Basileis und Goden: Gesellschaftliche Ordnung im früharchaischen Griechenland und der isländischen Freistaatzeit [1 ed.] 9783946317586, 9783946317562

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Basileis und Goden: Gesellschaftliche Ordnung im früharchaischen Griechenland und der isländischen Freistaatzeit [1 ed.]
 9783946317586, 9783946317562

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Peter Zeller

Basileis und Goden GESELLSCHAFTLICHE ORDNUNG IM FRÜHARCHAISCHEN GRIECHENLAND UND DER ISLÄNDISCHEN FREISTAATZEIT

Studien zur Alten Geschichte

Studien zur Alten Geschichte Herausgegeben von Ernst Baltrusch, Peter Funke, Tanja Itgenshorst, Stefan Rebenich und Uwe Walter

Band 27

Peter Zeller

Basileis und Goden Gesellschaftliche Ordnung im früharchaischen Griechenland und der isländischen Freistaatzeit

Vandenhoeck & Ruprecht

Diese Publikation wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar. © 2020, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlaggestaltung: disegno visuelle kommunikation, Wuppertal Satz: textformart, Göttingen | www.text-form-art.de Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-946317-58-6

Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Problemstellung und heuristischer Ansatz . . . . . . . . . . . . . 1. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Heuristischer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Methodische Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Theoretischer Rahmen und erzählerische Perspektive . . . . . . . 1. Gesellschaftliche Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sozialer Wandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das archaische Griechenland als historische Erzählung . . . . II. Warum gerade Island? – Die isländische Freistaatzeit als historisches Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die isländische Freistaatzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vergleichskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die isländische Freistaatzeit – Forschungsgeschichte und Quellenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Forschungsgeschichtlicher Überblick . . . . . . . . . . . 2.2. Quellenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3. Die Isländersagas als historische Quelle . . . . . . . . . . 3. Die isländische Freistaatzeit – eine Forschungsposition . . . . 3.1. Heuristischer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Historischer Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3. Gesellschaftliche Stellung und Funktion der Goden . . . 4. Die isländische Freistaatzeit als historisches Modell gesellschaftlicher Organisation und Entwicklung . . . . . . . 4.1. Zwischen Institution und personalem Einfluss – die Grundstruktur gesellschaftlicher Organisation . . . . 4.2. Zwischen Konkurrenz und Gemeinschaftsbezug – die Vorrangstellung der Goden . . . . . . . . . . . . . . 4.3. Zwischen Konkurrenz und Kontrolle – das Bedingungsgefüge gesellschaftlicher Entwicklung . . B. Die isländische Freistaatzeit und das früharchaische Griechenland – zur Vergleichbarkeit . . . . . . . . . . . . . . .

9 9 9 18 21 25 26 30 32 43 46 46 47 48 51 56 59 59 61 66 72 75 75 76 78

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Inhalt

III. Gesellschaftliche Organisation und Entwicklung im früharchaischen Griechenland . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Früharchaische Schriftquellen – eine quellenkritische Einordnung 1. Datierung – Wann entstanden die Texte? . . . . . . . . . . . 2. Inhalt – Worum geht es in den Texten? . . . . . . . . . . . . 2.1. Die homerischen Epen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Die Dichtung Hesiods . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3. Andere früharchaische Dichter . . . . . . . . . . . . . . 3. Fazit – Wie sind die Texte zu lesen? . . . . . . . . . . . . . . B. Gesellschaftliche Organisation und Entwicklung im früharchaischen Griechenland am Modell der isländischen Freistaatzeit – ein diachroner Vergleich . . . . . . . . . . . . . . 1. Zwischen Institution und personalem Einfluss? – Die Grundstruktur gesellschaftlicher Organisation . . . . . . 2. Zwischen Konkurrenz und Gemeinschaftsbezug? – Gesellschaftliche Vorrangstellung in früharchaischen Siedlungsgemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischen Konkurrenz und Kontrolle? – Das Bedingungsgefüge der gesellschaftlichen Entwicklung . . 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83 85 87 89 91 95 98 103 105 109 119 138 151

IV. Ergebnisse – Konsequenzen – Perspektiven . . . . . . . . . . . . . . 153 Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Textausgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Sekundärliteratur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

209 209 212 214

Vorwort

Die vorliegende Arbeit ist eine leicht überarbeitete Version meiner Dissertation, die 2017 von der Philosophischen Fakultät der Universität Tübingen zur Promotion angenommen worden ist. Der Text entstand im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projektes und meiner Anstellung als Assistent am Lehrstuhl von Herrn Prof. Dr. Mischa Meier. Mein erster Dank geht an Mischa Meier, für das große Vertrauen, die freundliche Geduld und die vielfältige Unterstützung, die er mir von der ersten Idee bis zum fertigen Manuskript entgegengebracht hat. Er ließ mir von Beginn an alle Freiheiten und hat mich dennoch stets in jeder Hinsicht unterstützt. Dies gilt insbesondere auch für die Unterbrechungen meiner Arbeit, die durch die jeweilige Elternzeit für meine Kinder entstanden sind. Herrn Prof. Dr. Steffen Patzold danke ich nicht nur für seine Funktion als Zweitgutachter, sondern auch für seine vielen wertvollen Anregungen bezüglich der Methodik des Projektes. In Fragen der altisländischen Philologie und Geschichte hat mich Frau Prof. Dr. Stefanie Gropper von Beginn an unterstützt, auch ihr gebührt mein Dank. Den Herausgebern der „Studien zur Alten Geschichte“ danke ich für die Aufnahme meiner Arbeit in ihre Reihe. Frau Prof. Dr. Tanja Itgenshorst und Herrn Prof. Dr. Uwe Walter gilt mein Dank für ihre kritischen Anmerkungen und wichtigen Korrekturhinweise. Gedankt sei außerdem der DFG für die anfängliche Finanzierung des Projektes und die damit verbundenen Publikationsmittel sowie den Mitarbeitern des Verlages, die die Drucklegung mit Bedacht und Engagement realisiert haben Meinem Vater danke ich von Herzen für seine großzügige und geduldige Unterstützung während meines gesamten Studiums. Den größten Dank aber schulde ich meiner Partnerin Julia Thurn und meinen Kindern Pele und Selma. Sie haben mir die Zeit, die Kraft und das Vertrauen gegeben, dieses Manuskript fertigzustellen. Bókin er tileinkuð lífsblómunum mínum Schwieberdingen, im Juli 2019

Peter Zeller

I. Einleitung

A. Problemstellung und heuristischer Ansatz 1. Problemstellung „Natürlich wollen wir nicht präziser sein, als das undurchsichtige Material es erlaubt; aber wir werden sicherlich nicht zu sehr in die Irre geführt werden, wenn wir davon ausgehen, daß die griechische Archaik im Jahr 1872 nach Christus begann.“1 Mit dieser provokanten Formulierung verweist der Altphilologe Glenn W. Most auf zwei grundlegende Bedingungen der Archaikforschung, die eng miteinander verwoben sind und die wissenschaftliche Diskussion bis heute prägen: die schwierige Quellenlage und die komplexe Forschungsgeschichte, die hinter diesem Epochenkonzept steht. Archaisch etablierte sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zunächst als Ordnungsbegriff der kunstgeschichtlich ausgerichteten Archäologie und wurde erst in der Folgezeit von Philologie und Geschichtswissenschaft aufgegriffen. In den Jahrzehnten um 1900 wurden spezifische Narrative, Paradigmen und Leitbegriffe formuliert, die bestimmte historische Phänomene als Merkmale einer archaischen Epoche der griechischen Geschichte auswiesen und es ermöglichten, das weitgehend unzusammenhängende Quellenmaterial in eine historische Rahmenerzählung zu integrieren.2 Jede Periodisierung basiert auf einer spezifischen Interpretation der Überlieferung und reduziert die historische Komplexität. Daher findet sich innerhalb der Archaikforschung von Beginn an ein breites Spektrum an konkurrierenden Narrativen, heuristischen Ansätzen und inhaltlichen Positionen. Das Konzept einer griechischen Archaik verdrängte alternative Epochensignaturen, wie etwa den problematischen Analogiebegriff „griechisches Mittelalter“3 oder die einseitige Charakterisierung als „Zeitalter der Kolonisation“4, wodurch der wissenschaftliche Zugriff auf die Zeit vor 5005 insgesamt an analytischer Schärfe gewann. 1946 schließlich warf Alfred Heuss in einem noch immer sehr lesenswerten Aufsatz dezidiert die Frage auf, inwieweit „[d]ie archaische Zeit Griechenlands als geschichtliche Epoche“ gefasst werden 1

Most (1989), 1. Zu der Begriffsgeschichte und der modernen Epochenkonzeption vgl.: Heuss (1946); Most (1989); Ulf (1990); Morris (1997b); Walter (1998); Hölkeskamp (2000b); Ulf (2004a); Davies (2009); Ulf (2009c); Walter (2013). 3 Meyer (1900); dazu auch: Ulf (1990), 1. 4 Bengtson (1950). 5 Sofern nicht anders angegeben, beziehen sich alle Jahreszahlen in Kapitel I auf die vorchristliche Zeit. Angaben zur modernen Forschungsgeschichte bleiben davon unberührt. 2

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Einleitung

könne.6 Die Grundlinien dieser Epochenkonzeption konturieren bis heute den wissenschaftlichen Diskurs über die Zeit zwischen den sog. Dark Ages und den Perserkriegen. Der historische Zugriff auf das archaische Griechenland ist – trotz eines stetigen Zuwachses an archäologischem Material seit den 1970er Jahren7 – noch immer in hohem Maß durch das weitgehende Fehlen einer zeitgenössischen schriftlichen Überlieferung begrenzt: Abgesehen von den homerischen Epen, deren Quellenwert für die archaische Zeit weiterhin kontrovers diskutiert wird, und den Schriften Hesiods sind nur überwiegend disparate Fragmente lyrischer Dichtung und (inschriftlicher) Rechtstexte erhalten.8 Das ist erheblich mehr Quellenmaterial als etwa zur Frühzeit der römischen Geschichte überliefert ist9, doch der interpretatorische Zugang gestaltet sich, nicht nur weil es sich fast ausschließlich um Dichtung handelt, äußerst schwierig: Erstens sind die Texte weitgehend dekontextualisiert überliefert, zweitens sind sie – soweit dies greifbar ist – diffus aus unterschiedlichen Siedlungsgemeinschaften erhalten und nehmen inhaltlich nicht unmittelbar Bezug aufeinander und drittens schließlich bildet, für sich genommen, keiner der Texte eine historische Entwicklung ab. Von philologischer Seite können zwar intertextuelle Bezüge aufgezeigt werden, die auf eine überregionale Verbreitung von 6

Heuss (1946). Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 2 sowie exemplarisch: Desborough (1972); Snodgrass (1974); Coldstream (1977); Snodgrass (1980); Morris (1987); Hiller (1991). 8 Allgemein zu der Diskussion um Mündlichkeit und Schriftlichkeit vgl.: Vansina (1965); Vansina (1985); Assmann / A ssmann (1988); Assmann (1995); Wirbelauer (2004); zur früharchaischen Dichtung: Fränkel (1951); Häussler (1976); Hainsworth (1980/1989); Ulf (1990); Dihle (1991); Ulf (2002); Foley (2005); R aaflaub (2005a); Ready (2007); Reichel / E rcolani /  R ossi et al. (2011); zu den homerischen Epen: Carpenter (1958); Gomme (1962); Parry (1966); Burkert (1976); R aaflaub (1989); Patzek (1990); Patzek (1992); R aaflaub (1993); Dalby (1995); West (1995); Nagy (1996); Jong (1997); Morris / Powell (1997); Nagy (1997); Dalby (1998); Nagy (1998); R aaflaub (1998); West (1999); Haubold (2000); Burkert (2001); Erler / G all / H eitsch et al. (2001); Wees (2002b); Patzek (2003); Ulf (2003b); Nagy (2004); Jong (2005); Latacz (2007); Nagy (2010); Ulf (2010d); Latacz (2011); Reichel / E rcolani /  R ossi et al. (2011); Ulf /  R ollinger (2011); West (2011); West (2014); zur Dichtung Hesiods: Allen / R ambaut (1915); Heitsch (1966); R aaflaub (1987); Marsilio (2000); Blümer (2001); Schmitz (2004b); Montanari / R engakos /  Tsagalis (2009); Reichel / E rcolani / Rossi et al. (2011); zur lyrischen Dichtung: Rösler (1984); Bowie (1986); Gentili (1988); Kurke (2000); Kurke (2007); Budelmann (2009); Bowie (2010); Bagordo / Z immermann (2011); Itgenshorst (2014); zur epigraphischen Überlieferung: Meiggs / L ewis (1969); Jeffery (1990); Hölkeskamp (1992a); Hölkeskamp (1992b); Hölkeskamp (1994); Hölkeskamp (1999); Hölkeskamp (2000a); Hölkeskamp (2004a); Whitley (2005); Seelentag (2009b); Seelentag (2015). 9 Vgl. dazu (mit weiterer Literatur): Walter (2016). 7

Problemstellung und heuristischer Ansatz

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Erzählstoffen bereits in der Früharchaik schließen lassen. Eine direkte Beziehung zwischen einzelnen Texten lässt sich jedoch nicht sicher nachweisen und zudem sind mögliche Zitate aufgrund fehlender Referenzpunkte kein methodisch belastbares Argument für eine chronologische Gliederung des Materials.10 Quellenkritische Informationen zur Datierung, über die Art der Texte, die vermeintlichen Autoren, die Rezipienten oder die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen müssen zum größten Teil aus den zu untersuchenden Quellen selbst erschlossen werden; hier besteht die Gefahr von Zirkelschlüssen. Der archäologische Befund liefert zwar wichtige Erkenntnisse über die Siedlungsstrukturen und die materiellen Rahmenbedingungen, es ist jedoch nicht möglich, diese Daten direkt einem der Texte zuzuordnen.11 Auch die Literatur der Klassik kann hier nicht als Referenzmaterial herangezogen werden: Sie konzeptualisiert die Zeit vor 500 primär als lineare Vorgeschichte ihrer eigenen Gegenwart und hat zudem einen engen regionalen Fokus insbesondere auf Athen und Sparta.12 Daher ist die Archaikforschung konstitutiv auf interpretatorische Vorannahmen angewiesen, die sich nicht (direkt) aus dem verfügbaren Quellenmaterial ableiten lassen, sondern den zunächst diffusen Quellenbefund vorstrukturieren und so überhaupt erst für eine historische Auswertung zugänglich machen: Die philologische und historische Einordnung der genannten Texte ist kein rein deskriptiver Vorgang, sondern ein in hohem Maße analytischer Prozess.13 Ansatzweise wurde dieses methodische Grundproblem bereits im 19. Jahrhundert reflektiert, aber erst die jüngere Forschung griff es systematisch auf und konnte deutlich machen, wie sehr moderne Darstellungen der Archaik auf unterschiedlichen Ebenen an ihre jeweiligen Prämissen gebunden sind. Aus dieser Erkenntnis heraus und im Zuge der theoretischen und methodischen Debatten 10

Zu möglichen intertextuellen Bezügen vgl.: Krafft (1963); West (1995); Blümer (2001); Latacz (2011); Reichel / E rcolani /  R ossi et al. (2011). 11 Allgemein zur Theorie und Methodik der Archäologie sowie zum Verhältnis zwischen materiellen und schriftlichen Quellen: Sherrat (1980); Simpson (1983); Hodder (1991); Halsall (1997); Morris (1997a); Morris (2000); Heinz /  E ggert / Veit (2003); Scheidel (2003); Scholkmann (2003); Scheidel (2004); Renfrew / Bahn (2005); Snodgrass (2007); Hertel (2008); Ulf (2010b); Burmeister / Müller-Schleessel (2011); Hall (2014); zum Verhältnis von archäologischen und historischen Quellen in der Archaikforschung: Desborough (1972); Snodgrass (1974); Coldstream (1977); Snodgrass (1980); Morris (1987); Hiller (1991); Crielaard (1995a); Crielaard (1995b); Kistler (1998); Morris (1998a); Kistler (2001a); Kistler (2001b); Whitley (2001); Hölkeskamp (2002b); Kistler (2004); Kistler / Ulf (2005); Bintliff / Howard /  Snodgrass (2007); Ulf (2009c); Eder (2011); Bintliff (2012). 12 Vgl. dazu (mit weiterer Literatur): Spahn (1977), 5–28; Walter (1993), 23–27; Seelentag (2014). 13 Vgl. dazu: Ulf (2002); Ulf (2003b); Ulf (2003c); Ulf (2006a); Ulf (2011b). Der quellenkritische Ansatz der vorliegenden Studie wird in Kapitel III. A. ausführlich diskutiert.

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Einleitung

innerhalb der Kultur- und Geisteswissenschaften wurden die überkommenen Narrative und Deutungskonzepte in den 1980er Jahren zunehmend brüchig und die Forschung begann neue Wege zu gehen. Diese Diskussion wurde zunächst seitens der Archäologie intensiviert, führte dann aber auch in der althistorischen Forschung zu einer kritischen Auseinandersetzung mit den eigenen Prämissen. Durch eine zunehmende konzeptionelle, begriffliche und regionale Differenzierung haben sich der wissenschaftliche Zugriff auf das archaische Griechenland und das Bild dieser Epoche in den vergangenen etwa drei Jahrzehnten grundlegend gewandelt: An die Stelle eines übergreifenden Entwicklungsnarrativs von den sog. Dark Ages über die „Renaissance“14 der griechischen Archaik bis hin zur klassischen (attischen) Polis trat sukzessive die Vorstellung einer diskontinuierlichen Entwicklung mit großen regionalen Unterschieden, die aufgrund der Überlieferungssituation nur an einzelnen Fallbeispielen und nur für jeweils kürzere Zeitabschnitte nachvollzogen werden kann.15 Doch auch wenn sich die Archaikforschung seit Jahrzehnten kritisch mit der linearen Perspektive älterer Erzählungen auseinandersetzt, bleibt eine ihrer Grundfragen, wie sich die komplexen gesellschaftlichen Wandlungsprozesse vollzogen haben, die in weiten Teilen des griechischen Siedlungsraumes zwischen dem 7. und 5. Jahrhundert zu der Ausformung und Verbreitung neuartiger politischer, rechtlicher und sozialer Strukturen – in unterschiedlichen Ausprägungen – geführt haben. Dabei kann eine teleologische Orientierung an der späteren Überlieferung nur vermieden werden, wenn die Archaik als historische Formation dezidiert von ihrer eigenen Frühzeit (8./7. Jahrhundert) her konzeptualisiert wird, doch gerade der Beginn dieser Epoche ist aus den genannten Gründen schwer zu fassen. In der vorliegenden Studie soll es daher nicht um die  – ohnehin nur punktuell 14

Burckhardt (1898); vgl. dazu: Christ (2000); Ulf (2004a); Finkelberg (2005); Burckhardt / Gehrke (2006). 15 Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 2 sowie: R aaflaub (1998); Hall (2007a); Osborne (2009); R aaflaub (2011a); Ulf (2011a); Welwei (2011); Seelentag (2015). Diese Diskussion lässt sich exemplarisch an der folgenden Literatur nachvollziehen: Strass­burger (1953); Finley (1954); Adkins (1960a); Adkins (1960b); Gschnitzer (1969); Adkins (1971); Andreev (1975); Bourriot (1976); Roussel (1976); Spahn (1977); Starr (1977); Andreev (1979a); Andreev (1979b); Murray (1980); Spahn (1980); Qviller (1981); Welwei (1981); Adkins (1982); Runciman (1982); Walter (1993); Mossé (1984); Donlan (1985); Starr (1986); Andreev (1988); Gschnitzer (1988); Welwei (1988); Donlan (1989); R aaflaub (1989); Stein-Hölkeskamp (1989); Murray (1990a); Murray / P rice (1990); Runciman (1990); Ulf (1990); Gschnitzer (1991); R aaflaub (1991); Stein-Hölkeskamp (1992); Welwei (1992); Cairns (1993); Raaflaub (1993); Qviller (1995); Adkins (1997); Donlan (1997b); R aaflaub (1997c); Cartledge (1998); Welwei (1998); Donlan (1999); R aaflaub (1999); Murray (2000); Blum (2001); Kistler / Ulf (2005); Schmitz (2004b); Schmitz (2014); Stein-Hölkeskamp (2015); zur archäologischen Forschung siehe die Literatur unter Anm. 7.

Problemstellung und heuristischer Ansatz

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belegten  – Wandlungsprozesse in einzelnen Siedlungsgemeinschaften gehen, sondern um die Frage, wie die heute in den Quellen greifbaren Anfänge dieser heterogenen Entwicklung angemessen erfasst und beschrieben werden können. Die Konzentration auf die Früharchaik hat zwei Gründe: Sie ergibt sich erstens aus deren Schlüsselstellung für den historischen Zugriff auf die gesellschaftliche Entwicklung im archaischen Griechenland insgesamt und ist zweitens dem vergleichenden Ansatz dieser Arbeit geschuldet. Im Verlauf des 7. Jahrhunderts haben sich im griechischen Raum soziale, politische und juristische Strukturen herausgebildet, die sich nur noch sehr bedingt mit den gesellschaftlichen Verhältnissen im mittelalterlichen Island vergleichen lassen. Eine scharfe Abgrenzung gegen die Vor- oder Folgezeit ist weder intendiert noch möglich. Es geht vielmehr darum, die grundlegenden historischen Prozesse von ihren greifbaren Anfängen in den Jahrzehnten um 700 her zu konzeptualisieren und zu beschreiben. Diese Frageperspektive verweist auf drei grundlegende Problemfelder der Archaikforschung, die es im Folgenden aus der aktuellen altertumswissenschaftlichen Diskussion heraus zu spezifizieren gilt: (1.) Wie sind die Texte Homers, Hesiods und der anderen früharchaischen Dichter zu datieren und historisch einzuordnen? (2.) Welche gesellschaftlichen Verhältnisse spiegeln sich in diesen Texten und den materiellen Hinterlassenschaften? (3.) Welche historische Entwicklung lässt sich daraus ableiten? Aufgrund der skizzierten Quellenlage ist die Beantwortung der dritten Teilfrage in hohem Maße an die Antworten auf die beiden ersten gebunden: Die Kontextualisierung der zeitgenössischen Schriftquellen und die Rekonstruktion der gesellschaftlichen Verhältnisse konturieren die Eckpunkte einer vorgestellten historischen Entwicklung, die wiederum aus diesen Rahmenbedingungen heraus zu erklären ist. In der Literatur findet sich ein breites Spektrum sehr unterschiedlicher, teilweise widersprüchlicher Antworten auf diese Fragen. Daher gibt es keinen Forschungsstand zur Archaik im engeren Sinne. Vielmehr hat sich ein Kanon an (vermeintlichen) Phänomenen herausgebildet, die kontrovers diskutiert und in verschiedenen Erklärungsmodellen immer wieder (neu) in einen historischen Zusammenhang gebracht werden. Im Folgenden sollen zunächst die Eckpunkte der klassischen Rahmenerzählung skizziert werden, die in den vergangenen Jahrzehnten vielfach kritisiert wurden, das Forschungsfeld aber noch immer erkennbar strukturieren: Die ältere Forschung ging davon aus, dass die homerischen Epen – als die vermeintlich ältesten griechischen Schriftquellen – Zeugnisse einer adeligen Lebenswelt und Mentalität seien, wohingegen die Dichtung Hesiods Einblicke in die Strukturen und Wertvorstellungen der bäuerlichen Bevölkerung gebe. Begründet wird diese Annahme durch eine zirkuläre Argumentation, die sich auf die quellenkritische Einordnung und die inhaltliche Interpretation der Texte bezieht:16 Ilias und Odyssee seien  – aufgrund ihrer Plots und der handelnden Figuren  – als Heldenepik zu 16

Vgl. dazu: Ulf (2002); Ulf (2003b); Ulf (2003c); Ulf (2010d); Ulf (2011b). Für eine ausführlichere Diskussion dieser Prämissen siehe Kapitel III.

14

Einleitung

charakterisieren. Sie transportierten daher eine adelige Werteordnung und seien für ein aristokratisches Publikum aufgeführt worden. Das sog. Aristie-Ideal, „immer Bester zu sein und überlegen zu sein den anderen“17, soll diese Prämisse bestätigen und gilt der traditionellen Forschung – obwohl diese Wendung in den homerischen Epen nur zweimal vorkommt18 – als Leitgedanke einer agonalen Adelsideologie. Demgegenüber verweise die Dichtung Hesiods auf bäuerliche Normen, die in Mahnungen wie der folgenden zum Ausdruck kommen, und sei folglich einer grundsätzlich anderen sozialen Wirklichkeit zuzuordnen:19 „Denn der Hunger ist treuer Kumpan dem trägen Gesellen. / ​Dem verargen es Götter und Menschen, welcher in Trägheit / ​Hinbringt den Tag, wie die Drohnen, die stachellosen, es lieben / ​Welche der Bienen geduldig Bemühn vertilgen in Trägheit, / ​Fressend die Tracht. Du mache Dich gern an das Maß deiner Arbeit, / ​Daß dir der Jahreszeiten Ertrag ausfüllt deine Speicher.“ (Übersetzung: Walter Marg) Aus dieser Argumentation heraus wird die frühgriechische Lyrik später datiert als die Texte Homers und Hesiods, da sie neben grundsätzlichen gesellschaftlichen Problemen auch den (illegitimen) Aufstieg neuer, ebenfalls adeliger Akteure – der turannoi20 – belege, die in der epischen Dichtung (noch) keine Erwähnung finden. Tatsächlich begegnet uns das Wort turannos erstmals bei den Lyrikern Archilochos und Semonides, daraus lassen sich jedoch weder eine belastbare Chronologie noch ein sozialer Wandel ableiten.21 Aus Sicht der älteren Forschung repräsentieren die früharchaischen Schriftquellen also nicht nur die unterschiedliche Lebenswelt und Mentalität mehr oder weniger klar abgrenzbarer sozialer Gruppen, sondern, in eine chronologische Ordnung gebracht, auch unterschiedliche Stadien gesellschaftlicher Entwicklung. Dieser Deutungsrahmen bringt das zunächst un17 18 19

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21

Übersetzung: Wolfgang Schadewaldt; Hom. Il. 6,208: αἰέν ἀριστεύειν καὶ ὑπείροχον ἔμμεναι ἄλλων. Die zweite Belegstelle ist: Hom. Il. 11,784. Hes. erg. 302–306: Λιμὸς γάρ τοι πάμπαν ἀεργῷ σύμφορος ἀνδρί· / ​τῷ δὲ θεοὶ νεμεσῶσι καὶ ἀνέρες ὅς κεν ἀεργὸς / ​ζώῃ, κηφήνεσσι κοθούροις εἴκελος ὀργήν, / ​οἵ τε μελισσάων κάματον τρύχουσιν ἀεργοὶ / ​ἔσθοντες· σοὶ δ’ ἔργα φίλ’ ἔστω μέτρια κοσμεῖν, / ​ὥ ς κέ τοι ὡραίου βιότου πλήθωσι καλιαί. Zu der Diskussion um die sog. ältere Tyrannis vgl.: Berve (1979); Diesner (1979a); Diesner (1979b); Drews (1979); Kinzl (1979a); Kinzl (1979b); Nilsson (1979); Oliva (1979a); Oliva (1979b); Plass (1979); Swoboda (1979); Ure (1979); White (1979); Will (1979); Cobet (1981); Stahl (1987); Jordan (1990); Barceló (1993); Fadinger (1993); Libero (1996); Dewald (2003); Kallet (2003); Morgan (2003b); Morris (2003); Raaflaub (2003); Anderson (2005); Kistler (2006); Ulf (2006c); Parker (2007); R abinowitz (2009); Stein-Hölkeskamp (2009); Ulf (2014). Zur frühgriechischen Lyrik und der älteren Tyrannis siehe Kapitel III. A.2.3.

Problemstellung und heuristischer Ansatz

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geordnete Quellenmaterial in einen historischen Zusammenhang und konstruiert so einen gesellschaftlichen Entwicklungsprozess und die zugehörigen historischen Phänomene  – wie die ältere Tyrannis  –, die in den Quellen nicht unmittelbar angelegt sind. Konzeptualisiert wird der historische Verlauf schließlich als Krise der zu Beginn der Argumentationskette postulierten aristokratisch geprägten Gesellschaftsordnung: Die etablierten basileis hätten ihre gesellschaftliche Vorrangstellung sukzessive an aufstrebende Akteure – wie die turannoi – verloren. Zugleich habe sich die bäuerliche Schicht politisiert und  – etwa durch eine wachsende militärische Bedeutung der Hoplitenphalanx22 und die zunehmende Verbreitung einer gegen das übersteigerte adelige Konkurrenzverhalten gerichteten middling ideology23 – innerhalb der Siedlungsgemeinschaften an Einfluss gewonnen. Dieser vermeintliche Antagonismus zwischen dem Adel und der übrigen Bevölkerung habe zu sozialen Spannungen und einer Krise der bestehenden Ordnung geführt, die schließlich durch die Ausbildung und Verfestigung der klassischen Polistrukturen hätten kanalisiert werden können.24 Als paradigmatisch für diese Entwicklung hin zur Polis gelten die in Solons eunomia-Elegie25 formulierten Grundsätze zur Organisation des Zusammenlebens in Athen.26 Inwieweit der ‚Adel‘ die politische Teilhabe gewährte – um die Reste seiner Privilegien zu sichern – oder die einfachen Bauern sich diese erkämpften, blieb dabei in der Forschung umstritten.27 Mit dieser knappen Skizze ist zugleich angedeutet, wie sehr das Bild der Früharchaik die Erzähl- und Deutungskonzepte der Archaikforschung insgesamt prägt. Zentrale Elemente dieser Rahmenerzählung gelten weiten Teilen der Forschung heute als überholt oder wurden in den letzten Jahren zumindest erheblich relativiert: 22

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Zu der Diskussion um die Hoplitenphalanx vgl.: Snodgrass (1965); Latacz (1977); Salmon (1977); R aaflaub (1997c); R aaflaub (2005b); Krentz (2007); R abinowitz (2009); Schwartz (2009); Echeverría (2012). Zu dem Modell der middling ideology vgl.: Spahn (1977); Kurke (1999); Morris (2000); Kistler (2004); Rougier-Blanc (2008); Rabinowitz (2009); Mohr (2013). Zu diesem Argumentationszusammenhang vgl. die Literatur unter Anm. 34; spezifisch zur Ausbildung institutioneller Strukturen: Gschnitzer (1969); Gagarin (1986); Gschnitzer (1988); Gschnitzer (1991); Gagarin (1992); Hölkeskamp (1992a); Hölkeskamp (1992b); Walter (1993); Effenterre /  E ffenterre (1994); Hölkeskamp (1994); Hölkeskamp (1997); Osborne (1997); Hölkeskamp (1999); Hölkeskamp (2000a); Raaflaub (2000); Vliet (2000); Ulf (2001b); Papakonstantinou (2002); Hölkeskamp (2003); Hölkeskamp / Rüsen /  Stein-Hölkeskamp et al. (2003); Vliet (2003); Hölkeskamp (2004a); Perlman (2004b); Gagarin (2005a); Gagarin (2005b); Gagarin / C ohen (2005); Hölkeskamp (2005); Thomas (2005); Gagarin (2008); Papakonstantinou (2008); Schmitz (2008a); Ulf (2009c); Vliet (2011); Gagarin (2013); Seelentag (2015). Solon fr. 4 West = Dem 19,254–256. Zu Solons eunomia-Elegie vgl.: Stahl (1992); Raaflaub (1993); Hölkeskamp (2005); Irwin (2005); R aaflaub (2008). Vgl. dazu: Eder (1986); Schmitz (2004b), 127–147.

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Einleitung

Dies betrifft neben der Datierung der Schriftquellen und deren historischer Einordnung28 die qualitative Unterscheidung zwischen ‚adeliger‘ und bäuerlicher Lebenswelt und Mentalität sowie die Annahme, in den Texten Homers und Hesiods spiegle sich eine weitgehend stabile, ‚aristokratisch‘ geprägte Ordnung.29 Darüber hinaus sind das skizzierte Krisen-Paradigma sowie die klassische Sicht auf die sog. ältere Tyrannis als Indikator für den Zerfall der gesellschaftlichen Ordnung und als Stadium einer entsprechenden historischen Entwicklung in den letzten Jahren zunehmend in die Kritik geraten.30 Es gibt jedoch kaum übergreifende Studien, die diese Kritikpunkte systematisch zusammenführen.31 Vielmehr prägen diese Prämissen in der Forschungspraxis noch immer das Erkenntnisinteresse und die Frageperspektive.32 Dieser Befund markiert den Ausgangspunkt der vorliegenden Studie. Wie bereits angedeutet, begann sich die Archaikforschung in den 1980er Jahren konzeptionell zu wandeln, und der bis dahin dominierende rechts- und institutionengeschichtliche Ansatz wurde sukzessive durch sozial- und kultur­ wissenschaftlich akzentuierte Fragestellungen abgelöst. Aus der Fokussierung auf die gesellschaftlichen Akteure und deren Handlungsrahmen ergab sich ein neues, zunehmend dynamisches und differenziertes Bild der Früharchaik. Zu zentralen Aspekten der gesellschaftlichen Organisation und Entwicklung besteht jedoch nach wie vor erheblicher Klärungsbedarf: Anhand der schriftlichen und materiellen Überlieferung werden für früharchaische Siedlungsgemeinschaften grundsätzlich 28

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Vgl. zur lyrischen Dichtung: Strassburger (1953); Anderson (2005); R abinowitz (2009); Itgenshorst (2014); zur Epik: Qviller (1981); Ulf (1990); Dalby (1995); Dalby (1998); Ulf (2001a); Ulf (2001c); Ulf (2002); Ulf (2003a); Ulf (2003b); Ulf (2004a); Ulf (2007); Ulf (2009c); Ulf (2010c); Ulf (2010d); Seelentag (2014);. Vgl. dazu: Calhoun (1934); Donlan (1985); Welwei (1981); Ulf (1990); Ulf (2001b); Duplouy (2006a); Ulf (2007); Ulf (2009c); Ulf (2010d); Ulf (2011a); Ulf (2018). Zur Kritik an dem Konzept der Tyrannis vgl.: Jordan (1990); Anderson (2005); Ulf (2006c); R abinowitz (2009); Ulf (2014); allgemein zur gesellschaftlichen Entwicklung siehe: Ulf (1988); Ulf (1989); Ulf (2001b); Ulf (2006b); Ulf (2008a); Ulf (2010d); Ulf (2010a); Ulf (2011c); Ulf (2012a); Ulf (2013); Seelentag (2014); Seelentag (2015). Osborne (2009) und Welwei (2011) bieten – unter Berücksichtigung der jüngeren Forschung – jeweils eine gelungene Gesamtdarstellung der griechischen Geschichte von den sog. Dark Ages bis zum Ende der Perserkriege bzw. von der mykenischen Zeit bis zum Beginn des Hellenismus. Allerdings können beide Arbeiten die spezifischen Fragen zum 8. und 7. Jahrhundert aufgrund ihrer Makroperspektive letztlich nur kursorisch diskutieren. Die Kritik zielt nicht darauf ab, dass diese Forschungspositionen an verschiedene Vorannahmen gebunden sind – dies ist eine Grundtatsache historischen Arbeitens –, sondern auf die Frage, wie reflektiert mit diesen Prämissen umgegangen wird und wie gut sie an den Quellen belegt werden können.

Problemstellung und heuristischer Ansatz

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eine elitäre, eine bäuerliche und eine unterbäuerliche Schicht unterschieden, wobei letztere in den Schriftquellen kaum Erwähnung findet und auch archäologisch nur sehr schwer zu greifen ist. Wie stabil diese Schichten waren und wie sie gegen­ einander abzugrenzen sind, ist nach wie vor umstritten – zumal die ökonomische Basis auch der Elite eine agrarisch und pastoral geprägte Subsistenzwirtschaft war (s. Kapitel III). Institutionelle Strukturen sind in Ansätzen erkennbar, doch die gesellschaftliche Ordnung basierte primär auf dem Handeln und Ansehen einzelner Akteure oder sozialer Gruppen. So lag die Leitung und Organisation der Gemeinwesen – zumindest in der epischen Dichtung – bei den basileis33, die u. a. in Konfliktsituationen als Schlichter fungieren konnten. Eine umfassende, formell abgesicherte Herrschaft übten sie jedoch offenbar nicht aus. Christoph Ulf konnte in mehreren Arbeiten zeigen, dass die Position der basileis weder geburtsständisch noch rechtlich legitimiert und auf Dauer gestellt war, sondern auf einem komplexen Geflecht von Ressourcen beruhte und immer wieder aktualisiert werden musste. Worauf ihre Vorrangstellung konkret basierte und wie stabil diese war, wird jedoch noch immer kontrovers diskutiert.34 Im Zentrum steht dabei die Frage, über welche Kapitalien ein (langfristig) erfolgreicher Akteur verfügen musste und wie diese vor dem Hintergrund der Erwartungen und Normen früharchaischer Siedlungsgemeinschaften zu gewichten sind. Ebenso unklar blieb bislang, wie das offensichtliche Spannungsverhältnis von Stabilität und Instabilität in der Stellung der basileis konzeptionell in den Griff zu bekommen ist. Was die historische Entwicklung betrifft, so ist das oben skizzierte Krisenparadigma – trotz alternativer Forschungsansätze – noch immer das dominierende Modell zur Beschreibung des sozialen Wandels in (früh)archaischen Siedlungsgemeinschaften. Aus der aktuellen Forschungsdiskussion heraus ist die historische Fragestellung der vorliegenden Studie daher wie folgt zu präzisieren: (1.) Auf welchen Kapitalien basierte die (dauerhafte) Vorrangstellung einzelner Akteure oder sozialer Gruppen in früharchaischen Siedlungsgemeinschaften und welche Erkenntnisse ergeben sich daraus hinsichtlich der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen?35 (2.) In

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Für eine bessere Lesbarkeit werden griechische Begriffe im Fließtext  – von Zitaten abgesehen – in normalisierter lateinischer Umschrift dargestellt. 34 Vgl. dazu: Welwei (1981); Welwei (1988); Stein-Hölkeskamp (1989); Ulf (1990); Gschnitzer (1991); R aaflaub (1991); Eder (1992); Wees (1992); Welwei (1992); Walter (1993); R aaflaub (1997a); Stein-Hölkeskamp (1997); Meier (1998); Welwei (1998); Osborne (2004); Schmitz (2004b); Hall (2007a); Schmitz (2007); Schmitz (2008b); Osborne (2009); Werlings (2010); Rose (2012); Gschnitzer (2013); Schmitz (2014); Stein-Hölkeskamp (2015). 35 Durch den Begriff „Vorrangstellung“ soll deutlich gemacht werden, dass es im früharchaischen Griechenland keine fest institutionalisierten Macht- oder Herrschaftsverhältnisse gab; zu den Konzepten „Macht“ und „Herrschaft“ vgl.: Weber (1980/1921); Sigrist (2004a); Gostmann /  M erz-Benz (2007).

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Einleitung

welchem Verhältnis stand die Elite zum Rest der Gemeinschaft? (3.) Wie lässt sich die gesellschaftliche Entwicklung im (früh)archaischen Griechenland konzeptualisieren und darstellen, ohne eine soziale Dialektik zwischen den vermeintlichen Großgruppen ‚Adel ‘ und ‚Volk‘ vorauszusetzen?

2. Heuristischer Ansatz Seit der Theologe und Historiker Johann Martin Chladenius 1742 aufgezeigt hat, wie sehr jedes historische Urteil an den „Sehepunkt“ des jeweiligen Historikers gebunden ist, gehört die Reflexion dieses epistemologischen Grundprinzips zum theoretisch-methodischen Inventar historischen Arbeitens.36 Vorannahmen auf unterschiedlichen Ebenen strukturieren das jeweilige Forschungsfeld und generieren entsprechende Erkenntnisziele. In der Praxis können sich daraus unterschiedliche Konsequenzen ergeben, je nachdem, ob die jeweiligen Prämissen das historische Urteil auf einer vortheoretischen Ebene gleichsam untergründig leiten oder als bewusst reflektierter „Sehepunkt“ ihrerseits ein überprüf- und kontrollierbares heuristisches Werkzeug darstellen. Mit der vorliegenden Studie soll in gleichsam experimenteller Weise ausgelotet werden, welches heuristische Potential ein möglichst weitgehend reflektierter historischer Vergleich erstens für die oben formulierten Fragen zum früharchaischen Griechenland hat und welche konkreten historischen Erkenntnisse sich daraus zweitens ergeben. Um dieses komplexe erkenntnistheoretische Problem operationalisierbar zu machen, werden hier zunächst vier Ebenen historischen Arbeitens unterschieden, die in der Praxis vielfältig aufeinander bezogen sind: Erstens, der theoretische Rahmen, in dem gesellschaftliche Ordnung und sozialer Wandel konzeptualisiert und analysiert werden; zweitens die narrative Perspektive, aus der die Geschichte der Archaik erzählt wird; drittens die quellenkritischen Prämissen, die die Überlieferung überhaupt erst in einen historischen Zusammenhang bringen; und viertens schließlich die konkreten historischen Vorannahmen über die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und Zusammenhänge, die den Fragehorizont vorprägen und das Forschungsfeld entsprechend strukturieren. Diese methodische Hilfskonstruktion soll – soweit dies möglich und erforderlich ist – den Einfluss der als problematisch erkannten Forschungsgeschichte auf die vorliegende Studie minimieren und deren eigene Prämissen zugleich überprüfbar machen. Den analytischen Kern der Arbeit bildet ein empirisch fundiertes Modell gesellschaftlicher Organisation und Entwicklung, das nicht auf einer statischen Unterscheidung zwischen staatlicher und nicht-staatlicher Ordnung basiert. Dahinter steht der methodische Ansatz, eine andere, vergleichbare, aber besser

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Siehe dazu: Chladenius (1752/ND 1985).

Problemstellung und heuristischer Ansatz

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dokumentierte Gesellschaft als Vergleichsobjekt heranzuziehen, um erstens auf eine erweiterte Materialbasis und damit zweitens auf ein empirisch besser fundiertes heuristisches Instrumentarium zugreifen zu können, das drittens konzeptionell möglichst unabhängig von der Forschungsgeschichte der Archaik sein sollte.37 Inwieweit auf diesem Weg bekannte Positionen bestätigt oder neue Aspekte in die Forschungsdiskussion eingebracht werden können, wird sich bei der Anwendung des Modells zeigen müssen. In jedem Fall aber soll diese Arbeit zu der kritischen Debatte über das heuristische Instrumentarium der Archaikforschung beitragen und diese ergänzen, um das moderne Vorverständnis im Umgang mit dem früharchaischen Quellenmaterial auf einer breiteren empirischen Basis methodisch besser absichern zu können. Die methodische Umsetzung dieses Vorhabens und die Probleme, die ein solcher Ansatz mit sich bringt, sind im Folgenden gesondert darzustellen und zu diskutieren. Abschließend werden in dieser Einleitung – als Grundlage der historischen Analysen in Kapitel III – der theoretische Rahmen und die erzählerische Perspektive der Arbeit erläutert und reflektiert. Mit der isländischen Freistaatzeit (ca. 930–1262/4 n. Chr.)38 konnte trotz anhaltender Kontroversen innerhalb der skandinavistischen Forschung eine Vergleichsgesellschaft identifiziert werden, deren Verwendung als historisches Modell methodisch gerechtfertigt und empirisch aussichtsreich erscheint (s. Kapitel II); daher wurde dieser einzigartige Quellenbestand hier erstmals systematisch und in größerem Umfang als Vergleichsobjekt für die komplexen gesellschaftlichen Wandlungsprozesse im früharchaischen Griechenland herangezogen: Trotz der schwierigen Überlieferungssituation, sind die Anfänge keiner anderen Gesellschaft der europäischen Vormoderne in ähnlicher Weise dokumentiert.39 Der Vergleich zweier zeitlich und räumlich weit auseinanderliegender Gesellschaften erfordert besondere methodische Vorsicht und bedarf einer ausführlichen Begründung. Um vorschnelle Analogie- und Zirkelschlüsse vermeiden zu können, müssen außerdem klar umgrenzte Ziele und Fragen formuliert und mit einer reflektierten Methodik verknüpft werden. Das große Potential historischer Vergleichsstudien gerade für die griechische Archaik wurde in jüngerer Zeit eindrücklich unter Beweis gestellt. 37

Die vorliegende Studie ging aus einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt („Gesellschaftliche Formierungsprozesse im archaischen Griechenland und der isländischen ‚Freistaatzeit‘: Perspektiven eines diachronen Vergleichs“) hervor. 38 Zu dem Begriff „Freistaatzeit“ siehe Kapitel II. 39 In der althistorischen Forschung gibt es bislang zwei Studien, die sich punktuell mit diesem Quellenmaterial auseinandersetzen; Qviller (1990) vergleicht weitgehend unreflektiert einzelne Textpassagen mit Auszügen aus den homerischen Epen; Meier (2010) zieht das Material für einen methodisch reflektierten Vergleich zum spartanischen Ephorat heran. Mit dem Begriff „Vormoderne“ ist hier kein Konzept einer geschlossenen historischen Formation verbunden, er dient nur der zeitlichen Einordnung.

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Einleitung

Namentlich Winfried Schmitz und Christoph Ulf haben diese Methodik mehrfach erprobt und entsprechende Leitsätze formuliert – die vorliegende Studie knüpft an deren Arbeiten an.40 Aufgrund der langen und äußerst komplexen Forschungsgeschichte kann es hier nicht das Ziel sein, ein vollkommen neues Bild der gesellschaftlichen Organisation und Entwicklung im früharchaischen Griechenland zu zeichnen. Vielmehr knüp­ fen die folgenden Analysen in vielfältiger Weise an die aktuelle Forschungsdiskus­ sion an und sind als ein kritischer Beitrag zu der vielschichtigen Debatte um das (früh)archaische Griechenland zu verstehen. Im Zentrum steht dabei, wie erwähnt, nicht die detaillierte Beschreibung einzelner Siedlungsgemeinschaften, sondern der historische Zugriff auf die grundlegenden Strukturen früharchaischer Vergesellschaftung insgesamt. Der methodische Ansatz dieses Vergleichs eignet sich daher nicht für vorstellungs- oder mentalitätsgeschichtliche Fragestellungen. Auch die Rolle der Religion konnte vor diesem Hintergrund – und mangels geeigneter Quellen – nicht in die Studie miteinbezogen werden. Ähnliches gilt für die ökonomischen Verhältnisse: Sie sind zwar ein zentraler Bestandteil der Begründung des Vergleichs, konnten aufgrund der Quellenlage aber nicht selbst zum Gegenstand der Untersuchung gemacht werden. Auch durch einen Vergleich mit dem mittelalterlichen Island lassen sich die konkreten Lebensbedingungen und die einfachen (unter)bäuerlichen Akteure in früharchaischen Siedlungen nicht präziser fassen, als dies bislang der Fall ist. Die vorliegende Arbeit geht auf ein durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördertes Projekt zurück, das zunächst sehr viel breiter angelegt war. Ursprünglich sollte der gesamte Zeit- und Siedlungsraum der griechischen Archaik hinsichtlich der folgenden Problemfelder mit dem mittelalterlichen Island verglichen werden – auch um das Potential und die Grenzen eines solchen Ansatzes systematisch ausloten zu können: gesellschaftliche Organisation und Entwicklung; soziale Differenzierung; Ausbildung von Ämtern; Verschriftlichung von Normen; überregionale Kommunikations- und Handlungsräume. Bereits in der Frühphase des Projekts hat sich jedoch gezeigt, dass ein solches Vorhaben mit erheblichen inhaltlichen und methodischen Problemen verbunden ist, und so konnte nur ein Teil des Vorhabens tatsächlich umgesetzt werden: Erstens haben sich die isländischen Quellen aufgrund der komplexen Überlieferungssituation nicht in allen Bereichen als so ergiebig erwiesen, wie zunächst erwartet;41 zweitens weist das griechische Material in verschiedenen Forschungsfeldern – etwa was die Verschriftlichung des Rechts oder das Gefüge überregionaler Räume betrifft – so 40

Vgl. dazu: Ulf (1990); Schmitz (2004b); Ulf (2006a); Ulf (2009a). Gagarin formulierte 2008 die Hoffnung, das Verhältnis von mündlichem und schriftlichem Recht durch einen Vergleich der griechischen Quellen insbesondere mit der isländischen Brennu-Njáls saga präziser beschreiben zu können; vgl.: Gagarin (2008), 27. Dem widersprechen die Ergebnisse der vorliegenden Studie.

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Methodische Umsetzung

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erhebliche Überlieferungslücken auf, dass eine vergleichende Analyse letztlich kaum über mehr oder weniger plausible Analogiebildungen hinauskommen kann; drittens hat sich gezeigt, dass sich das mittelalterliche Island aufgrund der divergenten historischen Entwicklung nur für die Frühphase der Archaik als unmittelbares Vergleichsobjekt eignet. Viertens schließlich weisen die altertumswissenschaftliche und die skandinavistische Forschung konzeptionelle Gemeinsamkeiten auf, die einen erheblichen Einfluss darauf haben, wie die jeweiligen Gesellschaften dargestellt werden: Sowohl das Island der Freistaatzeit als auch das archaische Griechenland werden als eine Art big man society konzeptualisiert. Das analytische Instrumentarium beider Disziplinen geht auf allgemeine Entwicklungen in den Kultur- und Geisteswissenschaften seit den 1970er und 80er Jahren zurück. Eine direkte Abhängigkeit der Forschungsansätze ist zwar nicht erkennbar, es kann jedoch nicht vollständig ausgeschlossen werden, dass die beobachtete Ähnlichkeit der Vergleichsgesellschaften zum Teil auch auf diesen Deutungsrahmen zurückzuführen ist. Dieser Einwand wird jedoch dadurch erheblich relativiert, dass das Bild der isländischen Freistaatzeit, auf das sich die vorliegende Studie bezieht, weniger auf einer festen Typologie als vielmehr auf dem konkreten empirischen Befund aus dem vielfältigen Quellenmaterial basiert. Zudem ist jede Forschung – ob dies reflektiert wird oder nicht  – notwendigerweise in einen spezifischen Zeit- und Deutungshorizont eingebunden. Trotz dieser Einschränkungen hat sich die isländische Freistaatzeit  – gerade auch aus den Differenzen zwischen den Vergleichsgesellschaften heraus  – als wertvolle Vergleichsfolie für das früharchaische Griechenland erwiesen. Umfang und Zuschnitt der einzelnen Kapitel sowie die Struktur des Textes insgesamt sind dem komplexen methodischen Ansatz und der nicht zuletzt auch konzeptionellen Zielsetzung geschuldet.

B. Methodische Umsetzung Das Vorhaben, die isländische Freistaatzeit und ihre Quellen für eine diachron-vergleichende Untersuchung zum früharchaischen Griechenland heranzuziehen, verfolgt verschiedene (Zwischen-)Ziele, die auf unterschiedlichen Ebenen anzusiedeln sind: Erstens ist plausibel zu machen, dass und inwiefern die Gemeinwesen der Früharchaik mit der Gesellschaft des mittelalterlichen Island überhaupt vergleichbar sind; zweitens zielt dieser Vergleich darauf ab, ein historisches Modell gesellschaftlicher Organisation und Entwicklung zu erarbeiten, das drittens als heuristisches Werkzeug zur Beschreibung und Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse im früharchaischen Griechenland und deren Wandel herangezogen werden soll. Der Vergleich historischer Konstellationen ist kein neues Phänomen der Geschichtswissenschaft, hat in den letzten Jahrzehnten jedoch zunehmend an Bedeu-

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Einleitung

tung gewonnen. Im Zuge der Debatten um die Sozial- und Kulturgeschichte wurde die Methodik des historischen Vergleichs erheblich erweitert und systematisiert, und die Geschichtswissenschaft begann sich den großen Bestand sozial- und kulturanthropologischer Vergleichsdaten zu erschließen.42 Anders als zu erwarten wäre, findet in diesen Disziplinen jedoch kaum eine systematische Auseinandersetzung mit den theoretisch-methodischen Grundlagen von Vergleichsstudien statt. Da der Vergleich, gerade auch zeitlich und räumlich weit auseinanderliegender Gesellschaften, ein zentraler Bestandteil nicht nur der ethnologischen Arbeit ist, handelt es sich hier um ein Desiderat, das in jüngerer Zeit auch als solches wahrgenommen wurde.43 Die sozial- und kulturanthropologische Forschung verfügt heute über eine differenzierte Typologie zur Beschreibung gesellschaftlicher Organisationsformen und ihrer Akteure. Doch die konkrete zeitliche und das heißt letztlich historische Perspektivierung bleibt dabei zumeist außen vor – nicht zuletzt, um sich vom Evolutionismus der älteren Forschung abzugrenzen.44 Dieser Umstand muss immer mitgedacht werden, wenn entsprechende Modelle auf historische Fragestellungen übertragen werden. Die Geschichtswissenschaft hingegen führt seit Jahrzehnten eine rege Debatte über den historischen Vergleich; es sei an dieser Stelle nur auf einige grundlegende Arbeiten verwiesen.45 Der archäologische Vergleich soll hier nicht eigens thematisiert werden, da sich die Problemlage, was 42

Vgl. zu dieser Diskussion exemplarisch die Aufsatzsammlung von Aloys Winterling: Winterling (2006) sowie: Meuli (1975); Humphreys (1978); Hardtwig / Wehler (1996); Mergel (1996); Oexle (1996); Sarasin (1996); Goodman (1997); Mergel / Welskopp (1997); Flaig (1999); Berent (2000); Landwehr (2003); Stollberg-Rilinger (2005); Hunt (2008); Bachmann-Medick (2009). Unter den Begriffen „Sozial- und Kulturanthropologie“ werden  – von Geschichtswissenschaft und Soziologie abgesehen – in dieser Untersuchung alle wissenschaftlichen Disziplinen subsumiert, die sich mit der Erforschung menschlicher Vergesellschaftung und Kultur beschäftigen. Besonders aus einer internationalen Perspektive gibt es hier keine einheitliche Nomenklatur. 43 Vgl. dazu: Bringéus (2000); Kaschuba (2003); Pollock (2017); allgemein zu den Methoden der Sozial- und Kulturanthropologie (jeweils mit weiterer Literatur): Douglas (1975); Honneth / Joas (1980); Service (1985); Turner (1985); Geertz (1992); Siddique (1992); Turner (1992); Geertz (1994); Moore (1994); Bausinger / Bedal (2000); Kaschuba (2000); Harris (2001); Därmann / Jamme (2002);Reikat (2005); Barnard (2007); Werkmeister (2010); Kaschuba (2012); Reckwitz (2012). 44 Vgl. dazu: Medick (1984); Burke (1992); Isaac (1992); Sokoll (1997); exemplarisch zu den Typologien der sozial- und kulturanthropologischen Forschung: Sahlins / Service / White (1960); Sigrist (1962); Sahlins (1963); Sigrist (1979); Evans-Pritchard (1983); Kramer (1983); Leach (1983); Sigrist (1983); Kuper (1988); Earle (1991); Yoffee (1993); Earle (1997); Johnson / E arle (2000); Petermann (2004); Sigrist (2004b); Patzelt (2007a); Kohl (2012). 45 Zur Methode des Vergleichs in der Geschichtswissenschaft: Bichler (1978); Hampl /  Weiler (1978); Gehrke (1994); Haupt (1996); Haupt / K ocka (1996a); Haupt / K ocka (1996b); Kaelble (1996); Kocka (1996); Meier (1996); Osterham-

Methodische Umsetzung

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die Vergleichbarkeit historisch-kultureller Formationen betrifft, weitestgehend deckt.46 Da Form und Umsetzung eines historischen Vergleichs von den Erkenntnisinteressen und den Vergleichsobjekten der jeweiligen Studie abhängen, müssen die verschiedenen komparativen Forschungsansätze hier nicht im Einzelnen diskutiert werden; es soll genügen, den im Rahmen der vorliegenden Studie durchgeführten Vergleich näher zu bestimmen. Aufgrund der methodischen Probleme, die komparative Forschung mit sich bringt, ist jeder Vergleich im Einzelfall zu begründen und an die spezifische Fragestellung anzupassen: Worauf zielt der Vergleich ab? Sind die Vergleichsobjekte grundsätzlich vergleichbar? Wie wird das Vorhaben methodisch umgesetzt? Die erste Frage wurde bereits beantwortet: Mit dem hier durchgeführten Vergleich soll ein empirisch fundiertes Modell gesellschaftlicher Organisation und Entwicklung als heuristisches Werkzeug für die Archaikforschung bereitgestellt werden. Dazu ist in Kapitel II der einzigartige Quellenbestand Islands über die skandinavistische Forschungsliteratur als Vergleichsfolie zu erschließen, um auf dieser Basis die Erkenntnisse der Islandforschung zu einem kritischen Analyseinstrument für die früharchaischen Schriftquellen verdichten zu können. Dieses Modell soll bewusst auf einer empirischen Grundlage formuliert und erst dann in den unten skizzierten theoretischen Rahmen eingeordnet werden. Es ist besonders darauf zu achten, das Modell nicht an ein Vorverständnis der gesellschaftlichen Verhältnisse im früharchaischen Griechenland anzulehnen, sondern nur aus der skandinavistischen Forschung und dem isländischen Quellenmaterial heraus zu entwickeln. Auf dieser Grundlage ist dann zu überprüfen, ob die Gemeinwesen des mittelalterlichen Island und der griechischen Früharchaik Rahmenbedingen und Strukturen aufweisen, die eine vergleichende Untersuchung methodisch rechtfertigen und empirisch aussichtsreich erscheinen lassen. Dazu wurden anhand der einschlägigen Arbeiten zum archaischen Griechenland und der theoretisch-methodischen Literatur zur historischen Komparatistik spezifische Vergleichskriterien formuliert. Um mögliche Zirkelschlüsse vermeiden zu können, ist unter anderem danach zu fragen, ob es Berührungspunkte zwischen den Quellen und der Forschungsliteratur zu den Vergleichsgesellschaften gibt. Die Einschätzung der Vergleichbarkeit basiert zunächst auf den heute weithin anerkannten Grundannahmen über das früharchaische Griechenland und die isländische Freistaatzeit und muss im Zuge der konkreten Anwendung des Modells weiter spezifiziert mel (1996); Kaelble (1999); Schmitz (1999); Kaelble (2003); Kaelble / S chriewer (2003); Mjøset (2003); Möller (2003); Osterhammel (2003); Schilling (2003); Siegrist (2003); Schmitz (2004b); Winterling (2006); Martin (2009); Dörner / Franz / M ayr (2011). 46 Vergleichende Methoden bei der Interpretation von Funden sind hier nicht zu diskutieren; zum archäologischen Vergleich siehe die Literatur unter Anm. 11 sowie: Ickerodt (2010).

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Einleitung

werden.47 In Hinblick auf den angestrebten Erkenntnisgewinn bezüglich der Früharchaik sind dabei nicht nur die Ähnlichkeiten, sondern gerade auch die Differenzen in den Blick zu nehmen. Zum Abschluss dieses Kapitels sind die Prämissen der Islandforschung zu diskutieren und es ist danach zu fragen, inwieweit die Skandinavistik – soweit es diese Arbeit betrifft – von der kontinentaleuropäischen Mediävistik beeinflusst ist, um nicht auf diesem Weg in der Mittelalterforschung längst als problematisch erkannte Narrative und Deutungskonzepte in die Archaikforschung zu ‚importieren‘. Die eigentliche Anwendung des Modells auf das früharchaische Griechenland erfolgt in Kapitel III in mehreren Schritten: Zunächst müssen die zeitgenössischen Texte quellenkritisch eingeordnet werden, da dies, wie oben dargelegt, die Grundlinien für deren historische Auswertung bestimmt. Das Modell fungiert als heuristisches Instrumentarium und gibt daher die weitere Struktur der Untersuchung vor: Es ist schrittweise mit der aktuellen Forschungsdiskussion und dem früharchaischen Quellenmaterial abzugleichen, um überprüfen zu können, inwieweit sich aus dieser Perspektive bestehende Forschungspositionen zu den oben formulierten Fragen bestätigen, ergänzen oder korrigieren lassen. Das ‚Vetorecht‘ freilich bleibt bei den Quellen: Sollten sich alternative Interpretationsansätze ergeben, sind diese an der zeitgenössischen Überlieferung zu diskutieren. In einem letzten Schritt sollen die auf diesem Weg gewonnen Ergebnisse zu einem Gesamtbild zusammengeführt und im Ganzen nochmals in die aktuelle Forschungsdiskussion zum früharchaischen Griechenland eingeordnet werden, um ihre Plausibilität und ihr heuristisches Potential abschließend beurteilen zu können. Die Archaikforschung hat sich in den letzten Jahrzehnten erheblich diversifiziert und ist heute kaum mehr in allen Details zu überblicken. Daher können hier nicht alle methodischen und inhaltlichen Positionen im Einzelnen nachgezeichnet und diskutiert werden; dies sprengte den Rahmen der vorliegenden Studie. Es geht vielmehr darum, die argumentative Grundstruktur und die konstitutiven Vorannahmen der prägenden Forschungsrichtungen zu identifizieren und kritisch zu reflektieren. Darüber hinaus wird auf die entsprechende Literatur verwiesen. Sind damit übergreifende Diskussionszusammenhänge angesprochen, die die Argumentation dieser Arbeit nicht unmittelbar betreffen, wird die Literatur summarisch ohne weitere Kommentierung angegeben, da sich einzelne Arbeiten aufgrund der vielschichtigen Problemlage häufig nicht nur einer Position zuordnen lassen. Ein 47

Jeder historische Vergleich basiert auf einem Vorverständnis der Vergleichsobjekte. Im vorliegenden Fall ist dieser Punkt jedoch methodisch kritisch, da die grundlegenden gesellschaftlichen Verhältnisse im früharchaischen Griechenland selbst Gegenstand der Untersuchung sind. Daher muss dieses Vorgehen im Verlauf der Arbeit immer wieder reflektiert werden. Einen Forschungsstand im engeren Sinne gibt es – über die groben gesellschaftlichen Strukturen hinaus – weder für das früharchaische Griechenland noch für die isländische Freistaatzeit. In beiden Forschungsfeldern werden sehr unterschiedliche, teilweise widersprüchliche Positionen vertreten, die sich – zumindest bis zu einem gewissen Grad – jeweils aus den Quellen begründen lassen.

Theoretischer Rahmen und erzählerische Perspektive

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differenziertes Gesamtbild ergibt sich daher in der Regel erst aus einer kritischen Synopse der vorhandenen Literatur. Ein solcher Vergleich kann nicht das Ziel verfolgen, in den Quellen fehlende Informationen zu überbrücken oder Analogien herzustellen, die so nicht belegbar sind. Es geht vielmehr zum einen darum, Faktoren und Zusammenhänge herauszuarbeiten, die sich in den archaischen Quellen zwar abgebildet haben, aufgrund fehlenden Vergleichsmaterials aber nicht direkt erkennen oder verifizieren lassen, und zum anderen, aus der Beschreibung der Differenzen der beiden Vergleichsobjekte Erklärungsansätze für die Besonderheiten der früharchaischen Entwicklung zu gewinnen. Abschließend sei noch auf ein theoretisches Problem verwiesen, dass hier nur erwähnt werden kann. Ein derartiger Vergleich scheint prima facie auf zwei Ebenen eine Art Gesetzmäßigkeit vorauszusetzen: Historische Prozesse müssten unter ähnlichen Bedingungen grundsätzlich ähnlich verlaufen und verschiedene kulturelle Formationen unter ähnlichen Bedingungen ähnliche Reaktionsmuster aufweisen. Eine solche Gesetzmäßigkeit soll hier jedoch nicht behauptet werden. Mit der Annahme der grundsätzlichen Vergleichbarkeit dieser Gesellschaften soll nicht mehr gesagt sein, als dass unter ähnlichen strukturellen Bedingungen die Möglichkeit für ähnliche historische Verläufe gegeben ist und dass unter ähnlichen gesellschaftlichen Voraussetzungen mit strukturell ähnlichen Reaktionsmustern gerechnet werden kann. Damit wird weder die Offenheit historischer Prozesse noch die potentielle Differenz zwischen verschiedenen kulturellen Räumen bestritten.

C. Theoretischer Rahmen und erzählerische Perspektive Die Debatten über den linguistic turn sowie über die Sozial- und Kulturgeschichte in den 1980er und 90er Jahren haben deutlich gemacht, dass das Verhältnis zwischen den Quellen, der Interpretation des Historikers und der historischen ‚Wirklichkeit‘ sehr viel komplexer ist, als die ältere Forschung zumeist angenommen hat:48 ‚Wirklichkeit‘ ist ein vielschichtiges (soziales) Konstrukt, das unsere Quellen nie vollumfänglich abbilden können. Welchen Ausschnitt der Überlieferung eine historische Untersuchung erfasst und wie sie mit diesen Informationen umgeht, 48

Vgl. dazu exemplarisch: Rorty (1967); Koselleck / Lutz / Rüsen (1982); Rossi (1987); Conrad / K essel (1994); Hanisch (1996); Mergel / Welskopp (1997); Winterling (2006); Hunt (2008); Bachmann-Medick (2009); Reckwitz (2012). Diese Debatten haben die jüngere historische Forschung nachhaltig geprägt, sie sind in der Fachgeschichte jedoch nicht singulär. Ähnliche Diskussionen um die Methodik der Geschichtswissenschaft finden sich – wenn auch unter anderen Vorzeichen – bereits um 1900; vgl. dazu (jeweils mit weiterer Literatur): Ratzel (1904); Meinecke (1908); Vierkandt (1911).

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ist wiederum durch den jeweiligen „Sehepunkt“ des Historikers bedingt. Darüber hinaus haben die Arbeiten zur Narrativität von Geschichtsschreibung deutlich gemacht, wie sehr die erzählerische Perspektive einer historischen Arbeit deren Fragestellung ebenso beeinflusst wie deren Antworten.49 Um die Prämissen der vorliegenden Studie möglichst transparent zu machen, werden im Folgenden zunächst der theoretische Rahmen und die erzählerische Perspektive dargelegt. Im Hintergrund steht dabei die methodische Frage, wie die gesellschaftlichen Verhältnisse im früharchaischen Griechenland und deren Wandel angemessen erfasst und beschrieben werden können, ohne die historische Analyse und Darstellung durch theoretische Vorannahmen und überkommene Erzählkonzepte vorschnell einzuschränken. Dazu ist ein theoretischer Rahmen zu formulieren, der aufzeigt, welches Vorverständnis menschlicher Vergesellschaftung und historischer (Wandlungs-)Prozesse dieser Untersuchung zugrunde liegt. Abschließend soll ein knapper forschungsgeschichtlicher Überblick verdeutlichen, auf welchen Ebenen die erzählerische Perspektive das moderne Bild der Archaik beeinflusst und wie die historische Erzählung dieser Untersuchung angelegt ist. In der langen Forschungsgeschichte zur grie­ chischen Archaik und deren Quellenmaterial haben sich verschiedene Hypothesen zu nicht hinreichend reflektierten historischen Tatsachenbehauptungen verdichtet, die die Grundlinien der klassischen Forschungspositionen zur Archaik konturieren. Die quellenkritischen und historischen Vorannahmen dieser Arbeit werden in den Kapiteln III und IV formuliert und diskutiert.

1. Gesellschaftliche Organisation Die Organisation des Zusammenlebens einer Gruppe lässt sich auf theoretischer Ebene als ein Geflecht von Regeln und Ressourcen beschreiben, das soziale Wirklichkeit, Ordnung und Sinn generiert. Gesellschaftliche Strukturen und deren Regelsysteme werden durch das Handeln der Akteure hervorgebracht, bestätigt und gegebenenfalls modifiziert. Zugleich beschränken sie den Handlungsspielraum der Gruppenmitglieder und strukturieren so deren Interaktion. Durch eine fortlaufende Bestätigung werden gesellschaftliche Regelsysteme stabilisiert und müssen nicht immer wieder neu ausgehandelt werden. Es entstehen Handlungsroutinen, die den Einzelnen kognitiv entlasten und die Transaktionskosten innerhalb der Gruppe senken: Die Handlungsoptionen werden reduziert und kanalisiert, und die Verhaltenserwartungen verfestigen sich. Was die zeitliche Dimension betrifft, so entsteht soziale Ordnung nie voraussetzungsfrei, sondern baut immer auf bereits

49

Vgl. dazu u. a.: White (1973); Lyotard (1979); Danto (1985); Rossi (1987); White (1990); Chakrabaraty (2000); Jarausch / S abrow (2002); Rexroth (2007).

Theoretischer Rahmen und erzählerische Perspektive

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vorhandenen Strukturen auf, die laufend verändert oder durch neue abgelöst werden; hierbei ist nicht von einer linearen Entwicklung auszugehen.50 Dieser theoretische Ansatz macht das komplexe Geflecht aus gesellschaftlicher Praxis und strukturellem Handlungsrahmen für die historische Analyse zugänglich. Ein erweiterter Institutionenbegriff, wie er zunächst von Arnold Gehlen aus einer philosophisch-anthropologischen Perspektive theoretisch formuliert und später  – in Anlehnung Alfred Schütz’ Lebenswelt-Konzept51  – von Peter L.  Berger und Thomas Luckmann auf die soziale Praxis hin konkretisiert wurde, ermöglicht es, gesellschaftliche Regelsysteme und deren historische Entwicklung differenziert zu beschreiben, ohne den Interpretationsspielraum durch eine statische Unterscheidung zwischen staatlicher und nicht-staatlicher Ordnung vorschnell einzuschränken. Da sich die Institutionentheorie von Berger und Luckmann dezidiert auf gesellschaftliches Handeln und dessen Rückwirkung auf das Individuum bezieht, hat sie sich in besonderer Weise als anschlussfähig für die historische Forschung erwiesen. Die theoretische Grundlegung Gehlens ist hingegen weitgehend in Vergessenheit geraten. Die Bandbreite der erfassbaren Phänomene reicht von habitualisierten Handlungsräumen des Alltags bis hin zu abstrakt legitimierten Einrichtungen wie entpersonalisierten Ämtern oder einer komplexen Administration. Im Anschluss an die jüngere soziologische, politologische und historische Forschung lassen sich die Regelsysteme der Vergleichsgesellschaften anhand der folgenden Kriterien differenzieren: Trägerschaft (personalisiert / entpersonalisiert), Durchsetzungsfähigkeit (Erzwingungsgewalt), Formalisierungsgrad (Verortung, Regelmäßigkeit, Fixierung von Normen und Ver-

50

Zu dieser Konzeption menschlicher Vergesellschaftung vgl.: Giddens (1984); Burns / ​ Flam (1987); Luckmann (1992); Burns /  D ietz (1995); Knoblauch (1995); Müller / S chmid (1995); Mergel / Welskopp (1997); Knoblauch (1999); GilcherHoltey (2001); Welskopp (2001); Jäger / M eyer (2003); Knoblauch (2003); Gabriel (2004); Hall (2004); Knoblauch /  S chnettler (2004); Landwehr (2005); Luckmann (2006); Jäger /  Weinzierl (2007); Kistler / Ulf (2012); Frie / M eier (2014). Als „Gruppe“ werden in der vorliegenden Studie kleinere soziale Einheiten bezeichnet, in denen eine direkte Beziehung zwischen den einzelnen Mitgliedern besteht. Die Begriffe „Gemeinschaft“, „Gesellschaft“, „Gemeinwesen“ und „Gemeinde“ werden synonym für größere soziale Einheiten verwendet, deren Mitglieder in einem definierten Siedlungsraum leben, zumindest teilweise gemeinsame Interessen verfolgen und in kollektive Regelsysteme eingebunden sind. Eine ontologische Bestimmung etwa der Identität oder Abstammung ist damit nicht intendiert; vgl. ergänzend aus kulturwissenschaftlicher Perspektive: Möller (1964/65); zur Verwendung des Begriffs „Gemeinschaft“ in der Archaikforschung vgl. (mit weiterer Literatur): Schmitz (2004b), 13 f. sowie besonders: Itgenshorst (2014), 13–28. 51 Zu dem Begriff und Konzept „Lebenswelt“ vgl.: Schütz (1932); Schütz  /  L uckmann (1975); Bermes (2002).

