ARGUMENTSONDERBAND AS 71 Frauenstudien Theorie und Praxis in den USA und Großbritannien 3886190226

Warum ist der Anteil der Frauen an der Kulturgeschichte bisher nicht begriffen worden? Wie haben Frauen sich in der Film

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ARGUMENTSONDERBAND AS 71 
Frauenstudien Theorie und Praxis in den USA und Großbritannien
 3886190226

Table of contents :
Editorial . . . . 5
Unterrichtseinheit
Sigrid Markmann
Against Sexism: Spotlights of Female Reality. Vorschläge fur erne
Unterrichtsreihe in der Sekundarstufe II . . . . . . . . . . . . . . . .10
Aufsätze
Gudrun G. Boch
Feministische Literaturwissenschaft. Eine Bilanz
und ein Plädoyer 38
Susan Bassnett-McGuire und Keith Hoskin
Women and Creativity 56
Ulrike Behrens
Die Forschung über Sprache und Geschlecht in den USA 68
Dieter Herms
La Chicana: Dreifache Diskriminierung als Drittweltfrau. . . . . . 79
Miriam Hansen
„A woman's magic touch": Weibliche Arbeit im
amerikanischen Film 93
Ingrid Kerkhoff und Monika Teichmann
Catherine Itzin: Theaterkritikerin, Autorin, Aktivistin 108
H. Gustav Klaus
Stephen Duck und Mary Collier. Plebejische Kontro-Verse über
Frauenarbeit vor 250 Jahren 115
Philip S. Foner
Pioneer Communist Women in the United States.
Some Portraits 123
David M. Roskies
Class, Consciousness, and Sillitoe's Long-Distance Runner: Some
Interrelations of Literature and Society 140
Karl Heinz Pütz
Sozialpolitik in den USA: Wie sozial ist der
amerikanische Sozialstaat? 163Konferenzen
The Third National Conference of the National Women's Studies
Association: Connecticut (P. Farley, D. Schultz) 178
The Fifth Berkshire Conference on the History of Women: Vassar
(D.Schultz) 180
Annual Conference of Llafur: Treforest (L. Barrow) . . . . . . . 182
Literaturberichte und Besprechungen
Frauenarbeit in der Geschichte der USA (D. Hoerder) 184
Calamity Jane: Briefe an ihre Tochter (M. Mayer) 191
Fluck, Wilfried: Populäre Kultur (W. Karrer) . . . . . . . . . . . . 194
Kosok, Heinz (Hrsg.): Drama und Theater im England des 20. Jahrhunderts (W. Bleike) 196
Thomsen, Christian W.: Das englische Theater der Gegenwart
(W. Bleike) . . . 1 9 6
Klotz, Günther: Alternativen in? britischen Drama der Gegenwart
(W. Bleike) . . . . . 1 9 6
Itzin, Catherine: Stages in the Revolution (W. Bleike) 196
Clark, John u.a.: David and Snee (J. Coombes) 200
Über die Autoren

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gulliver

FRAUENSTUDIEN

Warum ist der Anteil der Frauen an der Kulturgeschichte bisher nicht begriffen worden? Wie haben Frauen sich in der Filmindustrie durchgesetzt, wie ihre feministischen Erkenntnisse ins Bild gebracht? Warum muß es eine feministische Literaturwissenschaft geben? Welche Bedeutung hat die Forschung über Sprache und Geschlecht? Was ist unter der Dreifachdiskriminierung der Frauen aus der Dritten Welt zu verstehen? - Der Band informiert über repräsentative Arbeitsbereiche der Theorie und Praxis feministischer Wissenschaft in den USA und Großbritannien. Eine Unterrichtseinheit, in der die Alltagswirklichkeit der Frauen den Weiblichkeitsbildern gegenübergestellt wird, bereitet anti-sexistische Materialien für den Englischunterricht auf. Gulliver 10 erschließt wie „Frauenformen" (Argument-Verlag, AS 45), „Frauengrundstudium" (Argument-Verlag,SH 44) und „Frauen - Opfer oder Täter" (Argument-Verlag, SH 46) Studierenden und Lehrenden Problem- und Arbeitsgebiete der Frauenstudien und will damit zugleich einen aktuellen Beitrag zur Diskussion in der Frauenbewegung leisten.

ISBN 3-88619-022-6

Deutsch-Englische Jahrbücher German-English Yearbook Band 10

Frauenstudien Theorie und Praxis in den USA und Großbritannien Mit Beiträgen von Susan Bassnett-McGuire, Ulrike Behrens, Gudrun G. Boch, Philip S. Foner, Miriam Hansen, Dieter Herms, Keith Hoskin, Ingrid Kerkhoff, H. Gustav Klaus, Sigrid Markmann, David M. Roskies, Karl Heinz Pütz, Monika Teichmann u.a.

ARGUMENTSONDERBAND AS 71

Redaktion GULLIVER: Gudrun Boch,Dieter Herms, Dirk Hoerder, H. Gustav Klaus, BerndPeter Lange, Reiner Lehberger, Thomas Metscher, Anna Maria Stuby Redaktionsadresse: GULLIVER-Redaktion Vorstr. 73,2800 Bremen 33 Ständige Mitarbeiter: David Craig (Lancaster) Philip S. Foner (Philadelphia) Frank Gatter (Nienburg) Ingrid Kerkhoff (Wuppertal) Priscilla Metscher (Oldenburg) Heiner Schwinning (Essen) Raymond Southall (Wollongong, Australien) Ian Watson (Bremen) CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek i Frauenstudien: Theorie u. Praxis in d. USA u. Großbritannien. - 1 —2. Tsd. — Berlin: Argument-Verlag, 1981. (Gulliver; Bd. 10) (Das Argument: ArgumentSonderbd.; AS 71) (ISBN 3-88619-022-6 NE: 1. GT; Das Argument/ Argument-Sonderband Copyright Argument-Verlag GmbH Berlin 1981. Alle Rechte - auch das der Übersetzung - vorbehalten. - Anschrift: Argument-Verlag, Altensteinstraße 48 a, 1000 Berlin 33, Telefon: 030/831 40 79. - Auslieferung: ArgumentVertrieb, Tegeler Straße 6,1000 Berlin 65, Telefon: 030/461 90 61. - Satz: Werksatz Marschall, Berlin, Druck: alfa-druck, Göttingen. - Umschlaggestaltung: Sigrid von Baumgarten und Hans Förtsch. - 1.-2. Tausend: 1981.

ISSN 0344-242X ISBN 3-88619-022-6

Inhalt Editorial . .

. .5

Unterrichtseinheit Sigrid Markmann Against Sexism: Spotlights of Female Reality. Vorschläge fur erne Unterrichtsreihe in der Sekundarstufe II . . . . . . . . . . . . . . . .10 Aufsätze Gudrun G. Boch Feministische Literaturwissenschaft. Eine Bilanz und ein Plädoyer 38 Susan Bassnett-McGuire und Keith Hoskin Women and Creativity 56 Ulrike Behrens Die Forschung über Sprache und Geschlecht in den USA 68 Dieter Herms La Chicana: Dreifache Diskriminierung als Drittweltfrau. . . . . . 79 Miriam Hansen „A woman's magic touch": Weibliche Arbeit im amerikanischen Film 93 Ingrid Kerkhoff und Monika Teichmann Catherine Itzin: Theaterkritikerin, Autorin, Aktivistin 108 H. Gustav Klaus Stephen Duck und Mary Collier. Plebejische Kontro-Verse über Frauenarbeit vor 250 Jahren 115 Philip S. Foner Pioneer Communist Women in the United States. Some Portraits 123 David M. Roskies Class, Consciousness, and Sillitoe's Long-Distance Runner: Some Interrelations of Literature and Society 140 Karl Heinz Pütz Sozialpolitik in den USA: Wie sozial ist der amerikanische Sozialstaat? 163

Konferenzen The Third National Conference of the National Women's Studies Association: Connecticut (P. Farley, D. Schultz) 178 The Fifth Berkshire Conference on the History of Women: Vassar (D.Schultz) 180 Annual Conference of Llafur: Treforest (L. Barrow) . . . . . . . 182 Literaturberichte und Besprechungen Frauenarbeit in der Geschichte der USA (D. Hoerder) 184 Calamity Jane: Briefe an ihre Tochter (M. Mayer) 191 Fluck, Wilfried: Populäre Kultur (W. Karrer) . . . . . . . . . . . . 194 Kosok, Heinz (Hrsg.): Drama und Theater im England des 20. Jahrhunderts (W. Bleike) 196 Thomsen, Christian W.: Das englische Theater der Gegenwart (W. Bleike) ...196 Klotz, Günther: Alternativen in? britischen Drama der Gegenwart (W. Bleike) .....196 Itzin, Catherine: Stages in the Revolution (W. Bleike) 196 Clark, John u.a.: David and Snee (J. Coombes) 200 Über die Autoren

5 Editorial Wie hielt Gulliver es mit den Frauen? Bekanntlich hegte Jonathan Swift, der Schöpfer unseres Namenspaten, für die „Damen" die bitterste Verachtung und drückte auch kein lüsternes Auge zu, um, wie mancher seiner Zeitgenossen, die Klage über die dumme Eitelkeit des weiblichen Geschlechts mit der Einsicht in seine naturgegebene Schwäche zu entkräften. Weniger bekannt ist, daß der Misogyn Swift seinen Weltreisenden Lemuel Gulliver im gelobten Reich der Pferde eine überaus wichtige Erfahrung machen läßt: Bei den Houyhnhnms nämlich werden die Jungen nicht anders erzogen als die Mädchen; beide Geschlechter genießen die gleiche sorgfältige Erziehung, wodurch die barbarische Erniedrigung der weiblichen Houyhnhnms auf rein biologische Funktionen vermieden und das harmonische, vernunftbestimmte Zusammenleben der Geschlechter zur Selbstverständlichkeit wird. Daß Gulliver, nach vielen abenteuerlichen Reisen zu seiner namenlosen, geduldigen Frau und seinen Kindern zurückgekehrt, die gepriesene Idee nicht in die Praxis umzusetzen versucht, können wir ihm aus historischen Gründen nicht zum Vorwurf machen. Auch als rund 70 Jahre nach Swifts satirischer Allegorie Mary Wollstonecraft 1792 in ihrer berühmten Verteidigung des Frauenrechts die mangelhafte Bildung der Frauen als das für die vielfachen Entwürdigungen des weiblichen Geschlechts verantwortliche Grundübel anprangerte, fehlte noch die gesellschaftliche Basis, um dieser Einsicht konkrete Veränderungen folgen zu lassen. Erst die Frauenbewegung, die sich als Teil der politischen Bewegungen des 19. Jahrhunderts in der zweiten Jahrhunderthälfte konstituierte, konnte Einsichten in Forderungen umsetzen und ihre Verwirklichung betreiben. Das Recht auf seine gleichwertige Bildung gehörte zu den ersten und unumstrittensten Zielen der bürgerlichen Frauenbewegung, und seit dem letzten Quartal des vergangenen Jahrhunderts haben Frauen sich den Weg in die Bildungsinstitutionen verschafft. Auf eine nahezu 100jährige Bildungsgeschichte können Frauen heute zurückschauen und ihren mutigen aufklärerischen Vorfahr/inn/en eine Einsicht von dieser Seite der Geschichte übermitteln: Weder die formale Gleichberechtigung im Bildungssektor, noch die ebenso schwer errungene juristische, politische und ökonomische Gleichstellung der Frau in den Gesetzesvorlagen der meisten westlichen Industrieländer hat die Benachteiligung der Frauen im öffentlichen und privaten Leben aufgehoben. Dies festzustellen heißt nicht die Errungenschaften zu negieren. Im

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Editorial

Gegenteil: Aufgrund dieser Errungenschaften können wir heute unsere Forderungen neu und umfassender definieren. Frauen wollen in den gesellschaftlichen Institutionen nicht mehr geduldet und auf patriarchate Normen und Rollenzuweisungen aboder zugerichtet sein; sie wollen diese Institutionen von innen und von außerhalb auf ihre Nützlichkeit (für wen?) befragen, sie mitgestaltend Verändern. Wir knüpfen mit diesem Band an die Women's Studies-Bewegung an, die seit Ende der 60er Jahre von den U.SA, ausgehend im Bereich Erziehung und Wissenschaft sich international verbreitet und zur Aufgabe gemacht hat, die materielle und ideologische Diskriminierung der Frauen in Geschichte und Gegenwart zu erforschen, bewußt zu machen und auf ihre gesellschaftlichen Ursachen zurückzuführen, um gesellschaftsverändernde Handlungsperspektiven erarbeiten zu können. Im Vergleich zu Großbritannien und den U.S.A. ist der Status der Frauenforschung bei uns noch unsicherer, die institutionelle Verankerung noch geringer. Wie alle fortschrittlichen kulturellen Einrichtungen sind die existierenden und in Planung begriffenen Frauenforschungszentren davon bedroht, vernichtet, oder, was aufs Gleiche hinausläuft, patriarchal reaktionär vereinnahmt zu werden. Umso dringlicher ist es, das feministische Erkenntnisinteresse in Forschung und Lehre zu verteidigen, ob institutionalisiert oder nicht, und umso dringlicher ist es, das Bündnis der Frauen auf politischer Ebene zu stärken. Ermutigend ist der wachsende Zusammenschluß von Frauen in der Friedensbewegung. Ein Indiz der relativ schwächeren materiellen Basis der Frauenforschung in der Bundesrepublik ist der Mangel an publizistischen Organen fur die feministische Wissenschaft. Hauptvermittlungsträger der Forschungsdiskussion sind Tagungsveröffentlichungen und die Frauen-Sonderbände der mehr oder weniger etablierten linken bis liberalen Zeitschriften. Das beeinträchtigt die Kontinuität und Überschaubarkeit der Diskussion, hat in diesem Nachteil allerdings auch den Vorteil, daß über ein ohnehin feministisch interessiertes Publikum hinaus auch die skeptischen oder unwissenden Abonnenten erreicht werden können. Feminismus ist, wie Margaret Thatcher u.a. negativ, Männer zunehmend positiv demonstrieren (die Motive sind im einzelnen zu prüfen!), nicht an die biologische Geschlechtszugehörigkeit gebunden. Innerhalb der Argument-Sonderbände ist Gulliver 10 der bislang zweite Band mit dem Schwerpunkt Frauen. Den Problementwicklungen in Frauenformen (AS 45) und den Arbeitsvorschlägen des Argument-Sonderband AS 71

7 Editorial Argument-Studienhefts Frauengrundstudium (SH 44) wollen wir hier die in USA und Großbritannien entwickelte praktische und theoretische Arbeit zur Seite stellen. Susan Bassnett-McGuire und Keith Hoskin führen aus, daß die traditionellen Begriffe von Kultur und Kreativität aufgehoben werden müssen, um die Kulturarbeit der Frauen erfassen zu können. Um weibliche Kreativität und ihr Verhältnis zum weiblichen Lebenszusammenhang geht es auch in dem Beitrag von Miriam Hansen, der speziell die Filmarbeit der Amerikanerinnen Alice Guy und Dorothy Arzner untersucht und in Fragen der feministischen Filmtheorie einfuhrt. Die Aufsätze über feministische Literaturwissenschaft (Gudrun G. Boch), Sprache und Geschlecht (Ulrike Behrens) und die Dreifachdiskriminierung der Chicanas (Dieter Herms) verstehen sich als kritische Darstellungen und wollen vor allem Studierenden einen Einstieg in feministische Arbeitsgebiete geben. Der Mangel an nicht-sexistischen bzw. feministischen Materialien für den Englischunterricht ist eklatant. Sigrid Markmann hat eine Unterrichtsreihe konzipiert, die in der Gegenüberstellung von (historischen und gegenwärtigen) Weiblichkeitsbildern und Frauenrealität das Bewußtsein für die geschlechtsspezifische Diskriminierung wecken und für die gesellschaftliche Problematik sensibilisieren will. Eine, auch didaktische Aufgabe der feministischen Wissenschaft ist die Aufdeckung und Aufarbeitung des Anteils der Frauen an Geschichte und Kultur. Philip FonerY Portraits amerikanischer Kommunistinnen, H. Gustav Klaus' Rehabilitierung der plebejischen Dichterin Mary Collier und das Portrait der Theaterkritikerin und Autorin Catherine Itzin von Ingrid Kerkhoff und Monika Teichmann sind Beiträge, die der Einseitigkeit künftiger Kulturgeschichtsschreibungen entgegenwirken wollen. *

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What was Gulliver's attitude to women? It is common knowledge that Jonathan Swift, the father of our namesake, had nothing but contempt for the „ladies". He would not even give them the benefit of the doubt — as some of his contemporaries tried to — that the vanity of the female sex was based on their inherent weakness. What is less well known is that Swift, the mysogynist, concedes his world traveller Lemuel Gulliver one important experience in the realm of the horses: for among the Houyhnhnms the boys are brought up exactly the same as the girls. Both sexes enjoy the same Argument-Sonderband AS 71

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Editorial

meticulous education, so that a barbaric degradation of the female Houyhnhnms to purely biological functions can be avoided and a harmonic, rational coexistence of the sexes is a matter of course. The fact that Gulliver, returning after his myriad of adventures to his anonymous, patient wife and his children, does not even attempt to put this much extolled idea into practice, is something which, for historical reasons, we cannot reproach him for. When Mary Wollstonecraft in her famous defence of women's rights 1792 — nearly seventy years after Swift's satirical allegory — attacked women's lack of education as the basic reason for the manifold humiliation of the female sex, there was still no social foundation on which real changes could be made as a result of this insight. It was only in the women's movement which formed itself as a constituent of the political movements in the second half of the 19th century that insights could be framed as demands and steps taken towards their realisation. The right to education on a par with men's was one of the first (and least disputed) goals of the bourgeois women's movement, and since the last quarter of the last century women have acquired access to educational institutions. Women today can look back on almost a hundred years of education and can impart to their courageous pioneering forerunners one important insight: that neither formal equality in education nor the hard-won legal, political and economic equality of women in the legislation of most western industrial nations has put an end to discrimination against women in public and private life. Stating this in no way negates what has been achieved. On the contrary: on the basis of these achievements we are today in a position to define our demands anew and in a more comprehensive way. Women are no longer content to be tolerated in social institutions or to be drilled and trimmed to patriarchal norms and roles. They wish to scrutinise these institutions — from outside and from within — for their usefulness (for whom?) and to play their part in changing them. We see this volume as being in the tradition of the women's studies movement which, emanating from the USA since the end of the sixties, has spread internationally in the area of education and science and set itself the task of researching and making known the material and ideological discrimination of women past and present and of tracing it back to its social roots, so that perspectives of action to change society can be developed. Compared with the USA and Britain, the status and material guarantee of women's Argument-Sonderband AS 71

9 Editorial studies research centres in the FRG are even less secure. Like all progressive cultural institutions, existing and planned women's studies research centres run the risk of being shut down or — what amounts to the same thing — of being taken over by patriarchal, reactionary forces. So it is all the more urgent that the feminist interest in research and teaching should be defended, whether in institutionalised form or not, and it is all the more urgent that the alliance of women in politics should be strengthened. The growing alliance of women in the peace movement is an encouraging fact. Indicative of the relatively weak basis of women's studies in the FRG is the lack of journals for feminist scholarship. The main vehicles for discussion among researchers are conference publications and the 'special women's issues' of the more or less established left to liberal periodicals. This limits the continuity and graspability of the discussion, but this disadvantage carries with it the advantage that, over and above the public interested in feminism, sceptical and uninformed subscribers can be got to. For feminism, is something which, as Margaret Thatcher has demonstrated in a negative way and an increasing number of men in a positive way (even if individual motives have to be scrutinised!), is not necessarily linked to the biological sex you happen to belong to. Within the Argument-Sonderbände Gulliver 10 is the second volume so far concerning women's studies. Apart from Frauenformen (AS 45) Argument has issued an introduction and practical guide to women's studies (Frauengrundstudium, Argument-Studienheft 44) which this volume intends to complement by juxtaposing some of the practical and theoretical work done in the USA and Britain. Susan Bassnett-McGuire and Keith Hoskin argue that traditional concepts of culture and creativity must be revoked in order to grasp the cultural work of women. Female creativity and its relation to the context in which women live is also the concern of Miriam Hansen's contribution which concentrates on the film work of the Americans Alice Guy and Dorothy Arzner and offers an introduction to feminist film theory. The essays on feminist literary criticism (Gudrun G. Boch), language and sex (Ulrike Behrens), and the triple discrimination against Chicanas (Dieter Herms) see themselves as critical surveys, offering students access to areas of feminist work. The lack of non-sexist and/or feminist classroom material in English is strikingly clear. Sigrid Markmann has worked out a teaching unit which seeks, by setting (past and Argument-Sonderband AS 71

10 current) images of women and women's real experience against one another, to raise consciousness of sexual discrimination, and sensitivity for the social nature of the problem. One task of feminist scholarship — and a didactic one too — is to uncover and work on women's contribution to history and culture. Philip Foner's portraits of American women communists, H. Gustav Klaus' reassessment of the plebeian poet Mary Collier and the profile of the theatre critic and author Catherine Itzin by Ingrid Kerkhoff and Monika Teichmann are all contributions towards counteracting onesidedness in future cultural historiography. (Note: We regret that, for technical reasons, the German form of quotation marks has been used in this issue.)

Sigrid Markmann Against Sexism: Spotlights of Female Reality Vorschlage fttr eine Unterrichtsreihe in der Sekundarstufe II Note: Sexism can generally be used to denote discrimination based on gender. The force of the social and political demands of the women's movement in many countries is such that the struggle against women's exploitation and oppression - against sexism - now constitutes one of the most dynamic and conscious movements in the world today. The word sexism grew out ot an analogy with racism, itself now a familiar concept and the subject of the struggle of non-white, non-Western peoples for economic and political autonomy, cultural freedom and the right to self-determination.(l):

1, Rahmenbedingungen und Ausgangssituation Offizielle I^hrpläne/Richtlinien/Rahmenpläne(2) weisen auf Chancengleichheit, Kritikfähigkeit und Mündigkeit als langfristige Ziele von Unterricht und Erziehung hin. In einer KMK-Empfehlung(3) werden zusätzlich Ziele und Inhalte des Unterrichts im Hinblick auf eine Menschenrechtserziehung formuliert. Als grundsätzliche Aufgabe der Erziehung wird die Entwicklung des Bewußtseins von der Würde des Menschen und den ihm (ihr) zukommenden naArgument-Sonderband AS 71

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türlichen Rechten genannt, die der ständigen Aufmerksamkeit der Erzieher/innen bedarf. Zielvorstellung ist die Handlungsfähigkeit, die es ermöglicht, für die Verwirklichung der Menschenrechte einzutreten und „sich ihrer Mißachtung und Verletzung zu widersetzen. . : Eine Erziehung im Hinblick auf die Menschenrechte soll den Schüler (die Schülerin, d. Verf.) befähigen, sich in seinem (ihrem, die Verf.) persönlichen und politischen Lebensumkreis für ihre Realisierung einzusetzen. Er (Sie) soll bereit sein, die Frage nach der Verwirklichung der Menschenrechte als wichtigen Maßstab zur Beurteilung der politischen Verhältnisse im eigenen wie in anderen Ländern zu nutzen. Eingeschlossen ist damit die Bereitschaft, für die Rechte anderer einzutreten/^) Erziehung hat also die Aufgabe, Partei zu ergreifen; sie muß zum Erwerb einer aktiven politischen Handlungsfähigkeit beitragen, um die Menschenrechte wirkungsvoll verteidigen und erkämpfen zu können. Diese Zielvorstellung setzt voraus, daß bestehende gesellschaftliche Verhältnisse nicht kritiklos reproduziert werden, sondern intendiert vielmehr, gesellschaftliche Veränderungen im Sinne einer zunehmenden Demokratisierung und damit zunehmender Verwirklichung der Menschenrechte und einer gleichen Verteilung der Lebenschancen zu bewirken. Sie geht davon aus, daß der Demokratisierungsprozeß in unserer Gesellschaft noch nicht abgeschlossen ist und somit auch die Lebenschancen in unserer wie auch in anderen Gesellschaften nicht gleich verteilt sind. Emanzipation scheint das „Schlüsselproblem der Erziehung"(5), denn sie geht über die affirmative Vermittlung gegenwärtiger gesellschaftlicher Realität hinaus und meint die Eröffnung von Möglichkeiten und die Entwicklung von Handlungsperspektiven und Handlungsfähigkeit, die es dem Menschen gestattet, ein größeres Maß an Gerechtigkeit, Chancengleichheit und Selbstverwirklichung des Individuums im Rahmen der Gemeinschaft zu verwirklichen.^) In der vorliegenden Unterrichtsreihe geht es darum, einen Konflikt, der sich aus den Widersprüchen zwischen überlieferter geschlechtsspezifischer Rollenverteilung und dem Anspruch der Demokratisierung und damit einhergehender Gleichverteilung der Lebenschancen ergibt, zu isolieren und den Gedanken der Emanzipation didaktisch und methodisch zu organisieren. Emanzipation wird hier gesehen vor der Tatsache einer konkreten Benachteiligung von Frauen in unserer Gesellschaft und meint das Herausführen aus Restriktionen, die auf der Tradierung geschlechtsspezifischer Definitionen beruhen, die besonders Frauen noch massiv betreffen^?) Argument-Sonderband AS 71

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Die Verringerung von Abhängigkeiten, unter denen Frauen leiden und die Erweiterung ihrer objektiven Chancen und subjektiven Fähigkeiten zur Bedürfnisbefriedigung und -artikulation können nur im Zusammenhang mit der Veränderung bestehender Verhältnisse und mit der Kooperation und Beteiligung der Betroffenen selbst geschehen, um diese nicht in eine Bevormundung und Abhängigkeiten zu bringen. Das setzt eine Bewußtmachung und Reflektion der eigenen Situation und der anderer Frauen voraus, und zwar in Lernprozessen, die nicht in neue Unmündigkeit führen, indem sie geschlechtsspezifische Stereotypen unbefragt vermitteln, sondern sie zur Auseinandersetzung mit dem prozeßhaften Geschehen der Umwelt auffordern. Das Mitwirken aller Betroffenen an einer zukünftigen Möglichkeit impliziert Bewußtsein über gegenwärtige und historische Gegebenheiten und Einsicht in die Notwendigkeit der Veränderung einer den Grundwerten unserer Verfassung und dem Anspruch der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten(8) zuwiderlaufenden Realität. Dieser emanzipatorischen Zielsetzung steht ein Unterricht entgegen, der auf starrer Außenlenkung und rigider Normüberwachung beharrt und die Möglichkeit von vornherein ausschließt, den Handlungsund Entscheidungsspielraum der Lernenden zu erweitern. Um den Lernenden im Rahmen der gegebenen Schulbedingungen zu einer Erweiterung der Selbstbestimmung zu verhelfen, ist es notwendig, sie für Ungleichheit, Benachteiligung, Ungerechtigkeit und Unterdrückung zu sensibilisieren, indem ihnen konkrete Anschauungen, Probleme, Situationen nahegebracht werden und indem an ihre eigenen Erfahrungen angeknüpft wird. Mit dem Aussparen des 'Privaten5 aus dem Unterricht (und den Lehrbüchern) wird auch ein entscheidender Teil der Reflektion eigener Erfahrung ausgespart, was die Erkenntnis verhindert, daß individuelle Entwicklung auch im Zusammenhang mit gesellschaftlichen Strukturen zu sehen ist. Der Einschluß der historischen Dimension und die Bewußtmachung sowohl der fremden wie der eigenen Interessen eröffnet Mittel und Möglichkeiten der aktiven Beteiligung an gesellschaftlichen Prozessen(9). Sexismus(10) ist —wie Rassismus— eine Form von Gewalt, die besonders Frauen als Objekte dieser Ideologie schädigt und in ihrer Selbstbestimmung und der Wahrnehmung potentieller Lebenschanchen einschränkt. Der hierarchischen Unterscheidung der Geschlechter entspricht in jedem einzelnen Individuum „eine Aufspaltung und eine Verstümmelung der Psyche, die verhängnisvoll über ihre Argument-Sonderband AS 71

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gesamte Erziehung entscheiden'^ 11) und damit auch über den Grad potentieller Selbstverwirklichung. Obgleich die Verstümmelung beide Geschlechter betrifft, sind Frauen durch den Glauben an die Höherwertigkeit des männlichen und die Minderwertigkeit des weiblichen Geschlechts und durch das ihnen zugeschriebene Geschlechtsrollenstereotyp weitaus stärker betroffen und in ihrer Autonomie entscheidender eingeschränkt als Männer, so daß bestätigt wird, was schon Fourier andeutete: „Der Grad der weiblichen Emanzipation ist das natürliche Maß der allgemeinen Emanzipation".^) Die Frage nach der Situation der Frau ist eine politische Frage und zielt da, wo sie die Entstehung oder die Tatsache der Ungleichheit in den Zusammenhängen bewußt macht auf eine gesellschaftsverändernde Praxis; denn Gleichheit und Freiheit sind geltendes Recht, dessen Verbindlichkeit aus dem grund-gesetzlichen Anspruch hergeleitet wird. Obgleich formaljuristisch der Status der Frauen dem der Männer angeglichen ist, meint nicht die „schematische Anpassung von Frauen an männliche Erziehungs- und Bildungsziele die Lösung, sondern Ziele und Inhalte für beide Geschlechter, die keine spezifischen Rollen mehr programmieren oder festschreib e n " . ^ ) Daß wir noch meilenweit davon entfernt sind, beweist zJB. die einseitige Berufsstruktur für Mädchen, die Arbeitslosenquote der Frauen, die seit Beginn der gegenwärtigen Krise ständig höher als die der Männer ist, die derzeitige Organisation der Reproduktionsarbeit in Haus und Familie, für die in überwiegendem Maße Frauen zuständig sind, wodurch ihnen für eine Integration in die Erwerbsarbeit entscheidende Grenzen gesetzt sind, die in Werbung und Medien auftretende Diskriminierung, die dadurch erfolgt, daß Rollen und Funktionen bestimmten Geschlechtern zugeschrieben und durch ständige Wiederholung zum Klischee verfestigt werden.(14) Da die Auswirkungen der Sozialisationsprozesse in Familie und Schule mit dafür verantwortlich sind, daß es bis heute nicht gelungen ist, die tradierten geschlechtsspezifischen Stereotypen entscheidend zu verändern und Schulbücher entscheidende Hilfe bei der Vermittlung von Geschlechtsrollen bieten(15), geht es darum, Fremdbilder und Realsituation von Frauen in Vergangenheit und Gegenwart bewußt zu machen und Handlungsperspektiven aufzuzeigen, um eine einengende geschlechtsspezifische Vorprogrammierung und Erwartungshaltung durchbrechen zu können. Langfristig stellt sich die grundsätzliche Frage, ob die Situation/ Geschichte von Frauen als Thema im Unterricht gesondert behanArgument-Sonderband AS 71

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delt werden soll, weil ihnen dann ein Sonderstatus zugewiesen wird, der das Wohlwollen geradezu ausgrenzt und das natürliche selbstverständliche Recht verdeckt. So lange sich jedoch Inhalte des Unterrichts als Inhalte der Herrschenden darstellen und deren Position festigen, Geschichte als die der Sieger und Mächtigen begriffen wird und nicht in gleichem Maße auch als Inhalte/Geschichte der Unterlegenen, Beherrschten, der Ausgegrenzten und Widerstehenden, scheint dies mehr als notwendig. Da Dokumente über Geschehnisse und Geschehenes meist von denen verfaßt sind, die die Macht hatten, erscheint es als vordringliche Aufgabe, einen Beitrag zur Rekonstruktion der weitgehend ungeschriebenen Situation/Geschichte von Frauen zu erstellen(16), damit Inhalte im Interesse von Frauen und Männern und nicht von der kulturellen Selbstverständlichkeit der Herrschenden, die fast ausschließlich Männer waren und sind, bestimmt werden. Obgleich Frauen bisher sowohl außerhalb der Geschichte bürgerlicher Herrschaft und bürgerlicher Lebensweise als auch in ihnen existiert haben, waren sie jedoch von den Instrumenten der Herrschaft ausgeschlossen und bestimmten auch nicht die jeweilige Lebensweise, die abhängig war (und ist) von den männlich bestimmten ökonomischen Bedingungen und den damit dominierenden männlichen Wert- und Nonnvorstellungen. Betrachtet man die in den Englischlehrbüchern auftretenden Vorurteile(17) unter der Fragestellung, von welchen kulturellen Selbstverständlichkeiten ausgegangen wird, so offenbart sich die Wertschätzung und die Statuszuschreibung von Frauen; und auch die Phantasien und Mechanismen die das Bestehende festigen sollen, werden deutlich.(l 8) Die Bildungsreform — und damit die Möglichkeit einer grundlegenden Revidierung von Schulplänen, Lehrbüchern und Curricula — hat nicht stattgefunden, außer daß Staat und Schule immer perfekter geworden sind. Das gilt für den Bereich geschlechtsspezifischer Ideologievermittlung ebenso wie für Kontrolle, Disziplin und Effektivität. Abbau von Privilegien als auch die Umverteilung von Lebenschancen fand nicht statt. Umso wichtiger erscheint es, geschlechtsspezifische Ideologien offenzulegen und Inhalte und Verhalten aktiv zu verändern. Dies geschieht im Widerstand gegen eine Welt, die überwiegend durch Leistungsdruck, Konkurrenzdruck, Ausbeutung und Unmenschlichkeit gekennzeichnet ist. PP. Pasolini beschreibt die Entstehung einer geschlossenen Gesellschaft(19), in der die Gleichförmigkeit von Lebensäußerungen Argument-Sonderband AS 71

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zum Ausdruck eines neuen und repressiven Totalitarisinus wird, der dann audi die geschlechtsspezifische Stereotype für Frauen und Männer festschreibt. „Die Herrschenden haben beschlossen, daß wir alle gleich sein sollen: Der Zwang zum Konsum ist ein Zwang zum Gehorsam gegenüber einem unausgesprochenem Befehl. Jeder. . . steht unter dem entwürdigenden Zwang, so zu sein, wie die andern, im Konsumieren, im Glücklichsein, im Freisein, denn das ist der Befehl, den er unbewußt empfangen hat und dem er gehorchen muß, will er sich nicht als Außenseiter fühlen. Nie war das Anderssein ein so schweres Verbrechen wie in unserer Zeit der Toleranz. Denn die Gleichheit ist hier nicht erkämpft worden, sie ist eine falsche, eine geschenkte Gleichheit."(20) Innerhalb der von Pasolini beschriebenen Zwangskultur stellt sich eine feministische Alternative dar, die sich zwar mit der herrschenden normativen Argumentation auseinandersetzt, jedoch an der männlich dominierten Kultur uninteressiert ist und die Rekonstruktion eigener Geschichte und Kultur betreibt; denn nur diejenigen, die eine eigene Kultur besitzen, durch die sie sich auszudrücken vermögen, sind — so Pasolini — „stets reich und frei. . . audi wenn das, was sie (gegenüber der sie beherrschenden Klasse) leben und ausdrücken, Unfreiheit und Elend ist."(21) Frauen versuchen, sich der repressiven Vereinnahmung durch die industrielle Zwangskultur zu entziehen, was bisher allerdings nur mit unterschiedlichem Erfolg gelingt, weil diese über Sozialisationsmittel verfugt, denen Frauen sich nicht oder nur schwer entziehen können.(22) Die geschlossene Gesellschaft — eindimension a l ^ ) und selbst alternativem Denken gegenüber feindlich stülpt sich über Frauen (und Männer), macht sie bewegunglos und entsprechend geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung und Normvorstellung angepaßt. Diesem güt es, entsprechend der Menschenrechtserklärung entgegenzuwirken.(24) 2. Thematische Beieiche und Aspekte ihrer Vermittlung Die vorliegenden Materialien und Vorschläge für eine Unterrichtsreihe können nur einen kleinen Beitrag frauenspezifischer Thematik leisten, indem sie unter dem Aspekt der Bewußtseinsweckung für die Problematik sensibilisieren. Die ausgewählten Texte (auf Bildmaterial wurde aufgrund technischer Bedingungen verzichtet) beziehen sich deshalb nicht nur auf ein Zielsprachenland und einen Argument-Sonderband AS 71

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bestimmten Zeitabschnitt, sondern zeigen Situationen auf, die verdeutlichen sollen, daß Sexismus eine Form struktureller und personaler Gewalt(25) gegen Frauen und grundlegendes Prinzip jeder patriarchalischen Gesellschaft ist. Die Materialien sind drei, sich ergänzenden Themenbereichen zugeordnet, denen der Song 'Woman ist the nigger of the world' vorangestellt ist: - Images of Women - Conditions of female life - Growing consciousness. Sie greifen Einzelaspekte der Thematik auf, die in der den Themenbereichen vorangestellten Einfuhrung dargestellt werden und den Erkenntnisschwerpunkt verdeutlichen. Sprachlich-inhaltliche Erarbeitungsformen und Aufgabenstellungen sind Möglichkeiten, über die der/die Lehrende gemeinsam mit der jeweiligen Lerngruppe entscheiden kann (gemeinsame Erarbeitung, parallele und/oder arbeitsteilige Gruppenarbeit, Diskussion, Gespräch, Rollenspiel usf). Um die Selbständigkeit bei der Erarbeitung fremdsprachlicher Texte zu fördern, wird der Gebrauch eines Wörterbuchs empfohlen. Unabhängig davon können den einzelnen Texten Vokabelhilfen beigefügt werden, die das Vorwissen der Lernenden berücksichtigen.

(26) Bei der Textauswahl handelt es sich ausschließlich um authentische Texte. Da es bei der vorgeschlagenen Unterrichtsreihe darum geht, fur Probleme zu sensibilisieren und neue Sichtweisen zu öffnen, enthalten die Anmerkungen Hinweise auf weiterführende Literatur zur Einführung für die/den Lehrende/n. Die Unterrichtsreihe weicht in ihrem Begründungszusammenhang von der herkömmlichen Konzeption von Fremdsprachenunterricht ab, die Sprach- und Wissenserwerb weitgehend voneinander isoliert und den allgemein pädagogischen und politischen Bildungsauftrag vernachlässigt. Sie geht von der Prämisse aus, daß der Erwerb von Wissen an den Erwerb von Sprache, in der dieses Wissen festgehalten ist, gebunden ist. Im praktischen Umfang mit in Sprache vergegenständlichter Erfahrung bildet sich Bewußtsein über Wirklichkeit, das wiederum sprachlich vermittelt wird und Grundlage dafür ist, Wortbedeutungen zu erfassen, mit Begriffen und Kategorien zu arbeiten, Einsicht zu gewinnen und Handlungsperspektiven zu erarbeiten.^) Die grundlegenden bildenden Wirkungen des Unterrichtsprozesses gehen also von den Inhalten aus, und zwar vermittelt durch die Tätigkeit der Lernenden, die vom Lehrenden geleitet wird. Dabei Argument-Sonderband AS 71

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werden Inhalte nicht „an sich" bildungswirksam im Hinblick auf die Ziele, sondern über die Art und Weise ihrer Vermittlung. Sie legen nicht selbstverständlich die Struktur des Umgangs mit ihnen nahe, sondern die Entscheidung für die Erarbeitungs- und Verkehrsformen orientiert sich einerseits an den Zielen und am Inhalt, andererseits an den Lernvoraussetzungen und —möglichkeiten der Lerhgruppe.(28) Das Prinzip unterrichtsmethodischer Entscheidung muß sein, die Lernenden als Persönlichkeiten mit eigener Erfahrungs- und Lerngeschichte in den Blick zu nehmen und von daher methodische Entscheidungen zu treffen, die der Eigenständigkeit und Selbständigkeit Raum lassen. Das gilt vor allem auch für das Einbringen von Erfahrungen der Lernenden. Da Wirklichkeitsbereiche in der Regel mittelbar über Texte in den Unterricht eingebracht werden, bietet es sich an, die Lernenden anzuregen, eigene Erfahrungen, Vorstellungen, Erlebnisse, Meinungen, die sie mit den Inhalten verbinden, sprachlich, bildlich oder im Spiel zu thematisieren, so daß ein Stück emotional besetzte Wirklichkeit in den Unterricht Eingang findet, die dann neu interpretiert und durch Wissen erweitert werden kann. 3. Materialien und Erarbeitungsvorschlage Der den Themenbereichen vorangestellte Song thematisiert Gewalt gegen Frauen und weist auf den Zusammenhang zwischen Sexismus und Rassismus hin, der wieder angesprochen wird in Text 6 von conditions of female life. Woman is the Nigger of the World 1. Woman is the nigger of the world Yes she i s . . . think about it Woman is the nigger of the world Think about i t . . . . do something about it 2. We make her paint her face and dance If she won't be a slave, we say that she don't love us If she is real, we say she's trying to be a man While putting her down we pretend that she's above us 3. We make her bear and raise our children And then we leave, her flat for being a fat old mother hen We tell her home is the only place she should be Then we complain that she's too unworldly to be our friend 4. We insult her every day on TV And wonder why she has no guts or confidence When she's young we kill her will to be free While telling her not to be so smart we put her down for being so dumb

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Lyrics from the song by J. Lennon, Y. Ono, ATV Music of the World. Die Lernenden lesen den Text (hören eventuell den Song) und entnehmen Informationen unter der Fragestellung: In how far do men determine the lives of women? Zur Strukturierung kann ein Tafelbild erstellt werden. Men determine women by — expecting them to paint their faces, to dance, to be slaves, to bear and raise children — not wanting them to be real, to be above them, to be smart, to have a free will — leaving them when they are old — insulting them on TV — saying homes are the best places for them Die Lernenden können aus ihrem Erfahrungsbereich heraus zu den Punkten Stellung nehmen. 3.1. Images of women Dieser Themenbereich enthält sechs ausgewählte Texte, die die geschlechtsspezifische Rollenstereotype, die Frauen zugeschrieben wurde und wird (Victorian Era — Nowadays), vermitteln. Sie machen besonders die Wertschätzung, die Frauen zukommt, deutlich und weisen auf die Ideologie hin, die Frauen an ihrer potentiellen Entwicklung hindert. Text 1: The authoritarian husband and father may well be an exaggerated figure, but clearly the nature of the home itself assisted in this exaggeration. For if husband and father chose to dictate, there was no escape. Wife and children, and to a certain extent servants who were dependent on employers and good references, had little alternative to staying where they were, however difficult or painful the experience. For most of the century women had virtually no financial independence. Divorce was difficult and expensive, and until 1920 could only be on grounds of cruelty or desertion, not, for women, of adultery, although men could divorce their wives on the grounds of adultery. As Geoffrey Best puts it in Mid-Victorian Britain, ,the absolute rule for all subaffluent manages was - like it or lump it; and for even affluent marriages the same crude rule might hold, for beyond getting legally free of an obnoxious partner lay the terrible economic problem: how could a woman - let alone a woman with dependent children - make an independent livelihood?4 Before 1878, when there was a new Divorce Act, it was extremely difficult for a woman to escape a tyrannous marriage; after 1878 it was still extremely difficult to survive after escape. Text 2:

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This was written in 1870, a time when a number of women were beginning to question the morality of the idealism indicated here. The writer goes on to be more specific about how a woman should fulfil the domestic ideal. She thinks it no degradation that she should take pains to please, to soothe, to comfort the man who all day long has been doing irksome work that her home may be beautiful and her life at ease . . . her womanliness inclines her to loving forbearance, to patience under difficulties, to unwearied cheerfulness under such portion of the inevitable burden as may have been laid on her . . she understands that she too must take the rough with the smooth; but that, as her husband's way in life is rougher than hers, his trials greater, his burden heavier, it is her duty - and her privilege - to help him all she can with her tenderness and her love. Text 3: The difficulties of pregnancy and childbirth, the vulnerability of infants and young children to disease and ignorance in their care, meant that the young child was particularly precious. Religious connotations came strongly into play too. Few Victorian writers can resist the temptation to hint at the Virgin and Child when mentioning motherhood. Added to this was the religious sense of motherhood as a supremely noble vocation. If she be a mother, still higher, nobler is her mission. If to the weak hands is entrusted the task of rearing the young immortals, for service here, and glory hereafter; if the gem be given to her to polish which shall one day sparkle in the crown of the Saviour, let her walk softly, for angels might envy her high vocation, and the Almighty looks to see how she is nursing the child for Him. The important thing is that motherhood was considered to be very special, and its enhancement was partly religious, partly sentimental, partly self-defence, and partly the result of a hard-headed attitude to the next generation. The child was, or could be, a valuable piece of property, and ensurance of a family's continuity, a guarantee of inheritance. Thus, this kind of sentimentalization of motherhood can be seen as a fairly thin disguise of a much more prosaic attitude. Oh! wonderful sensation of motherhood, when the weakest woman selfconstitutes herself the guardian of a weaker than herself. Then, in those first hours of anxiety and pain, the woman's soul seems to undergo a renovation. On awakening she emerges strong in the power of her love, the perfect woman, because at last, the law of nature is fulfilled. There are tender sympathies called forth in the existence of her child; there are depths of devotion, of love, which are never aroused till material affection bids them live and put forth their roots. Text 1,2,3 from: J. Calder, The Victorian Home (London 1977), 138, 126, 163. Text 4: Music has always been one of the most powerful media for conveying human ideas and emotions, and since the advent of mass communications, coupled with the wide and cheap distribution of records, its influence has pervaded our everyday lives, making it an ideal vehicle for propaganda. Lyrics constantly reflect and reinforce whatever ethos society currently

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considers desirable, with the recent exception of what has become known as underground music', which challenges accepted standards, both musically and lyrically. But even here the lyrics often blatantly proclaim women's true status in society. Stereotypes there certainly are: at one extreme, the Image of the soft little sexual plaything - »Gifts Were Made to Love and Kiss* (Richard Tauber). ,Sugar Baby Love' (Rubettes), ,1 want a good luck charm, a-hangin on my arm, Uh-huh-huh, you sweet delight' (Elvis Presley), or ,You Little Trustmaker* (The Thymes). At the other extreme is the wicked witchy experienced woman - the ,Acid Queen4 (The Who), ,Witch Queen of New Orleans' (Redbone) and f o x y Lady' and ,Dolly Dagger ' by Jimi Hendrix, both of whom are depicted as sexually powerful women, whom nevertheless the indomitable Hendrix feels he can and must subdue. No woman is allowed to be stronger than he. In the Rolling Stones' ,Under My Thumb' the ,girl who once had me down' now has to do as she is told, and »keeps her eyes to herself, while I can still look at somebody else' - a fair assessment of the usual situation. Women who don't limit themselves to one man are ostracized. Women's subjugation is encouraged by lyrics such as: Love and marriage - go together like a horse and carriage . . . you can't have one without the other (Frank Sinatra). ,A women's place is in the home' (Gilbert O'Sullivan). ,Well, ev'ry woman should try to be Whatever her man wants her to be' (Marvin Gaye) and you must ,keep young and beautiful, if you want to be loved'. Women are sufficiently brainwashed to acquiesce in and even revel in their »privileged' status. The overriding impression to be gained from these songs is that women are clingingly dependent, and frivolously unambitious. If ever women feel that this is not adequate for their needs, then there is another role which they may fill: »She's a Rainbow' (Rolling Stones). ,Angel' (Hendrix). ,Sad-Eyed Lady of the Lowlands' (Dylan). From the sublime imagery of »Her name is Aphrodite/ And she rides a crimson shell' (Cream's »Tales of Brave Ulysses4) to the ridiculous »Venus in Blue Jeans' (Mark Winter), women are made to seem something other than human through the process of mystification. The Beatles' »Lady Madonna' narrowly escapes coming into this category by virtue of down-to-earth lines like: »Baby at your breast/ Wonder how you manage to feed the rest?" In fact most of the Beatles' work represented women as individual personalities, like »Eleanor Rigby' and ,Lovely Rita' (Meter Maid). The Rolling Stones gäbe us a picture of women which had not previously been seen: that of the surburban junkie housewife» getting through her boring days on »Mother's Little Helper' (the tranquillizer Valium). This idea, however, soon became incorporated into the stereotype picture of the housewife. Abbreviated from: J. King, Is this your life (London 1977), 143-145. Text 5: In theory boys and girls receive equal education. They often go to the same schools. They sit for the same examinations. They are often taught by the same teachers. The law which says that education is compulsory applies to girls just as much as boys. Teachers receive the same training. In theory, then, there would appear to be a great deal of equality in education. In fact, this is not

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so. The conditioning and sex role education starts with school readers, from which boys and girls learn their first words. In these books mums are mostly pictured in aprons and in the kitchen or waving dads off to work. Women are seen in passive and supporting roles, such as housewife, nurse, secretary. Fathers are shown doing interesting, meaningful jobs. Boys take the lead in action and adventures, they help to rescue little girls or animals, and generally act in a creative, managing, responsible manner. Girls are pictured in passive, supporting, quiet roles, following the boys, helping them in their creative actions. They are happy, gay, pretty, efficient, but they rarely take the lead. If you think this is an exaggeration, go and have a look at some of the readers used in primary classes in school. J. Nicholson, What Society Does to Girls (London 1977), 20.

Zur Erarbeitung der Texte bietet sich Gruppenarbeit an. Die Schüler/innen erhalten den Arbeitsauftrag, ihre Texte zu lesen, ihnen Informationen über das Bild von Frauen und der ihnen zugeschriebenen Rolle zu entnehmen, innerhalb der Gruppe zu diskutieren und sich Notizen zu machen. Die Ergebnisse der Gruppenarbeit werden vorgetragen und in einem Tafelbild strukturiert. Der Tafelanschrieb bildet die Grundlage zu einem anschließenden Klassengespräch darüber, welches Bild von der Rolle der Frau vorherrscht und heute noch existiert. Dabei können die Lernenden auf ihre eigenen Erfahrungen aus ihrer sozialen Umwelt zurückgreifen und sie in die Diskussion mit einbringen. Auf Begründungen für die Rollenzuschreibung kann hingewiesen werden: biologischer Determinismus, Höherbewertung des Mannes, Mystifizierung der Mutterschaft und der Mutter-Kind-Beziehung, Bedeutung von Erziehung und Ausbildung usf.(29) Im Anschluß an das Gespräch erhalten die Lernenden Text 6, der Aussagen über Frauen enthält, und zwar in Vergangenheit und Gegenwart. Die in den Texten enthaltenen Vorurteile können den verschiedenen Punkten des Tafelanschriebs zugeordnet werden. Text 6: In childhood a woman must be subject to her father, in youth, to her husband; when her husband is dead, to her sons. A woman must never be free of subjugation. J - The Hindu Code of Manu, V It would be preposterously naive to suggest that a B.A. can be made as attractive to girls as a marriage license. - Dr. Grayson Kirk (former President, Columbia University) Creator of the heavens and the earth, He has given you wives from among yourselves to multiply you, and cattle male and female. Nothing can be compared with Him. - Holy Koran of Islam Women should receive a higher education, not in order to become doctors,

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lawyers, or professors, but to rear their offspring to be valuable human beings. ~ Alexis Carrel, Man, the Unknown Man for the field and woman for the hearth: Man for the sword and for the needle she: Man with the head and woman with the heart: Man to command and woman to obey; All else confusion. - Alfred, Lord Tennyson The whole education of women ought to be relative to men. To please them, to be useful to them, to make themselves loved and honored by them, to educate them when young, to care for them when grown, to counsel them, to console them, and to make life sweet and agreeable to them - these are the duties of women at all times and what should be taught them from their infancy. - Jean Jacques Rousseau Let the women learn in silence with all subjection . . . I suffer not a woman to usurp authority over men, but to be in silence. - St. Paul The only alliance I would make with the Women's Liberation Movement is in bed. - Abbie Hoffman The woman's fundamental status is that of her husband's wife, the mother of his children. - Talcott Parsons From: R. Morgan, Sisterhood is Powerful (New York 1970), 31. Mögliches Tafelbild: Images of women in past and present Past

Present

Text 1 dependent on husband no economic indenpendence divorce difficult men could divorce their wives for adultery, but not vice versa

Text 4 soft sexual plaything wicked, experienced woman weaker than the man has to limit herself to one man subjugated by men dependent without ambition

Text 2 comforts the man helps him with her tenderness and love

Text 5 passive housewife, nurse, secretary pretty, gay, happy, efficient, but not creative weaker than men

Text 3 mother weak only strong to be a loving mother and look after her children

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devoted to religion 3.2. Conditions of female life Die nachfolgenden Texte geben Aufschluß über die den Lebens? bedingungen von Frauen zugrunde liegenden Machtverhältnisse und die mit ihnen verbundenen Diskriminierungstechniken. In einigen Texten zeigt sich einunverdeckter Sexismus, der zugleich auch über die Gewaltverhältnisse Aufschluß gibt: erst die generelle Herabsetzung der Frau in einem Patriarchat macht Gewalt gegen sie möglich und legitimiert sie. Die Zeiten, in denen dem Mann das Züchtigungsrecht, ja die Züchtigungspflicht gegenüber „seiner" Frau zustand, sind zwar vorbei, wie wenig sich aber die Einstellung gegenüber physischer Gewalt gegen Frauen geändert hat, zeigen Mißhandlungen, Vergewaltigungen und die Tatsache, daß in vielen Ländern speziell Gesetze gegen Frauenmißhandlung existieren müssen.(30) Wie wenig jedoch auch diese Gesetze Frauen vor Gewaltanwendung schützen, zeigt die erschreckend hohe Zahl von Vergewaltigungen und die gesetzliche Nicht-Existenz ehelicher Vergewaltigung. Der Themenbereich läßt sich mit Hilfe der vorliegenden Texte unter vier Gesichtspunkten erarbeiten: — married life, — working conditions, — prostitution, — rape. Text 1: Geoge Purse wiped his plate clean with a piece of bread, washed the bread and grease down with the remains of his tea, then stood up. He picked up the unopened newspaper from the table and walked across the kitchen to have a look at it by the fire. Mary Purse cleared his dirty dishes and put them into the sink with the other pots. She scalded them with water from the gas heater on the wall, and the rising steam misted up the kitchen window. She immediately wiped a clear patch on a pane. She liked to look out while she was working at the sink. Her husband stood on the hearth rug letting the fire scorch the backs of his legs. When they became too hot he stepped forward a pace, then back a pace as soon as the heat decreased. He was secretly messing about, daring himself, experimenting with mild degrees of pain. He had nothing special to do that morning: yet while he stood there, reading the paper, taking a step forward, then taking a step back, he never considered helping his wife with the pots, even though she had a lot of work to do and would still be doing it at bedtime. There was rigid demarcation in the Purse household.

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He did his job. She did hers. Mary Purse had the radio on to keep her company while she worked. It was a record request programme, and the compere talked as though the whole country was having one big coffee morning while they listened to the show. She hummed the tunes, and joined in the words when she knew them. All those songs, all about love, love, love. Some banal, some risible, some true. Relayed over tannoy systems to women in factories; over radios to mothers at home; some dreaming, some consoling themselves, all trying to make sense of the promise of it all. George Purse was not trying to make sense of it. He had finished courting as soon as he had got married. Courting had been a necessary embarrassment. It had been an uncomfortable time, when he had been forced to endure jibes from the rest of the lads. It had been the same with them all. The general idea seemed to be to get a girl, get her courted and get her wed; then start getting out with the lads again. Crazy. B. Hynes, The Gamekeeper (London 1975), 24-25.

Folgende Aussagen im Text können als Schwerpunkte gemeinsam nach dem Lesen des Textes erarbeitet werden und Grundlage sein fur ein Klassengespräch über die Situation der Frau, wie sie sich aus den Erfahrungen der Lernenden darstellt: - He did his job and she did hers - She had the radio on to keep her company while she worked - He had finished courting as soon as he had got married. Zur Erarbeitung können folgende Leitfragen als Hilfe angeboten werden: - What is said about the activities of Mary and those of her husband? - What sort of radio programme is offered to female listeners? - What is George's attitude towards girls/women before and after marriage? Text 2: Andover Dear Mrs. Pizzey, Please could you advise me what to do. I have had eight children and I am nearly forty-seven years old. I have still three children at home, the youngest is seven years old. My husband keeps saying I'm mad and keeps on hitting me andwhipping me. IVe had a broom over my head and needed medical treatment, a dislocated shoulder, bruises all over me and two black eyes and kicked in the ribs. IVe been to the police and they don't know what to do about domestic quarrels. IVe been to the Samaritans and to the solicitor. The solicitor told me, I can't do a lot about a separation or divorce as you are living under the same roof. He had been to see my doctor with me to try and get me in a mental home. My doctor has given me nerve pills last week because my nerves are beginning to go and he told my husband I am not mad.

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My children scream because he shouts and hits me in front of them. He has thrown me out at night and told me to go but I can't leave the children and it is a job to get a room with children. He said if I went he would get the children in a home. He has never bought them any clothes and I have to keep on to him to buy the children a pair of shoes twice a year and I can't afford to buy clothes for them. You can see what I'm up against. Dont't you think the law is wrong and there should be a law for husbands like mine? Please send a reply to - as I don't want him to know, as I would get it worse. Some, mothers and children have been so badly treated that it may take them years to get back on their feet. One of our bitterest sorrows is that we dont' yet have the money to provide enough support and peace and quiet for the women who are so broken down they are like zombies and for their children who are so disturbed. E. Pizzey, Scream Quietly or the Neighbours will Hear (Harmondsworth, 1974,48.)

Es bietet sich an, den Text still zu lesen und anschließend mit den Lernenden gemeinsam zu strukturieren und unter folgenden Gesichtspunkten einen Tafelanschrieb anzufertigen: — What is the man's attitude towards his wife and his children? his wife: — says she is mad — hits her — throws her out at night — threatens to send the children into a home his children: — doesen't buy necessary clothes for them — hits their mother in front of them — What is done to help her and the children? police: don't know what to do about domestic quarrels solicitor: can't do anything about separation or divorce because both live under the same roof doctor: gives her nerve pills Argument-Sonderband AS 71

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Im Anschluß an die Erarbeitung des Tafelanschriebs kann mit den Lernenden über die Ausübung von Gewalt, wie sie sich im Text darstellt, und die Möglichkeiten ihrer Überwindung gesprochen werden. Text 3: It was only as the field labourer's wages gradually rose in the second half of the nineteenth century, and as agricultural machinery enabled farmers to dispense with many kinds of hand work, that female employment in agriculture again became as restricted as it had been in earlier times. Under the old system of life, many village women took an active part in tilling the famüy patch of ground, looking after the pig or cow, marketing the goods, or helping to conduct some small local business: in the England of the past, as in the France of today, the wife was often her husband's partner and fellow-worker. But the growth of high farming and big business tended to drive women out of these activities, turning some of them into ladies' of no occupation, others into field-labourers or factory hands, others into workmen's wives entirely devoted to the care of the home. G.M. Trevely an, Illustrated Engtish Social History: 4 (Harmondsworth 1964), 50.

Es kann zunächst der Arbeitsauftrag erteilt werden, Bedingungen, unter denen Frauen heute arbeiten, in Gruppen zu diskutieren und die Ergebnisse zu notieren. Dies gibt den Lernenden die Gelegenheit, an eigene Erfahrungen und Beobachtungen anzuknüpfen.. Die Gruppen können unter folgenden Gesichtspunkten arbeiten: Gr.l: - What jobs are offered to girls/women and to boys/men? Gr.2: — Why do you think are more women unemployed than men? Gr 3 : — Do you think it is true that boys are more likely to get a job than girls? If you agree, do you think it's fair? Give reasons. Gr.4: — Women in general should do the work in the house and look after the children. Do you agree or disagree. Give reasons. Nachdem die vierte Gruppe ihre Arbeitsergebnisse vorgetragen hat, kann diese Problematik in einem Klassengespräch diskutiert werden, da anzunehmen ist, daß die Meinungen kontrovers sein werden. Im Anschluß an die Diskussion lesen die Lernenden Text 3, der es ihnen ermöglicht, nach der vorangegangenen Diskussion Parallelen zwischen Vergangenheit und gegenwärtiger Situation zu ziehen. Argument-Sonderband AS 71

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Dem Text können folgende Aussagen entnommen werden: — Women lose their jobs when work gets short. They become Jadies4 of no occupation and housewives. — Women get jobs which men don't want to take. They become fieldlabourers and factory hands. Text 4: Zur Vertiefung der letzten Aussage aus Text 3 (Women get jobs...) kann dieser Text von den Lernenden als Hausaufgabe gelesen werden, und zwar unter folgender Leitfrage: — Would you agree that women are discriminated as far as jobs are concerned? Give reasons from the text. Most of the jobs in the plant were like mine, a series of the same ten or so motions all day. All the men I knew who were factory workers admitted that the women had the worst jobs, and that they (the men) would go crazy if they had to do that stuff. My other job was in the Mary Ann Baking Company, which had about one hundred people on my shift (4 to 12 P.M.), only eight or so women. It was a smaller, more friendly plant; mostly everybody was Greek, there were no bells, and we didn't do the same thing all day (although each job was pretty bad). Mainly I stood and placed various sticky pastries on a conveyor belt that fed them into a machine where they were wrapped individually for vending machines. This job involved a lot of bending and one had to move quickly because the machine went so fast. But the other job was worse: scooping rolls off a tray with a big paddle and plaxing them in cute little blue-and-white boxes. There you had to bend from the waist at a peculiar and painful angel; some women stood in that position four hours a day. When there was no work packing (the women's job), we helped the bakers, who were all men. The room where they worked was light, and cool and quiet - no machines. Except for a very few things which required strength, we did everything they did, on the days we helped them. It was much more pleasant work. One day a girl told me that we weren't supposed to be doing this, because we were only getting paid for wrapping. Baking was higher-paid work because it was considered a skill. This illustrates how women are discriminated against in wages. The going wage for women in Chicago factories was 2 Dollars an hour or less, but the factories don't need to pay women less for the same work - they have something better. They give the women the worst, most debilitating jobs (no exercise, just aches and pains), then pay them less because the job has a lower classification. One version of this was true at Nadir, where all the production workers at my plant were women - so they were all paid the same, at the going women's wage. The other version was true at the bakery - men had „skilled" jobs (which we could do too), more pleasant work and conditions - so of course they got paid more. R. Morgan, Sisterhood is Powerful (New York 1970), 129-130.

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Zum besseren Verständnis der in diesem Text enthaltenen Aussagen kann auf Text 1 und 2 aus Images of Women zurückgegriffen werden, um noch einmal Wertschätzung und Ideologie, die die Situation von Frauen bestimmen und von diesen auch internalisiert werden, zu reflektiren. Nach stillem Lesen können dem Text Informationen über die Gründe, die Frauen im 19. Jahrhundert zur Prostitution zwangen, entnommen werden: — respectability' of the well-to-do classes in the 19th century diminished the number of kept mistresses. Therefore the demand for common prostitutes, who could be visited secretly, increased. — ethical code drove girls once seduced, into prostitution. — economic situation of (single) women. Hingewiesen kann vor allem werden auf die herrschende doppelte Moral, die lediglich dem Interesse der Männer diente. Als Ursache dafür kann auf das Machtgefuge in einem patriarchalischen System verwiesen werden, das den Frauen keine Rechte einräumte. In einem Klassengespräch kann der Bezug zur Gegenwart hergestellt und die Rolle der Prostitution heute aufgezeigt werden: — in the interest of men, — trade with sexuality, — exploitation of the situation of women, — women as sex objects. An account of women's life at this period ought to include a reference to the great army of prostitutes. It had existed in all ages, and its ranks had grown with the increase of wealth and population in the country ( . . . ) The growing »respectability4 of the well-to-do classes in the new era diminished the numbers and position of the more fortunate ,kept mistresses*, who had played a considerable part in eighteenth-century society. But for that very reason the demand was increased for the common prostitute who could be visited in secret. The harshness of the world's ethical code, which many parents endorsed, too often drove a girl once seduced to prostitution. And the economic condition of single women forced many of them to adopt a trade they abhorred. The decay of cottage manufacture starved orphan girls till they bowed the head for bread. Low wages in unregulated sweated industries made temptation strong. On the whole, the more regular pay and the general conditions of life in factories tended towards a higher standard of morals, although the critics of the factory system long denied it. As the century went on and factory pay and conditions steadily improved, the selfrespect of the women employed was put on a sounder economic basis. G.M. Trevelyan, Illustrated English Social History (Harmondsw. 1964), 5556.

