6

1000

Beton mit mehr als 70 % geblähter Hochofenschlacke

1100 bis 1700

0,02

0,04

4

30

20

1000

Beton mit vorwiegend aus hochtemperaturbehandeltem taubem Gestein aufbereitet

1100 bis 1500

0,02

0,04

4

15

10

1000

Porenbeton

300 bis 1000

0,026

0,045

4

10

6

1000

Beton mit Leichtzuschlägen

500 bis 2000

0,03

0,05

4

15

10

1000

Mörtel (Mauermörtel und Putzmörtel)

250 bis 2000

0,04

0,06

4

20

10

1000

1) Die angegebenen Werte werden allgemein nicht überschritten.

648

E2

Materialtechnische Tabellen

Tabelle 28. Wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke von Folien (DIN EN ISO 10456, Tabelle 5) [12] Produkt/Stoff

Wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke sd m

Polyethylenfolie 0,15 mm

50,0

Polyethylenfolie 0,25 mm

100,0

Polyesterfolie 0,2 mm

50,0

PVC-Folie

30,0

Aluminium-Folie 0,05 mm

1500,0

PE-Folie (gestapelt) 0,15 mm

8,0

Bituminiertes Papier 0,1 mm

2,0

Aluminiumverbundfolie 0,4 mm

10,0

Unterdeck- und Unterspannbahn für Wände

0,2

Beschichtungsstoff

0,1

Glanzlack

3,0

Vinyltapete

2,0

Anmerkung: Die wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke eines Produktes wird als Dicke einer unbewegten Luftschicht mit dem gleichen Wasserdampfdurchlasswiderstand wie das Produkt angegeben. Sie stellt ein Maß für den Widerstand gegen die Diffusion von Wasserdampf dar.

Die Dicke der Produkte in DIN EN 12524, Tabelle 3 wird normalerweise nicht gemessen und kann auf dünne Produkte mit einem Wasserdampfdurchlasswiderstand bezogen werden. Die Tabelle gibt Dicken-Nennwerte als Hilfe zur Identifizierung des Produktes an.

Tabelle 29. Ausgleichsfeuchtegehalte von Baustoffen (DIN 4108-4, Tabelle 3) [6] Zeile

Baustoffe

1 2

Feuchtegehalt u kg/kg

Beton mit geschlossenem Gefüge mit porigen Zuschlägen

0,13

2.1

Leichtbeton mit haufwerkporigem Gefüge mit dichten Zuschlägen nach EN 12620

0,03

2.2

Leichtbeton mit haufwerkporigem Gefüge mit porigen Zuschlägen nach EN 13055-1

0,045

3

Calciumsulfat (Gips, Anhydrit)

0,004

4

Gussasphalt, Asphaltmastix

5

Holz, Sperrholz, Spanplatten, Holzfaserplatten, Schilfrohrplatten und -matten, organische Faserdämmstoffe

0,15

6

Pflanzliche Faserdämmstoffe aus Seegras, Holz-, Torf- und Kokosfasern und sonstige Fasern

0,15

0

Schallschutztechnische und akustische Kennwerte

3

Schallschutztechnische und akustische Kennwerte

Tabelle 30. Schallabsorptionsgrade verschiedener Baustoffe, Materialien und Gegenstände Mauerwerk, Beton, Putz 1 Beton, unverputzt [18] 2 Kalkzementputz [18] 3 Bimsbeton (ρ ≈ 550 kg/m3 , r ≈ 3 kPas/m2 , d = 50 mm, dw = 0 mm) [11] 4 Akustik-Spritzputz (ρ ≈ 500 kg/m3 , d = 20 mm) [17]

1 Papiertapete auf Putz [30] 2 Mauerwerk, Ziegel verfugt [30] 3 Bimsbeton unverputzt [30] 4 Gasbeton unverputzt [30]

1 Kalkzementputz [22] 2 Sichtbeton [22] 3 Akustikputz (d = 12 mm) [22]

1 Ziegelmauer, unverputzt [1] 2 Tapete auf Mauerwerk [1] 3 Mauerwerk aus Hochlochziegeln [1]

649

650

E2

Materialtechnische Tabellen

Tabelle 30. Schallabsorptionsgrade verschiedener Baustoffe, Materialien und Gegenstände (Fortsetzung) Gipskarton-, Gipskartonlochplatten 1 Gipskartonplatte (d = 9,5 mm, m′ = 9,3 kg/m2 , dw = 60 mm) [17] 2 Gipskartonplatte (d = 9,5 mm, m′ = 9,3 kg/m2 , dw = 120 mm) [17] 3 Gipskartonlochplatte (d = 9,5 mm, m′ = 8,5 kg/m2 , ε = 5 %, dw = 60 mm) [17] 4 Gipskartonlochplatte (d = 9,5 mm, m′ = 8,5 kg/m2 , ε = 5 %, dw = 120 mm) [17] 5 Gipskartonlochplatte (d = 9,5 mm, m′ = 8,5 kg/m2 , ε = 5 %, dw = 240 mm) [17]

1 Gipskartonplatte (d = 9,5 mm, m′ = 8,5 kg/m2 , ε = 8 %) auf Holzleisten (Abstand: 500 mm/750 mm), dw = 60 mm, mit 40 mm Mineralfaserplatten hinterlegt [18] 2 Gipskartonplatte (d = 9,5 mm, m′ = 8,5 kg/m2 , ε = 8 %) auf Holzleisten (Abstand: 500 mm/750 mm), dw = 120 mm, mit 40 mm Mineralfaserplatten hinterlegt [18]

1 Gipskartonlochplatte mit Mineralwolleauflage (GK-Platte: d = 9,5 mm, ε = 15 %, Mineralwolleauflage in Folie: d ≈ 40 mm, ρ ≈ 80 kg/m3 , r ≈ 20 kPas/m2 , dw = 200 mm) [17] 2 Gipskartonlochplatte mit Mineralwolleauflage (GK-Platte: d = 9,5 mm, ε = 15 %, Mineralwolleauflage in Folie: d ≈ 40 mm, ρ ≈ 80 kg/m3 , r ≈ 20 kPas/m2 , dw = 350 mm) [17] 3 Gipskartonlochplatte mit Mineralwolleauflage (GK-Platte: d = 9,5 mm, ε = 15 %, Mineralwolleauflage in Folie: d ≈ 40 mm, ρ ≈ 80 kg/m3 , r ≈ 20 kPas/m2 , dw = 600 mm) [17]

Schallschutztechnische und akustische Kennwerte Tabelle 30. Schallabsorptionsgrade verschiedener Baustoffe, Materialien und Gegenstände (Fortsetzung) Gipskarton-, Gipskartonlochplatten 1 Gipskartonlochplatte (d = 12,5 mm, 8 mm Rundlochung, ε = 15,5 %) mit Mineralfaserauflage (d ≈ 20 mm, m′ ≈ 0,6 kg/m2 ) und Faservlies, dw = 60 mm [24] 2 Gipskartonlochplatte (d = 12,5 mm, 8 mm Rundlochung, ε = 15,5 %) mit Mineralfaserauflage (d ≈ 20 mm, m′ ≈ 0,6 kg/m2 ) und Faservlies, dw = 400 mm [24] 3 Gipskartonlochplatte (d = 12,5 mm, 8 mm Rundlochung, ε = 15,5 %) ohne Mineralfaserauflage, dw = 60 mm [24] 4 Gipskartonlochplatte (d = 12,5 mm, 8 mm Rundlochung, ε = 15,5 %) ohne Mineralfaserauflage, dw = 400 mm [24]

1 Gipskartonlochplatte (d = 12,5 mm, 15 mm Rundlochung, ε = 19,6 %) mit Mineralfaserauflage (d ≈ 20 mm, m′ ≈ 0,6 kg/m2 ) und Faservlies, dw = 60 mm [24] 2 Gipskartonlochplatte (d = 12,5 mm, 15 mm Rundlochung, ε = 19,6 %) mit Mineralfaserauflage (d ≈ 20 mm, m′ ≈ 0,6 kg/m2 ) und Faservlies, dw = 400 mm [24] 3 Gipskartonlochplatte (d = 12,5 mm, 15 mm Rundlochung, ε = 19,6 %) ohne Mineralfaserauflage, dw = 60 mm [24] 4 Gipskartonlochplatte (d = 12,5 mm, 15 mm Rundlochung, ε = 19,6 %) ohne Mineralfaserauflage, dw = 400 mm [24]

Mineralfaserplatten 1 Mineralfaserplatte mit transparenter Vliesabdeckung (ρ = 30−50 kg/m3 , r ≈ 10 kPas/m2 , d = 20 mm, dw = 0 mm) [17] 2 Mineralfaserplatte mit transparenter Vliesabdeckung (ρ = 30−50 kg/m3 , r ≈ 10 kPas/m2 , d = 30 mm, dw = 0 mm) [17]

651

652

E2

Materialtechnische Tabellen

Tabelle 30. Schallabsorptionsgrade verschiedener Baustoffe, Materialien und Gegenstände (Fortsetzung) Mineralfaserplatten 1 Mineralfaserplatte mit transparenter Vliesabdeckung (ρ = 70−80 kg/m3 , r ≈ 20 kPas/m2 , d = 20 mm, dw = 100 mm) [17] 2 Mineralfaserplatte mit transparenter Vliesabdeckung (ρ = 70−80 kg/m3 , r ≈ 20 kPas/m2 , d = 30 mm, dw = 0 mm) [17]

1 Mineralfaserplatte ohne Vliesabdeckung (ρ = 100−150 kg/m3 , r ≈ 40 kPas/m2 , d = 15 mm, dw = 0 mm) [17] 2 Mineralfaserplatte ohne Vliesabdeckung (ρ = 100−150 kg/m3 , r ≈ 40 kPas/m2 , d = 15 mm, dw = 50 mm) [17] 3 Mineralfaserplatte ohne Vliesabdeckung (ρ = 100−150 kg/m3 , r ≈ 40 kPas/m2 , d = 15 mm, dw = 300 mm) [17]

1 Mineralfaserplatte ohne Vliesabdeckung (ρ = 100−150 kg/m3 , r ≈ 40 kPas/m2 , d = 40 mm, dw = 0 mm) [17] 2 Mineralfaserplatte ohne Vliesabdeckung (ρ = 100−150 kg/m3 , r ≈ 40 kPas/m2 , d = 40 mm, dw = 50 mm) [17] 3 Mineralfaserplatte ohne Vliesabdeckung (ρ = 100−150 kg/m3 , r ≈ 40 kPas/m2 , d = 40 mm, dw = 300 mm) [17]

Holzwolle-Leichtbauplatten 1 Holzwolle-Leichtbauplatte (ρ ≈ 400 kg/m3 , r ≈ 1 kPas/m2 , d = 35 mm, dw = 0 mm) [17] 2 Holzwolle-Leichtbauplatte (ρ ≈ 400 kg/m3 , r ≈ 1 kPas/m2 , d = 35 mm, dw = 50 mm) [17] 3 Holzwolle-Leichtbauplatte (ρ ≈ 400 kg/m3 , r ≈ 1 kPas/m2 , d = 35 mm, dw = 300 mm) [17]

Schallschutztechnische und akustische Kennwerte Tabelle 30. Schallabsorptionsgrade verschiedener Baustoffe, Materialien und Gegenstände (Fortsetzung) Holzwolle-Leichtbauplatten 1 Holzwolle-Leichtbauplatte, zementgebunden [18] (5 mm Spanbreite, d = 25 mm, ρ = 400 kg/m3 , dw = 0 mm) 2 Holzwolle-Leichtbauplatte, zementgebunden [18] (5 mm Spanbreite, d = 25 mm, ρ = 400 kg/m3 , dw = 270 mm)

Holzspan-, Sperrholz- und Hartfaserplatten 1 Holzspanplatte (d = 19 mm, m′ = 13,5 kg/m2 , dw = 60 mm) [17] 2 Holzspanplatte (d = 19 mm, m′ = 13,5 kg/m2 , dw = 120 mm) [17]

1 Sperrholzplatte (d = 4 mm, m′ = 2,9 kg/m2 ) auf Holzleisten (Abstand: 500 mm/750 mm), dw = 60 mm, mit 40 mm Mineralfaserplatten hinterlegt [18] 2 Sperrholzplatte (d = 4 mm, m′ = 2,9 kg/m2 ) auf Holzleisten (Abstand: 500 mm/750 mm), dw = 120 mm, mit 40 mm Mineralfaserplatten hinterlegt [18]

1 Sperrholzplatte (d = 4 mm, m′ = 2,9 kg/m2 ) auf Holzleisten (Abstand: 500 mm/750 mm), dw = 60 mm [18] 2 Sperrholzplatte (d = 4 mm, m′ = 2,9 kg/m2 ) auf Holzleisten (Abstand: 500 mm/750 mm), dw = 120 mm [18]

653

654

E2

Materialtechnische Tabellen

Tabelle 30. Schallabsorptionsgrade verschiedener Baustoffe, Materialien und Gegenstände (Fortsetzung) Holzwolle-Leichtbauplatten 1 Hartfaserplatte (d = 3,5 mm, m′ = 3,3 kg/m2 , dw = 60 mm) [17] 2 Hartfaserplatte (d = 3,5 mm, m′ = 3,3 kg/m2 , dw = 120 mm) [17] 125 Hz

250 Hz

500 Hz

1000 Hz

2000 Hz

4000 Hz

1

0,65

0,20

0,12

0,07

0,05

0,05

2

0,45

0,15

0,07

0,05

0,05

0,05

Metalllochkassetten 1 Metalllochkassette (d ≈ 0,5 mm, ε ≈ 15 %) mit Mineralwolleauflage (d ≈ 40 mm, ρ ≈ 80 kg/m3 , r ≈ 20 kPas/m2 ), in Folie (d ≈ 0,05 mm), dw = 200 mm [17] 2 Metalllochkassette (d ≈ 0,5 mm, ε ≈ 15 %) mit Mineralwolleauflage (d ≈ 40 mm, ρ ≈ 80 kg/m3 , r ≈ 20 kPas/m2 ), in Folie (d ≈ 0,05 mm), dw = 400 mm [17] 125 Hz

250 Hz

500 Hz

1000 Hz

2000 Hz

4000 Hz

1

0,35

0,70

0,75

0,85

0,80

0,60

2

0,45

0,70

0,75

0,85

0,80

0,60

Fußböden und Bodenbeläge 1 Holzfußboden auf Leisten [22] 2 Parkettfußboden, fest aufliegend [22] 3 Teppich, d ≈ 6 mm [22] 4 Teppich, d ≈ 7–10 mm [22] 125 Hz

250 Hz

500 Hz

1000 Hz

2000 Hz

4000 Hz

1

0,15

0,11

0,10

0,07

0,06

0,06

2

0,04

0,04

0,05

0,06

0,06

0,06

3

0,02

0,04

0,06

0,20

0,30

0,35

4

0,04

0,07

0,12

0,30

0,50

0,80

1 Nadelfilz (d = 4–6 mm) [22] 2 Velour (d = 7–8 mm) [22] 125 Hz

250 Hz

500 Hz

1000 Hz

2000 Hz

4000 Hz

1

0,03

0,03

0,07

0,13

0,25

0,45

2

0,03

0,04

0,10

0,25

0,45

0,55

Schallschutztechnische und akustische Kennwerte Tabelle 30. Schallabsorptionsgrade verschiedener Baustoffe, Materialien und Gegenstände (Fortsetzung) Fußböden und Bodenbeläge 1 Korkparkett [1] 2 Holzparkett auf Estrich o. ä. geklebt, versiegelt [1] 3 Holzparkett auf Estrich o. ä. geklebt, unversiegelt [1] 125 Hz

250 Hz

500 Hz

1000 Hz

2000 Hz

4000 Hz

1

0,04

0,03

0,05

0,11

0,07

0,02

2

0,02

0,03

0,04

0,05

0,05

0,10

3

0,04

0,04

0,06

0,12

0,10

0,17

Vorhänge 1 Vorhang aus Baumwollstoff (gespannt) (m′ = 0,4 kg/m2 , d = 1,6 mm, Rs = 2,8 kPas/m, dw = 0 mm) [17] 2 Vorhang aus Baumwollstoff (gespannt) (m′ = 0,4 kg/m2 , d = 1,6 mm, Rs = 2,8 kPas/m, dw = 70 mm) [17] 3 Vorhang aus Baumwollstoff (gespannt) (m′ = 0,4 kg/m2 , d = 1,6 mm, Rs = 2,8 kPas/m, dw = 220 mm) [17] 125 Hz

250 Hz

500 Hz

1000 Hz

2000 Hz

4000 Hz

1

0,02

0,02

0,03

0,10

0,25

0,50

2

0,10

0,15

0,50

0,75

0,80

0,80

3

0,25

0,60

0,75

0,60

0,70

0,75

1 Vorhang aus Baumwollstoff (hängend, zweifach gefaltet) (m′ = 0,4 kg/m2 , d = 1,6 mm, Rs = 2,8 kPas/m, dw = 0 mm) [17] 2 Vorhang aus Baumwollstoff (gespannt) (m′ = 0,4 kg/m2 , d = 1,6 mm, Rs = 2,8 kPas/m, dw = 70 mm) [17] 3 Vorhang aus Baumwollstoff (gespannt) (m′ = 0,4 kg/m2 , d = 1,6 mm, Rs = 2,8 kPas/m, dw = 220 mm) [17] 125 Hz

250 Hz

500 Hz

1000 Hz

2000 Hz

4000 Hz

1

0,02

0,10

0,30

0,70

0,90

1,00

2

0,02

0,20

0,70

0,95

0,95

1,00

3

0,06

0,40

0,75

0,95

0,95

1,00

Publikum, Stühle 1 Publikum auf Holzstuhl* [17] 2 Publikum auf Polsterstuhl* [17] 3 Holzstuhl unbesetzt* [17] 4 Polsterstuhl unbesetzt* [17] * Schallabsorptionsfläche in m2 je Objekt 125 Hz

