Basta: Neue Aphorismen zu Staat und Recht, Individuum und Gemeinschaft [1 ed.] 9783428526598, 9783428126590

Rechtzeitig zum 70. Geburtstag werden im Verlag Duncker & Humblot unter dem Titel "Basta" - 10 Jahre nach

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Basta: Neue Aphorismen zu Staat und Recht, Individuum und Gemeinschaft [1 ed.]
 9783428526598, 9783428126590

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Detlef Merten

Basta Neue Aphorismen zu Staat und Recht, Individuum und Gemeinschaft

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

DETLEF MERTEN (Hrsg.)

Die Zukunft des Föderalismus in Deutschland und Europa

Schriftenreihe der Hochschule Speyer Band 187

Die Zukunft des Föderalismus in Deutschland und Europa Herausgegeben von

Detlef Merten

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, für sämtliche Beiträge vorbehalten # 2007 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0561-6271 ISBN 978-3-428-12585-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Inhalt Assoziationen ................................................... 7 Deutschland und die Deutschen ........................... 11 Staat und Staatsbürger ........................................ 12 Gesetz und Verfassung ....................................... 13 Demokratie und Demokraten .............................. 15 Verwaltung ...................................................... 16 Richter und Gerichte ......................................... 17 Politik und Politiker .......................................... 19 Wirtschaft und Finanzen .................................... 21 Schule und Bildung ........................................... 22 Wissenschaft und Wissenschaftler ......................... 23 Kunst und Künstler ........................................... 25 Vergangenheit .................................................. 27 Zeitgeschichte und Zeitgeist ................................ 28 Fortschritt ....................................................... 30 Menschen und Menschlichkeit ............................. 31 Gesellschaft ..................................................... 32 Klasse und Klassen ............................................ 35

5

Männer und Frauen .......................................... 36 Jung und Alt .................................................... 37 Herren und Männer .......................................... 38 Mode und Manieren .......................................... 39 Politische Korrektheit ....................................... 40 Wien und die Wiener ......................................... 41 Regionales ....................................................... 42 Zitate – kommentiert ......................................... 43

6

Assoziationen Schlanker Staat: Der Staat wird schlanker, die Bürger werden dicker. D

Populist:

Neidwort für Politiker, die populärer sind als ihre Kritiker. D

Sicherheit: Der Rechtsstaat hätte es weit gebracht, wenn auch Reiche unter den Brücken schlafen könnten. D

Denkmäler: Sind innen oft hohl. D

Oktoberfest: Die Maß wird hier zum Maßstab. D

Ellenbogen-Gesellschaft: Viele benutzen den Ellenbogen, um bequemer essen zu können. D „Handy“: Macht alle zum Mitwisser. D

Außenseiter: Spricht aus, was alle denken. 7

’68er: Aus Hausbesetzern wurden Hausbesitzer. D „Funktion“: Lieblingswort von Funktionären. D

Volkseigentum: Du hast nichts, Dein Volk hat alles. D

Kinderarmut: Auch Millionärskinder werden arm geboren. D

Selbstverwirklichung: Wie wenig ist das manchmal! D

Nächstenliebe: Kann sich nicht auf Nachbarn beziehen. D

Wohlfahrtsausschüsse: Mehr Ausschuß als Wohlfahrt. D

Solidarität: Modernes St. Florians-Prinzip. D

Sitzblockaden: Sitzenbleiber der Nation. 8

Abu Simbel: Früher konnte der Glaube Berge versetzen, heute können es deutsche Ingenieure. D

Fliegender Holländer: Auf deutschen Autobahnen nicht zu bemerken. D

Ehelos: Vom Los der Ehe verschont. D

Säuberung: Trifft meistens gerade die Sauberen. D

Verschuldung: Geht in der Regel mit Verschulden einher. D

Examen: Mitunter Durchfall mit Rückfall. D

Grüne: Der Wiesenrain begrenzt den Horizont. D

Migrationshintergrund: Reicht als einziger Hintergrund nicht aus. 9

Besserwisserei: Setzt Wissen voraus! D

Europäische

Verfassung: Ein Staatstrauma wird durch Staatsträume ersetzt. D

Hartz-Reformen:

Mißratene Gesetze eines mißratenen

Namensgebers. D

Karl Marx: Nicht der Staat, sondern das Proletariat stirbt ab. D

Fernsehkommentatoren: Laienprediger. D

Multikulturalität: Vielfalt in Einfalt. D

Heinrich Heine: Deutschland, ein Windkraftmärchen. D

Heinrich Zille: Die Gezeichneten werden gezeichnet.

10

Deutschland und die Deutschen Deutsches

„B“-Syndrom: Befindlichkeit, Betroffenheit, Bewältigung. D

Deutschland hält sich auch nach der Wiedervereinigung in Grenzen – aber in größeren. D

Die Deutschen sind so wehleidig geworden, daß sie jeden Schicksalsschlag als „tragisch“ und jeden Nachteil schon als „Strafe“ empfinden. D

Wer

deutsch und national denkt, ist deshalb kein Deutschnationaler; wer nationale und sozialistische Ideen verficht, kein Nationalsozialist. D

Die Deutschen haben die Kindererziehung zugunsten der Abfallerziehung aufgegeben. D

Der deutsche Michel schwankt zwischen Überheblichkeit und Unterwürfigkeit.

11

Staat und Staatsbürger Gewalt

kann Schlösser zerstören, aber nicht einmal Lehmhütten erbauen. D

Das eigene Land gilt oftmals nichts bei seinen Propheten. D

Durch

Bürgerverantwortung, nicht durch Bürgergeld wird man citoyen. D

Weltbürger sind vielfach schlechte Patrioten. D

Versagt sich der Staat der Gewalt, so keimt die Saat der Gewalt.

12

Gesetz und Verfassung Die

große Kunst der Verfassungsgebung besteht darin, nicht zu viel zu verfassen. D

Gegen Revolutionen helfen keine Konstitutionen. D

Infolge

der Säkularisierung wird die Verfassung zur Offenbarung für die Mühseligen und Beladenen. D

Das

bald sechzigjährige Grundgesetz ist im Alter geschwätzig geworden wie ein altes Weib. D

Die Präambel der Verfassung ist wie das Präludium des Organisten, das bei der Gemeinde Aufmerksamkeit erregen soll. D

Moralpädagogen sollten nicht durch die Verfassung belehren dürfen. D

Der

Grundrechtskatalog ist kein Versandhauskatalog, der allen etwas anbieten muß.

13

Staatsziele sind keine Zauberformeln, sondern eher fauler Zauber. D

Der

Wesensgehalt jeder Freiheit: Freiheit von Blockwarten. D

Bei der Verfassungsgebung ist es oft nur ein kleiner Schritt vom Verfassungsgesetz zum Verfassungsgeschwätz. D

Für eine Hymne „Sozialstaat über alles“ hat die Verfassung keine Töne. D Soziale Grundrechte: Sättigungsbeilagen für Sozialromantiker. D

Soziale Gerechtigkeit: Was Koalitionsvereinbarungen vorsehen und Haushaltsmittel gestatten. D

Im

Sozialstaat kann die Daseinsvorsorge zum Versorgungsdasein entarten.

14

Demokratie und Demokraten Plebiszite: Souverän ist, wer über die Fragestellung entscheidet. D

In

der Demokratie dürfen auch diejenigen wählen, die nicht einmal das Wort verstehen. D

Je größer die Herde, desto lauter das Getrampel. D

Das Volk ist „Souverän“ oder „Pöbel“ – je nach Abstimmungsergebnis. D

Die Bedeutung der Demokratie könnte durch bedeutende Demokraten zunehmen. D

In der Demokratie ist das Kreuz nicht mehr Zeichen der Erlösung, sondern der Mitbestimmung. D

Man soll dem Volk zwar aufs Maul schauen, aber ihm nicht nach dem Mund reden.