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Text 6: Dieser Text zeigt auf und reflektiert die Tatsache, daß Frauen durch Vergewaltigung in besonderem Maße der Gewaltanwendung von Männern ausgesetzt sind. Es wird deutlich, daß Vergewaltigung — Machtansprüche von Männern über Frauen und über Männer erfüllt, — ein Mittel ist, Frauen in Abhängigkeit von Männern zu halten (Schutzbedürftigkeit), — ein Mittel ist und war, rassische ,Überlegenheit' oder Minderwertigkeit' zu dokumentieren (Zusammenhang zwischen Sexismus und Rassismus). 1. The fear of rape and the myths surrounding the rapist are highly effective means of social control. The principal myths concerning rape are (1) rapists are insane, psychotic, or characterized by criminal personalities; (2) certain types of men such as strangers, black men, and lower class and uneducated men commit most rapes and do so in „unsafe" areas such as dark streets and disreputable neighborhoods; (3) the female victim of rape has (a) wished for her fate, (b) enjoyed it, (c) contributed to it by her behavior; (4) the fact that the vast majority of rapes go unreported indicates female complicity; and (5) of rapes committed across race lines more are by black men on white women than by white men on black women. All the myths regarding rape serve to throw the responsibility for rape on the victim and to keep women divided as a group, defenseless, and in need of male protection. 2. Rape is a weapon of terror and violence, aimed at keeping women subordinate to men and divided from each other. But it is more: it is also a symbol and manifestation of power aimed at the men of a subordinate group. The practice of symbolizing the conquest of another tribe or people, by making captives of then men and sexually abusing - that is raping or prostituting - then women as a means of humiliating the males of the conquered group antedates history. This practice only incidentally serves the sexual pleasure of the rapist and more importantly serves to impress upon the conquered and subordinate of both sexes that they are the helpless victims of power and mastery. During classical antiquity slave women were routinely turned into prostitutes and concubines. Those conquered wore different from the conqueror belonging to different tribes, races, and religions. Thus, not only did the sexual exploitation of conquered women become casual and acceptable, but it reinforced steretypes of race. Their women - all women of such „lower" races-could henceforth be sexually abused with impunity. 3. In the American setting, these traditions surfaced in the complex sexual relationships between the races. The sexual exploitation of slave women by white men during and after slavery affirms the colonial nature of the oppression of black people in the United States. Black men, like all conquered foes, were symbolically castrated and effectively humiliated by being prevented from defending their wives and daughters from the sexual

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abuses of white men. The sexual exploitation of black women by white men is an essential feature of race-caste oppression in the United States and continued unabated until very recently, when the militancy of the black movement helped to reduce it. It was upheld by laws forbidding intermarriage, enforced by tenor against black men and women and, though frowned upon by the white community, was tolerated in both its clandestine and open manifestations. It is reflected in the monotonous one-sidedness of rape conviction statistics, especially in the Southern states, which reveal the essential double standard: the rape of black women by white men goes unpunished; the rape of white women by black men is severely punished. The dual function of rape as a means of sexual and caste oppression is no place more evident than in the death penalty statistics which reveal that rape, the very crime for which most white men escape punishment or are lightly punished, is the cause of more death penalty sentences if the rapist or alleged rapist is black. In the post-Civil War period and as late as the 1940s the accusation of rape against black men was the chief cause of lynchings. Historical records of the antilynching movement point out the use of lynching as a weapon of terror to uphold this sexual double standard. G. Lerner, The Female Experience. An American Documentary (Indianapolis 1977), 434-436.

Es bietet sich an, den Text in drei Teilen zu erarbeiten; wobei Teil 1 und 2 arbeitsteilig und unter folgender Aufgabenstellung gelesen werden können: 1. What is the attitude towards rapists? What is the image of female victims of rape? Die Beantwortung der Fragen kann entsprechend der Bezifferung im Text gegliedert werden. 2. What does rape aim at according to the text? — keep women subordinate to men, — keeps women divided as a defenseless group, — manifestation of power, — means of humiliating men (women seen as possessed by men). Die Arbeitsergebnisse können vorgetragen und an die Tafel geschrieben werden als Grundlage für ein sich anschließendes Klassengespräch mit der Fragestellung: — What are the effects of the described attitudes towards rape? Teil 3 des Textes kann als Hausaufgabe (mit Vokabelhilfen) erarbeitet werden unter der Aufgabenstellung: — There is a relationship between racism and sexism. Read the text and comment on this statement.

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3 3 . Growing consciousness and demanding rights Das wachsende Bewußtsein von Frauen, besonders seit dem 19. Jahrhundert, zeitigt(e) die Forderung nach gleichen Rechten, die auch den Männern zustehen (zustanden). Die folgenden Texte weisen auf diese Entwicklung hin, in deren Zentrum zunehmend die Forderung nach Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung steht. Text 1: Der Text gibt Informationen über Lebensbedingungen von Frauen zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Er enthält zu Beginn zudem eine Aussage aus dem 17. Jahrhundert (Mary Asteil). Der Text kann hier eingesetzt werden, um die Berechtigung der Forderungen, die Frauen stellen, zu verdeutlichen: — In 1700 Mary Astell compared women with slaves. Do you agree that this is still true in the 19th century if you consider the conditions of women as described in this text? Writing on marriage in the year seventeen hundred, Mary Astell asked: If all Men are born free, how is it thai all Women are born slaves? As they must be if the being subjected to the inconstant, uncertain, unknown, arbitrary Will of Men, be the perfect Condition of Slavery? ( . . . ) All democratic countries have as one of their highest aspirations the attaining of equality among their citizens, but in no democratic country in the world do women have equal rights with men. England has been a democatic country for over three hundred years, equality has been a guiding principle; yet this is how the authors of a recent survey of women's rights in Britain introduce their researches: At no level of society do (women) have equalrightswith men. At the beginning of the nineteenth century, women had virtually no rights at all. They were the chattels of their fathers and husbands. They were bought and sold in marriage. They could not vote. They could not sign contracts. When married, they could not own property, TTiey had no rights over their chüdren and no control over their own bodies. TTieir husbands could rape and beat them without fear of legal reprisals. When they were not confined to the home, they were forced by growing industrialization to join the lowest levels of the labour force. Since then, progress towards equal rights for women has been very slow indead. ( . . . ) J. Mitchell, A. Oakley, The Rights andWrongs of Women (Harmondsw. 1976), 387.

Folgende Ergebnisse, die anschließend als Diskussionsgrundlage dienen, können dem Text entnommen und an die Tafel geschrieben werden: Conditions for women at the beginning of the 19th century: Argument-Sonderband AS 71

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Women — were the chattels of their fathers and husbands, — were bought and sold in marriage, — could not vote, — couldn't sign contracts, — when married could not own property, — had no rights over their children, — could be raped and beaten by their husbands, — were forced to join the lowest level of the labour force (vgl. hierzu: Conditions of female life, Text 3). Text 2: Der Text zeigt auf, daß Frauen im Laufe des 20. Jahrhunderts zwar formal mehr gleiche Rechte erhielten, daß sich jedoch selbst dieses nur sehr langsam vollzog. The question of women's voting rights became a volatile issue in the 19th century and, although the struggle was particularly intense in Great Britain and the United States, these countries were not the first to grant women the right to vote. By the early years of the 20th century, women had won the right to vote in national elections in New Zealand (1893), Australia (1902). Finland (1906), and Norway (1913), whereas in Sweden and the U.S., they had voting rights in some local elections. In the period 1914-39, women acquired the right to vote in all national elections in 28 additional countries including the U.S. (1920), Great Britain (1918 and 1928), Soviet Russia (1917), and many countries of Latin America. Immediately after World War II, France, Italy, Romania, Yugoslavia, and China had been added to the group and in another two decades the total had reached more than 100 nations. Nearly all countries that gained independence after World War II guaranteed equal voting rights to men and women in their constitutions. In Guatemala, Portugal and Syria, women have the right to vote subject to educational requirements not imposed on men. By 1972 all but three cantons of Switzerland allowed women to vote in cantonal elections; they had won the right to vote in federal elections in 1971. They were also denied voting rights in Jordan, Kuwait, Liechtenstein, and Nigeria (northern region). The United Nations Convention on the Political Rights of Women, adopted in 1952, provides that „women shall be entitled to vote in all elections on equal terms with men, without any discrimination." Encyclopaedia Britannica (Chicago, London 1970).

Text 3: Die Lernenden können dem Text die Forderungen entnehmen, die den Anspruch auf gleiche Rechte erfüllen und darüber hinaus die Bedingungen fur ein humanes Leben. Argument-Sonderband AS 71

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et us step off the edge. „The basic demands" - they are never basic enough. Nor were we, yet, really demanding them. Which is not to say that they don't exist, cannot be insisted upon, fought for, won. It's just that they cannot be defined. We can recognize some of them, the most obvious ones: equality before the law, equal pay for equal work, the right to political representation, to education, decent jobs and credit, self-determination over our own bodies - which means access to safe contraception and abortion and the right of sexual preference, satisfactory and affordable child-care facilities which are controlled by the people (including children) who use them, freedom to walk down the street without fear of verbal and/or physical rape. Yet the basic demands include everything - an unpolluted planet, the end of all wars and the elimination of money; reverence for the very young and very old, indifference to pigmentation, height, or weight; no more poverty, ignorance, starvation, despair . . the list is endless. And utterly insufficient. We must go beyond what we know), and test our perceptions of reality. We must admit the entire cosmos as the ground on which such a search takes place. We must recognize the dissolution of the illusion of linear form. Yet we must go beyond, in effect, at the same time that we embrace the past, and act openly in the present. R. Morgan, Going Too Far (New York 1978), 290. „

Auf einem strukturierten Arbeitsblatt können die Lernenden die Ergebnisse eintragen und vermerken, ob sie die Forderungen als erfüllt ansehen. Antwortmöglichkeiten: yes/no/insufficiently. - equality before the law - equal pay for equal work - right to political representation — right to education — decent jobs — self-determination over body — freedom to walk down the street without fear of verbal or physical rape In eine dem Arbeitsblatt entsprechende Folie (Tageslichtprojektor) wird die jeweilige Anzahl der yes-, no-und insufficiently-Antworten eingetragen. Daran kann sich ein auswertendes Gespräch, das auch die Problematik formale Gleichheit — gegebene Wirklichkeit berücksichtigt, anschließen. Die über die basic demands hinausgehenden Forderungen können dem Text entnommen werden und die Lernenden in einer Diskussion zur Auseinandersetzung mit ihnen anregen. Argument-Sonderband AS 71

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Text 4: Das Gedicht von Susan Griffin greift noch einmal das Problem der Gewaltanwendung auf: Recht wird durch Gewalt verhindert. Reason I may not be reasonable but I'm right, die said. I may not be right but I'm reasonable, he said. I can show you by reason that I am rigit, she said, l ean make you unreasonable by force, he said. S. Griffin, Let them be said (San Lorenzo 1973), 5.

Ein Arbeitsbogen kann der Erarbeitung dienen: 1. Read the poem as carefully as you can and then write down briefly what you think it means. Examine closely what the poet has actually written. 1.1. What does he/she say about herself/himself? 12. What coiild be the situational frame of the poem? 13. Whose arguments do you feel are more convincing? Give reasons. 1.4. How is the conflict between the two persons solved? 1.5. Which solutions are suggested and by whom? 2. The poem conveys an experience and attempts to arouse certain feelings in the reader. Try to find out and explain what you have understood the poet's purpose to be. 3. Try to think of and describe situations where violence is imposed on women. Take into consideration that violence does not always become obvious and is therefore not seen as such.

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Anmerkungen 1 Children's Rights Workshop, Sexism in Children's Books (London 1976). 2 VgL Materialien zur Vorbereitung von Rahmenrichtlinien fur den Sekundarbereich I, Niedersachsen, Juni 1974. Richtlinien für die Schulen in Niedersachsen, Realschulen VI, Richtlinien für den Fremsprachenunterricht (Hannover 1969). Vgl. dazu auch die Ausführungen von J.H. Harnisch, „Der Fremdsprachenunterricht seit 1945 - Geschichte und Ideologie", in: J. Kramer, u.a., Bestandsaufnahme Fremdsprachenunterricht (Stuttgart 1976), 345. 3 Vgl. KMK-Empfehlung in: Erziehung und Wissenschaft 1 (1981), 16. 4 ebd., 16. 5 J. Gamm, „Emanzipation: Schlüsselproblem der Erziehung" Die Deutsche Schule 65. Jg. (1973). K. Mollenhauer, Erziehung und Emanzipation (München 1971). K. Schaller, Einführung in die Kommunikative Pädagogik (Freiburg 1978). K.H. Schäfer, K. Schaller, Kritische Erziehungswissenschaft und Kommunikative Didaktik (Heidelberg 1971). S. Markmann, „Emanzipation im Fremdsprachenunterricht?" kontrast 2 (1978), II-III. 6 F. Koch, Gegenaufklärung (Bensheim 1979), 123. 7 Vgl. dazu: „Der tägliche Sexismus" Vorgänge 2 (1978). M.L. Janssen Jurreit, Sexismus (München 1976). S. Rowbotham, Women, Resistance and Revolution (Harmondsworth 1972). J. Mitchell, Woman's Estate (Harmondsworth 1976). S. Rowbotham, Hidden from History (London 1974). J. Zinnecker, Emanzipation der Frau und Schulausbildung (Weinheim 1978). G. Tornieporth, Studien zur Frauenbildung (Weinheim 1979). R. Nave-Herz, Das Dilemma der Frau in unserer Gesellschaft: Der Anachronismus in den Rollenerwartungen (Neuwied 1975). I. Kassner, S. Lorenz, Trauer muß Aspasia tragen (München 1977). S. Haffner. Frauenhäuser - Gewalt in der Ehe (Berlin 1978). 8 Vgl. auch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Sie wurde von der UNESCO im Jahre 1947 abgegeben. Der Text ist enthalten in: H.J. Gamm, Einführung in das Studium der Erziehungswissenschaft (Reinbek 1978). 9 Vgl. auch R. Schmiederer, Zur Kritik der politischen Bildung. Ein Beitrag zur Soziologie und Didaktik des politischen Unterrichts (Frankfurt 1971). U. Preuss-Lausitz, u.a., Fachunterricht und politisches Lernen (Weinheim 1976). S. Markmann, „Lernen in Grenzen - Probleme des Erwerbs politischer Handlungsfähigkeit im Englischunterricht" Englisch-Amerikanische Studien 3 (1981). 10 Vgl. Anmerkung 1 und 7. Sexismus meint Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Er äußert sich in den unterschiedlichsten Erscheinungsformen, von offener Unterbewertung und Mißachtung der Frau bis hin zu subtileren Formen der Festlegung auf positiv bewertetes „weibliches" Rollenverhalten. H.D. Schmidt, A. Krameyer, Frauenfeindlichkeit (München 1973). Der so definierte Begriff „Mysogynie", den die Verfasserinnen verwenden,

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wird mit Sexismus gleichbedeutend gebraucht. Wie stark die Auswirkungen der Erscheinungsformen des Sexismus sein können und wie sehr Frauen darunter leiden, wird beschrieben in: R. Burghard, Wie Frauen ,verückt4 gemacht werden (Berlin 1978). E. Klee, Psychiatrie-Report (Frankfurt 1978). C. Muhr, Depressionen. Tagebuch einer Krankheit (Frankfurt 1978). M. Barnes, Meine Reise durch den Wahnsinn (München 1979). P. Chesler, Frauen - das verrückte Geschlecht (Reinbek 1980). B. Ehrenreich, D. English, For Her Own Good. 150 Years of the Experts' Advice to Women (New York 1978). M. Hammes, Hexenwahn und Hexenprozesse (Frankfurt 1981). 11 H. Marcuse, Eros und Kultur (Stuttgart 1957), 140. Der vom Leistungsprinzip geprägte „männliche" Tety der Psyche, das autonome und bewußte Ich, bestimmt als Instanz der Selbstbeherrschung quasi autoritär nicht nur das eigene Bewußtsein, sondern auch die Beziehung zu Mitmensch und (Um-)Welt. Der „weibliche" Teil der Psyche wird verdrängt ins Unbewußte; weil er unterdrückt ist, ist er auch frei von der lustfeindlichen Kontrolle des Leistungsprinzips, aber „um den Preis machtlos zu werden, inkonsequent und unrealistisch". Ebd., 140. Bewiesen wird das z.B. durch das herrschende weibliche Stereotyp von der „unlogischen", „emotionalen", „triebhaften" Frau. W.F. Haug, „Emanzipation. Eine Einleitung" Das Argument 4:3 0 1972), 3-6. Vgl. auch: C. Adams, R. Laurikietis, The Gender Trap. Messages and Images (London 1977). 12 W.F. Haug, ebd., 3. 13 Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft, Frauen und Bildung (Bonn 1977). Zitiert nach J. Kath, Frau und Gesellschaft (Plankstadt o J.). 14 H. Hering, „Die Bundesrepublik braucht ein Anti-Sex-Diskriminierungsgesetz" Vorgänge 2 (1978), 117 ff. 15 Vgl. dazu: D. Schultz, ein mädchen ist fast so gut wie ein junge (Berlin 1978). C. Hagemann-White, R. Wolff, Lebensumstände und Erziehung (Frankfurt 1975). J. Nicholson, What Society Does to Girls (London 1975). A. Wagner, u.a., Mann-Frau. Rollenklischees im Unterricht (München 1978). E. Holzinger, H. Mende, Wider die Sklavenproduktion. Erziehungspraxis contra Rollenfixierung (Starnberg 1972). A: Kunstmann, Frauenemanzipation und Erziehung (Starnberg 1973). H. Pross, Über die Bildungschancen von Mädchen in der Bundesrepublik (Frankfurt 1969), E. Schildkamp-Kündiger, Frauenrolle und Mathematikleistung (D.1974). 16 Vgl. dazu Anmerkung 7 und M.Z. Rosaldo, L. Lamphere, Woman, Culture and Society (Stanford 1974). A. Foreman, Feminity as Alienation: Women and the Family in Marxism and Psychoanalysis (London 1977). J. Menschik, Feminismus. Geschichte, Theorie, Praxis (Köln 1977). K. Millett, Sexus und Herrschaft (München 1971). V. Stefan, Häutungen (München 1976). 17 Zu »Vorurteil4 siehe: J. Becker, Alltäglicher Rassismus (Frankfurt/New York 1977), 485 ff. 18 Vgl. S. Markmann, „Lernen in Grenzen - Probleme des Erwerbs politischer Handlungsfähigkeit im Englischunterricht" Englisch-Amerikanische Studien 3 (1981). In Lehrbüchern für den englischen Anfangsunterricht z.B. herrscht noch heute das Bild der heilen Familie, deren Mitglieder harmonisch miteinander leben, vor. Die Harmonie ergibt sich aus der weitgehend starren ge-

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schlechtsspezifischen Rollenzu Schreibung, die - wenn überhaupt - nur Bedürfnisse zuläßt, die ohnehin einen vorgeschriebenen Rahmen nicht überschreiten und die keine Veränderung bewirken können. Die Ansprüche und Wünsche, die sich auf Frauen richten, erlauben einen Rückschluß auf die herrschende Kultur; sie aktualisieren sich besonders am Status der Frauen (Hausfrau und Mutter, Sekretärin, Stewardess, Darstellung in pflegerischen und dienenden Funktionen), an der Darstellung ihrer Verhaltensweisen (ängstlich, sich den Entscheidungen des Mannes unterordnend, in der Hausarbeit und Kindererziehung sowie Umsorgung des Ehemannes aufgehend, ohne Äußerung eigener Bedürfnisse und Interessen, Versagen bei Eigeninitiative) und an ihrer überwiegenden Nicht-Existenz in aktuellen und historisch-,landeskundlichen" Darstellungen. 19 P.P. Pasolini, Freibeuterschriften. Die Zerstörung der Kultur des Einzelnen durch die Konsumgesellschaft (Berlin 1978). 20 ebd., 37. 21 ebd., 106 f. 22 Siehe Anmerkung 10 und 15. 23 Vgl. dazu: H. Marcuse, Der eindimensionale Mensch (Neuwied/Berlin 1976). 24 Vgl. hierzu: J. Beck, H. Boehncke, „Curriculus als großer Bruder? oder: die Schule zum Lernort machen" päd. extra 11 (1980), 37-41. „Sexismus in der Schule" betrifft erziehung 14. Jg. (Mai 1981). „Women's Studies" Englisch-Amerikanische Studien 2 (1980). 25 J. Galtung, Strukturelle Gewalt. Beiträge zur Friedens- und Konfliktforschung (Reinbek 1975). 26 Die Empfehlung basiert auf positiven Erfahrungen während der Erprobung der Unterrichtsreihe in einer 10. Klasse Realschule. Weitere Erarbeitungsformen und Texte befinden sich in: S. Markmann, H. Lutz, „Women in Society" kontrast 2 (1978). S. Markmann, „,Women in Society4. Ein Unterrichtsprojekt zur emanzipatorischen Landeskunde in der Sekundarstufe I", in: D. Biittjes, Landeskundliches Lernen im Englischunterricht (Paderborn 1981). 27 Vgl. hierzu: G. Keseling, Sprache als Abbild und Werkzeug (Köln 1979). Ders., Sprach-Lernen in der Schule (Köln 1976). L.S. Wygot ski, Denken und Sprechen (Frankfurt 1974). 28 L. Klingberg, Einführung in die allgemeine Didaktik (Berlin-Ost 1976). I. Scheller, Erfahrungsbezogener Unterricht (Oldenburg 1980). H. Meyer, Leitfaden zur Unterrichtsvorbereitung (Königstein/Ts 1980), F. Koch, Gegenaufklärung (Bensheim 1979). 29 Biological determinism, higher estimation of the male, mystification of motherhood and mother-child relationship, significance of education. 30 Wie gering Frauen gesellschaftlich geachtet sind, ist auch der Tatsache zu entnehmen, daß z.B. in Schottland erst in den 70er Jahren dieses Jahrhunderts(!) das Schlagen der Ehefrau gesetzlich untersagt wurde. In Kalifornien war bis vor kurzem noch ein Gesetz in Kraft, das verbot, „die Ehefrau nach zehn Uhr abends zu schlagen". S. Haffner, Gewalt in der Ehe (Berlin 1978). E. Fischer, u.a., Gewalt gegen Frauen (Köln 1977). J. Galtung, Strukturelle Gewalt (Reinbek 1980*). Die vorgeschlagene Unterrichtsreihe wurde in Zusammenarbeit mit Barbara Schorzmann, die Kontaktlehrerin in der einphasigen Lehrer/innenausbildung an der Universität Osnabrück war, erprobt.

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38 Gudrun G. Boch Feministische Literaturwissenschaft Eine Bilanz und ein Plädoyer Abstract: The first part of the article explains why the term feminist literary criticism does not easily translate into German. Evolving within the womens's studies movement in the U.S. feminist literary criticism set out to expose masculinist bias. Thence feminist criticism went on to concentrate on the contributions of women writers. It studied, via forgotten authors and mainstream female literature, the gender-determinants of literary production. Looking at some major publications on the history of women's literature, the author argues that the methods adopted land feminist critics in a newly devised male-female dichotomy. This position is partly provoked by the ostracism feminists experience in academia. It forces them to vindicate themselves by „a theory of their own". The article maintains, that Anglo-American feminist criticism of the 70s has not given due consideration to the constituents of the literary text.

I Der Brigriff feminist literary criticism läßt sich nicht ohne Unbehagen ins Deutsche übertragen. Einmal fehlt dem Begriff bei uns ein vergleichbarer Entstehungsbezug und zum anderen ist die ideologische Ambivalenz des Wortes feministisch im Deutschen noch eklatanter als im Englischen. Feminist literary criticism ist in den U.S.A. als ein literaturwissenschaftliches Lehr- und Lernprogramm innerhalb der Women's Studies entstanden, die ihren Ursprung in der aus den politischen Bewegungen der 60er Jahre hervorgegangenen Frauenbewegung hatten.(l) Die seit 1969 sich rasch ausbreitende Einrichtung von Women's Studies Kursen und Studiengängen förderte eine pragmatische Konzeptionierung ihres inhaltlichen Programms. Feminist literary criticism hieß, daß (zumeist) Frauen mit feministischen Erkenntnisinteressen die Literatur und Literaturkritik nach den Manifestationen, den Ursachen und den Überwindungsmöglichkeiten sexistisch diskriminierender Praktiken befragten. Aus diesem Zusammenhang heraus ins Deutsche übersetzt, bedeutet feministische Literaturwissenschaft dann nicht, wie der Begriff suggerierten mag, ein theoretisches Modell, sondern eine Revision der Literaturwissenschaft aus feministischer Perspektive. Eine solche Revision findet bei uns seit Mitte der 70er Jahre auch statt. Hierzulande sind jeArgument-Sonderband AS 71

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doch empirisch praktische Untersuchungen der theoretischen Fragestellung „gibt es eine weibliche Ästhetik? "(2) nachgestellt worden. U.a. ist das hiesige Primat der theoretischen Auseinandersetzung vor der praktischen Selbstbehauptung eine Folge der mangelnden institutionellen und materiellen Basis im Lehr- und Forschungsbetrieb sowie den ihm angeschlossenen publizistischen Organen. Ein Diskurs im Rahmen der scheinbar offeneren, tendenzfreieren und wissenschaftsadäquateren Frage nach der weiblichen Ästhetik und der Verzicht auf das offensive Attribut feministisch provoziert jedoch von vornherein die Befürwortung oder Ablehnung eines geschlechtsgebundenen ästhetischen Dualismus, den feminist literary criticism keineswegs a priori postuliert. Die Schwierigkeit liegt in der unterschiedlichen Wertigkeit des Wortes feministisch. Obgleich im deutschen wie im anglo-amerikanischen Sprachgebrauch die verschiedenen Varianten des Begriffs in radikal-feministisch, feministisch-sozialistisch, und marxistisch-feministisch ausdifferenziert und bestimmt worden sind(3), konnotiert feministisch im Deutschen die radikalfeministische Position(4), wogegen es im Englischen, aus historischen Gründen, nicht auf diese Orientierung festgelegt ist(5), daher auch unbefangener der politische Impetus des Wortes behauptet werden kann. Die politische Zielsetzung der neuen Frauenbewegung westlicher Industrieländer geht nicht nur in Richtung der legalen und politischen Rechte der Frauen innerhalb bestehender Institutionen und Organisationen, sondern der neue Feminismus verlangt eine Veränderung, eine Humanisierung der Institutionen, ihrer Normen und Werte, eine Aufhebung der in weiblich und männlich geteilten gesellschaftlichen Rollen, eine Reorganisation und Neudefinierung des Privaten, eine Überwindung der Gettoisierung des Privaten und des Politischen. Der politische Gehalt des Wortes feministisch ist also umfassender,grundsätzlicher geworden,als etwa zur Zeit der Suffragetten, und hat, da er sich auf alle Bereiche gesellschaftlicher Tätigkeit bezieht, seinen Anspruch an die Wissenschaft geltend gemacht. Gerade im spezifisch deutschen Wissenschaftsbegriff ist dann noch eine weitere Hürde beim Gebrauch des Wortes „feministische Literaturwissenschaft" verborgen, denn der Begriff signalisiert eine dem bürgerlichen Wissenschaftsverständnis höchst suspekte Allianz: die Verbindung von Politik und Wissenschaft. Diese „mesalliance" ist im Selbstverständnis des feminist literary criticism eine beabsichtigte. Denn die feministischen Literaturwissenschaftler/innen wollen aufzeigen, daß, wie immer wertneutral und objekArgument-Sonderband AS 71

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tiv die etablierte Literaturwissenschaft sich gebärdet, sie latent bürgerlich maskulinistische Normen und Werte geprägt hat und perpetuiert und im Dienste einer patriarchalisch kapitalistischen Herrschaftskultur steht. Das feministische Literaturstudium will die ideologischen Vermittlungen der Herrschaftsstrukturen aus der Perspektive der Determinanten sex, race und class ermitteln und erklären, mit dem Ziel diese Strukturen aufzubrechen. Hauptkonzentrationspunkt ist dabei der auch in der materialistischen Literaturwissenschaft lange unberücksichtigt gebliebene Faktor der Geschlechtsspezifität, ihrer Ausbildungsformen und Bestimmungen innerhalb der Literatur, ihre Auswirkung im literarischen Produktions-, Distributions- und Rezeptionsprozeß. Dies nicht, um den Ausschluß oder die Diskriminierung der Frauen in diesem Prozeß nur zu konstatieren, sondern auch um den verschwiegenen Anteil der Frauen zu reklamieren und ihre gleichwertige Einflußnahme zu fordern. Der feministischen Literaturwissenschaft geht es also nicht a priori um eine eigenständige weibliche Ästhetik, einen separaten Gegenstandsbereich oder eine eigene Methode. Das Attribut feministisch verweist einmal auf den politischen Entstehungszusammenhang der Women's Studies und impliziert zum anderen den Anspruch, die Literaturwissenschaft in dem Sinne zu humanisieren, daß sie die Interessen der Frauen einschließt, somit aus ihrer sexistisch inhumanen Befangenheit heraustritt. II „Feminist criticism, as its name implies, is criticism with a Cause, engaged criticism. . . To be effective, feminist criticism cannot become simply bourgeois criticism in drag. It must be ideological and moral criticism, it must be revolutionary ."(6) So schrieb die marxistische Feministin Lillian Robinson 1970, und ihr emphatischer Appell war nicht an das männliche Establishment gerichtet, sondern an Literaturwissenschaftlerinnen, die ihre feministisch inspirierten Literaturanalysen mit den Methoden einer reaktionären Wissenschaft betrieben. Als Beispiel fuhrt sie an, daß der auf der Jungschen Psychoanalyse basierende „archetypal criticism" sexistische Strukturen nicht aufheben, sondern nur vertiefen kann, ebenso eine biographische Methode, die die sozialhistorischen und kulturellen Bedingungsfaktoren in die Betrachtung des Verhältnisses von Autor/in und Werk nicht einbezieht. Robinson warnte von Anfang Argument-Sonderband AS 71

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an vor der Gefahr, in del: Sackgasse einer geschlechtsspezifischen Apartheid zu münden und sich somit des humanistischen Anspruchs zu begeben. „I see no point in reopening all the books that give us a view of »feminine consciousness4 unless we have a firm grasp of what anybody's consciousness is."(7) Trotz Robinsons Warnung(8) hat eine gemeinsame kontinuierliche kritische Auseinandersetzung über literaturwissenschaftliche Methoden, die feministische Fragestellungen und Interessen einzubeziehen vermögen, nicht stattgefunden. Sowohl der Vorrang empirischer Studien vor den theoretischen Klärungen als auch die divergierenden Positionen innerhalb der Frauenbewegung, denen sich die feministischen Wissenschaftler/innen jeweils verbunden fühlten, mögen hierfür verantwortlich sein. Bei aller Unterschiedlichkeit des methodischen Ansatzes haben die literaturwissenschaftlichen Arbeiten aus der Anfangsphase der Women's Studies einen gemeinsamen Nenner: Es geht ihnen darum, ein Bewußtsein über die vielfältige Diskriminierung der Frau im literarischen Bereich zu schaffen. Ein exemplarisches Produkt von feminist literary criticism der ersten Phase ist die Aufsatzsammlung Images of Women in Fiction. Feminist Perspectives(9). Die Herausgeberin versteht die Anthologie als „a useful tool for raising consciousness not only in the classrooms, but for those not involved in the academic world who are committed to personal growth."(10) Obgleich das Bewußtsein von Männern und Frauen erhellt und die Persönlichkeitsentwicklung beider Geschlechter gefördert werden soll, güt die Solidarität und schwesterliche Verbundenheit in erster Linie den Frauen; dies wird auch durch das Vorhaben unterstrichen, die Erlöse des Buches einer Stiftung für die wissenschaftliche Förderung von Frauen zuzuleiten, die aus finanziellen und/oder familiären Gründen ihr Studium abbrechen mußten.(l 1) Die qualitativ und methodisch sehr pluralistische Sammlung umspannt ein repräsentatives Spektrum feministischer Literaturkritik der ersten Jahre. Sie enthält Aufsätze, die eine Untersuchung des FrauenbÜdes bei männlichen Autoren zum Gegenstand haben: Trollopes Darstellung weiblicher. Archetypen, die Verfemung der Feministinnen bei James und ihre vorbehaltliche Anerkennung bei Gissing, Coopers subjektlose Frauen und Hesses sexistische Stilfiguren werden zur Sprache gebracht. Die Mehrzahl der Studien befassen sich mit der Literatur von Frauen: Ein Aufsatz konstatiert die Unzulänglichkeit weiblicher Stereotypen zur Erfassung der Argument-Sonderband AS 71

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Frauencharaktere im Werk der großen Schriftstellerinnen des 19. Jahrhunderts, ein anderer kommt zu dem Ergebnis, daß in den Romanen von Lessing und Oates die Frauen sich als Spiegelungen männlicher Projektionen wahrnehmen, die der Entfaltung einer Eigenidentität entgegenstehen. Vergessene weibliche Autoren als Bestellerproduzentinnen und mystery writers werden vorgestellt. Die unter der Rubrik „Feminist Aesthetics" versammelten Arbeiten sind die theoretisch reflektiertesten. Die Literaturwissenschaftlerin Florence Howe beschreibt hier die für ihre Entwicklung zur feministischen Literaturwissenschaftlerin entscheidenden gesellschaftlichen und literarischen Erfahrungen. Lillian Robinson und Lise Vogel demonstrieren in einer vergleichenden Studie über Malerei, Literatur und Kritik die Notwendigkeit, ein Werk sowie seine Rezeption im Kontext der gesellschaftlichen Entwicklungsstufen nach seinen sexistischen, rassistischen und klassenbezogenen Standpunkten zu befragen und zu beurteilen. Ebenfalls die historischen Bedingungsfaktoren von ästhetischer und kritischer Tätigkeit behauptend, sind die Arbeiten von Fraya Katz-Stoker und Marcia Liebermann eine Abrechnung mit dem New Criticism („Not only did New Criticism rise with and support the reactionism of the past twenty-five years, it reflects the thoroughness with which anticommunism and anti-Sovietism have penetrated even literary studiesu(12)) sowie eine kritische Anknüpfung an die wohl bewegendsten consciousness raisers aus dem Bereich der anglo-amerikanischen Literaturkritik: den Pionierarbeiten von Virginia Woolf und Mary Ellmann und dem glühendsten Fanal feministischen Aufbruchs, Kate Milletts Sexual Politics.(l 3) Woolfs A Room of One's Own thematisiert die Problematik der künstlerischen Kreativität von Frauen im historischen Kontext. Mit großem Scharfsinn und historischer und literarischer Kenntnis rekonstruiert sie in ironisch gewahrter Distanz die Geschichte von Shakespeares verschollenen Schwestern, die Geschichte der Unterdrückung weiblicher Kreativität und deren bis in die Gegenwart reichenden Folgen für die Literatur von Frauen. Sie beendet den Aufsatz mit einem Plädoyer für die materielle Unabhängigkeit ausgedrückt in den Metaphern vom eigenen Zimmer und den 500 Pfund im Jahr — als Voraussetzung kreativer Entfaltungsmöglichkeiten. Ebenfalls die Form des Essays und die Mittel der Ironie dem emotionsgefullten Inhalt überwerfend, legte Mary Ellmann 1968 mit Thinking About Women ein Werk vor, das erstmalig den „Phallozentrismus" der Literaturkritik („phallic criticism") sowie Argument-Sonderband AS 71

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die Stereotypik des Weiblichen in der von Männern verfaßten Literatur ins Rampenlicht brachte. Die in dem Buch essayistisch verkoppelten Beispiele sind zum größten Teil der Literatur und Kritik des 20. Jahrhunderts entnommen. Die ironische Brechung bitterer Tatsachen bei Woolf und Ellmann wurde in Kate Milletts Studie zur offenen feministischen Wut. Millett, teilweise der Arbeit (Le Deuxieme Sexe, 1949) von Simone de Beauvoir verpflichtet, zeigt die Korrelation von reaktionärer Politik und Literaturentwicklung an dem Phänomen sexistischer Vulgarität auf. Weder Einsichten in die gesamtgesellschaftlichen Zusammenhänge politischer und kultureller Entwicklungen, noch Überlegungen zur Funktion und Struktur literarischer Ausdrucksmittel schwächen ihre feurige Verdammung sexistisch männlicher Suprematie eines Lawrence, Miller, Mailer oder Genet. Zwar überzogen und literaturtheoretische Überlegungen ausklammernd, hat Millett doch die politische Dimension des Geschlechtsverhältnisses zu Bewußtsein gebracht und damit auch die politische Dimension seiner literarischen Spiegelung. Die von diesen drei Werken ausgehenden Impulse haben im grossen und ganzen das thematische Feld der angio-amerikanischen feministischen Literaturwissenschaft entworfen. Eine schier unübersehbare Zahl von Einzelstudien haben seit Beginn der 70er Jahre die vom feministischen Bewußtsein erschlossenen literaturkritischen Aufgabengebiete bearbeitet. Während anfangs das Hauptaugenmerk der Auffindung weiblicher Stereotypen in der Literatur galt (wobei nur allzuoft eine polemische Kritik die literaturwissenschaftliche Frage nach dem Verhältnis von Inhalt und Form, von Erzählerstandpunkt und point of view und historische oder soziologische Fragestellungen ersetzte), sind später zunehmend weibliche Autoren unter feministischen Gesichtspunkten in Betracht gezogen worden. Leben und Werk der großen Schriftstellerinnen des 19. Jahrhunderts haben dabei aus leicht ersichtlichen Gründen einen breiten Raum eingenommen, waren sie doch die ersten Autorinnen, die nachhaltig und unübersehbar in die männliche Literaturdomäne vorstießen. Inwieweit sie sich den Kriterien dieser Domäne beugten und inwieweit und mit welchen Mitteln sie sie unterliefen, ist eines der bestentwickelten Arbeitsgebiete der feministischen Literaturwissenschaft.(14) Neben der Entdeckung von bislang unbeachteten Inhalten und stilistischen Mitteln im Werk von Autorinnen, die voiher nur aus männlicher Perspektive gelesen worden waren, hat eine andauernde Wiederentdeckung von Schriftstellerinnen stattgefunden, die in der Literaturgeschichtsschreibung völlig verloArgument-Sonderband AS 71

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ren gegangen sind. Die Gründe für ihr Verschwinden verweisen auf die einseitig männlich orientierten Kriterien der Traditiönsbestimmung. Diese läßt sich zwar auf außerästhetische Kriterien ein, um, durch bestimmte inhaltliche Interessen motiviert^ den Einbezug männlicher second rate literature zu ermöglichen, hat aber für die unter kulturellen, psychologischen oder soziologischen Gesichtspunkten für Frauen interessante Literatur von second rate Autorinnen bestenfalls ein spärliches „Frauenkapitel". Kate Chopin ist eine der Wiederentdeckungen, der bislang in der feministischen Kritik viel Aufmerksamkeit zugekommen ist. Weitere Namen sind: Charlotte Perkins Gilman, Mary Wilkens Freeman, Rebecca Harding Davis, Agnes Smedley, Olive Schreiner, Mary Webb u.a.. . . (Die Reihe wird sich, gefördert durch eine enge Kooperation zwischen den Literaturwissenschaftlerinnen und den feministischen Verlagen, wie Feminist Press, Women's Press, Virago u.a., fortsetzen.) Auffallend ist, daß die Schriftstellerinnen, mit denen sich die feministischen Kritikerinnen vornehmlich beschäftigen, dem weißen Mittelstand entstammen; proletarische und schwarze Autorinnen und Schriftstellerinnen der Dritten Welt werden zwar auch verlegt, aber ihre Werke und die darin gestalteten spezifischen Problematiken bisher viel sehender kritisch reflektiert. Nicht nur die Wiederauflage von Einzelwerken, auch zahlreiche Anthologien mit Kurzgeschichten und Lyrik von Frauen bereiten neues Material für ein Zurechtrücken der einseitig belasteten Literaturgeschichtsschreibung auf. Eine integrierte, „androgyne" Darstellung der Literatur und Literaturgeschichte steht allerdings noch aus. Im Augenblick geht das feministische Bemühen noch dahin, die Entwicklungslinien der Literatur von Frauen nachzuzeichnen. In den U.S.A. sind mehrere umfangreiche Arbeiten entstanden, die die Traditionslinie der Literatur von Frauen unter dem Aspekt der Geschlechtszugehörigkeit in einen Zusammenhang bringen wollen. Auf drei der verbreitesten möchte ich kurz eingehen, um sowohl einige Fortschritte als auch Irrwege aufzuzeigen. Ellen Moers legte 1977 ein über einen Zeitraum von 15 Jahren entstandenes Buch vor, das Schriftstellerinnen Englands, der U.S.A. und Frankreichs unter folgender Begründung vergleichend untersucht: Because they are major literary figures, we have examined and reexamined them as Americans, or Evangelical Protestants or Romantics, or Celts, or socialists; we have grouped them with writers of the American renaissance or the French enlightenment; we have located them on the frontier or in Bloomsbury; Argument-Sonderband AS 71

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we have approached them as victims of madness or consumption, as students of Shakespeare, or Freud, or Rousseau, as naturalists or surrealists. But by some accidental or willed critical narrowness, we have routinely denied ourselves additional critical access to these writers through the fact of their sex — a fact surely as important as their social class or era or nationality, a fact of which women writers have been and still are conscious.^) Literary Women ist ein Paradebeispiel fur inspirierte Willkür, die im mitreißenden Eifer ihrer erstaunlichen Funde von Übereinstimmungen zwischen biographischem Detaü und literarischen Inhalten oder Formen ein interessantes Panoptikum weiblicher Mythen — positiv gewertet — auszubreiten vermag.(16) Freilich geht Moers nicht gewaltsamer mit der Literatur und ihrem Bedeutungshorizont um als Kritiker, die sich beispielsweise „The Americannessof American Literature" zum Gegenstand machen und unter einem irgendwie gearteten Begriff von „Americanness" ihr Material sortieren — diese Kritiker dürften sich allerdings des Applauses der Akademie sicherer sein als Moers. Patricia Meyer Spacks' Female Imagination (1975) ist ein weniger inspiriertes, dafür stringenter auf Schlußfolgerungen ausgerichtetes Buch.(17) Die Autorin kämmt die weibliche Literatur durch von Jane Austen bis Doris Lessing und fragt resigniert „Where is the female equivalent of Portrait of the Artist as a Young Man?" (18) Meyer Spacks sieht die Probleme, die sich aus den sozialpsychischen Lebensbedingungen der Frauen ergeben, als den besten Koordinator für eine überblickende Darstellung der Literatur Von Frauen. Das Hauptproblem, das sich aus diesem Ansatz fur die Studie ergibt, ist, daß die Autorin über weibliche Lebenszusammenhänge und deren Problematik sich bei der traditionellen positivistischen Sozialtheorie, Psychologie und Sozialisationsforschung informiert hat und diesen Disziplinen nicht nur die Problemstellungen entnimmt, sondern auch gleich die Ergebnisse(19), die sie dann ohne viel Mühe und Aufwand in der Literatur auch wiederfinden kann. Fragen nach der ästhetischen Vermittlung, nach den Formen des fiktionalen Widerstands gegen und der ästhetischen Aufhebung von Realitätserfahrungen sind nicht gestellt. Kein Wunder deshalb, daß die Autorin am Ende eine Ungeduld darüber empfinden muß, daß die Schriftstellerinnen es nicht weiter gebracht haben als die beschränkte Wirklichkeit .(20) Im Vergleich zu The Female Imagination ist die zwei Jahre späArgument-Sonderband AS 71

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ter von Elaine Showalter veröffentlichte Arbeit A literature of Their Own ein mehrfacher Fortschritt. Anders als Moers und Meyer Spacks ordnet Showalter ihr Material (zu dem nicht nur Leben und Werk der großen, sondern auch der vergessenen oder verschwiegenen Autorinnen gehören) diachronisch. Im interdisziplinär erarbeiteten jeweiligen sozialhistorischen Kontext (die von Virginia Woolf in A Room of One's Own essayistisch vorgedeuteten Wege werden hier beschritten und systematisch ausgebaut) untersucht sie die Darstellung der Geschlechterrollen im Werk weiblicher Autoren von den Brontes bis zu Doris Lessing und Margaret Drabble. Dabei macht sie nach Inhalt und Form getrennt verifizierbare Entwicklungslinien aus: In der viktorianischen Literatur stellt sie eine Anpassung an die weibliche Rollenerwartung fest, die jedoch durch subversive Stil- oder Handlungsfiguren mehr oder weniger bewußt in Frage gestellt wird. Von der femininen Literatur der Anpassung sieht Showalter die literarische Entwicklung der Frauen analog zur politischen Frauenbewegung um die Jahrhundertwende zum offenen Protest gegen die oktroyierten Rollennormen fortschreiten — die Literatur wird feministisch. Nach der Wahlrechtsbewegung und im Zusammenhang mit der Moderne zeichnet sich in der Literatur von Frauen eine Entwicklung zur weiblichen Selbstfindung ab, sie wird female.(21) So dienlich Showalters Adaption des Entwicklungsmodells von Subkulturen für die sozialpsychologische und sozialhistorische Einordnung in feminine-feminist-female ist, so wenig kann dieses Modell dem implizit erhobenen Anspruch auf eine ästhetische Kategorisierung gerecht werden.(22) In einer informativen Bestandsaufnahme der verschiedenen Arbeitsbereiche und -ergebnisse feministischer Literaturwissenschaft von 1975 hatte Showalter den Mängel einer systematischen kritischen Theorie beklagt(23) und angedeutet, daß ihr das Konzept einer „female subculture" ein höchst brauchbares Raster zum Studium der Entwicklung weiblicher Literatur zu sein scheine.(24) Ihr Fehlschluß in A Literature of Their Own ist, daß sie die soziologische Hilfskonstruktion feminine-feminist-female für die Rekonstruierung einer kulturhistorischen Entwicklungslinie dann zum normierenden Bewertungsmaßstab geraten läßt. Female wird implizit als höchste künstlerische Entwicklungsstufe ausgewiesen und damit ein alter Hut neu aufgesetzt. War feminine in der herkömmlichen Kritik ein sexistischer Euphemismus für literarische Naivität, Formlosigkeit und Minderwertigkeit(25), so ist nun sein Komparativ female zum Qualitätsprädikat avanciert. Unübersehbar ist, daß Argument-Sonderband AS 71

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sich damit die Zweiteilung in eine weibliche und eine männliche Literatur und Literaturwissenschaft fortsetzt — mit dem Unterschied allerdings, daß Frauen nunmehr an der Klassifizierung beteiligt sind, was angesichts des bisher „dreifachen Ausschlusses"(26) der Frauen als Fortschritt begriffen werden könnte. Doch letztlich mündet diese Methode in der radikal-feministischen Beschränkung: von Frauen fur Frauen — was nicht dem gesamtfeministischen Impetus entspricht. Die Einmündung in diese Einbahnstraße ist nicht nur Ausdruck und Resultat einer unzureichenden Theoriebildung, sondern ich sehe hier auch Auswirkungen einer unbewältigten und nicht nur selbstverschuldeten Schwierigkeit der feministischen Literaturwissenschaft überhaupt: Durch ihr akademisch unkonventionelles „unwissenschaftliches" Engagement, ihren emotionalen gesellschaftlichen Einsatz (und Erfolg) hat sie sich mehr als beabsichtigt kaserniert und sieht sich jetzt ihrer akademischen Überlebenschancen willen unter stärkstem wissenschaftlichen Legitimationszwang. Ende: der 70er Jahre zieht Elaine Showalter in einer erneuten Bestandsaufnahme das Fazit: „we realize that of all the approaches to English studies current in the 1970s, feminist criticism is the most isolated and the least understood."(27) Sie führt Beispiele offener Diskriminierung an und schließt daraus: „The absence of a clearly articulated theory makes feminist criticism perpetually vulnerable to such attacks, and not even feminist critics seem to agree what it is that they mean to profess and defend."(28) Der zitierte Aufsatz dokumentiert, daß Showalters liberalfeministische Position der frühen 70er Jahre sich zu einer radikalfeministischen hinentwickelt hat. Sie unterscheidet in dieser erneuten Bilanz feministischer Literaturwissenschaft zwischen feminist critique (der Variante, die mit Hilfe allgemeiner literaturwissenschaftlicher Methoden die Stoffe der allgemeinen Literatur- und Kulturtradition unter feministischen Aspekten bearbeitet) und gynocritics (sie greift hier auf den im Französischen geprägten Begriff la gynocritique zurück und beschreibt damit die auf die Psychodynamik weiblicher Kreativität, die Erkenntnisproblematik weiblicher Linguistik und Sprache und das Studium weiblicher Autoren sich ausschließlich konzentrierende Variante der feministischen Iiteraturwissenschaft).(29) Die Zukunft liegt nach Showalter bei der zweiten Variante : „The feminist critique is essentially political and polemical, with theoretical affiliations to Marxist sociology and aesthetics; gynocritics is more selfcontained and experimental with connections to other modes of Argument-Sonderband AS 71

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new feminist research."(30) Showalter hält die erstgenannte Variante („this thrifty feminine making-do . . . in men's ill-fitting handme-downs" (31)) fur ineffektiv, weil sie in der marxistischen und strukturalistischen Literaturwissenschaft doch nur im untersten Rang geduldet wird, sie ihren gelegentlichen schmalen Platz hat in „the symbolic ghettoes of the special issue or the back of the book" (32) - was leicht nachzuweisen wäre! Aus dieser Nichtachtung folgert sie: „The task of feminist critics is to find a new language, a new way of reading that can integrate our intelligence and our experience, our reason and our suffering, our scepticism and our vision."(33) Mir scheint das ein eher verzweifelter als hoffnungsvoller Beschwörungsversuch zu sein und gleichzeitig auch eine merkwürdige Geringschätzung, geradezu erne Absage an die Leistungen, die die feministische Literaturwissenschaft im Laufe der 70er Jahre erbracht hat. Zu deren unverzichtbaren Gewinnen gehören die Datensammlungen und Systematisierungen zur Erschließung der Bedingungsfaktoren von Produktion, Distribution und Rezeption weiblicher Autoren, die Neu- und Wiederentdeckung der Literatur von Frauen und die damit gegebenen Möglichkeiten für eine Revision gängiger Literaturcurricula in Schulen, Hochschulen und in den Medien. Auch das Motivationspotential, das im feministischen Literaturstudium freigelegt worden ist und auf ein fortschrittliches gesellschaftliches Engagement sich richten kann, gehört auf die Habenseite einer Bilanz. Die Bewußtseinsbildungen, die durch feministische Fragestellungen und Problemaufwerfungen in Gang gesetzt worden sind, lassen sich auch nicht nur an den einschlägigen feministischen Publikationen ermessen. Ich bewerte die Existenz der „special issues" positiver als Showalter, ebenso die erfolgreich kooperierenden Bündnisse, die die Frauenforschung in anderen Disziplinen (z.B. am Centre for Contemporary Cultural Studies in Birmingham oder dem History Workshop) eingegangen ist. Alle Anstrengungen, rigide bürgerliche Normierungen im Bereich der Kultur- und Literaturwissenschaft, die den klassen- und geschlechtsspezifischen Ausschluß bewerkstelligt haben, aufzuheben, sind eine Angelegenheit der Frauen. Es muß allerdings auch eine Angelegenheit der Männer sein, die bislang noch kaum außer der Klassen- und Schichtenspezifität auch die des Geschlechts als Kategorie erkannt oder anerkannt haben.

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III Der zwanghafte Versuch, eine weibliche Ästhetik aus dem Boden der angestauten Emotionen zu stampfen, hat seine berechtig* te Ursache, aber keine Zukunft, die einer Humanisierung der Kultur und Wissenschaft, alsdann der Menschheit dienlich sein könnte. Der Konjunktiv: „das Postulat einer weiblichen Ästhetik könnte seinerseits auf einen weiblichen Sexismus hinauslaufen"(34), kann ruhig positiv umformuliert werden. Im Bereich von Kunst, Kultur und Wissenschaft sind „männlich" und „weiblich", wie Silvia Bovenschen überzeugend analysiert, „kulturhistorische Zuschreibungen, deren Realitätsgehalt noch völlig unausgemacht ist".(35) Der Gettoisierung im „Damenreservat", die den kunstschaffenden Frauen beschieden war, ein eigengewähltes, selbstgeschmücktes Exil jenseits der feindlichen Institutionen nachzuschicken, ist nicht der Ausweg aus dem Dilemma, dessen Frauen sich bewußt geworden sind. Eine zentrale Frage der feministischen Literaturwissenschaft ist ihr Verhältnis zum literarischen Erbe. Die zwei von Showalter als feminist critique und gynocritics bezeichneten und als antagonistisch betrachteten Positionen gegenüber der literarischen und literaturwissenschaftlichen Tradition, sind einige Jahre vorher von zwei namhaften feministischen Literaturwissenschaftlerinnen, Carolyn Heilbrun und Catherine Stimpson, in einem schriftlichen Dialog diskutiert worden.(36) Die Vertreterinnen der jeweiligen Position treten sich klugerweise als X und Y gegenüber, wodurch sie eine gewisse Repräsentanz, vor allem aber die Austauschbarkeit, dJi. die Koordinierungsbereitschaft ihrer Position signalisieren. Die als X sich bezeichnende Frau plädiert für eine feministische Aufarbeitung der bestehenden Tradition, eine Aufarbeitung der in dieser Tradition enthaltenen Momente, in denen die durch gesellschaftliche Rollenzuschreibungen mitbedingten Beschränkungen, Deformationen, Konflikte sichtbar werden, aber auch Momente, die die Überwindung dieser Deformationen antizipieren: „in the light of feminist sensibilities, the text itself can reveal new meanings about human possibilities."(37) Die kreative Imagination, die zur Realisierung des literarischen Potentials nötig ist, muß mehrfach in Kraft treten: „First it functions somehow between what the author actually experiences and writes down in her/his notebooks, and the work at art s/he achieves. Second, it functions between the achieved work, the piece of literature, and the readers we have learned to be."(38) Argument-Sonderband AS 71

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Da wir bislang Texte rezipiert haben „locked into the conventional male consciousness, whether or not we were men"(39), sind die Bedeutungshorizonte der literarischen Werke gar nicht ausgeschöpft worden, denn, so postuliert X, ein gutes Werk kann nicht nur auf eine männliche Perspektive aufbauen, sondern muß die ganze „human condition" symbolisieren. Y sieht in dieser Position eine Mystifizierung der produzierenden Imagination. Ihrer Ansicht nach stehen die Feministinnen in der Stunde Null, am Anfang einer neuen Traditionsschöpfung, deren Quellen nicht die etablierte Literatur-und Kulturtradition sein kann, sondern die Spuren einer verhinderten Tradition: I beginn as a textual archaeologist. I try to strip away layers of embedded attitudes and to dig up fragments of attitudes about sexuality, sex roles, their genesis, and their justifying ideologies. Two patterns most interest me now. The first is the presence of absence - hollows, centers, caverns within the work — places where activity that one might expect is missing. Menstruation, child birth, or women's rage, for example, are events that are frequently absent from, or deceptively coded in literature. The second pattern is the sexualizing of the principle of activity, both exterior and interior, physical and mental.(40) Die beiden Positionen, die sich als ergänzende begreifen, unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich des Stoffes, für den sie sich jeweils interessieren, sondern auch in dem, was sie erfahren wollen, und wieso. Y geht es um die Konstruktion der weiblichen Identität, X um die Rekonstruktion und Behauptung der weiblichen Teilhabe an der Tradition. Die Perspektiven des Weiblichen sind bei beiden ungeklärt, laufen aber bei beiden auf die Perpetuierung eines kulturellen Geschlechterdualismus hinaus. Y schreibt sich von der Tradition los, um für Gegenwart und Zukunft neue Werte postulieren zu können, X reduziert die in der Literaturtradition erhofften utopischen Perspektiven, wenn sie sie nicht als ästhetische Qualität begreift, deren Ausdruck und Inhalt vom Horizont der jeweiligen gesellschaftlichen Entwicklungsstufen und der ihr zugehörigen Beziehungen der Klassen und der Geschlechter abhängen. Der Gefahr, daß sich die feministische Literaturkritik auf ahistorische, voluntaristische Bewertungskriterien reduzieren könnte, ist X sich entweder nicht bewußt, oder sie scheut deren Problematisierung. „When I look at Tom Jones . . . I have no trouble seeing women as stereotyped, as commodities, and having learned from you to see these things, move on to Clarissa."(41) Richardson statt FielArgument-Sonderband AS 71

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ding, Dickens statt Tolstoi oder Thackeray, Forster statt Lawrence usw. Die Frage, ob sich ästhetische Wertungen unter neuen geschlechtsspezifischen Rezeptionsprozessen ändern werden, kann m.E. noch nicht beantwortet werden. Frauen haben bisher an der literarischen Geschmacksbildung nur passiven und an der ästhetischen Theoriebildung gar keinen Anteil gehabt. Als Produzentinnen von Literatur sind sie seit rund 200 Jahren kontinuierlich vertreten, als Kritikerinnen sind sie noch kaum aus den dienstleistenden Funktionen herausgetreten. Insgesamt hat sich die feministische bisher noch anglo-amerikanische Literaturwissenschaft — aus verständlichen Gründen — zuwenig Gedanken über die eigenartige (unique) Beschaffenheit ihres Gegenstandes Literatur gemacht. Sie hat die Literatur ungeachtet ihrer ästhetischen oder inhaltlichen Eigendynamik für die Rekonstruktion der „imaginierten Weiblichkeit" oder auch der gelebten Frauenwirklichkeit benutzt. Es gibt Literatur, die sich zu diesem Nutzen versteht und die für kulturhistorische Rekonstruktionen unerläßlich ist (Tagebücher, Berichte, Dokumente, Briefe, Autobiographien, u.a.) und es gibt Literatur, die diese unmittelbare Nutzbarkeit nicht besitzt, weil ihr Kommunikationsgehalt in einer komplexeren ästhetischen Struktur enthalten ist und nur über die Erschließung der ästhetischen Mittel zu erfahren ist. Das mitunter krampfhafte Bemühen, die Literatur von Frauen generell im Sinne herkömmlicher Bewertungsmaßstäbe aufzuwerten - ein Resultat der notorischen Unterbelichtung dieser Literatur — ist unsinnig und unnötig, weil nicht jeder Text sich als ästhetisch vollkommen ausweisen muß, um ein bestimmtes Interesse zu befriedigen. Ein Buch, daß nicht in ästhetischer Vollkommenheit brilliert, aber eine unerhörte, nicht bewußt gewordene Information oder Aufklärung leistet, kann ein wichtiges, braucht deshalb aber kein literaturästhetisch wichtiges Buch zu sein. Die Differenzierungen nach ästhetischen, kulturellen oder sachlich informativen Gehalten sind bislang ausgeblieben, weü die Phase der literaturkritischen Landgewinnung der Frauen noch nicht abgeschlossen ist. Eine Landgewinnung, zu der auch die Werke namentlich längst bekannter und kritisch behandelter Autorinnen gehören. „Critics not only make value judgements but often establish the limits of meaning for a work; that is, the critic and/or teacher can set the terms within which a work is questioned, thereby establishing the boundaries of potential response. It then takes a rare reader to pose questions outside these limits."(42) Argument-Sonderband AS 71

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In der (männlich dominierten) Literaturwissenschaft, auch der materialistischen, sind die feministischen Fragen bisher nicht gestellt worden. Im Licht dieser Fragen und Interessen scheint es nahezu unglaublich, daß Arnold Kettle beispielsweise in seinem Standardwerk zum englischen Roman Virginia Woolfs To the Lighthouse als ein Buch ohne Inhalt, ohne „a basic conflict"(43) liest. Der Roman entfaltet in sehr komplexer Form die in der spätbürgerlichen Gesellschaft eklatant gewordene Frauenproblematik, den Konflikt nämlich zwischen der Identifikation über die traditionelle weibliche Rolle und der Selbstdefinition über eine selbstgewählte „unweibliche" Tätigkeit. Die Gestaltung der Thematik an den kleinsten Einheiten alltäglicher Begebenheiten und bis in die feinsten Details der Rhythmik und des StÜs zu rezipieren, verlangt eine andere Sensibilität als die Gestaltung der gleichen Thematik bei DU. Lawrence. Es ist interessant zu vergleichen, wie ausführlich und genußvoll Kettle die gleiche Thematik in Lawrences The Rainbow nachzeichnen vermag. Ihm daraus einen Vorwurf zu machen, wäre ein sexistischer Anachronismus. Zu überlegen ist jedoch, wie es zu einer einseitig ausgeprägten Sensibilitätsbildung kommt, inwiefern sie durch die Sozialisationsinstanzen auf Einseitigkeit vorprogrammiert ist und sich dann zwangsläufig reproduzieren muß? Ein bescheidenes Beispiel für Vorprogrammierung wäre ein Überblick über den Lektürekanon des Englischunterrichts an unseren Schulen. Er sieht nahezu ausschließlich männliche Autoren vor - für sie sind wir sensibilisiert. Wir haben uns mit den Adoleszenzproblemen eines Holden Caulfleld zu identifizieren bemüht, vielleicht auch mit den Helden Hemingways, wir haben die existentielle Schlechtigkeit der Menschen von Golding erfahren und Weltprobleme aus den Negativutopien Huxleys und Orwells. Das ist ohnehin ein Ärgernis, aber für Frauen ein doppeltes. Solange Frauen aus den Schaltstellen der kulturellen Vermittlungsinstanzen ausgeschlossen bleiben, solange der männliche Standpunkt in der Literatur und Literaturkritik alleiniges Subjekt und Objekt des Erkenntnisinteresses ist, muß es eine offensive feministische Literaturwissenschaft geben. Anmerkungen 1 Für einen Überblick über Entstehung und Ausbreitung der Women's Studies in den U.S.A. verweise ich auf den Artikel von Theresia Sauter-Bailliet, „Vom Studium für Frauen zu Frauenstudien: Women's Studies in den

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U.S.Ä.", Englisch Amerikanische Studien 2 (1980), S. 168-183. 2 Siehe die dieser Thematik gewidmeten Aufsätze in Ästhetik und Kommunikation, Heft 25 (September 1976); Kursbuch 47 (1977); Alternative 108/109 (Juli/August 1976 und Alternative 120/121 (Juni/August 1978); Kürbiskern 1 (1978); Freibeuter 2 (1980); Notizbuch 2 (1980). 3 Siehe Lottemi Doormann, „Die neue Frauenbewegung in der Bundesrepublik" in: dies. (Hrsg.): Keiner schiebt uns weg. Zwischenbilanz der Frauenbewegung in der Bundesrepublik (Weinheim und Basel 1979), S. 16-70, bes. S. 60-66. 4 Im Deutschen besteht nach wie vor, vor allem in der Linken, eine merkwürdige Scheu vor dem Wort feministisch. Doormann setzt es in Anführungszeichen, wenn sie es positiv benutzt (vgl. den unter Anmerkung 3 genannten Aufsatz S. 66), Jutta Menschik benutzt ihn mit Unbehagen, s. dies. Feminismus. Geschichte, Theorie, Praxis (Köln 1977), Einleitung. 5 Siehe z.B. die Bandbreite der Schriften, die Alice Rossi unter dem Titel The Feminist Papers vereinigt, vgl. auch ihren Umgang mit dem Begriff im Preface: Alice S. Rossi (ed.), The Feminist Papers. From Adams to de Beauvoir (New York 1974). 6 Lillian S. Robinson, „Dwelling in Decencies: Radical Criticism and the Feminist Perspective", College English, 32 (1971), S. 879. 7 Ebda., S. 882 (Hervorhebung im Original). 8 Robinson hatte den in College English veröffentlichen Aufsatz 1970 auf der MLA Convention vorgetragen und war übergangen worden. Siehe dazu die Einleitung zu Robinsons Buch Sex, Class, and Culture, Bloomington 1978) S. xxii ff. Der Aufsatz „Dwelling in Decencies ..." ist in dem Band audi abgedruckt. 9 Susan Koppelman Cornillon (ed.), Images of Women in Fiction. Feminist Perspectives (Bowling Green, Ohio 1972). 10 Ebda., S. X, Preface. 11 Vgl. ebda., S.Xii. 12 Fraya Katz Stoker, „Feminism vs. Formalism", in Koppelmann Cornillon, a.a.O., S. 321. 13 Virginia Woolf, A Room of One's Own (London 1928). Der Essay, nach wie vor das meistzitierte, jedoch noch immer unerschöpfte Standardwerk feministischer Literaturbetrachtung, ist als Panther Paperback leicht zugänglich. Mary Ellmanns Thinking About Women erschien zuerst 1968 in New York. Bei Virago, London, ist es 1979 herausgebracht worden. In seiner essayistischen, anspielungsreichen Darstellungsweise ist das Buch für deutsche Leser/innen keine ganz leichte Lektüre, doch zumindest das 2. Kapitel, „Phallic Criticism", sollte zur Kenntnis genommen werden. Kate Milletts Sexual Politics erschien 1969 und liegt in englischen und amerikanischen Paperbacks vor. Für die feministische Literaturkritik ist der 3. Teil des Buchs, „The Literary Reflection", besonders interessant. 14 Besonders verweise ich auf die Arbeiten von Elaine Showalter (Angaben s. Anm. 21); das umfangreiche Buch von Sandra M. Gilbert und Susan Gubar, The Madwoman in the Attic. The Woman Writer and the Nineteenth-Centuiy Literary Imagination (New Haven and London 1979); die Aufsätze von Mary Jacobus, Cora Kaplan und Gillian Beer in: Mary Jacobus (ed.), Women Writing and Writing about Women (London 1979) und den Aufsatz vom Marxist Feminist Literature Collective, „Women's Wri-

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ting: Jane Eyre, Shirley, Villette, Aurora Leigh", in: The Sociology of Literature, 1848. Proceedings of the Essex Conference on the Sociology of Literature, July 1977, ed. by Francis Baker, et.al. (Essex 1978), S, 185206. 15 Ellen Moers, Literary Women. The Great Writers (New York 1977), S. Xiii-XIV. 16 Vgl. etwa das Kapitel „Female Gothic" und die darin entwickelte Interpretation von Mary Shelleys Frankenstein. So interessant die Darstellung der Lebensumstände der Mary Shelley ist, so unbefriedigend und außerordentlich reduktionistisch ist es, in der „Geburt" des Monsters ein „phantasmagoria of the nursery", „a birth myth", und sonst nichts zu sehen. S. Moers, a.a.O., S. 140 und 151. : 17 Patricia Meyer Spacks, The Female Imagination (New York 1975). 18 Ebda., S. 199. 19 Ein Problem z.B., das Meyer Spacks in der Literatur von Frauen verfolgt, ist das weiblicher Adoleszenz. Durchgehend stellt sie bei den jungen Heldinnen den gleichen Fehler fest: ihre Ansprüche sind „too unfocused to be meaningful, their consciousness of domesticity as trap too acute to allow them to take the risk of charm. They are afflicted by self-pity, and one can understand why; the selfpity is so intense, so closely linked to the feeling of specialness, that it amounts paradoxically to self-glorification." The Female Imagination, S. 200. Ein anderes Beispiel für Meyer Spacks* platte Übernahme undifferenzierter, problemverdeckender Erklärungsmuster ist ihr Fazit zu der Feststellung, daß Frauen keine so gute Literatur geschrieben haben wie Männer: „ the point is not that women cannot be good writers; rather that women absorbed in the obligation to commit themselves to others may feel that personal inadequacy underlies their commitment; their prose will reflect that sense of inadequacy." Ebda., S. 285. 20 Vgl. Ebda., das Kapitel „Free Women", S. 355-402. 21 Elaine Showalter, A Literature of Their Own, (London 1978), S. 12-13. 22 Siehe dazu auch den Aufsatz „Women and Creativity" von Susan Bassnett-McGuire und Keith Hoskin in diesem Band. 23 Elaine Showalter, „Literary Criticism" (Review Essay) Signs 1, (1975), S. 435-460, bes. S. 436-7. 24 Ebda., S. 445. 25 VgL Mary Ellmann, Thinking About Women (London 1979), S. 38ff. 26 Den dreifachen Ausschluß stellt Silvia Bovenschen so dar: „Dem belegbaren Ausschluß der Frauen aus den geschichtsprägenden politischen und kulturellen Institutionen und Positionen entspricht die thematische Absenz des Weiblichen in den historischen Überlieferungen. Daß weder die faktische Ausschließung des Weiblichen aus der Geschichte, noch seine Verdrängung aus dem Geschichtsbewußtsein von der Theorie sonderlich beachtet worden sind - es könnte geradezu von einem dreifachen Ausschluß gesprochen werden." Silvia Bovenschen, Die imaginierte Weiblichkeit. Exemplarische Untersuchungen zu kulturgeschichtlichen und literarischen Präsentationsformen des Weiblichen. (Frankfurt 1979), S. 15. 27 Elaine Showalter, „Towards a Feminist Poetics", in: Mary Jacobus (ed.), Women Writing and Writing About Women a.a.O., S. 22. 28 Ebda., S. 23-4.

