Arbeitsnachweisgesetz: Mit den Ausführungsbestimmungen des Reichs und der Länder [Reprint 2022 ed.] 9783112683262

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Arbeitsnachweisgesetz: Mit den Ausführungsbestimmungen des Reichs und der Länder [Reprint 2022 ed.]
 9783112683262

Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis.
Abkürzungs- und Literaturverzeichnis
I. Einleitung
II. Gesetzestext
III. Gesetzestext mit Erläuterungen.
1. Arbeitsnachweisämter
2. Fachabteilungen
3. Vermittlungstätigkeit
4. Andere nichtgewerbsmäßige Arbeitsnachweise, gewerbsmäßige Stellenvermittlung, Meldepflicht
5. Beschwerdeverfahren
6. Strafbestimmungen
7. Schluß- und Übergangsbestimmungen
IV. Anhang
A. Verordnungen und Gesetze des Reichs
B. Verordnungen der Länder
V. Alphabetisches Nachschlagsverzeichnis

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Sdjroeitjers Ijanbausgabcn mit Erläuterungen

Ziegler« 5chlederer

firbeitsnadjroefsgesetf

1923 München, Berlin und selpzfg J. 5chlve1tzer Verlag (Arthur Sellier).

Schweitzers (braune) Handausgabe«:

Aufenthalts-

und

Freizügigkeitsgesetz.

Oberamtmann Dr. Ziegler, München.

Bezirks- und Kreistagsgesetz, Bayer. reich, München. (259 S.) 1920.

Mit Vollz.-Vorschr. Bon 2. Aufl. (157 S.) 1921. Grundzahl geb. 3,8. Erl. von Rechtsrat Dr. Helm­ Grundzahl geb. 5.

Ertragssteuergesetze, die bayerischen. Bd. I: Grund- und Haussteuer­ gesetz. Von Dr. Hans BeroLzheimer, Regierungsrat. (111 S.) 1922. Grundzahl 1,75. Bd. II: Gewerbesteuergesetz. Von Dr. R. Wassermann, Rechtsanwalt in München. Im Druck.

Fischereigesetz, Bayer., vom 15. vm. 08 mit der Landesfischereiordg. vom 23. III. 09 und allen Vollz.-Vorschr. von I. Bleyer, Minist.-Rat im Bayer. Justizmin. 2. Aufl. (318 S.) 1912.,

Grundzahl geb. 4,6.

Jagdgesetz, Bayer.

Mit allen einschl. Bestimmungen. Erl. v. Amts­ richter Dr. Behr, München. (498 S.) 1912. Grundzahl geb. 8.

Kircheugemeindeordnuug, Bayer, v. 25. IX. 1912 mit den Vollz.-Vorschr. Erläut. von Bez.-Amts-Ass. Dr. Langheinrich in Bad Kissingen. (597 S.)

1913.

Grundzahl geb. 5,5.

Koukursorduung, mit den einschlägigen Gesetzen. Erl. von Staatsrat im bayer. Justiz-Min. Dr. Kart Meyer. 2. Ausl, bearb. von Mini­ sterialrat I. Bleyer im bayer. Justiz-Min. (611 S.) 1921. Grundzahl geb. G. Bayer, u. d. Übertretungsabschnitt des StGB. Mit den Bollzugsvorschr. Erl. von OLG.-Rat I. Schiedermair. (288 S.) 1922. Grundzahl geb. 5.

PEzeistrüsgesetzbuch,

Reichseinkommensteuergesetz mit den Ausf.-Best. Von Dr. R. Wasser, mann u. Dr. G. Laug in Verbindung mit A. Kennertnecht u. Dr. L. Piffel. Ergänzungsband: Einkommensteuer vom Arbeitslohn unter Berücks. d. Ges. v. 20. Juli 1922. Von Dr. L. Piffei, Oberregierungsrat. (127 S.) 1922. Grundzahl 2.

Nachtrag z. Ergänzungs band: Gesetz vom 23. Dezember 1922 zur Änderung des Einkommensteuergesetzes. Erläutert von Dr. L. Piffel, Oberreg.-Rat. Erscheint im Februar 1923.

Reichsgerichtskostetzgesetz. Erläutert von K. Wochmaer, Finanzamtmann und F. Schwalb, Oberinspektor in Nürnberg. 3. Aufl. im Druck. Grundzahl X Schlüsselzahl — Verkaufspreis. Die jeweils gültige Schlüsselzahl ist in jeder Buchhandlung bekannt!

I. Schweitzer Verlag (Arthur Seüier) München, Berlin und Leipzig.

Arbeitsnachweisges etz Mit den Ausführungsbeftimmungen des Reichs und der Länder

Erläutert von

Dr. Georg Ziegler unb

Max Schlederer

Bezirkboberamtmann im Ministertum für soziale Fürsorge, vorsttzender des Bayer. Landesamts für Arbeitsvermittlung in München

Referent beim Bayer. Landesamt für Arbeitsvermittlung m Müncherr

19 2 3 München, Berlin, Leipzig 3. Schweitzer Verlag (Arthur Sellicr).

Druck von Dr. F. V. Datterer L Cie., Freistng-MNnLett.

Vorwort. Der Kommentar zum Arbeitsnachweisgesetz, den wir hiemit der Öffentlichkeit übergeben, ist aus eingehender Befassung mit den Fragen des Arbeitsnachweises herausgewachsen und verfolgt in der Hauptsache praktische Ziele; er will den Behörden, den Arbeitgeber- und Arbeitnehmervereinigungen, die am Vollzug des Ge­ setzes, besonders an der Überleitung aus dem alten in den neuen Rechtszustand, mitzuarbeiten haben, aber auch den Geschäftsführern und Angestellten der Arbeitsnachweise ein möglichst zuverlässiger Führer und Ratgeber sein und ihnen die Anwendung- der nicht immer ganz klaren, lückenlosen und von Widersprüchen freien Be­ stimmungen des Gesetzes erleichtern. Auf die Lösung der zahl­ reichen Zweifelsfragen, die sich in der Praxis voraussichtlich er­ geben werden, wurde deshalb das Hauptgewicht gelegt; die Ent­ stehungsgeschichte der einzelnen Bestimmungen wurde nur insoweit herangezogen, als dies zum Verständnis des Gesetzestextes not­ wendig schien. Daß auf die süddeutschen, besonders die bayerischen Verhältnisse besondere Rücksicht genommen wurde, bedarf wohl keiner Recht­ fertigung. Von den bisher erschienenen Kommentaren wurden jene von Kaskel-Syrup und Berger-Donau, denen wir manche wertvolle Anregung verdanken, in den Anmerkungen vielfach be> rücksichtigt. Die Ausführungsvorschriften des Reichs und der größeren — besonders der süddeutschen — Länder, wurden in den Anmerkungen verwertet und in einem Anhang zusammengestellt, soweit sie bis zum Abschluß der Drucklegung zugänglich waren. München, im Januar 1923.

Die Verfasser.

Inhaltsverzeichnis. Seite

Vorwort......................................................................................................... Abkürzungs- und Literaturverzeichnis............................... I. Einleitung............................................................................................. II. Gesetzestext.............................................................................................. HI. Gesetzestext mit Erläuterungen: 1. Arbeit sn achweisämter (§§1—31)............................................... a) ÖffentlicheArbeitsnachweise (§§ 2—14).................................. b) Landesämter für Arbeitsvermittlung (§§ 15—25) .... c) Reichsamt für Arbeitsvermittlung (§§26—31)....................... 2. Fachabteilungen (§§ 32—38).......................................................... 3. Vermittlungstätigkeit (§§39—43)................................................ 4. Andere ni htgewerbsmäßige Arbeitsnachweise, gewerbsmäßige Stellenvermittlung, Meldepflicht (§§ 44—49)......................... 5 Beschwerdeverfahren (§§ 50—53)................................................ 6. Strafbestimmungen (§§ 54—58)..................................................... 7. Schluß- und Übergangsbestimmungen (§§ 59—72)....................

III VI 1 9 30 32 69 82 92 102

112 127 132 136

IV. Anhang:

A. Verordnungen und Gesetze des Reichs. 1. Stellenvermittlergesetz vom 2. Juni 1910.......................................152 2 Verordnung des Reichspräsidenten über die Umbenennung des Reichsamts für Arbeitsvermittlung vom 30. September 1922 . 156 3. Verordnung des Reichsarbeitsministers über Reichszuschüsse zu den Kosten der öffentlichen Arbeitsnachweise vom 17. Oktober 1922 156 4. Verordnung der Reichsarbeitsverwaltung über die Anwerbung und Vermittlung ausländischer Landarbeiter vom 19. Oktober 1922 158 5 Verordnung der Reichsarbeitsverwaltnng über die Einstellung und Beschäftigung ausländischer Arbeiter vom 2. Januar 1923 160 6 Bestimmungen der Reichsarbeitsverwaltung über den Inhalt der Satzung öffentlicher Arbeitsnachweise vom 17. November 1922 166 7. Mustersatzung der Reichsarbeitsverwaltung für öffentliche Arbeits­ nachweise .................................................................................................167 8 Mustergeschäftsordnung der Reichsarbeitsverwaltung für öffent­ liche Arbeitsnachweise........................................................................... 174 9. Grundsätze über die Voraussetzungen, unter denen die erforder­ liche Sachkenntnis der Geschäftsführer von Arbeitsnachweisen und Landesämtern für Arbeitsvermittlung die erforderliche Sach­ kenntnis als gegeben anzusehen ist, vom 17. November 1922 180

Inhaltsverzeichnis.

V Sette

10. Verordnung der Reichsarbeitsverwaltung über die Meldungen bei Ausständen und Aussperrungen vom 17. November 1922 182 11. Verordnung des Reichsarbeitsministers über die Übertragung weiterer Aufgaben an das Reichsamt für Arbeitsvermittlung (Entwurf)................................................................................................. 18k

B. Verordnungen der Länder. 1. Preußen. 12. Ausführungsbestimmungen des Ministers für Handel und Industrie zum Arbeitsnachweisgesetz vom 2. November 1922 .

2. Bayern. 13. Bekanntmachung des Ministeriums für Soziale Fürsorge betr. Vollzug des Arbeitsnachweisgesetzes vom 4. September 1922 14. Verordnung der bayer. Staatsregierung über die Errichtung eines Landesamts für Arbeitsvermittlung vom 15. Oktober 1922 15. Bekanntmachung des Landesamts für Arbeitsvermittlung betr. Vollzug des Arbeitsnachweisgesetzes vom 18. November 1922 16. Mustersatzung für öffentliche Arbeitsnachweise (Arbeitsämter), herausgegeben vom bayer. Landesamt für Arbeitsvermittlung

186

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191 192 193

3. Sachsen. 17. Verordnung des Arbeitsministeriums zur Ausführung des Arbeitsnachweisgesetzes vom 27. September 1922 .....

203

4. Württemberg. 18. Verfügung des ArbeitsMinisteriums zum Vollzug des Arbeits­ nachweisgesetzes vom 1. Oktober 1922 ..........................................

204

5. Baden. 19. Verordnung des Arbeitsministeriums zum Vollzug des Reichs­ arbeitsnachweisgesetzes vom 21. September 1922 ......................

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20. Verordnung zum Vollzug des Arbeitsnachweisgesetzes vom 23. Dezember 1922 ..........................................................................

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6. Thüringen. 21. Verordnung zum Vollzug des Arbeitsnachweisgesetzes vom 18. Januar 1923 ..........................................................................

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V. Alphabetisches Nachschlagsverzeichnis........................................................... 207

Abkürzungs- und Literaturverzeichnis A a. A. a. a. O. Abg. Abs. AGB. a. M. AN ANG. Anm Art. BayGemBZ. = BGB. Begr. = Ber. Berger-Donau =

BetrRG. Drucks. Erkl. Err Gemeinde FA. FAbt. gem. Ges. GesBl. GesS. gew. GewO. gl. M. GBBl. GVG. i. S.

Ausschuß — 6. (sozialpolitischer) Ausschuß des Reichstags, anderer Ansicht. am angegebenen Ort. Abgeordneter. Absatz. Versicherungsgesetz für Angestellte. anderer Meinung. Arbeitsnachweis. A rbeitsnachweisgesetz. Anmerkung Artikel. Bayer. Gemeinde- u. Verwaltungszeitung. Bürgerliches Gesetzbuch für das Deutsche Reich. Begründung des Entwurfs eines Arbeitsnachweisgesetzes enthalten in Reichstagsdrucksache 120/22 Nr. 1348. Bericht über die Beratungen über das Arbeitsnachweisgesetz im 6. Ausschuß des Reichstages und seinem Unterausschuß. Arbeitsnachweisgesetz, gemeinverständlich erläutert von Dr. jur. et phil. Berger und W. Donau (I. H. W. Metz Nachfolger G. m. b. H., Berlin-Stuttgart 1922). Betriebsrätegesetz. Drucksache. Erklärung. Errichtungsgemeinde. Fachausschuß. Fachabteilung. gemäß. Gesetz. Gesetzblatt (Sachsen). Gesetzsammlung (Preußen). gewerbsmäßig. Gewerbeordnung für das Deutsche Reich. gleicher Meinung. Gesetz- und Verordnungsblatt (Bayern, Baden) Gerichtsverfassungsgesetz. im Sinne.

Abkürzungs- und Literaturverzeichnis.

VII

Kaskel-Syrup = Arbeitsnachweisgesetz. Kommentar von Dr. Walter Kaskel und Dr Friedrich Syrup (CarlHeymanns Verlag,Berlin 1922). LA = Landesamt (für Arbeitsvermittlung). MABl. = Ministerial-Amtsblatt (Bayern). MinBek. = Ministerialbekanntmachung. Nr. = Nummer. ObLB. = Oberste Landesbehörde. öffentlich. öff. RA. = Reichsamt (für Arbeitsvermittlung). RABl. = Reichsarbeitsblatt. RAM. = Reichsarbeitsminister. RAnz. = Reichsanzeiger. RAV. = Reichsarbeitsverwaltung. Reg. = Regierung. RegBl. = Regierungsblatt für Württemberg. RGBl. = Reichsgesetzblatt. RB. = Reichsverfassung. RVO. = Reichsversicherungsordnung. RWR. = Reichswirtschaftsrat. siehe. s. S. =- Seite. Sp. — Spalte. StA. = Staatsanzeiger (Bayern). Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich. StrGB. StrPO. = Strafprozeßordnung. Stellv. = Stellvertreter. Stellen Vermittler, Stellenvermittlun g. StB. StenBer. — Stenographische Berichte über die Reichstagsverhandlungen. UA. = Unterausschuß (des 6. Ausschusses des Reichstags), unter Umständen. z u. U. VA. = Verwaltungsausschuß. BersUrk. = Verfassungsurkunde. Vertr. — Vertreter. BerwGemeinde = = Verwaltungsgemeinde. vgl. = vergleiche. VO. = Verordnung. vorl. — vorläufig. Verwaltungsrat. BR. Bors. — Vorsitzender. ZBlfdDR. = Zentralblatt für das Deutsche Reich. Ziffer.

Ziss.

I. Einleitung?) i. Der Arbeitsnachweis in seiner heutigen Gestalt hat seinen Ur* prung in der Umwandlung der wirtschaftlichen Verhältnisse, die sich eit der Erfindung der Dampfmaschine und der Entwicklung des mo)ernen Verkehrswesens in allen Kulturländern vollzog. Das rasche Aufblühen der Großindustrie machte immer mehr früher wirtschaftlich selbständige Menschen zu unselbständigen, auf Arbeit in fremden Be­ trieben angewiesenen Lohnarbeitern- durch die vergleichsweise hohen Löhne, die sie bieten konnte, zog sie wachsende Scharen früher in der Landwirtschaft beschäftigter Arbeitskräfte an sich, vermochte aber in Zeiten wirtschaftlicher Krisen nicht alle ihre Arbeitskräfte weiterzu­ beschäftigen, sondern mußte einen Teil vorübergehend abstoßen. So entstand als ein doppeltes wirtschaftliches Problem die Arbeitslosigkeit in den Städten und die Leutenot auf dem Lande. Die althergebrachten Formen der Arbeitssuche und der Arbeits­ beschaffung (Umschau, Zeitungsanzeige) konnten den Bedürfnissen der neuen Zeit nicht mehr genügen- auch die gewerbsmäßige Stellenver­ mittlung, deren Tätigkeit sich in der Hauptsache auf häusliches und landwirtschaftliches Gesinde und auf die Angestellten des Gastwirts­ gewerbes beschränkte, war dazu — abgesehen von allen ihr sonst noch anhaftenden Mängeln — nicht imstande. So entstanden zunächst nichtgewerbsmäßige Arbeitsnach­ weise in einer doppelten Form: als Jnteressentennachweise der wirtschaftlichen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervereinigungen und als sog. karitative, von gemeinnützigen und Wohltätigkeitsvereinen unter­ haltene Arbeitsnachweise. Die ältesten Jnteressentennachweise sind die Jnnungsnachweise, die an eine bis ins Mittelalter zurückreichende Entwicklung anknüpfen konnten. Durch die Gewerbeordnungsnovelle von 1881 wurde den Innungen die Fürsorge für den Arbeitsnachweis zur Pflicht gemacht­ große und mehr als örtliche Bedeutung haben jedoch die Innungs­ nachweise niemals erlangt. Ihnen folgten die Arbeitnehmernachweise der Gewerk­ schaften und Angestelltenverbände, die mit dem Erstarken dieser Ver*) Eine ausführlichere Übersicht über die bisherige Entwicklung des Arbeitsnachweiswesens in Deutschland und die Vorgeschichte des Gesetzes bietet die Begründung des Entwurfs, Drucks, d. Reichstags I 1920/21 Nr. 3148, S. 17 ff. Ztegler-Schlederer, ArbeitSnachwei-gesetz.

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2

Einleitung.

einigungen an Zahl und Bedeutung zunahmen; später folgten die Arbeitsnachweise der großen Arbeitgeberverbände, als erster der Arbeitsnachweis des Verbands der Metallindustrie in Ham­ burg, dem bald weitere Arbeitsnachweise für die Metallindustrie, den Bergbau (besonders im Ruhrgebiet), sowie für die Textilindustrie und das Baugewerbe zur Seite traten. Als einseitige Einrichtungen der Jnteressentengruppen konnten alle diese Einrichtungen niemals das volle Vertrauen des anderen Teils er­ ringen; sie galten als Werkzeug des wirtschaftlichen Kampfs und wurden auch tatsächlich, besonders im Anfang ihrer Entwicklung, in diesem Sinne benützt. Nur in einzelnen Berufen brach sich nach schweren Kämpfen der Gedanke Bahn, daß der Arbeitsnachweis beiden Teilen unparteiisch zu dienen habe; es entstanden durch tarifliche Vereinbarungen die von Ar­ beitgebern und Arbeitnehmern gemeinsam geschaffenen und geleiteten paritätischen Fach arbeitsnachweise. Am vollständigsten hot sich diese Form des Arbeitsnachweises im Buchdruckgewerbe durch­ gesetzt. Die wachsende Leutenot auf dem Lande veranlaßte die meisten preußischen Landwirtschaftskammern Mitte der 90er Jahre zur Errichtung eigener Arbeitsnachweise. 1905 wurde die Feldarbeiterzentrale, jetzt „Deutsche Arbeiterzentrale" in Berlin gegründet, die sich die An­ werbung und Vermittlung ausländischer Arbeitskräfte für die Land­ wirtschaft, später auch für die Industrie zum Ziele setzte. Die karitativen Arbeitsnachweise gingen in der Haupt­ sache von armenpflegerischen, mitunter auch von polizeilichen Gesichts­ punkten aus. Durch die Zusammenfassung gleichgerichteter Bestrebungen entstanden zuerst in Baden und der Rheinprovinz sogen. „Vereins­ arbeitsnachweis e", die meistens von den Gemeinden durch Geld­ mittel und Bereitstellung von Räumen unterstützt wurden und zum Teil sehr erfolgreich und verdienstvoll arbeiteten. Diese Vereinsarbeitsnach­ weise nehmen eine Zwischenstellung zwischen den privaten nichtgewerbs­ mäßigen und den öffentlichen Arbeitsnachweisen ein.

II. Verhältnismäßig spät nehmen sich die öffentlichen Körper­ schaften des Arbertsnachweiswesens an. Erst als die Anschauungen des wirtschaftlichen Liberalismus („Manchesterlehre") anderen sozial­ politischen Auffassungen Platz machten, wie sie in der kaiserlichen Botschaft vom 4. Februar 1890 zum Ausdruck kamen, war die Zeit für die Entwicklung des öffentlichen Arbeitsnachweises gekommen. Durch die ungünstige Wirtschaftslage zu Anfang der 90er Jahre wurde seine Entwicklung beschleunigt. In rascher Folge entstanden in fast allen Bundesstaaten, von den Regierungen durch Anregungen und Gewährung von Zuschüssen gefördert, eine Reihe von Arbeitsnachweisen (Arbeitsämtern), im Süden' ausschließ­ lich auf gemeindlicher Grundlage, im Norden zum Teil in der Form der Kreisarbeitsnachweise. Die armenpflegerischen Gesichtspunkte, von denen man bei der Gründung der ersten derartigen Einrichtungen noch ausging, traten bald

Einleitung.

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zurück und die sozialpolitischen Bestrebungen in den Vordergrund. Ent­ scheidend wurde hier insbesondere die Aufnahme des Gedankens der Beteiligung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer an der Verwaltung des Arbeitsnachweises durch paritätisch zusammen­ gesetzte Ausschüsse. Schon sehr bald schlossen sich die öffentlichen Arbeitsnachweise zu Arbeitsnachweisverbänden zusammen, die ihre Spitze in dem am 4. Februar 1898 gegründeten „Verband deutscher Arbeitsnachweise" fanden. Die preußischen Verbände traten 1913 noch zu einem beson­ deren „Verband preußischer Arbeitsnachweise" zusammen. Die Verbände wirkten fördernd und anregend auf den planmäßigen Ausbau des öffentlichen Arbeitsnachweises ein und waren insbesondere mit Erfolg um die Erlangung von Fahrpreisermäßigungen zum Zwecke der Arbeitsvermittlung bemüht. Eine ihrer Hauptaufgaben erblickte sie in der Förderung des zwischenörtlichen Ausgleichs von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt, besonders durch die Herausgabe von Stellenlisten (in Bayern wurde diese Aufgabe schon durch eine MinBek. vom 1. Mai 1898 sMABl. S. 263] besonderen Kreiszentralen — Haupt­ arbeitsämtern — in den acht Regierungsbezirken übertragen). Obgleich die freiorganisierten Arbeiter — im Gegensatz zu den christlichen Gewerkschaften und den Hirsch-Dunkerschen Gewerkvereinen — sich den öffentlichen Arbeitsnachweisen gegenüber zunächst (bis zum Frankfurter Gewerkschaftskongreß 1899) grundsätzlich ablehnend, die Arbeitgeberverbände günstigstenfalls gleichgültig verhielten, setzte sich der öffentliche Arbeitsnachweis doch durch und dehnte seine Tätigkeit, die sich anfangs in der Hauptsache auf landwirtschaftliche und ungelernte Arbeiter und häusliches Dienstpersonal beschränkte, immer mehr auch auf gelernte Facharbeiter und Angestellte aus. Das von ihm angestrebte Ziel einer Zusammenfassung der gesamten Arbeitsver­ mittlung konnte jedoch im allgemeinen nicht erreicht werden; es be­ stand vielmehr eine Zersplitterung weiter, die namentlich einen ge­ regelten zwischenörtlichen und zwischenberuflichen Ausgleich unüber­ windliche Schwierigkeiten in den Weg legte. Auch die Entwicklung des öffentlichen Arbeitsnachweises selbst war keine gleichmäßige und einheit­ liche. Während im Süden der gemeindliche Arbeitsnachweis immer mehr Boden gewann und sich zu einer beherrschenden Stellung auf­ schwingen konnte, blieb im Norden die Form des Bereinsarbeitsnachweises vorherrschend; in manchen Teilen des Reichs machte die Entwicklung nur sehr langsame Fortschritte.

in. In dieser Verfassung überraschte das deutsche Arbeitsnachweis­ wesen der Ausbruch des Krieges, der sofort seine Mängel in ihrer ganzen Bedeutung zutage treten ließ. Der Mangel einer einheitlichen lückenlosen Organisation, die örtliche Zersplitterung der Arbeitsvermitt­ lung und das Fehlen von Einrichtungen für die zwischengebietliche Arbeits­ vermittlung machte sich schon in den ersten Kriegswochen überaus störend bemerkbar und konnte auch durch die sofort ergriffenen Maßnahmen nicht völlig beseitigt werden. Die Vereinsarbeitsnachweise wurden im Laufe der ersten Kriegsjahre fast überall in gemeindliche Verwaltung 1*

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Einleitung.

übernommen und dadurch auf eine sichere rechtliche und finanzielle Grundlage gestellt; eine gewisse Zentralisierung der örtlichen Arbeits­ vermittlung unter der Führung des öffentlichen Arbeitsnachweises wurde in vielen Städten erreicht. Die Arbeitsnachweisverbände suchten durch die Einrichtung von „Zentralauskunftsstellen" die öffentlichen und die nichtgewerbsmäßigen Arbeitsnachweise ihres Bezirks zusammenzu­ fassen; beim Reichsamt des Innern wurde durch Vereinbarung der Bun­ desstaaten am 6. August 1914 die „Reichszentrale für Arbeits­ nachweise" errichtet, um eine einheitliche Organisation herbeizuführen, einen Überblick über den Arbeitsmarkt zu gewinnen und den zwischen­ örtlichen und zwischengebietlichen Ausgleich zu fördern. Der vom Kaiser­ lichen Statistischen Amt herausgegebene „Arbeitsmarktanzeiger", dessen erste Nummer am 14. August 1914 erschien, brachte regelmäßige Meldungen der Arbeitsnachweise über die unerledigten Stellengesuche und Stellenangebote. Eine nennenswerte Einwirkung auf die Orga­ nisation des Arbeitsnachweises konnte aber von der Reichszentrale nicht ausgeübt werden. Die ungünstigen Erfahrungen der ersten Kriegsmonate führten zu einer Konferenz der Gewerkschaften aller Richtungen, die in Berlin am 10. Februar 1915 auf Einladung der Generalkommission der Gewerkschäften stattfand und einmütig eine gesetzliche Regelung des Arbeits­ nachweises forderte. Eine entsprechende Petition wurde am 3. März 1915 dem Bundesrat und Reichstag überreicht. Der Reichstag nahm nach ausgiebiger zweitägiger Aussprache am 20. März 1915 einstimmig einen Antrag an, der die verbündeten Regierungen ersuchte, dem Reichs­ tag einen Entwurf eines Arbeitsnachweisgesetzes vorzulegen. Zur Vor­ lage dieses Entwurfs ist es während des Kriegs nicht mehr gekommen; die sonstigen auf Grund einer Besprechung, die am 30. April 1915 in: Reichsamt des Innern stattfand, ergriffenen Maßnahmen führten zwar zu einer Verbesserung der Arbeitsmarktberichterstattung; die Orga­ nisation des Arbeitsmarkts blieb jedoch nach wie vor lückenhaft. Eine weitere im April 1916 von den Gewerkschaften aller Rich­ tungen gemeinsam mit dem Büro für Sozialpolitik an die Landeszentral­ behörden gerichtete Eingabe gab den Anstoß zur Erlassung der Bundes­ rats-Verordnung vom 14. Juni 1916 (RGBl. S. 519), welche die Landeszentralbehörden ermächtigte, die Gemeinden oder Gemeindeverbände zur Errichtung oder Unterstützung öffentlicher unparteiischer Arbeits­ nachweise zu verpflichten und Anordnungen über Einrichtung und Be­ trieb solcher Arbeitsnachweise zu erlassen. Von dieser Ermächtigung • machte nur Bayern in der MinBek. vom 14. Sept. 1916 (MABl. S. 269) im vollen Umfang Gebrauch; Preußen ermächtigte mit Erlaß vom 25. Juli 1916 (HandelsMinBl. S. 265) die Regierungspräsidenten, entsprechende Anordnungen zu treffen; in Sachsen blieb es'bei dem Entwurf einer Verordnung. Besonders nachhaltig wurde die Entwicklung des Arbeitsnachweises während des Kriegs von den militärischen Befehlsstellen beeinflußt. Insbesondere wurde der Vollzug des Gesetzes über den vaterländischen. Hilfsdienst vom 5. Dez. 1916 (RGBl. S. 1333), soweit er die Arbeits­ vermittlung betraf, in Preußen und den anderen Bundesstaaten den Zentralauskunftsstellen und den neu errichteten Hilfsdienstmeldestellen übertragen, während in Bayern die Hauptarbeitsämter und Arbeits-

Einleitung.

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ämter in den Dienst dieser Aufgabe gestellt wurden. Die Leitung des Arbeitsnachweiswesens ging auf das zur Durchführung des Hilfsdienstgesetzes errichtete Kriegsamt und die ihm unterstellten Kriegs­ amtsstellen über. Tie plötzliche Demobilmachung unb die mit ihr verbundene ungeheure Arbeitslosigkeit machten umfassende Maßnahmen auf dem Gebiet des Arbeitsnachweiswesens nötig, dessen Leitung zunächst auf das Demobilmachungsamt (Erlaß vom 19. Nov. 1918, „Wirtschaft!. De­ mobilmachung" Nr. 1 S. 4), bzw. die Demobilmachungskommissare (Er­ laß vom 3. Febr. 1919), vom 1. Mai 1919 ab auf das Reichsarbeits­ ministerium überging. Die Verordnung vom 9. Dez. 1918 (RGBl. S. 1421) wieder­ holte die Bestimmungen der Bundesrats-Verordnung vom 14. Juni 1916 und ermächtigte die Landeszentralbehörden, Bestimmungen über den Zu­ sammenschluß nichtgewerbsmäßiger Arbeitsnachweise zu erlassen; sie ver­ anlaßte Verordnungen verschiedener Landesregierungen (Preußen, Sachsen, Württemberg usw.), durch welche die Errichtung von Landesämtern für Arbeitsvermittlung angeordnet wurde. Die Demobillnachungsverordnung vom 17. Febr. 1919 (RGBl. S. 201) verpflichtete die Arbeitgeber zur Anmeldung eines Bedarfs von fünf oder mehr Arbeitskräften beim öffentlichen Arbeitsnachweis. In fast allen Ländern wurde die Organisation und Tätigkeit des öffentlichen Arbeitsnachweises von den staatlichen Demobilmachungs­ kommissaren beeinflußt; aus der fast nnübersehbaren Fülle von An­ ordnungen dieser Stellen ist hier die Anordnung des bayer. Staats­ kommissars für die wirtschaftliche Demobilmachung vom 2. April 1919 (StA. Nr. 98—111) als die weitestgehende hervorzuheben. Die staatlichen Anordnungen zur Regelung des Arbeitsmarkis durch die Arbeitsnachweise wurden wirksam unterstützt durch die Ver­ einbarungen zwischen den Arbeitgeberverbänden und den Gewerkschaften vom 15. Nov. 1918, die eine gemeinsame Regelung und paritätische Verwaltung des Arbeitsnachweises vorsahen. Durch die Verordnung vom 5. Mai 1920 (RGBl. S. 876) erhielt das bereits am 15. Jan. 1920 zunächst als Abteilung des Neichsarbeitsministeriums errichtete R e i ch s a m t für Arbeitsvermitt­ lung seine rechtliche Grundlage. Die Aufgaben des öffentlichen Arbeitsnachweises erfuhren durch seine Beteiligung an der Durchführung der Erwerblosenfürsorge (Ver­ ordnung vom 23. Nov. .1918, RGBl. S. 1305/1. Nov. 1921, RGBl. S. 1337/21. März 1922, RGBl. S. 280; Ausführungsbestimmungen zu § 10 dieser Verordnung vom 15. Jan. 1920, RGBl. S. 54/7. Juni 1922, RGBl. S. 626) und das Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter vom 6. April 1920 (RGBl. S. 458) eine wesentliche Erweiterung. Auch die B e r u f s b e r a t u n g und L e h r st e l l e n v e r m i t t l u n g wurde durch die Organisation des öffentlichen Arbeitsnachweises ge­ fördert. Als erster Bundesstaat erließ Bayern mit der MinBek. vom 17. Dez. 1917 (GVBl. 1918 S. 1) grundlegende Anordnungen auf diesem Gebiete; weitere Erlasse ergingen auf Grund der Reichsverordnung vom 9. Dez. 1918 in Preußen und anderen Ländern. Die früheren Arbeitsnachweisverbände gingen ebenso wie die Zentralauskunftsstellen in den neuerrichteten Landesarbeitsämtern

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Einleitung.

auf; auch der Verband deutscher Arbeitsnachweise wurde.i. I. 1921 aufgelöst. So bedeutungsvoll die bisher erzielten Fortschritte im einzelnen waren, so wenig konnten sie zu einer einheitlichen und planmäßigen Organisation des Arbeitsnachweiswesens führen. Dieses Ziel war nur auf dem Wege einer reichsgesetzlichen Regelung zu erreichen, von deren Vorgeschichte im folgenden zunächst zu handeln ist.

TV. Während die einzelnen Bundesstaaten vom Anfang der 90er Jahre ab die Entwicklung des öffentlichen Arbeitsnachweises zu för­ dern suchten, verhielt sich die Reichsregierung gegenüber dem schon früh­ zeitig vertretenen Gedanken einer reichsgesetzlichen Regelung des Arbeitsnachweiswesens zurückhaltend. Bereits 1884 beschäf­ tigte sich der Reichstag anläßlich der Besprechung einer Petition über eine bessere Ausgestaltung des Arbeitsnachweises mit dieser Frage, wobei die Auflegung von Listen der offenen Stellen bei den Krankenkassen und der Anschluß des Arbeitsnachweises an die Berufsgenossenschaften empfohlen wurde. Der letztere Gedanke wurde 1897 durch den Abg. Dr. Hitze wieder ausgenommen, seine Verwirklichung scheiterte aber 1900 bei der Beratung des Unfallversicherungsgesetzes an den Bedenken der Arbeitnehmer. Ein Antrag Grillenberger und Bebel von 1885, der 1890 in ver­ änderter Form als Antrag Auer u. Gen. wiederkehrte, wollte die da­ mals verlangten Arbeitskammern zu Trägern des Arbeitsnachweises machen, ebenso ein Antrag Dr. Lieber und Hitze von 1899. Wiederholte Anträge Nösike-Pachnicke von 1898 und 1900 verlangten die Ermächtigung der Landesregierungen, Gemeinden zur Errichtung paritätisch verwal­ teter Arbeitsnachweise anzuhalten. Dieser Antrag wurde in der Sitzung vom 31. Jan. 1902 abgelehnt. Auch gegenüber den Interpellationen Graf Hompesch u. Gen. sowie Albrecht u. Gen., über die am 13. und 14. Nov. 1908 verhandelt wurde, nahm die Reichsregierung die gleiche abwartende Stellung ein wie zu allen früheren Anträgen und fand in dieser Haltung eine Unterstützung in dem Umstand, daß die Mehrheit der Teilnehmer des am 12. und 13. Nov. 1908 in Leipzig abgehaltenen Arbeitnachweiskongresses sich dahin aussprach, daß es zweckmäßiger und auch möglich sei, den öffentlichen Arbeitsnachweis aus sich selbst heraus organisch zu entwickeln. Um auf diesem Wege erfolgreich fortschreiten zu können, erbat der Verband deutscher Arbeitsnachweise eine jährliche Unterstützung von 30000 Mark, die vom Reichstag am 8. Febr. 1909 bewilligt wurde. Auch die Verhandlungen über die Interpellationen Frh. v. Hertling u. Gen. und Albrecht u. Gen. am 14. und 15. Nov. 1909 ergaben, daß die Angelegenheit für eine gesetzliche Regelung noch nicht reif war; die Regierung stellte aber eine Förderung des öffentlichen Arbeitsnach­ weises im Zusammenhang mit dem Arbeitskammergesetz linb dem Stellen­ vermittlergesetz in Aussicht. Ein Antrag Dr. Ablaß u. Gen. auf gesetz­ liche Regelung des Arbeitsnachweises kam nicht zur Verhandlung. Das Gesetz über die Arbeitskammern, das diesen die Errichtung nichtgewerbsmäßiger paritätisch verwalteter Arbeitsnachweise als Auf-

Einleitung.

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gäbe zuweisen wollte, scheiterte. Das Stellenvermittlergesetz vom 2. Juni 1910 (RGBl. S. 860) suchte die schweren Mißstände im Betriebe der gewerbsmäßigen Stellenvermittlung zu beseitigen und diese zugunsten des öffentlichen Arbeitsnachweises zurückzudrängen; es er­ mächtigte außerdem die Landeszentralbehörden, auch die nichtgewerbs­ mäßigen Arbeitsnachweise einzelnen Bestimmungen des Gesetzes zu unter­ werfen. Von dieser Ermächtigung machten im wesentlichen nur die süd­ deutschen Staaten weitgehenden Gebrauch. Die sozialdemokratischen An­ träge auf völlige Beseitigung der gewerbsmäßigen Stellenvermittlung und obligatorische Errichtung öffentlicher paritätisch verwalteter Arbeits­ nachweise wurden abgelehnt. Ebensowenig Erfolg hatten verschiedene in den nächsten Jahren in dieser Richtung eingebrachten Anträge — abgesehen von einer Erhöhung der dem Verband deutscher Arbeitsnach­ weise gewährten Unterstützung von 30 000 Mark auf 50000 Mark jährlich. Auch während des Krieges führte die bereits oben erwähnte, am 20. März 1915 einstimmig erfolgte Annahme einer Entschließung, durch welche die verbündeten Regierungen um die Vorlage eines Arbeits­ nachweisgesetzes ersucht wurden, doch nicht zum Ziele, weil die Re­ gierung angesichts der ablehnenden Haltung der Arbeitgeber und eines großen Teils der Angestellten, der wachsenden Beeinflussung des Arbeits­ nachweises durch die Militärbehörden und der steigenden Kriegsnöte von der Einbringung eines Gesetzentwurfs absehen zu müssen glaubte. Es kam nur zu einem schrittweisen Vorgehen auf dem Verordnungsweg (vgl. Ziff. III). V.

Art. 7 Ziff. 9 der Reichsverfassung vom 11. Aug. 1919 erklärt die Gesetzgebung über den Arbeitsnachweis als Reichsangelegenheit und bildet damit die verfassungsmäßige Grundlage für die reichs­ gesetzliche Regelung. Noch i. I. 1919 erteilte das Reichsarbeitsministerium dem bei ihm gebildeten Arbeitsrechtsausschuß den Auftrag, einen Entwurf für ein Arbeitsnachweisgesetz auszuarbeiten; der Ausschuß betraute mit dieser Aufgabe einen Unterausschuß unter der Leitung von Professor Dr. Kaskel. Bald nach seiner Errichtung erhielt das Reichsamt für Arbeitsvermitt-lung den gleichen Auftrag. Beide Stellen arbeiteten nun gemeinsam den ersten Entwurf aus, der als Referentenentwurf in Nr. 1 des Reichsarbeitsblattes 1920 veröffentlicht wurde. Im April 1921 wurde der endgültige Entwurf aufgestellt und zur gutachtlichen Stellungnahme dem Vorläufigen Reichswirt­ schaftsrat zugeleitet, dessen Arbeits- und sozialpolitischer Ausschuß sich bis zum Oktober in zahlreichen' Sitzungen mit dem Entwurf befaßte, ohne zu einer abschließenden Stellungnahme zu kommen. Die Reichs­ regierung legte deshalb, ohne das Gutachten des Reichswirtschaftsrats abzuwarten, den Entwurf im Oktober 1921 dem Reichsrat vor, der ihn bereits im Dezember 1921 mit einigen Änderungen annahm. Anfangs Dezember wurde der Entwurf nach lebhaften Kämpfen gegen eine starke Opposition auch vom Reichswirtschaftsrat verabschiedet. Am 7. Dez. 1921 wurde der Entwurf in der vom Reichsrat be­ schlossenen Fassung dem Reichstag vorgelegt (Drucks, d. Reichstags I 1920/22 Nr. 3148), der ihn in erster Lesung am 20. Jan. 1922 seinem

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Einleitung.

