Aus dem Klassenkampf. Soziale Gedichte [Reprint 2021 ed.] 9783112545027, 9783112545010

166 121 12MB

German Pages 128 [220] Year 1979

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Aus dem Klassenkampf. Soziale Gedichte [Reprint 2021 ed.]
 9783112545027, 9783112545010

Citation preview

EDUARD FUCHS, KARL KAISER, ERNST KLAAR AUS DEM KLASSENKAMPF

TEXTAUSGABEN ZUR FRÜHEN SOZIALISTISCHEN LITERATUR IN DEUTSCHLAND Begründet von B R U N O KAISER und weitergeführt von U R S U L A M Ü N C H O W Herausgegeben vom

Zentralinstitut für Literaturgeschichte der Akademie der Wissenschaften der D D R

B A N D XVIII

Aus dem Klassenkampf Soziale Gedichte Herausgegeben von Eduard Fuchs, Karl Kaiser, Ernst Klaar M ü n c h e n 1894

Neu herausgegeben

und eingeleitet

von

KLAUS VÖLKERLING

AKADEMIE-VERLAG 1978

BERLIN

Erschienen im Akademie-Verlag 108 Berlin, Leipziger Str. 3—4 © Akademie-Verlag Berlin 1978 Lizenznummer: 202 • 100/179/78 Gesamtherstellung: VEB Druckerei „Thomas Müntzer", 582 Bad Langensalza Bestellnummer: 7529948 (2119/XVIII) • LSV 7103 Printed in G D R DDR 10,50 M

INHALT

IX

EINLEITUNG

1

TEXTE

3

Der Prometheus unserer Zeit (E. F.)

5

Lieder

5

Ode an die „Schönheitler" (K. K.)

6

Wahrheitsdrang (K. K.)

7

Ein Nichtglaubens-Bekenntnis (E. F.)

8

Der erste Schritt (K. K.)

10

Soll und Haben (E. F.)

10

Zwei Sonette (E. K.)

10 11

I. Der Besitz II. Die Arbeit

12

Dichter da ist dein Platz! (E. F.)

13

Arbeitslosen-Versammlung (E. K.)

15

Proletarierlos (E. K.)

16

Arbeiter-Idylle ( K . K . )

17

Vagabundenplage (E. K.)

18

Der Schuhmachermeister (K. K.)

19

Die Lumpenkäthe (E. F.)

19

„König Pullman" (K. K.)

20

Illustrationen

20

I.

Menschengeburt (K. K.)

21

II.

Tiergeburt (K. K.)

22

III. Fasching (E. F.)

23

Begräbnis (E. K.)

24

Zeitgemäß ( K . K . )

25

Dem Andenken der Kommune (E. K.)

28

Karfreitagsklänge (E. F.)

29

Maiengruß (E. K.)

29

Proletarier-Pfingsten (K. K.)

30

Hammerlied (E. K.)

31

Weihnacht (E. K.)

33

Organisiert euch! (E. F.)

33

Freie Presse (E. K.)

34

„Einerseits und anderseits" (K. K.)

35

Wadelreise(K. K.)

36

Sitte (K. K.)

37

Wie der Zar lebt (E. K.)

38

Antisemitismus (E. F.)

38

Die Tugendrose (E. K.)

39

Oben und Unten (E. K.)

40

An der Wende (E. F.)

40

„Jugend" (K. K.)

41

Der Selbstmörder (E. K.)

42

Gut denn (K. K.)

43

Kurze und derbe Kapuzinerpredigt des Dr. Karl Grobianus an sämtliche Halb- und Ganzmastbürger (K. K.)

44

An die Bourgeoisie (E. F.)

45

Und wieder . . . (K. K.)

45

Werkstattphantasie ( K . K . )

46

Fabriklerlied (K. K.)

47

Das Erwachen einer Welt (E. F.)

49 49

Federzeichnungen Auch dann nicht! (K. K.)

49

Nachbarn (K. K.)

50

Die Indifferenten (K. K.)

50

Krähwinkel (K. K.)

51

Erinnerungsbild (K. K.)

51

Momentbild (E. F.)

52

Die ersten Maschinen (K. K.)

VI

52

Im Morgendämmern (E. F.)

53

Eine Frage (E. K.)

53

Antagonismus (K. K.)

54

Verbrechen (E. F.)

54

Kleinbürgerlicher Sozialist (E. F.)

55

Skeptizismus (E. F.)

55

Schicksal ( K . K . )

56

Der tuberkulöse Spatz (K. K.)

56

Im Herbst (K. K.)

57

Der Schmuggler ( K . K . )

57

I bis VII (K. K.)

60

Radler-Lieder (E. F.)

60

I.

Morgenritt

61

II.

Mein Lieb

61 62

63 63

III. Auf Vorposten Es muß (E. F.)

Epigrammatisches Die kapitalistische Gesellschaft (K. K.)

63

Klassenkampf (E. F.)

63

Guter Rat (K. K.)

64

Doppelbild (K. K.)

64

Sinngedicht (E. F.)

64

Göttin Elektra (E. F.)

64

Die Mutter Natur (K. K.)

65

Der allergetreuesten Opposition (E. F.)

65

Die Gesindeordnung (K. K.)

65

Halbblut ( K . K . )

65

Politische Bauernregeln (E. K.)

66

Sittenbilder aus einer andern Welt (E. F.)

66

Höhere Buben

67

Höhere Töchter

67

Wie immer (E. K.)

67

Antwort (E. K.)

68

Wohlgemerkt (E. F.)

68

Wie's gemacht wird (E. K.)

VII

68

Zeitbild (E. K.)

69

Epigramm (K. K.)

69

Anstand (E. F.)

69

Ermahnung (E. F.)

69

An den Mond (E. K.)

70

Kein Wunder (E. F.)

70

Einem Vorsichtigen (E. K.)

70

Die Kirche (E. K.)

71

Die Presse (E. F.)

71

Teutsche Erziehung (E. F.)

71

„Kölnische Zeitung" (E. F.)

72

„Gartenlaube" (E. F.)

72

Sozialreform (E. F.)

72

Göttliche Weltordnung (E. K.)

72

Heute (E. F.)

73

Modernes (E. F.)

73

Merktseuch! (E. F.)

73

Angstmeierei (E. K.)

74

Trotzdem (E. F.)

74

Einem Dekorierten (E. K.)

74

Einem Emporkömmling (E. K.)

74

An einen Streber (E. K.)

75

Bemerkung (K. K.)

75

An die Absolutisten (E. K.)

75

Ein vornehmes Weib (E. K.)

75

Philosophie (E. K.)

76'

Merkreime (E. F.)

76

Stammbuchvers (E. F.)

76

Ungeniert (E. F.)

77

Landagitationsregel (K. K.)

77

Die Proletarierin (E. F.)

77

Die höhere Tochter (E. F.)

77

Pflicht (E. F.)

79

ANHANG

81

Anmerkungen zur Einleitung

84

Anmerkungen zu den Texten

VIII

EINLEITUNG

Die Anthologie „Aus dem Klassenkampf wurde 1894 in München herausgegeben. Sie erlebte im gleichen Jahr eine zweite, unveränderte Auflage. In der Reihe der bis 1911 von der revolutionären deutschen Sozialdemokratie vorgelegten, in der Tradition progressiver bürgerlicher Anthologien stehenden bzw. an sie anknüpfenden Gedichtsammlungen (J. G. Herder: „Stimmen der Völker in Liedern"; H. Heine: „Buch der Lieder" u. a.) nimmt sie in mehrfacher Hinsicht eine so herausragende literaturgeschichtliche Stellung ein, daß dies nach einem dreiviertel Jahrhundert den vollständigen und unveränderten Nachdruck dieses Bandes sowie seine Aufnahme in die „Textausgaben zur frühen sozialistischen Literatur in Deutschland" rechtfertigt. Bereits die von Eduard Fuchs erarbeitete Konzeption weist der erneut vorgelegten Anthologie eine Sonderstellung unter den sozialdemokratischen Gedichtsammlungen zu. Bei diesen dominieren im Prinzip zwei Typen. Anthologien wie „Vorwärts" (Berlin 1884), „Buch der Freiheit" (Berlin 1893), „Stimmen der Freiheit" (Nürnberg 1899) sowie „Von unten a u f (Berlin 1911) geben in Form einer Bestandsaufnahme einen Überblick über die Entwicklung progressiver bürgerlicher, revolutionär-demokratischer und sogenannter „sozialer" Dichtung bis hin zur zeitgenössischen sozialistischen Lyrik. Einen anderen Typ repräsentiert die verdienstvolle Reihe „Deutsche Arbeiter-Dichtung" des Dietz-Verlages Stuttgart. Hier wird versucht, anhand einer vom Autor beeinflußten Textauswahl sowie einer Autobiographie das Werk eines bedeutenden proletarischen Gegenwartsschriftstellers, wie Max Kegel (geb. 1850), Andreas Scheu (geb. 1844), Rudolf Lavant (geb. 1844), Jakob Audorf (geb. 1835), Wilhelm Hasenclever (geb. 1834), Karl Franz Egon Frohme (geb. 1850) und Adolf Lepp (geb. 1847), zu würdigen.1 Demgegenüber verzichtet die Anthologie „Aus dem Klassenkampf auf einen solchen literaturhistorischen bzw. biographischen Aspekt. XI

Sie zielt auf Operativität und ist ungleich stärker auf die tagespolitische Wirkung gerichtet. Die hier zusammengefaßten Gedichte sollen, wie alle erstmals in der Zeitschrift „Süddeutscher Postillon" veröffentlichten Texte, „in der Gesamtwirkung den Willen zur Erringung besserer Lebensbedingungen für das Proletariat erzeugen" (E. Fuchs). 2 Die Anthologie beschränkt sich auf drei profilierte, schon zu einer neuen Generation gehörende Dichter. Ernst Klaar (geb. 1861), Karl Kaiser (geb. 1868) und Eduard Fuchs (geb. 1870) sind Autoren, die bereits zu Beginn der neunziger Jahre des 19. Jahrhunderts eine große Wirkung auszuüben vermochten. Einige der bis 1893 von Ernst Klaar veröffentlichten Lieder, wie zum Beispiel die „Achtstundenmarseillaise" (1890), entwickelten sich zu Massenliedern der deutschen Arbeiterklasse. Es sind dies aber auch Autoren, die auf Grund einer relativ konsequent vertretenen marxistischen Grundhaltung, einer partiellen Kritik an Tendenzen der Verbürgerlichung innerhalb der Sozialdemokratie oder ihrer im „Süddeutschen Postillon" vertretenen aggressiven Satire nicht so recht in die offizielle, zunehmend opportunistisch werdende Parteilinie paßten. Dementsprechend waren sie auch kaum in den von der sozialdemokratischen Parteiführung herausgegebenen Presseorganen vertreten und fanden in den vom Parteivorstand initiierten und finanzierten Gedichtsammlungen, wie „Buch der Freiheit", kaum Berücksichtigung. Nicht zu Unrecht klagte Eduard Fuchs über eine „Voreingenommenheit gegen Witz und Satire in weiten Kreisen der Partei", über unqualifizierte Kritikasterei und „pedantischen Parteidogmatismus". 3 * Im Gegensatz zu den Parteianthologien bietet „Aus dem Klassenk a m p f eine Zusammenstellung von thematisch geordneten Gedichten, Liedern, Epigrammen und Sprüchen, die ursprünglich fast ausschließlich für eine streitbare politisch-satirische Zeitschrift, für den „Süddeutschen Postillon" (München), bestimmt und hier in einem Zeitraum von im wesentlichen nur einem reichlichen Jahr (1892 bis Anfang 1893) veröffentlicht worden waren. 4 * Es handelt sich um „Zeitungslyrik" im besten Sinne des Wortes. Im Kampf gegen das Sozialistengesetz entstanden, hatte sich der 1882 von Max Kegel gegründete „Süddeutsche Postillon" zum entschiedensten politischsatirischen Organ der deutschen Arbeiterklasse entwickelt. Mit ihren literaturkritischen, literaturhistorischen, kulturpolitischen, vor allem mit ihren vielfaltigen literarischen Beiträgen ging diese Zeitschrift

3* Als Lesehilfe wurden die Ziffern, die auf Sachanmerkungen hinweisen, durch einen Stern gekennzeichnet.

XII

weit über die tradierten Grenzen eines bürgerlichen Witzblattes hinaus. Wollte das Stuttgarter Bruderorgan, „Der Wahre Jacob" (gegründet 1884), ein „Kampfblatt für die Genossen" 5 sein, so galt das für den „Süddeutschen Postillon" nicht weniger. Die revolutionäre Haltung dieser Zeitschrift kam in den ersten Jahren nach dem Fall des Sozialistengesetzes unter den Bedingungen der legalen Parteiarbeit und des Verzichts auf die „äsopische Verhüllung" überzeugend zur Entfaltung. Die in die vorliegende Sammlung aufgenommenen Texte sind dafür beispielhaft. Geprägt wurde diese Haltung vor allem von den drei Autoren der Anthologie „Aus dem K l a s s e n k a m p f . Eduard Fuchs (München), Ernst Klaar (Dresden) und Karl Kaiser (Stuttgart) bestimmten über Jahrzehnte hinweg als Hauptmitarbeiter dieser Zeitschrift deren literarisches und politisches Profil. Hier kamen sie als Schriftsteller der Arbeiterklasse zu Wort. Hier konnten sie sich — über einen nur regionalen Rahmen hinausgehend — direkt an das Proletariat wenden. Im „Süddeutschen Postillon" ist der größte, vor allem der bedeutendste Teil ihres literarischen Gesamtschaffens enthalten. Von diesem wiederum bildet die 1893 herausgegebene Sammlung „Aus dem Klassenkampf ein gewichtiges Konzentrat. Sowohl für die Aussage als auch für die sprachkünstlerische Gestaltung der in dieser Anthologie enthaltenen Verse erwies es sich als ein Vorzug, daß alle Texte einen konkreten, genau zu bestimmenden Adressaten hatten: den Leser des „Süddeutschen Postillons" und der mit ihm verbundenen sozialdemokratischen Tageszeitung „Münchener Post", der — wie Abonnentenlisten, Leserzuschriften usw. bestätigen — dem Proletariat angehörte. Dabei war der Kreis der Rezipienten, wie das potentiell auch für proletarische Belletristik gilt, bedeutend größer als die Zahl der Abonnenten. Deren Anzahl wird für den „Süddeutschen Postillon" für 1890 mit 40000 angegeben. Den proletarischen Adressaten zu berücksichtigen, ihn zu erreichen, zu bewegen, zwang dazu, dessen Wünsche, Ziele und Hoffnungen möglichst genau zu artikulieren. Es setzte voraus, seine spezifische Klassensituation zu kennen, in Wort- und Bildwahl an seine Denkund Empfindungsweise anzuknüpfen und — gestützt auf eine entschieden revolutionäre Position — aus den Kämpfen der Zeit eine reale Perspektive zu entwickeln. Tatsächlich erzielten die Autoren der Anthologie mit der Auswahl ihrer Gedichte eine über ihre Zeit hinausgehende Wirkung. Entstanden vor allem unter den historisch konkreten Bedingungen des Aufschwungs der Arbeiterbewegung nach dem Fall des Sozialistengesetzes (1890) und diese reflektierend, blieben nicht wenige Texte XIII

auch in den folgenden Jahrzehnten aktuell. Das findet seine Bestätigung u. a. darin, daß Gedichte dieser Sammlung oft bei sozialdemokratischen Vortragsabenden oder in Arbeiterbildungsvereinen rezitiert, in der regionalen sozialdemokratischen Presse nachgedruckt, teilweise in spätere sozialdemokratische Sammlungen wie „Stimmen der Freiheit" und „Von unten a u f aufgenommen und noch nach dem ersten Weltkrieg von revolutionären Publikationsorganen, zum Beispiel von Zeitungen der Kommunistischen Partei, wieder aufgegriffen wurden. So brachte die kommunistische Tageszeitung „ K l a s s e n k a m p f , Halle, im Jahre 1921 u. a. die Gedichte „Zeitbild" und „Ermahnung" von Eduard Fuchs. 1922 publizierte sie „Lumpenkäthe" — ebenfalls von Fuchs — und das „Fabriklerlied" Karl Kaisers. In gleicher Weise finden sich Nachdrucke im Chemnitzer KPD-Organ „Der Kämpfer" aus dem Jahre 1921. In der Dresdener Arbeiterpresse wurde 1920 Klaars Gedicht „Freie Presse" wiedergegeben. Eine Anzahl der in dieser Anthologie enthaltenen Texte fand Aufnahme in die Lesebücher und Lehrpläne unserer sozialistischen Oberschulen, so zum Beispiel „Heute" von Eduard Fuchs und „Einem Vorsichtigen" von Ernst Klaar. 6 Mehrere Titel nahm Wolfgang Friedrich auf in den Band „Im Klassenkampf. Deutsche revolutionäre Lieder und Gedichte aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts" (Halle 1962). Es läßt sich auf Grund fehlender Archivmaterialien nicht mehr feststellen, was der unmittelbare Anlaß zur Herausgabe des Gedichtbandes war. Offensichtlich aber besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Edition der Anthologie „Aus dem Klassenkampf und dem kurz zuvor von Karl Henckell herausgegebenen „Buch der Freiheit". Karl Henckell, ein mit dem Proletariat sympathisierender bürgerlicher Schriftsteller, hatte dieses dem „sozialistisch fühlenden und denkenden Arbeiter" gewidmete Buch im Auftrag der sozialdemokratischen Parteiführung zusammengestellt. Sein Anliegen wollte er wie folgt verstanden wissen: „Die leitende Grundidee des vorliegenden Buches ist der moderne, ökonomisch-politische Freiheitsbegriff in seinen verschiedenen Anwendungen, so wie ihn heute in erster Linie das organisierte Proletariat erfaßt und verkündet hat, einmal als Erbe unerfüllter bürgerlicher Ideale und sodann als Erzeuger und Träger neuer Bewußtseinsformen." 7 Die Publikation stellte jedoch einen Verlust bereits errungener ideologischer und ästhetischer Positionen dar, denn „an die Stelle der noch offen klassenkämpferischen, wenn auch teilweise geschichtsillustrativen Konzeption der ,Vorwärts'-Anthologie trat die Verherrlichung eines XIV

idealistisch gefaßten Freiheitsbegriffs. Der begrüßenswerte Versuch, bürgerlich-realistische Lyrik deutscher und internationaler Herkunft in die Tradition sozialistischer Dichtung einzubeziehen, wurde damit abgewertet." 8 Linksorientierte Kräfte innerhalb der deutschen Sozialdemokratie, unter ihnen Eduard Fuchs, unterzogen das „Buch der Freiheit", für das ursprünglich der Verlag den Titel „Proletarierlieder" vorgeschlagen hatte, kurz nach seinem Erscheinen einer prinzipiellen Kritik. Fuchs begründete im „Süddeutschen Postillon" Nr. 5/273, 1894, seine politischen und sachlichen Einwände. Er führte u. a. aus: „Von denen, welche überhaupt fehlen, nenne ich nur: Dingelstedt, M. Kegel, K. Kaiser, dann die ziemlich bedeutenden Franzosen Eugene Pottier, Richepin, Hugues. Diejenigen, welche meiner Ansicht nach zu nebensächlich behandelt wurden, sind insbesonders L. Pfau mit nur 3 Strophen, Geib 1 Strophe, Audorf 2 Strophen, Lavant 2 Strophen, Klaar 2 Strophen, Greulich 1 Strophe. Charakteristisch ist, daß bei den gänzlich Fehlenden sowohl wie den so unwürdig Vertretenen dies gerade in ihrer Mehrzahl die wirklichen Proletarierdichter sind . . . Untersuchen wir nun, wie diese Dichter vertreten sind, d. h. hier meine ich eine ganz spezielle Art des Wie, und diese Art, die ich meine, hat E. Klaar sehr treffend in folgendem mir zugesandtem Epigramm ausgedrückt:

Einem Anthologen Er stellte zusammen mit Fleiß und Müh Der Freiheit neue Anthologie. Darein nahm er auch zwei Gedichte Von mir, dem armen, ruhmlosen Wichte. Und als ich die beiden Gedichte gefunden, Da kam ich mir vor, wie zerhaun und geschunden, Geschunden durch die Korrektur, Denn im ,Buch der Freiheit' herrscht auch — Zensur. Er hat selbständig die fremden Beiträge — ohne die Dichter zu fragen — einfach umgearbeitet, wie er es für gut befunden hat. Nur einige Beispiele: Bei dem Gedicht von E. Kreowski Russischer Verbanntenzug' hat Henckell zwischen heraus an verschiedenen Stellen zusammen 15 Zeilen gestrichen. Dann ferner 20 Zeilen teils korrigiert, teils völlig umgeändert, das Gedicht umfaßt insgesamt XV

48 Zeilen . . . Ein Buch, das in künstlerisch-dichterischer Fassung die modernen Emanzipationsbestrebungen widerspiegelt, das muß insbesonders von dem Teil der Arbeiterpresse richtig gewürdigt werden, welcher im Tageskampfe in ähnlichen Bahnen seine Lanze für die Geknechteten gegen die Unterdrücker führt." 9 In ähnlicher Weise äußerte sich Jahre später rückblickend Ernst Klaar. Wenige Wochen nach Erscheinen dieses umstrittenen, für die sozialdemokratische Kulturpolitik jedoch symptomatischen „Buches der Freiheit" legten Fuchs, Kaiser und Klaar die Anthologie „Aus dem Klassenkampf vor. Sowohl vom Titel, vom Prolog, seinem Inhalt und seiner weltanschaulichen Grundlegung her erscheint sie als Gegenentwurf zu Henckells Sammlung. Programmatisch nimmt der Herausgeber anstelle des verwaschenen und dehnbaren Begriffs „Freiheit" das soziale und politische Veränderungen assoziierende Wort „Klassenkampf in den Titel auf. Wählte Henckell als Leitgedicht Goethes „Prometheus", so stellte Fuchs der Anthologie seine Hymne „Der Prometheus unserer Zeit" voran, sich damit bewußt in eine revolutionäre literarische Tradition stellend und diese mit der Zeitgeschichte verbindend. Während Henckells Buch sehr breit und zum Teil allgemein progressive Bewegungen, Ziele und Ambitionen widerspiegelt, ist thematisches und motivisches Zentrum der „im lebendigen Kampf der Gegenwart" (Leopold Jacoby) entstandenen „Klassenkampf-Anthologie der Grundwiderspruch der kapitalistischen Gesellschaft sowie die Lösung dieses Widerspruchs, die Aufhebung der Entfremdung des Produzenten vom Produkt durch den Sozialismus. 10 * Ein anderes parteipolitisches Motiv erscheint weniger für die Herausgabe der Anthologie als für das Entstehen der Gedichte selbst interessant. Die Mehrzahl der hier abgedruckten Texte wurde verfaßt, als sich nach dem Fall des Sozialistengesetzes am 30. 9. 1890 das marxistische Führungszentrum der Partei um August Bebel im Ringen um eine den neuen Bedingungen entsprechende revolutionäre Politik und Taktik den konzentrierten Angriffen von rechts- und linksopportunistischen Elementen beispielsweise um Georg von Vollmar ausgesetzt sah. Bereits im Verlaufe der von der Partei geführten Generaldiskussion um ein neues Parteiprogramm und um die theoretischen Grundlagen des weiteren Kampfes, so zum Beispiel um das Verhältnis von Nah- und Fernziel, unterstützten Fuchs, Kaiser und Klaar im „Süddeutschen Postillon" Funktionäre wie August Bebel nachdrücklich bei der Durchsetzung revolutionärer Positionen. Ihre lyrischen Äußerungen waren eine Form, auch nach XVI

der Annahme des „im ganzen auf dem Boden der heutigen Wissenschaft" (F. Engels) stehenden neuen Parteiprogramms zur Verwirklichung einer marxistischen Politik beizutragen. Gedichte wie „Gut denn" von Karl Kaiser und seine darin enthaltene Absage an die „Kompromißler und Diplomatler" legen Zeugnis dafür ab. Insofern widerspiegeln viele der in der Anthologie enthaltenen Gedichte nicht nur die neuen Bedingungen des Kampfes der deutschen Arbeiterklasse nach 1890, sondern sie suchten auch auf diese einzuwirken. Der Band trägt den Untertitel „Soziale Gedichte". Damit wird ein sowohl die frühe sozialistische Literatur als auch die ihr zeitweilig nahestehende naturalistische Lyrik bestimmendes Thema apostrophiert. Die Klassenauseinandersetzungen um soziale Probleme bildeten bereits in den vorangegangenen achtziger Jahren innerhalb der deutschen Arbeiterbewegung, aber auch in den Kreisen der bonapartistischen Regierung selbst einen immer heftiger diskutierten, auf reale Lösungen drängenden Gegenstand. Mit Hilfe sozialer Reformen, wie u. a. der vom sozialdemokratischen Dichter Max Kegel satirisch attackierten „Arbeiterschutzgesetzgebung", sollten die Arbeiter von der sozialdemokratischen Bewegung isoliert werden. Die Sozialpolitik der herrschenden Klassen nach 1890 im vom Reichskanzler von Bülow forcierten „Neuen Kurs" wiederum zielte darauf ab, bei Gewährleistung sozialer Erleichterungen gleichzeitig das Koalitions- und Streikrecht einzuschränken und damit die Wirkungsmöglichkeiten der nunmehr legal tätigen Sozialdemokratie zu begrenzen. In der Gestaltung der von den drei Autoren Fuchs, Kaiser und Klaar politisch gesehenen sozialen Problematik wird der Rückgriff auf eigene Erfahrungen ebenso spürbar wie der Versuch, Grund- und Leitsätze des Marxismus — besonders der Entwicklungstheorie — einfließen zu lassen. Die marxistische These, daß das Kapital seinen eigenen Totengräber erzeugt, bestimmt zum Beispiel Klaars „Hammerlied": „Aus der Kett, die uns entehrt, / Schmieden wir ein blitzend Schwert" und Karl Kaisers „Kapitalistische Gesellschaft". Hier prophezeit das lyrische Subjekt: „ D u hämmerst dein Schicksal — den Stahl." Die von Marx und Engels erstmals formulierte Erkenntnis, daß das Werk der Befreiung der Arbeiterklasse nur das Werk der Arbeiter selbst sein kann, findet Aufnahme in „Der Prometheus unserer Zeit" von Eduard Fuchs: „Und so wird sich selbst befreien / Der Prometheus unsrer Zeit!" Gestützt auf solche Maximen des wissenschaftlichen Sozialismus und gebunden an den revolutionären Klassenkampf gehen die Texte 2

Klassenkampf

XVII

in der Aufnahme sozialer Probleme inhaltlich über eine bloße Kapitalismuskritik hinaus. Vorstöße gegenüber der frühen sozialistischen Literatur der achtziger Jahre gelangen den Autoren beim Erfassen des spezifischen Klassencharakters des Proletariats. Bis in die Formulierung hinein finden wir zum Beispiel die Aussage des „Kommunistischen Manifestes": „Die Arbeiter haben kein Vaterland. Man kann ihnen nicht nehmen, was sie nicht haben" in Kaisers „Fabriklerlied" wieder. Von hier aus und getragen von der Einsicht, daß das Proletariat selbst die Macht ausüben kann, erfaßten die drei Autoren die historische Mission der Arbeiterklasse und gestalteten sie künstlerisch. Daß sie das nicht konnten, ohne gleichzeitig über den Charakter der Epoche zu reflektieren, bestätigen vor allem die Beiträge von Eduard Fuchs. Über eine nur nationale Problematik hinausgehend, begriffen sie den Kampf des Proletariats für eine neue Gesellschaftsordnung als eine menschheitsgeschichtliche Aufgabe, als einen Kampf, der im internationalen Rahmen zu führen ist: „Ob die Sprachen auch verschieden, / O! Wir haben Zeichendeuter! / Ob Franzosen, Deutsche, Britten — / Alle sind wir Hungerleider!", ruft Kaiser in „Proletarier-Pfingsten". Klaars „Maiengruß" entbietet den Brudergruß allen Kämpfenden „übers Meer". Zur Durchführung dieses Kampfes fordert die Anthologie „Aus dem Klassenkampf feste Klassenorganisationen, so zum Beispiel in „Organisiert euch!". Damit wurde eine wichtige Forderung der II. Internationale von 1889 wieder aufgegriffen und propagiert. Friedrich Engels hatte im Zusammenhang mit der Präzisierung der Aufgaben der II. Internationale „die Schaffung von Massenorganisationen der Arbeiter" als bedeutsames Ziel charakterisiert. 11 Mit der insgesamt marxistischen Orientierung der Autoren ist in dieser Anthologie die Abgrenzung von kleinbürgerlichen Reformbestrebungen verbunden. Besonders Fuchs ist es, der in dialektischer Weise das zu Beginn der neunziger Jahre innerhalb der Sozialdemokratie viel diskutierte Verhältnis von Nah- und Fernziel erfaßt. In der Auseinandersetzung um dieses Problem hatte Engels 1891 gegen den Opportunisten Georg von Vollmar polemisiert: „Nach seiner Taktik kämen wir mit Naturnotwendigkeit dazu, daß wir über der ausschließlichen Agitation für naheliegende Aufgaben schließlich vergessen, daß wir eine sozialdemokratische Partei sind . . . Das Ziel in seiner Gesamtheit ist die Hauptsache, das andere Nebensache." 12 Die Konzeption der Anthologie „Aus dem Klassenkampf berücksichtigt diesen Hinweis Friedrich Engels'. Über den nächsten praktischen Forderungen, zu denen soziale Veränderungen wie zum BeiXVIII

spiel die Verkürzung der Arbeitszeit sowie die Erweiterung und Festigung demokratischer Rechte und Freiheiten gehören, lassen die Autoren nicht das Endziel aus den Augen. Es kann dabei allerdings nicht übersehen werden, daß — besonders bei Klaar — dieses „Ziel in seiner Gesamtheit" oft nicht konkret genug poetisch erfaßt wird. Grundtenor der hier aufgenommenen Texte ist jedoch nicht die Verbesserung der bestehenden Verhältnisse, sondern ihre Negation. Die künftige grundlegende Veränderung wird als soziale Revolution verstanden, als gesetzmäßige Durchsetzung materieller Interessen und Bedürfnisse der ausgebeuteten Massen. Damit befanden sich die Autoren objektiv in Übereinstimmung mit den Erfordernissen ihrer Epoche. Mit einer solchen Haltung konnten lassalleanische und vulgärsozialistische Auffassungen, wie sie für die frühe sozialistische Literatur der siebziger und achtziger Jahre charakteristisch sind und Sammlungen wie „Vorwärts" anhaften, weitgehend überwunden werden. Die Überbetonung „friedlicher" Elemente des Klassenkampfes fehlt hier ebenso wie das damit verbundene, in der frühen sozialistischen Literatur bis 1890 vielstrapazierte Bild vom „Schwert des Geistes", das — beginnend mit Jakob Audorfs „Lied der deutschen Arbeiter" (1864) bis zu Max Kegels bekanntestem Werk, dem „Sozialistenmarsch" (1890) — eine konstituierende Funktion erfüllte. Noch 1891 hatte Max Kegel, bedeutendster Vertreter der frühen sozialistischen Lyrik zwischen 1870 und 1890, gerufen: Nicht mit dem Rüstzeug der Barbaren, Mit Flint und Schwert nicht kämpfen wir. Es führt zum Sieg der Freiheit Scharen Des Geistes Schwert, des Rechts Panier. Zwei Jahre später sagt Kaisers „Fabriklerlied" voraus: Landsknechte sind wir! Landsknechte, Verehrliches Publikum, Die schmeißen dir noch eines Tages Die ganze Herrlichkeit um! Hier wird — bei aller Vereinfachung in der Darstellung — im aggressiven, satirisch zugespitzten Gedicht der Anschluß an die Dichtungen Heines und Weerths gesucht. Die Sammlung ist noch relativ frei von Spuren des Opportunismus, 2*

XIX

wie sie in den neunziger Jahren zunehmend das Bild der frühen sozialistischen Literatur bestimmten und wie sie selbst in der von Franz Mehring geschätzten Sammlung „Von unten auf" nicht zu übersehen sind. Es verdient hervorgehoben zu werden, daß es in der vorliegenden Anthologie bemerkenswerte Ansätze einer Auseinandersetzung mit antimarxistischen Strömungen innerhalb der Sozialdemokratie gibt. Attackiert werden Tendenzen der Verbürgerlichung, des Reformismus, des Revoluzzertums. Die Autoren nehmen Scheinrevolutionäre und Indifferente aufs Korn. Beispiele dafür sind vor allem die Gedichte und Epigramme Karl Kaisers, wie „Die Indifferenten" sowie die mit III und IV ausgewiesenen Verse „Bequem und sehr gemütlich" und „Als ,alter, bewährter Genosse'": Als „alter, bewährter Genosse" Mit altem bewährtem Gebiß Verteidigt er heute — den Umsturz Und morgen — den Kompromiß! In treffender Weise charakterisiert Fuchs den „kleinbürgerlichen Sozialisten": Dröhnende Phrase, Demonstration. Bierbankbegeistert, Revolution. Demgegenüber ist es bedauerlich, daß die Auswahl auf die Aufnahme einiger für die frühe sozialistische Literatur charakteristischer und nationalliterarisch bedeutsamer Stoffe und Themen verzichtet. Es sind dies Stoffe und Themen, wie sie Fuchs, Kaiser und Klaar im „Süddeutschen Postillon" wiederholt aufgegriffen und zum Teil ästhetisch wirksam gestalteten. Dazu gehören die Auseinandersetzungen mit Militarismus und Krieg, mit der Kolonialpolitik Preußen-Deutschlands, ferner der Reflex auf bedeutende Kampfaktionen (z. B. Streiks) der deutschen und internationalen Arbeiterklasse sowie die relativ umfassende Reaktion auf den Aufschwung der Klassenkämpfe in Rußland. Hinter der tatsächlichen, viel breiteren und differenzierteren ästhetischen Wirklichkeitsaneignung und -wertung der drei Autoren zurückbleibend, wird insofern mit der von Fuchs getroffenen Textauswahl die soziale Problematik zu eng aufgefaßt. Vor allem aber wird sie in einer Zeit des sich verstärkenden XX