15

Verwaltung Ministerialbürokratie:

Wer nur einen Paragraphen verwaltet, weiß nicht mehr, was ein Gesetz ist. D

Behauptet jemand, den besten Mann für einen Posten gewonnen zu haben, so hat er keinen guten gefunden. D

Wer „unbürokratisch“ helfen will, benötigt als erstes die Hilfe der Bürokratie. D

Kommissionsberichte: Sorgsam verwalten bis sie veralten.

16

Richter und Gerichte Rote Roben verleiten zur Apodiktik. D

Aus dem „dilatorischen Formelkompromiß“ wird oft ein dilletantischer Formelkompromiß. D

Auch Revisionsrichter irren mitunter recht kräftig, aber immer rechtskräftig. D

Wenn das Wissen des Richters versagt, entdeckt er sein Gewissen. D

Dem Abwägenden ist alles vage. D

Weiblichkeit

läßt sich steigern: Das Bundesverfassungsgericht hat eine „weibliche Direktorin“ ausgemacht. D

Rechtsschutzversicherung: Nicht Kampf, sondern Krampf ums Recht.

17

Die

Pflege des Rechts darf nicht Rechtspflegern überlassen werden. D

Eine ständige Rechtsprechung ist deshalb noch keine richtige Rechtsprechung. Deshalb erlangt sie mit größerer Ständigkeit keine größere Richtigkeit.

18

Politik und Politiker Dem Eiferer fehlt zum Geiferer nur ein Buchstabe. D

Traum

deutscher Bildungspolitiker: vier Millionen Arbeitslose mit Bachelor-Abschluß. D

Das Bleibende aus dem Amt geschiedener Politiker: Die Leibwache. D

Vorher sind es Wahlversprechen, nachher Wahlversprecher. D

Wer sich im Bundestag einige Male exponiert, gilt dort schon als Experte. D

Wahlkampf: Der Wahrheit eine Sackgasse! D

Die

moderne Bankkarriere: Von der Schulbank auf die Abgeordnetenbank. D

In großen Dienstwagen sitzen allzuoft kleine Leute. 19

Für

manchen Politiker geht Machtdenken vor Nachdenken. D

Parteien: Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit. D

Moderner Samson: Ein Politiker, den man von den Meinungsumfragen abschneidet. D

Bei anstehenden Wahlen sieht man, wie Politiker vor dem Kreuze kriechen. D

Im

Parteienstaat macht Staatskarriere nur, wer sich vor den Parteikarren spannen läßt. D

Mit Polizeieskorte kann man leicht Geschwindigkeitsbegrenzungen verordnen.

20

Wirtschaft und Finanzen Steuerschätzungen sind in der Regel Steuerverschätzungen. D

Bei näherem Zusehen entlarvt sich Großherzigkeit oft als kleinherzige Steuerersparnis. D

Finanzminister:

Geizen im kleinen, verschwenden im

großen. D

Abgeordneten-Diät: Für diesen Zweck zu reichlich.

21

Schule und Bildung Aus dem Primaner wird ein Pisaner. D

Das Bildungsniveau ist heute weitgehend das Bildschirmniveau. D

Warum soll auf den Schulhöfen deutsch gesprochen werden, wenn in den Büros ohnehin jeder englisch redet? D

Wer

„Internas“ erforscht und „Visas“ beantragt, kann heutzutage Lateinlehrer in Baden-Württemberg werden. D

Der

beste Boden für eine erfolgreiche Karriere ist der Hosenboden. D

Ignoranz und Arroganz sind Zwillinge. D

Bei

vielen bleibt die Ausbildung hinter der Einbildung zurück. D

Ohne Fleiß kein Preis, aber nur mit Fleiß auch nicht. 22

Wissenschaft und Wissenschaftler Manche Rezensionen sind Exekutionen. D

Bis man „Verfassungsrechtler“ wird, dauert es lange; zum „Menschenrechtler“ oder „Bürgerrechtler“ bringt man es schnell. D