6. Ausschuß (Ausschuß für sozialpolitische Angelegenheiten) überwies. Dieser behandelte den Entwurf in zwei Lesungen, zwischen die sich die Arbeit eines zum Ausgleich der Meinungsverschiedenheiten über einzelne Fragen eingesetzten Unterausschusses einschob. Die Behandlung des Entwurfs, der dabei zahlreiche Veränderungen erfuhr, nahm 28 Ausschuß- und 8 Unterausschußsitzungen in Anspruch (Bericht des Ausschusses s. Drucks, d. Reichstags I 1920/22 Nr. 4490). Am 28. Juni (vgl. Sten.Bericht S. 8271 D ff.) und 4. Juli 1922 (StenBer. S. 8271 D ff.) fand die zweite Lesung im Plenum des Reichs­ tags statt, und am 13. Juli 1922 wurde das Gesetz in dritter Lesung (StenBer. S. 8546 A ff.) gegen die Stimmen einer kleinen Minderheit angenommen. Es ist unterm 22. Juli 1922 im RGBl. I S. 657 ver­ öffentlicht.

VI.

Der Gesetzentwurf erstrebte (vgl. Begründung, Drucks, d. Reichs­ tags 1920/21 Nr. 3148 S. 35ff.) die Schaffung einer planmäßigen, einheitlichen und möglichst umfassenden Or­ ganisation des Arbeitsnachweises unter weitgehender Ver­ wirklichung des Gedankens der Selbstverwaltung durch Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Er wollte dem öffentlichen Arbeits­ nachweis eine gewisse Monopolstellung einräumen und sah zu diesem Zwecke neben der Vorbereitung der völligen Beseitigung der gewerbs­ mäßigen Stellenvermittlung und der Aufsicht der Organe des öffent­ lichen Arbeitsnachweises über die gewerbsmäßigen Stellenvermittler vor allem den Übergang der Jnteressentennachweise auf die öffentlichen Arbeitsnachweise vor. Den vielfach geforderten Benutzungszwang für die öffentlichen Arbeitsnachweise lehnte der Entwurf ab und erstrebte nur eine fakultative Verpflichtung der Arbeitgeber zur Anmeldung offener Stellen. Diese Grundgedanken des Entwurfs sind trotz der vielen Veränderungen, die er durch die Verhandlungen der gesetzgebenden Körper­ schaft erfahren hat, im wesentlichen unangetastet geblieben- nur die den: öffentlichen Arbeitsnachweis zugedachte Monopolstellung ist gefallen (vgl. die §§ 44—47 des Ges.): auch die Möglichkeit, den Arbeitgebern und Arbeitnehmern eine Verpflichtung zur Anmeldung offener Stellen anfzuerlegen, wurde erheblich eingeschränkt. Im übrigen beruht das Gesetz in der Form, in der es aus den Beratungen der gesetzgebenden Körperschaften hervorgegangen ist, in fast allen einzelnen Bestimmungen auf Kompromissen zwischen den An­ sprüchen des Reichs und der Länder, der gemeindlichen und der wirt­ schaftlichen Selbstverwaltung und den Forderungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Ob die gefundenen Lösungen sich in ihrer praktischen Durchführung in allen Punkten als glücklich erweisen werden, ob ins­ besondere die Bestimmungen über die nichtgewerbsmäßigen Arbeits­ nachweise und über die Meldepflicht in Zeiten wirtschaftlicher Krisen aus­ reichen werden, um den Schwierigkeiten solcher Zeiten wirksam zu be­ gegnen, muß die Entwicklung lehren.

II. Gesetzestext. Arbeitsnachweisgesetz vom 22. Juli 1922 (RGBl. I S. 657).

Der Reichstag hat das folgende Gesetz beschlossen, das mit Zustimmung des Reichrats hiermit verkündet wird:

I. Arbeitsnachweisämter. § L

Arbeitsnachweisämter sind die öffentlichen Arbeitsnach­ weise (§§ 2 bis 14), die Landesämter für Arbeitsvermittlung (§§ 15 bis 25), das Reichsamt für Arbeitsvermittlung (§§ 26 bis 31). 1. Öffentliche Arbeitsnachweise.

K 2. Den öffentlichen Arbeitsnachweisen liegt unbeschadet der Vorschriften der §§ 44 bis 47 die Arbeitsvermittlung von Arbeitern und Angestellten sowie die Mitwirkung bei der Durchführung von gesetzlichen Unterstützungsmaßnahmen für Arbeitslose ob; sie sind ermächtigt und können durch das Reichsamt für Arbeitsvermittlung öder die obersten Landesbehörden verpflichtet werden, ihre Tätigkeit auch auf die Berufsberatung und Lehrstellenvermittlung nach den vom Reichsamt im Einvernehmen mit seinem Verwaltungsrat er­ lassenen allgemeinen Bestimmungen zu erstrecken. Der Reichsarbeitsminister kann weitere Aufgaben zur Regelung des Arbeitsmarkts, insbesondere die Mitarbeit auf dem Gebiete der Arbeitsbeschaffung, der Erwerbsbeschränkten- und Wandererfürsorge, den öffentlichen Arbeitsnachweisen übertragen. Auch die obersten Landesbehörden und mit ihrer Zustimmung die Errichtungsgemeinden können diese Aufgaben den öffentlichen Arbeitsnachweisen übertragen. Vor der Übertragung hat die Gemeinde die Zustimmung des Verwaltungsausschuffes des öffentlichen Arbeitsnachweises, die oberste Landesbehörde diejenige der Verwaltungsausschüsse der beteiligten Landesämter, der Reichsarbeitsminister diejenige des Verwaltungs­ rats beim Reichsamt einzuholen.

§ 3. Die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes von Gemeinden oder Gemeindeverbänden unterhaltenen Arbeitsnachweise sind in öffentliche Arbeitsnachweise nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu

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Gesetzestext.

überführen. Die oberste Landesbehörde setzt nach Anhörung des Landesamts für Arbeitsvermittlung und seines Verwaltungsaus­ schusses den Bezirk für jeden öffentlichen Arbeitsnachweis fest. Dabei muß jede Gemeinde von einem öffentlichen Arbeitsnachweis erfaßt werden. Die oberste Landesbehörde kann nach Anhörung des Landesamts und seines Verwaltungsausschusses anordnen, daß für bestimmte Bezirke neue öffentliche Arbeitsnachweise zu errichten, bestehende zusammenzulegen oder aufzulösen sind. Dabei ist in der Regel für den Bezirk jeder unteren Verwaltungsbehörde ein öffent­ licher Arbeitsnachweis zu errichten. Hat eine solche Anordnung die Auflösung eines bereits bestehenden öffentlichen Arbeitsnachweises oder eine Änderung seines Wirkungs­ kreises zur Folge, so ist der Träger des betreffenden Arbeitsnach­ weises zu hören. Für mehrere Gemeinden, die zu verschiedenen Ländern gehören, können die beteiligten obersten Landesbehörden anordnen, daß ein gemeinsamer öffentlicher Arbeitsnachweis errichtet wird. Auf Antrag einer obersten Landesbehörde kann der Reichsarbeitsminister nach Anhörung der anderen beteiligten obersten Landesbehörden die Entscheidung über die Errichtung treffen. § 4. Den öffentlichen Arbeitsnachweis errichtet die Gemeinde oder der weitere Gemeindeverband, für deren Bezirk der öffentliche Arbeitsnachweis bestimmt ist (Errichtungsgemeinde). Öffentliche Arbeitsnachweise, deren Bezirk über die Grenze einer Gemeinde oder eines weiteren Gemeindeverbandes hinausreicht, werden durch die beteiligten Gemeinden oder Gemeindeverbände errichtet. Einigen sie sich nicht, so ordnet die oberste Landesbehörde die Errichtung nach Anhörung des Landesamts an. § 3 Abs. 3 gilt entsprechend. Die Überführung eines entsprechenden Arbeitsnachweises gemäß § 3 gilt als Errichtung. K 5. Die Verfassung der öffentlichen Arbeitsnachweise wird durch die Satzung geregelt. Die Satzung erläßt die Errichtungsgemeinde im Einvernehmen mit dem Verwaltungsausschusse. Einigen sie sich nicht, so entscheidet die Gemeindeaufsichtsbehörde nach Anhörung des Verwaltungsausschusses des Landesamts. Das Reichsamt kann mit Zustimmung seines Verwaltungsrats allgemeine Bestimmungen über den Inhalt der Satzungen treffen. Soweit es von dieser Befugnis keinen Gebrauch macht, können die Landesämter mit Zustimmung ihrer Verwaltungsausschüsse und mit Genehmigung der beteiligten obersten Landesbehörden derartige Bestimmungen erlassen.

I. Arbeitsnachweisämter.

§§ 4—8.

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Die Satzung kann bestimmen, daß für weibliche Arbeitnehmer besondere Abteilungen unter sachgemäßer weiblicher Leitung zu errichten sind.

§ 6. Der öffentliche Arbeitsnachweis wird von der Errichtungs­ gemeinde verwaltet. Für gemeinsame öffentliche Arbeitsnachweise bestimmt die oberste Landesbehörde nach Anhörung des Landesamts sowie der beteiligten Gemeinden, im Falle des § 3 Abs. 3 Satz 2 der Reichsarbeitsminister, welche Errichtungsgemeinde die Verwaltung übernimmt (Verwaltungsgemeinde). § 7. Für jeden öffentlichen Arbeitsnachweis ist ein Ver­ waltungsausschuß zu bilden. Der Verwaltungsausschuß besteht aus dem Vorsitzenden des öffentlichen Arbeitsnachweises oder einem seiner Stellvertreter und mindestens je drei Arbeitgebern und Arbeit­ nehmern als Beisitzern. Die Zahl der Arbeitgeber und der Arbeit­ nehmer muß gleich sein. Unter den Beisitzern sollen sich Frauen befinden. Die Errichtungsgemeinde ist berechtigt, in den Verwaltungs­ ausschuß Vertreter mit beratender Stimme zu entsenden. Ihre Zahl darf nicht größer sein als die Zahl der Arbeitgeber oder Arbeit­ nehmer. Vertreter wirtschaftlicher Vereinigungen der Arbeitgeber gelten als Arbeitgeber, Vertreter wirtschaftlicher Bereinigungen der Arbeit­ nehmer gelten als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift. Wer ausschließlich Hausgehilfen beschäftigt, gilt nur hinsichtlich einer Fachabteilung für Hausgehilfen (§ 32) als Arbeitgeber im Sinne dieser Vorschrift; das Landesamt kann Ausnahmen in solchen Fällen zulassen, in denen der Arbeitsnachweis sich wesentlich mit der Vermittlung von Hausgehilfen befaßt. Als Arbeitgeber gilt hier­ bei auch eine Frau, deren Mann als Haushaltungsvorstand Haus­ gehilfen beschäftigt. Auf jeden Beisitzer entfällt ein Stellvertreter, der ihm im BeHinderungsfalle vertritt und im Falle des Ausscheidens für den Rest der Amtsdauer ersetzt. Die Stellvertreter der Beisitzer sind ebenso wie die Stellvertreter des Vorsitzenden berechtigt, an den Sitzungen des Verwaltungsausschusses 1 eilzunehmen, aber ohne beratende und beschließende Stimme.

§ 8. Der Vorsitzende des öffentlichen Arbeitsnachweises und seine Stellvertreter werden von der Errichtungsgemeinde, bei gemein­ samen Arbeitsnachweisen von der Verwaltungsgemeinde nach Be­ nehmen mit den anderen Errichtungsgemeinden bestellt.

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Gesetzestext.

Vor der Bestellung ist der Verwaltungsausschuß zu hören. Erhebt mehr als die Hälfte der Beisitzer E nspruch, so ist die Be­ stellung nur mit Zustimmung des Verwaltungsausschusses des Landesamts zulässig. Der Einspruch muß mit Gründen versehen sein. Wird darauf die Zustimmung versagt und kommt binnen vier Wochen keine andere Regelung zustande, so nimmt die Gemeindeaufsichtsbehörde die erforderlichen Bestellungen nach Anhörung des Landesamts vor. Der Vorsitzende und seine Stellvertreter dürfen ohne Zustimmung des Verwaltungsausschusses weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer sein. Sie werden jedoch durch Beschäftigung von Hausgehilfen nicht behindert, den Vorsitz in einer Fachabteilung für Hausgehilfen zu führen. § 7 Abs. 3 findet Anwendung. Der Vorsitzende führt die Verwaltung des Arbeitsnachweises im Auftrag der Gemeinde (§ 6). Er hat dem Verwaltungsausschuß auf dessen Wunsch jederzeit Auskunft über die Verwaltungsmaßnahmen zu geben. § 9* Die Beisitzer und ihre Stellvertreter bestellt die Er­ richtungsgemeinde, bei gemeinsamen öffentlichen Arbeitsnachweisen die Verwaltungsgemeinde nach Benehmen mit den anderen Er­ richtungsgemeinden. Sie ist dabei an Vorschlagslisten der wirt­ schaftlichen Vereinigungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer gebunden. Die Errichtungsgemeinde hat die Vorschläge durch öffentliche Be­ kanntmachung in ortsüblicher Weise einzufordern. Für die Bestellung ist die Reihenfolge in jeder Vorschlagsliste maßgebend. Liegen mehrere solcher Vorschlagslisten vor, so sind auf sie die Arbeitgeberbeisitzer nach der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer, die Arbeitnehmerbeisitzer nach der Zahl der Mitglieder, die den vor­ schlagenden wirtschaftlichen Vereinigungen im Bezirke des öffent­ lichen Arbeitsnachweises angehören, zu verteilen, in beiden Fällen unter billiger Berücksichtigung des Schutzes der Minderheiten. Werden keine Vorschlagslisten eingereicht oder sind keine als Vorschlagskörper geeigneten wirtschaftlichen Vereinigungen vor­ handen, so bestellt die Errichtungsgemeinde (Verwaltungsgemeinde) die Beisitzer aus den Reihen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Gegen die Nichtzulassung einer Vorschlagsliste oder gegen die Verteilung der Beisitzer auf die Vorschlagslisten kann jede vor­ schlagende Vereinigung Beschwerde bei der Gemeindeaufsichtsbehörde einlegen. Diese entscheidet nach Anhörung des Verwaltungsaus­ schusses des Landesamts. Wenn es sich dabei um die Nichtzulassung einer Vorschlagsliste handelt, ist weitere Beschwerde bei der obersten Landesbehörde zulässig. Sie entscheidet dann endgültig.

I. Arbeitsnachweisämter.

§§ 9—13.

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§ 10, Als Beisitzer bestellt können nur Reichsangehörige werden, die mindestens 24 Jahre alt und im Besitze der bürger­ lichen Ehrenrechte sind. Sie müssen mindestens sechs Monate im Bezirk einer der Errichtungsgemeinden wohnen oder beschäftigt sein. Die Beisitzer werden auf drei Jahre bestellt. Sie verwalten ihr Amt als unentgeltliches Ehrenamt; doch können ihnen für die Teilnahme an den Sitzungen angemessene Tagegelder und Ersatz der Reisekosten gewährt werden. § tl. Der Verwaltungsausschuß stellt, soweit nicht Gesetz oder Satzung entgegenstehen, die Grundsätze für die Geschäftsführung auf und regelt diese im Rahmen des Gesetzes und der Satzung durch eine Geschäftsordnung. Er entscheidet auf Beschwerden über die Geschäftsführung. Jedem Mitglied des Verwaltungsausschusses ist die Anwesenheit in den Diensträumen des Arbeitsnachweises während der Geschäftsstunden gestattet. Es kann mit Zustimmung des Vorsitzenden oder auf Beschluß des Verwaltungsausschusses die Vorlegung von Büchern, Akten oder sonstigen Urkunden und Be­ legen verlangen.

§12. Der Verwaltungsausschuß wird vom Borsitzendenberufen, so oft ein Bedürfnis vorliegt, jedoch mindestens vierteljährlich. Er muß berufen werden, wenn ein Drittel der Mitglieder oder der Vorstand der Errichtungsgemeinde (Verwaltung-gemeinde) es verlangt. § 13. Der Geschäftsführer und die Arbeitsvermittler werden von der Errichtungsgemeinde (Verwaltungsgemeinde) auf Vorschlag des Verwaltungsausschussts bestellt. Der Geschäftsführer muß die erforderliche Sachkenntnis auf dem Gebiete der Arbeitsvermittlung besitzen. Das Reichsamt im Benehmen mit seinem Verwaltungsrat und, sofern es von dieser Befugnis keinen Gebrauch macht, die Landesämter im Benehmen mit ihren Verwaltungsausschüssen können Grundsätze aufstellen über die Voraussetzungen, unter denen die erforderliche Sachkenntnis als gegeben anzusehen ist. Der Geschäfts­ führer soll in der Regel hauvtamtlkch angestellt werden. Die Vor­ schlagsliste darf ohne Zustimmung der Errichtungsgemeinde (Ver­ waltungsgemeinde) für jede offene Stelle nicht weniger als zwei Bewerber enthalten. Die Errichtungsgemeinde (Verwaltungsgemeinde) kann ver­ langen, daß weitere Vorschläge eingereicht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich die mangelnde Eignung eines vorgeschlagenen Bewerbers ergibt. Lehnt der Verwaltungsausschuß den Vorschlag anderer geeigneter Bewerber ab, so entscheidet die Gemeindeauf-

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Gesehestext.

stchtsbehörde nach Anhörung des Landesamts; sie kann die Ge­ meinde zur selbständigen Anstellung ermächtigen. Die Angestellten des Arbeitsnachweises sind durch privatrecht­ lichen Dienstvertrag auf Grund einer Dienstordnung anzustellen. Die Dienstverhältnisse regelt der Vorstand der Errichtungsgemeinde im Einvernehmen mit dem Verwaltungsausschusse durch die Dienst­ ordnung. Von der Anstellung auf Privatdienstvertrag kann in Hinsicht des Geschäftsführers mit Zustimmung des Verwaltungsaus­ schusses abgewichen werden. § 14. Den Haushalt des öffentlichen Arbeitsnachweises setzt die Errichtungsgemeinde auf Vorschlag des Verwaltungsausschusses fest. Erhebt der Berwaltungsausschuß gegen den festgesetzten Haus­ haltsplan Einspruch, so entscheidet die Gemeindeaufsichtsbehörde nach Anhörung des Verwaltungsausschusses des Landesamts. Bei gemeinsamen Arbeitsnachweisen sind übereinstimmende Be­ schlüsse der beteiligten Errichtungsgemeinden erforderlich. Kommen sie nicht zustande oder erhebt der Verwaltungsausschuß gegen deu festgesetzten Haushaltsplan Einspruch, so entscheidet nach Anhörung des Verwaltungsausschusses des Landesamts die gemeinsame Ge­ meindeaufsichtsbehörde. Fehlt diese, so entscheidet der Reichsarbeitsminister im Benehmen mit den beteiligten obersten Landesbehörden.

2. Landesämter für Arbeitsvermittlung. Die Landesämter sind die fachlichen Aufsichts- und Beschwerdestellen gegenüber den öffentlichen Arbeitsnachweisen. Sie haben den Arbeitsmarkt zu beobachten und den Ausgleich von Angebot und Nachfrage zwischen den einzelnen Arbeitsnach­ weisen zu fördern. Sie sind ermächtigt und können durch das Reichsamt für Arbeitsvermittlung oder die obersten Landesbehörden verpflichtet werden, ihre Tätigkeit auch auf die Berufsberatung und Lehrstellenvermittlung nach den vom Reichsamt im Einvernehmen mit seinem Verwaltungsrat erlassenen allgemeinen Bestimmungen zu erstrecken. Soweit Fachabteilungen bei den Landesämtern bestehen (§ 32), liegt ihnen auch die Arbeitsvermittlung ob. Der Reichsarbeitsminister kann mit Zustimmung des Reichs­ rats den Landesämtern weitere Aufgaben zur Regelung des Arbeits­ marktes übertragen. Auch die obersten Landesbehörden können derartige Aufgaben den Landesämtern übertragen. Vor der Übertragung hat die oberste Landesbehörde die Zu­ stimmung der Verwaltungsausschüsse der beteiligten Landesämter, der Reichsarbeitsminister diejenige des Verwaltungsrats des Reichs­ amts einzuholen.

§ 15.

I. Arbeitsnachweisämter.

§§ 14—19.

15

§ 16. Die Landesämter werden für Länder, Provinzen oder andere größere Bezirke errichtet. Für die Gebiete mehrerer Länder oder für Bezirke, die zu mehreren Ländern gehören, können die beteiligten obersten Landes­ behörden anordnen, daß ein gemeinsames Landesamt errichtet wird. Auf Antrag einer obersten Landesbehörde kann der Reichs­ arbeitsminister im Einvernehmen mit dem Verwaltungsrate des Reichsamts nach Anhörung der anderen beteiligten obersten Landes­ behörden die Entscheidung über die Errichtung eines gemeinsamen Landesamts treffen. Soweit ein dringendes wirtschaftliches Bedürfnis es erfordert, kann der Reichsarbeitsminister mit Zustimmung des Reichsrats den Bezirk für ein Landesamt bestimmen; vorher ist der Reichswirtschaftsrat zu hören. In diesen Fällen bestimmt der Reichsarbeitsminister nach Anhörung der beteiligten obersten Landes­ behörden, in welcher Weise die Verwaltung zu führen ist. Die Landesämter sind mit Ermächtigung der obersten Landes­ behörden berechtigt, innerhalb ihres Bezirkes Zweigstellen zu er­ richten oder einzelne Aufgaben auf bestimmte Arbeitsnachweise zu übertragen. Die Aufgaben, die in den § 17 Abs. 1, §§ 18, 20 und 23 der obersten Landesbehörde übertragen sind, liegen in den Fällen des vorstehenden Absatzes 2 den beteiligten obersten Landesbehörden, in den Fällen des vorstehenden Absatzes 3 der von dem Reichs­ arbeitsminister bezeichneten obersten Landesbehörde ob. Die Bestimmungen des § 67 werden hierdurch nicht berührt.

§ 17. Das Landesamt wird durch die oberste Landesbehörde errichtet. Die obersten Landesbehörden, in den Fällen des § 16 Abs. 3 derReichsarbeitsminister, bestimmen, ob dieLandesämteralsselbständige Behörden errichtet oder welcher Staats- oder kommunalen Ver­ waltungsbehörde ihres Bezirkes sie angeschlossen werden. § 18. Die Verfassung des Landesamts wird durch die oberste Landesbehörde geregelt. Vor Abänderungen der Verfassung ist der Verwaltungsausschuß zu hören. Ter Reichsarbeitsminister stellt mit Zustimmung des Reichsrats nach Anhörung des Verwaltungsrats des Reichsamts Grundsätze für die Verfassung der Landesämter auf.

§ 19. Für jedes Landesamt ist ein Verwaltungsausschuß zu bilden. Der Verwaltungsausschuß besteht aus dem Vorsitzenden des Landesamts oder einem seiner Stellvertreter und mindestens

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Gesetzestext.

je vier Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Vertretern der Errichtungs­ gemeinden im Bezirke des Landesamts als Beisitzern. Die Zahl der Arbeitgeber, Arbeitnehmer und der Vertreter der Errichtungs­ gemeinden muß gleich sein. § 7 Abs. 3 bis 5 finden sinngemäß Anwendung. Unter den Beisitzern sollen sich Frauen befinden. Die oberste Landesbehörde ist berechtigt, in den Verwaltungsaus­ schuß Beauftragte zu entsenden. Sie haben keine beschließende Stimme.

§ 20. Die oberste Landesbehörde bestellt nach Anhörung des Verwaltungsausschusses des Landesamts den Vorsitzenden des Landesamts und seinen Stellvertreter, ferner die Vertreter der Errichtungsgemeinden auf Grund von Vorschlagslisten der beteiligten Gemeinden. Hierbei ist die Bedeutung der verschiedenen Gemeinde­ gruppen zu berücksichtigen.

§ 21. Die Arbeitgeberbeisitzer im Berwaltungsausschusse werden durch die Arbeitgeberabteilung, die Arbeitnehmerbeisitzer durch die Arbeitnehmerabteilung des Bezirkswirtschaftsrats gewählt. Die näheren Bestimmungen über die Wahl erläßt der Reichsarbeits­ minister nach Anhörung des Verwallungsrats des Reichsamis. § 22. Für die Besitzer findet § 10, für die Zuständigkeit des Verwaltungsausschusses § 11, für seine Berufung § 12, für die Auf­ stellung des Haushalts § 14 sinngemäß Anwendung. Bei gemeinsamen Landesämtern tritt im Falle des § 14 an die Stelle der gemeinsamen Gemeindeaufsichlsbehörde die gemeinsame oberste Landesbehörde. Soweit das Landesamt auf Beschwerde entscheidet, scheiden bei der Beschlußfassung solche Mitglieder aus, die bei der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt haben. Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Vertreter der Errichtung-gemeinden dürfen hierbei nur in gleicher Zahl Mitwirken; erforderlichenfalls scheiden bei der Abstimmung zur Herstellung der gleichen Z^hl die an Lebensalter Jüngsten aus. § 23. Der Geschäftsführer des Landesamts wird von der obersten Landesbehörde auf Vorschlag des Verwaltungsausschusses bestellt. §13 Abs. 1 Satz 2 bis 5 und Abs. 2 Satz 1 finden sinn­ gemäß Anwendung. Lehnt der Verwaltungsausschuß es ab, andere geeignete Bewerber vorzuschlagen, so ist die oberste Landesbehörde an die Vorschlagsliste nicht mehr gebunden. Die sonst noch erforderlichen Arbeitskräfte werden von der obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle bestellt. § 24. Der Verwaltungsausschuß stellt mit Genehmigung der obersten Landesbehörde Grundsätze für die Geschäftsführung der öffentlichen Arbeitsnachweise seines Bezirkes auf.

I. Arbeitsnachweisämter.

§§ 20—27.

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K 25. Die Landesämter sind berechtigt, von Gemeinden und Gemeindeverbänden, Handels-, Handwerks- und Landwirtschafts­ kammern, von Krankenkassen und Krankenkassenverbänden sowie von den wirtschaftlichen Vereinigungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer und von anderen mit der Arbeitssürsorge befaßten Stellen Aus­ kunft über die Lage des Arbeitsmarkts nach Maßgabe der vom Reichsamt erlassenen Vorschriften zu fordern. 3. Reichsamt für Arbeitsvermittlung.

§ 26.

Das Reichsamt für Arbeitsvermittlung führt im Ein­ vernehmen mit den obersten Landesbehörden die fachliche Aufsicht über die Durchführung des Gesetzes. Das Reichsamt hat den Arbeitsmarkt zu beobachten und den Ausgleich von Angebot und Nachfrage zwischen den verschiedenen Gebieten zu regeln. Ihm steht im Einvernehmen mit seinem Ver­ waltungsrat und nach Anhörung der öffenilichen Berufsvertretungen und wirtschaftlichen Vereinigungen die Aufstellung allgemeiner Grund­ sätze für die Berufsberatung und Lehrstellenvermittlung und im Ein­ vernehmen mit den obersten Landesbehörden die fachliche Aufsicht über die der Berufsberatung und Lehrstellenvermittlung dienenden Einrichtungen zu. Nur falls durch beharrliches Zuwiderhandeln gegen diese allgemeinen Grundsätze der Zweck der Berufsberatung oder Lehrstellenvermittlung gefährdet wird, kann das Reichsamt mit Zustimmung seines Verwaltungsrats die Schließung solcher Ein­ richtungen verlangen; diese ist dann von den obersten Landes­ behörden durchzuführen. Ferner liegt es ihm ob, im Einvernehmen mit den obersten Landesbehörden die Anwerbung, Vermittlung und Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer zu regeln und zu über­ wachen. Soweit bei dem Reichsamt Fachabteilungen bestehen (§ 32), übt es auch die Arbeitsvermittlung aus. Weitere Aufgaben auf dem Gebiete der Regelung des Arbeits­ markts können dem Reichsamt mit Zustimmung seines Verwaltungs­ rats nach Genehmigung der Reichsregierung und des Reichsrats durch den Reichsarbeitsminister übertragen werden.

§ 27. Das Reichsamt ist für das Gebiet des Deutschen Reichs errichtet. Es hat seinen Sitz in Berlin. Die Aufsicht über das Reichsamt fühlt der Reichsarbeitsminister. Der Reichsarbeitsminister und das Reichsamt sind berechtigt, mit den Landesämtern und den Arbeitsnachweisen in fachlichen An­ gelegenheiten unmittelbar zu verkehren. 2 Ziegler-Schlederer, ArbeitsnachwelSgesetz.

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Gesetzestext.

§ 28. Das Reichsarnt besteht aus dem Präsidenten und der erforderlichen Zahl von Beamten. Unter ihnen sollen sich im Arbeits­ nachweiswesen sachverständige Frauen befinden.

K 29. Für das Reichsamt wird ein Verwaltungsrat gebildet. Er besteht aus dem Präsidenten des Reichsamts oder seinem Stell­ vertreter als Vorsitzenden sowie aus Vertretern der öffentlichen Körperschaften, Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Unter ihnen muß sich mindestens eine Frau befinden. Die Zahl der Vertreter der öffentlichen Körperschaften, der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer muß gleich und mindestens je vier sein. Weitere auf dem Gebiete des Arbeitsnachweises Sachverständige, darunter auch Frauen, können als ständige Gutachter mit beratender Stimme in den Verwaltungs­ rat berufen werden. Für die Vertreter der öffentlichen Körperschaften, für die Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind Stellvertreter zu bestellen. Die Vertreter der öffentlichen Körperschaften (Gemeinden, Gemeindeverbände, Länder) und die Sachverständigen werden vom Reichsarbeitsminister berufen, die ersteren nach Anhörung des Reichs­ rats. Die Arbeitgeber werden von der Arbeitgeberabteilung, die Arbeitnehmer von der Arbeitnehmerabteilung des Reichswirtschafts rats gewählt. Die Vorschriften der § 7 Abs. 3 bis 5, §§ 10, 12, 21 Satz 2 und § 22 Abs. 2 finden hierauf sinngemäß Anwendung. Der Reichsarbeitsminister ist berechtigt, in den Verwaltungsrat Beauftragte zu entsenden. Sie haben keine beschließende Stimme. Der Verwaltungsrat gibt sich seine Geschäftsordnung. Sie bedarf der Zustimmung des Reichsarbeitsministers.

K 30. Das Reichsamt erläßt mit Zustimmung des Ver­ waltungsrats allgemeine Anordnungen für die Geschäftsführung der öffentlichen Arbeitsnachweise und der Landesämter.

§ 31. Zur Durchführung der im § 26 genannten Aufgaben ist das Reichsamt berechtigt, Erhebungen über die Lage des Arbeits­ marktes, über Arbeitsbedingungen, Ausstände und Aussperrungen sowie über die Mitgliederbewegung der Vereinigungen von Arbeit­ gebern und Arbeitnehmern vorzunehmen und die hierzu erforder­ lichen Auskünfte zu verlangen. Das Reichsamt hat regelmäßig Berichte über die Lage des Arbeitsmarktes, den Umfang der Arbeitslosigkeit, den Erfolg der Arbeitsvermittlung und Arbeitsbeschaffung, die Arbeitsstreitigkeiten und die Entwicklung des Tarifwesens sowie der Vereinigungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu veröffentlichen. Die Veröffent­ lichungen erfolgen im Reichsarbeitsblatt.

§§ 28—31. — II. Fachabteilungen.

§§ 32, 33.

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II. Fachabteilungen.

§ 32. Nach Bedarf sind bei den öffentlichen Arbeitsnach­ weisen Fachabteilungen und Abteilungen für Angestellte zu bilden. Eine Fachabteilung kann mit Zustimmung dss Landesamts auch für den Bezirk mehrerer öffentlicher Arbeitsnachweise gebildet werden (Gemeinsame Fachabteilung). Sie gilt hinsichtlich der Kosten (§ 67) als Abteilung der beteiligten öffentlichen Arbeitsnachweise. Verwandte Berufsgruppen können in eine Fachabteilung zu­ sammengefaßt werden. Ob ein Bedürfnis zur Bildung einer Fachabteilung vorliegt, im Falle des Abs. 1 Satz 2 auch, bei welchem öffentlichen Arbeits­ nachweis sie zu bilden ist, bestimmen die für das Fach innerhalb des Bezirkes bestehenden öffentlichen Berufsvertretungen und wirt­ schaftlichen Vereinigungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Sind solche öffentliche Berufsvertretungen oder wirtschaftliche Vereinigungen nicht vorhanden, oder ist eine Einigung zwischen ihnen nicht zu erzielen, so entscheidet aufAntrag der Fachausschuß beim Landesamtund, falls ein solcher nicht besteht, der Verwaltungsausschuß des Landes­ amts nach Anhörung der beteiligten öffentlichen Arbeitsnachweise. Die Errichtungsgemeinde sowie nach Anhörung des Ver­ waltungsausschusses der Vorsitzende des öffentlichen Arbeitsnach­ weises sind berechtigt, den Beschluß der öffentlichen Berufsvertretungen oder wirtschaftlichen Vereinigungen innerhalb von zwei Wochen, nachdem er amtlich bekannt geworden ist, bei dem Verwaltungs­ ausschuß (Fachausschuß) des Landesamts anzufechten. Das gleiche gilt im Falle des Abs. 1 Satz 2 für jede beteiligte Gemeinde oder für den Vorsitzenden jedes beteiligten öffentlichen Arbeitsnachweises, soweit der eigene Bezirk betroffen ist. 8 33. Für jede Fachabteilung und jede Abteilung für An­ gestellte ist ein Fachausschuß zu bilden. Der Fachausschuß tritt, soweit nicht allgemeine Grundsätze für die Geschäftsführung ent­ gegenstehen (§11 Satz 1\ in allen ausschließlich das Fach betreffenden Angelegenheiten an die Stelle des Verwaltungsausschusses. Den Vorsitz im Fachausschuß führt der Vorsitzende des Arbeits­ nachweises oder sein Stellvertreter. Die Beisitzer sind auf Vor­ schlag der für das Fach zuständigen wirtschaftlichen Vereinigungen aus dem Fach zu entnehmen, für das der Fachausschuß gebildet ist. Sie werden vom Verwaltungsausschusse des Arbeitsnachweises bestellt. Im übrigen finden § 7 Abs. 1 Satz 2 bis 4, Abs. 3 und 5, § 9 Abs. 2 und 3, §§ 10 bis 13 sinngemäß Anwendung.

20

Gesetzestext.

§34. Die Arbeiten in einer Fachabteilung werden möglichst durch Angehörige oder Sachverständige des Faches ausgeführt. Die Bestimmungen des § 13 mit Ausnahme von Abs. 1 Satz 4 gelten auch für die Abteilungsvorsteher. K 35, Eine Fachabteilung kann von der Errichtungsgemeinde innerhalb des Bezirkes des Arbeitsnachweises auch an einem anderen Orte als dem des Arbeitsnachweises errichtet werden, falls die für das Fach innerhalb des Bezirkes bestehenden öffentlichen Berufsvertretungen und wirtschaftlichen Vereinigungen der Arbeit­ geber und Arbeitnehmer ein Bedürfnis dafür nachweisen. Lehnt die Errichtungsgemeinde die von den öffentlichen Berufsvertretungen oder wirtschaftlichen Vereinigungen beantragte Errichtung ab, so entscheidet das Landesamt. § 36. Für die Landesämter und das Reichsamt finden die §§ 32 bis 35 sinngemäß Anwendung. Das Nähere bestimmt für die Landeeämter das Reichsamt im Einvernehmen mit der obersten Landesbehörde, für das Reich-amt der Reichsarbeitsminister. Bei dem Reichsamt ist für die öffentliche Arbeitsvermittlung eine Abteilung für Angestellte zu errichten. § 37. Das Landesamt kann mit Zustimmung des Verwaltungsausschusses (Fachausschusses) anordnen, daß bei einzelnen öffentlichen Arbeitsnachweisen seines Bezirkes Fachabteilungen er­ richtet werden. Es kann ferner unter derselben Voraussetzung an­ ordnen, daß in seinem Bezirke Fachabteilungen gemäß §§ 32 ff. für' das gleiche Fach nur bei bestimmten öffentlichen Arbeitsnach­ weisen unterhalten werden dürfen. Der Errichtungsgemeinde steht gegen die Anordnung des Landesamts Beschwerde an die oberste Landesbehörde zu. Abs. 1 findet auf das Reichsamt in Ansehung der öffentlichen Arbeitsnachweise und der Landesämter sinngemäß Anwendung. § 33. Eine Fachabteilung beim Landesamt darf für Bezirke, deren Arbeitsnachweis eine Abteilung für das gleiche Fach hat, nur im Ausgleichsverfahren eine unmittelbare Vermittlungsiätigkeit aus­ üben. Das Entsprechende gilt für eine Fachabteilung beim Reichs­ amt. Das Reichsamt kann für einzelne Berufszweige und Bezirke, soweit Fachabteilungen der Landesämter in Betracht kommen, im Einvernehmen mit der obersten Landesbehörde Ausnahmen zulassen.

III. Vermittlungstätigkeit. § 39.

Die Vermittlung ist für Arbeitgeber und Arbeit­ nehmer unentgeltlich.

§§ 34—38. — III. Vermittlungstätigkeit.

§§ 39—42.

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K 40. Die Vermittlung hat unparteiisch und ohne Rücksicht auf die Zugehörigkeit zu einer Vereinigung zu erfolgen. Sie hat dahin zu wirken, daß freie Stellen durch möglichst geeignete Arbeits­ kräfte besetzt werden. Dabei sind einerseits die besonderen Ver­ hältnisse der freien Arbeitsplätze, andererseits die berufliche und körperliche Eignung sowie die persönlichen und Familienverhältnisse und die Dauer der Arbeitslosigkeit des Bewerbers zu berücksichtigen, soweit die Lage des Arbeitsmarktes es gestattet. Weibliche Arbeitnehmer sind tunlichst durch sachgemäß vor­ gebildete weibliche Angestelle zu vermitteln. Die Frage nach der Zugehörigkeit zu einer Vereinigung ist, soweit es sich nicht um Betriebe im Sinne des § 67 des Betriebs­ rätegesetzes handelt, untersagt. Ebenso ist es dem Arbeitsnachweis untersagt, einen Arbeitnehmer zum Zwecke der Nichteinstellung un­ günstig zu kennzeichnen oder sonst an einer Maßregelung von Arbeit­ nehmern oder an einer entsprechenden Maßnahme gegen Arbeitgeber mitzuwirken. Die Bestimmungen des § 42 werden hierdurch nicht berührt. § 41. Soweit ein Tarifvertrag besteht, hat der öffentliche Arbeitsnachweis die Vermittelung beteiligter Arbeitnehmer an be­ teiligte Arbeitgeber, sofern ihm die Beteiligung bekannt ist, nur zu tariflich zulässigen Bedingungen vorzunehmen. Soweit der Abschluß eines Arbeitsvertrags gegen die im Beruf ortsübliche Mindestlohnsätze verstoßen würde, hat der öffentliche Arbeitsnachweis eine Vermittelung abzulehnen. Im übrigen hat sich der Arbeitsnachweis einer Einwirkung auf die Lohnhöhe zu enthalten; Auskunfterteilung über die ortsüblichen Lohnverhältnisse gilt nicht als Einwirkung. § 42. Die Arbeitgeber sind verpflichtet und die wirtschaft­ lichen Vereinigungen der Arbeitnehmer sind berechtigt, bei Aus­ bruch und Beendigung eines Ausstandes oder bei Vornahme und Beendigung einer Aussperrung den zuständigen Arbeitsnachweis­ ämtern schriftliche Anzeige zu machen. Das Reichsamt erläßt im Einvernehmen mit seinem Verwaltungsrat nähere Bestimmungen über die hierbei einzuhaltenden Fristen und Formen sowie darüber, in welchen Fällen die Anzeige statt von den einzelnen Arbeitgebern von einer öffentlichen Berufsvertretung oder wirtschaftlichen Vereinigung zu erstatten ist. Ist die schriftliche Anzeige erstattet, so hat der Arbeitsver­ mittler den Arbeitsuchenden von der Tatsache des Ausstandes oder der Aussperrung Kenntnis zu geben und die Vermittlung nur dann vorzunehmen, wenn sie trotzdem verlangt wird.