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Ebda., S. 25. Ebda., S. 26. Ebda., S. 37. Ebda., S. 38. Ebda., S. 39. Hiltrud Gnfig, „Gibt es eine weibliche Ästhetik", Kurbiskern 1 (1978), S. 133. Silvia Bovenschen, Die imaginierte Weiblichkeit, a.a.O. S. 258. Entsprechend haben auch viele englische und amerikanische Kritikerinnen argumentiert; vgl. z.B. Marcia Landy, „the Silent Woman: Towards a Feminist Critique", in: Arlyn Diamond and Lee R. Edwards (eds.), The Authority of Experience. Essays in Feminist Criticism (Amherst 1977), S. 16ff. Siehe auch das Vorwort zu diesem Band und den ebenfalls dort abgedruckten Aufsatz von Annette Barnes, „Female Criticism: A Prologue". Carolyn Heflbrun & Catherine Stimpson, „Theories of Feminist Criticism. A Dialogue", in: Josephine Donovan (ed.), Feminist Literary Criticism.: Explorations in Theory (Kentucky 1975). Ebda., S. 62. Ebda., S. 65. Ebda., S. 64-65. Ebda., S. 62. Ebda., S. 67. Marcia Holly, „Consciousness and Authenticity: Toward a Feminist Aesthetic", in: Donovan (ed.), Feminist Literary Criticism, a.a.O., S. 41. Arnold Kettle, An Introduction to the English Novel, vol.2, (London 1969), S. 95. Was Kettle von der ihm verschlossen gebliebenen Problematik weiblicher Lebenszusammenhänge denkt, wird noch deutlicher in der Ansicht: „The trouble with To the Lighthouse, it seems to me, is the quite fundamental trouble that it is, when all is said, not about anything very interesting or important", ebda., S. 94.

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56 Susan Bassnett-McGuire und Keith Hoskin Women and Creativity Abstract: Die vorl. Studie untersucht die Grenzen der traditionellen Literaturkritik einerseits und diejenigen eines spezifisch feministischen Ansatzes andererseits, mit dem das Phänomen weiblicher Kreativität erfaßt werden soll. Die Autoren nähern sich dem Problem aus der historischen Perspektive und vertreten die Ansicht, daß Erklärungsversuche über die scheinbar geringere Leistung von Frauen innerhalb der abendländischen Kultur von falschen Voraussetzungen ausgingen. Während die traditionelle Literaturgeschichtsschreibung „hohe Kunst" und Kreativität als eine Domäne begreift, die vorwiegend Männern vorbehalten ist, operieren die Verf. mit dem Begriff der „double history", einer Geschichte also, in welcher sie die Existenz eines ausgesprochen weiblichen Diskurses nachweisen, der sich zum herrschenden (männlichen) Diskurs eher kontrapunktisch als gegenläufig verhält. Sie plädieren nicht nur fur die Aufgabe der Vorstellung von einer hohen (i.Ggs. zur niederen) Kunst, sondern auch für die Aufgabe von geschlechtsspezifischen Differenzierungen, die von der Existenz eines herrschenden Diskurses und einer Kreativität ausgehen, die im wesentlichen männlich sind.

The meaning of a book, which lies so often apart from what happens and what is said and consists rather in some connection which things in themselves different have had for the writer, is necessarily hard to grasp. Especially this is so when, like the Brontes, the writer is poetic, and his meaning inseparable from his language and itself a mood rather than a particular observation. This passage has become unwritable, not because the ideas are wrong, but because of how those ideas are said; the gender attribution „his" after „the Brontes" strikes us so strongly today that it would best be described as a gender solecism. Written as it was in 1925 the passage is forgivable or understandable, except when we find that the writer is Virginia Woolf.(l) Or is that unfair? What if we treat the attribution not as solecism but as something to listen to carefully: what if we face up to the question raised by the passage — the relation between creativity, gender and a historically specific product, a text? For if we could not, or hope we would not, write she passage as it stands, there were historically specific reasons why Virginia Woolf could and did. As a writer she had a developed sense of the problem of women and creativity. It is expressed in her various statements on the historic masculinity of literary forms and syntax, as for instance when Argument-Sonderband AS 71

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she talks of: . . . the technical difficulty . . . that the very form of the sentence does not fit her. It is a sentence made by men; it is too loose, too heavy, too pompous for a woman's use.(2) This is a pracitical statement about the writer's technique; at the same time it raises the historically rooted problem of how a woman writer is to find her own voice. It asks what such a voice could be, perhaps even what it would mean for it to be „her own". The problem is essentially historical: firstly „creativity" as we understand it is a construct with meanings and connotations which have shifted dramatically within the past two hundred years; secondly gender is itself a construct whose meaning has altered more than once and which arguably has taken on new meanings along with creativity/One sign of this most recent realignment is the degree to which the relation between them remains unresolved in the text above. Since the mid-1970s there has been a steady proliferation, in Europe and North America, of what is loosely and genetically termed „women's studies". Courses are offered in institutes of higher education; publishers' lists contain separate sections on aspects of women's studies pertaining to the humanities or social sciences; commercial publishers and TV stations emphasize the newsworthiness of women's participation in the mass culture market. The early phase of the developing Women's Movement of the late 60s-early 70s has, in short, been superseded by a vast women's studies industry that is enjoying considerable prosperity. Side by side with the best selling women's novelists such as Erica Jong and Lisa Alther, coexist feminist journals and publishing houses with a commitment not so much towards mass marketing but rather towards initiating a reappraisal of the relationship between women and the culture industry. In her book on the female literary tradition in England from the midnineteenth century to the present, Elaine Showalter suggests a model of approaching women's literature based on what she terms the three major phases of literary subcultures generally: First, there is a prolonged phase of imitation of the prevailing modes of the dominant tradition, and internalization of its standards of art and its views on social roles. Second, there is a phase of protest against these standards and values, including a demand for autonomy. Finally, there is a phase of selfdiscovery, a turning inward freed from some of the dependency Argument-Sonderband AS 71

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of opposition, a search for identity. An appropriate terminology for women writers is to call these stages, Feminine, Feminist and Female. These are obviously not rigid categories, distinctly separable in time, to which individual writers can be assigned with perfect assurance. The phases overlap; there are feminist elements in feminine writing, and vice versa. One might also find all three phases in the career of a single novelist. (3) The problem with this model, of course, is that it is conceived in terms of cultural imperialism, with subculture standing in a lower position in the hierarchy and seeking to define itself in terms imposed by that dominant mode. There is an implied suggestion that feminine is a lesser stage of development than feminist, with female as an advance on both, and the use of such terms heavily loaded with connotative meaning only serves to blur outlines even further. Even though she has accepted that the three phases can overlap and occur in the career of a single novelist, Elaine Showalter is still setting up a model in which development of creativity is paralleled to a movement away from the feminine and towards the female. And this after having stated that it has been difficult for critics to consider women novelists and women's literature theoretically because of their tendency to project and expand their own culturebound stereotypes of feminity, and to see in women's writing an eternal opposition of biological and aesthetic creativity.(4) There is in the field of literature no simple dichotomy possible between male and female; neither in its history, since writing has not historically been an exclusively male activity, nor in its theory where male and female creativity cannot be distinguished a priori. Yet dichotomies have been made, and we want to suggest, pursuing the problem of such dichotomising, that there is a double history at work, the obvious history of male literary domination and another entirely more questionable one. Even traditional literary history concedes that near the beginning of our literature there is one most conspicuous example of woman's writing, that of Sappho and her circle. Sappho, it appears, initiates a certain literary discourse through the genre of the lyric. She embodies a new decentered voice in the writer: the effects which her poetry produces come through not only what is said but what is not said. The play of the said and the unsaid is, much of it, quite apparent, as in the implicit challenge to epic. Argument-Sonderband AS 71

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It is this kind of play of difference which constitutes the voice in Sapho's poetry which we call personal. It is a technique not encountered in the fragments of the earlier lyric poets, although to be fair, the new Archilochus fragment published in 1974 shows some similar decentering techniques.(5) Archilochus, who is of the generation before Sappho, can therefore be argued to show some sense of how difference can work systematically to constitute a poetic discourse. But it is Sappho who, sö far as we can tell from the fragments we have, establishes a new sense of identity in the discourse, identity as the play of absences and presences. In the one complete poem which survives, the hymn „Artful-throned immortal Aphrodite" („Poikilothron' athanat Aphrodita"), the play operates most strongly through a triple dispersal of time as Bruno Snell realized: (6) as so often, Sappho turns a traditional epic topic into something quite different. In Homer suppliants frequently address invocations to gods who have helped them before. So here Sappho calls for Aphrodite as she has before, but she expands this traditional move between present and past: for she lets slip that the past occasion of help was not the first, thus bringing in a sense of a further past behind the past. And she recalls what Aphrodite had said to her on that last occasion: „Who is doing you wrong, Sappho? Even if she flees now, soon she will pursue". Aphrodite had talked of the future; Sappho now remembers that future from the past (and no doubt how it had worked out as Aphrodite predicted). The dispersal of time therefore involves past, present and future, and these are not simply viewed from the perspective of the narrator's present. She herself is decentered from that present as a double past is recalled and a future within the past (so that by implication she derives comfort concerning the future still to come). Discourses — perhaps any discourse, certainly discourses after Sappho — manifest a range of voices. As a heuristic tool to understand this range one can use a categorization of voice such as that made for ancient Greek by traditional grammar, where the verb is assigned three voices, active, passive and middle. (The middle is the reflexive voice, to do something to or for oneself). Any discursive practice cannot avoid aspects of each: active insofar as it gives voice to specific power-knowledge relations and a specific regime of truth, passive insofar as it is constitued by them, and middle in the reflexivity of the spoken upon the speaker, of the speaker upon the spoken, and between both and audiences. Sappho represents a new discourse not simply in some creativity of the act, i.e. what is said Argument-Sonderband AS 71

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or made present as text, but in an expanded relation between text, author and audience. Within the text this is manifest as the play of differences in times, identities and audiences. But what is not said extends beyond the text. Snell is right, she speaks as the first individual voice of western literature; she stands forth beyond the fragments of the text, because of the play of differences, as the first literary personality. As soon as we begin to look behind much of the present debate surrounding women's creativity (the majority of which is concerned with the literary production of women) it is possible to perceive the new industry of women's studies not so much as a success for the impact of the women's movement, but as marking the steady absorption of an embryonic revolutionary movement into the melting pot of established cultural practices. For if, as Lotman suggests, culture is defined by its position vis-a-vis non-culture, then women's literary and artistic productivity is directly in search of inclusion under general male-determined headings. It is interesting to see how frequently feminists fall into the pitfall of seeking recognition in terms of the dominant structures that determine culture. Judy Chicago's extraordinary Dinner Party, (7) a project that involved numbers of men and women artists and craft workers for several years, has continually been justified by its creator in what seem to be ambiguous terms. Arguing that the creative achievements of women in such areas as embroidery and ceramics has a low status because the products tend to be utilised privately and not offered for public consumption in museums and galleries, Chicago devised the Dinner Party as a celebration of women's history by choosing great women of the past as central characters invited to the dinner and then by constructing a public exhibition utilising these two particular low status skills. The problem with Chicago's justification, however, is that she fails to perceive private consumption as an alternative to public recognition and thus by implication suggests that women's work cannot have equal status unless compared to that produced by men on the same terms. Again, as with Elaine Showalter's critical model, we seem to be confronted with a fundamental ambiguity that seeks simultaneously to oppose male dominance and yet reinforces that notion. As we suggested at the outset, there is a double history to the problem of gender and creativity. For millenia it was assumed that creativity was essentially male, exceptionally female, and that a legitimate gender differentiation could be made accordingly. The Argument-Sonderband AS 71

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significance of Sappho, particularly the theoretical significance, has had to be excavated. What enabled this suppression? Here we enter the second phase of the history, the representation of creativity as male and the establishment of an absolute gender separation of male from female. There are two observations to make: first, the two processes are interrelated, second together they constitute a problem in power-knowledge relations. Of great historical significance is the development of certain apparently theoretical discourses, such as traditional grammar and the arts (or artes) of language; each of these discourses, as it developed, expressed a certain relation to language, stressing identity, suppressing (though not thereby erasing) difference. Terry Eagieton, in an article on the sweeping changes in literary criticism of recent years suggests that feminist criticism is unique in potentially being able to „return those activities artificially isolated as ,literary' to the whole field of cultural practices" and to try and relate such practices to other forms of social activity, rejecting the received hierarchies of Jiterature4.(8) What Eagieton is suggesting is therefore a complete reappraisal not only of what constitutes greater or lesser art but in what terms we can talk about art at all. Eagleton's suggestion seems a far more useful point of departure than the somewhat sterile debate on the relative greatness of women's art and literature in Western culture that has so far prevailed, for whether that debate is initiated by those who seek to denigrate women's achievements (the „No-great-geniuses-are-women" theory), or by those who seek to prove the contrary (the „Hidden-fromhistory" theory), the basic premises remain the same: the parameters within which the debate is couched are determined by the dominant ideal of high art. So, for example, if we take Charlotte Bronte's explanation of why she and her. sisters had chosen to publish under male pseudonyms, we find her noting the practice of denigrating a woman writer by blurring the lines between life and work: we had a vague impression that authoresses are liable to be looked on with prejudice; we noted how critics sometimes use for their chastisement the weapon of personality, and for their reward a flattery which is not true praise.(9) Erica Jong, writing to the International Journal of Women's Studies in 1978 makes a similar point about male reviewers with the additional critique of female reviewers who with few exceptions, are so busy nursing their own unwritten Argument-Sonderband AS 71

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novels (always better than one's own — for what can be more perfect than an unwritten novel?) or else so busy trying to maintain their status as the only token woman on the block that they have little charity for female efforts.(lO) And she goes on to stress the need for greater charity amongst women who are still too full of self-contempt to be free. What is interesting about these two justifications is not only the common ground they share in resenting what they perceive as a patronising male criticism that reads the work through the biography, but the shared assumption that the correct way to read their texts is to involve a divorce between the individual as woman and the individual as author. Underlying both Charlotte Bronte's words and Erica Jong's is the notion that they are somehow in a state of insecurity vis-a-vis the established world of culture. There seems to be a contradiction in dealing with the identities of woman-as-person and woman-as-writer, and this ambiguity emphasizes the rigidity of established criteria of cultural practices. The rhetorical, pre-Rationalist approach to creativity was through the artes: essentially in order to create any text one had need of a well-stocked storehouse of memory and a grasp of the rules of the relevant ars, rules variously worked out in the treatises and handbooks of scholarly authorities. The rules might vary but not the principle that one created through a combination of memory and discipline. The traditional arts of grammar were in central respects similar: they were variously worked out by scholars and provided a certain kind of analysis of the structure of signs through the relation of signifier to signified. Such analyses presupposed the scholar as a kind of disembodied subject surveying a whole text or passage simultaneously in order to analyze it into its constituent signs. So in traditional grammar a sentence is a sum of parts (or signs);each sign can be grammatically identified through its signifier-form, each signifier has a set of identifiable meanings or signifieds. Traditional grammar is a grammar of the signifier; it takes a signifier (e.g. the noun mensa) and divides it into „cases" according to its form, so that „mensae", the dative case, signifies „to" or „for" a table. Each signifier-form is thereby rendered a distinct identity as such, grammar working through and from these identities to pin down the exact signification of a text.(l 1) This has the most significant effect of gender, for gender can hereby be made an absolute attribute of the signifier as part of its absolute identity. Thus in Latin „rex", the king, is masculine, but so is „grex", the flock, while „supellex", Argument-Sonderband AS 71

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the furniture,is feminine. However arbitrary the gender attribution, every noun is rendered as masculine, feminine our neuter. The one true grammar which established itself and remained dominant into the 19th century (and whose influence is not exhausted yet) was the grammar of the signifier. Over a similar length of time, and with a comparable influence, the one true way of doing creative work was through the artes. In this way the power-knowledge relations operated to produce an absolute conceptual differentiation between male and female, while creativity was defined implicitly as male. Contemporary feminism is still deeply enmeshed in this tangle. It seeks to re-evaluate the work of women past and present in various ways: by showing that some women were erased from the history books — poets such as Emilia Lanyer or Elizabeth Jane Weston, for example — or painters such as Tintoretto's daughter whose work was wrongly attributed to a man; by showing that critical reputations tended to obscure the great achievements of women — compare Lady Mary Wortley Montague to Pope; or, as Simone de Beauvoir suggests, by showing that the restricted horizons of women, and the low socio-economic status of women prevented them from having the range of experience necessary to produce great art. Simone de Beauvoir suggests that even the great English women writers of the nineteenth century did not have enough strength to „break all the ropes that held them back" because of the energy expended in their struggle to write at all in a hostile environment, and, arguing that they did not have the richness of experience of a Dostoievsky or a Tolstoy , claims that this explains why the splendid Middlemarch still is not the equal of War and Peace; Wuthering Heights, in spite of its grandeur, does not have the sweep of The Brothers Karamozov.(12) At no stage does Simone de Beauvoir question the ideological implications of the structures that rate Middlemarch as less than War and Peace. Yet at the same time, if we consider how remarkably little we know of the life and experiences of Shakespeare or Homer, it becomes even more apparent that the equation: experience plus talent = great art is suspect. What constitutes experience, and why it has such a high status are the real questions to be asked, not how far or not so far women can come on the scale of values. In his essay What is an Author? Michel Foucault raises the possibility that a theory of the work does not exist and asks Argument-Sonderband AS 71

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What is a work? What is this curious unity which we designate as a work? Of what elements is it composed? Is it not what an author has written? . . . If an individual were not an author, could we say that what he wrote, said, left behind in his papers, or what has been collected of his remarks, could be called a „work"? (13) Leaving aside the fact that the English translator has chosen to use the pronoun „he" throughout, thus highlighting one of the semantic features of English that further complicates the discussion, Foucault's questions are particularly relevant to the problem of women's creativity. For, as Elisabetta Rasy(14) and others have shown, the vast amount of women's creativity has been organised within a different time frame. Kierkegaard suggests that silence is woman's greatest wisdom and greatest beauty, but that silence only emerges if huge areas of women's experience are ignored. Women as singers of lullabies, story tellers, healers, cooks, makers of garments all produce texts. True, some of those texts belong to an oral tradition and are often directly related to interaction with children, old people, the sick - low status social groups well outside the boundaries of high art. True also, texts such as recipes, remedies, knitting patterns and shopping lists although involving often elaborate structuring in both temporal and spatial terms (think of the forward planning involved in creating a shopping list, or the complex maths involved in counting decrease stitches in a pattern) appear to be right outside even Foucault's extended boundaries. And yet, if the question of what constitutes a work is to be fully discussed, the limits imposed cannot be those that exist at present because they are still limits that exclude the functional texts of day to day life, whether oral or written. For Kierkegaard, then, women's great contribution is the beauty of silence. For Simone deBeauvoir and a host of followers, women's potential great contribution has been impeded by her lack of experience. Both views rank women's creative achievements as lower than that of men, and both arrive at that conclusion by considering the extant criteria for the determining of high art and its impact. But clearly there are other questions to be asked. In a collection of essays on women's creativity in the fields of film, literature and the visual arts, readers are invited to picture two women, an adolescent writing in her diary and an older woman writing a love letter and asks what are they really writing? What might we find on the white Argument-Sonderband AS 71

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pages before them, if we could only pierce through the veil of discretion that conceals them? What are they writing, these non-writing women, who are not authors, who have never overcome the great divide that woman must cross in order to shed her state of social aphasia and come out into print?(l 5) Here the authors return to the same vexed question of public and private achievement that Judy Chicago sought to overcome by having women compete publicly with men. And by asking that question, they challenge both the notion of woman as silent non-participant and the notion of woman as outsider. What is raised instead is the problem of women's role in a cultural system that denigrates some of her principal contributions, and it is for this reason that a number of women writers and critics have been urging a retreat from competition with male determined models towards a reconsideration of those form/genres that have been overlooked (what Julia Kristeva calls „silent texts, webs of not-saids . . . in which women articulate . . . a congenital gap in our mono-logical culture:..) (16) Elisabetta Rasy suggests that biography, autobiography, diaries are the „marshy but fertile ground on which to work" because in such forms the challenge is two-fold: the split between public and private and the split between art and non-art can be healed. And there are several women writing today who are attempting to redefine established notions of genre boundaries. Doris Lessing's The Golden Notebook, for example, is an attempt to restructure the relationship between the novel and the diary, while Christa Wolfs work shows an attempt to fuse fiction and criticism in a new, more personal manner. The incident of the girl, Christa, handing the refugee woman her dead baby is thus presented in the novel A Model Childhood and in her critical essays The Reader and the Writer, significantly subtitled Essays, Sketches, Memories. Wolf might almost be speaking for a new concept of art when she declares, talking about the work of Vera Inber: I like books whose contents cannot be described, cannot be reduced to passing on simple information about events and experiences, cannot be reduced to anything except themselves. (17) In the writing of this paper, what we have come to recognize is an increasingly diverse range of voices. Over the past two centuries there has been a growing public success for women writers matched by statements of concern about themselves both as women and as writers. We do not mean that the concern gets necessarily deeper as Argument-Sonderband AS 71

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we move from Wollstonecraft to Woolf, from Bronte to Jong, but that it diffuses itself more and more. To take just one strand, if we consider the struggle of feminist work against residual male definitions of the work, often compromised, as Chicago's experience suggests, we see that this can lead to some view of a postfeminism where female writing transcends even that struggle, as a kind of end of history. Yet that is only one element; in the wider pattern we discern a concern, as in the last few passages we have cited, with the problem of silence — silence in various manifestations. As feminist theory has long known there are explicit socio-economic impediments which have either held back women's potential contributions or compelled them to remain silent, but this silence can be overstated. If we take the case of needlework, so often cited as an example of marginal art, an examination of its status from the twelfth century on suggests that the issues are not so clear-cut. From the prominence given to embroidered wall-hangings in Renaissance dowry lists it would seem that at times needlework might have been considered as an activity of a higher status even than painting. In the shift from a world where this activity had high status to a world where it is seen as part of women's silence, we see a discontinuity, of which feminism is a part. We have therefore to consider feminism as one more element in the total web of culture as determined today, rather than as a subculture or a step beyond culture. Pointing up from a feminist viewpoint the options that are open to women writers and critics, Mary Jacobus asks the following questions: Can women adapt traditionally male-dominated modes of writing and analysis to the articulation of female oppression and desire? Or should we rather reject tools that may simply re-inscribe our marginality and deny the specificity of our experience, instead forging others of our own? — reverting perhaps to the traditionally feminine in order to revalidate its forms (formlessness?) and preoccupations — rediscovering subjectivity; the language of feeling; ourselves.(l 8) In the process of researching the present paper we have come to see that the questions cannot simply be formulated along the lines of absorption or separatism, for the issues are far more complicated. What we lack is a coherent theory of the work. What we have been beginning, and only beginning, to sketch out here is a double history which is part of such a theory. Clearly there is a significant feArgument-Sonderband AS 71

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minist discourse now. Two centuries ago there was not. Why should that discourse have emerged then? We are suggesting that at around the end of the eighteenth century a major discursive shift took place. After this shift creativity could no longer be viewed essentially as male, only exceptionally as female: within this context the problem of silence begins to reassert itself. As part of the increasingly diverse range of voices emerge the voices of silence. In one sense this is ironic since it was the play of said and not-said which, through the work of Sappho, constituted the creative personality in the first place at the beginning of our literary history. Is this then no more than the reassertion of the importance of the voices of silence, suppressed though never erased by the traditional artes, grammar and rhetoric, those arts of the signifier? It is of course more than a reassertion. The new creativity incorporates aspects of the male history. Therefore we find the continuities and confusions which we ourselves inherit: the continuing „high art" concept, the continuing confusion over gender where creativity is concerned. But it is also an elaboration of that other, more questionable, history. In the new creativity therefore the voices of silence take on an expanded role; the relation of said to not-said becomes increasingly reflexive as each thing said allows new not-saids a space in the discursive field. This play of voices, and of voices of silence, is such that there is now nothing in principle which cannot be said. Notes 1 The passage is from „Jane Eyre and Wuthering Heights", first published in The Common Reader: First Series (1925), republished in V. Woolf, Women and Writing (London: The Women's Press, 1979), p. 130. 2 Woolf, „Women and Fiction", p. 48 in Woolf (1979). 3 Elaine Showalter, A Literature of their own, British Women Novelists from Bronte to Lessing (London: Virago, 1977), p. 13. 4 Elaine Showalter, op. cit., p. 7. 5 The fragment is translated, in G. Davenport, Archilochus, Sappho, Alkman (Berkeley: Univ. of California Press, 1980), pp. 22-4. The audience is implicated at first only obliquely as Archilochus addresses his new love while simultaneously denigrating his old. Then the voice shifts abruptly to a descriptive mode as Archilochus relates the event of their first coupling, turning the audience into sole addressees. 6 See B. Snell, The Discovery of the Mind (Berkeley : Univ. of California Press, 1961), ch. 3 „The Rise of the Individual in the Early Greek Lyric", esp.p.53. 7 Judy Chicago, The Complete Dinner Party, (New York: Doubleday, 1979).

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68 8 Teny Eagleton, „How the critical revolution started rolling", The Times Higher Education Supplement, 19/9/80, p.9. 9 Charlotte Bronte, biographical note for 1850 edition of Agnes Grey and Wuthering Heights. 10 Erica Jong, Comments on Joan Reardon's „Fear of Flying: Developing the feminist noveL" A letter to the Author, International Journal of Women's Studies, VoLl, No.6, Nov./Dec. 1978, pp. 621-626. 11 As modern linguistic realize, by beginning from this principle traditional grammar has then to erect a whole justificatory framework to explicate the working of signs in practice and of their play of difference, a framwork revolving around certain key terms, e.g. metaphor, metonymy, personification, synecdoche. 12 Simone de Beauvoir, The Second Sex, (London: Penguin, 1977), p. 718. 13 Michel Foucault, „What Is an Author?" ed. G. Harrari, Textual Strategies Perspectives in Post-Structuralist Criticism (London: Methuen & Co. Ltd., 1979), pp.141-161. 14 Elisabetta Rasy, La lingua della nutrice (Rome: Edizioni delle donne, 1978). 15 From the section on literature, ed. Nadia Fusini and others in Lessico politico delle donne, Cinema, letteratura, arti visive (Milan: Edizioni Gulliver, 1979), p. 120. 16 Julia Kristeva, Introduction to Elisabetta Rasy, op.cit. 17 Christa Wolf, „The Meaning of a New Thing - Vera Inber" 1967, in The Reader and the Writer, (Berlin: Seven Seas Book, 1977). 18 Mary Jacobus, „The Difference of View" in ed. Mary Jacobus, Women Writing and Writing about Women, (London: Groom Helm, 1979), p.14.

Ulrike Behrens Die Forschung über Sprache und Geschlecht in den USA Mit der Entwicklung einer neuen Frauenbewegung in den USA und anderen Ländern wurde gegen Ende der sechziger Jahre eine immer breiter werdende öffentliche Diskussion um die Belange der Frauen in Gang gesetzt. Frauen begannen, ihre Unterdrückung, Benachteiligung und Diskriminierung aufzudecken und sich dagegen zur Wehr zu setzen. Mit der Erkenntnis, daß Frauen unterdrückt und benachteiligt sind, entstand auch eine erhöhte Aufmerksamkeit dafür, auf welche Weisen sich diese Unterdrückung vollzieht und in welchen Ausdrucksformen sie sich manifestiert. Solche Fragestellungen wurden nicht nur vermehrt in der Öffentlichkeit, in den Medien aufgegriffen, sondern sie wurden auch zum Gegenstand wissenArgument-Sonderband AS 71

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schaftlicher Bearbeitungen. In den USA sind Frauenforschung (und Lehre) als Women's Studies institutionalisiert(l). Women's Studies sind nicht an eine wissenschaftliche Disziplin gebunden, sondern verschiedene Einzelwissenschaften tragen dazu bei. Im Folgenden soll dargestellt werden, welchen Beitrag die Linguistik zu einer Frauenforschung geleistet hat/leisten kann. In ihrer allgemeinsten Form lautet eine linguistische Fragestellung: Gibt es Beziehungen zwischen Sprache und Geschlecht, und welcher Art sind solche Beziehungen? Die Existenz von Zusammenhängen zwischen Sprache und Geschlecht ist, z.T. schon vor längerer Zeit, in einzelnen Gebieten der Linguistik nachgewiesen worden. Dazu rechnet z.B. die traditionelle Dialektforschung, die bei der Datengewinnung Alter und Geschlecht der Informanten berücksichtigte; die Ethnolinguistik,in der manchmal die These aufgestellt wurde, bei sogenannten primitiven Völkern/Stämmen gebe es gesonderte Männer- und Frauensprachen(2). Jespersen widmete in seinem 1922 erstmals erschienenen Grundlagenwerk Language (3) ein Kapitel den Besonderheiten der Sprache der Frauen. Inden Urban Language Studies der neueren angloamerikanischen Soziolinguistik wird das Geschlecht der Sprecher als eine Variable in die Untersuchungen einbezogen (4). Allen diesen unterschiedlichen Forschungen ist eines gemeinsam: sie behandeln die Zusammenhänge von Sprache und Geschlecht als nebengeordnete Beobachtungen, als Besonderheiten, als einen Aspekt unter anderen, aber nicht als einen eigenständigen Untersuchungsgegenstand. Darin unterscheidet sich die neue Sprache- undGeschlecht-Forschung von diesen (z.T. älteren) Arbeiten. Ihre Zielsetzung ist eben die Schaffung und Bearbeitung eines eigenständigen Untersuchungsgebietes, die Anwendung verschiedenster linguistischer Verfahrensweisen auf die Fragestellungen nach geschlechtsspezifischen sprachlichen Erscheinungen. Dabei ist die Grundannahme nicht nur, daß es geschlechtsspezifische Unterschiede gibt, sondern darüber hinaus, daß sich Diskriminierung und Benachteiligung der Frauen sprachlich manifestieren. Eigenständige Sprache- undGeschlecht-Forschung heißt also bisher fast immer: Suche nach geschlechtsspezifischen Ungleichheiten in der Sprache, Aufdeckung frauenunterdrückender sprachlicher Mechanismen. Die Verbindung dieses Ansatzes mit den Problemstellungen der Frauenbewegung ist offensichtlich. In den USA begann eine eigenständige Behandlung der Sprache- und-Geschlecht-Thematik in der Argument-Sonderband AS 71

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Linguistik mit dem Beginn der siebziger Jahre, also mit den Women's Studies, und bisher stammen fast alle Veröffentlichungen von Frauen (während sonst Veröffentlichungen weiblicher Autoren in der Linguistik — wie anderswo auch — gewöhnlich in der Minderzahl sind); eine persönliche Motivation durch die Auseinandersetzung mit der Frauenbewegung ist erkennbar. In verschiedenen westeuropäischen Ländern vollzogen sich ähnliche Entwicklungen mit einigen Jahren Verspätung(5). Die Sprache-und-Geschlecht-Forschung soll im Folgenden am Beispiel der USA dargestellt werden, nicht nur deshalb, weil dort länger als in anderen Ländern geforscht wird und mehr Arbeiten vorliegen, sondern auch, weil die Forschungen in anderen Ländern mitbestimmt sind durch eine Rezeption der USA-Forschung. In den USA existiert mittlerweile eine Fülle von Veröffentlichungen, deren größerer Teil aus einzelnen Aufsätzen besteht. Buchveröffentlichungen und Sammelbände sind seltener(6). Man kann die Veröffentlichungen in drei Gruppen unterteilen: 1) Argumentation fur die Notwendigkeit einer eigenständigen Forschung, allgemeine Aufrisse der Thematik, Einzelbeobachtungen verschiedenster Art, Hypothesenbildung (diese Gruppe macht die Mehrzahl der Veröffentlichungen aus); 2) Überprüfung von Hypothesen in Einzeluntersuchungen; 3) kritische Einschätzung bisheriger Vorgehensweisen und Ergebnisse (bisher nur vereinzelt). Die ersten Veröffentlichungen erschienen ab 1969/70. Als eigentlicher Ausgangspunkt einer breiteren Diskussion in der Linguistik kann aber ein Aufsatz von 1973 gelten: R.Lakoff, „Language and Women's Place" Language in Society 2 (1973X7). Vielleicht ist der Stellenwert dieses Aufsatzes für die Diskussion z.T. darin begründet, daß er in einer renommierten Fachzeitschrift erschien. Festzustellen ist jedenfalls, daß in sehr vielen späteren Arbeiten auf Lakoff Bezug genommen wird. Eine Übersicht über die Entwicklung und den Stand der USAForschung zu geben, ist in zweierlei Hinsicht schwierig. Zum ersten bereitet die Literaturbeschaffung Probleme. Viele Aufsätze sind in hiesigen Biblitoheken schwer oder gar nicht zu beschaffen, Buchveröffentlichungen sind oft erst mit 1-2 Jahren Verspätung zugänglich. Daß man überhaupt von der Existenz solcher Veröffentlichungen erfahrt, ist vor allem den bis jetzt vorliegenden Bibliographien(8) zu verdanken und außerdem dem Mitteilungsblatt Women and Language News(9). Zum zweiten ist die Auswertung des Materials schwierig. Vor allem in den allgemeinen Aufrissen ist die Systematik Argument-Sonderband AS 71

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des Vorgehens nicht immer ausgewiesen, weshalb z.B. eine Auswertung durch Zuordnung zu traditionellen linguistischen Bereichen kaum möglich ist. Bei der Vielfalt einzelner Fragestellungen läßt sich aber zumindest eine grobe UnterteÜung vornehmen (die auch in mehreren Arbeiten angewandt wird): a) Aussagen zum Sprachsystem; d.h., wie bezieht man sich sprachlich auf (Männer und) Frauen (oft wird dieser Teü auch mit dem Schlagwort vom Sexismus in der Sprache bezeichnet); b) Aussagen zur Sprachverwendimg (oder zu geschlechtsspezifischen Sprachverhalten); dJi., welche sprachlichen Muster werden von Frauen/Männern benutzt. Damit ist nicht eine ausschließliche Benutzung einzelner Muster von einem Geschlecht gemeint (sex-exclusive), sondern eine unterschiedliche Häufigkeit bzw. Bevorzugung der Verwendimg (sex-preferential). In diese Bereiche lassen sich die meisten Aussagen zu Sprache und Geschlecht einordnen. Weiterhin läßt sich feststellen, daß sich innerhalb dieser Bereiche Themen von zentraler Bedeutung herausgebüdet haben; das sind Themen, die in fast allen Arbeiten erwähnt werden. Daneben gibt es eine Unzahl von gelegentlich erwähnten Themen/Aspekten/Beobachtungen. Im folgenden sollen einige der zentralen Themen aus den Bereichen Sprachsystem und Sprachverwendung vorgestellt werden. Arbeiten zum Sprachsystem Generischer Gebrauch von he und man Der generische Gebrauch von he und man ist das wohl meistdiskutierte Thema in den Arbeiten zum Sprachsystem. Unter generischem Gebrauch ist folgendes zu verstehen: a) he: wenn man sich mit einem (Personal- oder Possessivpronomen auf eine Person bezieht, deren Geschlecht nicht bekannt ist, kann he (bzw. entsprechende Formen) stehen. (Es ist auch möglich, in solchen Fällen he or she oder they zu gebrauchen.) b) man: man hat die Bedeutungen „Mensch" und „Mann". Der generische Gebrauch ist der in der Bedeutung „Mensch".(l 0) (Möglich sind auch human beiing, people, person u.ä.) Man kann sich mit he und man also sowohl ausschließlich auf männliche Personen als auch auf Personen beiderlei Geschlechts beziehen. Beim Gebrauch von she und woman dagegen gibt es eine solche Ambiguität nicht, damit können nur Frauen bezeichnet werden. Argument-Sonderband AS 71

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Diese sprachlichen Erscheinungen werden interpretiert als Anzeichen für einen ,Sexismus in der Sprache'; die Sprache setze Mensch und Mann gleich; Männlichkeit werde als das Allgemeine, Übergeordnete gesetzt, Weiblichkeit nur als die Abweichung oder Ausnahme von der Regel, die sprachlich gesondert bezeichnet werden müsse. Diese Gleichsetzung von sprachlichen und gesellschaftlichen Erscheinungen wirkt zunächst bestechend. Etwas fragwürdig wird sie erst, wenn man einige andere Informationen hinzuzieht: verschiedentlich wird nämlich darauf hingewiesen, daß der generische Gebrauch von man (gerade wegen der Ambiguität) seltener werde; daß in der Umgangssprache statt des generischen he meistens they gebraucht werde (generischeshe erscheine häufiger in formalen Stilen, z.B. in Gesetzestexten). Vielen Arbeiten zu diesem Thema ist vorzuwerfen, daß sie zugunsten des schlagenden Beweises für den ,Sexismus in der Sprache6 solche Differenzierungen unerwähnt lassen. (Damit soll nicht gesagt sein, daß Überlegungen zu generischem he und man gegenstandslos seien.) Aufschlußreich ist besonders eine sprachgeschichtliche Betrachtung dieses Themas(l 1). Berufsbezeichnungen Es gibt eine große Anzahl von Berufsbezeichnungen, die alle Personen einschließen können, die diesenBeruf ausüben, die aber gleichzeitig auch zur Bezeichnung von Männern in diesen Berufen dienen können, z.B. doctor,professor, actor, author. Will man diese Berufsbezeichnungen nur auf Frauen anwenden, so wird das meist sprachlich explizit gemacht durch Zusätze, Markierungen, z.B. woman doctor, woman professor oder female professor, actress, authoress. (Die Ableitungen auf -ess haben gegenüber den männlichen Entsprechungen oft negative Konnotationen(l2). Allerdings scheint ihr Gebrauch abzunehmen; einige können bereits als veraltet gelten). Ausschließlicher Bezug auf Frauen wird also markiert; die unmarkierte Bezeichnung kann generisch und spezifisch gebraucht werden. Die Interpretation dieser Markierungen setzt Unmarkiertheit mit Norm, Markiertheit mit Abweichung gleich. Da die männliche und die unmarkierte Form identisch sind, ist das Weibliche wiederum das von der Norm Abweichende. Dies gilt als ein weiterer Beweis für den ,Sexismus in der Sprache". Allerdings gibt es auch (selten angeführte) Gegenbeispiele, etwa nurse, secretary, bei denen die männliche Form markiert werden Argument-Sonderband AS 71

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muß. Gerade mit Hilfe solcher Gegenbeispiele läßt es sich m.E. verdeutlichen, daß es, statt sexistische Strukturen in der Sprache zu diagnostizieren, weitaus sinnvoller sein kann nachzuvollziehen, wie sich ein gesellschaftlicher Wandel dessen, welche Berufe traditionell Männern oder Frauen vorbehalten waren/sind, sprachlich manifestiert. Negative Konnotationen, Euphemismen Bei einigen männlichen/weiblichen Begriffspaaren ist festzustellen, daß der weibliche Begriff dem männlichen gegenüber negative Konnotationen aufweist (zJB. bachelor/spinster; bei den Berufsbezeichnungen z JB. author/authoress). Darüber hinaus gibt es einige Wörter zur Bezeichnung von Frauen allgemein, z.B. lady, woman, girl (für Frauen aller Altersstufen), die je nach Kontext mit negativen Konnotationen verschiedener Art behaftet sein können. Obwohl in den einzelnen Arbeiten zu diesem Thema jeweils Kontexte angegeben werden, die diese Konnotationen belegen, fehlt es an einer Übersicht, die versuchen würde, solche Kontexte zu systematisieren. Bemerkenswert ist weiterhin ein Prozeß, der sich mehrmals in der Sprachgeschichte nachweisen läßt: Bezeichnungen für Frauen, die anfanglich weitgehend frei sind von negativen Konnotationen, nehmen allmählich solche Nebenbedeutungen an oder werden sogar auf die Bedeutung „Prostituierte" eingeengt. Solche Wörter werden dann häufig durch Euphemismen ersetzt, die ihrerseits aber oft denselben Prozeß durchlaufen.(l3) Arbeiten zur Sprachverwendung Tag questions Im Bereich Sprachverwendung wird das Thema tag questions ebenso häufig diskutiert wie im Bereich Sprachsystem der generische Gebrauch von he und man. Tag questions sind verkürzte Ja/ Nein-Fragen, die einem Aussagesatz angefügt werden. Zunächst wurde in etlichen Arbeiten die Beobachtung angeführt, daß Frauen solche tag questions weitaus häufiger gebrauchen als Männer. Einige empirische Untersuchungen belegen die größere Häufigkeit des Gebraiuchs(14), in einer Untersuchung beArgument-Sonderband AS 71

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wahrheitete sich die Hypothese nicht(lS). Diesen Untersuchungen ist gemeinsam, daß sie nicht als repräsentativ gelten können. Ob in den Arbeiten zu diesem Thema nun unsystematische Einzelbeobachtungen oder Ergebnisse kleinerer Untersuchungen referiert werden — den meisten von ihnen ist vorzuhalten, daß sie die kommunikativen Funktionen der tag questions nicht präzise genug bestimmen. Wortwahl; Bitten und Befehle Viele Beobachtungen betreffen die Wortwahl von Frauen. Diesen Beobachtungen zufolge gebrauchen Frauen weniger oder mildere Schimpfwörter und Flüche als Männer. Sie gebrauchen mehr triviale, nichtssagende Adjektive und benutzen öfter das intensivierende so (z.B. nice vs so nice). Auch verwenden sie häufiger Einschöbe wie well, uhm, you know und Phrasen wie I guess, kind of, sort of. Außerdem wird beobachtet, daß Frauen öfter Befehle und Aufforderungen statt in der Form eines Imperatives in der Form einer Frage äußern. In vielen Arbeiten werden diese Beobachtungen/Hypothesen zu tag questions und Wortwahl als Anzeichen weiblicher Schwäche interpretiert: Mit dem häufigen Gebrauch von tag questions wird die Zustimmung des Gesprächspartners gesucht. Damit werden Konfrontationen umgangen (Konfliktvermeidung), ebenso dann, wenn anstelle von Befehlen Fragen geäußert werden. Wer viele Einschübe gebraucht, vermittelt den Eindruck, seiner (ihrer) Sache nie ganz sicher zu sein. In letzter Zeit gibt es aber auch Interpretationen, die sich in eine ganz andere Richtung wenden(16): Frauen drücken ni^ht Schwäche und Unsicherheit aus, sondern Sensibilität, denn sie beschäftigen sich mehr mit interpersonalen Abläufen, wollen nicht so sehr auf Glauben und Gehorsam drängen usw.(l 7) Gesprächsanalyse In einigen empirischen Untersuchungen zu Gesprächsverläufen ist festgestellt worden, daß in Mann-Frau-Gesprächen Männer ihre Gesprächspartnerinnen weitaus häufiger unterbrechen, als es umgekehrt der Fall ist. Frauen schweigen mehr in solchen Gesprächen, und Männer kontrollieren stärker die Themenwahl. Insgesamt kann Argument-SonderbandAS71

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man eine männliche Dominanz in (den untersuchten) Gesprächsverläufen feststellen.(18) Kritik Bei der Aufzählung einzelner Themen im Bereich des Sprachsystems ist schon daraufhingewiesen worden, daß oft notwendige Differenzierungen fehlen (z.B. im Bezug auf sprachliche Kontexte , Formalitätsgrade usw.) und daß, von einigen Beispielen ausgehend, Verallgemeinerungen vollzogen werden, die schon durch andere Beispiele ins Wanken gebracht werden. In den Interpretationen werden teilweise direkte Verbindungen zwischen sprachlichen und gesellschaftlichen Erscheinungen hergestellt, ohne daß diese Verbindungen ausreichend begründet werden. So wird z.B. die Beschreibung lexikalischer Strukturen (die Feststellung von Unmarkiertheit/Markiertheit) auf gesellschaftliche Strukturen (Norm/Abweichung) bezogen und bewertet, ohne daß ein theoretischer Bezugsrahmen ausgewiesen wäre, d.h., ohne daß eine allgemeine Aussage darüber getroffen würde, welcher Art die Wechselbeziehungen zwischen Sprache und Geschlecht sind/sein können. Ein Defizit an Theorie besteht auch in vielen der Arbeiten, die Aussagen aus dem Bereich des Sprachsystems als Nachweise für den ,Sexismus in der Spräche" bzw. eine ,sexistische Sprache" behandeln. Worin dieses Defizit besteht, darauf weisen Dubois/Crouch hin: „ H o w e v e r intuitively attractive the idea that sexism is in language, one must nevertheless refrain from retailing these unsupported claims". (19) Das unmittelbar Einleuchtende, Nachvollziehbare mancher Interpretationen birgt die Gefahr in sich, wichtige Unterscheidungen unberücksichtigt zu lassen: ist es wirklich die Sprache selbst, die sexistisch ist, ist es der Sprachgebrauch, der Bezug von Sprache auf Realität, oder sind es die sich sprachlich manifestierenden Einstellungen? Aussagen über ,Sexismus in der Sprache' müßten eindeutiger den von ihnen verwendeten Sprachbegriff definieren. An den Arbeiten zur Sprachverwendung sind in der Hauptsache Ungenauigkeit und ein krasses Mißverhältnis zwischen Beobachtung und Verallgemeinerung zu kritisieren. Ungenau ist z.B. die Bestimmung dessen, was unter „trivialen" Adjektiven zu verstehen ist, ungenau ist die Beschreibung der kommunikativen Funktionen der tag questions und bestimmter Phrasen u.a.m. Man könnte arguArgument-Sonderband AS 71

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mentieren, daß oft nur Eindrücke und Einzelbeobachtuitigen wiedergegeben werden, die zunächst zur Hypothesenbildung dienen. Allerdings müßten diese Überlegungen dann auch als Hypothesen, die linguistischer Bearbeitung bedürfen, behandelt werden. Das ist aber oftmals nicht der Fall, sondern auf der Basis dieser Einzelbeobachtungen werden sehr allgemeine Aussagen über geschlechtsspezifisches Sprachverhalten gemacht. Selbst bei einigen der (in sehr geringer Anzahl vorhandenen) empirischen Untersuchungen werden die Hypothesen ungenau formuliert, und auf einer sehr schmalen Datenbasis wird eine gewaltig anmutende Interpretation aufgebaut. Insgesamt ist festzustellen, daß es aus linguistischer Sicht bisher vielen (nicht allen!) Arbeiten zur Thematik Sprache und Geschlecht an Genauigkeit mangelt, an präzise formulierten Hypothesen, an einer Reflexion über geeignete Methoden und einer konsequenten Anwendung dieser Methoden. Der Geltungsbereich vieler Schlußfolgerungen müßte genauer definiert werden, oder Schlußfolgerungen müßten durch mehr sprachliche Daten gestützt werden. Ein weiteres Problem ist die Frage danach, was solche linguistischen Untersuchungen nützen können, welche Konsequenzen sich daraus ziehen lassen. Einige Konsequenzen sind bereits gezogen worden: in den USA haben mehrere Verlage Richtlinien zum nichtsexistischen Sprachgebrauch erstellt, Lehrbuchtexte sind auf geschlechtsspezifische Rollenklischees und Stereotypen überprüft und abgeändert worden, das US-Department of Labor hat Job Title Revisions to Eliminate Sex- and Age-Referent Language from the Dictionary of Occupational Titles herausgegeben. Solche Richtlinien sind zumindest in der Hinsicht effektiv, daß diejenigen, die sie erlassen, auch auf ihrer Einhaltungen bestehen können. Wichtig wäre es, Langzeitstudien darüber durchzufuhren, ob und wie sich ein veränderter Sprachgebrauch in Büchern auf das Bewußtsein von Leser/innen/n auswirkt. Von Interesse sind auch Untersuchungen, welchen Einfluß abgeänderte Berufsbezeichnungen auf eine traditionelle geschlechtsspezifische Berufswahl haben. Über solche Regelungen von offizieller Seite hinaus gibt es aber auch in der Sprache-und-Geschlecht-Literatur Vorschläge für Konsequenzen, angefangen von der Einfuhrung eines neuen Pronomens als Ersatz für he und she (co oder tey) über Betrachtungen, wie man sexistische Behauptungen vermeiden könne, wie eine androgyne Sprache beschaffen sein könne, bis hin zu Ratschlägen, daß Frauen weniger tag questions und andere Intonationsmuster gebrauchen sollten. Im Unterschied zu Richtlinien können solche Änderungen Argument-Sonderband AS 71

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nicht verordnet werden; ihr Gebrauch ist in das Ermessen der einzelnen Sprecher/innen gestellt. An diesem Punkt ist es von Bedeutung festzustellen, welche Änderungen tatsächlich von wem in welchen Kontexten angewandt werden, und darüber hinaus (wie bei den offiziell verordneten Änderungen), welche Bewußtseinsveränderungen damit einhergehen; d.h., wie mit HÜfe vonSprache/Sprachverwendung ein Bewußtsein für gesellschaftliche Probleme geschaffen werden kann, wie sich Einstellungen und Wahrnehmungen ändern und ihrerseits wieder auf Sprache/Sprachverwendung zurückwirken. Wie schon erwähnt, mangelt es vielen amerikanischen Arbeiten an Genauigkeit und an einer Methodenreflexion. Zum einen heißt das, daß eine sorgfältigere Anwendung linguistischer Methoden präzisere Forschungsergebnisse mit einem größeren Geltungsbereich erbringen könnte. Zum anderen bedeutet es auch, daß die bisher in der Linguistik entwickelten Methoden und Konzeptionen vielleicht dem Erkenntnisinteresse der Sprache- und-Geschlecht-Forschung nicht angemessen sind, weil sie die Beziehungen zwischen Sprache/ Sprachverwendung, gesellschaftlichen Strukturen und Bewußtseinsinhalten nicht genau genug bestimmen können. Wenn man Arbeiten aus der Sprache-und-Geschlecht-Forschung nur als linguistische Einzeluntersuchungen, losgelöst von ihrem Entstehungsprozeß und ihrem Erkenntnisinteresse, betrachtet, geben sie aus linguistischer Sicht Anlaß zur Kritik. Andererseits beinhaltet aber die Sprache-und-Geschlecht-Forschung selbst eine Kritik an der Wissenschaft Linguistik, indem sie deren Versäumnisse und Unzulänglichkeiten aufzeigt. Sie verweist auch auf die Notwendigkeit eines interdisziplinären Arbeitszusammenhanges und eines Vorgehens, das die wissenschaftliche Arbeit nicht von den Interessen der Forschenden trennt. Anmerkungen 1 Auch in anderen Ländern gibt es Bestrebungen, die auf eine Institutionalisierung der Frauenforschung abzielen; diese Bestrebungen sind allerdings noch nicht so weit vorangeschritten wie in den USA. 2 Die Ergebnisse ethnolinguistischer Forschungen sind in jüngster Zeit kritisch überprüft worden; vgl. dazu A. Bodine, „Sex Differentiation in Language4', in: B. Thome/N. Henley (eds.), Language and Sex: Difference and Dominance (Rowley, Mass. 1975), S. 130-151. 3 O. Jespersen, Language - Its Nature, Development and Origin (London 196412).

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4 Vgl. P. Trudgill, The Social Differentiation of English in Norwich (Cambridge 1974). Eine Zusammenfassung und Interpretation der wesentlichen Ergebnisse aus Trudgills Norwich-Studie im Bezug auf Sprache und Geschlecht ist: P. Trudgill, „Sex, Covert Prestige, and Linguistic Change in the Urban British English of Norwich" Language in Society 1 (1972), S. 179-195. 5 Vgl. dazu zJB. die Forschungsberichte in: Osnabrücker Beiträge zur Sprachtheorie 8 und 9 (1978 und 1979). 6 Buchveröffentlichungen zJB. M.Ritchie Key, Male/Female Language (Metuchen, NJ. 1975); C. Müler/K.Swift, Words and Women (Garden City/ New York 1977); B.W. Eakings/R.G„Eakins, Sex Differences in Human Communication (Boston 1978). Sammelbände z.B. B. Thorne/N.Henley (eds.), Language and Sex: Differenceand Dominance (Rowley, Mass. 1975) (der einleitende Aufsatz der Herausgeberinnen gehört zu den besten mir bekannten Einführungen in die gesamte Sprache-und-Geschlecht-Thematik); A.P.Nilsen et al. (eds.), Sexism and Language (Urbana, Illionois 1977); B.L. Dubois/I. Crouch (eds.), American Minority Women in Sociolinguistic Perspective (The Hague 1978). 7 Dieser Aufsatz ist der ersten Gruppe von Veröffentlichungen (vgl. S.2) zuzuordnen. Auf eine gesonderte Darstellung von Lakoffs Beobachtungen und Hypothesen soll hier verzichtet werden, viele von ihnen sind in den folgenden Ausführungen zu Sprachsystem und Sprachverwendung enthalten. 8 Die mir bisher bekannten Bibliographien stammen von Key und Thorne/ Henley (Literaturangaben s. Anmerkung 6). Die Bibliographie von Thorne/Henley hat den großen Vorteil, daß sie systematisch geordnet ist und alle Titel mit Inhaltsangaben vorgestellt werden. 9 Women & Language News erscheint seit 1976 in Abständen von 3-4 Monaten und berichtet sehr knapp über Veröffentlichungen, Forschungsvorhaben, Kongresse, Lehrveranstaltungen etc. 10 Die Argumentation zum generisch gebrauchten man erstreckt sich auch auf Zusammensetzungen mit man, z.B. mankind, chairman. 11 Vgl. dazu A.Bodine, „Androcentrism in Prescriptive Grammar: Singular ,they\ Sex-indefinite jie', and ,he or she"' Language in Society 4 (1975), S. 129-146. Bodine weist nach, daß das auch heute (zumindest umgangssprachlich) gebräuchliche they früher sowohl schriftlich als auch mündlich gebraucht wurde, bis es als Resultat präskriptiver Eingriffe für falsch erklärt und durch he ersetzt wurde, 12 Schon 1924 bemerkte Jespersen: „ . . . it is a higher praise to say that Mrs. Browning was a great poet, than to call her a great poetess." O. Jespersen, The Philosophy of Grammar (London 196810) S. 232. 13 Vgl. dazu M. Schulz, „The Semantic Derogation of Women", in: B.Thorne/N. Henley (eds.), Language and Sex: Difference and Dominance (Rowley, Mass. 1975), S. 64-75. 14 Vgl. z.B. F.Crosby/L.Nyquist, „The Female Register: an Empirical Study of Lakoffs Hypotheses" Language in Society 6 (1977), S. 313-322. 15 Vgl. B.L.Dubois/I.Crouch, „The Question of Tag questions in Women's Speech: they don't really use more of them, do they?" Language in Society 4 (1975), S.289-294. 16 Vgl. dazu B.W.Eakins/R.G.Eakins, Sex Differences in Human Communi-

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79 cation (Boston 1978) und J.R.McMillan et aL, „Women's Language: Uncertainty oi Intelpersonal Sensivity and Emotionality?" Sex Roles Vol 3 No 6 (1977), S.545-559. 17 Mir scheint, daß diese beiden Interpretationen zwei unterschiedliche grundsätzliche Standpunkte widerspiegeln. Die Redeweise von weiblicher Schwäche legt nahe, daß es so etwas wie männliche Stärke gebe und daß diese Stärke erstrebenswert sei. Folglich müßten Frauen sich, um ebenfalls stark zu sein (oder wenigstens so zu erscheinen), dem männlichen Verhalten anpassen. Mit der zweiten Interpretation wird nicht eine Anpassung der Frauen an männliches Verhalten angestrebt. Vielmehr wird in Zweifel gezogen, ob das männliche Verhalten wünschenswerter ist, ob die gesellche'berechtigt sind. 18 Vgl. dazu D.H.Zimmermann/C.West, „Sex Roles, Interruptions and Silences in Conversations", in: B.Thorne/N.Henley (eds.), Language and Sex: Difference and Dominance (Rowley, Mass. 1975), S. 105-129. 19 B.LJ)ubois/I.Crouch, „Introduction", in: dies, (eds.), American Minority Women in Sociolinguistic Perspective (The Hague 1978) S.5-15; hier S.6.

Dieter Herms La Chicana: Dreifache Diskriminierang als Drittweltfrau Abstract: After an introductory statement about race, class and sex discrimination against Chicanas in Salt of the Earth, the essay proceeds to sketch the methodological/historical framework, within which then follows a brief discussion of Chicana suppression in education, work, and health care. The case of sterilisation is particularly stressed. Chicana emancipation activities are shown within the labor struggle, and the student movement;,Chicanas* contribution to literature is briefly reviewed. Restrictions of space merely allow hints at the complex situation of Chicanas in the U.S. today.

