Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien und Instrumente [1 ed.] 9783428539956, 9783428139958

Die Aquakultur spielt für die Versorgung mit Fischereiprodukten heute weltweit eine überragende Rolle und ist eine der a

153 106 4MB

German Pages 260 Year 2012

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien und Instrumente [1 ed.]
 9783428539956, 9783428139958

Citation preview

Schriften zum Umweltrecht Band 175

Aquakulturrecht in Schottland Strukturen, Prinzipien und Instrumente

Von

Henrik Flatter

Duncker & Humblot · Berlin

HENRIK FLATTER

Aquakulturrecht in Schottland

Schriften zum Umweltrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Michael Kloepfer, Berlin

Band 175

Aquakulturrecht in Schottland Strukturen, Prinzipien und Instrumente

Von

Henrik Flatter

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Hamburg hat diese Arbeit im Jahre 2012 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2012 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-4247 ISBN 978-3-428-13995-8 (Print) ISBN 978-3-428-53995-6 (E-Book) ISBN 978-3-428-83995-7 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die hier vorgelegte Arbeit ist in den Jahren 2009 bis 2011 im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekts „Rechtsstrukturen der Aquakultur“ entstanden. Sie wurde von der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg im April 2012 als Dissertation angenommen. Mein Dank gilt zuerst meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Arndt Schmehl, der als Projektleiter die Entstehung der Arbeit begleitet hat, sowie Frau Sarah Maria Wack für die in jeder Hinsicht angenehme Projektzusammenarbeit. Herrn Benjamin Eichel danke ich für das kritische und gründliche Korrekturlesen. Für die Zweitbegutachtung danke ich Herrn Prof. Dr. Ivo Appel. Der Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Finanz- und Steuerrecht der Universität Hamburg bot über Seminare und andere Veranstaltungen hinaus eine persönlich und fachlich sehr bereichernde Atmosphäre, in der auch Phasen höherer Beanspruchung meine Freude an der Fertigstellung der Arbeit niemals ernstlich gefährden konnten. Stellvertretend für alle, die gemeinsam mit den bisher Genannten dieses angenehme Arbeitsumfeld mitgeprägt haben, seien hier Herr Prof. em. Dr. Peter Selmer, Herr Nils Ingmar Schaper, Herr Henning Jensen und Herr Dr. Jan Henrik Klement erwähnt. Meine Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl wird mir immer in sehr guter Erinnerung bleiben. Herzlich danke ich außerdem Frau Anne-Michelle Slater (University of Aberdeen), Herrn Alex Adrian (The Crown Estate) und Herrn John Webster (Scottish Salmon Producers’ Organisation) für ihre Unterstützung und Ermunterung sowie Herrn Marc Browne (Lakeland Marine Farm Ltd.) dafür, dass er mir den Besuch einer Lachsfarm ermöglicht und mit seinen Erläuterungen maßgeblich zu meinem praktischen Verständnis der vom Aquakulturrecht geregelten Sachverhalte beigetragen hat. Der DFG danke ich schließlich für die finanzielle Unterstützung des Vorhabens. Die Projekteinbettung hat vor allem wesentliche Teile der erforderlichen Recherchen, die ich während einer Forschungsreise im Sommer 2010 nach Schottland unter anderem an den Universitäten Edinburgh und Aberdeen durchführen konnte, erst ermöglicht. Hamburg, im August 2012

Henrik Flatter

Inhaltsübersicht A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 I. Untersuchungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 II. Untersuchungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 III. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 B. Regelungsgegenstand Aquakultur: Probleme und Herausforderungen . . . . . . . . . 26 I. Begriff und weltweite Entwicklung der Aquakultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 II. Aquakultur in Schottland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente . . . . . . . . . 56 I. Überblick: Rechtlicher Rahmen der Aquakultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 II. Grundlagen der Nutzungsrechte für Gewässer durch Aquakultur . . . . . . . . . . . . 84 III. Vorgelagerte Kontrollverfahren: die Genehmigung von Aquakulturaktivitäten . 101 IV. Prinzipien der räumlichen Zuordnung von Aquakulturstandorten im Verhältnis zu anderen Nutzungsinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 V. Der Schutz von Gewässerqualität und Biodiversität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 VI. Nachlaufende Kontrollverfahren – Monitoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 VII. Transparenz, Legitimation, Effizienz – Einbindung von Stakeholdern . . . . . . . . 185 VIII. Verantwortlichkeit und Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 IX. Handels- und Marktbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 D. Aquakulturrecht in Schottland – Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 I. Gesamtschau der Untersuchungsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 II. Regelungswirklichkeit im Licht der Regelungsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 I. Untersuchungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 II. Untersuchungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 III. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 B. Regelungsgegenstand Aquakultur: Probleme und Herausforderungen . . . . . . . . . 26 I. Begriff und weltweite Entwicklung der Aquakultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 II. Aquakultur in Schottland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 1. Naturräumliche Gegebenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 2. Schottische Aquakulturwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 a) Entwicklung und Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 aa) Produktion in den Anfangsjahren und heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 bb) Erfolgsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 cc) Entwicklung der Aquakultur zum Industriesektor . . . . . . . . . . . . . . . . 32 dd) Arbeitsplätze in der Aquakultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 ee) Staatliche Förderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 b) Kultivierte Arten und verwendete Techniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 aa) Fischsektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 bb) Muschelsektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 3. Problembereiche und Regelungsfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 a) Belastungspotential und Risiken der Aquakultur für die Gewässerumwelt

41

aa) Umweltbelastungen durch marine Salmonidenaquakultur . . . . . . . . . . 42 (1) Nährstoffeintrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 (2) Eintrag chemischer Stoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 (3) Übertragung von Krankheiten und Parasiten auf Wildbestände . . . 48 (4) Entweichen von Zuchtfischen und Auswirkungen auf Wildbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

10

Inhaltsverzeichnis (5) Verfütterung von Fischmehl und Fischöl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 bb) Belastungspotential der Muschelzucht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 b) Nutzungskonflikte zwischen Aquakultur und anderen Küstennutzungen . . 54 c) Regelungsziele Tiergesundheit und Lebensmittelsicherheit . . . . . . . . . . . . 55

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente . . . . . . . . . 56 I. Überblick: Rechtlicher Rahmen der Aquakultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 1. Völkerrecht und Einbindung in zwischenstaatliche Organisationen . . . . . . . . 58 a) Internationale Beziehungen und die Regionalautonomie Schottlands . . . . 58 b) Charakter von einschlägigen Internationalen Abkommen zum Meeresschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 c) Aquakultur im Völkerrecht und in internationalen Abkommen und Verträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 aa) Das UN-Seerechtsübereinkommen als Rahmenkodex . . . . . . . . . . . . . 60 bb) ICES – International Council for the Exploration of the Sea . . . . . . . . 63 cc) OSPAR – Convention for the Protection of the Marine Environment of the North-Eastern Atlantic . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 dd) NASCO – North Atlantic Salmon Conservation Organization . . . . . . 66 ee) CBD – Convention on Biological Diversity . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 2. Aquakultur im Europarecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 a) Die Politik der EU zur Aquakultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 b) Europäisches Umweltrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 c) Lebensmittel- und Futtermittelrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 d) Richtlinie 2006/113/EG Qualitätsanforderungen Muschelgewässer . . . . . . 74 e) Aquakulturspezifische Rechtsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 aa) Richtlinie 2006/88/EG Gesundheit und Hygiene bei Wassertieren . . . 75 bb) Verordnung (EG) Nr. 708/2007 nicht heimische/gebietsfremde Arten

77

cc) Verordnungen (EG) Nr. 834/2007 und 710/2009 (ökolog. Aquakultur) 78 3. Aquakultur im Recht Großbritanniens und Schottlands . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 a) Allgemeines Gesetzes- und Verordnungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 b) Aquakulturspezifisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 c) Zuständige Behörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 4. Selbstregulierung auf europäischer und nationaler Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . 83

Inhaltsverzeichnis

11

II. Grundlagen der Nutzungsrechte für Gewässer durch Aquakultur . . . . . . . . . . . . 84 1. Das Eigentum an relevanten Gewässern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 a) Regelmäßiges Eigentum der britischen Krone an marinen Gewässern . . . 85 b) Ausnahmen: andere Eigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 c) Binnengewässer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 d) Einschränkung des Eigentums durch Gemeingebrauch . . . . . . . . . . . . . . . 89 2. Verwaltung der Gewässer der Krone durch die Crown Estate Commissioners 90 3. Erwerb von Nutzungsrechten: Pachtsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 a) Entwicklung des Verfahrens zum Abschluss von Pachtverträgen über marine Aquakulturstandorte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 b) Kompetenzübertragung auf die kommunalen Bauplanungsbehörden . . . . . 95 c) Voraussetzungen der Pachtgewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 d) Abschluss und Inhalt der Pachtverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 4. Bewertung: Pachtvergabepraxis und Rechtsstellung der Pächter . . . . . . . . . . 98 III. Vorgelagerte Kontrollverfahren: die Genehmigung von Aquakulturaktivitäten . 101 1. Planning permission gem. Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 102 a) Reichweite und Folgen der Reform des schottischen Baurechts . . . . . . . . 102 aa) Baugenehmigungsbedürfnis von Aquakulturvorhaben . . . . . . . . . . . . . 102 bb) Eingliederung auch in die Bauleitplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 (1) Grundzüge der Planaufstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 (2) Strategische Umweltprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 cc) Schottische Gesetzgebungskompetenz und Eigentum der Krone . . . . . 105 dd) Außerkraftsetzung von Sonderregeln in Orkney und Shetland . . . . . . 106 b) Zuständigkeit der kommunalen Baubehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 c) Baugenehmigungsbedürftige Aquakulturvorhaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 aa) Neugenehmigung und Änderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 bb) Überprüfung von nach alter Rechtslage genehmigten Anlagen . . . . . . 108 d) Grundzüge des Baugenehmigungsverfahrens für Aquakulturanlagen . . . . 109 aa) Vorverfahren (pre-application consultation) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 bb) Form und Inhalt des Antrags, Gebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 cc) Verfahrensablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 (1) Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112

12

Inhaltsverzeichnis (2) Beteiligung weiterer Behörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 (a) Zu beteiligende Fachbehörden im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . 113 (b) Art der Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 (3) Umweltverträglichkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 (a) Erforderlichkeit einer UVP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 (aa) Schwellenwerte und -vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 (bb) Selektionskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (b) UVP-Verfahren für Aquakulturvorhaben . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (aa) Screening und Scoping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 (bb) Darstellung der Umweltauswirkungen (environmental statement) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 (cc) Konsultierung von Drittbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 (4) Entscheidung über die Erteilung der planning permission . . . . . . . 120 2. Autorisierung nach den Controlled Activities Regulations . . . . . . . . . . . . . . . 120 a) Autorisierungsbedürftige Aktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 b) Kontrollinstrumente nach CAR für Aquakultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 c) Grundzüge des Lizensierungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 aa) Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 bb) Verfahrensablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 cc) Gebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 3. Marine Licenses nach dem Marine (Scotland) Act 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 a) Bisher einschlägige Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 b) Neuregelung im Marine (Scotland) Act 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 aa) Lizensierungsbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 bb) Grundzüge des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 4. Tiergesundheitliche Registrierungs- und Autorisierungspflicht . . . . . . . . . . . . 127 5. Rechtsschutz der Antragsteller in vorgelagerten Kontrollverfahren . . . . . . . . 129 a) Rechtsbehelfe im Verwaltungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 aa) Appeal gegen Entscheidungen im Baugenehmigungsverfahren . . . . . . 129 bb) Appeals gegen Entscheidungen über die übrigen Erlaubnisse . . . . . . . 130 b) Gerichtliche Überprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 6. Bewertung: Vorgelagerte Kontrollverfahren für Aquakulturaktivitäten . . . . . 133 a) Eingliederung der marinen Aquakultur ins Baurecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 b) Die Rolle des Marine (Scotland) Act 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136

Inhaltsverzeichnis

13

IV. Prinzipien der räumlichen Zuordnung von Aquakulturstandorten im Verhältnis zu anderen Nutzungsinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 1. Planungsebene und Genehmigungsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 2. Rechts- und Quasi-Rechtsquellen in Entscheidungsprozessen . . . . . . . . . . . . 139 a) Gesetzliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 aa) Planaufstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 bb) Genehmigungsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 b) Leitfäden für die Verwaltungspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 3. Kernprinzipien, Grundentscheidungen und Ermessensleitung im Einzelfall . 142 a) Allgemeine Planungsprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 aa) Ziele und „Visionen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 bb) Gebietsausweisungen als planungsrechtliches Instrument . . . . . . . . . . 142 b) Aquakulturspezifische Leitlinien im Planungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 aa) Planerische Grundentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 (1) Beschränkung auf Westküste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 (2) Kategorisierung von Eignungsgebieten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 (a) Erstellung und normative Zielrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 (b) Definierung und Berücksichtigung der Gebietskategorien . . . . 146 bb) Material considerations in den Entscheidungsprozessen . . . . . . . . . . . 147 (1) Aquakulturbetriebe und Wildfischerei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 (2) Tourismus und private Nutzer, Anlieger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 (3) Europäische und nationale Natur- und Landschaftsschutzgebiete . 148 (4) Militärische Sperrgebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 4. Schifffahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 5. Bewertung: Vermeidung von Nutzungskonflikten bei der Standortzuordnung 152 V. Der Schutz von Gewässerqualität und Biodiversität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 1. Gewässerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 a) Ausgangsvorschriften aus CAR-Regulations und Marine (Scotland) Act 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 b) Umweltqualitätsnormen und Modelle als Maßstab der Verwaltungspraxis 157 aa) Modell für lösliche Nährstoffe – Auswirkungen auf die Wassersäule

159

bb) Modell für Sedimentschäden durch insbes. Feststoffeinträge . . . . . . . 159 cc) Allowable Zones of Effect . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160

14

Inhaltsverzeichnis dd) Medikamenteneinträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 (1) Vorgeschaltetes Instrument der Medikamentenzulassung . . . . . . . 160 (2) Wirkmodelle und Anwendung von Umweltstandards für Arzneianwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 2. Schutz von Muschelgewässern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 3. Schutz von Biodiversität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 a) Verhütung von Ausbrüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 b) Vermeidung von Krankheits- und Parasitenübertragungen . . . . . . . . . . . . . 167 aa) Anzeige und Kontrolle von Krankheitsausbrüchen . . . . . . . . . . . . . . . 167 bb) Seuchenstatus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 c) Nicht heimische und genetisch veränderte Aquakulturtiere . . . . . . . . . . . . 170 d) Wildtierschutz und Abwehrmaßnahmen von Aquakulturbetreibern . . . . . . 172 4. Bewertung: die Regelungen zu Gewässerschutz und Biodiversität . . . . . . . . . 173 VI. Nachlaufende Kontrollverfahren – Monitoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 1. Monitoring nach CAR für Wasser- und Sedimentqualität . . . . . . . . . . . . . . . . 175 a) Zuständigkeit der SEPA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 b) Durchführung: überwachte Selbstkontrolle und Inspektionen . . . . . . . . . . 176 c) Maßstäbe des Monitoring: Weiterführung der pre-licence-Methodik . . . . . 177 d) Standortspezifische Monitoring-Intensität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 aa) Monitoring der Wassersäule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 bb) Monitoring des Meeresgrundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 e) Folgen von Rechtsverstößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 aa) Rechtsdurchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 bb) Sanktionierung von Verstößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 2. Monitoring hins. Seuchen, Seeläusen und ausbruchssicherer Haltung . . . . . . 181 a) Zuständigkeit des Fish Health Inspectorate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 b) Monitoring nach den Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009 182 c) Monitoring nach dem Aquaculture and Fisheries (Scotland) Act 2007 . . . 182 3. Sonstige Monitoring-Regime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 4. Bewertung: das Monitoring-Regime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 VII. Transparenz, Legitimation, Effizienz – Einbindung von Stakeholdern . . . . . . . . 185 1. Begriff der Stakeholder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187

Inhaltsverzeichnis

15

2. Relevante Stakeholder der Aquakultur und ihrer Nutzungsräume . . . . . . . . . 187 3. Beteiligungskonzepte ICZM und Selbstregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 a) Verfahrensrechtliche Einbindung von Stakeholdern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 aa) Öffentlichkeit – Zugang zu Informationen und Möglichkeiten der Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 (1) Im Bauplanungs- und SUP-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 (2) Im Baugenehmigungs- und UVP-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 (3) Im Verfahren zur Erteilung der CAR-Licence . . . . . . . . . . . . . . . . 193 (4) Im Verfahren zur Erteilung von marine licenses . . . . . . . . . . . . . . 193 bb) Fachbehörden und organisierte Interessenverbände – Konsultationen 193 (1) Im Bauplanungs- und SUP-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 (2) Im Baugenehmigungs- und UVP-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 (3) Bei der Erteilung der Lizenzen nach Marine (Scotland) Act 2010 197 cc) Rechtsbehelfe für Stakeholder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 b) Selbstregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 4. Andere partizipative Elemente – Arbeitsgruppen mit Stakeholderbeteiligung 199 5. Bewertung: Niveau der Stakeholderbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 VIII. Verantwortlichkeit und Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 1. Grundproblematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 2. Verantwortlichkeit nach Gewässerschutzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 a) Nach den CAR-Regulations . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 b) Nach Marine (Scotland) Act 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 3. Umwelthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 a) Umwelthaftungsrichtlinie 2004/35/EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 b) Environmental Liability (Scotland) Regulations 2009 . . . . . . . . . . . . . . . . 208 4. Bewertung: Haftungs- und Verantwortlichkeitsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . 211 IX. Handels- und Marktbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 1. Absatzmärkte der schottischen Aquakulturindustrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 2. Welthandelsrechtlicher Rahmen für den Handel mit Aquakulturerzeugnissen 214 3. Tarifäre Handelshemmnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 a) Zollunion innerhalb der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 b) Zolltarifstrukturen der EU und der USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215

16

Inhaltsverzeichnis 4. Nichttarifäre Handelshemmnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 a) Vorschriften im Regelungsbereich des SPS-Übereinkommens . . . . . . . . . . 219 aa) EU-Maßnahmen und schottische Durchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 (1) Lebensmittelsicherheit und Verbrauchergesundheit . . . . . . . . . . . . 219 (2) Wassertierseuchenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 bb) SPS-Maßnahmen der USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 b) Kennzeichnungsregeln im Regelungsbereich des TBT . . . . . . . . . . . . . . . . 225 5. Handelspolitische Schutzmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 6. Finanzielle Förderung der Aquakultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 7. Bewertung: Handels- und Marktbedingungen der schottischen Aquakultur . . 230

D. Aquakulturrecht in Schottland – Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 I. Gesamtschau der Untersuchungsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 II. Regelungswirklichkeit im Licht der Regelungsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254

Abkürzungsverzeichnis* ABl. Abs. AEUV a.F. AK APB Art. art. asp. ASSG Aufl. AZE BBC Bd. BGB bzw. CAR CBD CCRF CoGP coord. COP CRU DEFRA ders. d. h. Diss. DÖV EAMA EC ECE ed(s)./(ed.) Edinburgh L. Rev. EFF EG EIA Environ. Sci. Technol.

Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften/Europäischen Union Absatz Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union alte Fassung Aarhus-Konvention aquaculture production business Artikel article (Einzelvorschrift einer britischen Verordnung, Typ Order) as passed Association of Scottish Shellfish Growers Auflage allowable zone of effect British Broadcasting Corporation Band Bürgerliches Gesetzbuch beziehungsweise Controlled Activities Regulations Convention on Biological Diversity Code of Conduct for Responsible Fisheries der FAO Code of Good Practice for Scottish Finfish Aquaculture coordinateur Conference of the parties Scottish Executive central Research Unit 2002 Department for Environment, Food and Rural Affairs derselbe das heißt Dissertation Die Öffentliche Verwaltung European European Community Equilibrium Concentration Enhancement Model editor(s) (Herausgeber)/edition (Auflage) Edinburgh Law Review Europäischer Fischereifonds Europäische Gemeinschaft Environmenal Impact Assessment Environmental Science & Technology

* Wenig gebräuchliche Abkürzungen werden zusätzlich im Text in Klammern (…) hinter dem abgekürzten Ausdruck eingeführt.

18 EQS ER ES et al. EU EUV f. FAO FDA FEAP FEPA ff. FFH FHI Fn. FRS FSAS GATT GBP ggf. ha HACCP hins. Hrsg. ICES ICZM i.d.F insbes. ISA i.S.v. i.V.m. IVU-RL J. Appl. Ichthyol. kg KOM lit. Ltd. m MAC MFN MSS m.w.N. NASCO NATO No. NordÖR Nr.

Abkürzungsverzeichnis environmental quality standard environmental report environmental statement et alii Europäische Union Vertrag über die Europäische Union folgende (Seite) Food and Agricultural Organization of the UN United States Food and Drug Administration Federation of European Aquaculture Producers Food and Environment Protection Act 1985 folgende (Seiten oder nummerierte Rechtsvorschriften) Flora-Fauna-Habitat Fish Health Inspectorate Fußnote Fisheries Research Service Food Standards Agency Scotland General Agreement on Tariffs and Trade Britisches Pfund gegebenenfalls Hektar Hazard Analysis and Critical Control Point-System hinsichtlich Herausgeber(-in) International Council for the Exploration of the Sea Integrated Coastal Zone Management in der Fassung insbesondere Infectious Salmon Anaemia im Sinne von in Verbindung mit Richtlinie 2008/1/EG über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung Journal of Applied Ichthyology Kilogramm Dokument der EG/EU-Kommission litera (Buchstabe) Limited Meter Maximum Allowable Concentration most favoured nations Marine Scotland Science mit weiteren Nachweisen North Atlantic Salmon Conservation Organization North Atlantic Treaty Organization number Zeitschrift für öffentliches Recht in Norddeutschland Nummer(n)

Abkürzungsverzeichnis NUI NuR OECD OSPAR p. PAC PAN para. PDO pH pp. Ramsar reg. RL Rn. S. s. SAC SBSTTA S.C. sched. S.C.L.R. sec. SEPA SI SLT SNH s. o. sog. SPA SPP SPS SQC SRÜ SSI SSPO SSSI SUP TARIC TBT UH-RL UK

19

Nutrient Enhancement Index Natur und Recht Organisation for Economic Co-Operation and Development Convention on the Protection of the Marine Environment of the North-East Atlantic (1992) page (Seite) pre-application consultation planning advice note paragraph permitted development order pondus hydrogenii pages (Seiten) Übereinkommen über Feuchtgebiete, insbesondere als Lebensraum für Wasser- und Watvögel regulation (Einzelvorschrift einer britischen Verordnung, Typ Regulations) Richtlinie der Europäischen Gemeinschaften/Union Randnummer(n) Seite siehe special area of conservation Subsidiary Body on Scientific, Technical and Technological Advice Session Case schedule (Anhang zu britischem Gesetz oder britischerVerordnung) Scottish Civil Law Report section (Einzelvorschrift in einem britischen Gesetz) Scottish Environment Protection Agency Statutory Instrument Scottish Law Times Scottish National Heritage siehe oben sogenannte(-r) (-s)(-n) special protected area Scottish Planning Policy sanitary and phytosanitary measures sediment quality criteria Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen Scottish Statutory Instrument (Schottische Verordnung) Scottish Salmon Producers’ Organisation site of special scientific interest Strategische Umweltprüfung Tarif intégré des Communautés Européennes Tributylzinn Richtlinie 2004/35/EG über Umwelthaftung und zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland

20 UN UNESCO USA/USUVP v v. VerwArch vgl. VMD VO Vogelschutz-RL Vol. WHO WRRL WTO WWF ZaöRV z. B. ZG Ziff. ZUR

Abkürzungsverzeichnis United Nations United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization United States of America Umweltverträglichkeitsprüfung versus vom Verwaltungsarchiv vergleiche Veterinary Medicines Directorate Verordnung der Europäischen Gemeinschaften/Union Richtlinie 79/409/EWG über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten Volume (Band) World Health Organization Wasserrahmenrichtlinie World Trade Organization World Wildlife Fund Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht zum Beispiel Zeitschrift für Gesetzgebung Ziffer Zeitschrift für Umweltrecht

A. Einleitung I. Untersuchungsgegenstand Als Aquakultur wird die Aufzucht und Haltung von Wasserorganismen, vorrangig Speisefischen und Muscheln, unter weitgehend kontrollierten Bedingungen bezeichnet. Diese Form der Gewässerbewirtschaftung hat sich in den letzten Jahrzehnten sprunghaft entwickelt und liefert heute bereits fast die Hälfte der weltweit konsumierten Fischereiprodukte. Schottland ist als mit eigenen Gesetzgebungskompetenzen ausgestatteter Gebietsbestandteil des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland einer der wichtigsten Aquakulturstandorte in der Europäischen Union. Der Erfolg der insbesondere für die Regionalentwicklung sehr bedeutsamen schottischen Aquakulturwirtschaft beruht vor allem auf der Produktion von Zuchtlachsen in küstennah im Meerwasser verankerten Netzkäfigen. Diese Käfige werden schwimmend in die zahlreichen Lochs, die weithin landschaftsprägenden, fjordartigen Gewässerformationen, eingebracht und erstrecken sich in großen Anlagen über mehrere hundert Quadratmeter der Wasseroberfläche. Daneben werden auch Muschelfarmen sowie Süßwasserfischfarmen betrieben. Die intensive Bewirtschaftung durch Lachsfarmen bringt in vielerlei Hinsicht Probleme und Konfliktpotenziale mit sich, die über eine verhältnismäßig lange Zeit nur einer lückenhaften, teils provisorischen rechtlichen Regelung unterlagen. Verstärkte naturwissenschaftliche Forschung und heftige Kritik von Umweltverbänden und der Presse förderte mit der Zeit die Einsicht, dass die in der Aquakulturbranche angewandten Praktiken einer stärkeren rechtlichen Steuerung bedürfen. Das in Schottland geltende Regelungsregime, welches zur Bewältigung der mit großmaßstäblich betriebener Aquakultur verbundenen Problemstellungen inzwischen entwickelt wurde, ist Gegenstand dieser Arbeit. Die erkannten Regelungsbedürfnisse sind dabei vielfältig. Im Mittelpunkt der im Zusammenhang mit der Aquakultur kritisierten Entwicklungen stehen die damit verbundenen Eingriffe in die bewirtschaftete Umwelt, insbesondere die Gewässerumwelt. Neben der bloßen Errichtung technischer Anlagen in teils ökologisch sensiblen Küstenbereichen führen die Einbringung von Fischfutter, Medikamenten und Fäkalstoffen zu Beeinträchtigungen der Gewässer- und Sedimentqualität. Das Entweichen von Zuchtfischen in die freie Wildbahn kann über die Fortpflanzung mit Wildexemplaren zu einer schädlichen Veränderung des wilden Genpools führen, der schließlich erhebliche Minderungen des natürlichen Fischbestandes mit sich bringen kann. Eine weitere Gefährdung der wilden Fauna besteht darin, dass in Fischfarmen

22

A. Einleitung

gehäuft auftretende Seuchen und Parasiten von Zuchtfischen auf diese übergreifen können. Regelungen für diese Problemstellungen finden sich im schottischen und europäischen Umwelt- und Tierseuchenschutzrecht. Die Aquakultur konkurriert überdies mit anderen Nutzungsformen der Binnenund Küstengewässer. Die dadurch auftretenden Herausforderungen, etwa die Interessen von Schifffahrt, Wildfischerei oder Tourismus mit der Aquakultur in Einklang zu bringen, stellen sich hauptsächlich im Bereich des Planungsrechts. Diesen problematischen Effekten und Schwierigkeiten stehen auf der anderen Seite die großen wirtschaftlichen Chancen gegenüber, die sich die schottische Privat- und Volkswirtschaft vom weiteren Ausbau des schon hoch entwickelten Aquakultursektors verspricht. Beides zusammenzubringen – die Ermöglichung wirtschaftlicher Entfaltung bei gleichzeitiger Lösung oder Vermeidung der mit Aquakultur verbundenen Problematiken – zieht sich als roter Faden durch das im Folgenden untersuchte Regelungsregime. Das heute in Schottland geltende Recht der Aquakultur ist aus einem langjährigen Prozess stetiger und teils grundlegender Veränderung hervorgegangen. Bis in die Entstehungsphase dieser Arbeit hinein setzte sich der Wandel fort. Gerade vor dem Hintergrund der jungen, aber bewegten Regelungsgeschichte des Wirtschaftssektors Aquakultur wurde versucht, die Rechtslage aus der historischen Entwicklung heraus verständlich zu machen. Teilweise zwangen schon Fortwirkungen älteren Rechts dazu, auch dieses darzustellen. Jedenfalls zwei zentrale gesetzliche Umgestaltungen fielen kurz vor, bzw. in den Zeitraum, in dem diese Arbeit entstanden ist. Zum einen bedurfte es einiger Zeit zur Umsetzung der bereits 2007 in Kraft getretenen Baurechtsreform mit ihren weit reichenden Auswirkungen auf die Planung und Genehmigung von Aquakulturvorhaben. Zum zweiten traten erst Anfang des Jahres 2011 entscheidende Teile des Marine (Scotland) Act 2010 mit grundlegender Bedeutung insbesondere für die künftige Fortentwicklung des Rechts der Aquakultur in Meeresgewässern in Kraft. Daneben waren jüngste Veränderungen wie etwa die Novellierung des Gewässerschutzrechts durch die Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011 oder der Erlass der Town and Country Planning (Marine Fish Farms Permitted Development) (Scotland) Order 2011 einzuarbeiten. Die Arbeit befindet sich auf dem Rechtsstand vom 31. März 2011.

II. Untersuchungsmethode Die vorgelegte Arbeit verfolgt das Ziel, in einer breit angelegten Untersuchung die heute in Schottland geltende Rechtslage darzustellen und zu analysieren. Dabei werden entscheidende Strukturen der rechtlichen Steuerung von Aquakultur herausgearbeitet und im Hinblick auf ihre Eignung zur Lösung der aufgeworfenen Sachprobleme bewertet. Die Untersuchung ist Teil eines Forschungszusammen-

II. Untersuchungsmethode

23

hangs1, in dem gleichzeitig das Recht der Aquakultur Chiles untersucht wurde.2 Eine vergleichende Analyse auf der Basis beider Studien3 bildet einen weiteren Bestandteil des Projekts. Die Ausrichtung des Untersuchungsinteresses und -inhalts auf das Freilegen von Rechtsstrukturen, Prinzipien und Instrumenten soll es ermöglichen, ein Gesamtbild zu schaffen, das über die bloße Beschreibung einschlägiger Rechtsvorschriften hinausgeht, um die hinter den Einzelregelungen stehende Systematik nicht zuletzt auch vom Standpunkt der jüngeren Rechtsentwicklung aus verständlich zu machen. Diesem Ansatz entsprechend wird die Untersuchung bereits nach strukturellen Merkmalen gegliedert. Es wird zudem versucht, die jeweils eingesetzten rechtlichen Steuerungsinstrumente in engem Bezug zu ihrem tatsächlichen Regelungsgegenstand, also den zugrunde liegenden Sachproblemen zu betrachten, statt von isolierten juristischen Fragen auszugehen.4 Die Untersuchung nimmt daher in den Abschnitten, die sich auf die verfahrensrechtlichen Instrumente konzentrieren, ihren Ausgang bei den Typen oder Kategorien der Rechtsinstrumente und setzt sie in Zusammenhang mit den Regelungszielen, so in den Abschnitten C.III, C.VI. und C.VII. Wo demgegenüber Prinzipien materieller Natur im Vordergrund stehen, wird der umgekehrte Weg beschritten, indem die Sachproblematik den Ausgangspunkt für die Analyse der rechtlichen Lösungsstrategien bildet. Mit den Abschnitten zur Beteiligung von Stakeholdern und zu den Handels- und Marktbedingungen werden zudem zwei Bereiche einbezogen, die für die hier beabsichtigte multiperspektivische Abbildung der Regelungswirklichkeit eines spezifischen Wirtschaftssektors ebenfalls wichtige Gesichtspunkte ausmachen. Methodische Herangehensweisen ähnlicher Konzeption sind im Schrifttum unter anderem unter dem aus der Ökonomik stammenden Governanceansatz erwogen und für die rechtswissenschaftliche Disziplin beispielsweise um den Ausdruck der Regelungsstrukturen weiterentwickelt worden.5 Der Governancebegriff ist seinerseits 1 DFG-Projekt „Rechtsstrukturen der Aquakultur“ unter der Projektleitung von Prof. Dr. Arndt Schmehl. 2 Wack, Strukturen des chilenischen Aquakulturrechts – Zur Reglementierung der Umweltauswirkungen einer Intensivnutzung des Meeres, Diss. Hamburg 2012 (noch unveröffentlicht). 3 Flatter/Wack/Schmehl, Das Umweltrecht und der Aufstieg der Aquakultur – Regelungen für die Produktionsbedingungen der Intensivfischzucht: die EU am Beispiel Schottlands im Vergleich zu Chile, in: Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 2012, S. 201 – 220. 4 Eine ähnliche Strukturierung verwendeten Glenn/White, Legal Traditions, Environmental Awareness and a Modern Industry: Comparative Legal Analysis and marine Aquaculture, Ocean Development & Environmental Law, 38: 71 – 99, 2007. 5 Mayntz/Scharpf, Steuerung und Selbstorganisation in staatsnahen Sektoren, in: dies. (Hrsg.), Gesellschaftliche Selbstregulierung und politische Steuerung (1995), S. 9 – 38 (16 ff.); Überblick zur Diskussion um den Governance-Ansatz: Trute/Denkaus/Kühlers, Governance in der Verwaltungsrechtswissenschaft, Die Verwaltung 37 (2004), 451 – 473 m.w.N.; auch: Franzius, Governance und Regelungsstrukturen, VerwArch 97 (2006), 186 – 219.

24

A. Einleitung

Gegenstand der Diskussion. Er wird nicht nur im rezeptiven Sinne einer wissenschaftlichen Untersuchungsmethodik, sondern zusehends auch aus Sicht derer anerkannt, die sich mit der praktischen Gestaltung von rechtlichen Steuerungssystemen befassen.6 Die abstrakte Beschäftigung mit diesen Ansätzen ist jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit. So werden im Verlauf der Untersuchung die Begriffe Rechtsrahmen, Regelungsrahmen, Regelungsregime, oder rechtliche Steuerung verwendet, ohne dass dabei auf begrifflich-theoretische Fragen des Governance- oder Steuerungsansatzes näher eingegangen würde, obwohl Ähnlichkeiten in Herangehensweise und Anliegen vorhanden sind. Insbesondere dort, wo Strukturen untersucht werden, die nicht mehr zweifelsfrei dem hergebrachten Ordnungsverwaltungsrecht zuzuordnen sind, wird deshalb auch unmittelbar auf den Ausdruck Governance zurückgegriffen. Er steht in diesen Fällen als terminus technicus für die Bezeichnung von Steuerungs- und Handlungsbeziehungen zwischen öffentlicher Verwaltung und ihrer sozialen, ökonomischen und politischen Umwelt.7

III. Gang der Untersuchung Die Arbeit ist in drei Hauptabschnitte (B., C. und D.) unterteilt. Im ersten Hauptabschnitt (B.) werden die tatsächliche Situation und historische Entwicklung der schottischen Aquakulturindustrie dargestellt und die wesentlichen Regelungsbedürfnisse und -ziele herausgearbeitet. Zu Beginn des darauf folgenden Hauptabschnitts (C.) wird zunächst ein nach Rechtsquellen geordneter Überblick darüber gegeben, welche wichtigsten Regelungen für die Aquakultur in Schottland gelten (C.I.). Es schließt sich die Darstellung und Analyse des Aquakulturrechts im Einzelnen an. Der Abschnitt zu den Grundlagen der Nutzungsrechte an Gewässern (C.II.) durch Aquakultur behandelt die Frage, wie im schottischen Modell der Gewässerbewirtschaftung das Recht der ökonomischen Nutzziehung für Fisch- und Muschelfarmen ausgestaltet ist. Danach wendet sich die Untersuchung (C.III.) den zahlreichen Genehmigungserfordernissen zu, die zum rechtmäßigen Betrieb einer Fisch- oder Muschelfarm erfüllt sein müssen, beschreibt die Planungs- und Entscheidungsverfahren und deren jüngste Weiterentwicklung. Wichtige Unterpunkte sind dabei die EU-rechtlichen Vorgaben vor allem der UVP-Richtlinie sowie das rechtstechnische Konstrukt der Übertragung des schottischen Baurechts für Landgebiete auf die Aquakultur in Küstenzonen. Die beiden darauf folgenden Abschnitte konzentrieren sich auf inhaltlich-materielle Entscheidungskriterien und -strukturen zur Lösung von Nutzungskonflikten mit anderen Gewässernutzern (C.IV.) und solchen hinsichtlich des Schutzes von Ge6 Benz, Governance – Regieren in komplexen Regelsystemen (2004); zum Governancebegriff in Zusammenhang mit Fischereiregulierung: Gray, Theorising about participatory Fisheries Governance, in: ders. (ed.) Participation in Fisheries Governance, pp. 1 – 22 (2). 7 König, Öffentliches Management und Governance als Verwaltungskonzepte, DÖV 2001, 617 – 624 (617).

III. Gang der Untersuchung

25

wässerqualität und Biodiversität (C.V). Als Gegenstück zu den zuvor behandelten, auf der Genehmigungsebene ansetzenden rechtlichen Instrumenten werden anschließend nachlaufende Kontrollverfahren betrachtet (C.VI.). Gegenstand eines weiteren Abschnitts (C.VII.) ist die Frage, wie die Einbindung von Stakeholdern im Sinne eines modernen Governanceansatzes auf EU- und schottischer Ebene für die Aquakultur in die Tat umgesetzt wurde. Die beiden letzten Abschnitte beschäftigen sich mit einer möglichen Haftung von Betreibern im Zusammenhang mit den Auswirkungen von Aquakultur (C.VIII.) und mit den Handels- und Marktbedingungen des schottischen Aquakultursektors (C.IX). Im Rahmen einer Schlussbetrachtung (D.) werden die wesentlichen Ergebnisse zusammengeführt, um abschließend zu einer Beurteilung zu gelangen, inwieweit die erklärten politischen und rechtlichen Ziele der Entwicklung einer nachhaltigen und zugleich wettbewerbsfähigen Aquakulturwirtschaft umgesetzt worden sind.

B. Regelungsgegenstand Aquakultur: Probleme und Herausforderungen I. Begriff und weltweite Entwicklung der Aquakultur Fische und Muscheln aus Aquakultur stammen nicht aus der traditionellen Fangfischerei, sondern werden in Aquafarmen herangezogen und schließlich „geerntet“. Derartige Produktionsweisen werden in den letzten Jahrzehnten zunehmend angewandt und liefern heute einen großen Teil der Fischereiprodukte für den menschlichen Verzehr. Soweit die Aquakultur Gegenstand der Regelungen von EURechtsvorschriften ist, wird sie definiert als die Aufzucht oder Haltung von Fischen und anderen Wasserorganismen mittels Techniken, die auf Produktionssteigerung über das unter natürlichen Bedingungen mögliche Maß hinaus ausgerichtet sind; die betreffenden Pflanzen und Tiere bleiben während der gesamten Aufzucht bis zur Ernte bzw. zum Fang im Eigentum einer natürlichen oder juristischen Person.8 Der Begriff der Aquakultur umfasst sowohl die Bewirtschaftung von Süßwasserals auch Salz- und Brackwasserstandorten, während unter Marikultur oder mariner Aquakultur die in Meeresgewässern betriebene Zucht von Wasserorganismen verstanden wird.9 Der ganz überwiegende Teil der Aquakultur erfolgt durch Bewirtschaftung in sog. offenen Systemen, d. h. durch Einhegung der kultivierten Organismen in abgetrennten Bereichen natürlicher oder naturnah angelegter Gewässer. Daneben wird die Entwicklung geschlossener Systeme vorangetrieben. Diese Verfahren versuchen die Aufzucht von aquatischen Pflanzen und Tieren vollständig in eine künstliche Umgebung, in Tanks und Becken zu verlegen, die mit natürlichen Gewässern in keiner Verbindung stehen.10 Die Haltung von geeigneten Wassertieren in Aquakultur (hauptsächlich Fische, Muscheln und teils auch Krebstiere wie Shrimps) geht einher mit produktionsfördernden Eingriffen schon in der Heranwachsensphase. Dazu zählen beispielsweise die regelmäßige Bestandskontrolle, die Fütterung, tierärztliche Versorgung und der Schutz vor Raubtieren. Fangbasierte Aquakultur meint demgegenüber die Methode, 8 Definition in der Verordnung (EG) Nr. 2792/99 des Rates vom 17. 12. 1999, ABl. L 337, dort Nr. 2.2 Anhang III; ferner Howarth, The Law of Aquaculture, p. 1. 9 Pillay/Kutty, Aquaculture: Principles and Practices, p. 3; New in: Encyclopedia of Aquaculture, p. V. 10 Näher zu Aquakultur in geschlossenen Systemen, Ecoplan International inc. for The David Suzuki Foundation & The Georgia Strait Alliance, Global Assessment of Closed System Aquaculture, 2007.

I. Begriff und weltweite Entwicklung der Aquakultur

27

Wildlebendes in der Freiheit einzufangen bzw. einzusammeln und mit Hilfe von Aquakulturtechniken bis zur markttauglichen Größe heranzuziehen.11 Während die Kultivierung von Süßwasserfischen in Teichwirtschaft eine in Asien und Europa seit vielen hundert Jahren bekannte Technik ist12, besteht die eigentliche Neuerung der letzten Jahrzehnte darin, neue Arten für die kontrollierte Produktion an küstennahen Meerwasserstandorten zu erschließen und sie in schwimmenden Netzkäfigen zu halten. Erst durch diese technische Weiterentwicklung, die insbesondere in der Lachszucht die Massenproduktion möglich gemacht hat, konnte die Aquakultur in den letzten Jahrzehnten in so großem Maße an Bedeutung gewinnen. Vor dem Hintergrund steigender Produktionskapazitäten der Fischzuchtindustrie bei gleichzeitig zunehmender Überfischung der Meere wird in der Aquakultur vielfach eine Lösung für daraus resultierende Probleme einer gefährdeten Welternährung gesehen, in der Fischereierzeugnisse eine nicht unbeträchtliche Rolle spielen. Es mag dahinstehen, ob die rasante Entwicklung solcher Kulturtechniken – wie es mit dem für den Aufstieg der Aquakultur viel verwendeten Schlagwort der „Blue Revolution“13 mitunter suggeriert wird – einen ähnlich einzigartigen Fortschritt in der Lebensmittelproduktion bedeutet, wie das als „Green Revolution“ bezeichnete Aufkommen moderner landwirtschaftlicher Methoden in den 1970er Jahren. Der enorme Bedeutungszuwachs der Aquakultur für die weltweite Fisch- und Meeresfrüchteindustrie in den vergangenen Jahrzehnten legt diesen Vergleich allerdings nahe. Während in den frühen 1950er Jahren die weltweite Produktion von Aquakulturerzeugnissen noch bei unter einer Million Tonnen lag, verzeichnete man im Jahr 2008 eine Gesamtproduktion von 52,5 Millionen Tonnen für den menschlichen Verzehr mit einem Handelswert von 98,4 Milliarden USD.14 Im Gegensatz zur Wildfischerei, die seit Mitte der 1980er Jahre stagniert, hat der Aquakultursektor zwischen 1970 und 2008 eine durchschnittliche Wachstumsrate von 8.3 % erzielt und wächst weiterhin schneller als andere lebensmittelproduzierende Sektoren, auch wenn sich die Geschwindigkeit des Wachstums in vielen Regionen, vor allem in Europa und Amerika, zuletzt geringfügig verringert hat.15 Der relative Anteil der Aquakultur betrug mit 46 % nahezu die Hälfte der gesamten weltweiten Fisch- und Meeresfrüchteproduktion des Jahres 2008.16 Für einzelne Arten liegt der Anteil sogar noch höher. So entfielen 76 % der globalen Produktion von Süßwasserfisch und 68 % 11

European Commission EUROSTAT Fisheries statistics, Data 1995 – 2008, p. 12. Rabanal, History of Aquaculture, pp. 4 ff. 13 VanderZwaag/Chao, Aquaculture Law and Policy, Towards principled access and operations, p. 1; Henn, Entwicklungspolitische Bewertung der „blauen Revolution“, Diss. Berlin 2002, S. 1. 14 Unter Einschluss der Pflanzenproduktion, FAO, State of World Fisheries and Aquaculture 2010, S.18. 15 FAO, State of World Fisheries and Aquaculture 2010, pp. 18, 6. 16 FAO, State of World Fisheries and Aquaculture 2010, p. 3. 12

28

B. Regelungsgegenstand Aquakultur: Probleme und Herausforderungen

der Weltproduktion von diadromen Arten (Wanderfischen wie z. B. Lachsen) auf die Aquakultur.17 Jahr

2004

2005

2006

2007

2008

2009

Fangfischerei

77,9

77,5

75,1

75,2

74,9

75,1

Aquakultur

15,3

16,2

17,5

18,5

19,8

21,0

Aquakultur und Fangfischerei weltweit in Millionen Tonnen Jahresproduktion18

Der quantitativ weitaus größte Teil der Aquakulturproduktion findet mit 62 % in China statt, während der übrige asiatisch-pazifische Raum 26 % ausmacht und auf alle anderen Länder der Welt nur 12 % entfallen. Lediglich 4,5 % der Gesamtmenge an Aquakulturprodukten wird in Europa produziert.19 Die europäische Produktion belief sich im Jahr 2007 auf etwa 1.306.000 Tonnen gegenüber 1.230.000 Tonnen im Jahr 1996, was einem Wachstum von 6,3 % entspricht.20 Diese Wachstumsrate steht einem Rückgang der Gesamtproduktion an Fischereierzeugnissen der EG-Mitgliedstaaten gegenüber, die allein im Zeitraum 2004 bis 2007 um mehr als 10 % zurückging.21 Innerhalb Europas zählt Großbritannien mit einem Anteil von 13 % zu einem der wichtigsten Aquakulturproduzenten.22 Dies entspricht einer Menge von etwa 174.200 Tonnen im Jahr 2007.23

II. Aquakultur in Schottland 1. Naturräumliche Gegebenheiten Etwa 90 % der Aquakulturproduktion Großbritanniens finden in Schottland statt.24 Hier herrschen naturräumlich gute Voraussetzungen für die Aufzucht von Fischen und Muscheln. Der Golfstrom bringt sauerstoff- und nährstoffreiches Wasser 17 18 19 20

2007. 21

2007.

FAO, State of World Fisheries and Aquaculture 2010, p. 23. FAO, State of World Fisheries and Aquaculture 2010, p. 4. FAO, State of World Fisheries and Aquaculture 2010, p. 20. European Commission, EUROSTAT, Statistics in Focus 83/2009, Aquaculture Statistics European Commission, EUROSTAT, Statistics in Focus 83/2009, Aquaculture Statistics

22 Führend mit 22 % ist Spanien, es folgen Frankreich (18 %), Italien (14 %), danach Großbritannien, schließlich Griechenland (9 %); die übrigen 24 % verteilen sich auf unterschiedliche Länder mit geringen Anteilen von 3 – 4 % oder weniger. 23 European Commission, EUROSTAT, Fishery statistics, Data 1995 – 2008, pp. 19, 26. 24 Quelle: http://www.thefishsite.com/articles/44/new-study-reveals-scottish-aquaculture-ad ding-to-pressure-on-world-fish-stocks, Stand: 26. 4. 2011.

II. Aquakultur in Schottland

29

mit sich und mischt sich mit dem Wasser arktischen Ursprungs, das Schottland im Übrigen umgibt.25 Dies sorgt für ganzjährig kühlen, aber für die geografische Lage Schottlands, das auf einem Breitengrad mit Südgrönland liegt, noch immer gemäßigt temperierten Lebensraum für die dort gehaltenen Zuchtfische. Insbesondere die Westküste mit ihrer in Fjorde und Lochs zerklüfteten Küstenlinie bietet geschützte, gut zugängliche und hinreichend tiefe Küstengewässer mit guter Wasserqualität, in denen ideale Bedingungen für den Betrieb von offenen Aquakulturanlagen herrschen.26 Der dort vornehmlich zu findende Typus des sog. fjordischen Lochs mit steilen Ufern und großen Tiefen ist von lang gezogener Form und dabei durch unterseeische, quer verlaufende Bänke in Bassins unterteilt.27 Ähnlich günstige Bedingungen bieten die der Westküste vorgelagerten Inseln, die Hebriden und die Isle of Skye sowie die nördlich gelegenen Orkney- und Shetlandinseln, an deren Küsten indes breitere und flachere Lochs (sog. fjardische Lochs) das Landschaftsbild beherrschen.28 Die Aquakulturindustrie, die auf geeignete Gewässer als wesentliches Kriterium für die Standortwahl angewiesen ist, hat sich wegen dieser Vorteile ganz überwiegend im Westen des Landes angesiedelt, während an der Ostküste nahezu gar keine Aquakultur betrieben wird. Die Konzentrierung der Aquakulturindustrie auf Standorte an der Westküste ist allerdings zusätzlich auf eine Entscheidung der schottischen Regierung im Jahr 1999 zurückzuführen, die insbesondere die Wildlachsbestände an der Ostküste vor Beeinträchtigungen durch Aquakultur bewahren sollte.29 Im von glazialen Tälern und Bassins geprägten schottischen Inland finden sich zudem für die Forellenzucht oder das Heranziehen von Junglachsen geeigneten Binnengewässer. 2. Schottische Aquakulturwirtschaft Die Fisch- und Muschelzucht in Aquakultur ist für Schottland eine wichtige Wirtschaftsbranche. Vor allem an der Westküste und auf den Inseln sind viele Kommunen auf die mit ihr unmittelbar und mittelbar zusammenhängenden Einkünfte und Arbeitsplätze angewiesen. Die Branche konnte im Jahr 2009 eine Gesamtproduktion im Wert von etwa 350 Millionen GBP erzielen und zieht damit in ihrer Bedeutung für die schottische Wirtschaft mit der Fangfischerei gleich.30 Fischereierzeugnisse insgesamt machen mit 59 % den größten Anteil schottischer 25

Cramb, Fragile Land – Scotland’s Environment, p. 101. Peel/Lloyd, Governance and planning policy in the marine environment: regulating aquaculture in Scotland, Geographical Journal Vol. 174 (2008), pp. 361 – 377 (366); Smith/ Haig, The Development of a Control Policy for Fish Farming, Water and Environment Journal Vol. 5, Issue 6 (December1991), pp. 641 – 648 (642). 27 Cramb, Fragile Land – Scotland’s Environment, pp. 103 – 104. 28 Cramb, Fragile Land – Scotland’s Environment, p. 104. 29 Dazu näher unter C.IV. 30 Marine Scotland, A Fresh Start, Renewed Strategic Framework for Scottish Aquaculture (2009), p. 3. 26

30

B. Regelungsgegenstand Aquakultur: Probleme und Herausforderungen

Lebensmittelexporte aus.31 Das gesamte Exportvolumen der schottischen Wirtschaft (ohne Öl- und Gasexporte) betrug 2009 geschätzte 21,1 Milliarden GBP. Die beiden wichtigsten Branchen waren die Lebensmittel- und Getränkeindustrie (3,6 Milliarden GBP) und die chemische Industrie (2,7 Milliarden GBP)32. a) Entwicklung und Bedeutung Die heute in Schottland betriebene Aquakultur umfasst vor allem die Zucht von hochwertigen Speisefischen, hauptsächlich Lachs und andere Salmonidenarten, in jüngerer Zeit auch vereinzelt Seefischen wie dem Heilbutt sowie Muscheln. Algen werden nur in experimentellem Umfang und nicht als Lebensmittel, sondern als möglicher Brennstofflieferant der Zukunft angebaut.33 Die Entwicklung der schottischen Aquakultur hat parallel zum globalen Branchenaufstieg über die vergangenen Jahrzehnte einen rasanten Fortschritt erlebt. Dem steht der Niedergang der einstmals die Region bestimmenden Fangfischerei als Wirtschaftsfaktor und Arbeitgeber gegenüber. Untersuchungen der OECD zufolge war aufgrund von abnehmenden Fischbeständen und Quotenregelungen in den Jahren von 1994 bis 2004 nahezu eine Halbierung der Fangflotte (insbesondere die kleinen Boote betreffend) und ein Rückgang der Beschäftigtenzahlen von 8610 auf 5275 zu verzeichnen.34 aa) Produktion in den Anfangsjahren und heute Schottland kann neben Norwegen als eines der ersten Länder gelten, in denen maßgebliche technologische Fortschritte auf dem Gebiet der marinen Aquakultur erzielt und erfolgreich umgesetzt wurden. Norwegen spielte seit den 1950er Jahren eine Vorreiterrolle bei dem Versuch, Regenbogenforellen und Lachse in Netzkäfigen im Meer zu produzieren. Die kommerzielle Produktion in größerem Maßstab begann jedoch auch in Norwegen erst Anfang der 1970er Jahre und hat sich danach zügig in Schottland und auch Irland mit ähnlicher Geschwindigkeit fortentwickelt.35 In Schottland initiierte die damalige Fischereibehörde White Fish Authority etwa 1965 erstmals die Erprobung von Netzkäfigen zur Lachszucht; 1969 wurde in Loch Ailort an der Westküste die erste kommerzielle Lachsfarm eröffnet.36 Seitdem siedelten sich an der schottischen Westküste und auf den Inseln kontinuierlich mehr Aquakulturbetriebe an. Während in den Anfangszeiten der 1970er Jahre die Produktionsmengen nur langsam stiegen, zeichnete sich ab etwa 1985 ein deutlicher Zuwachs 31

Scottish Government, Food and Drink in Scotland: Key Facts 2010, p. 19. Scottish Government, Statistical Bulletin, An official statistics publication for Scotland, Scotland’s global connections survey 2009, p. 1. 33 BBC Online-News, 26. 10. 2008, http://news.bbc.co.uk/2/hi/uk_news/scotland/7690973. stm, Stand: 26. 4. 2011. 34 OECD, Structural Changes in Fisheries, 2007, pp. 47 ff. 35 Halwart/Soto (eds.), FAO Fisheries Technical Paper 498, p. 130. 36 Halwart/Soto (eds.), FAO Fisheries Technical Paper 498, pp. 130, 136. 32

II. Aquakultur in Schottland

31

ab: Bewegte sich im Jahr 1975 die Jahresproduktion für das Hauptprodukt, den atlantischen Lachs (Salmo salar), noch jeweils unter der 1.000 Tonnen-Marke, wurden 1985 bereits rund 10.000 Tonnen erzeugt. 1995 näherte man sich bereits einer Jahresproduktion von 80.000 Tonnen, im Jahr 2005 waren es rund 129.588 Tonnen Lachs.37 Bei rund 130.000 Tonnen Jahresproduktion hielt sich der Wert bis ins Jahr 2008 mit leichten Abweichungen und einem geringfügigen Abwärtstrend in den Jahren 2006 – 2008 stabil und steigerte sich zuletzt wieder auf knapp über 144.000 Tonnen im Jahr 2009; die Rekordmenge des Jahres 2003 (169.736 Tonnen) wurde allerdings bisher nicht wieder erreicht.38 Ein wesentlicher Anteil der schottischen Aquakulturproduktion ist für den Export bestimmt, insbesondere in die USA und in EU-Länder wie Deutschland und Frankreich.39 Die grafische Darstellung verdeutlicht die Geschwindigkeit des Wachstums der Aquakulturbranche in Großbritannien, die nahezu vollständig auf dem schottischen Beitrag beruht.

Aquakulturjahresproduktion Großbritanniens 1950 bis 201040

37

Halwart/Soto (eds.), FAO, Fisheries Technical Paper 498, p. 136. Marine Scotland, Scottish Fish Farms Annual Production Survey 2009, p. 23. 39 Halwart/Soto (eds.), FAO, Fisheries Technical Paper 498, p. 145. 40 Datengrundlage der Grafik entnommen aus: Fisheries and Aquaculture topics. FAO Fisheries and Aquaculture e-Bulletin. Fishery Production Statistics. Topics Fact Sheets. In: FAO Fisheries and Aquaculture Department [online]. Rome. Updated, http://www.fao.org/fishery/ countrysector/FI-CP_GB/3/en, Stand: 26. 4. 2011. 38

32

B. Regelungsgegenstand Aquakultur: Probleme und Herausforderungen

bb) Erfolgsfaktoren Zurückgeführt wird das starke Wachstum vor allem auf maßgebliche Fortschritte in der Produktionstechnologie und -biologie sowie auf betriebswirtschaftliche Maßnahmen, die eine sprunghafte Erhöhung der Produktivität ermöglichten. Wesentliche Verbesserungen konnten beispielsweise bei der Überlebensrate von Salmlingen (zu Produktionszwecken als Besatzmaterial herangezüchtete Junglachse), beim Durchschnittsgewicht der Fische bei der Ernte, bei der sachgerechten Verwendung von Seewassertanks und Süßwasser-Netzkäfigen, dem Einsatz von Futterschiffen sowie der Einführung von größeren Netzgehegen erzielt werden.41 Die Verbesserungen im Anzuchterfolg, der Überlebens- und Wachstumsraten der Fische führten dazu, dass sich zwischen 1990 und 2002 der Ertrag an Lachsen im Verhältnis zur Zahl der eingebrachten Salmlinge um 158 % gesteigert hat.42 Gleichzeitig stieg die Produktivität der in der Aquakultur eingesetzten Fachkräfte (Produktionsvolumen pro Kopf) um das Fünffache.43 Lediglich vorübergehend gedämpft wurde das Wachstum der Lachszuchtindustrie in Schottland durch das Auftreten von epidemischen Fischkrankheiten. 1998/1999 kam es zum Ausbruch der ansteckenden Anämie der Lachse (ISA) und anderen Infektionen44, die zu schwerwiegenden Verlusten in den Zuchtbeständen führten. cc) Entwicklung der Aquakultur zum Industriesektor Die Fortentwicklung der Aquakultur ging mit einer Veränderung der ökonomischen Binnenstrukturen der Branche einher. In den Anfängen der 1970er Jahre wurde die Entwicklungsarbeit an den bis dahin bestehenden technischen Problemen bei Ausrüstung und Betrieb der Fischfarmen von großen multinationalen Firmen wie Unilever und McConnel vorgenommen.45 Im Norden Schottlands hatte man anfangs seitens des Highland and Island Development Board entgegen vielen Kritikerstimmen die Entwicklung der Aquakultur durch Förderung einiger weniger Großinvestoren eingeleitet. Nur sie waren damals in der Lage, die mangels Infrastruktur und Erfahrung aufwendigen Vorlaufzeiten zur Einrichtung von Farmanlagen wirtschaftlich zu überstehen.46 In der Folge und nach dem Aufbau entsprechender In41

p. 2. 42

p. 2. 43

p. 3.

Scottish Government, Scottish Economic Report: March 2004, Scottish Salmon Farming, Scottish Government, Scottish Economic Report: March 2004, Scottish Salmon Farming, Scottish Government, Scottish Economic Report: March 2004, Scottish Salmon Farming,

44 Scottish Government, http://www.scotland.gov.uk/Topics/marine/Fish-Shellfish/18610/ diseases/notifiableDisease/infectious-salmon-anaemia, Stand: 24. 08. 2010. 45 Cramb, Fragile Land, Scotland’s Environment, p. 115. 46 Rosenthal, Produktionstrends und technologische Aspekte der Aquakultur in: Aquakultur und Aquatechnik – Perspektiven, Symposium vom 17. April 1989 in Westerland/Sylt, S. 3 – 40 (19).

II. Aquakultur in Schottland

33

frastrukturen konnten sich dann auch kleinere Betriebe etablieren. Bis in die 1980er Jahre waren es sogar kleine, ortsansässige Unternehmen, die für die Aquakulturbranche und ihr Bild in der Öffentlichkeit prägend waren. Aquakultur wurde zeitweise weniger als Wirtschaftszweig, sondern vielmehr als eine von Außenseitern betriebene „Hobby-Meeres-Gärtnerei“ („crofting of the sea“) wahrgenommen.47 Der Trend kehrte sich jedoch erneut um. Mit der Zeit setzten sich wieder Farmen mit größeren Produktionskapazitäten durch und führten dazu, dass immer weniger, immer größere Betriebe immer größere Mengen an Fisch produzierten und sich die Branche zu einem bedeutenden eigenständigen Industriesektor entwickelte.48 Mit der zuletzt zunehmenden Industrialisierung der Aquakultur wichen die zwischenzeitlich breit gestreuten Kleinbetriebe zusehends wieder einer Dominanz von international agierenden Großunternehmen. Die Entwicklung hin zu größeren und kapitalkräftigeren Unternehmen dürfte nicht zuletzt auf die durch den technischen Fortschritt notwendig gewordenen Investitionen in Forschungs- und Entwicklungsarbeiten sowie in Anlagen und Ausrüstung zurückzuführen sein, für die den kleineren Firmen vielfach die finanziellen Mittel fehlten.49 Diese Dynamik verstärkte sich in der Folge durch auf der größeren Produktion beruhende Marktvorteile, die es den großen Aquakulturunternehmen erlaubten, längerfristige Verträge auszuhandeln und stabile Preise zu garantieren.50 Kritische Stimmen sehen einen weiteren Grund für die Schwierigkeiten kleiner Unternehmen, sich neben den Großakteuren am Markt zu behaupten, in der wachsenden Zahl lebensmittelrechtlicher Vorschriften und technischer Produktionsstandards, deren Einhaltung kostenintensive Vorkehrungen erfordern kann.51 Am Beispiel der Lachsindustrie zeigt sich dementsprechend ein deutlicher Abwärtstrend der Zahl der in Schottland aktiven Aquakulturunternehmen. Allein im Zeitraum von 1993 bis 1999 verringerte sich ihre Anzahl um 29 %. Gleichzeitig waren zunehmend weniger Unternehmen für einen größeren Anteil der Produktion verantwortlich: 1996 erwirtschafteten nur 15 Betriebe 70 % der Lachsproduktion Schottlands, 53 % der Gesamtproduktion entfielen auf die sechs größten dieser Unternehmen.52 Bis heute setzt sich diese Tendenz zu zahlenmäßig wenigeren Produzenten fort. Produzierten in Schottland im Jahr 2000 noch 68 Unternehmen an 163 Standorten Lachse in Aquakultur, waren es im Jahr 2005 nur noch 40 Unternehmen an 166 Standorten, im Jahr 2009 sogar nur noch 25 Unternehmen an 104

47 48 49

p. 4. 50

p. 4. 51 52

Berry/Davison (WWF), Bitter Harvest, A call for reform in Scottish aquaculture, p. 7. Berry/Davison (WWF), Bitter Harvest, A call for reform in Scottish aquaculture, pp. 7 – 8. Scottish Government, Scottish Economic Report: March 2004, Scottish Salmon Farming, Scottish Government, Scottish Economic Report: March 2004, Scottish Salmon Farming, Siehe dazu unter C.IX. Berry/Davison (WWF), Bitter Harvest, A call for reform in Scottish aquaculture, p. 8.

34

B. Regelungsgegenstand Aquakultur: Probleme und Herausforderungen

Standorten.53 Diese Entwicklung ließ sich demgegenüber für die Muschelfarmwirtschaft nur in sehr abgemilderter Form beobachten. Dort nahm die Zahl der aktiven Unternehmen im Zeitraum von 2000 (176) bis 2009 (168) nur geringfügig ab.54 dd) Arbeitsplätze in der Aquakultur Die Standorte der Aquakulturfarmen verteilen sich ganz überwiegend auf entlegene, vormals besonders strukturschwache Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit, vor allem auf die Highlands und die Inseln, in denen die positiven Effekte für die Wirtschaftsentwicklung schon in den Anfangsjahren der Aquakultur deutlich spürbar waren. Bereits 1971 konnte erstmals seit dem Jahr 1851 der bis dahin stetige Bevölkerungsrückgang im Zuständigkeitsbereich des Islands and Highlands Development Board, einer 1965 gegründeten staatlichen Entwicklungsförderungsstelle für diese mehr als die Hälfte der Landfläche Schottlands einnehmende Region, gestoppt werden. Dies wird maßgeblich auf die durch die Aquakultur geschaffenen neuen Arbeitsplätze zurückgeführt.55 Bis heute ist die Aquakulturwirtschaft ein wichtiger Arbeitgeber im ländlichen Schottland, von dem insgesamt unter Einbeziehung von Vollzeit-, Teilzeit- und saisonal eingesetzten Kräften etwa 5.500 Arbeitsplätze abhängen. Inzwischen haben sich auch Ausbildungsgänge etabliert, die auf Tätigkeiten verschiedener Qualifikation im Aquakultursektor vorbereiten sollen.56 Die Lachszucht bietet 96357 direkte Arbeitsplätze und 3733 im Bereich der damit verbundenen weiterverarbeitenden Industrie und Vermarktung.58 183 weitere direkte Arbeitsplätze bestehen in der Forellenzucht und Aquakultur anderer Fische59, 292 Arbeitsplätze in der Weiterverarbeitungskette.60 345 Personen waren 2009 in der Muschelaquakultur beschäftigt.61 Im Verhältnis zu den insgesamt 2,5 Millionen Beschäftigten62 in Schottland hat die Aquakulturbranche landesweit aber keinen überragenden Stellenwert. 53

Marine Scotland, Scottish Fish Farms Annual Production Survey 2009, p. 34. Marine Scotland, Scottish Shellfish Farms Production Survey 2009, p. 5. 55 McCunn, The Place of Fish Farming in the Highlands and Islands of Scotland, J. Appl. Ichthyol. Vol. 5 (1989), pp. 211 – 216 (212). 56 Siehe z. B. das Ausbildungsangebot der University of Sterling am dortigen Institute of Aquaculture, http://www.aqua.stir.ac.uk/training/masters/, Stand: 26. 4. 2011. 57 Marine Scotland, Scottish Fish Farms Annual Production Survey 2009, p. 30. 58 Marine Scotland, A Fresh Start, Renewed Strategic Framework for Scottish Aquaculture (2009), p. 6 mit Zahlen aus dem Jahr 2008. 59 Marine Scotland, Scottish Fish Farms Annual Production Survey 2009, pp. 38, 39. 60 Marine Scotland, A Fresh Start, Renewed Strategic Framework for Scottish Aquaculture (2009), p. 6. 61 Marine Scotland, Scottish Shellfish Farms Production Survey 2009, p. 8. 62 Scottish Government, http://www.scotland.gov.uk/Topics/Statistics/Browse/Labour-Mar ket/BRES-Employee-Jobs-Sco/Q/EditMode/on/ForceUpdate/on, Stand: 06. 09. 2011. 54

II. Aquakultur in Schottland

35

ee) Staatliche Förderung Die Aquakultur erfuhr aufgrund des darin gesehenen Wachstumspotentials schon früh Unterstützung durch staatliche Stellen Großbritanniens und der Europäischen Gemeinschaft. Neben das finanziell gut ausgestattete Programm des Islands and Highlands Development Board trat schon in den 1980er Jahren ein Entwicklungsprogramm der EG für die Äußeren Hebriden, während für die Förderung der Aquakulturindustrie auf den Shetlandinseln ein aus Mineralölerträgen gespeister Fonds zur Verfügung gestellt wurde.63 Die Aquakulturindustrie wurde auch in jüngerer Zeit (2000 bis 2006) über das Financial Instrument for Fisheries Guidance mit Finanzhilfen von der EG gefördert. Für die Jahre 2007 bis 2013 wurde mit dem Europäischen Fischereifonds (EFF) ein neues Förderungsinstrument ins Leben gerufen, der seitdem auf EU-Ebene die Grundlage für Fördermöglichkeiten der Fischerei- und Aquakulturindustrie bildet. Daneben ist auch die schottische Regierung bestrebt, den Erfolg der Aquakulturbranche zu nutzen und neue Vorhaben weiter zu unterstützen. Im Jahr 2003 erschien erstmals das Strategieprogramm Strategic Framework for Scottish Aquaculture64, in dem eine ausführliche Analyse des Aquakultursektors vorgenommen und Maßnahmen entwickelt werden, die auch künftiges Wachstum für wirtschaftlichen Erfolg im Einklang mit dem Prinzip der Nachhaltigkeit sicherstellen sollen. 2009 wurde die Aquakulturstrategie in gestraffter Form erneuert und unter den fünf Schlüsselthemen „gesündere Produkte“, „verbesserte Lizensierungsverfahren“, „entkommenssichere Haltungsmethoden“, „Imageverbesserung“ und „leichterer Zugang zu Finanzhilfen“ auf den neuesten Stand gebracht. Dies zeigt, dass die Aquakultur auch wirtschaftspolitisch weiterhin einen hohen Stellenwert besitzt. b) Kultivierte Arten und verwendete Techniken Die schottische Aquakulturindustrie stützt sich einerseits und hauptsächlich auf die Fischzucht, andererseits spielt auch die Muschelzucht eine wichtige Rolle. Während es sich bei der Kultivierung und Ernte von Muscheln um eine verhältnismäßig alte Technik handelt, die über die letzten Jahrzehnte wenige Änderungen erfahren hat, ist die Aquakultur von Fischen der Bereich, der als regelrechte Boombranche innerhalb kurzer Zeit zahlreiche Änderungen erfahren und die wirtschaftlich wesentlich größere Bedeutung gewonnen hat.

63 McCunn, The Place of Fish Farming in the Highlands and Islands of Scotland, J. Appl. Ichthyol. Vol. 5 (1989), pp. 211 – 216 (212). 64 Scottish Executive, A Strategic Framework for Scottish Aquaculture (2003).

36

B. Regelungsgegenstand Aquakultur: Probleme und Herausforderungen

aa) Fischsektor Der Fischsektor wird stark von der Produktion des atlantischen Lachses (Salmo salar) dominiert. Mit einer durchschnittlichen Jahresproduktion von rund 130.000 Tonnen65 im Wert66 von über 300 Millionen GBP macht der Lachs bei weitem die größte Position im Gesamtvolumen der Aquakulturindustrie aus und lässt alle anderen Zuchtarten als bloße Nebenzweige weit hinter sich. Nach jüngsten Zahlen ist die Produktion im Jahr 2009 auf 144.000 Tonnen gestiegen.67 Daneben werden auch Lachseier als Grundlage für die Salmlingszucht produziert und exportiert.68 Die Aquakultur von Lachsen wird im fast ausschließlich in Netzkäfigen im Seewasser betrieben.69 Nachdem die Junglachse zunächst in Süßwasserkäfigen oder -tanks bis auf Fingerlingsgröße (Gewicht von 50 – 80 g70) aufgezogen worden sind, werden sie in vor der Meeresküste verankerten oder treibenden Netzkäfigen bis zum Erreichen des Erntegewichts gehalten. So gleicht man die Lebensbedingungen dem natürlichen Verhalten des Atlantischen Lachses an, der in Freiheit in seinem zweiten Lebensjahr vom Süßwasser ins Meer wandert. Durch Zuchterfolge ist es allerdings gelungen, die Wuchsgeschwindigkeit zu erhöhen und mit dem sog. S-1-Salmling (one summer smolt, der innerhalb eines Sommers die Reife zur Verbringung ins Seewasser erreicht) in einer Saison zu ermöglichen.71 Die erste Phase der Aufzucht im Süßwasser findet hauptsächlich in einfachen, offenen Bassins von etwa 10 m Durchmesser oder geschlossenen Tanks von ähnlicher Größe statt. Das erforderliche Wasser wird regelmäßig aus Bachläufen entnommen und wegen des ständig vorzunehmenden Wasseraustausches wieder dorthin zurückgeleitet. Bei den Käfigsystemen, die im Seewasser zum Einsatz kommen, handelt es sich um Rahmenkonstruktionen mit darunter befestigten geschlossenen Netzen, die in Ufernähe auf der Wasseroberfläche schwimmen und dort mit Ankern auf ihrer Position gehalten werden. Diese Netzkäfige werden überaus erfolgreich eingesetzt und haben sich in ihrer Gestalt seit den Anfängen der Aquakultur kaum verändert, lediglich die Materialien wurden weiterentwickelt. Verwendete man früher vornehmlich Holz als Baustoff für die schwimmenden Rahmen und Aufbauten, werden heute Kunststoff, Stahl oder Aluminium eingesetzt. Eine typische Netzkäfigeinheit für die marine küstennahe Aquakultur von Lachsen besteht aus einer runden oder 65 Marine Scotland, A Fresh Start, Renewed Strategic Framework for Scottish Aquaculture (2009), p. 6. 66 Gemeint ist hier der sog. farm gate value, der Verkaufswert der Rohware, ohne Einrechnung etwaiger Wertzuwächse durch Weiterverarbeitung. 67 Marine Scotland, Scottish Fish Farms Annual Production Survey 2009, p. 3. 68 Marine Scotland, Scottish Fish Farms Annual Production Survey 2009, pp. 14 ff. 69 Marine Scotland, Scottish Fish Farms Annual Production Survey 2009, p. 30. 70 Roberts/Hardy, Salmon Culture, in: Stickney, Encyclopedia of Aquaculture, pp. 773 – 778 (775). 71 Roberts/Hardy, Salmon Culture, in: Stickney, Encyclopedia of Aquaculture, pp. 773 – 778 (774).

II. Aquakultur in Schottland

37

quadratischen Netzkäfig-Umrandung, die eine Fläche von 25 – 300 m2 umfasst und bis in Tiefen von 15 – 20 m reicht. Das ins Wasser hängende Netz ist an einer flexiblen begehbaren Stützstruktur mit Schwimmkörpern aus Kunststoff oder Stahl befestigt. Diese Anlagen bezeichnet man auch als „Schwerkraftkäfige“ (gravity cages), weil sie von Gewichten offen und in ihrer beabsichtigten Form gehalten werden. Für Plattfische werden herkömmliche Netzkäfige umgebaut und mit in Schichten aufgebauten horizontalen Liegeflächen versehen, auf denen sich die Fische ihren Lebensgewohnheiten entsprechend aufhalten können.72 Zumeist werden mehrere Netzkäfige in einer Gruppe nebeneinander angeordnet und verankert.73 Zusätzliche Schutznetze können sowohl unter als auch über der Wasseroberfläche erforderlich sein, um Seehunde und andere Raubtiere bzw. Raubvögel fernzuhalten.74 In unmittelbarer Nähe einer solchen Käfiganlage sind schwimmende Arbeitsplattformen (sog. barges) verankert. Diese um ein Futtersilo herum konstruierten Plattformen enthalten Aufenthaltsräume für die Angestellten und sämtliche technische Einrichtungen, die zur Unterhaltung des Zuchtstandortes erforderlich sind. Auf den Plattformen eingebaute Generatoren erzeugen Strom, der vor allem für den Betrieb der Futterverteilungsanlage benötigt wird. Mit luftdruckbetriebenen Aggregaten werden die Futterpellets über Schläuche auf die einzelnen Käfigsegmente verteilt. Jedes einzelne Segment ist in modernen Anlagen mit einem zentral angebrachten, rotierenden Verteiler versehen, durch den die Pellets gleichmäßig auf die Wasserfläche im Käfigbereich geschleudert werden. Unter Wasser angebrachte Kameras erlauben es dem Personal, das Herabsinken der Partikel, das Verhalten der Fische und damit den Fütterungsvorgang insgesamt zu beobachten und ihn entsprechend zu steuern. Die Futtermittel für die karnivoren Zuchtarten75 der Salmoniden bestehen bis heute zu einem großen Anteil aus Fischmehl und Fischöl. In Großbritannien beträgt der durchschnittliche Fischmehl- 35 – 40 %, der durchschnittliche Fischölgehalt 25 – 30 % des für Aquakulturen verwendeten Futters.76Zunehmend wird allerdings versucht, auf kostengünstigere und ressourcenschonendere Stoffe, insbesondere pflanzliche Öle und Fette auszuweichen. Daneben enthalten die zumeist in Form von gepressten Pellets verwendeten Futtermittel eine Reihe anderer Stoffe, wie vor allem Weizen- oder Sojamehl, Mehl aus Krustentieren, Vitamine, Aminosäuren, Minerale und Pigmente.77 72

Halwart/Soto (eds.), FAO, Fisheries Technical Paper 498, p. 138. Beschreibung der Netzkäfigtechnik: Halwart/Soto (eds.), FAO, Fisheries Technical Paper 498, p. 138. 74 Davenport et al., Aquaculture, the ecological issues, p. 23. 75 Karnivor bedeutet fleischfressend und bezeichnet hier Raubfische. 76 Halwart/Soto (eds.), FAO, Fisheries Technical Paper 498, pp. 140 ff.; siehe auch bei Naylor et al., Effect of aquaculture on world fish supplies, Nature 405 (2000), pp. 1017 – 1024 (1019ff). 77 Scottish Executive, Central Research Unit (CRS), Review and Synthesis of the Environmental Impacts of Aquaculture, p. 2. 73

38

B. Regelungsgegenstand Aquakultur: Probleme und Herausforderungen

Beim Abfischen werden die Zuchttiere, nachdem die Fütterung über mehrere Tage eingestellt worden ist, in einem als crowding bezeichneten Vorgang mit Netzen aus den Käfigen entnommen und zumeist lebend in Spezialschiffen zu den an Land befindlichen Schlachtanlagen verbracht. Die dazu verwendeten sog. wellboats, zum Lebendtransport umgebaute Fischerboote, stellen einen beachtlichen Kostenfaktor dar und werden von den meisten Unternehmen in Schottland für den Erntevorgang von norwegischen Reedereien gemietet. Obwohl die wirtschaftlich zweitwichtigste Art, fällt die Zucht der ursprünglich aus Nordamerika stammende Regenbogenforelle (Oncorhyncus mykiss) mit jährlich produzierten ca. 7.000 Tonnen im Wert von 14 Millionen GBP gegenüber der Lachszucht nur geringfügig ins Gewicht.78 Für sie werden ähnliche Produktionstechniken angewandt, wie für die Lachsaquakultur, denn beide Arten gehören zu den Salmoniden und verfügen über ähnliche Eigenschaften. Regenbogenforellen werden überwiegend im Süßwasser, ihrem eigentlichen Element (in Netzkäfigen, Teichen, „Raceways“79 oder Tanks und Aufzuchtbecken), im Übrigen im Seewasser (in Netzkäfigen oder Tanks) aufgezogen.80 Für die Salmonidenzucht ermöglichen heute wissenschaftliche Erkenntnisse und Techniken, den Laichvorgang zu kontrollieren und sehr hohe Befruchtungsraten zu erzielen. Salmoniden verfügen über eine hohe Reproduktionskapazität, kombiniert mit guter Überlebensrate der Brut und ausreichender Produktion von Eiern.81 In nennenswertem Umfang werden heute neben der Lachs- und Regenbogenforellenzucht Saiblinge (Salvelinus alpinus) und Bachforellen (Salmo trutta), diese beiden teils als Tafelfisch, teils als Besatzmaterial für die Sportfischerei sowie an Seefischen Kabeljau (Gadus morhua) und Heilbutt (Hippoglossus hippoglossus) gezüchtet. Die Produktion weiterer Arten ist angestrebt, steht jedoch wegen technischer und biologischer Schwierigkeiten insbesondere bei der Aquakultur von Seefischen, vor dem Scheitern.82 Der Ausweitung der Aquakultur auf Seefische, insbesondere den Kabeljau, treten zudem kritische Stimmen entgegen. Sie stützen sich auf Erkenntnisse, denen zufolge in Netzkäfigen gehaltener Kabeljau eine erheblich höhere Nährstoffbelastung der Gewässer mit sich bringt, als sie auf Lachsfarmen gemessen wird; für den Heilbutt sollen die Werte doppelt so hoch sein.83 78

Marine Scotland, Scottish Fish Farms Annual Production Survey 2009, p. 4, zuletzt war ein leichter Rückgang auf 6.766 Tonnen im Jahr 2009 zu verzeichnen. 79 Raceways sind Kanäle oder Tanks zur Fischhaltung, in denen eine künstliche, kontinuierliche Wasserströmung herrscht, sodass Bedingungen simuliert werden, die einem Bachlauf ähnlich sind. 80 Halwart/Soto (eds.), FAO, Fisheries Technical Paper 498, p. 139. 81 Halwart/Soto (eds.), FAO, Fisheries Technical Paper 498, p. 139. 82 Marine Scotland, Scottish Fish Farms Annual Production Survey 2009, p. 36. 83 Owen, Environmentalists Fight Plans to Farm Cod in Scotland, National Geographic News v. 22. 07. 2003, http://news.nationalgeographic.com/news/pf/30422362.html, Stand: 06. 09. 2011.

II. Aquakultur in Schottland

39

bb) Muschelsektor Neben der Aquakultur von Fischen repräsentiert die traditionsreiche Kultivierung von Muscheln den zweiten wesentlichen Bereich der schottischen Aquakultur, der jedoch mit einer Jahresproduktion von etwa 6.700 Tonnen im Wert von ca. 7,66 Millionen GBP84 einen sehr viel geringeren Stellenwert einnimmt. Standorte der Muschelaquakultur sind wie die der Fischzucht fast ausschließlich an der Westund Nordküste, mit einer starken Konzentration auf den nördlichen Inseln angesiedelt.85 Die im schottischen Muschelsektor vorwiegend produzierte Art ist die Miesmuschel (Mytilus edulis). Von ihr wurden im Jahr 2009 6.302 Tonnen im Wert von 6,3 Millionen GBP geerntet.86 Obwohl die Miesmuschelkultur traditionell in den südwestlichen Regionen und den Highlands betrieben wurde, expandierte die Muschelaquakultur in den vergangenen Jahren vermehrt auf die Shetlandinseln, die mittlerweile den größten Teil der Produktion für diese Muschelart beitragen.87 Mit einer Jahresproduktion von ca. 3.5 Millionen Stück88 folgen die beiden gezüchteten Austernarten als zweitwichtigstes Produkt hinter der Miesmuschel, die aus dem asiatischen Raum eingeführte Pazifische Auster (Crassostrea gigas) und die heimische Europäische Auster (Ostrea edulis). Von der Kleinen Pilgermuschel (Chlamys opercularis) und der Großen Pilgermuschel (Pecten maximus), auch „Jakobsmuschel“ genannt, werden jährlich zusammen nur etwa 200.000 Stück produziert.89 Die Zuchtmethoden für Muscheln unterscheiden sich nach den Bedürfnissen der gezüchteten Art. Miesmuscheln werden in Schottland an Leinen kultiviert, die entweder von auf Pontons schwimmenden Gerüsten oder von mit Bojen an der Oberfläche gehaltenen sog. Langleinen ins Wasser gehängt werden (sog. Langleinentechnik oder Hängekultur). Die Langleinen mit den daran befestigten, senkrecht ins Wasser hängenden Muschelkollektoren (rope droppers) sind je nach Standortbedingungen unterschiedlich, meist aber zwischen 200 m und 400 m lang und an den Enden auf dem Meeresgrund verankert. Alternativ werden von floßartigen Schwimmkörpern über Wasser gehaltene Gerüste von etwa 10 m2 Fläche verwendet, von denen aus die Kollektoren ins Wasser gelassen werden. Die meisten schottischen Langleinen-Muschelfarmen sammeln ihre Muschelsaat aus wilden Muschellarven ein, indem sie die neuen Leinen zunächst in die oberen 2 – 3m der Wassersäule hängen. Die im Seewasser verteilten Larven siedeln sich daraufhin selbst an den Langleinen an. Wenn sich bereits ein deutlicher und fester Bewuchs von jungen 84

Marine Scotland, Scottish Shellfish Farm Production Survey 2009, pp. 2, 4. Marine Scotland, Scottish Shellfish Farms Annual Production Survey 2009, p. 6. 86 Marine Scotland, Scottish Shellfish Farm Production Survey 2009, p. 4. 87 Marine Scotland, Scottish Shellfish Farm Production Survey 2009, p. 7. 88 Dabei entfallen rund 3 Millionen Stück auf die Pazifische, lediglich der Rest von ca. 500.000 auf die Europäische Auster. Diese Menge entspricht einem Gewichtsäquivalent von ca. 260 Tonnen, siehe: Marine Scotland, Scottish Shellfish Farm Production Survey 2009, p. 2. 89 Marine Scotland, Scottish Shellfish Farms Annual Production Survey 2009, p. 2. 85

40

B. Regelungsgegenstand Aquakultur: Probleme und Herausforderungen

Muscheln eingestellt hat, werden die Leinen in ganzer Länge ins Wasser gesenkt und bleiben dort, bis die Miesmuscheln nach ca. 24 – 30 Monaten90 ihre Marktgröße erreicht haben. Zur Ernte werden sie an die Oberfläche gezogen und der Muschelbewuchs dort von Hand oder maschinell abgenommen.91 Mit ähnlichen Techniken erfolgt auch die Zucht der Großen und Kleinen Pilgermuschel, die ebenso auf der natürlichen Ansiedlung von Muschelsaat basiert. Die Saat wird später in perlen- oder laternenförmigen Netzen an Langleinen herangezogen. Seit es für Muschelfarmer unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist, in einem Farmgebiet durch sog. Several Orders die Fischerei untersagen zu lassen, wird auch eine größere Zahl an Jakobsmuscheln auf dem Meeresgrund in Bodenkultur gezogen. Etwa 18 Monate benötigen sie, um zur Marktreife zu gelangen.92 Die ebenfalls in schottischen Gewässern kultivierte Pazifische Auster ist eine fremde Art und wegen der niedrigen Wassertemperaturen nicht in der Lage, sich zu vermehren. Aquakulturbetreiber sind deshalb auf Muschelsaat aus Aufzuchtanlagen angewiesen, die vorwiegend in England und auf Guernsey liegen. Die hauptsächliche Anbaumethode beruht auf der Verwendung von Taschennetzen, die an niedrigen, tischartigen Gerüsten in der tidenbeeinflussten Zone nahe der Niedrigwassermarke befestigt werden. Die Muschelsäcke müssen regelmäßig inspiziert und gewendet werden, durch stetiges Umsortieren muss die Fülldichte der Netze mit zunehmender Größe der Tiere verringert werden, damit die Austern bei optimalen Lebensbedingungen innerhalb von ca. 3 Jahren ihre Verkaufsgröße erreichen.93 Für die Europäische Auster, die nur in geringem Umfang und ausschließlich in der Region Strathclyde kultiviert wird, finden neben der für die Pazifikauster beschriebenen Technik auch Zuchtverfahren Anwendung, in denen künstlich aufgezogene oder am Meeresgrund geerntete Muschelsaat auf dem Seegrund oder dort ausgelegten Matten gezogen wird (Bodenkultur). Die Ernte erfolgt dann je nach Zuchtmethode durch Einsammeln der Taschennetze oder, im Fall der Bodenkultur durch ein für Flora und Fauna des Meeresbodens teils verheerendes Bergen der Austern mit einer Dredge94, einer dem Schleppnetz vergleichbaren, jedoch starren Einrichtung, die über den Meeresgrund gezogen wird.95

90

FRS (Fisheries Research Service), Shellfish Farm Cultivation in Scotland 2004. Für die Technik der Miesmuschelzucht, SEAFISH, Rope-Grown Mussel Cultivation. 92 FRS (Fisheries Research Service), Shellfish Farm Cultivation in Scotland 2004. 93 SEAFISH, Pacific Oyster Cultivation. 94 Abbildung bei Buschbaum/Nehls, Effekte der Miesmuschel- und Garnelenfischerei, in: Jozán et al., Warnsignale aus Nordsee und Wattemeer, eine aktuelle Umweltbilanz, S. 250 – 255 (252). 95 SEAFISH, Native Oyster Cultivation. 91

II. Aquakultur in Schottland

41

3. Problembereiche und Regelungsfelder Als eine Kehrseite des wirtschaftlichen Erfolgsmodells der Aquakultur, insbesondere der marinen Salmonidenkultur, wird von Umweltorganisationen und Presse immer wieder eindringlich auf die Umweltauswirkungen intensiver Aquakultur für die bewirtschafteten Ökosysteme hingewiesen96, wenn auch bislang nicht immer Schottland im Fokus der Kritik stand. Daneben birgt der Raumbedarf für Zuchtanlagen in der zunehmend genutzten Küstenregion Konfliktpotential mit anderen Nutzern. Beide Aspekte bilden zentrale Regelungsbedürfnisse ab, die in ihrer faktischen Dimension zunächst einer einleitenden Darstellung bedürfen, um den Rechtsrahmen der schottischen Aquakultur von seinen Regelungszielen her verständlich zu machen. a) Belastungspotential und Risiken der Aquakultur für die Gewässerumwelt Die unterschiedlichen Zuchtmethoden sind zum Teil mit beachtlichen Umweltbelastungen für die Gewässer verbunden, in denen die Kultur durchgeführt wird. Wesentliche Regelungsmaterien des bestehenden Rechts der Aquakultur in Schottland liegen daher auf dem in vieler Hinsicht durch das Recht der EU geprägten Gebiet des Umweltrechts und zielen darauf, einen wirtschaftlich effektiven Betrieb von Aquakulturfarmen mit den Prinzipien einer nachhaltigen, umweltschonenden Wirtschaftsweise in Einklang zu bringen. Umweltprobleme im Zusammenhang mit intensiver Aquakultur haben zudem – vielleicht im Gegensatz zu vielen anderen umweltnutzungsintensiven Wirtschaftsbereichen – eine besondere Tragweite auch für die Betreiber selbst, die zur mittel- und langfristig erfolgreichen Produktion zwingend auf Naturbedingungen angewiesen sind, in denen die Tiere zu gesunden und hochwertigen Produkten heranwachsen können. Bereits 1989 wurde erkannt: „[…] der Aquakulturist muss zunehmend umweltbewusster sein, um nicht selbst dazu beizutragen, dass die möglichen Schäden zur Ursache eines wirtschaftlichen Fehlschlages werden“.97 Auch wegen der öffentlichen Kritik an Missständen der intensiven Aquakultur, vor allem in den 1980er Jahren, und einer zunehmend kritischen Konsumentenhaltung zur ökologischen Produktion von Nahrungsmitteln hat der Aspekt der verantwortlichen, ressourcenschonenden Produktionsweise eine besonders hohe Bedeutung für die Aquakultur. So hat eine Studie aus dem Jahr 2006 zur öffentlichen 96 Z. B. Berry/Davison (WWF), Bitter Harvest, A call for reform in Scottish aquaculture; Allsopp/Johnston/Santillo (Greenpeace), Challenging the Aquaculture Industry on Sustainability, pp. 15 ff.; Der Spiegel Nr. 50/1987, S. 218 – 223: „Computer mästen den König der Fische“; Süddeutsche Zeitung vom 19. 08. 2009, S. 3: „Ein stinknormales Sterben“ und vom 09. 03. 2010, S. 15: „Die Luft wird knapp“; Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. 03. 2010, S. 15: „Chiles Leid ist Norwegens Freud“. 97 Mäkinen, Umweltprobleme und Aquakultur in: Aquakultur und Aquatechnik – Perspektiven –, Beiträge zum Symposium am 17. April 1989, S. 75.

42

B. Regelungsgegenstand Aquakultur: Probleme und Herausforderungen

Meinung hinsichtlich der Umweltauswirkungen der Aquakultur unter schottischen Verbrauchern ergeben, dass ein hoher Anteil nicht nur Wert auf eine nachhaltige Produktion ihrer Lebensmittel legt, sondern auch bereit ist, dafür höhere Preise zu zahlen. 76 % der Befragten gaben an, dass sie im Mittel bis zu 22 % mehr für Zuchtlachs ausgeben würden, wenn bei dessen Produktion die Nährstoffverschmutzung gegenüber konventioneller Zucht um die Hälfte reduziert würde.98 Ein Anreiz für die Farmbetreiber zu nachhaltigem Wirtschaften besteht daher zunehmend aus ökonomischen Gründen. Wegen der weit überwiegenden Bedeutung der marinen Salmoniden-, insbesondere Lachs- und daneben der Muschelzucht für die schottische Aquakulturindustrie wird im folgenden Unterabschnitt ein Überblick über die wesentlichen problematischen Umweltauswirkungen gegeben, die für diese Zuchtarten und die entsprechenden Produktionsmethoden festgestellt werden können. aa) Umweltbelastungen durch marine Salmonidenaquakultur Die Netzkäfig-Aquakultur erfordert in verschiedener Hinsicht einen manipulierenden Eingriff in die Ökosysteme der bewirtschafteten Küstengewässer. Allein das Einbringen von unter Wasser verankerten, schwimmenden und sich bis in beachtliche Tiefen erstreckenden künstlichen Strukturen99 stellt sich bereits als Beeinflussung des aquatischen Lebensraums dar. Netze und Käfige verhindern die unkontrollierte Verteilung von Fischen, verringern Strömungsgeschwindigkeiten und Wellenbewegung an der Wasseroberfläche. Darüber hinaus bilden die Aquakulturanlagen Siedlungsoberflächen für Tiere und Wasserpflanzen und erhöhen so die physikalische Komplexität des Lebensraumes.100 Die mit dem Betrieb der Anlage verbundenen Aktivitäten, insbesondere künstliche Beleuchtung, können einerseits im Wasser lebende Organismen anziehen, damit zu einer lokal erhöhten Biodiversität, andererseits zu Irritationen im Tages- und Jahreszeitenrhythmus dort wild lebender Arten führen und deren Jagdverhalten beeinflussen.101 Auch die geringfügigen und nicht immer zu Schäden führenden Teileffekte sind in geschützten Gebieten, in denen gerade natürliche, vom Menschen unbeeinflusste Verhältnisse konserviert werden sollen, als Belastung einzustufen. Die gravierendsten und bislang am besten erforschten Kategorien umweltbelastender Eingriffe durch Aquakultur sind jedoch die beiden Folgenden. Erstens: der mit der Aquakultur verbundene Eintrag von Fremdstoffen in das Wasser (Futterreste, Stoffwechselprodukte der Fische, chemische Stoffe wie Medikamente oder Antifoulingmittel). Zweitens: die mögliche Interaktion der gezüchteten mit wild le98 Whitmarsh/Wattage, Public Attitudes Towards the Environmental Impact of Aquaculture in Scotland, European Environment Vol. 16 (2006), pp. 108 – 121 (114,115). 99 Zu deren Beschaffenheit bereits oben unter 2.b). 100 Davenport et al., Aquaculture, the ecological issues, p. 3. 101 Davenport et al., Aquaculture, the ecological issues, p. 3.

II. Aquakultur in Schottland

43

benden Tieren (Übertragung von Krankheiten, Entkommen von Zuchtfisch und Folgeschäden).102 Diese Gesichtspunkte stehen – neben der Lösung von Nutzungskonflikten mit anderen Küstennutzungen – im Mittelpunkt der rechtlichen Regelungen und sollen deshalb in ihren einzelnen Ausprägungen kurz dargestellt werden. (1) Nährstoffeintrag Beim Betrieb von Fischfarmen werden verschiedenste Nährstoffe in das Gewässerökosystem eingebracht. Der Großteil der Feststoffemissionen besteht aus nicht verzehrtem Futter und Stoffwechselprodukten, insbesondere den Fäkalien der Fische.103 Obwohl der Anteil des unverzehrt herabsinkenden Restfutters seit den Anfangsjahren der Aquakultur von ca. 20 % auf nunmehr etwa 5 % der eingebrachten Menge – die Verschwendung von Futter und damit auch die Kosten verringernd – reduziert werden konnte, macht das Restfutter im Vergleich zum Fäkalieneintrag weiterhin den bedeutsameren Anteil der Nährstoffzuleitung aus, weil es bei gleichem Gewichtsverhältnis sehr viel energiereicher ist.104 Wie sich der Nährstoffeintrag, dessen Intensität nach der Bewirtschaftungsdichte unterschiedlich ausfallen kann, im Einzelfall auswirkt, insbesondere verteilt, hängt zusätzlich von den hydrologischen und geographischen Gegebenheiten, außerdem von der Temperatur des Wassers ab. Die Nährstoffe sinken unter den Netzkäfigen auf den Meeresboden und setzen sich dort auf dem Sedimentboden ab, soweit sie nicht durch bodennahe Strömungen weiter verteilt werden. Die daraufhin beginnenden bakteriellen Zersetzungsprozesse entziehen der Sedimentschicht Sauerstoff. Wenn der Sauerstoffbedarf dieser Zersetzungsprozesse durch Austausch mit dem Seewasser nicht mehr gedeckt werden kann, tritt im Sedimentmilieu ein anoxischer (sauerstofffreier) Zustand ein, der „tote Zonen“ entstehen lässt, in denen Flora und Fauna absterben und lediglich ein lebloser Belag auf dem Meeresboden zurückbleibt.105 Diese toten Flächen bilden sich regelmäßig direkt unter den Netzkäfigen am Meeresgrund. Untersuchungen haben ergeben, dass die Rehabilitation einer solchen anoxischen Zone nach Beendigung der Einträge unter den in schottischen Gewässern herrschenden Bedingungen etwa zwei Jahre beansprucht.106 Neben den in fester Form emittierten Nährstoffen gehen von Netzkäfiganlagen zur Fischzucht auch Einträge von wasserlöslichen Nährstoffen aus. Fischexkremente 102

Überblickshaft: Kempf/Petit, Les modifications de l’environnement par les fermes aquacoles, in: Petit (coord.), environnement et aquaculture, tome 1, aspects techniques et économoques, pp. 125 – 126. 103 Scottish Executive, Central Research Unit (CRU) Review and Synthesis of the Environmental Impacts of Aquaculture, p. 2. 104 Scottish Executive, Central Research Unit (CRU) Review and Synthesis of the Environmental Impacts of Aquaculture, p. 2. 105 Royal Commission on Environmental Pollution, 25th Report, Turning the Tide, p. 145. 106 Scottish Executive, Central Research Unit (CRU) Review and Synthesis of the Environmental Impacts of Aquaculture, p. 3.

44

B. Regelungsgegenstand Aquakultur: Probleme und Herausforderungen

und zerfallende Futterreste enthalten Ammoniak, Stickstoffsalze und Phosphate, die sich im Wasser lösen. Diese in Küstennähe unter natürlichen Umständen nur in geringen Konzentrationen vorkommenden Stoffe sind wichtig für das Wachstum von Algen in allen Ausprägungen, namentlich des mikroskopisch kleinen Phytoplanktons, das eine wesentliche Nahrungsquelle für unzählige Meeresorganismen bildet.107 Eine erhöhte Konzentration dieser Stoffe kann jedoch das Algenwachstum über das natürliche Maß hinaus befördern und letztlich negative Auswirkungen haben, die von der weithin anerkannten EU-Definition der Eutrophierung umfasst werden. Unter Eutrophierung wird danach die Anreicherung des Wassers mit Nährstoffen verstanden, insbesondere mit Stickstoff- und Phosphorverbindungen, die zu einem erhöhten Wachstum von Algen und höheren Formen des pflanzlichen Lebens und damit zu einer unerwünschten Beeinträchtigung des biologischen Gleichgewichts und der Wasserqualität führt.108 Diese Beeinträchtigungen bestehen in einem erhöhten Auftreten von Mikroalgen, die bisweilen Verfärbungen des Meerwassers hervorrufen, in Schaumentwicklung auf dem Wasser, Fischsterben, Vergiftung von Muscheln, Veränderungen in Nahrungsketten sowie Sauerstoffentzug aus den Sedimenten durch Zersetzungsprozesse absinkender Algenblüten.109 Als Folgeerscheinung einer durch Algenzunahme erhöhten Trübung des Wassers wurde außerdem festgestellt, dass sich die Tiefe, bis zu der größere Wasserpflanzen wie Seetang und Seegras vorkommen, reduziert, weil die Schwebstoffe auch die Lichtdurchlässigkeit des Meerwassers verringern.110 Noch nicht abschließend geklärt ist hingegen die Frage, ob die Emission löslicher Nährstoffe aus Fischfarmen auch für ein erhöhtes Auftreten oder eine erhöhte Giftigkeit von periodisch auftretenden toxischen Algenblüten verantwortlich ist.111 Diese auch aus früheren Zeiten bekannten Algenblüten treten seit den 1990er Jahren immer häufiger auf und fügten vor allem der Aquakulturindustrie in Norwegen großen wirtschaftlichen Schaden zu. Ein anderer in diesem Zusammenhang bedeutender Effekt liegt darin, dass die durch Nährstoffeintrag von Aquakulturanlagen hervorgerufene Eutrophierung Bedingungen schaffen kann, die den Ausbruch von Krankheiten in Fischfarmen begünstigen.112 107 Scottish Executive, Central Research Unit (CRU) Review and Synthesis of the Environmental Impacts of Aquaculture, p. 4. 108 Art. 2 Nr. 11 der Richtlinie 91/271/EWG des Rates vom 21. Mai 1991 über die Behandlung von kommunalem Abwasser, ABl. L 135 vom 30. 5. 1991, S. 40. 109 Scottish Executive, Central Research Unit (CRU) Review and Synthesis of the Environmental Impacts of Aquaculture, p. 5. 110 MacGarvin (WWF), Scotland’s Secret? Aquaculture, nutrient pollutions, eutrophications and toxic blooms, p. 7. 111 Royal Commission on Environmental Pollution, 25th Report, Turning the Tide, p. 147; MacGarvin (WWF), Scotland’s Secret? Aquaculture, nutrient pollutions, eutrophications and toxic blooms, pp. 8 ff. 112 Pillay, Aquaculture and the Environment, p. 94.