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fahren), Funktionalität (Erfüllung gesellschaftlicher Funktionen) und Reichweite (Adressatenkreis, Kommunikationsmittel).52 Eine zentrale Frage der vorliegenden Studie ist, worauf gesellschaftliche Vorrangstellung in früharchaischen Siedlungsgemeinschaften konkret basierte. Aus theoretischer Perspektive kann das Entstehen von Einflusssphären und einer sozialen Stratifizierung über die (unterschiedliche) Verteilung von Ressourcen – oder im Folgenden synonym gebraucht: Kapitalien – konzeptualisiert werden. Die Gesellschaft wird dabei als soziales Feld vorgestellt, das in eine beliebige Zahl von Subfeldern untergliedert sein kann. Die Stellung einer Gruppe oder eines einzelnen Akteurs im sozialen Raum  – einem Subfeld oder der Gesellschaft insgesamt  – basiert auf einem Geflecht von Kapitalien, die in diesen Feldern generiert werden können und zumindest teilweise konvertierbar sind. Pierre Bourdieu benennt drei Grundformen gesellschaftlich relevanter Ressourcen: ökonomisches, kulturelles und soziales Kapital. Eine solche Differenzierung erscheint grundsätzlich auch für das früharchaische Griechenland – und die isländische Freistaatzeit – sinnvoll, ist jedoch auf die Bedingungen dieser Gesellschaften hin zu spezifizieren: Das ökonomische Kapital umfasst alle materiellen Güter, die einer Person zur Verfügung stehen. Die praktischen und intellektuellen Fertigkeiten, das gesellschaftlich relevante Wissen und der Habitus eines Akteurs bilden dessen kulturelles Kapital. Ressourcen – wie etwa Vertrauen –, die auf gesellschaftlicher Interaktion basieren, werden als das soziale Kapital eines Individuums – oder einer Gruppe – bezeichnet. Darüber hinaus finden sich in Bourdieus Schriften weitere Kapitalformen, die bislang jedoch nicht vollständig in die Theorie des sozialen Raumes integriert wurden.53 Bedeutsam ist hier vor allem das körperliche Kapital, das aus ästhetischen Merkmalen, sportlicher Leistung oder der Fähigkeit zu kämpfen bestehen kann. In der modernen Konzeption des sozialen Raumes spielt die Kampfkraft nur eine untergeordnete Rolle – Bourdieu etwa subsumiert sie unter dem symbolischen Kapital54 (s. u.)  –, für die Position eines früharchaischen basileus oder eines isländischen Goden (s. Kapitel II) war sie hingegen durchaus von Belang. Daher wird diese Fähigkeit im Folgenden als gleichrangige Kapitalform betrachtet, auch wenn dies letztlich nicht der soziologischen Terminologie entspricht. Der Begriff des symbolischen Kapitals hingegen bezieht sich nicht auf eine eigenständige Ressource, sondern ist gleichsam ein Synonym für die soziale Anerkennung, das Vertrauen und den gesellschaftlichen Einfluss, die in einem spezifischen Feld 52

Zu den Begriffen und Konzepten „Institution“ und „Institutionalisierung“ vgl.: Gehlen (1940); Gehlen (1956); Berger / Luckmann (1966); Jonas (1966); Schelsky (1970); Melville (1992); Göhler (1994); Burns /  D ietz (1995); Gimmler (1998), 21–51; Melville (2001); Hölkeskamp (2003); Hölkeskamp / Rüsen / Stein-Hölkeskamp et al. (2003); Haude (2004); Hölkeskamp (2004b), 66–70; Patzelt (2007a); Patzelt (2007b); Petersen  /  M anstetten (2009); Jessen (2014). 53 Vgl. dazu (mit weiterer Literatur): Bauer (2012), 118. 54 Vgl. dazu: Bourdieu (1998), 173 f.

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aus den oben genannten Kapitalien resultieren können. Eine solche Attribution stabilisiert die gesellschaftliche Stellung eines Akteurs über dessen unmittelbar verfügbare Ressourcen hinaus und kann den sozialen Raum – etwa durch familiale oder institutionelle Gefüge – auch über Generationen hinweg strukturieren. Die Vorrangstellung eines Individuums oder einer Gruppe wird in dieser Arbeit als ein komplexes Geflecht ökonomischer, kultureller, körperlicher und sozialer Kapitalien verstanden, die jeweils nach ihrer Wirksamkeit und ihrer (zeitlichen) Stabilität zu differenzieren sind. Auf diese Weise soll bestimmt werden, über welche Ressourcen ein (potentieller) Anführer verfügen musste und wie er seine Position verstetigen konnte. Der Begriff des symbolischen Kapitals wird dabei nicht verwendet, da er m. E. eher einen Zustand als die zugrunde liegenden Mechanismen beschreibt. Anders als das von Max Weber formulierte Konzept der charismatischen Herrschaft konzeptualisiert dieses theoretische Modell den sozialen Raum als ein komplexes Gefüge verschiedener Ressourcen und Fähigkeiten und ermöglicht es m. A. n. so, die gesellschaftlichen Verhältnisse im archaischen Griechenland und der isländischen Freistaatzeit konkreter und differenzierter zu beschreiben.55 Die Verteilung von Ressourcen ist in komplexe gesellschaftliche Zusammenhänge eingebunden und erfolgt in einer der beiden Grundformen sozialer Interaktion: Kooperation und Konkurrenz. Beide Modi verursachen spezifische Kosten und sind aus der jeweiligen gesellschaftlichen Situation heraus zu erklären. Auch unter der Bedingung knapper Ressourcen dürfen sie – wie dies für die Konkurrenz häufig der Fall ist – nicht als anthropologische Konstante vorausgesetzt werden. So kann die Sozialpsychologie zwar zeigen, dass sich jeder Mensch nicht zuletzt dadurch seiner selbst vergewissert und in seinem sozialen Umfeld positioniert, dass er sich mit anderen Personen vergleicht. Doch kann dieser zunächst kompetitiv angelegte Vergleich durch kooperative Verhaltensweisen reguliert werden. Kooperation setzt voraus, dass der Verzicht auf individuelle Interessen jedem beteiligten Gruppenmitglied – auf welche Weise auch immer – vorteilhaft erscheint. Der koordinative Aufwand steigt mit der Personenzahl, daher findet sich kooperatives Verhalten vor allem in kleineren Gruppen. Konkurrenz wird allgemein als Wettbewerb um ein nur begrenzt verfügbares Zielobjekt verstanden, der im Rahmen eines von allen Akteuren akzeptierten Regelsystems verläuft. Darüber hinaus findet sich jedoch eine Vielzahl sehr unterschiedlicher, teilweise widersprüchlicher Definitionen. Ein solch unscharfer Begriff eignet sich nicht als analytisches Instrument und muss daher präzisiert werden. In jüngster Zeit hat sich Georg Simmels „Soziologie 55

Zu den Begriffen und Konzepten „soziales Feld“ und „Kapital“ vgl.: Wössner (1969); Bourdieu (1983); Bourdieu (1985); Bourdieu (1987); Janning (1991); Kretschmar (1991); Bourdieu (1992); Gilcher-Holtey (1996); Bourdieu (1998); Lin (2001); Knoblauch (2003); Rehbein / S aalmann /  S chwengel (2003); Landwehr (2005); Bongaerts (2008); Jurt (2008); Hennig (2010); Bauer (2012), 103–156; zu Webers Begriff der charismatischen Herrschaft vgl.: Weber (1980/1921), 122–176.

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der Konkurrenz“ als vielversprechender heuristischer Ansatz für die historischen Wissenschaften erwiesen.56 Simmel konzeptualisiert Konkurrenz als triadische Struktur: Zwei Parteien konkurrieren um die Gunst einer dritten Instanz, der zu erwartende Gewinn befindet sich dabei nicht im Besitz eines der Kontrahenten, sondern wird von eben dieser Instanz vergeben. Das primäre Ziel ist nicht, der gegnerischen Partei unmittelbar zu schaden. Im Gegenteil, diese Form des Wettbewerbs ist grundsätzlich auf die Vermeidung einer konflikthaften Zuspitzung angelegt und verfügt insofern über ein hohes vergesellschaftendes Potential. Simmel unterscheidet daher Konkurrenz grundsätzlich von regellosen Konflikten. Dennoch verursacht auch ein solcher Wettbewerb Kosten: Regelsysteme müssen ausgehandelt, sanktioniert und – auch im Fall einer Niederlage – akzeptiert werden. Aus dieser Perspektive wurden (früh)archaische Siedlungsgemeinschaften in jüngster Zeit jenseits einer vermeintlich agonalen ‚Adelsideologie‘ mit erheblichem Erkenntnisgewinn als Wettbewerbskulturen beschrieben.57 Die konkurrenzbasierte Verteilung von Ressourcen wird dabei anhand der folgenden Kriterien analysiert: Preis, Forum, Publikum, Regeln und Teilnehmerkreis der Konkurrenz.58 Abschließend noch eine Anmerkung zu dem Verhältnis von Theorie und empirischem Quellenbefund: Diese theoretischen Modelle wurden sämtlich an modernen Gesellschaften und – zumindest zum Teil59 – in bewusster Abgrenzung gegen die Vormoderne entwickelt. Daher werden sie in der vorliegenden Studie nicht unmittelbar zum Ausgangspunkt der historischen Analyse gemacht, sondern dienen in erster Linie dazu, das empirische Modell gesellschaftlicher Organisation und Entwicklung kritisch zu reflektieren, zu systematisieren und begrifflich zu schärfen.

2. Sozialer Wandel Wie sich Gesellschaften verändern ist eine grundlegende Frage nicht nur der Archaikforschung, sondern der Geschichtswissenschaft insgesamt. Vor allem die ältere Forschung beschreibt sozialen Wandel häufig als lineare, gleichsam evolu­ 56

Vgl. dazu: Jessen (2014) sowie speziell aus diesem Sammelband: Hölkeskamp (2014); die einschlägigen Texte Simmels finden sich in: Simmel (1903); Simmel (1992/1908). 57 Vgl. dazu: Ulf (2006b); Ulf (2008a); Ulf (2008b); Fisher (2009); Ulf (2010a); Ulf (2012b); Ulf (2013); Seelentag (2015). 58 Allgemein zu dem Begriff und Konzept „Konkurrenz“ in der (alt)historischen Forschung vgl.: Weiler (1975); Hölkeskamp (2000c); Ulf (2006b); Weiler (2006); Ulf (2008a); Weiler (2008); Ulf (2008b); Fisher (2009); Ulf (2010a); Cairns (2011); Fisher / Wees (2011); Ulf (2011c); Ulf (2013); Hölkeskamp (2014); zu der sozialpsychologischen Perspektive vgl.: Fischer / Wiswede (1997); Brewer (2003). 59 Georg Simmel etwa formuliert sein Konkurrenz-Modell dezidiert in Abgrenzung gegen die Vormoderne.

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tionäre Entwicklung und übersieht dabei Brüche, Ungleichzeitigkeiten und Regressionen oder beurteilt diese zumindest negativ. Um zu einem differenzierteren Verständnis der gesellschaftlichen Veränderungen im (früh)archaischen Griechenland und deren Ursachen gelangen zu können, müssen – hier zunächst auf theoretischer Ebene – komplexere und interpretatorisch weniger festgelegte Deutungskonzepte erarbeitet werden. Dies ist ein zentrales Ziel der vorliegenden Studie. Gesellschaftliche Regelsysteme bilden den strukturellen Handlungsrahmen, der soziales Handeln zugleich ermöglicht und begrenzt. Ihre Gültigkeit basiert auf der routinemäßigen Reproduktion durch die jeweiligen Akteure, was sie grundsätzlich veränderbar macht.60 Sie sind an das Handlungsvermögen, das Wissen und die Intention der Handelnden, die konkrete Lebenswelt sowie – dieser Punkt ist von besonderer Bedeutung, da er in der historischen Forschung konzeptionell kaum berücksichtigt wird – grundsätzlich an den Zufall gebunden. Die Regelsysteme früharchaischer Siedlungsgemeinschaften bestanden folglich nur solange, wie die Mehrzahl der gesellschaftlichen Akteure die entsprechenden Vorstellungen, Normen und Verfahren kannte, akzeptierte und reproduzierte. Dauerhaft abweichendes Verhalten – ob bewusst oder nicht – oder eine Veränderung der Lebenswelt61 – wie etwa der materiellen Rahmenbedingungen, der Siedlungsstrukturen oder der Bevölkerungsdichte – können die Regeln oder deren Rezeptionsbedingungen so weit modifizieren, dass es zu einem erkennbaren Wandel der gesellschaftlichen Verhältnisse kommt. Dies gilt letztlich für alle Bereiche des sozialen Zusammenlebens. Die Konzepte Kontingenz und Zufall stehen hier nicht im Widerspruch zu den klassischen Kategorien historischen Wandels (Intentionalität und Kausalität), sondern sind als Ergänzung zu diesen Erklärungsmustern zu sehen. Sie ermöglichen es, auch nicht-intendierte Handlungsfolgen und nicht-planbare Ereignisse zu erfassen, die sonst analytisch kaum zu greifen wären. Historische Prozesse sind grundsätzlich kontingent, das heißt nicht determiniert und nur bedingt durch die handelnden Akteure beeinflussbar: Ob ein konkretes Ereignis eintritt oder welche tatsächlichen Folgen eine Handlung hat, ist potentiell durch den Zufall bestimmt. Kontingenz und Zufall sind keine Scheinkategorien, sondern ermöglichen ein komplexeres Verständnis der Vergangenheit.62 Der theoretische Rahmen dieser Arbeit wird – was das Auftreten neuer Formen gesellschaftlicher Organisation betrifft – durch das Konzept der Emergenz komplettiert. Im sozialtheoretischen Sprachgebrauch beschreibt dieser Terminus komplexe 60

Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 50. Für die Moderne hat Anthony Giddens  – freilich in globaler Perspektive  – diesbezüglich den Begriff der „Entbettung“ (disembedding) geprägt. Er versteht darunter die Herauslösung sozialer Beziehungen und Regelsysteme aus ihrer Bindung an einen spezifischen Ort; vgl. dazu: Giddens (1990). 62 Zu den Begriffen und Konzepten „Kontingenz“ und „Zufall“ vgl.: Heuss (1985); Burns /  D ietz (1995); Hoffmann (2005); Vogt (2011). 61

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Phänomene, die gegenüber ihren Bestandteilen eine neue Qualität aufweisen und nicht kausal auf diese zurückgeführt werden können. Für die Geschichtswissenschaft heißt das konkret, dass damit beispielsweise ein neuer, in dieser Form bislang nicht dagewesener Zustand einer Gesellschaft theoretisch erfasst werden kann, der weder bewusst geplant noch innerhalb eines überkommenen strukturellen Rahmens kausal erklärbar sein muss.63 In diesem Deutungsrahmen lassen sich Kontinuität und Wandel ebenso verorten, wie das in der Soziologie und den historischen Wissenschaften vieldiskutierte Verhältnis von Struktur und Akteur. Durch die Konzepte Zufall, Kontingenz und Emergenz gelingt es außerdem, eine theoretische Offenheit herzustellen, in der neben intentionalen Handlungen auch Fehler, Missverständnisse, Inter­ pretationsspielräume und nicht-intendierte Handlungsfolgen berücksichtigt werden können. Übertragen auf die Fragestellung der vorliegenden Studie bietet dieser theoretische Ansatz ein erweitertes Analyseinstrumentarium, das es ermöglicht, die gesellschaftliche Entwicklung im früharchaischen Griechenland als einen komplexen nicht-linearen Prozess zu beschreiben, der so stattfinden konnte, aber nicht musste. Dies befreit die althistorische Forschung freilich nicht davon, nach kausalen Zusammenhängen oder dem gesellschaftlichen Bedingungsgefüge zu fragen, ermöglicht aber einen alternativen Zugriff auf die früharchaischen Schriftquellen, der ohne die überkommenen Deutungskonzepte und Narrative der älteren Forschung auskommt. Eine solche Konzeption wird nicht nur den heterogenen Entwicklungslinien der griechischen Archaik, sondern auch der komplexen Überlieferungssituation gerecht.

3. Das archaische Griechenland als historische Erzählung Seit dem 19. Jahrhundert erzählen Archäologen und Historiker die Geschichte der Archaik. Dabei findet sich ein breites Spektrum an zum Teil sehr unterschiedlichen Narrativen. Diese Diversität ergibt sich nicht nur aus den verschiedenen Fachperspektiven, sondern basiert vor allem auf – häufig unbewussten – Vorentscheidungen zu den folgenden Fragen: Wie wird die Archaik als historische Formation in eine übergreifende Geschichte des Mittelmeerraumes eingeordnet? Wo liegt der Fluchtpunkt der Erzählung? Welche Chronologien, Deutungskonzepte und Leitbegriffe werden zugrunde gelegt und welche Erkenntnisinteressen sind damit verbunden? Die moderne Vorstellung einer mehr oder weniger festen Chronologie der Archaik (ca. 750–500) basiert aufgrund der schlechten Quellenlage  – und in Anlehnung an die klassische griechische Historiographie – auf der Abgrenzung gegenüber dem mykenischen Zeitalter und den sog. Dark Ages einerseits sowie 63

Zu Begriff und Konzept der Emergenz vgl.: Krohn / Küppers (1992); Greve / S chnabel (2011).

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der griechischen Klassik andererseits. Die ältere Forschung ordnete die Archaik damit in eine übergreifende Verfalls- und Aufstiegserzählung ein, in der sie als kultureller und gesellschaftlicher Neubeginn figuriert, dessen Fluchtlinien linear auf die klassische Zeit zulaufen. Auch heute noch bildet dieser zeitliche Rahmen die Grundlage jeder wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem archaischen Griechenland, wenngleich die Einsicht in die zeitliche und räumliche Streuung hinsichtlich der Stabilität verschiedener gesellschaftlicher, kultureller und ökonomischer Phänomene längst zu einer Kritik dieses linearen Entwicklungsnarrativs und zu der Auflösung allzu fester Epochengrenzen geführt hat. Parallel dazu wurden auch die überkommenen Datierungen und Chronologien innerhalb der archaischen Geschichte in Frage gestellt. Daher erscheint diese historische Formation aus heutiger Perspektive als ein hochgradig heterogener Zeit- und Siedlungsraum  – der problematische Begriff Kulturraum soll an dieser Stelle bewusst vermieden werden –, der über vielfältige (Dis)Kontinuitäten zwischen den sog. Dark Ages und der klassischen Zeit anzusiedeln ist; das Vorverständnis der Archaik als Epoche war und ist in hohem Maß an diese Einordnung gebunden.64 „Das Wesen im Anfang suchen“65 war lange Zeit ein wesentliches Motiv für die Beschäftigung mit dem archaischen Griechenland. Die ältere Forschung betrachtete sie zumeist entweder als Beginn der ‚europäischen‘ Geschichte oder als deren Gegenbild, das es zu überwinden galt, bevor sich die gesellschaftlichen Strukturen der Klassik etablieren konnten.66 Wie bereits angedeutet, haben sich im Verlauf des 19. Jahrhunderts unterschiedliche (Zeit)Perspektiven auf die Charakteristik der Archaik als Epoche etabliert, die die Erzählkonzepte und das Analyseinstrumentarium der althistorischen Forschung bis in die jüngsten Debatten hinein zumindest vorgeprägt haben: In der Teleologie der geschichtsphilosophischen Traditionen des 19. Jahrhunderts wurde die politische und rechtliche Organisation archaischer Gemeinwesen als primitiv-rudimentäre Vorstufe der institutionellen Handlungsräume der klassischen Polis konzeptualisiert. Diese Blickrichtung findet in der Übersetzung „Stadtstaat“ für Polis und der unreflektierten Verwendung moderner Rechtsbegriffe ebenso ihren sinnfälligen Ausdruck, wie etwa in der Annahme, die sog. ältere Tyrannis sei eine illegitime Form gesellschaftlicher Vorrangstellung gewesen.67 Aus dieser klassizistischen Perspektive heraus wurde  – in Absetzung zu dem vermeintlich agonalen Charakter68 der (Früh)Archaik – ein spezifischer 64

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Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 2 sowie spezifisch zu den Problemen der Chronologie: Shaw (2003); Bichler (2004). Der Begriff „Kulturraum“ wurde in den letzten Jahren vor allem in der archäologischen Forschung kritisch diskutiert; vgl. dazu: Brather (2000); Bierbrauer (2004); Brather (2004); Burmeister /  Müller-Schleessel (2011); ergänzend aus historischer Perspektive: Ulf (2009b). Walter (1998). Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 2 sowie: Timpe (1993). Zur Tyrannis vgl. die Literatur unter Anm. 20. Zur vermeintlichen Agonalität der Archaik vgl.: Weiler (2006); Ulf (2008b).

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Begriff des Politischen entwickelt, dessen Überbetonung die klassische Polis zum bevorzugten analytischen Modell für die Beschreibung der Gesellschafts- und Siedlungsformen im archaischen Griechenland werden ließ; ein Ansatz, der – nicht nur aufgrund seiner primär verfassungsgeschichtlichen Ausrichtung  – heute als überholt gelten kann.69 Parallel dazu erfuhr das ‚Primitiv-Archaische‘ aus den zivilisationskritischen Strömungen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts heraus eine starke Aufwertung und galt Teilen der Altertumswissenschaft bis weit in das 20. Jahrhundert hinein als Paradigma einer ursprünglichen, nicht kulturell überformten Existenzweise des Menschen.70 Dieses Erzähl- und Deutungsmuster hat insbesondere die Debatten um die soziale Stratifikation der ‚homerischen Gesellschaft‘ beeinflusst.71 Begrifflich wie konzeptionell war die griechische Archaik von Beginn an durch diese grundlegende Antinomie geprägt: Einer teleologisch auf die Klassik ausgerichteten Fortschrittserzählung stand eine kulturkritisch motivierte Begeisterung für das vermeintlich Ursprüngliche gegenüber.72 Vor allem zwei Deutungskonzepte haben die Erzählungen der älteren Forschung über die gesellschaftliche Organisation und Entwicklung im früharchaischen Griechenland geprägt – und tun dies zum Teil bis heute: Das evolutionäre Kulturmodell Königtum – Aristokratie – Demokratie sowie die Annahme einer sozialen

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Methodisch problematisch ist hier vor allem, dass die Entwicklung der Demokratie und der Polis in eins gesetzt werden; vgl. dazu: Eder (1995); siehe darüber hinaus die Literatur unter Anm. 2 sowie: Spahn (1977); Walter (1993); Haubold (2000); Hölkeskamp (2000c); Ulf (2001c); Seelentag (2014); Ober (2015). Der Ausdruck „Polis“ ist forschungsgeschichtlich in hohem Maße überfrachtet und wird daher – obwohl er bereits in den homerischen Epen belegt ist – in der vorliegenden Studie nicht als analytischer Begriff verwendet; allgemein zum Polis-Begriff der althistorischen Forschung: Ehrenberg (1937); Childe (1950); Kolb (1984); Gawantka (1985); Gehrke (1986); Gschnitzer (1988); Donlan (1989); Murray (1990a); Murray / P rice (1990); Funke (1993); Gehrke (1993); Hansen (1993); Andersen / Horsnæs / Houby-Nielsen et al. (1997); Donlan (1997b); Mitchell / R hodes (1997); Morgan / C oulton (1997); Welwei (1998); Flensted-Jensen /  H eine / Rubinstein (2000); Gehrke (2000); Hansen (2000); Murray (2000); Hansen (2002a); Hansen (2002b); Morgan (2003a); Hansen (2004); Hansen / Nielsen (2004); Hansen (2006); Hall (2007c); Hansen (2007); Vlassopoulos (2007). Zu der Diskussion um einen angemessenen Politik-Begriff zur Beschreibung der gesellschaftlichen Verhältnisse im archaischen Griechenland vgl.: R aaflaub (1985); R aaflaub (1987); R aaflaub (1988); R aaflaub (1989); Ulf (1989); R aaflaub /  Müller-Luckner (1993); Meier (1995); Raaflaub (1997b); Cartledge (1998); Raaflaub (2000); Raaflaub (2001); Hammer (2004); Hammer (2005); Hammer (2009); Meier (2009); R aaflaub (2012); Elmer (2013). 70 Vgl. dazu: Most (1989), hier 14–23. 71 Vgl. dazu etwa die Diskussionen um Moses I. Finleys Thesen: Finley (1954); Donlan (1985); Donlan (1989); Ulf (1990); Qviller (1995). 72 Vgl. dazu: Most (1989); Walter (2013).

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Dialektik der beiden vermeintlichen Großgruppen ‚Adel ‘ und ‚Volk‘ (oder demos73, ein zeitgenössischer Ordnungsbegriff, dessen Reichweite jedoch nicht vollständig geklärt ist).74 Während die ältere deutschsprachige Forschung davon ausging, dass die basileis – zumeist als „Könige“ bezeichnet – ursprünglich an der Spitze stammstaatlich organisierter Gemeinschaften standen, betrachtete die englisch- und französischsprachige Forschung den oikos als Grundlage für deren gesellschaftliche Vorrangstellung. Beide Annahmen bringen spezifische Probleme mit sich, die hier nicht diskutiert werden sollen.75 Bereits im 19. Jahrhundert blieben diese Konzepte nicht ohne Widerspruch, doch erst die jüngere Forschung hat systematisch analytische und narrative Alternativen entwickelt: Die Vorstellung eines ‚Königtums‘ oder eines stabilen ‚Adels‘ wurde in den vergangenen Jahrzehnten sukzessive durch ethnologische Deutungskonzepte – wie stateless oder acephalous society bzw. chief oder big man – ersetzt, die jedoch ebenfalls nicht unumstritten sind.76 Der Ansatz, die gesellschaftliche Organisation früharchaischer Gemeinwesen auf der Grundlage sozial- und kulturanthropologischer Vergleiche zu beschreiben, kann auf die differenzierte Gesellschaftstypologie dieser Disziplinen zurückgreifen, birgt jedoch zugleich die Gefahr unreflektierter Analogieschlüsse oder eines allzu schematischen Zugriffs.77 Die Dichotomie zwischen ‚Adel‘ und ‚Nicht-Adel‘ und die daraus abgeleitete soziale Dialektik haben sich aus verschiedenen Perspektiven als problematisch erwiesen und eignen sich weder als Erzählkonzept noch als heuristisches Werkzeug.78 Die Problematisierung der primordialen Identitätskonzepte des 19. Jahrhunderts für den ‚Adel‘ und die ‚Völker‘ der griechischen Frühzeit hat in der jüngeren Forschung vor allem die Frage nach dem Vorhandensein ethnischer und dialektischer Identitäten und Ordnungsbegriffe im archaischen Griechenland sowie nach deren Bedeutung für die soziopolitische Organisation der frühen griechischen Siedlungsgemeinschaften aufgeworfen.79 73 74 75 76 77

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Zu dem Begriff „demos“ vgl. exemplarisch: Donlan (1970); Welwei (1981); Werlings (2010). Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 2 sowie: Ulf (2001b); Ulf (2001c); Ulf (2002); Ulf (2003b); Ulf (2004a). Vgl. dazu: Ulf (1990), VII–XI; 1–15; 213–268 sowie exemplarisch: Grote (1846– 1856); Coulanges (1864); Mossé (1984). Vgl. dazu exemplarisch: Ulf (1990), 213–231; zu der Kritik an diesen Konzepten vgl.: Yoffee (1993). Vgl. dazu die Literatur unter den Anm. 15, 42 und 43. Vgl. dazu: Bourriot (1976); Roussel (1976); Welwei (1981); Welwei (1988); Stein-Hölkeskamp (1989); Ulf (1990); Welwei (1992); Walter (1993); Stein-Hölkeskamp (1997); Meier (1998); Ulf (2001b); Schmitz (2004b), 27–104; 148–258; 411–466; Duplouy (2006a); Hall (2007a); Ulf (2007); Ulf (2009c); Ulf (2011a); Ulf (2011c); Ulf (2018). Zu den frühgriechischen Wanderungen (und der Forschungsgeschichte)  vgl.: Ulf (1996a); Alram-Stern / E der (2004); Walter (2004); Ulf (2009a); zu den (vermeintlichen) Identitäten und Ordnungsbegriffen im archaischen Griechenland vgl.:

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Einleitung

Aus dieser kritischen Perspektive zeichnet die Forschung heute ein regional sehr viel differenzierteres Bild des griechischen Siedlungsraumes. Kleinräumige Erzählungen, die auf detaillierten Fallstudien basieren, treten zunehmend in Konkurrenz zu den großen Narrativen, deren Fluchtpunkte zumeist außerhalb der Archaik liegen.80 Zugleich jedoch mangelt es an Impulsen für eine alternative historische Rahmenerzählung über die gesellschaftliche Entwicklung im (früh‑) archaischen Griechenland, die diese häufig unzusammenhängenden Einzelergebnisse synthetisch zusammenführen würde. Die klassischen Narrative der historischen Archaikforschung basieren in erster Linie auf einer spezifischen Lesart der frühen griechischen Schriftzeugnisse, der archäologische Befund dient dabei meist nur der Bestätigung der bestehenden Vorstellungen. Dahinter steht die quellenkritische Grundannahme, dass aus den erhaltenen Texten direkt auf eine konkrete historische Welt geschlossen werden könne, doch ein solcher Zusammenhang wäre zunächst zu begründen und zu spezifizieren.81 Die einseitige Orientierung an den Schriftquellen konzeptualisiert die Archaik als den Beginn der griechischen Geschichte und grenzt sie dadurch explizit gegen eine schriftlose Vorzeit ab. Zugleich eröffnet sie einen überkomplexen Interpretationsraum, der letztlich nicht operationalisierbar ist: Aus den Schriftquellen ergeben sich hinsichtlich der gesellschaftlichen Verhältnisse Widersprüche, die allein aus den Texten nicht aufgelöst werden können. Die Archäologie hingegen hat in den letzten Jahren neue narrative – und analytische – Perspektiven eröffnet, die die Archaik in eine übergreifende Geschichte des Mittelmeerraumes im 1. Jahrtausend v. Chr. einordnen und zugleich als eigenständige historische Formation konturieren.82 An diesen Erzählkontext knüpft die vorliegende Studie an. Bislang fehlt es jedoch leider an Überblicksarbeiten, die die fragmentierte Befundlage auch für Nicht-Archäologen systematisch zugänglich machen würden. Trotz anhaltender Debatten über die Kontinuitäten und Brüche in der griechischen (Früh)Geschichte gilt das 8. Jahrhundert heute für gewöhnlich als die Zeitspanne, in der sich die Archaik als historische Formation herauszubilden begann. Dafür gibt es – vor allem von archäologischer Seite – durchaus tragfähige Argumente: Ein erheblicher Anstieg in den Gräberstatistiken, dessen Interpretation jedoch in hohem Maße umstritten ist;83 die Verdichtung und Ausdifferenzierung

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Ulf (1996b); Hall (1997a); Hall (1997b); Hall (1999); Gehrke (2000); Freitag (2000); Hall (2002); Hall (2003); Hall (2004); Freitag (2007); Hall (2007b); Hall (2007c); Hall (2013); zum Verhältnis der kultischen und soziopolitischen Funktion (über-)regionaler Feste vgl. den Sammelband von: Freitag / Funke / H aake (2006); die soziopolitische Funktion betonen: Ulf (1997); Ulf (2006a). Vgl. dazu die Literatur unter den Anm. 2 und 15. Vgl. dazu: Scodel (2002). Vgl. dazu exemplarisch (mit weiterer Literatur): Wittke (2015). Vgl. zu dieser Diskussion: Morris (1987), Snodgrass (1998); Scheidel (2003); Scheidel (2004); Morris (2009); Osborne (2009).

Theoretischer Rahmen und erzählerische Perspektive

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der Siedlungsarchitektur;84 die Sublimierung des (Kunst)Handwerks;85 die wachsende Bedeutung überregionaler Handlungs- und Kommunikationsräume;86 das Aufkommen und die zunehmende Verbreitung der griechischen Alphabetschrift87; die Gründung neuer Siedlungen88. In der älteren Forschung wurde aus der wachsenden Zahl an (Kinder)Gräbern ein sprunghafter Anstieg der Bevölkerung um bis zu 4 Prozent abgeleitet. Diese Annahme wurde in den letzten Jahren jedoch durch Vergleiche mit anderen Gesellschaften und das Argument eines möglichen Wandels der Kultpraktiken erheblich relativiert, so dass die Forschung heute mit einem Wachstum von durchschnittlich nicht mehr als einem Prozent pro Jahr rechnet.89 Daher kann auch die These, dass vor allem ein erheblicher Anstieg der Bevölkerungszahlen zur politischen Ausdifferenzierung früharchaischer Siedlungsgemeinschaften geführt habe, heute nicht mehr vollständig überzeugen. Wie der archäologische Befund zeigt, kann für das 8. Jahrhundert grundsätzlich von einer baulichen Verdichtung und Differenzierung zahlreicher Siedlungen ausgegangen werden. Früharchaische Gemeinwesen waren agrarisch geprägt und aufgrund der naturräumlichen Bedingungen kleinräumig gegliedert. Ihre Ausdehnung reichte von kleinen Einzelhaus- und Compoundstrukturen bis hin zu größeren Komplexen mit einer Fläche von mehreren Hektar, die jedoch nicht vollständig bebaut war. Im Verlauf der Früharchaik haben sich kleinere Weiler vermehrt zu größeren Siedlungseinheiten zusammengeschlossen, die Gründe hierfür sind nicht vollständig geklärt.90 Neben einem tatsächlichen 84

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Vgl. dazu: Haegg (1983); Lang (1996); Hölscher (1998); Lang (2002); Hansen / Nielsen (2004); Scheidel (2004); Lang (2005); Lang (2007); Lohmann (2009); Morris (2009); Lang (2010); Mohr (2013). Zur Entwicklung des früharchaischen Handwerks und der damit verbundenen sozialen Disktinktion vgl. exemplarisch (mit weiterer Literatur): Rüter / M atthiessen 1968; Risch (1987); Powell (1988); (Martini) (1990); Kistler (1998); Boehringer (2001); Kistler (2001a); Kistler (2001b); Kistler (2004); Kistler / Ulf (2005); Duplouy (2006a); Kistler (2006); Kümmel / S chweizer / Veit (2008); Albersmeier (2009); Mohr (2013); Ulf (2014); Doronzio (2018). Vgl. dazu: Ulf (1997); Gruben / H irmer (2001); Ulf (2006a); Reber (2009); Mohr (2013). Vgl. dazu: Risch (1987); Powell (1988); Jeffery (1990); Hölkeskamp (1994); Latacz (2007); Gerhard (2001); Wirbelauer (2004); Binek (2017). Vgl. dazu: Osborne (1998); De Angelis (2003); Nippel (2003); Tsetskhladze (2006); Antonaccio (2007); Descœudres (2008); Tsetskhladze (2008); Fox (2009); Kistler (2014); Donnelan / Nizzo / Burges (2016); Mauersberg (2019); Delp (in Druckvorbereitung). Zur allgemeinen Einführung bezüglich der Mobilität in frühen Mittelmeerkulturen vgl. (mit weiterer Literatur): Schweizer / S chön (2015). Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 83. Zu der Struktur und Entwicklung früharchaischer Siedlungen vgl. die Literatur unter Anm. 84; spezifisch zu Compound-Siedlungen siehe (mit weiterer Literatur): Kistler (2011).

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Einleitung

Anstieg der Bevölkerungszahlen mögen auch neue Handelsstrukturen und ein besserer Schutz gegen verschiedene Bedrohungsszenarien – wie Naturkatastrophen, Überfälle oder kriegerische Konflikte – hier eine Rolle gespielt haben. Diese Verdichtung hatte wohl erheblichen Einfluss auf die soziale, politische und normative Ausgestaltung früharchaischer Siedlungsgemeinschaften und ist nicht nur archäologisch belegt, sondern lässt sich möglicherweise auch in der epischen Dichtung greifen.91 Für einen Teil der Siedlungen sind Wehrmauern archäologisch belegt, diese sind jedoch häufig schwer zu datieren. Die Einwohnerzahlen lassen sich nur näherungsweise bestimmen, in der Literatur finden sich kaum belastbare Daten. Kleine Einzelhaussiedlungen dürften wohl kaum mehr als einige Dutzend Einwohner gehabt haben, wohingegen für größere Zusammenschlüsse durchaus mehrere Hundert und in Einzelfällen auch mehrere Tausend Bewohner wahrscheinlich sind.92 Für die erste Hälfte des 1. Jahrtausends – und hier vor allem für das 8. und 7. Jahrhundert – lassen sich grundlegende Veränderungen in der Siedlungs- und Wohnhausarchitektur erkennen, die auf einen Wandel der gesellschaftlichen Organisation und der sozialen Praxis schließen lassen (s. u.). Spätestens seit dem 7. Jahrhundert scheinen die Neuanlage und die Umgestaltung von Siedlungen klaren Ordnungsprinzipien zu folgen, die die Raumplanung erleichterten und es ermöglichten, den Siedlungsraum zu verdichten. Die orthogonale Rasterstadt mit Häuserreihen, die durch parallele Straßen getrennt sind, löste zufällig gewachsene Siedlungsformen – wie etwa Streu- oder Konglomeratsiedlungen – mit einem an die Landschaft angepassten Wegesystem sukzessive ab. Parallel dazu wurde im Verlauf des 7. Jahrhundert damit begonnen, den öffentlichen Raum planvoll zu erschließen, was – neben den ökonomischen Mitteln – ein hohes Maß an Organisationsmacht erforderte: Es entstanden Prachtstraßen, (überregional relevante) Tempel und andere gleichsam öffentliche Bauten; darüber hinaus sind für das 7. Jahrhundert verschiedentlich aufwendige Schiffsweihungen belegt.93 91

Vgl. dazu (mit weiterer Literatur): Seelentag (2015), bes. 75–92; 339; 380. Die Konflikte im Lager der Achaier – insbesondere zwischen Achill und Agamemnon – können als exempla für die Folgen einer solchen Entwicklung gelesen werden: Wurden mehrere kleine Dorfgemeinschaften mit eigenständigen Anführern und Regelsystemen zu einer größeren Siedlung zusammengefasst, standen die Akteure vor einer doppelten Herausforderung: Wie sollte die neue Gemeinschaft organisiert werden und wer sollte ihr als Anführer vorstehen? Um langfristige Konflikte zu vermeiden, mussten neue Formen der gesellschaftlichen Organisation und ein Ausgleich zwischen den potentiellen Anführern gefunden werden. Auch die Schilderung zweier Siedlungen auf der Insel Syria (Hom. Od. 15,403–414) scheint sich auf eine solche Situation zu beziehen: Die beiden poleis haben einen gemeinsamen basileus, verfügen ansonsten aber offenbar – was nicht näher ausgeführt wird – über eigenständige Strukturen. 92 Vgl. dazu (mit weiterer Literatur): Kolb (1984); Lang (1996); Scheidel (2003); Morris (2006); Lang (2007). 93 Allgemein zu den Veränderungen in der archaischen Architektur vgl.: Knell (1980); Kolb (1981); Hölkeskamp (1997); Hölscher (1998); Hölkeskamp (2000a); Gru-

Theoretischer Rahmen und erzählerische Perspektive

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Die ersten planvoll befestigten agorai – zum Teil mit Gesetzesinschriften – sind ab etwa 650 archäologisch belegt.94 Was die Wohnhausarchitektur betrifft, so wiesen die Häuser im griechischen Siedlungsraum bis etwa 700 ein breites Spektrum unterschiedlicher Grundrisse auf. Sie waren rund, oval, apsidial, quadratisch oder rechteckig und verfügten zumeist über ein bis drei Räume mit unterschiedlich positionierten Eingängen. Dies erhöhte die Varianz der Siedlungsstrukturen zusätzlich. Das Aufkommen neuartig strukturierter Mehrraumhäuser mit ummauerten Höfen im späten 8. Jahrhundert lässt auf eine veränderte Nutzung und Funktion der Räume sowie auf eine veränderte Kommunikation in den Haushalten und Siedlungen schließen. Aus dieser Zeit finden sich zunehmend Häuser mit Steinfundamenten, und die rechtwinklige Bauweise verdrängte zum Teil die anderen Grundrisse. Ältere Häuser wurden erweitert oder neu strukturiert und durch einen eingefriedeten Hof ergänzt.95 Das soziale Zentrum dieser Mehrraumhäuser war der oikos:96 Hier befand sich die Herdstelle, und vermutlich trafen sich in diesem Raum auch die Hausbewohner, etwa um gemeinsam zu essen. Spätestens um 600 war das sog. Hofhaus zur dominanten Hausform geworden; es sollte die Architektur im griechischen Siedlungsraum bis zum Ende der Antike prägen. Aus einer architektursoziologischen Perspektive verweist vor allem die Ummauerung des Hofhauses auf grundlegende gesellschaftliche Veränderungen: Auf diese Weise war das Leben der Bewohner der direkten Kontrolle durch die Gemeinschaft – und damit den überkommenen Regelungsmechanismen bäuerlicher Dorfgemeinschaften – weitgehend entzogen, und zufällige Begegnungen mit Nachbarn oder anderen Mitgliedern der Siedlung konnten vermieden werden. Zugleich wurde der öffentliche Raum planvoll ausgestaltet, und es entstanden neuartige politische Handlungs- und Kommunikationsräume.97 Parallel zu diesen architektonischen Entwicklungen gab es offenbar auch in anderen kulturellen Feldern einen materiell bis heute greifbaren Aufschwung. Darauf lassen zumindest die vereinzelten Funde von (kolossalen)

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ben / ​ H irmer (2001); Hölkeskamp (2002b); Lang (2002); Hölkeskamp (2003); Lang (2005); Lang (2007); R abinowitz (2009); Lang (2010); Tréziny (2012); Mohr (2013); Sielhorst (2015). Allgemein zu öffentlichen Räumen im archaischen Griechenland vgl.: Hölscher (1998); Hölkeskamp (2003); Hölkeskamp (2004a); spezifisch zu den agorai siehe: Martin (1951); Hölkeskamp (1997); Tréziny (2012); Sielhorst (2015). Zur (früh)archaischen Wohnhausarchitektur vgl.: (Mallwitz (1981); Martini (1986); Lang (2002); Lang (2005); Lang (2007); Westgate / Fisher / Whitley (2007); Lang (2010). Der Begriff „oikos“ ist im Altgriechischen mehrdeutig und kann nicht nur „Zimmer“, „Haus“ oder „Hausstand“ bedeuten, sondern auch den Raum mit der Herdstelle und den Vorräten bezeichnen; vgl. dazu: Hoepfner / S chwandner 1994, 77. Zu dieser Entwicklung vgl. (mit weiterer Literatur): Hölscher (1998); Hölkes­ kamp (2002b); Hölkeskamp (2003); Hölkeskamp (2004a); Lang (2010); allgemein zu architektursoziologischen Ansätzen in der Archäologie siehe: Trebsche / Müller-Scheessel / R einhold (2010).

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Einleitung

Statuen und Geräten  – wie feinkeramischen Amphoren, Bronzekesseln, kouroi, korai und Sphyrelata – schließen, zu deren Herstellung es nicht nur ausreichender ökonomischer Mittel, sondern auch Handelskontakten und hervorragender handwerklicher Fertigkeiten bedurfte.98 In diese Richtung weisen zudem die ersten Zeugnisse der griechischen Alphabetschrift: die athenische Dipylon-Kanne sowie die Kotylen (Trinkgefäße) aus Pithekoussai und Eretria.99 Für das 8. Jahrhundert lassen sich unterschiedliche Formen räumlicher Mobilität greifen:100 In verschiedenen griechischen Siedlungen – so etwa in Delphi, Isthmia, Delos und Olympia  – werden überregional genutzte Heiligtümer archäologisch nachweisbar, die auf das Entstehen neuer Kommunikations- und Handlungsräume schließen lassen.101 Saisonale Arbeitsmigration war ein fester Bestandteil der archaischen Landwirtschaft. Ein regelmäßiger Gesindewechsel sollte Knechte und Mägde vor Willkür schützen und den Bauern die Möglichkeit geben, verlässliche Arbeitskräfte zu finden.102 Freiwillige und erzwungene Migration – etwa in Form von Sklaverei – sind vielfach belegt.103 Es sei hier nur exemplarisch auf Hesiods Familiengeschichte104 und die Entführung des Schweinehirten Eumaios105 verwiesen. Handelsfahrten werden in den Schriftquellen verschiedentlich erwähnt und waren  – wie der archäologische Befund zeigt  – über den Mittelmeerraum hinaus in ein komplexes Geflecht des Warenaustausches eingebunden.106 Piraterie und andere Raubzüge waren offenbar – auch für einen angesehenen basileus wie Odysseus – eine legitime Einnahmequelle und ermöglichten es, neben materiellen Gütern  – zumindest kurzfristig  – auch gesellschaftlichen Einfluss zu erwerben (s. Kapitel III). Das Wort leistes ([See]Räuber) ist bereits bei Homer belegt, unter-

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Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 85 sowie: Richter (1968); Richter (1970); Romano (2000); Karakasi (2001); Meyer / Brüggemann (2007); Erickson (2010); Seidl (2017). 99 Vgl. dazu: Rüter / M atthiessen 1968; Risch (1987); Powell (1988); Latacz (2007), 682 ff.; Gerhard (2001); Binek (2017). 100 Allgemein zur Mobilität in antiken Gesellschaften und den damit verbundenen methodischen Problemen vgl.: Walter (2004); Woolf (2016). Für einen Überblick über die verschiedenen Formen von Mobilität im archaischen Griechenland und die damit verbundenen Forschungsdiskussionen siehe: Rollinger / Ulf (2004). 101 Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 86. 102 Vgl. dazu: Schmitz (2004b), 33–38; 117 ff. 103 Vgl. dazu: Schumacher (2001); Weiler (2004); Schmitz (2014); Delp (in Druckvorbereitung). 104 Vgl. dazu: Hes. erg. 633–640. 105 Hom. Od. 15,390–484 106 Zum Handel im archaischen Griechenland vgl. (mit weiterer Literatur): Foxhall (1998); Tandy (2004); Davis (2009); Delp (in Druckvorbereitung). Zur allgemeinen Einführung bzgl. des frühen Mittelmeerraumes vgl. (mit weiterer Literatur): Reden (2015).

Theoretischer Rahmen und erzählerische Perspektive

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scheidet semantisch aber nicht zwischen Raubzügen an Land oder zur See.107 Mobile Krieger sind u. a. bei Archilochos und in der Ilias gut belegt. Umstritten ist jedoch, welches Verhältnis zwischen einem Kämpfer und seinem Auftraggeber oder Verbündeten mit der  – insbesondere bei Homer gebrauchten  – Wendung epikouros (‚Söldner‘) konkret beschrieben wird.108 Grundsätzlich boten Piraterie und ‚Söldnertum‘ die Möglichkeit eines sozialen Aufstiegs und waren insofern auch ein Regulativ für die Konkurrenz zwischen (potentiellen) Anführern um die Vorrangstellung in einer Siedlungsgemeinschaft. Die ersten konkreten schriftlichen Belege für die Gründung einer neuen Siedlung  – hier unter Aufgabe des alten Ortes – finden sich in der Odyssee:109 So ruhte er dort, der vielgeduldige göttliche Odysseus, von Schlaf und Ermattung überwältigt. Aber Athene ging zu Gau und Stadt der Phaiakenmänner, die früher einst in der weiträumigen Hypereia wohnten, nahe den Kyklopen, den übermächtigen Männern, die ihnen beständig Schaden taten und an Kräften stärker waren. Von dort hatte sie aufstehen lassen und hinweggeführt Nausithoos, der gottgleiche, und angesiedelt in Scheria, fern von erwerbsamen Menschen. Und er zog eine Mauer um die Stadt und baute Häuser und schuf Tempel der Götter und verteilte Äcker. (Übersetzung: Wolfgang Schadewaldt) Ansonsten ist die Frühphase der sog. Großen Kolonisation (8.–6. Jahrhundert) vor allem archäologisch belegt. Spuren früher Neugründungen wurden in Makedonien, an den Küsten der Ägäis, auf Sizilien und in Unteritalien entdeckt, wobei der archäologische Befund hier zumeist eine planvolle Ausgestaltung des neuen Siedlungsraumes zeigt. Die Gründe für eine Auswanderung, die Zielsetzung der Migration sowie das Verhältnis zu der verlassenen Siedlung bzw.  – sofern vorhanden  – zu der autochthonen Bevölkerung waren vielfältig und werden in 107

Zur Piraterie in der Archaik und der Begriffsgeschichte vgl. (mit weiterer Literatur): Delp (in Druckvorbereitung). 108 Zu mobilen Kriegern in der Archaik und dem Begriff „epikouros“ vgl. (mit weiterer Literatur): Delp (in Druckvorbereitung). 109 Hom. Od. 6,1–10: Ὣς ὁ μὲν ἔνθα καθεῦδε πολύτλας δῖος Ὀδυσσεὺς / ​ὕ πνῳ καὶ καμάτῳ ἀρημένος· αὐτὰρ Ἀθήνη / ​βῆ ῥ’ ἐς Φαιήκων ἀνδρῶν δῆμόν τε πόλιν τε· / ​οἳ πρὶν μέν ποτ’ ἔναιον ἐν εὐρυχόρῳ Ὑπερείῃ, / ​ἀ γχοῦ Κυκλώπων ἀνδρῶν ὑπερηνορεόντων, / ​οἵ σφεας σινέσκοντο, βίηφι δὲ φέρτεροι ἦσαν. / ​ἔ νθεν ἀναστήσας ἄγε Ναυσίθοος θεοειδής, / ​εἷσεν δὲ Σχερίῃ, ἑκὰς ἀνδρῶν ἀλφηστάων, / ​ἀμφὶ δὲ τεῖχος ἔλασσε πόλει καὶ ἐδείματο οἴκους / ​κ αὶ νηοὺς ποίησε θεῶν καὶ ἐδάσσατ’ ἀρούρας. Kriterien für die Auswahl eines neuen Siedlungsortes werden in: Hom. Od. 9,125–136 formuliert. Darüber hinaus finden sich in den homerischen Epen nur wenige vage Belegstellen; vgl. dazu: Mauersberg (2019), 33–36. Auch in der lyrischen Dichtung gibt es kaum Verszeilen, die sich auf die Gründung einer Siedlung beziehen liesen; siehe exemplarisch: Mimnermos fr. 10 West = Strab. XIV,1,3; dazu: Mauersberg (2019), 36–40.

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Einleitung

der Forschung nach wie vor kontrovers diskutiert.110 Aus der Perspektive dieser Studie sind hier vor allem drei Aspekte von Bedeutung, die in den Quellen jedoch kaum zu greifen sind: Die Schaffung neuer Siedlungen konnte dazu beitragen, die Konkurrenz um gesellschaftliche Einflusssphären, der sich nicht zuletzt durch den Zusammenschluss kleiner Dörfer intensiviert haben dürfte, zu entzerren. Darüber hinaus entstanden durch die Ausweitung des Siedlungsgebietes neue Kontaktzonen und Interaktionsräume, die einen zunehmenden Transfer von Wissen ermöglichten. Vor allem aber trug dieses Phänomen dazu bei, überkommene Sozialstrukturen und Regelsysteme aus ihrem an einen konkreten Ort gebundenen Kontext herauszulösen, was diese erstens potentiell veränderbar machte und zweitens die Möglichkeit – und die Notwendigkeit – schuf, neue Formen der gesellschaftlichen Organisation zu erproben.111 Aus diesen Befunden und Überlegungen ergeben sich für die vorliegende Studie die folgenden narrativen Prämissen: (1.) Die schriftliche Überlieferung setzt an einem zufälligen Zeitpunkt ein und markiert somit nicht den tatsächlichen Anfangspunkt einer historischen Entwicklung. (2.) Die Archaik lässt sich zunächst vor allem archäologisch als eigenständige historische Formation beschreiben. Erst im Verbund mit diesem Deutungsrahmen können die Schriftquellen kritisch eingeordnet und zur Rekonstruktion der sozialen Praxis herangezogen werden. (3.) Die Geschichte der Archaik muss von ihrer Frühzeit und nicht von ihrem Ende her erzählt werden. Die Basis hierfür sind der archäologische Befund und die zeitgenössischen Schriftquellen. (4.) Wie im weiteren Verlauf der Arbeit zu zeigen sein wird, ermöglicht das in Kapitel II erarbeitete Modell einen von der klassischen Archaikforschung weitgehend unabhängigen narrativen und analytischen Zugriff auf die gesellschaftliche Entwicklung im früharchaischen Griechenland.

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Vgl. dazu sowie zu dem problematischen Begriff der „Kolonisation“ die Literatur unter Anm. 88. 111 Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 86 sowie: Rollinger /  Ulf (2004); Antonaccio (2007).

II. Warum gerade Island? – Die isländische Freistaatzeit als historisches Modell

In den 1970er und 80er112 Jahren wurde die Debatte über die gesellschaftlichen Verhältnisse im archaischen Griechenland neuerlich intensiviert und durch eine dezidiert methodologische Perspektive ergänzt.113 Diese Diskussion um den angemessenen historischen Zugriff auf die Archaik hat gezeigt, dass es unerlässlich ist, aus einem kritischen Dialog mit der Forschungsgeschichte und den verschiedenen Nachbardisziplinen heraus differenziertere und damit erklärungsstärkere Modelle sowie ein methodisch und empirisch besser fundiertes analytisches Instrumentarium zu erarbeiten, das es ermöglicht, die Spezifik der gesellschaftlichen Organisation und Entwicklung in (früh)archaischen Siedlungsgemeinschaften adäquat erfassen und beschreiben zu können. Im Zuge dieser Entwicklung gab es verschiedentlich Bestrebungen, andere Gesellschaften als Vergleichsobjekte für die griechische Archaik heranzuziehen, um einen alternativen „Sehepunkt“ einnehmen und auf eine erweiterte Materialbasis zurückgreifen zu können. Ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung wurde mit dem Versuch unternommen, die homerischen Epen in Hinblick auf die gesellschaftlichen Verhältnisse im früharchaischen Griechenland auszuwerten, was aufgrund der komplizierten und umstrittenen Entstehungsgeschichte der Epen, der verschiedenen Zeitschichten, die sich in ihnen spiegeln, sowie deren Überlagerung durch fiktionales Erzählgut erheblich erschwert wird und zu kontroversen Debatten auf unterschiedlichen Ebenen geführt hat.114 Vor allem vergleichende Arbeiten, die ethnologische Fragestellungen und Deutungskonzepte für die Analyse der ‚homerischen‘ und damit letztlich der archaischen Gesellschaft nutzbar zu machen versuchten, stießen in der etablierten Forschung zunächst auf Widerspruch.115 Seit den 1990er Jahren hat sich dieser methodische Ansatz jedoch sukzessive durchgesetzt und gehört heute zum festen Inventar der Archaikforschung. Es wurde bereits darauf hingewiesen, wie sehr sich der wissenschaftliche Zugriff auf die Archaik und das moderne Bild dieser Epoche dadurch verändert haben.

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Sofern nicht anders angegeben, beziehen sich alle Jahreszahlen in Kapitel II auf die Zeit n. Chr. 113 Vgl. dazu die Literatur unter den Anm. 2, 7 und 15. 114 Zur Diskussion um die ‚homerische Gesellschaft‘ und ihr Verhältnis zur Archaik vgl. die Literatur unter den Anm. 8, 15 und 34. 115 Exemplarisch für diese Kritik: Gschnitzer (1991); dezidiert für einen vergleichenden Ansatz argumentieren im Kontext dieser Kontroverse u. a.: Ulf (1990); R aaflaub (1998). Zu vergleichenden Ansätzen über die homerischen Epen hinaus siehe: Childe (1950); Runciman (1982); Morris (1986a); Morris (1989).

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Warum gerade Island?

Sowohl die homerischen Epen als auch die Dichtung Hesiods weisen eine Fülle von Bezügen zu den Schrift- und Bildquellen des Vorderen Orients auf.116 Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts und dann vor allem seit den 1980er Jahren hat sich die Archaikforschung intensiv mit dem Wissenstransfer und den Handelskontakten zwischen den griechischen und altorientalischen Siedlungsräumen beschäftigt. Es ist jedoch umstritten, welchen Einfluss diese Kontakte auf die politischen, juristischen und sozialen Verhältnisse im (früh)archaischen Griechenland hatten.117 Auf die gesellschaftlichen Akteure, deren Handlungsräume und das Bedingungsgefüge sozialen Wandels in griechischen Siedlungsgemeinschaften lässt sich mit einem solchen Ansatz m. E. – wenn überhaupt – nur sehr bedingt zugreifen, da sich die gesellschaftlichen Verhältnisse in den orientalischen Großreichen nicht auf die (Früh)Archaik übertragen lassen. Nach Christoph Ulfs Arbeit über die „homerische Gesellschaft“ aus dem Jahr 1990 war es vor allem Winfried Schmitz’ Habilitationsschrift „Nachbarschaft und Dorfgemeinschaft im archaischen und klassischen Griechenland“, die das heuristische Potential eines diachron-vergleichenden Ansatzes gerade für die Problem- und Quellenlage zur griechischen Archaik eindrücklich unter Beweis gestellt hat.118 Als methodische Voraussetzung einer solchen Untersuchung gilt Schmitz erstens der Nachweis ähnlicher Rahmenbedingungen und Strukturen in den zu vergleichenden Gesellschaften und zweitens die Formulierung kongruenter Vergleichskategorien.119 Auf dieser Basis ist es ihm mit großem Ertrag gelungen, Vergleichsmaterial und Deutungskonzepte aus historischen und volkskundlichen Arbeiten zu neuzeitlichen bäuerlichen Dorfgemeinschaften für seine Problemstellung zu adaptieren; auch wenn er nicht alle theoretischen Zweifel an seinem Ansatz ausräumen konnte, fand die Plausibilität seiner Argumentation in der Forschung großen Zuspruch.120 Schmitz konnte zeigen, dass früharchaische 116

Vgl. dazu: Burkert (1992); Patzek (1992); Rollinger (1996); Rollinger (2003); Rollinger (2004b); Schmitz (2004a); Ulf (2010c); Haubold (2013). 117 Vgl. dazu (mit weiterer Literatur): Burkert (1992); Fadinger (1993); Waschkies (1993); Kienast (1994); Haider (1996); Rollinger (1996); Weiler (1996); Kistler (1998); Kistler (2001b); Ulf (2001c); Rollinger (2003); Haider (2004); Lorenz (2004); Patzek (2004); Raaflaub (2004b); Rollinger (2004a); Rollinger (2004b); Rollinger / Ulf (2004); Schmitz (2004a); Ulf (2004a); Weiler (2004); Haider (2005); Rollinger (2005); Ulf (2005); Rollinger / Truschnegg (2006); Ulf (2006d); Bichler (2007); Kuhrt (2007); Meyer-Zwiffelhoffer (2007); Rollinger (2007); Rollinger / Barta (2007); Rollinger / Luther / Wiesehöfer (2007); Thür (2007); Weiler (2007); Wiesehöfer (2007); Ulf (2009b); Lang / Barta /  Rollinger (2010); Ulf (2010c); Matthäus / O ettinger / S chröder (2011); R aaflaub (2011b); Ulf  /  R ollinger (2011); Haubold (2013). 118 Schmitz (2004b). 119 Vgl. dazu: Schmitz (2004b), 9–147, besonders 22–26; 127 ff. 120 Siehe dazu die Rezensionen von: Ulf (2004c); Duplouy (2006b); Osborne (2006); Welwei (2006).

Warum gerade Island?

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Bauern keineswegs eine Ansammlung von in den Egoismen ihrer wirtschaftlichen Not verharrenden Individuen waren, sondern – im Gegenteil – gerade aus Eigeninteresse einen hohen Gemeinschaftsbezug aufwiesen. Die bäuerlichen Normen waren auf den Erhalt der Dorfgemeinschaft (Dorf: kome) und des einzelnen oikos angelegt: Geriet ein Hof trotz aller Vorsichtsmaßnahmen unverschuldet in eine (wirtschaftliche)  Notlage, so konnten die Bewohner mit der Unterstützung der anderen Gruppenmitglieder – ihrer Nachbarn – rechnen. Verstöße gegen die zum Teil sehr strikten Arbeits-, Heirats- oder sonstigen Lebensregeln wurden hingegen scharf sanktioniert, um den Bestand der Siedlungsgemeinschaft insgesamt nicht zu gefährden. Das Wissen um diese Regelsysteme wurde in einer bäuerlichen Sondersprache tradiert, die heute in Form von Spruchdichtung überliefert ist. In frühneuzeitlichen und modernen Dorfgemeinschaften ist dieser Zusammenhang zwischen einer solchen Kommunikationsform und einer spezifischen bäuerlichen Ordnung gut dokumentiert. Schmitz übertrug dieses Modell auf die griechische Archaik und konnte so zeigen, dass insbesondere die Dichtung Hesiods eine bäuerliche Spruchdichtung verarbeitet und entsprechende Normen transportiert. Darüber hinaus konnte er gegen die ältere Forschung geltend machen, dass diese bäuerliche Ordnung einen erheblichen Einfluss auf den gesellschaftlichen Wandel im (früh)archaischen Griechenland und besonders auf die rechtliche Ausgestaltung der Siedlungsgemeinschaften hatte.121 Das Modell der Dorfgemeinschaft und – eng damit verbunden – das Paradigma des „ganzen Hauses“ als einer autarken Wirtschaftseinheit gelten in der historischen Forschung aufgrund ihrer ideologischen Vorbelastung als äußerst problematisch.122 Es gelingt Schmitz jedoch, seinen Begriff der Dorfgemeinschaft aus der neueren kultur- und sozialwissenschaftlichen Forschung und vor allem aus den griechischen Schriftquellen heraus empirisch zu begründen und so – zumindest in wesentlichen Teilen – aus diesem belasteten Zusammenhang herauszulösen. Da auch die homerischen Epen und die lyrische Dichtung auf einen vergleichbaren materiellen und normativen Kontext verweisen (s. Kapitel III), eignet sich Schmitz’ Modell m. E. als analytisches Instrument zur Beschreibung der grundlegenden gesellschaftlichen Verhältnisse in früharchaischen Gesellschaften. Der Umstand, dass sich der für Schmitz zentrale Begriff geiton (Nachbar) in der Ilias nicht und in der Odyssee nur dreimal findet123, kann mit dem kriegerischen Plot bzw. mit der Fokussierung auf Odysseus und dem hohen Anteil an fiktionalen Erzählstoffen erklärt werden. Für den oikos wird im Folgenden eine teilweise Autarkie angenommen, die jedoch in verschiedene Formen der 121

Vgl. dazu: Schmitz (1999); Schmitz (2004b), besonders 259–410. Vgl. aus der Perspektive der Archaikforschung: Schmitz (2004b), 9–25; Ulf (1990), 187–191; Ulf (2011a). Allgemein zu diesen Modellen und der Kritik daran (mit weiterer Literatur): Möller (1964/65); Kaschuba (1990); Isenmann (2004). 123 Vgl. dazu: Schmitz (2004b), 105. Allgemein zur Häufigkeit und zum Gebrauch des Begriffes „geiton“ vgl.: ders., 42–60. 122

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handwerklichen Arbeitsteilung und des Austausches ökonomischer Güter eingebunden war.124 Der hier durchgeführte Vergleich zwischen dem mittelalterlichen Island und der griechischen Früharchaik knüpft explizit an die von Schmitz – und Ulf – erprobte Methodik an. Im Folgenden sind spezifische Vergleichskriterien zu formulieren, anhand derer überprüft – und zum Abschluss dieses Kapitels diskutiert – werden kann, ob und inwiefern diese Gesellschaften überhaupt vergleichbar sind. Dazu bedarf es zunächst einer Einführung in die Islandforschung, ihre Fachgeschichte und die Quellenlage. Im Anschluss daran sind die gesellschaftlichen Verhältnisse im mittelalterlichen Island anhand der Forschungsliteratur und des Quellenmaterials zu skizzieren. Diese Überlegungen basieren – was zu begründen sein wird – explizit auf einer durchaus umstrittenen Forschungsposition, deren Prämissen entsprechend kritisch zu reflektieren sind. Das so gewonnene Bild der isländischen Freistaatzeit wird dann zu einem historischen Modell gesellschaftlicher Organisation und Entwicklung verdichtet, das als Ausgangspunkt für die historischen Analysen in Kapitel III fungiert. Dieses Modell ist bewusst empirisch angelegt, schließt aber begrifflich und konzeptionell an den in Kapitel I formulierten theoretischen Rahmen an.

A. Die isländische Freistaatzeit 1. Vergleichskriterien Eine Gesellschaft, die sich als Vergleichsobjekt für die komplexen historischen Prozesse im früharchaischen Griechenland eignen soll, muss verschiedenen methodischen und empirischen Kriterien entsprechen: Erstens muss ihre (Entstehungs-) Geschichte deutlich besser dokumentiert sein und sich aufgrund der Überlieferungssituation für eine empirisch fundierte Modellbildung eignen; zweitens sollte sie jenseits einer reinen Institutionen- oder Verfassungsgeschichte erzählbar sein, um auch über einen solchen Interpretationsansatz hinaus auf die gesellschaftlichen Akteure und deren Handlungsräume zugreifen zu können; sie muss drittens eine vergleichbare Siedlungsstruktur, einen ähnlichen Institutionalisierungsgrad, eine analoge soziale Stratifikation sowie entsprechende ökonomische Bedingungen aufweisen, um von einer grundsätzlichen Vergleichbarkeit ausgehen zu können; sie muss viertens über ähnliche Quellengattungen verfügen, um kongruente Forschungsfragen und Vergleichskategorien formulieren zu können; sie sollte sich fünftens möglichst ohne äußeren Institutionalisierungsdruck entwickelt haben,

124

Zu der Frage der Autarkie (früh)archaischer oikoi vgl.: Schmitz (2004b), 9–25; Ulf (1990), 187–191; Ulf (2011a).

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um exemplarisch auf Entwicklungslinien gesellschaftlicher Selbstorganisation zugreifen zu können;125 sechstens muss sie sich weitestgehend unabhängig von der griechisch-römischen Tradition entwickelt und eine entsprechend eigenständige Überlieferung ausgebildet haben, um auf der Überlieferungsebene mögliche Zirkelschlüsse zu vermeiden; und siebtens ist schließlich darauf zu achten, dass sich die Forschung zu der Vergleichsgesellschaft konzeptionell möglichst unabhängig von der Archaikforschung entwickelt hat. Im Folgenden ist zu überprüfen, inwieweit die Gesellschaft der isländischen Freistaatzeit und die zugehörige Forschung diese Kriterien erfüllen. Der Vergleich dieser zeitlich und räumlich weit auseinanderliegenden Gesellschaften birgt methodische Risiken und muss über den Nachweis einer grundsätzlichen Vergleichbarkeit hinaus im weiteren Verlauf dieser Arbeit immer wieder reflektiert werden. Ein Grundproblem ist, dass für die Frage der Vergleichbarkeit bereits ein Vorverständnis über die gesellschaftlichen Verhältnisse im früharchaischen Griechenland vorhanden sein muss, die zugleich Gegenstand der vorliegenden Studie sein sollen. Um der Gefahr möglicher Zirkelschlüsse zu begegnen, zielen die hier formulierten Kriterien daher zunächst auf die in der jeweiligen Forschung weithin anerkannten Grundannahmen über die Vergleichsgesellschaften ab. Eine Vertiefung und Präzisierung des Vergleichs, auch in Hinblick auf die Unterschiede der Vergleichsobjekte, erfolgt dann in Kapitel III.

2. Die isländische Freistaatzeit – Forschungsgeschichte und Quellenlage Traditionell wird die Geschichte Islands bis zur Unterwerfung unter die norwegische Krone in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts in vier Phasen unterteilt – die Landnahmezeit (ca. 870–930), die Sagazeit (ca. 930–1030), die Friedenszeit (ca. 1030–1180) und die Sturlungenzeit (ca. 1180–1262) –, wobei die Forschung die drei letztgenannten Zeitabschnitte unter dem Begriff der Freistaatzeit (s. u.) zusammenfasst.126 Damit ist zugleich der zeitliche Rahmen des hier durchgeführten Vergleichs benannt: Bevor die ersten Siedler im letzten Drittel des 9. Jahrhunderts nach Island kamen, hatten dort offenbar nur wenige eremitische Mönche aus dem angelsächsisch-keltischen Raum gelebt. Als die Insel etwa 400 Jahre später an Norwegen fiel, war die überkommene Ordnung weitgehend zerstört und 125 Der

Begriff der „Selbstorganisation“ wird hier nicht im Sinne der sozialwissenschaftlichen Kybernetik – wie sie in der 40er Jahren des 20. Jahrhunderts formuliert wurde – gebraucht, sondern bezieht sich darauf, dass die Vergleichsgesellschaften sich weitestgehend ohne äußeren Institutionalisisierungsdruck entwickelt haben; vgl. dazu: Paslack (1991); Heiden (1992); Hejl (1992); Küppers / K rohn (1992). 126 Exemplarisch zu dieser Einteilung der isländischen Geschichte siehe: Jóhannesson (1974); Hastrup (1995); Sigurðsson (1999); Karlsson (2000); Byock (2001).