250 Hz

500 Hz

1000 Hz

2000 Hz

4000 Hz

1

0,40

0,60

0,75

0,80

0,85

0,80

2

0,60

0,75

0,80

0,85

0,90

0,85

3

0,05

0,05

0,05

0,05

0,05

0,05

4

0,06

0,60

0,70

0,80

0,80

0,80

655

656

E2

Materialtechnische Tabellen

Tabelle 30. Schallabsorptionsgrade verschiedener Baustoffe, Materialien und Gegenstände (Fortsetzung) Publikum, Stühle 1 Holzstuhl (Werte je Stuhl) [22] 2 Polsterstuhl (Werte je Stuhl) [22] 3 Theaterklappstuhl (gepolstert) [22] 125 Hz

250 Hz

500 Hz

1000 Hz

2000 Hz

4000 Hz

1

0,03

0,03

0,04

0,05

0,05

0,05

2

0,08

0,15

0,25

0,29

0,43

0,39

3

0,25

0,30

0,30

0,30

0,30

0,30

Fenster, Tür 1 Fenster, geschlossen [23] 2 Tür, Sperrholz, lackiert [23] 125 Hz

250 Hz

500 Hz

1000 Hz

2000 Hz

4000 Hz

1

0,10

0,15

0,10

0,05

0,03

0,02

2

0,12

0,10

0,08

0,05

0,05

0,05

Weitere Absorptionsgrade siehe z. B. [1, 2, 17–19, 22, 30] d ρ m′ dw Rs r ε

Dicke [mm] Rohdichte [kg/m3 ] Flächenmasse [kg/m2 ] Wandabstand [mm] spezifischer Strömungswiderstand [kPas/m] längenbezogener Strömungswiderstand [kPas/m2 ] Lochanteil [--]

Tabelle 31. Beispiele für die Schallabsorptionsfläche A in m2 für eine frequenzabhängige Dimensionierung (DIN 18041, Tabelle G.2 [13]) Spalte Zeile

1

2

3

Beispiele

4

5

6

7

Frequenz Hz 125

250

500

1000

2000

4000

0,15

0,25

0,55

0,80

0,90

0,90

weibliche Person im Sommerkleid, sitzend

0,05

0,10

0,15

0,35

0,45

0,60

einfacher Polsterstuhl mit Kunstleder bezogen

0,05

0,15

0,20

0,10

0,03

0,03

4

einfacher Polsterstuhl mit Textilbezug

0,15

0,25

0,30

0,35

0,40

0,40

5

einzelne Person in einer Gruppe, sitzend oder stehend, 1 je 6 m2 Fläche; typischer Mindestwert

0,05

0,10

0,20

0,35

0,50

0,65

6

Schrank mit schallabsorbierender Jalousie, ohne Rückwand, 1200 mm, 5 Ordnerhöhen (1,75 m) hoch, frei im Raum stehend

1,63

1,84

1,31

1,63

1,54

1,56

7

Schrank mit glatter Jalousie, ohne Rückwand, 1200 mm breit, 5 Ordnerhöhen (1,75 m) hoch, frei im Raum stehend

0,83

0,76

0,52

0,48

0,41

0,45

8

Schrank 5 Ordnerhöhen (1,75 m) hoch, gelochte Tür und absorbierende Rückwand, 1200 mm breit, 435 mm tief, frei im Raum stehend

1,95

2,00

2,44

2,85

2,84

2,43

1

männliche Person im Anzug, sitzend

2 3

657

Schallschutztechnische und akustische Kennwerte Tabelle 31. Beispiele für die Schallabsorptionsfläche A in m2 für eine frequenzabhängige Dimensionierung (DIN 18041, Tabelle G.2 [13]) (Fortsetzung) Spalte Zeile

1

2

3

Beispiele

4

5

6

7

Frequenz Hz 125

250

500

1000

2000

4000

9

Stellwand gering absorbierend, 1024 mm × 1590 mm × 63 mm, frei im Raum stehend

0,51

0,78

1,22

1,72

2,43

2,83

10

Stellwand hoch absorbierend, 1024 mm × 1590 mm × 63 mm, frei im Raum stehend

0,43

1,13

1,99

2,96

2,73

2,56

11

Schrank 4 Ordnerhöhen (1,4 m) hoch, 1400 mm breit, 435 mm tief, akustisch wirksame Schiebetür, akustisch wirksame Rückwand, frei im Raum stehend

1,93

2,10

1,60

1,59

1,32

1,31

12

Schrank 4 Ordnerhöhen (1,4 m) hoch, 1400 mm breit, 435 mm tief, akustisch wirksame Schiebetür, akustisch wirksame Rückwand, direkt vor Wand stehend

1,55

1,19

0,82

0,91

0,76

0,74

13

Schrank 3 Ordnerhöhen (1,05 m) hoch, 1500 mm breit, 350 mm tief, Seitenwand, Rückwand und Frontklapptüren unperforiert, frei im Raum stehend

1,35

0,61

0,52

0,26

0,14

0,10

14

Schrank 3 Ordnerhöhen (1,05 m) hoch, 1500 mm breit, 350 mm tief, Seitenwand, Rückwand und Frontklapptüren perforiert (Vlieseinlage), frei im Raum stehend

2,50

2,22

2,60

2,60

2,45

2,62

15

Schrank 3 Ordnerhöhen (1,05 m) hoch, 1500 mm breit, 350 mm tief, Seitenwand, Rückwand perforiert (Vlieseinlage), Frontklapptüren unperforiert, frei im Raum stehend

2,50

2,40

1,80

1,73

1,59

1,58

16

Deckensegel aus recycelter Glaswolle mit mikroporöser Farbeschichtung, 2400 mm × 1200 mm, 40 mm dick, 200 mm zur Rohdecke abgehängt

0,90

2,40

3,40

4,00

4,10

3,80

6

7

Tabelle 32. Beispiele für den Schallabsorptionsgrad α für eine frequenzabhängige Dimensionierung nach DIN 18041 Tabelle G.1 [13] Spalte

1

Zeile

Kurzbeschreibung Schallabsorber

2

3

4

5

Frequenz Hz 125

250

500

1000

2000

4000

1

Mauerziegelwand, unverputzt, Fugen ausgestrichen

0,03

0,03

0,03

0,04

0,05

0,06

2

Mauerwerk, Hohllochziegel, Löcher sichtbar, 60 mm vor Massivwand

0,11

0,22

0,34

0,35

0,51

0,43

3

Glattputz

0,02

0,02

0,03

0,03

0,04

0,06

4

Kalkzementputz

0,03

0,03

0,02

0,04

0,05

0,05

5

Tapete auf Kalkzementputz

0,02

0,03

0,04

0,05

0,07

0,08

6

Spiegel, vor der Wand

0,12

0,10

0,05

0,04

0,02

0,02

7

Tür, Holz, lackiert

0,10

0,08

0,06

0,05

0,05

0,05

8

Stuckgips, unverputzter Beton

0,02

0,02

0,03

0,04

0,05

0,05 0,03

9

Marmor, Fliesen, Klinker

0,01

0,01

0,02

0,02

0,03

10

Fenster (Isolierverglasung)

0,28

0,20

0,11

0,06

0,03

0,02

11

Parkettfußboden, aufgeklebt

0,04

0,04

0,05

0,06

0,06

0,06

12

Parkettfußboden, auf Blindboden

0,20

0,15

0,10

0,09

0,06

0,10

658

E2

Materialtechnische Tabellen

Tabelle 32. Beispiele für den Schallabsorptionsgrad α für eine frequenzabhängige Dimensionierung nach DIN 18041 Tabelle G.1 [13] (Fortsetzung) Spalte

1

Zeile

Kurzbeschreibung Schallabsorber

2

3

4

5

6

7

Frequenz Hz 125

250

500

1000

2000

4000

13

Parkettfußboden, hohlliegend

0,15

0,08

0,07

0,06

0,06

0,06

14

Teppichboden, bis 6 mm Florhöhe, auf massivem Untergrund

0,02

0,04

0,07

0,19

0,29

0,35

15

Teppichboden, 7 mm bis 10 mm Florhöhe, auf massivem Untergrund

0,04

0,07

0,14

0,30

0,51

0,78

16

Nadelfilz 7 mm, auf massivem Untergrund

0,02

0,04

0,12

0,20

0,36

0,57

17

5 mm Teppich mit 5 mm Filzunterlage, auf massivem Untergrund

0,07

0,21

0,57

0,68

0,81

0,72

18

PVC-Fußbodenbelag (2,5 mm) auf Betonboden

0,01

0,02

0,01

0,03

0,05

0,05

19

Linoleum auf Beton

0,02

0,02

0,03

0,03

0,04

0,04

20

Furnierte Holz- oder Spanplatte dicht vor festem Untergrund

0,04

0,04

0,05

0,06

0,06

0,06

21

4 mm Hartfaserplatte, kassettiert ohne Dämmstoff, Wandabstand 60 mm

0,22

0,19

0,13

0,07

0,05

0,05

22

4 mm Hartfaserplatte, kassettiert mit 40 mm Mineralwollplatte, Wandabstand 60 mm

0,63

0,25

0,14

0,08

0,06

0,05

23

4 mm Hartfaserplatte, kassettiert ohne Dämmstoff, Wandabstand 120 mm

0,26

0,15

0,07

0,05

0,05

0,05

24

4 mm Sperrholzplatte, 40 mm Mineralwolle, Wandabstand 120 mm

0,77

0,33

0,16

0,08

0,07

0,03

25

Gipsplatte, 9,5 mm stark, Wandabstand 25 mm

0,27

0,17

0,10

0,09

0,11

0,12

26

Gipsplatte 9,5 mm stark, Wandabstand 60 mm, Hohlraum kassettiert

0,30

0,10

0,05

0,07

0,09

0,08

27

Kino-Bildwand

0,10

0,13

0,36

0,31

0,29

0,20

28

Bühnenöffnung mit Dekoration

0,40

0,43

0,57

0,70

0,80

0,80

29

Bücherregal in Bibliotheken (je m2 Oberfläche)

0,30

0,39

0,39

0,31

0,29

0,21

30

Lochsteine (vorsichtige Annahme)

0,10

0,20

0,44

0,55

0,44

0,22

31

3,5 mm Hartfaserplatte, 40 mm Mineralwolle, 30 mm Holzleisten 750 mm × 500 mm Kasten

0,61

0,26

0,19

0,07

0,07

0,03

32

15 mm Mineralplatte mit Vlieskaschierung, 200 mm zur Rohdecke, ohne rückseitige Zusatzmaßnahmen

0,50

0,65

0,70

0,85

1,00

1,00

33

15 mm Mineralplatte fein genadelt, 200 mm zur Rohdecke, ohne rückseitige Zusatzmaßnahmen

0,35

0,55

0,65

0,70

0,65

0,60

34

15 mm Mineralplatte ungenadelt, 200 mm zur Rohdecke, ohne rückseitige Zusatzmaßnahmen

0,15

0,15

0,10

0,15

0,15

0,10

35

gelochte Metallkassette, 16 % Lochflächenanteil, 2,5 mm Lochdurchmesser, Akustikvlies, 200 mm zur Rohdecke, ohne rückseitige Zusatzmaßnahmen

0,35

0,70

0,85

0,75

0,75

0,75

36

20 mm Recycle-Glaswollplatte mit mikroporöser Farbeschichtung, 200 mm zur Rohdecke, 100 mm rückseitiger Tieftonabsorber

0,75

0,95

0,95

1,00

1,00

1,00

37

15 mm Recycle-Glaswollplatte, Vliesbeschichtung, 200 mm zur Rohdecke, ohne rückseitige Zusatzmaßnahmen

0,40

0,85

1,00

0,90

1,00

1,00

38

Spanndecke mikroperforiert, 100 mm Abstand bzw. Luftschicht, kein Akustikvlies im Hohlraum

0,09

0,25

0,65

0,80

0,61

0,60

39

Spanndecke mikroperforiert, 100 mm Abstand bzw. Luftschicht, 40 mm Akustikvlies direkt an Rückwand

0,28

0,69

1,00

0,89

0,75

0,71

659

Schallschutztechnische und akustische Kennwerte Tabelle 32. Beispiele für den Schallabsorptionsgrad α für eine frequenzabhängige Dimensionierung nach DIN 18041 Tabelle G.1 [13] (Fortsetzung) Spalte

1

Zeile

Kurzbeschreibung Schallabsorber

2

3

4

5

6

7

Frequenz Hz 125

250

500

1000

2000

4000

40

Gipsplatten Rasterdecke 8/18 Rundlochung, 15,5 % Lochflächenanteil, 200 mm zur Rohdecke, Akustikvlies, ohne Mineralwollauflage

0,45

0,60

0,70

0,60

0,55

0,65

41

Gipsplatten Rasterdecke 8/18 Rundlochung, 15,5 % Lochflächenanteil, 200 mm zur Rohdecke, Akustikvlies, 20 mm Mineralwollauflage

0,50

0,65

0,70

0,65

0,60

0,70

42

Gipsplatten Rasterdecke 12/25 Quadratlochung, 7,8 % Lochflächenanteil, 200 mm zur Rohdecke, Akustikvlies, 20 mm Mineralwollauflage

0,45

0,50

0,50

0,40

0,35

0,35

43

Gipsplatten Rasterdecke 12/25 Quadratlochung, 7,8 % Lochflächenanteil, 65 mm zur Rohdecke, Akustikvlies, 20 mm Mineralwollauflage

0,40

0,45

0,50

0,45

0,40

0,30

44

Holzwolle-Leichtbauplatten 35 mm, direkt auf Wand

0,08

0,17

0,70

0,71

0,64

0,64

45

Holzwolle-Leichtbauplatten 25 mm, Hohlraum leer, Wandabstand 50 mm

0,13

0,42

0,54

0,45

0,70

0,73

46

Melaminharz-Schaumstoff, Rohdichte 8 kg/m3 bis 10 kg/m3 , 30 mm dick

0,12

0,31

0,66

0,86

0,87

0,92

47

Melaminharz-Schaumstoff, Rohdichte 8 kg/m3 bis 10 kg/m3 , 50 mm dick

0,16

0,56

0,87

0,96

0,97

0,97

48

40 mm Mineralwollmatte (20 kg/m3 ), ohne Lochblechabdeckung

0,11

0,36

0,68

0,88

0,89

0,97

kg/m3 ),

49

40 mm Mineralwollmatte (20 (18 %)

mit Lochblechabdeckung

0,11

0,36

0,69

0,95

0,81

0,70

50

Gipsplatte 9,5 mm, 8/18 Rundlochung, 15 % Lochflächenanteil, mit Faservlies hinterlegt, Abstand 100 mm

0,12

0,28

0,75

0,50

0,38

0,30

51

Gipsplatte, geschlitzt, 8,8 % offene Fläche, mit Faservlies hinterlegt, Abstand 100 mm

0,11

0,28

0,66

0,38

0,28

0,30

52

gelochte Langfeld-Metallkassette, 20 % Lochflächenanteil, 3 mm Lochdurchmesser, Akustikfilz, 300 mm Abstand

0,38

0,65

0,59

0,75

0,77

0,61

Tabelle 33. Schallwellenwiderstand Z 1) für verschiedene Stoffe [22] Stoff

Schallwellenwiderstand Z kg/(m2 ⋅s)

Aluminium

14,00 ⋅ 106

Beton

8,00 ⋅ 106

Gummi

0,04−0,3 ⋅ 106

Kork

0,12 ⋅ 106

Luft (20 °C)

4,14 ⋅ 102

Mauerwerk

7,20 ⋅ 106

Stahl

39,00 ⋅ 106

Tannenholz

1,20 ⋅ 106

Wasser

1,45 ⋅ 106

1) Auch Schall-Kennimpedanz oder Schallwellenkennwiderstand.

660

E2

Materialtechnische Tabellen

Tabelle 34. Dynamischer Elastizitätsmodul, Dehnwellengeschwindigkeit, Verlustfaktor verschiedener Materialien Material

Rohdichte

Elastizitätsmodul

Dehnwellengeschwindigkeit

Verlustfaktor

ρ

Edyn

cD

η

kg/m3

MN/m2

m/s



2200

6000–15000

1500–2600

0,03–0,3

Quelle

Mineralische Baustoffe Asphaltestrich Gipskartonplatten

[30]

950

3300

1850

0,012

[18]

Leichtbeton

800–1400

1500–3000

1200–1700

0,015

[30]

Porenbeton, Gasbeton

600–700

1400–2000

1400–1700

0,01

[30]

Stahlbeton

2100

29,5 ⋅ 1000

3750

0,01–0,06

[30]

Zementestrich

2200

30 ⋅ 1000

3700



[30]

Ziegelmauerwerk

1700

3000–12000

2650

0,01–0,02

[18]

Eichenholz

700

2000–10000

1700–3800

0,01

[18]

Hartfaserplatten

1000

3000–4500

1700–2100

0,015

[30]

Holzspanplatten

650

4500

2600

0,01–0,03

[18]

Nadelholz

500

1000–5000

1400–3200

0,01

[18]

Sperrholz

600

5400

3000

0,013

[18]

380–540

0,08

[18]

Holz, Holzwerkstoffe

Dämmstoffe Holzwolleleichtbauplatten

700

100–200

Mineralfaserplatten

80–130

0,15–0,4

Naturkork

230–280

15–25

Polystyrol-Partikelschaum

400–450

0,1

[30]

0,13–0,17

[30]

9–12

0,6–0,12

[30]

12–15

1,2–2

[30]

15–20

2–4

[30]

20–25

4–8

[30]

25–30

8–30

Schaumglas

130–160

1300–1600

Weichfaserdämmplatten

200–300

10–16

[30] 3100

0,01

[18]

0,14

[30]

Kunststoffe, Gummi Kautschuk/Gummi (40 Shore-A-Härte)

1000

5

70

0,04

[30]

Kautschuk/Gummi (55 Shore-A-Härte)

1200

10

90

0,08

[30]

Kautschuk/Gummi (65 Shore-A-Härte)

1200

15

120

0,12

[30]

Polyvinylchlorid, hart

1300

2700

1450

0,04

[30]

Polystyrol, hart (PS)

1050

3000

1670

0,01

[30]

PVC-Hartschaum

40–60

10–30

500–700

0,03–0,06

[30]

Aluminium

2700

74000

5200

7 ⋅ 10−5

[30]

Blei

11300

17000

1300

0,02–0,3

[18]

Kupfer

8900

125000

3700

0,001

[30]

Stahl

7800

200000

5100

1 ⋅ 10−4

[30]

2500

(6−8) ⋅ 104

4900–5700

0,001

[30]

1,2

0,14





[30]

Metalle

Sonstiges Glas Luft (20 °C, stehend, adiabatischer Zustand)

Für weitere Materialien sind Angaben des dynamischen Elastizitätsmoduls, der Dehnwellengeschwindigkeit und des Verlustfaktors z. B. in [18] und [30] zu finden.