II. Aquakultur in Schottland

45

(2) Eintrag chemischer Stoffe Die Haltung von vielen Fischen in einem Netzkäfig verursacht den Tieren selbst bei sorgfältiger Haltung in nicht zu hoher Besatzdichte Stress und macht sie anfälliger für Krankheiten und Parasitenbefall. Auch die Übertragung von Krankheiten und Parasiten innerhalb eines Zuchtbestandes wird durch die Käfighaltung befördert. Auf Fischfarmen wird deshalb eine Vielzahl von Medikamenten eingesetzt. Die Verwendung antibiotischer Mittel zur Bekämpfung von bakteriellen Infektionen hat sich allerdings in den letzten Jahren bis auf geringste Mengen reduziert, weil effektive Impfprogramme sie überflüssig gemacht haben.113 In der Fischzucht werden Antibiotika heute im Vergleich zur Rinder- Geflügel- oder Schweinemast, erheblich seltener und vor allem zur akuten Krankheitsbekämpfung über kurze Zeiträume verwendet, während in der landwirtschaftlichen Tierhaltung häufig Langzeitanwendungen stattfinden. Schädliche Auswirkungen werden daher als vernachlässigbar angesehen.114 Heute handelt es sich bei dem Großteil der in der Salmonidenaquakultur eingesetzten veterinärmedizinischen Präparate um Seeläusemittel, chemotherapeutische Produkte, die zur Kontrolle und Verhinderung des Befalls der Tiere von Seeläusen bestimmt sind. Seeläuse115 sind Exoparasiten, die in den Kiemen oder auf der Körperoberfläche der Fische leben und sich von Haut und Blut ernähren. Dabei verursachen sie offene Wunden, die bei den Tieren großen Stress hervorrufen und sie darüber hinaus für Sekundärinfektionen durch Viren oder Bakterien anfällig werden lassen. Die Verletzungen können sehr tief gehen, sogar bis zum Tode führen und machen den Fisch unvermarktbar.116 Die Behandlung erfolgt mit chemischen Präparaten entweder durch Baden der Fische in mit den Medikamenten angereicherter Meerwasserlösung, die nach Gebrauch ins Meer entlassen wird117, oder über Futterzusätze. Bei beiden Varianten entweichen allerdings beachtliche Mengen in die Gewässer. Sowohl über nicht verzehrtes, als auch über verdautes und ausgeschiedenes Futter gelangen die Stoffe ebenfalls ins Meer. In Schottland sind gegenwärtig vier unterschiedliche Präparate in Gebrauch, die auch behördlich zugelassen sind: die Badebehandlungen Azamethiphos (Markenname „Salmosan“) und Cyperme113

Berry/Davison (WWF), Bitter Harvest, A call for reform in Scottish aquaculture, p. 14. Scottish Executive, Central Research Unit (CRU) Review and Synthesis of the Environmental Impacts of Aquaculture, p. 21. 115 Die Aquakultur ist vor allem von den beiden Arten Lepeophteirus salmonis und Caligus elongatis betroffen, Davenport et al., Aquaculture, the ecological issues, p. 39. 116 Davenport et al., Aquaculture, the ecological issues, p. 39. 117 Bei den sog. „bathing-treatments“ werden die im Käfig schwimmenden Fische mit Hilfe einer Kunststofffolie, die vom Gehegeboden nach oben bewegt wird, knapp unter der Wasseroberfläche auf der Folie versammelt. In das so verringerte Wasservolumen zwischen Folie und Wasseroberfläche, in dem sich die Tiere dann gedrängt befinden, wird eine entsprechende Dosis des Medikaments eingebracht und für die Behandlungsdauer belassen. Nach einigen Minuten wird die Folie entfernt und die Fische zurück in den Käfig, die Medikamentenlösung ins Meer gelassen. Quelle: Interview mit Marc Browne, Technical Director der Fa. Lakeland Marine am 9. 8. 2010 in Lochgilphead. 114

46

B. Regelungsgegenstand Aquakultur: Probleme und Herausforderungen

thrin (Markenname „Excis“) sowie die Futterzusatzstoffe Emamectin Benzoate (Markenname „Slice“) und Teflubenzuron (Markenname „Calicide“).118 Da es sich bei den Seeläusen als Zielindividuen der Anwendung um Krustentiere handelt wird vermutet, dass durch Rückstände im Meerwasser auch wild lebende wirbellose Krustentiere geschädigt werden könnten.119 Zur Messbarkeit und den möglichen Auswirkungen von Medikamentenrückständen sind einige Studien120 durchgeführt worden, die je nach Präparat zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Einige Stoffe sind nach ihrem Einsatz längere, andere nur sehr kurze Zeit nachweisbar; eine unmittelbar toxische Wirkung wurde im Fall von Cypermethrin festgestellt: eine fünf Stunden nach der Behandlung entnommene Wasserprobe rief Bewegungsunfähigkeit bei bestimmten Kleinkrebsen (Eohaustorius estuaris) hervor, die man für 48 Stunden der Probe ausgesetzt hatte. Da sich Cypermethrin leicht mit organischen Partikeln verbindet, werden Beeinträchtigungen für im Sediment lebende Kleinorganismen vermutet. Bei Versuchen mit einem dem Präparat Teflubenzuron strukturell ähnlichen Insektizid konnte eine Verringerung der lokalen Zooplanktondichte und des Artenreichtums im Sediment festgestellt werden; die Tests fanden allerdings im Süßwasser statt.121 Eine über fünf Jahre angelegte umfangreiche Studie zu den Umweltauswirkungen von Seeläusemitteln kam 2001 zu dem Ergebnis, dass abseits der unmittelbaren Umgebung der Farmen ein messbarer Effekt der Präparate auf die marine Umwelt nicht festzustellen ist.122 Die Langzeitauswirkungen des Einsatzes aller dieser Medikamente sind bisher nicht erforscht. In Norwegen wird für die Bekämpfung von Seeläusen auch auf natürliche Methoden zurückgegriffen. In die Netzkäfige werden Putzerfische gesetzt (Lippfisch, Ctenolabrus rupestris), die die Salmoniden von den Seeläusen befreien. Aufgrund der hohen Sterblichkeit dieser Art müssen die Putzerfische allerdings regelmäßig ausgetauscht werden. Befürchtet wird zudem, dass sie möglicherweise als Krankheitsüberträger den Zuchtfischbestand anstecken könnten.123 Antifoulingmittel, die ins Wasser eingebrachte Aquakulturausrüstung wie vor allem Netzkäfige vor Bewuchs mit Algen und anderen Organismen schützen sollen, werden als Farbanstrich aufgetragen und können mit ihren teils giftigen Bestandteilen das marine Ökosystem beeinträchtigen. Die Chemikalie Tributylzinn (TBT) 118 Scottish Executive, Central Research Unit (CRU) Review and Synthesis of the Environmental Impacts of Aquaculture, p. 18. 119 Grant, Medicines for sea lice, Pest Management Science 58, pp. 521 – 527; FRS (Fisheries Research Service), Environmental Impacts of Fish Farms; siehe auch Scottish Executive, CRU, pp 18 ff. 120 Scottish Executive, Central Research Unit (CRU) Review and Synthesis of the Environmental Impacts of Aquaculture, pp. 18 ff. 121 Scottish Executive, Central Research Unit (CRU) Review and Synthesis of the Environmental Impacts of Aquaculture, p. 21. 122 Scottish Association for Marine Science et al., Ecological effects of sea lice medicines in Scottish sea lochs, Final report 9 Febuary 2005, p. 1. 123 Davenport et al., Aquaculture, the ecological issues, p. 41.

II. Aquakultur in Schottland

47

wurde bis 1987 verwendet, danach wegen der erwiesenen Giftigkeit124 für zahlreiche marine Organismen verboten, insbesondere wegen der Beeinträchtigung der Fortpflanzungsfähigkeit von Austern.125 Noch immer wird vom Fisheries Research Service (FRS) in einigen Gebieten die TBT-Konzentration des Seewassers überwacht. Heute werden stattdessen Antifouling-Produkte auf Kupferbasis benutzt. 19 von 24 derzeit in Schottland zugelassenen Antifouling-Anstrichen beinhalten als Wirkstoff Kupfer, Kupferoxide oder Kupfersulfate.126 Ob auch diese Stoffe negative Auswirkungen auf die Meeresnatur haben wird derzeit untersucht127, die potenzielle Schädigung von benthischen, d. h. im Sediment lebenden, Organismen aber angenommen.128 Spuren von Metallen finden sich in Futtermitteln für die Aquakultur als Bestandteile der einzelnen Zutaten und als gezielte mineralische Nahrungszusätze. So gelangen Spuren von Schwermetallen, Kupfer, Zink, Eisen, Magnesium, Cadmium, Fluor, Mangan, Arsen, Selen und Quecksilber ins Meer und kontaminieren den Seegrund unter den Netzkäfigen; darauf zurückgehende nachteilige Beeinflussungen des benthischen Lebensraumes werden für wahrscheinlich gehalten.129 Hinsichtlich der vielgestaltigen Probleme und Risiken, die sich aus dem Eintrag von Fremdstoffen durch marine Netzkäfigaquakultur ins Meer ergeben, bestehen also, neben den verhältnismäßig gut erforschten Gefährdungen durch die Eutrophierung, gewisse Unsicherheiten und Forschungslücken.130 Dies gilt vor allem für die langfristigen Effekte der zumeist messbaren, aber bisher nicht in ihren vollen Auswirkungen abzusehenden Anreicherung des marinen Lebensraumes mit chemischen Fremdstoffen und ihrer Schädlichkeit für wild lebende Organismen. Die Unsicherheiten beruhen zu einem nicht unerheblichen Teil auf der technischen Schwierigkeit, entsprechende Untersuchungen überhaupt durchzuführen und auszuwerten. An neuen Verfahren der Erfassung und Überwachung wird unterdessen gearbeitet. Entsprechende Studien, die auch als Grundlage für die Erarbeitung von verwaltungstechnisch handhabbaren Maßstäben geeignet sein sollen, werden vor allem in der naturwissenschaftlichen Fachliteratur umfangreich diskutiert.131 124 Watermann u. a., Endokrine Effekte durch Tributylzinn (TBT), in: Lozán et al., Warnsignale aus Nordsee und Wattemeer, eine aktuelle Umweltbilanz, S. 239 – 247. 125 Pillay, Aquaculture and the Environment, p. 19. 126 Scottish Executive, Central Research Unit (CRU) Review and Synthesis of the Environmental Impacts of Aquaculture, p. 21. 127 FRS (Fisheries Research Service), Environmental Impacts of Fish Farms. 128 Scottish Executive, Central Research Unit (CRU) Review and Synthesis of the Environmental Impacts of Aquaculture, p. 22. 129 Scottish Executive, Central Research Unit (CRU) Review and Synthesis of the Environmental Impacts of Aquaculture, p. 22. 130 So auch die Ergebnisse und Empfehlungen („Research Gaps“) der Royal Commission on Environmental Pollution, 25th Report, Turning the Tide, p. 23. 131 Z.B. Fernandes et al., The scientific principles underlying the monitoring of the environmental impacts of aquaculture, J. Appl. Ichthyol. 2001, pp. 181 – 193; Costello et al., The control of chemicals used in aquaculture in Europe, J. Appl. Ichthyol. 17 (2001), pp. 173 – 180

48

B. Regelungsgegenstand Aquakultur: Probleme und Herausforderungen

(3) Übertragung von Krankheiten und Parasiten auf Wildbestände Schädliche Umweltauswirkungen offener Netzkäfig-Fischfarmen können auch in der Übertragung von Krankheiten und Parasiten auf Wildbestände von Salmonidenarten liegen. Wegen der im Vergleich zu den natürlichen Lebensbedingungen engen Haltung der Fische in Netzkäfigen und den dadurch erhöhten Stress sind Zuchtfische erheblich anfälliger für Krankheiten und den Befall von Parasiten. Die Ansteckende Blutarmut der Lachse (Infectious Salmon Anemia, ISA), die Infektiöse Pankreasnekrose (Infectious Pancreatic Necrosis, IPN) und die bakteriellen Erkrankungen Furunculosis und Vibriosis sind die wichtigsten auftretenden Krankheiten, die in der Aquakulturindustrie zu großen Verlusten geführt haben. Neben der Seelaus befällt auch der Parasit Gyrodactylus salaris häufig Zuchtbestände.132 Während Krankheitsübertragungen durch Aquakulturaktivitäten z. B. durch Transportschiffe133 oder die Umsetzung von Fischen von Fischfarm zu Fischfarm ein bekanntes Problem sind, lassen sich Übertragungen von dort auf Wildbestände schwer feststellen. Wesentliche Ursache für die Nachweissschwierigkeit ist, dass infizierte und dadurch geschwächte Tiere in der freien Wildbahn schnell Fressfeinden zum Opfer fallen oder verenden. Studien mit aussagekräftigen Ergebnissen hinsichtlich der Übertragungswege lassen sich bei Transporten technisch nur schwer durchführen. Zu einer erwiesenermaßen durch die Umsiedelung von Fischen zu Zuchtzwecken hervorgerufenen Ansteckung von Wildbeständen kam es Mitte der 1970er Jahre. Mit der Verbringung baltischer Lachspopulationen war der Parasit Gyrodactylus salaris in Norwegen eingeschleppt worden. Die baltische Lachsart war im Gegensatz zu der in Norwegen heimischen Art gegen Schädigungen durch diesen Parasiten resistent. In der Folge wurden zahlreiche Wildpopulationen regelrecht ausgelöscht. Im Übrigen ist der Aspekt der Krankheitsübertragung auf Wildbestände bei Fischverbringungen, soweit ersichtlich, bisher nicht umfassend erforscht und daher viele Fragen noch offen. Ein großes Gefahrenpotential für die Verbreitung von Krankheiten und Parasiten auf Wildfische ist aber jedenfalls dann gegeben und darf als nachgewiesen gelten, wenn diese sich auf ihren natürlichen Wanderrouten in der Nähe von Fischfarmen aufhalten und so einer stark erhöhten Konzentration von Krankheitserregern oder Parasitenlarven ausgesetzt sind. Insbesondere die Übertragung von Seeläusen aus Lachsfarmbeständen auf vorbeiziehende junge Seeforellen (Salmo trutta) wird als Ursache eines merklichen Rückgangs der Wildpopulationen betrachtet. Ähnliche Schlüsse werden aus dem Rückgang der Populationen (176 ff.); Mayor et al., Factors Affecting benthic Impacts at Scottish Fish Farms, Environ. Sci. Technol. 44 No. 6 (2010), pp. 2079 – 2084. 132 Zu den häufig auftretenden Fischkrankheiten siehe die Tabelle in: Huntington et al., Some Aspects of the Environmental Impact of Aquaculture in Sensitive Areas, Report to the DG Fish and Maritime Affairs of the European Commission, pp. 87 – 88. 133 Murray et al., Shipping and Spread of Infectious Salmon Anemia in Scottish Aquaculture, Emerging Infectious Diseases (2002), pp. 1 – 5.

II. Aquakultur in Schottland

49

des wilden Lachses gezogen, wenngleich ein direkter Zusammenhang bislang nicht festgestellt wurde; in Fachkreisen wird eine Kausalverbindung aber für wahrscheinlich gehalten.134 Als reales Problem betrachtet man die potenzielle Ansteckung von Wildbeständen mit bakteriellen und Viruserkrankungen. Eine durch Zuchtfischimporte ausgelöste Epidemie der Furunculosis verursachte 1985 schwere Schäden bei wilden Lachsbeständen. Während des Ausbruchs der ansteckenden Blutarmut der Lachse ISA in schottischen Aquakulturbeständen 1998/1999 wurde die Erkrankung auch bei Wildfischen festgestellt, weder über den Übertragungsweg noch über die letztlichen Auswirkungen sind indes genaue Kenntnisse vorhanden. Ebenso unklar ist, ob und wie, bzw. in welchem Umfang der Transfer der Infectious Pancreatic Necrosis (IPN) von Zucht- auf Wildfische geschieht.135 (4) Entweichen von Zuchtfischen und Auswirkungen auf Wildbestände Immer wieder kommt es vor, dass durch Unfälle beim Betrieb, schweres Wetter, schlecht instand gehaltenes oder minderwertiges Material oder durch von Seehunden hervorgerufene Schäden, Fische aus den Netzkäfigen entkommen. Die Zahl der Flüchtlinge wird aufgrund der bestehenden Meldepflichten in Schottland statistisch erfasst und belief sich danach für das Jahr 2008 auf 10.690 Regenbogenforellen und 56.941 Atlantische Lachse von Seewasserstandorten.136 Die Zahlen lagen in den Jahren zuvor aber teils bei einem Vielfachen. So wurde 2002 der Verlust von allein 367.405 Atlantischen Lachsen aus Seewasserstandorten verzeichnet.137 Hinzukommen dürfte überdies eine Dunkelziffer nicht gemeldeter Fälle. Das Entkommen von Fischen aus Aquakultur ist nicht nur aus der ökonomischen Sicht der Betreiber unerwünscht, sondern kann zu nachhaltigen Schäden der Umwelt führen. Aufgrund der hohen Zahl der entkommenen Zuchtfische wird geschätzt, dass die Zahl der Fluchttiere, bei realistischer Annahme einer durchschnittlichen Verlustquote von 1 % der in Aquakultur gehaltenen Lachse, bereits die Zahl der Tiere in wilden Lachspopulationen überschreitet.138 Das gravierendste Folgeproblem liegt in der Verringerung der genetischen Variabilität in den Wildbeständen über die Fortpflanzung und dadurch hervorgerufene genetische Vermischung mit den Zuchtfischen. Innerhalb wild lebender Populationen hängt der natürliche Selektionsdruck in seiner Ausrichtung von den jeweiligen Umweltbedingungen ab und fällt je nach Beschaffenheit der Lebensräume sehr 134 Für den ganzen Absatz: Scottish Executive, Central Research Unit (CRU) Review and Synthesis of the Environmental Impacts of Aquaculture, pp. 24 – 26. 135 Scottish Executive, Central Research Unit (CRU) Review and Synthesis of the Environmental Impacts of Aquaculture, p. 26; Pillay, Aquaculture and the Environment, p. 93. 136 Marine Scotland, Scottish Fish Farms Annual Production Survey 2008, pp. 4, 19. 137 Marine Scotland, Scottish Fish Farms Annual Production Survey 2002, p. 19. 138 Scottish Executive, Central Research Unit (CRU) Review and Synthesis of the Environmental Impacts of Aquaculture, p. 29.

50

B. Regelungsgegenstand Aquakultur: Probleme und Herausforderungen

unterschiedlich aus. Dies führt bei wild lebenden Salmoniden zu einer Diversifizierung des Genpools. Hinzu kommt eine geringe Durchmischungsrate zwischen den einzelnen Populationen, die sich daraus erklärt, dass die Tiere zur Laichzeit zuverlässig an Ihre angestammten Orte zurückkehren. Dadurch bleibt unter natürlichen Bedingungen innerhalb des Gesamtbestandes anadromer Arten eine große genetische Vielfalt auch langfristig erhalten. Zuchtfische sind demgegenüber aus einer kleineren Zahl von genetischen Stämmen herangezogen und unterliegen während ihrer Anzucht vollkommen anderen, aber unter einander gleichartigen Selektionszwängen oder zuchtbedingten Manipulationen. Sie sind daher mit schlechteren genetischen Voraussetzungen für das Überleben in der Freiheit ausgestattet, können wegen ihrer großen Zahl dieses Erbgut aber gleichwohl weithin durchsetzen und schwächen damit die genetische Konstitution der Wildpopulation insgesamt.139 Als noch ernster kann sich in diesem Zusammenhang das Entkommen von Zuchtfischen nicht heimischer Arten auswirken. Von ihnen geht nicht nur die Gefahr der Kontaminierung des Genpools von wild lebenden Arten aus, sondern sie können als invasive Spezies die jeweiligen Ökosysteme von Grund auf verändern und heimische Arten völlig verdrängen.140 Anders als im südamerikanischen Chile, wo der Atlantische Lachs als gebietsfremde Art in Massenhaltung kultiviert wird, spielen nicht heimische Zuchtfische in Schottland jedoch bisher keine Rolle.141 Versuche, die schädlichen Effekte zu vermeiden, setzen zum einen bei der Verwendung unfruchtbarer Zuchtarten an. Erfolgreich wurde bei Forellen bereits die Züchtung triploider Weibchen mit einem abweichenden Chromosomensatz erreicht, die sich jedoch wegen mangelnder Robustheit als für die Aquakultur untauglich erwiesen haben.142 Zum anderen richteten sich die Strategien gegen die Ursachen des Entkommens. Insbesondere wird versucht Raubtiere, wie in erster Linie Seehunde, abzuhalten, deren Angriffe ein häufiger Grund für Löcher in den Netzkäfigen sind. Diese Maßnahmen sind ihrerseits zu Teilen als umweltschädlich einzustufen. So haben akustische Abwehrmittel (frightening devices), die unter Wasser hochfrequente Töne emittieren, nicht nur eine abschreckende Wirkung auf Seehunde, sondern stören die mit feineren Geräuschsinnen ausgestatteten Meeressäuger, vor

139

Für die Problematik der Verringerung genetischer Variabilität: Naylor et al., Fugitive Salmon: Assessing the Risks of Escaped Fish from Net-Pen Aquaculture, BioScience 55(5), pp. 427 – 437 (430) 2005; Scottish Executive, Central Research Unit (CRU) Review and Synthesis of the Environmental Impacts of Aquaculture, p. 29; Pillay, Aquaculture and the Environment, p. 88. 140 Beispiele bei Pillay, Aquaculture and the Environment, pp. 81, 82. 141 Als Ausnahme könnte indes die bereits 1885 ausgewilderte Regenbogenforelle genannt werden, die aus Nordamerika stammt und inzwischen in großen Wildbeständen in Schottland vorkommt, dazu: Tweed Foundation, Rainbow Trout in Scotland, a blessing or a curse?. 142 Scottish Executive, Central Research Unit (CRU) Review and Synthesis of the Environmental Impacts of Aquaculture, p. 29.

II. Aquakultur in Schottland

51

allem Wale und Delfine.143 Zum Teil werden Seehunde und Otter auch mittels Fallen oder Gewehrschüssen getötet.144 (5) Verfütterung von Fischmehl und Fischöl Ein Gesichtspunkt, der für die mittelbare Umweltbelastung durch Aquakultur ebenfalls von großer Bedeutung ist, liegt in dem weithin noch immer auf Fischöl und Fischmehl basierenden Futtermitteleinsatz. Die vorwiegende Zucht von karnivoren Arten bringt es bei der Fütterungspraxis mit Fischmehl und Fischölpellets mit sich, dass zur Produktion von einem Kilogramm Zuchtfisch bis zu 5 kg Wildfisch verbraucht werden.145 Der inzwischen durch Überfischung unter Druck gesetzte Bestand an Futterfischen führt sowohl zu einer weiteren Verknappung der Futtermittelressourcen für die Aquakultur als auch zu Störungen der marinen Nahrungskette. In der Nordsee wurden Zusammenhänge zwischen dem der Fang von unterschiedlichen Kleinfischen zur Fischmehlproduktion und Rückgängen anderer Nutzfischbestände wie dem Kabeljau hergestellt.146 Bestrebungen, den Anteil von Fischmehl und Fischölen in den Futtermitteln zu reduzieren, gehen nicht nur auf die Umweltproblematik sondern auch auf steigende Preise zurück. Futtermittel sind in der kommerziellen Aquakultur der mittlerweile größte Kostenfaktor.147 Die praktische Umsetzung eines Umstiegs auf hauptsächlich pflanzliche Fette wird in der Aquakulturindustrie dennoch nur mit Bedenken vorangetrieben. Zwar konnte in Versuchen gezeigt werden, dass die Ernährung von Salmoniden auf Grundlage von Rapsölprodukten grundsätzlich praktikabel ist. Jedoch reduziert sich der Gehalt von ernährungsphysiologisch wertvollen Omega-3-Fettsäuren im Fleisch der Zuchtfische und mindert dementsprechend die Qualität und den Wert des Endprodukts. Abhilfe soll hier eine 12wöchige Mastphase mit ausschließlich fischölbasiertem Futter unmittelbar vor der Schlachtung bringen.148 Die bisher unter dem Gesichtspunkt der Ressourcenschonung keiner zwingenden rechtlichen Regelung unterliegende Verwendung von Fischmehl- und Fischölprodukten zur Fütterung von Zuchtfisch stellt gleichwohl ein gravierendes Problem dar und könnte künftig einer rechtlichen Steuerung bedürfen. 143 Scottish Executive, Central Research Unit (CRU) Review and Synthesis of the Environmental Impacts of Aquaculture, p. 30. 144 Quick et al., A survey of antipredator controls at marine salmon farms in Scotland, Aquaculture 230 (2004), pp. 169 – 180 (170). 145 Naylor et al., Effect of aquaculture on world fish supplies, Nature 405 (2000), pp. 1017 – 1024 (1019). 146 Naylor et al., Effect of aquaculture on world fish supplies, Nature 405 (2000), pp. 1017 – 1024 (1021). 147 Naylor et al., Effect of aquaculture on world fish supplies, Nature 405 (2000), pp. 1017 – 1024 (1022). 148 Bell et al., Rapeseed oil as an alternative to marine fish oil in diets of post smolt Atlantic Salmon: changes in flesh fatty acid composition and effectiveness of subsequent fish oil „wash out“, Aquaculture 218 (2003), pp. 515 – 528.

52

B. Regelungsgegenstand Aquakultur: Probleme und Herausforderungen

bb) Belastungspotential der Muschelzucht Im Vergleich zur Aquakultur von Fischen belastet die Kultivierung von Muscheln die marinen Ökosysteme wesentlich weniger149, ihre schädlichen Auswirkungen werden allgemein als minimal eingestuft.150 Die Tiere werden in ihrer natürlichen Umgebung ohne Zugabe von Medikamenten oder zusätzlichem Futter gehalten und tragen in der Bilanz nicht zu einem erhöhten Nährstoffeintrag bei. Zwar emittieren in großer Zahl versammelte Muschelbestände auch organische Stoffe, hauptsächlich Fäkalien und sog. Pseudo-Fäkalien (Substanzen, die während des Filterns von Meerwasser entstehen und ausgeschieden werden) sowie Reste von Muschelschalen. Ein Großteil dieser Stoffe wird jedoch von anderen Meeresbewohnern direkt auf der Farm verwertet151, sodass Sedimentveränderungen durch Muschelfarmen nur in sehr geringem und lokal begrenztem Umfang auftreten und bei niedriger Besatzdichte als unproblematisch gelten.152 Dies gilt umso mehr für die mit der Langleinenmethode angebauten Miesmuscheln, die direkt in der Strömung hängend permanent von Wasser umspült werden. Hier werden Schwebstoffe sofort davongetragen, sodass eine Gefahr der Ansammlung im Sediment nicht gegeben ist.153 Die Ernährungsweise der Muscheln führt bezüglich der Nährstoffbilanz zudem zu einem gegenteiligen Effekt: Austern, Miesmuscheln und andere Zuchtarten filtern ihre aus Phytoplankton bestehende Nahrung aus dem Meerwasser und entfernen so Nährstoffe daraus. Die Menge der von den Muscheln absorbierten Nährstoffe variiert nach Jahreszeit und hängt darüber hinaus von der kultivierten Art, der Größe und Lage der Farm sowie von den vorherrschenden biologischen und physikalischen Bedingungen ab. Man nimmt an, dass pro produzierter Tonne Miesmuscheln ungefähr 0,5 kg Phosphat, 6,6 kg Stickstoff und 32,5 kg Kohlenstoff aus der Wassersäule entfernt werden.154 Wegen dieser Zusammenhänge wird derzeit daran geforscht, die Filtertätigkeit von Muscheln zum Ausgleich der hohen Nährstoffeinträge von Fischfarmen nutzbar zu machen, indem Muscheln und Fische in kombinierter Aquakultur gemeinsam oder in räumlicher Nähe zueinander betrieben werden.155 Die gewässerökologisch günstige Funktion der Muscheln als Nährstofffilter macht die Tiere allerdings zugleich anfällig für die Aufnahme und Anreicherung schädlicher Stoffe aus dem Meerwasser. Muscheln können insbesondere durch im Wasser enthaltene Fäkalbakterien vergiftet werden. Ein weiteres gravierendes Problem besteht in den Auswirkungen giftiger Algenblüten, die ebenfalls zur Anrei149

Berry/Davison (WWF), Bitter Harvest, A call for reform in Scottish aquaculture, p. 15. Scottish Executive, Central Research Unit (CRU) Review and Synthesis of the Environmental Impacts of Aquaculture, p. 16. 151 Berry/Davison (WWF), Bitter Harvest, A call for reform in Scottish aquaculture, p. 15. 152 Black, Environmental Impacts of Aquaculture, p. 59. 153 Black, Environmental Impacts of Aquaculture, p. 62. 154 Berry/Davison (WWF), Bitter Harvest, A call for reform in Scottish aquaculture, p. 15. 155 Scottish Executive, Central Research Unit (CRU) Review and Synthesis of the Environmental Impacts of Aquaculture, p. 15. 150

II. Aquakultur in Schottland

53

cherung der Muscheln mit Toxinen führen. Diese Gifte rufen beim Menschen wie bei Wildtieren nach dem Verzehr schwere gastritische oder neurologische Vergiftungserscheinungen hervor. In der jüngeren Vergangenheit kam es wegen des Auftretens verschiedener toxischer Stoffe in Muscheln zu Ernteverboten und zur saisonalen Schließung von Standorten, die der Muschelzuchtwirtschaft regelmäßig schwere Verluste zufügt.156 In Nordwest-Schottland waren aus diesem Grund sogar auf Muscheln spezialisierte Aquakulturunternehmen von der Schließung bedroht.157 Die Umweltproblematik im Zusammenhang mit dem Nährstoffhaushalt zeigt sich somit bei der Muschelzucht weniger im Belastungspotential, hingegen noch stärker in der Weise, dass eine nutzbringende Bewirtschaftung zwingend auf hohe Wasserqualität angewiesen ist. Auch die Ernte der Muscheln bringt keine wesentlichen Beeinträchtigungen mit sich, soweit es sich um die in Schottland vorwiegend verwendeten Langleinentechnik und die Kultivierung von Austern in der Gezeitenzone handelt. Lediglich die Muschelernte mittels der Dredge als typischer Ernteeinrichtung, wie sie für die in Bodenhaltung kultivierte Europäische Auster verwendet wird, kann schädliche Effekte mit sich bringen. Studien haben ergeben, dass durch die mechanische Einwirkung der Dredgen auf den Meeresgrund ein starker Rückgang der Zahl der dort lebenden Organismen eintrat und die Erholung des geschädigten Lebensraumes mehrere Jahre in Anspruch nahm.158 Schließlich ist die Verwendung nicht heimischer Arten in der Muschelaquakultur ein potenzielles Umweltrisiko. Obwohl die Einführung der in den schottischen Gewässern nicht vermehrungsfähigen Pazifischen Auster keine unmittelbaren Beeinträchtigungen der Umwelt mit sich gebracht hat, gibt es doch mittelbare Folgen. Wann immer Muschelsaat von einem Land in ein anderes verbracht wird, können nicht heimische Arten mittransportiert und so Krankheiten, fremde Tier- und Pflanzenarten verteilt werden, die sich möglicherweise für die im Zielgebiet heimische Fauna und Flora als schädlich erweisen. So ist die Einschleppung der invasiven Seegras-Art Sargassum muticum in weite Teile Europas und Nordamerikas auf die Kultivierung der Pazifischen Auster zurückzuführen.159 Zu großen Schwierigkeiten haben auch eingeschleppte Krankheiten und Parasiten wie die Bonamia ostrea geführt. Bei dieser Erkrankung setzen sich winzige Parasiten in den Blutzellen der Austern fest und führen zu hohen Sterblichkeitsraten. Die hohen Verluste durch Bonamia ostrea in britischen Gewässern bewirkten einen Zusammenbruch der Zucht von einheimischen Austern.160 156

Smaal, European mussel cultivation along the Atlantic coast: production, status, problems and perspectives, Hydrobiologia Vol. 484 (2002), pp. 89 – 98 (93). 157 Scottish Executive, Central Research Unit (CRU) Review and Synthesis of the Environmental Impacts of Aquaculture, p. 15. 158 Black, Environmental Impacts of Aquaculture, p. 54. 159 Berry/Davison (WWF), Bitter Harvest, A call for reform in Scottish aquaculture, p. 15. 160 Black, Environmental Impacts of Aquaculture, p. 57.

54

B. Regelungsgegenstand Aquakultur: Probleme und Herausforderungen

b) Nutzungskonflikte zwischen Aquakultur und anderen Küstennutzungen Neben den Umweltauswirkungen der industriell betriebenen Aquakultur können durch den Flächenbedarf von Fisch- und Muschelfarmen auch Interessenkonflikte mit konkurrierenden Nutzungen treten, die das Bedürfnis nach einer rechtlichen Regelung hervorrufen und sich im Recht Schottlands und des Vereinigten Königreichs auch bereits niedergeschlagen haben. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang vor allem der Schiffsverkehr und der Tourismus sowie der allgemeine Landschaftsschutz. Offensichtlich ist ein Konfliktpotential zwischen Schifffahrt und Aquakultur vorhanden: sind Netzkäfige in oder zu nahe an einer Fahrrinne positioniert, kann es zu Kollisionen mit beiderseitigem Schaden kommen. Erforderlich ist zudem die Berücksichtigung von Aquakulturanlagen in Seekarten. Eine weniger augenfällige Schwierigkeit liegt schließlich darin, dass mit reflektierenden Folien markierte Fischfarmen die zur Navigation unentbehrlichen Radarsysteme moderner Schiffe stören können.161 Soweit es um die Erhaltung schützenswerter oder touristisch genutzter Landschaftsbilder vor optischen Veränderungen durch Aquakulturanlagen geht, variiert die Anschauung darüber, was sich bereits als Beeinträchtigung darstellt. Die Netzkäfigstrukturen mögen unauffällig sein, verändern zusammen mit der am Ufer zu errichtenden Infrastruktur wie Straßenanbindungen und Wirtschaftsgebäuden aber doch den Anblick der Landschaft. Hinzu kommen die zahlreichen Aktivitäten des Bewirtschaftens, verbunden mit Bewegung und dem Einsatz von Technik am und auf dem Wasser, die den Charakter einer Landschaft prägen. Gerade in Gebieten mit vorherrschender und erfolgreicher Tourismuswirtschaft setzen sich Anlieger und Gewerbetreibende häufig erbittert für die Bewahrung des gänzlich unberührten Landschaftsbildes ein und sind gegenüber jeglicher Bewirtschaftung der Lochs außerordentlich kritisch eingestellt. Zuletzt sind Interessenkollisionen zu erwähnen, die direkt mit den oben beschriebenen Umweltbelastungen durch Fischfarmen in Verbindung stehen. Die Gefahr von Krankheitsübertragungen führt bisweilen dazu, dass Konflikte zwischen einzelnen Aquakulturbetreibern entstehen, die in zu großer räumlicher Nähe zueinander arbeiten und möglicherweise durch benachbarte Aquakulturen Schaden erleiden. Die Wildfischerei ist nicht nur von der Möglichkeit der Krankheits- oder Parasitenübertragung betroffen, sondern vor allem um die wilden Lachsbestände besorgt, deren genetische Überlebensfähigkeit durch entkommene Zuchtfische bedroht ist.

161

2010.

Interview mit Dr. John Webster, vom Lachszüchterverband SSPO in Perth am 27. 07.

II. Aquakultur in Schottland

55

c) Regelungsziele Tiergesundheit und Lebensmittelsicherheit Einige der von der Warte der Umweltbelastung geschilderten Probleme der Aquakultur haben schließlich zu Regelungen anderer Zielrichtung geführt. Wie soeben dargelegt, sind in Aquakultur gehaltene Wassertiere aufgrund der unter Zuchtbedingungen auftretenden Stressfaktoren anfälliger für Wassertierkrankheiten, die sich zudem wegen der hohen Dichte von Tieren schneller verbreiten. Diese Probleme sind nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Übertragung auf Wildbestände, mithin als Umweltproblem Gegenstand von Rechtsvorschriften. Sie werden vielmehr auch unter den Aspekten der Tiergesundheit und der Vermeidung von wirtschaftlich unter Umständen verheerenden Verbreitungen solcher Krankheiten zum Gegenstand rechtlicher Regelungen. Ebenfalls erwähnt wurde die Empfindlichkeit von Muscheln für die Anreicherung von schädlichen Fremdstoffen, die sie zum Verzehr ungeeignet machen können. Rechtliche Beschränkungen sind hier ebenfalls nicht nur aus dem umweltschützerischen Ansatz, sondern in erster Linie im Interesse der Lebensmittelsicherheit entstanden.

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente I. Überblick: Rechtlicher Rahmen der Aquakultur Mit dem Aufstieg der Aquakultur nahm auch die Zahl der Regelungen zu, die der Bewältigung der problematischen Umweltgesichtspunkte und der Lösung der vornehmlich im Küstenraum auftretenden Nutzungskonflikte dienen. Mittlerweile kann von einer hohen Regelungsdichte gesprochen werden, nimmt man die aus verschiedenen Richtungen auf die Aquakultur zugreifenden Normen zusammen. Die Rechtsquellen sind hierbei vielfältig. Geltung beanspruchen im Zusammenhang mit der Aquakultur auf internationaler Ebene verschiedene völkerrechtliche Abkommen und das allgemeine Umwelt-, Handels- und Lebensmittelrecht der Europäischen Union sowie seit mehreren Jahren sachspezifische EU-Normen, die einige spezielle Aspekte der Fisch- und Muschelzucht zum Gegenstand haben. Auf der nationalen Ebene führte der 1998 vollzogene Schritt zur teilweisen Regionalautonomie Schottlands162 zu einer weiteren Differenzierung der Rechtsquellen und der zuständigen Institutionen. Seit dem Inkrafttreten des für die Verfassungsreform maßgeblichen Scotland Act 1998 verfügt Schottland über ein Parlament und eine Regionalregierung, die zur Wahrnehmung ihrer Kompetenzen mit einem eigenen, staatsorganisatorisch jedoch dem Vereinigten Königreich zugehörigen Verwaltungsapparat ausgestattet ist.163 Die Übertragung von Rechtsetzungskompetenzen (devolution) im Rahmen des Scotland Act 1998 erfolgte nach dem negativen Enumerationsprinzip164 : Als devolved matters wurden dem neu geschaffenen schottischen Parlament grundsätzlich alle Bereiche übertragen, die nicht ausdrücklich der Kompetenz des britische Parlaments in Westminister vorbehalten sind.165 Die Anzahl der Vorbehaltsmaterien (reserved matters166) ist zwar verhältnismäßig groß, gleichwohl wurden weite Teile wie vor allem regionalbezogene 162

Zum Begriff der Regionalautonomie und zur Konzeption der Verfassungsreform siehe ausführlicher: Grote, Regionalautonomie für Schottland und Wales – das Vereinigte Königreich auf dem Weg zu einem föderalen Staat? ZaöRV 58 (1998), 109 – 146, noch auf Grundlage der mit dem späteren Scotland Act 1998 schon weitestgehend identischen Entwurfsfassung Scotland Bill 1998. 163 Sec. 51 Scotland Act 1998. 164 Grote, Regionalautonomie für Schottland und Wales – das Vereinigte Königreich auf dem Weg zu einem föderalen Staat? ZaöRV 58 (1998), 109 – 146 (124). 165 Sec. 29 Scotland Act 1998. 166 Schedule 5 Scotland Act 1998.

I. Überblick: Rechtlicher Rahmen der Aquakultur

57

Sachbereiche, etwa die Gemeindeverwaltung aber auch das Baurecht und Umweltbelange167 dem schottischen Parlament überlassen, ohne die fortbestehende alleinige Souveränität des gesamtbritischen Gesetzgebers anzutasten. Sein Recht, auch in devolved matters Gesetze für Schottland zu erlassen, bleibt von der Kompetenzübertragung unberührt.168 Der Grund hierfür wird aus dem Dogma der Parlamentssouveränität abgeleitet, wonach kein Parlament seine eigenen oder die Befugnisse eines nachfolgenden Parlaments beschränken kann. Anders als in der Kompetenzordnung des föderalen Bundesstaates, wie sie für Deutschland in den Art. 70 ff. GG zum Ausdruck kommt, erlangt Schottland aufgrund der devolution also keine eigenen, gegenüber London gerichtlich durchsetzbaren Gesetzgebungszuständigkeiten. Es bleibt bei seiner Rechtsetzung an den jederzeit revisiblen Rahmen des Autonomiegesetzes gebunden und darauf angewiesen, dass der britische Gesetzgeber in den übertragenen Bereichen in der Regel davon absehen wird, Regelungen zu erlassen. Geschähe dies trotzdem, würde – ähnlich wie im Fall der bundesdeutschen Abweichungsgesetzgebung der Länder169 gemäß Art. 72 Abs. 3 Satz 2 GG – die Regel lex posterior derogat legi priori eingreifen und dem jüngeren Gesetz Wirkung verschaffen. Hingewiesen wird allerdings darauf, dass sich gesetzgeberische Aktivitäten Westministers auf den Schottland übertragenen Rechtsgebieten als, wenn auch nicht rechtswidrig (illegal), so doch als nicht verfassungsmäßig (unconstitutional) darstellen können, weil nach angelsächsischem Verständnis auch das Handeln der Staatsorgane als Bestandteil der (ungeschriebenen) Verfassung betrachtet wird. Dies allein bietet aber im Streitfall keine Möglichkeit der Region Schottland, eine etwaige Einmischung Londons in devolved matters zu verhindern oder gerichtlich anzugreifen.170 Auf den breiten Sachbereich der Aquakultur finden somit teils Rechtsnormen Anwendung, die der britischen Regelungskompetenz unterfallen, überwiegend jedoch solche, die von der schottischen Legislative stammen. In der schottischen Rechtsetzung wird in beträchtlichem Umfang von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Regelungsbefugnisse an die schottische Exekutive zu delegieren. Es existieren daher zahlreiche untergesetzliche Vorschriften (subordinate legislation) des Verordnungsrechts, denen für die Verwaltungspraxis eine große, 167

Wooley et al., Environmental Law, pp. 36, 37; siehe auch Page/Read/Ross, A guide to the Scotland Act 1998, p. 47. 168 Sec. 28(7) Scotland Act. 169 Die Vergleichbarkeit ist freilich nur isoliert gegeben, weil eine verbindliche Kompetenzverteilung zwischen Zentralstaat und Gliedstaat nach föderalem Modell mit dem Konzept der devolution gerade nicht verknüpft ist; zur Geltung der lex posterior-Regel im Rahmen der Abweichungsgesetzgebung: Selmer, Folgen der neuen Abweichungsgesetzgebung der Länder – Abschied vom Leitbild gleichwertiger Lebensverhältnisse?, ZG 2009, 33 – 44 (36). 170 Für den ganzen Absatz: Grote, Regionalautonomie für Schottland und Wales – das Vereinigte Königreich auf dem Weg zu einem föderalen Staat? ZaöRV 58 (1998), 109 – 146 (111, 112) m.w.N.

58

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

wenn nicht sogar die überwiegende Bedeutung zukommt. Als Verordnungsgeber werden dabei die Scottish Ministers ermächtigt, sachliche Einzelheiten im Anwendungsbereich eines Gesetzes auszugestalten. Die Scottish Ministers sind der First Minister und die von ihm ernannten weiteren Mitglieder der schottischen Regionalregierung (Scottish Government171). Die so erlassenen Verordnungen unterfallen in Großbritannien dem Oberbegriff des statutory instruments und können je nach Inhalt und Umfang als regulations oder orders bezeichnet sein.172 Schließlich ist auch die als Selbstregulierung verstandene freiwillige Bindung an Regelkataloge zu erwähnen. Diese legen Maßstäbe einer guten fachlichen Praxis der Aquakultur fest, die für selbstbindungswillige Unternehmen unter bestimmten Bedingungen solange verbindlich sind, wie die Mitgliedschaft der die Kodices herausgebenden Organisation beibehalten werden soll. Inzwischen hat der Code of Practice der schottischen Fischaquakultur durch gesetzliche Anerkennung als Prüfungsmaßstab behördlicher Kontrollen in einzelnen Sachgebieten auch eine allgemeinverbindliche Geltung erlangt.173 Um der Mehrschichtigkeit der Normierung gerecht zu werden, soll im folgenden Abschnitt zunächst ein nach Rechtsquellen geordneter Überblick über die wichtigsten relevanten Vorschriften gegeben werden. Dabei werden zunächst das einschlägige Völkerrecht (dazu unter 1.), sodann das Recht der EU (dazu unter 2.) und das nationale Recht (dazu unter 3.) vorgestellt und zuletzt auf aquakulturspezifische Entwicklungen im Bereich der Selbstregulierung eingegangen (dazu unter 4.) 1. Völkerrecht und Einbindung in zwischenstaatliche Organisationen a) Internationale Beziehungen und die Regionalautonomie Schottlands Die Verbindlichkeit bereits bestehender oder künftiger völkerrechtlicher Verträge Großbritanniens auch für das teilautonome Schottland wird durch den Scotland Act 1998 nicht berührt. Für den Abschluss eigener völkerrechtlicher Verträge fehlt Schottland die Kompetenz im konstitutionellen Gefüge des Vereinigten Königreichs. Die Unterhaltung von internationalen Beziehungen, einschließlich derjenigen gegenüber der EU und ihren Organen, bleibt als reserved matter der Regierung des 171 Der Gesetzestext bezeichnet die Regionalregierung als Scottish Executive, sec. 44 Scotland Act 1998. Im Folgenden wird die zwar inoffizielle aber inzwischen übliche Bezeichnung Scottish Government verwendet. Siehe dazu: Scottish Government, http://www. scotland.gov.uk/About/, Stand: 3. 5. 2011. 172 White/Willock, The Scottish Legal System, p. 177 noch für die gesamtbritische Terminologie von vor 1998; Delegierungstechnik und Bezeichnungen sind jedoch vom schottischen Gesetz- bzw. Verordnungsgeber übernommen worden. Schottische Verordnungen heißen Scottish Statutory Instruments (SSI), in orders und regulations werden wie auch bei den Gesetzen (acts) schottische Vorschriften durch eine vor der Jahreszahl eingfügte Klammer (Scotland) gekennzeichnet. 173 Dazu eingehend unter C.V.

I. Überblick: Rechtlicher Rahmen der Aquakultur

59

Vereinigten Königreichs vorbehalten, sched. 5 Scotland Act 1998.174 Die Vorschrift legt zugleich fest, dass hingegen die Befolgung und Durchsetzung internationaler Verpflichtungen Großbritanniens im regionalen Verantwortungsbereich der schottischen Exekutive liegt. Im englischen Wortlaut heißt es auszugsweise: „(1) International relations, including relations with territories outside the United Kingdom, the European Communities (and their institutions) and other international organisations, regulation of international trade, and international development assistance and co-operation are reserved matters. (2) Sub-paragraph (1) does not reserve: (a) observing and implementing international obligations, obligations under the Human Rights Convention and obligations under Community Law […]“.

Der britische Secretary of State175 kontrolliert, ob die schottische Regierung die völkerrechtlichen Verpflichtungen des Vereinigten Königreichs beachtet. Er kann nicht nur bestimmte Maßnahmen untersagen, sondern ist auch befugt, die Vornahme von Rechtsakten anzuordnen (einschließlich der Einbringung eines Gesetzesentwurfs ins Parlament), die er für die Erfüllung der internationalen Verpflichtungen für erforderlich hält.176 Ein Eingriffsrecht steht dem Secretary of State außerdem zu, wenn im schottischen Parlament ein Gesetzesentwurf beraten wird und ein ein Grund zu der Annahme besteht, das geplante Gesetz könne einer völkerrechtlichen Verpflichtung Großbritanniens zuwiderlaufen.177 b) Charakter von einschlägigen Internationalen Abkommen zum Meeresschutz Das wachsende Bewusstsein einer Gefährdung der marinen Ökosysteme und damit Umweltressourcen durch immer intensivere Nutzung der Meere durch Schiffsverkehr, Ölförderung oder auch Aquakultur hat sich im Seevölkerrecht und auf dem Gebiet des Umweltvölkerrechts niedergeschlagen. Die zahlreichen Abkommen und Übereinkünfte unterscheiden sich in ihrer Konzeption und Verbindlichkeit. Die Bandbreite reicht von umfangreichen multilateralen Rahmenabkommen bis zu bilateralen oder regionalen, teilweise artenspezifischen Fischerei-Vereinbarungen. Diese Abkommen, für die der Begriff des marine conservation agreement geprägt worden ist, zeichnen sich jedoch typischerweise durch die Errichtung von Entscheidungsorganen oder Kommissionen aus, die auf einer von wissenschaftlichen Erkenntnissen geleiteten und damit veränderlichen Basis ver174

Sched. 5 Part 1, para. 7 Scotland Act 1998. Gemeint sind hiermit alle Kabinettsmitglieder der Regierung in London, die einem Ministerium (Government Department) vorstehen, sch 1 Interpretation Act (1978); dazu auch Page/Read/Ross, A guide to the Scotland Act 1998, p. 139, die darauf hinweisen, dass hierbei nicht lediglich der Secretary of State mit Zuständigkeit für schottische Angelegenheiten befugt ist, sondern jedes Regierungsmitglied von diesem Rang. 176 Sec. 58 Scotland Act 1998. 177 Sec. 35(1) Scotland Act 1998. 175

60

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

suchen, die Ziele der jeweiligen Ursprungstexte in konkretere Leitdokumente und Maßnahmen überzuleiten.178 Der Anteil verbindlicher Elemente im Sinne von zwingenden Vorschriften ist dabei gering. Dies gilt sowohl für die Ausgangstexte der Abkommen, als teilweise auch für die darauf zurückgehenden Folgemaßnahmen, sodass in der völkerrechtlichen Terminologie von soft law gesprochen wird. Es handelt sich dabei nicht um eine Völkerrechtsquelle im strengen Sinne, sondern um solche Normen, die nicht vor internationalen Gerichten durchgesetzt werden können.179 c) Aquakultur im Völkerrecht und in internationalen Abkommen und Verträgen Für die industrielle Aquakultur in Seegewässern sind an völkerrechtlichen Verträgen das UN-Seerechtsübereinkommen [aa)], die Mitgliedschaft im International Council for the Exploration of the Sea [bb)], die OSPAR-Konvention [cc)], ferner die Mitgliedschaft in der North Atlantic Salmon Conservation Organization (NASCO) [dd)] sowie die Biodiversitätskonvention (CBD) [ee)] von Bedeutung. Auf das Handelsvölkerrecht wird gesondert unter C.IX. eingegangen. aa) Das UN-Seerechtsübereinkommen als Rahmenkodex Das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen von 1982 (SRÜ) wurde vom Vereinigten Königreich erst 1997 ratifiziert180 und wird wegen seiner grundsätzlichen völkerrechtlichen Bedeutung auch als „Verfassung der Meere“ bezeichnet. Es bildet den rechtlichen Rahmen für die Nutzung der Meere auch zu Zwecken der Aquakultur. Diese wird in Schottland bislang nur innerhalb der 12-Meilenzone betrieben, dem Küstenmeer im Sinne von Art. 2 SRÜ.181 In dieser im Grundsatz von der Niedrigwasserlinie als sog. Basislinie gemessenen Zone (Art. 5 SRÜ) stehen dem Küstenstaat die vollen Souveränitätsrechte sowohl über den Luftraum über dem Küstenmeer als auch über dem Meeresboden und Meeresuntergrund zu, die nach Maßgabe des SRÜ und sonstigem Völkerrecht ausgeübt werden, Art. 2 Abs. 2 und Abs. 3 SRÜ. Solche Maßgaben finden sich in Teil XII des SRÜ. Dort wird in Art. 192 die allgemeine Verpflichtung der Mitgliedstaaten festgeschrieben, die Meeresumwelt zu schützen und zu bewahren, und in den darauf folgenden Artikeln näher umrissen. Art. 193 SRÜ präzisiert in Hinsicht auf die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen, dass insbesondere hierbei die Übereinstimmung mit der Schutzpflicht 178 Schiffman, Marine Conservation Agreements, the law and policy of reservations and vetoes, p. 3. 179 Hobe, Einführung in das Völkerrecht, S. 205. 180 UN, chronologische Liste der Ratifizierungen Stand März 2010, http://www.un.org/ Depts/los/reference_files/chronological_lists_of_ratifications.htm, Stand: 02. 09. 2010. 181 Eine Ausschließliche Wirtschaftszone gem. Art. 55 SRÜ hat Großbritannien bisher nicht bestimmt, es existiert lediglich eine exklusive Fischereizone: Marine Scotland, Report on Social and Economic Objectives for a Scottish Marine Plan, Ordnungsziffer 2.3.1.

I. Überblick: Rechtlicher Rahmen der Aquakultur

61

für die Meeresumwelt gewahrt bleiben muss. In Art. 194 Abs. 1 SRÜ ist auch die Verpflichtung der Staaten verankert, allein oder gegebenenfalls mit anderen gemeinsam aktive Maßnahmen zu ergreifen, um insbesondere Meeresverschmutzungen182 zu verhüten, zu verringern und zu überwachen. Die Norm ist allerdings mit der einschränkenden Formulierung versehen, dass Mitgliedstaaten dies „entsprechend ihren Möglichkeiten“ zu unternehmen haben. Die übrigen Abschnitte von Teil XII SRÜ (Art. 197 – 231) ergänzen diese Kernaussagen um die Themen weltweiter und regionaler Zusammenarbeit, technischer Hilfe, Überwachung und ökologischer Beurteilung, des Erlasses von Gesetzen und der Durchsetzung der aufgrund des SRÜ erlassenen Vorschriften. Dem SRÜ kommt in erster Linie eine allgemeine, verfassungsähnliche Funktion zu, die den globalen Rechtsrahmen für jegliche Nutzung der Meere liefert und die in Meeresgewässern betriebene Aquakultur als eine von vielen möglichen Nutzungen betrifft, ohne aber mehr als ein grobes völkerrechtliches Gerüst zu geben. Dieses Gerüst bezeichnet und thematisiert allerdings bereits einen der Grundkonflikte, indem das Recht der Staaten zur Nutzung und zugleich die Schranke des als notwendig erkannten Meeresschutzes behandelt werden. In zweiter Linie lässt sich an der Wirkungsgeschichte der Passagen zur internationalen Zusammenarbeit auf den Gebieten des Meeresschutzes und entsprechender Grundlagenforschung (Art. 197, 201, 201, 202 SRÜ) eine gewisse Anstoßfunktion des SRÜ festmachen. Diese soll hier wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung im völkerrechtlichen Kontext Erwähnung finden, obwohl sie für die Rechtslage der Aquakultur in Schottland eher von theoretischem Interesse ist. Denn trotz der beschränkten konkreten Regelungsinhalte für einzelne der vielfältigen Nutzungen des Meeresraumes hat sich im Fall des SRÜ die These bewahrheitet, dass die im Völkerrecht häufig verwendete Technik der sog. Rahmenabkommen183, die in Teilen nur als soft law einzuordnen sind, schrittweise doch zu immer einzellfallrelevanteren Normierungen führen. Diese entfalten dann – auch im Stadium vor der anwendbaren, zwingenden Rechtsnorm – eine größere und jedenfalls spezifischere Wirkung als der völkerrechtliche Ausgangstext selbst. So wird in Art. 201 SRÜ der entscheidende Ausgangspunkt für die Schaffung des Code of Conduct for Responsible Fisheries der FAO (Food and Agriculture Organisation of the United Nations) gesehen, der erstmals die Aquakultur ausdrücklich berücksichtigt und ihr ein eigenes Kapitel widmet.184 In Art. 201 SRÜ werden die Staaten angehalten, „unter Berücksichtigung der nach Art. 200 [SRÜ, durch ge182 Hier spiegelt sich der damals verfolgte sog. Anti-Verschmutzungsansatz, der heute durch den Ökosystem-Ansatz ersetzt wird, dazu: Czybulka, Die Erhaltung der Biodiversität im marinen Bereich, globale und europäische Politiken, Strategien und Aktionsprogramme, ZUR 2008, 241 – 250 (241) und exemplarisch die Copenhagen Declaration des ICES. 183 Czybulka, Die Erhaltung der Biodiversität im marinen Bereich, globale und europäische Politiken, Strategien und Aktionsprogramme, ZUR 2008, 241 – 250 (241). 184 Wilson, Sustainable Aquaculture: an Organizing Solution in International Law, Thomas Jefferson Law Review 491 (2004), pp. 491 – 516 (503 – 504).

62

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

meinsame Studien und Forschungsprogramme]185 gewonnenen Informationen und Daten“ bei der Festlegung geeigneter wissenschaftlicher Kriterien für die Abfassung von Normen und empfohlenen Verfahren zur Verhütung der Verschmutzung der Meeresumwelt zusammenzuarbeiten. Auf diesen Anstoß hin begannen zunächst Vorarbeiten u. a. des Commitee of Fisheries (COFI), bis auf der International Conference on Responsible Fishing in Cancun (Mexiko) 1992 die Anfrage an die FAO formuliert wurde, einen internationalen Verfahrenskodex für verantwortliche Fischerei vorzubereiten.186 Daraufhin schuf die 1945 als Sonderorganisation über Art. 63 der UN-Charta gegründete187 FAO 1995 den Code of Conduct for Responsible Fisheries (CCRF). Dieser nicht verbindliche Leitfaden ist von dem Gedanken getragen, dass die Versorgung der Weltbevölkerung mit Fisch als Nahrungsmittel nur bei einer ressourcenschonenden Wildfischerei und Aquakulturbewirtschaftung langfristig sicherzustellen ist.188 Der CCRF enthält in seinem Abschnitt 9 allgemeine Vorgaben und Empfehlungen zur Entwicklung eines verantwortlichen Regelungsregimes der Aquakultur, die sich an vier als sensibel erkannten Gesichtspunkten orientiert. Erstens wird die Herausbildung überhaupt einer nationalen Jurisdiktion der Aquakultur empfohlen, die sich auf Grundlage von Strategieplänen und der Einführung verlässlicher administrativer Instrumente an dem Ideal „verantwortlicher Aquakultur“ orientieren soll und so z. B. regelmäßige Monitoringmaßnahmen umfasst (Ordnungspunkt 9.1 CCRF). Zweitens werden die grenzüberschreitenden Effekte von Aquakultur auf die Meeresumwelt betont und die Staaten zur Zusammenarbeit bei ihrer Bewältigung aufgefordert (Ordnungspunkt 9.2 CCRF). Der dritte Punkt betrifft die Schaffung von Steuerungsinstrumenten hinsichtlich der Vermeidung von Effekten auf die genetische Diversität von Naturbeständen, die mögliche Verbreitung von Krankheiten und die Gefahren der Einführung nicht heimischer Arten (Ordnungspunkt 9.3 CCRF). Unter dem Ordnungspunkt 9.4 bezieht sich der CCRF schließlich auf bestimmte Produktionspraktiken. Staaten sollten danach in Zusammenarbeit mit den Aquakulturbetreibern solche Praktiken fördern, die die Voraussetzungen einer nicht näher definierten „verantwortlichen“ Aquakultur erfüllen und für eine kontrollierte Nutzung von Chemikalien, die Begrenzung von Emissionen und einen Mindeststandard an Lebensmittelsicherheit von Aquakulturprodukten sorgen. Obwohl sich der noch immer im Vagen bleibende, juristisch unverbindliche Ansatz des CCRF ersichtlich vor allem an solche Staaten richtet, die zwar über eine Aquakulturwirtschaft, nicht aber über ein ausgereiftes Umwelt- und Verwaltungsrecht verfügen, spiegelt sich in seiner Entstehungsgeschichte doch ein völker185

Klammer von Verfasser eingefügt. Vorwort zum FAO Code of Conduct for Responsible Fisheries, http://www.fao.org/ docrep/005/v9878e/v9878e00.HTM, Stand: 02. 09. 2010. 187 Hobe, Einführung in das Völkerrecht, S. 137. 188 Vorwort und Einleitung zum CCRF, u. a. auch mit Hinweis auf die Bedeutung der Fischereiwirtschaft als Arbeitgeber. 186

I. Überblick: Rechtlicher Rahmen der Aquakultur

63

rechtlicher Entwicklungspfad für Normen, die ihrerseits eine Grundlage für verbindliche Rechtsregime bilden sollen. Der durch das SRÜ geschaffene Rahmen erstreckt seine Wirkung auch auf die marine Aquakultur in Schottland. Diese Wirkung ist aber wegen des Charakters des SRÜ als ein im Hinblick auf den Meeresschutz bloßes Rahmenabkommen nur gering. Für den CCRF ist eine eigenständige Auswirkung praktisch gar nicht auszumachen, da zum Zeitpunkt seines Erscheinens in Schottland schon eine Regelungslage bestand, die dessen Vorgaben erfüllte oder sogar weiter ging. bb) ICES – International Council for the Exploration of the Sea Großbritannien gehört dem International Council for the Exploration of the Sea (ICES) an. Diese im Jahr 1902 von den Gründerstaaten Dänemark, Finnland, Deutschland, den Niederlanden, Schweden, Norwegen, Russland und Großbritannien als Wissenschaftsnetzwerk zur Erforschung der Meere ins Leben gerufene Institution bekam mit der Unterzeichnung der Kopenhagener Erklärung von 1964 im Wesentlichen ihre heutige Form. Zweck des Abkommens ist es, die Erforschung des Atlantischen Ozeans und der an ihn angrenzenden Meere mit besonderer Rücksicht auf die lebenden Ressourcen in marinen Lebensräumen voranzutreiben, internationale Forschungsvorhaben durch Programme zu unterstützen und die Publikation von Forschungsergebnissen zu ermöglichen.189 Am 4. Oktober 2002 unterzeichneten die Mitgliedstaaten190 die Copenhagen Declaration, in der zum einen die bisherige Zweckbestimmung bekräftigt wurde. Zum anderen betonte der ICES darin, dass die zunehmende Bedrohung der marinen Ökosysteme durch immer weiter gehende Nutzungen und Überfischung es erfordert, das wissenschaftliche Augenmerk verstärkt auf diese Probleme zu richten. Dabei wird u. a. auf die UN-Erklärung von Rio de Janeiro 1992191 sowie auf den Code of Conduct for Responsible Fisheries der FAO Bezug genommen.192 Enthalten ist zudem die Übereinkunft, die Erstellung von Studien und Datensätzen im Sinne einer schnellen und effektiven Beratung von Entscheidungsträgern und Beteiligten im Governance-Bereich mariner Ressourcen unter dem Gesichtspunkt ökosystemischer Ansätze zu beschleunigen und zu verbessern.193

189

Art. 1, 2 ICES Convention (1964). Der ICES hat heute 20 Mitglieder: Zu den Gründungsstaaten hinzugekommen sind Belgien, Kanada, Estland, Frankreich, Island, Irland, Lettland, Litauen, Polen, Portugal, Spanien und die USA. Daneben haben Australien, Chile, Griechenland, Peru und Südafrika einen Partnerstatus, http://www.ices.dk/aboutus/ourmembers.asp, Stand: 30. 08. 2010. 191 Schlusserklärung der UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung vom 3. bis 14. Juni 1992 in Rio de Janeiro, auf der insbesondere der Begriff der Nachhaltigkeit in seiner heutigen Bedeutung und seinem Stellenwert geprägt wurde. 192 Copenhagen Declaration vom 4. Oktober 2002, Abs. 3 – 5. 193 Copenhagen Declaration vom 4. Oktober 2002, Abs. 12. 190

64

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

Zwar handelt es sich auch bei der ICES-Konvention nicht um ein internationales Vertragswerk, das zwingende Regelungen für die Aquakultur enthält. Ihr kommt aber gleichwohl eine nicht unwichtige Rolle in der Vernetzung wissenschaftlicher Ergebnisse zu, die als Faktengrundlage für gesetzgeberische Tätigkeiten von großer Bedeutung ist. Art. 4 der ICES-Konvention von 1964 betont die Absicht und Wichtigkeit, mit anderen Internationalen Organisationen ähnlicher Ausrichtung eng zusammenzuarbeiten, um den bestmöglichen wissenschaftlichen Ertrag erzielen zu können. So werden Anfragen von zahlreichen anderen Organisationen wie OSPAR oder NASCO, aber auch von Staaten (darunter Großbritannien) oder der EUKommission von den Arbeitsgruppen des ICES beantwortet.194 Unabhängig von ausdrücklichen Anfragen gibt der ICES regelmäßige Empfehlungen zum Zustand der Meere ab und erstellt zusammenfassende Publikationen zu einzelnen Spezialthemen, in denen auch Stellungnahmen zu konkreten Handlungsweisen zu finden sind. Zentrales Beschlussorgan ist der ICES-Council, der sich aus je zwei Vertretern der 20 Mitgliedstaaten zusammensetzt. Aus seinen Reihen rekrutieren sich die Mitglieder verschiedener Kommitees. Hinzu kommen über hundert wissenschaftliche Arbeitsgruppen. Sie arbeiten entweder durchgängig oder werden für spezifische Projekte als sog. ad-hoc-groups aufgestellt.195 Für die Aquakultur relevant und ursprünglich mit Blick auf ihre spezifischen Gefahren entstanden, ist unter den Veröffentlichungen des ICES der Code of Practice on the Introductions and Transfers of Marine Organisms, der in seiner ersten Fassung bereits 1973 erschien und im Jahr 2004 überarbeitet wurde.196 In diesem Code sind empfohlene Verfahren und Praktiken niedergelegt, um den Risiken und schädlichen Effekten der absichtlichen oder unabsichtlichen Einführung von nicht heimischen oder gentechnisch veränderten Meeres- und Brackwasserorganismen vorzubeugen, die nach den Ergebnissen der Forschung besonderen Anlass zur Sorge gibt und grundsätzlich vermieden werden soll. Nicht heimische Organismen sind nach der Definition des ICES-Codes 2004 als alle Arten definiert, die aufgrund menschlicher Einflussnahme absichtlich oder unabsichtlich in aquatische Lebensräume gelangen, die außerhalb ihrer natürlichen Reichweite liegen.197 Die Inhalte des Regelwerkes zielen hauptsächlich auf Sicherheitsvorkehrungen und Verfahren bei absichtlicher Einführung nicht heimischer oder gebietsfremder Arten ab und sind als Empfehlungen ausgestaltet, die keine rechtliche Bindung entfalten. ICES-Mitgliedstaaten, die Neueinführungen bestimmter Arten erwägen, sind gemäß den Vorgaben des 194

Auflistung aktueller Anfragen unter: http://www.ices.dk/advice/request/requesttable.asp, Stand: 30. 08. 2010; diese betreffen teils auch Fragen der Aquakultur, so z. B. der auf Anfrage von OSPAR erteilte Special Request Advice June 2010 „Effects of mariculture on populations of wild fish“, http://www.ices.dk/committe/acom/comwork/report/2010/Special%20Requests/ OSPAR%20effects%20of%20mariculture%20on%20wild%20fish.pdf, Stand: 30. 08. 2010. 195 ICES, http://www.ices.dk/aboutus/structure.asp, Stand: 08. 09. 2011. 196 Präambel zum ICES Code of Practice on the Introductions and Transfers of Marine Organisms 2004. 197 Definition 11 zum ICES-Verhaltenscode.

I. Überblick: Rechtlicher Rahmen der Aquakultur

65

Anhangs A zum Verhaltenscode gehalten, dem ICES einen detaillierten Prospekt zu übergeben, in dem Gründe und Durchführungspläne sowie Dokumentationen über durchgeführte Risk-Assessment-Verfahren enthalten sein müssen.198 Wenn eine Einführung oder Versetzung nach erteilter Zustimmung des ICES durchgeführt wird, soll der Council von den Mitgliedstaaten darüber informiert werden.199 Da in Schottland im Rahmen von Aquakulturvorhaben seit den 1970er Jahren keine nicht heimischen Arten eingeführt wurden, kamen die im ICES Code of Practice niedergelegten Verfahren allerdings bislang nicht zur Anwendung. Sie haben größere Bedeutung im Zusammenhang mit der Aufstockung von natürlichen Beständen gewonnen.200 Umgekehrt sind die Erfahrungen von experimentellen Ansiedlungen nicht heimischer Austernarten der 1960er Jahre in britische Gewässer in die Abschnitte des ICES-Verhaltenscodes zu Quarantäneverfahren eingeflossen.201 Um die Ausbreitung der von niederländischen Muschelzüchtern eingeführten Pazifischen Auster Crassostrea gigas in der südlichen Nordsee noch zu verhindern, kam der ICES-Code bereits zu spät.202 cc) OSPAR – Convention for the Protection of the Marine Environment of the North-Eastern Atlantic Großbritannien ist zudem Unterzeichner der OSPAR Convention for the Protection of the Marine Environment of the North-Eastern Atlantic von 1992, die aus der Oslo Convention203 und der Paris Convention204 hervorgegangen ist. Die Mitgliedstaaten der OSPAR-Konvention haben sich in Fortführung der beiden Vorgängerabkommen verpflichtet, alle möglichen Schritte zu ergreifen, um Meeresverschmutzung zu vermeiden und zu bekämpfen und die notwendigen Maßnahmen durchzuführen, um die Seegebiete des Nordostatlantiks gegen schädliche Einflüsse menschlicher Aktivitäten zu schützen. Dies geschah mit dem Ziel die marinen Ökosysteme zum Wohle der menschlichen Gesundheit zu erhalten und, wenn 198

Anhang B zum ICES-Verhaltenscode. Ordnungszahl III, Buchst. f) ICES Code of Practice on the Introductions and Transfers of Marine Organisms (2004). 200 Präambel zum ICES Code of Practice on the Introductions and Transfers of Marine Organisms (2004). 201 Spencer et al., Spatfalls of the non-native Pacific oyster, Crassostrea gigas, in British waters, in: Aquatic Conservation: Marine and Freshwater Ecosystems, Vol. 4 (1994), pp. 203 – 217 (204). 202 Drinkwaard, Introductions and developments of oysters in the North Sea area: a review, Helgoländer Meeresuntersuchungen 52, S. 301 – 308 (1999). 203 Oslo Convention for the Prevention of Marine Pollution by Dumping from Ships and Aircraft (1972). 204 Paris Convention for the Prevention of Marine Pollution from Land-Based Sources (1974). 199

66

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

möglich, bereits geschädigte Gebiete zu rehabilitieren.205 Auch die Paris-Konvention hatte bereits mittelbar Bedeutung für den Betrieb von Aquakulturen. Auf den durch die Paris-Konvention von 1974 initiierten regulatorischen Druck wurde zurückgeführt, dass es verhältnismäßig schnell gelang, die Einleitung toxischer Stoffe, wie des als Seeläusemittel eingesetzte Dichlorvos, maßgeblich zu reduzieren, im genannten Fall sogar zu unterbinden.206 Obwohl die OSPAR-Konvention aus praktischen Gründen erst 1998 vollständig in Kraft trat, arbeiteten die beiden Organe der Vorgängerabkommen (Oslo-Kommission und Paris-Kommission) bereits seit 1992 zusammen. In diesem Zeitraum207, auf dem 16. Treffen der Oslo- und der ParisKommission entstand im Juni 1994 die Recommendation 94/6 on Best Environmental Practice for the Reduction of Inputs of Potentially Toxic Chemicals from Aquaculture. Wiederum handelt es sich dabei um keine rechtlich bindende Vorschrift (Art. 13 Abs. 5 OSPAR), sondern lediglich um eine Empfehlung, die aber gemäß Art. 13 Abs. 1 OSPAR genau wie die verbindlichen Entscheidungen der Kommission208 mit mindestens einer Zweidrittelmehrheit beschlossen werden musste. Inhaltlich werden nach der Empfehlung 94/6 die Mitgliedstaaten angehalten, Codes of Best Environmental Practice zu erarbeiten. Diese Verhaltenskodices sollen Elemente zur Sicherstellung guter tiergesundheitlicher Bedingungen, Maßnahmen zur Verringerung von Schadstoffeinträgen aus Aquakultur, insbesondere toxischer Chemikalien und Medikamente, enthalten. Es sollen Aktions- und Forschungsprogramme aufgelegt werden, um unter Mitwirkung der Aquakulturwirtschaft die Entwicklung neuer und für die Umsetzung der Ziele erforderlicher Technologien und Methoden voranzutreiben. Als Zieldatum erwähnt die Empfehlung 94/6 das Jahr 1996. Jedenfalls mit Veröffentlichung des Code of Good Practice for Scottish Finfish Aquaculture aus dem Jahr 2006 wurde für die schottischen Gebiete dieser Empfehlung Folge geleistet. dd) NASCO – North Atlantic Salmon Conservation Organization Mit der Erhaltung von wilden Lachsbeständen befasst sich die North Atlantic Salmon Conservation Organization (NASCO)209, der auch das Vereinigte Königreich 205

Art. 2 Abs. 1 (a) OSPAR-Konvention. Rosie/Singleton, Discharge consents in Scotland, Pest Management Science 58 (2002), p. 616 – 626 (618). 207 Die meisten der zwischen 1992 und 1998 entstandenen Entscheidungen, Empfehlungen und anderen Übereinkünfte unter der Oslo-/Paris-Kommission wurden mit der OSPAR Decision 98/1 angenommen, so auch die Recommendation 94/6, Ziffer 54. 208 Die OSPAR-Kommission besteht aus Vertretern, die von den Mitgliedstaaten entsandt werden und trifft sich mindestens einmal jährlich. Daneben existieren zahlreiche dauerhaft besetzte Kommitees und Arbeitsgruppen, welche die inhaltliche und wissenschaftliche Arbeit leisten, siehe Rules 2 – 3 und 19 – 42 der Rules of Procedure of the OSPAR-Commission. 209 Gegründet 1984 mit Abschluss der Convention for the Protection of the Marine Environment of the North-East Atlantic. 206

I. Überblick: Rechtlicher Rahmen der Aquakultur

67

als Mitglied der Europäischen Union angehört. NASCO ist ähnlich organisiert, wie ICES oder OSPAR: der Council setzt sich aus Delegierten aller Mitgliedstaaten und der EU zusammen. Zusätzlich bestehen Kommitees, die einzelnen Meeresregionen des Nordatlantiks zugeordnet sind, sowie ein internationaler Forschungsrat zum Rückgang der atlantischen Lachsbestände.210 2003 trafen die Parteien auf ihrer Jahreskonferenz mit der Resolution by the Parties of NASCO to Minimise Impacts from Aquaculture, Introductions and Transfers, and Transgenics on Wild Salmon Stocks (Williamsburg Resolution) eine Zusatzvereinbarung, die sich mit der Vermeidung und Vorbeugung schädlicher Einflüsse der Aquakultur auf die wild lebenden Lachsbestände befasst. Neben dem Aufruf zur Zusammenarbeit bei der Minimierung von Auswirkungen der Aquakultur und der Einführung genetisch veränderter Organismen werden auch in diesem Werk in den Artikeln 3 bis 10 verschiedene Empfehlungen abgegeben, die verfahrenstechnische Grundsätze (Darlegung der Unbedenklichkeit von Aktivitäten durch Antragsteller, Präventive Risikoabschätzung, Klassifizierungs- und Zonierungsverfahren) und Maßnahmen, die einige besonders herausgestellte Gefahren der biologischen Interaktion von Zucht- und Wildlachsen betreffen (Art. 5 Williamsburg Resolution). Schließlich werden strenge Anforderungen an die Zulassung von Einführungen nicht heimischer und genetisch veränderter Lachse aufgestellt (Art. 6 und 7 Williamsburg Resolution). Sehr viel konkretere und vor allem durch technisch-wissenschaftliche Elemente geprägte Angaben finden sich in den ausführlichen Anhängen. Die Williamsburg Resolution hat über ihren Art. 10 Abs. 1, der die vollständige Implementierung der darin vorgeschlagenen Maßnahmen zu einem Ziel von essentieller Wichtigkeit erklärt, einen nicht unbeträchtlichen Einfluss auf steuernde Regulierung der Aquakultur in Schottland genommen. So ist etwa der Aquaculture and Fisheries (Scotland) Act 2007 maßgeblich im Hinblick auf die Vorgaben der NASCO hin entstanden.211 Zu einer gründlichen und andauernden Auseinandersetzung mit dem in der Williamsburg Resolution konstatierten Handlungsbedarf tragen auch die Berichtsobliegenheiten nach Art. 10 Abs. 2 bei. Ein ausführlicher Focus Area Report (FAR) erschien im Januar 2010212 und behandelt die Umsetzung von geplanten Maßnahmen bezüglich der Regelungen zum Wildlachsschutz sowie künftig vorgesehene Maßnahmen. ee) CBD – Convention on Biological Diversity Auf die Convention on Biological Diversity (CBD) von 1992213 zum internationalen Artenschutz folgten mit der Recommendation SBSTTA I/8214, um einige 210

NASCO, http://www.nasco.int/about.html, Stand: 08. 09. 2011. NASCO Dokument IP(07)19 FINAL, Implementation Plan EU – UK (Scotland), p. 20. 212 NASCO Dokument IP (10)15. 213 Nahezu alle Staaten der Erde sind Vertragsstaaten: Die EG trat am 21. 12. 1993 bei, http://www.cbd.int/convention/parties/list/, Stand: 03. 09. 2010. 211

68

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

Bemerkungen ergänzt in der Entscheidung COP 2 Decision II/10215, auch spezifische Empfehlungen hinsichtlich der marinen Aquakultur. Diese decken sich weitgehend mit den Inhalten des ICES-Verhaltenscodes und des von der FAO herausgegebenen Codes, auf deren Vorgaben auch ausdrücklich als ein Mindestmaßstab verwiesen wird.216Weiter empfiehlt SBSTTA I/8 die Eingliederung der Aquakultur in ein integriertes Küstenzonenmanagement217 und betont, dass bei allen Maßnahmen das Vorsorgeprinzip (precautionary principle) zu Grunde gelegt werden sollte.218 2. Aquakultur im Europarecht Auf der Ebene der Europäischen Gemeinschaft wurde verhältnismäßig spät damit begonnen, sich mit der Aquakultur als einem einerseits aussichtsreichen Wirtschaftszweig und als einer andererseits in vielen Aspekten stärker regelungsbedürftigen Materie zu befassen. Mit der Verordnung (EG) Nr. 788/96219 wurde bereits festgestellt, dass die Aquakulturerzeugung überwacht und gegebenenfalls kontrolliert werden müsse, um befriedigende Vermarktungsbedingungen zu gewährleisten.220 Zudem wurde den Mitgliedstaaten auferlegt, der Kommission als Datengrundlage für entsprechende Maßnahmen jährlich Statistiken über die Aquakulturproduktion in allen Gewässerarten vorzulegen. Als Anfangspunkt einer eingehenderen und aktiven Beschäftigung mit der Thematik kann vor allem die 2002 im Rahmen der geplanten Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik veröffentlichte Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament KOM(2002) 511221 gelten (Strategiepapier 2002), in der erstmals eine Strategie für eine nachhaltige Entwicklung der Aquakultur entworfen und die Notwendigkeit steuernder Maßnahmen dargelegt wurde. Zwar fanden zu dieser Zeit bereits einige Vorschriften des europäischen Rechts, insbesondere des Umweltrechts, auf Aquakulturen Anwendung. Es fehlte jedoch weitgehend an spezifischen Vorschriften. Als im Jahr 2009 in einem neuen Strategiepapier der Kommission222 unter dem Titel „Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Zukunft für die Aquakultur – Neuer Schwung für die Strategie für die nachhaltige Entwicklung für die Aquakultur“ (Strategiepapier 2009) 214

Online unter http://www.cbd.int/recommendation/sbstta/?id=6990, Stand: 03. 09. 2010. Online unter http://www.cbd.int/decision/cop/?id=7083, Stand: 03. 09. 2010. 216 SBSTTA I/8, 15. I. (e) und 16. I. (c). 217 SBSTTA I/8, 15. I. (a). 218 SBSTTA I/8, u. a. 10. (b) (ii) und 12. (a). 219 Verordnung (EG) Nr. 788/96 des Rates vom 22. April 1996 über die Vorlage von Statistiken über die Aquakulturproduktion durch die Mitgliedstaaten, ABl. L 108 vom 1. 5. 1996, S. 1. 220 Erwägungsgründe Abs. 2. 221 Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament vom 19. 9. 2002, KOM(2002) 511, Eine Strategie für die nachhaltige Entwicklung der europäischen Aquakultur. 222 Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament vom 8. 4. 2009, KOM(2009) 162. 215

I. Überblick: Rechtlicher Rahmen der Aquakultur

69

eine erste Zwischenbilanz gezogen wurde, hatte sich die Regelungslage bereits verdichtet. a) Die Politik der EU zur Aquakultur Das Strategiepapier 2002 sah nach einer umfassenden Bestandsaufnahme des Status und der Probleme der Aquakultur in Europa ein großes Wachstumspotenzial mit der Chance auf Schaffung langfristig bestehender Arbeitsplätze und ökonomischen Erfolg auf dem Weltmarkt. Im Anschluss ihrer Analyse zur damaligen Situation der Aquakulturindustrie formulierte die Kommission vier wesentliche Herausforderungen an die Steuerung des Sektors: die Förderung der wirtschaftlichen Lebensfähigkeit, die Garantie der Lebensmittelsicherheit, der Tiergesundheit und des Tierschutzes, die Handhabung der Umweltauswirkungen. Die daraus entwickelten Ziele legen einen deutlichen Schwerpunkt auf die erhofften ökonomischen Effekte, die sich insbesondere in Hinsicht auf die Schaffung von Arbeitsplätzen in ländlichen Gebieten konzentrieren, die bis dahin von der Fischerei abhängig waren und auf ein weiteres Wachstum der Branche setzen. Ausdruck eines ausgeprägten Unterstützungswillens für die Aquakultur ist weiter die erklärte Absicht, das Ansehen der Branche zu verbessern.223 Die Sicherung hoher Standards in Tiergesundheit, Tierschutz und Lebensmittelsicherheit sowie die umweltverträgliche Gestaltung des Sektors werden an zweiter bzw. dritter Stelle der selbst gesetzten Zielvorgaben genannt. Neben der allgemeinen Förderung der Aquakulturindustrie und dazugehöriger Technologie durch finanzielle Strukturfördermittel und Unterstützung spezifischer Ausbildungsgänge schlug die Kommission einige zu prüfende oder bereits umzusetzende Normgebungs- und Normänderungsakte224 vor, die in der Folge auch verwirklicht wurden: - Schaffung einer Regelung für ökologische Aquakultur, - Überarbeitung der Vorschriften über die Lebensmittelsicherheit, - Anpassung der Tiergesundheitsvorschriften und Tierarzneimittelvorschriften, - Reduzierung der Gefahren durch nicht heimische Arten. Für die Bewältigung der problematischen Effekte entwichener Tiere und der Einführung transgener Fische sollten zunächst Voruntersuchungen zur Machbarkeit bzw. hinsichtlich des Bedarfs an Regelungen durchgeführt werden.225 Ein interessanter Aspekt der europäischen Strategie besteht darin, dass neben dem klassischen ordnungsrechtlichen Regelungsansatz die besondere Bedeutung von freiwilligen Verhaltenskodices betont wird. So könne durch die Erarbeitung eines länderübergreifenden Verhaltenskodex den Verbrauchern versichert werden, dass bestimmte negative Eigenschaften, mit denen die Erzeugnisse in Verbindung gebracht werden, beispielsweise hinsichtlich der Umweltschädlichkeit und der mangelnden Sicherheit 223 224 225

KOM(2002) 511, S. 16. KOM(2002) 511, S. 28 – 30. KOM(2002) 511, S. 30.

70

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

der Produkte, nicht auf diejenigen zutreffe, welche von Erzeugern oder Einzelhändlern gekauft werde, die sich an diese Kodices hielten.226 Es soll hier also maßgeblich auf konsenuale Instrumente gesetzt werden. Daran lässt sich möglicherweise ablesen, dass auch auf Seiten der EU erkannt wurde, dass die Aquakultur mit ihren sich ständig fortentwickelnden, technisch komplizierten Anforderungen und komplexen Auswirkungen als Gegenstand von rechtlicher Normierung schwierig zu handhaben ist und diese zudem womöglich der wirtschaftlichen Fortentwicklung im Wege stehen könnte. Das wesentlich kürzer gehaltene Strategiepapier 2009 bekräftigt die 2002 eingeschlagenen Strategie und ergänzt lediglich einige Punkte, enthält aber im Übrigen keine grundlegenden Änderungen. Betont wird neben der Notwendigkeit der Schaffung von Rechtsvorschriften für Futtermittel227 vor allem die Einbindung der Aquakultur in die Pläne zum Integrierten Küstenzonenmanagement (abgekürzt ICZM für Integrated Coastal Zone Management).228 Das Konzept des ICZM geht auf die Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates 2002/413/EG229 zurück und soll die Entwicklung einer abgestimmten Strategie für die nachhaltige Nutzung der Küstengebiete der Gemeinschaft anstoßen. Der sehr breite Ansatz will dabei auch den Schutz der natürlichen, sozialen, kulturellen und institutionellen Ressourcen unter Akzeptanz der natürlichen Rahmenbedingungen mit dem Ziel einer dauerhaft umweltgerechten Entwicklung der marinen Gebiete entwerfen und durchsetzen.230 Eine wichtige Rolle soll dabei die Einbeziehung von Stakeholdern in Prozesse des Küstenmanagements spielen.231 Die wenig konkreten Inhalte und der Mangel an aussagekräftigen Umsetzungsideen werden teils kritisch betrachtet232, haben aber andererseits bereits zu Überlegungen geführt, wie ein integriertes Küstenzonenmanagement hinsichtlich der Aquakultur verwirklicht werden könnte.233 Die Empfehlung 2002/413/EG sieht eine Umsetzung auf Basis nationaler Einzelstrategien vor und hat dementsprechend zu einzelnen Maßnahmen von Projektcharakter geführt, so auch zur Entwicklung eines regionalen Küstenmanagementplans für zwei Küsten226

KOM(2002) 511, S. 18, wörtlich heißt es dort: „Der Sektor sollte sich stärker auf Selbstregulierung und freiwillige Vereinbarungen verlassen“. 227 KOM(2009) 162, S. 8. 228 KOM(2009) 162, S. 8. 229 Empfehlung 2002/413/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2002 zur Umsetzung einer Strategie für ein integriertes Management der Küstengebiete in Europa, ABl. L 148 v. 6. 6. 2002, S. 24. 230 Bosecke, Wesen und Wert des Integrierten Küstenzonenmanagements und daraus resultierende anforderungen an Inhalt und Umsetzung, NuR 2004, 777 – 781 (778) unter Berufung auf u. a. Cicin-Sain/Knecht, Integrated Management, S. 39. 231 Kapitel II f) und g) der Empfehlung 2002/413/EG [siehe dazu, insbes. zum Stakeholderbegriff, ausführlicher unter C.VII.]. 232 Bosecke, Wesen und Wert des Integrierten Küstenzonenmanagements und daraus resultierende anforderungen an Inhalt und Umsetzung, NuR 2004, 777 – 781 (780). 233 Stead/Burnell/Goulletquer, Aquaculture and its role in Integrated Coastal Zone Management, Aquaculture International 2002 (10), pp. 447 – 468.

I. Überblick: Rechtlicher Rahmen der Aquakultur

71

gebiete in Schottland.234 Trotz dieser in der bekräftigten Strategie zum Ausdruck kommenden Bestrebungen nach einer einheitlichen Linie stellt sich der europäische Rechtsrahmen jedoch insgesamt noch immer als eine Ansammlung vereinzelter Vorschriften dar, die die Aquakultur neben anderen Gegenständen mit umfassen, während sachspezifische Regelwerke selten sind.235 b) Europäisches Umweltrecht Schon bevor in Folge des Strategiepapiers 2002 vermehrte Regelungstätigkeiten von der Europäischen Gemeinschaft ausgingen, hatten einige grundlegende Vorschriften des EG-Umweltrechts maßgebliche Bedeutung insbesondere für die standortbezogene Genehmigungsfähigkeit von Aquakulturbetrieben.236 An erster Stelle zu nennen ist hierbei die Richtlinie über die Umweltverträglichkeit bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-RL).237 Sie schreibt vor, dass in den Mitgliedstaaten Projekte, bei deren Umsetzung mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Genehmigung unterworfen und einer Umweltverträglichkeitsprüfung in Bezug auf ihre voraussichtlichen Auswirkungen unterzogen werden müssen, Art. 2 Abs. 1 UVP-RL. Art. 4 UVP-RL unterscheidet zwischen solchen Projekten, die grundsätzlich einer vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen (Abs. 1 i.V.m. Anhang I UVP-RL) und solchen, bei denen zuerst eine Vorfilterung stattfindet. Die intensive Fischzucht zählt gemäß Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anhang II, Nr. 1 lit. f UVP-RL zu den letztgenannten Projekten. Vorhaben müssen anhand einer Einzelfalluntersuchung oder der von den Mitgliedstaaten festgelegten Schwellenwerte und Kriterien238 zunächst daraufhin geprüft werden, ob sie einer Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß Art. 5 – 10 UVP-RL unterzogen werden müssen (Screening). Dieses zweistufige Prüfungsverfahren hinsichtlich Umweltauswirkungen prägt maßgebend jedes Genehmigungsverfahren für die Neueinrichtung oder Veränderung von Aquakulturanlagen, sofern sie die Zucht von Fischen vorsieht. Von der UVP-RL nicht betroffen sind Muschelfarmen. Für die Berücksichtigung von Aquakulturvorhaben schon in der Phase der Raumplanung und Raumordnung kann zudem eine

234

Siehe dazu auch unter C.IV. Wack, Nachhaltigkeit in der Aquakultur: Wo steht das Europarecht?, NuR 2010, 550 – 556 (550). 236 In diesem Sinne auch das Ergbnis des Überblicks bei Schmehl/Wack, Umweltfragen des Wachstums der Fischproduktion: das Recht der Aquakultur in Küsten- und Meeresgewässern, ZUR 2009, 473 – 479. 237 Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten 85/337/EWG ABl. L 175 vom 5. 7. 1985, S. 40, zuletzt geändert durch RL 2009/31/EWG, ABl. L 140 vom 5. 6. 2009, S. 114. 238 Eine Orientierungshilfe für die Erarbeitung maßgeblicher Parameter liefert Anhang III UVP-RL. 235

72

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

Strategische Umweltprüfung (SUP) nach Maßgabe der Richtlinie 2001/42/EG erforderlich sein.239 Die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)240 zielt auf die Schaffung eines Ordnungsrahmens für den Schutz der Binnen-, Übergangs- und Küstengewässer sowie des Grundwassers und deckt damit die Gebiete ab, in denen sich die meisten Aquakulturbetriebe befinden. Obwohl die in der WRRL enthaltenen Planungs- und Steuerungsinstrumente noch nicht unionsweit in aussagekräftige Methoden und Standards für die Umwelteinwirkungen durch die marine Aquakultur umgesetzt sind241, kann für Schottland festgestellt werden, dass sich die Umsetzung der WRRL bereits in den 2011 novellierten Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2005 auf die rechtliche Regelung der Zulässigkeit von Aquakulturvorhaben ausgewirkt hat. Dabei gehen die materiellen Inhalte in ihren Einzelheiten auf die eigene Initiative des schottischen Gesetzgebers zurück. Weiter eingeschränkt wird die Genehmigungsfähigkeit von Aquakulturstandorten durch die im Rahmen der Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie242 (FFHRL) auszuweisenden Schutzgebiete, die gemeinschaftsweit zu einem zusammenhängenden Netzwerk solcher Gebiete verbunden werden sollen (Natura-2000). Die strengen Anforderungen an den Erhalt der Schutzgebiete gemäß Art. 6 Abs. 2 FFHRL stehen zwar der Nutzung zu Zwecken der Aquakultur nicht grundsätzlich entgegen, sind jedoch in Genehmigungsverfahren zwingend zu beachten und dürften in den meisten Fällen gegen die Zulassung sprechen.243 Nach Art. 6 Abs. 3 FFH-RL müssen auch Pläne und Projekte, die außerhalb der Gebiete verwirklicht werden sollen, daraufhin überprüft werden, ob Auswirkungen auf die Natura-2000-Gebiete zu erwarten sind. Zu den Natura-2000-Gebieten zählen über Art. 7 FFH-RL auch die nach der Vogelschutzrichtlinie 79/409/EWG244 ausgewiesenen Schutzgebiete.

239

Dazu näher unter C.III. und C.IV. Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik, ABl. L 327 vom 22. 12. 2000, S. 1, zuletzt geändert durch RL 2009/31/EWG, ABl. L 140 vom 5. 6. 2009, S. 114. 241 Dazu Schmehl/Wack, Umweltfragen des Wachstums der Fischproduktion: das Recht der Aquakultur in Küsten- und Meeresgewässern, ZUR 2009, 473 – 479 (478). 242 Richtlinie 92/42/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, ABl. L 206 vom 22. 7. 1992, S. 6, zuletzt geändert durch RL 2006/105/EG des Rates vom 20. 11. 2006, ABl. L 363 vom 20. 12. 2006, S. 368. 243 So auch Schmehl/Wack, Umweltfragen des Wachstums der Fischproduktion: das Recht der Aquakultur in Küsten- und Meeresgewässern, ZUR 2009, 473 – 479 (479). 244 Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung wildlebender Vogelarten, ABl. L 103 v. 25. 4. 1979, S. 1, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2008/102/EG des Europäischen Parlamets und des Rates vom 19. November 2008, ABl. L 323 v. 3. 12. 2008, S. 31. 240

I. Überblick: Rechtlicher Rahmen der Aquakultur

73

Mit der jüngeren Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie245 (MSR-RL) soll bis zum Jahr 2020 durch von den Mitgliedstaaten nach bestimmten Vorgaben zu erstellende Meeresstrategien ein guter Zustand der Meeresumwelt herbeigeführt werden. Für die im ersten Schritt auf dem Wege der Umsetzung zu leistende Beschreibung eines guten Umweltzustandes müssen gemäß Art. 9 Abs. 1 MSR-RL indikative Listen aus dem Anhang III zur MSR-RL berücksichtigt werden, die auch organische Einträge aus Aquakultur aufführen.246 Hier dürften im Zuge der Umsetzung strengere Normen für den Nährstoffeintrag aus Fischzuchten zu erwarten sein. Demgegenüber existieren mit der Richtlinie 96/61/EG über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung247 (IVU-RL) und der sog. Nitratrichtlinie248 zwei umweltrechtliche EU-Vorschriften, die auf die Aquakultur keine Anwendung finden. Die IVU-RL umfasst lediglich Umweltauswirkungen bestimmter, vorwiegend industrieller Tätigkeiten, die Aquakultur nicht einschließt.249 Obwohl auch auf Fischfarmen Probleme mit Nitratbelastungen auftreten können, gelten auch die Vorgaben der Nitratrichtlinie lediglich für Gewässerverunreinigungen aus landwirtschaftlichen Quellen. Die im Strategiepapier 2002 angeregte Ausweitung des Anwendungsbereichs dieser beiden Richtlinien250 wurde bislang nicht umgesetzt. c) Lebensmittel- und Futtermittelrecht Unter dem Aspekt der Lebensmittelsicherheit wird von der Lebensmittel-Basisverordnung (EG) Nr. 178/2002251 u. a. die Rückverfolgbarkeit von Lebens- und Futtermitteln über die gesamte Produktions- Verarbeitungs- und Vertriebskette verlangt. Dies wurde ausweislich der Erwägungsgründe zu der Verordnung auch auf die Zucht von Tieren bezogen, die an der Lebensmittelgewinnung in der Weise beteiligt sind, als dass sie als Futter in Fischzuchtbetrieben verwendet werden sol-

245 Richtlinie 2008/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Meeresumwelt, ABl. L 164 vom 25. 6. 2008, S. 19. 246 Anhang III, Tabelle 1 MSR-RL. 247 Richtlinie des Rates vom 24. September 1996, ABl. 257 vom 10. 10. 1996, S. 26, zuletzt geändert durch VO EG Nr. 166/2006 ABL. L 33 vom 4. 2. 2006, S. 1. 248 Richtlinie des Rates vom 12. Dezember 1991 zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen 91/676/EWG, ABl. L 375 vom 31. 12. 1991, S. 1. 249 Anhang I IVU-RL. 250 KOM(2002) 511, S. 23. 251 Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren der Lebensmittelsicherheit, ABl. L 31 vom 1. 02. 2002, S. 1, zuletzt geändert durch VO (EG) Nr. 596/2009 vom 18. Juni 2009, ABl. L 144 vom 18. 7. 2009, S. 14.