22

Gesetzestetzt.

Ebenso dürfen ausständige oder ausgesperrte Arbeitnehmer nur vermittelt werden, wenn die Tatsache des Ausstandes oder der Aussperrung dem Arbeitgeber vorher bekanntgegeben war.

§ 43. Der Geschäftsführer und die Arbeitsvermittler sind berechtigt und auf Verlangen verpflichtet, Auskunft über Besonder­ heiten einer offenen Stelle, die für den Arbeitsuchenden von Be­ deutung sein können, oder über besondere Eigenschaften eines Arbeit­ suchenden, die für seine Eignung für die Stelle wichtig sein können, zu geben, wenn ihnen diese Besonderheiten oder besonderen Eigen­ schaften amtlich bekannt geworden sind und wenn es besondere Umstände — namentlich die Aufnahme in die Hausgemeinschaft — rechtfertigen. IV. Andere nichtgewerbsmäßige Arbeitsnachweise, gewerbsmäßige Stellenvermittlung, Meldepflicht. § 44. Die nichtgewerbsmäßigen Arbeitnachweise, die nicht Arbeitsnachweisämter im Sinne dieses Gesetzes sind, unterstehen der Aufsicht des Landesamts, in dessen Bezirk sie ihre Tätigkeit aus­ üben; sofern ihre Tätigkeit über den Bereich eines Landesamts hinausreicht, übt die Aufsicht das Reichsamt oder das von ihm bestimmte Landesamt aus. Für nichtgewerbsmäßige Arbeitsnachweise gelten die §§ 40 bis 43 des Gesetzes. Ausgenommen von der Bestimmung, daß die Frage nach der Zugehörigkeit zu einer Vereinigung untersagt ist (§ 40), bleiben solche Arbeitsnachweise, die von wirtschaftlichen Vereinigungen der Arbeitnehmer errichtet sind und satzungsgemäß nur an deren Mitglieder Arbeit vermitteln. Das Reichsamt und mit seiner Zustimmung die Landesämter können über Einrichtung und Betrieb dieser Nachweise weitere Vorschriften erlassen. Vorher hat das Reichsamt seinen Verwaltungsrat und haben die Landesämter ihre Verwaltungsausschüsse zu hören.

§ 45. Ein nicht gewerbsmäßiger Arbeitsnachweis kann in ein Arbeitsnachweisamt "überführt werden, wenn der Träger des nichtgewerbsmäßigen Arbeitsnachweises die Überführung beim Landes­ amt oder, wenn seine Tätigkeit über den Bezirk eines Landesamts hinausreicht, beim Reichsamt beantragt. Das Landesamt für Arbeitsvermittelung kann mit Zustimmung seines Verwaltungsausschusses die Überführung eines nichtgewerbs­ mäßigen Arbeitsnachweises, über den es die Aufsicht führt, bean­ tragen, wenn er den Anforderungen dieses Gesetzes (§ 44 Abs. 2)

§ 43. — IV. Nichtgewerbsmäßige Arbeitsnachweise usw.

§§ 44—48.

23

trotz wiederholter, angemessen befristeter Aufforderung nachweislich nicht entspricht oder seine Tätigkeit für seinen Geltungsbereich dauernd ohne nennenswerte Bedeutung ist. Statt der Überführung kann das Landesamt die Schließung beantragen, wenn mindestens zwei Drittel der Mitglieder seines Verwaltungsausschusses zustimmen. Die Entscheidung über den Antrag trifft das Reichsamt nach An­ hörung seines Verwaltungsrats. Unter den Voraussetzungen des vorhergehenden Absatzes kann das Reichsamt mit Zustimmung seines Verwaltungsrats die Über­ führung oder Schließung eines nichtgewevbsmäßigen Arbeitsnach­ weises anordnen, über den es selbst die Aufsicht ausübt. Die Schließung kann es nur anordnen, wenn mindestens zwei Drittel der Mitglieder seines Verwaltungsrats zustimmen. Gegen den Beschluß der Überführung oder Schließung ist Beschwerde an den Reichsarbeitsminister zulässig; er entscheidet endgültig.

§ 46* Der Verwaltungsausschuß des Landesamts kann zu­ lassen, daß nichtgewerbsmäßige Arbeitsnachweise neu errichtet oder in ihrer Selbständigkeit wiederhergestellt werden. Die Zulassung hat zu erfolgen, wenn sich ergibt, daß nach der Eigenart des Berufs oder den Ansprüchen der Beteiligten an die Arbeitsvermittlung diese — zumindest für einen nennenswerten Teil der Beteiligten — auf absehbare Zeit besser durch eigene Einrichtungen wirtschaft­ licher Vereinigungen oder öffentlicher Berufsvertretungen als durch einen öffentlichen Arbeitsnachweis ausgeübt wird. An die Stelle des Verwaltungsausschusses des Landesamts tritt der Verwaltungs­ rat des Reichsamts, wenn die Tätigkeit des nichtgewerbsmäßigen Arbeitsnachweises über den Bezirk eines Landesamts hinausreichen soll. Gegen die Ablehnung ist Beschwerde an den Reichsarbeits­ minister zulässig, der endgültig entscheidet. Sofern es sich um eine Beschwerde gegen den Verwaltungsausschuß eines Landesamts handelt, ergeht die Entscheidung des Reichsarbeitsministers nach Anhörung des Verwaltungsrats des Reichsamts.

§ 47. Die Einrichtung der seemännischen Heuerstellen ist entsprechend dem in Genua am 15. Juni 1920 getroffenen Ab­ kommen zu regeln. Die Aufsicht über die seemännischen Heuerstellen wird un­ mittelbar durch das Reichsamt für Arbeitsvermittlung ausgeübt.

§48. Die gewerbsmäßige Stellenvermittlung ist vom 1. Januar 1931 ab verboten. Mit diesem Zeitpunkt erlischt die erteilte Er-

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Gesetzestetzt.

laubnis zum Gewerbebetrieb eines Stellenvermittlers. Denjenigen Stellenvermittlern, die zu dieser Zeit das Gewerbe mindestens seit dem 2. Juni 1910 auf Grund behördlicher Erlaubnis ausüben, ist eine angemessene Entschädigung zu gewähren, deren Höhe durch besonderes Gesetz bestimmt wird.

Von dem Inkrafttreten dieses Gesetzes an darf eine neue Er­ laubnis zum Gewerbebetrieb eines Stellenvermittlers nicht erteilt und eine bestehende Erlaubnis nicht verlängert oder übertragen werden. Der Gewerbebetrieb der bestehenden Stellenvermittler wird der Aufsicht der für den Betriebsart zuständigen Arbeitsnach­ weisämter unterstellt. Der Reichsarbeitsminister kann Ausnahmen von den Be­ stimmungen der Abs. 1 und 2 zulassen. Er kann auch vor dem 31. Dez. 1930 für einzelne Berufe die gewerbsmäßige Stellenver­ mittlung untersagen. Als gewerbsmäßige Stellenvermittlung gilt auch die gewerbsmäßige Herausgabe von Stellenlisten einschießlich ihnen gleichzu­ achtender Sonderdrucke und Auszüge aus Periodischen Druckschriften. Dagegen werden Zeitungen, Zeitschriften, Fachblätter oder ähnliche periodisch erscheinende Druckschriften von den Bestimmungen dieses Paragraphen nicht betroffen. Als gewerbsmäßige Stellenvermittlung gilt ferner die Zu­ weisung von Arbeitnehmern, deren Arbeitskraft der Zuweisende gewerbsmäßig dritten Personen für vorübergehende Beschäftigung zur Verfügung stellt, ohne selbst die Ausrüstung mit den erfor­ derlichen Werkzeugen und die sozialen Versicherungslasten des Arbeitgebers für die vermittelten Personen zu übernehmen.

§ 49. Der Reicharbeitsminister kann nach Anhörung des Verwaltungsrats beim Reichsamt für Arbeitsvermittlung anordnen, daß Arbeitgeber die bei ihnen vorhandenen offenen Arbeitsplätze bei dem zuständigen öffentlichen Arbeitnachweis anzumelden haben. Die Anmeldepflicht darf sich nur auf Arbeitsplätze für Arbeitnehmer erstrecken, die der Kranken- oder Angestelltenversicherung unterliegen; sie darf sich nicht erstrecken auf Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und Hauswirtschaft und in solchen Betrieben, die weniger als fünf Arbeitnehmer beschäftigen. Die Anmeldepflicht kann auf bestimmte Bezirke und Berufe beschränkt werden. Die Bestimmung des Abs. 1 findet keine Anwendung auf Arbeitsplätze, die durch Ausstand oder Aussperrung frei geworden sind.

§ 49. — V. Beschwerdeverfahren. §§ 50—53. VI. Strafbestimmungen. § 54. 25

V. Beschwerdeversahren.

§ 50«

Gegen die Entscheidungen des Vorsitzenden des Arbeitsnachweises oder seiner Stellvertreter ist schriftlicher Einspruch beim Verwaltungsausschuß oder, soweit es sich um die Tätigkeit einer Fachabteilung handelt, beim Fachausschuß zulässig. Zum Einspruch berechtigt ist jeder, der an der Abänderung der Entscheidung ein Interesse hat. Bei Behandlung solcher Einspräche, die von einer Vereinigung von Arbeitgebern oder Arbeit­ nehmern ausgehen, ist auf Antrag ein von ihr zu bestimmender Vertreter in mündlicher Verhandlung zu hören. Wird in der gleichen Angelegenheit wiederholt Einspruch erhoben, so entscheidet der Verwaltungsausschuß über die Anhörung der beschwerdeführenden Vereinigung. Der Einspruch hat keine aufschiebende Wirkung. Der Verwaltungsausschuß (Fachausschuß) entscheidet endgültig, soweit das Gesetz nicht anders bestimmt. Wird die Entscheidung des Vorsitzenden durch den Verwaltungs­ ausschuß (Fachausschuß) abgeändert, so ist der Vorsitzende berechtigt, innerhalb zweier Wochen die Entscheidung des Verwaltungsaus­ schusses (Fachausschusses) des Landesamts anzurufen.

§ 51. Gegen Enscheidungen des Verwaltungsausschusses, die nicht auf Einspruch ergangen sind, ist Beschwerde an den Ver­ waltungsausschuß des Landesamts zulässig. Ist die Entscheidung von einem Fachausschuß erlassen, so geht die Beschwerde, falls beim Landesamt ein entsprechender Fachausschuß besteht, an diesen. § 50 Abs. 2 gilt entsprechend. § 52. Für die Landesämter gelten die §§ 50 und 51 ent­ sprechend. In grundsätzlichen Fragen ist vor der Entscheidung des Ver­ waltungsrats der obersten Landesbehörde Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

K 53. Gegen Entscheidungen der Fachausschüsse beim Reichs­ amt, die nicht auf Beschwerde ergangen sind, ist Einspruch beim Berwaltungsrat zulässig. VI. Strafbestimmungen.

§ 54.

Mit Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark, im Unvermögensfalle mit Haft, wird bestraft, wer 1. sich weigert oder trotz wiederholter Aufforderung es unterläßt, die gemäß §§ 25, 31 erforderten Auskünfte zu erteilen oder wissentlich unrichtige Auskunft erteilt.

26

Gesetzestext.

2. der nach § 42 Abs. 1 begründeten Pflicht zur Anzeige bei Ausbruch oder Beendigung eines Ausstandes oder Vornahme und Beendigung einer Aussperrung nicht nachkommt oder darüber wissentlich unrichtige Angaben macht. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag des Arbeitsnachweisamts ein, dem gegenüber die Verpflichtung besteht.

§ 55» Mit Geldstrafe bis zu einhunderttausend Mark oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten wird bestraft, wer den gemäß § 26 Abs. 2 erlassenen Anordnungen über ausländische Arbeitnehmer zuwiderhandelt. § 5(>. Mit Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark, im Unvermögensfalle mit Haft, wird bestraft, wer einen nichtge­ werbsmäßigen Arbeitsnachweis unterhält, leitet oder darin tätig ist. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag desjenigen Arbeitsnach­ weisamts ein, in dessen Bezirk die im Abs. 1 bezeichneten nicht­ gewerbsmäßigen Arbeitsnachweise betrieben werden. §57. Wer widerrechtlich das Gewerbe eines Stellenvermittlers betreibt oder für einen gewerbsmäßigen Stellenvermittler in dessen Betrieb tätig ist, wird mit Geldstrafe bis zu einhunderttausend Mark bestraft. War in den Fällen des Abs. 1 der Täter zur Zeit der Be­ gehung der Straftat bereits zweimal wegen einer der dort bezeich­ neten Zuwiderhandlungen rechtskräftig verurteilt, so tritt Geldstrafe von dreitausend bis einhunderttausend Mark oder Gefängnisstrafe bis zu drei Monaten ein. Die Anwendung dieser Vorschrift bleibt ausgeschlossen, wenn seit der Rechtskraft der letzten Verurteilung bis zur Begehung der neuen Straftat bereits drei Jahre ver­ flossen sind.

§ 58. Die Vorschriften der §§ 54 bis 56 finden auf Hand langen keine Anwendung, die im Betrieb einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes begangen werden. Die Durchführung des Ge­ setzes gegenüber Körperschaften des öffentlichen Rechtes liegt den Dienstaufsichtsbehörden ob. VII. Schluß- und Übergangsbestimmungen. § 59. Der Reichsarbeitsminister kann nach Anhörung des Verwaltungsrats des Reichsamts und mit Zustimmung des Reichs­ rats Bestimmungen zur Ausführung dieses Gesetzes erlassen, ins­ besondere Vorschriften über die Zusammenarbeit der Arbeitsnach­ weisämter mit den Stellen, die für die Durchführung der Arbeits-

§§ 55—58. — VIL Schluß- und Übergangsbestimmungen. §§ 59—63.

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beschaffung, Arbeitsverteilung, der Erwerbslosey-, Erwerbsbeschränkten-, Kriegsbeschädigten- und Wanderfürsorge, Jugendpflege und dergleichen zuständig sind. Diese Bestimmungen und Vor­ schriften sind dem Reichstag vorzulegen.

K 60. Die Anwerbung und Vermittlung von Arbeitnehmern nach dem Ausland wird, soweit sie nicht nach anderen Bestimmungen verboten ist, vom Reichsarbeitsministerium und Reichsministerium des Innern gemeinschaftlich und nach Anhörung des Verwaltungs­ rats des Reichsamts geregelt. Durch diese Regelung kann ins­ besondere die gewerbsmäßige Stellenvermittlung verboten und die nichtgewerbsmäßige Stellenvermittlung von einer besonderen Er­ laubnis abhängig gemacht werden. Wer den nach Abs. 1 erlassenen Anordnungen zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bis zu einhunderttausend Mark oder mit Ge­ fängnis bis zu sechs Monaten bestraft.

§ 61. Die Behörden sind innerhalb ihrer Zuständigkeit ver­ pflichtet, den im Vollzüge dieses Gesetzes an sie gerichteten An­ suchen der Arbeitsnachweisämter zu entsprechen. Die gleiche Ver­ pflichtung liegt den Arbeitsnachweisämtern untereinander ob. Die oberste Landesbehörde, bei gemeinsamen Ämtern mehrerer Länder und beim Reichsamt der Reichsarbeitsminister, kann bestimmen, in­ wieweit die durch Erfüllung dieser Verpflichtung entstehenden Kosten von den ersuchenden Ämtern zu erstatten sind.

§ 62. Die oberste Landesbehörde kann in den Fällen der § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 3, § 18 Abs. 1, § 19 Abs. 2, §§ 20, 28 Satz 1 ihre Befugnisse auf andere Stellen übertragen. § 63. Die Satzung des öffentlichen Arbeitsnachweises wird erstmalig von der Errichtungsgemeinde im Einvernehmen mit einem vorläufigen Verttkaltungsausschuß erlassen. Der vorläufige Ver­ waltungsausschuß besteht aus dem Vorsitzenden des Arbeitsnach­ weises oder einem seiner Stellvertreter und mindestens je drei Arbeitgebern und Arbeitnehmern gemäß § 7. Die Errichtungs gemeinde kann zum Schutze der Minderheiten bestimmen, daß eine größere Zahl von Arbeitgebern und Arbeitnehmern dem vor­ läufigen Verwaltungsausschuß angehört. Die Zahl der Arbeit­ geber und Arbeitnehmer muß gleich fein. Bestehende Satzungen sind innerhalb dreier Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes seinen Bestimmungen anzupassen. Für die Bestellung des Vorsitzenden, seiner Stellvertreter und der Beisitzer finden die §§ 7 bis 10 entsprechende Anwendung mit

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Gesetzestext.

der Maßgabe, daß die Bestellung der Beisitzer nur bis zur Bildung eines Verwaltungsausschusses auf Grund der Satzung erfolgt. Diese Bildung hat spätestens sechs Monate nach der Bildung des vorläufigen Verwaltungsausschusses zu erfolgen.

K 64. Bestand bereits in einer Gemeinde (einem Gemeinde­ verbände) beim Inkrafttreten des Gesetzes ein öffentlicher Arbeits­ nachweis, so sind auf Verlangen der Gemeinde (des Gemeindever­ bandes) die in ihm beschäftigten Beamten und ständig Angestellten von dem neu zu bildenden Arbeilsnachweise zu übernehmen. Der Verwaltungsausschuß des Arbeitsnachweises kann aus wichtigen Gründen der Übernahme widersprechen. Im Streitfall entscheidet die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle. § 65. Solange Bezirkswirtschaftsräte nicht gebildet sind, werden die Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer für den Verwaltungsausschuß der Landesämter (§ 21) von den obersten Landesbehörden auf Vorschlag der wirtschaftlichen Vereinigungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer des Bezirkes des Landesamts bestellt. § 62 findet entsprechende Anwendung.

K 66. Solange der Reichswirtschaftsrat noch nicht gebildet ist, tritt an seine Stelle für den Fall des § 16 Abs. 3 Satz 2 und des § 29 Abs. 2 Satz 2 der Vorläufige Reichswirtschaftsrat. § 67. Die Kosten der Arbeitsnachweisämter werden durch besonderes Gesetz geregelt. Bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes werden die Kosten für die öffentlichen Arbeitsnachweise durch die Errichtungs­ gemeinden, für die Landesämter durch die Länder oder die von den obersten Landesbehörden bestimmten Verwaltungsbezirke oder Gemeindeverbände, für das Reichsamt durch das Reich aufgebracht. Soweit für mehrere Länder gemeinsame Arbeitsnachweisämter errichtet sind, bestimmt der Reichsarbeitsminister im Benehmen mit den beteiligten obersten Landesbehörden die Kostenverteilung. Das Reich leistet zu den notwendigen Kosten der Landes­ ämter Zuschüsse. Diese sind so zu bemessen, daß die Länder oder die von den obersten Landesbehörden bestimmten Verwaltungsbe­ zirke oder Gemeindeverbände nach Abzug aller sonstigen Einnahmen der Landesämter nicht mehr als ein Drittel der Kosten zu tragen haben.

Schluß- und Übergangsbestimmungen. §§ 64—72.

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Das Reich leistet ferner angemessene Beihilfen zu den Kosten der öffentlichen Arbeitsnachweise. Das Nähere über ihre Ver­ teilung bestimmt die Reichsregierung mit Zustimmung des Reichsrats. § 68. Die oberste Landesbehörde bestimmt, wer die Ge­ meinde oder den weiteren Gemeindeverband im Sinne dieses Gesetzes zu vertreten hat. Ebenso bestimmt sie, wer als untere Ver­ waltungsbehörde und als Gemeindeaufsichtsbehörde im Sinne des Gesetzes zu gelten hat. K 69. Das Reichsamt kann im Benehmen mit seinem Ver­ waltungsrat allgemeine Bestimmungen über die Durchführung der den Arbeitsnachweisämtern übertragenen Aufsicht über die gewerbs­ mäßigen Stellenvermittler und die Pflicht der gewerbsmäßigen Stellenvcrmittler zur Anmeldung ihres Betriebs bei den Arbeits­ nachweisämtern sowie zur Berichterstattung erlassen. Gewerbsmäßige Stellenvermittler, welche den nach Abs. 1 erlassenen Vorschriften zuwiderhandeln, werden für jeden Fall der Zuwiderhandlung mit Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark oder mit Haft bestraft. § 57 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, daß auf Geldstrafe von fünfhundert bis ein­ tausendfünfhundert Mark oder auf Haft zu erkennen ist. § 70. § 12 Ziff. 1, §§ 15, 16, 17, 18 des StellenverMittlergesetzes vom 2. Juni 1910 (Reichsgesetzbl. S. 860), die An­ ordnung über Arbeitsnachweise vom 9. Dezember 1918 (Reichs­ gesetzbl. S. 1421) und die Verordnung über die Errichtung eines Reichsamts für Arbeitsvermittlung vom 5. Mai 1920 (Reichsge­ setzbl. S. 876) werden aufgehoben. Den Zeitpunkt, zu dem die übrigen Bestimmungen des Stellen­ vermittlergesetzes außer Kraft treten, setzt die Reichsregierung mit Zustimmung des Reichsrats fest. K 71. Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes wird die Ge­ werbeordnung für das Teutsche Reich geändert, wie folgt: l. In § 81a werden unter Nr. 2 die Worte „und den Arbeits­ nachweis" gestrichen. II. In § 88 Abs. 3 wird das Wort „Arbeitsnachweis" gestrichen.

§ 72.

Dieses Gesetz tritt am 1. Oktober 1922 in Kraft. Berlin, den 22. Juli 1922. Der Reichspräsident: Ebert. De r Reichsarbeitsmini st er: Dr. Brauns.

HI. Gesetzestext mit Erläuterungen. ArbeitsnachweisgeseH vom 22. Juli 1922 (RGBl. I S. 657).

I. Arbeitsnachweisämter. § 1 Arbeitsnachweisämter1) sind die öffentlichen?) Arbeitsnach­ weise (§§ 2 bis 14)8)4), die Landesämter für Arbeitsvermittlung (§§ 15 bis 25)6)6)7), das Reichsamt für Arbeitsvermittlung (§§ 26 bis Bl)8)9)10).

1. Mit dieser Bezeichnung ist der amtliche (behördliche) Charakter des öffentlichen Arbeitsnachweises festgelegt. Seine Organisation baut sich in drei Stufen auf: a) örtliche Stellen: öffentliche Arbeitsnachweise, b) Mittelstellen: Landesämter für Arbeitsvermittlung, c) Spitze (Zentralstelle): Reichsamt für Arbeitsvermittlung. Als öffentliche Behörden genießen die ANÄmter alle den Behörden nach Reichs- oder Landesgesetzen zukommenden Rechte, haben aber auch alle besonderen Pflichten der Behörden zu erfüllen. S. insbes. StGB. §§ 164 (wissentlich falsche Anschuldigung bei Behörden), 196 (Antrags­ recht wegen Beleidigung), 277—280 (unrichtige Gesundheitszeugnisse zur Täuschung von Behörden), 363 (Fälschung von Legitimationspapieren zur Täuschung von Behörden); StPO. § 96 (Vorlegung oder Auslie­ ferung von Akten im Strafprozeß); ZPO. §§ 415, 417, 418, 437 (Ver­ mutung der Echtheit und erhöhte Beweiskraft der Urkunden im Zivil­ prozeß); RPresseG. § 10 (Verpflichtung der Zeitungen zur Aufnahme amtlicher Bekanntmachungen). Auskunft aus dem Strafregister (Strafregisterauszüge) können die ANÄmter nur verlangen, soweit ihnen diese Befugnis vom Neichsjustizminister im Einvernehmen mit den beteiligten Landesregierungen aus­ drücklich erteilt ist (§ 26 Abs. 2 der Strafregisterverordnung vom 12. Juni 1920 (ZBl. f. d. D. R. S. 909). Nach den Verfügungen des Neichsjustizministers vom 3. Sept. 1920 (ZBl. f. d. D. R. S. 1415, 1418) ist dies bis­ her nur bezüglich des Württembergischen Landesamts für Arbeitsverinittlung und des Hamburgischen Arbeitsamtes der Fall. Die Berechtigung des LA. und öff. AN. zur Verwendung von Dienstwertzeichen ist landesgesetzlich geregelt.

I. Arbeit snachweisämter.

§ 1.

31

2. Der Entwurf kannte nur „Arbeitsnachweise" und verstand darunter die öff. AN., denen er eine Monopolstellung einräumen wollte. Das Wort „öffentliche" wurde vom Reichstagsausschuß eingefügt, um grundsätzlich festzulegen, daß es neben den öff. AN. auch noch andere' gesetzlich anerkannte AN. dauernd geben soll (vgl. §§ 44—47). 3. Die öff. AN. sind Behörden der Gemeinden oder Gemeindever­ bände, von denen sie errichtet sind (Errichtungsgemeinden). Dies ergibt sich nicht nur aus der ganzen bisherigen Entwicklung und aus der Stellung, die das Ges. der Gemeinde in der Organisation und Ver­ waltung des AN. zuweist (vgl. §§ 4 ff.), sondern ist auch in der Begr.d.E. an verschiedenen Stellen ausdrücklich ausgesprochen. So heißt es S. 45: „Der Arbeitsnachweis ist ein Teil der Gemeindeverwaltung", S. 46: „Die Doppeleigenschaft des Vorsitzenden, der einmal Vorsitzender des Arbeitsnachweises als eines Teils der Gemeindeverwaltung, auf der anderen Seite Vorsitzender des Verwaltungsausschusses als des Organs der Selbstverwaltung des Arbeitsnachweises ist,...", S. 48: „Der Haus­ halt des Arbeitsnachweises ist ein Teil des allgemeinen Haushalts der Errichtungsgemeinde". Auch in der Rede, mit der der Vertreter des RAM. am 23. Jan. 1922 die 1. Lesung des Ges. im 6. Ausschuß des Reichstags einleitete (Ber. S. 62 ff.), ist ausgesprochen: „Tatsächlich sind die Arbeitsnachweise nach dem Entwurf in Übereinstimmung mit der bisherigen Entwicklung Behörden der Gemeinden oder Gemeindever­ bände". Eine gewisse Unklarheit über den rechtlichen Charakter der öff. AN. machte sich allerdings im A. bei den Beratungen über die Ver­ hältnisse der Angestellten der AN. geltend. Ein Antrag, der aussprechen wollte, daß die Angestellten nicht Kommunalangestellte, sondern Ange­ stellte „des Arbeitsnachweises" seien, kam zwar infolge der Annahme eines anderen Antrags nicht mehr zur Abstimmung: die ihm zugrunde liegende Rechtsauffassung wurde aber von keiner Seite bestritten und klingt auch in der Fassung der §§ 13 Abs. 3 und 64 durch. Offenbar schwebte hier dem A. der AN. als ein selbständiges Rechtsgebilde, etwa als eine Einrichtung der Selbstverwaltung nach Art der Träger der Sozialversicherung (RVO. § 4) oder sonst eine Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 89 BGB.) vor. Diese an sich wohl mögliche Auffassung hat aber im Gesetz keinen Ausdruck gefunden. Wollte der Gesetzgeber im bewußten Gegensatz zu der bisherigen Entwicklung den öff. AN. aus seinem Zusammenhang mit der Gemeindeverwaltung loslösen und ihm einen anderen Charakter verleihen, so mußte er dies in klarer und unzweideutiger Weise aussprechen und den AN. anderweitig auf eine­ feste rechtliche und finanzielle Grundlage stellen. Nachdem dies nicht geschehen ist, muß an dem gemeindlichen Charakter des Arbeits­ nachweises festgehalten werden. Die von mehreren Gemeinden oder Gemeindeverbänden errichteten (gemeinsamen) Arbeitsnachweise (§ 4 Satz 2) sind als gemeinsame Be­ hörden der beteiligten Errichtungsgemeinden anzusehen, wie sie sich auch auf anderen Gebieten, z. B. in den gemeinsamen Versicherungsämtern (RVO. § 36), finden. über die Folgerungen, die sich aus dem gemeindlichen Charakter der öff. AN. für die rechtliche Stellung ihrer Beamten und Angestellten ergeben, s. die Anm. zu §§ 13 und 64.

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Arbeitsnachweisgesetz.

4. In vielen Teilen Deutschlands, besonders in Süddeutschland, ist für die öff. AN. seit Jahrzehnten die Bezeichnung „Arbeitsamt" üblich. Gegen die Beibehaltung dieser Bezeichnung bestehen keine Bedenken; jedoch wird die gesetzliche Bezeichnung „öff. AN." wenigstens als Unter­ titel beigefügt werden müssen, so däß die volle Bezeichnung z. B. lautet: „Städt. Arbeitsamt (öff. AN.) X." oder'für gemeinsame öff. AN.: „Arbeits­ amt X. (öff. AN. für die Stadt X. und die Landkreise ^Bezirke, Ober­ ämter ufto.j I. und Z.)." 5. Die Landesämter (§§ 15—25) sind entweder Staatsbehörden oder Behörden der Gemeindeverbände (Provinzen), für deren Bezirk sie errichtet sind. Auch sie können gemeinsame Behörden mehrerer Länder oder mehrerer Verwaltungsbezirke oder Gemeindeverbände, die zu meh­ reren Ländern gehören, sein (vgl. § 16 Abs. 2). 6. Andere Bezeichnungen (Landesarbeitsamt, Landesarbeits- und Berufsamt und dgl.) sind zulässig, die gesetzliche Bezeichnung „LA. f. AB." muß aber wenigstens als Untertitel beigefügt werden (vgl. Anm.4); a. M. Kaskel-Syrup Anm. 7 zu § 1. 7. Wo im Gesetz vom „Landesamt" die Rede ist, ist darunter feine Verwaltung, d. h. der Vorsitzende, zu verstehen; die Mitwirkung des Verwaltungsausschusses ist nur da erforderlich, wo dies ausdrücklich gesagt ist. Dieser im UA. vertretenen Auffassung hat sich die Reichs­ regierung angeschlossen entgegen einer früher abgegebenen Erklärung, wonach mit der Bezeichnung „Landesamt" jedesmal beide Organe des Landesamts, der Vorsitzende und der Verwaltungsausschuß, gemeint sein sollten (Ber. S. 50). 8. Das Reichsamt (§§ 26—31) ist eine dem RAM. unmittelbar unterstellte Reichsbehörde (sog. Reichsmittelstelle). 0. Nach der BO. v. 30. Sept. 1922 (Anhang Nr. 2) führt das RA. nunmehr die Bezeichnung: „Reichsarbeitsverwaltung". RA. im Sinne des Ges. ist eine Abteilung der Reichsarbeitsverwaltung. 10. Unter „Reichsamt" ist nur die Verwaltung (der Präsident) zu verstehen, wo nicht die Mitwirkung des VR. ausdrücklich vorgefchrieben ist. 1. Öffentliche Arbeitsnachweise.

§ 21). Den öffentlichen Arbeitsnachweisen liegt unbeschadet der Vorschriften der 44 bis 472) die Arbeitsvermittlung-') von Ar­ beitern und Angestellten 'M sowie die Mitwirkung bei der Durch­ führung von gesetzlichen Unterstützungsmaßnahmen für Arbeits­ lose ob5); sie sind ermächtigt"» und können durch das Reichsamt für Arbeitsvermittlung oder die obersten Landesbehörden7) ver­ pflichtet werden, ihre Tätigkeit auch auf die Berufsberatung und Lehrstellenvermittlung") nach den vom Reichsamt im Einver­ nehmen") mit seinem Verwaltungsrat erlassenen allgemeinen Bestimmungen'°) zu erstrecken.").

I. Arbeitsnachweisämter.

§ 2.

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Der Reichsarbeitsminister kann weitere Aufgaben zur Re­ gelung des Arbeitsmarkts, insbesondere die Mitarbeit auf dem Gebiete der Arbeitsbeschaffung, der Erwerbsbeschränklen- und Wandererfürsorge, den öffentlichen Arbeitsnachweisen übertragen12). Auch die obersten 2cntbe§6e^öTben13) und mit ihrer Zu­ stimmung die Errichtungsgemeinden können diese Aufgaben den öffentlichen Arbeitsnachweisen übertragen^). Vor der Übertragung hat die Gemeinde die Zustimmung des Verwaltungsausschusses des öffentlichen Arbeitsnachweises, die oberste Landesbehörde diejenige der Verwaltungsausschüsse der beteiligten Landesämter, der Reichsarbeitsminister diejenige des Verwaltungsrats beim Reichsamt einzuholen 16)16)17). L § 2 umschreibt den Aufgabenkreis der öff. AN. und unterscheidet dabei verschiedene Gruppen: a) Eigener Wirkungskreis und zwar a) gesetzliche Aufgaben (Mindestaufgaben oder Pflichtaufgaben), die jeder Arbeits­ nachweis unter allen Umständen übernehmen muß: Arbeitsvermittlung für Arbeiter und Angestellte und Mitwirkung bei der Durchführung von gesetzlichen Unterstützungsmaßnahmen für Arbeitslose; hiezu kommt als weitere Pflichtaufgabe die Aufsicht über die gewerbsmäßigen Stellenver­ mittler (§ 48 Abs. 2 Satz 2); ß) Mehrausgaben, auf die der Arbeitsnachweis seine Tätigkeit aus eigenem Rechte ausdehnen kann, zu beten Übernahme er aber auch durch das NA. oder durch die ObLB. verpflichtet werden kann: Berufsderatung unb Lehrstellenvermittlung; d) übertragener Wirkungskreis, d. s. Aufgaben, die grundsätzlich nicht zum Geschäftsbereich des Arbeitsnachweises gehören, ihm aber, weil sie wirtschaftlich mit den Mindest- und Mehrausgaben Zusammenhängen, durch den Reichsarbeitsminister (nicht durch das RA.!) oder durch die ObLB., oder endlich durch die Errichtungsgemeinde mit Zustimmung der ObLB. übertragen werden können: Aufgaben zur Regelung des Arbeitsmarktes, insbesondere die Mitarbeit auf dem Ge­ biete der Arbeitsbeschaffung, der Erwerbsbeschränkten- und Wanderer­ fürsorge. 2. Mit den vom A. eingefügten Worten „unbeschadet usw." soll, ebenso wie in § 1 durch das Wort „Öffentliche", betont werden, daß es neben den öff. auch andere gesetzlich anerkannte AN. dauernd geben soll. 3. Unter Arbeitsvermittlung ist (vgl. Kaskel-Syrup Anm. 4 zu § 2) jede Tätigkeit zu verstehen, die darauf gerichtet ist, zwischen einem bestimmten Arbeitgeber und einem bestimmten Arbeitnehmer Beziehungen herzustellen, die zum Abschluß eines Dienstvertrags (§ 611 BGB.) führen sollen. Immer muß es sich dabei um Vermittlung unselbständiger Arbeit handeln; der Nachweis einer Gelegenheit zum Abschluß eines Werk­ vertrags (§ 631 BGB.) ist ebensowenig Arbeitsvermittlung wie der Nach­ weis der Gelegenheit zu selbständiger Niederlassung z. B. als Hand­ werker. Auch die Vermittlung von Verträgen, bei denen die Gegen­ leistung für die geleistete Arbeit (wenigstens grundsätzlich unb in erster Ziegler-Schlederer, Arbeitsnachweisgesetz.

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Arbeitsnachweisgesetz.

Linie) nicht in Barlohn ober sonstigem Entgelt, sondern tu der Aus­ bildung für einen Beruf besteht (Lehrstellenvermittlung), ist nicht Arbeitsvermittlung. Nicht zur Arbeitsvermittlung gehört ferner die Sorge für die Be­ reitstellung neuer, bisher nicht vorhandener Arbeitsgelegenheit (Arbeits­ beschaffung) und jede nicht auf das Zustandekommen eines Dienstvertrags abzielende Fürsorgetätigkeit. Auch Maßnahmen, die nicht den Abschluß eines Dienstvertrags herbeiführen, sondern nur dem Arbeitsuchenden die Annahme angebotener Arbeit ermöglichen oder erleichtern sollen (Be­ schaffung von Arbeitsgerät, Arbeitskleidung und dgl.) fallen nicht in den Rahmen der Arbeitsvermittlung. Soweit ein öff. AN. sich mit Zu­ stimmung der Err.-Gemeinde mit solchen Maßnahmen befaßt, sind die hiedurch entstehenden Kosten keinesfalls Kosten des AN. (§ 67), sondern gehen ausschließlich zu Lasten der Gemeinde. Innerhalb des Rahmens der Arbeitsvermittlung bestehen für die Tätigkeit des öff. AN. keine Schranken. Er kann Arbeitskräfte jeder Art vermitteln ohne Rücksicht darauf, ob ein Arbeitsuchender seiner sozialen Stellung ncrch dem Stande der Arbeiter oder Angestellten angehört („Werkstudenten"). Die Arbeitsvermittlung wird vom öff. AN. (im Gegensatz zu den nichtgew. AN. und den gew. StB.) nicht auf Grund eines Vertragsverhält­ nisses mit dem Arbeitgeber oder Arbeitnehmer, sondern stets in Erfüllung seiner öffentlich-rechtlichen Aufgaben vorgenommen, der „Auftraggeber" schließt mit dem öff. AN. keinen Vertrag, sondern bedient sich des AN. als einer öffentlichen Einrichtung. Gegenstand der Tätigkeit des AN. ist immer nur die Vermittlung, niemals der Abschluß von Dienstverträgen. Wenn in Ausnahmefällen der Arbeitgeber den Arbeitsvermittler beauftragt, als sein Vertreter den Dienstvertrag abzuschließen, so handelt der Vermittler insoweit nicht in seiner dienstlichen Eigenschaft, sondern auf Grund eines privatrecht­ lichen Auftragsverhältnisses (§ 662 BGB.). 4. Die Einbeziehung der Angestelltenvermittlung in die Tätigkeit der öff. AN. bildete bei den Beratungen der gesetzgebenden Körperschaften lange Zeit einen Streitpunkt. Der vorl. RWR. und anfänglich auch der A. des Reichstags wollten die Angestelltenvermittlung ganz aus dem Gesetz gestrichen wissen; die Ablehnung der beabsichtigten Monopolstellung der öff. AN., nach der der Fortbestand der AN. der großen Angestelltenverbände nicht mehr gefährdet war, und der Hinweis auf die Tatsache, daß schoil bisher viele öff. AN. die Vermittlung von Angestellten mit gutem Erfolge betreiben, führte schließlich einen Umschwung zugunsten der Einbeziehung dieses Vermittlungszweiges herbei. Über Abt. f. Angestellte bei den öff. AN., den LÄ. und dem RA. f.. AB. vgl. §§. 32 ff., über den Begriff „Angestellter" bes. Anm. 2 zil § 32. 5. Im Entwurf: „die Mitwirkung bei der Arbeitslosenversiche­ rung". Die jetzige Fassung wurde vom A. mit Rücksicht auf die Ungewißheit über die künftige Gestaltung der Arbeitslosenversicherung, gewählt und umfaßt die Mitwirkung sowohl bei der jetzigen Erwerbs­ losenfürsorge als auch bej der künftigen Arbeitslosenversicherung. 6. Zur Übernahme der Berufsberatung und Lehrstellenvermittlung sind die AN. durch das Gesetz selbst ermächtigt; einer Ermächtigung: durch die Err.-Gemeinde oder eine höhere Stelle bedarf es (im

I. Arbeitsnachweisämter.

§ 2.