Yes. I talk of dignity. The Anglo bosses look down on you, and you hate them for it. „Stay in your place, you dirty Mexican" — that's what they tell you. But why must you say to me, „Stay in your place". Do you feel better having someone lower than you? . . . Whose neck shall I stand on, to make me feel superior? And what will I get out of it? I dont' want anything Argument-Sonderband AS 71

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lower than I am. I'm low enough already. I want to rise. And push everything up with me as I go . . . And if you can't understand this you're a fool - because you can't win this strike without me! You can't win anything without me!(l) In der emotional herausgeschleuderten Anklage gegen den Ehemann benannte die Protagonistin dieses beispielhaften Kulturzeugnisses der Chicana-Emanzipation gleichwohl die drei Formen der Unterdrückung, der die kolonisierten Frauen in den USA ausgesetzt sind, nämlich der von race, class und sex. Und der von den Handlangern des Kapitals in seiner Produktion, Distribution und Rezeption meistbehinderte Film der amerikanischen zweiten Kultur hat den erfolgreichen Kampf auf allen drei Ebenen, wie er in der empirischen Faktizität vorgegeben war, überzeugend präzisiert und auf den ästhetischen Begriff gebracht. Als Angehörige der working classes erringen die Frauen der Ladies' Auxiliary des Local 890 der Mine, Mill and Smelter Workers Union im lang hingezogenen Streik den entscheidenden Sieg. Als ethnische Gruppe werden sie und ihre mexianischen Männer nach und nach von den Anglogenossen und Genossinnen als gleichberechtigte Partner akzeptiert. Als Frauen finden sie in dieser Aufgabe ihre Selbstverwirklichung und befähigen zudem ihre Männer — wenngleich in einem für jene qualvollen, aber auch humoristisch ausgestalteten Lernprozeß — von althergebrachten Rollenvorstellungen Abschied zu nehmen: Esperanza — ein Vermächtnis für die moderne Chicana-Bewegung. Das die erstarkende Chicana-Bewegung der 70er Jahre dokumentierende Schrifttum ist umfangreich.(2) Es berührt alle denkbaren Lebens- und Wissenschaftsbereiche, von den Leistungen der Frauen in den historischen Kämpfen Mexikos(3) bis hin zur Landarbeiterbewegung und Chicano-Studentenbewegung der 60er und 70er Jahre (4), von der traditionellen Frauenrolle der Mexikanerin über die Struktur der Chicano-Familie, Geburtenkontrolle, Abtreibung, Sterilisation^) bis hin zu persönlichen Frauenleben unbekannter Chicanas in den verschiedenen Regionen des Südwestens(6), von den ökonomischen, sozialen, die AusbÜdung und Rechtssprechung betreffenden Problemen der Chicanas im Kontext der USA(7) bis zur vielgestaltigen Kreativität von Chicanas in den Bereichen kultureller Produktion(8). Gleichgültig, ob nun unter reichlicher Verwendung empirischer Daten eher deskriptiv oder mit einem stärker theoretisch fundierten Ansatz klassenbewußt, ja bisweilen explizit marxistisch-leninistisch" verfahren wird — der „koloniesierte" Status der „triple discrimination"(9) ist zumeist gemeinArgument-Sonderband AS 71

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sam akzeptierte Grundlage, die Zurückweisung der traditionell angenommenen „passivity" der Chicana(lO) gemeinsamer Motor allen Handelns und Reflektierens. Als politische Kraft verdankte die Chicana-Bewegung zweifellos dem neuen Selbstbewußtsein des kulturnationalistischen „Chicanismo" und der Arbeiterkämpfe der ausgehenden 60er Jahre wichtige Anstöße und konnte sich nur in diesem Rahmen und in Auseinandersetzung damit entfalten. Ein bedeutsames Ergebnis der Beharrlichkeit dieser Kämpfe war die Einrichtung von Chicano Studies Departments an den Hochschulen der Metropolen des Südwestens: Berkeley, Davis, Los Angeles, San Diego, Albuquerque, Austin etc. Zugleich erfuhren die Chicana-Frauen erst in ihrem Anspruch, die politischen Aktivitäten verantwortlich mitzugestalten, in ihren Versuchen, an den Chicano Studies Centers gleichberechtigt wissenschaftlich und lehrend zu arbeiten, das volle Ausmaß der Diskriminierung; denn nun wandten sich die „progressiven" Genossen oft gegen sie, indem sie sie in die angestammten Rollen zurückverwiesenen) So sehr Chicana-Frauen im einzelnen die weiße Frauenbewegung kritisiert haben mögen(12), ist doch unbestreitbar, daß aus ihr Energien geschöpft wurden, um sich intern gegenüber den tradierten Normen und Herrschaftsverhältnissen zu behaupten. Die Frauenbewegung und das Chicano-Movement bilden also die beiden historischen Grundlagen der politischen Betätigung von Chicanas. Die heutige Chicana-Wissenschaft, im Methodenzusammenhang der neueren U.S.-Geschichtsforschung und Sozialwissenschaft betrachtet, geht ebenfalls auf zwei Wurzeln zurück: das Konzept der „new ethnicity"(13) löste in den 60er und 70er Jahren aufgrund eines durch das Civil Rights Movement beförderten neuen Bewußtseins jene traditionelle Sehweise ab, wonach Einwanderergruppen als „Problem" begriffen wurden, das es gelte, in den „melting pot" zu assimilieren und akkulturieren. Statt dessen gab es nun Studien, welche die kulturelle Eigenständigkeit ethnischer Gruppen betonten und die Kämpfe, in denen sie sich als aktive politische Kraft zu etablieren suchten, aus ihrer Sicht darzustellen begannen. Gleichzeitig entwickelte sich im Rahmen der Frauenbewegung eine Frauenwissenschaft: ,3y the mid-1970s gender had taken its place alongside ethnicity and class as a category for historical analysis"(14). Geschichtswissenschaft der Frauen — das hieß: „compensatory history", die Wiederentdeckung verschütteter Leistungen von Frauen in der Geschichte; „contribution history", die Hervorhebung der Bedeutung von Frauen in den männerzentrierten historischen EreigArgument-Sonderband AS 71

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nissen und Bewegungen; schließlich „woman-centered history", die Theorie und Praxis eines frauenbezogenen Rahmengerüsts eigener kreativer Wissenschaft(l 5). Die dreifache Unterdrückung der Chicana als Proletarierin, als Angehörige einer ethnischen Minderheit und als Frau ist zunächst ein politischer Begriff, der eine Reihe von Merkmalen bündelt. Er geht zurück auf die politischen Bewegungen der 60er Jahre, die einen ökonomietheoretischen Zusammenhang sahen zwischen der Unterdrückung von Völkern der 3. Welt durch einen externen, und der Ausbeutung der innerhalb der USA lebenden Drittweltvölker durch den internen Imperialismus. Hier konkretisiert, ist die dreifache Unterdrückung primär ein analytischer Begriff. Daß Chicanas ökonomisch und sozial die depravierteste Gruppe im gesellschaftlichen Gesamtgefüge der USA bilden, ist ein statistisch nachweisbares Datum; die drei Formen der Diskriminierung können strukturell und historisch abgeleitet werden. Gleichwohl werden sie in der konkreten physischen und psychischen Situation nicht voneinander unterscheidbar erfahren, sondern als Totalität. Bestimmte Aspekte treten in bestimmten Situationen besonders hervor, doch sind die Übergänge nicht immer rational festzumachen. Mit zunehmendem Bewußtsein von Chicanas über ihre Lage, mit dem Anwachsen einer Chicana-Frauenbewegung, die ihre Geschicke in die eigenen Hände zu nehmen begann, haben sich Unterdrückungs- und Diskriminierungsverhältnisse zunächst eher kompliziert und potenziert, als daß sie bereits gelöst worden wären. Provoziert durch das neue Selbstbewußtsein der Frauen, haben Chicanos den machismo als traditionelle Ideologie und Verhaltensform hervorgekehrt. In den Frauenbewegungen untereinander haben die Anglofrauen gegenüber den Chicanas vielfach eine „paternalisierende", ja rassistische Position eingenommen. Der traditionelle Männerstolz der Chicanos wird dabei zum willkommenen Instrument für Anglos, den eigenen Hauptanteil der Unterdrückung von sich zu weisen und Minoritätenprobleme als ausschließlich in deren eigenem Kulturbereich zu begründende zu erklären: „Machismo fits into the colonial mentality of the conqueror. It is a mechanism for shifting the focus away from Anglo oppression to alleged pathologies within Chicano culture" (16). Die offensichtlichste Diskriminierung der Mexiko-Amerikanerin zeigt sich in den Bereichen der Ausbildung und der Beschäftigung. Im Jahre 1977 betrug die Durchschnittszeit absolvierter Schuljahre bei allen 25-jährigen Amerikanerinnen 12,3 Jahre. Frauen mexikaArgument-Sonderband AS 71

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nischen Ursprungs kamen auf 8,8 Jahre; im Vergleich dazu besuchten mexikanische Männer 9,3 Jahre lang die Schulen. „This is the lowest educational level of any Hispanic group in the United States, and it is also lower than that of blacks (U.S. Bureau of the Census 1978)"(17). Schlechte Ausbildung beeinträchtigt bekanntlich die Chancen auf dem Arbeitsmarkt. 1975 waren 46% aller Frauen in den Arbeitsprozeß des Landes integriert, für Mexiko-Amerikanerinnen lag die Ziffer bei 42%. Die Arbeitslosenquote betrug 9,5% für alle Frauen, jedoch 11,9% fur Chicanas. Im Jahre 1976 lag das Durchschnittseinkommen der Mexikanerinnern um 25% niedriger als dasjenige aller Frauen in den USA; 1/3 von ihnen verdiente weniger als 2.000,—US-Dollar; dem gegenüber verdiente 1/5 der Puertokanerinnen weniger als 2.000,- US-Dollar(18). Die statistischen Beispiele ließen sich beliebig verlängern. Das „last hired, first fired"-Prinzip betrifft die Chicana in den meisten Berufszweigen. Die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes charakterisiert die Situation für Frauen auf dem Arbeitsmarkt sicherlich im allgemeinen. Auf Drittweltfrauen trifft sie im besonderen zu, und innerhalb dieser Gruppe sind die Chicanas in voller Härte davon erfaßt. Die Diskriminierung im Ausbildungssektor und im Berufsleben funktioniert im kapitalistisch-rassistisch-sexistischen Gesellschaftssystem gleichsam nach dem natürlichen Spiel der Kräfte. Eine ganz andersartige Qualität von Unterdrückung wirft jedoch das Problem der an Chicanas und Native American Frauen verbreitet verübten Zwangssterilisation auf. Das Recht auf Ausbildung und Arbeit zu verweigern, ist verfassungswidrig und ungerecht. Doch wenn das Recht auf den eigenen Körper beschnitten wird, ist der existentielle Kern der Privatperson elementarer betroffen. Zwar haben die Chicanos als zweitgrößte Minorität den höchsten Bevölkerungszuwachs mit 2,8% in den USA. Gleichwohl soll nicht unterstellt werden, daß die Tendenzen des Indianergenozids oder der Eindämmung des mexikanischen Bevölkerungszuwachses vermittels der Zwangssterilisation, eine offizielle politische Strategie des rassistischen Amerika darstellen. Jedoch läßt sich in den zahlreich nachgewiesenen Fällen eine gefahrliche individuell internalisierte Tendenz bei Anglo-Ärzten, Pflegern, Schwestern, Anglo-Krankenhäusern und Praxen aufzeigen, das ihrem beruflichen Auftrag immanente Humanitätsgebot eklatant zu verletzen und durch eine herrenrassistische Verachtung der Drittweltfrau zu ersetzen. Selbstverständlich verlangt das Gesetz die Einwilligung der Frau. Doch beeinträchtigen VerunsiArgument-Sonderband AS 71

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cherung und Verwirrung durch die Herrschafts- und Abhängigkeitsverhältnisse in der Klinik, der Analphabetismus und schließlich die perfide Taktik, zur Einwilligung im Zustand der Halbnarkose, nämlich vor, während oder kurz nach einer Geburt, zu nötigen, die Entscheidungsfreiheit der Frau erheblich(19). Das wahre Problem der Sterilisation besteht darin, daß wir unsere Macht, unsere persönliche Souveränität in jedem Bereich unserer Verpflichtungen als Mutter der zukünftigen Generationen an die Institutionen des Kolonisators verlieren. An seine Krankenhäuser, seine Schulen, seine Kirchen, sein Rechtssystem, seine Wirtschaft — er hat seine Habgier institutionalisiert... (20). In der Zwangssterilisation wird die dreifache Unterdrückung der Drittweltfrau in zynischster Weise offenbar. Die Indianerin betrifft die Sterilisation als Lebensbedrohung für ein ganzes Volk. Mehr als ein Viertel aller eingeborenen Amerikanerinnen sollen sterilisiert worden sein. Es gäbe demnach nur noch 100.000 Indianerinnen im gebärfähigen Alter(21). Bei Chicanas hat die Zwangssterilisation nachweislich zu schweren psycho-physischen Störungen und in den meisten Fällen zur Zerstörung der Ehe geführt. Dies zeigt der Fall der 24 zwangssterilisierten Frauen von Los Angeles. Zehn von ihnen führten einen Prozeß; ihre Schicksale ließen sich daher weiterverfolgen. Drei Ehen wurden bereits vor Abschluß des Verfahrens im Juli 1978 geschieden. In der Mehrzahl der anderen Fälle kam es zu Eifersuchtsszenen, ja vereinzelt zu physischer Gewalt. Basically, (the husbands) feared that their wives would avail themselves of the sterile state, or that other males would make overtures toward their wives once their sterile state was revealed. In this regard, their wives' social identity had changed from respectable woman to possible libertine(22). Das Gerichtsurteil sprach Ärzte und Krankenhaus nicht schuldig, obwohl die Eingriffe nachgewiesen waren. Auf Grund des „limited English" und des „cultural background" der Klägerinnen wurden die Vorgänge auf einen bedauerlichen Unfall reduziert. „ . . . the judge's rationalization . . . verifies . . . that in paternalistic environments in which Mexicans are differentially treated in a negative manner, the Ideology of cultural differences' will be used as a rationalization for the structural and asymmetrical characteristics of the environments."(23) Im Falle der Zwangssterilisationen von Los Angeles griff ein Teil der Betroffenen zur Selbsthilfe. Es existierte bereits ein eigenes Netz Argument-Sonderband AS 71

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von Chicana-Organisationen, das die Prozeßführung vorbereitete und unterstützte. Im Gesamtfeld der Chicana-Bewegung registriert Marta Cotera rund 40 regionale, bundesstaatliche und nationale Konferenzen, Workshops, Symposien, die 1970-75 überwiegend von den etablierten Organisationen veranstaltet wurden: Nacional Feminil und Chicana Service Action Center in Kalifornien; Mujeres Unidas in Colorado ; Mexican American Women National Organization in Washington D.C.; Mexican American Business and Professional Women sowie Mexican American Women Political Caucus, beide in Texas.(34) Ein derartiges Netz von Organisationen aufzubauen, wurde erleichtert durch die politische Bewußtwerdung des Chicanismo. In den Demonstrationen, Kämpfen und Kongressen erwarben Chicanas Durchsetzungsvermögen und Organisationsgeschick und konnten ihre Funktionen und Aufgaben immer mehr abklären. In früheren Darstellungen der Arbeitskämpfe der Chicanos ist der Beitrag der Frauen weitgehend vernachlässigt und der Kampf der Farmarbeiter gegenüber dem der industriellen Arbeiterinnen) vielfach überakzentuiert worden.(25) Dolores Huerta steht stellvertretend für die vielen namenlosen Chicanas, die den Kampf der United Farm Workers über nahezu zwanzig Jahre hinweg zur Anerkennung als einzig rechtmäßiger Landarbeitergewerkschaft in Kalifornien geführt haben. Obgleich sich in den Köpfen der meisten Menschen mit der UFW der Name Cesar Chavez' verbindet, wares vor allem Dolores Huerta, die durch Zähigkeit, Verhandlungsgeschick, kühlen Kopf, Einsicht in das Machbare, Führerrolle in den Streiks und Demonstrationsmärschen, Zuverlässigkeit und Beharrungsvermögen in den entscheidenden Zerreißproben, wesentlich zur Gründung und Stabilisierung dieser ersten Landarbeitergewerkschaft von Bestand in den USA beitrug. (26) Wie die Frauen in anderen sozialen Bewegungen zeichnet auch Dolores Huerta aus, ihre Erfolge nicht als persönliches Verdienst verbucht oder zum Anlaß einer egozentrischen Selbstbespiegelung benutzt zu haben. „Throughout a long and distinguished career, Dolores Huerta has worked quietly and effectively behind the scenes lobbying and negotiating on behalf of farm workers. She has proved to be a tenacious and articulate spokesman for the union, challenging skilled and well-paid lawyers with her own innate abilities."^) Im Sektor mexiko-amerikanischer Industriearbeit steht der Streik von Silver City, den Salt of the Earth abbildet, keineswegs isoliert Argument-Sonderband AS 71

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da. Er ist eingebettet in eine Kontinuität von Beiträgen der Chicanas zum Arbeitskampf, die den Bogen spannen von der Organisierung der Bahnarbeiter in Laredo an der texanisch-mexikanischen Grenze 1906(28) bis zur Gewerkschaftsformierung in der Sportartikelindustrie Los Angeles 1976.(29) Der überwiegende Prozentsatz arbeitender Chicanas ist in Büros, in Versorgungsbetrieben und in der Stoff- und Bekleidungsindustrie beschäftigt. Auf diesen letzteren Bereich konzentrieren sich die gewerkschaftlichen Aktivitäten der jüngsten Zeit. Die beiden Gewerkschaften „The Amalgamated Clothing Workers of America" und „International Ladies Garment Workers Union" waren die wesentliche organisierende Kraft insbesondere in zwei Streiks, dem über zwei Jahre hingezogenen Kampf der 4.000 Beschäftigten der Farah Manufacturing Company, El Paso, und dem Ausstand der Lilly Diamond Originals/Campus CasualArbeiter(innen) in Süd-Los Angeles.(30) In beiden Fällen ging es darum, das Recht auf gewerkschaftliche Organisierung überhaupt erst durchzusetzen, in einem Industriezweig, der über weite Strecken bis auf den heutigen Tag immer noch „non-unionized" ist, obgleich die mutigen Factory Girls von Lowell bereits 1834 den ersten militanten Organisierungsversuch unternommen hatten. Die Zeitspanne dieses immer wieder erfolglosen Kampfes offenbart eigentlich das Ausmaß der Sisyphusmisere US-amerikanischer Gewerkschaftsarbeit unter den Bedingungen einer von Staats wegen ungebrochenen Vorherrschaft des Kapitals, dokumentiert indessen zugleich den ungebrochenen Kampfeswillen der Arbeitenden, zumal der Frauen. Die beiden angesprochenen gewerkschaftlichen Organisierungsversuche, die überwiegend von Chicanas vorangetrieben wurden, implizierten das zusätzliche Problem, daß die Betroffenen teilweise „undocumented workers", also illegale Einwanderer waren. Die mit den Werksleitungen Hand in Hand arbeitenden Behörden konnten sich - ähnlich wie in Silver City, als die Dreharbeiten an Salt of the Earth durch die Abschiebung der mexikanischen Hauptdarstellerin vorzeitig beendet wurden — streikender Frauen durch Deportationen entledigen. Die Raumnot dieses Aufsatzes gestattet nicht — die vorhandene gute Dokumentation erfordert nicht — die Gesamtdarstellung der Vorfalle. Jedenfalls: „The Chicanas who comprise the majority of strikers learned that they could speak and act on their own behalf as women and workers, lessons they will not forget."(31) Daß die Beteiligung von Chicanas an der Chicano-Studentenbewegung sich weitgehend auf die aufopfernde „invisible labor by Argument-Sonderband AS 71

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being the cooks, secretaries and janitors" beschränkte, führte Sonia Lopez auf Soziaüsationsprozesse im Zusammenhang der mexikanischen Sozial-und Kulturtraditionen zurück: 1. The family structure in the traditional Chicano household is headed by the husband, who exercises authority . He is the main provider . . . the role of Chicana abuelitas, mothers, and tias . . . has been to bear children, rear them, and be good wives. 2. Religious institutions and Christian ideology . . . habe served to maintain and perpetuate women's inferior position ... . The Catholic Church, in particular, has been influential in cultivating this aspect of the Mexican culture . . . 3. In educational institutions women have historically been geared to „feminine study courses", home economics and clerical or secretarial classes, which prepare women for domestic and subservient work... 4. In legal institutions women have been and continue to be discriminated against in property ownership, divorce, employment, and welfare laws.(32) Sich diese Sozialisationszusammenhänge zu vergegenwärtigen ist notwendig, um eine Mehrheitsabstimmung überhaupt begreiflich zu machen, die auf der legendären Chicano Youth Conference von Denver, Colorado im Frühjahr 1969 unter den Teilnehmerinnen stattfand, des Inhalts, „that the Chicana woman does not want to be liberated".(33) Auch zwei Jahre später, auf der „First National Chicana Conference" von Houston (Texas) gelang es noch nicht, die Hauptziele des Kampfes der ethnischen Gruppe mit den frauenspezifischen Zielen der Chicanas zu koordinieren und zu integrieren. Einerseits forderten Wortfuhrerinnen des Kongresses „free legal abortions and birth control", das Recht auf „higher education" für Chicanas, „child care centers", damit Chicanas sich nicht der Ehe, sondern demMovement verschrieben,und entlarvten die katholische Kirche als „oppressive institution". Andererseits empfand die Mehrheit der Teilnehmerinnen, der Feind sei nicht der macho, sondern der gabacho, und betonte dementsprechend Programmpunkte wie „work in prisons, protesting the Vietnam war, denouncement of immigration laws, and work with the farmworkers' struggle".(34) Erst der im Verlauf der 70er Jahre allmählich einsetzende Bewußtwerdungsprozeß, der noch ein langwieriger sein wird, hat zu vermitteln begonnen, daß Rassendiskriminierung, Ausbeutung im Arbeitsleben und Unterdrückung als Frau unterschiedliche Aspekte ein und desselben Gesamtphänomens sind; daß mithin Strategien Argument-Sonderband AS 71

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der Befreiung als Volk, als Klasse und als Frau nicht im Ausspielen der Aspekte gegeneinander, sondern in gegenseitiger Durchdringung und Verklammerung zu entfalten wären. Die Beiträge von Chicanas zur kreativen Literatur der Mexiko-Amerikaner als eines wichtigen Bestandteils kultureller Produktion zeigen solche Ansätze bereits eher auf, als die politische Praxis es bislang vermochte. In ihren Anfängen ist die Chicana-feministische Literaturkritik(35) bislang vorrangig damit beschäftigt, das Bild der Chicana in der Anglo-Iiteratur, im männlichen Chicano-Roman und in vereinzelten Beispielen herausragender Chicana-Literatur, wie etwa Estela Portillo Trambleys Kurzgeschichten und Dramen,(36) herauszupräparieren. Mit der Entscheidung darüber, ob es sich um „falsche" oder „richtige" Abbildung der Chicana handelt, mit der Auflistung in „bad and good Chicanas" erscheint der literaturkritische Ansatz derzeit auf seine sozialdokumentarische Funktion verkürzt. Der Reichtum an Formen und Experimenten, die Bandbreite des Erkenntnisinteresses und der Thematik sind damit noch nicht voll erfaßt. Wohl wird pauschal gewürdigt, daß Chicana-Autorinnen sich in differenzierender Weise den Themen „male-female relationships, female roles within the family, and even female-female relationships" zugewandt hätten (37). Während der Blickwinkel der Kritik also noch verengt bleibt auf die Aufarbeitung der frauenspezifischen Themen, ist die Literatur selbst schon über diese „Rollenfunktion" zum Teil hinaus gelangt. Vor allem die Lyrik, in unzähligen Pamphleten, Zeitschriften, Anthologien verbreitet, nimmt bereits den Charakter einer Chicana-Massenliteratur, begriffen als Literatur der Massen, an. In der Kurzform der Lyrik beginnt sich mit einer Fülle origineller Bilder und Symbole der Anspruch zu realisieren, daß tendenziell jede Frau befähigt ist, die Spezifik des persönlichen Lebens- und Erfahrungszusammenhangs im Chaos des Aufeinanderpralls zweier Kulturen in eine künstlerische Aussage zu kristallisieren. Den Nachweis des behaupteten thematischen und formalen Spektrums einer Chicana-Massenlyrik kann dieser Kurzessay nicht führen.(38) Statt dessen soll abschließend von zwei texanischen Lyrikerinnen die Rede sein, die über die Selbstverständlichkeit frauenspezifischen Interesses hinaus, die Lage ihres Volkes im Südwesten und die Notwendigkeit des gemeinsamen Kampfes auf den poetischen Begriff gebracht haben. Ines Hernandez Tovar beschließt ein Bändchen ihrer Lyrik mit drei Kurzgedichten, in denen sie Chicanas und Chicanos gemeinsam als Träger der Revolution definiert, Argument-Sonderband AS 71

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sich selbst die Aufgabe der „guerrillera" zuschreibt und in der direkten Ansprache des „hermano" und „hombre" das gemeinsam schlagende Herz für Freiheit, Kraft und Treue beschwört.(39) Die sonst englisch oder im rhythmisierenden Sprachgemisch des Südwestens schreibende Autorin bedient sich in der persönlich-intensiven Adresse bezeichnenderweise ganz des spanischen Idioms. Angela de Hoyos fängt die Situation ihrer ethnischen Gruppe in strenge originäre Metaphorik ein: In your migrant's world of hand-to-mouth days your children go unsmiling to a cold bed; the bare walls rockabye the same wry song, a ragged dirge, thin as the air . . . Unter einem „shrewd heel of exploit" sieht sie die langen Sonnen brutalen Schweißes mit „ignoble pittance growned". Während die spottende Peitsche der Sklaverei sogar den Augenblick der Andacht „konfisziert", und jede Hinwendung zu Trost auf ein „Embargo" trifft, ist selbst die brennende Sprache nur geborgt, nämlich aus den „festering barrios of poverty". Das Gedicht gipfelt mit zwingender poetischer Logik im Aufruf zu eigener Kraft und Selbsthilfe: Arise Chicano! — that divine spark within you surely says — Wash your wounds and swathe your agonies. There ist no one to succor you. You must be your own messiah.(40) So schließt sich der Kreis zu Esperanza: „I'm low enough already. I want to rise. And push everything up with me as I go . . . And if you can't understand this you're a f o o l . . . " Die Chicanas haben in Politik, Wissenschaft und Kultur begonnen, diesen Wegen zu beschreiten. Begleiten wir sie mit kritischer Solidarität. Anmerkungen 1 Michael Wilson, „Screenplay of »Salt of the Earth4", in: Herbert Biberman: Salt of the Earth. The Story of A Film (Boston 1965), S. 367. Der vorliegende Essay, auch die Chicana-Zitate, sprechen immer wieder sehr unvermittelt von „race". Das ist nicht als biologische Kategorie gemeint, sondern als politischer Kampfbegriff (vgl. La Raza = die politische Partei der Chicanos). Volk, „nation", wären korrespondierende Begriffe. 2 Die bibliographische Erfassung des Terrains fur die erste Hälfte der 70er Jahre leistet der Band von Roberto Cabello-Argandona/ Juan GomezQuinones/ Patricia Herrera-Duran: The Chicana. A Comprehensive Bibliograhic Study (Los Angeles 1975); zwei wichtige Monographien sind die bahnbrechende Arbeit von Martha P. Cotera: Diosa y Hembra. The History and Heritage of Chicanas in the U.S. (Austin 1976) sowie Alfredo Mirande/ Evangelina Enriquez: La Chicana. The Mexican-American Woman (Chicago 1979), zit. als Mirande; hinzu kommen mehrere Auf-

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satzsammlungen, z.B. Rosaura Sanchez/Rosa Martinez Cruz (eds.): Essays on La Mujer (Los Angeles 1977), zit. als Sanchez; Martha P. Cotera: The Chicana Feminist (Austin 1977); Margarita Melville (ed.): Twice a Minority. Mexican-American Women (St. Louis 1980), zit. als Melville; Magdalene Mora/ Adelaida R. Del Castillo (eds.): Mexican Women in the United States. Struggles Past and Present (Los Angeles 1980), zit. als Mora. Chicano-Zeitschriften und feministische Zeitschriften brachten „special issues" über Ja Chicana" heraus, z.B. La Luz (Nov. 1977; Nov. 1978; Nov. 1979); De Colores. A Journal of Emerging Raza Philosophies 2 (3/ 1975); Frontiers. A Journal of Women Studies 5 (2/1980). Zwei Versuche einer reinen Chicana-Zeitschrift ließen sich nicht auf Dauer durchhalten: Encuentro Feminil 1 (1973) und Imagenes de la Chicana 1 (1974) und 2 (1975). Eine große Zahl von Beiträgen ist bemüht, die Kämpfe der modernen Chicana in eine Kontinuität der mexikanische!! Geschichte und der Geschichte des Südwestens einzubinden, vgl. etwa das Kapitel „Chicana Historical Legacy" in Cotera 1976 (Anm. 2) 8-119; die beiden Kapitel „Cultural Heritage I: Mexico"und „Cultural Heritage II: The American Southwest" in Mirande (Anm, 2), 14-95; Judith Sweeney: „Chicana History. A Review of the Literature", in Sanchez (Anm. 2), 99-123; Adelaida R. Del Castillo: „Malintzin Tenepal. A Preliminary Look into a New Perspective", ebd. 124-149; John M. Hart: „Working-Class Women in Nineteenth Century Mexico", in Mora (Anm. 2), 151-157; Ricardo Flores Magon: „A La Mujer (To Women)", ebd. 150-162; Cordelia Candelaria: „La Malinche, Feminist Prototype", Frontiers V (2/1980), 1-6 u.a.m. Vgl. das Kapitel „Chicana Feminism" in Mirande, 202-244; Sonia A. Lopez: „The Role of the Chicana Within the Student Movement", in Sanchez, 16-29; Adelaida R. Del Castillo: „Mexican Women in Organization", in Mora, 7-16; Patricia Hernandez: „ L i v e s 0 f Chicana Activists. The Chicano Student Movement (A Case Study)", ebd. 17-26; Carlos Vasquez: „Women in the ChicanojMovement", ebd. 27-29; Alan Bernstein/ Bob De Grassel Rachel Grossman/ Chris Paine/ Lenny Siegel: Silicon Valley. Paradise or Paradox? (Mountain View 1977); Sally Hacker: „Farming Out the Home. Women and Agribusiness, The Second Wave (Winter 1977) u.a.m. Vgl. z.B. die entsprechenden Kapitel in Cotera 1976,140-156 und Mirande, 96-117; Betty Garcia Bahne: „La Chicana and the Chicano Family" in Sanchez, 30-47; fünf Beiträge unter dem Titel „Matrescence" in Melville, 11-82; zwei Beiträge unter dem Titel „Sterilization" in Mora, 6594; Carlos G. Velez-I: „The Non-consenting Sterilization of Mexican Women in Los Angeles...", in Melville, 235-248. Hier kommt insbesondere die von der feministischen Kulturwissenschaft gepflegte „oral history" zum Tragen (vgl. auch „special issue: women's oral history"; Frontiers II (2/1977). Das wichtigste Beispiel wäre: Nan Elsasser/ Kyle Mackenzie/ Yvonne Tixier y Vigil: Las Mujeres. Conversations from a Hispanic Community (New York 1980). Auch Mora (Anm. 2) enthält unter „Part V: Profiles" einige solcher Lebensläufe. Relevant sind zahlreiche Beispiele in praktisch allen unter der Anm. 2 genannten Titeln. Daß aber Analysen und Erkenntnisse auch in praktische Solidarität umgesetzt werden, zeigt das vom „Chicana Rights Project" der

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MALDEF (Mexican American Legal Defense and Educational Fund) zweisprachig herausgegebene Texas Women's Legal Rights Handbook (San Antonio o J.). 8 Vgl. das Kapitel „Images in Literature" in Mirande, 142-201; „Estela Portillo", in Bruce-Novoa: Chicano Authors. Inquiry by Interview (Austin 1981); Linda Williams: „Type and Stereotype. Chicano Images in Film", Frontiers V (2/1980); 14-18; Terry Mason: „Symbolic Strategies for Change in: Melville, 95-108, u.a. 9 Lediglich Twice a Minority geht von einem doppelten Repressionsbegriff aus, der freilich auch in einer Rezension (Cordelia Candelaria: „Six Reference Works on Mexican-American Women. A Review Essay", Frontiers V, 2/1980, 80) zurückgewiesen wird. Dort, wo von „triple oppression" ausgegangen wird, ist sie nicht immer gleichermaßen an race, sex, class festgemacht, vgl. z.B.: „Most third world women today are triply oppressed. First they are a woman, second they are third world; and to top it off they are oppressed by their own men." (Dolores Reveles: „A Need in Chicanas", Imagenes de la Chicana I 1/1974, 31). Auf höherer Reflexionsebene schließen sich faktisch auch Mirande/Enriquez dieser Sichtweise an; vgl. „La Chicana. An Introduction", Mirande, 12. Der „Kolonialstatus" der Mexikaner in den USA, daraus ableitbar das Konzept der „Drittweltfrau", als politische Kampfbegriffe gehen u.a. auf das einflußreiche Buch mit programmatischem Titel Occupied America, zuerst 1972 (New York2 1981) von Rodolfo Acuna, zurück. 10 Stellvertretend sei Maxine Baca Zinn zitiert: „The passive submissive, Mexican woman is a creation of social scientists and journalists who have taken for granted the idea that women are dependent and unproductive creatures." („Chicanas. Power and Control in the Domestic Sphere", De Colores II (3/1975), 19. 11 Daß diese Erfahrung durchaus universaleren Charakter hat, beweist das Beispiel einer andersfarbigen Drittweltfrau. Vgl. Angela Davis: With My Mind on Freedom. An Autobiography (New York 1974), 159 and passim. Gelegentliche vergleichende Hinüberschau aus dem Chicana-Bereich in denjenigen etwa der schwarzen oder indianischen Frau will nicht besagen, daß es zwischen den drei Gruppierungen nennenswerte politische Allianzen gäbe. 12 Vgl. u.a. Marta Cotera: „Feminism. The Chicano and the Anglo Versions, a Historical Analysis", in Melville, 217-234. 13 Vgl. Maxine Seller (ed.): Immigrant Women (Philadelphia 1981), „Introduction", 8. Vgl. auch Gudrun Birnbaum: „The New Ethnicity", Recherches Anglaises et Americaines X (1977), 106-130. 14 Maxine Seiler, 10. 15 Vgl. Gerda Lerner: „Placing Women in History. A 1975 Perspective", Feminist Studies 3 (1-2/1975), 5-15. 16 Mirande, 242. 17 Margarita B. Melville: „Introduction", in Melville, 3. 18 Ebd. 4. Praktisch alle der in Anm. 2 genannten Publikationen arbeiten in den einschlägigen Beiträgen mit statistischem Material. Vgl. jedoch insbesondere: Elizabeth Waldman: „Profile of the Chicana. A Statistical Fact Sheet", in Mora, 195-204. 19 Vgl. Carlos G. Valdez - I: „An Ethnography of Non-Consenting Sterilisa-

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tions Among Mexican Women in Los Angeles", in Mora, 77. 20 Katsitsiakwa: „Über die Macht der Frau (To Take Back Our Power)", in Mathias R. Schmidt: Wenn wir gehen, geht die Welt. Indianer in den USA. Interviews und Dokumente (Lampertsheim 1980), 172. 21 Vgl. „So stiehlt man Leben (The Theft of Life)", ebd. 170. 22 Carlos G. Velez-I in Melville, 241. 23 Ebd., 245. 24 Vgl. Cotera 1977, in Melville, 228ff. 25 Dies schließt Selbstkritik ein. Vgl. Dieter Herms: „Der Kampf der United Farmworkers of America", Gulliver 2 (1977), 123-142. 26 Die zusammenhängende „contribution history" der Dolores Huerta ist noch nicht geschrieben. Doch werden Sam Kushner: Long Road to Delano (New York 1975), passim; Jacques E. Levy: Cesar Chavez. Autobiography of La Causa (New York 1975), 145ff, 169ff, 179ff, 264ff, 356ff, 364ff, 389ff, 448f und passim, sowie Manuel P. Servin (ed.): An Awakened Minority. The Mexican Americans (Beverly Hills 1974) Dolores Huerta und ihrer Leistung weitgehend gerecht. 27 Mirande, 233. 28 Vgl. Emilio Zamora: „Sara Estela Ramirez. Una Rosa Roja en el Movimiento", Mora, 163-169. 29 Mario F. Vazquez: „The Election Day Immigration Raid at Lilly Diamond Originals and the Respnse of the ILGWU", Mora, 145-148. 30 Laurie Coyle/ Gail Hershalter/ Emily Honig: „Women at Farah. An Unfinished Story", Mora, 117-143 und Vazquez (s.o. Anm. 29). 31 Coyle/ Hershalter/ Honig, in Mora, 143. 32 Lopez in Sanchez (Anm. 4), 22f. Ich habe ausführlicher zitiert, weil dieser Befund die Behinderung von Chicanas im Feld der öffentlichen Organisation insgesamt aufzeigt, nicht nur im Rahmen der Studentenbewegung. Umso höher wiegt, was die Chicanas dann tatsächlich an eigenen Organisationsansätzen erreicht haben. 33 Longauex Enriqueta Vasquez: Sisterhood Is Powerful (New York 1970), 379. 34 Vgl. Lopez in Sanchez, 24f. 35 Vgl. z.B. „Images in Literature", Mirande 142-201; Judy Salinas: „The Role of Women in Chicano Literature", in: Francisco Jimenez (ed.): The Identification and Analysis of Chicano Literature (New York 1979), 191240. 36 Estela Portillo Trambley: Rain of Scorpions and Other Writings (Berkeley 1975); dieselbe: „The Day of Swallows", in: Roberto J. Garza (ed.): Contemporary Chicano Theatre (Notre Dame 1976), 207-245; dieselbe: „Sun Images", Revista Chicano-Riquena 7 (1/1979). 37 Mirande, 178f. 38 Er kann lediglich quantitativ auf die „Massen" der schreibenden Chicanas verweisen. Hier ein Ausschnitt des verfügbaren Textkorpus für weiterführende Primärlektüre: Betsy Tapia, Ximena, Theresa Armijo, Beverly Sanchez Padilla in De Colores 2 (3/1975); Bertha Ibarra-Parle, Francisca Sanchez in Tejidos 4 (2/1977); Lorna Dee Cervantes, Evangelina Vigil, Lydia Saenz, Gloria Trevino, Carmen Tafolla in Canto AI Pueblo (San Antonio 1978); Teresa Paloma Acosta, Veronica Cunningham, Barbara Hernandez, Lynne Romero, Sylvia Zaragoza in Festival de Flor y Canto (Los Angeles

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93 1976); Marcela Aguilar, Rebeca Bannister, Miriam Bornstein-Somoza, Lupe Cardenas, Margerita Cota Cardenas, Rosemary Catacalos, Izabel Cueva, Lola Gutierrez, Rosemary Gutierrez, Marina Rivera, Mireya Robles, Katarina Zamora in Flor y Canto IV & V (Albuquerque 1980); Rita Geada, Antonia Quintana Pigno, Angela de Hoyos, Gloria Trevino in De Colores 4 (1,2/1978); Guadalupe Ochoa Thompson, Carmen Valle, Lorenza Calvillo Schmidt, Maria Herrera-Sobek, Alma Villanueva, Miriam de Uriarte in Gary D. KeLter/Francisco Jimenez (eds.): Hispanics in the United States. An Anthology of Creative Literature (Ypsilanti 1980); Nina Serrano: Heart Songs (San Francisco 1980) u.a.m. 39 Ines Hernandes Tovar: „Poema"; „Guerrillera Soy"; „Chicano-Hermano", in Con Razon Corazon (Selbstverlag o.J.), 28f. 40 Angela de Hoyos: ,Arise Chicano", in Arise Chicano and Other Poems (San Antonio 1976), 12. Weitere Gedichtsammlungen der Autorin: Chicano Poems For the Barrio (San Antonio 1975); Selected Poems (San Antonio 1979).

Miriam Hansen „A woman's magic touch44: Weibliche Arbeit im amerikanischen Film Am 11. Juli 1914 veröffentlicht die Branchenzeitschrift Moving Picture World einen Artikel mit der Überschrift „Woman's Place in Photoplay Production". Autorin: „Madame Alice Blache". Mit der ornamentalen Umrahmung der Titelzeilen durch Kettenglieder verbunden, prangt in der oberen Hälfte des Artikels ein ovales photographisches Portrait der Verfasserin - den Kopf leicht gehoben im Halbprofil, mit hochgeschlossenem weißen Kragen und dezentem Schmuck, der Blick ein wenig abwesend, ernst und melancholisch. Bildunterschrift, stilisiert: „Madame Alice Blache". Schließlich, als ob wir immer noch nicht von der Autorenschaft dieser attraktiven Frau überzeugt wären, erscheint am Ende des Artikels im Faksimile die Signatur: ,Alice Blache". Portrait und dreifache Namensnennung bieten auf den ersten Blick eine für das Zeitschriftengenre keineswegs unübliche Anordnimg. Doch das zweifache redaktionelle „Madame", wie es leicht diagonal versetzt die zwischen den Spalten zentrierte Photographie umklammert, konnotiert Leseanweisungen für den mitgelieferten Text. Nicht nur ist die Autorin verheiratet, Argument-Sonderband AS 71

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sie ist auch Französin, also exotisch, elegant, extravagant; Eigenschaften, die in der amerikanischen Populärkultur häufig das Klischee der sexuell gefährlichen Europäerin signalisieren, sind hier durch Ehering und Benutzung des (ehemännlichen) Nachnamens mit hinreichend Respektabilität ausgestattet, ohne dabei völlig ihre Faszination einzubüßen. Verheiratetsein relativiert Französischsein, und beide wiederum relativieren Anlaß und Argument des Textes. Wie hartnäckig wird die feinsinnige Madame den Anspruch auf einen Platz in der Filmindustrie in der Praxis vertreten, wie wird sie sich im Konkurrenzkampf der sich formierenden Monopole schlagen? Welches Gewicht haben die Ansichten einer unvollständig assimilierten Französin für amerikanische Verhältnisse, wie können sie gar handlungsanweisend sein? Noch bevor wir zu lesen anfangen, bestimmen redaktionelle Strategie und Layout das Bild dieser Autorin, deren Metier zeitgenössischen Lesern aus Reportagen und Interviews bekannt gewesen sein dürfte: Alice Guy-Blache, erste und über siebzehn Jahre hinweg wohl einzige Regisseurin der Welt.(l) Der Text selber ist von den Ambivalenzen seiner Präsentationsweise durchaus nicht frei, enthält jedoch gerade in seinen widersprüchlichen Wendungen kritische Momente, welche die Problematik einer feministischen Aneignung von Filmgeschichte allgemein berühren. Zentral ist hier der Begriff von Weiblichkeit, der dem Argumentationsgang zugrunde liegt. Der Mangel an Frauen in der Filmgestaltung sei deshalb verwunderlich, so beginnt der Artikel, weil kaum eine andere Kunstgattung den Frauen so ausgezeichnet Gelegenheit biete, von ihren natürlichen' Fähigkeiten Gebrauch zu machen. Von ,Natur' aus sei die Frau dem Manne sogar auf allen wesentlichen Gebieten der Filmproduktion überlegen: in Drehbuch und Dramaturgie aufgrund ihrer höherentwickelten Sensibilität („she is an authority on the emotions", „she is naturally religious"); in der Regie durch Sanftheit und Geduld im Umgang mit Schauspielern; in Ausstattung und Inszenierung durch ihre besondere, an häuslicher Ästhetik geschulte Wahrnehmung. In these matters it seems to me that a woman is especially well qualified to obtain the very best results, for she is dealing with subjects that are almost a second nature to her. She takes a measure of every person,every costume, every house and every piece of furniture that her eye comes in contact with, and the beauty of a stretch of landscape or a single flower impresses her immediately. All of these things are of the greatest value to the creator of a photodrama and the knowledge of them must Argument-Sonderband AS 71

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be extensive and exact. A woman's magic touch is immediately recognized in a real home. Is it hot just as recognizable in the home of the characters of a photoplay?(2) Ausdrücke wie „more naturally religious", „patience and gentleness", „a woman's magic touch" erinnern in amerikanischer Tradition an den „Cult of True Womanhood" und die Konzeption einer separaten weiblichen Sphäre, aus der die Frauenbewegung des mittleren 19. Jahrhunderts Selbstbewußtsein und Stärke bezogen haben mag (3); um 1914 jedoch führten sexistisch herabgekommene Ausläufer dieser Tradition in den tapfer leidenden Heldinnen von Groschenromanen und Melodramen nurmehr ein Schattendasein. Sollte etwa der Platz der Frau in der Filmproduktion unter Hinweis auf jene Tugenden errungen werden, die inzwischen längst der ideologischen Fixierung des „woman's place" in der bürgerlichen Gesellschaft dienten? Wenn eine eben eingewanderte Regisseurin und Filmproduzentin sich ungebrochen auf solche Weiblichkeitsideale beruft, mag dies anachronistisch, leicht deplaziert und nicht besonders feministisch sein, es ist aber keineswegs, wie zwei Kritiker befinden, ,absurd'.(4) Die scheinbar naive Überblendung von Filmindustrie und Wohnstube wirft Perspektiven auf, an denen Feministinnen in Filmkritik und -praxis noch heute arbeiten. Die weiblichen Fähigkeiten, die Alice Guy hervorhebt, sind auch in ihren Augen historisch erworbene, ,fast eine zweite Natur*. Es handelt sich theoretisch um jene im Reproduktionsbereich gebündelten sinnlich-konkreten Tätigkeiten, die — gesellschaftlich unabdingbar doch un- oder unterbezahlt — in geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung den Frauen zugeordnet wurden. Wie allgemein angenommen werden kann, besiegelte die Erfindung der Hausarbeit einerseits den weitgehenden (klassenspezifischen) Ausschluß von Frauen aus der Produktionssphäre und von gesellschaftlichen Machtpositionen, identifizierte jedoch andererseits weibliche Arbeit gegenüber produktionsbezogenen Tätigkeiten mit einem höheren Maß an Gebrauchswertorientierung, Bedürfnisbefriedigung und Beziehungsreichtum. (5) Die Ambivalenzen des weiblichen Sozialcharakters, markiert durch die Widersprüche ökonomischer Ungleichzeitigkeit, spielen notwendig eine Rolle für die Diskussion um eine frauenspezifische Ästhetik. Silvia Bovenschen problematisiert die Beziehung von Kunst und Häuslichkeit in dem Begriff der „vorästhetischen Räume", in denen weibliche Kreativität vom patriarchalen Kunstbetrieb abgedrängt, in den Anstrengungen des Alltags „versickert" (oder aber — wie amerikanische FeminiArgument-Sonderband AS 71

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stinnen wohl weniger ambivalent verkünden würden - immer schon und überall in Blüte stand).(6) Vom Sticken, Weben, Ausschmükken zu einer spezifisch weiblichen oder gar feministischen Ästhetik fuhrt jedoch kein gerader Weg: „...die einfache Rückbesinnung, die hoffnungsfrohe Anknüpfung an diese ,weiblichen' Medien - den Brief, das Weben - ist schwierig", schreibt Bovenschen (1976) und fügt erläuternd hinzu - „schwieriger fast noch als die Arbeit mit den ,unweiblichen4 technischen Medien wie zum Beispiel dem Film weil diese nicht mit der Tradition einer Verbannung in die Hausfrauensphäre zu kämpfen haben".(7) Gerade diese traditionell inkompatiblen Bereiche - weibliche Kreativität und technisches Medium Film - beansprucht Alice Guy in ihrem Essay 1914 zu verbinden. Der technische Aspekt des Filmemachens tritt dabei nicht zu weiblicher Arbeit in Kontrast, sondern wird ihr assimiliert. „There is nothing connected with the staging of a motion picture that a woman cannot do as easily as a man, and there is no reason why she cannot completely master every technicality of the art." Der Schwierigkeitsgrad filmischer Technik, der in den folgenden Jahrzehnten den Ausschluß von Frauen aus der Filmproduktion begründen half, wird von Guy ohne große Umstände entmystifiziert - schließlich unter Verweis auf ihre eigene Professionalität.(8) Der Bannkreis der Hausfrauensphäre bietet in der Tat — rhetorisch zumindest — kein Problem: es geht nicht etwa um die Einfuhrung des Filmemachens in den häuslichen Bereich (z 3. in Form von „home movies"), sondern um die Ausdehnung und Übertragung bestimmter Weiblichkeitsideale auf den Produktionsbereich. So enthalten Guys Vorstellungen selbst in ihrem hoffnungslosen Anachronismus noch ein Moment der Kritik an herrschenden Produktionsmethoden, stemmen sie sich gegen die rapide fortschreitende Arbeitsteilung und den Rationalisierungsdruck der expandierenden Filmindustrie. Wichtig erscheint dabei vor allem, daß Guy die Frau primär als Produzentin, als Autorin hinter der Kamera begreift; über die besondere Stellung weiblicher Objekte vor der Kamera verliert sie kein Wort. Ebenso ignoriert sie die traditionell männlichen Adressaten weiblicher Ausstattungsästhetik. Stattdessen ist die Rede von dem wachsenden Anteil an Zuschauerinnen, dem die ,angeborene' Einfühlungskraft einer Regisseurin nur zugute kommen könne - allerdings unter primär ökonomischen Gesichtspunkten. Alice Guys Festhalten an einem ganzheitlichen, vorindustriellen Produktionsbegriff schließt zeitgemäßes Effizienzdenken keinesArgument-Sonderband AS 71

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wegs aus.(9) Mit Sanftmut und natürlicher Religiosität' hätte sie wohl kaum als amerikanische Filmproduzentin — zunächst in Konkurrenz zum Edison Trust, später gegen die mächtigeren „Independents" — bestehen können. Ein Querschnitt ihrer Produktion nach Genre und Thema verrät denn auch eher Geschäftssinn als eine spezifisch weibliche Orientierung: unter ihren insgesamt ca. 270 Filmen finden sich Trickfilme, Slapstickkomödien, Melodramen, Romanzen, Thriller, Westerns, Filme mit religiösen und historischen Themen und nach literarischen Vorlagen. Ihr legendäres Erstlingswerk, La Fee aux choux (1896 oder 97) - eine Frau bringt Kinder aus Kohlköpfen zur Welt — gilt als weiblicher Film par excellence. (10) Diesselbe Regisseurin ließ aber auch erstmals für einen Film Ratten trainieren (The Sewer, 1912), ein Auto in Brand setzen (Mickey's Pal, 1912) und drehte mit Tigern, Löwen und Panthern den Kassenerfolg The Beasts of the Jungle (1913) (11). Guy war keine Feministin, erfuhr jedoch gleichermaßen die Sanktionen einer Filmindustrie, die eine Zeitlang mit Anti-Suffragettenfilmen gute Geschäfte machte: Als sie mit der Sozialreformerin Rose Pastor Stokes einen Propagandafilm über Empfängnisverhütung plante, lachte ihr der Produzent Lewis X. Selznick nur ins Gesicht.(l 2) Alice Guy wurde im Zuge der monopolistischen Konsolidierung der Filmindustrie ausrangiert, ihr Werk von der patriarchalischen Geschichtsschreibung sozusagen nachträglich unterdrückt4. (13) Doch die Unterbrechungen und Kompromisse, die ihre Filmarbeit erschwerten, sind bereits der rhetorischen Strategie ihres Essays von 1914 eingeschrieben. Dasselbe Weiblichkeitsideal, mit dem sie die aktive Beteiligung von Frauen an der Filmproduktion zu legitimieren versucht, impliziert auch die Unterordnung ihrer beruflichen Identität gegenüber der ,primär' weiblichen Bestimmung durch Ehe und Familie — Abbruch ihrer Karriere in Frankreich zugunsten der ihres Mannes, Rücktritt als Produzentin der Firma Solax, sobald ihr Mann vertraglich in der Lage war den Vorsitz zu übernehmen. („Je lui avais abandonne les renes avec plaisir"(14). Nach ihrer Scheidung kehrte sie 1922 nach Frankreich zurück, wo die von ihr mitbegründete Filmindustrie für eine Regisseurin wie Guy keinen Platz mehr hatte.(15) Letztlich scheiterte sie an strukturellen Veränderungen in der Filmwirtschaft, die sich systematisch zum Nachteil der Frauen auswirkten. In prophetischer Ironie, so könnte man sagen, bewahrheiteten sich Alice Guys Vorstellungen für Frauen in solchen Positionen, die gemeinhin im Kleingedruckten honoriert werden — Kostüme, Make-up, Skript, Schnitt, bisweiArgument-Sonderband AS 71

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len Drehbuch. Großgedruckt hingegen erscheinen die Namen weiblicher Stars, deren Bilder von der Phantasie der Männer vorkonstruiert und durch scheinbar geschlechtsneutrale Erzähltechniken von Film zu Film aufs neue naturalisiert werden.(16) Die geschlechtsspezifische Ökonomie der Institution Kino, welche die weibliche Arbeit hinter der Kamera unsichtbar macht und der Leistung männlicher Autoren subsumiert, dafür die sichtbare Frau auf der Leinwand zum Schauobjekt fetischisiert, entwickelte sich besonders drastisch in den USA, wo die Filmproduktion seit spätestens dem ersten Weltkrieg als Industriebranche in Abhängigkeit von anderen Kapitalzweigen funktionierte. Die zunehmende Monopolisierung sowie vertikale Integration von Produktions- und Distributionsgesellschaften brachte nicht nur das Star-und Studiosystem hervor, sondern audi eine arbeitsteilig ausdifferenzierte, eindeutig patriarchate Hierarchie des Produktionsprozesses selber. Dennoch gelang es einer Reihe von Frauen, besonders während der Stummfilmperiode, aktiv in die Filmgestaltung einzugreifen.(17) Zwischen 1913 und 1927 führten mindestens 27 Frauen Regie, während sich andere als Cutterinnen und Drehbuchautorinnen profilierten. Die bekannteste Regisseurin nach Alice Guy war Lois Weber, die mit christlich-sozialreformerischer Berufung frauenspezifische Themen behandelte, so z.B. in dem von ihr unabhängig produzierten Film Where Are My Children (1916) Empfängnisverhütung und Abtreibung. Eine Reihe von Schauspielerinnen — Mabel Normand, Mary Pickford, Lillian Gish, Nell Shipman, Alia Nazimova u.a. — übernahmen zuweilen ihre eigene Regie, wofür sie jedoch in den meisten Fällen keine credits erhielten. Pickford, über fünfzehn Jahre hinweg „America's Sweetheart", ging als äußerst erfolgreiche Produzentin und leitende Mitbegründerin von United Artists in die Filmgeschichte ein. Der Übergang zum Tonfilm und die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise verschärften jedoch den Rationalisierungs- und Konkurrenzdruck und eliminierten gerade jene unabhängigen kleineren Produzenten, für die Filmemacherinnen vornehmlich gearbeitet hatten. Zwischen 1928 und 1943 war in Hollywood nur eine Frau als selbstständige Regisseurin tätig: Dorothy Arzner. Aber einzig Ida Lupino, die 1949 ihren ersten Film herausbrachte, erscheint in Andrew Sarris' die auteur-Theorie verfechtendem Standardwerk The American Cinema (1968); unter demselben Eintrag werden Arzner und andere Regisseurinnen als „ladies' auxiliary" abqualifiziert. (18) Angesichts der organisatorischen Struktur der amerikanischen Argument-Sonderband AS 71

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Filmindustrie ist es nicht verwunderlich, daß sich seit dem zweiten Weltkrieg ein zunehmender Anteil filmemachender Frauen auf relativ unabhängige Genres wie Dokumentär- und Experimentalfilm konzentriert. Feministische Filmtheorie, die Strategien zur Aneignung bzw. Aufhebung der patriarchalen Bilderproduktion diskutiert, hat sich jedoch auch mit der spezifischen Problematik solcher Frauen auseinanderzusetzen, die innerhalb der Institution des Massenkinos zu arbeiten vermochten. Dabei geht es zum einen um die historische Rekonstruktion weiblicher Filmarbeit unter kapitalistischpatriarchalen Verhältnissen, zum andern um die kritische Rekonstruktion eines »weiblichen Diskurses4, der — von Spielfilmdramaturgie, Studio- und Genrekonventionen überlagert — sich dennoch in ,subversiver Lektüre" aufspüren läßt. Unter diesen Gesichtspunkten hat in den letzten Jahren besonders das Werk Dorothy Arzners — als das einzig zusammenhängende Oeuvre einer Frau im klassischen Hollywoodfilm — theoretisch und methodologisch interessante (Neu-) Interpretationen erfahren.(19) Arzner nahm in der Filmindustrie der 30er und 40er Jahre eine hart errungene Ausnahmestellung ein: sie hatte sich buchstäblich von Sekretärin und Skriptgirl zur Cutterin und Drehbuchautorin hochgearbeitet und präsentierte 1927 fur Paramount ihren ersten Film, Fashions for Women. Ihrem Selbstverständnis gemäß war sie als Regisseurin keine Ausnahme, sondern stand ihren Mann — eine beüäufige Bemerkung über „the »directress4 Madame Blache"(20) illustriert die Distanz zu jener. In einem Interview bestreitet sie, als Frau besondere Schwierigkeiten gehabt zu haben und lobt das kooperative Verhalten ihrer männlichen Mitarbeiter; Eingriffe und Richtlinien ihrer Produzenten spielt sie herunter.(21) Allerdings fuhrt sie an anderer Stelle durchaus geschlechtsspezifische Gründe dafür an, daß sie sich auf nichts als den völligen Einsatz ihrer eigenen Kreativität verlassen könne. „I knew if I failed in that, I would not have the kind of fraternity men had for one another. No one was handing me wonderful stories to make. I was usually having actors' first starring roles, and naturally they were only concerned with their own lives."(22) Arzner arbeitete mit Schauspielerinnen, die ihrerseits charakterstarke, selbstbewußte Frauenbilder projizierten, so Clara Bow (z.B. The Wild Party, 1929), Claudette Colbert (Honor Among Lovers, 1931), Katherine Hepburn (Christopher Strong, 1933), Rosalind Russell (Craig's Wife, 1936) und Joan Crawford (The Bride Wore Red, 1937). Weibliche Charaktere stehen im Mittelpunkt aller (18) Arzner-Filme und entfalten eine Argument-Sonderband AS 71

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reichhaltige Typologie, die von her heroischen Fliegerin oder Agentin bis zur repressiven Hausfrau reicht. Beziehungen zwischen Frauen spielen häufig eine visuell-strukturell vorrangige Rolle, wenn sie auch eindeutig in heterosexuell determinierte Spielhandlungen eingelassen sind — das klassische Beispiel ist Dance, Girl, Dance (1940) mit Maureen O'Hara und Lucille Ball. Entscheidend für das Interesse feministischer Theorie an Arzner ist letztlich nicht nur das differenzierte, ,starke4 Frauenbild, sondern das Verhältnis des weiblichen Diskurses zu anderen, den Text des Spielfilms konstituierenden Diskursen. In general, the woman in Arzner's films determines her own identity through transgression and desire in a search for an independent existence beyond and outside the discourse of the male. Unlike most other Hollywood directors who pose ,positive' and »independent' female protagonists (Walsh, Fuller, Cukor and Hawks, for example), in Arzner's work the discourse of the woman, or rather her attempt to locate it and make it heard, is what gives the system of the text its structural coherence, while at the same time rendering the dominant discourse of the male fragmented and incoherent.(23) Claire Johnstons Hypothese wird nicht dadurch entkräftet, daß so vielen Arzner-Heldinnen kein Happy-end beschieden ist; selbst wenn sie scheitern, bleiben sie auf der Leinwand bestehen, ohne Rettung' durch einen Mann oder Erzählkonventionen. Problematischer erscheint allerdings die Bestimmung des weiblichen Diskurses als Diskurs der Protagonistin, die Frage bei jedem einzelnen Film: wer oder was spricht den weiblichen Diskurs, wer den patriarchalen? In dem Film Craig's Wife - auf den hier exemplarisch verwiesen wird — nimmt, nach Johnston, Arzners Projekt, die Insistenz auf dem weiblichen Diskurs, nachgerade pathologische Formen an. In der Figur Harriet Craigs verkehren sich die utopischen Reste weiblicher Ausstattungsästhetik in einen Ordnungs- und Sauberkeitswahn von solcher Rigidität, daß ihnen jede Gebrauchswertfunktion und jegliches Beziehungspotential genommen ist. Das Haus als der Garant materieller Sicherheit ist ihr wichtiger als der Ehemann; die Einrichtungsgegenstände sind zu bloßen Zeichen von Häuslichkeit erstarrt. Ihr eigenes Bild, dessen sie sich immer wieder im Spiegel versichert, bedarf der zusätzlichen Absicherung durch jene Zeichen symbolisiert durch eine ornamentale Urne auf dem Kaminsims, die in jeder Einstellung mitgespiegelt wird; als der Ehemann schließlich im Protest die Urne zerschmettert, schiebt Harriet eine Statue auf Argument-Sonderband AS 71

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die leere Stelle im Spiegelbild. Die Rituale der Hausarbeit (welche keine ist: die Arbeit machen die Dienstboten) gewinnen normative Kraft und verfremden so alle menschlichen Bedürfnisse und Reaktionen. Die Spuren eines schweren Koffers auf dem spiegelglatten Fußboden, die möglicherweise abfallenden Blüten eines Rosenstrauches, nehmen unheimliche Bedeutung an, denn selbst unter derart neurotischen Vorzeichen artikuliert sich — so Johnston — der Diskurs der Frau. Dieser bestimme das Diskurssystem des gesamten Films, indem er bis zum bitteren Ende durchgehalten werde: Harriet Craig bleibt zum Schluß allein im Besitz ihres Hauses zurück, von Dienstboten, Verwandten, Nachbarin und Ehemann verlassen. The final lonely image of Harriet Craig surrounded by her immaculate, empty home implies that the narrative has been resolved, the solitary, emphatically artificial tear in her eye suggesting a sense of irony: convention demands that the tear be there, but its artificiality underlines the contradictions of her pyrrhic victory. ... the discourse of the woman fails to triumph over the male discourse and the patriarchal ideology, but its very survival in the form of irony is in itself a kind of triumph, a victory against being expelled or erased: the continued insistence of the woman's discourse is a triumph over non-existence. (24) Nun wäre zu fragen, wie ,weiblich" der Diskurs der Frau in diesem Falle ist und ob nicht die Figur der Harriet Craig - entgegen Arzners Intentionen — in der patriarchalen Projektion ihrer Vorlage veiharrt.(25) Zu bedenken gibt auch, daß Johnston die allerletzte Einstellung des Films ignoriert: ein aufgeschlagenes Buch (welches den Film mit der Titelliste eröffnete) zeigt das Zitat „People who live to themselves are generally left to themselves". Dieser Satz stammt im Film von Miss Austen, der Tante des Ehemanns, und markiert den Höhepunkt ihrer Abrechnung mit Harriet. Wenn der Diskurs einer Frau diesem Film Sinn und Kohärenz verleiht, so ist es der von Miss Austen, die von Anfang an ihrem Neffen die Augen zu öffnen versucht. Sie liefert ihm die Interpretationsraster, mit denen er schließlich Harriets Verhalten sowie seine eigene Rolle als „romantic fool" durchschaut. Durch die Wiederholung ihrer Worte am Ende des Films avanciert sie vollends zur privilegierten Instanz, deren Urteil nach klassisch-realistischer Manier die Erzählung vereinheitlicht und abschließt. Doch gerade dieser Abschluß verallgemeinert den weiblichen Diskurs zu einem abstrakt menschlichen; das Buch der Lebensweisheit schließt sich von alleine, das moraliArgument-Sonderband AS 71

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sehe Gleichgewicht ist wieder hergestellt. Craig's Wife thematisiert die Widersprüche weiblich4iäuslicher Tätigkeit, wie sie sich in der Konsumentenexistenz einer Mittelklassefrau verdinglicht, zur reinen Ideologie gerinnt. Die subjektive, neurotische Dimension dieser Ideologie wird jedoch in den Dialogen — und besonders in Verbindung mit den zwei Nebenhandlungen — immer wieder zu einer Frage der Ehrlichkeit, zu einem moralischen Problem gemacht. Der moralisierende Diskurs - den außer Miss Austen auch noch andere Personen des Films übernehmen ist aber niemals so allgemein, wie er sich gibt. Er transportiert die Konventionen des Melodramas, eines Genres, dem der häusliche Bereich bis heute qua Sujet annektiert ist; im klassischen Melodrama (etwa den Filmen von Douglas Sirk) bis hin zu den soap operas des amerikanischen Fernsehens kommen die frauenspezifischen Aspekte von Liebe, Ehe und Familie zumindest zur Sprache, wenn auch in verzerrter Form.(26) Nach den moralischen. Standards des Melodramas vergeht sich Harriet Craig nicht nur gegen mitmenschlichen Anstand und das Ideal romantischer Liebe, sondern auch gegen ihre Bestimmung als Mutter, zumal sie — anders als die meisten Arzner-Heldinnen — weder Beruf noch künstlerische oder politische Berufung hat. Mütterlichkeit im Überfluß ist auf fast alle weiblichen Nebenfiguren verteilt — die Haushälterin Mrs. Harold (von der matronenhaften Jane Darwell gespielt), die Nachbarin Mrs. Frazier (mit Enkelkind), Miss Austen (die an Walter Craig die Mutterstelle vertritt) und Harriet's sterbende Schwester (Ersatz für die früh verstorbene Mutter) — was die Abwesenheit dieses Charakterzugs in der Protagonistin unterstreicht. Aus dieser Sicht könnte man bei Craig's Wife von einer ironischen Inversion des ,mütterlichen Melodramas4 sprechen, in dem die gesellschaftlich gemaßregelte Frau zumeist auf der Strecke, aber gleichwohl auf der Leinwand zurückbleibt.(27) Die Insistenz auf dem weiblichen Diskurs wäre somit nicht nur als besondere Signatur Arzners, sonders als genrespezifische Variante zu werten. Die exzessive Konnotierung von Kälte und Grausamkeit, die Arzners und Russeis Charakterisierung der Harriet Craig fast als Karikatur der Vorlage erscheinen läßt, mag ebenfalls melodramatischer Konvention entstammen. (28) Sie baut gezielt eine negative Zuschauerhaltung auf, die erst in letzter Minute — als die Protagonistin allein in ihrem Haus zurückbleibt — durchbrochen wird. Arzner selbst schreibt über die Wirkung dieses Umschlags: The audience hated her up to that point, and I only had one Argument-Sonderband AS 71

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close-up left with which to turn their emotion to sympathy. Russell did it so perfectly that in movie theaters handkerchiefs began coming out, and many women cried as they moved up the aisle. I even received two pictures from unknown people who'd photographed that moment in the theater with their Leica cameras. So you know it must have meant something to people. It was the regeneration of Mrs. Craig.(29) Die melodramatische Rehabilitierung Harriet Craigs bleibt jedoch zweideutig, zum einen durch das Moment von Ironie, welches Claire Johnston in der künstlichen Träne gewahrt, zum andern durch die Spannung zum räumlichen Arrangement, die durch die Blickregie entsteht. Das kritische Moment dieser letzten Einstellung liegt weniger darin, daß wir in der Nahaufnahme der Heldin zum erstenmal menschliche Gefühle entdecken, sondern daß sie ihrerseits (in der anschließenden Halbtotale) die häusliche Umgebung mit neuen Augen wahrnimmt. In Harriets Blick gespiegelt — räumlich hinter der Kamera, dJi. in der Zuschauerposition — verfremden sich die Dinge selbst und offenbaren letztlich ihre Fetischisierung durch weibliche Arbeit als Vergegenständlichung gesellschaftlicher Verhältnisse. Dies bezeichnet für Craig's Wife den subversiven Umschlagspunkt, jenen „pregnant moment"(30), der das Darstellungssystem des klassischen Filmtexts durchbricht und die Funktionsweise patriarchaler Ideologie analysierbar macht. Die Bedeutung weiblicher Arbeit im amerikanischen Film geht über die hier behandelten Beispiele von Guy und Arzner weit hinaus. Im Sinne einer feministischen Filmpraxis führen beide — in ganz unterschiedlicher Weise — die Grenzen frauenspezifischer Intervention innerhalb der Institution des kommerziellen Kinos vor Augen. Es ist die Aufgabe feministischer Filmkritik, solche Grenzkonflikte theoretisch fruchtbar zu machen und aus ihnen Strategien für die Aneignung weiblicher Filmarbeit zu beziehen. Praktisch haben amerikanische Filmemacherinnen, wie schon gesagt, außerhalb und in Opposition zu Hollywood schon längst solche Strategien zu entwikkeln versucht — eine Tradition, die mit der nahezu mythischen Begründerin des amerikanischen Avantgardefilms, Maya Deren, ihren Anfang nahm und sich im heutigen feministischen Film fortsetzt. (31) Weibliche Kreativität artikuliert sich wesentlich in experimentellen Formen, reflektiert aber notwendig die ambivalenten Strukturen des historischen Unterdrückungszusammenhangs. So steht die Suche nach neuen oder erneuerten Ritualen weiblicher Erfahrung neben der polemischen Collage alter Stereotypen, dokumentarisch Argument-Sonderband AS 71

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oder fiktional. Das Projekt eines alternativen weiblichen Diskurses, einer der Raum- und Objektwahrnehmung von Frauen angemesseneren visuellen Sprache, beinhaltet — theoretisch wie praktisch — die kritische Auseinandersetzung mit den Konventionen patriarchaler Bilderproduktion, ihren narrativen Strukturen und illusionistischen Darstellungsprinzipien, nicht zuletzt angesichts der zunehmenden Vermarktung von Frauenthemen im neueren Hollywoodfilm. Anmerkungen 1 Alice Guys Karriere ist für den Versuch, herrschende Filmgeschichte feministisch umzuschreiben, in mehrfacher Hinsicht paradigmatisch. „Alice Guys Geschichte ist nicht nur ein Beispiel für die Produktivität von Frauen, sondern auch für die besonderen Schwierigkeiten und Verhinderungen, denen ihre Arbeit unterliegt." (Heide Schlüpmann und Karola Gramann, „Zur Kritik des »Frauenfilms 4 Medien Praktisch, Heft 2 (1980), S. 27). Guy begründete die Spielfilmabteilung der Apparatefabrik Gaumont, für die sie zwischen 1896 und 1907 ca. 200 Filme herstellte. Sie schrieb Drehbuch, entwarf Bauten, besorgte Kostüme und Requisiten, führte Regie; sie experimentierte mit Ton und Farbe. Guy gehört zweifellos zur Pioniergeneration des französischen Films, aber die historische Anerkennung galt ausschließlich ihren männlichen Kollegen, Lumiere, Melies und Zecca; eine Reihe ihrer Filme firmierten unter dem Namen späterer Regisseure wie Victorin lasset. Nach ihrer Heirat 1907 gab sie das Filmemachen sowie ihre Stellung auf und folgte ihrem Mann nach New York, wo dieser die amerikanische Vertretung von Gaumont übernahm. Doch weder Sprachbarriere noch Mutterglück konnten Alice lange von der Filmproduktion fernhalten: 1910 gründete sie die Solax Company, im Verlauf eines Jahrzehnts noch drei weitere Unternehmen, und führte Regie bei ca. 70 weiteren Filmen. Iii den Standardwerken zum amerikanischen Stummfilm kommt sie jedoch nicht vor, allenfalls wird sie namentlich in Verbindung mit ihrem Mann genannt. (Eine Ausnahme jüngeren Datums: Paul C. Spehr, The Movies Begin: Making Movies in New Jersey 1887-1920 (The Newark Museum, 1977), S. 80-84.) Erst in den letzten zehn Jahren begann die filmhistorische Rekonstruktion ihres Werks - z.B. Francis Lacassin, „Out of Oblivion: Alice Guy Blache", Sight & Sound, 40/3 (Sommer 1973), abgedruckt in: Patricia Erens, Hg., Sexual Stratagems: The World of Women in Film (New York: Horizon Press, 1979), S. 168-78. Eine Gruppe französischer Feministinnen besorgte die posthume Ausgabe ihrer Autobiographie: Alice Guy, Autobiographie d'une pionniere du cinema (1873-1968), presentee par l'association Musidora (Nicole-Lise Bernheim/Claire Clouzot) (Paris: Edition Denoel/Gonthier, 1976). 2 Der vollständige Text ist wiederabgedruckt in: Karyn Kay & Gerald Peary, Hg., Women and the Cinema: A Critical Anthology (New York: E.P. Dutton, 1977), S. 337-40.