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die is­ländische Gesellschaft begann sich an das mittelalterliche Skandinavien anzupassen. Daher eignet sich die isländische Geschichte vor und nach diesem Zeitabschnitt nicht als Vergleichsobjekt für das früharchaische Griechenland.127 Die Frühphase der isländischen Geschichte stellt uns vor erhebliche methodische Herausforderungen: Einerseits sind die Anfänge keiner anderen Gesellschaft der europäischen Vormoderne in vergleichbarer Weise dokumentiert, zugleich aber ist die historische Auswertbarkeit insbesondere der Schriftquellen in hohem Maße umstritten. So verfügen wir zwar über verschiedene Texte, die inhaltlich zum Teil bis in die Landnahmezeit zurückreichen, eine nachweisbare Überlieferung setzt jedoch erst im 13. Jahrhundert ein.128 Zudem lassen sich letztlich alle erhaltenen Schriftquellen auf eine Entwicklungserzählung der isländischen Geschichte beziehen, die wohl spätestens in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts entstanden ist und unter den Bedingungen der norwegischen Vorherrschaft fortgeschrieben wurde (s. u.).129 Die quellenkritische Diskussion lässt sich durch zwei gegensätzliche Positionen charakterisieren: Während es die eine Seite grundsätzlich für möglich hält, die Geschichte der Landnahme- und Freistaatzeit anhand der Schriftquellen zu rekonstruieren, bestreitet die andere Seite dies vehement und plädiert dafür, die Texte ausschließlich als Quellen für ihre Entstehungszeit – das 13. und 14. Jahrhundert – zu verwenden.130 2.1. Forschungsgeschichtlicher Überblick Die Forschungstradition zum mittelalterlichen Island reicht bis in das 19. Jahrhundert zurück: Das erstarkte Interesse einer sich formierenden Nation – Island unterstand bis in das 20. Jahrhundert zunächst der norwegischen und ab 1397 der dänischen Krone131 – an der eigenen Kultur und Geschichte fand sein Äquivalent in den Bemühungen vor allem der noch jungen Germanistik, das mittelalterliche

127

Zur Besiedlung Islands vgl.: Byock (1988); Einarsson (1995); Smith (1995); Byock (2001), 5–24; 81–98; Lárusdóttir (2006); Vésteinsson (2006); McGovern / Vésteinsson /  Friðriksson et al. (2007); Vésteinsson (2007a); Þorláksson (2007); zu der weiteren historischen Entwicklung nach 1262/4 siehe exemplarisch: Karlsson (2000), 89–127; Þorláksson (2007). 128 Vgl. dazu: Seggewiss (1978); Pálsson (1988); Lindow (1997); Sigurðsson (1999), 9–83; Ross (2000); Byock (2001), 81–98; 142–184; Þorláksson (2007). 129 Vgl. dazu: Wamhoff (2016). 130 Diese Diskussion kann exemplarisch an der folgenden Literatur nachvollzogen werden: Turner (1971); Friedman (1979); Tomasen (1980), 3–31; Hastrup (1985); Turner (1985); Turner (1986); Byock (1988), 51–76; Hastrup (1990); Pálsson (1992a); Schroeter (1994), 11–73; Bagge (1997); Sigurðsson (1999), 9–83; Byock (2001), 81–99; 142–169. 131 Vgl. dazu: Karlsson (2000), 89–192.

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Island als Urbild ‚germanischer Kultur‘ auszuweisen.132 Die primordial-romantisierenden Bilder eines freiheitsliebenden lokalen Adels als Träger der Besiedlung sowie der ältesten nicht-antiken Demokratie gehen auf eine verklärende Sicht auf die Protagonisten der Isländersagas (s. u.) sowie auf eine unkritische Verwendung moderner politischer Kategorien im Umgang mit den historiographischen und juristischen Texten zurück und hatten bis weit in das 20. Jahrhundert hinein Bestand.133 In diesem Kontext ist auch der problematische, aber mangels einer besseren Alternative bis heute gängige Begriff der Freistaatzeit – in der englischsprachigen Forschung auch Icelandic Commonwealth – zu sehen, der sich darauf bezieht, dass es in den ersten Jahrhunderten der isländischen Geschichte kein Königtum, keine Aristokratie und auch keine andere Form zentralisierter Macht oder Herrschaft gab. Die zunehmende Kritik an der Historizität der Isländersagas führte etwa ab den 1950er Jahren in der historischen Forschung zu einer Bevorzugung der historiographischen und juristischen Texte und ließ das Island der Freistaatzeit bis weit in das 12. Jahrhundert hinein als statische, konsensual ausbalancierte Gesellschaft mit festen staatlichen Strukturen wie etwa einer systematischen Rechtsordnung erscheinen;134 ein Bild, das weder in der soziopolitischen Dynamik der Isländersagas noch in deren konfliktreichen Plots eine Entsprechung findet.135 Die ‚Godenverfassung‘ dieser sog. Friedenszeit (ca. 1030–1180) sei hier kurz skizziert: Der Grágás (Graugans) – einer Kompilation isländischer Rechtssätze (s. u.) – ist zu entnehmen, dass auf Island im Jahr 930 zunächst 36 Einflussbereiche (Godentümer136) geschaffen worden seien. Wenig später (965) sei die Insel dann anhand der Himmelsrichtungen in vier Bezirke mit der jeweils gleichen Anzahl an Godentümern gegliedert worden. Da es im Nordviertel aber bereits 12 Goden gegeben habe, sei die Anzahl auch in den anderen Vierteln aufgestockt worden, so dass es nach dieser Reform insgesamt 48 Goden gegeben habe, von denen jedoch 132

Vgl. dazu: Baetke (1974); Byock (1992); Ólason (1998), 3–37; Sigurðsson (1999), 9–38. 133 Vgl. dazu: Bagge (1992); Byock (1992); Sigurðsson (1999), 9–38; Ross (2000); Byock (2001), 142–169; Vésteinsson (2007a); Þorláksson (2007); ein Überblick über die ältere Literatur findet sich bei: Baetke (1974); Eyjólfsdóttir (1984). 134 Einen gelungenen Forschungsüberblick – auch zu älteren Arbeiten – gibt: Sigurðsson (1999), 9–83; dieses statische Bild war lange unbestritten und hat, trotz einer zunehmenden Relativierung, auch die jüngere Forschung nachhaltig geprägt; einige Beispiele sollen hier genügen: Byock (1982); Byock (1988); Miller (1990); Karlsson (2000); Byock (2001). 135 Vgl. dazu: Sigurðsson (1999); Sigurðsson (2011). Trotz der Kritik an der Verwendung der Isländersagas als Quellen für die ersten Jahrzehnte der Freistaatzeit fand diese Argumentation in der Forschung insgesamt eine positive Resonanz; vgl. dazu die Rezensionen von: Jakobsson (2000); Grímsdóttir (2001); Karlsson (2001); Pálsson (2001); Vésteinsson (2002). 136 Zu den Begriffen „Gode“ und „Godentum“ s. u.

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nur 39 eine tatsächliche territoriale Basis gehabt hätten. Die zentrale rechtliche und politische Institution, das alþingi (s. u.), sei ebenfalls bereits 930 geschaffen und in der Folge von den Goden organisiert und geleitet worden.137 Über die Grundlinien der isländischen Geschichte herrscht in der Forschung weitgehend Einigkeit: In den Jahrzehnten (nach) der Landnahme entstanden verschiedene Regelsysteme, deren soziopolitisches Zentrum eine kleine Gruppe von Anführern – die Goden – bildete. Trotz ständiger Kleinkonflikte scheinen sich die gesellschaftlichen Verhältnisse in der Folgezeit stabilisiert und verstetigt zu haben, bis besonders mächtige Anführer ihre Einflussbereiche auf Kosten anderer Goden auszuweiten begannen und sich gegen Ende des 12. Jahrhunderts eine kleine Machtelite etablieren konnte. Die Konkurrenz zwischen den wenigen verbliebenen Godenfamilien eskalierte bis hin zu bürgerkriegsähnlichen Konflikten und das Ordnungsgefüge der Freistaatzeit zerbrach. Innerhalb dieser Rahmenerzählung ist jedoch in hohem Maße umstritten, wie viele Goden es – vor allem in der Anfangsphase – überhaupt gab, worauf deren Vorrangstellung basierte und wie aus den jeweiligen Vorannahmen die Entwicklungen des 12. und 13. Jahrhunderts erklärt werden können. Hinter dieser Kontroverse steht letztlich die Frage, welchen Quellen bezüglich der frühen Freistaatzeit der Vorzug zu geben ist. Die Antwort hat erheblichen Einfluss nicht nur auf das jeweilige Bild des mittelalterlichen Island, sondern auch auf die Erzählkonzepte und das heuristische Instrumentarium: Aus den historiographischen und juristischen Quellen ergibt sich bereits für das frühe 10. Jahrhundert das Bild einer rechtlich fundierten Ordnung, die in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts durch das Konkurrenzverhalten der entstandenen Machtelite in eine Krise gerät. Dieser Interpretationsansatz schließt an die Gründungserzählung der isländischen Historiographie an (s. u.) und übersetzt diese in die Terminologie einer modernen Rechts- und Verfassungsgeschichte. Das Sagamaterial hingegen lässt auf eine gesellschaftliche Ordnung schließen, die über keine abstrakt sanktionierten Regelsysteme verfügte, sondern auf dem personalen Einfluss einzelner Akteure – der Goden – basierte. Als der Wettbewerb zwischen besonders erfolgreichen Anführern zunehmend eskalierte, gelang es der isländischen Gesellschaft nicht, diese Konflikte zu kanalisieren und einzuhegen. Diese Lesart der Sagaliteratur entstand  – auch forschungsgeschichtlich  – im Kontext des cultural turn in den Geisteswissenschaften. Aus diesen „Sehepunkten“ ergeben sich unterschiedliche, zum Teil widersprüchliche Erzählungen über die Geschichte Islands. Der hier durchgeführte Vergleich basiert auf der zweiten Forschungsposition, da deren Darstellung nach der Ansicht des Verfassers – was noch zu begründen sein wird – eine höhere Plausibilität besitzt und sich der rechtsgeschichtliche Ansatz 137

Zu der sog. Godenverfassung und der Kritik an dieser Vorstellung vgl.: Maurer (1874); Hastrup (1985); Byock (1986); Byock (1988); Sigurðsson (1999); Byock (2001); Þorláksson (2007); Andersen / Tamm / Vogt (2011).

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der zuerst skizzierten Richtung konzeptionell nicht als Vergleichsfolie für das früharchaische Griechenland eignen würde. Die interpretatorischen Vorannahmen, die diesem Bild zugrunde liegen, sind, soweit sie diese Arbeit betreffen, im weiteren Verlauf zu diskutieren. Im Zuge dieser quellenkritischen Kontroverse wurde immer wieder auf das große Potential der Isländersagas hingewiesen; es fehlte jedoch das nötige theoretisch-methodische Instrumentarium, um ihre Historizität  – oder konkreter: ihren historischen Gehalt  – plausibel machen und sie historisch auswerten zu können.138 Die Versuche der 1970er und 80er Jahre, die Isländersagas aus einer primär ethnologischen oder soziologischen Perspektive zu lesen, können aufgrund ihres schematischen Zugriffs heute methodisch nicht mehr überzeugen, haben jedoch wesentlich dazu beigetragen, die überkommenen rechts- und verfassungsgeschichtlichen Deutungsmuster aufzubrechen und die Forschung für alternative Deutungsansätze sowie den Quellenwert der Sagas zu sensibilisieren.139 2.2. Quellenlage Das mittelalterliche Island hat ein außergewöhnlich umfangreiches und vielfältiges Schrifttum hervorgebracht. Neben der Edda-Dichtung und der Skaldik,140 der Historiographie141 und den Rechtstexten142 macht vor allem die Sagaliteratur die isländische Überlieferung zu einem für die europäische Vormoderne singulären Quellenkorpus. Bei der Sagaliteratur handelt es sich um thematisch breitgefächerte Prosaerzählungen in isländischer Sprache, die in der Forschung zumeist wie folgt klassifiziert werden: Königssagas (Konungasögur), Isländersagas (Íslendinga sögur), Gegenwartssagas (Samtíðarsögur oder Samtímasögur), Antikensagas (Fornaldar­sögur), Rittersagas (Riddarasögur), Märchensagas (Lygisögur), 138 Vgl.

dazu die Literatur unter Anm. 133 sowie: Boden (1903); Karlsson (1977); Durrenberger (1988); Durrenberger (1989); Durrenberger / Pálsson (1989). 139 Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 130; eine gelungene Zusammenfassung findet sich in: Pálsson (1992b). 140 Zur isländischen Dichtung (Lieder-Edda, Snorra-Edda und Skaldik) vgl.: See (1981); Beck (1986); Schier (1986); Weber (1986); Kristjánsson (1997); Nordal (2002); Egilsson (2004); Haugen (2004); Marold (2005); Poole (2005a); Poole (2005b); Würth (2005b). 141 Zur historiographischen Literatur (Heimskringla, Íslendingsbók und Landnámabók) vgl.: Pálsson (1988); Bagge (1991); Bagge (1992); Smith (1995); Lindow (1997); Whaley (1999); Ross (2000); R afnsson (2001); Ingvarsdóttir (2002); Würth (2005a); Þorláksson (2007); Sigurðsson (2009); Wamhoff (2016). 142 Zu den Rechtstexten und insbesondere zur Grágás vgl.: Heusler (1911); Miller (1990); Naumann (1998); Strauch (2000); Lottes /  M edijainen / Sigurðsson (2008); Sigurðsson /  P edersen / B erge (2008); Andersen / Tamm / Vogt (2011); Modéer (2011); Strauch (2011); Hoff (2012).

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Heiligensagas (Heilagra manna sögur) und Bischofssagas (Biskupa sögur).143 Darüber hinaus gelten  – was in den letzten Jahren jedoch vermehrt in Zweifel gezogen wurde144 – Kurzgeschichten aus dem Kontext der Königs- und Isländersagas (Íslendingaþættir) in den klassischen Editionen und Handbuchartikeln als ein eigenständiges Subgenre der Sagaliteratur.145 Diese Klassifikation ist in der Forschung nicht unumstritten, illustriert aber die Vielfalt der mittelalterlichen Literatur Islands. In thematischer und zeitlicher Hinsicht sind für den hier durchgeführten Vergleich vor allem die über 40 Íslendinga sögur und die rund 20 Samtíðarsögur von Bedeutung. Die Isländersagas finden sich in unterschiedlicher Dichte über die gesamte Insel verteilt. Rein quantitativ bilden sie den Hauptteil der Überlieferung bezüglich der ersten Jahrhunderte isländischer Geschichte.146 Sie schildern anhand biographischer Erzählungen über Bauern, Goden, Skalden und andere gesellschaftliche Akteure das Alltagsleben in der frühen isländischen Gesellschaft – allerdings aus der retrospektiven Sicht des 13. und 14. Jahrhunderts. Ihre Plots sind um Fehden und andere Konflikte innerhalb der isländischen Gesellschaft der Sagazeit organisiert, die ihre Protagonisten immer wieder auch nach Norwegen, in andere Teile Nordeuropas und sogar bis nach Byzanz führen. Moderne Druckausgaben dieser Texte umfassen zwischen ca. 25 und mehreren hundert Seiten. Auch die Gegenwartssagas sind biographisch aufgebaut. Ihre Plots sind die Fehden und Konflikte innerhalb der sich ausdifferenzierenden und verfestigenden isländischen Oberschicht des 12. und 13. Jahrhunderts. Im Gegensatz zu den Isländersagas zeichnen sie sich durch eine zeitnahe Entstehung aus, auch sie werden auf das 13. und 14. Jahrhundert datiert. Der größte Teil dieser Texte ist in einer mittelalterlichen Kompilation überliefert, die in heutiger Drucklegung mehrere hundert Seiten umfasst.147 Bevor wir die Frage diskutieren, inwieweit die 143

Vgl. zu dieser Einteilung und allgemein zur Sagaliteratur: Andersson (1967); Schier (1970); Foote (1978); Glauser (1983); Clover (1990); Meulengracht (1993); Kristjánsson (1997); Würth (1998); Ross (2000); Sigurðsson / Ó lason (2004); Tómasson (2004); McTurk (2007). 144 Vgl. dazu (mit weiterer Literatur): Jakobsson (2013). 145 Zu den Þáttir vgl.: Glauser (2000); Haugen (2004); Rowe (2004); McTurk (2007); Jakobsson (2013). 146 Zu der sehr unterschiedlichen Quellendichte siehe u. a.: Sigurðsson (1999), 9–38; Byock (2001), 142–169. 147 Zur philologischen Diskussion um die Isländer- und Gegenwartssagas vgl.: Heusler (1914); Nordal (1957); Andersson (1964); Andersson (1967); Schier (1970); Baetke (1974); See (1981); Byock (1984); Danielsson (1986); Tucker (1989); Clover (1990); Bandle (1991); Bagge (1992); Meulengracht (1992); Pálsson (1992a); Meulengracht (1993a); Meulengracht (1993b); Kristjánsson (1997); Ross (1997); Ólason (1998); Andersen (1999); Beck / E bel (2000); Glauser (2000); Nordal (2000); Quinn (2000); Ross (2000); Würth (2000); Danielsson (2002a); Danielsson (2002b); Ingvarsdóttir (2002); Júlíusson (2002); Kjartansson (2002); Kristinsson (2002); Bragason (2004); Egilsson (2004); Haugen (2004);

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Isländersagas als historische Quelle für die Freistaatzeit verwendet werden können, gilt es zunächst, die anderen Textgattungen zu konturieren. Die isländische Dichtung eignet sich nur sehr bedingt als historische Quelle für die gesellschaftlichen Strukturen der Freistaatzeit. Die Lieder-Edda ist eine Sammlung anonymer mythischer Götter- und Heldenlieder, die in der älteren Forschung als zentrales Zeugnis für ein germanisches Heidentum betrachtet wurde. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass der Text in seiner überlieferten Form erst in christlicher Zeit entstanden ist und insofern zumindest keinen unmittelbaren Zugriff auf heidnische Vorstellungen erlaubt. Das älteste – und wichtigste – Textzeugnis ist der um 1270 entstandene Codex Regius. Die Snorra-Edda hingegen ist eher ein Lehrbuch der skaldischen Dichtung. Sie enthält neben einer Sammlung norröner Mythologie – und eng mit diesen Erzählstoffen verknüpft – theoretische Betrachtungen über Metrik und Poetik. Sie wurde vermutlich im frühen 13. Jahrhundert von Snorri Sturluson kompiliert oder verfasst und ist heute in sieben unvollständigen Handschriften  – darunter auch im Codex Regius  – überliefert. Skaldische Dichtung ist bereits für das Frühmittelalter nachweisbar, allerdings gibt es keine zeitgenössischen Sammlungen. Ein Großteil der heute erhaltenen Strophen ist nur in Zitaten der isländischen Prosaliteratur überliefert. Anders als bei der Lieder-Edda und der Sagaliteratur, sind die Autoren bekannt, ihre Namen werden in der Regel gemeinsam mit ihren Versen tradiert. Die Sprache der Skaldik ist artifiziell. Ihre Themen sind dem unmittelbaren Umfeld des Dichters entnommen und entsprechend breit gefächert: Neben Preisliedern für Anführer finden sich auch Gedichte über den Alltag der einfachen Bevölkerung.148 Die wichtigsten historiographischen Schriftzeugnisse für den hier betrachteten Zeitraum sind die Landnámabók, die Íslendingabók und die Heimskringla. Letztere ist eine – zum Teil mythische – Geschichte der norwegischen Könige, die vermutlich um 1230 von dem isländischen Autor Snorri Sturluson verfasst wurde. Mit der Landnámabók ist uns eine Genealogie der Besiedlung Islands erhalten, die etwa 400 vorwiegend norwegische Siedler nennt. Sie enthält eine systematische Darstellung der Landverteilung und gibt knappe biographische Hinweise zu den einzelnen Siedlerfamilien. Der Text ist in fünf mittelalterlichen Handschriften überliefert, die älteste (Sturlubók) datiert auf das späte 13. Jahrhundert. Als ursprünglicher Verfasser gilt der Gelehrte Ari Þorgilsson inn fróði, dessen Version sich jedoch nicht erhalten hat. Aufgrund der großen zeitlichen Distanz zu der Besiedlung Islands gilt der Text nur bedingt als zuverlässig. Die Íslendingabók schließlich ist eine sehr knappe Darstellung der isländischen Geschichte von der Landnahme bis in das Jahr 1118. Ihr Schwerpunkt liegt auf der Einrichtung des alþingi und Sigurðsson (2004a); Sigurðsson (2004b); Sigurðsson / Ólason (2004); Tómasson (2004); Boulhosa (2005); Tómasson (2005); Andersson (2006); McTurk (2007); Quinn /  H eslop / Wills (2007); Orning (2008); Böldl / Vllmer / Z ernack (2011). 148 Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 140.

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der Christianisierung der Insel. Der Text entstand wohl in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts in zwei Fassungen, von denen die jüngere erhalten zu sein scheint; als Verfasser gilt ebenfalls Ari Þorgilsson. Überliefert ist diese allerdings nur in einer Handschrift aus dem 17. Jahrhundert, die ihrerseits vermutlich auf eine Vorlage aus dem 12. Jahrhundert zurückgeht. Der Autor der Íslendingabók hat ein Narrativ der isländischen Geschichte geschaffen, das über die mittelalterliche Überlieferung hinaus auch die Darstellungen der modernen Forschung nachhaltig beeinflusst hat (s. u.).149 Eine wichtige Quelle für die Normen und Gesetze der isländischen Freistaatzeit ist – neben der Sagaliteratur – die Grágás (Graugans). Dieser Text ist kein kodifiziertes Gesetzbuch, sondern eine Zusammenstellung isländischer Rechtssätze, die durch die sog. Gesetzessprecher memoriert, weitergegeben und ausgelegt wurden. Der heutige Textbestand geht auf zwei zum Teil sehr unterschiedliche Handschriften aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts  – Konungsbók und Staðarhólsbók – zurück. Der Überlieferung zufolge wurden die Rechtsnormen der Freistaatzeit im Jahr 1117/18 umfänglich überarbeitet und erstmalig schriftlich festgehalten. Dies geschah – wohl im Auftrag des alþingi – auf dem Hof des einflussreichen Goden Hafliði Másson. Der ursprüngliche Text, die Hafliðaskrá, ist nicht erhalten, aber in die Grágás eingeflossen. Dies gilt in ähnlicher Weise auch für andere Rechtstexte wie etwa die Kristinna laga þáttur, das „Ältere Christenrecht“. Aufgrund der komplexen Entstehungs- und Überlieferungsgeschichte der Grágás kann der Text nur sehr bedingt als Quelle für die Regelsysteme und Rechtsnormen der frühen isländischen Gesellschaft herangezogen werden.150 Auf den ersten Blick scheinen die verschiedenen Textsorten unterschiedliche Geschichten über das frühe Island zu erzählen: Die Íslendingabók – als die wichtigste historiographische Quelle – und die Grágás zeichnen das Bild einer durch Gesetze und politische Institutionen weitgehend befriedeten Gesellschaft. In den Isländersagas hingegen begegnen uns Gewalt und eine fragile gesellschaftliche Ordnung. Und doch lassen sich diese Narrative zu einem stringenten Gesamtbild verbinden. Die historiographische Literatur gibt seit dem frühen 12. Jahrhundert den erzählerischen Rahmen vor: Die isländische Gesellschaft basiere auf politischer Rationalität und Recht. Träten Konflikte oder andere Probleme auf, so würden diese  – wie scheinbar durch die Grágás bezeugt  – in geregelten Verfahren oder durch den Erlass neuer Gesetze gelöst. Ein Beispiel hierfür ist die Schilderung der Christianisierung Islands in der Íslendingabók: Um weitere Gewalt zwischen Christen und Altgläubigen zu vermeiden, sei der pagane Gesetzessprecher Þorgeir Ljósvetningagoði Þorkelsson während des alþingi des Jahres 1000 von beiden Parteien als Schlichter benannt worden. Dieser habe sich an seinem Lagerplatz einen Tag und eine Nacht unter seinem Mantel verborgen und dann seine Entscheidung 149 150

Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 141. Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 142 sowie: Wamhoff (2016).

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verkündet: Die Isländer sollten sich taufen lassen, ihre alten Kulte im Verborgenen jedoch weiter pflegen dürfen. Alle Beteiligten hätten das Urteil des Gesetzessprechers akzeptiert und Island sei fortan christlich gewesen.151 Die Isländersagas entstanden nach den gewalttätigen Auseinandersetzungen der Sturlungenzeit und der Unterwerfung Islands unter die norwegische Krone. Sie wurden auf Isländisch verfasst und scheinen vordergründig vor allem der allgemeinen Unterhaltung bei Festen u. Ä. gedient zu haben. Zugleich jedoch erfüllten sie eine politische und identitätsstiftende Funktion: In Anlehnung an das historiographische Narrativ verarbeiten sie biographische Informationen über die Siedler zu unterhaltsamen Ursprungserzählungen der isländischen Gesellschaft und zu Lehrstücken, in denen politische und ethische Probleme ihrer Entstehungszeit verhandelt wurden. Auf diese Weise wurde die Sagazeit zur Vorgeschichte der späteren rechtlich-politischen Ordnung und – durch die Abgrenzung gegen Norwegen – zum identitären Fluchtpunkt der Isländer des 13. und 14. Jahrhunderts.152 Durch Handelsbeziehungen und Pilgerrouten hatten die Isländer vielfältige Kontakte in den Mittelmeerraum und bis nach Byzanz. Sie kannten und rezipierten – in welchem Umfang ist umstritten – das römisch-byzantinische Recht und fanden gewiss in der Literatur ihrer Zeit Vorbilder für ihr eigenes Schrifttum. So gelten lateinische Heiligenviten als mögliche Vorläufer der Sagaliteratur und die Antikensagas gehen auf mittellateinische Übersetzungen antiker Erzählstoffe  – unter anderem auch über Troia  – zurück. Dennoch erscheint die Annahme plausibel, dass die isländische Überlieferung  – zumindest was die zentralen Quellen für einen Vergleich mit der Früharchaik betrifft – in ihrem Kernbestand nicht auf die griechisch-römische Tradition zurückgehführt werden kann: Die historiographische Konzeption der Íslendingabók lässt sich ohne Rückgriff auf antike Vorbilder aus den spezifischen Bedingungen der isländischen Gesellschaft erklären. Die aufkeimenden Konflikte des 12. Jahrhunderts können aufgrund des begrenzten Raumes nicht durch die Verlagerung von Territorien o. Ä. gelöst werden. Daher wird eine Erfolgsgeschichte konstruiert, die auf politischer und rechtlicher Rationalität basiert. Die Isländer- und Gegenwartssagas weisen sowohl thematisch als auch in ihrer formalen Ausgestaltung ein hohes Maß an Eigenständigkeit auf. Weder folgen sie antiken Versmaßen oder anderen Gattungsmerkmalen noch verwenden sie die Plots der griechisch-römischen Literatur. Vielmehr sind sie

151

Diese Schilderung findet sich in: Íf I; zur Christianisierung vgl.: Vésteinsson (2000); Rowe (2004); Sayers (2007); Seelow (2007). 152 Zu den historiographischen Narrativen der Freistaatzeit und zu der Funktion der Sagaliteratur in ihrer Entstehungszeit vgl.: Danielsson (1986); Bagge (2000); Glauser (2000); Ross (2000); Danielsson (2002a); Kristinsson (2002); Egilsson (2004); Sigurðsson (2004a); Sigurðsson (2004b); Andersson (2006); Hiltmann (2011); Wamhoff (2016).

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sämtlich in Vernakularsprache verfasst und in einer genuin isländischen Lebenswelt angesiedelt.153 Da eine nachweisbare schriftliche Überlieferung auf Island – von einigen Fragmenten abgesehen – erst im 13. Jahrhundert einsetzt, gestaltet sich der historische Zugriff auf die Frühzeit der isländischen Geschichte insgesamt schwierig; dies gilt umso mehr, als kein ‚originales‘ – sofern dies nach dem Verständnis mittelalterlicher Autoren überhaupt denkbar wäre – oder zumindest frühes Manuskript einer un­ serer Quellen erhalten geblieben ist.154 Da die Isländersagas in ihrem Quellenwert besonders umstritten sind, für den hier durchgeführten Vergleich aber eine zentrale Rolle spielen, ist der methodische Umgang mit ihnen im Folgenden noch einmal gesondert zu diskutieren. 2.3. Die Isländersagas als historische Quelle Die Isländersagas sind ein Konstrukt des 13. und 14. Jahrhunderts. Ihre Verwendung als Quelle für die frühe Geschichte des mittelalterlichen Island bringt ähnliche quellenkritische Probleme mit sich wie der Umgang mit der archaischen Dichtung: Sie sind ausschließlich anonym überliefert und sowohl ihre absolute als auch ihre relative Chronologie können nur unter Vorbehalt bestimmt werden. Hinzu kommen – ähnlich wie bei den homerischen Epen, die heute jedoch ausschließlich als Quelle für ihre mutmaßliche Entstehungszeit verwendet werden – die große Differenz zwischen der Zeit, aus der sie scheinbar erzählen, und ihrer mutmaßlichen Niederschrift sowie eine große Varianz in der Überlieferung, die ihrerseits für viele Handschriften erst auf die Zeit vom 15. bis zum 17. Jahrhundert zurückgeht.155 Trotz dieser methodischen Probleme galten die Isländersagas bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein als zuverlässige Quelle für die Sagazeit. Erst mit dem Streit der Freiprosa- und Buchprosatheorie innerhalb der nordischen Philologie begann eine kritische Auseinandersetzung mit ihrem historischen Gehalt. Während die Vertreter der Freiprosatheorie eine stabile mündliche Tradition zumindest für möglich hielten, betonte die Gegenseite die literarische Fiktionalität der Sagas; in der historischen Forschung setzte sich gegen

153

Vgl. dazu: Paasche (1934); Würth (1998); Wassenhoven (2006); Hoff (2012); Scheel (2012); Scheel (2015). 154 Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 128 155 Zu der Entstehung der Sagaliteratur im 13. und 14. Jahrhundert vgl. die Literatur unter Anm. 152 sowie: Andersson (1964); Schier (1970); Baetke (1974); Byock (1984); Clover (1990); Pálsson (1992a); Meulengracht (1993a); Meulengracht (1993b); Kristjánsson (1997); Ross (1997); Ólason (1998); Würth (2000); Danielsson (2002b); Júlíusson (2002); Kjartansson (2002); Bragason (2004); Haugen (2004); Tómasson (2004); Boulhosa (2005); Tómasson (2005); Orning (2008); Böldl / Vllmer / Z ernack (2011).

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Ende der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Buchprosatheorie durch.156 In den letzten Jahren konnten jedoch aus philologischer, historischer und archäologischer Perspektive gewichtige Argumente für eine strukturell orientierte Auswertbarkeit der Sagas vorgebracht werden. Vor allem Jón Viðar Sigurðsson hat seit den 1990er Jahren wiederholt dafür plädiert, die Isländersagas als historische Quelle für das 10. und frühe 11. Jahrhundert ernst zu nehmen. Den Ausgangspunkt seiner Argumentation bildet die Zielrichtung der historischen Analyse: Es geht ihm weder um konkrete Ereignisse noch um eine feste Chronologie, sondern er versucht, die grundlegenden gesellschaftlichen Strukturen zu rekonstruieren. Durch diese Herangehensweise verliert es in methodischer Hinsicht an Bedeutung, dass der Handlungsgang (möglicherweise) fiktional ist.157 Im Zentrum seiner Argumentation steht vielmehr ein Strukturvergleich mit den Gegenwartssagas: Trotz der weitgehend zeitgleichen Entstehung im späten 13. und frühen 14. Jahrhundert weisen beide Gattungen signifikante Unterschiede bei der Beschreibung der gesellschaftlichen Verhältnisse sowie der materiellen Kultur auf. Dieser Umstand kann nur durch eine teilweise Historizität der Isländersagas oder die bewusste Konstruktion einer vergangenen sozialen Wirklichkeit erklärt werden. Letzteres wäre ein hochkomplexer literarischer Prozess, der bislang erst in Ansätzen erforscht ist. Außerdem erscheint diese Annahme aufgrund der hohen strukturellen Kohärenz der Isländersagas – auch mit den über 100 ‚Kurzgeschichten‘ (Þáttir) zu den Sagastoffen – und der Vielfalt ihrer Plots äußerst unwahrscheinlich.158 Dennoch lässt sich ein solcher Ent­ 156

Zu der historischen Dimension dieser Diskussion vgl. den Forschungsüberblick bei: S­ igurðsson (1999), 9–83 sowie exemplarisch für die ältere Forschung: Maurer (1852); Maurer (1874); Maurer (1880); Ker (1904); Jóhannesson (1956); Sigfússon (1960); Karlsson (1972); Karlsson (1975). Allgemein zu der Diskussion über den Quellenwert der Isländersagas vgl.: Andersson (1964); Karlsson (1977); Tucker (1989); Clover (1990); Bagge (1992); Byock (1992); Meulengracht (1992); Meulengracht (1993a); Meulengracht (1993b); Kristjánsson (1997); Ólason (1998); Ross (2000); Würth (2000); Byock (2001), 142–169; ein Überblick über die ältere Literatur vom 19. bis etwa zur Mitte des 20. Jahrhunderts findet sich bei: Baetke (1974); Eyjólfsdóttir (1984). Die Kritik an der Historizität der Isländersagas ist in der genannten Literatur sehr gut aufgearbeitet. Sie geht im Wesentlichen auf die Arbeiten von Konrad H. Maurer und Sigurður Nordal sowie deren Schüler zurück; einige Beispiele sollen hier genügen: Maurer (1852); Maurer (1874); Maurer (1880); Ólsen (1918); Nordal (1942); Nordal (1957); Jóhannesson (1974). Dezidiert gegen einen Quellenwert der Isländersagas für die Sagazeit argumentieren in der jüngeren Forschung beispielswiese: Danielsson (1986); Danielsson (2002a); Kristinsson (2002); Sigurðsson (2004a); Andersson (2006). 157 Vgl. dazu vor allem: Byock (2001), 142–169; Sigurðsson (1999), bes. 28. 158 Zu dieser Diskussion vgl. die Literatur unter Anm. 152 sowie aus einer dezidiert historischen Perspektive: Bagge (1992); Byock (1992); Byock (2001), 142–169; Þorláksson (2007); bezüglich der philologisch-historischen Argumentation vgl.:

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stehungskontext der Isländersagas nicht ausschließen. Insofern kann Sigurðssons Argumentation nicht in vollem Umfang überzeugen, auch wenn sie durch weitere philologische, kulturhistorische und archäologische Argumente gestützt wird: Erstens lässt das spezifische Verhältnis von Fiktion und Realität in der Literatur des isländischen Mittelalters weniger auf eine genuine Erfindung der Isländersagas als vielmehr auf die Verwendung tradierter Erzählstränge schließen. In diese Richtung weisen auch eine zumindest für den rechtlichen Kontext nachgewiesene ars memoriae sowie die hohe Relevanz der Tradierung von Genealogien, Besitzverhältnissen und Machtkonstellationen. Letztere erklärt sich aus der Bedeutung dieses Wissens für die gesellschaftliche Ordnung der Freistaatzeit. Auch wenn eine entsprechend interessengeleitete Konstruktion hier nicht ausgeschlossen werden kann, erscheint es vor diesem Hintergrund durchaus möglich, dass die heute erhaltenen Versionen der Isländersagas auf einer einigermaßen stabilen Überlieferung basieren;159 zweitens verfügen wir mit der Landnámabók und der Íslendingabók über historiographisches Referenzmaterial, mit dem die Erzählungen der Sagas – etwa hinsichtlich der Lebensbedingungen oder der erwähnten Orte und Personen  – abgeglichen werden können.160 Drittens schließlich bestätigt die auf Island noch vergleichsweise junge Archäologie die Schilderungen der materiellen Kultur, die sich in der Folgezeit nachweislich verändert hat; Hinweise auf Raubgrabungen gibt es bislang keine.161 Letztlich kann der historische Gehalt der Isländersagas nicht mit Sicherheit bestimmt werden, doch ihre Verwendung als Quellen für den hier relevanten Zeitraum bringt m. E. nicht mehr methodische Probleme mit sich als eine Analyse der Grágás, der Landnámabók oder der Íslendingabók. Anders als zur archaischen Überlieferung verfügen wir hier nicht nur über ausreichend Referenzmaterial, sondern auch über ein stabiles Wissen über den Entstehungskontext. Aufgrund dieser breiten empirischen Basis eignet sich das isländische Quellenmaterial sehr viel besser zur Modellbildung. Diese Argumentation bezieht sich explizit nicht Meulengracht (1992); Meulengracht (1993a); Meulengracht (1993b); Ólason (1998); Sigurðsson (1999), 9–38; Nordal (2000). 159 Diese Argumentation wird u. a. vertreten von: Ross (1997); Sigurðsson (1999), 9–38; Glauser (2000); Meulengracht (2000); Byock (2004). Zur mündlichen Erzähltradition auf Island vgl.: Byock (1984); Byock (1995a); Davis (1998); Quinn (2000); Kjartansson (2002); Chesnutt (2003); Mitchell (2003); Sigurðsson (2003); Sigurðsson (2004a); Sigurðsson (2004b); Sigurðsson / Ó lason (2004). 160 Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 141 sowie: Byock (1984); Byock 1988); Byock (1992); Pálsson (1992a); Sigurðsson (1999); Ross (2000); Byock (2004). 161 Vgl. zu dieser Argumentation sowie allgemein zur Mittelalterarchäologie auf Island (jeweils mit weiterer Literatur): Byock (1993); Byock (1995b); Smith (1995); Byock (2001), 5–62; 142–169; 252–291; Byock / Walker / E rlandson et al. (2005); Callow (2006); Vésteinsson (2006); Vésteinsson (2007a); Walker (2012); Byock / Z ori (2014); Zori / Byock / E rlendsson et al. (2013); Zori (2016).

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auf die Vorstellungen und Narrative des 13. und 14. Jahrhunderts, sondern auf die Anzahl und die Interaktionsmuster der auch in anderen Quellen greifbaren gesellschaftlichen Akteure, die als Handlungsträger dienen. Die Handlungen und Charakterbilder der Isländersagas sind in hohem Maße fiktional; sie fungieren als politische oder moralische exempla. Dahinter steht jedoch eine historisch eingrenzbare Zahl an Bauern, Goden und anderen Akteuren, die in ein quantitatives Verhältnis zu den durch die Landnámabók, die Íslendingabók und die Gegenwartssagas besser bezeugten Phasen der isländischen Geschichte gesetzt werden kann. Vor diesem Hintergrund ermöglicht eine strukturelle Auswertung der Isländersagas eine modellhafte Rekonstruktion der gesellschaftlichen Zusammenhänge, die diese quantitative Entwicklung erklären kann. Im Ergebnis steht dann ein Modell gesellschaftlicher Organisation und Entwicklung, das letztlich an seiner Plausibilität gemessen werden muss. Aus dieser quellenkritischen Argumentation heraus wurden die Isländersagas seit den 1980er Jahren wieder verstärkt als Quellenmaterial für die Freistaatzeit herangezogen. Sie ermöglichten es, ein alternatives Bild des mittelalterlichen Island zu zeichnen, das – auch dies ist ein Argument für die Verwendung dieser Sagas als Quellen – sehr viel plausibler erscheint, als die oben skizzierte Vorstellung einer weitgehend statischen Konsensgesellschaft. Im Folgenden sollen der heuristische Ansatz und die inhaltlichen Positionen dieser Forschungsrichtung skizziert und an der Überlieferung nachvollzogen werden.

3. Die isländische Freistaatzeit – eine Forschungsposition Der jüngeren Islandforschung ist es in überzeugender Weise gelungen, ein konkretes und differenziertes Bild der gesellschaftlichen Verhältnisse von der Besiedlung der Insel bis zur Unterwerfung unter den norwegischen König zu zeichnen. Die systematische Auswertung insbesondere der Isländersagas ermöglichte es – unter den oben genannten Vorbehalten  – in einer für die europäische Vormoderne einzigartigen Weise, auf die Entwicklungslinien einer im Entstehen begriffenen Gesellschaft zuzugreifen. Dies führte zu einem erheblichen Erkenntnisfortschritt hinsichtlich der Herausbildung gesellschaftlicher Vorrangstellung und des Bedingungsgefüges sozialer Wandlungs- und Differenzierungsprozesse. 3.1. Heuristischer Ansatz Konzeptionell knüpft die hier vertretene Forschungsrichtung an die Gesellschaftstypologie der Ethnologie an. Ohne eine weitere inhaltliche Bestimmung sind deren Ordnungsbegriffe – wie etwa acephalous oder stateless society bzw. big man oder chief – für eine historische Studie jedoch nur bedingt von analytischem Wert; dies gilt umso mehr, als es auch in der Ethnologie selbst eine Diskussion

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um den exakten Zuschnitt dieser Begriffe gibt: Sie ermöglichen einen alternativen heuristischen Zugriff auf gesellschaftliche Strukturen und Akteure, diese müssen dann aber anhand der Quellen konkret beschrieben werden. In der althistorischen Forschung hat die schwierige Anbindung dieser Begriffe an das Quellenmaterial – bei allem kritischen und heuristischen Potential, dass sie in die Archaikforschung eingebracht haben – phasenweise zu einer wenig fruchtbaren Polemik gegen deren empirische und theoretische Implikationen geführt.162 Die Islandforschung hingegen konnte – auch wenn diese konzeptionelle Grundlage nicht immer reflektiert wird163 – die kulturanthropologischen Deutungsansätze aufgrund der vorhandenen Materialfülle empirisch konkretisieren und damit erheblich in ihrem analytischen Wert für historische Studien steigern. Die Gesellschaftstypologie der Ethnologie hat sich in den vergangenen Jahren weiter differenziert. So wurde etwa das begriffliche Instrumentarium zur Beschreibung einflussreicher Akteure um die Begriffe head man und great man ergänzt.164 Eine knappe Skizze der ethnologischen Modelle, die in der Islandforschung vornehmlich rezipiert wurden, soll hier jedoch genügen: Gesellschaften ohne eine auf Dauer gestellte zentralisierte Herrschaft, eine systematische Rechtsordnung und entsprechende institutionelle Organe – wie eine Administration oder einen Erzwingungsstab – werden in der Ethnologie für gewöhnlich als stateless society, Gemeinwesen, die außerdem nicht über eine abgrenzbare Machtelite verfügen, als acephalous society bezeichnet. Die soziale Gemeinschaft wird stattdessen von einem komplexen Autoritäts- oder Machtgefüge getragen, das sich auf die Kapitalien meist mehrerer herausgehobener Persönlichkeiten stützt: big men in acephalous und chiefs in stateless societies. Diese begriffliche Unterscheidung beruht auf der beobachteten Stabilität der jeweiligen gesellschaftlichen Vorrangstellung und impliziert nicht, dass es sich hier um unterschiedliche Entwicklungsstufen handelt: Während die Position eines big man primär auf dessen Leistungsfähigkeit beruht und damit potentiell jederzeit gefährdet ist, kann sich ein chief zumindest auf die Zugehörigkeit zu einer wie auch immer zu charakterisierenden Oberschicht sowie eine rudimentäre Institutionalisierung seiner Position stützen. Die gesellschaftliche Funktion dieser Akteure kann erheblich variieren und soll hier nur schematisch skizziert werden: Zentrale Elemente sind etwa die Organisation des Zusammenlebens, die Verteilung ökonomischer Güter, die Kompetenz zu Konfliktlösung und Rechtsprechung, Patronage-Funktionen für eine definierte Gruppe, kultisch-religiöse Aufgaben, die Vertretung der eigenen ‚Anhänger‘ oder Gemeinschaft nach außen sowie die Anführerschaft in kriegerischen Auseinander162

Exemplarisch sei hier auf Fritz Gschnitzers Kritik an der neueren Archaikforschung verwiesen (s. u.); vgl. dazu: Gschnitzer (1991) sowie: Blum (2001). 163 Dies trifft auch auf Sigurðsson (1999) zu. 164 Ein gelungener Überblick über diese Konzepte und ihre Anwendung in der althistorischen Forschung findet sich – mit weiterer Literatur – in: Ulf (2015).

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setzungen. Von zentraler Bedeutung ist außerdem die Organisation von Festen und Gastmählern, die das gesellschaftliche Gefüge spiegeln und reproduzieren. Die Ressourcen, auf die sich ihre herausgehobene Stellung gründet, leiten sich aus den spezifischen Anforderungen und Verhältnissen in den jeweiligen Gesellschaften ab. Von zentraler Bedeutung sind dabei u. a. ökonomische Ressourcen sowie herausragende persönliche Fähigkeiten etwa im Kampf oder bezüglich der Leitung und Organisation des Zusammenlebens.165 3.2. Historischer Überblick Mit einer Fläche von über 103.000 km² ist Island die größte Vulkaninsel der Erde. Aufgrund der schwierigen klimatischen und naturräumlichen Bedingungen ist jedoch nur ein Teil der Insel bewohnbar. Sie liegt etwa 1000 km westlich von Norwegen im Atlantischen Ozean und reicht in ihren Ausläufern bis an den nördlichen Polarkreis heran. Ab etwa 870 wurde die Insel vorwiegend von Norwegen aus besiedelt. Es finden sich jedoch auch Hinweise auf Siedler aus anderen Regionen Skandinaviens und aus dem keltisch-angelsächsischen Raum. Die Beweggründe der Auswanderer lassen sich heute nur noch bedingt greifen, neben demographischen, mögen auch wirtschaftliche Faktoren eine Rolle gespielt haben.166 In den Quellen wird jedoch vor allem eine Ursache betont. So heißt es zu Beginn der Eyrbyggja saga, einer um die Mitte des 13. Jahrhunderts entstandenen Biographie des Goden Snorri goði Þorgrímsson (963–1031):167 Das war zu der Zeit, als König Harald Harfagri in Norwegen an die Macht kam. Wegen des Unfriedens, der dadurch entstand, gaben viele vornehme Männer ihre angestammten Güter in Norwegen auf. Einige von ihnen zogen über das Gebirge Kjöl nach Osten, andere fuhren westwärts über das Meer. Es gab auch einige, die den Winter auf den Hebriden oder auf den Orkneys verbrachten, im Sommer aber in Norwegen Raubzüge unternahmen und großen Schaden anrichteten im Reich König Haralds. (Übersetzung: Klaus Böldl) 165

Zu dieser Typologie vgl. die Literatur unter den Anm. 42, 43, 44 und 164. Zur Besiedelung Islands vgl. die Literatur unter Anm. 127. 167 In der vorliegenden Studie werden die Standardeditionen der Reihe Íslenzk fornrit zitiert. Die Stellenangaben beziehen sich, den Gepflogenheiten der Skandinavistik entsprechend, auf die jeweiligen Kapitel (kap.) oder Seitenzahlen. Um die Lesbarkeit zu verbessern, wurden ältere Schreibweisen in Anlehnung an jüngere Textausgaben normalisiert: Der Buchstabe „ǫ“ wurde durch „ö“ ersetzt, überkommene Doppelungen durch einfache Vokale oder Konsonanten ersetzt. 166

Íf IV, 3 f.: Þetta var í þann tíma er Haraldur konungur hinn hárfagri gekk til ríkis í Noregi. Fyrir þeim ófriði flýðu margir göfgir menn óðul sín af Noregi, sumir austur um Kjölu, sumir um haf vestur. Þeir voru sumir er héldu sig á vetrum í Suðureyjum eða Orkneyjum en um sumrum herjuðu þeir í Noreg og gerðu mikinn skaða í ríki Haralds konungs.

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Da andere Quellen diese Erzählung stützen168, kann durchaus angenommen werden, dass der Versuch des norwegischen Königs Harald Harfagri (Harald Schönhaar; ca. 852–933), seine Macht auf die Einflussbereiche der lokalen ‚Kleinkönige‘ (Jarle) auszuweiten, ein entscheidender Faktor für die Auswanderung aus Norwegen war.169 Bei ihrer Ankunft trafen die Siedler auf keltisch-angelsächsische Eremiten, die rasch vertrieben, versklavt oder getötet wurden. Während der Landnahmezeit wurde ein Großteil der Insel – soweit das Land agrarisch nutzbar war – unter den nachströmenden Siedlern verteilt. Der archäologische Befund zeigt eine wenig differenzierte Siedlungsstruktur die vor allem durch Einzelgehöfte und Weilersiedlungen geprägt gewesen zu sein scheint. Daher wurde das mittelalterliche Island in der modernen Forschung wiederholt als ‚große Dorfgemeinschaft‘ ana168

169

Entsprechende Belege finden sich in: Íf V, kap. 2; Íf VIII, kap. 10; Íf XXVI, kap. 19 sowie in mehreren Passagen der Landnámabók (Íf I). Für eine ausführlichere Darstellung siehe die Egils saga Skalla-Grímssonar, eine in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts entstandene Biographie des Bauern Egill Skallagrímsson: „Wenn König Harald die Bezirke, die neu in seine Gewalt gekommen waren, zu seinem Eigentum gemacht hatte, beobachtete er genau die Lehnsmänner und reichen Bauern und alle die, bei denen er den Argwohn hatte, dass von ihnen etwa irgendein Aufstand zu erwarten war, und er ließ einem jeden nur die Wahl, sein Untertan zu werden oder das Land zu verlassen. Als dritte Möglichkeit musste man sich überaus harten Bedingungen unterwerfen oder das Leben lassen, einige wurden an Armen und Beinen verstümmelt. König Harald eignete sich in jedem Bezirk alle privaten Güter an und alles Land, bebaut oder unbebaut, und ebenso See und Gewässer. Und alle Bauern sollten seine Pächter sein, auch die, die im Wald arbeiteten, und die Salzsieder und die Jäger auf dem Lande und die Fischer auf der See, sie alle waren ihm abgabepflichtig. Aber wegen dieser Unterdrückung flohen viele Männer aus dem Lande und besiedelten da weitum viel ödes unbewohntes Land, im Osten Jämtland und Hälsingland und im Westen die Hebriden, die Landschaft um Dublin, Irland, die Normandie in Welschland, Caithness in Schottland, die Orkneys, die Shetlandinseln und die Färöer. Und zu dieser Zeit fand man Island.“ (Übersetzung: Klaus Böldl)

Íf II, 11 f.: Haraldur konungur var mjög gjörhugall, þá er hann hafði eignast þau fylki er nýkomin voru í vald hans, um lenda menn og ríka bændur og alla þá er honum var grunur á að nokkurrar uppreistar var af von, þá lét hann hvern gera annaðhvort að gerast hans þjónustumenn eða fara af landi á brott, en að þriðja kosti sæta afarkostum eða láta lífið, en sumir voru hamlaðir að höndum eða fótum. Haraldur konungur eignaðist í hverju fylki óðul öll og allt land, byggt og óbyggt, og jafnvel sjóinn og vötnin og skyldu allir búendur vera hans leiglendingar, svo þeir er á mörkina ortu og saltkarlarnir og allir veiðimenn bæði á sjó og landi, þá voru allir þeir honum lýðskyldir. En af þessi áþján flýðu margir menn af landi á brott og byggðust þá margar auðnir víða bæði austur í Jamtaland og Helsingjaland og Vesturlönd, Suðureyjar, Dyflinnar skíði, Írland, Normandí á Vallandi, Katanes á Skotlandi, Orkneyjar og Hjaltland, Færeyjar. Og í þann tíma fannst Ísland.

Die erhaltenen Texte datieren überwiegend auf die Zeit nach 1262/4 und sind folglich unter dem Eindruck der norwegischen bzw. dänischen Vorherrschaft entstanden. Insofern könnte die negative Darstellung des norwegischen Königs auch eine Reaktion auf den Verlust der Eigenständigkeit sein. Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 152.

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lysiert und dargestellt. Zumeist finden sich Überreste von Torfhäusern, da Holz nur sehr bedingt als Baumaterial zur Verfügung stand. Aus den Schriftquellen und dem naturwissenschaftlichen Befund lässt sich zwar ableiten, dass Island zu Beginn der Besiedlung zu etwa 20–30 % bewaldet war. Da die Bäume aufgrund des rauen Klimas jedoch eher klein waren, eignete sich das Holz kaum als Baumaterial. Zur Gewinnung von Weideland, Brennholz und Kohle wurden die Wälder dennoch bis zum Ende des Mittelalters fast vollständig abgeholzt. Hinweise auf eine (ökonomisch) klar abgrenzbare Oberschicht als Träger der Besiedlung gibt es nicht.170 Die Einwanderer stammten aus mehr oder weniger differenzierten Gesellschaften und verfügten insofern über einschlägige Erfahrungen hinsichtlich der Organisation ihres Zusammenlebens. Die Forschung hat daher verschiedentlich den Versuch unternommen, das mittelalterliche Island als erste „new society“ der Geschichte zu konzeptualisieren.171 In der abgeschiedenen Lage der Insel konnte sich die isländische Gesellschaft weitgehend ohne äußeren Institutionalisierungsdruck entwickeln und entsprechend eigenständige Strukturen und Identitäten ausbilden.172 Hieran änderte sich auch durch die Christianisierung zu Beginn des 11. Jahrhunderts zunächst nur wenig. Die neue Religion scheint in den ersten Jahrzehnten kaum Einfluss auf die gesellschaftliche Ordnung und Organisation gehabt zu haben. Das erste Bistum (Skálholt) wurde 1056 geschaffen, doch die Bischöfe treten erst ab etwa 1100 als einflussreiche gesellschaftliche Akteure in Erscheinung. Zunächst profitierten offenbar vor allem die etablierten Anführer, die Goden, ökonomisch von der zunehmenden Institutionalisierung der neuen Religion, da die kirchlichen Abgaben an sie zu entrichten waren.173 Die ökonomische Grundlage des mittelalterlichen Island waren eine durch Viehhaltung, Fischerei und Ackerbau geprägte Subsistenzwirtschaft und der Handel vor allem mit Norwegen.174 170

Zur Besiedlung, der Siedlungsstruktur, der Bauweise und den naturräumlichen Be­ dingungen vgl. die Literatur unter Anm. 127 sowie: Callow (2006); bezüglich der sozialen Stratifikation der Siedler siehe vor allem: Vésteinsson (2007a). Zu der Konzeptualisierung als ‚Dorfgemeinschaft‘ vgl. bereits: Ker (1904), 314 f., an den Byock (2001), 219 f. anschließt. 171 Vgl. dazu exemplarisch: Tomasen (1980); Schroeter (1994). 172 Dies betonen u. a.: Byock (2001), 19; Schroeter (1994), 32; Sigurðsson (1999), passim. 173 In der Diskussion um die politische und rechtliche Ordnung der Freistaatzeit spielt die Christianisierung eine untergeordnete Rolle; vgl. dazu exemplarisch: Sigurðsson (1999); Karlsson (2000); Byock (2001) Das Phänomen wird eher aus einer kulturund mentalitätsgeschichtlichen Perspektive untersucht. So wird etwa von philologischer Seite vor allem der christliche Einfluss auf die (normativen) Denk- und Orientierungsmuster in der literarischen Überlieferung diskutiert; vgl. dazu und allgemein zur Christianisierung: Vésteinsson (2000); Rowe (2004); Sayers (2007); Seelow (2007). 174 Vgl. dazu: Byock (1988); Sigurðsson (1999); Byock (2001); Vésteinsson (2007a); Zori / Byock / E rlendsson et al. (2013).

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Warum gerade Island?

Die frühesten Anfänge gesellschaftlicher Organisation liegen auch auf Island weitgehend im Dunkeln. Es ist jedoch davon auszugehen, dass bereits während der Besiedlung gegen Ende des 9. Jahrhunderts ein Bedarf an gesellschaftlichen Regelungsmechanismen bestand. Ab etwa der Mitte des 10. Jahrhunderts werden die gesellschaftlichen Strukturen dann – bei aller methodischen Vorsicht – durch die Sagaliteratur, die Grágas und die Landnámabók in Ansätzen historisch greifbar. In der Gesellschaft der Freistaatzeit gab es keine Zentralgewalt, keine systematische Rechtsordnung und keine entsprechenden institutionellen Einrichtungen wie eine zentralisierte Verwaltung oder einen Erzwingungsstab.175 Vielmehr entstanden bis zur Mitte des 11. Jahrhunderts in einem ungeregelten Prozess fluide kleinräumige Einflussbereiche (Godentümer: goðorð), die sowohl territorial als auch personal definiert waren. Kontrolliert wurden sie von den Goden (goðar; sg. goði)176, d. h. von lokalen Eliten mit agrarischem, vornehmlich pastoralem Hintergrund, die von wohlhabenden Bauern ökonomisch anfangs – wenn überhaupt – kaum zu unterscheiden waren.177 An historischen Einzelpersonen lässt sich dieser Prozess aufgrund der genannten methodischen Probleme im Umgang mit den Isländersagas nicht nachvollziehen, auch wenn die Schaffung neuer oder die (feindliche) Übernahme bestehender Godentümer strukturell gut belegt ist. Diese personalen Einflusssphären waren in ein Geflecht von Konfliktlösungsstrategien, regelmäßigen (über‑) regionalen Versammlungen und überwiegend mündlich tradierten Normen178, eingebunden. So fanden im Mai in allen vier Bezirken der Insel (Nord-, Ost-, 175

Vgl. dazu: Byock (1986); Byock (1988); Durrenberger (1988); Solvason (1993); Sigurðsson (1999), 39–83; Byock (2001). 176 Allgemein zu den Goden vgl.: Maurer (1852); Maurer (1874); Maurer (1880); Boden (1903); Sigfússon (1960); Karlsson (1972); Karlsson (1977); Seggewiss (1978); Aðalsteinsson (1985); Sigurðsson (1989); Sigurðsson (1993); Schroeter (1994); Sigurðsson (1999); Sigurðsson (2011). Das Wort goði (pl. goðar) ist etymologisch eng mit dem gotischen Wort für Priester (gudja) verwandt und bedeutet wörtlich in etwa ‚der zu Gott gehörende‘. Die Herkunft dieses Begriffs ist jedoch ebenso ungeklärt, wie die Ursprünge des ‚Godentums‘. Die Goden des mittelalterlichen Island jedenfalls waren – zumal in christlicher Zeit – nicht alle Priester. In den Quellen tritt diese Aufgabe gegenüber den anderen gesellschaftlichen Funktionen der Goden deutlich in den Hintergrund. Die ältere These eines ‚Tempelpriestertums‘ gilt heute als überholt. Weitere Bezeichnungen dieser Akteure wie etwa goðorðsmaðr oder hofgoði werden in den Isländersagas weitgehend synonym gebraucht; vgl. dazu: Sigurðsson (1999) 48 f. 177 Vgl. dazu: Sigurðsson (1999), 84–150. Kritisch gegen eine weitgehende Gleichsetzung von Goden und Bauern: Vésteinsson (2007b). Diese Kritik bezieht sich auf die überkommene Vorstellung eines egalitären bäuerlichen Adels als Spezifikum germanischer Vergesellschaftung und wirft u. a. Jesse L.  Byock und Jón Viðar Sigurðsson vor, dieses Narrativ unkritisch fortzuschreiben. Vésteinsson übersieht dabei jedoch m. E., wie reflektiert insbesondere Sigurðsson die gesellschaftlichen Veränderungsprozesse während der Freistaatzeit rekonstruiert. 178 Zur Mündlichkeit des Rechts vgl. die Literatur unter den Anm. 142 und 159.

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Süd-, und Westviertel) an festen Orten mehrere kleinräumige Versammlungen statt, die vor allem dazu dienten, regionale Konflikte vor einem breiten Publikum zu verhandeln. Diese Frühjahrsversammlungen (várþing) dauerten in der Regel etwa eine Woche, die jeweiligen Richter wurden von den regionalen Goden bestimmt. Das alþingi, die etwa zweiwöchige Zusammenkunft aller Goden, fand im Juni auf dem þingvellir im Südwesten Islands statt und diente neben seiner Funktion in der Gerichtsbarkeit – hier wurden Fälle verhandelt, für die auf den regionalen Versammlungen keine Lösung gefunden werden konnte  – vor allem dem Austausch von Nachrichten und als Handelsplatz. Ein zentrales Element des alþingi war außerdem die lögretta, eine Art gesetzgebende Versammlung, die vor allem durch die Goden besetzt war. Hinzu kamen jeweils zwei Thingleute jedes Goden als Berater, der von dieser Versammlung gewählte Gesetzessprecher (lögsögumaður) sowie, in christlicher Zeit, die beiden Bischöfe Islands. In der lögretta wurden strittige Rechtsnormen ausgelegt, Exemtionen beschlossen und neue Gesetze erlassen. Die Entscheidungsfindung fand öffentlich statt und basierte auf festgelegten Verfahren.179 Das alþingi und die Frühjahrsversammlungen verfügten zwar über gewisse judikative und legislative Kompetenzen, konnten aber mangels eines Erzwingungsstabes nur eine begrenzte Wirkung entfalten. Auch kam es auf Island nie zur Aufstellung eines Heeres, was durch die abgeschiedene geographische Lage und die kleinräumigen Machtverhältnisse erklärt werden kann. Organisiert und geleitet wurden diese Zusammenkünfte von den Goden, denen sowohl bei der Besetzung zentraler Positionen als auch bei der Verbreitung und Durchsetzung der jeweils gefassten Beschlüsse innerhalb ihrer ‚Anhängerschaft‘ eine zentrale Vermittlerrolle zukam. Allerdings waren die gesellschaftliche Stellung und Funktion dieser Akteure weder geburtsständisch noch rechtlich-abstrakt legitimiert, sondern beruhten auf einem komplexen Geflecht unterschiedlicher Kapitalien, was sie strukturell instabil machte (s. u.). Im August schließlich gab es – zum Abschluss des jährlichen Versammlungs-Zyklus – noch einmal kleinere lokale Zusammenkünfte (leið), auf denen die Goden ihre ‚Anhänger‘ – d. h. Thingleute (für die sie eine Patronage-Funktion erfüllten), Freunde und (verschwägerte) Verwandte (Þingmenn, vinir, frændr, mágar) – über die Beschlüsse und Ereignisse während des alþingi informierten. Neben diesen regelmäßigen Versammlungen gab es auf lokaler Ebene im Bedarfsfall  – etwa bei Streitigkeiten  – weitere Zusammenkünfte sowie alternative Konfliktlösungsstrategien, die eine Eskalation vermeiden sollten und ebenfalls in ein spezifisches Normengeflecht eingebunden waren: Goden und andere einflussreiche Akteure fungierten als Schlichter oder die Parteien trugen ihre Streitigkeiten im Rahmen eines komplexen Fehdewesens

179

Zu dieser Skizze der rechtlichen und politischen Institutionen der Freistaatzeit vgl.: Maurer (1874); Hastrup (1985); Byock (1986); Byock (1988); Sigurðsson (1999); Byock (2001); Þorláksson (2007).

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aus.180 Vor allem die größeren Versammlungen waren ein gesellschaftliches Ereignis und dienten nicht nur der Entscheidungsfindung in rechtlichen und politischen Fragen. Dort trafen sich Bauern, Händler und Hausierer, sofern sie es sich leisten konnten, an den Versammlungsort zu reisen, sich dort zu verpflegen und – was die Bauern betrifft – ihren Hof für längere Zeit zu verlassen. Der Zeitpunkt der Zusammenkünfte war nicht zuletzt durch die klimatischen Bedingungen bestimmt: Im Winter war es auf Island kaum möglich, längere Strecken zurückzulegen.181 Zu Beginn des 11. Jahrhunderts kam die Schaffung neuer Godentümer allmählich zum Erliegen. In der Folgezeit gelang es besonders einflussreichen Anführern immer wieder, ihren eigenen Machtbereich auf Kosten schwächerer Konkurrenten auszuweiten, und so entstand allmählich eine klar abgrenzbare Machtelite, die sich weiter verdichtete, bis im 13. Jahrhundert schließlich nur noch fünf mächtige Godenfamilien greifbar sind, die die verbliebenen 10 Godentümer kontrollierten. Am Ende dieser langen Phase zunehmender innerer Konflikte – der sog. Sturlungenzeit – kam es zur Unterwerfung unter die norwegische Krone (1262/4); zuvor hatte es auf Island keine kriegerischen Auseinandersetzungen gegeben.182 Unter norwegischem Einfluss entstanden feste Territorien und Personenverbände, die an die Gefolgschaftsbildung des kontinentaleuropäischen Mittelalters angelegt waren und die überkommene soziale Ordnung aufbrachen. Trotz dieser Veränderungen eignen sich auch die letzten Jahrzehnte der Freistaatzeit – aus der Differenz heraus – als Vergleichsobjekt für das früharchaische Griechenland. 3.3. Gesellschaftliche Stellung und Funktion der Goden Wer waren die Goden? Folgt man der eher rechtsgeschichtlich orientierten Forschung, so ergibt sich folgendes Bild: Die Grágas nennt bereits für die Frühzeit der isländischen Geschichte ab etwa 930 eine festgelegte Anzahl von zunächst 36 und später 48 Goden, deren Einflussbereiche klar definiert und formell abgesichert gewesen seien. Dem widerspricht jedoch der Befund aus den Isländersagas. Dort finden sich zahlreiche Berichte über (feindliche) Übernahmen bereits bestehender oder die Schaffung neuer Godentümer durch andere Goden und

180

Zu Fehde und Schlichtung vgl.: Byock (1982); Miller (1990); Schroeter (1994); Byock (1995a); Sigurðsson (1999), 151–204; Byock (2001), 118–141; 170–251; Byock (2003); Kortüm (2006); Walz (2007). 181 Zu dieser Zusammenfassung vgl.: Heusler (1911); Byock (1982); Byock (1986); Byock (1988); Durrenberger (1988); Miller (1990); Solvason (1993); Schroeter (1994); Byock (1995a); Sigurðsson (1999), 39–83; 151–204; Strauch (2000); Byock (2001), 118–141; 170–251; Byock (2003); Kortüm (2006); Lottes /  M edijainen / ​ Sigurðsson (2008); Sigurðsson /  P edersen / B erge (2008); Strauch (2011). 182 Vgl. dazu: Sigurðsson (1999), 39–83.

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wohlhabende Bauern.183 Jón Viðar Sigurðsson griff diesen Widerspruch in seiner Arbeit „Chieftains and Power in the Icelandic Commonwealth“ heuristisch auf und wertete die Isländersagas systematisch auf die Frage hin aus, wie viele Goden in diesen Texten identifiziert werden können und worauf sich ihre gesellschaftliche Vorrangstellung von der Landnahme bis zur Sturlungenzeit stützte. Konzeptionell knüpft er dabei  – ohne dies näher auszuführen  – an die Typologie der sozialund kulturanthropologischen Forschung an und beschreibt die Goden als eine Art big men. Wie fluide und instabil die Position der Goden in den ersten etwa zwei Jahrhunderten war, wird bereits durch ihre zahlenmäßige Bestimmung deutlich: Bis zur Mitte des 11. Jahrhundert lassen sich nach vorsichtiger Zählung zeitgleich zumeist etwa 50–60 Akteure als Goden identifizieren. Diese Zahl sinkt bis zum Beginn des 12. Jahrhunderts auf etwa 30. Wie bereits ausgeführt, finden sich in der Sturlungenzeit dann nur noch fünf Familien, die ganz Island unter sich aufgeteilt haben.184 Sigurđsson zählt für die Sagazeit alle Personen als Goden, die in den Isländersagas direkt als solche bezeichnet werden, über eine ‚Anhängerschaft‘ verfügen und beim alþingi eine eigene zeitweilige Unterkunft besitzen (buð: Bude, Zelt)185; die Zahlen für das 12. und 13. Jahrhundert ergeben sich aus den historiographischen Texten und den Gegenwartssagas.186 Wie wenig institutionalisiert das frühe Godentum war, zeigt sich über diesen quantitativen Befund hinaus nicht zuletzt daran, dass ein Bauer die Möglichkeit hatte, seine Zugehörigkeit zu einem Goden selbst zu bestimmen und diesen im Konfliktfall sogar zu einem Zweikampf um dessen Einflusssphäre herauszufordern.187 Grundsätzlich war es möglich, ein Godentum zu vererben oder zu verkaufen, doch der Nachfolger musste über eigene Ressourcen verfügen und konnte sich nicht dauerhaft auf seinen Vorgänger berufen.188 Auch die verfassungsgeschichtlich orientierte Forschung geht davon aus, dass es gegen Ende des 12. Jahrhunderts weniger Goden gab als in der Sagazeit. Allerdings setzt sie für das 10. und 11. Jahrhundert einen festen Ausgangswert und konzeptualisiert die Position der Goden vollkommen anders als Sigurðsson (s. u.).

183

Beispiele für die Übernahme oder Schaffung eines Godentums finden sich in: Íf IX, 99; 116–130; 132 f.; Íf VII, 295; 300 f. 184 Vgl. dazu: Sigurðsson (1999), 39–62. 185 Ebd. 186 Vgl. dazu: Sigurðsson (1999), 62–83. 187 Vgl. dazu: Sigurðsson (1999) 39–62, 179; Byock (2001), 63–80; 99–117; entsprechende Zweikämpfe sind u. a. belegt in: Íf III, 93 ff.; Íf IX, 246. Kritisch gegen die (vermeintliche) Wahlmöglichkeit von Bauern: Vésteinsson (2007b). Beispiele für den Wechsel eines Bauern zu einem anderen Goden finden sich in: Íf III, 37; 162; 227 f.; Íf V, 71; 169; Íf VI, 34; 60; 63 f.; 117 f.; 125 f.; 132; 142; 248; 354; 357 f.; Íf X, 70; Íf XI, 46; Íf XII, 436 f. 188 Vgl. dazu: Sigurðsson (1999), 84–150.