Monopolisierungsprozesses und der forcierten Aufrüstung zu wenig mit der nationalen Problematik verbunden. Von den eingangs skizzierten weltanschaulichen, im wesentlichen marxistisch orientierten Positionen wurde auch das Dichtungsverständnis der drei Autoren geprägt. Literaturpolemische Gedichte wie „ O d e an die,Schönheitler'" stellten die sozialistische Literatur bewußt der bürgerlichen, hier prononciert der epigonalen Welt eines Paul Heyse gegenüber. Sie stimmen hinsichtlich ihrer kunstkritischen Haltung überein mit Versen, wie sie bereits in der „Vorwärts"Anthologie Rudolf Lavants Aufnahme fanden (z. B. in „ A n unsere Gegner") und zu Beginn der neunziger Jahre oft für den „Süddeutschen Postillon" bestimmt waren (E. Fuchs: „Bourgeois- und Proletarierkunst", 1893, und „ D i e Arbeiterpoesie", 1893). G a n z im Sinne einer die Sammlung prägenden antibürgerlichen Kunstkonzeption reflektieren die Autoren in einer Zeit zunehmender Isolierung auch humanistisch intendierter Künstler die soziale und politische Funktion des Künstlers und der Kunst in der spätbürgerlichen Gesellschaft. In Gedichten wie „Dichter, da ist dein Platz!" wird offene Parteilichkeit für den K a m p f der Arbeiterklasse gefordert. Nachdrücklich distanzieren sich die Autoren von wirklichkeitsfremder Dichtung, von der Preisgabe des großen, national und sozial bedeutsamen Gegenstandes. Militanter als die Vertreter der ihnen vorangegangenen sozialdemokratischen Schriftstellergeneration prangern sie aber auch in Gedichten wie „Stammbuchvers" von Fuchs und „Zeitgemäß" von Kaiser die Kunstfeindlichkeit des Kapitalismus an. M a n muß diese Gedichte sehen im Kontext mit der im „Süddeutschen Postillon" veröffentlichten literaturprogrammatischen und literaturpolemischen Lyrik, mit den Reflexionen und literaturtheoretischen Ausführungen, die besonders von Eduard Fuchs, dem Herausgeber der Anthologie, stammen. In ihnen ist vorgezeichnet, was insgesamt die ästhetische Konzeption der Sammlung „ A u s dem K l a s s e n k a m p f charakterisiert: die Betonung des sozialen Auftrages der Literatur. Fuchs hob in einer Stellungnahme im „Süddeutschen Postillon", Nr. 22/290, 1893, hervor, daß die Gedichte „stets von neuem für den gewaltigen K a m p f um die endgültige Menschheitsbefreiung begeistern", revolutionäres Handeln und Verhalten auslösen mögen. In seinen Beiträgen zur „Parteikunst" polemisierte er gegen apolitische Positionen auf dem Gebiet der Literatur und Kunst, gegen einen Rückzug von den gesellschaftlichen und politischen Fragen der Zeit. Gleichzeitig führte er die Behauptung ad absurdum, „daß XXI

Tendenzdichtung . . . künstlerisch wertlos" sei. Wichtig erscheint die von Fuchs und seinen Mitarbeitern aufgestellte These, daß eine bedeutende sozialistische Kunst bereits im Klassenkampf entstehen kann. Damit wird — zumindest tendenziell — gegen die in der Sozialdemokratie weit verbreitete Anschauung angegangen, daß eine bedeutende sozialistische Kunst erst nach der Eroberung der politischen Macht durch die Arbeiterklasse möglich sei. Die Praxis selbst widerlegte solche Auffassungen. Vier Jahre nach Erscheinen der Anthologie „ A u s dem K l a s s e n k a m p f ' faßte Eduard Fuchs im „Süddeutschen Postillon" Wesen und Funktion der „Parteikunst" als der den konkret-historischen Bedingungen gemäßen Kunst der Arbeiterklasse wie folgt zusammen: „Will man Parteikunst richtig werten, muß man in ihre Werkstätte steigen, sie bei ihrem Schaffen belauschen, sehen, wie und wo sie ihre Stoffe formen muß. Ihre Arbeiten zeitigt zum großen Teil der T a g , darum gehören ihre Arbeiten auch vielfach nur dem Tag. Sie steht mitten im betäubenden Lärm des politischen Kampfplatzes, sie holt sich aus dem K a m p f ihre Motive heraus und formt sie für den Kampf. K a u m geformt, dienen sie schon wieder als Waffe. Dies ist gewiß nicht der Ort, um ausgereifte Kunstwerke zu schaffen, die den höchsten Anforderungen genügen . . . A b e r trotzdem hat unsere Parteikunst schon manche herrliche Leistung hervorgebracht . . . Würdigt man die Umstände, aus denen heraus solche Werke entstehen; so steigert dies zwar ihren Kunstwert nicht, aber sie legen achtunggebietend Zeugnis ab von der gewaltigen Schöpfungs- und Ideenkraft des sozialistischen Gedankens. D a r u m sind wir der Ansicht, daß unsere Parteikunst zum schönen Zweig am Baume der großen proletarischen Kunst geworden ist, jener Kunst, welcher die Zukunft gehört. Wir denken dabei nicht an jene Arme-Leute-Kunst, die vor einigen Jahren so üppig in unseren Kunstsalons florierte, die nur dem Nervenkitzel des gesättigten Bürgertums diente, jene Kunst, der wir noch immer begegneten, wenn eine herrschende Gesellschaftsklasse dem Zerfall und der Fäulnis entgegenging . . . A n was wir denken, ist jene gewaltige Kunst, die eine neue Renaissance bedeuten w i r d . " 1 3 Solche in ästhetischer und politischer Hinsicht programmatischen Ausführungen und Problemstellungen sind um so beachtlicher, als in der Sozialdemokratie insgesamt eine Verständigung über die Funktionsbestimmung der Kunst und über ihre ästhetischen Grundlagen ausblieb. Selbst für Franz Mehring waren Poesie und Politik getrennte Gebiete. Fuchs kommt zu Fragestellungen, wie sie später vor allem von Friedrich W o l f in „ K u n s t ist W a f f e " aufgeworfen

XXII

wurden (1928) und von hier aus zur weiteren Klärung des politischkunsttheoretischen Standorts sozialistischer Literatur beitrugen. Daß es — ausgehend von der Gestaltung tagespolitischer Forderungen — den drei Autoren sowohl in ihrem Gesamtschaffen als auch mit den vorliegenden Texten in einem unterschiedlichen M a ß e gelang, einen gültigen Beitrag zur „Parteikunst" zu leisten, hängt primär zusammen mit ihrer weltanschaulichen und politischen

Entwick-

lung, mit ihrem Ringen um ein wissenschaftlich fundiertes Epochenverständnis und mit ihren Kunsterfahrungen. Ausgangspunkt des oft widerspruchsvollen weltanschaulichen Ringens und seiner poetischen Verallgemeinerung war, zumindest bei Klaar und Kaiser, die eigene, zumeist spontane Auseinandersetzung mit Grundwerken des wissenschaftlichen Sozialismus. U m welche Werke es sich dabei konkret handelt, wird, neben offensichtlichen Bezügen im literarischen W e r k selbst, u. a. erkennbar aus den Buchempfehlungen, den Rezensionen, der Vielzahl von Auszügen mit entsprechenden

Kommentaren, die im „Süddeutschen

Postillon"

vor allem im Zeitraum von 1890 bis 1895 veröffentlicht wurden. Dazu gehören, um nur einige zu nennen, von Karl M a r x

„Der

Bürgerkrieg in Frankreich", „ D e r achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte", „Lohnarbeit und K a p i t a l " , ,,Das Elend der Philosophie", „ D a s K a p i t a l " . Es schließen sich an „ D e r Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates", „ D e r deutsche Bauernkrieg", der „ A n t i - D ü h r i n g " , „ D i e L a g e der arbeitenden Klasse in England" und andere Schriften von Friedrich Engels. A m folgenreichsten, weil am intensivsten, war für alle drei Autoren die Beschäftigung mit dem „Manifest der Kommunistischen Partei" von K a r l M a r x und Friedrich Engels, dessen Rezeption sich bei einigen der vorliegenden Texte bis zur Übernahme sprachlich-stilistischer Mittel verfolgen läßt. V o n diesem Grundwerk des wissenschaftlichen Sozialismus gab der „Süddeutsche Postillon" Auszüge wieder. Eduard Fuchs, der Redakteur des Blattes, bemerkte hier im Erscheinungsjahr der „Das

kommunistische

Manifest'

Anthologie:

ist das fundamentalste

Werk

unserer Partei: M a n kann nicht sagen, ich bin Sozialdemokrat, ohne das W e r k von A bis Z zu kennen. Es ist daher ganz selbstverständlich, daß das kommunistische Manifest' jeder sozialdemokratische A r beiter besitzen muß." 1 4 D i e Unterschiede hinsichtlich des Eindringens der drei in den wissenschaftlichen Sozialismus widerspiegeln

Autoren

sich in den

vorliegenden Gedichten ebenso wie die Verschiedenheit ihrer Wirklichkeitserfahrungen

und

ihrer

Bindung

an

den

revolutionären

XXIII

Klassenkampf. Insofern bestätigt in dieser Anthologie jeder der drei Autoren sein eigenes unverwechselbares politisches und künstlerisches Profil. Beispielsweise erklären sich die militant antibürgerliche Haltung von Eduard Fuchs sowie seine zum Teil emotional übersteigerten Bilder aus dem Leben des Bourgeois nicht nur aus der genauen Kenntnis der historischen Stellung der führenden Klassen, sondern auch als Teil

seiner individuellen, zugleich exemplarischen

Ver-

gangenheitsbewältigung. Fuchs verkörpert ebenso wie Rudolf Lavant und Leopold Jacoby den T y p des dem Bürgertum entstammenden, zum Proletariat vorgestoßenen und fest mit ihm verbundenen sozialistischen Dichters. Verse wie „ A n die Bourgeoisie" und „ E i n Nichtglaubens-Bekenntnis"

verdeutlichen

die Absage

an seine

eigene

Klasse: Gebrochen und zerrissen sind die Bande Moralität und Heuchelei; Was einst mein ganzes Ich umspannte, Geborsten ist es — ich bin frei! Hier provoziert das M o t i v des Abschiednehmens den Vergleich zu ähnlichen Aussagen der Jahrzehnte später wirksamen Dichter Bertolt Brecht ( „ V e r j a g t mit gutem G r u n d " )

und Johannes R .

Becher

(„Abschied"). Eduard Fuchs wurde am 31. 1. 1870 in Göppingen (Württemberg) als Sohn eines Maschinenfabrikanten

geboren. 1 5 *

Er

verbrachte

seine Jugend in Stuttgart, besuchte dort die Realschule und das Gymnasium und erlernte den Beruf eines Kaufmanns. Bereits als Sechzehnjähriger schloß er sich der organisierten Arbeiterbewegung an und leistete illegale Parteiarbeit. Schon zwei Jahre später hatte er seine erste Gefängnisstrafe wegen Majestätsbeleidigung, begangen durch Verfassen eines Textes für ein Flugblatt, zu verbüßen. 1899 wurde ihm eine fünfmonatige Gefängnisstrafe ausgesprochen. In den Jahren 1891, 1893 und 1895 unternahm er größere Fußreisen durch Deutschland, Tirol, Italien und die Schweiz. Für das Jahr 1895 vermerkt die Polizeiakte eine Reise nach Rumänien, Serbien, Österreich, Bulgarien und in die Türkei. V o m 14. M a i 1892 bis zum Januar 1901 redigierte er die satirische Zeitschrift „Süddeutscher Postillon" (München). Auch in dieser Tätigkeit sah er sich zahlreichen Polizeiverfolgungen ausgesetzt. So erhob am 20. 6. 1894 das Münchner Schwurgericht gegen ihn und gegen den Verleger M . Ernst Anklage auf Grund des § 130 (Aufreizung zu Gewalttätigkeiten). Diesen V o r -

XXIV

wurf quittierte Fuchs mit der Bemerkung: „Angeklagt war die revolutionäre Tendenz der Sozialdemokratie." 1897 verurteilte ihn das Amtsgericht München wegen des Bismarck demaskierenden Gedichts „Enthüllungen" zu sechs Wochen Haft. Vom 10. 8. 1898 bis 10. 6. 1899 schließlich verbüßte er im Nürnberger Gefängnis eine zehnmonatige Gefängnisstrafe. Die Wirksamkeit dieser Maßnahme kommentierte der Dichter nach seiner Entlassung mit dem Vers: „Nichts hat die Strafe hier ,genützt', / Schon wird die Feder neu gespitzt." 16 Fuchs profilierte das Münchner satirische Organ nach Jahren der „äsopischen Verhüllung" unter den Bedingungen des Sozialistengesetzes zu einem streitbaren Blatt der deutschen Arbeiterklasse und zu einem Organisationszentrum für die frühe sozialistische Literatur in Deutschland. Er selbst entfaltete in dieser Zeitschrift eine umfassende schriftstellerische und kulturpolitische Tätigkeit. Neben Gedichten, Skizzen, Erzählungen, epigrammatischen Sprüchen und Glossen verfaßte er Satiren. Er fertigte Übersetzungen bürgerlich-kritischer und sozialistischer Literatur aus dem Französischen an. Im Münchner Verlag M. Ernst gab er die Reihe „Gesellschaftswissenschaftliche Aufsätze" heraus. In dieser Reihe erschienen u. a. die „Utopia" von Thomas Morus mit einem Vorwort von Fuchs sowie Campanellas „Sonnenstaat". Als Separatdruck legte Fuchs 1897 seine in rhythmisierter Prosa geschriebenen, für den „Süddeutschen Postillon" bestimmten „Gedanken eines arbeitslosen Philosophen" vor, ebenso das Epos „Die N o t " (1901). Ein Gedichtband mit dem Titel „Ein königliches Mahl" gehörte bereits 1894 zum Verlagsprogramm. In seinen literaturgeschichtlichen Essays (Aufsätze zum Beispiel über Büchner, Heine, Goethe u. a.), die interessante Einblicke geben in die Traditionsbeziehungen und in das Traditionsverständnis eines frühen sozialistischen Schriftstellers, in seinen literaturkritischen Schriften (Rezensionen von Werken insbesondere sozialistischer Autoren) und in seinen kulturpolitischen Aufsätzen wird das Vorbild Franz Mehrings spürbar, den er als „einen unserer besten Parteischriftsteller" bezeichnete. Was ihn mit Mehring verband, war das Bemühen, der deutschen Arbeiterklasse das revolutionäre Erbe zu erschließen. Fuchs war der Auffassung: „Das Proletariat ist der einzige rechtmäßige Erbe der revolutionären Schöpfungen vergangener Zeiten." 17 Verdienstvoll waren seine Bemühungen um eine internationalistische Betrachtungsweise der sozialistischen Literaturentwicklung. So schrieb er selbst Aufsätze bzw. veranlaßte die Aufnahme von Essays XXV

anderer Autoren über die italienischen sozialistischen Schriftsteller A d a Negri und Filippo Turanti sowie den Engländer William Morris. A l s einer der ersten übertrug er die Dichtungen Eugene Pottiers ins Deutsche. Für die Münchner Zeitschrift verfaßte Fuchs eine Vielzahl kulturund kunstgeschichtlicher

Essays. Diese konnten später ebenfalls

zu selbständigen Publikationen zusammengefaßt werden, so zum Beispiel zu „1848 in der K a r i k a t u r " (München 1898/99). Zum Teil bildeten sie die Grundlage für umfangreiche Werke wie für „ D i e Karikatur der europäischen V ö l k e r " (zwei Bände). Bekannt wurde Fuchs auch durch die „Geschichte der erotischen K u n s t " (ebenfalls zwei Bände, München o. J.) und durch die „Illustrierte Sittengeschichte" (drei Bände, München 1909—1912). Nach

1901 widmete sich Fuchs fast ausschließlich seinen kunst-

historischen Studien: „Seine kunst- und kulturgeschichtlichen Veröffentlichungen wurden in Fachkreisen sehr beachtet und lagen auf wenig

bearbeitetem Gebiet

(Entwicklung

der Karikatur,

Sitten-

geschichte). Sie sind jedoch keine gültigen Beiträge zur marxistischen Kunst- und Geschichtswissenschaft, obwohl Fuchs versuchte, seine Forschungen marxistisch zu fundieren." 1 8 Begeistert begrüßte Fuchs die Große Sozialistische Oktoberrevolution

1917. Er bezeichnete

sie als das „unbedingt. . . bedeutsamste Ereignis in der gesamten Menschheitsgeschichte". 19

Zusammen mit Heinrich Mann, Ernst

Toller, Egon Erwin Kisch, Ludwig Renn u. a. arbeitete Fuchs mit an der Zeitschrift „ D a s neue Rußland". Publikationen in germanistischen Fachzeitschriften wie „ E u p h o r i o n " zeugen von seiner literaturhistorischen Sachkenntnis. 20 In den zwanziger Jahren tendierte Fuchs zur K P D . Er unterstützte die „ R o t e H i l f e " , engagierte sich dann aber stark für die sektiererische Kommunistische Partei-Opposition ( K P O ) . Fuchs war der Nachlaßverwalter Franz Mehrings. Er verfaßte einige kleinere Arbeiten über ihn und

begann

mit

dem

Trotzkisten

August

Thalheimer,

die

Schriften Franz Mehrings herauszugeben. Nach dem Machtantritt des Faschismus mußte er diese Arbeit abbrechen. Fuchs emigrierte nach Frankreich und starb dort im Jahre 1937. Ein Vergleich seiner in dieser Anthologie veröffentlichten Dichtungen mit denen der beiden anderen Autoren sowie die Berücksichtigung seiner in den neunziger Jahren erschienenen literatur- und kunsttheoretischen Arbeiten lassen erkennen, daß Fuchs in der Aneignung des wissenschaftlichen Sozialismus am weitesten

vorangekommen

war. Er verfügte über eine relativ umfassende Grundkenntnis der

XXVI

bekanntesten W e r k e des Marxismus. I m gleichen Zeitraum, da er als verantwortlicher und federführender A u t o r die Anthologie dem K l a s s e n k a m p f

„Aus

konzipierte, veröffentlichte er im „Süddeut-

schen Postillon" — ganz entgegen der Tradition eines satirischen Blattes — Auszüge aus den wichtigsten Werken von Karl M a r x . Zwei Jahre später folgte aus aktuellem Anlaß eine Zusammenstellung von Auszügen aus den Werken Friedrich Engels'. Künstlerisch fand dieses Studium seinen Niederschlag vor allem in seinen um philosophische

Durchdringung

bemühten

Reflexions-

gedichten. In stilistischer Hinsicht sind seine sprachlichen schöpfungen interessant, so zum Beispiel „Sorgenmeerküste".

Allerdings

ist die

Neu-

„Jetztzeitpromethiten",

Gefahr

der

Abstraktheit

seiner Lyrik nicht zu übersehen. Das trifft insbesondere für seine hymnischen Dichtungen zu, gilt aber auch für Verse, bei denen er den agitatorischen Gestus beibehält. M i t seinen

Prometheus-Hymnen

„ D e r Prometheus unserer Z e i t " und den hier nicht enthaltenen Versen „Sozialismus-Prometheus" (1896) rezipiert Fuchs erstmals in der sozialistischen Literatur einen poetisch vorgeformten Stoff, der — denken wir u. a. an Volker Brauns Prometheus-Gedicht — bis heute nichts an Aktualität verloren hat. Das Interesse der revolutionären deutschen Sozialdemokratie an diesem Stoff hatte Manfred Wittich, ein Zeitgenosse Eduard Fuchs' und wie dieser ein bedeutender Vertreter der frühen sozialistischen

Literatur, wie folgt

begründet:

„Unbewußt leuchtet durch das bunte Kleid der Prometheus-Sage der Gang der geschichtlichen Entwicklung hindurch." 2 1 Prometheus verkörperte für ihn und für seine proletarischen Mitstreiter den „ T y p des Rebellen und Revolutionärs". Fuchs unternimmt in dem der Anthologie vorangestellten Leitgedicht den Versuch, Gegenwärtiges und Zukünftiges zu verknüpfen. Er verbindet weltgeschichtliche Erfahrungen der Menschheit mit dem K a m p f der Arbeiterklasse und antizipiert ein Bild der künftigen klassenlosen Gesellschaft. Der große Anspruch kann jedoch nur unzureichend bewältigt werden. Gerade das, was die Anthologie insgesamt leistet und was für die sozialistische Literaturentwicklung von Bedeutung ist, nämlich die Überwindung des Abstrakt-Rhetorischen, wird hier nicht erreicht. Das Leitgedicht ist einseitig gedanklich konzipiert und wirkt überladen und allgemein. D i e symbolische und übersteigerte Darstellung des Proletariats („titangleich", „trotzigkühn") erinnert an im Grunde überwundene Messiasgestalten, wie sie von Freiligraths „ProletarierMaschinisten" an in „ V o n unten a u f bis zu Karl Henckells Gedicht „ A n das Proletariat" ( „ . . . Heil dir, Retterheld der Erde, / Sieg-

XXVII

fried Proletariat!") in der sozialistischen und der ihr nahestehenden bürgerlich-demokratischen oder naturalistischen Dichtung bekannt sind. Dagegen lassen die noch unter dem Sozialistengesetz entstandenen, ganz im Volkston gehaltenen und jede aufgehängte reflektorische Didaktik vermeidenden

„ R a d l e r - L i e d e r " durch ihre Frische und

Originalität aufhorchen. Sie zeugen von jenem gesunden Humor, der nach Friedrich Engels die deutsche Arbeiterklasse in den achtziger Jahren in Verbindung mit Disziplin und Ruhe von Sieg zu Sieg schreiten ließ. Ebenso wie in Kaisers Gedicht „ D e r

Schmuggler"

zeugt hier das lyrische Ich v o m historisch berechtigten Optimismus und Selbstbewußtsein der geschickt gegen das Ausnahmegesetz agierenden Sozialdemokraten. Fuchs zählt neben Karl Kaiser zu den wenigen sozialdemokratischen Dichtern, die über viele Jahre hinweg die Lehre von der Diktatur des Proletariats poetisch zu propagieren suchten und im Zusammenhang damit ein eindeutiges Bekenntnis zur Pariser K o m m u n e von 1871 ablegten. Erinnert sei an den Ausspruch seines „arbeitslosen Philosophen", einer „festen F i g u r " des „Süddeutschen Postillons": „ D i e Kommune, das war die Diktatur des Proletariats! Jawohl, es war ein kleiner Versuch; wir haben aber mittlerweile noch besser diktieren gelernt." 2 2 Diese W o r t e sind nahezu identisch mit einer Engelsschen Formulierung in der Einleitung zur 1891 neu herausgegebenen Marx-Schrift „ D e r Bürgerkrieg in Frankreich". Allerdings blieb Fuchs in der direkten Auseinandersetzung mit der historisch überlebten Klasse oft bei einer moralisierenden

Anti-

thetik stehen, so zum Beispiel in dem Gedicht „Fasching". Das engte seine Wirklichkeitserfassung und seine Kapitalismuskritik ein. Auch das von ihm und von Ernst Klaar gern gebrauchte M o t i v „oben und unten" kann in diesem Zusammenhang nicht mehr als das Signalisieren von Erscheinungen leisten. A u f künstlerischem Gebiet war Eduard Fuchs dem sozialdemokratischen Dichter L e o p o l d Jacoby (1840—1895) verpflichtet. Fuchs stand mit Jacoby in Briefverkehr. Er verehrte ihn und suchte den in seiner Zeit nahezu unbekannten Dichter durch Veröffentlichung einiger seiner Werke im „Süddeutschen Postillon" zu popularisieren. 2 3 * Jacobys Gedichtband „ E s werde L i c h t " , der als erstes W e r k dem Verbot durch das Sozialistengesetz anheimfiel, brachte er 1893 erneut im Verlag M . Ernst heraus. Was beide Dichter verband, war das Auseinandersetzen mit der marxistischen

Entwicklungstheorie

und der Versuch, Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Entwick-

XXVIII

lung künstlerisch darzustellen. Gedichte wie „An der Wende", „An die Bourgeoisie" und „Das Erwachen einer Welt" von Eduard Fuchs zeugen vom Epochenverständnis des Dichters. Sie werden bestimmt vom Motiv der Zeitenwende. Fuchs und Jacoby knüpfen in ihren Dichtungen an bürgerlichhumanistische und revolutionär-demokratische Traditionen an. So läßt sich bei Fuchs neben der Rezeption klassischer Literatur der Einfluß Georg Herweghs feststellen. Das Gedicht „Das Erwachen einer Welt" nimmt direkt Bezug zu Herweghs „Bundeslied für den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein". Fuchs und Jacoby verwandten in ihren Dichtungen gern freie Rhythmen. Das ist in der frühen sozialistischen Literatur selten anzutreffen und hängt mit der ausgeprägten Neigung beider zur Reflexion zusammen. Im Ringen um eine künstlerisch gemäße Widerspiegelung der Epochenproblematik gelangen beiden gewichtige Ansätze zum Weltanschauungsgedicht. Dabei wurde in den Dichtungen Jacobys der marxistische Standpunkt stärker profiliert. Jacoby erwies sich in der Vision der künftigen klassenlosen Gesellschaft sowie in der Darstellung vom Sieg des Sozialismus als dem Sieg des Schönen künstlerisch und philosophisch überlegen. Im Gegensatz zu Eduard Fuchs entstammte Karl Kaiser dem Proletariat. Die von ihm für die „Stimmen der Freiheit" zusammengestellten autobiographischen Angaben lauten: „Karl Kaiser wurde in Straßburg im Jahre 1868 als Sohn eines armen Schlossers geboren. Die Eltern stammten aus Württemberg und wandten sich, da sie Straßburg bei der Belagerung im Deutsch-Französischen Kriege verlassen mußten, nach Zürich. Dortselbst besuchte Karl Kaiser die Volksschule. Als Ende der siebziger Jahre seine Eltern nach Stuttgart übersiedelten, mußte der Junge als Klaviermechaniker lernen. Not und Sorge waren seine treuen Begleiterinnen. Karl Kaiser lebt gegenwärtig in München in Ausübung seines Berufes. Er ist ein außerordentlich kritisch und grüblerisch veranlagter Geist, liebt die Einsamkeit und ist, was man in Schwaben einen ,Eigenbrötler' nennt. . . Er steht seit 1889 in der Arbeiterbewegung, und damals entstanden seine ersten Gedichte . . ," 24 Karl Kaiser, der neben seiner beruflichen Tätigkeit zeitweilig die Arbeiter-Schachzeitung redigierte, schrieb mit unterschiedlicher Intensität fast ausschließlich für den „Süddeutschen Postillon". Seine schriftstellerische Tätigkeit scheint sich auf die neunziger Jahre zu beschränken. Bis 1893 verfaßte er für die Münchner Zeitschrift 72 Beiträge, nach 1893 nur insgesamt 14. XXIX

Vertraut mit den Arbeitsbedingungen des Proletariats, stellte Karl Kaiser noch stärker als die beiden Mitautoren das Soziale und die Klassengegensätze in den Mittelpunkt seiner Dichtungen. Über die Darstellung konkreter Lebenssituationen dringt er ein in die Lebenssphäre der Ausgebeuteten, insbesondere in das Arbeiterschicksal. Das Bemühen um soziale Konkretisierung führt bei ihm zu den überzeugendsten Ergebnissen. Als einer der wenigen Vertreter der frühen sozialistischen Literatur erfaßte er bereits zu Beginn der neunziger Jahre die Auswirkungen des Monopolisierungsprozesses auf die Arbeiterklasse und die mit diesem Prozeß verbundene soziale Umschichtung. Gedichte wie „Der Schuhmachermeister" und „Werkstattphantasie" gestalten in sehr gegenständlicher Form die Proletarisierung kleinbürgerlicher Schichten, hier insbesondere des Handwerks. Dabei zeichnet Kaiser vielfach die sich aus den antagonistischen Widersprüchen ergebenden klassenbedingten individuellen Konflikte nach: Das Schicksal des Individuums ist das Schicksal der Klasse. Durch weitgehenden Verzicht auf Pathos, durch bewußtes Anknüpfen an die Erlebnis- und Vorstellungswelt des Proletariats sowie durch die Einbeziehung eigener Erfahrungen erhält seine Lyrik eine zum Teil ganz persönliche Note („Glaube sie noch auf den Bänken zu sehn / Mit zusammengekniffenen Lippen"). Frei von jener Abstraktheit, die der frühen sozialistischen Literatur oft anhaftet, propagiert der Schriftsteller die materialistische Weltanschauung und wendet sie an, so in den Gedichten „Antagonismus" und „Schicksal". Durch das Wissen um die gesellschaftliche Perspektive bleibt der Grundtenor seiner Dichtungen optimistisch, wenn er auch in einigen seiner Verse den proletarischen Alltag mit zum Teil naturalistischer Genauigkeit darzustellen bemüht ist. Kaiser verleiht der Selbstbewußtheit und der historischen Überlegenheit seiner Klasse poetischen Ausdruck und meldet deren nationalen Führungsanspruch an. Seine revolutionäre und internationalistische Haltung bewahrte Kaiser auch in einer Zeit, da selbst bedeutende Vertreter der frühen sozialistischen Literatur unter dem Einfluß des Opportunismus in der Partei zunehmend marxistische Prinzipien preisgaben. Noch im Jahre 1901 prophezeite er: „Wer unermüdlich Soldaten sät, wird Kommunarden ernten." Seine besten Leistungen erreicht Kaiser auf dem Gebiet der aggressivsatirischen Dichtung. In ihr wird das Vorbild Heinrich Heines spürbar. Manchmal knüpft er parodistisch direkt an Verse Heines an, so in dem Gedicht „Wadelreise. Frei nach Heine", das dem Prolog zur „Harzreise", „Schwarze Röcke, seidne Strümpfe" nachgestaltet XXX

ist. Weitere Traditionsbeziehungen verrät die „Kapuzinerpredigt", deren Vorbild in Schillers „Wallenstein" zu suchen ist. 25 * Mit seinen treffsicheren, volksverbundenen und pointierten Epigrammen führt Kaiser, nachdem bereits Herwegh gelegentlich dieses Genre benutzt hatte, eine in der bürgerlichen Literatur tradierte und operative Form in die sozialistische Literatur ein. Das Epigramm, das durch seine Kürze und durch die Zuspitzung zur Charakterisierung von Personen, Sachverhalten und Gedanken prädestiniert erscheint, war nach einer reichen Tradition (Opitz, Fleming, Gryphius, Hofmannswaldau, Logau, Lessing, Goethe, Schiller u. a.) seit 1850 in der deutschen Literatur kaum noch beachtet worden. Im 20. Jahrhundert nutzten sozialistische Schriftsteller wie Bertolt Brecht diese Form für die Auseinandersetzung mit Faschismus und Krieg. Kaiser knüpft mit seinem Schaffen an Traditionen der Volks- und Spruchdichtung an. So steht die „Landagitationsregel" stellvertretend für den Versuch, solche Traditionen für die Bewältigung zeitgeschichtlicher Aufgaben zu nutzen. Die der Bauernregel verpflichtete „Landagitationsregel" stellt sich durch die Orientierung auf den zu gewinnenden Bündnispartner inhaltlich in die Reihe thematischer Neuansätze der frühen sozialistischen Literatur nach 1890. Ernst Klaar, geboren am 25. 12. 1861 in Chemnitz, entstammte wie Karl Kaiser dem Proletariat. Sein Vater war Weber. In dem Dorfe Kappel, in dem die Familie seit 1865 wohnte, besuchte Ernst Klaar die Volksschule. Bereits als Schuljunge mußte er einen Beitrag zum Unterhalt der Familie leisten. Als Zwölfjähriger trug er in Chemnitz die sozialdemokratische „Chemnitzer Freie Presse" aus. Ab 1876 erlernte er den Druckerberuf und besuchte die Fortbildungsschule des Chemnitzer Handwerksvereins. Schnell fand er in Chemnitz, einem Zentrum der deutschen Arbeiterbewegung, Kontakt zur Sozialdemokratie. Nach Abschluß seiner Lehrjahre als Setzer trat er der Buchdruckergewerkschaft bei. Vom Frühjahr 1881 bis zum Beginn des Jahres 1884 durchwanderte er das In- und Ausland. Er arbeitete zeitweilig in der Schweiz, in Oberitalien, Österreich, Luxemburg und Dänemark. Ab März 1884 nahm er seinen ständigen Wohnsitz in Dresden. Hier, in einer weiteren Hochburg der deutschen Sozialdemokratie, schloß er Bekanntschaft mit August Bebel, Ignaz Auer, Max Kayser, Hermann Goldstein, Julius Motteier und anderen führenden Vertretern der Partei. Hier befreundete er sich auch mit dem zu dieser Zeit bereits sehr populären sozialistischen Dichter Max Kegel, den er bereits aus seiner Lehrzeit in Chemnitz kannte. In Dresden entfaltete Ernst Klaar eine rege politische und journaXXXI

listische Tätigkeit. Er schloß sich der organisierten Arbeiterbewegung an, wurde zweiter Vorsitzender des Dresdner Volksbildungsvereins und nahm mehrfach als Delegierter an sozialdemokratischen Parteitagen und Landeskonferenzen teil. In diese Zeit, in die zweite Hälfte der achtziger Jahre, fallen seine ersten literarischen Versuche. Sein erstes Gedicht erschien in der „Neuen Welt". Über viele Jahre hinweg schrieb er für die „Dresdner Abendzeitung". Er verfaßte für sie Feuilletons, u. a. beliebte Sonntagsplaudereien. Auch die „Dresdner Volkszeitung" konnte ihn als Mitarbeiter gewinnen. 1888 gab er seinen Beruf als Drucker auf, um ausschließlich journalistisch und als Schriftsteller wirken zu können. Im gleichen Jahr wurde er Mitarbeiter des „Süddeutschen Postillons". Nachdem diese Zeitschrift im Jahre 1910 ihr Erscheinen eingestellt hatte, publizierte Klaar vor allem im „Wahren J a k o b " . Klaar eignete sich die Grundlagen des wissenschaftlichen Sozialismus — zumal unter den Bedingungen des Sozialistengesetzes — mehr auf empirische Weise an, in der Auseinandersetzung mit tagespolitischen Fragen. Klaar bekannte sich in seinen Dichtungen zumindest bis um die Jahrhundertwende zum Werk von Marx und Engels, konnte aber dessen theoretischen Gehalt nur partiell erschließen. Er widmete beiden — Marx und Engels — Gedichte („Zu Friedrich Engels' Gedächtnis", 1896; „ K a r l Marx zum Gedächtnis. Zu seinem 25. Todestag", 1908) und propagierte wichtige Grundsätze des Marxismus. In den neunziger Jahren trat er für die Diktatur des Proletariats ein und befürwortete bewaffnete Auseinandersetzungen mit der herrschenden Klasse. Mehrfach legte er ein eindeutiges Bekenntnis zur Pariser Kommune ab, so in „ D e m Andenken der K o m m u n e " (1893) und in „Vive la c o m m u n e ! " (1896). Mit seinen internationalistischen Dichtungen knüpfte er an die besten Traditionen sozialdemokratischer Literatur an und suchte sie fortzuführen. Obwohl er — wie auch Eduard Fuchs — die Persönlichkeit Lassalles überschätzte (er betrachtete ihn als „einen der gewaltigsten Streiter des weltgeschichtlichen K a m p f e s " der Arbeiterklasse), fanden dessen Ideen in seinem Werk kaum Widerhall. Dagegen neigte er in immer stärkerem Maße zur Spontaneitätstheorie. Klaar, der sich viel mehr als Fuchs und Kaiser als Sprecher seiner Partei empfand (für eine Vielzahl von Parteitagen und Landeskonferenzen verfaßte er zum Beispiel Prologe!), teilte auch in stärkerem Maße als die beiden Mitautoren der Anthologie die Schwächen seiner Partei. Der wachsende Einfluß des Reformismus widerspiegelt sich anschaulich in seinen zahlreichen, noch vor der Jahrhundertwende verfaßten Turnerliedern. Auch einige