74

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

len.252 Wie andere Tierzuchtbetriebe auch müssen Aquakultur-Unternehmen darüber hinaus weitere Bestimmungen beachten, die die Verwendung von Futtermitteln betreffen. So den Erlaubnisvorbehalt für die Verfütterung gentechnisch veränderter Futtermittel gemäß Art. 4 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1829/2003253 und im Grundsatz auch das Verbot der Fütterung von Tieren mit Eiweiß, das von Körpern von Tieren derselben Art stammt, VO (EG) Nr. 1774/2002.254 Für letztere Vorschrift lässt die Verordnung (EG) Nr. 811/2003255 eine aquakulturspezifische Ausnahme zu: Zuchtfisch darf mit Futter bestehend aus Fisch derselben Art gefüttert werden, solange es sich nicht um Zuchtfisch derselben Art handelt (Art. 2 der VO). Eigene Schlachtabfälle dürfen daher nicht verfüttert werden.256 d) Richtlinie 2006/113/EG Qualitätsanforderungen Muschelgewässer Eine Sonderstellung zwischen Umwelt- und Lebensmittelsicherheitsregelung nimmt die sog. Muschelgewässerrichtlinie 2006/113/EG257 ein. Sie betrifft nicht speziell die Aquakultur von Muscheln, sondern jedes Gewässer, in dem Muscheln leben. Ziel der Richtlinie ist es zum einen, die Gewässerqualität aus Umweltgesichtspunkten zu verbessern, zum anderen sollte die Qualität von zum menschlichen Verzehr vorgesehenen Muscheln sichergestellt werden, Art. 1 der Richtlinie. Die Mitgliedstaaten bezeichnen bestimmte verbesserungs- oder schutzbedürftige Gebiete als Muschelgewässer (Art. 4) und legen anhand von im Anhang zur Richtlinie enthaltenen Richt- und Grenzwerten für verschiedene Parameter (etwa pH-Wert, Temperatur, Salzgehalt sowie des Vorhandenseins bestimmter Stoffe) Zielvorgaben fest (Art. 3), die binnen sechs Jahren in den Gewässern vorliegen müssen. Zur Überprüfung des Zustandes der Gewässer müssen regelmäßig Proben (Art. 7 i.V.m. Anhang I) nach vorgeschriebenen Verfahren genommen werden. Die Wasserrah252

Siehe Erwägungsgrund (13). Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel, ABl. L 268, S. 1, zuletzt geändert durch VO (EG) Nr. 298/2008 vom 1. 3. 2008, ABl. L 97, S. 64. 254 Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Oktober 2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte, ABl. L 273, S. 1, zuletzt geändert durch VO (EG) Nr. 777/2008 vom 4. 8. 2008, ABl. L 207, S. 9. 255 Verordnung (EG) Nr. 811/2003 der Kommission vom 12. Mai 2003 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich des Verbots der Rückführung innerhalb derselben Tierart in Bezug auf Fisch sowie hinsichtlich des Verbrennens und Vergrabens tierischer Nebenprodukte und bestimmter Übergangsmaßnahmen, ABl. L117 v. 13. 5. 2003, S. 14. 256 Zur Diskussion, ob diese eigentlich nachhaltige Abfallverwertung durch Seuchenschutzaspekte gerechtfertigt ist: Wack, Nachhaltigkeit in der Aquakultur: Wo steht das Europarecht?, NuR 2010, 550 – 556 (556). 257 Richtlinie 2006/113/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über die Qualitätsanforderungen für Muschelgewässer, ABl. L 376 vom 27. 12. 2006, S. 14. 253

I. Überblick: Rechtlicher Rahmen der Aquakultur

75

menrichtlinie 2000/60/EG sieht die Aufhebung der Muschelgewässerrichtlinie bis zum Jahr 2013 vor, deren Anforderungen dann in die gemeinsame Wasserpolitik integriert werden sollen.258 e) Aquakulturspezifische Rechtsakte Die mit dem Strategiepapier 2002 angestoßene Initiative zu einigen konkreten Normgebungsakten für den Bereich der Aquakultur wurde in den darauf folgenden Jahren weitestgehend umgesetzt [aa)–cc)]. aa) Richtlinie 2006/88/EG Gesundheit und Hygiene bei Wassertieren Eine erste Vorschrift, die grundlegende Bedingungen für den Betrieb und die Überwachung von Aquakulturbetrieben aufstellt, ist die Richtlinie 2006/88/EG mit Gesundheits- und Hygienevorschriften für Tiere in Aquakultur und Aquakulturerzeugnisse und zur Verhütung und Bekämpfung bestimmter Wassertierkrankheiten.259 In den Erwägungsgründen kommen die Ziele des Strategiepapiers 2002 zum Ausdruck. Im Zentrum steht die Vermeidung von wirtschaftlichen Verlusten durch Krankheitsausbrüche in Aquakulturanlagen260 und die Schaffung einheitlicher Gesundheitsvorschriften für Wassertiere, um eine rationelle Entwicklung des Aquakultursektors zu gewährleisten und seine Produktivität zu steigern.261 Erst in zweiter Linie soll die Richtlinie auch dem Schutz des Gesundheitsstatus wild lebender Wassertiere gelten, nämlich insoweit deren Lebensumfeld den Gesundheitsstatus von Aquakulturtieren beeinträchtigen kann oder um erforderlichenfalls anderen gemeinschafts- oder völkerrechtlichen Vorschriften, wie etwa der FFH-RL oder dem Schutz der im CITES-Artenschutzabkommen genannten Tierarten zu genügen.262 Die Richtlinie 2006/88/EG führt zur Erreichung dieser Ziele verschiedene rechtliche Instrumente ein. Vor allem wird eine flächendeckende Steuerung durch die Einführung einer Aquakultur-Betriebsgenehmigung263 für obligatorisch erklärt. Nach Art. 4 haben die Mitgliedstaaten zu gewährleisten, dass Aquakulturbetriebe von einer zuständigen Behörde genehmigt werden. Für die Genehmigung sind die folgenden in Art. 5 präzisierten Bedingungen zu erfüllen: Buchführung über Seuchen und seuchengefahrrelevante Tatsachen, auch solche zur Rückverfolgbarkeit 258

Art. 22 Abs. 2 WRRL i.V.m. Art. 16 Abs. 2 RL 2006/88/EG. Richtlinie 2006/88/EG des Rates vom 24. Oktober 2006 mit Gesundheits- und Hygienevorschriften für Tiere in Aquakultur und Aquakulturerzeugnisse und zur Verhütung und Bekämpfung bestimmter Wassertierkrankheiten, ABl. L 328 vom 24. 11. 2006, S. 14, geändert durch RL2008/53/EG der Kommission vom 30. 4. 2008, ABl. L 117 vom 1. 5. 2008, S. 27. 260 Richtlinie 2006/88/EG, Erwägungsgrund (3). 261 Richtlinie 2006/88/EG, Erwägungsgrund (8). 262 Richtlinie 2006/88/EG, Erwägungsgrund (9). 263 Fischer-Hüftle, Tagungsbericht: Neue Herausforderungen für den Meeresnaturschutz und das Umweltrecht, NuR 2010, 332, über den Vortrag von Peter Kersandt. 259

76

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

(Art. 8), eine gute Hygienepraxis (Art. 9) sowie die Durchführung einer risikoorientierten Tiergesundheitsüberwachung (Art. 10). Der mit geeigneten Systemen zu führende Nachweis muss vom Betreiber gegenüber der Behörde erbracht werden, die für die Überwachung zuständig ist, Art. 5 Abs. 1 lit. b) und c). Das Kapitel III der Richtlinie enthält allgemeine Vorschriften für das Inverkehrbringen264 von Tieren aus Aquakultur. Neben Bestimmungen zu Sicherheitsvorkehrungen bei der Beförderung von Aquakulturtieren (Art. 13) und dem Erfordernis einer Tiergesundheitsbescheinigung (Art. 14) sowie der Voraussetzung des allgemein klinisch gesunden Zustandes in Verkehr gebrachter Tiere (Art. 15) soll insbesondere sichergestellt werden, dass Wassertiere am Bestimmungsort des Inverkehrbringens nicht gefährdet werden (Art. 12 Abs. 1). Als einen Regelungskern führt die Richtlinie dazu in Art. 49, 50 ein Klassifizierungssystem für den Seuchenstatus von Hoheitsgewässern, Zonen und Kompartimenten ein, die von bestimmten oder allen in einem Anhang aufgezählten Wassertierkrankheiten frei sind. Um dieses Grundkonzept sind wesentliche weitere Vorschriften gruppiert: es soll durch Einführungs-Kontrolle und Nachverfolgung sichergestellt werden, dass einmal seuchenfreie Gebiete in diesem Status verbleiben. Jede Einbringung von Wassertieren in Gebiete nach Art. 49, 50, die für relevante Krankheiten empfänglich sind oder als Überträger in Betracht kommen (Art. 16 und 17) müssen deshalb ebenfalls aus Gebieten mit Seuchenfreiheitsstatus stammen oder eine Quarantäneprozedur durchlaufen. Um einen umfassenden Schutz vor Krankheitseinschleppungen zu erreichen, sind auch Einfuhren von Aquakulturtieren und ihren Erzeugnissen aus Drittländern gemäß Art. 23 nur dann zulässig, wenn sie auf einer Liste stehen, die nach einer Bewertung der Wassertiergesundheitslage in dem betreffenden Staat erstellt wird. Kapitel V der Richtlinie 2006/88/EG enthält Meldepflichten und Mindestvorschriften für die Bekämpfung von Wassertierkrankheiten. Bei Verdachtsmomenten, die auf den Ausbruch einer Seuche hinweisen, müssen nach Maßgabe der Art. 26 ff. Vorsorgemaßnahmen ergriffen werden, vor allem die Seuchenmeldung und Untersuchungen. Bestätigt sich ein Seuchenverdacht, greifen nach Art. 31 ff. nach Art der Krankheit und befallenem Tierbestand differenzierende Maßnahmen ein, die u. a. die Entfernung und unschädliche Beseitigung verendeter oder erkrankter Aquakulturtiere (Art. 34) sowie die Stilllegung von Zuchtbetrieben (Art. 35) vorsehen. Die Ernte und Weiterverarbeitung bleibt gemäß Art. 33 auch beim bestätigten Ausbruch von Seuchen unter der Überwachung der zuständigen Behörde zulässig, wenn die Tiere keine klinischen Krankheitsanzeichen aufweisen.

264 Inverkehrbringen ist gem. Art. 3 Abs. 1 lit. l der Verkauf, einschließlich des Anbietens zum Verkauf und jeder anderen Form der Abgabe, auch unentgeltlich sowie jede Art der Verbringung von Tieren aus Aquakultur.

I. Überblick: Rechtlicher Rahmen der Aquakultur

77

bb) Verordnung (EG) Nr. 708/2007 nicht heimische/gebietsfremde Arten Die Verordnung (EG) Nr. 708/2007265 setzt die Pläne aus dem Strategiepapier 2002 insoweit um, als dort ein Regelungsbedarf zum Schutz vor Gefahren durch die Einführung nicht heimischer Arten festgestellt wurde. In Übereinstimmung mit der Definition des ICES Code of Practice on the Introductions and Transfers of Marine Organisms werden auch gebietsfremde Arten erfasst, also solche, die aus biogeografischen Gründen in einem Gebiet außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes nicht vorkommen (Art. 3 Nr. 5). Die Instrumente der Verordnung (EG) Nr. 708/2007 sind die Genehmigungspflicht für die Einführung und Umsiedlung nicht heimischer bzw. gebietsfremder Arten und Verfahrensanforderungen für die einmal genehmigte Verbringung der Tiere. Um eine Genehmigung nach Art. 6 Abs. 2 zu erhalten, hat der Antragsteller umfangreiche Unterlagen vorzulegen, die Angaben zum Risikopotential des Einführungs- oder Umsiedlungsvorhabens gemäß Anhang I enthalten müssen. Anhand dieser Informationen entscheidet die Behörde, ob das Vorhaben als weniger gefährliche routinemäßige Verbringung oder nicht routinemäßige Verbringung eingestuft wird. Routinemäßige Verbringungen sind definiert als jede Verbringung von Wasserorganismen aus einer Quelle, bei der nur ein geringes Risiko der Verbringung von Nichtzielarten besteht und bei der es in Anbetracht der Merkmale der Wasserorganismen und/oder des verwendeten Aquakulturverfahrens, beispielsweise geschlossene Systeme [im Sinne von Nummer 3]266, nicht zu negativen ökologischen Auswirkungen kommt, Art. 3 Nr. 16 der Verordnung. Bei nicht routinemäßigen Verbringungen muss vor der Genehmigung zusätzlich eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach Maßgabe des Art. 9 Abs. 1 i.V.m. den Vorgaben des Anhangs II durchgeführt werden, die bei routinemäßiger Verbringung nach Art. 8 nicht notwendig ist. Nach erteilter Genehmigung sind als präventive Verfahrensanforderung bei nicht routinemäßigen Verbringungen Quarantäne- oder Pilotphasen (Art. 15 und 16) durchzuführen; dies gilt als Grundsatz bei der Einführung einer nicht heimischen Art und nur ausnahmsweise bei der Umsiedlung gebietsfremder Arten. Über einen Änderungsvorschlag zur Verordnung (EG) Nr. 708/2007, der darauf abzielt, die bisher von der Genehmigungspflicht umfassten Verbringungen auch in geschlossene Aquakultursysteme künftig auszunehmen, wurde kürzlich entschieden.267 Die Verordnung (EG) Nr. 708/2007 soll nun dahingehend geändert werden, dass Verbringungen in geschlossene Anlagen von der Genehmigungspflicht ausgenommen sind, wenn die Anlagen bestimmte Sicherheitsanforderungen erfüllen. 265 Verordnung des Rates vom 11. Juni 2007 über die Verwendung nicht heimischer und gebietsfremder Arten in der Aquakultur, ABl. L 168 vom 28. 6. 2007, S. 1, geändert durch Verordnung (EG) Nr. 506/2008 der Kommission vom 6. Juni 2008, ABl. L 149 vom 7. 6. 2008, S. 36. 266 Klammer vom Verfasser eingefügt. 267 KOM(2010) 393, http://ec.europa.eu/prelex/detail_dossier_real.cfm?CL=de&DosId= 198686, Stand: 15. 9. 2010.

78

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

cc) Verordnungen (EG) Nr. 834/2007 und 710/2009 (ökolog. Aquakultur) Standards für eine ökologische/biologische Produktion in Tierhaltung und Landwirtschaft sind in der sog. EG-Ökoverordnung268 (EG) Nr. 834/2007 niedergelegt. Eine entsprechende Kennzeichnung der Erzeugnisse als „Öko-“ oder „BioProdukte“ ist nach Art. 23 Öko-VO nur zulässig, wenn bei der Herstellung die Vorschriften der EG-Ökoverordnung und ihre Folgevorschriften beachtet worden sind. Während in der Öko-VO (Art. 15) nur einige wenige allgemeine Regelungen für die Aquakultur enthalten sind, finden sich genauere Vorgaben in der Durchführungsverordnung (EG) Nr. 889/2008269, die ihrerseits durch die Verordnung (EG) Nr. 710/2009270 geändert und präzisiert wurde. Das dadurch in die VO 889/2008 eingefügte Kapitel 2a formuliert ausführliche Regeln für die ökologische Tierproduktion in Aquakultur. Die Ziele der Erzeugung sicherer und hochwertiger Produkte und dabei schonender Bewirtschaftung mit minimaler Belastung der aquatischen Umwelt stehen hier nebeneinander.271 Als Grundvoraussetzung dafür, als Aquakulturproduzent das Prädikat der ökologischen Produktion verwenden zu dürfen, werden gewisse Anforderungen an die Gewässereignung – insbesondere Kontaminationsfreiheit, Art. 25b Abs. 1 i.V.m. Art. 6b Abs. 1 – und die Herkunft der Zuchttiere gestellt; letztere sollen zum einen heimische Arten sein, zum anderen ihrerseits nach Verfügbarkeit aus ökologischer Produktion stammen, Art. 25d. Ökologisch produzierte Aquakulturtiere müssen in offenen Anlagen272 gehalten werden, die eine artgerechte Haltung mit genügend Bewegungsfreiheit273 und dem Wohlbefinden der Tiere zuträglichen Gewässerbedingungen ermöglichen (Art. 25f). Neben dem Gebot der Minimierung von stressintensiver Behandlung und Verwendung von Licht274 sowie dem Hormonverbot275 werden in Abschnitt 5 der Durchführungsverordnung (EG) Nr. 889/2008 Vor268 Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates vom 28. Juni 2007 über die ökologische/ biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91, ABl. L 189 vom 20. 2. 2007, S. 1, zuletzt geändert durch VO (EG) Nr. 967/2008 vom 29. 9. 2008, ABl. L 264 vom 3. 10. 2008, S. 1. 269 Verordnung (EG) Nr. 889/2008 der Kommission vom 5. September 2008 mir Durchführungsvorschriften zur VO (EG) Nr. 834/2007 des Rates über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen hinsichtlich der ökologischen/biologischen Produktion, Kennzeichnung und Kontrolle, ABl. L 250 vom 18. 9. 2008, S. 1, zuletzt geändert durch s. folgende Fn. 270 Verordnung (EG) Nr. 710/2009 der Kommission vom 5. August 2009 zur Änderung der VO 889/2008 mit Durchführungsvorschriften für die Produktion von Tieren und Meeresalgen in ökologischer/biologischer Aquakultur, ABl. L 204 vom 6. 8. 2009, S. 15. 271 VO 710/2009, Erwägungsgrund (4). 272 Art. 25g Abs. 2. 273 Die in ökologischer/biologischer Produktion maximal zulässige Besatzdichte bestimmt sich nach Anhang VIIIa und beträgt für Fische nach Art der Tiere zwischen 4 und 30 kg/m3. 274 Art. 25h. 275 Art. 25i.

I. Überblick: Rechtlicher Rahmen der Aquakultur

79

schriften für die Verwendung von Futtermitteln aufgestellt. Grundsätzlich sind gemäß Art. 25j bei der Wahl des Futters in absteigender Reihenfolge die Gesichtspunkte Tiergesundheit, Produktqualität und geringe Umweltbelastung zu berücksichtigen. Für karnivore Aquakulturtiere gilt eine eigene Rangfolge der zu verwendenden Futtermittel. Vorzugsweise sollen solche aus ökologischer/biologischer Aquakulturproduktion, in zweiter Linie können Fischmehl, Fischöl und andere Fischzutaten aus Überresten der Verarbeitung von Wildfischen für den menschlichen Verzehr aus nachhaltiger Fischerei sowie bestimmte ökologische/biologische Futtermittel pflanzlichen und tierischen Ursprungs verfüttert werden, Art. 25k. Die Durchführungsverordnung sieht hierbei das Problem der mangelnden Verfügbarkeit dieser Futtermittel in ausreichender Menge und erlaubt deshalb für einen Übergangszeitraum noch die Verwendung von Futter nicht ökologischen/biologischen Ursprungs.276 Obwohl ein problematischer Aspekt der Nachhaltigkeitsfrage gerade in dem Verbrauch von Fischmehl und Fischöl für Aquakultur liegt, dem mit dem Ersatz dieser Stoffe durch pflanzliche Produkte abzuhelfen versucht wurde, begrenzt Art. 25k Abs. 3 die Verwendung von Pflanzenerzeugnissen als Futtermittelbeigabe auf 60 %. Hieran wird erneut der Regelungsschwerpunkt auf den Aspekten der Tiergesundheit und Produktqualität deutlich. In Abschnitt 6 der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 folgen Vorgaben für die ökologische/biologische Produktion von Mollusken, bevor in Art. 25s-t Maßnahmen für die Tiergesundheitsvorsorge anhand eines Tiergesundheitsmanagementplans sowie Beschränkungen für tierärztliche Behandlungen vorgeschrieben werden. 3. Aquakultur im Recht Großbritanniens und Schottlands Den europäischen Strategiepapieren vergleichbar, hat im Jahr 2003 auch auf der schottischen Ebene die Arbeit der beim damaligen Ministerium Department for Environment and Rural Development at the Scottish Executive angesiedelten Ministerial Working Group for Aquaculture einen Strategieplan hervorgebracht, der die Ziele einer Weiterentwicklung des Aquakultursektors formuliert. Dem Strategic Framework for Scottish Aquaculture 2003 ist eine „gemeinsame Vision“ vorangestellt, die das ambitionierte Leitbild der Strategie präsentiert. Danach strebt Schottland eine nachhaltige, vielfältige, wettbewerbsfähige und wirtschaftlich lebensfähige Aquakulturindustrie an, die hochwertige Lebensmittel produziert und bei Einhaltung verantwortlicher, umweltgerechter Praktiken besonders abgelegenen ländlichen Kommunen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aufschwung bringen soll.277 Das Dokument präsentiert nachfolgend Stärken und Probleme des Sektors und entwirft die Hauptlinien einer aus den Kernthemen Nachhaltigkeit, Ökonomie, Umwelt und Berücksichtigung der Bedürfnisse der Kommunalebene (social prin276 277

Art. 25k Abs. 2. Scottish Executive, A Strategic Framework for Scottish Aquaculture (2003), p. 3.

80

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

ciple) abgeleiteten Entwicklungsstrategie für die schottische Aquakulturindustrie. Als 2009 das Nachfolgepapier A fresh Start, The renewed Strategic Framework for Scottish Aquaculture erschien, konnten etwa auf dem Gebiet der Entkommenssicherheit von Fischfarmen schon erste praktische Verbesserungen verzeichnet werden.278 Im Übrigen weist der Strategic Framework 2009 auf die zwischenzeitliche Schaffung eines Code of Good Practice und maßgebliche Rechtsetzungsakte hin, bevor die geplante Fortführung der 2003 entworfenen Strategie noch einmal in komprimierter Form dargelegt wird. a) Allgemeines Gesetzes- und Verordnungsrecht Der gegenwärtige nationale Rechtsrahmen der schottischen Aquakultur ist dadurch gekennzeichnet, dass zahlreiche Vorschriften Anwendung finden, die nicht mit sachspezifischen Bezug direkt zur Aquakultur entstanden sind, sondern die Planung oder den Betrieb von Aquakulturen aufgrund ihres allgemeinen Anwendungsbereichs mit erfassen. Auch bei der gezielten Entwicklung von Regelungen für die Aquakultur wurde teils so verfahren, dass in bestehende Gesetzeswerke sachspezifische Passagen eingefügt und der Anwendungsbereich auf Aquakulturbelange erweitert wurde. Für die Vergabe von Nutzungsrechten ist als erste wichtige Vorschrift der Crown Estate Act 1961 zu nennen. Er regelt die Verwaltung und Nutzung von Eigentümern der britischen Krone durch eine eigene Liegenschaftsverwaltungsstelle und betrifft Aquakulturbetreiber insofern, als die meisten geeigneten Standorte von der britischen Krone gehalten werden.279 Die Errichtung und der Betrieb einer Aquakulturfarm unterliegt dem schottischen Baurecht, das im Wesentlichen im Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 sowie den dazugehörigen Verfahrens- und Durchführungsverordnungen zu finden ist. Auch die planungsrechtliche Behandlung von Aquakulturvorhaben richtet sich nach dem allgemeinen Baurecht. Gewässerschutzbezogene Genehmigungserfordernisse folgen zum einen aus den sog. Controlled Activities Regulations, die begrifflich eine Reihe von schottischen Vorschriften umfassen und unter Bezug auf die WRRL neben der Aquakultur auch andere Aktivitäten mit Auswirkung auf Oberflächengewässer und Grundwasser reglementieren. Zum anderen enthält der jüngst in Kraft getretene Marine (Scotland) Act 2010 Lizensierungspflichten zur Sicherstellung der Vereinbarkeit von marinen Aquakulturvorhaben mit anderen Nutzungen, insbesondere der Schifffahrt, sowie für gewisse Sonderemissionen in Küstengewässer, die im Zusammenhang mit dem Betrieb von Aquakultur notwendig werden können. Diese beiden Tatbestände unterlagen bisher dem Anwendungsbereich des Coast Protection Act 1949 für die

278 Marine Scotland, A Fresh Start, The renewed Strategic Framework for Scottish Aquaculture (2009). 279 Siehe dazu ausführlich unter C.II.

I. Überblick: Rechtlicher Rahmen der Aquakultur

81

schifffahrtsrechtliche Genehmigung und dem Food and Environment Protection Act 1985 im Hinblick auf Sonderemissionen.280 Umweltrechtlich prägen die europäischen Vorgaben die für die Planung, Errichtung und den Betrieb von Aquakulturen einschlägigen Regelungen. Hier wurden zumeist neue Vorschriften wie die zentralen Environmental Impact Assessment (Scotland) Regulations 1999 geschaffen, um das entsprechende Richtlinienrecht im Rahmen der Kompetenz für devolved matters auf schottischer Ebene umzusetzen.281 b) Aquakulturspezifisches Recht Nur relativ wenige Rechtsvorschriften sind allein auf Gesichtspunkte der Aquakultur zugeschnitten. Sie haben allerdings inhaltlich große Bedeutung. Die beiden wichtigsten sind die Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009, zur Umsetzung der Richtlinie 2008/88/EG, und der Aquaculture and Fisheries (Scotland) Act 2007, der verschiedene Bestimmungen über die Fluchtsicherheit von Fischfarmen und zu Bekämpfungsmaßnahmen hinsichtlich bestimmter Wassertierparasiten enthält. Daneben sind insbesondere für den Bereich des Planungsrechts und des Monitoring der Gewässerqualität zahlreiche Verwaltungsvorschriften zu beachten, in denen Bestimmungen des Gesetzes- und Verordnungsrechts erst die zu ihrer konkreten Anwendung notwendige Präzisierung erfahren. c) Zuständige Behörden Insgesamt sind je nach Zählweise bis zu zehn verschiedene schottische und britische Behörden in die Verwaltung und Reglementierung von Aquakultur involviert. Die hohe Anzahl wird von Seiten der Aquakulturindustrie kritisiert282, sie relativiert sich jedoch, wenn man diejenigen Stellen herausnimmt, die lediglich in beratender Funktion tätig werden283 oder Aufgaben wahrnehmen, die nicht mit der Aquakultur im Besonderen zusammenhängen, sondern etwa für die Arbeitsplatzsicherheit oder den Betrieb von Wasserfahrzeugen im Allgemeinen zuständig sind.284 Die wichtigsten mit steuernden Kompetenzen für die Planung, Genehmigung und

280

Siehe dazu ausführlicher unter C.III. Siehe dazu ausführlich unter C.III. – C.VI. 282 Federation of Scottish Aquaculture Producers 2007, auf eine Befragung durch die Europäische Kommission, zit. nach Hedley/Huntington, Ordnungspolitische und rechtliche Hemmnisse für den Europäischen Aquakultursektor, S. 67; Scottish Salmon Producers’ Organisation, http://www.scottishsalmon.co.uk/environment/ regulatory.asp, Stand: 5. 5. 2011. 283 Zu diesen advisory bodies siehe unter C.III. und C.VI. 284 Hier sind die Health and Safety Executive bzw. die Maritime and Coastguard Agency zu nennen, die vom schottischen Lachszüchterverband mit aufgezählt werden, http://www.scot tishsalmon.co.uk/environment/regulatory.asp, Stand: 5. 5. 2011. 281

82

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

Überwachung von Aquakulturbetrieben ausgestatteten Behörden (regulatory bodies) sind die vier Folgenden: Die Crown Estate Commissioners sind die nach dem Crown Estate Act 1961 zuständige Institution für die Verwaltung der Liegenschaften der britischen Krone und damit auch für die Verpachtung von Aquakulturstandorten, die sich überwiegend im Vermögen der Krone befinden. Als Baubehörden (planning authorities) sind die auf der schottischen Gemeindebene angesiedelten local authorities die jeweils federführende Stelle, wenn es um die Erteilung einer Baugenehmigung für eine Aquakulturanlage in See- oder Binnengewässern geht. Gewässerrechtliche Lizenzen für die mit dem Betrieb von Aquakulturen verbundenen Emissionen erteilt die schottische Umweltbehörde Scottish Environment Protection Agency (SEPA). Sie ist auch mit Inspektions- und Monitoringaufgaben befasst. Bei der SEPA handelt es sich um einen non-departemental public body (NDPB), eine per Gesetz geschaffene285 Behörde, die nicht in die reguläre Struktur des Verwaltungsaufbaus eingegliedert und insoweit in gewissem Maße unabhängig ist. NDPBs wie die SEPA werden jedoch von der schottischen Regierung finanziert und unterstehen den Scottish Ministers. Über diese Verbindung schulden sie dem Parlament Rechenschaft für die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Aufgaben.286 Zusätzlich erforderliche Lizenzen für Aquakulturaktivitäten nach dem Marine (Scotland) Act 2010 werden von Marine Scotland erteilt. Marine Scotland ist ein Unterdirektorat des der schottischen Regierung unterstehenden Scottish Government Home Civil Service. Dieser Verwaltungsapparat umfasst fünf Direktorate, darunter das Enterprise and Environment Directorate, dem Marine Scotland verwaltungsorganisatorisch angehört. Marine Scotland ist für die meisten Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Verwaltung der schottischen Seegebiete betraut und verfügt im Rahmen der organisatorischen Untereinheit Marine Scotland Science (MSS) über verschiedene wissenschaftliche Arbeitsgruppen, deren Zuständigkeitsbereiche auch die Aquakultur betreffen. MSS vereint in der seit dem Jahr 2009 veränderten Behördenstruktur die frühere Forschungseinheit Fisheries Research Service und das auf Wassertierkrankheiten spezialisierte Fish Health Inspectorate.287 Neben diese key agencies als Kernbehörden der Aquakulturreglementierung treten weitere Stellen, die beratend tätig werden oder verfahrensrechtlich verbindliche Stellungnahmen zu einzelnen Entscheidungen abgeben (non-regulatory bodies). Auf sie wird später eingegangen.

285

Sec. 20 Environment Act 1995. SEPA, http://www.sepa.org.uk/about_us.aspx, Stand: 5. 5. 2011. 287 Scottish Government, http://www.scotland.gov.uk/About/Directorates/Wealthier-andFairer/marine-scotland, Stand: 5. 5. 2011. 286

I. Überblick: Rechtlicher Rahmen der Aquakultur

83

4. Selbstregulierung auf europäischer und nationaler Ebene Außer den zahlreichen bereits erwähnten Verhaltenskodices für die Aquakultur oder einzelne Aspekte der Aquakultur, die auf staatliche internationale Abkommen zurückgehen und auch an Staaten adressiert sind, existieren Verhaltenskodices auf der Ebene der Selbstregulierung, die von Seiten der Industrie eingeführt wurden. Als Dachorganisation setzt sich die Federation of European Aquaculture288 für eine verantwortliche Entwicklung und verantwortliches Management ein und hat dazu den Code of Conduct for European Aquaculture aufgestellt (FEAP-Code). Mitglieder dieser Organisation sind Interessenverbände von Aquakulturbetreibern auf nationaler oder sogar regionaler Ebene, für Schottland etwa der Verband Scottish Salmon Producers’ Organisation (SSPO). Der FEAP-Code versteht sich als gemeinsames Basisregelwerk, das lediglich die Leitlinien für eine verantwortliche Praxis darlegt und beispielsweise nicht zwischen verschiedenen Zuchtarten oder Produktionsweisen differenziert. Der Code beschränkt sich vielmehr auf Grundregeln. In wenigen Kapiteln werden dort sehr allgemein gehaltene Hinweise dazu gegeben, wie eine möglichst umweltschonende und mit den Grundsätzen zur Erhaltung der Tiergesundheit und des Wohlbefindens der Tiere vereinbare Aquakulturpraxis durchzuführen ist, die zu hochwertigen Produkten führt. Sehr viel präziser gefasst ist der 2010 in zweiter Auflage erschienene Code of Good Practice for Scottish Finfish Aquaculture.289 Die Erstauflage eines Code of Good Practice hatte 2006 der schottische Verband der Lachszüchter SSPO initiiert, der heute etwa 95 % der aktiven Lachsfarmer zu seinen Mitgliedern zählt. Die Konzeption des überarbeiteten Codes 2010 orientiert sich weiter eng an den Inhalten des Strategic Framework for Scottish Aquaculture und enthält detaillierte Vorgaben, sodass der Code bisweilen an ein technisches Handbuch erinnert. In der zur Überarbeitung der Vorgängerversion gegründeten CoGP-Working Group haben neben der SSPO auch die beiden weiteren Industrieverbände British Trout Association und British Marine Finfish Association mitgewirkt. Daneben fand eine Beratung durch Marine Scotland Science statt.290 Der CoGP legt einleitend einige Grundprinzipien dar und behandelt nachfolgend jeweils abschnittsweise die Gebiete Verbrauchersicherheit, Fischgesundheit, Umweltschutz, Tierwohlbefinden und -haltung sowie Futter und Fütterung. Ein Anhang enthält Vordrucke für Checklisten und beschreibt z. B. Desinfektionstechniken für Aquakulturanlagen und ähnliche technische Vorgänge. Der CoGP kennt zwingende Bestimmungen, Soll-Vorschriften und bloße Empfehlungen (sprachliche Abstufung must, should und recommend). Erstere indizieren dabei, dass bereits eine gesetzliche Pflicht zu entsprechendem Verhalten besteht. Die Soll-Bestimmungen müssen ein288

FEAP, http://www.feap.info/FileLibrary%5C6%5CFEAP%20Code%20of%20Conduct. pdf, Stand: 5. 5. 2011. 289 Code of Good Practice for Scottish Finfish Aquaculture (Edition 2, September 2010). Im Folgenden als CoGP bezeichnet. 290 CoGP, Annex 1.

84

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

gehalten werden, um den Anforderungen des CoGP zu genügen und die Zertifizierung zu behalten. Sie machen 80 % der Leitsätze aus.291 Wird eine Praxis lediglich empfohlen, sind die Verbandsmitglieder verpflichtet, zumindest Anstrengungen zu unternehmen dieser Empfehlung nachzukommen, wobei jedoch anerkannt wird, dass diese in einigen Einzelfällen nicht umsetzbar sein können. Die Einhaltung des CoGP wird durch regelmäßige Kontrollen, Probenahmen oder Untersuchung durch unabhängige Prüfgremien im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 765/2008292 über Vorschriften zur Akkreditierung und Marktüberwachung sichergestellt. In Großbritannien ist es nach den Accreditation Regulations 2009 der nationalen Akkreditierungsstelle UKAS (United Kingdom Accreditation Service) möglich, Konformitätsbewertungsstellen als kompetente Institutionen zur Prüfung der Einhaltung freiwilliger Regelwerke, wie z. B. des CoGP, zu autorisieren. Die Firma Food Certification International Ltd. ist das hauptsächlich mit der Prüfung der CoGP-Compliance der Aquakultur in Schottland befasste Unternehmen.293 Seit mehreren Jahren sind auf Grundlage des Aquaculture and Fisheries Act 2007 verschiedene Einzelabschnitte des CoGP gesetzlich als Prüfmaßstab für behördliche Kontrollen anerkannt worden294, sodass er inzwischen über eine breite Wirkung verfügt. Für die Muschelaquakultur gibt die Association of Scottish Shellfish Growers einen von der britischen Behörde für Fischereierzeugnisse (SEAFISH295) erarbeiteten Code of Good Practice heraus296, der einen detaillierten Überblick über die einzuhaltenden Rechtsvorschriften gibt und an die sorgfältige Einhaltung von Hygiene und Sicherheitsgrundregeln „erinnert“.297

II. Grundlagen der Nutzungsrechte für Gewässer durch Aquakultur Die Berechtigung zur Nutzung eines Gewässers durch Aquakultur setzt das privatrechtliche Eigentum an dem Gewässergrundstück oder eine vertragliche Gewährung des diesbezüglichen Nutzungsrechts voraus. Für die Ausübung des Ei291

Vorwort zum CoGP 2010. Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung der VO (EWG) Nr. 339/93 des Rates, ABL. L 218 vom 13. 8. 2008, S. 30. 293 CoGP, Annex 1. 294 Behördliche Kontrolleure prüfen die Einhaltung einer guten Praxis der Aquakultur hinsichtlich bestimmter Aspekte des Seuchenschutzes, Parasitenbefall und ausbruchssicherer Haltung nach Maßgabe der Vorgaben des CoGP, dazu ausführlicher unter C.VI. 295 SEAFISH, http://www.seafish.org/?area=true, Stand: 5. 5. 2011. 296 Association of Scottish Shellfish Growers, ASSG Code of Good Practice. 297 Der englische Wortlaut heißt hier „remember“ statt „you must“. 292

II. Grundlagen der Nutzungsrechte für Gewässer durch Aquakultur

85

gentumsrechts oder vertraglich gewährten Nutzungsrechts in Form des Betreibens einer Aquakulturanlage sind darüber hinaus verschiedene öffentlich-rechtliche Genehmigungen und Erlaubnisse erforderlich. Diese werden im Abschnitt C.III. behandelt. Die geeigneten Standorte für Aquakulturen stehen ganz überwiegend im staatlichen Eigentum Großbritanniens (zu den Eigentumsverhältnissen unter 1.). Sie werden in diesen Fällen von einer Liegenschaftsverwaltungsbehörde verwaltet (dazu unter 2.), die aquakulturspezifische Nutzungsrechte für einzelne Gewässerabschnitte im Wege der Pacht an private Betreiber vergibt (dazu unter 3.). 1. Das Eigentum an relevanten Gewässern a) Regelmäßiges Eigentum der britischen Krone an marinen Gewässern Die meisten für die offene marine Aquakultur geeigneten Standorte in Schottland stehen im Eigentum der britischen Krone (The Crown) und werden von einer eigenen Liegenschaftsverwaltungsstelle verwaltet. Die Krone meint begrifflich in diesem Zusammenhang eigentlich den Staat Großbritannien. Sie ist Symbol der Staatsgewalt, die vormals in den Händen des Monarchen lag. Eigentum der Krone bedeutet dementsprechend Eigentum der öffentlichen Hand des Vereinigten Königreichs von Großbritannien.298 Diese Eigentumsverhältnisse sind historisch bedingt. Seit der normannischen Invasion Großbritanniens standen alle Gebiete im Eigentum der Krone, soweit sie nicht unter dem Feudalsystem verteilt wurden.299 Es galt hier der Grundsatz quod nullius est fit domini regis: der Souverän ist Eigentümer aller Gebiete, solange niemand anderes sein Eigentum nachweisen kann.300 Über Jahrhunderte wurden zudem die Küsten und die vorgelagerten Küstengewässer – abgesehen vom nicht an Grundeigentum gebundenen Fischfang – nicht in nennenswerter Weise wirtschaftlich genutzt. Es kam daher schon aufgrund mangelnden Interesses selten vor, dass diese Gebiete Lehensgütern zugeteilt oder sie anderweitig abgestoßen wurden. Sie blieben überwiegend bei der Krone und gewannen erst in späteren Tagen überhaupt einen ökonomischen Wert.301 Schon im 19. Jahrhundert, noch bevor moderne Nutzungsformen der Küstengewässergrundstücke wie die Aquakultur bekannt waren, wurde allerdings in der Rechtslehre die Ausdehnung des von der Krone bean-

298

White/Willock, The Scottish Legal System, p. 38. Gibson, Coastal zone law in the UK, in: Smith/Potts (eds.), Managing Britain’s Marine and Coastal Environment, pp. 171 – 185 (172). 300 Paisley, Greens Concise Scots Law, Land Law, p. 32, para. 1.27. 301 Paisley, Greens Concise Scots Law, Land Law, p. 32, para. 1.27. 299

86

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

spruchten Gebiets beschrieben und dabei betont, dass auch der Meeresboden vom Recht der Krone umfasst sei. So heißt es bei Hall302 im Jahr 1875: „Over the British seas, the King of England claims an absolute dominion and ownership, as Lord Paramount, against all the world […] This dominion and ownership over the British seas, vested by the law in the King, is not confined to the mere usufruct of the water, and the marine jurisdiction, but it includes the very fundum or soil at the bottom of the sea […] This dominion not only extends over the open seas, but also over all creeks and arms of the sea, havens, ports and tide-rivers, as far as the reach of the tide, around of the coasts of the kingdom. All waters, in short, which communicate with the sea, and are within the flux and reflux of its tides, are part and parcel of the sea itself, and subject, in all respects, to like ownership“.

Auch im jüngeren case law wurde dieser Grundsatz bestätigt.303 Für den Meeresboden des Küstenmeeres stützte der schottische Court of Session das Eigentum der Krone allerdings zuletzt nicht auf die Grundlage einer Lehenstradition, sondern auf Souveränitätserwägungen.304 Vor diesem Hintergrund wird deutlich, warum die Küstenzone des Vereinigten Königreichs von den hergebrachten Anspruchsgrenzen des britischen Königtums geprägt ist und aus dieser Tradition305 der Einflussbereich der Gezeiten als Grenzmerkmal beibehalten wurde. Ein Vorschlag der Scottish Law Commission, die Ansprüche der Krone durch Gesetz genau zu definieren, wurde bislang nicht umgesetzt.306 Der hergebrachte Eigentumsanspruch der britischen Krone erstreckt sich auf, die Tidenzone (foreshore) und die Flussmündungen, soweit die Gezeiten wirken (tidal estuaries) sowie auf die Bereiche des Meeresgrundes im Küstenmeer (seabed). Die Tidenzone wird in Schottland traditionell anders definiert als in England und Wales. Sie bemisst sich nicht wie dort anhand des jeweils mittleren Niedrig- und Hochwassers, sondern wird durch den mittleren Springtidenhub bestimmt.307 Eine Springtide (springtide) ist die im Vergleich zur regelmäßigen Amplitude stärkere Gezeitenbewegung, die auftritt, wenn sich Erde, Sonne und Mond in einer Linie befinden. Der Bereich also, der bei Zugrundelegung der Mittelwerte bei Springtiden zwischen der niedrigsten Wasserlinie bei Ebbe und der höchsten Wasserlinie bei Flut 302 R.G. Hall, Hall’s Essay on the Rights of the Crown and the Privileges of the Subject in the Sea Shores of the Realm (2nd ed. 1875) by Loveland, R.L. Stevens and Hynes, zit. nach: Howarth, The Law of Aquaculture, p. 18. 303 Crown Estate Commissioners v Fairlie Yacht Slip Ltd, 1979 S.C., 156; Shetland Salmon Farmers v Crown Estate Commissioners (Special Case), 1990 S.C.L.R., 484. 304 Shetland Salmon Farmers v Crown Estate Commissioners (Special Case), 1990 S.C.L.R., 484. 305 Gibson, Coastal zone law in the UK, in: Smith/Potts (eds.), Managing Britain’s Marine and Coastal Environment, pp. 171 – 185 (172), der von „legacy of property“ spricht. 306 Gibson, Coastal zone law in the UK, in: Smith/Potts (eds.), Managing Britain’s Marine and Coastal Environment, pp. 171 – 185 (172). 307 Lloyd/Livingstone, Marine Fish Farming in Scotland: Proprietorial Behaviour and the Public Interest, Journal of Rural Studies Vol. 7 (1991), pp. 253 – 263 (255, 256).

II. Grundlagen der Nutzungsrechte für Gewässer durch Aquakultur

87

liegt, wird nach schottischer Definition als Tidenzone bezeichnet. Deren Ausdehnung ist damit in Schottland größer als im übrigen Vereinigten Königreich. Sie variiert naturgemäß nach dem regional unterschiedlichen Tidenhub und zudem nach den geographischen Gegebenheiten der Küste.308 Die Tidenzone fällt also bei flach ansteigenden Stränden breit, an einer Steilküste unter Umständen so schmal aus, dass sie überhaupt nicht nutzbar ist. Auf den flachen Küstenstreifen der Tidenzone wird vor allem die Zucht von Austern betrieben. Für andere Gewässer im Einflussbereich der Gezeiten, vor allem Flussmündungen und mit dem Meer verbundene Lochs, gilt ebenfalls, dass das originäre Eigentum bei der Krone liegt. Es erstreckt sich hier allerdings nicht bis zum Ufer, sondern beschränkt sich auf das Gewässerbett, den sog. alveus.309 Außerhalb der Tidenwirkung sind die Flüsse in Privateigentum, stehen also nicht von vornherein der Krone zu.310 Der geografisch an die Tidenzone angrenzende Bereich, der ständig von Wasser bedeckte Meeresboden im Eigentum der Krone, reicht vom seewärtigen Rand der Tidenzone bis zu den Grenzen der Territorialgewässer. Die Breite der Territorialgewässer lag lange Zeit bei drei Seemeilen (1 sm = 1852 m), bis diese Distanz durch den Territorial Sea Act (1987) auf 12 Seemeilen erhöht wurde.311 Hier findet der Betrieb von marinen Fisch- und vor allem der den schottischen Aquakultursektor dominierenden Lachsfarmen statt. b) Ausnahmen: andere Eigentümer Die regelmäßige Ausdehnung des Eigentums der britischen Krone auf die beschriebenen Bereiche an den schottischen Küstengebieten, die für Aquakultur in Betracht kommen, kennt auch Ausnahmen. Die wichtigste gilt auf den Shetland- und den Orkneyinseln. Dort befinden sich die Gebiete der Tidenzone zu weiten Teilen in anderweitigem Eigentum, üblicherweise in dem des Eigentümers des Küstengrundstücks (ex adverso proprietor).312 Das Eigentum des Küstenanliegers erstreckt sich dabei bis in die Tidenzone und findet seine seewärtige Grenze erst an der niedrigsten Niedrigwassermarke.313 Diese Besonderheit geht zurück auf bestimmte Rechtstraditionen des Allodialrechts314 (udal law), die die ersten Siedler – Wikinger – aus dem nordischen Rechtskreis nach 308 McGlashan et al., The foreshore: geographical implications of the three legal systems in Great Britain, Area (2004), pp. 338 – 347 (342). 309 The Laws of Scotland, Stair Memorial Encyclopaedia, Vol. 18, p. 435, para. 518. 310 The Laws of Scotland, Stair Memorial Encyclopaedia, Vol. 18, p. 437, para. 522. 311 Sec. 1(1) Territorial Sea Act (1987). 312 Paisley, Greens Concise Scots Law, Land Law, p. 32, para. 1.27. 313 McGlashan et al., The foreshore: geographical implications of the three legal systems in Great Britain, Area (2004), pp. 338 – 347 (340). 314 Gegenbegriff zum Feudal- oder Lehensrecht.

88

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

Orkney und Shetland gebracht hatten. Der Grundsatz quod nullius est fit domini regis wird hier umgekehrt. Wo nicht durch Verträge das Eigentum der Krone anerkannt worden ist, unterliegt die Tidenzone lehnsfreien Eigentumsansprüchen (udal tenures) der Küstenanlieger, die den im übrigen Schottland geltenden Universalanspruch der britischen Krone als originäre Eigentümerin aller Gebiete ausschließen.315 Andere Teile der britischen Tidenzone sind von der Krone zu früheren Zeiten veräußert worden. Einzelne Strände standen oder stehen im Eigentum des National Trust316, im Eigentum von Kommunen, bzw. auf den Inseln im Eigentum der port authorities.317 Teilweise waren auch durch Gesetz Gebiete der Beanspruchung durch die Krone entzogen, so im Bereich der dem National Coal Board unterstellten Kohleförderung.318 Heute befinden sich von der Tidenzone und den gezeitenbeeinflussten Flussbereichen des gesamten Vereinigten Königreichs etwa 55 % im Eigentum der Krone. In anderweitigem Eigentum stehende Gebiete der Tidenzone finden sich etwa an den Küsten Cornwalls und Lancashire in England.319 Der Meeresboden jenseits der Niedrigwasserlinie bis zum 12 Seemeilen-Grenze wird hingegen nahezu vollständig von der britischen Krone gehalten.320 Abgesehen von den zuvor genannten Fällen321 gilt somit in aller Regel, dass die Tidenzone unterhalb der Hochwassermarke und der dahinter und darunter gelegene Meeresgrund der britischen Krone gehören, der damit die praktische Nutzungshoheit über die geeigneten schottischen Standorte für marine Aquakultur zusteht. c) Binnengewässer Für Binnengewässer, in denen Aquakultur von Süßwasserfischen und Junglachsen stattfindet, gilt das allgemeine Property Law. Schiffbare Flüsse jenseits des Einflusses der Gezeiten gehören mitsamt dem alveus den Eigentümern der Anliegergrundstücke (riparian owners oder riparian proprietors) und unterscheiden sich eigentumsrechtlich von nichtschiffbaren Flüssen dadurch, dass weitergehende Gemeingebrauchsrechte zu dulden sind.322 Für nicht mit der See verbundene Lochs oder Seen gilt ebenso das Eigentum der Anlieger. Umschließt das Land eines Eigentümers 315

The Laws of Scotland, Stair Memorial Encyclopaedia, Vol. 18, p. 250, para. 317 mit weiteren Hinweisen, insbes. zu einem Fall und zu Vol. 24 „Udal Law“ desselben Werkes. 316 Ein traditionsreicher Naturschutzverband, http://www.nationaltrust.org.uk/main/, Stand: 05. 10. 2010. 317 Gibson, Coastal zone law in the UK, in: Smith/Potts (eds.), Managing Britain’s Marine and Coastal Environment, pp. 171 – 185 (173). 318 Howarth, The Law of Aquaculture, p. 19. 319 Crown Estate, The Crown Estate Schedule of properties, rights and interests June 2011, p. 11. 320 Crown Estate, The Crown Estate Schedule of properties, rights and interests June 2011, p. 11. 321 Howarth, The Law of Aquaculture, p. 19, der von „exceptional matters“ spricht. 322 Miller/Robson, Greens Concise Scots Law, Property, pp. 62, 63.

II. Grundlagen der Nutzungsrechte für Gewässer durch Aquakultur

89

das Gewässer vollständig, ist er auch Eigentümer des Gewässers. Grenzen mehrere Grundstücke mit unterschiedlichen Eigentümern an ein solches Binnengewässer, greift der Grundsatz des gemeinsamen Eigentums. Dieses ist in der Weise ausgestaltet, dass jeder Eigner das ausschließliche Recht hinsichtlich des alveus ex adverso besitzt, also des geographischen Teils von ihrer Uferlinie bis zur Mitte des Gewässers, die Wasserfläche aber zu einem gewissen Maß für alle Anlieger offen steht.323 d) Einschränkung des Eigentums durch Gemeingebrauch Unabhängig davon, ob es sich um einen Privateigentümer oder die Krone als Eigentümer handelt, bestehen an Gewässern grundsätzlich Gebrauchsrechte der Öffentlichkeit, deren Ausübung zu dulden ist.324 Unter diesen Rechten, die Jedermann zustehen (public rights), sind das Recht auf Schiffspassage (right of navigation) und ein Recht zur Fischerei (public right of fishing) anerkannt.325 Zu differenzieren ist dabei zwischen Gewässern im Einflussbereich der Gezeiten und reinen Binnengewässern. An den letzteren besteht kein Gemeingebrauchsrecht zur Fischerei und auch das Recht auf Bootspassagen gilt nur eingeschränkt.326 Soweit das right of navigation voll eingreift, umfasst es zugleich einige damit verbundene Tätigkeiten wie das Ankern oder Festmachen von Wasserfahrzeugen, nicht hingegen das Einbringen von Anlagen zum Festmachen.327 In diesem Zusammenhang wurde von der Rechtsprechung die Frage behandelt, ob das Einbringen von dauerhaften Verankerungen zum Festmachen von Booten noch von dem öffentlichen Benutzungsrecht abgedeckt ist.328 Die Frage wurde vom Gericht aber auch im Hinblick auf die Verankerung des Bootsanlegers im Ergebnis verneint, weil das von der Beklagtenseite zur Begründung herangezogene Gemeingebrauchsrecht zur freien Passage mit Wasserfahrzeugen nicht mehr die Installierung dauerhaft verankerter Strukturen rechtfertige. Vielmehr könne nur vorübergehendes Ankern als Bestandteil des right of navigation angesehen werden.329 Im Ergebnis wurde in diesem Fall das Einbringen der Bootsanleger als unrechtmäßig beurteilt, weil es ohne die Zustimmung der Crown Estate gegen die Eigentumsrechte der Krone verstieß.330 Dies sei wegen der sachlichen Nähe zur Verankerung von Aquakulturanlagen hier erwähnt, obwohl in diesen Fällen schon der Zusammenhang mit dem right of navigation oder dem allgemeinen Fischereirecht noch ungleich schwerer herstellbar 323

Miller/Robson, Greens Concise Scots Law, Property, p. 65. Miller/Robson, Greens Concise Scots Law, Property, p. 71. 325 Andere Ausprägungen des public right an Gewässern werden diskutiert, Miller/Robson, Greens Concise Scots Law, Property, p. 70. 326 The Laws of Scotland, Stair Memorial Encyclopaedia, Vol. 18, p. 437, para. 522. 327 Miller/Robson, Greens Concise Scots Law, Property, p. 70. 328 Crown Estate Commissioners v Fairlie Yacht Slip Ltd, 1979 S.C., p. 156. 329 Crown Estate Commissioners v Fairlie Yacht Slip Ltd, 1979 S.C., pp. 162, 175. 330 Howarth, The Law of Aquaculture, p. 20. 324

90

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

sein dürfte und die Konstruktion eines Gemeingebrauchsrechts auf das Betreiben von Aquakultur eher fern liegt. Gewissermaßen treuhänderische Inhaberin der Gemeingebrauchsrechte der Öffentlichkeit, die in der angelsächsischen Rechtsterminologie als spezielle, hoheitliche Ausprägung eines property rights betrachtet werden331, ist wiederum die britische Krone selbst. Als sog. regalia majora sind diese Rechte, anders als das Eigentum (ownership) an den marinen Gebieten – hier handelt es sich um sog. regalia minora –, nicht durch die Krone veräußerlich.332 Geltend gemacht werden kann das öffentliche Gebrauchsrecht entweder von der Krone oder im Wege der Klage actio popularis von den Gemeingebrauchsberechtigten.333 Privates Eigentum an Gewässergrundstücken ist damit stets durch das von der Krone „behütete“ Gemeingebrauchsrecht belastet, wohingegen beide Aspekte zusammenfallen, wenn die Krone selbst Eigentümerin ist. Im letzteren Fall kann die diesbezügliche Doppelfunktion der Krone zu Konflikten zwischen Nutzungsinteresse und Schutz der Gemeingebrauchsrechte führen. So wurde im Rechtsfall Walford v David334 darüber gestritten, ob das öffentliche Benutzungsrecht des Klägers in Hinsicht auf die Passage mit Wasserfahrzeugen durch das von der Crown Estate gestattete Einbringen einer Aquakulturanlage verletzt würde. Das Gericht befand, dass das weitgehende öffentliche Gebrauchsrecht zur Bootspassage nicht so ausgelegt werden könne, als dass es immer schon verletzt sei, wenn das im Seeverkehr alltägliche Umschiffen von Hindernissen erforderlich wird.335

2. Verwaltung der Gewässer der Krone durch die Crown Estate Commissioners Die Crown Estate, also die Gesamtheit des Grundeigentums der Krone, steht nach dem Crown Estate Act 1961 unter der Verwaltung der Liegenschaftsverwaltungsbehörde Crown Estate Commissioners.336 Zur Crown Estate zählen unter der Bezeichnung Marine Estate auch die Tidengebiete und die des Meeresbodens bis zur Grenze der 12-Meilenzone, in denen Muschelzucht und die marine Aquakultur stattfinden. Als fremdverwalteter Teil des Vermögens der Krone wurde die Crown Estate dem Prinzip nach bereits 1760 unter der Regentschaft von Georg III. begründet.337 Nach der damaligen Übereinkunft sollten zunächst nur einige Gebiete aus 331

Miller/Robson, Greens Concise Scots Law, Property, p. 70. Miller/Robson, Greens Concise Scots Law, Property, p. 70. 333 Paisley, Greens Concise Scots Law, Land Law, p. 301, para. 10.14. 334 Walford v David, 1989, S.L.T., p. 876. 335 Walford v David, 1989, S.L.T., p. 880. 336 Im Folgenden als Commissioners bezeichnet; die Bezeichnung Crown Estate wird auch synonym für die Commissioners als Behörde verwendet. 337 Murray, North Sea 2000: The Crown Estate Commissioners Role, Ocean & Shoreline Management (1991), pp 375 – 381 (375). 332

II. Grundlagen der Nutzungsrechte für Gewässer durch Aquakultur

91

dem Eigentum der Krone langfristig von der neu gegründeten Institution der Commissioners im Namen der Krone verwaltet werden und die Einnahmen dem britischen Fiskus zufließen. Als Gegenleistung wurde ein Teil des Erwirtschafteten über die sog. Civil List dem Herrscherhaus als regelmäßige jährliche Einkunft zugeführt.338 Diese Konzeption blieb im Grundsatz bis heute unverändert. Als Nachfolgeregelung der Crown Land Acts 1810 und 1829 bildet der Crown Estate Act 1961 den Rechtsrahmen für die Verwaltung der Liegenschaften und Güter der Krone. Danach bleiben die Commissioners als für die Crown Estate handelndes Organ verantwortlich für das Management und die Bewirtschaftung der Güter der Krone.339 Die Commissioners setzen sich von Gesetzes wegen aus maximal acht vom Monarchen berufenen Personen zusammen340, heute verfügen sie jedoch über einen großen behördlichen Unterbau mit zahlreichen regionalen Außenstellen.341 In sec. 1 (3) Crown Estate Act 1961 werden ihre zentrale Aufgabe und Pflichten formuliert. Die Commissioners haben die Güter der Krone als solche zu erhalten, ihren Wert – auch etwa durch ökonomisch sinnvolle Investitionen – nach Möglichkeit zu steigern, daraus erzielte Gewinne abzuführen und dabei die Grundsätze vernünftigen Wirtschaftens einzuhalten. Der englische Wortlaut dieser Kernvorschrift lautet: „It shall be the general duty of the Commissioners, while maintaining the Crown Estate as an estate in land (with such proportion of cash or investments as seems to them to be required for the discharge of their functions), to maintain and enhance its value and the return obtained from it, but with due regards to the requirement of good management“.

Hinsichtlich der Erzielung von Erträgen ergänzt sec. 3(1) Crown Estate Act 1961 den Auftrag dahingehend, dass möglichst ein Maximalgewinn erreicht werden soll, soweit dies nicht auf der Ausnutzung einer Monopolstellung beruht: „Save as provided by the following provisions of this Act, the Commissioners shall not sell, lease or otherwise dispose of land of the Crown Estate, or any right or privilege over or in relation to any such land, except for the best consideration in money or money’s worth which in their opinion can reasonably be obtained, having regard to all the circumstances of the case but excluding any element of monopoly value attributable to the extent of Crown’s ownership of comparable land“.

Die Verfügungsmacht der Commissioners, die bei der Ausübung ihrer Aufgaben im Namen der Krone handeln, ist im Grundsatz uneingeschränkt.342 Soweit Ausnahmen343 bestehen, kann aus Gründen der Rechtssicherheit eine Überschreitung der 338 Lloyd/Livingstone, Marine Fish Farming in Scotland: Proprietorial Behaviour and the Public Interest, Journal of Rural Studies Vol. 7 (1991), pp. 253 – 263 (255). 339 Sec. 1(1) Crown Estate Act 1961. 340 Sched. 1, sec. 1(1) Crown Estate Act 1961. 341 Crown Estate, http://www.thecrownestate.co.uk/about_us/our_people.htm, Stand: 30. 9. 2010. 342 Sec.1(2) Crown Estate Act 1961. 343 Etwa für die Verpachtung, den Verkauf oder die sonstige Verfügung über Güter im Besitz des Königshauses selbst, sec. 5(5) Crown Estate Act 1961.

92

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

Befugnisse der Wirksamkeit des Geschäfts nach sec.1(5) Crown Estate Act 1961 nicht entgegengehalten werden. Die Befugnisse erstrecken sich damit nicht nur auf die Vermietung, Verpachtung oder Belastung von Gütern, sondern schließen auch die Möglichkeit des Verkaufs einzelner Teile ein. Eine Veräußerung von potenziellen oder bereits bewirtschafteten Aquakulturstandorten findet jedoch nicht statt. Dazu im Folgenden. 3. Erwerb von Nutzungsrechten: Pachtsystem Die Bewirtschaftung mariner Liegenschaften der Krone in Form von Aquakultur wird auch nicht durch die Unterhaltung von Fisch- oder Muschelfarmen durch die Commissioners selbst oder andere staatliche Stellen betrieben, sondern ausschließlich in der Weise vorgenommen, dass Standorte an private Unternehmer verpachtet werden. Während der Anfangsjahre der schottischen Aquakultur war die Gewährung einer solchen Pacht (lease) durch die Commissioners der zentrale Rechtsakt, über den sich gleichzeitig die privatrechtliche Nutzrechtszuweisung und die öffentlich-rechtliche Zulassung von Aquakulturvorhaben vollzogen. Daneben bedurfte es im Wesentlichen nur noch einer Emissionserlaubnis (discharge consent) nach dem Control of Pollution Act 1974.344 Mit der Reform des Bauplanungsrechts im Jahr 2007 ist den Commissioners die bis dahin bestehende Rolle als maßgeblicher Entscheidungsträger für die Genehmigungsfähigkeit und damit für die Zuordnung der Nutzungsrechte von Aquakulturstandorten weitgehend entzogen worden. a) Entwicklung des Verfahrens zum Abschluss von Pachtverträgen über marine Aquakulturstandorte Bis Mitte der 1980er Jahre war die Vergabe von Nutzungsrechten für marine Aquakultur unter alleiniger Kontrolle der Commissioners, ohne dass vor der Gewährung einer Pacht eine Einbindung anderer Nutzungsinteressenten oder ein Einvernehmen mit den Kommunalbehörden erforderlich gewesen wäre.345 Während für Vorhaben an Land eigene Verfahren des Baurechts (planning law) Anwendung fanden, galten diese Vorschriften nicht für marine Gebiete.346 Der wesentliche Grund dafür lag in der Definition des Vorhabens (development) im Sinne des Town and Country Planning (Scotland) Act 1972 als Vorhaben „in, auf, über oder unter Landgrundstücken“.347 Die baurechtliche Zuständigkeit der Kommunen erstreckte sich hingegen nicht auf die für Aquakulturen relevanten Bereiche der Tidenzone und des vorgelagerten Meeresgrundes.348 Abgesehen von ihrer Bindung an die Vorgaben 344

Zur alten Rechtslage Howarth, The Law of Aquaculture, pp. 131 ff. Phyne, Capitalist Aquaculture and the Quest for Marine Tenure in Scotland and Ireland, Studies in Political Economy 52 (Spring 1997), pp. 73 – 109 (83); siehe auch Howarth, The Law of Aquaculture, p. 19 ff. 346 Argyll and Bute DC v Secretary of State for Scotland, SLT 1977, 33. 347 Sec. 19(1) Town and Country Planning (Scotland) Act 1972. 348 Howarth, The Law of Aquaculture, p. 18. 345

II. Grundlagen der Nutzungsrechte für Gewässer durch Aquakultur

93

des Crown Estate Act 1961 waren die Commissioners bei der Vergabe der Pachten weitgehend frei und im Wesentlichen nur an die Pflicht gemäß sec. 1(3) und 3(1) Crown Estate Act 1961 gebunden, aus den marinen Gebieten optimale Erträge nach dem Grundsatz des good managements zu erzielen. Es zeigte sich jedoch bald, dass die vorwiegende Orientierung an den aus den Pachten erzielbaren Gewinnen zu keiner kohärenten Vergabepolitik führte, die eine sinnvolle und geordnete Nutzung des Küstenraumes fördern würde.349 Nachdem man dieses Problem und die Notwendigkeit erkannt hatte, insbesondere die Kommunen in die Entscheidungsprozesse hinsichtlich über den Abschluss von Aquakultur-Pachten einzubeziehen, wurde zunächst ein nicht festgeschriebener Ablauf eingeführt, der die Konsultation u. a. der Kommunalbehörden und die vorherige Bekanntgabe laufender Vergabeverfahren in örtlichen Zeitungen umfasste.350 Nach den ersten Erfahrungen mit dem weiterentwickelten Verfahren und in dem Bestreben, einen einheitlichen Ordnungsrahmen zu schaffen, veröffentlichte die Crown Estate 1987 die Guidelines on Siting and Designing of Marine Fish Farms in Scotland, in denen sie erstmals konkrete Richtlinien ihrer Entscheidungsfindung darlegte. Das rechtlich unverbindliche Papier formulierte im Schwerpunkt drei Grundziele, die bei der Konzeption von neuen Fisch- und Muschelfarmen berücksichtigt werden sollten: Eignung des Standorts, nach den jeweiligen Rahmenbedingungen unterschiedliche Mindestabstände zu anderen Aquakulturanlagen und Einbeziehung der kommunalen Planungsbehörden für an Land zu errichtende Wirtschaftsgebäude. Weitere Leitlinien waren u. a. die Größenbeschränkung der Anlage auf das erforderliche Mindestmaß, die Meidung von Fischgründen, Ankerplätzen und wertvollen Naturgebieten sowie die Minimierung visueller Beeinträchtigungen.351 Nach dem Erlass der UVP-Richtlinie und deren Umsetzung für Schottland352, durfte die Crown Estate in manchen Fällen353 nur noch dann eine Pacht zum Betrieb von Fischfarmen gewähren, wenn eine Umweltverträglichkeitsprüfung ergeben hatte, dass voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen von dem beantragten Projekt ausgehen würden. Die Bewertung des Ergebnisses der Umweltverträglichkeitsprüfung oblag den Commissioners, reg. 3(1) Environmental Assessment (Salmon Farming in Marine Waters) Regulations 1988.354 Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung gab es nun auch eine gesetzliche Verpflichtung zur Konsultierung der Kommunalbehörden und einiger anderer Stellen (statutory consultees) sowie zur Bekanntmachung der Antragsverfahren in Zeitungen.355 Noch 349

Howarth, The Law of Aquaculture, p. 20. Howarth, The Law of Aquaculture, p. 21. 351 Näher zum Inhalt der Guidelines: Howarth, The Law of Aquaculture, pp. 22 – 26. 352 Umsetzung damals durch die Environmental Assessment (Scotland) Regulations (1988) und die Environmental Assessment (Salmon Farming in Marine Waters) Regulations (1988). 353 Slater, Planning for Scottish Aquaculture: The Story thus far, Water Law 16 (2005), pp. 122 – 130 (123 Fn. 25), „Some EIAs were carried out under the 1988 Regulations“. 354 Howarth, The Law of Aquaculture, p. 34. 355 Howarth, The Law of Aquaculture, p. 36. 350

94

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

immer war es jedoch die Crown Estate, die als hauptverantwortliche Stelle für die Zulassung von Aquakulturanlagen zuständig war.356 Trotz der genannten Korrekturen bot das Verfahren zur Pachtvergabe weiterhin Anlass zu Kritik. Als Kernproblem wurde der potenzielle Interessenkonflikt zwischen den Aufgaben der Crown Estate als Eigentümer und Verpächter der Standorte mit Gewinnerzielungsinteresse und zugleich faktischer Genehmigungsbehörde betrachtet.357 Aufgrund der Verpflichtung, aus der Vergabe von Pachten optimale Erträge zu erzielen war zweifelhaft, ob die Crown Estate bei der Prüfung der zu berücksichtigenden, tendenziell restriktiven Umweltbestimmungen ein hinreichendes Maß an Objektivität bewahren könne. Ferner wurde die Notwendigkeit betont, die vor Ort betroffenen Kommunen stärker einzubeziehen. Außerdem beabsichtigte man, eine effizientere und transparentere Vergabepolitik voranzutreiben, die sowohl konfligierenden Nutzungsinteressen als auch Umweltbelangen besser gerecht werden sollte.358 Vor diesem Hintergrund wurde 1997 vom Scottish Office359 initiiert, durch eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs des hergebrachten Bauplanungsrechts auf Tidenzone und Meeresgrund, die Kommunalbehörden als federführende Stellen für die Planung von marinen Aquakulturvorhaben einzusetzen.360 Weil die angestrebte Kompetenzverlagerung langwierige Gesetzesänderungen im parlamentarischen Verfahren erforderte, wurde 1998 als Zwischenlösung ein Interim Scheme for the Authorisation of Marine Fish Farms in Scottish Waters eingeführt, das eine noch stärkere Beteiligung der kommunalen Planungsbehörden, unabhängig von dem Erfordernis der Umweltverträglichkeitsprüfung, vorsah. Die gesetzliche Stellung der Crown Estate Commssioners blieb durch diese verwaltungsinterne Regelung jedoch zunächst unberührt. Sie behielten ihre Doppelrolle361 als Verwalter des Eigentums der Krone und de facto Genehmigungsbehörde für die marinen Aquakulturstandorte, die in diesen Funktionen den größtmöglichen Gewinn erwirtschaften aber gleichzeitig sämtliche Planungsbelange und eine eventuelle Umweltverträglichkeitsprüfung berücksichtigen sollte. Das Interim Scheme verlor erst ein gutes Jahrzehnt später mit der Kompetenzverlagerung auf die kommunalen Planungsbehörden seine Geltung. 356 Lloyd/Livingstone, Marine Fish Farming in Scotland: Proprietorial Behaviour and the Public Interest, Journal of Rural Studies Vol. 7 (1991), pp. 253 – 263 (259). 357 Slater, Planning for Scottish Aquaculture: The Story thus far, Water Law 16 (2005), pp. 122 – 130 (123); Lloyd/Livingstone, Marine Fish Farming in Scotland: Proprietorial Behaviour and the Public Interest, Journal of Rural Studies Vol. 7 (1991), pp. 253 – 263 (263). 358 Slater, Planning for Scottish Aquaculture: The Story thus far, Water Law 16 (2005), pp. 122 – 130 (122). 359 Das Scottish Office war vor der Teilunabhängigkeit Schottlands 1998 (s. o.) das für schottische Angelegenheiten zuständige Ministerium im Vereinigten Königreich. 360 Scottish Executive, Interim Scheme for the Authorisation of Marine Fish Farms in Scottish Waters 2000, Procedure Guidance Note, No. 2. 361 Scottish Executive, Interim Scheme for the Authorisation of Marine Fish Farms in Scottish Waters 2000, Procedure Guidance Note, Nr. 5.

II. Grundlagen der Nutzungsrechte für Gewässer durch Aquakultur

95

b) Kompetenzübertragung auf die kommunalen Bauplanungsbehörden Die gesetzlichen Grundlagen zur Trennung der Genehmigungs- von der Nutzrechtsvergabekompetenz für marine Aquakulturstandorte wurden in zwei Etappen geschaffen.362 Bereits der Water Environment and Water Services (Scotland) Act 2003 enthielt die Verordnungsermächtigung dafür, Übergangs- und Küstengewässer im Hinblick auf Fischfarmen dem Bauplanungsrecht für Landgebiete einzugliedern. Nach langwierigen Beratungsprozessen der schottischen Regierung unter Einbeziehung von Interessenvertretern aus Aquakulturindustrie, Umweltverbänden und der Wildlachsfischerei wurde mit dem Planning etc. (Scotland) Act 2006 die Ermächtigung zur planungsrechtlichen Kompetenzübertragung auf die kommunalen Baubehörden noch einmal bis zur Grenze der 12-Meilenzone ausgedehnt. Daneben erweiterte die Vorschrift das einzuführende Baugenehmigungsbedürfnis für Fischfarmen dahin, dass auch Wechsel der gezüchteten Art umfasst sein sollten.363 Mit dem Erlass der Town and Country Planning (Marine Fish Farming) (Scotland) Order 2007 wurde die Reform schließlich umgesetzt und die eigentliche Kompetenzzuweisung vorgenommen. Die Verordnung errichtet marine Planungszonen (marine planning zones)364 und trifft Regelungen für den Übergang zwischen der bis dahin geltenden und der künftigen Rechtslage.365 Seit dem 1. April 2007 ist die Zuweisung von Standorten mariner Aquakultur damit dem Baurecht unterworfen. So gelang es nach einem Jahre dauernden Prozess, die Zuordnungsverfahren von Nutzungsrechten für marine Fisch- und Muschelfarmen von der Eigentumsverwaltung durch die Crown Estate Commissioners abzukoppeln und durch das neue Erfordernis der planning permission die Sachentscheidung darüber, ob, wo und in welchem Umfang Fischfarmen eingerichtet werden dürfen, den kommunalen Baubehörden zu überantworten. Erhalten blieb indes die Notwendigkeit, das ökonomische Nutzungsrecht für Aquakulturstandorte über das Instrument der Pacht und damit zugleich die Erlaubnis von der Crown Estate zu erwerben, die betreffenden Küstengebiete zu bewirtschaften. c) Voraussetzungen der Pachtgewährung Obwohl grundsätzlich von der Frage nach der Zuordnung von Nutzungsrechten an einem Gewässerabschnitt für Aquakulturen zu trennen, sind die neben dem Pachtvertrag mit der Crown Estate erforderlichen Erlaubnisse und Lizenzen zum Betrieb einer Fisch- oder Muschelfarm faktisch ein Hindernis, das vor dem Erwerb des Nutzungsrechts überwinden ist. Denn ohne dass der Vorhabenträger diese Genehmigungen eingeholt hat, ergibt es für ihn keinen Sinn, in einen Pachtvertrag mit den 362

2007. 363 364 365

Eingehend zu den einzelnen Rechtsänderungen: Scottish Executive, Planning Circular 1/ Slater, Planning for Aquaculture, Edinburgh L. Rev. 12 (2008), pp. 144 – 149 (147). Art. 5(1) Town and Country Planning (Marine Fish Farming) Order 2007. Art. 14 Town and Country Planning (Marine Fish Farming) Order 2007.

96

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

Crown Estate Commissioners zu investieren. Es handelt sich bei den erforderlichen Genehmigungen regelmäßig um die vorstehend bereits genannte planning permission nach dem Town and Country Planning (Scotland) Act 1997, ferner um eine Lizenz für die mit dem Betrieb einhergehenden Emissionen in das Gewässer nach den Controlled Activities Regulations (CAR-license) sowie um eine Genehmigung (marine license) nach dem Marine (Scotland) Act 2010, die seit 2011 die Zustimmung der zuständigen Behörde hinsichtlich der Vereinbarkeit des Vorhabens mit der Schifffahrt gemäß sec. 34 des Coast Protection Act 1949 ersetzt. Diese und weitere je nach Art des geplanten Betriebes einzuholende Genehmigungen, Erlaubnisse und Registrierungserfordernisse werden im Folgenden unter C.III. und C.IV. ausführlich behandelt. Allerdings ist es keine Voraussetzung für den Pachtantrag, dass die notwendigen Genehmigungen bereits vorliegen. Wenn dies noch nicht der Fall ist, bietet die Crown Estate ausnahmsweise an, ein vorläufiges lease-option agreement abzuschließen, wenn die planning permission noch nicht vorliegt. Das lease-option agreement wird dann zur voll wirksamen Pacht, wenn die bauplanungsrechtliche Genehmigung erteilt wird bzw. wird hinfällig, wenn die zuständige Behörde die Genehmigung versagt.366 d) Abschluss und Inhalt der Pachtverträge Interessenten müssen die Gewährung einer Pacht an einem Aquakulturstandort bei der Crown Estate beantragen. Sie wenden sich selbst an die Liegenschaftsverwaltungsbehörde, Ausschreibungen oder Bieterverfahren finden nicht statt. Die Entscheidung darüber, ob ein Pachvertrag abgeschlosssen wird, steht im alleinigen Ermessen der Commissioners. Obwohl sie über keine steuernden Kompetenzen mehr verfügen, erfolgt dennoch über die in den Guidance notes for applicants for leases of fish farming sites aufgeführten Kriterien eine gewisse Auswahl, die über eine rein wirtschaftliche Betrachtung hinausgeht. Danach wird die Entscheidung über den Pachtantrag in erster Linie durch folgende Faktoren beeinflusst: Absicht des Antragstellers, den Standort selbst zu bewirtschaften, Inhaberschaft von erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen und die wirtschaftliche und fachliche Kapazität, die Aquakultur Farm zu finanzieren und zu betreiben. In zweiter Linie werden Kriterien berücksichtigt, die sich etwa auch auf die umweltrelevante Einhaltung anerkannter Codes of Conduct oder die Kompatibilität des Vorhabens mit bestehenden Gebiets-Management-Plänen mit anderen Nutzern beziehen.367 Die Antragstellung erfolgt per Formular368, in dem Angaben über Art und genaue Position der geplante Anlage zu machen sind und dem eine Karte des betreffenden 366 Crown Estate, Guidance notes for applicants for leases of fish faming sites in Scotland (unpaginiert). 367 Crown Estate, Guidance notes for applicants for leases of fish faming sites in Scotland (unpaginiert). 368 Muster: http://www.thecrownestate.co.uk/fish_farming_application_form_scotland.pdf, Stand: 01. 10. 2010.

II. Grundlagen der Nutzungsrechte für Gewässer durch Aquakultur

97

Gebietes beizufügen ist. Zudem müssen Informationen darüber eingereicht werden, welche der zum Betrieb erforderlichen Genehmigungen bereits vorliegen. Die Crown Estate behält sich in den Guidance notes for applicants of leases of fish farming sites ausdrücklich vor, Anträge nach eigenem Ermessen abzulehnen. Ein Anspruch auf Vertragsabschluss besteht nicht. Genaue gesetzliche Vorgaben für die inhaltliche Ausgestaltung der Pachtverträge für marine Aquakultur gibt es nicht. Zudem ist die Informationspolitik der Crown Estate hinsichtlich der regelmäßig angewandten Vertragsbedingungen zurückhaltend. Über die offiziell veröffentlichten Dokumente hinaus, bei denen es sich hauptsächlich um interne Berichte zu Reformüberlegungen handelt369, sind nur wenige Quellen verfügbar. Als Höchstgrenze für die Laufzeit einer Pacht schreibt sec. 3(2) Crown Estate Act 1961 einen Zeitraum von 150 Jahren vor. In der Praxis werden die Standorte für einen dem Umfang des Vorhabens und dem Finanzierungsaufwand angemessenen Zeitraum370 vergeben, dessen Dauer über die Jahre variierte. Während er Ende der 1980er Jahre bei regelmäßig 21 Jahren lag371, wurden später für die Aquakultur von Fischen 15372 Jahre mit der Möglichkeit der Verlängerung373 angesetzt. Mittlerweile werden Pachten für Fischzucht für eine Regeldauer von 25 Jahren vergeben.374 Auch für die Muschelzucht gilt seit dem 1. Januar 2010 standardmäßig eine auf 25 Jahre Laufzeit ausgeweitete Pachtdauer.375 Die Höhe des Pachtzinses ist für die Fischzucht an die Produktionszahlen geknüpft. Der Tarif wird alle fünf Jahre neu bestimmt. Seit dem Jahr 2007 sind für eine Tonne produzierter Salmoniden GBP 17,– zu entrichten, während aufgrund der schwierigeren Bewirtschaftungssituation für Standorte vor den weit vor dem Festland liegenden Inseln376 eine Reduktion von 10 % gewährt wird.377 Die für die Pacht aufzuwendenden Kosten sollen auf dieser Berechnungsgrundlage nur ca. 1 % des

369 Informationen über Vertragsbedingungen für die Aquakulturpachten lassen sich vor allem aus den auf der website der Crown Estate veröffentlichten Shellfish/Finfish Rent Reviews entnehmen, die jedoch wegen ihres Charakters als interne Arbeitspapiere vor allem Reformüberlegungen zu den Pachtbedingungen enthalten und dabei die bisherige Praxis ansprechen. 370 Howarth, The Law of Aquaculture, p. 27. 371 Howarth, The Law of Aquaculture, p. 27. 372 Slater, Planning for Scottish Aquaculture: The Story Thus Far, Water Law Vol. 16 (2005), pp. 122 – 130 (123, Fn. 18); Crown Estate, Scottish Marine Aquaculture Rent Review 2006, p. 17. 373 Slater, Planning for Scottish Aquaculture: The Story Thus Far, Water Law Vol. 16 (2005), pp. 122 – 130 (123 Fn. 18). 374 Marine Harvest, Salmon Farming Industry Handbook 2010, S. 41. 375 Crown Estate, http://www.thecrownestate.co.uk/2010-shellfish-rent-review. 376 Western Isles, Orkney und Shetland Isles. 377 Crown Estate, http://www.thecrownestate.co.uk/newscontent/92_fish_farm_rent_review _welcomed.htm, Stand: 01. 10. 2010.

98

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

erzielten Bruttoumsatzes ausmachen.378 Für eine Muschelfarm sind jährliche Pachten zu entrichten, die sich nach Art und Kultivierungstechnik unterscheiden. Bei in Langleinen-Technik gezüchteten Muscheln bewegt sich der Pachttarif zwischen jährlich GBP 0,055 und 0,205 pro Meter Langleine bei einem Mindestbetrag von GBP 115,– bis GBP 135,–. Für Austern ist die Länge der zur Fixierung der Taschennetze verwendeten Bänke ausschlaggebend. Hier werden bei einem jährlichen Mindestbetrag von GBP 115,– pro Meter GBP 0,265 berechnet.379 Der Pachtvertrag mit der Crown Estate beinhaltet die Verpflichtung, nach Beendigung des Vertragsverhältnisses sämtliche eingebrachten Anlagen zu entfernen.380 Die Rechtsposition des Pächters beschränkt sich auf die Befugnis, seine Anlagen in den entsprechenden Bereich der Tidenzone bzw. des Meeresgrundes einzubringen und dort zu betreiben. Wird eine Aquakultur nicht bewirtschaftet, ist statt der an Produktion bzw. Ausrüstung gekoppelten Pacht ein Ersatzbetrag (sog. dead rent) zu entrichten, der sich auf jährlich GBP 500,– beläuft und 2006 auf GBP 1000,– angehoben werden sollte.381 Außerdem kann die Pacht von der Crown Estate aufgelöst werden, wenn der Betrieb der Aquakultur nicht binnen zweier Jahre nach Vertragsschluss aufgenommen wird.382 Eine Übertragung oder Unterverpachtung ist den Betreibern nicht gestattet383, es wird in der Verwaltungspraxis aber unter Beibehaltung der vertraglichen Verantwortlichkeit des Pächters in Einzelfällen bei ansonsten gleich bleibenden Umständen geduldet, dass der Betrieb wirtschaftlich von einem Dritten weitergeführt wird.384 4. Bewertung: Pachtvergabepraxis und Rechtsstellung der Pächter Das nur aus seiner historischen Entwicklung heraus verständliche Regime der Vergabe von Nutzungsrechten für Aquakulturen in Schottland zeichnet sich in seinem heutigen Stand dadurch aus, dass nach einem langwierigen Prozess von Rechtsreformen die Verfahren zur Gewährung privatrechtlicher Nutzungsbefugnisse 378

Crown Estate, http://www.thecrownestate.co.uk/aquaculture, Stand: 05. 10. 2010. Crown Estate, Shellfish Farm Lease Rent Review, Proposals for the Terms and Conditions of the Crown Estate Lease for Shellfish Farms, mit dem Hinweis auf http://www.the crownestate.co.uk/2010-shellfish-rent-review, dass diese Vorschläge zum 1. 1. 2010 übernommen worden sind, beides Stand: 1. 10. 2010. 380 Crown Estate, Guidance notes for applicants for leases of fish faming sites in Scotland, unpaginiert, letzte Seite. 381 Crown Estate, Scottish Marine Aquaculture Rent Review 2006, p. 4. 382 Lloyd/Livingstone, Marine Fish Farming in Scotland: Proprietorial Behaviour and the Public Interest, Journal of Rural Studies Vol. 7 (1991), pp. 253 – 263 (256). 383 So Lloyd/Livingstone, Marine Fish Farming in Scotland: Proprietorial Behaviour and the Public Interest, Journal of Rural Studies Vol. 7 (1991), pp. 253 – 263 (256). 384 Auskunft Alex Adrian, Deputy Head of Marine Estate for the Crown Estate, am 19. 08. 2010 in Edinburgh. 379

II. Grundlagen der Nutzungsrechte für Gewässer durch Aquakultur

99

nunmehr vollständig von eigentlich planungsrechtlichen Entscheidungen getrennt sind. Durch die ebenfalls geschichtlich begründete Eigentumsverteilung der geeigneten Standorte spielen die Crown Estate Commissioners zwar noch immer eine Rolle als Verpächter, diese ist jedoch heute erheblich weniger entscheidend, weil ihnen die Kompetenz zur Berücksichtigung von Belangen des Umweltschutzes und der Raumordnung entzogen wurde. Diese war ihnen auch vorher jedenfalls hinsichtlich des letzteren Punktes nicht ausdrücklich zugewiesen, sondern aufgrund nicht vorhandener Regelung zugefallen. Die zuvor von der Crown Estate „miterledigten“ Aspekte einer möglichst interessenausgleichenden und umweltverträglichen Planung erhielten durch die Eingliederung der marinen Aquakultur ins Baurecht ein deutlich höheres Gewicht und bereinigten den Interessenkonflikt, dem die Commissioners als Verwaltungs- und gleichzeitig Genehmigungsbehörde auch noch unterlagen, als mit dem Interim Scheme for the Authorisation of marine Fish Farms in Scottish Waters schon eine informelle Einbindung etwa der Gemeinden erfolgte. Die Rechte, die die Aquakulturbetreiber aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen mit der Crown Estate erwerben, haben – um in der deutschen Terminologie zu sprechen – keine dingliche Qualität. Sie fallen im angelsächsischen Verständnis aber dennoch unter die property rights, die begrifflich allgemein die Rechte einer Person in Bezug auf ein Grundstück oder Gewässer umfassen. Während das Eigentum (freehold right) als vollständiges property right bezeichnet wird, gelten abgeleitete Rechte wie Dienstbarkeiten (easements) oder Pachten (leases) als unvollständige, aber noch immer als property rights im weiteren Sinn.385 Der Begriff des property rights und seine verschiedenen Ausprägungen steht auch in der internationalen Diskussion um die günstigste Ausgestaltung von Nutzungsrechten für Aquakultur im Mittelpunkt.386 Um spezifische property rights qualitativ zu beschreiben und zu vergleichen, werden dabei in Ermangelung gesetzlicher Ausgangstexte die einzelnen Rechtsbestandteile Exklusivität und Wehrfähigkeit, Dauer und Übertragbarkeit als entscheidende Kriterien herangezogen, um eine genauere Qualifizierung zu erzielen.387 Betrachtet man die Rechtsstellung der schottischen Aquakulturpächter anhand dieser Kriterien des property law, kann zunächst für die Exklusivität festgestellt werden, dass den schottischen Pächtern in den üblichen Verträgen lediglich die Nutzung zur Aquakultur unter genau festgelegten Bedingungen gestattet wird. Eine dem Eigentumsrecht ähnliche Position, mit der Sache nach Belieben verfahren zu können (§ 903 BGB) steht dem Pächter zwar nicht zu, er kann indes andere von der 385 Scott, Introducing Property Rights in Fishery Management, in: FAO Technical Paper 2000 404/1, pp. 1 – 13 (5). 386 Saunders/Finn, Property rights in Canadian Aquaculture, A principled Approach, in: VanderZwaag/Chao, Aquaculture Law and Policy, Towards principled access and operations, pp. 115 – 170; Liu, Granting quasi-property rights to aquaculturists to achieve sustainable aquaculture in China, Ocean and Coastal management 50 (2007), pp. 623 – 633. 387 Scott, Introducing Property Rights in Fishery Management, in: FAO Technical Paper 2000 404/1, pp. 1 – 13 (5).

100

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

Nutzung ausschließen, genießt beispielsweise gegenüber den Gemeingebrauchsberechtigten gewisse Privilegien. Deren right of navigation geht nach der Entscheidung im Rechtsfall Walford v David nicht soweit, dass sie den gepachteten Gewässerabschnitt befahren dürften. Sie sind gezwungen, die Aquakulturanlage zu umschiffen.388 Eine hinreichende Wehrfähigkeit vermittelt Ihnen sowohl die Stellung als Pächter als auch das Eigentum an dem in ihren Anlagen gehaltenen Tierbestand. Treten hier Dritte als Schädiger auf, etwa durch Gewässerverschmutzungen oder andere, ggf. sogar vorsätzliche Schädigungen, erlaubt das schottische Common Law ein gerichtliches Vorgehen von Aquakulturbetreibern gegen den Schädiger.389 Die Dauer der Pachtverträge ist faktisch nach wie vor begrenzt und bleibt mit den genannten 25 Jahren weit unter den gesetzlichen Möglichkeiten des Crown Estate Acts 1961, der eine Pacht auf 150 Jahre und theoretisch sogar die Veräußerung zuließe. Hinsichtlich der verhältnismäßigen Kürze der Gewährung der Nutzungsrechte wurde insofern Kritik geübt, als sie nicht geeignet sei, die Pächter zu langfristig wirksamen Investitionen der von ihnen bewirtschafteten Umwelt zu motivieren, sondern Anreiz zu kurzfristiger Ausbeutung der ökologischen Ressourcen schaffe.390 Anders als im vergleichsweise angeführten Neuseeland, wo permanente und übertragbare Nutzungsrechte vergeben würden, sei es nicht überraschend, dass in Schottland die Verantwortung für Umweltschäden auf die zuständigen Ordnungsbehörden verschoben würde und Betreiber eher mit der Sorge um ihren Umsatz als mit der Erhaltung ihres ökologischen Kapitals beschäftigt seien. Auch für andere Rechtsordnungen wird die Auffassung vertreten, dass unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit vor allem eine lange Dauer der zugebilligten Rechte langfristig zu günstigen Effekten führen werde.391 Dass eine regelmäßige Dauer von 25 Jahren zu kurz bemessen ist, kann allerdings mit guten Gründen bezweifelt werden, denn eine Über- oder Missbewirtschaftung wirkt sich im Regelfall deutlich kurzfristiger aus. Zudem besteht in Schottland schon aufgrund der Knappheit der verbleibenden bisher unbewirtschafteten Standorte und wegen des Verwaltungsaufwandes zur Beantragung neuer Standorte keine Gefahr, dass durch sukzessiven „Verbrauch“ wechselnder Standorte großräumige ökologische Schäden auftreten. Schließlich ist auch ein Interesse der öffentlichen Hand zu berücksichtigen, die Küstengewässer in der Zukunft einer anderen Nutzung zuzuführen. An der mangelnden direkten Übertragbarkeit der Pachtrechte von Pächter zu Pächter zeigt sich erneut, dass die Rechtsstellung der Pächter die Qualität eines 388

Siehe dazu schon oben unter 2.d). Zu den komplizierten Voraussetzungen für Schadensersatzansprüche in diesen Fällen: Howarth, The Law of Aquaculture, pp. 117 – 120 für den Bereich der Küstengewässer und pp. 103 – 117 zur Common Law-Rechtslage hinsichtlich Schäden an Fischzuchten in Binnengewässern durch Wasserverschmutzung. 390 Georgeakopoulos et al., Stewardship and Risk: An Empirically Grounded Theory of Organic Fish Farming in Scotland, Agricultural Economics Review 2008, p. 25. 391 Liu, Granting quasi-property rights to aquaculturists to achieve sustainable aquaculture in China, Ocean and Coastal management 50 (2007), pp. 623 – 633. 389

III. Vorgelagerte Kontrollverfahren: Genehmigung von Aquakulturaktivitäten

101

vollständigen property rights nicht erreicht. In dieser Hinsicht sind jedoch auf Seiten der Crown Estate Commissioners wiederum Interessen dahin anzuerkennen, eine Restkontrolle über die Standorte zu behalten, die im Fall der vollständigen Veräußerung so nicht mehr gegeben wäre. Die Übertragung zu Volleigentum würde bedeuten, dass es beispielsweise nur unter erschwerten Bedingungen, etwa durch Rückkauf, möglich wäre, die Gebiete für die Zukunft einer anderen Nutzung zuzuführen. Auch wenn somit die Rechtsstellung der Aquakulturpächter im Ergebnis als relativ schwach anzusehen ist, ist nicht ersichtlich, dass diese dadurch wesentlich in der Bewirtschaftung eingeschränkt würden. Mit der bemerkenswerten Berechnung der Pacht für Fischzuchten im Sinne einer moderaten Gewinnbeteiligung sind im Übrigen die Belastungen der Aquakulturbetreiber, insbesondere Risiken durch Produktionsausfall minimiert. Die zu entrichtenden Zahlungen sind indes zu gering, als dass in dieser Konstruktion eine indirekte wirtschaftliche Betätigung der Crown Estate selbst gesehen werden könnte. Das ökonoomische Interesse liegt dabei eindeutig auf der Seite der Betreiber selbst, während der Schwerpunkt der den Crown Estate Commissioners zufallenden Aufgabe auf der bloßen Verwaltung der Güter liegt. Wenn im Fall des Brachliegens eines verpachteten Standortes dead rents zu entrichten sind, dürfte dies den Anforderungen des Crown Estate Acts 1961 geschuldet sein, der festlegt, dass die Liegenschaftsverwaltung für ein good management verantwortlich ist und daher den gänzlichen Verzicht auf Einkünfte nicht zulässt. Im gleichen Licht ist die Kündigungsmöglichkeit der Crown zu sehen, wenn der Farmbetrieb nicht binnen zwei Jahren aufgenommen wird.

III. Vorgelagerte Kontrollverfahren: die Genehmigung von Aquakulturaktivitäten Für die Ausübung des Nutzungsrechts für Aquakultur an einem eigenen, von der Crown Estate oder anderen Eigentümer gepachteten Standort sind öffentlichrechtliche Genehmigungen und Erlaubnisse bzw. Lizenzen erforderlich. Der zentrale, weil umfassendste Genehmigungstatbestand ist dabei die baurechtliche planning permission, die von den kommunalen Baubehörden (local authorities oder planning authorities) erteilt wird. Diese haben die Aquakultur auch im Rahmen der Bauleitplanung zu berücksichtigen (dazu unter 1.). Unter den präventiven Kontrollverfahren, die dazu dienen vor der Errichtung und dem Betriebsbeginn einer Aquakulturanlage die Einhaltung der rechtlichen Vorschriften sicherzustellen, existieren daneben weitere Zulassungserfordernisse mit speziellerer, sachspezifischer Ausrichtung. Die sog. CAR-licence (dazu unter 2.) betrifft die Erlaubnis zum Eintrag von Fremdstoffen in das bewirtschaftete Gewässer, der beim Betrieb von Fischfarmen unvermeidlich ist. Für Einträge in marine Gewässer, die von Arbeitsschiffen zum Transport von Fischen ausgehen können, war bisher eine Lizenz nach dem Food and Environment Protection Act 1985 erforderlich, während die Vereinbarkeit eines marinen Aquakulturvorhabens mit dem Schiffsverkehr durch Ein-

102

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

holung einer Genehmigung nach dem Coast Protection Act 1949 nachgewiesen werden musste. Beide Tatbestände unterliegen nun einem neuen Lizensierungsbedürfnis nach dem Marine (Scotland) Act 2010 (dazu unter 3.). Schließlich besteht ein Autorisierungs- und Registrierungserfordernis für Fisch- und Muschelfarmen nach den Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009 unter dem Gesichtspunkt der Tiergesundheit und zur Vermeidung der Verbreitung von Fisch- und Muschelkrankheiten. Das Registrierungserfordernis dient eigentlich vorwiegend der Datenerhebung zum Zwecke späterer, nachlaufender Kontrolle. Da die Registrierung jedoch zugleich Rechtmäßigkeitsvoraussetzung dafür ist, den Betrieb einer Anlage aufzunehmen392, soll sie im folgenden Abschnitt als jedenfalls vorgelagert ansetzendes Instrument eingeordnet werden (dazu unter 4.). 1. Planning permission gem. Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 a) Reichweite und Folgen der Reform des schottischen Baurechts Die Eingliederung der marinen Aquakultur in den Anwendungsbereich des schottischen Baurechts hat sowohl das neue Genehmigungserfordernis, als auch die Anwendbarkeit des vorgeschalteten planerischen Instrumentariums zur Folge. Daher wirkt sich die gleichzeitig vorgenommene Reform des schottischen Baurechts in vielfältiger Hinsicht auch auf die nun diesem Recht unterliegende Planung und Genehmigung von Aquakulturvorhaben aus. aa) Baugenehmigungsbedürfnis von Aquakulturvorhaben Seit mit der Town and Country Planning (Marine Fish Farming) (Scotland) Order 2007 die öffentlich-rechtliche Vorhabenautorisierung für den Bereich der marinen Aquakultur von der Nutzungsrechtsgewährung durch die Crown Estate abgetrennt wurde, muss die Baugenehmigung nicht mehr ausschließlich für Binnen-, sondern für alle Aquakulturvorhaben vorliegen. Diese Rechtskonstruktion dehnt also das Anwendungsfeld des Bau- und Bauplanungsrechts „Land“ isoliert für den Bereich der Aquakultur auf marine Gebiete aus, was zunächst ungewöhnlich anmuten mag. Allerdings sind im Zeitraum bis 2007 sachlich vergleichbare Süßwasser-Fischfarmen unter Anwendung des Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 genehmigt worden.393 Zudem war auch zuvor für die mit der Installation von marinen Netzkäfiganlagen regelmäßig verbundene Errichtung von Wirtschaftsgebäuden an Land, Anlegestellen etc. eine planning

392

Reg. 5(1) Aquatic Animals Health (Scotland) Regulations 2009. Robinson, Town and Country Planning (Scotland) Act 1997, Commentary, p. xi; zur alten Rechtslage auch Howarth, The Law of Aquaculture, pp. 7 ff. 393

III. Vorgelagerte Kontrollverfahren: Genehmigung von Aquakulturaktivitäten

103

permission und somit ein abgetrenntes baurechtliches Genehmigungsverfahren394 erforderlich. Man sah daher im Baurecht bereits die Instrumente vorhanden, die für marine Aquakultur für nötig befunden wurden und wollte diese auf die Küstenbereiche übertragen, ohne jedoch die spezifischen Unterschiede beider Regelungsgegenstände zu vernachlässigen.395 Nach der Integration der Umweltverträglichkeitsprüfung in das Verfahren zur Erteilung der planning permission werden jetzt neben den planungsrechtlich erheblichen potenziellen Nutzungskonflikten auch die zu erwartenden Umweltauswirkungen von den zuständigen kommunalen Baubehörden berücksichtigt. bb) Eingliederung auch in die Bauleitplanung Die Zuständigkeit der kommunalen Baubehörden umfasst nicht nur die Abwicklung von Genehmigungsverfahren, sondern nunmehr auch die Aufstellung von aquakulturspezifischen Bauleitplänen für die Küstenregion. Die Vorschriften über die Aufstellung der Pläne im Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 finden auf die marinen Gebiete nur insoweit Anwendung, als es um die Nutzung durch Aquakultur geht.396 Alle anderen Nutzungen des Küstenbereichs unterliegen anderen, teils noch in der Entstehung begriffenen Raumordnungsvorschriften.397 (1) Grundzüge der Planaufstellung Das schottische Baurecht kannte bisher ähnlich dem deutschen zwei verschiedene, in ihrem Detaillierungsgrad abgestufte Bauleitpläne: den structure plan und den local plan. Der sich aus beiden ergebende bauplanungsrechtliche Gesamtrahmen wurde als development plan bezeichnet.398 Mit dem Planning & c. (Scotland) Act 2006 gingen neben der Eingliederung der marinen Aquakultur ins Baurecht auch Änderungen einher, die das System der Bauleitpläne betreffen. Der durch den Planning & c. (Scotland) Act 2006 eingeführte neue Part II des Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 ersetzt die früheren structure plans und local plans durch strategic development plans und local development plans.399 Als übergeordneter nationaler Raumplan, in dem grundlegende und langfristige Ziele der Raumentwicklung formuliert sind, wurde ferner ein National Planning Framework eingeführt.400 Strategic development plans werden allerdings nur für die 394

Nun sollen Vorhaben an Land und im Wasser, wenn sie im Zusammenhang mit einem Aquakulturvorhaben stehen, nach Möglichkeit in einem einzigen Baugenehmigungsverfahren beurteilt werden, Scottish Executive, Planning Circular 1/2007, p. 13. 395 Slater, Planning for Aquaculture, Edinburgh L. Rev. Vol. 12 (2008), pp. 144 – 149 (147). 396 Art. 3(1) Town and Country Planning (Marine Fish Farming) (Scotland) Order 2007. 397 Auf das Konzept eines künftigen umfassenden Raumordnungsrechts für den marinen Bereich im Marine (Scotland) Act 2010 wird im Folgenden noch eingegangen. 398 Sec. 24(1) Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 a.F. 399 Sec. 4 ff. und sec. 15 ff. Town and Country Planning (Scotland) Act 1997. 400 Sec. 3 A Town and Country Planning (Scotland) Act 1997.