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In der Bandamanna saga (Mitte des 13. Jahrhunderts) wird der Aufstieg des einfachen Bauern Odd zum Goden wie folgt geschildert:189 Allen kommt es beachtlich vor, wie sich dieser Mann entwickelt. Auch Freunde hatte er inzwischen gewonnen. Der Hof steht nun in großer Blüte, und kein anderer Haushalt kann sich an Pracht noch mit dem von Odd messen. Nur eines noch, so schien es den Leuten, fehlte Odd zum größten Ansehen, nämlich ein Godentum. Damals [Mitte des 11. Jahrhunderts; Anm. P. Z.] war es häufiger Brauch, ein neues Godentum zu errichten oder sich eines zu kaufen, und dies tat er nun. Binnen kurzem hatte er eine Schar von Thingleuten beisammen. Sie rissen sich regelrecht darum. Es blieb jetzt eine Weile lang ruhig. (Übersetzung: Mathias Kruse) Die Bandamanna saga ist eine der wenigen ausführlichen Aufstiegserzählungen der Sagaliteratur. Sie spielt um 1055 im nördlichen Island und erzählt die Geschichte zweier rivalisierender Goden und des Bauern Odd. Ihre Interpretation ist umstritten, da sich der Text in erster Linie ironisch mit der isländischen Oberschicht des 13. Jahrhunderts auseinandersetzt. Aus einer strukturellen Perspektive spiegelt die Bandamanna saga jedoch zugleich die konstitutiven Elemente gesellschaftlicher Vorrangstellung im ersten Jahrhundert der Freistaatzeit: ökonomisches Kapital (ein ertragreicher Bauernhof) und soziale Ressourcen (‚Anhänger‘ und die Fähigkeit, Gemeinschaftsaufgaben erfolgreich zu bewältigen).190 Dieser potentiell instabilen Stellung des Einzelnen stand die zentrale Funktion der Goden als Gruppe für die Organisation des Zusammenlebens gegenüber: Sie bildeten das soziopolitische Zentrum der verschiedenen (über)regionalen Versammlungen, bestellten Schlichter und Gesetzessprecher und waren für die Verbreitung und Umsetzung von gefassten Beschlüssen innerhalb ihrer ‚Anhängerschaft‘ verantwortlich. Darüber hinaus vertraten sie ihre Þingmenn in rechtlichen Angelegenheiten  – insbesondere vor dem alþingi – und fungierten als Vermittler, Berater oder Schlichter bei Konflikten innerhalb ihres Einflussbereichs. Waren sie dabei besonders erfolgreich, wurden sie auch von ‚Anhängern‘ anderer Goden konsultiert und konnten so ihren Einflussbereich vergrößern.191 Die folgende Passage der Eyrbyggja saga verdeutlicht

189

Íf VII, 300 f.: Þykir mönnum mikils um vert hversu þessi maður gefst. Hann er og vinsæll sjálfur og stendur nú búið með miklum blóma og þykir engis manns ráð virðulegra vera en Odds. Einn hlut þykir mönnum að skorta, að eigi sé ráð hans með allri sæmd, að hann er maður goðorðslaus. Var það þá mikill siður að taka upp ný goðorð eða kaupa og nú gerði hann svo. Söfnuðust honum skjótt þingmenn. Voru allir til hans fúsir. Og er nú kyrrt um hríð. 190 Vgl. dazu: Sigurðsson (1999), 57. 191 Zur Funktion der Goden vgl. die Literatur unter Anm. 176; zu den Konfliktlösungsstrategien im mittelalterlichen Island vgl. die Literatur unter Anm. 180. Belege zu den

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den Zusammenhang zwischen der Vorrangstellung eines Goden und dessen gesellschaftlicher Funktion:192 Eines Tages ritt Þórólf nach Helgafell hinaus, um den Goden Snorri zu treffen, und Snorri lud ihn ein zu bleiben, doch Þórólf erklärte, er habe es nicht nötig, sich bei ihm satt zu essen. „Ich bin hergekommen, weil ich will, dass du mir zu meinem Recht verhilfst, denn für mich bist du der führende Mann hier in der Gegend und damit bist du verpflichtet, denen zu ihrem Recht zu verhelfen, die sonst benachteiligt werden.“ „Wer enthält dir denn dein Recht vor, Bauer?“, fragte Snorri. „Arnkell, mein Sohn“, sagte Þórólf. Snorri sprach: „Da hast du keinen Grund zur Klage, denn du solltest dich seinen Ansichten anschließen, ist er doch ein besserer Mensch als du.“ „So ist es gar nicht“, sagte er, „denn er begegnet mir jetzt mit der größten Feindseligkeit. Ich will jetzt dein aufrichtiger Freund werden, Snorri, und übernimm du die Klage für meine Sklaven, die Arnkell hat töten lassen, und ich werde auch nicht das gesamte Bußgeld für mich beanspruchen.“ Snorri antwortete: „Ich will mich nicht in einen Streit zwischen euch, Vater und Sohn, einmischen.“ Þórólf antwortete: „Du bist kein Freund Arnkells, doch kann es sein, dass du mich für einen Geizhals hälst, aber das soll nun nicht so sein. Ich weiß“, sagte er, „dass du gerne Krákunes und den Wald dort haben würdest, das kostbarste Besitztum hier in der Gegend. Nun werde ich dir das alles per Handschlag übereignen, du aber führe meine Klage wegen meiner Sklaven und verfolge die Sache so entschieden, dass dein

verschiedenen Funktionen der Goden finden sich in: Íf I, 16 f.; Íf IV, 16; 21; 26; Íf V, 85; 170; 178; Íf VII, 221; Íf X, 136; Íf XI, 18; Íf XII, 70; 119; 172; 393. 192 Íf IV, 85 f.: Það var einn dag að Þórólfur reið út til Helgafells að finna Snorra goða og bauð Snorri honum þar að vera en Þórólfur kvaðst eigi þurfa að eta mat hans „er eg því hér kominn að eg vil að þú réttir hlut minn því að eg kalla þig héraðshöfðingja og skyldan að rétta þeirra manna hlut er áður eru vanhluta.“ „Fyrir hverjum liggur hlutur þinn undir, bóndi?“ sagði Snorri. „Fyrir Arnkatli syni mínum,“ segir Þórólfur. Snorri mælti: „Það skaltu eigi kæra því að þér á svo hver hlutur að þykja sem honum því hann er betri maður en þú.“ „Þann veg er eigi,“ segir hann, „því að hann veitir mér nú mestan ágang. Vil eg nú gerast vinur þinn fullkominn, Snorri, en þú tak við eftirmálum um þræla mína er Arnkell hefir drepa látið og mun eg eigi mæla mér allar bæturnar.“ Snorri svarar: „Eigi vil eg ganga í deilu með ykkur feðgum.“ Þórólfur svarar: „Engi ertu vinur Arnkels. En það kann vera að þér þyki eg féglöggur en nú skal eigi það. Eg veit“, sagði hann, „að þú vilt eiga Krákunes og skóginn með er mest gersemi er hér í sveit. Nú mun eg þetta allt handsala þér en þú mæl eftir þræla mína og fylg því svo skörulega að þú vaxir af en þeir þykist ofgert hafa er mig svívirtu. Vil eg og engum manni hlífa láta þeim er hér hafa hlut í átt hvort sem hann er meiri eða minni minn vandamaður.“ Snorri þóttist mjög þurfa skóginn. Og er svo sagt að hann tók handsölum á landinu og tók við eftirmáli þrælanna. Reið Þórólfur síðan heim og undi vel við en þetta mæltist lítt fyrir af öðrum mönnum.

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Ansehen dadurch wächst; doch die, die meine Ehre gekränkt haben, sollen einsehen, dass sie zu weit gegangen sind. Ich möchte auch, dass niemand geschont wird von denjenigen, die an dieser Sache beteiligt waren, ganz gleich, ob er mir mehr oder weniger verbunden ist.“ Snorri war der Ansicht, dass er den Wald dringend brauchte, und es wird erzählt, dass er sich das Land durch Handschlag übereignen ließ und die Klage wegen der Sklaven übernahm. Þórólf ritt dann nach Hause und war sehr zufrieden; andere Leute aber hielten wenig von der Sache. (Übersetzung: Klaus Böldl) Schlichtungsverfahren waren ein konstitutives Element der sozialen Ordnung. Zugleich ermöglichten sie es erfolgreichen Akteuren, ‚Anhänger‘ zu binden und zusätzliche ökonomische Mittel zu erlangen. Der Schlusssatz des Zitats deutet an, dass die Goden über dieses Bedingungsgefüge strukturell an die Kontrolle der Öffentlichkeit gebunden waren. Auch der folgende Auszug der Egils saga Skalla-Grímssonar (erste Hälfte des 13. Jahrhunderts) unterstreicht noch einmal die zentrale Bedeutung der Schlichter-Funktion für das Ansehen eines Goden:193 Da stand Önund auf und sagte: „Recht sprichst du, Egill, und es ist unpassend für uns, hier auf einem Thing zu sein, auf dem unsere Söhne streiten; auch soll uns niemals die Schande widerfahren, dass wir nicht einmal in der Lage sind, sie zu versöhnen. […]“. (Übersetzung: Kurt Schier) Die ökonomische Basis der Goden bildeten in erster Linie der Ertrag ihrer eigenen Landwirtschaft, die Einkünfte aus ihrer Patronage-Funktion und der Vermittlung bei (auch überregionalen) Konflikten sowie Beutegut aus Raubzügen und, ab dem späten 11. Jahrhundert, kirchliche Abgaben. Darüber hinaus pflegten sie Kontakte nach Norwegen und in andere Regionen Nordeuropas und kontrollierten den Handel.194 Zu den herausragenden persönlichen Eigenschaften eines erfolgreichen Goden werden in der Sagaliteratur – trotz der meist sehr gewalttätigen Plots – vor allem geistige Fähigkeiten (wie Klugheit, Entschlossenheit, Geduld oder Eloquenz) und Großzügigkeit (bei der Ausrichtung von Festen und der Vergabe von Geschenken) gezählt.195 Auch charismatische körperliche Attribute (wie eine starke Stimme, kräftiges Haar oder scharfe, durchdringende Augen) und eine ‚edle‘ Geburt, werden 193

Íf II, 285: Þá stóð Önundur upp og mælti: „Rétt segir þú Egill og það er okkur ófallið að vera á því þingi er synir okkrir deila. Skal okkur og aldrei þá skömm henda að vera þeir vanskörungar að sætta þá eigi. […]“ 194 Vgl. dazu: Sigurðsson (1999), 84–150. 195 Vgl. dazu: Sigurðsson (1999), 84–101; entsprechende Belegstellen finden sich in: Íf I, 315; Íf II, 274; Íf III, 51; Íf IV, 20; 26; 33; Íf V, 20; 87; Íf VI, 121; 124; 303; Íf VIII, 19; 47; 89; Íf IX, 302; Íf X, 16; 41; 62; 243; Íf XI, 99; 141; Íf XII, 364.

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vergleichsweise häufig genannt;196 körperliche Kraft oder der geschickte Umgang mit Waffen scheinen hingegen für die Stellung eines Goden weniger bedeutsam gewesen zu sein.197 Negative Eigenschaften werden in der Sagaliteratur weniger durch direkte Zuschreibungen als vielmehr durch Taten oder den Gang der Handlung zum Ausdruck gebracht; so etwa wenn es einem Goden nicht gelingt, die Interessen seiner ‚Anhänger‘ zu vertreten und diese sich in der Folge von ihm abwenden.198 Am Beispiel der Hrafnkells saga Freysgoða lässt sich zeigen, was einem Goden passieren konnte, wenn er gegen die soziale Ordnung und die Interessen der Gemeinschaft verstieß. Die Saga spielt in vorchristlicher Zeit, wurde aber vermutlich erst in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts verfasst. Die Handlung ist schnell umrissen: Hrafnkell kommt als Kind mit seinen Eltern von Norwegen nach Island und steigt dort zu einem erfolgreichen Bauern und schließlich zum Goden auf. Als er den Sohn eines Nachbarn aus einem nichtigen Grund tötet, wird er auf Betreiben von dessen Familie und zwei anderen Goden geächtet. Dadurch verliert er nicht nur sein Ansehen und seine Anhänger, sondern auch sein Godentum und seinen Hof; die Familie des Getöteten übernimmt beides gewaltsam. Hrafnkell muss sich in einer anderen Region niederlassen, wo er erneut zum reichen Bauern und Goden aufsteigt. Er holt sich seinen ehemaligen Besitz – und sein Godentum – mit Gewalt zurück und dieses Mal findet die Familie des Ermordeten keine Unterstützung bei anderen einflussreichen Akteuren. Schließlich stirbt Hrafnkell in mittlerem Alter an einer Krankheit.199 Die Interpretation der Hrafnkells saga Freysgoða ist umstritten, da der Text in erster Linie ein moralisches Lehrstück zu sein scheint, das vor dem Hintergrund der Sagazeit die christlichen Werte des 13. Jahrhunderts reflektiert. Eine strukturelle historische Analyse der Erzählung lässt jedoch den Schluss zu, dass die Gesellschaft der (frühen) Freistaatzeit zwar in Ansätzen über soziale und rechtliche Kontrollmechanismen verfügte, letztlich aber keine dauerhaft wirksamen Instrumente zur Begrenzung der Konkurrenz um ökonomisches Kapital und gesellschaftliche Einflusssphären ausgebildet hat.200 In der Sturlungenzeit – dies zeigen die Gegenwartssagas deutlich – eskalierte diese Konkurrenz weiter und 196

Vgl. dazu: Sigurðsson (1999), 84–101; entsprechende Belegstellen finden sich in: Íf II, 16; 241; Íf III, 79; 264; 316 ff.; 322 ff.; Íf IV, 63; 68; 98; Íf V, 171; 200; 239; Íf VI, 291; 303; Íf IX, 16; 30; 80; 101; 238; Íf X, 16; Íf XI, 300. 197 Vgl. dazu: Sigurðsson (1999), 84–101; entsprechende Belegstellen finden sich in: Íf IV, 18; 22; 49, 103; Íf V, 21; 44; 59; 171; 226; Íf VIII, 19; 141; Íf IX, 240; Íf XI, 141; 302. 198 Vgl. dazu: Sigurðsson (1999), 94 sowie folgende Belegstellen: Íf III, 37; 162; 227 f.; Íf V, 71; 169; Íf VI, 34; 60–64; 117 f.; 125 f.; 132; 142; 248; 354; 357 f.; Íf VII, 295; 300 f.; Íf IX, 99; 116–130; 132 f.; Íf X, 70; Íf XI, 46; Íf XII, 436 f. 199 Der Text findet sich in: Íf XI. 200 Allgemein zur Hrafnkell saga vgl.: Andersson (1967); Baetke (1974); Kristjánsson (1997). Zu dieser Interpretation vgl: Sigurðsson (1999), 53; 56 ff.; 60; 84; 94; 121; 160; 179 sowie die Belegstellen unter Anm. 198.

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es gelang den verbliebenen Godenfamilien, sich den etablierten Regelsystemen vollständig zu entziehen.201 Fassen wir noch einmal zusammen: Die Goden stiegen von der Landnahmezeit bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts von einfachen Anführern zu einer Machtelite auf. Dabei stützten sie sich auf ein komplexes Geflecht verschiedener Ressourcen, die sich mit dem begrifflichen Instrumentarium der sozialwissenschaftlichen Kapitaltheorie wie folgt strukturieren lassen: ökonomisches, kulturelles, körperliches und soziales Kapital. Eine exakte Zuordnung konkreter Eigenschaften und Fertigkeiten zu einer dieser Kapitalformen ist nicht immer möglich, da Ressourcen polyvalent und konvertierbar sein können. Die Relation der einzelnen Kapitalien ist schwer zu beurteilen, die weitere historische Entwicklung lässt jedoch folgendes Modell plausibel erscheinen: Da die Goden ökonomisch zunächst kaum von wohlhabenden Bauern zu unterscheiden waren, scheint ihre gesellschaftliche Vorrangstellung zumindest bis zur Mitte des 11. Jahrhunderts primär an ihre persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten – vor allem bei der Bewältigung von Gemeinschaftsaufgaben – gebunden gewesen zu sein. Aus ihrer gesellschaftlichen Funktion heraus konnten sie  – wie das Beispiel der Eyrbyggja saga zeigt  – zusätzliche ökonomische Ressourcen akquirieren und damit ihre Vorrangstellung weiter stabilisieren. Als es einzelnen Godenfamilien gelang, ihren Einflussbereich erheblich auszuweiten und zu verstetigen, scheint die Bedeutung der ökonomischen Ressourcen gegenüber den anderen Kapitalien zugenommen zu haben. Im Folgenden soll dieses Bild der Freistaatzeit zu einem Modell gesellschaftlicher Organisation und Entwicklung verdichtet werden. Den Hintergrund dafür bilden der in Kapitel I formulierte theoretische Rahmen und die Fragestellung der vorliegenden Studie.

4. Die isländische Freistaatzeit als historisches Modell gesellschaftlicher Organisation und Entwicklung Konzeptionell geht diese Interpretation der isländischen Überlieferung – und damit auch das daraus entwickelte Modell der Freistaatzeit – auf die Gesellschaftstypologie der kultur- und sozialanthropologischen Forschung zurück. Die verhältnismäßig gute Quellenlage ermöglicht es jedoch – über eine Typisierung der isländischen Gesellschaft als stateless oder acephalous society bzw. der Goden als chiefs oder big men hinaus –, ein ebenso konkretes wie differenziertes Bild der gesellschaftlichen Verhältnisse zwischen dem 10. und 13. Jahrhundert zu zeichnen. Vor diesem Hintergrund entwirft Jón Viðar Sigurðsson eine historische Erzählung von der Besiedlung Islands bis zum Eingreifen des norwegischen Königs, die aufgrund ihrer 201

Vgl. dazu: Sigurðsson (1999), 39–83. Eine wichtige Sammlung der Gegenwartssagas findet sich in: Sts I–III.

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breiten empirischen Basis eine hohe konzeptionelle Eigenständigkeit aufweist und sich grundsätzlich von den Entwicklungsnarrativen der älteren ethnologischen Forschung – und deren Adaption in den 1970er und 80er Jahren – unterscheidet: An die Stelle eines schematischen evolutionären Modells von der segmentary society zum early state tritt eine differenzierte historische Analyse des Bedingungsgefüges, in dem sich die gesellschaftliche Entwicklung der isländischen Freistaatzeit vollzogen hat. Insofern stellt dieser Zeitraum der isländischen Geschichte eine wertvolle Vergleichsfolie für andere historische Formationen dar. Der englische Titel „Chieftains and Power in the Icelandic Commonwealth“, unter dem Sigurðssons Studie 1999 erschien, ist in diesem Zusammenhang irreführend, da es sich bei dem Ausdruck chieftain um einen – nicht unproblematischen – Ordnungsbegriff handelt, der nur sehr bedingt mit Sigurðssons Beschreibung der frühen Goden in Einklang zu bringen ist: In der Typologie der anthropologischen Forschung werden gesellschaftliche Akteure als chieftains (Häuptlinge) bezeichnet, deren Vorrangstellung, in welcher Form auch immer, institutionell sanktioniert ist und nicht ständig aktualisiert werden muss.202 Der norwegische Titel „Goder og maktforhold på Island i fristatstiden“ – übersetzt etwa: „Goden und das Verhältnis der Macht in der isländischen Freistaatzeit“ –, unter dem diese Arbeit 1993 von der Universität Bergen als Dissertation angenommen wurde, ist begrifflich präziser.203 Die vorliegende Studie versteht sich nicht als Gegenentwurf zu den in Kapitel I vorgestellten Deutungsansätzen der jüngeren Archaikforschung, sondern knüpft mit dem Modell der isländischen Freistaatzeit explizit an deren konzeptionelle Ausrichtung an. Die breite empirische Basis dieses Modells soll jedoch dazu beitragen, das bestehende Analyseinstrumentarium – in komplementärer Weise – weiter auf die Bedingungen (früh)archaischer Siedlungsgemeinschaften hin zu spezifizieren, um so deren gesellschaftliche Organisation und Entwicklung noch differenzierter analysieren und beschreiben zu können, als dies bislang der Fall ist. Im Hintergrund steht dabei die in Kapitel I formulierte Fragestellung. Abschließend noch eine Anmerkung zum Verhältnis der Islandforschung zur skandinavistischen und kontinentaleuropäischen Mediävistik: Auch das moderne Bild des mittelalterlichen Skandinavien war lange Zeit – und ist es zum Teil bis heute – in hohem Maße von dem primär verfassungsgeschichtlichen Zugriff der älteren kontinentaleuropäischen Forschung geprägt.204 Innerhalb der Skandinavistik kommt der isländischen Geschichte aufgrund der Quellenlage zwar eine gewisse Sonderrolle zu, traditionell wird sie jedoch letztlich auch in diesem Deutungs202 Zu

dieser Typologie der sozial- und kulturanthropologischen Forschung vgl. die Literatur unter Anm. 44. 203 Sigurðsson (1993). 204 Vgl. dazu: Baetke (1974); Engster (1986); Byock (1992); Ólason (1998), 3–37; Sigurðsson (1999), 9–38; See (2006); eine umfassende Fachgeschichte der Skandinavistik liegt bislang nicht vor.

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rahmen konzeptualisiert. Gerade in der Mittelalterforschung haben die Debatten über eine methodische Neuorientierung der Kultur- und Geisteswissenschaften dazu geführt, dass die überkommenen Narrative, Paradigmen und Leitbegriffe insbesondere der älteren verfassungsgeschichtlich orientierten Forschung kritisch reflektiert und durch differenziertere Erzähl- und Deutungskonzepte ersetzt wurden. Die Gattungsspezifika der Sagaliteratur ließen die isländische Freistaatzeit im Verlauf der 1970er und 80er Jahre zu einem ‚Laboratorium‘ für die Erprobung neuer kulturanthropologischer Forschungsansätze werden. Viele dieser Versuche können – darauf wurde bereits hingewiesen – heute nicht mehr überzeugen, dennoch haben sie wesentlich dazu beigetragen, diese Modelle in der Islandforschung zu etablieren.205 Das heuristische Instrumentarium der hier vertretenen Forschungsposition ist an diesen Deutungsrahmen gebunden. Andere konzeptionelle Debatten innerhalb der (kontinentaleuropäischen) Mediävistik  – etwa über Herrschaft, ‚Adel‘ oder vormoderne Rechtsverhältnisse – können, zumindest was die Fragestellung dieser Arbeit betrifft, für den historischen Zugriff auf die ersten etwa drei Jahrhunderte der isländischen Freistaatzeit vernachlässigt werden.206 Dies ändert sich jedoch mit der zunehmenden Macht einzelner Godenfamilien gegen Ende des 12. Jahrhunderts und dann vor allem mit dem Eingreifen des norwegischen Königs. Das folgende Modell zielt nicht darauf ab, einzelne Aspekte gesellschaftlicher Organisation und Entwicklung der Freistaatzeit – wie etwa den genauen Ablauf von Gerichts- und Gesetzesversammlungen oder die spezifische Ausgestaltung von Gemeindeämtern – für einen historischen Vergleich zugänglich zu machen. Es ist vielmehr darauf ausgelegt, ein konkretes Beispiel dafür zu geben, wie eine Gesellschaft, die nicht im klassischen Sinne über staatliche Strukturen verfügt, in ihren Grundlinien organisiert und von welchen Faktoren deren historische Entwicklung beeinflusst sein kann. Damit stellt dieses Modell ein empirisch fundiertes Arbeitsinstrument dar, dass es ermöglichen soll, die grundlegenden gesellschaftlichen Strukturen im früharchaischen Griechenland und deren Wandel aus einem von der traditionellen Archaikforschung möglichst unabhängigen „Sehepunkt“ heraus erfassen und beschreiben zu können.

205

206

Vgl. dazu die Literatur unter den Anm. 130 und 138 sowie: Pálsson (1992b). Zu den verschiedenen methodologischen Debatten innerhalb der kontinentaleuropäischen Mediävistik vgl. exemplarisch: Althoff (1990); Miethke /  S chreiner (1994); Borgolte (1995); Oexle (1996); Borgolte (1997); Goetz (1999); Schneidmüller (2000); Keller (2001); Althoff (2002); Reynolds (2002); Schneidmüller (2002a); Schneidmüller (2002b); Goetz (2003); Pohl (2004); Hechberger (2005); Weinfurter (2005); Apsner (2006); Kortüm (2006); Schneidmüller /  Weinfurter (2006); Althoff (2007); Geary (2007); Hauck (2007); Oexle (2007a); Oexle (2007b); Patzold (2007); Rexroth (2007); Rexroth (2008); Borgolte (2009); Patzold (2012); Patzold /  R idder (2013).

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4.1. Zwischen Institution und personalem Einfluss – die Grundstruktur gesellschaftlicher Organisation Die Gesellschaft der Freistaatzeit verfügte über stabile, teilweise konkurrierende Regelsysteme mit einem hohen Formalisierungsgrad und einer hohen Funktiona­ lität vor allem bei der Lösung von Konflikten. Ihre Durchsetzungsfähigkeit und ihre Reichweite waren mangels eines Erzwingungsstabes, unabhängiger Kommunikationsmittel und anderer administrativer Strukturen jedoch an die Kapitalien und den Einfluss ihrer Träger, der Goden, gebunden. Die skizzierten Institutionen wiederum eröffneten gesellschaftliche Handlungsräume, in denen geschickte Akteure (weitere) Kapitalien erwerben und so ihre individuelle Stellung verbessern bzw. stabilisieren konnten. Die Funktion der Goden trug durchaus Züge eines Amtes: Sie war auf Dauer gestellt und in ein System von Normen und Verfahren eingebunden. Da ein Gode jedoch weder über eine rechtlich-abstrakte Legitimation noch über andere Formen absoluten Prestiges  – wie die Zugehörigkeit zu einer geburtsständisch definierten Gruppe  – verfügte, basierte seine Vorrangstellung letztlich auf der Akzeptanz seiner ‚Anhänger‘. Die individuelle gesellschaftliche Stellung der Goden blieb daher bis gegen Ende des 11. Jahrhunderts instabil, ihre gesellschaftliche Funktion als Gruppe war hingegen von Beginn an fest im soziopolitischen Gefüge der Freistaatzeit verankert. Über diese funktionale Bestimmung hinaus, sind die Goden in den Isländersagas zunächst nicht als Gruppe mit einem spezifischen Lebensstil greifbar; dies ändert sich erst im Verlauf des 12. und 13. Jahrhundert. 4.2. Zwischen Konkurrenz und Gemeinschaftsbezug – die Vorrangstellung der Goden Die individuelle Position eines Goden basierte auf einem komplexen Geflecht ökonomischer, körperlicher, kultureller und sozialer Ressourcen, deren Relation sich, wie angedeutet, im Verlauf der historischen Entwicklung verschob. In ökonomischer Hinsicht unterschieden sich die Goden bis in das 11. Jahrhundert hinein nicht grundsätzlich von anderen wohlhabenden Bauern. Körperliche Ressourcen, wie etwa die Fähigkeit zu kämpfen, konnten zwar kurzzeitig in andere Kapitalformen umgewandelt werden  – beispielsweise, wenn ein Bauer einen Goden im Zweikampf besiegte – eine dauerhafte Vorrangstellung ließ sich so jedoch nicht begründen. Soziales Kapital bezog ein Gode aus der Bewältigung von Gemeinschaftsaufgaben – insbesondere bei der Lösung von Konflikten – und seiner Patronage-Funktion. Zusätzliche Einkünfte konnte er durch erfolgreiche Schlichtungsverfahren und die Vertretung seiner ‚Anhänger‘ während des alþingi erzielen. Diese Fähigkeit, das Zusammenleben zu leiten und zu organisieren, war an spezifische kulturelle Ressourcen wie Eloquenz, Rechtskundigkeit und politisches Wissen gebunden, die nur sehr bedingt kurzfristig erworben werden können. Mit

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der zunehmenden Komplexität der Regelsysteme gewann das kulturelle Kapital an Bedeutung, was den Zugang zu dem Wettbewerb um gesellschaftlichen Einfluss weiter verknappte. Bis etwa zur Mitte des 11. Jahrhunderts waren die Akzeptanz und das Vertrauen seiner ‚Anhänger‘ und anderer gesellschaftlicher Akteure das zentrale Kapital eines Goden. Da diese Ressourcen nur begrenzt verfügbar und zugleich der entscheidende Faktor für die Vorrangstellung eines Anführers waren, standen die Goden untereinander – und mit anderen wohlhabenden Bauern – in ständiger Konkurrenz um die Gunst potentieller ‚Anhänger‘. Deren Bedürfnisse und Interessen – nicht zuletzt an einem friedlichen Zusammenleben innerhalb der eigenen Gemeinschaft – waren denn auch die Bezugsgröße für diesen Wettbewerb. Ein Gode des 10. und (frühen) 11. Jahrhunderts musste stets ein Gleichgewicht zwischen der Konkurrenz um ‚Anhänger‘ und dem Gemeinschaftsbezug, auf dem sein soziales Kapital basierte, finden. Eine statische Unterscheidung zwischen ‚adeligen‘ und ‚nicht-adeligen‘ Akteuren kann diese komplexe soziale Formation nicht angemessen abbilden. Daher erscheint es sinnvoll, die potentiellen Teilnehmer dieses Wettbewerbs um gesellschaftliche Vorrangstellung als Elite zu beschreiben – auch wenn die Verwendung dieses Begriffs in der Forschung ebenfalls umstritten ist: Alle so bezeichneten Akteure hatten grundsätzlich Zugang zu dieser Konkurrenz und unterschieden sich insofern von anderen Mitgliedern der Gemeinschaft, die über weniger Ressourcen verfügten. Goden etwa verfügten bereits über soziales Kapital in Form ihrer gesellschaftlichen Funktionen und einer eigenen ‚Anhängerschaft‘ und sind insofern von wohlhabenden Bauern zu unterscheiden. Doch auch innerhalb dieser vermeintlichen Gruppen gab es erhebliche Unterschiede: Weniger mächtige Goden verloren ihren Einflussbereich an erfolgreichere Akteure oder waren zumindest auf deren Akzeptanz angewiesen. Der Elitenbegriff hat den Vorteil, dass er zunächst sehr offen ist und daher eine Binnendifferenzierung möglich und erforderlich macht. Auf diese Weise können soziale Gruppen und deren Akteure differenzierter als mit interpretatorisch festgelegten Ordnungsbegriffen wie Adel, Aristokratie oder den entsprechenden Antonymen erfasst und beschrieben werden.207 4.3. Zwischen Konkurrenz und Kontrolle – das Bedingungsgefüge gesellschaftlicher Entwicklung Soziales Kapital war in den ersten zwei Jahrhunderten der Freistaatzeit nicht nur die zentrale Ressource, sondern auch das limitierende Moment des Wettbewerbs um gesellschaftliche Einflusssphären. Goden und potentielle Aufsteiger unterlagen – als Teilnehmer dieser Konkurrenz  – einer strikten Kontrolle durch die übrigen 207

Zu den Vor- und Nachteilen der Verwendung dieses Begriffs im Kontext vormoderner Gesellschaften vgl.: Ulf (2007); Patzold (2011); Stein-Hölkeskamp  /  Hölkeskamp (2018).

Die isländische Freistaatzeit

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gesellschaftlichen Akteure (Bauern, Gesetzessprecher und Bischöfe), der zu vergebende Preis war soziales Kapital: Wer im 10. und 11. Jahrhundert dauerhaft gegen die Interessen der eigenen ‚Anhängerschaft‘ oder die Regeln der Gemeinschaft handelte, lief Gefahr, nicht nur sein soziales Kapital und seine gesellschaftliche Position, sondern auch seine ökonomische Basis zu verlieren. Dieser Wettbewerb war in die oben skizzierten Regelsysteme – wie (über)regionale Versammlungen und Schlichtungsverfahren – eingebunden und zielte nicht darauf ab, den Kontrahenten dauerhaft zu schädigen oder gar zu vernichten; insofern unterschied sich diese Form der Konkurrenz grundsätzlich von (regellosen) Konflikten (s. u.).208 Geschickt agierende Akteure konnten diese öffentlichen Handlungsfelder als Forum nutzen, um sich  – etwa durch kluge politische Lösungen, eine erfolgreiche Vertretung der eigenen ‚Anhänger‘ oder die Schlichtung schwieriger Streitfälle  – soziales Kapital zu erarbeiten und damit selbst zum Goden aufzusteigen oder als Gode den eigenen Einflussbereich zu vergrößern. Zugang zu diesem Wettbewerb hatten Goden (über ihre gesellschaftlichen Funktionen) und wohlhabende Bauern (etwa über die Schlichtung von Konflikten oder die erfolgreiche Erledigung anderer Gemeinschaftsaufgaben), die über die erforderlichen Ressourcen verfügten. Das Publikum, um dessen Gunst konkurriert wurde – Simmels dritte Instanz –, waren weniger einflussreiche Goden und die übrigen Bauern: Sie schlossen sich besonders erfolgreichen Akteuren an, die dadurch ihr soziales und ökonomisches Kapital vermehren konnten. Im Verlauf des 11. Jahrhunderts gelang es einzelnen Goden auf diesem Weg, ihre Einflussbereiche erheblich auszuweiten und sich so sukzessive der Kontrolle durch die Öffentlichkeit zu entziehen. Das soziale Kapital verlor an Bedeutung, gleichzeitig stieg der Bedarf an ökonomischen Ressourcen, um die wachsende ‚Anhängerschaft‘ zu binden. Dadurch wurde der Zugang zu dem Wettbewerb um gesellschaftliche Vorrangstellung weiter verknappt und es kam seit dem Ende des 12. Jahrhunderts vermehrt zu Konflikten zwischen besonders mächtigen Goden, die nicht mehr in die sozialen Regelsysteme eingebunden waren und letztlich auf die Unterwerfung oder Vernichtung des Kontrahenten abzielten. Dies führte  – mit den geschilderten Konsequenzen  – zur Ausbildung und Verfestigung einer klar abgrenzbaren Machtelite. Die Gesellschaft der Freistaatzeit verfügte nicht über die passenden Instrumente, um die zunehmende Eskalation der Konkurrenz um Ansehen und Einfluss einzudämmen und so dieser desintegrativen Entwicklung entgegenzuwirken.

208

Zur Unterscheidung der Begriffe „Konkurrenz“ und „Konflikt“ vgl. die Literatur unter den Anm. 56 und 58.

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B. Die isländische Freistaatzeit und das früharchaische Griechenland – zur Vergleichbarkeit Als Fritz Gschnitzer sich 1991 gegen die „moderne Richtung“ der Archaik- oder präziser der Homerforschung aussprach, wies er zugleich darauf hin, dass die homerischen Epen – aufgrund des schwierigen interpretatorischen Zugangs – nur aus einer vergleichenden Perspektive analysiert werden könnten.209 Dabei dachte er jedoch nicht an die „primitiven Gesellschaften aus dem Island der Sagazeit“ oder „dem reichen Erfahrungsschatz der völkerkundlichen (kulturanthropologischen) Forschung“, sondern an die griechische Archaik und vor allem die klassische Zeit: Die jüngere Forschung werde – trotz gewisser Erkenntnisfortschritte – mit ihrem kulturwissenschaftlichen Ansatz dem „[staatlichen] Grundcharakter der homerischen Ordnungen nicht gerecht“, der sich mit sozial- und kulturanthropologischen Modellen nicht angemessen erfassen lasse. Allerdings räumt Gschnitzer selbst ein, dass die communis opinio spätestens seit den 1980er Jahren in die entgegengesetzte Richtung weist.210 Auf wen sich die Kritik an einem Vergleich der griechischen Archaik mit dem mittelalterlichen Island konkret bezieht, muss letztlich offenbleiben, da Gschnitzer dies nicht näher ausführt. Vor Mischa Meiers Aufsatz zu den spartanischen Ephoren211 gab es nur eine Publikation, in der ein solcher Vergleich, wenn auch unsystematisch, angedacht und anhand einiger Textbeispiele exemplifiziert wurde. Dabei handelt es sich allerdings um einen Aufsatz von Bjørn Qviller in norwegischer Sprache, der in einem in der Archaikforschung ansonsten nicht rezipierten Sammelband erschienen ist.212 Darüber hinaus finden sich nur in der Forschungsliteratur aus den Jahrzehnten um 1900 vereinzelt unkonkrete Hinweise auf mögliche Ähnlichkeiten zwischen der isländischen Sagaliteratur und den homerischen Epen. Weitere Versuche, diese Gesellschaften zu vergleichen, gab es m. W. bislang nicht.213 Abschließend soll nun der Nachweis erbracht werden, dass sich die isländische Freistaatzeit und das früharchaische Griechenland – sowie deren Quellen – für einen systematischen historischen Vergleich eignen. Dabei müssen nicht nur die Ähnlichkeiten, sondern gerade auch die Differenzen in den Blick genommen 209

Vgl. dazu: Gschnitzer (1991), 185; 192 ff. Vgl. dazu: Gschnitzer (1991); die Zitate finden sich auf den folgenden Seiten: 182; 184 f.; 188; 203. 211 Meier (2010). 212 Qviller (1990). 213 S. zu den Vergleichsansätzen in der älteren Forschung: Ker (1904), 314 f.; Lang (1906), 2; 78; 209; Lang (1910), 29; 262; 267; Stawell (1909), 213–222; Butcher / L ang (1918), 408 f.; Carpenter (1958), 38 f.; 186 ff. Michael Gagarin hat vor einigen Jahren auf das Potential eines solchen Vergleichs für die rechtshistorische Forschung hingewiesen, allerdings ohne dabei die methodischen Probleme im Umgang mit den Isländersagas zu berücksichtigen: Gagarin (2008), 27. 210

Die isländische Freistaatzeit und das früharchaische Griechenland 

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werden. Anhand der eingangs formulierten Vergleichskriterien können vorläufig folgende Ergebnisse festgehalten werden: – Erstens: Mit der isländischen Sagaliteratur verfügen wir über ein für die europäische Vormoderne singuläres Quellenkorpus, das sich aufgrund der Vielzahl an Texten und der zeitlichen Breite der Überlieferung für eine strukturelle Modellbildung eignet. – Zweitens ermöglichen es die Materialfülle und Gattungsspezifika der Sagaliteratur, trotz der angesprochenen methodischen Schwierigkeiten, in einzigartiger Weise, die Akteure einer sich formierenden Gesellschaft und deren Handlungsräume zu beschreiben. Durch eine konsequente Auswertung vor allem der Isländersagas ist es der Forschung gelungen, die Geschichte der Freistaatzeit jenseits eines primär rechts- oder verfassungsgeschichtlichen Zugriffs zu konzeptualisieren und zu erzählen. Dies hat zu einem erheblichen Erkenntnisfortschritt bezüglich der gesellschaftlichen Organisation und des Bedingungsgefüges sozialer Wandlungsprozesse geführt. – Drittens konnte die Hypothese verifiziert werden, dass die Vergleichsgesellschaften ähnliche soziale Rahmenbedingungen sowie eine vergleichbare Siedlungsstruktur aufwiesen: Die Akteure der Früharchaik und der Freistaatzeit konnten jeweils auf ein Vorverständnis sozialer Organisation zurückgreifen und es gab keine fest institutionalisierte Herrschaft wie etwa einen ‚König‘ oder eine ‚Aristokratie‘. In verschiedenen Bereichen lassen sich Ansätze institutionalisierter Regelsysteme fassen, wenngleich jede Form von Exekutivgewalt fehlte  – vgl. dazu etwa das Entstehen politischer Räume durch die Einrichtung fester Versammlungsorte und formalisierter Verfahrensregeln, die Schaffung (über-) regionaler Kommunikationsräume, die Herausbildung von Ämtern sowie die schriftliche Fixierung von Rechtsnormen. Ein bäuerliches Milieu bildete die ökonomische und gesellschaftliche Grundlage, es herrschte Subsistenzwirtschaft vor. Die Siedlungsstrukturen waren agrarisch geprägt und nicht zuletzt aufgrund der naturräumlichen Bedingungen primär kleinräumig gegliedert. Sowohl im früharchaischen Griechenland als auch im mittelalterlichen Island gab es eine für bäuerliche Gesellschaften typische Sondersprache mündlich tradierter Sprichwörter, die heute als verschriftlichte Spruchdichtung greifbar ist.214 Form und Inhalt dieser Dichtung lassen auf eine spezifische soziale Organisation schließen, die in der Früharchaik jedoch deutlich stärker ausgeprägt gewesen zu sein scheint als in der Freistaatzeit (s. Kapitel III und IV). Hinsichtlich der Organisation des Zusammenlebens fand die Spruchdichtung in der Islandforschung bislang nicht in gleicher Weise Berücksichtigung wie in der Alten Geschichte: Die zentrale Bedeutung der bäuerlichen Dorfgemeinschaft und ihrer Normen für die gesellschaftlichen Wandlungsprozesse der Archaik 214

Zum griechischen Raum vgl.: Schmitz (2004b); zur isländischen Spruchdichtung vgl.: Heusler (1915a); Heusler (1915b); Dopheide (1973); See (1981).

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ist mittlerweile bekannt. Für das mittelalterliche Island konnte in den letzten Jahren zwar gezeigt werden, dass die zumeist vereinzelt stehenden Höfe – bei einer Entfernung von etwa 1–5 Kilometern – nicht nur eigenständige soziale Einheiten darstellten, sondern zusätzlich in eine komplexe dorfähnliche Sozialstruktur (hreppur) sowie in größere (über)regionale Kommunikationsräume integriert waren.215 Über die Details dieser Form ‚dörflicher‘ Organisation ist bislang jedoch kaum etwas bekannt, zumal die Konzeptualisierung der Insel als ‚große Dorfgemeinschaft‘ nur bedingt überzeugen kann. Zumindest scheint das Ordnungsgefüge der Freistaatzeit – möglicherwiese aufgrund der größeren räumlichen Distanz zwischen den Siedlungseinheiten  – anders strukturiert gewesen zu sein als im früharchaischen Griechenland. Auffällig ist vor allem, dass der Gemeinschaftsbezug des Einzelnen und die soziale Kontrolle durch die Öffentlichkeit in den isländischen Texten nicht so explizit Erwähnung finden wie in den früharchaischen Quellen. Es wird noch zu diskutieren sein, ob dies durch strukturelle Unterschiede oder durch die verschiedenen zeitlichen Perspektiven der Quellen zu erklären ist. Eine Oberschicht ist sowohl für die Früharchaik als auch für die Freistaatzeit nachweisbar, es finden sich jedoch keine Hinweise auf eine geburtsständische oder rechtlich-abstrakte Legitimation. Von den isländischen Goden musste, zumindest bis zur Mitte des 11. Jahrhunderts, ein Gleichgewicht zwischen den Interessen der Gemeinschaft und einer nach Außen gerichteten Konkurrenz um verschiedene Ressourcen gefunden werden, um ihre gesellschaftliche Vorrangstellung behaupten zu können. Die früharchaischen Quellen weisen für die basileis einen ähnlichen Befund auf, allerdings ist dies in Kapitel III gesondert zu diskutieren. Bis etwa zur Mitte des 11. Jahrhunderts ist auf Island von einer vergleichsweise hohen sozialen Mobilität auszugehen, für die Früharchaik ist dieser Punkt noch immer umstritten. In ihrer weiteren Entwicklung sind die Vergleichsgesellschaften dann zunächst durch eine zunehmende soziale Differenzierung sowie eine fortschreitende institutionelle Verfestigung gekennzeichnet. Allerdings nahm die isländische Geschichte dann – infolge der Entstehung einer Machtelite und der Unterwerfung unter die norwegische Krone  – eine vollkommen andere Wendung, als dies für den griechischen Siedlungsraum zu verzeichnen ist; auch diese Differenz wird noch zu diskutieren sein. – Viertens spricht auch aus einer quellenkritischen Perspektive – trotz spezifischer Gattungsmerkmale – nichts gegen den vergleichenden Ansatz dieser Studie: In beiden Fällen sind ähnliche schriftliche Quellengattungen vorhanden, deren Auswertung vergleichbare methodische Probleme mit sich bringt. Dieser Umstand erlaubt es, kongruente Vergleichskategorien zu formulieren. Bezüglich der Perspektive, aus der die Schriftquellen verfasst sind, ist jedoch ein entscheidender Unterschied festzustellen: Während die Isländersagas aufgrund der großen 215

Vgl. Dazu die Literatur unter den Anm. 127 und 170.

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zeitlichen Distanz zu ihrer Handlung vor allem strukturell ausgewertet werden können, reflektieren die früharchaischen Texte das jeweilige Zeitgeschehen (s. Kapitel III). Welche Konsequenzen sich daraus für den hier durchgeführten Vergleich ergeben, wird noch zu diskutieren sein. Was das Verhältnis zwischen den archäologischen und den schriftlichen Quellen betrifft, so können die in den isländischen Texten geschilderten materiellen Verhältnisse – aufgrund der guten Überlieferungssituation – häufig direkt mit den Ausgrabungsbefunden abgeglichen werden; für die Archaik ist dies so nicht möglich. – Fünftens konnten sich sowohl das Island der Freistaatzeit als auch das früharchaische Griechenland (zunächst) weitgehend ohne äußeren Institutionalisierungsdruck entwickeln. Für beide Vergleichsgesellschaften können zwar eine Vielzahl von Außenkontakten nachgewiesen werden, die auch für das mittelalterliche Island bis weit in den (östlichen) Mittelmeerraum hinein belegt sind. Es handelt sich dabei jedoch um Handels- und Kulturkontakte und nicht um gewalttätige Auseinandersetzungen oder direkte Einflussnahmen externer Mächte. Der Einfluss dieser Kontakte auf die jeweilige gesellschaftliche Organisation und Entwicklung kann – soweit es diese Arbeit betrifft – vernachlässigt werden: Für den hier untersuchten Zeitraum kann die historische Entwicklung in beiden Fällen durch intrinsische Faktoren und Zusammenhänge erklärt werden. – Sechstens kann eine im Kontext der vorliegenden Studie relevante Beeinflussung der isländischen Überlieferung durch die griechisch-römische Tradition weitestgehend ausgeschlossen werden. Dies gilt trotz der Antikensagas, der Pilgerfahrten isländischer Mönche in den Mittelmeerraum und der Beeinflussung des isländischen Rechts durch lateinische und byzantinische Vorbilder. – Siebtens schließlich hat die Aufarbeitung der jeweiligen Forschungsgeschichte gezeigt, dass sich die Forschung zum mittelalterlichen Island und der griechischen Archaik – von einigen aus heutiger Sicht vernachlässigbaren Berührungspunkten in der älteren Literatur abgesehen  – grundsätzlich unabhängig voneinander entwickelt haben. Im Zuge der theoretisch-methodischen Debatten in den Kultur- und Geisteswissenschaften nahm jedoch die Entwicklung beider Disziplinen einen ähnlichen Verlauf: Die primär verfassungsgeschichtliche Perspektive des 19. Jahrhunderts wurde seit den 1970er und 80er Jahren sukzessive durch einen kulturwissenschaftlich ausgerichteten „Sehepunkt“ abgelöst. Die aktuelle Forschungsdiskussion ist in beiden Fällen von der Adaption vor allem sozial- und kulturanthropologischer Deutungskonzepte und einem entsprechenden Fragehorizont geprägt und so kann nicht ausgeschlossen werden, dass die beobachtete Ähnlichkeit der Vergleichsgesellschaften zum Teil auch auf diesen Deutungsrahmen zurückzuführen ist. Allerdings ist es der Forschung zum mittelalterlichen Island aufgrund der guten Quellenlage gelungen, ihr heuristisches Instrumentarium empirisch erheblich zu konkretisieren und damit in seinem analytischen Wert zu steigern. Mit dem hier durchgeführten Vergleich werden also nicht einfach etablierte Interpretamente auf einem ‚Umweg‘ über das

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Warum gerade Island?

mittelalterliche Island erneut in die Diskussion zum früharchaischen Griechenland eingebracht, sondern das Modell der isländischen Freistaatzeit verfügt über ein eigenständiges heuristisches Potential. Welchen Einfluss die moderne Konzeption der homerischen Epen als Text – aufgrund deren Bedeutung für die europäische Geistesgeschichte – fächerübergreifend auf die Frage nach dem Verhältnis von Mündlichkeit und Schriftlichkeit hat, ist nicht untersucht. Da die vorliegende Studie die Relation dieser beiden Ausdrucksformen nur am Rande thematisiert, hat dieses Desiderat keine direkten Auswirkungen auf die Frage der Vergleichbarkeit. Damit konnte gezeigt werden, dass die Gesellschaften des mittelalterlichen Island und der Früharchaik – trotz vorhandener Differenzen – grundsätzlich Rahmenbedingen und Strukturen aufweisen, die eine vergleichende Untersuchung erstens empirisch aussichtsreich erscheinen lassen und zweitens methodisch rechtfertigen. Bei der Anwendung dieses Modells ist darauf zu achten, die in der jüngeren Forschung zu Recht betonte Heterogenität der gesellschaftlichen Organisationsformen und Entwicklungslinien im (früh)archaischen Griechenland nicht erneut in einem eindimensionalen Modell aufzulösen. Dieser Punkt wird noch zu diskutieren sein.

III. Gesellschaftliche Organisation und Entwicklung im früharchaischen Griechenland

Während das Ende der Archaik – trotz großer regionaler Unterschiede216 – mit der zunehmenden Ausdifferenzierung und Verfestigung der gesellschaftlichen Strukturen gegen Ende des 6. Jahrhunderts217 historisch grundsätzlich greifbar ist, liegt ihr Beginn weitgehend im Dunkeln. Über den archäologischen Befund lässt sich mittlerweile jedoch für das 8. und 7. Jahrhundert ein gesellschaftlicher Wandel konstatieren, der als belastbarer zeitlicher Ausgangspunkt auch einer historischen Erzählung konzeptualisiert werden kann. Wie in Kapitel I skizziert, lassen die Vergrößerung der Siedlungsgemeinschaften, die Veränderungen in der Siedlungs- und Wohnhausarchitektur sowie die Sublimierung des Handwerks auf gesellschaftliche Wandlungsprozesse und eine veränderte Form elitären Konkurrenzverhaltens schließen. Allerdings kann die historische Forschung erst mit der schriftlichen Überlieferung auf die soziale Praxis, die gesellschaftlichen Normen- und Regelsysteme sowie die konkreten Entwicklungszusammenhänge zugreifen. Die frühesten Schriftquellen setzen an einem zufälligen Punkt einer gesellschaftlichen Entwicklung ein, deren Beginn heute historisch nicht mehr zu fassen ist.218 Insofern ‚beginnt‘ die Archaik für die althistorische Forschung mit den homerischen Epen, den Werken Hesiods und den Fragmenten der anderen früharchaischen Dichter, ohne hier tatsächlich ihren Anfang zu nehmen. Der Versuch, die gesellschaftlichen Verhältnisse im früharchaischen Griechenland von den sog. Dark Ages her fassen zu wollen, kann methodisch nicht überzeugen, da die Quellenlage hier aufgrund fehlender Schriftzeugnisse und trotz des deutlichen Zuwachses an archäologischem Material noch immer deutlich schlechter ist und Zirkelschlüsse somit kaum zu vermeiden sind.219 Die Literatur der Klassik ist in hohem Maße zeitgebunden und eignet sich daher ebenso wenig als Referenz­ material; darauf wurde in Kapitel I bereits hingewiesen. Es ist daher unumgänglich, die Geschichte der Archaik von der schriftlichen Überlieferung ihrer Frühzeit (etwa 750 bis 650) her zu konzeptualisieren und zu erzählen. Damit soll nicht 216

Vgl. dazu: Gehrke (1986); Sakellariou (1989); R aaflaub (1997b); Brock / Hodkinson (2000); Morgan (2000); Vliet (2000); Morgan (2003a). 217 Sofern nicht anders angegeben, beziehen sich in Kapitel III alle Jahreszahlen auf die vorchristliche Zeit. Angaben zur modernen Forschungsgeschichte bleiben davon unberührt. 218 Vgl. dazu die Darstellung der gesellschaftlichen Entwicklung in Kapitel III. B.; allgemein zur schriftlichen Überlieferung vgl. die Literatur unter Anm. 8. 219 Zu der vermeintlichen Kontinuität zwischen den sog. Dark Ages und der (Früh)Archaik vgl. die Literatur unter Anm. 2 sowie: Donlan (1985); Lehmann (1985); Lehmann (1996); Donlan (1997b); Hildebrandt (2007).

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das Narrativ einer griechischen „Renaissance“ fortgeschrieben werden, doch die Beschäftigung mit den zeitgenössischen Schriftquellen steht in zweifacher Weise am ‚Anfang‘ der Archaik: Erstens markieren sie – gemeinsam mit dem materiellen Befund – aus der Sicht des Historikers den Beginn dieser Epoche und zweitens hat das Verständnis dieser Texte erheblichen Einfluss auf die Erzähl- und Deutungskonzepte der Archaikforschung insgesamt.220 Da es nicht die Intention unserer Quellen ist, die sozialen, institutionellen und politischen Verhältnisse in der jeweiligen Siedlungsgemeinschaft zu beschreiben, ist die Forschung darauf angewiesen, die zunächst unzusammenhängenden Informationen aus den verschiedenartigen Textgattungen systematisch zusammenzuführen: Aus einem quellenkritischen und historischen Vorverständnis heraus erfolgen Quellenanalysen, deren Ergebnisse – aus einer spezifischen Erzählperspektive – in ein Gesamtbild integriert werden; abweichende Quellenbefunde werden dann in diesem Kontext erklärt. Dieses hermeneutische Grundprinzip bildet den Ausgangspunkt der vorliegenden Studie: In Kapitel I und II wurden drei Komponenten eines möglichst weitgehend reflektierten „Sehepunktes“ ausgeführt, die es im Folgenden um eine quellenkritische Perspektive zu ergänzen gilt. Auf dieser Grundlage kann dann das in Kapitel II erarbeitete Modell als heuristisches Werkzeug zur Bearbeitung der historischen Fragestellung dieser Arbeit herangezogen werden. Dazu ist dieses Modell schrittweise mit der aktuellen Forschungsdiskussion zum früharchaischen Griechenland abzugleichen, um Anknüpfungspunkte und alternative Deutungsmöglichkeiten identifizieren zu können. Letztere sind dann an den früharchaischen Quellen zu diskutieren. Abschließend sollen die Ergebnisse dieses Vergleichs in einem Gesamtbild zusammengeführt und noch einmal in die aktuelle Forschungsdiskussion eingeordnet werden, um ihre Plausibilität und ihren heuristischen Wert beurteilen zu können. Bevor wir zur quellenkritischen Einordnung der früharchaischen Texte kommen, sei noch einmal auf einige Aspekte des Zuschnitts und der Quellenauswahl der Arbeit hingewiesen: Ein möglichst umfassendes und ausgewogenes Bild der gesellschaftlichen Verhältnisse im früharchaischen Griechenland kann sich nur ergeben, wenn alle verfügbaren zeitgenössischen Quellen und die jeweilige Fachdiskussion berücksichtigt werden. Dies umfasst den archäologischen und epigraphischen Befund ebenso wie die schriftliche Überlieferung. Der Fokus dieser Arbeit liegt, aufgrund ihrer Fragestellung und der fachlichen Ausrichtung des Autors, auf den Schriftquellen. Gleichwohl müssen die Interpretationsansätze und Ergebnisse der archäologischen Forschung in die Untersuchung einbezogen werden. Die Forschungsdiskussion zum früharchaischen Griechenland ist heute jedoch so komplex und wird aus so unterschiedlichen Perspektiven geführt, dass – darauf

220 Zur

Konzeption der Archaik als Epoche und zur (auch forschungsgeschichtlichen) Abgrenzung gegen die Klassik vgl. die Literatur unter den Anm. 2, 12 und 15.

Früharchaische Schriftquellen – eine quellenkritische Einordnung

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wurde bereits hingewiesen – die vorliegende Studie weder alle Aspekte gesellschaftlicher Organisation und Entwicklung im früharchaischen Griechenland behandeln noch alle verfügbaren Quellen, Interpretationsansätze oder Forschungspositionen ausführlich diskutieren oder auch nur berücksichtigen kann. Sie ist vielmehr als tentativer Diskussionsbeitrag zu verstehen, der an aktuelle Forschungskontroversen anknüpft und es ermöglichen soll, das moderne Bild der Früharchaik weiter zu differenzieren. Es wird sich zeigen, dass auf diesem Weg durchaus einige neue oder anders akzentuierte Überlegungen in die Forschungsdiskussion eingebracht werden können.

A. Früharchaische Schriftquellen – eine quellenkritische Einordnung Jede historische Auseinandersetzung mit den früharchaischen Schriftquellen muss bei den Texten selbst ansetzen. Ihre quellenkritische Einordnung – darauf wurde bereits in Kapitel I hingewiesen – ist kein rein deskriptiver Vorgang. Im Gegenteil: Da quellenkritische Informationen fast vollständig fehlen, ist die Kontextualisierung des Quellenmaterials zugleich Voraussetzung und zentraler Bestandteil der historischen Analyse. Dieser Zusammenhang sei noch einmal kurz skizziert: Durch die Datierung wird der zunächst diffuse Quellenbestand in eine chronologische Ordnung gebracht. Auf der Grundlage historischer Vorannahmen und vermeintlicher Gattungsspezifika werden die Texte außerdem einer je spezifischen gesellschaftlichen Konstellation zugeordnet und damit zugleich in ihrem Quellenwert für die Archaikforschung bestimmt. Im Verlauf der Forschungsgeschichte haben sich einzelne Hypothesen zu historischen Tatsachenbehauptungen verdichtet und es entstand ein Deutungsrahmen, der das Quellenmaterial strukturiert und so überhaupt erst für eine historische Auswertung zugänglich macht. In jüngerer Zeit hat sich jedoch gezeigt, dass die früharchaischen Schriftquellen  – wenn überhaupt  – nur unter Vorbehalt in eine absolute oder relative chronologische Ordnung gebracht werden können und auch ihre klassische historische Einordnung auf zahlreichen problematischen Vorannahmen beruht. Daraus ergeben sich neue Interpretationsansätze, an die die vorliegende Studie anknüpft.221 Die Forschungsdiskussion zu den einzelnen Texten und Autoren ist zu komplex, um sie hier vollumfänglich wiedergeben und einordnen zu können. Daher beschränkt sich die folgende Quellenkritik auf die für diese Arbeit relevanten Aspekte. Der Fokus liegt dabei auf den folgenden Fragen: Wann sind die Texte entstanden? Worum geht es in ihnen? Wie sind sie zu lesen?

221 Zu

dieser Skizze der Archaikforschung vgl. die Ausführungen und die Literatur in Kapitel  I. A.1.

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Konstitutiv für den historischen Zugriff auf die Archaik sind die homerischen Epen, die Hauptwerke Hesiods und die frühgriechische Lyrik222. Die sog. homerischen Hymnen, die Aspis, die Ehoiai und die anderen (möglichen) Fragmente Hesiods finden hier hingegen keine Berücksichtigung. Der epigraphische Befund wird in Kapitel III. B. gesondert diskutiert. Der Textbestand selbst soll nicht problematisiert werden, die derzeitigen Referenzausgaben sind die Grundlage dieser quellenkritischen Einordnung. Grundsätzlich wird, dem aktuellen Stand der Forschung entsprechend, davon ausgegangen, dass die homerischen Epen, die Dichtung Hesiods und die Fragmente der anderen Dichter als Quellen für das früharchaische Griechenland herangezogen werden können. Für Hesiod und die Lyriker ist diese Annahme weithin unbestritten. Was Homer betrifft, so kann dies letztlich nicht sicher belegt, wohl aber begründet werden: Eine frühere Datierung der Epen etwa auf das 10. Jahrhundert oder gar in die mykenische Zeit kann aus heutiger Sicht weder philologisch noch historisch überzeugen: Das ‚homerische Griechisch‘ gilt als Kunstsprache, in der ältere und jüngere Sprachformen nebeneinanderstehen. In der Philologie herrscht heute weitgehend Einigkeit darüber, dass diese Sprache in der überlieferten Form auf das 8. oder 7. Jahrhundert zu datieren ist. Sie geht auf den ionischen Dialekt zurück, es finden sich jedoch auch Spuren anderer Idiome wie etwa des Aiolischen. Die Formelhaftigkeit des ‚homerischen Griechisch‘ wird auf die ursprüngliche Mündlichkeit der epischen Erzählstoffe  – oder der Epen selbst – zurückgeführt.223 Aus historischer Perspektive sind die sozialen, rechtlichen und politischen Verhältnisse, die heute aus den Epen rekonstruiert werden, nur in der Früharchaik stringent zu verorten: Sie passen zum archäologischen Befund und zeigen eine große Ähnlichkeit zu der bei Hesiod geschilderten Lebenswelt. Daher ist die ‚homerische Gesellschaft‘ – unter Berücksichtigung der noch schlechteren Quellenlage für diese historischen Formationen – von den gesellschaftlichen Bedingungen, die heute für die mykenische Zeit und die sog. Dark Ages angenommen werden, zu unterscheiden.224 Diese zeitliche Einordnung widerspricht nicht dem Umstand, dass in Ilias und Odyssee ältere Erzählstoffe verarbeitet wurden. Deren historischer Hintergrund ist jedoch – nicht zuletzt aufgrund der Fiktionalität der Texte – weder archäologisch noch historisch greifbar.225 Die Plausibilität quellenkritischer Vorannahmen über die früharchaischen Schriftquellen muss sich auf verschiedenen Ebenen erweisen: Sie sollten den jeweiligen Text möglichst widerspruchsfrei erfassen und an diesem selbst belegbar 222

„Lyrik“ bezeichnet hier und im Folgenden allgemein die nicht-epische Dichtung der Archaik (s. u.); vgl. dazu: Bowie (1986); Gentili (1988); Kurke (2000); Kurke (2007); Budelmann (2009); Bagordo / Z immermann (2011); Itgenshorst (2014). 223 Zum Quellenwert der verschiedenen Texte und zu dieser Einordnung der homerischen Epen vgl. die Literatur unter den Anm. 2, 8 und 11 sowie: R aaflaub (1997a). 224 Vgl. dazu die unterschiedlichen Positionen in der Literatur unter den Anm. 2 und 219. 225 Vgl. dazu: Cobet (1983); Patzek (2003); Ulf (2003a); Ulf (2010d); Ulf /  R ollinger (2011).

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sein. Darüber hinaus dürfen sie den historischen Interpretationsspielraum nicht vorschnell einschränken und müssen mit dem historischen Gesamtbild in Einklang gebracht werden können.

1. Datierung – Wann entstanden die Texte? Traditionell gelten die homerischen Epen als die ältesten Schriftzeugnisse der griechischen Archaik. Sie werden auf die zweite Hälfte des 8. Jahrhunderts datiert, wobei die Odyssee meist etwa eine Generation später angesetzt wird als die Ilias.226 Hesiods Dichtung wird für gewöhnlich als jünger betrachtet.227 Die communis opinio geht für Theogonie und Erga von einer Entstehung um das Jahr 700 aus, wobei die Theogonie gemeinhin für älter gehalten wird.228 Die lyrischen Dichter schließlich  – wie etwa Archilochos, Semonides, Terpandros, Thaletas und Tyrtaios – werden im 7. Jahrhundert verortet, wobei stets eine Unsicherheit von zumindest mehreren Jahrzehnten besteht.229 Für diese chronologische Einordnung wird eine Reihe sprachlicher, inhaltlicher, historischer und archäologischer Argumente angeführt, letztlich aber ist keiner dieser Texte präzise zu datieren. Den Ausgangspunkt bilden die homerischen Epen, für deren Datierung heute im Wesentlichen zwei Positionen vertreten werden: die Mitte des 8. und die erste Hälfte des 7. Jahrhunderts. Der frühere Ansatz ist noch immer dominierend, doch es mehren sich die Stimmen, die für das 7. Jahrhundert sprechen. Die Argumente beider Seiten verfügen über eine gewisse Plausibilität, lassen sich letztlich aber nicht sicher belegen; es sollen einige Beispiele genügen: Die Vertreter einer frühen Datierung sehen den sog. Nestorbecher von Pithekoussai, der archäologisch auf 226

Allgemein zur Datierung der homerischen Epen: Burkert (1976); Crielaard (1995a); West (1995); West (1999); West (2001); Latacz (2007); Fox (2009), 381–384; Latacz (2011); Reichel / E rcolani /  R ossi et al. (2011); West (2011); West (2014). 227 Zu der modernen wie antiken Diskussion um die Frage der Priorität Homers oder Hesiods vgl. Musäus (2004), 74–94. Wilhelm Blümer widerspricht der klassischen Datierung und betrachtet Hesiod „als den ersten Dichter des Abendlandes“; vgl. dazu: Blümer (2001), hier: Bd. 1, 226. Zu der Rezeption von Blümers Thesen in der philologischen Forschung vgl.: Rechenauer (2004). 228 Zur Datierung der Dichtung Hesiods vgl.: Allen / R ambaut (1915); West (1966), 40–48; Heitsch (1966); Millett (1984); Rosen (1997); Blümer (2001); Ready (2007); Montanari / R engakos / Tsagalis (2009); Reichel / E rcolani /  Rossi et al. (2011). 229 So plädiert beispielsweise Robin L. Fox gegen die übrige Forschung dafür, Archilochos vor Homer anzusetzen: Fox (2009), 381–384. Vgl. allgemein zur Datierung der frühgriechischen Lyrik: Jacoby (1941); Page (1967); Page (1968); West (1971); Page (1974); Gentili (1988); Page (1991); West (1992); Meier (1998); Meier (2002); Wees (2002a); Meier (2003); West (2003); Latacz (2007); Budelmann (2009); Bagordo / Z immermann (2011); Itgenshorst (2014).

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etwa 740 datiert wird, als Beleg dafür, dass die Ilias bereits um die Mitte des 8. Jahrhunderts existiert haben müsse. Dagegen lässt sich überzeugend einwenden, dass dieser Fund zwar die Verbreitung des troianischen Sagenkreises, nicht aber der Ilias als Erzählung oder Text voraussetzt.230 Für beide Ansätze werden außerdem zeitliche Referenzpunkte – und damit ein terminus ante bzw. post quem – postuliert, die über den archäologischen Befund oder die altorientalischen Schriftquellen belegbar seien, bei kritischer Betrachtung aber hochgradig spekulativ sind: der Vulkanausbruch auf Ischia um 700231, die Beschreibung des ägyptischen Theben232 oder die Zerstörung der babylonischen Stadtmauer233. Auch mögliche Homerzitate bei vermeintlich späteren Autoren sind kein sicherer Beleg für eine Datierung auf das 8. Jahrhundert: Weder ist nachweisbar, dass es eine „direkte Beziehung“ zwischen den jeweiligen Texten gibt, noch lässt sich die Richtung einer möglichen Übernahme abschließend klären.234 Dies gilt umso mehr, als auch die restliche schriftliche Überlieferung nicht sicher datierbar ist. So gilt Hesiod aufgrund der autobiographischen Informationen in seinen Werken zwar als der erste bekannte Autor der griechischen Literaturgeschichte, eine genaue Datierung seiner Dichtung ist dennoch nicht möglich. Selbst wenn die Erwähnung der Leichenspiele des Amphidamas235 als chronologischer Anhaltspunkt anerkannt wird, bleibt bei der Datierung von dessen wahrscheinlichem Tod während des lelantischen Krieges (um 700) eine Unsicherheit von mehreren Jahrzehnten.236 Andere Dichter wie Archilochos, Semonides, Terpandros, Thaletas oder Tyrtaios sind zwar mit einiger Sicherheit als reale Personen greifbar, von ihrem Leben sind dennoch kaum mehr als eine plausible Lokalisierung und eine grobe zeitliche Einordnung bekannt. Da der konzeptionelle Ansatz der vorliegenden Studie nicht von einer festen chronologischen Ordnung der früharchaischen Schriftquellen ausgeht (s. u.), sollen die Diskussionen um die Datierung der einzelnen Lyriker hier nicht näher ausgeführt werden. Auch zur Kontextualisierung ihrer Werke fehlen zeitgenössische Belege fast vollständig, daher basieren moderne Datierungsversuche weitestgehend auf der späteren literarischen und inschriftlichen Überlieferung sowie auf Testimonien; ein Hinweis auf die entsprechende Literatur soll an dieser Stelle genügen.237

230 Vgl.

dazu: Burkert (1976); West (1995); Latacz (2007); Fox (2009), 381–384; Reichel / E rcolani /  R ossi et al. (2011). 231 Hom. Il. 2,780–785; vgl. dazu: Fox (2009), 381–384. 232 Hom. Il. 9,381–384; vgl. dazu: Burkert (1976). 233 Hom. Il. 12,3–33; vgl. dazu: Burkert (1976); West (1995). 234 Vgl. dazu: West (1995); Latacz (2011), Zitat: 11; Reichel /  E rcolani /   R ossi et al. (2011). 235 Hes. erg. 654–656. 236 Vgl. dazu: Reichel / E rcolani /   R ossi et al. (2011). 237 Vgl. dazu (mit weiterer Literatur zu den einzelnen Autoren): Gentili (1988); Budelmann (2009); Reichel / E rcolani /  R ossi et al. (2011); Itgenshorst (2014).

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Bereits in der Antike gab es keine Einigkeit über die Datierung der früh­ archaischen Schriftquellen und auch aus der Sicht der modernen Forschung lassen sich diese Texte nur unter Vorbehalt in eine absolute oder relative Chronologie bringen. Es erscheint daher methodisch fragwürdig, die zeitliche Einordnung des Quellenmaterials zum Ausgangspunkt einer historischen Argumentation zu machen – zumal regional von einer sehr heterogenen und zeitversetzten historischen Entwicklung auszugehen ist. Vielmehr sollten die Texte zunächst inhaltlich erfasst und aufeinander bezogen werden, da dies – trotz aller Deutungsschwierigkeiten – die Zahl der Vorannahmen deutlich reduziert.