XXXII

seiner in diese Anthologie aufgenommenen Verse sind von bürgerlichem Gedankengut mitgeprägt. Nicht wenige der Schwächen Ernst Klaars erklären sich aus den Unzulänglichkeiten des Erfurter Programms von 1891. Über dieses Programm, das Klaar als Orientierung diente, schrieb Ernst Engelberg: „Klarheit herrschte, wie der theoretische Teil des später angenommenen Erfurter Programms ausweist, über das Endziel des proletarischen Klassenkampfes, nämlich die Eroberung der politischen Macht durch die Arbeiterklasse und die Beseitigung des Privateigentums an Produktionsmitteln. Klarheit herrschte auch über die unmittelbaren Tagesforderungen der Arbeiterklasse. Unsicherheit bestand darin, wie die Tagesforderungen verbunden werden sollten mit dem revolutionären Kampf um die Macht. Offen blieb also die Frage nach dem Weg zur Macht, nach dem in den objektiven Klassenbeziehungen und Staatsverhältnissen liegenden Etappenziel und seinem revolutionären Charakter." 2 6 Analog dazu blieb Klaar in seinen Dichtungen nicht selten bei prinzipiell richtigen Einzelforderungen stehen, so zum Beispiel bei der Forderung nach Einführung des Achtstundentages, der Forderung des Rechts auf Arbeit usw., ohne diese mit dem Fernziel zu verbinden. Die nicht ausreichend gefestigten weltanschaulichen Grundlagen hinderten ihn um die Jahrhundertwende immer stärker, die wirklichen revolutionären Kräfte und die Gesetzmäßigkeiten der Epoche richtig zu erfassen. Ausdruck hierfür sind vor allem seine Rußland-Dichtungen, deren Held der kleinbürgerliche anarchistische Attentäter ist. Im ersten Weltkrieg identifizierte sich Klaar mit der von der rechten sozialdemokratischen Parteiführung propagierten Burgfriedenspolitik. Ab 1916 setzte er sich in seinen Gedichten für einen „Verständigungsfrieden" der kriegführenden Staaten ein. Klaar starb am 13. 10. 1920 in Dresden. Klaars Bedeutung als Vertreter der frühen sozialistischen Literatur in Deutschland ergibt sich aus seinem künstlerischen Schaffen bis um die Jahrhundertwende. Vielseitig war seine schriftstellerische Tätigkeit im Dienste der Partei. Für den „Süddeutschen Postillon" verfaßte er neben zahlreichen Versbeiträgen (Hymnen, balladesken Gedichten, Liedern) Gesellschaftssatiren, Skizzen, sogenannte „Humoresken" und Erzählungen. Unter diesen Erzählungen ragt „Der Naz'l. Ein Bild aus dem Klassenkampf (1894) hervor: Ein böhmischer Fremdarbeiter gewinnt durch das Erlebnis der proletarischen Solidarität den Anschluß an die revolutionäre Sozialdemokratie. Klaar verfaßte „soziale Märchen" bzw. neben vielen Mailiedern 3

Klassenkampf

XXXIII

..Maienmärchen". Die tradierte Form der Allegorie suchte er für die sozialistische Literatur zu nutzen. Bereits 1891 legte er ein selbständiges Werk vor mit dem Titel „Der erste Mai im Bilde" (Dresden). Die für sozialdemokratische Parteitage und Landeskonferenzen geschriebenen Prologe faßte er später zusammen zu „Worte der Weihe. Prologe für Arbeitervereine und Feste" (München 1905). Bekannt wurden seine zahlreichen Turner- und Massenlieder. Einige fanden Aufnahme in dem viele Auflagen erlebenden Liederbuch „Der freie Turner" (Leipzig). Im Jahre 1905 erschien Klaars Band „Knute und Bombe. Lieder und Gesänge für ein freies Rußland" (München). Daneben verfaßte er Essays und Porträtgedichte. Themen seiner zumeist volksliedhaften Dichtungen sind u. a. der Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit, die Auseinandersetzungen mit dem Militarismus und Kolonialismus Preußen-Deutschlands, die Gestaltung proletarischer Kampfaktionen sowie der proletarische Internationalismus. In Klaars ausdrucksstarken, zumeist balladesken Gedichten 27 wird das Bemühen um Bildhaftigkeit ebenso spürbar wie die Tendenz zum Gedanklichen. In Gedichten wie „Begräbnis" und „Hammerlied" knüpft der Dichter bewußt an die plebejischrevolutionäre Literaturtradition, insbesondere an die politische Lyrik Georg Weerths an. Beide Werke sind den „Liedern aus Lancashire" verpflichtet, die Klaar aus der Sammlung „Vorwärts" bekannt waren. „Begräbnis" ist von der Motivik (hier das in der frühen sozialistischen Literatur tradierte Motiv des Bergmannstodes), der lyrischen Situation (die Opfer brutaler Ausbeutung werden mit Almosen abgespeist) und der mit dem Balladenurteil verbundenen Aussage (Negation der bestehenden Verhältnisse) her den „Hundert Männern von Haswell" verwandt. Ohne das literarische Vorbild ganz zu erreichen, zeichnet Klaar ein Bild der in ihrer Substanz ganz und gar fragwürdig gewordenen sozialen Wirklichkeit. Der Anspruch auf humanitäre Gesinnung der satirisch gezeichneten „Freunde des Volks in Talar und Frack" wird ad absurdum geführt und mit der tätigen Humanität und Solidarität der „Brüder" der „schwarzen Gesellen" konfrontiert. Der Lyriker begleitet den realistisch erzählten und exemplarischen Vorgang mit ironischen Bemerkungen, die an Heinesche Töne erinnern. Tatsächlich gelingt hier Klaar der „Vorstoß zum Satirischen in der Ballade". 28 Das „Hammerlied" steht in der Tradition des Weerthschen „Kanonengießers". In beiden Fällen bekennt sich das lyrische Ich zur Anwendung revolutionärer Gewalt. In beiden Fällen werden individuelle Erfahrungen verallgemeinert. XXXIV

Es ist die revolutionäre Perspektive, welche die Aussage bestimmt: Die moderne Industrie gibt den Arbeitern alle Mittel zur Selbstbefreiung in die Hand. Wie bereits erwähnt, reflektierten Fuchs, Kaiser und Klaar in ihren im „Süddeutschen Postillon" veröffentlichten Dichtungen nicht selten über die zeitgenössische bürgerliche Literatur. Dabei bezogen sie sich vor allem auf die im Gefolge der imperialistischen Entwicklung entstandene ausgesprochen apologetische Literatur. Ihre verschiedenen Spielarten umrissen sie mit den Namen Felix Dahn, Ernst von Wildenbruch, Joseph von Lauff einerseits und Paul Heyse, Emanuel Geibel, Paul Lindau andererseits. Die Haltung der drei Autoren zu dieser die bestehenden Zustände verteidigenden, die realen gesellschaftlichen Widersprüche harmonisierenden Literatur war unmißverständlich. Sie stimmt überein mit dem im „Süddeutschen Postillon" abgedruckten Aphorismus: „Wenn ich die Wahl zwischen einem Drama von Wildenbruch und einem Schauspiel von Lauff habe, so wähle ich einen Vierzeiler von Heine." 29 Eduard Fuchs bewertete die Tendenzen der Verflachung und des Verfalls in der bürgerlichen Literatur als Ausdruck der historischen Überlebtheit der herrschenden Klasse: „Die Kunst des besseren Geschlechts, / Wie kann sie besser sein als dieses selbst?" 30 . Vom sozialen Auftrag der Literatur her leitete er die Überlegenheit der sozialistischen Dichtung ab. Berücksichtigt man den historischen Kontext, so ist einer solchen über die Zeit hinausweisenden Feststellung zuzustimmen. Das Urteil ist aber gleichzeitig zu präzisieren: Die Überlegenheit der sozialistischen Literatur — eben auch einer Literatur, wie sie sich in dieser Anthologie vorstellt — ergibt sich nicht nur aus ihrem weltanschaulichen Gehalt und ihrer sozialen Funktionssetzung. Sie erwächst zumindest ebenso aus dem Epochen- und Wirklichkeitsverständnis des proletarischen Künstlers, sie ergibt sich aus der Frage nach dem großen, national und sozial bedeutsamen Gegenstand. Diese Überlegenheit gilt prinzipiell auch in Hinblick auf die zeitgenössische bürgerlich-humanistische Lyrik. Für sie ist der Rückzug von den relevanten Zeitund Gesellschaftsproblemen, verbunden mit der Tendenz zur resignativen Verinnerlichung und Entpolitisierung, symptomatisch. Dem steht die gesellschaftliche Repräsentanz des lyrischen Ichs der Gedichte von Fuchs, Klaar und Kaiser gegenüber. Die kritische Haltung der drei Autoren zur spätbürgerlichen Literatur schloß den Einfluß der zeitgenössischen bürgerlichen Dichtung auf ihr Schaffen nicht aus. Von diesen zeitgenössischen bürgerlichen Literaturströmungen um 1890 vermochte die Bewegung des Natura3*

XXXV

lismus die nachhaltigste Wirkung auf die drei Autoren auszuüben. Der Naturalismus stand durch seine Oppositionshaltung gegenüber der bestehenden Gesellschaft, durch die seine Thematik und Stoffwahl prägende Hinwendung zur „sozialen F r a g e " der frühen sozialistischen Literatur bei allen prinzipiellen weltanschaulichen Gegensätzen nahe. Vertreter der naturalistischen Lyrik wie Karl Henckell und A r n o H o l z assoziierten sich zeitweilig mit der organisierten

Arbeiter-

bewegung. Es kam zum Teil zu engeren persönlichen Beziehungen. München, Erscheinungsort des „Süddeutschen Postillons", war bis 1890 neben Berlin eines der Zentren des Naturalismus in Deutschland. Gedichte

Münchener

naturalistischer

Lyriker

wie

Ludwig

Scharf, Otto Julius Bierbaum, Michael G e o r g Conrad wurden im „Süddeutschen Postillon" veröffentlicht. Franz Held konnte von Eduard Fuchs für die direkte Mitarbeit an der Zeitschrift gewonnen werden. Insgesamt aber blieb das Verhältnis der frühen sozialistischen Literatur zur Bewegung des „Jüngsten Deutschland" differenziert und widerspruchsvoll. Vertreter der frühen sozialistischen Literatur, unter ihnen Fuchs und Kaiser, verurteilten den Bruch des Naturalismus mit den literarischen Traditionen. Sie wehrten sich gegen die Auflösung der Sprache, gegen die Vorliebe für das Niedrige, Elende, oft Abseitige und Negative, kurz gegen die Verzerrung der Wirklichkeit und die dieser Tatsache zugrunde liegende philosophische und ästhetische Konzeption. Trotzdem blieb der Naturalismus, wie auch diese Anthologie bestätigt, nicht ohne Einfluß auf die sozialistische Dichtung. Er führte zu einem Gewinn in Hinblick auf die thematischstoffliche Erweiterung. Verwiesen sei auf das differenzierte Erfassen des Prozesses der Proletarisierung bei Kaiser, verwiesen sei auf die Reflexion des Großstadt-Themas bei Fuchs. Hier konnte der Blick zum Naturalismus echte Neuansätze fördern. Daß aber Vertreter der frühen

sozialistischen

Literatur

andererseits

auch

nicht

wenige

Schwächen des Naturalismus teilten, beispielsweise partiell bei Zustandsschilderungen stehenblieben und hier die Wirklichkeit unzureichend in ihrer Dialektik sahen, beweisen im Einzelfall Gedichte wie „ D e r Selbstmörder" von Ernst Klaar und „ D i e Lumpenkäthe" von Eduard Fuchs. Insgesamt aber — und das ist das Bestimmende und Charakteristische dieser Anthologie — gingen alle drei Autoren insofern weit über die Positionen des Naturalismus hinaus, als sie eben nicht nur die „soziale F r a g e " an sich aufgriffen, sondern in ihren Dichtungen die reale historische K r a f t zur Veränderung der bestehenden

Verhältnisse

erkennen

ließen.

Sie entsprachen

damit

einer

Forderung Franz Mehrings, „in der herrschenden Misere nicht nur

XXXVI

das Elend von heute, sondern auch die Hoffnung auf morgen entdecken zu können". 3 1 Die Anthologie „Aus dem Klassenkampf gehört zu den prägnantesten Zeugnissen der frühen sozialistischen Literatur in Deutschland. Bedingt durch die Entstehungszeit der Texte sind die hier zusammengefaßten Gedichte besonders für den Zeitraum von 1890 bis 1893 repräsentativ. Repräsentativ ist die Sammlung aber auch für das Schaffen der drei Autoren selbst, zumal diese in den folgenden Jahren trotz Aufnahme neuer Themen und trotz Einbeziehung anderer Genres nicht über die hier gesetzten ideologischen und ästhetischen Positionen hinauskamen. Sie läßt ihren Anteil an der Gestaltung eines historisch-konkreten Menschen- und Gesellschaftsbildes erkennen. Zweifellos widerspiegeln die aufgenommenen Texte auch nicht wenige inhaltliche und gestalterische Schwächen der sozialistischen Literaturentwicklung dieser Zeit. Es darf einmal mehr darauf verwiesen werden, daß die dem Proletariat entstammenden Schriftsteller noch nicht über die Fülle jener ästhetischen Erfahrungen verfügten, die das Bürgertum einbrachte. Es zeugt jedoch von einem völligen Mißverständnis der Funktion und der historischen Stellung dieser Literatur, wenn bürgerliche Literaturwissenschaftler wie Johannes Klein noch heute versuchen, solche Texte formalästhetisch abzuwerten, indem sie diese als „Gebilde des guten Willens und versagenden Könnens" bezeichnen. 32 Hier darf ein Ausspruch Alfred Kurellas aus dem Jahre 1930 zitiert werden, nach dem „Inhalt, Richtung und Umfang der Wirkung der literarischen Schöpfung innerhalb der Parteikämpfe der Gegenwart . . . das entscheidende Kriterium für die Qualität" sind. 33 Die Anthologie legt Zeugnis ab von dem Versuch, an revolutionären Traditionen der deutschen Literatur anzuknüpfen, sie weiterzuführen und im Zusammenhang damit tradierte Formen und Genres für die sozialistische Dichtung nutzbar zu machen. Insofern will der Neudruck nicht nur eine bibliographische Voraussetzung schaffen, sich mit den Leistungen der drei Autoren Fuchs, Klaar und Kaiser differenzierter auseinanderzusetzen. Sie will durch die Bereitstellung der Texte die Möglichkeit bieten, qualitativ neue Ansätze der frühen sozialistischen Literatur erkennen zu lassen und zur Befestigung unseres sozialistischen Literaturbewußtseins beitragen.

XXXVII

TEXTE

Eduard Fuchs Der Prometheus unserer Zeit An der Arbeit Felsenküste Festgeschmiedet durch die Not, In der Sorgenmeereswüste Stets vom Untergang bedroht, Von der Leber seines Geistes Zehrt ihm Adler Tyrannei-, Seine Lebensfreuden alle Ihm vernichtend ohne Reu. Nerven, Hirn und Kraft zerstörend, Wirkt der Knechtschaft Sonnenglut, Sturm und Wetter ihn umtoben, Auf ihn stürzt der Willkür Flut. Er auch hatte frech verachtet Eines Gottes Machtgebot, Trotzigkühn gen Himmel stürmend, Sich erhebend aus dem Kot. Alle Fesseln von sich werfend, Die der Glaube hängte an, Ehrfurchtslos und geisteswuchtig Schafft er sich die neue Bahn. Und dabei sich kühn vermessend, Rüttelnd eines Gottes Thron Mit dem stärksten selbst zu kämpfen, Wagt er es, des Geistes Sohn. Mit dem mächtigsten der Götter, Mit dem Gotte Kapital, Dem Naturgesetze dienen, Muskelkraft in Fleisch und Stahl. Doch als Kind der freien Forschung, Fleischgewordner Wahrheitsdrang, Fragt er nichts nach Menschenordnung, Spottet dem gewohnten Gang. Bittend nicht ist seine Sprache Vor des Goldes Weltenmacht, Titangleich sind seine Worte Von des Rechtes Glut durchfach f. 3

„Nimmer soll zu Nutz der Gottheit Herrschen Lüg und Glaube nur, Schwinden soll im Hirn das Dogma, Diese seelische Tortur! Hungern sollen nicht die einen, Wo des Brots in Fülle ist! Prassen niemals mehr die andern, Wo der Bruder hungrig ist! Nimmer soll im Kampf ums Leben Brechen jedes Menschen Glück, Frei soll jede Stirn sich heben, Freude künden jeder Blick." Wenn der Frucht die Schal' zu enge, Sprenget sie der Mutter Schoß. Höhnend reißen sich Ideen Von den alten Formeln los. Immer kämpfte mit dem alten, Überkommnen Vorurteil Die Erkenntnis und will formen Sich die Welt zu ihrem Heil. Niemals hat sich frei ergeben Die Gewalt dem Menschenrecht, Stets nur durch den Tod des Alten Kam zum Sieg ein neu Geschlecht. Er setzt der Gewalt entgegen Seines Wissens scharfen Pfeil, Mit der Logik wuchtgem Hammer Treibt in alles er den Keil. Ewigen Gesetzen folgend, Muß er siegen in dem Streit, Und so wird sich selbst befreien Der Prometheus unsrer Zeit!

4

Lieder

Karl Kaiser

Ode an die „Schönheitler" Reime mit der Versfußschaufel Schön symmetrisch abzustechen, Mit der Politur der Sprache Glattzuschlecken dann die Flächen, Alles Eckige verfluchen, Niederknien vor dem Weichen — Ja, in diesem Kunstvollenden Werd ich niemals euch erreichen. Karg ist meine Bildersprache, Knorrig wie die Hagebuche, Während eure leicht und lieblich Fließt im goldverzierten Buche. Wenn ihr singt von Liebesfreuden, Alle Pärchen hold vibrieren, Wenn ihr singt von Liebesschmerzen, Mädchen sich zu Tränen rühren. Euch erscheint das ganze Leben Wie ein großer Sirupfladen, W o der Schmerz nur wie ein Mückchen Zufallsweis hinein geraten. Dieses Leben, wo die Stärkren Über die Gestürzten klettern, Wo des Elends Kettenkugeln Ganze Reihen niederschmettern. Lernt doch, eh ihr weiter dichtet Vorher noch ein wenig denken, 5

Lernt das Lotblei eures Geistes In die Gegensätze senken, D a n n sitzt hin und kritzelt weiter Euren Stil, den altbekannten — Ei! wie werdet ihr erstaunen O b den unschön scharfen Kanten!

Karl Kaiser Wahrheitsdrang Erkläret mir doch jenen Strahl, Der aus den Augen leuchtet, Bald hoffnungsvoll, bald düster, fahl, Bald schmerzenvoll befeuchtet. Ein Strahl ist es voll Lust und Pein, Wie soll ich ihn verstehen? Das ist der Glanz und Widerschein Rebellischer Ideen. Auf mancher bleichen Menschenstirn Aufflammet ihre Fährte, Sie machen sich jed' grübelnd Hirn Zu ihrem Feuerherde. Erkenntnis brennet lichterloh — Die frommen Glaubenskrücken, Aufflackern sie wie trocknes Stroh Vor den erstaunten Blicken. Dem Ohr verhallt der Kirchgesang, Der frommen Mutter Lehren, Ins Herz hinein zieht Wahrheitsdrang, Und läßt sich nicht beschwören. Er möchte folgen jeder Spur Und sieht in Nacht sie schwinden, Er möcht ergründen die Natur Und zweifelt an den Gründen. 6

Lernt das Lotblei eures Geistes In die Gegensätze senken, D a n n sitzt hin und kritzelt weiter Euren Stil, den altbekannten — Ei! wie werdet ihr erstaunen O b den unschön scharfen Kanten!

Karl Kaiser Wahrheitsdrang Erkläret mir doch jenen Strahl, Der aus den Augen leuchtet, Bald hoffnungsvoll, bald düster, fahl, Bald schmerzenvoll befeuchtet. Ein Strahl ist es voll Lust und Pein, Wie soll ich ihn verstehen? Das ist der Glanz und Widerschein Rebellischer Ideen. Auf mancher bleichen Menschenstirn Aufflammet ihre Fährte, Sie machen sich jed' grübelnd Hirn Zu ihrem Feuerherde. Erkenntnis brennet lichterloh — Die frommen Glaubenskrücken, Aufflackern sie wie trocknes Stroh Vor den erstaunten Blicken. Dem Ohr verhallt der Kirchgesang, Der frommen Mutter Lehren, Ins Herz hinein zieht Wahrheitsdrang, Und läßt sich nicht beschwören. Er möchte folgen jeder Spur Und sieht in Nacht sie schwinden, Er möcht ergründen die Natur Und zweifelt an den Gründen. 6

Wen diese innre Glut erfaßt, Der ist nicht zu beneiden. Tief hassend und auch tief gehaßt Wird er durchs Leben schreiten. Er sieht ringsum die Unvernunft Sich spreizen und sich wiegen, Ausrotten möchte er die Zunft Althergebrachter Lügen. Allein sein Wissen ist noch schwach, Er selbst nicht frei vom Schwanken, Und unter jedem Schädeldach Sind andere Gedanken. M u ß oft sich fragen herzbeklemmt: Was hilft dein Stirnerunzeln, So lang sich dir entgegenstemmt Dies f r o m m zufriedne Schmunzeln. So lang man noch den Zweifel flieht Und wahre Geistespflege, So lang man noch das Kind erzieht Zum Glauben und durch Schläge? Dann wird es ihm so trüb und schwer Und, kaum kann ers recht fassen, K o m m t s über ihn — als müßte er Die ganze Menschheit hassen.

Eduard Fuchs Ein Nichtglaubens-Bekenntnis Gebrochen und zerrissen sind die Bande Moralität und Heuchelei; Was einst mein ganzes Ich umspannte, Geborsten ist es — ich bin frei! 7

Wen diese innre Glut erfaßt, Der ist nicht zu beneiden. Tief hassend und auch tief gehaßt Wird er durchs Leben schreiten. Er sieht ringsum die Unvernunft Sich spreizen und sich wiegen, Ausrotten möchte er die Zunft Althergebrachter Lügen. Allein sein Wissen ist noch schwach, Er selbst nicht frei vom Schwanken, Und unter jedem Schädeldach Sind andere Gedanken. M u ß oft sich fragen herzbeklemmt: Was hilft dein Stirnerunzeln, So lang sich dir entgegenstemmt Dies f r o m m zufriedne Schmunzeln. So lang man noch den Zweifel flieht Und wahre Geistespflege, So lang man noch das Kind erzieht Zum Glauben und durch Schläge? Dann wird es ihm so trüb und schwer Und, kaum kann ers recht fassen, K o m m t s über ihn — als müßte er Die ganze Menschheit hassen.

Eduard Fuchs Ein Nichtglaubens-Bekenntnis Gebrochen und zerrissen sind die Bande Moralität und Heuchelei; Was einst mein ganzes Ich umspannte, Geborsten ist es — ich bin frei! 7

Ja frei, o welch ein Hohn Gen alles Hergebrachte Durchzieht die Brust, wenn aus des Hirnes Schachte Dogmatscher Firlefanz entflohn. Ich lach der altersgrauen Sitten, Einst hoch und heilig, jetzt zum Spott; Ich kenn kein flehentliches Bitten Zum Christen- oder Geldsackgott. Es sind die grauen Nervenstränge Jetzt Leiter anderer Ideen Und seit abwegs der großen Menge Erlernet erst mein Geist das Gehen. Ich fülle nicht mit „Idealen", Den Kopf mit utopistscher Schwärmerei, Und ob auch tausend sie empfahlen, Erbarmungslos reiß sie entzwei. Es taucht mein Geist in der Erkenntnis Labyrinthe Als Pionier der neuen Zeit, Und was ich schreib, schreib ich mit Herzbluts Tinte Bis wir vom Zwang des Alten sind befreit. Und ihr, ihr faden, seichten Schwätzer Nennt ihr mich wütend einen Hetzer, So spott ich euer. Nennt ihr mein Denken unmoralisch, Mein Tun und Treiben kannibalisch, Dann brech ich aus in eine Lache Und stimme an ein Lied der Rache.

Karl Kaiser Der erste Schritt Auf noch schwachen Körpersäulchen Wagt das Kind den ersten Schritt. Wackelt und verzieht das Mäulchen, Füßchen wollen nicht recht mit. Götterschauspiel für die Großen, Wenn das kleine Männchen schwankt 8

Ja frei, o welch ein Hohn Gen alles Hergebrachte Durchzieht die Brust, wenn aus des Hirnes Schachte Dogmatscher Firlefanz entflohn. Ich lach der altersgrauen Sitten, Einst hoch und heilig, jetzt zum Spott; Ich kenn kein flehentliches Bitten Zum Christen- oder Geldsackgott. Es sind die grauen Nervenstränge Jetzt Leiter anderer Ideen Und seit abwegs der großen Menge Erlernet erst mein Geist das Gehen. Ich fülle nicht mit „Idealen", Den Kopf mit utopistscher Schwärmerei, Und ob auch tausend sie empfahlen, Erbarmungslos reiß sie entzwei. Es taucht mein Geist in der Erkenntnis Labyrinthe Als Pionier der neuen Zeit, Und was ich schreib, schreib ich mit Herzbluts Tinte Bis wir vom Zwang des Alten sind befreit. Und ihr, ihr faden, seichten Schwätzer Nennt ihr mich wütend einen Hetzer, So spott ich euer. Nennt ihr mein Denken unmoralisch, Mein Tun und Treiben kannibalisch, Dann brech ich aus in eine Lache Und stimme an ein Lied der Rache.

Karl Kaiser Der erste Schritt Auf noch schwachen Körpersäulchen Wagt das Kind den ersten Schritt. Wackelt und verzieht das Mäulchen, Füßchen wollen nicht recht mit. Götterschauspiel für die Großen, Wenn das kleine Männchen schwankt 8

Und mit wunderlichen Posen Mit den Ärmchen vorwärts langt. Wenn der kleine Held geschwinde Dann zur Mutter rettet sich, Taut der Alten Herzensrinde, Jeder denkt: „So war auch ich." Und ein paar Jahrzehnte später, Wenn den ersten Zweifelsblitz Schaffen die Gedankenräder In des Grübelns Fieberhitz; Wenn die Götter retirieren Mit dem Quark „Moral" und „Sitt", Muß der junge Mensch es spüren, Macht sein Geist den ersten Schritt. Dann zerreißen Gängelbänder Und des Glaubens Windeltuch, Ohne Stütze und Geländer Macht der Geist den Gehversuch. Doch in seinem schwanken Wallen Stützt ihn keine Mutter mehr, Mag er in den Abgrund fallen Der Gemeinheit, wüst und leer. Mag er herrlich sich entwickeln, Herr der Geister seiner Zeit, Oder auch sich selbst zerstückeln In des Wahnes finstrer Freud. Wenn dann Jahresreihen mahnen, Und ans Sterben denkt der Mann, Wenn der morsche Geisteskahnen Keine Last mehr halten kann; Wenn des Denkens letztes Blitzen Untergeht in kindscher Nacht Und der Mensch das will besitzen, Was er vorher hat verlacht. 9

D a n n tun Geist und Körperglieder Ihren ersten Schritt ins G r a b , Und zum Kinde wird er wieder, Geistlos, wackelnd an dem Stab.

Eduard Fuchs Soll u n d H a b e n K a u m hat der Mensch die Welt erblickt, Sein Horoskop man stellt, Ob Glück, ob Not die Strahlen schickt Ihm auf sein Lebensfeld, Das zeiget Soll und Haben! Hat er die Schule durchgemacht, Die Lehre absolviert, Dann wird sofort zu Tag gebracht: O b klug er, ob borniert. Als Maßstab: Soll und Haben. Macht endlich er die Augen zu, Jung oder lebensmüd, Noch eh im G r a b er findet Ruh, Das erste was geschieht: M a n fragt nach Soll und Haben.

Ernst Klaar Zwei Sonette I. Der Besil: Träg auf dem Geldsack schlummert der Besitz Mit dickem Wanst und aufgedunsnen Gliedern, Das Antlitz öd und dumm und ohne Witz — Fürwahr ein Bild, die Menschen anzuwidern. 10

D a n n tun Geist und Körperglieder Ihren ersten Schritt ins G r a b , Und zum Kinde wird er wieder, Geistlos, wackelnd an dem Stab.

Eduard Fuchs Soll u n d H a b e n K a u m hat der Mensch die Welt erblickt, Sein Horoskop man stellt, Ob Glück, ob Not die Strahlen schickt Ihm auf sein Lebensfeld, Das zeiget Soll und Haben! Hat er die Schule durchgemacht, Die Lehre absolviert, Dann wird sofort zu Tag gebracht: O b klug er, ob borniert. Als Maßstab: Soll und Haben. Macht endlich er die Augen zu, Jung oder lebensmüd, Noch eh im G r a b er findet Ruh, Das erste was geschieht: M a n fragt nach Soll und Haben.

Ernst Klaar Zwei Sonette I. Der Besil: Träg auf dem Geldsack schlummert der Besitz Mit dickem Wanst und aufgedunsnen Gliedern, Das Antlitz öd und dumm und ohne Witz — Fürwahr ein Bild, die Menschen anzuwidern. 10

D a n n tun Geist und Körperglieder Ihren ersten Schritt ins G r a b , Und zum Kinde wird er wieder, Geistlos, wackelnd an dem Stab.

Eduard Fuchs Soll u n d H a b e n K a u m hat der Mensch die Welt erblickt, Sein Horoskop man stellt, Ob Glück, ob Not die Strahlen schickt Ihm auf sein Lebensfeld, Das zeiget Soll und Haben! Hat er die Schule durchgemacht, Die Lehre absolviert, Dann wird sofort zu Tag gebracht: O b klug er, ob borniert. Als Maßstab: Soll und Haben. Macht endlich er die Augen zu, Jung oder lebensmüd, Noch eh im G r a b er findet Ruh, Das erste was geschieht: M a n fragt nach Soll und Haben.

Ernst Klaar Zwei Sonette I. Der Besil: Träg auf dem Geldsack schlummert der Besitz Mit dickem Wanst und aufgedunsnen Gliedern, Das Antlitz öd und dumm und ohne Witz — Fürwahr ein Bild, die Menschen anzuwidern. 10

Das Gold — es ist der Inhalt seines Seins, Am Gold nur kann des Menschen Wert er schätzen, Von Idealen hat er auch nicht eins — Das Gold muß alles, alles ihm ersetzen. Am blanken Gold hängt er mit jedem Hauch, Er dient nur ihm und nur dem faulen Bauch Und fürchtet keine Stunde des Gerichts. Mit ihm bewirkt er, daß die Tugend fallt, Mit ihm beherrscht er ringsum sich die Welt, Doch nehmt das Gold ihm — und er bleibt ein Nichts.

II. Die Arbeit

Die bleiche Arbeit schafft von früh bis spät Und regt geschäftig immerdar die Arme, Obwohl sie stets für andre nur gesät Und stets ein Opfer ward der Not, dem Harme. Sie ist der Sklave nur des Kapitals; Wenn jenes praßt, muß sie dafür entbehren, Und doch entbehrt sie nicht des Ideals — Man kann sie knechten, aber nicht entehren. Trotz allen Zwangs wird sie in ihrer Brust Allmählich doch der Menschheit sich bewußt, Verheißend bricht ein neuer Morgen an. Empor zum Licht strebt zielbewußt und klar Der unterdrückte, arme Proletar Ein Sklave zwar — und doch ein ganzer Mann.

4

Klassenkampf

11

Eduard Fuchs Dichter da ist dein Platz! Der modernen Dichtergeneration zugeeignet

Wo bei dem Schein von Gaslaternen Mit Grüßen, Schreien, Hutgerück Entleeren sich die Mietskasernen Und hungernd Volk geht zur Fabrik — Wo mächtig tost die Dampfmaschine, Der Eisenräder dumpfer Schall, Und himmelstrebende Kamine Ausspein der Dämpfe giftgen Schwall — Wo abends müd und abgerackert Der Arbeitstroß beim Flackerlicht, Nachdem für heut er ausgebaggert, Sich dann für kurze Rast verkriecht — Wo auf der Großstadt Asphaltpflaster Sich hinwälzt der brutale Sinn, Wo Gummirad und Lumpenlaster Gierkeuchend sucht nach Goldgewinn — Wo taumelnd schwelgen Lusthyänen, Der Wahnsinn in den Köpfen kreist Und wo mit frommen Heuchlertränen Der Pfaffe Lüg an Lüge schweißt — Wo Die Wo Mit

man aus christlichem Erbarmen Not steckt in ein Arbeitshaus, gegen Rote tönt das Carmen, dem Refrain: „Soldaten raus!" —

Wo Bürger, Pfaffe, Büttel, Richter Im Chorus Schrein: Dei gloriam! Dort mußt du sein als wahrer Dichter, Dort ist dein Platz im Weltstadtschlamm. 12

Du singst nicht mehr von Nachtigallen, Von Frühlingslust, von Schmerz und Leid, Von eines blauen Himmels Hallen, Dem Thronsaal Gottes Herrlichkeit. Du dichtest nicht mehr veilchenduftig, Wenn dir ein Qualm zur Nase steigt Von Menschenleibern moderluftig, Wo schrill das Miserere geigt. Dir gelten dann die Fieberrosen Im Blick der Proletarierin Mehr als ein minnigliches Kosen Der sittsam-frömmsten Buhlerin. Verrauschet sind für dich die Klänge Wobei man patriotisch schmaust, Du singst dem Volk der Zukunft Sänge, Durch die der Freiheit Herzblut braust. Es zieht in anderen Geleisen Tollwirbelnd jetzt die Weltgeschicht, Um andre Pole muß sie kreisen Und kampfdurchwühlt ist ihr Gesicht. Die wonnefachenden Poeten, Der Kritikaster schweres Leid, Mit ihrem lyrikösen Beten Verschlingt erbarmungslos die Zeit. Wo schwirrend ziehn die Transmissionen Um blinkend Erz- und Stahlgeäst, Dort gellt der Kampf der Nationen, Dort feiern sie ihr Siegesfest.

Ernst Klaar Arbeitslosen-Versammlung Dicht gedrängt in großen Scharen Steht das Heer der Arbeitslosen, 4»

13

Du singst nicht mehr von Nachtigallen, Von Frühlingslust, von Schmerz und Leid, Von eines blauen Himmels Hallen, Dem Thronsaal Gottes Herrlichkeit. Du dichtest nicht mehr veilchenduftig, Wenn dir ein Qualm zur Nase steigt Von Menschenleibern moderluftig, Wo schrill das Miserere geigt. Dir gelten dann die Fieberrosen Im Blick der Proletarierin Mehr als ein minnigliches Kosen Der sittsam-frömmsten Buhlerin. Verrauschet sind für dich die Klänge Wobei man patriotisch schmaust, Du singst dem Volk der Zukunft Sänge, Durch die der Freiheit Herzblut braust. Es zieht in anderen Geleisen Tollwirbelnd jetzt die Weltgeschicht, Um andre Pole muß sie kreisen Und kampfdurchwühlt ist ihr Gesicht. Die wonnefachenden Poeten, Der Kritikaster schweres Leid, Mit ihrem lyrikösen Beten Verschlingt erbarmungslos die Zeit. Wo schwirrend ziehn die Transmissionen Um blinkend Erz- und Stahlgeäst, Dort gellt der Kampf der Nationen, Dort feiern sie ihr Siegesfest.

Ernst Klaar Arbeitslosen-Versammlung Dicht gedrängt in großen Scharen Steht das Heer der Arbeitslosen, 4»

13

Die ein „unerforschter Ratschluß" Von des Lebens Tisch verstoßen. Bleich und hager sind die Wangen Dieser armen Hungerleider; Durch die Stiefel dringt die Nässe Und der Wind pfeift durch die Kleider. Hin und wieder zarte Rosen Auf den Wangen, den entfärbten — Zeichen sind es jener Krankheit, Die die Geißel der Enterbten. Leer der Beutel, leer der Magen, Leer des Brotschranks Vorratskammer, Leer und kalt die kleine Wohnung — Übervoll ist nur der Jammer. Und Und Und Und

es darben rüstge Männer, es darben schwache Greise es darben kranke Mütter die Kinder gleicherweise.