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Gegensatz zu der Fassung des Entwurfs) nicht. Die Ausdehnung der Tätigkeit des AN. auf Berufsberatung und Lehrstellenvermittlung be­ schließt ber VA. (§ 11); soweit jedoch durch die Ausdehnung besondere Kosten entstehen, entscheidet über ihre Einsetzung in den Haushalt die Err.-Gemeinde, bzw. auf Einspruch die Gemeindeaufsichtsbehörde (§ 14). 7. Welche Behörde im einzelnen Land als ObLB. im Sinne des Ges. in Betracht kommt, bestimmt sich nach der Behördenorganisation des Landes. Für die Durchführung des ANG. hat als ObLB. regel­ mäßig die für die Angelegenheiten des AN. ressortmäßig zuständige Landeszentralbehörde zu gelten (in Preußen der Minister für Handel und Gewerbe, in Bayern das Ministerium für Soziale Fürsorge, in Sachsen, Württemberg und Baden das Arbeitsministerium). Ob für den Erlaß einzelner Verordnungen (z. B. über die Errichtung des LA.) etwa die Gesamtregierung als ObLB. zuständig ist, bestimmt sich gleichfalls nach den verfassungsrechtlichen Bestimmungen des Landes. Soweit die ObLB. auf Grund reichsgesetzlicher Ermächtigung tätig werden, handeln sie im übertragenen Wirkungskreis. Insbe­ sondere handelt es sich bei der Erlassung von Verordnungen, zu der die ObLB. reichsgesetzlich ermächtigt ist, um die Ausübung des Ver­ ordnungsrechts des Reichs. Für die Veröffentlichung solcher Verord­ nungen, auch soweit sie Rechtsverordnungen sind, sind nicht die Be­ stimmungen maßgebend, welche für die auf Grund von Landesgesetzen erlassenen Verordnungen gelten. (Vgl. für Bayern die im Einvernehmen mit der Reichsregierung erlassene Bek. des Gesamtstaatsministeriums v. 29. Okt. 1921, GVBl. S. 545). 8. Die Berufsberatung umfaßt in persönlicher Beziehung alle jugendlichen und erwachsenen Personen, die neu in das Berufsleben eintreten oder ihren Beruf wechseln wollen; nur die Berufsberatung für Schwerbeschädigte ist durch das Ges. über die Beschäftigung Schwerbeschä­ digter vom 6. April 1920 (RGBl. S. 458) den Hauptfürsorgestellen über­ tragen. In sachlicher Hinsicht ist Gegenstand der Berufsberatung die Aufklärung und Belehrung über alle für die Wahl des Berufs maß­ gebenden persönlichen, fachlichen und wirtschaftlichen Momente. Lehrstellenvermittlung ist nur die Vermittlung des Abschlusses von Lehrverträgen, d. h. von Verträgen, in denen sich der eine Vertragsteil zur beruflichen Ausbildung des anderen Teils verpflichtet. Die Ver­ mittlung von Anfangsstellen für ungelernte Arbeiter ist nicht Lehrstellen­ vermittlung, sondern Arbeitsvermittlung und gehört als solche zu den gesetzlichen Aufgaben den öff. AN., wenn sie auch aus Zweckmäßigkeits­ gründen und des Zusammenhangs mit der Berufsberatung wegen in der inneren Diensteinteilung der Abteilung für die Lehrstellenvermittlung zugewiesen werden kann. 9. Die Worte „Nach Anhörung", „Im Benehmen", „Mit Zu­ stimmung", „Im Einvernehmen" kehren im Gesetz häufig wieder. Im UA. wurde durch Erklärung zweier Regierungsvertreter und die an­ schließende Erörterung festgestellt, was unter diesen Ausdrücken zu verstehen ist. Danach bedeutet: „Nach Anhörung": Einholung einer Äußerung auf schriftlichem oder mündlichem Wege, ohne daß eine Verhandlung oder gegenseitige Aussprache stattfindet;

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Arbeitsnachweisgesetz.

„Im Benehmen": dasselbe, aber auf Grund einer Verhandlung oder Aussprache zur Sache; „Mit Zustimmung": mündliche oder schriftliche Einholung einer zustimmenden Erklärung, ohne daß eine Verhandlung oder Aussprache vorausgegangen zu sein braucht; „Im Einvernehmen": völlige Übereinstimmung beider Teile nach vorausgegangener eingehender Verhandlung oder Aussprache zur Sache (Ber. S. 50). Der grundlegende Unterschied liegt darin, daß in den beiden letzten Fällen eine Willensübereinstimmung hergestellt sein muß, während in den beiden ersten Fällen der Inhalt der Äußerung der angegangenen Stelle für die entscheidende Stelle nicht bindend ist. Mangel der Zu­ stimmung oder des Einvernehmens macht die Entscheidung ungültig, Unterlassung der Anhörung oder des Benehmens beeinträchtigt die Rechtswirksamkeit der Entscheidung nicht. 10. Die allgemeinen Bestimmungen befinden sich in Vorbereitung. 11. Das RA. beabsichtigt vorerst nicht, eine solche Verpflichtung der AN. auszusprechen, und Hut die ObLB. ersucht, dies auch ihrerseits nicht ohne Fühlungnahme mit ihm zu tun. Die Gründe für diese Zurück­ haltung liegen darin, daß die Berufsberatung eine noch junge und in ihrem Werte nicht allseitig anerkannte Einrichtung ist, deren weitere Entwicklung zunächst dem freien Entschluß der Gemeinde überlassen bleiben soll. Solange eine Verpflichtung der öff. AN. zur Übernahme der Be­ rufsberatung und Lehrstellenvermittlung nicht ausgesprochen ist, bleibt es der Gemeinde unbenommen, neben dem öff. AN. selbständige Einrich­ tungen für diese Zwecke (Berufsämter, Berufsberatungsämter) ins Leben zu rufen. Die Kosten dieser Einrichtungen sind jedoch nicht Kosten des öff. AN. und fallen nicht unter die Bestimmungen des § 67 und die späteren Bestimmungen zur Regelung der Kostenfrage (vgl. Anm. 2 zu § 67; Syrup in RABl. 1922 S. 542 ff.). 12. Durch diese Bestimmung soll den AN. nicht die Arbeitsbeschaf­ fung oder die Erwerbsbeschränkten- und Wandererfürsorge übertragen werden, sondern nur die Mitarbeit auf diesen Gebieten. Arbeitsbeschaffung ist — im Gegensatz zur Arbeitsvermittlung — jede Tätigkeit, die nicht nur die ohnedies vorhandenen Arbeitsstellen besetzen, sondern die Arbeitsgelegenheit vermehren will. Das kann geschehen dadurch, daß Reich, Länder und Gemeinden Unternehmungen, die sonst unterbleiben würden, entweder selbst in Angriff nehmen (öffentliche Not­ standsarbeiten) oder mit Geldmitteln usw. unterstützen (produktive Er­ werbslosenfürsorge) oder daß die Aufnahme von Arbeit durch vorbe­ reitende Maßnahmen (Beschaffung von Rohstoffen, Kohlen, Unterkunfts­ möglichkeiten, Arbeitsgerät usw.) ermöglicht wird. Auch gesetzliche Maß­ nahmen, durch welche private Arbeitgeber zur Einstellung oder Weiter­ beschäftigung von Arbeitskräften gezwungen werden (VO. über Einstellung und Entlassung von Arbeitern und Angestellten vom 12. Febr. 1920 (RGBl. S. 28) gehören in diesem Sinne zur Arbeitsbeschaffung, wenn sie auch wirtschaftlich vielfach keine Vermehrung, sondern nur eine Streckung der wirklich vorhandenen Arbeitsgelegenheit bedeuten, ebenso die Maßnahmen gegen Betriebsabbrüche und Stillegungen (VO. vom 8. Nov. 1920, RGBl. S. 1901). (Vgl. Kaskel-Syrup Anm. 28 zu § 2).

I. Arbeitsnachweisämter.

§§ 2, 3.

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Erwerbsbeschränkt sind alle, die durch körperliche Schäden in ihrer Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt oder (z. B. als Bazillenträger durch die bloße Ansteckungsgefahr oder durch abschreckendes Aussehen) an der Verwertung ihrer an sich nicht geschmälerten Arbeitskraft behindert sind. Erschwerung des Unterkommens durch andere Momente (Vorstrafen, notorische Trunksucht u. dgl.) gilt an sich nicht als Erwerbsbeschränktheit (gl. M. Kaskel-Syrup Anm. 29 zu § 2), jedoch können auch Aufgaben auf dem Gebiet der Fürsorge für solche Personen dem öff. AN. übertragen werden (vgl. Anm. 14 Abs. 1). Die Wandererfürsorge ist in einzelnen Ländern gesetzlich geregelt. Vorschriften über das Zusammenwirken mit den anderen an diesen Aufgaben beteiligten Stellen kann der RAM. erlassen (§ 59). Die Arbeitsvermittlung für Erwerbsbeschränkte und Wan­ derer gehört zu den Pflichtaufgaben der öff. AN. 13. Bei gemeinfamen AN. für Gemeinden verschiedener Länder die beteiligten ObLB. gemeinsam. 14. Der Kreis der Aufgaben, die dem AN. übertragen werden kön­ nen (übertragener Wirkungskreis) ist durch die Aufzählung in diesem Abs. nicht erschöpft. Es darf sich aber immer nur um Aufgaben zur Regelung des Arbeitsmarktes, nicht um reine Fürsorgemaßnahmen handeln (Begr. S. 43). Arbeitsmarkt ist die Gesamtheit der im Bezirk des öff. AN. jeweils vorhandenen offenen Arbeitsplätze und verfügbaren Arbeitskräfte, Rege­ lung des Arbeitsmarkts jede Tätigkeit, die unmittelbar oder mittelbar darauf abzielt, die Vorgänge auf dem Arbeitsmarkt nach Möglichkeit den Einwirkungen des Zufalls zu entziehen und in wirtschaftlich zweckmäßiger Weise zu ordnen. Zur Regelung des Arbeitsmarkts gehört insbesondere die Arbeitsmarktstatistik und Berichterstattung (vgl. §§ 25, 31). Die Zustimmung der ObLB. zur Übertragung dieser Aufgaben durch die Err.-Gemeinden ist deshalb erforderlich, weil es sich über­ wiegend um Aufgaben handelt, die nur einheitlich für größere Bezirke gelöst werden können (Begr. S. 43). 15. Bei gemeinsamen AN. die beteiligten ErrGemeinden durch übereinstimmende Beschlüsse. 16. Die Übertragung von Aufgaben nach Abs. 2 kann also nicht ohne die Mitwirkung und Zustimmung der Organe der Selbstverwaltung des AN. vorgenommen werden. Gegen die zustimmende oder ablehnende Entscheidung des VA. ist Beschwerde gemäß §§ 51, 52 zulässig (vgl. Anm. 1 Abs. 2 zu 8 51). 17. Die Stelle, welche die Aufgaben übertragen hat, kann die Übertragung auch zurücknehmen; jedoch wird auch in diesem Fall Zu­ stimmung des VA. bzw. VR. notwendig sein.

§ 31). Die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes von Gemeinden oder Gemeindeverbänden2) unterhaltenen Arbeitsnachweise sind in öffentliche Arbeitsnachweise nach den Vorschriften dieses Ge­ setzes2) zu überführen. Die oberste Landesbehörde 4) setzt nach

381

Arbeitsnachweisgesetz.

Anhörung des Landesamts für Arbeitsvermittlung und seines Verwaltungsausschusses den Bezirk für jeden öffentlichen Ar­ beitsnachweis fest. Dabei muß jede Gemeinde von einem öffent­ lichen Arbeitsnachweis erfaßt werden^). Die oberste Landesbe­ hörde kann nach Anhörung 6) des Landesamts und seines Ver­ waltungsausschusses anordnen, daß für bestimmte Bezirke neue öffentliche Arbeitsnachweise zu errichten, bestehende zusammen­ zulegen oder aufzulösen finb7). Dabei ist in der Regel für den Bezirk jeder unteren Verwaltungsbehörde ein öffentlicher Ar­ beitsnachweis zu errichtend). Hat eine solche Anordnung die Auflösung eines bereits be­ stehenden öffentlichen Arbeitsnachweises oder eine Änderung seines Wirkungskreises 9) zur Folge, so ist der Träger des be­ treffenden Arbeitsnachweises zu hören. Für mehrere Gemeinden, die zu verschiedenen Ländern ge­ hören, können die beteiligten obersten Landesbehörden anordnen, daß ein gemeinsamer öffentlicher Arbeitsnachweis errichtet toirb10). Auf Antrag einer obersten Landesbehörde kann der Reichsarbeitsminister nach Anhörung der anderen beteiligten obersten Landesbehörden die Entscheidung über die Errichtung treffen u). 1. Die §§ 3 und 4 regeln die durch das Gesetz veranlaßte Neuorga­ nisation des öff. AN. Sie knüpfen dabei an die bestehenden Verhältnisse an und regeln die Überleitung der vorhandenen in die auf Grund des Ges. zu schaffende Organisation. Diese Überleitung erfolgt in zwei Etappen: a) Zunächst hat die ObLB. nach Anhörung des LA. und seines Verwaltungsausschusses den Bezirk für jeden öff. AN. festzusetzen und zu bestimmen, wo die vorhandenen AN. ohne Änderung ihres Be­ zirks in AN. nach den Vorschriften des Ges. zu überführen, wo neue AN. zu errichten oder bestehende aufzulösen oder zusammenzulegen sind. In allen Fällen, in denen durch die in Aussicht genommenen Anord­ nungen ein AN. aufgelöst oder die Grenzen des Bezirks eines AN. be­ schränkt oder erweitert werden sollen, ist zuvor der Träger des betr. AN. zu hören. Für die Einteilung der Bezirke sind folgende Grundsätze maßgebend: «) Jede Gemeinde muß von einem öff. AN. erfaßt werden. Damit ist die Herstellung eines völlig lückenlosen Netzes von öff. AN. im ganzen Reich gewährleistet. ß) In der Regel ist für den Bezirk jeder unteren Verwaltungs­ behörden ein öff. AN. zu errichten. Von dieser Regel sind aber Aus­ nahmen zulässig. Es können auch für mehrere Verwaltungsbezirke oder für Gemeinden, die zu verschiedenen Verwaltungsbezirken gehören, ja selbst für Gemeinden, die zu verschiedenen Ländern gehören, gemeinsame

I. Arbeitsnachweisämter.

§ 3.

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AN. errichtet werden. Inwieweit solche Ausnahmen zugelassen bzw. ungeordnet werden, ist Sache des freien Ermessens. Es wird davon auszugehen sein, daß für eine wirksame Erfüllung der Aufgaben der AN. nicht ihre Zahl, sondern ihre Leistungsfähigkeit ausschlaggebend ist. In dichtbevölkerten, industriereichen Gegenden werden mehr AN. not­ wendig sein als in Bezirken mit rein oder überwiegend landwirtschaft­ licher Bevölkerung. Stadt- und Landbezirk werden in der Regel einem gemeinsamen AN. zuzuteilen sein. Bei der Abgrenzung der Bezirke der AN. wird häufig von der Abgrenzung der Verwaltungsbezirke, die vielfach veraltet ist, aus wirtschaftlichen und Verkehrsrücksichten abge­ wichen werden müssen. b) Erst wenn die Bezirke der AN. festgelegt sind, kann an die eigent­ liche Durchführung der Organisation, d. h. an die Überführung oder Neuerrichtung der AN. gegangen werden. Diese erfolgt gemäß § 4 durch die beteiligten Gemeinden. 2. Was als „Gemeindeverband" und welche Stelle als „untere Verwaltungsbehörde" zu betrachten ist, bestimmt die ObLB. nach Maß­ gabe der Landesgesetzgebung (§ 68). Als Gemeindeverbände kommen in Betracht: in Preußen die Landkreise, in Bayern die Bezirke (MinBek. v. 4. Sept. 1922, StAnz. Nr. 205, s. Anhang Nr. 13, in Sachsen die Bezirksverbände (BO. v. 27. Sept. 1922, GBl. S. 562, s. Anhang Nr. 17), in Württemberg die Amtskörperschaften (BO. v. 1. Okt. 1922, RBl. S. 423, s. Anhang Nr. 18), in Baden die Bezirksverbände, in Hessen die Kreise. Untere Verwaltungsbehörden sind in Preußen der Gemeinde­ vorstand bzw. der Landrat, in Hohenzollern der Oberamtmann (Aus­ führungsbestimmungen v. 3. November 1922, s. Anhang Nr. 12), in Bayern die Bezirksverwaltungsbehörden (Stadtrat, bzw. Bezirksamt, s. MinBek. v. 4. Sept. 1922), in Sachsen in Städten mit Revidierter Städteordnung der Stadtrat, sonst die Amtshauptmannschaft (VO. v. 27. Sept. 1922), in Württemberg der Gemeinderat bzw. das Oberamt (VO. v. 1. Okt. 1922), in Baden das Bezirksamt (VO. v. 23. Dez. 1922, Anhang Nr. 20), in Hessen das Kreisamt. 3. über den rechtlichen Charakter der öff. AN. vgl. Anm. 3 zu § 1. 4. Die ObLB. kann diese Befugnis auf andere Stellen übertragen (§ 62). Für die Übertragung kommen entweder die höheren Verwaltungs­ behörden oder die LÄ. in Betracht. Für Preußen s. Anhang Nr. 12. 5. Diese Bestimmung sagt nichts weiter, als daß jede Gemeinde organisatorisch zum Bezirk eines LA. gehören muß. Eine örtliche Zu­ ständigkeit für die Vermittlung wird dadurch nicht begrün­ det. Es kann also jeder öff. AN. von jedem Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch außerhalb seines Bezirks in Anspruch genommen werden. Nur wo das ANG. (vgl. z. B. §§ 41 Abs. 1, 48, 49) oder ein anderes Gesetz bestimmte Aufgaben dem „zuständigen" AN. zuweist, ist darunter stets der AN. zu verstehen, zu dessen Bezirk die betr. Gemeinde gehört. Diese örtliche Zuständigkeit des AN. wird namentlich für die Durch­ führung des Gesetzes über die Arbeitslosenversicherung Bedeutung er­ langen. 6. Vgl. Anm. 9 zu § 2.

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Arbeitsnachweisgesetz.

7. Die Bestimmung gilt nicht nur für die einmalige Neuorgani­ sation des ösf. AN. nach dem Inkrafttreten des Ges., sondern für die Dauer. Die ObLB. kann also jederzeit die Errichtung neuer AN. und die Zusammenlegung oder Auflösung bestehender AN. anordnen, wenn die weitere Entwicklung Änderungen im Bestand der öff. AN. notwendig er­ scheinen läßt. 8. Der Entwurf des Ges. sah auch die Befugnis der ObLB. vor, die Errichtung von „Unterarbeitsnachweisen" (Zweigstellen) der öff. AN. anzuordnen. Diese Befugnis ist im Ges. nicht mehr ausdrücklich ausge­ sprochen, aber wohl in der weitergehenden Befugnis, die Errichtung von öff. AN. anzuordnen, mit enthalten. Selbstverständlich können auch die Err.-Gemeinden die Errichtung von Zweigstellen von sich ans beschließen und in der Satzung des AA. festlegen. Die Tätigkeit der Zweigstellen besteht im allgemeinen darin, daß die Stellengesuche und Stellenan­ gebote entgegennehmen, Angebot und Nachfrage ausgleichen, soweit,dies sofort geschehen kann, und die Stellengesuche und -Angebote, die sie selbst nicht erledigen können, an den öff. AN. weitergeben. Möglich ist aber auch die Errichtung bloßer „Meldestellen", die lediglich Stellengesuche und Stellenangebote entgegennehmen und an den öff. AN. weitergeben, ohne selbst eine Vermittlungstätigkeit auszu­ üben. In diesem Sinne waren bisher in Bayern (MinBek. v. 17. Dez. 1916, MABl. S. 271) und in Württemberg die Gemeindebehörden aller Gemeinden, die nicht selbst Sitz eines öff. AN. sind, als Meldestellen bestimmt. Diese Einrichtung kann durch Anordnung der ObLB. nach dem Ges. wohl nicht aufrechterhalten werden, man müßte denn aus der Be­ stimmung, daß jede Gemeinde von einem Arbeitsnachweis erfaßt werden muß, die Zulässigkeit einer solchen Verpflichtung der Gemeinden heraus­ lesen. 9. Unter „Änderung seines Wirkungskreises" ist jede Beschränkung oder Erweiterung des örtlichen Wirkungskreises zu verstehen. 1V. „Weil der AN. wirtschaftliche Aufgaben zu erfüllen hat, eine wirtschaftliche Zusammengehörigkeit aber auch für Gebiete in Frage kommen kann, die zu verschiedenen Ländern gehören, dürfen die Landes­ grenzen für die Abgrenzung der Bezirke der einzelnen AN. nicht unter allen Umständen maßgebend sein." (Begr. S. 44.) Die Anordnung der Errichtung von AN. für Gemeinden verschie­ dener Länder ist in erster Linie der Vereinbarung der beteiligten ObLB. Vorbehalten; sie kann aber auch vom RAM. auf einseitigen An­ trag einer ObLB. nach Anhörung der anderen beteiligten ObLB. erfolgen. 11. Tie Befugnisse der ObLB. können für die Fälle des Abs. 3 nicht auf andere Stellen übertragen werden (vgl. oben Anm. 4).

§ 41). Den öffentlichen Arbeitsnachweis errichtet die Gemeinde oder der weitere Gemeindeverband2), für deren Bezirk der öf­ fentliche Arbeitsnachweis bestimmt ist (Errichtungsgemeinde)3)4). Öffentliche Arbeitsnachweise, deren Bezirk über die Grenze einer Gemeinde oder eines weiteren Gemeindeverbandes hinausreicht.

I. Arbeitsnachweisämter.

§§ 3, 4.

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werden durch die beteiligten Gemeinden oder Gemeindeverbände errichtet ö). Einigen sie sich nicht, so ordnet die oberste Landes­ behörde 6) 7) die Errichtung nach Anhörung des Landesamts 8) an. § 3 Abs. 3 gilt entsprechend 9)10). Die Überführung eines bestehenden Arbeitsnachweises ge­ mäß § 3 gilt als Errichtung"). 1. Durch die gemäß § 3 von der ObLB. erlassenen Anordnungen ist die Verpflichtung der zu dem Bezirk jedes öff. AN. gehörigen Gemeinden oder Gemeindeverbände zur Errichtung der öff. AN. begründet. In ß 4 handelt es sich um die Durchführung der getroffenen An­ ordnungen. Diese ist nicht in das freie Ermessen der Gemeinde gestellt, sondern gehört zu ihren gesetzlichen Aufgaben, deren Erfüllung nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen erzwungen werden kann (vgl. Anm. 10). 2. Vgl. Anm. 2 zu § 3. Als weitere Gemeindeverbände im Sinne des § 4 kommen nur die auf der allgemeinen Landesgesetzgebung beruhenden Kommunalverbände in Betracht. Zweckverbände sind nicht Gemeindeverbände in diesem Sinne; die Errichtung besonderer Gemeindeverbände zu dem Zwecke, Träger eines öff. AN. zu sein, ist unzulässig. 3. „Errichtungsgemeinde" ist die technische Bezeichnung für die Gemeinde oder Gemeindeverband in ihrer Eigenschaft als rechtliche und finanzielle Trägerin des AN. Vgl. Anm. 5 zu 8 1, L auch § 67. 4. Wer die Err.-Gemeinde bei der Errichtung des AN. und in der Ausübung aller ihr nach dem Ges. zukommenden Rechte und Pflichten zu vertreten hat, bestimmt die ObLB. nach Maßgabe des Landesrechts (§ 68). Auch die Form der Beschlußfassung über die Errichtung usw. bestimmt sich nach den landesrechtlichen Vorschriften. 5. Träger des gemeinsamen öff. AN. sind die sämtlichen betei­ ligten Err.-Gemeinden (Gemeinden oder Gemeindeverbände) gemeinsam. Sind die zu einem Gemeindeverband gehörigen Gemeinden ver­ schiedenen öff. AN. zugeteilt, so ist der Gemeindeverband als Err.-Gemeinde an allen diesen AN. beteiligt (die von Schlederer, BayGemVZ. 32. Jahrg. Nr. 25 Sp. 590 vertretene gegenteilige Meinung kann aus rechtlicheil und Zweckmäßigkeitsgründen nicht aufrechterhalten werden). Jedoch wird es nicht unzulässig sein, wenn aus besonderen Gründen die Einzelgemeinde .als Err.-Gemeinde auftritt. Gehört eine Gemeinde, die für sich den Bezirk einer unteren Ver­ waltungsbehörde (§ 3 Abs. 1 Satz 5) bildet, gleichzeitig zu einem Gemeindeverband und zum Bezirk einer anderen unteren Verwaltungs­ behörde, wie es bei den im Bezirksverband verbliebenell unmittelbaren Städten der Pfalz der Fall ist, so kann entweder der Gemeindeverband mit Einschluß der betr. Gemeinde als Err.-Gemeinde gelten Dder es können Gemeinde und Gemeindeverband je für sich als Err.-Gemeinde be­ teiligt sein. 6. Die grundsätzliche Entscheidung der ObLB. ist schon durchs die gern. § 3 erlassenen Anordnungen getroffen. Die tatsächliche Errich­ tung eines gemeinsamen AA. seht aber eine Einigung der beteiligten

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Arbeitsnach Weisgesetz.

Err.-Gemeinden über alle für den Bestand des AN. wesentlichen Punkte, insbesondere über den Sitz des AN., die Errichtung und den Sitz etwaiger Zweigstellen (vgl. Anm. 8 zu § 3) usw. voraus. Die Anordnung der ObLB., die in Ermangelung einer gütlichen Einigung notwendig wird, begreift die Entscheidung aller zwischen den Err.-Gemeinden streitig ge­ bliebenen Einzelfragen in sich. Daß schon bei den Verhandlungen über die Errichtung die Frage geklärt wird, welchen Anteil an den Kosten eines gemeinsamen AN. jede Err.-Gemeinde zu tragen hat (§ 67 Abs. 1), ist zwar wünschenswert (vgl. Begr. S. 44), aber für die Errichtung selbst nicht unbedingte Voraussetzung. Die Lösung dieser Frage kann von den Err.-Gemeinden den Beratungen über die Satzung Vorbehalten werden, in der.die Verteilung der Kosten unbedingt geregelt werden muß (vgl. Allg. Bestimmungen über den Inhalt der Satzung Ziff. 5, Anhang Nr. 6). Ebenso kann auch die ObLB. sich zunächst auf die Anordnung der Errichtung des gemeinsamen AN. beschränken und die Erledigung der Kostenfrage der Regelung dnrch die Satzung und damit der etwaigen Entscheidung durch die Gemeindeaufsichtsbehörde (§ 5) überlassen. Dieses Verfahren empfiehlt sich besonders auch deshalb, weil die ObLB. ihrer ganzen ver­ waltungsrechtlichen Stellung nach möglichst wenig mit der Entscheidung von Einzelfragen befaßt werden soll. Im Ges. selbst ist eine ausdrückliche Bestimmung darüber, in wel­ chem Verfahren Streitigkeiten über die Verteilung der Kosten gemeinsamer öff. AN. entschieden werden sollen, nicht enthalten. Diese Lücke soll nun­ mehr ausgefüllt werden durch das Ges. über eine vorl. Arbeitslosen­ versicherung. Nach § 55 des Entwurfs dieses Ges. in der Fassung eines vom RAM. vorgelegten Nachtrags (abgedruckt im RABl. Jahrg. 1922 Nr. 19 S. 558) soll über solche Streitigkeiten die ObLB. nach Anhörung der beteiligten Err.-Gemeinden entscheiden (vgl. Anm. 2 zu § 67). Die'e Bestimmung bedarf einer Ergänzung dahin, daß die ObLB. ihre Befugnis auf andere Stellen übertragen kann (vgl. § 62). 7. ObLB. ist hier die in Angelegenheiten des öff. AN. ressortmäßig zuständige Landeszentralstelle (vgl. Anm. 7 zu § 2); sie kann ihre Be­ fugnisse auf andere Stellen übertragen (§ 62). S. für Preußen Anhang Nr. 12. 8. Zu hören ist nur die Verwaltung (der Vorsitzende) des LA., nicht auch sein VA. (vgl. Anm. 7 zu 8 1). 9. Die Einigung mehrerer zu verschiedenen Ländern gehörigen Err.-Gemeinden wird ersetzt durch eine gemeinsame Anordnung der beteiligten ObLB. oder, wenn diese sich auf eine gemeinsame Anord­ nung nicht einigen können, durch Entscheidung des RAM. 10. Hat die ObLB. oder die von ihr beauftragte Stelle alle für den Einzelfall nach §§ 3 und 4 notwendigen Entscheidungen getroffen, kommen aber die beteiligten Err.-Gemeinden der Verpflichtung zur Er­ richtung des AN. nicht nach, so kann diese mit den nach der Landes­ gesetzgebung zulässigen Mitteln, äußerstenfalls durch Zwangsetatisierung erzwungen werden. Zu diesem Zwecke müssen auf Veranlassung der ObLB. die Gemeindeaufsichtsbehörden in Tätigkeit treten. Welche Be­ hörden als solche zuständig sind, richtet sich ebenso wie das Verfahren und die anzuwendenden Zwangsmittel nach der Landesgesetzgebung; wer als Gemeindeaufsichtsbehörde zu gelten hat, bestimmt die ObLB. (§ 68).

I. Arbeitsnachweisämter.

§§ 4, 5.

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Der Vollzug von Anordnungen, die gern. §§ 3 und 4 hinsichtlich ge­ meinsamer AN. für Gemeinden verschiedener Länder der RAM. getroffen hat, ist gegebenenfalls von den Gemeindeaufsichtsbehörden der betei­ ligten Länder zu erzwingen.

11. Das Ges. geht formell davon aus, daß bei seinem Inkraft­ treten keinerlei Einrichtungen des öff. AN. bestehen. Die Überführung der tatsächlich bereits vorhandenen Einrichtungen in öff. AN. nach den Vorschriften des Ges. muß deshalb in den für die Errichtung neuer öff. AN. vorgeschriebenen Formen, also durch förmliche Beschlußfassung der Vertretung der Err.-Gemeinde durchgeführt werden. §5. Die Verfassung der öffentlichen Arbeitsnachweise wird durch die Satzung geregelt1). Die Satzung erläßt die Errichtungsgemeinde2)3) im Ein­ vernehmen 4) mit dem Verwaltungsausschuß3). Einigen sie sich nicht, so entscheidet die Gemeindeaufsichts­ behörde 3)7) nach Anhörung des Verwaltungsausschusses des Landesamts3)9). Das Reichsamt kann mit Zustimmung^) seines Verwal­ tungsrats allgemeine Bestimmungen über den Inhalt der Sat­ zungen treffen10)' *). Soweit es von dieser Befugnis keinen Ge­ brauch macht, können die Landesämter mit Zustimmung ihrer Verwaltungsausschüsse und mit Genehmigung der beteiligten obersten Landesbehörden derartige Bestimmungen erlassen' Die Satzung kann bestimmen, daß für weibliche Arbeit­ nehmer besondere Abteilungen unter sachgemäßer weiblicher Lei­ tung zu errichten sind 13).

1. Die Verfassung des AN. muß den örtlichen Bedürfnissen ent­ sprechend durch die Satzung geregelt werden; eine gewisse Einheitlichkeit soll aber durch allgemeine Bestimmungen des RA. und unter gewissen Voraussetzungen der LÄ. gewahrt werden (Begr. S. 44). 2. Die Errichtung erfolgt in der durch die Gemeindegesetzgebung der Länder vorgeschriebenen Form durch Beschluß des zuständigen Bertretungskörpers der Err.-Gemeinde und Veröffentlichung im amtlichen Publikationsorgan der Err.-Gemeinde. Die Mitwirkung des VA. muß in der Veröffentlichung zum Ausdruck gebracht werden („Im Einver­ nehmen mit dem VA. erläßt usw"). 3. Bei gemeinsamen AN. sind an der Erlassung der Satzung sämt­ liche beteiligte Err.-Gemeinden beteiligt (Begr. S. 44); es sind überein­ stimmende Beschlüsse der sämtlichen Err.-Gemeinden notwendig. 4. Vgl. Anm. 9 zu § 2. Die Gemeinde und der VA. stehen sich bei Erlassung der Satzung vollständig gleichberechtigt gegenüber.

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Arbeitsnachweisgesetz.

5. Die Erlassung der Satzung geschieht erstmalig durch die Err.Gemeinde im Einvernehmen mit dem vorl. VA. (§ 63); die Zuständigkeit der endgültig auf Grund der Satzung gewählten VA. kommt also nur für spätere Änderungen der Satzung in Frage. 6. „Die Entscheidung bei Streitigkeiten zwischen Gemeindevertretung und VA. wurde in die Hand der Gemeindeaufsichtsbehörden gelegt, weit, in solchen Streitfällen, welche die Berwaltungsorganisation berühren, die Grundsätze der allgemeinen Staatsverwaltung maßgebend sein müssen. .Um die Belange der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu wahren, ist die Anhörung des VA. des LA. vorgeschrieben" (Begr. S. 44). Welche Stelle als Gemeindeaufsichtsbehörde zu gelten hat, bestimmt die ObLB. (§ 68). Als Gemeindeaufsichtsbehörden sind bisher bestimmt worden in Bayern die im Art. 13 Abs. 1 Buchst, a und b des Selbstverwaltungs­ gesetzes v. 22. Mai 1919 (GVBl. S. 239) bezeichneten Staatsaufsichts­ behörden (MinVek. v. 4. Sept. 1922, s. Anhang Nr. 13), in Sachsen für die Städte mit Revidierter Städteordnung die Kreishauptmannschaft, im übrigen die Amtshauptmannschaft (VO. v. 27. Sept. 1922, s. An­ hang Nr. 17), in Württemberg das Arbeitsministerium (VO. v. I.Okt. 1922, s. Anhang Nr. 18), in Baden der Landeskommissar, bezw. das für die VerwGemeinde zuständige Bezirksamt (VO. v. 23. Dez. 1922, An­ hang Nr. 20). 7. Bei gemeinsamen öff. AN. wird, falls nicht auf Grund des § 68etwas anderes bestimmt ist, in analoger Anwendung der Bestimmungen des § 14 Abs. 2 die gemeinsame Gemeindeaufsichtsbehörde nach An­ hörung des VA. des LA. zu entscheiden haben, wenn eine gemeinsame unmittelbare Gemeindeaufsichtsbehörde nicht vorhanden ist, die gemein­ same Oberaufsichtsbehörde. Ist auch eine solche (bei gemeinsamen AN. für Gemeinden verschiedener Länder) nicht vorhanden, so obliegt die Entscheidung dem NAM. im Benehmen mit den beteiligten ObLB. (vgl. Anm. 11 zu § 14). Als gemeinsame Gemeindeaufsichtsbehörde wurde in Bayern die der Verwaltungsgemeinde (§ 6) vorgesetzte Staatsauf­ sichtsbehörde (MinBek. v. 4. Sept. 1922, s. Anhang Nr. 13), in Sachsen die Amtshanptmannschaft, oder, falls eine Stadt mit Revidierter Städte­ ordnung beteiligt ist, die der letzteren vorgesetzte Kreishauptmannschaft, falls aber die beteiligten Gemeinden in den Bezirken verschiedener Kreishauptmannschaften gelegen sind, das Arbeitsministerium bestimmt (VO. v. 27. Sept. 1922, s. Anhang Nr. 17). 8. Die Gemeindeaufsichtsbehörde entscheidet, soweit es sich nicht um die Gesetzmäßigkeit, sondern um die Zweckmäßigkeit des Inhalts der Satzung handelt, nach freiem Ermessen. Beschwerde gegen ihre Ent­ scheidung ist nicht zulässig. Die Erlassung der Satzung ist auch im Falle der Entscheidung durch die Aufsichtsbehörde Sache der Err.-Gemeinde. Der Inhalt der Entscheidung ist der Satzung zugrunde zu legen. Er-wähnung der Entscheidung in der Einleitung der Satzung ist notwendig (gl. A. Syrup-Kaskel Anm. 10 zu § 5). 9. Gesetzlich unzulässige oder mit den gemäß Abs. 3 erlassenen allgemeinen Bestimmungen im Widerspruch stehende Bestimmungen ber Satzung hat die Gemeindeaufsichtsbehörde von Amts wegen zu bean­ standen. 19. Das RA. kann insbesondere bestimmen, welche Gegenstände unter-

I. Arbeitsnachweisämter.

§§ 5, 6.

45

-allen Umständen durch die Satzung geregelt werden müssen (notwendiger Inhalt der Satzung); es kann auch eine Mustersatzung hecausgeben *) 11. Bei gemeinsamen AN. muß in der Satzung insbes. die Vertei­ lung der Kosten unter die beteiligten Err.-Gemeinden geregelt werden (vgl. Anm. 6 zu § 4). 12. Solange das RA. überhaupt keine Bestimmungen getroffen hat, kann das LA. selbständig allgemeine Bestimmungen über den Inhalt der Satzung erlassen. Hat aber das RA. von seiner Befugnis Gebrauch gemacht, so kann das LA. nur im Rahmen der vom RA. erlassenen Be­ stimmungen einzelne Fragen näher regeln oder etwaige Lücken in den Bestimmungen des RA. ausfüllen. 13. Diese eigentlich selbstverständliche Bestimmung wurde wie verschiedene andere auf eine besondere Berücksichtigung der Frauen­ arbeit abzielenden Bestimmungen vom A. auf Antrag der weiblichen Abgg. aller Parteien beigefügt. Eine Abteilung für weibliche Arbeitnehmer ist keine Fachabteiluug irrt Sinne der §§ 32 ff.

8 6. Der öffentliche Arbeitsnachweis wird von der Errichtungs­ gemeinde verwaltet *). Für gemeinsame öffentliche Arbeitsnach­ weise bestimmt die oberste Landesbehörde2) nach Anhörung des Landesamts3) sowie der beteiligten Gemeinden^), im Falle des .§ 3 Abs. 3 Satz 2 der Reichsarbeitsminister ^), welche Errich­ tungsgemeinde die Verwaltung übernimmt (Verwaltungsge­ meinde). 1. Unter der Verwaltung des AN., die ein Teil der Gemeindever­ waltung ist, versteht. das Ges. die Sorge für den geregelten Dienst­ betrieb, insbesondere' die Bereitstellung der Räume und Bürobedürfnisse. Diese Aufgaben obliegen der Gemeinde, während die Geschäfts­ führung, d. h. die Erledigung des sachlichen Aufgabenkreises des AN. nach § 11 der Leitung und Überwachung des VA. unterstellt ist. Organ der Gemeinde in der Erfüllung der laufenden Verwaltungsausgaben ist der Vorsitzende, der sich aber auch hierin in ständiger Fühlung mit dem VA. zu halten hat (vgl. § 8 Abs. 4). Sehr wichtige Verwaltungs­ ausgaben, insbesondere der maßgebende Einfluß auf die Bestellung des Geschäftsführers und der Arbeitsvermittler und ein weitgehendes Mitwirkungsrecht bei der Aufstellung des Haushalts sind aber dem VA. vorbehalten (§§ 13, 14). 2. Übertragung dieser Befugnis auf andere Stellen ist nicht zu­ lässig (§ 62). 3. Da es sich um eine reine Verwaltungsangelegenheit handelt, ist Anhörung des VA. des LA. nicht vorgesehen (s. Anm. 7 za § 1). 4) Die vom RA. erlassenen Bestimmungen über den Inhalt der Satzung öff. AN. und die von ihm herausgegebene Mustersatzung, ferner die besonders auf gemeinsame öff. AN. berechnete bayerische Muster­ satzung sind im Anhang Nr. 6, 7, 16 abgedruckt.

46

Arbeitsnachweisgeseh.