Literatur

4

Literatur

661

[1] Bobran, H. W.; Bobran, I. (1995) Handbuch der Bauphysik, 7. Aufl., Vieweg, Braunschweig.

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663

Stichwortverzeichnis Symbole θcr siehe kritische Temperatur A az-Wert 193 – biegebeanspruchtes Bauteil 196 Abaqus (FE-Programm) 251 Abbrandfaktor 324 – Feststoffe 587, 588 – Flüssigkeiten 590 – Kunststoffe 589 Abbrandgeschwindigkeit – Feststoffe 577, 578 – Flüssigkeiten 578, 579 – Kunststoffe 578 Abbrandraten – Bemessungswerte 260 – üblicher Bauhölzer und Holzwerkstoffe 260 ABC/A3C (Software) 250 Abdichtstoffe – WärmeleitfähigkeitBemessungswerte 617 Abdichtungsbahnen – WärmeleitfähigkeitBemessungswerte 617 aBG (allgemeine Bauartgenehmigung) 20 Abklingphase 171 Ablationsbeschichtungen 89 Abminderungsfaktoren – fest installierte Sonnenschutzvorrichtungen 632 – Festigkeit von Nadelholz 262 Abschattungsfaktor 239 Absorptionsfaktoren – einiger Stoffe 637 Abströmöffnungen – Differenzdrucksysteme 518 Abtropfen/Abfallen – brennendes 95 abwehrender Brandschutz – Schulgebäude 456 Abweichung 21 abZ (allgemeine bauaufsichtliche Zulassung) 20 abzuleitender Rauchgasvolumenstrom 484 Achsabstand – bezogener 190 – von Stützen 187 aerodynamisch wirksame Rauchabzugsfläche 484 AGBF Bund (Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren in Deutschland) 448

AGBF-Fachempfehlung – Objektgruppen für Objektfunk 532 AHO-Heftereihe 343 – Honorartafel Brandschutzleistungen 53 – Leistungsbild Brandschutz 47 – Nutzungsbeiwerte Brandschutzleistungen 52 AIA (Auftraggeber-Informationsanforderung) 341 Alarmstufe 2 – bei Wohnungsbrand 530 allgemeine Bauartgenehmigung (aBG) 20 allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ) 20 allgemeine Berechnungsverfahren – im Stahl- und Stahlverbundbau 227, 236, 240 – mit BoFire 248 allgemeine Rechenverfahren 197 allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis 20, 26 allgemeines Landrecht (ALR) – preußisches 6 ALR (allgemeines Landrecht) – Auszug (1794) 11 – preußisches 6 alternative Antriebstechnologien – Anzahl Fahrzeuge 427 analoger Einsatzstellenfunk – Umstellung auf TETRA-BOS-Funk 528 Analyse – mechanische 198, 201 – thermische 197, 198 Aneignung des Feuers (Bild) 5 anfangs geschützte Bauteile – Bemessung 268 anlagentechnischer Brandschutz – Schulgebäude 456 Anpassungsfaktor – in Abhängigkeit von verwendeter Stein-Mörtel-Kombination 293 Anschlüsse – M-HolzBauRL 358 Anschlussmodell – bei Momentenbelastung 241 Anschlussuntersuchung – zur Momenten-RotationsBeziehung 240 ANSYS (FE-Programm) 251 Antriebstechnologien – alternative 427

Anwendbarkeitsnachweis – Außenwandbekleidungen 380 Anwendungsfälle (AwF) – BIM 346, 348 Anwendungszulassungen 20 äquivalente Branddauer 172, 322 Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren in Deutschland (AGBF Bund) 448 ASERI-Simulation 130 – Individualmodell 145 Attribuierung – von Bauteilen 344 Attribuierungsstruktur – der Muster-AIA 347 Attribute siehe Brandschutzattribute aufnehmbares Moment – Bemessungswert 207 Aufsatzrollläden – Sturzschutz 398 Auftraggeber-Informationsanforderung (AIA) 341 Auftretenswahrscheinlichkeit – eines Brandes 172 Aula (Gesamtschule) – Brandschutz 454 Ausfallwahrscheinlichkeit – manuelle Brandbekämpfung 172 Ausführungsgrundsätze – bei hinterlüfteten Außenwandbekleidungen 400 – WDVS außer EPS 400 – WDVS mit EPS 390 Ausgleichsfeuchtegehalte – verschiedener Baustoffe 648 Ausmitte siehe Lastausmitte Ausnutzungsfaktor – Bestimmung im Brandfall 292 – Definition 289 – für Stahlverbundstützen 245 Ausnutzungsgrad – Einfluss auf krtitische Stahltemperatur 234 – Stahlträger-Brandschutznachweis 243 – von Stahlverbund-Bauteilen 237 außenliegende Bauteile – Brandeinwirkungen 166 Außenluftansaugung – Lage 518 Außentüren – Wärmedurchgangskoeffizienten 631

664

Stichwortverzeichnis

Außenwandbekleidungen – Anforderungen aus Sonderbauvorschriften 377 – Anschluss an Brandwände 409 – aus Holz und Holzwerkstoffen 361 – Bauarten 381 – baurechtliche Anforderungen 373 – baurechtliche Anforderungen an Oberflächen von 376 – Brandschutzausführung 389 – Brandversuche 382 – hinterlüftete siehe VHF – Industriebauten 308 – M-HolzBauRL 359 – mit Holz 404 – nach MVV TB 400 – Nachweis der Ver- und Anwendbarkeit in Deutschland 380 – Schutzziele 373 – thermische Beanspruchungen 385 – vorgehängte hinterlüftete siehe VHF – zum Brandschutz 373 Außenwandbereich – Ausbildung einer Brandwand 307 Außenwände – baurechtliche Anforderungen an Oberflächen von 376 – Industriebauten 308 Außenwandscheiben – mehrseitige Brandbeanspruchung 287 aussteifende Bauteile – Brandschutzanforderungen 310 Ausstellungsräume – Abstellen elektrisch betriebener Fahrzeuge 437 AwF (Anwendungsfälle) – BIM 346, 348 B Balkenquerschnitte – brandbeanspruchte 193 barometrische Komponenten – bei maschineller Rauchableitung 471 Bauarten 19 – bauordnungsrechtliche Regelungen 19 – Komponenten mit Brandschutzbekleidungen 83 – Nachweis 83 – technische Gebäudeausrüstung 27 Bauartgenehmigungen – allgemeine 20

Bauaufsicht – Merkblatt der Stadt Hamburg 446 bauaufsichtliche Anforderungen – zum mehrgeschossigen Holzbau 100 bauaufsichtliche Baustoffbezeichnungen – Zuordnung zu Kurzbezeichnungen 95 bauaufsichtliche Bauteilbezeichnung – Zuordnung zu nationalen und europäischen Kurzbezeichnungen 98 bauaufsichtliche Begriffe – Zuordnung zu europäischen Klassifizierungen 72 bauaufsichtliche Benennungen – Zuordnung von Musterklassifikationen 378 – Zuordnung zu Kurzbezeichnungen 99 – Zuordnung zur Baustoffklassifizierung 379 bauaufsichtliche Einschränkungen – nawaRo-Dämmstoffe 98 bauaufsichtliche Regelwerke – Schulgebäude 444 bauaufsichtliche Verfahren – Nachweise 287 Bauausführung – Fehler 555 baubegleitende Qualitätssicherung – Brandschutz 45 – Leistungsbild Brandschutz 51 Baugenehmigung – Planunterlagen mit BIM erstellen 348 Baugenehmigungsverfahren – und Brandschutzplanung 35 Baukonstruktionen – mit Kunststoffen 61 Bauordnung 14 – Konkretisierung durch MVV TB 494 – Novellierung 494 – und Entrauchung 477 Bauordnungsrecht – Entwicklung des Brandschutzes 5 bauordnungsrechtliche Schutzziele – Erreichung 480 Bauphase – Maßnahmen zur Brandschutzverbesserung 389 Bauplatten – WärmeleitfähigkeitBemessungswerte 613 Baupolizeiordnung 14

Bauprodukte – Anwendbarkeitsnachweis 380 – bauordnungsrechtliche Regelungen 19 – Feuerwiderstand von Bauteilen 83 – Mindestklassifizierung nach DIN EN 13501-1 378 – mit CE-Kennzeichnung 22 – nach anderen Richtlinien der EU 23 – nach Bauproduktenverordnung 22 – nach defizitären hEN 29 – ohne CE-Kennzeichnung 20 – technische Gebäudeausrüstung 27 – zur Verbesserung des Brandverhaltens 81 – Zuweisung von baurechtlichen Benennungen zu Prüfverfahren 379 BauPVO (Bauproduktenverordnung) 22, 503 Baurecht – europäische Klassifizierungen von Baustoffen 71 – im königlichen Sachsen 13 baurechtliche Anforderungen – Außenwandbekleidungen 373 baurechtliche Benennungen – Zuweisung von Prüfverfahren 379 baurechtliche Nachweise – Systematik 21, 23 Bauregellisten – Überführung in MVV TB 25 Baustahl – Materialkennwerte 243 – thermische Dehnungen 203 Baustoffbezeichnungen – bauaufsichtliche 95 Baustoffe – Anforderungen gemäß Abschnitt 6 der MIndBauRL 310 – Anforderungen nach DIN 18230-1 313 – Anforderungen nach MIndBauRL 318 – Brandverhalten 285 – dämmschichtbildende 89 – Entflammbarkeit 95 – Klassifizierung nach DIN 4102-1 379 – Mindestanforderungen 64 – Prüfung und Klassifizierung nach europäischen Normen 64

Stichwortverzeichnis – wärmeschutztechnische Bemessungswerte 622 – Zuweisung von baurechtlichen Benennungen zu Prüfverfahren 379 Baustoffklassen – Einteilung 66 Baustoffklassifizierung – nawaRo-Dämmstoffe 94 – Zuordnung zu bauaufsichtlichen Benennungen 379 Bauteilanforderungen – der MBO 99 – gemäß Abschnitt 6 der MIndBauRL 310 – nach DIN 18230-1 313 – nach MIndBauRL 318 Bauteilbemessung – Garagen 417 Bauteile – anfangs geschützte 268 – Attribuierung 344 – bekleidete 268 – biegebeanspruchte siehe biegebeanspruchte Bauteile – hochfeuerhemmende 112 – Nachweis der Standsicherheit nach DIN 18230-1 320 – von Brandbekämpfungsabschnittsflächen 317 – Zuordnung zu Brandsicherheitsklassen 313 – Zuverlässigkeit 171 Bauteilfugen – Rauchdichtigkeit 360 Bauteilklassifizierung – nawaRo-Dämmstoffe 96 Bauteilquerschnitte – Diskretisierung 199 Bauteilwiderstand – Ermittlung des Bemessungswertes 208 BBA (Brandbekämpfungsabschnitt) – Definition 299 Beanspruchbarkeiten – Bemessungswert 263 Beanspruchungen – Bemessungswert 262 – reduzierte 271 Bedachungen 73, siehe auch Dächer – unter PV-Modulen 76 Beflammung – eines Probekörpers 103 Behälter 301, 325, siehe auch geschützte Brandlasten – für brennbare feste oder flüssige Stoffe 326 Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) 528

Beiwerte – zur Temperaturabhängigkeit der Festigkeiten von Beton und Bewehrungsstahl 193 bekleidete Bauteile 268 bekleideter Zugstab – Bemessung 269 Bekleidungen 81, siehe auch Außenwandbekleidungen; Brandschutzbekleidungen – brandschutztechnisch wirksame 88 Beläge – WärmeleitfähigkeitBemessungswerte 617 Bemessung – anfangs geschützter Bauteile 268 – bekleideter Zugstab 269 – brandschutztechnische 264 – Holzverbindungen 270 – von Tragstrukturen per FDS 422 – von Tragwerken 417 Bemessungsergebnisse – Einordnung 435 Bemessungssituation – außergewöhnliche 162 Bemessungstabellen 188 – Betonbauteile nach Eurocode 2 186 – Randbedingungen 187 – Stahlverbundbau 237 Bemessungsverfahren – im Stahl- und Stahlverbundbau, nach EC 3 227 – mit reduzierter Steifigkeit und Festigkeit 266 – nach EC 4 236 – vereinfachte siehe Zonenmethode Bemessungswerte – Abbrandraten 260 – Beanspruchbarkeiten 263 – Beanspruchungen im Brandfall 262 – Ermittlung 171 – Korrekturwerte 631 – Wärmedurchgangskoeffizienten von Außentüren 631 – Wärmedurchgangskoeffizient von Toren 630 – wärmeschutztechnische 622 Benennungen – bauaufsichtliche 99, 378 Berechnungsmethoden – makroskopische 124 Berlin – Oberste Bauaufsicht 447 Berliner Flughafen (BER) – Brandschutz 487 Bernoulli-Hypothese 204

665

Beton 186, siehe auch Stahl- und Stahlverbund-Bauteile – Rechenwerte der temperaturabhängigen thermischen Materialkennwerte 199 – Schallabsorptionsgrade 649 – Spannungs-Dehnungs-Linien 201 – thermische Dehnungen 203 – thermische Leitfähigkeit 198 Betonbauteile – Bemessungstabellen nach Eurocode 2 186 – Brandbeanspruchung 200 – Brandschutzbemessung nach Eurocode 2 186 – Koordinatensystem für Brandbeanspruchung 201 – WärmeleitfähigkeitBemessungswerte 611 Betondecke – mit Brandschutzputzbekleidung 85 Betonquerschnittsreduktion 190, 193 – Kammerbetonstützen 240 Betonstahl – Bemessungskurve für kritische Temperatur 187 – Spannungs-Dehnungs-Linien 203 – thermische Dehnungen 203 Bewegungsintensität – Maxima 127 Bewehrung – Temperaturprofile 209 Bewehrungsstäbe – Mindestabmesungen und -bewehrungsgrade 246 Bewertungskriterien – bei Sicherheitskonzepten 132 bezogener Achsabstand 190 Bezugsniveau – nach MIndBauRL 316 Biegebalken – Bemessung 267 biegebeanspruchte Bauteile 186 – az-Wert 196 Biegefestigkeit – reduzierte 266 Biegemomente – Bemessungswerte mit Zonenmethode 197 BIM (Building Information Modeling) – Anforderungen 347 – Anwendungsfälle 346 – eines Bürogebäudes 40 – im Brandschutz 341

666

Stichwortverzeichnis

– Nomenklatur 351 – und Brandschutzingenieurmethoden 37 Blockaden – bei Rettungswegen 556 Bodenbeläge – Schallabsorptionsgrade 654, 655 BoFire (Simulationsprogramm) 248 Bogenträger – unterspannte 233 BOS (Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben) 528 Brand – in Nachbargebäude 386 – lokaler 176 – vollentwickelter 62 – von außen 385 Brandabschnitte – Definition 298 – Keep it simple 488 – Keep it small 487 Brandabschnittsflächen – Definition 298 – maximal erlaubte 481 – zulässige Größe 310 Brandausbreitungsgeschwindigkeit – Feststoffe 579 – Flüssigkeiten 580 – Gase 579 Brandausbreitungsmechanismen – über Lochfassade 375 brandbeanspruchte Balkenquerschnitte – Isothermenverläufe 193 Brandbeanspruchung – Kragstützen 188 – von Außenwandbekleidungen 385 – von Betonbauteilen 200 – von Dächern 73 – von innen 74 Brandbeginn 61 Brandbekämpfung – Ausfallwahrscheinlichkeit 172 Brandbekämpfungsabschnitte (BBA) – Anforderungen an Trennung und Ausbildung 314 – Definition 299 – Größenanforderungen nach DIN 18230-1 313 – mit mehreren Ebenen oder Geschossen 300, 333 – Wände zur Trennung 307 – Wärmeabzugsfaktor 334 Brandbekämpfungsabschnittsflächen 299 – Anforderungen an Bauteile 317 – zulässige Größe 316

Brandbelastung 319, siehe auch Brandlasten – für globalen Nachweis 326 – für Teilflächennachweis 328 – gesamte geschützte 327 – Grundwert 326 – rechnerische 324 Branddauer – äquivalente 172, 322 Brandeinwirkungen – auf außenliegende Bauteile 166 – auf Tragwerke 159, 160 – Bemessungswert 188 – leistungsorientierte Festlegung 163 Brandentwicklung – ausgewählte Lagerstoffe und Waren 600, 601 – ausgewählte Nutzungseinheiten 603 – Möbel 601, 602 Brandentwicklungsphase 170 Brandfallsteuertabelle 49 Brandgasbestandteile – physiologische Effekte 464 Brandgastemperaturen – entlang der Trägerachse 434 – genauere Berechnungsverfahren 430 – Leitfaden in Frankreich 422 – übliche Brandszenarien zur Berechnung 422 – vereinfachte Berechnungsverfahren 430 Brandgeschehen – Anzahl der beteiligten Fahrzeuge 423 Brandherd siehe Plume Brandkatastrophen – Reaktionen im Mittelalter 8 Brandkurven – normative 221 Brandlastdichten 164 Brandlasten 562, siehe auch Brandbelastung – geschützte 325, 326 – unberücksichtigte 329 – ungeschützte 325 – von Flüssigkeiten 325 Brandlastermittlung – eines Teilflächenabschnitts 328 – gesamte geschützte 327 – geschützte Teilflächen 325 – rechnerische 324 brandlastgesteuerte Brände 164 Brandleistung – ausgewählte Lagerstoffe und Waren 600, 601