Elend, Elend allerorten, Bleiche Not in allen Gassen, Weil der Arbeit Quell versiegte, Der Ernährer dieser Massen. Weil nach einer weisen Ordnung In der besten dieser Welten Riesenreichtum, Massenarmut Als von Gott verordnet gelten. Und des Hungers Scharen rotten Sich zusammen in den Hallen, Tausendweis die Leidgenossen Zu den Sammelorten wallen. Wollen dort des Rates pflegen, Wie der Notstand sei zu lindern, Wie man möge Brot beschaffen All den Männern, Weibern, Kindern. 14

Und es sind gar harte Worte, Die von ihren Lippen fallen, Bittre Klagen der Verzweiflung Von den Wänden widerhallen. Wenn die Worte Schwerter wären, Scharfe Schwerter für die Reichen, Würde bald ein Wall sich türmen Rund herum von kalten Leichen. Doch die Worte sind nur Worte, Ihre Spitzen nicht verwunden, Darum ward auch nicht dem Volke Ganz das kecke Maul verbunden. Sind nicht allzuscharf die Worte, Läßt gewähren man die Armen, Zeigt nur als Besänftigungsmittel Grimmig blickende Gendarmen. Werden dann die Reden schärfer, Also, daß die Bürger zittern, Bringt die Redner man zur Ruhe Hinter starken Eisengittern. Läßt indes der bleiche Pöbel Sich verleiten gar zu „Taten", Führt man ihn zurück zur Ordnung Durch Kanonen und Soldaten. Darum baut auf die Gendarmen, Auf den Schutz der Bajonette, All ihr reichen Angstphilister, Denn — die Not liegt an der Kette.

Ernst Klaar Proletarierlos Es war einmal ein armer Wicht, Der hatte Weib und Kinder, Die hatten gefroren und gedarbt Hindurch den langen Winter.

Und es sind gar harte Worte, Die von ihren Lippen fallen, Bittre Klagen der Verzweiflung Von den Wänden widerhallen. Wenn die Worte Schwerter wären, Scharfe Schwerter für die Reichen, Würde bald ein Wall sich türmen Rund herum von kalten Leichen. Doch die Worte sind nur Worte, Ihre Spitzen nicht verwunden, Darum ward auch nicht dem Volke Ganz das kecke Maul verbunden. Sind nicht allzuscharf die Worte, Läßt gewähren man die Armen, Zeigt nur als Besänftigungsmittel Grimmig blickende Gendarmen. Werden dann die Reden schärfer, Also, daß die Bürger zittern, Bringt die Redner man zur Ruhe Hinter starken Eisengittern. Läßt indes der bleiche Pöbel Sich verleiten gar zu „Taten", Führt man ihn zurück zur Ordnung Durch Kanonen und Soldaten. Darum baut auf die Gendarmen, Auf den Schutz der Bajonette, All ihr reichen Angstphilister, Denn — die Not liegt an der Kette.

Ernst Klaar Proletarierlos Es war einmal ein armer Wicht, Der hatte Weib und Kinder, Die hatten gefroren und gedarbt Hindurch den langen Winter.

Entlassen hatte ihn sein Herr Samt manchem andern Knechte, Denn Arbeit gab es wenig nur — Die Zeit war eben schlechte. Und als versetzt der letzte Rock, Verzehrt der letzte Gulden, Da machte unser armer Mann Mit schwerem Herzen Schulden, Und als ihm niemand mehr was lieh, Begann der Mensch zu stehlen — Der Hunger mochte allzusehr Ihn und die Seinen quälen. Er schlich in seines Herren Schloß, Stieg in die Vorratskammer Und stahl ein Brot, ein einzigs nur, Zu lindern seinen Jammer. Er ward entdeckt. Der edle Graf Ließ ihn darob verklagen, Da hing er sich an einen Baum; Er konnts nicht mehr ertragen. Man trug ihn nicht durchs Kirchhoftor, Man schob ihn über die Mauer, Der Pfaff sprach keinen Segensspruch, Im Dorf trug niemand Trauer, Denn bettelnd zogen Weib und Kind Durch Weiler, Dörfchen, Städtchen — Der Graf vergnügte sich indes Beim Wein und jungen Mädchen.

Karl Kaiser

Arbeiter-Idylle So lang er lebte noch zu Haus Bei seinen Eltern, hielt ers aus. Es ging halbwegs erträglich Mit zwei Mark täglich. 16

Entlassen hatte ihn sein Herr Samt manchem andern Knechte, Denn Arbeit gab es wenig nur — Die Zeit war eben schlechte. Und als versetzt der letzte Rock, Verzehrt der letzte Gulden, Da machte unser armer Mann Mit schwerem Herzen Schulden, Und als ihm niemand mehr was lieh, Begann der Mensch zu stehlen — Der Hunger mochte allzusehr Ihn und die Seinen quälen. Er schlich in seines Herren Schloß, Stieg in die Vorratskammer Und stahl ein Brot, ein einzigs nur, Zu lindern seinen Jammer. Er ward entdeckt. Der edle Graf Ließ ihn darob verklagen, Da hing er sich an einen Baum; Er konnts nicht mehr ertragen. Man trug ihn nicht durchs Kirchhoftor, Man schob ihn über die Mauer, Der Pfaff sprach keinen Segensspruch, Im Dorf trug niemand Trauer, Denn bettelnd zogen Weib und Kind Durch Weiler, Dörfchen, Städtchen — Der Graf vergnügte sich indes Beim Wein und jungen Mädchen.

Karl Kaiser

Arbeiter-Idylle So lang er lebte noch zu Haus Bei seinen Eltern, hielt ers aus. Es ging halbwegs erträglich Mit zwei Mark täglich. 16

Da starben sie, er stand allein, Da fiel ihm nächtlich oftmals ein: Solch Leben ist doch kläglich — Trotz zwei Mark täglich. Da sah er sie — sie sah ihn auch — Er liebte sie, uralter Brauch, Versteht sich ganz unsäglich — Mit zwei Mark täglich. Zum Standesamtspfaff kam Besuch, Ließ registrieren sich ins Buch — Die Zeilen grinsten fräglich: Mit zwei Mark täglich!! Sie rackerten, sie darbten viel Und kamen endlich auch ans Ziel: Verreckt sind sie buchstäblich Mit zwei Mark täglich!

Ernst Klaar Vagabundenplage Im „Reiche der Mitte" herrscht bittere Not, Da fehlen den Armen Kartoffeln und Brot, Der Büttel, der Junker, der Kapitalist, Sie nahmen dem Volke, was brauchbar noch ist. Nun ziehen die Ärmsten hinaus auf das Land Und öffnen als Bettler die zitternde Hand; Die Hungernden bitten sich täglich zu Gast Und fallen den Reichen und Bauern zur Last. Im „Reiche der Mitte", da ist man gescheit, Schafft schnell sich vom Halse die bettelnden Leut, Da schlagen die Herzen so treu und so warm, Zwar nicht für die Armen, doch für den Gendarm.

Da starben sie, er stand allein, Da fiel ihm nächtlich oftmals ein: Solch Leben ist doch kläglich — Trotz zwei Mark täglich. Da sah er sie — sie sah ihn auch — Er liebte sie, uralter Brauch, Versteht sich ganz unsäglich — Mit zwei Mark täglich. Zum Standesamtspfaff kam Besuch, Ließ registrieren sich ins Buch — Die Zeilen grinsten fräglich: Mit zwei Mark täglich!! Sie rackerten, sie darbten viel Und kamen endlich auch ans Ziel: Verreckt sind sie buchstäblich Mit zwei Mark täglich!

Ernst Klaar Vagabundenplage Im „Reiche der Mitte" herrscht bittere Not, Da fehlen den Armen Kartoffeln und Brot, Der Büttel, der Junker, der Kapitalist, Sie nahmen dem Volke, was brauchbar noch ist. Nun ziehen die Ärmsten hinaus auf das Land Und öffnen als Bettler die zitternde Hand; Die Hungernden bitten sich täglich zu Gast Und fallen den Reichen und Bauern zur Last. Im „Reiche der Mitte", da ist man gescheit, Schafft schnell sich vom Halse die bettelnden Leut, Da schlagen die Herzen so treu und so warm, Zwar nicht für die Armen, doch für den Gendarm.

Was schert uns der Kornzoll, die Krise, die Not, Wir können bezahlen Kartoffeln und Brot, Die Bettler, die faulen, die sperren wir ein — O selig, o selig, ein Reicher zu sein! Es muß die Gendarmen vermehren der Staat, Die Bettler zu fangen gleich frisch auf der Tat, Dann brauchen die Reichen die Not nicht zu schaun Und können behaglich die Mahlzeit verdaun.

Karl Kaiser Der Schuhmachermeister Das Antlitz hager und abgeschafft, Auf dem Dreifuß sticht und hämmert Der alte Meister mit emsiger Kraft Wenn kaum der Morgen gedämmert. Und will nach Tages Hitze und Staub Ins Freie der Abend locken: Er schafft, gen alle Lockungen taub, Und bleibt auf dem Dreifuß hocken. Er kämpft gegen der Maschinenzeit Wildräderwirbelndes Hasten, Und da der Dampf seine Wolken speit, Muß rackern er oder fasten. Und wo sich massig dehnt die Fabrik Und hohe Kamine ragen, Da geht das alte Handwerk zurück Und muß am Hungertuch nagen. „Schuhmachermeister" stehts auf dem Schild Am Tor mit goldnem Geprahle, Droben verkümmert sein Jammerbild Im Kampf mit dem Kapitale. 18

Was schert uns der Kornzoll, die Krise, die Not, Wir können bezahlen Kartoffeln und Brot, Die Bettler, die faulen, die sperren wir ein — O selig, o selig, ein Reicher zu sein! Es muß die Gendarmen vermehren der Staat, Die Bettler zu fangen gleich frisch auf der Tat, Dann brauchen die Reichen die Not nicht zu schaun Und können behaglich die Mahlzeit verdaun.

Karl Kaiser Der Schuhmachermeister Das Antlitz hager und abgeschafft, Auf dem Dreifuß sticht und hämmert Der alte Meister mit emsiger Kraft Wenn kaum der Morgen gedämmert. Und will nach Tages Hitze und Staub Ins Freie der Abend locken: Er schafft, gen alle Lockungen taub, Und bleibt auf dem Dreifuß hocken. Er kämpft gegen der Maschinenzeit Wildräderwirbelndes Hasten, Und da der Dampf seine Wolken speit, Muß rackern er oder fasten. Und wo sich massig dehnt die Fabrik Und hohe Kamine ragen, Da geht das alte Handwerk zurück Und muß am Hungertuch nagen. „Schuhmachermeister" stehts auf dem Schild Am Tor mit goldnem Geprahle, Droben verkümmert sein Jammerbild Im Kampf mit dem Kapitale. 18

Eduard Fuchs Die L u m p e n k ä t h e Es war nur eine alte Vettel, Ein längst ergrautes Lotterweib, Sie lebte nur vom Straßenbettel Und war des Elends Zeitvertreib. Die meiste Zeit von ihrem Leben War hinter Schloß und Riegel sie, Es war auch dies ihr höchstes Streben Da brauchte sie zu betteln nie. Dort fand man sie an einem Morgen Am Eisengitter aufgehängt, Zur ewgen Ruh half aus den Sorgen Ein Leintuchstreifen, festgesträngt. Kein Priester murmelte Gebete, Es tönte keiner Glocke Klang Und für die alte Lumpenkäthe War Schlüsselrasseln Grabgesang. Es war nur eine alte Vettel, Ein längst ergrautes Lotterweib Sie lebte nur vom Straßenbettel Und war des Elends Zeitvertreib.

Karl Kaiser „König Pullman" Auch die Yankees haben einen „König Stumm" in ihrem Land. Pullman heißt er, der berühmte Salonwagenfabrikant. Trotzdem er sich Pullman nennet, Pullen er nicht leiden kann,

Eduard Fuchs Die L u m p e n k ä t h e Es war nur eine alte Vettel, Ein längst ergrautes Lotterweib, Sie lebte nur vom Straßenbettel Und war des Elends Zeitvertreib. Die meiste Zeit von ihrem Leben War hinter Schloß und Riegel sie, Es war auch dies ihr höchstes Streben Da brauchte sie zu betteln nie. Dort fand man sie an einem Morgen Am Eisengitter aufgehängt, Zur ewgen Ruh half aus den Sorgen Ein Leintuchstreifen, festgesträngt. Kein Priester murmelte Gebete, Es tönte keiner Glocke Klang Und für die alte Lumpenkäthe War Schlüsselrasseln Grabgesang. Es war nur eine alte Vettel, Ein längst ergrautes Lotterweib Sie lebte nur vom Straßenbettel Und war des Elends Zeitvertreib.

Karl Kaiser „König Pullman" Auch die Yankees haben einen „König Stumm" in ihrem Land. Pullman heißt er, der berühmte Salonwagenfabrikant. Trotzdem er sich Pullman nennet, Pullen er nicht leiden kann,

Denn er ist ein ausgemachter Antibranntweinpullen-Mann. Wer da säuft in Pullman City, „Pullmans Stadt", deutsch übersetzt, Wird mit ökonomischer Peitsche Unbarmherzig fortgehetzt. Denn so lautet Pullmans Ukas: „Bürger, seid stets eingedenk, Daß in meiner Stadt nur Wasser Gilt als Nationalgetränk! Büffelschnaps, den könnt ihr trinken Kübelweis in Frieden hier, Doch wer Alkohol nicht meidet, War die längste Zeit bei mir!" Also dekretiert der große Pullman voll Impertinenz; Machtberauscht und Geldsacks trunken Kämpft er für die Temperenz!

Illustrationen Karl Kaiser I. Menschengeburt

Der Arzt und die Hebamm; per Chais und zu Fuß Ist das Pärchen in Eile gekommen; Zu der kleinen Mansarde vier Treppen hoch Sind keuchend sie beide geklommen. Dann dumpfes Murmeln — Stöhnen — ein Schrei . . . Ruhe. — Der Akt war vorüber. — Die Stube roch stark nach Blut und Karbol, Die Wöchnerin lag im Fieber. Das Kindchen schrie, der Vater, der starrt In den nächtlichen Regenschauer, 20

Ans Fenster drückt er die heiße Stirn Und knöchelt den „alten Dessauer". „Doktor, Hebamm und Apothek, Die haben mich kahl gefressen, Ein glücklicher Vater, beim Teufel j a ! Kaum kann ich mein Glück ermessen. Die Arbeit, sie stockt, sie wollen den Lohn, Den Hungerlohn noch reduzieren, Da soll ich mein ,Glück' noch fröhlich beschaun? Ich kann es fürwahr nur bestieren!"

Karl Kaiser II.

Tiergeburt Vom Schulzenbauer eskortiert Und seiner dicken Alten, Marschiert der Tierarzt nach dem Stall Um seines Amts zu walten. Dort visitiert die schwangre Kuh Der Kundge ohn Erbarmen, Er drückt, er zieht und endlich bringt Das Kalb er auf den Armen. D a guckt der Bauer breitgespreizt Und schmatzt an seinem Kloben, Er lacht und grinst, daß sich sein Maul könnt mit dem Ohr verloben. Der Bäurin könnts nicht wohler sein Im sel'gen Paradiese; Der Tierarzt säubert sich am Trog Und nimmt 'ne Doppelprise.

Eduard Fuchs III. Fasching

Die Arbeitslosen, müd gehetzt, Hungertyphus müssen kosten, Frierend an die Luft gesetzt, Lechzen sie nach Arbeitsposten, Aber alles ist besetzt. . . Hoch geschürzte Kammerkätzchen Ordnen Masken schöngebügelt, Tochter übt in Liebesmätzchen, Söhnchen lächelt glattgeschniegelt. Der Vater auf den Schenkel knallt, Die Mutter vor Vergnügen lallt.

Auf blanker Diele hingestreckt Hat ein armes Weib geboren, Kind und Mutter sind verreckt, Leichenschauernde Doktoren Haben stumm den Hals gereckt. . . Hochgeschnürte Busen quellen, Straffgespannte Nähte platzen, Laut ertönen Narrenschellen, Geldsack schneidet fade Fratzen, Der Walzer auf dem Armenball Vermählet sich mit Pfropfenknall.

Im Chausseegraben schneeverweht, Ist ein Stromer hingesunken, Kurz tönt noch ein Stoßgebet, Und zurück auf einen Strünken Schlägt sein Kopf vom Tod gemäht . . . Goldgezierte Chaisen jagen, Eisgeflockt sind Pferdenüster, 22

Kutscher schwere Pelze tragen, Im Coupé tönt Liebgeflüster. Der Geldsackjüngling gierumdampft Luststöhnend die Maitress umkrampft.

Ernst Klaar Begräbnis Auf dem Schlachtfeld der Arbeit sanken sie hin, Die schwarzen Gesellen, die armen, Die Kleider zerfetzt und die Leiber verbrannt, Ein Anblick wars zum Erbarmen. Und die Brüder haben bei Tag und Nacht Mit Gefahr für das eigene Leben In den Gruben geschaufelt gesprengt, gehackt, Die Begrabnen zum Lichte zu heben. Die Presse erschien mit Trauerrand Und hat in langen Berichten Den staunenden Abonnenten erzählt Die gruseligsten Geschichten. Die Bürger haben die Häuser behängt Mit schwarzen Fahnen und Floren, Dieweil der Weiber und Kinder Schar Die braven Ernährer verloren. Die Freunde des Volks in Talar und Frack, Sie haben ein Scherflein gespendet Und damit für den nächsten Tag Die bitterste Not gewendet. Und als es dann ans Begraben ging, Da haben die Pfaffen gepredigt, Und sich mit Würde und mit Geschick Des schwierigen Auftrags entledigt. 23

Kutscher schwere Pelze tragen, Im Coupé tönt Liebgeflüster. Der Geldsackjüngling gierumdampft Luststöhnend die Maitress umkrampft.

Ernst Klaar Begräbnis Auf dem Schlachtfeld der Arbeit sanken sie hin, Die schwarzen Gesellen, die armen, Die Kleider zerfetzt und die Leiber verbrannt, Ein Anblick wars zum Erbarmen. Und die Brüder haben bei Tag und Nacht Mit Gefahr für das eigene Leben In den Gruben geschaufelt gesprengt, gehackt, Die Begrabnen zum Lichte zu heben. Die Presse erschien mit Trauerrand Und hat in langen Berichten Den staunenden Abonnenten erzählt Die gruseligsten Geschichten. Die Bürger haben die Häuser behängt Mit schwarzen Fahnen und Floren, Dieweil der Weiber und Kinder Schar Die braven Ernährer verloren. Die Freunde des Volks in Talar und Frack, Sie haben ein Scherflein gespendet Und damit für den nächsten Tag Die bitterste Not gewendet. Und als es dann ans Begraben ging, Da haben die Pfaffen gepredigt, Und sich mit Würde und mit Geschick Des schwierigen Auftrags entledigt. 23

Ergreifend waren anzuschaun Die jammernden Bergmannskinder, Die bleichen, klagenden Bergmannsfraun Und andern Verwandten nicht minder. Es haben sogar die Spitzen der Stadt Sich am Begräbnis beteiligt Und durch die hohe Gegenwart Den ganzen Aktus geheiligt. Gendarmen haben eröffnet den Zug Und haben ihn wieder geschlossen, So haben die Braven im Tode noch Den Schutz des Staates genossen. Doch die im Schacht unter Lebensgefahr Die Toten zum Lichte gehoben, Die hat eine löbliche Polizei Fürsorglich beiseite geschoben. Sie waren dem Pfaffen- und Büttelvolk Als Sozialisten verdächtig — Im übrigen aber war der Kondukt Erhebend und wirklich prächtig.

Karl Kaiser Zeitgemäß Mancher Proletar der Feder, Den man heute hungernd hetzt, Wird mit „Hosianna" später Zu den Klassikern versetzt. Denn so heischens finstre Mächte Schon seit manchem Säkulum, Daß der Dichter, daß der echte, Sich erhungern muß den Ruhm. 24

Ergreifend waren anzuschaun Die jammernden Bergmannskinder, Die bleichen, klagenden Bergmannsfraun Und andern Verwandten nicht minder. Es haben sogar die Spitzen der Stadt Sich am Begräbnis beteiligt Und durch die hohe Gegenwart Den ganzen Aktus geheiligt. Gendarmen haben eröffnet den Zug Und haben ihn wieder geschlossen, So haben die Braven im Tode noch Den Schutz des Staates genossen. Doch die im Schacht unter Lebensgefahr Die Toten zum Lichte gehoben, Die hat eine löbliche Polizei Fürsorglich beiseite geschoben. Sie waren dem Pfaffen- und Büttelvolk Als Sozialisten verdächtig — Im übrigen aber war der Kondukt Erhebend und wirklich prächtig.

Karl Kaiser Zeitgemäß Mancher Proletar der Feder, Den man heute hungernd hetzt, Wird mit „Hosianna" später Zu den Klassikern versetzt. Denn so heischens finstre Mächte Schon seit manchem Säkulum, Daß der Dichter, daß der echte, Sich erhungern muß den Ruhm. 24

Wenn verrauscht ist seine Laute Und er lebend nicht mehr weilt, Setzt die Nachwelt, die erbaute, Ihm ein Denkmal goldbezeilt. Was er einst in Hungerstunden Seinem Geist in stiller Nacht Abgerungen, abgeschunden, Fiebernd zu Papier gebracht. Seht, wies jetzt die öffentlichen Und Privat-Regale schmückt, Wie es kommentiert, verglichen Und gelesen wird entzückt. Erst vermodern muß der Dichter, Eh' die Nachwelt dankbereit, Ihm, als ein gerechter Richter, Eine Ehrensäule weiht.

Ernst Klaar Dem Andenken der Kommune Es gärt und brodelt in Paris Gleich einem Hexenkessel, Zertrümmert ist das Kaiserreich, Zersprengt des Cäsars Fessel, Es geht das Volk von Banden frei Und wirft sich selbst die Lose, Errichtet ist die Republik, Die langersehnte, große. Doch wieder hat das Bürgertum Den Proletar betrogen, Und wieder seinen Vorteil nur Aus all der Not gezogen. Umsonst der Jammer dieses Kriegs, Umsonst des Hungers Wehe —

Wenn verrauscht ist seine Laute Und er lebend nicht mehr weilt, Setzt die Nachwelt, die erbaute, Ihm ein Denkmal goldbezeilt. Was er einst in Hungerstunden Seinem Geist in stiller Nacht Abgerungen, abgeschunden, Fiebernd zu Papier gebracht. Seht, wies jetzt die öffentlichen Und Privat-Regale schmückt, Wie es kommentiert, verglichen Und gelesen wird entzückt. Erst vermodern muß der Dichter, Eh' die Nachwelt dankbereit, Ihm, als ein gerechter Richter, Eine Ehrensäule weiht.

Ernst Klaar Dem Andenken der Kommune Es gärt und brodelt in Paris Gleich einem Hexenkessel, Zertrümmert ist das Kaiserreich, Zersprengt des Cäsars Fessel, Es geht das Volk von Banden frei Und wirft sich selbst die Lose, Errichtet ist die Republik, Die langersehnte, große. Doch wieder hat das Bürgertum Den Proletar betrogen, Und wieder seinen Vorteil nur Aus all der Not gezogen. Umsonst der Jammer dieses Kriegs, Umsonst des Hungers Wehe —

Das arme Proletariat, Das Lasttier bliebs wie ehe. Da bricht hervor des Volkes Zorn Wie Sturm aus Felsenschlünden, Aufsteht vor ihm die Junischlacht Mit all den alten Sünden, Zum dritten Mal die Republik Sieht es entehrt, verraten, Und plötzlich wachsen aus dem Grund Empor die Barrikaden. Es weicht die Protzenrepublik Dem ersten Sturm der Masse Und Herr ist plötzlich in Paris Das arme Volk der Gasse. Vom Stadthaus flattert keck im Wind Und rings von allen Wällen Der Freiheit rotes Schlachtpanier, Das Banner der Rebellen. Hei, wie das durch die Lande ging, Wie wildes Wetterbrausen! Hei, wie das durch die Lüfte zog Wie Frühlingsstürmesausen! Aufdämmerte ein Völkerlenz Und höher schlugen die Herzen, Und neue Hoffnung ging durchs Volk Am Achtzehnten des Märzen. Doch war die Knechtschaft noch zu stark, Noch war sie allzumächtig, Sie brach das junge, grüne Reis, Das aufging frühlingsprächtig, Sie hat zerstampft mit rauhem Fuß Die ersten zarten Blüten, Und hätt am liebsten gar den Lenz Zermalmt in ihrem Wüten. Aufbäumte sich in wilder Wut, Bedroht in dem Besitze, 26

Das Bürgertum — und bestiengleich Sprang es von seinem Sitze; Es lieh der Schergen feile Brut Vom Landesfeind im Norden Und hetzte sie aufs eigne Volk Zum tollen Massenmorden. Kein Mitleid galt, und kein Pardon, Kein menschlich edles Fühlen — Nur Blut und immer wieder Blut, Die Rache drin zu kühlen. Nicht der Gefangene ward geschont, Selbst Kinder nicht und Weiber — Die Ordnungsbestie wollte Blut Und wollte zuckende Leiber. Wohl schlug das Volk sich heldenhaft, Von Feinden rings umschlossen, Wohl hat es für die Sache sein Das Herzblut kühn vergossen, Wohl deckte es die Republik Mit seiner Leichen Walle — Umsonst! Verrat und Übermacht, Sie brachten es zu Falle. Es kam das grause Trauerspiel Der blutgen Maienwoche, Die größte Schandtat aller Zeit, Das Brandmal der Epoche, Der schaudervollste Massenmord Im Dienst der Staatenlenker, Die Schmach, die keine Sühne tilgt Vom Haupte dieser Henker. Und doch umsonst das Wüten all, Umsonst die Füsilladen, Der Siegeslorbeer ist verdorrt, Gepflückt auf Barrikaden, Es schwankt der Boden unter euch, Trotz Fluchen und trotz Beten — Getreten habt ihr wohl das Volk, Doch nimmermehr zertreten. 5

Klassenkampf

Viel tausend Heldenleiber still In dumpfen Gräbern modern, Doch längst erstanden ist ihr Geist, Vergeltung keck zu fordern. Es steht das Volk in neuer Kraft Und rüttelt an den Ketten, Und nimmer wird ein Blutbad euch Von seinem Siege retten.

Eduard Fuchs Karfreitagsklänge Vom Kirchenchor hallts fromm empor: „O Haupt voll Blut und Wunden." Die Menge horcht mit Mund und Ohr, Als salbungsvoll der Priester schwor: „Vom Tod sind wir entbunden." Auf Eiderdaunen macht sich breit Der Reichtum mit Maitressen. O Leideszeit! Karfreitagszeit! Des Christen schönstes Feierkleid — Bei Sekt und Austernessen! Der Priester spricht: „Durch Christi Blut Sind alle wir auf Erden Erlöset von des Teufels Brut, Des Mittlers Blut gibt Christen Mut Gen alle Todbeschwerden." Der Arme stöhnt vom Siechenbett, Wo ihn die Schwindsucht hingestreckt: „Mein Weib . . . mein Kind . . . ah . . . ah . . ." Ein Blutstrom noch dem Mund entquoll: „Wer so stirbt, der stirbt wohl!" 28

Viel tausend Heldenleiber still In dumpfen Gräbern modern, Doch längst erstanden ist ihr Geist, Vergeltung keck zu fordern. Es steht das Volk in neuer Kraft Und rüttelt an den Ketten, Und nimmer wird ein Blutbad euch Von seinem Siege retten.

Eduard Fuchs Karfreitagsklänge Vom Kirchenchor hallts fromm empor: „O Haupt voll Blut und Wunden." Die Menge horcht mit Mund und Ohr, Als salbungsvoll der Priester schwor: „Vom Tod sind wir entbunden." Auf Eiderdaunen macht sich breit Der Reichtum mit Maitressen. O Leideszeit! Karfreitagszeit! Des Christen schönstes Feierkleid — Bei Sekt und Austernessen! Der Priester spricht: „Durch Christi Blut Sind alle wir auf Erden Erlöset von des Teufels Brut, Des Mittlers Blut gibt Christen Mut Gen alle Todbeschwerden." Der Arme stöhnt vom Siechenbett, Wo ihn die Schwindsucht hingestreckt: „Mein Weib . . . mein Kind . . . ah . . . ah . . ." Ein Blutstrom noch dem Mund entquoll: „Wer so stirbt, der stirbt wohl!" 28

Ernst Klaar Maiengruß Brudergruß zum Ersten Mai allen, die da vorwärts streben, Die mit uns vor aller Welt trotzig heut das Banner heben, Die mit uns hin übers Meer reichen ihre Bruderhände, Die mit uns zum Kampfe ziehn, daß das Los sich endlich wende. Weder Stamm, noch Mutterlaut soll uns Proletare spalte, Hand in Hand, so wollen wir unser rot Panier entfalten, Nimmer soll der Arbeit Volk unter sich in Streit entbrennen, Nur das Kapital allein soll es als den Feind erkennen. Alle Daß Daß Daß

rufen wir zu Häuf heut am ersten Maientage, zum Himmel donnernd steigt der gewaltge Schrei der Klage, er alle Schläfer weckt, alle Trägen scheucht vom Herde, es für den Proletar endlich einmal besser werde.

Karl Kaiser Proletarier-Pfingsten Ob wir länderweit geschieden, Fremde Dialekte sprechen: Gleich ist unser Hoffnungsbrüten, Daß die Ketten endlich brechen! Ob auch lautverschieden schallen Unsre Worte, unsre Lieder; Wo sich schwielge Fäuste ballen Wissen alle Arbeitsbrüder, Wissen alle Arbeitsbienen, Die da hungern, die da keuchen, Wem es gilt. Und auf den Mienen Flammt der Satz: Es sind die Reichen! Überall die Augen sprühen, Funken jedem Hirn entstieben: „Will kein Herrgott sich bemühen, Schützen wir uns selbst vor Dieben!" 5*

29

Ernst Klaar Maiengruß Brudergruß zum Ersten Mai allen, die da vorwärts streben, Die mit uns vor aller Welt trotzig heut das Banner heben, Die mit uns hin übers Meer reichen ihre Bruderhände, Die mit uns zum Kampfe ziehn, daß das Los sich endlich wende. Weder Stamm, noch Mutterlaut soll uns Proletare spalte, Hand in Hand, so wollen wir unser rot Panier entfalten, Nimmer soll der Arbeit Volk unter sich in Streit entbrennen, Nur das Kapital allein soll es als den Feind erkennen. Alle Daß Daß Daß

rufen wir zu Häuf heut am ersten Maientage, zum Himmel donnernd steigt der gewaltge Schrei der Klage, er alle Schläfer weckt, alle Trägen scheucht vom Herde, es für den Proletar endlich einmal besser werde.

Karl Kaiser Proletarier-Pfingsten Ob wir länderweit geschieden, Fremde Dialekte sprechen: Gleich ist unser Hoffnungsbrüten, Daß die Ketten endlich brechen! Ob auch lautverschieden schallen Unsre Worte, unsre Lieder; Wo sich schwielge Fäuste ballen Wissen alle Arbeitsbrüder, Wissen alle Arbeitsbienen, Die da hungern, die da keuchen, Wem es gilt. Und auf den Mienen Flammt der Satz: Es sind die Reichen! Überall die Augen sprühen, Funken jedem Hirn entstieben: „Will kein Herrgott sich bemühen, Schützen wir uns selbst vor Dieben!" 5*

29

Überall die Lippen beben, W o die Marseillais, das barsche Freiheitslied mit stolzem Schweben Zieht einher im Sturmschrittmarsche. Ob die Sprachen auch verschieden, O ! Wir haben Zeichendeuter! Ob Franzosen, Deutsche, Briten — Alle sind wir Hungerleider! Alle, ob wir mit dem Magen Oder mit dem Kopfe darben, Gleiche Sorgen, gleiche Klagen, Internationale Farben! Ohne Wunder volapüken Wir die Armen und Geringsten; Ohne Wunder überbrücken Jede Sprache unsre Pfingsten!

Ernst Klaar Hammerlied Kling-klang, kling-klang D r ö h n t der H ä m m e r mächtger Sang. U n d es dröhnet durch die Welt, D a ß es in die Ohren gellt: Kling-klang, kling, Unsre Kette spring. Kling-klang, kling-klang — Hört ihr wohl der Hämmer Sang? Gebt die Arbeit endlich frei, Schallt ihr Ruf am ersten Mai. Kling-klang, kling, Unsre Kette spring. Kling-klang, kling-klang, Unsre Knechtschaft währt schon lang. Aus der Kett, die uns entehrt, Schmieden wir ein blitzend Schwert, 30

Überall die Lippen beben, W o die Marseillais, das barsche Freiheitslied mit stolzem Schweben Zieht einher im Sturmschrittmarsche. Ob die Sprachen auch verschieden, O ! Wir haben Zeichendeuter! Ob Franzosen, Deutsche, Briten — Alle sind wir Hungerleider! Alle, ob wir mit dem Magen Oder mit dem Kopfe darben, Gleiche Sorgen, gleiche Klagen, Internationale Farben! Ohne Wunder volapüken Wir die Armen und Geringsten; Ohne Wunder überbrücken Jede Sprache unsre Pfingsten!

Ernst Klaar Hammerlied Kling-klang, kling-klang D r ö h n t der H ä m m e r mächtger Sang. U n d es dröhnet durch die Welt, D a ß es in die Ohren gellt: Kling-klang, kling, Unsre Kette spring. Kling-klang, kling-klang — Hört ihr wohl der Hämmer Sang? Gebt die Arbeit endlich frei, Schallt ihr Ruf am ersten Mai. Kling-klang, kling, Unsre Kette spring. Kling-klang, kling-klang, Unsre Knechtschaft währt schon lang. Aus der Kett, die uns entehrt, Schmieden wir ein blitzend Schwert, 30

Kling-klang, kling, Daß die Kette spring. Kling-klang, kling-klang, Mahnend dröhnt der Hämmer Sang. Dieses Schwert, das uns befreit, Ist der Völker Einigkeit, Kling, mein Hammer, kling, Daß das Werk geling.

Ernst Klaar Weihnacht Wenn in der heiligen Christennacht Im Kerzenschmuck die Tanne steht, Wenn in den Kirchen tönt Gesang Und lautes Lob- und Dankgebet, Wenn in Palast und Bürgerhaus Die Liebe ihre Gaben häuft Und satter Christen frommer Mund Von süßen Worten überträuft — Dann treibt es mich ins Land hinaus, Wo wild der Sturm die Felder fegt, Und wo die Stimme der Natur Noch unverfälscht ans Ohr mir schlägt, Da richtet sich empor der Blick In menschlich-kindlichem Vertraun, Als müsse er die Herrlichkeit Der Weihe-Nacht, der heil'gen, schaun. Doch wie auch sehnend lauscht das Ohr, Und wie verlangend schweift der Blick — Kein Engelszug, kein Sphärenklang, Und keine himmlische Musik, Nur Sturm, nur rauher Wintersturm Und kalter, sturmgepeitschter Schnee, Als sei die Liebe, die man preist, Begraben ganz von bittrem Weh.

Kling-klang, kling, Daß die Kette spring. Kling-klang, kling-klang, Mahnend dröhnt der Hämmer Sang. Dieses Schwert, das uns befreit, Ist der Völker Einigkeit, Kling, mein Hammer, kling, Daß das Werk geling.