104

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

Bauplanung von Landgebieten und zudem ausschließlich für die großstädtischen Regionen401 erstellt, sodass im Übrigen, insbesondere auch für die Aquakultur, nur noch ein einziger Bauleitplan, der local development plan, von Bedeutung ist und das zweistufige Bauleitplansystem für die überwiegenden Gebiete Schottlands dem einstufigen gewichen ist. Der local development plan besteht aus einem schriftlichen Teil, der um Karten und Diagramme ergänzt sein soll, eine Strategie der Raumentwicklung sowie allgemeine Vorgaben und konkrete Vorschläge zur baulichen Entwicklung enthalten muss.402 Für die Planaufstellung von local development plans hinsichtlich der Aquakultur gelten dieselben Anforderungen wie für Landgebiete. Inhaltliche Spezifizierungen in Bezug auf die Erstellung von marinen Bauleitplänen für Aquakulturvorhaben finden sich hauptsächlich in Verwaltungvorschriften und werden im Folgenden unter C.IV. behandelt. Bei der Aufstellung der Pläne sind die nach Maßgabe des Baurechts vorgeschriebenen Verfahrensschritte einzuhalten. Dies sind im Wesentlichen: Entwicklung eines Konzepts für die Kernziele und Kernthemen des Plans, Veröffentlichung dieses Konzepts (main issues report), Veröffentlichung eines Planvorschlags (proposed plan), Öffentlichkeitsbeteiligung und Konsultierung von Drittbehörden.403 Zum anderen ergibt sich für Bauleitpläne, die den planungsrechtlichen Rahmen für intensive Aquakulturvorhaben bilden, das Erfordernis einer Strategischen Umweltprüfung. (2) Strategische Umweltprüfung In Umsetzung der Richtlinie 2001/42/EG404 schreibt der Environmental Impact Assessment (Scotland) Act 2005 vor, dass bestimmte Pläne und Programme, bei denen von erheblichen Umweltauswirkungen auszugehen ist, bei ihrer Aufstellung einer strategischen Umweltprüfung (Strategic Environmental Assessment, kurz: SEA) zu unterziehen sind. Darunter fallen nach sec. 5(3) Environmental Impact Assessment (Scotland) Act 2005 solche Pläne und Programme, zu deren Erstellung die Behörden gesetzlich verpflichtet sind, die bestimmte Wirtschaftszweige oder die Bauplanung betreffen und den Rahmen setzen für Vorhaben im Sinne des Anhangs 1 zu der Vorschrift. Dort ist auch die intensive Aquakultur aufgelistet.405 Werden daher in Bauleitplänen Festsetzungen mit rahmensetzender Wirkung für Aquakulturvorhaben getroffen, hat in der Regel406 eine Strategische Umweltprüfung stattzufinden. 401

Scottish Government, A Guide to the Planning System in Scotland (2009), p. 4. Sec. 15(1) Town and Country Planning (Scotland) Act 1997. 403 Sec. 16, 17, 18 Town and Country Planning (Scotland) Act 1997. 404 Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Projekte, ABl. L 197 v. 21. 7. 2001, S. 30. 405 Sched. 1, Part 2 (6) Environmental Impact Assessment (Scotland) Act 2005. 406 Ausnahmen gelten nach sec. 8 Environmental Impact Assessment (Scotland) Act 2005 für bestimmte Pläne, insbesondere solche geringeren Umfangs. In diesen Fällen entscheidet die 402

III. Vorgelagerte Kontrollverfahren: Genehmigung von Aquakulturaktivitäten

105

Die Strategische Umweltprüfung erweitert die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung auf die Planungsebene.407 Dies war bei Erlass der UVPRichtlinie aus Gründen politischer Durchsetzungsgrenzen408 noch zurückgestellt worden. Das anzuwendende Verfahren gliedert sich dementsprechend analog zu dem der UVP (dazu ausführlicher sogleich). Kernbestandteile der von den Behörden zu unternehmenden Strategischen Umweltprüfung sind die Erstellung eines Umweltberichts (environmental report), die Durchführung von Beratungen mit Drittbehörden (consultations) und die Berücksichtigung der Ergebnisse der beiden ersten Schritte in der letztlichen Entscheidung.409 Zusätzlich zu den allgemeinen baurechtlichen Erfordernissen sind Elemente der Öffentlichkeitsbeteiligung auch im Rahmen der Strategischen Umweltprüfung vorgesehen.410 cc) Schottische Gesetzgebungskompetenz und Eigentum der Krone Die Ausweitung des Bauplanungsregimes auf die marine Aquakultur brachte beachtliche Auswirkungen auf die im Eigentum der britischen Krone stehenden Crown Estate-Liegenschaften des Küstenbereichs mit sich. Die planungsrechtliche Zuordnung und Genehmigung von Standorten für Aquakultur liegt seitdem nicht mehr bei den Crown Estate Commissioners sondern bei den kommunalen Baubehörden. Dass diese Eingriffe von originär schottischen Rechtsetzungsakten herrühren, steht jedoch nicht im Widerspruch zur Kompetenzverteilung zwischen Schottland und dem Vereinigten Königreich. Obwohl alle Angelegenheiten der Krone als konstitutionelle Aspekte grundsätzlich unter die reserved matters fallen411 und damit der schottischen Gesetzgebungskompetenz entzogen sind, gilt anderes für Eigentum der Krone (crown property). Eigentum der Krone ist gemäß sched. 5, Part I, sec. 3(1) Scotland Act 1998 ausdrücklich von diesem Grundsatz ausgenommen, während für die Einkünfte aus Eigentum der Krone wiederum eine Rückausnahme412 klarstellt, dass diese einer Regelung durch die schottische Legislative nicht zugänglich sind. Diese Vorschriften wurden eigens eingeführt, um bei sonst gleich bleibender Rolle der Crown Estate die Möglichkeit zu gewährleisten, dass auch in Gebieten im Eigentum der Krone schottisches Bauplanungsrecht angewandt werden kann.413 zuständige Behörde in einer Vorprüfung, ob erhebliche Umweltauswirkungen zu erwarten sind und darum eine vollumfängliche SUP durchgeführt werden muss. 407 Jans/Vedder, European Environmental Law, p. 321. 408 Erbguth/Schlacke, Umweltrecht, S. 102. 409 Sec. 1(2) i.V.m. Part 2 Environmental Impact Assessment (Scotland) Act 2005. 410 Siehe etwa sec. 16 Environmental Impact Assessment (Scotland) Act 2005. 411 Sched. 5, Part I, sec. 1(a) Scotland Act 1998. 412 Sched. 5, Part I, sec. 3(1)(3)(a) Scotland Act 1998. 413 Page/Read/Ross, A guide to the Scotland Act 1998, p. 62.

106

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

dd) Außerkraftsetzung von Sonderregeln in Orkney und Shetland Die Regelungen der Town and Country Planning (Marine Fish Farming) (Scotland) Order 2007 über die Anwendung des Bauplanungsrechts auf marine Aquakultur haben neben dieser Folge insofern eine vereinheitlichende Wirkung, als sie die bis zu ihrem Inkrafttreten geltenden Sonderregelungen auf den Orkney- und Shetlandinseln ersetzen. Dort war nach alter Rechtslage neben der vom Antragsteller zu erwirkenden Pachtgewährung durch die Crown Estate eine Lizenz (works licence) der zuständigen Hafenbehörden414 für Arbeiten im Küstenbereich einzuholen.415 Die Errichtung und der Betrieb von Aquakulturen unterlag hier ähnlichen Vorschriften416 wie etwa Baggerarbeiten oder Küstenschutzanlagen. Im Rahmen dieses Sonderregimes waren die kommunalen Behörden der Inseln bereits seit 1974 mehr als im übrigen Schottland in die Entscheidungen über Standorte mariner Aquakultur einbezogen und übten über die Festlegung von z. B. Abstandsregelungen417 zwischen Farmen auch ihren Einfluss aus. Art. 6 und 7 der Town and Country Planning (Marine Fish Farming) (Scotland) Order 2007 beenden die Praxis der Arbeitslizenzen und führen dazu, dass auch auf den Gebieten der Orkney- und Shetlandinseln marine Aquakultur bauplanungsrechtlich genehmigt werden muss. b) Zuständigkeit der kommunalen Baubehörden Den kommunalen Baubehörden sind als geografische Zuständigkeitsbereiche für die Genehmigung von Fisch- und Muschelfarmen marine Planungszonen (marine planning zones) zugewiesen.418 Die Schottland vorgelagerten Küstengebiete wurden auf diese Weise in 23 marine Planungszonen unterteilt, die sich in ihrer Größe entsprechend den unterschiedlich langen Küstenabschnitten der einzelnen Bezirke stark unterscheiden.419 Eine Ausnahme greift für den flächenmäßig kleinen Bereich des Nationalparks Loch Lomond and the Trossachs (marine Planungszone Nr. 6), wo die Nationalparkbehörde die bauplanungsrechtlichen Funktionen bezüglich der Genehmigung von Fischfarmen im Wesentlichen übernimmt.420

414

Reid, Green’s Guide to Environmental Law in Scotland, p. 192 para. 10.3.11. Robinson, Town and Country Planning (Scotland) Act 1997, Commentary, p. xv. 416 Rechtsgrundlagen waren der Orkney County Council Act 1974 und Zetland County Council Act 1974. 417 Phyne, Capitalist Aquaculture and the Quest for Marine Tenure in Scotland and Ireland, Studies in Political Economy 52 (Spring 1997), pp. 73 – 109 (85). 418 Art. 5(1) Town and Country Planning (Marine Fish Farming) (Scotland) Order 2007. 419 Übersichtskarte abrufbar unter http://www.scotland.gov.uk/Resource/Doc/173600/ 0048433.pdf, Stand: 15. 10. 2010. 420 Art. 5(2) Town and Country Planning (Marine Fish Farming) (Scotland) Order 2007. 415

III. Vorgelagerte Kontrollverfahren: Genehmigung von Aquakulturaktivitäten

107

c) Baugenehmigungsbedürftige Aquakulturvorhaben Das baurechtliche Genehmigungsbedürfnis für marine Aquakulturanlagen und für solche in Binnengewässern ergibt sich aus Part III des Town and Country Planning (Scotland) Act 1997. Die sec. 28(1) der Vorschrift begründet das allgemeine Erfordernis der Baugenehmigung für jedes als development geltende Vorhaben: „Development requiring planning permission Subject to the following provisions of this section, planning permission is required for the carrying out of any development of land.“

Der Begriff des development knüpft im Grundsatz an Vorhaben in, auf, über oder unter dem Boden von Landgrundstücken an. Er wird in sec. 26(6) im Wege einer Fiktion auf Binnen- und nunmehr421 auch auf marine Fisch- und Muschelfarmen ausgedehnt, die im strengen Sinne keine Ausführung von Bautätigkeiten mit Bezug zu dem unter dem Gewässer liegenden Boden aufweisen. Diese Bestimmung heißt im englischen Wortlaut: „Where the placing or assembly of any equipment in any part of any waters which – (a) are inland waters, (b) not being inland waters, are landward of the baselines from which the breadth of the territorial sea adjacent to Scotland is measured, or (c) are seaward of those baselines up to a distance of 12 nautical miles, for the purpose of fish farming there would not, apart from this subsection, involve development of the land below, this Act shall have effect as if the equipment resulted from carrying engineering operations over that land […]“.

aa) Neugenehmigung und Änderung Das Baugenehmigungserfordernis für Aquakulturvorhaben besteht danach für das Platzieren oder den Zusammenbau von Ausrüstung für die Fisch- oder Muschelzucht in den bewirtschafteten Gewässern. Fish farming ist baurechtlich als die Brut, Aufzucht oder Haltung von Fischen und Muscheln, einschließlich jeder Art von Seeigeln, Crusteazeen (Krebstieren) oder Mollusken (Weichtieren) definiert. Der Begriff der „Ausrüstung“ umfasst Tanks (Binnenaquakultur), Käfiganlagen oder andere Einrichtungen zur Verwendung bei der Fisch- und Muschelzucht. Darunter fallen auch Langleinen für die Miesmuschelzucht.422 Weiter ruft bereits jede erhebliche Änderung in der Praxis des Gebrauchs der verwendeten Aquakulturausrüstung das Genehmigungsbedürfnis hervor, sec. 26(6AA) Town and Country Planning (Scotland) Act 1997. Die Regelung umfasst auch Änderungen im Betrieb, die bei gleich bleibender Ausrüstung z. B. lediglich einen Wechsel der Zuchtart betreffen.423

421 422 423

D.h. in der durch den Planning etc. (Scotland) Act 2006 geänderten Fassung. Sec. 26(6)(c) Town and Country Planning (Scotland) Act 1997. Slater, Planning for Aquaculture, Edinburgh L. Rev. Vol. 12 (2008), pp. 144 – 149 (147).

108

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

bb) Überprüfung von nach alter Rechtslage genehmigten Anlagen Die Ausdehnung des baurechtlichen Regelungsregimes beschränkt sich zudem nicht auf künftige marine Aquakulturvorhaben oder Änderungen. Sie umfasst auch eine baurechtliche Nachprüfung der materiellen Legalität von solchen Anlagen, die unter der alten Rechtslage aufgrund einer Pachtvergabe der Crown Estate oder einer works licence der Hafenbehörden auf Shetland oder Orkney genehmigt wurden.424 Ein Bestandsschutz wird insoweit im Grundsatz nicht gewährt. Erstaunlicherweise hat der schottische Gesetzgeber für diese bloße Übergangsregelung in die zentrale Legaldefinition des development eingegriffen. Diese lautet nun gemäß sec. 26(1) Town and Country Planning (Scotland) Act 1997: „Meaning of ,development‘ Subject to the following provisions of this section, in this Act, except where the context otherwise requires, ,development‘ means the carrying out of building, engineering, mining or other operations in, on, over or under land, or the making of any material change in the use of any buildings or other land or the operation of a marine fish farm in the circumstances specified in section 26AA.“

Handelt es sich um den fortgesetzten Betrieb (operation) schon bestehender Aquakulturen, ist indessen nicht das reguläre Baugenehmigungsverfahren nachträglich zu durchlaufen. Gemäß sec. 31 ATown and Country Planning (Scotland) Act 1997 unterliegen auch diese Fälle zwar grundsätzlich dem Baugenehmigungsbedürfnis. Die noch unter dem alten Regime zugelassenen Anlagen werden jedoch lediglich in vereinfachten Verfahren auf ihre Auswirkungen auf FFH-Schutzgebiete und generelle Umweltauswirkungen geprüft.425 Zuständig hierfür sind auch nicht die kommunalen Bauplanungsbehörden, sondern die Scottish Ministers, die dazu eine spezielle Arbeitsgruppe (advisory panel) gegründet haben. Für die Baugenehmigung bestehender Altanlagen durch die Scottish Ministers, wird nach dem Ausstellungsdatum der Altgenehmigung differenziert. Vor dem 14. März 1999 genehmigte Aquakulturen werden einer eingehenden Nachprüfung (review) mit abschließender Erteilung oder Versagung der planning permission unterzogen.426 Dies muss der Betreiber eigens beantragen, um nicht bei Auslaufen der Altgenehmigung, frühestens aber mit Eintritt des Stichtags (1. April 2010)427 in die baurechtliche Illegalität zu fallen. Nach den für diese Fälle einschlägigen Town and Country Planning (Marine Fish Farming) (Scotland) Regulations 2007 müssen auch Konsultationen von zuständigen Bauplanungsbehörden, SNH und SEPA vorgenommen werden. Hintergrund des umfangreicheren Verfahrens ist, dass vor 1999 genehmigte Aquakulturanlagen noch nach dem weniger strengen Maßstab der En424 425 426

2007. 427

Sec. 26(1), 26AA, 31 A(2) Town and Country Planning (Scotland) Act 1997. Sec. 31 A(7) Town and Country Planning (Scotland) Act 1997. Reg. 2(2) Town and Country Planning (Marine Fish Farming) Scotland Regulations Reg. 2 Town and County Planning (Prescribed Date) (Scotland) Regulations 2007.

III. Vorgelagerte Kontrollverfahren: Genehmigung von Aquakulturaktivitäten

109

vironmental Impact Assessment (Salmon Farming in Marine Waters) Regulations 1988 unterlagen. Auf nach 1999 zugelassene Anlagen, die bereits bei der Erstgenehmigung der Prüfung nach den 1999 erneuerten UVP-Regelungen für Aquakultur (dazu sogleich) unterzogen worden sind, führt das advisory panel der Scottish Ministers lediglich ein Verfahren geringeren Umfangs (audit) durch.428 Der Betreiber muss hier keinen eigenen Baugenehmigungsantrag stellen, das audit wird von Amts wegen betrieben. Bestimmte marine Fisch- und Muschelfarmen, die noch nach 2008 aufgrund älterer Genehmigungen betrieben wurden, sind inzwischen kraft der Town and Country Planning (Marine Fish Farms Permitted Development) (Scotland) Order 2011 per Verordnung genehmigt worden. Damit entfällt die Notwendigkeit, dass der fortgesetzte Betrieb in jedem Einzelfall baurechtlich von den Scottish Ministers genehmigt werden muss. Das Instrument der Permitted Development Order (PDO) ermöglicht es im schottischen Baurecht, bestimmte genau spezifizierte Vorhaben oder Kategorien von Vorhaben per Verordnung pauschal zu genehmigen.429 Auf Grundlage der Verordnungsermächtigung in sec. 31 A Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 haben die Scottish Ministers dies für Aquakulturanlagen in der marine planning zone 3 (nur Fischzucht) und einzelne Gebiete innerhalb der marine planning zones 5, 7, 8, 9 und 10 getan430, sodass für dort gelegene Altanlagen ein Genehmigungsverfahren nach sec. 31 Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 nicht mehr stattfindet. Die PDO ersetzt in ihrem Anwendungsbereich somit die planning permission, die grundsätzlich auch für den Betrieb von dort existierenden Altanlagen erforderlich wäre, wenn deren ursprüngliche Autorisierung ausgelaufen ist. Dies ergibt sich allerdings nicht aus Bestandschutzgesichtspunkten. Solche lassen sich wohl in der Fortgeltung der Altgenehmigungen erblicken. Die Funktion der PDO besteht vielmehr darin, den unverändert fortgesetzten Betrieb von aktiven Anlagen durch eine Verordnung zu genehmigen, während jegliche Änderung dann den neueingeführten Baugenehmigungserfordernissen in der Zuständigkeit der kommunalen Baubehörden unterfällt. d) Grundzüge des Baugenehmigungsverfahrens für Aquakulturanlagen Das von den Bauplanungsbehörden durchgeführte Verfahren zur Erteilung der planning permission beginnt in allen Fällen faktisch bereits vor der Antragstellung mit umfangreichen Sondierungsgesprächen. Derartige Vorgespräche sind nicht gesetzlich vorgeschrieben, werden von den Behörden aber dringend empfohlen, um bereits im Vorfeld die Machbarkeit in ihren groben Zügen zu prüfen und zu ver428 Zu review und audit von Altanlagen: Slater, Planning for Aquaculture, Edinburgh L. Rev. Vol. 12 (2008), pp. 144 – 149 (148). 429 Sec. 33 Town and Country Planning (Scotland) Act 1997, dazu auch: Mc Allister/ McMaster, Scottish Planning Law, p. 109. 430 Sched. 1 und 2 Town and Country Planning (Marine Fish Farms Permitted Development) (Scotland) Order 2011.

110

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

hindern, dass Antragsteller Gelder in aussichtslose Antragsverfahren investieren.431 Der Ablauf des eigentlichen Baugenehmigungsverfahrens ist in den Town and Country Planning (Development Management Procedures) (Scotland) Regulations 2008432 geregelt und wird für die Aquakultur durch sec. 35 der Vorschrift in einigen Punkten leicht modifiziert. aa) Vorverfahren (pre-application consultation) Für umfangreiche Bauvorhaben ist mit dem Inkrafttreten der Town and Country Planning (Development Management Procedures) (Scotland) Regulations 2008 im Jahr 2009 ein besonderes Vorverfahren eingeführt worden, in dem der Antragsteller selbst, bevor er den Genehmigungsantrag stellt, eine Konsultierung der Gemeinderäte (community councils) in den Bezirken anstrengen muss, in dem das Vorhaben verwirklicht werden soll oder die dort angrenzen. Erforderlich ist dieses als preapplication consultation (PAC) bezeichnete Vorverfahren nur für solche Vorhaben, die als national developments oder major developments einzustufen sind.433 Die weniger umfangreichen local developments bedürfen einer solchen förmlichen Konsultierung der Gemeinden nicht. Die Einordnung von Vorhaben in die drei Development-Klassen richtet sich zum einen nach den Town and Country Planning (Hierarchy of Developments) (Scotland) Regulations 2009, die in zwei Anhängen Grenzwerte und Einstufungskriterien für major developments auflistet. Zum anderen, soweit national developments typisiert werden, sind Vorschriften des gemäß sec. 3 A(4)b Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 errichteten National Planning Framework einschlägig. Alle anderen Vorhaben, die nicht unter eine der beiden Kategorien fallen, gelten als local developments.434 Aquakulturvorhaben im Sinne der Legaldefinition aus sec. 26(6) Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 sind im Rahmen dieser Vorhabenhierarchie niemals national developments und immer dann PAC-pflichtige major developments, wenn die bewirtschaftete Fläche eine Größe von 2 Hektar erreicht oder überschreitet. Maßgeblich ist hierbei allein die Wasseroberfläche und nicht die Ausdehnung unterseeischer Bauteile wie etwa Verankerungen, die sich auf eine größere Fläche erstrecken können.435 Die Vorschrift gilt sowohl für Binnen- als auch für marine Aquakultur. 431

Scottish Government, Delivering Planning Reform for Aquaculture, pp. 3, 5; siehe auch Scottish Government, Circular 4/2009 Development Management Procedure, p. 6. 432 Abrufbar unter http://www.oqps.gov.uk/legislation/ssi/ssi2008/ssi_20080432_en_7#pt 11-l1g47, Stand: 15. 11. 2010. 433 Sec. 35 A(1) Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 i.V.m. reg. 4 Town and Country Planning (Development Management Procedure) (Scotland) Regulations 2008. 434 Reg. 2(2) Town and Country Planning (Hierarchy of Developments) (Scotland) Regulations 2009. 435 No. 7 der sched. zu Reg. 2(2) Town and Country Planning (Hierarchy of Developments) (Scotland) Regulations 2009.

III. Vorgelagerte Kontrollverfahren: Genehmigung von Aquakulturaktivitäten

111

Liegt unter Zugrundelegung der 2 Hektar-Grenze ein major development vor, hat der Antragsteller gemäß reg. 7 Town and Country Planning (Development Management Procedures) (Scotland) Regulations 2008 den zu konsultierenden Gemeinderäten eine Ausführung der sog. proposal of application notice zu übersenden. Dieses Dokument dient der Veranschaulichung des Vorhabens, dessen Genehmigung beantragt werden soll. Als Kern des Konsultations-Vorverfahrens muss der Vorhabenträger sodann mindest eine öffentliche Veranstaltung abhalten, in der Mitglieder der Öffentlichkeit das projektierte Vorhaben kommentieren können. Die Ankündigung dieser Veranstaltung muss zusammen mit bestimmten weiteren Informationen über Beteiligungsrechte der Öffentlichkeit und Angaben zu dem geplanten Vorhaben selbst in einer Lokalzeitung veröffentlicht werden.436 bb) Form und Inhalt des Antrags, Gebühren Die allgemeinen Vorgaben hinsichtlich formeller Anforderungen für Anträge auf Erteilung einer planning permission sind zusammen mit einigen Besonderheiten für Aquakulturvorhaben im Part 2 der Town and Country Planning (Development Management Procedures) (Scotland) Regulations 2008 geregelt. Für die Antragstellung werden von der zuständigen Kommunalbehörde herausgegebene Formblätter437 verwendet. Den Anträgen muss zusätzlich ein Plan nebst erläuternden Unterlagen beigefügt werden, die das Vorhaben beschreiben und den vorgesehenen Standort hinreichend genau identifizieren lassen.438 Für Aquakulturvorhaben, die als major development einzustufen sind oder die in Gebieten liegen, welche als UNESCO-Kulturerbe, nationales Landschaftsschutzgebiet (National Scenic Area) oder gelistete Sehenswürdigkeit (scheduled monument) ausgewiesen sind, ist zusätzlich ein design statement einzureichen.439 Dieses besteht in einer schriftlichen Darlegung der bei Entwurf des Vorhabens zugrunde gelegten Gestaltungsprinzipien, wobei insbesondere ausgeführt werden muss, in welcher Weise die Einfügung in das beplante Gebiet berücksichtigt wurde und mit welchen Ergebnissen gegebenenfalls Beratungen stattgefunden haben.440 Schließlich ist die im Voraus fällige Antragsgebühr bei Antragseinreichung beizufügen.441 436 Reg. 7(1), (2) Town and Country Planning (Development Management Procedure) (Scotland) Regulations 2008. 437 Beispiel für ein solches Formblatt des Distrikts Argyll and Bute abrufbar unter http:// www.argyll-bute.gov.uk/pdffilesstore/pdfforms/marinefishfarmapp, Stand: 18. 10. 2010. 438 Reg. 9 Town and Country Planning (Development Management Procedure) (Scotland) Regulations 2008. 439 Reg. 35(3)(c) Town and Country Planning (Development Management Procedure) (Scotland) Regulations 2008. 440 Reg. 13(4) Town and Country Planning (Development Management Procedure) (Scotland) Regulations 2008. 441 Reg. 9(3)(f) Town and Country Planning (Development Management Procedure) (Scotland) Regulations 2008.

112

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

Die Höhe der Gebühren ergibt sich aus einer Gebührenordnung für baurechtliche Genehmigungsverfahren.442 Sie ist auf maximal GBP 14.500,– begrenzt und bemisst sich grundsätzlich anhand der beplanten Fläche. Hierbei werden sowohl die genutzte Wasseroberfläche, als auch die Flächen am Meeresboden in Anschlag gebracht, die etwa für Verankerungen von Netzkäfigen belegt werden müssen. Maßgeblich ist die von gedachten Linien zwischen den Ankerpunkten eingeschlossene Fläche. Die Gebühr beträgt für marine Fisch- oder Muschelfarmen gleichermaßen GBP 145,– pro 0,1 ha Wasseroberfläche und GBP 50,– pro 0,1 ha des Meeresgrundes.443 Anträge auf Nutzungsänderungen werden pauschal mit GBP 290,– berechnet.444 Für Aquakultur in Binnengewässern gilt mangels spezieller Vorschrift ein Auffangtatbestand, der eine Gebühr von GBP 160,– pro 0,1 ha, maximal aber den Betrag von GBP 1.595,–.445 cc) Verfahrensablauf Die wesentlichen Verfahrensschritte im Baugenehmigungsverfahren nach den Town and Country Planning (Development Management Procedures) (Scotland) Regulations 2008 bestehen in einer öffentlichen Bekanntgabe des Antragsvorhabens, der gesetzlich vorgeschriebenen Konsultation anderer Behörden sowie – mit Ausnahme von Anträgen auf Genehmigung einer Muschelfarm – im Regelfall der Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung. (1) Öffentlichkeit Nach Einreichung des Antrages werden die wesentlichen Informationen öffentlich gemacht. Zuständig hierfür ist die Genehmigungsbehörde selbst und nicht mehr wie nach früherer Rechtslage446 der Antragsteller. Sie hat dazu eine notice of application in einer Zeitung zu veröffentlichen, die im Planungsbezirk verbreitet ist. Die Anzeige wird nach einer im Anhang zu der Verfahrensordnung enthaltenen Vorlage erstellt und enthält neben einer Beschreibung des Vorhabens den Hinweis, dass Pläne und andere Dokumente zu bestimmten Zeiten in den Räumen der Behörde einge-

442 Town and Country Planning (Fees for Applications and Deemed Applications) (Scotland) Regulations 2004, mehrfach geändert, zuletzt durch die Town and Country Planning (Fees for Applications and Deemed Applications) (Scotland) Amendment Regulations 2010. 443 Reg. 10 A Town and Country Planning (Fees for Applications and Deemed Applications) (Scotland) Regulations 2004 i.V.m. Part III der zugehörigen sched. derselben Vorschrift, dort Ziff. 9. 444 Argyll and Bute Council, Application Form for Fish Farms below Low Water Mark, Note 11, siehe Fn. 420. 445 Reg. 10 A Town and Country Planning (Fees for Applications and Deemed Applications) (Scotland) Regulations 2004 i.V.m. Part III der zugehörigen sched. derselben Vorschrift, dort Ziff. 10 c). 446 Art. 9 Town and Country Planning (General Development Procedure) (Scotland) Order 1992.

III. Vorgelagerte Kontrollverfahren: Genehmigung von Aquakulturaktivitäten

113

sehen werden können sowie eine Anschrift, an die Kommentare und Einwendungen gesendet werden können.447 (2) Beteiligung weiterer Behörden Der verfahrensrechtlich zweite wichtige Schritt liegt in der Beteiligung von verschiedenen weiteren Behörden. Die Town and Country Planning (Development Management Procedure) (Scotland) Regulations 2008 sehen für bestimmte Arten von Vorhaben unterschiedliche von Gesetzes wegen zu beteiligende Drittbehören vor (statutory consultees).448 Für die Aquakultur sind dies neben den Baubehörden und den community councils angrenzender Verwaltungsbezirke bzw. mariner Planungszonen folgende Stellen mit besonderer fachlicher Ausrichtung: die District Salmon Fishery Boards, die Scottish Environmental Protection Agency SEPA, Scottish Natural Heritage (SNH) sowie die schottische Regierung in Gestalt der Scottish Ministers bzw. in besonderen Fällen der britischen Exekutive in Gestalt des Secretary of State. (a) Zu beteiligende Fachbehörden im Einzelnen Die District Salmon Fishery Boards sind nach sched. 5 No.13 Town and Country Planning (Development Management Procedure) (Scotland) Regulations 2008 als kompetente Stelle für die Überwachung der Lachsfischerei zu beteiligen. Ein District Salmon Fishery Board ist eine rechts- und parteifähige Institution, die nach den Vorschriften des Salmon and Freshwater Fisheries (Consolidation) (Scotland) Act 2003 von den Inhabern der Lachsfischereirechte in einem bestimmten Fluss- und Küstenabschnitt gegründet werden kann.449 Die Lachsfischereidistrikte erstrecken sich in der Regel seewärtig von der Niedrigwasserlinie bis auf 5 km auf das Meer hinaus450 und umfassen so auch viele potenzielle Marikulturstandorte. Abgesehen von der Freiwilligkeit der Mitgliedschaft sind die Fishery Boards am ehesten etwa mit öffentlich-rechtlichen Realkörperschaften zu vergleichen, weil die Möglichkeit zu einem derartigen Zusammenschluss an eine Inhaberschaft dinglicher Rechte geknüpft ist. Die District Salmon Fishery Boards verfügen im Rahmen ihrer Aufgaben, Schutz und Hege der Lachsbestände, über gewisse Befugnisse zum Zweck der Evaluierung und Aufstockung von Lachspopulationen.451 Weiter ist die Beteiligung der SEPA452 an baurechtlichen Genehmigungsverfahren sowohl für Binnen- als auch marine Aquakulturvorhaben obligatorisch.453 SEPA hat 447 Sched. 4 Town and Country Planning (Development Management Procedure) (Scotland) Regulations 2008. 448 Reg. 25 i.V.m. sched. 5 Town and Country Planning (Development Management Procedure) (Scotland) Regulations 2008. 449 Sec. 43(1) Salmon and Freshwater Fisheries (Consolidation) (Scotland) Act 2003. 450 Sec. 34 Salmon and Freshwater Fisheries (Consolidation) (Scotland) Act 2003. 451 Sec. 44 und 45 Salmon and Freshwater Fisheries (Consolidation) (Scotland) Act 2003. 452 Zu dieser Behörde s. o. unter C.I.

114

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

als umweltsachverständige Fachbehörde in Baugenehmigungsverfahren die Aufgabe, alle umweltrelevanten Auswirkungen eines geplanten Vorhabens in Betracht zu ziehen und die federführende Genehmigungsbehörde dahingehend zu beraten. Eine ähnliche Beratungsverantwortung trägt die Scottish Natural Heritage, die ebenfalls Umweltfragen behandelt. SNH ist eine als öffentlich rechtliche Stiftung organisierte Einrichtung, die nach dem Scottish Natural Heritage Act 1991 unter dem Leitbegriff „Naturerbe“ die Aufgabe hat, dessen Schutz und Wertschätzung sowie die nachhaltige Nutzung zu fördern.454 Die Beteiligung von SNH aufgrund der Vorschriften der Town and Country Planning (Development Management Procedure) (Scotland) Regulations 2008 ist allerdings nicht für sämtliche, sondern nur für solche Aquakulturvorhaben vorgesehen, die Auswirkungen auf bestimmte Naturschutzgebiete455 haben können. Gemäß sched. 5 para. 13 Town and Country Planning (Development Management Procedure) (Scotland) Regulations 2008 sind auch die Scottish Ministers in allen Antragsverfahren für marine Aquakulturen zu konsultieren. Dies begründet sich u. a. daraus, dass das funktionell zuständige Unterdirektorat Marine Scotland über eine eigene Forschungsgruppe verfügt, die es ermöglicht, auf detaillierte Informationen zu den Themen der Tiergesundheit und des Tierschutzes im Zusammenhang mit Aquakultur zurückzugreifen und in die Konsultationen einfließen zu lassen. Außerdem werden von Marine Scotland Science auf Grundlage der umfangreich verfügbaren Daten Umweltgesichtspunkte weniger ortsspezifisch, sondern unter Berücksichtigung weiträumiger Auswirkungen untersucht.456 Als Secretary of State wird die Gesamtheit der britischen Ministerien bezeichnet, die die Verwaltungshoheit in bestimmten Sachbereichen auch für die schottischen Gebiete behalten haben; dies ist nicht nur der Secretary of State for Scotland, sondern auch andere Minister vom selben Rang.457 Der Secretary of State in Person des britischen Verteidigungsministeriums ist von der Baubehörde zu kontaktieren, wenn Aquakulturvorhaben möglicherweise Auswirkungen auf geschützte Kriegsrelikte haben können.458 Der Protection of Military Remains Act 1986 stellt insbesondere Schiffs- oder Flugzeugwracks aus vergangenen Kriegen aufgrund archäologischer Erwägungen und aus Gründen der Totenruhe unter Schutz, die durch Käfigverankerungen oder absinkende Schwebstoffe aus Fischfarmen beschädigt werden könnten.

453 Sched. 5 No.1 Town and Country Planning (Development Management Procedure) (Scotland) Regulations 2008. 454 Sec. 1(1) Scottish Natural Heritage Act 1991. 455 Es handelt sich hierbei um solche nach sec. Nature Conservation (Scotland) Act 2004. 456 Scottish Executive, Planning Circular 1/2007, p. 14. 457 Page/Read/Ross, A guide to the Scotland Act 1998, p. 8. 458 Sched. 5, No.14 Town and Country Planning (Development Management Procedure) (Scotland) Regulations 2008.

III. Vorgelagerte Kontrollverfahren: Genehmigung von Aquakulturaktivitäten

115

(b) Art der Beteiligung Reg. 25(1) Town and Country Planning (Development Management Procedure) (Scotland) Regulations 2008 schreibt eine Hinzuziehung (consultation) der genannten Stellen vor. Diese besteht in der Praxis in einer Übersendung der relevanten Antragsunterlagen, die in den Drittbehörden bearbeitet und gegenüber der Baubehörde mit einer Stellungnahme beantwortet werden.459 Die Ergebnisse der Konsultationen sind in die Abwägungsentscheidung einzubeziehen. Wie sich im Folgenden zeigen wird, bestehen schon bei den Konsultationspflichten im Baugenehmigungsverfahrensrecht teilweise Überschneidungen mit Beteiligungspflichten im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung und der Lizenzen nach dem Marine (Scotland) Act 2010, denen in der Praxis versucht wird, mit internen Arbeitsübereinkünften zwischen den einzelnen Behörden zu begegnen.460 (3) Umweltverträglichkeitsprüfung Die aktuellen europarechtlichen Vorgaben der vielfach geänderten UVP-Richtlinie waren bis 2007 für Schottland aquakulturspezifisch in zwei unterschiedlichen Verordnungen umgesetzt: den Environmental Impact Assessment (Scotland) Regulations 1999 und den Environmental Impact Assessment (Fish Farming in Marine Waters) Regulations 1999.461 Die letztgenannte, vom britischen Secretary of State herrührende Verordnung betraf nur die marine Aquakultur und galt für das gesamte Vereinigte Königreich. Mit der Town and Country Planning (Marine Fish Farming) (Scotland) Order 2007 wurden die gesonderten UVP-Regelungen für marine Aquakultur in die allgemeine, und originär schottische Vorschrift überführt.462 In materieller Hinsicht ergaben sich dadurch allerdings nur minimale Abweichungen von der alten Rechtslage. Aquakulturvorhaben in Binnen- und in marinen Gewässern unterliegen nun UVPrechtlich gleichermaßen den Environmental Impact Assessment (Scotland) Regulations 1999. Die zentrale Vorgabe der UVP-Vorschriften für die Genehmigungsbehörden liegt in dem Verbot, Anträge stattgebend zu bescheiden, wenn das geplante Vorhaben voraussichtlich erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben wird, ohne dass darüber einzuholende Untersuchungen hinreichend berücksichtigt und in der Entscheidungsbegründung behandelt worden sind.463 Zur Sicherung dieser Vorgabe ist für diese gründliche Berücksichtigung das Verfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung vorgesehen. 459 SEPA/SNH/Marine Scotland Science/Association of Salmon Fishery Boards, Working Agreement vom 6. Juli 2010, p. 14. 460 Dazu unter 6.a). 461 Abrufbar unter http://faolex.fao.org/docs/html/uk15796.htm, Stand: 21. 10. 2010. 462 Art. 11 und 12 Town and Country Planning (Marine Fish Farming) Order 2007. 463 Reg. 3(2) Environmental Impact Assessment (Scotland) Regulations 1999.

116

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

(a) Erforderlichkeit einer UVP Als Vorhaben im Sinne von Anhang II der UVP-Richtlinie ist für die Muschelzucht keine, für intensive Fischzucht nur dann eine vollumfängliche UVP durchzuführen, wenn von den Mitgliedstaaten festgelegte Kriterien oder/und Schwellenwerte erfüllt bzw. überschritten sind und eine nachfolgende Einzelfallprüfung der Genehmigungsbehörde ergeben hat, dass daher erhebliche Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Dieser Verfahrensschritt wird als Screening bezeichnet. Der schottische Verordnungsgeber hat sich in der Umsetzung der Richtlinie für eine Kombination von Schwellenwerten und Selektionskriterien entschieden. (aa) Schwellenwerte und -vorgaben Die den Behörden für die Binnenaquakultur an die Hand gegebenen Schwellenwerte setzen allein bei der beabsichtigten Produktionsmenge an. Überschreitet sie den Wert von jährlich 10 Tonnen Fischgewicht nach der Schlachtung (deadweight), ist das Vorhaben als sog. Anhang II-Vorhaben (Schedule 2 development) mit der Notwendigkeit einer Einzelfallprüfung auf die durch sie zu erwartenden Umwelteinwirkungen einzuordnen.464 Für marine Fischfarmen legten die Environmental Impact Assessment (Fish Farming in Marine Waters) Regulations 1999 andere Schwellenwerte und -vorgaben fest. Der Eintritt in die Vorprüfung zur Erforderlichkeit der UVP war gemäß reg. 1(2) der Vorschrift dann geboten, wenn zumindest ein Teil des Vorhabens in einem Schutzgebiet (sensitive area)465 lag (standortbezogene Vorprüfung), wenn im Rahmen der Fischhaltung eine Biomasse von mehr als 100 Tonnen eingebracht werden oder sich das Vorhaben auf eine Fläche von mehr als 0,1 Hektar erstrecken sollte.466 Nunmehr gilt für sämtliche Vorhaben „intensiver Aquakultur“ – gleich ob in Binnen- oder in marinen Gewässern betrieben – die sched. 2 der 2007 neu gefassten Environmental Impact Assessment (Scotland) Regulations 1999, die die materiellen Voraussetzungen zwar im Wesentlichen beibehält, jedoch auf die vorher für marine Aquakultur anwendbaren standortbezogenen Kriterien verzichtet. Danach handelt es sich jeweils um ein Anhang II-Vorhaben, wenn: 464 Sched. 2, 1(d) Environmental Impact Assessment (Scotland) Regulations 1999 in der durch Part 3B Town and Country Planning (Marine Fish Farming) (Scotland) Order 2007 geänderten Fassung. 465 Der vom Verordnungsgeber gewählte Begriff lautete hier „sensitive areas“ und umfasste zum einen solche Gebiete, die nach nationaler Gesetzgebung als Nationalparks oder Landschafts- bzw. Naturschutzgebiete ausgewiesen wurden; zusätzlich fielen darunter Gebiete, die in Schottland unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung historischer Stätten gesetzlich geschützt sind. Zum anderen zählten zu den sensitive areas europarechtlich oder völkerrechtlich geschützte Flächen, namentlich aufgrund EU-Rechts ausgewiesene Naturschutzgebiete (FFHSchutzgebiete oder solche nach der EU-Vogelschutzrichtline) und solche die der RamsarKonvention unterliegen oder zum UNESCO-Kulturerbe zählen. 466 Reg. 1(2) Environmental Impact Assessment (Fish Farming in Marine Waters) Regulations 1999.

III. Vorgelagerte Kontrollverfahren: Genehmigung von Aquakulturaktivitäten

117

- die Jahresproduktionsmenge die 10-Tonnen-Grenze überschreitet, - bei marinen Vorhaben eine Biomasse von mehr als 100 Tonnen eingebracht, - oder eine Fläche von mehr als 0,1 Hektar bewirtschaftet werden soll. Werden diese Schwellenwerte überschritten, folgt daraus die Notwendigkeit in die Einzelfallprüfung darüber einzutreten, ob das Vorhaben aufgrund seiner Natur, Größe oder seines Standortes erhebliche Umweltauswirkungen mit sich bringen wird. Sind lediglich Änderungen an bestehenden Anlagen beantragt, helfen die Schwellenwerte nicht weiter. Es muss dann unabhängig davon direkt in eine Einzelfallprüfung dahin eingetreten werden, ob erhebliche Umweltauswirkungen zu erwarten sind.467 (bb) Selektionskriterien Näher spezifizierte Selektionskriterien für die Entscheidung in der EinzelfallVorprüfung sind in sched. 3 der Environmental Impact Assessment (Scotland) Regulations 1999 enthalten. Hierbei sind unter den Teilkategorien „Eigenschaften des geplanten Vorhabens“, „Standort des Vorhabens“ und „Belastungspotenzial“ beispielsweise mögliche Wechselwirkungen mit anderen Vorhaben, zu erwartende Verschmutzungen sowie Wahrscheinlichkeit, Dauer und Reversibilität der Umwelteinflüsse genannt. Bei der Frage des Standortes, insbesondere bei der ebenfalls als Selektionskriterium heranzuziehenden Beurteilung der ökologischen Aufnahmekapazität des beplanten Gebietes, finden sich auch die sensitive areas sowie ausgewiesene Schutzgebiete wieder, die für marine Aquakultur zuvor auf der Ebene der Schwellenvorgaben zur Einordnung als Anhang II-Vorhaben eingearbeitet waren. Besondere Aufmerksamkeit soll danach Feuchtgebieten, der Küstenzone allgemein, Gebirgs- und Waldlandschaften sowie nach schottischem oder europäischem Recht468 ausgewiesenen Schutzgebieten gewidmet werden. All diese Kriterien sind im Rahmen der Vorprüfung angemessen zu berücksichtigen.469 (b) UVP-Verfahren für Aquakulturvorhaben Der Ablauf der Umweltverträglichkeitsprüfung ergibt sich in seinen Grundzügen bereits aus den Vorgaben der UVP-Richtlinie und gilt in Struktur und Systematik flächendeckend und unabhängig von der Art der umweltrelevanten Bau- oder sonstigen Tätigkeit. Er soll hier nur überblickshaft darstellt sein. Seine wesentlichen Elemente sind das Screening und Scoping, die Einreichung einer zusammenfas467 Carse/Pogorzelec (RPS Ltd.), u. a. für: Scottish Executive, EIA Practical Guidelines Toolkit for Marine Fish Farming, p. 9. 468 Schutzgebiete nach der FFH-RL bzw. der Vogelschutzrichtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung wildlebender Vogelarten, ABl. L 103 vom 25. 4. 1979, S. 1. 469 Reg. 4(5) Environmental Impact Assessment (Scotland) Regulations 1999.

118

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

senden Darstellung der Umweltauswirkungen470, Veröffentlichungspflichten und die Beteiligung von Drittbehörden. (aa) Screening und Scoping Während der ersten Phase erfolgt die bereits oben unter [(a)] beschriebene Vorprüfung, das Screening, welches die Frage betrifft, ob überhaupt eine vollumfängliche UVP erforderlich ist.471 Beantwortet wird die Frage in der am Ende der Vorprüfung stehenden screening opinion.472 Fällt die Antwort bejahend aus, ist dem Antragsteller dies und im Rahmen der scoping opinion473 zugleich mitzuteilen, welche einzelnen Aspekte als möglicherweise problematisch beurteilt werden und daher in der dann zu erstellenden environmental statement (ES) – der zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen als Kerndokument der UVP – schwerpunktmäßig untersucht und dargelegt werden müssen. Diese Verfahrensstufe (Screening und Scoping) wird in der Praxis in einen Schritt zusammengefasst und soll binnen einer Frist von acht Wochen abgewickelt sein.474 Dabei werden auch die im Rahmen des UVP-Verfahrens zu beteiligenden Drittbehörden475 von den Baubehörden schon konsultiert und ihre Anmerkungen berücksichtigt. (bb) Darstellung der Umweltauswirkungen (environmental statement) Auf Grundlage der Informationen aus der scoping opinion obliegt es nun dem Antragsteller, alle danach besonders in Betracht zu ziehenden möglichen Umweltauswirkungen auf seine Kosten einer gründlichen, wissenschaftlich fundierten Untersuchung zu unterziehen und die Ergebnisse zu präsentieren. Für die sachgerechte Erstellung eines ES, stellen die Behörden in einem sog. Toolkit umfangreiche Muster bereit, die den grundsätzlichen Aufbau festlegen. Eine nach diesem Schema angefertigte ES besteht aus einer genauen Beschreibung des Vorhabens, in dem weiter zunächst allgemein, dann unter Berücksichtigung der scoping opinion detaillierte Angaben über die zu erwartenden Umweltauswirkungen gemacht werden müssen. Einleitend sind die wichtigsten Aussagen der UVP in einer allgemeinverständlichen, nicht-technischen Zusammenfassung darzulegen. Den Abschluss bildet eine Sammlung von Daten, auf die sich die im ersten Teil des ES enthaltenen Ergebnisse stützen.476 Wegen der teils sehr hohen Komplexität der Untersuchungen wird den Baubehörden und anderen zu beteiligenden Stellen in der Praxis noch vor Einrei470

So die deutsche Terminologie nach § 11 UVPG. Reg. 4 ff. Environmental Impact Assessment (Scotland) Regulations 1999. 472 Reg. 5(4) Environmental Impact Assessment (Scotland) Regulations 1999. 473 Reg. 10 Environmental Impact Assessment (Scotland) Regulations 1999. 474 Reg. 5(4) und 10(4) reg. 5(4) Environmental Impact Assessment (Scotland) Regulations 1999; siehe auch Carse/Pogorzelec (RPS Ltd.), u. a. für: Scottish Executive, EIA Practical Guidelines Toolkit for Marine Fish Farming, p. 12. 475 Welche von ihnen im Rahmen der UVP zu beteiligen sind, dazu siehe sogleich. 476 Carse/Pogorzelec (RPS Ltd.), u. a. für: Scottish Executive, EIA Practical Guidelines Toolkit for Marine Fish Farming, p. 62 ff. 471

III. Vorgelagerte Kontrollverfahren: Genehmigung von Aquakulturaktivitäten

119

chung des ES in seiner Endfassung ein Entwurf vorgelegt, der gegebenenfalls ergänzt, vertieft oder korrigiert werden muss.477 Liegt das endgültige ES vor und ist es eingereicht, müssen bestimmte Verfahrensinformationen in einer im Planungsgebiet verbreiteten Lokalzeitung sowie dem Amtsanzeiger Edinburgh Gazette veröffentlicht werden.478 Zu diesen Informationen zählen der Hinweis, dass in den Diensträumen der zuständigen Baubehörde Unterlagen über das Vorhaben für vier Wochen eingesehen werden können, eine Adresse, unter der gegen ebenfalls anzugebende Kostenerstattung Kopien des Antrags und des ES angefordert werden können sowie der Hinweis, dass Einwendungen gegen das Vorhaben bei der zuständigen Genehmigungsbehörde erhoben werden können.479 (cc) Konsultierung von Drittbehörden Sodann werden die schon vorher beteiligten Drittbehörden, die im UVP-Verfahren consultation bodies heißen, von Gesetzes wegen letztmals zu Rate gezogen. Es sind im Rahmen der UVP nahezu dieselben, die auch schon aufgrund der Regelungen des Town and Country Planning Act 1997 zu beteiligen sind. Die planning authorities beteiligen die Baubehörden angrenzender Verwaltungsbezirke bzw. mariner Planungszonen soweit Auswirkungen auf deren Gebiete zu erwarten sind, die SNH und SEPA, die Wasser- und Abwasserbehörde Scottish Water, die Scottish Ministers und schließlich das jeweilige District Salmon Fishery Board auf dessen Gebiet das geplante Vorhaben entstehen soll.480 Sämtliche consultation bodies haben innerhalb der regelmäßig vierwöchigen Konsultationsphase ihre abschließenden Stellungnahmen abzugeben.481 Die zusätzliche Konsultation weiterer Stellen (nonstatutory consultation bodies) ist möglich, aber nicht vorgeschrieben. Es können hier die unterschiedlichsten Behörden oder Interessenverbände482 einbezogen werden. Den Antragstellern wird allerdings nahegelegt, frühzeitig und von sich aus eine möglichst umfassende Beteiligung von Dritten anzustreben und so zu einer sachgerechten Lösung für potenzielle Nutzungskonflikte beizutragen.483

477 Carse/Pogorzelec (RPS Ltd.), u. a. für: Scottish Executive, EIA Practical Guidelines Toolkit for Marine Fish Farming, p. 17. 478 Reg. 13(5), 5(4) Environmental Impact Assessment (Scotland) Regulations 1999. 479 Reg. 13(1) Environmental Impact Assessment (Scotland) Regulations 1999. 480 Reg. 2(1) i.V.m. reg. 28C(2) Environmental Impact Assessment (Scotland) Regulations 1999 in der durch Part 3B Town and Country Planning (Marine Fish Farming) (Scotland) Order 2007 geänderten Fassung. 481 Reg. 14(3) Environmental Impact Assessment (Scotland) Regulations 1999. 482 Vorgeschlagen werden hier Organisationen von Küstenwache bis zu Sportanglerverbänden, Auflistung in der Vorlage für ein ES bei: Carse/Pogorzelec (RPS Ltd.), u. a. für: Scottish Executive, EIA Practical Guidelines Toolkit for Marine Fish Farming, pp. 62 ff.; siehe hierzu näher unter C.VI. 483 Carse/Pogorzelec (RPS Ltd.), u. a. für: Scottish Executive, EIA Practical Guidelines Toolkit for Marine Fish Farming, p. 7.

120

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

(4) Entscheidung über die Erteilung der planning permission Nach einer Bearbeitungsfrist von im Regelfall 4 Monaten nach Eingang des ES484 muss die Entscheidung getroffen werden, die in der Ablehnung des Antrags, in einer uneingeschränkten Erteilung der Genehmigung des Vorhabens oder einer Genehmigung unter Bedingungen bestehen kann. Es handelt sich hier dann bereits um die Abschlussentscheidung über die planning permission, denn die Vorhabenträger werden aus Gründen der Effizienz angehalten, nicht nur den Verfahrens-Doppelschritt des Screening und Scoping bereits vor Einreichung des Genehmigungsantrags bei der Baubehörde vornehmen zu lassen, sodass im Vorhinein feststeht, ob und mit welchem Fokus die UVP durchzuführen ist. Vielmehr soll bei als UVP-pflichtig beurteilten Vorhaben das ES faktisch auch bereits vor dem Antrag auf die planning permission angefertigt und als bloßer Anhang zum Baugenehmigungsantrag eingereicht werden.485 Die schwer handhabbare Mehrstufigkeit des Verfahrens wird so in der Praxis ins Vorfeld der Antragstellung verlegt (structured pre-application phase), um jedenfalls in zeitlicher Hinsicht eine bessere Koordination sicherstellen zu können. Darin liegt eine Lösungsmöglichkeit für die Schwierigkeit, die darin besteht, dass die UVP nicht als völlig eigenständiges Verfahren ausgestaltet ist, sondern auf für die Zulassung von Projekten vorgesehene Entscheidungsverfahren aufgesattelt486 wird. 2. Autorisierung nach den Controlled Activities Regulations Die Erlaubnis zur mit dem Betrieb einer Fischfarm verbundenen Emission von Fremdstoffen in die Gewässerumwelt ist nicht von der baurechtlichen planning permission umfasst, sondern bedarf einer gesonderten Autorisierung nach Maßgabe der Controlled Activities Regulations (CAR). Das CAR-Regime gründet sich im Wesentlichen auf die Water Environmment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011.487 Die CAR-Regulations verlangen eine Beschränkung und Kontrolle bestimmter Aktivitäten mit Bezug zu Gewässern und dem Grundwasser. Zu ihrem Erlass waren die Scottish Ministers im des Water Environment and Water Services (Scotland) Act 2003488 ermächtigt worden. Dieses Gesetz diente seinerseits der Umsetzung u. a. der WRRL489 2000/60/EG zur Schaffung eines Ordnungsrah484

Reg. 26(2)(a) Environmental Impact Assessment (Scotland) Regulations 1999. Carse/Pogorzelec (RPS Ltd.), u. a. für: Scottish Executive, EIA Practical Guidelines Toolkit for Marine Fish Farming, p. 7, siehe ausführlicher unter C.VII. 486 Erbguth/Schlacke, Umweltrecht, S. 94, 95. 487 Die CAR-Regulations 2011 ersetzen die Vorgängervorschrift Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2005, siehe dort sec. 58. Die gängige Abkürzung „CAR“ umfasst begrifflich zahlreiche ergänzende Vorschriften, dazu: SEPA, The Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2005, A Practical Guide (2008), p. 26 wo die Änderungsakte bis 2005 vollständig aufgelistet sind. 488 Dort sec. 20. 489 SEPA, http://www.sepa.org.uk/water/water_regulation.aspx, Stand: 26. 10. 2010. 485

III. Vorgelagerte Kontrollverfahren: Genehmigung von Aquakulturaktivitäten

121

mens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik. In der durch die CAR-Regulations vollzogenen Abänderung der vorher geltenden Gewässerschutzbestimmungen490 liegt somit einer der Schritte zur Verwirklichung der Umweltziele des Art. 4 WRRL. a) Autorisierungsbedürftige Aktivitäten Reg. 4 der Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011 errichtet ein grundsätzliches Verbot bestimmter Tätigkeiten mit Auswirkungen auf Binnen-, Übergangs- und Küstengewässer sowie das Grundwasser (controlled activities), sofern sie nicht durch eine behördliche Autorisierung zugelassen worden sind. Der Regelungsumfang der CAR-Regulations betrifft als „kontrollierte Aktivitäten“ neben solchen, die mit der Verschmutzung von Gewässern einhergehen491 auch die Entnahme von größeren Mengen Wasser, die Errichtung oder den Betrieb von in Oberflächengewässer eingebrachter Anlagen jeder Art sowie die Ausführung von Bauarbeiten in Oberflächengewässern oder in ihrer Umgebung.492 Für den Betrieb von Aquakulturanlagen werden die CAR-Vorschriften aufgrund der ersten Alternative (Verschmutzung) relevant. Muschelfarmen benötigen keine Autorisierung nach den CAR-Regulations. b) Kontrollinstrumente nach CAR für Aquakultur Die Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011 kennen drei Instrumente unterschiedlicher Kontrollintensität. Als weniger risikobehaftet eingestufte Aktivitäten erfordern keine behördliche Erlaubnis, solange gewisse gesetzliche Vorgaben beachtet werden (General Binding Rule).493 Für Aquakulturanlagen, in denen Fische gehalten werden, ist entweder eine Registrierung (registration)494 oder eine Lizenz (licence)495 erforderlich. Nichtkommerzielle Aufzucht heimischer Fischarten und in Tanks betriebene Aufzuchtstationen mit einer Jahresproduktion von höchstens 0,5 Tonnen Fisch müssen lediglich gebührenpflichtig registriert werden, allerdings können dem Antragsteller Auflagen oder Bedingungen für den Betrieb gestellt werden. Netzkäfiganlagen in Meeres- und Binnengewässern sowie in Tanks betriebene Fischfarmen, deren Produktion die 490 Zuvor richteten sich die Vorgaben für dergleichen Emissionen nach dem Control of Pollution Act 1974, zur alten Rechtslage: Rosie/Singleton, Discharge consents in Scotland, Pest Management Science 58 (2002), pp. 616 – 621. 491 Die CAR-Regulations decken unter dem Begriff der „Verschmutzung“ (pollution) nicht nur stoffliche Emissionen, sondern auch die Einleitung von Wärme (etwa Abwärme aus Kraftwerken) ab, sec. 20(6)(b) Water Environment and Water Services (Scotland) Act 2003. 492 Sec. 20(3) Water Environment and Water Services (Scotland) Act 2003. 493 Reg. 6 Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011. 494 Reg. 7 Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011. 495 Reg. 8 Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011.

122

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

0,5 Tonnen-Marke überschreitet, benötigen eine Lizenz.496 Für alle Aquakulturanlagen des kommerziellen Bereichs stellt die Lizenz nach reg. 8(1) Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011 somit den maßgeblichen Zulassungstatbestand hinsichtlich der Emissionsbeschränkungen dar. Kennzeichnend für die Lizenz ist die gegenüber der Registrierung weitergehende Möglichkeit der Behörde, Nebenbestimmungen zu erlassen, die in Beschränkungen der Futtermenge oder der Verwendung von Medikamenten497 bestehen können. c) Grundzüge des Lizensierungsverfahrens aa) Zuständigkeit Zuständig für die Erteilung von Autorisierungen nach den CAR-Regulations ist die Scottish Environment Protection Agency (SEPA).498 Während sie im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens allgemein und im Rahmen des UVP-Verfahrens im Besonderen lediglich die beratende Funktion eines statutory consultee innehat, wird sie unter den CAR-Regulations selbst als mit Außenwirkung handelnde Behörde (regulatory body) tätig. bb) Verfahrensablauf Wie bereits im baurechtlichen Verfahren und der UVP werden Antragsteller angehalten, frühzeitig in Vorgespräche einzutreten, um ihr Vorhaben zu präsentieren und durch eine Sondierung der generellen Genehmigungsfähigkeit aufwändige und kostenintensive Voll-Antragsverfahren zu vermeiden.499 Die Vorantragsphase ist in der Verwaltungspraxis bereits in beachtlichem Umfang strukturiert. Der Antragsteller soll schon zu diesem frühen Zeitpunkt umfangreiche hydrografische und sonstige standortspezifische Daten liefern, die von der SEPA in einem zweistufigen sog. pre-application assessment auf ihre Belastbarkeit und Vollständigkeit hin geprüft werden. Der eigentliche Antrag auf Erteilung einer Lizenz muss schriftlich und unter Beifügung weiterer von der Behörde angeforderter Informationen500, etwa chemischer Analysen oder solcher über den geplanten Fischbesatz erfolgen. Die vom Antragsteller zu erfüllenden Informationsbeibringungspflichten sind außerordentlich umfangreich und erfordern komplizierte Datenerhebungen und Modellrech-

496

SEPA, The Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2005, A Practical Guide (2008), pp. 6 – 7. 497 SEPA, http://www.sepa.org.uk/water/water_regulation/regimes/aquaculture/marine_aqua culture.aspx, Stand: 29. 10. 2010. 498 Reg. 7, 8 Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011. 499 SEPA, Merkblatt zum Ablauf des Vor-Antragsverfahrens (2006). 500 Reg. 11(b) Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011.

III. Vorgelagerte Kontrollverfahren: Genehmigung von Aquakulturaktivitäten

123

nungen, für die in einem online zur Verfügung gestellten Fish Farm Manual501 zahlreiche Handbücher, Vorlagen und Software zu verwenden sind. Hat der Antragsteller von SEPA nachträglich eingeforderte Informationen zu beschaffen, wird die grundsätzlich viermonatige Entscheidungsfrist für den dazu erforderlichen Zeitraum unterbrochen.502 Im Antrag muss ferner eine verantwortliche Person benannt sein, die für die Einhaltung der Lizenzbedingungen einsteht.503 Parallel zu den Veröffentlichungspflichten der baurechtlichen und UVP-rechtlichen Bestimmungen, muss ein Lizensierungsantrag nach den CAR-Regulations auf Anforderung der SEPA ebenfalls öffentlich gemacht werden, wenn von dem beantragten Vorhaben erhebliche Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Darin wird die Öffentlichkeit aufgefordert, binnen 28 Tagen etwaige Einsprüche geltend zu machen, die dann im Entscheidungsprozess Berücksichtigung finden müssen.504 Noch vorher hat SEPA jede Behörde (public authority) zu konsultieren, die an der beantragten controlled activity ein Interesse haben kann.505 Die einzelnen bei der Lizenzvergabe oder Antragsablehnung, bzw. der Ausarbeitung von Auflagen und Bedingungen in Betracht zu ziehenden Belange sind in reg. 15 der Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011 aufgeführt. Vorgenommen worden sein muss danach zunächst die gewässerumweltspezifische Risikoabschätzung. Kommt SEPA danach zu dem Ergebnis, dass die beantragte Tätigkeit voraussichtlich erhebliche Auswirkungen auf die Gewässerumwelt haben wird, müssen zur Entscheidungsfindung weitere Prüfungspunkte untersucht werden. Dazu zählen auch indirekte Folgeeffekte der erwarteten Auswirkungen und eventuelle positive oder negative Auswirkungen sozialer oder ökonomischer Art. Daneben haben Erwägungen dahingehend stattzufinden, durch welche Maßnahmen eine effiziente und nachhaltige Gewässernutzung sichergestellt werden kann. Schließlich müssen die Vorgaben der WRRL, der Grundwasserrichtlinie506 und der CAR-Vorschriften insgesamt beachtet sowie schließlich der Part 2 des Nature Conservation (Scotland) Act 2004 und verschiedene Wasserqualitätsvorschriften hinreichend in die Entscheidungsfindung einbezogen werden. Die CAR-Lizenz beinhaltet neben der Festsetzung der zulässigen Biomasse an Zuchttieren vor allem Auflagen zu regelmäßiger Selbstkontrolle (dazu siehe näher unter C.VI.). 501 SEPA, http://www.sepa.org.uk/water/water_regulation/regimes/aquaculture/marine_aqua culture/fish_farm_manual.aspx, Stand: 29. 10. 2010. 502 Reg. 17(1)(b), 17(2)(b), 14(2) Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011. 503 Reg. 8(6)(a) Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011. 504 Reg. 13 Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011. 505 Reg. 12 Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011. 506 Richtlinie 2006/118/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung, ABl. L 372 vom 27. 12. 2006, S. 19.

124

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

cc) Gebühren Die Lizensierung nach den CAR-Regulations ist gebührenpflichtig. Zum einen fällt für den Antrag selbst eine Gebühr an, die nach Autorisierungstyp unterschiedlich hoch ist und bei einer sog. komplexen Lizenz maximal GBP 2.801,– beträgt. Darüber hinaus ist eine jährliche Betriebsgebühr (subsistence charge) zu entrichten, deren Höhe sich aus einer Grundgebühr von GBP 696,– durch Multiplikation mit mehreren variablen Faktoren ermittelt.507 Für eine marine Fischfarm mit einer Jahresproduktion von über 1.000 Tonnen bei mittlerer Emissionsschwere ergibt sich so ein Jahresbetrag von ca. GBP 3.000,–. Die Gebühreneinnahmen fließen zu 60 % in die Finanzierung von Monitoringmaßnahmen508, also die regelmäßige Probennahme und Überwachung509 der von den CAR-Regulations abgedeckten Tätigkeiten. 3. Marine Licenses nach dem Marine (Scotland) Act 2010 Bis zum Jahr 2010 existierten neben dem Erfordernis der Baugenehmigung und der CAR-Lizenz zwei weitere eigenständige Genehmigungstatbestände, die regelmäßig für den Betrieb von marinen Aquakulturen einschlägig waren. Beide sind seit dem Inkrafttreten des Marine (Scotland) Act 2010 am 6. April 2011510 in dieser Vorschrift zusammengeführt worden. a) Bisher einschlägige Vorschriften Zum einen enthielt sec. 34 des Coast Protection Act 1949 ein weiteres Genehmigungsbedürfnis für die Einbringung technischer Ausrüstungen wie auch Aquakulturanlagen in Küstengewässer, die möglicherweise die Sicherheit der Schifffahrt beeinträchtigen können. Jede Bautätigkeit unter oder über dem Meeresboden unter dem Niveau des mittleren Spring-Hochwassers bedurfte danach der schriftlichen Zustimmung (written consent) von Marine Scotland.511 Die Vorschrift lautete in den entscheidenden Passagen auszugsweise: „[…] no person shall without the consent in writing […] carry out any of the following operations, that is to say, – (a) construct, alter or improve any works on, under or over any part of the seashore lying below the level of mean high water springs, (b) deposit any object

507 SEPA, Water Environment (Controlled Activities) Charging Scheme, Summary Charging Booklet. 508 SEPA, http://www.sepa.org.uk/water/water_regulation/charging_scheme.aspx, Stand: 29. 10. 2010. 509 Näher zum Monitoring nach den CAR-Regulations siehe unter C.VII. 510 Scottish Government, http://www.scotland.gov.uk/Topics/marine/Licensing/marine, Stand: 12. 5. 2010. 511 Sec. 34(1)(a) Coast Protection Act 1949.

III. Vorgelagerte Kontrollverfahren: Genehmigung von Aquakulturaktivitäten

125

or any materials on any such part of the seashore as aforesaid, or (c) remove any object or any materials from any part of the seashore lying below the level of mean low water spring […]“.

Für die Erteilung der Zustimmung waren neben der in erster Linie durch die Vorschriften geschützten Sicherheit des Schiffsverkehrs nach der allgemeinen Regel der sec. 48 Conservation (Natural Habitats, &c.) Regulations 1994512 zusätzlich potenzielle Auswirkungen der beantragten Tätigkeit auf europäische Umweltschutzgebiete zu berücksichtigen. Zum anderen war nach alter Rechtslage für gewisse Sonderemissionen eine weitere Lizenz nach dem Food and Environment Protection Act 1985 (FEPA) erforderlich, nämlich sofern mit dem Betrieb der Aquakultur Einträge von Stoffen in das Wasser verbunden sind, die nicht von der Käfiganlage direkt ausgehen, sondern von den Arbeitsschiffen (wellboats) verklappt werden. Es handelt sich hierbei insbesondere um mit Desinfektionsmitteln und Fischblut versetztes Wasser513, das bei den regelmäßig durchgeführten Biosicherheitsmaßnahmen (Reinigung der Ausrüstung) über Bord gespült wird. Abweichend von der Praxis, Badebehandlungen mit Seeläusemitteln in den Netzkäfigen selbst durchzuführen wird auch dazu teilweise auf die Verwendung der Arbeitsschiffe zurückgegriffen. In diesem Fall ist das anschließende Verklappen der medikamentenhaltigen Lösung nicht von der CARLizenz umfasst und erforderte ebenfalls eine gesonderte Autorisierung gemäß FEPA.514 Der entsprechende Wortlaut in sec. 5 Food and Environment Protection Act 1985 heißt515 : „Subject to the following provisions of this Part of this Act, a licence under this Part of this Act is needed – (a) for the deposit of substances or articles within the United Kingdom waters or United Kingdom controlled waters, either in the sea or under the seabed – (i) from a vehicle, vessel, aircraft, hovercraft or marine structure […].“

Diese beiden Tatbestände sind nunmehr in den Marine (Scotland) Act 2010 überführt worden und dort in sec. 21 der Vorschrift annähernd wortgleich enthalten. b) Neuregelung im Marine (Scotland) Act 2010 Die praktische Umstellung auf die Anwendung der neuen Regelung ist derzeit516 im Gange. Allerdings hat sich weder an den materiellen Voraussetzungen noch am Verfahren Wesentliches geändert. Zuständig für die Lizenzvergabe nach dem Marine 512

Zur Umsetzung der FFH-Richtlinie. Bradan Ltd., Biosecurity and Disinfection in Salmon Farming (unpaginiert). 514 Scottish Government, http://www.scotland.gov.uk/Topics/marine/Licensing/marine/App lications/wellboatexample, Stand: 30. 10. 2010. 515 Während der Part II und damit auch sec. 34 des Coast Protection Act 1949 aufgehoben wurde (sched. 4 Part 1 Marine (Scotland) Act 2010) behält sec. 5 Food and Environment Protection Act 1985 insoweit Geltung, als dass bestimmte unter die reserved matters fallende Sachverhalte von der britischen Exekutive weiterhin nach FEPA behandelt werden. 516 Stand: Mai 2011. 513

126

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

(Scotland) Act 2010 ist das Marine Scotland Licensing Operations Team MS-LOT.517 Beide Lizenzen – die zur Vereinbarkeit eines Aquakulturvorhabens mit in erster Linie der Schifffahrt518 und die zur Erlaubnis bestimmter Sonderemissionen bei der Verklappung von Arbeitsschiffen aus519 – werden jetzt nach dem einheitlichen Verfahren gemäß sec. 22 ff. des Marine (Scotland) Act 2010 erteilt. aa) Lizensierungsbedürfnis Das Lizensierungsbedürfnis nach sec. 21 Marine (Scotland) Act 2010 betrifft unverändert die Einbringung von Substanzen in die schottische See (Emissionen von Arbeitsschiffen) und jegliche Bautätigkeit im Wasser oder über der Wasseroberfläche bzw. auf oder über dem Meeresgrund (Einbringen und Verankern von Aquakulturanlagen). Die Lizensierungskompetenz von Marine Scotland erstreckt sich auf die Scottish marine area bis zur Grenze der 12-Meilenzone520, innerhalb derer die schottische Aquakultur heute ausschließlich stattfindet. Ausnahmen von der Lizensierungspflicht gelten für die meisten Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Muschelzucht.521 bb) Grundzüge des Verfahrens Das Verwaltungsverfahren zur Erteilung der Lizenzen ähnelt in Umfang und Ausgestaltung dem im Baurecht und in den CAR-Regulations. 12 Wochen vor der eigentlichen Antragstellung ist eine pre-application notice einzureichen, in der das Vorhaben beschrieben ist, um in dieser frühen Phase bereits erste Konsultationen mit den im späteren Verlauf einzubindenden Marine Consultees zu ermöglichen.522 Mit der Einreichung des eigentlichen Antrags523 müssen gemäß sec. 25 Marine (Scotland) Act 2010 bereits die fälligen Gebühren entrichtet werden, die sich nach Investitionsvolumen des Vorhabens richten und zwischen GBP 50,– und 30.000,– betragen können.524 Das Verfahren nach dem Coast Protection Act 1949 war seinerzeit gebührenfrei.525 Vor der Bescheidung des Antrags ist dieser zu veröffentli-

517 Scottish Government, http://www.scotland.gov.uk/Resource/Doc/295194/0116043.pdf, Stand: 11. 5. 2011. 518 Sec. 21(1) 5, 7 Marine (Scotland) Act 2010. 519 Sec. 21(1) 1, 2 Marine (Scotland) Act 2010. 520 Sec. 1 Marine (Scotland) Act 2010. 521 Marine Scotland, Leitfaden General Marine Licensing (2011), p. 23. 522 Sec. 23 Marine (Scotland) Act 2010. 523 Hierfür werden Formulare zur Verfügung gestellt, Scottish Government, http://www. scotland.gov.uk/Topics/marine/Licensing/marine/Applications/mooringshellfish, Stand: 12. 5. 2011. 524 Marine Scotland, Leitfaden General Marine Licensing (2011), pp. 18, 19. 525 Marine Scotland, Coast Protection Act 1949 Section 34 Consent Guidance for Applicants, pp. 7 – 8.

III. Vorgelagerte Kontrollverfahren: Genehmigung von Aquakulturaktivitäten

127

chen526 und es müssen wiederum weitere Fachbehörden konsultiert werden.527 Es handelt sich dabei im Regelfall um die gemäß Marine Licensing (Consultees) (Scotland) Order 2011 als statutory consultees zu beteiligenden Behörden SEPA, SNH, die Küstenwacht (Maritime and Coastguard Agency) und die für die Befeuerung von Seewegen zuständige Stelle Northern Lighthouse Board528 und. Weitere Stellen können nach Sachlage zusätzlich befragt werden.529 Schließlich erfolgt die Entscheidung über den Antrag unter Berücksichtigung etwaiger Einwendungen der consultees oder der betroffenen Öffentlichkeit, sec. 27 Marine (Scotland) Act 2010. Maßgeblich für die Entscheidung ist die Vereinbarkeit der beantragten Tätigkeit mit den Belangen Umwelt, Gesundheit von Menschen, mit anderen legitimen Nutzungen der Seegewässer (etwa Schifffahrt) und sonstigen Belangen, die die Scottish Ministers für erheblich halten.530 Wenn die Lizensierung von Tätigkeiten beantragt wird, von denen erhebliche Beeinträchtigungen der Umwelt zu erwarten sind, kann unter Umständen im Rahmen des Verfahrens nach Marine (Scotland) Act 2010 eine eigene UVP sowie FFHVerträglichkeitsprüfung notwendig sein. Hier kann allerdings eine gegebenenfalls aufgrund anderer, z. B. baurechtlicher Vorschriften durchgeführte Prüfung erneut verwertet werden und ausreichend sein.531 4. Tiergesundheitliche Registrierungsund Autorisierungspflicht Ist ein Pachtvertrag mit der Crown Estate geschlossen und liegen planning permission sowie die erforderlichen Lizenzen vor, bedurfte es zur rechtmäßigen Betriebsaufnahme einer so genehmigten Fisch- oder Muschelfarm bis ins Jahr 2009 nur noch einer Registrierung gemäß der damals geltenden Registration of Fish and Shellfish Farming Businesses Order 1985. Diese Verordnung war bereits auf Grundlage des Diseases of Fish Act von 1937 erlassen worden und diente der Prävention der Verbreitung von Fisch- und Muschelkrankheiten.532 In Umsetzung der Richtlinie 2008/88 EG zu Gesundheits- und Hygienevorschriften für Tiere in Aquakultur sowie zur Bekämpfung gewisser Wassertierkrankheiten wurde mit den Aquatic Animal Health Regulations 2009 eine neue Vorschrift zur Sicherung tierund lebensmittelgesundheitlicher Belange in der Aquakultur geschaffen. Sie ersetzt die von 1985 stammende Vorgängerregelung und fügt darüber hinaus dem Regis526

Sec. 26 Marine (Scotland) Act 2010. Sec. 27(4) Marine (Scotland) Act 2010. 528 Sec. 193 i.V.m. Part VIII. sched. 8, 9 Merchant Shipping Act 1995. 529 Marine Scotland, Leitfaden General Marine Licensing (2011), p. 16. 530 Sec. 27(1)(a) Marine (Scotland) Act 2010. 531 Marine Scotland, Leitfaden General Marine Licensing (2011), p. 13. 532 Scottish Government, http://www.scotland.gov.uk/Topics/marine/Fish-Shellfish/18716/ 14465, Stand: 1. 11. 2010. 527

128

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

trierungserfordernis einen weiteren Autorisierungstatbestand, nämlich die von der Richtlinie geforderte „Aquakultur-Betriebserlaubnis“, hinzu.533 Der rechtmäßige Betrieb einer Aquakulturanlage setzt danach erstens die Autorisierung534 und zweitens die Registrierung535 des Unternehmens als aquaculture production business (APB) voraus. Beides wird in einem einzigen Verfahren von Marine Scotland, dort vom Fish Health Inspectorate vorgenommen.536 Normativer Ausgangspunkt und Auslöser der Autorisierungspflicht ist der Begriff des APB. Darunter sind alle kommerziellen und nicht-kommerziellen, privaten und öffentlichen Akteure zu verstehen, die Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Brut, Aufzucht oder Kultivierung von Aquakulturtieren ausführen. Die Autorisierung gilt zuchtartübergreifend und umfasst auch Einrichtungen, die ohne eine Fischfarm zu sein, zur auch nur vorübergehenden Haltung von Aquakulturtieren bestimmt sind.537 Sie wird erteilt, wenn die Behörde anhand der vom Antragsteller eingereichten Informationen zu der Überzeugung gelangt, dass der beabsichtigte Betrieb der Fischfarm nicht zu einem unakzeptablen Risiko der Verbreitung von Wassertierkrankheiten führt. Außerdem muss der Nachweis erbracht worden sein, dass eine angemessene Buchführung und Dokumentierung über Versetzungen von Aquakulturtieren, Mortalitätszahlen und regelmäßige Kontrollmaßnahmen sichergestellt sind. Weitere Voraussetzungen bestehen schließlich darin, dass eine angemessene Biosicherheitspraxis geübt und von der Behörde angeordnete Überwachungen durchgeführt werden. Zum Nachweis dieser Voraussetzungen müssen geeignete organisatorische Vorkehrungen getroffen und technische Einrichtungen vorgehalten werden.538 Die Registrierung gewinnt demgegenüber nur dann eine eigenständige Bedeutung, wenn keine Autorisierung erforderlich ist, z. B. für das Unterhalten einer Besatzfischerei oder für Spezialtransporte von lebendem Fisch, die dann nur die Registrierung nach reg. 12 Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009 benötigen. In allen anderen Fällen werden die autorisierten Aquakulturbetriebe und die wesentlichen Daten über ihren Betrieb zugleich in ein von der Behörde Marine Scotland jederzeit zugängliches Register eingetragen, das gegen Entgelt auch für die Öffentlichkeit einsehbar ist.539 533 Daneben werden in den Aquatic Animal Health Regulations 2009 auch die weiteren Vorgaben der Richtlinie 2008/88 EG wie die Anforderungen für das Inverkehrbringen von Aquakulturtieren oder die Ausweisung von fischseuchenfreien Zonen in nationales Recht umgesetzt. Zu den Einzelheiten der Richtlinie, die nicht präventive Kontrollverfahren und Registrierungspflichten im Einzelnen betreffen, siehe unter C.V. 534 Reg. 5 Aquatic Animal Health Regulations 2009. 535 Reg. 12 Aquatic Animal Health Regulations 2009. 536 Scottish Government, http://www.scotland.gov.uk/Topics/marine/Fish-Shellfish/FHI/au thorisation/apb, Stand: 2. 11. 2010. 537 Scottish Government, http://www.scotland.gov.uk/Topics/marine/Fish-Shellfish/FHI/au thorisation/apb, Stand: 2. 11. 2010. 538 Reg. 6 Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009. 539 Reg. 13 Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009.

III. Vorgelagerte Kontrollverfahren: Genehmigung von Aquakulturaktivitäten

129

5. Rechtsschutz der Antragsteller in vorgelagerten Kontrollverfahren Werden Anträge auf Erteilung einer der für die Neuzulassung oder Änderung von Aquakulturanlagen erforderlichen Genehmigungen, Lizenzen und Autorisierungen von der zuständigen Behörde abschlägig beschieden oder dem Antragsteller Nebenbestimmungen auferlegt, die er für ungerechtfertigt hält, stellt sich die Frage nach den Anfechtungsmöglichkeiten. Das schottische öffentliche Recht hält für diese Fälle sowohl behördliche als auch gerichtliche Rechtsbehelfe bereit. Vorrangig steht mit dem appeal ein im weitesten Sinne dem deutschen Widerspruchsverfahren vergleichbares Institut zur Verfügung, das sich in unterschiedlichen Ausformungen im jeweils einschlägigen besonderen Verwaltungsrecht findet und regelmäßig nur dem Adressaten der angefochtenen Entscheidung zusteht.540 Darüber hinaus kann im Wege der judicial review auch eine gerichtliche Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen herbeigeführt werden. Eine eigene Verwaltungsgerichtsbarkeit gibt es in Schottland nicht. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten werden vor den ordentlichen Gerichten ausgetragen.541 a) Rechtsbehelfe im Verwaltungsverfahren aa) Appeal gegen Entscheidungen im Baugenehmigungsverfahren Im Baurecht kann der Antragsteller, der sich gegen eine Entscheidung der planning authority wenden will, den Rechtsbehelf des appeal nach sec. 47(1) Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 einlegen. Zuständig sind im Grundsatz die Scottish Ministers. In den ganz überwiegenden Konstellationen handelt es sich aber um sog. delegated appeals, für deren Bearbeitung die Scottish Ministers von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, die Entscheidungsbefugnis einer appointed person zu übertragen, so auch für die im Zusammenhang mit Aquakulturvorhaben bedeutsamen Entscheidungen über planning permissions.542 Die Entscheidung über derartige baurechtliche appeals liegt danach bei den von den Scottish Ministers ernannten Scottish Ministers’ Reporters.543 Das Verfahren richtet sich nach den Town and Country Planning (Appeals) (Scotland) Regulations 2008. Nachdem die Ausgangsbehörde vom Antragsteller über die Einlegung des Rechtsbehelfs informiert worden ist, hat sie binnen 21 Tagen erneut Stellung zu nehmen. Je nach Umfang des Vorhabens kann daraufhin über den appeal unmittelbar nach Aktenlage oder im 540

Zum Rechtsschutz Dritter siehe unter C.VII. White/Willock, The Scottish Legal System, pp. 54 ff; es existieren allerdings mit den tribunals für einzelne Bereiche des öffentlichen Rechts (etwa Sozialrecht oder privates Steuerrecht) Spruchkörper, die mit gerichtsähnlicher Funktion und Befugnissen ausgestattet sind. 542 Sec. 3(a) Town and Country Planning (Determination of Appeals by Appointed Persons) (Prescribed Classes) (Scotland) Regulations 2010. 543 Scottish Government, A Guide to planning appeals, Ziff. 7. 541

130

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

fortgeführten Verfahren (decision as to further procedure) entschieden werden.544 Die Wahl der Verfahrensart liegt beim zuständigen reporter. Hält dieser eine weitere Sachaufklärung für geboten, stehen ihm verschiedenen Verfahrensmittel – Schriftwechsel, Anhörungen, mündliche Verhandlung, Ortstermine – zur Verfügung, die einzeln angewandt oder miteinander kombiniert werden können.545 Bei all diesen Verfahrenshandlungen sind der Rechtsbehelfsführer, die Ausgangsbehörde und ggf. Dritte (interested parties) zu beteiligen.546 Der im appeal-Verfahren berücksichtigungsfähige Verfahrensstoff unterliegt gemäß sec. 47 A(1) Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 zu gewissem Maße einer Präklusionsregelung. Danach können solche Gesichtspunkte, die bis zum Zeitpunkt der Entscheidung der Ausgangsbehörde ihr gegenüber unentschuldigt nicht vorgebracht wurden, im Rechtsbehelfsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden. Unberührt davon bleibt jedoch die Notwendigkeit, Vorgaben aus Bauleitplänen oder material considerations einzubeziehen.547 Der reporter kann am Ende des Rechtsbehelfsverfahrens wie die Ausgangsbehörde über den Antrag neu entscheiden und ist dabei auch nicht auf die mit dem appeal gerügten Teile beschränkt.548 Es handelt sich dann um die Letztentscheidung im Verwaltungsverfahren, die nur noch gerichtlich anfechtbar ist.549 bb) Appeals gegen Entscheidungen über die übrigen Erlaubnisse In Ermangelung eines allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes finden sich auch die Vorschriften über Rechtsbehelfe gegen nicht oder nicht in vollem Umfang stattgebende Entscheidungen über Anträge auf die übrigen genannten Lizenzierungen und die tiergesundheitliche Betriebserlaubnis für Aquakulturen in den einschlägigen Spezialgesetzen. Gegen die Versagung oder die Teilversagung einer Lizenz nach den CAR-Regulations steht dem Antragsteller der appeal gemäß reg. 50 Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011 zur Verfügung. Die Entscheidung der Ausgangsbehörde SEPA wird im appeal-Verfahren von den Scottish Ministers überprüft, die auch hier ihre Kompetenz an einen reporter delegiert haben und befugt sind, die Ursprungsentscheidung zu bestätigen oder die Lizenz zu erteilen oder in abgeänderter Form zu erteilen.550 Der Verfahrensgang ist hier ähnlich aus-

544

Reg. 7 und 8 Town and Country Planning (Appeals) (Scotland) Regulations 2008. Reg. 8(3) Town and Country Planning (Appeals) (Scotland) Regulations 2008. 546 Reg. 9 – 11 Town and Country Planning (Appeals) (Scotland) Regulations 2008. 547 Sec. 47(2) Town and Country Planning (Scotland) Act 1997; zum Begriff der material consideration und der Struktur der Genehmigungsentscheidung siehe unter C.IV. 548 Sec. 48(1) Town and Country Planning (Scotland) Act 1997. 549 Sec. 48(6) Town and Country Planning (Scotland) Act 1997. 550 Reg. 51 Water Environment (Scontrolled Activities) (Scotland) Regulations 2011. 545

III. Vorgelagerte Kontrollverfahren: Genehmigung von Aquakulturaktivitäten

131

gestaltet wie beim baurechtlichen appeal und sieht die Möglichkeit von öffentlichen Anhörungen vor.551 Der statthafte Rechtsbehelf gegen die Entscheidungen über die Erteilung einer marine license ist der appeal gemäß sec. 38 Marine (Scotland) Act 2010 in Verbindung mit den Marine Licensing Appeals (Scotland) Regulations 2011. Zuständig ist hier unmittelbar der Sheriff552, der als erstinstanzlicher Richter der ordentlichen Gerichtsbarkeit (Sheriff Courts) über die appeals entscheidet. Es handelt sich somit nicht im eigentlichen Sinne um eine verwaltungsverfahrensrechtliche Überprüfung. Der Sheriff kann den appeal zurückweisen oder ihn zur Entscheidung zulassen und die angefochtene Entscheidung über den Lizensierungsantrag ganz oder teilweise aufheben. Hebt der Sheriff die Entscheidung auf, kann er die Scottish Ministers anweisen, die Lizenz zu erteilen oder sie zu von ihm festgelegten Bedingungen zu erteilen.553 Schließlich kann auch mit einem appeal gegen die vollständige oder teilweise Versagung einer beantragten tiergesundheitlichen Aquakulturbetriebsgenehmigung nach den Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009 vorgegangen werden.554 Anders als bei den Rechtsbehelfsverfahren nach Baurecht oder Marine (Scotland) Act 2010 ist hier der appeal an die Ausgangsbehörde Marine Scotland zu richten. Eine weitere Besonderheit besteht darin, dass nach dem Wortlaut in reg. 40 (1) der Vorschrift555 nicht nur der Adressat der angefochtenen Entscheidung den Rechtsbehelf geltend machen kann, sondern als Rechtsbehelfsführer auch Dritte in Betracht kommen. Als objektivierender Ausgleich dafür, dass die Behörde ihre eigene Entscheidung überprüft, muss sie eine unabhängige Person benennen, die nach Wunsch des Antragstellers entweder dessen schriftliches Vorbringen begutachtet oder ihn in öffentlicher Sitzung persönlich anhört. Die Behörde hat den Bericht dieses Vermittlers zu berücksichtigen und muss die schriftliche Entscheidung begründen.556 b) Gerichtliche Überprüfung Führt der appeal nicht zum gewünschten Ergebnis, kann der mit seinem Antrag auf Erteilung einer der zum Betrieb von Aquakulturen erforderlichen Genehmigungen zurückgewiesene Antragsteller eine gerichtliche Überprüfung herbeiführen. Hierfür steht ihm grundsätzlich der Antrag auf judicial review zur Verfügung. Der Begriff der judicial review bezeichnet im schottischen Common Law die allgemeine 551

Sched. 9 Water Environment (Scontrolled Activities) (Scotland) Regulations 2011. Reg. 3(1) Marine Licensing Appeals (Scotland) Regulations 2011. 553 Reg. 3(2) und (3) Marine Licensing Appeals (Scotland) Regulations 2011. 554 Reg. 40(1) Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009. 555 Dort heißt es im Gegensatz zu den anderen appeal-Tatbeständen lediglich: „A person may appeal to the competent authority […]“. 556 Das geschilderte Verfahren findet sich in reg. 40(2)-(5) Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009. 552

132

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

Kompetenz des Court of Session für die Rechtmäßigkeitsprüfung von Entscheidungen niederrangiger Gerichte und sonstiger Behörden.557 Dieses Klageverfahren beschränkt sich auf die Prüfung richtiger Rechtsanwendung und legt den im Verwaltungs- und Rechtsbehelfsverfahren ermittelten Sachverhalt zu Grunde, ohne selbst die Funktion einer Tatsacheninstanz einzunehmen.558 Maßstab der judicial review sind hergebrachte Grundsätze, zur rechtmäßigen Ausübung hoheitlicher Befugnisse, die sich überwiegend aus case law herleiten. Als wichtigste zu nennen sind dabei drei Kategorien justiziabler Fehler der behördlichen Rechtsanwendung: illegality (falsche Rechtsauslegung, Ermessensfehler), irrationality (Verstoß gegen Grundsätze der vernünftigen und nachvollziehbaren Entscheidung) und procedural impropriety (Verfahrensfehler). Daneben gewinnt auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz für die Rechtmäßigkeitskontrolle an Bedeutung.559 Es handelt sich bei der judicial review um ein subsidiäres gerichtliches Verfahren, das nur bei nicht vorhandener oder erfolgloser Ausschöpfung anderweitiger Rechtsschutzmöglichkeiten zulässig ist.560 Zu solchen vorrangigen Möglichkeiten Rechtsschutz zu erlangen, gehören nicht nur die verwaltungsverfahrensrechtlichen Rechtsbehelfe, sondern auch das im Baurecht vorgesehene speziellere gerichtliche Überprüfungsverfahren des statutory appeal to the court561, das auch im Fall eines vom Scottish Ministers’ Reporter zurückgewiesenen baurechtlichen appeal nach sec. 47 Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 einschlägig ist.562 Der im Rechtsbehelfsverfahren abgewiesene Antragsteller kann in diesem Fall binnen einer Notfrist von sechs Wochen den statutory appeal zum Court of Session erheben.563 Der Prüfungsumfang im Verfahren des statutory appeal to the court ist gesetzlich in sehr allgemeiner Form festgelegt. Nach sec. 239(1)(b) Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 kann mit dem Antrag geltend gemacht werden, dass der angegriffene Rechtsakt sich nicht im Rahmen der Kompetenzzuweisung des angewandten Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 hält oder dass relevante Erfordernisse nicht eingehalten wurden.564

557

Mc Allister/McMaster, Scottish Planning Law, p. 216. Mc Allister/McMaster, Scottish Planning Law, p. 206. 559 Cross/Marcus, in: Burnett-Hall/Jones, Burnett-Hall on Environmental Law, pp. 267 – 361 (277 ff.); etwas andere Kategorisierungen der Revisionsgründe im Verfahren der judicial review in: Barnett, Constitutional & Administrative Law, pp. 939 ff. 560 Mc Allister/McMaster, Scottish Planning Law, p. 217. 561 Mc Allister/McMaster, Scottish Planning Law, p. 209. 562 Sec. 239(1)(b) Town and Country Planning (Scotland) Act 1997; dazu Mc Allister/ McMaster, Scottish Planning Law, p. 209. 563 Sec. 239(1)(b) Town and Country Planning (Scotland) Act 1997. 564 Der englische Wortlaut heißt: „[…] (i) that the action is not within the powers of this act, or (ii) that any of the relevant requirements have not been complied with in relation to that action […]“. 558

III. Vorgelagerte Kontrollverfahren: Genehmigung von Aquakulturaktivitäten

133

Dieser nur grobe Maßstab für eine Rechtskontrolle wird in der Praxis durch die richterlich entwickelte sog. Ashbridge-Formel zur Auslegung der insoweit gleich lautenden englischen Vorschrift konkretisiert. Die Formel lautet im Urteilstext: „[…] under this section it seems to me that the court can interfere with the Minister’s decision if he has acted on no evidence; or if he has come to a conclusion to which the evidence he could not reasonably come; or if he has given a wrong interpretation to the words of the statute; or if he has taken into consideration matters which he ought not to have taken into account, or vice versa; or has otherwise gone wrong in law.“565

Im Ergebnis wird danach richterrechtlich ein ähnlicher Maßstab umfassender Rechtmäßigkeits- und vor allem Ermessensfehlerprüfung anlegt wie er im Verfahren zur judicial review gilt. Der Court of Session kann die angefochtene Entscheidung aus dem appeal-Verfahren nicht teilweise, sondern lediglich insgesamt aufheben und verweist sie zurück an die zuständigen Scottish Ministers bzw. ihren Reporter.566 Die Entscheidung ist unanfechtbar.567 6. Bewertung: Vorgelagerte Kontrollverfahren für Aquakulturaktivitäten Betrachtet man unter Berücksichtigung der jüngeren und jüngsten Rechtsänderungen die Vielzahl von Verfahren zur Genehmigung von typischen Aquakulturvorhaben in marinen Gewässern, sind für den gegenwärtigen Rechtsstand vor allem zwei Aspekte kennzeichnend. Zum ersten wurde die Eingliederung der marinen Standortgenehmigungen in das herkömmliche Baurecht nach einem langwierigen Prozess erst 2007 vollzogen. Zum zweiten sind daneben auch weiterhin gewässerrechtliche Zulassungsverfahren unterschiedlicher Zielrichtungen zu durchlaufen. Sie gehen neuerdings auf nur noch zwei568 statt drei569 Regelungswerke zurück, erweisen sich aber noch immer als verhältnismäßig unübersichtlich und lassen die Anwendung des allgemeinen Baurechts auf Probleme der aquakulturspezifischen Planung vor dem Hintergrund der Regelungsziele des Marine (Scotland) Act 2010 nur als neue Übergangslösung erscheinen. Die tiergesundheitliche Autorisierung nach den Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009 entzog sich wegen der europarechtlichen Umsetzungspflichten weitestgehend dem Einfluss des schottischen Gesetzgebers. Im Einzelnen ist Folgendes festzuhalten.

565 Lord Denning, in: Ashbridge Investments Ltd. v Minister of Housing and Local Government [1965] 1 WLR 1320, zit. nach Mc Allister/McMaster, Scottish Planning Law, p. 214. 566 Mc Allister/McMaster, Scottish Planning Law, p. 214. 567 Sec. 237(1) Town and Country Planning (Scotland) Act 1997. 568 Lizensierung gemäß den CAR-Regulations und nach Marine (Scotland) Act 2010. 569 Bis April 2011 waren neben der CAR-Lizenz Erlaubnisse nach Coast Protection Act 1949 und Food and Environment Protection Act 1985 einzuholen.

134

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

a) Eingliederung der marinen Aquakultur ins Baurecht Als überfälliger Schritt kann die Eingliederung der marinen Aquakultur ins Baurecht insofern bezeichnet werden, als dass es damit am Ende jahrelanger Bestrebungen endlich gelang, die planungsrechtliche Genehmigungskompetenz von der Nutzungsrechtsvergabe durch die Crown Estate abzutrennen. Die Crown Estate war als bloße Liegenschaftsverwaltungsbehörde mit Aufgaben befasst, die aufgrund der zunehmend komplexen Nutzung des Küstenraumes einer planungsrechtlichen Steuerung bedurften. Das als Verwaltungsvereinbarung konzipierte Interim Scheme und die zugehörigen Policies konnten diese Funktion nicht dauerhaft erfüllen. Hinzu kam der Interessenkonflikt, dem die Crown Estate Commissioners dadurch unterlagen, dass sie als der Krone verpflichtete Verpächter von Aquakulturstandorten mit Gewinnmaximierungsauftrag und gleichzeitig als faktische Planungsbehörde mit Verantwortung für die Berücksichtigung von Nutzungskonflikten und Umweltbelangen agieren sollten.570 Andererseits ist die Verlagerung der planerischen Kompetenz gerade auf die kommunalen Baubehörden unter verschiedenen Gesichtspunkten nicht unproblematisch. So konnte die im Rahmen der Reformbestrebungen insbesondere von den Anlagenbetreibern gewünschte571 Vereinfachung der Genehmigungsverfahren für Aquakulturstandorte nicht verwirklicht werden. Im Gegenteil ist mit den kommunalen Bauplanungsbehörden ein weiterer Akteur in den Autorisierungsvorgang involviert worden, dessen Sachkunde von Seiten der Industrieverbände wenn nicht angezweifelt, so doch zumindest kritisch gesehen wird.572 In der Tat müssen die Baubehörden, um ihrer Rolle als zuständige Behörde für Anträge auf Änderung oder Neugenehmigung einer Fisch- oder Muschelfarm gerecht zu werden, einen für sie neuen Sachbereich bewältigen. Im Hinblick auf umweltspezifische Fragen dürften jedoch die vielfältigen Konsultierungspflichten im Baugenehmigungsverfahren und im Rahmen der UVP eine gewisse fachliche Entlastung mit sich bringen. Zusätzlich ist ein Wissenstransfer in Form von Weiterbildungsmaßnahmen vorgesehen, in denen die Sachbearbeiter der Baubehörden von SEPA und anderen Fachbehörden notwendige Kenntnisse vermittelt bekommen sollen.573 Die Letztentscheidung muss jedoch von der Baubehörde selbst und unter Umständen von Beamten getroffen werden, die bisher keine oder nur wenige Erfahrungen mit den besonderen Anforderungen an die effektive und sachgerechte Verwaltung von Leitplänen und konkreten Vorhaben in den marinen Planungsräumen sammeln konnten. 570 Zur früheren und zur heutigen funktionalen Rolle der Crown Estate siehe bereits oben unter C.I. 571 Interview mit Dr. John Webster vom Lachszüchterverband SSPO in Perth am 27. 07. 2010, siehe auch Scottish Executive, A Strategic Framework for Scottish Aquaculture (2003), p. 38. 572 Interview mit Dr. John Webster vom Lachszüchterverband SSPO in Perth am 27. 07. 2010. 573 Scottish Government, Delivering Planning Reform for Aquaculture, p. 5.

III. Vorgelagerte Kontrollverfahren: Genehmigung von Aquakulturaktivitäten

135

Darüber hinaus bleibt es nicht nur bei der Vielfalt von Verfahren, sondern auch bei der Mehrfacheinbindung verschiedener Behörden, teils in derselben, teils in unterschiedlichen funktionellen Rollen. Ist beispielsweise die SEPA im Rahmen der CARVorschriften selbst Genehmigungsbehörde, wird sie im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens nach dem Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 sogar zweimal in der Rolle der Beraterin tätig, nämlich einmal baurechtlich und einmal UVP-rechtlich. Ein drittes Mal wird sie im Rahmen der Lizensierung nach sec. 21 Marine (Scotland) Act 2010 hinzugezogen. In allen drei Fällen sind Erwägungen zu potenziellen Umweltauswirkungen anzustellen und darzulegen. Eine ähnliche Konstellation ist bei der ebenfalls dreifachen, aber funktionell einheitlichen Einbindung der SNH festzustellen, die als statutory consultee oder consultation body ebenfalls bau-, UVP-rechtlich sowie nach Marine (Scotland Act) 2010 jeweils unter dem fachlichen Gesichtspunkt des Umweltschutzes beigezogen wird. Es dürften vor allem diese Kompetenzüberlappungen und Mehrfachbeteiligungen oder mehrfach erforderliche Veröffentlichungen von Antragsinhalten sein, die seitens der Wirtschaft und ihrer Interessenverbände nicht selten unter dem Schlagwort der Überregulierung kritisiert werden.574 Jedenfalls soweit fachliche Überschneidungen zwischen den behördlichen Kompetenzen bestehen, wird versucht durch Abstimmung in allen Phasen der parallel ablaufenden Verfahren abzuhelfen.575 In einer Arbeitsvereinbarung576 haben die SEPA, SNH, Marine Scotland (Unterdirektorat Marine Scotland Science) und die Vereinigung der Salmon Fishery Boards versucht, die umweltspezifischen Beratungsfelder, die sie als statutory consultees abzudecken haben, untereinander aufzuteilen, sodass doppelte Bearbeitungen entfallen. Dort werden einzelne Kernthemen – etwa Einflüsse auf die Diversität des benthischen Lebensraumes, die Bewertung von schädlichen Einflüssen durch Seeläusemittel oder die Akzeptabilität von Maßnahmen gegen wilde Raubtiere – der Sachprüfung durch eine der Behörden zugewiesen, die als themenspezifischer lead body die notwendigen Untersuchungen und Erwägungen anstellt.577 Zudem werden relevante Informationen und Daten den anderen Behörden zugänglich gemacht.578

574

2010. 575

Interview mit Dr. John Webster vom Lachszüchterverband SSPO in Perth am 27. 07.

SEPA, http://www.sepa.org.uk/planning/fish_farming.aspx, Stand: 03. 11. 2010. SEPA/SNH/Association of Salmon Fishery Boards/Marine Scotland, Working arrangement: requirements of Statutory Consultees and consultation protocol for marine aquaculture planning applications. 577 SEPA/SNH/Association of Salmon Fishery Boards/Marine Scotland, Working arrangement: requirements of Statutory Consultees and consultation protocol for marine aquaculture planning applications, pp. 7 ff. 578 SEPA/SNH/Association of Salmon Fishery Boards/Marine Scotland, Working arrangement: requirements of Statutory Consultees and consultation protocol for marine aquaculture planning applications, pp. 16 ff. 576

136

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

b) Die Rolle des Marine (Scotland) Act 2010 Ob das Ergebnis der Baurechtsreform, soweit sie 2007 die nunmehr schwerpunktmäßig baurechtliche Genehmigung für marine Aquakulturvorhaben mit sich brachte, langfristig Bestand haben wird, muss sich noch erweisen. Erschien die Ausweitung des Baurechts auf marine Aquakultur mit dem Hinweis auf die hergebrachte baurechtliche Genehmigung von Binnenaquakulturen konsequent, könnte die aktuelle Fortentwicklung der Gesetzgebung durch das Inkrafttreten des Marine (Scotland) Act 2010 dagegen wieder Zweifel wecken, ob damit nicht nach Überwindung des Interim Schemes [siehe dazu bereits oben unter C. II. 3. a)] zum zweiten Mal eine Übergangslösung gewählt wurde. Dieses Gesetz liefert einen Rahmen, um für die zunehmende und diversivizierte Nutzung von Küsten und Meer ein einheitliches und von der ländlichen Raum- und Bauleitplanung unabhängiges Planungs- und Verwaltungsregime zu errichten. Der Marine (Scotland) Act 2010 hält dafür bereits sämtliche Instrumente bereit und soll bis zum Jahr 2012 vollständig umgesetzt werden.579 Dort ist nicht nur der neu geschaffene Typus der marine licence580 geregelt, der die Optimierung und Vereinheitlichung von Genehmigungsverfahren sämtlicher Nutzungen des Küstenraumes herbeiführen soll und für die Aquakultur bereits die Erlaubnisse nach dem Coast Protection Act 1949 und dem Food and Environment Protection Act 1985 ersetzt hat (siehe oben unter 3.). In Part II der Vorschrift sind vielmehr auch Regelungen über die Aufstellung von nationalen und regionalen marinen Raumordnungs- und Entwicklungsleitplänen (marine plans) vorgesehen.581 Lediglich die marine Aquakultur, deren Einbettung in ein allgemeines System mariner Pläne nahe liegen würde, bleibt durch die Regelungen unberührt. Für Küstengewässer existieren dadurch zwei sich geographisch überschneidende Plan-Kategorien: die bauplanungsrechtlichen local development plans in ihrer rein aquakulturspezifischen Ausdehnung auf die marine planning zones und daneben die regional marine plans582 gemäß Marine (Scotland) Act 2010 für alle anderen Nutzungen. Während somit die Berücksichtigung mariner Aquakulturen bei der künftigen Aufstellung mariner Pläne dem Wirkungskreis des Marine (Scotland) Act 2010 vorerst entzogen bleibt und weiterhin dem Bauleitplanungsrecht unterliegt, gilt auch für sie – neben der Baugenehmigungsbedürftigkeit – bereits das Erfordernis der marine license nach dem Marine (Scotland) Act 2010. Der „Notausgang“ für diese letztlich inkonsequente Regelungslage ist bereits in sec. 63 Marine (Scotland) Act 2010 angelegt. Darin werden die Scottish Ministers – vorbehaltlich der Zustimmung 579 Scottish Government, http://www.scotland.gov.uk/Resource/Doc/295194/0103895.pdf, Stand: 03. 11. 2010. 580 Sec. 20 – 64 Marine (Scotland) Act 2010. 581 Sec. 5 – 19 Marine (Scotland) Act 2010. 582 Sec. 5(2) Marine (Scotland) Act 2010.