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3 Barbara Welter, „The Cult of True Womanhood", American Quarterly, 18 (1966), 150-174; Estelle Freedman, „Separatism as Strategy: Female Institution Building and American Feminism, 1870-1930", Feminist Studies, 5/3 (1979), 512-29; ebd. weitere Literaturangaben. 4 Kay/Peary, Einleitung zum Wiederabdruck von Guys Artikel, Women and the Cinema, S. 337. Vgl. auch Gerald Peary, „Alice Guy Blache: Czarina of the Silent Screen", The Velvet Light Trap, no. 6 (Herbst 1972), gekürzt in: Kay/Peary, S. 139-45. 5 Vgl. Gisela Bock/Barbara Duden, „Arbeit aus Liebe - Liebe als Arbeit", Frauen und Wissenschaft: Beiträge zur Berliner Sommeruniversität für Frauen (Juli 1976), S. 118-99; zu den Ambivalenzen des weiblichen Sozialcharakters s. Ulrike Prokop, Weiblicher Lebenszusammenhang: Von der Beschränktheit der Strategien und der Unangemessenheit der Wünsche (Frankfurt/M.: Suhrkamp, 1976). 6 Silvia Bovenschen, „Über die Frage: gibt es eine weibliche Ästhetik?", Ästhetik und Kommunikation, Nr. 25 (Sept. 1976), zit. nach: Gabriele Dietze, Hg., Die Überwindung der Sprachlosigkeit: Texte aus der neuen Frauenbewegung (Darmstadt, Neuwied: Luchterhand, 1979), S. 82-115; 107 ff. Über die Funktion weiblicher „Ausstattungsästhetik" im Zusammenhang feministischer Filmtheorie vgl. den grundlegenden Aufsatz von Gertrud Koch, „Von der weiblichen Sinnlichkeit und ihrer Lust und Unlust am Kino, Mutmaßungen über vergangene Freuden und neue Hoffnungen", ebd., S. 116-38; 130 ff. Amerikanische Ansätze in dieser Richtung finden sich z.B. in den Zeitschriften Heresies, Chrysalis und Sinister Wisdom. Vgl. Alice Walkers einflußreichen Aufsatz, „In Search of Our Mothers' Gardens", Ms Magazine (1974), und den für die ästhetische Orientierung des „cultural feminism" typischen Beitrag von Deena Metzger, „In her Image", Heresies, 1/2 (Mai 1977), 2-11. Ein Kristallisationspunkt dieser Bewegung war Judy Chicagos Kollektivwerk The Dinner Party (197379). 7 Bovenschen, a.a.O., S. 110. 8 Alice Guys technische Kompetenz schloß allerdings nie die Kamera ein, Christian Metz zufolge das am stärksten fetischisierte Instrument der filmischen Apparatur („Le significant imaginaire", engl. Übersetzung in Screen, 16/2 (Sommer 1975), 14-76). Bis vor kurzem war keine einzige Frau Mitglied der American Society of Cinematographers, des Berufsverbands der Kameramänner. 9 Siehe den Auszug aus den Produktionsrichtlinien von Solax, zit. bei (Anm.4),S. 143. 10 Der Anspruch, daß Guy mit La Fee aux choux - noch vor Melies - den ersten Film mit fiktionaler Handlung gedreht habe, bewegt Nicole-Lise Bernheim in ihrem Vorwort zu .Guys Autobiographie zu folgender enthusiastischer Konstruktion: „Et on nous dit que les femmes n'ont jamais rien decouvert, qu'elles ne sont la que pour mettre les enfants au monde. Si Alice etait la Fee, le chou . . . serait son film. Le cinema qui nait sous le signe des choux, dans les choux, le cinema, nous allons vous faire un bei enfant. D'ailleurs eile dit quelque part: ,Le cinema, que j ai aide a mettre au monde.4 Les choux ne sont pas la par hasard. La Fee aux choux: Alice, jardiniere, ta pellicule pousse bien" (S. 12). Ein rührendes Bild, der Problematik weiblicher Filmarbeit aber wohl kaum angemessen.

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11 Guy, Autobiographie, S. 114-116; Lacassin, S. 174 f. 12 Guy, S. 147. 13 Schlüpmann/Gramann, S. 27; vgl. oben, Anm. 1. 14 Guy, S. 124. 15 Ihre Tochter Simone Blache schreibt diesen Umstand der allgemein schärferen Diskriminierung gegen berufstätige Frauen in Frankreich zu: „Mother was really cherished in the United States. She used to say that people treated her so wonderfully here because she was a woman, because she was a woman in film. The situation in France was quite the reverse.". Zit. bei Sharon Smith, Women Who Make Movies (New York: Hopkinson & Blake, 1975), S. 6. 16 Zum strukturellen Zusammenhang von fetischistisch-voyeuristischem Frauenbild und Darstellungsprinzipien des narrativen Films s. den einflußreichen Aufsatz von Laura Mulvey, „Visual Pleasure and Narrative Pleasure", Screen, 16/3 (Herbst 1975), auch abgedruckt in Kay/Peary; ferner Claire Johnston, „Women's Cinema as Counter-Cinema", in Notes on Women's Cinema (London: SEFT, 1973), S. 24-31, gekürzt in Kay/ Peary. Einen Überblick über feministische Filmtheorie bis 1978 gibt Christine Gledhill, „Recent Developments in Feminist Criticism", Quarterly Review of Füm Studies, 3/4 (Herbst 1978), 457-93; s. auch Ruby Rich, „The Crisis of Naming in Feminist Film Criticism", Jump Cut, no. 19 (1978), S. 9-12. 17 Sharon Smith, Women Who Make Movies, vermittelt einen ersten Überblick, ist aber recht selektiv und leider unzuverlässig (ihr Kapitel über bundesdeutsche Filmemacherinnen z.B. nennt Rosa von Praunheim). Eine tomographische Einfuhrung gibt Richard Henshaw, „Women Directors", Füm Comment, 8/4 (Nov.-Dez. 1972), 33-45; kommentierte Literaturangaben enthält Rosemary Ribich Kowalski, Women and Film: A Bibliography (Metuchen, N.J.: Scarecrow Press, 1976), s. das Kapitel „Women as Filmmakers"; neuere Angaben in Erens, Hg., Sexual Stratagems (Anm. 1). Zur Stellung von Regisseurinnen in Hollywood heute s. Sally Ogle Davis, „The Struggle of Women Directors", New York Times Magazine, 11. Jan. 1981, S. 34-37, 63, 72-76,84. Zur Problematik feministischer Historiographie sei nochmals auf die Aufsätze von Schlüpmann/ Gramann und Ruby Rieh verwiesen. 18 The American Cinema: Directors and Directions 1929-1968 (New York: E.P. Dutton, 1968), S. 216. Siehe auch Sarris' spätere Revision, „The Ladies' Auxiliary, 1976", Kay/Peary, S. 384-87, wo er Arzner nachträglich auf das Podest eines auteur erhebt. 19 Kay/Peary, „Dorothy Arzner's Dance, Girl, Dance", The Velvet Light Trap, no. 10 (Herbst 1973, abgedruckt in ihrer Anthologie, S. 9-25; dies., „Features and Directors: Dorothy Arzner", in Film by Women/Chicago '74 (The Film Center of the Art Institute of Chicago, 1974), S. 6-9; Claire Johnston, „Dorothy Arzner: Critical Strategies", in: Johnston, Hg., The Work of Dorothy Arzner: Towards a Feminist Cinema (London: bfi, 1975), S. 1-8; Pam Cook, „Approaching the work of Dorothy Arzner", ebd., S. 9-18; Jacquelyn Suter, „Feminine Discourse in Christopher Strong", Camera Obscura, no 3-4 (1979), S. 135-50. 20 Kay/Peary, „Interview with Dorothy Arzner", Cinema (Los Angeles), no. 34 (1974), abgedruckt in ihrer Anthologie, S. 153-68; 159.

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21 Ebd., S. 159,162. Vgl. auch Aizners Selbstprojektion in Alice L. Tildesley, „She Stepped Down to Step Up", Independent Woman, 32/11 (Nov. 1953), 402-3,424. 22 Zit. bei Maijorie Rosen, „Epilogue: Feminist Footholds in Filmmaking", Popcorn Venus: Women, Movies and the American Dream 1973; New York: Avon Books, 1974), S. 389-404; 399. 23 Johnston, „Dorothy Arzner", S. 4. Vgl. dagegen Molly Haskell, die Rosalind Russell als „superwoman" in den Filmen von Howard Hawks der komplexeren, weniger optimistischen Figur Russells in Arzners Craig's Wife vorzieht, welche sie als „superfemale" abtut - From Reverence to Rape: The Treatment of Women in the Movies (New York: Penguin Books, 1974), S. 222. 24 Johnston, „ Dorothy Arzner", S. 7. 25 In George Kellys pulitzer-preisgekröntem Stück, das Arzner als Vorlage diente, geht es um unverblümten Geschlechterkampf: Harriet Craig verkörpert das Stereotyp der „castrating bitch", und Lemziel des Stückes ist die Verteidigung ,essentieller Männlichkeit' - „you're fighting for the life of your manhood, Walter" (Craig's Wife (Boston: Little, Brown and Co., 1926), S. 169,63). Während Arzner zwar die kastrierende Macht Harriets über Walter körpersprachlich aindeuted, unterläuft sie Kellys platt sexistische Konstruktion, indem sie Harriets Katharsis mit der Emanzipation ihres Mannes verbindet. „I imagined Mr. Craig was dominated somewhat by his mother and therefore fell in love with a woman stronger than he. I thought Mr. Craig should be down on his knees with gratitude because Mrs. Craig made a man of him. When I told Kelly this, he rose to his six foot height, and said,,That is not my play. Walter Craig was a sweet guy and Mrs. Craig was an SOB.'" (Kay/Peary, S. 165 f.) 26 Siehe u.a. Thomas Elsaesser, „Tales of Sound and Fury: Observations on the Famfly Melodrama", Monogram, no 4 (1973), 2-15; Laura Mulvey, „Notes on Sirk and Melodrama", Movie, no 25 (Winter 1977-78), 53-57; „Dossier on Melodrama: Contributions by Griselda Pollock, Geoffrey Nowell-Smith and Stephen Heath", Screen, 18/2 (Sommer 1977), 105-19; und das dem filmischen Melodrama gewidmete Heft der Zeitschrift Wide Angle, 4/2 (1980). 27 Christian Viviani, „The Maternal Melodrama in American Film, 1930-39", ebdM S. 4-17. Viviani rechnet die Entwicklung dieses Subgenres wesentlich D.W. Griffith an, „(who) brought out the tragic composition that maternal meto was to take in its American vein: a rejected and solitary individual who bravely tries to go against the current" (S. 10). 28 Geoffrey Nowell-Smith, „Minelli and Melodrama", Screen, 18/2 (1977), 113-118, vergleicht die melodramatische Neigung zum Exzeß mit Symptomen von Hysterie und erkennt darin ein subversives Moment des Genres: „Often the »hysterical4 moment of the text can be identified as the point at whidi the realist representative convention breaks down" (117). 29 Zit. bei Rosen, Popcorn Venus, S. 400. 30 Pam Cook, „Approaching the Work of Dorothy Arzner" (Anm. 19), S. 14f. Der Begriff scheint Roland Barthes entlehnt, hat bei diesem jedoch keine psychoanalytischen Implikationen wie bei Cook. 31 Diese Tradition findet laufende Dokumentierung in Zeitschriften wie Camera Obscura und Millennium. Zu Deren s. Marcia Bronstein/Silke Gross-

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108 mann, „Analyse von Ritual in Transfigured Time", Frauen und Film, Nr. 10 (Dez. 1976), S. 17-35, und weiteres Material ebd.; ferner P. Adams Sitney, Visionary Film: The American Avant-Garde (New York: Oxford üniversitiy Press, 1974; 21979), bes. Kap. 1 u. 2.

Ingrid Kerkhoff und Monika Teichmann

Catherine Itzin: Theaterkritikerin, Autorin, Aktivistin Eine Adresse im New Playwrights Directory hatte uns den Weg gewiesen. Wir riefen sie kurz entschlossen an. Ihr breites Engagement in der alternativen Theaterbewegung machte sie zur Autorität auf diesem Gebiet: Gründerin und langjährige Herausgeberin von Theatre Quarterly, Rezensentin von Theateraufführungen für Tribune und Time Out. . . Schon am Telefon hatte sie uns Informationen versprochen. Catherines Terminplan war eng. Als wir sie zum ersten Mal — 1978 - in ihrem Haus im Süden Londons besuchten, hatte sie sich gerade mit ihren beiden eigenen und einem befreundeten, behinderten Kind zum Schwimmen verabredet. Es wartete die termingebundene Fertigstellung der redigierten Fassung des Alternative Theatre Handbook. Dazu die allabendlichen Theaterbesuche . . . Dennoch machte sich Cathy unendlich viel Mühe, uns die Ideen der Theaterbewegung nahe zu bringen. Sie sprudelte von Tips und Anregungen, nannte Personen, Gruppen, Theater und sprach ganz nebenbei von ihren eigenen Projekten. Es ist schwer, als non-fiction author den Eindruck weiterzureichen, den diese Begegnung vermittelte: Cathy wurde für uns zum TeÜ dieser Bewegung, auch und besonders, weil sie selbst die Ideen zu leben schien, die das alternative Theater propagierte. Damals hatte die alternative Theaterbewegung ihren Höhepunkt bereits überschritten, ökonomische Rezession einerseits und politische Repression andererseits bedrohten deren Existenz in deutlich wahrnehmbarer Weise. Die Medien entzogen ihr die kritische Öffentlichkeit, die sie in den späten 60er und frühen 70er Jahre begleitet hatte. Als Zeugin und Betroffene faßte Cathy schon damals den Plan, die Theaterbewegung durch Dokumentation vor dem Argument-Sonderband AS 71

Über Catherine Itzin

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Vergessen zu retten. Sie wollte Informationen weiterreichen, sie einer Nachwelt verfugbar machen, so daß eine spätere Generation von Theaterproduzenten direkt anknüpfen und weiterarbeiten könne. Als wir Catherine zwei Jahre später — im September 1980 — noch einmal besuchten, war ein solches Projekt noch dringlicher geworden. Die universitas litteraria hatte sich des Alternativen Theaters als Forschungsaufgabe bemächtigt. Sie hatte erste Darstellungsversuche unternommen, die jedoch dem Wahrheitsgehalt der Erscheinung in keiner Weise gerecht wurden. Catherine wollte entzerren, zurechtrücken, die Entstehungs- und Bedingungsfaktoren erhellen, die zur Herausbildung des politischen Theaters in GB seit 1968 gefuhrt haben: „There was an element of wanting to make propaganda . . . to explain to people what it (das theatralische Ereignis) meant, what the ideology was; in other words: not to treat it just as theatre which is the conventional critical perspective. You look a „Clapperclaw" and „Beryl and the Perils" as theatre, but you don't look at it as feminism or socialism. The general critical perspective does not take this into account. I wanted people to understand what is behind such theatre. I wanted to install enthusiasm as well. I wanted to present it to people who had not been involved . . Hier liegt denn auch die besondere Stärke von Stages of the Revolution, das inzwischen vorliegt (London 1980) und das unprätentiös durch Interviews ermittelte Insider-Informationen einer breiteren Leserschaft vorlegt. Dabei gilt es insbesondere — so definiert Catherine Itzin selbst das Hauptanliegen des Buches — die Theaterbewegung der späten 60er und frühen 70er Jahre in GB dem Zugriff durch eine bürgerlich inadäquate Literatur- und Theaterkritik zu entziehen. Eingeschworen auf ein reduktionistisches Autor-Werk-Konzept, das die sozialen und politischen Entstehungsfaktoren vernachlässige, integriere diese Kritik das Theater in eine Tradition, von der gerade sich polemisch abzugrenzen erklärtes Ziel war. Das politische mainstream-Theater der späten 60er und frühen 70er Jahre manifestiert sich fur Catherine auf drei, zum Zwecke der besseren Transparenz analytisch trennbaren Ebenen. Es wurde einerseits getragen von einer umfassenden Sozialbewegung, die bereits Themen und Themenverbindungen vorformuliert hatte. Diese Themen spiegeln sich - direkt oder ästhetisch vermittelt - in den Stücken jener Zeit wider. Kennzeichnend für die Theaterbewegung war jedoch weiterhin - und das ist das entscheidende Indiz, das sie Argument-Sonderband AS 71

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Kerkhoff/Teichmann

von der bürgerlichen Theatertradition unterscheidet daß zunehmend kollektive Produktionsmethoden Anklang fanden. Hier liegt denn auch ein zweites Interesse des Buches. Als Catherine mit den vorausliegenden Recherchen begann, waren Theatergruppen wie „The Women's Theatre Group", „Belt and Braces" oder auch „Red Ladder" relativ unbekannt und entsprechend auch spärlich dokumentiert. Daher wollte sie Informationsdefizite auffüllen. Schließlich galt ihr Interesse der konkreten Theaterpolitik der Zeit, die u.a. um die Gründung der Theatre Writers' Union kreist. Diese Ereignisse in ihren komplexen Verwicklungslinien eloquent dokumentiert zu haben, ist denn auch ein besonderes Verdienst dieses Buches. Für Catherine, die sich mit Edward Bond, John Arden, Margaretta d'Arcy und Caryl Churchill — um nur die bekanntesten Autoren zu nennen — an dieser Aktion beteiligte, stellt der von der Theatre Writers' Union ausgehandelte Vertrag ein bahnbrechendes, die Zukunft des Theaters entscheidend bestimmendes Ereignis dar. Das Buch wird kontrovers sein/Catherine ahnte dies voraus: „I wanted to bring three things together and I have done it. Whether it succeeded, I don't know. It will depend on how people will use it." Problematischer als die Faktorenanalyse des politischen Theaters wird jedoch ihr unter den gegebenen historischen Bedingungen geschlechtsspezifisch angesetzter Begriff des Politischen sein. Von den Ausgangsbedingungen der Autorinnen ausgehend (Caryl Churchill beispielsweise) kommt sie zu dem Schluß, daß man eigentlich — sie definiert das zugegebenerweise impressionistisch — zwischen political with a small p and political with a capital P unterscheiden müsse. Denn viele Autorinnen gehörten — wie sie selbst — zu den war babies, jenen Frauen, die einerseits der rigiden Konditionierung der 50er Jahre ausgesetzt waren, andererseits jedoch durch die politischen Unruhen der 60er Jahre wachgerüttelt wurden. Diese Frauen, die sich plötzlich in eine konventionelle Ehe gedrängt fühlten, begannen erst langsam, sich der politischen Implikationen ihrer Frauenrolle bewußt zu werden. Wenn sie daher — wie die erwähnte Caryl Churchill in Vinegar Tom — Themen für das Theater bearbeiteten, die zunächst — auf der Oberfläche — kodifizierten Erwartungen gemäß „unpolitisch" erschienen, muß dies dennoch als eine politische Leistung veranschlagt werden. Die maskuline Literaturwissenschaft wird Schwierigkeiten haben, dies zu begreifen, da ihr die entsprechende Erfahrung fehlt. Was hat sich seither in der Theaterszene getan? Hat sie überlebt, wenn ja, wie? Argument-Sonderband AS 71

Über Catherine Itzin

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Die Gratwanderung zwischen ökonomischen Abhängigkeiten und inhaltlichen Restriktionen, auf die sich so manche Gruppen seit der Kürzung/Streichung der Subventionen durch das Arts Council hätten einlassen müssen, habe - so erzählt Catherine - viele Gruppen zum Erliegen gebracht (vgl. nur „Beryl and the Perils"). Es bestand jedoch eine Form der Überlebensstrategie in der Umwandlung von small scale touring companies zu festinstallierten Bestandteilen der Stadtteilkommunikation. Diese Chance nahm u.a. „Combination" wahr, eine Theatergruppe, die fortan versuchte, in Anbindung an das Jugend- und Kommunikationszentrum Albany in Deptford zu arbeiten. Hier sieht Cathy eine Chance. Als boardMitglied des im September 1980 in Kilburn neueröffneten TricycleTheatres unterstützt sie derartige Theaterprojekte. Hier sieht sie die Chance für eine zumindest temporäre Überlebensstrategie. Denn kleinen, mobüen Theatergruppen lassen sich leicht von Seiten der Verwaltungsbehörden vormals gegebene finanzielle Zusagen aufkündigen. Bei festinstallierten Theatergruppen ist dies ungleich schwerer. Daher mieten sich heute funktionierende Gruppen in vorhandene Räumlichkeiten ein, eine Tendenz, die insofern den Strategien der frühen 70er Jahre widerspricht — hier eine versteckte Anspielung auf die NT-Politik als damals zunächst kostspielige Gebäude errichtet wurden und dann allererst die Such nach arbeitsfähigen Gruppen begann. Die augenblickliche Situation begünstige darüber hinaus die Wiederbelebung eines literarischen Genres, das bereits in den 20er und 30er Jahren erfolgreich praktiziert, dann aber zugunsten der Männerwitzideologie zunehmend sexistisch ausgebeutet wurde: das Kabarett. Als Herausgeberin von Performance^ einem im Selbstdruck herausgebrachten Magazin, informiert Catherine über die neuen Möglichkeiten dieses Genre. Wie nachhaltig mit kabarettistischen Mitteln Bewußtsein verändert werden kann, demonstrierte Maggie Steed, früheres „Half-Moon"-Mitglied, heute bei Alternative Cabaret. Bei gediegener Bierkonsumstimmung im vornehmlich männlich besetzten Lokal eines Studentenclubs packte Maggie plötzlich ihr Diaphragma aus und tändelte solange von einem Sketch zum nächsten, bis wirklich jeder der anwesenden Männer sein Bier vergessen und seine bisherigen Ansichten über Empfängnisverhütung zumindest überdacht hatte. Diese in einer Hinsicht komische Demonstration erfordere ein Höchstmaß an theatralischer Stärke. Alternatives Kabarett könne zwar keine komplexen und detaillierten analytischen Zusammenhänge thematisieren, im Gegensatz etwa zum AIArgument-Sonderband AS 71

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ternativen Theater, wohl aber könnte es gelingen, über das künstlerisch-ästhetische Medium analytische Teileinsichten mit alltäglichen Erfahrungsprozessen zu verbinden. Alternatives Kabarett mache darüber hinaus Spaß, selbst wenn der Spaß bei den Adressaten bisweilen in der Kehle erstickt. Für die Inszenierenden vermittelt er Kraft und Mut, weiterzumachen auf einem Weg, der durch ökonomische „Sachzwänge" sich heute allzusehr verengt hat. Wir fragen nach den Überlebenschancen für das Frauentheater. Catherine zeichnete ein wenig die Entwicklung nach. Zunächst sah es wohl so aus, daß sich die Arbeit von Frauen in alternativen Theatergruppen recht wenig von der Arbeit in konventionellen Theatern unterschied. Die anfängliche Begeisterung war groß: „Women's work in these companies was not very different from that in conventional theatres. So, big deal, these are socialists, but I still got a big part... Dann aber wurde Frauen zunehmend klar, daß ihnen auch in sozialistischen Theatergruppen kein Mitspracherecht an der Gestaltung von Themen etc. gewährt wurde. Ihre Aufgabe war und blieb, vorgeprägte Rollen nur umzusetzen. Daher gründeten sie eigene Gruppen, so „Monstrous Regiment", die in ihrem ersten Stück Govern die Ereignisse um die Pariser Kommune aus dem Blickpunkt der Frauen darstellten. Dies sei nun wirklich genuines Frauentheater, politisches Frauentheater. „Monstrous Regiment" hatte es nicht mehr nötig, sein Publikum darauf aufmerksam zu machen, daß auch Frauen kreativ tätig werden könnten. Die Truppe spielte einfach, ebenso wie die neuen Frauengruppen. Die Breitenwirkung des Frauentheaters sei jedoch heute extrem in Frage gestellt. Frauen haben kein Geld, keine Macht, werden langsam ernüchtert, müde wie „Beryl and the Perils"... Als Catherine Stages of the Revolution schrieb, hatte sie sich gerade aus ihrer Ehe gelöst. Sie geriet in existentielle wirtschaftliche Abhängigkeiten. Als freie Schriftstellerin hatte sie es schwer, die engagierte Mutterrolle mit dem ebenso engagiert betriebenen Beruf zu verbinden. Selbstverwirklichungsstrategien scheiterten allzu oft an der Tatsache, daß Termine für Sitzungen und Arbeitsgruppen zu Zeiten anberaumt wurden, die „normalerweise" der Betreuung von Kindern gewidmet waren. Ihre persönliche Erfahrung als alleinerziehende Mutter fand bald in einem neuen, dem Feminismus stärker verpflichteten Projekt Ausdruck. Catherine hatte bereits vor ihrer Trennung (splitting-up) in den unterschiedlichsten Öffentlichkeitsbereichen gearbeitet. Ihrer Selbsteinschätzung zufolge war es jedoch besonders die Scheidung, Argument-Sonderband AS 71

Über Catherine Itzin

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die ihr die noch notwendige politische Dimension gab. Fortan widmet sie sich konkreter politischer Arbeit: „I was outraged by the fact that the prevalent attitude still was: This is a disaster! This is a tragedy! because they (alleinerziehende Eltern) had not managed to conform to the nuclear family." Dieser, die Kernfamilie schützende Volksmythos konfliktiere nicht selten mit den subjektiven, weit positiver interpretierten Erfahrungen der Betroffenen selbst. Es handelt sich bei alleinerziehenden Eltern um eine „Minderheit", die zahlenmäßig größer ist, als es zunächst den Anschein hat. Für GB weisen die nationalen Statistiken jede 8. Familie als alleinerziehend aus. In Urbanen Ballungsgebieten ist die Erscheinung ungleich höher. In Birmingham z.B. ist jede 5., in Manchester jede 4., in zwei Londoner Stadtteilen, Lambeth und Hackney, sogar jede 3. Familie alleinerziehend. Die gegenwärtige Gesellschaftsstruktur diskriminiere eine solche alternative Lebensform, auch und besonders dadurch, daß sie keine positiven Identifikationsmuster anböte: What is troublesome about such alternatives is that fact that society sanctions such attempts in a negative way. Society does not offer positive images so that it was about time that people looked upon what they were doing as something normal, viable and good and not as ,errors', ,broken homes', ,delinquent children' and other such stereotypes. Sie bezieht sich auf ihr neuestes Buch, Splitting Up, das der Befreiung alleinerziehender Eltern gewidmet ist. Das Buch basiert auf einer Sammlung von Interviews, die nachträglich zu narrativen Berichten überarbeitet wurden, um die Erlebnisqualität der Berichte stärker in Erscheinung treten zu lassen. Sechs Frauen und sechs Männer — die Einbeziehung von Männern trägt erheblich zum Wert dieses Erfahrungsberichtes bei - berichten über ihre Ehen, die Art des Zusammenfindens, des Auseinandergehens, sie berichten über ihre Anfangsschwierigkeiten bei der Bewältigung von finanziellen, praktischen und emotionalen Problemen. Der Hauptakzent des Buches liegt jedoch in seinem konstruktiven Beitrag. Das Auseinandergehen kann auch.schön sein, kann den Betroffenen wichtigen' Lebensraum zurückgewinnen. Catherine Itzin machte diese Erfahrung selbst. Der von ihr interviewte Personenkreis bestätigte sie. Deshalb veröffentlichte sie Splitting Up (London 1980): „For the first time in my life I felt fantastic and that was when I was working on Stages ... Suddenly I was creative ... I was totally unrecognizable physically ... I felt integrated ... The people in the book have had the most gharstly experiences and Argument-Sonderband AS 71

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they say things like the woman said that for the first time in her life she felt like a person. And one of the men is actually a feminist now. He is a factory worker. He comes from a typical British working-class: feet on the table in front of the telly,,Where's my dinner?', you know . . .". Es blieb nicht nur beim kulturellen Engagement. Wissen heißt, Verantwortung übernehmen. Cathy tat es. Noch während sie an Splitting-Up schrieb, engagiert sie sich für eine Reform der Steuergesetzgebung zugunsten alleinerziehender Eltern: „While I was writing this book I made a test case with the Inland Revenue. It failed in the courts though there was a lot of interest before the conservative government from the Labour MPs". Catherine ging es darum, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, daß die Kosten für die Betreuung minderjähriger Kinder steuerlich begünstigt werden müßten. Dies gelte nicht nur für alleinerziehende Eltern, sondern für berufstätige ElternteÜe insgesamt. England befände sich in dieser Hinsicht - etwa im Vergleich zu Kanada oder Schweden - im Mittelalter. Ihre Erfahrungen faßte Catherine in einer Broschüre Tax Law and Childcare (London 1980) zusammen. Was macht Cathy jetzt? An welchen weiterführenden Projekten arbeitet sie? Wie die Theaterbewegung hat auch die Frauenbewegung ihren einstweiligen Höhepunkt überschritten. Cathy erzählte uns von einem neuen Plan, bei dem es um das Verhältnis von Frauen und Alter geht. Unter dem Arbeitstitel Women and Ages will sie versuchen, Stereotypen auf die Spur zu kommen, die es Frauen oft so schwer machen, in Würde alt zu werden. Wiederum geht es um die Ehrenrettung einer Humanität, die sich in der zwanghaften Übernahme kulturhistorisch präskribierter Frauenrollen zu verlieren scheint: „I am now very deeply into another book about women and age called Ages of Women, which is based partly on interviews with women and it is about how women are repressed by images and stereotypes like ... you have to be married ... a proper little girl is getting married before it is too late. She is having children before it is too late, and ... once you are a wife, you are a wife and nothing else, and then you are a mother and grandmother. But ... where's the woman who was there in the first place." Wieder wird sie als Betroffene sprechen. Wir dürfen ihr Buch mit Spannung erwarten.

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Stephen Duck und Mary Collier Plebejische Kontro-Verse über Frauenarbeit vor 250 Jahren Zu den vielen anregenden Partien in Mary Ashrafs monumentalem Werk über die ältere englische Arbeiterliteratur gehören die Ausführungen über die ländlichen Dichter des 18. Jahrhunderts. Man muß allerdings die an verschiedenen Stellen verstreuten Hinweise schon im Zusammenhang lesen, (1) um den Gegenstand in seiner Breite und Bedeutung würdigen zu können. Erstmals wieder seit Rayner Unwins The Rural Muse (1954), aber in einer bemerkenswert verständnisvolleren Lesart, wird hier das Drängen der Handwerker und Landarbeiter(innen) in die Literatur herausgearbeitet. Neuere Kritiker haben ansonsten nur auf Stephen Duck rekurriert und ihn als wenn auch widerborstigen Teil der pastoralen Tradition begriffen.(2) Dies ist nicht falsch, greift aber insofern zu kurz, als es dem mit Duck einsetzenden Neubeginn einer plebejischproletarischen Dichtung nicht Rechnung trägt. Zwischen zwei Vertretern dieser Richtung, den Zeitgenossen Stephen Duck und Mary Collier, ist es in den 1730er Jahren zu einer nachgerade modern anmutenden Auseinandersetzung über die Rolle der Frauenarbeit gekommen, die nachzulesen von Interesse ist für die so dringend gebotene Rekonstruktion des plebejisch-proletarischen Beitrags zur Geschichte des Feminismus. Der 1705 geborene Duck arbeitete bis zu seinem 25. Lebensjahr als Tage-oder Wochenlöhner auf Gütern in Wiltshire im Westen Englands. Dann wurde der in seiner spärlichen Freizeit lesende und dichtende Drescher entdeckt, als Genie gefeiert, von Königin Caroline an den Hof geladen und mit einem festen Jahressalär versehen. Dem nach Bildung Hungernden hat man nun die klassischen Sprachen angedeihen lassen und schließlich sogar die Weihung zum Geistlichen ermöglicht.(3) Ducks Fall, die Verbindung von literarischem Durchbruch und sozialem Aufstieg, hat die Gemüter des 18. Jahrhunderts bewegt, die gebildeten Kreise nicht weniger als die lesenden Arbeiterinnen) und Handwerker, die sich von seinem Erfolg inspiriert und ermutigt fühlten, wie aus vielen Zeugnissen, nicht zuletzt dem Mary Colliers, hervorgeht. Daß ihm bei seinem Aufstieg auch die letzten plebejischen Flausen ausgetrieben wurden und er fortan, zwar regelmäßig und diszipArgument-Sonderband AS 71

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H. Gustav Klaus

liniert, aber eben nur noch öde Stilfiguren, geschult an den Modellen des zeitgenössischen Klassizismus, zu Papier bringen würde, konnten die gebannt seine Karriere verfolgenden Dichter aus dem Volk nicht ahnen. Sie konnten auch nicht voraussehen, daß sich der Autor später in einem Fluß ertränken würde (1756), wobei umstritten ist, ob er dies in einem Anfall geistiger Umnachtung oder bei klarem Verstände tat. Jedenfalls scheint dieses Ende ein Indiz dafür, daß der Übergang von der Hütte zum Palast, vom Landarbeiter zum Prediger, vom Gelegenheits- zum gelehrten Dichter keineswegs spannungsfrei verlief. Ducks literaturhistorische Bedeutung beruht auf einem Werk, dem noch in Landarbeiterzeiten entstandenen „The Thresher's Labour" (1730). Wie der Titel andeutet, wird hier erstmals in der Geschichte der englischen (Natur)Lyrik der Segen der Natur nicht mehr unter Ausblendung der das Land bearbeitenden Menschen gefeiert, oder diese nur als hurtige, frohgemute Wesen dargestellt, sondern Faktum und Bedingungen der menschlichen (Land)Arbeit in den Mittelpunkt gestellt und aus der Sicht der Betroffenen erfaßt. So realistisch allerdings die Härte des Arbeitsalltags geschildert wird: als der Blick des Autors auf die Landarbeiterinnen schweift , kommt ihm nur noch Geringschätziges aus der Feder. Dies war der Anlaß für Mary Collier aufzubegehren. Wer aber war diese Frau, die Duck so mutig zu widersprechen wußte und dabei mehr als hundert Jahre vor der Frauenbewegung auf die Dreifachbelastung der Arbeiterin in Lohntätigkeit, Haushalt und Kinderversorgung aufmerksam machte? Ihr Name taucht in keiner Literaturgeschichte, Anthologie oder Bibliographie auf, nicht eines ihrer Gedichte ist in späterer Zeit je wieder aufgelegt worden.(4) Alles, was wir über Mary Collier wissen, entstammt einer von ihr selbst verfaßten biographischen Notiz, die dem alle Gedichte vereinigenden, dennoch schmalen Sammelband Poems on Several Occasions beigegeben ist:(5) „Born near Midhurst in Sussex of poor, but honest Parents, by whom I was taught to read when very Young, and took great delight in it; but my Mother dying, I lost my Education, Never being put to school. As I grew up, I was set to such labour as the Country afforded." (p. III) Nach dem Tode des Vaters in die Nähe von Petersfield (Hampshire) verschlagen, arbeitete sie bis ins hohe Alter hinein als Wäscherin, Brauerin und Landarbeiterin.„I staid till turn'd of Seventy, And then the infirmities of Age rendered me incapable of the labour of that place." (p. V) Als sie diese Zeilen schreibt, lebt sie in einer Dachstube in Argument-Sonderband AS 71

Duck und Collier zu Frauenarbeit

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Alton, ereilt von dem Schicksal, das sie illusionslos als Lohn für lebenslange Plackerei stets auf sich und ihresgleichen zukommen sah: For all our Pains, no Prospect can we see Attend us, but Old Age and Poverty, (p. 14) Mary Collier verschweigt auch nicht, was sie ursprünglich zum Versifizieren angetrieben hat: „Several Years thus Spent, Duck's Poems came abroad, which I soon got by heart, fancying he had been too severe on the Female Sex in his Tresher's Labour ... to vindicate the injured Sex: Therefore I answer'd him to please my own humour, little thinking to make it public it lay by me several Years and by now and then repeating a few lines to amuse myself and entertain my Company it got Air." (p. IV) Ihrer Darstellung zufolge hat sie aber erst nach langem Zögern dem Drängen von Freunden nachgegeben und in die Veröffentlichung ihrer Replik auf Duck eingewilligt. The Woman's Labour erschien erstmals 1739, zu einem Zeitpunkt, als die Verfasserin schon um die fünfzig gewesen sein muß. Hier nun zunächst die Verse, die ihren Unmut erregten: Our Master comes, and at his Heels a Throng Of prattling Females, arm'd with Rake and Prong; Prepar'd, whflst he is here, to make his Hay; Or, if he turns his Back, prepar'd to play: But here, or gone, sure of this Comfort still; Here's Company, so they may chat their Fill. Ah! were their Hands so active as their Tongues. How nimbly then would move the Rakes and Prongs! The Grass is spread upon the Ground, Till not a vacant Place is to be found; And whüe the parching Sun-beams on it shine, The Hay-makers have Time allow'd to dine. That soon dispatch'd, they still sit on the Ground: And the brisk Chat, renew'd, afresh goes round. All talk at one, but seeming all to fear, That what they speak, the rest will hardly hear; Till by degrees so high their Notes they strain, A Stander-by can nought distinguish plain. So loud's their Speech, and so confus's their Noise Scarce puzzled ECHO can return the Voice. Yet, spite of this, they bravely all go on; Each scorns to be, or seem to be, outdone. Meanwhile the changing Sky begins to lour, Argument-Sonderband AS 71

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And hollow Winds proclaim a sudden Show'r: The tattling Crowd can scarce their Garments gain, Before descends the thick impetuous Rain; Their noisy Prattle all at once is done, And to the Hedge they soon for Shelter run. (pp.l9-20)(6) Die vorstehenden Verse zählen gewiß nicht zu den bewegendsten Partien des „Thresher's Labour", und es würde einen falschen Eindruck von dem Gedicht vermitteln, sie allein zu zitieren. Ducks Stärke ist die durch keine pastorale Brille getönte oder verkleinerte Wiedergabe des Arbeitsalltags, die in ihrer Bitterkeit und genauen Beobachtung (auch des Herrn) nur aus der Sicht eines Betroffenen kommen kann: Divested of our Cloaths, with Flail in Hand, At proper Distance, Front to Front, we stand: And first the ThreshaTs gently swung, to prove Whether with just Exactness it will move: That once secure, we swiftly whirl them round, From the strong Planks our Crab-tree Staves rebound, And echoing Barns return the rattling Sound. Now in The Air our knotty Weapons fly, And now with equal Force descend from high; Down one, one up, so well they keep the Time, No Intermission in our Work we know; The noisy Threshal must for ever go. The Threshal yields but to the Master's Curse. He counts the Bushels, counts how much a Day; He swears we've idled half our Time away: ,Why, look ye, Rogues, d'ye think that this will do?' ,Your Neighbours thrash as much again as you/ (pp. 11-14) Die Klage über die Monotonie der Feldarbeit erinnert daran, daß Routine und Gleichförmigkeit nicht erst mit der Fabrikarbeit aufkommen: Week after Week, we this dull Task pursue, Unless when winn'wing Days produce a new; A new, indeed, but frequently a worse! (pp. 13-14) Wenn Duck beschreibt, wie die Arbeit in die Freizeit, vom Tag in die Nacht, vom Wachsein in den Traum hineinverlängert wird, vermeint man, eine moderne Evokation der Arbeit am Fließband Argument-Sonderband AS 71

Duck und Collier zu Frauenarbeit

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zu lesen: Nor, when asleep, are we secure from Pain; We then perform our Labours o'er again: Our mimic Fancy ever restless seems; And what we act awake, she acts in Dreams. Hard Fate! our Labours ev'n in Sleep don't cease; (p. 24) Den Höhepunkt behält sich der Dichter für den Schluß vor, wo das Erntedankfest, das Generationen von pastoralen Dichtern als Gesinde und Herrn versöhnenden, kirchlich sanktionierten Akt dargestellt hatten, als große Augenwischerei enthüllt wird: Our Master, joyful at the pleasing Sight, Invites us all to feast with him at Night. A Table plentifully spread we find, And Jugs of humming Ale, to chear the Mind; Which he, too gen'rous, pushes round so fast, We think no Toils to come, nor mind to past. But the next Morning soon reveals the Cheat, When the same Toils we must again repeat; To the same Barns must back again return, (p. 25) Nicht diese, die anklägerischsten und ergreifendsten Partien des Werks,riefenDucks Kritikerin auf den Plan. Überhaupt bleibt sie — wie die späte „Elegy on Stephen Duck", geschrieben auf die Nachricht von seinem tragischen Ende, unterstreicht - bei aller Meinungsverschiedenheit in der Bewertung der Frauenarbeit seine Bewunderin. Wogegen sich Mary Colliers Protest richtet, ist vielmehr, daß die Frauen von dieser neuen Solidaritätsfindung der arbeitenden Landbevölkerung ausgeschlossen bleiben sollen. So beeindrukkend es ist, wenn Duck nicht für sich als Individuum spricht, so sehr es zunächst scheint, daß er sich zum Sprecher all derer aufschwingt, auf deren Schultern die ländliche Ordnung ruht — sein „we" macht vor den Frauen halt, schließt diese nicht ein. In dieser Situation fuhrt die Verfasserin dem Leser vor Augen, wie die Landarbeiterinnen den Männern in punkto Plackerei und Ausgebeutet-Sein nicht nur nicht nachstehen, sondern sich in einer noch weitaus erbärmlicheren Lage befinden. Zunächst greift sie die Darstellung an, daß die Heuwenderinnen im Sitzen ihr Geld verdienen: For my own Part, I many a Summer's Day Have spent in throwing, turning, making Hay; But ne'er could see, what you have lately found, Argument-Sonderband AS 71

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Our Wages paid for sitting on the Ground, (p. 8) Als nächstes verteidigt sie das Recht der „Sklavinnen", bei der Arbeit sprechen zu dürfen: In this, I hope, you do not speak your Mind, For none but Turks, that ever I could find, Have Mutes to serve them, or did e'er deny Their Slaves, at Work, to chat it merrily. What! would you Lord it quite, and take away The only Privüege our Sex enjoy? (p. 9) Dann vergleicht sie den Feierabend von Männern und Frauen: When Ev'ning does approach, we homeward hie, And our domestick foils incessantly ply: Against your coming Home prepare to get Our Work all done, Our House in order set; Bacon and Dumpling in the Pot we boil, Our Beds we make, our Swine we feed the while; Then wait at Door to see you coming Home, And set the Table out against you come; Our Children put to Bed, with greatest Care We all Things for your coming home prepare: You sup, and go to Bed without Delay, And rest yourselves till the ensuing Day; WhÜe we, alas! but little Sleep can have, Because our froward ChÜdren cry and rave; (pp. 9-10) Ist dann der eigene Haushalt einigermaßen in Ordnung gebracht, meldet sich die Herrin: Our Mistress of her Pewter doth complain, And 'tis our part to make it clean again. This Work, tho very hard and tiresome too, Is not the worst we hapless Females do: When Night comes on, and we quite weary are, We scarce can count what falls unto our Share; Pots, Kettles, Sauce-pans, Skillets, we may see, Skimmers, and Ladles, and such Trumpery, Brought in to make compleat our Slavery, (p. 14) Wiewohl die Verfasserin in ihrer Entrüstung und dem Eifer, Duck zu widerlegen, in Wiederholungen verfällt, gelingt es ihr doch immer wieder, bemerkenswerte Kontrapunkte zu setzen. Auf die Klage des Dreschers, daß ihn die tägliche Arbeit im Traum verfolge, Argument-Sonderband AS 71

Duck und Collier zu Frauenarbeit

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weiß sie einzuwenden: Our Toil and Labour's daily so extreme, That we have hardly ever Time to Dream, (p. 11) Hatte Duck sein Werk mit dem (maskulinen) Sisyphos-Bild geschlossen, Thus, as the Year's revolving Course goes round, No Respite from our Labour can be found: Like SISYPHUS, our Work is never done; continually rolls back the restless Stone, (p. 25) so konterte Collier — geschickt einen femininen Identifikationsstrang herstellend — mit der Danaiden-Metapher, While you to Sysiphus (!) yourselves compare, With Danaus' Daughters we may claim a Share; For while he labours hard against the Hill, Bottomless Tubs of Water they must fill, (p.16) Wie im Falle von Duck, lohnt es auch hier, kurz auf den Gebrauch des „we" einzugehen. Das Einbetten des individuellen Elends in einen sozialen Erfahrungszusammenhang erfolgt gleich mit der Eröffnung des Gedichts: No Learning ever was bestow'd on me; My Life was always spent in Drudgery: And not alone; alas! with Grief I find, It is the portion of poor Woman-Kind. (p. 6) Das entscheidende Wort ist hier „poor". Es macht — ebenso wie der Kontext der Auseinandersetzung — deutlich, daß die Verfasserin ihr Los nicht klassenunspezifisch verallgemeinert. „Poor" heißt zwar sicherlich auch die Bedauernswerten, doch die erste Bedeutung ist die soziologische im Sinne der Armen und Niederen, der „labouring poor". Andererseits ist dieser Gebrauch des „we" nicht einheitlich durchgehalten. Es gibt Stellen in diesem und anderen Werken der Verfasserin, wo ausgehend von der Lage der arbeitenden Frau das Schicksal des ganzen Geschlechts reflektiert wird. Von einer Antwort Ducks auf „The Woman's Labour" ist nichts bekannt. Wahrscheinlich dürften ihn, der sich in der neuen Umgebung von Richmond bemühte, den Erwartungen seiner Gönner gerecht zu werden, die seinem Beispiel folgenden, gelegentlich ebenfalls auf die Gunst eines Adligen hoffenden dichtenden Bittsteller aus dem Volk eher peinlich berührt haben. Dennoch konnte Mary Collier eine Reaktion auf ihr Gedicht verzeichnen, und deren ideologische Ausrichtung bestätigte nur die Notwendigkeit ihres ersten literarischen Vorstoßes. Ein Zöllner (exciseman) aus GloucesterArgument-Sonderband AS 71

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shire äußerte Zweifel über die Echtheit der Verfasserschaft , ja verstieg sich dazu, jedweder Frau die Verfasserschaft solcher Verse abzubrechen. Selbstbewußt und nicht ohne Stolz nimmt die Arbeiterin auch hierzu Stellung: (7) ... there is none on Earth below Nor yet above the Sky, Can truly say, they made that Book, But poor, despised I. (p. 31) Trotz eines Hauchs von Bitterkeit bleibt das Gedicht wiederum nicht bei einer individuellen Selbstbehauptung stehen, sondern schreitet fort zur solidarischen Verteidigung des ganzen Geschlechts: But why shou'd you our Sex condemn, And Women all despise We never with you interfere, Nor trouble the Excise, (p. 31) Und mit einer emphatischen Propagierung des Rechts der Frau auf Bildung schließt es: ... if we Education had Which Justly is our due, I doubt not, many of our Sex Might fairly vie with you. (p. 32).

Anmerkungen 1 Phyllis Mary Ashraf, Englische Arbeiterliteratur vom 18. Jahrhundert bis zum ersten Weltkrieg (Berlin 1980), S. 46-54, 386-392, 785 f., 797 f., 818-822. Siehe auch meine Besprechung des Buchs in Kürbiskern 1 (1981), S. 80-86. 2 Raymond Williams, The Country and the City (London 1973), S. 32,8790; (Hrsg.) lohn Barreü/John Bull, The Penguin Book of English Pastoral Verse (London 1974), S. 375-390. 3 Detaillierte biographische Angaben zu Duck finden sich in Rose Mary Davies, Stephen Duck, The Thresher-Poet (Orono, Maine 1926). 4 Im Unterschied zu Duck, der z.B. in der New Cambridge Bibliography of English Literature aufgelistet wird und folgende Nachdrucke zu verzeichnen hat: The Shunamite (1830), The Thresher's Labour (1930), Poems on Several Occasions (1973), Auszüge aus „The Thresher's Labour" (1974) in Barrell/Bull, a.a.O. 5 Alle Collier-Zitate entstammen den Poems on Several Occasions von 1762 (Winchester). Die Verse sind, wenn nicht anders angegeben, dem Gedicht „The Woman's Labour: To Mr. Stephen Duck" entnommen. Belege im Text. 6 Alle Duck-Verse sind aus dem Gedicht „The Thresher's Labour". Zitiert

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123 wird nach den Poems on Several Occasions von 1736 (London). Belege im Text. 1 Dieses und die beiden nächsten Zitate entstammen Mary Colliers „An Epistolary Answer to an Exciseman, Who doubted her being the Author of the Washerwoman's Labour", aus dem gleichen o.g. Band.

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Pioneer Communist Women in the United States Some Portraits In the fall of 1919 two Communist parties were formed in the United States the Communist and Communist Labor Parties. In 1920 both were merged into the united Communist Party. In December, 1921, this party took on the name Workers Party, and only later was it officially called the Communist Party of the United States. The platforms of both the Communist and Communist Labor Parties were silent on the woman question. Indeed, in a detailed report published in the Liberator on the three conventions in Chicago in 1919 — Socialist, Communist, and Communist Labor — Max Eastman never once mentioned a discussion of the woman question at any of the gatherings.(l) The truth is that throughout the spring, summer, and fall of 1919, as the split in the Socialist Party reached its climax, little attention was paid to the woman question in either the left or right-wing Socialist or the then early Communist circles. Actually, the editorial, „What's To Become of Women?" in the left-wing Ohio Socialist constituted the only discussion of this issue in the radical press during the period. It was prompted by a reader who asked the paper what would become of women „under Bolshevism". The editorial responded with the reply that „what is woman going to do with men under Bolshevism is a more pertinent question." According to the publication, under a social system where political and economicrightswere equal, as they were under Bolshevism, „man may well fear some reprisals and revenges upon him for the age-long persecution and humiliation of woman. Having equal rights with man, and since the war, being in all probability in Argument-Sonderband AS 71

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the majority, what is to prevent them from Rettin even4 for the mountains of humiliation man has heaped upon them? It's a serious question. They will have the power. Will they use ist?"(2) Rose Pastor Stokes Despite the absence of any special attention to the problems of woman, a number of leading women Socialists went over to the Communist and Communist Labor Parties or became active sympathizers. The outstanding pioneer woman Communist was Rose Pastor Stokes, the Socialist girl from a working-class background, whose „Cinderella marriage" in 1905 to James Graham Phelps Stokes, the wealthy New York Socialist, had made her a famous personality both in the United States and abroad. When the United States entered the war, Rose and her husband were among those who withdrew from the Socialist Party in opposition to its antiwar stand. But while James Stokes drifted away from Socialism, the Bolshevik Revolution in Russia in November, 1917 led Rose to change her position and not only oppose the war but to return to the party. In March, 1918, she was arrested and tried, not for anything she had said or written against the war, but for having sent a letter to the Kansas City Times containing the sentence: „No government which is for the profiteers can be for the people, and I am for the people, while the government is for the profiteers." At her trial under the Espionage Act, Judge Van Valkenburgh instructed the jury that the right to criticize the government was restricted to those who supported the war. He directed its attention to Stokes' declared sympathy for the Russian Revolution, an offense which, while not punishable under the Espionage Act, was cited by him as demonstrating the danger of her speech against profiteers. The court found that, because of its possible influence on the parents, wives, sisters, brothers, sweethearts, and friends of the men in the service and those registered for the draft, her statement tended to interfere with the operation and success of the armed forces. Rose Pastor Stokes was sentenced to ten years in prison, but she was out on bail while sentence was under appeal. Rose Pastor Stokes gradually moved further left in the Socialist Party, and, along with John Reed, James Larkin, Charles E. Ruthenberg, and Louis C. Fraina, she became a founder of the left wing of the Socialist Party, one of the signers of the famous „Left-Wing Argument-Sonderband AS 71

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Manifesto," and thefinancialbacker of the Revolutionary Age, the official organ of the left wing. She was listed as „Treasurer of the Left-Wing Socialist Fund."(3) Prior to the 1919 Socialist Party convention in Chicago, the New York sections of the left wing held a packes rally in Madison Square Garden. Speaking to an audience sprinkled with Secret Service agents, police officials, and investigators for both the Department of Justice and New York's notorious witch-hunting Lusk Legislative Committee, Rose Pastor Stokes, after being introduced as „a comrade who was out on bail and was under sentence to serve ten years in prison for disloyal activities during the war," called for „one big union," organizing skilled and unskilled, men and women, black and white, as the quickest route to Socialism in the United States. She continued: The capitalistic class has started a campaign of terrorism against the working class in America, but they will fail to terrify, and we shall go forward, and all the time we will be organizing. I see in an afternoon newspaper that Charles Evans Hughes warns against the Reds in America. We warn Mr. Hughes and his crowd that we will go on, that we know the work that is before us, and that we can no longer be confused by the slogan of race, or religion, of creed or color or of nationality. We shall stand by Russia and we shall refuse to fight our comrade workers in Russia. Our slogan is one big union and it will continue to be our slogan until we have captured the bourgeois state. The work of organizing lies with you, and we want everyone of you to pledge yourselves to redouble your efforts for the cause. Go out and use your every moment; use the printed and the oral word to tell the workers and the comrades the truth about their slavery. They called out 6.000soldiers last night to see what they could do to control the city. Think a moment and imagine what that little 6.000 could do against the working classes. The change must come, and we hope it comes with as little violence as possible. Before us is the opposition, arid the opposition must yield or else it must be crushed. I say again to you that the day will come, and whether it will be days or months or years depends on you.(4) The New York Times editorially singled out Rose Pastor Stokes* speech as justifying both the cancelling of her bail and the enactArgument-Sonderband AS 71

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ment of even stricter laws against seditious utterances. Her reference to the 6.000 soldiers, it said, was „nothing less than a visualization of the overpowering of our soldiers by armed rebels," but unfortunately, under the existing „antique law," there was no way in which she could be prosecuted. Even then, when such words were uttered „before 6.000 shouting Reds at Madison Square Garden,... somebody ought to suffer." Thank God at least, it went on gratefully, for „such raids as that which the Lusk committee made on Saturday on the Rand School, the Left Wing Socialists, and the IWW", which were „encouraging insofar as they show an aroused feeling that something must be done."(5) Directly from New York's enthusiastic Madison Square Garden meeting of the left-wing Socialists, Stokes left with John Reed for Chicago, where, along with Reed, Larkin, Fraina, and Ruthenberg, she participated in the battle for a revolutionary Socialist program. (6) When the Socialist Party convention opened, left-wing delegates were barred from it by theright-wingSocialists, with the assistance of the Chicago police.(7) Expelled along with scores of others, Stokes was one of the radical Socialists who formed the Communist Party of America.(8) However, she first had to overcome an objection raised by her presence as a delegate to the Communist Party's founding convention on the ground that her husband's wealth made her ineligible under the ruling that „no person shall be eligible for membership in the Communist Party who employs labor or gains a livelihood through rent, interest, and profit." A committee was appointed to investigate, and after hearing Stokes's testimony, it reported that she did not receive her income from her husband, but instead from writing for magazines and the royalties from her books.(9) It found that since „the publishers are exploiting her the same as other wage earners," she was eligible. And so she kept her seat and her place as the leading woman founder of the Communist Party and a member of its first National Executive Committee.(10) In a lecture a few years later entitled „Why I Am a Communist," Rose Pastor Stokes described her indignation when she learned that „there was a Socialist machine that preferred to throw out the majority of the members rather than yield to the revolutionary rank and file." She then saw clearly, she said, that the right-wing Socialists were just the same as the leaders of the German SocialDemocracy and other Socialist parties of Europe, „which, when there is any leaning to do, always lean strongly to the bourgeois right, but never to the proletarian left." She decided to throw in Argument-Sonderband AS 71

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her lot with a movement that stood for the proletarians and not for the bourgeoisie, and she was proud and glad „to belong to a company of men and women who, in a crisis, were not concerned with saving their own skins, but only with directing the workers' struggles and effecting workers' unity, regardless of the price they personally had to pay."(l 1) Rose Pastor Stokes was appointed to the Communist Party's Defense Committee, but she needed a good deal of defending herself. She was harassed by both the Lusk Committee and the Department of Justice, while the press was filled with calls for the revocation of her bail. „Mrs. Rose Pastor Stokes Defiant," read a November 21,1919 press headline, and the story below it told of „the refusal of Mrs. Rose Pastor Stokes to answer a subpoena" issued by the grand jury investigating anarchists and revolutionists in New York City. Two detectives were placed outside her home, and when she finally decided to appear before the grand jury, she refused to answer questions about any of her associates.(12) On January 24, 1920, another press headline read: „Rose Pastor Stokes Indicted in Chicago. Heads a List of 85 Communists Who Are Accused of Conspiracy ."(13) The story from Chicago began: „Rose Pastor Stokes of New York, a member of the National Executive Committee of the Communist Party of America, heads a list of eighty-five major and minor leaders of the organization against whom indictments were returned this afternoon before Chief Justice Robert E. Crowe of the Criminal Court by the Special Grand Jury investigating radical activities." The defendants were charged with „conspiracy to overthrow the Government of the United States by force in violation of the new State Sedition law."(14) Even though she was ill with influenza, Rose Pastor Stokes was ordered extradited to Chicago by Governor Alfred E. Smith. She was taken to Chicago by a woman detective, where she was defended by the great people's attorney, Clarence Darrow. As she departed, the news was made public that Rose Pastor Stokes had been selected as the Communist Party's candidate in the special election in the Fourteenth Congressional District to choose a successor to Congressman Fiorello H. LaGuardia. „If she runs", the New York Times observed, „Mrs. Stokes will be the second person under heavy sentence in the Federal Courts to seek a seat in Congress, the other being Victor Berger."(15) In Chicago, the press headlines read: „Mrs. Stokes for Congress. Awaiting Trial as a Communist She Seeks Seat in House." For Stokes had decided to run, Argument-Sonderband AS 71

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and she told reporters: „Not only do I intend to be a candidate to succeed Representative LaGuardia,but I think there is a great likelihood that I could win. There is a great constituency of my people there "(16) Her people, of course, were the working class, for it was as a worker in the sweatshops that Rose Pastor Stokes had first started her career, first as a Socialist, and then as a founder of the Communist Party. But no Communist was able to run for office in 1920; the party was ruled off the ballot. However, one piece of good news did arrive while Rose Pastor Stokes was awaiting trial in Chicago - a trial which never took place — and that was that her ten-year sentence under the Espionage Act had been reversed by the United States Circuit Court of Appeals on the ground that the charge given to the juiy by District Judge A.S. Van Valkenburgh of Kansas City was prejudicial to the defendant. The Court remanded the case for a new trial, but the Department of Justice announced that the case was being dismissed on the ground, the Department explained, that it would be impossible to obtain a conspiracy conviction of Stokes, „as the Government would be unable to prove such an intent." Stokes, officials said, „was prepared to show that her husband and other relatives served in the war, and that she herself, as shown by contributions to Liberty Bond campaigns, knitting, and other activities, was without intent to obstruct the prosecution of the war." (17) Rose Pastor Stokes sent a brief letter to the New York Times, which had published the officials' explanation, in which she wrote: May I thank you for the courtesy of your columns to say that their conjectures are wrong. In the event that the case was tried again, my plan was to offer no defense whatsoever.(18) On June 20,1933,Rose Pastor Stokes died after a long and painful illness, brought on primarily by a blow from a policeman's club received three years earlier during a demonstration protesting the United States'imperialist intervention in Nicaragua. In its frontpage tribute, the Daily Worker declared: This was a woman of the revolution. In the story of her life is mirrored much of the history of the modern labor movement of the country and of the formation and growth of the American Revolutionary Party of the working class which is destined to overthrow American capitalism ... During the period when the Communist Party was outlawed as an illegal organization, Rose Pastor Stokes functioned practically without intermission as a member of the Central Committee. From her earliest days Argument-Sonderband AS 71

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in the revolutionary movement, Rose Pastor Stokes was a persistent and belligerent fighter for the bringing of the Negro masses into the revolutionary movement and for a struggle against the persecution of the Negro people . In the Communist Party she, in 1921, undertook this as her special work.(19) Ella Reeve "Mother" Bloor While she was not present at either the Chicago Socialist Party convention in 1919 or at the founding convention of the Communist Party that followed in the same city, Ella Reeve „Mother" Bloor became one of the most remarkable of the pioneer Communist Women. (20) Born in 1862, she had early aspired to become a foreign missionary and delivered her first public speech on the efficacy of prayer. After membership in the Knights of Labor and the Women's Christian Temperance Union, she undertook organizational drives among textile workers in Kensington, Pennsylvania in 1894. She joined the Socialist Labor Party in 1897 und organized Socialists in Essex County, New Jersey. Her first marriage to Lucien Ware, with whom she had four children, ended in divorce caused by political differences. She wrote later: During this period, my personal struggle was reaching a climax. My interests and activities were more and more leading me away from my husband. He was a wonderful character, one of the best friends I have had, but although a free-thinker, he was politically conservative in those days. I knew by this time that my place was in the labor movement and that Lucien was not prepared to go with me in this field. For us to stay together would force him into a false position. At the same time, I knew how much the children needed him. My problem was how to arrange a separation, and at the same time keep his friendship and maintain his relation with the children. The struggle was so severe I had a nervous breakdown and was in bed two months. Her second marriage was to a Socialist, Louis Cohen, with whom she had two children. But this marriage, like Bloor's first one, fell victim to political differences. „Louis had been much away from home, traveling for Fels Naphtha soap. Our interests began to diverge. Louis turned away from the social movement and Argument-Sonderband AS 71

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became involved in business and got interested in mystical ideas. We eventually separated ..."(21) By the time of her second marriage, Bloor had joined the Socialist Party and was working among coal miners as a state organizer in Delaware and Pennsylvania. When Upton Sinclair asked her to help provide him with additional proof of the frightful conditions in the Chicago meatpacking plants, which he exposed in his novel, The Jungle, she went to work surreptitiously in Armour's and Swift's. To lessen the danger, she took along a young Socialist, Richard Bloor, and it was agreed that she would be known as „Mrs. Bloor." Although there was never any romance in their relationship, his name stuck to her. Her expose was published in the Chicago Tribune and other leading papers. Aided financially by a niece of J .P. Morgan, Bloor organized Connecticut working women into suffrage clubs. However, her main activity remained the improvement of labor conditions and the spread of Socialism. After Organizing electrical workers in Schenectady, New York and establishing a women's auxiliary for the Western Federation of Miners, she formed women's political groups during the Colorado strike of 1914. She also served on the relief committees during miner's strikes in Illinois and Ohio, repeatedly entreating miners and their wives to join the Socialist Party. In 1917, she organized in New York and New England for the United Cloth Hat and Cap Makers Union and was frequently arrested on picket lines. She later gave up full-time union work to become New York organizer for the Socialist Party, and in 1918, she ran for lieutenant governor on that ticket. At the same time, Bloor continued to help miners on a part-time basis, agitated for equal pay, and picketed in Utica and Springfield. Along with Elizabeth Gurley Flynn, she established the Workers Liberty Defense Committee during World War I to protect political and labor prisoners to fight the deportations of alien radicals. Disgusted with the expulsions of left-wing Socialists by the party's National Executive Committee, Ella Reeve Bloor left the party in 1919. On June 8, she wrote to the Ohio Socialist, a left-wing organ, that after returning „from a long and arduous trip through Colorado, Kansas, Missouri and the western states," organizing workers and recruiting them into the Socialist Party, she was „dumbfounded" to learn of „the most autocratic action ever perpetrated upon the Socialist Party membership, or , in fact, upon Argument-Sonderband AS 71

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the membership of any other organization of the working class, Viz.: the expulsion of 40.000 by 7. Such action must be highly gratifying to the peanut politicians who do the will of the tremendously organized owning class."(22) She joined the Communist Party shortly after its formation and remained an active member for the rest of her long life, becoming first its Eastern organizer and later, for many years, a leading member of its Central Committee.(23) Marguerite Prevy Another militant Socialist woman who went over to the new Communist movement was Marguerite Prevy of Ohio, a founder of the Communist Labor Party and member of the State Executive Committee of the Communist Party in Ohio. As a militant Socialist who had opposed America's entrance into World War I and had continued that opposition throughout the conflict, Prevy made many enemies among the labor-haters of Akron. When the news reached Akron of the lynching of Frank Little, an IWW organizer in Butte, Montana, a pro-war mob attacked Prevy's home, demanding that she get „the Little treatment." A local newspaper reported what happened next: „With a heavy loaded revolver in each hand, Margaret Prevy stood in her open front door facing the mob without fear, assuring them that she would kill the first half-dozen who dared to place their feet upon her veranda. The mob dissolved."(24) Prevy worked closely with Charles E. Ruthenberg, state secretary of the Ohio Socialist Party, after his release from prison under the Espionage Act, and both were among the first to join the leftwing Socialists. In an article in the Ohio Socialist, „The Great Work Ahead", Preva exulted: The old world of triumphant and unchallenged capitalism is gone forever, and capitalism itself, with all its crimes upon its bloody hands, stands convicted and condemned at the bar of an outraged and aroused civilization. Now strikes the hour, the long-awaited, dreamed-of hour of the workers of the world. Now is the time for them to rise to the opportunity of the ages and take possession of the earth and the fullness and fairness thereof in the name of an emancipated race. It is indeed an inspiring vision, a glorious outlook. The war of capitalist nations is ended, and now begins the war Argument-Sonderband AS 71