Ernst Klaar Weihnacht Wenn in der heiligen Christennacht Im Kerzenschmuck die Tanne steht, Wenn in den Kirchen tönt Gesang Und lautes Lob- und Dankgebet, Wenn in Palast und Bürgerhaus Die Liebe ihre Gaben häuft Und satter Christen frommer Mund Von süßen Worten überträuft — Dann treibt es mich ins Land hinaus, Wo wild der Sturm die Felder fegt, Und wo die Stimme der Natur Noch unverfälscht ans Ohr mir schlägt, Da richtet sich empor der Blick In menschlich-kindlichem Vertraun, Als müsse er die Herrlichkeit Der Weihe-Nacht, der heil'gen, schaun. Doch wie auch sehnend lauscht das Ohr, Und wie verlangend schweift der Blick — Kein Engelszug, kein Sphärenklang, Und keine himmlische Musik, Nur Sturm, nur rauher Wintersturm Und kalter, sturmgepeitschter Schnee, Als sei die Liebe, die man preist, Begraben ganz von bittrem Weh.

Und plötzlich aus dem rauhen Nord Klingts wie ein greller, banger Schrei, Klingt es wie Röcheln, dumpf und schwer, Durch diese öde Wüstenei. Und aus dem weißen Schneegewand Erhebt sich das Gespenst der Not, Und aus dem wilden Wintersturm Erklingt der Armen Schrei nach Brot. Und plötzlich vor dem starren Blick Dehnt sich das Elend dieser Zeit, Zeigt sich die unterdrückte Welt, Die kein Messias noch befreit, Aufsteht das Proletariat Mit seinem Elend riesengroß, Und aus der hungerbleichen Schar Ringt sich das Wort nur: arbeitslos. Ja, arbeitslos! Ja, arbeitslos! Das ist der Fluch der Gegenwart, Das ist das Schicksal, dessen Droh'n Dem Proletar das Blut erstarrt. Ja, arbeitslos, zur Winterszeit! Zum Hunger noch der Frost gesellt — Das ist fürwahr der größte Hohn Auf die „erlöste" Menschenwelt. Vor diesem Bild verblaßt, verstummt, Was man von Liebe frömmelnd spricht — So lang ein Bruder hungern muß, Herrscht in der Welt die Liebe nicht, So lang von Hungersqual und Not Die Menschheit ledig nicht und frei, Ist all der Schwall von Christenlieb Nur eine arge Heuchelei. Der Christenstaat ists, der erhält Das alte Unrecht fort und fort, In dem die wahre Christenlieb, Die Menschenlieb, erstickt, verdorrt, Und käme Christus noch einmal, Die Welt von Sünde zu befrein, Fürwahr, er wär ein Sozialist Und kämpfte mit in unsern Reihn. 32

Eduard Fuchs Organisiert euch! Organisiert euch, Arbeiter all Die ihr erkennet habt, Wie euer Los! Hört ihr nicht längst schon laut Tönen den Ruf, Schallen von Land zu Land: „Organisiert euch!"? Groß ist der Siegespreis, Den ihr erringt: Nimmer im blutgen Schweiß Eßt ihr das Brot, Nicht mehr um Hungerlohn Schaffen sollt ihr, Glücklich ihr leben sollt, Würdig als Mensch. — Einzeln ihr Zwerge seid, Machtlos im Kampf; Nur wenn vereinigt ist Der Proletar, Kann er bezwingen dann Das Kapital. Deshalb mit Donnerwort Ruf ich euch zu: „Arbeiter allerort, Organisiert euch /"

Ernst Klaar Freie Presse Wer ists, der im wogenden Geisterstreit Uns liefert die Waffen, die blanken? Wer ists, der im Ringen der gärenden Zeit Die Bahn bricht den neuen Gedanken?

Eduard Fuchs Organisiert euch! Organisiert euch, Arbeiter all Die ihr erkennet habt, Wie euer Los! Hört ihr nicht längst schon laut Tönen den Ruf, Schallen von Land zu Land: „Organisiert euch!"? Groß ist der Siegespreis, Den ihr erringt: Nimmer im blutgen Schweiß Eßt ihr das Brot, Nicht mehr um Hungerlohn Schaffen sollt ihr, Glücklich ihr leben sollt, Würdig als Mensch. — Einzeln ihr Zwerge seid, Machtlos im Kampf; Nur wenn vereinigt ist Der Proletar, Kann er bezwingen dann Das Kapital. Deshalb mit Donnerwort Ruf ich euch zu: „Arbeiter allerort, Organisiert euch /"

Ernst Klaar Freie Presse Wer ists, der im wogenden Geisterstreit Uns liefert die Waffen, die blanken? Wer ists, der im Ringen der gärenden Zeit Die Bahn bricht den neuen Gedanken?

Wer schleudert die Blitze mit aller Gewalt Herab auf die Knechtschaft in jeder Gestalt? Das sind die Blätter, die unverzagt Sich stellen in Schlachtenreihe, Z u schützen das arme, getretene Volk, Das ist die Presse, die freie. Wer ists, der da duldet in Kerkernacht, Der Freiheit fern und dem Lichte? , Wer ists, der beherzt an den Pranger gebracht Die volksausbeutenden Wichte? Wer legt die Finger trotzig und hart In die klaffenden Wunden der Gegenwart? Das sind die Männer, die kämpfend stehn In vorderster Schlachtenreihe, Das sind die Redakteure des Volks, Das ist die Presse, die freie. Die freie Presse, sie kämpft und ficht F ü r unsre erhabene Lehre. Sie trägt in die Hütten der Wahrheit Licht Und sammelt der Schaffenden Heere, Sie streitet und wirbt ohne Unterlaß Und trotzet der Gegner fanatischem Haß. Drum kämpfe auch du, mein schaffend Volk, F ü r deine Presse, die freie, Die stets für dich und dein heiliges Recht Gestritten in vorderster Reihe.

Karl Kaiser „Einerseits und anderseits" Eine Professorenstudie

Mit „einerseits" und „anderseits", Wies Kätzchen um den heißen Brei, So schleicht der deutsche Professor A n jedem heiklen Punkt vorbei. 34

Wer schleudert die Blitze mit aller Gewalt Herab auf die Knechtschaft in jeder Gestalt? Das sind die Blätter, die unverzagt Sich stellen in Schlachtenreihe, Z u schützen das arme, getretene Volk, Das ist die Presse, die freie. Wer ists, der da duldet in Kerkernacht, Der Freiheit fern und dem Lichte? , Wer ists, der beherzt an den Pranger gebracht Die volksausbeutenden Wichte? Wer legt die Finger trotzig und hart In die klaffenden Wunden der Gegenwart? Das sind die Männer, die kämpfend stehn In vorderster Schlachtenreihe, Das sind die Redakteure des Volks, Das ist die Presse, die freie. Die freie Presse, sie kämpft und ficht F ü r unsre erhabene Lehre. Sie trägt in die Hütten der Wahrheit Licht Und sammelt der Schaffenden Heere, Sie streitet und wirbt ohne Unterlaß Und trotzet der Gegner fanatischem Haß. Drum kämpfe auch du, mein schaffend Volk, F ü r deine Presse, die freie, Die stets für dich und dein heiliges Recht Gestritten in vorderster Reihe.

Karl Kaiser „Einerseits und anderseits" Eine Professorenstudie

Mit „einerseits" und „anderseits", Wies Kätzchen um den heißen Brei, So schleicht der deutsche Professor A n jedem heiklen Punkt vorbei. 34

Mit stolzem Satze „einerseits" Schwingt er aufs hohe R o ß sich keck, Um sofort wieder „anderseits" Hinabzurutschen in den Dreck! Heut: „Darwin hoch!" und morgen: „ H o c h Die heiige Überlieferung!" — So „einerseits" und „anderseits" Gelingt ihm jeder Katzensprung. Als echter Pfaff der Wissenschaft Ist er im Spiegelfechten groß: Sucht „einerseits" den „letzten G r u n d " , Lügt „anderseits" ganz — bodenlos! . . . Solang der Staat nicht in Gefahr Läßt er den Dingen ihren Lauf. Doch geht es schief — dann hebt er flink Die Klassengegensätze auf! „Lieb Arbeit" und „lieb Kapital" Möcht er versöhnen gar nicht faul. Doch leider kriegt er stets zum Schluß A l s Dank von beiden eins aufs M a u l ! Jedoch als ledernes Kamel Bleibt er auch ferner wie zuvor : Ein „einerseits" und „anderseits", Ein echter deutscher Professor!

Karl Kaiser Wadelreise Frei nach Heine

Ehrendamen, dürre Räte, Musikklänge, Menuetten, Schleppenrauschen, wadelstrümpfeln, Ach, wenn sie nur Waden hätten!

35

Mit stolzem Satze „einerseits" Schwingt er aufs hohe R o ß sich keck, Um sofort wieder „anderseits" Hinabzurutschen in den Dreck! Heut: „Darwin hoch!" und morgen: „ H o c h Die heiige Überlieferung!" — So „einerseits" und „anderseits" Gelingt ihm jeder Katzensprung. Als echter Pfaff der Wissenschaft Ist er im Spiegelfechten groß: Sucht „einerseits" den „letzten G r u n d " , Lügt „anderseits" ganz — bodenlos! . . . Solang der Staat nicht in Gefahr Läßt er den Dingen ihren Lauf. Doch geht es schief — dann hebt er flink Die Klassengegensätze auf! „Lieb Arbeit" und „lieb Kapital" Möcht er versöhnen gar nicht faul. Doch leider kriegt er stets zum Schluß A l s Dank von beiden eins aufs M a u l ! Jedoch als ledernes Kamel Bleibt er auch ferner wie zuvor : Ein „einerseits" und „anderseits", Ein echter deutscher Professor!

Karl Kaiser Wadelreise Frei nach Heine

Ehrendamen, dürre Räte, Musikklänge, Menuetten, Schleppenrauschen, wadelstrümpfeln, Ach, wenn sie nur Waden hätten!

35

Feste Waden um die Knochen — Und nicht Bäuschchen angenähte! Ach, mir grauts vor diesem Tanzen Wadenloser Wadelräte! Auf die Berge will ich steigen — Wo noch bessre Waden wachsen, Waden, wie aus Stein gemeißelt, Keine ausrangierten Haxen! Auf die Berge will ich steigen Zu Tiroler Wadeistrümpfen, ' Die sich sehen lassen können Ohne Furcht vor Nasenrümpfen. Lebet wohl, ihr glatten Säle, Wadenlose Herrn und Frauen! Auf die Berge will ich steigen, Lachend auf euch niederschauen.

Karl Kaiser Sitte Im Königsschloß zu Memphis War großer Galatag, Und feierliche Stimmung Auf den Gesichtern lag. Der Pharao, der große, Verehlichte sich heut, Doch nicht mit seiner Schwester Wies Sitte war zur '/.eit. Entgegen aller Sitte Ägyptischer Moral Es wurde eine Fremde Des Pharao Gemahl. 36

Feste Waden um die Knochen — Und nicht Bäuschchen angenähte! Ach, mir grauts vor diesem Tanzen Wadenloser Wadelräte! Auf die Berge will ich steigen — Wo noch bessre Waden wachsen, Waden, wie aus Stein gemeißelt, Keine ausrangierten Haxen! Auf die Berge will ich steigen Zu Tiroler Wadeistrümpfen, ' Die sich sehen lassen können Ohne Furcht vor Nasenrümpfen. Lebet wohl, ihr glatten Säle, Wadenlose Herrn und Frauen! Auf die Berge will ich steigen, Lachend auf euch niederschauen.

Karl Kaiser Sitte Im Königsschloß zu Memphis War großer Galatag, Und feierliche Stimmung Auf den Gesichtern lag. Der Pharao, der große, Verehlichte sich heut, Doch nicht mit seiner Schwester Wies Sitte war zur '/.eit. Entgegen aller Sitte Ägyptischer Moral Es wurde eine Fremde Des Pharao Gemahl. 36

Ägyptens viele Pfaffen Die waren dess' nicht froh, Jedoch das war Pomade Dem großen Pharao. Er ließ ganz einfach Platten Auffinden, worauf stand: Osiris selbst verbiete Das Schwester-Eheband. Da schnauften alle Pfaffen Gar herzerleichtert auf; Und ist der Pfaff zufrieden, Ists auch der große Häuf. Gerettet war die Sitte Ägyptischer Moral; Der König kam zum Weibchen, Die Pfaffen aus der Qual.

Ernst Klaar

Wie der Zar lebt Es ist der Zar gar sehr nervös Und schreckhaft wie ein Hase, Ein Stöpselknall schon macht ihn blaß Bis in die Spitz der Nase. Zwar könnt der Herrscher durch Diät Sein Leiden merklich bessern, Poch leider zählt der arme Mann Zu den gewaltgen — Essern. Und ißt er nicht, sucht er den Geist Zu pflegen und zu warten, Indem er sich zum Zeitvertreib Ergötzt am Spiel der Karten.

Ägyptens viele Pfaffen Die waren dess' nicht froh, Jedoch das war Pomade Dem großen Pharao. Er ließ ganz einfach Platten Auffinden, worauf stand: Osiris selbst verbiete Das Schwester-Eheband. Da schnauften alle Pfaffen Gar herzerleichtert auf; Und ist der Pfaff zufrieden, Ists auch der große Häuf. Gerettet war die Sitte Ägyptischer Moral; Der König kam zum Weibchen, Die Pfaffen aus der Qual.

Ernst Klaar

Wie der Zar lebt Es ist der Zar gar sehr nervös Und schreckhaft wie ein Hase, Ein Stöpselknall schon macht ihn blaß Bis in die Spitz der Nase. Zwar könnt der Herrscher durch Diät Sein Leiden merklich bessern, Poch leider zählt der arme Mann Zu den gewaltgen — Essern. Und ißt er nicht, sucht er den Geist Zu pflegen und zu warten, Indem er sich zum Zeitvertreib Ergötzt am Spiel der Karten.

Und spielt er nicht, so geht er fromm Ins Gotteshaus zur Messen Und betet viele Stunden lang Bis man ihn ruft — zum Essen.

Eduard Fuchs Antisemitismus Ja, die „Juden" sind zu hassen, D o c h die Schreibweis aufgepaßt: „Juden" zwischen Gänsefüßchen, Alle die zusammenfaßt, Die in offner Geldgierwut V o n dem Mark des Volkes zehren, Die in Heuchlerfrömmigkeit Sich von „Nächstenlieb" ernähren, Die auf ganz legalem Weg Jedermann den Rechtsstrick drehen, Deren einzige Arbeit ist: Ernten das, was andere säen. — Einerlei, ob „wahre Christen", O b vom Stamm der Judaisten, — Das sind „Juden" unbestritten: Hier ist die Moral beschnitten.

Ernst Klaar Die Tugendrose Es sandte der Herrin von Portugal Der Papst eine Tugendrose, Die barg viel schimmerndes Edelgestein In ihrem goldenen Schöße. Der Goldschmied, der dies Blümlein gemacht, K a n n seinem Herrgott danken,

38

Und spielt er nicht, so geht er fromm Ins Gotteshaus zur Messen Und betet viele Stunden lang Bis man ihn ruft — zum Essen.

Eduard Fuchs Antisemitismus Ja, die „Juden" sind zu hassen, D o c h die Schreibweis aufgepaßt: „Juden" zwischen Gänsefüßchen, Alle die zusammenfaßt, Die in offner Geldgierwut V o n dem Mark des Volkes zehren, Die in Heuchlerfrömmigkeit Sich von „Nächstenlieb" ernähren, Die auf ganz legalem Weg Jedermann den Rechtsstrick drehen, Deren einzige Arbeit ist: Ernten das, was andere säen. — Einerlei, ob „wahre Christen", O b vom Stamm der Judaisten, — Das sind „Juden" unbestritten: Hier ist die Moral beschnitten.

Ernst Klaar Die Tugendrose Es sandte der Herrin von Portugal Der Papst eine Tugendrose, Die barg viel schimmerndes Edelgestein In ihrem goldenen Schöße. Der Goldschmied, der dies Blümlein gemacht, K a n n seinem Herrgott danken,

38

Und spielt er nicht, so geht er fromm Ins Gotteshaus zur Messen Und betet viele Stunden lang Bis man ihn ruft — zum Essen.

Eduard Fuchs Antisemitismus Ja, die „Juden" sind zu hassen, D o c h die Schreibweis aufgepaßt: „Juden" zwischen Gänsefüßchen, Alle die zusammenfaßt, Die in offner Geldgierwut V o n dem Mark des Volkes zehren, Die in Heuchlerfrömmigkeit Sich von „Nächstenlieb" ernähren, Die auf ganz legalem Weg Jedermann den Rechtsstrick drehen, Deren einzige Arbeit ist: Ernten das, was andere säen. — Einerlei, ob „wahre Christen", O b vom Stamm der Judaisten, — Das sind „Juden" unbestritten: Hier ist die Moral beschnitten.

Ernst Klaar Die Tugendrose Es sandte der Herrin von Portugal Der Papst eine Tugendrose, Die barg viel schimmerndes Edelgestein In ihrem goldenen Schöße. Der Goldschmied, der dies Blümlein gemacht, K a n n seinem Herrgott danken,

38

Denn er bekam für das Werk seiner Kunst An fünfzigtausend Franken. Wohl ist der Papst ein armer Mann, Der Ärmste unter den Knechten, Es müssen die Priester und Pfaffen sein Allüberall für ihn „fechten". Doch kann ihn dieses hindern nicht, Die Tugend zu belohnen, Doch nur, wenn sie im Prachtgewand Sich spreizt auf schimmernden Thronen. Das arme Weib im Bettlerkleid, Das reine, das sittlich große, Bekam von seiner Heiligkeit Noch nie eine Tugendrose.

Ernst Klaar Oben und Unten Die Fürstin von Karfunkelstein Soll nächstens in die Wochen kommen, Drum beten rings im ganzen Land Andächtig alle wahren Frommen. Und daß ihr nicht die Niederkunft Etwa mach allzuviel zu schaffen, Wird sonntags von den Kanzeln gar Gebetet von den feisten Pfaffen. Wenn eine Fürstin abortiert, Wird außer Pfaff und Mediziner Der Herrgott selbst mobil gemacht, Als der Durchlaucht ergebner Diener. Doch kommt ein Proletar zur Welt, Und liegt ein armes Weib in Wehen, Da schweigt der Mucker und der Pfaff, Da pflegt kein Hahn danach zu krähen.

Denn er bekam für das Werk seiner Kunst An fünfzigtausend Franken. Wohl ist der Papst ein armer Mann, Der Ärmste unter den Knechten, Es müssen die Priester und Pfaffen sein Allüberall für ihn „fechten". Doch kann ihn dieses hindern nicht, Die Tugend zu belohnen, Doch nur, wenn sie im Prachtgewand Sich spreizt auf schimmernden Thronen. Das arme Weib im Bettlerkleid, Das reine, das sittlich große, Bekam von seiner Heiligkeit Noch nie eine Tugendrose.

Ernst Klaar Oben und Unten Die Fürstin von Karfunkelstein Soll nächstens in die Wochen kommen, Drum beten rings im ganzen Land Andächtig alle wahren Frommen. Und daß ihr nicht die Niederkunft Etwa mach allzuviel zu schaffen, Wird sonntags von den Kanzeln gar Gebetet von den feisten Pfaffen. Wenn eine Fürstin abortiert, Wird außer Pfaff und Mediziner Der Herrgott selbst mobil gemacht, Als der Durchlaucht ergebner Diener. Doch kommt ein Proletar zur Welt, Und liegt ein armes Weib in Wehen, Da schweigt der Mucker und der Pfaff, Da pflegt kein Hahn danach zu krähen.

Und wenn am Straßenrain verdirbt Die Mutter in zerlumptem Kleide, Da schimpft man auf das „Bettelweib" Und geht verächtlich auf die Seite.

Eduard Fuchs An der Wende Es gellt im Sturmprophetenton Wie Richterwort, wie satter Hohn. Es tönet laut von Volkstribün Und widerhallt im Kerker kühn: „Mene tekel upharsin!" . . . Die Luft erzittert gewitterschwül. Im stieren Blick tief eingebrannt, Im matten Druck der welken Hand; Der Arme ächzts, von Not bedrückt, Der Kämpfer stöhnts in Tod gezückt: „Mene tekel upharsin!" . . . Die Luft erzittert gewitterschwül. Im Goldpokale zitternder Lust, Im Sinnesrausche schwelgender Brust Aufflackert es wie Racheschein, Jetzt hingestreckt im Todesschrein „Mene tekel upharsin!" . . . Die Luft erzittert gewitterschwül.

Karl Kaiser „Jugend" Sein Vater war ein Saufkumpan Mit ewig durstgem Loche, Sein Wahlspruch war: „Nichts hajb getan", Drum soff er durch die Woche. 40

Und wenn am Straßenrain verdirbt Die Mutter in zerlumptem Kleide, Da schimpft man auf das „Bettelweib" Und geht verächtlich auf die Seite.

Eduard Fuchs An der Wende Es gellt im Sturmprophetenton Wie Richterwort, wie satter Hohn. Es tönet laut von Volkstribün Und widerhallt im Kerker kühn: „Mene tekel upharsin!" . . . Die Luft erzittert gewitterschwül. Im stieren Blick tief eingebrannt, Im matten Druck der welken Hand; Der Arme ächzts, von Not bedrückt, Der Kämpfer stöhnts in Tod gezückt: „Mene tekel upharsin!" . . . Die Luft erzittert gewitterschwül. Im Goldpokale zitternder Lust, Im Sinnesrausche schwelgender Brust Aufflackert es wie Racheschein, Jetzt hingestreckt im Todesschrein „Mene tekel upharsin!" . . . Die Luft erzittert gewitterschwül.

Karl Kaiser „Jugend" Sein Vater war ein Saufkumpan Mit ewig durstgem Loche, Sein Wahlspruch war: „Nichts hajb getan", Drum soff er durch die Woche. 40

Und wenn am Straßenrain verdirbt Die Mutter in zerlumptem Kleide, Da schimpft man auf das „Bettelweib" Und geht verächtlich auf die Seite.

Eduard Fuchs An der Wende Es gellt im Sturmprophetenton Wie Richterwort, wie satter Hohn. Es tönet laut von Volkstribün Und widerhallt im Kerker kühn: „Mene tekel upharsin!" . . . Die Luft erzittert gewitterschwül. Im stieren Blick tief eingebrannt, Im matten Druck der welken Hand; Der Arme ächzts, von Not bedrückt, Der Kämpfer stöhnts in Tod gezückt: „Mene tekel upharsin!" . . . Die Luft erzittert gewitterschwül. Im Goldpokale zitternder Lust, Im Sinnesrausche schwelgender Brust Aufflackert es wie Racheschein, Jetzt hingestreckt im Todesschrein „Mene tekel upharsin!" . . . Die Luft erzittert gewitterschwül.

Karl Kaiser „Jugend" Sein Vater war ein Saufkumpan Mit ewig durstgem Loche, Sein Wahlspruch war: „Nichts hajb getan", Drum soff er durch die Woche. 40

Die Mutter vor dem Wasserfaß Sie wäscherte, hantierte; Das Leben macht ihr wenig Spaß, Sie schimpfte, lamentierte. Im Zuber brodelts wäscheschwül Mit Hexenkessels Schäumen, Die Mutter wüßt gar schrecklich viel, Der Kleine lutscht am Daumen. Bis abends dann der Vater kam Mit torkelichem Schleifen — Die Nachtriih ihren Anfang nahm Mit Brüllen, Poltern, Keifen. Der Kleine still am Finger schlotzt Und wagt sich nicht zu rühren, Die Mutter heult — der Vater kotzt — Hausvolk horcht an den Türen . . . Und Jahr um Jahr der gleiche Schall, Des Elends Dissonanzen Durchziehen mit brutalem Schwall Des Knaben Hirnsubstanzen. Und was er fühlte — wurd Gemüt, Vernunft — was er verstanden; Sein Lebenslauf ein Gassenlied Mit Lastervarianten.

Ernst Klaar

Der Selbstmörder Über den Fluren liegt Sonnenglanz Silbern glitzert der Schnee — Wandle dahin so sorglos ganz, Ohne Kummer und Weh.

Die Mutter vor dem Wasserfaß Sie wäscherte, hantierte; Das Leben macht ihr wenig Spaß, Sie schimpfte, lamentierte. Im Zuber brodelts wäscheschwül Mit Hexenkessels Schäumen, Die Mutter wüßt gar schrecklich viel, Der Kleine lutscht am Daumen. Bis abends dann der Vater kam Mit torkelichem Schleifen — Die Nachtriih ihren Anfang nahm Mit Brüllen, Poltern, Keifen. Der Kleine still am Finger schlotzt Und wagt sich nicht zu rühren, Die Mutter heult — der Vater kotzt — Hausvolk horcht an den Türen . . . Und Jahr um Jahr der gleiche Schall, Des Elends Dissonanzen Durchziehen mit brutalem Schwall Des Knaben Hirnsubstanzen. Und was er fühlte — wurd Gemüt, Vernunft — was er verstanden; Sein Lebenslauf ein Gassenlied Mit Lastervarianten.

Ernst Klaar

Der Selbstmörder Über den Fluren liegt Sonnenglanz Silbern glitzert der Schnee — Wandle dahin so sorglos ganz, Ohne Kummer und Weh.

Kommt daher eine düstre Schar Durch den Glanz und Glast, Trägt auf schwarz verhüllter Bahr Eine schwere Last. Tragen stille einen Mann, Der ein Opfer der Not, Der verzweifelt dem Sein entrann, Das nur Qual ihm bot. Sonne lächelt wie vorher, Silbern glänzt der Schnee, Doch mein Sinn ist trüb und schwer Und mein Herz ist weh. Ist mirs doch, als ob hervor Unterm Leichentuch Dränge an mein lauschend Ohr Noch ein stiller Fluch.

Karl Kaiser G u t denn Sie haben mit feinen Nasen gemerkt Den Kern seiner Klassenkampftheorie! Sie nannten den alten Diktator Marx Mit Recht den „Vater der Energie"! Sie sind nicht in allem stockhageldumm, Die Kompromißler und Diplomatler! Sie merken gar wohl den kommenden Tag Der welterobernden roten Adler. Den Sturmtag, der mit Posaunenschall Verschlingt die letzten Friedensschalmeien, Die Rebellion aus dem Boden stampft — Und in den Boden der Gegner Reihen; 42

Kommt daher eine düstre Schar Durch den Glanz und Glast, Trägt auf schwarz verhüllter Bahr Eine schwere Last. Tragen stille einen Mann, Der ein Opfer der Not, Der verzweifelt dem Sein entrann, Das nur Qual ihm bot. Sonne lächelt wie vorher, Silbern glänzt der Schnee, Doch mein Sinn ist trüb und schwer Und mein Herz ist weh. Ist mirs doch, als ob hervor Unterm Leichentuch Dränge an mein lauschend Ohr Noch ein stiller Fluch.

Karl Kaiser G u t denn Sie haben mit feinen Nasen gemerkt Den Kern seiner Klassenkampftheorie! Sie nannten den alten Diktator Marx Mit Recht den „Vater der Energie"! Sie sind nicht in allem stockhageldumm, Die Kompromißler und Diplomatler! Sie merken gar wohl den kommenden Tag Der welterobernden roten Adler. Den Sturmtag, der mit Posaunenschall Verschlingt die letzten Friedensschalmeien, Die Rebellion aus dem Boden stampft — Und in den Boden der Gegner Reihen; 42

Den sturmschrittstampfenden, heißen Tag, Wo sich umkrallen Legionen, Der über den „Zukunftsstaat" diskutiert Mit Bajonetten und mit Kanonen! „Karl Marx ist tot!" Doch sie wissen gar gut, Daß er ein Testament hinterlassen — Sein „Kapital", seine Energie — Den trotzigen Proletariermassen!

Karl Kaiser

Kurze und derbe Kapuzinerpredigt des Dr. Karl Grobianus an sämtliche Halb- und Ganzmastbürger Ihr fressenden und saufenden Herdenviecher, Wann steckt ihr mal endlich auch eure Riecher Ins „Kapital"? — Wann wischt ihr die Goschen Und gebt auch der Wissenschaft ihren Groschen, Ihren sauerverdienten! muß ich wütend schreien. Was hilft euch Eseln das Prophezeien Über Zukunftsnachthafen und Zukunftsstaatsschindeln? So lang ihr nicht kriecht aus den Faulheitswindeln, Bleibt stets euch die „Zukunft" ein böhmischer Flecken, Wird stets eure Dummheit — Dummheiten hecken! Doch weswegen red ich mich so in die Hitze? Um jeden Tropfen ists schad, den ich schwitze, Muß selbst über meine Fragen jetzt lachen. Ich will euch doch nicht zu Marxisten machen! Überhaupt — was kümmert euch Rhinozerosse Marx und sein Buch voller Geschosse, Voll stolzem Geist, der den Menschen adelt Und ihn mit den Göttern verkameradelt?! Was kümmert denn euch der Feldzeugmeister Und das Arsenal der freien Geister? Was kümmert das euch? Ihr seid Bagage — Zum Studium fehlt euch jede Courage! Auf Braten, Pasteten geht tapfer ihr drauf, Doch die Sonne der Wahrheit geht anderswo auf! 6

Klassenkampf

Den sturmschrittstampfenden, heißen Tag, Wo sich umkrallen Legionen, Der über den „Zukunftsstaat" diskutiert Mit Bajonetten und mit Kanonen! „Karl Marx ist tot!" Doch sie wissen gar gut, Daß er ein Testament hinterlassen — Sein „Kapital", seine Energie — Den trotzigen Proletariermassen!

Karl Kaiser

Kurze und derbe Kapuzinerpredigt des Dr. Karl Grobianus an sämtliche Halb- und Ganzmastbürger Ihr fressenden und saufenden Herdenviecher, Wann steckt ihr mal endlich auch eure Riecher Ins „Kapital"? — Wann wischt ihr die Goschen Und gebt auch der Wissenschaft ihren Groschen, Ihren sauerverdienten! muß ich wütend schreien. Was hilft euch Eseln das Prophezeien Über Zukunftsnachthafen und Zukunftsstaatsschindeln? So lang ihr nicht kriecht aus den Faulheitswindeln, Bleibt stets euch die „Zukunft" ein böhmischer Flecken, Wird stets eure Dummheit — Dummheiten hecken! Doch weswegen red ich mich so in die Hitze? Um jeden Tropfen ists schad, den ich schwitze, Muß selbst über meine Fragen jetzt lachen. Ich will euch doch nicht zu Marxisten machen! Überhaupt — was kümmert euch Rhinozerosse Marx und sein Buch voller Geschosse, Voll stolzem Geist, der den Menschen adelt Und ihn mit den Göttern verkameradelt?! Was kümmert denn euch der Feldzeugmeister Und das Arsenal der freien Geister? Was kümmert das euch? Ihr seid Bagage — Zum Studium fehlt euch jede Courage! Auf Braten, Pasteten geht tapfer ihr drauf, Doch die Sonne der Wahrheit geht anderswo auf! 6

Klassenkampf

Eduard Fuchs An die Bourgeoisie Es gibt ein Muß in der Geschichte, Das niemand hemmt in seinem Drang, Und dieses Muß mit seinem Stahlgesichte Ist der Entwicklung steter Gang. Es zeigt den Jetztzeitpromethiten, Ob sie mit Hand, mit Kopf sich mühten, Wie rücksichtslos und unerbittlich heute Das Alte mit der Neuzeit schwanger geht, Wie dies vor keiner Konsequenz sich scheute, Wie es des Alten Schutt verweht. Und wir, die wir den Feuerschein begreifen, Der jäh aufflammt am Horizont, Die wir das Brüllen hörn, das Pfeifen, Das nicht den Singsang unsrer Zeiten schont; Uns gilt er als der Heroldsruf, Der Neuzeit Meldung, Der Wellenschlag der Zukunftsbrandung . . . Ob ihr auch sorglos auf den Kissen schnarchet, Mit geiler Brunst die Dirn umschlingt, Ob ihr mit frechen Lügenmäulern Ein hohes Lied von eurer Ordnung singt, Ob ihr zelotisch das begeifert, Was eurem Geistessumpf entflieht, Ob in den Kot von eurem Denken Ihr alles Edle niederzieht; Ob ihr, wies eurer Klasse würdig, Versucht, das Neue totzuschweigen, Es zu bedrücken, zu belachen — Es kommt — und in dem hellen Zukunftsreigen Wird jede Schranke, jede Fessel krachen. Und wir, wir rufen trotzig euch entgegen, Hohnlachend eurer tollen Wut: „Sie siegt, und bringt den Armen ihren Segen, Und sichern Untergang der Vampirbrut!" 44

Karl Kaiser Und wieder . . . Und wieder, es geht auf die sechste Stunde, Es regt sich rings in der ganzen Runde Und trappt auf dem Pflaster hinab und hinauf. Und wieder, mit noch verschlafenen Mienen, Eilen ans Tagwerk die Arbeitsbienen Und füllen Fabriken, Häuf an Häuf. Und wieder, in monotonen Tönen Sausen die Maschinen, stampfen und stöhnen Zu der Arbeit ewigem Einerlei. Und wieder wie zischende Schlangen umkreisen Die ledernen Riemen das blinkende Eisen Und schwingen sich über die Arbeiterreih. Und wiederum mühn sich geduldge Gesichter, Den Reichtum zu mehren, den Freiheitsvernichter, Der schrankenlos herrscht über Stadt und Land. Und wieder wie gestern, so heut, ohne Ende Regen die Fleißigen rastlos die Hände Und stehn wie Maschinen an Plätze gebannt. . . Und wieder raubt mir die Ruh ein Gedanke, Der gleich einer üppig wuchernden Ranke All mein Sinnen und Trachten umstrickt. Und wieder vergeß ich das Gestern, das Heute, Ich sehe der Zukunft siegreiche Streite Und die stolze Arbeit, die nicht mehr gedrückt.

Karl Kaiser Werkstattphantasie Surrendes

Der Riemen schnurrt, und ob auch murrt Des Stahles blanker Stolz, 6*

Karl Kaiser Und wieder . . . Und wieder, es geht auf die sechste Stunde, Es regt sich rings in der ganzen Runde Und trappt auf dem Pflaster hinab und hinauf. Und wieder, mit noch verschlafenen Mienen, Eilen ans Tagwerk die Arbeitsbienen Und füllen Fabriken, Häuf an Häuf. Und wieder, in monotonen Tönen Sausen die Maschinen, stampfen und stöhnen Zu der Arbeit ewigem Einerlei. Und wieder wie zischende Schlangen umkreisen Die ledernen Riemen das blinkende Eisen Und schwingen sich über die Arbeiterreih. Und wiederum mühn sich geduldge Gesichter, Den Reichtum zu mehren, den Freiheitsvernichter, Der schrankenlos herrscht über Stadt und Land. Und wieder wie gestern, so heut, ohne Ende Regen die Fleißigen rastlos die Hände Und stehn wie Maschinen an Plätze gebannt. . . Und wieder raubt mir die Ruh ein Gedanke, Der gleich einer üppig wuchernden Ranke All mein Sinnen und Trachten umstrickt. Und wieder vergeß ich das Gestern, das Heute, Ich sehe der Zukunft siegreiche Streite Und die stolze Arbeit, die nicht mehr gedrückt.