2. Inhalt – Worum geht es in den Texten? Karl-Wilhelm Welwei wies bereits 1981 darauf hin, dass Adel nur eine Chiffre für die Beschreibung der archaischen Oberschicht sein könne.238 Doch in der Forschungspraxis prägt dieser Ordnungsbegriff den Zugang zu den früharchaischen Texten bis heute: So werden die homerischen Epen von Teilen der Forschung – zumindest implizit  – noch immer in einem ‚aristokratischen‘ Kontext verortet. Insbesondere die Ilias wird häufig als eine Art „Lehrbuch der Adelsethik“239 gelesen.240 Anders die Dichtung Hesiods. Zwar werden auch seine Texte formal der Epik zugeordnet, doch ihr religiöser bzw. bäuerlicher Plot zeigen, dass das früharchaische Epos keine inhaltlich homogene Gattung war. Die klassische Archaikforschung sieht in der bäuerlichen Lebenswelt der Erga eine Ergänzung zu den homerischen Epen.241 Aus dieser kontrastierenden Zuordnung wird eine soziale Dialektik konstruiert, die sich in der vermeintlich späteren lyrischen Dichtung spiegle: Deren Fragmente werden als Indikatoren für eine zunehmende Marginalisierung der etablierten ‚adeligen‘ Oberschicht und den Aufstieg neuer gesellschaftlicher Akteure – und damit letztlich für eine Krise der überkommenen ‚aristokratisch‘ geprägten Gesellschaftsordnung  – gelesen.242 Hinter dieser Zuordnung stehen feste Vorstellungen über Datierung, Autor, Gattung, Kontext und Inhalt der verschiedenen Quellen. Die Kritik an diesen Prämissen richtet sich nicht generell gegen die philologische Beschreibung von Texten, sondern gegen einen unreflektierten Umgang mit philologischen und historischen Hypothesen. 238

Welwei (1981), 2. Latacz (2003), 44. 240 Vgl. dazu: Ulf (2002); Ulf (2003b); Ulf (2003c); Ulf (2010d); Ulf (2011b). 241 Vgl. dazu: Millett (1984); Rosen (1997); Schmitz (2004b); Ready (2007); Ulf (2009c); Reichel / E rcolani /  R ossi et al. (2011); Ulf (2017). 242 Vgl. dazu die Literatur unter den Anm. 20 und 30 sowie: Bowie (1986); Stein-Hölkeskamp (1989); Murray (1990b); Stein-Hölkeskamp (1992); Stein-Hölkeskamp (1997); Hammer (2004); Schmitz (2004b); R abinowitz (2009); Stein-Hölkeskamp (2015). 239

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Christoph Ulf etwa konnte in mehreren Studien zeigen, dass es zirkulär und daher methodisch nicht gerechtfertigt ist, von der Annahme, bei den homerischen Epen handle es sich um Heldenepik, auf ein adeliges Publikum zu schließen.243 Die formale Beschreibung eines früharchaischen Textes erlaubt keinen unmittelbaren Schluss auf dessen sozialen Ort, Inhalt oder Intention  – zumal die moderne Konzeption einer frühen Epik oder Lyrik in hohem Maße von historischen Vorannahmen und der späteren Überlieferung geprägt ist. Gemeinsam ist allen früharchaischen Schriftquellen – von den Gesetzesinschriften abgesehen –, dass sie in gebundener Sprache verfasst sind. Ihre Entstehung und die textliche Form, in der sie heute erhalten sind, gehen auf ein spezifisches Verhältnis von Mündlichkeit und Schriftlichkeit zurück, das sich im Einzelfall kaum rekonstruieren lässt.244 Es wird allgemein davon ausgegangen, dass die archaische Dichtung sich stets an ein konkretes, anwesendes Publikum gewandt hat und – nach allem, was sich aus den zeitgenössischen Quellen ableiten lässt  – ausschließlich im mündlichen Vortrag rezipiert wurde. Über den jeweiligen Anlass und (sozialen) Ort sowie über den Zuschnitt des Publikums wird jedoch noch immer kontrovers diskutiert.245 Die Verknüpfung vermeintlicher Gattungsmerkmale mit sozialen Gruppen oder gesellschaftlichen Entwicklungsprozessen kann zwar das Ergebnis einer historischen Studie zum früharchaischen Griechenland sein, darf jedoch nicht paradigmatisch an deren Anfang stehen. In Anlehnung an die aktuelle Forschungsdiskussion wird im Folgenden daher ein alternativer Zugang zu den zeitgenössischen Schriftquellen vorgeschlagen, der, wie sich zeigen wird, mit weniger Vorannahmen auskommt und damit interpretatorisch weniger festgelegt ist. Dazu sind die Texte zunächst kurz zu charakterisieren, eine ausführliche Inhaltsangabe soll hier nicht gegeben werden.246 In einem zweiten Schritt gilt es dann, die jeweils klassischen quellenkritischen Vorannahmen kritisch zu überprüfen und alternativen Lesarten aus der jüngeren Forschung gegenüberzustellen. Abschließend sollen diese bislang weitgehend isolierten Interpretationsansätze in einem übergreifenden quellenkritischen Konzept zusammengeführt werden.247 Nahezu alle Informationen über den 243 Vgl.

dazu: Ulf (1990); Ulf (2002); Ulf (2003b); Ulf (2003c); Ulf (2004a); Ulf (2010d); Ulf (2011b). 244 Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 8. 245 Allgemein zur Vortragsform vgl.: Bagordo /   Z immermann (2011); Reichel /  E rcolani / Rossi et al. (2011); Itgenshorst (2014), bes. 45–58; spezifisch zu der Diskussion um das Publikum und den (sozialen) Ort: Dalby (1995); Dalby (1998); Ulf (2001b); Scodel (2002); Ulf (2002); Ulf (2003b); Schmitz (2004b); R abinowitz (2009); Ulf (2010d); Itgenshorst (2014); Ulf (2016). 246 Für eine ausführliche Inhaltsangabe von Ilias, Odyssee, Theogonie und Erga kai hemerai vgl.: Reichel / E rcolani /  R ossi et al. (2011). 247 Zu einem solchen Interpretationsansatz vgl.: Walter (1993), 29–57; Dalby (1995); Dalby (1998); Ulf (2001b); Rabinowitz (2009); Ulf (2009c); Ulf (2010d); Itgenshorst (2014); Ulf (2016); Ulf (2017).

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Autor, die Gattung oder den historischen Kontext sind aufgrund der schwierigen Quellenlage sekundäre Ableitungen aus der späteren Überlieferung oder den Texten selbst und sollen daher in der vorliegenden Studie nicht zum Ausgangspunkt der historischen Analyse gemacht werden. Die Rekonstruktion des historischen Kontextes ist letztlich das Ziel dieser Arbeit, auf die Autorenschaft und die Gattung kann nur insoweit eingegangen werden, wie es für die Fragestellung relevant ist. Freilich ist auch ein quellenkritischer Zugriff über den Inhalt – zumal er sich dem modernen Historiker nicht unmittelbar erschließt – nicht frei von Vorannahmen, doch deren Anzahl wird durch ein solches Vorgehen erheblich reduziert und ihr interpretativer Einfluss ist deutlich besser kontrollierbar. 2.1. Die homerischen Epen Ilias und Odyssee sind die umfangreichsten und zugleich am schwierigsten greifbaren Schriftquellen zum früharchaischen Griechenland. Ihre quellenkritische Einordnung hat erheblichen Einfluss auf das Gesamtbild der Archaik als Epoche, den „Sehepunkt“ der Forschung und die Sicht auf die anderen Texte. Da beide Epen vollständig dekontextualisiert überliefert sind248, ist der Deutungsrahmen, in dem sie analysiert werden – ebenso wie die Frage, welchen historischen Gehalt sie haben – an verschiedene quellenkritische Vorannahmen gebunden, die bereits in der Antike, vor allem aber seit dem 17. Jahrhundert kontrovers diskutiert werden.249 Von ihrer Datierung abgesehen, betrifft dies ihre Entstehung, ihre Gattung sowie den historischen Kontext, in dem sie zu verorten sind. Diese Diskussion soll hier nicht geführt werden, daher mag ein Verweis auf die entsprechende Literatur genügen.250 In der überlieferten Textform umfasst die Ilias 15693 Hexameter, die Odyssee 12109; diese Verse sind spätestens seit hellenistischer Zeit in jeweils 24 Bücher (rapsodiai) gegliedert.251 Beide Epen sind kein Abbild einer konkreten historischen Realität, sondern weitgehend fiktionale Erzählungen, die Stoffe und Motive aus älteren Sagenkreisen – etwa über einen weder historisch noch archäologisch greifbaren ‚troianischen Krieg‘252 – sowie aus der altorientalischen Tradition aufgreifen.253 Im 3. Jahrhundert begannen die alexandrinischen Philologen damit, 248 Zur

Überlieferung der homerischen Epen vgl.: Reichel / E rcolani /  R ossi et al. (2011) sowie aus einer dezidiert historischen Perspektive: Ulf (1990); Ulf (2002); Ulf (2003b); Ulf (2010d). 249 Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 13 sowie: Nesselrath (2011); Rengakos (2011). 250 Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 8. 251 Vgl. dazu: Reichel /  E rcolani /  R ossi et al. (2011), bes. 47–51. 252 Zu der Diskussion um die Historizität des ‚troianischen Krieges‘ vgl.: Cobet (1983); Foxhall / Davies (1984); Weber (2011). Zur Forschungsgeschichte der Archäologie im Ägäisraum und der historischen Rezeption der frühen Funde vgl.: Eder (2011). 253 Zur Fiktionalität der homerischen Epen vgl.: Hölscher (1988); Luther (2006); Reichel / E rcolani /  R ossi et al. (2011); Rengakos / Z immermann (2011).

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alle verfügbaren Homertexte zu sammeln. Heute ist der Codex Venetus A aus dem 10. Jahrhundert n. Chr. die wichtigste Homer-Handschrift. Die voralexandrinische Überlieferungsgeschichte ist nur schwer zu greifen, Homerzitate aus dem 5. Jahrhundert lassen jedoch – trotz Interpolationen und verschiedener Varianten einzelner Abschnitte – auf eine vergleichsweise hohe Textstabilität bereits in klassischer Zeit schließen.254 Aus der Sicht des Historikers sind bezüglich der homerischen Epen grundsätzlich drei Zeitebenen zu unterscheiden: Der historisch nicht fassbare Hintergrund ihrer Handlung sowie die Zeit ihrer Entstehung und ihrer Verschriftlichung; die jeweilige Differenz ist umstritten.255 Was ihren historischen Gehalt betrifft, so ist die entscheidende Frage, inwieweit die Texte die gesellschaftlichen Verhältnisse ihrer Entstehungszeit widerspiegeln und in welcher Form sie dies tun. Die Ilias schildert 51 Tage im zehnten Jahr eines sagenhaften Krieges zwischen Achaiern und Troern. Das Heer der Achaier belagert Troia, das kurz vor einer Niederlage steht. Doch ein Zerwürfnis zwischen dem Anführer der ‚Griechen‘, Agamemnon, und deren wichtigstem Kämpfer, Achill, schwächt die Angreifer. Es gelingt den Troern nicht nur, ihre Stadt vorerst vor einer Eroberung zu bewahren, sondern sie drängen die Achaier ihrerseits in die Defensive. Daraufhin schickt Agamemnon eine Gesandtschaft zu Achill, doch der lehnt das Versöhnungsangebot ab und weigert sich weiterhin, wieder in den Kampf einzutreten. Erst als sein Freund Patroklos von Hektor, dem besten Kämpfer der Troer, getötet wird, kehrt Achill in die Schlacht zurück. Es kommt zu einem Zweikampf zwischen ihm und Hektor, der für letzteren tödlich endet. Doch anstatt Hektors Leichnam den Troern zur Bestattung zu überlassen, schändet Achill diesen und nimmt ihn mit in das Lager der Achaier. Nach elf Tagen begibt sich Priamos, der Vater Hektors und der Herrscher Troias, zu Achill und erbittet die Rückgabe seines toten Sohnes. Achill lässt sich von den Worten des Vaters bewegen und übergibt ihm Hektors Leiche. Außerdem sorgt er dafür, dass Priamos das Lager der Achaier unentdeckt verlassen kann. Die Ilias endet mit der Bestattung Hektors, der Fall Troias wird nicht mehr erzählt. Die Handlung vollzieht sich in Perspektivwechseln zwischen den Achaiern, Troern und Göttern und wird von deren Versammlungen strukturiert. Sie wird wiederholt durch Vor- und Rückblenden unterbrochen, die das Geschehen erläutern und die Erzählungen ergänzen.256 Die Odyssee setzt erst knapp zehn Jahre nach der Eroberung Troias ein. Ihre erzählte Zeit umfasst 41 Tage. Odysseus und seine Gefährten werden seit sieben Jahren von der Nymphe Kalypso festgehalten und Zeus beschließt auf den Rat der Athene hin, dass die Ithakesier nun endlich auf ihre Insel zurückkehren sollen. In 254

Vgl. dazu: Reichel / E rcolani /  R ossi et al. (2011), 47–51; Rengakos (2011). Vgl. dazu: Ulf (2011a), 257 f. 256 Zu dieser Zusammenfassung vgl.: Ulf (2009c); Reichel / E rcolani /  R ossi et al. (2011). 255

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zahlreichen Rückblenden erzählt der Text von den Irrfahrten des Odysseus und seiner Gefährten sowie von der Situation auf Ithaka. Penelope, Odysseus’ Frau, wird seit drei Jahren von zahlreichen Freiern bedrängt, die den oikos der Familie belagern und in seiner wirtschaftlichen Existenz bedrohen. Auch wollen die Freier, von ihrem Wortführer Antinoos angestiftet, Odysseus’ Sohn Telemach töten, da dieser mit zunehmendem Alter für sie zu einer Bedrohung wird. Nach der jahrelangen Irrfahrt, die Odysseus und seine Gefährten in verschiedene fiktive Welten geführt hatte, kehrt der (vermeintliche) Held schließlich allein zurück; all seine Gefährten sind tot. Auf Ithaka angekommen, verbirgt er zunächst seine Identität. Nur Telemach gibt er sich zu erkennen und fasst gemeinsam mit diesem den Plan, alle Freier zu töten. Von Athene in einen Bettler verwandelt, begibt sich Odysseus zu seinem Haus. Penelope hat einen Wettkampf im Bogenschießen ausgelobt und dem Gewinner ihre Hand versprochen. Odysseus siegt und tötet Antinoos. Die anderen Freier wollen nun ihrerseits Rache an dem vermeintlich Fremden nehmen. Odysseus gibt sich zu erkennen und einer der Freier, Eurymachos, schlägt vor, diesen Konflikt friedlich zu lösen: Antinoos sei der eigentlich Schuldige gewesen, daher solle Odysseus alle anderen verschonen; diese würden ihn für den entstandenen wirtschaftlichen Schaden entschädigen und ihn wieder als basileus akzeptieren. Odysseus weist diesen Vorschlag jedoch zurück und tötet sowohl die restlichen Freier als auch alle, die sie unterstützt hatten. Penelope erkennt ihren Mann erst, als er ihr sein Wissen über die Besonderheit des gemeinsamen Ehebettes preisgibt, das er einst selbst aus dem Stamm eines Olivenbaumes gezimmert hatte. Im letzten Buch schließlich werden die getöteten Freier in den Hades geleitet. Dort treffen sie u. a. auf Agamemnon und Achill und tauschen sich mit diesen über ihr jeweiliges Schicksal aus. Derweil wollen die Verwandten der getöteten Freier Rache an Odysseus nehmen und es kommt erneut zu einem Kampf. Mit Zeus’ Hilfe gelingt es Athene, weiteres Blutvergießen zu verhindern und so endet die Odyssee mit einem von der Göttin initiierten Schwur auf die Einheit der Ithakesier.257 Worum also geht es in den homerischen Epen? Die Ilias ist keine historische Erzählung über den Verlauf des ‚troianischen Krieges‘. Auch kann sie nicht auf den Konflikt zwischen Achill und Agamemnon reduziert werden; dagegen spricht ihre erzählerische Komplexität.258 Die Odyssee ist nur vordergründig eine heroische Heimkehrergeschichte. Allzu deutlich wird Odysseus’ doppeltes Scheitern als Anführer gezeichnet: Seine 636 Gefährten sterben während der Rückfahrt nach Ithaka und er tötet trotz Eurymachos’ Schlichtungsversuch alle Freier sowie deren Unterstützer; beides wird ihm in Buch 24 zum Vorwurf gemacht.259 Damit verstößt er offenkundig gegen die zentrale, in beiden Epen mehrfach formulierte Forderung, 257 Zu

dieser Zusammenfassung vgl.: Ulf (2009c); Reichel / E rcolani /  R ossi et al. (2011). 258 Zu dieser Argumentation vgl.: Ulf (2010d). 259 Hom. Od. 24,426–429; zu dieser Argumentation vgl.: Ulf (2018).

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Konflikte in der eigenen Siedlungsgemeinschaft zu vermeiden oder zumindest friedlich beizulegen (s. u.).260 In klassischer Lesart gelten beide Epen als Zeugnisse einer adeligen Lebenswelt und Mentalität, deren normativer Kern das sog. ­AristieIdeal, das Streben, „immer Bester zu sein und überlegen zu sein den anderen“261 gewesen sei. Diese Sichtweise ist aus verschiedenen Gründen problematisch: Weder in der Ilias noch in der Odyssee gibt es einen abstrakten Adelsbegriff oder andere belastbare Belege, die auf das Vorhandensein einer stabilen, klar abgrenzbaren ‚adeligen‘ Oberschicht schließen ließen. Das vermeintliche Aristie-Ideal findet sich in den insgesamt 27802 Versen der beiden Epen nur zweimal und wird bei der zweiten Verwendung sogleich durch den Hinweis auf verschiedene Prestigefelder relativiert (s. u.).262 Aus dieser Kritik heraus begann sich die Forschung zunehmend mit der Frage zu beschäftigen, wie die früharchaischen basileis angemessen erfasst und beschrieben werden können und in welchem Verhältnis sie zum Rest der Gesellschaft standen. Dadurch wurde der demos  – was auch immer im Detail unter diesem zeitgenössischen Ordnungsbegriff zu verstehen ist – in der Forschung nicht mehr als politisch unbedeutende Masse, sondern als eine Art Publikum oder Öffentlichkeit (s. u.) wahrgenommen.263 Aus heutiger Sicht jedenfalls kann es nicht mehr überzeugen, die in den homerischen Epen geschilderte Gesellschaft als eine „simpel strukturierte heroische Welt“ zu beschreiben, in der individualistische Kämpfer „nach nichts anderem als ihrem eigenen Ruhm“ strebten.264 Im Zentrum der Epen steht vielmehr die Reflexion des Verhaltens der elitären Akteure sowie der Organisation des Zusammenlebens und damit letztlich auch die Frage, wie interne Konflikte vermieden beziehungsweise beigelegt werden können.265 Dies zeigt nicht nur der jeweilige Verlauf der Haupthandlung, sondern wird in zahlreichen Varianten durchgespielt.266 Beide Epen binden diesen Diskurs kunstvoll in bekannte Erzählungen ein und schaffen damit Anknüpfungspunkte für das Publikum. Zugleich lenkt die Verdichtung der Erzählung auf einen vergleichs260

Vgl. dazu: Effe (1988); Ulf (1989); Walter (1993), 39–44; Ulf (2001b); Ulf (2010d); Ulf (2012a); Seelentag (2014); Seelentag (2015). 261 Übersetzung: Wolfgang Schadewaldt; Hom. Il. 6,208: αἰέν ἀριστεύειν καὶ ὑπείροχον ἔμμεναι ἄλλων. 262 Allgemein zu der Diskussion um das sog. Aristie-Ideal vgl. die Literatur unter Anm. 34; spezifisch zu der hier vertretenen Forschungsposition: Ulf (1990); Ulf (2002); Ulf (2009c); Ulf (2010d). 263 Vgl. dazu: Hölkeskamp (1992a); Hölkeskamp (1997); Hölkeskamp (1999); Hölkeskamp (2000a); Hölkeskamp (2000c); Hölkeskamp (2002b); Ulf (2006b); Ulf (2008a); Seelentag (2009b); Ulf (2010a); Ulf (2011c); Ulf (2012a); Ulf (2012b); Hölkeskamp (2014); Seelentag (2015). 264 Vgl. dazu: Ulf (2010d), Zitat: 289. 265 Vgl. dazu: Weiler (1975); Ulf (1988); Weiler /   G rassl (1988); Welwei (1988); Ulf (1989); Ulf (1990); Welwei (1992); Walter (1993); Ulf (2001b); Weiler (2006); Ulf (2010d); Ulf (2011c). 266 Vgl. dazu das Kapitel III. B.

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weise kurzen Zeitraum die Aufmerksamkeit der Zuhörer und Leser auf dieses gleichsam politische Anliegen der Texte. Mit der Intentionalität wird zugleich vorausgesetzt, dass die Epen in einer heute nicht mehr sicher zu identifizierenden Siedlungsgemeinschaft von einem oder mehreren Autoren kompiliert oder verfasst wurden.267 Über das Verhältnis von Mündlichkeit und Schriftlichkeit ist damit nichts gesagt. Ihre rasche Verbreitung könnte auf die Anschlussfähigkeit dieser Texte für andere Gemeinden mit ähnlichen Problemen zurückzuführen sein.268 Was das Publikum betrifft, so ist nach dieser Lesart davon auszugehen, dass die Epen sich an eine breitere Öffentlichkeit und nicht nur an einen exklusiven Kreis vermeintlich adeliger Eliten gerichtet haben. Damit ist freilich weder die seit Jahrhunderten diskutierte homerische Frage gelöst, noch gesagt, dass sich Ilias und Odyssee in diesem Themenkomplex erschöpften. Auch schließt diese Lesart nicht aus, dass es einen früharchaischen ‚Adel‘ gegeben haben könnte. Aus der Sicht des Historikers ermöglicht sie aber einen interpretatorisch weitgehend offenen Zugang zu den homerischen Epen, der – und das ist hier der entscheidende Punkt – weniger von modernen Vorannahmen als vom Inhalt der Texte ausgeht.269 2.2. Die Dichtung Hesiods Auch wenn die autobiographischen Informationen, die in seinen Texten enthalten sind, wiederholt in Zweifel gezogen wurden, gilt Hesiod als der erste bezeugte Autor der griechischen Literaturgeschichte.270 Er stellt sich selbst als Hirte dar, der von den Musen inspiriert worden sei, und wir erfahren, dass seine Familie aus ökonomischen Gründen aus dem äolischen Kyme in das böotische Askra emigrierte.271 Zudem gibt er an, mit einem Schiff von Chalkis nach Euböa gereist zu sein, um an den Leichenspielen des Amphidamas teilnehmen zu können.272 Ansonsten ist auch Hesiods Dichtung dekontextualisiert überliefert. Die Theogonie gilt gemeinhin als religionshistorische Quelle, wohingegen die Erga als Ergänzung zu den homerischen Epen gelesen werden, da sie einen Einblick in die Lebenswelt und Normen früharchaischer Bauern geben.273

267

Vgl. dazu: Ulf (2010d); Ulf (2012a).

268 Ebd.

269 Aufgrund

der schwierigen Überlieferungssituation, der Fiktionalität der Texte und der großen lebensweltlichen Differenz zum Alltag eines modernen Historikers ist es jedoch – wenn überhaupt – kaum möglich, alle Informationen über die gesellschaftlichen Verhältnisse in den Epen vollständig auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen; vgl. dazu: Ulf (2009c); Ulf (2010d); Ulf (2011a). 270 Vgl. dazu: Reichel /  E rcolani /  R ossi et al. (2011). 271 Hes. erg. 630–640; theog. 22–25. 272 Hes. erg. 650–659. 273 Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 241.

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Die Theogonie umfasst in ihrer heutigen Form 1022 Hexameter, wobei der Text inhaltlich mit Vers 1018 endet. Die Verse 1019–1022 leiten zu dem sog. Frauenkatalog über, dessen Autorenschaft nicht eindeutig geklärt ist.274 Die Erga kai hemerai umfassen in der überlieferten Form 828 ebenfalls hexametrische Verse. Beide Texte sind in einer dichterischen Kunstsprache verfasst, die verschiedene griechische Idiome verknüpft.275 Antike Zitate und Testimonien lassen vermuten, dass es bereits in archaischer Zeit verschiedene Textversionen gegeben haben muss, die dann von den alexandrinischen Philologen gesammelt und in einen kanonischen Text überführt wurden. Auch die heute erhaltenen Papyri und Codices – 69 Handschriften für die Theogonie und etwa 260 für die Erga – weisen Differenzen auf, so dass davon ausgegangen werden kann, dass die lokalen Varianten erst allmählich durch den alexandrinischen Text verdrängt wurden. Anders als für die homerischen Epen angenommen, weist die Dichtung Hesiods also von Beginn an eine hohe Varianz in der Überlieferung auf.276 Der Inhalt der beiden Texte soll hier nur in wenigen Sätzen umrissen werden: Die Theogonie beschreibt die Genealogie der Götter von deren Ursprüngen bis zur Herrschaft des Zeus sowie die Entstehung der physischen Welt. Sie weist deutliche Bezüge zu den kulturellen Räumen des Vorderen Orient auf, was auch innerhalb der Archaikforschung immer wieder zu Diskussionen über die Provenienz der Erzählstoffe geführt hat.277 Hesiod stellt die Abfolge der Göttergenerationen als fortwährenden Kampf dar, der erst durch die von Zeus und den anderen olympischen Göttern etablierte Herrschaft ein Ende findet. Die göttliche Ordnung wird eng mit der Organisation menschlicher Gesellschaften verknüpft. So zeichnet Hesiod etwa das Idealbild eines basileus und führt dessen Eigenschaften und Fähigkeiten auf Zeus zurück.278 Auch die Erga kai hemerai verarbeiten mythische Erzählungen, thematisieren aber vor allem den bäuerlichen Arbeitsalltag und das gesellschaftliche Zusammenleben in einer Dorfgemeinschaft. Sie formulieren normative Leitsätze, die das gesamte bäuerliche Leben betreffen. Den Ausgangspunkt hierfür bildet ein – möglicherweise fiktionaler – Erbschaftsstreit zwischen Hesiod und dessen Bruder Perses, der offenbar einen basileus bestochen hatte, um einen Schiedsspruch in seinem Sinne zu erwirken. Ab Vers 765 ändert sich die Diktion des Textes und Hesiod gibt in kalendarischer Form konkrete Handlungsempfehlungen für die bäuerliche Arbeit und die soziale Interaktion. In der älteren Forschung wurden die Erga zumeist als heterogenes Lehrgedicht mit Bezügen zur altorientalischen 274

Vgl. dazu (mit weiterer Literatur): Reichel / E rcolani /  R ossi et al. (2011), 82–88; 94–97. 275 Ebd. 276 Ebd., 82–94. 277 Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 116. 278 Vgl. zu dieser Zusammenfassung: Reichel / E rcolani /   R ossi et al. (2011); Itgenshorst (2014), 155–171.

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Weisheitsliteratur gelesen. Sie galten als Quelle für eine bäuerliche Lebenswelt, deren Akteure in ihrer wirtschaftlichen Not gefangen waren und keinen Einfluss auf die gesellschaftliche Entwicklung im (früh)archaischen Griechenland hatten.279 Winfried Schmitz schlägt in seiner wegweisenden Studie eine andere Lesart vor. Er kann überzeugend nachweisen, dass Form und Inhalt der Erga eine bäuerliche Sondersprache dokumentieren, die auf eine spezifische soziale Ordnung schließen lässt. Über eine solche mündliche Spruchdichtung konnten gesellschaftliche Normen und anderes Wissen in einer weitgehend schriftlosen Gesellschaft über Generationen weitergegeben werden, um die sozialen Regelsysteme aufrechtzuerhalten. Aus dieser Perspektive erscheinen die Bauern nicht länger als amorphe Masse, sondern können als politisch relevante Akteure konzeptualisiert werden. Anhand kulturwissenschaftlicher Vergleiche rekonstruiert Schmitz das Normengeflecht  – und die korrespondierenden Sanktionen  – einer früharchaischen Dorfgemeinschaft, und kann erstmalig deren Bedeutung für die weitere gesellschaftliche Entwicklung im griechischen Siedlungsraum herausarbeiten. Aufgrund der subsistenzwirtschaftlich orientierten Wirtschaftsweise stand der Erhalt der Siedlungsgemeinschaft im Zentrum der bäuerlichen Normen: Sie verpflichteten den Einzelnen auf die gemeinschaftlichen Interessen und waren darauf ausgelegt, Konflikte zu vermeiden.280 Schmitz kontrastiert die von ihm beschriebene bäuerliche Solidarität mit der angeblich agonalen ‚Adelsideologie‘ der homerischen Epen und sieht darin eine Bestätigung des angenommenen Dualismus zwischen ‚Adel‘ und Bauern.281 Ohne diese Vorannahme ermöglicht es Schmitz’ Lesart der Erga jedoch, die in den Schriftquellen formulierten Normen – auch der vermeintlichen Adelsethik – auf eine konkrete soziale Formation zu beziehen und die gesellschaftliche Entwicklung im früharchaischen Griechenland aus einem anderen Bedingungsgefüge heraus zu konzeptualisieren als dies bislang der Fall war (s. Kapitel III. B.). Tanja Itgenshorst kann in ihrer kürzlich erschienenen Untersuchung überzeugend darlegen, dass auch die Theogonie zahlreiche politische Bezüge aufweist und „[…] nicht lediglich […] eine umfassende Theologie“ präsentiert: Im Rahmen der Göttergenealogie, so argumentiert Itgenshorst, thematisiere Hesiod grundlegende Fragen menschlicher Vergesellschaftung, wie etwa den Übergang von personalisierten Einflusssphären zu abstrakt-legitimierten Institutionen.282 Sie unterstreicht die grundsätzliche Bedeutung der Dichtung für die Artikulation politischer Ideen im archaischen Griechenland und zeigt an 279 Vgl.

zu dieser Zusammenfassung: Reichel / E rcolani /  R ossi et al. (2011). Zu der Interpretation insbesondere der Erga in der älteren Forschung vgl. exemplarisch: Heitsch (1966); Spahn (1980); Millett (1984); Gagarin (1992); Rosen (1997); Marsilio (2000). 280 Vgl. dazu: Schmitz (1999); Schmitz (2004b). 281 Vgl. dazu: Schmitz (2004b), 27–147. 282 Vgl. dazu: Itgenshorst (2014), 155–171; Zitat: 164.

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verschiedenen Beispielen, dass Dichter durchaus über gesellschaftlichen Einfluss verfügten. Ein Forum und Publikum über die bäuerliche Dorfgemeinschaft hinaus fand dieser politische Diskurs in den vielfach belegten Dichterwettkämpfen, an denen auch Hesiod teilnahm.283 In dieser Lesart dürfte sich Hesiods Dichtung an ein breites, durchaus auch (über)regionales Publikum gewandt haben und nicht nur an eine spezifische soziale Gruppe. Er selbst wäre dann einer in sich differenzierten (bäuerlichen) Elite zuzuordnen, die ihre Kapitalien in unterschiedlichen Feldern – auch der Dichtkunst – erwerben konnte. Seine Texte wären als Versuch anzusehen, eine überkommene bäuerliche Sondersprache – und das über sie tradierte Ordnungsgefüge – in einen aktuellen politischen Diskurs zu übersetzen. 2.3. Andere früharchaische Dichter Die nicht-epische Dichtung der Archaik ist in Form und Inhalt hochgradig heterogen: Neben Klage-, Kult- und Liebesliedern, Spottgedichten, Hymnen und Kampfparänesen sind philosophische und politische Verse in sehr unterschiedlichen metrischen Formen überliefert. Schon in den frühesten Zeugnissen  – etwa bei Archilochos – finden sich neben stichischen Hexametern auch elegische Distichen, iambische Trimeter, trochäische Tetrameter, Epodenmaße und zusammengesetzte Formen wie die Asynarteta.284 Daher war bereits in der Antike umstritten, wie diese Dichtung einzuordnen ist. Der Begriff lurikos – wörtlich „zur Lyra gehörig“ – ist erstmals im 2. Jahrhundert belegt, aus der Archaik selbst sind keine Diskussionen über literarische Gattungen bekannt. Die alexandrinischen Philologen unterschieden die zu Musikbegleitung gesungene Dichtung, als im engeren Sinne lyrisch, von Iambos und Elegie, die wohl überwiegend rezitiert wurden. Zuvor war melos (Lied) die gängige Bezeichnung für ein gesungenes Gedicht. Innerhalb dieser Typologien gab es eine Vielzahl weiterer Differenzierungen: Platon etwa nennt fünf Formen melischer Dichtung wohingegen Proklos im 5. Jahrhundert n. Chr. 22 Varianten anführt.285 In der modernen Forschung wird Lyrik nicht nur in diesem engen Sinne synonym für Melik gebraucht, sondern auch  – wie in der vorliegenden Studie – als Oberbegriff für alle drei genannten Gattungen nicht-epischer Dichtung. Aufgrund des quellenkritischen Ansatzes dieser Arbeit werden die lyrischen Texte hier nicht weiter nach Form, Inhalt oder Vortragsweise differenziert (s. u.). Vom späteren 8. bis zum frühen 5. Jahrhundert sind mehr als 50 Autoren namentlich belegt, über die, von spärlichen biographischen Informationen abgesehen, kaum etwas bekannt ist. Hinzu kommt eine Vielzahl 283

Vgl. dazu: Itgenshorst (2014), passim. dazu: Bowie (1986); Budelmann (2009); Bagordo / Z immermann (2011); Itgenshorst (2014). 285 Vgl. dazu: Budelmann (2009); Bagordo /   Z immermann (2011). 284 Vgl.

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anonym tradierter Fragmente.286 Wie die anderen früharchaischen Schriftquellen ist auch die lyrische Dichtung weitestgehend dekontextualisiert überliefert. Die erhaltenen Gedichte sind fast alle fragmentarisch und bestehen teilweise nur noch aus einigen (unzusammenhängenden) Worten. Aus dem früharchaischen Kontext sind – je nach Datierung und Zählung – etwa 2000 bis 2500 Verse überliefert. Pindar ausgenommen, der als einer der letzten archaischen Dichter gilt287, und dem allein ca. 20000 Textzeilen zugeschrieben werden, verfügen wir insgesamt über mehr als 10000 (fragmentarische)  Verse.288 Die frühgriechische Lyrik ist in einer künstlichen Sprache verfasst, die so wohl nie gesprochen wurde. Ihre ältesten Zeugnisse sind aus dem ionischen und dorischen Sprachraum überliefert und weisen, was die ionische Tradition betrifft, eine große Nähe zu der Sprache der epischen Dichtung auf.289 Wann die Lyrik verschriftlicht wurde, lässt sich im Einzelnen nicht mehr nachvollziehen, wahrscheinlich jedoch erst in klassischer Zeit oder später. Ihre Verbreitung in der Antike war sehr unterschiedlich, eine alexandrinische Redaktion kann nicht immer sicher nachgewiesen werden. Das moderne Textkorpus ist umstritten, da die Überlieferung – aus Papyri und mittelalterlichen Handschriften – häufig auf Testimonien basiert, deren Authentizität nicht immer sicher geklärt werden kann.290 Die nicht-epische Dichtung der Früharchaik gilt – von der Chorlyrik abgesehen291  – in der klassischen Archaikforschung als Ausdrucksform einer adeligen Lebenswelt. Diese Annahme wird mit dem vermeintlichen Aufführungskontext – dem Symposion  – und dem Inhalt der Texte begründet: Symposien werden als Rückzugsräume adeliger Kultur betrachtet, die durch das Entstehen einer politischen Gemeindeöffentlichkeit zunehmend an Bedeutung verloren habe. Sie seien in den Häusern einflussreicher Aristokraten abgehalten worden, der inhaltliche Schwerpunkt der dort vorgetragenen Verse habe auf dem Krieg, der Jagd, den musischen und athletischen Wettkämpfen sowie dem Luxus und der Verschwendung bei verschiedenen Festlichkeiten gelegen. Von besonderer Bedeutung für die weitere Argumentation ist außerdem das Auftauchen der Begriffe turannis und turranos in der Lyrik des 7. Jahrhunderts. Die sog. ältere Tyrannis gilt 286

Vgl. dazu: Itgenshorst (2014), 28 f. Zu Pindar vgl. (mit weiterer Literatur): Bagordo / Z immermann (2011). Die Einordnung Pindars ist in der Forschung umstritten, da seine Dichtung in Form und Sprache der archaischen Lyrik nahesteht, er aber in der Zeit zwischen ca. 520 und 445 lebte. Hier zeigt sich einmal mehr, wie problematisch es ist, von allzu festen Epochengrenzen auszugehen. 288 Vgl. dazu: Latacz (2007), bes. 691. 289 Vgl. dazu: Latacz (2007); Bagordo /  Z immermann (2011). 290 Vgl. dazu: Bagordo /  Z immermann (2011). 291 Da die Chorlyrik bei Kult- und anderen Gemeindefesten zur Aufführung kam, wird für sie ein breiteres Publikum angenommen; vgl. dazu: Gentili (1988); Budelmann (2009); Bagordo / Z immermann (2011). 287

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weiten Teilen der Forschung – wie auch immer sie im Einzelnen konzeptualisiert wird292 – noch immer als Indikator für eine Krise des ‚Adels‘ und der etablierten ‚aristokratischen‘ Ordnung, die dann letztlich zur Ausbildung und Verfestigung abstrakter institutioneller Strukturen geführt habe. Das Modell der Tyrannis fungiert in diesem Narrativ als Entwicklungsschritt auf dem Weg zur klassischen Polis. Eine solche Kontextualisierung der frühgriechischen Lyrik lässt sich jedoch nicht unmittelbar aus den zeitgenössischen Quellen ableiten, sondern gibt der zunächst diffusen Überlieferung überhaupt erst eine Struktur. Sie ist in vielfältiger Weise an moderne Vorannahmen und – was die konkrete Darstellung betrifft – die klassische Überlieferung gebunden. So wurden die Gedichte zwar unbestritten (auch) während Trinkgelagen rezitiert und die Wortfamilie turannis ist erstmals in der lyrischen Dichtung belegt, doch gibt es keine gesicherten zeitgenössischen Belege über den genauen Ablauf eines Symposions oder die Ausgestaltung einer archaischen Tyrannis. Vielmehr haben sich diese Modelle in den letzten Jahren als Konstrukte der modernen Forschung erwiesen und sollten daher nicht zum Ausgangspunkt einer historischen Analyse gemacht werden.293 Bezüglich des Symposions konnte Adam T. Rabinowitz jüngst in einer vielbeachteten Studie zeigen, dass andrones (Klinengelageräume) vor etwa 450 im Kontext von Wohnbauten nicht sicher nachgewiesen werden können und sich eine entsprechende Ausstattung zuvor nur im öffentlichen Raum findet.294 Dies relativiert das Bild eines gleichsam privaten ‚adeligen‘ Rückzugsraumes zumindest erheblich. Die Worte turannis, turannia, turannos, turanneuein und turannikos sind bis zum Beginn des 5. Jahrhunderts weniger als zwanzig- und für die Früharchaik nur dreimal sicher belegt.295 Ihre Herkunftssprache und Etymologie sind ebenso ungeklärt, wie der 292 In

der langen Forschungsgeschichte wird der turannos vor dem Hintergrund des jeweiligen gesellschaftlichen Kontextes als „Volksführer“, Staatsmann oder illegitimer Gewaltherrscher vorgestellt; vgl. dazu: Libero (1996), 11–19. 293 Allgemein zur Tyrannis und zum Symposion vgl. die Literatur unter Anm. 20 sowie: Bowie (1986); Murray (1990b); Stein-Hölkeskamp (1992); Hammer (2004). Exemplarisch für die Funktion dieser Modelle in der modernen Forschung und zur Kritik an diesen Darstellungsmustern vgl.: Finley (1954); Morris (1987); Stahl (1987); Jordan (1990); Ulf (1990); Gschnitzer (1991); Anderson (2005); Ulf (2006c); Hall (2007a); Osborne (2009); R abinowitz (2009); Gschnitzer (2013); Schmitz (2014); Stein-Hölkeskamp (2015). 294 Vgl. dazu: R abinowitz (2009). 295 Vgl. dazu: Cobet (1981), 49. Bei diesen Zahlen ist die fragmentarische Überlieferung zu berücksichtigen, doch sie geben bei den insgesamt über 10000 erhaltenen Versen einen ersten Hinweis darauf, dass die sog. ältere Tyrannis in den zeitgenössischen Quellen nicht in derselben Weise als grundlegendes Phänomen wahrgenommen wurde wie in der modernen Forschung. Für die erste Hälfte des 5. Jahrhunderts ist die Zahl der Belegstellen – gewiss auch aufgrund der besseren Überlieferungssituation – knapp doppelt so hoch. Dies ist vor allem den umfangreichen Werken Pindars, des Bakchylides und des Aischylos geschuldet.

Früharchaische Schriftquellen – eine quellenkritische Einordnung

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Zeitpunkt und die Umstände ihrer Übernahme ins Griechische. Erstmalig erwähnt werden die Begriffe turannis und turannos bei Archilochos296 und Semonides297. Ihre genaue Bedeutung ist unklar, sie weisen jedoch noch nicht die klassischen Konnotationen des illegitimen und despotischen Alleinherrschers auf.298 Als politischer Kampfbegriff ist tyrannos erstmals um 600 bei Alkaios von Mytilene belegt.299 Doch auch diese Verse sind keine Bestätigung für das moderne Modell der älteren Tyrannis, sondern können schlicht als Invektive gegen einen direkten politischen Gegner gelesen werden.300 Daher plädiert Greg Andersson dafür, die archaische turannis als eine gängige Form gesellschaftlicher Vorrangstellung zu betrachten und sie nicht über die Abgrenzung zu scheinbar legitimen Anführern zu konzeptualisieren.301 Diese Modelle haben die quellenkritische Einordnung der gesamten frühgriechischen Lyrik grundlegend geprägt. Konzeptionell basieren sie auf der problematischen Annahme, dass sich in den homerischen Epen eine aristokratische Gesellschaftsordnung spiegle, die in der Folgezeit in eine Krise geraten sei. Daraus wird dann ein Dualismus zwischen der vermeintlich adeligen Oberschicht und der einfachen bäuerlichen Bevölkerung abgeleitet, der sich in der lyrischen Dichtung abgebildet habe und die weitere gesellschaftliche Entwicklung – wie etwa das Ent-

fr. 19 West = Plut. de tranqu. animi 10 p. 470bc: οὔ μοι τὰ Γύγεω τοῦ πολυχρύσου μέλει, / ​οὐδ’ εἷλέ πώ με ζῆλος, οὐδ’ ἀγαίομαι / ​θεῶν ἔργα, μεγάλης δ’ οὐκ ἐρέω τυραννίδος· / ​ἀπόπροθεν γάρ ἐστιν ὀφθαλμῶν ἐμῶν. „Nichts bedeutet mir der Reichtum des Gyges, / ​und noch nie packte mich der Neid, ich bewundere nicht einmal / ​die Werke der Götter und ich wünsche mir keine große Herrschaft. / ​Denn das liegt ganz außerhalb meines Gesichtskreises.“ (Übersetzung: Rainer Nickel).

296 Archilochos

Archilochos fr. 23,17–21 West = P. Oxy. 2310 fr. 1: πό]λιν δὲ ταύτη[ν …].[…. ἐ]πιστρέ[φεα] ι[ / ​οὔ]τοι ποτ’ ἄνδρες ἐξε[πόρθη]σαν, σὺ δ[ὲ / ​ν]ῦν εἷλες αἰχμῆι κα[ὶ μέγ’ ἐ]ξήρ(ω) κ[λ]έος. / ​κ είνης ἄνασσε καὶ τ[υραν]νίην ἔχε· / ​π[ο]λ[λοῖ]σ[ί θ]η[ν ζ]ηλωτὸς ἀ[νθρ]ώπων ἔσεαι. „Die Stadt hier … wirfst du nieder … / ​niemals haben Männer sie zerstört, du aber / ​nahmst sie jetzt mit der Lanze und erwarbst dir großen Ruhm. / ​Ü ber diese sollst du herrschen und die Macht behalten. / ​Von vielen Menschen wirst du dann beneidet werden.“ (Übersetzung: Rainer Nickel).

Semonides fr. 7,67–70 West: κᾱλὸν μὲν ὦν θέημα τοιαύτη γυνὴ / ​ἄ λλοισι, τῶι δ’ ἔχοντι γίνεται κακόν, / ​ἢ ν μή τις ἢ τύραννος ἢ σκηπτοῦχος ἦι, / ​ὅ στις τοιούτοις θυμὸν ἀγλαΐζεται. „Ein schöner Anblick zwar ist eine solche Frau / ​Für andre, doch ein Übel für den eignen Mann, / ​Er wäre denn ein turannos oder Szepter-Träger (basileus), / ​Der solcher Augenweide sich erfreuen kann.“ (Übersetzung: nach Zoltan Franyó). 298 Vgl. dazu: Cobet (1981). 299 Alkaios fr. 87 D. = 348 L. / P.: […] τὸν κακοπατρίδαν / ​Φίττακον πόλιος τὰς ἀχόλω καὶ βαρυδαίμονος / ​ἐστάσαντο τύραννον, μέγ’ ἐπαίνεντες ἀόλλεες. „Siehe, den Pittakos, / ​Diese Gossengeburt, haben sie blind selber als turannos sich / ​In die duldende, die klägliche Stadt jubelnd herbeigeholt.“ (Übersetzung: nach Zoltan Franyó). 300 Vgl. dazu: Cobet (1981); Anderson (2005). 301 Vgl. dazu: Anderson (2005). 297

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stehen einer spezifischen Form des politischen Bewusstseins – erklären könne.302 Eine solche Lesart ist jedoch keineswegs zwingend  – im Gegenteil: Die Texte weisen zwar Bezüge zu einer elitären Lebenswelt auf, sie erschöpfen sich jedoch nicht in dieser – ohnehin unklaren – sozialen Zuordnung. Tanja Itgenshorst konnte kürzlich zeigen, dass nicht nur die gemeinhin als politisch betrachteten Dichter  – wie etwa Tyrtaios, Alkaios oder Solon  – gesellschaftliche Themen verarbeiteten, sondern der frühgriechischen Lyrik insgesamt eine zentrale Rolle bei der Formulierung und Verbreitung politischer Ideen zukam: Sie war ein wichtiges Medium politischer Diskussion, in dem sich unterschiedliche soziale und inhaltliche Positionen ebenso spiegeln, wie die entsprechenden gesellschaftlichen Strukturen und Probleme in (früh)archaischen Gemeinwesen.303 Darüber hinaus konnten die Dichter über ihre Werke und deren Vortrag gesellschaftlichen Einfluss ausüben und konkurrierten auch auf dieser Ebene um die Gunst des Publikums.304 In der frühgriechischen Lyrik finden sich mehrere Beispiele dafür, dass ein Dichter gerufen wurde, um Streitigkeiten in einer (anderen) Gemeinde beizulegen:305 […] als die Polis der Lakedaimonier sich in einer Stasis befand, wurde ihnen vom Orakel aufgetragen, den Sänger aus Lesbos herbeizuholen. Nachdem sie den Terpandros, der sich wegen einer Mordtat in Antissa im Exil aufhielt, herbeigeholt hatten, hörten sie ihm bei ihren Syssitien zu und beruhigten sich. (Übersetzung: Tanja Itgenshorst) Allerdings scheinen die konkreten Einflussmöglichkeiten durchaus begrenzt gewesen zu sein. Darauf lässt zumindest der folgende Ausspruch des Archilochos schließen:306 302 Uwe

Walter wies bereits in seiner 1993 erschienenen Dissertation darauf hin, wie problematisch diese Ableitung ist: Walter (1993), 40 f. 303 Vgl. dazu: Walter (1993), 29–57; Dalby (1998); Ulf (2001b); Rougier-Blanc (2008); Itgenshorst (2014). Ein Beispiel für die enge Verknüpfung zwischen der Dichtung und dem Feld des Politischen sind etwa die folgenden Verse des Terpandros (Lesbos / Kyme 7. Jahrhundert): „Terpandros von Antissa war der erste, der seine Gedichte (selbst) mit Gesang ausstattete, und er vertonte die Gesetze der Lakedaimonier mit Musik.“ (Übersetzung: Tanja Itgenshorst); Terpandros Test. 8 Campbell = Clem. Strom. 1,16,78,5: μέλος τε αὖ πρῶτος περιέθηκε τοῖς ποιήμασι καὶ τοὺς Λακεδαιμονίων νόμους ἐμελοποίησε Τέρπανδρος ὁ Ἀντισσαῖος. 304 Vgl. dazu: Itgenshorst (2014), 135–239. 305 Terpandros Test. 9 Campbell = Suid. M 701: ἀκαταστατούσης γὰρ τῆς πόλεως αὐτῶν χρησμὸς ἐγένετο τὸν Λέσβιον ᾠδὸν μεταπέμπεσθαι· οἱ δ’ ἐξ Ἀντίσσης Τέρπανδρον ἐφ’ αἵματι φεύγοντα μεταπεμψάμενοι ἤκουον αὐτοῦ ἐν τοῖς συσσιτίοις καὶ κατεστάλησαν. Weitere Beispiele finden sich in: Terpandros Test. 7 Campbell = Ael. V. H. 12,50; Stechisoros Test. 18 Campbell = Philodem. Mus.1.30.31 ff. = Diog. Bab. fr. 85 Arnim = fr. 281c PMG 306 Archilochos fr. 109 West = Ar. Pax. 603 f.: ⟨ὦ⟩ λιπερνῆτες πολῖται, τἀμὰ δὴ συνίετε ῥήματα; vgl. dazu: Itgenshorst (2014), 85 f.; 232.

Früharchaische Schriftquellen – eine quellenkritische Einordnung

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Ihr armen, verlassenen Bürger, hört endlich auf meine Worte. (Übersetzung: Rainer Nickel) Lyrische Aufführungen waren nicht auf eine bestimmte soziale Gruppe beschränkt, sondern fanden bei Symposien im öffentlichen Raum und (über)regionalen Dichterwettkämpfen statt; daher ist von einem eher breiten, situativ wechselnden Publikum auszugehen. Bezüglich des Symposions wird diese Interpretation durch den archäologischen Befund gestützt.307

3. Fazit – Wie sind die Texte zu lesen? In den vergangenen Jahren haben sich die quellenkritischen Vorannahmen der klassischen Archaikforschung aus unterschiedlichen Perspektiven als zumindest problematisch erwiesen. Damit ist nicht gesagt, dass sie grundsätzlich falsch seien, zumal sich in den Quellen durchaus entsprechende Anknüpfungspunkte finden lassen (s. u.). Angesichts des Einflusses, den die Kontextualisierung des Quellenmaterials auf die Konzeption der Archaik als Epoche hat, kann es methodisch jedoch nicht überzeugen, sie weiterhin zum Ausgangspunkt einer historischen Analyse zu machen. Daher wird im Folgenden versucht, die in verschiedenen Zusammenhängen formulierte Kritik an diesen Vorannahmen in einem alternativen quellenkritischen Ansatz zusammenzuführen. Bei der Diskussion der einzelnen Texte wurde deutlich, dass die früharchaischen Schriftquellen – bei allen Unterschieden in Form und Inhalt – substanzielle Gemeinsamkeiten aufweisen: Die soziale Ordnung und das gesellschaftliche Zusammenleben sind wesentliche Themen der epischen und lyrischen Dichtung. Es werden Missstände benannt und  – insbesondere in der Epik – alternative Formen gesellschaftlicher Organisation diskutiert. Hierbei ist die Norm, das eigene Handeln an den Interessen und Aufgaben des Gemeinwesens auszurichten, ein wichtiger Referenzpunkt vieler Autoren.308 Zugleich jedoch finden sich in den Texten Belege für eine elitäre Lebenswelt, deren Akteure nur (noch) bedingt in diese Ordnung eingebunden zu sein scheinen oder sich ihr zumindest zu entziehen versuchten; ein vermeintlicher Widerspruch, der noch zu diskutieren sein wird. Dieser empirische Befund kann zu vier interpretatorischen Grundannahmen verdichtet werden, die die zunächst unzusammenhängenden Texte in anderer Weise in einen historischen Zusammenhang bringen als dies in der Archaikforschung bislang der Fall war: (1.) Die früharchaischen Schriftquellen sind Zeugnisse einer heterogenen, chronologisch kaum weiter differenzierbaren historischen Konstellation, die es im weiteren Verlauf der Arbeit näher zu beschrei307 308

Vgl. dazu: Dalby (1995); Dalby (1998); R abinowitz (2009); Itgenshorst (2014). Vgl. dazu: Walter (1993), bes. 43; Dalby (1998); Ulf (2001b), bes. 178; Itgenshorst (2014).

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ben gilt. Aufgrund der schwierigen Überlieferungssituation sollte die vermeintliche Chronologie dieser Texte den historischen Zugriff auf die Früharchaik nicht strukturieren. (2.) Die Dichter kommentieren, reflektieren und diskutieren in ihren Texten die bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse. Ein Bewusstsein für die Belange der Gemeinschaft hat sich also nicht erst – wie in der älteren Forschung zumeist angenommen  – im Verlauf der Archaik entwickelt, sondern ist bereits in den frühesten Schriftquellen greifbar.309 Diese Texte sind – wie etwa auch die früharchaischen Gesetzesinschriften (s. u.) – ein zentraler Bestandteil gleichsam öffentlicher Debatten über die Organisation des Zusammenlebens. Insofern handelt es sich im weitesten Sinne auch um politische Texte, die in Bezug auf die Fragestellung dieser Arbeit strukturell ausgewertet werden können. Die Historizität der geschilderten Ereignisse und Akteure ist dabei letztlich nicht von Bedeutung.310 Die (teilweise) rasche und weite Verbreitung der Texte lässt darauf schließen, dass sie aufgrund ähnlicher Problemlagen in zahlreichen Siedlungsgemeinschaften auch überregional anschlussfähig waren. Ein ‚gesamtgriechischer‘ politischer Diskurs wird damit nicht vorausgesetzt (3.) Die Interessen und Aufgaben der Gemeinschaft sind ein zentraler normativer Bezugspunkt sowohl der epischen als auch der lyrischen Dichtung. (4.) Diese Annahmen setzen voraus, dass die Texte von einem oder mehreren Autoren an einem konkreten Ort und mit einer bestimmten Intention verfasst wurden. Aufgrund der Quellenlage ist es im Einzelfall kaum möglich, den Entstehungskontext zu rekonstruieren, bei der historischen Analyse muss diese Prämisse aber dennoch berücksichtigt werden. Die klassische Sicht auf Homer, Hesiod und die frühgriechischen Lyriker betont  – nicht zuletzt aus forschungsgeschichtlichen Gründen  – vor allem die Unterschiede zwischen den einzelnen Texten und den in ihnen scheinbar greifbaren sozialen, politischen und rechtlichen Konstellationen. Mit der vorliegenden Studie wird versucht, einen anderen Weg zu gehen: Die Texte werden nicht als Belege für verschiedene Phasen einer historischen Entwicklung betrachtet, sondern als Zeugnisse kontingenter gesellschaftlicher Wandlungsprozesse, die in den einzelnen Siedlungsgemeinschaften zwar zeitversetzt und unterschiedlich abliefen, strukturell aber dennoch vergleichbar sind. Damit ist gerade nicht gesagt, dass es keine Differenzen zwischen den jeweiligen Gesellschaften oder keine historische Entwicklung gegeben habe. Im Gegenteil: Während die klassische Quellenkritik ein eindimensionales Modell gesellschaftlicher Entwicklung impliziert, das die Bandbreite möglicher Interpretationen erheblich einschränkt, kommt die hier vorgeschlagene Lesart mit deutlich weniger Vorannahmen aus, die zudem heuristisch weniger festgelegt sind. Dadurch wird es möglich – jenseits der überkommenen

309

Vgl. dazu: Luce (1978); Ulf (1989); Ulf (1990); Walter (1993), bes. 41; Ulf (2001b); Ulf (2010d); Itgenshorst (2014), bes. 81. 310 Vgl. dazu: Wolf (1995); Ulf (2010d).

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Narrative, Modelle und Leitbegriffe –, alternative Erklärungs- und Darstellungsansätze zu erproben. Eine solche quellenkritische Einordnung der früharchaischen Dichtung wurde in der Forschung zwar vereinzelt konzeptionell angedacht, bislang jedoch nicht systematisch umgesetzt.311 Da es also kaum Referenzstudien gibt, müssen die Plausibilität und das heuristische Potential dieses Interpretationsansatzes im Zuge der historischen Analyse – und anhand der aktuellen Forschungsdiskussion – kritisch reflektiert und überprüft werden. Im Rahmen der vorliegenden Studie können nicht alle Konsequenzen, die sich aus dieser Lesart für die Auswertung der einzelnen Texte ergeben, im Detail erörtert werden, daher sei hier noch einmal – sofern vorhanden – auf die in diesem Kapitel angeführte Literatur verwiesen.

B. Gesellschaftliche Organisation und Entwicklung im früharchaischen Griechenland am Modell der isländischen Freistaatzeit – ein diachroner Vergleich Im Verlauf der langen Forschungsgeschichte ist ein schwer durchschaubares Amalgam von Narrativen, Interpretationsansätzen und inhaltlichen Positionen zur gesellschaftlichen Ordnung und Organisation im früharchaischen Griechenland entstanden, das sich in analytischer Vereinfachung zunächst durch zwei gegensätzliche Positionen eingrenzen lässt: Während die Mehrheit der Forschung bis in die 1970er Jahre davon ausging, dass das soziopolitische Gefüge der Früharchaik durch abstrakt legitimierte Institutionen geprägt gewesen sei, wurde in der jüngeren Forschung – durch die zunehmende Adaption kulturwissenschaftlicher Interpretationsansätze  – vermehrt die Rolle der gesellschaftlichen Akteure betont.312 Seither gibt es eine eindeutige Tendenz weg von der Vorstellung klassischer 311

Vgl. dazu: Luce (1978); Walter (1993); Dalby (1995); Rosen (1997); Dalby (1998); Ulf (2001b); Anderson (2005); R abinowitz (2009); Ulf (2010d); Itgenshorst (2014); Ulf (2017). 312 Vgl. zu dieser Diskussion allgemein die Literatur unter den Anm. 15 und 42 sowie: Ulf (2003c); Ulf (2011b). Dezidiert für ‚staatliche‘ Strukturen argumentieren u. a.: Köstler (1950); Hoffmann (1956); Gschnitzer (1965); Gschnitzer (1969); Gschnitzer (1971); Murray (1980); Gschnitzer (1988); Gschnitzer (1991); Gschnitzer (2013). Zu der neueren Forschungsrichtung vgl. exemplarisch: Finley (1954), bes. 84–86; Snodgrass (1974); Qviller (1981); Morris (1986b); Stein-Hölkeskamp (1989), bes. 40–43; Ulf (1989); Ulf (1990); R aaflaub (1991); R aaflaub (1993); Qviller (1995); Hölkeskamp (1997); R aaflaub (1997a); Hölkeskamp (2000a); Ulf (2001a); Hölkeskamp (2002a); Hölkeskamp (2002b); Hall (2007a); mit einem sehr guten forschungsgeschichtlichen Überblick: Ulf (2001b); Ulf (2001c); Ulf (2002); Ulf (2004a). Auch in der älteren Forschung gab es bereits Vertreter einer akteurszentrierten Perspektive: Bréhier (1904).

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staatlicher Strukturen, wie sie etwa 1991 noch prominent und wortgewaltig von Fritz Gschnitzer gegen die „moderne Richtung“ der Homerforschung vertreten wurde, und hin zu verschiedenen Bildern einer stateless oder acephalous society.313 Zurecht wurde gegen die ältere Position eingewandt, dass sich in den früharchaischen Quellen weder eine zentralisierte Herrschaft noch eine systematische Rechtsordnung oder die zugehörigen institutionellen Einrichtungen  – wie entpersonalisierte Ämter, eine Administration oder ein Erzwingungsstab – unmittelbar nachweisen lassen und solche Vorstellungen folglich primär in den Vorannahmen der modernen Forschung angelegt sind. Ein verfassungsgeschichtlicher Ansatz legt die historische Analyse vorschnell auf eine entsprechende Deutung fest und kann die Eigenheiten gesellschaftlicher Organisation in der Früharchaik daher nicht adäquat erfassen. Diese Sichtweise hat sich heute weitgehend durchgesetzt und muss hier nicht im Detail begründet werden; ein Verweis auf die entsprechende Literatur soll genügen.314 Um die Kritik an dieser heute überkommenen Position zu konkretisieren, wird Gschnitzers Argumentation im Folgenden exemplarisch skizziert. Er stützt seine Überlegungen auf die Interpretation einiger „einschlägiger Homerstellen“ und begründet dieses Vorgehen mit einem Verweis auf den dichterischen Charakter der Epen und seine Position als „Analytiker“, aus der er die homerischen Epen als historisch gewachsene Erzählung betrachte, die im engeren Sinne keinen Autor habe und sich auch nur bedingt als historische Quelle eigne.315 Der jüngeren Forschung wirft er vor, „sich nicht damit [zu begnügen], einzelne Stellen und Episoden des Epos verfassungs- und gesellschaftsgeschichtlich zu interpretieren“, sondern stattdessen „ganze lange Ketten von Ereignissen“ zu analysieren und die „Angaben weit auseinanderliegender und auch inhaltlich nicht näher verbundener Stellen [zu kombinieren]“.316 Hier zeigt sich einmal mehr, wie sehr Vorannahmen auf unterschiedlichen Ebenen die historische Analyse beeinflussen. Zwei der von Gschnitzer angeführten Textstellen mögen genügen, um die Struktur seiner Argumentation zu veranschaulichen. Vor seinem Zweikampf mit Achill führt Hektor in Buch 22 der Ilias ein Selbstgespräch und wägt seine Handlungsoptionen ab:317 Wenn ich nun aber den Schild, den gebuckelten, zu Boden legte / ​Und den schweren Helm, und den Speer an die Mauer lehnte / ​Und selbst ginge und 313 Vgl.

zu dieser Entwicklung die Kapitel I. A.1. und I. C.3. sowie die Literatur unter den Anm. 15 und 42; zu Gschnitzers Kritik vgl.: Gschnitzer (1991), 184–194; Zitat: 185. 314 Zu dieser Diskussion vgl. die Literatur unter den Anm. 15, 24 und 34. 315 Vgl. dazu: Gschnitzer (1991), 182. Zu dem Begriff „Analytiker“ sowie allgemein zur Geschichte der Homerforschung vgl.: Nesselrath (2011). 316 Vgl. dazu: Gschnitzer (1991); Zitate: 193. 317 Hom. Il. 22,111–121.

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Achilleus, dem untadeligen, entgegen käme / ​Und ihm verspräche, die Helena und mit ihr die Güter / ​A llesamt, so viele Alexandros in den hohlen Schiffen / ​ Nach Troja hat mitgeführt – das war der Anfang des Streites! –, / ​Den Atriden zu geben, sie mitzuführen, und überdies den Achaiern / ​Noch anderes zuzuteilen, soviel diese Stadt enthält; / ​Und ich nähme den Troern hernach den Ältesten-Schwur ab, / ​Nichts zu verbergen, sondern halb und halb alles zu teilen, / ​ Soviel an Habe die liebliche Stadt im Innern verwahrt hält. (Übersetzung: Wolfgang Schadewaldt) εἰ δέ κεν ἀσπίδα μὲν καταθείομαι ὀμφαλόεσσαν / ​κ αὶ κόρυθα βριαρήν, δόρυ δὲ πρὸς τεῖχος ἐρείσας / ​αὐτὸς ἰὼν Ἀχιλῆος ἀμύμονος ἀντίος ἔλθω / ​κ αί οἱ ὑπόσχωμαι Ἑλένην καὶ κτήμαθ’ ἅμ’ αὐτῇ, / ​πάντα μάλ’ ὅσσά τ’ Ἀλέξανδρος κοίλῃς ἐνὶ νηυσὶν / ​ ἠγάγετο Τροίηνδ’, ἥ τ’ ἔπλετο νείκεος ἀρχή, / ​δωσέμεν Ἀτρεΐδῃσιν ἄγειν, ἅμα δ’ ἀμφὶς Ἀχαιοῖς / ​ἄ λλ’ ἀποδάσσεσθαι ὅσα τε πτόλις ἧδε κέκευθε· / ​Τρωσὶν δ’ αὖ μετόπισθε γερούσιον ὅρκον ἕλωμαι / ​μή τι κατακρύψειν, ἀλλ’ ἄνδιχα πάντα δάσασθαι / ​κ τῆσιν ὅσην πτολίεθρον ἐπήρατον ἐντὸς ἐέργει· Die entscheidende Wendung ist hier „γερούσιoς ὅρκος“, was Gschnitzer mit „Ratsherreneid“ übersetzt und als „Institution des Rechtslebens“ interpretiert.318 Eine solche Interpretation ist an die Vorannahme gebunden, dass die Geronten in den homerischen Epen eine rechtlich definierte Gruppe von Amtsträgern gewesen seien. Dies lässt sich an den Quellen so jedoch nicht belegen. Vielmehr betrachtet die neuere Forschung die von Homer geschilderten Ratsversammlungen als situativ bedingte Zusammenkünfte der jeweils relevanten Akteure (s. u.).319 Ähnliches gilt für die folgende Szene aus Buch 7 der Odyssee, in der Odysseus sich an Arete, die Tochter des Oberbasileus der Phäaken, wendet:320 Arete, Tochter des gottgleichen Rexenor! Zu deinem Gatten und zu deinen Knien komme ich, nachdem ich vieles ausgestanden, und zu diesen Tischgesellen, denen die Götter Segen geben mögen, daß sie leben und ein jeglicher den Söhnen den Besitz in den Hallen überlassen möge und die Aufgabe, die ihm das Volk gegeben. (Übersetzung: Wolfgang Schadewaldt) Ἀρήτη, θύγατερ Ῥηξήνορος ἀντιθέοιο, σόν τε πόσιν σά τε γούναθ’ ἱκάνω πολλὰ μογήσας, τούσδε τε δαιτυμόνας, τοῖσιν θεοὶ ὄλβια δοῖεν, ζωέμεναι, καὶ παισὶν ἐπιτρέψειεν ἕκαστος τήματ’ ἐνὶ μεγάροισι γέρας θ’, ὅ τι δῆμος ἔδωκεν. 318

Vgl. dazu: Gschnitzer (1991), Zitat: 195. Vgl. dazu: Andreev (1979a); Ulf (1990); R aaflaub (1991); Hölkeskamp (1997); R aaflaub (1997a); R aaflaub (1998); Hölkeskamp (2002b); Hölkeskamp (2003); Schulz (2011); Ulf (2011a). 320 Hom. Od. 7,146–150.

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Auch hier setzt Gschnitzer vorschnell einen rechtlichen Kontext voraus, wenn er „δαιτυμών“ mit „Ratsherren“ gleichsetzt, was in der Grundbedeutung schlicht mit „Gastmahl-Teilnehmer“, „Schmausender“ oder – wie hier – mit „Tischgeselle“ zu übersetzen wäre.321 Er sieht diese Interpretation in der Wendung „γέρας θ’, ὅ τι δῆμος ἔδωκεν“ begründet. Allerdings bezeichnet „γέρας“ in den homerischen Epen kein rechtlich sanktioniertes Amt, sondern bezieht sich auf Ehrgeschenke, Vorrechte oder Aufgaben, die einem Akteur durch die Gemeinschaft übertragen werden können.322 Vor diesem Hintergrund hat sich die Forschungsdiskussion seit den 1970er Jahren sukzessive auf die gesellschaftlichen Akteure und deren Handlungsräume verlagert. Der Fokus liegt dabei nach wie vor auf der Frage, wie deren Stellung angemessen erfasst und beschrieben werden kann. Die dominierende Vorstellung der älteren Forschung, es habe ein frühgriechisches Königtum gegeben, dessen Ausläufer in den homerischen Epen greifbar seien, und das in der Folgezeit von einer Art Geburtsadel abgelöst worden sei, hat sich längst als falsch erwiesen. So gab es weder verzweigte Deszendenzgruppen noch Gefolgschaftsverhältnisse oder feudale Strukturen; auch hier soll ein Hinweis auf die entsprechende Literatur genügen.323 In der aktuellen Forschung werden einflussreiche Akteure als Anführer konzeptualisiert, die sich auf ein komplexes Geflecht an Kapitalien stützen konnten. Es bleibt jedoch umstritten, wie stabil deren Vorrangstellung war, wie die verschiedenen Kapitalien zu gewichten sind und in welchem Verhältnis diese Akteure zum Rest der Siedlungsgemeinschaft standen. Wie sehr die Antworten auf diese Fragen die Diskussion auch um die weitere historische Entwicklung im (früh)archaischen Griechenland prägen, wurde in Kapitel I gezeigt. Für die Früharchaik insgesamt gilt, was Christoph Ulf für die bei Homer geschilderten Verhältnisse feststellt: „Die homerische Gesellschaft zeigt so Züge, die nicht einfach einer der typologisch vertrauten Organisationsformen menschlicher Gesellung zuordenbar sind.“324 Im Folgenden soll nun das in Kapitel II erarbeitete Modell auf das früharchaische Griechenland angewandt werden. Den Ausgangspunkt dafür bilden die aktuelle Forschungsdiskussion und  – aus dieser abgeleitet  – die in Kapitel I formulierte Fragestellung: (1.) Auf welchen Kapitalien basierte die (dauerhafte) Vorrangstellung einzelner Akteure oder sozialer Gruppen in früharchaischen SiedlungsgemeinschafVgl. dazu: s. v. δαιτυμών in: LHD; LfgrE; l / S cott; Menge /  Güthling sowie bezüglich der historischen Interpretation: Ulf (1990); Ulf (2011a) 322 Vgl. dazu: s.  v. γέρας in: LHD; LfgrE; Liddell /  S cott; Menge /   G üthling sowie zur historischen Interpretation: Fanta (1882); Carlier (1984); Morris (1986a); Ulf (1990), bes. 77–83; Wagner-Hasel (2000); Schulz (2011), bes. 70 f. 323 Vgl. dazu exemplarisch: Bourriot (1976); Roussel (1976); Welwei (1981); Starr (1986); Stein-Hölkeskamp (1989); Ulf (1990); Ulf (2001b); Duplouy (2006a); Hall (2007a). 324 Ulf (1990), 230. 321

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ten und welche Erkenntnisse ergeben sich daraus hinsichtlich der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen? (2.) In welchem Verhältnis stand die Elite zum Rest der Gemeinschaft? (3.) Wie lässt sich die gesellschaftliche Entwicklung im (früh‑) archaischen Griechenland konzeptualisieren und darstellen ohne eine soziale Dialektik zwischen den vermeintlichen Großgruppen ‚Adel ‘ und ‚Volk‘ vorauszusetzen? Es geht dabei nicht um die Spezifika einzelner Siedlungsgemeinschaften, sondern um die grundlegenden Strukturen gesellschaftlicher Organisation und Entwicklung. Die Analyse und Darstellung folgen dem Aufbau des Modells der isländischen Freistaatzeit.