Schlimmer

als Mittelmäßigkeit ist vorbereitete Mittel-

mäßigkeit. D

Manche Begriffe sind so hohl, daß das geballte Unwissen darin Platz findet. D

Ungreifbar formuliert, wer unangreifbar sein will. D

Hochschulförderung: Mittel im Übermaß führen zu Mittelmaß. D

Der fruchtbarste Spruch ist der Widerspruch. D

Die deutschen Universitäten werden an ihren Gremiensitzungen zugrundegehen.

23

Häufige Superlative machen unglaubwürdig. D

Psychiatrie: Wissenschaft mit freud-losen Epochen. D

Wer feste schreibt, erhält heutzutage eine Festschrift. Wer beim Schreiben auch denkt, müßte eigentlich eine „Denkschrift“ erhalten. D

Wissenschaftliche Gegner: Hüpfen von Fehler zu Fehler mit der Behendigkeit einer Bergziege.

24

Kunst und Künstler Je schlechter der Sänger, desto kräftiger die Lautsprecher. D

Wer als Künstler nichts Bedeutendes geleistet hat, erhält einen Preis für sein „Lebenswerk“. D

Tenöre: Nicht jeder Brüller ist auch ein „Schreier“. D

Brahms, Festouvertüre: Akademischer Dank für eine akademische Ehrung. D

Vielfach gilt der Starrummel nur einem Rummel-Star. D

Bei Karajan klangen selbst die Pausen schön. D

Oper: Wenn die Stimme schwindet, nimmt die Gestik zu. D

Bei Kupfer-Inszenierungen merkt man, wie wertvoll Gold ist.

25

Im Alter werden die meisten Dirigenten weiser, manche nur leiser. D

Der Unterschied zwischen Kitsch und Kunst bei Gemälden: Die einen hängen in der Glaserei, die anderen in der Galerie. D

Im ersten Aufzug antwortet Parsifal auf Fragen dreimal „Das weiß ich nicht“ – Für einen Tenor nichts Ungewöhnliches.

26

Vergangenheit Kreuzzüge: An die

Stelle der Heiden sind die Raucher

getreten. D

Garibaldi schuf den Italiener; Napoleon den Deutschen. D

Königgrätz: So schnell schießen die Preußen nicht; aber wenn sie schießen, schießen sie schneller. D

Nach dem Zusammenbruch sind beide deutsche Staaten zu Arbeiter- und Bauernstaaten geworden. Nur hat es der westdeutsche nicht zugegeben. D

Berufsziel der ’68er: Staatsfeind mit Staatsbezügen.

27

Zeitgeschichte und Zeitgeist „Zeit“ und „Spiegel“ ergeben noch keinen getreuen Zeitspiegel. D

Den schönsten Kniefall

sieht man immer noch auf der

Bühne. D

Polnischer Lebensüberdruß: Für eine Quadratwurzel sterben zu wollen. D

Nur für „Trauerarbeit“ gibt es keinen Arbeitsschutz. D

Der moderne Don Quijote kämpft nicht gegen, sondern für Windmühlenflügel. D

Losungen enthalten selten Lösungen. D

Der rote Teppich wird heutzutage oft vor dem Rotlicht ausgebreitet. D

Dankbarkeit wird heute als barer Dank erwartet. 28

Wie schön, daß nunmehr jede Wetterkapriole eine Ursache hat: den Klimawandel. D

Wer in Strafgefangenen „Kunden“ sieht, muß Gefangenenflucht als „Kundenboykott“ hinnehmen.