Karl Kaiser Werkstattphantasie Surrendes

Der Riemen schnurrt, und ob auch murrt Des Stahles blanker Stolz, 6*

Die Kreissäg surrt, die Bandsäg knurrt Durchs harte Eichenholz. Die Bandsäg brummt jetzt halb verstummt, Dann mit erneuter Stärk, Der Kolben pumpt, der Riemen summt Zum harten Tagewerk. Die Arbeit ziert, — wer sie nicht spürt; Das ist der wunde Fleck, Wer Hände rührt, der kokettiert Nicht mit Maschinendreck. Mit Sägemehlstaub bepuderts Haupt, Mit Schweiß und Schmutz geschminkt, Nur dumm geschraubte Ansicht glaubt, Daß dies uns köstlich dünkt. Wir sind jetzt auch um unsern Bauch, Um unsern Geist besorgt, Der Jammerschlauch sei außer Brauch, Die Freudenflasch entkorkt. Der Stöpsel springt, das Glas erklingt, Gesang sei unsre Lust, Wie Heiden singt, und unberingt Freut euch an Weiberbrust. Es kommt die Zeit, es geht die Zeit Im Surren und Geklopf, Nicht fingerbreit weicht sie abseits, Fragt nichts nach meinem Kopf.

Karl Kaiser Fabriklerlied Landsknechte sind wir! Landsknechte Im Dienste der Bourgeoisie; Wir schlagen für sie die großen Schlachten der Industrie! 46

Die Kreissäg surrt, die Bandsäg knurrt Durchs harte Eichenholz. Die Bandsäg brummt jetzt halb verstummt, Dann mit erneuter Stärk, Der Kolben pumpt, der Riemen summt Zum harten Tagewerk. Die Arbeit ziert, — wer sie nicht spürt; Das ist der wunde Fleck, Wer Hände rührt, der kokettiert Nicht mit Maschinendreck. Mit Sägemehlstaub bepuderts Haupt, Mit Schweiß und Schmutz geschminkt, Nur dumm geschraubte Ansicht glaubt, Daß dies uns köstlich dünkt. Wir sind jetzt auch um unsern Bauch, Um unsern Geist besorgt, Der Jammerschlauch sei außer Brauch, Die Freudenflasch entkorkt. Der Stöpsel springt, das Glas erklingt, Gesang sei unsre Lust, Wie Heiden singt, und unberingt Freut euch an Weiberbrust. Es kommt die Zeit, es geht die Zeit Im Surren und Geklopf, Nicht fingerbreit weicht sie abseits, Fragt nichts nach meinem Kopf.

Karl Kaiser Fabriklerlied Landsknechte sind wir! Landsknechte Im Dienste der Bourgeoisie; Wir schlagen für sie die großen Schlachten der Industrie! 46

Landsknechte sind wir! Landsknechte Mit immer verkaufter Haut, Aus allen Nationen und Ländern Buntscheckig zusammengebraut! Landsknechte sind wir! Landsknechte Verlangen stets blanken Sold, Drum wer uns am meisten kann zahlen, Dem sind wir am meisten hold! Landsknechte sind wir! Landsknechte! Wir haben kein Vaterland; „Vaterlandsloses Gesindel" Werden wir drum auch genannt! Landsknechte sind wir! Landsknechte, Verehrliches Publikum, Die schmeißen dir noch eines Tages Die ganze Herrlichkeit um!

Eduard Fuchs Das Erwachen einer Welt Wie Brandung, die am Felsen zerschellt, Wie Notruf, der durch die Lüfte gellt. Wie Sturmwind, der im Urwald tollt, Wie Donner, der über Häupter rollt — So tönt es hin durch die weite Nacht, Daß jäh der Schläfer vom Sturm erwacht. Und als in die Nacht er fragend lauscht, Ein himmlischer Ton ihm entgegen rauscht, Wie aus der Glocke ehernem Munde Ertönet ihm hell die erlösende Kunde: „Ob du im Felde beim Sonnenbrand Keuchend bebauest das Ackerland, Ob du beim Stöhnen der Dampfmaschinen Rackerst dich ab mit hungrigen Mienen,

Landsknechte sind wir! Landsknechte Mit immer verkaufter Haut, Aus allen Nationen und Ländern Buntscheckig zusammengebraut! Landsknechte sind wir! Landsknechte Verlangen stets blanken Sold, Drum wer uns am meisten kann zahlen, Dem sind wir am meisten hold! Landsknechte sind wir! Landsknechte! Wir haben kein Vaterland; „Vaterlandsloses Gesindel" Werden wir drum auch genannt! Landsknechte sind wir! Landsknechte, Verehrliches Publikum, Die schmeißen dir noch eines Tages Die ganze Herrlichkeit um!

Eduard Fuchs Das Erwachen einer Welt Wie Brandung, die am Felsen zerschellt, Wie Notruf, der durch die Lüfte gellt. Wie Sturmwind, der im Urwald tollt, Wie Donner, der über Häupter rollt — So tönt es hin durch die weite Nacht, Daß jäh der Schläfer vom Sturm erwacht. Und als in die Nacht er fragend lauscht, Ein himmlischer Ton ihm entgegen rauscht, Wie aus der Glocke ehernem Munde Ertönet ihm hell die erlösende Kunde: „Ob du im Felde beim Sonnenbrand Keuchend bebauest das Ackerland, Ob du beim Stöhnen der Dampfmaschinen Rackerst dich ab mit hungrigen Mienen,

Ob du des Geistes lodernde Kraft, Ob du den Genius, der in dir schafft, Bändigen mußt, und stetig beschwören, Nur um dein Weib und Kind zu ernähren; Ob du des Südlands Boden entsprossen, Ob dich des Nordens Ströme umflossen, Ob deine Wieg in der Pußta gestanden, Und wo des Bergstromes Wellen branden, Ob dir die Liebe die Wange geküßt, Ob dir Entbehrung die Jugend ,versüßt': Raffe dich auf! Erkenn deine Macht! Schaue die Welt in herrlicher Pracht — Alles kannst du dein eigen nennen, Wirst du endlich als recht erkennen: Daß, wer rackert das ganze Jahr, Wer seines Zeichens ein Proletar, Niederreiße die hemmenden Schranken, Bahne den Weg dem einen Gedanken: Brüder seien sich alle die, Die da hungern bei schwerer Mühl" Und mächtig hat er sich aufgerüttelt, Da fühlt er, daß halb er schon abgeschüttelt Die Kette, die jüngstens ihn noch umfloß, Sie knechtet völlig nur seinen Genoß, Das Weib, das von schweren Fesseln umstrickt. Es ahnet noch nicht, was die Welt beglückt. Und fort rollt der Ton, hin über die Welt, Vernichtend den, der sich dagegen stellt, Er wecket die Schläfer, er reißt sie empor, Zerstreuet den Nebel, den hemmenden Flor — Und das Frühlicht, es kündet, daß dieser Nacht Ein sonniger Morgen entgegenlacht.

48

Federzeichnungen

Karl Kaiser Auch dann nicht! Für die feigen Sklavenseelen Mag ein Gott am Platze sein, Daß sie ihre frommen Kehlen Bettelnd können heiser schreien. Aber wer in stolzen, freien Anschauungen eingelebt Wird nicht nach dem Himmel schreien, Selbst wenn ihn der Tod umschwebt. Lebenslust wird jäh erwachen, Niederringen wird er sie — Stöhnen wird er oder lachen, Aber beten wird er nie.

Karl Kaiser Nachbarn Mir gegenüber ein Hotel, Drin sie die Nacht durch tanzen, Mir scheint, es ist ein halbs Bordell Für reiche Lebenswanzen.

Federzeichnungen

Karl Kaiser Auch dann nicht! Für die feigen Sklavenseelen Mag ein Gott am Platze sein, Daß sie ihre frommen Kehlen Bettelnd können heiser schreien. Aber wer in stolzen, freien Anschauungen eingelebt Wird nicht nach dem Himmel schreien, Selbst wenn ihn der Tod umschwebt. Lebenslust wird jäh erwachen, Niederringen wird er sie — Stöhnen wird er oder lachen, Aber beten wird er nie.

Karl Kaiser Nachbarn Mir gegenüber ein Hotel, Drin sie die Nacht durch tanzen, Mir scheint, es ist ein halbs Bordell Für reiche Lebenswanzen.

Ein graues Haus daneben ist, Bewohnt von alten Schachteln, Die sehnsuchtsvoll Herrn Jesus Christ Lobpreisen und anschmachtein. Beim Tag brummt ihr Harmonium So fromm — man möcht fast knien Doch nachts im Hotel wirbeln rum Strauß Satans Melodien.

Karl Kaiser Die Indifferenten Ihren schläfrig-dummen Augen Ist kein Wutblitz zu entlocken, Hunde sind sie und zufrieden Mit den zugeworfnen Brocken. Woch' um Woche seh ich ruhig Stillvergnügt sie weiterschanzen — Und wenns der Fabrikherr wollte, Trügen sie ihn Buckelranzen. Läßt er sie nur existieren, Nebenbei noch Kinder machen, Werden sie nie rebellieren, Braucht er sie nie zu bewachen.

Karl Kaiser Krähwinkel Von dem Berge bumsen dumpf Blanke Morskanönchen, Von den Türmen klingen hell Fromme Glockentönchen. 50

Ein graues Haus daneben ist, Bewohnt von alten Schachteln, Die sehnsuchtsvoll Herrn Jesus Christ Lobpreisen und anschmachtein. Beim Tag brummt ihr Harmonium So fromm — man möcht fast knien Doch nachts im Hotel wirbeln rum Strauß Satans Melodien.

Karl Kaiser Die Indifferenten Ihren schläfrig-dummen Augen Ist kein Wutblitz zu entlocken, Hunde sind sie und zufrieden Mit den zugeworfnen Brocken. Woch' um Woche seh ich ruhig Stillvergnügt sie weiterschanzen — Und wenns der Fabrikherr wollte, Trügen sie ihn Buckelranzen. Läßt er sie nur existieren, Nebenbei noch Kinder machen, Werden sie nie rebellieren, Braucht er sie nie zu bewachen.

Karl Kaiser Krähwinkel Von dem Berge bumsen dumpf Blanke Morskanönchen, Von den Türmen klingen hell Fromme Glockentönchen. 50

Ein graues Haus daneben ist, Bewohnt von alten Schachteln, Die sehnsuchtsvoll Herrn Jesus Christ Lobpreisen und anschmachtein. Beim Tag brummt ihr Harmonium So fromm — man möcht fast knien Doch nachts im Hotel wirbeln rum Strauß Satans Melodien.

Karl Kaiser Die Indifferenten Ihren schläfrig-dummen Augen Ist kein Wutblitz zu entlocken, Hunde sind sie und zufrieden Mit den zugeworfnen Brocken. Woch' um Woche seh ich ruhig Stillvergnügt sie weiterschanzen — Und wenns der Fabrikherr wollte, Trügen sie ihn Buckelranzen. Läßt er sie nur existieren, Nebenbei noch Kinder machen, Werden sie nie rebellieren, Braucht er sie nie zu bewachen.

Karl Kaiser Krähwinkel Von dem Berge bumsen dumpf Blanke Morskanönchen, Von den Türmen klingen hell Fromme Glockentönchen. 50

Andachtsvoll, die Fenster auf, Lauscht das ganze Städtchen; Magistrat summt in der Kirch Ein devots Gebetchen. Und ein alter Wackelgreis, Schwaches Lebenslichtchen, Hockt in seinem goldnen Schloß, Schneidet Gichtgesichtchen.

Karl Kaiser Erinnerungsbild Glaube sie noch an den Bänken zu sehn, Mit zusammengekniffenen Lippen, Indes ich als Lehrjung die Hobelspän Hab müssen zusammenschippen . . . Drei Wochen hat vertröstet sie schon Vom Samstag auf Samstag der Alte: Daß jeder „bei Heller und Pfennig" den Lohn Am nächsten Zahltag erhalte . . . Ich sehe sie noch . . . als er endlich kam — Von „Wechseln" sprach und von „gedulden", Und als dann jeder so müd und lahm Ging mit den paar lumpigen Gulden.

Eduard Fuchs Momentbild Es war ein heißer Sommertag, Gluthauch der Erd entquillt, Verstummt ist Amsel-, Drosselschlag, Kein Naß die Fluren stillt. 51

Andachtsvoll, die Fenster auf, Lauscht das ganze Städtchen; Magistrat summt in der Kirch Ein devots Gebetchen. Und ein alter Wackelgreis, Schwaches Lebenslichtchen, Hockt in seinem goldnen Schloß, Schneidet Gichtgesichtchen.

Karl Kaiser Erinnerungsbild Glaube sie noch an den Bänken zu sehn, Mit zusammengekniffenen Lippen, Indes ich als Lehrjung die Hobelspän Hab müssen zusammenschippen . . . Drei Wochen hat vertröstet sie schon Vom Samstag auf Samstag der Alte: Daß jeder „bei Heller und Pfennig" den Lohn Am nächsten Zahltag erhalte . . . Ich sehe sie noch . . . als er endlich kam — Von „Wechseln" sprach und von „gedulden", Und als dann jeder so müd und lahm Ging mit den paar lumpigen Gulden.

Eduard Fuchs Momentbild Es war ein heißer Sommertag, Gluthauch der Erd entquillt, Verstummt ist Amsel-, Drosselschlag, Kein Naß die Fluren stillt. 51

Andachtsvoll, die Fenster auf, Lauscht das ganze Städtchen; Magistrat summt in der Kirch Ein devots Gebetchen. Und ein alter Wackelgreis, Schwaches Lebenslichtchen, Hockt in seinem goldnen Schloß, Schneidet Gichtgesichtchen.

Karl Kaiser Erinnerungsbild Glaube sie noch an den Bänken zu sehn, Mit zusammengekniffenen Lippen, Indes ich als Lehrjung die Hobelspän Hab müssen zusammenschippen . . . Drei Wochen hat vertröstet sie schon Vom Samstag auf Samstag der Alte: Daß jeder „bei Heller und Pfennig" den Lohn Am nächsten Zahltag erhalte . . . Ich sehe sie noch . . . als er endlich kam — Von „Wechseln" sprach und von „gedulden", Und als dann jeder so müd und lahm Ging mit den paar lumpigen Gulden.

Eduard Fuchs Momentbild Es war ein heißer Sommertag, Gluthauch der Erd entquillt, Verstummt ist Amsel-, Drosselschlag, Kein Naß die Fluren stillt. 51

Es fuhr die staubge Straß entlang Die Gräfin im Coupe, Sie lehnt blasiert die schlaffe Wang In ihrer Polster Schnee. Der Michel an der Chaussee schwitzt, Von Glutenhauch umleckt, Die Sonn auf seinen Steinen glitzt, Auf die er wütend schlägt.

Karl Kaiser Die ersten Maschinen Zwei neue Maschinen hat Teil nach Teil Zusammengefügt der Monteur. Nun kommt die Bude in lustiger Eil Und prüft und bewundert sie sehr. Und wirklich, sie laufen und schaffen famos — Wie rasch das Bestellte doch schmolz, Die Hälfte Gesellen ist arbeitslos, Die Maschinen hobeln das Holz. Es stehen zwar immer noch blankpoliert Die Maschinen, riemenumzuckt, Doch leider sie werden nicht mehr studiert Und auch nicht mehr freundlich beguckt.

Eduard Fuchs Im Morgendämmern Am Forchenast, am Kreuzesweg Ein toter Stromer baumelt, Durch Waldgeäst auf falbes Laub Das Morgendämmern taumelt. 52

Es fuhr die staubge Straß entlang Die Gräfin im Coupe, Sie lehnt blasiert die schlaffe Wang In ihrer Polster Schnee. Der Michel an der Chaussee schwitzt, Von Glutenhauch umleckt, Die Sonn auf seinen Steinen glitzt, Auf die er wütend schlägt.

Karl Kaiser Die ersten Maschinen Zwei neue Maschinen hat Teil nach Teil Zusammengefügt der Monteur. Nun kommt die Bude in lustiger Eil Und prüft und bewundert sie sehr. Und wirklich, sie laufen und schaffen famos — Wie rasch das Bestellte doch schmolz, Die Hälfte Gesellen ist arbeitslos, Die Maschinen hobeln das Holz. Es stehen zwar immer noch blankpoliert Die Maschinen, riemenumzuckt, Doch leider sie werden nicht mehr studiert Und auch nicht mehr freundlich beguckt.

Eduard Fuchs Im Morgendämmern Am Forchenast, am Kreuzesweg Ein toter Stromer baumelt, Durch Waldgeäst auf falbes Laub Das Morgendämmern taumelt. 52

Es fuhr die staubge Straß entlang Die Gräfin im Coupe, Sie lehnt blasiert die schlaffe Wang In ihrer Polster Schnee. Der Michel an der Chaussee schwitzt, Von Glutenhauch umleckt, Die Sonn auf seinen Steinen glitzt, Auf die er wütend schlägt.

Karl Kaiser Die ersten Maschinen Zwei neue Maschinen hat Teil nach Teil Zusammengefügt der Monteur. Nun kommt die Bude in lustiger Eil Und prüft und bewundert sie sehr. Und wirklich, sie laufen und schaffen famos — Wie rasch das Bestellte doch schmolz, Die Hälfte Gesellen ist arbeitslos, Die Maschinen hobeln das Holz. Es stehen zwar immer noch blankpoliert Die Maschinen, riemenumzuckt, Doch leider sie werden nicht mehr studiert Und auch nicht mehr freundlich beguckt.

Eduard Fuchs Im Morgendämmern Am Forchenast, am Kreuzesweg Ein toter Stromer baumelt, Durch Waldgeäst auf falbes Laub Das Morgendämmern taumelt. 52

Ein seiden Tuch um seinen Hals, Daran zwei feste Knoten, War seines Lebens bester Witz, Des Schicksals letzte Zoten. „Nun danket alle Gott" es quoll Vom Tal herauf zu Berge — Die ausgestreckte Zunge sang Ein Lob auf Gottes Werke.

Ernst Klaar Eine Frage Von dem Abend bis zum Morgen Sitzt im Kurhaus von Ostende Die „Gesellschaft" — und es wühlen Tief im Gold die zarten Hände. Ungezählte große Summen, Ach, sie sind im Nu verschwunden, Die man erst in langen Jahren Aus dem Volk herausgeschunden. Eine Kugel durch den Schädel Jagt sich, wer sein Geld verlungert — Aber ist das eine Sühne Für das Volk, das weiterhungert?

Karl Kaiser Antagonismus So lang sich die Menschen glauben Von einem Gotte „gemacht", Werden sie meucheln und rauben In tierischer Geistesnacht.

Ein seiden Tuch um seinen Hals, Daran zwei feste Knoten, War seines Lebens bester Witz, Des Schicksals letzte Zoten. „Nun danket alle Gott" es quoll Vom Tal herauf zu Berge — Die ausgestreckte Zunge sang Ein Lob auf Gottes Werke.

Ernst Klaar Eine Frage Von dem Abend bis zum Morgen Sitzt im Kurhaus von Ostende Die „Gesellschaft" — und es wühlen Tief im Gold die zarten Hände. Ungezählte große Summen, Ach, sie sind im Nu verschwunden, Die man erst in langen Jahren Aus dem Volk herausgeschunden. Eine Kugel durch den Schädel Jagt sich, wer sein Geld verlungert — Aber ist das eine Sühne Für das Volk, das weiterhungert?

Karl Kaiser Antagonismus So lang sich die Menschen glauben Von einem Gotte „gemacht", Werden sie meucheln und rauben In tierischer Geistesnacht.

Ein seiden Tuch um seinen Hals, Daran zwei feste Knoten, War seines Lebens bester Witz, Des Schicksals letzte Zoten. „Nun danket alle Gott" es quoll Vom Tal herauf zu Berge — Die ausgestreckte Zunge sang Ein Lob auf Gottes Werke.

Ernst Klaar Eine Frage Von dem Abend bis zum Morgen Sitzt im Kurhaus von Ostende Die „Gesellschaft" — und es wühlen Tief im Gold die zarten Hände. Ungezählte große Summen, Ach, sie sind im Nu verschwunden, Die man erst in langen Jahren Aus dem Volk herausgeschunden. Eine Kugel durch den Schädel Jagt sich, wer sein Geld verlungert — Aber ist das eine Sühne Für das Volk, das weiterhungert?

Karl Kaiser Antagonismus So lang sich die Menschen glauben Von einem Gotte „gemacht", Werden sie meucheln und rauben In tierischer Geistesnacht.

Erst wenn die Erkenntnis Funken Zu Flammen bläst, darwinhell, Werden sie göttlich und prunken Nicht länger im tierischen Fell. Zwei Hirnhalbkugeln uns lenken, Gemeinsam — und doch getrennt — Kein Wunder, wenn solchem Denken Der Widerspruch immanent.

Eduard Fuchs Verbrechen Die einen zetern von Unmoral, Die andern von schwerer Vererbung, So konstruieren beide genial Im Nu eine Tatsachenfarbung. Daß man die Statistik ins Auge faßt, Das hat es ja gar nicht nötig, Wenns nur in das richtige Schema paßt, Ist jeder zum Schwindel erbötig. Aus diesem Grund ist die Quintessenz: Hier Fatalismus, dort Bibel — Das ABC der Rettungsessenz Für jedes Gesellschaftsübel.

Eduard Fuchs Kleinbürgerlicher Sozialist Dröhnende Phrase, Demonstration, Bierbankbegeistert, Revolution. 54

Erst wenn die Erkenntnis Funken Zu Flammen bläst, darwinhell, Werden sie göttlich und prunken Nicht länger im tierischen Fell. Zwei Hirnhalbkugeln uns lenken, Gemeinsam — und doch getrennt — Kein Wunder, wenn solchem Denken Der Widerspruch immanent.

Eduard Fuchs Verbrechen Die einen zetern von Unmoral, Die andern von schwerer Vererbung, So konstruieren beide genial Im Nu eine Tatsachenfarbung. Daß man die Statistik ins Auge faßt, Das hat es ja gar nicht nötig, Wenns nur in das richtige Schema paßt, Ist jeder zum Schwindel erbötig. Aus diesem Grund ist die Quintessenz: Hier Fatalismus, dort Bibel — Das ABC der Rettungsessenz Für jedes Gesellschaftsübel.

Eduard Fuchs Kleinbürgerlicher Sozialist Dröhnende Phrase, Demonstration, Bierbankbegeistert, Revolution. 54

Erst wenn die Erkenntnis Funken Zu Flammen bläst, darwinhell, Werden sie göttlich und prunken Nicht länger im tierischen Fell. Zwei Hirnhalbkugeln uns lenken, Gemeinsam — und doch getrennt — Kein Wunder, wenn solchem Denken Der Widerspruch immanent.

Eduard Fuchs Verbrechen Die einen zetern von Unmoral, Die andern von schwerer Vererbung, So konstruieren beide genial Im Nu eine Tatsachenfarbung. Daß man die Statistik ins Auge faßt, Das hat es ja gar nicht nötig, Wenns nur in das richtige Schema paßt, Ist jeder zum Schwindel erbötig. Aus diesem Grund ist die Quintessenz: Hier Fatalismus, dort Bibel — Das ABC der Rettungsessenz Für jedes Gesellschaftsübel.

Eduard Fuchs Kleinbürgerlicher Sozialist Dröhnende Phrase, Demonstration, Bierbankbegeistert, Revolution. 54

Predigt wie nötig Großproduktion, Einzige Hilfe Expropriation. Kommt aber er in Gant und Auktion, Zetert und schimpft er A u f Veitel und Cohn.

Eduard Fuchs Skeptizismus Die Fata morgana von Himmelsglück, Zerflossen ist vor meinen Augen, In der Erkenntnis hell leuchtendem Licht Die Götter mir längst nichts mehr taugen. Vor denen ich einst auf den Knien gerutscht, Sie liegen in Scherben am Boden, Mit rüstigem Denken erricht ich mir nun Jetzt eine neue an Stelle der toten. Und schau ich die neuen Göttergestalten, Der alten hell lachende Erben: „Wie lange?" zieht höhnend es durch mein Gehirn, Und auch sie, sie liegen in Scherben.

Karl Kaiser Schicksal Da steht das Ding und reckt die Faust Mit katzenfalschem Blicke, Und Schlag auf Schlag herniedersaust, Zerschmetternd die Genicke. 55

Predigt wie nötig Großproduktion, Einzige Hilfe Expropriation. Kommt aber er in Gant und Auktion, Zetert und schimpft er A u f Veitel und Cohn.

Eduard Fuchs Skeptizismus Die Fata morgana von Himmelsglück, Zerflossen ist vor meinen Augen, In der Erkenntnis hell leuchtendem Licht Die Götter mir längst nichts mehr taugen. Vor denen ich einst auf den Knien gerutscht, Sie liegen in Scherben am Boden, Mit rüstigem Denken erricht ich mir nun Jetzt eine neue an Stelle der toten. Und schau ich die neuen Göttergestalten, Der alten hell lachende Erben: „Wie lange?" zieht höhnend es durch mein Gehirn, Und auch sie, sie liegen in Scherben.

Karl Kaiser Schicksal Da steht das Ding und reckt die Faust Mit katzenfalschem Blicke, Und Schlag auf Schlag herniedersaust, Zerschmetternd die Genicke. 55

Predigt wie nötig Großproduktion, Einzige Hilfe Expropriation. Kommt aber er in Gant und Auktion, Zetert und schimpft er A u f Veitel und Cohn.

Eduard Fuchs Skeptizismus Die Fata morgana von Himmelsglück, Zerflossen ist vor meinen Augen, In der Erkenntnis hell leuchtendem Licht Die Götter mir längst nichts mehr taugen. Vor denen ich einst auf den Knien gerutscht, Sie liegen in Scherben am Boden, Mit rüstigem Denken erricht ich mir nun Jetzt eine neue an Stelle der toten. Und schau ich die neuen Göttergestalten, Der alten hell lachende Erben: „Wie lange?" zieht höhnend es durch mein Gehirn, Und auch sie, sie liegen in Scherben.

Karl Kaiser Schicksal Da steht das Ding und reckt die Faust Mit katzenfalschem Blicke, Und Schlag auf Schlag herniedersaust, Zerschmetternd die Genicke. 55

„Herrgott!" schreit da im Purzelbaum Der Christ zum letzten Male; Mit „Kismet!" schließt den Lebenstraum Gefaßt der Orientale. „Bah!" brummt ein Roter, hingestreckt Vom Hieb des großen Bengels, „Entwicklung bloß, schon lang entdeckt Von Darwin, Marx und Engels!"

Karl Kaiser Der tuberkulöse Spatz Auf dem Dache zirpt ein Vogel Spitzig wie die Grill im Gras, Und ich glaub er hat die Schwindsucht Sich geholt in Rauch und Gas. Unter unsrem Schornsteinhimmel Hat sich akklimatisiert Nur der Spatz — oh die Blamage, Wenn auch dieser jetzt krepiert. Denn ein Spatz ists, der so hustet, Daß er schier vom Dache fällt, Hustet, hustet, wie ein echter Proletar der Vogelwelt.

Karl Kaiser Im Herbst Unter den Blättern, gelb wie Öl, Kichern die Trauben, die drallen, Kichern mich an so kreuzfidel — Möchten vor Lachen fast knallen. 56

„Herrgott!" schreit da im Purzelbaum Der Christ zum letzten Male; Mit „Kismet!" schließt den Lebenstraum Gefaßt der Orientale. „Bah!" brummt ein Roter, hingestreckt Vom Hieb des großen Bengels, „Entwicklung bloß, schon lang entdeckt Von Darwin, Marx und Engels!"

Karl Kaiser Der tuberkulöse Spatz Auf dem Dache zirpt ein Vogel Spitzig wie die Grill im Gras, Und ich glaub er hat die Schwindsucht Sich geholt in Rauch und Gas. Unter unsrem Schornsteinhimmel Hat sich akklimatisiert Nur der Spatz — oh die Blamage, Wenn auch dieser jetzt krepiert. Denn ein Spatz ists, der so hustet, Daß er schier vom Dache fällt, Hustet, hustet, wie ein echter Proletar der Vogelwelt.

Karl Kaiser Im Herbst Unter den Blättern, gelb wie Öl, Kichern die Trauben, die drallen, Kichern mich an so kreuzfidel — Möchten vor Lachen fast knallen. 56

„Herrgott!" schreit da im Purzelbaum Der Christ zum letzten Male; Mit „Kismet!" schließt den Lebenstraum Gefaßt der Orientale. „Bah!" brummt ein Roter, hingestreckt Vom Hieb des großen Bengels, „Entwicklung bloß, schon lang entdeckt Von Darwin, Marx und Engels!"

Karl Kaiser Der tuberkulöse Spatz Auf dem Dache zirpt ein Vogel Spitzig wie die Grill im Gras, Und ich glaub er hat die Schwindsucht Sich geholt in Rauch und Gas. Unter unsrem Schornsteinhimmel Hat sich akklimatisiert Nur der Spatz — oh die Blamage, Wenn auch dieser jetzt krepiert. Denn ein Spatz ists, der so hustet, Daß er schier vom Dache fällt, Hustet, hustet, wie ein echter Proletar der Vogelwelt.

Karl Kaiser Im Herbst Unter den Blättern, gelb wie Öl, Kichern die Trauben, die drallen, Kichern mich an so kreuzfidel — Möchten vor Lachen fast knallen. 56

Reifrockartig gebauscht, vergnügt Schmunzeln die Kohlhäupterrotten, Hellauflachend der Wind durchfliegt Welschkorn und raschelnde Schoten. Herzlich habe ich selber gelacht, Denn mitten drin stand ein schmucker (Fortschritt, das hast du gut gemacht!) Feldsteißler per Operngucker.

Karl Kaiser Der Schmuggler Auf hoher See in seinen Bart, Da brummt er manchen Kernfluch — Jedoch zu Haus, gewohnter Art, Da brummt er im Gebetbuch. Ist dann der Kirchgang fromm erfüllt, So gehts zur Kontrebande, Ob Heilgenbild an Heilgenbild Auch decken rings die Wände — Die „Gottespest" wird wohl verschalt Paketweis auf den Tischen ; Die Heilgen grinsen blaubemalt Und dottergelb dazwischen.

Karl Kaiser I. bis VII. I. Im stolzen Takt klingt durch die Nacht Das Kampflied der Rebellen; Es zieht vom Agitieren heim Ein Trupp verstaubter Gesellen.

Reifrockartig gebauscht, vergnügt Schmunzeln die Kohlhäupterrotten, Hellauflachend der Wind durchfliegt Welschkorn und raschelnde Schoten. Herzlich habe ich selber gelacht, Denn mitten drin stand ein schmucker (Fortschritt, das hast du gut gemacht!) Feldsteißler per Operngucker.

Karl Kaiser Der Schmuggler Auf hoher See in seinen Bart, Da brummt er manchen Kernfluch — Jedoch zu Haus, gewohnter Art, Da brummt er im Gebetbuch. Ist dann der Kirchgang fromm erfüllt, So gehts zur Kontrebande, Ob Heilgenbild an Heilgenbild Auch decken rings die Wände — Die „Gottespest" wird wohl verschalt Paketweis auf den Tischen ; Die Heilgen grinsen blaubemalt Und dottergelb dazwischen.

Karl Kaiser I. bis VII. I. Im stolzen Takt klingt durch die Nacht Das Kampflied der Rebellen; Es zieht vom Agitieren heim Ein Trupp verstaubter Gesellen.

Reifrockartig gebauscht, vergnügt Schmunzeln die Kohlhäupterrotten, Hellauflachend der Wind durchfliegt Welschkorn und raschelnde Schoten. Herzlich habe ich selber gelacht, Denn mitten drin stand ein schmucker (Fortschritt, das hast du gut gemacht!) Feldsteißler per Operngucker.

Karl Kaiser Der Schmuggler Auf hoher See in seinen Bart, Da brummt er manchen Kernfluch — Jedoch zu Haus, gewohnter Art, Da brummt er im Gebetbuch. Ist dann der Kirchgang fromm erfüllt, So gehts zur Kontrebande, Ob Heilgenbild an Heilgenbild Auch decken rings die Wände — Die „Gottespest" wird wohl verschalt Paketweis auf den Tischen ; Die Heilgen grinsen blaubemalt Und dottergelb dazwischen.

Karl Kaiser I. bis VII. I. Im stolzen Takt klingt durch die Nacht Das Kampflied der Rebellen; Es zieht vom Agitieren heim Ein Trupp verstaubter Gesellen.

Da — plötzlich taucht ein Wirtshaus auf, Lautjohlende Korpsstudenten Soeben ihren Rundgesang Drin gläserklirrend beenden. Vorbei marschiert das Lied des Grolls An tabakqualmenden Scheiben, Dahinter öd und fad und dumm „Goldjungens" die Zeit verkneipen! II.

Ein Kaufmannslehrling in sauberem Kleid (Man sieht keine Not an dem Jungen!) Pfeift auf der Straße die Marseillaise, Von Fortschrittsbegeistrung durchdrungen. Jetzt trollt um die Ecke ein Schusterbub Und pfeift zu höchst eigener Wonne So selbstzufrieden den „Bettelstudent" Wie Diogenes in der Tonne! Das Muttersöhnchen übt notengerecht Seinen prinzipiellen Choral; Das himmelhochpfeifende Kind des Pechs Trillert Lehars Zigeunermoral! III.

Bequem und sehr gemütlich Und wie eine Tonne so dick, Erstrebt er trotzdem begeistert Die rote Republik! Jüngst ist er sogar feurig Hinaus zu den Bauern aufs Land Mit einem Bündel Schriften, Mit Respekt zu melden, „gerannt"! Ruhm ihm! Zwar hat schon mancher Für die Freiheit sein Blut verspritzt, Doch so wie er hat noch keiner Für sie gekeucht und — geschwitzt! 58

IV.

Als „alter, bewährter Genosse" Erzählt er dem schmunzelnden Kreis Zum hundertstenmal seine Taten Im Schmuggeln und Schriftenverschleiß. Als „alter, bewährter Genosse" (Er kannte persönlich Most!) Hält stets er treu zu der Fahne: „Ihr jungen Genossen — Prost!" Als „alter, bewährter Genosse", Mit altem bewährtem Gebiß Verteidigt er heute — den Umsturz Und morgen — den Kompromiß! v. Finstere Schatten wirft die Wand, Ein Stein fällt aus der Mauer, Ein Wagen rasselt sehr pressant, Der Stein liegt auf der Lauer. Im Chaisencoupe schnarchelt lind, Händ überm Bauch, Hochwürden, Ihr Freund, der Graf, daneben sinnt Und träumt von Glück und Würden. Da — krach! Der Kutscher ist ganz baff, Der Mond grinst höhnisch-heinisch, Der Gutsherr flucht, dito der Pfaff, Der deutsch und der lateinisch. VI.

Am Riemen den schweren Mostkrug, In der Tasche den Knüppel Brot, So trabt er aus dem Dörfchen Beim frühesten Morgenrot. 7

Klassenkampf

Tagsüber als Stadtfabrikler, Ferne von Weib und Kind, Weiß er bis in die Nacht nicht, Ob sie noch am Leben sind. Endlich wieder zu Hause, Wie menschenwürdig und nett; Das bekannte „Familienleben": Essen-Gähnen-ins Bett. VII.

Bleiche elektrische Sonnen Leuchten durchs frische Grün; Unsichtbar ein Orchester Jubelt zum Herzerglühn. Nobel im Garten spazieren „Bessre" in Tüll und Frack; „Gratis" vor den Staketen Lauscht „ordinäres Pack". Brosamen vom Tische der Reichen. Brosamenkunstgenuß! O Volk, wie lange noch spielst du Die Rolle des Lazarus?

Eduard Fuchs Radler-Lieder I. Morgenritt

Im Sattel rasch mit kühnem Satz, Pedale flink getreten; Ein Holdrio, ein Juchheschrei, Das ist mein Morgenbeten.

60

Tagsüber als Stadtfabrikler, Ferne von Weib und Kind, Weiß er bis in die Nacht nicht, Ob sie noch am Leben sind. Endlich wieder zu Hause, Wie menschenwürdig und nett; Das bekannte „Familienleben": Essen-Gähnen-ins Bett. VII.