– ausgewählte Nutzungseinheiten 603 – Feststoffe 598 – Flüssigkeiten 599 – Holz 602 – Kunststoffe 599, 602 – Möbel 601, 602 – Personenzugsmaterialien 603, 604 Brandmauer – Brandschutzentwicklung 11 – Geschichte 11 Brandmeldeanlagen 307 Brandmodelle siehe Naturbrandmodelle Brandphasen 61 Brandrauch – Wirkung 463 Brandraumtemperatur – Einfluss auf Durchströmungsgeschwindigkeit 512 Brandriegel – ab 3. OG 395 – im Bereich Schutzzone Sockelbrand 391 – umlaufende 396, 399 Brandschachttest – Dämmstoffe 95 Brandschutz – Ablauf des Planungsprozesses 41 – Außenwandbekleidungen 373 – Baukonstruktionen mit Kunststoffen 61 – bei hölzernen Bauteilen 356 – BIM 341 – Fachbauleitung 44 – Garagen 417 – gemäß MVV TB 26 – Geschichte 5 – Honorierung 35 – im Industriebau 297 – im späten Mittelalter 7 – im spätmittelalterlichen Landrecht 8 – im spätmittelalterlichen Stadtrecht 8 – in Früher Neuzeit 9 – in HOAI 45 – in Länderhoheit 13 – in Moderne 12 – konstruktiver 557 – Leistungsbild 35, 46 – Leistungsphasen 47 – Leitungsanlagen 560 – materialtechnische Tabellen 571 – nach Grundlagendokument Nr. 2 160 – Nutzerfehler 561 – organisatorischer 563

Stichwortverzeichnis – Prüfingenieure und Prüfsachverständige 53 – Rettungswege 555 – Schulbau 444, 450 – Trockenbau 558 – und Gesellschaft 7, 9, 12 – verwalteter 13 – Visualisierung 37 – Zuordnung von Verantwortlichkeiten 42 Brandschutzanforderungen 27, siehe auch brandschutztechnische Anforderungen Brandschutzanlagen – mögliche Wechselwirkunge 489 Brandschutzattribute – bei BIM 344 – mit IFC4 345 – nach Muster-AIA 347 Brandschutzausführung – Außenwandbekleidungen 389 – Fehler 555 Brandschutzbeauftragter – Industriebauten 309 Brandschutzbekleidungen 81, 88 – aus Holz 232 – brennbare Dämmstoffe 108 – Einfluss auf Stahltemperaturen 228 – Einfluss von Fugen 110 – gemäß M-HFHHolzR 112 – im Stahlbau 224 – plattenförmige 83 – thermische Materialkennwerte 243 – Versagen 268 Brandschutzbemessung 283, siehe auch brandschutztechnische Bemessung – Betonbauteile nach Eurocode 2 186 – Holzbauteile nach Eurocode 5 259 Brandschutzbeschichtungen 81 – auf Stahlbauteilen 86 – im Stahlbau 224 Brandschutzentwicklung – Grundlagen 5 – Zeitabschnitte 6 Brandschutzgewebe – zur Umhüllung von Leitungsanlagen 82 Brandschutzglas 15, 16 Brandschutzgutachten 36 Brandschutzingenieurmethoden – und Building Information Modeling (BIM) 37 Brandschutzklappen – gemäß MVV TB 519

Brandschutzklassen – Ermittlung 42 Brandschutzkonzepte – bei hölzernen Bauwerken 356 – für Gebäude in Holz-Hybrid-Bauweise 364 – Themen und Inhalte 51 Brandschutzleistungen – Honorartafel 50 Brandschutzleitfaden – für Gebäude des Bundes 36 Brandschutzmaßnahmen – Industriebauten 309 Brandschutzmatrix 50 Brandschutznachweis 186, siehe auch brandschutztechnische Bemessung; Nachweise – auf Basis der kritischen Temperatur 233 – auf Basis der Tragfähigkeitsebene 234, 243 – für Dachbinder 205 – mit erweitertem Bemessungsverfahren 206, 209 – mit vereinfachtem Bemessungsverfahren 205 – mit vergrößertem Fußmoment 213 – mit vergrößerter Lastausmitte 213 – Stahlbeton-Innenstützen 207, 209 – Stahlbeton-Kragstützen 212, 213 Brandschutz-Nachweisverfahren – gemäß Eurocodes 159 – Industriebau 302, 313 Brandschutznormung – Beginn 14 Brandschutzordnung – Industriebauten 309 Brandschutzpläne – Erstellung mit BIM 349 – für Baugenehmigungsverfahren 35 – für ein Erdgeschoss 349 – Muster 38 – Visualisierung 37 Brandschutzputzbekleidungen 84 Brandschutzrecht – Geschichte 6 Brandschutzrichtlinien – für Innenraummaterialien verschiedener Verkehrssektoren 548 Brandschutzsysteme – auf Stahlträger 87 – dämmschichtbildende 229 brandschutztechnisch abgegrenzte Einheiten – in Schulen 445, 447–452

667

brandschutztechnisch wirksame Bekleidung siehe Brandschutzbekleidungen brandschutztechnische Anforderungen – an Bauteile im Mauerwerksbau 283 – an Bauteile in Holzbauweise 357 – Grundzüge 347 – im Stahl- und Stahlverbundbau 219 brandschutztechnische Bemessung 186, 264, siehe auch Brandschutznachweis – im Stahl- und Stahlverbundbau nach Eurocode 3 und 4 219 – von Holzbauteilen 264 – von Mauerwerk 291 – von Mauerwerkskonstruktionen nach Eurocode 6 283 – von Stahlbetonstützen 187 brandschutztechnische Nachweisverfahren – Außenwandbekleidungen 378 brandschutztechnische Regelwerke – Schulgebäude 453 brandschutztechnische Schutzziele 297, 302 Brandschutzteile – Eurocodes 1 bis 6 und 9 159 Brandschutztüren 15 Brandschutzverbesserung – während Bauphase 389 – während Nutzungsphase 390 Brandsicherheit – von Bussen 541 Brandsicherheitsanforderungen – von Kraftfahrzeugen 542 Brandsicherheitsklassen – Definition 301 – Zuordnung von Bauteilen 313 Brandsimulationen 417 – Auswertung 39 Brandsperren – horizontale 363 – nach MVV TB 402 – umlaufende 404 – vertikale 363 Brandszenarien – für Außenwandbekleidungen 385 – für Fahrzeugbrände in Parkgaragen 421 – gemäß DIN EN 1991-1-2 430 Brandüberschlag – zwischen benachbarten Fahrzeugen 424 Brandverhalten – Bauprodukte zur Verbesserung 81

668

Stichwortverzeichnis

– Beurteilung 63 – Leistungsanforderungen an Euroklassen 379 – von Baustoffen 285 – von Dämmstoffen 94 – von Holzbauteilen 259 – von WDVS 380 Brandverlauf – Berechnung nach DIN 182325 511 – numerische Berechnung 550 – Schema eines typischen 62 Brandversuche – Außenwandbekleidungen 382 – einheitliche europäische 383 Brandwände 307 – Außenwandbekleidung von Sonderbauteilen 408 BremLBO (Wohnheim) 365 brennbare Bauprodukte – Beurteilung des Brandverhaltens 63 brennbare Baustoffe – höhere Anforderungen 64 – Klassifizierungskriterien im SBI 67 – Sicherheitsabstände 309 brennbare Dämmstoffe – Anforderungen an die Brandschutzbekleidung 108 brennbare Feststoffe – Behälter 326 brennbare Flüssigkeiten – Behälter 326 – Kombinationswert 325 brennbare Stoffe – Entzündungskriterien 577 brennendes Abtropfen/Abfallen – Klassifizierung 95 Brenngeschwindigkeit – horizontale 543 – vertikale 544 Brennkasten – nach UN ECE-R 118 544 Brettsperrholz – Brandschutznachweis 277 Building Information Modeling siehe BIM buildingEXODUS – Individualmodell 139 Bundesgebäude – Brandschutzleitfaden 36 Bürogebäude – BIM-Modell 40 Busbrand – numerische Berechnung von Brandverläufen 550 – numerische Untersuchung 541, 542

Busse – Brandsicherheit 541 – Brandsicherheitsanforderungen 542 – Erweiterungen der Vorschriften für Brandsicherheit 546 – Vergleich zu anderen Transportsektoren 546 Bypass-Steuerung – Zuluftventilator 472 C CDE (Common Data Environment) 341 CE-Kennzeichnung – von Bauprodukten 20, 22 CEN TS 1187 73 CE-Profile – fehlende 559 CFAST (Simulationsprogramm) 251 CFD-Modelle (Feldmodelle) 169 Chemikalien – Verbrennungseffektivität und Verbrennungsanteile (Yield) 593, 594 closedBIM 342 CLT (Cross Laminated Timber) siehe Brettsperrholz Cluster – von Klassenräumen 444, 447 Common Data Environment (CDE) 341 Cone-Kalorimeter 109 Cross Laminated Timber (CLT) siehe Brettsperrholz crowd:i 146 D Dachbinder – Brandschutznachweis 204 Dächer 309, siehe auch Bedachungen – Ausbildung einer Brandwand 307 – brandsichere Auslegung 73 – mit PV-Modulen 75 Dachflächenbrand 62 Dachräume – Wärmedurchlasswiderstand 629 Dachtragwerk – aus Stahl 86 dämmschichtbildende Baustoffe 89 dämmschichtbildende Brandschutzsysteme (DSBBS) – Einfluss auf Stahltemperaturen 229 Dämmschichtbildner (DSB) 231

Dämmstoffe – aus nachwachsenden Rohstoffen siehe nawaRo-Dämmstoffe – Brandverhalten 94 – Dehnwellengeschwindigkeit 660 – dynamischer Elastizitätsmodul 660 – feuchte- und wärmetechnische Kenngrößen 642 – feuchtebereichabhängige Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahlen 646 – nach MVV TB 402 – normalentflammbare spritzwassergeeignete 411 – ohne Schwelneigung 105 – Prüfung nach europäischen Normen 70 – spezifische Wärmekapazität 640 – Verlustfaktor 660 – Wärmeausdehnungskoeffizient 639 Dämmstoffoberfläche – im Kleinbrandofen 109 – nach 60-minütigem Normbrand 112 – thermische Zersetzung 110 Dämmung – nichtbrennbare 404 Data Drop-DD (Datenübergabepunkt) 341 Datenübergabepunkt (Data Drop-DD) 341 DBU (Deutsche Bundesstiftung Umwelt) 450 Decken – Wärmedurchlasswiderstand 627 Deckenanschluss – an nicht tragende Wand 559 – nach DIN 4102-4:2016-05 559 Deckenbauteile in Holzrahmenbauweise – Brandschutznachweis 278 Deckenbereich – Brandeinwirkungen 166 Deckenverkleidungen – SBI 64, 71 Dehnungsverteilung – Stahlbeton-Kragstützen 204 Dehnwellengeschwindigkeit – verschiedener Materialien 660 Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) 450 Deutscher Feuerwehrverband (DFV) 448 deutsches Baurecht – europäische Klassifizierungen von Baustoffen 71

Stichwortverzeichnis DFV (Deutscher Feuerwehrverband) 448 Dichte – von Stahl und Stahlbeton 224 Dichtmassen 77 Differenzdrucksysteme 510 – Aufgaben und Schutzziele 512 – Auslösung 518 – Bemessung 516 – EN 121016 520 – Energieversorgung 514 – Installationen zur Führung der Luftströme 518 – MVV TB 516 – physikalische Effekte 513 – Wartung 514 Diffusionswiderstandszahlen – Wasserdampf 611 Digitalfunk 528, 530 Digitalisierung siehe BIM Dimensionierung – frequenzabhängige 656, 657 DIN 4102 220 DIN 4102-2 283 – Normbrandversuch 110 DIN 4102-2:1977-09 288 DIN 4102-20 – Fassadengroßbrandversuch 96 – Raumbrand nach 382 DIN 4102-Blatt 1 von 1934 15 DIN 4102-Serie 284 DIN 4108-2 – Tabelle 7 632 DIN 4108-3 – Tabelle C.1 635 – Tabelle C.2 634 – Tabelle C.3 636 DIN 4108-4 – Tabelle 1 611, 619 – Tabelle 2 619 – Tabelle 3 648 – Tabelle 6 627 – Tabelle 8 631 – Tabelle 9 631 – Tabelle 10 631 – Tabelle 12 633 DIN 8234-2 74 DIN 18041 – Tabelle G.1 657 – Tabelle G.2 656 DIN 18230-1 298 – Nachweis der Standsicherheit von Bauteilen 320 – Rechenverfahren 313, 317 – Wärmeabzugsfaktor 331 DIN 18232 481, 482, 503 DIN 18234 74 DIN EN 1990 162

DIN EN 1991-1-2 113, 186 – Freilernbereiche 451 – lokales Brandszenario 430 DIN EN 1992-1-2 186 DIN EN 1996-1-2/NA 291 DIN EN 1996-1-2/NA:2013-06 287, 289 DIN EN 12101 481, 482, 503 DIN EN 12101-2:2003 NRWG 495 DIN EN 13501-1 – Mindestklassifizierung von Bauprodukten 378 DIN EN 13501-2 283 DIN EN 15080-12 290 DIN EN 16733 – Schwelprüfung 103 DIN EN 121013 506 DIN EN 121016 – Differenzdrucksysteme 520 – wesentliche Inhalte 521 DIN EN ISO 6946 – Tabelle 7 629 – Tabelle 8 628 – Tabelle 9 629 DIN EN ISO 10456 – Tabelle 3 622 – Tabelle 4 646 – Tabelle 5 648 DIN EN ISO 13370 – Tabelle 1 630 – Tabelle G.1 630 DIN V 4108-4 – Tabelle 13 630 DIN V 4108-6 – Tabelle 8 638 Direct Mode Operations siehe DMO Diskretisierung – von Bauteilquerschnitten 199 DMO (Direct Mode Operations) – Funktionsprinzip 529 – Objektfunkanlagen 536 – Technikschrank 534 Doppelfassaden – gemäß MBO 405 Druckabbau – für verschiedene Türquerschnitte 515 Druckbehälter – Brandschutz 326 Druckbelüftungsanlagen – Bauprodukte und Bauarten 519 – für Treppenraum und Feuerwehraufzug 516 – Randbedingungen für Betrieb 517 Druckfestigkeit – reduzierte 266

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Druckkontrolle – bei maschineller Rauchableitung 471 Drucksensoren – bei maschineller Rauchableitung 471 DSB (Dämmschichtbildner) 231 DSBBS (dämmschichtbildende Brandschutzsysteme) – Einfluss auf Stahltemperaturen 229 Dübeltragfähigkeit 239 Durchströmungsgeschwindigkeit – in Abhängigkeit der Brandraumtemperatur 512 Düsseldorfer Schulbauleitlinie 449 dynamischer Elastizitätsmodul – verschiedener Materialien 660 dynamisches Strömungsmodell – nach Predtetschenski und Milinski 138 E Ebene – Definition 300 Ebenennachweis – nach DIN 18230-1 321 E-Bikes – Abstellen in Kellerräumen 437 EC siehe Eurocode EC 5-1-2 – Nachweis der Feuerwiderstandsdauer 262 ECE 118 – Prüfverfahren 543 ECE Richtlinien 107 und 118 542 E-Fahrzeuge siehe elektrisch betriebene Fahrzeuge Einbaurollläden – Sturzschutz 397 Einbauten – Definition 301 eingeschossige Industriebauten 300 – Brandschutz 310 Einheiten-Konvertierung 572 Einheits-Temperaturzeitkurve siehe ETK Einsatzstellenfunk – analoger 528 Einsatztaktik – bei Gebäudebränden 527 einseitig brandbeanspruchter Wandabschnitt – Temperaturverlauf 200 Einwirkungen – auf Bauteile 221 – mechanische 162 – thermische 161 Ein-Zonen-Modelle 168

670

Stichwortverzeichnis

Eis – physikalische Kenngrößen 634 EK (Entrauchungsklappen) – nach MVV TB 519 EL siehe Entrauchungsleitungen ELEFIR (Software) 250 elektrisch betriebene Fahrräder – in Garagen 437 – in Kellerräumen 437 elektrisch betriebene Fahrzeuge 418, siehe auch E-Mobilität – Abstellen zu Ausstellungszwecken 437 – in Garagen 436 – Wärmefreisetzungsrate 427 elektrische Leitungen – bei Holzbauwerken 364 Elektroinstallationen – außerhalb Brandschutzbekleidung 112 Elektromobilität siehe E-Mobilität Elementfugen – Rauchdichtigkeit 360 Emissionsfaktoren – einiger Stoffe 637 Emissivität 223 E-Mobilität 417, siehe auch elektrisch betriebene Fahrzeuge – im bauordnungsrechtlichen Verfahren 436 E-Modul – Nadelholz 262 – Stahl 226 EN 12101 siehe DIN EN 12101 EN 121016 siehe DIN EN 121016 EN/IEC 61730 76 Energiefreisetzung – im Brandfall 461 Energieversorgungsanlagen – Anforderungen für Entrauchung 477 Entflammbarkeit – von Baustoffen 95 Entrauchung – Methoden 464 – mit maschinellen Entrauchungsanlagen 503 – Normen und Richtlinien (Übersicht) 481 Entrauchung/Lüftung – Kombibetrieb 508 Entrauchungsanlagen – Bemessung 509 Entrauchungsklappen (EK) – nach MVV TB 519 Entrauchungsleitungen (EL) – Differenzdrucksysteme 518 – nach MVV TB 519

Entrauchungsventilatoren – Aufstellung und Verwendung 506 – baurechtlicher Nachweis 504 – Frequenzumrichterbetrieb 507 – Temperatur-Zeit-Kategorien gemäß DIN EN 121013 506 Entstehungsbrand 62 Entzündungskriterien – brennbare Stoffe 577 Enumerationsprinzip 8 EPS (expandiertes Polystyrol) – und WDVS 390 – Verhalten im Brandfall 387 EPS-Dämmstoff – angeklebter 392, 394 Erdgeschoss – Brandschutzplan per BIM 349 – Grundriss per BIM 347 Erdreich – Wärmeleitfähigkeit 630 – wärmetechnische Eigenschaften 630 erforderliche Feuerwiderstandsdauer 322 Erläuterungen zu Brandschutzleistungen – gem. AHO Heft 17 51 Ersatzlänge – von Stützen 187 Erschließungsmöglichkeiten – für Feuerwehr 366 Erwärmung – bekleideter Stahlträger 244 Erwärmungsfunktion – von Stahlbauteilen 230 Erwärmungskurven – Stahlquerschnitte 229 erweiterte Brandmodelle 168 Estriche – WärmeleitfähigkeitBemessungswerte 611 ETA (European Technical Assessment) – bei plattenförmigen Brandschutzbekleidungen 84 – bei WDVS mit EPS 401 – bei WDVS mit Mineralwolle 402 ETK (Einheits-Temperaturzeitkurve) – gemäß Eurocode 159, 221 – mittelformatiger Brandversuch 110 – nach DIN 4102- 161 – Normbrandszenario 429 – Vergleich mit FDS-Simulation 434 – Versuche im Kleinbrandofen 109 – von 1934 14