IV. Prinzipien der räumlichen Zuordnung von Aquakulturstandorten

137

der zuständigen Bauplanungsbehörden – ermächtigt anzuordnen, dass die marine Aquakultur der Geltung des Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 wieder entzogen wird.583 Damit würde die vollständige Rücknahme der erst 2007 vollendeten planning reform zugunsten eines einheitlichen Regelungsregimes für moderne Küstennutzungen nach dem Marine (Scotland) Act 2010 möglich, wenn die kommunalen Behörden nicht auf ihrer gerade erst erworbenen Zuständigkeit beharren. Die Vorschrift birgt auf der anderen Seite die Gefahr einer ganz neuen regionalen Zergliederung der Rechtslage, sollten einzelne Kommunen ihre Zustimmung verweigern. Die planungsrechtliche Zulassung von Aquakulturvorhaben könnte sich dann teilweise über das Instrument der marine licence und teilweise über die planning permission abwickeln. Ob sich die nunmehr geltende Rechtslage verfestigen wird oder weitere Änderungen anstehen, bleibt daher abzuwarten.

IV. Prinzipien der räumlichen Zuordnung von Aquakulturstandorten im Verhältnis zu anderen Nutzungsinteressen Bei der rechtlichen Steuerung der räumlichen Zuordnung von Aquakulturstandorten sind in materieller Hinsicht zwei wesentliche Belange mit dem Interesse an wirtschaftlicher Entfaltung der Aquakulturbetreiber überein zu bringen. Erstens die Lösung von potenziellen Konflikten mit anderen Nutzern der beplanten Gewässer und zweitens die Vermeidung oder Minimierung von Umweltbelastungen, namentlich durch die Gewässeremissionen beim Betrieb von Fischfarmen. Zwar lassen sich beide Gesichtspunkte und damit auch die entsprechenden Regelungszwecke der einschlägigen Vorschriften nicht immer trennscharf unterscheiden, weil die von der Aquakultur verursachten Umweltproblematiken regelmäßig auch anderweitige Nutzungsinteressen berühren. So ist beispielsweise der Schutz von wilden Fischbeständen einerseits ein umweltrelevanter Gesichtspunkt, andererseits sind damit Interessen der Wildfischerei verknüpft, die eben diese Bestände bewirtschaftet. Auch der Schutz der Wasserqualität betrifft zugleich Nutzungsinteressen etwa der Tourismuswirtschaft, die zugängliche und qualitativ hochwertige Bade- oder Angelgewässer bereithalten möchte. Die Bewahrung einer unberührten Natur in besonderen Schutzgebieten kann ebenfalls als Nutzung im planungsrechtlichen Sinn begriffen werden, auch wenn sie sich teils gerade über die Nichtbewirtschaftung definiert. Dennoch soll die Unterscheidung der beiden Kernbelange, so weit sie möglich ist, im Interesse der Strukturierung in die Untersuchung einbezogen werden. Der folgende Abschnitt behandelt daher zunächst, welche inhaltlichen und verfahrensmäßigen Prinzipien bei der Standortzuordnung zur Anwendung kommen, um einen Ausgleich im Verhältnis zu anderen Nutzungsinteressen zu erzielen. Stand583 Dreh- und Angelpunkt einer solchen legislatorischen „Rückwärtsrolle“ wäre wiederum der Begriff des development im Sinne des Town and Country Planning (Scotland) Act 1997, unter den die marine Aquakultur erst 2007 gebracht wurde.

138

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

ortzuordnung soll hier in dem Sinne verstanden sein, dass ein vom Antragsteller für die Einrichtung oder Erweiterung eines Aquakulturbetriebs ins Auge gefasstes geografisches Gebiet nach Durchlaufen der relevanten Einzelverfahren584, also im Wesentlichen Baugenehmigungsverfahren und marine license, als zulässiger Standort genehmigt und damit der Nutzung durch Aquakultur „zugeordnet“ wird. Die formale Unterscheidung zwischen Planungs- und Genehmigungsebene (dazu unter 1.) spielt dabei in materieller Hinsicht eine untergeordnete Rolle, weil die einschlägigen ermessensleitenden Vorschriften in der Regel beide Phasen gleichermaßen betreffen (dazu unter 2.). Inhaltlich sind, neben grundlegenden Entscheidungen genereller Art über die standortbezogene Zulässigkeit von Aquakulturen, für einzelne Nutzungskonflikte bestimmte Leitlinien zu beachten (dazu unter 3.). Die Vereinbarkeit mit der Schifffahrt wird auch nach jüngsten Gesetzesänderungen gesondert berücksichtigt (dazu unter 4.). 1. Planungsebene und Genehmigungsebene Mögliche Konflikte zwischen Aquakulturvorhaben und anderen Gewässernutzungen sind im Rahmen der bauplanungs- und baugenehmigungsrechtlichen Vorschriften zu berücksichtigen. Eine Ausnahme hierzu bildet der Teilaspekt der Vereinbarkeit von marinen Käfiganlagen mit Belangen der Schifffahrt, die bis vor kurzem nach dem Coast Protection Act 1949, heute nach dem Marine (Scotland) Act 2010 in einem gesonderten Verfahren geprüft wird. Im Baurecht sind Erwägungen der zuständigen Behörden dazu, wie Aquakulturvorhaben mit anderen Nutzungen in Einklang gebracht werden können, zunächst auf der Ebene der Bauleitpläne von Bedeutung. Erstellen die planning authorities local development plans für die ihnen zugewiesenen marine planning zones, müssen nach Maßgabe von Verwaltungsvorschriften etwaige Nutzungskonflikte berücksichtigt werden.585 Auch ist für die Entscheidung über einen schwebenden Antrag im Einzelfall und unter Berücksichtigung des local development plans eine Abwägung mit den Interessen etwaiger Nutzungskonkurrenten vorzunehmen. Die bei der Zulassung von Aquakulturvorhaben auf beiden Ebenen zu befolgenden Leitlinien sind inhaltlich allerdings überwiegend dieselben586 und beschränken sich regelmäßig darauf, in Betracht zu 584 Im Zusammenhang mit der Standortzuordnung nicht relevant sind demgegenüber die marine license zur Erlaubnis von Sonderemissionen von Bord von Arbeitsschiffen und die tiergesundheitsrechtliche Autorisierung bzw. Registrierung (dazu s. o. unter C.III.3. und 4.), weil es bei diesen Erlaubnissen nicht um das „ob“ des Betriebes an einem bestimmten Standort, sondern um das „wie“ der Aquakulturpraxis geht; die CAR-Regulations zielen auf den Gewässerschutz. 585 Nach alter Rechtslage war die Berücksichtigung anderer Nutzungen noch gesetzlich festgeschrieben, sec. 7(1)(a) Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 a.F. für den structure plan. 586 Zu beachten ist etwa das Grundsatzpapier Scottish Planning Policy SSP1, The Planning System, nicht paginierte erste Seite, sowohl für das development management (Planaufstellung), als auch die development control (konkrete Genehmigung).

IV. Prinzipien der räumlichen Zuordnung von Aquakulturstandorten

139

ziehende Konflikte zu benennen und ihre angemessene Berücksichtigung im Rahmen eines umfassenden Abwägungsvorganges zu fordern. 2. Rechts- und Quasi-Rechtsquellen in Entscheidungsprozessen a) Gesetzliche Vorgaben Es existieren wenige Vorschriften mit Gesetzesqualität, die materielle Kriterien für die Entscheidungen über Planaufstellung und einzelne Baugenehmigungen enthalten und keine speziell für die Aquakultur. Die Vorgaben des allgemeinen Bauund Bauplanungsrechts bilden jedoch den übergeordneten Rechtsrahmen für die Aufstellung und Anwendung von zulässigen Zuordnungs- und Abwägungskriterien, die bei der Bestimmung von genehmigungsfähigen Aquakulturstandorten im Verhältnis zu anderen Nutzungen eine Rolle spielen. Sie bedürfen aus diesem Grunde einer kurzen Einführung. aa) Planaufstellung Für die Planaufstellung sieht der Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 einen weiten Spielraum vor. Die local development plans haben sich allerdings inhaltlich an den allgemeinen Entwicklungszielen des National Planning Framework587 zu orientieren.588 Hinsichtlich der Ausarbeitung des Plantextes (written statement) als Kernelement der schottischen Bauleitpläne ist für den local development plan festgelegt, dass jede Information oder Erwägung, die der aufstellenden Behörde relevant erscheint, oder deren Berücksichtigung anderweitig vorgeschrieben ist, in den Planentwurfsprozess einbezogen werden muss.589 Der hier maßgebliche Tatbestand (sec. 16(2) Town and Country Planning (Scotland) Act 1997) lautet: „In preparing a local development plan the planning authority are to take into account the national Planning Framework, are to have regard to such information and considerations as may be prescribed, and may have regard to such other information or considerations as appear to them to be relevant. […]“

Unter den vorgeschriebenen Erwägungen (considerations as may be prescribed) in diesem Sinne sind vor allem nach europarechtlichen Vorschriften obligatorische Umweltaspekte zu nennen sowie die seit der Umsetzung des Planning etc. (Scotland) 587 Es handelt sich um einen landesweiten Raumordnungsplan, der gemäß sec. 3 A Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 den weitesten Rahmen für die Planungen auf untergeordneten Ebenen vorgibt, online verfügbar unter http://www.scotland.gov.uk/Publications/ 2004/04/19170/35317, Stand: 19. 11. 2010. 588 Sec. 16(2)(a) Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 in der durch den Planning etc. (Scotland) Act 2006 geänderten Fassung. 589 Sec. 16(2)(b) und (c) Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 in der durch den Planning etc. (Scotland) Act 2006 geänderten Fassung.

140

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

Act 2006 als Pflichterwägung implementierte Prüfung der Nachhaltigkeit. Dort wird im Zusammenhang mit der Aufstellung von development plans gefordert, dass die zuständige Behörde ihre Funktion mit dem Ziel ausüben muss, die nachhaltige Entwicklung zu fördern.590 bb) Genehmigungsentscheidung Die Entscheidung über die Erteilung einer planning permission ist ihrerseits maßgeblich am Inhalt des local development plans auszurichten. Schlüsselvorschriften sind in diesem Zusammenhang die sec. 25(1) und sec. 37(2) Town and Country Planning (Scotland) Act 1997. Sie lauten: „Where, in making any determination under the planning Acts, regard is to be had to the development plan, the determination is, unless material considerations indicate otherwise – to be made in accordance with that plan […]“ [sec. 25(1)], „In dealing with such an application [planning application] the authority shall have regard to the provisions of the development plan, so far as material to the application and to any other material consideration“ [sec. 37(2)].

Der gesetzliche Maßstab für die Genehmigungsentscheidung wurde im Rechtsfall City of Edinburgh Council v. The Secretary of State for Scotland durch das House of Lords’ konkretisiert. Wenn ein Antragsvorhaben mit den sachrelevanten Vorgaben der Bauleitplanung (material provisions) übereinstimmt, soll die Genehmigung regelmäßig erteilt werden, soweit keine erheblichen Erwägungen (material considerations) dazu führen, dass sie versagt werden muss. Umgekehrt soll die Genehmigung regelmäßig versagt werden, wenn das Vorhaben dem Inhalt des development plan widerspricht, es sei denn, erhebliche Erwägungen führen ausnahmsweise zu einem anderen Ergebnis.591 Von Inhalten der Bauleitpläne kann also unter bestimmten Umständen abgewichen werden. Maßgeblich dafür ist die Feststellung und Gewichtung von material considerations oder „erheblichen Erwägungen“ durch die zuständige Baugenehmigungsbehörde. Hinsichtlich beidem besteht grundsätzlich ein weiter Ermessens- bzw. Abwägungsspielraum, sofern sich nicht aus zwingenden europarechtlichen Vorgaben anderes ergibt. Sowohl die Frage, ob ein Gesichtspunkt abwägungserheblich und daher als material consideration einzuordnen ist, als auch die nach seiner Bedeutung für die Zulässigkeit des Vorhabens, ist vom jeweiligen Entscheidungsträger für jeden Einzelfall zu beantworten.592 Bei der Ausübung dieses Spielraums sind inhaltliche Leitlinien und Prinzipien für baurechtliche Verfahren allgemein und für Aquakul-

590 591 592

Sec. 3E(2) Planning etc. (Scotland) Act 2006. City of Edinburgh Council v the Secretary of State for Scotland, SLT 1998, p. 120. SSP 1, The Planning System, p. 16, para. 47 und 50.

IV. Prinzipien der räumlichen Zuordnung von Aquakulturstandorten

141

turvorhaben im Besonderen zu befolgen, die in verschiedenen Typen von Verwaltungsvorschriften oder Leitfäden enthalten sind. b) Leitfäden für die Verwaltungspraxis An der Spitze der Hierarchie von entscheidungsleitenden Verwaltungsvorschriften dieser Art steht der National Planning Framework (NPF). Er ist als nationaler, oberster Raumentwicklungsplan konzipiert und gibt grobe Grundzüge der langfristigen Planungspolitik vor. Bei den üblicherweise mit dem Kürzel „SSP“ bezeichneten Scottish Planning Policies und Circulars handelt es sich um von den zuständigen Ministerien (Department of Development) der schottischen Regierung herausgegebene Leitfäden, in denen diese ihre – allerdings dort ohne konstitutive Regelungswirkung zum Ausdruck kommende – Interpretation des gesetzlichen und verordnungsrechtlichen Rahmens niederlegen. Zusätzliche Informationen zu Einzelfragen werden in Planning Advice Notes (PANs) veröffentlicht. Schließlich kommen weitere, nicht typisierte Dokumente unter Bezeichnungen wie Guidelines, Guidance Notes o. ä. hinzu, die zumeist von den zuständigen Behörden oder wiederum von der Ministerialebene veröffentlicht werden. Obwohl die Planning Policies keinen gesetzlichen Charakter haben, müssen sie nach der Rechtsprechung in die Entscheidungsfindung einbezogen, wenn auch nicht „sklavisch“ befolgt werden, haben aber in der Praxis eine sehr große Bedeutung.593 Die Vielfalt von solchen teils informativen, teils ermessens- oder abwägungsleitenden Kompendien wird einerseits mit Skepsis betrachtet, weil die Befugnis zu ihrer Herausgabe nur in seltenen Fällen eine gesetzliche Grundlage hat594 und daher zu großem Teil auf Eigeninitiative von Organen der Exekutive zurückgeht. Kritisiert wird daher, dass Rechtsetzungsprozesse in Form dieser „administrative quasi-legislation“ sich einer parlamentarischen Kontrolle weitgehend entzögen und so ungebührlichem Einfluss von Lobbyistengruppen der Weg bereitet würde. Andererseits wird aber auch der Bedarf nach verständlichen Leitfäden dieser Art gesehen.595 Für die Verwaltungspraxis enthalten die Leitlinien jedenfalls die entscheidenden Prinzipien und Maßstäbe für die Zuordnung von Aquakulturstandorten im Planaufstellungs- und Baugenehmigungsverfahren. Unter den für die Aquakultur relevanten Vorschriften ist neben dem älteren Grundsatz-Dokument SSP 1, The Planning System, an erster Stelle der im Februar 2010 neu erschienene und ebenso grundsätzlich konzipierte Generalleitfaden mit dem Titel Scottish Planning Policy596 von Bedeutung. Mit ihm wurden eine Vielzahl von spezielleren Einzel-SSPs zusam593

Mc Allister/McMaster, Scottish Planning Law, p. 35 mit Rechtsprechungsnachweisen. So z. B. in sec. 3E(3) Planning etc. (Scotland) Act 2006, der eine „Ermächtigung“ zum Erlass von „additional guidance“ enthält. 595 White/Willock, The Scottish Legal System, p. 112. 596 Scottish Government, A statement of the Scottish Government’s policy on nationally important matters of land use planning (2010). 594

142

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

mengeführt und durch das neue umfassende Dokument ersetzt, darunter insbesondere die frühere Spezialregelung SPP 22 Planning for Fish Farming aus dem Jahr 2007. Als entscheidende Quelle sind außerdem die zuletzt im März 2010 aktualisierten Locational Guidelines for the Authorisation of Marine Fish Farms zu nennen, die eher eine umweltschutzspezifische Zielrichtung aufweisen, den Ausgleich von Nutzungskonflikten allerdings insoweit mitbetreffen. 3. Kernprinzipien, Grundentscheidungen und Ermessensleitung im Einzelfall a) Allgemeine Planungsprinzipien aa) Ziele und „Visionen“ Der überwiegende Teil der genannten Leitlinien enthält sehr allgemein gehaltene Prinzipien, teils auch als visions597 bezeichnete Zielvorstellungen für die künftige Raumentwicklung. Die Strategy Map des National Planning Framework for Scotland beschränkt sich etwa für die Entwicklung der westlichen Küstenregionen bis 2025 auf die Ziele, die Umweltqualität zu verbessern und das Potenzial zur Nutzung regenerativer Energien – wohl hauptsächlich der Windenergie – vermehrt zu nutzen.598 In SSP 1, The Planning System, werden zentrale, jedoch ebenso vage Ziele der Bauplanung aufgestellt: nachhaltige Entwicklung, wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit, verbesserte Infrastruktur und, mit Hinweis auf die europarechtlichen Vorschriften, hohe Umweltqualität.599 Es sind demgegenüber nur in beschränktem Umfang auch konkretere Vorschriften darüber zu finden, wie diese Ziele in der Praxis der Bauplanung umzusetzen sind. bb) Gebietsausweisungen als planungsrechtliches Instrument Für die Planaufstellung ergänzt SSP (2010) die nur wenigen vorhandenen gesetzlichen Vorgaben um einige Leitlinien zu Gebietsausweisungen. Obwohl im schottischen Baurecht detailreich typisierte Plangebiete mit Angaben zur zulässigen Bebauung oder Nutzung fehlen, wird in den Verwaltungsrichtlinien auf eine möglichst konsequente Ausweisung und Zuweisung von geografisch definierten Gebieten zu bestimmten Nutzungen hingewirkt, wie es sich unmittelbar aus dem Gesetz, also dem Part 2 des Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 so nicht entnehmen lässt. Um den beratenden Duktus der Leitlinien und auch den darin der 597 Für Aquakultur etwa „Scottish Executive’s vision of a sustainable, diverse, competitive and economically viable fish farming industry“, SPP 22 Planning for Fish Farming (2007), p. 5, No. 21. 598 National Planning Framework for Scotland, Strategy Map 22, http://www.scotland.gov. uk/Publications/2004/04/19170/35349, Stand: 30. 11. 2010. 599 Scottish Executive, SPP 1 The Planning System (2002), pp. 3 – 9.

IV. Prinzipien der räumlichen Zuordnung von Aquakulturstandorten

143

Verwaltung belassenen Gestaltungsspielraum einmal zu veranschaulichen, soll hier die entsprechende Passage aus Scottish Planning Policy (2010) wörtlich wiedergegeben werden: „Development plans guide the future use of land and the appearance of cities, towns and rural areas. They should indicate where development, including regeneration, should happen and where it should not.“600

Ausweisungen von Gebieten erfolgen somit nicht in erster Linie nutzungs- oder bebauungsspezifisch, sondern lediglich allgemein in den Kategorien vorhabengeeignet bzw. -ungeeignet. Festgesetzt werden potential development areas (PDAs), also solche Gebiete, die grundsätzlich aber ohne Bezugnahme auf eine bestimmte Bebauung oder Nutzung für Vorhaben zur Verfügung stehen, während sensitive oder very sensitive countryside development control zones nur unter besonderen, im Plantext präzisierten Umständen für Vorhaben in Betracht kommen.601 Da sich die Planungsbefugnis der Baubehörden für die marine planning zones auf die Aquakultur beschränkt, kommt freilich jede Festsetzung eines marinen Gebietes als vorhabentauglich der Festsetzung eines potenziellen Aquakulturgebietes gleich, während für Binnengewässer auch andere Vorhaben denkbar sind. Näher spezifizierte Gebietsausweisungen sind aber dennoch möglich und auf Grundlage der Planning Policies erwünscht. In SSP 22 Planning for Fish Farming (2007) hieß es bereits mit Bezug zu Aquakulturvorhaben: „In preparing development plans, planning authorities should identify those areas which are sensitive to new or modified fish farming or are potentially suitable for such development“.602

Doch auch dabei betonte SSP 22 in einer der darauf folgenden Passagen, dass auf diese Weise identifizierte Gebietsgrenzen zwischen grundsätzlich geeigneten und anderen Gebieten, nicht als absolut geltende Vorentscheidungen (rigid demarcations) verstanden werden, sondern stets einer Abwägung im Einzelfall zugänglich bleiben.603 Daran wird deutlich, dass die Ausweisung von Gebieten im Sinne einer im frühen Planungsstadium vorgenommenen räumlichen Trennung klar definierter Nutzungsarten zwar eine praktizierte Methode des Planungsrechts darstellt. Sie ist hingegen in ihren Einzelheiten nicht gesetzlich verankert. Die Möglichkeit, im besonderen Hinblick auf Aquakulturvorhaben sensitive areas und potential development areas auszuweisen findet sich auch in der neueren Vorschrift Scottish Planning Policy (2010) wieder.604

600

Scottish Government, Scottish Planning Policy (2010), p. 3. Online abrufbar ist der local plan des Distrikts Argyll & Bute und die dazugehörige Legende, http://www.argyll-bute.gov.uk/oldp/doc/areaSearchAction.do, Stand: 16. 5. 2011. 602 Scottish Executive, SPP 22 Planning for Fish Farming (2007), p. 12. 603 SPP 22, p. 12, Ordnungspunkt 56. 604 Scottish Government, Scottish Planning Policy (2010), p. 21. 601

144

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

Nutzungsspezifische Ausweisungen können allerdings auch in zusätzlichen Plänen, also nicht den eigentlichen Bauleitplänen enthalten sein (non-statutory designations). So hat beispielsweise der Distrikt Argyll and Bute an der mittleren Westküste einen Integrated Coastal Zone Management Plan für die Gebiete Loch Etive und Loch Fyne erstellt, der potenzielle Aquakulturgebiete im Rahmen eines Systems von policy zones bezeichnet.605 Der Management Plan geht auf eine von der Europäischen Union gemeinsam mit dem Islands & Highlands Partnership Programme, SNH, der Crown Estate, dem Argyll & The Islands Community Economic Development Programme und dem Argyll & Bute Council finanzierte Initiative zurück und wird planungsrechtlich als supplementary planning guidance herangezogen.606 Es handelt sich bei den dort vorgenommenen Ausweisungen also nicht um material provisions im Sinne einer Festsetzung in einem Bauleitplan, sondern um die vorweggenommene Konkretisierung von material considerations, also bei Genehmigungsentscheidungen in Erwägung zu ziehender erheblicher Belange. b) Aquakulturspezifische Leitlinien im Planungsrecht Der Hauptteil aquakulturspezifischer Leitlinien für die Bauplanungs- und Baugenehmigungspraxis ist seit Herausgabe der 2010 erschienenen Scottish Planning Policy in sechs knappen Ordnungsziffern abgehandelt, während die speziellere Vorgängervorschrift SPP 22 Planning for Fish Farming dem Gebiet noch rund 20 Seiten widmete und auf einzelne Nutzungskonflikte explizit einging. Die Entstehung der Scottish Planning Policy (2010) ist erkennbar von dem Gedanken der einheitlichen „Quasi-Kodifizierung“ der bislang unübersichtlichen Vielfalt von Einzel SPPs getragen und stellt im Wesentlichen eine Zusammenfassung dieser Dokumente dar. Eine inhaltliche Änderung ist dagegen nicht vorgenommen worden, sodass die ausführlicheren Regelungen der SPP 22 in der folgenden Darstellung ergänzend hinzugezogen werden, um die gegenwärtige Praxis abzubilden. In konsequenter Verfolgung der im Strategic Framework for Scottish Aquaculture vorgezeichneten Planungen, die Aquakultur zu fördern, ohne die Bewältigung von erkannten Nachhaltigkeitsproblemen zu vernachlässigen, wird als Ausgangspunkt der Ausführungen der Scottish Planning Policy (2010) die ökonomische Bedeutung der Aquakultur noch einmal hervorgehoben.607 In der Zusammenschau mit den ebenfalls einschlägigen Locational Guidelines for the Authorisation of Marine Fish Farms sind den Verwaltungsleitfäden zwei planerische Grundentscheidungen sowie die Aufzählung regelmäßig zu berücksichtigender Abwägungsgesichtspunkte zu entnehmen. Dazu im Folgenden. 605

Argyll & Bute Council, online zugängliche Karte der policy zones, http://www.argyllbute.gov.uk/lvmarine/OnTheMap.aspx, Stand: 30. 11. 2010. 606 Argyll & Bute Council, http://www.argyll-bute.gov.uk/content/planning/environment/ marineandcoastaldevunit/ICZM2/3257614/, Stand: 30. 11. 2010. 607 Dort, p. 21.

IV. Prinzipien der räumlichen Zuordnung von Aquakulturstandorten

145

aa) Planerische Grundentscheidungen (1) Beschränkung auf Westküste Bereits 1999 wurde im Rahmen des damals geltenden Interim Scheme for the Authorisation of Marine Fish Farms in Scottish Waters vorsorglich ein generelles Verbot der Zulassung von weiteren Aquakulturvorhaben an der Nord- und der Ostküste Schottlands erlassen, um Wildbestände insbesondere anadromer Fischarten vor den nachteiligen Effekten der intensiven Fischzucht zu schützen.608 Die Nordküste in diesem Sinne ist definiert als der Küstenabschnitt, der sich östlich von Cape Wrath, dem geografisch nord-westlichsten Punkt der britischen Hauptinsel, bis zur Nordsee erstreckt.609 Dieses Verbot gilt fort.610 Unter Zugrundelegung des Vorsorgeprinzips soll die Zulassung von marinen Aquakulturen dort solange ausgesetzt werden, bis die potenziellen Auswirkungen von Fischfarmen auf wilde Lachspopulationen besser überblickt werden können oder neue Technologien zur Verfügung stehen, um Schäden für Lachse oder andere wild lebende Fischarten vollständig zu kontrollieren.611 Neben der umweltschützerischen Komponente dieser Grundentscheidung werden dadurch zugleich Nutzungskonflikte mit der an der Ostküste umfangreich betriebenen Wildfischerei von vornherein ausgeschlossen. (2) Kategorisierung von Eignungsgebieten Eine zweite, jedoch weniger absolute planerische Grundentscheidung besteht in der abgestuften Kategorisierung von Aquakultureignungsgebieten, die bei der Zuordnung von genehmigungsfähigen Standorten eine tragende Rolle spielt. Durch sie wird eine aquakulturspezifische Kapazitätsobergrenze anhand veränderlicher naturwissenschaftlicher Parameter errichtet. (a) Erstellung und normative Zielrichtung Die von Marine Scotland herausgegebenen Locational Guidelines for the Authorisation of Marine Fish Farms in Scottish Waters unterteilen die schottischen Küstengewässer, in denen sich Aquakultur betreiben ließe, in Zonen unterschiedlicher Eignung für neue Aquakulturvorhaben. Die Guidelines dienen als Leitfaden der Verwaltung bei baurechtlichen Entscheidungen und sollen es darüber hinaus auch der Aquakulturindustrie ermöglichen, potenzielle Standorte von vornherein sinnvoll auszuwählen.612 Das unter Mitwirkung von SNH durch Wissenschaftler von Marine Scotland Science erarbeitete Dokument zielt darauf ab, über eine Einschätzung der 608

Scottish Executive, SPP 22 Planning for Marine Fish Farming (2007), p. 13. Scottish Executive, SPP 22 Planning for Marine Fish Farming (2007), p. 13. 610 Scottish Government, Scottish Planning Policy (2010), p. 21. 611 Scottish Government, Scottish Planning Policy (2010), p. 21. 612 Gillibrand et al., Scottish Fisheries Research Report Number 63/2002, Scottish Executive Locational Guidelines for Fish Farming: Predicted Levels of Nutrient Enhancement and Benthic Impact, p. 2. 609

146

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

Nährstoffeinträge und der negativen Einflüsse auf das benthische Ökosystem durch bestehende Aquakulturfarmen, Aussagen darüber zu treffen, inwieweit das betreffende Gewässer noch eine weitere Nutzung durch Aquakultur verkraften kann.613 Die Kategorisierung erfolgt auf der Grundlage verschiedener Computermodelle, die unter Berücksichtigung der geo- und hydrografischen Gegebenheiten Prognosen über die Stickstoff- und Nährstoffbelastung durch die bestehende Aquakulturnutzung erstellen. Die Einteilung der Gebiete in die Kategorien erscheint in kartografischer Form614 und wird vierteljährlich aktualisiert. Wenngleich dabei auch umweltrechtliche Ziele eine wesentliche Rolle spielen dürften, wird im Wege der isoliert auf Aquakultureinträge fokussierten Herangehensweise zugleich ein potenzieller Nutzungskonflikt zwischen Aquakulturbetreibern untereinander behandelt. Liegt eine Übernutzung durch zu viele marine Fischfarmen in räumlicher Nähe vor, die über den Parameter der Aufnahmekapazität des Gewässers definiert wird, soll eine weitere Vergabe von Standorten unterbleiben. (b) Definierung und Berücksichtigung der Gebietskategorien Gemäß der Scottish Planning Policy (2010) sollen die Baubehörden bei der Entscheidung über Aquakulturvorhaben die Gebietseinteilungen der Locational Guidelines for the Authorisation of Marine Fish Farms in Scottish Waters berücksichtigen.615 Das System kennt drei abgestufte Kategorien. Kategorie 1 umfasst Gebiete, in denen die Einrichtung neuer oder die Erweiterung bestehender Anlagen nur in Ausnahmefällen akzeptabel ist. Kategorie 2 umfasst Gebiete, in denen die Einrichtung neuer oder die Erweiterung bestehender Anlagen nicht dazu führen würde, das das Gebiet in die Kategorie 1 zurückgestuft werden müsste. Kategorie 3 umfasst schließlich Gebiete, in denen bessere Aussichten darauf bestehen, die Anforderungen noch akzeptabler Nährstoffeinträge und Auswirkungen auf die benthische Umwelt zu erfüllen, obwohl die genauen Umstände im jeweiligen Einzelfall immer zu überprüfen sind.616 Die auf allen Stufen abwägungsoffene Definitionsweise der Kategorien zeigt, dass absolut geltende Regeln dem dogmatischen Ansatz des schottischen Planungsrechts eher fremd sind. Ein solches auf flexible, umfassende Abwägung im Einzelfall gestütztes Vorgehen spiegelt sich dementsprechend auch in dem bau613

Gillibrand et al. Scottish Fisheries Research Report Number 63/2002, Scottish Executive Locational Guidelines for Fish Farming: Predicted Levels of Nutrient Enhancement and Benthic Impact, p. 1. 614 Online verfügbar unter: http://www.scotland.gov.uk/Resource/Doc/295194/0104246. pdf, Stand: 2. 12. 2010. 615 Dort, p. 21; zusätzlich zu den locational guidelines sind weitere advice notes zu berücksichtigen. In ihnen finden sich u. a. Richtwerte für Mindestabstände von Fischfarmen zu anderen Fischfarmen oder bestimmten anderen Einrichtungen oder Gebieten, siehe Telfer/ Beveridge, Practical experiences: the northern European perspective, p. 88. 616 Scottish Executive, SPP 22 Planning for Fish Farming (2007), p. 13; SEPA, Fish Farming Advisory Group, Policy No. 40, p. 6.

IV. Prinzipien der räumlichen Zuordnung von Aquakulturstandorten

147

rechtlichen Schlüsselbegriff der material consideration, der bei der Planaufstellung617 wie bei der Baugenehmigung die wichtigste Komponente ist. bb) Material considerations in den Entscheidungsprozessen Aufgrund des den Behörden zugestandenen Spielraums, zu bestimmen, welche Belange im Einzelfall als erheblich anzusehen sind, gibt es eine abschließende Aufzählung von material considerations nicht. Deshalb sind auch die Inhalte der Scottish Planning Policy (2010) und der Einzel-SPPs nicht immer zwingende Erwägungen. Sie geben jedoch Gesichtspunkte an, die im Zusammenhang mit der Vermeidung von potenziellen Nutzungskonflikten in der Mehrzahl der Fälle material considerations sein können.618 Gesetzlich vorgeschriebene Erwägungen sind hingegen diejenigen zu Auswirkungen auf Natura-2000 Schutzgebiete. (1) Aquakulturbetriebe und Wildfischerei Während das Konfliktpotenzial einer aquakulturspezifischen Übernutzung bestimmter Gebiete durch die Eignungskategorien schon auf Planungsebene zu vermeiden versucht wird, stellt das Nebeneinander von Aquakultur und Wildfischerei oder auch dem Freizeitangelsport einen besonders schwierigen und oft umkämpften Aspekt der Genehmigungspraxis dar. Die Verwaltungsleitfäden weisen darauf hin und fordern die Behörden zur Beschäftigung mit dieser Problematik auf, ohne aber genauere Handlungsanweisungen zu geben: „The effects of fish farming development on traditional fishing grounds, salmon netting stations and angling interests should be fully considered“.619

Rücksicht zu nehmen ist bei Entscheidungen zu Aquakulturautorisierung zudem auf fisheries orders.620 Es handelt sich dabei um durch Verordnung verliehene ausschließliche Rechte an kommerziell genutzten Muschelgründen, die andere für das jeweilige Gebiet von der Ausübung ihres vom Gemeingebrauch grundsätzlich umfassten Fischereirechts ausschließen.621

617 Hier jedoch unter der gesetzlichen Formulierung „considerations which may appear to them to be relevant“, sec. 11(5)(a) Town and Country Planning (Scotland) Act 1997. 618 Scottish Government, Scottish Planning Policy (2010), vor p. 1, Erläuterungen zur Planning Series. 619 Scottish Executive, SPP 22 Planning for Fish Farming (2007), p. 6, No. 27; SPP (2010), p. 22, No. 109. 620 Scottish Executive, SPP 22 Planning for Fish Farming (2007), p. 6 No 27. 621 Rechtsgrundlage dafür ist der Sea Fisheries (Shellfish) Act 1967, dazu näher: Howarth, The Law of Aquaculture, pp. 200 ff.

148

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

(2) Tourismus und private Nutzer, Anlieger Ähnlich allgemein werden Belange des Tourismus und privater Nutzer an den Küstengewässern gewürdigt. SPP 22 betonte, dass touristische Nutzungen und die Bedeutung der Küsten als Erholungsgebiete auch wirtschaftlich für viele Kommunen im ländlichen Schottland wichtig sind und führt insbesondere Aktivitäten wie Segeln, Kanusport, Windsurfing, Wasserski, Tauchen, Hobbyangeln und allgemein den Genuss der Landschaft an. Besondere Aufmerksamkeit soll in diesem Zusammenhang darauf gelegt werden, durch betriebliche Erfordernisse der Aquakulturbewirtschaftung nicht den freien Zugang zum Wasser zu behindern. Auch sind die Baubehörden angehalten, im Konflikt mit Freizeitnutzungen Erwägungen der öffentlichen Sicherheit zu berücksichtigen.622 SPP (2010) fasst die Richtlinien zu der Problematik in einen Satz zusammen: „Other uses of the inshore area, such as recreational use, should also be taken into account when identifying potential development areas and sensitive areas in development plans and when determining planning applications.“623

Ein weiterer Gesichtspunkt, der touristische und Anliegerinteressen betrifft, liegt in der optischen Einfügung von Aquakulturanlagen in die Landschaft. Die Baubehörden sollen im Rahmen ihrer Genehmigungspraxis dafür Sorge tragen, dass Aquakulturanlagen sich in einer angemessenen und unaufdringlichen Weise in die Umgebung einpassen. In Gebieten, in denen der Tourismus von unberührten Landschaftsbildern abhängt, beispielsweise von besonders ausgewiesenen Naturschönheiten National Scenic Areas (NSAs) profitiert, kann solchen Erwägungen im Einzelfall auch gegenüber den potenziellen Vorteilen für die kommunale Wirtschaftslage der Vorrang einzuräumen sein. Häufig kann jedoch über Nebenbestimmungen zur Anzahl der Anlagen, ihrer Anordnung zueinander, der Gestaltung und Farbe von Käfigen und Bojen ein Ausgleich erreicht werden.624 Als ergänzende Richtschnur zu diesen Fragen gibt SNH ein 85seitiges Werk heraus, in dem dargelegt wird, mit welchen Maßnahmen und nach welchen Kriterien eine optimale Einfügung von Netzkäfigen ins Landschaftsbild zu erzielen ist.625 (3) Europäische und nationale Natur- und Landschaftsschutzgebiete Die Erwägung von Auswirkungen geplanter Aquakulturvorhaben auf Natura2000 Schutzgebiete unter der FFH- und der EU-Vogelschutzrichtlinie findet je nach Fallkonstellation bereits im Rahmen der UVP insoweit Berücksichtigung, als die Möglichkeit solcher Auswirkung bei der Vorprüfung im Einzelfall unter den Selektionskriterien aufgeführt ist. Zusätzlich hat die Baubehörde bei der Entscheidung 622

Scottish Executive, SPP 22 Planning for Fish Farming (2007), p. 7, No. 29 und 30. Dort, p. 22 No. 109. 624 Scottish Executive, SPP 22 Planning for Fish Farming (2007), p. 9, No. 41; SPP (2010), p. 22, No. 108. 625 SNH, Guidance on Landscape/Seascape Capacity (2008). 623

IV. Prinzipien der räumlichen Zuordnung von Aquakulturstandorten

149

über Baugenehmigungen schutzgebietsspezifische Gesichtspunkte gesondert zu prüfen. Abweichend von dem regelmäßigen Spielraum bei der Bestimmung und Gewichtung der material considerations müssen Erwägungen zum Erhalt der Natura 2000-Schutzgebiete zwingend angestellt werden und diese den teils auch verfahrensförmigen Vorgaben der FFH- und Vogelschutzrichtlinie entsprechen. Die britische Umsetzungsvorschrift Conservation (Natural Habitats & c.) Regulations 1994 verlangt deshalb, dass für jedes Projekt, das, ohne in direktem Zusammenhang mit dem Management eines Schutzgebiets zu stehen, möglicherweise nennenswerte Auswirkungen auf solche Schutzgebiete haben wird, einer FFH-Verträglichkeitsprüfung (appropriate assessment) hinsichtlich der spezifischen Folgen für die Schutzzwecke zu unterziehen ist, aus denen das jeweilige Gebiet unter Schutz steht.626 Es handelt sich bei dieser Prüfung – ähnlich wie bei der Umweltverträglichkeitsprüfung – um ein unselbstständiges Teilverfahren, gewissermaßen „unter dem Dach“ der Abwägungsentscheidung, in dem der Antragsteller Informationen liefern muss, die Naturschutzbehörde SNH beigezogen627 und die Meinung der Öffentlichkeit berücksichtigt werden soll.628 Eine Baugenehmigung für ein Aquakulturvorhaben, das nennenswerte Auswirkungen auf Natura-2000 Schutzgebiete haben könnte, darf danach nur dann erteilt werden, wenn eine FFH-Verträglichkeitsprüfung ergeben hat, dass die Integrität des Schutzgebiets durch das Vorhaben nicht nachteilig beeinflusst wird (Verschlechterungsverbot).629 Zu prüfen ist auch, ob die Verträglichkeit durch bestimmte Auflagen oder Bedingungen sichergestellt werden kann.630 Der Ausnahmetatbestand der reg. 49 Conservation (Natural Habitats & c.) Regulations 1994 lässt Abweichungen nur unter engen Voraussetzungen zu, nämlich bei alternativlosen Vorhaben, die aus Gründen überragenden öffentlichen Interesses ausnahmsweise genehmigt werden können. Diese Umstände dürften für Fischfarm-Projekte kaum einmal erfüllt sein. Sind also Special Areas of Conservation (SACs)631 oder Special Protected Areas (SPAs)632 unter dem Natura-2000 Regime berührt, bestehen in der Praxis regelmäßig nur sehr geringe Aussichten auf die Genehmigungsfähigkeit neuer Vorhaben, es kann aber im Einzelfall ein Spielraum für die Erweiterung bestehender Farmen gegeben sein, vor allem wenn durch Modifikationen die Umweltbelastung insgesamt verringert wird.633 An der für die schottische Aquakultur relevanten Westküste sind

626 627 628 629 630 631 632 633

Reg. 48(1) Conservation (Natural Habitats & c.) Regulations 1994. Reg. 48(2), (3) Conservation (Natural Habitats & c.) Regulations 1994. Reg. 48(4) Conservation (Natural Habitats & c.) Regulations 1994. Reg. 48(5) Conservation (Natural Habitats & c.) Regulations 1994. Reg. 48(6) Conservation (Natural Habitats & c.) Regulations 1994. FFH-Schutzgebiete. Schutzgebiete nach der Vogelschutz-Richtlinie. So Scottish Executive, SPP 22 Planning for Fish Farming (2007), p. 8 No. 38.

150

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

zahlreiche Natura-2000-Schutzgebiete ausgewiesen und beeinflussen die Bearbeitung von Genehmigungsanträgen dementsprechend in beträchtlichem Umfang.634 Neben den genannten EU-Schutzgebietstypen635 sind nach nationalen Vorschriften ausgewiesene Areale in die Erwägungen einzubeziehen. Darunter fallen etwa die schon erwähnten NSAs, ausgewiesene Landschaftsschönheiten, zusätzlich die Sites of Special Scientific Interest (SSSI). Sie sind aus Gründen wissenschaftlichen Interesses an ihrer Flora, Fauna oder geologischer bzw. geomorphologischer Beschaffenheit geschützt.636 Als letzte Schutzgebietskategorie dieser Gruppe gibt es National Nature Reserves (NNR), die wegen ihrer national bedeutenden Natur bewahrt werden sollen. Vorhaben, die solche Gebiete, bzw. die Eigenschaften aufgrund derer sie eingerichtet wurden, nachteilig beeinflussen, dürfen nur dann zugelassen werden, wenn soziale, Umweltschutz- oder wirtschaftliche Interessen von ebenfalls nationalem Rang dies ausnahmsweise rechtfertigen. Einem noch strengeren Regime unterliegen die Nationalparks nach dem National Parks (Scotland) Act 2000. Ihrer Bewahrung kommt bei Interessenkollisionen stets der Vorrang zu.637 (4) Militärische Sperrgebiete Ein genereller Ausschluss von Aquakulturvorhaben gilt für einige militärische Sperrgebiete638 (controlled areas) unter der Verwaltung des britischen Verteidigungsministeriums, auf denen Streitkräfte Großbritanniens, der NATO und alliierter Nationen regelmäßige Übungen durchführen. Ähnliche Generalverbote sind für das Gebiet des Underwater Test and Evaluations Centre der Royal Navy in Kraft. Eine Abwägung mit diesen Belangen findet dort nicht statt.639 In anderen Gebietstypen militärischer Nutzung, z. B. in bestimmten Sicherheitszonen im Umkreis von Stützpunkten der Streitkräfte, ist einzelfallabhängig die Vereinbarkeit mit dem Betrieb von Aquakulturen zu prüfen.640

634

Übersichtskarte in: SNH, Natura (2010). Diese decken räumlich zugleich alle sog. Ramsar Schutzgebiete nach dem Übereinkommen über Feuchtgebiete, insbesondere als Lebensraum für Wasser- und Watvögel, von internationaler Bedeutung (Ramsar/Iran 1971) ab, für deren Erhalt ein eigener gesetzlicher Rahmen nicht besteht, siehe dazu SNH, http://www.snh.gov.uk/protecting-scotlands-nature/ protected-areas/international-designations/ramsar-sites/, Stand: 14. 09. 2011. 636 SPP (2010), p. 28, No. 137. 637 SPP (2010), p. 28, No. 138. 638 Die wichtigsten absolut gesperrten Gebiet sind Loch Long, Loch Goil and Rosyth und die Dockyard Ports of Gareloch. 639 Scottish Government, Scottish Planning Policy (2010), p. 22, No. 109, wo es heißt: „Fish farming is one of the activities excluded under the Ministry of Defence by-laws on controlled areas […]“. 640 SPP (2010), p. 22, No. 109. 635

IV. Prinzipien der räumlichen Zuordnung von Aquakulturstandorten

151

4. Schifffahrt Um Doppelbearbeitungen zu vermeiden, sollen die Baugenehmigungsbehörden spezieller geregelte Belange nicht eigenständig im Rahmen der baurechtlichen Praxis beurteilen.641 Eine solche speziellere Regelung stellte der kürzlich aufgehobene Coast Protection Act 1949 dar. Die potenzielle, hier wortwörtlich aufzufassende Kollision von Schifffahrtsinteressen mit der Einbringung von Aquakulturanlagen in Küstengewässer war danach bei der Zuordnung von Standorten für marine Fischfarmen gesondert im Rahmen der Erteilung des sog. navigational consent nach dem Coast Protection Act 1949 zu berücksichtigen. Heute geschieht dies im Verfahren zur Erteilung der marine license nach dem Marine (Scotland) Act 2010. Die Verwaltung stellt sich derzeit auf die Neuregelung um und dürfte wegen des überwiegend unveränderten materiellen Gehalts der neuen Vorschrift eine ähnliche Praxis fortführen; nach alter Rechtslage erteilte Genehmigungen gelten fort.642 Eine Erweiterung des bei Entscheidungen nach sec. 21 Marine (Scotland) Act 2010 zu berücksichtigenden Kriterienkatalogs wirft indes die Frage auf, welche Erwägungen dem baurechtlichen und welche dem marinen Lizensierungsverfahren zugeordnet sein sollen.643 Der zu sec. 34 des Coast Protection Act 1949 in der bisherigen Praxis entwickelte Entscheidungsmaßstab war streng ausgestaltet und räumte der Sicherheit der Schifffahrt einen vorrangigen Stellenwert ein. Kam die zuständige Behörde Marine Scotland zu dem Schluss, dass von der geplanten Aquakulturanlage eine Behinderung oder Gefahr für die Schifffahrt ausgeht, hatte sie die Genehmigung zu verweigern, es sei denn, die Gefahr oder Behinderung konnte mittels Auferlegung von Nebenbestimmungen zur Genehmigung vermieden werden.644 Trotz dieser eigentlich einseitigen Zielrichtung der Vorschrift auf den Schiffsverkehr, führte die Überlagerung durch das europäische Naturschutzrecht schon unter dem Coast Protection Act 1949 zur Notwendigkeit ergänzender Erwägungen. Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung nach reg. 48 Conservation (Natural Habitats & c.) Regulations 1994, oder ggf. eine UVP war auch danach schon erforderlich, weil es sich ebenfalls um die Autorisierung eines eigenständigen Projekts handelte, auch wenn die ehemalige Genehmigung nach Coast Protection Act 1949 im Zusammenhang mit der Zuordnung von Aquakulturstandorten nur einen Teilaspekt ausmachte.645 Materiell ergeben sich durch die Neuregelung im Marine (Scotland) Act 2010 jedenfalls insoweit Änderungen, als dass die marine license nicht mehr wie noch der navigational consent die Vereinbarkeit mit der Schifffahrt als ausdrückliches

641 642 643 644 645

SPP (2010), p. 22, No. 108. Marine Scotland, Leitfaden General Marine Licensing (2011), p. 4. Dazu sogleich unter 5. Sec. 34(3) Coast Protection Act 1949. Marine Scotland, Coast Protection Act 1949 Consent, Guidance for Applicants, S. 3.

152

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

Hauptregelungsziel zum Gegenstand hat. Die maßgebliche Vorschrift (sec. 27(1) Marine (Scotland) Act 2010) lautet: „(1) In determining an application for a marine licence (including the terms on which it is to be granted and what conditions, if any, are to be attached to it), the Scottish Ministers must have regard to – (a) the need to – (i) protect the environment, (ii) protect human health, (iii) prevent interference with legitimate uses of the sea, (b) such other matters as the Scottish Ministers consider relevant.“

Bei der Entscheidung über die Erteilung der marine license sollen demnach potenzielle Nutzungskonflikte mit sämtlichen anderen legitimen Nutzungen des Meeres vermieden und daneben nun auch ausdrücklich die Belange der Umwelt und der menschlichen Gesundheit berücksichtigt werden. Speziell für den Nachfolgetatbestand des navigational consent, also die hier in Rede stehende marine license nach sec. 21(1) para. 5 Marine (Scotland) Act 2010 („constructing, altering or improving works“) ergibt sich außerdem eine weitere Neuerung bei den materiellen Entscheidungsmaßstäben. Die von der Behörde anzustellenden Erwägungen werden insofern erweitert, als dass nicht mehr nur die Vornahme von Bauarbeiten, sondern zudem die spätere Nutzung der installierten Anlagen zu berücksichtigen ist.646 5. Bewertung: Vermeidung von Nutzungskonflikten bei der Standortzuordnung Das Ziel bei der Zulassung von Aquakulturvorhaben potenziell kollidierende Nutzungsinteressen in den bewirtschafteten Räumen miteinander in Einklang zu bringen, wird wegen der Überführung der Verfahren ins Baurecht schwerpunktmäßig im Rahmen der dort vorhandenen Rechtsinstrumente berücksichtigt. Sowohl auf der Ebene der Planaufstellung als auch bei konkreten Genehmigungen sind die Entscheidungsstrukturen überwiegend geprägt von flexiblen Abwägungsvorgängen, die zugunsten einer eingehenden Würdigung von Umständen des Einzelfalls auf unmittelbare Festlegungen planungsrechtlicher Wertigkeiten weitgehend verzichten. Kernelement der Abwägungsprozesse ist die material consideration647, deren Bestimmung und Gewichtung grundsätzlich der zuständigen Behörde selbst zusteht. Dennoch lässt sich feststellen, dass der schottische Rechtsrahmen zwar gewisse Nutzungsinteressen im Ausgangspunkt gleichrangig nebeneinander stellt, hingegen bestimmte andere Nutzungsformen mit unterschiedlichen rechtlichen Mitteln, teils aufgrund europarechtlicher Notwendigkeiten, doch privilegiert. Eine zentrale privilegierende Maßnahme mit massivem Steuerungseffekt liegt darin, dass mit der Beschränkung der genehmigungsfähigen Standorte auf die Westküste bedeutende Bereiche pauschal zugunsten des Schutzes der wilden Lachsbestände für die Aquakultur gesperrt sind. Als Begünstigte dieser Regelung erweist sich neben dem 646

Sec. 27(3) Marine (Scotland) Act 2010. Auf der Planungsebene „considerations, that appear to them [Anm: the planning authorities] to be relevant“, sec. 16(2) Town and Country Planning (Scotland) Act 1997. 647

IV. Prinzipien der räumlichen Zuordnung von Aquakulturstandorten

153

dadurch geförderten Artenschutz die Fischerei, die auf wilde Bestände angewiesen ist und negative Auswirkungen der Zuchtaktivitäten auf insbesondere Salmonidenpopulationen fürchtet. Dass sich der Protest von Aquakulturbetreibern über das regionale Verbot in Grenzen hält, dürfte nicht zuletzt daher rühren, dass die Ost- und die Nordküste Schottlands ohnedies bedeutend weniger landschaftlich geeignete Standorte für Käfiganlagen bieten als die Westküste, sodass sich die Tragweite dieser Grundentscheidung aus Sicht der Aquakultur relativiert. Dennoch darf nicht übersehen werden, dass damit eine Zweiteilung der schottischen Küstenlinie erfolgte, die nur zu einer Hälfte der Aquakulturbewirtschaftung überhaupt zugänglich ist, und dass damit auch das Potenzial der Aquakultur für die ländliche Entwicklung von vornherein regional aufgeteilt wurde. Der Vereinbarkeit von Aquakulturvorhaben mit der „Nutzung“ von bestimmten Gebieten als Landschafts- und Naturschutzgebiete wird im Rahmen der planungsund genehmigungsrechtlichen Entscheidungsfindung ein hoher Stellenwert eingeräumt. Die Aquakultur muss hier häufig zurückstehen. Zum einen handelt es sich bei diesen gebietsbezogenen Naturschutzbelangen um Pflichterwägungen, bei denen die Frage, ob es sich um entscheidungserhebliche Gesichtspunkte handelt, nicht im Beurteilungsbereich der zuständigen Baubehörde liegt. Mit den Vorschriften über die FFH-Verträglichkeitsprüfung unterliegt bereits die Ermittlung der einzelnen relevanten Aspekte verfahrensförmigen und inhaltlichen Mindestanforderungen. Für die Gewichtung bildet das Verschlechterungsverbot der FFH-Richtlinie zudem eine Grenze, die in der Regel einer planungsrechtliche Festsetzung oder eine konkreten Genehmigung entgegensteht. Trotzdem sind Auswirkungen auf Schutzgebiete einer Abwägung mit anderweitigen, für die Zulassung von Aquakulturvorhaben sprechenden Gründen nicht kategorisch entzogen. Im Übrigen stehen andere Nutzungen wie die touristische oder die Freizeitnutzung gleichrangig nebeneinander und müssen je nach Sachlage in die Abwägung einbezogen werden. Der abwägungsfeste Vorrang von bestimmten militärisch genutzten Gebieten stellt davon keine wesentliche Ausnahme dar, denn er beschränkt sich auf wenige geografische Abschnitte. Ansonsten ist wiederum im Rahmen der Abwägung die Vereinbarkeit von Aquakulturvorhaben den militärischen Zwecken zu bestimmen. In dieselbe Reihe einzuordnen sind nicht zuletzt solche Nutzungsinteressen, die von den Planning Policies nicht ausdrücklich als typischerweise mit Aquakulturvorhaben kollidierend benannt sind, aber von betroffenen Personen im Wege von Einwendungen während der baurechtlichen Verfahren geltend gemacht werden. Diese sind stets als erhebliche material considerations bei der Entscheidungsfindung in die Überlegungen zu integrieren.648 Soweit mehrere in einer Region tätige Aquakulturbetreiber durch die Gefahr einer Übernutzung durch zu viele Farmen auf engem Raum in Konflikt geraten könnten, sorgt die anhand der Gebietskategorien dynamisch bestimmte Kapazitätsobergrenze 648 Siehe zur Möglichkeit von Einwendungen im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung ausführlich unter C.VII.

154

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

dafür, dass ein unschädlicher Bewirtschaftungsumfang nicht überschritten wird. Auch hier bleibt jedoch das flexible Grundkonzept unangetastet, indem selbst in Gebieten der Kategorie 1 Ausnahmen zulässig sein können. Eine Sonderrolle nahm bisher die Berücksichtigung von anderweitigen Nutzungen durch die Seeschifffahrt ein. Nach dem Coast Protection Act 1949 stand hier ein eigenes Genehmigungsverfahren zur Verfügung, das in der Hauptsache nur diesen Nutzungskonflikt isoliert betrachtete und der Schifffahrt im Zweifel den Vorrang einräumte. Seit mit der Umsetzung des Marine (Scotland) Act 2010 bei der Erteilung der marine license nicht mehr nur die Schifffahrt, sondern insgesamt mögliche Konflikte mit „anderen legitimen Nutzungen des Meeres“649 in die Entscheidungsfindung einbezogen werden sollen (siehe oben unter 3.), stellt sich erneut die Frage, ob die beiden teilweise redundanten Rechtsregime der Aquakultur – Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 und Marine (Scotland) Act 2010 – sinnvollerweise nebeneinander Bestand haben können. Vom Standpunkt der Verwaltungspraxis würde vieles vereinfacht, wenn man von der rechtlich vorhandenen Möglichkeit650 Gebrauch machte, die marine Aquakultur dem Anwendungsbereich des Baurechts und damit der Zuständigkeit der Baugenehmigungsbehörden wieder zu entziehen. Dies würde dazu führen, dass eine Stelle weniger in den Zulassungsprozess involviert wäre und könnte die Möglichkeit einer effektiveren und dabei nicht weniger kompetenten Antragsbearbeitung bringen. Solange hinreichende Beteiligungsrechte der Kommunen gewährleistet sind, dürfte die Standortzuordnung von marinen Aquakulturen unter dem alleinigen Regime des Marine (Scotland) Act 2010 auch deshalb besser aufgehoben sein, weil sie dort in einen Regelungszusammenhang eingebettet wäre, der von vornherein auf die Besonderheiten mariner Vorhabenplanung und -genehmigung zugeschnitten ist.

V. Der Schutz von Gewässerqualität und Biodiversität Bereits im Rahmen der baurechtlichen Verfahren bilden Umweltgesichtspunkte aufgrund der Anforderungen der SUP und der UVP sowie der Vorschriften der FFHRichtlinie einen wesentlichen Teil der Erwägungen, die bei der Planung und Genehmigung von Aquakulturstandorten angestellt werden müssen. Daneben stehen die beiden zentralen umweltspezifischen Ziele des Schutzes der Gewässerqualität und der Biodiversität im Mittelpunkt weiterer Regelungen. Diese Vorschriften betreffen zum Teil die Phase der Genehmigung, regeln zum Teil aber 649 Der Wortlaut entstammt sec. 8(1)(a)(ii) des Food and Environment Protection Act 1985 und war eigentlich auf die dort geregelte Lizenz bezogen, die für die Aquakultur im Fall von Immissionen von Arbeitsschiffen von Bedeutung waren. 650 Zur dafür entscheidenden Vorschrift s. 63 Marine (Scotland) Act 2010 bereits oben unter C.III.6.

V. Der Schutz von Gewässerqualität und Biodiversität

155

auch Sachverhalte des laufenden Betriebs von Anlagen und sind Gegenstand des folgenden Abschnitts. Gewässerqualität und Biodiversität können durch das Betreiben intensiver Aquakultur Schaden nehmen (zu den Auswirkungen siehe oben unter B.) und bedürfen aus diesem Grunde einer rechtlichen Steuerung. Auch hier ist auf die teilweise schwierige Trennbarkeit der unterschiedlichen Regelungsziele hinzuweisen, die der Komplexität der ökologischen Wirkungszusammenhänge geschuldet ist. Denn verschlechtert beispielsweise der Eintrag von bestimmten Chemikalien messbar die Qualität des Wassers, führt dies zugleich zu schädlichen Auswirkungen auf die Artenvielfalt im benthischen Lebensraum.651 Der Schutz der Qualität von durch Aquakultur bewirtschafteten Gewässern soll durch das maßgeblich auf die Wasserrahmenrichtlinie zurückgehende Regime der Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011 (CAR-Regulations) sichergestellt werden. Für Sonderemissionen von Arbeitsschiffen abseits des regulären Betriebs einer Fischfarm setzte bisher die FEPA-Gesetzgebung weitere Schranken. Heute ist für die Verklappung insbesondere belasteter Abwässer von Schiffen eine marine license nach Maßgabe des Marine (Scotland) Act 2010 einzuholen. Beide Regime sind mit Fokus auf die Ausgestaltung der Genehmigungsverfahren unter C.III. dargestellt worden und werden im Folgenden auf die gewässerqualitätsspezifischen Entscheidungsmaßstäbe hin beleuchtet. Die Herausforderung des Gesetzgebers liegt hierbei vor allem darin, naturwissenschaftliche Erkenntnisse in praktikable Vorschriften und Verfahren umzusetzen (dazu unter 1.). Unter dem Aspekt des Schutzes der Gewässerqualität sind ferner die ebenfalls auf europäisches Recht zurückgehenden Bestimmungen zu Muschelgewässern von Bedeutung (dazu unter 2.). Die Biodiversität oder Artenvielfalt wird durch die immer wieder in großer Zahl aus Zuchtanlagen entweichenden Fische mit der Folge der nachteiligen Veränderung des Genpools wild lebender Populationen gefährdet. Eine erheblich schwerere Dimension erreicht diese Problematik, wenn nicht heimische oder genetisch veränderte Arten entweichen. Schließlich birgt die Aquakultur in offenen Systemen die Gefahr der Übertragung von Krankheiten auf Wildbestände. Rechtliche Instrumentarien mit der Zielrichtung, diese Probleme zu lösen, sind inzwischen vorhanden (dazu unter 3.).

651 Auf die Überschneidung unterschiedlicher mit der Aquakultur verknüpfter Probleme und Regelungsfelder hinweisend auch Black/Cromney, The scientific basis of marine fish farm regulation, Science Diliman, Vol. 20 No. 2 (2008), p. 11 – 20 (13).

156

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

1. Gewässerschutz a) Ausgangsvorschriften aus CAR-Regulations und Marine (Scotland) Act 2010 Die für den Gewässerschutz hauptsächlich maßgeblichen Vorschriften der CARRegulations und daneben die des Marine (Scotland) Act 2010 enthalten keine konkreten materiellen Maßstäbe wie etwa Grenzwerte o. ä. Diese werden überwiegend in der Verwaltungspraxis entwickelt und angewandt, wobei zum großen Teil europarechtliche Vorgaben zu beachten sind. Beide Gesetzeswerke bilden jedoch mit ihren rechtlichen Instrumenten – Genehmigungs- bzw. Lizensierungserfordernis, Überwachungs- und Durchsetzungsermächtigungen – den Rahmen für die Kontrolle von Gewässereinträgen durch Aquakultur. Die Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011 knüpfen für den Gewässerschutz in reg. 3(1) an bestimmte Aktivitäten652 nach Maßgabe des Water Environment and Water Services (Scotland) Act 2003653, der auch die Verordnungsermächtigung für die CAR-Regulations enthält. Diese Aktivitäten umfassen neben Bauarbeiten in marinen und Binnengewässern sowie der Entnahme von Wasser alle Tätigkeiten, die zu Verschmutzungen der Gewässerumwelt führen können, darunter auch der Betrieb von Aquakulturen. Der englische Wortlaut heißt: „[…] these Regulations apply to – (a) activities liable to cause pollution of the water environment; (b) abstraction of water from the water environment; (c) construction, alteration or operation of impounding works in surface water or wetlands […]“.

Ansatzpunkt des Lizensierungserfordernisses nach sec. 21(1) para. 1 Marine (Scotland) Act 2010654 ist demgegenüber das Einbringen von Stoffen oder Objekten ins Meer: „For the purposes of this Part, it is a licensable marine activity to do any of the following – To deposit any substance or object within the Scottish marine area, either in the sea or on or under the seabed, from any of the following – (a) a vehicle, vessel, aircraft or marine structure […]“.

Die CAR-Regulations stehen zu den Vorschriften aus Part 4 des Marine (Scotland) Act 2010 in einem Exklusivitätsverhältnis.655 Sie finden also dort keine Anwendung, wo eine marine license erforderlich ist. So erklärt sich, dass die unter den insofern spezielleren Begriff deposit in the Scottish marine area fallende Verklappung von Abwässern von Arbeitsschiffen nicht dem CAR-Regime, sondern stattdessen der gesonderten Lizensierungspflicht unterliegt.

652

Reg. 3(1) Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011. Sec. 20(3) Water Environment and Water Services (Scotland) Act 2003. 654 Vormals war hier sec. 5(a)(i) Food and Environment Protection Act 1985 für die Aquakultur einschlägig. 655 Reg. 3(2) Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011. 653

V. Der Schutz von Gewässerqualität und Biodiversität

157

Die Frage der Lizensierungsfähigkeit derartiger Sonderemissionen hing unter der Vorgängerregelung des Food and Environment Protection Act 1985 (FEPA) im Wesentlichen von der Darlegung der Notwendigkeit der Maßnahme ab, die im Rahmen eines best environmental practice assessment begründet werden musste.656 Seit der Überführung des Lizensierungstatbestandes in den Marine (Scotland) Act 2010 ist auch gesetzlich die Durchführung einer Alternativenprüfung vorgeschrieben.657 Es ist davon auszugehen, dass die Verwaltung wegen der inhaltlich unwesentlichen Änderungen an der bisherigen Praxis festhalten wird. Noch unter FEPA erteilte Lizenzen bis zum Ende ihrer ursprünglichen Laufzeit fort. In diesem Zusammenhang ist nochmals auf den Gegenstand der Lizensierung einzugehen. Anders als bei den CAR-Regulations, die regelmäßige, anlagenbezogene Emissionen im alltäglichen Betrieb einer Aquakultur regeln, betrifft die hier relevante marine license ausschließlich die von Arbeitsschiffen ausgehenden Emissionen (discharge from wellboats) und deckt damit einen Nebenaspekt ab. Solche in einiger Entfernung von der Küste ins Meer geleiteten Abwässer von Arbeitsschiffen sind mit Fischblut, Desinfektionsmitteln und Medikamenten versetzt. Obwohl es sich bei der marine license in der dafür einschlägigen Variante um eine Erlaubnis mit immissionsschutzrechtlicher Zielrichtung handelt, ist im Zusammenhang mit der Aquakultur weniger die Beeinträchtigung der Wasserqualität, als die Gefahr der Verbreitung von Wassertierkrankheiten problematisch.658 Für den Gewässerimmissionsschutz erfolgt die entscheidende rechtliche Steuerung in Hinsicht auf den Betrieb von Aquakulturen aber über die praktische Umsetzung der CAR-Regulations. Maßstab für die Zulassung von regulären Emissionen sind danach bestimmte Rechenmodelle und Umweltqualitätsnormen (Environmental Quality Standards, EQS). b) Umweltqualitätsnormen und Modelle als Maßstab der Verwaltungspraxis Das Ausgangsmaterial der Bestimmung zulässiger Gewässereinträge bilden die in den CAR-Antragsverfahren von den Betreibern beizubringenden Daten. Ausreichende Informationen müssen dabei zunächst im Hinblick auf die am geplanten Standort vorgefundenen hydrografischen und sonstigen Umweltbedingungen geliefert werden. Zweck dieser sog. baseline survey ist es, die Sensitivität des Standortes und die daraus resultierende ökologische Aufnahmekapazität des Gewässers zu bestimmen.659 In zweiter Hinsicht sind vom Antragsteller Angaben zu Art und Umfang der geplanten Aquakulturanlagen einzureichen.660 656

Marine Scotland, Discharge of Treatment Agents in the Territorial Sea and UK Controlled Waters adjacent to Scotland (Merkblatt für Antragsteller). 657 Sec. 27(2) Marine (Scotland) Act 2010. 658 Scottish Executive, The Report of The Aquaculture Joint Health Working Group on Infectious Pancreatic Necrosis ins Scotland, p. 19. 659 FAO, Fisheries and Aquaculture Technical Paper 527, p. 494.

158

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

Rechenmodelle und Computersimulationen erlauben es sodann, aus beiden Datensätzen – dem zur Ausgangssituation und dem zum Aquakulturvorhaben – eine Vorhersage zu treffen, welcher Eintrag mit welchen Auswirkungen auf das Gewässersystem beim Betrieb der Fischfarm anfallen wird. Die Ergebnisse der Rechnungen werden schließlich an spezifischen Umweltqualitätsnormen gemessen, um zu bestimmen, ob ein Aquakulturvorhaben sich immissionsschutzrechtlich als genehmigungsfähig erweist oder nicht. Dieselben Verfahren und Maßstäbe kommen auch im Rahmen der UVP zum Einsatz bzw. genügen den dort geltenden Anforderungen und bieten zugleich die Grundlage für spätere Monitoringmaßnahmen (dazu näher unter C.VII.). Die Bemessung der Umweltqualitätsnormen geht zu einem Teil auf nationale Festlegungen auf Grundlage europarechtlicher Vorgaben wie etwa denen der Listen I und II der Richtlinie 2006/11/EG661 zur Ableitung bestimmter gefährlicher Stoffe in Gewässer der Gemeinschaft zurück.662 Unter die dort aufgezählten Stoffe fallen auch solche, die beim Betrieb von Aquakulturen emittiert werden. Die Liste II nennt beispielsweise Ammoniak- oder Nitratverbindungen (8.), außerdem Metalle wie Zink und Kupfer (1.1 – 1.2). Einzelne Grenzwerte zur Richtlinie 2006/11/EG wurden europarechtlich wiederum durch die Tochterrichtlinien festgesetzt, die in Anhang IX der Wasserrahmenrichtlinie enthalten sind. Artikel 16 der Wasserrahmenrichtlinie gibt ferner die Verfahren zur Festlegung der Kontrollmaßnahmen und Umweltqualitätsnormen vor, die auf die als besonders gefährlich eingestuften prioritären Substanzen anzuwenden sind. Andere Umweltqualitätsnormen, z. B. solche bezüglich der Sedimentqualität, werden aufgrund lokaler Untersuchungen festgelegt.663 Für die Hauptwirkungsfelder bzw. -typen von Einträgen kommen zur Vorabeinschätzung in Genehmigungsverfahren unterschiedliche Modellkonzeptionen zur Anwendung [aa) – cc)], die erst die zum Abgleich mit den Umweltqualitätsormen notwendigen Datensätze erbringen. Die Modelle sind in einen Grenzbereich zwischen naturwissenschaftlicher Methodik und noch juristisch fassbarer Übersetzung rechtlicher Vorgaben in die praktische Anwendung einzuordnen. Die wichtigsten von ihnen sollen gerade deshalb dem Prinzip nach kurz dargestellt sein, um aufzuzeigen, wie die in den Kon660 Zu den einzureichenden Informationen im Einzelnen: SEPA, Licence Applicant Guidance, Form C – Point Source Fish Farm Discharges to the Water Environment, http://www.sepa. org.uk/water/water_regulation/car_application_forms.aspx, Stand: 16. 3. 2011. 661 Richtlinie 2006/11/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. 02. 2006 betreffend die Verschmutzung infolge der Einleitung bestimmter gefährlicher Stoffe in die Gewässer der Gemeinschaft, ABl. L 64 v. 4. 3. 2006, S. 52. 662 Fernandes et al., The scientific principles underlying the monitoring of the environmental impacts of aquaculture, J. Appl. Ichthyol. 17 (2001) , S. 181 – 193 (183). 663 Fernandes et al., The scientific principles underlying the monitoring of the environmental impacts of aquaculture, J. Appl. Ichthyol. 17 (2001) , S. 181 – 193 (183); eine vereinfachte Übersicht über die wesentlichen Umweltqualitätsstandards bei Henderson/Davies, Review of aquaculture, its regulation and monitoring in Scotland, J. Appl. Ichthyol. 16 (2000), pp. 200 – 208 (204 ff.).

V. Der Schutz von Gewässerqualität und Biodiversität

159

kretisierungs- und Anwendungsvorgängen liegenden Schwierigkeiten gehandhabt werden.664 aa) Modell für lösliche Nährstoffe – Auswirkungen auf die Wassersäule Der von Fischfarmen ausgehende Nährstoffeintrag birgt das Risiko der Eutrophierung, indem teils lösliche Stoffe, teils Feststoffe in winzigen Partikeln eingebracht werden, die jeweils zum Anstieg der Nährstoffkonzentrationen beitragen. Auch die EU-Definition der Eutrophierung lässt allerdings keine naturwissenschaftlich-absolute Bestimmung eines solchen schädlich gestörten Nährstoffhaushaltes zu. Eine in der schottischen Zulassungspraxis verwendete Methode zur Bestimmung des Risikos einer schädlich erhöhten Nährstoffkonzentration ist das Equilibrium Concentration Enhancement Model (ECE).665 Es handelt sich um ein sog. „Box-Modell“, bei dem ein definiertes Volumen der Wassersäule anhand u. a. der Parameter Wasseraustauschrate, Nährstoffeintrag pro Fisch und Jahresproduktion die aquakulturspezifische Nährstoffbelastung vorhergesagt wird. Dieses Modell erlaubt es, Gewässersysteme hinsichtlich des potenziellen Beitrages von Aquakultur zum Nährstoffgehalt zu klassifizieren und mit einem Nährstoff-Anreicherungs-Index zu versehen (Nutrient Enhancement Index, NUI). Auf Grundlage dieser anerkannten Modellrechnung wird die in den Locational Guidelines for Fish Farming enthaltene Kategorisierung von Aquakulturgebieten vorgenommen.666 bb) Modell für Sedimentschäden durch insbes. Feststoffeinträge Der Großteil der von Fischfarmen eingetragenen Feststoffe besteht aus unverzehrtem Futter und Fäkalstoffen, wobei die Menge von den jeweiligen Standortbedingungen, der gehaltenen Fischart sowie der genau bedarfsgerechten Steuerung der Futterzufuhr abhängig ist. Schädlich wirken sich die Feststoffeinträge vor allem auf das Sediment und den benthischen Lebensraum aus. SEPAwendet zur Festlegung von Grenzwerten für Sedimentbeeinflussungen durch diese und andere, auch chemische Stoffe, ein System von Sedimentqualitätskriterien an (Sediment Quality Criteria, SQC), nach denen sie die Grenze zwischen akzeptabler und unakzeptabler Einwirkung festlegt.

664 Umfangreiche und sehr technische Darlegung auf der SEPA-Website, Fish Farm Manual, http://www.sepa.org.uk/water/water_regulation/regimes/aquaculture/marine_aquaculture/ fish_farm_manual.aspx, Stand: 05. 01. 2011. 665 Black/Cromney, The scientific basis of marine fish farm regulation, Science Diliman, Vol. 20 No. 2 (2008), p. 11 – 20 (16). 666 Black/Cromney, The scientific basis of marine fish farm regulation, Science Diliman, Vol. 20 No. 2 (2008), p. 16; zu den Gebietskategorien siehe oben unter C.IV.

160

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

Die SQCs dienen auch bei der laufenden Überwachung als Grenzwerte, bei deren Überschreitung behördliche Maßnahmen zur Reduktion übermäßiger Emissionen zu treffen sind. Sie werden daher auch action levels genannt.667 Solche Maßnahmen können z. B. in der Reduzierung der zulässigen Biomasse oder der völligen Rücknahme der CAR-Lizenz bestehen. cc) Allowable Zones of Effect Mit diesem Ansatz ist ein weiteres Element verbunden, das Konzept der Allowable Zones of Effect (AZE), auch als mixing zone approach bezeichnet. Die AZE ist eine definierte Zone um die Fischfarm herum, innerhalb derer eine gewisse Schädigung erwartet und auch geduldet wird. Sie erstreckte sich früher für die Sedimentqualitätskriterien 25 m in jede Richtung, gemessen vom Käfigrand668, wird heute jedoch standortspezifisch mithilfe des Simulationsprogramms autoDEPOMOD festgelegt.669 Im Rahmen des mixing zone approach sind für einige der Schadstoff-Parameter jeweils zwei SQC-Werte angegeben: einer, der innerhalb der AZA das action level vorgibt und ein strengerer Wert, der außerhalb dieser Zone den Grenzwert festlegt, ab dem die Behörde eingreift. Dieser zweigleisige Ansatz legt über die SQCs den zulässigen Grad an ökologisch relevanter Änderung und mittels der AZOs zugleich deren geografische Reichweite fest.670 dd) Medikamenteneinträge (1) Vorgeschaltetes Instrument der Medikamentenzulassung Unabhängig von konkreten immissionsschutzrechtlichen Entscheidungen bilden generelle Zulassungserfordernisse für in der Aquakultur verwendete veterinärmedizinische Mittel ein vorgeschaltetes Steuerungsinstrument dafür, welche Stoffe überhaupt im Rahmen veterinärmedizinischer Behandlungen von Aquakulturtieren in Gewässer eingebracht werden dürfen. Die Marktzulassungsverfahren umfassen neben Untersuchungen über die Effizienz und Verbrauchersicherheit, letztere in Form von Rückstandsgrenzwerten, auch eine eigene Prüfung der Umweltverträglichkeit.671 Sie werden für Schottland durch das Veterinary Medicines Directorate

667

Black/Cromney, The scientific basis of marine fish farm regulation, Science Diliman, Vol. 20 No. 2 (2008), p. 18. 668 Mayor et al., Factors Affecting Benthic Impacts at Scottish Fish Farms, Environ. Sci. Technol. 44 No. 6 (2010), pp. 2079 – 2084 (2079) mit Zahlen aus den Jahren bis 2005. 669 FAO, Fisheries and Aquaculture Technical Paper 527, p. 496. 670 Black/Cromney, The scientific basis of marine fish farm regulation, Science Diliman, Vol. 20 No. 2 (2008), p. 19. 671 Erfordernis der Umweltunbedenklichkeit in Art. 12 Abs. 3 j) der Richtlinie 2001/82/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. 11. 2001 zu Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Tierarzneimittel, ABl. L 311 v. 28. 11. 2001, S. 1; Costello et al., The

V. Der Schutz von Gewässerqualität und Biodiversität

161

(VMD)672, einer Unterabteilung des britischen Ministeriums DEFRA (Department for Food, Environment and Rural Affairs) durchgeführt. Die Verfahren richten sich in England, Wales und Schottland gleichermaßen nach den Marketing Authorisations for Veterinary Medicinal Products Regulation 1994. An Präparaten für die Verwendung in der Aquakultur sind die Wirkstoffe Oxytetracyclin, Amoxycillin, Cypermethrin, Trimethoprim, Sulfadiazin, Apramycin, Oxolinsäure, Dichlorvos, Teflubenzuron und Azamethiphos vom VMD autorisiert.673 Eine Vereinheitlichung der Marktzulassungen in allen EU-Mitgliedstaaten soll die Europäische Arzneimittelagentur herbeiführen.674 Zentrale Rechtsgrundlage ist hier vor allem Verordnung (EG) Nr. 764/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur.675 Vergleichbare Marktzulassungsverfahren existieren für bestimmte in der Aquakultur verwendete Desinfektionsmittel.676 (2) Wirkmodelle und Anwendung von Umweltstandards für Arzneianwendungen Jeder Arzneimitteleinsatz in der Aquakultur ist jedoch auch bei vorhandener Marktzulassung nur in den Grenzen der Genehmigung nach den CAR-Regulations zulässig. Eine besonders wichtige Kategorie von medikamentenbedingten Gewässereinwirkungen, für die auch spezielle Umweltstandards existieren, sind die als Badebehandlungen eingesetzten veterinärmedizinischen Präparate, insbesondere Seeläusemittel. Hier kommen wiederum mehrere eigene Rechenmodelle und Maßstäbe zur Anwendung, die andere Parameter mit einbeziehen.677 Die meisten Arzneimittel, die in der Aquakultur zur Anwendung gelangen, zersetzen sich in relativ kurzer Zeit im Meerwasser. Weil die im Zeitraum bis zur Zersetzung stattfindenden Vermischungs- und Verdriftungsvorgänge sehr komplex sind, setzt die Regulierungsbehörde SEPA auf vereinfachende Computermodelle und hält diese control of chemicals used in aquaculture in Europe, J. Appl. Ichthyol. 17 (2001), pp. 173 – 180 (174). 672 SEPA, Fish Farming Advisory Group, Policy No. 40, p. 4, http://www.sepa.org.uk/ about_us/idoc.ashx?docid=b3c6671 f-1703 – 40ef-86a0 – 3bd491cc557f&version=-1, Stand: 10. 01. 2011. 673 Henderson/Davies, Review of aquaculture, its regulation and monitoring in Scotland, J. Appl. Ichthyol. 16 (2000), pp. 200 – 208 (204 ff.), allerdings mit Angaben aus dem Jahr 2000. 674 Erfordernis der Umweltunbedenklichkeit in Art. 12 Abs. 3 j) der Richtlinie 2001/82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. 11. 2001 zu Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Tierarzneimittel, ABl. L 311 v. 28. 11. 2001, S. 1. 675 ABl. L 136 v. 30. 4. 2004, S. 1. 676 Costello et al., The control of chemicals used in aquaculture in Europe, J. Appl. Ichthyol. 17 (2001), pp. 173 – 180 (176). 677 SEPA, Regulation and monitoring of marine cage fish farming in Scotland – a procedures manual ANNEX G, p. 2.

162

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

Simplifizierung angesichts der geringen Wirkungsdauer der Präparate für angemessen.678 SEPA verwendet zwei spezielle Modelle, um die wahrscheinliche Verteilung von potenziell toxischen Konzentrationen vorherzusagen, jeweils eines zur Simulierung der kurzfristigen und längerfristigen Verteilung der Stoffe. Als Parameter dienen hierbei u. a. die mittlere Strömungsgeschwindigkeit sowie ein Dispersionskoeffizient des jeweiligen Präparats. Die so vorhergesagten Konzentrations- und Verteilungswerte werden mit stoffspezifischen Standards verglichen, um die Menge der zulassungsfähigen Medikamentenverwendung zu bestimmen. Die Umweltstandards für abbaufähige Medikamente legen Richt- und Grenzwerte für einen bestimmten Zeitraum von in der Regel einigen Stunden fest, nach deren Ablauf eine bestimmte Wirkstoffkonzentration als tolerabel angesehen wird. Innerhalb einer Allowable Zone of Effect wird dabei auch eine Überschreitung der EQS zugelassen, solange eine ebenfalls definierte Maximalkonzentration nicht überschritten wird.679 2. Schutz von Muschelgewässern Europarechtlich vorgegeben ist der Schutz von Muschelgewässern, der auch die in Aquakultur gezüchteten Mollusken betrifft. Hier wird, anders als im Regelfall der Fischfarm, eine umgekehrte Zielrichtung verfolgt, nämlich der Schutz der Muschelaquakulturen und bewirtschafteter wilder Bestände vor zu schlechter Wasserqualität und nicht der Schutz des Wassers vor den Einwirkungen von Aquakultur. Die Richtlinie 2006/113/EG fasst die durch vielfältige Änderungen modifizierte Ausgangsregelung der Richtlinie 79/923/EWG in einer Vorschrift zusammen und ersetzt sie, ohne jedoch inhaltliche Neuerungen zu bringen. Die Instrumente der Richtlinie [siehe dazu schon oben unter C.I.2.d)], die dem Schutz der Umwelt und der Muschelpopulationen vor den unheilvollen Folgen des Einleitens von Schadstoffen dienen soll680, sind die Ausweisung von schutzbedürftigen Gewässern, die Aufstellung von Qualitätskriterien anhand der Mindestvorgaben im Anhang der Richtlinie681, die Aufstellung von Programmen zur Verbesserung der Gewässerqualität und schließlich Festlegungen zu Häufigkeit und Referenz-Analyseverfahren bei der Probennahme. Der Anhang I der Muschelgewässerrichtlinie mit Angaben zur Aufstellung von Qualitätskriterien enthält zwei Spalten (I und G) mit unterschiedlich strengen Werten. Gemäß Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie legen die Mitgliedstaaten keine

678 SEPA, Regulation and monitoring of marine cage fish farming in Scotland – a procedures manual ANNEX G, p. 2. 679 SEPA, Regulation and monitoring of marine cage fish farming in Scotland – a procedures manual ANNEX G, p. 3 ff. 680 Siehe Erwägungsgründe (2) und (3) der Richtlinie. 681 Für bestimmte Stoffe (Metalle und organohalogene Stoffe) wird auf die Vorgaben der Richtlinie 2006/11/EG verwiesen, Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2006/113/EG.

V. Der Schutz von Gewässerqualität und Biodiversität

163

Werte fest, die weniger streng sind als die in Spalte I des Anhangs I angegebenen und bemühen sich um die Einhaltung der in Spalte G angegebenen Werte. Umgesetzt wurde die Richtlinie mit Wirkung für Schottland durch die Surface Waters (Shellfish) (Classification) (Scotland) Regulations 1997. Die Ausweisung von Muschelgewässern – im Jahr 2008 waren insgesamt 115 Gebiete ausgewiesen – erfolgt im Verordnungswege682 durch die Scottish Ministers, während die Zuständigkeit für die Durchführung der konkreten Überwachungs- und Schutzmaßnahmen bei der SEPA liegt.683 Die Vorgaben der Richtlinie für die Entnahme von Proben und die Anforderungen an die Gewässerqualität wurden in reg. 3 und reg. 4 zu den Surface Waters (Shellfish) (Classification) (Scotland) Regulations 1997 i.V.m. der zugehörigen schedule übernommen. Für unterschiedliche Stoffe sind danach verschiedene Probezeiträume von halbjährlich bis monatlich sowie bestimmte Referenzmethoden zur Untersuchung und Qualitätskriterien festgelegt, die durchgehend den strengeren Werten aus Spalte G der Richtlinie entsprechen. Damit die Gewässer den in der Richtlinie enthaltenen Kriterien genügen, müssen die Proben – hier liegt eine weitere Differenzierung – gemäß reg. 3(1) der Regulations nicht immer vollständig die Grenzwerte einhalten, sondern ihnen lediglich insofern entsprechen, als dass 100 % der Proben bei den Parametern „organohalogene Stoffe“ und „Metalle“, 95 % der Stichproben bei den Parametern „Salzgehalt und „gelöster Sauerstoff“ und 75 % hinsichtlich aller übrigen Parameter684 die Voraussetzungen erfüllen. Das Probennahme- und Kriterienregime ist dabei differenziert ausgestaltet. Im Falle von Katastrophen sind Abweichungen möglich.685 Außerdem kann die Probenhäufigkeit verringert werden, wenn die Wasserqualität deutlich über der Qualität liegt, die sich bei Anwendung der festgelegten Kriterien ergeben würde.686 Grundsätzlich hat die zuständige Behörde SEPA allerdings, wenn die festgelegten Grenzwerte oder Kriterien ohne erkennbar natürliche Ursachen überschritten werden, Maßnahmen zu ergreifen, um eine Verbesserung der Gewässerqualität herbeizuführen.687 Im Jahr 2007 genügten nach Angaben von SEPA alle ausgewiesenen Muschelgewässer den Minimalvorgaben aus der Spalte I des Richtlinienanhangs. Nahezu alle (101) wurden auch den strengeren, in die Surface Waters (Shellfish) (Classification) (Scotland) Regulations 1997 integrierten Qualitätskriterien gerecht.688

682 Und zwar jeweils durch die Surface Waters (Shellfish) (Classification) (Scotland) Directions 1997 – 2008. 683 Reg. 4(1) Surface Waters (Shellfish) (Classification) (Scotland) Regulations 1997. 684 Entsprechend der Regelung in Art. 6 der Richtlinie 2006/113/EG. 685 Reg. 3(3) Surface Waters (Shellfish) (Classification) (Scotland) Regulations 1997. 686 Reg. 4(5) Surface Waters (Shellfish) (Classification) (Scotland) Regulations 1997. 687 Reg. 4(6) Surface Waters (Shellfish) (Classification) (Scotland) Regulations 1997. 688 SEPA, http://www.sepa.org.uk/water/protected_areas/shellfish_waters/regulation.aspx, Stand: 17. 01. 2011.

164

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

3. Schutz von Biodiversität Unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Biodiversität liegt das Hauptaugenmerk der bestehenden Rechtsvorschriften auf dem Problem der Gefährdung wilder Lachsbestände durch entweichende Zuchtfische und die Übertragung von Krankheiten oder Parasitenbefall auf Wildbestände.689 Verpflichtungen zu gesetzlichen Maßnahmen zur Vorbeugung dieser Gefahren ergeben sich für Großbritannien und damit auch Schottland bereits aus Völkerrecht690 und Europarecht. Grundlegende Erfordernisse zum Schutz wilder Lachsbestände sind in der Williamsburg Resolution der NASCO niedergelegt, während sich der ICES Code of Practice on the Introductions and Transfers of Marine Organisms schwerpunktmäßig den Gefahren der Einbringung nicht heimischer Organismen widmet.691 Der wild lebende Atlantische Lachs (Salmo Salar) ist unter den in Anhang II der FFH-Richtlinie genannten Arten, deren Lebensräume dem Schutz, vor allem dem Verschlechterungsverbot des Art. 6 Abs. 2 FFH-Richtlinie unterfallen. Sekundärrechtlich verlangt das Europarecht über die Richtlinie 2006/88/EG bestimmte Maßnahmen zur Gesundheit und Hygiene bei Wassertieren zu implementieren. Die Verordnung 708/2007/EG regelt die Genehmigungspflicht für die Einführung und Umsiedlung nicht heimischer bzw. gebietsfremder Arten und Verfahrensanforderungen für die einmal genehmigte Verbringung der Tiere (siehe zu den unmittelbar wirkenden Vorgaben der VO bereits oben unter C.I.). Den Regelungsbereich des Schutzes von Wildlachsen vor Aquakultureinwirkungen decken schließlich im nationalen Recht Schottlands ein Gesetz und drei Verordnungen ab. Der Aquaculture and Fisheries (Scotland) Act 2007 ermöglichte den Erlass von Vorschriften zur Kontrolle, Verringerung und Vorbeugung des Befalls mit Seeläusen und dem Parasiten Gyrodactylus salaris, ferner solcher zu entkommenssicheren Haltung, der Entkommensvorbeugung und dem Wiedereinfang von Zuchtfischen. Die als darauf gestütztes Verordnungsrecht ergangenen Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009 dienen der Umsetzung der Richtlinie 2006/88/EG. Die Voraussetzungen für eine umfassende Dokumentation von Tatsachen im Zusammenhang mit Krankheitsausbrüchen, Parasitenbefall und dem Entkommen von Fischen sollen die weitgehenden Aufzeichnungspflichten der Fish Farming Businesses (Record Keeping) (Scotland) Order 2008 sicherstellen. Eine Anzeigepflicht bei Ausbrüchen von Zuchtfisch ergibt sich aus den Registration of Fish Farming and Shellfish Farming Business Amendment (Scotland) Order 2008.

689

Zu den Gefahren im Einzelnen siehe oben unter B. Zum Softlaw-Charakter der meisten einschlägigen völkerrechtlichen Regelungen siehe unter C.I. 691 Zu beiden Abkommen siehe oben unter C.I. 690

V. Der Schutz von Gewässerqualität und Biodiversität

165

a) Verhütung von Ausbrüchen Der Aquaculture and Fisheries (Scotland) Act 2007 enthält neben Inspektionsund Durchsetzungsrechten der Behörden (dazu unter VII.) Verordnungsermächtigungen zur Errichtung von Pflichten der Aquakulturbetreiber zur Aufzeichnung bestimmter Informationen, u. a. in Bezug auf die ausbruchssichere Haltung, die Prävention von Ausbrüchen und den Wiedereinfang entwichener Zuchtfische.692 Auf dieser Grundlage wurde die Fish Farming Businesses (Record Keeping) (Scotland) Order 2008 erlassen, die in ihrer sched. 2 die dokumentationspflichtigen Angaben auflistet. Es handelt sich dabei im Wesentlichen um die Dokumentierung von Installations- und Wartungsarbeiten an Netzkäfigen, Angaben zum verwendeten Material, der Maschenweite von Netzen, bis hin zur Ausbildung des eingesetzten Personals für Ausbruchsfälle und Vorbeugetechniken. Weil wild lebende Raubtiere, vor allem Robben, Netzschäden verursachen können, finden sich weiter Aufzeichnungspflichten zu geeigneten Abwehrmaßnahmen. Schließlich müssen Notfallpläne für Ausbruchsfälle vorgehalten und die Daten notiert werden, an denen es zu Anlagenschäden durch schweres Wetter gekommen ist, deren Reparatur ebenfalls zu dokumentieren ist. Süsswasseraquakulturen an Flüssen sind ferner zur Dokumentation von Hochwasserschutzmaßnahmen verpflichtet. Alle Aufzeichnungen müssen drei Jahre aufbewahrt werden.693 Diese Dokumentationspflichten dürften zum einen der Rekonstruktion und Schwachstellenanalyse nach Ausbruchsfällen dienen, sind aber zugleich den Anforderungen aus Art. 3 der Williamsburg Resolution geschuldet. Danach sollen die Vertragsmitglieder sicherstellen, dass Betreiber von Aquakulturen im Rahmen einer Darlegungspflicht den Nachweis erbringen, dass ihre Bewirtschaftung keinen erheblichen Schaden an wilden Lachsbeständen verursachen oder zu irreversiblen Veränderungen führen wird. Die zweite Stütze der vorbeugenden Regelungen besteht in der gesetzlichen Verankerung eines zu schaffenden oder anzuerkennenden Code of Practice zum Sachgebiet ausbruchssicherer Haltung.694 Gegenwärtig erfolgt die Durchführung dieser Regelung durch Anwendung der Inhalte des Code of Good Practice for Scottish Finfish Aquaculture (CoGP) der Industrieverbände. Diese Gesetzgebung verpflichtet damit sämtliche Aquakulturbetreiber zur Befolgung der im Verhaltenskodex des Industrieverbandes niedergelegten Regeln, soweit sie die Gesichtspunkte der Vermeidung von Ausbrüchen betreffen. Der CoGP erlangt durch diese Anerkennung in Teilbereichen also auch für solche Betreiber Geltung, die nicht in einem der beteiligten Industrieverbände organisiert sind und sich dementsprechend auch nicht freiwillig zur Einhaltung verpflichtet haben.695 Die infolgedessen nun692

Sec. 1(3) Aquaculture and Fisheries (Scotland) Act 2007. Art. 3 Fish Farming Businesses (Record Keeping) (Scotland) Order 2008. 694 Sec. 7(2)(b) – (d) Aquaculture and Fisheries (Scotland) Act 2007, das Konzept der Einbindung von Verhaltenscodes siehe auch Erwägungsgrund (3) der Richtlinie 2006/88/EG. 695 Marine Scotland/Scottish Government, NASCO-Focus Area Report, Aquaculture, Introductions and Transfers, and Transgenics UK (Scotland), January 2010, p. 24. 693

166

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

mehr gesetzlich untermauerten Regeln des CoGP enthalten detaillierte Vorschriften zur Beschaffenheit und Gestaltung von Netzkäfigen und anderen Haltungssystemen, Hinweise zur Verwendung von Arbeitsschiffen, zur Fisch-Verbringung und -Handhabung, Verfahren im Umgang mit festgestellten Ausbrüchen von Fischen, einschließlich des Erfordernisses zur Aufstellung von Notfallplänen, daneben finden sich in dem Code schließlich technische Standards für die genutzte Ausrüstung und ihre Verwendung in Übereinstimmung mit den Empfehlungen der Hersteller oder anderen Fachpersonals.696 Versagen die Vorbeugeregelungen und kommt es dennoch zu einem Ausbruch oder Ausbruchsverdacht, trifft den Betreiber der Aquakultur eine sofortige Meldepflicht. Nach der Registration of Fish Farming and Shellfish Farming Businesses Amendment (Scotland) Order 2008697, die in ihrem Anhang entsprechende Formulare enthält, muss der Aquakulturbetreiber bei jedem Ereignis, dass sicher oder möglicherweise zu einem Entweichen von Zuchtfischen geführt hat die zweistufig ausgestaltete Meldepflicht erfüllen. Unverzüglich ist mit der initial notification das Vorkommnis der Behörde Marine Scotland schriftlich anzuzeigen. Erforderlich sind dabei Angaben zu Zeit und genauem Ort, zu Art, Alter und Gesundheitszustand, erfolgten medikamentösen Behandlungen sowie zur vermutlichen Zahl eventuell entkommener Tiere. Zusätzlich empfiehlt das rechtlich unverbindliche Merkblatt mit dem Titel „What to do in the event of an escape of fish from a fish farm?“698 den Fall telefonisch einen von Marine Scotland vorgehaltenen Bereitschaftsdienst und gegebenenfalls das zuständige District Salmon Fisheries Board zu verständigen und weist noch einmal auf die Rechtslage hin. Die daraufhin anhand des Notfallplanes699 zu unternehmenden Bemühungen des Wiedereinfangs oder, sofern dies nicht praktikabel ist, der Behebung von Schäden, die das Entkommen der Fische ermöglicht haben, müssen in der final notification wiederum dokumentiert und bei Marine Scotland eingereicht werden. Dies muss spätestens 28 Tage nach der ersten Meldung geschehen sein.700 Für die Versuche des Wiedereinfangs kann der Einsatz von großen Netzen sinnvoll sein, der je nach Umfang der Anwendung seinerseits erlaubnispflichtig ist und ebenfalls kurzfristig über den Bereitschaftsdienst der FRS beantragt werden kann.701 Für solche Notfälle können 696

Das entsprechende Kapitel des Codes trägt die Ordnungsziffer 4.9 (Containment). I.V.m. der insoweit fortbestehenden, allerdings nicht verfügbaren Registration of Fish Farming and Shellfish Farming Businesses Order 1985. 698 Scottish Government, What to to in the event of an escape of fish from a fish farm? Guidance on the escape provisions of The Registration of Fish Farming and Shellfish Farming Businesses Amendment Order 2008. 699 Die Pflicht zur Vorhaltung eines solchen Planes ergibt sich aus dem CoGP. 700 Scottish Government, What to do in the event of an escape of fish from a fish farm, Guidance on the escape provisions of The Registration of Fish Farming and Shellfish Farming Businesses Amendment Order 2008, p. 3. 701 Scottish Government, What to do in the event of an escape of fish from a fish farm, Guidance on the escape provisions of The Registration of Fish Farming and Shellfish Farming Businesses Amendment Order 2008, p. 5. 697

V. Der Schutz von Gewässerqualität und Biodiversität

167

vorübergehend Fangmethoden erlaubt werden, die unter normalen Umständen verboten sind.702 b) Vermeidung von Krankheits- und Parasitenübertragungen Die der Umsetzungsvorschrift Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009 zugrunde liegende Richtlinie 2006/88/EG zu Gesundheit und Hygiene bei Wassertieren verfolgt neben der Vermeidung von wirtschaftlichen Verlusten der Aquakulturindustrie auch Artenschutzziele.703 Sie listet in ihrem Anhang eine Anzahl von Wassertierkrankheiten auf, die den Kern des entsprechenden sachlichen Bezugsrahmens der schottischen Vorschrift bilden. Zusätzlich sind mit der Bacterial Kidney Disease (BKD), einer Süßwasser-Karpfenseuche, und dem Salmoniden befallenden Parasiten Gyrodactylus salaris vom schottischen Verordnungsgeber weitere Seuchen erfasst worden.704 Ein erster Bereich von Vorsorgeregelungen mit Wirkungen auch in Bezug auf die Vermeidung von Krankheits- und Parasitenübertragungen auf Wildbestände setzt bereits im Rahmen der präventiven Kontrollverfahren an, indem in den Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009 gewisse anlagen- und organisationsspezifische Anforderungen für die Erteilung der tiergesundheitlichen Betriebsgenehmigung gestellt werden (dazu bereits oben unter C.II.). Ebenfalls einen vorsorgenden Charakter hat die Bezugnahme auf den CoGP auch für den Bereich der Vermeidung von Befall und Übertragung von Seeläusen (Caligus elongatus und Lepeophteirus salmonis).705 Wie bereits für das Themengebiet der Praxis ausbruchssicherer Haltung, erlaubt der Aquaculture and Fisheries (Scotland) Act 2007 auch hier den Rückgriff der Verwaltung auf den Verhaltenscode, um Maßstäbe für die Überwachung zu erhalten. Die weiteren Regelungen der Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009 betreffen zum einen die gefahrenabwehrrechtlich geprägte Umsetzung des Systems zur Anzeige und Kontrolle von Krankheitsausbrüchen, zum anderen die des Klassifizierungskonzepts der Richtlinie 2006/88/EG für die Ausweisung seuchenfreier Gebiete. aa) Anzeige und Kontrolle von Krankheitsausbrüchen Treten Anzeichen von gelisteten Wassertierkrankheiten, insbesondere erhöhte Mortalitätsraten auf, entstehen Handlungspflichten auf Seiten des Personals der Betreiber und auf Seiten der Behörden. Erstere haben unter Androhung von Buß702

Scottish Government, Fish Health Inspectorate, Service Charter (2010), p. 6. s.o. unter C.I.2. 704 Sched. 1 der Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009, zurückgehend auf Art. 43 der Richtlinie 2006/88/EG. Er erlegt den Mitgliedstaaten auf, auch Maßnahmen gegen Wassertierkrankheiten zu ergreifen, die nicht gelistet sind, aber gleichwohl im jeweiligen Mitgliedstaat eine Gefahr darstellen. 705 Sec. 7(2)(a) i.V.m. sec. 4(1) Aquaculture and Fisheries (Scotland) Act 2007. 703

168

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

geldern unverzüglich jeden Verdacht eines Krankheitsausbruchs bei der zuständigen Behörde (Marine Scotland) anzuzeigen.706 Letztere muss im Verdachtsfall das bereits in der Richtlinie 2006/88/EG vorgegebene Programm durchführen. Erster Schritt ist dabei der Erlass einer initial designation order, in dem das möglicherweise betroffene Areal bezeichnet und der Hinweis enthalten ist, dass jede Verbringung eines lebenden oder verendeten Wassertieres aus oder in dieses Gebiet einem strikten Verbot unterliegt.707 Es folgen behördlich zu veranlassende Probenahmen und tierärztliche Untersuchungen, zu deren Ausführung die eingesetzten Inspektoren mit der Befugnis ausgestattet sind, dem Betreiber vorsorglich bestimmte Maßnahmen aufzuerlegen.708 Sie können darüber hinaus bei Nichtbefolgung ihrer Anordnungen die Aquakulturfarmen in dem per initial designation ausgewiesenen Areal ohne Einschränkung betreten und Maßnahmen zur Durchsetzung der Anordnungen treffen.709 Abhängig vom Ergebnis des Untersuchungsverfahrens, wird die initial designation entweder zurückgezogen710 oder im Fall der Verdachtsbestätigung eine confirmed designation order erlassen. Die danach möglichen Maßnahmen der Behörde zur Eindämmung und Beseitigung des Seuchenausbruchs gehen noch erheblich weiter und reichen schließlich bis zur Tötung von Aquakulturtieren. Dem Betreiber kann auferlegt werden, die Durchführung der angeordneten Schritte zu unterstützen, etwa die sichere Tötung der Tiere zu ermöglichen.711 Die Aufhebung der Maßnahmen muss gemäß reg. 31 Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009 erfolgen, wenn die Präsenz der Seuche in dem ausgewiesenen Gebiet nicht mehr gegeben ist. Noch strengere Bekämpfungsschritte sind speziell für den Salmoniden-Parasiten Gyrodactylus salaris vorgesehen. Eine initial designation oder eine confirmed designation, die wegen Auftretens dieses Schädlings ergeht, ermöglicht den Einsatz besonderer Chemikalien und die Errichtung von Fischbarrieren, die eine Ausbreitung durch Wanderungen befallener Exemplare unterbinden sollen sowie die vollständige Entfernung aller Tiere und Schließung von Aquakulturanlagen.712 Diese am weitesten gehende Eingriffsbefugnis umfasst auch die gegebenenfalls erforderliche Vernichtung von Anlagen und Ausrüstung, wenn etwa eine vollständige Desinfektion nicht möglich ist. Die Wiederinbetriebnahme kann bei entsprechender Anordnung durch den Inspektor von der behördlichen Zustimmung abhängig gemacht werden.713 Wenn es zur vollen Entfaltung dieser Instrumentarien kommt, können damit kaum zu verkraftende wirtschaftliche Einbußen der betroffenen Betreiber einhergehen. Als Ausgleich ermöglicht sec. 36 Aquaculture and 706 707 708 709 710 711 712 713

Reg. 22 Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009. Reg. 24(3) Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009. Reg. 26(3) Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009. Reg. 26(5) Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009. Reg. 27 Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009. Reg. 30(2) Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009. Reg. 32 Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009. Reg. 34 Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009.