Bleiche elektrische Sonnen Leuchten durchs frische Grün; Unsichtbar ein Orchester Jubelt zum Herzerglühn. Nobel im Garten spazieren „Bessre" in Tüll und Frack; „Gratis" vor den Staketen Lauscht „ordinäres Pack". Brosamen vom Tische der Reichen. Brosamenkunstgenuß! O Volk, wie lange noch spielst du Die Rolle des Lazarus?

Eduard Fuchs Radler-Lieder I. Morgenritt

Im Sattel rasch mit kühnem Satz, Pedale flink getreten; Ein Holdrio, ein Juchheschrei, Das ist mein Morgenbeten.

60

Wohl trug ein Rad nie bessre Last, Als meines hat getragen. Die „Staatsanzeiger"* wohlverpackt Vorn auf der Lenkstang lagen. Der Satteltasche Handwerkszeug, Es klappert auf den Steinen — Der Schutzmann blickt, die Helmspitz nickt Im Morgensonnenscheinen. II. Mein Lieb

Es ist mein Lieb mein blitzendblank Rad, Mein Bräutchen wohlgebauet, Hab seinem Hohlstahlgliederbau Manch Wichtiges vertrauet. Wurd einst verraten, denunziert, Als Rotwild voll Finessen — Haussuchung kam, sechs Fahnder stark, Und sucht nach Deckadressen. Die Wache knirscht nach Spürhundart, Als sie findt kein Verstecke — Mein Liebchen lachet nickelblank Und schelmisch aus der Ecke. in. Auf

Vorposten

Wollt einst die heiige Hermandad Kühn gegen uns Strategen, Vor allererst dem Freunde mein Wollt sie das Handwerk legen. Da roch ich es mit Fuchsesnas, Bestieg mein Rad geschwinde, Ich bracht die Kund im Renntempo, Es pfiffen scharf die Winde. * Spitznamen für den seiner Zeit verbotenen „Sozialdemokrat"

Die Fahndung kam, das Nest war leer, Der Vogel ausgeflogen, Mein Freund war noch in selbger Nacht Ins Schweizerland gezogen.

Eduard Fuchs Es muß Zum Teufel mit der Heulerei, Zum Teufel mit den faden Phrasen, Genug der alten Winselei Vom Jammertal mit Trübsalblasen. Eh' dies Jahrhundert sich gewandt, Ist alles Elend längst gerochen, Des Hungers Qual, sie ist verbannt, Die Welt liegt jetzo in den Wochen. Der Krater, der zum Ausbruch drängt, Verkündet sich mit dumpfem Grollen, Und was die Knechtschaft hat gesprengt, Das ist des Proletariers Wollen.

62

Die Fahndung kam, das Nest war leer, Der Vogel ausgeflogen, Mein Freund war noch in selbger Nacht Ins Schweizerland gezogen.

Eduard Fuchs Es muß Zum Teufel mit der Heulerei, Zum Teufel mit den faden Phrasen, Genug der alten Winselei Vom Jammertal mit Trübsalblasen. Eh' dies Jahrhundert sich gewandt, Ist alles Elend längst gerochen, Des Hungers Qual, sie ist verbannt, Die Welt liegt jetzo in den Wochen. Der Krater, der zum Ausbruch drängt, Verkündet sich mit dumpfem Grollen, Und was die Knechtschaft hat gesprengt, Das ist des Proletariers Wollen.

62

Epigrammatisches

Karl Kaiser Die kapitalistische Gesellschaft Du hämmerst im Feuer des Lebens auf uns Tagtäglich herum, brutal; Frau Schmiedin! Respekt vor deiner Kunst! Du hämmerst dein Schicksal — den Stahl.

Eduard Fuchs Klassenkampf Rücksichtslos die Larve weg! Nicht die echte „Christenliebe", Räumt hinaus den Daseinsdreck. Nur der Logik wuchtge Hiebe, Nur der Einsicht scharfer Meißel, Daß zur Züchtung von Millionen Nötig ist die Hungergeißel, Die bekräftigt durch Kanonen.

Karl Kaiser Guter Rat Er hockt in keinem Gänsebache Der soziale Umsturzdrache, Er hockt im schwarzen Meer der Not, Filtrierts! Fangt ihn! Und haut ihn tot!

Epigrammatisches

Karl Kaiser Die kapitalistische Gesellschaft Du hämmerst im Feuer des Lebens auf uns Tagtäglich herum, brutal; Frau Schmiedin! Respekt vor deiner Kunst! Du hämmerst dein Schicksal — den Stahl.

Eduard Fuchs Klassenkampf Rücksichtslos die Larve weg! Nicht die echte „Christenliebe", Räumt hinaus den Daseinsdreck. Nur der Logik wuchtge Hiebe, Nur der Einsicht scharfer Meißel, Daß zur Züchtung von Millionen Nötig ist die Hungergeißel, Die bekräftigt durch Kanonen.

Karl Kaiser Guter Rat Er hockt in keinem Gänsebache Der soziale Umsturzdrache, Er hockt im schwarzen Meer der Not, Filtrierts! Fangt ihn! Und haut ihn tot!

Epigrammatisches

Karl Kaiser Die kapitalistische Gesellschaft Du hämmerst im Feuer des Lebens auf uns Tagtäglich herum, brutal; Frau Schmiedin! Respekt vor deiner Kunst! Du hämmerst dein Schicksal — den Stahl.

Eduard Fuchs Klassenkampf Rücksichtslos die Larve weg! Nicht die echte „Christenliebe", Räumt hinaus den Daseinsdreck. Nur der Logik wuchtge Hiebe, Nur der Einsicht scharfer Meißel, Daß zur Züchtung von Millionen Nötig ist die Hungergeißel, Die bekräftigt durch Kanonen.

Karl Kaiser Guter Rat Er hockt in keinem Gänsebache Der soziale Umsturzdrache, Er hockt im schwarzen Meer der Not, Filtrierts! Fangt ihn! Und haut ihn tot!

Karl Kaiser Doppelbild Großartig ist das Bild der imposanten Millionenköpfgen Kampfumsdaseinschlacht, Jedoch beschau ich mir im einzelnen die Kombattanten, Dann ists ein Bild von kleinlich-schäbiger, hinterlistger Niedertracht!

Eduard Fuchs Sinngedicht Die Kröte sonnt behaglich sich im Sumpf Und bleibt im Schmutz der Faulheit liegen, Indes der Adler auf dem steilen Horst Es wagt, zur Sonn emporzufliegen.

Eduard Fuchs Göttin Elektra Gleichwie der elektrische Funken Hellsiegend die Erde umzieht, Daß ringsum die Nacht ist verschwunden Und Hochlicht strahlend erglüht, So ziehe das freie Forschen Hin über der Erde Rund, Es stürze der Lügen Throne, Tu Wahrheit den Menschen kund. Zum Sieg denn, Göttin Elektra!

Karl Kaiser Die Mutter Natur So wie gar viele Mütter sind, Ist die gute Mutter Natur, Der eine ist ihr Lieblingskind — Prügeljunge der andere nur. 64

Karl Kaiser Doppelbild Großartig ist das Bild der imposanten Millionenköpfgen Kampfumsdaseinschlacht, Jedoch beschau ich mir im einzelnen die Kombattanten, Dann ists ein Bild von kleinlich-schäbiger, hinterlistger Niedertracht!

Eduard Fuchs Sinngedicht Die Kröte sonnt behaglich sich im Sumpf Und bleibt im Schmutz der Faulheit liegen, Indes der Adler auf dem steilen Horst Es wagt, zur Sonn emporzufliegen.

Eduard Fuchs Göttin Elektra Gleichwie der elektrische Funken Hellsiegend die Erde umzieht, Daß ringsum die Nacht ist verschwunden Und Hochlicht strahlend erglüht, So ziehe das freie Forschen Hin über der Erde Rund, Es stürze der Lügen Throne, Tu Wahrheit den Menschen kund. Zum Sieg denn, Göttin Elektra!

Karl Kaiser Die Mutter Natur So wie gar viele Mütter sind, Ist die gute Mutter Natur, Der eine ist ihr Lieblingskind — Prügeljunge der andere nur. 64

Karl Kaiser Doppelbild Großartig ist das Bild der imposanten Millionenköpfgen Kampfumsdaseinschlacht, Jedoch beschau ich mir im einzelnen die Kombattanten, Dann ists ein Bild von kleinlich-schäbiger, hinterlistger Niedertracht!

Eduard Fuchs Sinngedicht Die Kröte sonnt behaglich sich im Sumpf Und bleibt im Schmutz der Faulheit liegen, Indes der Adler auf dem steilen Horst Es wagt, zur Sonn emporzufliegen.

Eduard Fuchs Göttin Elektra Gleichwie der elektrische Funken Hellsiegend die Erde umzieht, Daß ringsum die Nacht ist verschwunden Und Hochlicht strahlend erglüht, So ziehe das freie Forschen Hin über der Erde Rund, Es stürze der Lügen Throne, Tu Wahrheit den Menschen kund. Zum Sieg denn, Göttin Elektra!

Karl Kaiser Die Mutter Natur So wie gar viele Mütter sind, Ist die gute Mutter Natur, Der eine ist ihr Lieblingskind — Prügeljunge der andere nur. 64

Karl Kaiser Doppelbild Großartig ist das Bild der imposanten Millionenköpfgen Kampfumsdaseinschlacht, Jedoch beschau ich mir im einzelnen die Kombattanten, Dann ists ein Bild von kleinlich-schäbiger, hinterlistger Niedertracht!

Eduard Fuchs Sinngedicht Die Kröte sonnt behaglich sich im Sumpf Und bleibt im Schmutz der Faulheit liegen, Indes der Adler auf dem steilen Horst Es wagt, zur Sonn emporzufliegen.

Eduard Fuchs Göttin Elektra Gleichwie der elektrische Funken Hellsiegend die Erde umzieht, Daß ringsum die Nacht ist verschwunden Und Hochlicht strahlend erglüht, So ziehe das freie Forschen Hin über der Erde Rund, Es stürze der Lügen Throne, Tu Wahrheit den Menschen kund. Zum Sieg denn, Göttin Elektra!

Karl Kaiser Die Mutter Natur So wie gar viele Mütter sind, Ist die gute Mutter Natur, Der eine ist ihr Lieblingskind — Prügeljunge der andere nur. 64

Eduard Fuchs Der allergetreuesten Opposition Steißwackelnd, gemächlich, nur Schritt für Schritt, Ist eures Handelns Parole, Drum wünsche ich keck, daß einstens euch Der Teufel auch lotweis hole.

Karl Kaiser Die Gesindeordnung „Die preußische Gesindeordnung" — Wie schön im Wort der Sinn schon steckt! Denn „preußische Gesindelordnung" Heißt sie im Junkerdialekt!

Karl Kaiser Halbblut Jeden Proletarier der Fabrik, Der stolz erzählt, was seine Eltern noch besitzen, Den registrier ich flugs und auf den ersten Blick In die Rubrik der „eigentümlichen Mestizen".

Ernst Klaar Politische Bauernregeln Steht die Gesellschaft vor dem Bankrott, Schwärmt sie sehr für Kirch und Gott. Wollt ihr durchaus etwas verteuern, So legt einen Zoll auf neue Steuern.

Eduard Fuchs Der allergetreuesten Opposition Steißwackelnd, gemächlich, nur Schritt für Schritt, Ist eures Handelns Parole, Drum wünsche ich keck, daß einstens euch Der Teufel auch lotweis hole.

Karl Kaiser Die Gesindeordnung „Die preußische Gesindeordnung" — Wie schön im Wort der Sinn schon steckt! Denn „preußische Gesindelordnung" Heißt sie im Junkerdialekt!

Karl Kaiser Halbblut Jeden Proletarier der Fabrik, Der stolz erzählt, was seine Eltern noch besitzen, Den registrier ich flugs und auf den ersten Blick In die Rubrik der „eigentümlichen Mestizen".

Ernst Klaar Politische Bauernregeln Steht die Gesellschaft vor dem Bankrott, Schwärmt sie sehr für Kirch und Gott. Wollt ihr durchaus etwas verteuern, So legt einen Zoll auf neue Steuern.

Eduard Fuchs Der allergetreuesten Opposition Steißwackelnd, gemächlich, nur Schritt für Schritt, Ist eures Handelns Parole, Drum wünsche ich keck, daß einstens euch Der Teufel auch lotweis hole.

Karl Kaiser Die Gesindeordnung „Die preußische Gesindeordnung" — Wie schön im Wort der Sinn schon steckt! Denn „preußische Gesindelordnung" Heißt sie im Junkerdialekt!

Karl Kaiser Halbblut Jeden Proletarier der Fabrik, Der stolz erzählt, was seine Eltern noch besitzen, Den registrier ich flugs und auf den ersten Blick In die Rubrik der „eigentümlichen Mestizen".

Ernst Klaar Politische Bauernregeln Steht die Gesellschaft vor dem Bankrott, Schwärmt sie sehr für Kirch und Gott. Wollt ihr durchaus etwas verteuern, So legt einen Zoll auf neue Steuern.

Eduard Fuchs Der allergetreuesten Opposition Steißwackelnd, gemächlich, nur Schritt für Schritt, Ist eures Handelns Parole, Drum wünsche ich keck, daß einstens euch Der Teufel auch lotweis hole.

Karl Kaiser Die Gesindeordnung „Die preußische Gesindeordnung" — Wie schön im Wort der Sinn schon steckt! Denn „preußische Gesindelordnung" Heißt sie im Junkerdialekt!

Karl Kaiser Halbblut Jeden Proletarier der Fabrik, Der stolz erzählt, was seine Eltern noch besitzen, Den registrier ich flugs und auf den ersten Blick In die Rubrik der „eigentümlichen Mestizen".

Ernst Klaar Politische Bauernregeln Steht die Gesellschaft vor dem Bankrott, Schwärmt sie sehr für Kirch und Gott. Wollt ihr durchaus etwas verteuern, So legt einen Zoll auf neue Steuern.

Gäbs weniger Junker und wenger Mätressen, Hätten die Armen mehr zu essen. Den Völkern wär es schon ganz recht, Wenn Gott die Fürsten erhalten möcht. Mancher nennt sich von Gottes Gnaden, Und stützt sich doch allein auf Soldaten. Unsere heutige Moral Richtet sich ganz nach dem Kapital. Blüht der Weizen der Schienenflicker, Werden Pfaff und Landsknecht dicker. Kein Stand so üppig blüht und gedeiht, Als der Notstand zur Winterszeit. Wenn uns freie Bewegung verweigert wird, Die Bewegung dadurch nur gesteigert wird.

Eduard Fuchs Sittenbilder aus einer andern Welt Höhere Buben

Das Eiapopeia der Denkfaulheit Umnebelt sein Gehirne, In einer Hand die Morphiumspritz, Die andre preßt die Dirne. Er füttert sie mit Zuckerwerk, Mit goldenem Gebimmel, Sie weckt dafür die Liebesbrunst Dem impotenten Lümmel. Das sind die höhern Buben. 66

Gäbs weniger Junker und wenger Mätressen, Hätten die Armen mehr zu essen. Den Völkern wär es schon ganz recht, Wenn Gott die Fürsten erhalten möcht. Mancher nennt sich von Gottes Gnaden, Und stützt sich doch allein auf Soldaten. Unsere heutige Moral Richtet sich ganz nach dem Kapital. Blüht der Weizen der Schienenflicker, Werden Pfaff und Landsknecht dicker. Kein Stand so üppig blüht und gedeiht, Als der Notstand zur Winterszeit. Wenn uns freie Bewegung verweigert wird, Die Bewegung dadurch nur gesteigert wird.

Eduard Fuchs Sittenbilder aus einer andern Welt Höhere Buben

Das Eiapopeia der Denkfaulheit Umnebelt sein Gehirne, In einer Hand die Morphiumspritz, Die andre preßt die Dirne. Er füttert sie mit Zuckerwerk, Mit goldenem Gebimmel, Sie weckt dafür die Liebesbrunst Dem impotenten Lümmel. Das sind die höhern Buben. 66

Höhere Töchter

Im schwellenden Chaiselongue mit Nonchalance Rutscht sie herum, blickt fade, Sie liest sich dumm im Schundroman Und schlickert Limonade. Sie nennt plebejisch den, gemein, Der von „Natur" spricht kühner, Dafür des Nachts im Sinnenrausch Ergibt sie sich dem Diener. Das sind die höhern Töchter.

Emst Klaar Wie immer Wenn das Kalb ertrunken ist, Deckt man zu den Bronnen, Wenn das Volk erfroren ist, Wird zu baun begonnen. Wenn die Leichenwagen schwer Durch die Gassen keuchen, Denkt man an ein Schutzgesetz Gegen Menschenseuchen.

Ernst Klaar Antwort Warum nennt man die Kleinen „Dieb" Und Große „Kleptomanen"? Sehr einfach: Der Kleine ist nur arm, Der Große hat Geld und Ahnen.

Höhere Töchter

Im schwellenden Chaiselongue mit Nonchalance Rutscht sie herum, blickt fade, Sie liest sich dumm im Schundroman Und schlickert Limonade. Sie nennt plebejisch den, gemein, Der von „Natur" spricht kühner, Dafür des Nachts im Sinnenrausch Ergibt sie sich dem Diener. Das sind die höhern Töchter.

Emst Klaar Wie immer Wenn das Kalb ertrunken ist, Deckt man zu den Bronnen, Wenn das Volk erfroren ist, Wird zu baun begonnen. Wenn die Leichenwagen schwer Durch die Gassen keuchen, Denkt man an ein Schutzgesetz Gegen Menschenseuchen.

Ernst Klaar Antwort Warum nennt man die Kleinen „Dieb" Und Große „Kleptomanen"? Sehr einfach: Der Kleine ist nur arm, Der Große hat Geld und Ahnen.

Höhere Töchter

Im schwellenden Chaiselongue mit Nonchalance Rutscht sie herum, blickt fade, Sie liest sich dumm im Schundroman Und schlickert Limonade. Sie nennt plebejisch den, gemein, Der von „Natur" spricht kühner, Dafür des Nachts im Sinnenrausch Ergibt sie sich dem Diener. Das sind die höhern Töchter.

Emst Klaar Wie immer Wenn das Kalb ertrunken ist, Deckt man zu den Bronnen, Wenn das Volk erfroren ist, Wird zu baun begonnen. Wenn die Leichenwagen schwer Durch die Gassen keuchen, Denkt man an ein Schutzgesetz Gegen Menschenseuchen.

Ernst Klaar Antwort Warum nennt man die Kleinen „Dieb" Und Große „Kleptomanen"? Sehr einfach: Der Kleine ist nur arm, Der Große hat Geld und Ahnen.

Eduard Fuchs Wohlgemerkt Was „Mesalliance"? „Verdirbt die Rasse"? Wenn Geldsack sich mit Adel paart, Durch Raub sind beide groß geworden, Drum sind sie auch von einer Art.

Ernst Klaar Wie's gemacht wird Wenn Schurkereien ein „Edler" verübt Und die Sache ist nicht recht geglückt, Dann leistet die Sippe Schadenersatz Und erklärt ihren Schuft für verrückt. So kommt der Verbrecher ums Zuchthaus herum Und der Name verliert nichts an Glanz, Man bewegt in der „bessern Gesellschaft" sich Mit der früheren Eleganz.

Ernst Klaar Zeitbild Wer seinen Nebenmann erschlug, Weil Geld und Gut er bei sich trug, Dem legt man schnell und ohne Weil Den Nacken unters Henkerbeil. Doch wer die Proletarierbrut Hat ausgesogen bis aufs Blut, Der gilt als Zierde für den Staat Und wird Geheimer Kommerzienrat. 68

Eduard Fuchs Wohlgemerkt Was „Mesalliance"? „Verdirbt die Rasse"? Wenn Geldsack sich mit Adel paart, Durch Raub sind beide groß geworden, Drum sind sie auch von einer Art.

Ernst Klaar Wie's gemacht wird Wenn Schurkereien ein „Edler" verübt Und die Sache ist nicht recht geglückt, Dann leistet die Sippe Schadenersatz Und erklärt ihren Schuft für verrückt. So kommt der Verbrecher ums Zuchthaus herum Und der Name verliert nichts an Glanz, Man bewegt in der „bessern Gesellschaft" sich Mit der früheren Eleganz.

Ernst Klaar Zeitbild Wer seinen Nebenmann erschlug, Weil Geld und Gut er bei sich trug, Dem legt man schnell und ohne Weil Den Nacken unters Henkerbeil. Doch wer die Proletarierbrut Hat ausgesogen bis aufs Blut, Der gilt als Zierde für den Staat Und wird Geheimer Kommerzienrat. 68

Eduard Fuchs Wohlgemerkt Was „Mesalliance"? „Verdirbt die Rasse"? Wenn Geldsack sich mit Adel paart, Durch Raub sind beide groß geworden, Drum sind sie auch von einer Art.

Ernst Klaar Wie's gemacht wird Wenn Schurkereien ein „Edler" verübt Und die Sache ist nicht recht geglückt, Dann leistet die Sippe Schadenersatz Und erklärt ihren Schuft für verrückt. So kommt der Verbrecher ums Zuchthaus herum Und der Name verliert nichts an Glanz, Man bewegt in der „bessern Gesellschaft" sich Mit der früheren Eleganz.

Ernst Klaar Zeitbild Wer seinen Nebenmann erschlug, Weil Geld und Gut er bei sich trug, Dem legt man schnell und ohne Weil Den Nacken unters Henkerbeil. Doch wer die Proletarierbrut Hat ausgesogen bis aufs Blut, Der gilt als Zierde für den Staat Und wird Geheimer Kommerzienrat. 68

Karl Kaiser Epigramm Vernichtende Blicke schleudert der Freiherr, Verweigerst du hochseinem Stammbaum die Achtung, Aber auffressend beglotzt dich der Spieß, Verletzt du des Stammtischs hochheiligste Pachtung!

Eduard Fuchs Anstand Einen jeden nach seinem Befinden fragen, Glückwünschen ihm in guten Tagen, Mitfühlend seinen Schmerz beklagen, Und beileibe ja nicht die Wahrheit sagen.

Eduard Fuchs Ermahnung Üb immer Treu und Redlichkeit Im Dienst des Kapitals, Ob du auch selbst zugrunde gehst Im Hungerjoch des Baals. Des Deutschen Pflicht: Knechtseligkeit, Treu bis ans kühle Grab, Dann gehst du einst zum Himmel ein Als deutscher Musterknab.

Ernst Klaar An den Mond Guter Mond, du gehst so stille, Doch du weißt recht wohl warum, Weißt ja, daß das Leisetreten Ist beliebt beim Publikum. 69

Karl Kaiser Epigramm Vernichtende Blicke schleudert der Freiherr, Verweigerst du hochseinem Stammbaum die Achtung, Aber auffressend beglotzt dich der Spieß, Verletzt du des Stammtischs hochheiligste Pachtung!

Eduard Fuchs Anstand Einen jeden nach seinem Befinden fragen, Glückwünschen ihm in guten Tagen, Mitfühlend seinen Schmerz beklagen, Und beileibe ja nicht die Wahrheit sagen.

Eduard Fuchs Ermahnung Üb immer Treu und Redlichkeit Im Dienst des Kapitals, Ob du auch selbst zugrunde gehst Im Hungerjoch des Baals. Des Deutschen Pflicht: Knechtseligkeit, Treu bis ans kühle Grab, Dann gehst du einst zum Himmel ein Als deutscher Musterknab.

Ernst Klaar An den Mond Guter Mond, du gehst so stille, Doch du weißt recht wohl warum, Weißt ja, daß das Leisetreten Ist beliebt beim Publikum. 69

Karl Kaiser Epigramm Vernichtende Blicke schleudert der Freiherr, Verweigerst du hochseinem Stammbaum die Achtung, Aber auffressend beglotzt dich der Spieß, Verletzt du des Stammtischs hochheiligste Pachtung!

Eduard Fuchs Anstand Einen jeden nach seinem Befinden fragen, Glückwünschen ihm in guten Tagen, Mitfühlend seinen Schmerz beklagen, Und beileibe ja nicht die Wahrheit sagen.

Eduard Fuchs Ermahnung Üb immer Treu und Redlichkeit Im Dienst des Kapitals, Ob du auch selbst zugrunde gehst Im Hungerjoch des Baals. Des Deutschen Pflicht: Knechtseligkeit, Treu bis ans kühle Grab, Dann gehst du einst zum Himmel ein Als deutscher Musterknab.

Ernst Klaar An den Mond Guter Mond, du gehst so stille, Doch du weißt recht wohl warum, Weißt ja, daß das Leisetreten Ist beliebt beim Publikum. 69

Karl Kaiser Epigramm Vernichtende Blicke schleudert der Freiherr, Verweigerst du hochseinem Stammbaum die Achtung, Aber auffressend beglotzt dich der Spieß, Verletzt du des Stammtischs hochheiligste Pachtung!

Eduard Fuchs Anstand Einen jeden nach seinem Befinden fragen, Glückwünschen ihm in guten Tagen, Mitfühlend seinen Schmerz beklagen, Und beileibe ja nicht die Wahrheit sagen.

Eduard Fuchs Ermahnung Üb immer Treu und Redlichkeit Im Dienst des Kapitals, Ob du auch selbst zugrunde gehst Im Hungerjoch des Baals. Des Deutschen Pflicht: Knechtseligkeit, Treu bis ans kühle Grab, Dann gehst du einst zum Himmel ein Als deutscher Musterknab.

Ernst Klaar An den Mond Guter Mond, du gehst so stille, Doch du weißt recht wohl warum, Weißt ja, daß das Leisetreten Ist beliebt beim Publikum. 69

Auch erhielt so mancher Schwärmer, Der zu derb das Pflaster trat, Wegen nächtger Ruhestörung Ein gepfeffert Strafmandat.

Eduard Fuchs Kein Wunder Gemeinheit, Dummheit, Heuchelei Sind aus des Glaubens Sippe, Drum mästen sie sich allesamt Aus seiner Futterkrippe.

Ernst Klaar Einem Vorsichtigen Du schwankst nach rechts, du schwankst nach links Und wandelst sorgsam in der Mitte, Doch, wenn es einst zum Klappen kommt, Kriegst du von beiden Seiten Tritte.

Ernst Klaar Die Kirche „Mutter" nennt die Kirche sich, Hat gar viele Kinder, Leider doch erklärt sie die Allesamt für Sünder. Wenn die Kinder „sündig" sind, Sag, wer war der Vater? Lebst wohl gar in wilder Eh Mit 'nem Zölibater? 70

Auch erhielt so mancher Schwärmer, Der zu derb das Pflaster trat, Wegen nächtger Ruhestörung Ein gepfeffert Strafmandat.

Eduard Fuchs Kein Wunder Gemeinheit, Dummheit, Heuchelei Sind aus des Glaubens Sippe, Drum mästen sie sich allesamt Aus seiner Futterkrippe.

Ernst Klaar Einem Vorsichtigen Du schwankst nach rechts, du schwankst nach links Und wandelst sorgsam in der Mitte, Doch, wenn es einst zum Klappen kommt, Kriegst du von beiden Seiten Tritte.

Ernst Klaar Die Kirche „Mutter" nennt die Kirche sich, Hat gar viele Kinder, Leider doch erklärt sie die Allesamt für Sünder. Wenn die Kinder „sündig" sind, Sag, wer war der Vater? Lebst wohl gar in wilder Eh Mit 'nem Zölibater? 70

Auch erhielt so mancher Schwärmer, Der zu derb das Pflaster trat, Wegen nächtger Ruhestörung Ein gepfeffert Strafmandat.

Eduard Fuchs Kein Wunder Gemeinheit, Dummheit, Heuchelei Sind aus des Glaubens Sippe, Drum mästen sie sich allesamt Aus seiner Futterkrippe.

Ernst Klaar Einem Vorsichtigen Du schwankst nach rechts, du schwankst nach links Und wandelst sorgsam in der Mitte, Doch, wenn es einst zum Klappen kommt, Kriegst du von beiden Seiten Tritte.

Ernst Klaar Die Kirche „Mutter" nennt die Kirche sich, Hat gar viele Kinder, Leider doch erklärt sie die Allesamt für Sünder. Wenn die Kinder „sündig" sind, Sag, wer war der Vater? Lebst wohl gar in wilder Eh Mit 'nem Zölibater? 70

Auch erhielt so mancher Schwärmer, Der zu derb das Pflaster trat, Wegen nächtger Ruhestörung Ein gepfeffert Strafmandat.

Eduard Fuchs Kein Wunder Gemeinheit, Dummheit, Heuchelei Sind aus des Glaubens Sippe, Drum mästen sie sich allesamt Aus seiner Futterkrippe.

Ernst Klaar Einem Vorsichtigen Du schwankst nach rechts, du schwankst nach links Und wandelst sorgsam in der Mitte, Doch, wenn es einst zum Klappen kommt, Kriegst du von beiden Seiten Tritte.

Ernst Klaar Die Kirche „Mutter" nennt die Kirche sich, Hat gar viele Kinder, Leider doch erklärt sie die Allesamt für Sünder. Wenn die Kinder „sündig" sind, Sag, wer war der Vater? Lebst wohl gar in wilder Eh Mit 'nem Zölibater? 70

Eduard Fuchs Die Presse Es sei die Presse kein Köter, Der bauchrutscht spät und früh, Der einzig nur winselt und wedelt Als untertänigstes Vieh. Sie sei ein ernster Mahner Vom Geiste der Zeit beseelt, Der seine blitzende Klinge Im Kampf für Freiheit gestählt.

Eduard Fuchs Teutsche Erziehung Großgezogen mit Traktätchen, Xmal aufgewärmtem Kohl, Daß der Stuhlgang nimmer fehle, Richtig funktionier die Seele, Manchen Tritt aufs Kamisol. — Urgermane, Hundeseele, Daß dich doch der Teufel hol!

Eduard Fuchs „Kölnische Zeitung" Fruchtbar sind gewiß die Mäuse, Doch ist nicht zuviel gesprochen, Daß mit 50 neuen Lügen Täglich sie kommt in die Wochen. 71

Eduard Fuchs Die Presse Es sei die Presse kein Köter, Der bauchrutscht spät und früh, Der einzig nur winselt und wedelt Als untertänigstes Vieh. Sie sei ein ernster Mahner Vom Geiste der Zeit beseelt, Der seine blitzende Klinge Im Kampf für Freiheit gestählt.

Eduard Fuchs Teutsche Erziehung Großgezogen mit Traktätchen, Xmal aufgewärmtem Kohl, Daß der Stuhlgang nimmer fehle, Richtig funktionier die Seele, Manchen Tritt aufs Kamisol. — Urgermane, Hundeseele, Daß dich doch der Teufel hol!

Eduard Fuchs „Kölnische Zeitung" Fruchtbar sind gewiß die Mäuse, Doch ist nicht zuviel gesprochen, Daß mit 50 neuen Lügen Täglich sie kommt in die Wochen. 71

Eduard Fuchs Die Presse Es sei die Presse kein Köter, Der bauchrutscht spät und früh, Der einzig nur winselt und wedelt Als untertänigstes Vieh. Sie sei ein ernster Mahner Vom Geiste der Zeit beseelt, Der seine blitzende Klinge Im Kampf für Freiheit gestählt.

Eduard Fuchs Teutsche Erziehung Großgezogen mit Traktätchen, Xmal aufgewärmtem Kohl, Daß der Stuhlgang nimmer fehle, Richtig funktionier die Seele, Manchen Tritt aufs Kamisol. — Urgermane, Hundeseele, Daß dich doch der Teufel hol!

Eduard Fuchs „Kölnische Zeitung" Fruchtbar sind gewiß die Mäuse, Doch ist nicht zuviel gesprochen, Daß mit 50 neuen Lügen Täglich sie kommt in die Wochen. 71

Eduard Fuchs „Gartenlaube" Du hast schon gebetet, Du hast schon geflucht, In allen Sätteln geritten, Jetzt bist du verspätet Und nicht mehr gesucht; Das wird von keinem bestritten.

Eduard Fuchs Sozialreform Das hält bei Kongressen und bei Banketten Tiefgefühlte Entrüstungsreden, Indes mit sittlichem Behagen Denkt jeder nur an seinen Magen.

Ernst Klaar Göttliche Weltordnung „Göttlich" nennt ihr die Weltordnung? Ei, was seid ihr für Spötter! Teufel führen das Regiment, Aber keine Götter.

Eduard Fuchs Heute Die Knute geküßt Und nicht gemuckt, Vor jedem Höfling Devot sich geduckt, 72

Eduard Fuchs „Gartenlaube" Du hast schon gebetet, Du hast schon geflucht, In allen Sätteln geritten, Jetzt bist du verspätet Und nicht mehr gesucht; Das wird von keinem bestritten.

Eduard Fuchs Sozialreform Das hält bei Kongressen und bei Banketten Tiefgefühlte Entrüstungsreden, Indes mit sittlichem Behagen Denkt jeder nur an seinen Magen.

Ernst Klaar Göttliche Weltordnung „Göttlich" nennt ihr die Weltordnung? Ei, was seid ihr für Spötter! Teufel führen das Regiment, Aber keine Götter.

Eduard Fuchs Heute Die Knute geküßt Und nicht gemuckt, Vor jedem Höfling Devot sich geduckt, 72

Eduard Fuchs „Gartenlaube" Du hast schon gebetet, Du hast schon geflucht, In allen Sätteln geritten, Jetzt bist du verspätet Und nicht mehr gesucht; Das wird von keinem bestritten.

Eduard Fuchs Sozialreform Das hält bei Kongressen und bei Banketten Tiefgefühlte Entrüstungsreden, Indes mit sittlichem Behagen Denkt jeder nur an seinen Magen.

Ernst Klaar Göttliche Weltordnung „Göttlich" nennt ihr die Weltordnung? Ei, was seid ihr für Spötter! Teufel führen das Regiment, Aber keine Götter.

Eduard Fuchs Heute Die Knute geküßt Und nicht gemuckt, Vor jedem Höfling Devot sich geduckt, 72

Eduard Fuchs „Gartenlaube" Du hast schon gebetet, Du hast schon geflucht, In allen Sätteln geritten, Jetzt bist du verspätet Und nicht mehr gesucht; Das wird von keinem bestritten.

Eduard Fuchs Sozialreform Das hält bei Kongressen und bei Banketten Tiefgefühlte Entrüstungsreden, Indes mit sittlichem Behagen Denkt jeder nur an seinen Magen.

Ernst Klaar Göttliche Weltordnung „Göttlich" nennt ihr die Weltordnung? Ei, was seid ihr für Spötter! Teufel führen das Regiment, Aber keine Götter.

Eduard Fuchs Heute Die Knute geküßt Und nicht gemuckt, Vor jedem Höfling Devot sich geduckt, 72

Antichambriert, Den Rücken gekrümmt, Und nur nach gegebener Parole gestimmt — Das nennt man im Lande der Urteutonen Männerstolz vor Königsthronen.

Ernst Klaar Modernes Sozialisten töten und Ketzer braten Sind staatserhaltende Heldentaten.

Eduard Fuchs Merkts euch! Merkts euch! des Geldsacks protzge Narren, Es beugt vor eurem goldnen Karren Nicht jedermann demütig 's Knie; Und ihr, ihr adeligen Tröpfe, Meint nicht, es lassen alle Köpfe Ins Joch sich tun, wie dummes Vieh; Nicht jeder winselt heute Im Chor der Menschenmeute, Bei manchen gibt es nie Ein Bauchgerutsch und Schweifgewedel, Denn aufrecht geht ein Denkerschädel.