ETK-Beanspruchung – Näherungsgleichungen zur Bestimmung der Temperaturverteilung 200 EU-Richtlinien – 2014/35 75 – Bauprodukte 23 Eurocode 1 – Grundlagen 159 Eurocode 2 – Brandschutzbemessung von Betonbauteilen 186 – thermo-mechanischen Materialgesetze 202 – vereinfachte Berechnungsverfahren 246 Eurocode 3 – Bemessungsverfahren im Stahlund Stahlverbundbau 227 – brandschutztechnische Bemessung im Stahl- und Stahlverbundbau 219 Eurocode 4 – Bemessungsverfahren im Stahlund Stahlverbundbau 236 – brandschutztechnische Bemessung im Stahl- und Stahlverbundbau 219 – tabellarische Nachweisverfahren 245 Eurocode 5 259 – Brandschutzbemessung von Holzbauteilen 259 – zu erwartende Neuerungen 275 Eurocode 6 – Brandschutzbemessung von Mauerwerkskonstruktionen 283 Eurocode-Brandschutzteile – aktuelle Fassungen 159 Eurocode-Nomenklatur – und Zuordnung der Schutzziele 345 Euroklassen – Leistungsanforderungen und Parameter hinsichtlich Brandverhalten 379 europäische Bauproduktenverordnung (BauPVO) 503 europäische Klassifizierungen – Anwendung im deutschen Baurecht 71 – Feuerwiderstand 283 – von WDVS 380 europäische Kurzbezeichnungen – Zuordnung zu bauaufsichtlichen Bauteilbezeichnungen 98

Stichwortverzeichnis europäische Normen – Prüfung und Klassifizierung von Baustoffen 64 – Prüfung von Kunststoffen 70 europäische Prüfverfahren – Zuweisung von baurechtlichen Benennungen 379 europäische technische Bewertung siehe ETA Evakuierungsberechnungen – und Personenstromsimulationen 121 Evakuierungssimulationen – integrierte Gesamtschule 455 expandiertes Polystyrol siehe EPS Extrapolationsnormen 290 F F90-Wand – Deckenanaschluss 559 Fachbauleitung – Brandschutz 44 fachspezifische Internetplattformen 31 Fahrzeugbrände – bei unterschiedlichen Antriebstechnologien 428 – Szenarien für Fahrzeuge in Garagen 421 Fahrzeuge – Beteiligung an Brandgeschehen 423 – mit alternativen Antriebstechnologien 427 – Wärmefreisetzungsrate 425, 433 Fahrzeugsegmente – gemäß Kraftfahrt-Bundesamt 425 Farbzuweisungen – zur Brandschutzvisualisierung 37 Fasermodell – von Stützenquerschnitten 249 Fassaden 373, siehe auch Außenwandbekleidungen – vorgehängte hinterlüftete siehe VHF Fassadenbrand 62 Fassadendämmung – Prüfung des Brandverhaltens 73 Fassadengroßbrandversuch – nach DIN 4102-20 96 FDS (Fire Dynamics Simulator) 417, 547 – Bemessung von Tragstrukturen 422 – Ermittlung von Brandgastemperaturen 431 – im Stahl- und Stahlverbundbau 251

– Kopplung mit SAFIR 430, 431 – mechanische Analyse der Tragstruktur 435 – thermische Analyse der Tragstruktur 433 – Tragverhalten der Tragstruktur 428 – Vergleich mit ETK-Simulation 434 FDS+Evac – Individualmodell 144 Fehler – in Brandschutzausführung 555 Feldmodelle (CFD-Modelle) 222 – FDS siehe FDS – im Stahl- und Stahlverbundbau 251 – Vergleich mit Zonenmodellen 168, 493 FEM (Finite Elemente Methode) – im Stahl- und Stahlverbundbau 236, 251 Fenster – Schallabsorptionsgrade 656 – Sturzschutz 395 FE-Programme siehe FEM Fertigteil-Dachbinder – Brandschutznachweis 204 – innere Spannungen und Schnittkräfte 206 Festigkeit – reduzierte 266 Festigkeitsabminderungen – verschiedener Baustoffe 226 Festigkeitsreduktion – kammerbetonierter Verbundträger 239 Feststoffe – Abbrandfaktor 587, 588 – Abbrandgeschwindigkeit 577, 578 – Brandausbreitungsgeschwindigkeit 579 – Entzündungskriterien 577 – flächenbezogene Brandleistung 598 – Heizwert 580–584 – Lagerungsdichte 587, 588 – Luftbedarf 590 – Zündtemperaturen 572, 573 feuchtebereichabhängige Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahlen einiger Baustoffe 645 feuchteschutztechnische Eigenschaften – Wärmedämm- und Mauerwerksstoffe 646

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feuchteschutztechnische Kennwerte 611 – Übersicht 609 feuchtetechnische Kenngrößen 641 feuerfeste Steine – Wärmeausdehnungskoeffizient 639 Feuerlöschanlagen 306 – selbsttätige 480 Feuerordnung 14 – städtische 10 Feuerordnung Elbing (1633) 11 Feuerordnung Nürnberg (1449) 9 Feuerordnung Nürnberg (1616) 6 Feuerplume siehe Plume Feuerpolizeiordnung 14 Feuerschutzmittel – auf Holzbauteilen 81 Feuerüberschlagsweg 308 Feuerwehr – Erschließungsmöglichkeiten 366 – Flächen für 51 – Objekt- und Gebäudefunkversorgung 527 Feuerwehr Köln – Leitfaden 449 Feuerwehranzeigetableau 535 Feuerwehr-Gebäudefunkbedienfeld 535 Feuerwehrpläne – Industriebauten 309 Feuerwiderstand – von Bauteilen 83, 283 Feuerwiderstandsdauer – Berechnung 188 – Bestimmung des Bemessungswertes 272 – einer geschützten Verbindung 273 – nach vereinfachten Regeln 271, 274 – nach verschiedenen Berechnungsmethoden 250 – Nachweis gemäß EC 5-1-2 262 – Nachweis mit Methode der reduzierten Beanspruchungen 274 – rechnerisch erforderliche 322 Feuerwiderstandsklasse R 90 – Brandschutznachweis 208 – Nachweis 188 Feuerwiderstandsklassen – Anwendung im bauaufsichtlichen Verfahren 284 – Einfluss auf Bemessung von Betonbauteilen 186 – europäische Klassifizierung 283 – im Stahl- und Stahlverbundbau 220 – nationale Klassifizierung 284

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Stichwortverzeichnis

FeuO siehe Feuerordnung FIGRA (Fire Growth Rate) 66 finite-Elemente siehe FEM Fire Dynamics Simulator (FDS) 417, 547 Fire Growth Rate (FIGRA) 66 Firstschwenkung 11 Flächen unter der Geländeoberfläche – Zugänglichkeit 303 flächenbezogene Brandleistung – Feststoffe 598 – Flüssigkeiten 599 – Kunststoffe 599 Flammenausbreitungstest – PV-Module 76 Flammenlänge – lokaler Brand 179 Flammentemperatur 167 – lokaler Brand 179 Flanschtemperaturen 434 Flaschenlager – unzulässiges 563 Flashover 165 Fließgelenkausbildung 272 Fluchtwegewahl 130 Fluchtzeiten – maximale 133 – Vergleich mit lokalen Stauungen 151 Flüssigkeiten – Abbrandfaktor 590 – Abbrandgeschwindigkeit 578, 579 – Brandausbreitungsgeschwindigkeit 580 – flächenbezogene Brandleistung 599 – Heizwert 586 – Lagerungsdichte 590 – Luftbedarf 591 – Verbrennungseffektivität und Verbrennungsanteile (Yield) 593 – Zündtemperaturen 575, 576 Folien – feuchte- und wärmetechnische Kenngrößen 644 – wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke 648 Fourier-Gleichung 198 Frankreich – Leitfaden zur Berechnung von Brandgastemperaturen 422 Freie und Hansestadt Hamburg – Merkblatt der Bauaufsicht 446 Freilernbereiche – Brandschutz 451, 453 – mit Erschließungsflächen 444

Freistreifen – erforderliche Breite 313 – Mindestbreite 321 frequenzabhängige Dimensionierung – Schallabsorptionsfläche 656 – Schallabsorptionsgrad 657 Frequenzumrichter – Zuluftventilator 472 Frühe Neuzeit – Brandschutz 9 Fugen – Brandschutzfehler 560 – in Brandschutzbekleidung 110 Fundamentaldiagramme – im Modell von Predtetschenski und Milinski 128 – in Personenstrommodellen allgemein 127 Funkkommunikation – Grundlagen 528 funktechnische Messung – im Objekt 532 Funkversorgung – Nachweis einer Versorgungsgüte 532 Fußböden – Schallabsorptionsgrade 654, 655 Fußbodenbeläge – Klassifizierungskriterien nach EN 13501-1 70 G Garagen 417, siehe auch Parkgaragen – Abschnitt 2.2.2 MVV TB 29 – Anforderungen an Tragwerk im internationalen Vergleich 420 – Anwendbarkeit von Ingenieurmethoden 420 – baurechtliche Einordnung 418 – Definitionen 418 – elektrisch betriebene Fahrräder 437 – elektrisch betriebene Fahrzeuge 436 – Tragwerk 419 Garagenverordnungen 417, 421 – E-Mobilität 436 Gase – Brandausbreitungsgeschwindigkeit 579 – Heizwert 586 – Luftbedarf 591 – Verbrennungseffektivität und Verbrennungsanteile (Yield) 593 Gebäude – Lebenszyklus 341 – mit zusammenhängenden Lagerbereichen 312

Gebäudeabschlusswände – Ausbildung der Außenwandbekleidung 410 Gebäudebeschreibung – Personenstrommodelle 135 Gebäudebrände – Einsatztaktik 527 – Raumbrände 385 Gebäudefunkanlagen – Industriebauten 309 Gebäudefunkversorgung – für Feuerwehr 527 Gebäudeklasse 4 – Anforderungen an Außenwandbekleidungen aus Holz und Holzwerkstoffen 361 – M-HolzBauRL 357 Gebäudeklasse 5 – nawaRo-Dämmstoffe 112 Gebäudeklassen – gemäß MBO 220, 374 – nach Musterbauordnung 356 – und Bauteil- und Baustoffanforderungen nach MBO 99 Gebäudemodellierung – mit BIM 346 Gebäudenutzung – nachträgliche Änderung 562 Gebäuderücksprünge – Ausbildung der Außenwandbekleidungen 411 Gebote – Geschichte des Brandschutzes 6 Gefachdämmung – in hochfeuerhemmenden Holztafelelementen 101 – nawaRo-Dämmstoffe 101 Gehgeschwindigkeit – Häufigkeitsverteilung 128 – in Rauch 132 Genehmigungsunterlagen – Prozessdiagramm 350 Gesamtenergiedurchlassgrad 631 – Korrekturfaktoren 632 Gesamtschule – Brandschutz 453 Geschoss – Definition 299 Geschossdecken – Rauchdichtigkeit 361 – raumabschließende 408 geschützte Brandlasten 325, 326, siehe auch Behälter geschützte Stahlquerschnitte – Erwärmungskurven 230 geschützte Verbindungen – Feuerwiderstandsdauer 273

Stichwortverzeichnis Geschwindigkeiten – Schreibweise nach Predtetschenski und Milinski 126 Gesellschaft – und Brandschutz 7, 9, 12 Gesetzgebung – Brandschutz 6 Giebelstand – Brandschutzentwicklung 12 Gipskarton- Feuerschutzplatten (GKF) 109 Gipskarton(GK)-Platten – Materialkennwerte 243 – Schallabsorptionsgrade 650 GKF (GipskartonFeuerschutzplatten) 109 Glas, Eigenschaften 660 Glimmen – bei nawaRo-Dämmstoffen 102 Glimmverhalten 69 globaler Nachweis – Brandbelastung 326 Greifswald – integrierte Gesamtschule „Erwin Fischer“ 453 Grenztemperatur – der thermischen Zersetzung 108, 109 Großbrandversuch – für Raumbrand nach DIN 4102-20 382 – für Sockelbrand nach MVV TB 382 große Räume – Unterteilung in Brandabschnitte 488 Großgaragen – Definition 418 Grundfläche – des Brandbekämpfungsabschnitts 299 Grundwert – Brandbelastung 326 gude Policey 10 Guide pour la vérification du comportement au feu 422 Gummi, Eigenschaften 660 Gusseisen – Feuerschutz 559 H H2 O – physikalische Kenngrößen 634 halbstationäre Feuerlöschanlagen 307 Hamburg – Merkblatt der Bauaufsicht 446 harmonisierte europäische Produktnormen siehe hEN

Hartfaserplatten – Schallabsorptionsgrade 653 HBV-Decken (Holz-Beton-Verbunddecken) – Eurocode 5 276 heat release rate (HRR) – Busbrand 547 Heidelberger Sachsenspiegel 6 Heißbemessung 417 Heißgasschicht – Temperaturentwicklung 493 Heizwert – Feststoffe 580–584 – Flüssigkeiten 586 – Gase 586 – Kunststoffe 584–586, 596, 597 hEN (harmonisierte europäische Produktnormen) 22 – defizitäre 29 H-Fire (Software) 250 HF-Strahlerkabel – geschottete Wanddurchführung 535 – Objektfunk 532 Hinterlüftung siehe auch VHF – Außenwandbekleidung 363, 389 Hinterlüftungsspalt – Ausführung von umlaufenden Brandsperren 404 – nach MVV TB 402 HOAI (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure) – Brandschutz 45 Hochdrucklüfter – zum Ausspülen von Rauchgasen 466 hochfeuerhemmende Holztafelelemente – Gefachdämmung 101 – Konstruktionsregeln 112 Hochtemperatur-Kriechen – instationäres 202 Hohlprofilstützen – ausbetonierte 244 Hohlraumbrände 108 Hohlraumdämmung 98, 100 Holz – Brandleistung 602 – Dehnwellengeschwindigkeit 660 – dynamischer Elastizitätsmodul 660 – Entzündungskriterien 577 – feuchte- und wärmetechnische Kenngrößen 643 – feuchtebereichabhängige Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahlen 646 – Feuerschutz 559 – für Außenwandbekleidungen 404

– – – – –

673

kesseldruckimprägniertes 81 mit Feuerschutzmittel 81 spezifische Wärmekapazität 640 thermische Zersetzung 259 unter Temperaturbeanspruchung 260 – Verbrennungseffektivität und Verbrennungsanteile (Yield) 591 – Wärmeausdehnungskoeffizient 639 – Wärmekapazität 261 – Wärmeleitzahl 261 Holzbalkendecke – mit Brandschutzbekleidung 83 Holzbau – mehrgeschossiger 100 Holzbauteile siehe hölzerne Bauteile Holzbauwerke – Brandschutzkonzepte 356 – Installationen 364 Holzbekleidungen – Einfluss auf Stahltemperaturen 232 Holz-Beton-Verbunddecken (HBV-Decken) – Eurocode 5 276 hölzerne Bauteile 356 – Brandschutzbemessung nach Eurocode 5 259 – brandschutztechnische Anforderungen 357 – Brandverhalten 259 Holzfaser-WDVS – nach Beflammung 107 Holzfassaden – konstruktive Grundsätze 363 – mögliche Ausführungsarten 406 Holz-Hybrid-Bauweise – siebengeschossiges Studentenwohnheim 364 Holzkohle – Wärmekapazität 261 Holzkohleschicht 259 – Wärmeleitzahl 261 Holzrahmenbauweise – Brandschutznachweis 278 Holzspanplatten – Schallabsorptionsgrade 653 Holzständerwand – mit Brandschutzbekleidung 83 Holzstütze – brandschutztechnische Bemessung 264 Holztafelelemente – hochfeuerhemmende 101, 112 Holzverbindungen – Bemessung 270 – Versagensmechanismen 272

674

Stichwortverzeichnis

Holzwerkstoffe, Eigenschaften 643, 646, 660 Holzwerkstoffplatten – als Teil der Brandschutzbekleidung 112 – Verkohlung 113 – zum thermischen Schutz 110 Holzwerkstoffverbindungen – Versagensmechanismen 272 Holzwolle-Leichtbauplatten – Schallabsorptionsgrade 652, 654 Honorarordnung für Architekten und Ingenieure siehe HOAI Honorartafel – AHO Heft 17 53 – für Brandschutzleistungen 50 Honorierung – im Brandschutz 35 horizontale Brandsperren – nach MVV TB 403 horizontale Brenngeschwindigkeit 543 Hörsaal – Kapazitätsanalyse 137 Hörsaalgebäude – Personenstrommodelle 135 HRR (heat release rate) – Busbrand 547 Hydrant – Findbarkeit 565

Innenraummaterialien – Brandschutzrichtlinien 548 Innenstützen siehe Stahlbeton-Innenstützen Installationen – bei Differenzdrucksystemen 518 – bei Holzbauwerken 364 integrierte Gesamtschule – Brandschutz 453 – Evakuierungssimulationen 455 Internetplattformen – fachspezifische 31 ISO 9705 – Room Corner Test 65 isolierende Schichten – Unterscheidung von schützenden Schichten 279 Isothermenverläufe – in brandbeanspruchten Balkenquerschnitten 193

I IFC (Industry Foundation Classes) 345 – offener Formatstandard 342 Imperfektionen 187, 249 Individualmodelle – Personenströme 139 Industriebau – Brandschutz 297 – Brandschutzmaßnahmen 309 – Brandschutz-Nachweisverfahren 302 – brandschutztechnische Nachweisverfahren 313 Industriebaurichtlinie – Entrauchung 478 Industriebauten siehe Industriebau Industry Foundation Classes siehe IFC Informationsnutzer – BIM 342 Ingenieurmethoden – Anwendbarkeit bei Garagen 420 – zur Bemessung von Parkgaragen 430 – zur Berechnung der Rauchausbreitung 490