4. Gemeinden = Errichtungsgemeinden (Gemeinden oder Gemeinde­ verbände). 5. Wenn die ObLB. gemeinsam die Errichtung eines gemeinsamen AN. für Gemeinden verschiedener Länder angeordnet haben, bestimmen sie auch gemeinsam die Verw.-Gemeinde (§ 3 Abs. 3 Satz 1); nur wenn die Errichtung auf Antrag einer ObLB. vom RAM. angeordnet wurde, bestimmt dieser auch die Verw.-Gemeinde. § 71). Für jeden öffentlichen Arbeitsnachweis ist ein Verwaltungs­ ausschuß zu bilden2). Der Verwaltungsausschuß besteht aus dem Vorsitzenden des öffentlichen Arbeitsnachweises8) ober4) einem seiner Stellvertreter und mindestens je drei Arbeitgebern und Arbeitnehmern8) als Beisitzern. Die Zahl der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer muß gleich fein6). Unter den Beisitzern sollen sich Frauen befinden7). Die Errichtungsgemeinde ist berechtigt, in den Verwaltungs­ ausschuß Vertreter mit beratender Stimme zu entsenden8). Ihre Zahl darf nicht größer sein als die Zahl der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer. Vertreter8) wirtschaftlicher Vereinigungen der Arbeitgeber gelten als Arbeitgeber, Vertreter wirtschaftlicher Vereinigungen der Arbeitnehmer46) gelten als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift"). Wer ausschließlich Hausgehilfen beschäftigt, gilt nur hin­ sichtlich einer Fachabteilung für Hausgehilfen (§ 32) als Ar­ beitgeber im Sinne dieser Vorschrift42); das Landesamt kann Ausnahmen in solchen Fällen zulassen, in denen der Arbeits­ nachweis sich wesentlich mit der Vermittlung von Hausgehilsen befaßt48). Als Arbeitgeber gilt hierbei auch eine Frau, deren Mann als Haushaltungsvorstand Hausgehilfen beschäftigt14). Auf jeden Beisitzer entfällt ein Stellvertreter48), der ihn im Behinderungsfalle vertritt und im Falle des Ausscheidens für den Rest der Amtsdauer ersetzt46). Die Stellvertreter der Beisitzer sind ebenso wie die Stellvertreter des Vorsitzenden be­ rechtigt, an den Sitzungen des Verwaltungsausschusses teilzu­ nehmen, aber ohne beratende und beschließende Stimme47). 1. Die Einrichtung des VA. ist nichts grundsätzlich Neues ; sie bestand seit langem wenigstens bei allen bedeutenderen gemeindlichen AN. und ist in den auf Grund der VO. vom 14. Juni 1916 (RGBl. S. 519) und vom 9. Dez. 1918 (RGBl. S. 1421) von den Ländern er­ lassenen Anordnungen ausdrücklich vorgeschrieben. Neu ist dagegen die Stellung, die das Ges. dem VA. einräumt. Bisher stand der VA.

I. Arbeitsnachweisämter.

§§ 6, 7.

47

der Gemeinde nur als beratendes und begutachtendes, nicht als mit­ bestimmendes Organ zur Seite; die letzte Entscheidung verblieb immer der Gemeinde. Nach dem Ges. hat der VA. die Geschäftsführung, d. h. die Erledigung des sachlichen Aufgabenkreises des AN. (f. Anm. 1 zu § 6) selbständig ohne Mitwirkung der Gemeinde zu regeln und zu überwachen; auch auf die Verwaltung ist ihm ein großer Einfluß gegeben, insbesondere ist seine Entscheidung für die Bestellung des Geschäftsführers und der Arbeitsvermittler maßgebend. Beschwerden gegen seine Entscheidungen werden nicht von der Gemeinde, sondern von dem VA. des LA. als dem übergeordneten Organ der Selbstverwaltung des AN. verbeschieden. Der VA. ist damit zum wichtigsten Organ des AN. erhoben; in ihm verkörpert sich der Gedanke der wirtschaftlichen Selbste­ verwaltung im AN. Seine Rechte und Pflichten ergeben sich im einzelnen aus den §§ 2 Abs. 3, 5 Abs. 2, 8 Abs. 2, 11—14, 50 des Ges.

2. Den Vorsitz im VA. führt der Bors, des AN. Dies ist im Gesetz nicht vollkommen klar ausgesprochen, steht aber als der Wille des Ge­ setzgebers zweifellos fest. Der Vors. ist stets — auch in den Fällen des § 50 — stimmberechtigt.

3. Bis zur Bestellung des endgültigen VA. auf Grund der Satzung tritt an seine Stelle der vorl. VA. (vgl. § 63 und Anm., insbes. Anm. 14). 4 Nach dem Entwurf sollte dem VA. der Vors. und einer seiner Stellvertreter mit beschließender Stimme angehören. In der Besei­ tigung dieser Bestimmung liegt eine Schwächung der Stellung der Gemeinde gegenüber den Vertretern der Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die Stellv, des Vors. können an den Beratungen des VA. als Zuhörer teilnehmen (Abs. 5). 5. Die Zahl der Beisitzer ist in der Satzung festzulegen, sie kann über die gesetzliche Mindestzahl erhöht, aber nicht unter diese herab­ gesetzt werden. 6. Der bisherigen Entwicklung entsprechend müssen die beiden großen Jnteressentengruppen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer grund­ sätzlich an der Verwaltung und Geschäftsführung des AN. gleichmäßig beteiligt sein (Grundsatz der „Parität"). Die Zahl der Arbeitgeber und Arbeitnehmer im VA. muß deshalb gleich sein. Nicht notwendig ist dagegen, daß beide Gruppen in jeder einzelnen Sitzung des VA. in gleicher Stärke vertreten sind. Durch die Satzung kann jedoch allge­ mein oder für bestimmte Fälle (z. B. die Entscheidung über Beschwer­ den) bestimmt werden, daß nur je eine gleiche Zahl von Arbeitgebern und Arbeitnehmern sich an der Abstimmung beteiligen darf (vgl. Anm. 7 zu Z 12). 7. Da die Err.-(Verw.-)Gemeinde bei der Bestellung der Beisitzer an die Vorschläge der Arbeitgeber- und Arbeitnehmervereinigungen gebunden ist (§ 9 Abs. 1), werden diese bei der Aufstellung der Vor­ schlagslisten auf die Vertretung der Frauen im Ausschuß Bedacht zu nehmen haben. Von erheblicher praktischer Bedeutung ist hauptsächlich die Vertretung der Arbeitnehmerinnen im VA. Den Absichten des Gesetzes ist auch genügt, wenn nur eine Frau (Arbeitgeberin oder Arbeitnehmerin) dem VA. angehört.

48

Arbeitsnachweisgesetz.

8. Die Gemeinden haben damit die Möglichkeit, weitere Mit­ glieder in den VA. abzuordnen, die aber zur Wahrung der Parität nur beratende Stimme haben. Die Beteiligung der Vertreter der Err.-Gemeinden an den Beratungen des VA. ist auch schon deshalb erwünscht, weil der VA. nach § 14 bei der Aufstellung des Haushalts des AN. mitzuwirken hat. Durch diese enge Verbindung zwischen den gemeindlichen Körperschaften und der Verwaltung des AN. können die für die Verwaltung des AN. maßgebenden Gesichtspunkte auch in der Err.-Gemeinde die entsprechende Vertretung und Berücksichtigung finden (Begr. S. 45). übrigens brauchen die Vertreter der Err.-Gemeinde nicht ein- für allemal bestellt zu werden; die Gemeinde kann auch die Vertreter für die einzelne Sitzung besonders bestimmen und hat damit die Möglich­ keit, für die Beratung von Einzelfragen jeweils besonders sachkundige Mitglieder abzuordnen. Bei gemeinsamen AN. wird das Recht zur Entsendung von Vertretern in den VA. nicht nur der Verw.-Gemeinde, sondern allen Err.-Gemeinden zugebilligt werden müssen; die Gesamtzahl der Vertreter der Err.-Gemeinden darf aber auch in diesem Fall die Zahl der Ar­ beitgeber- und Arbeitnehmerbeisitzer nicht übersteigen.

9. Unter „Vertretern" der wirtschaftlichen Bereinigungen sind ihre ehrenamtlichen Funktionäre und ihre Angestellten zu verstehen. Die Bestellung eines Angestellten des öff. AN., der gleichzeitig ehrenamtlicher Funktionär einer wirtschaftlichen Vereinigung ist, als Beisitzer oder Stellv, im VA. ist mangels einer entgegenstehenden Be­ stimmung als zulässig zu erachten. 10. über den Anm. 3 zn § 9.

Begriff

der

„wirtschaftlichen

Vereinigung"

vgl.

11. Daß Vertreter der wirtschaftlichen Vereinigungen als Arbeit­ geber und Arbeitnehmer zugelassen werden, erscheint durch die besondere Sachkenntnis gerade dieser Personen geboten (Begr. S. 43) und ent­ spricht auch der bisherigen Übung. 12. Wer nur Hausgehilfen beschäftigt, kann als Arbeit geb er beisitzer nicht dem VA., sondern nur dem Fachausschuß einer Abteilung für Hausgehilfen (§ 32) angehören. Dagegen kann ein Arbeitnehmer, der seinerseits Hausgehilfen beschäftigt, ungehindert als Arbeit nehmerbeisitzer dem VA. angehören. Hinsichtlich des Vorsitzenden und seiner Stellvertreter f. § 8 Abs. 3. Als Hausgehilfen im engeren Sinne gelten alle Personen, die in der Hauptsache mit Haushaltsarbeiten beschäftigt und in die häusliche Ge­ meinschaft des Arbeitgebers ausgenommen sind. Gesetzlich festgelegt wird der Begriff erst im kommenden Hausgehilfengesetz werden. Hier wird jedoch der Begriff in einem weiteren Sinn zu nehmen sein und alle Personen umfassen, die nicht in einem landwirtschaftlichen oder gewerb­ lichen Betrieb, sondern nur im Hauswesen des Arbeitgebers Dienste irgendwelcher Art leisten, also einerseits auch höheres Hauspersonal (Er­ zieherinnen, Gesellschafterinnen, Hausdamen), andererseits Herrschafts­ kutscher, Hausmeister, Zugehfrauen usw. (gl. M. Kaskel-Syrup Anm. 30 Zu § 7).

I. Arbeitsnachweisämter.

§§ 7, 8.

49

13. Wenn die Tätigkeit eines AN. zu einem erheblichen Teile in der Vermittlung von Hausgehilfen besteht, so können ihm als Arbeit­ geberbeisitzer auch Personen angehören, die sonst nur dem Fachausschuß einer Abteilung für Hausgehilfen angehören können (vgl. Anm. 11). Diese Ausnahme ist >aber nur mit Genehmigung des LA. (ohne Mit­ wirkung seines VA.) zulässig. Die Zulassung von Ausnahmen gilt nicht für bestimmte Personen, sondern für den AN. als solchen. Die Ent­ scheidung über die Zulassung unterliegt nicht dem Einspruch gemäß §§ öl, 52. 14. Nach § 1357 BGB. ist Arbeitgeber eines von einer Ehefrau innerhalb ihres häuslichen Wirkungskreises (in Ausübung ihrer sog. Schlüsselgewalt) eingestellten Hausgehilfen im Zweifel nicht die Frau, sondern der Mann. Die Frau wird aber hier als Arbeitgeberin be­ handelt, da andernfalls eine Vertretung der Hausfrauen im VA. vielfach nicht möglich wäre. 1&. Für jeden Beisitzer muß ein bestimmter, mit Namen bezeich­ neter Stellv, bestellt werden. Die Stellv, müssen ebenso wie die Bei­ sitzer den Voraussetzungen des § 10 entsprechen. Soweit der Stellv, für den verhinderten Beisitzer eintritt, ist er in seinen Entschließungen frei und an Weisungen oder an die frühere Stellungnahme des Beisitzers nicht gebunden. 16. Die Stellv, der Beisitzer sind gleichzeitig Ersatzleute. 17. Die Stellv, der Beisitzer (ebenso die Stellv, des Bors.) können den Sitzungen des VA. nur als Zuhörer beiwohnen. (Vgl. Anm. 9 zu § 12).

§ 8. Der Vorsitzende des öffentlichen Arbeitsnachweisesx)2) und seine Stellvertreter 3) werden von der Errichtungsgemeinde, bei gemeinsamen Arbeitsnachweisen von der Verwaltungsgemeinde nach Benehmen1) mit den anderen Errichtungsgemeinden be­ stellt s) 6). Vor der Bestellung ist der Verwaltungsausschuß zu hören. Erhebt mehr als die Hälfte der Beisitzer1) Einspruch, so ist die Be­ stellung nur mit Zustimmung des Verwaltungsausschusses des Landesamts zulässig. Der Einspruch muß mit Gründen ver­ sehen fein8). Wird darauf die Zustimmung versagt und kommt binnen vier Wochen keine andere Regelung zustande, so nimmt die Gemeindeaufsichtsbehörde die erforderlichen Bestellungen nach Anhörung des Landesamts vor9)10). Der Vorsitzende und seine Stellvertreter dürfen ohne Zu­ stimmung des Verwaltungsausschusses weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer fein11). Sie werden jedoch durch Beschäftigung von Hausgehilfen nicht behindert, den Vorsitz in einer Fachabtei­ lung für Hausgehilfen zu führen12). § 7 Abs. 3 findet An­ wendung 13). Ziegler-Schlederer, Arbeitsnachweisgesetz. 4

50

Arbeitsnachweisgesetz.

Der Vorsitzende führt die Verwaltung des Arbeitsnachweises im Auftrage der Gemeinde (§ 6)14)15). Er hat dem Verwal­ tungsausschuß auf dessen Wunsch jederzeit Auskunft über die Verwaltungsmaßnahmen zu geben1G)17)18).

1. Der Bors, ist einerseits Bors, des AN. als eines Teils der Gemeindeverwaltung, andererseits Bors, des VA. als des Organs der Selbstverwaltung des AN. Er muß deshalb von der Err.-Gemeinde, deren Einfluß auf den AN. im wesentlichen auf seiner Person beruht, bestellt werden, bedarf aber auch des Vertrauens des VA., wenn ein gedeihliches Zusammenarbeiten zwischen Gemeinde und Interessenten gesichert sein soll. Er ist der eigentliche Leiter des AN. und für dessen Tätigkeit einerseits der Gemeinde, andererseits dem VA. verantwortlich, dagegen ist der Geschäftsführer (§ 13) nur der fachliche (technische) Leiter des Betriebs, den er nach den Weisungen des Bors, za führen hat, und ist zunächst nur diesem verantwortlich. Bei dem engen Zusammenhang zwischen Gemeindeverwaltung und AN. wird in der Regel ein Mitglied der Gemeindeverwaltung als Bors.' des AN. bestellt werden. 2. Die Begr. (S. 46) bezeichnet es als selbstverständlich, daß die Gemeinde den Geschäftsführer, den sie nach § 13 Abs. 1 auf Vorschlag des VA. bestellt hat, aus eigenem Entschluß auch als Bors, bestellen kann. Dieser Auffassung kann nach dem in Anm. 1 über das Verhältnis' des Bors, zum Geschäftsführer Gesagten aus inneren Gründen nicht beigepflichtet werden. Der Bors, ist der Vorgesetzte des Geschäftsführers, dieser würde also durch die Bestellung zum Bors, sein eigener Vor­ gesetzter und zugleich der Bors, des zur Überwachung seiner Tätigkeit berufene VA. werden. (A. M. Kaskel-Syrup Anm. 2 zu § 8.) 3. Die Zahl der Stellv, ist nicht beschränkt; es muß aber min­ destens e i ii Stellv, bestellt werden. Bei gemeinsamen öff. AN. kann für den von der Verw.-Gemeinde zu stellenden Bors, auch ein Vertreter einer anderen beteiligten Err.-Gemeinde als Stellv, des Bors, bestellt werden. Die rechtliche Stellung der Stellv, des Bors, ist eine andere als die der Stellv, der Beisitzer. Sie sind nur Stellv., nicht gleichzeitig Ersatz­ männer des Bors, und werden nur im Auftrage des Bors, tätig, sind also an dessen Weisungen und Stellungnahme gebunden. Im Falle des Ausscheidens des Bors, wird die Err.-(Verw.^Ge­ meinde bis zur Neubestellung eines Bors, einen vorläufigen Bors, be­ stellen müssen; bei der Auswahl der Person ist sie auf den Kreis der Stellv, des bisherigen Bors, nicht beschränkt. Der Geschäftsführer kann aus dem gleichen Grunde, der seiner Bestellung zum Bors, im Wege steht (s. Anm. 2) auch nicht als Stellv, des Bors, bestellt werden (a. M. Kaskel-Syrup Anm 5 zu § 7) Da­ gegen kann der Bors, einen Teil seiner Befugnisse in der laufenden Verwaltung und Geschäftsführung, insbes. die Unterzeichnung der aus­ laufenden Schriftstücke, im Wege der Delegation dem Geschäftsführer übertragen. 4. S. Anm. 9 zu § 2. 5 Der Bors, und seine Stellv, werden nicht wie die Beisitzer auf eine bestimmte Zeit bestellt; ihre Amtsdauer endet auch nicht mit dem

I. Arbeitsnachweisämter.

§ 8.

51

Ablauf der Amtsdauer der Beisitzer. Sie können aber von der Err(Verw.-)Gemeinde jederzeit abberufen werden. Dem VA. steht zwar kein Recht zu, die Abberufung des Bors, oder eines Stellv, zu verlängere sie wird aber aus praktischen Gründen notwendig werden, wenn sich ergibt, daß der Bors, oder Stellv, das Vertrauen des VA. nicht mehr genießt und mit diesem nicht mehr ersprießlich zusammenwirken kann. 6. Ob die als Bors, oder Stellv, bestimmte Person zur Annahme dieses Amtes verpflichtet ist, bestimmt sich nach dem Rechte, dem sie nach ihrer dienstlichen Stellung innerhalb der Gemeindeverwaltung untersteht. Für Personen, die nicht im Dienste der Gemeinde stehen, ist eine solche Verpflichtung - nicht gegeben. 7. Das Recht, Einspruch zu erheben, ist hier, wie sich aus der Fassung der Bestimmung im Gegensatz zu jener des § 14 Abs. 1 ergibt, kein Recht des VA. als solchen, sondern ein persönliches Recht der ein­ zelnen Beisitzer, der Einspruch selbst keine Willensäußerung des VA., sondern ein persönliches Mißtrauensvotum der Beisitzer. Hieraus er­ gibt sich a) daß zur Erhebung des Einspruchs nur die Beisitzer, nicht auch ihre Stellv, berechtigt sind, b) daß der Einspruch von den Beisitzern auch außerhalb der Sitzung des VA. durch schriftliche oder protokollarische Erklärung gegenüber der Err.-(Verw.-)Gemeinde eingelegt werden kann. Als spätester Termin für den Einspruch wird der Schluß der Sitzung gelten müssen, in dem der VA. über die Bestellung des Bors, gehört wird. Erfolgt die Anhörung im Wege der Umfrage, was hier als zu­ lässig zu erachten ist, so wird die Err.-(Verw.-)Gemeinde für den Ein­ spruch eine Frist bestimmen müssen. 8. Diese Vorschrift wurde vom VA. eingefügt, um haltlosen Ein­ sprüchen vorzubeugen. 9. Will die Err.-Gemeinde dem Einspruch nicht stattgeben und einen anderen der Mehrzahl der Beisitzer des VA. genehmen Bors, bestellen, so hat sie den Einspruch dem VA. des ÄA. zur Entscheidung vorzulegen. Stimmt dieser unter Zurückweisung des Einspruchs der Bestellung zu, so steht der Bestellung nichts mehr im Wege. Erachtet dagegen der VA. des LA. den Einspruch für begründet, so muß die Err.-(Verw.-)Gemeinde innerhalb vier Wochen — von der Eröffnung der Entscheidung an gerechnet — versuchen, sich mit dem VA. auf eine andere Persönlichkeit zu einigen oder die Zurücknahme des Einspruchs zu erreichen. Gelingt dies nicht, so ist der Streitfall der Gemeinde­ aufsichtsbehörde vorzulegen, die nach Anhörung des LA. (nicht auch seines VA.) im Aufsichtswege den Bors, bestellt. Die Aufsichtsbehörde hat in der Bestellung freie Hand, kann also u. U. auch die Person als Bors, bestellen, gegen die sich der Einspruch richtete. Unzulässig ist nur die Bestellung einer Person, die nach § 8 Abs. 3 nicht Vorsitzender­ sein kann. — Das gleiche Verfahren greift Platz, wenn gegen die Be­ stellung eines Stellv, des Bors. Einspruch eingelegt wird. 19. Solange das Einspruchsverfahren schwebt, wird ein nicht mit Einspruch belegter Stellv, des Bors, die Geschäfte zu führen haben. Ist ein solcher nicht vorhanden, so wird man, da der AN. nicht ohne 4*

52

Arbeitsnachweisgesetz.

Bors, sein kann, der Gemeinde das Recht zugestehen müssen, einen vor­ läufigen Bors, nach ihrem Ermessen zu bestellen. 11. Während die Beisitzer entweder Arbeitgeber oder Arbeitnehmer sein müssen, darf der Bors, und der Stellv, des Bors, als unparteiischer Vertreter der Interessen der Allgemeinheit grundsätzlich weder das eine noch das andere sein. Ausnahmen sind zwar mit Zustimmung des VA. zugelassen, werden aber wohl nur selten und nur bei kleinen Arbeits­ nachweisen vorkommen. Wird der Bors, oder ein Stellv, nachträglich Arbeitgeber oder Arbeitnehmer oder ist die Bestellung in Unkenntnis dieser Eigenschaft erfolgt, so muß die Bestellung zurückgenommen werden, falls nicht der VA. der Beibehaltung zustimmt. Die bis zur Zurück­ nahme von dem Bors, oder Stellv, getroffenen Entscheioungen bleiben rechtswirksam (vgl. Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen, Band 50 S. 19). — Das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis, in dem der Bors, in den meisten Fällen zur Erc.-(Verw.-)Gemeinde stehen wird, stempelt ihn nicht zum Arbeitnehmer im Sinne des Ges. 12. Wer ausschließlich Hausgehilfen beschäftigt, kann nicht nur Bors, des AN. sein (weil er nach § .7 Abs. 4 nicht als Arbeitgeber gilt), sondern er kann in dieser Eigenschaft auch den Vorsitz im Fachausschuß einer Abteilung für Hausgehilfen führen, obwohl er für diese Abteilung an sich als Arbeitgeber zu gelten hätte. 13. Der Bors, darf auch nicht ehrenamtlicher Funktionär oder Angestellter einer Arbeitgeber- oder Arbeitnehmervereinigung sein. 14. Die Verwaltungsbefugnisse des Bors, beschränken sich auf die laufenden Verwaltungsgeschäfte, die nicht der Err.-(Verw.-)Gemeinde selbst Vorbehalten und durch Beschluß der Vertretung der Gemeinde zu erledigen sind. Zur Verwaltung gehört insbesondere die Unterzeich­ nung der auslaufenden Schriftstücke. Soweit der Bors, die selbständige Erledigung eines Teils der Verwaltungsgeschäfte dem Geschäftsführer überträgt, bleibt er der Gemeinde und dem VA. gegenüber verant­ wortlich. 15. Auftraggeberin des Bors, eines gemeinsamen AN. ist nur die Verw-Gemeinde, nicht jede beteiligte Err.-Gemeinde. Er ist daher auch für seine Verwaltungsmaßnahmen nur der Verw.-Gemeinde ver­ antwortlich. 16. Diese Verpflichtung besteht nur gegenüber dem VA. als solchem, nicht gegenüber den einzelnen Mitgliedern des VA. 17. Bis zur Bildung eines VA. auf Grund der Satzung werden seine Befugnisse von einem vorl. VA. ausgeübt (vgl. Anm. 14 zu § 63). 18. Für einen Schaden, den der Bors, einem Dritten vorsätzlich oder fahrlässig zufügt, haftet er, wenn er Beamter ist, auf Grund des § 839 BGB., im übrigen auf Grund des § 826 BGB.; neben ihm haftet gemäß §§ 31, 89 BGB. die Gemeinde, und zwar nicht nur die Verw.-, sondern auch jede Err.-Gemeinde, da der Bors, gemeinsames Organ der Err.-Gemeinden ist.

§ 91). Die Beisitzer und ihre Stellvertreter bestellt die Errichtungs­ gemeinde, bei gemeinsamen öffentlichen Arbeitsnachweisen die

I. Arbeitsnachweisämter.

§§ 8, 9.

53

Verwaltungsgemeinde nach Benehmen9) mit den anderen Er­ richtungsgemeinden. Sie ist dabei an Vorschlagslisten der wirt­ schaftlichen Vereinigungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer9) gebunden. Die Errichtungsgemeinde hat die Vorschläge durch öffentliche Bekanntmachung in ortsüblicher Weise einzufordern. Für die Bestellung ist die Reihenfolge in jeder Vorschlagsliste maßgebend ^)5). Liegen mehrere solcher Vorschlagslisten6) vor, so sind auf sie die Arbeitgeberbeisitzer nach der Zahl der beschäftigten Arbeit­ nehmer, die Arbeitnehmerbeisitzer nach der Zahl der Mitglieder, die den vorschlagenden wirtschaftlichen Vereinigungen im Bezirk des öffentlichen Arbeitsnachweises angehören, zu verteilen7), in beiden Fällen unter billiger Berücksichtigung des Schutzes der Minderheiten9). Werden keine Vorschlagslisten eingereicht oder sind keine als Vorschlagskörper geeigneten wirtschaftlichen Vereinigungen vor­ handen, so bestellt die Errichtungsgemeinde (Verwaltungsge­ meinde) die Beisitzer aus den Reihen der Arbeitgeber und Ar­ beitnehmer. Gegen die Nichtzulassung einer Vorschlagsliste oder gegen die Verteilung der Beisitzer auf die Vorschlagslisten kann jede vorschlagende Vereinigung Beschwerde bei der Gemeindeaufsichts­ behörde einlegen9). Diese entscheidet nach Anhörung des Ver­ waltungsausschusses des Landesamts. Wenn es sich dabei um die Nichtzulassung einer Vorschlagsliste handelt, ist weitere Be­ schwerde bei der obersten Landesbehörde zulässig79). Sie ent­ scheidet dann endgültig. 1. Die Bestimmungen dieses Paragraphen, welche das Verfahren bei der Bestellung der Beisitzer und ihrer Stellv, regeln, beruhen auf einem Kompromißantrag, auf den sich im A. fast alle Parteien einigten. 2. S. Anm. 9 zu § 2. 3. Zum Begriff der „wirtschaftlichen Vereinigung" hat ein Re­ gierungsvertreter im A. folgende Erklärung abgegeben: „Der Begriff der ,wirtschaftlichen Vereinigung' ist aus der Ver­ ordnung v. 23. Dez. 1918 (über Tarifverträge, Arbeiter- und Angestellten­ ausschüsse und Schlichtung von Arbeitsstreitigkeiten, RGBl. S. 1456) unb aus dem Betriebsrätegesetz (v. 4. Febr. 1920, RGBl. S. 147) entnommen und bei beiden Gesetzen durch die Praxis geklärt worden. Wenn man ihn auf eine kurze Formel bringen will, so würde man sagen können, daß wirtschaftliche Vereinigungen alle Vereinigungen sind, die fähig sind, Parteien eines Tarifvertrags zu sein. Seine endgültige Klarstellung kann der Begriff nicht durch dieses Gesetz, sondern nur durch die kommende gesetzliche Regelung des Tarifvertrags und des Rechts der Berufsvereine erhalten." (Ber. S. 19.)

54

Arbeitsnachweisgesetz.

Als allgemeine Voraussetzungen für die Anerkennung als wirtschaftliche Vereinigung im Sinne des Ges. werden folgende in Betracht kommen: a) Die Vereinigungen müssen wirtschaftliche, nicht politische, reli­ giöse, wissenschaftliche oder gesellige Zwecke verfolgen, b) es müssen reine Arbeitgeber- oder Arbeitnehmervereinigungen sein, keine gemischten Vereinigungen, die sich aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern oder Angehörigen der freien Berufe zusammensetzen. (Vgl. Dr. Feig und Dr. Sitzler, Betriebsrätegesetz Anm. 1 zu 8 8.) Auf der Arbeitgeberseite werden sich Zweifel über die An­ erkennung kaum ergeben. Hier kommen Verbände und Vereine aller Art in Betracht, die den obigen Voraussetzungen entsprechen. Auch die Innungen sind laut Feststellung des Referenten Abg. Dr. Most in der Sitzung des Reichstags v. 28. Juni 1922 (Sten. Ber. S. 8121) als wirt­ schaftliche Vereinigungen anzuerkennen- mit Rücksicht auf § 7 Abs. 3 Satz 2 wird man auch Hausfrauenvereinigungen als wirtschaftliche Ver­ einigungen zulassen müssen, sofern sie tariffähig sind. Dagegen gelten die öffentlichen Berufsvertretungen (Handels-, Handwerks- und Landwirtschafts- [in Bayern Bauern-Mammern) nicht als wirtschaftliche Vereinigungen; diese sind nach dem ANG. zur Mit­ wirkung nur da berechtigt, wo dies ausdrücklich gesagt ist (§§ 26, 32 ff.). Auf feiten der Arbeitnehmer kommen als wirtschaftliche Vereinigungen die Berufsvereine (Gewerkschaften) in Betracht. Da­ gegen wird nicht gefordert werden können, daß die Vereinigungen den Grundsätzen entsprechen, welche die der Zentralarbeitsgemeinschaft der industriellen und gewerblichen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Deutsch­ lands angeschlossenen Gewerkschaften (freie und christliche Gewerkschaften und Hirsch-Dunckersche Gewerkvereine) für die Anerkennung als Ge­ werkschaft aufgestellt haben (Korrespondenzblatt des Allg. Deutschen Gewerkschaftsbundes Nr. 3 v. 17. Jan. 1920 S. 25). Den sog. „wirt­ schaftsfriedlichen Vereinigungen", die nach diesen Grundsätzen nicht als Gewerkschaften anerkannt werden, wird man eine Vertretung im VA. unter der Voraussetzung nicht versagen können, daß sie von den Arbeit­ gebern unabhängig sind und von ihnen nicht mit Geldmitteln unter­ stützt werden, und daß ihre Mitglieder einen erheblichen Bruchteil der Arbeiterschaft im Bezirk des einzelnen AN. bilden.*)

*) In ähnlicher Weise umschreibt Art. 161 des deutsch-polnischen Wirtschaftsabkommens v. 15. Mai 1922 (RGBl. II S. 237) den Begriff der wirtschaftlichen Vereinigung der Arbeitnehmer: „Arbeitnehmervereinigungen im Sinne des Art. 159 sind frei­ willige Vereinigungen von Arbeitnehmern..., die sich unter Ableh­ nung politischer Ziele ausschließlich oder vorwiegend mit der Regelung des Arbeitsverhältnisses durch Tarifvertrag beschäftigen. Sie müssen ferner folgenden Bestimmungen entsprechen: a) die Mitgliedschaft darf nicht von der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Betriebe abhängig sein; b) Arbeitgeber dürfen nicht als Mitglieder ausgenommen, Unter­ stützungen oder sonstige Zuwendungen von Arbeitgeberseite dürfen nicht angenommen werden; c) bic Wahrnehmung der Interessen der Mitglieder muß selb­ ständig und unabhängig von nichtgewerkschaftlichen, insbesondere von politischen Einflüssen erfolgen."

I. Arbeitsnachweisämter.

§ 9.

55

4. Die Gemeinde kann keinen Beisitzer oder Stellv. bestellen, dessen Name nicht auf einer Vorschlagsliste stand. Ist eine Person in mehreren Listen vorgeschlagen, so ist sie von der Gemeinde zu der Erklä­ rung zu veranlassen, welcher Liste sie zugezählt werden will. In der Ausschreibung werden die wesentlichen Bestimmungen über die Einrichtung der Vorschlagslisten anzugeben sein' ferner muß dieselbe einen Termin für die Einreichung der Vorschlagslisten bestimmen. 5. Die Gemeinde hat unter den in einer Vorschlagsliste enthaltenen Personen keine Auswahl zu treffen, sondern muß sie in der Reihenfolge bestellen, in der sie auf der Liste stehen. 6. Über Inhalt und Form der Vorschlagslisten, die Frist, die zwischen der Ausschreibung und dem Termin für die Einreichung der Listen liegen muß, über etwaige Listenverbindungen, über die Behand­ lung von Personen, deren Namen auf mehreren Vorschlagslisten erschei­ nen, usw., enthält das Gesetz keine Bestimmungen. Diese Fragen müssen in der Satzung oder, um diese nicht mit Einzelheiten zu belasten, in einer auf Grund der Satzung erlassenen besonderen Vorschrift ge­ regelt werden. Für die Bestellung des vorl. VA. muß die Regelung der Err.-(Verw.-)Gemeinde überlassen bleiben. Dabei können die von den Organen der Sozialversicherung für die Wahl ihrer Ausschüsse er­ lassenen Wahlordnungen, auch die Wahlordnung zum Betriebsrätegesetz v. 5. Febr. 1920 (RGBl. S. 175) in den Einzelheiten als Muster dienen. Als notwendiger Inhalt der Vorschlagslisten ergibt sich aus bett Bestimmungen des Ges. nur die Angabe der vorschlagenden Vereinigung und die genaue Bezeichnung der vorgeschlagenen Personen nach Name, Stand, Wohnort und Wohnung, bei Arbeitnehmern, die im Bezirk des AN. beschäftigt, aber nicht wohnhaft sind, auch die Angabe des Beschäf­ tigungsorts. Um der Err.-(Verw-)Gemeinde die Nachprüfung der Vor­ aussetzungen für die Bestellbarkeit (§ 10) zu erleichtern, sollen auch das Alter und die Staatsangehörigkeit der vorgeschlagenen Personen sowie die Dauer der Ansässigkeit bzw. Beschäftigung im Bezirk des AN. ange­ geben werden. Entweder in der Vorschlagsliste oder in einem besonderen Schreiben muß von Arbeitgebervereinigungen auch jbte Zahl der von ihren Mit­ gliedern im Bezirk des AN. beschäftigten Arbeitnehmer, von Arbeit­ nehmervereinigungen die Zahl ihrer im Bezirk des AN. wohnhaften oder beschäftigten Mitglieder angegeben werden. Sollen mehrere Listen als miteinander verbunden gelten, so ist dies gleichfalls entweder in den Listen selbst oder gesondert zu erklären. Für die Bezeichnung der Stellv, ist folgendes zu beachten: Nach § 7 Abs. 4 muß zwar für jeden Beisitzer ein bestimmter, namentlich be­ zeichneter Stellv, bestellt werden- es ist jedoch nicht notwendig, daß schon in den Listen für* jeden Beisitzer auch ein bestimmter Stellv, vorgeschlagen wird. Es können also in einer Liste die Namen A, B, C, D usw. in einer Reihe untereinander ohne Ausscheidung von Beisitzern aufgeführt werden. Entfallen dann auf die Liste z. B. drei Beisitzer, so sind A, B und C als Beisitzer zu bestellen, D als Stellv, des A, E als Stellv, des B und F als Stellv, des C. Die weiteren auf der Liste stehenden Personen kommen als Ersatzstellv, in Betracht und rücken in der Reihenfolge, in

56

Arbeitsnachweisgesetz.

der ihre Namen in der Liste enthalten sind, in die freiwerdenden Stellen von Stellv, ein. Dieses Verfahren hat den Vorteil, daß bei genügendem Umfang der Listen eine Erschöpfung derselben während der Amtsdauer des VA. so gut wie ausgeschlossen ist, dagegen den sehr erheblichen Nach­ teil, daß es in hohem Grade dem Zufall überlassen bleibt, wer für aus­ scheidende Beisitzer in den VA. eintritt, so daß z. B. leicht an die Stelle einer Hausfrau ein Handwerksmeister und an die Stelle eines landwirt­ schaftlichen Arbeiters ein Industriearbeiter treten kann. Für den VA. eines AN. ist aber eine angemessene und gleichbleibende Verteilung der Sitze auf die verschiedenen wichtigeren Berufsgruppen von sehr wesent­ licher Bedeutung. Es empfiehlt sich daher mehr, für jeden Beisitzer von vorneherein einen bestimmten Stellv, und einen oder mehrere Ersatz­ stellv. vorzuschlagen. Die Liste würde dann etwa folgendermaßen aus­ sehen:

1. 2. 3.

Beisitzer

Stellvertreter

Ersatzstellvertreter

A D G

B E H

C F I

usw.

Dann werden A, D, G usw. als Beisitzer, B als Stellv, des A usw. bestellt. Scheidet ein Beisitzer aus, so tritt an seine Stelle sein Stellv, und der Ersatzstellv, rückt als Stellv, nach. Scheidet ein Stellv, als solcher aus, ohne als Beisitzer in den VA. einzutreten, so tritt gleichfalls je nach der Einrichtung der Vorschlagslisten entweder der nächste auf der gleichen Liste Vorgeschlagene, aber nicht mehr zum Zuge gekommene oder der als Ersatzstellvertreter schon in der Vor­ schlagsliste Bezeichnete an seine Stelle, wenn nicht ausnahmsweise zum Schutz der Minderheiten ein Wechsel in der Vertretung der Vereinigungen stattfinden soll.*) 7. Die Verteilung der Sitze im VA. auf die einzelnen Listen erfolgt möglichst nach dem Grundsatz der Verhältniswahl, wobei auf Seite der Arbeitgeber die Zahl der von den Mitgliedern der vorschlagenden Ver­ einigungen beschäftigten Arbeitnehmer, auf Seite der Arbeitnehmer die Zahl der Mitglieder der Bereinigungen maßgebend ist. Gemeint ist dabei (Begr. S. 46) die organisatorische Zugehörigkeit- in Frage kommen die Mitglieder aus den Listen einer Geschäftsstelle der Vereinigung, die sich im Bezirk des AN. befindet. Dabei ist der Begriff der Geschäftsstelle nicht zu eng zu fassen; es genügt, daß die Vereinigung überhaupt einen Mittelpunkt im Bezirk des AN. hat. 8. Von der strengen Durchführung des Grundsatzes der Verhältnis­ wahl ist im Interesse des Schutzes der Minderheiten etwas abgewichen. Da der AN. das Vertrauen aller Beteiligten genießen soll, ist es er­ wünscht, daß jede einigermaßen ins Gewicht fallende Minderheit ihre *) Über die Einrichtung der Vorschlagslisten vgl. Schlederer in BayGemBZ. Jahrg. 1922 Nr. 27 Sp. 640/41.

I. Arbeitsnachweisämter.

§§ 9, 10.

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Vertretung im VA. findet. Wo im einzelnen Fall die Grenze für die „billige Berücksichtigung des Schutzes der Minderheiten" liegt, ist Er­ messenssache und wird durch die Err.-Gemeinde, auf Beschwerde durch die Gemeindeaufsichtsbehörde (Abs. 4) entschieden. Der Schutz der Minderheiten kann auch in der Weise berücksichtigt werden, daß ein Stellv, einer anderen Liste entnommen wird als der Beisitzer. Von dieser Möglichkeit wird aber nur mit großer Vorsicht Gebrauch gemacht werden können. Ein solches Verfahren ist nur dann unbedenklich, wenn es sich um Vereinigungen gleicher oder verwandter Richtungen handelt- dagegen würde es in den meisten Fällen zu Unzu­ träglichkeiten führen, wenn nach dem Ausscheiden eines Beisitzers ein Stellv, von entgegengesetzter Richtung in den VA. eintreten würde. Kleinere Vereinigungen werden jedenfalls gut daran tun, sich auf eine gemeinsame Liste zu einigen. 9. Die Beschwerde ist an keine Frist gebunden, hat aber auch keine aufschiebende Wirkung. Wer von der Gemeinde als Beisitzer bestellt ist, bleibt Beisitzer, bis von der Aufsichtsbehörde seine Bestellung aufge­ hoben wird. 19. Weitere Beschwerde an die ObLB. ist nur dann zulässig, wenn die Err.-(Verw.-)Gemeinde bezw. die Gemeindeaufsichtsbehörde eine Liste überhaupt nicht zuläßt, d. h. als nicht vorhanden behandelt, etwa weil sie der vorschlagenden Vereinigung die Eigenschaft einer „wirtschaft­ lichen Vereinigung" im Sinne des Gesetzes abspricht oder weil die Liste nach Ablauf der gestellten Frist eingereicht wurde, nicht auch dann, wenn die Liste unberücksichtigt bleibt, weil ihre Berücksichtigung wegen der geringen zahlenmäßigen Bedeutung der vorschlagenden Vereinigung zum Schutze der durch sie vertretenen Minderheit nicht für nötig be­ funden wird. Der Nichtzulassung werden die Fälle gleichzuachten sein, in denen es zur Einreichung von Listen deshalb nicht kam, weil die Aufforderung zur Einreichung nicht in gesetz- und satzungsmäßiger Weise erfolgte oder die gestellte Frist zu kurz bemessen war, oder die Auf­ forderung in der Annahme unterblieb, daß keine vorschlagsberechtigten Bereinigungen vorhanden seien. — Die Befugnis der ObLB. kann auf andere Stellen nicht übertragen werden (§ 62).