29

Fortschritt „Werte“ sind für manchen Jugendlichen heute Alkoholwerte. D

Früher mußte man sich gegen den Tod, heute muß man sich gegen Langlebigkeit versichern. D

Bald wird es leichter sein, Heroin als Insulin auf Krankenschein zu erhalten. D

Die DDR wollte den neuen Menschen; geblieben ist das neue (Ampel-)Männchen. D

Lieblingsanweisung aller Navigationsgeräte: Bitte wenden. D

Handy: Status-Symbol des kleinen Mannes.

30

Mensch und Menschlichkeit Gläubige Christen sind mitunter keine christlichen Gläubiger. D

Die

Fähigkeit zur Intrige unterscheidet den Menschen vom Tier. D

Wer Spott hat, braucht für den Schaden nicht zu sorgen. D

Wer sich als „weitsichtig“ bezeichnet, ist oft kurzsichtig. D

Wem etwas im Schlafe gegeben wird, dem kann es beim Weiterschlafen leicht wieder genommen werden. D

Schufte müssen selten schuften.

31

Gesellschaft Früher

gingen die Männer mit Jackett ins Restaurant, heute gehen sie mit Handy. D

Die Kumpel werden weniger, aber die Kumpelhaftigkeit nimmt zu. D

Die Gesellschaft duldet keine Meister; Gesellen bleiben lieber unter sich. D

Die „Begleitung“ war früher Sängern vorbehalten. D

Ameisenvölker kennen keinen Sonntag. D

Ungleichheit ist natürlich, Gleichheit ist unnatürlich. D

An ihrem Sperrmüll kann man sie erkennen. D

An

die Stelle sozialer Gerechtigkeit ist vielfach soziale Gerissenheit getreten.

32

Beim Anstehen beweist sich Anstand. D

Wer kräftig arbeitet, hat keine Hand frei, um sie aufzuhalten. D

Der moderne Hiob hadert nicht mit Gott, sondern mit dem Sozialminister. D

In der klassenlosen Gesellschaft bleibt nur die Klassenlotterie ungeschoren. D

Kleine Leute tragen auch große Koffer selbst. D

Für

Prometheus ist der Herd beneidenswert; für „Pro Familia“ bemitleidenswert. D

Mit

einer Schiebermütze wird der Träger nicht zum Schieber; mit einer Prinz Heinrich-Mütze aber auch nicht zum Prinzen. D

Klassenlose Gesellschaft: Die Ober benehmen sich besser als die Gäste.

33

Schwer

zu ertragen: die Überheblichkeit der Unerheb-

lichen. D

Haltung verrät Herkunft.

34

Klasse und Klassen Plebejer

erkennt man an ihren Substantiven: „Denke“, „Tanke“, „Schalte“, „Datsche“, „Panikmache“, „Abzocke“, „Anmache“, „Malle“ (Mallorca). D

Nivellierte

Wohlstandsgesellschaft: Die Reichen sind nicht reichlich, die Armen nicht ärmlich. D

Die Masse zergrölt Stille und zerklatscht Erhabenheit. D

Primitive lieben das Laute. Sie feiern bei jeder Gelegenheit Sylvester. D Eine klassenlose Gesellschaft kennt Aufsteiger nur noch beim Fußball. D

Neid ist einseitig: Die Reichen haben niemals die Armen beneidet. D

Unterschicht: Früher nur laut, heute auch noch halbnackt.

35

Männer und Frauen Mannequin-Gang: Muß ein Frauenfeind erfunden haben. D

Herrenhäuser

sind im allgemeinen prächtiger gelegen und luxuriöser ausgestattet als Frauenhäuser. D

Der

Frauenbewegung gehören nicht immer die bewegendsten Frauen an. D

Früher konnte man mit der Einlaufquote, heute kann man auch mit der Frauenquote gewinnen. D

Hungerlöhne sind sittenwidrig – außer für Mannequins. D

Es macht einen Unterschied, ob eine Schriftstellerin zu den größten deutschen Autoren oder zu den größten deutschen Autorinnen gehören will.