K Kabel – Prüfung und Klassifizierung des Brandverhalten 72 kalibrierter Rauchversuch 45 Kaltgasschicht – Lage der Grenze 494 kammerbetonierter Verbundträger – Querschnitts- und Festigkeitsreduktion 239 Kammerbetonstützen – Reduktion der Abmessungen von Stahl- und Betonquerschnitt 240 Kapazitätsanalyse 124 – Hörsaal 137 – nach vfdb-Leitfaden 136 Kapselung – Holzbauweise 357 – nawaro-Dämmstoffe 97 Karosserie – Oberflächentemperatur 438 kastenförmige Brandschutzputzbekleidung 84 Keep it simple – Brand- und Rauchabschnitte 488 Keep it small – Brand- und Rauchabschnitte 487

J Jalousiekästen – Überdämmung 399 Jalousien – als Rauchabzugsgeräte in Lichtbändern 497 – Sturzschutz 398 John’sche Gleichung 511

Kellergeschosse – Definition 299 – Zugänglichkeit 303 Kellerräume – Abstellen elektrisch betriebener Fahrräder 437 Kennwerte – feuchteschutztechnische 609, 611 – feuchtetechnische 641 – raumakustische 610 – wärmeschutztechnische 609, 611 – wärmetechnische 641 kesseldruckimprägniertes Holz 81 Klassenräume – Cluster 444, 447 – offene 444 Klassifizierung 378, siehe auch Baustoffklassifizierung; europäische Klassifizierung – von Baustoffen nach DIN 4102-1 379 Kleinbrandofen – ETK-Versuche 109 Kleinbrenner – nach EN-ISO11925-2 65 Kleinbrennerprüfung 64 kleinformatige Normbrandversuche 109 Kleingaragen – Definition 418 Knicklängen – in Rahmentragwerken 235, 244 Kohlenstoff-Yield – Kunststoffe 595 Kohleschicht siehe Holzkohleschicht Kollaboration – Organisationsunterstützung durch BIM 341 Kollaborationsbezeichnungen – bei BIM 343 Köln – Leitfaden der Feuerwehr 449 Kombibetrieb Lüftung/Entrauchung 508 Kombinationsbeiwerte 162, 327 – bei brennbaren Flüssigkeiten 325 – gemäß Eurocode 223, 262 – im Industriebau 327 Kombinationsregeln – nach DIN EN 1990 162 Kommunwand – Brandschutzentwicklung 11 Kompartments – in Schulen 444, 446 Konfigurationsfaktor 173

Stichwortverzeichnis Konstruktionsregeln – zur Herstellung hochfeuerhemmender Bauteile in Holztafelbauweise 112 Konvektion 223 konvektive Anteile – Wärmestromdichte 168 konventionelle Brandschutzbekleidung – Einfluss auf Stahltemperaturen 228 Koordinatensystem – für zweiseitig beanspruchte Betonbauteile 201 Korrekturfaktoren – Gesamtenergiedurchlassgrad 632 Korrekturwerte – Berechnung von Bemessungswerten 631 Kraftfahrt-Bundesamt – Verteilung Fahrzeugsegmente 425 Kraftfahrzeuge – Brandschutzrichtlinien 548 – Brandsicherheitsanforderungen 542 kraftstoffbetriebene Fahrzeuge – Wärmefreisetzungsrate 426 Kraft-zur-Faser-Winkel 272 Kragstützen siehe Stahlbeton-Kragstützen Kriechen 202 kritische Temperatur – Bemessungskurven bei Betonund Spannstahl 187 – Berechnung 250 – Berücksichtigung bei Nachweisverfahren 233 – Stahlträger-Brandschutznachweis 242 Kunststoffe – Abbrandfaktor 589 – Abbrandgeschwindigkeit 578 – Brandleistung 602 – Dehnwellengeschwindigkeit 660 – dynamischer Elastizitätsmodul 660 – Entzündungskriterien 577 – flächenbezogene Brandleistung 599 – Heizwert 584–586, 596, 597 – im Bauwesen 61 – Kohlenstoff-Yield 595 – Lagerungsdichte 589 – Luftbedarf 590 – Prüfung nach europäischen Produktnormen 70 – Sauerstoffindex 595 – Verbrennungseffektivität und Verbrennungsanteile (Yield) 592

– Verlustfaktor 660 – Wärmeausdehnungskoeffizient 639 – Zersetzungstemperatur 595 – Zündtemperaturen 574, 575 Kurzbezeichnungen – Zuordnung zu bauaufsichtlichen Baustoffbezeichnungen 95 – Zuordnung zu bauaufsichtlichen Benennungen 99 L Laborprüfverfahren – zum Brandverhalten 63 Lage – Brandbekämpfungsabschnitt 302 Lagerbereiche – zusammenhängende 312 Lagergebäude – mit zusammenhängenden Lagerbereichen 312 Lagerräume – Rauchableitung 305, 306, 479 Lagerstoffe – Brandentwicklung und Brandleistung 600, 601 Lagerungsdichte – Feststoffe 587, 588 – Flüssigkeiten 590 – Kunststoffe 589 Länderhoheit – Brandschutz 13 Länder-Schulbau-Richtlinien 445 Landesbauordnungen (LBO) – Anforderungen 19 – brandschutztechnische Anforderungen 219 – Garagenverordnungen 436 landesherrliche Gebote – Brandschutz 11 Landrecht – spätmittelalterliches 8 Längsbewehrung – in einer Verbunddecke 238 Lastausmitte – bei Stützen 187 – Vergrößerung 213 Lastausnutzungsfaktor 186, 187 Lastniveau – gemäß Eurocode 222 Laufgeschwindigkeit – Zusammenhang mit Personendichte und spezifischem Durchfluss 139 Laufzeiten – bei Evakuierung von Schulen 456 LBO siehe Landesbauordnungen Lebenszyklus – eines Gebäudes 341

675

Leistungsbeständigkeit – Bewertung und Überprüfung 23 Leistungsbild – für Brandschutz 35, 46 – gem. AHO Heft 17 47 Leistungseigenschaft – mit direktem Bezug auf das Produkt 285 Leistungserklärung – nach Bauproduktenverordnung 24 Leistungsniveaus – BIM 342 leistungsorientierte Festlegung – Brandeinwirkungen 163 Leistungsphasen – BIM 344 – Brandschutz 46 Leistungstiefe – BIM 343 Leitfaden – Feuerwehr Köln 449 – für Planung und Realisierung von Objektversorgungen (L-OV) 532 – vfdb 136 – zur Berechnung von Brandgastemperaturen (Frankreich) 422 Leitstellenfunk 529 Leitungsanlagen 560 – Anforderungen für Entrauchung 477 – bei Holzbauwerken 364 – Umhüllung mit Brandschutzgewebe 82 Lernbereiche 444 Lernhaus – Münchner 448 Lernlandschaften 444 Level of – Detail (LOD) 343 – Geometry (LOG) 343 – Information (LOI) 343 Lichtbänder – als Rauchabzugsgeräte 497 – Lichttransmissionsgrade 633 Lichtbandklappen – als Öffnungen zur Rauchableitung 465 Lichtkuppeln – als Öffnungen zur Rauchableitung 465 – als Rauchabzugsgeräte 497 – Lichttransmissionsgrade 633 Lichttransmissionsgrad 631, siehe auch Transmissionsgrad – Lichtkuppeln und Lichtbänder 633

676

Stichwortverzeichnis

lineare Produkte – SBI-Prüfung 68 Lochfassade – Brandausbreitungsmechanismen 375 Lochlaibungsversagen 272 LOD (Level of Detail) 343 LOG (Level of Geometry) 343 LOI (Level of Information) 343 lokale Stauungen – Vergleich mit Fluchtzeiten 151 lokaler Brand – Beispiel 176 – Brandeinwirkungen 166 – mit Stütze außerhalb des Plumes 179 lokales Brandszenario – gemäß DIN EN 1991-1-2 430 Löschverhalten – WDVS 105 Löschwasserbedarf – Industriebauten 302 Löschwasserrückhaltung 51 Löschwasserversorgung 51 Lösungsmittel – Verbrennungseffektivität und Verbrennungsanteile (Yield) 593, 594 L-OV (Leitfaden für Planung und Realisierung von Objektversorgungen) 532 Luft – Dehnwellengeschwindigkeit 660 – dynamischer Elastizitätsmodul 660 – Verlustfaktor 660 Luftbedarf – Feststoffe 590 – Flüssigkeiten 591 – Gase 591 – Kunststoffe 590 Luftfahrt – Brandschutzrichtlinien 548 Luftkubikmeter-Überschuss 515 Luftschichten – feuchte- und wärmetechnische Kenngrößen 644 – Wärmedurchlasswiderstand 628 Luftstromführung – bei Differenzdrucksystemen 518 Lüftung/Entrauchung – Kombibetrieb 508 Lüftungsanlagen – bei Holzbauwerken 364 – Übertragung von Brandrauch in Nachbarräume 467 – zum Ausspülen von Rauchgasen 466

M MacLeamy-Kurve 344 makroskopische Berechnungsmethoden 124 maschinelle Entrauchungsanlagen siehe MRA maschinelle Rauchableitung – über Spülung 470 maschinelle Rauchabzugssysteme 503, siehe auch MRA – Anforderungen 505 – Aufgaben und Schutzziele 505 – Energieversorgung 509 – Wartung 509 Massenstrombilanz – in Zonenmodellen 169 Massestromvergleich MRA-NRA 510 Massigkeit – von Stahlbauteilen 228 Massivholzbauteile – Oberflächen 360 – Rauchdichtigkeit 360 Massivholzbauweise – M-HolzBauRL 358 Materialdaten – Prüfnormen 571 – Relevanz 571 Materialeigenschaften – Stahl- und Stahlverbund-Bauteile 223 Materialkennwerte – Brandschutzbekleidung 243 – Reduktionsfaktoren 226 materialtechnische Tabellen – Brandschutz 571 Mauermörtel – WärmeleitfähigkeitBemessungswerte 611 Mauerwerk – brandschutztechnische Bemessung 291 – Schallabsorptionsgrade 649 – WärmeleitfähigkeitBemessungswerte 614 Mauerwerkskonstruktionen – Begriffserläuterungen 286 – Brandschutzbemessung nach Eurocode 6 283 – maßgebende Nachweise 287 Mauerwerksstoffe – feuchteschutztechnische Eigenschaften 646 – spezifische Wärmekapazität 646 MBauVorlV (Muster-Bauvorlageverordnung) 46 MBeVO (Muster-Beherbergungsstättenverordnung) 2014 102 MBO siehe Musterbauordnung

MDG (Modelldetaillierungsgrade) 343 mechanische Analyse 198, 201 – per FDS 435 mechanische Beanspruchung – Widerstand gegen 284 mechanische Einwirkungen 162 – auf Stahl- und Stahlverbund-Bauteile 222 mehrgeschossige Industriebauten – Brandschutz 310 mehrgeschossiger Holzbau – bauaufsichtliche Anforderungen 100 Merkblatt der Bauaufsicht – Hamburg 446 Metalle – Dehnwellengeschwindigkeit 660 – dynamischer Elastizitätsmodul 660 – spezifische Wärmekapazität 640 – Verlustfaktor 660 – Wärmeausdehnungskoeffizient 638 metallische Verbindungsmittel – Einfluss auf thermisches Zersetzungsverhalten 110 Metalllochkassetten – Schallabsorptionsgrade 654 Methode A 187, 246, siehe auch tabellarische Nachweisverfahren MGarVO (Muster-Garagenverordnung) 418 – von 2008 102 M-HFHHolzR (Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an hoch feuerhemmende Bauteile in Holzbauweise) 112 MHHR (Muster-HochhausRichtlinie) 511 – 2008 102 M-HolzBauRL – Gebäudeklassen 4 und 5 357 – Neuerungen 358 MIndBauRL (Muster-Industriebaurichtlinie) 297 – 2019 101 – Abschnitt 7 313 – allgemeine Anforderungen 302 – Begriffe 298 – Brandschutz-Nachweisverfahren 302 – Regelbeispielkatalog 479 Mindestachsabstände 186 Mineralfaserplatten – Schallabsorptionsgrade 651, 652 mineralische Baustoffe – Dehnwellengeschwindigkeit 660

Stichwortverzeichnis – dynamischer Elastizitätsmodul 660 – feuchte- und wärmetechnische Kenngrößen 641 – feuchtebereichabhängige Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahlen 645 – spezifische Wärmekapazität 640 – Verlustfaktor 660 – Wärmeausdehnungskoeffizient 638 Mineralwolle (MiWo) – und WDVS 402 Misch-Lüftungsanlagen – Verwirbelung der Rauchgase 490 Mittelalter – Brandschutz 7 Mittelgaragen – Definition 418 MiWo siehe Mineralwolle mixed-curve-Ansatz 199 MLAR (Musterleitungsanlagen-Richtlinie) 477 MLTB (Muster-Liste Technische Baubestimmungen) 400 Möbel – Brandentwicklung und Brandleistung 601, 602 Model View Definition (MVD) 346 Modelldetaillierungsgrade (MDG) 343 moderne Schulformen 444 Modifikationsbeiwert 263 Momenten-Rotations-Beziehung – Anschlussuntersuchung 240 Momententragfähigkeit – Bemessungswert 236 Mörtelfugen – WärmeleitfähigkeitBemessungswerte 614 M-PPVO (Muster-Verordnung über die Prüfingenieure und Prüfsachverständige) 53 MRA (maschinelle Rauchabzugsanlagen) 476, 503 – Erstprüfung nach DIN EN 121013 510 MRA-NRA – Massestromvergleich 510 MSchulbauR (Muster-SchulbauRichtlinie) 445 – von 2009 102 Münchner Lernhaus 448 Muster-AIA – Attribuierungsstruktur 347 – Auszug zur Brandschutzplanung des VIB 40

Musterbauordnung (MBO) – Abweichungen in den Bundesländern 98 – Anforderungen an RWA 505 – Anforderungern an Außenwandbekleidungen 373 – Auswirkungen der Änderungen von 2016 288 – Brandschutznachweis 35 – brandschutztechnische Anforderungen 219 – Dämmstoffe 94 – Gebäudeklassen 99, 356, 374 – Mauerwerkskonstruktionen 283 – Novellierung 494 – Oberflächen von Außenwänden 376 – Schulgebäude 444 – Schutzziele 373 – Umsetzung von § 35 in Bundesländern 470 – VHF gemäß 405 Muster-Bauvorlageverordnung (MBauVorlV) 46 Muster-Beherbergungsstättenverordnung (MBeVO) 2014 102 Muster-Garagenverordnung (MGarVO) 418 – von 2008 102 Muster-Hochhaus-Richtlinie (MHHR) 102, 511 Muster-Industriebaurichtlinie siehe MIndBauRL Musterklassifikationen – Zuordnung von bauaufsichtlichen Benennungen 378 Musterleitungsanlagen-Richtlinie (MLAR) 477 Muster-Liste Technische Baubestimmungen (MLTB) 400 Muster-Richtlinie brandschutztechnische Anforderungen – an Bauteile in Holzbauweise 357 – an hoch feuerhemmende Bauteile in Holzbauweise (M-HFHHolzR) 112 Muster-Schulbau-Richtlinie (MSchulbauR) 445 – 2009 102 Mustersonderbauvorschriften – für Außenwandbekleidungen 373 Muster-Verkaufsstättenverordnung (MVkVO) – 2014 102 – Ausdehnung auf Freilernbereiche 451 Muster-Verordnung über die Prüfingenieure und Prüfsachverständige (M-PPVO) 53

677

Muster-Versammlungsstättenverordnung (MVStättV) 2014 102 Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen siehe MVV TB MVD (Model View Definition) 346 MVkVO siehe Muster-Verkaufsstättenverordnung MVStättV (Muster-Versammlungsstättenverordnung) 2014 102 MVV TB (Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen) 23 – Außenwandbekleidungen nach 400 – Begriffe im Anhang 6 402 – Differenzdrucksysteme 516 – Feuerwiderstandsklassen 284 – Konkretisierung der Bauordnung 494 – Oberfläche von Außenwänden 377 – Sockelbrand nach 382 MW siehe Mineralwolle N Nachbargebäude – Brand in 386 nachwachsende Rohstoffe – Dämmstoffe siehe nawaRo-Dämmstoffe Nachweise 284, siehe auch Brandschutznachweis – Bauart 83 – baurechtliche 23 – brandschutztechnische 262 – globale 326 – im bauaufsichtlichen Verfahren 287 – prüftechnische 288 Nachweisebenen – gemäß EC 3 227 – Stahlverbundbau 237 Nachweisführung – für Brandfall 263 Nachweisverfahren 313, siehe auch Brandschutz-Nachweisverfahren; brandschutztechnische Nachweisverfahren – mit Brandlastermittlung 319, 326 – ohne Brandlastermittlung 301, 310 Nadelholz – E-Modul 262 – Rohdichte 261 National Determined Parameters (NDP) 159