§ 10. Als Beisitzer bestellt können nur Reichsangehörige werden, die mindestens 24 Jahre alt und im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte sind. Sie müssen mindestens sechs Monate im Bezirk der Errichtungsgemeinden wohnen oder beschäftigt fein1)2)3). Die Beisitzer werden auf drei Jahre bestellt. Sie verwalten ihr Amt als unentgeltliches Ehrenamt; doch können ihnen für die Teilnahme an den Sitzungen angemessene Tagegelder^) und Er­ satz der Reisekosten gewährt werden3)3)1). 1. Diese Bestimmungen sind hinsichtlich des Lebensalters und der Reichsangehörigkeit dem § 20 Abs. 2 des BetrRG. v. 4. Febr. 1920 (RGBl. S. 147), hinsichtlich der Dauer des Aufenthalts oder der Be­ schäftigung im Bezirke des AN. dem Entwurf der Schlichtnngsordnung nachgebildet.

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Arbeitsnachweisgesetz.

2. Die Voraussetzungen müssen am Tage der Bestellung gegeben fein; ihr Vorliegen ist von der Err.-(Verw.-)Gemeinde vor der Bestellung nachzuprüfen. Die Bestellung eines Beisitzers oder Stellv., der die Voraussetzung an diesem Tage nicht erfüllt hat, ist ungültig. Wird der Mangel der Voraussetzungen nachträglich entdeckt, so muß der betr. Beisitzer bzw. Stellvertreter ausscheiden und durch den zum Zuge kom­ menden Stellv, bzw. Ersatzstellv, ersetzt werden. 3. Die Voraussetzungen des Abs. 1 gelten selbstverständlich auch für die Vertreter der Arbeitgeber- und Arbeitnehmervereinigungen (§ 7 Abs. 3). 4. Tagegelder und Ersatz der Reisekosten können, müssen aber nicht gewährt werden. Die Höhe der Tagegelder ist in der Satzung festzu­ setzen; solange die Satzung nicht erlassen ist (§ 63) wird die Regelung der Err.-Gemeinde überlassen bleiben müssen. Besondere Vergütung des entgangenen Arbeitsverdienstes neben dem Tagegeld ist nicht zulässig; für Beisitzer, die von ihrem Arbeitsver­ dienst leben, ist aber bei der Bemessung des Tagegeldes auf den Lohn­ ausfall Rücksicht zu nehmen (Erklärung eines Reg.-Vertreters im A., Ber. S. 24, vgl. jedoch die Mustersatzung Anhang Nr. 7 § 7). 5. Die Frage, ob die Stellv, der Beisitzer (§ 7 Abs. 3) Anspruch auf Tagegelder und Reisekosten haben, auch wenn sie nicht für einen verhinderten Beisitzer einspringen, ist in der Satzung zu regeln (Erkl. eines Reg.-Vertr. im A., Ber. S. 24). Ist eine solche Regelung im positiven Sinn in der Satzung nicht erfolgt, so wird ein Anspruch für diesen Fall nicht anzuerkennen sein. H. Die Eigenschaft als Beisitzer oder Stellvertreter erlischt außer durch Tod und Niederlegung des Amtes auch durch Verlust der Bestellbarkeit, insbesondere gemäß § 10 durch Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und Aufgabe des Wohnsitzes oder der Beschäftigung im Bezirke des AN., ferner gemäß § 7 Abs. 1 durch den dauernden Wegfall der Eigenschaft als Arbeitgeber oder Arbeitnehmer. (Ein Arbeitgeber, der vorübergehend in einem fremden Betrieb arbeitet, oder ein Arbeit­ nehmer, der vorübergehend auf eigene Rechnung tätig ist, verliert seine Mitgliedschaft nicht, ebensowenig ein Arbeitnehmer im Falle der Arbeitslosigkeit.) Auch das Ausscheiden aus der Vereinigung, auf deren Vorschlagsliste der Beisitzer oder Stellv, stand, wird den Verlust des Amtes als Beisitzer oder Stellv, zur Folge haben müssen. In Ermang­ lung ausdrücklicher gesetzlicher Vorschriften sind diese Fragen in der Satzung des AN. zu regeln. (Vgl. Anhang Nr. 6). 7. Durch Ausscheiden von Beisitzern und Stellv, und Erschöpfung der Vorschlagslisten kann während der Amtsdauer des VA. seine Mit­ gliederzahl so gering werden, daß seine Neubestellung notwendig wird. Auch hierüber wird die Satzung nähere Bestimmung zu treffen haben.

§ 11.

Der Verwaltungsausschuß *) stellt, soweit nicht Gesetz oder Satzung entgegenstehen, die Grundsätze für die Geschäftsfüh­ rung 2) auf und regelt diese im Rahmen des Gesetzes und der

I. Arbeitsnachweisämter.

§§ 10, 11.

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Satzung durch eine Geschäftsordnung^) *). Er entscheidet auf Be­ schwerden über die Geschäftsführung Jedem Mitglied des Ver­ waltungsausschusses ist die Anwesenheit in den Diensträumen des Arbeitsnachweises während der Geschäftsstunden gestattet6). Es kann mit Zustimmung des Vorsitzenden oder auf Beschluß des Verwaltungsausschusses die Vorlegung von Büchern, Akten oder sonstigen Urkunden oder Belegen Detlangen7)8) 9)lü)n). 1. „Die Tätigkeit des VA. umfaßt sowohl Normeusetzung wie Verwaltungsgerichtsbarkeit und eigentliche Verwaltungstätigkeit. Die Aufgaben des VA. liegen dabei hauptsächlich auf vier Gebieten, nämlich in der Kontrolle der gesamten Geschäftsführung, der selbständigen Re­ gelung dieser Geschäftsführung im Rahmen von Gesetz und Satzung, der Entscheidung über Beschwerden und (§ 13) der Auswahl der maß­ gebenden Angestellten des AN. Hieraus ergibt sich, daß alle wesent­ lichen Aufgaben der Selbstverwaltung den Beteiligten überlassen sind, während die behördliche Tätigkeit in der Unterstufe des AN. stark zurücktritt." (S. Begr. S. 47). 2. Geschäftsführung = bie Erledigung des sachlichen Aufgaben­ kreises des AN. (s. Anm. 1 zu § 6). Der Bors, leitet die Geschäftsfüh­ rung, ist aber dabei an die grundsätzlichen Vorschriften des VA. ge­ bunden und ihm verantwortlich. Die Festsetzung der allgemeinen Geschäftsstunden berührt zwar auch die Geschäftsführung, gehört aber doch überwiegend dem Gebiete der Verwaltung an und wird deshalb besser in der Satzung zu regeln sein Dagegen ist z. B. die Festsetzung bestimmter Vermittlungsstunden für ein­ zelne Berufe eine reine Angelegenheit der Geschäftsführung und fällt deshalb unter die ausschließliche Zuständigkeit des VA. 3. Auch die vom RA. gemäß § 30 und vom VA. des LA. gemäß § 24 erlassenen allgemeinen Anordnungen für die, Geschäftsführung sind vom VA. zu beachten. 4. Die Geschäftsordnung ist lediglich eine Zusammenstellung der vom VA. aufgestellten allgemeinen Grundsätze, sie kann vom VA. jeder­ zeit geändert werden. Stellt der VA. nachträglich Grundsätze auf, die von der Geschäftsordnung abweichen, so gehen diese Grundsätze den Be­ stimmungen der Geschäftsordnung vor, ohne daß es einer ausdrücklichen Änderung der letzteren bedürfte. Anordnungen des VA. von nur vorüber­ gehender Bedeutung eignen sich nicht zur Aufnahme in die Geschäfts­ ordnung.*) 5. Über Beschwerden gegen die Geschäftsführung ist im Beschwerde­ verfahren nach § 50 zu entscheiden. Daß in § 11 von „Beschwerde", in § 50 von „Einspruch" gesprochen wird, beruht auf einem Versehen; die beiden Ausdrücke sind hier gleichbedeutend. Wer sich durch Handlungen oder Unterlassungen des Geschäftsführers oder eines anderen Ange­ stellten des AN. beschwert fühlt, kann nicht unmittelbar den VA. an­ rufen, sondern muß sich zunächst, wenn er nicht im inneren Betrieb deS *) Die vom RA. herausgegebene Mustergeschäftsordnung s. Anhang Nr. 8.

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Arbeitsnachweisgesetz.

AN. Abhilfe durch den Geschäftsführer oder einen sonstigen Vorgesetzten finden kann, an den Bors, wenden. Erst die Entscheidung des Bors, kann durch Einspruch beim VA. angefochten werden (gl. M. Kaskel-Syrup Anm. 7 zu § 11). 6. Ein Recht, in die Geschäftsführung einzugreifen, steht den Mit­ gliedern des VA. nicht zu (Erkl. der Reg. im A., Ber. S. 24). 7. Gefordert kann nur die Vorlage von Urkunden usw. werden, die sich auf die Geschäftsführung beziehen, nicht auch von Schriftstücken, die die Verwaltung betreffen. 8. Der VA. kann aus seiner Mitte auch Unterausschüsse (z. B. Be­ schwerdeausschüsse) bilden und mit der Wahrnehmung besonderer Aus­ gaben im Einzelfall oder dauernd betrauen. Hierüber wird die Satzung besondere Bestimmungen zu treffen haben. (Begr. S. 47). 9. Eine weitere Aufgabe des VA. ist die Bestellung der Beisitzer der Fachausschüsse (vgl. § 33 Abs. 2). 10. Bis zur Bildung des VA. tritt an seine Stelle mit allen Rechten und Pflichten der vorl. VA. (vgl. § 63 und Anm., insbes. Anm. 14). 11. In Ausübung der ihnen übertragenen Befugnisse sind der VA und seine einzelnen Mitglieder gesetzmäßiges Organ der Err.-Gemeinden. Diese haften daher gemäß §§ 31, 89 BGB. für ein Verschulden derselben.

§ 12. Der Verw altung saus sch uß wird vom Vorsitzenden berufen, so oft ein Bedürfnis vorliegt, jedoch mindestens vierteljährlich *). Er muß berufen werden, wenn ein Drittel der Mitglieder2) oder der Vorstand der Errichtungsgemeinde3) (Verwaltungs­ gemeinde) 4) es verlangt5)G)7)8)9).

1. Die vom A. an Stelle der Worte „zweimal im Jahre" einge­ setzten Worte „mindestens vierteljährlich" lassen verschiedene Ausle­ gungen zu. Gemeint ist wohl: „mindestens einmal in jedem Kalender­ vierteljahr". Die regelmäßigen Sitzungen müssen also ungefähr gleich­ mäßig auf das Jahr verteilt werden. Werden in der ersten Jahres­ hälfte aus besonderer Veranlassung mehr als zwei Sitzungen gehalten, so muß gleichwohl in jedem der beiden letzten Vierteljahre noch je eine Sitzung stattfinden. 2. Ein Drittel der Mitglieder = mindestens ein Drittel der Beisitzer (§ 7 Abs. 2). Die nicht stimmberechtigten Vertreter der Err.-Gemeinde sind zu dem Antrag auf Berufung des VA. nicht berechtigt- die In­ teressen der Gemeinde sind durch das Antragsrecht des Vorstands der Err.-Gemeinde gewahrt. 3. Unter dem „Vorstand der Err.-Gemeinde" ist nicht eine Person zu verstehen, sondern die zuständige Selbstverwaltungskörperschaft der Gemeinde. Welche Körperschaft dies ist, bestimmt sich nach dem Landes­ recht. Für Städte gilt als Vorstand der Err.-Gemeinde: in Preußen der Magistrat (ohne Stadtverordnetenkollegium),

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§§ 11—13.

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in Bayern der Stadtrat, in Sachsen der SLadtrat (ohne Stadtverordnete), in Württemberg der Gemeinderat, in Baden der Stadtrat, in Hessen die Stadtverordnetenversammlung; für Gemeindeverbände (Kreise, Bezirke usw.): in Preußen (Kreise) der Kreistag, in Bayern (Bezirke) der Bezirkstag bzw. der Bezirksausschuß, in Sachsen (Bezirksverbände) die Bezirksversammlung bzw. der Bezirksausschuß, in Württemberg (Amtskörperschaften) der Bezirksrat, in Baden (Bezirksverbände) die Bezirksversammlung, in Hessen (Kreise) der Kreisrat. 4. Bei gemeinsamen AN. ist nur der Vorstand der Verw.-Gemeinde zu dem Verlangen auf Berufung des VA. berechtigt; die Vorstände der übrigen Err.-Gemeinden können sie nur in unverbindlicher Weise an­ regen.

5. Angabe der in der Sitzung zu behandelnden Gegenstände ist im Ges. nicht verlangt, kann aber in der Satzung vorgeschrieben werden. H. Die Frist, innerhalb deren der Vorsitzende in den Fällen des § 12 die Sitzung abzuhalten hat, wird in der Satzung zu bestimmen sein.

7. über die Geschäftsbehandlung in den Sitzungen des VA., die Voraussetzungen seiner Beschlußfähigkeit, die erforderliche Stimmen­ mehrheit usw. enthält das Gesetz keine Bestimmungen; alle diese Fragen sind in der Satzung zu regeln, soweit sie nicht der Regelung durch eine Geschäftsordnung, die der VA. sich selbst geben kann, Vorbehalten werden. 8. Auch über die Beteiligung des Geschäftsführers an den Sitzungen des VA. ist im Gesetz keine Bestimmung enthalten. Diese Frage muß ebenfalls in der Satzung geregelt werden. Da die Anwesenheit des Ge­ schäftsführers zum Zwecke der Berichterstattung und Aufschlußerteilung unbedingt geboten ist, kann diese Regelung sachgemäß nur in dem Sinn erfolgen, daß der Geschäftsführer mit beratender Stimme zu den Sitzungen zugezogen wird, falls nicht im einzelnen Falle der VA. aus besonderen Gründen das Gegenteil beschließt (etwa weil persönliche Angelegenheiten des Geschäftsführers zur Beratung stehen).

9. Die Sitzungen des VA. sind nicht öffentlich. Als Zuhörer können ihnen nur die Stellv, des Bors, und der Beisitzer anwohnen (§ 7 Abs. 5 Satz 2).

§ 13.

Der Geschäftsführer und die Arbeitsvermittler x) werden von der Errichtungsgemeinde (Verwaltungsgemeinde) auf Vor­ schlag des Verwaltungsausschusses2)3) bestellt. Der Geschäfts­ führer muß die erforderliche Sachkenntnis auf dem Gebiete der Arbeitsvermittlung besitzen. Das Reichsamt im Benehmen mit seinem Verwaltungsrat und, sofern es von dieser Befugnis

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Arbeitsnachweisgesetz.

keinen Gebrauch macht, die Landesämter im Benehmen mit ihren Verwaltungsausschüssen können Grundsätze aufstellen über die Voraussetzungen, unter denen die erforderliche Sachkenntnis als gegeben anzusehen ist42).*3* *Der Geschäftsführer soll in der Regel hauptamtlich angestellt werden9). Die Vorschlagsliste darf ohne Zustimmung der Errichtungsgemeinde (Verwaltungs­ gemeinde) für jede offene Stelle nicht weniger als zwei Be­ werber enthalten b). Die Errichtungsgemeinde (Verwaltungsgemeinde) kann ver­ langen, daß weitere Vorschläge eingereicht werden, wenn Tat­ sachen^) vorliegen, aus denen sich die mangelnde Eignung eines vorgeschlagenen Bewerbers ergibt 8). Lehnt der Verwaltungs­ ausschuß den Vorschlag anderer geeigneter Bewerber ab, so ent­ scheidet die Gemeindeaufsichtsbehörde nach Anhörung des Lan­ desamts; sie kann die Gemeinde zur selbständigen Anstellung ermächtigen 9). Die Angestellten des Arbeitsnachweises49) sind durch pri­ vatrechtlichen Dienstvertrag44) auf Grund einer Dienstordnung anzustellen4-) 43). Die Dienstverhältnisse regelt der Vorstand der Errichtungsgemeinde44) im Einvernehmen mit dem Verwal­ tungsausschuß44) durch die Dienstordnung"4)44). Von der Anstel­ lung auf Privatdienstvertrag kann in Hinsicht des Geschäfts­ führers mit Znstiinmnng des Verwaltungsausschnsscs abgewichen werden")")'")")«)"). 1. Das Vorschlagsrecht des VA. beschränkt sich auf den Geschäfts­ führer und die Arbeitsvermittler,' die sonstigen Arbeitskräfte (wissensch. Hilfskräfte, Verwaltungs-, Kanzlei- und Botenpersonal) werden von der Err.-Gemeinde, bei gemeinsamem AN. von der Verw.-Gemeinde (§ 6) im Rahmen der laufenden Verwaltung bestellt (Begr. S. 47).

2. Die Err.-(Verw.-)Gemeinde ist an die Vorschläge des VA. gebun­ den, kann also — von den Fällen des Abs. 2 Satz 2 abgesehen — nur Personen bestellen, die vom VA. vorgeschlagen sind. 3. Bis zur Bildung des VA. tritt an seine Stelle der vorl. VA. (vgl. § 63 und Anm. 14 hiezu). 4. Mit VO. vom 17. Nov. 1922 — s. Anhang Nr. 9 — hat das RA. Grundsätze über die Voraussetzungen ausgestellt, unter denen bie erforderliche Sachkenntnis der Geschäftsführer von Arbeitsnachweisen und von Landesämtern für Arbeitsvermittlung als gegeben anzunehmen ist. Diese Grundsätze sind für RA. und Gemeinde bindend; Per­ sonen, die ihnen nicht entsprechen, dürfen also weder vorgeschlagen noch bestellt werden. Ist eine Person, die den Voraussetzungen nicht entspricht, gleichwohl bestellt worden, so kann die Gemeindeaussichts­ behörde von Amts wegen verlangen, daß die Bestellung zurückgenom-

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§ 13.

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men wird. Die zu Unrecht vorgenommene Bestellung ist aber an sich rechtswirksam; der Bestellte erwirbt alle sich aus der Bestellung er­ gebenden Rechte, und die von ihm vorgenommenen Amtshandlungen sind ungeachtet des Mangels der Voraussetzungen für seine Bestellung rechtsgültig (s. Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Bd. 50 S. 19). 5. Nach dem Entwurf des Ges. sollte nebenamtliche Leitung nur mit Zustimmung des LA. zulässig sein. Daß diese Zwangsvorschrift durch Beschluß des A. in eine unverbindliche „Sollvorschrift" verwandelt und die Einwirkung des LA. ausgeschaltet wurde, ist zu bedauern, da von der hauptamtlichen Leitung die gedeihliche Entwicklung jedes AN. von einiger Bedeutung abhängt. 6.. Die Gemeinde soll grundsätzlich die Wahl zwischen mindestens zwei geeigneten Bewerbern haben. Sie kann sich aber auch mit dem Vorschlag nur eines Bewerbers begnügen und ihre Zustimmung auch stillschweigend dadurch ausdrücken, daß sie den einzigen vorgeschlagenen Bewerber als Geschäftsführer oder Arbeitsvermittler bestellt, besonders dann, wenn überhaupt nur ein ernstlich in Betracht kommender Bewerber vorhanden ist. Für. wichtigere Posten empfiehlt sich selbstverständlich die Auf­ stellung einer mehr als zwei Namen enthaltenden Vorschlagsliste, sie kann aber von der Gemeinde nicht gefordert werden. Lehnt der VA. die Aufstellung einer Vorschlagsliste überhaupt oder die Benennung eines zweiten Bewerbers ab, so finden die Vorschriften des Abs. 2 Anwendung Die Bezeichnung einer Reihenfolge in der Vorschlagsliste (z. B. an erster Stelle 3E., an zweiter Stelle D. usw.) ist für die Gemeinde nicht bindend. 7. Es müssen bestimmte Tatsachen vorliegen; ein bloßes ungün­ stiges Urteil über die Befähigung des Bewerbers genügt nicht. Die Tat­ sachen können in der Person des Bewerbers liegen (geistige oder körper­ liche Gebrechen, zu jugendliches oder zu hohes Alter, nicht einwandfreies Vorleben, ungenügende allgemeine oder fachliche Bildung, Versagen in anderen ähnlichen Stellungen) aber auch in äußeren Verhältnissen, die seine Verwendung im AN. nicht ratsam erscheinen lassen (z. B. verwandt­ schaftliche Beziehungen zu übelbeleumundeten Personen int Bezirk des AN.). Mangelnde Sachkenntnis im Sinne der vom NA. oder LA aufgestellten Grundsätze (Abs. 1) ist unter allen Umständen eine die Ab­ lehnung begründende Tatsache. 8. Die Gemeinde kann weitere Vorschläge verlangen, wenn auch nur gegen einen von mehreren vorgeschlagenen Bewerbern Tatsachen vorliegen, die ihn ungeeignet erscheinen lassen. 9. Die Gemeindeaufsichtsbehörde — vgl. Anm. 6 und 7 zu § 5 — hat zn prüfen, ob die von der Gemeinde geltend gemachten Tatsachen gegeben sind und ob sie die Ablehnung begründen. Verneint die Auf­ sichtsbehörde eine dieser Fragen, so ist die Gemeinde an die vom VA. ausgestellte Vorschlagsliste gebunden; andernfalls ermächtigt sie die Gemeinde, die Stelle selbständig, d. h. ohne weitere Mitwirkung des VA., zu besetzen. 10. Aus dem gemeindlichen Charakter des AN. (s. Anm. 3 zu § 1) ergibt sich, daß die Angestellten des AN. Angestellte der Gemeinde

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Arbeitsnachweisgesetz.

sind. Da dem AN. als solchem keine Rechtsfähigkeit zukommt, ist dies von besonderer Bedeutung für Streitfälle, in denen ein Angestellter vermögensrechtliche Ansprüche, aber auch andere Ansprüche, z. B. auf Ausstellung eines Zeugnisses (BGB. § 630) im Prozeßwege geltend machen will. Als Prozeßgegner kann hier nur die Gemeinde, nicht „der Arbeitsnachweis" in Betracht kommen. Für die Angestellten gemeinsamer Arbeitsnachweise ergibt sich die Frage, ob sie als im Dienste der sämtlichen beteiligten Err.-Gemeinden oder als nur im Dienste der Verwaltungsgemeinde (§ 6) stehend zu betrachten sind, ob sie demgemäß in Streitfällen ihre Ansprüche gegen alle Err.-Gemeinden (als Gesamtschuldner oder als Teilschuldner etwa nach dem Maßstab ihrer Beteiligung an den Kosten des AN. ?) oder gegen die Verw.-Gemeinde allein zu richten haben. Nicht nur der Umstand, daß die Verw.-Gemeinde allein die Angestellten bestellt (Abs. 1), sondern vor allem die sonst für die Angestellten entstehende bedenkliche Rechtsunsicher­ heit, nicht minder aber auch die rechtlichen Schwierigkeiten, die sich bei der Übernahme der Beamten bisher bestehender AN. auf neue gemeinsame AN. (§ 64) bei jeder anderen Annahme ergeben, lassen die letztere Auf­ fassung als die allein mögliche und für die Angestellten erträgliche erscheinen. 11. Die Anstellung auf Privatdienstvertrag war bisher bei den norddeutschen AN. die Regel; in sämtlichen süddeutschen Ländern dagegen, die bis in die Kriegszeit hinein in der Entwicklung des öff. AN. dem Norden weit voraus waren, wurde der Dienst in den AN. fast aus­ schließlich von Beamten versehen — und im allgemeinen sicherlich nicht zum Nachteil der Sache. Eine zwingende sachliche Notwendigkeit, in die althergebrachten süddeutschen Gepflogenheiten mit Zwangsvorschriften gewaltsam einzugreifen, lag wohl kaum vor; der Reichstag hätte es ohne Schaden den Ländern oder den Gemeinden überlassen können, die Personalverhältnisse ihrer AN. auch fernerhin so zu regeln, wie sie es für gut finden und wie es ihren Verhältnissen entspricht. Die Ge­ winnung und Erhaltung tüchtiger Kräfte wird durch den Ausschluß der Anstellung im Beamtenverhältnis schwerlich erleichtert werden, wenn auch durch eine verständnisvolle Gestaltung der Dienstordnungen (s. Anm. 13) die' schlimmsten Härten etwas abgeschliffen werden können. 12. Ihrer rechtlichen Stellung nach sind die Angestellten des öff AN. Bürobeamte. Auf ihr Dienstverhältnis finden daher die Vor­ schriften des § 611 BGB. Anwendung, nicht die Vorschriften des HGB. für kaufmännische und der GewO, für technische Angestellte. Dies gilt auch dann, wenn ein Angestellter vor seinem Eintritt in den Dienst des AN. kaufmännischer oder technischer Angestellter gewesen ist. Tarif­ verträge für die gemeindlichen Angestellten gelten für die Angestellten des AN. nur insoweit, als nicht in der Dienstordnung eine Sonder­ regelung getroffen ist. 13. Die Bestimmung bezieht sich nur auf die hauptamtlichen An­ gestellten des AN. Nebenamtlich können auch Personen, die anderweitig im Beamtenverhältnis stehen, beim AN. beschäftigt werden. 14. Bei gemeinsamem AN. ist die Dienstordnung mit Rücksicht auf ihre finanziellen Wirkungen von den Vorständen der sämtlichen Err.Gemeinden gemeinsam zu erlassen. Über „Vorstand der Err.-Gemeinde" s. Anm. 3 zu 8 12.

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§ 13.

15. S. Anm. 9 zu § 2. An der Erlassung der Dienstordnung sind nur die Gemeinde und der VA. beteiligt. Für eine Mitwirkung der Betriebsvertretung (Angestelltenrat) gemäß § 78 Ziff. 2 und 3 BetrRG. und das Schlichtungsverfahren gemäß §§ 75, 80 BetrRG. bleibt daneben kein Raum. (Ebenso mit ausführlicher Begründung Kaskel-Svrup Anm. 29 zu § 13.) Für den Fall, daß Gemeinde und VA. sich über die Dienstordnung nicht einigen, werden die Vorschriften des § 5 Abs. 3 sinngemäß an­ zuwenden sein.

16. Die Regelung der Verhältnisse der Angestellten durch Dienst­ ordnung ist aus der Sozialversicherung (RVO. §§ 349 ff., 630 ff.) herübergenommen. Die Dienstordnung kann insbesondere den Ange­ stellten unwiderrufliche Anstellung nach längerer befriedigender Dienst­ leistung und Versorgungsberechtigung für sich und ihre Hinterbliebenen gewähren. 17. Die Dienstordnung schafft materielles Recht zwischen Gemeinde und Angestellten. Ihre Bestimmungen gehen ohne weiteres in alle ein­ zelnen Anstellungsverträge über; Abweichungen sind nur insoweit zu­ lässig, als die Dienstordnung dies selbst vorsieht („Unabdingbarkeit").

18. Diese Ausnahmebestimmung gilt nur für den Geschäftsführer und nach § 34 für die Vorsteher von Fachabteilungen; ihre Alls­ dehnung auf den Stellv, des Geschäftsführers, b^r selbstverständlich für den Fall seiner Verhinderung vorhanden sein muß, würde dec Absicht des Ges. nicht entsprechen. Dagegen wird die Bestellung mehrerer Ge­ schäftsführer unter entsprechender Teilung der Aufgaben nicht zu bean­ standen sein, vorausgesetzt, daß diese Bestellung nicht zu einer Umgehung der Vorschrift des § 13 Abs. 3 Satz 1 führt. Auch auf diejenigen An­ gestellten, die von der Gemeinde ohne Mitwirkung des VA. bestellt werden, kann die Ausnahmebestimmung nicht angewendet werden. 19. Die Zahl der Angestellten und ihre Einstufung in die nach der Dienstordnung vorgesehenen Gehaltsgruppen wird im Rahmen des Haushalts (§ 14) festgesetzt.

20. Ihre Vertretung nach Maßgabe des BetrRG. finden die An­ gestellten des öff. AN. im Gesamtbetriebsrat (Angestelltenrat) der Err(Verw.-)Gemeinde. Die Bestimmungen des BetrRG. finden auf die An­ gestellten Anwendung, soweit dies nicht durch Bestimmungen des ANG ausgeschlossen ist. Der Angestelltenrat hat daher zwar bei der Erlassung der Dienstordnung nicht mitzuwirken (vgl. Anm. 15), ist aber sonst zur Vertretung der Interessen der Angestellten im Rahmen des Ges. und der Dienstordnung berechtigt. 21. Die Entlassung der Angestellten erfolgt durch die Err.-(Verw.-) Gemeinde ohne entscheidende Mitwirkung des VA., der lediglich die Entlassung beantragen kann. Die Kündigungsfrist, die Gründe einer Entlassung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist usw. richten sich nach dec Dienstordnung, soweit diese keine Bestimmungen enthält, nach den Vorschriften des BGB. Der im Beamtenverhältnis stehende Geschäfts­ führer und die gemäß § 64 übernommenen Beamten können, wenn Ziegler-Schlederer, ArbeNSnachweiSgesetz.

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Arbeitsnachweisgesetz.

sie unwiderruflich angestellt sind, nur im Wege des durch die Landes­ gesetzgebung geregelten Disziplinarverfahrens entlassen werden.

22. Der Geschäftsführer und die übrigen Angestellten des öff. AN. sind mittelbare Staatsbeamte im Sinne des § 359 StGB. Sie sind als solche allen für Beamte geltende besonderen Strafbestimmungen unterworfen und können sich insbesondere der strafbaren Handlungen nach §§ 331, 332 StGB. (Passive Bestechung), 339 (Nötigung unter Mißbrauch der Amtsgewalt), 340 (Körperverletzung bei Ausübung des Amts), 342 (Hausfriedensbruch in Veranlassung des Amts), 348, 349 (falsche Beurkundung), 350 (Unterschlagung im Amte), 357 (Verlei­ tung Untergebener zu einer strafbaren Handlung) schuldig machen- sie können zum Verluste der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter (§ 358 StGB.) verurteilt werden. — Neben dem allgemeinen Straf­ gesetz gilt für Beamte des AN., insbes. für den als Beamten angestellten Geschäftsführer und die nach § 64 übernommenen Beamten des AN. die Disziplinargesetzgebung des betr. Landes. Andererseits genießen die Angestellten des AN. auch den allen Beamten zukommenden strafrechtlichen Schutz gegen Nötigung (§ 114), Bestechung (§ 333) und Beleidigung (§§ 185 ff., insbes. § 196 StGB.). Zur Stellung eines Strafantrags wegen Beleidigung sind neben dem Angestellten auch seine amtlichen Vorgesetzten berechtigt (§ 196 StGB.), d. h. der Vorsitzende des AN., bei Beleidigung des Vorsitzenden der Vorstand der Err.-(Verw.-)Gemeinde. Im Zivil- und Strafprozeß bedürfen die Angestellten der Ent­ bindung von der Amtsverschwiegenheit, wenn sie über Gegenstände ihrer amtlichen Wahrnehmung als Zeugen vernommen werden sollen (ZPO. § 376, StPO. § 53). Die Entbindung ist vom Vorst, wenn es sich um diesen handelt, vom Vorstand der Err.-(Verw.-)Gemeinde auszusprechen. 23. Die zivilrechtliche Haftung der Beamten und Angestellten für dienstliche Handlungen und Unterlassungen und die Haftung der Ge­ meinde für solche Handlungen und Unterlassungen bestimmt sich nach folgenden Grundsätzen: a) Die Beamten und Angestellten handeln (abgesehen von dem in Anm. 3 Abs. 4 zu § 2 erwähnten Fall), niemals auf Grund eines privat­ rechtlichen Vertragsverhältnisses, sondern in Erfüllung der öffentlichrechtlichen Aufgaben des AN. Sie können daher niemals wegen Ver­ letzung einer Vertragspflicht in Anspruch genommen werden. b) Eine Haftung von Beamten kann auf § 839 Abs. 1 BGB. (vor­ sätzliche oder fahrlässige Verletzung einer Amtspflicht) gestützt werdenneben dem Beamten haftet die Err.-Gemeinde auf Grund der allge­ meinen gesetzlichen Bestimmungen über die Haftung der öffentlichen Körperschaften für das Verschulden ihrer Beamten. c) Angestellte haften nur auf Grund des § 826 BGB. (vorsätzliche Zufügung eines Schadens in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise); daneben haftet die Verw.-Gemeinde auf Grund des § 831 BGB... wenn sie bei der Auswahl oder der Überwachung der Angestellten die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat. Vgl. über die Frage der Haftung im einzelnen das Gutachten des. RA. v. 20. Juli 1921 (abgedruckt in RABl. 1921 S. 870 ff.).

I. Arbeitsnachweisämter.

§§ 13, 14.

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K 14. Den Haushalt des öffentlichen Arbeitsnachweises 4) setzt die Errichtnngsgemeinde auf Vorschlag des Verwaltungsaus­ schusses 2) fest3)4)5)6). Erhebt der Verwaltungsausschuß gegen bett festgesetzten Haushaltsplan Einspruch?), so entscheidet die Gemeindeaufsichtsbehörde3) nach Anhörung3) des Verwaltungs­ ausschusses des Landesamts. Bei gemeinsamen Arbeitsnachweisen sind übereinstimmende Beschlüsse der beteiligten Errichtungsgemeinden erforderlich"4). Kommen sie nicht zustande oder erhebt der Verwaltungsausschuß gegen den festgesetzten Haushaltsplan Einspruch, so entscheidet nach Anhörung des Verwaltungsausschusses des Landesamts die gemeinsame Gemeindeaufsichtsbehörde4'). Fehlt diese, so entscheidet der Reichsarbeitsminister im Benehmen mit den beteiligten obersten Landesbehörden'2)43).

1. Der Haushalt des öff. AN. bildet einen Teil des allgemeinen Haushalts der Err.-Gemeinde und ist daher von dieser aufzustellen. Dies ist auch schon deshalb erforderlich, weil die Kosten des AN. gemäß § 67 vorerst vollständig von der Err.-Gemeinde zu tragen sind und auch nach der endgültigen Regelung der Ko. Soweit das Landesamt auf Beschwerde entscheidet^), schei­ den bei der Beschlußfassung solche Mitglieder aus, die bei der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt habens 5). Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Vertreter der Errichtungsgemeinden dürfen hierbei nur in gleicher Zahl Mitwirken; erforderlichenfalls scheiden bei der Abstimmung zur Herstellung der gleichen Zahl die ail Lebensalter Jüngsten aus6)7). 1. Die §§ 10, 11 und 12 bereiten der sinngemäßen Anwendung auf die LÄ. keine wesentlichen Schwierigkeiten. Die Vorschriften des § 10 über die Voraussetzungen der Bestell­ barkeit sind mit der Maßgabe anwendbar, daß die Beisitzer mindestens sechs Monate im Bezirke des LA. wohnhaft oder beschäftigt sein müssen. Die Anwendbarkeit des § 11 verleiht dem VA. des LA. im wesent­ lichen dieselbe Stellung, die der VA. des öff. AN. einnimmt. Für die Anwendung des § 12 tritt an bic Stelle des Vorstands der Err.-Gemeinde die ObLB. oder diejenige Stelle, der nach § 62 auch die Bildung des VA. übertragen ist.

gjl. Arbeitsnachweisämter.

§ 20—22.

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Schwieriger gestaltet sich die sinngemäße Anwendung des § 14. Bei LÄ., die unmittelbare Staatsbehörden sind, hat die Aufstellung des Haushalts durch die ObLB. auf Vorschlag des VA. zu erfolgen, bedarf aber, da der Haushalt des LA. ein Teil des allgemeinen Staats­ haushalts ist, der Zustimmung der Volksvertretung nach Maßgabe des Landesrechts. Ein Einspruchsrecht des VA. ist dabei ausgeschlossen, weil zur Entscheidung über den Einspruch dieselbe ObLB. berufen wäre, gegen deren Festsetzung sich der Einspruch richtet und die eine Änderung ihrer­ seits nur mit Genehmigung der Volksvertretung vornehmen könnte. Bei LÄ., deren Kosten nach § 67 von Gemeindeverbänden oder Verwaltungsbezirken getragen werden, wird, auch ohne daß dies im Gesetz ausdrücklich ausgesprochen ist, diejenige Stelle zur Aufstellung des Haushalts berufen sein, der auch die sonstigen Verwaltungsbefugnisse nach § 62 übertragen sind. In diesem Fall kann der VA. gegen den festgesetzten Haushalt Einspruch einlegen, zur Entscheidung ist die ObLB. zuständig. Bei gemeinsamen LÄ. irrt Sinne des § 16 Abs. 2 ist der Haushalt auf Vorschlag des VA. von den beteiligten ObLB. bzw. der für die beteiligten Gemeindeverbände oder Verwaltungsbezirke zuständigen Stellen gemeinsam festzusetzen,- über einen Einspruch des VA. entscheidet der RAM. im Benehmen mit der beteiligten ObLB., soweit diese nicht selbst an der Aufstellung des Haushalts beteiligt find. Im übrigen vgl. die Anm. zu §§ 10, 11, 12 und 14.

2. Dieser Satz beruht wohl auf einem Versehen- er kann nur auf LÄ. zutreffen, die für mehrere Gemeindeverbände oder Verwaltungs­ bezirke desselben Landes errichtet sind und deren Kosten von diesen Ver­ waltungsbezirken oder Verbänden getragen werden (vgl. Anm. 4 zu § 67). Gemeinsame LÄ. sind aber nach § 16 Abs. 2 nur LÄ., die für mehrere Länder oder für Teile mehrerer Länder errichtet sind, für die deshalb eine gemeinsame ObLB. gar nicht vorhanden sein kann. 3. Auch beim LA. ist die Bildung von Unterausschüssen zur Er­ ledigung bestimmter Geschäfte als zulässig anzusehen (vgl. Anm. 8 zu § 11); jedoch wird mit Rücksicht auf Abs. 2 des § 28 die Bildung eines Beschwerdeausschusses unzulässig sein. 4. Soweit das LA. (richtig: der VA.) als rechtsprechende Stelle in der Beschwerdeinstanz tätig ist, sind seine Entscheidungen jeder weiteren Anfechtung entzogen (§§ 50, 51). Diese Tätigkeit ist deshalb mit be­ sonderen Garantien gegen Zufallsentscheidungen ausgestattet.

5. Aus dieser Bestimmung ergibt sich, daß ein Beisitzer oder Stellv, im VA. des LA. gleichzeitig Bors., stellv. Bors, oder Beisitzer im VA. eines öff. AN., aber auch Geschäftsführer oder Angestellter eines öff. AN. sein kann (vgl. Anm. 2 zu 8 19). H. Daß Personen, die in der unteren Instanz an einer Entscheidung teilgeklommen haben, nicht auch in der höheren Instanz in derselben Sache entscheiden können, entspricht einem allgemeinen Grundsatz der Rechtspflege (vgl. z. B. ZPO. § 41 Ziff. 6, StPO. § 23 Abs. 1). Der Ausschluß erstreckt sich jedoch hier nicht auf die Verhandlung über den Beschwerdefall, sondern nur auf die Abstimmung. Möglich ist hier, daß das Mitglied des VA. des LA. entweder als Bors, oder stellv.