Ernst Klaar Angstmeierei Trägt einer 'ne Nelke, Oder gar roten Mohn, Da schrein schon die Spießer Über Revolution.

Antichambriert, Den Rücken gekrümmt, Und nur nach gegebener Parole gestimmt — Das nennt man im Lande der Urteutonen Männerstolz vor Königsthronen.

Ernst Klaar Modernes Sozialisten töten und Ketzer braten Sind staatserhaltende Heldentaten.

Eduard Fuchs Merkts euch! Merkts euch! des Geldsacks protzge Narren, Es beugt vor eurem goldnen Karren Nicht jedermann demütig 's Knie; Und ihr, ihr adeligen Tröpfe, Meint nicht, es lassen alle Köpfe Ins Joch sich tun, wie dummes Vieh; Nicht jeder winselt heute Im Chor der Menschenmeute, Bei manchen gibt es nie Ein Bauchgerutsch und Schweifgewedel, Denn aufrecht geht ein Denkerschädel.

Ernst Klaar Angstmeierei Trägt einer 'ne Nelke, Oder gar roten Mohn, Da schrein schon die Spießer Über Revolution.

Antichambriert, Den Rücken gekrümmt, Und nur nach gegebener Parole gestimmt — Das nennt man im Lande der Urteutonen Männerstolz vor Königsthronen.

Ernst Klaar Modernes Sozialisten töten und Ketzer braten Sind staatserhaltende Heldentaten.

Eduard Fuchs Merkts euch! Merkts euch! des Geldsacks protzge Narren, Es beugt vor eurem goldnen Karren Nicht jedermann demütig 's Knie; Und ihr, ihr adeligen Tröpfe, Meint nicht, es lassen alle Köpfe Ins Joch sich tun, wie dummes Vieh; Nicht jeder winselt heute Im Chor der Menschenmeute, Bei manchen gibt es nie Ein Bauchgerutsch und Schweifgewedel, Denn aufrecht geht ein Denkerschädel.

Ernst Klaar Angstmeierei Trägt einer 'ne Nelke, Oder gar roten Mohn, Da schrein schon die Spießer Über Revolution.

Antichambriert, Den Rücken gekrümmt, Und nur nach gegebener Parole gestimmt — Das nennt man im Lande der Urteutonen Männerstolz vor Königsthronen.

Ernst Klaar Modernes Sozialisten töten und Ketzer braten Sind staatserhaltende Heldentaten.

Eduard Fuchs Merkts euch! Merkts euch! des Geldsacks protzge Narren, Es beugt vor eurem goldnen Karren Nicht jedermann demütig 's Knie; Und ihr, ihr adeligen Tröpfe, Meint nicht, es lassen alle Köpfe Ins Joch sich tun, wie dummes Vieh; Nicht jeder winselt heute Im Chor der Menschenmeute, Bei manchen gibt es nie Ein Bauchgerutsch und Schweifgewedel, Denn aufrecht geht ein Denkerschädel.

Ernst Klaar Angstmeierei Trägt einer 'ne Nelke, Oder gar roten Mohn, Da schrein schon die Spießer Über Revolution.

Eduard Fuchs Trotzdem Und ob ihr geifert oder bellt, Das kann den Sozialist nicht kümmern, Der einstens auf des Mammons Trümmern Errichten wird die neue Welt.

Ernst Klaar Einem Dekorierten Der Orden auf deiner breiten Brust Kann meinen Neid nicht wecken, Mußt du doch mit dem kleinen Ding So manchen Schandfleck verdecken.

Ernst Klaar Einem Emporkömmling Du bist ein „großes Viech" geworden, Wie man im Volk zuweilen spricht — Ob aber Ochs, ob Pferd, ob Esel, Ergibt sich daraus leider nicht.

Emst Klaar An einen Streber Gar manch Semester hast du absolviert, Jetzt bist du Hofrat, edler Herr Professor — Die Griechen hast du sehr genau studiert, Das Kriechen doch verstehst du noch viel besser. 74

Eduard Fuchs Trotzdem Und ob ihr geifert oder bellt, Das kann den Sozialist nicht kümmern, Der einstens auf des Mammons Trümmern Errichten wird die neue Welt.

Ernst Klaar Einem Dekorierten Der Orden auf deiner breiten Brust Kann meinen Neid nicht wecken, Mußt du doch mit dem kleinen Ding So manchen Schandfleck verdecken.

Ernst Klaar Einem Emporkömmling Du bist ein „großes Viech" geworden, Wie man im Volk zuweilen spricht — Ob aber Ochs, ob Pferd, ob Esel, Ergibt sich daraus leider nicht.

Emst Klaar An einen Streber Gar manch Semester hast du absolviert, Jetzt bist du Hofrat, edler Herr Professor — Die Griechen hast du sehr genau studiert, Das Kriechen doch verstehst du noch viel besser. 74

Eduard Fuchs Trotzdem Und ob ihr geifert oder bellt, Das kann den Sozialist nicht kümmern, Der einstens auf des Mammons Trümmern Errichten wird die neue Welt.

Ernst Klaar Einem Dekorierten Der Orden auf deiner breiten Brust Kann meinen Neid nicht wecken, Mußt du doch mit dem kleinen Ding So manchen Schandfleck verdecken.

Ernst Klaar Einem Emporkömmling Du bist ein „großes Viech" geworden, Wie man im Volk zuweilen spricht — Ob aber Ochs, ob Pferd, ob Esel, Ergibt sich daraus leider nicht.

Emst Klaar An einen Streber Gar manch Semester hast du absolviert, Jetzt bist du Hofrat, edler Herr Professor — Die Griechen hast du sehr genau studiert, Das Kriechen doch verstehst du noch viel besser. 74

Eduard Fuchs Trotzdem Und ob ihr geifert oder bellt, Das kann den Sozialist nicht kümmern, Der einstens auf des Mammons Trümmern Errichten wird die neue Welt.

Ernst Klaar Einem Dekorierten Der Orden auf deiner breiten Brust Kann meinen Neid nicht wecken, Mußt du doch mit dem kleinen Ding So manchen Schandfleck verdecken.

Ernst Klaar Einem Emporkömmling Du bist ein „großes Viech" geworden, Wie man im Volk zuweilen spricht — Ob aber Ochs, ob Pferd, ob Esel, Ergibt sich daraus leider nicht.

Emst Klaar An einen Streber Gar manch Semester hast du absolviert, Jetzt bist du Hofrat, edler Herr Professor — Die Griechen hast du sehr genau studiert, Das Kriechen doch verstehst du noch viel besser. 74

Karl Kaiser Bemerkung Herrlich, Herr, sind deine Werke! Jedes darf sich sehen lassen! Doch, daß du auch Biedermänner Schufst, kann ich nicht recht erfassen.

Ernst Klaar An die Absolutisten Wo viele das Wort, das große, führen, Da ist nicht immer gut zu regieren, Doch ist auch dort gar manches faul, Wo einer nur hat das große Maul.

Ernst Klaar Ein vornehmes Weib Du blickst herab auf die Straßendirn Mit der Miene der Pharisäer, Und hast dich selbst verkauft deinem Mann, Nur war der Preis etwas höher.

Ernst Klaar Philosophie Es gibt nur eine Philosophie: Die Philosophie des Magens — Doch scheidet man in zwei Teile sie: Des Hungerns und die des Behagens. 8

Klassenkampf

Karl Kaiser Bemerkung Herrlich, Herr, sind deine Werke! Jedes darf sich sehen lassen! Doch, daß du auch Biedermänner Schufst, kann ich nicht recht erfassen.

Ernst Klaar An die Absolutisten Wo viele das Wort, das große, führen, Da ist nicht immer gut zu regieren, Doch ist auch dort gar manches faul, Wo einer nur hat das große Maul.

Ernst Klaar Ein vornehmes Weib Du blickst herab auf die Straßendirn Mit der Miene der Pharisäer, Und hast dich selbst verkauft deinem Mann, Nur war der Preis etwas höher.

Ernst Klaar Philosophie Es gibt nur eine Philosophie: Die Philosophie des Magens — Doch scheidet man in zwei Teile sie: Des Hungerns und die des Behagens. 8

Klassenkampf

Karl Kaiser Bemerkung Herrlich, Herr, sind deine Werke! Jedes darf sich sehen lassen! Doch, daß du auch Biedermänner Schufst, kann ich nicht recht erfassen.

Ernst Klaar An die Absolutisten Wo viele das Wort, das große, führen, Da ist nicht immer gut zu regieren, Doch ist auch dort gar manches faul, Wo einer nur hat das große Maul.

Ernst Klaar Ein vornehmes Weib Du blickst herab auf die Straßendirn Mit der Miene der Pharisäer, Und hast dich selbst verkauft deinem Mann, Nur war der Preis etwas höher.

Ernst Klaar Philosophie Es gibt nur eine Philosophie: Die Philosophie des Magens — Doch scheidet man in zwei Teile sie: Des Hungerns und die des Behagens. 8

Klassenkampf

Karl Kaiser Bemerkung Herrlich, Herr, sind deine Werke! Jedes darf sich sehen lassen! Doch, daß du auch Biedermänner Schufst, kann ich nicht recht erfassen.

Ernst Klaar An die Absolutisten Wo viele das Wort, das große, führen, Da ist nicht immer gut zu regieren, Doch ist auch dort gar manches faul, Wo einer nur hat das große Maul.

Ernst Klaar Ein vornehmes Weib Du blickst herab auf die Straßendirn Mit der Miene der Pharisäer, Und hast dich selbst verkauft deinem Mann, Nur war der Preis etwas höher.

Ernst Klaar Philosophie Es gibt nur eine Philosophie: Die Philosophie des Magens — Doch scheidet man in zwei Teile sie: Des Hungerns und die des Behagens. 8

Klassenkampf

Eduard Fuchs Merkreime I. Nicht den geehrt, der wohlgenährt Sich mästet von den Pfründen, Nur der ists wert, der sich bewährt Und Neues wagt zu künden. II.

Wir hassen jeden faulen Bauch, Wir hassen jeden Volksverächter, Macht einer gar in „Volkswohl" auch, So danken wir mit Hohngelächter. III.

Mit Winseln und mit Beten Wird keine Not gestillt, Und auch mit frommem Trösten Kein leerer Bauch gefüllt.

Eduard Fuchs Stammbuchvers Verhungert nur, ihr „deutschen Dichter", Im Land der Dichter und Denker, Vergesset aber vorher nie: Daß es auch Richter hat und Henker.

Eduard Fuchs Ungeniert Nur ungeniert hineingefaßt Und mit dem Handschuh weg, Wenn oben es auch klar erscheint, Am Boden sitzt der Dreck. 76

Eduard Fuchs Merkreime I. Nicht den geehrt, der wohlgenährt Sich mästet von den Pfründen, Nur der ists wert, der sich bewährt Und Neues wagt zu künden. II.

Wir hassen jeden faulen Bauch, Wir hassen jeden Volksverächter, Macht einer gar in „Volkswohl" auch, So danken wir mit Hohngelächter. III.

Mit Winseln und mit Beten Wird keine Not gestillt, Und auch mit frommem Trösten Kein leerer Bauch gefüllt.

Eduard Fuchs Stammbuchvers Verhungert nur, ihr „deutschen Dichter", Im Land der Dichter und Denker, Vergesset aber vorher nie: Daß es auch Richter hat und Henker.

Eduard Fuchs Ungeniert Nur ungeniert hineingefaßt Und mit dem Handschuh weg, Wenn oben es auch klar erscheint, Am Boden sitzt der Dreck. 76

Eduard Fuchs Merkreime I. Nicht den geehrt, der wohlgenährt Sich mästet von den Pfründen, Nur der ists wert, der sich bewährt Und Neues wagt zu künden. II.

Wir hassen jeden faulen Bauch, Wir hassen jeden Volksverächter, Macht einer gar in „Volkswohl" auch, So danken wir mit Hohngelächter. III.

Mit Winseln und mit Beten Wird keine Not gestillt, Und auch mit frommem Trösten Kein leerer Bauch gefüllt.

Eduard Fuchs Stammbuchvers Verhungert nur, ihr „deutschen Dichter", Im Land der Dichter und Denker, Vergesset aber vorher nie: Daß es auch Richter hat und Henker.

Eduard Fuchs Ungeniert Nur ungeniert hineingefaßt Und mit dem Handschuh weg, Wenn oben es auch klar erscheint, Am Boden sitzt der Dreck. 76

Karl Kaiser Landagitationsregel Winzger Misthaufen, winzige Hütte, „Besitzer" kommt sicher in unsere Mitte; Protzges Bauernhaus, protzger Mist, Spar deine Mühe, Freund Sozialist!

Eduard Fuchs Die Proletarierin Mit 40 Pfennig Tag für Tag Fürwahr ein elend Leben, Was Wunder, daß sie sich nun jetzt Der Unzucht hat ergeben? Das ist gemein!

Eduard Fuchs Die höhere Tochter Wurd einem Schwachkopf angetraut, Als Mitgift hohe Renten, Sie tauschte ein die „Exzellenz", Dafür läßt sie sich schänden. Das ist modern!

Eduard Fuchs Pflicht Trotzig kämpfen, nicht verzagen, Kalten Blutes alles wagen, Nur nach Recht und Wahrheit fragen, Mußt die Schlacht des Lebens schlagen. 8»

Karl Kaiser Landagitationsregel Winzger Misthaufen, winzige Hütte, „Besitzer" kommt sicher in unsere Mitte; Protzges Bauernhaus, protzger Mist, Spar deine Mühe, Freund Sozialist!

Eduard Fuchs Die Proletarierin Mit 40 Pfennig Tag für Tag Fürwahr ein elend Leben, Was Wunder, daß sie sich nun jetzt Der Unzucht hat ergeben? Das ist gemein!

Eduard Fuchs Die höhere Tochter Wurd einem Schwachkopf angetraut, Als Mitgift hohe Renten, Sie tauschte ein die „Exzellenz", Dafür läßt sie sich schänden. Das ist modern!

Eduard Fuchs Pflicht Trotzig kämpfen, nicht verzagen, Kalten Blutes alles wagen, Nur nach Recht und Wahrheit fragen, Mußt die Schlacht des Lebens schlagen. 8»

Karl Kaiser Landagitationsregel Winzger Misthaufen, winzige Hütte, „Besitzer" kommt sicher in unsere Mitte; Protzges Bauernhaus, protzger Mist, Spar deine Mühe, Freund Sozialist!

Eduard Fuchs Die Proletarierin Mit 40 Pfennig Tag für Tag Fürwahr ein elend Leben, Was Wunder, daß sie sich nun jetzt Der Unzucht hat ergeben? Das ist gemein!

Eduard Fuchs Die höhere Tochter Wurd einem Schwachkopf angetraut, Als Mitgift hohe Renten, Sie tauschte ein die „Exzellenz", Dafür läßt sie sich schänden. Das ist modern!

Eduard Fuchs Pflicht Trotzig kämpfen, nicht verzagen, Kalten Blutes alles wagen, Nur nach Recht und Wahrheit fragen, Mußt die Schlacht des Lebens schlagen. 8»

Karl Kaiser Landagitationsregel Winzger Misthaufen, winzige Hütte, „Besitzer" kommt sicher in unsere Mitte; Protzges Bauernhaus, protzger Mist, Spar deine Mühe, Freund Sozialist!

Eduard Fuchs Die Proletarierin Mit 40 Pfennig Tag für Tag Fürwahr ein elend Leben, Was Wunder, daß sie sich nun jetzt Der Unzucht hat ergeben? Das ist gemein!

Eduard Fuchs Die höhere Tochter Wurd einem Schwachkopf angetraut, Als Mitgift hohe Renten, Sie tauschte ein die „Exzellenz", Dafür läßt sie sich schänden. Das ist modern!

Eduard Fuchs Pflicht Trotzig kämpfen, nicht verzagen, Kalten Blutes alles wagen, Nur nach Recht und Wahrheit fragen, Mußt die Schlacht des Lebens schlagen. 8»

ANHANG

Anmerkungen zur Einleitung

1 Vorwärts! Eine Sammlung von Gedichten für das arbeitende Volk. Zusammengest. u. hg. v. Rudolf Lavant. Berlin 1884; Stimmen der Freiheit. Blütenlese der hervorragendsten Schöpfungen unserer Arbeiter- und Volksdichter. Hg. v. Konrad Beißwanger. Nürnberg 1899; Buch der Freiheit. Gesammelt u. hg. v. Karl Henckell. Berlin 1893; Von unten auf. Ein neues Buch der Freiheit. Gesammelt u. Zusammengest, v. Franz Diederich. Berlin 1911; Deutsche Arbeiter-Dichtung. Eine Anzahl Lieder und Gedichte deutscher Proletarier. Stuttgart 1893. 5 Bd. 2 In eigener Sache. Redaktionelle Stellungnahme. In: Süddeutscher Postillon 13(1894) 15/282. 3 Die Anthologie „Aus dem Klassenkampf" ist nicht die einzige selbständige Schrift, die aufgrund von Veröffentlichungen im „Süddeutschen Postillon" zusammengestellt wurde. So gingen aus Abdrucken in dieser Zeitschrift u. a. hervor „Gedanken eines arbeitslosen Philosophen", „Schlagende Wetter. Gedichte", „1848 in der Karikatur", „Gesellschafts-Satiren" (alle erschienen im Verlag M.. Ernst, München). 4 Zum Teil wurden diese Gedichte bei der Erstveröffentlichung auch unter einem anderen Titel abgedruckt. Einige hier aufgenommene Gedichte Kaisers erschienen zum Beispiel im „Süddeutschen Postillon" unter der Sammelbezeichnung „Federzeichnungen". Einige Gedichte, so zum Beispiel „Begräbnis" von Ernst Klaar, wurden für die Anthologie überarbeitet. 5 Redaktionelle Anzeige. In: Der Wahre Jakob (1895). 22/242, v. 2. 11., S. 2044. 6 Vgl. Textauswahl zum Literaturunterricht in den Klassen 11 und 12. Berlin 1972, S. 89. 7 Buch der Freiheit, a. a. O., S. V. 8 Geschichte der deutschen Literatur. Von den Anfangen bis zur Gegenwart. Bd. 8/2: Von 1830 bis zum Ausgang des 19. Jahrhunderts. Von einem Autorenkollektiv. Leitung u. Gesamtbearb. Kurt Böttcher. Berlin 1975, S. 949. 9 Eduard Fuchs: Rezension der Anthologie „Buch der Freiheit" (Berlin 1893). In: Süddeutscher Postillon 13 (1894) 5/273. 10 Leopold Jacoby rezensierte im „Süddeutschen Postillon" 13 (1894) 12/280 die Anthologie „Aus dem K l a s s e n k a m p f . In dieser Rezension schrieb er u. a.: „Ein Gedichtbuch, im frischen, lebendigen Kampf der Gegenwart entstanden.

81

Es spiegelt in hundert wechselnden Bildern die herzzerreißende Not und das Elend des Volkes, aber auch seinen trotzigen Widerstand, sein fortwährend anschwellendes Kraftbewußtsein und den wilden, köstlichen Humor des Volkes wieder. Mag auch die Sprache hier und da noch rauh, nicht gefühlt oder gar knorrig erscheinen, das Herzblut des Proletariats rollt und pulsiert in diesen Liedern, in diesen keck hingeworfenen Federzeichnungen und Sinngedichten, die zum Teil schneidend scharf oder wie mit Hammerschlägen wirken . . . Aber die Not liegt nicht mehr fest an der Kette, man hört die Kette der Gequälten nicht mehr bloß klirren, sondern schon sieht man vereinzelt Glieder der Kette sich lösen. Und diese tatsächliche Wahrheit wird in schöner Weise vorausgefühlt in dem Gedicht ,Hammerschläge', darin auch das Volksliedartige in der Form glücklich und anmutig gewahrt und getroffen ist . . . Diese Reinheit der Form wird freilich nicht in allen Gedichten erreicht; dafür wird der Leser aber fast überall durch scharfe, körperlich ausgeprägte Darstellung der Gegensätze in den vorgeführten Lebensbildern des Volkes entschädigt . . . Das ganze Buch stellt lebendig dar, was Eduard Fuchs zum Titel eines Gedichts gewählt hat: ,Das Erwachen einer Welt' . . . Am Schluß des internationalen Kongresses zu Zürich sprach Engels mit dem Hinweis auf diesen frischen Humor des Volkes im Kampf gegen das Sozialistengesetz die Worte aus, und die Vertreter der Nationen der Erde jubelten ihm zu: ,Ein Volk, ein Proletar, das diese Kampfesfrische bewahrt, ist unbesiegbar!' Möge kein Arbeiter und Arbeiterfreund versäumen, dies Büchlein sich zu erwerben." 11 Brief von Friedrich Engels an Karl Kautsky vom 21. 5. 1889. In: Friedrich Engels' Briefwechsel mit Karl Kautsky. Wien 1950. 12 Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der Sozialdemokratischen Partei. Abgehalten zu Erfurt 1891. Berlin 1891, S. 275. 13 Eduard Fuchs: Der Erste Mai im Bilde. In: Süddeutscher Postillon 17 (1898) 10/382, S. 7 9 - 8 0 . 14 Bekritteltes. In: Süddeutscher Postillon 13 (1894) 19/287. 15 Weitere biographische Angaben sind in einem im Stadtarchiv München verwahrten, am 24. 10. 1890 angelegten Polizeimeldebogen enthalten. Demnach hielt sich Fuchs seit dem 18. 10. 1890 in München auf. Sein vorangegangener Wohnsitz war Stuttgart. Am 4. 4. 1896 heiratete er die in Stuttgart geborene Frieda Schön. Am 15. 5. 1897 wurde die Tochter Gertraud geboren. Ab 5. 11. 1901 wohnte Fuchs in Zehlendorf, Kreis Teltow. 16 Anon.: Fuchsens Heimkehr. In: Süddeutscher Postillon 18 (1899) 12/411, S. 99. 17 Eduard Fuchs: In eigener Sache. In: Süddeutscher Postillon 13 (1894) 15/282. 18 Lexikon sozialistischer deutscher Literatur. Von den Anfangen bis 1945. Monographisch-biographische Darstellungen. Halle 1963, S. 181. 19 Eduard Fuchs: 7 Jahre Sowjetrußland. In: Das neue Rußland (1924) 7/8 (November/Dezember). 20 So zum Beispiel schrieb er: „Zum deutschen Schrifttum vom 15. bis zum frühen 16. Jahrhundert. Neudrucke und Untersuchungen." In: Euphorion. Zeitschrift für Literaturgeschichte. (1930) Bd. 31, H. 4, S. 616ff.

82

21 Manfred Wittich: Goethe-Prometheus. Zu Goethes 150. Geburtstag, den 28. August 1899. I n : Süddeutscher Postillon 23 (1899) 17/416, S. 138. 22 Eduard Fuchs: Gedanken eines arbeitslosen Philosophen. I n : Süddeutscher Postillon 15 (1896) 6/326, S. 42. 23 Fuchs veröffentlichte im „Süddeutschen Postillon" Auszüge aus „Es werde Licht", „Indische Sprüche", aus „Der deutschen Sprache Lobgesang", Gedichte wie „Unterricht im Sozialismus", „Gegenwart", „Karl Marx' Totenfeier im Cooper-House zu New Y o r k " , „Wissen und Nichtwissen", „Mammons Ende" u. a. Ebenso besprach Fuchs Jacobys „Cunita. Ein Gedicht aus Indien". Er veröffentlichte in späteren Jahren, so z. B. 1902, Aufsätze über Jacoby, rezensierte die 4. Auflage von „Es werde Licht" (1893) und druckte im „Süddeutschen Postillon" einen Auszug aus „Leopold Jacoby. Ein Lebensmärchen" von Minna Geib (München

1893) ab. 1896 verfaßte er einen

Nachruf auf den Dichter. 24 Stimmen der Freiheit, a. a. O., S. 359. 25 Diese Kapuzinerpredigt in Schillers „Wallenstein" ist wiederum z. T. wörtlich an eine Schrift des volkstümlichen Predigers Abraham a Santa Clara aus dem Jahre 1687 angelehnt. 26 Emst Engelberg: Deutschland von 1871 bis 1897. Deutschland in der Übergangsperiode zum Imperialismus. Berlin 1965, S. 315. 27 Über die Rolle des Balladesken in der sozialistischen Dichtung vgl. — Horst Haase: Ins Zentrum: das Balladeske. I n : Weimarer Beiträge (1964) 1, S. 3—30. 28 Lexikon sozialistischer deutscher Literatur, a. a. O., S. 288. 29 Eduard Fuchs: Gedanken eines arbeitslosen Philosophen. I n : Süddeutscher Postillon 18 (1899) 25/424, S. 210. 30 Eduard Fuchs: Bourgeois- und Proletarierkunst. In: Süddeutscher Postillon 12(1893) 15. 31 Franz Mehring: Der heutige Naturalismus. I n : F . M . : Gesammelte Schriften. Hg. v. Thomas Höhle; Hans K o c h ; Josef Schleifstein. Bd. 11: Aufsätze zur deutschen Literatur von Hebbel bis Schweichel. Hg. v. Hans Koch. Berlin 1961, S. 132. 32 Johannes Klein: Arbeiterdichtung. I n : Archiv für Sozialgeschichte. Hg. v. der Friedrich-Ebert-Stiftung. Bd. 3, Hannover 1963, S. 266. 33 Alfred Kurella: Die Reserven der proletarisch-revolutionären Literatur in den kapitalistischen Ländern. I n : Zur Tradition der sozialistischen Literatur in Deutschland. Berlin—Weimar 1967, S. 303.

83

Anmerkungen zu den Texten

SP = Süddeutscher Postillon, München. Eduard Fuchs: Der Prometheus unserer Zeit. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 9. Karl Kaiser: Ode an die „Schönheitler". Erstveröffentlichung: SP 12 (1893) 5. Karl Kaiser: Wahrheitsdrang. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 16. Eduard Fuchs: Ein Nichtglaubens-Bekenntnis. Erstveröffentlichung: SP 12 (1893) 10. Karl Kaiser: Der erste Schritt. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 19. S. 9 retirieren : fliehen, zurückweichen. Eduard Fuchs: Soll und Haben. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 13. Ernst Klaar: Der Besitz. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 9. Ernst Klaar: Die Arbeit. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 9. Eduard Fuchs: Dichter, da ist dein Platz! Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 11. Ernst Klaar: Proletarierlos. Erstveröffentlichung: SP 10 (1891) 14. Karl Kaiser: Arbeiter-Idylle. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 15. Karl Kaiser: Der Schuhmachermeister. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 12. Eduard Fuchs: Die Lumpenkäthe. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 12.

84

S. 19 Vettel: Schimpfwort für eine alte Frau. Karl Kaiser: „König Pullman". Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 14. S. 19 George Mortimer Pullman (geb. 1831, gest. 1897) war ein nordamerikanischer Industrieller. Bekannt wurde er durch den Bau luxuriöser Schlaf-, Speise- und Salonwagen, den sog. „Pullman-Wagen". Er gründete 1867 in Chicago die Pullman-Palace-Car-Company (später Pullman-Company) und 1880 die Chicagoer Vorstadt Pullman als Arbeitersiedlung. Karl Kaiser: Menschengeburt. S. 20 per Chais': mit dem Wagen. Ernst Klaar: Begräbnis. Erstveröffentlichung: SP 10 (1891) 4. S. 24 Kondukt: Trauergefolge. Das Gedicht wurde gegenüber der Erstveröffentlichung für die Aufnahme in die Anthologie verändert. In der ursprünglichen Fassung lautete die letzte von fünf Strophen: Das Beste aber taten die/Gendarmen ohne Zweifel:/Sie haben begleitet den Trauerzug/Und die Retter gejagt zum Teufel. Karl Kaiser: Zeitgemäß. Erstveröffentlichung: SP II (1892) 17. S. 24 Säkulum: das Jahrhundert. Ernst Klaar: Dem Andenken der Kommune. Erstveröffentlichung: SP 12 (1893) 6. S. 27 Füsillade : Massenerschießung. Eduard Fuchs: Karfreitagsklänge. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 8. Ernst Klaar: Maiengruß. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 9. Karl Kaiser: Proletarier-Pfingsten. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 12. S. 30 Volapük: Wie Esperanto eine Welthilfssprache, Kunstsprache. Ernst Klaar: Hammerlied. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 9. Ernst Klaar: Weihnacht. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 26. Ernst Klaar: Freie Presse. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 11. Karl Kaiser: „Einerseits und anderseits". Eine Professorenstudie. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 14.

85

Karl Kaiser: Sitte. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 10. S. 36 Memphis: antike Königsresidenz, zeitweilig die Hauptstadt Ägyptens, am linken Nilufer oberhalb Kairos gelegen. Pharao: Titel altägyptischer Könige. Osiris: Altägyptischer Gott der Fruchtbarkeit. Ernst Klaar: Wie der Zar lebt. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 20. Eduard Fuchs: Antisemitismus. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 23. Ernst Klaar: Die Tugendrose. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 10. S. 38 Die Tugendrose war aus Gold gefertigt und eine kirchliche Auszeichnung. Sie wurde seit Leo IX (1046) alljährlich an höhere päpstliche Beamte, später nur noch an Frauen der herrschenden Klassen verliehen. Ernst Klaar: Oben und Unten. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 17. Eduard Fuchs: An der Wende. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 9. S. 40 Mene tekel upharsin\ (genauer: Meneh tekel u pharsin). Warnzeichen, angeblich die Worte der Geisterschrift beim Gastmahl des babylonischen Königs Belsazar. Sie sollen seinen Untergang verkündet haben: „Gewogen und zu leicht befunden." Ernst Klaar: Der Selbstmörder. S. 42 der Glast : oberdeutsch und dichterisch für Glanz. Karl Kaiser: Gut denn. Erstveröffentlichung: SP 12 (1893) 8. Karl Kaiser: Kurze und derbe Kapuzinerpredigt des Dr. Karl Grobianus an sämtliche Halb- und Ganzmastbürger. Erstveröffentlichung: SP 12 (1893) 8. Eduard Fuchs: An die Bourgeoisie. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 12. Karl Kaiser: Werkstattphantasie. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 9. Karl Kaiser: Fabriklerlied. Erstveröffentlichung: SP 12(1893) 11. Eduard Fuchs: Das Erwachen einer Welt. Erstveröffentlichung: SP 12(1893) 6.

86

Karl Kaiser: Auch dann nicht. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 14. Karl Kaiser: Die Indifferenten. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 11. Karl Kaiser: Die ersten Maschinen. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 14. Karl Kaiser: Antagonismus. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 20. Eduard Fuchs: Verbrechen. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 24. Eduard Fuchs: Kleinbürgerlicher Sozialist. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 22. S. 55 die Gant: öffentliche Versteigerung. Eduard Fuchs: Skeptizismus. Erstveröffentlichung: SP 12 (1893) 7. Karl Kaiser: Der tuberkulöse Spatz. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 9. Karl Kaiser: Im Herbst. S. 57 Feldsteißler: Feldhüter. Karl Kaiser: Der Schmuggler. S. 57 die „Gottespest":

eine unter dem Sozialistengesetz verbotene Broschüre von

Johann Most. Eduard Fuchs: Radler-Lieder. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 8. S. 61 die heiige Hermandad: Spottbezeichnung für die Bismarck-Polizei, geht zurück auf das spanische Wort „ H e r m a n d a d " (Bruderschaft). Die Hermandad war in Spanien das monarchistische Instrument der Landfriedenssicherung. Eduard Fuchs: Es muß. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 18. Karl Kaiser: Die kapitalistische Gesellschaft. Erstveröffentlichung: SP 12 (1893) 9. Eduard Fuchs: Klassenkampf. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 24. Karl Kaiser: Guter Rat. Erstveröffentlichung: SP 12 (1893) 9.

87

Karl Kaiser: Doppelbild. Erstveröffentlichung: SP 12(1893) 14. S. 64 Kombattant : Heeresangehöriger, Kämpfer. Eduard Fuchs: Der allergetreuesten Opposition. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 26. Karl Kaiser: Halbblut. Erstveröffentlichung: SP 12(1893) 14. S. 65 Mestize:

Mischling.

Eduard Fuchs: Sittenbilder aus einer anderen Welt. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 22. Eduard Fuchs: Wohlgemerkt. S. 68 Mesalliance:

Mißheirat.

Ernst Klaar: Zeitbild. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 22. S. 68 Geheimer Kommerzienrat: Ehrentitel, der bis 1919 an Repräsentanten des Wirtschaftslebens vergeben wurde. Eduard Fuchs: Anstand. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 25. Eduard Fuchs: Ermahnung. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 21. Ernst Klaar: An den Mond. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 21. Eduard Fuchs: Kein Wunder. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 26. Emst Klaar: Die Kirche. Erstveröffentlichung: SP 12 (1893) 5. S. 70 Zölibater: Ehelosigkeit.

Vertreter der gesetzlichen Ehelosigkeit der Geistlichen. Zölibat:

Eduard Fuchs: Teutsche Erziehung. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 9. S. 71 der Traktat: Abhandlung. Kamisol: Unterjacke. Eduard Fuchs: „Kölnische Zeitung". S. 71 Die überregionale bürgerliche „Kölnische Zeitung" erschien wöchentlich vierzehnmal in Köln. Sie stand der 1868 gegründeten Deutschen Volkspartei nahe, unterhielt in Berlin ein großes Redaktionsbüro und verfügte über Zweigstellen

88

in den Großstädten Deutschlands sowie im Ausland. Sie ging hervor aus der seit 1651 regelmäßig erscheinenden „Postzeitung", trug seit 1794 die Bezeichnung „Postamtszeitung" und führte seit 1798 den Titel „Kölnische Zeitung". Ende des zweiten Weltkrieges stellte sie ihr Erscheinen ein. Eduard Fuchs: „Gartenlaube". S. 72 Die „Gartenlaube" war eine weitverbreitete illustrierte Wochenzeitschrift. Als liberales Unterhaltungsblatt wurde sie 1853 von Ernst Keil in Leipzig gegründet. Ab 1884 erschien sie in Stuttgart, ab 1903 in Berlin. Seit 1938 bis zum Jahre 1944 trug die bekannteste Familienzeitschrift des deutschen Bürgertums den Titel „Die neue Gartenlaube". Eduard Fuchs: Heute. Erstveröffentlichung: SP 12 (1893) 4. S. 73 chambrieren: katzbuckeln, kriechen. Eduard Fuchs: Modernes. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 24. Ernst Klaar: Einem Emporkömmling. Erstveröffentlichung: SP 12 (1893) 5. Ernst Klaar: Einem Streber. Erstveröffentlichung: SP 12 (1893) 9. Karl Kaiser: Bemerkung. S. 75 Biedermann: Bezeichnung für einen beschränkten und spießigen Menschen. Ernst Klaar: Ein vornehmes Weib. Erstveröffentlichung: SP 12 (1893) 9. Eduard Fuchs: Merkreime. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 26. S. 76 Pfründe: fester Geldbezug (insbesondere der Kirche). Eduard Fuchs: Ungeniert. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 25. Karl Kaiser: Landagitationsregel. Erstveröffentlichung: SP 12 (1893) 13. Eduard Fuchs: Proletarierin. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 18. Eduard Fuchs: Die höhere Tochter. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 18. Eduard Fuchs: Pflicht. Erstveröffentlichung: SP 11 (1892) 24.

89

ALS NÄCHSTE BÄNDE FOLGEN Das lyrische Feuilleton des „ Volksstaat". Gedichte der Eisenacher Partei Herausgegeben von Reinhard Weisbach Frühe sozialistische satirische Prosa Herausgegeben von Norbert Rothe Wilhelm Bracke. Volkskalender für 1878 Herausgegeben von Hans Heinrich Klatt