678

Stichwortverzeichnis

Nationale Anhänge – Brandschutzbemessung 186 – Eurocodes 159 nationale Klassifizierung – Feuerwiderstand 284 – WDVS 380 nationale Kurzbezeichnungen – Zuordnung zu bauaufsichtlichen Bauteilbezeichnungen 98 nationale Prüfverfahren – Zuweisung von baurechtlichen Benennungen 379 Naturbrand – im Unterschied zum Normbrand 221 – Temperaturentwicklung in Parkgaragen 432 – Temperaturverlauf 222 Naturbrandbemessung – DIN EN 1991-1-2 113 Naturbrandmodelle – Eingangsdaten 170 – nach Eurocode 1 Teil 1-2 161 – vereinfachte 164 natürlich wirkende Rauchabzugsanlage siehe NRA natürliche Rauch- und Wärmeabzugsgeräte siehe NRWG Natursteine – feuchte- und wärmetechnische Kenngrößen 641 – feuchtebereichabhängige Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahlen 645 – Wärmeausdehnungskoeffizient 639 nawaRo-Dämmstoffe 94 – als Gefachdämmung 108 – Anwendung als Wärmedämmverbundsysteme 104 – bauaufsichtliche Einschränkungen 98 – Baustoffklassifizierung 94 – Bauteilklassifizierung 96 – in Gebäudeklasse 5 112 – Schwelverhalten 102 NCI (Non-contradictory Complementary Information) 159 NDP (National Determined Parameters) 159 Netzwerkmodelle – Personenströme 126 nicht entrauchte Räume – Strömungsmuster 462 nichtbrennbare Dämmung – Ausführung von umlaufenden Brandsperren im Hinterlüftungsspalt 404

nichtbrennbare Trägerplatten 363 nichtraumabschließende Wände – Definition 287 nichttragende Außenwände – baurechtliche Anforderungen 376 nichttragende Wände – Bemessung nach DIN EN 1996-1-2/NA 291 – Definition 286 Non-contradictory Complementary Information (NCI) 159 Normaltemperatur – Bemessung 190 Normbrand – im Unterschied zum Naturbrand 221 Normbrandszenario – gemäß ETK 429 Normbrandversuche – in Anlehnung an DIN 4102-2 110 – kleinformatige 109 Normen – Entrauchung (Übersicht) 481 – europäische 64 Normung – im Stahl- und Stahlverbundbau 220 Notabzugsgeräte – energetische Anforderungen 508 Notausgang – Gefahr im Brandfall 557 NRA (natürlich wirkende Rauchabzugsanlagen) 476 NRWG (natürliche Rauch- und Wärmeabzugsgeräte) – Ausführung und Einsatz 465 – in Verbindung mit Lichtkuppeln und Jalousien 465 – in Wänden 482 – Kennzeichnung 43 – Konkretisierungen nach EN 12101-2:2003 495 – Wechselwirkungen mit PV-Modulen 489 Nutzergewohnheiten – bestimmungsgemäße 561 – Brandschutzfehler 561 – unzulässige 562 Nutzungsbeiwerte – gem. AHO Heft 17 52 Nutzungseinheiten, ausgewählte – Brandentwicklung und Brandleistung 603 Nutzungseinschränkungen – beim Brandschutz 564 Nutzungsgewohnheiten – veränderbare 564

Nutzungsphase – Maßnahmen zur Brandschutzverbesserung 390

O Oberflächen – Richtwerte für Strahlungsabsorptionsgrad 638 Oberflächen mit hohem Emissionsgrad – Wärmedurchlasswiderstand 628 Oberflächen von Außenwänden und Außenwandbekleidungen – bauaufsichtliche Anforderungen 105 – baurechtliche Anforderungen 376 Oberflächentemperatur – Karosserie benachbarter Pkws 438 oberirdische Geschosse – Definition 299 Oberkante Zuluftöffnung – Einfluss auf raucharme Schicht 484 Oberste Bauaufsicht Berlin – Entscheidungshilfen 447 Objektfunkanlagen – Arten 534 – Bestandteile 534 – im Netzbetrieb (TMO) 535 – Notwendigkeit 530 Objektfunkversorgung – für Feuerwehr 527 Objektgruppen – für Objektfunkt 532 offene Freilernbereiche – Brandschutz 453 – Schulbau-Richtlinien 446 offene Garagen – Definition 418 offene Lernbereiche – Schulen 447 offene Raumkonzepte – in Schulen 444, 445, 449–452 Öffnungen – mit Verglasungen 330 Öffnungsfaktor 164 Öffnungsflächen – anrechenbare 331 Öffnungsverschluss – nach MIndBauRL 316 openBIM 342 Ordnungen – Terminologie 14 organisatorischer Brandschutz – Schulgebäude 456

Stichwortverzeichnis OSB-Platten – als Brandschutzbekleidung 114 OZONE (Simulationsprogramm) 251 P Panik 130 Parkgaragen 417, siehe auch Garagen – Bemessung von Tragstrukturen 422 – Beteiligung von Fahrzeugen an Brandgeschehen 423 – Bewertung des Tragverhaltens der Tragstruktur 428 – Brandgastemperaturen 423 – Ingenieurmethoden zur Bemessung 430 – statisches System und Verbundträger im Brandfall 433 – Szenarien für Fahrzeugbrände 421 – Temperaturentwicklung infolge Naturbrand 432 Partikelmodelle – Personenströme 130 pastöse Stoffe – brennbare 326 Pathfinder (Modell) 149 PC-Brand – Rauchgasberechnung 493 PedGo – Individualmodell 139 Personenbelegung – für ausgewählte Nutzungsarten 122 Personendichte – Zusammenhang mit Laufgeschwindigkeit und spezifischem Durchfluss 139 Personenkraftwagen siehe Pkws Personensicherheit – Einfluss von Rauch und Wärme 132 Personenströme – relevante Verhaltensaspekte 130 – Schreibweise nach Predtetschenski und Milinski 139 Personenstrommodelle 124 – Berechnungsgrößen 124 – dynamische 125 – mikroskopische 127 – Modellvergleich 134 Personenstromsimulationen – und Evakuierungsberechnungen 121 Personenzahl – Festlegung 122

Personenzugsmaterialien – Brandleistung 603, 604 Pestizide – Verbrennungseffektivität und Verbrennungsanteile (Yield) 594 PF (Phenolhartschaum) – und WDVS 400 Photovoltaik (PV)-Module – Brandrisiken 75 – Einbauvarianten 75 – Prüfung des Brandverhaltens 75 – Vorschriften und Zuständigkeiten 75 – Wechselwirkungen mit NRWG 489 Pkw-Brandszenarien 417, 421, 422 – Temperaturentwicklung 432 Pkws – durchschnittliches Gewicht 426 Planung, Bemessung und Ausführung – technische Anforderungen 28 Planungsbeteiligte – BIM-Übersicht 342 Planungsmethode BIM siehe BIM Planungsprozess – BIM-Übersicht 342 – Brandschutz 41 plattenförmige Brandschutzbekleidungen 83 Plume – Brandeinwirkungen 166 – idealisierter 167 – Stütze außerhalb 179 Plume-Modell – nach DIN 18232-2 483 Policey – gude 10 Polymere – Heizwert 596, 597 Polyurethane (PUR) – und WDVS 400 postflashover model 168 PotFire (Software) 250 Predtetschenski und Milinski 140 – dynamisches Strömungsmodell 126, 138 prEN 1995-1-2 278 prEN 12101-9 482 prEN 1210113 522 preußisches ALR 6 prinzipielle Übereinstimmung – Leistungsbild Brandschutz 44, 51 Produktionsräume – Rauchableitung 305, 306, 479 Produktregelungen – Überführung in MVV TB 25 Profilfaktoren – von Stahlbauteilen 228

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profilfolgende Brandschutzputzbekleidung 84 Proportionalitätsgrenze – Stahl 226 Prüfansätze – europäische 384 Prüfaufbau – für WDVS 383 – nach UN ECE-R 118 544 Prüfingenieure und Prüfsachverständige – für Brandschutz 53 Prüfkörper – nach UN ECE-R 118 545 Prüfnormen – Beurteilung des Brandverhaltens 64 – Materialdaten 571 – Zusammenfassung der Änderungen 290 Prüfofen – Stahlträgerprüfung 87 prüftechnische Nachweise – Änderungen 288 Prüfverfahren – gemäß DIN 4102-20 383 – im Sockelbrandversuch nach MVV-TB 384 – nach ECE 118 543 – Zuweisung von baurechtlichen Benennungen 379 Prüfzeugnis siehe allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis Publikum auf Stühlen – Schallabsorptionsgrade 655 PUR (Polyurethane) – und WDVS 400 Putz – Bemessung nach DIN EN 1996-1-2/NA 292 – Schallabsorptionsgrade 649 – WärmeleitfähigkeitBemessungswerte 611 Putzbekleidungen 84 PV-Module siehe Photovoltaik (PV)-Module Q Qualitätssicherung – baubegleitende 45 Querschnittsabmessungen – von Stützen 187 Querschnittsreduktion 264, 277 – kammerbetonierter Verbundträger 239 Querschnittstemperaturen – Ermittlung 193 Querschnittswerte – Verbundstützen 244

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Stichwortverzeichnis

R radiative Anteile – Wärmestromdichte 168 Rahmentragwerke – Knicklängen 235 Randbedingungen – statisch-konstruktive 188 Rauch – Einfluss auf Personensicherheit 132 Rauch- und Wärmeabzugssysteme siehe RWA Rauchableitung 464 – aus Produktions- und Lagerräumen 305, 479 – Dimensionierung 491 – gemäß DIN 18323-2 482 – Öffnung 461 – über Spülung 470 Rauchableitungsöffnungen – regulierbare 471 Rauchabschnitte – Größe 485 – Keep it simple 488 – Keep it small 487 Rauchabzüge 461 – Funktionsprinzip 476 – natürliche 465 – Treppenräume 468 Rauchabzugsanlagen – maschinelle 476 – natürlich wirkende 476 – Planung 486 Rauchabzugsfläche – aerodynamisch wirksame 484 Rauchabzugsgeräte – in Lichtbändern 497 raucharm (Bezeichnung) 482 raucharme Schicht – Bildung 475 – Einfluss von Zuluftöffnung und Rauchschürze 484 Rauchausbreitung – Berechnung mit Ingenieurverfahren 490 Rauchdichtigkeit – Massivholzbauteile 360 Rauch-Differenzdruck-Anlagen siehe RDA Rauchentwicklung 67 – Klassifizierung 95 rauchfrei (Bezeichnung) 482 Rauchgase – Ausspülen von 466 – Freisetzung im Brandfall 461 – Verwirbelung 490 Rauchgassäule siehe Plume Rauchgasvolumenstrom – abzuleitender 484

Rauchmelder – bei Differenzdruckanlagen 514 – bei maschinellen Rauchabzugssystemen 509 Rauchmelderauslösung 483 Rauchmessung – im SBI 67 Rauchschicht – Bildung 506 – Zerstörung bei großen Rauchabschnitten 486 – Zerstörung durch Hochdrucklüfter 466 Rauchschürze – Einfluss auf raucharme Schicht 484 – Lösungen mit 486 Rauchschutz-Druckanlagen siehe RDA Rauchübertritt – im offenen Türquerschnitt 513 Rauchversuch – kalibrierter 45 Rauchverwirbelungen 466, 490 raumabschließende Geschossdecke – Anschluss einer Vorhangfassade 408 raumabschließende Wände – Definition 286 Raumabschluss – eines Bauteils 284 – nawaro-Dämmstoffe 97 raumakustische Kennwerte 610 Raumbrand 62 – Großbrandversuch 382 – Naturbrandmodell 174 – Szenario 385 – vereinfachtes Naturbrandmodell 164 Räume – Unterteilung in Brandabschnitte 488 Raumgröße – Einfluss auf Rauchabzug 466 Raumkonzepte – offene siehe offene Raumkonzepte räumlich diskrete Modelle – Personenströme 129 räumlich kontinuierliche Modelle – Personenströme 129 Räumungsszenarien – Personenstrommodelle 135 Räumungszeiten – Berechnung 121 RDA (Rauchschutz-Druckanlagen) 472, 511, siehe auch Überdruckanlagen Reaktionszeiten – bei Evakuierungen 123

– Festlegung 123 – Häufigkeitsverteilung 123 – Personenstrommodelle 136 reaktive Brandschutzbeschichtungen – auf Stahlbauteilen 86 Rechenverfahren – allgemeine 197 – gemäß Eurocodes 160 – nach DIN 18230-1 313, 317 – vereinfachte 190, 264 Rechenwerte – der temperaturabhängigen thermischen Materialkennwerte 199 rechnerisch erforderliche Feuerwiderstandsdauer 322 rechnerische Brandbelastung 324 – für Teilflächennachweis 324 Rechtsgeschichte – Brandschutz 6 Reduktionsfaktoren 163 – temperaturabhängige 194 reduzierte Beanspruchungen 271 – Nachweis der Feuerwiderstandsdauer 274 reduzierte Festigkeit 266 reduzierte Steifigkeit 266 reduzierter Querschnitt 264, 277 Regelbeispielkatalog – M-IndBauRL 479 Regelwerke – bauaufsichtliche 444 – Brandschutz Schulgebäude 453 Regelzeitanforderungen – an Differenzdrucksysteme 514 Restquerschnitt 193, 266 Rettungswege 555 – Ausbildung von Außenwandbekleidungen 411 – Freihalten 309 – Gestaltung 468 – in Industriebauten 303 – Personenstrommodelle 135 – über Bypässe 454, 455 – unabhängig von den offenen Freilernbereichen 452 Rettungswegführung – mit zwei Fluchtrichtungen 455 – über Dach 303 Rettungsweglänge – in Abhängigkeit der brandschutztechnischen Infrastruktur 304 Rettungswegzeichen 556 REVIT® 346 Richtlinie 107 – Anpassung 545 Richtlinie 118 – Anpassung 545 Richtlinie 2014/35/EU 75

Stichwortverzeichnis Richtlinien (Übersicht) – Entrauchung 481 Risikoparameter – zur Ermittlung von Brandschutzklassen 42 Rohdichte – Nadelholz 261 Rohrdämmstoffe – Klassifizierungskriterien im SBI 69 – SBI-Prüfung 68 Rollladenkästen – Überdämmung 399 Room Corner Test – modifizierter 68 – nach ISO 9705 65 Rufgruppen – Digitalfunk 530 ruhende Luftschichten – Wärmedurchlasswiderstand 628 Rundstrahlantenne – Objektfunk 532 RWA (Rauch- und Wärmeabzugssysteme) 503 – Aufgaben und Schutzziele 505 – Systemübersicht 43 S Sachsen – Baurecht 1846 13 Sachsenspiegel 7, 8 SAFIR (Stabwerksprogramm) 417 – Kopplung mit FDS 430, 431 – thermische Analyse der Tragstruktur 433 – zur brandschutztechnischen Bemessung 251, 430 Sandwichelemente – mit organischem Kernwerkstoff 77 Sättigungsdampfdruck – Wasserdampf über Wasser und Eis 635 Sättigungsdampfkonzentration – Wasserdampf über Eis und Wasser 634 Sauerstoffindex – Kunststoffe 595 SBI (Single Burning Item) – Reproduzierbarkeit der Ergebnisse 67 – Wand- und Deckenbekleidungen 65 SBI-Prüfverfahren 66 – Dämmstoffe 95 Schallabsorptionsfläche – für frequenzabhängige Dimensionierung 656

Schallabsorptionsgrad – für frequenzabhängige Dimensionierung 657 – verschiedener Baustoffe, Materialien und Gegenstände 649 Schallwellenwiderstand – verschiedener Baustoffe 659 Schienenfahrzeuge – Brandschutzrichtlinien 548 Schifffahrt – Brandschutzrichtlinien 548 Schließmomente – Einfluss auf zulässige Überdrucke 517 Schmelzverhalten – von Werkstoffen 544 Schneelastenprüfung 507 Schott, Otto 15 Schrauben – Einfluss auf thermisches Zersetzungsverhalten 110 Schulbauleitlinie – Düsseldorfer 449 Schulbau-Richtlinien – der Länder 445 Schulen – Kompartments 444, 446 – offene Lernbereiche 447 Schulformen – moderne 444 Schulgebäude – anlagentechnischer Brandschutz 456 – bauaufsichtliche Regelwerke 444 – Brandschutz 444 – brandschutztechnische Regelwerke 453 – Empfehlungen von AGBF Bund und DFV 448 – Evakuierungssimulationen 455 Schüttungen – Bemessungswerte der Wärmeleitfähigkeit 618 Schutz – Brandschutz-Tabellen 571 schützende Schichten – Unterscheidung von isolierenden Schichten 279 Schutzklassen – Ermittlung 42 Schutzziele – Außenwandbekleidungen 373 – brandschutztechnische 297, 302 – erreichbare 464 – und Eurocode-Nomenklatur 345 Schutzzone Sockelbrand 391 Schwelprüfung – nach DIN EN 16733 103

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Schwelverhalten – nawaRo-Dämmstoffe 102–104 Schwelverläufe 103 Schwierigkeitsbeiwerte – Brandschutzleistungen 50 Seitenholzdicke 271 selbsttätige Feuerlöschanlagen 306 SFB (Slim Floor Beam)-Profil – numerisches Modell des Anschlusses 241 – Querschnitt 240 Sicherheit – Gewährleistung im Brandfall 61 Sicherheitsbeiwert 322 Sicherheitskategorien – Definition 301 Sicherheitskonzepte – bei Naturbrandmodellen 170 – Bewertungskriterien 132 Simpson’sche Regel 195 Simulation von Bränden – Software 250 Simulationsprogramm BoFire 248 Single Burning Item siehe SBI Sitz-Mock-ups – Wärmefreisetzungsrate 548 Slim Floor Beam siehe SFB Slimfloor-Träger siehe SFB SMOGRA (Smoke Growth Rate) 67 social force Modell 130 Sockelbereich – Ausbildung der Außenwandbekleidungen 411 Sockelbrand – Brandriegel 391 – Großbrandversuch 382 Sockelbrandszenario 385 Software – BIM 342 – für Bemessung im Stahl- und Stahlverbundbau 250 – für Bemessung von Bauteilen und Tragwerken 251 – für Simulation von Bränden 250 – REVIT® 346 Sonderbauordnungen – und Entrauchung 477 Sonderbauteile – Ausführung von Außenwandbekleidungen 408 Sonderbauten – Abschnitt 2.2.2 MVV TB 29 – nawaRo-Dämmstoffe 101 Sonderbauvorschriften – für Außenwandbekleidungen 373, 377 Sonnenschutzvorrichtungen – fest installierte 632