1. Zwischen Institution und personalem Einfluss? – Die Grundstruktur gesellschaftlicher Organisation Die soziale Ordnung früharchaischer Gemeinwesen wird für die moderne Forschung erst mit dem Einsetzen der schriftlichen Überlieferung greifbar – und dies auch nur in begrenztem Umfang. Die epische Dichtung und vereinzelt auch die Lyrik geben zwar punktuell Einblick in die Regelsysteme einzelner Siedlungsgemeinschaften, über die normativen Rahmenbedingungen, die konkrete Ausgestaltung von Gemeindefunktionen oder die Praxis politischer Entscheidungsfindung ist jedoch nur wenig bekannt.325 Diese Strukturen bilden den selbstverständlichen Hintergrund der früharchaischen Dichtung, es ist jedoch nicht die Intention der erhaltenen Texte, die gesellschaftlichen Verhältnisse systematisch zu beschreiben. So setzen etwa die in den homerischen Epen geschilderten Versammlungen eine Ausnahmesituation voraus  – den ‚troianischen Krieg‘ in der Ilias und die langjährige Abwesenheit des zentralen politischen Akteurs in der Odyssee – und spiegeln daher nur bedingt den ‚Normalfall‘ politischer Entscheidungsfindung in einer Gemeinde. Der Dichter nutzt sie vielmehr als Folie, um gesellschaftliche Probleme aufzuzeigen und alternative Ordnungsvorstellungen zu formulieren.326 Ähnliches gilt für Hesiod: Die Erga dokumentieren nicht einfach die Normen einer bäuerlichen Dorfgemeinschaft, sondern sie kritisieren vor diesem Hintergrund auch ein gegen die Interessen der Gemeinde gerichtetes Verhalten von basileis und anderen Akteuren.327 Die ersten schriftlich fixierten Normen sind in einer Gruppe von acht fragmentarischen Inschriften aus dem kretischen Dreros erhalten, die aufgrund der Buchstabenformen auf die Mitte – oder die ersten Jahrzehnte der zweiten Hälfte – des 7. Jahrhunderts datiert werden können.328 Diese Inschriften 325

Vgl. dazu: Ulf (2009c); Ulf (2011a). Vgl. dazu: Ulf (1988); Ulf (1989); Ulf (1990); Ulf (2010d); Ulf (2012a). 327 Vgl. dazu: Cobet (1981); Walter (1993), 29–86; Schmitz (2008a). 328 Zu den archaischen Inschriften in Dreros und ihrer Datierung vgl.: Guarducci (1931); Guarducci (1933); Guarducci (1935–50); Demarge / E ffenterre (1937); 326

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sind in Steinblöcke gehauen, die zwischen 20 und 30 cm breit und tief sowie teilweise über einen Meter lang sind. Aller Wahrscheinlichkeit nach stammen diese Blöcke aus der Ostmauer eines (Kult)Gebäudes, das über eine Treppe unmittelbar an die drerische agora – einen etwa 30 mal 40 Meter großen Platz mit Sitzstufen auf zwei Seiten – angebunden war. Die Datierung dieses Komplexes ist schwierig, dessen Anfänge gehen jedoch wohl auf das 8. Jahrhundert zurück.329 Gefunden wurden die Steinblöcke in einer hellenistischen Zisterne, in die sie gestürzt waren. Der Umfang der Inschriften reicht von einzelnen Worten bis hin zu vier zusammenhängenden Zeilen. Von der Rekonstruktion des baulichen Kontextes abgesehen, sind sie dekontextualisiert überliefert. Die kürzeren Fragmente enthalten vermutlich religiöse Vorschriften, die längeren Inschriften betreffen Verfahren und die Kompetenzen von Funktionsträgern. Offenbar war allgemein bekannt – oder an anderer Stelle dokumentiert  –, nach welchen Verfahren Beschlüsse gefasst wurden und was der Inhaber einer solchen Gemeindefunktion üblicherweise tat, da beides nicht näher erläutert wird. Diese Rechtssätze definieren keinen abstrakten Amtsbereich, sondern begrenzen die praktischen Handlungsmöglichkeiten der betroffenen Akteure und konturieren damit überhaupt erst entpersonalisierte Einflusssphären (s. u.).330 Für die Fragestellung der vorliegenden Studie ist vor allem das sog. Verfassungsgesetz von Dreros relevant, das den Einfluss des kosmos reglementiert. Diese Inschrift ist mit vier Zeilen die längste und scheint vollständig erhalten zu sein, dennoch ist sie in ihrer Lesung und Interpretation umstritten; sie wird in Kapitel III. B.3. diskutiert.331 Umfangreichere Bestimmungen finden sich erst in späteren archaischen Inschriften etwa aus Chios (um 550), Gortyn (um 500), Eleutherna (um 500) und anderen Siedlungsgemeinschaften sowie in den in ihrer Historizität teilwiese umstrittenen Gesetzen der Großen Rhetra in Sparta oder Solons in Athen.332 Karl-Joachim Hölkeskamp hat in einer grundDemargne / E ffenterre (1938); Effenterre (1946); Effenterre (1961); SEG (1977); Meiggs / L ewis (1989); Jeffery (1990); Effenterre / Ruzé (1994/95). 329 Zum Fundkontext und dessen Rekonstruktion vgl.: Hölkeskamp (1999), 87–95; Perlman (2004b); Seelentag (2009b); zur Beschaffenheit des Steins und zu der Lesbarkeit der Inschriften vgl.: Perlman (2002); Perlman (2004b); Gagarin (2008), 46–49. 330 Allgemein zum Inhalt dieser Inschriften vgl.: Hölkeskamp (1999), 87–95; Gagarin /  P erlman (2015). 331 Spezifisch zu dem sog. Verfassungsgesetz: Hölkeskamp (1999), 87–95; Seelentag (2009b); Veneciano (2010); Seelentag (2015), bes. 139–163. 332 Vgl. exemplarisch zu der Diskussion um die späteren archaischen Gesetze und Gesetzesinschriften: Finley (1975); Eder (1986); Gagarin (1986); Detienne (1988); Link (1991); Hölkeskamp (1992a); Hölkeskamp (1992b); Link (1992); Gehrke (1993); Behrends / Sellert (1995); Gehrke (1995); Gehrke (1997); Osborne (1997); Hölkeskamp (1999); Wees (1999); Perlman (2000); Meier (2002); Papakonstantinou (2002); Perlman (2002); Wees (2002a); Feldbrugge (2003); Meier (2003); Vliet (2003); Link (2004); Chianotis (2005); Davies (2005); Gagarin (2005a); Gagarin

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legenden Studie zu Recht der vor allem in der älteren Forschung weit verbreiteten Annahme widersprochen, die fragmentarisch überlieferten ‚Rechtskodifikationen‘ der Archaik seien eigentlich systematisch angelegte Werke großer Gesetz- oder gar Verfassungsgeber gewesen. Er plädiert vielmehr dafür, Gesetze als Reaktionen auf konkrete Problemlagen zu deuten, was sich seiner Ansicht nach auch in der Vielfalt und Kleinräumigkeit der reglementierten Bereiche spiegelt.333 Diese Argumentation wird für die Früharchaik durch den materiellen Befund aus Dreros gestützt: Alle acht Inschriften wurden von verschiedenen Handwerkern erstellt, unterscheiden sich in der Laufrichtung ihrer Zeilen und sind teilweise in der sog. eteokretischen Sprache oder als eteokretisch-griechische Bilingue verfasst.334 Dies macht es äußerst unwahrscheinlich, dass die Inschriften zeitgleich aufgezeichnet wurden und Teil eines systematischen Gesetzeswerkes waren.335 Trotz des epigraphischen Befundes ist für die Früharchaik von einer überwiegend mündlichen Rechtstradition auszugehen. Verschiedene (spät)archaische Inschriften – etwa aus Gortyn (um 500) und Lyttos (um 500) – belegen, dass es parallel zu der (entstehenden) schriftlichen Rechtskultur auch gegen Ende der Archaik noch immer eine mündliche Tradition gab, die von den mnamones (‚Merkern‘) getragen wurde. Das Verhältnis von mündlichem und schriftlichem Recht im archaischen Griechenland wird nach wie vor kontrovers diskutiert.336 Ein Gesamtbild gesellschaftlicher Organisation lässt sich aus dem vorhandenen Quellenmaterial nicht unmittelbar ableiten, zumal von einer hohen Heterogenität zwischen den einzelnen Siedlungsgemeinschaften auszugehen ist. Dennoch kann  – trotz anhaltender Kontroversen  – die Grundstruktur sozialer Ordnung in der Früharchaik wie folgt skizziert werden. Die wichtigsten Quellen für eine solche Rekonstruktion sind die homerischen Epen und die Dichtung Hesiods, da (2005b); Gagarin / C ohen (2005); Greco / L ombardo (2005); Hölkeskamp (2005); Irwin (2005); Thomas (2005); Whitley (2005); Luther / M eier / Thommen (2006); Blok / L ardinois (2008); Gagarin (2008); Papakonstantinou (2008); R aaflaub (2008); Gagarin (2013); Gagarin /  P erlman (2015); Schmitz (2001); Schmitz (2008a); Schmitz (2014). 333 Vgl. dazu: Hölkeskamp (1999) sowie allgemein zu dieser Diskussion: Finley (1975); Gagarin (2005b); Gagarin (2008); Papakonstantinou (2008). 334 Vgl. dazu die Literatur unter den Anm. 328, 329, 330 und 331; spezifisch zu den eteokretischen Inschriten vgl.: Duhoux (1982); Hajnal (1987); Hajnal (1988). 335 Vgl. dazu: Hölkeskamp (1999), 87–95; Seelentag (2015), 140. 336 Vgl. allgemein zur Verschriftlichung und Institutionalisierung des Rechts im archaischen Griechenland: Hölkeskamp (1992a); Hölkeskamp (1992b); Camassa (1994); Hölkeskamp (1994); Hölkeskamp (1999); Hölkeskamp (2000a); Perlman (2000); Perlman (2002); Hölkeskamp (2003); Hölkeskamp / Rüsen /  Stein-Hölkeskamp et al. (2003); Vliet (2003); Hölkeskamp (2004a); Perlman (2004b); Rollinger (2004a); Gagarin (2005b); Thomas (2005); Gagarin (2008) sowie spezifisch zu den Mnamones: Thomas (1995); Reiche (2006); Carawan (2007); Seelentag (2015), bes. 194–203.

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die gesellschaftlichen Verhältnisse dort am ausführlichsten geschildert werden. Die basileis waren die zentralen soziopolitischen Akteure. Sie leiteten und organisierten das Zusammenleben und es war u. a. ihre Aufgabe, die soziale Ordnung innerhalb ihrer Einflussbereiche  – einer Gemeinde oder einer größeren regionalen Einheit337 – aufrecht zu erhalten.338 Hesiod zeichnet in der Theogonie das Bild eines idealen basileus:339 Denn sie [die Muse Kalliope; Anm. P. Z.] gesellt sich auch den ehrwürdigen basileis. / ​Und wem Ehre erweisen die Töchter des großen Zeus / ​Und wen sie anschauen bei seiner Geburt / ​Von den zeusgehegten basileis, / ​Dem träufeln sie auf die Zunge süßen Tau, / ​Und ihm fließen mild die Worte aus dem Mund. / ​ Und die Leute alle schauen auf ihn, / ​Wie er die Satzung abwägt / ​Und rasch vermag er auch einen großen Streit / ​Mit kundigem Wissen zu beenden. / ​ Denn darin besteht die Klugheit der basileis, / ​Daß sie den Leuten, die Schaden erlitten, / ​Auf dem Gerichtsplatz Geschehenes zur Umkehr bringen, / ​Ganz leicht, mit freundlichen Worten überredend. / ​Schreitet ein solcher basileus zur Versammlung, / ​Dann wenden wie einem Gott sie sich zu, / ​Vergelten mit milder, schmeichelnder Ehrfurcht, / ​Und hervor ragt er unter den Versammelten. / ​Solcher Art ist der Musen heilige Gabe an die Menschen. (Übersetzung: Walter Marg) Früharchaische Anführer verfügten jedoch weder über einen Erzwingungsstab noch war ihre gesellschaftliche Stellung geburtsständisch oder institutionell legitimiert. Ihr Einfluss basierte auf der Anerkennung durch andere einflussreiche Akteure und den demos und war daher potentiell instabil (s. u.). Wer zum demos gezählt wurde, lässt sich im Detail aus den zeitgenössischen Quellen ebenso wenig rekonstruieren, wie der genaue Zuschnitt der offenbar militärischen und sozialen 337

Die Größe und Struktur früharchaischer Siedlungen konnten erheblich variieren; vgl. dazu die Literatur unter den Anm. 84, 90, 92, 93, 95 und 97. 338 Weitere Aufgaben der basileis waren: Die Durchführung kultischer Handlungen, die Bewirtung des Rats, die Verteilung der Beute und die Aufnahme von Fremden. Keine dieser Aufgaben war exklusiv den basileis vorbehalten und es scheint keine systematische Verteilung der Kompetenzen gegeben zu haben; vgl. allgemein zu den (früh)archaischen basileis: Starr (1961); Gschnitzer (1965); Welwei (1981); Drews (1983); Ulf (1990), bes. 85–125; Barceló (1993); Weiler (2001); Hall (2007a), 119–144; Hildebrandt (2007); Schweizer (2012); Schmitz (2014). 339 Hes. theog. 80–92: ἡ γὰρ καὶ βασιλεῦσιν ἅμ’ αἰδοίοισιν ὀπηδεῖ. / ​ὅ ντινα τιμήσουσι Διὸς κοῦραι μεγάλοιο / ​γεινόμενόν τε ἴδωσι διοτρεφέων βασιλήων, / ​τῷ μὲν ἐπὶ γλώσσῃ γλυκερὴν χείουσιν ἐέρσην, / ​τοῦ δ’ ἔπε’ ἐκ στόματος ῥεῖ μείλιχα· οἱ δέ νυ λαοὶ / ​πάντες ἐς αὐτὸν ὁρῶσι διακρίνοντα θέμιστας / ​ἰθείῃσι δίκῃσιν· ὁ δ’ ἀσφαλέως ἀγορεύων / ​αἶψά τι καὶ μέγα νεῖκος ἐπισταμένως κατέπαυσε· / ​τούνεκα γὰρ βασιλῆες ἐχέφρονες, οὕνεκα λαοῖς / ​β λαπτομένοις ἀγορῆφι μετάτροπα ἔργα τελεῦσι / ​ῥηιδίως, μαλακοῖσι παραιφάμενοι ἐπέεσσιν· / ​ἐρχόμενον δ’ ἀν’ ἀγῶνα θεὸν ὣς ἱλάσκονται / ​αἰδοῖ μειλιχίῃ, μετὰ δὲ πρέπει ἀγρομένοισι.

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Gliederungseinheiten phyle und phratrie.340 In der epischen Dichtung finden sich mehrere Beispiele für den Auf- oder Abstieg gesellschaftlicher Akteure – oder zumindest ein normativer Rahmen, der eine solche Konsequenz erwarten lässt; einige instruktive Belegstellen mögen hier zunächst genügen, eine detaillierte Diskussion der zentralen Passagen erfolgt in den anschließenden Kapiteln.341 Die strukturelle Schwäche der basileis lässt sich aber vor allem an den Figuren Agamemnon und Telemach verdeutlichen: (1.) Agamemnon ist zwar der einflussreichste basileus (basileutatos)342 unter den Achaiern – in seinem Lager finden die Versammlungen der Anführer statt (boule), er besitzt das höchste Ansehen (time)343 und ihm folgen die meisten ‚Anhänger‘ (laoi)344  – doch hat er keinen direkten Einfluss auf das Handeln oder die Entscheidungen der anderen basileis und deren ‚Anhänger‘. Er hat – trotz des gemeinsam gefassten Beschlusses gegen Troia zu ziehen345 – keine Erzwingungsgewalt gegenüber Achill und anderen Opponenten, sondern ist letztlich darauf angewiesen, sich mit diesen zu einigen.346 (2.) Telemach ist der Sohn des basileus, doch die Ithakesier sehen sich nicht dazu verpflichtet, ihn gegen die Freier zu unterstützen.347 Offenbar ist es nicht die Aufgabe der Gemeinschaft, die Position und den oikos eines basileus zu schützen, wenn dieser – oder dessen Sohn  – nicht selbst dazu in der Lage ist. Auch kann Telemach nicht erwarten, allein aufgrund seiner Abstammung selbst basileus zu werden. Ihm geht es daher zunächst einmal darum, den oikos seines Vaters als ökonomische Grundlage seiner Familie zu erhalten.348 Als die Freier jedoch versuchen, ihn zu töten und damit 340 Vgl.

dazu: Roussel (1976); Welwei (1988); Ulf (1990), 145–157; Welwei (1992); Welwei (1998); Gehrke (2000); Grote (2016). 341 Hes. erg. 27–41; 213–294; Hom. Il. 1,231 ff.; 6,192; 13,665–669; 14,119 ff.; 16,572 ff.; Hom. Od. 2,192; 3,304; 14,199–212; 14,229–239; 15,16 ff.; 15,402–484; 16,114; 16,371–383; 16,424–430; 19,527; 20,289 f.; 21,162. 342 Hom. Il. 9,69. 343 Hom. Il. 1,278 f. 344 Hom. Il. 1,281; 2,576–580; 3,182 f.; 9,73; 14,93 f. 345 Unter ihnen aber sprach auch der Gerenier, der Rosselenker Nestor: / ​ „Nein doch! Wahrhaftig, wie Kinder redet ihr in der Versammlung, / ​Unmündige, die noch nicht kümmern die Werke des Krieges! / ​Wo werden uns nun hingehen die Verträge und Eide? / ​Ins Feuer mögen da die Beschlüsse kommen und die Pläne der Männer / ​Und die Spenden ungemischten Weins und die Handschläge, auf die wir vertrauten!“ (Übersetzung: Wolfgang Schadewaldt); Hom. Il. 2,336–341: τοῖσι δὲ καὶ μετέειπε Γερήνιος ἱππότα Νέστωρ· / ​ὦ πόποι ἦ δὴ παισὶν ἐοικότες ἀγοράασθε / ​ν ηπιάχοις οἷς οὔ τι μέλει πολεμήϊα ἔργα. / ​π ῇ δὴ συνθεσίαι τε καὶ ὅρκια βήσεται ἥμιν; / ​ἐ ν πυρὶ δὴ βουλαί τε γενοίατο μήδεά τ’ ἀνδρῶν / ​σ πονδαί τ’ ἄκρητοι καὶ δεξιαί, ᾗς ἐπέπιθμεν· 346 Vgl. dazu Ulf (1990), 85–98. 347 Vgl. dazu: Ulf (1990), 104 sowie folgende Belegstelle: Hom. Od. 2,229–251. 348 „Antinoos, und magst du mir auch verargen, was ich sage: auch dies – ich wollte es, wenn Zeus es gäbe, auf mich nehmen. Oder meinst du, daß dies das Schlimmste sei unter den Menschen? Basileus zu sein, ist gar nicht übel. Schnell wird das Haus ihm reich, und er selber ist höher geachtet. Allein, da sind unter den Achaiern noch viele

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den Frieden innerhalb der Gemeinde gefährden, haben sie Sanktionen – bis hin zum Ausschluss aus der Gemeinschaft – zu erwarten.349 Zugleich jedoch wurde die Vorrangstellung der basileis als Gruppe durch verschiedene Faktoren stabilisiert: Sie leiteten und organisierten das gesellschaftliche Leben, es gelang ihnen ansatzweise, sich ökonomisch von anderen Bauern abzusetzen, sie hatten begonnen, einen gruppenspezifischen Lebensstil auszubilden und waren durch die sog. Hetairien – eine formalisierte (freundschaftliche) Verbindung zu gleich, besser oder schlechter gestellten Gefährten und ‚Gefolgsleuten‘ – auch (über)regional vernetzt.350 Dieses Spannungsverhältnis zwischen der Stabilität als Gruppe und der individuell instabilen Position des Einzelnen ist ein grundlegendes Forschungsproblem und ein Charakteristikum der früharchaischen basileis. Die gesellschaftlichen Akteure waren in ein Geflecht von Normen, Konfliktlösungsstrategien und (politischen) Versammlungen eingebunden, die ihr Handeln zugleich ermöglichten und begrenzten. Diese Regelsysteme wurden von andere königliche Männer auf der meerumgebenen Ithaka, junge wie alte: mag von denen einer dieses haben, wenn der göttliche Odysseus tot ist. Doch ich will Herr sein in unserm Haus wie auch über die Knechte, die für mich erbeutet hat der göttliche Odysseus.“ (Übersetzung: Wolfgang Schadewaldt); Hom. Od. 1,389–398: Ἀντίνο’, εἴ πέρ μοι καὶ ἀγάσσεαι ὅττι κεν εἴπω, / ​κ αί κεν τοῦτ’ ἐθέλοιμι Διός γε διδόντος ἀρέσθαι. / ​ἦ φῂς τοῦτο κάκιστον ἐν ἀνθρώποισι τετύχθαι; / ​οὐ μὲν γάρ τι κακὸν βασιλευέμεν· αἶψά τέ οἱ δῶ / ​ ἀφνειὸν πέλεται καὶ τιμηέστερος αὐτός. / ​ἀ λλ’ ἦ τοι βασιλῆες Ἀχαιῶν εἰσὶ καὶ ἄλλοι / ​πολλοὶ ἐν ἀμφιάλῳ Ἰθάκῃ, νέοι ἠδὲ παλαιοί, / ​τῶν κέν τις τόδ’ ἔχῃσιν, ἐπεὶ θάνε δῖος Ὀδυσσεύς· / ​ αὐτὰρ ἐγὼν οἴκοιο ἄναξ ἔσομ’ ἡμετέροιο / ​κ αὶ δμώων, οὕς μοι ληΐσσατο δῖος Ὀδυσσεύς. Auch an anderer Stelle wird deutlich, dass der Tod des Vaters eine existentielle Bedrohung für den Sohn und den Bestand der Familie darstellt: Hom. Il. 22,489–498. 349 „Doch lasst uns ihm nun hier den bitteren Untergang beschließen, dem Telemachos, und er soll uns nicht entrinnen! Denn ich denke, solange dieser lebt, werden wir diese Werke nicht zu Ende bringen. Denn selbst ist er kundig im Rat wie auch im Denken, die Männer des Volkes aber bringen uns nicht mehr durchaus Gunst entgegen. Darum auf, bevor er die Achaier zum Markt versammelt – denn ich denke, er wird nicht nachlassen, sondern wird fortzürnen und unter allen aufstehen und sagen, daß wir ihm den jähen Mord gewoben haben, konnten ihn aber nicht ereilen, und diese werden es nicht billigen, wenn sie von den schlimmen Werken hören; daß sie uns nichts Übles tun und uns aus unserem Land stoßen und wir in das Land von anderen gelangen müssen.“ (Übersetzung: Wolfgang Schadewaldt); Hom. Od. 16,371–382: ἡμεῖς δ’ ἐνθάδε οἱ φραζώμεθα λυγρὸν ὄλεθρον / ​Τηλεμάχῳ, μηδ’ ἧμας ὑπεκφύγοι· οὐ γὰρ ὀΐω / ​τούτου γε ζώοντος ἀνύσσεσθαι τάδε ἔργα. / ​αὐτὸς μὲν γὰρ ἐπιστήμων βουλῇ τε νόῳ τε, / ​λ αοὶ δ’ οὐκέτι πάμπαν ἐφ’ ἡμῖν ἦρα φέρουσιν. / ​ἀ λλ’ ἄγετε, πρὶν κεῖνον ὁμηγυρίσασθαι Ἀχαιοὺς / ​εἰς ἀγορήν· – οὐ γάρ τι μεθησέμεναί μιν ὀΐω, / ​ἀ λλ’ ἀπομηνίσει, ἐρέει δ’ ἐν πᾶσιν ἀναστάς, / ​οὕνεκά οἱ φόνον αἰπὺν ἐράπτομεν οὐδ’ ἐκίχημεν· / ​οἱ δ’ οὐκ αἰνήσουσιν ἀκούοντες κακὰ ἔργα· / ​μή τι κακὸν ῥέξωσι καὶ ἥμεας ἐξελάσωσι / ​γαίης ἡμετέρης, ἄλλων δ’ ἀφικώμεθα δῆμον. 350 Mit dem Begriff „Hetairie“ werden in den homerischen Epen jedoch verschiedene Formen sozialer Beziehungen bezeichnet, die nicht exklusiv einer Gruppe zugeordnet werden können; vgl. dazu: Ulf (1990), 127–138.

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unmittelbaren Funktionsträgern  – wie basileis und Geronten  – und (anderen) Bauern mit den entsprechenden materiellen, kulturellen und sozialen Ressourcen aufrechterhalten und durchgesetzt.351 Die Akzeptanz dieser Akteure ist in der epischen Dichtung primär an individuelle Ressourcen gebunden, das sog. ‚Verfassungsgesetz‘ aus Dreros belegt jedoch, dass es bereits in der Früharchaik Bestrebungen gab, die gesellschaftlichen Regelsysteme zu entpersonalisieren (s. u.). Die homerischen Epen beschreiben zwei Formen von im weitesten Sinne politischen Zusammenkünften, die terminologisch nicht immer eindeutig unterschieden werden: den Rat (boule) und die Versammlung (agora). Die boule war ein Rat der einflussreichsten Mitglieder der Siedlungsgemeinschaft – oder, wie im Falle der Ilias, des Kriegszuges  –, der in der Regel situativ durch den basileus  – bzw. die Herolde (kerykes)  – einberufen wurde und in dessen Haus oder Zelt stattfand. Ihre Zusammensetzung und Teilnehmerzahl variierte je nach Art und Relevanz des zu verhandelnden Gegenstandes und war nicht rechtlich festgelegt. Jeder Teilnehmer konnte das Wort ergreifen und es war prinzipiell möglich, den basileus offen zu kritisieren.352 In den Ratsversammlungen der Ilias werden, der Handlung entsprechend, vor allem Fragen des Krieges diskutiert. Es ist davon auszugehen – dies zeigen die entsprechenden Szenen der Odyssee –, dass in der boule ansonsten allgemeine Belange der Siedlungsgemeinschaft diskutiert wurden; auch in der Ilias ist eine große Schnittmenge zwischen den in der boule und in der agora verhandelten Angelegenheiten zu erkennen. Die ausführlichste Schilderung einer boule findet sich im neunten Buch der Ilias. Der Begriff agora kann nicht nur die Versammlung selbst, sondern auch deren Ort bezeichnen. Im erstgenannten Sinn war sie eine öffentliche Zusammenkunft aller Mitglieder einer Gemeinde, die auf einem festgelegten Platz stattfand.353 Ab etwa 650 sind agorai – im zweitgenannten Sinn  – auch archäologisch nachgewiesen.354 Diese Versammlungen dienten der Entscheidungsfindung in gemeinschaftlichen Angelegenheiten und waren – etwa in Konfliktsituationen  – ein wichtiger Kommunikationsraum der Gemeinde. Wie in der boule war es grundsätzlich auch in der agora möglich, die basileis zu kritisieren: Als Thersites darauf hinweist, dass der Streit zwischen Agamemnon und Achill die Ordnung innerhalb der Gemeinschaft gefährdet, wird er nicht aufgrund seiner (niederen) sozialen Stellung, sondern wegen der möglichen Folgen 351 In

den homerischen Epen wird  – neben basileus und geron  – zweimal der Begriff „δικασπόλος“ zur Bezeichnung eines Schlichters bzw. Richters verwendet: Hom. Il. 1,238; 11,186; vgl. dazu: Herrmann (2012), 323; Ulf (1990), 170. 352 Vgl. dazu: Ulf (1990), 85–125; Ulf (2011a). 353 Zu den verschiedenen Versammlungsformen in den homerischen Epen und der Dichtung Hesiods: Gschnitzer (1969); Luce (1978); Andreev (1979a); Millett (1984); Andreev (1988); Gschnitzer (1991); Hölkeskamp (1997); Hölkeskamp (2003); Hölkeskamp (2004a); Schmitz (2004b); Schulz (2011); Ulf (2011a); Schmitz (2014). 354 Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 94.

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seiner Worte bestraft. Die basileis wissen um die Gefahr, die von diesem Konflikt für den Zusammenhalt der ‚Griechen‘ vor Troia ausgeht und wollen die Situation daher in der agora nicht weiter eskalieren lassen.355 Ein regelmäßiger Turnus solcher Versammlungen ist in den Quellen nicht greifbar, vielmehr wurden sie auf die Initiative einzelner Akteure oder kleiner Gruppen hin durch Herolde einberufen.356 Diese hatten auch für einen geregelten Ablauf der Zusammenkunft zu sorgen, indem sie den Teilnehmern das Wort erteilten oder diese zur Ordnung riefen. Wer sprechen wollte, erhielt ein Szepter, wenn er nicht, wie Agamemnon, ein eigenes besaß.357 Im zweiten Buch der Odyssee  – wo sich die ausführlichste Schilderung einer agora findet  – wird deutlich, dass die basileis offenbar einen eigenen Sitz auf dem Versammlungsplatz hatten.358 Beide Versammlungsformen dienten der Entscheidungsfindung, ein formelles Verfahren ist in den Quellen jedoch nicht beschrieben. Weder verfügten einzelne Akteure über die Macht, ihre Positionen gegen den Widerstand der Gruppe durchzusetzen noch wurde über Beschlüsse abgestimmt. Die Anführer und die übrigen Akteure waren letztlich darauf angewiesen, gemeinsam eine Entscheidung zu treffen, die auf allgemeine Zustimmung stieß.359 Die Frage, in welchem Verhältnis die boule und die agora im gesellschaftlichen Gefüge früharchaischer Siedlungsgemeinschaften standen, soll hier nicht näher untersucht werden.360 Über diese Versammlungen hinaus, sind in den zeitgenössischen Schriftquellen zwei Strategien zur Lösung bzw. Vermeidung von Konflikten greifbar: Die Anrufung eines Schlichters durch eine betroffene Partei sowie die soziale Kontrolle durch die Mitglieder der Siedlungsgemeinschaft, die sich an einem engen Normengeflecht orientierte. In der Schildbeschreibung der Ilias ist ein solches Schlichtungsverfahren paradigmatisch belegt:361 355

Zu der Thersites-Episode vgl.: Ulf (1990); Ulf (2011a); Frass (2012). Siehe dazu etwa: Hom. Od. 2,25–34. 357 Vgl. dazu exemplarisch: Hom. Od. 2,37 sowie (mit weiteren Belegstellen): Ulf (1990), bes. 85 ff.; Ulf (2011a). 358 Vgl. dazu Ulf (1990), 85–125 sowie folgende Belegstelle: „Da staunte alles Volk über ihn, wie er daherkam, und er setzte sich in den Sitz des Vaters, und die Alten wichen vor ihm zur Seite.“ (Übersetzung: Wolfgang Schadewaldt); Hom. Od. 2,13 f.: τὸν δ’ ἄρα πάντες λαοὶ ἐπερχόμενον θηεῦντο. / ​ἕ ζετο δ’ ἐν πατρὸς θώκῳ, εἶξαν δὲ γέροντες. 359 Vgl. dazu: Ulf (1990), 70–125; R aaflaub (1991); R aaflaub (1997a); Ulf (2011a). 360 Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 319. 361 Hom. Il. 18,497–508: λαοὶ δ’ εἰν ἀγορῇ ἔσαν ἀθρόοι· ἔνθα δὲ νεῖκος / ​ ὠρώρει, δύο δ’ ἄνδρες ἐνείκεον εἵνεκα ποινῆς / ​ἀ νδρὸς ἀποφθιμένου· ὃ μὲν εὔχετο πάντ’ ἀποδοῦναι / ​δήμῳ πιφαύσκων, ὃ δ’ ἀναίνετο μηδὲν ἑλέσθαι· / ​ἄμφω δ’ ἱέσθην ἐπὶ ἴστορι πεῖραρ ἑλέσθαι. / ​λ αοὶ δ’ ἀμφοτέροισιν ἐπήπυον ἀμφὶς ἀρωγοί· / ​κ ήρυκες δ’ ἄρα λαὸν ἐρήτυον· οἳ δὲ γέροντες / ​ εἵατ’ ἐπὶ ξεστοῖσι λίθοις ἱερῷ ἐνὶ κύκλῳ, / ​σ κῆπτρα δὲ κηρύκων ἐν χέρσ’ ἔχον ἠεροφώνων· / ​ τοῖσιν ἔπειτ’ ἤϊσσον, ἀμοιβηδὶς δὲ δίκαζον. / ​κ εῖτο δ’ ἄρ’ ἐν μέσσοισι δύω χρυσοῖο τάλαντα, / ​ τῷ δόμεν ὃς μετὰ τοῖσι δίκην ἰθύντατα εἴποι. Allgemein zum Schild des Achill vgl.: Wirbelauer (1996). 356

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Das Volk aber war auf dem Markt versammelt. Dort hatte ein Streit / ​Sich erhoben: zwei Männer stritten um das Wergeld / ​Für einen erschlagenen Mann. Der eine gelobte, daß er alles erstattet habe, / ​Und tat es dem Volke dar, der andere leugnete: nichts habe er empfangen. / ​Und beide begehrten, beim Schiedsmann einen Entscheid zu erlangen, / ​Und das Volk schrie beiden zu, hüben und drüben als Helfer. / ​Und Herolde hielten das Volk zurück, die Ältesten aber / ​ Saßen auf geglätteten Steinen im heiligen Ring. / ​Und sie hielten die Stäbe von den Herolden, den luftdurchrufenden, in den Händen; / ​Mit denen sprangen sie auf und taten abwechselnd ihren Spruch. / ​In ihrer Mitte aber lagen zwei Pfunde Goldes, / ​Um sie dem zu geben, der unter ihnen das Recht am geradesten spräche. (Übersetzung: Wolfgang Schadewaldt) Ein weiteres Beispiel sind Hesiods Erga, in denen sich der Dichter und dessen Bruder an einen basileus wenden, damit dieser ihnen hilft, den Streit um das väterliche Erbe beizulegen. Offenbar verfügten bestimmte Akteure – bei Homer und Hesiod sind es Geronten und basileis – über die Fertigkeiten und das Ansehen, um Streitigkeiten durch einen Schiedsspruch lösen zu können. Diese Schlichtungen dienten der friedlichen Beilegung von Konflikten. Sie fanden öffentlich auf der agora statt und folgten einem festgelegten Verfahren, das von Herolden geleitet wurde. Die Öffentlichkeit hatte dabei eine dreifache Funktion: Sie sollte das Verfahren überwachen, die Einhaltung der erzielten Übereinkunft kontrollieren und war zugleich das Publikum, vor dem die Schlichter ihre Fertigkeiten unter Beweis stellen konnten.362 Die sozial sanktionierten Normen hingegen zielten darauf ab, Konflikte innerhalb der Gemeinde zu vermeiden. Explizit greifbar ist ein solches Regelsystem in Hesiods Erga: In einprägsamen Sprichworten werden die Bauern ermahnt, arbeitsam, rechtschaffen und  – bei unverschuldeter Not  – mit ihren Nachbarn solidarisch zu sein. Außerdem hatte ein Bauer darauf zu achten, dass in seinem oikos die gesellschaftlichen Regeln eingehalten wurden. Dieses dichte Normengeflecht umfasste das gesamte bäuerliche Leben von der Geburt bis zum Tod und strukturierte so die soziale Interaktion.363 Das Spektrum möglicher Repressalien reichte von diffusen Strafen wie Spott und Gerede, handgreiflichen Rügebräuchen und Schandstrafen bis hin zum Ausschluss aus der Siedlungsgemeinschaft. Da solche Sanktionen – vom Ausschluss aus der Gemeinde abgesehen – die physische, ökonomische oder soziale Existenz eines Delinquenten für gewöhnlich nicht vernichten sollten, waren auch sie spezifischen Regeln unterworfen. Allerdings lassen sich entsprechende Normen in den zeitgenössischen Quellen nur 362

Vgl. dazu: Hölkeskamp R aaflaub (1988), bes. 211–214; (1992a); Ulf (1989); Ulf (1990); Hölkeskamp (1999); Schmitz (1999); Hölkeskamp (2002b); Schmitz (2004b); Schmitz (2008a); Schmitz (2014); Seelentag (2015). 363 Vgl. dazu: Schmitz (2004b), 74–100 sowie die folgende Textpassage: Hes. erg. 286–380.

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sehr bedingt greifen. Winfried Schmitz gelang es jedoch anhand kulturwissenschaftlicher Vergleiche, diese Strafformen für die mittlere und späte Archaik nachzuzeichnen und für die bei Homer und Hesiod geschilderte Lebenswelt zumindest plausibel zu machen.364 Auch in diesem Regelsystem ist Öffentlichkeit ein tragendes Element. Ein lärmender Umzug (komos) zum Haus des Beschuldigten machte die Mitglieder der Gemeinde auf die bevorstehende Rüge aufmerksam und gab dem Betroffenen die Möglichkeit, sich vorzubereiten. Dieses Vorgehen sollte verhindern, dass die Rüge in unkontrollierte Gewalt umschlug und hatte zudem eine pädagogische Funktion. Sie aktualisierte die geltenden Normen und diente insbesondere den nachfolgenden Generationen als Exempel.365 Das in den Erga dokumentierte Regelsystem kann dem spezifischen sozialen Kontext einer bäuerlichen Dorfgemeinschaft zugeordnet werden, es ist jedoch umstritten, inwieweit deren Normen auch für die basileis galten: Schmitz geht in Anlehnung an das Gesellschaftsmodell der älteren Forschung davon aus, dass die Anführer sich durch ihre Vorrangstellung und ihre (über)regionalen Kontakte der dörflichen Ordnung hätten entziehen können.366 Verschiedene Gründe sprechen jedoch gegen diese Annahme (s. u.): Erstens waren die basileis ökonomisch ebenfalls in den bäuerlichen Kontext eingebunden, zweitens wurde ihr Handeln immer auch in Relation zu den Interessen der Gemeinschaft beurteilt und drittens drohten ihnen letztlich dieselben Sanktionen wie den übrigen Bauern, wenn sie den inneren Frieden störten oder die an sie gestellten Erwartungen nicht erfüllen konnten. Auch wenn es den basileis also gelungen war, sich der sozialen Ordnung partiell zu entziehen, so blieben sie strukturell dennoch an das Normensystem der Gemeinde gebunden. Dieser Punkt ist für die Argumentation der vorliegenden Studie von entscheidender Bedeutung und wird im Folgenden näher ausgeführt. Mit diesem Teilkapitel sollte keine systematische Darstellung archaischer Institutionen gegeben werden; dies wäre aufgrund der Überlieferungssituation 364

Vgl. dazu: Schmitz (2004b), 259–410; Schmitz (2008a); Schmitz (2014). So können etwa die Gelage der Freier in der Odyssee als „Ausfressen“ – ein volkskundlich belegter Rügebrauch – interpretiert werden, das Penelope sanktionieren sollte, da sie sich über Jahre einer neuerlichen Heirat entzog. Auch die Sorge der Freier, aus der Siedlungsgemeinschaft vertrieben zu werden, wenn ihr Mordkomplott gegen Telemach entdeckt werden sollte, weist in diese Richtung (s. Kapitel III. B.2.). 365 Zu diesem volkskundlichen Modell vgl. (jeweils mit weiterer Literatur): Scharfe (1970); Meuli (1975); Scharfe (1991); Schmitz (2004b), 259–410. 366 Zum ökonomischen Hintergrund früharchaischer Siedlungsgemeinschaften vgl. (jeweils mit weiterer Literatur): Richter (1968a); Starr (1977); Halstead (1987); Ulf (1990), 175–212; Donlan (1997a); Schmitz (2004b), 27–42; Morris (2005); Schmitz (2007); Bennet (2008); Morris (2008); Osborne (2008); Ulf (2011a) sowie spezifisch zu dem von Schmitz zugrunde gelegten Begriff von Subsistenzwirtschaft: Foster (1965); Cook (1974); Sahlins (1978). Zu Schmitz’ Unterscheidung von ‚Adel‘ und Bauern vgl.: Schmitz (2004b), 27–147.

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ohnehin kaum möglich. Vielmehr benennt es  – gleichsam als Grundlage der folgenden Analysen – die strukturellen Elemente und Probleme gesellschaftlicher Regelsysteme im früharchaischen Griechenland. Ähnlich wie die Gesellschaft der isländischen Freistaatzeit verfügten auch die Siedlungsgemeinschaften des 8. und 7. Jahrhunderts über verschiedene Regelsysteme, die  – was etwa den Ort, den Ablauf und die Fixierung von Normen betrifft – offenbar einen hohen Formalisierungsgrad aufwiesen. Mangels eines Erzwingungsstabes und anderer administrativer Strukturen waren sie strukturell jedoch in hohem Maße an die Kapitalien und das Ansehen ihrer Träger, der basileis – und anderer einflussreicher Akteure –, gebunden. Durch den wachsenden Einfluss einzelner Akteure und der daraus resultierenden Konkurrenz um gesellschaftliche Einflusssphären verloren sie aber offenbar zunehmend an Funktionalität und Durchsetzungsfähigkeit etwa bei der Lösung von Konflikten; es sei hier nur auf die Haupthandlungen der homerischen Epen und das sog. Verfassungsgesetz von Dreros verwiesen (s. u.). Dieser Befund deckt sich grundsätzlich mit den Ergebnissen zur Gesellschaft des mittelalterlichen Island und bestätigt insofern den komparativen Ansatz dieser Studie. Allerdings deuten sich hier auch bereits (weitere) Unterschiede zwischen den Vergleichsgesellschaften an, die noch zu diskutieren sein werden: Erstens finden sich in den früharchaischen Quellen  – anders als in der isländischen Überlieferung – Tendenzen zur Entpersonalisierung von Gemeinschaftsaufgaben und zweitens scheint die Bindekraft der bei Homer, Hesiod und den Lyrikern greifbaren gesellschaftlichen Regelsysteme langfristig größer gewesen zu sein als in der Freistaatzeit. Darauf lässt zumindest der Umstand schließen, dass sich die basileis – trotz ihrer zunehmenden Verfestigung als Gruppe – der Kontrolle durch die Gemeinschaft nicht dauerhaft entziehen konnten (s. u.).

2. Zwischen Konkurrenz und Gemeinschaftsbezug? – Gesellschaftliche Vorrangstellung in früharchaischen Siedlungsgemeinschaften In der Archaikforschung ist nach wie vor umstritten, wie gesellschaftlicher Einfluss angemessen erfasst und beschrieben werden kann. Diese Diskussion lässt sich durch zwei zunächst gegensätzliche Positionen eingrenzen, die sich in den letzten Jahren deutlich angenähert haben: Der Annahme, es habe eine weitgehend stabile Oberschicht mit einem exklusiven Lebensstil gegeben, steht die These entgegen, dass die Stellung des Anführers in der epischen Dichtung strukturelle Schwächen aufweise und daher immer wieder von neuem habe ausgehandelt werden müssen.367 In den Quellen finden sich Anknüpfungspunkte für beide Positionen und es ist 367 Vgl.

zu dieser Diskussion exemplarisch: Gschnitzer (1965); Gschnitzer (1969); Andreev (1975); Arnheim (1977); Andreev (1979b); Donlan (1980); Drews (1983); Donlan (1985); Stahl (1987); Stein-Hölkeskamp (1989); Ulf (1990);

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bislang nicht gelungen, das oben skizzierte Spannungsverhältnis zwischen der Stabilität der basileis als Gruppe und der potentiell instabilen Stellung des Einzelnen konzeptionell aufzulösen. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung war die Beobachtung, dass die Vorrangstellung einer Person nicht an eine übergeordnete Kategorie gesellschaftlichen Ansehens gebunden war, sondern auf unterschiedlichen Ressourcen basierte.368 Dadurch trat ein dynamisches Konkurrenz-Modell an die Stelle starrer Gruppenkonzepte.369 Dieser heuristische Ansatz bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte für das in Kapitel II an der isländischen Freistaatzeit entworfene Analyseinstrumentarium. Die zentralen soziopolitischen Akteure werden  – vor allem in der epischen Dichtung – als basileis oder Geronten bezeichnet, ein Kollektivnomen, das sie als Mitglieder einer klar abgrenzbaren Schicht auswiese, ist jedoch nicht belegt.370 Diese Begriffe werden nicht synonym gebraucht, weisen aber eine große Schnittmenge auf: Viele basileis treten auch als Geronten auf, doch nicht alle Geronten waren ebenfalls basileis. Während die basileis das Zusammenleben ihrer Gemeinde organisierten und leiteten, fungierten die Geronten in verschiedenen Zusammenhängen als Berater und Schlichter. Die Bezeichnung geron dient in den Texten nicht primär zur Bestimmung des Lebensalters – dieses wird gegebenenfalls separat angegeben –, sondern bringt zum Ausdruck, dass eine Person über Erfahrung und besondere Fähigkeiten verfügt. So gelten neben tatsächlich alten Männern – wie etwa Nestor und Priamos – auch die um Agamemnon versammelten basileis anderer Gemeinden, inklusive der offensichtlich jungen Männer Achill und Diomedes, als Geronten.371 Darüber hinaus finden sich weitere positiv konnotierte Termini wie agathos, aristos, esthlos u. a. Diese Begriffe werden in der klassischen ArchaikGschnitzer (1991); Wees (1992); Walter (1993); R aaflaub (1997a); Ulf (2001b); Duplouy (2006a); Hall (2007a); Ulf (2007); Ulf (2010d). 368 Vgl. dazu: Stein-Hölkeskamp (1989), 7–56; Ulf (1990), 1–49. 369 Vgl. dazu: Duplouy (2006a); Ulf (2006b); Weiler (2006); Ulf (2008a); Ulf (2008b); Ulf (2010a); Cairns (2011); Ulf (2011c); Ulf (2012a); Ulf (2013); Hölkeskamp (2014); Seelentag (2015), 58–93. 370 Zu der Verwendung des Begriffs basileus vgl.: Cobet (1981); Stein-Hölkeskamp (1989), 7–56; Ulf (2010d). Vereinzelt findet sich der Begriff basileus auch in der früharchaischen Lyrik: „(…) dass anfangen sollten im Rat die gottgeliebten basileis, die über die liebliche Polis walten, und die früher geborenen Alten; dann aber sollten die Männer aus dem Volk sprechen, indem sie mit geraden Sprüchen dagegensprechen. Sie sollen aber das Gute sagen und alles Gerechte tun, aber dieser Stadt nichts Schiefes raten; für die Menge des Volkes aber solle folgen der Sieg und die Macht (…).“ (Übersetzung: Tanja Itgenshorst); Tyrtaios fr. 4,3–10 West = Plut. Lyc. 6; Diod. 7,12,6: […] ἄρχειν μὲν βουλῆς θεοτιμήτους βασιλῆας, / ​οἷσι μέλει Σπάρτης ἱμερόεσσα πόλις, / ​πρεσβυγεν ⟨έα⟩ς τε γέροντας· ἔπειτα δὲ δημότας ἄνδρας / ​εὐθείαις ῥήτραις ἀνταπαμειβομένους / ​μυθεῖσθαί τε τὰ καλὰ καὶ ἔρδειν πάντα δίκαια, / ​μηδέ τι βουλεύειν τῆιδε πόλει ⟨σκολιόν⟩ · / ​δήμου τε πλήθει νίκην καὶ κάρτος ἕπεσθαι. / ​Φοῖβος γὰρ περὶ τῶν ὧδ’ ἀνέφηνε πόλει. 371 Zu den Geronten in den homerischen Epen vgl.: Ulf (1990), 70–105.

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forschung weitgehend synonym gelesen372 und, aufgrund ihrer in der Summe häufigen Verwendung, als zusätzlicher Beleg für das Vorhandensein einer elitären Oberschicht gewertet.373 Das sog. Aristie-Ideal gilt dabei als Kern adeliger Mentalität, auch wenn es in den früharchaischen Schriftquellen nur zweimal explizit formuliert wird. Die instruktive Belegstelle lautet wie folgt:374 Und er schickte mich nach Troia und trug mir gar vielfach auf, / ​Immer Bester zu sein und überlegen zu sein den anderen / ​Und der Väter Geschlecht nicht Schande zu machen, die die weit Besten / ​Waren in Ephyra wie auch in dem breiten Lykien. / ​Aus diesem Geschlecht und Blut rühme ich mich dir zu stammen. (Übersetzung: Wolfgang Schadewaldt) Demgegenüber konnte Christoph Ulf jedoch zeigen, dass die Wertbegriffe aristos und esthlos – sowie deren negative Äquivalente wie etwa kakos – sich zwar auf das gesellschaftliche Ansehen einer Person oder Kleingruppe beziehen, dabei aber in unterschiedlichen Kontexten und nicht exklusiv für eine soziale Großgruppe verwendet werden. Sie ermöglichen es vielmehr, individuelle kriegerische, körperliche, geistige, kulturelle oder handwerkliche Fähigkeiten zu beurteilen; wird der Plural – bspw. aristoi – verwendet, zeigt dies an, dass es sich bei der entsprechenden Gruppe um die tatsächlich Besten des jeweiligen Feldes handelt.375 Keine dieser Wertungen drückt eine absolute Vorrangstellung aus, wenngleich die verschiedenen Lebensbereiche hierarchisiert sind: Einem guten Krieger wird mehr Wertschätzung entgegengebracht als einem guten Sänger.376 Nestor relativiert den vermeintlichen Anspruch, „immer Bester zu sein und überlegen zu sein den anderen“ bei der zweiten Verwendung dieser Formulierung erheblich377, indem er im Verlauf einer längeren Rede darauf verweist, dass gesellschaftliches Ansehen auf verschiedene Weise erworben werden kann:378 372

Vgl. dazu Ulf (1990), 15–49. Peter Herrmann weist bereits 1954 darauf hin, dass es unterschiedliche Wertbegriffe in den homerischen Epen gibt. Er zweifelt jedoch nicht grundsätzlich an der Vorstellung eines homerischen Adels: Herrmann (1954). 373 Vgl. dazu: Herrmann (1954); Schulz (1981); Stein-Hölkeskamp (1989), 7–56; Ulf (1990), 15–49; Schmitz (2004b), 105–147. 374 Hom. Il. 6,207–211: πέμπε δέ μ’ ἐς Τροίην, καί μοι μάλα πόλλ’ ἐπέτελλεν / ​α ἰὲν ἀριστεύειν καὶ ὑπείροχον ἔμμεναι ἄλλων, / ​μηδὲ γένος πατέρων αἰσχυνέμεν, οἳ μέγ’ ἄριστοι / ​ἔ ν τ’ Ἐφύρῃ ἐγένοντο καὶ ἐν Λυκίῃ εὐρείῃ. / ​ταύτης τοι γενεῆς τε καὶ αἵματος εὔχομαι εἶναι. 375 Vgl. dazu: Schulz (1981); Ulf (1990), 1–49. 376 Vgl. dazu: Ulf (1990), 29–49. 377 Vgl. dazu: Weiler (1975); Ulf (2010d). 378 Hom. Il. 11,783–793: Πηλεὺς μὲν ᾧ παιδὶ γέρων ἐπέτελλ’ Ἀχιλῆϊ / ​α ἰὲν ἀριστεύειν καὶ ὑπείροχον ἔμμεναι ἄλλων· / ​σ οὶ δ’ αὖθ’ ὧδ’ ἐπέτελλε Μενοίτιος Ἄκτορος υἱός· / ​τέκνον ἐμὸν γενεῇ μὲν ὑπέρτερός ἐστιν Ἀχιλλεύς, / ​πρεσβύτερος δὲ σύ ἐσσι· βίῃ δ’ ὅ γε πολλὸν ἀμείνων. / ​ ἀλλ’ εὖ οἱ φάσθαι πυκινὸν ἔπος ἠδ’ ὑποθέσθαι / ​κ αί οἱ σημαίνειν· ὃ δὲ πείσεται εἰς ἀγαθόν περ. / ​ὣ ς ἐπέτελλ’ ὃ γέρων, σὺ δὲ λήθεαι· ἀλλ’ ἔτι καὶ νῦν / ​ταῦτ’ εἴποις Ἀχιλῆϊ δαΐφρονι αἴ

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Peleus, der Alte, trug seinem Sohn auf, dem Achilleus: / ​‚Immer Bester zu sein und überlegen zu sein den anderen.‘ / ​Dir aber wieder trug so Menoitios auf, der Sohn des Aktor: / ​‚Mein Kind! Von Geburt ist der Höhere Achilleus, / ​Der Ältere aber bist du, doch an Kraft ist er viel besser. / ​Doch du sprich ihm gut zu mit dichtem Wort und rate ihm / ​Und gib ihm Weisung, und er wird dir folgen zum Guten.‘ / ​So trug der Alte dir auf, doch du vergißt es! Aber auch jetzt noch / ​Sage dies dem Achilleus, dem kampfgesinnten, ob er dir folge. / ​ Und wer weiß, ob du ihm nicht mit einem Daimon den Mut bewegst, / ​Wenn du ihm zusprichst! Denn gut ist der Zuspruch eines Gefährten. (Übersetzung: Wolfgang Schadewaldt) Noch deutlicher wird dies in den folgenden Szenen: Agamemnon ist der Anführer der Achaier, nicht jedoch deren stärkster Kämpfer.379 Hektor hingegen ist zwar offenbar der beste Krieger Troias, nicht aber der Klügste im Rat:380 Hektor! Nicht zu bewegen bist du, Ratschlägen zu folgen! / ​Weil dir über die Maßen gab ein Gott die Werke des Krieges, / ​Darum willst du auch im Rat mehr wissen als andere. / ​Aber nicht alles zugleich kannst du dir selber nehmen! / ​ Denn dem einen gab der Gott die Werke des Krieges, / ​Dem anderen Tanz, dem anderen Zitherspiel und Gesang; / ​Einem anderen legt er Verstand in die Brust der weitumblickende Zeus, / ​Guten, und davon haben Nutzen viele Menschen, / ​ Und viele rettet er, doch am meisten erkennt er es auch selber. / ​Ich aber will sagen, wie es mir am besten zu sein scheint. (Übersetzung: Wolfgang Schadewaldt) Hinzukommt, dass die Bewertung individueller Leistung nicht nur in verschiedenen Prestigefeldern erfolgt, sondern auch innerhalb unterschiedlicher sozialer Bezugsgruppen und nicht zwangsläufig für die gesamte Gemeinschaft gilt: Aias κε πίθηται. / ​τ ίς δ’ οἶδ’ εἴ κέν οἱ σὺν δαίμονι θυμὸν ὀρίναις / ​παρειπών; ἀγαθὴ δὲ παραίφασίς ἐστιν ἑταίρου. 379 „Mit dem Herrscherstab gab er [Zeus; Anm. P. Z.] dir, geehrt zu werden vor allen, / ​ Kampfkraft aber gab er dir nicht, was die größte Stärke ist.“ (Übersetzung: Wolfgang Schadewaldt); Hom. Il. 9,38 f.: σκήπτρῳ μέν τοι δῶκε τετιμῆσθαι περὶ πάντων, / ​ἀ λκὴν δ’ οὔ τοι δῶκεν, ὅ τε κράτος ἐστὶ μέγιστον. Die Betonung der Kampfkraft kann hier mit dem kriegerischen Kontext der Handlung erklärt werden und ist insofern kein belastbares Indiz für eine übergeordnete Bedeutung dieser Fähigkeit für das Ansehen eines Anführers. 380 Hom. Il. 13,726–735: Ἕκτορ ἀμήχανός ἐσσι παραρρητοῖσι πιθέσθαι. / ​ο ὕνεκά τοι περὶ δῶκε θεὸς πολεμήϊα ἔργα / ​τοὔνεκα καὶ βουλῇ ἐθέλεις περιίδμεναι ἄλλων· / ​ἀ λλ’ οὔ πως ἅμα πάντα δυνήσεαι αὐτὸς ἑλέσθαι. / ​ἄ λλῳ μὲν γὰρ ἔδωκε θεὸς πολεμήϊα ἔργα, / ​ἄ λλῳ δ’ ὀρχηστύν, ἑτέρῳ κίθαριν καὶ ἀοιδήν, / ​ἄ λλῳ δ’ ἐν στήθεσσι τιθεῖ νόον εὐρύοπα Ζεὺς / ​ἐσθλόν, τοῦ δέ τε πολλοὶ ἐπαυρίσκοντ’ ἄνθρωποι, / ​κ αί τε πολέας ἐσάωσε, μάλιστα δὲ καὐτὸς ἀνέγνω. / ​αὐτὰρ ἐγὼν ἐρέω ὥς μοι δοκεῖ εἶναι ἄριστα·

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wird nur solange als der beste Krieger betrachtet, bis Achill wieder in den Kampf eingreift.381 Als Agamemnon die Achaier in Buch 9 der Ilias auffordert, nach Hause zurückzukehren, widerspricht der junge Diomedes vehement. Der erfahrenere Nestor weist diesen jedoch darauf hin, dass er zwar ein tapferer Krieger und der Klügste seines Alters im Rat sei, seine Ausführungen aber nicht zu Ende gedacht und daher zu ergänzen seien:382 Die aber jubelten ihm alle zu, die Söhne der Achaier, / ​Staunend über das Wort des Diomedes, des Pferdebändigers. / ​Und unter ihnen stand auf und sprach der Rosselenker Nestor: / ​„Tydeus-Sohn! Überlegen stark bist du im Kampf / ​ Und bist im Rat unter allen Gleichaltrigen der beste. / ​Keiner wird dir die Rede tadeln von allen Achaiern, / ​Noch widersprechen; doch zum Ziel der Reden bist du nicht gekommen. / ​Wirklich! Bist du doch auch jung und könntest auch mein Sohn sein, / ​Der jüngste von Geburt. Doch du redest verständig / ​Vor den basileis der Argaier, denn du hast nach Gebühr gesprochen. / ​Doch auf! Ich, der ich mich rühme, älter zu sein als du, / ​Will es heraussagen und alles durchgehen […]“. (Übersetzung: Wolfgang Schadewaldt) Der Begriff agathos ist anders akzentuiert. Wie Christoph Ulf präzise herausarbeitet, gilt als agathos, wer die Normen der Gemeinschaft kennt, sich an ihnen orientiert und auf diese Weise dazu beiträgt, den Frieden innerhalb der Gemeinde zu erhalten. Diese Bezeichnung drückt eine besondere Wertschätzung aus, da normatives Wissen und ein entsprechendes Verhalten in einer Gesellschaft ohne abstrakt gesetztes Recht und ohne eine Erzwingungsgewalt von besonderer Bedeutung sind.383 Die Aufgaben und Interessen der Gemeinschaft bilden letztlich den Maßstab zur Beurteilung der Fähigkeiten und des Verhaltens aller gesellschaftlichen Akteure, vor allem aber der Anführer. Deren besondere Verantwortung wird in den folgenden Worten Nestors deutlich:384 381

Hom. Il., 2,768 f.; vgl. dazu: Ulf (1990), 32. Hom. Il. 9,50–61: οἳ δ’ ἄρα πάντες ἐπίαχον υἷες Ἀχαιῶν / ​μῦθον ἀγασσάμενοι Διομήδεος ἱπποδάμοιο. / ​τοῖσι δ’ ἀνιστάμενος μετεφώνεεν ἱππότα Νέστωρ· / ​Τυδεΐδη περὶ μὲν πολέμῳ ἔνι καρτερός ἐσσι, / ​κ αὶ βουλῇ μετὰ πάντας ὁμήλικας ἔπλευ ἄριστος. / ​οὔ τίς τοι τὸν μῦθον ὀνόσσεται ὅσσοι Ἀχαιοί, / ​οὐδὲ πάλιν ἐρέει· ἀτὰρ οὐ τέλος ἵκεο μύθων. / ​ἦ μὲν καὶ νέος ἐσσί, ἐμὸς δέ κε καὶ πάϊς εἴης / ​ὁ πλότατος γενεῆφιν· ἀτὰρ πεπνυμένα βάζεις / ​Ἀ ργείων βασιλῆας, ἐπεὶ κατὰ μοῖραν ἔειπες. / ​ἀ λλ’ ἄγ’ ἐγών, ὃς σεῖο γεραίτερος εὔχομαι εἶναι / ​ἐ ξείπω καὶ πάντα διίξομαι· […]. 383 Vgl. dazu: Ulf (1990), 15–24 sowie allgemein zu der Diskussion um den Begriff „agathos“: Herrmann (1954); Schulz (1981); Stein-Hölkeskamp (1989), 7–59. 384 Hom. Il. 10, 96–102: Ἀτρεΐδη κύδιστε ἄναξ ἀνδρῶν Ἀγάμεμνον / ​ἐ ν σοὶ μὲν λήξω, σέο δ’ ἄρξομαι, οὕνεκα πολλῶν / ​λ αῶν ἐσσι ἄναξ καί τοι Ζεὺς ἐγγυάλιξε / ​σ κῆπτρόν τ’ ἠδὲ θέμιστας, ἵνά σφισι βουλεύῃσθα. / ​τώ σε χρὴ περὶ μὲν φάσθαι ἔπος ἠδ’ ἐπακοῦσαι, / ​κρηῆναι δὲ καὶ ἄλλῳ, ὅτ’ ἄν τινα θυμὸς ἀνώγῃ / ​εἰπεῖν εἰς ἀγαθόν· σέο δ’ ἕξεται ὅττί κεν ἄρχῃ. 382

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„Atreus-Sohn! Ruhmvollster! Herr der Männer Agamemnon! / ​Mit Dir will ich enden und mit Dir beginnen, da du über viele / ​Völker der Herr bist, und es hat Zeus Dir in die Hand gelegt / ​Daß du ihnen ratest. / ​Darum musst du mehr als andere ein Wort sagen und auch darauf hören, / ​und es auch einem anderen vollenden, wenn einen der Mut heißt, / ​Daß er zum Guten spricht. Von Dir hängt ab, worin er vorangeht. […]“ (Übersetzung: Wolfgang Schadewaldt) Keine soziale Gruppe kann für sich dauerhaft beanspruchen, agathos zu sein, sondern dieses Prädikat wird situativ für normgerechtes Verhalten vergeben und kann einem Akteur auch entzogen werden.385 So heißt es in Buch 3 der Ilias über Agamemnon:386 Dieser ist des Atreus Sohn, der weitherrschende Agamemnon, / ​Beides: ein tüchtiger basileus und ein starker Lanzenkämpfer. (Übersetzung: Wolfgang Schadewaldt) Auch der Schweinehirt Eumaios wird als agathos bezeichnet, da er Odysseus nach dessen Ankunft auf Ithaka Gastfreundschaft in seiner Hütte gewährt und dadurch die sozialen Normen bestätigt.387Achill hingegen droht diese Zuschreibung in Buch 24 zeitweise zu verlieren, als er Hektors Leichnam schändet und damit gegen die sozialen Normen verstößt.388 Ein Akteur kann also innerhalb eines sozialen Feldes oder einer Gruppe der Beste sein, in einem anderen Kontext aber schlechter bewertet werden. Da es kein Konzept absoluten Prestiges gibt, erfolgt die Zuerkennung gesellschaftlichen Ansehens und politischen Einflusses durch die Gemeindeöffentlichkeit (s. u.). Das jeweilige Urteil bezieht sich auf konkrete Eigenschaften, Fähigkeiten und Leistungen und ist nicht an eine festgefügte Sozialstruktur – wie sich zeigen wird jedoch sehr wohl an einen stabilen normativen Rahmen – gebunden. Dies ermöglichte ein gewisses Maß an sozialer Mobilität, da die Verteilung der gesellschaftlichen Einflusssphären nicht statisch war, sondern immer wieder ausgehandelt und aktualisiert werden musste. 385

Vgl. dazu: Ulf (1990), 15–24 mit weiteren Belegstellen; bes. 17 f. Hom. Il. 3,179: οὗτός γ’ Ἀτρεΐδης εὐρὺ κρείων Ἀγαμέμνων, / ​ἀμφότερον βασιλεύς τ’ ἀγαθὸς κρατερός τ’ αἰχμητής· 387 Hom. Od. 15,491: „[…] ἐνδυκέως, ζώεις δ’ ἀγαθὸν βίον· αὐτὰρ ἐγώ γε […]“. 388 „[…] Der aber [Achill; Anm. P. Z.], nachdem er dem göttlichen Hektor sein Herz geraubt hat, / ​Bindet er ihn an das Gespann, und um das Grabmal seines Gefährten / ​Schleift er ihn – nicht wahrhaftig sich selbst zum Schöneren oder Besseren! / ​Daß nur, so tüchtig er ist, nicht wir es ihm verargen! / ​Denn die stumme Erde mißhandelt er mit seinem Zürnen.“ (Übersetzung: Wolfgang Schadewaldt); Hom. Il. 24,50–54: αὐτὰρ ὅ γ’ Ἕκτορα δῖον, ἐπεὶ φίλον ἦτορ ἀπηύρα, / ​ἵππων ἐξάπτων περὶ σῆμ’ ἑτάροιο φίλοιο / ​ἕ λκει· οὐ μήν οἱ τό γε κάλλιον οὐδέ τ’ ἄμεινον. / ​μὴ ἀγαθῷ περ ἐόντι νεμεσσηθέωμέν οἱ ἡμεῖς· / ​κ ωφὴν γὰρ δὴ γαῖαν ἀεικίζει μενεαίνων. 386

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Wenn es aber kein absolutes Kriterium für die gesellschaftliche Stellung einer Person gibt, ist diese an spezifische Ressourcen gebunden und daher potentiell instabil. So ist es – mit gewissen Einschränkungen – grundsätzlich möglich, dass Akteure zum Anführer aufsteigen oder ihre gesellschaftliche Vorrangstellung verlieren.389 Für die Verteilung der entsprechenden Kapitalien gibt es aus theoretischer Perspektive zwei Modi, Konkurrenz und Kooperation. Beides darf nicht als anthropologische Konstante vorausgesetzt werden, sondern wäre jeweils aus der konkreten Situation als historisches Phänomen zu erklären.390 Auf der Handlungsebene der Epen dominiert zunächst die Konkurrenz zwischen verschiedenen Akteuren: Agamemnon und Achill streiten um die Sklavin Briseis und ihrer beider gesellschaftliches Ansehen. Auf Ithaka machen die Freier Telemach das Erbe seines Vaters streitig. Darüber hinaus finden sich in den Texten zahlreiche Beispiele für Konkurrenzsituationen im Kampf, im Rat oder im alltäglichen Zusammenleben.391 Dennoch war die (Früh)Archaik  – anders als in der älteren Forschung zumeist angenommen – kein ‚agonales Zeitalter‘.392 Konkurrenz ist hier vielmehr als Modus zur Verteilung gesellschaftlich relevanter Ressourcen zu verstehen, der spezifischen Regeln unterworfen ist; wie sich noch zeigen wird, war auch Kooperation ein konstitutives Element dieses Wettbewerbs. In den Quellen lassen sich verschiedene Felder identifizieren, in denen Akteure um gesellschaftliches Ansehen und politischen Einfluss konkurrieren konnten: Ökonomie, Kampfkraft, Herkunft sowie Leitung und Organisation des Zusammenlebens.393 Das Lebensalter ist zwar ein wichtiges Kriterium für die Stellung eines Mannes in der Gesellschaft, aufgrund seiner relativen Objektivität ist es einem Wettbewerb im engeren Sinne jedoch entzogen.394 Für gewöhnlich wird gesellschaftlicher Einfluss vor allem mit der ökonomischen Potenz vermeintlich adeliger oikoi, der Kampfkraft, dem Lebensalter und den (konstruierten) Abstammungsverhältnissen etwa der ‚homerischen Helden‘ erklärt.395 Die Erfüllung von Gemeinschaftsaufgaben erscheint vor diesem Hintergrund eher als Konsequenz und weniger als Voraussetzung der Vorrangstellung einzelner Akteure oder Kleingruppen. Eine solche Argumentation betont 389

Vgl. dazu die Belegstellen unter Anm. 341 sowie die folgenden Ausführungen in diesem Kapitel. 390 Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 369. 391 Vgl. dazu: Ulf (1990), 1–49; Ulf (2010d). 392 Vgl. dazu: Hölkeskamp (2000c); Arnason /  Murphy (2001); Ulf (2006b); Weiler (2006); Ulf (2008b); Ulf (2008a); Ulf (2010a); Ulf (2011c). 393 Vgl. dazu: Stein-Hölkeskamp (1989), 7–59; Ulf (1990), 1–49; Duplouy (2006a); Seelentag (2015), 58–92. 394 Vgl. dazu: Ulf (1990), 51–83; 85. 395 Vgl. dazu exemplarisch: Stein-Hölkeskamp (1989); R aaflaub (1991); Wees (1992); Libero (1996); R aaflaub (1993); R aaflaub (1997a); R aaflaub (1997c); Morris (2000); Ulf (2001b); R aaflaub (2004a); Schmitz (2004b); R aaflaub (2005b); Hall (2007a); Ulf (2010d); Schmitz (2014); Stein-Hölkeskamp (2015).