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Arbeitsnachweisgesetz.

Bors, oder als Beisitzer des VA. des AN. an der Entscheidung teil­ genommen hat. Der Bors, des VA. ist übrigens von der Mitwirkung im VA. des LA. schon deshalb ausgeschlossen, weil er selbst Partei ist (§ 50 Abs. 3). Das gilt auch dann, wenn nicht er selbst, sondern sein Stellv, die Entscheidung des VA. des LA. angerufen hat. Auch die Ver­ treter der Err.-Gemeinden im VA. des öff. AN. sind von der Mitwirkung im VA. des LA. ausgeschlossen, da sie im VA. des öff. AN. zwar nicht mitbeschlossen, sondern doch mitberaten haben. 7. Wenn bei Entscheidungen des VA. als Beschwerdeinstanz der VA. nicht vollzählig ist oder wenn ein Beisitzer auf Grund des § 22 Abs. 2 Satz 1 an der Beschlußfassung nicht teilnehmen darf, so muß die Gleichheit an der Zahl der Gemeindevertreter, Arbeitgeber und Arbeitnehmer dadurch hergestellt werden, daß in den stärker vertre­ tenen Gruppen die an Lebensalter jüngsten ausscheiden.

§ 23. Der Geschäftsführer des Landesamts wird von der obersten Landesbehörde auf Vorschlag des Verwaltungsausschusses be­ stellt x). § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 5 und Abs. 2 Satz 1 finden sinngemäss Anwendung 2). Lehnt der Verwaltungsausschuß es ab, andere geeignete Bewerber vorzuschlagen, so ist die oberste Landesbehörde an die Vorschlagsliste nicht mehr ge6unben3)4). Die sonst noch erforderlichen Arbeitskräfte werden von der obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle bestellt5). 1. Die Befugnis kann auf andere Stellen übertragen werden (§ 62) (s. für Preußen Anhang Nr. 12). 2. Der Geschäftsführer muß die erforderliche Sachkenntnis besitzen. Das NA. hat im Benehmen mit seinem VN. Grundsätze für die Voraus­ setzungen aufgestellt, unter denen die erforderliche Sachkenntnis als gegeben anzunehmen ist (s. Anhang Nr. 9). Der Geschäftsführer soll in der Regel hauptamtlich angestellt werden; eine Ausnahme von dieser Regel wird wohl nur für die LÄ. der Stadtstaaten in Frage kommen können. Die Vorschlagsliste darf ohne Zustimmung der ObLB. oder der von ihr gemäß § 62 bestimmten Stelle nicht weniger als zwei Be­ werber enthalten. Die ObLB. oder die von ihr bestimmte Stelle kann verlangen, daß weitere Vorschläge gemacht werden, wenn Tatsachen vor­ liegen, aus denen sich die mangelnde Eignung eines der vorgeschlagenen Bewerber ergibt, über die Eignung entscheidet die ObLB. ohne die Möglichkeit eines Rechtsmittels. Wird dem Verlangen der ObLB. nicht entsprochen, so wird diese im Gegensatz zur Err.-(Verw.-)Gemeinde (§ 13) sofort in der Auswahl der Bewerber vollständig frei. Das Gleiche gilt, wenn überhaupt keine Vorschlagsliste zustande kommt oder der VA. dem Verlangen auf Be­ nennung weiterer Bewerber nicht nachkommt. An eine vom VA. des LA. aufgestellte Reihenfolge der für die Stelle des Geschäftsführers vor­ geschlagenen Personen ist die ObLB. oder die von ihr bestimmte Stelle nicht gebunden (vgl. Anm. 4, 6—8 zu § 13).

I. Arbeitsnachweisämter.

§§ 22—25.

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3. Auch die nach § 62 bestimmte Stelle kann den Geschäftsführer ohne Rücksicht auf die Vorschlagsliste bestellen; einer Ermächtigung durch die ObLB. bedarf es nicht. 4. Ein Recht, die Abberufung des einmal bestellten Geschäftsführers zu verlangen, steht dem VA. nicht zu (vgl. Anm. 21 zu § 13). 5. Die außer dem Geschäftsführer erforderlichen Arbeitskräfte werden ohne Mitwirkung des VA. bestellt; ob sie Beamte oder Vertrags­ angestellte sein sollen, bestimmt die ObLB. oder die von ihr bestimmte Stelle. Eine dem § 13 Abs. 4 entsprechende Bestimmung (grundsätzlich Anstellung auf Privatdienstvertrag) besteht für das LA. nicht.

K 24 *). Der Verwaltungsausschuß stellt mit Genehmigung der obersten Landesbehörde Grundsätze") für3) die Geschäftsführung der öffentlichen Arbeitsnachweise seines Bezirks auf. 1. § 24 gibt dem VA. die Möglichkeit, neben der Anweisung an den einzelnen AN., die durch den Bors, ergehen, auch durch allgemeine Anweisungen für sämtliche AN. die Einheitlichkeit des Arbeitsnachweis­ wesens zu sichern. Solche allgemeine Anordnungen bedürfen jedoch der Zustimmung der ObLB. (Begr. S. 51). 2. Der Ausdruck „Grundsätze" ist gleichbedeutend mit „allgemeine Anordnungen" in § 30. Das VA. des LA. hat also für sein Gebiet die­ selbe Befugnis wie das RA. für das Reich. Da Reichsrecht dem Landes­ recht vorgeht, dürfen die vom VA. des LA. aufgestellten Grundsätze zu den allgemeinen Anordnungen des RA. nicht im Widerspruch stehen. 3. Der Ausdruck „für" die Geschäftsführung hat hier wie in § 30 die Bedeutung, daß das LA. nicht allgemein, sondern nur dann, wenn ein Bedürfnis besteht, die Geschäftsführung durch Aufstellung von Grund­ sätzen regeln soll (vgl. Anm. 3 zu § 30). In solchen Fällen ist aber die Aufstellung allgemeiner Grundsätze nicht nur ein Recht, sondern eine Pflicht des VA. Beschwerde an den VR. des RA. (§ 52) ist zulässig.

8 25. Dir Landesämter sind berechtigt7), von Gemeindens und Gemeindeverbänden3), Handels-^), Handwerks-3) und Landwirt­ schaftskammern3), von Krankenkassen7) und Krankenkassenver­ bänden 8), sowie von den wirtschaftlichen Vereinigungen3) der Arbeitgeber und Arbeitnehmer und von anderen mit der Ar­ beitsfürsorge befaßten ©teilen10) Auskunft über die Lage des Arbeitsmarktes nach Maßgabe der vom Reichsamt erlassenen Vorschriften zu fordernn)12). 1. Zur Beschaffung von Unterlagen für die richtige Beurteilung des Arbeitsmarkts (vgl. § 15 Abs. 2) sind die LÄ. auf die Auskunft sachverständiger und mit dem Wirtschaftsleben verknüpfter Stellen an­ gewiesen und müssen deshalb in der Lage sein, solche Auskünfte einzuZtegler-Schlederer, ArbUtSnachweirgesetz. 6

82

Arbeitsnachweisgesetz.

fordern. Daß mit diesem Recht kein Mißbrauch getrieben wird, hat das RA. durch entsprechende Vorschriften zu sichern (Begr. S. 51). 2. Zur Auskunft verpflichtet ist die Gemeinde, nicht die einzelne gemeindliche Dienstesstelle. Das Ersuchen ist deshalb an die Gemeinde­ verwaltung (Magistrat, Stadtrat usw.) zu richten. 3. S. Anm. 2 zu 8 3.

4. Die Einrichtung der Handelskammern ist landesrechtlich ge­ regelt. Vgl. für Preußen Ges. v. 24. Febr. 1870/19. Aug. 1897 (GesS. 1870 S. 134, 1897 S. 343), für Bayern VO. v. 25. Febr. 1908 (GVBl. S. 69), für Sachsen Ges. v. 4. Aug. 1900 (GBl. S. 864), für Württem­ berg Ges. v. 30. Juli 1899 (RBl. S. 579). Auch die bayer. Handels­ gremien^ (§8 16 ff. der VO. v. 25. Febr. 1908) werden als zur Auskunft verpflichtet zu erachten sein.

5. Vgl. GewO. 88 103 ff. H. Zu den Landwirtschaftskammern (vgl. für Preußen Ges. v. 30. Juni 1894, GesS. S. 126, abgeändert durch Ges. v. 16. Dez. 1920, GesS. 1921 S. 41, für Baden Ges. v. 28. Sept. 1906, GVBl. S. 445) gehören auch die bayerischen Bauernkammern (Ges. v. 20. März 1920, GVBl. S. 67). 7. Alle nach der RVO. zulässigen Krankenkassen (Orts- und Land-, knappschaftliche, Jnnungs-, Betriebskrankenkassen, Ersatzkassen).

8. Vgl. RVO. 88 403 ff. 9. Der Begriff „wirtschaft!. Vereinigung" ist hier, dem Zweck der Bestimmung entsprechend, im weitesten Sinn aufzufassen und schließt auch die nicht tariffähigen Vereinigungen (vgl. Anm. 3 zu 8 9) ein. (Gl. A. Berger-Donau Anm. 8 zu 8 25.) 19. D. h. alle Stellen, deren Tätigkeit sich irgendwie mit der Regelung des Arbeitsmarkts befaßt, auch die nichtgew. AN. 11. Unterlassung oder Verweigerung der geforderten Auskünfte ist in 8 54 mit Strafe bedroht. Vgl. auch 8 58. 12. Das RA. hat bisher keine Vorschriften erlassen- eine Ver­ pflichtung der angegangenen Stellen zur Auskunftserteilnng besteht daher vorerst nicht.

3. Reichsamt für Arbeitsvermittlung.

§ 26. Das Reichsamt für Arbeitsvermittlung1)2) führt im Ein­ vernehmen mit den obersten Landesbehörden3) die fachliche Aufsicht4) über die Durchführung des Gesetzes3)3). Das Reichsamt hat den Arbeitsmarkt zu beobachten?) und den Ausgleich von Angebot und Nachfrage zwischen den verschie­ denen Gebieten zu regeln3). Ihm steht im Einvernehmen mit seinem Verwaltungsrat und nach Anhörung der öffentlichen Berufsvertretungen und wirtschaftlichen Vereinigungen2) die

I. Arbeitsnachweisämter.

§§ 25, 26.

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Aufstellung allgemeiner Grundsätze für die Berufsberatung und Lehrstellenvermittlung10) und im Einvernehmen mit den obersten Landesbehörden die fachliche Aufsicht über die der Be­ rufsberatung und Lehrstellenvermittlung dienenden * Einrich­ tungen ju11). Nur falls durch beharrliches Zuwiderhandeln gegen diese allgemeinen Grundsätze der Zweck der Berufsbera­ tung oder Lehrstellenvermittlung gefährdet wird, kann das Reichsamt nut Zustimmung seines Berwaltungsrars die Schließung solcher Einrichtungen verlangen; diese ist dann von den obersten Landesbehörden durchzuführen12). Ferner liegt es ihm ob, im Einvernehmen mit den obersten Landesbehörden die Anwerbung, Vermittlung und Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer zu regeln und zu überwachen13) u). Soweit bei dem Reichsamt Fachabteilungen bestehen (§ 32), übt es auch die Arbeitsvermittlung au315). Weitere Aufgaben auf dem Gebiete der Regelung des Ar­ beitsmarkts können dem Reichsamt mit Zustimmung seines Verwaltungsrats nach Genehmigung der Reichsregierung und des Reichsrats durch den Reichsarbeitsminister übertragen werden16). 1. Das RA. für AV. ist bereits durch Verordnung v. 5. Mai 1920 (RGBl. S. 876) errichtet worden. Seine Organisation wurde vom Ges. im wesentlichen unverändert gelassen und nur durch die Einrichtung des Verwaltungsrats (§ 29) ergänzt. RA. im Sinne des Ges. ist nach der VO. vom 30. Sept. 1922 (|. Anhang Nr. 2) eine Abteilung der Neichsarbeitsverwaltung (vgl. Anm. 8 zu § 1). Seine Amisräume befinden sich in Berlin NW. 6, Luisenstr. 33/34. Die wichtigsten Aufgaben des RA. sind: a) die fachliche Aufsicht über die Durchführung des Ges. im Ein­ vernehmen mit der ObLB. (§ 26 Abs. 1); b) die Aufstellung allgemeiner Grundsätze für die Berufsberatung und Lehrstellenvermittlung im Einvernehmen mit seinem BR. , und die fachliche Aufsicht über die der Berufsberatung und Lehr­ stellenvermittlung dienenden Einrichtungen (§ 26 Abs. 2 Satz 2); c) die Beobachtung des Arbeitsmarkts (Arbeitsmarktstatistik und -Berichterstattung (§ 26 Abs. 2 Satz 1) und die Veröffentlichung der Ergebnisse dieser Beobachtung im RABl. (§ 31 Abs. 2); d) die Regelung des zwischengebietlichen Ausgleichs von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt (§ 26 Abs. 2 Satz 1); e) die Regelung der Anwerbung, Vermittlung und Beschäftigung ausländischer Arbeiter im Einvernehmen mit der obersten Landes­ behörde (§ 26 Abs. 2 Satz 4); f) die Ausübung der Arbeitsvermittlung durch seine Fachabteilungen (§ 26 Abs. 2 Satz 5) und seine Abteilung für Angestellte (§ 37 Abs. 2);

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Arbeitsnachweisgesetz.

g) endlich weitere Aufgaben, die ihm durch den RAM. übertragen werden können (§ 26 Abs. 3). Einzelbefugnisse, die das RA. teils allein, teils gemeinsam mit seinem Verwaltungsrat auszuüben.hat, finden sich in §§ 2 Abs. 2, 4, 15 Abs. 2: Verpflichtung der AN. und LÄ. zur Aus­ dehnung ihrer Tätigkeit auf die Berufsberatung und Lehrstellen­ vermittlung; § 5 Abs. 3: Erlassung allgemeiner Bestimmungen über den Inhalt der Satzungen der AN.; §§ 13 Abs. 1, 34: Aufstellung von Grundsätzen über die Voraussetzungen, unter denen für Geschäftsführer der AN. und die Vermittler in Fachabteilungen die erforderliche Sachkenntnis als gegeben anzu­ nehmen ist; § 42 Abs. 1: Erlassung näherer Bestimmungen über Form und Frist der Anzeigen über Ausbruch und Beendigung von Ausständen und Aus­ sperrungen; § 44 Abs. 1: Aufsicht über nichtgewerbsmäßige Arbeitsnachweise, deren Tätigkeit über den Bezirk eines LA. hinausreicht; § 44 Abs. 3: Erlassung von Vorschriften über Einrichtung und Betrieb nichtgewerbsmäßiger AN.; § 45 Abs. 2 u. 3: Entscheidung über Überführung oder Schließung eines nichtgewerbsmäßigen AN.; § 47 Abs. 2: Aufsicht über die seemännischen Heuerstellen; § 69 Abs. 1: Erlassung von Bestimmungen über die Durchführung der Aufsicht über die gewerbsmäßigen StB. Einzelne Aufgaben (f. §§ 15, 16, 18 Abs. 2, 46, 52, 59) sind dem Verwaltungsrat des RA. allein übertragen. 2. Soweit die Mitwirkung des VR. nicht ausdrücklich gefordert ist, werden die Befugnisse des RA. von seiner Verwaltung (dem Präsi­ denten) allein ausgeübt. 3. Das RA. für AV. kann also die Aufsicht über die Durchführung des Gesetzes nicht allein ausüben, sondern nur im Einvernehmen, d. h. in völliger Übereinstimmung (s. Anm. 9 zu § 2) mit der ObLB. Dieses Einvernehmen kann und wird praktisch vielfach dadurch erreicht werden, daß über die Behandlung eines ganzen Aufgabenkreises Einverständnis erzielt wird; in diesem Falle bedarf es nicht mehr der ausdrücklichen Zustimmung zu jeder Erklärung des RA. (s. Erkl. eines Reg.-Vertr. im A.; Ber. S. 31). 4. Die Befugnisse des RA. sind auf die fachliche Aufsicht, also auf den sachlichen Aufgabenkreis der AN. und LÄ. beschränkt; die Ver­ waltungsaufsicht (Dienstaufsicht) bleibt der zuständigen Landesstelle allein Vorbehalten. 5. Die Aufsicht über die Durchführung des Gesetzes bedeutet auch die Aufsicht über die LÄ. (f. Reg.-Erkl. a. a. £).). H. Die Fassung dieses Absatzes ist das Ergebnis langwieriger Ver­ handlungen im Reichsrat. Nach der Fassung des dem Reichsrat vor­ gelegten Entwurfs sollten das RA. „fachliche Aufsichts- und Beschwerde­ stelle gegenüber den LÄ. und den AN." sein. Gegen die Ausschaltung der ObLB. wurden vor allem verfassungsrechtliche Bedenken auf Grund

I. Arbeitsnachweisämter.

§ 26.

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des Art. 15 Abs. 2 der RVerf. geltend gemacht. Durch die schließlich erzielte Verständigung wurde der sachliche Aufgabenkreis des NA. nicht eingeengt, aber die — nach dem ganzen staatsrechtlichen Aufbau des Reichs ohnedies nicht zu entbehrende — Mitwirkung der ObLB. ge­ sichert. 7. Über die Mittel zur Durchführung dieser Aufgabe vgl. § 31. ' 8. Die Regelung des Ausgleichs von Angebot und Nachfrage zwischen den AN. ihres Bezirks (zwischenörtlicher Ausgleich) ist Auf­ gabe der LÄ.; das RA. hat nur den Ausgleich zwischen den Gebieten der einzelnen LÄ. (zwischen gebietlicher Ausgleich) zu regeln und kann alle zu diesem Zwecke notwendigen Anordnungen treffen. Dem zwischengebietlichen Ausgleich dient insbesondere der vom RA. heraus­ gegebene „Arbeitsmarktanzeiger". 9. Off. Berufsvertretungen sind alle durch Gesetz geschaffenen Ver­ tretungen eines Berufes oder Standes, insbes. die Handels-, Hand­ werks- und Landwirtschaft- (in Bayern Bauern-)kammern (vgl. Fest­ stellung des Abg. Dr. Most namens des Aussch.; StenBer. (5. 8121; über den Begriff der „wirtschaftlichen Vereinigung" vgl. Anm. 3 zu 8 9). Die öff. Berufsvertretungen find im allgemeinen von der Mitwirkung bei der Durchführung des Ges. ausgeschlossen; nur hinsichtlich der Lehr­ stellenvermittlung u. Berufsberatung und hinsichtlich der Fachabteilungen (8 32) ist ihnen ein beschränktes Mitwirkungsrecht eingeräumt. Für die „Anhörung" durch das RA. werden nicht die einzelnen öff. Berufsvertretungen und wirtschaftlichen Vereinigungen, sondern nur die „Spitzenorganisationen" in Betracht kommen können. 10. Das RA. kann die Berufsberatung und Lehrstellenvermittlung nicht in allen Einzelheiten regeln, sondern nur allgemeine Grundsätze aufstellen. Mit Rücksicht auf den folgenden Satz dieses Absatzes kann jedoch die Aufstellung allgemeiner Grundsätze nicht nur wie für die Ge­ schäftsführung der AN. und LÄ. (vgl. 8 30 und Anm. 3 hiezu) nach Bedarf erfolgen, ist hier vielmehr von vorneherein notwendig, um die Beseitigung ungeeigneter Einrichtungen zu ermöglichen. Die „allg. Grundsätze" des 8 26 sind streng zu unterscheiden von den „allg. Bestimmungen" gemäß 88 2 Abs. 1, 15 Abs. 2. Die Erlassung allgemeiner Bestimmungen muß erfolgen und zwar im Ein­ vernehmen mit dem VR. des RA.; sie betreffen nur die bei den öff. AN. und LÄ. geschaffenen Einrichtungen für Berufsberatung und Lehr­ stellenvermittlung. Zur Aufstellung allg. Grundsätze ist der NA. berechtigt^ aber nicht verpflichtet; die Aufstellung setzt nicht nur Einvernahme mit dem VR., sondern auch Anhörung der öff. Berufsvertretungen unt> wirtschaftlichen Vereinigungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor­ aus; die Grundsätze sind endlich nicht nur für die Einrichtungen der öff AN. und LÄ., sondern für alle der Berufsberatung und Lehrstellenvermittlung dienenden Einrichtungen verbindlich (vgl. Syrup, RABl. Jahrg 1922 Nr. 18 S. 541* ff.). Inhaltlich werden sich die allg. Bestimmungen mehr auf die äußere Organisation der Einrichtungen bei den ANÄmtern, die allg. Grundsätze auf den Inhalt der sachlichen Tätigkeit sämtlicher Einrichtungen beziehen müssen.

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Arbeitsnachweisgesetz.

11. Die Stellung des RA. gegenüber den Einrichtungen für die Berufsberatung und Lehrstellenvermittlung ist eine andere als gegenüber den allgemeinen Arbeitsnachweiseinrichtungen. Für die öff. AN. ist das LA. fachliche und die Gemeindeaufsichtsbehörde dienstliche Aufsichtsbehörde (§§ 15 Abs. 1, 3 ff.)- die Aufsicht über die sonstigen nichtgewerbsmäßigen AN. führt das LA. (§, 44 Abs. 1). Die Einrichtungen für Berufsberatung und Lehrstellenvermittlung und zwar sowohl die bei den öff. AN. ge­ schaffenen als auch die von öff. Berufsvertretungen oder privaten Steilen geschaffenen Einrichtungen unterstehen dagegen unmittelbar der Aufsicht des RA. Dieses kann jedoch die LÄ. anweisen, die Aufsicht in seinem Auftrag zu führen (§ 15 Abs. 5) und wird von dieser Möglichkeit auch Gebrauch machen. Die Aufsicht des RA. ist Fach aufsicht, erstreckt sich also nicht auf die Organisation, sondern nur auf die Tätigkeit der Einrichtungen für Lehrstellenvermittlung und Berufsberatung, umfaßt aber insoweit nicht nur Rechtmäßigkeit, sondern auch die Zweckmäßigkeit dieser Tätigkeit. Die bei den öff. AN. geschaffenen Einrichtungen unterstehen als Bestandteile dieser AN. in organisatorischer Beziehung der allgemeinen Dienstaufsicht der Gemeindeaufsichtsbehörden. Irgendwelche Zwangsbefugnisse stehen dem RA. nicht zu- es kann nur bei beharrlicher Zuwiderhandlung gegen die von ihm aufgestellten allgemeinen Grundsätze die. Schließung solcher Einrichtungen aussprechen Die Berufsberatungsstatistik ist vom RA. geregelt durch die An­ ordnung vom 27. Juni 1922 (RABl. S. 322). 12. Die Schließung von Einrichtungen für Berufsberatung und Lehrstellenvermittlung ist durch diese Bestimmung noch mehr erschwert als die Schließung nichtgewerbsmäßiger AN. oder ihre Überführung auf den öff. AN. (vgl. § 45), die Errichtung neuer derartiger Einrichtungen kann überhaupt nicht verhindert werden (vgl. § 46). Die Schließung liegt sachlich allein in der Hand des RA.: die ObLB. hat dem Verlangen des RA. ohne weitere Prüfung stattzugeben und die Schließung mit den durch die Landesgesetze gegebenen Mitteln durchzuführen. (Bei der Stellung des RA. als Reichsmittelbehörde gegenüber der ObLB. ein staatsrechtliches Unikum!) In der Praxis wird allerdings dem förmlichen Verlangen auf Schließung wohl stets eine Verständigung mit der ObLB., wenn nicht ein Antrag der letzteren vorausgehen. Die Weiterführung einer geschlossenen Einrichtung ist nicht mit Strafe be­ droht (vgl. Änm. 8 zu K 56). 13. Die Begr. (S. 54) führt dazu aus: „Bei der Frage der Aus­ länderanwerbung, — Vermittlung und — Beschäftigung wird erstrebt werden müssen, im Rahmen der internationalen Vereinbarungen den deutschen Arbeitsmarkt für Inländer so günstig als möglich zu gestalten. Da diese Gestaltung eine gewisse Beweglichkeit verlangt, zumal sie sich auch künftigen internationalen Vereinbarungen anpassen muß, und da sie vielfach ins Einzelne zu gehen hat, da ferner die verschiedenartige Bedeutung der Ausländerbeschäftigung eine unterschiedliche Behandlung verlangt, würde die Aufnahme von Einzelvorschriften in das ANG. dieses in unerwünschter Weise beschweren. Die Regelung muß daher in erster Linie der Fachinstanz überlassen bleiben; dabei werden aber die Be­ lange der Länder im Hinblick auf ihre fremdenpolizeilichen Aufgaben berücksichtigt werden müssen."

I. Arbeitsnachweisämter.

§§ 26, 27.

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Zu den internationalen Vereinbarungen, in deren Rahmen die Anwerbung, Vermittlung und Beschäftigung von Ausländern zu regeln ist, gehört insbesondere der Versailler Friedensvertrag (RGBl. 1919 S. 687), der in seinem Art. 276 d Deutschland (selbstverständlich ohne Anspruch auf Gegenseitigkeit!) verpflichtet, „den Staatsangehörigen der alliierten und assoziierten Mächte keinerlei Beschränkungen aufzuerlegen, die nicht am 1. Juli 1914 auf die Staatsangehörigen dieser Mächte anwendbar waren, sofern nicht seinen eigenen Staatsangehörigen die­ selben Beschränkungen gleichfalls auferlegt werden." Ausländische Arbeitnehmer sind alle männlichen und weiblichen Arbeitskräfte, die nicht oder nicht mehr deutsche Reichsangehörige sind Eine Bevorzugung der Angehörigen bestimmter Staaten oder etwa der deutschstämmigen Bewohner der abgetretenen Gebiete ist durch den Ver­ sailler Vertrag ausgeschlossen. Das RA. hat die Anwerbung und Vermittlung ausländischer Land­ arbeiter durch die VO. v. 19. Okt. 1922/2. Jan. 1923 (s. Anhang Nr. 4) die Einstellung und Beschäftigung ausländischer Arbeiter durch die VO. v. 2. Jan. 1923 (s. Anhang Nr. 5) geregelt.

14. Strafbestimmung s. § 55. 15. Fachabteilungen beim RA. bestehen z. Zt. nicht; nach § 36 Abs. 2 des Ges. muß aber eine Abteilung für Angestellte errichtet werden. 16. Hier ist vor allem an Aufgaben auf dem Gebiete der Erwerbs­ losenfürsorge (§ 2 Abs. 2), Arbeitsbeschaffung, Erwerbsbeschränkten- und Wandererfürsorge (§ 2 Abs. 2) zu denken, auf denen sich das RA. bisher schon teilweise in sehr ausgedehntem Maße betätigt hat. Durch eine in Vorbereitung befindliche BO. (Entwurf Anhang Nr. 11) werden dem RA. zunächst übertragen werden. 1. Die Aufsicht über die Verwendung von Reichsmitteln für die Erwerbslosenfürsorge nach § 4 der VO. über die Erwerbslosen­ fürsorge v. 1. Nov. 1921 (RGBl. S. 1337) und die Abrechnung über diese Mittel; 2. die Durchführung der Maßnahmen, die zur Bekämpfung der Ar­ beitslosigkeit auf Grund gesetzlicher Vorschriften oder allgemeiner Verwaltungsanordnungen von Reichs wegen getroffen werden (produktive Erwerbslosenfürsorge).

8 27. Das Reichsamt ist für das Gebiet des Deutschen Reichs er­ richtet i). Es hat seinen Sitz in Berlin. Die Aufsicht über das Reichsamt führt der Reichsarbeits­ minister 2). Der Reichsarbeitsminister und das Reichsamt sind berech­ tigt, mit den Landesämtern und den Arbeitsnachweisen^) in fach­ lichen Angelegenheiten unmittelbar zu verkehren ^).

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Arbeitsnachweisgesetz.

1. Auf das Saargebiet, das z. Z. nicht unter deutscher Verwaltuug steht, kann sich die Tätigkeit des RA. bis auf weiteres nicht erstrecken. 2. Die Aufsicht des RAM. erstreckt sich nicht nur auf den äußeren Geschäftsbetrieb des RA., sondern insbesondere auch auf den sachlichen Inhalt seiner Tätigkeit im vollen Umfange (Begr. S. 52). Die Aufsicht über die Tätigkeit des RA. erstreckt sich jedoch tat­ sächlich nur auf die Geschäftsführung des Präsidenten; die Entscheidungen des VR. sind mit Ausnahme der Entscheidungen gemäß §§ 45 Abs. 4 und 46 Abs. 2 der Nachprüfung des RAM. entzogen. 3. Unter AN. sind hier nur die öff. AN. zu verstehen. 4. „Der unmittelbare Verkehr des RAM. und des RA. mit den LÄ. und den AN. entspricht einem dringenden Bedürfnis, da die Eigenart der Arbeitsmarktorganisation und der ständige Wechsel der Arbeits­ marktlage sehr oft sofortiges Eingreifen und schleunige Erledigung erfordert. Den Befugnissen der Landeszentralbehörden, an der fach­ lichen Aufsicht mitzuwirken, soll damit nicht vorgegriffen werden." (Begr. S. 52.) In der Beschränkung auf Fragen, die sofortiger Er­ ledigung bedürfen, ist diese Begründung gewiß zutreffend. Eine Aus­ schaltung der ObLB. kann aber praktisch nur dadurch vermieden werden, daß RAM. und RA. den unmittelbaren Verkehr, besonders mit den AN. auf dringende Fälle beschränken und die ObLB. über alle wichtigeren Angelegenheiten dauernd auf dem Laufenden erhalten.

§ 28. Das Reichsamt besteht aus dem Präsidenten und der erfor­ derlichen Zahl von Beamten*). Unter ihnen sollen sich im Ar­ beitsnachweiswesen sachverständige Frauen befinden2). 1. Des: Präsidenten und die Beamten ernennt der NAM. 2. Bloße „Sollvorschrift".

§ 29. Für das Reichsamt wird ein Berwaltungsrat gebildet *). Er besteht aus dem Präsidenten des Reichsamts oder seinem Stellvertreter als Vorsitzenden sowie aus Vertretern der öffent­ lichen Körperschaften, Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Unter ihnen muß sich mindestens eine Frau befinden2). Die Zahl der Vertreter der öffentlichen Körperschaften, der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer muß gleich und mindestens je öicr fein3). Wei­ tere auf dem Gebiete des Arbeitsnachweises Sachverständige, darunter auch Frauen, können als ständige Gutachter mit be­ ratender Stimme in den Verwaltungsrat berufen toerben4). Für die Vertreter der öffentlichen Körperschaften, für die Arbeit­ geber und Arbeitnehmer sind Stellvertreter zu bestellen .

I. Arbeitsnachweisämter.

§§ 27—29.

89

Die Vertreter der öffentlichen Körperschaften (Gemeinden, Gemeindeverbände, Länder) und die Sachverständigen werden vom Reichsarbeitsminister berufen, die ersteren nach Anhörung des Reichsratso). Die Arbeitgeber werden von der Arbeitgeberab­ teilung, die Arbeitnehmer von der Arbeitnehmerabteilung des Reichswirtschaftsrats gewählt Die Vorschriften der § 7 Abs. 3 bis 5, §§ 10, 12, 21 Satz 2 und § 22 Abs. 2 finden hierauf sinngemäß Anwendung ^). Der Reichsarbeitsminister ist berechtigt, in den Verwal­ tungsrat Beauftragte zu entsenden. Sie haben keine be­ schließende Stimme9). Der Verwaltungsrat gibt sich seine Geschäftsordnung10). Sie bedarf der Zustimmung des Reichsarbeitsministers.

1. Die Bildung des VR. ist eine Neuerung gegenüber dem bis­ herigen Rechtszustande. Auch beim RA. soll eine Mitwirkung der Beteiligten im Wege der Selbstverwaltung eingeführt werden. Die Zusammensetzung trägt dem Umstande Rechnung, daß Rechts- und Verwaltungskenntnisse hier noch in höherem Grade notwendig sind als bei den Landesämtern. Neben den Vertretern der öffentlichen Körper­ schaften und der Interessenten sollen daher auch hervorragende Sach­ verständige auf dem Gebiete des Arbeitsnachweiswesens in den VR. berufen werden können, indessen, um die Parität zu wahren, nur mit beratender Stimme (Begr. S. 52). Die Stellung des VR. des RA. ist gegenüber der Verwaltung übrigens wesentlich schwächer als jene der VA. der AN. und LÄ., ins­ besondere ist er nicht Beschwerdeinstanz für Beschwerden gegen Verfü­ gungen des Präsidenten (vgl. § 53). 2. Die Berücksichtigung der Frauen ist hier im Gegensatz zu § 7 Abs. 1 (VA. der AN.) und § 19 Abs. 1 (VA. der LÄ.) Mußvorschrift, nicht nur Sollvorschrift. Es genügt, wenn sich unter den Vertretern der öffentlichen Körperschaften oder den Arbeitgebern oder Arbeitnehmern eine Frau befindet. 3. Die Zahl der Mitglieder wird der Reichsarbeitsminister auf Grund seines Aufsichtsrechts (§ 27 Abs. 2) zu bestimmen haben. 4. Die Zahl der Sachverständigen ist nicht beschränkt. Ihre Be­ rufung ist Sache des RAM. (Abs. 2). 5. S. Anm. 15—17 zu § 7. 6. Die Anhörung pes Reichsrats vor der Berufung der Vertreter der öffentlichen Körperschaften soll die Gewähr dafür bieten, daß die verschiedenen Teile des Reichs möglichst gleichmäßig berücksichtigt und Bevorzugungen einzelner Länder vermieden werden (Begr. S. 52). 7. Solange der RWR. nicht gebildet ist, tritt an seine Stelle der vorl. RWR. (§ 66). 8. Z 7 Abs. 3—5 finden unverändert Anwendung, § 10 mit der Maßgabe, daß die Mitglieder des Verwaltungsrats am Tage ihrer

90

Arbeitsnachweisgesetz.

Bestellung mindestens sechs Monate im Gebiete des Deutschen Reichs wohnhaft oder beschäftigt gewesen sein müssen. Für die Anwendung des § 12 kommen als antragsberechtigte Mitglieder sowohl die Ver­ treter der öffentlichen Körperschaften als auch die Arbeitgeber und Arbeitnehmer, uid)t aber die Gutachter in Betracht- an die Stelle des Vorstands der Errichtungsgemeinde wird sinngemäß der Reichsarbeits­ minister zu treten haben. Die näheren Bestimmungen über die erst­ malige Wahl der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeisitzer des Verwal­ tungsrats (§ 12 Satz 2) wird der RAM. ohne Anhörung des VR. des RA. erlassen müssen, da ja der BR. auf Grund dieser Bestimmungen erst gewählt werden soll. Bei der Anwendung des § 22 Abs. 2 treten an die Stelle der Vertreter der Err.-Gemeinden die Vertreter der öffentlichen Körperschaften.

9. Vgl. für die LÄ. § 19 Abs. 2. 10. Die Geschäftsordnung hat den inneren Geschäftsgang des VR. zu regeln, wird also insbesondere Bestimmungen über die Aufstellung der Tagesordnung, die Form und Frist der Berufung, Beschlußfähigkeit, Niederschrift der Verhandlungen, die äußere Form der Beschlüsse, die etwaige Bestellung von Unterausschüssen usw. enthalten müssen. Stän­ dige oder nur zur Erledigung einzelner Fragen eingesetzte Unterausschüsse sind zulässig, die Bildung von Beschwerdeausschüssen jedoch mit Rücksicht auf §§ 22 Abs. 2, 29 Abs. 2 unzulässig (vgl. Anm. 3, 4 zu § 22).

§ 30. Das Reichsamt erläßt mit Zustimmung des Verwaltungs­ rats allgemeine Anordnungen x)2) für die Geschäftsführung der öffentlichen Arbeitsnachweise und der Landesämter 3). 1. Während Einzelanweisungen nur durch den Präsidenten des RA. ergehen, bedürfen allgemeine Anordnungen der Zustimmung des VR. (Begr. S. 53). 2. Gegenüber einem Antrag, der das RA. statt zur Erlassung von „allgemeinen Anordnungen" nur zur Erlassung von „Richtlinien" er­ mächtigen wollte, führte ein Regierungsvertreter im Ausschuß aus, es bestehe ein dringendes Interesse daran, daß das Reichsamt für die Er­ ledigung einzelner sachlicher Aufgaben bindende Vorschriften geben könne. Es sei beispielsweise an die Unterbringung von Flücht­ lingen, die Überführung von Werftarbeitern in andere Berufsgebiete, an einheitliche statistische Meldungen usw. zu denken. Der Antrag wurde abgelehnt (93er. S. 33).

3. Die Fassung „für" (im Entwurf: „über") die Geschäftsführung wurde vom A. auf Anregung der Reichsregierung gewählt, um auszu­ drücken, daß die Geschäftsführung der AN. und (vom UA. eingefügt) der LÄ., nicht allgemein, sondern nur dann, wenn ein Bedürfnis besteht, durch Anordnung des RA. geregelt werden soll (93er. S. 33). Die Frage, ob ein Bedürfnis besteht, ist selbstverständlich der Nachprüfung der LÄ. und AN. entzogen.

I. Arbeitsnachweisämter.

§§ 29—31.

91

§ 31. Zur Durchführung der in § 26 genannten Aufgaben ist das Reichsamt berechtigt *), Erhebungen über die Lage des Arbeits­ markts, über Arbeitsbedingungen, Ausstände und Aussper­ rungen, sowie über die Mitgliederbewegung der Vereinigungen-) von Arbeitgebern und Arbeitnehmern^) vorzunehmen und die hierzu erforderlichen Auskünfte zu verlangen. Das Reichsamt hat regelmäßig Berichte über die Lage des Arbeitsmarkts, den Umfang der Arbeitslosigkeit, den Erfolg der Arbeitsvermittlung und Arbeitsbeschaffung, die Arbeitsstreitig­ keiten und die Entwicklung des Tarifwesens sowie der Vereini­ gungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu veröffent­ lichen^). Die Veröffentlichungen erfolgen im Reichs-Arbeits­ blatt. 1. Die dem RA. zur Durchführung seiner Aufgaben eingeräumten Befugnisse gehen über jene der LÄ. (§ 25) in sachlicher Beziehung er­ heblich hinaus, es kann Auskünfte nicht nur über die Lage des Arbei'smarkts, sondern auch über Arbeitsbedingungen, Ausstände und Aus­ sperrungen und über die Mitgliederbewegung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmervereinigungen verlangen. Der Kreis der dem RA. gegen­ über zur Auskunft verpflichteten Stellen ist nicht beschränkt; das RA. kann nicht bloß von den in § 25 genannten Stellen, sondern auch z. B. von einzelnen Betrieben sowohl einmalige Auskünfte als auch regel­ mäßige Mitteilungen verlangen. Die Auskunftspflicht der öff. AN. ergibt sich auch aus § 30, die der nichtgewerbsmäßigen AN. aus § 44 Abs. 3 Satz 1. 2. Nach dem Entwurf: „über die Entwicklung der Berufsvereine" Die vom A. beschlossene Fassung bedeutet einerseits eine Einschränkung des sachlichen Umfangs der Auskunftspflicht, die auf rein zahlenmäßige Angaben beschränkt ist, andererseits eine Erweiterung des Kreises der zur Auskunft verpflichteten Vereinigungen. Nach einer vom Bericht­ erstatter Abg. Dr. Most bei der 2. Lesung in der Vollversammlung des Reichstags am 28. Juni 1922 namens des Ausschusses abgegebenen Erklärung umschließt der Begriff der „Vereinigung usw." alle Ver­ einigungen, welche die Arbeitgeber und Arbeitnehmer als solche ins Leben rufen oder denen sie als solche angehören, auch ohne daß diese Ver­ einigungen tariffähig sind. Auch Vereinigungen, denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichzeitig angehören, fallen unter diesen Begriff. (Sten Ber. S. 21.) Der Begriff der „Vereinigung" geht also hier weiter als jener der „wirtschaftlichen Vereinigung" in §§ 7 Abs. 3, 9, 32 Abs. 3, 35 Abs. 1 (s. Anm. 3 zu § 9). rr. Strafbestimmungen s. §, 54 Abs. 1 Ziff. 1, Abs. 2. 4. „Die Berichterstattung des RA. hat das ganze ihm übertragene Gebiet zu umfassen, um einen schnellen und sicheren Überblick über die Lage des Arbeitsmarktes zu bieten und damit zur richtigen Beurteilung der gesamten Wirtschaftslage beizutragen." (Begr. S. 54.)