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Stichwortverzeichnis

Spannbeton-Fertigteilbinder – Querschnitt 204 Spannstahl – Bemessungskurve für kritische Temperatur 187 – thermische Dehnungen 203 Spannungs-Dehnungs-Beziehung – Stahl- und Stahlverbund-Bauteile 226 Spannungs-Dehnungs-Linien – für Beton 201 – für Betonstahl 203 Spannungsermittlung 204 spätmittelalterliches Landrecht 8 spätmittelalterliches Stadtrecht 8 Sperrholzplatten – Schallabsorptionsgrade 653 spezifische Wärmekapazität – verschiedener Baustoffe 640 – Wärmedämm- und Mauerwerksstoffe 646 spezifischer Durchfluss – Zusammenhang mit Personendichte und Laufgeschwindigkeit 139 Sprinkler – Berücksichtigung in DIN 18232-2 484 – Zunahme der Rauchgasmenge 485 Spülanlagen 511 Stabwerksprogramme siehe SAFIR Stadtbrand Hamburg (1842) 13 Stadtbrände 10 städtische Feuerordnungen 10 Stadtrecht – spätmittelalterliches 8 Stahl – Abhängigkeit zwischen Profilfaktor und Temperatur 86 – Dichte 224 – E-Modul 226 – Feuerschutz 559 – Proportionalitätsgrenze 226 Stahl- und Stahlverbundbau – allgemeine Berechnungsverfahren 236, 240 – Bemessungsverfahren nach EC 3 227 – Bemessungsverfahren nach EC 4 236 – brandschutztechnische Anforderungen 219 – brandschutztechnische Bemessung 219 – FEM 236, 251 – Feuerwiderstandsklassen 220 – Normung 220

– Software für brandschutztechnische Bemessung 250 – Zonenmodelle 251 Stahl- und Stahlverbund-Bauteile – Materialeigenschaften 223 – mechanische Einwirkungen 222 – Spannungs-Dehnungs-Beziehung 226 – thermische Dehnung 225 – thermische Einwirkungen 221 – Wärmekapazität 224 – Wärmeleitfähigkeit 223 Stahlbauteile – Bestimmung der Temperatur im Brandfall 243 – mit reaktiven Brandschutzbeschichtungen 86 Stahlbeton – Dichte 224 Stahlbeton-Innenstützen – Brandschutznachweis mit erweitertem Bemessungsverfahren 209 – Brandschutznachweis mittels tabellarischer Daten 207 – brandschutztechnische Bemessung 187 – statisches System, Belastung und Querschnitt 207 Stahlbeton-Kragstützen – Ablaufdiagramm zum Nachweis der Tragfähigkeit 189 – Brandschutznachweis mit Bemessungstabellen 212 – Brandschutznachweisverfahren 213 – brandschutztechnische Bemessung 188 – mit Horizontallast 212 – Standard-Diagramme 188 – System und Belastung 211 Stahlbetonstützen 186 – brandschutztechnische Bemessung 187 Stahlkonstruktion – mit Brandschutzputzbekleidung 85 Stahlquerschnitte – Erwärmungskurven 229 Stahlquerschnittsreduktion – Kammerbetonstützen 240 Stahl-Sandwichelemente – Prüfung nach europäischen Baustoff-Normen 71 Stahlspannung 186 Stahlstützen – mit Brandschutzbekleidung 83 Stahltemperatur – Ermittlung 205

– kritische 234 – von Bauteilen mit DSBBS 229 – von Bauteilen mit Holz als Brandschutzbekleidung 232 – von Bauteilen mit und ohne konventionelle Brandschutzbekleidung 228 Stahlträger – Bemessung nach EC 3 242 Stahlträgerprüfung – Prüfofen 87 Stahlträgerquerschnitt – Erwärmung 244 Stahlverbindungen – Schutz von 270 Stahlverbund-Bauteile – vereinfachte Bemessungsverfahren 238 Stahlverbundstützen – tabellarische Nachweisverfahren 245 – vereinfachte Berechnungsverfahren 246 Standard-Diagramme – brandschutztechnische Bemessung 188 statisch-konstruktive Randbedingungen 188 Staubildung – entlang von Fluchtwegen 131 Stauidentifizierung 131 Stauungen – Vergleich mit Fluchtzeiten 151 Steifigkeit – reduzierte 266 Stein-Mörtel-Kombination – Einfluss auf Anpassungsfaktor 293 Stoffdaten – Abbrand 577, 578 – Abbrandfaktor 587, 588 – Brandausbreitung 579 – Entzündungskriterien 572, 573 – flächenbezogene Brandleistung und Brandentwicklung 598 – Heizwerte 580–584 – Kohlenstoff-Yield von Kunststoffen 595 – Lagerungsdichte 587, 588 – Luftbedarf 590 – Verbrennungseffektivität und Verbrennungsanteile 591 – Zündtemperaturen 572, 573 Stoßbeanspruchung – Prüfaufbau nach DIN 4102-3 558 Strahlungsabsorptionsgrad – Richtwerte für Oberflächen 638 Strahlungskonstanten – einiger Stoffe 637

Stichwortverzeichnis Streckgrenze – effektive Fließgrenze 226 Strömungsmodelle – dynamische 125, 138 Strömungsmuster – bei geschlossenen, nicht entrauchten Räumen 462 Strömungsschneisen – zum Ausspülen von Rauchgasen 467 Studentenwohnheim – in Holz-Hybrid-Bauweise 364 Stühle – Schallabsorptionsgrade 655 Sturzschutz 395 Stützen siehe Holzstützen; Stahlbetonstützen; Verbundstützen Stützenbemessung – Zonenmethode 193, 197 Stützenfuß – Horizontalkraft 213 Stützenquerschnitt – 4-seitig brandbeanspruchter 204 – Fasermodell 249 Stützenschlankheit – im Brandfall 212 Stützentraglast – Bemessungswerte 191 systematisch-stichprobenartige Kontrolle – Leistungsbild Brandschutz 44, 51 T tabellarische Nachweisverfahren – Betonbauteile 197, 214 – Stahlbeton-Innenstützen 187, 207 – Stahlbeton-Kragstützen 188 – Stahlverbund-Bauteile 237 – Stahlverbundstützen 245 Taupunkttemperatur – Wasserdampf 636 technische Baubestimmungen – Muster-Verwaltungsvorschrift 23 – Überführung in MVV TB 25 technische Einheiten – Umrechnung 572 technische Gebäudeausrüstung – Bauprodukte und Bauarten 27 Teilabschnitte – Wärmeabzugsfaktor 333 Teilabschnittsnachweis – nach DIN 18230-1 321 Teilflächenbrandbelastung 328 Teilflächennachweis – nach DIN 18230-1 321 – rechnerische Brandbelastung 324 Teilsicherheitsbeiwert 186 Temperatur – kritische 186

Temperaturebene – Brandschutznachweis 233 Temperaturentwicklung – Holz 261 Temperaturfeld 241 – im Stützenquerschnitt 249 – SFB-Profil 240 Temperaturprofile – in Bewehrung 209 Temperaturverlauf – lokaler Brand 178 Temperaturverteilung – Näherungsgleichungen zur Bestimmung 200 Temperaturzeitkurven 161, 166 Territorialmacht – Brandschutz 11 TETRA BOS (Terrestrial Trunked Radio) 528 – schematische Darstellung des Netzaufbau 529 thermal insulation products – EN 13 162 bis 13 171 70 thermische Analyse 197, 198 – per FDS 433 thermische Ausdehnung 162 thermische Beanspruchungen – von Außenwandbekleidungen 385 thermische Dehnung – Beton und Betonstahl 203 – Stahl- und Stahlverbund-Bauteile 225 thermische Einwirkungen 161 – auf Stahl- und Stahlverbund-Bauteile 221 thermische Leitfähigkeit – von Beton 198 thermische Materialkennwerte – Brandschutzbekleidung 243 thermische Zersetzung – Einfluss metallischer Verbindungsmittel 110 – Grenztemperatur 108, 109 thermischer Schutz – durch Holzwerkstoffplatten 110 thermo-mechanische Materialgesetze – nach Eurocode 2 202 thermoplastische Verglasungen 77 THR (Total Heat Release) 66 Tiefgaragenentrauchung 467 TIMpuls – Naturbrandkurven 114 TMO (Trunked Mode Operations) 529 TMOa-Objektfunkanlagen 536 TMO-Objektfunkanlagen 535 TMO-Repeater – Technikschrank 534

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Tore – Wärmedurchgangkoeffizient 630 Total Heat Release (THR) 66 TR 12101-4 481 tragende Bauteile – Brandschutzanforderungen 310 tragende Wände – aus Hochlochziegel HLz12 292 – Bemessung nach DIN EN 1996-1-2/NA 292 – Definition 286 Trägerachse – Brandgastemperaturen 434 Trägerplatten – nichtbrennbare 363 Tragfähigkeit – bezogene 242 – eines Bauteils 283 – nawaro-Dämmstoffe 96 Tragfähigkeitsberechnung – für brandreduzierten Betonquerschnitt 195 Tragfähigkeitsebene – als Basis des Brandschutznachweises 234, 243 Traglast – Bemessungswert 188 Tragstruktur – Bewertungsmöglichkeit 429 – mechanische Analyse per FDS 435 – thermische Analyse per FDS und SAFIR 433 Tragverhalten – der Tragstruktur von Parkgaragen 428 Tragwerke – Brandeinwirkungen 159, 160 – von Garagen 419 Tragwerksbemessung – im Brandfall 417 Tragwerksteile – Stahlverbundbau 237 Trapezprofilblech – mit Brandschutzputzbekleidung 84 Trennstreifen – fehlende 559 Trennwände – Brandschutzfehler 560 Treppenräume – Rauchabzug 468 Trockenbau 558 – Kombination mit anderen Baustoffen 560 Trunked Mode Operations siehe TMO TubeFire (Software) 250

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Stichwortverzeichnis

Türen – Schallabsorptionsgrade 656 – Sturzschutz 395 Türkonstruktionen – Brandschutzentwicklung 15 Türquerschnitte – Einfluss auf Druckabbau 515 Türstopper – unzulässige 563 U Überdämmung – von Jalousie- und Rollladenkästen 399 Überdruck – Abhängigkeit von Schließmomenten 517 – Grundlagen 515 Überdruckanlagen 511, siehe auch RDA Übereinstimmungserklärung 22, 26 Übereinstimmungsnachweise – nach Landesbauordnungen 21 Überströmklappen – nach EN 15650 520 Überströmöffnungen – Differenzdrucksysteme 518 Umfassungsbauteile 164 – Reduzierung der Brandbelastung 329 Umhüllung von Leitungsanlagen 82 Umluft-Lüftungsanlagen – Verwirbelung der Rauchgase 490 Umrechnungsfaktor – bei Umfassungsbauteilen 329 ungeschützte Brandlasten 325 ungeschützte Stahlquerschnitte – Erwärmungskurven 229 Unterkante Rauchschürze – Einfluss auf raucharme Schicht 484 Unterkonstruktionen – nach MVV TB 402 V vBG (vorhabenbezogene Bauartgenehmigung) 20 VDI 2552 Blatt 1 342 VDI 3564 – Hochregelanlagen 482 VDI 6010 – Simulationsrechnungen 482 VDI 6019-1 – Bemessung der Rauchableitung aus Gebäuden 509 VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau) 503 VdS 2098 482

VdS-Leitfaden 2021 – Brandschutzmaßnahmen während Bauphase 390 ventilationsgesteuerte Brände 164 Verantwortlichkeiten – Zuordnung im Brandschutz 42 Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) 503 Verbindungen – geschützte 272 Verbindungsmittel – metallische 110 Verbrennungseffektivität und Verbrennungsanteile (Yield) – Chemikalien 593, 594 – Flüssigkeiten 593 – Gase 593 – Holz 591 – Kunststoffe 592 – Lösungsmittel 593, 594 – Pestizide 594 Verbundbau siehe Stahl- und Stahlverbundbau Verbunddecken – vereinfachte Bemessungsverfahren 238 Verbundstützen – brandschutztechnische Bemessung 244 – tabellarische Nachweisverfahren 237 – vereinfachte Bemessungsverfahren 239 Verbundstützenkatalog 237 Verbundträger – tabellarische Nachweisverfahren 237 – vereinfachte Bemessungsverfahren 238 – Verformung 435 Verein zur Förderung von Ingenieurmethoden im Brandschutz e. V. (VIB) 39 vereinfachte Bemessungsverfahren siehe Zonenmethode vereinfachte Berechnungsverfahren – bei Stahlverbundstützen 246 – im Stahl- und Stahlverbundbau 227 – nach EC 2 246 – Softwaretools 250 vereinfachte Regeln – Feuerwiderstandsdauer 271, 274 vereinfachtes Naturbrandmodell 164 vereinfachtes Rechenverfahren – brandschutztechnische Bemessung 190

Verformungen – behinderte thermische 198 verglaste Flächen – Wärmeabzug 330 Verglasungen – thermoplastische 77 Verhaltensaspekte – relevante 130 vérification du comportement au feu 422 Verkehrsströme – Analyse 134 Verlustfaktor – verschiedener Materialien 660 Versagensmechanismen – für Holz- und Holzwerkstoffverbindungen 272 Versagenszeitpunkt 268 Verspachtelung – fehlende 559 vertikale Brandsperren – nach MVV TB 404 vertikale Brenngeschwindigkeit 544 verwalteter Brandschutz 13 vfdb-Leitfaden – Kapazitätsanalyse 136 VHF (vorgehängte hinterlüftete Außenwandbekleidungen bzw. Fassaden) – Ausführungsgrundsätze 400 – baurechtliche Anforderungen 376 – Brandverhalten 389 – mit Holz 404 VIB (Verein zur Förderung von Ingenieurmethoden im Brandschutz e. V.) 39 Visualisierung – im Brandschutz 37 Vollbrandphase 170 vollentwickelte Raumbrände – Naturbrandmodell 174 – vereinfachtes Naturbrandmodell 164 volumenbezogene Wärmekapazität – verschiedener Baustoffe 640 Volumenstrom – John’sche Gleichung 511 vorgehängte hinterlüftete Außenwandbekleidungen bzw. Fassaden siehe VHF vorhabenbezogene Bauartgenehmigung (vBG) 20 Vorhänge – Schallabsorptionsgrade 655 Vorhangfassaden 373, siehe auch VHF – Ausführungsgrundsätze 407 VULCAN (FE-Programm) 251

Stichwortverzeichnis W Wandabschnitt – einseitig brandbeanspruchter 200 Wandbauteile in Holzrahmenbauweise – Brandschutznachweis 278 Wände – zur Trennung von Brandbekämpfungsabschnitten 307 Wandentrauchung – gemäß DIN 18323-2 482 Wandverkleidungen – Anwendung des SBI 64, 71 Waren – Brandentwicklung und Brandleistung 600, 601 Wärme – Einfluss auf Personensicherheit 132 Wärmeabzug 461 Wärmeabzugsanlage – Planung 486 Wärmeabzugsfaktor 330 Wärmeausdehnungskoeffizient – verschiedener Baustoffe 638 Wärmedämmstoffe – feuchteschutztechnische Eigenschaften 646 – nach harmonisierten europäischen Normen 619 – spezifische Wärmekapazität 646 Wärmedämmung – eines Bauteils 284 – nawaro-Dämmstoffe 97 Wärmedämmverbundsysteme siehe WDVS Wärmedurchgangskoeffizient – Außentüren 631 – Bemessungswerte 630 Wärmedurchlasswiderstand – Dachräume 629 – Decken 627 – ruhende Luftschichten 628 – von DSB 231 Wärmeeindringzahl 330 Wärmefreisetzungsrate – bei Fahrzeugen 425 – bei lokalem B rand 178 – Bestimmung 170 – einzelner Fahrzeuge 433 – im Plumebereich 167 – in Abklingphase 171 – von E-Fahrzeugen 427 – von unterschiedlichen Fahrzeugen 424 Wärmekapazität – für Holz und Holzkohle 261

– Stahl- und Stahlverbund-Bauteile 224 – verschiedener Baustoffe 640 Wärmeleitfähigkeit – Bemessungswerte 611 – Erdreich 630 – gemäß Eurocode 223 – Stahl- und Stahlverbund-Bauteile 223 Wärmeleitung – instationäre 198 Wärmeleitzahl – für Holz und Holzkohle 261 wärmeschutztechnische Bemessungswerte – Baustoffe 622 wärmeschutztechnische Kennwerte 611 – Übersicht 609 Wärmespeichervermögen 164 Wärmestrahlung 223 Wärmestrom – Berechnung 228 Wärmestromdichte 168 wärmetechnische Eigenschaften – Erdreich 630 wärmetechnische Kenngrößen 641 Wärmeübergangskoeffizient 161, 223 Wärmeübergangswiderstände – DIN EN ISO 6946 629 Wasser – physikalische Kenngrößen 634 Wasserdampf – physikalische Kenngrößen 634 – Taupunkttemperatur 636 – über Wasser und Eis 634, 635 wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke – Folien 648 Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahlen – feuchtebereichabhängige 645 – Richtwerte 611 WDVS (Wärmedämmverbundsysteme) – Anwendbarkeitsnachweis 380 – Ausführungsgrundsätze außer EPS 400 – Ausführungsgrundsätze mit EPS 390 – Brandverhalten 380 – mit Dickschichtputzsystem 105 – mit EPS 390–395, 398, 401 – mit Mineralwolle 402 – mit Schwelbarrieren 106 – nationale und europäische Klassifizierung 380 – nawaRo-Dämmstoffe 100, 104

685

– Prüfaufbau 383 – Verhalten im Brandfall 387 Wegelemente – für Normalbedingungen 140 Weistum 6 Werkfeuerwehr – Definition 301 Widerstand gegen mechanische Beanspruchung – eines Bauteils 284 Wohnungsbrand – Alarmstufe 2 530 Z Zersetzungstemperatur – Kunststoffe 595 Zonenmethode – Bemessungswerte von Biegemomenten 197 – zum Brandschutznachweis von Fertigteil-Dachbindern 205 – zur Stützenbemessung 193, 197 Zonenmodelle – im Stahl- und Stahlverbundbau 251 – Vergleich mit Feldmodellen 168, 493 Zugänglichkeit – Brandabschnitt 302 Zugfestigkeit – reduzierte 266 Zugstab – bekleideter 269 – mit Holzmanschette 233 Zugstoß – Bemessung 273 Zulassung – allgemeine bauaufsichtliche 20 Zuluftleitungen – Differenzdrucksysteme 518 Zuluftöffnung – Einfluss auf raucharme Schicht 484 Zuluftventilatoren – bei Differenzdrucksystemen 520 – Bypass-Steuerung 472 Zündtemperaturen – Feststoffe 572, 573 – Flüssigkeiten 575, 576 – Kunststoffe 574, 575 Zuordnung von Verantwortlichkeiten – Brandschutz 42 Zusatzbeiwert 322 Zwangskräfte 162 zweiseitig beanspruchte Betonbauteile – Koordinatensystem 201 Zwei-Zonen-Modelle 168