V. Der Schutz von Gewässerqualität und Biodiversität

169

Fisheries (Scotland) Act 2007 per Verordnung Entschädigungsansprüche einzuführen. Dies ist allerdings bisher nicht geschehen. Die fehlende Bereitschaft der schottischen Regierung zur Gewährung von Entschädigungen für die Notschlachtung von Aquakulturfischen, soweit sie auf die Umsetzung der europäischen Vorgaben zu Seuchenbekämpfungsmaßnahmen bei Wassertieren zurückgeht, war in diesem Zusammenhang Gegenstand im Verfahren Booker Aquaculture Ltd./Hydro Seafood GSP Ltd v The Scottish Ministers vor dem Europäischen Gerichtshof.714 Nach dem Ausbruch der Fischseuchen VHS715 bzw. ISA hatte der damals zuständige Secretary of State for Scotland gegenüber den beiden beteiligten Unternehmen angeordnet, den Bestand der betroffenen Fischfarmen zu töten und zu entsorgen ohne gesetzlich oder verwaltungsrechtlich für eine Entschädigung zu sorgen. Ausgenommen waren Tiere, die keine klinischen Krankheitszeichen zeigten. Die Kläger machten in beiden Ausgangsverfahren vor dem Court of Session geltend, dass diese Verfügung gegen das in Art. 1 zum ersten Zusatzprotokoll der EMRK verankerte Grundrecht auf Eigentum als allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts verstoße. Der Court of Session legte die Frage dem EuGH vor. Der Gerichtshof betrachtete die Maßnahme auch ohne Zubilligung einer Entschädigung als verhältnismäßig und begründete dies u. a. damit, dass die betroffenen Tiere mit klinischen Krankheitsanzeichen ohnehin wertlos gewesen seien.716 bb) Seuchenstatus Der langfristiger ausgelegte Vorsorgeansatz der Art. 49, 50 der Richtlinie 2006/ 88/EG zur Schaffung und Erhaltung seuchenfreier Zonen wurde in reg. 45 der Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009 insoweit verankert, als dass die zuständige Behörde verpflichtet ist, ein öffentlich zugängliches Register über seuchenfreie Zonen oder Kompartimente717 im Sinne von Art. 50 der Richtlinie 2006/88/EG zu führen. Im Einzelnen enthält die Richtlinie ein vielfältig differenziertes System von Zonenausweisungen, mit unterschiedlichem Gesundheitsstatus, die jedoch mithilfe bestimmter, wiederum differenzierter Überwachungs- und Schutzmaßnahmen letztlich zur Erteilung weiträumig seuchenfreier Gebiete führen soll. Der Seuchenfreiheitsstatus für Zonen, Kompartimente oder das gesamte Hoheitsgebiet hinsichtlich bestimmter Seuchen wird von den Mitgliedstaaten gegenüber dem Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit unter Vorlage von Nachweisen erklärt und in einem mehrschrittigen Verfahren unter Beteiligung der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten geprüft.718 Ist der 714

EuGH, Urt. v. 10. 7. 2003, Verbundene Rechtssachen C-20/00 und C-64/00. Virale hämorrhagische Septikämie. 716 EuGH, Urt. v. 10. 7. 2003, Verbundene Rechtssachen C-20/00 und C-64/00, Rz. 84. 717 Ein Kompartiment ist gemäß Anhang I a) der Richtlinie ein oder mehrere Zuchtbetriebe, die nach einem gemeinsamen Biosicherheitssystem arbeiten und eine Wassertierpopulation mit einem in Bezug auf eine Krankheit eindeutigen Gesundheitsstatus halten. 718 Art. 49 Abs. 1, Abs. 3, Art. 50 Abs. 1, Abs. 2 der Richtlinie 2006/88/EG. 715

170

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

Seuchenfreiheitsstatus erlangt, können die Mitgliedstaaten die Seuchenüberwachungsmaßnahmen risikoangemessen verringern bzw. einstellen, wenn das gesamte Hoheitsgebiet für seuchenfrei erklärt ist.719 Hat ein Mitgliedstaat in der Folgezeit Grund zu der Annahme, dass gegen die Vorschriften für die Erhaltung seines Status als seuchenfreier Mitgliedstaat oder des Seuchenfreiheitsstatus einer seiner Zonen oder Kompartimente verstoßen wurde, setzt er den Handel mit empfänglichen Arten und Überträgerarten mit anderen Mitgliedstaaten, anderen Zonen oder Kompartimenten mit einem höheren Gesundheitsstatus in Bezug auf die betreffende Krankheit unverzüglich aus und wendet die Vorschriften gemäß Kapitel V, Abschnitte 2 und 4 der Richtlinie 2006/88/EG an.720 Es finden dann also wieder die Regelungen zur Ausweisung des betroffenen Gebietes und die Anordnung von Untersuchungen des Krankheitsverdachts Anwendung, die nach ihrem Ergebnis entweder zur Wiederherstellung oder zum Entzug des Seuchenfreiheitsstatus führen. Die gesamten britischen Hoheitsgewässer haben derzeit den Seuchenfreiheitsstatus für den Parasiten Gyrodactylus salaris.721 Die schottischen Gewässer sind im Übrigen nicht völlig frei von gelisteten Krankheiten, die mit entsprechenden Programmen überwacht, bekämpft und schließlich ausgerottet werden sollen.722 Schottland hat entsprechend Art. 5 der Kommissionsentscheidung 2004/ 453/EG723 besondere Garantievorschriften (Additional Guarantees) hinsichtlich Gyrodactylus salaris und der BKD eingeführt, um die Gefahr von Einschleppung bzw. weiterer Einschleppung in Zonen oder Kompartimente mit höherrangigem Gesundheitsstatus durch Handel mit Aquakulturtieren zu vermindern. Diese Garantien bestehen in noch weitergehenden Kontrollpflichten bei der Verbringung von Aquakulturtieren unter Verwendung eines im Anhang III und Anhang IV der Richtlinie enthaltenen Formulars. c) Nicht heimische und genetisch veränderte Aquakulturtiere Hinsichtlich des Problems der Verbreitung nicht heimischer Arten bildet die Aquakultur nur einen der möglichen Einschleppungswege. Ein Großteil der einschlägigen Normen betrifft daher nicht die Aquakultur, sondern richtet sich auf Sachverhalte, die in der absichtlichen Einbringung nicht heimischer Arten zum Zwecke der Besatzfischerei oder Bestandsaufstockung liegen, für die spezielle 719

Art. 52 Abs. 1, Abs. 2 der Richtlinie 2006/88/EG. Art. 53 der Richtlinie 2006/88/EG. 721 Kommissionsentscheidung vom 5. April 2006 zur Änderung der Entscheidung 2004/ 453/EG im Hinblick auf Schweden und das Vereinigte Königreich., ABl. L 99 v. 7. 4. 2006, S. 31. 722 Marine Scotland/Scottish Government, NASCO Focus Area Report 2010, p. 28. 723 Entscheidung der Kommission vom 29. April 2004 mit Maßnahmen zur Durchführung der Richtlinie 91/67/EWG des Rates hinsichtlich bestimmter Zuchtfischseuchen, ABl. L 202 v. 7. 6. 2004, S. 4, zuletzt geändert durch die Entscheidung der Kommission 2006/272/EG vom 5. April 2006, ABl. L 99 v. 7. 4. 2006, S. 31. 720

V. Der Schutz von Gewässerqualität und Biodiversität

171

Regelungen bestehen724, die jedoch auf Aquakulturen nicht anwendbar sind.725 Gleichwohl existieren einige Spezialvorschriften, die explizit auch auf die Verbreitungsgefahr durch Aquakulturen Bezug nehmen. In Übereinstimmung mit den Empfehlungen der Codes of Practice des ICES und der NASCO ist die Einbringung von nicht heimischen oder auch nur gebietsfremden Arten in Aquakulturen in schottische Gewässer aufgrund der Verordnung (EG) Nr. 708/2007/EG genehmigungspflichtig. Die völkerrechtlichen Empfehlungen wurden somit in rechtlich verbindliche Vorschriften überführt. Je nach dem, ob es sich um eine routine- oder nicht routinemäßige Verbringung handelt, sind neben der erforderlichen Genehmigung unterschiedlich strenge Voraussetzungen für die Verbringung selbst, insbesondere die gegebenenfalls notwendige Prüfung der Umweltverträglichkeit sowie Pilot- und Quarantänephasen normiert. Der Import of Live Fish (Scotland) Act 1978 ermöglicht den Erlass von Verboten des Imports, der Haltung oder der Freilassung lebender Fische, Muscheln oder lebender Eier oder Larven von Fisch oder Muscheln bestimmter Arten, die sich möglicherweise zum Schaden wild lebender Süßwassertiere oder Salmoniden auswirken könnten. Auf dieser Grundlage untersagt die Prohibition of Keeping or Release of Live Fish (Specified Species) (Scotland) Order 2003 die Haltung oder Freilassung von über 40 Fischarten, darunter die pazifischen Salmonidenarten (Oncorhynchus) und andere nicht-anadrome Lachse. Dort gelistete Arten dürfen nur mit einer Sondergenehmigung in Aquakultur gehalten werden. Diese Regelungen weisen allerdings praktisch eine eher geringe Bedeutung auf, weil nicht heimische Fische in der schottischen Aquakultur nicht gezüchtet werden. Auch genetisch veränderte Aquakulturtiere werden gegenwärtig in Schottland nicht gehalten.726 Nach Abschluss eines staatlich genehmigten Pilotprojekts zur experimentellen Aufzucht genmodifizierter Lachse im Jahr 1995 in einer geschlossenen Anlage fanden keine derartigen Versuche mehr statt.727 Die Verwendung der Gentechnik für Zuchtfische in offenen Aquakulturen stand bisher nicht ernsthaft zur Debatte. Der CoGP der Industrieverbände verbietet die Verwendung genetisch veränderter Fische.728 Darüber hinaus ist die Freisetzung genetisch veränderter Organismen in Aquakultur gesetzlich verboten, wobei in engen Grenzen Ausnahmen zugelassen werden können. In Übereinstimmung mit den Empfehlungen der Codes

724 Sec. 35 Aquaculture and Fisheries (Scotland) Act 2007, der eine neue sec. 33 A in den Salmon and Freshwater Fisheries (Consolidation) (Scotland) Act 2003 einfügt und das strafbewehrte Verbot der absichtlichen, ungenehmigten Einbringung von Fisch- oder Fischeiern regelt. 725 Scottish Government, http://www.scotland.gov.uk/Topics/marine/Licensing/fishintros, Stand: 24. 1. 2011. 726 Marine Scotland/Scottish Government, NASCO-Focus Area Report, Aquaculture, Introductions and Transfers, and Transgenics UK (Scotland), January 2010, p. 21. 727 Marine Scotland/Scottish Government, NASCO-Focus Area Report, Aquaculture, Introductions and Transfers, and Transgenics UK (Scotland), January 2010, p. 31. 728 CoGP, Ziff. 3.3.2.12.

172

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

of Conduct von ICES729 und NASCO730 sind die Ausnahmeregelungen allerdings außerordentlich streng ausgestaltet. Wie europarechtlich durch die Richtlinie 2001/ 18/EG731 und verbundenes Sekundärrecht vorgegeben, untersagt der Environment Protection Act 1990 in Verbindung mit den Genetically Modified Organisms (Deliberate Release) (Scotland) Regulations 2002 die absichtliche Freisetzung solcher Organismen, soweit keine Erlaubnis erteilt wurde.732 Die umfangreichen Anforderungen zur Erteilung einer solchen Sondererlaubnis, liegen vor allem in der Durchführung eines aufwändigen Risiko-Assessments. Unter der Freisetzung von genetisch veränderten Organismen ist im Sinne der Richtlinie 2001/18/EG auch die Haltung in Aquakultur zu verstehen.733 d) Wildtierschutz und Abwehrmaßnahmen von Aquakulturbetreibern Verschiedene wild lebende Raubtiere, etwa Kormorane und andere Vögel, insbesondere aber Robben verursachen immer wieder Schäden in Aquakulturfarmen, indem sie in Netzkäfige eindringen. Versagen akustische Abwehrmittel, ziehen Aquakulturbetreiber die Tötung in Betracht und geraten dabei in Konflikt mit Vorschriften zum Schutz der Wildtiere. Dem Schutz der Robben ist im Marine (Scotland) Act 2010 ein eigener Abschnitt gewidmet, der jedoch zugleich die von Umweltschutzorganisationen scharf kritisierte Möglichkeit vorsieht, u. a. zum Schutz von Fischfarmen den Fang oder Abschuss von Robben in einer seal license zu genehmigen. Die sec. 110 Marine (Scotland) Act 2010 sieht zwei aquakulturspezifische Genehmigungsgründe vor. Danach kann die Lizenz erteilt werden entweder zum Schutz der Gesundheit oder des Wohlergehens von in Aquakultur gehaltenen Fischen734 oder um schwere Schäden an Fischfarmen zu vermeiden.735 Vor der Genehmigung müssen die Scottish Ministers Informationen über an der betreffenden Fischfarm, oder Fischfarmen in der Nähe derjenigen des Antragstellers durch Robben entstandenen Schäden einholen und die Effektivität alternativer nicht-tödlicher Maßnahmen prüfen.736 Die Lizenzen enthalten Angaben über die maximale Zahl der Abschüsse oder Fänge sowie zu Methoden bei der Durchführung. 729

ICES Code of Practice on the Introductions and Transfers of Marine Organisms, Ziff. V. Williamsburg Resolution, Annex 5. 731 Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90/220/EWG des Rates, ABl. L 106 v. 17. 4. 2001, S. 1, zuletzt geändert durch Richtlinie 2008/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2008, ABl. L 81 v. 20. 3. 2008, S. 45. 732 Scottish Government, http://www.scotland.gov.uk/Topics/Environment/15159/legislati on, Stand: 25. 1. 2011. 733 Art. 2 Ziff. 3 i.V.m. Ziff. 4.2.5. der Leitlinien gem. Anhang II der Richtlinie 2001/18/EG. 734 Sec. 110(1)(f) Marine (Scotland) Act 2010. 735 Sec. 110(1)(g) Marine (Scotland) Act 2010. 736 Sec. 111(2) Marine (Scotland) Act 2010. 730

V. Der Schutz von Gewässerqualität und Biodiversität

173

4. Bewertung: die Regelungen zu Gewässerschutz und Biodiversität Das Regelungsregime, dem die schottische Aquakultur in Hinsicht auf den Gewässer- und Artenschutz unterliegt, ist inzwischen als engmaschig zu bezeichnen. Präventive Instrumente setzen bereits auf der Ebene der Planung und Erstgenehmigung an, greifen aber auch für die spätere Betriebsphase die bekannten Umweltprobleme der intensiven Aquakultur auf und versuchen eine effektive rechtliche Steuerung zu erzielen. Für die komplexen Probleme im Zusammenhang mit den aquakulturtypischen Gewässeremissionen geben europäische Rechtsvorschriften bereits einen Rahmen vor. Diese konkretisieren zwar in einem schwer durchschaubaren Geflecht von damit verbundenem weiterem Sekundärrecht zum Teil auch inhaltliche Maßstäbe, etwa durch Festlegung von Parametern schädlicher Stoffe oder auch Grenzwertbestimmungen. Daneben enthalten sie auch Angaben dazu, in welchen Strukturen die Durchsetzung der Vorgaben erfolgen soll. Vielfach sind die Regelungen aber von eher unbestimmten Zielen geprägt, allen voran die zentrale Wasserrahmenrichtlinie, die darauf abzielt, eine Verschlechterung des Zustands der aquatischen Ökosysteme zu vermeiden und Belastungen durch Immissionen langfristig zu verhindern. In der Umsetzung steht der mitgliedstaatliche Gesetzgeber nicht nur vor der Aufgabe, solche Vorgaben in die eigene Rechtsordnung zu integrieren, sondern vor allem sie in praktisch handhabbare Anwendungsprogramme zu überführen, die im Umweltbereich auch naturwissenschaftlichen Sachverstand voraussetzen. Dieses Herunterbrechen auf die Anwendungsebene ist in Schottland auf hohem Schutzniveau gelungen. Die für den Gewässerschutz in Genehmigungs- und nachlaufenden Überwachungsverfahren federführend zuständige Behörde SEPA hat mit der Ausarbeitung von Grenzwerten und praktikablen Methoden wie dem mixing zone approach oder der Entwicklung von Rechenmodellen eine naturwissenschaftlich fundierte Grundlage dafür geschaffen, ein effektives Management der Gewässeremissionen durch Aquakultur sicherzustellen. Sie beschränkt sich dabei auch nicht ausschließlich auf die Umsetzung von EU-Vorgaben, sondern geht für den Bereich der Sedimentqualität, für die sie eigene Qualitätskriterien entwickelt hat, weiter als die meisten Regulierungsbehörden in anderen Mitgliedstaaten der EU.737 Der Anforderungen des EU-Rechts sind aber von prägender Bedeutung. Insbesondere werden die verwendeten Verfahren den methodischen Vorgaben der WRRL gerecht. Entsprechend dem in Art. 10 WRRL vorgesehenen sog. kombinierten Ansatz werden sowohl die Emissionsseite, als auch das zulässige Immissionsergebnis reglementiert. Die CAR-license stellt sich mit ihrer Beschränkung auf eine bestimmte höchstzulässige Biomasse als Emissionslizenz dar. Diese wird aber bereits im Hinblick auf ein prognostiziertes Immissionsergebnis am Einwirkungsort nach Maßgabe eines 737 Black/Cromney, The scientific basis of marine fish farm regulation, Science Diliman, Vol. 20 No. 2 (2008), p. 90.

174

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

Qualitätsnormensystems für Sediment und Wassersäule ausgestellt und auch später auf die tatsächlich festgestellten Auswirkungen kontrolliert (zum Monitoring siehe unter C.VI.). Hervorzuheben ist zudem die einzelfallbezogene Herangehensweise, die die Gegebenheiten des jeweiligen Aquakulturstandorts und die Aufnahmekapazität des umgebenden Gebiets zum Ausgangspunkt der Lizensierungsbedingungen macht. Anders als bei der Zugrundelegung starrer Maßstäbe kann dadurch eine Schädigung besonders empfindlicher Standorte ebenso vermieden werden, wie die unnötige Verhinderung einer verantwortlichen Aquakultur in solchen Gebieten, in denen die Voraussetzungen überdurchschnittlich günstig sind – immer vorausgesetzt, die Behörden sind und bleiben zu der angemessenen Handhabung in der Lage und setzen diese um. Die administrative Praxis im Einzelfall trägt damit einen ganz maßgeblichen Teil der Ergebnisverantwortung. Hinsichtlich des Schutzes von Biodiversität in den bewirtschafteten Ökosystemen kann festgestellt werden, dass das wissenschaftlich erwiesene Gefahrenpotenzial der Aquakultur mittlerweile erkannt und einer strikten Reglementierung unterworfen worden ist. Nachteilige Auswirkungen auf die Artenvielfalt im benthischen Lebensraum unter den Fischfarmen rühren direkt von den Gewässereinträgen und Sedimentveränderungen her und werden bereits im Rahmen der immissionsschutzrechtlichen Vorschriften mitberücksichtigt. Soweit Gefahren für wilde Fischbestände durch die Verbreitung von Wassertierseuchen bestehen, wird das europarechtlich implementierte System zur Überwachung und langfristigen Seuchenkontrolle der EU-Gewässer um weit reichende ordnungsrechtliche Pflichten der Betreiber und behördliche Maßnahmen im Falle eines Krankheitsausbruchs ergänzt. Über die vorgelagerte Kontrollfunktion der Aquakulturbetriebsgenehmigung nach den Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009 und der gesetzlichen Anerkennung der seuchenpräventiven Vorgaben des Code of Good Practice der Industrieverbände für behördliche Kontrollen wird überdies ein Grundniveau der umsichtigen Praxis und hinreichenden Ausstattung der Betriebe gewährleistet. Einer vergleichbaren Struktur folgen die Regelungen zur Verhütung des Entkommens von Zuchtfischen. Präventiv sorgen die Dokumentationspflichten der Fish Farming Businesses (Record Keeping) (Scotland) Order 2008 dafür, dass die Betreiber ausbruchssichere Ausrüstung verwenden und diese in Stand halten. Die behördliche Überwachung der Anlagen anhand der strengen Sicherheitsstandards des CoGP erhöht noch einmal den Druck auf die Betreiber, ihre Praxis zu optimieren. Kommt es dennoch zum Entkommen von Zuchtfisch, greifen analog zu den Vorschriften über die Seuchenkontrolle Meldepflichten und die Pflicht zum versuch der Schadensbegrenzung ein. Noch deutlicher als im Fall von Wassertierseuchen, deren potenzieller Schadensherd regelmäßig auf den kontrollierbaren Bereich der Aquakulturanlage begrenzt bleibt, muss allerdings für Maßnahmen nach großmaßstäblichen Ausbrüchen von Fischen darauf hingewiesen werden, dass sie in der Regel wenig bewirken können. Der gezielte Wiedereinfang von Aquakulturfischen in of-

VI. Nachlaufende Kontrollverfahren – Monitoring

175

fenen Küstengewässern ist faktisch geradezu aussichtslos. Dementsprechend konsequent ist daher die in Schottland auch betriebene sukzessive Erhöhung der Sicherheitsstandards zu Seuchenvermeidung und Ausbruchssicherheit, die verhindern sollen, dass es überhaupt zum Schadenseintritt kommt.

VI. Nachlaufende Kontrollverfahren – Monitoring Um langfristig die Regelungsziele guter Gewässerqualität, Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit zu erreichen, wird neben der Errichtung von Zulassungsbeschränkungen bei der Planung und Genehmigung auch der laufenden Betrieb von Aquakulturen auf die Einhaltung bestehender Standards kontrolliert. Ein Nebenzweck der dazu durchgeführten Messungen liegt darin, die bei der Lizensierung von Aquakulturstandorten verwendeten mathematischen Modelle auf ihre Aussagerichtigkeit hin zu überprüfen und allgemein Daten über den Umweltzustand der jeweiligen Gebiete zu sammeln.738 Der Begriff Monitoring bezeichnet sowohl die naturwissenschaftliche Methodik, die dabei zur Anwendung kommt, als auch die regelmäßige Kontrolle der Einhaltung der rechtlichen Vorgaben im juristischen Sinne. Nachlaufende Kontrollverfahren dieser Art existieren in den einschlägigen Vorschriften zu Gewässer- und Umweltqualität der Standorte (dazu unter 1.) sowie im Wassertierseuchenrecht und für den Bereich der entkommenssicheren Haltung (dazu unter 2.). Schließlich finden regelmäßige behördliche Kontrollen auf Arzneimittelrückstände in Aquakulturtieren und hinsichtlich der Muschelgewässerqualität, daneben das allgemeine Monitoring auf Grundlage der in Selbstregulierung entstandenen und verwalteten Codes of Conduct statt (dazu unter 3.). 1. Monitoring nach CAR für Wasser- und Sedimentqualität Während die Gewässer- und Umwelteinwirkungen im Rahmen der Lizensierung einer neuen Fischfarm nach den Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011 aufgrund von Modellrechnungen prognostiziert und die Ergebnisse dann an Umweltqualitätskriterien gemessen werden739, findet nach erfolgter Lizensierung eine auf reale Messdaten gegründete Prüfung statt, ob die vorhergesagten Bedingungen eingetreten sind und die Standards eingehalten werden. Ein wesentlicher Teil des Monitoring erfolgt im Wege der Selbstkontrolle durch die Betreiber selbst. Daneben finden Inspektionen durch Behördenvertreter statt.

738 739

FAO, Fisheries and Aquaculture Technical Paper 527, p. 494. Zum Verfahren siehe unter C.III., zu den Maßstäben unter C.V.

176

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

a) Zuständigkeit der SEPA Die Scottish Environmental Protection Agency SEPA ist neben der Lizenzerteilung auch für die nachlaufende Überwachung zuständig. Sie hat zum einen periodische Überprüfungen erteilter CAR-rechtlicher Autorisierungen, insbesondere auch der für die Aquakultur relevanten Lizenzen740 vorzunehmen. Die Durchführung darüber hinausgehender außerordentlicher Nachprüfungen dahin, ob die Lizenzbedingungen und Auflagen eingehalten werden, liegt im Ermessen der Behörde.741 Die Kernvorschrift der Überwachungskompetenzen liegt jedoch in reg. 31(1) Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011: „It shall be the duty of SEPA to monitor compliance with and to enforce the provisions of these regulations“.

Die Prüfung der Einhaltung und gegebenenfalls die Durchsetzung der für den Betrieb von Fischfarmen maßgeblichen CAR-Vorschriften obliegt SEPA. Zur Erfüllung dieser Aufgabe und zur Durchführung der damit verbundenen Untersuchungen und Messungen kann die Behörde geeignete Dritte einschalten.742 Diese erhalten dadurch ihrerseits Durchsetzungsbefugnisse, vor allem Betretensrechte, das Recht zur Vornahme von Untersuchungen, Probenentnahmen etc. sowie die Möglichkeit, Anlagen zum Zweck weiterer Untersuchung vorübergehend abzusperren.743 Die Kontrollbefugnisse können erforderlichen Falls mit Polizeigewalt durchgesetzt werden.744 b) Durchführung: überwachte Selbstkontrolle und Inspektionen Der größere Teil der nachlaufenden Kontrolltätigkeiten wird unter dem in Schottland geltenden Steuerungsregime der Aquakultur allerdings im Wege der Selbstkontrolle (self-monitoring) durchgeführt. Die Betreiber selbst müssen nach Maßgabe der bereits in der CAR-Lizenz vorgeschriebenen Monitoring-Auflagen regelmäßige Untersuchungen und Prüfungen durchführen, die entsprechend aufgezeichnet werden müssen.745 Hinzu kommen von der Behörde SEPA selbst vorgenommene audits im Sinne von Inspektionen.746 740

Gemäß reg. 8 Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011. Reg. 21 Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011; die „review“ der Lizenzen dürfte sich auf die Einhaltung der darin festgelegten Verpflichtungen, insbesondere zur selbstständigen Durchführung von Monitoringmaßnahmen beziehen. 742 Reg. 31(3), (4) Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011. 743 Sched. 6 Part 1 Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011. 744 Sched. 6 Part 3 Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011. 745 Henderson/Davies, Review of aquaculture, its regulation and monitoring in Scotland, J. Appl. Ichthyol. 16 (2000), pp. 200 – 208 (203). 746 Henderson/Davies, Review of aquaculture, its regulation and monitoring in Scotland, J. Appl. Ichthyol. 16 (2000), pp. 200 – 208 (203); FAO, Fisheries and Aquaculture Technical Paper 527, p. 494. 741

VI. Nachlaufende Kontrollverfahren – Monitoring

177

c) Maßstäbe des Monitoring: Weiterführung der pre-licence-Methodik Wie bereits bei den konkreten Maßstäben der Entscheidungsfindung in den Planungs- und Zulassungsverfahren sind die Monitoring-Verfahren nicht in allen Einzelheiten gesetzlich geregelt. Sie werden in der Verwaltungspraxis durch behördeneigene Fachleute entwickelt und knüpfen in ihrer Konzeption an die Methoden und Parameter an, die auch bei der Neuzulassung von Standorten und Festlegung zulässiger Bewirtschaftung angelegt werden. Die Verfahren zur Bestimmung der Gewässerverträglichkeit im Vorfeld einer Vorhabengenehmigung und diejenigen zum nachlaufenden Monitoring folgen insoweit einem einheitlichen Konzept. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass im Vorfeld einer Lizensierung Simulationen die Vergleichswerte liefern, während das nachlaufende Monitoring naturgemäß in einer Überprüfung der tatsächlichen Werte besteht. Die wichtigsten das kohärente Prüfsystem kennzeichnenden Prinzipien und Methoden wurden bereits bei der Darstellung des Gewässerschutzes, dort im Zusammenhang mit den Maßstäben der Standortvergabe behandelt. Es sind im Wesentlichen die Aufstellung von Umweltqualitätskriterien und das Konzept der Allowable Zones of Effect (AZE). Bereits auf die Ergebnisse der Rechenmodelle, die vor der CAR-Lizensierung einer Fischfarm ermittelt werden, kommt das Konstrukt der AZE oder mixing zone concept zur Anwendung [siehe dazu schon oben unter C.V.1.b)cc)]. Danach werden Zonen um die Fischfarm herum definiert, innerhalb derer eine höhere Beeinträchtigung der Sediment- und Wasserqualität akzeptiert wird. Es werden also stets zwei Umweltqualitätskriterien angesetzt, ein strengerer Wert für den Bereich außerhalb der AZE und ein weniger strenger für die Zone selbst. d) Standortspezifische Monitoring-Intensität Das der gewässerimmissionsschutzrechtlichen Lizensierung nachlaufende Monitoring aufgrund der CAR-Regulations bezieht sich zum einen auf die Wasserqualität in der Wassersäule (water column), zum anderen auf den Zustand des Meeresgrunds unter und im Umkreis der Fischfarmen, welcher mit seinem benthischen Ökosystem besonders empfindlich und durch Aquakulturbewirtschaftung gefährdet ist.747 Die in der CAR-Lizenz vorgegebene Intensität, Art und Häufigkeit der jeweiligen Prüfungen variiert im Einzelfall und wird anhand zweier Faktoren festgelegt: erstens über die Ausdehnung der AZEs und zweitens durch die Festlegung eines von mehreren typisierten Monitoring-Programmen. Zunächst werden die Abmessungen der AZEs mithilfe des Rechenmodells autoDEPOMOD den Bedingungen am Standort angepasst; die früher übliche, starre Bemessung (Sediment-AZE von 25 m, Wassersäulen-AZE von 100 m um die Fischfarm herum) findet nur für Anlagen Anwendung, die noch auf dieser Grundlage 747

FAO, Fisheries and Aquaculture Technical Paper 527, p. 495.

178

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

lizensiert wurden.748 Damit steht fest, an welcher AZE sich die Messpunkte orientieren, an denen die von den Umweltqualitätsstandards vorgegebenen Werte vorliegen müssen. Welches Maß an Monitoring anzuordnen ist, wird anhand der Farmgröße (Zuchtbestand in t Biomasse), des hydrografischen Charakters und der spezifischen Sensibilität des jeweiligen Standortes bestimmt. Die gebotene Monitoring-Intensität ist z. B. dann höher einzustufen, wenn sich europäische oder nationale Schutzgebiete in der Umgebung befinden.749 Niedrigere Anforderungen an das Monitoring können demgegenüber gewährt werden, wenn etwa eine Farm kleineren Zuschnitts über steinigem Sediment bei starker Strömung betrieben wird.750 Ausgehend von der nach den genannten Parametern festgelegten Sensibilität des Standortes wird in der CAR-Lizenz eine von verschiedenen Monitoring-Kategorien (survey strategies, survey levels und survey categories) vorgeschrieben. Diese typisierten Programme unterscheiden sich vor allem in der Anzahl und Verteilung der Probennahme-Standorte. aa) Monitoring der Wassersäule Das Monitoring der Wassersäule wird parallel von SEPA und daneben im Wege der Selbstkontrolle durchgeführt. Gegenstand der Kontrollen sind neben Salzgehalt und Temperatur die folgenden Parameter: - Nährstoffe und gelöste Nitrate, Nitrite, Ammoniak und Phosphate, - Kupferrückstände, - Sauerstoffgehalt, - Chlorophyll, - gelöste Medikamente und Chemikalien.751 Bei identischen Messmethoden hängt die Anzahl der angeordneten Probenahmen von der Farmgröße in t Biomasse und der Wasseraustauschrate ab. Während Farmen mit einem Zuchtbestand von weniger als 1000 t Biomasse kein regelmäßiges Monitoring der Wassersäule durchführen müssen, reicht die Bandbreite bei Farmen ab 1000 t Biomasse je nach den Strömungsbedingungen von vier bis acht Messpunkten im Bereich der Käfige und in Abständen von 5 m bis 100 m im Umkreis.752 Diese Messungen finden halbjährlich, einmal im Sommer und einmal im Winter statt.753

748

FAO, Fisheries and Aquaculture Technical Paper 527, p. 496. FAO, Fisheries and Aquaculture Technical Paper 527, p. 495. 750 Black/Cromney, The scientific basis of marine fish farm regulation, Science Diliman, Vol. 20 No. 2 (2008), p. 11 – 22 (18). 751 FAO, Fisheries and Aquaculture Technical Paper 527, p. 497. 752 FAO, Fisheries and Aquaculture Technical Paper 527, p. 496. 753 FAO, Fisheries and Aquaculture Technical Paper 527, p. 496. 749

VI. Nachlaufende Kontrollverfahren – Monitoring

179

bb) Monitoring des Meeresgrundes Kontrollen der Sedimentqualität am Meeresgrund werden unter und in unmittelbarer Nähe der Käfige und zwar überwiegend durch die Betreiber selbst durchgeführt, wobei die jeweils vorgeschriebenen Monitoring-Programme sich in ihrem Umfang und ihrer Häufigkeit wiederum an der standortspezifischen Biomasse an Fischbestand und Hydrografie orientieren.754 An der Überschreitung der 1000 t Biomasse-Grenze entscheidet sich die Anwendung einer sog. einfachen oder erweiterten Monitoring-Strategie (seabed monitoring strategies), die ihrerseits in sechs verschiedene Monitoring-Kategorien (survey categories) aufgegliedert sind.755 In allen Monitoring-Kategorien überprüfte Parameter, für die entsprechende Qualitätskriterien existieren, sind für den Meeresboden in drei Klassen zu unterteilen: - Benthischer Lebensraum (Klasse 1). Insoweit erfolgt eine Kontrolle auf Anwesenheit bestimmter, für die Gewässerqualität indikativer Organismen. - Oberfläche des Meeresgrundes (Klasse 2). Hier wird das Vorhandensein von Futterpellets und bestimmter Schmutzwasserbakterien überprüft. - Sediment (Klasse 3). Es erfolgen Rückstandsmessungen hinsichtlich Teflubenzuron, Kupfer, Zink, freier Sulfide, organischen Kohlenstoffs, eine Prüfung des Redoxpotenzials sowie eine Abbrennprobe (loss on ignition).756 Das Monitoring des Meeresgrundes findet einmal jährlich in dem Zeitraum statt, in dem sich die größte Biomasse an Fisch in den Käfigen befindet, also abhängig von den Produktionszyklen zwischen dem 1. Mai und dem 31. Oktober eines Jahres.757 e) Folgen von Rechtsverstößen Behördliche Schritte gegen die Nichteinhaltung der Gewässerschutzvorschriften können zum einen nach Part V Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011 ergehen. Diese zielen direkt auf die Durchsetzung des Rechts. Zum anderen sieht Part VII derselben Verordnung, teils als zweite Eskalationsstufe der Vollzugsvorschriften ausgestaltet, für bestimmte Zuwiderhandlungen eine Strafandrohung vor. aa) Rechtsdurchsetzung Rechtsverstöße können darin liegen, dass die in der für die jeweilige Fischfarm ausgestellten CAR-Lizenz enthaltenen Auflagen und Kerndaten der genehmigten Bewirtschaftung nicht eingehalten werden oder Umweltqualitätskriterien über754 755 756 757

FAO, Fisheries and Aquaculture Technical Paper 527, p. 497. FAO, Fisheries and Aquaculture Technical Paper 527, p. 498. FAO, Fisheries and Aquaculture Technical Paper 527, p. 499. FAO, Fisheries and Aquaculture Technical Paper 527, p. 498.

180

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

schritten werden. Die geltenden Umweltqualitätskriterien werden auch als action levels bezeichnet, weil bei ihrer Überschreitung die Möglichkeit und zugleich Verpflichtung der SEPA entsteht, ordnungsrechtliche Maßnahmen zu ergreifen. Dementsprechend sehen die CAR-Regulations in Part V zwei grundlegende Eingriffstatbestände vor: Den zurückliegenden, gegenwärtigen oder drohenden Verstoß gegen den Inhalt einer erteilten CAR-Lizenz758 und das erfolgte, gegenwärtige oder drohende Hervorrufen schädlicher Auswirkungen auf die Gewässerumwelt.759 In beiden Fällen erlässt SEPA eine Durchsetzungsverfügung (enforcement notice). In dieser Verfügung werden der jeweilige Rechtsverstoß gegenüber der verantwortlichen Person760 dargelegt und diesem Maßnahmen aufgegeben, um den Verstoß, bei Dringlichkeit auch mit Fristsetzung, abzustellen oder zu beheben.761 In diesem Rahmen kann SEPA auch eine vorübergehende Stilllegung von Zuchtanlagen verfügen.762 In Eilfällen oder bei Unerreichbarkeit des richtigen Verfügungsadressaten besteht schließlich das Recht der Behörde, die anzuordnenden Gefahrenabwehrmaßnahmen selbst auszuführen und den Verantwortlichen für die Kosten heranzuziehen.763 bb) Sanktionierung von Verstößen Wird gegen Vorschriften der CAR-Regulations verstoßen, greifen für bestimmte Zuwiderhandlungen daneben Strafvorschriften (offences) ein, deren Verwirklichung empfindliche Sanktionen nach sich zieht. Die wichtigsten für Aquakulturen relevanten Verstöße liegen in: - dem Betrieb einer lizensierungspflichtigen Fischfarm ohne Lizenz, - der Überschreitung oder Missachtung der Lizenz, die mit ihr verbundenen Bedingungen und Auflagen inbegriffen, - der Missachtung von Anweisungen im Zusammenhang mit der Überwachungskompetenz der Behörden, - der Missachtung einer Durchsetzungsverfügung oder - der Weigerung, bzw. vorsätzlichen Falschangabe im Rahmen von Berichts- und Informationspflichten auf Grundlage der CAR-Regulations.764 758

2011. 759

2011. 760

Reg. 32(1)(a)(i) Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations Reg. 32(1)(a)(ii) Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations

Im Antrag auf CAR-Lizensierung muss eine für die Einhaltung der Lizenzbedingungen verantwortliche Person genannt werden, reg. 8(6) Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011. 761 Reg. 32(2)(e) Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011. 762 Reg. 32(3) Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011. 763 Reg. 33 Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011. 764 Reg. 44(1) Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011.

VI. Nachlaufende Kontrollverfahren – Monitoring

181

Ausgeschlossen ist die Verantwortlichkeit hingegen, wenn der Verstoß auf einem unvorhersehbaren Unfall oder natürlichen Ursachen, insbesondere höherer Gewalt beruht und sowohl ordnungsgemäße Präventionsmaßnahmen getroffen, als auch nach dem Vorfall unverzüglich Schritte zur Abhilfe ergriffen wurden.765 Die Höhe der Strafe bewegt sich zwischen Geldzahlungen bis von maximal GBP 40.000,– bis hin zu Freiheitsstrafe, die im Härtefall bis 5 Jahre betragen kann.766 2. Monitoring hins. Seuchen, Seeläusen und ausbruchssicherer Haltung Die einschlägigen Vorschriften zum Schutz vor Seuchenausbrüchen und -verbreitungen, Seeläusebefall sowie zur Vermeidung des Entweichens von Zuchtfischen in die Wildbahn unterliegen zu ihrer Absicherung und Durchsetzung ebenfalls Monitoring-Regimen, die regelmäßige Inspektionen vorsehen. Diese Inspektionen ergänzen die den Betreibern aufgrund der Fish Farming Businesses (Record Keeping) (Scotland) Order 2008 und dem seit 2007 für einige Sachbereiche verbindlichen Code of Good Practice auferlegten Pflichten zur Selbstkontrolle, Dokumentation und Einhaltung technisch-organisatorischer Standards. Die Fish Farming Businesses (Record Keeping) (Scotland) Order 2008 verlangt die Dokumentation zahlreicher Einzelheiten hinsichtlich der in der betreffenden Anlage vorgenommenen Maßnahmen zur Prävention, Kontrolle und Reduktion von Parasiten, einschließlich des Medikamenteneinsatzes.767 Das gleiche gilt für den Regelungsbereich der ausbruchssicheren Haltung.768 Die von den Betreibern danach anzufertigenden Aufzeichnungen sind bei Inspektionen zugleich Gegenstand des über Inspektionen vollzogenen Monitoring.769 a) Zuständigkeit des Fish Health Inspectorate Zuständig für dahingehende Kontroll- und Inspektionsmaßnahmen sind nach dem Aquaculture and Fisheries (Scotland) Act 2007 die Scottish Ministers. Funktionell werden die Monitoringaufgaben von Marine Scotland Science, dort dem Fish Health Inspectorate (FHI) ausgefüllt. Gleiches gilt für Überwachungsaufgaben gemäß Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009. Auch hier ist das FHI zuständig.770

765

Reg. 48 Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011. Reg. 44(2) Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011. 767 Sched. 1 Fish Farming Businesses (Record Keeping) (Scotland) Order 2008. 768 Sched. 2 Fish Farming Businesses (Record Keeping) (Scotland) Order 2008. 769 Sec. 3 und sec. 5 Aquaculture and Fisheries (Scotland) Act 2007. 770 Scottish Government, http://www.scotland.gov.uk/Topics/marine/Fish-Shellfish/FHI, Stand: 10. 3. 2011; Scottish Government, Fish Health Inspectorate, Service Charter (2010), p. 3. 766

182

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

b) Monitoring nach den Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009 Bereits unter C.V. geschildert wurden die Mechanismen der Seuchenprävention und Seuchenbekämpfung gemäß den auf die Richtlinie 2006/88/EG zurückgehenden Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009, insbesondere die behördlichen Maßnahmen, die eingreifen wenn bereits ein Krankheitsausbruch aufgetreten ist. Die Richtlinie 2006/88/EG fordert im Rahmen der Aufrechterhaltung des Klassifizierungssystems für Gebiete mit bestimmtem Seuchenstatus zudem die vorsorgende behördliche Überwachung ein.771 Die Inspektoren des FHI führen vor diesem Hintergrund regelmäßige Inspektions- und Prüfungsprogramme auf die gemäß der Richtlinie gelisteten Wassertierkrankheiten durch. Die Häufigkeit der Inspektionen einzelner Betriebe wird nach dem der jeweiligen Fischfarm zugeschriebenen Risikopotenzial bestimmt und erfolgt bei hoher Risikoeinstufung jährlich, sonst seltener.772 Alle zwei Jahre werden auf Anlagen, in denen für bestimmte Krankheiten empfängliche Fische gehalten werden, je 30 Exemplare entnommen und untersucht; diese Methode soll mit einer Sicherheit von 95 % gewährleisten, dass bei einer Befallquote von 10 % des Bestandes die Krankheit bemerkt wird.773 Die notfalls zwangsweise Durchsetzung der Inspektionen ist ähnlich wie in den CAR-Regulations abgesichert durch Zutritts-, Durchsuchungs- und sogar Beschlagnahmerechte der Inspektoren sowie der Möglichkeit, Durchsetzungsverfügungen (enforcement notices) zu erlassen.774 Flankiert werden die Befugnisse von strafbewehrten Tatbeständen.775 c) Monitoring nach dem Aquaculture and Fisheries (Scotland) Act 2007 Zusätzlich zu diesen fischseuchenrechtlichen Inspektionstätigkeiten hält auch der Aquaculture and Fisheries (Scotland) Act 2007 weitere Befugnisse zu Inspektionen erstens hinsichtlich Seeläusen und zweitens hinsichtlich der Maßnahmen zur Verhinderung des Ausbruchs von Zuchtfischen vor. Die Ermächtigungsgrundlage aus sec. 3 Aquaculture and Fisheries (Scotland) Act 2007 ermöglicht den Inspektoren des FHI Kontrollen von Fisch- oder Muschelfarmen zum Zweck der Nachprüfung etwa vorhandenen Befalls der Bestände mit Seeläusen und insbesondere der vom Betreiber vorgenommenen Maßnahmen zur Prävention, Kontrolle und Reduzierung der Parasiten. Umfasst sind die beiden Seelaus-Arten Caligus elongatus und Lepeophterirus salmonis.776 Parallele Moni771

Art. 7 i.V.m. Anhang III, Teil B der Richtlinie 2006/88/EG. Scottish Government, Fish Health Inspectorate, Service Charter (2010), p. 4. 773 Scottish Government, Fish Health Inspectorate, Service Charter (2010), p. 4. 774 Reg. 39(1) Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009. 775 Etwa reg. 39(4) Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009 für die Missachtung einer ergangenen Durchsetzungsverfügung. 776 Sec. 4 Aquaculture and Fisheries (Scotland) Act 2007. 772

VI. Nachlaufende Kontrollverfahren – Monitoring

183

toringmaßnahmen sind in sec. 5 Aquaculture and Fisheries (Scotland) Act 2007 vorgesehen, um festzustellen, welches Risiko für das Entkommen von Zuchttieren aus Fischfarmen besteht und gegebenenfalls Ausbrüche zu dokumentieren sowie die Vorsorge- und Sicherungsmaßnahmen zu überprüfen. Maßstab des Monitoring ist hier wie dort der Code of Good Practice.777 Die Betreiber sind daher unabhängig von einer Mitgliedschaft in einem der Verbände, die den CoGP anerkannt haben, verpflichtet, die strengen Vorgaben des Verhaltenscodes einzuhalten, die etwa hinsichtlich Seeläusen eine wöchentliche Prüfung fordern. Zur Durchsetzung der Vorschriften des Aquaculture an Fisheries (Scotland) Act 2007 werden dieselben drei Instrumente verwendet, wie in den beiden anderen, soeben dargestellten MonitoringRegimen. Dies sind: - Rechte der Inspekteure (Zutritt, Probenahme, Einsicht in Dokumente)778, - Durchsetzungsverfügung779, - Bußgeldtatbestände.780 Eine Durchsetzungsverfügung kann beispielsweise ergehen, wenn die im CoGP enthaltenen Vorgaben zu Präventionsmaßnahmen in Bezug auf Seeläuse oder ausbruchssichere Haltung nicht eingehalten werden oder der Inspektor sonst wesentliche Mängel feststellt.781 Bußgelder können u. a. dann verhängt werden, wenn eine Durchsetzungsverfügung missachtet wird oder Inspektoren bei ihrer Arbeit behindert werden.782 Die maximal zu zahlenden Summen werden nach einer für Bußgelder allgemein gültigen standard scale festgelegt und erstrecken sich auf eine Maximalhöhe von GBP 2.500,– (level 4).783 Die Häufigkeit der Inspektionen nach dem Aquaculture an Fisheries (Scotland) Act 2007 entspricht der Monitoringfrequenz der übrigen gesetzlich vorgeschriebenen Kontrollen. Inspektionen finden in einem Zuge mit den regelmäßig jährlichen Seucheninspektionen des FHI statt.784 Jedes Jahr erfolgen darüber hinaus an etwa 10 % der aktiven Standorte tiefer gehende Audit-Prüfungen, in denen mit größerer Kontrollintensität die Maßnahmen gegen Seeläuse und zur Ausbruchsprävention untersucht werden.785

777

Sec. 8 Aquaculture and Fisheries (Scotland) Act 2007. Sec. 9 und sec. 3(3) bzw. sec. 5(3) Aquaculture and Fisheries (Scotland) Act 2007. 779 Sec. 6 Aquaculture and Fisheries (Scotland) Act 2007. 780 Etwa sec. 11 Aquaculture and Fisheries (Scotland) Act 2007. 781 Sec. 8(2) und sec. 6(1) Aquaculture and Fisheries (Scotland) Act 2007. 782 Sec. 6(9) und sec. 11 Aquaculture and Fisheries (Scotland) Act 2007. 783 Aquaculture and Fisheries (Scotland) Act 2007, Explanatory Notes, p. 4. 784 Scottish Government, Guidance to Fish Health Inspectors Regarding the Enforcement of Provisions in Relation to Containment and Fish Farm Escapes, p. 5. 785 Scottish Government, Guidance to Fish Health Inspectors Regarding the Enforcement of Provisions in Relation to Containment and Fish Farm Escapes, p. 6. 778

184

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

3. Sonstige Monitoring-Regime Neben diesen Hauptfeldern der aquakulturspezifischen nachlaufenden Kontrolle ist das FHI für das Monitoring in einem weiteren Spezialfeld zuständig. Das FHI unternimmt Prüfungen im Hinblick auf die Dokumentation von Medikamentenverwendung in Fischfarmen sowie Probenahmen von Zuchtfisch, um etwa enthaltene Rückstände von Medikamenten festzustellen und bei positivem Befund weiter zu ermitteln. Rechtsgrundlage sind insofern die Animal and Animal Products (Examination for Residues and Maximum Residues Limits) Regulations 1997 in Verbindung mit reg. 32 der Veterinary Medicines Regulations 2006. Das FHI wird hierbei für das britische Veterinary Medicines Directorate tätig.786 Die Sicherstellung der von der Muschelgewässerrichtlinie geforderten Überwachung von Muschelgründen obliegt SEPA (dazu siehe bereits oben unter C.V.). Soweit die Einhaltung der Vorgaben des Code of Good Conduct nicht ohnehin im Rahmen des Monitoring gemäß dem Aquaculture and Fisheries (Scotland) Act 2007 flächendeckend von Behördenseite kontrolliert wird, unterliegen die Mitglieder des Verbandes zusätzlich Kontrollen durch UKAS-zertifizierte Stellen.787 4. Bewertung: das Monitoring-Regime Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die vorgeschalteten Zulassungsverfahren für die Planung und Genehmigung von Aquakulturen mit ihren unterschiedlichen Zielrichtungen auch für die Zeit des laufenden Betriebes um entsprechende Kontrollverfahren ergänzt werden, die die Einhaltung bestehender Standards gewährleisten. Dies gilt für die Kernbereiche der Gewässerqualität, des Fischseuchenschutzes sowie der Probleme im Zusammenhang mit Seeläusen und dem Entkommen von Zuchttieren ins freie Wasser. Das Netz der Prüfungen, Messungen und Inspektionen ist angesichts der bekannten Risiken als dicht zu bezeichnen. Strukturell kennzeichnend ist das Zusammenspiel von Selbstkontrolle und behördlicher Inspektion durch SEPA und FHI. Die Vorgaben der jeweiligen CARLizenz enthalten ausführliche Auflagen, in denen den Betreibern dargelegt wird, welche eigenen Messungen vorgenommen werden müssen. Ähnliche Verpflichtungen, die im alltäglichen Betrieb regelmäßig zu prüfen oder zu beachten sind, treffen die Aquakulturbetreiber im Zusammenhang mit den anderen genannten Regelungsbereichen. Die Selbstkontrolle geht dabei regelmäßig – also abgesehen von meldepflichtigen „Störfällen“ wie dem Entkommen von Zuchttieren oder Seuchenausbrüchen – nicht mit Berichtspflichten, sondern lediglich Dokumentierungspflichten der ordnungsgemäßen Praxis einher. Dies könnte zunächst unzureichend erscheinen. Allerdings sind die in diesem Rahmen zu erstellenden Auf786 787

Scottish Government, Fish Health Inspectorate Service Charter (2010) p. 7. Siehe dazu bereits unter C.I.

VII. Transparenz, Legitimation, Effizienz – Einbindung von Stakeholdern

185

zeichnungen neben zahlreichen anderen Aspekten Gegenstand der Inspektion, also der traditionellen behördlichen Aufsicht, und damit des zweiten wichtigen Kontrollinstruments. Um eine solche behördliche Prüfung unbeanstandet und damit folgenlos zu absolvieren, müssen die Betreiber ihre ordnungsgemäßen Aufzeichnungen vorweisen können. Zugleich werden die Mechanismen der Selbst- und Fremdkontrolle auf diese Weise miteinander verwoben. Bei den materiellen Prüfungsmaßstäben gilt hinsichtlich der Gewässerqualität, dass – in konsequenter Weiterführung der bei Planung und Genehmigung neuer Farmen zugrunde gelegten Methoden – Ansätze verwendet werden, die jeweils vom standortspezifischen Risiko ausgehen. So wird versucht, eine ausreichende aber andererseits die erkannten Notwendigkeiten nicht überschreitende MonitoringPraxis zu erreichen. Es spiegelt sich darin neben der Verfolgung effektiven Umweltschutzes auch das Bestreben wider, gewinnbringendes Wirtschaften nicht unnötig zu erschweren, indem bei geringerem Risikopotenzial den Betreibern auch weniger Monitoring auferlegt wird. Es handelt sich also um einen flexiblen, risikoorientierten Ansatz. Gleichwohl wird das Niveau der von SEPA ausgearbeiteten Umweltqualitätsstandards besonders hinsichtlich der Sedimentqualitätskriterien, die nicht überall existieren, im internationalen Vergleich als hoch angesehen.788 Was die Etablierung einer guten Praxis im täglichen Betrieb einer Aquakultur betrifft, ist erneut die Übernahme von Teilbereichen des Code of Good Practice als Maßstab für behördliches Monitoring zu betonen. Dadurch entfaltet dieser Verhaltenscodex eine noch größere Wirkung, als er durch die hohe Mitgliederquote unter den schottischen Fischzüchtern ohnehin schon besitzt.

VII. Transparenz, Legitimation, Effizienz – Einbindung von Stakeholdern Das gesamte Spektrum der Governance789 von Aquakultur innerhalb der EU und auch in Schottland kann im Hinblick auf ihre Wirkungspfade in drei790 unterschiedliche Modi unterteilt werden. Die rechtliche Steuerung vollzieht sich erstens über den klassischen ordnungsrechtlichen Ansatz (hierarchical mode). Die Aquakulturindustrie erfährt zweitens eine Regulierung über die von hoheitlicher Seite betriebene Beeinflussung von Marktbedingungen (market mode).791 Drittens wird

788 Black/Cromney, The scientific basis of marine fish farm regulation, Science Diliman, Vol. 20 No. 2 (2008), pp. 11 – 22 (18). 789 Zum Begriff der Governance und seiner hiesigen Verwendung siehe unter A. II. 790 Auf die Möglichkeit erheblich weiterer Ausdifferenzierung der Betrachtung von Governance- oder Regelungsstrukturen weisen hin: Trute/Denkhaus/Kühlers, Governance in der Verwaltungswissenschaft, Die Verwaltung 37 (2004). 451 – 473 (473). 791 Dazu unter C.VIII.

186

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

die Governance der Aquakultur von Instrumenten der Beteiligung bestimmter Stakeholder (participative mode) geprägt.792 Unter dem Gesichtspunkt von Transparenz und Legitimation hoheitlicher Entscheidungen stellt der Ausbau des dritten, partizipativen Modus ein wesentliches Ziel vor allem der EU-Politik dar. Die Berücksichtigung und Einbeziehung möglichst aller Stakeholder und die Verfolgung eines partizipativen Governance-Ansatzes bilden allein zwei der acht Kernprinzipien der Strategie der Europäischen Union zur Entwicklung eines Integrierten Küstenzonenmanagements (Englisch: Integrated Coastal Zone Management, ICZM).793 Danach soll sich das Management der Küstengebiete u. a. auf die Einbeziehung aller betroffenen Parteien in den Managementprozess, z. B. mittels Vereinbarungen und auf der Basis gemeinsamer Verantwortung stützen. Hinzu kommt unter dem Effizienzgesichtspunkt die Zielsetzung, eine verbesserte Kooperation von beteiligten Fachbehörden zu erzielen, die im angelsächsischen Raum unter die Stakeholder gezählt werden.794 Maßgebliche Verwaltungsstellen sollen nach dem ICZM-Konzept vernetzt agieren.795 In Übereinstimmung damit enthält auch der erneuerte Strategische Rahmenplan für die schottische Aquakultur die Vorgabe, eine angemessene und zweckmäßige Governance unter Einbindung von Stakeholdern zu erreichen.796 In welcher Weise die Einbindung unterschiedlicher unter dem Stakeholder-Begriff zusammengefasster Parteien erfolgt, ist zum Teil bereits im Rahmen der Behandlung vorgelagerter Kontrollverfahren dargestellt worden (s. o. unter C.III.). Mit dem Schwerpunkt auf ihre konzeptionellen Hintergründe und Ausgestaltung, Funktion und Wirkung soll die auch in anderen Formen stattfindende Stakeholderbeteiligung im schottischen Regulierungsregime der Aquakultur im Folgenden untersucht werden. Nach der Einführung des Stakeholder-Begriffs (dazu unter 1.) und der Darstellung der maßgeblichen Stakeholder der Aquakultur (dazu unter 2.) werden die beiden wesentlichen Einbindungskonzepte in ihrer konkreten Umsetzung im schottischen Recht behandelt (dazu unter 3.) Schließlich wird auf bestimmte Sonderformen partizipativer Elemente eingegangen (dazu unter 4.).

792 Stead, A comparative analaysis of two forms of stakeholder participation in European aquaculture governance: Self-Regulation and Integrated Coastal Zone Management, in: Gray (ed.), Participation in Fisheries Governance, pp. 179 – 192 (179), deren Einteilung hier zugrundegelegt wird. 793 Zum ICZM siehe schon oben unter C.I. 794 So beispielsweise im Stragegy Survival Guide der strategischen Beratungsstelle der britischen Regierung, http://interactive.cabinetoffice.gov.uk/strategy/survivalguide/skills/ms_ identifying.htm, Stand: 30. 09. 2011. 795 Kapitel II lit. f) und g) der Empfehlung 2002/413/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2002 zur Umsetzung einer Strategie für ein integriertes Management der Küstengebiete in Europa, ABl. L 148 v. 6. 6. 2002, S. 24. 796 Marine Scotland, A Fresh Start, The renewed Strategic Framework for Scottish Aquaculture (2009), p. 5.

VII. Transparenz, Legitimation, Effizienz – Einbindung von Stakeholdern

187

1. Begriff der Stakeholder Der Begriff der Stakeholder stammt ursprünglich aus der Wirtschaftswissenschaft und wurde in den 1960er Jahren als kritischer Gegenentwurf zur Management-Lehre entwickelt, die bei der Entwicklung von Leitbildern für die Unternehmensführung ausschließlich die Interessen der wirtschaftlichen Eigentümer eines Unternehmens im Blick hatte, ohne dabei etwa Gemeinwohlaspekte zu berücksichtigen. Das damals neue Stakeholder-Konzept ging demgegenüber davon aus, dass auch andere Gruppen ihre Ansprüche und Interessen einbringen wollen, die zum Teil über ein beachtliches Macht- und Einflusspotential verfügen und deshalb in strategische Unternehmensentscheidungen einbezogen werden sollten. In der Weiterentwicklung dieses Gedankens werden seither als Stakeholder alle Anspruchsgruppen im Umfeld oder innerhalb einer Organisation betrachtet. Hierzu zählen in der betriebswirtschaftlichen Terminologie Mitarbeiter, Kunden, Zulieferer und Mittelgeber sowie alle Individuen oder Gruppen, die auf die Erreichung der Organisationsziele Einfluss nehmen können oder zu den von der unternehmerischen Aktivität betroffenen gezählt werden können.797 Seit den 1990er Jahren wird stärker versucht, das StakeholderModell auch auf andere Bereiche, insbesondere auf Planungsprozesse und den Umweltbereich zu übertragen.798 Die Bestrebung, eine effiziente Stakeholder-Beteiligung zu etablieren, lässt sich auch an der erwähnten Strategie der EU zum Integrierten Küstenzonen-Management ablesen. Hier stehen neben den aus der Ökonomik übertragbaren Effizienzerwägungen zu konfliktvermeidender Entscheidungsfindung auch Überlegungen zu Akzeptanz, Transparenz und demokratischer Legitimation hoheitlichen Handelns im strategischen Fokus. 2. Relevante Stakeholder der Aquakultur und ihrer Nutzungsräume Das weite und offene Konzept des Stakeholder-Ansatzes bringt es mit sich, dass das Feld der einzubindenden Interessengruppen jeweils sachspezifisch und im Einzelfall zu bestimmen ist. Bei Zugrundelegung der ursprünglich wirtschaftswissenschaftlichen Definition können als Stakeholder der industriell betriebenen Aquakultur alle Organisationen, Gruppen und Personen bezeichnet werden, die an der Frage der Ausübung oder der Art und Weise der Ausübung dieser Bewirtschaftungsform in einem bestimmten geografisch definierten Gebiet ein ideelles, materielles, gegebenenfalls von Amts wegen bestehendes Interesse haben oder von den Wirkungen der mit der Aquakultur verbundenen Aktivitäten betroffen sind. Welche Betroffenheiten oder Interessenkonflikte im Zusammenhang mit der in Schottland betriebenen Aquakultur auftreten, wurde bereits unter B. und C.IV. 797 Für den ganzen Absatz: Walk, Partizipative Governance, Beteiligungsformen und Beteiligungsrechte im Mehrebenensystem der Klimapolitik, S. 58, 59. 798 Walk, Partizipative Governance, Beteiligungsformen und Beteiligungsrechte im Mehrebenensystem der Klimapolitik, S. 58, 59 mit Hinweis darauf, dass dies von Seiten der Sozialwissenschaften ausging.

188

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

dargelegt. Die wichtigsten Aquakultur-Stakeholder, deren Einbindung angezeigt ist, um die Ziele eines partizipativen Governance-Modus zu erreichen, decken sich weitgehend mit denjenigen, die auch bei der Implementierung des ICZM-Ansatzes insgesamt in Erwägung gezogen werden. Darunter fallen im Wesentlichen: - die Kommunalpolitik und ihre Repräsentanten, - eine Vielzahl von Fachbehörden unterschiedlicher Zuständigkeiten, - Umweltschutzorganisationen, - Gewässeranlieger, - ressourcenentnehmende Industrien (Fischerei, Öl- oder Mineralienförderung), - raumnutzende Industrien (Schifffahrt, Transport, Tourismus), - Freizeitnutzer von Bewirtschaftungsräumen.799 Nach diesem hier zugrundegelegten Konzept zählen zu den Stakeholdern auch Fachbehörden, die an Genehmigungsentscheidungen federführend oder als zu konsultierende Behörde beteiligt sind, obwohl in dieser Hinsicht nicht der Aspekt der Partizipation externer Interessengruppen sondern derjenige einer effizienten Koordinierung verschiedener sachkundiger Verwaltungsstellen im Vordergrund steht. Es kann insoweit zwischen internen, also von Amts wegen involvierten Stakeholdern im weiteren Sinne und externen Stakeholdern differenziert werden. 3. Beteiligungskonzepte ICZM und Selbstregulierung Im partizipativen Modus wird zwischen zwei Beteiligungskonzepten unterschieden: der Stakeholder-Involvierung im Sinne der europäischen ICZM-Strategie einerseits und dem Konzept der Selbstregulierung andererseits.800 Das ICZM-Konzept zielt auf eine möglichst breite Einbindung von Stakeholdern in behördliche Entscheidungsvorgänge, also etwa Genehmigungserteilungen im Zusammenhang mit Küstennutzungen wie der Aquakultur, die eigentlich dem hierarchischen Modus zuzuordnen sind. Es kann mithin genauer beschrieben werden als die Anreicherung rein hoheitlicher Steuerungsprozesse um partizipative Elemente. Beide Ansätze, der des ICZM und das der Selbstregulierung, finden sich in der großteils europarechtlich vorgeformten schottischen Praxis wieder. Darüber hinaus existieren gewisse Mischformen der indirekten Stakeholder-Beteiligung, die sich in diese Kategorien nicht zweifelsfrei einordnen lassen.

799

Kay et al., INCOFISH (Integrating Multiple Demands on Coastal Zones with Emphasis on Aquatic Ecosystems and Fisheries): Concepts and Tools for ICZM with a Special Focus on Stakeholder Engagement Visualisation Tools in Fisheries Management (2006), p. 9. 800 Stead, A comparative analaysis of two forms of stakeholder participation in European aquaculture governance: Self-Regulation and Integrated Coastal Zone Management, in: Gray (ed.), Participation in Fisheries Governance, pp. 179 – 192 (181).

VII. Transparenz, Legitimation, Effizienz – Einbindung von Stakeholdern

189

a) Verfahrensrechtliche Einbindung von Stakeholdern Das Modell, Beteiligungsrechte und -pflichten in die Verfahren und Entscheidungsprozesse der hergebrachten ordnungsrechtlichen Verwaltung einzubetten, spielt für den Bereich der Vorhabenzulassung im Zusammenhang mit Aquakulturbetrieben die Hauptrolle. Dabei sind auf der Planungs- und auf der Genehmigungsebene Einflussmöglichkeiten für Stakeholder gegeben. Sie sind hinsichtlich der Stakeholder-Gruppe der „Öffentlichkeit“ in der Regel dahin ausgestaltet, deren Mitgliedern zu erlauben, sich in Eigeninitiative in Vorgänge einzuschalten. Hinsichtlich der Beteiligung von Fachbehörden und verschiedenen organisierten Interessenvertretungen nichtstaatlicher oder halbstaatlicher Natur sehen die Verfahren consultations, also die Einholung von Stellungnahmen vor. aa) Öffentlichkeit – Zugang zu Informationen und Möglichkeiten der Stellungnahme Die Beteiligung der Öffentlichkeit ist in der Anwendung des Stakeholder-Konzepts im Governance-Bereich von besonderer Bedeutung. Damit wird versucht, dem Anspruch an eine transparente, demokratisch legitimierte, letztlich auch effektivere, weil konsensgetragene Entscheidungsfindung gerecht zu werden. Dies gilt insbesondere für umweltrelevante Entscheidungen wie die Zulassungsverfahren für Aquakulturanlagen, bei denen versucht wird über die Kontrollfunktion einer Öffentlichkeitsbeteiligung auch eine bessere Verwirklichung der verfolgten Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Die definitorische Schwelle der Betroffenheit bzw. des Interesses die für die Stakeholdereigenschaft entscheidend ist, wird hier sehr niedrig angesetzt, zum großen Teil sogar eine dahingehende Eingrenzung des beteiligungsberechtigten Kreises überhaupt nicht vorgesehen. Das Völkerrecht und das EU-Recht geben hinsichtlich der Öffentlichkeitsbeteiligung für Großbritannien bereits einen rechtlich verbindlichen Rahmen vor. Das Vereinigte Königreich zählt zu den Mitgliedern der Aarhus-Konvention (AK).801 Dieses Übereinkommen zielt auf eine verstärkte Aktivierung der Öffentlichkeit für die im Gemeinwohlinteresse liegende Aufgabe des Umweltschutzes ab und trifft dazu Regelungen, die den weiten Zugang zu Umweltinformationen (Art. 4, 5 AK) und umfangreiche Beteiligungsrechte der Öffentlichkeit im frühen Stadium von bestimmten umweltbedeutsamen Entscheidungen (Art. 6 – 8 AK) vorsehen. Ergänzt wird dies um die Verpflichtung der Unterzeichnerstaaten, einen Zugang der Öffentlichkeit zu objektiven Überprüfungsverfahren für derartige Entscheidungen zu schaffen (Art. 9 AK). Der Beitritt auch der Europäischen Gemeinschaft zur AarhusKonvention brachte die Überführung dieser Vorschriften in europäisches Sekun-

801 Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten vom 25. Juni 1998; abgedruckt in der Beilage Nr. II/2001 zu Heft 3/2001 der NVwZ.

190

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

därrecht802 mit sich, sodass mit der in diesem Zuge veränderten UVP-Richtlinie die aquakulturspezifischen schottischen Regelungen zur Öffentlichkeitsbeteiligung auf eine zweite, EU-rechtliche Grundlage zurückzuführen sind. Als Grundvoraussetzung einer qualifizierten Einbringung von Stakeholdern aus der Öffentlichkeit stellen einschlägige Regelungen sicher, dass die für die Formulierung von Kritik erforderlichen Informationen über ein Vorhaben nicht nur zugänglich sind, sondern aktiv verbreitet werden müssen. Mit diesem Instrument der Informationspflichten und -rechte sind dann Möglichkeiten von Mitgliedern der Öffentlichkeit verknüpft, eigene Erwägungen in den Entscheidungsprozess einzuführen, die bei den jeweiligen Abwägungen zu den Teilentscheidungen von den Behörden berücksichtigt werden müssen. Die konkrete Integration dieser Mechanismen in die bei der Planung und Genehmigung von Aquakulturvorhaben durchzuführenden Zulassungsverfahren gestaltet sich im Einzelnen folgendermaßen. (1) Im Bauplanungs- und SUP-Verfahren Das bauplanungsrechtliche Verfahren nach dem Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 zur Aufstellung von insbesondere auch rein aquakulturspezifischen Bauleitplänen für die marine planning zones wird durch die Vorschriften zur Strategischen Umweltprüfung (SUP) nach Maßgabe des Environmental Assessment (Scotland) Act 2005 ergänzt. Beide Vorschriften enthalten eigene Regelungen zur Beteiligung der Öffentlichkeit. Im ersten Schritt der Planaufstellung wird nach reinem Bauplanungsrecht zunächst der main issues report803, die Darlegung der generell verfolgten Planungsrichtung für bestimmte beplante Gebiete der Öffentlichkeit bekannt gegeben. Hierunter kann etwa auch die beabsichtigte Ansiedlung von Aquakulturindustrie fallen. Die Bekanntgabe muss in einer Art und Weise erfolgen, die allen Personen, welche möglicherweise dazu Stellung nehmen möchten, nachvollziehbar ist. Zugleich wird eine Frist gesetzt, vor deren Ablauf Stellungnahmen erfolgen müssen.804 Unter Berücksichtigung eingegangener Stellungnahmen erarbeitet die Bauplanungsbehörde sodann den Planvorschlag (proposed local development plan)805, der wiederum mit dem Hinweis auf die Möglichkeit von Stellungnahmen oder Ein-

802 Richtlinie 2003/35/EG vom 26. Mai 2003 des europäischen Parlaments und des Rates über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten, ABl. Nr. L 156, 17 und Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates, ABl. L 41 v. 14. 2. 2003, S. 26. 803 Sec. 17 Town and Country Planning (Scotland) Act 1997. 804 Sec. 17(6) und (7) Town and Country Planning (Scotland) Act 1997. 805 Sec. 18 Town and Country Planning (Scotland) Act 1997.

VII. Transparenz, Legitimation, Effizienz – Einbindung von Stakeholdern

191

wendungen806 veröffentlicht und aufgrund weiterer Kommentare aus der Öffentlichkeit modifiziert werden kann. Haben Personen bereits gegen den main issues report Einwände erhoben, werden sie persönlich von der Veröffentlichung des proposed local development plan benachrichtigt.807 Schließlich erfolgt der wiederum veröffentlichungspflichtige Annahmebeschluss hinsichtlich des endgültigen local development plan (adopted plan)808, gegen den Einwendungen allerdings nicht mehr vorgebracht werden können. Verknüpft mit den bauplanungsrechtlichen Veröffentlichungserfordernissen sind auf der Planungsebene im Rahmen des integrierten, jedoch teilselbstständigen Verfahrenselements der Strategischen Umweltprüfung809 eigene Veröffentlichungspflichten hinsichtlich der umweltspezifischen Vorüberlegungen und Prüfungen zu beachten. Jede der drei Konkretisierungsphasen der baurechtlichen Planaufstellung – main issues report, proposed plan, adopted plan – hat hinsichtlich der Informationspflichten eine SUP-rechtliche Entsprechung. Gleichzeitig mit dem main issues report muss der erste environmental report (ER) veröffentlicht werden, der die Ergebnisse der zu diesem Zeitpunkt vorgenommenen Umweltprüfung der vorgesehenen Planungsinhalte zusammenfasst.810 Ein überarbeiteter ER ist gleichzeitig mit dem proposed plan zu veröffentlichen und muss etwaige wesentliche Planungsänderungen in dieser schon fortgeschrittenen Phase berücksichtigen. Finden an dem proposed plan noch Modifikationen statt, muss auch der ER nochmals überarbeitet und wiederum öffentlich gemacht werden.811 Die Veröffentlichung des angenommenen Plans, also des adopted local development plan wird schließlich SUP-rechtlich vom post-adoption statement begleitet.812 Auf jeder Stufe, mit Ausnahme der letzten, wird über die Veröffentlichungskanäle Zeitung, Internet und Auslage in Ämtern, die Öffentlichkeit informiert und zur Meinungsäußerung aufgefordert. Das Gesetz betont, dass die Veröffentlichung so ausgestaltet werden muss, dass insbesondere die Aufmerksamkeit des Teils der Bevölkerung geweckt wird, die durch den Plan „betroffen oder wahrscheinlich betroffen“ ist oder „ein Interesse daran“ besitzt, um diesen eine frühzeitige und effektive Möglichkeit zu gewähren, ihre Meinung über den Plan und den ihn beglei806 Der englische Ausdruck lautet hier representations, wörtlich eher mit Stellungnahme zu übersetzen, in deren Rahmen jedoch die Einwände oder Einwendungen gegen die Planung entscheidend sind. Dementsprechend werden im Folgenden die Worte Einwand oder Einwendung benutzt. 807 Sec. 18(1)(c) Town and Country Planning (Scotland) Act 1997. 808 Sec. 20 A Town and Country Planning (Scotland) Act 1997. 809 Nach Maßgabe des Environmental Assessment (Scotland) Act 2005. 810 Sec. 16(2) Environmental Assessment (Scotland) Act 2005. 811 Scottish Government, Planning Advice Note 1/2010, Strategic Environmental Assessment of Development Plans, p. 5. 812 Sec. 18 Environmental Assessment (Scotland) Act 2005; zur Verbindung von baurechtlichem und SUP-Verfahren siehe Scottish Government, Planning Advice Note 1/2010, p. 5.

192

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

tenden ER zu äußern.813 Die Folge von Stellungnahmen und Meinungsäußerungen liegt darin, dass diese zwingend im Rahmen der daraufhin erfolgenden weiteren Planung und Abwägung Berücksichtigung finden müssen.814 (2) Im Baugenehmigungs- und UVP-Verfahren Auf der Ebene der baurechtlichen Genehmigung gibt es wiederum drei Schritte, in denen Informationen über laufende Verfahren von Gesetzes wegen der Öffentlichkeit nicht nur zugänglich gemacht werden, sondern auch aktiv verbreitet werden müssen. Handelt es sich, wie bei industriellen Aquakulturen häufig, um ein major development mit einer Ausdehnung von über 2 ha, findet das PAC-Verfahren Anwendung. Der Kern dieses Vorverfahrens liegt in der formalisierten Konsultierung der Gemeinderäte (community councils) gemäß sec. 35 A Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 und ist mit der Verpflichtung des Antragstellers verbunden, das geplante Vorhaben bereits vor der Antragstellung in einer öffentlichen Veranstaltung vorzustellen.815 Bei dem über die Lokalpresse anzukündigenden Termin werden Mitglieder der kommunalen Öffentlichkeit über Einzelheiten eines geplanten Vorhabens informiert und können Kommentare abgeben, die jedoch noch keine verfahrenswirksamen Einwände darstellen, die von der Genehmigungsbehörde berücksichtigt werden müssten. Aus dem Kreis der Öffentlichkeit vorgebrachte Kommentare haben erst dann die Wirkung, dass sich eine Baubehörde im Entscheidungsprozess als material consideration mit dem spezifischen Einwand auseinandersetzen muss, wenn in sie der nächsten Verfahrensstufe geltend gemacht werden – nachdem der Antrag des Vorhabenträgers gestellt und die notice of application veröffentlicht worden ist. Die Anzeige, in der die Informationen über den eingegangenen Baugenehmigungsantrag bekannt gemacht werden, enthält dann bereits den Hinweis darauf, dass an bestimmter Stelle weitere Unterlagen über das Vorhaben eingesehen werden und Einwände geltend gemacht werden können.816 In Entsprechung zur Planungsebene, bringen auch im Rahmen der Baugenehmigungsverfahren die Vorschriften zur Umweltverträglichkeitsprüfung parallel Veröffentlichungspflichten mit sich, die sich hier allerdings auf die UVP-rechtliche Darstellung der Umweltauswirkungen, das Environmental Statement (ES) beschränken. Wie in den übrigen bereits geschilderten Verfahrensphasen in Bauplanung und Baugenehmigung ist die Ausgestaltung identisch. Liegt das endgültige ES 813

Sec. 16(4) Environmental Assessment (Scotland) Act 2005; für nach denselben Gesichtspunkten zu bemessende Einwendungsfristen siehe auch sec. 15(4)(b) Environmental Assessment (Scotland) Act 2005. 814 Sec. 19(2) Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 bzw. sec. 17(b) Environmental Assessment (Scotland) Act 2005. 815 Reg. 7(2) Town and Country Planning (Development Management Procedures) Regulations 2008 [siehe dazu bereits oben unter C.III.1.d)aa)]. 816 Reg. 20(1) i.V.m. sched. 4 Town and Country Planning (Development Management Procedure) (Scotland) Regulations 2009.

VII. Transparenz, Legitimation, Effizienz – Einbindung von Stakeholdern

193

vor, ist durch die Lokalpresse bekannt zu machen, dass das Dokument in den Räumen der Baubehörde eingesehen werden kann, wo Kopien davon erhältlich sind und dass Stellungnahmen dazu vorgebracht werden können.817 (3) Im Verfahren zur Erteilung der CAR-Licence Im Zuge des Verfahrens zur Erteilung der gewässerimmissionsschutzrechtlichen Lizenz für Aquakulturanlagen nach den CAR-Regulations hat die zuständige Behörde SEPA dem Antragsteller aufzugeben, den Antrag öffentlich zu machen. Die Form der Veröffentlichung gibt die SEPA vor, wobei sichergestellt sein muss, dass von dem Vorhaben betroffene oder wahrscheinlich betroffene Personen erfahren, dass und wo sie binnen 28 Tagen nach dem Veröffentlichungsdatum Einwände geltend machen können.818 Die Konsequenz ist dieselbe, wie bei den im Bau- bzw. UVP-Recht gründenden Vorschriften zur Öffentlichkeitsbeteiligung. Sämtliche im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung eingebrachten Gesichtspunkte müssen bei der Entscheidung erwogen werden, reg. 13(5) Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011. (4) Im Verfahren zur Erteilung von marine licenses Die frühere schifffahrtsrechtliche Genehmigung gemäß sec. 34 des Coast Protection Act 1949 stellte die Durchführung einer Öffentlichkeitsbeteiligung ins Ermessen der zuständigen Behörde Marine Scotland. Wurde sie von dieser für erforderlich gehalten, konnte dem Antragsteller als eine Bedingung der Antragsbescheidung auferlegt werden, für eine angemessene Publikation des Antragsvorhabens zu sorgen, die es dadurch beeinträchtigten Dritten ermöglichte, Einwände zu erheben.819 Das Verfahren zur Erteilung der Lizenz nach dem Food and Environment Protection Act 1985 kannte eine Öffentlichkeitsbeteiligung nicht. Die Neuregelung beider Lizensierungstatbestände im Marine (Scotland) Act 2010 macht die Veröffentlichung des Antragsinhaltes (notice of application) nunmehr verbindlich und verlangt die Berücksichtigung daraufhin erhobener Einwände im Entscheidungsverfahren.820 bb) Fachbehörden und organisierte Interessenverbände – Konsultationen Auf beiden Ebenen der Zulassung von Aquakulturvorhaben – Planung und Genehmigung – findet unter dem Aspekt der Stakeholdereinbindung nicht nur eine Öffentlichkeitsbeteiligung, sondern außerdem die Konsultierung von Fachbehörden 817 818

2011. 819 820

Reg. 13(1) Environmental Impact Assessment (Scotland) Regulations 1999. Reg. 13(2) und (3) Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations Sec. 34(2) Coast Protection Act 1949. Sec. 26(1) und sec. 27(6) Marine (Scotland) Act 2010.

194

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

und externen Stellen in beratender Funktion statt. Das Instrument hierzu sind verfahrensrechtliche Vorschriften, welche die formalisierte Einholung von fachlichen Stellungnahmen anordnen. Diese Konsultationen verlaufen in den unterschiedlichen Verfahren im Wesentlichen gleichartig. Kennzeichnend ist dabei auf der Genehmigungsebene die Grundunterteilung in verpflichtend beizuziehende Stellen (statutory consultees) und fakultativ, je nach konkreter Sachlage beizuziehende Stellen (non-statutory consultees).821 Ebenso gleichen sich die Verfahrensweisen: die relevanten Informationen werden von der federführenden Behörde den Fachbehörden oder sonstigen Konsultierungsstellen übermittelt, die zur Sachbearbeitung schreiten und ihre Sicht zum jeweiligen Vorhaben darlegen. Die Stellungnahmen müssen dann in die Erwägungsprozesse einbezogen werden. Die einzelnen Konsultationspflichten sind aufgrund der zahlreichen parallel durchzuführenden Verfahren nach getrennten Vorschriften unübersichtlich und fordern formell die teils mehrfache Beteiligung derselben Behörde oder Stelle. Es ist in diesem Zusammenhang bereits darauf hingewiesen worden, dass in der praktischen Umsetzung der Zulassungsverfahren im Wege von working agreements, also internen Vereinbarungen zwischen den hauptsächlich beteiligten consultees versucht wird, die Doppelung von Konsultationspflichten aufgrund der diversen einschlägigen Vorschriften handhabbarer zu machen (siehe oben unter C.III). Es dürfte daher weniger auf die auch in der ICZM-Strategie angestrebte Zusammenarbeit beteiligter Behörden zurückgehen822, als vielmehr auf die bloße Notwendigkeit, die Planungsund Genehmigungsverfahren sinnvoll und effektiv durchzuführen, wenn hier eine enge Koordinierung praktiziert wird. (1) Im Bauplanungs- und SUP-Verfahren Bei der Aufstellung von Bauleitplänen mit Relevanz für Aquakultur sind von der handelnden Behörde auf allen Verfahrensstufen die sog. key agencies zu beteiligen.823 Die Liste der key agencies ergibt sich aus den die baurechtliche Gesetzgebung ergänzenden Town and Country Planning (Development Planning) Regulations 2008. Danach sind bei der Planaufstellung für Aquakultur verpflichtend die beiden Umweltbehörden beizuziehen: - Scottish National Heritage (SNH) und 821

Im UVP-Recht jeweils consultation body genannt. Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2002 zur Umsetzung einer Strategie für ein integriertes Management der Küstengebiete in Europa, ABl. L 148 v. 6. 6. 2002, S. 24 2002/413/EG, in der es unter Kap. II (Grundsätze), lit. g) heißt: „Einbeziehung von und Unterstützung der maßgeblichen Verwaltungsstellen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene, zwischen denen angemessene Verbindungen mit dem Ziel hergestellt bzw. aufrecht erhalten werden sollten, die verschiedenen Politiken besser zu koordinieren. Gegebenenfalls sollten Partnerschaften mit und zwischen regionalen und lokalen Behörden geschlossen werden;“ 823 Part 2 des Town and Country Planning (Scotland) Act 1997, dort sec. 17(5) für den main issues report, sec. 18(d) für den proposed plan. 822

VII. Transparenz, Legitimation, Effizienz – Einbindung von Stakeholdern

195

- Scottish Environment Protection Agency (SEPA).824 Soweit für die bauplanungsrechtliche Rahmensetzung für Aquakulturvorhaben eine SUP erforderlich ist, ergeben sich daraus – wie bereits bei der Öffentlichkeitsbeteiligung gesehen parallele – gesondert geregelte Konsultierungspflichten. Die beizuziehenden Fachbehörden werden hier consultation bodies genannt und sind überwiegend dieselben, die schon nach Baurecht zu beteiligen sind: - Scottish National Heritage (SNH), - Scottish Environment Protection Agency (SEPA) sowie zusätzlich die - Scottish Ministers in Person von Marine Scotland.825 (2) Im Baugenehmigungs- und UVP-Verfahren Das Baugenehmigungsverfahren und die Umweltverträglichkeitsprüfung enthalten noch weitergehende Elemente der Stakeholder-Beteiligung im Wege der Konsultation. In jedem Fall zu beteiligen sind als statutory consultees im Baurecht: - District Salmon Fishery Boards für die Interessen der Lachsfischerei, - Scottish National Heritage (SNH), - Scottish Environment Protection Agency (SEPA), - Scottish Ministers (Marine Scotland). In besonderen Fällen der Berührung militärischer Belange ist zusätzlich der Secretary of State in Person des Verteidigungsministeriums826 zu beteiligen. Wie bereits auf der Planungsebene für die Parallelregelungen in den Vorschriften über die strategische Umweltprüfung, kommt es im Rahmen der Baugenehmigung wiederum zu Überlappungen von Konsultationspflichten hinsichtlich derselben Stellen durch die gesonderten Vorschriften zur UVP. Hier sind – diesmal als consultation bodies – hinzuzuziehen: - Scottish National Heritage (SNH), - Scottish Environment Protection Agency (SEPA), - die Wasser- und Abwasserbehörde Scottish Water, - Scottish Ministers, - District Salmon Fishery Boards.827 824

Reg. 28 Town and Country Planning (Development Planning) Regulations 2008. Sec. 3(1) Environmental Assessment (Scotland) Act 2005. 826 Sched. 5 Town and Country Planning (Development Management Procedure) (Scotland) Regulations 2008. 827 Reg. 2(1) i.V.m. reg. 28C(2) Environmental Impact Assessment (Scotland) Regulations 1999 in der durch Part 3B Town and Country (Marine Fish Farming) (Scotland) Order 2007 geänderten Fassung. 825

196

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

Die zusätzliche Konsultation von für den Regelfall nicht notwendig beizuziehenden Stellen (non-statutory consultation bodies) vervollständigt das Verfahren je nach konkreter Fallgestaltung. Solche können sein: - die Community Councils (Gemeinderäte), - andere Fisch- und Muschelfarmen der angrenzenden Umgebung, - die Crown Estate, - Interessenverbände wie die Association of Scottish Shellfish Growers, - Orkney Fishermen’s Society Ltd., - Scottish Federation of Sea Anglers, - Scottish Fishermen’s Federation, - Scottish Salmon Producers Association, - Salmon and Trout Association, - Sea Mammal Research Unit, - Shetland Fishermen’s Association, - Shetland Aquaculture & Seafood Shetland, - Western Isles Fishermen’s Association, - Association of West Coast Fisheries Trusts, - Atlantic Salmon Trust, - Royal Yachting Association, - Scottish Association of Marine Science, - Scottish Sports Council, - Scottish Tourist Board, - Scottish Trust for Underwater Archaeology, - Scottish Wildlife and Countryside Link sowie - HM Coastguard (Küstenwache), - Highlands and Islands Enterprise, - das Verteidigungsministerium, - die Seefeuerbehörde Northern Lighthouse Board.828 Es wird sowohl den behördlichen Sachbearbeitern als auch den Antragstellern nahe gelegt, möglichst frühe und umfangreiche Konsultationen auch der nicht pflichtmäßig zu beteiligenden Stellen anzustreben, wenn sich abzeichnet, dass die 828 Carse/Pogorzelec (RPS Ltd.), u. a. für: Scottish Executive, EIA Practical Guidelines Toolkit for Marine Fish Farming, p. 72.

VII. Transparenz, Legitimation, Effizienz – Einbindung von Stakeholdern

197

jeweils vertretenen Interessengruppierungen von einem Aquakulturvorhaben betroffen werden könnten. (3) Bei der Erteilung der Lizenzen nach Marine (Scotland) Act 2010 Schließlich existieren auch im Verfahren zur Erteilung der marine licenses nach dem Marine (Scotland) Act 2010 Konsultierungserfordernisse, die sich im Wesentlichen mit denen decken, die zuvor gemäß Coast Protection Act 1949 zu beachten waren.829 Gemäß der Marine Licensing (Consultees) (Scotland) Order 2011 sind als marine consultees zu beteiligen: - Northern Lighthouse Board, zuständig für Seefeuer und sonstige Navigationshilfen, - Maritime and Coastguard Agency, die die schottische Regierung in Angelegenheiten der Sicherheit des Schiffsverkehrs berät, - Scottish Environmental Protection Agency (SEPA) und - Scottish National Heritage (SNH).830 cc) Rechtsbehelfe für Stakeholder Ein wesentlicher Gesichtspunkt für die Effektivität einer Stakeholderbeteiligung im Sinne verfahrensrechtlicher Einbindung liegt in den Möglichkeiten der Anfechtung einer behördlichen Entscheidung. Den Beteiligungsrechten kann nur dann die gewünschte Bedeutung und Wirkung zukommen, wenn sie sowohl hinsichtlich ihrer formalen als auch materiellen Gewährleistungen durchsetzungsfähig sind. Weil aufgrund der Ausgestaltung der appeal-Verfahren Dritte in der Regel nicht die Möglichkeit haben, im Wege verwaltungsverfahrensrechtlicher Rechtsbehelfe gegen Aquakulturbetreibern erteilte Genehmigungen vorzugehen, müssen sie unmittelbar versuchen eine gerichtliche Überprüfung anzustrengen. Statthaft ist dabei der Antrag auf judicial review zum Court of Session, der eine umfassende Rechtmäßigkeitsprüfung durchführt (siehe zu diesen Grundlagen bereits unter C.III). Der Antrag hat zwei Grundvoraussetzungen der Zulässigkeit. Die Kläger müssen erstens Rechtsgründe geltend machen, können hingegen keine Angriffsmittel vorbringen, die den zugrunde liegenden Sachverhalt betreffen. Sie müssen zweitens über ein hinreichendes Rechtsschutzinteresse verfügen.831 Als problematisch kann sich unter Umständen der letztgenannte Punkt erweisen. Allerdings haben die jüngere Entwicklung des case law und, insbesondere für umweltrelevante Entscheidungen, der Einfluss von Völker- und Europarecht die Kla829 Scottish Government, Coast Protection Act 1949, Section 34 Consent, Guidance for Applicants, p. 6. 830 Art. 2 Marine Licenses (Consultees) (Scotland) Order 2011. 831 Mc Allister/McMaster, Scottish Planning Law, p. 219.

198

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

gemöglichkeiten Dritter beachtlich erweitert. Die Anforderungen an das Rechtsschutzinteresse (standing oder locus standi) sind seit den 1980er Jahren im britischen Verwaltungsprozessrecht insgesamt reduziert worden. Die Voraussetzung des standing im Sinne eines hinreichenden Interesses wird heute so interpretiert, dass der Antragsteller nicht persönlich von der angefochtenen Verwaltungshandlung betroffen sein muss, solange es sich um eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse handelt und er nicht missbräuchlich handelt.832 Die Zugangsschwelle für gerichtliche Drittanfechtungen ist also schon im Ausgangspunkt nicht sehr hoch angesetzt. Eine Erweiterung des klageberechtigten Kreises im Zusammenhang mit der Drittanfechtung von regelmäßig UVP-pflichtigen Zulassungen von Aquakulturanlagen ergibt sich zudem aus der Aarhus-Konvention und der europäischen Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie.833 Diese Vorschriften enthalten neben dem Erfordernis einer frühzeitigen Information und Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit bei umweltrelevanten Planungs- und Genehmigungsvorhaben in ihrer sog. dritten Säule ein Recht auf Zugang zu objektiven Überprüfungsverfahren vor unabhängigen und unparteiischen Stellen. Danach gilt für anerkannte nichtstaatliche Organisationen mit dem Tätigkeitsfeld des Umweltschutzes ein hinreichendes Interesse als immer gegeben.834 Aufgrund des weniger subjektiv-rechtlichen und damit für den Umweltbereich von vornherein weniger restriktiven Rechtsschutzsystems der angelsächsischen Tradition sah sich diese Vorgabe nicht annähernd der Kontroverse ausgesetzt, wie sie in Deutschland835 über diesen Punkt geführt wurde, unterstreicht aber gleichwohl noch einmal den privilegierten Klagezugang für Umweltverbände. b) Selbstregulierung Der zweite wichtige Ansatz, Stakeholder an der Aquakultur-Governance zu beteiligen, besteht in der Etablierung von Codes of Conduct, Codes of Practice und ähnlichen Regelwerken. Diese Selbstregulierungsinitiativen gingen allerdings naturgemäß nicht von hoheitlicher Seite, sondern von einem begrenzten Kreis von Stakeholdern – hier den Betreibern – selbst aus. Deshalb wird die Selbstregulierung als eine „schwache Form“836, aber immer noch als eine Beteiligung von Stakeholdern im weiteren Sinne angesehen. Sie besitzt freilich eine andere Qualität als die vor832

Cross/Marcus, in: Burnett-Hall/Jones, Burnett-Hall on Environmental Law, p. 304. Siehe zu diesen beiden Vorschriften und den Anforderungen in der ersten und zweiten Säule bereits oben unter C.III. 834 Art. 9 Abs. 2 Aarhus Konvention; Art. 10a Abs. 3 UVP-RL, letzterer in die UVP-RL eingefügt mit Art. 3 Nr. 7 der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie 2003/35/EG. 835 Dazu etwa Berkemann, Umweltrechtsbehelfsgesetz auf dem gemeinschaftsrechtlichen Prüfstand, NordÖR 2009, 336 – 245. 836 „[…] thin form of participation […]“, Stead, A comparative analaysis of two forms of stakeholder participation in European aquaculture governance: Self-Regulation and Integrated Coastal Zone Management, in: Gray (ed.), Participation in Fisheries Governance, pp. 179 – 192 (182). 833

VII. Transparenz, Legitimation, Effizienz – Einbindung von Stakeholdern

199

genannten Möglichkeiten externer Akteure, sich in behördliche Entscheidungsprozesse einzuschalten oder von vornherein konsultiert zu werden. Die von der Industrie ausgearbeiteten Regelwerke erfahren jedoch, wie jüngst durch die gesetzliche Anerkennung des Code of Good Practice for Scottish Finfish Aquaculture geschehen, teils eine Verflechtung mit dem hierarchischen Governance-Regime und bilden insgesamt einen wichtigen Bestandteil des Rechtsrahmens von Aquakultur. In den Kategorien der ICZM-Strategie kann die rein freiwillige Bindung an derartige Codes mit dem dort verwandten Begriff der „Vereinbarung“837 bezeichnet werden, wenn es sich auch um Vereinbarungen ausschließlich zwischen den Aquakulturbetreibern selbst handelt. Zudem ist die Förderung von Selbstregulierung auf dem Gebiet der Aquakultur eines der ausdrücklichen Ziele der Europäischen Strategie zur Aquakultur aus dem Jahr 2002.838 Bereits dargestellt wurden die für Schottland entscheidenden Codes der Aquakulturindustrie. Für die Fischzucht ist dies in erster Linie der CoGP, wohingegen die auf europäischer und internationaler Ebene entstandenen Codes z. B. der FAO nur eine geringe Bedeutung haben (siehe oben unter C.I.). 4. Andere partizipative Elemente – Arbeitsgruppen mit Stakeholderbeteiligung Weder als Selbstregulierung noch als verwaltungsverfahrensrechtliche Eingliederung von Stakeholdern ist die Arbeit von Arbeitsgruppen zu qualifizieren, die sich aus Mitgliedern von Behörden und Stakeholder-Organisationen zusammensetzen. Seit den 1990er Jahren bestanden eine Vielzahl verschiedener, jeweils sachbezogener Arbeitsgruppen zu Themen wie der allgemeinen Entwicklung nachhaltiger Strategien in der Aquakulturwirtschaft oder beispielsweise der Bekämpfung des Parasiten Gyrodactylus salaris. Sie wurden in Umsetzung des überarbeiteten Strategic Framework for Scottish Aquaculture (2009) durch die sog. Healthier Fish and Shellfish Working Group ersetzt. Diese neue Gruppe setzt sich zusammen aus Vertretern der Aquakulturindustrie und der Wildfischerei – also maßgeblichen Stakeholdern – sowie von SEPA und Marine Scotland sowie tierärztlichen Behördenspezialisten. Sie hat eine wissenschaftlich beratende Funktion. Die Healthier Fish and Shellfish Working Group beschäftigte sich etwa mit den Anforderungen bei der Einführung der europarechtlich vorgeschriebenen Aquakulturbetriebserlaubnis.839 Als zweite wichtige Arbeitsgruppe mit Stakeholderbeteiligung ist die sog. Tripartite Working Group zu nennen. Ihre Zusammensetzung ist hier bereits im Namen angekündigt: der Ausdruck „tripartite“ (dreigliedrig) steht für die Beteiligung der drei Kern-Stakeholder Aquakulturindustrie, Wildfischerei und Umweltbehörden. 837 Kapitel II lit. f) der Empfehlung 2002/413/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2002 zur Umsetzung einer Strategie für ein integriertes Management der Küstengebiete in Europa, ABl. L 148 v. 6. 6. 2002, S. 24. 838 KOM (2002) 511, S. 18. 839 Scottish Government, http://www.scotland.gov.uk/Topics/marine/Fish-Shellfish/18610, Stand: 2. 3. 2011.