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of the workers of these nations for emancipation. In this war the forces of education and organization will win and every worker with a glimmer of vision and a spark of manhood will have his part ... The day of the social revolution is at hand, and the new world now in the making will be the beautiful new world of the triumphant and emancipated workers.(25) On March 3,1920, Prevy was kidnapped from a county jail in Columbus, Ohio, and hurried to a prison in Chicago. She had been charged with violating the „criminal syndicalism" law of Illinois because she had helped organize the Communist Labor Party in Chicago in August, 1919. One of a number of Communists and Communist Laborites who were indicted by the Chicago grand jury, she was arrested at her home in Akron, imprisoned in Columbus, and denied bail. However, Judge E.B. Kincead, in response to a request by Illinois for her extradition, ruled that before he could properly grant the request, the state would have to prove to his satisfaction that the Communist Labor Party had been formed for the purpose of overthrowing the government of the United States „by violence and unlawful means" in violation of the criminal syndicalist laws of Illinois. Such an unusual condition set for dealing with Communists so enraged the Illinois authorities that they sent a contingent of sheriffs and deputies to Columbus, and they simply took Prevy out of the county jail during the night and hurried her to prison in Chicago. Prevy was sentenced to five years' imprisonment under the Illinois criminal syndicalism law and actually spent two years and four months in prison.(26) Charlotte Anita Whitney The most prolonged harassment of a pioneer Communist woman was accorded to Charlotte Anita Whitney, aCalifornia social worker and suffragist, a champion of the IWW and other labor groups, and an early member of the Communist Party. In November, 1919, Whitney was arrested on the charge of violating the California syndicalism law, which made it „a crime knowingly to be or to become a member of, or to assist in organizing an association to advocate, teach, or aid and abet the commission of crimes or unlawful acts of force, violence or terrorism as a means of accomplishing industrial or political changes." Her „crime" was helping to form the California branch of the Communist Labor Party. Even though she conArgument-Sonderband AS 71

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tended that she was opposed to a program of violence, her refusal to abandon her membership in the Communist movement led to her conviction in February, 1920.(27) The case was appealed, and in 1925, the United States Supreme Court refused to consider the appeal on the ground of lack of jurisdiction. It was brought before the Supreme Court again, this time in relation to the violation of the Fourteenth Amendment, which provided that no state could „deprive any person of life, liberty or property without due process of law nor deny to any person ... the equal protection of the laws." This time, the Court accepted jurisdiction, and, in a unanimous opinion handed down in May, 1927 (in which the liberal justices Holmes and Brandeis concurred), upheld the constitutionality of the California syndicalism law and ruled that Anita Whitney had to go to the prison for from one to fourteen years.(28) Throughout these years, Anita Whitney refused to ask the governor of California for a pardon. „I have nothing to be pardoned for," she told the press. „He has had a long time to pardon the others, the poor men without influence, who are in San Quentin on the same charges that I am found guilty of. Let him release those men from prison, and not concern himself only with a woman who has the thousands of influential friends that I have ."(29) Thousands of letters did pour into the governor's office in Sacramento, asking for a pardon. One, from Upton Sinclair, was filled with sarcasm and irony. It read in part: As a literary man, I am naturally led to reflect, what an interesting book Anita Whitney will be able to write after she has served her term. One of the great books of all time might come out of the experience, and it seems to me it will be a tragedy not to let it be written ... Also, if you should ever decide to clean up those nests of cruelty and graft, our state prisons, think what a help it will be to you to have Anita Whitney telling all the world about them from inside knowledge! As you no doubt remember, suffrage was brought to the women of the United States by those who went to jail in our national capital. Who can tell what moral and political earthquake might come from the fact that one of the gentlest and finest ladies of our state is shut up with common criminals and political prisoners whom nobody cares anything about?(30) Eugene V. Debs, however, was not content with resorting to sarcasm. Debs had proclaimed, „From the crown of my head to the Argument-Sonderband AS 71

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soles of my feet, I am a Bolshevik, and proud of it,"(31) but he did not join the Communist movement on his release from prison. Nevertheless, he admired the courageous pioneer women, and in his appeal for a pardon for Anita Whitney, he denounced „such barbarous satanic and utterly unwarranted persecution, such raw, brutal repression of a high-souled, noble-natured woman, whose entire life bears testimony in every thought and deed of her consecreation to the service of humanity." He wrote furiously that should Whitney actually be imprisoned, „then should all the lightnings of infinite wrath be let loose at once as upon ancient Sodom and Gomorrah and the earthquake and the tempest combine to rive and destroy the state, for such a state is not morally fit to survive in even a halfcivilized world."(32) Another protester sent in a poem, which went in part: To Anita Whitney Brave womanhood in chains! America, Hast though not reason to be proud, be proud. Of this wild, mad bloodlust hysteria That bids her limbs be shackled, head be bowed Beneath the burden of thy tyranny? Hast thou not reason, Land of Liberty, To prate of Freedom, Justice, the whiles she, Who dared to stand for freedom, goes not free? (33) On June 19,1927, the New York Times reported that university men and women, social workers, editors, and other leading figures in the field of education had signed petitions asking the governor of California to pardon Anita Whitney, whom it described as a woman who „a decade ago was one of California's most distinguished social workers." But, asserting that he had taken an oath to uphold all the laws of California, Governor C.C. Young refused to budge, and in the summer of 1927, seven years after the Communist Labor Party had ceased to exist, Caroline Anita Whitney entered San Quentin for the „crime" of being a pioneer woman. A year later, having been paroled, she ran for governor of California as the candidate of the Communist Party. She campaigned primarily among women workers, pointing out that „women work under the double handecap of belonging to a partially submerged group," and she urged her party to make the organization of women a leading element of its work: Organize and educate the women. Organize and make class conscious the women in industry... Argument-Sonderband AS 71

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Organize all the women into militant, intelligent, class conscious groups who will work shoulder to shoulder with the men, until the workers of the world, united, organized, class conscious, take control of the industries and seize the apparatus of the state in order to form a Workers' Soviet Republic.(34) The "Nationalization of Women44: Tales of Horror During the post-World War I Red Scare, a favorite charge of the anti-Red crusaders was that Bolshevism held out special horrors for the female sex. Tales of „Nationalization of Women" in Soviet Russia were featured in every leading American newspaper and magazine, and the people of the United States were fed lurid accounts of women being made „common property" under Bolshevik rule. (35) In attempting to counter the cry of „nationalization," the pioneer Communist women made an important contribution. When they were not in prison, they were delivering lectures and distributing literature revealing the actions taken by the young Soviet Republik to emancipate women. In their lectures, they quoted from the text of the Decree on Divorce, issued in December, 1917, which contained provisions for ending marriages when either or both of the parties so desired, and provided for a court to adjudicate the separation and fix alimony and child care. They also publicized the matrimonial code of October, 1918, which provided for the civil registration of matrimony, prohibited fathers from forcing their daughters.into marriage, and established equality in marriage between husband and wife. The code also simplified the process of divorce in cases of mutual consent. The pioneer Communist women also publicized the Land Code of 1918, which explicitly extended marital equality to the wives of peasants, who, for many years, remained the largest group in the Soviet Union.(36) Whenever they could obtain information on the subject, they also publicized Lenin's views on the woman question, pointing out that even before the Revolution, he had emphasized that the emancipation of women was a key program of the movement he led, and that even in a Communist society, traditional male attitudes could keep women „in their place," so that the re-education of men was a necessary step toward the emancipation of women.(37) They pointed out that Lenin maintained this point of view after the Czarist government was overthrown and the Bolsheviks took power, Argument-Sonderband AS 71

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and that even though the Soviet Union was barely an infant among the nations of the world, pioneer Communist women emphasized, it had already achieved more for women than any capitalist country. It had already begun the process of instituting equal political rights, equal pay for equal work, equal rights to property, equal rights in the home, the abolition of prostitution, and provision for children through child care centers. Finally, by taking Russia out of the imperialist war as soon as they came into power, the Bolsheviks had spared many Russian women the horror of seeing their husbands and sons serve as „the necessary cannon fodder for an unjust war."(38) But it was not easy to present such information to audiences. One of Rose Pastor Stokes' lectures answering the „Nationalization of Women" charge was broken up by the singing of „The StarSpangled Banner" and a call for „three cheers for the United States," stimulated by Dr. Francis Theodore Brown of Yonkers' St. Andrew's Memorial Episcopal Church, a leading propagandist for the thesis that women had been nationalized in Soviet Russia. Brown boasted that he had received congratulatory letters from women all over the country, and he suggested that Rose Pastor Stokes was one of those who ,should be summarily deported."(39) Shortly thereafter, Stokes had the satisfaction of reading in the press that the United State Department was convinced that all the stories of „Nationalization of Women" in the Soviet Union were „false."(40) She insisted, however, that the women of Soviet Russia needed no defense from their enemies: What women! What minds, what wills, what defiance of danger, even of death! What love of the people and the cause of the people! Proletarian women, most of them women of passion, women of burning eloquence, of dogged determination, women of large capacity for suffering, women of sacrificial spirit, women to lead and inspire the proletarian womanhood of the world .(41) Space limitations preclude the possibility of paying tribute to, or even mentioning all the other pioneer communist women — women, for example, like Kate Sadler, or the black woman Grace Campbell, like Rose Wortis of Dressmakers' Local 25 of New York City and Dora Lipschutz of Local 100 in Chicago, who won the support of many rank-and-file women who were not Communists in their struggle against the ILGWU's bureaucracy and its policies. (42) Most of them were like Elizabeth Shenker of Detroit. When Argument-Sonderband AS 71

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she died in August, 1978, her son wrote the following about his mother: She was born in the Bialystok region of Russion Czarist Byelorussia (now the People's Republic of Poland) in 1884, came to the U.S. in 1913 to avoid forced marriage. With the advent of the Russian Revolution, she gravitated into the Russian socialist and communist organizations. She took part in the struggle against the Palmer Raids in the ,20's in Detroit and Flint, and in subsequent struggles for the defense of the young Soviet state, the defense of Sacco and Vanzetti, the Scottsboro Nine, democratic Spain, the organization of the CIO, etc.... (43) Notes 1 Max Eastman, „The Chicago Conventions," The Liberator, October, 1919, pp. 5-19. 2 Ohio Socialist, April 30,1919. 3 Robert D. Reynolds, Jr., „Rose Pastor Stokes, 1879-1933," New York University Libraries, Bulletin of the Tamiment Library, No. 49, March, 1974, p.5; New York Times, March 24, 1918, Jan. 31, 1920; Stokes v. United States, 64 Fed. 22 (Circuit Court of Appeals, Eighth Circuit, March 9,1920. 4 New York Times, June 21,1919. 5 Ibid., June 23,1919. 6 Irving Howe and Lewis Closer, The American Communist Party: A Critical History (New York 1967), pp. 34-38; WilUarn Z. Foster, History of the Communist Party of the United States (New York 1952), pp. 143-96. 7 Theodore Draper, The Roots of American Communism (New York) 1957, pp. 131-65; James Weinstein, The Decline of Socialism in America, 1912 -1925 (New York 1969), pp. 177-94. 8 Foster, op. cit., pp. 172-74. 9 Although she had only a meager schooling, Rose Pastor Stokes was a prolific writer and published poems, articles, reviews and essays in such journals as the Independent, Everybody's, the Arena, and the Century, as well as the Socialist press. In 1914, she collaborated with Helen Frank in translating from the Yiddish Morris Rosenfeld's Songs of Labor and Other Poems. In 1916, she wrote The Woman Who Wouldn't, a play in which the heroine, an emancipated woman, becomes a labor leader. A list of her publications is in the New York Times' obituary, June 21,1933. 10 New York Times, Sept. 5,1919. 11 Daily Worker, March 6,1924. 12 One of the persons about whom Rose Pastor Stokes refused to testify was Soma Ginsberg of Brooklyn, who had been dismissed from her position in the public schools for belonging to the Communist Party. (New

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York Times, Nov. 22,1919, Feb. 4,1920.) 13 Two other women indicted were Mrs. E. Ward and Katherine Lanz, who were described as „alleged local branch language Secretaries." (New York Times, Jan. 24, 1920.) The atmosphere in Chicago is indicated by the fact that Robert Minor, editor of the Communist monthly, the Liberator, published in that city, instructed his assistant, Dorothy Day, to end all his letters with the information, „At the moment of this writing there is a man standing in the doorway across the street who has been shadowing me for the past week/' (Judith Nies, Seven Women: Portraits from the American Radical Tradition (New York 1977), p. 190. See also Dorothy Day, The Long Loneliness (New York 1952), p. 236. 14 New York Times, Nov. 21-22,1919, Jan. 24-25, Feb. 4,1920. 15 Ibid., Dec. 14, 1919. Victor L. Berger (1860-1929), the first Socialist to be elected to the United States Congress, was elected from Milwaukee and served in the House of Representatives from 1911 to 1913, and was elected again in 1918. Even though he was one of the leading right-wing Socialists, he was debarred from Congress in 1919. He was sentenced to prison in 1918 for treason, but the decision was reversed by the Supreme Court. He was returned to Congress in 1923 and served until his death in 1929. 16 Chicago Tribune, Feb. 19,1920; New York Times, Feb. 19,1920. 17 New York Times, March 19,1920, Nov. 17,1921. 18 Ibid., Nov. 20, 1921. Above Stokes* letter to the New York Times was one from Margaret Sanger in which the birth control leader complained of the approval by the Times of the arrests of birth control advocates at a Town Hall meeting. „I think your criticism of our meeting was very unjust and does not stand at all for the principle of right which is the essential thing that this Government is based upon/4 Sanger concluded her letter. (New York Times, Nov. 19,1921.) 19 Daily Worker, June 21,1933. 20 Bloor may also have been connected with the Communist Labor Party, since the New York Times listed her as a speaker at a Communist Labor Party meeting in Hunt's Point, The Bronx, New York City, called to celebrate the second anniversary of the October Revolution founding the Soviet Union. (New York Times, Nov. 8,1919.) 21 Ella Reeve Bloor, We Are Many (New York 1940), pp. 83-84. 22 Ohio Socialist, June 15,1919. 23 In addition to Bloor's autobiography, We Are Many, which, however, often does not do justice to her colorful, active life, see Ann Barton, Mother Bloor (New York 1935), and Elizabeth Gurley Flynn, Daughters of America (New York 1942). 24 Cleveland Socialist, July 12,1917; New Leader, April 25,1925. 25 Ohio Socialist, Jan. 1,1919. 26 The Toiler, March 12, 1920; New Leader, April 25,1915. Kate Richards O'Hare, Socialist leader and anti-war spokesperson, who went to prison for opposing U.S. entrance into World War I, was another woman kidnapped during this period. She was seized by an American Legion gang and taken, scantily dressed, from Twin Falls, Idaho, where she was scheduled to lecture on „Crime and Criminals", to a small town many miles away, where she was rescued by railroad workers who recognized her. Be-

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fore the kidnapping, O'Hare was approached by the sheriff and chief of police of Twin Falls and warned to cancel the lecture and leave town, since they had heard men threaten O'Hare's life if she dared to speak. ..I asked him (the sheriff) if he had arrested any of these men who had threatened violence or placed any of them under peace bonds. He replied that he did not dare to do it because they were prominent business men. I asked him if the meeting would be protected. He replied that he would do all one man could do. I suggested that he deputize 50 or 100 law-abiding citizens if he felt unable to handle the situation. Again he replied that he did not dare to do this; it would antagonize the business men of the town." (Seattle Union Record, July 23,1921.) New York Times, Feb. 16, 1920. For Whitney's work for the IWW, see Philip S. Foner, History of the Labor Movement in the United States, Vol 4, The Industrial Workers of the World (New York 1965), p. 274. Daily Worker, May 19,1927; Literary Digest, May 26,1927, pp. 9-10. Daily Worker, Oct. 30,1925. Ibid., May 31,1927. Writings and Speeches of Eugene V. Debs (New York 1928), p. 442. New Leader, Dec. 12,1925. Henry George Weiss, „To Anita Whitney," Daily Worker, Oct. 31,1925. Daily Worker, Nov. 6,1928; Al Richmond, Native Daughter, San Francisco, 1942, p. 18. The booklet was published by the Anita Whitney 75th Anniversary Committee. Nation, Dec. 28, March 1,1919. Ohio Socialist, April 23,20,1919; The Toiler, March 5,12,1920. Lenin's writings on the „woman question" are included in The Woman Question: Selections from the Writings of Karl Marx, Frederick Engels, V.l. Lenin, and Joseph Stalin (New York 1951) and V. I. Lenin, The Emancipation of Women (New York, 1972). Clara Zetkin's Reminiscences of Lenin (London 1929) includes Lenin's observations on the „woman question." These sections have been reprinted in Clara Zetkin, Lenin on the Woman Question (New York 19340. The Toiler, March 5,12,1920. New York Times, Nov. 17,1919. Ibid., Nov. 20,1919. Ibid., Nov. 25,1919; Rose Pastor Stokes, „Sing", Hie Worker, March 11, 1922. Philip S. Foner, Women and the American Labor Movement: From World War I to the Present (New York 1980), pp. 155-60; David Gurowsky, „Factional Disputes Within the ILGWU, 1919-1928," Ph.D. dissertation, State University of New York at Binghamton, 1978, pp. 53-54. George Shenker, Detroit, Michigan, in Daily World, Aug. 15, 1978.

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Class, Conciousness, and Sillitoes's Long Distance Runner: Some Interrelations of Literature and Society Abstract: Von den zwei konkurrierenden Auffassungen über die Stellung der Arbeiterklasse innerhalb der britischen Gesellschaft der Nachkriegszeit Deferenzverhalten gepaart mit programmatisch-reformistischem Auftreten versus Konfliktbewußtsein mit Ansätzen einer Gegenideologie - scheint letztere im Lichte von Sillitoes Erzählung an Plausibilität zu gewinnen. Ein Punkt, an dem die ästhetische Erkenntnis, gewonnen aus der Lektüre des Werks, die soziologische Theorie sogar zu präzisieren vermag, ist die Entwicklung der Hauptfigur: Smith bleibt nicht auf der Stufe einer unreflektierten Anti-Haltung stehen, sondern entwickelt ein gefestigtes Bewußtsein. Auch im kontextualen Zusammenhang erscheint dem Verf. eine Korrektur erforderlich: ein adäquaterer Bezugspunkt als Hoggarts häufig herangezogenes Buch The Uses of Literacy dürften die Recherchen über „poverty" in Großbritannien sein.

Recent sociological speculation about the nature and magnitude of discontent among the postwar British working class has tended to resolve itself into two contending theses. The sceptical one makes great play with notions subsumed under Gramsci's concept of hegemony .(1) The contention is that in so unregenerately stratified a society as Britain's in mid-century workers are fundamentally institutionalized in behaviour, deferential and bourgeoisified in outlook. Their world-view, it is maintained, must be continuous with, even parasitically dependent upon, conservative dispositions found in the polity at large. Thus consciousness of class, while traditionally strong on identity and solidarity, is usually weak on the conception of alternative. Hedged by respect for law and order, it can't be expected to giv rise to an encompassing radical critique. „Contained" by the official agencies and informal instruments of the dominant culture (schools, the* media, the government apparatus) effectively acting in concert, working-class militancy can only be pragmatic and reformist. „Given the prevailing degree of social inequality," the argument goes, the search for „radical opposition to the existing sociopolitical order" is bound to meet with disappointment, since „at all levels of the stratification hierarchy attitudes of acceptance if not of approval are those most commonly found."(2) Argument-Sonderb and AS 71

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The most recent challenge to this position has come from H.F. Moorhouse. He holds out for the existence - subcutaneously as it were — of a popular counter-ideology, which, because it critically views the current structure of British society as inequitable and dichotomous, can potentially at least reconstitute it. This counterideology, consisting of a not very articulate „majority opinion which rejects market principles as a suitable way to organize social life" (3) may be half-baked and unfocused. It may be too inconsistent and inchoate to translate into an effective politics. Nevertheless, there are grounds for supposing it real insofar as disenchantment with parliamentary politics grows and with it support for direct action (especially, but not only, industrial dispute). With widening polemical ramification, the debate continues as to wheter „conflict consciousness (is) a reasonably normal state of subjective orientation in British society ."(4) The key points at issue, however, appear to be three in number. First under hegemonic conditions like those of contemporary Britain, can conflict consciousness — „mere perception of class unity ... linked to recognition of the opposition of interests with another class"(5) — ever effectively modulate into a transformative revolutionary consciousness? Second in what sense is a radical awareness of class-conflict that originates in a diffused „gut-feeling" but stops short of cognitive expression incomplete, ineffective, „false"? And finally: what does it mean to say that „the constraints on the lives of the majority remain the deepest, and ever replenished, well of radical responses and idea" when it is also commonly allowed „that at most times and places, most members of the lower class put up with or simply do not think about the wider structures of power and influence which constrain their lives"? It may, at first glance, seem ingenuous to suppo.se that the witness of imaginative literature can help to elucidate these questions. Especially when it is conceded that literary mimesis does not always reflect extra-literary reality unequivocally; when, indeed, the fickleness of its report is notorious. Yet this doesn't mean that the testimony of delivered art is not worth attending to. What it does mean is that there is a danger to guard against, the decoding of fact from fable in a way that ultimately impoverishes both. And a corrective to reductivism is to hand, I would suggest, in the proposals of Luden Goldmann, the general merit of whose thinking is its tentative and designedly exploratory character. Argument-Sonderband AS 71

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The particular merit of Goldmann's observations for the present essay lies in their phenomenological aspect. For him, class consciousness is neither some neatly extractable Weltanschauung, nor a statistically confirmable event, but an immanent „tendency which really exists among members of a certain social group ... in a more or less coherent manner" and which may develop in response to particular social and economic circumstances. The propensity commonly reaches its height „in certain privileged situations"(7) — of which political convulsion is obviously one — but can also be made acessible through the work of an „exceptional individual", the creative artist. In ways that only a scrutiny of the work in its own right will reveal, he or she may articulate such subsurface awareness, contriving to give it „coherent and adequate expression" through practice of his own choosing.(8) Now of course, there is no guarantee that such a writer will appear on the scene. Nor have we any assurance that when he appears his performance will be technically remarkable. But where such an artist does exist, where his work is qualitatively extraordinary; and where his signifying vision can be shown to have to do with the question of whether „in certain circumstances a conflict consciousness can develop into a radical or even a revolutionary consciousness"(9) — in such instances the evidence of art will very likely shed light upon findings in the field as well as upon theoretical debate. An example of such a writer, I want to suggest, is Alan Sillitoe, rightly regarded as „one of the best-known spokesman for the proletarian viewpoint in mid-century Britain."(10) And the central contention of this essay is that his most sophisticated and perhaps most famous performance to date appears to lend oblique support to the revisionist contention. The piece in question is the novella The Loneliness of the Long Distance Runner (1959), and an intimate examination of its structure and theme in the light of Goldmann's recommendations is revealing indeed. I propose to show that formatively active in the tale, as its moral-psychological dynamic, are just those class „attitudes which are opposed, and in some ways constructively opposed, to those which are dominant in society ."(11) There is a qualification, however, to the counter-ideology thesis, namely, that „profound intellectual diagnoses are a relatively unimportant condition for radical action or even a hindrance to it."(12) And this, the story will imply, is something very much open to doubt. To raise this last point for starters is to find oneself looking in a Argument-Sonderband AS 71

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novel light at the kind of people Sillitoe writes about and, more generally, at the world they inhabit. And in this regard two infrequently noticed features stand forth with striking clarity, the one relating to context, the other to text. Thefirstis that the commonplace invocation of Richard Hoggart's The Uses of Literacy (1957), while it may clinch some truth-telling aspects of Sillitoe's art, is not definitive. Agreed, his first novel, Saturday Night and Sunday Morning (1957) displays to the full range of dispositions described by Hoggart, the emphasis on luck and superstition, on living in the present, the extended-familial living circumscribed by „Mum", the home, the neighbourhood; it vivifies Hoggart's observations about the anti-militarism, anti-patriotism of the urban English working-class, their disdain for calls for duty and sacrifice, their rejection of the ethics of advancement and their customary intolerance of sham distinctions of rank or station. It is in this general setting, certainly, that we must see Sillitoe. Still, we may wonder whether the class-temperament of his characters can be fully appreciated by reference to Hoggart's milieu. The men and women who throng his early stories and novels fit pretty awkwardly into The Uses of Literacy's roseate picture of working-class life. Decidedly , they don't live in a world imbued with serene fellowfeeling, placid neighbourliness, and staid respectability. The atrabilious labourer (like Lennox, in ,The Match", or the eponymous hero of Jsaac Starbuck/ or the near-fabulous grandfather Merton in Key to the Door) embroiled in the workings of the system and spoiling for a fight with it; the poacher, the felon, the chronic deserter from the Forces; the juvenile, deliquency-prone factory-hand, sensing himself forcibly quarantined within the system, yet genuinely free because moving towards an understanding of his own recalcitrant nature — these are the people from among whom Sillitoe draws his heroes; malcontents, to a man. With Hoggart's sedately domesticated workingman, who makes a quiet peace with, or simply ignores, „Them", they have, really, little in common. No, to account more precisely for many of the central images of character and conduct Sillitoe presents us with, we have to go elsewhere: not to bland and innocuous Hunslet, but rather to some of the many concrete studies of what has been called the „rough" working-class — the culture of poverty described in such studies as Ken Coates' and Richard Silburn's Poverty: The Forgotten Englishmen (1970). Between such research and the picture that emerges from Sillitoe's fiction and essays the correspondences hold, point Argument-Sonderband AS 71

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for essential point. The decaying and congested urban slums with their dilapidated housing, the absence among their inhabitants of resources to meet the crises of sickness, unemployment, or redundancy; the sense of aggressive detachment from the rest of society — not only economically, but intellectually and emotionally; the complete absence of any effective participation in its institutions expressing itself in an implacable hatred of the police, mistrust of government and all those in high position — this is the postwar actuality a good deal of Sillitoe's work is intended to reflect and comment upon. In fact, Coates' and Silburn's description of the St. Anne's district of Nottingham would seem to epitomise the lives of those at the extremes of financial and evironmental disadvantage in the Welfare State; the almost eight million people living (on average, according to statistics for the period 1953-60) at or below the level of National Assistance.(13) Taking the district to be representative of hundreds of such areas existing throughout Britain in the 1950s and 1960s, they find, vying with „a basic sense of hopelessness" a widespread undercurrent, albeit unreflected in „any sense of public or political optimism... of egalitarian sentiment and a parallel undercurrent of dissatisfaction with the status quo,"(14) often reaching out confusedly for expression in theft and in a general readiness to infringe upon the law. Theirfindingsconnect with those of T.R. Fyvel, in The Insecure Offenders (1963), where the interest is in those whose earnings are too low and too irregular for them to take part in the drift towards prosperity and higher living standards. In this lowest stratum of young unskilled workers „whose antagonism towards teachers, employers, and the state was quite abnormally tense"(l 5) in the middle and late 1950s, he discerns a group imperfectly integrated within the national ethos and asserting its presence in ways that involve a defiant contracting-out of ordained channels of self-advancement. The deprivation of the interwar years was partly responsible for their „general hostility to society which often overlapped with actual criminality."(16) But it can also be construed as an implicit rejection of a culture stressing consumerist values over all the others, and organising for efficiency and uniformity at the cost of replacing the material over the human. From a specialist view-point, Fyvel's account of the shortcomings of Welfare State affluence is no doubt incomplete. In lay terms, however, it offers a convincing survey of class-stressed anti-authoritarian trends operating in Britain of the late 1950s and early '60s, the perArgument-Sonderband AS 71

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iod which saw a „sharp rise in crime in the age group 16-21 ,"(17). and which composes the backdrop to Sillitoe's early works. The important thing is that it furnishes if not an antidote, then a key sociological counter-image, to generalisations about the products of Sillitoe's imagination as reflections of The Uses of Literacy. The culture Hoggart describes at close quarters is just a little too pastoral, too compliant at heart, to cover the fierce specifics of Sillitoe's stories and novels, the measure of whose authenticity is their preternaturally inward-seeming familiarity with „rough" working-class culture Hoggart describes at close quarters is just a little too pastoral, too compliant at heart, to cover the fierce specifics of Sillitoe's So massive resentment of all „those who tell you what to do... pay your wages, collect your rent and telly dues ... hand you the dole"(19) is a donnee of the Sillitoe universe and part of the emotional equipment of its denizens. Yet — and this is the second thing to note —, he does not blithely take it for granted as an unquestioned positive. The class-antagonism of his characters is unmodifiable, an unappeasable gut-hatred of the whole „semi-detached rent-collecting shop-managing pavement"(20) and all its ilk. This uncouth animosity may sometimes find an outlet in anarchic ouvrierisme. Witness Brian Seaton at the close of Key to the Door, or Arthur Seaton's tirade directed against „Them" beginning „once a rebel always a rebel" in chapter 15 of Saturday Night and Sunday Morning. But more often the embattledness of Sillitoe's characters, their eclectic abomination of authorities and state institutions, is simply visceral in nature. And just because it is visceral and not thoughtthrough, nourished by natural impulse and not by reflection, such class consciousness is liable to give rise to actions that are gratuitous and self-defeating. Harold Seaton, „who havocked and scattered his own goods" and thrashes his wife and children in frustration at his powerlessness before „the means test man who docked your dole and sent you on relief"(21), can stand for a whole range of social types in Sillitoe's fiction who transpose to a sterile violence, directed at family and mates, an anger more properly directed at „Them". In admitting his readers to the strains and tensions of their private lives, Sillitoe commits himself to exploring a class-issue which is one of the buried matrices of his social vision: How can a revolutionary stance be precipitated out of a dissent, which, because of the constraints under which it is generated, tends as often as nbt to be sublimated into petty destructiveness, or else channelled off into fantasy-projects? Argument-Sonderband AS 71

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The question can be asked, for example, of the pyromaniac narrator of „The Firebug," whose repeated „setting fire to anything I could get my eyes on"(22) assuage the grievances of a child from „24 Slum Yard" who continually finds himself surrounded by alluring trophies of material affluence placed out of reach and brazenly returning his stare through shop-front plateglass. The finally pathetic charade of Donnie Hodson's revenge' upon his brothers in ,To be Collected4 also comes to mind in this connection as does Tony's recidivistic kleptomania in ,The Ragman's Daughter4. In all these stories Sillitoe interrogates a dichotomised world-view that is yet neither fully organised nor fully operational. But, the inquest is most tellingly conducted through the description of Arthur Seaton's career in Saturday Night. (I say tellingly, because this novel was, on the author's admission, written after The Long-Distance Runner although published before,(23) and may therefore be considered as thematically precursive of the earlier and shorter piece.) Seaton is invincible and largely justified in his resentment of „the firm, the rate checker, the foreman and the tool setters, who always seemed to be at each other's throat except when they ganged up to cut yours."(24) Hence the determination „not to let anybody grind me down.44 This is at base the code to which he clings throughout the narrative, and no opportunity is lost of stating it with brawling vituperation. Hie trouble is that the class-antagonistic code is also at root profoundly deficient, so long as its relation to any more comprehensive scheme of things goes unacknowledged. The results of such ignorance are shown to be various and lethal. It weakens his ability (aquired, in part two of the novel, at some cost) to distinguish between the war with „Them44 and the war with himself. It creates a constant need to discover advantageous exits from the , jungle44, the world of fang-andclaw peopled by the likes of Robboe the foreman and Jack, the workmate he cuckolds — only to close off those same exits, stranding him alone with a store of ungraded weltering emotions, at large in a world where directions are always uncertain until it is too late. Unfolding fraudulent vistas of self-determination, it leaves him bereft of any moral theorem that can take him through to the findings he attains through naked experience. Various and lethal the results are, and must be. For since his avowed code is a mixture of stylized repressions and inarticulate allegiances, it encourages gestures actually to replace, not merely symbolise, substantial intention. It has the (for him) precious advantage of helping to keep his animosities Argument-Sonderband AS 71

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in good repair. But it is so restricted to symbolic gratifications that it is almost certain to break down, and does. For it is in the nature of a quest for a self-authenticating dissident style - the code, however awkward , is nothing less than that — that the very act of approaching or even finding it sets off a series of discoveries as to its inherent limitations. And stumbling without system upon these limitations, Arthur has, often gratuitously, to bloody himself at least as much as a good many people around him. Smith, in ,The Loneliness of the Long Distance Runner4 is in a position to avoid just these pitfalls. For in him social dissent is clarified into articulate method and held on course by stamina and will and intellect. With his loathing of the Borstal governor „smoothing out his paper with his lily-white workless hands" and his confederates „all over the poxetten country ... in-law blokes like you and them, all on the watch for out-law blokes like me and us,"(25) he comes from a long line of „bandits," as he constantly styles himself. In one sense he is their avatar, a veritable walking compendium of vilificatory attitudes towards „penpushers, army officers, Members of Parliament," dreaming of standing them „up against a wall and let(ting) them have it, like they'd have done with blokes like us years ago."(p.l 1) Where he differs is, first, in the use he makes of his hatreds. And second, in the way his awareness of class-warfare controls alike his conduct and his appraisal of it. Were he as „honest" as Smith, the Governor of the Borstal would have him „in a quarry breaking rocks until he broke his back" (p. 38). By contrast, „old Hitler face," the plainclothes agent who traces, dogs and finally apprehends Smith, is by the youth's own lights infinitely more „honest" because „he at any rate had it in for me and I for him." (p. 38). Confronting each other like two seasoned belligerents, firing salvo after terse salvo in an attempt to breach each other's defences, both speak a mutually comprehensible language in which class-enmity is cordially anticipated and reciprocated, not glossed over or explained away as motiveless malignity, not ticketted as social deviancy. Skirmishing verbally with the detective as "Mam" hovers „laughing from the kitchen" ready to defend her son with any old alibi, Smith expects no quarter and is given none „because they know we hate their guts and smell a rat if they think we are trying to be nice to them" (p. 27). And, bested eventually as the stolen money cascades out of the drainpipe during a downpour, he submits without a struggle to his arrest — „for this is war — ain't I said so!" (p. 41) - while refusing, by the same token, to take umArgument-Sonderband AS 71

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brage at an officer's spiteful arousal of mother at four in the morning on the pretext of reminding her to appear in court sharp on the hour. The „war" between ,Them' and ,Us' is here, at least, openly, if gratuitously, prosecuted. And its repeated declaration by Smith serves an undeniably certificatory purpose. A way of arriving at a conclusive all-embracing repudiation, it yields a reliable, unified picture: „You see, by sending me to Borstal, they've shown me the knife, and from now on I know something I didn't know before: that it's war between me and them ... I know who my enemies are ... I'm in a different sort of war, that they think is child's play" (p. 15). Not surprisingly, such fighting talk has received a good deal of critical attention. Not all of it, however, is helpful. Emphasizing the motif of social insubordination, A.R. Penner, for example, submits that the hero is unemployed ... because he does not want employment. He commits the crime — stealing a bakery cashbox — not out of necessity, but out of choice ... When the crime has been committed, his guilt determined, and the sentence passed, the social questions of guilt, innocence and responsibility ... are no longer the central issue; they have in effect been settled. The subject of the story then becomes the presentation of a more complex conflict between the captive and his keepers.(26) The first and last parts of this asseveration are pertinent, drawing attention to the social specificity of Smith's disaffections.(27) Where this critic comes unstuck is in alleging that Smith's guilt, innocence and responsibility are not really at issue. They are: and as such they admit of no easy personal or public outcome, much less any that, as Mr. Penner goes on to charge, is „nihilistic." And far from the social questions having been settled in advance, it is precisely their lack of settlement - their partiality of resolution which constitutes the story's driving inner tension, as well as its mainspring of psychological and dramatic interest. The whole case wants looking at, and with due attention to what is actually going on in the letter of the text. And there we find that technique itself is a soliloquy, a confession in which the author effaces his presence so as never to seem the speaker's obvious editor or director. The narrative initiative is ceded entirely to Smith, whose air of seeming unpreparedness and off-the-cuff improvisation underscores the intended effect of utter credibility. Such motives as Smith discovers we see only gradually Argument-Sonderband AS 71

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articulated, formulated as he formulates them, not fully explained until he has absorbed them, and explained then only insofar as he understands them himself. The story's key concept is of course „honesty," whose primary meaning in Smith's confession is acuity and candour of social insight. But it also carries a secondary meaning of sincerity and precision of expressive manner. „Honesty" signifies an incisive locutoiy frankness implicitly counterposed to the duplicitous rigmarole of his overseers. Thief, „outlaw" though he is, Smith struggles to tell himself no lies. Unlike the Governor, who said to me when I got here from Nottingham, „We want to trust you while you're in this establishment ...if you play ball with us, we'll play ball with you." (Honest to God, you'd have thought it was going to be one big tennis match!) „We want hard honest work and we want good athletics ..." (p. 9) — he does his utmost to render himself incapable of frabricating emotional insincerities cloaked in sententious pulpitry or in handme-down phraseology. His way of talking, an habitual economy of uncluttered verbal directness promoted by his running, is pungently matter-of-fact. But it is also, so to speak, after the facts of the matter, a mechanism for stripping through the accumulated impedimenta by which „They" continue to assure themselves of their supremacy over „Us." The runner's whole being, the reader is made to notice, comes to be flooded with a logic that countermands and interdicts that of his preceptors. And the inundation, as we shall see, is allowed to happen in a way that suggests for Smith foolproof possibilities of alternative conduct beyond the immediate aim of excoriating what seems to him a chipped and gaudy society complacently convinced of its own salubrity and the justice of its priorities. Yet — and this is very much the point of his mental review of his „little life" — Smith doesn't begin frankly and with a copious endowment of apperceptive ability. Nor, similarly, does he start by; seeing racing as it comes eventually to be seen, as a compound metaphor for his ordeal; as flight and destination, departure and arrival, calisthenic contest and deadly combat; as a paradoxical activity permitting both a monomaniacal concentration on mercenary means and a varied inclusive meditation on ultimate ends. He begins, on the contrary, in relative innocence, benighted and prone to simplesse in all he says and does. At the outset of his „career" we find him expert only at practising seedy deceptions with a show of cowardly stealth that is the theatrical analogue of his ignorance of Argument-Sonderband AS 71

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himself: a mere tyro,good for nothing except „looting sacks, yaling locks,... forcing my bony hands and lanky legs into making something move, hardly feeling my lungs going in-whiff and out-whiff." He may exult in a creative talent for social transgression, yet he is at bottom no more than a bundle of sensations, operating spasmodically at the lowest level of sensibility and producing nothing more than the stock response to the customary stimuli. It never occurs to him to consider even the idea of adventuring his misdemeanours in a rough-and-tumble notionally capable of developing outside the parochial enclave of terrace, yard, and neighbourhood. And yet, training for the race, he refuses to consider such stagey impracticalities as escaping because „there's nothing I want to dodge and run away from; I only want a bit of my own back on the In-laws" (p. 40). What these statements disclose is a burgeoning ability to discriminate heuristically between different varieties and levels of running; to see the drawbacks as well as the heroics of „running away from the police." They point up a capacity to conceive of his „own war" as but one local episode in a more widespread perennial conflict. For the whole interest of the story is to be found in the manner in which it charts the growth of this capacity, and in a way that shows the author to his credit to be totally committed to his character's experience, but not nearly so committed to the character's own estimate of that experience. What we are given is a full-bodied description of a process of winnowing-out, the refinement of purpose from perception from passion. First the passion. And there is plenty of it, in the vehemence of the storytelling style. By comparison, the actual story told — the first part of it, anyway, is a bloodless affair. „Running away from the police" is marked — and comes to be seen as marked — by a fatal willingness to be borne desultorily along by whatever currents he happens to blunder into; and thus by a myopic imperspicuity. As initially waged by him the warfare with the powers that be — a combat he recognises he was „born into" - consists of nothing more than a series of random forays and half-hearted scavengings. As for „cunning," this results in, and is predicated on, only the clever execution of inconsequent thefts. Before being „shown the knife" actions are the result of living promiscuously from moment to moment, perched precariously on mood. Half-cock and improvisatory, Smith's mischief prior to his detention involve no long-term vision. They are quite ineffective, enforcing no purpose or definitions of purpose, no dedication to precise objectives. For „when Argument-Sonderband AS 71

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I'm wondering what's the best way to get a window open or how to force a door, how can I be thinking or have anything on my mind?" (p. 24). Shoddily motivated to begin with, then, Smith is capable only of registering states, not of conscientiously pursuing situations. His perceptions lie about him in fragmented profusion; stumbling around them as around stray chips in a quarry, he cannot, except intermittently, assemble them into anything larger. Hence his astonishment, and nothing more than astonishment at being traced so quickly after the theft, having improvidently hidden the money in a drain pipe only to see it washed away in Üie midst of examination by the „plainclothes dick." Resting slackly upon unqueried assumptions, such as that „running had always been made much of in our family" (p. 7) he is ignorant of the fact — grasped only in hindsight — that these actions form part of the general „war between me and them." And it is on this contrast that the narrative turns in its moral and temporal dimension: between the quality of guile then and the quality of guile now; between the inability to distinguish, classify, and evaluate, and a groped-for ability to perceive pattern on a scale of relative complexity, to substitute plan for impulse: But as far as my thinking went at that moment, is wasn't up to much .. . about what we'd say if a copper asked us where we were off to with that hump in my guts. „What is it?" he'd ask, and I'd say: „A growth." „What do you mean, a growth my lad?" he'd say back, narky like. I'd cough and clutch myself like I was in the most tripe-twisting pain in the world ... „Cancer", I'd manage to say to Narker. „Well, you shouldn't be out like this if you've got cancer, you should be in the hospital." I'd get ratty now: „That's where I am trying to go if only you'd let me and stop asking so many questions. Aren't I, Mike?" Grunt from Mike as he unslung his cosh ... Then just as we're turning a corner he gets it into his big batchy head that we're going the opposite way to the hospital, and he calls us back. So we'd start to run ... if you can call all that thinking, (p.25) Then „only touch and go", running had meant cross-grained amateurish evasion, the effort to leave no tracks, to show a clean pair of heels at the first opportunity. Similarly, „all that thinking" amounted to the hatching of jejune schemes forfindingconvenient detours, for avoiding immediate detection — as the above witty, but pointless, interlocution shows. And Smith is aware of both the Argument-Sonderband AS 71

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wittiness and the pointlessness, as the passage itself reveals. What he is doing, in recreating such encounters (for his own benefit at least as much as for his readers) is highlighting their hubristic grandeur and their muffled folly, the two being seen as intertwined. The grandeur is the grandeur of getting away with it; the folly — the attendant folly - is erratic stabbing out, blind floundering in a vicious circle. And accompanying such engagements, he sees, is a kind of masturbatory, self-defeating complacency; all things are in their appointed place („Marker" and Smith sparring and outfacing each other) and all things are good (the duel itself, pleasurable while it lasts but foreseen in outcome and fatalistically accepted — „a bunk to Skegness or Cleethorpes for a good time ... before getting sent down") (p. 31). Perturbedly standing back from himself, Smith evinces a talent for trenchant self-assessment which marks him off from his counterparts in Sillitoe's fiction. (He also testifies to Sillitoe's knack of training his sights depreciatingly upon his subject's consciousness — ' which itself forms the enclosing medium of the narrative - without making any sacrifice of his identificatory impulses or leaving us in any doubt what the morally estimable act consists of.) Running no longer has to do with testing boundaries or defining territory. Still less is it meant to further appetitive indulgence. It has to do with contemplation and analysis. Intensity of questioning and self-confrontation are its true reward, as Smith comes to see: not so fleeting a satisfaction as that gained by inflicting a public humiliation upon the governor, and certainly not „absconding". It makes Smith, in the antepenultimate stage of the race, when he is bent more upon making a case than cutting a figure or losing caste, „think so good." And very soon it is itself equivalent to thought, a means of separating himself from immediate pleasurable sensations and from sedentary unsophisticated fantasies. Running becomes an edifying tactic of judging, rejecting, and being made accordingly wise; For when the governor told me to be honest it was meant to be in his way not mine, and if I kept on being honest in the way he wanted ... he'd see I got the cushiest six month still left to run;butin my own way, well, it's not allowed ... (p. 41) „Thinking", too, correspondingly, is no longer a means for devising clever ruses to gull or outwit „Them." It is, in several senses, an epistemological device: a means of discerning intimations of deep derangement within „their" society's delusive permanency and solidity; a way of evading capture by outside definition and by Argument-Sonderband AS 71

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docketing labels; a judicious instrument for fathoming the thoughtsystem of which the routines of prison and internment are but the outward sign. Likewise with „cunning," previously expressed through running as physical evasion but now related to „thinking" as clandestine mental resistance , an ingenious subversiveness feeding off the ability to take oneself to task. To the governor's invitation that he turn professional Smith had responded, earlier, by envisioning himself in sub-gubernatorial terms. Warming to the glamorous prospect of material inducements, a wife and a car, he imagines himself (fatuously) as graced with illustrious pedigree and „a smashing secretary" to answer voluminous quantities of „fan mail sent by tarts who'd mob me." Now the same suggestion is seen for what it is: a deceitful attempt to solicit co-operation in „their" urge to self-ennoblement, a sly ploy in aid of „sticking another cup up on his shelf4 (p. 35). It is an underhand way of giving the scramble for success a gloss of respectability by representing it as an errand in which the desire for personal advancement is incidental to the end of moral perfection. And the enthusiastic response to that suggestion is recalled with something very like rue. „Cunning," like „thinking," now means nothing if not being alert to the repercussions of behaviour forced upon and out of oneself. Its basis is the awareness of universal issues at stake in his particular predicament and its reference, class conflict as an irreconcilable clash of opposing moralities and outlooks/Recalling his arrival in Borstal, he now recognizes in „the little speech the governor made when I came," an attempt to foist an essentially feudatory ethic on himself and his kind, to manipulate by imposing a tyranny of blurred and inappropriate behavioural images: Honesty. Be honest ... It's like saying: be dead, like me, and then youH have no more pain of leaving your nice slummy house for Borstal or prison. Be honest and settle down in a cosy six pounds a week job. Well, even with all this running, I haven't been able to decide what he means by this, although I'm just about beginning to — and don't like what it means ... it adds up to something that can't be true about me, being born and brought up as I was. Because another thing the governor will never understand is that I am honest,... I think my honesty is the only sort in the world, and he thinks his is the only sort in the world as well. That's why this dirty great walledup and fenced-up man house . . . has been used to coop up blokArgument-Sonderband AS 71

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es like me. (pp. 13-15) According to Mr. Penner, this shows that „Smith recognises that jhonesty* is not an absolute term." Fair enough. That „he does not break the laws which he feels constitute a man's humanity "(28) is not, immediately at any rate, the cognate recognition. The intuition of the relativity of all values serves the purpose of endorsing, initially, the separateness of his own. It is first and foremost a means of affirming the moral bond with „blokes like us." For behind the acid sarcasm of „your nice slummy house" and „a cosy six pounds a week job" lies a knowledge of how close he has come to being enticed into betraying those values, seduced into breaking the confraternal bond, and this by sheer callow impercipience of his former behaviour. For how can unco-ordinated flailing-out avail against a premeditated programme of,correction'? Honesty — a belief earned in the conditioning of action — involves seeing such potential treachery and blinkered flailing-out in a demeaning relief. And it requires an unaccustomed fortitude, a refusal to recoil from the discomfort of the contrast thus elicited. To put it differently, Smith is „honest" not simply because he says so, but because he says so in a particular way. For the sign of his budding moral maturity — he, officially, the mutinous amoral adolescent — is his tendency to couch his „thinking" in painfully instituted ecumenical comparisons: „it's like saying, he like me," „it's just like any other Borstal"; and „I've seen the barracks near where I live, and if there weren't any swaddies on guard outside you wouldn't know the difference between their high walls and the place I'm in now"(p. 7). He remembers, self-deprecatingly; is reminded, listening to the warden, having earlier observed on television „some Tory telling us about how good his government was going to be if we kept on voting for them"; and recollects with embarrassment the childish hilarity the spectacle provoked in him at the time. He reasons in extended similes, retrospectively sees long trains of consequence, viewing his former „pinching" as a species of „unarmed combat." He categorises his matter exhaustively, proliferates distinctions and exceptions. And he universalises without selfpity or romantic overlay, seeing his as „a life — a little life, I know — but a life as full as misery and happiness and things happening to yourself as you can ever get really around yourself'(p. 12). His honesty consists of making — without smug self-congratulation, and at some scrifice of his customary view of himself as derring-do „outlaw" — explicit associations and rational connexions between Argument-Sonderband AS 71

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the petty private action and the larger societal context, so that „me and Mike", now, become „blokes like us", and the permanent and permanently explosive difference between „Them" and those „born and brought up as I was" is fixed upon as the root-cause of his incarceration. Before such breakthroughs in consciousness, even the certainty of „getting a bit of my own back", even the likelihood of thumbing a lorry lift... with someone who might not give me away", (p. 15) pale. Thwarting internally the pressures towards restoration into the governor's society, he is permanently outfitted to identify his „enemy" in his more insidious guises — a skill more dangerous than the deftest robbery, its most intrepid exercise quite independent of „whether I ever pinch another thing in my life again." Just so, remembering how with the proceeds of his dead father's insurance money spent, he had Sat in front of the telly ... And when the dough ran out ... just roamed the streets — hoping for another job, I told Mam — hoping I suppose to get my hands on another five hundred nicker so's the nice life we'd got used to could go on and on for ever and ever. Now he sees this behaviour for what it really is: an insentient response, morally culpable because unwittingly class-collaborative: a wholesale capitulation to the mesmerism of „the adverts on the telly which had shown us how much more there was in the world to buy than we'd ever dreamed of 4 (p. 19). He sees it pejoratively, as a refusal of the privilege of perspective, a failure to discern link and likeness. Now the blandishments of a polity inculcating an ethic of getting and spending are seen as auxiliary to the Governor's stentorian exhortation to „whack every man in the Free World." Both seek to exploit and recruit, while taking no serious account of, those like Smith, who „normally . . . sweated my thin guts out on a milling-machine, with the rest of 'em." Each is the other's supporting mythology, obscuring „whatever it is that's farthest down inside me." Each replaces the potential for self-knowledge with immobilising visions of mass-produced gadgetry that Jumped and glittered" (the racing cup, the merchandise ,flickering around loose" (p. 20) on the screen). And witless accession to either appeal means being deterministically „tripped up sooner or later" (p. 18), in the one event by ensnarement in the sealed circuit of theft-escapearrest; in the other, by the tacit acceptance of values which, because they reduce and homogenise individuality, cause you to „go dead." Staying alive, by contrast, means exchanging the disabling belief, Argument-Sonderband AS 71

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derived from past experience and consorting with the coercive requirements of ,Them\ that „it's daft to think deep, you know, because it gets you nowhere," for the envigorating knowledge, brought to fruition by practice running, of What the loneliness of the long-distance runner running across country felt like, realizing that as far as I was concerned this feeling was the only honesty and realness there was in the world and knowing it would be no different ever, no matter what I felt at odd times, and no matter what anybody else tried to tell me. (p. 39) And so, internally pitting honesty against the vestigial yearning for a life of „bandit" adventures, while testing it outwardly in the peripatetic contest, Smith voluntarily takes upon himself the responsibility of sentience. And these are burdensome, because, together with foreknowledge of the gratuitously inflicted punishment awaiting him „carting dust-bins around every morning" (p. 47), they include class-knowledge, awareness of the vicariousness of his behaviour. And they are also challenging, because in electing to lose this battle, Smith recognises that he is committed to winning a war on behalf of all „The Essex boys ... telling me to get a move on ... (who) didn't mean what they were shouting, were really on my side and always would be" (p. 46). Slapdash practice gives way before the requirements of discipline: accumulative, demanding, and lengthy; not always clearly relevant or „fun" or therapeutic; dependent upon imposing tasks upon yourself, tasks which aren't just sentimental forfeits skittishly demanded and easily paid, but important obligations which may actually prove onerous. It is in making this transition unassisted, under considerable emotional stress, and residually tempted all the while by the prospect (should he win) of „the cushiest six months still left to run" (p.41), that Smith progresses towards a fledgling grasp of his insurrection as a moralpolitical act founded upon considered choice. A good deal, in fact, stands or falls on his choice. To lose, for Smith, is to give form to a dissociation from a society whose accredited goals of gain, duty and competition he does not — actively now - believe in defending. To win is to exchange consciousness for a complicity with the muzzling values of that society, a connivance tantamount to deracination and hence - according to Smith's strict syllogisms — to self-betrayal. Racing, once identified with withdrawal, then with gladiatorial contest, is now equated with opposition to the principles of rivalry and material success animalArgument-Sonderband AS 71

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ing the Governor's world; with, ultimately, the prospect of rehabilitation into a docile tractability masking itself as condign fame and comfort. What these three terms add up to is a mode of understanding that is balanced, comprehensive and free of illusion - precisely because it consists of the alliance of ratiocination with prerational intuition. Just so, the penitentiary - that „progressive and modern place" (p. 11), congeals out in Smith's mind into an emblem of England writ small. Just so the race course itself becomes in his imagination the very paradigm of life as arranged by „Them": a vast and systematised irrationality, producing strain and imbalance in all its parts, requiring to be undone not corrected, A course marked out for you by men holding mugs of water and bottles of iodine in case you fall and cut yourself so that they can pick you up - even if you want to stay where you are — and get you moving again, (p. 39) How deeply Smith's honesty is entangled with and energised by the desire to „stay where you are" — to know no place until he can first know his place, as it were — is seen as he is subliminally brought face to face with the biographically crucial event whose importance for his „career" — surpasses even that of the „bakery job." For the death of his father, we recall, has set in motion the story's train of events, providing Smith's mother with a „cool five hundred in insurance and benefits from the factory where he had worked, /or your bereavement,' they said." After which, „how could any of us go to work ...?" (p. 19). Thus Smith - as „bandit": kicking against the pricks alright, but unsystematically, and always with a view to the soft option, the handy subterfuge. Now, in lucidly conscious rebellion, exhaustively partitioning and reducing to order the whole of his experience, he permits himself to be jolted for the first time into a genuine because difficult and protracted confrontation with the event and its meaning. The moment, normally, is sufficient unto itself, is its own justification: „when I'm busy draining pipes... how can I honest-to-God say I think of anything?" (p. 24). Now the present is the fulfillment of the past, offering incentives to stability and tokens for necessary tenacities: Only if I take whatever comes like this in my runner's stride can I . . . know IH win, in the crunch-slap end. So anyway after a bit I went upstairs one step at a time not thinking about how I would find Dad and what I should do when I did. But now I'm making up for it by going over the rotten life Mam led him ever since I can remember, knocking-on with different men ... Argument-Sonderband AS 71

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and most of the time he wasn't so blind as she thought and cursed and"roared and threatened to punch her tab, and I had to stand up to stop him even though I knew she deserved it. What a life for all of us. Well, I'm not grumbling, because if I did I might just as well win this bleeding race, which I'm not going to do, though if I don't lose speed IH win it before I know where I am and then where will I be? (pp. 4344) Thus the agonising decision to falter and stop short of the finishing line is enacted mentally as well as pedally. „Only if," „but now," „ever since," „even when," „because if," „though if" - the language is heavily qualificatory, unflinchingly self-critical and intimately self-monitoring. Smith's most fraught involvement is with himself, not with authority. In terrified absorption in the outcast regions of his own mind, he is forced to reckon there with the upsurging conflicting emotions so amply provided by memory: pity and terror, vacillation and dread. But these emotions, inducing Smith's profoundest disquietude, are moderated, not (as Mr. Penner supposes) settled, still less shelved: for „I'm a long distance runner, crossing country all on my own no matter how bad it feels" (p. 46). To „grumble" is to relapse into the thoughtless reflexiveness from which he is so painfully extricating himself. It is to indulge once more in the futile pursuit of a vacant-minding contentment, to flee as from a morbid area complex involvements entailing prolonged exposure and genuine hazard. It is to accept as pertinent the argument which holds Smith and his kind to be incapable of anything more than short-term hedonism, incapable of seeing steadily and wholely, and, in effect, prone to being towed or nudged along the demarcated path. And it is to tacitly approve the Governor's imagined line of reasoning (in the patronising welcoming speech quoted earlier) with its haughtily regulative overtones and condemnatory undertones. Smith's business is to show how little warrant there is for assuming that „my lads" are tractable, not at all inscrutable, always capable of being kept on leash with the aid of the carrot and the stick. And to be busy in this way is to rebel in an intelligently productive, lastingly subversive fashion. It is to convert passive classcircumstance to active class-destiny, inheritance to vocation. More: it is to embrace the policy of insurgency both as an alternative moral creed and as a kind of navigational aid, a permanent way of being that tells the rebel in a conspicuous and positive manner who and where he is in relation to the social cosmology, providing a Argument-Sonderband AS 71

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programme for normative behaviour and at the same time a prescription for future action. This is why at the end „everything is under control." From its beginning (at the inception both of running and writing time) as a callow „treat... out in the world with yourself and not a soul to make you bad-tempered" (p. 10), long-distance running has become a critical act of seeing the whole and playing a part in the whole; of discriminating between imposition and inner rule, and recognising the rules governing the breaking of rules. His is now a complicated, adult acceptance of the repossessed past and the problematic present, its significance disclosed to him by „all this jogtrotting for a bit of blue ribbon" (p. 39). What is moral is no longer what you feel good after or profit by, but the hardy refusal to take the first and easy decision - the refusal to „abscond" from responsibilities to oneself and, in consequence, to others like oneself. The exercise of personal option now depends crucially upon co-option, the capacity for private emancipation upon, paradoxically, a social bondage that is partly self-imposed; upon dedication to ideals of class solidarity, identity, non-cooperation. They're cheering now and loudspeakers ... are spreading out the big news that I'm well in the lead. But I'm still thinking of the Out-law death my Dad died, telling the doctors to scat from the house when they wanted him to finish up in the hospital ... It's not until now that I know what guts he had ... By God, I'll stick this out like my Dad stuck out his pain and kicked them doctors down the stairs; if he had guts for that then I've got guts for this. (pp. 44-46) The dishonesty abhorred in the governor — of dissimulating hostile feelings in pacific surface gestures, of mimicking solicitude while feeling only hatred, of preserving appearances at all cost — is here given the final lie where the temptation to practice it exerts its most powerfull pull at the moment of greatest weakness. Smith's contrary brand of iconoclastic integrity, arduously won and arduously married to a comprehensive perception of his class-experience, finds its supreme vindication in his readiness not to back away from feelings which jeopardize a previously cherished toughness. Indeed, accustomed as he has beento cultivating a hard-grained, thick-skinned veneer, these are feelings which by their nature produce acute discomfort, a desire to flee the field or — what is much the same thing — don a mask of protective insouciance. Tenderness, compassion, guilt, shame - these, set against his instinctive inArgument-Sonderband AS 71

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clinations, represent a serious threat to Smith's concept of himself. Catching him up in their backwash, they disturb an emotional hardness heretofore gloried in as a psychic stronghold. Yet it is just this prospect of personal „loneliness" — of self-assurance bereft of its customary supports, selectively assessing everything the „training up" of a lifetime has been designed to nurture in him - which is accepted, even welcomed, as the toll and prerequisite of an enlightened social defiance. „One way or another," he informs us, at story's end, he is „still running," having in Borstal grown, impenitently, „perfect in the razor edges of my craft for what I know I had to do once free" (p. 48). Yet this in „running" neither compulsive nor coerced nor dilettantish, but genuinely free because fortified by principle, perfected by a cognitive stance, secure against future backslidings; and supplemented by the acquired long-range conviction — now become ambition — that In the end the Governor is going to be doomed while blokes like me will take all the pickings of his roasted bones and dance like maniacs around his Borstal's ruins, (p. 41) As we began, so might we end, by invoking Lucien Goldmann on the putative relations of homology between text and context. The essence of a writer's activity, Goldmann reckons, is his efficient „working out of rough categories and of the connections between them", while the criterion of literary validity is his special „capacity to take them much further than the other members of his group have, but only within the world he has created." (29) This dictum goes some way towards locating The Long Distance Runner's importance. It is that rarity in a writer's project: a work in which his particular genius, completely integrated with a particular worldview, is released in one full stroke. It makes splendidly available the pith and core of its author's „ideology": his profound sense of atone-ment with the whole submerged constituency of those who earn their bread by menial labour and „always feel themselves" to be against, on the side of the outlaws, those who don't obey the conventions, who get „sent to prison."(30) It epitomises his equally profound hostility on their behalf to a polity preserving proper stations for all and reserving equity for the few, while officially claiming to be doing otherwise. And it achieves this credibly, through the kind of simulant realism which consists, in one definition, of „a sequence of events developing in accordance with an inner necessity".(31) Solitude and sodality, retreat and resistance: Argument-Sonderband AS 71

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around these antinomies, the tensions between them expertly sustained, Sillitoe disposes his view of his subject. And it is the handling of that subject that endorses his declared literary programme „never to write anything to uphold this Establishment and this Society."(32) As imaged here, that programme is peculiarly relevant to current sociological debate. It is nothing less than the consolidation into sustained enterprise of the elements of classconsciousness —• identity, unity, totality, and alternative (in this tale, a supplantive scheme of social and moral priority). But what finally impresses is the way this social matter is made over into the very stuff and substance of the fictional manner. Reading Smith's confession, we are left with the impression of a rebelliousness tethered in a solidly-circumstanced reality; deeply grown out of it; and working to undermine the entire political estate whose norms and institutions it sifts and resifts to quasi-symbolic dimension. The significance is as notable as the achievement. Notes 1 See, for example, Frank Parkin, Class Inequality and Political Order: Social Stratification in Capitalist and Communist Societies (St. Albans, 1975), esp. pp. 86-96 and 128-36; Michael Mann, Consciousness and Action among the Western Working Class (London, 1973); and J.H. Goldthorpe,,Class, Status and Party in Modern Britain1, Archives Europeenes de Sociologie, Vol. XIII, 1972, pp. 342-72. The differing positions outlined above are subjected to a comprehensive review by Alastair Reid, ,Politics and Economics in the formation of the British working class: a response to H.F. Moorhouse', Social History, Vol. 8, No. 1,1976, 347-64. 2 G. H. Goldthorpe, »Social Inequality and Social Integration in Modern Britain', The Advancement of Science, Vol. 26, December 1969, p. 192. 3 H. F. Moorhouse and C.W. Chamberlain,,Lower class attitudes to property: aspects of the counter-ideology', Sociology, Vol. 8, No. 3 (1974), 387-405 (p. 398). See also H.F. Moorhouse, ,The political incorporation of the British working-class: an interpretation4, Sociology, Vol. 7, No. 341-59 (1973); Attitudes to class and class-relationships in Britain', Sociology X (1976) 469-96. 4 Moorhouse, 1976, p. 478. 5 The Class Structure of the Advanced Societies (London, 1973), p. 112. 6 Moorhouse, 1975,p. 400. 7 The Hidden God: A Study of Tragic Vision in the ,Pensees' of Pascal and the Tragedies of Racine, trans. Philip Thody (London, 1964), p. 18. 8 Ibid., p. 19. 9 Moorhouse, 1976, p. 471. 10 Allen Richard Penner, Alan Sillitoe (New York, 1972), p. 7. The quality of commentary on Sillitoe's writings is disappointing but see: David Craig,,Sillitoe and the Roots of Anger4, The Real Foundation: Literature

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D. M. Roskies

and Social Change (London, 1973); Frank Kermode, ,Rammel\ Modern Essays (London, 1971), pp. 284-89. 11 Moorhouse, Sociology, VII (1974), p. 391. 12 Ibid., p. 398. 13 Figures taken from Brian Abel-Smith and Peter Townsend, The Poor and the Poorest: anew analysis of the History of Labour's Family Expenditure Surveys of 1953-54 and 1960 (London, 1965), pp. 37,49. See also Tony Lynes, »Poverty in the Welfare State', Aspect, No. 7 (August, 1963), pp. 8-15. 14 Ibid., pp. 137,153. 15 The Insecure Offenders: Rebellious Youth in the Welfare State (Harmondsworth, Penguin Books in association with Chatto and Windus, 1961), p. 48 and passim. 16 Ibid., p. 47. 17 Cultural Factors in Delinquency, ed. T.C.N. Gibbens and R.H. Ahrenfeldt (London, Tavistock Publications: New York, J.B. Lippincott and Co., 1966), p. 134. See also 'Social Change in Britain: the full survey', New Society, 27 December 1972, pp. 26-28. 18 See »Distinctions between Sociopolitical and other Forms of Crime', Society for the Study of Labour History Bulletin, 25 (Autumn 1972), p. 5-6. 19 yPoor People', in Mountains and Caverns: selected essays by Alan Sillitoe (London, 1975) pp. 77-78. 20 Alan Sillitoe, Key to the Door (London, 1961), p. 49. 21 Ibid., p. 114. 22 Alan Sillitoe, The Ragman's Daughter, and Other Stories (London, 1963), p. 43. 23 Private communication from author, in conversation March 1977. 24 Saturday Night and Sunday Morning (London, 1957), p. 25. 25 The Loneliness of the Long Distance Runner and other stories (London, Pan Books, 1959), pp. 9-10. Further quotations cited in the text below are to this edition. 26 Penner, p. 7. 27 See The Courage of his Convictions (London, 1962). If Tony Parker's remarkable interview with the pseudonymous »Robert Atherton' is any guide, these disaffections are presented with eerie accuracy and with uncanny empathy. Significantly, „Allerton" mentions ,The Long Distance Runner' as „the best description IVe come across of this relationship (between criminals and the law) ... To me (Sillitoe) sounds as though he must have done a lot of bird, and I mean that as a compliment. He gets over the relationship exactly in that book" (pp. 150-151). Virtually the whole of this self-styled, fiercely unrepentant housebreaker's confession reads like ,The Long Distance Runner' recast into question-andanswer format. 28 Penner, p. 51. 29 „Genetic Structuralism' in the Sociology of Literature", in Sociology of Literature and Drama, ed. Tom and Elizabeth Burns (Harmondsworth, 1971). 30 Quoted in interview with Kenneth Allsop, »Nottingham in his Boots', in Allsop, Scan (London, 1965), p.*63.