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Arbeitsnachweisgesetz.

II. Fachabteilungen. § 32. Nach Bedarf sind bei den öffentlichen Arbeitsnachweisen Fachabteilungen*) und Abteilungen für Angestellte3) zu bilden. Eine Fachabteilung kann mit Zustimmung des Landesamts') auch für den Bezirk mehrerer öffentlicher Arbeitsnachweise gebildet werden (Gemeinsame Fachabteilung). Sie gilt hinsichtlich der Kosten (§ 67) als Abteilung der beteiligten öffentlichen Arbeits­ nachweise^) 6). Verwandte Berufsgruppen können in eine Fachabteilung zu­ sammengefaßt Werdenb).

Ob ein Bedürfnis zur Bildung einer Fachabteilung tiorüegt1), im Falle des Abs. 1 Satz 2 auch, bei welchem öffentlichen Ar­ beitsnachweis sie zu bilden ist, bestimmen 3) die für das Fach innerhalb des Bezirks bestehenden öffentlichen Berufsvertretungen und wirtschaftlichen Vereinigungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer3). Sind solche öffentliche Berufsvertretungen oder10) wirt­ schaftliche Vereinigungen nicht vorhanden oder ist eine Einigung zwischen ihnen nicht zu erzielen, so entscheidet auf Antragn) der Fachausschuß beim Landesamt und, falls ein solcher nicht besteht, der Verwaltungsausschuß des Landesamts nach Anhörung der beteiligten öffentlichen Arbeitsnachweise"). Die Errichtungsgemeinde sowie nach Anhörung des Verwal­ tungsausschusses der Vorsitzende des öffentlichen Arbeitsnachweises sind berechtigt, den Beschluß der öffentlichen Berufsvertretungen oder wirtschaftlichen Vereinigungen innerhalb von zwei Wochen, nachdem er amtlich bekannt geworden ist13), bei dem Verwaltungs­ ausschuß (Fachausschuß) des Landesamts anzufechten14)16). Das gleiche gilt im Falle des Abs. 1 Satz 2 für jede beteiligte Ge­ meinde oder für den Vorsitzenden jedes beteiligten öffentlichen Arbeitsnachweises, sowie der eigene Bezirk betroffen ist16)n)"). 1. „Eine wirksame Arbeitsvermittlung, welche die besonderen Be­ dürfnisse des Faches, die Anforderungen der einzelnen Stelle unb. die besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten des einzelnen Arbeitnehmers berück­ sichtigt, ist vielfach nur auf fachlicher Grundlage möglich. Eine solche fachliche Vermittlung setzt regelmäßig die Bildung besonderer fachlicher Abteilungen voraus, die einer eigenen Verwaltung unterstehen und eine besondere Geschäftsführung haben und demgemäß im Rahmen des all­ gemeinen Arbeitsnachweises selbständig betrieben werden" (Begr. S. 54). 2. Die Abteilungen für Angestellte, über die erst im A. eine Ver­ ständigung erzielt wurde (vgl. Anm. 4 zu § 2) sind den F.-Abt. orga-

II. Fachabteilungen.

§ 32.

93

nisatorisch gleichgestellt. Alle für die F.-Abt. geltenden Bestimmungen finden ohne weiteres auch auf die Abt. für Angestellte Anwendung Eine weitere fachliche Gliederung dieser Abteilungen, z. B. die Errichtung je einer besonderen Abt. für kaufmännische und technische Angestellte ist nicht als unzulässig anzusehen, ebenso die Beschränkung der Tätigkeit der Abt. f. Angestellte auf bestimmte Berufe (z. B. Kaufleute, Techniker). Als Angestellte werden in Übereinstimmung mit der neueren Ar­ beitsgesetzgebung (vgl. z. B. BetrRG. § 12 Abs. 1) zu gelten haben: a) Personen, die eine der im § 1 des AVG. aufgeführten Beschäfti­ gungen gegen Entgelt ausüben,*) b) die in einer geregelten Ausbildung Ar einer dieser Beschäfti­ gungen befindlichen Lehrlinge, c) die mit niederen oder lediglich mechanischen Dienstleistungen be­ schäftigten Angestellten. Vgl. im einzelnen die Anm. zu § 12 BetrRG. bei Feig-Sitzler Angestellte eines Berufszweigs, für den beim gleichen öff. AN eine F.-Abt. besteht (z. B. landwirtschaftliche Beamte) werden durch die Abt. f. Angestellte zu vermitteln sein, wenn nicht die Satzung das Gegen­ teil bestimmt (gl. A. Kaskel-Syrup Anm. 6 zu § 32). Ihre Spitze finden die Abteilungen für Angestellte in der obligato­ rischen Abteilung für Angestellte beim RA. (§ 36 Abs. 2). 3. Das LA. entscheidet hier ohne Anhörung seines VA. (s. Anm. 7 zu § 1). 4. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, für die gemeinsame F.-Abt. einen gesonderten Haushalt aufzustellen, wobei die Err.-Gemeiiibeu sämtlicher beteiligter AN. mitzuwirken haben (§ 14 Abs. 2). Der auf die einzelnen AN. entfallende Kostenanteil ist dann in deren Haushaltspläne aufzunehmen. ~*) ^RGBl. 1. 2.

3. 4.

5. 6. 7.

Das AVG. v. 20. Dez. 1911 (RGBl. S. 989)/10. Nov. 1922 I S. 849) bezeichnet als Angestellte: Angestellte in leitender Stellung, Betriebsbeamte, Werkmeister und andere Angestellte in einer ähnlich gehobenen oder höheren Stellung, Büroangestellte, soweit sie nicht ausschließlich mit Botengängen, Reinigung, Aufräumung und ähnlichen Arbeiten beschäftigt werden, einschließlich der Bürolehrlinge und Werkstattschreiber, Handlungsgehilfen und Handlungslehrlinge, andere Angestellte für kaufmännische Dienste, auch wenn der Gegenstand des Unter­ nehmens kein Handelsgewerbe ist, Gehilfen und Lehrlinge in Apotheken, Bühnenmitglieder und Musiker ohne Rücksicht auf den Kunst­ wert der Leistungen, Angestellte in Berufen der Erziehung, des Unterrichts, der Für­ sorge, der Kranken- und Wohlfahrtspflege, aus der Schiffsbesatzung deutscher Seefahrzeuge und aus der Besatzung von Fahrzeugen der Binnenschiffahrt Schiffsführer, Offiziere des Deck- und Maschinendienstes, Verwalter und Ver­ waltungsassistenten, sowie die in einer ähnlich gehobenen oder höheren Stellung befindlichen Angestellten ohne Rücksicht auf ihre Vorbildung.

94

Arbeitsnachweisgesetz.

5. Hinsichtlich der Verwaltung bildet die gemeinsame F.-Abt. einen Bestandteil des AN., bei dem sie errichtet ist. 6. Durch diese vom A. eingefügte Bestimmung soll eine Zersplit­ terung des AN. in eine zu große Zahl von F.-Abt. verhindert werden. Der Begriff der „verwandten Berufe" darf nicht zu eng aufgefaßt werden, so daß z. B. die Errichtung einer F.-Abt. für das gesamte Be­ kleidungsgewerbe nicht ausgeschlossen ist. 7. Grundsätzlich ist die Entscheidung über die Bedürfnisfrage den Interessenten überlassen, während den Gemeinden nur ein Anfechtungs­ recht eingeräumt ist (Abs. 3). Dieser Grundsatz ist jedoch durch § 37 Abs. 1 zugunsten der LÄ. durchbrochen. 8. Die Entscheidung muß entweder in einer Versammlung der be­ teiligten Berufsvertretungen und Vereinigungen durch förmlichen Be­ schluß erfolgen, von dem die beteiligten Gemeinden und die Vorsitzenden der beteiligten AN. zu verständigen sind (vgl. Abs. 3) oder es müssen gleichlautende Beschlüsse der Berufsvertretungen und wirtschaftlichen Vereinigungen vorliegen und der Err.-Gemeinde und Bors, mitgeteilt werden. 9. über öffentliche Berufsvertretung-en vgl. Anm. 9 zu § 26. Sie sind zur Mitwirkung bei der Beschlußfassung berufen, wenn sie „inner­ halb des Bezirks" bestehen, d. h. wenn ihre Tätigkeit sich auf den Bezirk erstreckt, für den die F.-Abt. errichtet werden soll. Daß der Bezirk der öff. Berufsvertretung und der F.-Abt. sich decken, ist nicht notwendig Zu den wirtschaftlichen Vereinigungen (f. Anm. 3 zu § 9) gehören auch die Innungen (Begr. S. 54 und Feststellung des Referenten Abg. Dr. Most in der Reichstagssitzung vom 28. Juni 1922, Sten. Ber. S. 8821). Auch wirtschaftliche Vereinigungen, die selbst AN. unter­ halten, sind beteiligt (vgl. Bescheid d. RAV., RABl. 1922 Nr. 23/24 S. 706). 10 Nach dem bei der 2. Lesung des Ges. im Reichstag (Sten. Ber. S. 8275) gefaßten Beschluß ist der Wortlaut: „öffentlichen Berufsver­ tretungen oder wirtschaftlichen Vereinigungen". Diese Fassung ist auch im nächsten Satz und in Abs. 4 stehen geblieben. Das „und" scheint deshalb auf einem Redaktionsversehen zu beruhen. Sachlich richtiger wäre die Fassung „und". Aber auch das „oder" soll offenbar nur sagen, daß öff. Berufsvertretungen und Wirtschaft. Vereinigungen zusammen­ wirken sollen, wo sie nebeneinander bestehen, daß aber auch die öff. Berufsvertretungen oder die wirtschaftl. Vereinigungen allein zuständig sein sollten, wenn Organisationen der anderen Art nicht vorhanden sind. 11. Der Antrag wird regelmäßig von denjenigen Berufsvertre­ tungen oder Vereinigungen ausgehen, die mit ihrer Anregung auf Errich­ tung einer F.-Abt. nicht durchgedrungen sind. Es kann aber u. 11., namentlich wenn weder öffentliche Berufsvertretungen noch wirtschaft­ liche Vereinigungen vorhanden sind — ein Fall, der praktisch allerdings kaum denkbar ist — auch ein einzelner Interessent — Arbeitgeber oder Arbeitnehmer — den Antrag stellen. 12. Bez. der Abt. für Angestellte vgl. Anm. 2. 13. Als „amtlich bekannt geworden" wird der Beschluß erst dann gelten können, wenn die schriftliche Mitteilung davon in den Einlauf der Gemeinde bzw. des Vorsitzenden des AN. gelangt ist. Die Frist be­ rechnet sich nach §§ 187 ff. BGB. Der Tag des Einlaufs wird in die

II. Fachabteilungen.

§ 32.

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Frist nicht eingerechnet. Werden die übereinstimmenden Beschlüsse einzeln mitgeteilt, so ist für den Beginn der Beschwerdefrist der Tag des Einlaufs der letzten Mitteilung maßgebend.

14. Ist bei LA. ein FA. für die in Frage kommenden Berufe, bzw. ein Ausschuß für Angestellte vorhanden, so entscheidet dieser, an­ dernfalls der VA. Die Entscheidung kann mit Beschwerde beim VR. bzw. FA. des RA. angefochten werden (§ 52).

15. Der Einspruch hat aufschiebende Wirkung, die F.-Abt. kann also vor Abschluß des Einspruchsverfahrens nicht errichtet werden. Gegen die Entscheidung kann Beschwerde an den VR. (FA.) des RA. eingelegt werden (§ 52), dessen Entscheidung endgültig ist (§ 53). 16. Durch den Beschluß der Berufsvertretungen und -Vereini­ gungen bzw. die Entscheidung des VA. des LA. oder (§ 38 Abs. 1) die Anordnung des LA. ist erst die Verpflichtung der Gemeinde zur Errich­ tung der Fachabteilung oder der Abteilung für Angestellte begründet. Tie Errichtung selbst erfolgt durch Beschluß der Err.-Gemeinde bzw. übereinstimmende Beschlüsse der beteiligten Err.-Gemeinden des AN., bei gemeinsamen Fachabteilungen für die Bezirke mehrerer AN. durch über­ einstimmende Beschlüsse der sämtlichen beteiligten Err.-Gemeinden. Die Bestimmungen des § 4 werden dabei entsprechende Anwendung zu finden haben. Insbesondere muß bei der Errichtung einer gemeinsamen F.-Abt. die Frage der Kostenverteilung geklärt werden (s. Anm. 6 zu § 4). Die Errichtung der F.-Abt. kann durch die Gemeindeaufsichts­ behörde erzwungen, im äußersten Falle können die erforderlichen Mittel durch Zwangseinstellung in den Gemeindehaushalt bereitgestellt werden (Begr. S. 54; vgl. Anm. 10 zu § 4).

17. Die Frist beginnt in diesem Falle für jede Err.-Gemeinde unb jeden Bors, mit der amtlichen Mitteilung des Beschlusses selbständig zu laufen. Die Anfechtung bezieht sich zwar zunächst nur auf die Betei­ ligung des eigenen Bezirks an der F.-Abt. („soweit" usw.), wird aber häufig wegen der Verteilung der Kostenlast einen Beschluß über die Errichtung der F.-Abt. an sich notwendig machen. 18. Die Überführung von F.-Abt. oder Abt. für Angestellte, die zur Zeit des Inkrafttretens des Ges. bei öff. AN. bereits bestehen, in F.-Abt. nach den Vorschriften des Ges. ist nicht besonders geregelt. Es wird in dieser Hinsicht davon auszugehen sein, daß einerseits alle weiterbestehenden F.-Abt. den Bestimmungen des Ges. entsprechen müssen^ daß aber andererseits über das Fortbestehen selbst ebenso wie über die Errichtung neuer F.-Abt. die öff. Berufsvertretungen und wirtschaft­ lichen Vereinigungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu entscheiden haben. Die Err.-(Verw.-)Gemeinde wird liaher eine Beschlußfassung der für das Fach einschlägigen Berufsvertretungen und wirtschaftlichen Vereinigungen über Auflösung oder Fortbestand der F.-Abt. herbei­ führen müssen; auf das weitere Verfahren finden dann die Vorschriften des § 32 Anwendung. Wird die Fortführung der F.-Abt. beschlossen, so ist ihre Organi­ sation den Bestimmungen des Ges. anzupassen, insbesondere ein den Vorschriften des § 33 entsprechender FA. zu bilden. — über Satzungen von F.-Abt. und Abt. für Angestellte vgl. Anm. 9 zu § 33.

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Arbeitsnachweisgesetz.

§ 33. Für jede Fachabteilung und jede Abteilung für Angestellte ist ein Fachausschuß') zu bilden. Der Fachausschuß tritt, soweit nicht allgemeine Grundsätze für die Geschäftsführung entgegen­ stehen (§ 11 Satz z)2) in allen ausschließlich das Fach betreffenden Angelegenheiten b) an die Stelle des Verwaltungsausschusfes. Den Vorsitz im Fachausschuß führt der Vorsitzende des Ar­ beitsnachweises^) oder sein Stellvertreters. Die Beisitzer sind auf Vorschlag der für das Fach zuständigen wirtschaftlichen Vereini­ gungen aus dem Fach zu entnehmen, für das der Fachausschuß gebildet ist6). Sie werden vom Verwaltungsausschusse des Arbeits­ nachweises bestellt'). Im übrigen finden § 7 Abs. 1 bis 4, Abs. 3 und 5, § 9 Abs. 2 und 3, §§ 10 bis 13 sinngemäß Anwendung')6)").

1. Durch die Bildung von FA. soll die gesamte Verwaltung der F.-Abt. möglichst solchen Personen übertragen werden, die die Bedürfnisse .ber besonderen fachlichen Vermittlung am besten zu übersehen vermögen Die Verwaltung der F.-Abt. erhält dadurch gegenüber der Verwaltung des allgemeinen AN. eine weitgehende Selbständigkeit (Begr. S. 54).

2. Die vom VA. gemäß § 11 Abs. 1 aufgestellten Grundsätze für die Geschäftsführung sind auch für die F.-Abt.en bindend. Hält ein FA. eine Abweichung von diesen Grundsätzen für geboten, so muß er dazu die Zustimmung des VA. einholen. 3. Der Begriff der „ausschließlich das Fach betreffenden Angelegen­ heiten" läßt sich nicht erschöpfend umschreiben. Zu ihnen gehört z. B. die Art, wie die Vermittlung für die Angehörigen eines bestimmten Berufs gegliedert wird, oder die Würdigung eines Tarifvertrags, den der AN. nach § 41 zu berücksichtigen hat. Eine Angelegenheit, die zu­ nächst ausschließlich das Fach betrifft, kann durch besondere Umstände allgemeine Bedeutung erlangen und gehört dann vor den VA. Die richftige Verteilung des Stoffes zwischen VA. und FA. ist durch den ge­ meinsamen Bors. (§§ 7 Abs. 1, 33 Abs. 2) gewährleistet. Im übrigen ist der VA. in der Lage, seine Zuständigkeit gegen die des FA. des näheren abzugrenzen (f. Erklärung eines Regierungsvertreters im A.Ber. S. 35). 4. Durch die Person des Bors, wird die einheitliche Verwaltung des allgemeinen AN. und der F.-Abt. gewahrt. 5. Daß hier im Gegensatz zu § 7 Abs. 1 nur von einem Stellv, des Bors, gesprochen wird, kijnnte dahin gedeutet werden, daß für jeden FA. ein besonderer Stellv, bestellt werden muß. Diese Auslegung würde aber dem Grundgedanken der einheitlichen Verwaltung des AN. wider­ sprechen. Die Abweichung im Ausdruck kann daher nur als Flüchtig­ keitsfehler betrachtet werden. Jeder Stellv, des Bors, im allgemeinen AN. kann ihn auch in der F.-Abt. vertreten. Dagegen ist eine Arbeits­ teilung unter mehreren Stellv, in dem Sinn, daß z. B. einer die Stell­ vertretung im VA., der andere in den FA. übernimmt, zulässig.

II. Fachabteilungen.

97

§ 33.

6. Die für das Fach zuständigen öffentlichen Berufsvertretungen sind nur bei der Entscheidung über die Errichtung der F.-Abt. (s. § 33 Abs. 3 Satz 1), nicht aber auch an der Zusammensetzung des FA. beteiligt. 7. Durch diese Bestimmung wird einerseits eine Entlastung der Err.-(Verw.-)Gemeinde erreicht, andererseits dem VA. ein bedeutender Einfluß auch auf die Geschäftsführung der F.-Abt. gesichert. Da die Ge­ meinde an der Bildung des FA. nicht beteiligt ist, werden die Vorbe­ reitungen, insbesondere die Verhandlungen mit den wirtschaftlichen Vereinigungen nicht von ihr, sondern vom VA. bzw. in dessen Namen vom Bors, zu erledigen sein. Auch die Bestimmung der Zahl der Beisitzer wird Sache des VA. sein, wenn nicht die Satzung eine andere Bestim­ mung enthält. 8. Die Vorschriften über die Zusammensetzung des VA. (§ 7 Abs. 1 Satz 2—4), die persönlichen Voraussetzungen für die Bestellbarkeit als Beisitzer (§ 7 Abs. 3, §. 10 Abs. 7), die Stellvertreter (§ 7 Abs. 5), die Verteilung der Sitze auf die Vorschlagslisten (§ 9 Abs. 3), die Be­ stellung der Beisitzer im Falle der Nichteinreichung von Vorschlagslisten oder des Mangels an vorschlagsberechtigten Vereinigungen (§ 9 Abs. 4), die aber hier dem VA. obliegt, finden auch auf die Beisitzer des FA. An­ wendung, ebenso die Bestimmungen über die Rechte der Beisitzer gemäß § 10 Abs. 2 und — jedoch mit Beschränkung auf die F.-Abt. — gemäß § 11, über die Berufung zu Sitzungen (§ 12) und endlich, neben den Sonderbestimmungen des § 34, über die Bestellung der Angestellten des FA. Einzelne Bestimmungen der §§ 7 und 9, die hier wohl nur ver­ sehentlich nicht für anwendbar erklärt sind, werden sachgemäß auch auf die F.-Abt. angewendet werden müssen. Dies gilt vor allem von § 7 Abs. 2 und § 9 Abs. 1 Satz 4; es ist nicht anzunehmen, daß der Gesetz­ geber jemand, der für den allgemeinen AN. nicht als Arbeitgeber gilt, für die F.-Abt. als solchen gelten lassen wollte, und daß der VA. bei der Bestellung der Beisitzer des FA. nicht an die Reihenfolge in den Vor­ schlagslisten gebunden sein sollte. Ob auch § 9 Abs. 1 Satz 3 auf die FA. anzuwenden ist, erscheint fraglich; diese Frage dürfte zu verneinen sein, da für die F.-Abt. als vorschlagsberechtigt regelmäßig nur wenige wohlbekannte Vereinigungen in Betracht kommen werden, von denen die Vorschlagslisten auch ohne die kostspielige öffentliche Aufforderung einge­ holt werden können (a. A. Kaskel-Syrup Anm. 15 zu § 33). Dagegen wird § 9 Abs. 4 auf die F.-Abt. anzuwenden sein. Wenn sich auch die Be­ schwerde wegen Nichtzulassung einer Vorschlagsliste oder wegen der Verteilung der Beisitzer im FA. nicht gegen die Gemeinde, sondern gegen den VA. des AN. richtet, so ist doch zu berücksichtigen, daß es sich dabei um eine ausgesprochene Verwaltungsangelegenheit handelt, in der der VA. als Organ der Gemeinde tätig wird. Die von KaskelSyrup a. a. O. vertretene Anwendung der Bestimmungen über das Be­ schwerdeverfahren nach §§ 50 ff. erscheint deswegen nicht zulässig, weil dieses Verfahren grundsätzlich auf Angelegenheiten der Geschäftsführung beschränkt ist. 9. Die Erlassung einer eigenen Satzung für die F.-Abt. ist nicht vorgeschrieben, aber auch nicht unzulässig. Die Verhältnisse der F.-Abt. können im Rahmen der allgemeinen Satzung des AN. mitgeregelt werden. Ziegler-Schlederer, AcbettsnachweiSgesetz.

7

98

Arbeitsnachweisgesetz.

Wird eine eigene Satzung erlassen, so muß sie als ein Bestandteil der all­ gemeinen Satzung angesehen werden und ist deshalb von der Err.-Gemeinde im Einvernehmen mit dem VA., nicht mit dem FA. zu erlassen; letzterer kann aber selbstverständlich gutachtlich gehört werden. Als notwendig erweist sich dagegen die Erlassung einer besonderen Satzung für gemeinsame FA. (§ 32 Abs. 1 Satz 2), da hier Fragen zu regeln sind, die alle beteiligten AN. berühren und im Rahmen der Satzung eines einzelnen AN. nicht geregelt werden können (Bezirk nnb Sitz der FA., Verteilung der Kosten auf die einzelnen AN.). Eine solche Satzung wird von den Err.^Gemeinden sämtlicher beteiligten AN. gemein­ sam im Einvernehmen mit dem VA. der AN. zu erlassen sein (vgl. Anm. 3 zu § 5).

§ 34. Die Arbeiten in einer Fachabteilung werden möglichst durch Angehörige oder Sachverständige des Faches ausgeführt*) *). Die Bestimmungen des § 13 mit Ausnahme von Abs. 1 Satz 4 gelten auch für die AbteilungsvorsteherO).

1. Wie die Verwaltung weist das Gesetz auch die Geschäftsführung der F.-Abt.en sachverständigen Personen zu. Der Geschäftsführer und die Arbeitsvermittler brauchen aber nicht unbedingt in dem Fach tätig oder tätig gewesen sein, wenn sie nur über die erforderliche Sachkunde verfügen. Auch von der letzteren Voraussetzung kann u. U. abgesehen werden („möglichst"). 2. Ein dritter Satz des Entwurfs: „Soweit in einer F.-Abt. nicht Vermittler aus dem Fach tätig sind, für das die Abteilung besteht, kann der FA. Vertreter der für den Bezirk des AN. bestehenden Fachorgani­ sationen zur Unterstützung des Vermittlungsbeamten zuziehen" wurde vom A. gestrichen, „weil das in ihm Vorgesehene ohnehin gestattet ist" (Ber. S. 36). 3. Diese Bestimmung soll offenbar nur sagen, daß die besonderen Vorschriften, die nach § 13 für den Geschäftsführer des AN. gelten, auch auf den Vorsteher einer F.-Abt. (oder einer Abteilung für Ange­ stellte gemäß § 32 Abs. 1) anzuwenden sind, während für die Arbeits­ vermittler der F.-Abt. die übrigen Bestimmungen des § 13 Anwendung finden. Für die letzteren würde es bei einer anderen Auslegung an jeder Bestimmung über ihre Bestellung usw. fehlen. Der Vorsteher und die Arbeitsvermittler werden also ebenso wie der Geschäftsführer und die Arbeitsvermittler von der Err.-(Verw.-^ Gemeinde auf Vorschlag des VA. (nicht des FA., der aber gutachtlich gehört werden kann), bestellt, die übrigen Angestellten von der Err.(Verw.-)Gemeinde ohne Mitwirkung des VA. (vgl. Anm. 1 zu § 13). Der Abteilungsvorsteher muß die erforderliche Sachkenntnis besitzen bzw. den vom RA. oder LA. aufgestellten Voraussetzungen entsprechen; er braucht aber nicht, wie der Geschäftsführer des AN., hauptamtlich angestellt zu werden. Die Möglichkeit der Anstellung im Beamtenverhältnis (§ 13 Abs. 3) besteht auch für den Abteilungsvorsteher. Unter Ab­ teilungsvorsteher im Sinne des § 34 ist aber wohl nur der Leiter einer größeren F.-Abt. zu verstehen, dessen Stellung mit der des Geschäfts-

LT. Fachabtellungen.

§§ 33—35.

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führers des AN. verglichen werden kann, nicht auch der Leiter einer kleinen F.-Abt., der in der Hauptsache nur Arbeitsvermittler ist.

8 35. Eine Fachabteilung kann von der Errichtungsgemeinde *) innerhalb des Bezirks des Arbeitsnachweises auch an einem anderen Orte als dem des Arbeitsnachweises errichtet werden3), falls ine3) für das Fach innerhalb des Bezirks bestenden öffentlichen Berufs­ vertretungen und wirtschaftlichen Vereinigungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein Bedürfnis dafür Nachweisen^). Lehnt die Errichtungsgemeindex) die von den öffentlichen Berufsvertretungen oder3) wirtschaftlichen Vereinigungen beantragte Errichtung ab, so entscheidet das Landesamt3)3)'')3). 1. Bei gemeinsamen AN. (§ 4 Abs. 1 Satz 2) werden für die Er­ richtung der F.-Abt. außerhalb des Sitzes des AN. (detachierte F.-Abt.) mit Rücksicht auf die erhöhten Kosten, an denen jede Err.-Gemeinde beteiligt ist, übereinstimmende Beschlüsse sämtlicher Err-Gemeinden ge­ fordert werden müssen. 2. Eine räumliche Trennung der F.-Abt. vom allgemeinen AN. wird dann notwendig sein, wenn eine Industrie oder ein Sonderfach nur einem einzelnen Ort oder Bezirk eigentümlich ist (Begr. S. 55). Der FA. ist am Sitze der F.-Abt. zu errichten. 3. D i e öff. Berufsvertretungen und wirtschaftlichen Vereinigungen = alle für das Fach bestehenden Berufsvertretungen und wirtschaftl. Vereinigungen. Die Gemeinde ist zur Errichtung der F.-Abt. außerhalb des Sitzes des AN. also nur bei einem einstimmigen Verlangen der betr. Berufsvertretungen und wirtschaftlichen Vereinigungen verpflichtet (im Gegensatz zu § 32 Abs. 2 Satz 2). 4. Ob das Bedürfnis „nachgewiesen" ist, entscheidet die Err.-Ge* meinde (bei gemeinsamem AN. die sämtlichen beteiligten Err.-Gemeinden) bzw. das LA. S. Anm. 8 zu § 32, Anm. 3 zu Z 5. 5. In Satz 1 ist von öffentlichen Berufsvertretungen und wirt­ schaftlichen Vereinigungen die Rede, in Satz 2 von Berufsvertretung oder Vereinigungen. S. hiezu Anm. 10 zu § 32. H. Das gleiche wird zu gelten haben, wenn ein Teil der an einem gemeinsamen AN. beteiligten Gemeinden die Errichtung ablehnt (s. Anm. 1). 7. Die Notwendigkeit einer Entscheidung des LA. hängt hier nicht von der Einlegung einer Beschwerde ab. Die Err.-Gemeinde hat also im Falle eines ablehnenden Beschlusses die Verhandlungen von Amts wegen den LA. zur Entscheidung vorzulegen. Das Gleiche gilt bei ge­ meinsamen AN. für die Verw.-Gemeinde, wenn ein Teil der beteiligten Err.-Gemeinden nicht zustimmt. 8. Das LA. entscheidet ohne Mitwirkung seines VA. (s. Anm. 7 zu § 1). Gegen die Entscheidung ist Einspruch beim VA. des LA. (§§ 50, 52) nicht zulässig (vgl. Anm. 2 zu § 50).

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Arbeitsnachweisgesetz.

§ 36. Für die Landesämter und das Reichsamt finden die §§ 32 bis 35 sinngemäß Anwendung. Das Nähere bestimmt für die Landesämter das Reichsamt im Einvernehmen mit der obersten Landesbehörde, für das Reichsamt der Reichsarbeitsminister^). Bei dem Reichsamt ist für die öffentliche Arbeitsvermittlung eine Abteilung für Angestellte zu errichtens.

1. „Die Bildung von F.-Abt. bei den LÄ. und u. U. beim Reichs­ amt durfte nicht ausgeschlossen werden, da den Bedürfnissen einzelner Berufe F.-Abt. bei den AN. nicht genügen würden. Bei LÄ. würde die Entscheidung über die Bildung von F.-Abt., wenn Interessenten und Landesbehörden sich nicht einigen, letzten Endes in der Hand des VR. des RA. liegen, beim RA. in dem entsprechenden Falle im Hinblick auf die finanzielle Belastung des Reichs in der Hand der Reichsregierung. Um die Bildung von F.-Abt. bei den LÄ. planmäßig zu ge­ stalten, wird das RA. zweckmäßig im Einvernehmen mit den ObLB. einen Organisationsplan aufstellen. Einzelheiten, die sich aus der An­ wendung der §§ 32—35 auf die LÄ. und das RA. ergeben, würden das Ges. zu sehr belasten- ihre Regelung bleibt daher für die LÄ. dem RA. im Einvernehmen mit den ObLB., für das RA. dem RAM. Vorbe­ halten" (Begr. S. 55). 2, Diese Bestimmung wurde vom A. in das Ges. ausgenommen, um Äne den besonderen Bedürfnissen der Angestelltenvermittlung ent­ sprechende Organisation zu sichern. Die Bildung der Abt. für Ange­ stellte ist obligatorisch.

§ 37. Das Landesamtl) kann 'mit Zustimmung des Verwaltungs­ ausschusses (Fachausschusses)^ anordnen, daß bei einzelnen öffent­ lichen Arbeitsnachweisen seines Bezirks Fachabteilungen errichtet werden. Es kann ferner unter derselben Voraussetzung *) an­ ordnen, daß in seinem Bezirk Fachabteilungen gemäß §§ 32 ff. für das gleiche Fach nur bei bestimmten öffentlichen Arbeitsnach­ weisen unterhalten dürfen6). Der Errichtungsgemeinde steht gegen die Anordnung des Landesamts Beschwerde an die oberste Landesbehörde zu 6). Abs. 1 findet auf das Reichsamt in Ansehung der öffent­ lichen Arbeitsnachweise und der Landesämter sinngemäß Anwen­ dung ')«).

1. Während § 33 die Bestimmung, ob eine F.-Abt. errichtet werden soll, grundsätzlich den Fachorganisationen überläßt, gibt § 37 die Mög­ lichkeit, eine solche Errichtung auch von Amts wegen anzuordnen. Diese Möglichkeit muß (s. Begr. S. 55/56) vor allem für die Fälle gegeben sein, in denen die obere Stufe (des RA. oder LA.) für eine bei ihr be-

II. Fachabteilungen.

§§ 36—38.

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stehende F.^Abt. sich einen entsprechenden fachlichen Unterbau in der Nachgeordneten Stelle schaffen muß, da die Leistungsfähigkeit einer F.Abt. in der Oberstufe häufig von dem Vorhandensein örtlicher Fach­ vermittlungsstellen abhängt. Soll die Tätigkeit der F.-Abt. sich auf den Bezirk mehrerer AN. erstrecken (§ 32 Abs. 1 Satz 2), so wird die ObLB. in ihrer Anordnung diese AN. genau bezeichnen und auch den AN. bestimmen müssen, dem die F.-Abt. angegliedert werden soll. 2. Vgl. Anm. 9 zu § 2. Der zustimmende oder ablehnende Beschluß des VA. kann gemäß §§ 51, 52 durch Beschwerde beim VN. bzw. FA. des RA. angefochten werden. 3. Vgl. Anm. 14 zu § 32.

4. Unter derselben Voraussetzung = mit Zustimmung seines VA. 5. Dem LA. ist durch diese vom A. eingefügte Bestimmung die Möglichkeit gegeben, eine schädliche Überorganisation durch Errichtung allzu zahlreicher und deshalb wenig leistungsfähiger F.-Abt. zu ver­ hindern. Es kann dabei auch die Auflösung bestehender F.-Abt. an­ ordnen („unterhalten", nicht „errichten"). H. Das Beschwerderecht der Err-Gemeinde hat seine Begründung in der finanziellen Belastung der Err.-Gemeinde, im Falle des Abs. 1 Satz 2 in ihrem sachlichen Interesse an der Tätigkeit der F.-Abt. Bei gemeinsamen AN. muß jede Err.-Gemeinde als zur Einlegung der Beschwerde berechtigt anerkannt werden- ist die Errichtung einer ge­ meinsamen F.-Abt. für den Bezirk mehrerer AN. angeordnet, so steht das Beschwerderecht sämtlichen Err.-Gemeinden der beteiligten AN. zu. Die Beschwerde ist an keine Form und Frist gebunden. 7. Das RA. kann mit Zustimmung seines VR. (FA. vgl. Anm. 3) Anordnungen nach Abs. 1 sowohl gegenüber LÄ. als auch gegenüber AN. treffen. Gegen solche Anordnungen steht den Err.-Gemeinden bzw., wenn die Anordnung ein LA. betrifft, der ObLB. das Recht der Be­ schwerde an den RAM. als die Aufsichtsbehörde des RA. zu (vgl. Begr. S. 56). 8. über den Vollzug der Anordnungen des LA. bzw. RA. vgl. Anm. 16 zu § 32.

§ 38. Eine Fachabteilung beim Landesamt darf für Bezirke, deren Arbeitsnachweis eine Abteilung für das gleiche Fach hat, nur im Ausgleichsverfahren eine unmittelbare Vermittlungstätigkeit aus­ üben. Das Entsprechende gilt für eine Fachabteilung beim Reichs­ amts. Das Reichsamt kann für einzelne Berufszweige und Be­ zirke, soweit Fachabteilungen der Landesämter in Betracht kommen, im Einvernehmen mit der obersten Landesbehörde Ausnahmen zulassen'). I. „Bestehen gleichzeitig F.-Abt. bei der örtlichen Arbeitsnach­ weisstelle und dem übergeordneten LA., so muß ein Wettbewerb ver-

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Arbeitsnachweisgesetz.

mieden werden, der für das gleiche Fach innerhalb des gleichen Gebiets von zwei verschiedenen Stellen ausgeht. Vielmehr hat in solchem Falle grundsätzlich die Vermittlung der örtlichen Stelle der des LA. vorzugehen. Nur soweit ein örtlicher AN. eine Stelle nicht besetzen kann und dem­ gemäß die Stelle oder das Gesuch an das LA. ab gibt, darf dieses nun­ mehr auch für den Bezirk der örtlichen F.-Abt. eine unmittelbare Ber­ mittlungstätigkeit ausüben. Auch die F.-Abt. bei RA. sind hieran gebunden" (Begr. S. 56). Der Sinn und die Absicht dieser Bestimmung ist klar, ihre Durch­ führung wird aber in der Praxis großen Schwierigkeiten begegnen. Im Gebiete eines LA. werden sich häufig Bezirke mit einer F.-Abt. für be­ stimmte Berufe und ohne solche F.-Abt. befinden; für die ersteren darf die F.-Abt. beim LA. nur int Ausgleichsverfahren, für die letzteren ohne weiteres unmittelbar vermitteln. Jeder — oft sehr verzeihliche — Irrtum des Arbeitsvermittlers beim LA. nicht nur über das Be­ stehen, sondern auch über den Bezirk der F.-Abt. kann zu unzu­ lässigen Übergriffen in die Tätigkeit der örtlichen F.-Abt. führen. Viel­ fach wird aber ein Arbeitgeber oder Arbeitnehmer auch in Bezirken, für die eine örtliche F.-Abt. des betr. Berufs besteht, sich unmittelbar an die F.-Abt. des LA. wenden, weil er aus Erfahrung weiß oder davon überzeugt ist, daß er die gewünschte Arbeitskraft oder Stelle durch die örtliche F.-Abt. nicht erhalten kann. In einem solchen Fall ist das LA. verpflichtet, den Gesuchsteller zunächst an die örtliche F.-Abt. zu ver­ weisen, obgleich sie sich vielleicht davon selbst keinen Erfolg verspricht. Solche Weitläufigkeiten bedeuten nicht nur unnötigen Zeit- und Geld­ verlust, sondern pflegen auch in den Beteiligten keine freundlichen Gefühle gegenüber den öff. AN. zu erwecken. Ausnahmen von der Vor­ schrift werden daher vielfach stillschweigend gemacht werden müssen, auch soweit sie nicht gemäß Satz 3 des § 38 ausdrücklich für zulässig erklärt sind. 2. Hier ist (s. Begr. S. 56) hauptsächlich an Berufe mit starkem zwischenörtlichen und zwischenbezirklichem Verkehr gedacht, wie den Bergbau und die Landwirtschaft (diese Voraussetzungen treffen für beide Berufe nur auf Norddeutschland zu), für solche Berufe kann das RA. Ausnahmen zulassen und zwar für seine eigenen F.-Abt. und seine Abt. für Angestellte nach seinem freien Ermessen, für F.-Abt. der LÄ. nur im Einvernehmen (vgl. Anm. 9 zu § 2) mit den ObLB.

III. Vermitllungstätigkeit. K 39. Die Vermittlung ist für Arbeitgeber und Arbeitnehmer un­ entgeltlich l) *) 3).

1. Die Unentgeltlichkeit der Vermittlung ist ein wesent­ liches Merkmal des öff. AN. und entspricht dem Abkommen von Washinton.*) Der Entwurf wollte die Erhebung von Gebühren für die Vermitt*) § 2 Abs. d. Entwurfs eines Übereinkommens betr. die Arbeits­ losigkeit (Internat. Arbeiterkonferenz in Washington 29. Ott. bis 29. Nov. 1919).

§ 38.

III. Vermittlungstätigkeit.

§§ 39, 40.

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lung von Arbeitnehmern zulassen, die der Arbeitslosenversicherung nicht unterliegen. Diese Ausnahmebestimmung wurde im A. gestrichen und zwar nicht nur deshalb, weil die Bezugnahme auf ein erst später zu erlassendes Gesetz unzweckmäßig erschien, sondern auch deshalb, weil