36

Jung und Alt Ältere

lesen in der Zeitung oftmals zuerst die Todesanzeigen. D

Jung ist, wer öfter an die Zukunft als an die Vergangenheit denkt. D Für manche sind nicht Kinder, sondern Zuwanderer das „köstlichste Gut eines Volkes“. D

Medienaufregung, wenn Studenten Mensuren, nicht wenn sie Polizisten schlagen. D Bisweilen ist ein „Alternativer“ nur ein alter Naiver.

37

Herren und Männer Der Herr zollt Beifall, man klatscht. D

Herren geben Trinkgelder, Männer die Hand. D

Auch der Herr trägt Unterhemd, man zeigt es. D

Für Männer sind Krawatten bisweilen schon moderner Frackzwang. D Im Revers trägt der Herr seine Orden, der Mann seine Weltanschauung. D

Tierliebe ist oft mit Eigenliebe gepaart: Wenn man schon kein Herr ist, kann man wenigstens „Herrchen“ sein. D

Bei einem Wagen mit Fahrer sitzt der Herr im Fond; viele Politiker sitzen lieber neben dem Chauffeur.

38

Mode und Manieren Wer immer die Spaghetti erfunden haben mag, war kein Ästhet. D

Daß der Fortschritt immer in schlechten Manieren bestehen muß! D

Auch bei einer Aussprache sollte man nicht alles aussprechen. D

Ein Schwalbenschwanz macht noch keinen Sommerball.

39

Politische Korrektheit Die meisten sprechen von „Bürgerinnen und Bürgern“, niemand von „Verbrecherinnen und Verbrechern“. D

Förderung der Ausländerintegration: Türkisch-Unterricht für Deutsche. D

Hat

sich eigentlich schon jemand für die Völkerwanderung entschuldigt? D

Niemand spricht im Deutschen von „Milano“ oder „Bucures¸ti“, aber viele befleißigen sich, „Kaliningrad“ oder „Wroc|law“ zu sagen. D

Die politische Korrektheit nimmt es hin, daß eine Politikerin ihren Hund Dr. Martin Luther nennt. Wie reagierte sie, wenn der Hund Dr. Martin Luther King hieße?

40

Wien und die Wiener Wiener

Walzer: Leichte Unregelmäßigkeit des Regel-

mäßigen. D

Noch nie war Frau Sacher so attraktiv wie heute. D

Im Fiaker sind alle Gäste von Adel. D

Nur in Wien kann man Sozialisten im Frack sehen. D

Künstlerische Begabung ist nicht vererblich – außer bei den Wiener Philharmonikern. D

Überall ist es voller geworden; nur der Heldenplatz ist nicht mehr so überfüllt, wie ihn alte Wochenschauaufnahmen zeigen. D Unter dem feinen Putz der Gesellschaft schimmert selbstgemachter Mörtel durch.

41

Regionales Die

Kurpfälzer reden deshalb so laut, weil sie früher durch den Rhein getrennt waren. D

Eine Summe von Kirchturmshorizonten weitet sich nicht zum Staatshorizont. D

Wenn

man Pfälzern zuhört, wird aus der „Menschenwürde“ leicht eine „Männchenwürde“.

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Zitate – kommentiert „Wen die Götter lieben, den rufen sie früh zu sich“ – Daher die Überalterung. D „Und sagte kein einziges Wort“ (Heinrich Böll) – Hätte er sich nur daran gehalten! D „Seid umschlungen Millionen; diesen Kuß der ganzen Welt“ – Daher die Bussi-Bussi-Gesellschaft. D „Eigentum verpflichtet“ – Die Grillschwaden sollen zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen. D „De mortuis nihil nisi bene“ – Deshalb muß man sich beizeiten ranhalten. D „Nun siegt mal schön!“ (Theodor Heuß) – Von einem, der auszog, das Fürchten zu verlernen. D „Dulde und liquidiere“ – Diktatoren dulden nicht einmal.

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