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die kompetitiven Elemente der gesellschaftlichen Organisation und vernachlässigt so die Bedeutung von Kooperation. Demgegenüber wurde in Teilen der Forschung immer wieder darauf hingewiesen, dass die Akzeptanz eines basileus – über die bereits genannten Faktoren hinaus – mit konkreten Erwartungen verbunden war, die sich auf die Interessen der Gemeinschaft bezogen.396 Die individuelle Position eines basileus kann also  – in der Terminologie des in Kapitel II entworfenen Modells – als ein komplexes Geflecht ökonomischer, körperlicher, kultureller und sozialer Ressourcen beschrieben werden. Im Folgenden gilt es zu untersuchen, welche Relevanz die einzelnen Kapitalien für die gesellschaftliche Stellung eines Akteurs hatten und in welcher Relation sie standen. Pflanzenbau und Tierhaltung waren die grundlegenden Wirtschaftsformen früharchaischer Siedlungsgemeinschaften und zumindest in den homerischen Epen kann sich niemand vollständig der bäuerlichen Arbeit entziehen (s. u.).397 Daneben gab es bereits ein spezialisiertes Handwerk und einen überregionalen Warenaustausch.398 Offenbar wurden die basileis bei Handelsgeschäften bevorzugt und hatten daher Zugriff auf seltene Waren wie Metallgefäße und edlen Wein. Unklar bleibt, ob sie den Handel kontrollieren und daraus dauerhaft einen ökonomischen Vorteil ziehen konnten. Die Selbstverständlichkeit, mit der handwerkliche Fähigkeiten von Bauern und basileis erwähnt werden, sowie die überwiegend negative Darstellung von Händlern lassen jedoch darauf schließen, dass dies keine verbreiteten Einnahmequellen waren.399 Raubzüge – an Land oder zur See – waren offenbar eine ebenso gängige wie legitime Einnahmequelle, doch ihre Bedeutung für die gesellschaftliche Stellung des Einzelnen ist gegenüber der älteren Forschung zu relativieren. Solche Überfälle gehören zwar zur Erfahrungswelt der epischen Dichtung und sie tragen gewiss zu dem relativen Reichtum einzelner Akteure bei. Sie sind jedoch kein konstitutives Element einer dauerhaften gesellschaftlichen Vorrangstellung (s. u.). Dagegen spricht nicht zuletzt auch ihre zumindest ambivalente Beurteilung in den Schriftquellen.400 Hesiod hingegen formuliert ausdrücklich das Ideal, „erst einmal ein Gehöft [oikos], eine Frau [und] einen Ochsen zum Pflügen“ zu haben401, um die eigene Existenz (weitgehend) selbständig sichern zu können. 396

Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 260. zum ökonomischen Hintergrund vgl. die Literatur unter Anm. 366. Zur Schilderung bäuerlicher Arbeit in den homerischen Epen vgl.: Ulf (1990), 175–212; Ulf (2011a). 398 Zum Handwerk im archaischen Griechenland vgl. die Literatur unter den Anm. 85 und 98; zum Handel vgl. die Literatur unter Anm. 106 sowie: Tandy (1997). 399 Zu der Darstellung von Handel und Handwerk in der früharchaischen Dichtung vgl.: Ulf (1990), 177–183; Tandy (1997); Tandy (2004); Ulf (2011a) sowie die folgenden Belegstellen: Hes. erg. 236; Hom. Il, 7,466–475; 21,40 f.; 23,740–747; 24,751 ff.; Hom. Od. 1,180–184; 3,71 ff.; 8,159–164; 9,253 f.; 17,382–386; 19,125. 400 Hom. Od. 9,253 f.; 14,191–359; 14,462–506; 16,424–430; vgl. dazu: Nowag (1983); Ulf (1990), 1–49; bes. 45; Ulf (2011a). 401 Hes. erg. 405; vgl. dazu: Schmitz (2004b), 74–101. 397 Allgemein

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Auf einen ähnlichen Hintergrund verweist Telemachs Entscheidung, sich zunächst auf den Erhalt des väterlichen oikos und nicht auf den Wettbewerb um die Funktion als basileus zu konzentrieren:402 „Antinoos, und magst du mir auch verargen, was ich sage: auch dies  – ich wollte es, wenn Zeus es gäbe, auf mich nehmen. Oder meinst du, daß dies das Schlimmste sei unter den Menschen? Basileus zu sein, ist gar nicht übel. Schnell wird das Haus ihm reich, und er selber ist höher geachtet. Allein, da sind unter den Achaiern noch viele andere königliche Männer auf der meerumgebenen Ithaka, junge wie alte: mag von denen einer dieses haben, wenn der göttliche Odysseus tot ist. Doch ich will Herr sein in unserem Hause wie auch über Knechte, die für mich erbeutet hat der göttliche Odysseus.“ (Übersetzung: Wolfgang Schadewaldt) Zu einem solchen oikos gehörten neben allen Bewohnern auch der Landbesitz, die Gebäude sowie das gesamte bewegliche Inventar. Von Krisensituationen abgesehen, waren früharchaische oikoi wohl in der Lage, sich hinsichtlich der materiellen Grundbedürfnisse weitgehend selbst zu versorgen.403 Anders als in der Forschung lange angenommen, waren sie jedoch keine vollständig autarken Einheiten, sondern in verschiedene soziale und ökonomische Zusammenhänge eingebunden, die als Foren für gesellschaftliche Integrationsprozesse fungieren konnten: Winfried Schmitz hat gezeigt, dass früharchaische Dorfgemeinschaften aus ihrer subsistenzorientierten Wirtschaftsweise heraus eine spezifische Sozialordnung ausgebildet haben.404 Außerdem waren offenbar gerade größere oikoi aufgrund ihres relativen Luxus auf den Austausch von Waren und spezialisierter Arbeitsleistung angewiesen.405 Der Wohlstand eines oikos wurde nicht an der Größe des Landbesitzes bemessen, sondern an der Zahl des Nutzviehs – Rinder, Schafe und Ziegen  –, um das sich auch die basileis selbst kümmerten. Luxus bestand im Besitz von Sklaven, Pferden – die typischen Pflugtiere waren Ochsen – und bestimmten Gütern, wie Metallgefäßen und Stoffen; bei den Achaiern etwa hat Od. 1,389–398: „Ἀντίνο’, εἴ πέρ μοι καὶ ἀγάσσεαι ὅττι κεν εἴπω, / ​κ αί κεν τοῦτ’ ἐθέλοιμι Διός γε διδόντος ἀρέσθαι. / ​ἦ φῂς τοῦτο κάκιστον ἐν ἀνθρώποισι τετύχθαι; / ​οὐ μὲν γάρ τι κακὸν βασιλευέμεν· αἶψά τέ οἱ δῶ / ​ἀ φνειὸν πέλεται καὶ τιμηέστερος αὐτός. / ​ἀ λλ’ ἦ τοι βασιλῆες Ἀχαιῶν εἰσὶ καὶ ἄλλοι / ​πολλοὶ ἐν ἀμφιάλῳ Ἰθάκῃ, νέοι ἠδὲ παλαιοί, / ​τῶν κέν τις τόδ’ ἔχῃσιν, ἐπεὶ θάνε δῖος Ὀδυσσεύς· / ​αὐτὰρ ἐγὼν οἴκοιο ἄναξ ἔσομ’ ἡμετέροιο / ​κ αὶ δμώων, οὕς μοι ληΐσσατο δῖος Ὀδυσσεύς.“ 403 Allgemein zum oikos vgl.: Roussel (1976); Qviller (1981); Welwei (1981); Welwei (1992); Schmitz (2004b); Schmitz (2007). 404 Vgl. dazu: Schmitz (2004b). Kritisch gegenüber der These einer wirtschaftlichen Autarkie des oikos: ebd., 9–25; Ulf (1990), 187–191; Ulf (2011a). 405 Vgl. dazu: Stein-Hölkeskamp (1989), 7–59; Ulf (1990), 175–212; Ulf (2011a); Ulf (2014). 402 Hom.

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nur Agamemnon goldenes Geschirr.406 Insgesamt ist also  – dies bestätigt, von wenigen Ausnahmen abgesehen, auch der archäologische Befund407 –, von einem niedrigen materiellen Niveau auszugehen, in dem sich einzelne oikoi durch einige wenige Luxusgüter absetzen konnten. Das Gehöft eines basileus war jedenfalls ebenso wenig ein Palast, wie jener ein König. Auch die basileis waren in die bäuerliche Arbeitswelt eingebunden, dazu finden sich in den Epen ausreichend Belegstellen.408 Allerdings gelang es ihnen und anderen einflussreichen Akteuren, einen relativen Wohlstand zu erwirtschaften, der sie in die Lage versetzte, sich auf verschiedenen Ebenen  – zumindest zeitweise – von einfachen Bauern abzugrenzen: Durch Gastmähler, Geschenke und die Verteilung verschiedener Subsistenzgüter – wie Nahrungsmittel, Textilien und Arbeitsgeräte – konnten sie ihre soziale Position stabilisieren und ‚Anhänger‘ (laoi) an sich binden. Diener und Sklaven ermöglichten es ihnen, einen Teil ihrer Zeit für die Herstellung nicht-lebensnotwendiger Erzeugnisse, wie etwa feiner Stoffe, zu verwenden und sie begannen, einen spezifischen Lebensstil auszubilden – dazu gehörten neben Luxusgütern, Jagd, Pferdezucht und Muße auch sportliche und musische Wettkämpfe.409 In eine ähnliche Richtung weist eine in den Semonides-Fragmenten erhaltene Frauen-Typologie in misogynem Grundton (Semonides fr. 7 West). Grundsätzlich lässt dieser Text auf einen sozialen und normativen Kontext schließen, wie ihn Schmitz für Hesiods Erga rekonstruieren konnte. Allerdings unterscheidet der Dichter dabei einfache Bauern und Anführer explizit hinsichtlich ihrer ökonomischen Möglichkeiten:410 „Die andre von der Stute, mähnenreich und stolz: / ​Die grobe Arbeit lässt sie andre für sich tun, / ​Rührt keine Mühle an, hebt nicht einmal ein Sieb / ​ Vom Boden auf und lässt den ganzen Schmutz im Haus. / ​Sie sitzt nicht gern am Feuer, denn sie scheut den Ruß, / ​und dennoch macht die reizende den 406

Vgl. dazu: Ulf (1990), 175–212; Ulf (2011a). Zum archäologischen Befund vgl. Kapitel I. C.3. dieser Arbeit. Singuläre Funde wie etwa in Lefkandi unterstreichen die Heterogenität der Früharchaik, widersprechen dieser Darstellung der ökonomischen Bedingungen aber nicht grundsätzlich; vgl. dazu exemplarisch: Kistler (2004); Kistler / Ulf (2005); Evely (2006); Hölkeskamp (2000b); Shelmerdine (2008); Stein-Hölkeskamp (2015), 17–51. 408 Vgl. dazu: Ulf (1990), 175–212; Ulf (2011a). 409 Vgl. dazu: Stein-Hölkeskamp (1989), 7–59; Stein-Hölkeskamp (1992); Stein-Hölkeskamp (1997); Stein-Hölkeskamp (2015), 64–79. 410 Semonides fr. 7,57–70 West: τὴν δ’ ἵππος ἁβρὴ χαιτέεσσ’ ἐγείνατο, / ​ἣ δούλι’ ἔργα καὶ δύην περιτρέπει, / ​κ οὔτ’ ἂν μύλης ψαύσειεν, οὔτε κόσκινον / ​κ οὔτ’ ἂν μύλης ψαύσειεν, οὔτε κόσκινον / ​ἄρειεν, οὔτε κόπρον ἐξ οἴκου βάλοι, / ​οὔτε πρὸς ἰπνὸν ἀσβόλην ἀλεομένη / ​ἵ ζοιτ’. ἀνάγκηι δ’ ἄνδρα ποιεῖται φίλον· / ​λ οῦται δὲ πάσης ἡμέρης ἄπο ῥύπον / ​δίς, ἄλλοτε τρίς, καὶ μύροις ἀλείφεται, / ​αἰεὶ δὲ χαίτην ἐκτενισμένην φορεῖ / ​βαθεῖαν, ἀνθέμοισιν ἐσκιασμένην. / ​ κᾱλὸν μὲν ὦν θέημα τοιαύτη γυνὴ / ​ἄ λλοισι, τῶι δ’ ἔχοντι γίνεται κακόν, / ​ἢ ν μή τις ἢ τύραννος ἢ σκηπτοῦχος ἦι, / ​ὅ στις τοιούτοις θυμὸν ἀγλαΐζεται. 407

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Mann verliebt. / ​Zwei-, dreimal täglich wäscht sie sich am ganzen Leib / ​Vom Schmutze sauber, labt mit Myrrhen sich die Haut / ​Und trägt ihr schönes langes Haar stets glatt gekämmt, / ​Dicht niederflutend, rings von Blumen bunt durchwirkt. / ​Ein schöner Anblick zwar ist eine solche Frau / ​Für andre, doch ein Übel für den eignen Mann, / ​Er wäre denn ein turannos oder Szepter-Träger, / ​ Der solcher Augenweide sich erfreuen kann.“ (Übersetzung: Zoltan Franyó) Nur ein turannos oder ein Szepter-Träger – so bezeichnet Semonides die Anführer der Gemeinschaft, über die er schreibt – können sich offenbar eine Frau suchen, die nicht den bäuerlichen Vorstellungen von Sparsamkeit, Fleiß und Zurückhaltung entspricht, da sie über ausreichende ökonomische Mittel verfügten.411 Der archäologische Befund zeigt, dass einzelne Akteure oder Gruppen ihren Reichtum durch kolossale Statuen und Geräte zur Schau stellten, für deren Herstellung ein erheblicher Aufwand an Ressourcen notwendig war: Wer solche Artefakte aufstellen lassen wollte, benötigte nicht nur ökonomisches Kapital, sondern auch Handwerker, die über die notwendigen Fertigkeiten verfügten und die Organisationsmacht, ein solches Vorhaben umzusetzen.412 In der klassischen Forschung wird dieser relative Reichtum wie folgt interpretiert: Der oikos eines basileus sei, anders als der normal-bäuerliche, in der Lage gewesen, über die Kernfamilie und saisonale Arbeitskräfte hinaus, auch eine größere Anzahl von Personen  – wie etwa die eigene Verwandtschaft oder Sklaven und deren Familien – zu ernähren. Dadurch habe der vermeintlich adelige Oikosherr eine Anhängerschaft aus Verwandten, ehemaligen Knechten sowie freien und unfreien Abhängigen an sich binden können, die sein Haus zu einer eigenen sozialen Einheit hätten werden lassen. Im Mittelpunkt seiner Sozialbeziehungen habe daher nicht, wie bei einfachen Bauern, das Gemeinwesen und dessen Normen gestanden, sondern der eigene oikos und die Verbindung zu (über)regionalen Gefährten und ‚Gefolgsleuten‘.413 Zweifellos waren ökonomische Ressourcen ein wichtiges Element gesellschaftlicher Vorrangstellung. Die Annahme, sie seien die Grundlage dauerhafter sozialer Distinktion, ist jedoch problematisch. Dagegen sprechen die subsistenzwirtschaftlich geprägte Wirtschaftsform und der Umstand, dass selbst die Stellung reicher basileis – wie etwa Agamemnon und Odysseus – potentiell gefährdet war.414 Hinzu kommt, dass die Hetairie keine exklusive Sozialbeziehung des vermeintlichen Adels darstellte, sondern eine grundlegende Form gesellschaftlicher Organisation war.415 411

Vgl. dazu: Cobet (1981); Schmitz (2004b), 83–94. dazu die Literatur unter den Anm. 85 und 98 sowie exemplarisch zu dieser Form sozialer Distinktion: Kistler (1998); Boehringer (2001); Kistler (2001a); Kistler (2001b); Kistler (2004); Kistler / Ulf (2005); Duplouy (2006a); Kümmel / S chweizer / Veit (2008); Albersmeier (2009). 413 Vgl. dazu exemplarisch: Schmitz (2004b), 105–147. 414 Vgl. dazu: Ulf (1990), 85–125; 175–212. 415 Vgl. dazu: Ulf (1990), 127–138. 412 Vgl.

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Weitere wichtige Faktoren für die Beurteilung einer Person waren das Lebensalter, die äußere Erscheinung und die körperliche Kraft. Die Bedeutung des Alters wurde bereits diskutiert.416 Eine schöne äußere Gestalt kann in den Epen zwar auf andere positive Eigenschaften und Fähigkeiten verweisen, ist aber  – zumindest für männliche Akteure – kein eigenständiger Wert: Trotz seiner Schönheit wird Paris abschätzig dargestellt, da er kein guter Kämpfer ist. Umgekehrt können sich äußerlich unansehnliche Figuren wie Tydeus, der kleine Aias oder der als Bettler verkleidete Odysseus durch körperliche Leistung Wertschätzung erarbeiten.417 In einer seiner sog. Lügengeschichten erzählt Odysseus dem Schweinehirten Eumaios, er habe sich als wenig begüterter kretischer Bauer durch Raubzüge Reichtum und Ansehen erarbeitet, seine Stellung als Anführer dann jedoch durch einen phönizischen Betrüger wieder verloren.418 In der Forschung gilt diese singuläre Episode häufig als Beleg dafür, dass Raubzüge und kriegerische Fähigkeiten ein konstitutives Element gesellschaftlicher Vorrangstellung gewesen seien. Allerdings kann der fiktive Akteur hier seine Kampfkraft nur kurzfristig in ökonomisches Kapital und eine Führungsrolle transformieren. Es gelang ihm nicht, diese Position auf Dauer zu stellen. Dazu bedurfte es offenbar zusätzlicher Ressourcen, über die der vermeintliche Kreter hier nicht verfügte (s. u.). Körperliche Kraft und der geübte Umgang mit Waffen genügten also nicht, um gesellschaftlichen Einfluss zu verstetigen und dauerhaft als basileus anerkannt zu werden. Dies zeigt sich nicht nur in der zitierten Lügengeschichte des Odysseus, sondern vor allem bei dessen Rückkehr nach Ithaka und an den Figuren Agamemnon und Achill. Odysseus erweist sich als der beste Kämpfer Ithakas, doch mit der Ermordung seiner Kontrahenten verstößt er ebenso gegen die soziale Ordnung wie zuvor die Freier durch ihr Verhalten gegenüber Penelope und Telemach. Daher wollen die Hinterbliebenen ihn zur Rechenschaft ziehen. Mentor versucht zu vermitteln, aber offenbar verfügt niemand mehr über den erforderlichen Einfluss, um den Konflikt friedlich beilegen zu können. Es kommt erneut zu blutigen Auseinandersetzungen, die erst durch das Eingreifen der Götter ein Ende finden. Der gemeinsame Schwur der Ithakesier im Schlusssatz der Odyssee verweist über den personalen Einfluss einzelner Akteure hinaus auf ein abstrakteres Konzept gesellschaftlicher Organisation:419 416

Vgl. dazu die Anm. 371 und 394. Vgl. dazu: Ulf (1990), 40; die entsprechenden Belegstellen finden sich in: Hom. Il. 2,527–530; 5,800 f. 418 Die sog. Lügengeschichte des Odysseus gegenüber Eumaios findet sich in: Hom. Od. 14,191–359; 14,462–506. 419 Hom. Od. 24,531–548: „ἴσχεσθε πτολέμου, Ἰθακήσιοι, ἀργαλέοιο, / ​ὥ ς κεν ἀναιμωτί γε διακρινθῆτε τάχιστα.“ / ​ὣ ς φάτ’ Ἀθηναίη, τοὺς δὲ χλωρὸν δέος εἷλε· / ​τῶν δ’ ἄρα δεισάντων ἐκ χειρῶν ἔπτατο τεύχεα, / ​πάντα δ’ ἐπὶ χθονὶ πῖπτε, θεᾶς ὄπα φωνησάσης· / ​πρὸς δὲ πόλιν τρωπῶντο λιλαιόμενοι βιότοιο. / ​σ μερδαλέον δ’ ἐβόησε πολύτλας δῖος Ὀδυσσεύς, / ​οἴμησεν δὲ ἀλεὶς ὥς τ’ αἰετὸς ὑψιπετήεις. / ​κ αὶ τότε δὴ Κρονίδης ἀφίει ψολόεντα κεραυνόν, / ​κ ὰδ δ’ ἔπεσε πρόσθε γλαυκώπιδος ὀβριμοπάτρης. / ​δὴ τότ’ Ὀδυσσῆα προσέφη γλαυκῶπις Ἀθήνη· / ​ 417

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„Haltet ein mit dem schmerzlichen Streit, Männer von Ithaka, damit ihr ohne Blut aufs schnellste auseinanderkommt!“ So sprach Athene. Die aber faßte die blasse Furcht, und den von Furcht ergriffenen flogen die Waffen aus den Händen und fielen alle zu Boden, als die Göttin ihre Stimme ertönen ließ. Und sie wandten sich zur Stadt, bedacht auf ihr Leben. Doch gewaltig schrie der vielduldende göttliche Odysseus und stürmte geduckt heran wie ein hochfliegender Adler. Da entsandte der Kronos-Sohn den rauchenden Blitz, und er fiel herab vor der Helläugigen, der Tochter des gewaltigen Vaters. Da sprach die helläugige Athene zu Odysseus: „Zeusentsproßter Laertes-Sohn, reich an Erfindungen, Odysseus! Halte ein und hemme den Streit des Krieges, der keine Unterschiede macht! Daß dir nicht irgend der Sohn des Kronos zürne, der weit umblickende Zeus!“ So sprach Athene, und er gehorchte und freute sich in dem Gemüte. Und hernach setzte hinwieder Schwuropfer zwischen den beiden Seiten Pallas Athene, die Jungfrau des Zeus, des Aigishalters, dem Mentor gleichend an Gestalt wie auch an Stimme. (Übersetzung: Wolfgang Schadewaldt) Agamemnon hingegen  – dies wurde bereits ausgeführt  – ist zwar ausdrücklich nicht der beste Kämpfer der Achaier, aber dennoch deren oberster basileus vor Troia.420 Er gerät nicht aufgrund seiner geringeren körperlichen Stärke unter Druck, sondern weil er durch seinen Konflikt mit Achill die Interessen der Gemeinschaft vernachlässigt.421 In Buch 9 der Ilias hält Nestor ihm vor:422 „διογενὲς Λαερτιάδη, πολυμήχαν’ Ὀδυσσεῦ, / ​ἴσχεο, παῦε δὲ νεῖκος ὁμοιΐου πτολέμοιο, / ​ μή πώς τοι Κρονίδης κεχολώσεται εὐρύοπα Ζεύς.“ / ​ὣ ς φάτ’ Ἀθηναίη, ὁ δ’ ἐπείθετο, χαῖρε δὲ θυμῷ. / ​ὅρκια δ’ αὖ κατόπισθε μετ’ ἀμφοτέροισιν ἔθηκε / ​Παλλὰς Ἀθηναίη, κούρη Διὸς αἰγιόχοιο, / ​Μέντορι εἰδομένη ἠμὲν δέμας ἠδὲ καὶ αὐδήν. Zur Interpretation dieser Textpassage sowie des gesamten Konfliktes zwischen Odysseus und den Freiern bzw. deren Hinterbliebenen vgl (mit weiterer Literatur): Ulf (2018). 420 Vgl. dazu Anm. 379. 421 Vgl. dazu: Ulf (1990), 38; allgemein zu der Kritik an Agamemnon in der Ilias vgl. folgende Belegstellen: Hom. Il. 1,231 ff.; 2,24 ff.; 2,225–242; 4,415 ff.; 14,84 ff. 422 Hom. Il. 9,96–120: Ἀτρεΐδη κύδιστε ἄναξ ἀνδρῶν Ἀγάμεμνον / ​ἐ ν σοὶ μὲν λήξω, σέο δ’ ἄρξομαι, οὕνεκα πολλῶν / ​λ αῶν ἐσσι ἄναξ καί τοι Ζεὺς ἐγγυάλιξε / ​σ κῆπτρόν τ’ ἠδὲ θέμιστας, ἵνά σφισι βουλεύῃσθα. / ​τώ σε χρὴ περὶ μὲν φάσθαι ἔπος ἠδ’ ἐπακοῦσαι, / ​κρηῆναι δὲ καὶ ἄλλῳ, ὅτ’ ἄν τινα θυμὸς ἀνώγῃ / ​εἰπεῖν εἰς ἀγαθόν· σέο δ’ ἕξεται ὅττί κεν ἄρχῃ. / ​αὐτὰρ ἐγὼν ἐρέω ὥς μοι δοκεῖ εἶναι ἄριστα. / ​οὐ γάρ τις νόον ἄλλος ἀμείνονα τοῦδε νοήσει / ​οἷον ἐγὼ νοέω ἠμὲν πάλαι ἠδ’ ἔτι καὶ νῦν / ​ἐξ ἔτι τοῦ ὅτε διογενὲς Βρισηΐδα κούρην / ​χωομένου Ἀχιλῆος ἔβης κλισίηθεν ἀπούρας / ​οὔ τι καθ’ ἡμέτερόν γε νόον· μάλα γάρ τοι ἔγωγε / ​πόλλ’ ἀπεμυθεόμην· σὺ δὲ σῷ μεγαλήτορι θυμῷ / ​εἴξας ἄνδρα φέριστον, ὃν ἀθάνατοί περ ἔτισαν, / ​ἠτίμησας, ἑλὼν γὰρ ἔχεις γέρας· ἀλλ’ ἔτι καὶ νῦν / ​φραζώμεσθ’ ὥς κέν μιν ἀρεσσάμενοι πεπίθωμεν / ​δ ώροισίν τ’ ἀγανοῖσιν ἔπεσσί τε μειλιχίοισι. / ​Τὸν δ’ αὖτε προσέειπεν ἄναξ ἀνδρῶν Ἀγαμέμνων· / ​ὦ γέρον οὔ τι ψεῦδος ἐμὰς ἄτας κατέλεξας· / ​ἀ ασάμην, οὐδ’ αὐτὸς ἀναίνομαι. ἀντί νυ πολλῶν / ​ λαῶν ἐστὶν ἀνὴρ ὅν τε Ζεὺς κῆρι φιλήσῃ, / ​ὡ ς νῦν τοῦτον ἔτισε, δάμασσε δὲ λαὸν Ἀχαιῶν. / ​ ἀλλ’ ἐπεὶ ἀασάμην φρεσὶ λευγαλέῃσι πιθήσας, / ​ἂ ψ ἐθέλω ἀρέσαι δόμεναί τ’ ἀπερείσι’ ἄποινα.

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„Atreus-Sohn! Ruhmvollster! Herr der Männer Agamemnon! / ​Mit Dir will ich enden und mit Dir beginnen, da du über viele / ​Völker der Herr bist, und es hat Zeus Dir in die Hand gelegt / ​Daß du ihnen ratest. / ​Darum musst du mehr als andere ein Wort sagen und auch darauf hören, / ​und es auch einem anderen vollenden, wenn einen der Mut heißt, / ​Daß er zum Guten spricht. Von Dir hängt ab, worin er vorangeht. / ​Ich aber will sagen, wie es mir am besten zu sein scheint. / ​Denn kein anderer wird einen besseren Gedanken als diesen erdenken, / ​Wie ich ihn denke, schon lange und auch jetzt noch: / ​Von da an, wo du, Zeusgenährter, hingingst und die Jungfrau Briseïs / ​Dem zürnenden Achilleus aus der Hütte fortnahmst – / ​Nicht nach unserem Sinn! Denn sehr habe ich dir / ​Vielfach abgeraten, du aber gabst deinem großherzigen Mute nach / ​ Und hast den besten Mann, den selbst die Unsterblichen ehrten, / ​Verunehrt, denn du nahmst und hast sein Ehrgeschenk. Aber auch jetzt noch / ​L aß uns darauf denken, wie wir ihn versöhnen und bereden können / ​Mit freundlichen Gaben und sanften Worten.“ / ​Da sagte wieder zu ihm der Herr der Männer Agamemnon: / ​„ Alter! nicht unwahr hast du meine Beirrungen dargelegt. / ​Ich war beirrt und leugne es selbst nicht. Viele Männer / ​Wiegt ja ein Mann auf, den Zeus von Herzen liebt, / ​Wie er jetzt diesen ehrte und bezwang das Volk der Achaier. / ​Aber da ich beirrt war und meinem leidigen Sinn vertraute, / ​Will ich es wiedergutmachen und unermeßliche Buße geben. […]“ (Übersetzung: Wolfgang Schadewaldt) Achill – der beste Kämpfer nicht nur der ‚Griechen‘ – verliert an Anerkennung, wird atimetos, da er Agamemnons Versöhnungsangebot aufgrund persönlicher Eitelkeit ablehnt und die Achaier damit an den Rand einer Niederlage bringt.423 Längst ist erwiesen, dass es im archaischen Griechenland keinen Geburtsadel gab.424 Um das Ressourcengeflecht möglichst vollständig abbilden zu können, soll dennoch skizziert werden, welche Bedeutung die Herkunft einer Person für deren gesellschaftliche Stellung hatte. Auch hier gibt es keinen eindeutigen Quellenbefund: Telemach kann zwar nicht damit rechnen, nur aufgrund seiner Herkunft basileus zu werden, doch hat er – zumindest aus Sicht der Freier – durch die vielfältigen Kapitalien seiner Familie die beste Ausgangsposition.425 In den homerischen Epen gelten Eigenschaften grundsätzlich als vererbbar, Einfluss und Ansehen muss sich jeder Akteur jedoch selbst erarbeiten. Allein die Herkunft war also offenbar nicht hinreichend, um eine Vorrangstellung innerhalb der Gemeinschaft zu begründen.426 423

Hom. Il. 9,648; zur Interpretation dieser Stelle vgl.: Stein-Hölkeskamp (1989), 39 f.; Ulf (1990), 85–98; Hölkeskamp (2002b). 424 Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 323. 425 Hom. Od. 1,390–404; vgl. dazu: Seelentag (2015), 78. 426 Vgl. dazu: Ulf (1990), 1–49; Ulf (2011a).

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Ökonomisches Kapital und kriegerische Fähigkeiten waren im früharchaischen Griechenland wichtige Faktoren gesellschaftlicher Anerkennung. Sie ermöglichten es – nicht zuletzt durch die Distribution von Subsistenzgütern und Kriegsbeute – ‚Anhänger‘ (laoi) und ‚Verbündete‘ (hetairoi) zu gewinnen. Um jedoch dauerhaft als Anführer anerkannt zu werden, bedurfte es weiterer Ressourcen, die nur langfristig erworben werden konnten: Das (idealisierte) Bild des guten, und die Kritik des schlechten basileus beziehen sich bei Homer und Hesiod nicht primär auf ökonomische und körperliche Ressourcen, sondern auf die Bewältigung der Gemeinschaftsaufgaben und das Verhalten des Anführers gegenüber den Interessen der Gruppe insgesamt.427 Es sei zunächst noch einmal an das Idealbild eines basileus in der Theogonie erinnert:428 Denn sie [die Muse Kalliope; Anm. P. Z.] gesellt sich auch den ehrwürdigen basileis. / ​Und wem Ehre erweisen die Töchter des großen Zeus / ​Und wen sie anschauen bei seiner Geburt / ​Von den zeusgehegten basileis, / ​Dem träufeln sie auf die Zunge süßen Tau, / ​Und ihm fließen mild die Worte aus dem Mund. / ​ Und die Leute alle schauen auf ihn, / ​Wie er die Satzung abwägt / ​Und rasch vermag er auch einen großen Streit / ​Mit kundigem Wissen zu beenden. / ​ Denn darin besteht die Klugheit der basileis, / ​Daß sie den Leuten, die Schaden erlitten, / ​Auf dem Gerichtsplatz Geschehenes zur Umkehr bringen, / ​Ganz leicht, mit freundlichen Worten überredend. / ​Schreitet ein solcher basileus zur Versammlung, / ​Dann wenden wie einem Gott sie sich zu, / ​Vergelten mit milder, schmeichelnder Ehrfurcht, / ​Und hervor ragt er unter den Versammelten. / ​Solcher Art ist der Musen heilige Gabe an die Menschen. (Übersetzung: Walter Marg) Die Fähigkeit, ein ausgewogenes Urteil zu fällen, gilt auch in den homerischen Epen als fundamentale Eigenschaft eines […] untadeligen basileus, der in Scheu vor den Göttern unter vielen und starken Männern herrscht und die guten Rechtsweisungen hochhält, und es trägt die schwarze Erde Weizen und Gerste, beladen sind die Bäume mit Frucht, und es 427 Vgl.

dazu: R aaflaub (1988), bes. 211–214; Ulf (1988); Ulf (1989); Ulf (1990); Walter (1993), 29–57; Hölkeskamp (2002b); Hall (2007a), 119–144; Schmitz (2008a); Ulf (2010d); Schmitz (2014); Seelentag (2014); Seelentag (2015), 58–92. 428 Hes. theog. 80–92: ἡ γὰρ καὶ βασιλεῦσιν ἅμ’ αἰδοίοισιν ὀπηδεῖ. / ​ὅ ντινα τιμήσουσι Διὸς κοῦραι μεγάλοιο / ​γεινόμενόν τε ἴδωσι διοτρεφέων βασιλήων, / ​τῷ μὲν ἐπὶ γλώσσῃ γλυκερὴν χείουσιν ἐέρσην, / ​τοῦ δ’ ἔπε’ ἐκ στόματος ῥεῖ μείλιχα· οἱ δέ νυ λαοὶ / ​πάντες ἐς αὐτὸν ὁρῶσι διακρίνοντα θέμιστας / ​ἰθείῃσι δίκῃσιν· ὁ δ’ ἀσφαλέως ἀγορεύων / ​αἶψά τι καὶ μέγα νεῖκος ἐπισταμένως κατέπαυσε· / ​τούνεκα γὰρ βασιλῆες ἐχέφρονες, οὕνεκα λαοῖς / ​β λαπτομένοις ἀγορῆφι μετάτροπα ἔργα τελεῦσι / ​ῥηιδίως, μαλακοῖσι παραιφάμενοι ἐπέεσσιν· / ​ἐρχόμενον δ’ ἀν’ ἀγῶνα θεὸν ὣς ἱλάσκονται / ​αἰδοῖ μειλιχίῃ, μετὰ δὲ πρέπει ἀγρομένοισι.

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gebären beständig die Schafe und das Meer gibt Fische dar, wegen der guten Herrschaft, und es gedeihen unter ihm die Männer des Volkes. (Übersetzung: Wolfgang Schadewaldt)429 Umgekehrt wird schlechten basileis vorgeworfen, aus Habgier „krumme Entscheidungen“ zu treffen und so die soziale Ordnung und damit letztlich den Bestand der Gemeinde zu gefährden. Homer und Hesiod stellen mehrfach die positiven Effekte einer Orientierung an den Normen der Gemeinschaft den negativen Auswirkungen solchen Fehlverhaltens gegenüber:430 Du, mein Perses, höre aufs Recht, mehr’ nicht die Gewalttat. / ​Nämlich Gewalttat bekommt nicht dem Kleinen; doch auch ein Hoher / ​Ist nicht sie mühelos zu tragen imstand, ihr Gewicht wird ihm lastend, / ​Stößt er mit Unheil zusammen. Die andere Straße geleitet, / ​Besser vorbei, die zum Rechten. Das Recht übertrumpft die Gewalttat, / ​setzt am Ende sich durch. Erlitt ers, merkts auch der Dummkopf. / ​Nämlich der Eid spürt nach sofort einer krummen Entscheidung. / ​Murren gibt’s, zerrt man die Göttin des Rechts, wenn Richter sie wegziehn / ​Gabenschluckend, mit krummem Bescheid auslegen die Sätze. / ​ Sie bleibt nah, beklagend die Stadt und die Heimat der Sippen, / ​Hüllt in Nebel sich ein, und Böses bringt sie den Menschen, / ​Die sie nach draußen getrieben und sie nicht grade verteilten. / ​Die aber rechten Bescheid Einheimischen geben Hom. Od. 19,109–114: ὥς τέ τευ ἦ βασιλῆος ἀμύμονος, ὅς τε θεουδὴς / ​[ἀνδράσιν ἐν πολλοῖσι καὶ ἰφθίμοισιν ἀνάσσων] / ​εὐδικίας ἀνέχῃσι, φέρῃσι δὲ γαῖα μέλαινα / ​π υροὺς καὶ κριθάς, βρίθῃσι δὲ δένδρεα καρπῷ, / ​τ ίκτῃ δ’ ἔμπεδα μῆλα, θάλασσα δὲ παρέχῃ ἰχθῦς / ​ἐ ξ εὐηγεσίης, ἀρετῶσι δὲ λαοὶ ὑπ’ αὐτοῦ. Weitere Belegstellen finden sich in: Hom. Il. 16,542; Hom. Od. 4,690–694. 430 Hes. erg. 212–237: ὣς ἔφατ’ ὠκυπέτης ἴρηξ, τανυσίπτερος ὄρνις. / ​Ὦ Πέρση, σὺ δ’ ἄκουε δίκης μηδ’ ὕβριν ὄφελλε· / ​ὕβρις γάρ τε κακὴ δειλῷ βροτῷ, οὐδὲ μὲν ἐσθλὸς / ​ῥηιδίως φερέμεν δύναται, βαρύθει δέ θ’ ὑπ’ αὐτῆς / ​ἐ γκύρσας ἄτῃσιν· ὁδὸς δ’ ἑτέρηφι παρελθεῖν / ​κρείσσων ἐς τὰ δίκαια· δίκη δ’ ὑπὲρ ὕβριος ἴσχει / ​ἐ ς τέλος ἐξελθοῦσα· παθὼν δέ τε νήπιος ἔγνω. / ​αὐτίκα γὰρ τρέχει Ὅρκος ἅμα σκολιῇσι δίκῃσιν· / ​τ ῆς δὲ Δίκης ῥόθος ἑλκομένης ᾗ κ’ ἄνδρες ἄγωσι / ​ δωροφάγοι, σκολιῇς δὲ δίκῃς κρίνωσι θέμιστας· / ​ἣ δ’ ἕπεται κλαίουσα πόλιν καὶ ἤθεα λαῶν, / ​ ἣ δ’ ἕπεται κλαίουσα πόλιν καὶ ἤθεα λαῶν, / ​ἠέρα ἑσσαμένη, κακὸν ἀνθρώποισι φέρουσα, / ​ οἵ τέ μιν ἐξελάσωσι καὶ οὐκ ἰθεῖαν ἔνειμαν. / ​οἳ δὲ δίκας ξείνοισι καὶ ἐνδήμοισι διδοῦσιν / ​ ἰθείας καὶ μή τι παρεκβαίνουσι δικαίου, / ​τοῖσι τέθηλε πόλις, λαοὶ δ’ ἀνθεῦσιν ἐν αὐτῇ· / ​ εἰρήνη δ’ ἀνὰ γῆν κουροτρόφος, οὐδέ ποτ’ αὐτοῖς / ​ἀργαλέον πόλεμον τεκμαίρεται εὐρύοπα Ζεύς· / ​οὐδέ ποτ’ ἰθυδίκῃσι μετ’ ἀνδράσι λιμὸς ὀπηδεῖ / ​οὐδ’ ἄτη, θαλίῃς δὲ μεμηλότα ἔργα νέμονται. / ​τοῖσι φέρει μὲν γαῖα πολὺν βίον, οὔρεσι δὲ δρῦς / ​ἄκρη μέν τε φέρει βαλάνους, μέσση δὲ μελίσσας· / ​εἰροπόκοι δ’ ὄιες μαλλοῖς καταβεβρίθασι· / ​τ ίκτουσιν δὲ γυναῖκες ἐοικότα τέκνα γονεῦσι· / ​θάλλουσιν δ’ ἀγαθοῖσι διαμπερές· οὐδ’ ἐπὶ νηῶν / ​νίσονται, καρπὸν δὲ φέρει ζείδωρος ἄρουρα. Weitere Belegstellen finden sich in: Hes. erg. 27–41; 256–269; Hom. Il. 16,384–388; Hom. Od. 18,85 ff. (Echetos-Episode). Zu der Darstellung des Echetos als schlechtem basileus vgl.: Ulf (1990), 105; 201; 268. 429

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und Fremden, / ​Grade und schlicht, und weichen nicht ab auch nur etwas vom Rechten, / ​Denen gedeiht die Gemeinde, und in ihr blühen die Sippen. / ​Friede beschirmt die Jugend im Land, und es läßt nicht bei ihnen / ​Unglückseligen Krieg entstehn Zeus, Späher ins Weite. / ​Nie wird der Hunger Begleiter bei rechtlich handelnden Männern, / ​Nie der Ruin, sie vollbringen ihr Werk für festliche Freuden. Reichen Ertrag bringt denen ihr Land, und auch auf den Bergen / ​Bringt der Eichbaum Eicheln im Wipfel, Bienen im Stamme. / ​Und ihre wolligen Schafe sind schwer von lastenden Flocken. / ​Und ihre Weiber gebären den Eltern gleichende Kinder. / ​Unaufhörlich gedeihen sie an Gütern. Und nicht auf Schiffen / ​Fahrn sie hinaus, es bringt ihnen Frucht kornspendender Acker. (Übersetzung: Walter Marg) Auch in der Lyrik wird verschiedentlich Kritik an Akteuren formuliert, die ihre Interessen über die Gemeinschaft stellen. Wie die schlechten basileis der epischen Dichtung gefährden diese kakoi andres durch ihr Verhalten die soziale Ordnung: Auf diesen normativen Hintergrund beziehen sich u. a. Alkaios’ Invektiven gegen den Aufsteiger Pittakos, Archilochos’ Bild eines guten Feldherrn und die eunomiaElegie Solons, in der diese Ordnungsvorstellung paradigmatisch ausformuliert ist.431 Die grundlegende Aufgabe eines basileus waren die Leitung und der Erhalt der Gemeinschaft. Dazu gehörte neben der Verteidigung im Kriegsfall die Organi­ sation einer funktionierenden Landwirtschaft und die Aufrechterhaltung der sozialen Ordnung. Von einem guten Anführer wurde daher erwartet, dass er nicht nur ein guter Kämpfer war, sondern vor allem auch Konflikte friedlich lösen und „zugleich vor- und zurückdenken“, d. h. vorausschauend planen, konnte.432 Die folgenden Verse machen noch einmal deutlich, wie wichtig die Vermeidung von Konflikten gerade unter den Bedingungen einer subsistenzorientierten Wirtschaftsweise waren:433 Perses, leg du dieses ins eigene Herz und bewahr es! / ​L aß nicht vom Streit, dem Böses gefällt, am Schaffen dich hindern, / ​Daß nach Händeln du spähst, 431

Die Belegstellen finden sich in: Alkaios fr. 87 D. = 348 L. / P.; fr. 43 D. = 70 L. / P.; Archilochos fr. 114 West = Dio Chrys. 33,17; Solon fr. 4 West = Demosth. 19,254–256; zum Motiv des Gemeinschaftsbezugs in der lyrischen Dichtung vgl.: Walter (1993), 36–44; Dalby (1998); Ulf (2001b), bes. 178 f.; Itgenshorst (2014). 432 Hom. Il. 1,343; zu den Erwartungen an einen basileus und dessen Funktion als Schlichter vgl. die Literatur unter Anm. 427. 433 Hes. erg. 27–36: Ὦ Πέρση, σὺ δὲ ταῦτα τεῷ ἐνικάτθεο θυμῷ, / ​μ ηδέ σ’ Ἔρις κακόχαρτος ἀπ’ ἔργου θυμὸν ἐρύκοι / ​νείκε’ ὀπιπεύοντ’ ἀγορῆς ἐπακουὸν ἐόντα. / ​ὤρη γάρ τ’ ὀλίγη πέλεται νεικέων τ’ ἀγορέων τε / ​ᾧ τινι μὴ βίος ἔνδον ἐπηετανὸς κατάκειται / ​ὡραῖος, τὸν γαῖα φέρει, Δημήτερος ἀκτήν. / ​τοῦ κε κορεσσάμενος νείκεα καὶ δῆριν ὀφέλλοις / ​κ τήμασ’ ἐπ’ ἀλλοτρίοις. σοὶ δ’ οὐκέτι δεύτερον ἔσται / ​ὧ δ’ ἔρδειν· ἀλλ’ αὖθι διακρινώμεθα νεῖκος / ​ἰθείῃσι δίκῃς, αἵ τ’ ἐκ Διός εἰσιν ἄρισται.

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das Ohr bei des Marktes Gerede. / ​Wenig Zeit bleibt nämlich zum Zanken und Reden am Marktplatz, / ​Wenn nicht daheim ein Vorrat fürs Jahr zum Leben bereitliegt, / ​Ernteertrag, wie die Erde ihn bringt, der Demeter Kornfrucht. / ​ Hast du davon in Fülle, magst Zank und Händel du mehren, / ​Trachtend nach fremdem Besitz: dir wird’s kein zweites Mal freistehn, / ​Solches zu tun. Nein, hier jetzt laß uns entwirren den Hader / ​Grade und klar nach dem Recht, wie’s Zeus will, wie es das Beste. (Übersetzung: Walter Marg) Anders als in der klassischen Archaikforschung zumeist angenommen, war der grundlegende Bewertungsmaßstab für alle Akteure das Gemeinwohl: Wer dauerhaft gegen die Interessen der Gemeinschaft handelte, lief Gefahr, seine gesellschaftliche Anerkennung zu verlieren oder in letzter Konsequenz sogar aus der Gruppe ausgeschlossen zu werden. Dies zeigt sich nicht nur – wie beschrieben – an den drei Hauptfiguren Agamemnon, Achill und Odysseus, sondern ist in der epischen Dichtung vielfach belegt;434 exemplarisch sei hier ein Streit zwischen Penelope und dem Freier Antinoos zitiert, der auch zeigt, dass Piraterie nicht durchweg positiv bewertet wurde:435 Oder weißt du nicht, wie dein Vater damals als Flüchtender, in Furcht vor dem Volk, hierhergekommen? Denn es war erzürnt über die Maßen, weil er, taphischen Seeräubern zugesellt, den Thesproten Schaden getan hatte, die aber waren mit uns verbündet. Vernichten wollten sie ihn und ihm sein Herz herausreißen und sein Lebensgut verzehren, das dem Mute zusagende, viele. (Übersetzung: Wolfgang Schadewaldt) Besonders prägnant ist der normative Rahmen früharchaischer Siedlungsgemeinschaften in den folgenden Worten Nestors formuliert:436

434

Vgl. dazu folgende Belegstellen: Hom. Od. 2,192; 3,304; 14,239; 16,114; 16, 424–430; 19,527; Hom. Il. 1,231 ff.; 13,665–669; 16,572 ff.; Hes. erg. 27–41; 212–294 sowie: Nicolai (1983); Ulf (1988); Ulf (1989); Ulf (1990); Nicolai (1993); Walter (1993), 29–57; Haubold (2000); Hölkeskamp (2002b); Ulf (2010d); Seelentag (2014); Seelentag (2015), 58–92. 435 Hom. Od. 16,424–429: ἦ οὐκ οἶσθ’ ὅτε δεῦρο πατὴρ τεὸς ἵκετο φεύγων, / ​δ ῆμον ὑποδδείσας; δὴ γὰρ κεχολώατο λίην, / ​οὕνεκα ληϊστῆρσιν ἐπισπόμενος Ταφίοισιν / ​ἤκαχε Θεσπρωτούς· οἱ δ’ ἥμιν ἄρθμιοι ἦσαν. / ​τόν ῥ’ ἔθελον φθεῖσαι καὶ ἀπορραῖσαι φίλον ἦτορ / ​ἠδὲ κατὰ ζωὴν φαγέειν μενοεικέα πολλήν· Die negative Beurteilung von Piraterie ist hier darauf zurückzuführen, dass sich Eupeithes – der Vater des Antinoos – an einem Raubzug gegen eine verbündete Siedlungsgemeinschaft beteiligt hatte, was offenbar gegen die soziale Norm verstieß. 436 Hom. Il. 9,63 f.: ἀφρήτωρ ἀθέμιστοσ ἀνέστιός ἐστιν ἐκεῖνοσ / ​ὃ ς πολέμου ἒραται ἐπιδημίου ὀκρυόεντος.

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„Ohne Geschlecht, ohne Gesetz, ohne Herd muß der sein, / ​Der sich sehnt nach dem Krieg, dem schaudervollen, im eigenen Volk!“ (Übersetzung: Wolfgang Schadewaldt) Vor diesem Hintergrund erscheint es plausibel, die von Winfrid Schmitz für die bäuerliche Dorfgemeinschaft beschriebene kooperative Mentalität und Ordnung nicht gruppenspezifisch zu interpretieren, sondern aufgrund der nur relativen ökonomischen Differenz zwischen Bauern und basileis für die gesamte Siedlungsgemeinschaft anzunehmen. Eine solche Interpretation macht es möglich und erforderlich, das Bedingungsgefüge, in dem sich die weitere gesellschaftliche Entwicklung vollzogen hat, anders zu konzeptualisieren, als dies bislang der Fall war (s. u.). Die Bewältigung von Gemeinschaftsaufgaben und die Orientierung am Gemeinwohl waren im früharchaischen Griechenland die entscheidenden Ressourcen, um gesellschaftlichen Einfluss zu verstetigen. Dazu waren kulturelle Fertigkeiten wie Eloquenz, Rechtskundigkeit und politisches Wissen erforderlich, die kaum kurzfristig erworben werden konnten. Wie die isländischen Goden mussten auch die basileis des 8. und 7. Jahrhunderts einen Ausgleich zwischen der Konkurrenz um ‚Anhänger‘ und soziales Kapital auf der einen und der auf Kooperation ausgelegten sozialen Ordnung auf der anderen Seite finden. Sie waren also in vergleichbare Strukturen eingebunden und so erscheint es weiterhin methodisch gerechtfertigt, das in Kapitel II entworfene Modell zum heuristischen Ausgangspunkt der vorliegenden Studie zu machen. Die basileis bezogen ihr zentrales Kapital aus der erfolgreichen Leitung und Organisation des Zusammenlebens. Daher waren die Übertragung und Erfüllung gemeinschaftlicher Aufgaben nicht die – gleichsam logische – Folge ihres in einem anderen Feld erworbenen gesellschaftlichen Einflusses, sondern vielmehr die zentrale Voraussetzung für eine langfristig erfolgreiche Anführerschaft. Das soziale Kapital und der Wettbewerb um diese Ressource waren also ein kooperatives Element früharchaischer Vergesellschaftung. Zugleich jedoch ist – wie sich noch zeigen wird – in früharchaischen Siedlungsgemeinschaften ein eigenständiges Konkurrenzfeld des – im weitesten Sinne – Politischen entstanden, für das neue Regeln formuliert werden mussten. Aus dem Modell der Freistaatzeit lässt sich das eingangs skizzierte Spannungsverhältnis zwischen der Stabilität der (epischen) basileis als Gruppe und der potentiell instabilen Stellung des Einzelnen konzeptionell auflösen: Die basileis waren ein konstitutives Element der sozialen Ordnung, was sie  – neben anderen Faktoren  – als Gruppe stabilisierte. Da ihr individueller Einfluss jedoch überwiegend auf persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten basierte, musste jeder Akteur seine Position selbst legitimieren. Dabei war er an die Normen und Erwartungen der Siedlungsgemeinschaft gebunden und insofern der Kontrolle der Gemeindeöffentlichkeit unterworfen. Diesen Zusammenhang von Konkurrenz und Kontrolle gilt es im folgenden Kapitel näher zu untersuchen.

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3. Zwischen Konkurrenz und Kontrolle? – Das Bedingungsgefüge der gesellschaftlichen Entwicklung Die ältere Forschung hat die Ausformung abstrakter gesellschaftlicher Regelsysteme im (früh)archaischen Griechenland zumeist als Prozess der Selbstregulierung innerhalb der Oberschicht oder als Folge einer vermeintlich zunehmenden Politisierung des demos gedeutet. Hinter beiden Narrativen stehen letztlich die überkommene Annahme eines Dualismus zwischen ‚Adel‘ und ‚Volk‘, die Vorstellung einer Krise der ‚Aristokratie‘ und die Frage, welche dieser vermeintlichen Großgruppen die gesellschaftliche Entwicklung hauptsächlich getragen habe.437 Aus dieser Frageperspektive sind verschiedene Erklärungsansätze entstanden, die sich in den letzten Jahren jedoch als zumindest problematisch erwiesen haben, da sie keine direkte Bestätigung in den zeitgenössischen Quellen finden und an zahlreiche moderne Vorannahmen gebunden sind. Für die ältere Tyrannis wurde dies bereits ausgeführt; es gilt jedoch ebenso für das von Ian Morris am archäologischen Befund formulierte Modell der middling ideology und die Annahme, es habe im 7. Jahrhundert eine Hopliten-Reform gegeben, die dazu beigetragen habe, die angenommene Krise der ‚Aristokratie‘ weiter zu verschärfen. Erich Kistler hat Morris’ archäologische Argumentation überzeugend kritisiert und auch in den Schriftquellen finden sich keine Belege für eine zunächst elitäre Ideologie des Ausgleichs, die sich in der bäuerlichen Bevölkerung verbreitet habe.438 Die vermeintliche Hopliten-Reform soll das Militärwesen grundlegend verändert und die Rolle des Kollektivs gegenüber aristokratischen Einzelkämpfern nachhaltig gestärkt haben. In den letzten Jahren hat sich jedoch gezeigt, dass diese Vorstellung letztlich ebenfalls auf der problematischen Annahme eines archaischen Adels basiert und sich an den Quellen nicht unmittelbar belegen lässt.439 In der Forschung herrscht heute weitgehend Einigkeit darüber, dass gesellschaftlicher Einfluss in früharchaischen Siedlungsgemeinschaften an konkrete Leistungen gebunden war und in verschiedenen Prestigefeldern erworben werden konnte. Im Verlauf der vorliegenden Studie hat sich das soziale Kapital – in Form von laoi, hetairoi und time, vor allem aber von Vertrauen in die erfolgreiche Bewältigung von

437 Zu

diesen Erzähl- und Deutungskonzepten vgl.: R aaflaub (1985); Eder (1986); Raaflaub (1988); Raaflaub (1989); Raaflaub (1990); Raaflaub (1991); Raaflaub (1993); R aaflaub (1997a); R aaflaub (1997c); R aaflaub (2000); Ulf (2001b); R aaflaub (2004a); Schmitz (2004b); Cartledge (2007); Hall (2007a); Wallace (2007); Osborne (2009); R abinowitz (2009); Schmitz (2014); Seelentag (2014); Seelentag (2015), 11–128; Stein-Hölkeskamp (2015). 438 Zu der Diskussion um das Modell einer middling ideology vgl.: Spahn (1977); Morris (1996); Kurke (1999); Morris (2000); Hammer (2004); Kistler (2004); Hammer (2005); Rougier-Blanc (2008); R abinowitz (2009); Mohr (2013). 439 Zu der Diskussion um die Hoplitenphalanx vgl. die Literatur unter Anm. 22.

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Gemeinschaftsaufgaben – als entscheidender Faktor für die Verstetigung der Stellung einflussreicher Akteure innerhalb einer sozialen Gruppe erwiesen.440 Da diese Ressource durch eine dritte Instanz – die anderen Gruppenmitglieder – ver­geben wurde und in Relation zu den potentiellen Kandidaten nur begrenzt verfügbar war, erfolgte ihre Verteilung im Modus einer triadisch strukturierten Konkurrenz. Dieser Wettbewerb lässt sich  – in Anlehnung an das in Kapitel II entwickelte Modell und die neuere Archaikforschung – anhand der fünf im Einleitungskapitel genannten Parameter beschreiben: Der zu vergebende Preis war soziales Kapital. Das Forum dieser Konkurrenz bildeten die verschiedenen Versammlungsformen und damit letztlich die Gemeindeöffentlichkeit. Die Zusammensetzung des Publikums variierte entsprechend zwischen dem engeren Kreis der boule und den gleichsam öffentlichen politischen und rechtlichen Versammlungen auf der agora. In den einzelnen Prestigefeldern wurde der Wettbewerb nach spezifischen Regeln ausgetragen, denen jeder Akteur unterworfen war: Dies gilt ebenso für die Güterverteilung441 und den körperlichen Wettkampf 442 wie für Versammlungen443 und Schlichtungsverfahren444. Die unterschiedlichen Regelsysteme sollen hier nicht im Einzelnen beschrieben werden, daher mag ein Verweis auf die vorhergehenden Kapitel und die entsprechende Literatur genügen. Entscheidend ist im Kontext der vorliegenden Studie vielmehr, dass das Wohl und die Interessen der Gemeinschaft letztlich der normative Bezugsrahmen aller gesellschaftlich relevanten Prestigefelder waren.445 Die basileis verfügten im Rahmen der wirtschaftlichen Möglichkeiten gegenüber einfachen Bauern über einen ökonomischen Vorsprung, der wohl nicht einfach durch nur eine schlechte Ernte aufgehoben wurde.446 Sie bildeten darüber hinaus einen Lebensstil aus, der sie aufgrund der erforderlichen ökonomischen und

440

Zu dem Begriff „Vertrauen“ als analytischer Kategorie vgl.: Luhmann (2000); Endress (2002) sowie spezifisch zur althistorischen Forschung: Timmer (2017). 441 Vgl. dazu: Morris (1986a); Ulf (1990), 175–212; Wagner-Hasel (2000); Heitsch (2001); Kistler / Ulf (2005) sowie exemplarisch den Streit zwischen Agamemnon und Achill in der Ilias. 442 Vgl. dazu: Ulf (2004b); Ulf (2006a); Ulf (2008a); Walter (2008); Ulf (2011c) sowie exemplarisch den Zweikampf zwischen Paris und Menelaos in Buch 3 und die Leichenspiele für Patroklos in Buch 23 der Ilias. 443 Vgl. dazu: Andreev (1979a); Ulf (1990); R aaflaub (1991); Hölkeskamp (1997); R aaflaub (1997a); R aaflaub (1998); Hölkeskamp (2002b); Hölkeskamp (2003); Schulz (2011); Ulf (2011a)  sowie die in Kapitel III. B.1. genannten Beispiele für Versammlungen. 444 Vgl. dazu: R aaflaub (1988), bes. 211–214; Ulf (1989); Ulf (1990); Hölkeskamp (1992a); Hölkeskamp (1999); Schmitz (1999); Hölkeskamp (2002b); Schmitz (2004b); Schmitz (2008a); Schmitz (2014); Seelentag (2015) sowie die in Kapitel III. B.1. diskutierten Beispiele für Schlichtungsverfahren. 445 Vgl. dazu: Ulf (1989); Ulf (1990), 1–49; Ulf (2001b); Ulf (2010d). 446 Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 366.

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kulturellen Ressourcen zusätzlich als Gruppe stabilisierte.447 Die Bewohner eines normalen bäuerlichen oikos hatten weder die Zeit, sich mit der Reiterei oder dem Weben schöner Stoffe zu beschäftigen, noch waren sie ökonomisch dazu in der Lage, ein Gastmahl auszurichten, überregionale Kontakte zu pflegen oder Luxusgüter zu erwerben. Auch die notwendigen kulturellen Ressourcen, um soziales Kapital zu generieren, waren für sie aufgrund mangelnder Zeit und Gelegenheit kaum zugänglich.448 Das Beispiel der Geronten in der Schildbeschreibung und Hesiods Kritik an „geschenkefressenden“ basileis zeigen außerdem, dass es möglich war, etwa durch Schlichtungsverfahren zusätzliche Einkünfte zu erzielen und so soziales Kapital direkt in ökonomische Ressourcen umzuwandeln.449 Da es dennoch kein absolutes Kriterium sozialer Disktinktion gab, erscheint es angemessen – und interpretatorisch weniger festgelegt –, die potentiellen Teilnehmer der Konkurrenz um dauerhaften gesellschaftlichen Einfluss zunächst allgemein als Elite zu beschreiben; in Greg Anderssons Interpretation wären zu dieser sozialen Formation dann auch die frühen turannoi – als einer möglichen Ausprägung von Anführerschaft – zu zählen.450 Dieser begriffliche Zugang zur sozialen Stratifikation früharchaischer Siedlungsgemeinschaften stellt  – anders als die überkommene Unterteilung in ‚Adel‘ und ‚Volk‘ – nicht einfach zwei Großgruppen gegeneinander, sondern ermöglicht ein hohes Maß an Differenzierung: Basileis, Geronten, andere Anführer und deren potentielle Konkurrenten können so als Gruppe(n) beschrieben werden, ohne Homogenität vorauszusetzen und sie dichotom vom Rest der Bevölkerung abzugrenzen.451 Anders als in der isländischen Sagaliteratur finden sich in den früharchaischen Schriftquellen keine Erzählungen über dauerhaft erfolgreiche Aufsteiger: Der falsche Kreter aus Odysseus’ Lügengeschichte verliert seine kurzzeitige Vorrangstellung, Eupeithes  – der Vater des Antinoos  – wird trotz erfolgreicher Beutezüge aus seiner Gemeinde vertrieben und auch Bellerophontes fällt schließlich bei den Göttern in Ungnade und stirbt einsam in der aleischen Ebene in Kilikien.452 Glaukos erzählt in Buch 6 der Ilias die Geschichte seines Großvaters, der als Sohn einer einflussreichen Familie aus seiner Heimat vertrieben worden sei und in Lykien die Tochter eines basileus geheiratet habe.453 Weshalb die Götter sich dann aber von Bellerophontes abwandten, wird nicht weiter ausgeführt. Die Erzählung ist 447

Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 409 Vgl. dazu: Ulf (1990), 175–212; Ulf (2011a). 449 Hes. erg. 38 f.; 219 f.; 262 f.; Hom. Il. 18,497–508. Vgl. außerdem zu den „geschenke­ fressenden“ basileis: Schweizer (2012). 450 Vgl. dazu: Anderson (2005). In den früharchaischen Schriftquellen finden sich zwar verschiedene Begriffe zur Bezeichnung von Anführern, eine distinktive Verwendung, aus der sich eine Typologie ableiten ließe, ist jedoch nicht erkennbar. 451 Zum analytischen Potential dieses Begriffs vgl.: Ulf (2007); Patzold (2011); Schweizer (2012); Stein-Hölkeskamp  /  Hölkeskamp (2018). 452 Hom. Od. 14,191–359; 14,462–506; 16,424–429. 453 Hom. Il. 6,152–205. 448

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nur eine knappe Skizze, der Dichter konnte also offenbar voraussetzen, dass sie allgemein bekannt ist. In der modernen Forschung gelten darüber hinaus die bei Archilochos und Semonides erwähnten turannoi als (illegitime) soziale Aufsteiger, doch anhand der zeitgenössischen Quellen können diese Akteure weder näher beschrieben noch eindeutig von anderen Anführern abgegrenzt werden.454 Trotz der potentiell instabilen Stellung des einzelnen basileus und der verschiedenen Hinweise auf soziale Mobilität scheint es selbst einem wohlhabenden Bauern also nicht ohne weiteres möglich gewesen zu sein, durch einen Zweikampf oder eine andere singuläre Leistung die erforderlichen Ressourcen zu akquirieren, um Teil der Elite werden oder gar einen basileus unmittelbar ablösen zu können. Hier zeigt sich, dass der Zugang zu der Konkurrenz um dauerhaften gesellschaftlichen Einfluss im früharchaischen Griechenland sehr viel schwieriger war als in den ersten etwa 150 Jahren der isländischen Freistaatzeit. Die Differenz zwischen (einfachen) Bauern und einflussreichen Akteuren war offenbar deutlich größer. Auch als Gruppe verhielt sich der laos in der Regel passiv und war primär darauf bedacht, den sozialen Frieden innerhalb der Gemeinschaft zu erhalten: So zeigt sich Achill verärgert darüber, dass die laoi sich nicht selbständig gegen Agamemnon erheben, und die Ithakesier sehen sich nicht dazu in der Lage, Telemach gegen die Freier zu unterstützen.455 Der laos kann über die Verteilung des sozialen Kapitals zwar die Einhaltung der gesellschaftlichen Regeln einfordern, er greift aber nur bei erheblichen Normverletzungen direkt ein.456 Als Achill und Agamemnon sich in Buch 19 der Ilias öffentlich versöhnen, wird einmal mehr deutlich, dass auch der oberste basileus sein Handeln regelmäßig vor den anderen Mitgliedern der Gemeinde rechtfertigen musste:457 Doch unter ihnen sprach der Herr der Männer, Agamemnon, / ​Dort vom Sitz aus, und nicht in die Mitte getreten: / ​„Freunde! Helden der Danaer! Diener des Ares! / ​Wenn einer aufsteht, ist es recht, auf ihn zu hören, und nicht gehört 454

Zu dieser Argumentation vgl.: Jordan (1990); Anderson (2005); Ulf (2006c) sowie allgemein zur Tyrannis die Literatur unter Anm. 20. 455 Hom. Il. 1,231 f.; Hom. Od. 2,229–251; vgl. dazu: Ulf (1990), 99–117. 456 Vgl. dazu: Ulf (1990), 99–117. Darauf verweist etwa die Befürchtung der Freier, aus der Gemeinschaft ausgeschlossen zu werden, wenn ihre Mordpläne gegen Telemach aufgedeckt würden: Hom. Od. 16,371–382. 457 Hom. Il. 19,76–89: τοῖσι δὲ καὶ μετέειπεν ἄναξ ἀνδρῶν Ἀγαμέμνων / ​α ὐτόθεν ἐξ ἕδρης, οὐδ’ ἐν μέσσοισιν ἀναστάς· / ​ὦ φίλοι ἥρωες Δαναοὶ θεράποντες Ἄρηος / ​ἑσταότος μὲν καλὸν ἀκούειν, οὐδὲ ἔοικεν / ​ὑββάλλειν· χαλεπὸν γὰρ ἐπισταμένῳ περ ἐόντι. / ​ἀ νδρῶν δ’ ἐν πολλῷ ὁμάδῳ πῶς κέν τις ἀκούσαι / ​ἢ εἴποι; βλάβεται δὲ λιγύς περ ἐὼν ἀγορητής. / ​Πηλεΐδῃ μὲν ἐγὼν ἐνδείξομαι· αὐτὰρ οἱ ἄλλοι / ​σ ύνθεσθ’ Ἀργεῖοι, μῦθόν τ’ εὖ γνῶτε ἕκαστος. / ​πολλάκι δή μοι τοῦτον Ἀχαιοὶ μῦθον ἔειπον / ​κ αί τέ με νεικείεσκον· ἐγὼ δ’ οὐκ αἴτιός εἰμι, / ​κ αί τέ με νεικείεσκον· ἐγὼ δ’ οὐκ αἴτιός εἰμι, / ​ἀ λλὰ Ζεὺς καὶ Μοῖρα καὶ ἠεροφοῖτις Ἐρινύς, / ​οἵ τέ μοι εἰν ἀγορῇ φρεσὶν ἔμβαλον ἄγριον ἄτην, / ​ἤματι τῷ ὅτ’ Ἀχιλλῆος γέρας αὐτὸς ἀπηύρων.

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sichs, / ​Ihm ins Wort zu fallen, denn lästig ist es selbst für einen Erfahrenen. / ​ Doch bei vielem Lärm der Männer: wie kann da einer hören / ​Oder sprechen? Er wird behindert, ist er auch ein hellstimmiger Redner. / ​Dem Peliden will ich mich erklären, aber ihr anderen / ​Vernehmt es, Argaier! und faßt die Rede gut auf ein jeder. – / ​Oftmals schon haben mir dieses Wort gesagt die Achaier / ​ Und auch mich gescholten. Ich aber bin nicht schuldig, / ​Sondern Zeus und die Moira und die im Dunkeln wandelnde Erinys, / ​Die mir in der Versammlung in den Sinn warfen die wilde Beirrung / ​A n dem Tag, als ich selbst das Ehrgeschenk des Achilleus fortnahm. […]“ (Übersetzung: Wolfgang Schadewaldt) Auch für Angehörige der Elite war es nicht ohne weiteres möglich, einen anderen einflussreichen Akteur abzusetzen: Odysseus sieht keinen anderen Weg, als seine Vorrangstellung durch Gewalt zurückzugewinnen und in der agora der Troer gibt es zwar Streit darüber, dass Paris Helena nicht an Menelaos zurückgeben möchte, doch keiner der Anwesenden erhebt sich aktiv gegen die Priamiden.458 Die Gefahr einer übersteigerten Konkurrenz innerhalb der Elite und der Umstand, dass einzelne Akteure oder Kleingruppen sich der sozialen Ordnung zumindest partiell entziehen konnten, sind zentrale Themen der epischen Dichtung: Der Streit zwischen Agamemnon und Achill motiviert die Handlung der Ilias. Beide Akteure verstoßen dabei gleich mehrfach gegen die Normen der Gemeinschaft, indem sie ihre Interessen über die der Anderen stellen. Sie verlieren dadurch zwar an Ansehen, können ihre Vorrangstellung aber dennoch behaupten. Auch die Odyssee erzählt von einem eskalierenden Konflikt innerhalb der Elite. Als Odysseus nach Ithaka zurückkehrt, tötet er alle Konkurrenten (Freier), obwohl diese ihm anbieten, den entstandenen Schaden zu ersetzen und ihn wieder als basileus anzuerkennen. Nur ein Eingreifen der Götter kann die Zerstörung oder den Zerfall der Gemeinschaft verhindern und eine neue soziale Ordnung etablieren. Die Erga sind  – neben anderem  – ein Mahngedicht, das die gesellschaftlichen Normen aktualisiert. Hesiod kritisiert in ihnen alle gesellschaftlichen Akteure – basileis wie einfache Bauern –, die primär ihre persönlichen Interessen verfolgen und sich durch Korruption bereichern oder einen Vorteil verschaffen wollen. Er macht deutlich, welche Konsequenzen solches Verhalten haben kann: Es gefährdet die soziale Ordnung und damit letztlich den Bestand der Siedlungsgemeinschaft. Auffällig ist, dass es im früharchaischen Griechenland – soweit dies in den zeitgenössischen Quellen zu greifen ist – trotz der relativen Stabilität der basileis als Gruppe nicht zur Ausbildung einer Machtelite kam, die sich dauerhaft der Kontrolle durch die Öffentlichkeit hätte entziehen können. Im Gegenteil: Das soziale Kapital und damit die Rückbindung an die Interessen und Normen der Gemeinschaft waren – und blieben für den hier untersuchten Zeitraum – ein konstitutives Element der Konkurrenz um gesellschaftlichen Einfluss. Die historische Grundlage hierfür war 458

Hom. Il. 7,345–380; vgl. dazu: Ulf (1990), 99–117.