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163 31 C.H. Rickword, ,A Note on Fiction', in Forms of Modern Fiction: Essays Collected in Honor of Joseph Warren Beach, ed. William Van O'Connor (Minneapolis, 1948), p. 236. 32 Igor Hajek, »Morning Coffee with Sillitoe', Nation, 27 January 1969, pp. 122-4 (p. 124).

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Sozialpolitik in den USA Wie sozial ist der amerikanische Sozialstaat? Abstract: Despite an enormous growth of American public expenditures in social security the main emphasis is still on individual provisions. Often degraded as »welfare* most of the rather piecemeal programs don't even cover those. 25 million Americans officially rated poor. The new cuts - again striking the poorest - will hardly encounter effective opposition which still remains as fragmented as the public programs. New »coalitions', however, seem to preclude drastic changes in both directions. (1)

Amerika erwartet mit Reagan einen neuen Anfang auf dem Weg zu einem alten ,Traum\(2) Vom rechten Wege abgekommen sind die Vereinigten Staaten nach Meinung des neuen Präsidenten durch Fehler seiner Vorgänger:(3) ... government began to grow beyond the consent of the governed. Its growth was nourished by an ever-larger share of the people's earnings that it took by taxation which became more and more confiscatory. At the same time government neglected one of its prime responsibilities, national security, as it engaged more and more in social experimentation . . . M of this led to an economic crisis. Deficit spending and an almost trillion dollar debt resulted in runaway inflation, lowered productivity and great unemployment. Im Mittelpunkt der Kritik stehen staatliche Sozialprogramme („social experimentation"). Ihre Bedeutung soll im folgenden vor allem daraufhin untersucht werden, ob — und welche — Abstriche in diesem Bereich möglich sind und welche Reaktionen Kürzungen hervorriefen. Sozialprogramme sind in den USA — im Gegensatz zu WesteuroArgument-Sonderband AS 71

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pa - nur spät in staatliche Aktivitäten umgesetzt worden. Erst der Social Security Act von 1934/35 legte den Grundstein zur kontinuierlichen Entwicklung zum Sozialstaat, die insbesondere in den sechziger Jahren vorangetrieben wurde.(4) Auch wenn die amerikanischen Programme im Vergleich mit den westeuropäischen noch ,unterentwickelt' und weniger auf „soziale Gleichheit" oder den Arbeitsmarkt als auf zusätzliche Einkommenssicherung orientiert sind, ist der Anstieg der öffentlichen Ausgaben in diesem Bereich bemerkenswert. Auf ihn entfallen heute ca. 20% des amerikanischen Bruttosozialprodukts; allein der Anteil des ehemaligen Department of Health, Education and Weifare - ab Mai 1980 Department of Health and Human Services (HHS) — am Staatshaushalt stieg von 18,4% im Jahre 1966 über 27,1% (1971) auf 35,6% (222,9 Mrd. Dollar) für das Finanzjahr 1981.(5) Die staatlichen Zuschüsse machen ca. die Hälfte des Einkommens der 20% Amerikaner aus, die am unteren Ende der nationalen Einkommensstatistik stehen. Bereits in den siebziger Jahren jedoch wurden — gestützt durch Argumente über Verschwendung und Bürokratisierung — einige Programme heftig angegriffen; sie galten in der Kritik oft als Anreiz zur Faulheit und damit (wie bei Reagan) als Ursache sowohl von Arbeitslosigkeit und Abhängigkeit als auch von Wachstumsstörungen der amerikanischen Wirtschaft.(6) Auch unter Präsident Carter wurden bestimmte Programme - wie „Aid to Families with Dependent Children" (AFDC)und Medicaid"-gekürzt.Zum Sprachrohr der Offensive gegen den Wohlfahrtsstaat machte sich jedoch die Republican Party, die mit einem nahezu ,unamerikanischen4 organisatorischen Aufwand auf nationaler Ebene erfolgreich ihre Rückschläge seit Watergate wettzumachen versuchte. Verstärkt hatte sich zur gleichen Zeit auch der direkte (!) Einfluß der amerikanischen Wirtschaft. Zusätzlich zu ihren „think tanks" konnte sie im Wahlkampf von 1980 ihre „Political Action Committees" (PACs) einsetzen, deren Anstieg mit dem Federal Election Campaign Act von 1971 und gewissen Modifizierungen dieses Gesetzes in Verbindung gebracht werden muß.(7) Dennoch kam es nicht zu einem offenen Angriff auf den Sozialstaat. Was sich zumindest seit 1976 als eine mögliche (aber seit dem 2. Weltkrieg immer präsente) Legitimation für seinen Abbau abgezeichnet hatte , gewann mit Afghanistan — und der Geiselnahme im Iran — zunehmend an Eigengewicht. Seit Dezember 1979 überlagert die „sowjetische Gefahr" in der öffentlich geführten Diskussion alle anderen Gefahren. Sie legitimiert zugleich die Forderung Argument-Sonderband AS 71

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nach höheren Militärausgaben und unterstreicht damit — wie mit der Forderung nach stärkeren Investitionsanreizen u.a. durch Steuererleichterungen daß die Kritik am Staat sich vor allem gegen bestimmte staatliche Aktivitäten richtet. Sozialstaatliche Programme wurden vor diesem Hintergrund selektiv auf dem Verordnungsweg eingeschränkt. Reagans Kürzungsvorschläge — z.B. bei den „Food Stamps", einer Lebensmittelhilfe für Bedürftige des Department of Agriculture - stoßen angesichts der wirtschaftlichen Probleme der USA und der Kostensteigerungen in den Sozialprogrammen auch im Kongreß kaum auf Opposition. Die Armen Amerikas sind in dieser Volksvertretung offenbar unterrepräsentiert. Selbst „President Carter's Proposal for Welfare Reform" nannte 1979 immer noch 25 Millionen Amerikaner, die unterhalb der offiziellen Armutsgrenze leben müssen.(8) Obwohl die staatlichen Maßnahmen — auch nach Meinung von Kritikern wie Piven/Cloward oder Furniss/Tilton(9) — durchaus zur Linderung von Armut beigetragen haben, sind sie weder Ausdruck einer Politik der Umverteilung, die Armut als Ungleichheit begreift, noch haben sie gerade die Lage der Ärmsten in den Vereinigten Staaten von Nordamerika wesentlich verändern können. Eine nationale Sozialpolitik existiert bestenfalls in Ansätzen; die Programme sind zersplittert und die Zuständigkeiten sowohl horizontal (auf Bundesebene) als auch vertikal (Bund-Länder-lokale Instanzen) zum Teil anarchisch. Die Mittel für eines der kontroversesten Programme — „Aid to Families with Dependent Children" (AFDC) — werden z.B. von einer Abteilung (The Social and Rehabilitation Service) des Department of Health and Human Services als Zuschüsse an die Einzelstaaten vergeben, von denen wiederum die Hälfte ihre Zuständigkeiten auf lokale Instanzen delegiert. Eine Folge sind u.a. breite Spannen in den Leistungen; Zahlungen an Mütter mit drei Kindern variieren zwischen jährlich 1.440 Dollar in Mississippi und 5.724 Dollar in Vermont. In dreizehn Staaten machen alle Sozialprogramme weniger als 65% der Summe aus, die als Armutsgrenze güt. Nur 26 Staaten - sowie Washington, D.C. - zahlen Unterstützung an Familien, in denen der Vater arbeitslos ist .(10) AFDC gehört zu den Programmen - wie u.a. „Food Stamps", das „Supplemental Security Income for the Aged, Blind, and Disabled" (SSI) oder die unzulängliche einzelstaatlich-lokale Fürsorgeunterstützung („General Assistance"), aber auch „Medicaid" die nicht nach dem Versicherungsprinzip, sondern aus öffentlichen Mitteln finanziert werden und je nach Bedürftigkeit Leistungen vorArgument-Sonderband AS 71

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sehen. Auf sie konzentriert sich die Kritik. Mit ihnen werden die meisten negativen Vorstellungen über „welfare" verbunden. Hier werden die größten Abstriche vorgenommen. Zugleich schließt AFDC direkte und nicht zweckgebundene Zahlungen an Bedürftige ein („benefits in cash"). Es ist diese Kombination von „welfare", freier Verfugung über Barzahlungen, Nicht-Arbeit und vermuteter »Unmoral4 (keine Arbeit, aber Kinder!), die dieses Programm immer wieder in den Mittelpunkt aller Auseinandersetzungen gerückt hat. Im Gegensatz dazu ist „Social Security", womit in der Regel die Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversicherung („Old Age, Survivors, and Disability Insurance", OASDI) mit den angeschlossenen Krankenversicherungen („Hospital Insurance" und „Supplementary Medical Insurance") gemeint ist, nahezu allgemein akzeptiert, obwohl sie den weitaus größten Anteil aller „cash"-Programme ausmacht (1981: 135 Mrd. Dollar).(11) Leistungen werden zur Zeit für ca. 36 Millionen Amerikaner erbracht. Mit einem Mindestsatz, der bei ca. 50% des Einkommens liegt, das als nationale Armutsgrenze zählt, gelten aber auch sie nur als zusätzliche Mittel zur Einkommenssicherung: (12) The basic ideal of social security is a simple one: During working years workers, their employers, and self-employed persons pay social security contributions; and when their earnings stop or are reduced because the worker retires, dies, or becomes disabled, monthly cash benefits are paid to replace part of the earnings the family has lost. Wie in der Bundesrepublik Deutschland sind diese Leistungen einkommens- und beitragsgebunden. Sie werden durch Abgaben auf Arbeitseinkünfte finanziert, die je zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern (1980 je 6,13%) getragen werden; Selbständige zahlten 1980 8,10% auf ihr Einkommen (die im Vergleich mit der BRD niedrigeren Beitragssätze korrespondieren mit den geringeren Leistungen). Ebenfalls vergleichbar mit der Bundesrepublik sind in diesem Bereich die Probleme. Höhere Einkommen bedeuten auch hier höhere Renten — eine Verbindung, die in den USA neben Frauen und langfristig Arbeitslosen auch viele Minderheiten, vor allem Schwarze und Hispano-Amerikaner trifft, die in der Einkommensskala von vornherein niedriger stehen (wenn sie überhaupt geführt sind). Auch in den USA hat das sich verschlechternde Verhältnis von Beitragszahlern und Leistungsempfängern (sowie u.a. ein Anpassungssatz aus dem Jahre 1972, der angesichts der auftauchenden wirtschaftlichen Probleme im nachhinein als überhöht Argument-Sonderband AS 71

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angesehen und geändert wurde) u.a. zu Rentenkürzungen und Beitragserhöhungen geführt, ohne daß die Finanzierung fur die Zukunft, vor allem in Zeiten wirtschaftlichen Niedergangs und hoher Arbeitslosigkeit, als gesichert angesehen werden kann. Die große Bedeutung, die in den USA privaten Vorsorgemaßnahmen — entweder individuell oder über den Arbeitgeber — zugesprochen wird, verhindert darüber hinaus nicht nur wirkungsvollere staatliche Programme, sondern benachteiligt erneut gerade die Bedürftigsten. Private (Zusatz-)Versicherungen sind nicht nur teuer, sondern z.T. auchrisikoreich^13) Versicherungspläne von Arbeitgebern gibt es nahezu ausschließlich in Großunternehmen; 56% aller amerikanischen Arbeitnehmer sind davon ausgeschlossen .(14) Ohnehin nicht eingeschlossen sind Arbeitslose, die auch — wie Angehörige bestimmter Berufe (Landwirtschaft, Haushalt etc.) - durch die Maschen des „Federal-State Unemployment Compensation System" fallen. Wie OASDI wird diese Arbeitslosenversicherung durch Abgaben auf Arbeitseinkünfte finanziert; im Gegensatz zu OASDI tragen hier nur die Arbeitgeber die Beiträge. Verwaltet wird sie vom Department of Labor - das auch fur das 1970 erlassene und heiß umstrittene Gesetz zur Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz (Occupational Safety and Health Act) zuständig ist - , doch fuhren unterschiedliche Vorschriften der Einzelstaaten zu Beitragsschwankungen zwischen 0,3 und 3,7%.(15) Die größten Lücken bestehen jedoch im Gesundheitswesen ; „between 1963 und 1970 the position of the poor relative to the rest of the population worsened as far as having a regular source of care." (16) Die USA sind das einzige Land unter den großen Industrienationen, das über keinen umfassenden nationalen Krankenschutz verfugt. Im Gegensatz etwa zum nationalen Gesundheitsdienst in England oder zur Zwangsversicherung in der BRD ist in den USA das Gros der Bevölkerung auf private Vorsorgemaßnahmen angewiesen. Dennoch ist auch in diesem Bereich das staatliche Engagement angewachsen; der Anteil der öffentlichen Ausgaben (incl. Einzelstaaten und Kommunen) an den Gesamtausgaben im Sektor Gesundheit stieg von 13,6% im Jahre 1929 auf 37,6% für 1974.(17) Zwischen 1965 und 1978 erhöhten sich die öffentlichen Ausgaben im Gesundheitswesen um mehr als das Zehnfache auf 56 Mrd. Dollar.(18) 62% dieser Ausgaben entfielen 1978 auf zwei Programme, die 1965 geschaffen wurden. „Medicare" ist eine Versicherung, die für denselben Personenkreis (und mit demselben FinanzierungsmoArgument-Sonderband AS 71

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dus) wie OASDI, also vor allem für die alte Bevölkerung, Leistungen für Krankenhauskosten - und über ein Zusatzprogramm („Supplementary Medical Insurance") für Arztkosten - vorsieht. Im Rahmen von „Medicaid" sind öffentliche Zuschüsse für Krankenhauskosten (incl. ambulante Behandlungen, Hausbesuche und andere medizinische Kosten) bedürftiger Amerikaner vorgesehen, deren Kreis wiederum von den Einzelstaaten festgelegt wird und entsprechend variiert (1974 entfielen 37% aller Ausgaben fur „Medicaid" auf New York und California). Beide Programme stießen zunächst auf heftige Opposition; inzwischen hat sich die Kritik auf „Medicaid" konzentriert. Sie entzündete sich vor allem an den Kosten. Dabei wird oft übersehen, daß auch in diesem Bereich ein großer Teil für Programme ausgegeben wird, die weder für die Allgemeinheit noch für bedürftige Personen vorgesehen sind. So entfielen 1978 allein 9 Mrd. Dollar auf den völlig aus bundesstaatlichen Mitteln finanzierten Gesundheitsdienst für US-Veteranen und Angehörige der amerikanischen Streitk r ä f t e . ^ ) Leistungen aus OASDI kommen nur zu ca. einem Fünftel Bedürftigen zugute; selbst „Medicaid" erreicht nur ca. 35% der Armen Amerikas.(20) Darüber hinaus ist die Krankenversicherung für die alte Bevölkerung („Medicare") an keine Einkommensgrenzen gebunden. Dennoch hat vor allem „Medicare" — schon durch die Konzentration der Leistungen auf Krankenhausbehandlungen — mit zu der Kostenexplosion im Gesundheitswesen beigetragen. Der Staat hat es in den USA zumindest im Gesundheitswesen versäumt, sein wachsendes Engagement mit stärkerer Regulierung zu verbinden. Es ist dieselbe Allianz — mit (den zumeist privaten) Krankenhäusern, Ärzten (American Medical Association) und Versicherungsgesellschaften an der Spitze —, die Kostendämpfungen ebenso verhindert wie wirkungsvolle Ausweitungen der bestehenden oder gar weitergehende Programme nach dem Muster von „Medicaid" oder der Veterans Administration. Wie notwendig jedoch Programme für eine umfassendere Krankenversorgung sind, unterstreicht schon Präsident Carters „National Health Plan."(21) 22 Millionen Amerikaner sind demnach nicht und 20 Millionen völlig unzureichend versichert; weitere 41 Millionen haben nur ungenügend gegen ernsthafte und langwierige Erkrankungen vorgesorgt. Die Leistungen privater Versicherungsträger schwanken trotz solcher Gesetze wie dem Retirement Income Security for Employees Act von 1974, das Mindestanforderungen und Übergangsregelungen bei Entlassungen in Versicherungsplänen Argument-Sonderband AS 71

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von Arbeitgebern festlegte, beträchtlich. Dazu kommen schwerer faßbare Defekte u.a. in der ärztlichen Versorgung, die vor allem Minderheiten und Bewohner ländlicher Gebiete benachteiligen: „The South has 46 percent of the poor population, but only 24 percent of Medicaid recipients and only 19 percent of Medicaid payments."(22) Auf dem Arbeitsmarkt sind Krankenversicherungen Teil des „collective bargaining", werden also zwischen Unternehmen und Gewerkschaften ausgehandelt und von den ca. 100 privaten Versicherungsunternehmen gekauft, die auch die Verwaltung übernehm e n . ^ ) Nur 44% aller Arbeitnehmer haben eine solche Versicherung abgeschlossen; Arbeitslose fallen ohnehin heraus; Familienmitglieder sind oft nur teilweise berücksichtigt. Dennoch gehen Vorschläge aus der amerikanischen Wirtschaft - wie z.B. vom Conference Board —kaumüber solche Beteiligungskonzepte hinaus.(24) Präsident Carters „National Health Plan" sieht dagegen in einer ersten Phase öffentliche Hilfe fur alle Amerikaner unter einer bestimmten Einkommensgrenze vor (ca. 55% des Betrages, der offiziell als nationale Armutsgrenze gilt); in einer zweiten Phase sollen Versicherungsprogramme aller Arbeitgebernach vorgegebenen Standards folgen.(25) Für den gesamten Plan, der — im Gegensatz zu Vorstellungen um Senator Kennedy — in fünf Phasen durchgeführt werden soll, sind Mehrkosten von insgesamt 40 Milliarden Dollar angesetzt, von denen 30 Mrd. auf die öffentlichen Haushalte und 10 Mrd. auf die Unternehmen entfielen. Seit September 1979 liegt ein Entwurf zur ersten Phase dieses Plans dem Kongreß vor und wird im Finanzausschuß des Senats blockiert. Inzwischen dürften selbst diese Ansätze zu einer umfassenderen Gesundheitspolitik endgültig gescheitert sein. Es ist fraglich, ob dies unmittelbar(l) größere Reaktionen in der amerikanischen Öffentlichkeit auslöst. Zwar haben die Sozialprogramme der amerikanischen Regierung eine Art von Klientel geschaffen, die sowohl über mehr Einkommen als bisher verfügt und sich dadurch leichter dem Druck des /reien Marktes' entziehen kann (den Reagan wiederherstellen will) als auch eine Lösung selbst ihrer ökonomischen Probleme von den politischen Instanzen, dem Staat, erwartet.(26) Unklar ist jedoch, ob dieses Verhältnis ihre »Macht* vergrößert, ihre Interessen durchzusetzen. Sicherlich waren die Unruhen und Proteste in den sechziger Jahren das wesentliche Moment in der Entwicklung der amerikanischen Sozialprogramme — und eine wertvolle Erinnerung daran, daß soziale ErrungenschafArgument-Sonderband AS 71

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ten das Ergebnis gesellschaftlicher Auseinandersetzungen sind. Bereits nicht geklärt ist mit solchem JDruck von unten4 jedoch der weitere Anstieg der Sozialausgaben in den ,ruhigen4 siebziger Jahren. Andererseits reicht angesichts dieser Auseinandersetzungen der „Reformeifer von oben", der von liberalen Reformern in der Regierurig Carter immer wieder hervorgehoben wurde, kaum als Erklärung aus. Regierungsstellen wie Vista haben durch ihre Informations- und Organisationsarbeit auf kommunaler Ebene unzweifelhaft dazu beigetragen, den Zugang zu den bestehenden Programmen zu erleichtern, nicht aber, diese selbst zu schaffen, zu garantieren oder zu erweitern. Zudem ist seit 1971 die Kontrolle über die zum großen Teil freiwilligen Mitarbeiter dieses Programms verschärft worden; durch die Zusammenlegung mit staatlichen Seniorenprogrammen unter dem gemeinsamen Dach ACTION wurden zugleich die finanziellen Mittel gekürzt.(27) Ohnehin ist die flacht' gerade dieser Regierungsorganisationen innerhalb der Bürokratie beschränkt. Zwar versuchen auch sie, durch den Verweis auf ihre Klientel ihren innerbürokratischen Handlungsspielraum — und ihren Anteil am Budget — zu vergrößern. Der Anstieg ihrer Haushaltsmittel mag dafür ein Indiz sein. Bereits die Verteilung dieser Mittel auf die einzelnen Programme im Sozialbereich ist jedoch umstritten und hat wiederum zur Machtzersplitterung beigetragen. Wie immer auch die Bedeutung des JDruckes von unten4 auf der einen Seite oder der Funktionalität amerikanischer Sozialprogramme entweder für das kapitalistische System oder das staatliche Legitimationsgefüge auf der anderen beurteilt wird, deutlich ist, daß die amerikanischen Sozialprogramme keine einheitliche Klientel, sondern verschiedene Klientelen geschaffen haben, die oft miteinander in Konkurrenz stehen. Die Zersplitterung der Sozialprogramme scheint die Zersplitterung unter ihren Befürwortern verstärkt zu haben. Es gibt in den USA weder ein verbindendes Programm zu einer alternativen Sozialpolitik noch eine breite Organisation von Sozialhilfeempfängern oder -bedürftigen. Die existierenden Gruppen sind z.T. durch divergierende Interessen, z.T. durch ideologische Differenzen getrennt. Andere verzehren sich in karitativer Arbeit oder beschränken sich auf isolierte Versuche, Einfluß auf die Gesetzgebung zu nehmen. Selbst das in vielen Umfragen konstatierte Mißtrauen in der Bevölkerung gegenüber der Regierung in Washington einerseits und „big business44 andererseits sagt nichts über die politische Relevanz dieser Unzufriedenheit aus. (28) Historische BeiArgument-Sonderband AS 71

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spiele, z.B. der amerikanischen Populisten, verstärken vielmehr den Eindruck, daß diese ,Stimmung' — oder dieser Protest — gerade den Verfechtern eines starken' Staates wie Reagan zugute kommt. Auch der Gewerkschaftsverband AFL-CIO spricht sich zwar eindeutig fur eine Politik der Einkommensverteilung (und nicht für soziale Gleichheit) und u.a. eine nationale Krankenversicherung aus, betont jedoch zugleich die lokale Verantwortung der Gewerkschaften in diesem Bereich.(29) Nun sind amerikanische Gewerkschaftler, die ca. 20% aller Arbeitnehmer ausmachen, in der Regel gut versichert; zudem müßten die Gewerkschaften bei Einführung einer nationalen Krankenversicherung einen wichtigen Verhandlungsgegenstand des „collective bargaining" aus derHand geben. Mit Blick auf die oft enge Interessenvertretung der Gewerkschaften in den USA und die Bedeutung des „collective bargaining" in ihrer Politik ist es fraglich, wie weit ihre Unterstützung zumindest in diesem speziellen Fall geht. Allerdings haben sich gerade im Bereich des Gesundheitswesens interessante neue Allianzen ergeben. Verschiedene Klientelen bilden nicht nur Koalitionen' mit den entsprechenden Regierungsstellen, sondern auch mit wirtschaftlichen Interessen (z.B. im Krankenhausbau und der Instrumentefertigung) in diesem Bereich. Eine Folge der Gesetzgebung von 1965 („Medicare" und „Medicaid") war auch ein Anstieg der Einkommen von Ärzten und Krankenhäusern, die ihre Opposition zu einigen Programmen offenbar überdacht haben. Darüber hinaus ist der Anteü des „Health sectors" am Bruttosozialprodukt der USA von 4,5% (1950) auf 8,6% (1976) angestiegen; mit 4,5 Millionen Beschäftigten stellt das Gesundheitswesen die drittgrößte Berufsgruppe in den USA.(30) In diesem Zusammenhang ist — wohl verfrüht, aber im Ansatz durchaus zu Recht — von einem „social-industrial complex" gesprochen worden.(31) Auch bei Präsident Carters „National Health Plan" wird der pragmatische Kompromißcharakter hervorgehoben. Konkrete Ansätze für diesen Plan ergaben sich zunächst aus der Zusammenarbeit des Deaprtment of Health and Human Services (bzw. seines Vorläufers) mit einem National Advisory Committee, das im Dezember 1976 eingerichtet und von Ärzten, Versicherungsgesellschaften, Unternehmen etc. beschickt wurde. Konkurrierende Ansätze — wie eine staatliche Krankenversorgung —fielendabei dem öffentlich-privaten Mischsystem frühzeitig zum Opfer. Auch Versuche, die Kostenexplosion vor allem in den Krankenhäusern mit festen Sätzen — oder entsprechenden Gesetzen (z.B. der „Hospital Argument-Sonderband AS 71

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Cost Maintainment Legislation") - einzudämmen, schlugen fehl. Im „National Health Plan44 vorgesehen ist wie zuvor eine Ausgabenerstattung nach „üblichen und gebräuchlichen Sätzen44, di. in praxi der nationale Schnitt aller ärztlichen Abrechnungen in den einzelnen Bereichen — wie sich bereits zeigte, eine äußerst dehnbare Bestimmung. Selbstregulierungsversuche, wie sie von einer Lobby von Ärzten, Krankenhäusern und Versicherungsgesellschaften propagiert werden, haben sich bisher auf jeden Fall als unzureichend erwiesen. Offensichtlich reicht jedoch auch eine solche Interessenkoalition nicht aus, die bestehenden Programme nach dem Muster selbst des „National Health Plan44 zu erweitern. Auf der anderen Seite ist zumindest bei „Medicare44 kaum mit Kürzungen zu rechnen. In der Tat wird in den USA immer wieder darauf verwiesen, daß es Reagan trotz aller Ankündigungen schwerfallen werde, seine geplanten Streichungen im vollen Umfang durchzusetzen. Es ist vielmehr damit zu rechnen, daß diese Streichungen selektiv in den Bereichen vorgenommen werden, in denen — im o.a. Kontext — am wenigsten Widerstand zu erwarten ist. Zum Teil sind solche Abstriche bereits erfolgt; sie treffen erneut den sozial und politisch schwächsten Teil der amerikanischen Bevölkerung. In der Depression der dreißiger und den Unruhen der sechziger Jahre haben die staatlichen Sozialprogramme wesentlich dazu beigetragen, größere gesellschaftliche Auseinandersetzungen zu verhindern. Was jedoch in den dreißiger Jahren z.B. im Gesundheitssektor als „Recht auf Gesundheit44 für alle Amerikaner proklamiert wurde, hat sich im wesentlichen zu einem Programm entwickelt, das anteilig staatliche Zuschüsse für einen Teil der (alten) Bevölkerung vorsieht. Statt einer Koalition zur Durchsetzung sozialer Forderungen scheint sich unter Reagan eine Koalition zur Sicherung des Status quo durchzusetzen. Auch wenn zu Beginn der achtziger Jahre vor allem „die Mittelschichten44 weitere Abstriche in der Sozialpolitik zu legitimieren scheinen,(32) wird damit langfristig gerade das soziale Gefuge bedroht, das bewahrt werden soll. Betroffen sind nicht nur „ein paar arme Amerikaner44, sondern auch solche, die sich immer noch zu den Mittelschichten zählen.(33) Für die Armen in den Vereinigten Staaten ist das „neue Amerika44 die „Wiedergeburt44 eines alten Alptraums.

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Anmerioingen 1 Während des Wahlkampfes 1980 diskutierten der Verf. und 17 Amerikanistik-Studenten der FU Berlin (Kennedy-Institut) mit Vertretern von insgesamt 27 Organisationen in New York City und Washington, D.C., schwerpunktmäßig über dieses Thema. Eine knappe Beschreibung (5 Seiten) der Probleme bei dieser Exkursion ist vom Verf. zu erhalten. Vgl. auch Klaus D. Baer, Patricia Denke und Dagmar Ebert, „Wahlkampf in den USA: Bericht von einer Exkursion" Englisch Amerikanische Studien 2 (Dez. 1980), S. 584-588. Der Verf. dankt aüen, die zu dieser Exkursion beigetragen haben. Amerika, USA und Vereinigte Staaten (von Nordamerika) werden im folgenden synonym eingesetzt. 2 Vgl. u.a. Reagans Nominierungsrede vom 17.7.1980 auf dem Parteitag der Republikaner (siehe New York Times, 18.7.1980, A 8). Es ist erstaunlich, inwieweit audi in der BRD mit dem personellen Wechsel ein „Neubeginn" verbunden wird (vgl. u.a. Karl Kaiser und Gebhard Schweigier im Europa Archiv 9,10.5.1981). 3 Aus Reagans Rede bei den „West Point Commencement Exercises" vom 27.5.1981 (zit. nach Official Text, ICA Berlin, 29.5.1981, S. 2). 4 Vgl. vor allem Frances F. Piven und Richard A. Cloward, Regulating the Poor. The Function of Public Welfare, New York 1971 (dt. 1977, mit einer Einl. von Stephan Leibfried, ed. Suhrkamp 872). Zu den Anfangen vgl. u.a. Edwin E. Witte, The Development of the Social Security Act, Madison 1962; Arthur M. Altmeyer, The Formative Years of the Social Security Act, Madison 1968; Charles McKinley und Robert W. Fraser, Launching Social Security: A Capture and Record Account, 1935-1937, Madison 1970; J. Douglas Brown, An American Philosophy of Social Security: Evolution and Issues, Princeton 1972, sowie Edward Berkowitz und Kim McQuaid, „Businessman and Bureaucrat: The Evolution of the American Social Welfare System, 1900-1940" The Journal of Economic History 38 (March 1978), S. 120-142. Zu Johnson, Nixon und Ford siehe auch Lester A. Sobel (ed.), Welfare and the Poor, New York 1977. Vgl. allgemein u.a. Paul E. Weinberger, Perspectives on Social Welfare. An Introductory Anthology, 2nd. Ed., New York/London 1974; Dorothy B. James (ed.), Analyzing Poverty Policy, Lexington, Mass., etc. 1975; Betty Reid Mandell (ed.), Welfare in America. Controlling the „Dangerous Classes", Englewood Cliffs, NJ., 1975; Stuart D. Brandes, American Welfare Capitalism, Cambridge 1976; Sheila B. Kamerman und Alfred J. Kahn, Social Services in the United States. Policies and Programs, Philadelphia 1976; Morris Janowitz, Social Control of the Welfare State, New York 1977; Martin Anderson, The Political Economy of Welfare Reform in the United States, Stanford, Cal.; Hoover Institution, 1978; Robert Morris, Social Policy of the American Welfare State, New York 1978; Marcus G. Raskin (ed.), The Federal Budget and Social Reconstruction. The People and the State, New Brunswick 1978; Arthur Spindler, Public Welfare, New York 1979, sowie K. Doberschütz, Die soziale Sicherung des amerikanischen Bürgers, Berlin/München 1966, und Christian Brehmer, Die soziale Sicherung in Schweden, in der BRD und in den USA, Freiburg (Diss.) 1972.

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5 Siehe „The Fiscal Year 1981 Budget for the Department of Health and Human Services (HHS): Overview" (erh. am 25.8.1980 im Department of HHS). 6 Vgl. u.a. von Michael Harrington, „The Weifare State and Its Neoconservative Critics"Dissent (Fall 1973), S. 435454, und „Why the Welfare State Breaks Down" Dissent (Winter 1980), S. 37-50, sowie Gordon L. Weil, The Welfare Debate of 1978, White Plains, N.Y.: The Institute for Socioeconomic Studies, 1978, und George und Joan Melloan, The Carter Economy, New York 1978. 7 Vgl. Karl Heinz Piitz, „Elections in the United States", Englisch Amerikanische Studien 4 (Dez. 1980), S. 601-616. : 8 „President Carter's Proposal for Welfare Reform: Work and Training Opportunities Act of 1979 and the Social Welfare Reform Amendments of 1979, May 23, 1979 (revised June 6, 1979)", Ms. (erh. am 25.8.1980 im Department of HHS), S. 1. Vgl. auch Joseph A. Califano als „Secretary of Health, Education, and Welfare" in den Hearings before the Subcommittee on Public Assistance and Unemployment Compensation of the Committee on Ways and Means, U.S. Congress, House of Representatives, 96th Cong., 1st Sess., June 15, 1979, S. 2-22, und Hearings before the Subcommittee on Public Assistance of the Committee on Fiance, U.S. Congress, Senate, 95th Cong., 1st. Sess., May 5,1977, S. 3-46. 9 PfVen/Qoward, a.a.O., sowie Norman Furniss und Timothy Tilton, The Case for the Welfare State. From Social Security to Social Equality, Bloomington/London 1977. 10 Siehe „President Carter's Proposal for Welfare Reform", a.a.O. Vgl. u.a. Spindler, a.a.O., S. 13: „Public welfare is not recognized as a unifrom concept but as a collection of a half-dozen or more discrete programs operated by over 1.200 separate public welfare organization." Siehe auch Peter Romanofsky (ed.), Social Service Organizations: 2 vols. (The Greenwood Encyclopedia of American Institutions), Westport, Conn./London 1978. 11 vgl. Social Security Handbook, 6th ed., Washington, D.C.: U.S. Department of Health, Education, and Welfare, July 1978; sowie u.a. Michael J. Boskin (ed.), The Crisis in Social Security. Problems and Prospects, San Francisco, Cal.: Institute for Contemporary Studies, 1977; Alicia H. Munnell, The Future of Social Security, Washington, D.C.: Brookings Institution, 1977; Robert M. Ball, Social Security. Töday and Tomorrow, New York 1978; Martha Derthick, Policymaking for Social Security, Washington, D.C.: Brookings Institution, 1979, und Bruno Stein, Social Security and Pensions in Transition. Understanding the American Retirement System, New York/London 1980. Siehe auch Haeworth Robertson, „Financial Status of Social Security Program after the Social Security Amendments of 1977" Social Security Bulletin (March 1978, S. 21-30. OASDI wird von der Social Security Administration mit Hauptsitz in Baltimore verwaltet, die für alle bundesstaatlichen „cash "-Programme innerhalb HHS verantwortlich ist. Die Gelder fließen in vier Treuhandfonds unter der Aufsicht eines „Board of Trustees" mit den Ministern für Finanzen, Arbeit und HHS. 12 Aus: „A Brief Description of the U.S. Social Security Policy", Baltimore/ Washington, D.C.: Social Security Administration (Department of HHS),

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Office of Policy, Office of International Policy, July 1980, Ms. (erh. am 19.8.1980 von Arthur Pogensky, Director International Activities Staff, in Washington, D.C.). Hervorhebung vom Verf. Vgl. etwa die Untersuchung von Ralph Nader und Kate Blackwell, You and Your Pension, New York 1973. Siehe Furniss/Tilton, a.a.O., S. 174. Ebda., S. 169. Das Zitat ist von Ronald Andersen, Joanna Lion und Odin Anderson eds.), Two decades of Health Services (Cambridge 1976), S. 15. Zum amerikanischen Gesundheitswesen vgl. u.a. Theodore Marmor, The Politics of Medicare, London 1970; Robert und Rosemary Stevens, Welfare Medicine in Amerika. A Case Study of Medicaid, New York/London 1974; Spyros Andreopoulos (ed.), National Health Insurance: Can We Learn from Canada? New York 1975; Paul J. Feldstein, Health Associations and the Demand for Legislation: The Political Economy of Health, Cambridge 1977; Ruth und Victor W. Sidel, A Healthy State. An International Perspective on the Crisis in U.S. Medical Care, New York 1977; LuAnn Aday, Ronald Anderson und Gretchen Fleming, Health Care in the United States. Equity for Whom? Beverly Hills/London 1980, und Frank Thompson, Health Policy and the Bureaucracy: Politics and Implementation, Cambridge 1981. Vgl. auch Christa Altenstetten, Health Policy Making and Administration in West Germany and in the United States, Beverly Hills/London 1974. Boehm, Werner W., Social Development in Times of Economic Uncertainty. United States Committe Report (International Council on Social Welfare) zur „20. International Conference on Social Welfare, Hong Kong, July 1980", S. 12 (erh. im August 1980). Auf die Bundesregierung entfielen dabei rund 28 %. Das waren ca. 12,7% des Bundeshaushalts. Siehe - auch zum folgenden Andrew B. Dunham und Theodore R. Marmor, „Federal Policy and Health: Recent Trends and Different Perspectives", in: Theodore J. Lowi und Alan Stone (eds.), Nationalizing Government. Public Policies in America (Beverly Hills/London 1978), S. 263-298. Für die einzelstaatlichen „Medicaid "-Programme vergibt die Bundesregierung „matching funds"; ihre Anteile schwanken zwischen 50 und 83%. Siehe ebda., S. 274. Siehe Statement by Patricia Roberts Harris, Secretary of Health, Education, and Welfare, before the Subcommittee on Health and the Environment Committee on Interstate and Foreign Commerce and Subcommittee on Health, Committee on Ways and Means, U.S. Congress, House of Representatives, November 29, 1979, S. 3. Für „Medicare" und „Medicaid" qualifizieren sich ca. 16 % der gesamten Bevölkerung (Boehm, a.a.O., S. 13). Vgl. auch Bennett Harrison, „Welfare Payments and the Reproduction of Low-Wage Workers and Secondary Jobs" The Review of Radical Political Exonomics 11 (Summer 1979), S. 1-16. „Summary Fact Sheet: President Carter's National Health Plan Legislation", November 28, 1979, Ms. (erh. aril 25.8.1980 im Department of HHS). Karen Davis, „A Decade of Policy Development in Providing Health Care for Low-Income Families". Brookings Process (July 1975), S. 25-26. Ins-

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gesamt waren 1974 „Medicaid"-Leistungen für Weiße im Schnitt per Empfänger 75% höher als für Schwarze. Vgl. Karen Davis, „Achievements and Problems of Medicaid" Public Health Reports 91 (July/August 1976), S. 314-15. Von Frau Davis siehe noch u.a. National Health Insurance: Benefits, Costs, and Consequences, Washington, D.C.: Brookings Institution, 1975, und (zusammen mit Cathy Schoen), Health and the War on Poverty: A Ten-Year Appraisal, Washington, D.C.: Brookings Institution, 1978, sowie ihr „Equal Treatment und Unequal Benefits: The Medicare Program" Milbank Memorial Fund Quarterly: Health and Society (Fall 1975), auf das sich Martin Ruther und Allen Dobsson beziehen. Diese Autoren betonen 1981 - im Gegensatz zu Davis - die relative Verbesserung der Situation der Schwarzen bei „Medicare" („Equal Treatment and Unequal Benefits: A Re-examination of the Use of Medicare Services by Race, 1967-1976" (Department of HHS) Health Care Financing Review (Winer 1981), S. 55-83. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Jacqueline J. Jackson, Minorities and Aging, Belmont 1980. 23 Beschäftigte im öffentlichen Dienst haben - bei etwa gleichen Kosten wie sie amerikanische Arbeitnehmer im Durchschnitt aufzubringen haben (ca. 50 Dollar im Monat) - aufgrund staatlicher Zuschüsse auch in den USA die lukrativeren Versicherungen. 24 Der Conference Board ist eine von amerikanischen und internationalen Großunternehmen getragene Forschungsinstitution mit Sitz in New York und Zweigstellen in Ottawa und Brüssel. Zur Gesundheitspolitik des Board vgl. u.a. David A. Weeks, An Interim Report: National Health Insurance and Corporate Benefit Plans, New York: The Conference Board, 1974. Mitchell Meyer vom Conference Board griff in einem Vortrag vom 14.8.1980 in New York diese Ansätze erneut auf. 25 Siehe „Summary Fact Sheet", a.a.O. Senator Kennedy legte dem U.S. Senat am 15. Januar 1975 mit Unterstützung von 21 weiteren Senatoren den Health Security Act of 1975, „A Complete Plan of Health Care for all Americans", vor (siehe Congressional Record, Vol. 121, No. 2, Senate, S. 1-32). Dieser Plan wurde vom Committee for National Health Insurance unterstützt, einer Gruppe von 100 führenden Vertretern verschiedener Organisationen, die wiederum weitergehende Pläne (nationaler Gesundheitsdienst) ablehnten. Vgl. auch Edward M. Kennedy, In Critical Condition. The Crisis in America's Health Care, New York 1972. 26 Frances F. Piven und Richard A. Cloward zeigten am 27. März 1981 in einem Vortrag („The Crisis in Social Welfare in the United States") im Wissenschaftszentrum Berlin diese Entwicklung in den USA auf (wie sie ähnlich von Habermas u.a. für die Bundesrepublik Deutschland beschrieben worden ist). Sie konstatierten - im Gegensatz zu ihrer Untersuchung Regulating the Poor von 1971 (a.a.O.) - zwar einen »Machtzuwachs4 dieser Gruppen, erklärten aber nicht ihre Wirkungslosigkeit. Zum Problem der Bürokratisierung dieser Gruppen vgl. u.a. ihr Poor People's Movements: Why They Succeed, How They Fail, New York 1977. 27 Am 31. August 1978 waren von 266.544 freiwilligen ACTION-Mitarbeitern aUein 235.000 im „Retired Volunteer", 3.000 im „Senior Companion" und 16.500 im „Foster Grandparent" Programm beschäftigt (siehe „ACTION Fact Sheet", ACTION News, erh. im August 1980 vom ACTION Office of Public Affairs). Auch 37% aller „Medicaid"-Leistun-

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gen gingen 1970 an die alte Bevölkerung (nach Dunham/Marmor, a.a.O., S. 263 f.). Die neue Fürsorge um „die Alten" trägt dazu bei, die Sozialstaatsklientelen weiterhin zu zersplittern. 28 Vgl. schon Robert Scheer, America after Nixon. The Age of the Multinationals (New York 1974), S. XIV. 29 Vgl. u.a. die Stellungnahmen der AFL-CIO-Vertreter in den o.a. Hearings (Anm. 8). Ebenso Larry Smedley, „Assistant Director" im „Department of Social Security", AFL-CIO, in einem Vortrag am 19.8.1980 in Washington,D.C. 30 Siehe Dunham/Marmor, a.a.O., S. 263 f. 31 Siehe u.a. von Vicente Navarro, Medicine under Capitalism, New York 1976, und Health and Medical Care in the United States, Farmingdale, N.Y., 1977, aber auch Carl Bakal, Charity U.S.A. An Investigation into the Hidden World of the Multi-billion Doüar Charity Industry, New York 1979. Vgl. auch Paul Starr und Gosta Esping-Andersen, „Passive Intervention" Working Papers for a New Society 7 (July/August 1979), S. 1425, zur Rolle des Staates in diesem Zusammenhang. 32 Nach Art Corrazzini vom Council on Wage and Price Stability im Beraterstab des Weißen Hauses lehnen die amerikanischen „Mittelschichten" „welfare" als Zahlungen an „ein paar arme Amerikaner" ab (Vortrag vom 20. August 1980). 33 Vgl. u.a. „No, Poverty Has Not Disappeared. The National Advisory Council on Economic Opportunity" (Exzerpte aus dem 12. Bericht dieser Kommission: Critical Choices for the 80s) Social Policy 11 (Jan.-Feb. 1981), S. 25-28 und 37-39, sowie Brian Burkitt und Alf Davey (eds.), Markets and Welfare: A Critique of the New Right's Approach to Social Policy, Farnborough 1981.

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Konferenzen The Third National Conference of the National Women's Studies Association (NWSA) Women Respond to Racism, Connecticut, 31.5.-4.6.1981. The 1977 preamble to the constitution of the NWSA states clearly that the struggle against sexism needs to include the struggle against racism and classism and that the concept of women's studies implies not only developing feminist research and scholarship, but also ties with the community. It was, therefore, not surprising that by its second national conference the NWSA, an organization owing its existence to the women's liberation movement and dedicated to furthering women's studies „at every educational level and in every educational setting" as a means toward transformation of society, should be confronted by the imperative to devote the entire 1981 conference to racism; for despite its rapid growth and political character women's studies has been hampered by racism. The organizational structure of the NWSA reflects these tensions. NWSA maintains a national office/produces the Women's Studies Quarterly and holds regional and national conferences. Its body is composed of twelve autonomous geographical regions and sue caucuses based on identification, not geography, and represented at a coordinating council which administers policy made annually by a delegate assembly. The caucuses were developed by groups experiencing under-representation, lower status or oppression: women of color, lesbians, staff, students, pre-Kindergarden to grade 12 teachers, community college faculty. They contribute time and energy to the organization while receiving little sustenance from it, rather finding themselves pitted against each other for scarce resources. 1500 women attended this year's conference which had been preceded by several regional conferences on the same topic. About 15% were women of color, a percentage which is small, but exceeds the representation of women of color in academia. Some 250 sessions addressed topics ranging from „Third World Women Respond to Racism", „Race and Gender in Social Science Research" to more strategy-oriented ones such as „The Role of Labor Education in Helping Unions Overcome Racism" and „Combating Racism and Sexism in the Classroom". Everyone was asked to attend consciousness-raising sessions in the mornings designed to address differences of class, racial and ethnic identity, and degree of experience in anti-racism work. White women worked together to confront racism and women of color to respond to its effects in their own experience, utilizing the small groups, round robins, role plays, criticism and self-criticism techniques of the women's movement. Adrienne Rich, one of the most renowned authors and activists in the women's movement, addressed the question of guilt, guilt which the anger of black women calls forth in white women and which white women blame each other for stirring up. „Guilt does not move, guilt does not look into your eye, guilt does not speak a personal language ... Each of us needs to. understand that no other white woman has a monopoly over the understanding of racism. We all need other white women as allies to confront the inter-

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nal assault of forces which are stirred up when we talk about what we are not even supposed to think about". Audre Lorde talked about anger and empowerment through anger as her answer to racism. Lorde criticized the fact that, after 15 years of women's movement, she still hears women at universities argue: „We can't discuss racism - there is no woman of color in our institution" or „We don't have anyone in our institution who can teach your works." „In other words, racism is the problem of women of color and only they can discuss it." Lorde said that anger is an appropriate response to racism. She thinks that every woman has an arsenal of anger. Focused, it can be an arsenal for basic radical change in the assumptions running our lives. Perhaps the most eloquent and effective sessions at the conference were those of the artists, singers, poets, writers. Women of color are for the first time joining together and speaking out, challenging themselves and others, and sharing their process - clearly a political one as demonstrated by a session at he heart of the conference „The Bridge Called My Back: Bridging Academia With Activism". An anthology of writings has just been published under the same title by Persephone Press. The authors of the book present at the workshop came from different ethnic and racial backgrounds and took different political viewpoints. All of them, however, agreed in insisting that feminism must defend people of color, a challenge to some versions of feminism developed by white middleclass women so close to white patriarchal power as to need a stronger barrier against it and advocating the withdrawal of female support services from heterosexist institutions. The complexities of seeing through the eyes of more than one movement's consciousness arose again in a discussion after Paule Marshall's reading from her novel Brown Girl, Brownstones. Written in 1959, the novel describes the West Indian immigrant experience and move to buy „bricks", become entrepreneurs and landowners, compete for a secure position in the capitalist system, with all the contradictions this entails for black people. In the discussion of the strong black women portrayed in the work the author's criticism of the capitalist system was muted; yet the need to develop strategies encompassing all aspects of the dialectic in moving women in the direction of new theory born of the complexities of race, class and sex was clearly pointed out. Several sessions addressed the work and needs of women engaged, in teaching at various levels. The workshop „Task Force in Defense of Women Teaching Women's Studies Courses" dealt with the plight of women teachers and scholars who have been severely discriminated against by their universities. Three women reported on their experiences being denied tenure, contract renewal or promotion despite impeccable academic records. All of them related the incredible anxiety, especially over the loss of (female) friends and colleagues, the financial and psychological burden and the physical consequences (most of them fell seriously ill) of fighting a court case against a university. The task force is planning to do fundraising for women who have to file a case. The advice of experienced women seems to be: Fight, but try to settle out of court, because most court cases are being lost and the personal costs are too high. More attention is needed to the particular position of black women in academia.

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The workshop ,Anti-Semitism: The Unacknowledged Racism" was announced with the following description: „Jewish women, like women of color, feel doubly threatened. We want to build bridges and forge alliances among all feminists and translate ourselves to one another, cutting from our midst that which weakens and divides us. We must be united against our common enemy: white male supremacy." Andrea Dworkin, author of Woman Hating and a recently published study on pornography which she sees as the sexualization of racism, gave a fascinating analyses of the image of Jewish men and women in gentile culture applying this also to the concentration camp system and uncovering the sexual roots of that system. Phyllis Chesler, author of Women and Madness, made her argument for the state of Israel and said she considers herself a Zionist feminist. She related her shock and outrage at the anti-semitism coming to the fore at the Copenhagen international women's conference in 1980, which had been discussed in the Jewish women's journal Lilith in the article „Sisterhood is powerful... unless you're Jewish". During the discussion a heated controversy emerged over the question whether or not Jews enjoy white skin privilege. The workshop certainly stirred up many of the participants and will contribute to an intensified confrontation of non-Jewish women and greater solidity among Jewish women. Next year's conference will take place in Humboldt, six hours north of San Francisco, a decision which came under strong attack from women of color. Apparently, no other place is available; California State University withdrew its agreement to offer its campus due to the „strong lesbian presence" in NWSA. The Third World Women's Caucus insisted that a large city base was necessary to combat racism and encourage women of color to participate. A compromise proposed by a black woman resulted in regional commitments to provide financial aid for women of color, to include racism in the theme of „feminist connections in education" next year, and in the promise to hold the following conference in an urban area. Despite these tensions, it was clear that the women at NWSA had accepted the challenge to work together and to sustain anti-racism work at a time when women's studies begins to experience the effects of the Reagan administration. (For membership as an international affiliate or for subscription to the Women's Studies Quarterly contact: NWSA, University of Maryland, College Park, Maryland 20742, USA.) Pamela Farley (New York) / Dagmar Schultz (W.Berlin)

The Fifth Berkshire Conference on the History of Women Vassar College, June 1981. About 2.000 women and a small number of men, most of them historians and social scientists, participated in the 130 sessions of this very prestigious conference. Lack of space makes it impossible to give an idea of the many rich presentations. Joan Scott opened the conference with a historical review of the position of women historians (a group by that name for the first time met in 1928, later to become the Berkshire Conference). Her account de-

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monstrated that conditions in some ways have worsened over the years (fewer women are on the faculties today than in the 1920's) and that „a foot in the door is not a foothold on the profession." Political action and a critical mass of faculties and students are needed to sustain the grewth of women's studies and its potential for deeply affecting basic assumptions and methodology of the disciplines. To mention only a few of the workshops: In „Women and Outwork : A Comparative Perspective" Nancy Grey Ostend and Thomas Dublin explored the rural and urban variations of the system and the places of women and men in the industry as hosiery evolved from a system of family production into a more fragmented, sex-segregated system of individual labor. Dublin's quantitative evidence suggested that outwork rivalled factory employment as a source of female wage labor until late in the 19th century. A number of workshops focused on theory, e.g. „History and Theory: Case for Socialist-Feminist Approach to Women's History" with analyses of the revolutions in China and Latin America, and „Quest for Theory" with Gerda Lerner's address on „Women and Thought: A General Theory of Women in History". Lerner, who is now president of the Organization of American Historians, presented material from a book on women in slavery which she is working on, putting forth the provocative thesis that the oppression of women antedates slavery and that the initial enslavement of women made it possible to develop slavery as an economic and racially exploitative system. Several sessions were concerned with the inferface of private and public lives of women and with the changing role of the family. Research on lesbians has clearly reached a new level, as became obvious in the workshop „Varieties of Lesbian Life: Race, Class and Community in Lesbian History." Madeline Davis and Liz Kennedy reported on their historical research on the Buffalo lesbian community involving oral history and focusing on the progression from private to public space to special institutions: „We are able to conclude that bars have been undeniably central to public lesbian life in Buffalo from the 30's through the 50's ... The women who frequented bars during this entire period ... must be viewed as the unrecognized heroes of lesbian history. Becoming part of the lesbian community was tremendously risky ... But apparently the price was worth it. For in creating public space, lesbians were also building a public gay community." Davis and Kennedy pointed out that their research opens another view of lesbian history going beyond the works of Jonathan Katz and Jefferey Weeks in which the experiences of lesbians is less than central and adding to the work of Carroll SmithRosenberg and Adrienne Rich, who look at the specific consciousness of female bonding and the „woman-identified-woman". Now, researchers have begun to explore the lives of passing women in the 19th century, lesbian couples of the forties and street dykes of the fifties, arguing that these women, who often displayed little „woman-identifiedconsciousness", are central to lesbian history. This and other workshops on lesbian history were complemented by several slideshows: the Lesbian History Archives' shows on passing women in the 19th century and on the butch-femme roles during the 1950's and 1960's and Frances Doughty's „A Family of Friends-Portrait of a Lesbian Friendship Group 1921-1973" on women such as Margaret Anderson, Jane Heap, Janet Flanner. Dagmar Schultz (W.Berlin)

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Annual Conference of Llafur Wales out of Work: Treforest (Glamorgan), 10.-12.4.I981. If mutual enrichment of workers and researchers is every leftwing intellectual's idea of heaven, then Llafur (the Society for the Study of Welsh Labour History) has, during its mere ten years, acquired a reputation as one of the pearly gates. The general preconditions for this include the popular Welsh passion for education and for political (formerly religious) speechifying. More actual than either, though, there remains a tradition - continuous since around 1910 - of independent working-class education (often Marxist). Llafur, unlike its more academically-toned sister the (British) Society for the Study of Labour History, has run numerous meetings for and with groups of trade unionists and for branches of the Workers' Educational Association all over Wales. (Here, unlike in Southern England, the W.E.A.'s „W" remains real.) Most of its conferences have been organised jointly with the latter Association and with the Wales TUC which itself has always been to the left of its British umbrella. As a mere Sais (Saxon, i.e. Anglo-) I therefore approached my first Llafur conference very much in the spirit of the first sentence of this paragraph. The weekend's title was horribly topical. Unfortunately, this topicality was more often mentioned than explored. Thus, a representative of the Welsh TUC used his short opening speech as a chance to huff and puff against unemployment, while going through all grammatical permutations on the „need to learn from our history": the sole reason why his audience hadn't returned to the bar. And the next day, Michael Foot - as a leader of the Labour Party and MP for the nearby constituency of Ebbw Vale - not only spent a much longer time rambling round the self-same cliche, but also worse still, uncritically mentioned the 17th century myth of the „Norman Yoke" (which our Roundhead predecessors had seen themselves as overthrowing) as if myth constituted guidance. The spectre of mass unemployment could be observed haunting three very different occasions during the weekend. Denis Gregory, a researcher for the Wales TUC, confirmed what everyone had long suspected: Wales* unemployment is, as in the interwar period, structural and not merely cyclical; it will be exacerbated in the short term by an exceptionally large number of school-leavers; and in the long, by the effects of the microchip. He went on to recommend a 30-hour week, retirement at 50 and permanent retraining on a massive scale - plus (as Michael Foot) an incomes policy. This lecture was placed last on the agenda and should have been at the opposite end. Earlier, one of the five simultaneous workshops had met to consider the lessons of the movement, during February 1981, in which Welsh miners, striking almost instantaneously on the announcement of pit-closures, had forced Thatcher into her first U-turn. To the extent that the discussion had any structure, this was around a film made during this strike by researchers at the South Wales Miner's Library. The makers - and apparently many miners - had expected the strike to last months rather than its actual three days. Yet, as we shall see, the discussants never frontally tackled the question of why the government had so unexpectedly retreated. Still less was there any detectable hint that, only the previous year, the miners had themselves badly let down a similar struggle by the steelworkers. Such heat as there was, issued

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from an argument between, on the one hand, some Kent miners who criticised thek Welsh brothers for striking independently of other coalfields and, on the other, the secretary of Coegnant N.U.M. lodge (miner's union branch) whose strike had triggered this very action in the rest of the Welsh field. Thirdly, to take what was undoubtedly the richest contribution during the weekend: Gareth Stedman Jones's on 19th-century ruling- and working-class views of unemployment. Jones emphasised that Chartism's decline had been accelerated by the atrophy of its economics; that, consequently, from the 1840s to the 1980s, the labour movement as a whole had had no alternative economic strategy ; and that, partly because of this, the left needed to rethink, its definitions of socialism. But this contribution also left the audience feeling overloaded. Admittedly, this was - in my view at least - a matter of Jones's unnecessarily nose-to-notes presentation; yet, from that „mere", one can learn so much about what does and does not leave a largely working-class audience feeling shut out. Significantly^ here, Gareth Williams' lecture on „Rugby Football as a barometer of the Welsh Economy" - which, for almost everyone, was a sandstorm of players' names and points scored - was much better received. The basic reason for this was Williams' status as a Welshman - not a secondgeneration emigrant on a retunwisit, like Jones - talking to fellow-Welsh about things Welsh. If English students of working-class and popular culture have only quite recently become self-conscious about class narcissism, how can one expect as much from even more battered cultures such as those in Wales? I do not mean this disparagingly. It is not simply a matter of Welsh people rightly feeling oppressed by England. It also has something to do with the closeness, which I mentioned at the start, of Welsh progressive intellectuals to the working class. It was no accident that some individuals participated in the conference who would have been almost inconceivable in an English working-class political milieu. Some of these were taking part in a Welshlanguage workshop on the teaching of Welsh culture; and two of them - a husband and wife, both solicitors or suchlike from North Wales - blandly declared to me that „there are no classes in the Welsh community". Once again, in other words, my hopes of heaven had been so much romantic ignorance of the contours of purgatory. I had forgotten also that the rightly often-praised South Wales Miners' Library which, among much else, has rescued the remnants of the splendid Ubraries that used to be maintained in local Miners' Institutes, owes its existence precisely to these libraries' falling to the auctioneer's hammer. In other words, the continuity of independent working-class education has not, after all, been as sturdy as my opening paragraph implied - even in South Wales. I plumbed the extent of my optimism during the discussion of the minersfilm (mentioned above). In it, I had asked whether Thatcher's unexpected retreat might not prove another Red Friday (the strategic fall-back which a previous Tory government had undertaken, in 1925, the better to counterattack within a year): after all, one had only to mention the piling up of coal-stocks because of economic depression, the miners' productivity agreement, and the import of coal from Poland and elsewhere (equivalent to the ups and downs of coal-imports from Germany during the 1920s). After an ambiguous silence, an astonishing thing occurred: Bill Paynter - former

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184 International Brigade-member, former secretary of the Welsh N.U.M., and, into the 1960s, a Communist of four decades' standing - rose to inform the rest of the audience of the basic meaning of the phrase, „Red Friday". There is, I learn, a good Welsh-language proverb: „he who would lead, must be a bridge". I now began to discern where theriverbankswere: the weekend was not a History Workshop (a meeting between, say labour historians from pit and lecture-hall), but rather a basic - and, I now saw, desperately needed instructional jamboree. Although Llafur claims to have „changed the shape of Welsh historiography", it is obviously all too correct in bemoaning the lack of Welsh Hammonds, G.D.H. Coles or R. Postgates - in other words of scholarly but popular works which can historically inform Welsh working people's discussions. This partly answers my final question, as to why those of the articles printed in Llafur's journal of that name which have been read at previous conferences, are so much better than most of those I had heard at the weekend. Undoubtedly, the „write-up effect", as I call it, had often played a part. Undoubtedly also, one or two of this year's contributions had been thin. But two factors underlying this year were, firstly, the very bafflement of much of the labour movement by unemployment (the conference's main subject), and, secondly, Llafur's pioneer role among labour history societies in Britain and perhaps anywhere in the world. For clearly, a labour history society that attracts workers who know they hardly know the basics of their own history, has made a spectacular break-out from the left-academic ghetto (to the extent that such existed in Wales); but Llafur itself knows it has hardly begun to tackle the problems of its success: to be scholarly while not intimidating, and popular while not flabby. Logie Barrow (Bremen)

Literaturberichte und Rezensionen Frauenarbeit in der Geschichte der USA Ein Literaturbericht von Dirk Hoerder Seit den frühen Studien über Frauenarbeit, die von engagierten Sozialarbeiterinnen und Wissenschaftlerinnen um die Jahrhundertwende geschrieben wurden und die noch heute nicht überholt sind,(1) haben weder Historiker noch Ökonomen sich mit dem Thema befaßt. Die Veränderungen der Beschäftigungsstruktur - Zunahme der Angestelltenpositionen durch Büroarbeit - wurden zwar untersucht und waren bekannt, aber die damit verbundene Zunahme der lohnabhängigen Frauen blieb ein statistisches Faktum: die Auswirkungen der Berufstätigkeit auf das Selbstverständnis der Frauen und veränderte Geschlechterrollen waren kein Gegenstand der etablierten (= männlichen) wissenschaftlichen Forschung. Frauenarbeit in der Produktion ist ohnehin von der Wissenschaft - wieder mit Ausnahme der oben genannten Wissenschaftlerinnen und quantitativ arbeitender Arbeitsökonomen

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- verschwiegen worden. Ausnahmen auf journalistischer Ebene sind die Jahre der beiden Weltkriege, in denen Frauenarbeit in der Fabrik als patriotische Leistung und Stärkung der Kampfkraft bejubelt wurde. (2) Mit der Rückkehr der „boys" von der Front und ihrer Suche nach Arbeitsplätzen verschwand die Anerkennung für die Leistung der Frauen schlagartig. Keine zentrale Zensurbehörde hätte effektiver wirken können als die internalisierten Rollenerwartungen der Männer im Pressewesen (und anderswo). Erst die Aktivitäten der Frauenbewegung der sechziger Jahre halfen der Wissenschaft, wieder in Bewegung zu kommen. Seit Beginn der sechziger Jahren ist eine wachsende Zahl von Studien erschienen, (3) die ernsthafte Beachtung verlangen.(4) Seit Mitte der siebziger Jahre ist ein quantitativer und qualitativer Sprung zu verzeichnen. Neben der Geschichtsschreibung der Frauenbewegung und der Darstellung der askriptiven Position („womanhood") der Frau in der Gesellschaft hat sich die Untersuchung von Frauen in der Arbeitswelt als dritter großer Forschungsbereich etabliert. Dazu gehören 1. die Studien einzelner Berufe oder Berufsgruppen, 2. quantitative Untersuchungen zur Position der Frauen in der Arbeitswelt, oft verbunden mit Veränderungsvorschlägeh (policy recommendations) und 3. historische Überblicksdarstellungen. Mit letzteren befaßt sich dieser Literatürbericht, aus den ersten beiden Kategorien werden nur einige wichtige Titel erwähnt - vgl. die bibliographischen Angaben am Ende des Textes. Es sei darauf hingewiesen, daß Frauenarbeit in zunehmendem Maße in allgemeine Darstellungen der Arbeiterklasse mit einbezogen wird.(5) 1. Studien einzelner Berufe und Berufsgruppen: Obwohl die Hälfte aller lohnabhängigen Frauen um 1870 Hausgehilfinnen waren, gibt es über diese Berufsgruppe nur die detaillierte Studie von Katzmann, die trotz analytischer Mängel sehr positiv zu beurteilen ist. Sie verbindet quantitatives mit qualitativem Material, d.h. Statistik und Quellentexte, hat Aussagewert für das gesamte Gebiet der USA und läßt soweit möglich Hausgehilfinnen selbst sprechen. Mit „pink collar "-Arbeiterinnen, dJi. Verkäuferinnen, Serviererinnen, „beauticians" u.a., befaßt sich Louise Kapp Howe in einer unsystematischen Sammlung von Interviews, die eine Reihe interessanter Details enthalten, aber in keinen argumentativen Kontext gestellt sind. Eine Quellensammlung von Norton Juster über Frauen auf dem Lande verbindet viel Nebensächliches, das erst durch Einordnung ins Alltagsleben Bedeutung erhalten hätte, mit einigen guten Texten zur Arbeit und der Erwartungshaltung gegenüber Frauen; ein Buch das auf der Welle des Interesses mitschwimmt. Einen guten aber auf die Zeit von 1840-80 begrenzten Überblick über Frauen im Westen gibt Julie R. Jeffrey. Zwei hervorragende aber sehr unterschiedliche Bücher über Frauen aus der Arbeiterklasse sind Dublins Studie von Textilarbeiterinnen, 1826-1860, und Kathy Kahns Interviews von Frauen in den Bergwerksgebieten der südlichen Appalachen. - Eine Reihe von Studien befassen sich mit der Rolle der Hebammen, der Zurückdrängung ihres Berufes durch angeblich wissenschaftlich ausgebildete männliche Ärzte und mit Frauen in medizinischen Berufen. Frauen, die einen College-Abschluß haben, und in dem Konflikt zwischen Berufswünschen und Rollenerwartung (Mutter am Herd/ reiner Charakter als Basis für Familie und Nation) leben, hat Roberta Frankfort für den Zeitraum 1835 bis 1918 untersucht. Eine wichtige, noch unbeantwortete Frage hat Constance Holden gestellt: Wieviele Ehefrauen von Akademikern haben selbständig gearbeitet oder hätten zumindest einen Teil