200

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

Die von der schottischen Regierung finanzierte Gruppe befördert mit ihrem institutionellen Unterbau in erster Linie den Abschluss regionaler Area Management Agreements.840 Dabei handelt es sich um vertragliche Vereinbarungen zwischen den Nutzern eines bestimmten durch mehrere Aquakulturbetreiber und Wildfischerei bewirtschafteten Küstengebietes, mit denen im Wege der Abstimmung von Produktionszyklen und Medikamentenbehandlungen, insbesondere gegen den Befall mit Seeläusen, gesunde Bewirtschaftungsbedingungen für das jeweils betroffene Areal erreicht werden sollen.841 5. Bewertung: Niveau der Stakeholderbeteiligung Die Gesamtschau der Stakeholder-Beteiligung im schottischen Regelungsregime für die industrielle Aquakultur zeigt, dass das Ziel der Einbindung möglichst aller betroffenen Interessengruppen bei Planung und Zulassung von Vorhaben auch gesetzlich verankert wurde und heute zentraler Bestandteil sämtlicher Entscheidungsprozesse ist. Neben den von der Planung und konkreten Zulassung getrennten Partizipationselementen, wie der Aufstellung von Arbeitsgruppen mit Stakeholderbeteiligung und der Selbstregulierung, sind es vor allem die verfahrensmäßig vorgeschriebenen Konsultations- und Öffentlichkeitsbeteiligungspflichten, mit denen dem Ziel der konsensgetragenen Entscheidungspraxis genügt werden soll. Diese Anreicherung der klassisch-imperativen Ordnungsverwaltung um Mitwirkungsbestandteile erreicht ein beachtliches Ausmaß. Als interne Stakeholder im weiteren Sinne sind zunächst Fachbehörden mit u. a. besonderer umweltrechtlicher (etwa SEPA und SNH) oder anderweitig spezialisierter Kompetenz (etwa Northern Lighthouse Board oder Maritime and Coastguard Agency), zwingend zu beteiligen. Daneben stehen Stakeholdervertreter der Wild-, insbesondere Lachsfischerei. Sie sind im Rahmen der Konsultationspflichten der entscheidenden Teilverfahren wie die beteiligten Fachbehörden im Wege der Stellungnahme beizuziehen. Soweit andere Stakeholder rechtlich als non-statutory consultees oder non-statutory consultation bodies eingestuft sind, ist ihre verfahrensmäßige Konsultierung von Amts wegen zwar nicht zwingend vorgeschrieben. Sie dürfte sich aber deshalb nicht als für die federführenden Behörden umgehbar erweisen, weil parallel Möglichkeiten bestehen, sich im Wege der Öffentlichkeitsbeteiligung als Stakeholder mit eigenen Argumenten in die Planungs- oder Zulassungsverfahren einzuschalten. Denn auch solche Stakeholder, etwa Vertreter von Tourismus- oder Freizeitwirtschaft, die mangels der Eigenschaft als von Gesetzes wegen beizuziehender statutory consultee nicht von der Behörde um eine Stel-

840

Vgl. die Website der TWG, http://www.tripartiteworkinggroup.com, Stand: 2. 3. 2011. Beispiel eines Area Management Agreements für das Gebiet Loch Roag abrufbar unter http://www.tripartiteworkinggroup.com/article/uploaded/LRoagAMAFinal310706_1.doc, Stand: 2. 3. 2011. 841

VII. Transparenz, Legitimation, Effizienz – Einbindung von Stakeholdern

201

lungnahme gebeten werden, können nach den Vorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung Einwände erheben. Auch im Befund der dies ermöglichenden Vorschriften über die Informations- und Einwandsrechte der Öffentlichkeit ist eine umfassende Verankerung der Beteiligungsrechte dieser großen und wichtigen Stakeholdergruppen festzustellen. Die Sicherstellung des Informationszugangs bzw. der -verbreitung zu projektierten Verfahren erstreckt sich auf alle Stufen von der Antragstellung bis zum Abschluss. Die zu Engagement und Mitwirkung bereiten Mitglieder der Öffentlichkeit haben damit in weitem Umfang Gelegenheit, Einwände und eigene Interessen mit der Wirkung zwingender Berücksichtigung durch die Entscheidungsträger einzubringen. Hervorzuheben ist die privilegierte Berücksichtigung und Information der Gemeinderäte und Gemeindeöffentlichkeit im Rahmen des baurechtlichen PACVerfahrens. Diese aufgrund räumlicher Nähe zu Aquakulturvorhaben eher betroffenen Stakeholder erhalten dadurch eine gegenüber der restlichen Öffentlichkeit besondere Mitwirkungsposition. Festzuhalten ist somit, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine weitreichende, nahezu vollständige Beteiligung von Stakeholdern im Bereich der Aquakultur-Governance in Schottland gegeben sind. Das Verfahren der judicial review erlaubt es zudem mit seinem weiten Zugang für Dritte, sowohl die verfahrensrechtliche Einbeziehung der Stakeholder, als auch die materielle Richtigkeit von behördlichen Entscheidungen im Zusammenhang mit Aquakulturvorhaben gerichtlich durchzusetzen. Soweit allerdings die Einbindung von Stakeholdern in Entscheidungsprozesse von deren eigener Initiative abhängt, schließt sich die Frage an, in welchem Umfang die Beteiligungsrechte auch genutzt werden. Hierüber existieren nur wenige Informationen. Eine jüngere Studie zur Umsetzung der ICZM-Prinzipien, darunter auch das Prinzip umfassender Stakeholder-Beteiligung (participatory approach) im integrierten Küstenmanagement, kam für das Gebiet Nord-West-Europa pauschal zu dem Ergebnis, dass während Konsultationspflichten in weitem Umfang vorhanden und durchgeführt werden, die Quote aktiver Stakeholder-Beteiligung geringer ausfällt.842 Allgemein sei jedoch zu beobachten gewesen, dass dort, wo die Planung ICZM-relevanter Vorhaben in der Verantwortung lokal verankerter Organisationseinheiten liegt – wie auch in Schottland mit der Kernzuständigkeit der local authorities gegeben – eine besonders ausgeprägte Öffentlichkeitsbeteiligung stattfinde.843 Die Leitkompetenzverlagerung für planungsrechtliche Aquakulturgenehmigungen auf die in der Gemeindeebene angesiedelten Baubehörden dürfte hinsichtlich der Umsetzung des partizipativen Ansatzes vor diesem Hintergrund als richtiger Schritt einzustufen sein. 842

Ballinger et al., An evaluation of the implementation of the European ICZM principles, Ocean and Coastal Management 53 (2010), pp. 738 – 749 (746); die Studie ist jedoch von begrenzter Aussagekraft, da Angaben sowohl zu Schottland als auch zur Aquakultur im Speziellen fehlen. 843 Ballinger et al., An evaluation of the implementation of the European ICZM principles, Ocean and Coastal Management 53 (2010), pp. 738 – 749 (747).

202

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

VIII. Verantwortlichkeit und Haftung Wie unter B. dargestellt, ist der Betrieb von Aquakulturanlagen mit gewissen Risiken und Problemen behaftet. Der teils beachtliche Eingriff, der von Aquakulturanlagen auf die Umgebung des Standorts ausgeht, kann daher die Frage aufwerfen, inwieweit der Betreiber oder andere Personen haftungsrechtlich für etwaige Schäden Dritter oder nachteilige Umweltauswirkungen einstehen müssen. Es interessieren an dieser Stelle ausschließlich aquakulturspezifische Probleme, sodass allgemeine Haftungspflichten, denen die Betreiber etwa als Arbeitgeber, Unterhalter betimmter Einrichtungen, Fahrzeuge oder z. B. aufgrund der Eigenschaft als Lebensmittelproduzenten unterliegen, nicht behandelt werden. Vielmehr stehen die mit den Besonderheiten der Aquakultur verbundenen Aspekte im Vordergrund, hauptsächlich die der Verantwortlichkeit für Gewässereinträge. 1. Grundproblematik Typischerweise führt der Betrieb auch großer Aquakulturanlagen nur in den seltensten Fällen zu akuten und hinreichend präzise feststellbaren Schäden an rechtlich geschützten und vor allem: einem Rechtsinhaber zuordnungsfähigen Gütern. Die schädlichen Wirkungen bestehen überwiegend in schleichend-diffusen Einträgen von Fremdstoffen in Gewässer, die äußerlich häufig nicht sichtbar, in vielen Fällen nur mit großem Aufwand messbar sind und sich auch dann kaum auf eine einzige Eintragsquelle zurückführen lassen. Auch Probleme wie das Entkommen von Zuchtfischen und die damit zusammenhängenden Effekte der nachteiligen Veränderung des Genpools wild lebender Fische von der gleichen Art oder die Übertragung von Wassertierkrankheiten folgen unüberprüfbaren Kausalketten oder sind gar wissenschaftlich umstritten. Wenn auch andere Gewässer-, oder Ufernutzer durch die Ausübung von Aquakultur z. B. durch die schlichte Verminderung der Wasserqualität oder Veränderung des Landschaftscharakters (etwa: Tourismus) Nachteile erleiden, mangelt es in der Regel doch an derBeeinträchtigung vermögenswerter Rechtsgüter, die einer schadensrechtlichen Haftung zugänglich wären. Auch das in diesem Bereich entwickelte private Deliktsrecht des schottischen Common Law setzt nämlich in seinen verschiedenen Ausprägungen voraus, dass der Anspruchsteller einen konkreten bezifferbaren Schaden erlitten hat, der sich auf bestimmte Verhaltensweisen des Schädigers zurückführen lässt.844 Haftungsrecht im Sinne zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche spielt aus diesen Gründen – fehlender Individualschaden, Schwierigkeiten im Kausalitätsnachweis – im Zusammenhang mit den Risiken und Einwirkungen der Aquakultur soweit ersichtlich keine Rolle.845 844

Zu den Anspruchstypen und ihren Anforderungen im Einzelnen: Howarth, The Law of Aquaculture, pp. 108 ff. 845 So auch Howarth, The Law of Aquaculture, p. 104, der darauf hinweist, dass Haftungsfragen im Zusammenhang mit Gewässerverschmutzungen eher im strafrechtlichen

VIII. Verantwortlichkeit und Haftung

203

Die für eine Haftung oder Verantwortlichkeit von Aquakulturbetreibern relevanten Rechtsinstrumente sind dementsprechend anders konstruiert. Strafrechtliche Sanktionierungen knüpfen nicht an eine bestimmte Folge einer Gewässereinwirkung, sondern überwiegend an Verstöße gegen öffentlich-rechtliche Emissionslizenzen an (dazu unter 2.). Das Umwelthaftungsrecht versucht, jedenfalls das Problem des oft fehlenden Individualschadens durch eine Ausweitung auf Umweltgüter als „Gemeinschaftsgüter“ zu lösen und so eine erweiterte Haftung zu erzielen (dazu unter 3.). 2. Verantwortlichkeit nach Gewässerschutzrecht Welchen gewässerschutzrechtlichen Vorschriften der Betrieb von Aquakulturen unterliegt, wurde unter anderen Gesichtspunkten bereits im Zusammenhang mit den Lizensierungstatbeständen unter C.II. und den Bestimmungen zum Monitoring unter C.VII. behandelt. Es sind zum einen die Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011 für reguläre anlagenbezogene Emissionen beim Betrieb und zum anderen die neuen Bestimmungen des Marine (Scotland) Act 2010, die hinsichtlich der Aquakultur für die Verklappung von kontaminiertem Wasser von Arbeitsschiffen von Belang sind und die bisher einschlägigen Normen des Food and Environment Protection Act 1985 ersetzen. Beide Gesetzes- bzw. Verordnungswerke enthalten als Kehrseite der Lizensierungspflichten zentrale Verbotstatbestände für die Gewässerverunreinigung, deren Verwirklichung sanktionsbewehrt ist. Zur Regelung der Verantwortlichkeit der Anlagenbetreiber kombinieren sie ordnungsrechtliche und strafrechtliche Instrumente. a) Nach den CAR-Regulations Gem. reg. 4 der Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011 ist die Ausübung einer von der Verordnung umfasste Tätigkeit (controlled acticvity) verboten, wenn sie nicht von der zuständigen Behörde autorisiert worden ist und sich in den Grenzen und Bedingungen der Autorisierung (general binding rule, registration oder license) hält. Wird demnach eine Fischfarm ohne die dafür erforderliche Lizenz betrieben und findet in diesem Zusammenhang eine damit zwangsläufig verbundene Gewässeremission statt, liegt ein Verstoß vor. Anknüpfungspunkt der Regelung ist damit also nicht die Gewässerverunreinigung oder ein Schaden der Gewässerumwelt selbst, sondern die nicht autorisierte Ausübung einer controlled activity. Der Betreiber macht sich in diesem Fall strafbar, reg. 44(1)(a) und (d) Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011, und kann abRahmen Relevanz haben. Mehr im theoretischen Bereich bewegen sich mangels einschlägigen Fallmaterials aus dem Zeitalter der Aquakultur auch die umgekehrten Überlegungen zu möglichen privatrechtlichen Schadensersatzansprüchen von Fischfarmern wegen Schäden an ihren Fischbeständen, die durch Wasserverschmutzungen von Seiten Dritter herrühren, ders. a.a.O., pp. 108 ff.

204

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

hängig von der Schwere des Verstoßes on summary conviction oder on conviction on indictment verfolgt werden. Der Unterschied zwischen diesen beiden Kategorien der Strafverfolgung besteht in unterschiedlichen Gerichtszuständigkeiten und Verfahrensarten. Die leichteren Straftaten mit geringerer zu erwartender Strafe werden im Verfahren on summary conviction ohne Mitwirkung von Geschworenen abgeurteilt.846 Geht der Verstoß, also z. B. der Betrieb einer Fischzucht ohne CAR-Lizenz oder die Verletzung von Nebenbestimmungen, auf eine juristische Person oder Gesellschaft zurück, kann er gewissen Vertretern aus dem Führungspersonal zugerechnet werden, die der Handlung zugestimmt, sie geduldet oder Überwachungspflichten vernachlässigt haben.847 Gründe, die die Tat entschuldigen848, greifen ein, wenn der Verstoß auf einem unvorhersehbaren Unfall oder auf höherer Gewalt beruht oder in einem Tun oder Unterlassen besteht, das notwendig ist, um Menschen, Eigentum oder die Umwelt vor ernsthaften und unmittelbar bevorstehenden Schäden zu bewahren. Damit dieser Entlastungstatbestand eingreift, müssen aber zusätzlich präventive und restaurative Maßnahmen ergriffen werden, um die Gewässerumwelt vor Schäden zu bewahren. Zugleich muss unverzüglich die Umweltbehörde SEPA von den Einzelheiten des betreffenden Tatbestandes unterrichtet werden.849 Wird das Delikt im Verfahren on summary conviction verfolgt, liegt die Strafandrohung bei einer Geldstrafe von bis zu GBP 40.000,– oder Freiheitsstrafe nicht über 12 Monaten, wobei beide Strafarten kombiniert werden können. Die Fortführung der Begehung nach einer Verurteilung wird mit einer pauschalisierten Geldstrafe in Höhe von GBP 250,– für jeden Tag der fortgesetzten Begehung bestraft.850 Bei der Verfolgung on conviction on indictment erhöht sich der Strafrahmen hinsichtlich der Freiheitsstrafandrohung auf ein Strafmaß von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe und bei fortgesetzter Begehung auf eine Tagesstrafe von GBP 1.000,–.851 Alternativ oder kumulativ zur Verhängung dieser Strafen, kann das Gericht dem Täter auferlegen, innerhalb einer zu setzenden Frist Ausgleichsmaßnahmen für entstandene Schäden vorzunehmen.852 Wie bereits im Zusammenhang mit Monitoring- und Überwachungskompetenzen (siehe dazu oben unter C. VII.), bestehen weit reichende ordnungsrechtliche Befugnisse, um etwaige Verstöße, wie insbesondere eine strafbare Überschreitung der lizenzierten Bewirtschaftungsintensität, zu ermitteln. Werden die dazu berufenen Personen bei Ausübung ihrer Kontrolltätigkeiten behindert oder werden Auskunfts-, Informations- oder Dokumentationspflichten verletzt, ist dies ebenfalls strafbar und 846 847 848

[…]“. 849 850 851 852

Dazu: White/Willock, The Scottish Legal System, p. 77. Reg. 45 Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011. Die englischsprachige Formulierung lautet „a person will not be guilty of an offence Reg. 48 Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011. Reg. 44(2)(a) Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011. Reg. 44(2)(b) Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011. Reg. 49 Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011.

VIII. Verantwortlichkeit und Haftung

205

kann unter Zugrundelegung desselben Strafrahmens geahndet werden.853 Der Druck auf die Betreiber, im Bereich der Dokumentierung des Selbstmonitoring sorgfältig vorzugehen, wird in diesem strafrechtlichen Zusammenhang noch zusätzlich durch gewisse Beweisregelungen verschärft. Denn der Verstoß gegen Nebenbestimmungen (conditions) der CAR-Lizenz kann als bewiesen angesehen werden, wenn diesbezüglich Dokumentationspflichten bestehen und diese nicht erfüllt wurden; für im Rahmen von Monitoringmaßnahmen mithilfe technischer Geräte erstellte Aufzeichnungen gilt eine Richtigkeitsvermutung854, sodass etwaige Grenzwertüberschreitungen einfach nachgewiesen werden können. b) Nach Marine (Scotland) Act 2010 Einer ähnlichen Struktur folgen die Verantwortlichkeitsregelungen des Marine (Scotland) Act 2010, die auch zuvor in weitgehend identischer Form in der Vorgängervorschrift des Food and Environment Protection Act 1985 enthalten waren.855 Soweit für die marine Aquakultur mit Desinfizierungsmittel oder Medikamentenrückständen versetztes Wasser von Arbeitsschiffen in die Gewässer entlassen werden soll, ist dafür nach sec. 20(1) i.V.m. sec. 21(1) 1(a) der Vorschrift eine marine license erforderlich, bei deren Fehlen ein Straftatbestand eingreift. Strafbar macht sich jeder, der eine lizenzbedürftige Tätigkeit ausführt, ohne dass er eine Lizenz besitzt, oder bei der Beantragung einer Lizenz vorsätzlich oder grob fahrlässig falsche Angaben macht.856 Wie unter den CAR-Regulations existieren auch hier für das erstgenannte Delikt Entlastungstatbestände, die allerdings anders formuliert sind. Gemäß sec. 40 Marine (Scotland) Act 2010 kann sich der nach sec. 39(1) wegen einer unlizensierten oder lizenzwidrigen Handlung Beschuldigte exkulpieren857, wenn er nachweist, dass er diese Handlung zu dem Zweck ausgeführt hat, die Sicherheit eines Wasser- oder Luft- oder Luftkissenfahrzeugs bzw. einer Seeanlage (marine structure)858 zu gewährleisten oder Leben zu retten. Darüber hinaus muss nachgewiesen werden, dass in angemessener Zeit nach dem strafbaren Vorgang die Scottish Ministers über die Umstände informiert wurden. Die strafrechtlich aus deutscher Sicht fremd erscheinende Beweislast des Beschuldigten ist vor dem 853

2011. 854

2011. 855

Reg. 44(1)(e)-(o) Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations Reg. 47(1) und (2) Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations

Sec. 9 ff. Food and Environment Protection Act 1985. Sec. 39 und sec. 42 Marine (Scotland) Act 2010. 857 Der Wortlaut heißt hier „it is a defence for a person charged with an offence under section 39(1) in relation to any activity to prove that […]“. 858 Eine „marine structure“ ist definiert als jede Plattform oder andere vom Menschen errichtete Struktur auf See, mit Ausnahme von Rohrleitungen, sec. 166(1) Marine (Scotland) Act 2010. Der Begriff dürfte danach auch fest verankerte Netzkäfiganlagen für die Aquakultur umfassen. 856

206

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

Hintergrund des in der angelsächsischen Tradition verwurzelten kontradiktorischen Strafverfahrens zu sehen.859 Schließlich bestehen auch in etwa vergleichbare Strafandrohungen, mit einer im Verhältnis zu den CAR-Bestimmungen etwas geringeren maximalen Freiheitsstrafe. Das Einbringen von Substanzen in Seegewässer ohne gültige marine license erlaubt eine Bestrafung mit Geldstrafe in Höhe von bis zu GBP 50.000 oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren.860 Eine ordnungsrechtliche Flankierung dieser Strafvorschriften sieht der Marine (Scotland) Act 2010 ebenfalls vor. Zum einen sind auch hier behördliche Kontrollpersonen (marine enforcement officers) mit bestimmten Überwachungskompetenzen ausgestattet. Sie sind u. a. ermächtigt Inspektionen, Probenahmen etc. durchzuführen und die betreffenden Untersuchungsobjekte, wie Schiffe oder im Fall der Aquakultur die Anlagen, und in Ausübung ihrer Funktion das verantwortliche Personal anzuweisen.861 Besonders streng ausgestaltet sind Auskunftspflichten gegenüber den marine enforcement officers. Fragen in Bezug auf bestimmte an Bord von Schiffen oder einer marine structure vorgefundene Substanzen müssen selbst dann wahrheitsgemäß beantwortet werden, wenn sich der Ordnungspflichtige dadurch dem Verdacht einer Straftat aussetzt; allerdings sind seine Angaben in dem daraufhin möglicherweise gegen ihn geführten Strafverfahren kein zulässiges Beweismittel.862 Falsche Angaben im Rahmen der Auskunftspflicht und Widersetzungen gegen Maßnahmen der Kontrollpersonen sind ihrerseits auch strafbar863, sodass die Vertuschung von Lizenzverstößen durch Aquakulturbetreiber für diese mit hohen strafrechtlichen Risiken verbunden ist. Ein zweites ordnungsrechtliches Element findet sich in sec. 59 Marine (Scotland) Act 2010 in Form einer Generalklausel für Fälle, in denen ein Lizenzverstoß zur Kenntnis der zuständigen Behörde gelangt oder vermutet wird. Dem Wortlaut864 der Vorschrift nach zu urteilen, handelt es sich um eine Eingriffsermächtigung zur Selbstvornahme gewisser Maßnahmen, die einen bloßen Gefahrverdacht oder eine Anscheinsgefahr genügen lässt. Die Behörde ist danach zu Maßnahmen ermächtigt, die notwendig erscheinen, um die marine Gewässerumwelt mit ihren lebenden Ressourcen oder die menschliche Gesundheit zu schützen oder Konflikte mit anderen legitimen Nutzungen des Meeres abzuwenden, wenn eine nach dem Marine (Scotland) Act 2010 lizensierungspflichtige Handlung ohne Lizenz oder lizenzwidrig vorgenommen wird. Hierfür anfallende Kosten können dem Störer auferlegt 859

Siehe dazu: White/Willock, The Scottish Legal System, p. 76. Sec. 39(4) Marine (Scotland) Act 2010. 861 Part 7 Marine (Scotland) Act 2010. 862 Sec. 150(1) und (2) Marine (Scotland) Act 2010. 863 Sec. 155(1)-(5) Marine (Scotland) Act 2010. 864 Sec. 59(1) Marine (Scotland) Act 2010 lautet: „If it appears to the Scottish Ministers that a licensable marine activity has been carried on otherwise than under a marine license and in accordance with its conditions, they may carry out any works that appear to them to be necessary or expedient for any one ore more of the following purposes […]“. 860

VIII. Verantwortlichkeit und Haftung

207

werden.865 Die Vorgängerregelung aus dem Food and Environment Protection Act 1985 sah die Kostentragungspflicht nur in den Fällen vor, in denen es daneben auch zu einer strafrechtlichen Verurteilung kam.866 3. Umwelthaftung Zusätzlich zu diesen gewässerschutzrechtlichen Verantwortlichkeitsnormen von überwiegend strafrechtlichem Charakter ist eine Haftung von Aquakulturbetreibern über das allgemeine Umwelthaftungsrecht denkbar, das auf die Umwelthaftungsrichtlinie 2004/35/EG867 (UH-RL) zurückgeht. a) Umwelthaftungsrichtlinie 2004/35/EG Die UH-RL dient der Schaffung eines gemeinsamen Ordnungsrahmens zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden zu vertretbaren Kosten für die Gesellschaft.868 Schon diese Zweckbestimmung verdeutlicht, dass es sich bei der Richtlinie mit den beiden Leitbegriffen „Vermeidung“ und „Sanierung“ strukturell nicht in erster Linie um eine typische haftungsrechtliche Vorschrift handelt. Die Richtlinie beinhaltet ein zunächst präventiv ausgerichtetes Instrumentarium, mit dem bestimmte behördliche Befugnisse sowie auf der Sekundärebene eine Kostentragungspflicht für die Kosten der Vermeidung und Behebung bestimmter Umweltschäden errichtet werden. Adressaten der Kostentragungstatbestände sind im Sinne des Verursacherprinzips (polluter-pays-principle) diejenigen, die eine Umweltgefahr oder einen Umweltschaden hervorgerufen haben. Der haftungspflichtige Kreis wird hinsichtlich Umweltschäden an Boden und Wasser auf Personen eingegrenzt, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit als „Betreiber“ gewissen nach EURecht genehmigungs- oder zulassungspflichtigen Aktivitäten869 nachgehen. Insoweit implementiert die Richtlinie eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung. Schädigungen geschützter Arten und natürlicher Lebensräume870 begründen die Haftung hingegen auch dann, wenn sie bei einer anderen beruflichen Tätigkeit hervorgerufen wurden, setzen allerdings ein Verschulden voraus.871 Die Systematik 865

Sec. 44(5)(c) Marine (Scotland) Act 2010. Sec. 10(2) Food and Environment Protection Act 1985. 867 Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden, ABl. L 143 v. 30. 4. 2004, S. 56, zuletzt geändert durch Richtlinie 2009/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009, ABl. L 114 v. 5. 6. 2009, S. 114. 868 Erwägungsgrund (3) UH-RL. 869 Die Tätigkeiten im Einzelnen sind in Anhang III UH-RL aufgeführt. 870 Von dieser biodiversitätsbezogenen Komponente sind nach der FFH- und Vogelschutzrichtlinie geschützte Arten und Lebensräume umfasst, näher dazu Führ/Lewin/Roller, EG-Umwelthaftungsrichtlinie und Biodiversität, NuR 2006, 67 – 75 (69). 871 Art. 3 Abs. 1 b) UH-RL. 866

208

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

der Richtlinie sieht vor, dass zunächst der Betreiber, also derjenige, der die potenziell mit Umweltrisiken behaftete Tätigkeit beruflich ausübt, erstens zur Vermeidung von Umweltschäden und zweitens, sofern sie doch eintreten, zur Sanierung der Schäden verpflichtet ist. Die Schadensbemessung erfolgt hier auf Grundlage der Sanierungskosten. Eine zur Umsetzung der UH-RL einzurichtende zuständige Behörde überwacht die Ausführung von Vermeidungs- und Sanierungsmaßnahmen.872 Sie kann vom Betreiber verlangen, solche Maßnahmen durchzuführen, oder die erforderlichen Maßnahmen selbst ergreifen. Die Kosten hat jeweils der Betreiber zu tragen bzw. zu erstatten.873 Obwohl die Aquakultur als Tätigkeit grundsätzlich den Bestimmungen der UHRL unterfällt, zeigt indes die nähere Betrachtung der Haftungsvoraussetzungen, dass eine Inanspruchnahme aus verschiedenen Gründen nur in Ausnahmefällen eingreifen dürfte. b) Environmental Liability (Scotland) Regulations 2009 Unmittelbarer Maßstab einer etwaigen Haftung sind die Environmental Liability (Scotland) Regulations 2009, mit denen die Richtlinienvorgaben in schottisches Recht transformiert wurden. Zuständig für ihre Durchführung sind je nach betroffenem Schutzgut die Scottish Ministers, SNH oder die SEPA.874 Die Aquakultur zählt zu den beruflichen Tätigkeiten, die im Sinne von reg. 4(1)(a) Environmental Liability (Scotland) Regulations 2009 unter Umständen erheblichen Schaden an geschützten Arten und Lebensräumen (sog. Biodiversitätsschaden875) hervorrufen können. Außerdem gehört sie zu den in sched. 1 der Vorschrift aufgelisteten beruflichen Tätigkeiten, mit denen der Eintrag von Schadstoffen in Oberflächengewässer einhergeht, der nach der Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/EG einer Kontrolle durch Genehmigungen, Registrierungen oder Erlaubnisse unterworfen sind.876 Die zweite, schutzgutspezifische Variante des Umweltschadens an Wasser kommt noch vorrangig in Betracht. Denn es sind durch Aquakultur verursachte Schäden mit erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf insbesondere den ökologischen und chemischen Zustand oder das ökologische Potenzial von Gewässern denkbar (Gewässerschäden).877 Dass auch Bodenschäden gemäß reg. 4(1)(c) Environmental Liability (Scotland) Regulations 2009 im Zusammenhang mit Aquakulturen relevant sein könnten, ist dagegen nicht ersichtlich.

872 873 874 875

(68). 876 877

Art. 11 UH-RL. Art. 8 UH-RL. Reg. 7 Environmental Liability (Scotland) Regulations 2009. Führ/Lewin/Roller, EG-Umwelthaftungsrichtlinie und Biodiversität, NuR 2006, 67 – 75 Art. 11 Abs. 3 h) WRRL. Reg. 4(1)(b) Environmental Liability (Scotland) Regulations 2009.

VIII. Verantwortlichkeit und Haftung

209

Dieser relativ weite Anwendungsbereich wird jedoch durch die konkreten Voraussetzungen der Inanspruchnahme in einer Weise eingeengt, dass er in vielen Fällen die Effekte der Aquakultur nicht mehr erfassen dürfte. Eine erste, jedenfalls tendenzielle Einschränkung des Anwendungsbereichs liegt in der näheren Definierung der Erheblichkeit eines Biodiversitätsschadens. Zur Bestimmung der Erheblichkeit eines solchen Schadens ist u. a. die Kapazität natürlicher Regeneration zu berücksichtigen.878 Ob damit beispielsweise die typischerweise in der Nähe von Aquakultur-Netzkäfigen auftretenden „toten Zonen“ im benthischen Lebensraum, die sich in einem durchschnittlichen Zeitraum von zwei Jahren vollständig regenerieren sollen, bereits die Erheblichkeitsschwelle überschreiten, könnte unter diesem Gesichtspunkt auch dann noch fraglich sein, wenn dadurch geschützte Arten oder Lebensräume betroffen sind. Andere vorstellbare Biodiversitätsschäden wie etwa durch den Abschuss geschützter wild lebender Raubtiere zum Schutz von Fischzuchtanlagen müssten ebenfalls die Schwelle der Erheblichkeit überschreiten und von einigem Gewicht zumindest für die regionale Population der jeweiligen Art sein. Eine denkbare Anwendungsmöglichkeit der Haftung für Biodiversitätsschäden nach den Environmental Liability (Scotland) Regulations 2009 könnten die Fälle des Entkommens von Zuchtfischen in großem Umfang mit den damit in Zusammenhang gebrachten Beeinträchtigungen des Genpools wild lebender Salmoniden darstellen. Der wilde Atlantische Lachs Salmo salar zählt jedenfalls zu den nach der FFHRichtlinie geschützten Arten.879 Vielfältige Schwierigkeiten dürften hier allerdings auf tatsächlicher Ebene zu erwarten sein. Allein die für die Ausfüllung des Schadensbegriffs als „eine direkt oder indirekt eintretende feststellbare nachteilige Veränderung einer natürlichen Ressource oder Beeinträchtigung der Funktion einer natürlichen Ressource“880, die Zurückführung auf eine Tätigkeit eines einzelnen Betreibers und schließlich die faktische Durchführung von Sanierungsmaßnahmen als Grundlage einer Kostenhaftung erscheint kaum praktisch umsetzbar. Für die Eingrenzung von haftungsrelevanten Gewässerschäden sind zum Teil andere Einzelvorschriften zu beachten, als für die Biodiversitätschäden. Hier gilt neben den ebenfalls erforderlichen aber nicht näher legaldefinierten Erheblichkeit eine weitere, diesmal als Begrenzung des Anwendungsbereichs der gesamten Haftungsregelungen ausgestaltete Ausnahme. So gelten die Environmental Liability (Scotland) Regulations 2009 nicht für Umweltschäden oder -gefahren, die aus nicht klar abgrenzbarer Verschmutzung stammen und bei denen keine kausale Verbindung zwischen dem Schaden und den von den individuellen Betreibern ausgeübten Tätigkeiten herzustellen ist.881 Gerade für die sukzessiven Einträge an wasserlöslichen 878

Reg. 4(3)(c) Environmental Liability (Scotland) Regulations 2009. Anhang II FFH-RL, wo neben anderen Salmoniden die Art Salmo salar allerdings nur im Süßwasser geschützt ist. 880 So der Richtlinientext in Art. 1 Nr. 2 UH-RL. 881 Reg. 5(b)(iii) Environmental Liability (Scotland) Regulations 2009. 879

210

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

Fremdstoffen durch Aquakulturen, die schneller Lösung, Verdünnung und Verdriftung sowie Vermischung mit Einträgen aus anderen Quellen ausgesetzt sind, kann sich der in dieser Regelung geforderte Kausalitätsnachweis als nur schwer überwindliche Hürde bei der Inanspruchnahme von Aquakulturbetreibern erweisen. Schließlich ist auf der Ebene der Kostentragung eine letzte, dafür umso gewichtigere Haftungsausnahme vorgesehen. Eine Kostentragungspflicht für Betreiber, die einen Umweltschaden oder eine Biodiversitätsschädigung bzw. Kosten für diesbezügliche Vermeidungs- oder Sanierungsmaßnahmen verursacht haben, entfällt unter den Voraussetzungen von reg. 17(3) Environmental Liability (Scotland) Regulations 2009. Danach kann der Betreiber, sofern ihn kein Verschulden trifft, in zwei Fällen von der Haftung befreit sein. Gemäß Variante (a) tritt die Kostentragungspflicht des Betreibers von Tätigkeiten nach sched. 1 für Sanierungs- oder Vermeidungsmaßnahmen nicht ein, wenn der Schaden von einer Emission oder einer Aktivität herrührt, die von einer ausdrücklichen behördlichen Autorisierung gedeckt war und in Übereinstimmung mit etwaigen Nebenbestimmungen ausgeübt wurde. Nach Variante (b) der reg. 17(3) wird ein Betreiber auch dann nicht mit der Haftung für Umweltschäden belastet, wenn nach dem Stand von Wissenschaft und Technik zum Zeitpunkt des Vorfalls der eingetretene Schaden nicht als umweltgefährdend eingestuft wurde, sich diese Einschätzung aber später als falsch herausgestellt hat. Von entscheidender Tragweite ist vor allem die erstgenannte Ausnahme nach reg. 17 (3)(a) Environmental Liability (Scotland) Regulations 2009. Sie bedeutet faktisch, dass jede Tätigkeit nach Schedule 1, z. B. der Betrieb einer Aquakultur, die sich im Rahmen der dazu erforderlichen Zulassungen hält, regelmäßig keine Haftung herbeiführt. Reguläre Emissionen von einer Fischfarm, die von CAR- und marine license abgedeckt sind, fallen damit aus dem Haftungsregime der Vorschrift heraus. Es zeigt sich daran, dass wiederum die Einhaltung der entsprechenden öffentlich-rechtlichen Erlaubnisse zwar nicht unmittelbar, aber rechtstechnisch vermittelt über den Ausnahmetatbestand der reg. 17(3)(a) Environmental Liability (Scotland) Regulations 2009 zum Dreh- und Angelpunkt auch der Umwelthaftung gemacht wird. Übrig bleiben indes mögliche Umwelthaftungen für Auswirkungen der Aquakultur abseits des Regelbetriebes, also bei Lizenzüberschreitungen, die dann auch strafrechtlich verfolgt werden (siehe oben unter 1.) und immerhin denkbaren Ausnahmeereignissen im Sinne von „Störfällen“ wie beispielsweise der unfallhaften Einbringung von Schadstoffen, wie sie in der Küstenaquakultur etwa aufgrund schweren Wetters vorstellbar sind. Gerade für extreme Sachverhaltsgestaltungen können aber zuletzt Regelungen wie reg. 5(b)(ii) Environmental Liability (Scotland) Regulations 2009 neue Schlupflöcher schaffen, wonach eine Haftung wiederum ausgeschlossen ist, wenn der Schaden auf ein außergewöhnliches, unvermeidbares und nicht abzuwehrendes Naturphänomen zurückgeht.

VIII. Verantwortlichkeit und Haftung

211

4. Bewertung: Haftungs- und Verantwortlichkeitsregelungen Die Betrachtung der relevanten Haftungs- und Verantwortlichkeitsregelungen zeigt, dass Risiken der Betreiber, für mit der Aquakultur zusammenhängenden problematischen Auswirkungen in Anspruch genommen zu werden, im Wesentlichen in den Fällen bestehen, dass die zum Betrieb der Anlage erteilten Erlaubnisse nicht vorliegen, überschritten oder ihre Nebenbestimmungen missachtet werden. Dort knüpfen die Straftatbestände der Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011 und des Marine (Scotland) Act 2010 konsequenterweise an, denn die durch öffentlich-rechtliche Erlaubnisakte als vertretbar gebilligten Emissionen und sonstigen Gewässer- und Umweltbeeinträchtigungen können kaum im Nachhinein zum Gegenstand von repressiven Maßnahmen gemacht werden. Es setzt sich also im Ergebnis eine maßgebliche Verwaltungsrechtsakzessorietät durch. Die bei Verstößen eingreifenden Sanktionen strafrechtlicher Art sind streng, arbeiten mit verhältnismäßig hohen Strafandrohungen und beziehen sich auch auf ordnungsrechtliche Verpflichtungen im Zusammenhang mit Monitoring- und Inspektionstätigkeiten. Das Vorliegen der immissionsschutzrechtlichen Lizenzen nach CAR und Marine Act 2010 schließt erst die grundsätzliche Strafbarkeit solcher Tätigkeiten aus, wie sie u. a. die Aquakultur darstellt, und verdeutlicht den Adressaten der Normen das hohe Gewicht eines Verstoßes. Vor dem Hintergrund dieser Regelungen stehen die Betreiber unter einem beträchtlichen Druck zur Befolgung von Lizenzbedingungen und Nebenbestimmungen sowie der ordnungsgemäßen Selbstkontrolle und der Duldung von hoheitlichen Monitoringmaßnahmen. Dies dürfte im Sinne des Nachhaltigkeitsgedankens dazu beitragen, dass Umweltauswirkungen der Aquakultur präventiv auf ein vertretbares Maß begrenzt werden, indem sie schon während der Planungs- und Betriebsphase strikt reglementiert werden, also bevor es überhaupt zu gravierenden Umweltschädigungen kommt. Denn wenn Schäden erst einmal eingetreten sind, sind sowohl die Schadensbeseitigung als auch die Zurückführung auf einen haftungsrechtlich Verantwortlichen mit Schwierigkeiten verbunden. Haftungsregelungen können daher für den Bereich der Aquakultur über einen möglichen Abschreckungseffekt hinaus kaum zu einer besseren Durchsetzung einer umweltschonenden Bewirtschaftung beitragen. Dessen ungeachtet bietet vor allem die schottische Umsetzungsvorschrift zur UHRL theoretisch ein Werkzeug, um klar abgrenzbare und eindeutig auf Fischzuchtaktivitäten einzelner Betreiber zurückgehende Schäden an den gemeinen Umweltgütern Wasser und Boden sowie an den durch das Natura-2000-Regime geschützten Arten und Lebensräumen möglicherweise einer Sanierung auf Kosten der haftungspflichtigen Betreiber zuzuführen. Der Ausschluss der Haftung für genehmigte Tätigkeiten markiert hier zwar erneut eine Grenze, die den regelmäßigen und ordnungsgemäßen Betrieb pauschal freistellt und somit den Rahmen festlegt, innerhalb dessen die Folgenbewältigung einer nicht unproblematischen Bewirtschaftungsform externalisiert wird. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang allerdings auch, dass

212

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

alle Aquakulturbetreiber über die für den Erhalt der CAR-Lizenz zu entrichtende subsistence charge (siehe oben unter C.III.) jedenfalls für die Kosten des Monitoring aufkommen. Werden jedoch die Lizenzen überschritten, bieten die Environmental Liability (Scotland) Regulations 2009, vorbehaltlich der angedeuteten Unwägbarkeiten bei der konkreten Anwendung auf typische Aquakulturauswirkungen, ein Werkzeug, um nicht nur eine Haftung im Sinne einer Sanktionierung anzuwenden, sondern daneben die Wiederherstellung des geschädigten Gemeingutes finanziell dem Verursacher aufzuerlegen. Sie ergänzen insoweit die Möglichkeit von Gerichten, auch bei Anwendung der gewässerschutzrechtlichen Straftatbestände den verurteilten Betreiber zu Ausgleichsmaßnahmen zu verpflichten.

IX. Handels- und Marktbedingungen Für die Situation der schottischen Aquakulturbetreiber sind nicht nur die rechtlichen Rahmenbedingungen von Bedeutung, welche die Stufe der Produktion betreffen, also die Vergabe von Nutzungsrechten für geeignete Standorte, Genehmigungserfordernisse, umweltrechtliche Standards oder die sonstigen rechtlichen Vorgaben für den laufenden Betrieb einer Anlage. Diese Aspekte waren Gegenstand der vorangegangenen Abschnitte C.II. – C.VIII. Einen weiteren entscheidenden Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen stellen die Bedingungen dar, unter denen die Produkte vermarktet werden können. Dies gilt umso mehr im Zeitalter des globalisierten Handels, in dem die schottische Fischzuchtindustrie mit anderen Aquakulturnationen mit ähnlicher Ausrichtung auf insbesondere die Lachsproduktion – wie Chile oder Norwegen – um weltweite Marktanteile konkurriert. Trotz einer unter GATT und WTO vorangetriebenen Tendenz zur Liberalisierung globaler Märkte im Sinne des Abbaus von Handelshemmnissen existiert auch heute ein sehr komplexes System rechtsförmiger Vorgaben, die für die wirtschaftliche Situation im Handel mit Fischereiprodukten auch aus Aquakultur maßgebliche Auswirkungen haben. Aus diesem Grund wird als Modus der Regulierung von Aquakultur auch der Marktmodus (market mode) neben dem klassischen hierarchischen Verwaltungsmodus (hierarchical mode) und dem partizipatorischen Modus (participative mode) als einer der entscheidenden Steuerungspfade betrachtet.882 Nach kurzer Darstellung der wesentlichen Absatzmärkte der schottischen Aquakulturindustrie und des welthandelsrechtlichen Rahmens (dazu unter 1. und 2.) konzentriert sich die Untersuchung im folgenden Abschnitt zum einen auf bestehende Handelshemmnisse (dazu unter 3. und 4.). In engem Zusammenhang damit wird auf handelspolitische Schutzmaßnahmen der EU im Handel mit Aquakultur882 Stead, A comparative analaysis of two forms of stakeholder participation in European aquaculture governance: Self-Regulation and Integrated Coastal Zone Management, in: Gray (ed.), Participation in Fisheries Governance, pp. 179 – 192 (172).

IX. Handels- und Marktbedingungen

213

produkten eingegangen (dazu unter 5.). Zum anderen wird die für die Marktposition wichtige finanzielle Förderung auch der schottischen Aquakulturbranche im Rahmen des Europäischen Fischereifonds behandelt (dazu unter 6.). 1. Absatzmärkte der schottischen Aquakulturindustrie Während noch immer knapp die Hälfte der schottischen Aquakulturproduktion auf dem heimischen Markt im Vereinigten Königreich abgesetzt wird883, fließt ein großer und wachsender Anteil der Erzeugnisse in den Export.884 Schottland exportiert Produkte aus Aquakultur, hauptsächlich Lachs, in insgesamt 58 Länder.885 Hauptabnehmer sind zum einen die USA, die seit dem Jahr 2009 den größten Anteil der schottischen Produktion importiert haben. Sie lösen damit die EU-Mitgliedstaaten als zuvor wichtigste Gruppe von Importländern schottischer Aquakulturprodukte ab, die jedoch noch immer die zweitwichtigste Kategorie der Abnehmer ausmachen. Innerhalb des EU-Marktes sind an erster Stelle Frankreich und danach die Benelux-Länder die bedeutendsten Importeure schottischen Lachses.886 Ein beachtliches Wachstumspotenzial für die künftige Entwicklung des Handels mit schottischen Aquakulturerzeugnissen wird in der Erschließung weiterer Exportmärkte gesehen, die von Industrie und Regierung mit Nachdruck betrieben wird. So zielen aktuelle Bestrebungen für die nahe Zukunft hauptsächlich auf den asiatischen Markt, vor allem China887, ab. China scheint trotz eigener führender Stellung in der Aquakultur-Weltproduktion auch für Fischereierzeugnisse eine schier unerschöpfliche Nachfrage zu generieren und wurde mit Lachs bis heute hauptsächlich von Norwegen beliefert. Die folgende Darstellung beschränkt sich auf die Behandlung der rechtlich determinierten Handels- und Marktbedingungen, welche die schottische Aquakulturindustrie für Exporte in ihre beiden derzeitigen Hauptabnehmer-Regionen – EUMitgliedstaaten und die USA – vorfindet und versucht, summarisch die Situation der Hauptkonkurrenten einzubeziehen. Die Bedingungen für den Absatz auf dem heimischen Markt unterfallen weitestgehend den gleichen europarechtlich vorgeprägten Voraussetzungen wie der Verkauf in andere EU-Mitgliedsländer und werden deshalb nicht gesondert behandelt.

883

BBC News vom 25. Februar 2011, http://www.bbc.co.uk/news/mobile/uk-scotland-scot land-business-12579923, Stand: 12. 4. 2011. 884 Scottish Salmon Producers’ Organisation mit Zahlen für das unangefochtene Hauptprodukt Lachs aus dem Jahr 2009, http://www.scottishsalmon.co.uk/mediacentre/releases/2010/ 10.3.10.asp, Stand: 12. 4. 2011. 885 Scottish Salmon Producers’ Organisation, Zahl aus dem Jahr 2008, http://www.scot tishsalmon.co.uk/economics/economics.asp, Stand: 23.3. 2011. 886 Scottish Government, Scotland’s Marine Atlas Part 43. 887 BBC News, Scotland Business vom 12. Januar 2011, http://www.bbc.co.uk/news/ukscotland-scotland-business-12169191, Stand: 12. 4. 2011.

214

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

2. Welthandelsrechtlicher Rahmen für den Handel mit Aquakulturerzeugnissen Der internationale Handel mit Aquakulturerzeugnissen unterliegt im Wesentlichen dem Rechtsrahmen, der auch für Fischereiprodukte aus der Wildfischerei gilt. Fischereiprodukte insgesamt sind als Gegenstände des Warenverkehrs zuvorderst der Rechtsordnung des Welthandels nach Maßgabe der GATT und WTO-Abkommen sowie ihren Folgevereinbarungen unterworfen. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde mit Abschluss des GATT 1947-Abkommens eine multilaterale Vertragsordnung für den Welthandel errichtet, die daneben eine Reihe von Sonderabkommen mit jeweils eigenen Organen, Verfahren und teils sogar unterschiedlichem Mitgliederbestand einschloss. Um der drohenden Zersplitterung vorzubeugen, die aus der Vielschichtigkeit dieser Konstruktion zu entstehen drohte, wurde mit dem Inkrafttreten des WTO-Übereinkommens am 1. Januar 1995 ein stärker verrechtlichter Ordnungsrahmen des Welthandelsrechts geschaffen.888 Das WTO-Übereinkommen selbst enthält keine materiellen Bestimmungen, sondern bildet in erster Linie den Gründungsakt der Welthandelsorganisation, es fasst jedoch über seine vier Anhänge eine Anzahl von über 200 Übereinkommen der sog. Uruguay-Verhandlungsrunde zu einem einzigen völkerrechtlichen Vertrag zusammen und erhält so seine umfassende Dimension.889 Das Fundament der heute den Warenhandel regelnden Säule des materiellen WTO-Rechts ist das Allgemeine Zollund Handelsabkommen 1994 (General Agreement on Tariffs and Trade 1994, GATT 1994). Es trat zusammen mit dem WTO-Übereinkommen in Kraft und enthält die für den internationalen Warenhandel grundlegenden Regeln. Diese zielen auf den Abbau von Zöllen und die Beseitigung von nichttarifären Handelshemmnissen. Nichttarifär sind solche Handelshemmnisse, die auf andere Weise als durch Zölle wirken.890 3. Tarifäre Handelshemmnisse Die Bestrebungen zum Abbau von tarifären Handelshemmnissen wurden bereits in den sieben Welthandelsrunden seit GATT 1947 durch kontinuierliche Zollsenkungen verwirklicht. Zölle und zollgleiche Abgaben als historisch wichtigste Handelsbeschränkungen erfuhren damit einen großen Bedeutungsverlust. Dies gilt insbesondere auch für den Handel mit Fischerei- und Aquakulturerzeugnissen.891 Unter dem Gesichtspunkt tarifärer Handelshemmnisse wird zwar einerseits darauf hingewiesen, dass heute noch immer insbesondere Entwicklungsländer, die außerhalb großer Handelszonen stehen, von Import-Zöllen im Ausbau ihrer Fischereiin888

Göttsche, in: Hilf/Oeter (Hrsg.) WTO-Recht, S. 101, Rn. 1. Göttsche, in: Hilf/Oeter (Hrsg.) WTO-Recht, S. 102, Rn. 4 ff. 890 Bender, in: Hilf/Oeter (Hrsg.) WTO-Recht, S. 230, Rn. 1. 891 Asche/Khatun, Aquaculture: Issues and Opportunities for Sustainable Production and Trade, p. 22. 889

IX. Handels- und Marktbedingungen

215

dustrie behindert werden.892 Dennoch gilt andererseits für im internationalen Fischereihandel wichtige Import-Nationen wie Japan, die EU oder die USA, dass dort vielfach differenzierende Ansätze bei der Zollpolitik hinsichtlich Fischereiprodukten gerade aus Entwicklungsländern verfolgt werden, die von Vorzugsbedingungen für einzelne Staaten bis zum nahezu vollständigen Verzicht auf Zölle für einzelne Produkte gehen.893 Die insgesamt verhältnismäßig geringe Bedeutung, die Zölle im grenzüberschreitenden Handel zwischen entwickelten Ländern mit Fischerei- und Aquakulturerzeugnissen aus diesem Grunde heute haben, zeigt die Betrachtung der wertmäßigen Verteilung der Importe der EU und der USA in Relation zur zolltariflichen Behandlung. Während bereits fast 50 % der in die EU importierten Fischereiprodukte Zollfreiheit genießen, sind es bei Einfuhren in die USA sogar 90 % der Ware, die nicht zu verzollen ist.894 Spiegeln dürfte sich hierin auch die enorme Nachfrage nach Fisch bei wachsender Ressourcenknappheit durch Überfischung der Wildbestände. a) Zollunion innerhalb der EU Auf einem der beiden zentralen Zielmärkte, nämlich im EU-internen Handel, profitiert die schottische Aquakulturindustrie von der Wirtschafts- und Währungsunion, deren Errichtung die Kernaufgabe der Union darstellt, Art. 3 Abs. 4 EUV. Bestandteil der Wirtschafts- und Währungsunion ist auch die Errichtung einer Zollunion, Art. 28 Abs. 1 AEUV, die sich zum einen durch die Abschaffung aller Ein- und Ausfuhrzölle und zollgleicher Abgaben zwischen den Mitgliedstaaten, zum anderen durch die Schaffung eines gemeinsamen Zolltarifs (GTZ) gegenüber Drittstaaten auszeichnet.895 Die für sich genommen bereits nicht unerheblichen Vorteile der schottischen Aquakulturindustrie durch die vollständige Beseitigung von tarifären Handelsbeschränkungen im für sie wichtigen EU-Binnenmarkt werden allerdings naturgemäß erst in der Zusammenschau mit der auswärtigen Zollpolitik der Union gegenüber solchen Drittländern deutlicher, die als deren Konkurrenten in den EU-Markt importieren. Als solche sind hauptsächlich Chile und Norwegen zu nennen. b) Zolltarifstrukturen der EU und der USA Zunächst ist erneut festzustellen, dass die WTO-Rechtsordnung zum Abbau von Zöllen geführt hat und darüber hinaus der steuernden Einflussnahme durch die gezielte Verwendung tarifärer Hemmnisse Grenzen setzt. Insbesondere der Meistbe892

Ahmed, Market Access and Trade Liberalisation in Fisheries, p. 10. Ahmed, Market Access and Trade Liberalisation in Fisheries, p. 10. 894 Roheim, Trade Liberalization in Fish Products: Impacts on Sustainability of International Markets and Fish resources, in: CD-Rom zu Aksoy/Beghin (eds.) 2004, Global Agricultural Trade and Developing Countries, The World Bank, Washington DC, Fig. 30. 895 Dazu näher Wolffgang, in: Schulze/Zuleeg/Kadelbach (Hrsg.) Europarecht, Handbuch für die deutsche Rechtspraxis, S. 1790, Rn. 2. 893

216

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

günstigungsgrundsatz, der besagt, dass eine Zollvergünstigung, die einem WTOMitgliedsstaat oder Drittstaat gewährt wird, auch allen anderen WTO-Mitgliedstaaten zu gewähren ist896, schränkt die Differenzierungsmöglichkeiten im Grundsatz ein. Werden danach die in den WTO-Verhandlungsrunden ausgehandelten Maximalzölle (gebundene Zöllsätze) von einem Mitgliedsstaat unterschritten, ist diese Begünstigung WTO-weit zu gewähren. Hieraus ergibt sich die Unterscheidung zwischen gebunden Zollsätzen und den tatsächlich angewandten Regel-Zolltarifen897, den Meistbegünstigungszollsätzen (MFN-Zollsätze, MFN für most favoured nations), denn letztere liegen zumeist unter den gebundenen Sätzen. Eine Methode zur groben Bewertung der Zolltarifstrukturen kann die Analyse der durchschnittlichen Meistbegünstigungszollsätze darstellen. Dieser Methode folgende Studien kamen zu dem Ergebnis, dass die durchschnittlichen MFN-Zollsätze der EU für Fischereiprodukte insgesamt im Vergleich zu anderen großen Fischeinfuhr-Volkswirtschaften mit Ausnahme von China tendenziell hoch sind, die der USA demgegenüber gering ausfallen.898 Speziell Lachsprodukte aus Aquakultur in die USA zu exportieren erweist sich für schottische Produzenten aufgrund eines MFN-Wertzolls (ad valorem) von 0 % für frischen Zuchtlachs899 unter dem zollrechtlichen Gesichtspunkt als sehr günstig. Verarbeitete Lachsprodukte unterliegen für den Import aus WTO-Staaten in die USA einem Wertzollsatz von 5 %.900 Hinsichtlich Importen aus Chile in die USA gilt hingegen auch für verarbeiteten Lachs Zollfreiheit.901 Die EU wendet dagegen für die Einfuhr aus Drittsataaten durchschnittlich höhere MFN-Zollsätze an. Diese betragen für frischen bzw. gefrorenen Lachs zwischen 2 % und 8 %902, für verarbeitete Lachsprodukte bis zu 13 %.903 896 Art. 1(I) GATT 1994, dazu näher Schöbener/Herbst/Perkams, Internationales Wirtschaftsrecht, S. 157, Rn. 96 ff. 897 Puth/Stranz, in: Hilf/Oeter, WTO-Recht, S. 265, Rn. 10. 898 Dross/Acker/Schönherr, Auswirkungen der Verhandlungen im Rahmen der WTO, S. 25; auch: Roheim, Trade Liberalization in Fish Products: Impacts on Sustainability of International Markets and Fish resources, in: CD-Rom zu Aksoy/Beghin (eds.) 2004, Global Agricultural Trade and Developing Countries, The World Bank, Washington DC, Table 9. 899 United States International Trade Commission, Tariff Database, HTS number 03021200 (div. Frischlachs), http://dataweb.usitc.gov/scripts/tariff_current.asp, Stand: 28. 3. 2011. 900 United States International Trade Commission, Tariff Database, HTS number 03054100 (best. Verarbeiteter Lachs), http://dataweb.usitc.gov/scripts/tariff_current.asp, Stand: 28. 3. 2011. 901 United States International Trade Commission, Tariff Database, HTS number 03054100 (best. Verarbeiteter Lachs), http://dataweb.usitc.gov/scripts/tariff_current.asp, Stand: 28. 3. 2011. 902 Dross/Acker/Schönherr, Auswirkungen der Verhandlungen im Rahmen der WTO, S. 130 (Tabelle 6) mit Hinweis darauf, dass die vom Verfasser der TARIC-Webseite der EU entnommenen Zahlen in seiner Studie „unter Vorbehalt“ verwendet wurden. 903 Dross/Acker/Schönherr, Auswirkungen der Verhandlungen im Rahmen der WTO, S. 32.

IX. Handels- und Marktbedingungen

217

Bereits an der US-amerikanischen Ausnahme für Chile zeigt sich allerdings, dass der durchschnittlich angewandte MFN-Zollsatz nur begrenzte Schlussfolgerungen erlaubt. Denn auch Konkurrenten der schottischen Industrie aus Drittländern sind für Importe in die EU nicht immer mit dem MFN-Zollsatz belastet. Der Meistbegünstigungsgrundsatz wird nämlich in der Praxis durch diverse unter WTO und GATT vorgesehene Präferenz- und Abweichungsinstrumente eingeschränkt, die es im Rahmen von Zollaussetzungen, Zollkontingenten oder bi- oder multilateralen Abkommen erlauben, bestimmten Staaten den Marktzugang zollrechtlich zu erleichtern. Von diesen Instrumenten wird Gebrauch gemacht, insbesondere auch durch die EU. Dies gilt zum Teil im Importverkehr mit auswärtigen Mitbewerbern der europäischen, damit auch schottischen Aquakulturwirtschaft wie Chile, mit dem die EU bereits im Jahr 2002 ein Assoziationsabkommen904 geschlossen hat, aufgrund dessen sie bis zum Jahr 2015 einen Freihandel für 90,8 % der Fischereiprodukte erreichen will. Seit 2005 besteht für die Einfuhr von maßgeblichen Lachsprodukten aus Chile in die EU bereits Zollfreiheit.905 Als zweiter wichtiger Konkurrent ist Norwegen durch die Mitgliedschaft in der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) in der tarifären Struktur des Fischereihandels mit der EU ebenfalls gegenüber anderen Drittländern bevorteilt, soweit es um bestimmte Fischereiprodukte geht.906 Auf Lachsprodukte erstrecken sich die Vergünstigungen jedoch nur sehr eingeschränkt. Die Zolldatenbank der Europäischen Kommission weist für die Einfuhr von unverarbeitetem Lachs aus Norwegen in die EU einen Drittlandstarif von 2 %907, für Räucherlachs und ähnliche Zubereitungen sogar 13 %908 aus. Allerdings gilt für beide Warengruppen ein präfenzielles Zollkontingent für das Jahr 2011, sodass sich die Belastung für norwegische Importe wieder vermindert. Die nach außen wirkende Komponente der Zollunion, der gegenwärtig praktizierte gemeinsame Zolltarif, wirkt hier aufgrund zahlreicher Ausnahmeregelungen nur noch in minimalem Umfang zum Nutzen einer mitgliedstaatlichen Industrie wie der schottischen.

904 Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Chile andererseits – Schlussakte, ABl. L 352 vom 30. 12. 2002, S. 1 – 1450. 905 Europäische Kommission, TARIC-Datenbank, HTS-Code 03021200, http://ec.europa. eu/taxation_customs/dds2/taric/measures.jsp?Lang=de&SimDate=20110328&Area=CL& Taric=03021200&LangDescr=de, Stand: 28. 3. 2011. 906 Churchill/Owen, The EC Common Fisheries Policy, p. 483, mit Hinweis auf zusätzliche Freihandelsabkommen der EU für den Fischereihandel auch mit Grönland und den Faröern; siehe auch Dross/Acker/Schönherr, Auswirkungen der Verhandlungen im Rahmen der WTO, S. 28. 907 Europäische Kommission, TARIC-Datenbank, HTS-Code 03021200, http://ec.europa. eu/taxation_customs/dds2/taric/measures.jsp?Lang=de&SimDate=20110328&Area=NO& Taric=03021200&LangDescr=de, Stand: 28. 3. 2011. 908 Europäische Kommission, TARIC-Datenbank, HTS-Code 035410010, http://ec.europa. eu/taxation_customs/dds2/taric/measures.jsp?Lang=de&SimDate=20110328&Area=NO& Taric=0305410010&LangDescr=de, Stand: 28. 3. 2011.

218

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

Der Aufbau von regulären tarifären Handelshemmnissen ist somit nicht mehr der zentrale Modus für die Festlegung von Handels- und Marktbedingungen im Aquakultursektor. Marktrivalitäten zwischen der europäischen und vor allem schottischen Aquakulturindustrie auf der einen sowie der chilenischen und norwegischen Industrie auf der anderen Seite waren hingegen in der jüngeren Vergangenheit Gegenstand von Versuchen einer steuernden Einflussnahme der EU im Wege von Schutzund Antidumping-Maßnahmen gegen diese beiden Hauptkonkurrenten (dazu sogleich unter 5.). 4. Nichttarifäre Handelshemmnisse Im Gegensatz zu Zöllen und zollgleichen Abgaben, wirken sich andere, nichttarifäre Handelshemmnisse im internationalen Handel mit Fischerei- und Aquakulturprodukten zunehmend stärker auf die Marktbedingungen aus. Auch sie unterfallen auf völkerrechtlicher Ebene einem Regelungssystem, das in Folge der Gründung der WTO entstanden ist. Nichttarifäre Handelshemmnisse im engeren Sinne sind dadurch definiert, dass sie an der Grenze wirken, indem bei ihnen die Herkunft oder das Ziel der Ware den normativen Anknüpfungspunkt bildet. Darunter fallen etwa Maßnahmen, wie Mengenkontingente, Import- oder Exportverbote.909 Solche auch handelspolitische Maßnahmen (trade policy measures) genannten Vorschriften sind nach Art. XI:1 GATT 1994 grundsätzlich verboten. Nichttarifäre Handelshemmnisse im weiteren Sinne sind alle innerstaatlichen Maßnahmen, die – wenn auch mittelbar – handelshemmende Wirkungen haben können. Innerstaatliche Maßnahmen dieser Art sind z. B. Steuern, Produktzulassungsverfahren, Vermarktungsregeln und Vorschriften über die Produktzusammensetzung und unterliegen allgemeinen im GATT enthaltenen Nichtdiskriminierungsvorschriften.910 Für die Aquakultur und den Handel mit ihren Erzeugnissen spielen die letztgenannten nichttarifären Hemmnisse im weiteren Sinne heute eine Hauptrolle unter den die Marktbedingungen prägenden Regelungsstrukturen. Mit Blick auf die Marktund Handelsbedingungen der schottischen Aquakulturindustrie ist wie bei den tarifären Handelshemmnissen aufs Neue zu fragen, welche Vorschriften von schottischen Produzenten für den Export in ihre wesentlichen Absatzmärkte EU und USA zu beachten sind, und wie demgegenüber Unternehmen aus anderen Ländern in dieser Hinsicht rechtlich behandelt werden. Es existiert mittlerweile eine Vielzahl nationalstaatlicher, bzw. gemeinsamer Regelungen der Mitgliedstaaten der EU, insbesondere zum Gesundheitsschutz und über technische Standards, die sich in ihrer Anwendung als nichttarifäre Hemmnisse im weiteren Sinne erweisen. Weil derartige Vorschriften auch für andere Warenkategorien als Fischereiprodukte in zunehmendem Maße entstehen, wurde unter der WTO das Bedürfnis gesehen, für die beiden genannten Bereiche jeweils einen einheitlichen rechtsverbindlichen Rahmen zu schaffen, der die allgemeinen Vorschriften des GATT genauer ausdifferenziert. Dies 909 910

Bender, in: Hilf/Oeter, WTO-Recht, S. 235 Rn. 14. Bender, in: Hilf/Oeter, WTO-Recht, S. 235, Rn. 15.

IX. Handels- und Marktbedingungen

219

geschah 1995911 durch das SPS-Übereinkommen (Agreement on Sanitary Measures and Phytosanitary Measures) für gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen und das TBT-Übereinkommen (Agreement on Technical Barriers to Trade) über gemeinsame Regelungen für technische Standards. Ohne das Verhältnis geltender Standards zu diesem völkerrechtlichen Überbau zu untersuchen, werden die beiden Regelungsbereiche von SPS– und TBT-Abkommen hier als gängiger Kategorisierungsrahmen verwendet. a) Vorschriften im Regelungsbereich des SPS-Übereinkommens Das SPS-Übereinkommen zielt auf die internationale Harmonisierung von Vorschriften, die den Schutz der Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen bezwecken. Internationale Normen, Richtlinien und Empfehlungen, die insbesondere von der Codex Alimentarius-Kommission der FAO und der WHO912 ausgearbeitet werden, sollen im Regelfall die Grundlage für gesundheitspolizeiliche Maßnahmen sein. Jede Abweichung zugunsten eines strengeren Maßstabes bedarf eines wissenschaftlichen Nachweises913, um sicher zu stellen, dass der Warenhandel nicht mehr als nötig beeinträchtigt wird. Die vom genannten Schutzzweck der Maßnahmen ausgehende Definition des Anwendungsbereichs des SPS-Übereinkommens umfasst Regelungen und vorgeschriebene Verfahren zur Abwendung verschiedener Gefahren: Einschleppung von Schädlingen, Schadstoffe in Nahrungsmitteln oder durch Tiere und Pflanzen übertragbare Krankheiten.914 Zahlreiche dieser in den Regelungsbereich des SPS-Übereinkommens einzuordnenden Vorschriften mit Auswirkungen auch auf die Vermarktung von Aquakulturerzeugnissen für den menschlichen Verzehr sind unmittelbar wirkendes EU-Recht oder so stark europarechtlich geprägt, dass nur geringe Spielräume der Mitgliedstaaten bestehen. aa) EU-Maßnahmen und schottische Durchsetzung (1) Lebensmittelsicherheit und Verbrauchergesundheit Ein maßgeblicher Anteil der gesundheitspolizeilichen Maßnahmen der EU mit Relevanz für den Aquakultursektor entfällt auf den Bereich der Lebensmittelsicherheit, betrifft dabei vor allem hygienische Grundbedingungen und die Vermei911 Eine Vorgängerregelung existierte seit 1979, dazu Jessen, in: Hilf/Oeter, WTO-Recht, S. 385, Rn. 8ff. 912 Die Codex Alimentarius Kommission wurde 1963 von der Welternährungsorganisation FAO und WTO gegründet, um im Rahmen des Food Standards Programme Lebensmittelstandards, Richtlinien und Codes of Practice zu erarbeiten. Zweck des Programms war es, zum Schutz der Verbrauchergesundheit und zur Implementierung harmonisierter und fairer Handelsstrukturen zu entwickeln, siehe http://www.codexalimentarius.net/web/index_en.jsp, Stand: 11. 4. 2011. 913 Gehring, in: Hilf/Oeter, WTO-Recht, S. 402, Rn. 15. 914 Anlage A (Definitionen, Nr. 1) SPS-Übereinkommen.

220

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

dung schädlicher Rückstände und dient letztlich der Verbrauchergesundheit. Von grundlegender Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Lebensmittel-Basisverordnung (EG) Nr. 178/2002915 mitsamt der großen Zahl von Einzelrechtsakten, die in ihrem Gefolge entstanden sind. Sie bezieht Vorschriften über Futtermittel916 mit ein und enthält neben den tragenden Grundprinzipien des innereuropäischen Lebensmittelrechts vor allem eine zentrale Weichenstellung mit Auswirkungen auf Lebensmitteleinfuhren aus Drittländern. Gemäß Art. 11 der Verordnung müssen in die Gemeinschaft eingeführte Lebensmittel und Futtermittel die gleichen Bedingungen und Anforderungen des Lebensmittelrechts erfüllen, die auch für den EU-Binnenhandel gelten. Entsprechende Regelungen von Drittländern können als gleichwertig anerkannt werden. Dieses Instrument stellt in seiner faktischen Wirkung zunächst sicher, dass der EU-Aquakulturindustrie durch die hohen Anforderungen des Unionssrechts gegenüber konkurrierenden Drittländern auf dem EU-Markt keine Nachteile erwachsen, sondern im Gegenteil Handelspartner aus Nicht-EU-Staaten gezwungen sind, gleich hohe Standards zu errichten.917 Das Kernprinzip der Basisverordnung (EG) Nr. 178/2002 ist neben dem Grundsatz der Rückverfolgbarkeit das Erfordernis der Lebensmittelsicherheit. Nach Art. 14 der Lebensmittel-Basisverordnung ist es verboten, Lebensmittel in Verkehr zu bringen, die nicht sicher, d. h. gesundheitsschädlich oder für den Verzehr durch Menschen ungeeignet sind. Mit derselben Zielrichtung auf Verbrauchergesundheits-, aber auch Tiergesundheitsschutz weitet Art. 15 das Sicherheitskriterium auch auf Futtermittel aus. Der Grundsatz der Lebensmittelsicherheit erfährt seine genauere Ausgestaltung durch eine schwer überschaubare Zahl von unionsrechtlichen Einzelbestimmungen, die, wenn ihre Voraussetzungen erfüllt sind, gemäß Art. 14 Abs. 7 Lebensmittel-Basisverordnung dazu führen, dass das jeweilige Lebensmittel als sicher gilt. Die wichtigsten von ihnen betreffen zum einen Verfahrens- und Prozesserfordernisse bei der Produktion sowie bestimmte behördliche Kontrollverfahren. Zusätzlich sind insbesondere für Fischerei- und Aquakulturerzeugnisse mikrobiologische und chemische Rückstandsgrenzwerte zu beachten. Nähere, aber noch immer allgemeine Vorschriften enthält die Verordnung (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene918 zunächst in ihrem Art. 4. Neben dem Verweis auf die in den 915

Verordnung (EG) Nr. 1778/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit, ABl. L 31 v. 1. 2. 2002, S. 1. 916 Umfasst sind allerdings nur solche Futtermittel zur Verfütterung an Tiere, die ihrerseits zur Lebensmittelproduktion bestimmt sind. 917 Dross/Acker/Schönherr, Auswirkungen der Verhandlungen im Rahmen der WTO, S. 35. 918 Verordnung (EG) Nr. 852/2004 der Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene, ABl. L 139 v. 30. 4. 2004, S. 1, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 219/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2009, ABl. L 87 v. 31. 3. 2009, S. 109.

IX. Handels- und Marktbedingungen

221

Anhängen der Verordnung enthaltenen genaueren Angaben zu Anforderungen für die Lebensmittelproduktion müssen Lebensmittelunternehmer, zu denen auch Aquakulturproduzenten zählen, gemäß Art. 4 Abs. 3 spezifische Hygienemaßnahmen treffen. Sie bestehen in der Erfüllung mikrobiologischer Kriterien, der Anwendung dies sicherstellender Verfahren, der Erfüllung von Temperaturkontrollerfordernissen, der Aufrechterhaltung der Kühlkette und der Durchführung von Probenahmen zur Analyse. Diese Maßnahmen werden teils in derselben Verordnung, teils in anderen Vorschriften weiter konkretisiert. Hinsichtlich der Anforderungen an die Einrichtung von Verfahren zur Sicherstellung der Verordnungsziele bezieht sich Art. 5 der VO (EG) Nr. 852/2004 auf die HACCP-Grundsätze (Hazard Analysis and Critical Control Point-System), die auch vom Codex Alimentarius empfohlene Methodik zur Gefahrenanalyse und zur Überwachung kritischer Kontrollpunkte im Bereich von Produktionsvorgängen. Weitere Konkretisierungen der Hygieneanforderungen des Art. 4 der VO (EG) Nr. 852/2004, speziell für Lebensmittel tierischen Ursprungs, sind in der Verordnung (EG) Nr. 853/2004919 geregelt. Der größte Teil der Normen dieser Vorschrift mit materiellem Gehalt findet sich in den zugehörigen Anhängen I und II. Darunter sind auch Vorschriften mit Bezug zu Fischerei- und Aquakulturerzeugnissen. Während viele Normen hauptsächlich Vorgaben für die Fangfischerei enthalten, erstrecken sich zahlreiche Einzelvorschriften auch auf Aquakulturerzeugnisse, die von der Definition der Fischereierzeugnisse im Sinne der Vorschrift umfasst sind.920 Dies gilt für die Bestimmungen über Verpackung, Lagerung und Beförderung sowie unter Bezugnahme auf die Hygienemaßnahmen nach der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 für die mikrobiologische und chemische Beschaffenheit von Fischereierzeugnissen zum menschlichen Verzehr. Kriterien existieren dabei hinsichtlich des Vorhandenseins von bestimmten Frischemerkmalen, Histamin, basischen Stickstoffen, sichtbaren Parasiten und gesundheitsschädlichen Toxinen921, zu denen Einzelheiten (Grenzwerte und Prüfverfahren) wiederum festgelegt sind in den Verordnungen (EG) Nr. 2073/2005922 und (EG) Nr. 2074/2005.923 919

Verordnung (EG) Nr. 853/2004 der Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 mit spezifischen Hygienevorschriften zu Lebensmitteln tierischen Ursprungs, ABl. L 139 v. 30. 4. 2004, S. 55, zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr. 558/2010 vom 24. 6. 2010, ABl. L 159 v. 25. 6. 2010, S. 18. 920 Die Definition in Anhang I, 3.1. der VO schließt von Menschen gehaltene Meerestiere ein. 921 VO (EG) Nr. 853/2004 Anhang II, Abschnitt VIII. 922 Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 der Kommission vom 15. November 2005 über mikrobiologische Kriterien für Lebensmittel, ABl. L 338 v. 22. 12. 2005, S. 1, zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr. 365/2010 v. 28. 4. 2010, ABl. L 107 v. 29. 4. 2010, S. 9, dort Anhang I, 2.4. 923 Verordnung (EG) Nr. 2074/2005 der Kommission vom 5. Dezember 2005 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften für bestimmte unter die Verordnung (EG) Nr. 853/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates fallende Erzeugnisse und für die in den Verordnungen (EG) Nr. 854/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates und (EG) Nr. 882/2004

222

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

Verwendungsverbote für die Produktion von Fischereierzeugnissen und Rückstandsgrenzwerte für Fischereierzeugnisse gibt es über diese allgemeinen Regelungen hinaus für einige Stoffe, z. B. solche mit hormonaler Wirkung924 sowie für den Bereich der Tierarzneimittelrückstände925, der in Hinsicht auf Wassertiere die Hauptbedeutung für Produktion in Aquakultur hat. Art. 6 der VO (EG) Nr. 852/2004 ordnet an, dass die Hygieneanforderungen amtlichen Kontrollen, die Betriebe Zulassungs- und Registrierungsverfahren unterworfen werden müssen. Hierzu enthält die Verordnung (EG) Nr. 854/2004926 Einzelheiten. In ihr werden zudem besondere Voraussetzungen für die Einfuhr aus Drittländern aufgestellt. So müssen sowohl die Länder, als auch die einzelnen Produktionsbetriebe, aus denen Lebensmittel tierischen Ursprungs in die EU eingeführt werden, auf einer nach einem bestimmten Verfahren erstellten Liste verzeichnet sein, aus der sich ergibt, ob dort die Einhaltung der EU-rechtlichen Hygienestandards sichergestellt ist.927 Hier liegt ein Bestandteil der verfahrensmäßigen Umsetzung der Bestimmung aus Art. 11 der Lebensmittel-Basisverordnung. Zusätzlich sind veterinärmedizinische Grenzkontrollen für jede Sendung von lebenden Tieren oder Erzeugnissen tierischen Ursprungs vorgeschrieben, darunter Fisch und Fischereierzeugnisse.928 Auf der nationalen Ebene Schottlands ist die Durchführung des europäischen Lebensmittelrechts im Wege zahlreicher Änderungsvorschriften in den Food Safety Act 1990 integriert worden, der noch vor Erlass des Scotland Act 1998 unter allein britischer Federführung entstanden ist. Zuständige Behörde im Sinne der Verorddes Europäischen Parlaments und des Rates vorgesehenen amtlichen Kontrollen, zur Abweichung von der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 853/2004 und (EG) Nr. 854/2004, ABl. L 338 v. 22. 12. 2005, S. 27, zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1250/2008 v. 12. 12. 2008, ABL. L 337 v. 16. 12. 2008, S. 31. 924 Richtlinie 96/22/EG des Rates vom 29. April 1996 über das Verbot der Verwendung bestimmter Stoffe mit hormonaler bzw. thyreostatischer Wirkung und von b-Agonisten in der tierischen Erzeugung und zur Aufhebung der Richtlinien 81/602/EWG, 88/146/EWG und 88/ 299/EWG, ABl. L125 v. 23. 5. 1996, S. 3, zuletzt geändert durch Richtlinie 2008/97/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. 11. 2008, ABl. L 318 v. 28. 11. 2008, S. 9. 925 Verordnung (EG) Nr. 470/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über die Schaffung eines Gemeinschaftsverfahrens für die Festsetzung von Höchstmengen für Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe in Lebensmitteln tierischen Ursprungs, zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 2377 des Rates und zur Änderung der Richtlinie 2001/ 82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 152 v. 16. Juni 2009, S. 11. 926 Verordnung (EG) Nr. 854/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 mit besonderen Verfahrensvorschriften für die amtliche Überwachung von zum menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs, ABl. L 139 v. 30. 4. 2004, S. 206, zuletzt geändert durch VO Nr. 505/2010 der Kommission v. 14. 6. 2010, ABl. L 149 v. 15. 6. 2010, S. 1. 927 Art. 11 und 12 der VO (EG) Nr. 854/2004. 928 Dross/Acker/Schönherr, Auswirkungen der Verhandlungen im Rahmen der WTO, S. 39.

IX. Handels- und Marktbedingungen

223

nung (EG) Nr. 854/2004 und demnach mit der Überwachung der Vorschriften betraut ist die Food Standards Agency (FSA).929 Für die amtliche Kontrolle von Aquakulturerzeugnisse auf Tierarzneimittelrückstände nach den Animal and Animal Products (Examination for Residues and Maximum Residue Limits) Regulations 1997, wie sie die Verordnung (EG) Nr. 470/2009930 vorschreibt, ist hingegen das Fish Health Inspectorate (FHI) von Marine Scotland verantwortlich.931 (2) Wassertierseuchenrecht Das FHI ist auch die Behörde, welche die Vorgaben der Richtlinie 2006/88/EG mit Gesundheits- und Hygienevorschriften für Tiere in Aquakultur und Aquakulturerzeugnisse und zur Verhütung und Bekämpfung bestimmter Wassertierkrankheiten durchzusetzen hat, die in Schottland durch die Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009 in nationales Recht transformiert wurden. Neben den bereits oben im Zusammenhang mit der Aquakulturbetriebsgenehmigung, der Seuchenprävention und Seuchenbekämpfung erwähnten Inhalten, sind in den Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009 maßgebliche Normen mit Bezug zur Ein- und Ausfuhr von Aquakulturtieren zu finden, die daher für den internationalen Handel bedeutsam sind und unter das SPS-Abkommen fallen. Regelungstechnisch verfahren die Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009 in der Weise, dass teils in weitem Umfang auf materielle Inhalte der Richtlinie und zugehörige Rechtsakte verwiesen wird.932 Normativer Anknüpfungspunkt dieser Vorschriften ist das Tatbestandsmerkmal des „Inverkehrbringens“ (placing on the market). Dieses ist definiert als der Verkauf, einschließlich des Anbietens zum Verkauf und jeder anderen Form der Abgabe, auch unentgeltlich, sowie jede Art der Verbringung von Tieren aus Aquakultur. Unabhängig davon, ob es sich um einen Import oder ein EU-Binnengeschäft handelt, ist eine Grundvoraussetzung für das Inverkehrbringen von Aquakulturtieren die Tiergesundheitsbescheinigung, die gem. Art. 14 der Richtlinie 88/2006/EG aber nur dann erforderlich ist, wenn die Tiere lebend befördert und in einem anderen Gebiet in eine Zuchtanlage verbracht werden, beispielsweise zum Zwecke der späteren Weiterverarbeitung. Für den Normalfall der Vermarktung des getöteten und ausgenommenen Fisches, der ohne Weiterverarbeitung zum menschlichen Verzehr

929

Food Standards Agency Scotland, Food Law in Scotland, p. 1. Verordnung (EG) Nr. 470/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über die Schaffung eines Gemeinschaftsverfahrens für die Festsetzung von Höchstmengen für Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe in Lebensmitteln tierischen Ursprungs, zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 2377/90 des Rates und zur Änderung der Richtlinie 2001/82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 726/ 2004 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 152 v. 16. 6. 2009. 931 Scottish Government, http://www.scotland.gov.uk/Topics/marine/Fish-Shellfish/FHI, Stand: 4. 4. 2011. 932 Reg. 17 Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009. 930

224

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

gelangen soll, ist die Tiergesundheitsbescheinigung nicht erforderlich933, sodass diese Norm vorrangig im Fall von „Zwischenlagerungen“ oder Aufstockungsmaßnahmen von Belang ist, soweit in diesem Rahmen Fische verbracht werden. Sollen Aquakulturerzeugnisse aus Drittländern in die EU eingeführt und in Verkehr gebracht werden, muss dieses exportierende Drittland nach Art. 22 der Richtlinie 88/2006/EG – ähnlich wie es auch auf Grundlage des EU-Lebensmittelrechts erforderlich ist – auf einer weiteren Liste eingetragen sein, in die nur dasjenige Land aufgenommen wird, das nachgewiesen hat, dass die Tiergesundheitslage und seine Gesundheitskontrollsysteme im Wesentlichen den Standards der EU entsprechen.934 Nach der Erteilung einer solchen allgemeinen Ausfuhrerlaubnis müssen die nationalen Behörden des betreffenden Ursprungslands gewährleisten, dass die Verarbeitungsbetriebe die Vorschriften der EU einhalten. Eine nationale Behörde des Drittlandes kann einen Betrieb zur Genehmigung einreichen, wenn sie davon ausgehen kann, dass die EU-Vorschriften befolgt werden. Die Europäische Kommission unternimmt Kontrollen, damit sichergestellt ist, dass die zuständigen Behörden ihre Aufgaben zufrieden stellend erfüllen und die Vorschriften eingehalten werden.935 Zusätzlich ist bei jedem Einfuhrvorgang aus Drittländern die Vorlage gewisser Dokumente vorgeschrieben, unter denen insbesondere eine Tiergesundheitsbescheinigung sein muss, Art. 24 der Richtlinie 88/2006/EG. Nicht als Drittstaaten gelten die Mitglieder der EFTA wie Norwegen oder Island.936 bb) SPS-Maßnahmen der USA Ähnliche Vorschriften wie die EU legen auch die USA als Maßstab für die Zulassung von Importen von Aquakulturerzeugnissen an. Die für die Einfuhr von Fischereierzeugnissen in den US-Markt einschlägige Vorschrift, die Regulations for the Safe and Sanitary Processing and Importing of Fish (21 CFR part 123) verlangt, dass alle importierten Fischereiprodukte zum menschlichen Verzehr in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Gefahrenanalyse und zur Überwachung kritischer Kontrollpunkte (HACCP) sowie unter Einhaltung der sonstigen Hygienebestimmungen in dieser Vorschrift hergestellt wurden. Importeure müssen im Grundsatz selbst sicherstellen und darlegen, dass sie diese Voraussetzungen erfüllen.937 Anders als in der Praxis des EU-Rechts, in der ausschließlich über Listen, nach der generelle lebensmittel- und tiergesundheitsrechtliche Ausfuhrerlaubnisse erteilt 933

Art. 19 Abs. 1 RL 2006/88/EG. Art. 23 Abs. 3 RL 2006/88/EG enthält die einzelnen Kriterien. 935 Dross/Acker/Schönherr, Auswirkungen der Verhandlungen im Rahmen der WTO, S. 39. 936 Scottish Government, http://www.scotland.gov.uk/Topics/marine/Fish-Shellfish/FHI/im portexport/thirdcountries, Stand: 6. 4. 2011. 937 U.S. Food and Drug Administration, http://www.fda.gov/Food/FoodSafety/Product-Spe cificInformation/Seafood/SeafoodHACCP/ucm118763.htm, Stand: 5. 4. 2011. 934

IX. Handels- und Marktbedingungen

225

werden, gibt es unter dem US-Regime zwei Möglichkeiten für die Importeure, um darzulegen, dass die hygienerechtlichen Maßstäbe und die Überwachung ihrer Produktionsweisen US-Standards entsprechen. Zum einen schließt auch die zuständige Behörde U.S. Food and Drug Administration (FDA) mit unterschiedlichen Ländern Vereinbarungen (memoranda of understanding) und prüft und bestätigt dabei, dass die Verhältnisse in dem exportierenden Land grundsätzlich den USamerikanischen Anforderungen entsprechen. In diesem Fall gilt die Einfuhr als zulässig.938 Allerdings ist es noch nicht zum Abschluss derartiger Übereinkünfte gekommen.939 Besteht ein solches memorandum of understanding zwischen der FDA und dem entsprechenden Export-Land nicht, liegt es am Importeur selbst, affirmative steps zu ergreifen und darzulegen, dass die Produktion Sicherheits- und Hygienestandards genügt. Ausreichend hierfür kann beispielsweise eine behördliche Bescheinigung aus dem Ursprungsland sein.940 Zusätzlich zu den allgemeinen Einfuhrvoraussetzungen führen die zuständigen Behörden lebensmittelrechtliche Inspektionen durch, wenn Import-Lebensmittel die US-Grenzen passieren.941 Materiell orientieren sich die US-Vorschriften an den internationalen Standards gemäß SPS-Übereinkommen und den Empfehlungen von Codex Alimentarius und OIE. Jüngste Maßnahmen der US-Verwaltung im Rahmen ihres Imported Seafood Safety Program zielen auf eine verbesserte Kontrolle und sollen sicherstellen, dass auch Importprodukte grundsätzlich den US-amerikanischen Standards entsprechen.942 b) Kennzeichnungsregeln im Regelungsbereich des TBT Technische Standards sind unter der WTO-Rechtsordnung Gegenstand des TBTÜbereinkommens. Sie werden heute für praktisch alle Handelsprodukte aufgestellt und können sich im internationalen Warenverkehr als Handelshemmnisse erweisen. Das TBT-Übereinkommen bildet seit 1995 den welthandelsrechtlichen Rahmen und definiert eine technische Vorschrift als „Dokument, das Merkmale eines Produkts oder die entsprechenden Verfahren und Produktionsmethoden einschließlich der anwendbaren Verwaltungsbestimmungen festlegt, deren Einhaltung zwingend vor938 Greenhalgh, für FAO, Policy Research – Implications of Liberalization of Fish Trade for Developing Countries, Trade issues Background Paper: Sanitary and Phyto-Sanitary Measures and Technical Barriers to Trade (2004), p. 8. 939 FDA, US Food and Drug Administration, Guidance for Industry: HACCP Regulation for Fish and Fishery Products; Questions and Answers for Guidance to Facilitate the Implementation of a HACCP System in Seafood Processing. 940 FDA, US Food and Drug Administration, Guidance for Industry: HACCP Regulation for Fish and Fishery Products; Questions and Answers for Guidance to Facilitate the Implementation of a HACCP System in Seafood Processing, p. 8. 941 Nucci et al., für: Rutgers New Jersey Agricultural Experiment Station (2008), The US Food Import System: Issues, Processes and Proposals, p. 16. 942 FDA, US Food and Drug Administration, http://www.fda.gov/Food/FoodSafety/ProductSpecificInformation/Seafood/ImportsExports/ucm248706.htm, Stand: 6. 4. 2011.

226

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

geschrieben ist. Es kann unter anderem oder ausschließlich Festlegungen über Terminologie, Bildzeichen sowie Verpackungs-, Kennzeichnungs- oder Beschriftungserfordernisse für ein Produkt, ein Verfahren oder eine Produktionsmethode enthalten“.943 Für die Aquakultur sind im Wesentlichen technische Handelshemmnisse von Bedeutung, die sich auf die Kennzeichnung von Waren beziehen. Für den europäischen Markt schreibt die Durchführungsverordnung (EG) Nr. 2065/2001944 bestimmte Kennzeichnungen für Fischereierzeugnisse vor. Diese müssen danach (Art. 4 Abs. 1 der VO liefert den konkreten Wortlaut der Kennzeichnung) mit der Angabe von Produktionsmethode, so auch „aus Aquakultur“ oder „gezüchtet“ versehen sein. Die Ausgangsvorschrift, Verordnung (EG) Nr. 104/2000945, erfordert darüber hinaus die Kenntlichmachung der Handelsbezeichnung der betreffenden Art.946 Bei lebenden Muscheln sind auf dem Etikett die Muschelart, und das Verpackungsdatum anzugeben, wobei letzteres durch den Satz „Diese Tiere müssen zum Zeitpunkt des Verkaufs lebend sein“ ersetzt werden kann.947 In den USA gelten vergleichbare Regelungen, erforderlich sind insbesondere Angaben zur Handelsbezeichnung948 und seit 2005 auch zur Produktionsweise.949 5. Handelspolitische Schutzmaßnahmen Während die Bedeutung von Regelzöllen und ähnlichen tarifären Handelshemmnissen zurückgegangen ist, führten anhaltende Kämpfe der wichtigen Exportländer um den EG-Markt im Zuchtlachssektor seit den späten 1980er Jahren zu einer Reihe von handelspolitischen Schutzmaßnahmen der Europäischen Gemeinschaft, die Verfahren vor europäischen Gerichten und vor Streitbeilegungsgremien der WTO zur Folge hatten.950 Das GATT und die anderen WTO-Abkommen stellen in bestimmten Grenzen einige handelspolitische Schutzinstrumente zur Verfügung, die z. B. die befristete Erhebung zusätzlicher Zölle und ähnliche Eingriffe erlauben. Das diese Vorgaben aufnehmende europäische Sekundärrecht folgt dabei im Wesentlichen den Rege943

Anhang 1 Nr. 1 des WTO-Übereinkommens über technische Handelshemmnisse. Verordnung (EG) Nr. 2065/2001 der Kommission vom 22. Oktober 2001 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 104/2000 des Rates hinsichtlich der Verbraucherinformation bei Erzeugnissen der Fischerei und der Aquakultur. 945 Verordnung (EG) Nr. 104/2000 des Rates vom 17. Dezember 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur, ABL. L 17 v. 21. 1. 2000, S. 22. 946 Siehe dort Art. 4. 947 Dross/Acker/Schönherr, Auswirkungen der Verhandlungen im Rahmen der WTO, S. 41. 948 Welt, Seafood Regulations Compliance Manual, pp. 13 – 66 mit Beispiel für Kennzeichnungspflichten hinsichtlich ausgenommenen Pazifischen Lachses. 949 Ahmed, Market Access and Trade Liberalisation in Fisheries, p. 17. 950 Hedley/Huntington, Ordnungspolitische und rechtliche Hemmnisse für den Europäischen Aquakultursektor, S. 47. 944

IX. Handels- und Marktbedingungen

227

lungen der Art. XIX GATT i.V.m. den Übereinkommen über Schutzmaßnahmen sowie in Art. VI GATT i.V.m. dem Antidumpingübereinkommen und dem Subventionsübereinkommen.951 In Ausschöpfung dieses welthandelsrechtlichen Steuerungsspielraums hatte die Kommission im Jahr 2005 durch die Verordnung (EG) Nr. 206/2005952 Schutzmaßnahmen für die Einfuhr von jeglichem Zuchtlachs in die Gemeinschaft angeordnet. Auf das Betreiben schottischer und irischer Fischfarmer war im Vorfeld geltend gemacht worden, dass durch einen sprunghaften Anstieg der Einfuhrmengen insbesondere aus Norwegen, die EG-Hersteller von Zuchtlachs eine bedeutende Schädigung erlitten hätten. Die Schutzmaßnahmen bestanden im Kern aus einem System von Zollkontingenten, deren Umfang auf der Grundlage von Lachseinfuhren in die Gemeinschaft in der Vergangenheit bemessen wurde. Auf Einfuhren von Zuchtlachs über die Höhe der Quoten hinaus wurde eine zusätzliche Abgabe erhoben. Schließlich galt für Einfuhren sowohl innerhalb der Zollkontingente, als auch darüber hinaus, ein Mindestpreis. Zudem wurde die Hinterlegung einer Sicherheit durch die Importeure als Garantie für die Zahlung des tatsächlichen Einfuhrpreises verlangt.953 Nachdem Chile als von den Schutzmaßnahmen maßgeblich betroffenes Land protestierte und eine Pflichtverletzung der EG gegen WTO-Übereinkommen rügte, trat Norwegen den Konsultationen im Rahmen des WTO-Streitbeilegungssystems zwischen Chile und der EG bei. In der Folge, allerdings noch vor Einleitung des offiziellen Beschwerdeverfahrens, hob die Kommission mit der Verordnung (EG) Nr. 627/2005954 die Maßnahme mit der Begründung auf, dass inzwischen in Kraft getretene Antidumping-Maßnahmen gegen Norwegen zum Schutz der EG-Produzenten ausreichen würden. Damit waren explizit gegen Norwegen gerichtete Antidumping-Maßnahmen gemeint, die in der zunächst vorläufigen Einführung von Antidumpingzöllen und der Festlegung eines Mindesteinfuhrpreises für Zuchtlachs mit Ursprung Norwegen lagen. 2006 wurden endgültige Antidumpingmaßnahmen beschlossen.955 Sie markierten einen weiteren Höhepunkt in den langjährigen Streitigkeiten zwischen Norwegen und der Europäischen Gemeinschaft über Einfuhrregelungen für Zuchtlachs. Die Auseinandersetzungen hatten bereits im Jahr 1989 begonnen, wurden über Beschwerden und einen zeitweiligen Antidumpingzoll 951

Boysen/Oeter, in: Schulze/Zuleeg/Kadelbach (Hrsg.) Europarecht, Handbuch für die deutsche Rechtspraxis, S. 1763; für den Absatz. 952 Verordnung (EG) Nr. 206/2005 der Kommission vom 4. Februar 2005 zur Einführung endgültiger Schutzmaßnahmen gegenüber den Einfuhren von Zuchtlachs, ABl. L 33 v. 5. 2. 2005, S. 8. 953 Dross/Acker/Schönherr, Auswirkungen der Verhandlungen im Rahmen der WTO, S. 77. 954 Verordnung (EG) Nr. 627/2005 der Kommission vom 22. April 2005 zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 206/2005 zur Einführung endgültiger Schutzmaßnahmen gegenüber den Einfuhren von Zuchtlachs, ABl. L 104 v. 23. 4. 2005, S. 4. 955 Verordnung (EG) Nr. 85/2006 des Rates vom 17. Januar 2006 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren von Zuchtlachs mit Ursprung in Norwegen, ABl. L 15 v. 20. 2. 2006, S. 1.

228

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

ausgetragen und setzten sich mit dem Ablauf des sog. Lachsabkommens (Salmon Agreement), das zwischen 1997 und 2003 die Verhältnisse regelte, fort.956 Es gelang Norwegen jedoch, die Antidumpingmaßnahmen vor einem im August 2006 eingerichteten WTO-Panel zu Fall zu bringen. Das Panel stellte in einem Bericht fest, dass die von der EG für norwegischen Fisch festgelegten Mindesteinfuhrpreise aus 22 Einzelgründen gegen WTO-Übereinkommen verstoße, weil der EG bei der Berechnung der Dumpingspannen und der Beurteilung des Schadens für die gemeinschaftliche Lachswirtschaft Fehler unterlaufen seien.957 Obwohl die Maßnahmen weder für unwirksam erklärt noch aufgehoben wurden, erließ der Rat mit der Verordnung (EG) Nr. 685/2008958 die teilweise Rücknahme der AntidumpingMaßnahmen. Die Ursprungs-Verordnung, mit der die Antidumping-Maßnahmen gegen Norwegen implementiert worden waren, blieb formell noch zu Teilen in Kraft, um eine Überwachung der Marktsituation über die ursprünglich vorgesehene Laufzeit der Verordnung bis Ende 2011 zu ermöglichen.959 6. Finanzielle Förderung der Aquakultur Neben den dargelegten Regelungen, die überwiegend Hemmnisse für den Handel darstellen oder jedenfalls als solche wirken können, weil sie den Aquakulturproduzenten Pflichten auferlegen, wird die Marktposition der Betreiber in der EU auch durch finanzielle Förderung in positivem Sinne beeinflusst. Sie dient nicht zuletzt dazu, die Bürde der umweltrechtlichen, tierseuchenrechtlichen und lebensmittelrechtlichen Vorschriften insoweit abzumildern, als dass die Schaffung der zu ihrer Einhaltung erforderlichen Voraussetzungen durch Finanzhilfen unterstützt wird. Zugleich werden Anreize zur besseren Umsetzung der Ziele der europäischen Aquakulturpolitik gegeben. Der Europäische Fischereifonds (EFF) stellt Mittel zur Förderung des europäischen Fischereisektors zur Verfügung, zu dem auch die Aquakultur zählt. Errichtet wurde der EFF durch die Verordnung (EG) Nr. 1198/2006960, die zugleich die Förderungsmöglichkeiten, ihre Voraussetzungen und den Modus ihrer Durchführung festlegt. Das Grundkonzept des EFF besteht in der Gewährung von Kofinanzierungsmöglichkeiten durch EU-Mittel für bestimmte Projekte, deren Rahmen von nationalen Strategieplänen und näher ausgearbeiteten operationellen Programmen 956

Übersicht bei Dross/Acker/Schönherr, Auswirkungen der Verhandlungen im Rahmen der WTO, S. 105. 957 Dross/Acker/Schönherr, Auswirkungen der Verhandlungen im Rahmen der WTO, S. 106. 958 Verordnung (EG) Nr. 685/2008 des Rates vom 17. Juli 2008 zur Aufhebung der Antidumpingzölle, die mit der Verordnung (EG) Nr. 85/2006 auf die Einfuhren von Zuchtlachs mit Ursprung in Norwegen eingeführt wurden, Abl. L 192 v. 19. 7. 2008, S. 5. 959 Churchill/Owen, The EC Common Fisheries Policy, S. 490. 960 Verordnung (EG) Nr. 1198/2006 des Rates vom 27. Juli 2006 über den Europäischen Fischereifonds, ABl. L 223 v. 15. 8. 2006, S. 1.