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die auf Kooperation und den Erhalt des Gemeinwesens angelegte soziale Ordnung früharchaischer Dorfgemeinschaften, die letztlich auch den normativen Rahmen der epischen Dichtung bildet. Vor diesem Hintergrund formulierten die Autoren dieser Texte eigenständige politische Ideen, die Bestandteil eines überregionalen Diskurses waren, wie ihn Tanja Itgenshorst rekonstruiert hat.459 Insofern bilden die erhaltenen Schriftquellen die gesellschaftlichen Verhältnisse aus einer auch politisch motivierten Perspektive ab. Es ist davon auszugehen, dass die Plots der Erzählungen dem Erfahrungshorizont des Publikums entsprachen und daher zumindest strukturell historisch ausgewertet werden können. Das in Kapitel II modellhaft beschriebene Bedingungsgefüge aus Konkurrenz und Kontrolle war – dies zeigen die im Verlauf der vorliegenden Studie analysierten Textpassagen – in zweifacher Weise ein stabiles Instrument zur Aufrechterhaltung der sozialen Ordnung in früharchaischen Siedlungsgemeinschaften: Erstens entstand ein normativer Diskurs, der über die Verteilung des sozialen Kapitals zweitens einen erheblichen Einfluss auf das Handeln aller Akteure hatte. Dennoch scheint es notwendig gewesen zu sein, zusätzliche Kontrollmechanismen zu schaffen, um die (zunehmende)  Konkurrenz innerhalb der Elite kanalisieren zu können. In der epischen Dichtung wird mehrfach explizit gefordert, das Recht über die Gewalt zu stellen.460 Was passieren konnte, wenn diese Mechanismen versagten und Konkurrenz in einen regellosen Konflikt umschlug, zeigt sich bei Odysseus’ Rückkehr nach Ithaka – auch wenn es mithilfe der Götter letztlich gelingt, eine neue soziale Ordnung zu etablieren, die nicht mehr nur auf dem Einfluss einzelner Akteure beruht, sondern alle Mitglieder durch einen Schwur auf den Erhalt des Gemeinwesens verpflichtet.461 Grundsätzlich stabilisiert die Kontrollfunktion der Gemeindeöffentlichkeit das gesellschaftliche Gefüge. Dies setzt jedoch voraus, dass die Gruppenmitglieder dazu in der Lage sind, die Leistungen und Motive potentieller Anführer angemessen zu beurteilen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass kakoi andres den demos durch (falsche) Versprechungen auf ihre Seite ziehen und dieses soziale Kapital zu ihrem Aufstieg nutzen. Solons eunomia-Elegie formuliert dieses Problem explizit. Entsprechende Befürchtungen lassen sich auch bereits in Hesiods Bild einer schlechten Polis sowie in der Skepsis verschiedener Autoren – wie Archilochos, Mimnermos und Alkaios – gegenüber dem Urteilsvermögen des demos greifen.462 Hesiods Gleichnis der beiden sich widerstreitenden Eris stellt den 459

Itgenshorst (2014). sei hier auf das Ende der Odyssee sowie auf Hes. erg. 27–41; 212–294 verwiesen; vgl. dazu: Ulf (2010d); Ulf (2017); Ulf (2018); Seelentag (2015). 461 Vgl. dazu: Ulf (2018). 462 Die entsprechenden Belegstellen finden sich in: Alkaios fr. 43 D. = 70 L. / P.; fr. 87 D. = 348 L. / P.; Archilochos fr. 128 West = Stob. 3,20,28; fr. 133 West = Stob. 4,58,4; Hes. erg. 212–285; Mimnermos fr. 7 West = Theognis 795 f.; Solon fr. 4 West = Demosth. 19,254–256; zu dieser Interpretation vgl.: Ulf (2001b), bes. 178. 460 Exemplarisch

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gesellschaftlichen Nutzen der Konkurrenz den desintegrativen Folgen regelloser Konflikte gegenüber:463 Nicht nur ist eine Eris geboren, sondern auf Erden / ​sind es zwei. Die eine kann jeder Verständige loben, / ​Abscheu verdient die andere. Verschieden sind sie geartet. / ​Nährt doch die eine nur böse Feindschaft und häßlichen Hader / ​ungestüm, kein sterblicher liebt sie, sondern gezwungen / ​nach der Unsterblichen Willen ehrt man die drückende Eris. / ​Ä lter die andre, da Nacht sie gebar, die finstere Göttin. / ​und sie setzte der hohe, im Luftraum behauste Kronide / ​in die Wurzeln der Erde, den Männern zu größerem Segen. / ​Selbst noch den Trägen erweckt sie in gleicher Weise zur Arbeit. / ​Jeden ergreift ja Lust zur Arbeit, wenn er des anderen / ​Reichtum sieht, schon eilt er zu pflügen, zu pflanzen / ​und das Haus zu bestellen. Der Nachbar läuft mit dem Nachbarn / ​um die Wette nach Wohlstand; so nützt diese Eris den Menschen. / ​Töpfer eifert mit Töpfer, und Maurer eifert mit Maurer, / ​und Bettler beneidet den Bettler, der Sänger den Sänger. (Übersetzung: Albert von Schirnding) Die skizzierten Probleme und ein konkreter Lösungsansatz sind  – jenseits aller literarischen Fiktion – in dem sog. Verfassungsgesetz von Dreros dokumentiert, was die bisherigen Überlegungen zu den gesellschaftlichen Verhältnissen zusätzlich stützt:464 ⟨ϑιός ολοιον⟩. ἇδ’ | ἔϜαδε πόλι· | ἐπεί κα κοσμήσει, | δέκα Ϝέτιον τὸν α- ← Ϝτὸν | μὴ κόσμεν· | αἰ δὲ κοσμησίε, | ὁ[π]ε δικακσίε, | ἀϜτὸν ὀπῆλεν | διπλεῖ καϜτὸν → ἄκρηστον | ἦμεν, | ἇς δόοι, | κὄτι κοσμησίε | μηδὲν | ἤμην. ⟨vacat⟩ ← ⧖ ὀμόται δὲ | κόσμος | κὸι δάμιοι | κοἰ ἴκατι | οἱ τᾶς πόλ[ιος]. ⟨vacat⟩ ←

Hes. erg. 11–26: Οὐκ ἄρα μοῦνον ἔην Ἐρίδων γένος, ἀλλ’ ἐπὶ γαῖαν / ​εἰσὶ δύω· τὴν μέν κεν ἐπαινήσειε νοήσας, / ​ἣ δ’ ἐπιμωμητή· διὰ δ’ ἄνδιχα θυμὸν ἔχουσιν. / ​ἣ μὲν γὰρ πόλεμόν τε κακὸν καὶ δῆριν ὀφέλλει, / ​σ χετλίη· οὔ τις τήν γε φιλεῖ βροτός, ἀλλ’ ὑπ’ ἀνάγκης / ​ἀθανάτων βουλῇσιν Ἔριν τιμῶσι βαρεῖαν. / ​τ ὴν δ’ ἑτέρην προτέρην μὲν ἐγείνατο Νὺξ ἐρεβεννή, / ​θ ῆκε δέ μιν Κρονίδης ὑψίζυγος, αἰθέρι ναίων, / ​γαίης [τ’] ἐν ῥίζῃσι καὶ ἀνδράσι πολλὸν ἀμείνω· / ​ἥ τε καὶ ἀπάλαμόν περ ὁμῶς ἐπὶ ἔργον ἐγείρει· / ​ἥ τε καὶ ἀπάλαμόν περ ὁμῶς ἐπὶ ἔργον ἐγείρει· / ​ εἰς ἕτερον γάρ τίς τε ἴδεν ἔργοιο χατίζων / ​πλούσιον, ὃς σπεύδει μὲν ἀρόμεναι ἠδὲ φυτεύειν / ​ οἶκόν τ’ εὖ θέσθαι· ζηλοῖ δέ τε γείτονα γείτων / ​εἰς ἄφενος σπεύδοντ’· ἀγαθὴ δ’ Ἔρις ἥδε βροτοῖσιν. / ​κ αὶ κεραμεὺς κεραμεῖ κοτέει καὶ τέκτονι τέκτων, / ​κ αὶ πτωχὸς πτωχῷ φθονέει καὶ ἀοιδὸς ἀοιδῷ. 464 Zum Text der Inschrift vgl.: Guarducci (1931); Guarducci (1933); Guarducci (1935–50); Demarge  /  E ffenterre (1937); Demargne / E ffenterre (1938); Effenterre (1946); Effenterre (1961); Meiggs / L ewis 1989; Jeffery (1990); Effenterre / Ruzé (1994/95); Seelentag (2009b). 463

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[Gott möge gnädig sein?]. So hat entschieden die Polis: Wenn einer Kosmos gewesen ist, soll für zehn Jahre derse|lbe nicht (wieder) Kosmos sein. Wenn er (doch) als Kosmos handelt: gleich, was er geurteilt hat, soll er schulden ein Doppeltes, und er | soll unbrauchbar sein, solange er lebt, und was er als Kosmos verfügt hat, soll nichtig sein. | [⧖] Die Schwörer: der Kosmos und die Damioi und die Zwanzig der Polis. (Übersetzung: HGIÜ / Gunnar Seelentag) Dieses Gesetz aus dem kretischen Dreros – vermutlich um 650 entstanden – über das Amt des kosmos ist ein Schlüsseltext der Archaikforschung. Es gehört zu einer Gruppe unsystematischer Regelungen zu verschiedenen Themen und ist – zumindest in diesem Umfang – das älteste erhaltene Zeugnis einer schriftlich fixierten Norm in griechischer Sprache.465 Da es keine ergänzenden Schriftzeugnisse gibt, sind die institutionellen Rahmenbedingungen dieser Regelung weitgehend unklar.466 Auf den Fundkontext und die baulichen Voraussetzungen wurde bereits hingewiesen.467 Die Inschrift setzt voraus, dass allgemein bekannt oder an anderer Stelle dokumentiert war, welche Aufgaben ein kosmos hatte und auf welche Akteure sich die Begriffe polis, damioi und „Zwanzig der polis“ genau bezogen. Beides lässt sich nur ansatzweise rekonstruieren: Der kosmos – die Vermutung, es habe sich um ein Kollegium gehandelt, basiert auf klassischen Quellen und ist hier wenig überzeugend – hat wohl als eine Art Schlichter fungiert. Dafür spricht, dass er offenbar über Streitfragen zu entscheiden hatte und das Gesetz mit einer materiellen Strafe sanktioniert war, die sich an dem jeweiligen Streitwert orientierte. Dies lässt an die basileis und Geronten der epischen Dichtung denken, die auf der agora Konflikte zu lösen versuchten und dabei auch um materielle Güter konkurrierten.468 Die anderen genannten Akteure sind gesellschaftliche Gruppen: Der Begriff polis bezeichnet evident ein Kollektiv und apostrophiert wohl die Siedlungsgemeinschaft insgesamt. Über die damioi lässt sich kaum etwas sagen, da dieser Ausdruck für die Früharchaik sonst nicht belegt ist. Die Pluralform zeigt an, dass es sich um mehrere Personen gehandelt haben muss. Unklar bleibt, ob sich dieser Begriff – wie ein Analogieschluss mit späteren Quellen nahelegen würde – auf eine konkrete Institution, die sich um die wirtschaftlichen Belange der Gemeinde kümmerte, oder auf alle Angehörigen des demos bezog. Die „Zwanzig der polis“ schließlich waren offenbar ein kollegiales Gremium  – möglicherweise eine Art Rat  – mit 465

Vgl. dazu die Literatur unter den Anm. 330, 331 und 332. zur Geschichte Kretas in der Archaik vgl: Perlman (1992); Marinatos (1995); Gehrke (1997); Kotsonas (2002); Link (2002); Papakonstantinou (2002); Day / Mook / Muhly (2004); Perlman (2004a); Whitley (2005); Seelentag (2009a); Seelentag (2009b); Erickson (2010); Whitley (2010); Youni (2010); Seelentag (2014); Gagarin /  P erlman (2015); Seelentag (2015). 467 Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 329. 468 Zur möglichen Funktion des kosmos vgl: Seelentag (2009b); Seelentag (2015), 129–203. 466 Allgemein

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einer festgelegten Mitgliederzahl. Wie es besetzt wurde und worin seine Aufgaben bestanden, ist nicht bekannt. Das ‚Verfassungsgesetz‘ von Dreros ist der erste Beleg für eine Institution mit einer numerisch definierten Größe, die Versammlungen der homerischen Epen waren situativ unterschiedlich besetzt. Da die Inschrift zunächst auf die polis insgesamt verweist, diese dann aber in der Eidesformel nicht mehr nennt, scheinen die drei Eidesleister entweder die zentralen Akteure der Gesamtgemeinde oder die direkt von der Regelung betroffenen Parteiungen gewesen zu sein.469 Was den Textbestand betrifft, so ist in der modernen Forschung vor allem die einleitende Wendung „ϑιός ολοιον“ umstritten. Margherita Guarducci konnte schlüssig nachweisen, dass diese Worte vor der zweiten Zeile in den Stein gemeißelt worden waren und daher kein Einschub, sondern der eigentliche Anfang der Inschrift sind.470 Es handelt sich um die Anrufung eines Gottes, deren Wortlaut jedoch umstritten ist. Da dies im Kontext der vorliegenden Studie keine weiteren Auswirkungen auf die Interpretation des Textes hat, mag ein Hinweis auf die entsprechende Literatur genügen.471 Nach den einleitenden Formeln beinhaltet die Inschrift zunächst ein Iterationsverbot von zehn Jahren für das Amt des kosmos, die Dauer der Amtszeit wird nicht erwähnt. In der Forschung herrscht heute weitgehend Einigkeit darüber, dass die lange Sperrfrist darauf abzielte, den Zugang zu diesem Amt einer möglichst großen Zahl von Akteuren zu ermöglichen. Dies trug dazu bei, die Konkurrenz um gesellschaftlichen Einfluss zu entzerren. Offenbar handelte es sich um eine attraktive Position, zumal aus dem Gesetz hervorgeht, dass die Aufgaben des kosmos mit Einnahmen aus Schlichtungsverfahren verbunden waren. Hier zeigen sich ähnliche Strukturen und Probleme gesellschaftlicher Organisation wie in der epischen Dichtung. Der Rest des Textes fand – von der Eidesformel abgesehen – in der Forschung lange nur wenig Beachtung und galt für gewöhnlich als bloße Bestätigung des Iterationsverbotes.472 Hinter dieser Lesart steht die Annahme, dass es bereits im früharchaischen Griechenland ein stabiles Ämterwesen gegeben habe. Gunnar Seelentag konnte jedoch vor einigen Jahren überzeugend darlegen, dass das drerische ‚Verfassungsgesetz‘ zwei sich ergänzende Regelungen beinhaltet, die eine Reaktion auf unterschiedliche Probleme gesellschaftlicher Organisation waren.473 Der Ausgangspunkt seiner Argumentation ist die Formulierung „αἰ δὲ κοσμησίε“ in Zeile zwei: Nach der gängigen Lesart sanktioniert dieser Teil der Inschrift eine zweite Amtszeit innerhalb der Sperrfrist – „wenn er (doch) als kosmos amtiert“474 –, 469

Zu den anderen Akteuren des Gesetzes vgl.: Hölkeskamp (1999); Seelentag (2009b); Veneciano (2010); Seelentag (2015). 470 Vgl. dazu: Guarducci (1931); Guarducci (1933); Guarducci (1935–50). 471 Vgl. dazu: Pounder (1984); Meiggs  /   L ewis (1989); Jeffery (1990). 472 Vgl. dazu: Seelentag (2015), 58–92; 129–163. 473 Vgl. dazu: Seelentag (2009b); Seelentag (2015). 474 Zu dieser Übersetzung vgl.: HGIÜ, 2; weitere Varianten mit gleicher Sinnrichtung finden sich in: Seelentag (2009b), 72.

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um das Iterationsverbot zu stützen. Rein sprachlich ist eine solche Interpretation möglich. Es erscheint jedoch wenig plausibel, anzunehmen, dass ein Akteur dieses Amt – ohne die Anwendung von Gewalt – trotz des bestehenden Iterationsverbotes hätte bekleiden können. Gegen eine gewaltsame Usurpation wäre auch die zweite Regelung nicht durchsetzbar gewesen.475 Seelentag übersetzt die Passage in Anlehnung an Russel Meiggs und David Lewis anders  – „wenn er (doch) als kosmos handelt“ – und eröffnet so eine neue Perspektive auf das Gesetz.476 Nach dieser Lesart bezieht sich „αἰ δὲ κοσμησίε“ nicht auf die formale Ausübung eines Amtes, sondern auf eine soziale Praxis: Es scheint in Dreros einflussreiche Akteure gegeben zu haben, die ihr soziales Kapital dazu nutzten, die Aufgaben des kosmos zumindest teilweise an sich zu ziehen und diesem so Konkurrenz zu machen. Oder umgekehrt formuliert, verfügten diese Personen offenbar über die entsprechenden Kapitalien, um von den anderen Gruppenmitgliedern dem eigentlichen Funktionsträger vorgezogen zu werden. Daher stellt die Inschrift nicht nur das Handeln als kosmos unter Strafe, sondern erklärt auch die getroffenen Entscheidungen für unwirksam.477 Keine der acht erhaltenen Inschriften enthält einen Hinweis auf einen Erzwingungsstab. Es ist daher davon auszugehen, dass die beiden hier diskutierten Normen – ähnlich wie die in den Epen greifbaren Regelsysteme – sozial sanktioniert waren. Welche Rolle dabei die polis, die damioi und die „Zwanzig der polis“ im Einzelnen spielten, lässt sich auf der vorhandenen Quellenbasis nicht mehr nachvollziehen, zumindest jedoch werden sie in der Inschrift explizit genannt.478 Die Frage, weshalb sich die zweite Norm nur auf frühere Amtsträger und nicht auf andere potentielle Konkurrenten bezieht, kann nur spekulativ beantwortet werden: Möglicherweise gab es in anderer Form – etwa mündlich – oder an anderer Stelle ergänzende Regelungen. Denkbar ist auch, dass vor allem ehemalige kosmoi über die erforderlichen Ressourcen verfügten, um dem eigentlichen Amtsinhaber Konkurrenz zu machen oder dass sich besonders einflussreiche aktuelle Funktionsträger der sozialen Kontrolle zu entziehen versuchten und damit die soziale Ordnung gefährdeten.479 Während das Iterationsverbot das Konfliktpotential innerhalb der Elite verringern sollte, zielte die zweite Regelung darauf ab, die institutionalisierte Funktion des kosmos gegen andere einflussreiche Akteure zu stärken. Insofern sind beide Normen als Reaktion auf die (zunehmende) Konkurrenz innerhalb der drerischen Elite um soziales Kapital und gesellschaftlichen Einfluss zu lesen. Das ‚Verfassungsgesetz‘ von Dreros ist also gerade kein Beleg für das Vorhandensein eines stabilen Ämterwesens, sondern verweist auf einen strukturellen Wandel, der auch in der epischen Dichtung dokumentiert ist:480 Personale Einflusssphären 475

Vgl. dazu: Seelentag (2009b). Vgl. dazu: Meiggs / L ewis 1989, 2; Seelentag (2009b). 477 Vgl. dazu: Seelentag (2009b); Seelentag (2015), 139–63. 478 Vgl. dazu die Literatur unter Anm. 469. 479 Vgl. dazu: Seelentag (2009b); Seelentag (2015), 139–163. 480 Zu dieser Interpretation des Gesetzes vgl.: Seelentag (2009b); Seelentag (2015). 476

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sollten durch entpersonalisierte Regelsysteme begrenzt werden, um die soziale Ordnung auch gegenüber besonders einflussreichen Akteuren durchsetzen zu können. Das auch in den Epen greifbare Gefüge aus Konkurrenz und Kontrolle wurde formalisiert und in eine abstrakt konzeptualisierte Ordnung übersetzt. Auf diese Weise entstand ein zunehmend eigenständiges Prestigefeld des im weitesten Sinne Politischen, dessen normativer Rahmen in der früharchaischen Dichtung dokumentiert ist. Ein konstitutives Element dieses Prozesses war die Ausformung eines auch baulich definierten Handlungsraumes.481 Wie das Beispiel Dreros zeigt, konnten sich gesellschaftliche Akteure, die über die erforderlichen Ressourcen verfügten, durch die Erfüllung von Gemeinschaftsaufgaben im Rahmen formaler Verfahren und Regelsysteme im öffentlichen Raum der befestigten agora profilieren und so ihren gesellschaftlichen Einfluss auch rechtlich fundieren. Anders als auf Island kam es in früharchaischen Siedlungsgemeinschaften  – trotz ähnlicher struktureller Probleme – also gerade nicht zur Ausbildung einer Machtelite, die sich der sozialen Kontrolle und den Regelsystemen dauerhaft hätte entziehen können. Vielmehr gelang es den Gemeinwesen, politische Handlungsräume und ein rechtliches Instrumentarium zu etablieren, die der gesellschaftlichen Desintegration durch Verteilungskonflikte langfristig entgegenwirkten. Dieser Umstand lässt sich – wenn auch nur in Ansätzen – aus den Unterschieden zwischen den Vergleichsgesellschaften erklären: Zunächst fällt auf, dass sich ein normativer Diskurs über den Gemeinschaftsbezug der Akteure – wie er in den früharchaischen Schriftquellen zu greifen ist – in der isländischen Überlieferung so nicht findet. Die Bedeutung des sozialen Kapitals für die gesellschaftliche Position der Goden lässt sich in den Isländersagas nur aus dem Gang der Handlung erschließen, ein entsprechender normativer Rahmen wird nicht explizit formuliert. Allerdings unterscheiden sich auch die Zeitperspektiven des Quellenmaterials grundsätzlich: Während die früharchaischen Texte Teil eines zeitgenössischen politischen Diskurses sind, konzeptualisieren die Isländersagas ihre Erzählungen aus der Distanz mehrerer Jahrhunderte. Dies wäre eine mögliche Erklärung für die Unterschiede in der schriftlichen Überlieferung. Der materielle Befund weist jedoch in eine andere Richtung: Auf Island lassen sich für die Freistaatzeit vor allem Einzelgehöfte und Weilersiedlungen nachweisen, die häufig mehrere Kilometer voneinander entfernt lagen. Im griechischen Raum hingegen finden sich für das 8. und 7. Jahrhundert darüber hinaus – und in zunehmendem Maße – auch Dörfer und größere Siedlungskomplexe.482 Winfried Schmitz konnte überzeugend darlegen, dass ein 481 Allgemein

zu der Dimension des Politischen im archaischen Griechenland vgl. die Literatur unter Anm. 69; spezifisch zur Ausbildung politischer Handlungsräume vgl.: Ulf (2001b); Hölkeskamp (2002b); Hölkeskamp (2004a); Seelentag (2009b); Ulf (2010d); Ulf (2011c); Ulf (2012a); Itgenshorst (2014); Seelentag (2015); Ulf (2018); Ulf (2017). Zur materiellen Verortung des Politischen vgl. die Literatur unter Anm. 24. 482 Zur Siedlungsstruktur im früharchaischen Griechenland vgl. die Literatur unter den Anm. 84, 90; zur Freistaatzeit vgl. die Literatur unter den Anm. 127 und 170.

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auf Kontrolle und Gemeinschaftsbezug ausgelegtes Ordnungsgefüge wie wir es in der früharchaischen Überlieferung greifen können, seinen konkreten sozialen Ort in der subsistenzwirtschaftlich geprägten bäuerlichen Dorfgemeinschaft und den komplexen Nachbarschaftsverhältnissen in einer solchen Siedlungsstruktur hat.483 Fehlt diese räumliche Dimension der sozialen Nahbeziehung ganz oder teilweise, so erscheint es plausibel, dass sich auch keine entsprechenden Ordnungsvorstellungen und Regelungsmechanismen ausbilden konnten – oder diese zumindest weniger stabil waren. Welchen Einfluss die Siedlungsstruktur auf das Ordnungsgefüge eines Gemeinwesens haben kann, lässt sich ansatzweise auch an den Verdichtungsprozessen und Mobilitätsphänomenen im früharchaischen Griechenland nachzeichnen: Wurden mehrere Weiler oder kleine Dörfer zu größeren Einheiten zusammengefasst, dürften die überkommenen Ordnungskonzepte und Regelsysteme an Bindekraft verloren haben, da nicht mehr alle Akteure die entsprechenden Normen kannten und akzeptierten. Infolgedessen mussten neue Regeln ausgehandelt werden und auch die gesellschaftlichen Einflussbereiche standen zur Disposition. Die Zahl der potentiellen Anführer vergrößerte sich und so wird es zwischen den (ehemaligen) Eliten der kleineren Siedlungseinheiten zu Aushandlungsprozessen und Konflikten um Ansehen und Einfluss gekommen sein. Diese Form der Entbettung der gesellschaftlichen Regelsysteme ist für die Früharchaik historisch nur schwer zu greifen, doch in den homerischen Epen finden sich zumindest einige Indizien: Das Lager der Achaier vor Troia – wie es insbesondere in Buch 12 der Ilias dargestellt ist – lässt sich als literarisches Abbild einer solchen Situation interpretieren. Innerhalb der (provisorischen) Mauern treffen sich – wie uns der sog. Schiffskatalog in Buch 2 wissen lässt – die Bewohner unterschiedlicher Siedlungsgemeinschaften und müssen sich zumindest für die Dauer des Kriegszuges auf gemeinsame Normen und Regeln verständigen. Dabei kommt es vor allem innerhalb der Elite zu Verteilungskonflikten, die letztlich für das gesamte Werk strukturgebend sind.484 Auch Eumaios’ Schilderung der Insel Syria in Buch 15 der Odyssee lässt sich auf einen solchen Hintergrund beziehen, auch wenn sie nicht auf entsprechende Konflikte verweist, sondern das Leben dort in utopischen Bildern beschreibt:485

483

Vgl. dazu: Schmitz (2004b), 9–104. Vgl. dazu (mit weiterer Literatur): Seelentag (2015), bes. 75–92; 339; 380. 485 Hom. Od. 15,403–414: νῆσός τις Συρίη κικλήσκεται, εἴ που ἀκούεις, / ​ Ὀρτυγίης καθύπερθεν, ὅθι τροπαὶ ἠελίοιο, / ​οὔ τι περιπληθὴς λίην τόσον, ἀλλ’ ἀγαθὴ μέν, / ​εὔβοος εὔμηλος, οἰνοπληθὴς πολύπυρος. / ​πείνη δ’ οὔ ποτε δῆμον ἐσέρχεται, οὐδέ τις ἄλλη / ​νοῦσος ἐπὶ στυγερὴ πέλεται δειλοῖσι βροτοῖσιν· / ​ἀ λλ’ ὅτε γηράσκωσι πόλιν κάτα φῦλ’ ἀνθρώπων, / ​ ἐλθὼν ἀργυρότοξος Ἀπόλλων Ἀρτέμιδι ξύν, / ​ οἷσ’ ἀγανοῖσι βέλεσσιν ἐποιχόμενος κατέπεφνεν. / ​ἔ νθα δύω πόλιες, δίχα δέ σφισι πάντα δέδασται· / ​τ ῇσιν δ’ ἀμφοτέρῃσι πατὴρ ἐμὸς ἐμβασίλευε, / ​Κτήσιος Ὀρμενίδης, ἐπιείκελος ἀθανάτοισιν. 484

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Syria heißt eine Insel, vielleicht hast du von ihr Kunde; / ​über Ortygia liegt sie, dort wo die Sonne sich wendet, / ​nicht übermäßig besiedelt, aber wahrlich ein gutes / ​L and, gut für Rinder, für Schafe, reich an Wein und Weizen. / ​ Nie kommt je Hungersnot übers Volk, noch fällt eine andre / ​hassenswerte Krankheit an die elenden Menschen, / ​sondern, sind in der Stadt gealtert der Sterblichen Stämme, / ​kommt mit silbernem Bogen Apollon und Artemis mit ihm, / ​greift mit seinen sanften Geschossen sie an und erlegt sie. / ​Dort sind zwei Städte, und alles ist zweigeteilt unter ihnen; / ​und über beide regierte als basileus mein eigener Vater, / ​Ktesios, Ormenos’ Sohn, den unsterblichen Göttern vergleichbar. (Übersetzung: Kurt Steinmann) Eumaios’ Vater war also möglicherweise der Anführer einer Gemeinde, die aus zwei zunächst unabhängigen Siedlungen entstanden war. Von der Position des basileus abgesehen, scheinen alle vorherigen Einrichtungen erhalten geblieben zu sein. Der Text führt dies nicht näher aus, da der Schwerpunkt der Erzählung auf Eumaios’ Entführung durch phönizische Händler liegt. Zu denken wäre hier aber beispielsweise an die jeweilige agora, an Rats- und Volksversammlungen, an Feste oder an Institutionen zur Lösung von Konflikten. Doch nicht nur der Zusammenschluss, sondern auch die Neugründung von Siedlungen dürfte Einfluss auf die Organisation und Entwicklung (früh)archaischer Gemeinwesen gehabt haben – auch wenn sich mögliche Folgen historisch nur schwer greifen lassen. Diese Form der Mobilität ist vor allem archäologisch belegt und wird in den Schriftquellen – anders als etwa die Seeräuberei – kaum erwähnt.486 Die Gründung einer neuen Siedlung wird jedenfalls an keiner Stelle als Handlungsoption für die Lösung gesellschaftlicher Probleme aufgezeigt. Der Fokus der erhaltenen Texte liegt vielmehr auf Konflikten innerhalb bestehender Siedlungsgemeinschaften sowie auf der Frage, wie das Zusammenleben dort anders organisiert werden könnte. In diesem Zusammenhang wird die Erschließung neuer Siedlungsräume offenbar nicht als relevanter Faktor wahrgenommen oder zumindest nicht für erwähnenswert erachtet. Über die Gründe hierfür kann nur spekuliert werden: Möglicherweise konnten die Autoren unserer Texte in den Jahrzehnten um 700 noch keine direkten Auswirkungen dieses vergleichsweise jungen Phänomens auf ihre Lebenswelt erkennen. Langfristig aber scheinen die ‚griechischen‘ Migrationsbewegungen dazu beigetragen zu haben, dass die überkommenen gesellschaftlichen Verhältnisse sich veränderten und neue Formen der Siedlungsarchitektur und der sozialen Ordnung entstanden.487

486 487

vgl. zu den zeitgenössischen Belegen: Mauersberg (2019), 33–40. Vgl. dazu die Literatur unter den Anm. 86 und 111.

Organisation und Entwicklung a m Modell der isländischen Freistaatzeit 

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4. Fazit Aus dem „Sehepunkt“ der vorliegenden Studie ergibt sich also folgendes Bild der gesellschaftlichen Organisation und Entwicklung im früharchaischen Griechenland: Zunächst hat die Analyse des Quellenmaterials gezeigt, dass die Gemeinwesen in den Jahrzehnten um 700 – ähnlich wie in der isländischen Freistaatzeit – bereits über stabile Regelsysteme verfügten, deren Funktonalität, Durchsetzungsfähigkeit und Reichweite jedoch in hohem Maße an den personalen Einfluss einzelner Akteure – in den Epen sind dies vor allem die basileis und Geronten – gebunden war. Die individuelle Stellung dieser Anführer war weder geburtsständisch noch rechtlich legitimiert und daher potentiell instabil. Sie basierte auf einem komplexen Geflecht ökonomischer, körperlicher, kultureller und sozialer Kapitalien, die im Modus einer geregelten Konkurrenz verteilt wurden. Gegenüber dem Rest der Bevölkerung besaßen diese Akteure einen Ressourcenvorsprung, der sie als Gruppe(n) stabilisierte. Insofern können sie – gemeinsam mit ihren potentiellen Konkurrenten  – als Elite beschrieben werden. Diese soziale Formation war dadurch gekennzeichnet, dass ihre Angehörigen – anders als einfache Bauern – um dauerhaften gesellschaftlichen Einfluss konkurrieren konnten. In der isländischen Freistaatzeit war die soziale Differenz zunächst geringer ausgeprägt, allerdings setzen die früharchaischen Schriftquellen erst in einem fortgeschrittenen Stadium des dieser Analyse zugrunde liegenden Modells ein; die Anfänge gesellschaftlicher Organisation im griechischen Siedlungsraum lassen sich heute historisch nicht mehr greifen und werden daher hier auch nicht thematisiert. Die entscheidende Ressource in diesem Wettbewerb war soziales Kapital: Früharchaische Anführer benötigten, um längerfristig erfolgreich zu sein, laoi, hetairoi, time und vor allem das Vertrauen der anderen Gruppenmitglieder in ihre Fähigkeiten zur Leitung und Organisation des Zusammenlebens. Daher mussten die basileis der Epen – ähnlich wie die Goden bis etwa zur Mitte des 11. Jahrhunderts – stets darauf bedacht sein, einen Ausgleich zwischen der Konkurrenz um die verschiedenen Kapitalien und den Interessen der Gemeinschaft zu finden. Wer dauerhaft gegen die Belange der eigenen ‚Anhänger‘ oder Gemeinschaft handelte, lief Gefahr, seine Vorrangstellung zu verlieren oder in letzter Konsequenz sogar aus der Gruppe ausgeschlossen zu werden. Die auf Kooperation und den Erhalt des Gemeinwesens angelegten Ordnungsvorstellungen früharchaischer Dorfgemeinschaften bildeten dabei den normativen Rahmen zur Beurteilung aller gesellschaftlichen Akteure. Dieser Diskurs ist in den zeitgenössischen Schriftquellen in vielfältiger Weise dokumentiert. Allerdings griff die Gemeindeöffentlichkeit  – zumindest gegenüber besonders einflussreichen Akteuren  – nur bei erheblichen Normverletzungen unmittelbar ein. Das soziale Kapital war also nicht nur eine zentrale Ressource gesellschaftlicher Vorrangstellung, sondern zugleich auch ein wichtiges Kontrollinstrument. Dieses Bedingungsgefüge aus Konkurrenz und Kontrolle weist in früharchaischen Gemeinwesen eine vergleichsweise hohe Stabilität auf – zumindest konnte sich,

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Organisation und Entwicklung im früharchaischen Griechenland 

anders als auf Island, keine weitgehend unabhängige Machtelite etablieren. Über die Gründe für die unterschiedliche Entwicklung der Vergleichsgesellschaften kann zwar letztlich nur spekuliert werden, möglicherweise erschwerte aber die stärker isolierte Siedlungsstruktur auf Island die Ausbildung kongruenter Ordnungsvorstellungen und entsprechender Kontrollmechanismen. Doch auch in früharchaischen Siedlungsgemeinschaften versuchten einzelne Akteure oder kleine Gruppen immer wieder, sich der sozialen Ordnung partiell zu entziehen, und die zeitgenössischen Schriftquellen spiegeln ähnliche strukturelle Probleme wie die isländische Sagaliteratur: Die Träger der gesellschaftlichen Regelsysteme standen in ständiger Konkurrenz um soziales Ansehen und politischen Einfluss. Ihr Handeln war in einen normativen Rahmen eingebunden, doch es kam immer wieder  – wie vor allem die homerischen Epen zeigen  – zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Dies liegt nicht zuletzt auch daran, dass es zunächst offenbar kein Instrumentarium dafür gab, gesellschaftlichen Einfluss  – etwa durch eine zeitliche Begrenzung der Anführerschaft oder die Schaffung unterschiedlicher Aufgabenbereiche – auf mehrere Personen zu verteilen. Um diesen desintegrativen Tendenzen entgegenzuwirken, wurde versucht, die Regelsysteme weiter zu formalisieren und den personalen Einfluss der elitären Akteure zu begrenzen: Der (planvolle)  Bau befestigter agorai, die Verschriftlichung von Normen und die Einrichtung fester Gremien führte zu einer stärkeren Institutionalisierung des rechtlichen und politischen Raumes. Um die innerelitäre Konkurrenz kanalisieren und entzerren zu können, wurden in Dreros entpersonalisierte Ämter und formale Verfahrensregeln zu deren Stabilisierung geschaffen. Darüber hinaus entstand ein überregionaler politischer Diskurs, in dem Dichter wie Homer, Hesiod und viele andere alternative Ordnungsvorstellungen formulierten. Ein Bewusstsein für das Gemeinwesen hat sich also nicht erst in der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts – bei Dichtern wie Solon – entwickelt, sondern war bereits zu Beginn der schriftlichen Überlieferung ein konstitutives Element der Vergesellschaftung. Getragen wurde diese Entwicklung nicht von einer Dialektik zwischen den vermeintlichen Großgruppen ‚Adel ‘ und ‚Volk‘, sondern von einem komplexen Gefüge aus Konkurrenz und Kontrolle, in das letztlich alle gesellschaftlichen Akteure eingebunden waren. Diese Ergebnisse stehen nicht im Widerspruch zu den oben formulierten quellenkritischen Vorannahmen. Vielmehr stützen sie die zeitliche und historische Einordnung der früharchaischen Schriftquellen: Die epische Dichtung und die frühgriechische Lyrik lassen sich plausibel in einer komplexen gesellschaftlichen Umbruchsituation in den Jahrzehnten um 700 verorten, die sich chronologisch kaum weiter differenzieren lässt. Sie verweisen dabei trotz ihrer inhaltlichen und formalen Heterogenität auf ähnliche strukturelle Probleme.

IV. Ergebnisse – Konsequenzen – Perspektiven

Aufgrund der schwierigen Überlieferungssituation gibt es kaum gesichertes Wissen über das früharchaische Griechenland. Selbst die grundlegenden Strukturen gesellschaftlicher Organisation werden noch immer kontrovers diskutiert. Zugleich jedoch ist der historische Zugriff auf diese Zeit konstitutiv für die Erzähl- und Deutungskonzepte der Archaikforschung insgesamt. Seit etwa den 1980er Jahren haben sich der heuristische Zugang zu dieser Epoche und das analytische Instrumentarium der Altertumswissenschaften grundlegend gewandelt; dennoch sind – wie sich im Verlauf dieser Untersuchung einmal mehr gezeigt hat – längst als falsch oder problematisch erkannte Vorannahmen in der Forschungspraxis noch immer fest etabliert. Um den Einfluss dieser überkommenen Prämissen minimieren und eine alternative heuristische Perspektive einnehmen zu können, verfolgte die vorliegende Studie den methodischen Ansatz, einen von der Forschungsgeschichte zur griechischen Archaik möglichst unabhängigen, bewusst eingenommenen und weitgehend reflektierten „Sehepunkt“ zu erarbeiten. Dabei galt es folgende Ebenen historischen Arbeitens zu berücksichtigen: (1.) Den theoretischen Rahmen, in dem sozialer Wandel als historisches Phänomen konzeptualisiert wird; (2.) die Erzählperspektive; (3.) die zeitliche und historische Einordnung des Quellenmaterials; (4.) die historischen Vorannahmen, d. h. die Hypothesen, die sich im Verlauf der Forschungsgeschichte zu Tatsachenbehauptungen verdichtet haben. Im Zentrum dieses „Sehepunktes“ steht ein empirisches Modell gesellschaftlicher Organisation und Entwicklung, das in Kapitel II aus dem Quellenmaterial und der Forschungsliteratur zur isländischen Freistaatzeit (etwa 930–1262/4 n. Chr.) erarbeitet wurde. Das große Potential historischer Vergleichsstudien gerade für die Problemlage zur griechischen Archaik wurde in jüngerer Zeit eindrücklich unter Beweis gestellt, die vorliegende Studie baut auf der dabei erprobten Methodik auf. Ein diachron vergleichender Ansatz setzt in besonderem Maße ein kritisches Nachdenken über das eigene Vorgehen voraus, um etwa vorschnelle Analogiebildungen und Zirkelschlüsse vermeiden zu können. Zugleich erfordert ein solches Konzept eine reflexive Arbeitsweise, die sich in einem fertigen Text nur andeutungsweise abbilden lässt: Zunächst musste anhand weitgehend anerkannter Grundannahmen zum früharchaischen Griechenland und der isländischen Freistaatzeit überprüft werden, ob diese Gesellschaften überhaupt vergleichbar sind. In Kapitel II konnte auf diese Weise gezeigt werden, dass die Vergleichsgesellschaften – trotz vorhandener Differenzen – Rahmenbedingen und Strukturen aufweisen, die eine vergleichende Untersuchung erstens empirisch aussichtsreich erscheinen lassen und zweitens methodisch rechtfertigen. Darüber hinaus lotet die vorliegende Arbeit – erstmalig für die Alte Geschichte – das komparative Potential der vielfältigen Überlieferung zum mittelalterlichen Island systematisch aus und formuliert ein entsprechendes

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Ergebnisse – Konsequenzen – Perspektiven

methodisches Konzept; dessen Grenzen und die grundsätzlichen Probleme im Umgang mit dem isländischen Quellenmaterial wurden bereits diskutiert. Eine Vertiefung und Präzisierung des Vergleichs  – auch im Hinblick auf die Unterschiede zwischen den Vergleichsobjekten – erfolgte dann in Kapitel III. Dabei hat sich gezeigt, dass das Modell der isländischen Freistaatzeit auch in der konkreten Anwendung strukturell große Schnittmengen mit den früharchaischen Schriftquellen und der aktuellen Archaikforschung aufweist. In methodischer Hinsicht war in diesem Zusammenhang vor allem danach zu fragen, ob dieser Interpretationsansatz die Heterogenität der gesellschaftlichen Verhältnisse und Entwicklungslinien im früharchaischen Griechenland angemessen erfassen kann oder neuerlich in einem eindimensionalen Modell auflöst (s. u.). Abschließend lassen sich die Ergebnisse dieses Vergleichs wie folgt zusammen­ fassen und bewerten: In Kapitel I konnte ein theoretischer Rahmen formuliert werden, der es ermöglicht, Stabilität und Wandel gesellschaftlicher Verhältnisse ebenso zu erfassen wie den wechselseitigen Zusammenhang zwischen den strukturellen Rahmenbedingungen und der sozialen Praxis. Durch die Konzepte Zufall, Kontingenz und Emergenz gelang es außerdem, eine theoretische Offenheit herzustellen, die den historischen Interpretationsspielraum nicht vorschnell auf ein lineares Entwicklungsmodell einschränkt. Was die narrative Perspektive betrifft, so hat sich gezeigt, dass die Geschichte der Archaik aufgrund der schwierigen Überlieferungssituation als eigenständige historische Formation von ihrer Frühzeit her erzählt werden muss. Den Ausgangspunkt hierfür bilden der archäologisch beschreibbare Wandel der materiellen Rahmenbedingungen – wie etwa die Veränderungen in der Siedlungs- und Wohnhausarchitektur, die Siedlungsverdichtung sowie die Ausweitung überregionaler Handlungs- und Kommunikationsräume – und die früharchaischen Schriftquellen, die zu einem zufälligen Zeitpunkt einer gesellschaftlichen Entwicklung einsetzen, deren Anfänge heute historisch nicht mehr greifbar sind. Dieser heuristische Ansatz wurde durch quellenkritische Vorannahmen ergänzt, die an den Texten selbst belegt werden konnten und sich im Verlauf der historischen Analyse als empirisch plausibel erwiesen haben. In Anlehnung an die aktuelle Forschungsdiskussion wurde vorgeschlagen, die Schriftzeugnisse der Früharchaik – einschließlich der lyrischen Dichtung – nicht mehr als Belege für unterschiedliche gesellschaftliche Entwicklungsstufen, grundsätzlich verschiedene Lebenswelten oder die Marginalisierung einer ehemals stabilen Aristokratie zu lesen. Sie sollten vielmehr als Zeugnisse einer chronologisch kaum weiter differenzierbaren historischen Situation in den Jahrzehnten um 700 interpretiert werden, in der sich vielfältige gesellschaftliche Wandlungs- und Differenzierungsprozesse vollzogen haben. Trotz der disparaten Überlieferungssituation spiegeln sich in den früharchaischen Schriftquellen strukturell ähnliche Problemlagen und Lösungsansätze. Das an der isländischen Freistaatzeit erarbeitete Modell strukturierte schließlich die eigentliche historische Analyse in Kapitel III. Aus diesem „Sehepunkt“ heraus konnten drei Faktoren identifiziert werden, die die gesellschaftliche

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Organisation und Entwicklung im früharchaischen Griechenland grundlegend geprägt haben: (1.) Früharchaische Gemeinwesen verfügten zwar über institutionalisierte Regelsysteme, doch deren Funktionalität und Durchsetzungsfähigkeit waren in hohem Maße an den personalen Einfluss einzelner Akteure gebunden. Diese Interpretation bestätigt aktuelle Forschungspositionen und trägt dazu bei, die scheinbar widersprüchlichen Positionen struktur- bzw. akteurszentrierter Interpretationsansätze zu früharchaischen Regelsystemen in ein konsistentes Gesamtbild zu integrieren. (2.) Die individuelle gesellschaftliche Vorrangstellung dieser Akteure war – trotz einer relativen Stabilität als Gruppe – an die Anerkennung durch die übrigen Gemeindemitglieder gebunden und daher potentiell instabil. Sie basierte auf einem komplexen Geflecht ökonomischer, körperlicher, kultureller und sozialer Ressourcen, die in verschiedenen Prestigefeldern erworben werden konnten. Daher standen diese Akteure in ständiger Konkurrenz um (dauerhafte) gesellschaftliche Einflusssphären. Aus dem Vergleich mit der isländischen Freistaatzeit konnte gezeigt werden, dass das soziale Kapital die zentrale Ressource für eine langfristige Vorrangstellung und zugleich ein konstitutives Element gesellschaftlicher Kontrolle war. Dieses Ergebnis ergänzt das seit einigen Jahren in der Archaikforschung diskutierte Konkurrenz-Modell und kann so dazu beitragen, den scheinbaren Widerspruch zwischen der relativen Stabilität der (epischen) basileis als Gruppe und der individuell instabilen Stellung der einzelnen Anführer konzeptionell weiter aufzulösen. (3.) Die konstitutive Funktion personaler Einflusssphären und die individualisierte Konkurrenzsituation brachten strukturelle Probleme mit sich, die durch die Siedlungsverdichtung noch verstärkt wurden: Da es kaum die Möglichkeit gab, einen Anführer auf friedlichem Weg abzulösen, überstieg die Zahl der konkurrierenden Akteure den Bedarf an Funktionsträgern, und so konnte der Wettbewerb um gesellschaftliche Vorrangstellung  – nicht zuletzt mangels einer institutionalisierten Erzwingungsgewalt  – in regellose Konflikte umschlagen. Außerdem gelang es besonders einflussreichen Akteuren immer wieder, sich zumindest zeitweise der sozialen Kontrolle zu entziehen. Als Reaktion darauf versuchten früharchaische Siedlungsgemeinschaften in einem ungeregelten, letztlich emergenten Prozess erstens, den personalen Einfluss einzelner Akteure oder kleiner Gruppen durch entpersonalisierte Regelsysteme zu begrenzen; zweitens die Konkurrenz innerhalb der Elite durch rechtlich sanktionierte Ämter zu kanalisieren und zu entzerren; sowie drittens – durch den (planvollen) Ausbau von Versammlungsplätzen, die Verschriftlichung von Normen und die Einrichtung fester Gremien – das überkommene Ordnungsgefüge der bäuerlichen Dorfgemeinschaften in genuin rechtliche und politische Regelsysteme zu überführen, die die Akteure neuerlich auf das Wohl und die Interessen der Gemeinschaft verpflichteten. Auf diese Weise wurde der in den Schriftquellen mit Nachdruck geforderte Gemeinschaftsbezug im früharchaischen Griechenland – anders als auf Island – institutionalisiert und rechtlich verstetigt. Anhand des Modells der Freistaatzeit kann diese Entwicklung auf das spezifische Bedingungsgefüge von Konkurrenz und Kontrolle in früh-

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Ergebnisse – Konsequenzen – Perspektiven

archaischen Gemeinwesen zurückgeführt werden. Dieser Interpretationsansatz ermöglicht es, die Institutionalisierungsprozesse des 8. und 7. Jahrhunderts ohne die in verschiedener Hinsicht problematische Annahme einer sozialen Dialektik zwischen ‚Adel‘ und ‚Volk‘ aus dem zeitgenössischen Quellenmaterial heraus zu erklären. Anders als in der älteren Forschung zumeist angenommen, resultiert der soziale Wandel im früharchaischen Griechenland also nicht aus der Krise einer aristokratisch geprägten Ordnung, sondern aus dem Verlust der Bindekraft der überkommenen dörflichen Regelsysteme. Die Gründe hierfür sind vielfältig, lassen sich historisch aber nur bedingt greifen: Neben den strukturellen Problemen früharchaischer Gemeinwesen, waren es vermutlich vor allem die zunehmende Siedlungsverdichtung und – zumindest langfristig – die beginnende griechische Expansion, die den etablierten sozialen und normativen Handlungsrahmen aufbrachen. Der Zusammenschluss mehrerer kleiner Weiler oder Dörfer vergrößerte die Zahl der potentiellen Konkurrenten um gesellschaftliche Einflusssphären, stellte die jeweils etablierten Ordnungsvorstellungen und Regelungsmechanismen in Frage und führte durch eine Veränderung der Siedlungsarchitektur auch zur Entstehung neuer, rechtlich und politisch strukturierter Handlungsräume. Parallel dazu lässt sich in der Wohnhausarchitektur eine Tendenz zur Ummauerung von Häusern und ihren Vorplätzen feststellen. Aus architektursoziologischer Perspektive kann dies als der Versuch ökonomisch potenter Akteure interpretiert werden, sich in eine ‚private‘ Lebenswelt zurückzuziehen, um so zumindest partiell der Kontrolle durch die Öffentlichkeit entgehen zu können. Diese Interpretation lässt  – im Verbund mit der relativen Stabilität der epischen basileis als Gruppe und der Ausdifferenzierung des Kunsthandwerks – auf eine zunehmende soziale Stratifizierung schließen. Die Vorannahmen und Ergebnisse dieser Arbeit bringen das Quellenmaterial zum früharchaischen Griechenland in einen anderen historischen Zusammenhang als die klassische Forschung, was nicht nur das zeitliche Gerüst, sondern auch die historische Konzeption der Rahmenzählung zu dieser gesellschaftlichen Formation verändert: Anhand des archäologischen Befundes kann das 8. Jahrhundert als Formierungsphase der Archaik beschrieben werden. Die weitere zeitliche Perspektivierung erfolgt nicht auf der Grundlage einer Chronologie der frühen Schriftquellen, sondern basiert auf dem beobachteten Wandel der gesellschaftlichen Regelsysteme in den Jahrzehnten um 700. Das sog. Verfassungsgesetz aus Dreros ist für dieses Erzählkonzept von zentraler Bedeutung: Es verknüpft die früharchaischen Verhältnisse, die wir bei Homer, Hesiod und in der frühen Lyrik greifen können, mit den veränderten Vorstellungen und Formen gesellschaftlicher Organisation, wie sie etwa in der solonischen Dichtung zum Ausdruck kommen. Diese Eckpunkte konturieren einen Deutungsrahmen, der den Interpretationsspielraum nicht vorschnell auf eine eindimensionale Entwicklungserzählung von einer ‚aristokratischen‘ Ordnung hin zur (attischen) Demokratie festlegt, sondern die soziale Praxis zum Ausgangspunkt der historischen Analyse macht. Auf diese Weise treten offenere

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und zugleich empirisch fundierte Leitbegriffe und Deutungskonzepte – wie Elite, Konkurrenz und Institutionalisierung – an die Stelle einer festen Typologie gesellschaftlicher Gruppen und Entwicklungsstufen. Vor diesem interpretatorischen Hintergrund konnten durch das Modell der isländischen Freistaatzeit neue bzw. anders akzentuierte Überlegungen bezüglich der gesellschaftlichen Organisation, der sozialen Stratifikation sowie der Ausbildung und Verfestigung von Institutionen in die Forschungsdiskussion eingebracht werden. Vor allem aber wird mit dem Analyseinstrumentarium dieser Arbeit ein alternativer heuristischer Zugriff auf die sozialen Wandlungsprozesse in (früh)archaischen Gemeinwesen bereitgestellt, der mit weniger historischen Vorannahmen als die klassische Forschung auskommt. Wie sich bei der Interpretation der disparaten Schriftquellen in Kapitel III exemplarisch gezeigt hat, löst das hier erarbeitete Modell die heterogenen gesellschaftlichen Verhältnisse und Entwicklungslinien im früharchaischen Griechenland gerade nicht in einem eindimensionalen Paradigma auf. Im Gegenteil: Der hier vorgeschlagene Interpretationsansatz ist nicht auf eine Entwicklungsrichtung oder eine einfache Kausalität festgelegt, sondern benennt auf einer breiten empirischen Basis verschiedene Parameter eines komplexen Bedingungsgefüges, anhand derer sozialer Wandel in unterschiedlichen gesellschaftlichen Zusammenhängen nuanciert erfasst und beschrieben werden kann. Daraus ergeben sich neue Frageperspektiven auf das archaische Griechenland, die dazu beitragen, das moderne Bild dieser historischen Formation weiter zu differenzieren: Wird die soziale Stratifikation über die individuelle Konkurrenz der Akteure und nicht über Großgruppen konzeptualisiert, gilt es zunächst zu bestimmen, welche Formen gesellschaftlicher Vorrangstellung im Verlauf der Archaik überhaupt zu greifen sind und auf welchen Ressourcen diese jeweils basierten. In einem zweiten Schritt ist danach zu fragen, ob und unter welchen Bedingungen es in verschiedenen Siedlungsgemeinschaften zur Ausbildung (stabiler) Gruppen – oder gar einer dauerhaft abgrenzbaren Elite – kam. Zudem ist zu klären, wie beständig die Stellung der entsprechenden Akteure oder Gruppen – wie etwa der turranoi – war und in welchem Verhältnis diese zu den anderen Mitgliedern einer Gemeinde standen. Was die krisenhafte Zuspitzung von Konflikten in (früh)archaischen Gesellschaften und die Entstehung neuer Regelsysteme betrifft, konnten einige Aspekte in der vorliegenden Studie aufgrund der schwierigen Quellenlage zwar indirekt erschlossen, nicht aber vollständig in das Entwicklungsmodell eingeordnet werden: So bleibt etwa zu klären, welchen Einfluss die zunehmende räumliche Mobilität und der Zusammenschluss kleinerer Dörfer langfristig tatsächlich auf die soziale Stratifikation und das Ordnungsgefüge archaischer Siedlungsgemeinschaften hatten. Aus der Differenz zur isländischen Freistaatzeit konnte die von Winfried Schmitz herausgearbeitete Korrelation zwischen den materiellen Lebensbedingungen und der sozialen Ordnung in früharchaischen Dorfgemeinschaften mittelbar bestätigt werden. Wie sich dieser strukturelle Zusammenhang durch die Entbettung der Regelsysteme veränderte und inwiefern dies die weitere gesellschaftliche Entwicklung beeinflusste, wurde

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Ergebnisse – Konsequenzen – Perspektiven

bislang jedoch nicht systematisch untersucht. Ein Ansatzpunkt könnte hier die in den letzten Jahren vor allem in der archäologischen Forschung verstärkt rezipierte Architektur- und Siedlungssoziologie sein. Die Schaffung entpersonalisierter Ämter trug maßgeblich dazu bei, die innerelitäre Konkurrenz um Ansehen und Einfluss einzuhegen. Allerdings gibt es noch immer erheblichen Klärungsbedarf bezüglich der Frage, wie sich dieser komplexe Übergang hin zu einem abstrakten Verständnis gesellschaftlicher Vorrangstellung im Einzelnen vollzog und welche Folgen sich daraus für das soziale Gefüge und die Kontrollmechanismen archaischer Gemeinwesen konkret ergaben. Hier bedarf es – soweit die Quellen dies zulassen – weiterer Fallstudien, die an die Ergebnisse und das Analyseinstrumentarium der aktuellen Archaikforschung anknüpfen.488

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Vgl. dazu exemplarisch: Seelentag (2015).

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Register

Stellenregister  Griechische Texte Alkaios fr. 43 D. = 70 L. / P.: 135, 143 Alkaios fr. 87 D. = 348 L. / P.: 101, 135, 143 Archilochos fr. 19 West = Plut. de tranqu. animi 10 p. 470bc: 101 Archilochos fr. 23,17–21 West = P. Oxy. 2310 fr. 1: 101 Archilochos fr. 109 West = Ar. Pax. 603 f.: 102 Archilochos fr. 114 West = Dio Chrys. 33,17: 135 Archilochos fr. 128 West = Stob. 3,20,28: 143 Archilochos fr. 133 West = Stob. 4,58,4: 143 Hes. erg. 11–26: 144 Hes. erg. 27–36: 135 Hes. erg. 27–41: 113, 134 f., 143 Hes. erg. 38 f.: 140 Hes. erg. 212–237: 134 Hes. erg. 212–285: 143 Hes. erg. 212–294: 136, 143 Hes. erg. 213–294: 113 Hes. erg. 219 f.: 140 Hes. erg. 236: 126 Hes. erg. 256–269: 134 Hes. erg. 262 f.: 140 Hes. erg. 286–380: 117 Hes. erg. 302–306: 14 Hes. erg. 405: 126 Hes. erg. 630–640: 95 Hes. erg. 650–659: 95 Hes. theog. 22–25: 95 Hes. theog. 80–92: 112, 133 Hom. Il. 1,231 f.: 141

Hom. Il. 1,231 ff.: 113, 131, 136 Hom. Il. 1,238: 115 Hom. Il. 1,278 f.: 113 Hom. Il. 1,281: 113 Hom. Il. 1,343: 135 Hom. Il. 2,24 ff.: 131 Hom. Il. 2,225–242: 131 Hom. Il. 2,336–341: 113 Hom. Il. 2,527–530: 130 Hom. Il. 2,576–580:113 Hom. Il, 2,768 f.: 123 Hom. Il. 3,179: 124 Hom. Il. 3,182 f.: 113 Hom. Il. 4,415 ff.: 131 Hom. Il. 5,800 f.: 130 Hom. Il. 6,152–205: 140 Hom. Il. 6,192: 113 Hom. Il. 6,207–211: 121 Hom. Il. 6,208: 14, 94 Hom. Il. 7,345–380: 142 Hom. Il, 7,466–475: 126 Hom. Il. 9,38 f.: 122 Hom. Il. 9,50–61: 123 Hom. Il. 9,63 f.: 136 Hom. Il. 9,69: 113 Hom. Il. 9,73: 113 Hom. Il. 9,96–120: 131 Hom. Il. 9,648: 132 Hom. Il. 10, 96–102: 123 Hom. Il. 11,186: 115

210 Hom. Il. 11,783–793: 121 Hom. Il. 11,784: 14 Hom. Il. 13,665–669: 113, 136 Hom. Il. 13,726–735: 122 Hom. Il. 14,84 ff.: 131 Hom. Il. 14,93 f.: 113 Hom. Il. 14,119 ff.: 113 Hom. Il. 16,384–388: 134 Hom. Il. 16,542: 134 Hom. Il. 16,572 ff.: 113, 136 Hom. Il. 18,497–508: 116, 140 Hom. Il. 19,76–89: 141 f.

Register Hom. Od. 8,159–164: 126 Hom. Od. 9,125–136: 41 Hom. Od. 9,253 f.: 126 Hom. Od. 14,191–359: 126, 130, 140 Hom. Od. 14,199–212: 113 Hom. Od. 14,229–239: 113 Hom. Od. 14,239: 136 Hom. Od. 14,462–506: 126, 130, 140 Hom. Od. 15,16 ff.: 113 Hom. Od. 15,390–484: 40 Hom. Od. 15,402–484: 113 Hom. Od. 15,403–414: 149 f. Hom. Od. 15,491: 124

Hom. Il. 22,111–121: 106 Hom. Il. 22,489–498: 114

Hom. Od. 16,114: 113, 136 Hom. Od. 16,371–382: 114, 141 Hom. Od. 16,371–383: 113 Hom. Od. 16,424–429: 136, 140 Hom. Od. 16,424–430: 113, 126, 136

Hom. Il. 23,740–747: 126

Hom. Od. 17,382–386: 126

Hom. Il. 24,50–54: 124 Hom. Il. 24,751 ff.: 126

Hom. Od. 18,85 ff.: 134

Hom. Il. 21,40 f.: 126

Hom. Od. 1,180–184: 126 Hom. Od. 1,389–398: 114, 127 Hom. Od. 1,390–404: 132 Hom. Od. 2,13 f.: 116 Hom. Od. 2,25–34: 116 Hom. Od. 2,37: 116 Hom. Od. 2,192: 113, 136 Hom. Od. 2,229–251: 113, 141 Hom. Od. 3,71 ff.: 126 Hom. Od. 3,304: 113, 136 Hom. Od. 4,690–694: 134 Hom. Od. 6,1–10: 41 Hom. Od. 7,146–150: 107

Hom. Od. 19,109–114: 133 f. Hom. Od. 19,125: 126 Hom. Od. 19,527: 113, 136 Hom. Od. 20,289 f.: 113 Hom. Od. 21,162: 113 Hom. Od. 24,426–429: 93 Hom. Od. 24,531–548: 130 f. Mimnermos fr. 7 West = Theognis 795 f.: 143 Mimnermos fr. 10 West = Strab. XIV,1,3: 41 Semonides fr. 7,57–70 West: 128 Semonides fr. 7,67–70 West: 101

Stellenregister   Solon fr. 4 West = Demosth. 19,254–256: 135, 143 Stechisoros Test. 18 Campbell = Philodem. Mus.1.30.31 ff. = Diog. Bab. fr. 85 Arnim = fr. 281c PMG: 102 Terpandros Test. 7 Campbell = Ael. V. H. 12,50: 102 Terpandros Test. 8 Campbell = Clem. Strom. 1,16,78,5: 102 Terpandros Test. 9 Campbell = Suid. M 701: 102 Tyrtaios fr. 4,3–10 West = Plut. Lyc. 6; Diod. 7,12,6: 120 ‚Verfassungsgesetz‘ von Dreros: 144 f. Isländische Texte Íf I: 55, 62 Íf I, 16 f.: 69 Íf I, 315: 70 Íf II, kap. IV: 62 Íf II, 16: 71 Íf II, 241: 71 Íf II, 274: 70 Íf II, 285: 70 Íf III, 37: 67, 71 Íf III, 51: 70 Íf III, 79: 71 Íf III, 93 ff.: 67 Íf III, 162: 67, 71 Íf III, 227 f.: 67, 71 Íf III, 264: 71 Íf III, 316 ff.: 71 Íf III, 322 ff.: 71 Íf IV, 16: 69 Íf IV, 18: 71 Íf IV, 20: 70 Íf IV, 21: 69 Íf IV, 22: 71 Íf IV, 26: 69, 70 Íf IV, 33: 70

Íf IV, 49: 71 Íf IV, 63: 71 Íf IV, 68: 71 Íf IV, 85 f.: 69 Íf IV, 98: 71 Íf IV, 103: 71 Íf V, kap. 2: 62 Íf V, 20: 70 Íf V, 21: 71 Íf V, 44: 71 Íf V, 59: 71 Íf V, 71: 67, 71 Íf V, 85: 69 Íf V, 87: 70 Íf V, 169: 67, 71 Íf V, 170: 69 Íf V, 171: 71 Íf V, 178: 69 Íf V, 200: 71 Íf V, 226: 71 Íf V, 239: 71 Íf VI, 34: 67, 71 Íf VI, 60: 67 Íf VI, 60–64: 71 Íf VI, 63 f.: 67 Íf VI, 117 f.: 67, 71 Íf VI, 121: 70 Íf VI, 124: 70 Íf VI, 125 f.: 67, 71 Íf VI, 132: 67, 71 Íf VI, 142: 67, 71 Íf VI, 248: 67, 71 Íf VI, 291: 71 Íf VI, 303: 70, 71 Íf VI, 354: 67, 71 Íf VI, 357 f.: 67, 71 Íf VII, 221: 69 Íf VII, 295: 67, 71 Íf VII, 300 f.: 67 f., 71 Íf VIII, kap. 10: 62 Íf VIII, 19: 70, 71 Íf VIII, 47: 70 Íf VIII, 89: 70

211

212

Register Íf X, 136: 69 Íf X, 243: 70

Íf VIII, 141: 71 Íf IX, 16: 71 Íf IX, 30: 71 Íf IX, 80: 71 Íf IX, 99: 67, 71 Íf IX, 101: 71 Íf IX, 116–130: 67, 71 Íf IX, 132 f.: 67, 71 Íf IX, 238: 71 Íf IX, 240: 71 Íf IX, 246: 67 Íf IX, 302: 70

Íf XI, 18: 69 Íf XI, 46: 67, 71 Íf XI, 99: 70 Íf XI, 141: 71 Íf XI, 300: 71 Íf XI, 302: 71 Íf XII, 70: 69 Íf XII, 119: 69 Íf XII, 172: 69 Íf XII, 364: 70 Íf XII, 393: 69 Íf XII, 436 f.: 67, 71

Íf X, 16: 70, 71 Íf X, 41: 70 Íf X, 62: 70 Íf X, 70: 67, 71

Íf XXVI, kap. 19: 62

Sachregister agathos: 120, 123 f. agora / agorai: 39, 110, 115–117, 139, 142, 145, 148, 150, 152 Alkaios (Dichtung): 101 f., 135, 143 alþingi: 50, 53 f., 65, 67 f., 75 Archilochos (Dichtung): 14, 41, 87 f., 98, 101 f., 135, 141, 143 aristie-Ideal: 14, 94, 121 aristos/aristoi: 120 f. atimetos: 132 Bandamanna saga: 68 bäuerliche Dorfgemeinschaft: 39, 44 f., 79, 96–98, 109, 118, 127, 137, 143, 149, 151, 155, 157 Bevölkerungswachstum: 37 f. big men (society): 21, 35, 59 f., 67, 72 Brennu-Njáls saga: 20 boule: 113, 115 f., 139 Buchprosatheorie: 56 f. chief/chieftain: 35, 59 f. 72 f. Dark Ages: 10, 12, 16 (31), 32 f., 83, 86

Datierung: 14, 16, 33, 52 f., 62 (169), 85–89, 91, 99, 109 f. demos: 35, 94, 112, 138, 143, 145 Dreros: 109–11, 115, 119, 144–148, 152, 156 Egils saga Skalla-Grímssonar: 62, 70 Einwohnerzahl: 37 f. Elite: 17, 50, 60, 64, 66, 72, 76 f., 80, 83, 94 f., 98, 102 f., 109, 121, 140–143, 147–149, 151 f., 155, 157 f. Epos / Epik: 13 f., 17, 38, 86, 89 f., 99, 103 f., 106, 109, 113, 115, 119 f., 126, 135–137, 142 f., 145–147, 152, 155 f. Erga kai hemerai: 87, 89, 95–97, 109, 117 f., 128, 142 Ethnologie / Kulturanthropologie: 22, 35, 43, 51, 59 f., 67, 73 (202), 74, 78, 81 eunomia-Elegie: 15, 135, 143 Eyrbyggja saga: 61, 68, 72 Fehde: 52, 65 f. Freiprosatheorie: 56 Friedenszeit: 47, 49

Sachregister  Gegenwartssagas: 51 f., 55, 57, 59, 67, 71 Geronten: 107, 115, 117, 120, 140, 145, 151 Grágás: 49, 54, 58, 64, 66 Herold (kerykes): 115–117 Hesiod (Dichtung): 10, 13 f., 16, 40, 44 f., 83, 86–89, 95–98, 104, 109, 111 f., 117–119, 125, 128, 133 f., 140, 142 f., 152, 156 Hetairie / hetairoi: 114, 129, 133, 138, 151 Homer (Dichtung): 10, 13 f., 16, 40 f., 43–45, 56, 78, 82 f., 86, 97, 101, 104, 106–109, 111, 115, 117–119, 126, 132–134, 146, 149, 152, 156 Hopliten(phalanx): 15,138 Hrafnkells saga Freysgoða: 71 Ilias: 13, 41, 45, 86–95, 106, 109, 115 f., 123 f., 131, 140–142, 149 Institutionalisierung / Institution: 17, 27–29, 33, 46 f., 50, 54, 60, 63–65, 67, 75, 79–81, 97, 100, 105–107, 109, 112, 118, 145–147, 150, 152, 155–157 Isländersagas: 49, 51–59, 64, 66 f., 75, 79 f., 148 Íslendingabók: 53–55, 58 f. Klassisches Griechenland: 11, 15, 33 f., 83, 84 (220) Klinengelageräume (andrones): 100 Kolonisation: 41 Konkurrenz / Wettbewerb: 29 f., 41 f., 50, 66, 71, 75–78, 80, 83, 102, 119 f., 125–127, 137– 148, 151 f., 155–158 Kooperation: 29, 125 f., 137, 143, 151 Landnámabók: 53, 58 f., 64 Landnahme(zeit): 47 f., 50, 53, 62, 67, 72 laos/laoi: 113, 128, 133, 138, 141, 151 Lyrik: 14, 86–88, 90, 98–102, 104, 109, 119, 135, 152, 156 middling ideology: 15, 138 Mimnermos (Dichtung): 41 (109), 143 Mobilität (räumlich): 40, 149 f., 157

213

Mobilität (sozial): 80, 124, 141 oikos /oikoi: 35, 39, 45, 93, 113, 117, 125–129, 140 Odyssee: 13, 41, 45, 86 f., 91–95, 107, 109, 115–117, 130, 142, 149 Öffentlichkeit: 38 f., 65, 70, 77, 80, 94 f., 99 f., 103 f., 115, 117 f., 124, 137, 139, 141–143, 148, 151, 156 Piraterie: 40 f., 136, 150 Polis: 12, 15, 33 f., 100, 143, 145–147 politischer Diskurs: 94 f., 97–99, 101 f., 104, 143 politischer Raum: 38 f., 79, 137, 148, 152, 155 f. Sagaliteratur: 50–56, 64, 68, 70 f., 74, 78 f., 140, 152 Sagazeit: 47, 52, 55 f., 67, 71, 78 Schlichter / Schlichtung: 17, 54, 65 f., 68, 70, 75, 77, 93, 115 (351), 116 f., 120, 135 (432), 139 f., 145 f. Seeräuber: s. Piraterie Semonides (Dichtung): 14, 87 f., 101, 128 f., 141 Siedlungsarchitektur: 36–38, 83, 150, 154 Solon (Dichtung): 15, 102, 110, 135, 143, 152, 156 Stechisoros (Dichtung): 102 (305) Subsistenzwirtschaft: 17, 63, 79, 97, 118 (366), 127, 129, 135, 149 Sturlungen(zeit): 47, 55, 66 f., 71 Szepter: 116, 129 Reichtum / Wohlstand: 126–130 Terpandros (Dichtung): 87 f., 102 (303, 305) Theogonie: 87, 95–97, 112, 133 time: 113, 138, 151 turannos / turannoi: 14 f., 99–101, 129, 140 f. Tyrannis: 15 f., 33, 99–101, 138 Tyrtaios (Dichtung): 87 f., 102, 120 (370) Wohnhausarchitektur: 38 f., 83, 154, 156

214

Register

Personenregister Achill: 38 (91), 92 f., 106 f., 113, 115, 120, 123–125, 130–132, 136, 139 (441), 141 f. Agamemnon: 38 (91), 92 f., 113, 115 f., 120, 122–125, 128–132, 136, 139 (441), 141 f. Aias: 122, 130 Antinoos: 93, 136, 140 Athene: 92 f. Bellerophontes: 140 Briseis: 125 Echetos: 134 (430) Eumaios: 40, 124, 130, 149, 150 Eupeithes: 136 (435), 140 Eurymachos: 93 Glaukos: 140 Hafliði Másson: 54 Harald Harfagri (Schönhaar): 62 Hektor: 92, 106, 122, 124 Helena: 142 Hrafnkell: 71

Menelaos: 139 (442), 142 Mentor: 130 Nestor: 120 f., 123, 131, 136 Odysseus: 40, 45, 92 f., 107, 124, 129 f., 136, 140, 142 f. Paris: 130, 139 (442), 142 Patroklos: 92, 139 (442) Penelope: 93, 118 (364), 130, 136 Pittakos: 135 Priamos: 92, 120 Snorri goði Þorgrímsson: 61 Snorri Sturluson: 53 Telemach: 93, 113, 118 (364), 125, 127, 130, 132, 141 Thersites: 115 Tydeus: 130 Þorgeir Ljósvetningagoði Þorkelsson: 54 Zeus: 92 f., 96