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des Ruhms ihrer Gatten verdient. (6) 2. Zur Position der Frau in der Arbeitswelt: (7) Der renommierte Verlag Sage Publications hat in seiner Reihe „Women's Policy Studies" mehrere Bände zu Frauenarbeit herausgebracht: zur wirtschaftlichen Selbständigkeit von Frauen, zur Doppelbelastung durch Lohn- und Hausarbeit und schließlich die beachtenswerte Studie von Sarah Fenstermaker Berk, Women and Household Labor. Auch der von Ann Seidman herausgegebene und vom Office of Education finanzierte Band, Working Women, will gesellschaftliche Veränderungen bewirken: „to find effective ways to alter the constraints that narrow the career options of women throughout the nation" (8). Die Autorinnen stehen der Wirksamkeit ihrer Empfehlungen allerdings skeptisch gegenüber, da scheinbar leicht zu verwirklichende Empfehlungen für Einzelbereiche auf ein komplexes und widerstandsfähiges Netz gesellschaftlicher Erwartungen und Institutionen stoßen. Eine Reihe von soziologisch geschulten Autoren, die den Status von lohn- oder hausarbeitenden Frauen untersuchen, sind oft noch in veralteten Kategorien befangen. Statt einer Differenzierung nach Lohngruppen wird pauschal von Ungelernten und Angelernten unter Einschluß der männlichen Arbeitskräfte gesprochen/Weiterhin wird immer noch mit dem Begriff „derived status" gearbeitet. In diesem „Erklärungsmodell" ergibt sich der Status der Frau aus dem des Mannes. (8) Die zunehmende Zahl von Beiträgen zur wirtschaftlichen Diskriminierung von Frauen enthalten hingegen kaum noch alte Klischees. Knapp zusammengefaßt, ist ihr gemeinsames Ergebnis, daß Frauen, die 1970 43% der arbeitenden Bevölkerung der USA ausmachten, mit großer Wahrscheinlichkeit in Leichtlohngruppen, in Berufen mit geringem Statuswert und in anderen von Männern gemiedenen Berufen zu finden sind. 3. Historische Überblicksdarstellung: „contribution history" und Forschungsergebnisse. Da materialreich und für den Unterricht in Schule und Universität gut zu verwenden, sollen aus der Fülle der Literatur für Kurzbesprechungen die Überblicksdarstellung von Barbara Mayer Wertheimer, die Quelleneditionen von Baxandall/Gordon/Reverby und von Brownlee/Brownlee herausgegriffen werden. Daneben seien einige exemplarische Forschungsarbeiten vorgestellt: die Sammlung von Cantor/Laurie, Hrsg., die Studie von Tentler, vowie der deutschsprachige Beitrag von Gisela Bock. Dabei ist nach der Relevanz von Kompilationen - „contribution history" - zu fragen. Wertheimers Buch über Arbeiterinnen in der amerikanischen Geschichte (9) ist aus der Gewerkschaftschulung hervorgegangen. Immer wieder mit dem Unwissen von Frauen über ihre eigene historische Rolle in der Arbeitswelt konfrontiert und inrichtigerEinschätzung der mangelnden Bereitschaft oder Unfähigkeit der etablierten Wissenschaft, hat Wertheimer sich entschlossen, die Lücke zu füllen und hat nach dreijährigen Forschungsarbeiten einen gut lesbaren Überblick vorgelegt, der allerdings 1912 endet. Schwarze Frauen und Einwanderer werden gleichberechtigt behandelt, der Text durch zahlreiche gut integrierte und treffende Zitate aufgelockert. Wie der Titel We Were There und z.B. das Kapitel über Frauenarbeit in der Kriegszeit 1860-65 deutlich machen, ist es Wertheimers Intention, „contribution history" zu schreiben, die Geschichte des Beitrages, den Frauen geleistet haben. Problematisierungen werden innerhalb dieses Rahmens aber kaum vorgenommen: Spannungen und Spaltungen in der Frauenbewegung, zwischen ethnischen Gruppen, zwischen Weißen Und Schwarzen werden nur knapp erwähnt. Auch hät-

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te die Arbeit gewonnen durch eine kurze Einordnung der jeweiligen Phase des Kampfes der arbeitenden Frauen in die Matrix gesellschaftlicher Rollenerwartungen, weitgehend „male-dominated" wie der sog. Kult der wahren Weiblichkeit (cult of true womanhood), aber auch die Notwendigkeit, zum Familieneinkommen beizutragen usw. Mit dieser Kritik soll der Bedeutung des Buches für die Lehre keinerlei Abbruch getan werden. Auch wenn ein Beitrag zur aktuellen Forschungsdiskussion nicht geleistet wird, ist es Wertheimers Verdienst, eine große Lücke in den Standardwerken zur amerikanischen Geschichte zu schließen. Von der Herausgeber/in/nen der beiden Quellensammlungen haben die Autorinnen von America's Working Women ein ähnliches Ziel wie Wertheimer: „We offer this book as a political act. We want to help restore a history to working-class women because we believe they can reconstruct this society" (xix). Die Trennung zwischen Lohn- und Hausarbeit, von Produktion und Reproduktion als Grundlage des sich entwickelnden kapitalistischen Wirtschaftssystems, und die damit verbundene Abwertung der unentgeltlichen Arbeit der Frauen bezeichnen sie als destruktiv für das Selbstbewußtsein der Frauen. Im Gegensatz dazu stellen die Herausgeber von Women in the American Economy die Frage nach den systemimmanenten Ursachen nicht. Eng begrenzt (sollte man sagen „beschränkt"?) befassen sie sich nüchtern und präzise mit der Eintrittsrate von Frauen in den Arbeitsmarkt und erläutern daran kulturelle und soziale Hemmnisse. Sie heben hervor, daß der Arbeitsmarkt hochgradig segmentiert war, einzelne Arbeiter/innen also keine Wahlmöglichkeiten zwischen allen zur Verfügung stehenden Jobs hatten und haben. Von einem unkritisch gesetzten Idealtypus „Marktwirtschaft" ausgehend, argumentieren die Herausgeber, daß die Gleichstellung der Arbeiterinnen erreicht werden können, wenn marktwirtschaftliche Prinzipien - Angebot und Nachfrage - ohne ideologische Restriktionen („Frauen sind minderwertig") sich audi bei Hausarbeit, Kindererziehung u. dgl. durchsetzen. Die Strategievorschläge der beiden Autor/in/nengruppen sind also entgegengesetzt: Systemüberwindung vs. ideale Marktwirtschaft. - Die Auswahl der Dokumente in beiden Sammlungen muß als gelungen bezeichnet werden. In America's Working Women sind die Texte lebendiger bzw. bei Regierungsdokumenten u.ä. eindrucksvoller. Dafür schließt Women in the American Economy das Alltägliche wie z.B. Arbeitskontakte ein und enthält auch - entsprechend gekennzeichnete - romantisierende Texte (z.B. das „schöne" Landleben). Dadurch wird die verschleiernde Ideologie den tagtäglichen Kämpfen eindrucksvoll gegenübergestellt, die humanistische Praxis der grauen Alltagsroutine entgegengesetzt. Alle drei Bände können mit Nachdruck empfohlen werden und wegen der sich ergänzenden Textmaterialien gut parallel benutzt werden zumal sie als preiswerte Paperbacks verfügbar sind. Als die eben besprochenen drei Bände erschienen (1976-77), waren die meisten Forschungsergebnisse über spezifische Formen der Frauenarbeit nur als Arbeitspapiere einem kleinen Kreis von Experten bekannt. Durch den Sammelband von Cantor und Laurie, der für die Forschung modellhaften Charakter hat, ist die Zugänglichkeit sehr verbessert worden. Susan J. Kleinberg stellt sich dem Anspruch bewußt in ihrem Beitrag „The Systematic Study of Urban Women". Sie hebt hervor, daß die klassische ereignis- und personenorientierte Geschichtsschreibung, „the history of great white men", wie Jesse Lemisch bereits vor Jahren spöttisch formuliert hat, schon durch

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ihre Quellenauswahl, personengebundene Nachlässe u.a., die Mehrheit der Bevölkerung aus der Geschichte ausgeschlossen hat: Most women (and indeed, many men) did not memorialize their daily lives. If these people are to be located historically, it will be done through the records kept on them rather than through those kept by them. This paper focuses on the relationship between urbanization and industrialization and women's economic, cultural, social and political activities(21). Diesen Anspruch versuchen die nachfolgenden Fallstudien einzulösen. Sie befassen sich überwiegend mit der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg und können so an die Ergebnisse der New Labor History anknüpfen und diese, soweit notwendig, ergänzen. In Wage-Earning Women erweitert Leslie Woodcock Tentler die Fallstudien und führt die Untersuchung der Frauenarbeit bis zur Weltwirtschaftskrise weiter. Sie versucht den Anspruch einzulösen, produktive und reproduktive Arbeit und Verhaltensformen gleichberechtigt zu behandeln. Für Frauen aus 4er Arbeiterklasse konstatiert sie eine Zunahme an Unabhängigkeit in jugendlichem Alter durch Lohnarbeit, aber eine Rückkehr ins Familienleben (Ehe), weil die Frauen zugänglichen Segmente des Arbeitsmarktes durch Niedriglöhne nur eine relative und keine absolute Selbständigkeit zuließen. Trotz der manchmal spröden Materie und der Auseinandersetzung mit anderen methodischen oder interpretativen Standpunkten gelingt es allen Autor/inn/en, das „human element" zu erhalten. Auch das ist ein wichtiger Beitrag zur Geschichtsschreibung. In der Bundesrepublik hat Gisela Bock zwei wichtige Beiträge zur Hausarbeit amerikanischer Frauen im 19. und 20. Jahrhundert geliefert. Sie setzt veränderte Formen der Hausarbeit und Bewußtseinsentwicklung innerhalb der Frauenbewegung zueinander in Bezug und untersucht die Einflüsse von Mechanisierung und „scientific management" auf die unbezahlte Arbeit der Frauen. In der neuen „autonomen Bewegung, die alle unbezahlte Frauenarbeit in ihren physischen, psychischen und sexueUen Dimensionen sichtbar zu machen und aufzuheben sucht", sieht sie eine „reale Alternative" zu dem primär auf politische Integration gerichteten Kampf (Flexner, 42). Sie steht daher auch den Phasen und Teilen der Arbeiterbewegung kritisch gegenüber, die Hausarbeit unter „Liebe" und „natürliche Rolle" als Arbeit wegdefinieren. Weil die Frauen für die Männer grundsätzlich unbezahlte Arbeit verrichten, ist es bis heute möglich, den Männern zu niedrige Löhne zu zahlen, und ist es darüberhinaus möglich Männer (und Frauen) zu teilweise unbezahlter Arbeit zu nötigen, die in Kapital verwandelt wird. Für einen Lohn erhält der Unternehmer bzw. der Staat zwei Arbeitskräfte, das Lohnverhältnis verbirgt die Gratisarbeit der Frau, alle Arbeit erscheint als entlohnte bzw. als bezahlte Arbeit, und umgekehrt: was nicht entlohnt wird, erscheint nicht als Arbeit." (Arbeit aus Liebe 177) Mit diesem Ansatz gelingt es produktive und reproduktive Arbeit sehr viel deutlicher zu fassen, als mit dem klassischen Begriff der Lohnarbeit in den primären bis tertiären Wirtschaftssektoren. Hinter dieses Niveau sollte die Analyse von Arbeit und Beziehungen zwischen Arbeit und Kapital nicht wieder zurückfallen. Für diejenigen, die nach Durchsicht dieses Literaturberichtes den Verdacht haben, daß es sich nicht um kritische Rezeption sondern um eine Lau-

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datio handelt, sei angemerkt: 1. Aus Platzgründen ist auf Verrisse schlechter Bücher absichtlich verzichtet worden. 2. Auch die oft als Modell hochgelobte Historiographie der „great white men" ist über den Status der „contribution history" nur selten hinausgekommen, und Personen, selbst Präsidenten, sind im Vergleich zu Bewegungen relativ nebensächlich. 3J Im Vergleich zu der methodisch schmalspurigen, thematisch engen und stilistisch trockenen Geschichtsschreibung der politischen Geschichte der USA, die sich an den Präsidenten orientiert („presidential synthesis"), ist es der women's history gelungen, aus dem Stand auf ein qualitativ höheres Niveau zu gelangen, das gesellschaftliche Prozesse (statistische Verallgemeinerung) und individuelle Erfahrung miteinander verbindet. 4. Die intensive Debatte innerhalb der „women's history" kann hier - wiederum aus Platzgründen - nicht wiedergegeben werden und hat auch gegenüber der Notwendigkeit, Wissenslücken zu füllen, zurückzutreten. 5. Abschließend ein Wort zu dem gelegentlich geäußerten Verdacht, daß aktuelles Engagement mancher der erwähnten Autorinnen in der Frauenbewegung ihre wissenschaftliche Objektivität beeinflussen können. Der Rezensent teilt diesen Eindruck nicht, weiß aber, daß das Faktengerüst seit Beginn dieses Jahrhunderts in den Werken von Edith Abbott, Margaret F. Byington, Caroline Ware u.a. vorliegt, von der Männerdominierten Forschung und Lehre entweder gar nicht wahrgenommen oder verschwiegen worden ist. Diese „Objektivität" ist doch, die gebrochene Metapher sei erlaubt, seit einem dreiviertel Jahrhundert auf einem Auge blind. Anmerkungen 1 Edith Abbott, Emily Balch, Sophonisba P. Breckinridge, Margaret F. Byington, Florence Kelley, Helen Sumner sind die bekanntesten Autorinnen. Für eine ausführliche Bibliographie siehe Martha Jane Soltow, Carolyn Forche und Murray Masare, Women in American Labor History, 1825-1935: An Annotated Bibliography (Lansing, Mich. 1972). 2 Leila J. Rupp, Mobilizing Women for War: German and American Propaganda, 1939-1945 (Princeton 1978). 3 Die große Zahl dieser Veröffentlichungen verbietet den Versuch, sie hier auflisten zu wollen. Es sei deshalb verwiesen auf Barbara Haber, Women in America: a Guide to Books, 1963-1975 (Boston 1978). Das Anfangsdatum dieser Bibliographie, 1963, ist gekennzeichnet durch die Veröffentlichung von Betty Friedans Feminine Mystique. 4 Vgl. z.B. den wegen seines offiziellen Charakters wichtigen und einflußreichen Bericht von Margaret Mead and Frances B. Kaplan, Hrsg., American Women: The Report of the President's Commission on the Status of Women (Washington, D.C. 1965, Nachdruck 1976). 5 Vgl. die Sammelbesprechung zum Thema „class and community" in Gulliver 9 (1981) und zu „class and culture" in Labour/Le Travailleur 6 (1980). 6 Constance Holden, „Women and Science in the Nineteenth Century", Science 203 (12 Jan. 1979), 150-151. 7 Eine ausgesprochen oberflächliche Arbeit auf diesem Gebiet ist Alice H. Cooks Vergleich von neun Nationen zu vierzehn Themenkreisen in dem 71-Seiten Buch (!) The Working Mother: A Survey of Problems and Pro-

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grams in Nine Countries (Ithaca, N.Y. 1978). 8 Vgl. die ausführlichen Literaturangaben bei Joan R. Acker, „Women and Stratification: A Review of Recent Literature", Contemporary Sociology 9 (Jan. 1980), 25-35. 9 Vgl. auch das ähnlich angelegte Buch von Philip S. Foner, Women and the American Labor Movement from Colonial Times to the Eve of World War I (New York: Free Press 1979), Besprechung in Gulliver 9. - Siehe außerdem die Rezension von Thomas Dublin, Women at Work, in Gulliver 9. Literaturverzeichnis Zu 1: Studien einzelner Berufe und Berufsgruppen Jane B. Donegan, Women and Men Midwives: Medicine, Morality, and Misogyny in Early America (Westport 1978). Thomas Dublin, Women at Work (New York 1979), vgl. Rezension in Gulliver^. Roberta Frankfort, Collegiate Women: Domesticity and Career in Turn-ofthe-Century America (New York 1977). Louise Kapp Howe, Pink Collar Workers: Inside the World of Women's Work (New York 1977). Julie Roy Jeffrey, Frontier Women: The Trans-Mississippi West, 1840-1880 (New York 1979). Norton Juster, So Sweet to Labor. Rural Women in America, 1865-1895 (New York 1979). Kathy Kahn, Hillbilly Women (New York 1972). David M. Katzman, Seven Days a Week: Women and Domestic Service in Industrializing America (New York 1978). Judy Barrett Litoff, America Midwives: 1860 to the Present (Westport 1978). Mary Roth Walsh, Doctors Wanted: No Women Need Apply. Sexual Barriers in the Medical Profession, 1835-1975 (New Haven 1977). Für Kanada vgl.: Janice Acton et al., Hrsg., Women at Work (Toronto: Canadian Women's Educational Press 1974). Working Women's Association, Hrsg., Women's Work: A Collection of Articles by Working Women (Vancouver 1973). Zu 2: Zur Position der Frau in der Arbeitswelt Sarah Fenstermaker Berk, Hrsg., Women and Household Labor (Beverly Hills, Cal. 1980). Caroline Bird, Born Female. The High Cost of Keeping Women Down (New York 1968). Jane Roberts Chapman, Hrsg., Economic Independence for Women. The Foundation for Equal Rights (Beverly Hills 1976). Karen Wölk Feinstein, Hrsg., Working Women and Families (1979). Esther Peterson, „Working Women", in: R J . Lifton, Hrsg., The Women in America (Westport 1967).

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Ann Seidman, Hrsg., Working Women: A Study of Women in Paid Jobs (Boulder, Colo. 1978). Robert Smuts, Women and Work in America (Überarb. Aufl. New York 1971). Robert Tsuchigane und Norton Dodge, Economic Discrimination against Women in the United States (Lexington, Mass. 1974). Zu 3: Historische ÜberblicksdarsteUungen und Forschungsberichte Rosalyn Baxandall, Linda Gordon, Susan Reverby, Hrsg., America's Working Women. A Documentary History, 1600 to the Present (New York: Vintage Books 1976). Gisela Bock, „Frauenarbeit und Frauenbewegung in den USA", Einleitung zur deutschen Ausgabe von Eleanor Flexner, Century of Struggle - Hundert Jahre Kampf. Die Geschichte der Frauenrechtsbewegung in den Vereinigten Staaten (Frankfurt: Syndikat 1978). Gisela Bock und Barbara Duden, „Arbeit aus Liebe - Liebe als Arbeit", in: Frauen und Wissenschaft. Beiträge zur Berliner Sommeruniversität, Juli 1976 (Berlin-West: Courage-Verlag 1977). W. Elliot Brownlee und Mary M. Brownlee, Women in the American Economy. A Documentary History, 1675-1929 (New Haven, London: Yale Univ. Press 1976). Milton Cantor und Bruce Laurie, Hrsg., Class, Sex, and the Woman Worker (Westport: Greenwood Press 1977). Leslie Woodcock Tentler, Wage-Earning Women. Industrial Work and Family Life in the United States, 1900-1930 (New York, Oxford: Oxford Univ. Press 1979). Barbara Mayer Wertheimer, We Were There. The Story of Working Women in America (New York: Pantheon 1977).

Elisabeth Kiderlen (Hrsg.): Calamity Jane: Brief an ihre Tochter. Stroemfeld/Roter Stern, Frankfurt 1980 (96 S.) „Ich habe Männerkleidung angehabt und mich als Wild Bills Partner, den Kreuzbuben, ausgegeben. Bevor wir aufbrachen, machten wir ein Wettschiessen. Ich habe sie alle geschlagen und war aufgeblasen vor Stolz. Dann wurde einer der beiden Kutscher getötet, und ich übernahm seinen Platz ... Dein Vater und ich haben den ganzen Haufen geschafft. Sie waren 8 und mußten natürlich erschossen werden, weil sie nicht aufgeben wollten." (15/16) Solche Episoden beschreibt Calamity Jane - eigentlich Martha Jane Cannary - im Juli 1880 in einem der nie abgeschickten Briefe an ihre Tochter, der sie sich nicht als Mutter zu erkennen geben konnte. Das Bild von der Frau in Männerkleidung, von der Frau, die auf mehr oder weniger legale Weise, aber sehr unabhängig, im Wilden Westen ihr Leben organisiert, „ihren Mann" steht, ist nicht nur Objekt von Kriminologen, der Police Gazette, ist nicht nur heldenhaftes Subjekt zahlloser Groschenromane und (seit 1915) von Filmen geworden. In jüngster Zeit entdeckte auch die amerikanische

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Frauenbewegung die Women Outlaws des Wilden Westens für sich. Sie vereinnahmt für sich die rebellische Haltung, die nötig war, um gegen das viktorianische Frauenideal zu überleben in einer Zeit, als alleinstehende Frauen höchstens als Erzieherinnen eine autonome Existenz rechtfertigen konnten. BeUe Starr, Cattle Katie, Pearl Heart und Calamity Jane werden nun als die „ganz anderen" Vorkämpferinnen der Frauenbewegung interpretiert, die jedoch nur bedingt als historische Frauen, vielmehr als lebendige Mythen eine identifikatorische RoUe übernehmen. Von Calamity Jane, die im Wyoming und Dakota der 70er und 80er Jahre als Postkutschenfahrerin, Krankenschwester, Gelegenheitsprostituierte und Pokerspielerin lebt, sind persönliche Briefe überliefert, in denen sie ihre „männlichen Abenteuer" beschreibt: sie sitzt am eigenen Lagerfeuer, sie kümmert sich um ihre eigenen Angelegenheiten, sie hat ihre Konflikte mit den „ehrbaren tugendhaften Weibern des Ortes"(37). Die andere Seite, nämlich: wie einsam, wie isoliert sie war, wird in diesem Wiederaufleben des Mythos weniger gesehen; auf welcher Grundlage in dieser „Wiederaneignung" heroisiert wird, bleibt meist ausgeklammert. Gerade deswegen ist dieser Briefband, als Selbstzeugnis, so aufschlußreich für die widersprüchlichen Frauenbilder in der frühen amerikanischen Frauenbewegung. Die bürgerliche Frauenbewegung hatte sich seit ca. 1870 ohnehin männlich-dominierten Reformprogrammen und Ideologien angeschlossen; jedoch im „zivilisationsfernen", noch ungeordneten Westen war das Bedürfnis der Pionierfrauen nach Ordnung und nach Moral, ihr Einsatz für die Illegalisierung von Alkohol, Spielen und Prostitution nicht minder intensiv als ihr Kampf um mehr politischen Einfluß. (Das Wahlrecht wurde ihnen in diesen Staaten in einem widersprüchlichen Prozeß bald zugestanden, in Wyoming 1869, wo einerseits die Konzession angesichts des Frauenmangels opportun erschien, andererseits jedoch das Frauenwahlrecht die sozialen Kontrollfunktionen in den Händen der herrschenden Kreise - in Utah der Mormonen konsolidieren sollte.) In Abilene (Kansas) oder im Deadwood Calamity Janes, einer emporschießenden Goldgräberstadt in Süd-Dakota, wo Bill Hicktet als Marshai gegen indianischen Widerstand und gegen den Konkurrenzkampf zwischen Yankees und Texanischen Cowboys - für Ordnung sorgen sollte („In einer solchen Umgebung konnte das Amt des Stadt-Marshals natürlich nicht von einem friedlichen Manne bekleidet werden. Es war deshalb üblich, einen Revolvermann damit zu betrauen." Materialien, 80), fand der Kampf um ein ruhigeres, dem Gangster- und Rowdietum weniger ausgeliefertes Leben immer in der Form von Kampagnen für Moral und Ordnung, für Famüie und Religion statt. Diese Mischung von puritanischer Ethik und moralisch-konservativer Rigidität erschien Calamity Jane als Bigotterie und Engstirnigkeit. Während die Yankees öffentlich gegen die Unmoral wetterten, profitierten sie als Eigentümer von Bordellen und Saloons am Vergnügungsgeschäft - und wurden mitschuldig am Mord an Wüd Bill Hickok. Calamity Janes Briefe - in denen vieles mysteriös bleibt, vor aüem ihre Beziehung zu Bill Hickok, den sie womöglich in Gut und Böse aufteilt, um ihn der Tochter als „anständigen" Vater zu präsentieren könnten insgesamt als Versuch gelesen werden, ihre eigene Identität zu rechtfertigen gegenüber dieser Umwelt, die nur Angriffe, Kritik und Lügen für sie hat: „Sie erzählen schreckliche Dinge über mich."(58) Calamity Jane war nicht so, wie

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die Frauen sie haben wollten: sie trank, spielte, und war in der Liebe nicht so strikt. Aber verglichen mit ,,diese(n) andere(n) Weiber(n), die über mich herziehen"(58), erscheint sie sympathisch: vorurteilslos und pragmatisch; sie handelt mit praktischem Humor (wenn sie sich als spinnerte Alte verkleidet, um von den Indianern nicht verletzt zu werden), hilfsbereit und selbstlos, wie sie anderer Frauen Kinder versorgt. Aber sie beschreibt sich auch als rastlos und heimatlos, allein. Deswegen hat sie auch keine Gruppenwerte zu verteidigen, denn sie ist außerhalb jeder Gruppe. Diese Basis ihrer Lebensweise, und auch ihres Unbehagens an den „bigotten" Pioniersfrauen, wird in der Mythenbildung, auch derjenigen der heutigen Frauenbewegung, leicht unterschlagen. Für die anderen mehr oder weniger legendären „Banditenköniginnen", um deren Entmythologisierung feministische Historiker sich bemühen, ist es vermutlich nicht mehr möglich, konstruierte Legende und konkrete Person überhaupt zu entwirren. Als Mythos, der das Bedrohlichste und Anziehendste gleichzeitig verkörpern muß, hat beispielsweise Belle Starr mit der im Oklahoma der 80er Jahre lebenden Myra Belle Shirley weniger zu tun als mit den Projektionen, Wünschen und Ängsten, die u.a. von der Filmindustrie (The Passing of Oklahoma Outlaws, 1915; Schwere Colts in zarter Hand, 1953; Sein Engel mit den zwei Pistolen, 1948) eingefangen und kanalisiert werden sollten. Die von Elisabeth Kiderlen edierten und übersetzten Briefe Calamity Janes geben nicht nur Anstoß, über verordnete weibliche Emanzipationsideale, über Rigidität und Moral auch in der heutigen Frauenbewegung nachzudenken. Sie sind auch wunderbar zu lesen: spannend, historisch informativ (u.a. weil die Herausgeberin ausführliche erklärende Fußnoten und einen Materialien-Anhang, der den historischen Kontext plastisch werden läßt, beigefügt hat), rührend im Nebeneinander von Rezepten, die Calamity Jane selbst erfunden hat und stolz an ihre Tochter weitergibt, und unsentimentalen Beschreibungen ihrer „egalitären" Arbeitsbedingungen. Die Briefform, die keine kontinuierliche Chronik, sondern eine indirekte Form des Erzählens ist, läßt auch die Zeit und die Details, die zwischen den Briefen liegen, spürbar werden; die Sprache kommt so deutlich aus ihrer eigenen physischen Erfahrung, daß diskontinuierliche Logik und zufällige Alltagsdetails sich zu einem lebendigen Ganzen, das nicht auf dem Papier steht, assoziieren. So könnte der Briefband für recht unterschiedliche Adressaten spannend sein: er läßt sich natürlich im Unterricht verwenden, nicht nur weil er ein persönliches und lebendiges Bild vom „Old West" lebendig werden läßt, sondern auch, weil er eine herausfordernde Identifikationsmöglichkeit v.a. für Mädchen anbietet. Aber darüberhinaus wäre die Rezeption der Calamity Jane für eine spezifische Doppelzüngigkeit in der heutigen Frauenbewegung (in der ja immer noch ein unhinterfragter „Reinheits"-Standard das Bild der Frau prägt) eine Herausforderung; insofern hier thematisiert bzw. erähnbar wird, was es heißen könnte, Frau zu sein: widerspenstig auch gegen neue Ver- und Gebote, trifft der Band in eine in vielen Frauenkreisen geführte Diskussion. Die Tatsache, daß die amerikanischen Feministinnen die „women outlaws of the west" während der letzten Jahre zu entdecken begonnen haben, steht natürlich im Kontext der sozialhistorischen Wiederaneignung der »Symbole4 populistischen oder plebejischen Widerstands. Seit Eric Hobsbawm vor zwölf Jahren den „Social Bandit" durch die Jahrhunderte und über Kontinente

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und Kulturen definierte, sind Banditenmythen und die gesellschaftliche Rolle der ,Outlaws' neu erforscht worden: Jesse James, Macheath, Ned Kelly, Pancho Villa, Rob Roy, Dick Turpin, Schinderhannes, Cartouche usw.: stolze, heldenhafte, rebellische M ä n n e r . Die amerikanische Women's Studies, die in jeder Disziplin die Frage nach dem „unsichtbaren" Geschlecht stellen, mußten auch auf dem Feld der »Popular Culture4 selbst aktiv werden, um die weiblichen Gegenbilder zu Robin Hood zu entdecken. Die 1981 erschienene Neuauflage von Hobsbawm's Bandits widmet nun auch einen Teil der Rolle von Frauen in den JCriegerbanden' - Indiz dafür, daß sie nun Eingang gefunden haben in die wissenschaftliche Forschung? Margit Mayer (Frankfurt, z. Zt. Berkeley)

Fluck, Wilfried: Populäre Kultur. Ein Studienbuch zur Funktionsbestimmung und Interpretation populärer Kultur. (Amerikastudien: Studienband 2) Metzler, Stuttgart 1979 (229 S., br.) Popular Culture Studies, seit 1967 in den USA fest etabliert, haben von Anfang an eine etwas andere Entwicklung genommen als die TrivialliteraturDiskussion in der BRD. Abgesehen von den Filmstudien haben sie sich in der BRD auch nie im gleichen Umfang durchsetzen können wie in den USA. Fluck hat sich bereits 1976 bemüht (in American Studies in the Teaching of English, Berlin 1976, S. 51-78), amerikanische Modelle in die deutsche Amerikanistik einzuführen. Dort empfahl Fluck vor allem das soziologisch orientierte Modell von Herbert J. Gans' The Urban Villagers (1966) zur Anwendung: „This model can be applied to all popular culture, if not to all culture." (ebda., S. 60). In dem nunmehr vorgelegten Studienbuch für Schule und Hochschule stellt Fluck einige englischsprachige Aufsätze aus den USA und aus Großbritannien zusammen, die einen Brückenschlag zwischen Interpretation und soziologischer Analyse versuchen. Anders als bei vielen anderen Sammelbänden zu diesem Thema geht es Fluck bei seinem Studienbuch nicht so sehr um eine möglichst breite Dokumentation verschiedener theoretischer Ansätze, als um eine Zusammenstellung von Interpretationsbeispielen, in der sein eigener Erklärungsansatz konkreten Ausdruck gefunden hat. Dieser Erklärungsansatz besteht in der Funktionsbestimmung von populärer Kultur als einem Sozialisationsangebot, das „für uns in symbolisch verschlüsselter Weise zentrale Wertkonflikte veranschaulicht und in spielerischer und flktionaler Veranschaulichung probeweise Haltungen zur Auflösung widersprechender Verhaltensansprüche anbietet." (60 f.) Dieser Ansatz erlaubt nicht nur auf die umfangreiche Literatur zur Sozialisation zurückzugreifen, er bietet auch die Möglichkeit, Interpretationen von Inhalten schichtenspezifisch auf die Lesewirklichkeit der Rezipienten zu beziehen und entsprechende didaktische Konsequenzen zu ziehen. In seiner längeren Einleitung zu den Texten versucht Fluck, seinen Ansatz von früheren Funktionsbestimmungen abzusetzen. Vom Standpunkt der High Cultural History, für den Roy Harvey Pearce herangezogen wird, kann nur ästhetisch hochstehende Kultur die Bildungsfunktion der Individualisie-

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rung und Humanisierung leisten, die Beschäftigung mit populärer Kultur bleibt modisches Randphänomen. Für die Popular Culture Studies, wie sie vor allem durch die Bowling Green University, Ohio, vertreten wird, spiegelt populäre Kultur vor allem die Zeit, in der sie entsteht. Fluck weist auf die hier problematischen Annahmen einer homogenen Kultur der Mehrheit einer Nation hin (17 f.). Ideologiekritische und politökonomische Ansätze bestimmen die Funktion von populärer Kultur als Manipulation der Massen durch die Herrschenden (Frankfurter Schule), als Ersatzbefriedigung und Ablenkung von realen gesellschaftlichen Widersprüchen (C. Bürger) oder als Ware (HJ. Kleinsteuber). Für Fluck bleiben alle diese Ansätze reduktionistisch, weil sie die realen Bedürfnisse einseitig verkürzend herauslassen (32 f.). Auch die Richtungen der Kommunikationsforschung (Inhaltsanalyse, Wirkungsforschung), gehen von einer Ablenkungsfunktion der populären Kultur aus, bestimmen diese aber genauer als Regeneration der Arbeitskraft während der Freizeit. Flucks Ansatz steht dieser letztgenannten Funktionsbestimmung sehr nahe. Bereits 1964 hatte W. Breed die Funktion von Massenkultur wie folgt bestimmt: „By expressing, dramatising, and repeating cultural patterns, both the traditional and newly emerging, the media reinforce tradition and at the same time explain new roles. Members of the society thus remain integrated within the sociocultural structure. As a form of adult socialisation, the media are seen as guarantors that a body of common ultimate values remains visible as a continuing source of consensus, despite the inroads of change." (Dexter/ White, ed., People, Society and Mass Communications, New York 1964) Das Zitat verdeutlicht auch die Problematik des Sozialisationsansatzes: die Unterstellung eines Konsensus, die affirmative Rolle der Sozialisation und Schwierigkeiten bei der Vermittlung von Sozialisation und historischem Wandel. Fluck begegnet dem ersten Problem, indem er vor allem an der schichtenspezifischen und an Subkulturen orientierten Sozialisationsforschung anknüpfen möchte (48). Das zweite Problem soll durch Wertneutralität beim Begriff „Sozialisation" umgangen werden: „Je nach Gesellschaftsbegriff kann dieser Prozeß dabei als funktionale Anpassung oder als automatisch systemstabilisierender Faktor kritisch ... befragt werden ..." (47). Ein solcher Begriff gilt dann allerdings gleichermaßen für die hohe Kultur, wie Fluck richtig feststellt (68 f.). Man könnte noch weiter gehen: die Abgrenzung eines solchen Begriffes von „Sozialisation" gegen die eher traditionellen wie „Bildungsfunktion" oder „Manipulation" gerät ins Wanken, solange nicht konkrete Theorien und Hypothesen der Sozialisationsforschung für die Kulturarialyse fruchtbar gemacht werden. Das dritte Problem stellt sich Fluck gar nicht: er denkt bei Populärkultur vor allem an fiktionale Erzeugnisse der Gegenwart. So beschäftigen sich die zusammengestellten Interpretationsbeispiele bis auf das Kapitel über Slave Songs von L.W. Levine mit Filmen, Radio Soap Operas, Pop Music und Fernsehen der Gegenwart. Besonders fruchtbar sind die vorgestellten Beiträge aus dem Birminghamer Centre for Contemporary Cultural Studies aus den Jahren 1975 und 1976, die allerdings durch die neueren Arbeiten in Resistance through Rituals (1976) und P. Willis' Profane Culture (1980) ergänzt werden müßten. Hier werden Produkte der populären Kultur aus den Lebenszusammenhängen, zunehmend auch denen der Arbeitswelt, derjenigen angegangen, die von ihr Gebrauch machen. Neigen

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Fluck und auch die Mehrheit der Beiträge (die jüngsten aus dem Jahre 1976; Manuskriptabschluß 1977) eher dazu, von Inhaltsinterpretationen auszugehen und dazu passende schichtenspezifische Verhaltens- und Sozialisationsweisen der Rezipienten ausfindig zu machen, führt der in diesem Studienbuch vorgeschlagene Weg letztlich in die Richtung, die die Birminghamer und amerikanischen Soziologen und Anthopologen (vgl. Ch.A. Valentine, Culture and Poverty, (Chicago 1968), bereits eingeschlagen haben. Es ist Flucks Verdienst, diese Diskussion in der BRD in Form eines Studienbuches eingeführt zu haben, das man zur Verwendung an Hochschule und Sekundarstufe-II nachdrücklich empfehlen kann. Wolfgang Karrer (Osnabrück)

Kosok, Heinz (Hrsg.): Drama und Theater im England des 20. Jahrhunderts. August Bagel Verlag, Düsseldorf 1980 (248 S. br.) Thomson, Christian W.: Das englische Theater der Gegenwart. August Bagel Verlag, Düsseldorf 1980 (330 S., br.) Klotz, Günther: Alternativen im britischen Drama der Gegenwart. Akademie-Verlag, Berlin (DDR) 1978 (188 S., br.) Itzin, Catherine: Stages in the Revolution. Political Theatre in Britain since 1968. Eyre Methuen, London 1980 (xv + 399 S., br.) Die englische Theaterszene erhielt in den letzten knapp 15 Jahren viele ihrer produktivsten Impulse aus dem Bereich des sogenannten alternative theatre. Diesem Umstand verdankt sich eine wachsende Zahl von Publikationen über eben diesen Bereich. Die Bandbreite der hier zu besprechenden Werke reicht im Extrem von weitgehender Ignoranz bis zu politischen Instrumentalisierungsversuchen der betroffenen Autoren. Eine Zusammenschau der Entwicklungslinien des englischen Dramas und Theaters vom Beginn dieses Jahrhunderts bis zur Gegenwart unternimmt Heinz Kosok als Herausgeber mit Drama und Theater im England des 20. Jahrhunderts. Ausgehend von der (nicht belegten) Feststellung, in der Literaturgeschichtsschreibung kursiere der ,»Mythos von der »Urzeugung4 des neueren englischen Dramas um das Jahr 1900" (9), bemühen sich Kosok und seine Mitautoren um den Aufweis von Kontinuitäten in Form und Inhalt englischen Theaterschaffens. Dabei gehen die Autoren nicht chronologisch vor, sondern gliedern ihren Stoff nach genres und Problemfeldern. Als solche gelten ihnen „Shaws Bedeutung für das englische Drama" (J. Wolter), das „Kurzdrama" (H. Kosok), das „verse drama" (H. Prießnitz), das „kommerzielle Drama 1900-45" (A. Maack), sowie das „radio drama44 (H. Prießnitz). Auf etwa 40 Seiten wird das neuere Drama seit 1945 verhandelt. Solche Schwerpunktsetzung verweist bereits auf den Informationsgehalt des Buches. Ärgerlich stimmt die Ungenauigkeit und kleinlich-philologische genre-Huberei, mit der ohnehin Bekanntes aufbereitet wird: da wird säuberlich geschieden das „Drama mit Diskussion" vom „Diskussionsdrama44 und der extravaganza (49).

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Jürgen Wolters Shaw-Aufsatz löst nicht einmal den Anspruch seiner Überschrift ein. Er analysiert nicht Shaws Bedeutung für das englische Drama, sondern verharrt auf der Ebene werkimmanenter Deskription. Kaum jemals findet sich eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Materie, wortreiche Paraphrasen stehen im Wechsel mit Platitüden wie „N.F. Simpson darf als Ben Jonson des gegenwärtigen britischen Dramas gelten" (147). Das zeitgenössische politische Drama wird überwiegend unter dem Stichwort documentaries abgehandelt. Auch hier finden sich Ungenauigkeiten und Mißverständnisse, wenn etwa im Zusammenhang mit Platers Close the Coalhouse Door behauptet wird, über progress werde „stets" nur ironisch gesprochen, und der Eindruck von „Stagnation und Zeitlosigkeit" werde „häufig durch Rundtänze optisch vergegenwärtigt" (164). Die angekündigten Kontinuitäten bleibt das Buch auch in diesem Punkt schuldig: das sozialistische Theater der zwanziger und dreißiger Jahre wird nicht einmal erwähnt. Man kann einem Werk, das explizit versucht, ein dreiviertel Jahrhundert Dramengeschichte aufzuarbeiten, vielleicht nicht vorwerfen, es kümmere sich zu wenig um das zeitgenössische Theater. Die Frage aber muß erlaubt sein, ob nicht ein Buch an der aktuellen Diskussion vorbeiargumentiert, das sich darauf beschränkt, routinierte Anglistik mit entliehenen Versatzstücken materialistischer Terminologie - was z.B. ist „antithetische Dialektik" (62)? - zu einer nichtssagenden Mixtur zu verarbeiten. Verdienstvoll an dem Buch von Kosok et al. ist allenfalls die Berücksichtigung häufig vernachlässigter Formen, zur Bestimmung von Genese und aktueller Situation der englischen Theaterszene leistet es jedoch keinen Beitrag. Christian W. Thomsens Das englische Theater der Gegenwart läßt sich grob in zwei Abschnitte untergliedern. Im ersten Teil unternimmt Thomsen den nützlichen Versuch, das politische und soziokulturelle Umfeld von Drama und Theater zu analysieren. Besonders hervorzuheben, weil als Thema in der deutschsprachigen Anglistik noch immer vernachlässigt, sind die Kapitel über „Theater und Massenmedien" und „Theaterbau seit den fünfziger Jahren". Thomsen dokumentiert die Interdependenz von Fernsehen und Theater sowohl auf der personellen als auch auf der ästhetischen Ebene, wobei er bundesdeutsche Verhältnisse zu Vergleichszwecken heranzieht. Ein weiteres Thema dieses Kapitels ist der wachsende Grad der Monopolisierung der britischen Unterhaltungsindustrie (ein wenig befremdlich wirkt dabei die Blauäugigkeit, mit der Thomsen kapitalistischer Logik „gesetzliche Regelungen" (118) als Remedur entgegensetzt). In dem Abschnitt über Theaterarchitektur beschreibt Thomsen, nach einer theoretischen Abhandlung der Probleme modernen Theaterbaus, sehr anschaulich die nach dem zweiten Weltkrieg in England entstandenen Schauspielhäuser. Kritisch anzumerken bleibt zu diesem Kapitel, daß Thomsen allzu sehr ins Schwärmen gerät über die Neubauten des National Theatre und des Barbican (184 ff.), die kulturpolitisch (und architektonisch) einigermaßen umstritten sind. Im zweiten Teil seines Buches, „Theorie und Praxis", behandelt Thomsen verschiedene dramentheoretische Ansätze, die er mit Interpretationen neuerer Stücke verbindet. Dabei wird ein verbreitetes Einschätzungsmuster dort revidiert, wo Arnold Wesker und Edward Bond zu Protagonisten einer sozialistischen Alternative (202) werden, zwei Autoren also, die - aus unterschiedlichen Gründen - einige Probleme haben, allseits als Sozialisten akzep-

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tiert zu werden. Diese Sicht der Dinge beeinflußt natürlich maßgeblich den Blickwinkel der Interpretationen und es stellt sich die Frage, mit welcher Intention Thomsen Autoren wie etwa McGrath und die Ardens implizit aus diesem Bereich ausgrenzt. Mit den Gegenpolen Brecht und Artaud umschreibt Thomsen die Wasserscheide im zeitgenössischen britischen Drama - offen politisches, manchmal didaktisches, versus sinnliches, rituelles, oft a4causales, aber nicht notwendigerweise unpolitisches Theater. Sehr bald wird dabei deutlich, daß Thomsens Sympathien eher der Artaud'schen Konzeption gehören, was sich auch an den Theaterleuten erweist, deren Arbeit er eingehender analysiert: Peter Brook und Charles Marowitz. Zwar werden unter der Überschrift British Brecht David flare und John McGrath kurz, aber wohlwollend interpretiert, wesentlich breiterer Raum ist jedoch dem nicht unmittelbar politischen Theater eingeräumt, dem mainstream des alternativen Theaters. Artaud, Jarry und Grand Guignol, Rudkin und Weifare State sind die Dollpunkte, an denen sich Thomsens Gedankengänge hier festmachen. Wie sehr er dabei zeitweilig der Faszination dieser Art von Theater erliegt, mag der Punkt verdeutlichen, an dem Thomsen nach Gründen sucht, warum die „Jugendlichen in den trostlosten Industriestädten oft so aggressiv auf die Vorführungen dieser Gruppe (i.e. Weifare State) reagieren" (271). Der Gedanke kommt Thomsen nicht, daß das Dargestellte nichts mit der Welt dieser Jugendlichen zu tun hat, daß sie sich verschaukelt fühlen könnten von einem Theater, das ,*quasianthropologische Erfahrungen alternativer Kulturen (evoziert)" (271). Es kann hier natürlich nicht darum gehen, Thomsen seine Vorliebe für „irrationale" Spielformen vorzuwerfen, zu kritisieren ist jedoch, daß er durch die Gewichtung der beiden genannten Pole eine Dramenform in den Hintergrund rückt - nämlich das politische Theater - die in den vergangenen Jahren die englische Theaterszene maßgeblich geprägt hat. Lesenswert und informativ ist an Thomsens Buch hauptsächlich der erste Teil. Günther Klotz geht in Alternativen im britischen Drama der Gegenwart von einer dezidiert marxistisch-leninistischen Position aus. Das hat seine Konsequenzen für Methodik und Akzentuierung. Klotz geht nicht chronologisch vor, sondern ordnet sein Material unter drei Gesichtspunkten: „Wandlungen in der Gesellschaft und im Theater", „Neue thematische Akzente" und „Neue dramaturgische Versuche". Im ersten Teil verteidigt Klotz zunächst das politische Theater gegen Banalisierungsversuche wie Esslins Konstrukt der Modeströmung (15) und weist ihm, nach einer Globalanalyse der Situation der kapitalistischen Hälfte der Welt, eine eindeutige Funktion bei der Entwicklung des subjektiven Faktors zu (24). Dementsprechend behandelt Klotz vorwiegend Autoren, die diesem Verständnis von Drama zumindest nahestehen und darüber hinaus dem postulierten Primat der Abbildung sich unterordnen lassen. Es sind dies im wesentlichen Alan Plater, John McGrath, John Arden und Margaretta D'Arcy, Trevor Griffiths sowie Steve Gooch. Typische Stücke dieser Autoren werden interpretiert, mit biographischen Notizen ergänzt und dann sehr schnell nach ihrer spezifischen Leistung im Klassenkampf befragt. Nicht immer kann Klotz dabei allzu optimistische Urteile vermeiden: weder führt „die" Arbeiterklasse den Kampf gegen die Monopolbourgeoisie (18), noch kann das Auftauchen Lenins unter den dramatis personae in Stoppards Travesties als Beleg für die wachsende Bedeutung des Leninismus herhalten (33).

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Im Mittelpunkt der Untersuchungen des zweiten Teils stehen Dramen, die Aspekte des Klassenkampfes thematisieren und zum Aufbau einer zweiten Kultur, gemäß dem Leninschen Konzept, beitragen. Das Bild, das Klotz dabei entwirft, wirkt allerdings zuweilen merkwürdig geschönt und der Realität übergestülpt. Der Leser gewinnt den Eindruck, als existiere in England eine homogene Gruppe von Autoren, die streng an den Positionen des sozialistischen Realismus und den realen Sozialismus ausgerichtet sei. Ein weiteres Resultat der Konzentration auf das - im beschriebenen Sinn - fortschrittliche politische Drama sind Abwehrreflexe jener zweiten Strömung des zeitgenössischen Theaters gegenüber. Edward Bond etwa wird als „die Grausamkeit fetischisierender Irrationalist" (9) und als „Reaktionär" (119) abgetan. Im letzten Teil des Buches werden Dramentechniken vorgestellt, die bei vielen der heutigen politischen Dramatiker verbreitet sind. Am Beispiel McGrath kommentiert Klotz die Wiederentdeckung des Verkörperns (als Transportmittel ritueller Darstellungsformen) in seinem Spannungsverhältnis zum Darstellen (als Ausdruck arbeitsteiliger Gesellschaftsformationen) (129 ff.). Howard Brenton und Albert Hunt werden unter dem Aspekt der Parodierung bürgerlicher Norm- und Wertsysteme behandelt (139 ff.), Adrian Mitchell schließlich dient als Exempel für die Technik der Verwandlung der Zuschauer (155 ff.), die in Man Friday direkt in das Bühnengeschehen einbezogen werden. So sinnfällig die Beschreibung dieser Techniken ist, so verwunderlich ist die willkürliche Beschränkung auf nur drei Alternativen, zumal Klotz selbst die technische Vielfalt der Autoren des politischen Theaters hervorhebt. (129). Klotz' Buch trägt durchaus bei zum Abbau verbreiteter Vorurteile über die „Einäugigkeit" marxistischer Wissenschaft (der CPGB wirft er z.B. unumwunden kulturpolitisches Versagen vor (37)), dennoch ist auch er nicht gefeit gegen die Versuchung, persönliche Animositäten in die Interpretation von Stücken einzubringen, die sich kritisch mit der Sowjetunion auseinandersetzen (110, 158). Sieht man von diesen Schwachstellen ab, so bleibt mit Klotz* Buch ein nützlicher Überblick des zeitgenössischen politischen Theaters in England. Eine chronologische Bestandaufnahme des politischen Theaters seit 1968 unternimmt Catherine Itzin mit Stages in the Revolution. Political Theatre in Britain since 1968. Von den hier besprochenen Büchern ist Itzins (Herausgeberin des Alternative Theatre Handbook und früher von Theatre Quarterly) dasjenige, das die meisten Gruppen und Autoren des alternativen Theaters behandelt. Jedes Kapitel beginnt mit einem kurzen Überblick über Ereignisse des behandelten Zeitraums, der auch Kurzkommentare über Autoren und Gruppen enthält, die nicht gesondert vorgestellt werden. Im Anschluß daran kommen dann einzelne Gruppen und Autoren ausführlich zu Wort, und zwar jeweils im Jahr ihres „greatest public impact" (xi). Itzin behandelt insgesamt 35 Gruppen und Autoren. Erläutert werden Gründungsgeschichte bzw. Biographie, Selbstverständnis und theoretische Positionen, bevor die wichtigsten Stücke vorgestellt werden. Allerdings interpretiert Itzin nicht eigentlich, sie erwähnt lediglich Inhalte und Sinnziele der Stücke, stellt Intention und Rezeption in den Vergleich. Die Autorin tritt dabei hinter ihren Gegenstand zurück, sie läßt überwiegend die Gruppen und Autoren für sich selbst sprechen. Die Gefahr eines solchen Vorgehens liegt natürlich darin, daß die kritische Würdigung dieser Selbstzeugnisse zu kurz

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kommt. Itzin kann diese Gefahr nicht immer bannen, zumal sie einen eher diffusen Sozialismus-Begriff vertritt (4 f.), der jeder Selbstdarstellung den Fortschrittlichkeitsanspruch unterschiedslos abnimmt. Auf diese Weise entsteht zwar im Leser ein Eindruck von der Vielfalt des politischen Theaters, bei dessen Einschätzung- sieht er sich jedoch im Stich gelassen. Sehr ausführlich handelt Itzin über die organisatorischen Probleme des alternativen Theaters. Das Kompetenzgerangel zwischen Equity, Theatre Workers Union, The Association of Community Theatres (TACT) und Independent Theatre Council (ITC), sowie deren gemeinsame Bemühungen, die Subventionspolitik des Arts Council in ihrem Sinne zu beeinflussen, wurden vorher nirgendwo so kompetent dargestellt (152 ff., 176 ff., 211 ff., 306 ff.). Genauer als etwa Klotz dokumentiert Itzin das Fortbestehen einer Zensur - trotz Abschaffung des Lord Chamberlain - am Beispiel von John Ardens und Margaretta D'Arcys The Ballygombeen Bequest und The Non-Stop Connolly Show (34 ff.). Weitgehend ignoriert wird, wie schon im Untertitel signalisiert, der scheinbar unpolitische mainstream; allerdings subsumiert Itzin die Produktion Bonds unter den Begriff des politischen Theaters und erweitert damit den Rahmen ihrer Arbeit. Itzins Buch ist charakterisiert durch weitgehende Theorieabstinenz, die in diesem Fall nicht selten in Spontaneismus umschlägt. Deutlicher Ausdruck dieser Tendenz ist das pessimistische postscript (337 ff.), das sich enttäuscht darüber gibt, daß es dem politischen Theater nicht gelungen sei, unmittelbarer Anstoß zur Revolution geworden zu sein. Spätestens hier wäre das Problem der Wirkungsmöglichkeiten des politischen Dramas zu diskutieren, Itzin - wie übrigens auch Kosok und Thomsen - umgeht diese Frage jedoch. Allerdings sind diese Schwächen nicht gravierend genug, den Stellenwert von Stages in the Revolution als einer bündigen, aus Insidersicht geschriebenen Informationsquelle entscheidend zu verringern. Werner Bleike (Braunschweig) Clark, John, Heinemann, Margot, Margolies, David and Snee, Carole (eds.): Culture and Crisis in Britain in the 30s. Lawrence and Wishart, London 1979 (279 S.,Ln. und br.). Stansky, Peter und Abrahams, William: Orwell: The Transformation. Constable, London 1979 (240S., br.). No writing can remain innocent of the ambiguities and contradictions which saturate the moment of its production: so much would be accepted as axiomatic by most, if not all, of the contributors to „Culture and Crisis in Britain in the 30s". Yet, by the same token, the avowed and necessary partisanship with which many of them commence their articles - an opposition to the denigration of 30s committed literature by renegades from the Left and Cold Warriors in general - demands further analysis from within the Left. For it is evident that the volume seeks in general to defend a particular cultural and political option within Marxism - that of the Popular Front, the ,broad alliance of all progressive forces4, whose approximate resurrection by dominant,Euro-communist4 tendencies within the CPGB it seeks, implicitly,

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to legitimate. Two of the questions that have to be addressed to Marxists of both the 1930s and of the contemporary period may be formulated as follows — wheter Popular Frontist humanism did not, in fact, lead to the absorption of revolutionary Marxism into liberal individualism; and how the accomodations to liberalism of the mid and late 1930s affected the relationship perceived between the individual act of writing (however ^evolutionary' in intent) and the collective nature of class struggle. It is, characteristically, in the contributions of those Communists already active in the 30s that we find unequivocally affirmative replies to the first of these questions. Margot Heinemann, in her article on the poetry of MacNeice, Cornford and Branson, characterises the Popular Front as „the Socialist strategy t h a t . . . has most powerfully shaken the ruling class in Western Europe" (an outcome hardly to be observed in France or Spain in 1940). More obliquely, James Klugmann, in a retrospective recorded shortly before his death, states: „In studying the decade it is economics that dominate, particularly in the first few years. But as you move into „the 30s proper", the decade is dominated more and more by politics" (my emphasis). To suggest the oddness of such a dislocation of politics and economics is, surely, not to revert to mechanistic economism, to the „bad period" - as Klugmann puts it - of the early 1930s, soon to be supplanted by the „extremely fruitful period" of the Popular Front. My own conviction - that the undoubted (though qualified) mass success of Popular Frontism was accompanied by a decline in intellectual clarity - is further indicated by Klugmann's elision of the terms ,United4 and »Popular* Front, and the cognate use of the terms ,Spanish People's Republik' and ,Spanish Republic' as if they were interchangeable: slippages whose real political content, moreover, was to be fought out in the streets of Barcelona in 1937, as Orwell's „Homage to Catalonia" signally demonstrates. The ambiguities of Popular Frontism are further apparent in Betty Reid's accoount of its main institutional manifestation in Britain in the 30s, the Left Book Club. While Klugmann's piece is, at times, guardedly critical of British 30s Marxism (his categorisation of its weaknesses comes over, presumably unintentionally, more strongly than his vague approbation of its „impiessiveness" and „sincerity"), no such distance is observable in Ms. Reid's piece. Its combination of unqualified eulogy and selective bibliography (information to be found more fully in John Lewis' „The Left Book Club: An Historical Record" (1970) leaves little space for what is now needed: a developed analysis - possibly through the use of oral - historical methods of Left Book Club activity at grass roots level, rather than repeated tributes to Victor Gollancz' undoubted but individual organisational dynamism. It is, indeed, tendency to left liberal individualism, rather than a consequential materialism, which informs many of the essays in the volume, though there are notable exceptions. One of these is Iain Wright's perceptive characterisation of Leavisism and „Scrutiny" in the 1930s as representative of the contradictions and self-destruction of 19th century pessimistic liberalism, with its culmination in the crazy notion of world salvation by Cambridge teachers of English. Wright expresses surprise at the magnitude of the influence of the Scrutineers. Paradoxically, of course, his article serves to per-

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petuate this by its very existence, stoking an inflation of interest to which writers such as Perry Anderson, Ronald Hayman, Francis Mulhern et.al. have in various ways contributed, and which the currency of Leavisism simply will not bear. Wright's most pertinent points seem to me, accordingly, those which propose latent connections between late Bloomsbury (which ignored „Scrutiny" and Leavis (whose ritual excoriations of Bloomsbury often suggest a degree of sibling rivalry within the effete family of British liberalism). Their development - the »placing4 of Leavisism, to use the jargon of „Scrutiny" - would be a valuable corrective to this tendency. Wright's suggestion that the gap which tragically divided Leavisite and 30s Marxist literary critics „was really not so great" must then, given his premises, reflect adversely on the Fox-West-Caudwell generation. David Margolies' attempt to defend this group simultaneously from charges of mechanism (literature as passive reflection) and idealism (literature as revolutionary - romantic exhortation) does little to allay one's disquiet. In quoting from the weakest of the critics, Ralph Fox, for instance, the statement that „the revolutionary task of literature today is to restore its great tradition" is allowerd to pass without comment, and Margolies seems to have absorbed his subject's own developing liberalism when he states uncritically that Fox „tries to allay the reader's fears of Marxism" in „The Novel and the People". More significantly, perhaps, no distinction is made, among the critics discussed, between the idealism latent in the notion of literature as emanation from an individual creator (Fox: „the essence of the creative process is the struggle between the creator and jexternal reality, the urgent demand to master and re-create that reality") and a materialism which centres on the notion of production (West: „Through the work of production the world in itself is made into a world for us")« The very different implications of these two statements - the work as created/achieved versus the work as a stage in a continuing process of production and consumption, hence variously appropriable - are left unspecified. The debilitating effects of this tendency - general throughout the volume - to view the art work as a given creation rather than as a developing and conflictual process - are particularly evident in the sections devoted to poetry. For Arnold Kettle, concerned to protect Auden from irrelevant jibes about his class-background as well as from his poetic self-mutilation, it is „as though H.G. Wells had had a poet's creative way with language, or Harold Pinter had actually got something to say". The positivistic crudity of such a concern with the unmediated »content* of poetry is not, happily , the limit of Kettle's account of Auden (though it is his conclusion): but in ascribing a constructed narrative voice* to a given poem, rather than seeing it as a direct expression of the author, the problem of individualist creativity is displaced, disguised, rather than surmounted. Accordingly, the famous reference to the „low, dishonest decade" in „September 1, 1939" is appropriately contextualised. But since Kettle's critical position is basically a reflectionist one (the artifact passively reflects the preoccupations of the Author) he can make little of the lines: „Out of the mirror they stare/Imperialism's face I And the international wrong** - other than evidence of the residual influence of Marxism on Auden; where as it would seem that, in fact, the interplay of narrative persona and reflected image at this point suggests a latent ironic auto-critique of solipsism masquerading as commit-

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ment, of »politics4 as a pretext for the production of poetry. The poem, in effect, denounces the Poet. Margot Heinemann, unlike Kettle, sees no need to characterise the »speaker4 of the poem as a persona: for her, simply, „A Communist to Others44 is a bad poem because Auden knew too little of politics and the working class. In fact the poem's interest lies in its very instability, in its veering between mock and real demotic language, between parody of public school slang and unselfconscious use of it: the enactment, rather than the purposeful designation of the uncertainty and fragility of Auden's commitment. Yet the same difficulties beset her account of a poem by a committed poet, John Cornford - „Full Moon at Tierz44. The critic makes reference to Cornford's difficulties in dealing with the complex political situation in Republican Spain (his felt need for orthodox Popular Frontist „moderation44 versus his sympathy for the dissident revolutionary left, anarchists and POUM) yet she hardly give us a full sense of how the poem speaks these contradictions, of how the famous line - „Now with my Party, I stand quite alone44 - juxtaposes critically the Party as abstraction to the self as isolated individual, or of how this implicit criticism both determines and qualifies the poem's exhortatory conclusion „for Communism and for liberty44. Whilst the instability of Auden's stance is seen as making for bad poetry, the heroism of his commitment obscures (to some extent) the problematic nature of his utterance. One cannot escape the impression that what is frequently propounded in this volume is an alternative ,great tradition4 of the left, a series of stably constituted artifacts which can, as such, be absorbed into a radical political practice. Carole Snee, in her article on working class novelists, begins with an ably sustained challenge to the notions of,Great Literature4 and the convention of realism, both seen as products of a dominant and repressive ideology of individualism: she then goes on to suggest that a revolutionary collective message can be generated from a bourgeois individualist code. But in considering the novels of Lewis Jones her terms of reference remain themselves individualist - the intentionality of the author, the living nature of the caracters; her conclusion on „We Live44, that it „breaks with the liberalism of the form by not reproducing an individualistic philosophy44, might equally apply to the liberal-positivist „Germinal44. Again, in condemning „Love on the Dole44 for the way in which its politics are absorbed into melodrama, Ms. Snee seems to exclude the possibility of a reading of the work which would see this textual process as a critical enactment of the conflicts in British workingclass consciousness - a reading which would recognise the informational value of the text in its discrepancies rather than in its formal naturalism. The possibilities of such an approach are well illustrated by Peter Widdowsons's treatment of Isherwood's Berlin stories. Widdowson stresses the status of the stories as fictions with their own relatively autonomous dynamic: „the novels are, in effect, tacit denunciations of liberal-humanist bewilderment44 - we may in this case speak of a politics of the text rather than politics in the text. Elsewhere, notably in his discussion of Rex Warner's „The Wild Goose Chase44, Widdowson writes illuminatingly on „dissident tendencis44 within the text, on the extent to which its self-avowedly fabular nature causes it to ,speak against itself4: yet against this has to be set a contradictory tendency to see the text as the bearer of unambiguous meaning (thus

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Huxley and his protagonist Beavis are conflated in the treatment of „Eyeless in Gaza"; Isherwood's Mr. Norris is dogmatically stated to be the „emblem of capitalist corruption in its late phase" rather than a fiction within a liberalhumanist fiction). And it is this latter tendency - to see the text as, ultimately, the product of an authorial ideology and intention rather than as a network of discrepant practices - which wins out in Widdowson's conclusion, as it does in the volume as a whole. As in Popular Front politics, so in criticism does a diffuse amalgam of individualism and unity displace and repress diversity and real contradiction. In the second volume of their biography, „Orwell: The Transformation", Peter Stansky and William Abrahams chronicle the politisation and journey to Spain of the most vehement, if often confused, British critic of Popular Frontism. Amidst a welter of hilarious, absurd, nostalgic and sometimes merely trivial details - often, however, of some interest as material reworked in „Coming Up for Air" and „Animal Farm" - the „transformation" is characterised as that of „non-political" Blair into „political writer" Orwell after the return from the North of England in 1936. Quite evidently the distinction is over-schematic: yet what is of interest is the way in which, Orwell's political credentials once having been established, the authors' reading of his texts is similarly „transformed". Whereas treatment of the „Blair" texts is pedestrian „Down and Out in Paris and London" is dismissed as „oddly static"; there is a sterile discussion of the ,reaT or »fictional* nature of the school in „A Clergyman's Daughter", discussion of „The Road to Wigan Pier" is centered on the internal dynamics of the text; the progression, in Part I, of the view of the working class from squalid4 to ,cosy4 is put into relationship with the development of the autobiographical Part II, from imperialism/nihilism to a kind of socialism. This paradox - that it is when the authors are most concerned with Orwell's ^polities' that they make their best »literary* judgements - is only an apparent one. For it is, after all, through the analysis of contradiction rather than in the affirmation of unity that both intellectual and political significance are to be found. John Coombes (Colchester)

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Über die Autoren Logie Barrow ist Professor für die Sozialgeschichte Großbritanniens an der Universität Bremen. Susan Bassnett-McGuire ist Dozentin an der Universität Warwick für Vergleichende Literaturwissenschaft. Veröffentlichungen u.a.: Translation Studies (Methuen, 1980). Ulrike Behrens legte ihr Staatsexamen und ihre Magisterprüfung an der Universität Hannover ab und wartet z. Zt. auf eine Referendarstelle. Werner Bleike promoviert über das moderne englische Drama an der Universität Braunschweig. Pamela Farley ist Dozentin für Women's Studies an der Universität New York. Philip S. Foner ist Prof. em. Er lehrt z. Zt. Geschichte der amerikanischen Arbeiterbewegung an Universitäten der Volksrepublik China (Nankai Und Peking). Miriam Hansen unterrichtet Film und Literatur an der Universität Yale, New Haven, Connecticut. Keith Hoskin lehrt Erziehungsgeschichte und Lateinische Literatur an der Universität Warwick. Veröffentlichungen u.a. zur Rhetorik. Wolfgang Karrer ist Professor für amerikanische Literaturgeschichte an der Universität Osnabrück. Veröffentlichungen u.a.: Daten zur englischen und amerikanischen Literaturgeschichte, 2 Bde. Ingrid Kerkhoff ist Akademische Oberrätin an der Gesamthochschule Wuppertal. Arbeitsgebiete (u.a.): Afrika, Didaktik der Landeskunde, Women's Studies. Sigrid Markmann ist Akademische Oberrätin an der Universität Osnabrück. Veröffentlichungen zur Fachdidaktik und Sprachlehr-/lernforschung. Margit Mayer ist wiss. Bedienstete am Amerika-Institut an der Universität Frankfurt. Veröffentlichungen zur Staatstheorie und Stadtkrise, Mitherausgeberin von Texten und Materialien aus der neueren amerikanischen Frauenbewegung. Karl Heinz Pütz ist Assistenzprofessor am J.-F.-Kennedy-Institut für Nordamerikastudien der F.U. Berlin. Arbeitsgebiete: Politik und Wirtschaftsgeschichte der USA. David M. Roskies lehrt Englische Literatur an der Ben Gurion-Universität, Beerscheba, Israel. Dagmar Schultz lehrt am J.-F .-Kennedy-Institut , für Nordamerikastudien der F.U. Berlin. Sie ist Autorin von Ein mädchen ist fast so gut wie ein junge. Sexismus in der Erziehung.

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