IX. Handels- und Marktbedingungen

229

der Mitgliedstaaten abgesteckt wird. In diesen Plänen soll der jeweilige Mitgliedsstaat die Aspekte der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU darlegen, soweit sie für ihn relevant sind und zugleich die voraussichtlich erforderlichen Finanzmittel für die Erreichung entsprechender Ziele nennen, Art. 15 Abs. 1 der VO. Die operationellen Programme sind der Kommission vorzulegen, die per Beschluss ihre Billigung ausspricht oder eine Überarbeitung anordnet.961 Die materiell förderfähigen Bereiche sind anhand von sog. Prioritätsachsen angeordnet, auf deren Inhalte sich das von den Mitgliedstaaten vorzulegende operationelle Programm bei der Beantragung von EFF-Mitteln zu beziehen hat.962 Die Förderung von Aquakulturbetrieben kann in diesem Rahmen unter verschiedenen Gesichtspunkten in Betracht kommen. In Kapitel II der VO ist die Prioritätsachse 2 geregelt. Sie betrifft explizit „Aquakultur, Binnenfischerei, Verarbeitung und Vermarktung von Erzeugnissen der Fischerei und der Aquakultur“. Darunter fallen zunächst Maßnahmen zur Förderung produktiver Investitionen in der Aquakultur (Art. 29), wie der Bau, die Erweiterung, Ausrüstung und Modernisierung von Produktionsanlagen, wenn sie zur Erreichung bestimmter Ziele der gemeinsamen Fischereipolitik der EU dienen. Genannt werden hier u. a. die Diversifizierung auf neue Arten und Produktionsmethoden, die Anwendung von umweltschonenderen Praktiken, der Erwerb von Ausrüstungen zum Schutz der Zuchtanlagen gegen wild lebende Tiere oder die Verbesserung der Arbeits- und Sicherheitsbedingungen des Personals. Bemerkenswert ist dabei, dass nur Klein- oder Kleinstbetriebe sowie mittlere Unternehmen Investitionszuschüsse nach Art. 29 erhalten können, andere (sog. „medium+“) nur bei einer Größe von weniger als 750 Mitarbeitern oder einem Jahresumsatz von weniger als 200 Millionen EUR.963 Das zweite Förderungsfeld der Prioritätsachse 2 sind Umweltschutzmaßnahmen in der Aquakultur. Über Art. 30 der VO können Ausgleichszahlungen für die Anwendung von Produktionsmethoden der Aquakultur gewährt werden, die zum Schutz und zur Verbesserung der Umwelt und zur Erhaltung der Natur beitragen. Diese Zahlungen sind nicht als Förderung im eigentlichen Sinne zu verstehen, sondern sollen einen Ausgleich für durch Umweltschutzmaßnahmen verursachte Mehrkosten oder Einkommensverluste bieten. Unter die nach Art. 30 der VO förderungsfähigen Ziele fällt auch die Durchführung ökologischer Aquakultur im Sinne der zugehörigen EU-Vorschriften.964 Ferner sind Ausgleichszahlungen nach Art. 31 der VO 961

Art. 17 ff. VO (EG) Nr. 1198/2006. Art. 20 VO (EG) Nr. 1198/2006. 963 Art. 29 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1198/2006. 964 Art. 30 Abs. 2 c) VO (EG) 1198/2006 noch unter Bezugnahme auf die VO (EWG) Nr. 2092/91 des Rates vom 24. Juni 1991 über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel, Abl. L 198 v. 22. 7. 1991, S. 1, zuletzt geändert durch VO (EG) Nr. 780/2006 der Kommission, ABl. L 137 v. 25. 5. 2006, S. 9. Zur neueren, nun auch aquakulturspezifischen Regelungslage siehe oben unter C.I. 962

230

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

möglich, wenn Muschelzüchter aufgrund von toxischen Algenblüten zur vorübergehenden Einstellung der Ernte gezwungen sind. Gemäß Art. 32 der VO können schließlich Beiträge zur Finanzierung bestimmter Veterinärmaßnahmen965 geleistet werden, die der Tilgung und Eindämmung von Krankheiten in der Aquakultur dienen. Auch andere der insgesamt fünf Prioritätsachsen erlauben Förderungen der Aquakultur. So können gemäß Art. 37 der VO unter der Überschrift „Kollektive Aktionen“ solche Maßnahmen fördern, die zur Markttransparenz und Rückverfolgbarkeit von Fischerei- und Aquakulturerzeugnissen beitragen oder der Entwicklung, Umstrukturierung oder Verbesserung von Aquakulturanlagen dienen. Für die Verwaltung und Vergabe der in jedem Fall nur als bloße Kofinanzierung, also zusätzlich zu Förderungen von anderen, nationalen Einrichtungen gewährte Förderung, ist in Schottland ein dem Scottish Government unterstelltes Fisheries Grants Team966 zuständig. Für das Vereinigte Königreich sind für die Laufzeit des EFF (2007 bis 2013) Mittel in Höhe von 111 Millionen GBP vorgesehen, wovon mit 44 Millionen GBP der größte Anteil auf Schottland entfällt und die Restsumme sich zwischen England, Nordirland und Wales aufteilt.967 7. Bewertung: Handels- und Marktbedingungen der schottischen Aquakultur Der schottische Aquakultursektor sieht sich nach alldem einer verhältnismäßig dichten, teils fischereihandelsrechtlichen, teils sogar branchenspezifischen Regelungslage gegenüber, die auf seine Handels- und Marktposition einen nicht zu unterschätzenden Einfluss hat. Die zentrale und kennzeichnende Rolle spielt dabei vor allem die Einbindung in den Gemeinsamen Markt der Europäischen Union. Soweit das Exportgeschäft von rechtlicher Einhegung betroffen ist, wurde dargelegt, dass die Anwendung tarifärer Handelshemmnisse im Gefolge der Marktliberalisierung unter WTO und GATT beträchtlich reduziert worden ist und heute nicht mehr den entscheidenden Faktor unter den Handelsbedingungen ausmacht. Neben dem völligen Wegfall von Zöllen im EU-Binnenmarkt kommt dem schottischen Aquakultursektor für eigene Ausfuhren zusätzlich zugute, dass auch für seinen zweiten wichtigen Exportmarkt USA jedenfalls im Zuchtlachssektor regelmäßig keine oder relativ geringe Zölle zu entrichten sind. Indessen sind einzelne Konkurrenzstaaten auf dem EU-Markt für Lachserzeugnisse – wie am Beispiel Norwegen gesehen – noch immer durch im Wege von Zollkontingenten abgeschwächte, 965 Gemeint sind damit solche Maßnahmen, an denen nach der Entscheidung des Rates vom 26. Juni 1990 über bestimmte Ausgaben im Veterinärbereich (90/424/EWG) gegen einige Tierseuchen, darunter verschiedene Fischseuchen, die Gemeinschaft eine Finanzbeteiligung an den Kosten der Seuchenbekämpfung zugesichert hat. 966 Scottish Government, Marine Directorate, European Fisheries Fund (EFF) Aquaculture Scheme Guidance Notes, p. 3. 967 Seafood Cornwall Training, http://www.seafoodcornwalltraining.co.uk/funding/70-eff. html, Stand: 11. 4. 2011.

IX. Handels- und Marktbedingungen

231

aber gleichwohl fortbestehende MFN-Zollsätze belastet. Dagegen nimmt Chile aufgrund des Assoziationsabkommens mit der EU eine vorteilhaftere Sonderstellung ein. Gleichwohl kann insgesamt weder von einer nennenswerten regelmäßigen Zollbelastung für den Zugang zum wichtigsten auswärtigen Markt (USA), noch von einer regulären Schutzzollpolitik der EU gegenüber Konkurrenzvolkswirtschaften gesprochen werden. Dieser relativ starke Bedeutungsschwund von Regelzolltarifen dürfte einen gewichtigen Anteil daran haben, dass Marktkonkurrenzen stärker über den Preisfaktor ausgetragen werden und dass es gerade dadurch zu neuen Interventionen kommt. Zeugnis dafür liefern die Versuche der EG, Schutz- und Antidumping-Maßnahmen gegenüber den Aquakulturwirtschaften Chiles und Norwegens durchzusetzen, um die eigene Industrie vor preisdrückender Konkurrenz zu schlechteren Umweltbedingungen zu schützen. Dies erscheint als Auswirkung der von GATT und WTO angestoßenen Entwicklung in gewisser Weise paradox, weil die Schutzmaßnahmen doch mit ihren Instrumenten – Mindesteinfuhrpreise und sogar Strafzölle – gegenüber den hergebrachten Regelzollregimen die erheblich schärferen Eingriffe in den Handel darstellen. Das Scheitern der meisten Antidumpingmaßnahmen, maßgeblich verursacht durch die Wirkung der WTO-Mechanismen zur Streitbeilegung, zeigt jedoch, dass die Durchsetzung der mit der Welthandelsordnung beabsichtigten Handelsliberalisierung im Ergebnis nicht umgangen oder auch nur abgeschwächt werden konnte. Vor demselben Hintergrund eines zunehmend freien Marktes und damit verbundener Notwendigkeit der innovativen Positionierung der Marktteilnehmer – können die bisher noch nicht erwähnten Normbildungen im Bereich der Kennzeichnung von Produkten mit Qualitäts- oder Herkunftssiegeln gesehen werden. In Schottland sind hierbei das inzwischen nicht mehr verwendete „Tartan Quality Label“ und das in Frankreich für Premium-Lebensmittel vergebene, auch für andere Märkte übernommene sog. „Label Rouge“ zu nennen. Das Label Rouge ist ein behördlich vergebenes Gütesiegel aus Frankreich, mit dem seit 1965 besonders hochwertige Lebensmittel ausgezeichnet werden, die bestimmte Kriterien hinsichtlich der Qualität und Rückverfolgbarkeit der Produktionskette erfüllen müssen. Gemäß diesen Kriterien produzierter schottischer Zuchtlachs wurde 1992 als erstes nicht französisches Produkt mit dem Label ausgezeichnet.968 Mit der Zuerkennung einer geschützten geographischen Angabe für schottischen Zuchtlachs durch die Europäische Kommission auf Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 2081/92969 konnte die schottische Aquakulturindustrie einen weiteren Aufwertungsschritt verbuchen, der auf dem weitgehend zollbefreiten Markt Vorteile verspricht. 968 Scottish Salmon Producers’ Organisation, http://www.scottishsalmon.co.uk/aboutus/ lrouge.asp, Stand 12. 4. 2011; auch: Scottish Government, Scotland’s National Food and Drink Policy, p. 12. 969 Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 des Rates vom 14. Juli 1992 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel, ABl. L 208 v. 28. 8. 1992, S. 1, zuletzt geändert durch Verordnung (EG) 806/2003 des Rates vom 14. April 2003, ABl. L v. 16. 5. 2003, S. 1.

232

C. Aquakulturrecht in Schottland: Strukturen, Prinzipien, Instrumente

Parallel zum Abbau tarifärer Handelshemmnisse und zu den damit einhergehenden Folgeentwicklungen sind indirekt wirkende, nichttarifäre Handelshemmnisse schon durch die steigende Anzahl entsprechender Regelungen immer wichtiger geworden. Besonders auf dem Gebiet gesundheitspolizeilicher Maßnahmen kommt der EU weltweit eine führende Rolle zu. Sie rührt vor allem daher, dass die anspruchsvollen europäischen Regelungen, gesehen an Art. 11 Lebensmittel-Basisverordnung, einheitlich auf Exporte aus Drittländern angewandt werden. Diese „Fernwirkung“ von EU-Standards zwingt viele Länder, die in die marktmächtige EU importieren, zur Übernahme der europäischen Regelungsintensität in ihre nationale Gesetzgebung. Diese Praxis kann zum einen die entsprechenden Drittländer selbst überfordern, die Zuständigkeiten sowie entsprechende Behörden schaffen und ein Laborsystem einrichten müssen, das geeignet ist, erforderliche Kontrollen sachgerecht durchzuführen. Dem mitunter darauf gestützten Vorwurf des verdeckten Protektionismus stehen jedoch legitime Ziele des Gesundheits- und Verbraucherschutzes gegenüber. Zu beachten ist weiter, dass die Mitgliedstaaten zur Erreichung der Standards auch selbst große Anstrengungen unternehmen müssen. Zudem sind die EU-Standards im Bereich des SPS-Übereinkommens unter einem anderen Gesichtpunkt verschiedentlich gerügt worden. Es wird dabei argumentiert, dass die Vielzahl zu beachtender Vorschriften einen Aufwand mit sich bringe, der nur mehr von Großunternehmen zu bewältigen sei und zu einer Benachteiligung kleiner Betriebe führe.970 Ob die tatsächlich zunehmende Dominanz von großen Konzernen allein drauf zurückzuführen ist, dürfte angesichts der komplexen Zusammenwirkung mit anderen Faktoren des Markterfolgs großer Unternehmen aber nicht erwiesen sein. Für die eigene Aquakulturwirtschaft der EU ist allerdings im Lichte dieser letztgenannten Kritik bemerkenswert, dass Förderungen im Rahmen des EFF, die zu Teilen gerade auch der Anpassung von Produktionsanlagen an europäische Normen in den Bereichen Umwelt, Gesundheit von Mensch und Tier, Hygiene oder Tierschutz dienen971, auf kleine und mittlere Betriebe beschränkt wurden.

970

Ahmed, Market Access and Trade Liberalisation in Fisheries, p. 15; ebenso: Phyne et al., Food safety and farmed salmon, in: VanderZwaag/Chao (ed.), Aquaculture Law and Policy, Towards principled access and operations, pp. 385 – 420 (405). 971 Siehe z. B. Art. 34 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1198/2006.

D. Aquakulturrecht in Schottland – Schlussbetrachtung I. Gesamtschau der Untersuchungsergebnisse Es konnte gezeigt werden, dass das in Schottland geltende Regelungsregime der Aquakultur inzwischen die wesentlichen Sachprobleme, die in Zusammenhang mit dieser verhältnismäßig jungen Form der Gewässerbewirtschaftung auftreten, mittels einer Vielzahl von unterschiedlichen rechtlichen Steuerungsinstrumenten zu lösen versucht. Dies geschieht mit hohem verwaltungstechnischen Aufwand und gutem Erfolg sowohl zugunsten des Umwelt- und Gesundheitsschutzniveaus als auch bei dessen Vereinbarkeit mit ökonomischen Zielen. So hat die strenger gewordene Reglementierung vor allem in umwelt- und tierseuchenrechtlicher Hinsicht nicht zu messbaren wirtschaftlichen Einbußen der schottischen Aquakultur geführt. Zu den Regelungsstrukturen, denen die schottische Aquakulturindustrie unterliegt, lassen sich folgende Ergebnisse festhalten. (1) Die Rechtsquellen sind vielfältig. Bestehende völkerrechtliche Abkommen haben im Wesentlichen rechtlich unverbindliche Empfehlungen hervorgebracht, denen zwar insgesamt eine Funktion als Ausgangsrahmen für die Entwicklung konkreterer Vorschriften bis hin zur Wirkung auf die konkrete Ausgestaltung nationaler Regelungen zukommt, die für Schottland jedoch nur eine geringe Rolle spielen. Das nationale Recht der Aquakultur unterfällt seit 1998 ganz überwiegend der Kompetenz des regionalautonomen Schottland und ist maßgeblich durch europarechtliche Anforderungen vorgeprägt, deren Umsetzung ebenfalls der schottischen Rechtsetzungs- und Exekutivbefugnis zugewiesen ist. Wichtige Vorschriften sind am unteren Ende der Normenhierarchie, auf Verordnungsebene angesiedelt. Elemente der Selbstregulierung sind in breitem Umfang von Industrieverbänden etabliert worden. Im Zentrum steht hier für die Fischzucht ein Code of Good Practice, der mittlerweile durch gesetzliche Anerkennung als Maßstab behördlicher Kontrollen für einzelne Sachbereiche sogar Allgemeinverbindlichkeit erlangt hat. Seine wegen hoher Mitgliedsquoten in den Verbänden ohnehin schon weit reichende faktische Geltungsmacht wurde dadurch noch einmal beträchtlich gesteigert. (2) Hinsichtlich der Zuordnung von Nutzungsrechten für den Betrieb von Aquakulturen ist noch immer die Vergabehoheit der Crown Estate Commissioners kennzeichnend. Die britische Krone ist Eigentümerin des überwiegenden Teils der geeigneten Standorte für die vorherrschende Küstenaquakultur und verpachtet entsprechende Gewässerabschnitte an private Betreiber. Als zuständige Liegen-

234

D. Aquakulturrecht in Schottland – Schlussbetrachtung

schaftsverwaltungsbehörde haben die Crown Estate Commissioners dabei die gesetzliche Aufgabe sicherzustellen, dass der Krone aus ihren Eigentümern Gewinne zufließen. Während noch bis 2007 die Crown Estate Commissioners die zentrale Einrichtung waren, die in einem Zuge mit der Nutzrechtsvergabe auch sämtliche Gesichtspunkte der Planung und Umweltverträglichkeitsprüfung bearbeitet hat, verringerte sich ihre Bedeutung entscheidend durch die Eingliederung der marinen Aquakultur ins Baurecht. Dadurch wurde die öffentlich-rechtliche Planung und Zulassung des Betriebs einer Aquakulturanlage den kommunalen Baubehörden zugewiesen und von der Vergabezuständigkeit für Aquakulturpachten abgetrennt, die weiterhin bei der Crown Estate liegt. Eine wichtige Antriebsfeder für diese Spaltung der Zuständigkeiten war der Gesichtpunkt, dass die dem Wirtschaftlichkeitsgebot verpflichteten Crown Estate Commissioners in einem Interessenkonflikt standen, wenn sie zugleich die tendenziell nutzungsbegrenzenden Aspekte der Planung und des Umweltschutzes zu berücksichtigen hatten. Zudem erfüllten die Commissioners diese Aufgabe ohne planungsrechtliche Gesetzesgrundlage. Die Ausgestaltung der Nutzungsrechte in den von der Crown Estate vergebenen Pachtverträgen reicht mit ihrer Zeitbegrenzung auf 25 Jahre und der fehlenden Übertragbarkeit qualitativ nicht an eine eigentumsähnliche Konstruktion heran, wie sie mitunter als Anreiz für nachhaltiges Wirtschaften gefordert wird. Sie lässt indessen eine mehr als nur kurzfristige Planung der Betreiber zu und knüpft in der zurückhaltenden Bemessung der Pacht an die Produktionsmenge, bei Muscheln an die Abmessungen der eingebrachten Langleinen und Taschennetze. (3) Zur rechtlichen Steuerung der Ansiedlung von Aquakulturvorhaben finden vorgelagerte Kontrollverfahren Anwendung, bei denen eine verhältnismäßig starke Zergliederung in Einzelgenehmigungen der Tatsache geschuldet ist, dass ein umfassendes Verfahren mit Konzentrationswirkung nicht existiert. An den Zulassungsverfahren sind neben den kommunalen Baubehörden mit der Umweltbehörde SEPA und dem Regierungsdirektorat für marine Angelegenheiten zwei weitere Behörden mit jeweils eigenen Genehmigungszuständigkeiten beteiligt. (a) Der zentrale Genehmigungstatbestand ist seit 2007 auch für die marine Aquakultur die Baugenehmigung. Die Anwendung des Baurechtsregimes betrifft auch die Bauleitplanung, die über die Schaffung von marinen Bauplanungszonen speziell für die Aquakultur auf den Küstenbereich ausgedehnt wurde. Im Rahmen von Planaufstellung und Baugenehmigung ruft das europäische Umweltrecht für Aquakulturvorhaben von größerem Umfang die Pflicht zur Durchführung einer strategischen Umweltprüfung bzw. einer Umweltverträglichkeitsprüfung hervor. Davon ausgenommen sind Muschelzuchten. (b) Daneben fällt die Aquakultur in den Regelungsbereich allgemeiner Gewässerschutzvorschriften, die zugleich der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie dienen. In einem aufwändigen Lizensierungsverfahren wird der Umfang der zulässigen Bewirtschaftung durch Aquakultur auf Grundlage der standortspezifischen Aufnahmekapazität des Gewässers bestimmt. Zugleich werden dem Antragsteller

I. Gesamtschau der Untersuchungsergebnisse

235

Nebenbestimmungen insbesondere zu Eigenüberwachungs- und Dokumentationspflichten auferlegt. (c) Bestimmte Gewässeremissionen fallen beim Betrieb von marinen Fischfarmen häufig dadurch an, dass von Arbeitsschiffen mit Desinfektionsmittel oder Medikamenten versetztes Wasser eingebracht wird. Derartige Sonderemissionen abseits einer Käfiganlage, bedurften bisher einer Lizenz nach einer gesonderten Rechtsgrundlage. Für die bloße Errichtung einer Aquakulturanlage im Küstenbereich war bis ins Jahr 2011 zudem eine weitere, speziell schiffahrtsrechtliche Genehmigung einzuholen, um die Vereinbarkeit im dem Schiffsverkehr sicherzustellen. Beide Tatbestände wurden inhaltlich weitestgehend unverändert in ein neues Gesetz überführt, das in seiner Grundkonzeption ein umfassendes Planungs- und Genehmigungsregime für die Meeresregion errichten will und im Gefolge europäischer Entwicklungen zu einer Meeresstrategie und Ansätzen eines integrierten Küstenzonenmanagements entstanden ist. Dass diese noch junge Vorschrift seit Anfang 2011 die Aquakultur zwar in Hinsicht auf die Lizenzerfordernisse betrifft, das dort ebenso enthaltene Instrumentarium einer marinen Raumplanung aber bezüglich der Aquakultur zugunsten des Baurechts leer läuft, erscheint inkonsequent. Es lässt sich jedoch dadurch erklären, dass sich die Reform der Aquakulturplanung und -genehmigung über mehr als ein Jahrzehnt hinzog und zwischenzeitlich von der parallelen Entwicklung neuartiger Regelungskonzepte für den Küstenraum überholt wurde. Die Rechtsgrundlage dafür, auch die erst jüngst dem Baurecht unterworfene marine Aquakultur in das Regime der marinen Planung zu integrieren, ist bereits vorhanden. Ihre Durchsetzung bedarf indes der Zustimmung der Kommunalbehörden. (d) Ein weiteres präventiv ansetzendes Kontrollinstrument stellt die Aquakulturbetriebsgenehmigung dar, die auf europäisches Richtlinienrecht zurückgeht. Mit ihr werden Aquakultur-Produktionsbetriebe im Hinblick auf ihre tierseuchenrechtliche Praxis autorisiert und in einem öffentlich zugänglichen Register verzeichnet. Die Genehmigungstatbestände sind überwiegend als Ermessensnormen ausgestaltet, die von Seiten der Entscheidungsbehörde umfassende Abwägungen fallspezifischer Belange erfordern. Wird dem Antragsteller eine der erforderlichen Genehmigungen oder Lizenzen ganz oder teilweise versagt, stehen ihm uneinheitlich konzipierte Rechtsbehelfsverfahren zur Verfügung, die eine Nachprüfung der Entscheidung in sachlicher und rechtlicher Hinsicht erlauben. Zuständig dafür sind teils die Ausgangsbehörde, teils übergeordnete Behörden, teils unmittelbar die Gerichte. (4) Die räumliche Zuordnung von Standorten folgt im Wesentlichen den Vorgaben des Baurechts und hat materiell-rechtlich potenzielle Nutzungskonflikte von Aquakulturbetreibern untereinander und in Bezug auf andere Nutzer der bewirtschafteten Gewässer zu berücksichtigen. Das tragende inhaltliche Prinzip ist hierbei die durch Verwaltungsrichtlinien geleitete Abwägungsentscheidung. (a) Auf der Ebene der Aufstellung von Bauleitplänen engen zwei Grundvorgaben den Entscheidungsspielraum ein. Zum einen ist die gesamte Ost- und Nordküste

236

D. Aquakulturrecht in Schottland – Schlussbetrachtung

Schottlands für marine Aquakulturvorhaben gesperrt, um Wildlachsbestände zu schützen. Zum anderen sind die verbleibenden Gewässer an der Westküste in drei Kategorien gestufter Eignung für neue Vorhaben eingeteilt, deren Berücksichtigung eine Übernutzung durch zu viele Aquakulturbetriebe in räumlicher Nähe vermeiden soll. Grundlage der Kategorisierung von Eignungszonen ist die Aufnahmekapazität des Gewässers hinsichtlich aquakulturspezifischer Einträge. Auf die Festsetzung von Plangebieten für Aquakultur wird hingewirkt, obwohl regelmäßig nur eine Ausweisung von vorhabengeeigneten, oder -ungeeigneten Gebieten erfolgt. Die konkrete Genehmigungsentscheidung hat sich an den Vorgaben der Bauleitplanung zu orientieren und erfordert eine umfassende Abwägung mit konkurrierenden Nutzungsinteressen, soweit diese nach Ermessen der Baugenehmigungsbehörde als erhebliche Erwägungen einzuordnen sind. Die jeweils erheblichen Erwägungen sind im Einzelfall zu bestimmen, wobei ermessenslenkende Verwaltungsrichtlinien Hinweise vor allem darauf geben, welche potenziellen Konflikte zu bedenken sind, ohne allerdings eine abschließende Liste der zu berücksichtigenden Belange zu liefern. Wie mögliche Interessenkollisionen etwa mit Anliegern, der Tourismus- oder Fischereiwirtschaft zu lösen sind, ergibt sich aus den Leitlinien regelmäßig aber nicht. Die Gewichtung der Belange obliegt der Baugenehmigungsbehörde. Pflichterwägungen bestehen daneben in den Fällen, in denen Umwelt-, Natur- oder Landschaftsschutzgebiete nach europäischem und nationalem Recht von Aquakulturvorhaben beeinträchtigt werden könnten, deren Nutzung als Schonungs- und Erhaltungszonen eine zentrale Beschränkung der Genehmigungsfähigkeit von Aquakulturanlagen darstellt. In seltenen Fällen kann militärischen Nutzungen von Gesetzes wegen der Vorrang einzuräumen sein. (b) Aquakulturvorhaben wurden bislang im Rahmen der schiffahrtsrechtlichen Genehmigung in einem gesonderten Verfahren auf ihre Vereinbarkeit mit dem Schiffsverkehr geprüft. Mit der Überführung dieses Genehmigungstatbestandes in die neue Gesetzgebung zum Raumplanungs- und Genehmigungsregime im Küstenbereich ist der zugehörige Prüfmaßstab auch auf andere legitime Nutzungen des Meeres ausgeweitet worden. Die dadurch entstandene inhaltliche Überschneidung mit den bereits nach Baurecht anzustellenden Erwägungen ist wiederum daraus zu erklären, dass die isolierte planungsrechtliche Behandlung der marinen Aquakultur nach Baurecht nicht vollständig mit dem jüngeren, umfassenderen Regelungskonzept abgestimmt ist. Hier liegt sicherlich ein Schwachpunkt der augenblicklichen Regelungslage. (5) Neben potenziellen Nutzungskonflikten bildet bei der Zulassung von Aquakulturbetrieben der Schutz von Gewässerqualität und Biodiversität das zweite wichtige Regelungsfeld. Verfahrensmäßig werden diese Aspekte sowohl bei der Erstzulassung als auch während der Betriebsphase berücksichtigt. (a) Der Schutz der Gewässerqualität vollzieht sich auch in Bezug auf die Aquakultur hauptsächlich über die allgemeinen Gewässerschutzvorschriften. Dabei werden für die Übersetzung von Qualitätsvorgaben in juristisch handhabbare In-

I. Gesamtschau der Untersuchungsergebnisse

237

strumente Modellrechnungen, Messungen und Umweltqualitätskriterien eingesetzt, die auf der Ebene der Fachverwaltung entwickelt werden. Im Vorfeld einer Vorhabengenehmigung findet mit Hilfe von Computermodellen eine Vorhersage der erwarteten Auswirkungen statt, in der die jeweils standortspezifischen Bedingungen zugrunde gelegt werden. Hierfür existieren verschiedene Modelle für Beeinträchtigungen des Sediments und der Wassersäule. Medikamenteneinträge werden innerhalb dieser Simulationsrechnungen gesondert berücksichtigt und unterliegen darüber hinaus einer Vorkontrolle im Wege von Marktzulassungsverfahren für die verwendeten Präparate. Die so ermittelten Daten werden an Umweltqualitätskriterien gemessen, die zum Teil europarechtlichen Ursprungs sind, zum Teil in der schottischen Verwaltung entwickelt wurden. Die Sedimentqualitätskriterien gelten im Vergleich zu Regelungen in anderen Ländern als besonders streng. Qualitätskriterien setzen sich in der Regel aus zwei Werten zusammen. Einer ist weniger streng ausgestaltet und gilt innerhalb einer Zone erlaubter Effekte, die im Umkreis der Fischfarm festgelegt wird. Ein zweiter Wert darf an entfernteren Messpunkten nicht überschritten sein. Ein eigenes themenspezifisches Gewässerqualitätsregime für die Muschelzucht folgt aus Europarecht, beschränkt sich jedoch wegen der insoweit umgekehrt liegenden Problematik auf Grenzwertsysteme und behördliche Überwachungspflichten zum Schutz der Muschelzuchten vor zu schlechter Wasserqualität. (b) Die Biodiversität in Gewässerökosystemen sieht sich durch die Aquakultur im Wesentlichen den Gefährdungen durch das Entkommen von Zuchtfischen und mögliche Seuchenübertragungen auf Wildbestände ausgesetzt. Um eine bessere Fluchtsicherheit der Käfiganlagen sicherzustellen, werden technische Anforderungen an die Ausrüstung gestellt und Dokumentationspflichten mit Regelungen kombiniert, die für den Fall, dass doch Fische entkommen, die unverzügliche Meldung bei der zuständigen Behörde und Versuche des Wiedereinfangs vorschreiben. Der Regelungsbereich der Vermeidung von Krankheits- und Parasitenübertragung von Zuchttieren auf Wildbestände unterliegt besonderen wassertierseuchenrechtlichen Bestimmungen. Neben vorbeugenden Instrumentarien zur Sicherung einer umsichtigen Hygienepraxis greifen bei einem Seuchenausbruch ordnungsrechtliche Mittel zur Ausweisung und Isolierung betroffener Gebiete und Bekämpfungsmaßnahmen ein, die im Einzelfall bis zur Vernichtung von befallenen Beständen reichen. Mit dem europarechtlich vorgegebenen System der Anerkennung eines bestimmten Seuchenstatus und der Zielvorgabe, auf die Schaffung großräumig seuchenfreier Zonen hinzuarbeiten, wird die Regelungslage um einen langfristig konzipierten Ansatz ergänzt. Hinsichtlich der beiden Themenbereiche Entkommensschutz und Tierseuchenschutz wurde durch gesetzliche Anerkennung des Code of Good Practice for Scottish Finfish Aquaculture der in Selbstregulierung entstandene Verhaltenscodex zum Maßstab behördlicher Prüfungen gemacht. Die Einführung sowohl fremder als auch genetisch veränderter Tierarten zur Haltung in Aquakultur ist grundsätzlich verboten und kennt nur in äußerst begrenztem Umfang

238

D. Aquakulturrecht in Schottland – Schlussbetrachtung

Ausnahmen, von denen in Schottland mit Ausnahme eines experimentellen Projekts bisher kein Gebrauch gemacht wurde. (6) Die Einhaltung von gewässerschutzrechtlichen, seuchenschutzrechtlichen und Vorschriften zur Entkommenssicherheit beim Betrieb von Aquakulturfarmen unterliegt auch nachlaufenden Kontroll- bzw. Monitoringverfahren. Das Monitoring ist zu einem Teil kraft Nebenbestimmungen zu den entsprechenden Erlaubnissen von den Betreibern selbst auszuführen und zu dokumentieren. Zusätzlich führen die zuständigen Fachordnungsbehörden regelmäßige, jährliche oder halbjährliche Prüfungen durch. Inhaltlich stellen diese Inspektionen die konsequente Fortführung derselben Prinzipien und Grenzwerte dar, die auch im Zuge einer Erstgenehmigung, dort allerdings nur in der Theorie der Rechenmodelle zu Anwendung kommen. Lizenzüberschreitungen sind strafbewehrt. Zudem sind die Inspekteure im Wege verschiedener Instrumente des Verwaltungsvollzuges befugt, das Recht durchsetzen. Die Mitglieder der Aquakultur-Industrieverbände unterziehen sich darüber hinaus einem weiteren Monitoring durch staatlich zertifizierte Stellen auf die Einhaltung des jeweils geltenden Code of Good Practice. (7) Partizipative Elemente im Regelungsrahmen der schottischen Aquakultur sollten nach den europäischen und schottischen Entwicklungszielen eine stärkere Bedeutung erhalten. Vorherrschend sind zwei Konzepte zur Einbindung von Stakeholdern, zu denen alle im weitesten Sinn von der Ausübung aquakultureller Tätigkeiten betroffene Dritte und von Amts wegen berufene Fachbehörden in beratender Eigenschaft zählen. (a) Zum einen findet in Übereinstimmung mit dem EU-Konzept zum integrierten Küstenzonenmanagement eine verfahrensrechtliche Einbindung statt. In allen Phasen von der Planung bis zur Genehmigung eines Aquakulturvorhabens wird die Öffentlichkeit informiert und zu Stellungnahmen aufgerufen. Etwaige Einwände müssen von den Genehmigungsbehörden in ihrer Entscheidungsfindung berücksichtigt werden. Fachbehörden, insbesondere solche mit umwelt- und naturschutzrechtlichen Kompetenzen, sind verpflichtend im Wege von Konsultationen von der jeweils federführenden Behörde beizuziehen. Teilweise finden Mehrfacheinbindungen derselben Behörden gleicher oder in unterschiedlicher funktioneller Rolle statt, die ihre Ursache in dem Nebeneinander mehrerer selbstständiger oder teilselbstständiger Genehmigungsverfahren für dasselbe Projekt haben. Eine Koordinierung und Vernetzung der beteiligten Behörden soll doppelte Bearbeitungen vermeiden. Neben die verpflichtend zu konsultierenden Stellen treten andere, deren Beiziehung nicht obligatorisch ist. Nach Lage des Einzelfalls kann die Konsultierung aber für eine ordnungsgemäße Abwägungsentscheidung geboten sein. Die Gruppe dieser nur unter Umständen zu konsultierenden Stellen reicht von den Gemeinderäten über verschiedene privatrechtlich organisierte Interessenverbände bis zur Küstenwache oder dem britischen Verteidigungsministerium. Wollen externe Stakeholder ihre verfahrensmäßigen Beteiligungsrechte oder die materielle Berücksichtigung ihrer Einwände geltend machen, stehen ihnen nicht die

I. Gesamtschau der Untersuchungsergebnisse

239

Rechtsbehelfe zu, die der Antragsteller in den einzelnen Zulassungsverfahren einlegen kann. Dies erscheint zunächst als Defizit, dem allerdings ein weiter, unmittelbarer Zugang zu einer gerichtlichen Überprüfung auf Verfahrensfehler oder materielle Fehler gegenüber steht. Nicht zuletzt aufgrund der Umweltbeteiligungsrichtlinie verfügen insbesondere anerkannte Umweltverbände über eine weit gehende Befugnis, Klagen gegen Aquakulturvorhaben anzustrengen. (b) Zum anderen wird die Selbstregulierung der Industrieverbände als eine allerdings schwache Form der Stakeholderbeteiligung betrachtet, weil dort ausschließlich die Betreiber, nicht aber betroffene Dritte vertreten sind. Management-Vereinbarungen zwischen mehreren Aquakulturbetreibern und Vertretern der Wildfischerei für gemeinsam genutzte Gebiete werden als weiteres Selbstregulierungselement von einer Arbeitsgruppe abgeschlossen, um die Bewirtschaftungszyklen aufeinander abzustimmen. In dieser und anderen Arbeitsgruppen sind sowohl Behörden als auch die Aquakultur und Fangfischerei vertreten. (8) Eine Verantwortlichkeit oder Haftung von Aquakulturbetreibern für denkbare Schäden insbesondere an der Gewässerumwelt, die im Zusammenhang mit der Aquakulturtätigkeit entstehen können, kommt gegenwärtig unter vor allem strafrechtlichen Gesichtpunkten und auf Grundlage der europarechtlich entwickelten Umwelthaftung in Betracht. Eine zivilrechtliche Haftung nach Common Law spielt demgegenüber keine erkennbare Rolle, weil die typischen Auswirkungen der Aquakultur selten zu kausal zuzuordnenden Schäden an Individualrechtsgütern führen. (a) Die für den Betrieb von Aquakulturen einschlägigen Immissionsschutzvorschriften enthalten Straftatbestände, die eingreifen, sobald eine mit der entsprechenden Lizenz genehmigte Bewirtschaftungsintensität überschritten wird, wenn Nebenbestimmungen nicht eingehalten werden oder eine lizensierungsbedürftige Tätigkeit ohne Lizenz ausgeübt wird. Die Strafandrohung ist mit hohen Geld- und Freiheitsstrafen beachtlich. Ein ordnungsrechtliches Instrumentarium in Form von Auskunftspflichten und Untersuchungsbefugnissen von Inspektoren bewirkt ein hohes Risiko der Betreiber, dass Rechtsverstöße bemerkt und geahndet werden. Parallel sind die Behörden befugt, bei aufgedeckten Lizenzüberschreitungen im Wege der Selbstvornahme Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, deren Kosten dem Störer auferlegt werden können. (b) Die Umwelthaftung nach europäischem Richtlinienrecht und ihrer schottischen Umsetzungsvorschrift ist als präventives ordnungsrechtliches Instrument konzipiert, das auf erster Ebene eine Pflicht des Verursachers zur Sanierung von Schäden an Umweltgütern errichtet. Auf zweiter Ebene kann die zuständige Behörde Sanierungsmaßnahmen selbst vornehmen und den Verursacher zur Kostentragung heranziehen. Obwohl die Aquakultur mit ihren typischen Auswirkungen grundsätzlich vom Anwendungsbereich des Umwelthaftungsrechts umfasst ist, bestehen angesichts der Haftungsvoraussetzungen und Ausnahmetatbestände Zweifel, ob in der Praxis die Heranziehung von Aquakulturbetrieben für etwaige Schäden auf

240

D. Aquakulturrecht in Schottland – Schlussbetrachtung

dieser Grundlage wird erfolgen können. Kennzeichnend ist für die Umwelthaftung die grundsätzliche Freistellung von solchen Schäden, die im Rahmen einer genehmigten Tätigkeit auftreten, sodass eine Haftung für Umweltschäden regelmäßig nur bei wissentlicher Überschreitung von Lizenzbedingungen oder verschuldeten Störfällen im Betrieb in Betracht kommt. (9) Durch rechtliche Regelungen geprägt sind auch die Handels- und Marktbedingungen für Aquakulturprodukte. Wegen der noch stärker werdenden Exportorientierung der schottischen Aquakulturindustrie sind im grenzüberschreitenden Handel jenseits der EU-Zollunion noch immer tarifäre Handelshemmnisse von Bedeutung, deren Gewicht sich jedoch seit Gründung der WTO erheblich reduziert hat. Womöglich als Folge des Rückgangs und teilweisen Wegfalls von Zöllen und zollgleichen Abgaben, wurde in heftigen Auseinandersetzungen zwischen der damaligen EG und anderen wichtigen Aquakulturvolkswirtschaften, namentlich Norwegen und Chile, im Wege von Antidumpingmaßnahmen versucht, einer Niedrigpreispolitik zu begegnen. Demgegenüber haben nichttarifäre Handelshemmnisse im Rahmen des SPS- und des TBT-Abkommens mit zahlreichen Vorschriften zu Lebensmittelsicherheit, Wassertierseuchenrecht oder Kennzeichnungspflichten immer mehr Bedeutung gewonnen. Den im internationalen Vergleich hohen europäischen Standards kommt dabei eine Vorreiterrolle zu, wenngleich auf dem für die schottische Industrie neben der EU wichtigsten US-Markt ähnliche Anforderungen gestellt werden. Die schottischen Aquakulturbetreiber profitieren von Förderungsmöglichkeiten des Europäischen Fischereifonds, der mit seinen Finanzhilfen insbesondere kleine Unternehmen unterstützt und vor allem den teils kostspieligen Umbau von Produktionsstrukturen fördert, der zur Einhaltung von umwelt-, lebensmittel- und tierseuchenrechtlichen Vorschriften erforderlich sein kann oder im Sinne der Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien erwünscht ist.

II. Regelungswirklichkeit im Licht der Regelungsziele Die sowohl auf der europäischen als auch auf der nationalen Ebene verfolgten regelungspolitischen Hauptziele der Nachhaltigkeit und gleichzeitiger Förderung der wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit sind keine statisch definierbaren Größen. Ob das geltende Recht zu einer nachhaltigen Ressourcennutzung führt, lässt sich erst aus der ex-post Perspektive nachfolgender Generationen beurteilen. Auch das Streben nach wirtschaftlichem Erfolg im Wettbewerb mit konkurrierenden Volkswirtschaften kennt keine festgesetzte Obergrenze, sondern orientiert sich an der Vorstellung eines bestmöglichen Ertrages. Gleichwohl lässt sich konstatieren, dass hinsichtlich beider Ziele nach vorläufigem Abschluss einer langen Phase kontinuierlicher Rechtsänderungen Fortschritte zu verzeichnen sind. (1) Der Begriff der Nachhaltigkeit wurde in der Literatur für die Frage der Regelung von Aquakulturaktivitäten auf einige Grundanforderungen hin spezifiziert.

II. Regelungswirklichkeit im Licht der Regelungsziele

241

Als Kernaspekte einer ökonomisch, sozial und ökologisch nachhaltigen Aquakultur werden dabei herausgestellt: (a) ein Planungsregime für die Aquakultur, das die Begrenztheit von naturräumlichen Ressourcen berücksichtigt und etwa durch Zonierungsverfahren Konflikte mit anderen, traditionellen Nutzungen vermeidet, (b) die Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen und nachlaufendem Monitoring, (c) die Einbeziehung von partizipatorischen Elementen bei Planung und Genehmigung von Aquakulturvorhaben, (d) die Reglementierung einer sicheren und effektiven Nutzung von Medikamenten und Chemikalien, (e) die Aufnahmekapazität der Gewässer als Ausgangspunkt für die Zulassung von Aquakulturfarmen, (f) die strikte Regulierung von Verbringungen exotischer oder genmodifizierter Aquakulturtiere, (g) die nachdrückliche Anstrengung zur Erhaltung genetischer Diversität und der Gewässerökosysteme insgesamt sowie (h) die Förderung neuer Futtermittelstrategien zur Reduzierung des Fischmehl- und Fischölverbrauchs .972 Gemessen an diesen Kriterien wurde in der durchgeführten Untersuchung deutlich, dass der weit überwiegende Teil der Kernforderungen an eine nachhaltige Governance von Aquakultur in der schottischen Praxis berücksichtigt und bis in Einzelheiten ausdifferenziert wurde. Bemerkenswert erscheint dabei, dass Vorgaben hinsichtlich des laufenden Betriebes zu beträchtlichem Anteil im Rahmen des Code of Good Practice for Scottish Finfish Aquaculture von den Betreiberorganisationen selbst entwickelt wurden, hier also im Wege der Selbstregulierung eine zunächst rein private Steuerungsmethode zu einem Regelungsergebnis geführt hat, dass sich so weitgehend mit den Forderungen an Nachhaltigkeit im Wirtschaften deckt. Einzig für das Problem des nach wie vor hohen Verbrauchs von Fischöl und Fischmehl in Futtermitteln scheint bisher keine taugliche Strategie gefunden, wenngleich auch dieser Punkt jedenfalls als Ziel künftiger Bemühungen im Strategischen Rahmenplan für die Aquakultur der schottischen Regierung Erwähnung findet. Noch einmal hinzuweisen ist auf die in diesem Zusammenhang zweifelhafte Entscheidung der EG-Ökoverordnung, in erster Linie die Verfütterung von Fischproteinen zu verlangen und dabei das Problem der zunehmenden Ressourcenknappheit bei Futterfisch zugunsten einer artgerechten Ernährung der Zuchtfische zunächst in den Hintergrund zu stellen. (2) Der schottische Aquakultursektor konnte währenddessen in wirtschaftlicher Hinsicht wieder größere Zugewinne verzeichnen. Ein Indikator hierfür ist der Zuwachs auf dem unangefochten dominierenden Lachssektor. Nachdem die Produktionszahlen einige Jahre im Bereich der 130.000-Tonnen-Marke stagniert hatten, 972 Pillay, Aquaculture and the Environment, pp. 112 – 119; siehe auch die vergleichbaren Ausführungen mit stärkerem Schwerpunkt auf der Futtermittelproblematik bei Davenport et al., Aquaculture, the ecological issues, pp. 75 – 82; ferner Costa-Pierce, Ecology as the Paradigm for the Future of Aquaculture. in: ders. (ed.), Ecological Aquaculture, the evolution of the blue revolution, pp. 339 – 372 (344); De Voe/Hodges, Management of Marine Aquaculture: the Sustainability Challenge, in: Stickney/McVey, Responsible Marine Aquaculture, pp. 21 – 40 in etwas allgemeinerer Formulierung der Anforderungen.

242

D. Aquakulturrecht in Schottland – Schlussbetrachtung

wurde nach den jüngsten offiziell verfügbaren Zahlen eine Steigerung auf 144.000 Tonnen im Jahr 2009 verzeichnet.973 Unter den Betreibern herrscht Zuversicht. 70 % der im schottischen Lachszüchterverband SSPO organisierten Unternehmen wollen innerhalb der nächsten fünf Jahre expandieren, sogar 78 % beabsichtigen in demselben Zeitraum zusätzliches Personal einzustellen. Die SSPO rechnet auch langfristig mit einem weiteren Wachstum und will durch einen, wie betont wird, nachhaltigen Ausbau der bestehenden Kapazitäten bis 2020 eine Jahresproduktion von 210.000 Tonnen Zuchtlachs erreichen.974 Mit dem gerade neu erschlossenen chinesischen Markt werden Hoffnungen verbunden, die schon 2010 um 7 % gesteigerten Verkaufszahlen für die hochwertigen Lachsprodukte mit dem Qualitätszertifikat „Label Rouge“ noch übertreffen zu können975, sodass insgesamt von einer guten wirtschaftlichen Grundstimmung, jedenfalls in dem für die schottische Aquakulturindustrie überragend wichtigen Lachssegment gesprochen werden kann. Zwar ist die gegenwärtig prosperierende Branche in den letzten Jahren auch durch Schwierigkeiten insbesondere der von Seuchenausbrüchen zurückgeworfenen chilenischen Aquakulturindustrie in eine vorteilhafte Wettbewerbslage gebracht worden, während die weltweite Nachfrage nach ihren Produkten weiter anstieg. Dass sich die wirtschaftliche Entwicklung der schottischen Aquakultur gerade wegen der dichten und nachhaltigkeitsorientierten Regelungslage als vorteilhaft darstellt, dürfte aufgrund der Vielzahl der darauf wirkenden Faktoren nicht erweisbar sein. Es lässt sich aber jedenfalls sagen, dass die in den letzten Jahren forcierte Umsetzung der wissenschaftlichen Empfehlungen zu nachhaltiger Governance von Aquakultur der schottischen Industrie nicht erkennbar zum Nachteil gereicht hat.

973 974 975

Marine Scotland, Scottish Fish Farms Annual Production Survey 2009, p. 23. Scottish Salmon Producers’ Organisation, Annual Report 2010, pp. 2, 18. Scottish Salmon Producers’ Organisation, Annual Report 2010, p. 16.

Literaturverzeichnis* Ahmed, Mahfuz: Market Access and Trade Liberalisation in Fisheries, ICTSD Natural Resources, International Trade and Sustainable Development Series Issue Paper No. 4, International Centre for Trade and Sustainable Development, Genf 2006, online: http://ictsd.org/ downloads/2008/06/ahmed_2006.pdf, Stand: 17. 6. 2011. Allsopp, Michelle/Johnston, Paul/Santillo, David (Greenpeace): Challenging the Aquaculture Industry on Sustainability, second edition, Amsterdam 2008. Asche, Frank/Khatun, Fahmida: Aquaculture: Issues and Opportunities for Sustainable Production and Trade, ICTSD Natural Resources, International Trade and Sustainable Development Series Issue Paper No. 5, International Centre for Trade and Sustainable Development, Genf 2006, online: http://ictsd.net/downloads/2008/06/asche_khatun_2006.pdf, Stand: 17. 6. 2011. Association of Scottish Shellfish Growers: ASSG Code of Good Practice, http://assg.org.uk/ #/code-of-practice/4536619829, Stand: 17. 6. 2011. Ballinger, R./Pickaver, A./Lymbery, G./Ferreria, M.: An evaluation of the implementation of the European ICZM principles, Ocean and Coastal Management 53 (2010), pp. 738 – 749. Barnett, Hilaire: Constitutional & Administrative Law, second edition, London 1999. Bell, J. Gordon/McGhee, Fiona/Campbell, Patrick J./Sargent, John R.: Rapeseed oil as an alternative to marine fish oil in diets of post smolt Atlantic Salmon: changes in flesh fatty acid composition and effectiveness of subsequent fish oil „wash out“. In: Aquaculture 218 (2003), pp. 515 – 528. Bender, Tobias, in: Hilf, Meinhard/Oeter, Stefan (Hrsg.), WTO-Recht, Rechtsordnung des Welthandels, 2. Auflage, Baden-Baden 2010. Benz, Arthur: Governance – Regieren in komplexen Regelsystemen, 1. Aufl., Wiesbaden 2004. Berkemann, Jörg: Umweltrechtsbehelfsgesetz auf dem gemeinschaftsrechtlichen Prüfstand. In: NordÖR 2009, 336 – 245. Berry, Chris/Davison, Alistair (WWF): Bitter Harvest, A call for reform in Scottish aquaculture (2001), http://www.wwf.org.uk/filelibrary/pdf/bitterharvest.pdf, Stand: 17. 6. 2011. Black, Kenneth D.: Environmental Impacts of Aquaculture, Sheffield 2001. Black, Kenneth D./Cromney, Christopher J.: The scientific basis of marine fish farm regulation. In: Science Diliman, Vol. 20 (2008), pp.11 – 20. Bosecke, Thomas: Wesen und Systematik des Integrierten Küstenzonenmanagements und daraus resultierende Anforderungen an Inhalt und Umsetzung. In: NuR 2004, 777 – 781. * Werke mit abschnittsweise unterschiedlichen Autoren werden nach jeweiligem Bearbeiter zitiert.

244

Literaturverzeichnis

Boysen, Sigrid/Oeter, Stefan, in: Schulze, Reiner/Zuleeg, Manfred/Kadelbach, Stefan: Europarecht, Handbuch für die deutsche Rechtspraxis, 2. Aufl., Baden-Baden 2010. Bradan Ltd.: Biosecurity and Disinfection in Salmon Farming, http://www.bradanbiosecurity. com/pdfs/18_disinfect_wellboats.pdf, Stand: 17. 6. 2011. Buschbaum, Christian/Nehls, Georg: Effekte der Miesmuschel- und Garnelenfischerei. In: Lozán, José L./Rachor, Eike, Reise, Karsten/Sündermann, Jürgen/v. Westernagen, Hein: Warnsignale aus Nordsee und Wattemeer, eine aktuelle Umweltbilanz, Hamburg 2003, S. 250 – 255. Carse, Laura/Pogorzelec, Fiona (RPS Ltd.), für: Scottish Aquaculture Research Forum, The Highland Council, Scottish Executive: EIA Practical Guidelines Toolkit for Marine Fish Farming, http://www.sarf.org.uk/Project%20Final%20Reports/SARF024%20-%20Final% 20Reports%20and%20Templates/EIA%20Guidelines%20FINAL+%20Templates.pdf, Stand: 17. 6. 2011. Churchill, Robin/Owen, Daniel: The EC Common Fisheries Policy, Oxford 2010. Code of Good Practice for Scottish Finfish Aquaculture (Edition 2, September 2010), http:// www.thecodeofgoodpractice.co.uk/, Stand: 17. 6. 2011. Costa-Pierce, Barry A.: Ecology as the Paradigm for the Future of Aquaculture. In: ders. (ed.), Ecological Aquaculture, the evolution of the blue revolution, Oxford (u. a.) 2002, pp. 339 – 372. Costello, M. J./Grant, A./Davies, I. M./Cecchini, S./Papoutsoglou, S./Quigley, D./Saroglia, M.: The control of chemicals used in aquaculture in Europe. In: J. Appl. Ichthyol. Vol. 17 (2001), pp. 173 – 180. Cramb, Auslan: Fragile Land – Scotland’s Environment, Edinburgh 1998. Cross, Caroline/Marcus, Rachel: Public Accountability: Public Law, Public Participation and Access to Information. In: Burnett-Hall, Richard/Jones, Brian (ed.): Burnett-Hall on Environmental Law, second edition, London 2009, pp. 267 – 361. Crown Estate: Guidance notes for applicants for leases of fish faming sites in Scotland, http:// www.thecrownestate.co.uk/guidance_notes_fish_farm_applications_scotland.pdf, Stand: 17. 6. 2011. – Schedule of properties, rights and interests June 2011, http://www.thecrownestate.co.uk/ schedule_of_properties_rights_and_interests.pdf, Stand: 20. 6. 2011. – Shellfish Farm Leases Rent Review 2010, Proposals for the Terms & Conditions of the Crown Estate Lease for Shellfish Farms to apply from 1st January 2010, http://www.thecrownestate. co.uk/shellfish_rent_review_summary_of_proposals_2010.pdf, Stand: 1. 10. 2010. – Scottish Marine Aquaculture Rent Review 2006, http://www.thecrownestate.co.uk/53_scot tish_marine_aquaculture_rent_review.pdf, Stand: 20. 6. 2011. Czybulka, Detlef: Die Erhaltung der Biodiversität im marinen Bereich, globale und europäische Politiken, Strategien und Aktionsprogramme. In: ZUR 2008, 241 – 250. Davenport, John/Black, Kenneth/Burnell, Gavin/Cross, Tom/Culloty, Sarah/Ekaratne, Suki/ Furness, Bob/Mulcahy, Maire/Thetmeyer, Helmut: Aquaculture, the ecological issues, Malden, Oxford, Melbourne, Berlin 2003.

Literaturverzeichnis

245

De Voe, Richard/Hodges, Catherine E.: Management of Marine Aquaculture: the Sustainability Challenge. In: Stickney, Robert R./McVey, James P. (ed.), Responsible Marine Aquaculture, Oxon, New York 2001. Drinkwaard, A. C.: Introductions and developments of oysters in the North Sea area: a review. In: Helgoländer Meeresuntersuchungen 52, 301 – 308 (1999). Dross, Miriam/Acker, Hendrik/Schönherr, Norma, für: Europäisches Parlament, Generaldirektion Interne Politikbereiche, Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik, Fischerei: Auswirkungen der Verhandlungen im Rahmen der WTO und sonstiger Handelsverhandlungen auf die Fischerei, Brüssel 2009, online: http://www.europarl.europa.eu/activities/ committees/studies/download.do?language=en&file=29035#search=%20WTO, Stand: 17. 6. 2011. Ecoplan International inc. for: The David Suzuki Foundation & The Georgia Strait Alliance: Global Assessment of Closed System Aquaculture, 2007, http://www.farmedanddangerous. org/wp-content/uploads/2011/01/ClosedSystemAqua-FINAL.pdf, Stand: 17. 6. 2011. Erbguth, Wilfried/Schlacke, Sabine: Umweltrecht, 2. Aufl., Baden-Baden 2008. European Commission: EUROSTAT, Fishery statistics, Data 1995 – 2008, http://epp.eurostat. ec.europa.eu/cache/ITY_OFFPUB/KS-DW-09-001/EN/KS-DW-09-001-EN.PDF, Stand: 17. 6. 2011. – EUROSTAT, Statistics in Focus 83/2009, Aquaculture Statistics 2007, http://epp.eurostat.ec. europa.eu/cache/ITY_OFFPUB/KS-SF-09-083/EN/KS-SF-09-083-EN.PDF, Stand: 17. 6. 2011. FAO: Fisheries and Aquaculture Technical Paper 527, Environmental impact assessment and monitoring in aquaculture, Requirements, practices, effectiveness and mprovement, Rom 2009. – The State of World Fisheries and Aquaculture 2010, http://www.fao.org/docrep/013/i1820e/ i1820e00.htm, Stand: 17. 6. 2011. FDA: Guidance for Industry: HACCP Regulation for Fish and Fishery Products; Questions and Answers for Guidance to Facilitate the Implementation of a HACCP System in Seafood Processing (1999), http://www.fda.gov/Food/GuidanceComplianceRegulatoryInformation/ GuidanceDocuments/Seafood/ucm176892.htm, Stand: 17. 6. 2011. Fernandes, Teresa/Eleftheriou, A./Ackefors, H./Eleftheriou, M./Ervik, A./Sanchez-Mata, A./ Scanlon, T./White, P./Cochrane, S./Pearson, T. H./Read, P. A.: The scientific principles underlying the monitoring of the environmental impacts of aquaculture, (2001) J. Appl. Ichthyol. 17 (4), pp.181 – 193. Fischer-Hüftle, Peter: Tagungsbericht: Neue Herausforderungen für den Meeresnaturschutz und das Umweltrecht, NuR 2010, 331 – 332. Food Standards Agency Scotland, Food Law in Scotland, http://www.food.gov.uk/multimedia/ pdfs/sflg2005.pdf, Stand: 17. 6. 2011. Franzius, Claudio: Governance und Regelungsstrukturen, VerwArch 97 (2006), 186 – 219. FRS (Fisheries Research Service): Environmental Impacts of Fish Farms, http://www.scotland. gov.uk/Uploads/Documents/AE01EnvironImpact.pdf, Stand: 17. 6. 2011.

246

Literaturverzeichnis

– Shellfish Farm Cultivation in Scotland 2004, http://www.scotland.gov.uk/Uploads/Docu ments/Productionshell04.pdf, Stand: 17. 6. 2011. Führ, Martin/Lewin, Daniel/Roller, Gerhard: EG-Umwelthaftungsrichtlinie und Biodiversität. In: NuR 2006, 67 – 75. Gehring, Markus, in: Hilf, Meinhard/Oeter, Stefan (Hrsg.), WTO-Recht, Rechtsordnung des Welthandels, 2. Auflage, Baden-Baden 2010. Georgeakopoulos, Georgios/Ciancanelli, Penelope/Coulson, Andrea/Kaldis, Panayiotis: Stewardship and Risk: An Empirically Grounded Theory of Organic Fish Farming in Scotland. In: Agricultural Economics Review Vol. 9 (2008), 16 – 30. Gibson, John: Coastal zone law in the UK, lessons for the new millennium. In: Smith, Hance D./ Potts, Jonathan S. (eds.) Managing Britain’s Marine and Coastal Environment: towards a sustainable future, London 2005, pp. 171 – 185. Gillibrand, P. A./Gubbins, M. J./Greathead, C./Davies, I. M.: Scottish Executive Locational Guidelines for Fish Farming: Predicted Level of Nutrient Enhancement and benthic Impact. In: Scottish Fisheries Research Report Number 63/2002, http://scotland.gov.uk/Uploads/ Documents/Report63.pdf, Stand: 17. 6. 2011. Göttsche, Götz J., in: Hilf, Meinhard/Oeter, Stefan (Hrsg.), WTO-Recht, Rechtsordnung des Welthandels, 2. Auflage, Baden-Baden 2010. Grant, A. N.: Medicines for sea lice, Pest Management Science Vol. 58 (2002), pp. 521 – 527. Gray, Tim S.: Theorising about participatory Fisheries Governance. In: ders. (ed.): Participation in Fisheries Governance, pp. 1 – 22, Dordrecht 2005. Greenhalgh, Peter, für: FAO, Policy Research – Implications of Liberalization of Fish Trade for Developing Countries, Trade issues Background Paper: Sanitary and Phyto-Sanitary Measures (SPS) and Technical Barriers to Trade (TBT), (2004), http://www.nri.org/projects/ fishtrade/issues-sanitary.pdf, Stand: 17. 6. 2011. Grote, Reiner: Regionalautonomie für Schottland und Wales – das Vereinigte Königreich auf dem Weg zu einem föderalen Staat? In: ZaöRV 58 (1998), 109 – 146. Hall, R. G., in: Hall’s Essay on the Rights of the Crown and the Privileges of the Subject in the Sea Shores of the Realm (2nd ed. 1875) by Loveland, R. L. Stevens and Hynes, zit. nach: Howarth, William: The Law of Aquaculture, Oxford (u. a.) 1989. Halwart, Matthias/Soto, Doris (eds.): FAO Fisheries Technical Paper 498, Cage aquaculture, regional reviews and global overview, http://www.fao.org/docrep/010/a1290e/a1290e00.htm, Stand: 17. 6. 2011. Hedley, C./Huntington, T., für: Europäisches Parlament, Generaldirektion Interne Politikbereiche der EU, Fachabteilung B, Struktur- und Kohäsionspolitik, Fischerei: Ordnungspolitische und rechtliche Hemmnisse für den Europäischen Aquakultursektor, Brüssel 2009, online: http://www.europarl.europa.eu/activities/committees/studies/download.do?langu age=lv&file=29971, Stand: 17. 6. 2011. Henderson, A. R./Davies, I. M.: Review of aquaculture, its regulation and monitoring in Scotland, J. Appl. Ichthyol. Vol. 16 (2000), 200 – 208. Henn, Heike: Entwicklungspolitische Bewertung der „blauen Revolution“, Diss. Berlin 2002.

Literaturverzeichnis

247

Hobe, Stephan: Einführung in das Völkerrecht, 9. Aufl., Tübingen 2008. Howarth, William: The Law of Aquaculture, Oxford (u. a.) 1989. Huntington, T. C./Roberts, H./Cousins, N./Pitta, V./Marchesi, N./Sanmamed, A./Hunter-Rowe, T./Fernandes, T. F./Tett, P./McCue, J./Brockie, N.: Some Aspects of the Environmental Impact of Aquaculture in Sensitive Areas. Report to the DG Fish and Maritime Affairs of the European Commission, http://www.ec.europa.eu/fisheries/documentation/studies/aquacul ture_environment_2006_en.pdf, Stand: 17. 6. 2011. Jans, Jan H./Vedder, Hans H. B.: European Environmental Law, 3rd ed., Amsterdam 2008. Jessen, Henning, in: Hilf, Meinhard/Oeter, Stefan (Hrsg.) WTO-Recht, Rechtsordnung des Welthandels, 2. Auflage, Baden-Baden 2010. Kay, R. C./Gardner, S./Bello Pineda, J./Juntarashote, K./Pierce, G. J./Pita, C./Wang, J./Chuenpagdee, R.: INCOFISH (Integrating Multiple Demands on Coastal Zones with Emphasis on Aquatic Ecosystems and Fisheries): Concepts and Tools for ICZM with a Special Focus on Stakeholder Engagement Visualisation Tools in Fisheries Management (2006), http://www. incofish.org/results/pdf%20files/Deliverable6.1_ICZM%20review.pdf, Stand: 10. 2. 2011 Kempf, Marc/Petit, Jean: Les modifications de l’environnement par les fermes aquacoles. In: Petit, Jean (coord.) environnement et aquaculture, tome 1, aspects techniques et économiques, Paris 1999, pp. 125 – 126. König, Klaus: Öffentliches Management und Governance als Verwaltungskonzepte. In: DÖV 2001, 617 – 624. Liu, Xinshan: Granting quasi-property rights to aquaculturists to achieve sustainable aquaculture in China. In: Ocean & Coastal Management 50 (2007), pp. 623 – 633. Lloyd, M. G./Livingstone, L. H.: Marine Fish Farming in Scotland: Proprietorial Behaviour and the Public Interest. In: Journal of Rural Studies Vol. 7 (1991), pp. 253 – 263. MacGarvin, Malcolm (WWF): Scotland’s Secret? Aquaculture, nutrient pollutions, eutrophications and toxic blooms (2000), http://www.wwf.org.uk/filelibrary/pdf/secret.pdf, Stand: 17. 6. 2011. Mäkinen, Timo: Umweltprobleme und Aquakultur. In: Aquakultur und Aquatechnik – Perspektiven – Beiträge zum Symposium am 17. April 1989 in Westerland/Sylt, Kiel 1989. Marine Harvest: Salmon Farming Industry Handbook 2010, http://www.marineharvest.com/ PageFiles/1296/Handbook%202010.pdf, Stand: 17. 6. 2011. Marine Scotland: Coast Protection Act 1949 Consent, Guidance for Applicants, last updated 2008, http://www.scotland.gov.uk/Topics/marine/Fish-Shellfish/18716, Stand: 2. 2. 2010. Marine Scotland/Scottish Government: NASCO-Focus Area Report, Aquaculture, Introductions and Transfers, and Transgenics UK (Scotland), January 2010, http://www.nasco.int/pdf/ far_aquaculture/AquacultureFAR_Scotland.pdf, Stand: 20. 6. 2011. – Discharge of Treatment Agents in the Territorial Sea and UK Controlled Waters adjacent to Scotland (Merkblatt für Antragsteller) http://www.scotland.gov.uk/Topics/marine/Licensing/ marine/Applications/wellboat, Stand: 07. 01. 2011. – Leitfaden General Marine Licensing (2011), http://www.scotland.gov.uk/Resource/Doc/ 295194/0116875.doc, Stand: 20. 6. 2011.

248

Literaturverzeichnis

– Report on Social and Economic Objectives for a Scottish Marine Plan, http://www.scotland. gov.uk/Publications/2010/03/30180908/17, Stand: 20. 6. 2011. – Scottish Fish Farms Annual Production Survey 2009, http://www.scotland.gov.uk/Resource/ Doc/295194/0106192.pdf, Stand: 20. 6. 2011. – Scottish Shellfish Farms Production Survey 2009, http://www.scotland.gov.uk/Resource/ Doc/295194/0103799.pdf, Stand: 20. 6. 2011. Mayntz, Renate/Scharpf, Fritz W.: Steuerung und Selbstorganisation in staatsnahen Sektoren. In: dies. (Hrsg.): Gesellschaftliche Selbstregulierung und politische Steuerung, Frankfurt am Main 1995, S. 9 – 38. Mayor, Daniel J./Zuur, Alain F./Solan, Martin/Paton, Graeme I./Killham, Ken: Factors Affecting benthic Impacts at Scottish Fish Farms, Environ. Sci. Technol., 2010, 44 (6), pp. 2079 – 2084. McAllister, Angus/McMaster, Raymond: Scottish Planning Law, second edition, Edinburgh 1999. McCunn, A. E.: The Place of Fish Farming in the Highlands and Islands of Scotland. In: J. Appl. Ichthyol. Vol. 5 (1989), pp. 211 – 216. McGlashan, Derek J./Duck, Robert W./Reid, Colin T.: The foreshore: geographical implications of the three legal systems in Great Britain. In: Area (2004), pp. 338 – 347. Miller, Kenneth/Robson, Peter: Greens Concise Scots Law, Property, Edinburgh 1991. Murray, A. J.: North Sea 2000: The Crown Estate Commissioners Role. In: Ocean & Shoreline Management 16 (1991), pp. 375 – 381. Murray, Alexander G./Smith, Ronald J./Stagg, Ronald M.: Shipping and Spread of Infectious Salmon Anemia in Scottish Aquaculture. In: Emerging Infectious Diseases 2002 January; 8 (1), pp. 1 – 5. NASCO: Dokument IP (07)19 FINAL, Implementation Plan EU – UK (Scotland), http://www. nasco.int/pdf/implementation_plans/IP_Scotland.pdf, Stand: 21. 6. 2011. – Dokument IP (10)15, http://www.nasco.int/pdf/far_aquaculture/AquacultureFAR_Scotland. pdf, Stand: 20. 6. 2011. Naylor, Rosamond/Goldburg, Rebecca J./Primavera, Jurgenne H./Kautsky, Nils/Beveridge, Malcolm C. M./Clay, Jason/Folke, Carl/Lubchenco, Jane/Mooney, Harold/Troell, Max: Effect of aquaculture on world fish supplies. In: Nature 405, pp.1017 – 1024 (29 June 2000). Naylor, Rosamond/Hindar, Kjetil/Fleming, Ian A./Goldburg, Rebecca/Williams, Susan/Volpe, John/Whoriskey, Fred/Eagle, Josh/Kelso, Dennis/Mangel, Marc: Fugitive Salmon: Assessing the Risks of Escaped Fish from Net-Pen Aquaculture. In: BioScience 55(5): pp. 427 – 437. 2005. New, Michael B.: Vorwort zu: Stickney, Robert A. (ed.): Encyclopedia of Aquaculture, New York (u. a.) 2000. Nucci, Mary L./Dellava, Jocilyn E./Cuite, Cara L./Hallman, William K.: The US Food Import System: Issues, Processes and Proposals. Für: Rutgers New Jersey Agricultural Experiment Station (2008), http://www.foodpolicy.rutgers.edu/docs/news/FPI_Imports_Report_3 – 08. pdf, Stand: 17. 6. 2011.

Literaturverzeichnis

249

OECD (Organisation for Economic Co-Operation and Development): Structural Changes in Fisheries, Dealing with the Human Dimension, Paris 2007. OSPAR: Recommendation 94/6, online: http://www.ospar.org/html_documents/ospar/html/ ospar_list_of_decsrecs.pdf, Stand: 21. 6. 2011. Page, Alan/Reid, Colin/Ross, Andrea: A Guide to the Scotland Act 1998, Edinburgh, London 1999. Paisley, Roderick R. M.: Greens Concise Scots Law, Land Law, Edinburgh 2000. Peel, D./Lloyd, M. G.: Governance and planning policy in the marine environment: regulating aquaculture in Scotland, The Geographical Journal (2008) Vol. 174, Issue 4, pp 361 – 377. Phyne, John/Apostle, Richard/Hovgaard, Gestur: Food safety and farmed salmon, Some implications of the European Union’s Food policy for coastal communities. In: VanderZwaag, David L./Chao, Gloria (eds.), Aquaculture Law and Policy, Towards principled access and operations, Oxon, New York 2006, pp. 385 – 420. – Capitalist Aquaculture and the Quest for Marine Tenure in Scotland and Ireland, Studies in Political Economy 52, Spring 1997, pp. 73 – 109. Pillay, T. V. R.: Aquaculture and the environment, second edition, Oxford (u. a.) 2004. Pillay, T. V. R./Kutty, M. N.: Aquaculture: Principles and Practices, 2nd edition, Oxford (u. a.) 2005. Puth, Sebastian/Stranz, Kathleen, in: Hilf, Meinhard/Oeter, Stefan (Hrsg.) WTO-Recht, Rechtsordnung des Welthandels, 2. Auflage, Baden-Baden 2010. Quick, Nicola J./Middlemas, Stuart J./Armstrong, John D.: A survey of antipredator controls at marine salmon farms in Scotland, Aquaculture 230 (2004), pp.169 – 180. Rabanal, Herminio R.: History of Aquaculture, http://www.fao.org/docrep/field/009/ag158e/ AG158E00.htm, Stand: 17. 6. 2011. Reid, Colin T.: Green’s Guide to Environmental Law in Scotland, Edinburgh 1992. Roberts, Ronald J./Hardy, Ronald W.: Salmon Culture. In: Stickney, Robert A. (ed.): Encyclopedia of Aquaculture, New York (u. a.) 2000, pp. 773 – 778. Robinson, Jeremy Rowan: Town and Country Planning (Scotland) Act 1997, Commentary, London 2009. Roheim, Cathy A.: Trade Liberalization in Fish Products: Impacts on Sustainability of International Markets and Fish resources. In: CD-Rom zu Aksoy, A. and Beghin, J. (eds.), Global Agricultural Trade and Developing Countries, The World Bank, Washington DC 2004, online: http://cels.uri.edu/enre_croheim/docs/Roheim_Full_Report_final.pdf, Stand: 21. 6. 2011. Rosenthal, Harald: Produktionstrends und technologische Aspekte der Aquakultur. In: Aquakultur und Aquatechnik – Perspektiven, Symposium vom 17. April 1989 in Westerland/ Sylt, Kiel 1989, S. 3 – 40. Rosie, A. J./Singleton, P. T.: Discharge consents in Scotland. In: Pest Management Science Vol. 58 (2002), pp. 616 – 626. Royal Commission on Environmental Pollution: 25th Report, Turning the Tide, http://www. fcrn.org.uk/sites/default/files/Turning_the_tide_%20Report.pdf, Stand: 17. 6. 2011.

250

Literaturverzeichnis

Saunders, Phillip M./Finn, Richard: Property rights in Canadian Aquaculture, A principled Approach. In: VanderZwaag, David L./Chao, Gloria (eds.), Aquaculture Law and Policy, Towards principled access and operations, Oxon, New York 2006, pp.115 – 170. Schiffman, Howard S.: Marine Conservation Agreements, The Law and Policy of Reservations and Vetoes, Leiden/Boston 2008. Schmehl, Arndt/Wack, Sarah Maria: Umweltfragen des Wachstums der Fischproduktion: Das Recht der Aquakultur in Küsten- und Meeresgewässern. In: ZUR 2009, 473 – 479. Schöbener, Burkhard/Herbst, Jochen/Perkams, Markus: Internationales Wirtschaftsrecht, Heidelberg, München, Landsberg, Frechen, Hamburg 2010. Scott, A.: Introducing Property Rights in Fishery Management. In: FAO Technical Paper 2000 404/1, pp. 1 – 13. Scottish Association for Marine Science/Plymouth Marine Laboratory/FRS, Aberdeen/Seas Ltd.: Ecological effects of sea lice medicines in Scottish sea lochs, Final report 9 February 2005, http://www.sams.ac.uk/research/departments/ecology/media/kate-willis/PAMP%20sec tion%201.pdf, Stand: 17. 6. 2011. Scottish Executive: A Strategic Framework for Scottish Aquaculture (2003), http://www.scot land.gov.uk/Publications/2003/03/16842/20516, Stand: 20. 6. 2011. – Central Research Unit (CRS), Review and Synthesis of the Environmental Impacts of Aquaculture, http://www.scotland.gov.uk/Resource/Doc/46951/0030621.pdf, Stand: 20. 6. 2011. – Interim Scheme for the Authorisation of Marine Fish Farms in Scottish Waters 2000, http:// www.scotland.gov.uk/Resource/Doc/1062/0000280.pdf, Stand: 20. 6. 2011. – Planning Circular 1/2007, http://www.scotland.gov.uk/Publications/2007/03/29102026/1, Stand: 20. 6. 2011. – SPP 1 The Planning System (2002), http://www.scotland.gov.uk/Publications/2002/11/15751/ 12819, Stand: 20. 6. 2011. – SPP 22 Planning for Fish Farming (2007), http://www.scotland.gov.uk/Publications/2007/03/ 29102058/8, Stand: 20. 6. 2011. – The Report of The Aquaculture Joint Health Working Group on Infectious Pancreatic Necrosis ins Scotland, http://www.scotland.gov.uk/Uploads/Documents/IPNSubgroupReport. pdf, Stand: 20. 6. 2011. Scottish Government: A Fresh Start, The renewed Strategic Framework for Scottish Aquaculture (2009), http://www.scotland.gov.uk/Resource/Doc/272866/0081461.pdf, Stand: 17. 6. 2011. – A Guide to planning appeals, http://www.scotland.gov.uk/Topics/Built-Environment/plan ning/decisions-appeals/Appeals/AppealsGuide, Stand: 20. 6. 2011. – A Guide to the Planning System in Scotland, http://www.scotland.gov.uk/Resource/Doc/ 281542/0084999.pdf, Stand: 20. 6. 2011. – A statement of the Scottish Government’s policy on nationally important matters of land use planning (2010), http://www.scotland.gov.uk/Publications/2010/02/03132605/12, Stand: 21. 6. 2011.

Literaturverzeichnis

251

– Circular 4/2009 Development Management Procedure, http://www.scotland.gov.uk/Publica tions/2009/07/03153034/18, Stand: 20. 6. 2011. – Delivering Planning Reform for Aquaculture, http://www.scotland.gov.uk/Publications/2010/ 02/26144110/3, Stand: 20. 6. 2011. – Fish Health Inspectorate, Service Charter (2010), http://www.scotland.gov.uk/Resource/Doc/ 295194/0101169.pdf, Stand: 20. 6. 2011. – Food and Drink in Scotland: Key Facts 2010, http://www.scotland.gov.uk/Resource/Doc/ 331913/0107995.pdf, Stand: 20. 6. 2011. – Guidance to Fish Health Inspectors Regarding the Enforcement of Provisions in Relation to Containment and Fish Farm Escapes, http://www.scotland.gov.uk/Uploads/Documents/Con tainmnet%20Guidance%20website%20update%202-12-08.doc, Stand: 17. 6. 2011. – Marine Directorate, European Fisheries Fund (EFF) Aquaculture Scheme Guidance Notes, http://www.scotland.gov.uk/Resource/Doc/1064/0099815.pdf, Stand: 20. 6. 2011. – Planning Advice Note 1/2010, Strategic Environmental Assessment of Development Plans, http://www.scotland.gov.uk/Publications/2010/03/18102824/9, Stand: 20. 6. 2011. – Scotland’s National Food and Drink Policy, http://www.scotland.gov.uk/Resource/Doc/ 332082/0108058.pdf, Stand: 21. 10. 2011. – Scotland’s Marine Atlas Part 43, 16182005/62, Stand: 20. 6. 2011.

http://www.scotland.gov.uk/Publications/2011/03/

– Scottish Economic Report: March 2004, Scottish Salmon Farming, http://www.scotland.gov. uk/Publications/2004/03/19038/34138, Stand: 20. 6. 2011. – Scottish Planning Policy (2010), 03132605/12, Stand: 20. 6. 2011.

http://www.scotland.gov.uk/Publications/2010/02/

– Statistical Bulletin, An official statistics publication for Scotland, Scotland’s global connections survey 2009, http://www.scotland.gov.uk/Resource/Doc/933/0111039.pdf, Stand: 06. 09. 2011. – What to do in the event of an escape of fish from a fish farm? Guidance on the escape provisions of The Registration of Fish Farming and Shellfish Farming Businesses Amendment Order 2008, http://www.scotland.gov.uk/Resource/Doc/1062/0064700.pdf, Stand: 20. 6. 2011. SEAFISH: Native Oyster Cultivation, http://www.seafish.org/media/Publications/Native_Oy ster_Cult_Leaflet.pdf, Stand: 17. 6. 2011. – Pacific Oyster Cultivation, http://www.seafish.org/media/Publications/PacificOysterCult_ leaflet.pdf, Stand: 17. 6. 2011. – Rope-Grown Mussel Cultivation, http://www.seafish.org/media/401784/ropemussel_cultiva tion.pdf, Stand: 17. 6. 2011. Selmer, Peter: Folgen der neuen Abweichungsgesetzgebung der Länder – Abschied vom Leitbild gleichwertiger Lebensverhältnisse?, ZG 2009, 33 – 44 (36). SEPA: Merkblatt zum Ablauf des Vor-Antragsverfahrens (2006): http://www.sepa.org.uk/water/ water_regulation/regimes/aquaculture/idoc.ashx?docid=ec25bd36-751d-46aa-a1c5-3ffee 80a995f&version=-1, Stand: 21. 6. 2011.

252

Literaturverzeichnis

SEPA, Fish Farming Advisory Group: Policy No. 40, http://www.sepa.org.uk/about_us/idoc. ashx?docid=b3c6671f-1703-40ef-86a0-3bd491cc557f&version=-1, Stand: 20. 6. 2011. – Regulation and monitoring of marine cage fish farming in Scotland – a procedures manual ANNEX G, http://www.sepa.org.uk/water/water_regulation/regimes/aquaculture/marine_aq uaculture/idoc.ashx?docid=853824fb-a1f9-4bbd-b7d8-62cc659556dc&version=-1, Stand: 20. 6. 2011. – The Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2005, A Practical Guide (2008), http://www.sepa.org.uk/water/idoc.ashx?docid=2a4b7ea0-ccf7-48b5-a85b1404de0f58ea&version=-1, Stand: 21. 6. 2011. – Water Environment (Controlled Activities) Charging Scheme, Summary Charging Booklet, http://www.sepa.org.uk/about_us/charging_schemes/idoc.ashx?docid=730c27fc-0616-45398776-e05e07d509ad&version=-1, Stand: 29. 10. 2010. SEPA/SNH/Marine Scotland Science/Association of Salmon Fishery Boards: Working Agreement vom 6. Juli 2010, http://www.scotland.gov.uk/Resource/Doc/295194/0106302. pdf, Stand: 21. 6. 2011. Slater, Anne-Michelle: Planning for Aquaculture. In: Edinburgh L. Rev. Vol. 12 (2008), pp. 144 – 149. – Planning for Scottish Aquaculture: The Story Thus Far. In: Water Law Vol. 16 (2005), pp.122 – 130. Smaal, A. C.: European mussel cultivation along the Atlantic coast: production, status, problems and perspectives. In: Hydrobiologia Vol. 484 (2002), pp. 89 – 98. Smith, H./Haig, A. J. N.: The Development of a Control Policy for Fish Farming. In: Water and Environment Journal Vol. 5, Issue 6, pp. 641 – 648, December 1997. SNH: Natura (2010), http://www.snh.gov.uk/docs/C248050.pdf, Stand: 21. 6. 2011. – Guidance on Landscape/Seascape Capacity (2008), http://www.catpaisatge.net/fitxers/guies/ aquicultura/aquaculture.pdf, Stand: 21. 6. 2011. Spencer, B. E./Edwards, D. B./Kaiser, M. J./Richardson C. A.: Spatfalls of the non-native Pacific oyster (Crassostrea gigas) in British waters. In: Aquatic conservation: Marine and Freshwater Ecosystems, 4 (1994), pp. 203 – 217. SSPO (Scottish Salmon Producers’ Organisation): Annual Report 2010, http://www.scottish salmon.co.uk/userFiles/885/Annual_report_april_2011.pdf, Stand: 17. 6. 2011. Stead, Selina M.: A comparative analysis of two forms of stakeholder participation in European aquaculture governance: self-regulation and integrated coastal zone management. In: Gray, Tim S. (ed.): Participation in Fisheries Governance, Dordrecht 2005, pp. 179 – 192. Stead, Selina M./Burnell, G./Goulletquer, P.: Aquaculture and its role in Integrated Coastal Zone Management. In: Aquaculture International Vol. 10, No. 6 (2002), pp. 447 – 468. Telfer, T. C./Beveridge, M. C. M.: Practical experiences: the northern European perspective, University of Stirling, Institute of Aquaculture, http://ressources.ciheam.org/om/pdf/c55/ 01600223.pdf, Stand: 16. 6. 2011. The Laws of Scotland, Stair Memorial Encyclopaedia, Vol. 18, Edinburgh 1993.

Literaturverzeichnis

253

Trute, Hans-Heinrich/Denkhaus, Wolfgang/Kühlers, Doris: Governance in der Verwaltungswissenschaft, Die Verwaltung 37 (2004), 451 – 473. Tweed Foundation: Rainbow Trout in Scotland, a blessing or a curse?, http://www.tweed foundation.org.uk/News/Updates/Events/Cameos/Rainbow_Trout_in_Scotland_-_Blessing_ or_Curse.pdf, Stand: 21. 6. 2011. Wack, Sarah Maria: Nachhaltigkeit in der Aquakultur: wo steht das Europarecht? In: NuR 2010, 550 – 556. Walk, Heike: Partizipative Governance, Beteiligungsformen und Beteiligungsrechte im Mehrebenensystem der Klimapolitik, Wiesbaden 2008. Watermann, Burkhard/Schulte-Oehlmann, Ulrike/Oehlmann, Jörg/Siebert, Ursula: Endokrine Effekte durch Tributylzinn (TBT). In: Lozán, José L./Rachor, Eike/Reise, Karsten/Sündermann, Jürgen/v. Westernagen, Hein: Warnsignale aus Nordsee und Wattenmeer, eine aktuelle Umweltbilanz, S. 239 – 247. Welt, Andrew M.: Seafood Regulations Compliance Manual, New York, London 1995. White, Robin M./Willock, Ian D.: The Scottish Legal System, Second edition, Edinburgh 1999. Whitmarsh, David/Wattage, Premachandra: Public Attitudes Towards the Environmental Impact of Aquaculture in Scotland, European Environment Vol. 16 (2006), pp.108 – 121. Wilson, Shannon R.: Sustainable Aquaculture: an Organizing Solution in International Law, Thomas Jefferson Law Review 491 (2004), pp. 503 – 504. Wolffgang, Hans-Michael, in: Schulze, Reiner/Zuleeg, Manfred/Kadelbach, Stefan: Europarecht, Handbuch für die deutsche Rechtspraxis, 2. Aufl., Baden-Baden 2010. Wooley, David/Pugh-Smith, John/Langham, Richard/Upton, William (eds.): Environmental Law, second edition, Oxford 2010.

Sachregister Aarhus-Konvention 189 actio popularis 90 administrative quasi-legislation 141 advisory panel 108 f. Agreement on Sanitary Measures and Phytosanitary Measures 219 Agreement on Technical Barriers to Trade 219 Algen 30, 44, 46 Algenblüten 44, 52, 230 Allodialrecht 87 alveus 87 f. Anhang II-Vorhaben 116 Animal and Animal Products (Examination for Residues and Maximum Residue Limits) Regulations 1997 184, 223 Antifoulingmittel 42, 46 appeal 129 – 133, 197 appointed person 129 Aquaculture and Fisheries (Scotland) Act 2007 67, 81, 164 f., 167, 171, 181 – 184 aquaculture production business 128 Aquakulturbetriebsgenehmigung 223 Aquatic Animal Health (Scotland) Regulations 2009 81, 102, 128, 131, 133, 164, 167 – 169, 174, 181 f., 223 Arbeitsplätze 29, 34, 69 Argyll and Bute 92, 111 f., 144 Arzneimittel 161 Ashbridge-Formel 133 Ausfuhrzölle 215 Auster 39 f., 53, 65 autoDEPOMOD 160 Azamethiphos 45 Bacterial Kidney Disease 167 Bauleitpläne 103 f., 138 – 140 Baurecht 57, 80, 95, 99, 103, 109, 126, 129, 131 – 134, 138, 142, 152, 195, 234 – 236

Baurechtsreform 22, 136 Besatzdichte 45, 52, 78 Betretensrechte 176 Binnenaquakultur 107, 116 Biodiversität 25, 42, 61, 154 f., 164, 173 f., 207 f., 236 f. Biodiversitätsschaden 208 Biomasse 116 f., 123, 160, 173, 178 f. Bodenkultur 40 Bonamia ostrea 53 caligus elongatus 167, 182 CAR-licence 101 Chile 23, 50, 63, 212, 215 – 217, 227, 231, 240 Chlamys opercularis 39 Civil List 91 Coast Protection Act 1949 80, 96, 102, 124 – 126, 133, 136, 138, 151, 154, 193, 197 Code of Good Practice for Scottish Finfish Aquaculture 66, 83, 165, 199, 237, 241 Code of Practice on the Introductions and Transfers of Marine Organisms 64 community councils 110, 113, 192 Computermodelle 146, 161 Conservation (Natural Habitats & c.) Regulations 1994 149 consultation bodies 119, 195 f., 200 Control of Pollution Act 1974 92, 121 controlled activities 121 Controlled Activities Regulations 80, 96, 120 Copenhagen Declaration 63 Court of Session 86, 132 f., 169, 197 Crassostrea gigas 39, 65 Crown Estate 5, 80, 82, 86, 88 – 102, 105 f., 108, 127, 134, 144, 196, 233 Crown Estate Act 1961 80, 82, 90 – 93, 97 Crusteazeen 107 Cypermethrin 46

Sachregister dead rent 98 delegated appeals 129 devolution 56 f. devolved matters 56 f., 81 Dichlorvos 66 Dienstbarkeiten 99 discharge consent 92 Diseases of Fish Act von 1937 127 District Salmon Fishery Boards 113, 195 Dredge 40, 53 Drittländer 76 easements 99 EFF 35, 228 – 230, 232 Emamectin Benzoate 46 Environmental Assessment (Salmon Farming in Marine Waters) Regulations 1988 93 Environmental Impact Assessment (Scotland) Act 2005 104 f. Environmental Impact Assessment (Scotland) Regulations 1999 81, 115 – 120, 193, 195 Environmental Liability (Scotland) Regulations 2009 208 – 210, 212 Environmental Quality Standards 157 environmental report 105, 191 environmental statement 118 Equilibrium Concentration Enhancement Model 159 Erheblichkeitsschwelle 209 EuGH 169 Europa 27 f., 69 f., 186, 194, 199, 201 Europäische Kommission 81, 217, 224, 231 Eutrophierung 44, 47, 159 ex adverso proprietor 87 Exoparasiten 45 Export 31, 213, 218, 225 Fachkräfte 32 Fäkalien 43, 52 Fangfischerei 26, 28 – 30, 221, 239 FAO 27 f., 30 f., 37 f., 61 – 63, 68, 99, 157, 160, 175 – 179, 199, 219, 225 Fauna 21, 40, 43, 53, 72, 150 Federation of European Aquaculture 83 FFH-RL 72, 75, 117, 209 final notification 166 Fischbestände 30

255

Fischereierzeugnisse 27, 29, 84, 213, 221 f., 226 Fischmehl 37, 51, 79, 241 Fischöl 37, 51, 79, 241 Fish Farming Businesses (Record Keeping) (Scotland) Order 2008 164 f., 174, 181 Fjorde 29 Flussmündungen 87 Food and Environment Protection Act 1985 81, 101, 125, 133, 136, 154, 156 f., 193, 203, 205, 207 foreshore 86 f. freehold right 99 Furunculosis 48 Futtermittel 37, 51, 70, 74, 79, 220 Futterpellets 37 Futterreste 42, 44 Futterschiffe 32 Fütterung 26, 38, 51, 74, 83 Gebietsausweisungen 142 f. gebietsfremde Arten 77 Gebühren 111 f., 124, 126 Gemeingebrauch 89, 147 General Binding Rule 121 Genetically Modified Organisms (Deliberate Release) (Scotland) Regulations 2002 172 genetische Diversität 62 Genpool 50 geschlossene Systeme 77 Gewässerqualität 25, 74, 81, 154 f., 162 f., 175, 179, 184 f., 236 Gewässerschäden 208 Gewinnbeteiligung 101 Gezeitenbewegung 86 Governance 23 f., 29, 63, 185 – 189, 198, 201, 212, 241 f. Governanceansatz 23 Green Revolution 27 Großbritannien 28 Grundwasserrichtlinie 123 Guidance notes for applicants for leases of fish farming sites 96 Guidelines on Siting and Designing of Marine Fish Farms in Scotland 93 Gyrodactylus salaris 48, 164, 167 f., 170, 199

256

Sachregister

Haftung 25, 202 f., 207 – 211, 239 f. Hazard Analysis and Critical Control PointSystem 221 Healthier Fish and Shellfish Working Group 199 Heilbutt 30, 38 Hormonverbot 78 House of Lords 140 ICZM 70, 186, 188, 194, 199, 201 illegality 132 Imported Seafood Safety Program 225 Industrieverbände 134 Infectious Pancreatic Necrosis 48 initial notification 166 integriertes Küstenzonenmanagement 68, 70 Interim Scheme 94, 99, 134, 145 Irland 30, 63 irrationality 132 ISA 32, 48 f., 169 Islands and Highlands Development Board 34 f. Islands & Highlands Partnership Programme 144 judicial review

129, 131 – 133, 197, 201

Kabeljau 38, 51 Kommunen 29, 79, 88, 92, 94, 137, 148, 154 Kompetenzverteilung 57, 105 Konsultation 93, 112, 119, 195 f. Kostenhaftung 209 Krankheitsausbrüche 75 Krone 80, 82, 85 – 92, 94, 105, 134, 233 Kupfer 47, 158, 179 Küstengewässer 22, 29, 42, 72, 80, 85, 95, 100, 121, 124, 136, 145, 151 Küstenmanagementplan 70 Küstenmeer 60 Küstenzone 86, 117 Küstenzonen 24, 187 Label Rouge 231, 242 Lachs 28, 30 f., 36, 38, 42, 50, 164, 209, 213, 216 f. Lachsfischereidistrikte 113

Landgebiete 24, 95, 104 Langleinen 39 f., 98, 107, 234 Larven 39 lease-option agreement 96 Lebensmittelproduktion 27, 220 f. Lebensmittelsicherheit 55, 62, 69, 73, 219 f., 240 Lehenstradition 86 Lepeophteirus salmonis 45, 167 Lippfisch 46 Lizenzüberschreitungen 210, 238 f. local developments 110 local plan 103, 143 Locational Guidelines for the Authorisation of Marine Fish Farms 142, 144 – 146 Lochs 21, 29, 54, 87 f.

main issues report 104, 190 f., 194 major development 111, 192 marine conservation agreement 59 marine licence 136 f., 152 marine license 96, 131, 136, 138, 151 f., 154 – 157, 205 f., 210 Marine Licensing Appeals (Scotland) Regulations 2011 131 Marine Scotland 29, 31, 34, 36, 38 f., 49, 60, 80, 82 f., 114 f., 124, 126 – 128, 131, 135, 145, 151, 157, 165 f., 168, 170 f., 181, 186, 193, 195, 199, 223, 242 Marine (Scotland) Act 2010 22, 80, 82, 96, 102 f., 115, 124 – 126, 131, 133, 135 f., 138, 151 f., 154 – 157, 172, 193, 197, 203, 205 – 207, 211 Marine Scotland Science 82, 114, 135, 145 Marketing Authorisations for Veterinary Medicinal Products Regulation 1994 161 material considerations 130, 140, 144, 147, 149, 153 material provisions 140, 144 Medikamente 42, 46, 66, 162, 178 Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie 73 Mehrfacheinbindung 135 Meldepflicht 166 Miesmuscheln 39, 52 militärische Sperrgebiete 150 mixing zone approach 160, 173 Mollusken 79, 107, 162

Sachregister Monitoring 81, 124, 174 – 179, 181 – 185, 203 f., 211 f., 238, 241 Muschelaquakultur 34, 39, 53, 84 Muschelgewässerrichtlinie 74, 162, 184 Muscheln 21, 26, 28, 30, 35, 39, 44, 52 f., 55, 74, 98, 107, 171, 226, 234 Muschelzucht 29, 35, 42, 52 f., 56, 90, 97, 107, 116, 126, 237 Mytilus edulis 39 nachhaltige Entwicklung 68, 140, 142 national developments 110 National Nature Reserves 150 National Planning Framework 103, 110, 139, 141 f. National Scenic Area 111 National Scenic Areas 148 Natura-2000 72, 147 – 149, 211 Nature Conservation (Scotland) Act 2004 114, 123 Nebenbestimmungen 122, 129, 148, 151, 204 f., 210 f., 235, 238 f. Netzkäfige 36, 46, 54, 172 Neuseeland 100 nicht heimisch 77 Nitrat 73 non-departemental public body 82 non-statutory consultation bodies 119 non-statutory designations 144 Nordsee 40, 47, 51, 65, 145 Northern Lighthouse Board 127, 196 f., 200 Norwegen 30, 44, 46, 48, 63, 212 f., 215, 217, 224, 227 f., 230, 240 notice of application 112, 192 f. Nutzungskonflikte 54, 56, 119, 138, 144 f., 152, 235 Nutzungsrechte 24, 84 f., 92, 100, 234 Öffentlichkeit 33, 89 f., 111 f., 123, 127 f., 149, 189 – 192, 198, 201, 238 ökologische/biologische Produktion 78 f. Omega-3-Fettsäuren 51 Oncorhyncus mykiss 38 orders 58 Orkney 29 Oslo Convention 65 Ostrea edulis 39

257

Pachtvertrag 98 Pachtzins 97 Parasiten 22, 45, 48, 53, 164, 167 f., 170, 181 f., 199, 221 Paris Convention 65 Parlamentssouveränität 57 Pellets 37 Permitted Development Order 109 Planning Advice Notes 141 planning authorities 82, 101, 119, 138, 143, 152 Planning etc. (Scotland) Act 2006 95, 107, 139 – 141 planning permission 95 f., 101, 103, 107 – 109, 111, 120, 127, 137, 140 planning reform 137 Planungsrecht 22, 144 polluter-pays-principle 207 port authorities 88 potential development areas 143, 148 Präklusionsregelung 130 pre-application assessment 122 pre-application consultation 110 procedural impropriety 132 Prohibition of Keeping or Release of Live Fish (Specified Species) (Scotland) Order 2003 171 Property Law 88 proposed plan 104, 191, 194 Protection of Military Remains Act 1986 114 Quarantäne

76

Raubtiere 37, 50, 135, 165, 172, 209 Rechtsentwicklung 23 Rechtsquellen 24, 56, 58, 139, 233 Rechtsstrukturen 5, 23 Regelungsdichte 56 Regelungsstrukturen 23, 185, 218, 233 Regelungsziele 55, 133, 155, 175, 240 Regenbogenforellen 30, 38, 49 Register 128, 169, 235 Registration of Fish and Shellfish Farming Businesses Order 1985 127 regulations 58 regulatory bodies 82 right of navigation 89

258 riparian owners 88 Robben 165, 172 Routinemäßige Verbringungen

Sachregister

77

S-1-Salmling 36 Salmlinge 32 Salmo salar 31, 36, 209 Salmo trutta 48 Salmoniden 30, 37 f., 42, 46, 50 f., 97, 167 f., 171, 209 Sanierungskosten 208 Sargassum muticum 53 Schifffahrt 22, 54, 80, 96, 124, 126 f., 138, 151, 154, 188 Schiffsverkehr 54, 59, 101, 151, 235 f. Schlachtabfälle 74 scoping opinion 118 Scotland Act 1998 56 – 59, 105, 114, 222 Scottish Environment Protection Agency 82 Scottish marine area 126, 156 Scottish Ministers 58, 82, 108 f., 113 f., 119 f., 127, 129 – 133, 136, 152, 163, 169, 172, 181, 195, 205 f., 208 Scottish Natural Heritage 113 f. Scottish Office 94 Scottish Planning Policies 141 Scottish Planning Policy (2010) 143 – 147, 150 Screening 71, 116 – 118, 120 screening opinion 118 seal license 172 Secretary of State 59 Secretary of State for Scotland 92, 114, 140, 169 Sediment 46 f., 52, 159, 174, 177, 179 Sediment Quality Criteria 159 Sedimentqualität 158 Seehunde 37, 50 Seeläuse 45 Seeläusemittel 45, 66, 135, 161 Seewasser 36, 38 f., 43 Selbstkontrolle 123, 175 f., 178, 181, 184, 211 Selbstregulierung 23, 58, 70, 83, 175, 188, 198 – 200, 233, 237, 239, 241 Selektionskriterien 116 f., 148 Selektionskriterium 117 sensitive areas 116 f., 143, 148

Seuchen 22, 75 f., 167, 169, 181 Seuchenfreiheitsstatus 76, 169 f. Sheriff 131 Shetland 87 Shetlandinseln 29, 35, 106 Shrimps 26 Sites of Special Scientific Interest 150 SNH 108, 113 – 115, 119, 127, 135, 144 f., 148 – 150, 194 f., 197, 200, 208 soft law 60 f. Special Areas of Conservation 149 Special Protected Areas 149 Sportfischerei 38 SRÜ 60 f., 63 SSPO 83 standard scale 183 Standortzuordnung 137 f., 152, 154 statutory consultees 93, 113, 127, 135, 194 f., 200 statutory instruments 58 Stilllegung 76, 180 strategic development plan 103 Strategic Environmental Assessment 104, 191 Strategic Framework for Scottish Aquaculture 29, 34 – 36, 79 f., 83, 134, 144, 186, 199 Strömungsbedingungen 178 structure plan 103, 138 structured pre-application phase 120 subsistence charge 124, 212 Surface Waters (Shellfish) (Classification) (Scotland) Regulations 1997 163 Süßwasser 26, 32, 36, 38, 46, 102, 167, 209 Süßwasserfisch 27 Tanks 26, 36, 38, 107, 121 Teichwirtschaft 27 Teilversagung 130 Territorialgewässer 87 Tiergesundheit 55, 69, 79, 83, 102, 114, 169 Tiergesundheitsbescheinigung 76, 223 f. Tierschutz 69, 232 tote Zonen 43 Tourismus 22, 54, 148, 188, 200, 202, 236

Sachregister Town and Country Planning (Development Management Procedure) (Scotland) Regulations 2008 110 f., 113 – 115, 195 Town and Country Planning (Development Management Procedures) (Scotland) Regulations 2008 110 – 112 Town and Country Planning (Development Planning) Regulations 2008 194 f. Town and Country Planning (Marine Fish Farming) (Scotland) Order 2007 95, 102 f., 106, 115 f., 119 Town and Country Planning (Marine Fish Farms Permitted Development) (Scotland) Order 2011 22, 109 Town and Country Planning (Scotland) Act 1997 80, 96, 102 – 104, 107 – 110, 130, 132 f., 135, 137 – 140, 142, 147, 152, 154, 190 – 192, 194 Tributylzinn 46 f.

259

Veterinary Medicines Directorate 160, 184 Veterinary Medicines Regulations 2006. 184 Vibriosis 48 Vorhaben 35, 71, 77, 92, 103 f., 107, 109 – 111, 113, 115 – 117, 119 f., 122 f., 126, 134, 140, 143, 149 f., 190, 192 – 194, 200 f., 236 Vorsorgeprinzip 68

Überfischung 27, 51, 63, 215 udal law 87 Umsiedlung 77 Umweltauswirkungen 23, 41 f., 46, 48, 54, 69, 71, 73, 93, 103 – 105, 108, 116 – 118, 123, 135, 192, 202, 211 Umweltbelastungen 41 f., 54, 137 Umweltprobleme 41, 173 Umweltverträglichkeitsprüfung 71, 77, 93 f., 103, 105, 112, 115, 117, 149, 192, 195, 234 UNESCO 111, 116 Unterverpachtung 98 USA 31, 63, 213, 215 f., 218, 224, 226, 230 UVP-RL 71, 198

Wale 51 Wasserqualität 29, 44, 53, 137, 157, 162 f., 177, 202, 237 Wasserrahmenrichtlinie 72, 75, 155, 158, 173, 208, 234 Wassersäule 39, 52, 159, 174, 177 f., 237 Wassertemperatur 40 Wassertierkrankheiten 55, 75 f., 82, 127 f., 157, 167, 182, 202, 223 Water Environment and Water Services (Scotland) Act 2003 95, 120 f., 156 Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2005 72, 120, 122 Water Environment (Controlled Activities) (Scotland) Regulations 2011 22, 121 – 123, 130, 155 f., 175 f., 179 – 181, 193, 203 – 205, 211 White Fish Authority 30 Wildfischerei 22, 27, 54, 62, 137, 145, 147, 199, 214, 239 Wildlachsbestände 29, 236 Williamsburg Resolution 67, 164 f., 172 Windenergie 142 works licence 106, 108

Verklappung 126, 155 f., 203 Verwaltungsvorschriften 81, 138, 141

Zollfreiheit 215 – 217 Zollunion 215, 217, 240